Handbuch zur narrativen Volksaufklärung: Moralische Geschichten 1780-1848 9783110897463, 9783110176018

"Moral tales" are a text type originating around 1780 for the education and edification of simple folk, writte

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Handbuch zur narrativen Volksaufklärung: Moralische Geschichten 1780-1848
 9783110897463, 9783110176018

Table of contents :
Inhalt
I. Vorwort
II. Grundlegungen
1. Erkenntnisziele, Abgrenzungen, Definition und Methode
2. Forschungsstand und neue Perspektiven
3. Das Phänomen „Volksaufklärung“
4. Profile der „Volkslehrer“
5. Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung
III. Die erzählte Utopie einer moralischen Gesellschaft
1. Soziale und natürliche Umwelt
2. Lebenshaltung und Lebensformen
3. Das Verhaltensprogramm der Volksaufklärer – Zusammenschau
4. Register der Motive, Tugenden und Laster
Bildtafeln
IV. Anhang
1. Autorenverzeichnis
2. Literaturverzeichnis
3. Abkürzungen

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Heidrun Alzheimer-Haller Handbuch zur narrativen Volksaufklärung

Heidrun Alzheimer-Haller

Handbuch zur narrativen Volksaufklärung Moralische Geschichten 1780-1848

W DE

G_ Walter de Gruyter · Berlin · New York

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

I S B N 3-11-017601-7 Bibliografische Information Der Deutschen

Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Copyright 2004 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen

„ Der gemeine Mann soll nicht den Contract social des Roußeau lesen; sondern die vernünftigen, wohlgemeinten Lehren seines Predigers begreifen und thätig glauben können. " (Peter Villaume, Professor der Moral und schönen Wissenschaften in Berlin, 1785)

Inhalt I.

Vorwort

XI

II.

Grundlegungen

1.

Erkenntnisziele, Definitionen, Abgrenzung und Methode

3

2.

Forschungsstand und neue Perspektiven

6

2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3

Die Aufklärung der Gebildeten und Bürger Forschungsproj ekte Lexika, Handbücher und Zeitschriften zur Aufklärung Die Aufklärung des Volkes Die Trägerschicht der Volksaufklärung Zum Buchbesitz Medien der Volksaufklärung

6 6 10 15 20 25 28

3.

Das Phänomen „Volksaufklärung"

47

3.1 3.2 3.3

Das Menschenbild der Aufklärer Wege und Mittel der Volksaufklärung Voraussetzungen, Grenzen und Nachwirkungen

47 54 63

4.

Profile der „Volkslehrer"

68

4.1 4.2

Streben nach „Popularität" und Angst vor „Verbauerung" Vom Volksaufklärer zum Volksbildner

69 89

5.

Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung

112

5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.1.6 5.1.7 5.1.8

Charakterisierung der Textsorte Abgrenzung zu verwandten Gattungen Vorläufer, Anfange, Entwicklungen, Weiterwirken Strukturmerkmale Die äußere Form Bebilderung Inhalte und Motive Autoren und Adressaten Distribution, Rezeption und Funktion

112 112 116 121 129 133 135 139 140

VIII

Inhalt

5.1.9 5.1.10 5.2 5.2.1 5.2.2

Vorkommen außerhalb Deutschlands Zeitgenössische Einschätzung Beschreibung der Material-Basis Quellenlage Zwei beispielhafte Quellen

146 150 153 153 157

III.

Die erzählte Utopie einer moralischen Gesellschaft

1.

Soziale und natürliche Umwelt

182

1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6

Ständische Gesellschaft Bauern Dienstboten Bürger Militär Adel Arm und Reich Mensch und Tier Mensch und Natur Naturbeobachtung Durchsetzung des Blitzableiters Die Entdeckung des Naturschönen Kultivierung und Wertschätzung von Obst Disziplinierung durch Gartenarbeit Blumen als Lehrmeister

182 185 190 200 206 220 224 239 260 260 263 268 270 275 277

2.

Lebenshaltung und Lebensformen

280

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6

Essen und Trinken Gefahren und Unglücksfälle Gesundheit und Krankheit Reinlichkeit und Schmutz Fleiß und Müßiggang Sparsamkeit und Verschwendung

280 291 306 323 332 343

3.

Das Verhaltensprogramm der Volksaufklärer - Zusammenschau 352

4.

Register der Motive, Tugenden und Laster

375

5.

Bildtafeln

459

Inhalt

IX

IV.

Anhang

1.

Autorenverzeichnis

471

2.

Literaturverzeichnis

685

2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 2.5

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur Verzeichnis der ausgewerteten Quellen Für Erwachsene Für Kinder und Jugendliche Sekundärliteratur Bio-bibliographische Nachschlagewerke Siglen

685 797 797 804 813 878 886

3.

Abkürzungen

897

I. Vorwort Das Zeitalter der Aufklärung bezeichnet eine geistesgeschichtliche Epoche des 18. Jahrhunderts in Europa, die besonders in Frankreich, England und Deutschland literarische Breitenwirkung erfuhr. Unter der Forderung nach einer Herrschaft der Vernunft gingen weitreichende philosophische, soziale und politische Veränderungen vor sich. Als einer ihrer Hauptvertreter definierte Immanuel Kant Aufklärung als „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (1784). Als Motto gab er das „Sapere aude!" aus: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstands zu bedienen!" Die von Vordenkern wie Kant formulierten Prinzipien der Aufklärung bewirkten bleibende geschichtliche Veränderungen. Sie führten zur Säkularisation weiter Bereiche der Gesellschaft und prägten die Idee vom politischen und wirtschaftlichen Liberalismus. Das aufklärerische Ideal der Menschenrechte ist heute Bestandteil moderner Verfassungen. Für die Fachgeschichtsschreibung der Philosophie und der Literaturwissenschaften neigt sich die Epoche der Aufklärung in den 1770er Jahren ihrem Ende zu. Historiker betrachten den Ausbrach der Französischen Revolution im Jahr 1789 als Schlußpunkt, weil die Gewalt während der Schreckensherrschaft zwischen 1792 und 1794 die Ideen der Aufklärer in Frage stellte. Über die Beschäftigung mit der intellektuellen Dimension der Aufklärung übersah die Forschung bislang weitgehend, daß wir es hier auch mit einer praxisbezogenen Bewegung zu tun haben, welche die intellektuellen Erkenntnisse in einen vernünftig gestalteten Alltag einzubauen gedachte 1 . Die sogenannte Volksaufklärung vollzog sich nach Erkenntnissen der vorliegenden Studien zwischen dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) und der Revolution von 1848. Die historische wie empirische Kulturwissenschaft der Volkskunde interessiert, was von den Wunschbildern der geistigen Vordenker an die breite Bevölkerung weitergegeben worden ist, wer sie aufgeklärt hat und auf welche Weise, in welchen Schriften dies wann geschehen ist. Die „Volksaufklärung" gilt als praktische Reform- und Erziehungsbewegung seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, die auf die Popularisierung aufklärerischen 1 Vgl. Müller, Winfried: Die Aufklärung, 2002. Er zeigt in seinem sozialgeschichtlichen Überblick, wie die Aufklärung nicht nur spezifische Formen der Geselligkeit und Kommunikation hervorbrachte, sondern auch die Medienlandschaft veränderte. Müller geht allerdings auf das Phänomen der Volksaufklärung nicht in einem eigenen Abschnitt ein, sondern streift das Feld nur in engen Zusammenhängen, etwa als „Agraraufklärung".

XII

Vorwort

Denkens und Handelns ausgerichtet war 2 . Zunächst ging es angesichts von Bevölkerungswachstum und schwierigen klimatischen Bedingungen darum, die Bauern mit den neuen Erkenntnissen aufgeklärter Naturerforschung bekannt zu machen, um die landwirtschaftliche Produktion zu steigern. Seit den 1770er Jahren dehnte man die ursprünglich bloß ökonomische Aufklärung auf sittlich-moralische, religiöse und politische Aspekte aus. Adressaten waren neben den Bauern Dienstboten, Handwerker, Hebammen, städtische und ländliche Unterschichten und einfache Soldaten. Um die gleiche Zeit begannen behördlicherseits starke Anstrengungen zur Verbesserung des Elementarschulwesens. Getragen wurde diese Volksaufklärung zunächst von den Kameralisten als den Verwaltungstheoretikern, von Naturwissenschaftlern und engagierten Gutsbesitzern, die sich in ökonomischen und gemeinnützigen Gesellschaften organisierten. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts kamen als Hauptträger zunächst evangelische, später auch katholische Geistliche sowie Ärzte, Schriftsteller, Publizisten und leitende Beamte hinzu. Von einzelnen Regierungen zwar unterstützt, blieb die Volksaufklärung doch in erster Linie stets eine Angelegenheit von Privatleuten. Diese verfolgten ihre Ziele, indem fortschrittliche Landwirte vorbildlich wirkten, indem Geistliche von der Kanzel herab über naturwissenschaftliche Kenntnisse und über moralisch-sittliches Verhalten predigten, indem Begüterte Preise aussetzen für erfolgreiche Bauern und tugendhafte Jugendliche, indem sie neue Feste ins Leben riefen und Bücher und Zeitungen herausgaben. Literarische Mittel der Volksaufklärung bildeten neben der umfangreicheren romanhaften Erzählung besonders kleinere Formen wie moralische Beispielerzählung, Fabeln, Gedichte, Lieder und Anekdoten, veröffentlicht in Kalendern, (Schul)-Lesebüchern, Katechismen, Predigten, Gesangbüchern, Flugblättern, Lied-Drucken, Zeitungen und Zeitschriften. Es entstand das Konzept des „unterhaltsamen Volksbuches". Als dessen erfolgreichster Vertreter mit einer Auflage von etwa einer halben Million ging das „Noth- und Hülfsbüchlein" (1788) von Rudolph Zacharias Becker in die Buchhandelsgeschichte ein. Insgesamt erschienen mindestens 2000 volksaufklärerische Schriften in unterhaltsamem Einkleidung 3 . Um diese letzte, in der Forschung bislang weitgehend unbeachtete Form der Volksaufklärung geht es in der vorliegenden Arbeit. Thomas P. Saine klagte 1974 in seinem häufig zitierten Aufsatz „Was ist Aufklärung?" in der „Zeitschrift für deutsche Philologie": „Es gehört zu meiner Grundüberzeugung, daß die Zeit der Positivisten, der Stoffhuber, infolge der geisteswissenschaftlichen Reaktion viel zu früh zu Ende ging. In Archiven ließe sich manches wiederentdecken, wenn man sich entschließen könnte, entdeckungslustig nach Spuren

2 Böning/Siegert: „Volksaufklärung". Ein Werkstattbericht, 1998, hier S. 24-31. 3 Sauder: Spätaufklärung, 2002, S. 1772.

Vorwort

XIII

des 18. Jahrhunderts zu fahnden, tiefer zu graben und zu sichten, einige ästhetische Vorurteile beiseite zu lassen, und uns die Hände staubig zu machen" 4 . Diesen Appell im Gedächtnis, habe ich über 2000 sogenannte „Moralische Geschichten" gesammelt, die dazu dienten, nüchternes Faktenwissen so zu verpacken, daß es der „Gemeine Mann" verstehen und in die Tat umsetzen sollte. Trotz ihres normativen Charakters verkörpert diese Textsorte eine ergiebige Quelle fur die Alltagsgeschichte. Von 365 Volksaufklärern habe ich Lebensläufe und Bibliographien zusammengetragen, die Auskunft über ihre Motivation, ihre Vorgehensweise und ihre thematischen Schwerpunkte geben. Ihre Wirkung auf die einfachen Leute gilt in der Forschung trotz der relativ niedrigen Alphabetisierungsquote in Deutschland von ca. 25 % der Gesamtbevölkerung (über sechs Jahre alt) um 1800 als gesichert, da die Rezeption durch das Auslegen in Wirts- und Gemeindehäusern und vor allem durch das geforderte Vorlesen forciert wurde. Hauptziel der Volksaufklärung bildete neben der praktischen Lebenshilfe die Veränderung der Mentalität ihrer Adressaten. Die Autoren strebten eine Wirtschafts- und Lebensweise an, die auf „vernünftigen" Prinzipien der Ökonomie, der medizinischen Prävention, der Hygiene und Moral basieren sollte. Ferner ging es ihnen um die Vermittlung aufgeklärter Religionsvorstellungen und auf Vernunft gründender Sittengesetze, sowie um die Zurückdrängung von sogenanntem Aberglauben, das heißt „Vorurteilen" und bäuerlichem Traditionalismus. War die Volksaufklärung anfänglich darauf gerichtet, das Wissen der Gebildeten und Gelehrten ohne didaktische Verkürzungen an die unteren Stände weiterzugeben, so entstand in den siebziger Jahren daneben das Konzept einer „geteilten" oder „verhältnismäßigen" Aufklärung, die ihre Mittel und Ziele nach dem Stand der Adressaten bestimmte. Das Gesellschaftsbild der Volksaufklärer war weiterhin von ständischem Denken bestimmt, wobei sie der Utopie einer Gesellschaft anhingen, in der jeder Einzelne durch Erfüllung seiner angestammten Pflichten zum „gemeinen Besten" beiträgt. Dem „Volk" wurden die Schuldigkeiten der Obrigkeit gegenüber der Allgemeinheit bekannt gemacht, mithin die aufgeklärte Vorstellung von einem wechselseitig austarierten, also wohlgeordneten Gemeinwesen vermittelt. Politisch brisant und für die Entstehung einer politischen Öffentlichkeit wie für die Radikalisierung der Spätaufklärung gleichermaßen bedeutend wurde die bereits seit den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts intensiv geäußerte Kritik an Leibeigenschaft und Frondiensten sowie die Forderung nach bäuerlichem Eigentum am bebauten Boden. Auseinandersetzen mußten sich die Volksaufklärer auch mit der Behauptung, Aufklärung und gar Volksaufklärung führten zum Umsturz. Im Gefolge der Französischen Revolution entwickelten sie unterschiedliche Konzepte und 4 Saine: Was ist Aufklärung?, 1974, hier S. 526.

XIV

Vorwort

Utopien von Volksaufklärung, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wirksam blieben. Neben Bemühungen um die Erziehung des Einzelnen setzte man auf Hilfe zur Selbsthilfe, was mit demokratischen und genossenschaftlichen Initiativen verbunden war. Vielfach findet sich die Vorstellung, man könne durch die angestrebte wirtschaftliche Verselbständigung eine weitergehende kulturelle und politische Emanzipation einleiten. Nachdem die (vornehmlich protestantisch bestimmte) Volksaufklärung am Ende des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht hatte, behielt sie in vielen deutschsprachigen Regionen (auch katholischen) eine unterschiedlich ausgeprägte Bedeutung fast bis zur Revolution von 1848, doch wurde ihr Einfluß während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend durch restaurative Kräfte und neue geistige Orientierungen der Gebildeten zurückgedrängt. Die von ihr geschaffenen literarischen Formen aber blieben bis weit in das 19. Jahrhundert hinein lebendig, beispielsweise in Heinrich Zschokkes „Goldmacherdorf ' von 1817 oder in Jeremias Gotthelfs „Bauernspiegel" aus dem Jahre 1837, und sie haben sich in Warngeschichten nach dem Modell des „Struwwelpeter" (1845) im Kinderbuch bis ins 20. Jahrhundert hinein gehalten 5 . Dies aber sind wiederum nur die literargeschichtlichen „Spitzen" des Eisberges moralischer Geschichten, Editionen einer Spätzeit, die für spezifische „Volksbildung" immer noch eine Aufklärungsepoche genannt werden darf. Diese Arbeit hat im November 2002 der Philosophischen Fakultät II der Universität Würzburg als Habilitationsschrift vorgelegen und kommt nun in einer überarbeiteten Fassung zum Druck. Meinem Lehrer, Prof. Dr. Wolfgang Brückner, gebührt besonderer Dank für die Idee zu diesem Buch und für vielfältige Unterstützung und Aufmunterung. Kritik und Anregungen von den Professoren Dr. Friedhelm Brusniak, Dr. Christoph Daxelmüller, Dr. Johannes Mahr und Dr. Wolfgang Riedel habe ich als sehr hilfreich empfunden. Würzburg, im August 2004

Heidrun Alzheimer-Haller

5 Vgl. z.B. Frei: Kinder, das ist gefährlich!, o.J. [1920], Der Autor beruft sich mit dem Motto „Anschauung ist das absoluteste Fundament aller Erkenntnis" auf Pestalozzi. Er ordnet seine Geschichten thematisch nach Gefahrenquellen „Feuer und Licht", „Spielen auf der Straße", „Schlimme Streiche", „Ferien auf dem Lande" usw. Jeder Geschichte ist mindestens eine Fotografie beigeordnet mit nachgestellten gefährlichen Situationen, welche die abschreckende Wirkung verstärken. Auch Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter" stellte keine wirkliche Neuheit dar, vgl. z.B. die bereits im Jahr 1800 in Wien anonym erschienenen „Beyspiele von alerley Unglücksfällen zur Belehrung und Warnung für alle Menschen ...".

II. Grundlegungen

1. Erkenntnisziele, Abgrenzungen, Definition und Methode Während sich in den USA und in Frankreich Sozial-, Wirtschafts- und Mentalitätshistoriker, vor allem aus dem Umkreis der „École des Chartes" (der französischen Hochschule zur Ausbildung von Archivaren und höheren Bibliothekaren) sowie der „Annales"-Schule mit Fernand Braudel, Georges Duby, Jacques Le Goff und Philippe Ariès mit nicht-kanonisierten Textsorten der schöngeistigen Nationalliteratur befaßten, wurden sie im deutschsprachigen Raum durch die Vorherrschaft der klassischen Literaturästhetik bislang unter dem Stichwort „Trivialliteratur" nur unzureichend und nur für das 19. Jahrhundert berücksichtigt 1 . Die pädagogischen Volksschriftsteller der Spätaufklärung aber haben zu ihren Lebzeiten große Breitenwirkung erzielt. Pionierarbeiten in der Erforschung der Volks- und Kolportageliteraturen des 17. bis 19. Jahrhunderts auf europäischer Ebene leisteten der englische Historiker Peter Burke und in Deutschland der Romanist und Volkskundler Rudolf Schenda, ohne jedoch die besondere Gattung der moralischen Geschichten mit einzubeziehen. Die moralische Geschichte zählt der Funktion nach wie Märchen, Sage, Legende oder Fabel und Beispiel zur großen Gebrauchsgattung der Exempel. Sie taucht in den 1770er Jahren als Instrument der Volksaufklärung auf. Ihre Blütezeit erlebte sie in den Jahren 1780 bis 1848. Geistliche verbreiteten damit in unterhaltsamer Verpackung neue Erkenntnisse aus Medizin (Pockenschutzimpfung), Technik (Blitzableiter) und Landwirtschaft (Obstbaumveredelung) sowie moderne, dem Nützlichkeitsdenken der Zeit entsprechende Tugenden. Gekennzeichnet ist die moralische Geschichte durch ihre Kürze und ihre alltagsweltlichen, durchgehend profanen Inhalte. Sie erhebt den Anspruch auf Faktizität und fordert den Leser zur Nachahmung des vorbildlichen Handelns ihrer Protagonisten auf. Im Zentrum der volkskundlichen Analyse populärer Lesestoffe steht die Frage nach Tradition und Transformation, nach Dauer und Wandel kultureller Phänomene. Angesichts der thematischen Breite des Materials ist die Anwendung eines vielfältigen methodischen Instrumentariums erforderlich (vgl. unten im Kapitel 5 die Ausführungen über die Textsorte der moralischen Geschichte). Empirische Grundlage bildet das von mir erhobene Quellencorpus von rund 2000 moralischen Geschichten, die ich in Erweiterung des traditio-

1

Vgl. Schillers abwertendes Urteil in: Ueber naive und sentimentalische Dichtung. Bd. XX der Nationalausgabe, S. 479. - Vgl. die vor fast vierzig Jahren von der Fritz-Thyssen-Stiftung angeregten Studien zum 19. Jahrhundert und dem dort eingeführten Begriff des Trivialen: Burger, Heinz Otto (Hg.): Studien zur Trivialliteratur (= Studien zur Philosophie und Literatur des 19. Jahrhunderts 1). Frankfurt am Main 1968; Wiora, Walter (Vorwort): Triviale Zonen in der religiösen Kunst des 19. Jahrhunderts (= ebd. 15, 1971); Motte-Haber, Helga de la (Hg.): Das Triviale in Literatur, Musik und Bildender Kunst (= ebd. 18, 1972).

4

Erkenntnisziele

nellen Gattungskanons der Volkserzählung zurechne. Dabei kann es nicht nur um den Nachweis des bloßen Vorhandenseins und um die hier erstmals umfassend vorgelegte genauere Gattungsbeschreibung gehen. Die Arbeit zielt zunächst auf eine erste Bestandsaufnahme dieser unterschätzten spezifischen Kurzerzählungen samt ihrer Autoren. In einem weiteren Schritt erfolgt die Analyse ihrer Strukturen, Inhalte und Absichten sowie der Versuch, ihre Bedeutung als Alltagslektüre zu rekonstruieren. Im Rahmen der Narrationsanalyse habe ich einen Motivkatalog erstellt, der die Neuartigkeit dieses Genres im ausgehenden 18. Jahrhundert belegt. Darüber hinaus schließt die Beschäftigung mit dem Material auch die Frage nach den historischen und soziokulturellen Bedingungen für die Bildung moralischer Geschichten ein sowie deren Verbreitung und „Sitz im Leben". Ich versuche zu zeigen, wie die Geschichten als eine Form des alltäglichen Moralisierens im Zuge der europäischen Volksaufklärung gezielt zur Bewußtseinsbildung eingesetzt wurden und deshalb auf Dauer Denkmuster und Verhaltensnormen geprägt haben. Die Frage nach der Intention der Verfasser erfordert die Zusammenschau ihrer Viten und Werke. Wir verdanken der Kenntnis ihrer Stoffpräferenzen und -bewertungen, ihres Bildungshintergrunds, ihrer Berufe, ihrer Konfession und ihrer Persönlichkeitsmerkmale Einsichten in die Entstehung der moralischen Geschichten (vgl. Kapitel 4: Profile der Volkslehrer und das Autorenverzeichnis im Anhang). Dabei erhält die subjektive Sichtweise der Verfasser durch die Berücksichtigung von Selbstzeugnissen und Paratexten genügend Raum. Verfahren, die kulturelle Erscheinungen primär als „zählbare Objekte" 2 zu quantifizieren versuchten, haben sich in der Vergangenheit als unfruchtbar erwiesen 3 , weshalb eine quantitative Absicherung von Arbeitsergebnissen hier unterbleibt. Im Zuge der mehrere Jahre andauernden Beschäftigung mit dem Genre der moralischen Geschichte habe ich erkannt, daß die gewonnenen statistischen Daten in der Regel kaum etwas darüber aussagen, wie die Texte von den Adressaten aufgenommen und ihre Inhalte umgesetzt worden sind. Hilfreich dagegen erachte ich die Aufschlüsselung dieser Inhalte in einem Register mit Angabe der jeweiligen Fundstelle. Diese Zusammenschau zeigt die Häufung einzelner Stoffe, Motive, Tugenden und Laster und erlaubt Rückschlüsse auf die zentralen Anliegen der Autoren. Freilich dürfen wir darüber nicht die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit vergessen. Die moralischen Geschichten vermitteln das Ideal einer funktionierenden Gesellschaft, nicht deren Realität, wenngleich sie nicht wirkungslos geblieben sind, wie wir im Bereich der Ästhetik, der Ökonomie, des Sozialverhaltens, des Tierschutzes, der Gesundheitsvorsorge oder der Gestaltung des öffentlichen Raumes (Stra-

2 3

Chartier: Lesewelten, S. 31. Vgl. Wartburg-Ambühl: Alphabetisierung und Lektüre, 1981, S. 275ff.

Erkenntnisziele

5

ßenpflasterung und -beleuchtung) sehen (vgl. unten Kap. III: Die erzählte Utopie einer moralischen Gesellschaft). Einerseits dürfen wir moralische Geschichten als sozialgeschichtliche Dokumente lesen, andererseits handelt es sich um die Einkleidung religiös-moralischer Gedanken. Daher muß ständig am einzelnen Text überprüft werden, inwieweit er als Aussage über die gesellschaftliche Wirklichkeit der Zeit brauchbar ist. Mehrfachauflagen bis weit in das 19. Jahrhundert hinein lassen darauf schließen 4 , daß die noch bei Schenda zu findende Verknüpfung „ernster Lesestoff fur gebildete Kreise" und „triviale Literatur für untere Schichten" ebenso korrekturbedürftig ist wie die Gleichsetzung von weitverbreiteter und seichter Literatur 5 . Populäre Literatur wurde zwar von den „tonangebenden Schichten" wiederholt als „negativ ausgegrenzt", aber keineswegs nur von einem Publikum mit niedrigem Sozialstatus rezipiert 6

4 5 6

Vgl. Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur im Anhang. Vgl. Mix: Was die Deutschen lasen, während ihre Klassiker schrieben, S. 501-515. Ebd., S. 504.

2. Forschungsstand und neue Perspektiven 2.1 Die Aufklärung der Gebildeten und der Bürger 2.1.1 Forschungsproj ekte Die europäische Aufklärungsforschung hat als interdisziplinäres Interessenfeld in den letzten Jahren zunehmende Beachtung erfahren. Die methodologische Innovation vor allem auf der Basis der Sozialgeschichte erwies sich als so erfolgreich, daß mittlerweile das äußerst detaillierte Material und dessen hochspezialisierte Interpretation in einem weltweit vernetzten, dicht organisierten humanwissenschaftlichen Forschungsbetrieb erzeugt und verwaltet wird. 79 Adressen von Universitätsinstituten, längerfristig angelegten Editionsprojekten, Gesellschaften, Sonderforschungsbereichen, Sondersammlungen bzw. Archiven und Museen, die sich der Erforschung des 18. Jahrhunderts widmen, sind auf der Homepage der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel verzeichnet7. Es handelt sich dabei zumeist um Editionsvorhaben (Friedrich Heinrich Jacobi, Karl Philipp Moritz, Georg Forster, Christoph Martin Wieland, Christian Fürchtegott Geliert, Gotthold Ephraim Lessing, Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, die Briefwechsel von Matthias Claudius, Gottfried Wilhelm Leibniz' und Johann Georg Hamann, Justus Moser, Jean Paul), die Herausgabe von Periodika (Johann Beckmann Journal 1987ff., Mitteilungsheft „Vossische Nachrichten" 1994ff.), oder die Einrichtung oder Pflege von Gedenkstätten bzw. Nachlässen (Moses Mendelssohn in Dessau, Johann Heinrich Voß in Eutin, Heinrich von Kleist in Frankfurt/Oder, Geliert in Hainichen, Gleim in Halberstadt, Lessing in Kamenz, Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar). Nicht personengebundene Forschungsvorhaben zielen auf die Technik-, Wirtschafts- und Umweltgeschichte des 18. Jahrhunderts (Universität Cottbus), historische Reisekultur (Eutin), Jugendbuch (Frankfurt/Main), Erarbeitung eines Rezensions-Zeitschriften-Index der Jahre 1688-1784 (Göttingen), die Schwärmer-Debatte der Spätaufklärung (Gesamthochschule Hagen), die Geschichte der Geburtshilfe des 18. und 19. Jahrhunderts (Universität Göttingen), die Geschichte der „Patriotischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe" (Hamburg), Buchdrucker, Buchhändler und Verleger in der österreichischen Monarchie 1750-1850, Eliten im Übergang vom Ancien Régime zur Moderne (1750-1850, Mainz), populäre Druckmedien im alten und frühmodernen Europa (Saarbrücken) und die Geschichte der rhetorischen Ideen vom 17.-19. Jahrhundert (Saarbrücken). 7

Vgl. www.hab.de/forschung/de/dgej/topopgr.htm (8.7.2001). Dort stellt die „Deutsche Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts" eine Liste mit Kurzbeschreibungen der Vorhaben zur Verfugung.

Die Aufklärung der Gebildeten und der Bürger

7

Wichtige Literaturbestände sind angesiedelt an der Bayerischen Staatsbibliothek München, der ULB Halle, der Hauptbibliothek der Franckeschen Stiftungen Halle, der Bibliothek der Leopoldina Halle, der UB Leipzig, der SLUB Dresden, der HAB Wolfenbüttel, der Staatsbibliothek Berlin und der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien sowie am Deutschen Historischen Institut in Washington. Den weitaus umfangreichsten Fundus an Literatur zur Volksaufklärung besitzt in Deutschland die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek (SUB) Göttingen. Im Rahmen der seit 1989 im Aufbau befindlichen retrospektiven deutschen Nationalbibliothek hat die SUB die Verantwortung für das 18. Jahrhundert übernommen. Sie erwirbt auf den internationalen Antiquariatsmärkten all jene deutschen Drucke aus der Zeit von 17011800, die in ihrem auch vorher schon bedeutenden Fundus noch fehlen 8 . Das Interdisziplinäre Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg dokumentiert seine Ergebnisse in der seit 1995 bei Niemeyer in Tübingen erscheinenden Schriftenreihe „Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung" 9 . Am 1993 ebenfalls in Halle gegründeten „Interdisziplinären Zentrum für Pietismusforschung" mit Sitz in den Franckeschen Stiftungen sind die Fächer Theologie, Germanistik, Geschichtswissenschaft, Ostkirchenkunde, Ethnologie, Kunstgeschichte und Medizingeschichte beteiligt. Es hat die Aufgabe, die sozialen und wissenschaftlichen Reformideen des Pietismus, seine Strukturen, Organisationsformen und weltweiten Verbindungen zu untersuchen 10 . Auch die Leistungen pietistisch geprägter Persönlichkeiten auf den Gebieten des kirchlichen Lebens, der Armenfürsorge, der Mission, Bibelwissenschaft, Medizin und Pharmazie, des Schulwesens und des akademischen Unterrichts sowie des Buchhandels und Verlagswesens sollen erforscht werden. Damit wird zugleich die Bedeutung religiöser Ideen als Kräfte sozialer Gestaltung thematisiert". In 8 9

Bötte: „Zur Belehrung des Deutschen Bürgers und Landmannes", 2000. - Vgl. auch den hervorragend illustrierten Ausstellungskatalog: Kulturen im Kontext, bearb. v. Vogt, 1999. Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung. Tübingen 1995 ff. Die Reihe umfaßt bislang 23 Bde. Hilfreich fur die Untersuchung moralischer Geschichten erwiesen sich Bd. IV (1996): Neugebauer-Wölk, Monika: Die Politisierung des Utopischen im 18. Jahrhundert; Bd. VI

(1998): Sangmeister, Dirk: August Lafontaine oder die Vergänglichkeit des Erfolges; Bd. IX (1999): Zaunstöck, Holger: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen; Bd. X (1999): Saage, Richard: Von der Geometrie zur Naturalisierung; Bd. XIII (2000): Geyer-Kordesch, Johanna: Pietismus, Medizin und Aufklärung in Preußen im 18. Jahrhundert; Bd. XVIII (2003): Hirsch, Erhard: Die Dessau-Wörlitzer Reformbewegung im Zeitalter der Aufklärung; Bd. IXX (2001): Zelle, Carsten (Hg.): „Vernünftige Ärzte". 10 Ausfuhrliche Informationen unter www.pietismus.uni-halle.de (20.7.2001 ). 11 An größeren Arbeiten sind daraus bislang hervorgegangen: Sträter, Udo: Meditation und Kirchenreform in der lutherischen Kirche des 17. Jahrhunderts (= Beiträge zur Historischen Theologie, 91). Tübingen 1995. - Wessel, Carola: Herrahuter Indianermission in der Amerikanischen Revolution. Die Tagebücher von David Zeisberger 1772-1781, hg. u. eingl. v. Hermann Wellenreuther u. Carola Wessel (= Selbstzeugnisse der Neuzeit, 3). Berlin 1995,

8

Forschungsstand und neue Perspektiven

Halle ist ferner eine kommentierte Bibliographie der Zeitungen, Zeitschriften, Intelligenzblätter, Kalender und Almanache mit Druckort Halle (bis 1815) in Arbeit. Die kirchen- und theologiegeschichtliche Erforschung der deutschen Aufklärung steht allerdings weit zurück hinter der Aufmerksamkeit, die diese Epoche in anderen historischen Disziplinen gefunden hat und findet. In den tonangebenden Schulrichtungen protestantischer Theologie seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts, also seit deren Anreicherung durch Romantik, Idealismus und Erweckungsbewegung gilt aufgeklärte Frömmigkeit, Kirchlichkeit und Theologie als Inbegriff des Minderwertigen und Verächtlichen 12 . Für Max Horkheimer (1895-1973) und Theodor W. Adorno (1903-1969) hat die Aufklärung in Verbindung mit Naturbeherrschung „zu einem Siegeszug der instrumentellen Vernunft geführt, der in der Gegenwart seine katastrophalen Folgen zeigt: die Zerstörung der Natur, die Möglichkeit von Faschismus und Krieg, die Entleerung kultureller Sinngehalte durch eine alles sich einverleibende Kulturindustrie. ... Die Hegeische ,Furie des Verschwindens' scheint zum Schicksal des Rationalisierungsprozesses zu werden" 13 . Das mag erstaunen, weil das bis heute gebräuchliche Handwerkszeug gerade der historischtheologischen Disziplinen weitgehend in der Aufklärung erarbeitet worden ist. Eine Ausnahme stellt Gottfried Hornig dar, Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der RuhrUniversität Bochum, der sich intensiv mit dieser Phase der Geschichte des evangelischen Christentums beschäftigt hat14. Weitet man den Blick auf die Forschungen zur Frühen Neuzeit insgesamt 15 , so begegnet man endlich auch der Frage nach der Alltagsgeschichte des „ge-

12

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XIV, 661 S. - Witt, Ulrike: Bekehrung, Bildung und Biographie. Frauen im Umkreis des Halleschen Pietismus (= Hallesche Forschungen, 2). Tübingen 1996. - Brecht, Martin u.a. (Hgg.): Pietismus und Neuzeit. Ein Jahrbuch zur Geschichte des neueren Protestantismus. Göttingen 1995. - Sträter, Udo (Hg.): Pietismus und Neuzeit. Ein Jahrbuch zur Geschichte des neueren Protestantismus. Göttingen 1996. Vgl. Rezension von Ohst, Martin: Gottfried Hornig: Johann Salomo Semler. Studien zu Leben und Werk des Hallenser Aufklärungstheologen (= Hallesche Beitr. z. Europäischen Aufklärung 2) Tübingen 1996 unter http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/ohst.htm (26.5.1999). Rath: Aufklärung, 1986, hier Sp. 319. - Vgl. auch Schmidt: Aufklärung, 1979, hier bes. Abschnitt 2: Theologisch, S. 594-608. 1961 veröffentlichte er eine erste profunde Untersuchung über den wohl innovativsten deutschen Aufklärungstheologen Johann Salomon Semler (1725-1791) und hat seitdem eine ganze Reihe von wichtigen Forschungsarbeiten über ihn und seine Zeitgenossen angeregt und betreut. Vgl. Hornig (wie Anm. 6). Der Begriff taucht zuerst in englischsprachigen Publikationen der 1950er Jahre auf: Clark/Lepetit, Capital cities, 1954. Gemeinhin wird darunter die Zeit zwischen 1500 und 1800 verstanden, bisweilen setzt man den Beginn dieser Epoche auch mit der Erfindung des Buchdrucks um 1450 gleich. Seit den 1960er Jahren mehren sich die deutschen Publikationen, die den Begriff im Titel tragen; es folgten Zeitschriften und Lehrstühle, seit kurzem sogar eine re-

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meinen Mannes". Innerhalb der Agrargeschichtsschreibung gehörte die Untersuchung vorindustrieller Verhältnisse lange Zeit zu den Schwerpunktthemen, sie war jedoch vorrangig auf die rechtliche, normative Ebene, also der Gesetze und Verordnungen unter Ausklammerung der konkreten sozialen und ökonomischen Verhältnisse der bäuerlichen Bevölkerung konzentriert. Erst mit den Forschungen von Wilhelm Abel erfolgte eine Hinwendung zu ökonomischen und demographischen Aspekten, insbesondere zur Untersuchung konjunktureller Phänomene 16 . In den 1970er Jahren förderte die Erforschung bäuerlichländlichen Widerstandsverhaltens eine eher prozeßorientierte, kleinräumige Forschungsrichtung, die über die einzelnen Widerstandsaktionen (und die kritische Auseinandersetzung mit den Begriffen Widerstand, Resistenz etc.) hinaus, die soziale Realität in den Dörfern zum Gegenstand hatte17. Daneben wurde mit dem Modell der Protoindustrialisierung 18 nicht nur eine heftige Forschungsdebatte initiiert, sondern zugleich eine breite, bis heute anhaltende internationale Forschungsaktivität, welche rechtliche, soziale, ökonomische und demographische Elemente des Landlebens miteinander verknüpfte. Der Schwerpunkt der DDR-Agrargeschichtsschreibung lag auf der Erforschung der Gutsherrschaft und der preußischen Bauernbefreiung 19 . Nach 1989 kam es in den neuen Bundesländern zur quellennahen Auseinandersetzung mit der Gutsherrschaft als komplexes soziales System 20 . Der Hamburger Arbeitskreis für Regionalgeschichte behandelte 1996 die Lebensbedingungen der Landbevölkerung im Rahmen einer Tagung zum Thema „Das Volk im Visier der Aufklärung" 21 . Die Vorträge betrafen die Armenfursorge, das „Schlüsseldelikt" Kindstötung oder die Einstellung von Ärzten zur Volksmedizin. Der gleichnamige Tagungsband bezeugt, daß es gelungen ist, eine oft allzu abgehobene Theorie über das gerne als „philosophisch" apostrophierte 18. Jahrhundert mit Alltagsleben zu erfüllen. Landleben des 18. Jahrhunderts untersucht auch der Dresdner SFB 537 „Institutionalität und Geschichtlichkeit" (seit 1997) und das VW-Forschungs-

gelmäßige Konferenz der deutschen Frühneuzeithistoriker. - Unter der Adresse: http://www.geschiehte.fbl5.uni-dortmund.de/vl/fnz/projekte.htm (20.7.2001) stellt Stephanie Marra an der Universität Dortmund ein laufend aktualisiertes Verzeichnis nationaler und internationaler Projekte zur Früh-Neuzeitforschung zusammen. 16 Abel: Agrarkrisen und Agrarkonjunktur, 1978. - Vgl. auch Lütge: Geschichte der deutschen Agrarverfassung, 1967. 17 Eindrucksvoll die Studie von Blickle: Deutsche Untertanen, 1981. Siehe auch Ders.: Bauernunruhen, 1990. 18 Siehe etwa Cerman/Ogilvie: Protoindustrialisierung, 1994. 19 Etwa Harnisch/Heitz: Deutsche Agrargeschichte, 1986. 20 Peters: Konflikt und Kontrolle, 1995. - Ders.: Gutsherrschaftsgesellschaften im europäischen Vergleich, 1997. 21 Conrad/Herzig/Kopitzsch: Das Volk im Visier der Aufklärung, 1998. - Rezensiert von Peter Ehrmann für Württembergisch Franken 84 (2000), S. 373f.

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projekt „Soziale Kontrolle in der frühen Neuzeit: Das Alte Reich im europäischen Vergleich" (seit 1996). Im Herbst 1997 fanden sich deren Mitarbeiter zu einer Tagung zusammen und versuchten, die in der Vergangenheit einander vielfach feindlich gegenüberstehenden Strömungen Mikrohistorie und Makrobzw. Strukturgeschichte miteinander auszusöhnen 22 . Ein zentraler Diskussionspunkt war der umstrittene Begriff der „Sozialdisziplinierung", den Gerhard Oestreich im Anschluß an Max Weber Ende der 1960er Jahre ins Spiel gebracht hat23. Er gehört neben dem der „Zivilisierung" (Norbert Elias) zu den Leitparadigmen der Frühneuzeitforschung 24 . Beide betonen die zentrale Rolle obrigkeitlicher Gewalt und werden in der neueren Forschung als 'etatistische' Perspektive zunehmend kritisiert. Dagegen postuliert Anthony Giddens Selbstorganisation und -regulierung einer komplexen Gesellschaft als bestimmender Ordnungsfaktor 25 .

2.1.2 Lexika, Handbücher und Zeitschriften zur Aufklärung Einen Einstieg in das Thema erlauben Lexika und Handbücher zur Epoche der Aufklärung und zur Literaturgeschichte jener Zeit. Werner Schneiders, Ulrich Herrmann, Killys Literaturlexikon und Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur haben in ihren Enzyklopädien jeweils das Lemma „Volksaufklärung" berücksichtigt 26 . Der Amerikaner Peter Hanns Reill handelt es in seiner „Encyclopedia of the Enlightenment" unter dem Stichwort „Aufklärung" ab, wobei er sorgfältig zwischen der protestantisch-norddeutschen und der zeitlich versetzten katholisch-süddeutschen Variante unterscheidet 27 . Schneiders „Lexikon der Aufklärung" ist als "deutsches Sachwörterbuch" (S. 7) konzipiert. Es bietet rund 250 Artikel (von Aberglaube bis Zürich) im Umfang von einer bis knapp vier Druckseiten, verfaßt von 100 Dixhuitièmisten, die eine breite Palette von Disziplinen vertreten, etwa Agrarwissenschaften, Germanistik, Musikwissenschaft, Ökonomie, Sinologie, Strafrecht- und

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Schilling: Institutionen, Instrumente und Akteure sozialer Kontrolle, 1999. - Rezensiert für den Server Frühe Neuzeit und H-Soz-u-Kult von Wittke, Margarete. In: Perform 2 (2001), Nr. 3; abrufbar unter http://www.sfn.uni-muenchen.de (17.7.2001). Oestreichs Begriff der Sozialdiszplinierung ist aus seiner Antrittsvorlesung 1962 hervorgegangen, die 1968 erstmals gedruckt wurde. Vgl. Oestreich: Strukturprobleme des europäischen Absolutismus, 1969, S. 179-197. - Breuer, Stefan: Sozialdisziplinierung, 1986. Elias: Prozeß der Zivilisation, 1976. Giddens: Die Konstitution der Gesellschaft, 3 1997. - Ders.: The Third Way, 1998. - Ders.: Die Frage der sozialen Ungleichheit, 2001. Böning: Volksaufklärung. In: Schneiders (Hg.), Lexikon der Aufklärung, 1995. Ebenfalls von Böning stammt der Artikel Volksaufklärung in: Killy (= DB 9), 26747-26755. - Wehrmann: Volksaufklärung, 1981. - Ruppert: Volksaufklärung, 1984. Aufklärung. In: Reill: Encyclopedia of the Enlightenment, 1996, S. 22f.

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Rechtsgeschichte. Als geistes- und kulturgeschichtlich markante Randbedingungen, in denen sich Aufklärung als Epochenbegriff der Moderne bestimmen läßt, benennt Schneiders den Zerfall der feudalen Gesellschaftsordnung bei Erstarken einer Ideologie des Bürgertums; die Entchristianisierung und die Selbstreflexion des modernen Menschen, angezeigt durch einen philosophisch entwickelten Begriff von Selbstbewußtsein 28 . Aufklärung versteht er als eine „programmatische Aktion zur Verbesserung des Verstandes". Zu unterscheiden sind hierbei zwei Formen der Aufklärung: Erstens die rationalistische Aufklärung, für deren Denkstil so etwas wie Begriffsklärung kennzeichnend ist, d.i. die „"Exposition der richtigen Begriffe" und „Kritik der falschen und verworrenen Begriffe ... Allgemeiner gesprochen will Aufklärung jedoch klares und deutliches Denken überhaupt, sachoffenes und nüchternes Denken. Sie richtet sich folglich gegen Denkhindernisse aller Art, insbesondere gegen Vorurteile und Aberglauben, Fanatismus und Schwärmerei, Affekte und Illusionen. Aufklärung ist insofern Kritik und als solche Selbstreinigung des Denkens, Desillusionierung und Entemotionalisierung" (S. 10). Zweitens die „eher unterschwelligere" emanzipatorische Aufklärung mit der Betonung des freien Denkens oder, so das Modewort der Zeit, des Selbstdenkens. Dieser Typ richtet sich „gegen die durch machthabende Autoritäten verhängten, aber auch durch eigene Faulheit oder Feigheit produzierten Denkverbote, sei es um den Menschen dadurch als Opfer fremder Mächte hinzustellen, sei es, um ihn als Wesen, das zur Selbstbestimmung verpflichtet ist, auch für dieses fremdbestimmte Denken noch selbst verantwortlich zu machen" (S. 11). Dieses in der Aufforderung zur Selbstbefreiung mündende Motiv, Kants vielzitiertes „sapere aude!", faßt Schneiders in dem glücklich gewählten Ausdruck eines „Willens zur Vernunft" (S. 10) zusammen. Damit verbunden war eine durchweg pragmatische Haltung, die mit der Abschaffung von Folter und Hexenprozessen oder der Verbesserung der Landwirtschaft stets auf konkrete Reformen in Politik, Religion und Wirtschaft zielte (S. 11-12). Schneiders kommt so zu dem Fazit: „Aufklärung ist keine Wissenschaft" (S. 14). Reill und Wilson wollen in ihrer Darstellung des Aufklärungsbegriffs das Vorurteil erschüttern, daß wir die Aufklärung schon kennten. Sie präsentieren daher „a picture of the rich kaleidoscope of ideas and policies" (S. IX). Die „Encyclopedia of the Enlightenment" beschreibt „subject areas", „key terms", „individuals", „significant works", „key locations". Vergleichbar mit Schneiders lassen Reill/Wilson die Aufklärung 1688 mit der Glorious Revolution und Newtons „Principia" beginnen; Hume und Lessing repräsentieren die Blütezeit 1730-1780 (S. 131-133). Aufklärung gilt als internationales Phänomen mit Pa28 Schneiders: Lexikon der Aufklärung, 1995, hier Einleitung, S. 12 (vgl. die Rezension von Weber, Jürgen: In: Informationsmittel für Bibliotheken 1996, H. 2/3, S. 192). - Vgl. auch Schräder: Die Formierung der bürgerlichen Gesellschaft, 1996. - Graf: Protestantische Theologie, 1990.

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ris als kulturelles Zentrum. Die Verbindung von „criticism and innovation" prägt den Beginn der Modernität (S. VII). Anders als bei Schneiders wird die Epoche unter dem Namen „the Romantic Enlightenment" bzw. „the enlightened Romanticism" bis 1815 ausgedehnt (S. 132), was sich, wie noch zu zeigen sein wird, hinsichtlich der Volksaufklärung als durchaus richtig herausstellt. Damit sollen die Spannungen durch Integration der Widersprüche aufgelöst werden. Entsprechend interpretieren die beiden Amerikaner Romanticism als „logical heir to the Enlightenment and its antagonistic opposite" (S. 366). Auslegungen der Literarhistorie des 19. Jahrhunderts, wonach Romantik „unter den sattsam bekannten Vorzeichen des Nationalen und 'Deutschen 1 , des 'Volkstümlichen' und 'Irrationalen' und nicht zuletzt der politischen, sozialen, philosophischen und ästhetischen Antimodernität" stehen, weisen sie ab (S. 360). Der Literaturhistoriker Peter-André Alt gliedert sein Lehrbuch zur Aufklärung in fünf Abschnitte: 1. Ideen- und wirkungsgeschichtliche Aspekte der Epoche; 2. Poetik und Ästhetik; 3. Lyrik und Lehrdichtung; 4. Drama und Theater; 5. Fabel, Erzählung und Roman 29 . Das erste Kapitel fuhrt in grundlegende Themen ein, mit denen sich Philosophie, Wissenschaften und Theologie in der Aufklärung befaßt haben. Jeder Beitrag schließt mit einem Forschungsbericht, der auf die Bibliographie des Anhangs Bezug nimmt. Sie weist rund 400 Titel nach und ist gegliedert nach den Kapiteln des Textteils. 1977 spart Hermann Bausinger in der „Enzyklopädie des Märchens" die Volksaufklärung im Artikel „Aufklärung" aus30. Damals war man noch weit davon entfernt, sich für die belehrenden Texte als Instrument zur Verhaltensnormierung der Massen zu interessieren. Die moralischen Beispielgeschichten werden hier noch gar nicht erwähnt, wenngleich Bausinger bereits auf den „moralisch-utilitären Grundzug der Aufklärung" aufmerksam macht, als Beleg dafür jedoch nur das Exempel, die Fabel und das Märchen anfuhrt 31 . Einen „enzyklopädischen Überblick" über die Epoche der Aufklärung (S. 151) bietet auch Michael Maurers Band über „Kirche, Staat und Gesellschaft im 17. und 18. Jahrhundert". Hier interessiert vor allem das Kapitel über die Rolle der Kirche im Prozeß der Zivilisation 32 . Darin erläutert er Forschungsansätze wie das bereits erwähnte Konzept der Sozialdisziplinierung, Fragen zur Bedeutung der Kirchenzucht, zur Rolle der Kirche auf dem Feld der Bildung, zur Sozialgeschichte des katholischen und protestantischen Klerus bis hin zur Stellung der protestantischen Pfarrfrau, zur Wirkung des Pietismus oder die Frage

29 Alt: Aufklärung, 2., durchges. Aufl. 2001. - Rez. von Koch, Hans-Albrecht. In: Informationsmittel fur Bibliotheken 5 (1997), H. 1/2. 30 Bausinger: In: EM I (1977), Sp. 972-983. 31 Ebd., Sp. 975. 32 Maurer: Kirche, Staat und Gesellschaft, 1999, hier S. 85-105. - Vgl. Rezension von Eva Heller-Karneth. In: BJV 2000, S. 154f.

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nach der Toleranz im Zusammenleben der Konfessionen. Ferner macht Maurer mit den sehr verschiedenen Ausprägungen des Pietismus bekannt: von der staatstragenden, in der Landeskirche verankerten Religion bis zu den Formen völliger Ablehnung des landeskirchlichen Regiments und der Loslösung von diesem. Resümierend hält er fest, daß nicht nur die Vertreter des systemtragenden, sondern insbesondere auch die des radikalen Pietismus ihren Anteil an der historischen Entwicklung hatten. Durch ihre publizistische Tätigkeit läßt sich ein Zusammenhang mit der auf die Freiheit des Wortes und der Entfaltung des literarischen Marktes setzenden Aufklärung herstellen. Aufklärerisches Gedankengut und Säkularisierungsbestrebungen setzten sich nicht nur in dem sich im 18. Jahrhundert tiefgreifend verändernden Protestantismus, sondern - wie Maurer ausführlich am Beispiel der Reformen in Österreich darlegt - auch in katholischen Territorien des Reiches durch. Die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger hat einen lang gehegten Wunsch von Lehrenden und Lernenden erfüllt: sie hat die Geschichte Europas im Zeitalter der Aufklärung aufgefächert in einem Band mit Quellentexten, Illustrationen und Literaturhinweisen 33 . Das Buch schließt eine empfindliche Lücke: Es reiht sich in die in Deutschland viel zu spät erfolgte Abkehr von neonationaler Geschichtsschreibung ein und eröffnet europäische Perspektiven. Die von Stollberg-Rilinger gesammelten Quellentexte legen die Vermutung nahe, daß sich der Geist der Reform - abgesehen von der Habsburgermonarchie Maria Theresias und Josephs II. - vornehmlich in den protestantischen Staaten ausbreitete. Hier wirkte die staatliche Modernisierung sozialdisziplinierend, säkularisierend und effizienzsteigernd. Dieser Blick auf das 18. Jahrhundert, der eine lange deutsche historiographische Tradition besitzt, dürfte aber nicht zuletzt aufgrund der nun fast dreißig Jahre währenden intensiven Erforschung der geistlichen Staaten, die eine eigene Reformwelle durchliefen, überholt sein. So wird die Gründung der Universität Göttingen 1738 erwähnt, aber die sehr modernen Anstalten von Fulda (1734), Münster (1780), Mainz (ab 1782), Bonn (1786), und die ihrer Zeit weit vorauseilende Medizinerausbildung in Würzburg werden nicht beachtet 34 . Stollberg-Rilinger geht zwar zu Recht davon aus, daß es „d i e Aufklärung" nicht gab (S. 196), aber sie schildert die Geschichte des 18. Jahrhunderts als eine Geschichte der Anwendung von Ideen. Gegen dieses Verfahren hat Roger Chartier Bedenken angemeldet: Die Verbindung der vielfältigen Diskurse der Aufklärung mit den Systemen von Praktiken sei weder kontinuierlich noch notwendig. Kennzeichen der Aufklärung sei gerade ihre Dissonanz und ihr komplexer, nicht eindeutiger Bezug zur Praxis. Aus der befreienden Ideologie 33 34

Stollberg-Rilinger: Europa im Jahrhundert der Aufklärung, 2000. Sperling, Martin: Die Entwicklung der medizinischen Fächer an der Universität Würzburg. In: Baumgart, Peter (Hg.): Vierhundert Jahre Universität Würzburg, eine Festschrift. Neustadt an derAisch 1982, S. 811-827, hier besonders S. 814f.

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der Aufklärung konnten auch Restriktionen und Kontrollen entstehen 35 . Ein Blick in Goethes Weimar zeigt uns ein wenig liberales, kleinliches Milieu. Europa im Zeitalter der Aufklärung war erheblich bunter und widersprüchlicher, als es Stollberg-Rilingers Reclam-Bändchen suggeriert. In Michel Vovelles Sammelband über den „Menschen der Aufklärung" eröffnen renommierte Historiker in acht Kollektivbiographien (Adlige, Geschäftsleute, Gelehrte, Wissenschaftler, Künstler, Beamte, Priester und die Frauen) einen Einblick in die spezifischen Lebenswelten damaliger Menschen 36 . Hinsichtlich der Volksaufklärung interessiert vor allem Dominique Julias Porträt der Priester 37 : Er zeigt an literarischen Vorbildern wie Voltaires Seelenarzt „Teotimus" oder Rousseaus savoyischem Vikar, daß auch in Frankreich als guter Pfarrer galt, wer sich um Wohlergehen und Sittsamkeit seiner Gemeinde sorgte. Pfarrer agierten als Erzieher, die gegen den Widerstand von Landadligen Schulen einrichteten 38 , zu kostenlosen Pockenschutzimpfungen ins Pfarrhaus einluden und sich weigerten, bei Gewitter die Glocken zu läuten39. Bücherinventare verstorbener Geistlicher aus Städten in Westfrankreich belegen, daß sie sich im Laufe des 18. Jahrhunderts vermehrt aufklärerische Literatur anschafften. Im Jahr 1790 besaßen neun von zehn Priestern mehr als fünfzig solcher Bände, einer von dreien sogar mehr als hundert 40 . Mit einem von Norbert Hinske verantworteten Heft zum Thema „Eklektik, Selbstdenken, Mündigkeit" ist 1986 die Halbjahresschrift „Aufklärung" auf den Markt bekommen 41 . Gegenstand dieser Reihe ist die Erforschung des 18. Jahrhunderts und seiner Wirkungsgeschichte. In den Beiträgen wird deutlich, daß das Streben nach Interdisziplinarität eine dominierende Tendenz und Ausdruck der Integrationskraft der Epoche war. Der Umbruch des kulturellen und zivilisatorischen Selbstverständnisses sowie die Entfaltung der bürgerlichen Gesellschaft wurden von ihm mitbestimmt. Fachübergreifend angelegt, fuhrt die Zeitschrift in thematisch geschlossenen Heften Ergebnisse und Perspektiven der verschiedenen Forschungsdisziplinen im Hinblick auf einen bestimmten sachlichen Schwerpunkt (z.B. der aufgeklärte Herrscher, die „Schwärmer", Patriotismus, Alltag in der Zeit der Aufklärung, Lesekulturen, Zeremoniell und Gesellschaftsritual, Kriegskunst, Empfindsamkeit) zusammen.

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Chartier: Die kulturellen Ursprünge der Französischen Revolution, 1995, S. 30. Vovelle: Der Mensch der Aufklärung, 1998. Julia: Der Priester, 1998. Ebd., S. 319. Ebd., S. 316f. Ebd., S. 312. Aufklärung. Interdisziplinäre Halbjahresschrift zur Erforschung des 18. Jahrhunderts und seiner Wirkungsgeschichte, in Verbindung mit der Dt. Gesell, f. die Erforschung des 18. Jahrhunderts hg. v. Günter Birtsch, Karl Eibl, Klaus Gerteis, Norbert Hinske, Rudolf Vierhaus, Hamburg 1 (1986)ff.

2.2 Die Aufklärung des Volkes Nach dieser tour d'horizon durch die einfuhrende Literatur zum „Jahrhundert der Vernunft" wenden wir uns nun jenen Arbeiten zu, die sich speziell mit der Volksaufklärung befassen. An sehr versteckter Stelle trat 1973 der Münchner Germanist Reinhard Wittmann mit seiner Charakterisierung des „Lesenden Landmanns" auf den Plan 42 . Er konstatiert für den mittel- und osteuropäischen Raum, daß die Aufklärung des gemeinen Mannes im 18. Jahrhundert auf wenig fruchtbaren Boden fiel, da es mit der Lesefähigkeit der Bewohner nicht weit her gewesen sei: höchstens 30 Prozent von ihnen waren halbwegs in der Lage, einen Text zu entziffern. Selbst Mitte des 19. Jahrhunderts beherrschten viele einfache Leute das Lesen nicht: Von 754 Rekruten im Kanton Luzern erbrachten bei einer pädagogischen Leistungsprüfung nur 37,7 Prozent sehr gute und 26,3 Prozent gute Leistungen in dieser Kulturtechnik. 9,2 Prozent lasen miserabel und 8,5 Prozent vermochten es überhaupt nicht 43 . Im Ganzen dürften die von Rudolf Schenda mitgeteilten Zahlen über das potentielle Lesepublikum in Deutschland zutreffen: „um 1800: 25%, um 1830: 40%, um 1870: 75% und um 1900: 90% der Bevölkerung über sechs Jahre" 44 . Einen ersten Forschungsüberblick lieferte der Freiburger Germanist Reinhart Siegert 1976 mit seiner Rezension 45 des 1973 erschienenen Sammelbandes „Der Bauer Mittel- und Osteuropas im sozio-ökonomischen Wandel des 18. und 19. Jahrhunderts" 46 . Demnach finden sich frühe Vorstöße in pädagogischen, zeitungswissenschaftlichen, theologischen und volkskundlichen Dissertationen der 1920er und 1930er Jahre 47 . Unter den Literaturwissenschaftlern

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Wittmann: Der lesende Landmann, 1973 und 1982. Messerli, Alfred: Einfuhrung. In: Ders./Chartier: Lesen und Schreiben in Europa 1500-1900, Basel 2000, S. 17-32, hier S. 19. - Vgl. auch: Brednich: Lesen, 1996, hier Sp. 943ff. 44 Schenda: Volk ohne Buch, 1970, S. 445. 45 Siegert: Wiederentdeckte Volksaufklärung, 1976. - Weitere Forschungsübersichten bieten Böning: Der 'gemeine Mann' als Adressat aufklärerischen Gedankengutes, 1989. - Gründig: „Zur sittlichen Besserung und Veredelung des Volkes", 1997, S. 36-52. 46 Berindei: Der Bauer Mittel- und Osteuropas, 1973. 47 a) Pädagogik: Schulz, Heinrich: Rudolph Zacharias Becker als Volkserzieher. Phil. Diss. Königsberg 1926. - Heimpel-Michel, Elisabeth: Die Aufklärung. Eine historisch-systematische Studie (= Göttinger Studien zur Pädagogigk, H. 7). Langensalza 1928. - Iven, Kurt: Die Industriepädagogik des 18. Jahrhunderts. Eine Untersuchung über die Bedeutung des wirtschaftlichen Verhaltens für die Erziehung (= Göttinger Studien zur Pädagogik, H. 15). Langensalza 1937. - Gans, August: Das ökonomische Motiv in der preußischen Pädagogik des 18. Jahrhunderts. Halle 1930. - Götze, Walter: Die Begründung der Volksbildung in der Aufklärungsbewegung. Phil. Diss. Leipzig 1932. - Eichler, Arthur: Die Landbewegung des 18. Jahrhunderts und ihre Pädagogik (= Göttinger Studien zur Pädagogik H. 20). Langensalza 1933. Hippel, Olga von: Die pädagogische Dorf-Utopie der Aufklärung (= Göttinger Studien zur Pädagogik H. 31). Langensalza 1939. - b) Zeitungswissenschaft·. Füsser, Gerhard: Bauernzeitungen in Bayern und Thüringen von 1818-1848. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen

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dieser Zeit fand bezeichnenderweise nur ein einziger Interesse an dieser Art von Gebrauchsliteratur, und das auch nur gespiegelt im Werk Goethes 48 . 1959 griff der schwäbische Volkskundler Dieter Narr das Thema wieder auf mit seinem Aufsatz „Fragen der Volksbildung in der späteren Aufklärung" 49 . Aus der Tübinger Schule erwuchsen Rudolf Schendas Habilitationsschrift „Volk ohne Buch", die erstmals Methode und Quellenkunde der Volksaufklärung behandelt 50 , und die beiden Dissertationen „Das Mildheimische Liederbuch" 5 ' und „Unterhaltsame Bauernaufklärung" 52 . Daß volksaufklärerische Schriften zu Hunderttausenden gedruckt und auch gelesen wurden, hatte Siegert bereits in seiner 1978 abgeschlossenen Dissertation über Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" nachgewiesen 53 . Seit 1989 beschäftigen er und der Bremer Pressehistoriker Holger Böning sich in ihren Publikationen nahezu ausschließlich mit der Volksaufklärung. Zusammen mit Wolfram Mauser holte Siegert das DFG-geförderte bio-bibliographische Projekt „Volksaufklärung" 1993 nach Freiburg. Titel wie „Von der Nothwendigkeit und dem Nutzen einer medicinischen Policey in einem Staat", „Über die Bildung der Frauen und die Behauptung ihrer Würde", „Anfangsgründe des Landbaues, auf Erfahrung und Vernunft gegründet, zum Gebrauche des Landvolks", „Frey- und Gleichheits-Büchlein. Für die Jugend und den deutschen

Bauernstandes und der deutschen Presse (= Zeitung und Leben 8). Hildburghausen 1934. Grathoff, Erich: Deutsche Bauern- und Dorfzeitungen des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte des Bauerntums, der öffentlichen Meinung und des Zeitungswesens. Phil. Diss. Heidelberg 1937. - Jentsch, Irene: Zur Geschichte des Zeitungslesens in Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts. Mit besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Formen des Zeitungslesens. Phil. Diss. Leipzig 1937. - c) Theologie: Rothert, D.: Johann Moritz Schwager, eine westfälische Pfarrergestalt der Aufklärungszeit (= Studien zur Geschichte des evangelischen Pfarrerstandes 2). Berlin 1929. - Schreiber, Chrysostomus: Die katholische Predigt im Aufklärungszeitalter in ihrer Haltung zur Frömmigkeit der Parochianen. Mit besonderer Berücksichtigung von Süddeutschland. Theol. Diss. Münster 1940. - d) Volkskunde: Lohoff, Heinrich: Ursprung und Entwicklung der Religiösen Volkskunde (= Deutsches Werden, H. 6). Greifswald 1934. - Jobst, Albrecht: Evangelische Kirche und Volkstum. Ein Beitrag zur Geschichte der Volkskunde. Stuttgart 1938 (Phil. Diss. Hamburg 1935). - Wehn, Carl: Der Kampf des Journals von und für Deutschland gegen den Aberglauben seiner Zeit. Eine volkskundliche Untersuchung auf geisteswissenschaftlicher Grundlage. Phil. Diss. Köln 1937. 48

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Schulz, Günter: Goethe und die bäuerliche Welt. Die ländlichen Grundlagen seines Denkens (= Forschungen der Gesellschaft der Freunde des deutschen Bauerntums, Reichsbauernstadt Goslar, Bd. 1. In Verbindung mit der Anstalt für Rassenkunde, Völkerbiologie und ländliche Soziologie, Freiburg i. Br.). Goslar: Verlag Blut und Boden 1940. Seine gesammelten Aufsätze zur Volksaufklärung liegen vor in: Narr: Studien zur Spätaufklärung, 1979. Der Band wurde 1997 bei Kohlhammer zweimal neu aufgelegt (gebundene und TB-Ausg.) [mit einer Einleitung von Hermann Bausinger über den Autor, S. IX-XV], Schenda: Volk ohne Buch, 1970. Weißert: Das Mildheimische Liederbuch, 1966. Lichtenberg: Unterhaltsame Bauernaufklärung, 1970. Siegert: Aufklärung und Volkslektüre, 1978.

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Bürger und Bauersmann" oder „Rechnen ist dem Landmann sehr nützlich" gehören seitdem zu deren täglicher Lektüre 54 . Gerade 500 Titel zur Volksaufklärung waren bekannt, als Siegert und Boning ihre Arbeit begannen. Höchstens noch einmal so viele Schriften hofften sie aufzustöbern. Doch je mehr Verzeichnisse, Zettelkästen und Bibliothekskataloge sie durchforsteten, desto mehr wuchs ihre Kartei. Inzwischen fuhren sie rund 15.000 Titel in ihrer Datenbank. Der ursprünglich angestrebte Verzeichnisband hat sich mittlerweile zu einer auf sechs Bände angelegten kommentierten Bibliographie ausgewachsen 55 . Außerdem macht eine Reprintreihe die wichtigsten Texte der Forschung zugänglich 56 . In ihrem Standardwerk „Volksaufklärung" haben Siegert und Böning bibliographisch besonders schwieriges Material versammelt: viel ephemeres Schrifttum, Kleinschriften regionaler Bedeutung und oft obskurer Provenienz, Nachdrucke, Bearbeitungen, Massenauflagen, süddeutsche, österreichische und schweizerische Produkte fern der Leipziger Buchhandelssphäre. Das alles quer über viele Fachgebiete hinweg (v.a. Ökonomie, Medizin, Theologie; aber auch Belletristik, Recht, Geschichte, Politik) und durch das Augenmerk auf populäre Schriften immer an deren Rand. Band 2 der Bibliographie zur Volksaufklärung, der 2001 erschienen ist, verzeichnet die Veröffentlichungen des Zeitraums 1781-1800 mit etwa 3.185 Titeln. Die zwei Jahrzehnte zeichnen sich aus durch eine Vielzahl kleiner, für die Hand des „gemeinen Mannes" selbst gedachter Schriften und besonders durch eine Zunahme der Produkte aus dem katholisch-süddeutschen Raum. Trotz des bibliographisch schwierigen Titelmaterials gelang es Siegert, zu immerhin 63 % der Schriften einen Standort zu finden. Auch die Literaturhistorikerin Annegret Völpel hat mit ihrer Frankfurter Dissertation von 1994 wichtige bibliothekarische Kärrnerarbeit geleistet 57 . Ihr Literaturverzeichnis umfaßt ca. 800 Titel, wobei in zwei Alphabeten belehrende und unterhaltende Volksaufklärungsschriften sowie theoretische Schriften zur Volksaufklärungsdiskussion und zur zeitgenössischen Volksaufklärungstheorie geboten werden. Ein Teil der Schriften wurde nach Autopsie verzeichnet und ist mit Standortangaben versehen.

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[Anonymus:] Bücher für den „gemeinen Mann". Freiburger Germanisten erforschen, wie die Aufklärung unters Volk kam. In: Freiburger Uni-Magazin, Ausgabe 01/1999, S. lOf. 55 Böning/Siegert: Volksaufklärung. Biobibliographisches Handbuch zur Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfängen bis 1850. Vorauss. 5 Bde. Stuttgart 1990ff. 56 Volksaufklärung. Ausgewählte Schriften, hg. v. Böning u. Siegert, ca. 13 Bde. Stuttgart 1992ff. 57 Völpel: Der Literarisierungsprozeß der Volksaufklärung, 1996, mit einer Bibliographie zur Volksaufklärungsliteratur, S. 341-402.

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Der erste Teil der Bibliographie enthält an Landleute und deren Kinder adressierte, belehrende und durch Einlagerung belletristischer Anteile zugleich unterhaltende Volksaufklärungswerke. Ihre erzählerische Einkleidung ist unterschiedlich stark ausgeprägt; sie reicht von der Aufnahme einzelner Lieder und Beispielgeschichten über die Textgestaltung in Form eines Gesprächs bis zu romanhaften Werken mit Rahmen- und Binnenhandlungen. Bewußt nicht mit aufgenommen wurden die für die erste Phase der Volksaufklärung mit literarischen Mitteln wichtigen Schriften der ökonomischen und landwirtschaftlichen Belehrung, die sich auf die sachliche Weitergabe neuer naturwissenschaftlicher Kenntnisse an die bäuerliche Bevölkerung beschränken, zum Teil aber besonders in den Vorreden sehr interessante Überlegungen zu den Strategien der Volksaufklärung enthalten. Die meisten Titel sind lediglich mit der Auflage verzeichnet, die von Völpel benutzt wurde, auf die Ermittlung der für die Wirkung der Volksaufklärung wichtigen, oft sehr zahlreichen Neuauflagen und Nachdrucke wurde in der Regel verzichtet. Immerhin aber geht dieses Literaturverzeichnis einiges über das hinaus, was bis dahin an Titeln bekannt war, so daß es gemeinsam mit einigen anderen Bibliographien für weitergehende Forschungen zur Volksaufklärung zunächst den Ausgangspunkt bildet58. Diese Titelstatistiken demonstrieren, daß vo/Äsaufklärerische Schriften noch lange nach dem Ende der „eigentlichen" Aufklärung erschienen. Die Welle ebbte erst während der Napoleonischen Depression ab, um vor der 1848er Revolution nochmals anzusteigen. Neben solcher Terrainerkundung haben in den vergangenen dreißig Jahren mit einem steilen Produktionsanstieg seit 1995 - Germanisten, Theologen, Soziologen, Pädagogen 59 , Medizin-, Presse- und Agrarhistoriker und Volkskundler Literatur zur Volksaufklärung vorgelegt. Diese Teilstudien zielen entweder auf einzelne Autoren und arbeiten Unterschiede zwischen evangelischem und katholischem Milieu heraus, oder sie befassen sich mit regionalen Schwerpunkten 60 und verfolgen, wie sich die Volksaufklärung in den von Pietisten und Philanthropen beherrschten Zentren um die Universität Halle und Thüringen, in Württemberg, oder in Städten wie Hamburg, später auch Berlin und Kopenhagen entwickelt hat61. Eine dritte Gruppe einschlägiger Publikationen untersucht schließlich die Medien, in denen moralische Beispielgeschichten zur Volksaufklärung erscheinen, also Schulbücher, Ratgeber und Unterhaltungsliteratur fur Kinder und Jugendliche sowie Moralische Wochenschriften, 58 Vgl. Böning, Holger: Der Literarisierungsprozeß der Volksaufklärung. In: Informationsmittel fur Bibliotheken (IFB) 5 (1997) 1/2, S. 123ff. 59 Herrmann: Das pädagogische Jahrhundert, 1981. 60 Seidel: Volksaufklärung und Literatur in Hessen-Darmstadt, 1999. 61 Brecht: Der Hallesche Pietismus, 1995. - Ders.: Protestantische Kirchenzucht, 1994. - Lehmann: Glaubenswelt und Lebenswelten des Pietismus, 2001.

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Zeitungen, Kalender, Predigttexte, Katechismen und Romane der Zeit zwischen ca. 1760 und 1840. Forschungslücken bestehen hinsichtlich der Frage, wie lange und auf welche Art und Weise diese „Bürgerinitiative" (Siegert) in das 19. Jahrhundert hineinwirkte 62 . Auch fehlte bislang der nun vorliegende Katalog der dort verzeichneten Tugenden und Laster und eine Motiv-Analyse der moralischen Geschichten. Siegert forderte hinsichtlich der Erforschung der Volksaufklärungsliteratur 1976 dreierlei: 1. regionale Differenzierung - in Gegenden wie Franken oder Thüringen rezipierte die Bevölkerung aufgrund besserer Schulbildung und weniger Dienstverpflichtungen mit entsprechend mehr Freizeit die Aufklärungsliteratur besser als beispielsweise in Mecklenburg. - 2. Berücksichtigung der Rolle der Obrigkeit: Wittmanns verallgemeinernde Ansicht, die oberen Stände im absolutistischen Staat hätten kein Interesse an der Bildung ihrer Untertanen gehabt, wurde mit dem Hinweis auf die Reformen Josephs II. in Österreich oder Montgelas in Bayern oder den Schulreformen in Thüringen und den Hochstiften Mainz, Trier, Bamberg, Würzburg und Salzburg für diese Territorien widerlegt. - 3. Zeitliche Begrenzung: Aufklärerische und antiaufklärerische Haltung sind, wie Siegert ausführt, nicht „durch die Grenzlinie 1770 in gängigen Literaturgeschichten, durch die Französische Revolution, die Karlsbader Beschlüsse oder den Tod Wessenbergs endgültig ad acta gelegt worden", sondern haben, schichtspezifisch, regional und altersbedingt unterschiedliche Langzeitwirkung gehabt. So erfuhr die Aufklärungsliteratur fur das Volk ihren Höhepunkt um 1790, wobei eine auffällige Häufung im philanthropisch beeinflußten Thüringen und im pietistisch geprägten Sachsen-Anhalt zu konstatieren ist. Für Erwachsene wurde diese Art von belehrender Gebrauchsliteratur von 1840 an mit Einrichtung der ersten Volksbildungsvereine allmählich überflüssig 63 , während sie für Kinder und Jugendliche offenbar in ganz Europa noch bis ins hohe 19. Jahrhundert nachwirkte64.

62 Siegert sieht in der Volksaufklärungsbewegung eine der „ersten Bürgerinitiativen", vgl. [Anonym:] Bücher für den „gemeinen Mann". Freiburger Germanisten erforschen, wie die Aufklärung unters Volk kam. In: Freiburger Uni-Magazin, Ausgabe 01/99 (Februar), S. lOf. - Als Bürgerinitiativen könnte man auch schon „Selbsthilfegruppen" des frühen 16. Jahrhunderts ansprechen, wie z.B. die 1501 in Pforzheim gegründete „Löbliche Singergesellschaft", die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Pesttoten unter Absingen von Psalmen würdig zu bestatten. 1701 wandelte sie sich zur Begräbnisversicherungskasse, die ihren Mitgliedern samt Familien eine christliche und würdige Beerdigung sicherte. Im 19. Jahrhundert entwickelte sie sich zu einem Wohlfahrtsverein. - Vgl. Behr, Alfred: Mit Psalmen gegen die Pest. Eine der ältesten Bürgerinitiativen, die „Löbliche Singergesellschaft, wird 500 Jahre alt. In: FAZ, 17.07.2001, Nr. 163, S. 10. 63 Wittmann: Lesender Landmann, 1973, S. 183. 64 Alzheimer-Haller: Nachwirkende Aufklärungsliteratur, 1999. - Caringi: Il „Buon esempi" e l'educazione morale tra, 1999.

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2.2.1 Die Trägerschicht der Volksaufklärung Überzeugt von der „Perfektibilität" des Menschen, engagierten sich im 18. und frühen 19. Jahrhundert Ärzte, Amtleute, Beamte, Domänenverwalter, einzelne Gutsbesitzer, Kaufleute, Buchhändler und vor allem Geistliche beider Konfessionen in der Volksaufklärung (vgl. hinten Kap. „Profile der Volkslehrer). Zur Durchsetzung ihrer Pläne schlossen sie sich seit dem frühen 18. Jahrhundert ohne Rücksicht auf Konfession und Herkunft zu sogenannten „Aufklärungsgemeinschaften" oder Sozietäten zusammen, um dort frei miteinander zu lesen, zu lernen, zu diskutieren und Literatur für den „gemeinen Mann" zu publizieren 65 . Da die Pfarrer unter ihnen die größte Gruppe bildeten, liegen über sie auch die meisten Untersuchungen vor. Volksaufklärung protestantischer Prägung Die Idealisierung des protestantischen Pfarrhauses hat eine lange Tradition, wohingegen die Erforschung des Verhältnisses der Pfarrer zu ihren Gemeinden, besonders auf dem Lande, erst am Anfang steht66. Neuere Untersuchungen deuten daraufhin, daß den protestantischen Pfarrern, die sich seit dem 17. Jahrhundert allzu sehr dem Studium der Bücher gewidmet hatten, im Laufe des 18. Jahrhunderts von den Gemeinden die Kompetenz zum Urteil über die Wirklichkeit abgesprochen wurde, auch wenn sie sich zugleich als Lehrer im alltäglichen Leben verstanden und entsprechend um „Popularität" bemühten 67 . Luise Schorn-Schütte und Walter Sparn stellen im Vorwort zu ihrem Sammelband über „Evangelische Pfarrer" im 18. bis 20. Jahrhundert fest: „Damit scheint brüchig geworden, was in der bisherigen Forschung stets als Grundlage der sozialen Wirkung der evangelischen Geistlichkeit charakterisiert wurde" 68 . Katholische Priester dagegen stammten nicht selten aus bäuerlichen Familien und verfügten damit über einen breiten Erfahrungsschatz auch in gänzlich untheologischen Disziplinen, der ihnen in ihrem Amt zugute kam. Allzu große Volksnähe weckte allerdings den Unmut der Kirchenleitung und brachte den leutseligen Landgeistlichen in der zweiten Hälfte des 18.

65 In Nürnberg bildeten sich Aufklärungssozietäten in den 1760er Jahren heraus, getragen von der bürgerlichen Intelligenz, während sie in Ansbach erst in den 1780er Jahren anzutreffen sind. Vgl. Seiderer: Formen der Aufklärung in fränkischen Städten 1997, S. 194ff. - Vgl. auch van Dülmen: Die Gesellschaft der Aufklärer, 2 1996. 66 Vgl. Schnabel-Schüle: Distanz und Nähe, 1986. - Schorn-Schütte: Zwischen ,Amt' und ,Ber u f , 1997. 67 Vgl. Drehsen: „Theologia popularis", 1988. - Nowak: Geschichte des Christentums in Deutschland, 1995, S. 3Iff. 68 Schorn-Schütte/Sparn: Evangelische Pfarrer, 1997, S. XVII.

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Jahrhunderts den Vorwurf der „Verbauerung" ein, was Balthasar Haußmann in seiner Potsdamer Dissertation von 1999 herausgestellt hat69. Luise Schorn-Schiitte liefert in ihrem Aufsatz über „Die Geistlichen vor der Revolution" Informationen über die Verbesserung der Ausbildung und über den Wandel im Amtsverständnis beider Konfessionen 70 . Sie revidiert auch das Urteil der älteren Forschung, das evangelische Pfarrhaus hätte sich im 18. Jahrhundert fast ausschließlich aus sich selbst rekrutiert. Zwar „war der Anteil der Pfarrer, die aus Pfarrhäusern stammten, in allen Vergleichsterritorien mit rund 40 % bemerkenswert; entscheidend aber ist, daß die restlichen mehr als 50% sich aus anderen sozialen Gruppen rekrutierten und zwar mit großen Anteilen aus der mittleren Landesverwaltung (Amtleute u.a.), aus dem Handel treibenden Stadtbürgertum ... und ... während des ganzen 18. Jahrhunderts aus dem städtischen Handwerk" 71 . Den Pfarrern in ihrer Eigenschaft als Schriftsteller widmet sich vor allem der schon wiederholt zitierte Germanist Reinhart Siegert72. Er hat beobachtet, daß sich die Geistlichen am Übergang von der Frühen Neuzeit in die Moderne aus dem Literaturbetrieb zurückgezogen haben, als mit Entstehen einer kirchlich unabhängigen Öffentlichkeit Lesewünsche entstanden waren, welche die Erbauungsschriften der Pfarrer nicht mehr befriedigen konnten 73 . Georg Seiderer kommt in seiner Dissertation über „Formen der Aufklärung" zu dem Schluß, daß sich die Trägerschicht aufklärerischer Bemühungen in katholischen und protestantischen Gebieten auffallend unterschied 74 : In dem protestantischen Residenzstädtchen Ansbach rekrutierte sie sich überwiegend aus Beamten der Zentralverwaltung, in der Freien Reichsstadt Nürnberg standen die Geistlichen an der Spitze, begleitet von einem beachtlichen Anteil nichtakademischer Autoren. Im katholischen Bamberg setzte die Volksaufklärung durch Schriftstellerei erst um 1780 ein, also mit erheblicher zeitlicher Verzögerung, und wurde vom Klerus und den Universitätsangehörigen bestimmt. Volksaufklärung katholischer Prägung Während die geistliche Führungsschicht innerhalb der katholischen Kirche relativ gut erforscht ist, fehlen über den niederen Klerus für Zeit vor dem 19.

69 Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999. 70 Schorn-Schütte: Die Geistlichen vor der Revolution, hier S. 228 u. 232. 71 Dies.: Zwischen „Amt" und „ B e r u f , 1997, hier S. 6f. - Vgl. auch die entscheidende weiterfuhrende Untersuchung zur Sozialgeschichte der protestantischen Prediger von SchornSchütte: Evangelische Geistlichkeit in der Frühneuzeit, 1996. 72 Siegert: Die „Volkslehrer", 1999, hier S. 63. 73 Ders.: Pfarrer und Literatur im 19. Jahrhundert, 1997. 74 Seiderer: Formen der Aufklärung in fränkischen Städten, 1997, hier vor allem Abschnitt III: Die Aufklärung als literarische und soziale Bewegung, S. 43-232.

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Jahrhundert sozialgeschichtliche Studien 75 . Auch neuere Arbeiten haben vorwiegend führende Personen der katholischen Kirche zum Gegenstand 76 . Demgegenüber hervorzuheben ist die frömmigkeitsgeschichtliche Studie zur praktischen Durchsetzung aufklärerischer Inhalte von Barbara Goy 77 sowie die Arbeit von Schlögl 78 , der die Rezeption des Frömmigkeitsangebots der Kirche untersucht und am Beispiel der Stadt Köln zu dem Schluß kommt, daß die katholische Aufklärung als eine „Anpassungsbewegung der Kirche an die gewandelten Glaubensinhalte und die Frömmigkeitspraxis der Gemeinden zu bezeichnen ist, weil sich die städtischen Mittel- und Oberschichten von den barocken Frömmigkeitsidealen entfernten, lange bevor aufgeklärte Theologen und Seelsorger auf eine vernunftbereinigte und verinnerlichte Frömmigkeit drängten" 79 . Gut untersucht sind Alltagspraxis und Amtsverständnis französischer Pfarrer 80 . Das Verhältnis zwischen katholischen Priestern und der Dorfbevölkerung in Bayern hat der Münchner Historiker Rainer Beck verschiedentlich herausgearbeitet 81 : Barockprediger prangerten die „Bauernschinderei" zwar an, vertrösteten ihre Zuhörer aber auf das Jenseits. Aufgeklärte Pfarrer dagegen ermunterten die bäuerliche Bevölkerung, durch vernünftiges Wirtschaften drückende Abgabepflichten zu mildern. Vor allem in seiner Studie über das im Westen Bayerns gelegene Dorf Unterfinning läßt Beck die Pfarrer des 18. Jahrhunderts selbst zu Wort kommen 82 . Die Diskussionen um die katholische Volksaufklärung um 1800 innerhalb der damaligen pastoraltheologischen Literatur beschreibt Klaus-Peter Burkarth 83 . Ein Beispiel für einen katholischen Aufklärungspriester bietet Hans-Jürgen Lechtrenk 84 . Die Reaktionen von Pfarrern auf die Reformversuche des Konstanzer Bischofs Ignaz von Wessenberg (1776-1860), der den „Intellektualismus" der frühen Aufklärung durch „Herzensbildung" zu ergänzen suchte, um so auch die „nichtbürgerlichen wenig gebildeten Menschen" zu erreichen, hat Maria E. Gründig in ihrer Tübinger Dissertation von 1996 untersucht 85 . Als Quelle dient ihr die zwischen 1802 und 1827 erschienene Monatsschrift „Archiv für die Pastoralkonferenzen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz", an der rund 350 Geistliche als

75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

Vgl. Forschungsüberblick. In: Gatz: Geschichte des kirchlichen Lebens, 1991-1995, hier Bd. IV, S. 253-263. Bendel: Der Seelsorger im Dienst der Volkserziehung, 1996. - Gründig: „Zur sittlichen Besserung und Veredelung des Volkes", 1997. Goy: Aufklärung und Volksfrömmigkeit in den Bistümern Bamberg und Würzburg, 1969. Schlögl: Glaube und Religion in der Säkularisierung, 1995. Ders.: „Aufgeklärter Unglaube" oder „mentale Säkularisierung"?, 1997, hier S. 112. Julia: Der Priester, 1998. Beck: Der Pfarrerund das Dorf, 1988.- Ders.: Dörfliche Gesellschaft, 1992, S. 9. Ders.: Unterfinning, 1993. Burkarth: „Raisonable" Katholiken, 1994. Lechtrenk: Obstbau als Gottesdienst?, 1997. Gründig: „Zur sittlichen Besserung und Veredelung des Volkes", 1997.

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Autoren mitgewirkt haben. Wessenberg hat demnach entscheidend zu einem Mentalitätswandel unter den Katholiken seines Bistums beigetragen, indem er ihnen den Wert der als „'typisch schwäbisch' (und gerne als protestantisch!) bezeichneten Tugenden der Ordnung, des Fleißes und der Sparsamkeit" vermittelte86. Eine Zusammenfassung der Thesen zum kontrovers diskutierten Komplex der Aufklärung im katholischen Deutschland findet sich bei Harm Klueting87. Anhand der Bibliotheksbestände von Luzern, Eichstätt und Kloster Neuburg mustert Dieter Breuer die katholische Aufklärung zwischen 1750 und 180088. Die religionspädagogisch angelegte Arbeit von Hans Mendl über religiöse Kinder- und Jugenderzählungen von rund achtzig katholischen Autoren meist Priestern auf dem Land - zwischen 1750 und 1850 zeigt, wie es ihnen gelang, von der Tradition geprägte Vorgaben des Erzählerischen mit katechetischen, pädagogischen und literarischen Innovationen anzureichern und umzugestalten89. Es entstand so ein damals brandaktuelles Medium der Glaubensvermittlung, das im Modell einer „Vorsehungspädagogik" des Augsburger Domkapitulars Christoph von Schmid (1768-1854) seinen Höhepunkt fand. Einzelne Autoren Das Thema „Aufklärung als Kommunikationsprozeß" galt lange Zeit als Domäne der Landeshistoriker. Mittlerweile liegen gewichtige Studien aus anderen Disziplinen vor, welche die konfessions- und territorialspezifische Dimension literarischer Vermittlungen unterstreichen. Hier sind zu nennen die Arbeiten über katholische Aufklärer wie Ferdinand Gemi(ni)an Wanker90, Lorenz von Westenrieder", Heinrich Braun92 und über die Protestanten Georg Friedrich Seiler93 und Gotthard Ludwig Kosegarten94. Diese Autoren beteiligten

86 Ebd., S. 401. 87 Klueting, Harm: „Der Genius der Zeit hat sie unbrauchbar gemacht." Zum Thema Katholische Aufklärung Oder: Aufklärung und Katholizismus im Deutschland des 18. Jahrhunderts. Eine Einleitung. In: Ders.: Katholische Aufklärung, 1993, S. 1-35. 88 Breuer: Die Aufklärung in den deutschsprachigen katholischen Ländern 1750 bis 1800, 2001. 89 Mendl: Literatur als Spiegel christlichen Lebens, 1995. 90 Heinen: Die Anthropologie in der Sittenlehre Ferdinand Gemian Wankers (1758-1824), 1955. 91 Haefs: Aufklärung in Altbayern, 1998. 92 Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayerischen Aufklärers Heinrich Braun, 1998. 93 Jordahn: Georg Friedrich Seilers Beitrag zur praktischen Theologie der kirchlichen Aufklärung, 1970. 94 Kosegarten, Gotthard Ludwig: Uferpredigten und hymnologische Aufsätze, hg. v. Mohnike, Gottlieb Christian. Stralsund 1831. - Der volksaufklärerische Aspekt dieser Predigten wurde untersucht von Hartmann, L. T. K.'s Uferpredigten, 1997.

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sich mit Reisebeschreibungen, Utopien, Predigten, Schulreden, Romanen usw. am literarischen Diskurs über die Volksaufklärung, haben aber keine Moralischen Beispielgeschichten geschrieben. Bei anderen Schriftstellern dagegen umfaßt diese Gattung einen großen Teil des Gesamtwerkes. Auch zu ihnen liegen inzwischen Monographien vor. Pionierarbeit auf diesem Feld hat der Freiburger Theologe Günter Biemer 1968 mit seiner Habilitationsschrift über den bis dahin gänzlich unbekannten Augsburger Franziskanerkatecheten, Homileten und Erbauungsschriftsteller Edilbert Menne (1750-1828) geleistet95. Menne propagierte eine dreistufige Lehrmethode von Erklärung, Wiederholung und Veranschaulichung durch Geschichten, die er aus der Heiligen Schrift, den Konzilientexten und den Schriften der Kirchenväter zog. Ein starker Glaube an die universelle Bildungsfähigkeit des Menschen und die Allmacht der Erziehung kennzeichnete den Gothaer Buchhändler, Verleger und Patrioten Rudolph Zacharias Becker (1752-1822), Redakteur der „Deutschen Zeitung fur die Jugend und ihre Freunde", und ab 1784 Herausgeber der späteren „Nationalzeitung der Deutschen" 96 . Sein vier Jahre lang angekündigtes und beworbenes „Noth- und Hülfs-Büchlein für Bauersleute oder lehrreiche Freuden- und Trauer-Geschichte des Dorfs Mildheim" verkaufte sich auf Anhieb 30.000 Mal. Bis 1799 brachten Becker und geschäftstüchtige Raubdrucker über eine halbe Million Exemplare dieses Ratgebers unter's Volk. Ein eifriger Verfasser moralischer Geschichten, ebenso wie theoretischer Abhandlungen über die Verbesserung der „niederen Volksklassen" 97 war der evangelische Theologe Johann Ludwig Ewald (1748-1822), der in seinen Werken pietistisches Gedankengut mit den Erziehungsideen Pestalozzis kombinierte. An seinem Beispiel hat der Kirchenhistoriker Hans-Martin Kirn in seiner Münsteraner Habilitationsschrift von 1996/97 das „spannungsreiche Verhältnis von Spätaufklärung und Pietismus" erörtert98. Von pädagogischer Seite liegt eine Studie über den in Niedersachsen tätigen Philanthropen Johann Peter Hundeiker (1751-1836) vor99. Die Mainzer Volkskundlerin Christina Niem hat sich mit dem Volksschriftsteller Wilhelm Oertel von Horn (17981867) befaßt, der als kränkelnder Sohn eines reformierten Pfarrers viel las und darum das gedruckte Wort zur Vermittlung praktischer Aufklärung auch im Erwachsenalter sehr geschätzt hat100. Er brachte einen Kalender heraus („Die

95 Biemer: Edilbert Menne, 1969. 96 Siegert: Aufklärung und Volkslektüre, 1978. - Tölle: Rudolph Zacharias Becker, 1994. 97 Ewald, Johann Ludwig: Ist es rathsam, die niederen Volksklassen aufzuklären? Leipzig u. Gera 1800. - Ders.: Ist es rathsam, die niederen Volksklassen aufzuklären? Und: Wie muß diese Aufklärung seyn? Verm. Aufl. Leipzig 1811. 98 Kirn: Deutsche Spätaufklärung und Pietismus, 1998. 99 Feige: Die philanthropische Reformpraxis in Niedersachsen, 1996. 100 Niem: „Eine Geschichte, der Jugend und dem Volke erzählt", 1998.

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Spinnstube"), schrieb eifrig für die „Gartenlaube" und seine „Horn'sche Volks- und Jugendbibliothek" erreichte einen Umfang von stattlichen 77 Bänden (1853-1868). Dirk Sangmeister beschäftigt sich in seiner in den „Halleschen Beiträgen zur Europäischen Aufklärung" publizierten Studie über den Bestsellerautor August Lafontaine (1758-1831) u.a. mit der Frage der Rezipienten aufklärerischer Literatur. (Auto-)Biographien, Briefwechsel und Tagebücher der Zeit belegen, daß zu Lafontaines Lesern Kaiser Napoleon, König Friedrich Wilhelm III. und seine Frau Luise, Prinzen, Prinzenerzieher, Gelehrte, Schriftsteller, Theologen, adlige und bürgerliche Frauen, Apotheker und Handwerker zählten. Frauen schätzten seine Bücher besonders und sorgten als Lektürelenkerinnen ihrer Kinder fur die weitere Verbreitung in der nächsten Generation101.

2.2.2 Zum Buchbesitz Sich die neuen Volksschriften selbst anzuschaffen, bereitete Mitte des 18. Jahrhunderts einige Schwierigkeiten, denn der Kolportagehandel, über den traditionelle Volkslesestoffe wie religiöse Erbauungsschriften und vor allem Kalender unter das Volk gebracht wurden, hatte sie noch nicht entdeckt. Belehrende Texte über Stallfutterung, Futterpflanzenanbau, Abschaffung von Gemeindeweiden, Felddüngung mit Kalk, Gips oder Mergel, Obstbaumveredelung, Impfverhalten und Fragen der Kindererziehung wirkten auf Bauern, Handwerker, Dienstboten und einfache Soldaten zudem wenig attraktiv. Die wichtigste Art der Bücherbeschaffung war der Erbgang. Die Bücher blieben oft jahrhundertelang im gemeinsamen Familienbesitz. Sie gehörten zum Inventar des Hauses wie Geräte oder Möbel. Oft fehlte das Geld zur Anschaffung von Lesestoff. Für eine Bibel, deren Preis allerdings die meisten übrigen Bücher um ein Mehrfaches übertraf, mußte ein Hilfsarbeiter fast den Gegenwert von fünf Tagen Arbeit aufwenden, und selbst ein Zimmermann mußte drei Tage dafür arbeiten. „Mit dem Geldbetrag, der für die Bibel aufzubringen war, erhielt man vergleichsweise 72 Liter Wein, bzw. 56 Liter Getreide oder 7,2 Kilogramm Rindfleisch" 102 . Für ein durchschnittlich teures Werk mußte ein Zimmermann (Meister) 0,7 Tage arbeiten, ein Hilfsarbeiter 1,2 Tage. Vereinzelt wurde von der Obrigkeit Gebets-, Schul- und Andachtsliteratur gratis an die Bevölkerung abgegeben (vgl. Kap. 3.2: Wege und Mittel der Volksaufklärung). Angehörige der städtischen Unterschicht besaßen im 17. und 18. Jahrhundert durchschnittlich ein bis vier Bücher, wie Sylvia Wittig-Messemer auf101 Sangmeister: August Lafontaine, S. 341-358. 102 Ebd., S. 165.

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grund von 6.789 Nachlaßinventaren einfacher Nürnberger Bürger feststellt 103 . In der Mittelschicht kam man auf zehn bis fünfzehn Bücher und in der Oberschicht auf zwanzig und mehr Exemplare 104 . Steinbrecher, „Schweinstecher", Tünchner, Müller, Büttner, Schneider und ihre Ehefrauen in Nürnberg besaßen in erster Linie eine Bibel, Gesang-, Gebet- und Beichtbücher, Johann Arndts „Wahres Christentum" 105 , hie und da ein Kochbuch, ein „Gärtnersbuch" und eine „Hausapotheke". Am ehesten stießen die Geschichten-Schreiber noch bei den Schulmeistern auf Interesse. In ihren Bücherregalen standen Rochows „Kinderfreund", Seilers „Lesebuch für den Landmann" und nur als Konvolut benannte Schulbücher (bis zu 40 Stück), in denen moralische Geschichten allerdings dominierten. „Einflüsse der Aufklärung", so faßt Wittig-Messemer zusammen, „die ein säkulares Denken in die Gesellschaft trugen und die über Zeitschriften, wissenschaftliche Publikationen, populärphilosophische Schriften und moralische Wochenschriften verbreitet wurden, können ... nur in Ansätzen nachgewiesen werden" 106 . Im Kanton Zürich mußten die Pfarrer seit dem 17. Jahrhundert in regelmäßigen Abständen Bevölkerungszählungen anlegen mit Angaben über Alter, 103 Wittig-Messemer: Privater Bücherbesitz in Nürnberg, 1996; vgl. auch Neumann, Der Bücherbesitz der Tübinger Bürger, 1978 und Wiswe: Bücherbesitz und Leseinteresse Braunschweiger Bauern, 1975. - Siegert: Volkslektüre, 1978, beurteilt den Quellenwert von Inventaren allerdings skeptisch: „So sicher es ist, daß eine systematische Auswertung dieser Quellen [...] interessante Aufschlüsse über Wandlungen im Buchbesitz bringen können, so teile ich doch nicht Schendas Ansicht, sie ließen Schlüsse auf das Leseverhalten der kleinstädtischen Handwerkerschicht [...] und auf den minimalen Lesekonsum der Bauern und Arbeiter zu'. Vielmehr hat gerade Schenda gezeigt, welche Flut von kleinen Schriftchen verbreitet war, die auf Grund geringeren Wertes, vielleicht auch, weil man sich ihrer ein wenig schämte, in diesen Verzeichnissen allenfalls pauschal unter ,und etliche alte Büchlein' o.a. auftauchen. Man könnte dadurch also nur die Prachtstücke jedes Bauern- oder Handwerkerbücherbestandes erfassen [...], aber nun gerade nicht den aktuellen Lesestoffkonsum des ,gemeinen Manns'" (Sp. 986). 104 Ebd., S. 210. 105 Arndt veröffentlichte das Werk „Von wahrem Christentumb" erstmals in Frankfurt/Main 1605. Einige Passagen, die mit der Lehre vom unfreien Willen u. von der Erbsünde unverträglich schienen, erregten Anstoß, so daß A. mehrfach änderte (endgültiger Text: Jena 1607). Auf vielfaches Drängen gab A. schließlich alle „Vier Bücher vom wahren Christentum heraus" (Magdeburg 1610). Sie traten einen einzigartigen literarischen Siegeszug an. Seine Leser hatte A. im gebildeten Bürgertum der protestantischen Städte gesucht, daneben unter den Pfarrern und Theologiestudenten, die er von der konfessionellen Polemik abwenden und belehren wollte, daß Theologie keine „Wissenschaft und Wortkunst", sondern eine „lebendige Erfahrung und Übung" sei. Darüber hinaus ist das „Wahre Christentum" in den nach A.s Tod vollständig verdeutschten Ausgaben zu einem Erbauungsbuch für alle Stände geworden, hochgeschätzt besonders im Pietismus. Im 17. u. 18. Jh. ist es in zahlreichen, bibliographisch noch nicht erfaßten Auflagen an mehr als 30 Druckorten erschienen. Es wurde in die meisten europäischen Sprachen übersetzt. Bis zum 20. Jahrhundert schätzt man mehr als 300 Auflagen. - Vgl. Wallmann, Johannes: Arndt (Arnd), Johann. In: Killy Literaturlexikon, Bd. I, S. 208. 106 Wittig-Messemer: Privater Bücherbesitz in Nürnberg, 1996, S. 213.

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Geschlecht, Herkunft, Familiengröße und Kenntnisse im Rechnen, Schreiben und Lesen. Marie-Louise Wartburg-Ambühl wertete diese Verzeichnisse in ihrer 1981 erschienen Untersuchung über „Alphabetisierung und Lektüre" aus107. Demnach registrierten die Pastoren im 17. und 18. Jahrhundert nur 340 verschiedene Buchtitel in den Haushaltungen. Davon ließen sich 223 Werke genau bestimmen und vier verschiedenen Bereichen zuordnen: a) Glaubenslehre, theologische Literatur (50 %), b) Erbauungs-, Andachtsliteratur (32 %), c) Moral-, Sittenlehre (10%) und d) weltliche Literatur (8 %). Demnach wären Bücher mit moralischen Geschichten am gewünschten Adressaten vorbeiproduziert worden? Hat Schenda Recht, wenn er behauptet, „die Volksaufklärung" sei „keine geistige Revolution, sondern ein klägliches Gefecht gegen den zähen Brei jahrhundertealter Unbildung" gewesen 108 ? Wahrscheinlicher ist, daß die volksaufklärerischen Büchlein gar nicht in den Inventaren aufscheinen, denn mit ihnen war in der Regel nicht viel Staat zu machen. Viele der Exemplare, die ich während der Quellensammlung in Händen hielt, sind auf schlechtem Papier gedruckt - billige Massenware. Sie sind eselsohrig, fmgerfleckig oder durch Unterstreichungen und handschriftliche Notizen „verunstaltet" - vermeintliche Mängel, die belegen, daß diese Bücher doch benutzt wurden. Ein weiteres Indiz für ihre Verbreitung sehe ich in den hohen Auflagen, die diese Gebrauchsliteratur erreichte. Kein Verleger hätte auf Dauer Ladenhüter produziert. Der Göttinger Historiker Hans Medick widerspricht Schendas These vom „Volk ohne Buch" aufgrund seiner Forschungen zum Buchbesitz im badenwürttembergischen Weberort Laichingen: „Kaum einer der Laichinger Haushalte war zwischen 1748 und 1820 ohne jeglichen Buchbesitz. ... Auch in den Nachlaßverzeichnissen der Witwen und Witwer war gänzliche Buchlosigkeit selten" 109 . Medick schränkt jedoch ein, daß der ungewöhnlich umfangreiche Buchbesitz und das aktive Leseverhalten der rund 1600 Einwohner sich nicht den Impulsen der Aufklärung, sondern denen des südwestdeutschen Pietismus verdanke 110 , denn weltliche Literatur machte auch hier neben Bibeln, Gesangbüchern, Andachts-, Gebets- und Erbauungsbüchern, Predigtbüchern, Kommunion- bzw. Abendsmahls- und Beichtbüchern, Kinderlehren, Katechismen, Spruchbüchern und Konfirmationsbüchern nur einen geringen Teil aus111. Es bleibt zu fragen, was aus dem Privatengagement der Geistlichen im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde. Darauf kann beim gegenwärtigen Forschungsstand noch keine befriedigende Antwort gegeben werden. Zur 107 Wartburg-Ambühl: Alphabetisierung und Lektüre, 1981, S. 98. 108 Schenda: Volk ohne Buch, 1970, S. 37f. - Hinsichtlich der religiösen Literatur kam er 1991 zu positiveren Ergebnissen. Vgl. Schenda: Leidensbewältigung durch christliche Andacht, 1991. 109 Medick: Ein Volk „mit" Büchern, 1992, S. 63. 110 Ebd., S. 93. 111 Ebd, S. 71.

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Volksaufklärung in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wissen wir inzwischen eine ganze Menge. Dazu bedurfte es zunächst des Abschieds von der vertrauten Epochengrenze „Aufklärung = 18. Jahrhundert", der inzwischen wohl erfolgt ist, zuerst im Bereich der Kirchengeschichte. Zur Volksaufklärung im 19. Jahrhundert ist dagegen kaum geforscht worden. Der Bonner Literaturwissenschaftler Klaus Müller-Salget hat in seiner Habilitationsschrift die Werke von elf evangelischen Pfarrern des 19. Jahrhunderts, ihre Wirkungsabsicht, ihre Verbreitung und ihre Adressaten erforscht und als Genera der „Erzählungen fur das Volk" dieser Epoche historische Erzählungen, Biographien und Dorf- und Alltagsgeschichten ausgemacht 112 . Breit gestreut wurde Volksliteratur durch die Volksschriftenvereine des Vormärz, mit denen sich Michael Knoche befaßt hat113. Schließlich reichen die Arbeiten von Katharina Masel 114 , Annegret Völpel 115 und Maria E. Gründig 116 weit ins 19. Jahrhundert hinein.

2.2.3 Medien der Volksaufklärung Zwischen 1750 und 1850 ergoß sich eine wahre Flut von Publikationen über das „Volk", jenen überwiegenden Teil der Bevölkerung also, der mangels höherer Bildung nicht zu den sogenannten „gesitteten Ständen" zählte wie Bauern, Handwerker oder Dienstboten. Den Gelehrten, Schriftstellern und Publizisten, den Ärzten und Geistlichen, die diese „Bürgerbewegung" trugen, ging es zum einen um die Vermittlung praktischer Lebenshilfe, vor allem aber um die Beeinflussung und Veränderung der Mentalität: auch das Volk sollte - aus wohlverstandenem gesamtgesellschaftlichen Interesse - in die Lage versetzt werden, seine Lebensverhältnisse nach vernünftigen Prinzipien zu gestalten und zu verbessern. Mit Einblattdrucken, Plakatanschlägen, Flugblättern, Broschüren von nur wenigen Bogen Umfang, Katechismen, Volksbüchern, Kalendern, Zeitschriften und sogenannten Intelligenzblättern traten die Volksaufklärer an die Öffentlichkeit 117 .

112 Müller-Salget: Erzählungen für das Volk, 1984. 113 Knoche: Volksliteratur und Volksschriftenvereine im Vormärz, 1986. 114 Masel: Kalender und Volksaufklärung in Bayern, 1997 [Rez. von Winfried Müller, in: HZ 270 (2000), H. 2, S. 495], 115 Völpel: Der Literarisierungsprozeß der Volksaufklärung, 1996. 116 Gründig: „Zur sittlichen Besserung und Veredelung des Volkes", 1997. 117 Bötte: „... zur Belehrung des Deutschen Bürgers und Landmannes", 2000.

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Kinder- und Jugendliteratur Die Erkenntnis, daß man bereits bei den „weichen Kinderherzen" mit erzieherischen Maßnahmen ansetzen müsse, „wenn man an der Volksverbesserung mit Nutzen arbeiten will" 118 , führte ab etwa 1780 dazu, daß zahlreiche „Bauernaufklärer" an Kinder adressierte Werke moralischen Inhalts herausbrachten. Sie gehören zu den Untersuchungsgegenständen jener Forschungsstätten, die sich speziell der Kinder- und Jugendliteratur widmen. Schon seit etwa 1950 beschäftigte sich in der DDR Horst Kunze, Generaldirektor der Deutschen Staatsbibliothek, mit der planmäßigen Sammlung älterer deutschsprachiger Kinder- und Jugendliteratur. Der dortige Abteilungsdirektor Heinz Wegehaupt war der erste, der einen Katalog mit fast 6.200 Bänden Kinder- und Jugendliteratur vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vorlegte 119 . 1963 richtete die Universität Frankfurt am Main das Institut für Jugendbuchforschung unter Leitung von Klaus Doderer ein. Dessen „Lexikon der Kinderund Jugendliteratur" enthält Personen- und Sachartikel, Autoren- und Illustratoren-Biographien, Hinweise auf Kinderbuchtheoretiker und auf Verlage, es behandelt Fragen der Rezeption, Wirkung und Didaktik, der Kinderbuchtheorie und verschiedener literarischer Epochen, Strömungen, Gattungen 120 . Als ein weiteres Unternehmen der Grundlagenforschung verstand sich von Beginn an das „Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur", das an der Arbeitsstelle für Leseforschung und Kinder- und Jugendmedien (ALEKI) der Universität Köln als DFG-Projekt entsteht121. Es handelt sich dabei um ein bibliographisch-historisches Werk, das die Dokumentation historischer Kinderund Jugendliteratur und eine gattungsgeschichtlich orientierte Beschreibung des vielfach unbekannten oder schwer zugänglichen Quellenmaterials in einem kultur- und sozialgeschichtlichen Rahmen versucht. Der dritte Band behandelt den Zeitraum von 1750-1800 und widmet den „moralisch belehrenden Schriften" und der „belehrenden und unterhaltenden Sachliteratur" eigene Kapitel. Im Zusammenhang mit diesem Band entstanden mehrere Monographien, welche die Entwicklung einzelner Gattungen in dieser Epoche verfolgen 122 . 118 Menne: Leichtfaßliche Katechetische Reden, 4 Bde. Augsburg 1792, hier Bd. I, S. XIX, S. VI. - Der gleichen Ansicht war z.B. auch Joseph Kraus: Der baierische Land-Geistliche in der Werk- und Feyertags-Schule. 2 Bde. Landshut 1804-1805, 2. Aufl. 1818, Bd. I, S. 6. 119 Wegehaupt/Fichtner: Alte deutsche Kinderbücher, 1979. 120 Doderer: Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur, 3 Bde. 1975-83. 121 Brüggemann/Brunken: Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur. Bd. I: Vom Beginn des Buchdrucks bis 1570. Stuttgart 1987. - Dies. (Hgg.): Bd. II: Von 1570 bis 1750. Stuttgart 1991. - Brüggemann, Theodor / Ewers, Hans Heino (Hgg.): Bd. III: 1750-1800. Stuttgart 1982. - Brunken, Otto/ Hurrelmann, Bettina/ Pech, Klaus-Ulrich (Hgg.): Bd. IV: Von 18001850. Stuttgart 1998. - Bd. VI: Von 1850-1900 (2004 in Arbeit). 122 Grenz: Mädchenliteratur, 1981. - Dies.: Aufklärung und Kinderbuch, 1986. - Cardi: Das Kinderschauspiel der Aufklärungszeit, 1983. - Rehle: Sittenlehren als Gattung, Köln 1988.

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„Im Verlauf der 80er Jahre", so resümiert Bettina Hurrelmann, die zusammen mit Gisela Wilkending das von Theodor Brüggemann und Otto Brunken begonnene Projekt fortfuhrt, „verschob sich dieser zeitliche Schwerpunkt der historischen Untersuchungen kaum. Wichtiger als die Exploration neuer Epochen der Kinder- und Jugendliteraturentwicklung wurde aufs Ganze gesehen die Klärung und Differenzierung der Untersuchungsansätze. So erarbeitete Pape eine Typologie historischer Kinderliteratur nach ihrem Verhältnis zu zwei gegensätzlichen Grundformen des Mythos von Kindheit, Richter legte eine kulturwissenschaftliche Deutung der ,Kindheitsbilder des bürgerlichen Zeitalters' vor, Steinlein orientierte seine Arbeit über die Kinder- und Jugendliteratur des 18. und frühen 19. Jahrhunderts an diskurstheoretischen Prämissen, Wild wählte die Zivilisationstheorie von Norbert Elias zum Bezugspunkt seiner Deutung der Vernunfterziehung in der Kinder- und Jugendliteratur der Aufklärung" 123 . Die Kinderbuch-Bibliographie von Aiga Klotz berührt die Textsorte der moralischen Beispielgeschichten nur noch insofern, als sie deren Ausläufer im 19. Jahrhundert erfaßt 124 . Hilfreiche Textsammlungen haben Hans-Heino Ewers und Gisela Wilkending als Reclam-Bändchen herausgebracht 125 . Karin Sollat, Direktorin des Internationalen Instituts für Jugendliteratur und Leseforschung in Wien, stellt fest, daß die Kinder- und Jugendliteratur in Österreich bis nach dem Zweiten Weltkrieg „als Forschungsgebiet überhaupt nicht wahrgenommen, ... oder als einer Untersuchung unwert abgetan" wurde126. Immerhin hat Ernst Seibert die österreichische Jugendliteratur am Übergang vom Josephinismus zur Restauration untersucht 127 und Johanna Monschein ihre langjährigen Studien zur historischen Kinderbuchforschung auf der Grundlage der Fideikommissbibliothek von Kaiser Franz I. und ihrer eigenen Kinderbuchsammlung 1994 fertiggestellt mit dem Band „Kinderliteratur der Aufklärung" 128 .

123 Hurrelmann: Stand und Aussichten, S. 117. Sie bezieht sich hier auf folgende Arbeiten: Pape: Das literarische Kinderbuch, 1981. - Richter: Das fremde Kind, 1987. - Steinlein: Die domestizierte Phantasie, 1987. - Wild: Die Vernunft der Väter, 1987. 124 Klotz: Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland 1840-1950, 1990-99. 125 Ewers: Kinder- und Jugendliteratur der Aufklärung, 1991. - Wilkending: Kinder- und Jugendliteratur. Mädchenliteratur, 1994. 126 Sollat, Karin: Anmerkungen zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur in Österreich. In: Donald G. Daviau/Herbert Arlt (Hgg.): Geschichte der österreichischen Literatur. Teil I (= Österreichische und internationale Literaturprozesse, Bd.3, Teil I). St. Ingbert 1996, S. 183-186, hier S. 183. 127 Seibert, Jugendliteratur im Übergang vom Josephinismus zur Restauration, 1987, aktualisiert in: Jb. der KJL-Forschung 6 (1999/2000). 128 Monschein: Kinder- und Jugendbücher der Aufklärung, 1994. - Dies.: Europäische Kinderbücher, 1979.

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Annegret Völpel, deren Literaturauswahl schon besprochen worden ist, widmet in ihrer Dissertation den kinder- und jugendliterarischen Aspekten der Volksaufklärung besondere Aufmerksamkeit und versteht ihre Arbeit als „Beitrag zu einer interdisziplinär erst noch zu intensivierenden Debatte" (S. 19)129. Am Beispiel von Johann Georg Schlosser, Friedrich Eberhard von Rochow, Rudolph Zacharias Becker, Christian Gotthilf Salzmann und Johann Peter Hebel untersucht sie jenen Prozeß der Literarisierung, der Ende der sechziger Jahre begann, nachdem die ersten Aufklärungsversuche seit der Mitte des 18. Jahrhunderts mit sachbezogenen ökonomischen und naturwissenschaftlichen Schriften sich als wenig rezipientengerecht erwiesen hatten. Nachgezeichnet werden über einen Zeitraum von einem halben Jahrhundert auch die theoretischen Diskussionen, die zur Verfeinerung der erzählerischen Vorgehensweise und zur spezifischen Gewichtung von Belehrung und Unterhaltung führten. Die Ratgeber-Literatur der Zeit von 1750-1850 gehört neben Briefen, Biographien und Tagebüchern zu den Quellen, aus denen Irene Hardach-Pinke die Ausbildung höherer Töchter zur „Salondame" rekonstruiert 130 . Die Bildungsmöglichkeiten fur Mädchen hingen nicht allein von den jeweiligen Vermögensumständen ab, sondern ebenso von der Konfession, dem Milieu und den kulturellen Aspirationen. Ein weitgereister Kaufmann berichtete 1807, daß seiner Beobachtung nach reformierte Eltern ihre Töchter am elegantesten erzogen und am meisten in deren Bildung investierten, lutherische den größten Wert auf hauswirtschaftliche Fähigkeiten legten, katholische sowohl das eine als auch das andere vernachlässigten, manchmal aber Talente in Musik und feinen Handarbeiten forderten, und reiche jüdische Eltern die Erziehung ihrer Tochter in allem .übertrieben' 131 . Die inhaltliche Auswertung moralischer Geschichten, die an Mädchen adressiert waren, verspricht weitere Erkenntnisse, wie ich im Kapitel über „Fleiß und Müßiggang" zeigen werde. Die „narrative Erziehungsgeschichte" seit Beginn der Kinderliteratur im 18. Jahrhundert über „Max und Moritz" bis hin zu Erich Kästners „Emil und die Detektive" beleuchtet Gerhard Veithaus 132 . Er meint, die in der Aufklärung üblichen Geschichten von „Konrädchen und Gusteichen [seien] ebenso realitätsfern wie die Vorstellung der Autoren von den Kindern" gewesen 133 und hätten deshalb ihr Zielpublikum verfehlt. Bücher, die die Augen „nicht durch Bilder fesseln und ihren Geist nicht durch die Lebendigkeit der Sprache bewegen, entsprechen ... nicht ihrem Denken und Vorstellen" 134 .

129 130 131 132 133 134

Völpel: Der Literarisierungsprozeß, 1996. Hardach-Pinke: Bleichsucht, 2000. - Vgl. auch: Pellatz: Pubertätslektüre für Mädchen, 1997. Hardach-Pinke: Bleichsucht, 2000, S. 157. Veithaus: Die Pädagogik der Kinderliteratur, 2003. Ebd., S. 105. Ebd., S. 104.

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Schulbuch Die Erforschung von Schulbüchern, das Erfassen der darin enthaltenen politischen, pädagogischen und didaktischen Aspekte sowie die Abhaltung wissenschaftlicher Lehr- und Vortragsveranstaltungen hat sich die 1997 gegründete „Internationale Gesellschaft fur historische und systematische Schulbuchforschung" unter dem Vorsitz des Augsburger Schulpädagogen Werner Wiater zur Aufgabe gemacht. Bereits seit 1979 existieren mit der vom Georg-EckertInstitut Braunschweig herausgegebenen Zeitschrift „Internationale Schulbuchforschung" und der Reihe „Studien zur internationalen Schulbuchforschung" eigene Publikationsorgane. Die dort angesiedelte internationale Spezialbibliothek von Schulbüchern und Lehrplänen sozialwissenschaftlicher Unterrichtsfächer hält rund 150.000 Titel aus über hundert Ländern bereit. Einer ihrer Sammlungsschwerpunkte bilden deutsche Schulbücher vor 1945 (ca. 22.000) und deutsche Fibeln vor 1945 (ca. 1.200)135. Sie stellen im Hinblick auf die Vermittlung moralischer Geschichten eine nicht zu vernachlässigende Gattung dar. Dennoch hat sich die volkskundliche Erzählforschung bislang nur punktuell mit ihnen auseinandergesetzt. Mechthild Raabe untersucht, was Wolfenbütteler Schüler in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Unterricht gelesen haben 136 . Ingrid Tomkowiak verfolgt in einem als Nachschlagewerk konzipierten Buch die Rolle von Schulbüchern aus den Jahren 1770-1920 137 . Am Popularisierungsvorgang interessierten sie sogenannte traditionelle Erzählstoffe der bisherigen volkskundlichen Gattungstypik wie Märchen, Fabeln, Sagen, Legenden und Schwänken. Das Handbuch thematisiert Zusammenhänge von Erzählen und Erziehen, Auswahlprinzipien und Bearbeitungstendenzen der Lesebuchverfasser, die in den Schulbüchern vorherrschenden Textsorten, die verschiedenen Versionen der Erzählstoffe und die Autoren jener Textvorlagen. So werden Konstanten, Entwicklungen und Zäsuren der Geschichtenpädagogik erkennbar. Ein Blick in den Katalog der erfaßten Erzählstoffe offenbart, daß dort nur die nach Aarne/Thompson (AaTh), nach Thompsons Motif-Index (Mot.) und nach den Typen der Grimmschen Märchen (KHM) verortbaren Texte berücksichtigt worden sind. Die in den untersuchten Schulbüchern enthaltenen moralischen Geschichten hat die Autorin erst in einem späteren Aufsatz ergänzt, womit die Notwendigkeit spezifischer Studien auf volkskundlicher Seite unterstrichen wird 138 .

135 Teistler: Bestandskatalog der deutschen Schulbücher im Georg-Eckert-Institut, 1997. 136 Raabe: Wolfenbütteler Schulalltag ... in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 1992. 137 Tomkowiak: Lesebuchgeschichten, 1993. - Vgl. auch ihre Projektbeschreibung: Dies.: Traditionelle Erzählstoffe im Lesebuch, 1989. 138 Dies.: Geschichten zum Ab- und Zurichten, 1999.

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Periodika Im Oktober 1605 erhielt der Straßburger Drucker Johann Carolus vom Magistrat der Stadt die Erlaubnis zum Druck eines wöchentlich erscheinenden Blattes und wurde damit zum Begründer der modernen Zeitung. Im 17. Jahrhundert galt die „schändliche Zeitungssucht" noch als „sündliche Lust". Der Jurist Ahasver Fritsch etwa, der fur die höheren Stände aufklärerische Literatur produzierte, betrachtete das Lesen von Zeitungen für einfache Leute „als unnütz, ja sogar schädlich" und forderte Zensur bis zur Todesstrafe (1676). Dennoch erreichte die periodische Presse im 18. Jahrhundert einen beachtlichen Umfang. Typische Organe waren „Moralische Wochenschriften" und „Intelligenzblätter" für die höheren Stände, ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, dann auch Zeitungen, die sich explizit an den „gemeinen Mann" wandten. Im ersten Drittel des 20. Jahrhundert gab es einen kleinen Forschungsboom dazu mit je einer Arbeit zum katholischen, zum pädagogischen, zum aufklärerisch-medizinischen und zum elsässischen Pressewesen des 18. Jahrhunderts, sowie einer literaturwissenschaftlichen Arbeit über das Familienbild in den „Moralischen Wochenschriften" 139 . Dann folgte eine lange Pause bis sich 1984 Annette Uphans-Wehmeier mit den Jugendzeitschriften des 18. Jahrhunderts beschäftigte 140 , Christoph Thoma den Einfluß früher Kinderzeitschriften auf die Erziehung untersuchte 141 , und Ulrike Weckels Analyse der ersten Frauenzeitschriften im späten 18. Jahrhundert ergab, daß Frauen als Publikum interessant wurden und damit das männliche Bildungsmonopol bedrohten 142 . Katharina Urch verdanken wir eine Bibliographie des Frauenzeitschriften-Bestandes der Zeit zwischen 1750 und 1950 in der Sammlung Oettingen-Wallerstein 143 . 139 Wetzel, Franz: Geschichte der katholischen Presse Deutschlands im 18. Jahrhundert. Diss. Univ. Heidelberg 1912. Heidelberg 1913, 50 S. - Marx, Heinrich: Die Entstehung und die Anfange der pädagogischen Presse im deutschen Sprachgebiet (= Beiträge zur Geschichtsschreibung des deutschen Erziehungswesens im 18. Jahrhundert). Frankfurt/Main 1929, 224 S. Meyerhans, Johann: Die medizinischen Verhältnisse Zürichs im 18. Jahrhundert, wie sie sich in der periodischen Presse der Zeit wiederspiegeln. Diss. Univ. Zürich 1929. Turbenthal 1929, 71 S. - Molz, Hans: Die elsässische Presse im 18. Jahrhundert bis zum Ausbruch der Revolution (= Schriftenreihe: Schriften der Elsass-Lothringischen Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Strassburg. Reihe A: Alsatica und Lotharingica 17). Heidelberg 1937, 94 S. - Gaus, Marianne: Das Idealbild der Familie in den moralischen Wochenschriften und seine Auswirkungen in der deutschen Literatur des 18. Jh. Phil. Diss. Rostock 1937. 140 Uphans-Wehmeier: Zum Nutzen und Vergnügen, 1984. 141 Thoma: Das „wohltemperierte Kind". Wie Kinderzeitschriften Kindheit form(t)en, 1992. 142 Weckel: Zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit, 1998. - Rez. dazu von Tschacher, Walter in: German studies review 23 (2000), H. 2, S. 338f.; von Lacour, Eva in: Zs. f. Geschichtswiss. 48 (2000), S. 362ff. und von Hoff, Dagmar von in: Zs. f. Germanistik 10 (2000), S. 154ff. 143 Urch: „Zum Nutzen und Vergnügen" 1994 u. 1996.

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Angeregt durch seinen Lehrer Wolfgang Martens hat sich Wilhelm Haefs in seiner 1178 Seiten Dissertation über den wohl bedeutendsten literarischen Aufklärer des katholischen Deutschland Lorenz von Westenrieder (17481829) auch mit dessen Zeitschrift „Baierische Beyträge zur schönen und nützlichen Litteratur" (1779 bis 1781) beschäftigt 144 . Darin erschienen pädagogische und philosophische Aufsätze, agrar- und sozialreformerische Artikel, Gedichte und Berichte über das Münchner Theater sowie satirische und empfindsame Erzählungen und Romane, darunter die erste Fassung vom „Leben des guten Jünglings Engelhof' (2 Bde., München 1781/82), aber keine der hier zu behandelnden kurzen moralischen Beispielgeschichten. Trotz ihrer Erfolgsgeschichte und weiten Verbreitungen sind die regionalen Zeitungen und ihre Autoren bis heute weitgehend unbekannt geblieben 145 . Dieser Befund ist umso überraschender, als sich an diesen Blättern die einsetzende Volksaufklärung ablesen läßt, die letzten Endes den mündigen Staatsbürger von heute hervorbrachte. Sie waren gekennzeichnet vom Bemühen der gelehrten Welt, auf den unmittelbaren Lebensbereich der Leser einzuwirken, um konkrete Veränderungen der Lebensverhältnisse zu erzielen. Die „Erfahrung" als zentrale Kategorie der Aufklärung wird hier deutlich sichtbar. Im Zusammenhang mit der Handbuchreihe „Deutsche Presse. Biobibliographische Handbücher zur Geschichte der deutsch-sprachigen periodischen Presse von den Anfängen bis 1815", die von Holger Böning (Deutsche Presseforschung Bremen) herausgegeben wird, entsteht seit 1997 eine kommentierte Bibliographie der halleschen Periodika. Nach dem Vorbild der 1996/97 erschienenen Bände zu Hamburg und Altona wird die Bibliographie enthalten: 1. bibliographische Informationen, 2. einen ausführlichen Kommentar, der Intention, Schwerpunktthemen, inhaltlichen Wandel und zeitgenössische Beurteilung jedes Periodikums darstellt und in dem ausführlich aus den Editoriais zitiert wird. 3. Ein Personenregister, das biographische Hinweise zu den Herausgebern, Verlegern und Druckern liefert und 4. ein differenziertes Sachregister146. 144 Haefs: Aufklärung in Altbayern, 1998, hier S. 141-247. 145 Eine Ausnahme bildet z.B. Karl Müsseis kleiner Beitrag über: Die Bayreuther „Volkszeitung" (1796/97). Eine kurzlebige Zeitschrift für die preußischen Fürstentümer in Franken. In: Archiv f. d. Geschichte von Oberfranken 76 (1996), S. 317-328. - Außerdem die immer noch gültige Studie von Oskar Groß: Zeitschriftenwesen Nürnbergs und der Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth. Diss. München. Augsburg 1928. - Viel Wissenswertes über das Zeitschriftenwesen am Ende des 18. Jahrhunderts liefert Wilfried Engelbrecht: Das Neueste aus Bayreuth. Die Presse im markgräflich-preußischen und französischen Bayreuth (1736-1810). Bayreuth 1993. 146 Kommentierte Bibliographie der Zeitungen, Zeitschriften, Intelligenzblätter, Kalender und Almanache mit Druckort Halle (bis 1815), bearb. v. Thomas Rahn, Theo Spielmann, Ina Timmermann, Drittmittelprojekt (Land Sachsen-Anhalt) in Kooperation mit dem IWZ Pietismusforschung, August 1997 bis Februar 2000.

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Zusammenfassend ist festzustellen, daß einzelne Untersuchungen zwar ein gewisses Interesse an der Erforschung der periodischen Presse in der Aufklärung dokumentieren, doch gilt die Aufmerksamkeit bislang vorwiegend den Zeitschriften der intellektuellen Zirkel, denen gegenüber der Zeitung im modernen Sinn hinsichtlich Qualität und publizistischer Reichweite eine Vorrangstellung eingeräumt worden ist. Moralische Wochenschriften Die Blütezeit der „Moralischen Wochenschriften" lag in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Begründet wurden die „moral weeklies" („Tatler" 17081711; „Spectator", 1711/12, 1714; „Guardian", 1713) von Joseph Addison und Richard Steele in England 147 . Sie enthielten neben Briefen, Traumschilderungen, Gedichten, Fabeln, Liedern, Epigrammen, Leserbriefen und Dialogen auch Beispielgeschichten, wenn auch nicht in der knappen Form, wie wir sie in den späteren Zeitungen für den gemeinen Mann finden 148 . In Deutschland brachte erstmals der Hamburger Johann Matheson ein solches Organ unter dem Namen „Vernünfftler" (1713-1714) heraus 149 . Dieser Zeitschriftentyp avancierte zum wichtigsten Medium der Aufklärung, obwohl sich zeitgenössische Literaturpäpste und Professoren oft abwertend über ihn äußerten. Kaum ein Schriftsteller, der nicht irgendwann einmal - wenn auch verborgen hinter einer fiktiven Person als „Matrone", „Patriot", „Bote" oder „Biedermann" - an einer Moralischen Wochenschrift mitgewirkt hätte150. Die ebenfalls seit Beginn des 18. Jahrhunderts erscheinenden „Intelligenzblätter" waren zwar explizit geschaffen worden zur Beförderung der „Bauernaufklärung", sollten auch in Spinnstuben verlesen und in Wirtshäusern ausge147 Zu den bekanntesten und bedeutendsten Journalen im deutschsprachigen Raum zählen „Die Discourse der Mahlern" (Zürich 1721-23), „Der Patriot" (Hamburg 1724-26), „Die Vernünftigen Tadlerinnen" (Halle/Leipzig 1725/26), „Der Biedermann" (Leipzig 1727-29), „Die Matrone" (Hamburg 1728-30), „Der Menschenfreund" (ebd. 1737-1739), „Der Freymäurer" (Leipzig 1738), „Der Weltbürger" (Berlin 1741/42), „Der Freydenker" (Danzig 1741-43), „Der Fremde" (Kopenhagen, Leipzig 1745/46), „Der Gesellige" (Halle 1748-1750), „Der Mensch" (ebd. 1751-56), „Der Freund" (Ansbach 1754-56), „Der Nordische Aufseher" (Kopenhagen, Leipzig 1758-60), „Der Hypochondrist" (Schleswig 1762). 148 Vgl. z.B. Safley, Thomas M.: Der Bürger im Spiegel des „Augsburger Intelligenzzettels". Als Tugenden seien dort Fleiß, Klugheit und Eigeninitiative betrachtet worden. Am Negativbild eines Bankrotteurs sollte gezeigt werden, daß Wollust, Geiz und Ehrsucht den bürgerlichen Tugenden widersprochen hätten. In: Doering-Manteuffel u.a.: Pressewesen der Aufklärung, 2002, S. 381-390. 149 Einen Überblick über Titel, Herausgeber und Erscheinungsdauer Moralischer Wochenschriften bietet: Brandes, Helga: Moralische Wochenschriften. In: Killy XIV (1993), S. 129. - Vgl. femer die umfassende Monographie zu dieser Gattung von Martens: Die Botschaft der Tugend, 1968. 150 Martens: Die Botschaft der Tugend, S. 3.

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legt werden, dienten aber in erster Linie dem Erfahrungsaustausch und der Selbstvergewisserung jener Gelehrten, die sich über ökonomische und moralische Bücher direkt an den „gemeinen Mann" wandten 151 . Die Beiträger diskutierten weniger mit als über den Bauern 152 . Demzufolge fehlen moralische Beispielgeschichten, die eigens zur Illustration richtigen und falschen Verhaltens für weniger Gebildete erfunden worden sind. Dennoch trugen diese Organe durch die Veröffentlichung von gesetzgebenden Texten zur Disziplinierung der Massen bei. In Frankfurt am Main wurde 1722 das erste Intelligenzblatt im deutschsprachigen Raum herausgegeben; bald zählte man hier rund 200 Gründungen, die zum wichtigsten Organ für die Verbreitung und Förderung der Aufklärung wurden und sich - teils zu offiziellen Regierungsblättern oder zu Vorläufern der politischen Lokalzeitungen weiterentwickelt - oft bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein hielten, und dem Titel nach selbst im 20. Jahrhundert noch anzutreffen waren 153 . Zu den Intelligenzblättern zählen, um einige typische Vertreter zu benennen, das „Churbaierische Intelligenzblatt" (1766-1776) 154 , das „Churpfalzbaierische Intelligenzblatt" (1784-88) 155 , das wöchentlich erscheinende „Gnädigst privilegirte Leipziger Intelligenzblatt" 156 ,

151 Als grundlegende Arbeiten zu diesem Zeitungstyp sind zu nennen: Böning: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung, 1987 (am Beispiel des 1768 gegründeten „Wittenbergischen Wochenblattes"). - Ders.: Das Intelligenzblatt. Dokumentation zu einer literarischpublizistischen Gattung, 1991. - Kempf: Aufklärung als Disziplinierung, 1991 - Blome: Zeitung, Zeitschrift, Intelligenzblatt und Kalender, 2000. - Auch bei der interdisziplinären Tagung „Pressewesen der Aufklärung. Periodische Schriften im Alten Reich" 2000 in Augsburg stand das Intelligenzblatt im Mittelpunkt. Vgl. Doering-Manteuffel u.a.: Pressewesen der Aufklärung, 2002. - Greiling: Presse und Öffentlichkeit in Thüringen, 2003, hier S. 191-303. 152 Vgl. z.B. Gedanken von den Würkungen ökonomischer Literatur auf den Landmann. In: Erfurthisches Intelligenzblatt vom Jahre 1772, Bd. IV, S.408f., S.429f. 153 Vgl. z.B. Wernigeröder Zeitung und Intelligenzblatt. Amtliche Bekanntmachungen von Behörden im Kreise. Mitteilungsblatt für die ehemaligen Wernigeröder in der Bundesrepublik Deutschland. Stadt Allendorf/Gießen Bombös. Nr. 1 (1954) - 228 (1991), damit Erscheinen eingestellt. Erscheinungsweise: vierteljährlich, bis 1957 monatlich, später alle 2 Monate. 154 Churbaierisches Intelligenzblatt München: Churfurstl. Intelligenz- u. Address-Comtoir, 1766. Auf dem Jg.-Titelbl. 1766 - 1776: Churbaierische Intelligenzblätter. 1766-1776. Forts, als Bayern: Münchner Intelligenzblatt. 155 Churpfalzbaierisches Intelligenzblatt. München: Churfürstl. Intelligenz- u. Address-Comtoir, 1784. Auf d. Jg. Titeibl. 1784: Kurpfalzbaierische Intelligenzblätter zum gemeinnützigen Wohl in allen menschlichen und bürgerlichen Verhältnissen; 1785: Kurpfalzbaierisches Intelligenzblatt zum gemeinnützigen Wohl in allen menschlichen und bürgerlichen Verhältnissen; 1786: Kurpfalzbaierisches Intelligenzblatt.;1787: Churpfalzbaierische Intelligenzblätter zum gemeinnützigen Wohl in allen menschlichen und bürgerlichen Verhältnissen; 1788: Churpfalzbaierische Intelligenzblätter zum gemeinnützigen Wohl in menschlichen und bürgerlichen Verhältnissen. - Teils mit Jg.-Zählung. - Vorg. u. Forts, als „Bayern: Münchner Intelligenzblatt". 156 Gnädigst privilegirtes Leipziger Intelligenzblatt. In Frag- und Anzeigen, für Stadt- und LandWirthe, zum Besten des Nahrungsstandes. Leipzig: Intelligenz-Comtoir, 1763. Haupts, bis

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das „Erfurthische Intelligenzblatt", die „Lippischen Intelligenzblätter" (17671799), die „Hamburgischen Adreß-Comtoir-Nachrichten", sowie das Wittenbergische Wochenblatt" (1768-1780). Zeitungen für den Gemeinen Mann Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an war die Zeitungslektüre auch beim „gemeinen Landmann" zu einer beliebten Betätigung geworden 157 . In den an ihn adressierten Zeitungen stoßen wir auf eine Vielzahl moralischer Geschichten. Selbst wenn er zu den ca. 75 % Analphabeten gehörte, war er durch das Vorlesen im Dorfgasthaus von der Teilhabe an den Zeitungsnachrichten nicht ausgeschlossen: „Fast in jedem Dorfe werden jetzt Zeitungen gelesen, aber immer ist es nur einer oder etliche, die sie lesen, und die hernach mit dem, was sie darinnen gefunden zu haben glauben, die Neugier derer befriedigen, die nicht lesen können oder wollen. Gemeiniglich ist die Schenke, oder das Haus des Vorlesers der Ort, wo dies geschieht und darüber glossiret wird" 158 . Leseforscher gehen von zehn Konsumenten pro Zeitungsexemplar aus, da sie nicht nur vorgelesen wurden, sondern auch in sogenannten „Umlaufgesellschaften" gemeinsam abonniert und weitergereicht wurden. Damit wird die Zeitungsleserschaft für 1750 auf eine Million Menschen geschätzt, für 1789 auf drei Millionen 159 . Der Dichter Matthias Claudius war der erste, der sich im Jahr 1777 mit der von ihm gegründeten „Hessen-Darmstädtischen privilegirten Land-Zeitung" über ein Periodikum in der Volksaufklärung engagierte, obwohl er dieses Unterfangen nur ein Jahr durchhielt 160 . In Darmstadt erschien 1795 bis 1796 das „Allgemeine Deutsche Volksblatt zur Belehrung des deutschen Bürgers und Landmannes" alle zwei Monate in Doppelheften von 140 bis 160 Seiten. Die Französische Revolution, die zu dieser Zeit die Gemüter erhitzte, wird eingehend diskutiert, wobei der Tenor - wie in fast allen deutschen volksaufklärerischen Schriften - tendenziell konservativ oder gegenrevolutionär war: Reformen? Ja, aber keine Rebellion! Von besonderer Seltenheit sind die „Gemeinnützlichen Volksnachrichten" aus Donaueschingen, die der Fürstenbergische Hofrat Joseph Xaver Rehmann herausgab.

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1763,28: Allergnädigst privilegirtes Leipziger Intelligenz-Blatt. - Forts. u.d.T. „Allergnädigst privilegirtes Leipziger Intelligenzblatt". Vgl. Kirchner: „Nützliches und Vernünftiges", 1987, passim. Kann und soll der Bauer lesen? und was soll er lesen? In: Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes 1 (1793), S. 203. Vgl. Welke: Gemeinsame Lektüre, 1981, hier S. 30. Dono van/Lüchow: Matthias Claudius und die Volksaufklärung, 2000, hierbes. S. 15-21.

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Auch der Hanauer lutherische Superintendent Johann Christian Stockhausen gründete 1777 ein eigenes Organ, das „Hanauische Magazin", das bis 1785 existierte (Stockhausen war 1784 gestorben). In den sieben Jahren seines Bestehens erschien es wöchentlich im Kleinoktavformat, gedruckt im Verlag des lutherischen Waisenhauses, und kostete pro Jahr einen Reichstaler. Stockhausen beabsichtigte, „allen guten Köpfen Hanaus Gelegenheit [zu] geben, ihre Gedanken zum allgemeinen Nutzen und Frommen darin zu veröffentlichen". Der „Apfelpfarrer" Johann Ludwig Christ, damals noch in Rodheim vor der Höhe in der Wetterau, lieferte neben Regierungs- und Hofräten, Historikern, Theologen und anderen Landpfarrern ab 1780 eifrig Beiträge dazu161. Unter den mehr als 300 Periodika des 18. Jahrhunderts waren die bekanntesten die „Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer" (Wolfenbüttel ab 1786), „Der Bote aus Thüringen" (Frankfurt/Leipzig, ab 1790), „Die aufrichtigdeutsche Volkszeitung" (Gera ab 1795) und „Der Aufrichtige und wohlerfahrene Schweizerbote" (Luzern, später Aarau ab 1798). Ein beachtenswertes Organ für den „gemeinen Mann" kam im 18. Jahrhundert aus Thüringen: „Das räsonnirende Dorfkonvent" (1786-88) des protestantischen Predigers Johann Adam Christian Thon aus Erfurt, eine „gemeinnützige ökonomisch-moralischpolitische Schrift für den Bürger und Landmann", wie der Titelzusatz erklärt162. Das war die erste Zeitschrift fur einfache Leute, die traditionelle Themen der Volksaufklärung wie Haus- und Landwirtschaft, Hygiene und Gesundheitspflege, tugendhaftes, verantwortungsbewußtes Handeln regelmäßig mit Weltmeldungen kombinierte und damit deutlich zur modernen Zeitung tendierte. Die Titelvignette (vgl. Abb. 3, S. 460) zeigt als Sinnbild eine kleine Gesellschaft an einem runden Tisch; drei Männer im Bürgergewand, ein langhaariger Pfarrer und ein sichtlich müder Bauer mit Zipfelmütze. Trotz herumliegender Bücher und Folianten soll das Dorfkonvent nicht lesen, sondern räsonieren und disputieren. Man „prüfe den Schlendrian und führe zum Denken" an, und sowieso müsse, wer das Volk belehren will, „sich zu ihm herablassen" - so steht es in der ersten Nummer des „Dorfkonvents". Der von Roswitha Grosse im Rahmen ihrer Münchner Dissertation untersuchte „Bote von Thüringen" des Johann Gotthilf Salzmann in Schnepfenthal, erstmals 1788 erschienen, zählt zu den bedeutendsten und langlebigsten volksaufklärerischen Periodika des 18. Jahrhunderts 163 . Konsequent bediente man sich dort literarischer Formen zur unterhaltsamen Belehrung und fügte Mel161 Bode, Helmut: Johann Ludwig Christ. Pfarrer, Naturforscher, Ökonom, Bienenzüchter und Pomologe (1739-1813), mit Kapiteln über seine Freunde und Kritiker August Friedrich Adrian Diel, Christian Frhr. Truchseß von Wetzhausen, Johann Isaak von Gerning. Frankfurt am Main 1984, S. 24. 162 Thon, Johann A. C.: Das räsonnierende Dorfkonvent. Faksimile der Teile 1-3. Mit einem Nachwort von Holger Böning. Stuttgart-Bad Cannstatt 2001, 380 S. 163 Grosse: Christian Gotthilf Salzmanns „Der Bote aus Thüringen", 1989.

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düngen zum politischen Weltgeschehen ein. Als der „Bote" zum Jahresende 1816 sein Erscheinen einstellte, hatten sich im Zuge eines wachsenden allgemeinen Informationsbedürfnisses nach der Französischen Revolution bereits mehrere Blätter im deutschen Raum dem „gemeinen Mann", dem „Landmann" oder „Jedermann" als Leser zugewandt. Das Erscheinen der Hildburghäuser „Dorfzeitung" (1818ff.) wurde von den Zeitgenossen als eine Art Fortsetzung des „Boten" gewertet. Sie bestand trotz restaurativer Zensurpolitik über ein Jahrhundert. Von 1845 an entwickelte sie sich zum thüringischen Heimatblatt und endete, nachdem sie 1923 vom Vogel-Verlag Pößneck übernommen worden war, 1932 in der „Thüringer Tageszeitung", dem Organ der NSDAP. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts umfaßte ihr Verbreitungsgebiet ganz Mitteldeutschland. Die in Regierungsberichten und zeitgenössischen Publikationen genannten Auflagenzahlen von 900 bis 1.000 Exemplaren für das Jahr 1819, von ca. 5.000 fur 1829 und von ca. 8.000 Stücken in den 1830er Jahren bestätigen eine beachtliche Verbreitung. Angela Treiber hat sich die „Dorfzeitung" der Jahrgänge 1818-1848 genauer angesehen: „Formal, stilistisch, wie auch inhaltlich fand eine Anknüpfung an die .aufgeklärten Bauernkalender' bzw. ,Volkskalender' statt: Die ,Dorfzeitung' erschien im Quartformat ( 1 8 x 2 1 cm) mit einem Umfang von zunächst einem Bogen. Auf minderwertiges Papier gedruckt, zeigte sie übersichtlich verschiedene Rubriken und war für den vergleichsweise niedrigen Preis von 40 Kreuzern im Vierteljahr zu erstehen" 164 . Die philanthropisch orientierten Macher der „Dorfzeitung" traten gegen die hohen Bauernlasten, gegen die wachsende Not in den thüringischen Walddörfern, die gesundheitsschädliche Haus- und Dorfindustrie sowie die daraus resultierenden Auswanderungswellen ein. Der schwerfällig-belehrende Ton des „Räsonnirenden Dorfkonvents" ist zugunsten eines plaudernd-unterhaltsamen verschwunden. Die von Thon her bekannten moralischen Geschichten und erbaulich-pastoralen Erörterungen lokkerte die Redaktion durch Witze, Rätsel, Schwänke, Anekdoten und Leserbriefe auf. Sachtexte ökonomischen oder naturkundlichen Inhalts machten den sogenannten redaktionellen Teil des Blattes aus, der den Nachrichten voranging. Lehrhafte Informationen und moralische Instruktionen, aber auch einen beachtlichen Teil der aktuellen Nachrichten, der „Welthändel", verpackten die Autoren in unterschiedliche traditionell erzählende Textformen. Das Ereignis, die „alltägliche Geschichte" als „wahre Geschichte", wurde über die „Zeitungskanzel", so ein Sprachbild der „Dorfzeitung", für eine höhere moralische Wahrheit genutzt und erfuhr religiöse Deutung. Zeitungslektüre sollte auf die-

164 Treiber: Biedermeierliche Volksaufklärung, 1996, hier S. lOOf. - Dies.: Die Dorfzeitung von Hildburghausen, 1999, S. 72-92, hier S. 75.

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se Weise zur Unterweisung in einem konfessionell geprägten Tugendkanon werden, Volksbildung der religiösen Charakterbildung dienen. An der „Dorfzeitung" wird der Wandel des medialen Wissenstransfers bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erkennbar. Parallel zur Literarisierung des Kalenders durch den Rückgang nicht-fiktionaler Text und der Übernahme politischer und zeitgeschichtlicher Informationen durch die Zeitungen, wanderten im Zusammenhang der gesteigerten politischen Öffentlichkeit während des Vormärz die am Kalender orientierten, erzählenden Texte und Kommentare aus der „Dorfzeitung" 1828 in eine damals neue Beilage ab. Die Inhalte sowie die Heterogenität der Quellen und Textformen, welche die ersten drei Jahrzehnte des Blattes charakterisieren, zeigen große Ähnlichkeiten zu den seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts vermehrt erscheinenden Beispielsammlungen der evangelischen Publizistik. Kalender Obwohl schon die Kalendermacher des ausgehenden 15. Jahrhunderts die Analphabeten als Abnehmer entdeckt hatten und deren Bedürfnissen durch die Verwendung von Symbolen (Kennzeichnung von Namenstagen durch Heiligenattribute) entgegengekommen waren 165 , entstand die Bezeichnung „Volkskalender" erst im 19. Jahrhundert. Der bewußte Prozeß der Umorientierung des Kalenderwesens vom „Bauernkalender" des 17. Jahrhunderts zum Aufklärungsboten des späten 18. Jahrhunderts, ist seit Wilhelm Heinrich Riehl immer wieder beschrieben worden 166 . In der Schweiz hat der Philologe und Volkskundler Hans Trümpy daraus ein lebenslanges Forschungsprojekt gemacht, noch ehe sich die Pädagogen der Sache annahmen, immer noch jedoch auf den Spuren Johann Peter Hebels und seiner allein für forschungswürdig gehaltenen Persönlichkeit 167 . Erst seit den frühen 1970er Jahren kam es zu breiten und teilweise interdisziplinären Ansätzen aus Volkskunde, Ideen-, Mentalitäts-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, sowie Lese- und Alphabetisierungsforschung. Die erzählerische Konkretisierung zur Besserung der Menschen und zur Veredlung ihres Geschmacks gelangte über Monographien, Zeitungen und Zeitschriften in den traditionellen Quartkalender, der wegen seiner astrologischen, dämonologischen, numinosen Inhalte im Laufe des 18. Jahrhunderts

165 Rosenfeld: Einblattkalender und Bauernpraktik, 1962. 166 Riehl, Wilhelm Heinrich: Volkskalender im achtzehnten Jahrhundert (1852): In: Culturstudien aus drei Jahrhunderten. Stuttgart 1862. 167 Trümpy: Das Volkstümliche bei Hebel, 1969. - Ders.: Kritik am Aberglauben, 1953. - Ders.: Der Kalender als Haushaltungsbuch, 1979). - Ders./Gantner, Kalender-Bilder, 1978.

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zunehmend kritisiert wurde 168 . Er eignete sich zur Volksaufklärung in besonderer Weise, da er ein leicht zugängliches Medium war. Die Auflagen dieser Kalender mit Namen wie „Volksbote", „Wahrsager" und „Volksfreund", „Oekonomischer Schreib-Kalender" - ab 1771 herausgegeben von „Gips"-Pfarrer Mayer aus Kupferzell - bewegten sich um 10.000 bis 20.000, zu Beginn des 19. Jahrhunderts gar um 30.000 bis 50.000 169 . Für die Verbreitung dieser Druckwerke sorgte, der bereits im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Büchern angesprochene Kolportagehandel. Da es sich bei den „Austrägern" oft um entlassene Invaliden handelte, hießen mehrere der rund 1.500 volksaufklärerischen Kalender „Hinkender Bote" oder im Französischen „Messager Boiteux" 170 . Seit 1997 wird im Rahmen des deutsch-französischen Forschungsprojektes „Populäre Druckmedien im alten und frühmodernen Europa - Strukturen, kollektive Identitätsmuster und interkulturelle Zusammenhänge" unter Leitung von Hans-Jürgen Lüsebrink an der Universität des Saarlandes der Gattungstyp „Hinkender Bote/Messager Boiteux" systematisch in einer computergestützten Datenbank erfaßt. Hierfür wurden die Bestände von mehr als achtzig deutschen, schweizerischen und französischen Bibliotheken eingesehen. Ursula Brunold-Bigler konstatiert in ihrem EM-Artikel über „Kalender/ Kalendergeschichte", daß dieses Medium im 18. Jahrhundert zunehmend praxisbezogenes Wissen zur Steigerung des landwirtschaftlichen Ertrages, besserer Verarbeitung agrarischer Produkte im Haushalt sowie Rezepte zur Herstellung billiger Hausarzneien, Ratschläge zur Krankenpflege und krankheitsvorbeugenden Hygienevorschriften verbreitete 171 . Mit moralischen Geschichten bekämpften die Kalendermacher nun „Trunkenheit, unsittliche Bräuche, schlampiges Wirtschaften und das Wirken von Scharlatanen. Als Gegenstücke dieser Negativexempel figurieren Geschichten, die ein redliches, arbeitsames Dasein in Mäßigkeit und Zufriedenheit preisen. Helden sind soziale Aufsteiger, die es dank der empfohlenen Tugendmuster zu Wohlstand gebracht haben" 172 . Die Bedeutung des Kalenders wurde vor allem in Regional-Studien erforscht. Brigitte Kleinlauth analysiert den Schreibkalender des Würzburger Tuchscherermeisters Jakob Röder aus den Jahren 1598 bis 1618, den er wie ein Tagebuch benutzt und damit eine einzigartige bürgerliche Quelle zur Juli-

168 Schon im 17. Jahrhundert wurden die astrologischen Inhalte der Quartschreibkalender teils heftig kritisiert, aber erst mit der frühen Aufklärung versuchte man, dagegen vorzugehen. Die ersten Anstöße dazu gingen von den Akademien aus. 169 Engelsing: Analphabetentum, 1973, S. 58. 170 Ζ. B. der „Lahrer Hinkende Bote" oder der Basler Almanach „Hinkender Bote". 171 Brunold-Bigler: Kalender, Kalendergeschichte, 1993, hier 863. - Vgl. auch: Dies.: Die religiösen Volkskalender der Schweiz, 1981. - Zum Funktionswandel der Kalender vgl. Foltin/ Schirrmeister: Zeitweiser, Ratgeber, Geschichtenerzähler, 1999. 172 Brunold-Bigler: Kalender, Kalendergeschichte, 1993, Sp. 865.

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us-Echter-Zeit hinterlassen hat173. Kantzenbach hat sich mit dem fränkischen protestantischen Pfarrer Johann Ferdinand Schlez beschäftigt, der ohne Erfolg mit der Herausgabe neuer, volksaufklärerischer Kalender experimentierte 174 . Katharina Masel zeigt, gestützt auf Münchener und altbayerische Provinzkalender, daß die um 1770 in Kurbayern unternommenen Anstrengungen zur Verbesserung des Kalenderwesens hin zu einem „trefflichen Vehikel, Leuten von niedrigem Stande so viele nützliche Kenntnisse [beizubringen], als sie nöthig haben, um ihrer Lage gemäß verständig, gut, brauchbar und glücklich zu werden" zunächst nicht von Erfolg gekrönt waren 175 . Das rührte vor allem daher, daß die Aufklärer auf die Lesepräferenzen des Zielpublikums keine Rücksicht nahmen und ihre nüchternen Kalender neben denen herkömmlicher Machart kaum Beachtung fanden. Für Ansbach und Nürnberg lassen sich erste Bemühungen um eine Verbesserung der Kalender im Geiste der Aufklärung um 1760 diagnostizieren. Sie waren das Werk engagierter Privatpersonen. Im katholischen Bamberg dagegen gab es solche Initiativen nicht. Hier wurde erst 1793 eine Kalenderreform durch den Staat veranlaßt. In Georg Seiderers Darstellung der Reformen in diesen drei fränkischen Metropolen wird eine bemerkenswerte Dialektik sichtbar176: Während der Bamberger Kalender seit 1794 „in mustergültiger Weise aufklärerischen Vorstellungen" (S. 399) entsprach und daher nach dem Übergang des Landes an Bayern bei den Behörden, die nachdrücklich Einfluß auf die Kalender zu nehmen gewillt waren, wenig Kritik erntete, waren die Ansbacher und mehr noch die Nürnberger Kalender kräftigen Interventionen ausgesetzt. Insbesondere in Nürnberg hatten die Kalendermacher einen Kompromiß zwischen aufklärerischen Tendenzen und Marktorientierung gesucht. In Nürnberg, dessen Kalender ein wichtiger Exportartikel gewesen waren, führten die behördlichen Eingriffe zu einem Niedergang der Produktion auf diesem Gebiet. Der aus der Sicht aufgeklärter, regierungsnaher Reformer vorbildliche Bamberger Kalender kam ganz offensichtlich beim Publikum schlecht an. Er fand „im Innlande", wie ein Autor im „Fränkischen Merkur" 1796 mitteilt, „weniger Behagen, und sein Verleger geringem Absatz, als er vielleicht sich geträumt hatte" (S. 400). 173 Kleinlauth: Schreibkalender, 1988. 174 Schlez, Johann Ferdinand: Vorlesungen gegen Irrthiimer, 1786. - In der Vorrede zu dieser Schrift bemerkt Schlez, er halte die Kirche, die Schule und den Kalender für die einzigen Wege, dem Volk nützliche Kenntnisse mitzuteilen. 175 Mayr, Franz Xaver: Ueber Lektüre. Beibd. zu: Leopold Frhr. v. Hartmann: Abhandlungen vom Nationalstolze aus Vaterlandsliebe, dem Grunde zur wahren Größe, und zum Glücke der Staaten. Burghausen 1788, S. 66; zit. n. Masel: Zum Kalenderwesen in Bayern, 1992, hier S. 21. - Die von Helge Gerndt, München, betreute Magisterarbeit ist erschienen u.d.T. Kalender und Volksaufklärung in Bayern. Zur Entwicklung des Kalenderwesens 1750 bis 1830 (= Forschungen z. Landes- und Regionalgeschichte 2). St. Ottilien 1997. 176 Seiderer: Formen der Aufklärung, 1997.

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Wilhelm Haefs stellt als Paradebeispiel historischer Aufklärung Lorenz von Westenrieders „Historischen Calender" (22 Jgg. 1787-1815 u. Registerbde. 1816) vor177. Er war - obgleich ein rein territoriales Projekt - jahrelang konkurrenzlos in Deutschland, abgesehen von Göschens und Schillers kurzlebigem „Historischen Calender für Damen", überlebte in relativ hoher Auflage und guter Ausstattung alle ähnlichen Unternehmungen, und gilt als „überhaupt der erfolgreichste und bedeutendste aufklärerische Almanach der Goethezeit in Oberdeutschland" (S. 501). Entsprechend dem Selbstverständnis einer traditionalistischen Reformaufklärung war die Zielgruppe der gebildete Laie. Rudolf Schenda untersuchte die schweizerischen Volkskalender und sah in ihnen eine Art „Meßinstrument für die Geschichte von Mentalitäten, sei es nun von patriotischem Gedankengut, von frommen Glaubensinhalten oder von einzuübenden Tugenden 178 . Alfred Messerli beschäftigte sich mit den Deutschschweizer evangelischen Kalendern der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die zwar noch hohe Auflagen erlebten, aber durch neuere Printmedien wie den illustrierten Unterhaltungsblättern, starke Konkurrenz erfuhren. Er untersucht die Beispielgeschichten des in Basel erschienenen Kalenders „Des Volks Boten Schweizer Kalender" (gegründet 1843) und verwandter Veröffentlichungen. Sie erzählen von der modernen Technik sowohl in ihren glücklichen Momenten, als auch in ihren Niederlagen bzw. Katastrophen (Eisenbahnunglücke oder Schiffsuntergänge) 179 . In den Kommentaren zu solchen Berichten geht es um die konfessionelle Deutung und um die Einordnung dieser Ereignisse in den neuen Wertekanon. Die klassischen christlichen Exempel spielen in dieser Gattung keine Rolle mehr. Katechismen Erst in jüngster Zeit deckte Wolfgang Brückner auf, daß die in den großen Konfessionen gängige Glaubenserziehung durch Katechismen mit regelmäßiger Examinierung eine aufgeklärte Variante in Form von Beispielerzählungen nach sich gezogen hat180. In Hamburg fanden solche Katechismusexamina im 18. Jahrhundert jeden Montag statt, ergänzt durch zwei große, halbjährlich abgehaltene Prüfungen, deren Wichtigkeit durch die Anwesenheit nicht nur der Prediger, die den Unterricht erteilt hatten, sondern auch der Diakone, unter-

177 Haefs: Aufklärung in Altbayern, 1998. - Vgl. Reinhard Wittmanns Online-Rezension der Haefsschen Dissertation: URL: http://www.iasl.uni-muenchen.de (20.3.2001). 178 Schenda: Hinkende Botschaften?, 1996, hier S. 176. 179 Messerli: Evangelische Beispielgeschichten in Schweizer Kalendern, 1999, S. 94. 180 Brückner: Protestantische Beispielkatechismen im 19. Jahrhundert, 1999. - Alzheimer-Haller, Heidrun: Die Sammlung Thalmann religiöser Schriften in Würzburg. In: Bayer. Bll. f. Vk. 22 (1995), H. 4, S. 212-224.

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strichen wurde 181 . Somit kann man davon ausgehen, dass der Katechismus nicht nur eine feste Grundlage des Glaubens, sondern auch eine für das Gemeinwesen verbindliche Wertorientierung und Berechenbarkeit des individuellen Verhaltens erreichen sollte. Uralt und um 1840/60 wieder neulutherisch war der „Lutherische Katechismus", der mit Carl Heinrich Casparis (1815-1861) „Kleinem Katechismus" vorliegt, und mit seinen Exempeln des 16. Jahrhunderts nicht zu den Volksaufklärern gerechnet werden kann 182 , denn bei Caspari fehlt, anders als bei Jeremias Gotthelf die Absicht, „bestimmte Krankheitszustände des Landvolkes dem erkennenden Auge bloß zu legen und dadurch ihre Heilung zu ermöglichen" 183 . Ebensowenig kann man die Beispielkatechismen im fortgeschrittenen Industriezeitalter ab 1875 noch zur „Volksaufklärung" zählen, auch wenn sie weiterhin mit Begriffen wie „Beispiel" und „Exempel" operieren. Hier sei Friedrich Baun genannt, der sich in seinen „Erzählungen zum Katechismus, hauptsächlich aus neuerer Zeit. 800 Beispiele aus Geschichte und Menschenleben" (Stuttgart-Wildbad 1903, 2 1906, 3 1929, 280 S.) im Vorwort auf Caspari bezieht, den er aktualisieren möchte. Dagegen zählt der Hannoversche Katechismus mit ganz anderem Aufbau und Fragestellungen als bei Luther zur Variante rationalistischer Landeskatechismen, wie sie in nahezu allen deutschen evangelischen Landeskirchen von Aufklärern geschaffen wurden 184 . Im Laufe des 19. Jahrhunderts hat man sie unter dem Einfluß der Erweckungsbewegung teilweise unter heftigen Kämpfen wie dem Katechismusstreit in Hannover 1862 wieder abgeschafft 185 . Wolfgang Brückner führt in seinem Überblick über diese Ausläufer moralischer Geschichten „spätaufklärerische Beispielkommentare zur Religionslehre"186, „'Neu-Lutherische' Beispielkatechismen um 1840/60" 187 und die „Bei-

181 Vgl. Kiemenz, Dieter: Der Religionsunterricht in Hamburg von der Kirchenordnung von 1529 bis zum staatlichen Unterrichtsgesetz von 1870. Hamburg 1971, S. 55, S. 88f. 182 Caspari, Carl Heinrich: D. Martin Luthers Kleiner Katechismus in Fragen und Antworten erklärt für jung und alt, 1856 (71915). 183 Schäfer, Friedrich: Christliche Volksschriftsteller. III. Karl Heinrich Caspari. In: Monatsschrift für innere Mission, hg. v. Theodor Schäfer. Bd. VI Gütersloh 1886, S. 353-368, hier S. 358. 184 Katechismus der christlichen Lehre, zum Gebrauch in den evangelischen Kirchen und Schulen des Königreichs Hannover. Hannover: Schlüter 1790, 171 S. 185 Schmidt, Martin: Aufklärung. In: TRE IV (1979), S. 575-615, hier, S. 603. 186 Weland: Sittenlehren, 4 Bde. 1795-1806; Dörnen: Exempelbuch 1798/99; Thormeyer: Katechismus der christlichen Moral, 1800; Lotter: Beispiele des guten, 1807; PustkuchenGlanzow: Glaubens- und Sittenlehre, 1831/33; Simon: Sammlung von Beispielen, 3 Bde. 1845; Müller, Ferdinand: Sittenspiegel, 1836. 187Diedrich: Hülfsbuch, 1842; Glaser: Erzählungen, 1842; Kähler: Der kleine Katechismus, 1851; Nister: Beispiel-Sammlung 1842; Wölbling: Christliche Geschichten 1843; Fiedler: Lebensbilder 1845; Caspari: Geistliches, 1853; Werner: Christliche Erzählungen 1856.

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spielkatechese im fortgeschrittenen Industriezeitalter 1875-1937" 188 vor und erklärt, „daß es sich dabei um „narrative Erläuterungen der christlichen Lehre, ... bezogen auf das gesamte systematische Lehrgebäude" des lutherischen Katechismus handelt 189 . Auch katholische Autoren knüpften ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit neuen lehrhaften Beispielgeschichten an die alte Exempeltradition an. Sie brachten Kompendien heraus, die einerseits noch aus der barocken Erzählprosa gespeist wurden, andererseits aber auch aktuelle Zeitungen als Quelle benutzten 190 . Zu nennen sind hier der niederösterreichische Weltpriester Joseph Gabler, der Salzburger geistliche Schulmann Johann Evangelist Schmid, der Regensburger Pfarrer Ludwig Mehler, das im Herder-Verlag erschienene „Exempellexikon für Prediger und Katecheten", die „Beispiel-Sammlung" des Prager Schulrat Franz Spirago, die Jugendschriften des am Kaiserstuhl beheimateten Pfarrers Hermann Rolfiis sowie das „Katechetische Lehr- und Lesebuch" des Österreichers Vital Humann. Diese religiöse Form der Unterrichtung war seit Luther ein so gängiges Instrument der Pastoral, daß es seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wie ein Gattungsbegriff fur Belehrung schlechthin auch in profanen Titeln aufscheint, wie in Schlossers „Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk" (1771), im „Bienenkatechismus für das Landvolk" (1820) des hessischen Apfelpfarrers Johann Ludwig Christ, im „Gesundheits-Katechismus" (1792) des Arztes Bernhard Christoph Faust, der im Unterricht in Armenschulen eingesetzt wurde, oder in dem 1770 in Frankfurt am Main herausgebrachten „Katechismus des Feldbaus". Dessen Verfasser war der Hohenloher Pfarrer Johann Friedrich Mayer, der sich auf dem weiten Feld der Experimental-Ökonomie betätigte, und den die Volkskunde längst gut kennt wegen seiner Verbesserungsvorschläge beim (Bauern-)Hausbau („Gips-Mayer") 191 . Auch der oben genannte Franziskaner Menne war angesichts des nicht immer durchschlagenden Erfolgs diverser anderer Volksaufklärungs-Bemühungen der Meinung, „man soll durch Katechesen durchzutreiben suchen, was die Volksreden nicht zustanden bringen" 192 . Der Jesuit Johann Nepomuk Lang (1742-1804) war der Ansicht, daß die Pfarrer „die Aufklärung des Volkes in 188 Pestalozzi, Ludwig: Der christliche Glaube, 1876; Ders.: Die christliche Lehre, 1895; Baun: Erzählungen 1903; Ders. Erzählungen und Erläuterungen 1908; Ders.: Hundert Erzählungen 1925; Ders.: Christlicher Beispielschatz 1937. 189 Brückner: Protestantische Beispielkatechismen, 1999, hier S. 141. - Vgl. auch Ders.: Katechese, Katechismus, 1993, und Ders.: Exempelsammlungen, 1984, wobei die protestantischen Exempel des 19. Jahrhunderts noch fehlen. 190 Vgl. Ders.: Exempelsammlungen, 1984, hier Sp. 623-626. 191 So ein „Pfarrer-Mayer"-Haus steht in Sichtweite Kupferzells im Hohenloher Freilandmuseum Schwäbisch Hall-Wackershofen (dort Gehöft Nr. 3). Vgl. auch den bio-bibliographischen Artikel zu Mayer im Anhang. 192 Menne, Edilbert: Große Katechese eines Dorfpfarrers für das Landvolk, Bd. I, S. Vlllf.

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der Religion nie wirksamer und kräftiger befördern, als wenn sie den Katechismus, welcher fur das gemeine Volk stets das Handbuch der Religion ist, deutlich fur den Verstand und anwendbar auf das Herz und Sitten erklären" 193 . Demnach finden die Seelsorger in seinen Schriften alle Voraussetzungen „ihren Untergebenen ächte Grundsätze in der Religion, vernünftigen und reinen Gottesdienst, wahre Rechtschaffenheit, gründliche Tugenden, richtige Kenntniß der bürgerlichen und sittlichen Pflichten beizubringen" 194 .

193 Lang, Johann Nepomuk: Erklärungen über den großen Katechismus in den k.k. Staaten hauptsächlich zu dem Unterrichte des Landvolks eingerichtet und seiner Pfarrgemeinde vorgetragen. 4 Theile. Augsburg 1787, hier Bd. I, 6. Aufl. 1818, Vorrede (unpaginiert). 194 Ebd.

3. Das Phänomen „Volksaufklärung" 3.1 Das Menschenbild der Aufklärer Der Beginn jener Epoche, die man mit der Metapher des Lichts im Deutschen als „Aufklärung", im Englischen als „enlightenment", im Französischen als „lumières", im Italienischen als „illuminismo" und im Spanischen als „ilustración" bezeichnet, wird aus geistesgeschichtlichem Blickwinkel auf die Zeit um 1720 angesetzt, als Christian Wolff die Ideen Leibniz' rationalisierte und popularisierte. Sozialhistoriker dagegen verweisen auf ein halbes Jahrhundert zuvor, als sich innerhalb des Römischen Reichs mit seinen rund 300 kleinen deutschen Territorien eine neue Funktionselite bildete, bestehend aus dem sich umorientierenden meist niederen Adel und aus einem vorzugsweise über die Universitäten aufsteigenden Bürgertum. Sie alle waren genötigt, zu dem notwendigen juristischen und kameralistischen Herrschaftswissen auch ein kulturelles zu erwerben 1 . An der höfischen Norm orientiert und durch französische Vorbilder angeleitet, vermittelten Romanfiguren, gedruckte Verhaltensempfehlungen, Briefsteller und Schreibanleitungen zunächst nur für diese Oberschicht praktische Ratschläge zu einem vernünftigen („politischen") Handeln (Christian Weise) und zu einem angepaßt-sittlichen („honetten") Verhalten (Christian Thomasius). Die Masse der hierfür um 1700 produzierten Literatur bestand aus moralischer Dichtung wie Satiren oder - seit den 1730er Jahren aus Fabeln. Ab etwa 1720 ergossen sich große Mengen von Lehrdichtungen über die bürgerlichen Leser, in denen kaum ein Bereich des rasch wachsenden Wissens, etwa auf dem Felde der Naturwissenschaft und der weltanschaulichen Orientierung übergangen wurde. Ausgehend von der Überzeugung, daß der Mensch grundsätzlich zur Vernunft fähig, erziehbar und „perfektibel" sei und die Welt mithin nach vernünftigen Prinzipien gestaltet werden könne, verstand sich die Aufklärung als „handlungsleitende Philosophie in praktischer Absicht" - wie es der Göttinger Historiker Rudolf Vierhaus formuliert. Nach der berühmten Definition Immanuel Kants (1724-1804) war Aufklärung „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (1784), was Autonomie des Denkens und die Fähigkeit zur Kritik voraussetzte. Mündigkeit und Emanzipation,

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Ketelsen: A u f k l ä r u n g . In: Killy XIII (1992), S. 49-56. - Vgl. auch Schneiders: Lexikon d e r A u f k l ä r u n g , 1995 s. v. Adel (S. 211), B ü r g e r / B ü r g e r t u m (S. 70ff.), E r f a h r u n g (S. 103f.), Fortschritt (S. 119-122), H a n d w e r k / M a n u f a k t u r (S. 172ff.), Industrie/Industrialisierung (S. 186ff.), K a m e r a l i s m u s (S. 200f.), L a n d w i r t s c h a f t (S. 237f.), Lesen (S. 239ff.), N a t u r w i s s e n s c h a f t (S. 285ff.), N u t z e n (S. 291f.), Selbstdenken (S. 381f.), Tradition (S. 414f.), V e r n u n f t / V e r s t a n d (S. 429ff.), Verurteil (S. 438ff.).

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Glück, Tugend, Toleranz und Fortschritt hießen die Ziele der Aufklärung. Im Kampf gegen Unwissenheit, Vorurteil und Aberglauben, gegen religiösen Fanatismus und politische Verfolgung vertrauten Europas Aufklärer auf das „Licht der Vernunft". Vor allem aber wurde Aufklärung im „pädagogischen Jahrhundert" als Erziehung und Bildung zur gesellschaftlichen Brauchbarkeit verstanden. Der Gedanke, auch individuelle Neigungen und Fähigkeiten zu berücksichtigen, spielte zu dieser Zeit noch keine Rolle, da es sich um eine auf Staatszwecke ausgerichtete Erziehung handelte, die man innerweltlich begründete: Nicht die Ehre Gottes galt es zu befördern, sondern die Vervollkommnung und damit die diesseitige Glückseligkeit des Menschen. Die Bedingungen, unter denen „Aufklärung" in Europa stattfinden konnte, waren höchst unterschiedlich: die konstitutionelle Monarchie Großbritanniens bot zweifelsohne ein liberaleres Ambiente für kritische Gedanken als das absolutistische Frankreich des Ancien Régime, in dem die Enzyklopädisten um Jean Le Rond d'Alembert (1717-1783) und Denis Diderot (1713-1784) arbeiten mußten. Doch aller staatlichen und kirchlichen Unterdrückung zum Trotz haben es die Aufklärer überall verstanden, sich Öffentlichkeit zu schaffen in Form von Salons, Klubs, Lesezirkeln, Museums-, Casino-, Harmoniegesellschaften, Geheimbünden wie dem 1776 in Ingolstadt gegründeten Illuminatenorden, patriotischen Vereinigungen und wissenschaftlichen oder gemeinnützigen Organisationen sowie durch Publizistik und Presse 2 . Das Volk idealisierten und verurteilten diese Eliten zugleich: Einerseits verkörperte es den „unentbehrlichen Nährstand", andererseits neigte es zum Aufruhr, war gewalttätig und sittenlos 3 . Die „Volks- oder Bauernaufklärung" resultierte aus der Einsicht der Gebildeten, daß die Lage der Landbevölkerung verbessert werden müsse 4 . Der Begriff „Volksaufklärung" taucht wahrscheinlich zuerst um 1780 auf und ist in Heinrich Gottlieb Zerrenners 1786 in Magdeburg erschienener, programmatischer Schrift „Volksaufklärung. Uebersicht und freimüthige Darstellung ihrer Hindernisse" bislang erstmals nachweisbar 5 . Macht man sich klar, daß noch um 1800 etwa 80 % der Bevölkerung von der 2

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Vgl. z.B. Grimm, Melchior: Der Salon der Mlle de Lespinasse (1776). - Jacob Grimm gehörte zu dem Pariser Aufklärungszirkel um die Enzyklopädisten. Seine „Correspondance littéraire, philosophique et critique" vermitteln einen Eindruck vom Innenleben der Pariser Aufklärungsgesellschaften: Grimm, Melchior: Paris zündet Lichter an, 1977. - Wichtige Sekundärliteratur zu Kommunikationsformen des 18. Jahrhunderts bieten außerdem: Dann, Lesegesellschaften und bürgerliche Emanzipation, 1981. - Roche: Les républicains des lettres, 1988. Reinalter: Aufklärung und Geheimgesellschaften, 1992. - Ders.: Aufklärungsgesellschaften, 1993. - van Dülmen: Die Gesellschaft der Aufklärer, 1996. Vgl. Conrad/Herzig/Kopitzsch: Das Volk im Visier der Aufklärer, 1998. Volksaufklärung ist weitgehend Bauernaufklärung, vgl. z.B. Böning: Der Literaturhistoriker und die „Fachliteratur", 1983, hier S. 264. Vgl. Voss: Gemeiner Mann, 1981, S. 212.

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Landwirtschaft und auf dem Lande lebten 6 , so bekommt diese Bewegung utilitaristischen-volkswirtschaftlichen Charakter. Weitere Motive der Volksaufklärer zählt Gerd van den Heuvel auf: „Ein allgemeiner philanthropischer Impetus, die z.T. von Rousseau beeinflußte Überzeugung von der moralischen Integrität des natürlich und unverbildet lebenden Bauern, die Vorstellung vom Bauern als Basis der Nation, aber auch kameralistische Hoffnungen auf die wachsende fiskalische Bedeutung eines prosperierenden Bauernstandes, ließen in der öffentlichen Meinung das Ansehen des Bauern wachsen und machten ihn zu einem bevorzugten Ziel aufklärerischer Reformbemühungen" 7 . Der Gedanke des gesunden Landes und der verfallenen Stadt begegnet u.a. bei Goethes Schwager Johann Georg Schlosser (1739-1799) 8 . Die Oberschicht galt ihm als gekünstelt, der Bauernstand hingegen noch natürlich und also beispielgebend fur die restlichen Stände. Schlossers „Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk" war aber noch kein Volksbuch wie Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" 9 . Mit diesem Bestseller erhielt die Volksaufklärung Ende der 1780er Jahre neuen Schwung und neue Schubkraft. Becker schuf damit den Typus des „unterhaltsamen Volksbuches", bei dem die aufklärerische Botschaft geschickt in eine fíktionale Rahmenhandlung mit kleinen, episodenhaften Erzählungen eingebettet wurde. Am Ende des 18. Jahrhunderts - also nur zwölf Jahre nach dem Erscheinen der Erstausgabe - gab es zwanzig rechtmäßige Neuauflagen, ganz zu schweigen von unzähligen Nachdrucken und Raubdrucken. Noch vor der Wende zum 19. Jahrhundert war es, wie Reinhart Siegert im Nachwort zum Reprint von 1980 festhält, bereits in neun Sprachen übersetzt worden: ins Slowenische, Ungarische, Tschechische, Sorbische, Estnische, Lettische, Dänische, Holländische und Italienische. Insgesamt wurden mehr als 500.000 Exemplare gedruckt, und damit dürfte Beckers Verkaufsschlager der meist verbreitete weltliche Lesestoff der Zeit gewesen sein. Er geriet zum Aushängeschild einer intellektuellen Bewegung, die Lesestoffe für jedermann forderte und bereitstellte. Die höchste Stufe menschlicher Vollkommenheit und Glückseligkeit sollte durch einen stetig fortschreitenden Bildungsprozeß erreicht werden. Zu diesem Zweck plante Becker zusammen mit dem Theologen Christian Gotthilf Salzmann eine eigene Schule 10 . Sein Konzept reizte zur Nachahmung. Ein Beispiel dafür ist „Erdmann Hülfreichs Un6 7

Vgl. von Frauendorfer: Ideengeschichte der Agrarwirtschaft, 1963. Heuvel, Gerd van den: Bauer. In: Schneiders: Lexikon der Aufklärung, 1995, S. 55f., hier S. 55. 8 Schlosser, Johann Georg: Katechismus der Sittenlehre fur das Landvolk. Frankfurt/Main 1771; dritte ächte Auflage Frankfurt am Mayn 1776 (1773 auch erschienen unter dem Titel: Sittenbüchlein fur Kinder des Landvolks). 9 Becker, Rudolph Zacharias: Noth- und Hülfs-Büchlein 1788; Neue verb. Ausg. von Th. 1-2. Gotha 1838; Nachdruck der Erstausgabe von 1788, hg. u. mit einem Nachwort ersehen von Reinhart Siegert (= Die bibliophilen Taschenbücher 207). Dortmund 1980. 10 Schaubs: Salzmanns Schulgründung, 1999, hier S. 103.

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terricht für Bauersleute von den Krankheiten der Pferde, des Hornviehs, der Schaafe und Schweine", das Joseph Michael Ritter von Ehrenfels 1802 veröffentlichte. Schon auf dem Titelblatt wird werbewirksam der Konnex zu Becker hergestellt mit dem Hinweis, dieses Werk sei „Den Lesern des Noth- und Hülfsbüchleins gewidmet". Auch hier wird die aufgeklärte Botschaft auf dem Wege der Fiktion unter das Volk gebracht, indem der fortschrittliche Vorzeige-Bauer mit dem sprechenden Namen Erdmann Hülfreich allerlei Episoden erlebt und Probleme löst. Becker ging zusammen mit anderen Volksaufklärern davon aus, daß jedem Menschen der Trieb zur Verbesserung seiner Situation innewohnt, der sogenannte „Vollkommenheitstrieb". Die Aufgabe der Volksaufklärer bestand darin, diesen Trieb zu wecken mit dem Ziel, die Glückseligkeit und das Gemeinwohl zu heben. „Wahre Volksaufklärung" sei, so verteidigte man sie gegen die Vorwürfe, nicht „Gelehrsamkeit und Verfeinerung" 11 oder gar Abhaltung von „Kollegien über die natürlichen Rechte der Menschen" 12 , die unter den niedrigen Ständen wohl zu falschen Begriffen, Halbbildung, Kritik an Religion und Staat, Unzufriedenheit mit dem eigenen Stand und im schlimmsten Fall zu Revolution fuhren könne. Sie sei vielmehr gemeinnützige Bildung, die immer dem Stande angemessen, auf ihn bezogen und ihm dienlich sein müsse. In der Literatur für den „gemeinen Mann" ging es besonders in der gemeinnützigökonomisch orientierten Frühphase, in der man versuchte, landwirtschaftliche Neuerungen zu popularisieren auch um die Vermittlung positiven Wissens. Vor allem aber strebte man eine sittlich-moralische Mentalitätsveränderung an. Das Volk sollte nicht länger ungeprüft hinnehmen, was es von seinen Vätern übernommen hatte, sondern lernen zu argumentieren und zu „räsonnieren", also verschiedene Möglichkeiten gegeneinander abzuwägen und danach eine „vernünftige" Entscheidung zu treffen. Einen solchen vorbildlichen Bauern stellt uns Wening 1784 vor: „Michael war ein ziemlich bemittelter Bauer. Er bearbeitete seine Felder mit größtem Fleiße, sann Tag und Nacht darauf, wie er sein Gut verbessern könnte. Bald suchte er eine Quelle durch seine Wiesen zu leiten, damit selbe bewässert würde, und ihm mehr Heu und Grummet einbrächte, bald machte er bey seinem Felde einen Damm, um das Eindringen des vom Berge herabstürzenden Wassers zu hindern, bald trocknete er morästige Gegenden durch Ableitung des Wassers aus, um diesen Fleck beßer zu benützen; kurz, es entgieng seinen Beobachtungen nichts, wovon er einen Vortheil zu erhalten hoffen konnte, das er nicht sogleich ins Werk richtete. Sein Sohn Wolfgang, ein junger Mensch von 11 Becker, Rudolph Zacharias: Versuch über die Aufklärung des Landmannes. Nebst Ankündigung eines fiir ihn bestimmten Handbuchs. Dessau/Leipzig 1785, S. 5; zit. n. Siegert: Volkslektüre, 1978, S. 343. 12 Westenrieder, Lorenz von: Ob man Bürger und Bauern aufklären soll? In: Ders. (Hg.): Beyträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik und Landwirtschaft, Bd. III. München 1790, S. 343.

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17 Jahren half überall getreulich mitarbeiten, entdeckte manchmal selbst einige Vortheile, und freute sich, wenn er dem Vater was Neues sagen konnte, das zur beßern Aufnahme des Gutes dienlich wäre"13. Ziel war der gemeine Mann als gehorsamer Staatsbürger, als fleißiger und nützlicher Bauer oder Handwerker, der im Rahmen der Erfordernisse seines Standes vernünftig denkt und wirtschaftet, von Aberglauben und Vorurteilen befreit, moralisch gebessert und mit seinem Stand zufriedenen ist. Brisant und für die Entstehung einer politischen Öffentlichkeit wie für die Radikalisierung der Spätaufklärung gleichermaßen bedeutend war die bereits seit den 1760er Jahren intensiv geäußerte Kritik an Leibeigenschaft und Frondiensten sowie die Forderung nach bäuerlichem Eigentum am bebauten Boden. Das Bemühen um Hilfe zur Selbsthilfe scheint überall durch, das mit demokratischen und genossenschaftlichen Vorstellungen verbunden war. Viele Aufklärer hofften, mit der angestrebten wirtschaftlichen Emanzipation eine weitergehende kulturelle und politische Befreiung einleiten zu können 14 . Die Französische Revolution wurde von den meisten Volksaufklärern zunächst wohl mit Sympathie verfolgt, doch lehnten sie eine Übertragung des französischen Beispiels auf Deutschland durchgehend ab und strebten Veränderungen auf dem Weg von Reformen an. Den sozialen Protesten in Deutschland begegneten zahlreiche Aufklärer durch Schriften gegen das „Rebellionsfieber", durch das sie die eingeleiteten Neuerungen und die Volksaufklärung insgesamt gefährdet sahen. Hier liegt ein Dilemma der Volksaufklärung: Einerseits will sie zur Mündigkeit erziehen, andererseits muß sie aber den unmündigen Status der Bauern und des Gesindes innerhalb der Ständeordnung rechtfertigen. Indem sie die einfachen Leute in einen gegebenen „ordo" einpassen muß, haftet ihr von vornherein ein sozialkonservatives Moment an. Aus diesem Grund kann man trotz der mentalitätsgeschichtlichen Wandlungen (Romantik, Restauration, Wiedererstarken des Katholizismus) von einer Kontinuität der Volksaufklärung bis ins 19. Jahrhundert sprechen. Zugleich ist dies auch der Grund dafür, daß diese Literatur nach 1848 untergeht, sobald die „Aufklärung" für die Unterschichten sich politisiert, d.h. aus den Händen der Pfarrer in die der Lehrer, Journalisten und Politiker übergeht. Zielgruppe der Volksaufklärung Zahlreiche Autoren verwendeten bereits in ihren Buchtiteln den Begriff „Landmann", und sprachen damit den Großteil der Bevölkerung an. Häufig liest man auch die Bezeichnung „Gemeiner Mann". Im 18. Jahrhundert meinte das immer noch die dörflichen Gemeindemitglieder, also Leute mit offiziellem 13 Wening: Der zärtliche Sohn. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 4-7. 14 Wichtig ist in diesem Zusammenhang die von Friedrich II. der Berliner Akademie der Wissenschaften für 1780 oktroyierte Preisfrage, ob es nützlich sein könne, das Volk zu täuschen.

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Rechtsstatus auf dem Lande (im Gegensatz zur unterbäuerlichen Schicht ohne „Rauch" und Heimatsitz). Das waren also die Bauern aller Besitzgrößen samt Hintersassen und nicht zünftigen Landhandwerkern. In den Städten gehörten dazu der durchschnittliche Handwerker mit seiner Familie, die unteren Ränge in der Militär- und Verwaltungshierarchie, Dienstboten, Hebammen, Wundärzte, Seeleute, einfache Soldaten, also jener Teil der Bevölkerung, der keine höhere Bildung erfahren hatte, und demnach nicht zu den „gesitteten Ständen" zählte15. Den Begriff „Bauer" vermieden die Autoren bewußt, weil damit ein tief sitzendes städtisches Vorurteil verbunden war. Man entwickelte daran ein pädagogisch ganz gezielt auf diese Berufsgruppen abgestimmtes Bildungsprogramm auf der Grundlage von praktischer Philosophie, Naturwissenschaften und vor allem von Ökonomie in Form experimentaler Agrikultur. Zeitliche Eingrenzung Volksbildnerische Bemühungen sind in der Zeit zwischen 1750 und 1850 mit einem Schwerpunkt in den sechs Jahrzehnten von 1770 bis 1830 auszumachen, und zwar nicht nur in Deutschland, aber hier vor allem und hier mit besonderer Intensität 16 . Seit den 1770er Jahren ergänzte die Volksaufklärung ihr Programm durch Konzepte und Strategien der sittlich-moralischen, religiösen und politischen Erziehung, die jedoch stets auf die vermeintlichen Anforderungen einer neuen Ökonomie bezogen blieben 17 . Schematisch lassen sich drei Phasen aufgeklärter Reformtätigkeit unterscheiden: 1. Volksaufklärung als gesellige Bürgerbildung in Nachahmung der ästhetischen Geisteskultur des Adels; 2. Volksbildung als allgemeine und berufliche Ausbildung der städtischen Handwerker- und frühen Arbeiterschaft; 3. Volksbildung als landwirtschaftliche Rationalisierung und mentale Aufklärung der Bauern und des Landvolkes. Das beinhaltete für den Zeitraum bis 1780 vorwiegend aus dem norddeutsch-protestantischen Raum stammende Literatur, welche die Volksaufklärer zu ihrer wechselseitigen Information verfaßte. Danach kamen - nun auch aus dem katholisch-süddeutschen Raum - zahlreiche kleine, für den „gemeinen Mann" selbst gedachte Schriften und zahlreiche Artikel in Zeitungen, Zeitschriften und Intelligenzblättern auf den Markt.

15 Vgl. Siegert: Volk/Gemeiner Mann/Pöbel. In: Schneiders, Lexikon der Aufklärung, 1995, S. 432ff. - Moser-Rath: „Schertz und Ernst", 1984, S. 235. - Wittmann: Lesender Landmann, S. 24. - Art. „Volk". In: Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch XII (1951), Abt. 2. - Koselleck, Reinhart: Volk. In: Geschichtliche Grundbegriffe VII (1992). - Schönemann, Bernd: „Volk" und „Nation" in Deutschland und Frankreich 1760-1815. In: Herrmann: Französische Revolution, 1990. 16 Diese Epocheneingrenzung geht zurück auf Siegert: Volksaufklärung, 1978, Sp. 579. 17 Böning: Volksaufklärung. In: Killy XIV ( 1993), S. 458-461.

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Aufklärerisches Gedankengut ließ sich am ehesten dort popularisieren, wo eine engagierte Vermittlerschicht unter den Gebildeten im unmittelbaren Kontakt mit der Bevölkerung wirkte. Die regionalen Unterschiede waren beträchtlich: In Kurbayern beginnt die wissenschaftliche Phase der Aufklärung - mit 50jähriger Verzögerung im Vergleich zu Preußen - erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit der Gründung der Akademie und entsprechend später auch wie Richard van Dülmen es nennt die „bürgerlich-öffentliche Phase" 18 . Nachdem die Volksaufklärung am Ende des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht hatte, behielt sie in vielen - auch katholischen - deutschsprachigen Regionen eine unterschiedlich ausgeprägte Bedeutung noch bis zur Revolution von 1848, doch wurde ihr Einfluß während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend durch restaurative Kräfte und neue geistige Orientierungen der Gebildeten zurückgedrängt. Schließlich waren Teile des neuen Verhaltenskodex inzwischen allgemein akzeptiert und internalisiert worden als Teil der angestrebten sozialen Wirklichkeit. Auch war die Volksaufklärung in ihrer Spätphase nicht mehr Sache engagierter Einzelpersonen, sondern wurde zunehmend von staatlicher Seite durch entsprechende Gesetzgebung, vor allem das Schulwesen betreffend, getragen.

18 van Dülmen: Strukturwandel, 1973, passim.

3.2 Wege und Mittel der Volksaufklärung Spätestens in den 1750er Jahren wollten sich die Gelehrten nicht weiter beschränken auf folgenloses „Räsonnieren". Sie besannen sich stattdessen auf praktisches Engagement, und entwickelten dabei große Phantasie. Das zeigt ein Blick in die „Intelligenzblätter" des 18. Jahrhunderts, die ihnen wie oben ausgeführt als Diskussionsforen dienten. Hier erörterten sie die Wirkungsmöglichkeiten und die inhaltliche wie formale Gestaltung von ökonomischen Schriften 19 . Mehrfach liest man Vorschläge für die Neuerung der traditionellen Bauernkalender 20 . Um das Volk auf ihre Werke aufmerksam zu machen, boten die Aufklärer sie als Schullektüre an, veranstalteten Verschenk-Aktionen durch Pfarrer und Regierungen, vertrieben sie durch Hausierer und auf Märkten, legten sie in Wirts- und Gemeindehäusern aus und lasen daraus vor. Ihren ständigen Wiederholungen ist zu entnehmen, daß sie davon ausgingen, der Kalender sei neben Bibel und Katechismus der einzige Lesestoff des gemeinen Mannes und daher eines der wichtigsten Medien, um Aufklärung und nützlich Bildung auch unter diesen Schichten zu verbreiten 21 . Man empfahl die Umsetzung musterhafter Bauern in Gegenden, wo das ökonomische Zeitalter noch nicht begonnen hatte22. Bauern sollten reisen, damit sie unterwegs landwirtschaftliche Erfahrungen sammeln 23 . Der Schweizer Philanthrop und Arzt Hans Caspar Hirzel (1725-1803) organisierte Ausschreibungen von Preisfragen für Bauern und Bauerngespräche 24 . Der Gedanke, Bauern müßten vor allem von Bauern selbst lernen, spielt zwar ebensowenig eine herausragende Rolle wie jener, daß auch die Gebildeten bei der Formulierung ihrer landwirtschaftlichen Vorschläge und Theorien zuerst die Erfahrungen des Landmannes berücksichtigen sollten25, doch tauchen solche Überlegungen beispielsweise im „Wittenbergischen Wochenblatt" (1768-1780) häufiger auf und stehen bei einigen frühen Volksaufklärern wie Philipp Ernst Lü19 Gedanken von den Würkungen ökonomischer Literatur auf den Landmann. In: Erfurthisches Intelligenzblatt vom Jahre 1772, Bd. IV, S. 408f„ S. 429f.; und Wittenbergsches Wochenblatt 7 (1774), S. 175 u. S. 255. - Z i t . n. Böning, Intelligenzblatt, 2001. 20 So etwa Wittenbergsches Wochenblatt 2 (1769), S. 102, 205f., 408; 3 (1770), S. 415f.; 5 (1772), S. 93f., 3 3 8 Í , 344ff„ 353ff. 21 Schenda hat dies zu Recht als literarischen Topos der Zeit bezeichnet, vgl. Schenda: Der Kalender, 1973, S. 32. 22 Vgl. z.B. Wittenbergsches Wochenblatt 5 (1772), S. 171. 23 Ebd., S. 171f. 24 Im Rahmen dieser volksaufklärerischen Bemühungen lernte er Jacob Gujer, genannt Kleinjogg, aus Wermetschweil kennen, über den er 1761 das Buch „Die Wirtschaft eines philosophischen Bauers" publizierte, das rasch große Verbreitung fand und Kleinjogg zu einer Sehenswürdigkeit machte, die sich z.B. Goethe 1775 nicht entgehen ließ. - Vgl. Siegrist, Christoph: Hirzel, Hans Caspar. In: Killy V (1990), S. 352. 25 Eine Empfehlung, von den Landleuten zu lernen. In: Wittenbergsches Wochenblatt 3 (1770), S. 396f.

Wege und Mittel

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ders (1702-1786) oder Johann Friedrich Mayer (1719-1798) sogar im Zentrum des Denkens. Der Wahlspruch des englischen Reformpioniers John Howard lautete „Make men diligent and they will be honest". Er reiste in fast manischer Besessenheit durch ganz Europa, um Mißstände und Verbesserungsmöglichkeiten auszumachen26 und gehörte zu den beliebtesten Vorbildern in der volksaufklärerischen Literatur. So berichtet 1787 eine Zeitung folgendes über ihn: „Er besucht Erziehungshäuser, Waysenhäuser: Krankenhäuser, Zuchthäuser und Gefängnisse in allen Ländern der Erde. Er will die Einrichtung und Beschaffenheit solcher öffentlichen Gebäude und Anstalten, wo viele Menschen bey einander wohnen müssen, genau kennen lernen; um auszuforschen, welches die leichtesten und sichersten Mittel sind, die Gesundheit so vieler bey einander lebender Menschen zu erhalten, sie vor Krankheiten zu verwahren und ihr Leben zu verlängern"27. So wie vor Howard kein Zuchthaus, so war vor den „ökonomischen Patrioten" 28 in Deutschland auch die profanste landwirtschaftliche Verrichtung nicht sicher, aus dem Dunkel der Gewohnheit gerissen zu werden. Die Gelehrten wollten Anfang der 1770er Jahre, endlich außerhalb der Studierstube nützlich sein: Friedrich Nicolai formuliert das so: „Der Bauer besäet das Feld, der Weber bereitet Zeuge, der Maurer bauet Häuser, der Kaufmann bringet die zur Notwendigkeit und Bequemlichkeit gereichenden Dinge zusammen. Sie tragen jeder durch ihren Fleiß das Ihrige zum gemeinen Besten bei, und auch die Gelehrten werden durch sie genähret, bekleidet, vor den Ungemächlichkeiten des Wetters bewahrt und mit Bequemlichkeiten versehen. Sollten die Gelehrten nun das Recht haben, ihre Einsichten beständig nur unter sich zu behalten und sie nie dem geschäftigen Teile der Nation für die Wohltaten, die sie täglich von ihm empfangen, mitzuteilen?"29 In „Gelehrten", „Wohlthätigen" und „Patriotischen" Sozietäten, Freimaurerlogen, Lesegesellschaften 30 und Geheimbünden trafen sich Adelige und Bürger26 Zum fundamentalen Transformationsprozeß des Strafsystems zwischen 1750 und 1850, der in die Entstehung einer eigenen Disziplin der „Gefängniskunde" mündete, vgl.: Nutz: Strafanstalt als Besserungsmaschine, 2001. 27 Vgl. etwa in: Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, insonderheit für die lieben Landleute alt und jung, 3. Stück, 1787. 28 Die Bezeichnung „Ökonomische Patrioten" für die Mitglieder der schweizerischen ökonomischen und landwirtschaftlichen Gesellschaften ist üblich geworden durch Georg C. L. Schmidt: Der Schweizer Bauer im Zeitalter des Frühkapitalismus. Die Wandlung der Schweizer Bauernwirtschaft im achtzehnten Jahrhundert und die Politik der Ökonomischen Patrioten. Bd. 1 Bern 1932, Bd. 11 Bern und Leipzig 1932. 29 Zit. n. der Ausgabe Friedrich Nicolai: Leben und Meinungen des Herrn Sebaldus Nothanker. Berlin (DDR) 1960, S. 109f. 30 Die erste Lesegesellschaft auf deutschem Boden wurde 1779 in Stralsund gegründet, danach folgten dergleichen Institute in Mainz, Glückstadt (Anfang der 1780er Jahre), dann in Frankfurt/Main (1788) und endlich auch in Ulm (1789).

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liehe, Kaufleute, Professoren und Studenten zu gemeinsamer aufklärerischer Tätigkeit. Solche Vereinigungen kümmerten sich um Waisenkinder und um andere notleidende Menschen: Als die Frau eines Landsberger Soldaten, der gerade in den Niederlanden kämpfte, bei der Geburt eines Sohnes starb, sorgte die ortsansässige „Wohlthätige Gesellschaft" für den Unterhalt und die spätere Ausbildung des Kindes 31 . Ein protestantischer Handwerksbursche auf Wanderschaft mußte sich mit hohem Fieber im Dorfgasthaus einquartieren. Zufällig waren zwei Mitglieder der Gesellschaft anwesend und nahmen sich des Kranken an32. Diese Gesellschaften bildeten als frühe Form der gemeinschaftlichen Erwachsenenbildung auch ein wichtiges Forum politischer Diskussionen, so wurde etwa 1797 in Köln eine Lesegesellschaft gegründet, um die Einführung einer republikanischen Verfassung in der Stadt zu stützen und zu begleiten. Daß in der Zeit der Revolutionen in Deutschland manche dieser Clubs und Gesellschaften verboten und geschlossen wurden, ist daher nicht verwunderlich. Trotz ihrer Krise am Ende des 18. Jahrhunderts spielten die Lesegesellschaften bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle. Manche wandelten sich zu geselligen Vereinen, andere dienten der Erwachsenen- bzw. der Weiterbildung (Lesegesellschaften fur Geistliche, Volksschullehrer). Unter der Bezeichnung 'Museum' bildeten sich neue exklusive literarisch-gesellige Vereinigungen der Oberschicht, besonders im süddeutschen Raum (z.B. „Münchner Museum", 1802)33. Die genannten Zirkel und Gesellschaften trugen, trotz ihres teilweise elitären, ja manchmal geheimbündlerischen Charakters zweifelsohne zur Stärkung bürgerlichen Selbstbewußtseins in Deutschland und zur Verbreitung der aufklärerischen Grundintentionen erheblich bei. Die mitteldeutsche Sozietätslandschaft des 18. Jahrhunderts ist ein geradezu idealtypisches Beispiel für die Genese dieser Vergesellschaftungsbewegung. Im Kontext besonders der Universitätsstädte Halle, Leipzig, Jena und Erfurt, der Residenzstädte Weimar, Gotha und Meiningen, der Garnisonsstadt Magdeburg sowie weiterer zahlreicher Städte und auch Dörfer der Landschaft zwischen Thüringer Wald und Magdeburger Börde entwickelte sich ein dichtes Netz aufgeklärter Sozietäten. In den über 300 bekannten Gesellschaften bestanden nach jetzigem Wissensstand über 9.000 Mitgliedschaften 34 . Neben der unmittelbaren mündlichen Ansprache voran durch Geistliche vor Ort und sonntags in der Predigt, neben dem zur Nachahmung reizenden Beispiel, neben der Aussetzung von Prämien für ökonomische Verbesserungen und der praktischen Unterstützung der bäuerlichen Bevölkerung bildete Litera-

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Geiger: Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [ca. 1800], S. 109. Ebd., S. 111-114. Jäger: Georg: Leser, Lesen. In: Killy XIV (1993), S. 5-12, hier S. 9. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, 1999.

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tur das wichtigste Mittel der Volksaufklärung 35 . Schon 1738 erschien mit „Des Lehrnsbegierigen und Andächtigen Landmanns Getreuer Wegweiser", verfaßt von dem schweizerischen Pfarrer Johann Caspar Nägeli, eine erste volksaufklärerische Schrift 36 . Danach sind seit der Mitte des 18. Jahrhunderts drei Entwicklungsphasen volksaufklärerischer Literatur zu unterscheiden. Zunächst bedienten sich die Aufklärer kleiner ökonomischer Schriften. Diese Art von Sachliteratur blieb von nun an ein ständiges Hilfsangebot. Nach ersten Erfahrungen bemühte man sich in einer zweiten Phase durch dialogische und katechetische Gestaltung die Lesestoffe den Lesebedürfnissen und -gewohnheiten der Adressaten besser anzupassen. Diesem Ziel diente seit den 70er Jahren des 18. Jahrhundert in einer dritten Phase auch die unterhaltsame Einkleidung der zu vermittelnden Lehren. Literarische Mittel waren neben umfangreichen romanhaften Erzählungen kleinere Formen wie die Beispielerzählung, die moralische Geschichte, die Fabel, Gedichte, Lieder und Anekdoten. Es entstand die Konzeption des „unterhaltsamen Volksbuches", in dem meist das gesamte Volksaufklärungsprogramm ausgebreitet wird. Es kann verpackt sein in einen Dialog oder in Alltagsszenen aus einem fiktiven Dorf. Insgesamt kamen seit den 1780er Jahren nach den Erhebungen von Böning und Siegert mindestens 2000 volksaufklärerische Schriften in unterhaltsamer Form auf den Markt 37 . Der literarischen und publizistischen Volksaufklärung dienten auch Kalender, Katechismen, Predigten, Gesangbücher, Schulbücher, Flugblätter, Zeitungen und Zeitschriften. Eine Leistung der Volksaufklärung stellt die Verbindung von Zeitung und Zeitschrift zu aufklärerischen „Volksblättern" dar, in denen besonders die Tradition der bürgerlichen Moralischen Wochenschriften lebendig blieb und daneben aktuelle politische Informationen vermittelt wurden. Ferner waren nach Erhebungen von Böning und Siegert mindestens 1000 gedruckte Schriften der medizinischen Volksaufklärung unmittelbar an das „Volk" adressiert. Solche programmatischen Schriften unterscheiden sich von eher allgemein philosophisch-theoretisch orientierten Texten durch ihre Praxisnähe und ihre Spezialisierung auf den intendierten Volksaufklärungs-Adressaten. Als Beispiel sei hier auf das Heftchen des Münsteraner Physikprofessors und Domkapitulars Anton Bruchausen (1735-1815) „Patriotischer Unterricht von geschickt und vortheilhafter Anpflanzung lebendiger Zäune" hingewiesen, das zu den vielen Anleitungen zählt, mit denen man die Landwirtschaft zu verbes-

35 z.B. bei Zerrenner (vgl. Voss, Gemeiner Mann, 1981, S. 217f.) und bei Becker (vgl. Siegert, Volkslektüre, 1978, Sp. 672). 36 Nägeli, Johann Caspar: Des lehrnsbegierigen und andächtigen Landmanns getreuer Wegweiser. Neudr. der 1. Ausg., Zürich: Heidegger 1738, mit einem Nachw. von Holger Böning (= Volksaufklärung 2). Stuttgart-Bad Cannstatt 1992. 37 Böning/Siegert (Hgg.): Der Höhepunkt der Volksaufklärung 1781 -1800, 2001.

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Das Phänomen „Volksaufklärung"

sern trachtete 38 . Vor dem Hintergrund des allgemeinen Holzmangels stellt Bruchausen dem „Landmann" verschiedene Gehölze vor, die sich zur Einhegung und Umzäunung von Feldern, Weiden und Gärten eignen, als da wären Weißdorn, Hartriegel, Steinweyd (Liguster), Hagebutten, Schlehen, Ginster usw. Deutlich umfangreicher als diese 24seitige Flugschrift fiel die zweibändige „Anweisung zur Verbesserung des Ackerbaus und der Landwirtschaft des Münsterlandes" desselben Autors aus, die er 1790 bis 1791 vorlegte - und zwar „auf gnädigsten Befehl Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht Maximilian Franz". Es handelt sich also um ein Beispiel für die sogenannte „Volksaufklärung von oben", die von aufgeklärten geistlichen und weltlichen Herrschern getragen oder zumindest initiiert wurde. Das Buch war nicht zuletzt für die Landschulen gedacht, und so wurden 500 Exemplare davon den Schullehrern im Fürstbistum Münster auf Landeskosten zur Verfügung gestellt. Das Kompendium des Physikprofessors nahm die zeitgenössische Kritik wohlwollend auf, und bereits ein Jahr nach der deutschen Erstausgabe erschien in Deventer eine holländische Übersetzung 39 . In den Intelligenzblättern der ersten Jahrhunderthälfte finden sich überwiegend Denkschriften wie jene, die 1748 unter dem Titel „Fernerer Versuch eines Erweises: daß Jesus wahrhaftig gestorben sey" auf der ersten Seite der „Braunschweigischen Anzeigen" erschien 40 . Seit den fünfziger Jahren kamen Beiträge in Mode, die unter Überschriften erschienen wie „Abhandlung, warum in Städten unglückliche Geburten entstehen, und mehr Weiber im Kindbette sterben als auf dem Lande" 41 , oder: „Bauholz dauerhaft zu machen, und vor Feuersbrunst zu bewahren" 42 bzw. „Entwurf, die Kalender für die Wirthschaft vorteilhafter einzurichten" 43 . Die Intelligenzblätter sind so ein sehr genauer Spiegel der sich um die Jahrhundertmitte nachhaltig wandelnden Interessen der aufgeklärten Gebildeten. Diese Wandlung war spätestens während der sechziger Jahre abgeschlossen. Die Volksaufklärer glaubten fest daran, daß Bauern und kleine Handwerker, die doch das Fundament der Gesellschaft bildeten, in ihrem Stand und Zustand verharren und in Müßiggang verfielen, wenn man sie nicht lenkte, also auch zur Erfüllung ihrer beruflichen Aufgaben der Führung bedürften. Weil „Dummheit ein drückendes Übel" sei, versuchten sie durch praktische Lebenshilfen und Anleitung zu Innovationen den Leser respektive den Landwirt

38 Bruchausen, Anton: Patriotischer Unterricht von geschickt und vortheilhafter Anpflanzung lebendiger Zäune. Regensburg 1775. 39 Vgl. Bötte: „Zur Belehrung des Deutschen Bürgers und Landmannes", 2000. 40 Das Motto aus einer Rezension Goethes und Schlossers in: Frankfurter gelehrte Anzeigen, Nr. 336, 90. Stück. Der zitierte Artikel in Braunschweigische Anzeigen, 1748, 44. Stück. 41 Churbaierische Intelligenzblätter für das Jahr 1767, S. 193. 42 Ebd., S. 20. 43 Wittenbergsches Wochenblatt 1 (1768), S. 225.

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zur Mündigkeit zu erziehen und ebneten damit den Weg fur mentale Veränderungen zu einem modernen Gemeinwesen. Als 1771 in einer ökonomischen Schrift unter dem Titel „Der schlesische Landwirth mit patriotischer Freyheit" bäuerliche Unzulänglichkeiten genüßlich geschildert werden, verteidigt ein Rezensent im „Wittenbergischen Wochenblatt" die Bauern: „Wie viel tausend Fehler in der Landwirtschaft sind möglich und gänzlich unheilbar, weil der Bauer als ein Leibeigener arbeitet und seine Verachtung weis? Wie viel tausend Fehler geschehen nicht, bloß weil es dem Landmanne an Unterricht fehlet und die Dorfschulen elend aussehen u.s.w. Das sind ja keine Sachen für die Satyre, sondern fur das Mitleiden"44. Erste Anstöße für eine konsequente Volksbildung sind im Zusammenhang der Schulreformbewegungen und der Popularisierung physiokratischen Gedankenguts zu finden 45 . Im Laufe der 1770er Jahre setzten starke Anstrengungen zur Verbesserung des Elementarschulwesens ein, mit besonderem Nachdruck gefordert von dem preußischen Pädagogen Friedrich Eberhard Freiherr von Rochow (1734-1805). Seine Bemühungen um eine staatliche Volksschule, in der auch die Annäherung der Stände und Konfessionen gefördert werden sollte, fand keineswegs ungeteilte Zustimmung. Deutlich kritisierte das „Leipziger Intelligenzblatt" (1788) diese Art von „Volksaufklärung" und äußerte die Furcht, die Bauern lernten „bey einem offenen Kopfe zu viel für ihren Stand und ihre Bildung". Dagegen verstand Rochow Schulbildung für alle im Rahmen der utilitaristischen Staatstheorie als ein Mittel zur Hebung des „Nationalcharakters" 46 . Auch für viele Pfarrer stellte der Schulunterricht neben der Predigt das zweite zentrale Gebiet pastoraler Tätigkeit dar. Der protestantische Geistliche Raymond Dapp (1744-1819) geht soweit zu behaupten: „Die Schule ist das eigentliche Feld der Amtstreue. Wer sich auf sein fleißiges, nie ausgesetztes Predigen etwas einbildet, und die Schule vernachlässigt, der betrügt sich selber ... Lasset uns die Kinder an uns ziehen, ihr Zutrauen, ihre Liebe und Achtung gewinnen, ihren Verstand und ihr Herz bilden; so werden wir uns eine Gemeinde sammeln, die uns versteht, uns folgt, an der wir mit großem Nutzen arbeiten können"47. Kindererziehung und häusliches Leben seien durch den Pfarrer günstig zu beeinflussen. Dapp forderte im Blick auf den Schulbesuch, den für unerläßlich hielt und der mit staatlichen Zwangsmitteln verbindlich etabliert werden sollte, einen Schulfond, der auch Kindern aus ärmsten Familien den Zugang eröffne. 44 Wittenbergsches Wochenblatt 3 (1770), S. 404-408, hier S. 407. 45 Voss: Gemeiner Mann, 1981, S. 211 ff. 46 Rochow, Friedrich Eberhard Frhr. von: Vom Nationalcharakter durch Volksschulen. Brandenburg/Leipzig 1779. - Z i t . n. Lorenz, Sabine: R„ R. E. Frhr. v. In: Killy IX (1991), S. 493f. 47 Dapp, Raymond: Vorrede. In: Kurze Predigten und Predigtentwürfe über die gewöhnlichen Sonn- und Festtags-Evangelien. Berlin 1793, XVI.

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Das Phänomen „Volksaufklärung"

Er selbst richtete in seiner Pfarrei eine sogenannte „Industrieschule" ein48. In schulfreien Stunden wurden Kinder hier mit Arbeiten wie Spinnen, Stricken oder im Garten- und Seidenbau beschäftigt und durch ein kleines Entgelt zu Fleiß und handwerklicher Geschicklichkeit erzogen 49 . Schulen waren dringend notwendig, um den herrschenden Analphabetismus zu bekämpfen. Die mangelhafte, bzw. fehlende Schulbildung führte dazu, daß der Landbevölkerung die hochdeutsche Sprache schwerfiel, was Probleme mit sich brachte, wenn Bauern ihre gewohnte Umgebung verließen 50 . Man bemühte sich daher auch um Erwachsenenbildung, wenngleich dabei viel Überzeugungsarbeit zu leisten war, denn die Landleute hatten mit ihrer Arbeit genug zu tun 51 . Auch gaben sich die Volkslehrer keinen allzu großen Hoffnungen hin, was die Formbarkeit Erwachsener anging: „Freilich wird es äußerst schwer, und fast unmöglich bleiben, ganz alte und kümmerliche Personen itzt in ihrem Alter an eine neue bisher ungewohnte Arbeit, und in derselben zu einer Stetigkeit zu gewöhnen, die ihnen selbst in ihren bessern und kraftvollem Jahren fremd geblieben ist. Für diese zahlreiche Classe, die sich bisher größtentheils blos von etwas Stricken und von dem Almosen des Zuchthauses und der Gotteskasten kümmerlich ernährte, geben wir alle Hoffnung, sie zu besserm Verdienst zurück zu bringen, fast gänzlich verlohren; sie werden blos bei ihrem bisherigen geringen Erwerb erhalten, und mit den ihnen bisher verwilligten Almosen bis an ihr Ende unterstützt werden müssen"52. Der protestantische Theologe Joachim Heinrich Campe (1746-1818), Hauslehrer bei der Familie von Humboldt und Mitarbeiter am Dessauischen Philanthropinum, äußerte sich in ganz ähnlicher Weise: „Will man eine Nation umformen, will man verständige, kluge, gewandte, emsige und wackere Menschen bilden: so gebe man die Alten auf, und schränke seinen Fleiß auf denjenigen Stoff ein, der noch bearbeitet werden kann, weil er noch nicht abgehärtet ist. In den Schulen, oder nirgends kann eine Nation zur Indüstrie (...) gebildet werden"53. Anders als im Disput der Volksaufklärer untereinander ging es in den Schriften für den „gemeinen Mann" vorwiegend ums Praktische. Behandelt wurden 48 49 50 51 52

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Hierüber berichtet er selbst wiederholt: Gemeinnütziges Magazin für Prediger auf dem Lande und in kleinen Städten. 8 Bde., Berlin 1805-1817, Bd. 1/1, S. 49-85, u. Bd. II/l, S. 79ff. Zu Dapps erzieherischem Engagement vgl. Wolfes, Matthias: D., R. In: BBKL XVII (2001), Sp. 335-341. Schenda: Volk ohne Buch, 1970, S. 56. - Moser-Rath: „Schertz und Ernst", 1984, S. 243f. Wittmann: Lesender Landmann, 1982, S. lOf. Nachrichten an das wohlthätige Hamburger Publikum von der Einrichtung und dem Fortgange der Hamburgischen Armenanstalt, 1./2. Stück 1789, S. 6, zit. n. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 178. Campe, Joachim Heinrich: Über einige verkannte wenigstens ungenützte Mittel zur Beförderung der Industrie, der Bevölkerung und des öffentlichen Wohlstandes. Wolfenbüttel 1786, abgedruckt in: Heydorn, Heinz Joachim/ Koneffke, Gernot (Hgg.): Quellenschriften zur Industrieschulbewegung, Bd. II. Frankfurt/Main 1969, hierS. 16.

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Stallfütterung, Düngung, Abschaffung der Brache, Impfverhalten und Fragen der Kindererziehung, Bienenzucht und Vorschläge zur Neuordnung der Kommunalverwaltung. Diese Art der Lebenshilfe blieb über Jahrzehnte hinweg gleich. In ihr wird die Erfahrung als zentrale Kategorie der Volksaufklärung sichtbar; noch die niedrigste Tätigkeit in der Land- oder Hauswirtschaft erscheint wert, auf ihre Verbesserung- und Vervollkommnungsfahigkeit hin untersucht zu werden. Dennoch brach zu Beginn der 1770er Jahre eine große Hungerkrise aus. Waren denn alle Bemühungen landwirtschaftlicher und ökonomischer Gesellschaften, aufgeklärter Obrigkeiten und gebildeter Zirkel zur Verbesserungen der Landwirtschaft umsonst gewesen? Oder hatten sie lediglich noch nicht ausgereicht, die, wie man es sah, seit Jahrhunderten dauernde Vernachlässigung des wichtigsten Zweiges der Volkswirtschaft wettzumachen? In dieser Ausnahmesituation konzentrierte man alle Anstrengungen auf die Propagierung des Kartoffelanbaues und von Lebensmittelersatzstoffen. In der Debatte um diese Frage setzte sich schnell die Überzeugung durch, in der Hungerkrise sei eine Bestätigung für die Richtigkeit des eigenen Tuns und eine Aufforderung zugleich zu sehen, auf dem eingeschlagenen Weg mit verstärkter Kraft fortzugehen. Von nun an setzten die Autoren stärker als in den fünfziger und sechziger Jahren auf die direkte Ansprache des „gemeinen Mannes", auf Fortschritte auch unabhängig von den Obrigkeiten. In den siebziger Jahren verfolgte man noch intensiver die Verbreitung von „Oekonomie" als einer Art moralischer Haltung, die ein ganzes Paket von Tugenden einschloß und mehr meinte als die bloße, auf Erhöhung der Produktivität gerichtete Optimierung einzelner Bereiche der Volkswirtschaft. Ziel der Publikationsflut war also, die wissenschaftlichen Erkenntnisse des 18. und frühen 19. Jahrhunderts unmittelbar in den Dienst der wirtschaftlichen, medizinischen, religiösen und politischen Kultur der gesamten Bevölkerung zu stellen. Dies geschah in der Regel ohne staatlichen oder kirchlichen Auftrag. Privatpersonen unternahmen den Versuch, die Mentalität der Menschen zu verändern, sie aus der schützenden, aber lähmenden Einbindung in kollektive und als selbstverständlich empfundene Vorstellungsweisen herauszureißen und mit der - von Kant prägnant formulierten - Aufforderung zum Selbstdenken für alle Bevölkerungsteile Ernst zu machen. Letztlich liefen die Ideen der Volksaufklärer darauf hinaus, daß Bauern zwar zum Selbstdenken geführt werden sollten, aber dieses ein rein zweckorientiertes im Wirkungskreis des Einzelnen bleiben sollte. Ein nach diesen Vorstellungen handelnder Bauer diene dem allgemeinen Wohlstand, der als Voraussetzung für eine wirkungsvolle Seelsorge und für die Erlangung von Sittlichkeit betrachtet wurde. Selbständigkeit blieb allerdings weiterhin auf die alten Standesgrenzen beschränkt.

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Das Phänomen „Volksaufklärung"

Die Volksaufklärung ist der große Beitrag des deutschen Sprachraums zur europäischen Aufklärung. Volkslesestoffe waren dafür nicht das einzige, aber doch ein wichtiges Medium. Ihre Urheber ließen „das Volk" mit den oft ungewohnten Lesestoffen nicht allein, sondern bemühten sich phantasievoll um die Vermittlung der Inhalte durch Predigten, praktisches Vorbild, Vorlesen und die Weitergabe in immer kleinerer Münze in Zeitungen und Kalendern.

3.3 Voraussetzungen, Grenzen und Nachwirkungen Organisatorisch ermöglicht wurde die Volksaufklärung durch fundamentale Veränderungen in den Vertriebsgewohnheiten von Druckerzeugnissen. Die Distribution von Literatur geschah außer auf den breiten Wegen der Kolportage vor allem für religiöse Literatur, Traktate, Kalender und der Verteilung fur Gelegenheitspoesie noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert über den Change-Handel. Ihn charakterisieren die Identität des Verlegers mit dem Sortimenter sowie das Tauschprinzip. Als Umschlagplatz fungierten die Messen in Frankfurt am Main und Leipzig. Mitte des 18. Jahrhunderts gingen norddeutsche Verleger-Händler - an der Spitze der Leipziger Buchhändler Philipp Erasmus Reich - zum Geldverkehr (Netto-Handel) über. Die für diese Verkehrsform finanziell zu schwachen süddeutschen Verleger-Sortimenter wurden so aus dem Vertriebssystem verdrängt, wodurch sich die Volksaufklärung hier nochmals verzögerte. Durch die oben beschriebene Alphabetisierung vervielfältigte sich die Leserschaft im Laufe des Jahrhunderts, sprengte ihre ständischen Grenzen und feminisierte sich zugleich, während die Produzenten ausschließlich Männer blieben. Untersuchungen zur Alphabetisierungsgeschichte zeigen, daß eine elementare Lesefahigkeit auch bei großen Teilen der ländlichen Bevölkerung bestand, so daß die Volksaufklärung, soweit sie mit literarischen Mitteln arbeitete, in erster Linie Lesemotivation zu wecken und Widerstände gegen weltliche Literatur und intensive Lektüre zu überwinden hatte. Allmählich änderte sich die Lesetechnik von der intensiven Wiederholungslektüre weniger Bücher zur extensiven, einmaligen Lektüre immer neuer Literatur, was eine steigende Nachfrage mit sich brachte, so daß man gegen Ende des Jahrhunderts gar den Ausbruch einer „Lesewuth" diagnostizierte. Die heute noch geläufigen Begriffe „Leseratte" und „Bücherwurm" künden weiter von dieser negativen Einstellung zum Lesen, obwohl sich seit der für Deutschland beschämend ausgefallenen Pisa-Studie die öffentliche Meinung langsam wendet 54 . Schöngeistige und nützliche Literatur verzeichnete im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts rapide Zuwächse auf Kosten von theologischer und erbaulicher Literatur. Auch änderten sich die Gesellungsformen: An die Stelle der ständischen Genossenschaften traten private Zirkel, ideelle „Gemeinden" und dann die Lesegesellschaften und Leihbüchereien, die teils ökonomische Interessen verfolgten, oft aber (proto-)politischen Zuschnitt besaßen. Die große, meist in den unteren Schichten beheimatete Leserschaft der Postillen und Traktate sowie der Kalender war hier allerdings nicht anzutreffen. Und was stand in den Bücherregalen der Pfarrer? Bücher waren für die meisten ein Luxusartikel, obwohl doch das theologische Studium nicht mit der

54 Vgl. Maase: Lesen verdirbt den Charakter, 2003, S. 359.

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Ausbildung enden, sondern das gesamte Berufsleben begleiten sollte. Ernst Koch hat exemplarisch die Visitationsakten des 18. Jahrhunderts aus dem Herzogtum Sachsen-Gotha auf das Leseverhalten von Pastoren hin untersucht55. Mit ausführlichen Fragebögen wollte die Kirchenfiihrung erheben, wie oft sich die Pastoren mit Bibel, Bekenntnisschriften, dogmatischen und praktisch-theologischen Lehrbüchern beschäftigten. Insgesamt zeigen die Visitationsakten ein mäßiges und homogenes Leseverhalten. Obrigkeitstreu las man das Empfohlene. Die engen Konfessionsgrenzen wurden selten überschritten. Am wichtigsten war natürlich die tägliche Lektüre der Bibel. Für dogmatische Fragen hielten sich die Pastoren gewöhnlich an alte Vorlesungsnachschriften und Lehrbücher aus der eigenen Studienzeit. Zur persönlichen Erbauung konsultierten sie im 18. Jahrhundert besonders Philipp Jakob Spener, Johann Arndt 56 sowie Vertreter der englischen Erweckungsbewegung. Die meisten genannten Titel waren schon über einhundert Jahre alt. Selbst die praktischtheologischen Schriften Luthers werden nur selten genannt. Auch andere theologische Klassiker fehlen, von „weltlicher" Literatur ganz zu schweigen. Die häufigste Entschuldigung waren die Hinweise auf Zeitmangel und Armut. Erst zum Ende des 18. Jahrhunderts sorgten die aufkommenden theologischen Zeitschriften und Lesegesellschaften für mehr Beweglichkeit und Aktualität auf den Leseplänen der Pastoren. Kirchen- und staatspolitische Grenzen der Volksaufklärung Die Angst der Obrigkeit vor Kritik an Staat und Religion, vor Aufstand, Landflucht und Zusammenbrechen der Wirtschaft, gefährdeten die Aktionen der Volkslehrer permanent. Gegen ein Zuviel an Aufklärung wandten sich zum Beispiel der dafür von Lessing lächerlich gemachte Hamburger Theologe Johan Melchior Goeze (1717-1786) 57 oder der Württembergische Spätpietist Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782). Auch die römisch-katholische Kirche verhielt sich gegenüber der Aufklärung zögernd bis ablehnend. Trotzdem kam es auch hier schließlich zu einer positiven Aufnahme der Aufklärer; Vorreiter waren die Universität Mainz, die seit ca. 1780 Studierende nach Göttingen schickte und der Würzburger Fürstbischof Ludwig von Erthal (1730-1795; 55 Koch: Dorfpfarrer als Leser, 1995. 56 Arndt, Johann, * 27. 12. 1555 Edderitz bei Kothen, f 11. 5. 1621 Celle; Theologe, Verfasser von Erbauungs- u. Gebetbüchern. Der Sohn eines lutherischen Pfarrers im Fürstentum Anhalt studierte 1575-1581 in Helmstedt, Wittenberg, Straßburg und Basel Theologie und Medizin. Seine Bildung prägten der Späthumanismus und der Paracelsismus, nicht aber der Aristotelismus der protestantischen Schulphilosophie. Offenbar vermittelten ihm die Schriften des Martin Chemnitz die Theologie der lutherischen Orthodoxie (vgl. Wallmann, Johannes: Art. Arnd[t], Johann. In: Killy I, S. 207f.). 57 Lessing, Gotthold Ephraim: Fragmente eines Ungenannten. Aus der Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes. 1774-1777.

Voraussetzungen, Grenzen und Nachwirkungen

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Fürstbischof ab 1779), der auch evangelische Gelehrte an die Theologische Fakultät der Universität berief*8. Um möglichst unbehelligt arbeiten zu können, verwendeten die Volksaufklärer Begriffe wie „wahre", „recht verstandene", „angemessene", „verhältnismäßige", „nicht zuviel" und „begrenzte" Aufklärung 59 und argumentierten gegenüber den Zensurbehörden, daß ein in rechter Weise aufgeklärter Bauer oder Handwerker ein gehorsamerer, weil einsichtigerer Staatsbürger sei60. Praktiziert wurde also eine eingeschränkte, vorsichtig „dosierte" Aufklärung, die immer im Rahmen der Systemerhaltung und Stabilisierung blieb. Auch Adolph Freiherr Knigge (1752-1796) bedachte in seinem oft falsch als „Anstandslehre" rezipierten Buch „Über den Umgang mit Menschen" (2 Bde., 1788) die mit der Bauernaufklärung verbundenen Risiken: "Daß man den Bauer nach und nach, mehr durch Beispiele als durch Demonstrationen, zu bewegen suche, von manchen ererbten Vorurtheilen in der Art des Feldbaues und überhaupt in der Führung des Haushalts zurückzukommen; daß man durch zweckmässigen Schulunterricht die thörichten Grillen, den dummen Aberglauben, den Glauben an Gespenster, Hexen und dergleichen zu zerstören trachte, daß man die Bauern gut schreiben, lesen und rechnen lehre, ist löblich und nützlich. Ihnen aber allerlei Bücher, Geschichten und Fabeln in die Hände zu spielen, sie zu gewöhnen, sich in eine Ideenwelt zu versetzen, ihnen die Augen über ihren armseligen Zustand zu öffnen, den man nun einmal nicht verbessern kann, sie durch zu viel Aufklärung unzufrieden mit ihrer Lage ... zu machen, ... das taugt wahrlich nicht"61. Das Ideal des aufgeklärten Absolutismus unter einem weisen, väterlich leitenden Fürsten wird hier nie, Standesdeterminiertheit selten in Frage gestellt. Staatsbürgererziehung bedeutet Bekanntmachung mit den Gesetzen, welche die Geschäfte des gemeinen Mannes betreffen und Erziehung zum Gehorsam gegen eine - dies wird vorausgesetzt - wohltätige Staatsführung. Auch leiste ein aufgeklärter Untertan einen besseren Beitrag zur wirtschaftlichen Potenz eines Staates. Einerseits stand zu befürchten, daß ein unwissender Bauer Ver-

58 Schmidt, Martin: Aufklärung. In: TRE IV (1979), S. 575-615, hier Abschnitt 2 „Theologisch", S. 595-608, bes. S. 603f. 59 Schneiders: Wahre Aufklärung, 1974, S. 18-23, 28f., 47, 82-86, 95, 103, 119, 133-137, 141. Sauter: Verhältnismäßige Aufklärung, 1974, S. 105ff. - Narr: Volksbildung, 1959/60, S. 48f. 60 Die Schilderung dieses Programms beruht vor allem auf die bei Voss, Gemeiner Mann, 1981, S. 209-220 vorgestellten Schriften von Friedrich Gabriel von Resewitz, B. S. Walther, Rudolph Zacharias Becker, Heinrich Gottlieb Zerrenner, Johann Ludwig Ewald, Christian Ludwig Hahnzog sowie auf drei bayerische programmatische Beiträge zur Volksaufklärung: Pichlmayr, Florian: Von der Edukation und Kultur des Landvolks. München 1778; Westenrieder, Lorenz von: Ob man Bürger und Bauern aufklären soll. München 1790; Paula Schrank, Franz von: Gedanken über die Erziehung der Bauernjugend. München 1779. 61 Knigge, Adolph Freiherr: Über den Umgang mit Menschen. 5. verbess. u. verm. Aufl. Hannover 1796, Dritter Theil, 6. Kapitel, 9. Abschnitt. Zit. n. Reclam-Ausgabe, hg. v. Karl-Heinz Götter. Stuttgart 1991, S. 391.

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Ordnungen nicht begreifen oder sich von politischen Schwärmereien mitreißen lassen könnte, andererseits hielt ihn die ausgiebige Beschäftigung mit Lesestoffen von seiner eigentlichen Arbeit ab. Um die staatliche Ordnung nicht zu gefährden, sollte sich Volksaufklärung wie von Knigge eben erklärt innerhalb der Standesgrenzen und innerhalb des bestehenden politischen Systems abspielen. So sah der bereits erwähnte Hans Caspar Hirzel, den sein Zeitgenosse Theodor Gottlieb von Hippel (1741-1796) als Begründer der „pädagogischen Bauernschrift" bezeichnet, seine Aufgabe in der Erziehung des Bauernstandes zu dessen beruflichen Aufgaben. Er wollte einen vernünftigen, verständigen, aber nicht gelehrten Bauern hervorbringen, der aufgrund von „Berufsethos und Pflicht in seinem Stand verharrt". Dieses politische Moment findet sich auch gelegentlich bei Landpredigern wieder, etwa in der Predigtsammlung des Pfarrers Johann Georg Heym zu Dölzig, wo es heißt: „Auch eure Geburt in einem so niedrigen Stande, liebe Landleute! wollte und besorgte Gott!" 62 Die Praktiker der Volksaufklärung auf dem Lande sahen jedoch noch einen weiteren Grund, ihre Pläne ganz behutsam voranzutreiben: Sie waren konfrontiert mit der selektiven Rezeption der Aufklärungsinhalte durch die Bauern, ihrem hinhaltenden Widerstand und ihrer eigensinnigen Interpretation der Aufklärung für eigene Zwecke, was im Kapitel über die „Volkslehrer" näher ausgeführt wird. Auch begriffen sie, daß sie die materiellen Lebensbedingungen einfacher Leute zwar beschreiben, aber nicht abschaffen konnten. Diese Einsicht brachte die Prediger dazu, ihre hohen Erwartungen zurückzuschrauben. Die Volksaufklärung gaben sie deshalb nicht auf; „aber wir müssen auch die allmählichen Übergänge der Natur vorbereiten, und den geweckten Menschen Zeit lassen, sich zu besinnen, damit sich sein Auge allmählich an das Tageslicht gewöhne" 63 . Dies war nicht eine ständisch-gesellschaftspolitisch motivierte „verhältnismäßige Aufklärung", sondern eine behutsame, sich an die Mentalität der Bauern anpassende Aufklärung, die ihren Grund in der Erfahrung der pastoralen Praxis hatte. Ausläufer und Nachwirkungen Bis zur Revolution von 1848 behielt die Volksaufklärung ihre Bedeutung, wenn sie auch zunehmend durch restaurative Tendenzen und neue geistige Orientierungen der Gebildeten zurückgedrängt wurde 64 . Die von ihr geschaf62 So der Titel der Predigt zum Sonntag Laetare, in: J. G. Heym, Vollständige Sammlung von Predigten für christliche Landleute (1774/4.Aufl. 1848) S. XXI. 63 Treumann, Georg Friedrich: Bemerkungen über das Verhalten der Geistlichen. 1799, S. 32, zit. n. Haußmann, Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, S. 212. 64 Vgl. Böning/Siegert: Volksaufklärung. In: Conrad u.a.: Das Volk im Visier der Aufklärung, 1998, S. 17-34, hierS. 28.

Voraussetzungen, Grenzen und Nachwirkungen

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fenen literarischen Formen blieben beispielsweise in den Werken von Jeremias Gotthelf bis weit in das 19. Jahrhundert lebendig. Das Thema Volksaufklärung entbehrt bis heute nicht der Aktualität. Gegenwartsorientierte Bildungsforscher und Entwicklungsexperten stehen angesichts des heutigen sekundären Analphabetismus in den Industriestaaten und der mentalen Barrieren in Entwicklungsländern oft vor ähnlichen Detailproblemen. So groß ist der Unterschied zu unserer Medienvielfalt nicht: wer angesichts der Verhältnisse im 18. Jahrhundert von „Lesen" spricht, meint damit lautes Lesen, Vorlesen, Weitererzählen und den zusätzlichen Anreiz durch Bilder. Doch wäre die Bildungsoffensive mit vielen Tausend Artikeln, Broschüren und Büchern nie in Schwung gekommen, hätten die einfachen Leute im späten 18. Jahrhundert in bestimmten Regionen nicht weitaus besser lesen können, als man falsch verallgemeinernd lange Zeit geglaubt hat. So erwiesen sich die vom Pietismus geprägten Gebiete in Sachsen-Anhalt und das philanthropisch durchtränkte Thüringen auf diesem Gebiet weiter fortgeschritten als andere Teile des Alten Reiches. Die katholische Aufklärung verbreitete sich vor allem in den rheinischen und fränkischen geistlichen Staaten, sowie in Bayern und in den habsburgischen Erblanden. Was die Leute lasen, bestimmte schließlich ihr politisches Bewußtsein und weckte den Wunsch nach Mitwirkung. Die Revolution von 1848/49 ist auch ein Ergebnis des damals schon fast ein Jahrhundert andauernden Bildungsaufschwungs 65 .

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[Anonym:] Bücher für den „gemeinen Mann". Freiburger Germanisten erforschen, wie die Aufklärung unters Volk kam. In: Freiburger Uni-Magazin, Ausgabe 01/99 (Februar), S. lOf.

4. Profile der „Volkslehrer" „Bildung fur alle" - das war der Leitspruch des Berliner Universitätsgründers Wilhelm von Humboldt (1767-1835). Er speiste sich aus der Vorstellung, daß neben die „nur für Wenige taugliche ... wissenschaftliche ... Ausbildung des Kopfes" eine dem Praktischen zugewandte Ausbildung für die Massen treten muß 1 . Bildung gilt fur Humboldt als gemeinsames Projekt mit dem Ziel, die Nation zu „veredeln". Eine buchstäbliche Inanspruchnahme des Wortes „alle" lag ihm jedoch fern. Vielmehr erwartete er, daß die in Selbstdisziplin geübten Gebildeten Vorbildcharakter annähmen, der sich auf eher ungeklärte Weise auf den „ungebildeten Pöbel" übertragen soll. In seinem Antrag zur Gründung der Berliner Universität schreibt er an den preußischen König: „Die Nation ... wird selbst aufgeklärter und gesitteter, wenn sie zur Begründung der Aufklärung und Sittlichkeit in der heranwachsenden Generation thätig mitwirkt" 2 . Sehr konkret dagegen waren zu diesem Zeitpunkt bereits die Vorstellungen zahlreicher Männer, die sich als „Volkslehrer" verstanden. Johann Joachim Spalding (1714-1804) führte diesen Begriff 1772 ein3. Von da an verbreitete er sich rasch, veränderte allmählich seine Bedeutung und starb um 1900 wieder aus. Diese Entwicklung hat Siegert 1997 und 1999 materialreich nachgezeichnet4. Funktion und Stellenwert des „Volkslehrers" für die Aufklärung definiert der preußische Prediger Johann Christoph Greiling folgendermaßen: „Wenn die Perfektibilität der Menschen durch eine Anstalt gesichert, die Wahrheit auf dem gelehrten Gebiete dem Volke zu praktischem Gebrauche mitgetheilt ... seyn soll, so muß es zwischen dem Gelehrten und dem Volke einen Stand geben, der Vermittler der Kultur zwischen dem wissenschaftlichen und dem gemeinen Verstände ist. Das ist nun der Stand der Volkslehrer .. ,"5. 1 2 3 4

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Humboldt, Wilhelm von: Theorie der Bildung des Menschen. Bruchstück 1793, S. 283. Antrag auf Gründung der Universität Berlin im Jahr 1809, S. 330. Spalding, Johann Joachim: Ueber die Nutzbarkeit des Predigtamts und deren Beförderung. Berlin 1772. Siegert: Pfarrer und Literatur im 19. Jahrhundert, 1997, S. 169-184. - Ders.: Volkslehrer, 1999, S. 63. - Vgl. auch Schorn-Schütte: Zwischen „Amt" und „ B e r u f , 1997. Die Autorin geht der Frage nach, inwieweit protestantische Pfarrer im Alten Reich und in der Schweizerischen Eidgenossenschaft Wegbereiter für die Moderne oder mehr traditionale Kraft gewesen sind. - Dies.: Evangelische Geistlichkeit, 1996. - Das Wirken katholischer „Volkslehrer" schildert Klaus-Peter Burkarth in seiner bislang leider nur auf drei Microfiches zugänglichen Dissertation ,,'Raisonable' Katholiken", 1994; er stellt die Predigt als Realisationsmittel der Volksaufklärung in den Mittelpunkt seiner Darstellung. - Informationen zu den „Volkslehrern" auch bei Schneiders: Wahre Aufklärung, 1974, S. 70-80, S. 133-137; Voss: Der gemeine Mann, 1981, S. 211-220; Wittmann: Lesender Landmann, 1973, S. 155-159. Greiling, Johann Christoph: Theorie der Popularität. Magdeburg 1805, S. 42, Neudr. StuttgartBad Cannstatt 2001.

4.1 Streben nach „Popularität" und Angst vor „Verbauerung" Grundsätzlich bezeichnet der aufklärerische Modebegriff „Volkslehrer" jeden Gebildeten, der gemeinnützige Kenntnisse ans „Volk" weitergibt und dadurch auf Einstellung und Verhalten einfacher Leute einwirkt. Zu ihnen gehörten Personen, die von Berufs wegen häufig Kontakt mit Bauern besaßen, also Beamte, Gutspächter, Domänenverwalter, Journalisten, Ärzte und in erster Linie Geistliche. Eine Vorreiterrolle übernahmen protestantische Pfarrer, die den reformatorischen Gemeindeauftrag im Zuge der Aufklärung entsakralisierten und sich - zumal als Bürger auf dem Lande - zu prototypischen Volksaufklärern entwickelten (vgl. Abb. 6, S. 462). Auch die katholischen Amtsbrüder haben die Förderung wirtschaftlicher Verhaltensweisen als ein Ziel ihrer Pastoralarbeit definiert und folgten ihnen im Abstand von rund zwanzig Jahren, bisweilen angespornt durch das Vorurteil vieler Zeitgenossen, die katholische Kirche sei eine prinzipielle Reformgegnerin und ein Bremsklotz 6 . Aufgeweckte Bauern, die aus eigenem Antrieb Neuerungen durchführten und dadurch ihren Standesgenossen zum Vorbild wurden, erhielten diesen Ehrentitel „Volkslehrer" nicht, obwohl Männer wie der norddeutsche Bauer Hinrich Janßen (1697-1737) oder der Schweizer Ulrich Bräker (1735-1798), Sohn eines Taglöhners, Kleinbauern und Salpetersieders, von den Volksaufklärern durchaus Respekt erfuhren. Instrumente der Volkslehrer Die Arbeit der Volkslehrer vor Ort galt für wichtiger und folgenreicher als der Einsatz literarischer Mittel, die man stets als Notbehelf begriff, der dort einzusetzen war, wo das tätige Vorbild eines Geistlichen oder eines anderen Gebildeten ergänzt werden mußte oder noch ganz fehlte. Wie für die deutsche Aufklärung insgesamt gilt auch hier, daß sie sich nicht gegen, sondern gemeinsam mit der Geistlichkeit und wichtigen Teilen der Kirche entwickelte. Dies ist für die Popularaufklärung noch augenfälliger. Nach meinen Erhebungen waren 80 Prozent der Verfasser von Schriften, die ausdrücklich den Bauern als Adressaten benennen, Geistliche. In den ökonomischen und landwirtschaftlichen Gesellschaften spielen sie eine ebenso herausragende Rolle wie als Beiträger in den „Intelligenzblättern" und seit den achtziger Jahren bildeten sie die wichtigsten Verfasser von unterhaltsamen Büchern für die breite Masse 7 .

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Gründing: Veredelung des Volkes, 1996, S. 265f. Soweit möglich benenne ich im biobibliographischen Anhang die Brotberufe der Autoren moralischer Geschichten. Dabei bestätigt sich die Vermutung Bönings, wonach Geistliche die wichtigste Berufsgruppe der Volkslehrer bilden. Vgl. Böning: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung, 1987.

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Nach Seiderer war die Schriftstellerei im protestantischen Ansbach „im wesentlichen eine Angelegenheit einer verhältnismäßig schmalen intellektuellen Elite in Amtsstuben und Pfarrhäusern, in höheren Schulen und in den medizinischen Collégien" (S. 74), wobei Beamte der Zentralverwaltung die größte Zahl ausmachten 8 . Nürnberg bot ein heterogenes Bild: Die akademisch Gebildeten stellen die Hauptgruppe, an der Spitze auch hier die Geistlichen, aber es gab einen beachtlichen Teil nichtakademischer Autoren. Auch der Typ des freien Schriftstellers und Journalisten taucht hier in älterer Nürnberger Tradition gelegentlich auf. Setzte in diesen beiden Territorien die Aufklärung schon früh ein, so hatte sie in Bamberg „noch um 1780 weit weniger Fuß gefaßt..., als in anderen katholischen Städten" (S. 121). Dann aber wurde sie vor allem vom Klerus und den Angehörigen der Bamberger Universität bestimmt. Die beiden bekanntesten Gebiete, auf denen sich „Volkslehrer" betätigt haben, waren ihre Literaturproduktion über und für das „Volk" und ihre Einflußnahme auf die Elementarschule im 18. Jahrhundert. Mittlere, aber durchaus nicht immer mittelmäßige Gelehrte trafen mit Geistlichen zusammen, die den neuen Interessen für Alltag und praktisches Leben aufgeschlossen waren. Landpfarrer bildeten in ihrer Mehrfachrolle als Respektspersonen, als listenführende und Verordnungen verlesende Vorposten der Obrigkeit, als Literaturproduzenten und Schulvisitatoren die „geborenen" Volksaufklärer. Der neue Landpfarrer - praxisorientiert und leutselig Unter dem Blickwinkel der Eignung zum aufklärerischen „Volkslehrer" ergab sich ein neues Pfarrerbild. Ulrich Herrmann hat es am frühesten bei dem französischen Politiker Caradeuc de la Chalotais 1763 formuliert gefunden: „Ich glaube hier noch sagen zu können, daß ein Dorfpfarrer der seine Pfarrkinder die Ausübung der Religion, welche für sie sehr einfach und sehr kurz ist, welcher sie die allgemein-sten, und um deswillen zugleich die wesentlichsten Pflichten lehren, der ihnen die einfachsten Mittel, die auf dem Lande gewöhnlichen Krankheiten zu vermeiden und zu heilen, und ihr Feld besser zu bauen, zeigen würde, ein Mann, sage ich der einige Grundsätze der Gesetze und der Gewohnheiten des Landes kannte und daher Processe schlichten, oder sie in der Geburt ersticken wurde der ein bisgen Physik alltägliche Medicin, und Feldmesserey verstünde, mehr zum Glück der Menschen beytragen wurde, als alle Dorfpfarrer mit ihrem schlechten Latein mit ihren scholastischen Grillen, und ihren theologischen Zankereyen nicht thun"9.

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Seiderer: Ansbach, Bamberg und Nürnberg im Vergleich, 1997, hier: Abschnitt III: Die Aufklärung als literarische und soziale Bewegung, S. 43-232. Chalotais, Louis-Rene Caradeuc de la: Essai d'Education nationale, 1763, übers, v. August Ludwig v. Schlozer u. d. T. „Versuch über den Kinderunterricht". Göttingen und Gotha 1771, diese deutsche Ausgabe (S. 208), zit. n. Herrmann: Ober bürgerliche Erziehung in Frankreich und Deutschland, 1982, hier S. 37.

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Viele Geistliche eigneten sich darum ab den 1770er Jahren während ihrer Ausbildung ein breites Wissen, auch in gänzlich untheologischen Disziplinen an. Ihre Vielseitigkeit war geradezu berüchtigt: „Der eine treibt einen starken Weinhandel, der andere spekuliert mit Früchten, der 3. hat eine große Viehmastung, der 4. beschäftigt sich mit seinen Gütern, der 5. macht Sonnen- und Sack-Uhren, der 6. hat eine eigene Drehbank, der 7. stellt Witterungsbeobachtungen an, - neben der mechanischen Verrichtung seines Amtes. Man trifft daher unter der Wirtembergischen Geistlichkeit zuverlässig mehr Mathematiker, Statistiker, Geographen, Historiker und Erziehungskundige als selbstdenkende rastlose Theologen"'0. Die „Volkslehrer" fanden auf dem Lande ein weites Betätigungsfeld. Die Einführung von Kartoffel- und Kleeanbau oder Stallfutterung erforderten eine gewisse geistige Beweglichkeit und die Bereitschaft, von tradierten Verhaltensweisen abzugehen, also genau jene Mentalitätsveränderung, um die man sich bemühte. Die Geistlichen gingen mit gutem Beispiel voran und pflanzten selber Kartoffeln in der Hoffnung, bei der Ernte möglichst viele Zuschauer zu finden. Sie verschenkten selbst geschleuderten Honig und verwandelten die obsolet gewordene Wallanlagen vor den Toren der Stadt in blühende Obstgärten". Ihr Credo lautete: „Nur durch glückliche Versuche, die unter den Augen des Landvolkes gemacht werden, gelangt man dahin, daß man die Vorurtheile vertreiben, daß man belehren und aufmuntern kann. Alle Bücher von der Welt werden niemals auf den Landmann so viel Eindruck machen, als ein einziger Versuch, dessen Fortgang er hat betrachten und dessen Nutzen er hat einsehen können"12. Der Geistliche Bene bringt die Voraussetzungen für eine umfassende Aufklärung auf den Punkt, wenn er schreibt: „Man muß vorher zu essen haben, ehe man an die Veredlung des Herzens denken kann" 13 . Das war in der Zeit in und nach der Hungerkrise Anfang der 1770er Jahre umso einleuchtender, und zwang auch die katholischen Geistlichen zum Handeln. Wie wichtig umfassende alltagspraktische Kenntnisse, gepaart mit der Fähigkeit, in Notsituation beherzt zu Werke zu gehen, für einen Pfarrer auf dem Lande sein konnten, schildert der Leipziger Theologie-Student Johann Gott10 So ein Schriftsatz aus einer Württembergischen Landtagsverhandlung von 1797, zit. nach Hasselhorn: Pfarrstand, 1958, S. 25. 11 Vgl. Schmid: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 14, wo ein Obstbaumzüchter als Beispiel angeführt ist. 12 „Auszug aus den Gesetzen der landwirtschaftlichen Gesellschaft in Languedoc". In: Ephemeriden der Menschheit, Jg. 1778, 8. Stück, S. 82-97, hier 85f. - Vgl. z. B. die Rezension von Rudolph Zacharias Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein", Th. 2 Gotha 1798. In: Gothaische gelehrte Zeitungen 1799, Bd. II, S. 577-583, hier 579, und viele ähnliche Stellen in zeitgenössischen Periodika. 13 Bene, Johann J. In: Archiv für die Pastoralkonferenzen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz 1819,1, S. 32, zit. n. Gründing: Veredelung des Volkes, 1996, S. 266.

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lieb Burckhardt (1756-1800), der nach seiner Ausbildung als Pastor der deutschen evangelisch-lutherischen Gemeinde nach London ging, am Beispiel seines späteren Schwiegervaters, Christian Leberecht Albanus: „Der Vater war ein braver und seiner Gemeinde nützlicher Mann und da er zugleich auf der Universität etwas von der Medicin studiert hatte, so wurde er oft bey Kindbetten, wo gefährliche Geburten waren, und bey Kranken überhaupt nicht nur ein Arzt für die Seele, sondern auch für den Leib. Es ist doch gar so gut und nützlich, wenn ein Landprediger seiner Gemeinde in so manchen andern Bedürfnißen einen guten Rath ertheilen kann"14. Die bekanntesten unter den „Volkslehrer" beeinflußten ganze Landstriche wie der „Gipspfarrer" Johann Friedrich Mayer (1719-1798) in Kupferzell/Hohenlohe, der „Kleepfarrer" Johann Christoph Frommel (1724-1784) in Betberg/Baden, der „Taubenpfarrer" Kristoph Ferdinand Moser (1759-1800) im württembergischen Wippingen, der „Apfelpfarrer" Johann Ludwig Christ (1739-1813) in Kronberg/Taunus, der sächsischen „Bienenpfarrer" Johann Ernst Spitzner (1731-1805) in Trebitz, „Papa (Johann Friedrich) Oberlin" (1740-1826) im Elsaß und in seinen Fußstapfen Gustav Werner (1809-1887) in Reutlingen, der „Musterdorfpfarrer" Hans Jakob Nägeli (1736-1806), aber auch weltliche Personen wie der reiche Hamburger Kaufmann Caspar Voght (1752-1839) mit dem Mustergut Groß-Flottbek, oder der Oberbeamte Johann Evangelist Fürst (1784-1846) mit seinem Großbetrieb in Frauenfeld/ Altbayern. Daß dieses Wirken „an der Basis" keine leichte Aufgabe gewesen ist, verrät schon der Titel einer Untersuchung über das Leben eines brandenburgischen Landpfarrers, der da lautet: „Und pißten ihm in den Schuh" 15 . Einen Eindruck von der Vielfalt der Bemühungen von Volksaufklärern auf dem Lande und den ihnen zur Verfügung stehenden Medien vermittelt ein Bericht in Rudolph Zacharias Beckers „Deutscher Zeitung" 1785: „In Strackowitz und in der Herrschaft Brandeis wurde die Spinnerey eingeführt. 120 Pf. Flachs schenkte der Hr. Oberamtmann von Schmelzing dazu, und die Kaplane jeden Orts schafften die Spinngeräthschaften auf eigne Kosten [an]. In den auf allen Dörfern dieser Herrschaft bereits eingeführten Wiederholungsstunden erhält das sich häufig versammelnde Gesinde nicht nur in der Religion, im Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern auch im Feldbaue, und der Landwirtschaft überhaupt Unterricht, und weil die Landwirtschaft ohne die Viehzucht, und diese im Durchschnitte ohne die Stallñitterung nicht gut bestellt werden kann, so übersetzte der Schuldirector den gutgemeinten .Schubartischen Zuruf an alle Bauern, die [an] Futtermangel leiden', ins böhmische, ließ zu Ende der andere jedesmal ein Stück von den Schulleuten theils ablesen, theils an diese schreiben, und so lange abhandeln, bis es hinlänglich begriffen und erfaßt wurde, wovon man sich einen [um] so großen und schleunigen Nutzen versprechen kann, als sich alles sogleich in Ausübung bringen läßt, und das

14 Burckhardt: Lebensbeschreibung, 1786. 15 Loock: „Und pißten ihm in den Schuh", 1985.

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dortige Oberamt im verflossenen Sommer unter alle Dörfer der Herrschaft Saamen von verschiedenen Futterkräutern austheilte"16. Bei dem Thüringer Pfarrer Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) lernten die Bauern, „die Zeit einzuteilen", den Kaffee zu meiden, da er „teuer und der Gesundheit abträglich sei ... Zubereitung und Trinken des an sich unnötigen Kaffees [koste] unnötig viel Zeit, und zwar in 20 Jahren ... 5.760 Stunden" 17 . Weitere Tätigkeitsfelder eröffnete der Zürcher Heinrich Heidegger seinen Amtsbrüdern in dem 1791 erschienenen Buch „Der vernünftige Dorfpfarrer. Lesebuch für Landgeistliche und Bauern". Dort berichtet er vom segensreichen Wirken eines Pfarrers, der einen Kinderspielplatz stiftet, mittels der Laterna magica „über die Naturgemäßheit auch der schrecklichsten Erscheinung" aufklärt 18 und so die beschworenen schrecklichen alten Geister als Betrug entlarvt, der aus der Zeitung vorliest und zur Pünktlichkeit erzieht 19 . Der protestantische Pastor Philipp Ernst Lüders (1702-1786) gehörte schon seit den fünfziger Jahren zu den rührigsten deutschsprachigen Bauernaufklärern. Damit diesem Mann mit seinem guten halben Hundert ökonomischer Schriften auch der Gebildete in Mitteldeutschland oder Bayern nacheifere, heißt es über ihn im „Wittenbergischen Wochenblatt" (WiWo): „Es ist ihm, also die Verbesserung des Ackerbaues in seiner Gegend allein zuzuschreiben, und er zählt auf 33 ackerakademische Abhandlungen, welche er auf eigene Kosten den Landleuten in die Hände gespielet. Und dieser Handgriff ist ihm nach vielen Hindernissen wohl gelungen. Unterdessen kostet der Wohlstand seiner Brüder dem rechtschaffenen Probste beynahe sein ganzes zeitliches Vermögen, und er spricht von diesem erduldeten ökonomischen Martyrthume mit der größten Gleichgültigkeit ... Indessen ist es genug, daß der ehrwürdige Greis den völligsten Endzweck seiner seltenen Menschenliebe durch sich selbst erlebet, und seine Nation glücklich gemachet hat ... Das alte

16 Deutsche Zeitung für die Jugend und ihre Freunde, Jg. 1785, nach S. 286 unpag. Beilage zum 35. Stück. Dann „Bericht vom Böhmischen Schulwesen". - Johann Christian Schubarts (1734-1787) preisgekrönte Schrift „Zuruf an alle Bauern, die Futtermangel leiden" (Leipzig 1784) ist ein Volksaufklärungsklassiker; sie brachte „wegen des Verbesserungsgeistes, den er in einem großen Theil von Deutschland in die Ökonomie gebracht hat" (so Rudolph Zacharias Becker in Deutsche Zeitung für die Jugend und ihre Freunde, Jg. 1788, S. 32) ihrem Verfasser das Adelsprädikat „von Kleefeld". Schubarts „ Z u r u f abgedruckt bei Hans-Heinrich Müller: Akademie und Wirtschaft im 18. Jahrhundert. Berlin [Ost] 1975, S. 315-330 . - Vgl. Schröder-Lembke: Gertrud: Johann Christian Schubart. In: Franz, Günther / Haushofer, Heinz (Hgg.): Große Landwirte Frankfurt/Main 1979, S. 48-58. 17 Zit. n. Lichtenberg: Unterhaltsame Bauernaufklärung, S. 244ff. 18 „Zauberlaterne" = Apparat zur Projektion von Schrift und Bildern, Vorläufer moderner Diaprojektoren; erfunden von dem Jesuiten Athanasius Kircher (1602-1680), 1646 erstmals von ihm beschrieben. 19 Zit. n. Köhle-Hezinger: Pfarrvolk und Pfarrersleut, 1984, S. 270.

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Rom würde diesem Patrioten eine Ehrensäule aufgerichtet und ihn aus dem öffentlichen Schatze schadlos gehalten haben20. Gemeinsam mit dem ähnlich aktiven Johann Friedrich Mayer, der Schwierigkeiten und Probleme der Bauernaufklärung auf hohem Niveau reflektierte und als Prototyp sogar in Krünitz' Lexikonartikel über Landprediger abgebildet ist, personifiziert Lüders den Ausbruch des Gebildeten aus der Studierstube in das praktische Leben ebenso wie ein neues Selbstverständnis der Geistlichen. In den Intelligenzblättern hatten die Pastoren wie oben beschrieben ein Forum gefunden, um miteinander zu disputieren, vor Ort aber blieben sie meist „Einzelkämpfer", wie Pfarrer Johann Friedrich Oberlin, der sich 59 Jahre in der armen Vogesen-Gemeinde Waldersbach im Steintal, vierzig Kilometer südwestlich von Straßburg nützlich machte. Fünf Dörfer und drei Weiler gehörten zu der evangelischen Gemeinde, in der meist französisch gesprochen wurde. Als er starb, war das Steintal nicht wieder zu erkennen 21 . Die Leute erlebten ihren Pfarrer nicht nur sonntags auf der Kanzel. Bald sahen sie ihn mit Hacke und Schaufel in dem unwegsamen Tal Wege anlegen. Ein Tagelöhner half ihm. Als er begann, Brücken über die Bachläufe zu bauen, sahen die Leute mit kritischen Augen zu. Erst allmählich gewann er sie zur Mitarbeit. Von seinen Hausbesuchen notierte er: „Die kleinen dasigen Kinder kamen um mich herum zu stürmen. Ich konnte mich der Tränen nicht enthalten, da ich einerseits die zarte Jugend und andererseits die üble Auferziehung, die sie hatten, betrachtet, an einem Orte, wo fluchen, schelten, schwören, schlagen, raufen häufiger als Brot sind." Die Leute hörten in der Predigt von Oberlin nicht nur Worte des Bedauerns. Er nannte die Faulheit eine schlimme Sünde gegenüber dem Schöpfer. Das brachte ihm zunächst wenig Sympathie ein. Doch spürten sie je länger desto deutlicher seine Absicht. Er formulierte sie in seinem Tagebuch mit den Worten: „Suche vor allen Dingen die Liebe und das Zutrauen desjenigen zu erwerben, den du bessern willst." Während des Studiums in Straßburg hatte er sich für viele Fächer interessiert: für Naturwissenschaften, für Geschichte, für Philosophie, für Medizin, doch sein Ziel war die Theologie. Doktorgrade erwarb er in Philosophie und in Theologie, ohne die Titel je zu führen. Entscheidend war seine Gabe, die gründlich erworbenen Kenntnisse in praktische Maßnahmen umzusetzen. Den Steintalern stellte er von der Kanzel herab die Aufgabe, ihre Umgebung tatkräftig umzugestalten. Wie das geschehen konnte, demonstrierte Oberlin auf den Feldern, auf denen hinderliche Felsen gesprengt und Schutzmauern er-

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WiWo 1769, S. 93f. Der Vorschlag zu einer Ehrensäule wird aus der ADB VII, 2. Stück, S. 296, zitiert. 21 John, Erhard: Wer war Oberlin? In: Informationsbroschüre des Oberlin-Hauses e.V. Ulm, Evangelische Einrichtung für Jugendhilfe.

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richtet werden mußten. Für die Wiesen beschaffte er Grassamen, der höhere Erträge erbrachte. Im Pfarrgarten entstand eine Baumschule. Bei Taufen und Konfirmationen führte er die Sitte ein, einen Obstbaum zu pflanzen, bei Hochzeiten zwei. So war man im Winter nicht nur auf die Beeren und wilden Früchte des Waldes angewiesen. Für die Kinder von drei bis sieben Jahren fand sich eine Frau, die ihnen das Stricken beibrachte. Diese Strickschule entwickelte sich zu einer regelmäßigen Betreuung und Anleitung der Kleinkinder. Oberlin erdachte einen Plan, nach dem man den Kindern biblische Geschichten erzählte, Pflanzen- und Tierkunde betrieb und erste Kenntnisse der Erdkunde vermittelte. Viehhirten führten unter Oberlins Anleitung die ältere Jugend im Winter in bäuerliche Arbeiten ein. Ein Schulhaus in Waldersbach entstand mit Hilfe fremder Spenden. Später folgten Schulhäuser fur die anderen Dörfer. 1768 heiratete Oberlin Salome, geb. Witter, die in die Literatur als „Mutter des Steintales" eingegangen ist. Sie nahm verwaiste und vereinsamte Kinder als „Pensionäre" ins Pfarrhaus auf. Um die Heimarbeit anzuregen, beschaffte sie einen Webstuhl. Mit der Zeit fanden sich begabte Mitarbeiterinnen. Louise Scheppler kam mit fünfzehn Jahren ins Pfarrhaus und entwickelte sich zu einer treuen Helferin in der Gemeinde, bewies großes Geschick beim Umgang mit Kindern und war an der Entwicklung der Kinderschule wesentlich beteiligt. Das Modell der gezielten Kleinkinderbetreuung machte in Frankreich, England und Deutschland Schule. Oberlin stand mit Pestalozzi in brieflicher Verbindung und tauschte sich mit ihm über die Entwicklung der Kindererziehung aus. Fliedner und Fröbel haben in Deutschland die Einrichtung weiterentwickelt. 1773 führte Oberlin im Steintal die Baumwollspinnerei als Heimarbeit ein. Andere Beispiele seiner originellen und vorausschauenden Planung waren: Die Gründung eines landwirtschaftlichen Vereins (1778), einer Leih- und Kreditanstalt (1785), die Schülermitverwaltung in der Schule und die Fortbildung der Lehrkräfte. 1791 stellte Oberlin bei einer Versammlung des landwirtschaftlichen Vereins unerwartet die Frage, warum Frauen nicht an den Sitzungen beteiligt seien. Sie hätten doch die Erziehung der Kinder in den ersten Jahren in der Hand. Sie müßten doch dafür geschult werden und auch in den Fragen der öffentlichen Verantwortung Bescheid wissen. Sein praktischer Vorschlag folgte bald darauf: Geeignete Frauen sollten für zwei Jahre gewählt und mit dem Diakonenamt betraut werden und dann seelsorgerisch und beratend in den Familien tätig sein. Das waren die ersten Anfänge für einen Frauenberuf und eine Vorstufe zur Institution der Diakonissen im Verlaufe des 19. Jahrhunderts. Die Ereignisse der Französischen Revolution gingen am Steintal nicht spurlos vorüber. Mit einem katholischen Kollegen teilte Oberlin die Kritik an der kaum eingeschränkten Herrschaft des französischen Königs und des Adels.

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Deshalb begrüßte er 1789 die Ausrufung der allgemeinen Menschenrechte und der Freiheit für alle Bürger. Als dann aber die Kirchen in „Tempel der Vernunft" umbenannt und den Pfarrern alle Amtshandlungen verboten wurden, versammelte Oberlin die Gemeinde außerhalb der Kirche. 1794 wurde er verhaftet und nach Schlettstadt beordert. Die fünf Bürgermeister des Steintales erreichten schließlich seine Freilassung. Um 1800 zeigte sich, daß Heimarbeit samt karger Landwirtschaft die Steintaler nicht ausreichend ernähren konnten. In dieser Situation konnte Oberlin den Fabrikanten Legrand gewinnen, seinen Textil-Maschinen-Betrieb im Steintal anzusiedeln. Der moderne Unternehmer richtete die Produktion so ein, daß die Verarbeitung seiner Seidenstoffe auch weiterhin als Heimarbeit wahrgenommen werden konnte. Viele Wohltaten für seine Gemeindemitglieder hat Oberlin aus eigener Tasche finanziert. In seinem Rückblick auf siebenundzwanzig Jahre in Waldersbach schreibt er: „Wenn ich Geld hatte, habe ich es angewendet zur Erbauung und zur Erhaltung der Schul- und Gemeindehäuser, zur Anschaffung von Heilmitteln und einer Menge Ackerbaugerätschaften, zur Reparation und Erhaltung von Kirchen, zu Straßenanlagen nach allen Seiten hin - zur Eröffnung einer Handelsstraße in das unwegsame Steintal, zur gleichmäßigen Austeilung des Ertrags von jedem guten Werk, zur Aufmunterung der Schüler durch unzählige Preise, zur Aufstellung und Besoldung von Vorsteherinnen, zu einer unentgeltlichen Leihbibliothek für Schulen und Familien, zur Vertilgung des Bettels, zur Unterstützung der Armen, zur Wiederherstellung des Kredits, zur Bezahlung der Schulden usw."22. Seine Gemeinde dankte ihm mit dem Ehrennamen „Papa Oberlin", der heute noch auf seinem Grab auf dem Friedhof von Fouday zu lesen steht. Staatlicherseits erfuhr er Anerkennung im Jahr 1818, als er die Goldene Medaille der Königlichen Landwirtschaftsgesellschaft erhielt. 1819 wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Sein Werk lebt an vielen Orten weiter. Auswanderer gründeten in Ohio/USA die Stadt „Oberlin" mit einer Universität, die den Namen „Oberlin College" trägt. In Deutschland ist als bedeutendste Einrichtung das Oberlinhaus in Potsdam-Babelsberg zu nennen. Etwas weiter südlich war der württembergische katholische Priester Wilhelm Mercy zur Zeit des aufgeklärten Wessenberg aktiv23. Er richtete in seiner Gemeinde Gruol im infrastrukturell benachteiligten Fürstentum HohenzollernSigmaringen eine „Armenanstalt" ein24, die mehrere Ziele verfolgte: Soforthilfen sollten temporäre Knappheitskrisen überwinden helfen. Hierzu regte er den Kauf von Naturalien im Herbst an, die im Frühjahr zum Selbstkostenpreis

22 Psczolla, Erich: Johann Friedrich Oberlin. Gütersloh 1979, S. 144. - Oberlin sieht sich zu dieser Auflistung seiner Verdienste während der Französischen Revolution genötigt, als ihm seine Wirkungsmöglichkeit und damit seine Lebensaufgabe genommen zu werden droht. 23 Vgl. Gründig: Veredelung des Volkes, 1996, S. 285f. 24 Archiv 1807, II, S. 301-322 Wilhelm Mercy.

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verteilt werden sollten25. Schwerpunktmäßig wollte er jedoch langfristige Änderungen herbeifuhren und die strukturellen Bedingungen seiner Gemeinde verbessern. Mercys Armenanstalt diente der Ausbildung „armer Knaben" in einem Handwerk 26 . Damit wurde die Grundlage für die lebenslange, unabhängige Befriedigung der Primärbedürfnisse Einzelner und deren Familien gelegt. Daneben stellte die Armenanstalt Gelder zur Linderung materieller Not bei Arbeitslosigkeit aufgrund von Krankheit bereit 27 . Eine weitere Verbesserung der örtlichen Infrastruktur durch Vermehrung örtlicher Arbeitsplätze erreichte Mercy durch die Einrichtung einer Spinnanstalt. Im übrigen Württemberg wurden ähnliche Aktivitäten erst ab 1817 mit der Gründung des „Wohltätigkeitsvereins" aufgenommen 28 . Anderen Volksaufklärern lag vor allem die Förderung der Kultur auf dem Land am Herzen. So wird über die Arbeit des katholischen Pfarrers Ignaz Demeter (1773-1842, später Erzbischof von Freiburg/Breisgau) in seiner Landgemeinde Lautlingen auf der Schwäbischen Alb, berichtet: „Demeter hat die edelsten Grundsätze, ist fromm und bieder, sehr belesen und lebt ganz für die Gemeinde. In seiner Gesinds-Stube hat er eine sehr zweckmäßige Gesinde-Bibliothek, und für sich selbst die schönsten Bucher. Die jungen Leute seines Ortes übt er Bereinigung mit seinem Schulmeister in allen [Musikinstrumenten. Auch hat er in einem dazu gemietheten leeren Hause ein Theater errichtet, über dessen Pforte die Inschrift steht ,Hier wird die Tugend in ihrem hohen Werth, und Laster in seiner Abscheulichkeit vorgestellt' ! Alle Viertel-Jahre wird von jungen Leuten des Orts an einem Feyertage ein von ihm componirtes, dem Leben des Land-Volks herausgenommenes Stück aufgeführt, wobey [die] ganze Nachbarschaft erscheint"29. Die Bauern spielten offenbar mit und waren bereit, Eintritt zu bezahlen, so daß Demeter aus den Einnahmen neue Musikinstrumente anschaffen konnte. Zum weiteren Kulturangebot der „Volkslehrer" gehörten unzählige Schenkaktionen aufklärerischer Volkslesestoffe, die Einrichtung von Dorfbibliotheken 30 und Dorflesegesellschaften, Vorleseabende, Gemeinschaftsabonnements von Zeitungen, die Sonntags- und Nachtschulen bis zur Organisation ländlicher Musi25

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Die Bevölkerung konnte das Getreide nicht bezahlen. Alle Schuldnerlisten und Schuldscheine wurden später von Mercy vernichtet. Nach Eyth, Rudolph: Erinnerungen an Wilhelm Mercy. Rottweil 1827, S 53. Archiv 1822, II, S. 260-282. Archiv 1807, II, S. 307 Wilhelm Mercy. Vgl. Militzer-Schwenger: Armenerziehung durch Arbeit, 1979, S. 16-20. Magenau, Rudolf Friedrich Heinrich: M. Christ. Fried. Wittich, Pfarrer zu Walddorf im Königreiche Würtemberg, in seinem Leben und Wirken dargestellt. Stuttgart 1818, S. 36ff. Ähnliches wird von den niederrheinischen Aufklärern Jakob Hoogen (1742-1805) und Peter Anton Clemens (1762-1844), und dem aufklärerischen Musterdorfpfarrer Hans Jakob Nägeli (1736-1806) berichtet. Man könnte daraus schließen, daß die dörflichen Musikvereine eine Spätfolge der Volksaufklärung darstellen. Dazu Siegert: Die Lesegewohnheiten des „gemeinen Mannes" 1997.

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zier- oder Theaterfreuden 31 . Pastor Friedrich Ahlfeld (1810-1884) hat dies, angeregt von den wahrlich verlotterten Zuständen in der von ihm übernommenen Gemeinde Alsleben/Sachsen-Anhalt in der Erzählung vom „Auszugsvater" geschildert. Dem Protagonisten gelingt es durch winterliche Leseabende seine Pfarrkinder für das Lesen zu begeistern 32 . Auch Wilhelm Oertel (1798-1867) propagierte diese Idee in seinem mit einer jährlichen Auflage von 22.000 Exemplaren 33 außerordentlich erfolgreichen Kalender „Spinnstube" 34 . Selbst die kleineren unter den Volksaufklärern besaßen gute Wirkungschancen, wenn sie im Verbund arbeiteten. Für Baden zeigt eindrucksvoll ein zeitgenössisches biographisches Speziallexikon, wieviele „Volkslehrer" in einem Staat bereitstehen konnten, in dem von einer aufklärungsfreundlichen Regierung solches Engagement gefördert wurde und die Voraussetzungen von Agrarverfassung und Bildungsstand der Bevölkerung her nicht zu schlecht waren35. Der aus Franken stammende Aufklärer Eulogius Schneider (1756-1794), ehemals Franziskaner und Generalvikar des aufgeklärten Straßburger Bischofs, zuletzt aber wild gewordener Ankläger des Revolutionstribunals im Elsaß und als solcher verantwortlich für die Hinrichtung von dreißig Menschen, hat drei Jahre vor seinem Tod unter der Guillotine in Paris, in einer Predigt zusammengefaßt, was einen „guten Volkslehrer" ausmacht: „Der gute Volkslehrer vereiniget also Aufklärung mit Wissenschaft, und Klugheit mit Gelehrsamkeit. Er ist kein blinder Nachbether seiner Vorfahrer [sie!], er bleibet nicht auf dem Punkte stehen, wo seine Lehrer geblieben sind, er sieht mit eigenen Augen, er sichtet das Wesentliche vom Zufälligen, das Gemeinnützige vom Entbehrlichen, das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen. Er wecket den Forschungsgeist in seinen Zuhörern, und bahnet ihnen den Weg zur völligen Freiheit des Geistes, ... Dabei gehet er behutsam, schonend, vorsichtig zu Werke"36.

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Siehe das Übersichtsschema „Volksaufklärung: Träger - Medien - Adressaten". In: Siegert: Zum Stellenwert der Alphabetisierung, 1994, S. 118f. Dort werden auch der zugrunde gelegte weit gefaßte Medienbegriff und die Ziele der Volksaufklärung als eine beabsichtigte Mentalitätsveränderung genauer vorgestellt. Ahlfeld, Friedrich: Der Auszugsvater, oder das Häuslein mit dem schwarzen Schieferdach. In: Erzählungen für's Volk. Bd. I [mehr nicht erschienen]. Aus dem „Volksblatt für Stadt und Land" besonders abgedruckt. Halle: Mühlmann 1847, 2 1852. Diener, Walter: W. O. von Horn (Wilhelm Oertel) als Heimat- und Volksschriftsteller. Phil. Diss. Straßburg. Bonn 1916, S. 72. Horn, W. O. von: Die Spinnstube. Ein Volksbuch für das Jahr ..., 1.-25. Jg. 1846-1870 (Jg. 1 in Frankfurt/Main: G. W. Mettenius; Jg. 2ff. ebd.: Sauerländer). [Carl Meerwein:] Grundstein zu einem Ehrendenkmal für die um Badens Landeskultur verdienten Männer, gelegt im Jahr 1822 von einem ihrer Mitbürger. Carlsruhe o.J. [1822], Schneider, Eulogius: Das Bild des guten Volkslehrers entworfen in einer Predigt über Matth. VII, 15 am siebenten Sonntage nach Pfingsten. Straßburg 1791, S. 7. - Zit. n. Böning/Siegert: „Volksaufklärung", 1998, S. 23.

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Für Frankreich berichtet Dominique Julia von ähnlichen Entwicklungen 37 . Die Landpfarrer konnten dem Provinzgouverneur bei der Inventarisierung der landwirtschaftlichen Produktion assistieren (so 1774 in der Franche-Comté), oder Taufen, Hochzeiten und Todesfälle systematisch registrieren 38 . Nach wie vor zögen sie zwar auf Wunsch ihrer Gemeinden mit Weih- und Bittprozessionen über die Felder, um den „Schutz der Früchte des Bodens" zu erflehen, aber sie begnügten sich nicht mehr damit, das Pfarrgärtlein zu bestellen, sondern arbeiteten an landwirtschaftlichen Experimenten, die darauf zielten, die Getreideproduktion und die Qualität des Viehs zu verbessern. Anpassung der theologischen Ausbildung an die neuen Anforderungen Um das alles leisten zu können, bedurfte es einer erweiterten Ausbildung im Rahmen des Theologiestudiums namentlich fur protestantische Geistliche, die mehrheitlich aus Pfarrhäusern stammten, während katholische Pfarrer häufig von Bauern abstammen, die als Kinder schon in das Landleben und die landwirtschaftlichen Arbeiten hineingewachsen waren. Doch auch durch Maria Theresia und Joseph II. wurden Ende des 18. Jahrhunderts erste Versuche unternommen, die katholische Pfarrausbildung zu verbessern. Sie richteten „Generalseminare" ein, die Pfarramtskandidaten für die Praxis vorbereiteten 39 . Johann Georg Schlosser kritisierte wohl als erster in Deutschland 1771 in seinem „Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk" die rein theologische Ausbildung der Dorfgeistlichen und verlangte die Errichtung eines Lehrstuhls für praktische Theologie. Diese Gedanken finden sich in der Folge in ähnlichen Formulierungen bei vielen Zeitgenossen. Ganz besondere Breitenwirkung scheinen sie durch Carl Friedrich Bahrdts „Ueber das theologische Studium auf Universitäten" (1785) und durch Joachim Heinrich Campes „Fragmente" („Ueber einige verkannte, wenigstens ungenutzte Mittel zur Beförderung der Industrie, der Bevölkerung und des öffentlichen Wohlstandes", 1786) gefunden zu haben, an denen sich die Gegner vor allem rieben 40 . Denn es gab durchaus auch Kritik an einer derartigen Auslegung der Berufsaufgaben eines Pfarrers (s. u. die Ausführungen zum Problem der „Verbauerung", S. 86ff.). Es ist erstaunlich, wie schnell sich Spuren der praxisorientierten Auffassung vom Pfarramt im wirklichen Leben fanden. Pastor Johann Gottlieb Burckhardt (1756-1800) bedauert sein Theologie-Studium in Leipzig 1774 gleich mit schwierigen Fächern wie „Physik, Kirchengeschichte, Dogmatik und Exegese

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Text eines Pfarrers aus dem Jura, zit. n. Julia: Der Priester, 1996, S. 315. Ebd., S. 314-320. Gründig: Veredelung des Volkes, 1996, S. 179. Vgl. dazu Herrmann: Der Streit zwischen Schule und Kirche, 1981, S. 190ff. - Schmitt: Schulreform im aufgeklärten Absolutismus, 1979, S. 187-203, erwähnt ebenfalls, daß schon vor 1785 Landpfarrer nachzuweisen sind, die diesem Pfarrerbild entsprachen.

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über das A. und N.T." begonnen zu haben. Besser wäre es gewesen, so meint er rückblickend, zuerst „Collegia ... über die Anfangsgründe der morgenländischen Sprachen, über Mathematik und Naturgeschichte, über Botanik, Sternkunde und Chymie" zu hören 41 . Siegert hat festgestellt, daß in Baden für Theologiekandidaten schon 1767 Physik und Mathematik Prüfungsfach wurde, schwedische Pfarramtskandidaten mußten ökonomische Studien treiben, hessen-darmstädtische medizinische Vorlesungen besuchen, und Landpfarrer waren von Beginn (1759) an die treibenden Kräfte in der berühmten „Ökonomischen und gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Bern". Das neue Standesbild setzte sich zu einem guten Teil in der Pfarrerausbildung beider Konfessionen durch. Es prägte die sich sowohl an katholischen wie an protestantischen Fakultäten um diese Zeit entstehende neue Einzeldisziplin der Pastoraltheologie 42 . Dafür wurde 1777 in Wien der erste Lehrstuhl eingerichtet. Von da an entwickelte sich die Pastoraltheologie zu einem vollwertigen, eine Zeitlang vielleicht sogar übermächtigen Fach 43 . Ihr Kernstück bildeten zwei Dinge: 1. die Propagierung des neuen Pfarrerbildes als eines „Volkslehrers", 2. die für sein Wirken unerläßliche methodische Voraussetzung der „Popularität". Darum gruppieren sich eine Reihe von Regeln der „Pastoralklugheit", praktische Handreichungen aller Art oder als eigene Hilfsdisziplin die „Pastoralmedizin" 44 . So hörten die Göttinger Theologiestudenten im Fach Moraltheologie schon Anfang der 1780er Jahre von den beeindruckenden Erfolgen bei der Pockenimpfung. Viele von ihnen führten um die Jahrhundertwende in ihren Gemeinden Impfkampagnen durch (vgl. unten das Kap. „Gesundheit und 41 42

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Burckhardt: Lebensbeschreibung, 1786. Es ist hier nicht der Ort, auf die komplizierte, nach Konfessionen getrennte und historisch wechselnde Einordnung dieser Teildisziplin in die Systematik der theologischen Disziplinen (ob nun gleichgesetzt mit „Praktischer Theologie" oder Teil davon) einzugehen. Im späten 18. Jahrhundert wurde von beiden großen Konfessionen unter „Pastoraltheologie" der Teil der Theologie verstanden, der erforscht und lehrt, auf welche Weise die christliche Botschaft dem Menschen der Gegenwart zu vermitteln ist (vgl. Pastoraltheologie, in: TRE XXVI, Berlin 1996, S. 70-83 [= I. Kath. von Walter Fürst, S. 70-76. II. Evangelisch von Friedemann Merkel, S. 76-83]). Zu ihren Untersuchungsgebieten gehörten in jedem Fall der Umgang des Pfarrers mit seinen Pfarrkindern, eine situationsgerechte Kanzelrhetorik, in manchen zeitgenössischen Handbüchern aber auch das Führen der Kirchenbücher, die geistliche Schulaufsicht und die pfarrherrliche eigene Landwirtschaft.

Dazu Dorfmann, Franz: Ausgestaltung der Pastoraltheologie zur Universitätsdisziplin. Wien und Leipzig 1910, und Klostermann, Ferdinand/ Müller, Josef (Hgg.): Pastoraltheologie. Ein entscheidender Teil der josephinischen Studienreform. Wien u. a. 1979. - Vgl. die Breitenwirkung und Karriere Johann Michael Sailers, des hervorragendsten Vertreters auf katholischer Seite. 44 Vgl. schon Schulze, Christian Gottlieb: Abhandlung vom Nutzen der Arzneigelehrsamkeit in der Gottesgelehrsamkeit. Chemnitz 1770, oder Schönberg, Matthias von: Regeln für die Gesundheit aus der Vernunft- und Religionslehre zugleich. München 1782, sowie Braunstein, Joachim: Alphabetische Sammlung gefahrlicher und tödtlicher Zeichen in unterschiedlichen Krankheiten der Menschen, zum Gebrauche der H. H. Seelsorger. Konstanz 1788.

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Krankheit")· Den Lageberichten, welche die Osnabrücker Geistlichen kurz danach dem protestantischen Konsistorium abzuliefern hatten, merkt man nach Meinung Karl-Heinz Ziessows an, „daß mit der erfolgreichen Bekämpfung der Kinderpocken der für das Verhältnis zur Gemeinde so wichtige Durchbruch zu einer breitenwirksamen praktischen Verbesserung außerhalb des moralischtheologisch-pädagogischen Bereichs gelungen war" 45 . In diesen Berichten hielten sie fest, was geeignet sei, „nützliche Einrichtungen und Anstalten zu befördern" und die Fortschritte „in nützlichen Kenntnissen" erörtert 46 . Solches Bilanzieren hat manchem Geistlichen das ganze Ausmaß der Rückständigkeit seiner Pfarrkinder vor Augen geführt und er bemühte sich verstärkt um Wissensvermittlung in seinem Sprengel. Lernziel: „Popularität" Die Frage der Popularisierung von Erkenntnissen treibt nicht erst heutige Wissenschaftler um, die den Begriff der „expository science", benutzen, wenn sie von den verschiedenen Formen der Repräsentation des Wissens sprechen und somit die vielfältigen Formen der Forschung, der reinen Erkenntnis, der Pädagogik sowie der jeweiligen sozialen und ökonomischen Kontexte berücksichtigen47. Das Wort „populär" geht auf lateinisch „popularis" zurück, fand ins Deutsche Eingang über französisch „populaire" und meint eigentlich „zum Volk gehörig" 48 . Für die Menschen des 18. Jahrhunderts bedeutete „Popularität" - auch dieser Begriff verbreitete sich ab etwa 1770 - nicht wie heute Bekanntheit und Beliebtheit bei vielen Menschen, auch hatte er nicht den Beigeschmack von „minderer Qualität", sondern meinte vielmehr die Fähigkeit eines Gebildeten, mit dem „Volk" in dessen Sprache oder doch zumindest in einer dem „Volk" verständlichen Sprache zu sprechen und seinem Anliegen nicht schon durch Kommunikationsprobleme Wirkungschancen zu nehmen 49 . In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde Popularität zum Gegenstand von Kontroversen, und es bildeten sich allmählich Tendenzen und Stra-

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Vgl. dazu die Quellenzitate bei Ziessow: Orthodoxe Camera obscura, 1988, S. 19, Anm. 58. Ziessow: Orthodoxe Camera obscura, 1988, S. 15f. Vgl. Daum: Wissenspopularisierung im 19. Jahrhundert, 1998. Kluge: Etymologisches Wörterbuch, 23., erweit. Aufl. 1999, S. 641. Vgl. dazu Bausingers begriffsgeschichtliche Studie „Die Mühen der Einfachheit" (1985), die ihrer Themenstellung gemäß allerdings nicht auf den theologischen Bereich eingeht. Über die hierher gehörige „Herablassung" von Gebildeten zum „Volk" vgl. Ders.: Herablassung, 1988. - Zur Popularität vgl. auch Siegert: Johann Peter Hebel als Genie der Popularität, 1996. - Um 1900 geht es in der Popularitäts-Debatte darum, etwas „volkstümlich" zu machen. Diesmal ist „Volk" aber ein fast religiöser Begriff gegen den negativ besetzten der „Masse" in der Industriegesellschaft. Vgl. Treiber: „Volkstümlich ist in der Wurzel das Gegenteil von populär", 2001.

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tegien der Popularität heraus 50 . Auch die Geistlichen sahen es als Pflicht an, sich in ihrem ureigensten Medium, der Predigt, möglichst verständlich auszudrücken. Dabei ließen sie sich leiten von dem theologischen Fundamentalprinzip der „Akkomodation", wonach Verkündigung und Ritus an die Vorstellungs- und Gedankenwelt der einheimischen Kultur angepaßt sein soll, und dem der „Popularität", auf das ich hier näher eingehe, da es - wie zu zeigen sein wird - die Volksaufklärer in besonderem Maße beschäftigte 51 . Predigtgottesdienste fanden in protestantischen Gemeinden an Sonn-, Festund Feiertagen und einmal unter der Woche statt und standen im Amtskalender vermerkt. Die Kanzelreden mußten entsprechend der gültigen Predigtlehre schriftlich fixiert, aber frei vorgetragen werden. Diese Entwürfe kontrollierte der Dekan 52 . Zur Bedeutung der Kanzel als Katheder schreibt der fränkische protestantische Pfarrer und Aufklärungspädagoge Johann Ferdinand Schlez (1759-1839): „Es gibt Wahrheiten, die zwar nicht eigentlich theologisch sind, aber doch unter Landleuten Ehrfurcht und Dankbarkeit gegen Gott, Fleiß, und Thätigkeit in ihrem Berufe, Zufriedenheit mit ihrem Zustande, Menschenliebe, und andere edle Gesinnungen ausbreiten. Alle diese müssen wir von der Kanzel herab in die Seelen unserer Zuhörer hineinbringen, da sie durch Lecture nicht hineinkommen"53. Häufig bedienten sich die Prediger der alttestamentlichen Weisheitsliteratur, die gute Vorlagen für moralische Überlegungen bieten. Stücke aus den Sprüchen Salomos oder aus Jesus Sirach bildeten immer wieder ihre Textbasis. So verkündete Pfarrer Rudolph Christoph Lossius um 1817 am Ersten Advent von der Kanzel einer thüringischen Dorfkirche: „Kann das nicht jeder Hausvater, jede Hausmutter, jeder einzelne Mensch? ... Die Stadt, den Ort verbessern, wäre es auch nur durch Baumanpflanzungen, durch Urbarmachung elender Ried- und Weidepläzze, Austrocknung der Sümpfe, Verwahrung gefährlicher Stellen, Beförderung des Kleebaues, der Stallfutterung und anderer nüzlichen Einrichtungen, durch Anlegung von Maschinen Arbeitshäusern, durch Beförderung der Gesundheit, der Aufklärung und alles dessen, wodurch der Mensch froher und besser wird. ... Gern will denn auch ich mir Mühe geben, wenigstens durch meine Vorträge an euch manche gute Lehre in Umlauf zu bringen und manche Tugend zu empfelen"54.

50 Bausinger: Popularisierung. In: EM X (2000), Sp. 1198-1204. 51 Zum Begriff der Akkomodation vgl. Krause: Die Predigt der späten deutschen Aufklärung, 1965, S. 45-51. - Ehrensperger: Die Theorie des Gottesdienstes, 1971, S. 232-236. - Schott: Akkomodation, 1981. 52 Gutekunst: Diener des Wortes, 1994, S. 133. 53 Schlez, Johann Ferdinand: Landwirthschaftspredigten. Nürnberg 1788, zit. nach der Rezension des Werkes in der Oberdeutschen allgemeinen Litteraturzeitung 1788, Bd. II, Sp. 30453050, hier 3045. 54 [Lossius, Rudolph Christoph:] Mildheimisches Predigtbuch I. Leipzig 1817, S. 13f.

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In der Hilfe zur praktischen Umsetzung allgemeiner sittlicher Kenntnisse anhand konkreter Beispiele sahen die Prediger demnach ihre Hauptaufgabe. Sie gingen davon aus, daß J e d e bloß allgemeine Moral wenig fruchtet; denn alles Allgemeine ist unbestimmt, weil man nicht so leicht die nötige Anwendung davon machen lernt" 55 . Dieses Credo vertrat auch der Jesuit Georg Alois Dietl (1752-1809), der sich als „psychologischer Volkslehrer" verstand, und das 1786 mit den „Predigten für seine Pfarrgemeinde" unter Beweis zu stellen suchte 56 . In einer Festpredigt anläßlich eines akademischen Dankfestes vertrat er 1802 die Ansicht, die „christliche Glaubens- und Sittenlehre reduziere sich auf einfache Wahrheiten und sei als eine Sache des Herzens" mit dem Gefühl erfahrbar 57 . Auch für den aus Geißlingen stammenden Pastor Raymond Dapp (17441819), den es nach Berlin verschlagen hat, stellte die Predigt das wichtigste Mittel pastoraler Tätigkeit dar. Sie hat seines Erachtens die Dreiheit von „Belehrung, Besserung, Beruhigung" zu leisten und so zunächst die Landbevölkerung, aber auch die städtischen Hörer (und Predigtleser) zu heilsamen Erkenntnissen zu führen. Zum Umkreis ihrer Gegenstände gehörte nach Dapp alles, was mit dem praktischen Leben der Hörer in Verbindung steht. Besonders betont er die Bedeutung der sittlichen Ermahnung. Dem Landmann solle seine Pflicht lieb gemacht werden, indem ihm das Ehrenwerte seiner Arbeit gezeigt werde. Man stärke das Bewußtsein sittlicher Kraft, wecke das Verständnis fur die Gemeinschaften, in denen wir leben, und leite zu weisem Gebrauch der Freuden an. Eheleben, Kinderzucht, das Verhältnis zwischen Herrschaft und Gesinde sollten in möglichst aktueller Gestalt thematisiert werden 58 . So predigten die geistlichen „Volkslehrer" gegen das abergläubische Interpretieren von Himmelserscheinungen, über tätige Nächstenliebe, über die Gefahren des Lottospielens, über den Sinn von Blitzableitern, über das Verhalten bei Viehseuchen, über den Ernst des Eidschwurs, über die Einstellung gegenüber Selbstmördern und über vieles andere mehr, was nicht zu den klassischen Predigtthemen gehörte. Die Gottesdienstbesucher waren allerdings bereits an die Verlesung verwaltungstechnischer Regierungs-Mitteilungen in der Kirche gewohnt 59 . Wie hoch man dabei die Fähigkeit zur „Popularität" einschätzte, mag das Beispiel des schlesischen evangelischen Theologen und Philosophen Gottlob 55 Marezoll, J. G.: Über die Bestimmung des Kanzelredners. Leipzig 1793, S. 43. 56 G. A. Dietls Predigten an seine Pfarrgemeinde. München: Johann Baptist Strobl 1786, enthält die christliche Sittenlehre in 27 Abschnitten. 57 Rnedlik, Manfred: Psychologischer Volkslehrer. G. A. Dietl: Christliche Lehre als „Sache des Herzens". In: Unser Bayern. Heimatbeilage der Bayerischen Staatszeitung Jg. 51, Januar 2002, Nr. 1,S. 14ff.,hierS. 16. 58 Vgl. Wolfes, Matthias: Dapp, R. In: BBKL XVII (2001), Sp. 335-341, hier Sp. 338. 59 Als Beispielsammlung solcher „Abkündigungen" (also am Ende der Predigt vorgetragener Mitteilungen) vgl. Gutekunst: Philipp Matthäus Hahn, 1990.

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Benjamin Jaesche (1762-1842) belegen. Sein Vater, selbst Pastor, hätte ihn gerne als Nachfolger gesehen. Er willigte jedoch in eine Universitätslaufbahn des Sohnes ein, als er bei dessen ersten Predigtversuchen feststellte, daß diesem die fur einen Landprediger unerläßliche Popularität im Vortrag fehle 60 . Auch der märkische Pastor Schmaling war überzeugt, daß eine Predigt so formuliert sein müsse, daß der gemeine Mann ihr leicht folgen könne 61 . Zugleich warnte er aber vor blasierter Herablassung gegenüber den akademisch ungebildeten Bauern: „Man muß die Landleute kennen lernen, wenn man ihr Prediger seyn will, und ihren ganzen Zustand, Gemüthskräfte, Kenntnisse, Sitten und Lebensart erforschen. Sie haben geübte Sinne, und die Vernunft ist bey vielen in so gutem Stande, als bey den Gelehrten; denn eine Landwirtschaft auf eine geschickte Art zu fuhren, erfordert eben so viel Verstand als eine Dissertation zu schreiben"62. Mit der Technik der Vermittlung nahm man es fortan in der Pastoraltheologie sehr ernst: „Man lernte nun allgemeiner einsehen, daß, da der größte Theil der Prediger Volkslehrer sind, auch ihre Sprache auf der Kanzel so beschaffen seyn müsse, daß sie von dem Volk verstanden werden kann [ ], und man erkannte es glücklich fast überall, daß die Popularität im Predigtvortrag ... unumgänglich sey, wenn man ... wahren Nutzen stiften wolle"63. Zur Steigerung der „Popularität" wird bisweilen gar die aktive Beherrschung des ortsüblichen Dialekts vorausgesetzt 64 . So unterhielten sich die „höheren Stände" Hamburgs mit dem „Volk" niederdeutsch, wie Carl Hübbe, Katechet am dortigen Waisenhaus, 1799 schrieb 65 . Solange man es vorwiegend mit Mundartsprechern zu tun hatte, regte Konrad Pfenninger 1777 ein „Kollegium Rriticorum" zur Begutachtung der Predigten auf ihre Popularität hin an, „das

60 Wolfes, Matthias: Jaesche, Gottlob Benjamin. In: BBKL XVI (1999), Sp. 793-807. 61 Zit. n. Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, S. 197. 62 Herrn Pastor Schmalings Bemerkungen in Absicht auf die Landpredigten. In: Journal für Prediger 1 (1770), S. 152-162, hier: S. 157. 63

Schuler, Philipp H.: Geschichte der Veränderungen des Geschmacks im Predigen. Bd. III Halle 1794, S. 235. 64 Wagemann, Arnold: Ueber die Bildung des Volkes zur Industrie. Göttingen 1791, S. 275f. Vielleicht sollte man die Anfänge der deutschen Dialektdichtung (Johann Konrad Gräbel und Johann Peter Hebel) einmal in diesem Zusammenhang sehen. Auch der Beginn der Mundartforschung gehört hierher. 65 Hübbe, Carl: Vortrag (...) am 29. August 1799 über die Mittel zur Beförderung des gemeinnützigen Unterrichts unter den niederen Ständen, besonders auf dem Lande. In: Verhandlungen und Schriften der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe. Bd. VI. Hamburg 1801, S. 465-475, hier S. 469. - Zit. n. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 188.

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aus der Frau Pfarrerin und zwey oder drey Bauren bestünde" 66 . Johann Gottlieb Fichte schlug 1807 für die Pfarrerausbildung sogar „Umgangsinstitute mit Gliedern aus dem Volke" vor 67 . Dazu kam es wohl nicht, doch wurde in der Pfarrerausbildung die „Volks"-Rhetorik betont, und jedes pastoraltheologische Handbuch der Zeit räumt dem Thema breiten Raum ein. Die Autoren sind sich dabei völlig im Klaren, daß „die Popularität nicht bloß die Faßlichkeit eines Vortrages für den Verstand des Volks, sondern die ganze Angemessenheit desselben für Verstand, Imagination, Gedächtniß und Wille des Volks in sich begreift 68 , daß es also nicht einfach um das Übersetzen in eine andere Sprache, sondern auch um Mentalitäts- und Motivationsfragen geht. Auch der bereits zum Thema „Perfektibilität" zitierte Prediger Greiling vertrat die Auffassung, daß sich Popularität nicht in sprachlichen Bemühungen erschöpfen könne. Zwar schrieb er von der „Herablassung zum Volksverstand" 69 , erkannte aber der Popularität einen eigenen Wert zu. Volkserziehung sollte aber nicht nur von der Kanzel herab stattfinden. Der märkische Pastor Karl Heinrich Schmidt (* 1753) betrachtete sich als „einen zweyten Sokrates, der die Menschen, wo er sie findet, im Hause, im Garten oder auf dem Felde aufklärt, d. h. ihre verworrenen Gefühle und Vorstellungen zu deutlichen Begriffen hinaufläutert, und an die Stelle der halb oder ganz falschen Ideen, wahre zu setzen weiß" 70 . Sichtbarer Erfolg, so glaubte er, werde die Landleute überzeugen 71 . Er versuchte, den Bauern vorzufuhren, wie der landwirtschaftliche Ertrag gesteigert werden kann, indem er auf seinen eigenen Grundstücken neue Obstbaumsorten und bessere Düngemethoden einfuhr-

66 Pfenninger, Konrad: Von der Popularität im Predigen. Der ascetischen Gesellschaft vorgelesen von ihrem Mitgliede Konrad Pfenninger. Bd. I, Zürich und Winterthur 1777, S. 14. 67 Fichte, Johann Gottlieb: Deducirter Plan einer zu Berlin zu errichtenden hohen Lehranstalt. Geschrieben im Jahre 1807. Stuttgart und Tübingen 1817, S. 61. - Vgl. Carl Friedrich Bahrdts Vorschlag, Pfarrer zur Verbesserung ihres Auftretens durch Schauspieler ausbilden zu lassen. In: C. F. Bahrdt: Rhetorik für geistliche Redner. Halle 1784). 68 Sailer, Johann Michael: Vorlesungen aus der Pastoraltheologie. Bd. I, München 1788, S. 2. Nach Siegert ist die beste zeitgenössische Abhandlung Johann Christoph Greilings „Theorie der Popularität" (Magdeburg 1805). Im katholischen Bereich besonders wirkungsvoll waren die entsprechenden Kapitel in Sailers „Vorlesungen" (München 1788f., 4. Aufl. 1820f., hier Bd. II, 5. Abschnitt), weitere interessante Titel dazu von Christoph Friedrich Ammon (1793), Carl Friedrich Bahrdt (1780 u.ö.), Johann Christlieb Gottlob Liebe (1788), August Hermann Niemeyer (1795ff.), Konrad Pfenninger (1777ff.), Georg Wilhelm Rullmann (1796), Johann Wilhelm Schmid (1787ff.), Philipp Heinrich Schuler (1788), Gotthilf Samuel Steinbart (1778), Johann Friedrich Wilhelm Thym (1798), Johann August Uhlig (1797), Ignaz Würz (1770ff), Johann Jacob Zimmermann ( 1779). 69 Greiling: Theorie der Popularität, S. 147. 70 Schmidt: Nutzbarkeit, 1805, S. 86. 71 Vgl. Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, S. 203f.

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te und im Pfarrgarten Gemüsesorten wie Kopfsalat, Sellerie und Karotten anbaute, die den altmärkischen Bauern unbekannt waren 72 . Auch im „Wittenbergischen Wochenblatt" herrscht die Überzeugung vor, die wenigsten Bauern, die zu einzelnen Verbesserungen hätten beredet werden können, seien dazu durch die Lektüre ökonomischer Schriften gekommen, vielmehr sei „die Macht der Beyspiele, besonders wo es auf gleich zu übersehenden Profit ankömmt, ... schon hinlänglich, eine Sache gemein zu machen" 73 . Wollten die Geistlichen langfristige Änderungen herbeifuhren, so mußten sie ihr land- und naturwissenschaftliches Wissen immer auf den neuesten Stand bringen. Holger Böning listet aus dem ersten Jahrgang 1768 des „Wittenbergischen Wochenblattes" einige Artikelüberschriften auf, die einen Eindruck von den Themen vermitteln, die die Volksaufklärer beschäftigten: „Von ungleicher Zeitigung der Früchte in den bergigten Gegenden", „Künstliche Düngerarten, und Gewinnung genügsamen Mistdüngers", „Mittel kollernde Pferde aufzuhalten" oder „Wie der Berberissaft die Stelle von Zitronen vertritt"; man erfährt ferner „vom nöthigen Anbau des Heidelandes, zu einem besondern Nutzen", von „Verbesserungen der Huthungen, für die Erhaltung des Viehes" oder wie „Leinewand in 7 oder 8 Tagen zu bleichen" sei, wie „gute Stärke zu machen" und „schöne Farbe aus dem St. Johanniskraute" zu gewinnen sei74. „Verbauerung" - die Kehrseite der Medaille Die Nebentätigkeit der Pfarrer als Landwirte wurde jedoch in den eigenen Reihen auch kritisch gesehen. Die Sorge der protestantischen Landprediger um den Ansehensverlust ihres Standes fand ihren Niederschlag in dem Begriff „Verbauerung" 75 . Er läßt sich erstmals für das Jahr 1734 nachweisen und wird wie Balthasar Haußmann 1999 in seiner Potsdamer Dissertation zeigt zu einem ständigen Thema in der Pastoralliteratur des 18. Jahrhunderts 76 . In der 1775 anonym erschienenen Schrift „Der unzufriedene Dorfpfarrer" 77 heißt es, spätestens seit Ende des 16. Jahrhunderts sei der Umstand, daß Landprediger ihren Lebensunterhalt durch Landwirtschaft zu beziehen hatten, als zeitrau72 Den parallelen Fall eines Predigers aus dem katholischen Raum beschreibt Lechtrenk: Obstbau als Gottesdienst?, 1997. 73 WiWo 1770, S.404. 74 Die Abhandlungen finden sich in der Reihe der Nennung im Jg. 1768, S. 9, 23, 62, 78, 98, 126, 151. Die Beispiele könnten auch aus anderen Intelligenzblättem über Seiten vermehrt werden. - Zit. n. Böning: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung, 1987. 75 Art. „Verbauern". In: Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch, Nachdruck München 1956 (Erstausgabe 1854), Bd. XXV, Sp. 98f. 76 Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999. 77 Zit. n. Köhle-Hezinger: Pfarrvolk und Pfarrersleut, 1984, S. 270.

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bend und unschicklich empfunden worden. Dem Gottesmann stehe es nicht an, mit Stiefeln im Stall zu stehen; diese profane Tätigkeit untergrabe die sakrale Aura des Predigers 78 . Im 18. Jahrhundert erhielt diese Kritik einen neuen, psychologischen Inhalt. Man befürchtete nun, der landwirtschaftlich tätige Prediger nehme buchstäblich die Mentalität des Bauern an. „Dürftigkeit und Nahrungssorgen sind bey den mehrsten die erste Veranlassung, daß sie sich nach und nach jeder Gesellschaft entziehen, ganz ihrer Wirthschaft leben und allmählich ganz zum Bauer herabsinken" 79 . Die Armut „erzeugt nicht nur Vernachlässigung des Dienstes", sondern auch „Niedrigkeit der Gesinnung" 80 . Die Vorstellung, daß landwirtschaftliche Arbeit auf die Geisteshaltung einen schlechten Einfluß haben könne, daß sie den Charakter umzuprägen im Stande sei, gehört zur Verschärfung des Gegensatzes von Stadt und Land, wie er seit dem Ende des 17. Jahrhunderts von Seiten der Städter immer deutlicher empfunden und formuliert wurde. Bürgerliche Kultur beanspruchte in zunehmendem Maß die kulturelle und zivilisatorische Führungsrolle in der Gesellschaft. „Bürger" war in dieser „formativen Phase" (1680-1815) nach Maurer, wer am Medium des Fortschritts, an der gebildeten Öffentlichkeit, der „Geselligkeit" teilhatte und sich durch diese fortwährend weiterbildete 81 . Wer aber auf dem Lande lebte, wer obendrein noch bäuerliche Arbeit verrichtete, schien davon

78 Zum Auseinanderklaffen von geistlichem Selbstverständnis und ökonomischer Realität seit den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts vgl. Schorn-Schütte: Evangelische Geistlichkeit, 1996, S. 390. - Vgl. auch Schröder-Lembke: Protestantische Pastoren als Landwirtschaftsreformer, 1979, S. 95f. 79 Pfarrer Krause, Ueber das Verbauern der Land-Prediger. In: Dapp, Raymund: Gemeinnütziges Magazin fur Prediger auf dem Lande und in kleinen Städten, Bd. II, Teil 1 Berlin 1806, S. 159-165, hier: S. 160. - Vgl. zur zeitgenössischen Diskussion Schlingensiepen-Pogge: Das Sozialethos der lutherischen Aulklärungstheologie, 1967, S. 187. 80 Zöllner: Gutachten (1802), zit. nach Foerster, Erich: Die Entstehung der Preußischen Landeskirche, Bd. 1(1905), S. 117. 81 Es erweist sich in unserem Zusammenhang als vorteilhaft, wenn man „Bürgertum" nicht im sozialhistorischen Sinn als eine mehr oder minder exklusive gesellschaftliche Gruppe mit bestimmten (städtischen) Privilegien versteht, sondern als eine erst langsam sich herausbildende gesellschaftliche Formation, die sich durch eine bestimmte Kultur, bestimmte Verhaltensweisen und ein bestimmtes gesellschaftliches Ziel definiert hat. Dieser kulturhistorische Bürgerbegriff trägt der Tatsache Rechnung, daß die Formierung der bürgerlichen Kultur von Mitgliedern der verschiedensten Stände getragen wurde, und daß sie wesentlich auf die Integration Aller, also gerade nicht ständisch exklusiv angelegt war. In gewisser Hinsicht entsteht das Bürgertum erst durch seine „Kultur": Dies ist die Ausgangsüberlegung von Maurer: Die Biographie des Bürgers, 1996, S. 16. - Der Begriff des „Bürgers" war im 17. und 18. Jahrhundert noch nicht sozialständisch definiert, sondern einerseits dem fiktiven Naturzustand entgegengesetzt und bildete andererseits einen Gegenbegriff zur überkommenen Gesellschaftsordnung; vgl. M. Riedel: Art. Bürger. In: Geschichtliche Grundbegriffe Bd. 1, Stuttgart 1972, S. 672725, hier S. 699. - Zur Entwicklung im 19. Jh. vgl. Bausinger: Bürgerlichkeit und Kultur, 1987. - Zur Definition von „Bürgertum": Kocka: Bürgertum und Bürgerlichkeit, 1987.

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abgeschnitten. Ländliche Lebensweise erschien als Gegenwelt bürgerlicher Kultur. Der Begriff der Verbauerung konnte erst vor dem Hintergrund der Hochschätzung der Urbanen, gebildeten Geselligkeit die ihm eigentümlich negative Brisanz entfalten. Der „verbauerte" Landprediger erschien der erst im Entstehen begriffenen Bürgerkultur geradezu als ein Deserteur, wenn nicht sogar als ein Verräter an der gemeinsamen Sache, denn auf dem Land vermutete man das Fortleben abergläubischen Denkens, das dem Vernunftbegriff und Tugendkatalog der Aufklärung im Wege stand82. Der Bauer lieferte in der ihm unterstellten Bequemlichkeit und mit seinem Starrsinn das Gegenbild zum Arbeitsethos der neuen bürgerlichen Lebensauffassung. Daher galt es, die bäuerliche Mentalität zu bekämpfen. Sollten die gesellschaftlichen Verhältnisse verbessert werden, so mußten alle Menschen Bürger werden, also auch die Bauern. Als missionarischer Vorposten bürgerlicher Kultur agierte der Dorfprediger sozusagen an der Front, wenn nicht gar in Feindesland, und gerade der so besonders Gefährdete, durfte sich dem Gegner nicht anheimgeben. Zum andern war allen Beteiligten durchaus bewußt, daß der Bauernstand „doch im Grunde den größten Theil der Landbewohner" 83 ausmache und für „die Erhaltung aller übrigen Staatsbürger" 84 aufkomme. So pflichtete der bereits zitierte norddeutsche Landprediger Karl-Heinrich Schmidt, ähnlich wie andere protestantische Landprediger seiner Zeit, den französischen Physiokraten bei, denen zufolge der Wohlstand eines Landes im Reichtum seines Bodens gründet; namentlich berief er sich auf Merciers Lob des Bauernstandes als des eigentlichen Lebensspenders im Staat85. Es bedürfe also nur eines guten Lehrers, um die Bauern von der Nützlichkeit rationaler Methoden in der Landwirtschaft zu überzeugen, woraus folge, daß die Landprediger, als „diejenigen Personen, die den Landmann in dieser wichtigen Kunst unterrichten, die eigentlichen und wahren Plusmacher im Staate sind" 86 .

82 Maurer: Die Biographie des Bürgers, 1996, S. 324. 83 Schmidt: Nutzbarkeit, 1805, S. 15, zit. n. Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, S. 199. 84 Ebd. 85 Ebd. 86 Ebd., S. 34.

4.2 Vom Volksaufklärer zum Volksbildner Im Bewußtsein des gesellschaftlichen Nutzens der volkspädagogischen Tätigkeit ergriffen viele Landprediger voller Elan ihren Beruf. Georg Friedrich Treumann „wünschte diese Lage von Jugend auf nach einem unwiderstehlichen Hange". Er „glaubte, daß sich der Wirkungskreis des Landpredigers sehr weit erstrecke, und daß derselbe viel Nutzen schaffen könne, wenn er nur guten Willen habe"87. Raymund Dapp war „mit den besten Meinungen und Hoffnungen Landprediger geworden"8 und hat mehrfach Versetzungsangebote auf bessere Stellen ausgeschlagen89. Karl Heinrich Schmidt, der sich ausdrücklich auf Spaldings „Nutzbarkeit des Predigtamtes beruft90, schreibt: „Von dem Augenblicke an, da ich mich ... dem Predigtamte widmete, hatte ich große Vorstellungen von der Wichtigkeit und dem bedeutenden Einflüsse desselben auf menschliches Glück und Wohlergehen"91. Ab den 1790er Jahren kam es jedoch bisweilen zu Spannungen zwischen den Pfarrern und dem durch die Gedanken der Französischen Revolution entfesselten Volk. So berichtet der Basler protestantische Pfarrer Markus Lutz (17721835) über die Anfangsschwierigkeiten in seinem 1798 angetretenen Amt in der Gemeinde Läufelfmgen 92 : „Die ersten Jahre meines Amtslebens fielen in sehr bewegte Zeiten, und daher war es um so schwieriger, die Pfarrstelle, die ich bekleidete, mit Würde und Segen zu verwalten. Die neue Ordnung der Dinge, für welche man die große Masse des Volks durch die Einräumung von mancherlei Freiheiten und augenblicklichen Vortheilen zu gewinnen suchte, veranlaßte auch in meiner Gemeinde mancherlei Wirren und Missverständnisse, wodurch die Leidenschaften bisweilen wild aufgeregt wurden und man, unter dem Schilde eines vermeintli87 Treumann, Georg Friedrich: Über den Landprediger und die neueren Ansprüche an ihn, 1801, zit. nach K. Aner: Zwei märkische Landgeistliche, 1919/20, S. 92. 88 Dapp: Ansichten vom Predigen, 1806, S. 150. 89 Vgl. Aner: Zwei märkische Landgeistliche, 1919/20, S. 92. 90 In seiner „Nutzbarkeit des Predigtamtes" zitiert Schmidt aus Spaldings gleichnamigem Buch: „Es wäre Insonderheit ein sehr angemessenes und fruchtbares Geschäft ftir Geistliche auf dem Lande, die das Gewicht und den Zweck ihres Amts mit Gewissenhaftigkeit vor Augen haben, die Besserung des gemeinen Mannes eigentlich zu studieren, seiner Unwissenheit in Ansehung des Rechts und des Unrechts bey den Handlungen, die hauptsächlich zu seiner Sphäre gehören, abzuhelfen, seine gewöhnlichsten Vergehungen und Untugenden zu bemerken, den Vorurtheilen und Ausflüchten, mit welchen er sich rechtfertigt, nachzuspüren, die bequemsten Mittel zu seiner Ueberzeugung und Rührung ausfindig zu machen, die dazu dienlichen Vorstellungen nicht allein mit der gehörigen Anständigkeit fleißig auf die Kanzel zu bringen und in den besondern Religionsunterricht zu bringen, sondern auch allenfalls, wenn sie sich dazu geschickt finden, ihre durch die Erfahrung erlangten Erkenntnisse und bewährt gefundenen Lehrarten zum Vortheil ihrer Brüder bekannt zu machen." (Schmidt: Nutzbarkeit des Predigtamtes (1805), S. VI f., zit. J.J. Spalding: Nutzbarkeit des Predigtamtes, 2 1772, S. 241). 91 Schmidt: Nutzbarkeit, 1805, S. 219. 92 Vgl. Bächlin, Max/ Schaub, Alfred/ Schaub, Ernst: M. L. Der Läufelfinger Pfarrer aus Basel. Liestal: Jubiläumsverlag 1985.

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chen Patriotismus sich in dieser Blindheit oft in Ausschweifungen zu vergessen pflegte. So oft ich daher der Rohheit in freimiithigen Äußerungen steuern wollte, so oft wurde ich angefeindet und als Anhänger der Aristokratie verschrien"93. Kein Wunder, wenn das Urteil über ihre Pfarrkindern bei vielen Seelsorgen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts recht harsch ausfiel. Pastor Heinrich Gottfried Bernhard Franke, 1795-1803 Prediger im Osnabrückischen Kirchspiel Holte, rapportiert im Jahr 1801 dem Konsistorium auf die Frage, welche Fortschritte die Volksaufklärung gemacht hätte, über seine Gemeinde: „Eine auffallende Veränderung [wird] nicht leicht zum Vorschein kommen. Dazu fehlt es ihr an Empfänglichkeit. Sie kann nicht lebhaft woran Anteil nehmen ... Sie verhält sich gerne leidend, hat also keine geistige Stimmung für die Perfektibilität"94. Pastor Johann Zacharias Stüve (* 1759) stößt ins gleiche Horn. Er kannte seine Gemeinde sieben Jahre, als er sie 1801 folgendermaßen taxierte: „Sonst sind sie im Ganzen dumm, stolz, roh, von weniger Empfindung, neidisch, eigensinnig und rechthaberisch. Im Häuslichen sind sie unreinlich und unordentlich. Die Erziehung der Kinder dünkt ihnen keine Sache von Wichtigkeit; sie lassen ihnen meistens in allem den Willen. Da sie bei ihrer Unwissenheit bisher durch die Welt gekommen sind, so ist es ihnen sehr gleichgültig, ob die Kinder in nützlichen Kenntnissen zunehmen; Freude aber ist es ihnen, wenn sie ... sie zu ihre Kräfte übersteigenden Arbeiten gebrauchen können"95. „Volkslehrer" hatten also allen Grund, Moralanleitungen zu verfassen. Selten nur erlebten sie die Genugtuung, daß Bauern auf der Suche nach neuen Wegen „tief denkend um ihre Felder herumschleichen" 96 oder bei Dunkelheit aus dem benachbarten „Ausland" kamen, um ein Bewässerungssystem zu kopieren 97 , gelegentlich kostete es auch Einladungen zu Kaffee, Bier und Tabak und brachte doch entmutigende Rückschläge 98 . Befehlen allein genügte meist nicht. Wenn die Bauern unmotiviert waren und Zwang spürten, kochten sie notfalls nachts das kostenlos verteilte neuartige Saatgut ab. Nach den schlechten Erfahrungen seines Vorgängers ließ der Winterburger Amtmann Carl Ludwig Jacobi (1714-90) die Kleeaussaat von Landjägern überwachen 99 . 93 Ebd. 94 Zit. n. Ziessow: Orthodoxe Camera obscura, 1988, S. 29. 95 Ebd. 96 Mayer, Johann Friedrich: Lehrbuch für die Land- und Hauswirthe. Nürnberg 1773 (Faksimile Schwäbisch Hall 1980), S. 37. 97 Bericht Johann Wolfgang Goethes v. 11 10 1780, zit. bei Ulrich Bentzien: Bauernarbeit im Feudalismus. Berlin [Ost] 1980, S. 221. 98 So Johann August Friedrich Block: Lehrbuch der Landwirtschaft. Theil 3, Leipzig 1774 nach Wilhelm Abel Geschichte der deutschen Landwirtschaft. Stuttgart 1962, S. 261. 99 Ferger, Lucie: Aus Winterburgs Vergangenheit. Wiesbaden 1976, S. 15. - Zit. n. Siegert: Volkslehrer, 1999, Anm. 66.

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Auch Matthias Claudius (1740-1815) verschweigt in seiner „HessenDarmstädtischen privilegirten Land-Zeitung" 1777 nicht die Unpopularität volksaufklärerischer Maßnahmen. Besonders die empfohlene Stallfütterung wollten die Bauern partout nicht einfuhren. Aber Claudius fügt fast immer hinzu, wie der anfangliche Eigensinn mit der Zeit nachließ 100 . Karl-Heinz Ziessow hat einen ganzen Katalog von Widrigkeiten zusammengestellt, mit denen sich die Pastoren im Hochstift Osnabrück herumschlagen mußten 101 : Philipp Heuermann in Vörden klagte darüber, daß die vielen Durchmärsche und Einquartierungen ihn in seiner Arbeit behinderten 102 . Ein anderer fühlte sich durch das Patronat eines verständnislosen Gutsherrn gestört 103 . Vergleichsweise einfach hatte es dagegen Pastor Bernhard Möllmann, 1792-1810 Prediger in Börstel, der nur über die Natur lamentierte, die sein Kirchspiel benachteiligte: „Wo selbst der Körperunterhalt soviel Sorgen und Mühe erfordert wie hier, da bleibt für den Geist zuwenig Zeit und Kraft übrig, da wird man zu einem Lasttier"104. So wurde den geistlichen Volkslehrern bald klar, daß sie einen steinigen Weg eingeschlagen hatten: „Es ist süst sau e west" [Es ist schon immer so gewesen], erhielt Karl Heinrich Schmidt von seinen Bauern zur Antwort, wenn er eine Neuerung einführen wollte 105 . Auch sprachen sie ihm, wie er schreibt, die Kompetenz in landwirtschaftlichen Dingen ab. Gab er Ratschläge zur Bekämpfung einer Viehseuche, so sagten die Bauern, davon verstünden sie mehr als er, und jagten zu einer bestimmten Nachtstunde kranke und gesunde Tiere gleichermaßen durch ein großes Reinigungsfeuer, so daß alle miteinander verendeten 106 . Andere Prediger betrachteten die Ursachen bäuerlicher Reformunwilligkeit differenzierter. Christian Friedrich Germershausen (1725-1810), ein später Vertreter der „Hausväterliteratur" und regelmäßiger Mitarbeiter an Tietz' „Wittenbergischem Wochenblatt" war der Ansicht, daß die Bauern nur sehr zögerlich experimentierten, weil eine schlechte Ernte eine existentielle Bedrohung bedeutete. Er konstatierte eine bäuerliche Rationalität der Risiko-

100 Vgl. Donovan/Lüchow: Matthias Claudius und die Volksaufklärung, 2000, S. 17. 101 Ziessow: Orthodoxe camera obscura, 1988, hier S. 24-30. 102 Ebd., S. 24. - Philipp Heuermann, prot., Geistlicher, Prediger im Osnabrückischen Vörden 1785-1809; vgl. Meyer, Philipp: Die Pastoren der Landeskirchen Hannovers und Schaumburg-Lippes seit der Reformation. Göttingen 1941-42, Bd. II, S. 469. 103 Ziessow: Orthodoxe camera obscura, 1988, S. 25. 104 Ebd., S. 26. 105 Zit. η. Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, S. 204. 106 Κ. H. Schmidt: Nutzbarkeit, 1805, S. 38.

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Minimierung 107 . Die zitierte Charakterisierung bäuerlicher Mentalität durch den Landaufklärer Schmidt war in ihrer schablonenhaften Verkürzung durchaus typisch, so daß Zimmermann zu recht formuliert: „Kennzeichnend für ihren [der Volksaufklärer] Begriff ökonomischer Rationalität war der Glaube, im Besitz der 'Ackerwahrheit' zu sein" 108 , d. h. über planerische Mittel zu verfügen, die eine zügige Produktionsmaximierung erlaubten. Die Pfarrer kämpften gleich an zwei Fronten: hier die unwilligen Bauern, dort die argwöhnische Obrigkeit. Da sie die bestehenden Verhältnisse verändern wollten, kamen sie trotz subjektiven guten Willens, die Grenzen der feudal-absolutistischen Ordnung nicht zu überschreiten, mit ihren Verbesserungsvorschlägen und ihren Vorstellungen zur - zunächst sicher recht beschränkten - Emanzipation der bäuerlichen Bevölkerung schneller mit den Wächtern dieser Grenzen in Konflikt als ihnen lieb war. So währte das hessische Gastspiel des Dichters Matthias Claudius nur ein Jahr (1776/77). Weiter oben habe ich schon beschrieben, wie unbequem Pfarrer Oberlin seiner Gemeinde zunächst erschien, und daß sein beharrliches Auftreten für „vernünftiges" Handeln im Einklang mit einer christlichen Lebensführung ihn 1794 gar ins Zuchthaus brachte. Viele ererbte gesellschaftliche Strukturen sind im 18. und 19. Jahrhundert zerschlagen worden. Die Bauernbefreiung und der Abbau des Patronagesystems, Säkularisation, Kriege und Revolutionen trugen zur Zerstörung der bisherigen Sicherungen bei oder untergruben sie. Davon war besonders die breite Masse betroffen. Das nun „befreite" Volk sah sich gezwungen, sich neu zu orientieren und selbständig individuelle Entscheidungen zu treffen. Dazu waren die Menschen jedoch nicht erzogen worden und fühlten sich häufig überfordert, wie auch Maria E. Gründig für den Wessenbergschen Bodenseeraum feststellt 109 . Den Abschied von alten Haltesystemen empfanden sie als existentielle Bedrohung. Widerstände gegen alle „Neuerungen" waren eine typische Folge davon. Als Zwischenbilanz läßt sich festhalten: Zeitgenössische Formulierungen wie „Volkslehrer, er sei Geistlicher oder Schullehrer" oder „Jugend- [=Schul-] und Volkslehrer" 110 deuten daraufhin, daß man die Volksaufklärung wesentlich auf den Pfarrerstand konzentriert sah: „Der größte der einzige Lehrer der Bauern ist meist ihr Pfarrer, höchstens noch dabey ein Schulmeister". Daß die Schulmeister so viel weniger Achtung erfuhren als die Pfarrer liegt an ihrem im 18. Jahrhundert meist noch zu geringen Bildungsstand und oft, aber nicht

107 Schröder-Lembke: Protestantische Pastoren als Landwirtschaftsreformer, 1979, S. 99; zu Germershausen, Pfarrer in Schlalach bei Treuenbrietzen, vgl. auch Gray, Prescriptions for Productive Female Domesticity, 1987. 108 Zimmermann: Bäuerlicher Traditionalismus, 1995, S. 220f. 109 Gründig: Veredelung des Volkes, 1996, S. 287. 110 So Georg Friedrich Seiler 1783, Carl Friedrich Bahrdt 1789 u.ö.

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immer, geringen Sozialprestige. Die Bezeichnung „Volkslehrer" wird daher allenfalls den durch Schulmeisterseminare ausgebildeten neuen Reformschullehrern zugestanden. Sie bleibt somit engagierten weltlichen Einzelpersonen und bis weit in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein der großen Menge aufklärerischer Landpfarrer vorbehalten. Die protestantischen Pastoren waren strengen, sich im Laufe der Zeit dauernd weiter verschärfenden Anforderungen unterworfen. Die aufwendige Ausbildung führte dazu, daß der Beruf zunehmend nur noch dem Bürgertum offenstand, welches die notwendigen finanziellen Mittel und das Interesse an einem langwierigen Universitätsstudium besaß. Damit unterschieden sich die Pastoren von ihrer Gemeinde nicht nur durch ihre Bildung, sondern auch durch die soziale Herkunft. Pastoren wurden, wie Ulf Wendler beispielhaft für das Kirchspiel Suderburg in der Lüneburger Heide gezeigt hat, privilegierte Außenseiter in der ländlichen Gesellschaft 111 . Die Distanz zwischen den Pastoren und ihren Gemeinden war zum Teil sogar notwendig, damit sie die ambivalenten Ansprüche erfüllen konnten, die man an sie stellte. Die Geistlichen hatten Seelenhirten ihrer Gemeinde zu sein, das Wort Gottes zu predigen und die religiösen Riten zu vollziehen. Außerdem waren sie Grundherren einiger Bauern und Bezieher bäuerlicher Abgaben. Als Beamte der Landeskirche wurde ihre Tätigkeit von Seiten der Obrigkeit gesteuert, kontrolliert und instrumentalisiert. Sie verfügten durch Predigt, Katechismusunterricht und Aufsicht über die Schulen über vielfältige Mittel, das Verhalten der ländlichen Bevölkerung zu beeinflussen. Aber falls sie nicht das Vertrauen ihrer Gemeinde erringen konnten, waren sie auch unter den Bedingungen des Absolutismus und des staatlichen Landeskirchentums zur Wirkungslosigkeit verurteilt und mußten ihren Posten verlassen. Für die Kirchengemeinde gab es viele Mittel, die Pastoren ihre Unzufriedenheit spüren zu lassen, wie weiter unten noch zu zeigen sein wird. Bei den Katholiken kam es 1809 zu einer Neuordnung der Priesterausbildung, durch die sich bis in die 1840er Jahre ein neuer Pfarrertypus mit geistiger Konformität zum breiten Kirchenvolk durchsetzen konnte. Nicht mehr der intellektuelle, rationalistische Akademiker, sondern der fromme, pflichtbewußte, gehorsame und kirchentreue Priester bildete das neue Ideal. Daraus konnte dann im Zeichen des politischen Katholizismus seit der Jahrhundertmitte im Sinne der Piusvereine die „Organisierung der Massenreligiosität" beginnen 112 . Der Pfarrer gewann einen zusätzlichen Funktionsbereich in der pluralistischen Öffentlichkeit. Er wurde zum herausragenden Vertreter und gesellschaftlichen Propagandeur katholischer Weltanschauung, was sich im Kul111 Wendler: Ländliche Gesellschaft, 1999. 112 Vgl. Ebertz: Die Organisation von Massenreligiosität, 1979. - Zum neuen Ansehen der katholischen Pfarrer als „Papst auf dem D o r f s. Brückner: Die verwaltete Region, 2000, S. 287292.

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turkampf zu konkreten politischen Aktivitäten steigerte' 13 . Der Theologe Wolfgang Weiß hat dies im Rahmen eines DFG-Projektes über die Veränderungen der Funktionen des Pfarrers auf dem Dorf im Verlauf des 19. Jahrhunderts anhand unterfränkischer Beispiele untersucht. In der aufgeklärten Seelsorgepraxis um 1800 entstand jene mentale Diskrepanz des religiösen Bewußtseins im Bildungsbürgertum von der sogenannten Volksfrömmigkeit. Der Kuratklerus stand damit gegen die Gewohnheiten und Empfindungen seiner Pfarrkinder. Pietisten als Förderer der Volksaufklärung Bei den 365 von mir erfaßten Autoren volksaufklärerischer Literatur konnte ich in 288 Fällen die Konfession nachweisen. Demnach übersteigt die Zahl der Protestanten mit 188 Autoren oder 52,0 % die der Katholiken mit 100 Autoren oder 27,7 % deutlich. Nicht weniger als vierundvierzig dieser Volksaufklärer entstammen gesichert dem pietistischen Milieu. Die Tatsache, daß viele der in den biographischen Lexika als „evangelisch" oder „protestantisch" geführten Autoren irgendwann während ihres Theologie-Studiums in Halle auftauchen, läßt vermuten, daß die Zahl der Pietisten noch höher läge, wenn die genaue Konfession in sämtlichen Fällen belegbar wäre. Auch ist nicht zu klären, hinter wie vielen als „protestantisch" deklarierten Geistlichen „Erweckte" im weitesten Sinne verborgen sind. Pietisten vertraten soweit ich feststellen konnte, zwar keine andere Auffassung von Volksaufklärung, gingen sie jedoch früher an als ihre Kollegen. Die Sammelbezeichnung „Pietisten" ist zunächst als Spottname oder gar Schimpfwort belegt, als seit 1677 inner-evangelische Erweckungsbewegungen gegen die staatlich disziplinierte lutherische Orthodoxie aufbegehrten 114 . Sie forderten fur ein „wahres Christentum" die Weltverleugnung des „Bekehrten" und erklärten folgerichtig „Spiele und sonstige kurzweilige Actiones" zur Sünde 115 . Die Anhänger dieser Strömung - in der zeitgenössischen Literatur bezeichnenderweise auch „Kopfhänger" genannt - gelten gemeinhin als frömmelnde Menschen, die grüblerisch und sorgenschwer nach christlicher 113 Weiß: Wandel von Rolle und Selbstverständnis katholischer Landgeistlicher, 1988. 114 Vgl. Brecht, Martin: Pietismus. In: TRE XXVI (1996), S. 606-631. - Schräder, Hans-Jürgen: Pietismus. In: Killy XIV (1993), S. 208-216. - Die folgenden definitorischen Ausführungen zum Pietismus sind diesem Artikel entnommen. - Nach der epochalen, aber in vielen Punkten überholten „Geschichte des Pietismus" von A. Ritsehl (3 Bde., 1880-86) hat sich nun die „Historische Kommission zur Erforschung des Pietismus" die Aufgabe gesetzt, eine dem neuesten Forschungsstand entsprechende Gesamtdarstellung der „Geschichte des Pietismus von seinen Anfängen bis zur Gegenwart und in seiner gesamten weltweiten Erstreckung" (Bd. 1, S. V) vorzulegen. - Vgl. auch: Beyreuther: Geschichte des Pietismus, 1978. - Lehmann: Pietismus und weltliche Ordnung, 1969. - Scharfe: Die Religion des Volks, S. 80. 115 Vgl. Brückner: Schön und gut, 2001, S. 502.

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Vollkommenheit streben. „Kopfhängerei und Pietismus, die in früheren Zeiten hier im Schwange waren, sind ganz verschwunden", schreibt Justus Christian Block, 1776-1812 erster Prediger aus Bramsche, in seinem Bericht an das protestantische Konsistorium Osnabrück zu Beginn des 19. Jahrhunderts. „Jeder weiß und kennt es, daß er als Christ und rechtschaffener Mensch die Freuden des Lebens genießen darf, und in Rücksicht der Ausübung der Religion und des Christentums freue ich mich, den Einwohnern dieser Gemeinde das Zeugnis geben zu können, daß sie praktisch bewiesen, daß sie Anhänger der beglückenden Christusreligion sind" 116 . Den Pietisten um und nach 1700 ging es darum, der in dogmatischer Kontroverstheologie erstarrten Verkündigung in den evangelischen Amtskirchen eine auf individuelle Herzenserneuerung und praktisches Tatchristentum gerichtete Seelsorge entgegenzustellen und so die ihrer Auffassung nach stekkengebliebene Reformation zu vollenden. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts hatte der Pietismus große Teile der evangelischen Kirchen durchdrungen und war die theologisch tonangebende Kraft geworden. Etwa 40% aller Protestanten, knapp ein Fünftel aller Deutschsprechenden überhaupt, können in dieser Zeit als pietistisch inspiriert angesehen werden. Pietistisch beherrschte Universitäten waren zuerst Gießen (1688) und Erfurt, dann als eigentliches Zentrum die 1691/94 unter Philipp Jakob Speners Einfluß gegründete Friedrichs-Universität Halle117 (seit 1729 Pflichtstudienort für alle preußischen Theologen) mit Joachim Justus Breithaupt, August Hermann Francke, Paul Anton und Joachim Lange als Dozenten, später auch Jena. Zentren des Pietismus wurden die reformierten Territorien (im Reich v. a. in Hessen und am Niederrhein, später auch in der Schweiz), das Harzvorland (Quedlinburg, Halberstadt, Wernigerode), schließlich, mit nachhaltigster volkskirchlicher Wirksamkeit, Württemberg (Johann Albrecht Bengel, Friedrich Christoph Oetinger, Philipp Matthäus Hahn) mit einem Schwerpunkt am theologischen Stift Tübingen. Für die Literaturgeschichte - und damit fur die literarische Volksaufklärung - erlangte der Pietismus eine ebenso epochebestimmende Bedeutung wie für die Kirchengeschichte. In keiner anderen Zeit sind religiöse Lesestoffe in vergleichbarer Menge geschrieben, verbreitet und rezipiert worden. 1740 machten sie Dreiviertel alles Gedruckten aus, 1780 noch immer ein Fünftel. Eine

116 Zit. n. Ziessow: Orthodoxe Camera obscura, 1988, S. 23, Anm. 76. 117 Spener erblickte 1635 in Rappoltsweiler (Elsaß) das Licht der Welt. 1663 wurde er Prediger am Straßburger Münster und 1686 Oberhofprediger in Dresden. Ab 1691 war er Pfarrer an der Nikolaikirche in Berlin. Sein Hauptwerk „Pia Desideria oder Herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirchen", das er 1675 verfaßte, beinhaltet das gesamte Reformprogramm des lutherischen Pietismus, der in offener Gegnerschaft zur lutherischen Orthodoxie stand.

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Schriftenverbilligung brachte Druckwerke größeren Umfangs bis in vorher lektüreungewohnte Mittel- und Unterschichten. Armut als Ansporn zum Bücherschreiben Was Rudolf Schenda für die Produzenten populärer Lesestoffe festgestellt hat118, gilt auch für die Verfasser volksaufklärerischer Literatur: Oft hat ihnen die Armut die Feder gefuhrt. Unmittelbar im Anschluß an das TheologieStudium war in der Regel mit einer freien Pfarrstelle nicht zu rechnen 119 . Die „Kandidaten" schlugen sich als Hauslehrer oder „Informatoren" durch 120 . Hatten sie das Glück, eine „Hofmeister"-Stelle zu ergattern, durften sie junge Herren zum Studium an die Universität oder auf ihrer Bildungsreise begleiten. Alternativ blieb nur eine gute Heirat oder der Versuch, sich als freier Schriftsteller über Wasser zu halten. Das deckt sich mit meinen Erhebungen unter Autoren moralischer Geschichten: • Johann Samuel Pa(t)zkes (1727-87) Kindheit und Jugend waren von extremer Armut gezeichnet: Schul- und Universitätsbesuch in Frankfurt/Oder und Halle konnte sich der Sohn eines mittellosen Zollbeamten nur aufgrund fremder finanzieller Unterstützung leisten. Mit Gelegenheitsgedichten, die er später auch in Sammelbänden drucken ließ, verdiente er sich ein Zubrot. Beispielhaft für aufklärerische Erziehungs- und Tugendideen waren seine Gedichte, die 1799 Becker in das Mildheimische Liederbuch aufnahm.

118 Schenda: Volk ohne Buch, 1970, S. 147-173, hierbes. S. 154. 119 Die uckermärkischen Prediger, die Balthasar Haußmann untersucht hat, waren bei Antritt ihrer ersten Pfarrstelle bereits durchschnittlich 30,6 Jahre alt. Am längsten hatten sie in den 1760er Jahren zu warten. Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, Tabelle S. 257. 120 Fertig, Ludwig: Pfarrer in spe: Der evangelische Theologe als Hauslehrer. In: Greiffenhagen, Martin (Hg.): Das evangelische Pfarrhaus. Eine Kultur- und Sozialgeschichte. Stuttgart 1984, S. 195-208. - Aus meinem Sample von 365 Autoren waren 45 nach dem Studium als Hofmeister bzw. Hauslehrer tätig: Johann Christoph Adelung, Johann Bernhard Basedow, Rudolph Zacharias Becker, Joachim Heinrich Campe, Raymond Dapp, Georg Alois Dietl, Johann Jakob Ebert, Johann Ludwig Ewald, Jacob Friedrich Feddersen, Carl Fraas, Christian Fürchtegott Geliert, Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Friedrich von Hagedorn, Johann Peter Hebel, Johann Heinrich Gottlieb Heusinger, Theodor Gottfried von Hippel, Christian Cay Lorenz Hirschfeld, Johann Wilhelm Hey, August Lafontaine, Johann Andreas Christian Lohr, Markus Lutz, Ludwig Gotthard Kosegarten, Friedrich Adolf Krummacher, August Jacob Liebeskind, Johann Peter Miller, Johann Karl August Musäus, Joachim Christoph Nemeitz, Johann Friedrich Oberlin, Friedrich Christian Paldamus, Johann Friedrich Wilhelm Pustkuchen-Glantzow, Johann Gottlieb Schummel, Johann Joachim Schwaben, Johann Moritz Schwager, Johann Gottfried Seume, Georg Friedrich Seiler, Jakob Stutz, Johann Georg Tobler, Michael Vierthaler, Johann Peter Voit, Johann Heinrich Voß, Christian Felix Weiße, Lorenz von Westenrieder, Friedrich Wilhelm Wedag, Karl Heinrich Gottfried Witte, Johann Georg Zimmermann und Georg Heinrich Zincke.

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• Johann Gottlieb Schummel (1748-1813), Sohn eines Dorfschulmeisters, wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Dennoch ermöglichten die Eltern dem begabten Knaben 1759-67 den Besuch des Gymnasiums. 1767-69 studierte er in Halle Theologie; Geldmangel zwang ihn, das Studium abzubrechen und eine beschwerliche Hauslehrertätigkeit in Aken (bei Zerbst) anzunehmen. • Karl Philipp Moritz (1756-93) hat in seinem weitgehend autobiographischen Roman „Anton Reiser" (4 Bde., 1785-90) die Armut geschildert, in der er aufgewachsen ist. Während des obligatorischen Konfirmandenunterrichts wurde der Pfarrer auf die Begabung des Jungen aufmerksam und verschaffte ihm Freitische und ein Stipendium, so daß M. im Frühjahr 1771 das Gymnasium in Hannover beziehen konnte. Die armseligen Lebensbedingungen verdüsterten jedoch auch Moritz' weiteren Lebensweg. 1776 schrieb er sich in Erfurt als Theologiestudent ein, suchte aber nach kurzer Zeit Beziehungen zu den Herrnhutern in Barby und knüpfte schließlich Kontakte zum Philanthropen Basedow in Dessau, mit dem er jedoch heftig zusammenstieß. Notgedrungen entschloß er sich zum Lehrerberuf. Über die Stelle eines Informators am Potsdamer Militär-Waisenhaus gelang ihm 1778 der Aufstieg zum Lehrer am renommierten Gymnasium zum Grauen Kloster, wo er 1784 Gymnasialprofessor wurde. • „Das gelehrte Berlin" von 1825 bzw. 1845 nennt Karl Müchler (17641857) als Autor oder Herausgeber von über 100 Titeln. Was anfangs mehr eine Nebenbeschäftigung war, sollte in der zweiten Lebenshälfte zum Beruf werden. Müchler mußte nach der Niederlage Preußens 1806 sein Brot durch Schriftstellerei verdienen. • Der reformierte Pfarrer und Pädagoge Johann Andreas Christian Lohr (1764-1823), Sohn eines Kriegsinvaliden und Zolleinnehmers, ruinierte durch Armut seine Gesundheit während des Theologiestudiums in Halle. Zeitlebens versuchte er sich davon durch beständiges Arbeiten abzulenken. Auch er überbrückte die Zeit bis zur ersten Predigerstelle 1787 in Delitz durch eine dreijährige Hauslehrertätigkeit. • Der im Lippischen beheimatete Theologe Johann Friedrich Wilhelm Pustkuchen-Glanzow (1793-1834), trat zwar schon mit 27 Jahren sein Amt an, mußte es aber nach heftigen Auseinandersetzungen, u.a. um einen von ihm verfaßten Katechismus für den Konfirmandenunterricht wieder aufgeben. Er versuchte sich als Zeitschriftenredakteur und freier Schriftsteller. Seine sehr schlechte materielle Lage besserte sich erst, als ihm 1830 eine Pfarrstelle in Wiebelskirchen übertragen wurde. • Der Volks- und Jugendschriftsteller Gustav Nieritz (1795-1876), Sohn eines Elementarlehrers und später selbst Lehrer, gehörte zwar neben Christoph von Schmid und Christian Gottlob Barth (1799-1862) zu den drei erfolgreichsten Volks- und Jugendschriftsteller des 19. Jahrhunderts. Aber seine Werke

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sind auch für ihn selbst stets Fluchtliteratur aus der Misere des Alltags und der Armut gewesen. Mit dem Schreiben Geld zu verdienen, war im 18. Jahrhundert jedoch noch aussichtsloser als heute. Dies lag vor allem darin begründet, daß bis ins 19. Jahrhundert hinein kein Urheberrecht existierte und der Grundsatz des freien Verkehrs der Ware Buch galt121. Katholische Autoren adaptierten häufiger protestantische bzw. reformierte Texte als umgekehrt. So hat der aus Murnau stammende und in Ettal zur Schule gegangene katholische Pfarrer Franz Xaver Geiger (1749-1841) in seinem „Sitten- und Beyspielbuch" Anleihen gemacht bei dem Calvinisten Moritz Casimir Pothmann (1765-1842), dessen „Sittenbuch" acht Jahre zuvor (1790) in Leipzig herausgekommen war, und auch bei seinem katholischen Kollegen Johann Adam Wening (1735-1800). Der Münchner Verleger Johann Baptist Strob(e)l, der 1788-90 das „Volksbuch" des Protestanten Heinrich Gottlieb Zerrenners für Katholiken herausgebracht hat, fand für solche Adaptionen eine gängige Erklärung: „Der römische Stuhl erlaubt es wohl selbst manchen Geistlichen gerne, daß sie lutherische Bücher lesen. Sie dienen zu Zielen, woraus nur Gutes entsteht. Der Herr Pfarrer ist ein kluger Mann. Er rät den Gläubigen, es zu machen wie die Immen, oder die Bienen. Diese sammeln aus Blumen nur, was ihnen taugt, zu Honig machen. Das Gift lassen sie, wo eins ist und saugen es nicht aus"122. Der Münchner Schulrat Ludwig Fronhofer (1746-1800) gibt die Protestanten Johann Georg Schlosser (1739-99), Christian Felix Weiße (1726-1804) und Johann Georg Sulzer (1720-79) als Vorlagen an. Lorenz von Westenrieder (1748-1829) machte sich um die kulturelle Öffnung Kurbayerns durch die Popularisierung der „protestantischen" Aufklärungsliteratur und eine ausgedehnte Gelehrtenkommunikation verdient; er pflegte intensive Kontakte u. a. zu Friedrich Heinrich Jacobi und Christian Felix Weiße. Der Freiburger Erzbischof Ignaz Anton Demeter (1773-1842) brachte ein „Hülfsbuch bei Schullehrern und Erziehern bei den Denkübungen der Jugend nach Zerrenner (Freiburg 1810) heraus. Johann Carl Pischon (1764-1805) bedankte sich im Vorwort seiner „Moral in Beispielen für Familien" bei anderen Autoren lehrreicher Schriften und zählte diese namentlich auf 123 . Der als „Apfelpfarrer" in die hessische Geschichte eingegangene Johann Ludwig Christ (1739-1813) ärgerte sich darüber, daß der Frankfurter Buchhändler Weber seine Berichte von der Erwanderung des Feldbergs aus dem „Hanauischen Magazin" 124 , ungefragt nachgedruckt hatte: 121 Lorenz, Hugo: Beiträge zur Geschichte des Leipziger Buchhandels im 16. und 17. Jahrhundert. Leipzig-Reudnitz 1915, S. 62. 122 Legende für den gemeinen Mann, 4 Bde. München: Johann Baptist Strobl 1788, 1788, 1789, 1790, Vorwort zum ersten Band. 123 Pischon: Moral in Beispielen, 1799, Vorrede zum 4. Theil, S. 2f. 124 Hanauisches Magazin 1782, 34. und 44. Stück.

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„Der Buchhändler Weber hat die neulich in unserm Magazin zuerst gegebene Beschreibung des Hrn. Christs vom Feldberg bei Homburg vor der Höhe Wort zu Wort unter einem Titel nachdrucken lassen, den ihm doch der Verfasser besser gesagt haben würde, wenn er ihn, wie billig, zu Rathe gezogen hätte. Solche eigenmächtige Unternehmungen glücken gemeiniglich im Kleinen so wenig als im Großen. Denn dieser Nachdruck wird gewiß keinen sonderlichen Abgang finden, da Herr Chr. nächstens eine vollständigere und mit vielen interessanten Anmerkungen vermehrte Beschreibung herausgeben wird"125. Erfolgreiche Autoren wie Christoph von Schmid waren noch im 19. Jahrhundert besonders stark vom Unwesen literarischer Trittbrettfahrer betroffen. Schmid mußte sich 1841 gegen „von Unberufenen ohne Wissen des Verfasser widerrechtlich veranstaltete Gesamtausgaben" wenden 126 . Ein weiterer Grund, warum man durch Bücherschreiben keine Reichtümer anhäufen konnte, bestand darin, daß der Verleger mit dem autorisierten Druck als Eigentümer des Textes galt127. Die Vorstellung vom geistigen Eigentum des Autors als ökonomischem Besitzanspruch setzte sich erst im 19. Jahrhundert durch. Bis zur Mitte des 18. Jahrhundert verstand man Schriftsteller zumindest im Sektor „Schöne Literatur" und in verwandten Gebieten - als Mitglieder eines „gelehrten Standes", die in „müßigen Nebenstunden" Bücher verfaßten. Ihr Lohn bestand - außer in Ruhm und Anerkennung - in Zuwendungen, Bestallungen, Ehrengaben oder Stipendien. Selbst als Verlagsautoren vermochten die wenigsten seit den 1780er Jahren von ihren Schriftstellereinkünften dauerhaft zu leben. Das erklärt im Unterschied zu England und Frankreich die große Zahl an Geistlichen und Beamten unter den deutschen Aufklärungsautoren. Auch um 1820 waren Berufsschriftsteller noch selten128. Als solcher existieren konnte in der Regel nur, wer sich gleichzeitig Einkünfte als Redakteur, Herausgeber, Rezensent und Autor sicherte und ein verhältnismäßig hohes Produktionstempo durchhielt, wie der noch ausfuhrlich vorzustellende Jugendschriftsteller Franz Hoffmann (1814-1882) mit seinem geradezu fabrikmäßigen Ausstoß an „Moralischen Erzählungen" in 225 Bänden. Konfessionelle, soziale und geschlechtsspezifische Verteilung der „Volkslehrer" Es gibt in Deutschland eine kulturelle Wertigkeits-Aufladung des Druckmediums Buch, die international ohne Beispiel ist. Vor allem in den angelsächsischen Ländern und in den Niederlanden war das Buch in erster Linie Handelsgut, weniger ein Instrument von Kulturmission. Die deutsche Sonderentwick125 126 127 128

Ebd., 43. Stück, zit. n. Bode: Johann Ludwig Christ, 1984, S. 36. Schmid, Christoph von: Gesammelte Schriften I. Augsburg 2 1858, S. 7. Zum Besitzanspruch der Verleger vgl.: Ketelsen: Aufklärung. In: Killy XIII (1992), S. 54. Vgl. Köster: Biedermeierzeit. In: Killy XIII (1992), S. 102ff.

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lung muß auf historische Wegmarken zurückzufuhren sein. Sie lassen sich nach Ansicht des Buchwissenschaftler Dietrich Kerlen in einer spezifisch protestantischen Verehrung dieses Mediums finden, die in Martin Luthers zentralen Bekehrungserlebnissen gründet 129 . Die alte Kirche favorisierte für Gebildete und Laien dagegen weiterhin Bildkatechese statt bloßer Textlektüre. Auch von daher erklärt sich der hohe Anteil protestantischer Autoren unter den Volksaufklärern. Nach ihrer sozialen Zugehörigkeit stammen die Autoren aus akademischen Kreisen. In der von Johanna Monschein inspizierten Bücher-Sammlung Kaiser Franz I. von Österreich fand sich unter den deutschen Autoren ein einziger, Friedrich Eberhard Freiherr von Rochow (1734-1805), der dem Adel angehörte130. Auch der französische Teil der Bibliothek reflektiert den Zustand der Gesellschaft. Die Autoren, die „weder nach Zusammensetzung noch nach Einstellung und Verhalten als geschlossene Einheit gelten [können]", kommen aus dem Kreis der „Hommes de lettres", der Journalisten, aus dem aufgeklärten Klerus, dem Adel, aber auch aus dem sogenannten „intellektuellen Proletariat", wie etwa Jean-François Marmontel, der es vom armen Schlucker aus der Provinz zum bekannten Schriftsteller brachte. Männer befinden sich bei den deutschen Verfassern moralischer Geschichten weit in der Mehrzahl. Während in den literarischen Salons des 18. Jahrhunderts in Frankreich auch zahlreiche Frauen zum Schreiben ermuntert worden sind, zeigten sich die deutschen Autorinnen wesentlich verhaltener. Madame de Genlis (1746-1830) ließ ihre belehrenden Schriften zusammen mit den volkstümlichen Heftchen der „Bibliothèque bleue" von fahrenden Händlern auch auf dem Land anbieten. Mit ihrem Werk „Adele et Théodore" (1783) ist sie in ganz Europa bekannt geworden. In diesem Bericht über die Erziehung zweier Geschwister finden sich Erzählungen, Anekdoten, Gesellschaftsklatsch, Intrigen und Reiseschilderungen. Von den Werken der Pädagogin Jeanne-Marie Le Prince de Beaumont (1711-1780) sind das „Magasin des Enfans" (1757), das „Magasin des Adolescentes" (1766) und ihre „Education compiette" (1763) am bekanntesten. Comtesse de Ségur (1799-1874), die als gebürtige Russin mit neunzehn Jahren nach Frankreich kam, hat als erste Kinderbuchautorin in ihren Erzählungen „Diloy le chemineau", „Jean qui grogne et Jean qui rit", „La sœur de Gribouille", „Le bon Génie" das Problem der Kinderarbeit aufgegriffen und in „La Fortune de Gaspard" den Aufstieg eines Kleinhäuslerbuben zum Industriemanager mit allen Verwicklungen minutiös geschildert 131 . Die Relation zwischen männlichen und weiblichen Autoren in der Kinder- und Jugendbuchsammlung Kaiser Franz I. von Österreich (17681835) zeigt die Position der Frau in der Literatur Frankreichs: 37 Autoren ste129 Kerlen: Protestantismus und Buchverehrung in Deutschland, 1999. 130 Monschein: Kinder- und Jugendbücher der Aufklärung, 1994, S. 28. 131 Ebd., S. 32.

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hen hier neun Autorinnen gegenüber. In der deutschen Kinder- und Jugendbuchliteratur sind es dagegen 58 Autoren und eine einzige Autorin, nämlich die Erzieherin Antonia Wutka (1763-1824). In Deutschland sprach man Frauen gemeinhin die Fähigkeit zur Schriftstellerei ab. Carl Wilhelm Otto August von Schindel (1776-1830) mußte herbe Kritik des Junggesellen Jacob Grimm einstecken, als er 1823 den ersten Band seines „Schriftstellerinnenlexikons" herausbrachte. Grimm klagt in seiner Rezension über die wachsende Zahl schreibender Frauen, wo doch die Poesie „ein Amt und Geschäft der Männer" sei. Er zeigt sich erschreckt über die große Zahl „unglücklicher, gestörter und geschiedener Ehen" von Schriftstellerinnen und wirft Schindel vor, daß sein Werk nicht nur unnütz, sondern sogar schädlich sei, weil es weitere Frauen zum Schreiben animieren könnte. Daraufhin setzte Schindel dem dritten Band seines Lexikons 1825 einen Aufsatz voran, der sich mit den Vorwürfen gegen schreibende Frauen auseinandersetzt: „Wahr dürfte es also wohl seyn, die Pflichten des häuslichen Kreises fordern das Weib in jenen Verhältnissen zu so vielen Beschäftigungen auf, daß es wohl zu besorgen ist, es werde, wenn dasselbe als Schriftstellerin auftritt, leicht in Gefahr kommen, jenen heiligen Beruf nicht in vollem Maße zu erfüllen, und im Allgemeinen beides schwer mit einander vereinigen können. Dennoch dürften wir auch hier uns vor zu harten Absprechungen über einzelne Fälle zu hüten haben. Ich führe als Beispiele vier sehr geachtete Frauen an: die verstorbene Friederike Lohmann, die Geliert bis an seinen Tod seiner vertrauten Freundschaft und Briefwechsels würdigte, als Mutter einer zahlreichen Familie; - die verstorbene Sophie Ludwig, gleichfalls im mütterlichen und häuslichen Kreise segensvoll wirkend; - die noch lebende Geheimeräthin Engelhard, geb. Gatterer, eine Mutter von zehn noch lebenden, von ihr mit sorgfältiger Treue erzogenen Kindern; und die ebenfalls noch lebende Elise Sommer, geb. Brandenburg, die zehn Kinder nur mit Hülfe eines Dienstmädchens erzog, alle Arbeiten der Nadel und des Strickens fur ihre Haushaltung selbst besorgte, ohne einen Schneider für sich und ihre Töchter zu brauchen und ihrem als Kanzleisecretair angestellten Gatten 12 Jahr einen Schreiber durch Abschreiben großer, ihr oft unverständlicher Actenstöße ersparte: - welche vier Frauen sämmtlich durch zum Theil sehr zahlreiche Schriften die Vorzüge ihres Geistes und Herzens beurkundeten ... Sehr häufig hat man in Bezug auf schriftstellernde Frauen den Vorwurf vernommen, daß ihr Schriftstellern unglückliche Ehen veranlasse. ... Aber auch hier dürfte man, in der Allgemeinheit geurtheilt, so leicht fehlen und in den Fällen, wo wirklich solche Frauen unglücklich sind, den Begriff der Ursache und Wirkung in das Factische hineinlegen" m . Unter den 21 Autorinnen moralischer Geschichten, die ich ausfindig machen konnte 133 , lebten allerdings tatsächlich überproportional viele in unbefriedi132 Schindel, Carl Wilhelm Otto August von: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, 3. Theil, Nachträge und Berichtigungen enthaltend. Leipzig 1825, S. V-XXVII. 133 Elisa Averdieck, Karoline von Baudissin, Isabella Braun, Antonie Cosmar, Louis-FlorencePétronille de La Live d'Epinay, Marianne Ehrmann, Olga Eschenbach, Sarah Fielding, Char-

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genden Beziehungen, aus denen die meisten ausbrachen und sich mit dem Schreiben am Leben erhielten. Mit ihrem Cousin unglücklich verheiratet war Madame d'Epinay (1726-1783), die anregenden geistigen Austausch mit Rousseau, Jacob Grimm u.a. pflegte. Marianne Ehrmann (1755-95) ließ sich scheiden, nachdem ihr Mann in kurzer Zeit ihr kleines Vermögen aufgezehrt hatte, war in zweiter Ehe jedoch glücklich mit einem Reiseschriftsteller liiert. Ihr notorischer Geldmangel veranlaßte sie früh, literarisch und publizistisch tätig zu werden. Amalie Schoppe, Arzttochter, Bekannte Varnhagens, Chamissos, Kerners, Gönnerin Hebbels, Leiterin einer Hamburger Mädchenschule und Mutter von drei Söhnen, hat sich schon 1821 nach sieben unglücklichen Ehejahren von ihrem Mann, einem Rechtsanwalt, getrennt. Seit 1822 veröffentlichte sie fast jährlich Erzählungen und Romane und etablierte sich als Publizistin durch ihre Redaktion der „Pariser Modeblätter" (Hamburg 1827-46) und der „Iduna. Zeitschrift für die Jugend beiderlei Geschlechts" (Altona 1831-39). Kathinka Zitz (1801-1877) hatte schon als Schülerin angefangen zu schreiben. 1817 erschien ihr erstes Gedicht. Auch sie hatte mit Männern kein Glück: 1828 löste sie die zehnjährige Verlobung mit dem preußischen Offizier Wild, da der Heiratsantrag ausblieb, und heiratete 1837 den Rechtsanwalt Franz Zitz. Die Ehe scheiterte nach nur zwei Jahren an der ständigen Untreue des Mannes. Daraufhin folgte eine rege literarische und politische Tätigkeit. Ab 1849 stand sie mehr und mehr unter Produktionszwang und begann darum Biographien über Goethe, Heine und Rahel Varnhagen zu schreiben. Sophie von La Roche (1730-1804) war als Gattin eines hohen Beamten in kurmainzischen Diensten ein Leben in gutsituierten Verhältnissen gewohnt. Mit der „Geschichte des Fräuleins von Sternheim" (2 Teile Leipzig 1771) bereits berühmt geworden, wurde die Dilettantin notgedrungen zur Berufsschriftstellerin, als ihr Mann 1780 über seine Kirchenkritik politisch stürzte. Obwohl sie von da an die Familie ernährte, zeigte er kein Interesse an ihrer Arbeit. In einer ausgesprochen glücklichen Ehe lebte dagegen Friederike Juliane Gräfin Reventlow (1763-1816) mit ihrem Mann, dem dänischen Finanzminister und Volksaufklärer Christian Ditlev Reventlow, der sich während seiner vierzigjährigen Amtszeit für Schul- und Landwirtschaftsreformen einsetzte. Ihre Werke, die sich meist an Kinder und Jugendliche richten, spiegeln das vorgelebte gute Beispiel. Die sehr produktive schwäbische Lehrersfrau Ottilie Wildermuth (1817-77) agierte als Mittelpunkt eines großen Familien- und Freundeskreises, und behauptete zwischen den Geistesgrößen der Zeit ihren Platz auf bescheidene, originelle Weise. Die Freundin Kerners und Uhlands stand in Korrespondenz lotte Eleonore Wilhelmine Gersdorf, Madeleine Angelique Gomez, Sophie von La Roche, Friederike Juliane Gräfin Reventlow, Amalie Schoppe, Caroline Späth, Karoline Stahl, Anna Stein, Ottilie Wildermuth, Amalie Winter, Antonia Wutka und Kathinka Zitz.

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u.a. mit Stifter, Gotthelf, Heyse und fand auch Zeit, im Dienst der weiblichen Erziehung und verarmter Frauen karitativ tätig zu sein. „Keine Emancipirte und kein Blaustrumpf, damit beschrieb sie wohl nicht nur eine Gestalt in ihrer „Hausfrau der neuen Zeit", sondern auch sich selbst134. Tatsächlich benutzten also die meisten Autorinnen moralischer Geschichten, die ich ausfindig machen konnte, das Schreiben als Mittel zum Überleben. Gräfin Karoline Adelheid Cornelia Baudissin (1759-1826) zählt zur seltenen Spezies von Schriftstellerinnen, die den vornehmsten Verhältnissen entstammten und sich als gutsituierte Frau eines schleswig-holsteinischen Gutsbesitzers die Zeit mit Schreiben vertrieb. Andere Frauen konnten sich das Dasein einer Schriftstellerin erlauben, da sie entweder „ungesucht von einem Manne" oder kinderlos blieben oder früh Witwe wurden 135 . So schrieb die Hamburger Diakonisse Elisa Averdieck (1808-1907) in ihrer Freizeit. „Volkslehrer" im 19. Jahrhundert und neue Bildungsideale Es bleibt zu klären, was aus den geschilderten Privat-Engagements im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde. Zur „Volksaufklärung" in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wissen wir inzwischen eine ganze Menge, ihr Ausklang im 19. Jahrhundert ist dagegen kaum geforscht - ein Defizit das hier mit Autoren wie den Protestanten Franz Hoffmann (1814-1882), Gustav Nieritz (1795-1876), Caroline Späth (Lebensdaten unbekannt), Carl Ludwig Nonne (1785-1854), Johann Friedrich Wilhelm Pustkuchen-Glanzow (17931834) und den Katholiken Otto Bitschnau (1825-1905), Franz Xaver Kieffer (1819-1890), Ludwig Mehler (1816-72), Karl Aloys Nack (1751-1825) und Heinrich Schwarz (1819-94), ausgeglichen werden soll. Das alte Pfarrer-/Volkslehrer-Bild hielt sich im 19. Jahrhundert zunächst weiter. Ernst Moritz Arndt (1769-1869) forderte, der Bauernstand solle sich durch „sonntägliche männliche Spiele und Übungen unter der Leitung des Pfarrers als Gymnasiarchen schulen und kräftigen" 136 . Der Begriff „Volkslehrer" erfahrt jedoch nach 1848 eine entscheidende Bedeutungsveränderung: Während unter den vielen von Willibald Kammel gesammelten Quellenbelegen in der Zeit vor 1848 nur drei den Begriff „Volkslehrer" synonym mit „Volksschullehrer" verwenden und viele zeitgenössische Belege die „Schulmeister" als eine eigene Spezies neben den selbst ernannten, sich aus verschiedenen, fast durchweg akademischen Berufen rekrutierenden „Volkslehrern" auffuhren, bleibt in den Belegen nach 1848 die Bezeichnung „Volksleh-

134 Wildermuth, Ottilie. In: Neue Bilder aus Schwaben. Stuttgart 1854. 135 Schindel: Vorwort. In: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, 3. Theil (1825), S. V-XXVII. 136 Franz: Geschichte des deutschen Bauernstandes, 1970, S. 259.

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rer" den Volksschullehrern vorbehalten 137 . Darin drückt sich zum einen das neue Standesbewußtsein einer Berufsgruppe aus, die nach Einführung der Lehrerseminare sich durch bessere Qualifikation auch eine bessere Besoldung und ein höheres Sozialprestige verdient zu haben glaubte. Zum anderen kann man darin zugleich ein sprachliches Zeichen dafür erblicken, daß eine Aufgabe, die im 18. Jahrhundert engagierter Privatinitiative überlassen war, seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von jenem Teil der Staatsdiener ausgeübt werden sollte, dem der Staat diese Aufgabe zuwies. Das waren bei fortschreitender Trennung von Kirche und Staat eben nicht aus eigenem aufklärerischem Impetus und nach eigenem Programm vorgehende Pfarrer oder gar beliebige Privatleute, sondern die Volksschullehrer, die nach vom Staat vorgegebenen Lehrplänen unterrichteten 138 . Das friedliche Zusammenarbeiten von geistlichen „Volkslehrern" und Schullehrern neuer Art (also Absolventen eines Seminars, das letzteren erst auch zum „Volkslehrer" aufrücken ließ), wich einem Kampf der Volksschullehrer gegen eine als drückend empfundene (und wohl auch objektiv zunehmend reaktionäre) Schulaufsicht durch die Pfarrer 139 . Der in aufklärungsfreundlichen Kreisen ausgesprochen positive Beiname „Volkslehrer" war ein bisher weitgehend von den Pfarrern okkupierter Prestigebegriff, den der neue, moderne Volksschullehrerstand für sich zu sichern suchte, was ihm auf Dauer auch gelang. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ruhte die auf den „schlichten, einfachen, praktischen Menschen" abgestimmte sogenannte „volkstümlichen Bildung" auf seinen Schultern 140 . Die Begriffsverlagerung und -Verengung auf sie erfolgte so gründlich, daß selbst das Grimmsche Wörterbuch zu Beginn eines verwirrenden Artikels aus dem Jahr 1951 vermerkt „Volkslehrer, m., im engeren Sinne ein Volksschullehrer" 141 . Hier scheint bei modernen Philologen die gesamte aufklärerische Tradition in Vergessenheit geraten zu sein. „Bildung und Belehrung" des Kirchenvolkes galten schon im Humanismus und bei den Jesuiten als Predigtziele. Die Volksaufklärung aber erachtete diese Art von praxisferner Unterrichtung für nicht mehr zeitgemäß und kämpfte um die Verbreitung anwendbaren Wissens für eine optimierte ökonomische Lebensführung. Im 19. Jahrhundert folgte eine dritte, wieder andere Bildungs137 Kammel: Der Volkslehrer, 1926. 138 Vgl. Glöckel: Volkstümliche Bildung? 1964. - Freudenthal: Volkstümliche Bildung, 1957. Volk und volkstümliche Bildung. Tagungsbericht, 5. Arbeitstagung Volkskunde und Rundfunk, hg. v. Verband der Vereine für Volkskunde, Schriftleitung: Willy Leygraf. Baden-Baden 1958. 139 Vgl. zu dem sich anbahnenden Konflikt auch Herrmann: Lesegesellschaft an der Wende des 18. Jahrhunderts, 1975, S. 481 f. 140 Seyfert, Richard: Volkstümliche Bildung als Aufgabe der Volksschule (= Künftige Ernten 6). Dresden 1931; 2., neubearb. Aufl. u.d.T. Volkstümliche Bildung als Teil der nationalen Erziehung, ebd. 1934. 141 Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch XII,2 (1951), Sp. 487.

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welle. Jetzt traten die katholische Volksbildung (vor allem der BorromäusVerein, gegründet 1844), die evangelische Volksbildung mit verschiedenen Vereinstypen wie Schriften-, Bibliotheks-, Presse- und Kolportagevereinen, die seit 1849 im Verband der Inneren Mission zusammengeschlossen waren, und die Arbeiterbildung auf den Plan142. Erneut spielte der Begriff der „Popularität" wie schon in der modifizierten Pfarrer-Ausbildung des 18. Jahrhunderts eine zentrale Rolle 143 . Jetzt ging es um den Versuch, aus den Naturwissenschaften stammende Inhalte sowie Fragen der Analyse von Naturphänomenen an ein Publikum weiterzugeben, das nicht selbst im Zentrum der Wissensproduktion stand 144 . So verstandene Popularisierung äußerte sich in einem aktiven Vereinswesen, der Organisation von öffentlichen Vorträgen, Festen, Tagungen, der Publikation von Zeitschriften und Buchreihen, der Gründung von Museen und Gärten und vieles andere mehr. Das neue Stichwort lautete „Volksbildung". Sie ersetzte die „Volksaufklärung" des 18. und frühen 19. Jahrhunderts endgültig. Der Neuzeit- und Sozialhistoriker Dieter Langewiesche hat in seiner Würzburger Habilitationsschrift dieses proletarische Bildungsstreben am Beispiel österreichischer Arbeiter im Kaiserreich und in der Ersten Republik analysiert, indem er der Frage nachgeht, wie diese die Zeit außerhalb ihres Berufes verbrachten oder verbringen mußten 145 . „Freizeit" im Sinn der heutigen „Erlebnisgesellschaft" kannten sie kaum 146 . Vielmehr sollten die Stunden, die sie sich nicht an ihrem Arbeitsplatz aufhielten, ausgefüllt sein mit Besuchen von Kunstveranstaltungen, Vorträgen in Volks- und Arbeiterbildungseinrichtungen und Leihbüchereien, womit sie, wie Langewiesche gezeigt hat, praktisch den Bildungskanon des Bürgertums übernahmen 147 . Träger dieser Wissensvermittlung waren jetzt vielfach die naturkundlich bzw. naturwissenschaftlich orientierten Vereine. Hand in Hand mit den naturkundlichen Aktivitäten gingen dabei die politisch-aufklärerischen Bemühungen um mehr Demokratie und Volksbildung. Dies wurde 1822 offenkundig bei der Gründung der „Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte" (GDNA) durch den Naturphilosophen Lorenz Oken (1779-1851) 148 . Sie wurde

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Vgl. Jäger, Georg: Leser/Lesen. In: Killy XIV (1993), S. 5-12, hier S. 10. Vgl. Daum: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert, 1998. Diese Definition von „Popularisierung" gibt Daum in: ebd., S. 25. Langewiesche: Zur Freizeit des Arbeiters, 1980. Vgl. die Forschungen des Bamberger Kultursoziologen Gerhard Schulze: Erlebnisgesellschaft, 1992, 8. Aufl. 1999 und Ders.: Die Kulissen des Glücks, 1999, 2 2000. 147 Langewiesche: Zur Freizeit des Arbeiters, 1980, S. 27f. 148 Lorenz Oken, eigentlich Lorenz Ockenfuß, war Naturforscher. Er wurde am 1. August 1779 in Bohlsbach bei Offenburg als Sohn eines Schwarzwaldbauern geboren und studierte Medizin in Freiburg, Würzburg und Göttingen. Seit 1807 war er Professor in Jena. Nachdem er Jena wegen seiner liberalen politischen Aktivitäten 1819 verlassen mußte, wurde er 1828 bis 1832 Professor in München und ab 1833 Professor und Rektor in der neu gegründeten Universität in Zürich.

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schnell zum Vorbild für ähnliche Institutionen im Ausland und bildete das wichtigste Forum, auf dem Naturwissenschaftler der deutschen Öffentlichkeit ihr Wissen und Weltverständnis präsentierten, wobei sich neben den Fachsitzungen und eher allgemein gehaltenen Vorträgen auch eine Festkultur mit feierlichen Eröffnungen, Ansprachen und Grußadressen entwickelte. Eine weniger anspruchsvolle und eher volkstümliche Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit stellten die etwa dreißig, von dem Leipziger Naturforscher und Volksschriftsteller Emil Adolf Roßmäßler (1806-67) in den 1860er Jahren gegründeten Humboldt-Vereine dar, die sich binnen weniger Jahre schon wieder auflösen sollten149. Sie besaßen eine sozialreformerische Ausrichtung und entsprachen einer politischen Bildungskonzeption zwischen liberaler und sozialdemokratischer Provenienz. Mehr Erfolg war Roßmäßler mit seinem Einsatz für die durch Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg 1842 angestoßene Reform des naturkundlichen Unterrichts in den Schulen beschieden. Dessen Forderung „Jeder Schullehrer ein Naturkenner, jeder Landschullehrer ein Naturforscher" überzeugte zahlreiche engagierte Lehrer Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie wollten die Naturwissenschaften zu einer verständlichen, „einheitlichen Dorfschulen-Wissenschaft" umschreiben und unter das Volk bringen. Es sollte endlich Schluß sein mit der Bevormundung durch die Kirche, denn meist wurde naturkundlicher Unterricht halbherzig von Theologen und Altphilologen erteilt. Als Paulskirchenabgeordneter setzte sich Roßmäßler entschieden und kompromißlos für einen „tüchtigen naturgeschichtlichen Unterricht" ein. Er plädierte für eine staatliche Schulaufsicht, um den seiner Meinung nach trostlosen Zustand der Volksschulen zu verbessern. Kern seiner zwar materialistischen, aber nicht atheistischen Weltanschauung war, daß die wahrhaftige Heimat aller Menschen nur die Natur sein könne. Deshalb gelte es, in der Schule das Verständnis für die Natur durch eigene Naturbeobachtungen zu wecken. Damit stand Roßmäßler in der Kontinuität einer Naturbildung, die bis heute im Bildungsauftrag „Umwelterziehung" weiter-

149 Roßmäßler, der in Leipzig Theologie studiert hatte, erwarb sich als Autodidakt umfassende Kenntnisse in der Zoologie und Botanik. Sein besonderes Forschungsinteresse galt den Weichtieren, den Schnecken und Muscheln. Ab 1830 wirkte er als Professor für Naturgeschichte an der Forstakademie in Tharandt. Als Vertreter der Demokraten wurde er 1848 für den Wahlbezirk Pirna in die Deutsche Nationalversammlung gewählt, im Sommer 1849 aber seiner Ämter enthoben und des Hochverrats angeklagt. Der Prozeß endete mit Freispruch. Roßmäßler lebte danach in Leipzig. Als Vertreter der Deutschkatholiken setzte er sich für die Hebung der Volksbildung, insbesondere unter den Arbeitern, ein. Er beschäftigte sich mit naturwissenschaftlichen Studien und Reisen. Durch seinen Aufsatz in der „Gartenlaube", betitelt: „Der See im Glase" (1856) und durch sein kleines Werk „Das Süßwasser-Aquarium" (1857) gilt Roßmäßler als der „Vater der Aquaristikkunde in Deutschland". - Vgl. Kuntz, Andreas: E. A. R. Ein demokratischer Museumspädagoge des 19. Jahrhunderts. In: Museum und Schule 4 (1977), S. 24-28.

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wirkt, so der Frankfurter Biologie-Didaktiker, Gerhard Trommer 150 . Roßmäßler war Exponent einer emanzipatorischen Naturbildung, deren geistig befreiende Wirkung er als Grundlage für eine demokratisch verfaßte, fortschrittliche Industriegesellschaft ansah. Eine Vielzahl der Forderungen von Roßmäßler und seinen Freunden fanden ihren Niederschlag in Artikel VI der Paulskirchen-Grundrechte vom Dezember 1848 („Wissenschaft und Lehre sind frei!") und wurde auch anfanglich in einigen deutschen Staaten umgesetzt. Doch nach dem Scheitern des Paulskirchenparlaments machten sich auch auf diesem Gebiet restaurative Tendenzen breit: der Einfluß der Kirche in Schulangelegenheiten wurde erneut festgeschrieben. Werke von Volksaufklärern wie Heinrich Zschokke (1771-1848) stießen in konservativen Kreisen nun auf erbitterten Widerstand. Im Kanton Zürich zum Beispiel erregten die Schulbücher des liberalen Seminardirektor Thomas Scherr den Unwillen der evangelischen Geistlichkeit und der Landbevölkerung, was 1839 schließlich zum Sturz der liberalen Regierung führte 151 . Als idealste Jugendlektüre galten jetzt wieder Heiligenlegenden: „Was ist erbaulicher und unterhaltender als diese Beispiele der Heiligen!", hieß es 1851 in der „Schweizerischen Kirchenzeitung" 152 . Das hinderte Roßmäßler, der inzwischen seine Professorenstelle verloren hatte, nicht daran, sich als „naturwissenschaftlicher Reiseprediger" (Trommer) und Verfasser zahlreicher Aufsätze und Bücher weiter für die Verbreitung seiner Ideen zu engagieren. In dieser Tradition standen die bislang von der Forschung nahezu unbeachtet gebliebenen Wanderlehrer 153 , die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts landwirtschaftliche Aufklärung betrieben und sogar über eine eigene Zeitschrift (1878-1886) verfügten 154 . Sie leiteten Bauern und Bäuerinnen durch Vorträge zur Anwendung neuer Methoden in Viehzucht, Feld- und Gartenbau an155 und trafen sich bis weit in das 20. Jahrhundert hinein regelmäßig zum Er150 Trommer, Gerhard: Mit naturkundlicher Volksbildung zur Befreiung der Untertanen. In: Forschung/Frankfurt 1998, H. 2, hg. v. d. Pressestelle der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/Main. 151 Vgl. Brunold-Bigler: Das Lektüreangebot fur Katholiken, 1982, S. 171, Anm. 11. 152 Schweizerische Kirchenzeitung Nr. 5, 1851, S. 35; zit. n. Brundold-Bigler: Lektüreangebot, S. 173. 153 Zwei Ausnahmen bilden die kleinen Studien: Lange, Sophie: Als feines Fräulein hinterm Pflug. Das außergewöhnliche Leben der Else Pfefferkorn in der Eifel. Aachen 1996, 166 S., III. [1914-1917], - Dies.: Will mit wanderfrohen Schritten ... : die Wanderlehrerin und Webmeisterin Else Pfefferkorn. In: Eifel-Jahrbuch 1997, S. 46-50. - Lippert, Heinrich: Wanderlehrer und Winkelschulen. In: Der Bayerwald 82 (1990), H. 4, S. 48-57. 154 Der Wanderlehrer. Gemeinfassliche Vorträge und Stoff fur's Vereinsleben. Zs. f. Volksbildung und Aufklärung. Hamburg [u.a.]: Keller 1878-1886. 155 Vgl. z.B. Kindshoven, Josef: Der Gemüsebau unter besonderer Berücksichtigung des bäuerlichen Betriebes. Vortrag gehalten auf dem vom von der Deutschen LandwirtschaftsGesellschaft veranstalteten 8. Lehrgang für Landwirtschaftl. Wanderlehrer zu Coburg, o. O. [Coburg]: Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft 1913.

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fahrungsaustausch, nunmehr unter dem Dach der Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft 156 . Gänzlich kommerzialisiert war freilich die Tätigkeit der Wanderlehrerinnen, die der Lebensmittelchemiker Johann Weck aus dem Schwarzwald von 1900 an über Land schickte, um seine Methode der Lebensmittelkonservierung in Gläsern zu verbreiten 157 . Das „Weckglas" wurde schnell zum festen Begriff in der deutschen Sprache und bezeichnete einen der ersten Markenartikel Deutschlands. Die „Weck"-Wanderlehrerinnen, die in Schulen, bei Hausfrauenvereinigungen, in Pfarrhäusern und in Lehrküchen die „Einweck-Technik" vorführten, sorgten dafür, daß das Einkochen bekannt und fortan von Generation zu Generation weitergegeben wurde 158 . Damit trat im 20. Jahrhundert ein völlig neuer Typus von „Volkslehrer" auf den Plan, der den Schritt von der Volksaufklärung und -bildung zur Verkaufswerbung und Gebrauchsanleitung vollzog und bis heute Plastikschüsseln159, Kosmetika oder Staubsauger vermarktet. Seit den 1930er Jahren reisten Vertreter der Wuppertaler Firma Vorwerk & Co mit „Kobold"Staubsaugern bis in die abgelegensten Dörfer und führten vor, was diese angeblich zeit- und geldsparenden Alleskönner zu leisten vermögen: Haaretrocknen, anschließend die Obstbäume mit Insektenvernichter bespritzen oder die Stallwände kalken, das Vieh vom Schmutz befreien oder das Bohnerwachs mit dem Blocker auf dem Linoleum verteilen. Der legendäre Staubsauger wurde zu einem Klassiker und ist inzwischen ein Kultobjekt, das heute noch

156 Vgl. Neuere Erfahrungen auf dem Gebiete des landwirtschaftlichen Betriebswesens. Neunzehn Vorträge gehalten auf dem von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft veranstalteten VII. Lehrgänge für Wanderlehrer zu Eisenach vom 31. März bis 6. April 1910 (= Arbeiten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, 167). Berlin: DLG-Verlag 1910. - Vgl. auch: Aus dem Leben einer Wanderlehrerin. In: Die Unzufriedene. Eine unabhängige Wochenschrift fur alle Frauen, hg. v. Eugenie Brandl [später Paula Hons]. Wien 10. Jg., Nr. 17, 23. April 1933. 157 Nach der gleichen Methode arbeitete auch die Konkurrenzfirma „Rex": Rex-Kochbuch mit gründlicher Anleitung zur Bereitung sämtlicher Hauskonserven, von Frau Emilie Loesel, Wanderlehrerin, Aussig. o.J [1930er Jahre]. 158 Vgl. Scharnagel, Mechthild: „Freizeit gab es wenig". Biographisches Interview mit Magda Thoma (* 1927) aus Marktbreit, deren Tante ihr Geld als Weck-Wanderlehrerin verdiente. In: Alzheimer-Haller, Heidrun (Red. u. Hg.): Himmel und Hölle. Kindheit und Jugend in bewegter Zeit (= Schriftenreihe Museum Malerwinkelhaus, Bd. 3). Marktbreit 2002, S. 295-304. 159 Vgl. Blasehka, Martina: Tupperware als Lebensform. Die Schüssel, die Party, die Beraterin. Eine empirische Studie (= Studien & Materialien des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen, 19; zugl.: Magisterarbeit Univ. Tübingen). Tübingen 1998. - Clarke, Alison J.: Tupperware. The promise of plastic in 1950s America. Washington u.a.: Smithsonian Inst. Press, 1999. - Russo, Manfred: Tupperware und Nadelstreif. Geschichten über Alltagsobjekte. Wien 2000.

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auf ähnliche Weise vertrieben wird160. Auch für Unsinniges kann so „belehrt" werden, denn es geht um reine Überredung zum Kauf, gleichgültig wofür. Die Entstehung einer allgemeineren, nicht nur auf den Bauernstand zielenden Erwachsenenbildung und der damit zusammenhängenden Volkshochschulen in Deutschland ist eng verbunden mit den ersten Versuchen der Arbeiterschaft, ihren gesellschaftlichen Status und ihre wirtschaftliche Lage innerhalb der Industriegesellschaft des 19. Jahrhunderts durch organisierte Interessenvertretung zu verbessern 161 . Am Anfang der institutionellen Erwachsenenbildung stand vielerorts die Gründung eines Arbeitervereins, meist im Gefolge der 1848er Revolution. Obwohl dies noch keine eigentlichen Bildungseinrichtungen, sondern Vereine zur Durchsetzung allgemeiner politischer Ziele waren, kamen in den Satzungen auch Bildungsziele zum Ausdruck. In den Statuten des 1848 gegründeten Braunschweiger Arbeitervereins heißt es dementsprechend: „Die Mitglieder versammeln sich zur Teilnahme an Unterrichtsstunden, Gesang, Unterhaltung, Lesen, belehrenden Vorträgen, Besprechung ihrer Interessen, Debatte über allgemeine Angelegenheiten" 162 . Auch die teilweise bis heute so genannten, von kommunalen Gebietskörperschaften oder Kirchen getragenen „Volksbüchereien" hatten einen volkspädagogischen Auftrag. Die ersten Büchereien mit einer breiten Palette an belehrender und unterhaltender Literatur nach dem Vorbild der angloamerikanischen „Public Libraries" entstanden im deutschsprachigen Raum Ende des 19. Jahrhunderts. Ansätze zur Ausweitung des Angebots der bis dahin ausschließlich von verschiedenen christlichen oder sozialistischen Bildungsvereinen betriebenen Leihbüchereien gab es zwar schon früher, beispielsweise die „Volksbibliotheken", die von dem Historiker Friedrich von Raumer 1850 in Berlin gegründet worden waren. Doch erst die deutsche „Bücherhallenbewegung" konnte dem Volksbüchereigedanken um die Jahrhundertwende endgültig zum Durchbruch verhelfen 163 . Hinzu kamen Gesellschaften, wie die 1903 in Stuttgart durch die Franckh'sche Verlagshandlung gegründete KosmosGesellschaft, eine erste kommerzielle Buchgemeinschaft für die Naturkunde in

160 Battenfeld, Beate/ Oppeln, Dieter von: Kultstaubsauger Kobold. Der mit der Trockenhaube. Berlin 1997. 161 In Deutschland entwickelte sich die Volkshochschulidee in Anknüpfung an deren Begründer Nikolai Grundtvig (1783-1872) zu Beginn des 20. Jahrhunderts. - Zu diesem Volkserzieher und Sozialreformer vgl. Meincke, Inga: „Vox Viva". Die „wahre Aufklärung" des Dänen Nikolaj Frederik Severin Grundtvig. Heidelberg 2000, 371 S. 162 Eckert, Georg: 100 Jahre Braunschweiger Sozialdemokratie, 1. Teil, Hannover 1965, S. 21. 163 Engelsing: Der Bürger als Leser, 1974. - Vgl. auch Thauer, Wolfgang (Hg.): Die Bücherhallenbewegung (= Beiträge zum Büchereiwesen. Reihe B: Quellen und Texte, 4). Wiesbaden 1970. - Ders.: Politik und Bücherei. Paul Ladewig und die jüngere Bücherhallenbewegung. Wiesbaden 1975. - Ders./Vodosek, Peter: Geschichte der öffentlichen Bücherei in Deutschland. Wiesbaden 1978, 2 1990.

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Deutschland; sie war Zeichen für die sich ab 1890 zunehmend professionalisierende Volksbildungsarbeit. Zwar gab es jetzt keine gelehrten schreibenden „Frauenzimmer" und von Sendungsbewußtsein beflügelten Geistlichen mehr, denen in erster Linie das Fortkommen der Bauern am Herzen lag, dafür aber politisch aktive Idealisten, die im Glauben an den Menschen wie an den Fortschritt der Masse der Bevölkerung den Weg zur Bildung vermitteln wollten. Sie stammten zumeist aus dem linken Lager und versuchten mit ihren Schriften und Vorträgen auf das Proletariat zu wirken. Zu ihnen zählt zum Beispiel der Aachener jüdische Kaufmann David Hansemann (1790-1864), der sich als Sozialpolitiker für die Gründung von Prämien- und Sparkassen, Kinderbewahranstalten für berufstätige Eltern, berufsbezogene Schulen etc. einsetzte. Zur Finanzierung nutzte er einen Teil der Gewinne der von ihm mitbegründeten „Aachener FeuerVersicherungs-Gesellschaft", was in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Novum darstellte. Ebenfalls sozialpolitisch aktiv zeigte sich der vornehmlich als Sprichwortforscher bekannte Karl Friedrich Wander (1803-1879). Als Sohn eines Dorfschneiders begann er nach kurzer Tischlerlehre 1818 als Schulpräparand seine Lehrerlaufbahn, wozu er 1822-1824 am Lehrerseminar in Bunzlau die nötige Ausbildung erhielt. Von 1827 bis zu seiner Amtsenthebung wegen revolutionär und demokratisch gesinnter Reden und Schriften 1849 war er als Lehrer an der Stadtschule in Hirschberg tätig. 1849 bis 1852 gab er die Zeitschrift „Der pädagogische Wächter" heraus, worin er die Positionen der fortschrittlichen Lehrerschaft mit großem Engagement und Mut darlegte. Als liberal denkendem Volkspädagogen blieb dem „roten Wander" 1850 schließlich nur die Ausreise nach Amerika. Ein Jahr später kehrte er mit wichtigen Kenntnissen zurück, die er in seinem „Auswanderungs-Katechismus" (Glogau 1852, Neudr. Bern 1988) vorlegte. Da die politische Reaktion ihm die Ausübung seines Berufs nicht gestattete, eröffnete er 1852 zusammen mit seiner Frau in Hermsdorf ein Gewürzgeschäft und setzte sich 1874 in Quirl zur Ruhe, um sich völlig seinen Sprichwortstudien zu widmen 164 . Mit der wachsenden Institutionalisierung popularisierender Literatur bildeten sich eigene literarische Normen der Darstellung heraus: Zur fachlichen Kompetenz gesellte sich das künstlerische Talent; der Text sollte trotz Verzicht auf gelehrte Vollständigkeit nicht den Blick auf das Ganze aufgeben, Anschaulichkeit und Bezüge zum Alltagsleben wurden erwartet. Freilich waren diese Normen eher fließend, und es gab breite Diskussionen, etwa um den Nutzen des Gebrauchs deutscher Begriffe anstelle lateinischer Fremdwörter. Alexander von Humboldts fünfbändiges geophysikalisches Werk „Kosmos" (1845-1862) bildete den Anstoß zu einer leichter zugänglichen naturwissen-

164 Vgl. Mieder, Wolfgang: W., K. F. W. In: Killy XII, S. 138ff.

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schaftlichen Volksliteratur 165 . Mit der Reichsgründung nahmen die Popularisierungsbestrebungen professionelle Züge an. Sie führten zur Entstehung eines literarischen Marktes und äußerten sich in Buchreihen und der Schaffung von Buchgemeinschaften sowie einer differenzierten Praxis- und Ratgeberliteratur. Der Wissenschaftspublizist Bruno Hans Bürgel (1875-1948) war ein typischer Vertreter dieser neuen Art von Belehrung. Er glaubte daran, daß der einfache Arbeiter durch „Emporlesen" zur Bildung fáhig sei166. Bürgel lernte zuerst das Schuhmacher-, dann das Druckerhandwerk und bildete sich schließlich im Selbststudium in Astronomie aus. Der Ullstein Verlag verbreitete in hohen Auflagen seine Sachbücher, in denen er vor allem die Himmelskunde leicht faßlich veranschaulichte, allgemeine Themen der Naturwissenschaften popularisierte und kulturphilosophische und ethische Fragestellungen aufgriff. Mit seiner einfachen Darstellungsweise sprach er ein großes Publikum an, das von der Arbeiterschaft bis ins Bürgertum reichte, und nutzte dafür Formen der Erzählung (in: Die seltsamen Geschichten des Doktors Uhlebuhle, Berlin 1920) und des Romans (in: Der Stern von Afrika, Berlin 1920) ebenso wie der sachlichen Beschreibung und des Feuilletons. An der Urania-Sternwarte, einer 1888 gegründeten, „der naturwissenschaftlichen Anschauung und Belehrung gewidmeten öffentlichen Schaustätte" zur „Verbreitung der Freude an der Naturerkenntnis" 167 in Berlin fand er eine Anstellung, durch die er seinen Lebensunterhalt finanzierte168. Sie war auch bekannt für ihre über Berlin verteilten „Urania"-Säulen mit Zeit- und Witterungsangaben. Das eigentliche Medium Bürgels aber waren Vortragsreisen (über 350!), in denen er Grundelemente wissenschaftlicher Kenntnis und Bildung unters Volk zu bringen suchte. „Allgemeinbildende Vorträge" nannte man früher so etwas. Schon Wilhelm Heinrich Riehl ist mit unterhaltsamen Referaten aus der Kulturgeschichte durch die Lande gezogen. Die heutigen Lichtbildervorträge von Abenteurern wie dem Südtiroler Bergsteiger Reinhold Messner über ihre Expeditionen stehen in solcher Tradition der „Volkshochschulunterhaltung" seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Mit Aufklärung von Unwissenheit hat das nichts mehr zu tun, weil die einstige Relevanz des Wissensnotwendigen fehlt.

165 Humboldt stellt darin einen Großteil der in der damaligen Zeit angesammelten wissenschaftlichen Kenntnisse über Geographie und Geologie zusammen. „Kosmos" gilt als das erste Lehrbuch der Geophysik: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. 5 Bde. Stuttgart: Cotta 1845-1862; neu hg. v. Hanno Beck. Stuttgart: Abt. Antiquarium 1978. 166 Vgl. Bleuel, Hans Peter: Bürgel, Bruno Hans. In: Killy II (1989), S. 296f. 167 Daum: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert, 1998, S. 180. 168 Er beschrieb seinen Werdegang 1919 in dem autobiographischen Bericht: Vom Arbeiter zum Astronomen. Berlin 1925.

5. Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung 5.1 Charakterisierung der Textsorte Die moralische Geschichte zählt, wie im Abschnitt über die Erkenntnisziele der vorliegenden Arbeit bereits kurz angerissen, ihrer Funktion nach zur großen Gebrauchsgattung der Exempel 1 . Ihre Blütezeit erlebte sie in den Jahren 1780 bis 1848. In den unterhaltsamen Schriften der Volksaufklärung bedienten sich vor allem schreibende Pfarrer dieser Textsorte, um neue Erkenntnisse aus Medizin, Technik und Landwirtschaft sowie moderne, dem Nützlichkeitsdenken der Zeit entsprechende Tugenden und Einstellungen zu vermitteln. Gekennzeichnet ist sie durch ihre Kürze und ihre alltagsweltlichen, durchgehend profanen Inhalte. Sie erhebt den Anspruch auf Faktizität und fordert den Leser zur Nachahmung vorbildlichen bzw. zur Ablehnung unangebrachten Handelns ihrer Protagonisten auf.

5.1.1 Abgrenzung zu verwandten Gattungen Geschichten mit einer Moral zu versehen, ist ein allgemeines Merkmal des didaktischen Erzählguts. Wie ein Sauerteig geht Moralisches durch mittelalterliche Exempel, Legenden, Märchen, Fabeln, Warnsagen und die französischen „contes moreaux". Vergleicht man die von Elfriede Moser-Rath erhobenen Tugenden aus den Predigtmärlein des Barock mit denen der moralischen Geschichte, so ergeben sich zahlreiche Überschneidungen 2 . Darüber hinaus propagiert die moralische Geschichte neue Eigenschaften und Tätigkeiten, die aus den Lesern taugliche Mitglieder der auf die Industrialisierung zustrebenden Gesellschaft formen sollten. Pünktlichkeit, Geschicklichkeit, Gewissenhaftigkeit, Sparsamkeit, lebenslanges Lernen und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungen. Klar distanzieren sich die Volksaufklärer von den über Kuriositäten und Sensationen berichtenden Beispiel-Erzählungen des 16. und 17. Jahrhunderts. Sie erklären sie für „abgeschmackt, einfältig und häßlich", sprich unschön und somit unmoralisch. Ihre moralischen Geschichten dagegen entsprachen mit ih-

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Der historisch-literarische Gattungsbegriff und der Begriff „Textsorte" werden in der Literaturwissenschaft als durchaus miteinander vereinbar betrachtet, da beide „gleichermaßen durch invariante Textelemente konstituiert werden und durch konventionalisierte Strukturen stabil bleiben". Darum erlaube ich mir, sie hier synonym zu verwenden. Vgl. Kanzog, Klaus: Text. In: Killy, Erg.bd. Begriffe XIV (1993), S. 424. - Ferner Breuer, Dieter: Einführung in die pragmatische Texttheorie. München 1974. Vgl. das Register bei Moser-Rath: Predigtmärlein, 1964, mit dem Register der Motive, Tugenden und Laster im vorliegenden Band, S. 375-457.

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ren utilitaristischen Inhalten der neuen Auffassung von Ästhetik, wonach alles Vernünftige zugleich auch schön ist3. Hans-Heino Ewers grenzt die neuen Texte der Aufklärungspädagogen klar gegen die bis dahin vorherrschende Traktatliteratur ab, „in der moralischer Unterricht die Gestalt direkter Belehrung annahm und in der Vermittlung von Geboten, Regeln, Anweisungen und Warnungen bestand, die zumeist auswendig zu lernen waren" 4 . Die Aufklärungspädagogik bezweifelte von Anfang an die Wirksamkeit solcher Unterweisung und setzte ihr die einprägsamere Beispielmethode entgegen. Exempel ist ein Funktionsbegriff und wird als Gattung nur in Verbindung mit Predigttexten gebraucht 5 . Versteht man es als „Verdeutlichung einer allgemeinen (deskriptiven oder normativen) Aussage durch die mehr oder weniger ausführliche Darstellung eines konkreten Einzelfalls" 6 , so weist sie enge Beziehungen zur moralischen Geschichte auf. Eingekleidet in die Form der „narratio", fungieren beide als Beleg, Warnung oder Vorbild. Die Erzählforschung definiert das Exemplum als „narrative Minimalform, die einen abstrakten, theoretischen oder thesenhaften Textsinn konkret beleuchtet ..., die darin enthaltene Aussage gleichsam induktiv beweist... und damit... eine dogmatische oder didaktische Interpretations- und Argumentationshilfe schafft" 7 , oder auch in moralisierender Absicht zur Belehrung, Erbauung oder Unterhaltung des Rezipienten mit dem Ziel der imitatio beiträgt. Im Zeitalter der allem kirchlichen Dogmatismus skeptisch gegenüberstehenden Aufklärung tritt ihr die moralische Geschichte als profane Schwester zur Seite. Für die französische Oberschicht existierten schon seit den 1750er Jahren mit den „contes moreaux" novellenartige umfangreiche moralische Geschichten8. Marmontel übte mit seinem gleichnamigen Werk (2 Bde., Paris 1761; 2. Aufl.: Noveaux contes moreaux, ebd. 1765; erste dt. Übersetzung in 5 Bdn. Karlsruhe 1762-70) beträchtlichen Einfluß auf die deutsche Gattungstradition aus9. Zu den Nachahmern zählen Heinrich von Kleist10 und Sophie von La Roche. Hier lässt sich eine historische Differenzmarke festmachen. Bis dahin gehen hoch- und volksaufklärerisches Erzählen zusammen. Danach aber trennen sich die Wege. Die volksaufklärerische Narrativik behält die alten Schemata 3 4 5 6 7 8

Seitdem heißen die Geisteswissenschaften in der anglophilen Welt „moral sciences". Ewers: Kinder- und Jugendliteratur der Aufklärung, 1991, S. 22. Daxelmüller: Exemplum. In: EM IV (1984), Sp. 627-649. Peil: Exempel, 1992, S. 272ff. Daxelmüller: Exemplum. In: EM IV ( 1984), Sp. 627-649, hier S. 627. Thiemeyer, Sabina: Didaktik und Aufklärung - der „conte moral" im 18. Jahrhundert (1750 1789). Osnabrück, Univ., Magisterarbeit, 1990. 9 Schlüter, Gisela: Kleist und Marmontel. Nochmals zu Kleist und Frankreich. In: Arcadia 24 (1989) Berlin, S. 18. 10 Conrady, Karl-Otto: Das Moralische in Kleists Erzählungen. In: Heinrich von Kleist. Aufsätze und Essays, hg. v. Müller-Seidel, Walter (= Wege der Forschung, 147). Darmstadt 1967, S. 707-735.

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noch etwa ein halbes Jahrhundert bei; die literarische Narrativik hingegen gibt unter dem Einfluß der neuen Anthropologie und Psychologie der HochAufklärung das Exempelschema preis und ersetzt das moralisch-normative Erzählinteresse durch ein psychologisch-analytisches. Nicht wie der Mensch idealiter handeln sollte, sondern wie er tatsächlich und realiterweise handelt, ist nun die Frage. Die „moralische Erzählung" wird zur „psychologischen" und bleibt es bis heute. Märchen können moralische Aussagen treffen und sind daher mit den moralischen Geschichten nahe verwandt, obgleich sie zur Gattung der nicht geglaubten Erzählungen gehören. Auch das Märchen ist zu einem „wichtigen Werkzeug der Erziehung" geworden, in dem die dort auftauchenden Figuren häufig Entscheidungen über richtiges Verhalten im Sinne bestehender gesellschaftlicher Regeln treffen". Verhaltensnormen bzw. -fehler wie Bescheidenheit, Dankbarkeit, Demut, Gehorsam/ Ungehorsam, Trotz, Eigensinn, Freigebigkeit, Faulheit/Fleiß, Hartherzigkeit, Hochmut, sich krank stellen, lügen, Mitleid haben, Neid, Spott, Trunkenheit, Eitelkeit, Untreue, Verleumdung, Wut, Zufriedenheit werden in den Märchen genauso thematisiert wie in den moralischen Geschichten 12 . Kalendergeschichten wie sie Johann Peter Hebel 1811 mit seinem „Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes"' 3 popularisierte unterscheiden sich von moralischen Geschichten durch ihre größere Gestaltungsbreite als Kurzgeschichte, Novelle, Parabel, Schwank oder Anekdote. Sie weisen teilweise hohe literarische Qualität auf („Kannitverstan", „Seltsamer Spazierritt" oder „Unverhofftes Wiedersehen") und sind von Literaturwissenschaftlern gut aufgearbeitet 14 . Legenden zählen ihrer Funktion nach genau wie Fabel, Mirakel und Exempel zu den von Dietz-Rüdiger Moser so genannten „Lehrstoffen" 15 . Moralische Geschichten verstehen sich wie die Heiligenviten des Mittelalters und der Barockzeit oder die erbaulichen Glaubenszeugnisse protestantischer Promptuarien als „Beispiele gelebten Lebens" und sind gekennzeichnet durch das Nachahmungspostulat 16 . Die vorbildhafte Tat wird in den moralischen Geschichten allerdings nicht mehr von einer weit über das Normalmaß hinausgehobenen frommen zentralen Gestalt vorgeführt, sondern von einer gewöhnlichen Person, mit der sich jede/r leicht identifizieren kann. Deshalb treffen wir zahllose

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Vgl. Bausinger: Norm und Normverletzung, 1999. Vgl. Solms: Die Moral von Grimms Märchen. Darmstadt 1999. Hebel: Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes, 1811, 2 1818. Friedrich: Die sozialistische deutsche Literatur, 1964. - Knopf: Geschichten zur Geschichte, 1973. - Rohner: Kalendergeschichten und Kalender, 1978. - Franz: Kalendermoral und Deutschunterricht, 1995. - Bee: Aufklärung und narrative Form, 1997. 15 Moser: Märchenforschung, 1981, S. 59. 16 Vgl. Schade: Promptuarium, 1974.

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Dienstmägde und Knechte, Bauern und Bäuerinnen, einfache Soldaten, Handwerker, reisende Kaufleute, Witwen, Väter und Mütter, Jungen und Mädchen an. Die moralische Geschichte gibt sich lebensnah, um die nachahmende Wiederholung in der Realität vorstellbar zu machen. Es findet also ein Säkularisierungsprozeß statt auf dem Weg von der Heiligenlegende zur Lebensgeschichte sittlich vorbildhafter Personen der bürgerlichen Gesellschaft. Dahinter steht der alte rhetorische Dreischritt doctrina - exempla - imitatio im Gewand der Pädagogik des 18. Jahrhunderts. Die moralisch „schönen" Handlungen geschehen im Alltagsleben und sollen selbstverständlich werden. Vermeintlich Ubernatürliches wird im Kampf gegen den Aberglauben durch naturwissenschaftliche Erklärungen auf den Boden der Tatsachen geholt17. Der reformierte Geistliche Johann Andreas Christian Lohr, selbst Verfasser zahlreicher moralischer Geschichten, schätzt den Wert der moralischen Geschichte im Vergleich zu anderen kindgemäß erachteten Genres erheblich höher ein. Er spricht sich nachdrücklich gegen Märchen, Feen- und Gespenstergeschichten aus, weil diese das Kind ängstigten, und meldet zugunsten moralischer Beispielgeschichten - im Gegensatz zu Lessing, der die Tierfabel schätzte (vgl. unten das Kapitel „Mensch und Tier") - vor allem gegen Fabeln Vorbehalte an, denn zum Zweck der moralischen und sachlichen Bildung des Kindes seien sie zu wenig realitätsbezogen. Auch Erzählungen, in denen es um Aberglauben geht, hält er für Kinder ungeeignet, da fast alles auf natürliche Ursachen zurückzuführen sei, und solche Kuriosa die Kinder erst auf den Gedanken brächten, es könnte eine übernatürliche Kraft mit im Spiel sein18. Wie Lohr spricht sich Johann Bernhard Basedow (1724-1790) in Anlehnung an Rousseau gegen die Fabel aus wegen der zu geringen Faktizität, in der ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen der Fabel Gellertscher oder Lessingscher Provenienz und der moralischen Geschichte liege: „In den eigentlichen Fabeln aber ist ein Theil des Inhalts offenbar falsch und wider den Lauf der Natur; aber alles Uebrige so übereinstimmend und zusammenhängend, daß der Verstand sich mit Leichtigkeit das Ganze vorstellen kann. ... In dem Unterrichte der Jugend halte ich den häufigen Gebrauch der Fabeln nicht fiir so nützlich, als die meisten thun; ob ich gleich die Regeln der Sittenlehre und Klugheit lieber durch Fabeln stärken, als durch lange Beweisgründe und Ermahnungen entkräften wollte. Ich sage nur, daß wir der Fabeln nicht bedürften, wenn wir zu jedem Theile des moralischen Unterrichts die besten wahren und erdichteten Erzählungen, welche nicht Fabeln sind, gesammelt und in Ordnung gebracht hätten. Aber so lange dieses nicht geschehn ist, spreche ich den Fabeln ihren Nutzen nicht ab"19.

17 Vgl. Stichwort „Aberglaube" im Register der Motive, Tugenden und Laster, S. 375f. 18 Lohr: Kleine Geschichten, 1799, Vorwort, S. X. 19 Basedow: Methodenbuch, 1770, S. 228f. - Dieses Buch wurde später zum „Elementarwerk" (4 Bde., 1774) erweitert.

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Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung

5.1.2 Vorläufer, Anfänge, Entwicklungen, Weiterwirken Die moralische Geschichte taucht mit ersten Versuchen in den 1770er, verstärkt seit den 1780er Jahren, als Instrument der Volksaufklärung auf. Von diesem Zeitpunkt an versuchte man, die Akzeptanz der zu vermittelnden Lehren durch eine unterhaltsame Einkleidung zu erhöhen. Reinhart Siegert und Holger Böning haben im Rahmen ihres biobibliographischen Volksaufklärungs-Projektes nachgewiesen, daß die Aufklärer mit ihren Sachbüchern über Land- und Hauswirtschaft zunächst nicht den angestrebten Adressatenkreis, nämlich den „gemeinen Mann", erreicht haben. Deshalb setzte im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts die Pädagogisierung und Didaktisierung der Volksliteratur ein. Die Autoren kleideten die Sachthemen der Gelehrten, Kameralisten und Naturwissenschaftler in die leichter konsumierbare kleine Form der moralischen Geschichten. In ihnen wird die Trennung von Sittenerziehung und Ökonomie, die für die frühe Volksaufklärung typisch war, aufgehoben. Tugend, Sittlichkeit und ein gottgefälliges Leben erhalten als Voraussetzung wirtschaftlichen Erfolgs - wie bei der Hausväterliteratur, nun aber mit Vernunftgründen untermauert - ihre Bedeutung zurück 20 . In dieser belletristischen Verpackung würde - so hoffte man - die aufklärerische Moral auf eine größere Akzeptanz treffen als die nüchternen Abhandlungen der frühen Bauern- und Volksaufklärung. Darum können moralische Geschichten zu Recht als mentalitätshistorische Dokumente gelesen werden, die freilich der hier zu leistenden Kontextualisierung bedürfen. In der volkskundlichen Erzählforschung befaßte sich Hermann Bausinger 1968 als erster mit dieser Textsorte 21 , Wolfgang Brückner versah sie 1987 mit dem Gattungsbegriff 22 . Die Verfasser selbst bezeichnen sie auch als „Sittengeschichte". Besonders Kompendien des 18. Jahrhunderts führen Begriffe wie „Sittenbuch", „Sittengemälde", „Sittenlehre" oder „Sittenspiegel" im Titel23. Ferner finden sich dort Umschreibungen wie „ländliche Gespräche", „Beiträge zum nützlichen Zeitvertreib", „Fragmente aus dem häuslichen Leben", „gemeinnützige Kalenderlesereyen", „moralische Erzählungen", die nach meinen Erhebungen allesamt auf ein breites Angebot moralischer Geschichten schließen lassen.

20 Böning: Einfuhrung in den 1. Teil. In: Ders./Siegert: Volksaufklärung. Biobibliographisches Handbuch, 1990, S. XLVII. 21 Bausinger: Zum Beispiel, 1968. - Ders.: Exemplum und Beispiel, 1968. 22 Brückner: Moralische Geschichten als Gattung volkstümlicher Aufklärung, 1987. - Vgl. Alzheimer: Moralische Geschichten, 1998. 23 Vgl. z.B. die Werke von Adloff, Armbruster, Buchfeiner, Campe, Chimani, Cramer, Bahrdt, Ernesti, Feddersen, Geiger, Haan, Pothmann, Seume und Voit in meiner Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur, S. 685-796.

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Vorläufer hinsichtlich Inhalt und Intention finden wir zu Beginn des 18. Jahrhunderts in den bei der Oberschicht beliebten Moralischen Wochenschriften24. Diese Erzählungen sind - verglichen mit den für die einfache Bevölkerung gedachten moralischen Geschichten der 1780er Jahre - langatmiger und novellenartiger angelegt. Sie schildern eine fortschreitende Handlung, die freilich eine Kette aus moralischen Motiven bildet 25 . Die in der vorliegenden Arbeit zu analysierende volksaufklärerische Version existiert in knapper, meist nicht mehr als zwanzig bis dreißig Zeilen umfassender Form, eingebettet in zusammenhängende Dorf- oder Lebenspanoramen bzw. in Anthologien zusammengeführt. Moralische Geschichten finden sich, vermischt mit anderen Gattungen, in Volkskalendern 26 , Almanachen, gedruckten Predigten, in Zeitungen und Zeitschriften, sowie in „unterhaltsamen Volksbüchern". Eine bedeutende Rolle spielen sie ferner in der Kinder- und Jugendliteratur des späten 18. und gesamten 19. Jahrhunderts, gelegentlich auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts 27 . Das Lesebuch gewann mit der Entstehung der modernen Volksschule im 19. Jahrhundert breitere Bedeutung. In dem Maße, in dem eigens für Unterrichtszwecke verfaßte Texte die Bibel als Medium der Leseerziehung verdrängten, erlebte die moralische Geschichte ihren Aufstieg und bildet in den Schullesebüchern der Jahre 1770-1920 eine zentrale Gattung 28 . Wie aber soll man im Kind die Freude an gesellschaftlicher Brauchbarkeit wecken? Das war die entscheidende Frage, die sich führende Pädagogen der Aufklärung wie die Philanthropisten Campe, Basedow oder Trapp stellten und deren Beantwortung eine intentionale Kinder- und Jugendliteratur überhaupt erst entstehen ließ. Darin stützen sie sich nicht allein auf die Vernunft - bei

24 Vgl. Brandes: Moralische Wochenschriften, 1993, S. 127ff. - Martens: Die Botschaft der Tugend, 1968. 25 Vgl. zum Beispiel La Roche: Moralische Erzählungen, 2 Bde. 1783/84. - Lafontaine: Moralische Erzählungen, 6 Bde. 1794-1802. - Moralische Erzählungen für Kinder gebildeter Stände. Nürnberg 1818; unter dem Titel „Und Idas Thränen fließen in die Tasse" neu hg. v. Elisabeth Engelhardt. Düsseldorf 1970. 26 Z.B. Hebel, Johann Peter (Hg.): Der Rheinländische Hausfreund 1808/19. Faks. der Jgg. 1808-1815 und 1819, hg. v. Ludwig Rohner. Wiesbaden 1981. 27 Vgl. ζ. B. Rüegg: Saatkörner, 3 Bde., 14. durchges. Aufl. Zürich 1905/06 (enthält neben Fabeln, Liedern und Gedichten zahlreiche moralische Geschichten von Johann Ludwig Ewald, Franz Hoffmann: Friedrich Adolf Krummacher, Wilhelm Oertel, Johann Ferdinand Schlez, Christoph von Schmid und Ottilie Wildermuth). - Bibliothek für die reifere christliche Jugend, Bde 1-7, Augsburg: Lampart, 1842-1846, ab Bd. 8 Regensburg 1847-1901. - Die Muttersprache, 29. Aufl. Leipzig 1902 (enthält moralische Geschichten unter den Lesetexten ab S. 64). - Spirago: Beispiel-Sammlung, 5. Aufl. 1918, 6. Aufl. 1926 (= ein fast 2000 Geschichten umfassender Beispielband zu Spiragos erfolgreichem „Katholischen Volks-Katechismus", erstmals 1893 in Trautenau erschienen; bis in die Mitte der 1920er Jahre in 13 Sprachen übersetzt und in zehn deutschen Auflagen erschienen). 28 Tomkowiak: Lesebuchgeschichten, 1993. - Dies.: Geschichten zum Ab- und Zurichten, 1999.

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John Locke (1632-1704) noch entscheidende moralische Handlungsinstanz - , sondern ergänzten sie durch die Herausforderung der Einbildungskraft der zu erziehenden Leser. Sie glaubten daran, daß sich mittels Literatur, die auf die Phantasie zielt, normgerechtes Verhalten nachhaltiger verinnerlichen läßt als über die Vernunft. Hier deuten die Philanthropisten bereits die Ausbildung eines Über-Ichs im Sinne Freuds an. So heißt es bei Johann Bernhard Basedow (1724-1790): „Die moralischen Regeln, wenn sie nicht durch die Erzählung bestätigt werden, beschäftigen nur den Verstand, aber nicht zugleich die Einbildungskraft. Solche Vorstellungen haben in der Seele weder eine starke noch eine dauerhafte Wirkung, sie werden leicht vergessen und selten wiederholt, weil die Wiederholung derselben nicht anders kann veranlaßt werden als durch Worte, nicht aber durch den Anblick oder die Erinnerung der sinnlichen Gegenstände. Hingegen wenn die Regeln durch Erzählungen bestärkt werden, finden sie leichteren Eingang in die Tiefe der Seele, in das Herz des Menschen"29. Je näher wir dem Revolutionsjahr 1848 rücken, desto stärker machen sich restaurative Tendenzen in der Literatur bemerkbar. Moralische Schriften zur Volksaufklärung halten sich jedoch noch lange auf dem Buchmarkt. 1835 brachte Adalbert Schwippel ein „Beyspiel, wieviel Gutes ein verständiger Mann ... zu stiften vermag" heraus 30 . „Auf Anregung der k. k. patriotischökonomischen Gesellschaft in Böhmen" paßte er das „Goldene ABC" für den Landwirt mit den Lemmata Gesundheit, Wetter, Erdarten, Fruchtfolge, Naturreiche, Getreideanbau, landwirtschaftliche Werkzeuge, Fischzucht, Pferde, Seidenbau und Bienenzucht, Rechnungswesen, Geometrie, Kindererziehung in eine schlichte Rahmenhandlung ein. 1857 erschien Pechmanns „Geschichte der Gemeinde Wiesenbrunn", in der ein Reisender zufällig in das Dorf kommt und von dessen Vorbildhaftigkeit begeistert, immer wieder zurückkehrt, um die weiteren Fortschritte zu studieren 31 . Volksaufklärerische Lesestoffe in unterhaltsamer Einkleidung existierten ferner mit Werken wie Heinrich Zschokkes „Goldmacherdorf ' (1817), Jeremias Gotthelfs „Bauernspiegel" (1837) und August Rothes „Der Landmann, wie er sein sollte, oder Franz Nowak, der wohlberathene Bauer", ab 1838 als „Volksbuch" in acht Auflagen noch weit in das 19. Jahrhundert hinein erschienen 32 . Der protestantische Pastor Friedrich Ahlfeld (1810-84) in Sachsen-Anhalt veröffentlichte mit beachtlichem Erfolg Kompendien mit moralischen Geschichten unter dem Titel „Erzählungen für das Volk" 33 .

29 Basedow, Johann Bernhard: Ausgewählte pädagogische Schriften, hg. v. Albert Reble. Paderborn 1965, Zit. nach Ewers: Kinder- und Jugendliteratur, S. 23. 30 Schwippel: Georg Frey, 1835. 31 Pechmann: Geschichte der Gemeinde Wiesenbrunn, 2 Bde. 1857. 32 Glogau 1838, 2 1839, 3 1841, "1847, 5 1855, 6 1864, 7 1872, 8 1902. 33 Ahlfeld: Erzählungen ffirs Volk, 1847, s 1891, s 1899.

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Auch ein Blick in Hildburghäuser „Dorfzeitung" mag die Ausläufer der Bauernaufklärung im Biedermeier belegen. Dieses Wochenblatt richtete sich mit „lehrreichen und nützlichen Informationen für eine redliche Existenzsicherung" an den „Bauern" und „Landmann". Zugleich ist es der in den 1840er Jahren ihrem Höhepunkt zustrebenden Volksbildungsbewegung zuzurech34

nen . In der Erwachsenenliteratur des 20. Jahrhunderts deutet der Begriff „Moralische Geschichte" im Titel eines Buches nicht mehr auf eine Tugendlehre, sondern eher auf ihr Gegenteil hin. Ein entsprechender Suchbefehl in Antiquitäten-Katalogen führt zur Sparte „Erotica" 35 . Das war zwar auch schon im 18. Jahrhundert möglich, bildete damals aber noch eine Ausnahme 36 . Am längsten trifft man moralische Geschichten in der Kinder- und Jugendliteratur an. „Das goldene Kinderbuch" des bereits erwähnten Friedrich Ahlfeld erschien zuletzt in einer Auflage von 190637. Mit großem Erfolg bediente sich der Berufsschriftsteller Alexander Friedrich Franz Hoffmann (1814-82) dieser Gattung 38 . Insgesamt hat er rund 250 größere und noch viel mehr kleinere Erzählungen verschiedenster Art verfaßt, die teils einzeln, teils in Sammlungen erschienen sind. Die meisten erlebten mehrere Auflagen, und einige wurden in fast alle modernen Sprachen übersetzt. Als bebilderte Warnungen haben sich moralische Geschichten in Heinrich Hoffmanns Best- und Longseller „Struwwelpeter" aus dem Jahr 1845 erhalten, obwohl der Autor selbst sie nicht als solche bezeichnet hätte. Auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn streifte er durch Frankfurter Buchhandlungen und fand nur „lange Erzählungen", „alberne Bildergeschichten" und „moralische Geschichten", mit denen er nichts mehr anzufangen wußte und darum kurzerhand selbst ein Buch schrieb: den „Struwwelpeter" 39 . In seinen Lebenserinnerungen legt er seine Beweggründe ausführlich dar: „Das Kind lernt einfach nur durch das Auge, und nur das, was es sieht, begreift es. Mit moralischen Vorschriften zumal weiß es gar nichts anzufangen. Die Mahnung: Sei reinlich! Sei vorsichtig mit dem Feuerzeug und laß es liegen! Sei folgsam! - das alles sind leere Worte für das Kind. Aber das Abbild des

34 Treiber: Biedermeierliche Volksaufklärung, 1996, S. 99. - Dies.: Die Dorfzeitung von Hildburghausen, 1999. 35 Vgl. z.B. Marmontel, Jean Francois: Moralische Geschichten. A. d. Franz. v. Fr. Schulz. Mit 6 Lichtdrucken nach Kupfern von Gravelot (= Bibliothek Voltaire 1 ). Dresden 1921. 36 Vgl. die deutsche Übersetzung des französischen Buches „Das Sopha" von Crebillon aus dem Jahr 1765. 37 Ahlfeld: Das goldene Kinderbuch, o.J. [1906], - Vgl. auch Rüegg: Saatkörner, 3 Bde. 1905/06. 38 Alzheimer-Haller: Nachwirkende Aufklärungsliteratur, 1999. 39 Vgl. Günther, Markus: Toll, ruft da ein jeder, cooler Struwwelpeter! Heinrich Hoffmanns haarige Geschichten. Vor 150 Jahren für das Carlchen geschrieben. In: FAZ, 16.12.1994, Nr. 292, S. 9f., hier S. 9.

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Schmutzfinken, des brennenden Kleides, des verunglückenden Unvorsichtigen, das Anschauen allein erklärt sich selbst und belehrt. Nicht umsonst sagt das Sprichwort: Gebrannter Finger scheut das Feuer"!40 Aus heutiger Sicht besteht der „Struwwelpeter" jedoch aus nichts anderem als einer Folge moralischer Geschichten in Bildern und Reimen, veröffentlicht in der alten Absicht, eine Verhaltensänderung bei den Adressaten herbeizuführen. Noch 1920 veröffentlichte Richard Frei, unterstützt durch Anzeigen einer Unfall-Versicherung und eines privaten Lehrinstituts ein ganz ähnliches Kompendium mit „Schilderungen zahlreicher gefahrbringender Spielereien, Unachtsamkeiten, mutwilliger Streiche, fahrlässiger oder böswilliger Gesetzesübertretungen" 41 . Freis „wohlmeinender Leitfaden" enthält 86 Beispiele, allesamt durch drastische Fotos vom Unfallhergang illustriert. Für den Untergang der moralischen Geschichte sehe ich drei Gründe: 1. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ging der Einfluß von Autoren solcher Texte auf Betreiben der Jugendschriftenbewegung stark zurück. Engelbert Fischer disqualifiziert derartige Publikationen im Vorwort seines katholischen Rezensionsorgans „Großmacht der Jugend- und Volksliteratur" (1877-86) mit den Worten: „Jugendschriften, in denen zu viele fromme Ergüsse und moralische Seufzer vorkommen, sind uns unangenehm. Derlei überschlägt die Jugend nur zu gerne" 42 . Diese in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkommende Ansicht wandte sich gegen Tendenzliteratur jeder Art, besonders gegen die Aufladung der Kinder- und Jugendliteratur mit nationalistischen und religiös-fanatischen Inhalten. Als tendenziös wurde auch die Moral-Literatur in ihrer damals bürgerlich-biedermeierlichen Ausgestaltung eingestuft. In Heinrich Wolgast (1860-1920), dem es um ästhetische Erziehung und um künstlerisch wertvolle Literatur ging, fand die Jugendschriftenbewegung ihren prominentesten Vertreter 43 . Er selbst war seit 1896 Schriftleiter der 1892 gegründeten „Jugendschriftenwarte" (1893-1944; NF 1949ff.). Die Jugendschriftenbewegung prägte besonders die Kinder- und Jugendliteratur aus dem Umfeld der Sozialdemokratie bis in die Zeit der Weimarer Republik. 1935 wurde sie vom nationalsozialistischen Lehrerbund absorbiert und 1945 mit demokratischer Zielsetzung neu gegründet 44 .

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Hoffmann, Heinrich: Lebenserinnerungen, 1985, S. 139. Frei: Kinder, das ist gefährlich! 1920. Fischer: Großmacht, Vorwort. In: Ders., Bd. I (1877), S. V-XXIII, hier S. XVI. Wolgast, Heinrich: Das Elend unserer Jugendliteratur. Ein Beitrag zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Leipzig 1896. Vgl. Art. „Kinder- und Jugendliteratur. In: Metzler Literatur Lexikon. Begriffe und Definitionen, hg. v. Schweikle, Günther und Irmgard. 2., Überarb. Aufl. Stuttgart 1990, S. 236ff, hier S. 237. - Von den Anfängen der Jugendschriftenbewegung der Jugendschriften-Ausschüsse und ihr „Vorort" Hamburg um 1900, hg. v. Geralde Schmidt-Dumont. Weinheim 1990.

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2. Moralische Geschichten stellten den Kindern die schrecklichen Konsequenzen „lasterhaften" Verhaltens in grausigen Formen vor. Das wurde als sogenannte „Schwarze Pädagogik" abgelehnt. 3. Aufgrund ihrer artifiziellen Machart wurden die moralischen Geschichten überflügelt von den ansprechenderen Bildergeschichten, wie Heinrich Hoffmann und Wilhelm Busch sie entworfen haben, die sich jedoch inhaltlich kaum von den „trockenen" moralischen Geschichten unterscheiden. Man gelangte zu der Überzeugung, daß mit bloßen Texten die Sinne der Kinder nicht in geeigneter Weise angesprochen werden (s. unten den Abschnitt „Bebilderung"). Hier spielte gewiß die Erfindung der Lithographie eine wesentliche Rolle. Diese Technik machte es ab 1800 möglich und im Laufe der Jahre ökonomisch erschwinglich, die bereits von den Philanthropen gewünschte Visualisierung ihrer Lehren praktisch umzusetzen. Joachim Heinrich Campe verfügt im Vorwort seiner „Kleinen Selenlehre [!] fìir Kinder" (1799), die er mit Basedowschen Elementarbildern ausstattet: „Diese Kupfertafeln müssen nicht mit in das Buch eingebunden; sondern in dem Lehrzimmer neben der über diese Gespräche zu machende Tabelle zur täglichen Erinnerung aufgehängt werden". Daraus entwickelte sich das sogenannte Schulwandbild, das im ausgehenden 18. Jahrhundert Einzug in die Klassenzimmer hielt und erst seit den 1970er Jahren allmählich durch neue Medien abgelöst wird 45 . Mittlerweile greifen Kinderbuchautoren und Filmemacher wieder lieber zur Tierfabel, die sich von Aesop und dessen Rezeption im Mittelalter über Lessing (1729-1781) und Geliert (1715-1769) bis in unsere Zeit herübergerettet hat. Massenhaft werden solche Erzählungen zum Beispiel für Pfadfinder durch den Georgs-Verlag unter dem Titel „Geschichten für Sinndeuter" herausgegeben 46 . Seit 1992 schwimmt der „Regenbogenfisch" als Mega-Star unter den Bilderbuchtieren ganz oben 47 und Weihnachten 2003 füllte mit „Nemo" wiederum ein Fisch mit moralischem Sendungsbewusstsein die Kinokassen.

5.1.3 Strukturmerkmale Die stichprobenartig durchgeführte Sequenzanalyse der moralischen Geschichten ergibt ein stabiles Muster, das nach einem schlichten Schema konstruiert ist: 1. Der Held/die Heldin wird mit einer verlockenden oder beängsti-

45 Vgl. die Informationen der Forschungsstelle Schulwandbild der Universität Würzburg unter der Adresse www.schuldwandbild.de (29.01.2004). 46 Frdl. Hinweis von Matthias Wagner, Würzburg. 47 Vgl. Pfister, Marcus: Der Regenbogenfisch. Hamburg 1992. Der glitzerig-schöne, doch sehr hochnäsige Fisch leidet unter Einsamkeit. Daß sie wesentlich selbst verschuldet ist, macht ihm ein kluger Tintenfisch klar. Er rät ihm, seine Silberschuppen an benachteiligte Artgenossen zu verschenken. Als Gleicher unter Gleichen findet er schließlich Freunde.

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genden Situation konfrontiert. - 2. Er/sie ringt sich gegen große innere und/oder äußere Widerstände zu einer „schönen That" durch 48 , ohne auf den eigenen Profit zu spekulieren. Alternativ scheitert er/sie in dieser zweiten Phase. - 3. Der Held/die Heldin empfängt eine Belohnung in Form von Zufriedenheit, berechtigtem Stolz, gesellschaftlicher Anerkennung u.ä. oder er/sie wird von einem obrigkeitlichen Gönner mit Geld, Ausbildungschancen oder günstiger Heirat prämiert. Untaten werden in der moralischen Geschichte nicht mehr von außen oder durch Gott bestraft wie im mittelalterlichen Exempel, sondern durch das schlechte Gewissen bzw. durch negative Folgen, die der Protagonist sich selbst zuzuschreiben hat. Das erzählte Unglück gerät dem Leser/Zuhörer zur Warnung. Die Belohnung des Helden animiert zur Nachahmung. Beides, Strafe und Belohung, erwarten ihn bereits im Diesseits und sind unausweichlich: Ein Knabe verletzt sich an einem gestohlenen Messer 49 ; ein verhätscheltes Mädchen, das sich lügend und naschend durch die Kindheit mogelt, wird als Jugendliche schwanger und zur Kindsmörderin 50 ; ein Junge läßt sich von seinen Spielkameraden nicht von langweiligen Krankenbesuchen abhalten. Der Genesene rettet ihn später vor dem Ertrinken 51 . Einleitend oder abschließend kann die zu lernende Norm oder Erwartung explizit benannt sein, oder die Handlung wird komplexer durch mehrere aufeinander folgende „Prüfungen", die auf unterschiedliche Weise gelöst werden. Erzählerische Zubereitungsart Um die Aufmerksamkeit ihrer Leser oder Zuhörer über längere Zeit zu erhalten, sind die Autoren um Überraschungsmomente bemüht. Dazu zählen die Schilderung einer ausweglos erscheinenden Situation und deren plötzliche Wendung zum Guten oder Bösen 52 , das Herausstellen der großen Wirkung

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Wening: Historisch- und moralische Erzählungen 1784, S. 116. - Den Ausdruck „Schöne Handlung" benutzt auch Kieffer: Lese- und Lehr-Buch für Oberklassen, 1862, S. 22. - Zur Interpretation des Begriffes „schön" zur Zeit der Volksaufklärung vgl. Brückner: Schön und gut, 2000, S. 367ff.

49 Allgemeines Lesebuch für katholische Bürger und Landleute für Stadt- und Landschulen eingerichtet von einem katholischen Geistlichen in Franken. Verbess. u. verm. Aufl. Hildesheim und Paderborn 1793, Nr. 63: Denke an das Vergeltungsrecht, S. 154. 50 Ebd., Nr. 15 : Die Lügnerinn, S. 121. 51 Schwarz: 100 kurze Erzählungen, 1848, S. 26f. - Dasselbe Motiv auch bei Späth: 110 moralische Erzählungen, 1895, S. 33f. 52 Eine Dienstmagd verharrt am Sterbebett ihrer verarmten Herrin und wird durch ein plötzlich auftauchendes Testament überraschend reich belohnt (Lohr: Verstand, Nr. 4, S. 129f.; Lohr: Sitte 1799: Nr. 5, S. 16ff.). - Ein Handwerksbursche beobachtet neidvoll, wie ein vornehmer Offizier in einer Kutsche vorfahrt. Als er merkt, daß der Offizier beide Beine verloren hat, möchte er nicht mehr mit ihm tauschen (Schmid: Lehrreiche, S. 35). - Ein Edelknabe trägt Birnenkompott auf und nascht heimlich vor der Tür des Speisesaals davon. Bei Tisch ange-

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kleiner Taten 53 oder die Verlegung alltäglicher Konflikte in eine fremde, teilweise sogar exotische Szenerie 54 . Die Erzählperspektive aus der Sicht eines Dritten verleiht moralischen Geschichten den Duktus einer (Zeitungs-)Nachricht, in der Sachlichkeit waltet. Die Erzählweise ist knapp und nüchtern. Emotionalität, Über- oder Untertreibung aufgrund eigener Betroffenheit bleiben außen vor. Die mitgeteilten Erlebnisse werden dritten, angeblich realen Personen zugeschrieben, die in Wirklichkeit aber unbekannt und typisiert sind. Damit berichten sie über fremde Erfahrungen, die geeignet sind, als Beispiele zu fungieren, welche die Leserschaft in der moralischen Be- und Verurteilung bzw. der rückhaltlosen Verehrung des Protagonisten eint. Durch „sprechende Namen" versuchen die Autoren den Lesern das Erkennen von Gut und Böse zu erleichtern. Sie stellen ein weiteres Charakteristikum der moralischen Geschichte dar, besonders in der Frühzeit dieser Gattung. Die Idee des „Schönen" gilt als derart wesentlich, daß das Wort nicht nur in der oben genannten Form der „schönen That" auftritt, sondern auch in zahlreichen Eigennamen, wie ζ. B. in „Junker Franz von Schönhausen" 55 , „Pfarrer Schöner" 56 oder in der Ortsbezeichnung „Schöngrund" 57 . Ortschaften sind durch eindeutige Namen deklassiert, wenn dort überwiegend unaufgeklärte Gesellen wohnen, so das Dorf „Finsterthal" in dem tiefster Aberglaube waltet 58 , oder der Heimatort des ungeschickten und unbelehrbaren Schuhmachers „Kilian Buckel", den sein Schöpfer Johann Ferdinand Schlez 1797 in „Dunkelhausen"

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kommen, fällt er tot um. Die Birne hatte ihm Hals und Magen verbrannt (Schmid: Kurze Erzählungen, S. 35f.). Ein armes Kind findet etwas Kostbares, gibt es zurück und wird für seine Ehrlichkeit mit der Finanzierung einer Ausbildung und Unterstützung für die ganze Familie belohnt (vgl. Register der Motive, s.v. „Kind, tugendhaftes"). - Eine Dienstbotin spielt Lotto, verliert ihr gesamtes Geld, bestiehlt ihre Herrschaft, wird entlassen, findet neue Stellung, stiehlt aber weiter, wird gehängt (Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [ca. 1800], S. 196). - Ein Beamter bemerkt, daß ein zufällig in die Erde gefallener Apfelkern austreibt. Er beginnt mit der systematischen Aufzucht von Apfelbäumchen, kauft einen großen Teil der ehemaligen Wallanlagen und legt dort eine Obstplantage an. Sein Beispiel findet Nachahmer in nah und fern (Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 14). In London ist die Geschichte von elf Kohlenträgern angesiedelt, die sehr viel Geld beim Glücksspiel gewinnen, binnen vier Jahren aber alles wieder verlieren (Geiger: Neuestes Sittenund Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [ca. 1800], S. 8). - Auf Jamaika bietet ein Farbiger einer verarmten Offizierswitwe seinen Notgroschen an (Lohr: Sitte, Nr. 21, S. 43ff.). - In einem „von Mohren bewohnten Land" wird eine Katze als Mäusefängerin mit Gold aufgewogen (Schmid: Lehrreiche, S. 149f.). Götze: Zeitvertreib und Unterricht 1783, S. 140. Protagonist der Geschichte Nr. 235: Bist du besser als der, über den du dich ärgerst? In: Lotter, Heinrich: Beispiele des Guten. 3 Teile in 1 Bd., 7. verbess. u. verm. Aufl. Stuttgart 1845, S. 336-339. Das Dorf Schöngrund, 1840. Schlez, Johann Ferdinand: Geschichte des Dorfes Finsterthal (= Fliegende Volksblätter). Bayreuth, Oktober 1797.

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ansiedelt 59 . Dort versucht ein „Graf Reinhard von Rosenfeld" zahlreiche Neuerungen gegen den erbitterten Widerstand seiner altmodischen Untertanen einzuführen, die sich widerstrebend fügen, üblicherweise jedoch nach wenigen Monaten erkennen, daß der Graf Recht hat. Am heftigsten rebellieren die verblendeten Dunkelhausener gegen die Abschaffung von Feiertagen Ende der 1770er Jahre. Diese lag ganz im Sinne der aufklärerischen Zeitökonomie und wurde deshalb von dem Protestanten Schlez unterstützt. In Basedows „Buchstabir-Büchlein" von 1785 begegnen wir dem „Herrchen Peter Sudler", von dem der Autor sagt: „Schmutziger an seinem Leibe und an seinen Kleidern habe ich Niemanden gesehn" 60 . Zu Peter Sudler gesellen sich die eigensinnige „Jungfer Hartnack" (S. 52) und der unnachgiebige „Monsieur Sonderbar" (S. 55), der hochnäsige „Junker Unverstand" (S. 51), der mitleidige „Knabe Gutherz" (S. 53), der leichtsinnige „Junker Selbstfeind" (S. 54), das unbelehrbare „Fräulein Freydumm" (S. 55), der neidische „Monsieur Neidherz" (S. 56) und die gefräßige „Mamsell Schmauß" (S. 57). Der Ulmer Drucker und Verleger Christian Ulrich Wagner nennt die Helden seiner „Winterabend"-Geschichten „Hans Achtnichts" und „Vetter Sorgenfrey", so daß der Leser sich schon nach den ersten Zeilen das Ende der Erzählung ausmalen kann 61 . Johannes Ludwig läßt 1799 einen „Bürger Klugmann" und einen „Landmann Fröhlich" auftreten 62 . Adalbert Schwippel erfindet einen überschuldeten Taugenichts namens „Johann Trinker" 63 . Bei Johann Adam Wening begegnen wir dem Heuchler „Felix Kriecher", der von seinen Mitbürgern durchschaut und gemieden wird 64 . In einer anonym erschienenen katholischen Version des „Noth- und Hülfsbüchleins" (Weißenburg 1790) schildert ein „Wilhelm Denker", wie es ihm gelungen sei, sich ein kleines Gut zu erwirtschaften und was er auf Reisen erlebt hat65. Der Verfasser greift hier auf eine Figur zurück, die 1741 bereits als „Jaques [!] le P e n s i f das Lesepublikum aufzurütteln versuchte mit der Vita einer gestrauchelten Tirolerin, die sich vom Geschäft der Prostitution abgewandt hat und als bekehrte Sünderin durch die Lande reist66.

59 Der Name Kilian galt außerhalb der Diözese Würzburg, deren Patron der heilige Kilian ist, als schimpflicher Bauernname. Und auch hier taucht der seit dem 15. Jahrhundert äußerst seltene, vorher überhaupt nicht gebräuchliche Rufname Kilian erst seit Julius Echters Kultförderung häufig auf. - Vgl. Brückner: Frankenbewußtsein und Kilianspräsenz, 1989, S. 464. 60 Basedow: Unerwartlich große Verbesserung der Kunst Lesen zu lehren, 1785, S. 62. 61 Wagner: Angenehmer Zeitvertreib, '1771/72. 62 Ludwig: Fragmente aus dem häuslichen Leben des Bürgers Klugmann und des Landmannes Fröhlich, 1799. 63 Schwippel: Georg Frey, 1835. 64 Wening: Historisch- und moralische Erzählungen, 1784, Nr. 66, S. 176. 65 [Jacobi:] Unterricht-, Noth- und Hülfsbüchlein, 1790, hier Bd. 1, S. 169-195. 66 Jaques le Pensif: Merckwürdiges Leben einer Tyrolerin, 1741.

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Um die Aufmerksamkeit der Leser zu gewinnen, verweisen die Autoren ständig auf das wirkliche Leben und entfachen starke Gefühle. Sie unterstreichen Schlüsselbegriffe durch kursive oder halbfette Schreibweise, so daß mit einem Blick klar wird, worauf es ihnen ankommt. Eine häufig angewandte Technik, den Leser aus der Reserve zu locken, besteht darin, ihn abschließend durch direkte Ansprache in das Geschehen mit einzubeziehen, allerdings erfolgt sie nicht wie in der Kalendergeschichte durch eine fiktive Figur, sondern es ist Stimme des Ver-fassers, die da spricht. Er formuliert etwa: „Darüber mögt ihr selbst einmal nachdenken und dann gelegentlich mir eure Meinung sagen"67, oder „Verstehst du mich, wie ich es meine?" 68 . Generell bedienen sich die Autoren einer leicht verständlichen Sprache. Johann Daniel Tietz, Herausgeber des „Wittenbergischen Wochenblattes" klagt darüber, wie schwierig es sei, komplexe Vorgänge in einfache Worte zu kleiden. „Gerne", schreibt er 1769 im Vorbericht zum zweiten Jahrgang seiner Zeitung, würde er häufiger „theoretische Betrachtungen und Erklärungen mancherley Naturbegebenheiten" aufnehmen, „wenn es nicht so viel Kunst erforderte, in dergleichen Dingen den Ungelehrten recht deutlich zu werden" 69 . Aufforderung zu Nachahmung und Geschmacksbildung Um die Nachahmung zu ermöglichen, bevölkern, wie oben ausgeführt, Durchschnittsmenschen, keine Heiligen oder Ausnahmetalente die moralischen Geschichten. Für den Franziskaner Edilbert Menne (1750-1828) stellte Anschaulichkeit das wichtigste Anliegen in der „systematischen Lehrart" dar, weshalb er seine katechetischen Hilfswerke nach einem Dreistufenmodell aufbaute, bestehend aus 1. Erklärung, 2. Wiederholung, 3. Veranschaulichung. Er war überzeugt, daß abstrakte Wahrheiten nicht vermittelbar sind, „wenn man nicht die Erklärung mit Bildern und sinnlichen Gleichnissen bereichert hätte" 70 . Mit dem „Aufforderungs- oder Nachahmungsmodell" konkurriert in den moralischen Geschichten das „Kontrast- oder Warnmodell", das die Leser in moralischer Absicht mit unmoralischem Verhalten konfrontiert. Da man befürchtete, daß kleine Kinder die in den Geschichten beschriebenen Negativbeispiele übernehmen könnten, gab man ihnen nur solche an die Hand, die positives Gebaren zum Inhalt haben. Älteren Kindern und Erwachsenen konnte auch negatives Verhalten vorgeführt werden, wenn es einen Umkehrprozeß zur Folge hatte.

67 Christiani: Unterhaltungen anläßlich einer Feuersbrunst in Kopenhagen. In: Ders.: Beyträge zur Veredelung der Menschheit, Bd. I, 1796, S. 117. 68 Heusinger: Ein philosophischer Dialog mit Kindern über die Enthaltsamkeit. In: Ders.: Die Familie Wertheim, Bd. IV, 1798, S. 27ff. 69 WiWo, unpaginierter Vorbericht zum Jahrgang 1769. 70 Menne: Leichtfaßliche katechetische Reden, 4 Bde. 1792, hier Bd. I, S. XIX.

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Nützlichkeitsrelevanz für die Praxis Mit dem Utilitaritätsprinzip vermitteln die Autoren die Botschaft, tugendhaftes Handeln zahle sich aus. In diesem Moment liegt der Kern der moralischen Geschichte und zugleich der Rückgriff auf Legende und Exempel. Es soll der Beweis angetreten werden, daß es sich lohnt, „moralisch" gebildet zu sein und danach zu handeln. Zentrale Gestalten, Schauplätze und Begriffe sind zwar andere als in den vorangegangenen Epochen geistlicher Zielsetzungen, aber die Erzählmotive und Aufbauschemata bleiben vergleichbar. Das Nützlichkeitsprinzip ist nun ganz klar diesseitig ausgerichtet auf den Erfolg in der und für die Gesellschaft und versteht sich daher als vernünftig im Sinne moderner Rationalität. Anspruch auf Faktizität In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann man, wie Reinhart Koselleck nachweist, an der Beispielkraft der Historie zu zweifeln und einen höheren Realitätsgehalt in der Geschichtsschreibung einzuklagen 71 . Die Verfasser moralischer Geschichten blieben von dieser Diskussion offenbar nicht unberührt, weshalb sie ihre Texte als „wahrhaftige Geschichten" ausgaben. Wolfgang Brückner zeigt auf, daß die „Loci communes", also Beispiel-Geschichten im traditionellen Sinn, nach aufgeklärtem Geschichts- und Ästhetikverständnis als überholt und unangemessen empfunden wurden 72 . Dies ist nicht nur in Zeitungsnachrichten der Aufklärer wie im „Räsonnirenden Dorfkonvent" (178688) oder der Hildburghäuser „Dorfzeitung" (1818-48) zu beobachten, wo man heute noch - oft wider besseres Wissen - einen hohen Wirklichkeitsgrad voraussetzt73, sondern wird auch in den Vorworten zu Erzählungen und Anthologien betont. So schreibt Johann Carl Pischon in der Vorrede zur ersten Auflage seiner „Moral in Beispielen für Familien" (1799) zur Herkunft seiner Stoffe: „Einige sind Uebersetzungen aus dem Griechischen und Französischen, und bei noch andern liegen eigene Erfahrungen zum Grunde" 74 . In die zweite Auflage 1802 mußte er gar eine Art Gegendarstellung einrücken, um den guten Ruf einer verunglimpften Familie wiederherzustellen: „Die, in der ersten Auflage unter der Rubrik LXII; Folgen einer übermäßigen Prachtliebe und Verschwendungssucht, enthaltene Erzählung hat, ohne mein Wissen und Willen, die mir unbekannte Familie gekränkt. Sie hat sich an mich

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Koselleck: Historia Magistra Vitae, 1967, S. 203ff. - Vgl. auch: Stierle: Geschichte als Exemplum, 1973. 72 Brückner: Moralische Geschichten, 1987, S. 120. - Zum Problem der Faktizität von Volkserzählungen vgl. Schenda: Prinzipien, 1976. 73 Gerndt: Vermischtes, 1995. - Hirhager: Zeitungsente und Grubenhund, 1996. 74 Pischon: Moral in Beispielen, Vorrede, 2. verbess. Aufl. Leipzig 1802, unpaginiert.

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gewendet; mir die Beweise der Unrichtigkeit und Uebertreibung in den angegebenen Ursachen ihres gesunkenen Wohlstandes vorgelegt, und ich habe es fur Pflicht gehalten, dies anstößige Beispiel mit einem andern zu vertauschen. Leider liefert die wirkliche Welt dem aufmerksamen Beobachter Materialien hiezu in Menge"75. Wenn es sich hier nicht um einen raffinierten Trick handelt, um den Anschein von Authentizität zu erwecken, kann man schließen, daß sich Pischon tatsächlich mit Belegen aus dem wirklichen Leben versorgt hat. Ferdinand Joseph Riedl gibt im Vorbericht zu seinen „Geschichten und Gesprächen" (1796) bekannt, daß alle Beiträge auf wahren Begebenheiten beruhen, denn es sei evident, daß historische Ereignisse auf jugendliche Herzen immer einen tieferen Eindruck machen als bloße Erzählungen. Der Katechismus-Verfasser Aegidius Jais legt in seiner Einleitung zu „Walter und Gertraud" (1809) Wert auf die Feststellung, daß die geschilderten Erlebnisse der Bauernfamilie „sich wirklich zugetragen" haben (S. V). Der Brixener Schulinspektor und Pfarrer von Lustenau in Vorarlberg, Franz Joseph Rosenlächer nimmt ihm das nicht ab, denn er behauptet, die Veröffentlichungen von Salzmann, Campe, Rochow und selbst von Jais hätten ihren Zweck verfehlt, „weil selbe nur schön gedichtet sind" (S. IV). Er ist davon überzeugt, daß die Leser nur dann zur Nachahmung guter Werke zu animieren sind, wenn man die Faktizität der Erzählung belegen kann: „Am Ende einer Geschichte oder einer Erzählung fraget denn doch die wißbegierigere und forschende Jugend, so wie das erwachsene Alter: hat sich das Erzählte auch wirklich zugetragen? zu welcher Zeit, und an welchem Orte? und nur erst dann, wenn sie von der Wahrheit eines Beispieles (vorzüglich aus dem täglichen Leben, und aus ihrem Kreise genommen!) überzeugt sind, hören auch die Einwendungen und Ausflüchte auf, wenn man Nachahmung fordert"76. Andere betonen die Authentizität des Erzählten bereits im Titel: Friedrich L. Bernhard (1849-51) spricht dort von „Wahren und schönen Geschichten von den ruhmwürdigen Thaten deutscher Krieger aus neuer und neuester Zeit", Carl Heinrich von „Wahren Geschichten von der Güte und Hülfe Gottes für Jung und Alt" (1863), W. O. von Horn von einer „Wahren Geschichte" ( 5 1910), die er „dem Volk und der Jugend erzählt", der anonym erschienene „Gute Landmann Siegfried Habermann" (1804) wohnt um der Deutlichkeit willen gleich in „Wahrendorf', Pfarrer Pflanz hat „Wahre Dorfgeschichten" (1852) publiziert, Pothmann bietet in seinem „Sittenbuch für den Landmann" (1790) „wahre Geschichten und Beyspiele zur Lehre und Erbauung", Pustkuchen-Glanzow untermauert seine Sittenlehre durch „wahrhafte Beispiele" (1831/32), Johann Evangelist Schmidt bringt einen Katechismus für Kirche, Schule und Haus in „historisch-wahren Exemplen" heraus (1848) und Hein75 Ebd., 4. Abtheilung, S. V. 76 Rosenlächer: Goldener Spiegel, 1827, Vorrede, S. Ulf.

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rieh Zschokke schließlich gibt vor, sein „verständiger Oswald" aus dem „Goldmacherdorf ' habe „wahrhaft" gelebt (1817). Im eigentlichen Text sorgen Lokalisierung und Namensnennung für Griffigkeit. Ferner sind zahlreiche Erzählmotive als Fakten wiederzufinden auf Votivtafeln, die von Unglücksfällen berichten, in Gerichtsprotokollen oder in der Memorabilienliteratur. Um der Realitätsadäquanz willen erzählt der Pfarrer nicht mehr die Geschichte vom barmherzigen Samariter, sondern die vom armen Mädchen aus dem Dorf, das den kranken Bettler aufnimmt 77 . Johann Michael Sailer unterstreicht in der „Vorrede an die Bürger in Städten und die lieben Landleute" zu Joseph Hubers „Isidor, Bauer zu Ried" (1797), daß der Autor diese Nähe zu erreichen sucht, indem er die Handlung in eine vertraute Umgebung verlegt: „Und zwar ist die Geschichte nicht aus den vorigen Jahrhunderten, nicht von fernen Ländern, nicht von Höfen und großen Städten, sondern aus eurer Zeit, und aus euerm Mittel, aus euera und Städten genommen. Es ist die Geschichte eines Landmanns, was Dörfern ihr leset: das macht euch die Wahrheit noch einmal so klar, so lieblich und unterhaltend. Ihr seyd im Buche überall zu Hause, ihr verstehet Alles, oder könnet es wenigst leicht verstehen, was von Acker, Pflug, Brachfeld, Garten, Kindern etc. erzählt wird. Es ist diese Schrift, wenn ihr so wollet, für euch ein rechtes Noth- und Hilfsbuch, weil ihr darinn sehen könnet, in was für Nöthen die Menschen gerathen, und wie ihnen daraus wieder geholfen werden könne"78. Identifikation durch Lebensnähe lautet also das didaktische Prinzip der moralischen Geschichten. Die Autoren betonen, daß die geschilderten Ereignisse nicht ihrer Phantasie entsprungen sind, sondern sich tatsächlich ereignet haben. Die Wahrscheinlichkeit der Faktizität ergibt sich aus der inneren Wahrhaftigkeit und Plausibilität der Geschichte, nicht mehr wie im mittelalterlichen Exempel aus der ehrfurchtgebietenden Quelle. Der Autoritätsbeweis und mit ihm die Herkunftsbelege sind irrelevant geworden. Wahre Geschichten sind in der Regel unspektakulär. Wer spannende Lektüre erwartet, wird enttäuscht: „Wunderdinge und ganz außerordentliche Begebenheiten, sind es eben freilich nicht, die ich Euch in diesem Büchlein erzähle, sondern Dinge, wie sie in dem stillen und fast einsamen Leben eines kleinen, dann ein wenig heranwachsenden Knaben, von einer ziemlich beschränkten Lage, wohl schon manchmal sich ereignet haben und zum Theil öfter vorkommen", schreibt Lohr im Vorwort zu seiner von moralisierenden Episoden durchsetzten Autobiographie 79 . Trotz allem klingen wahre Geschichten nicht unbedingt langweilig. Von einem Schriftsteller, der sich an das Volk wendet, wird verlangt, auf die Ver77 Moser: Lesebuch für Landschulmeister, Bd. VI, 1786, S. 154. 78 Sailer, Johann Michael: Vorrede an die Bürger in Städten und die lieben Landleute. In: Huber: Isidor, Bauer zu Ried, 2 Bde., 1797, hier Bd. I, S. Vif. 79 Lohr, Johann Andreas Christian: An die kleinen Leser. In: Ders.: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. III.

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gnüglichkeit der Darstellung zu achten: Ebenso wie „Fabel oder Erdichtung" könne auch die Wahrheit „reizend und angenehm" gemacht werden und ebenso viel „Vergnügen, Ergötzung und Unterhaltung" gewähren wie der „sinnreichste" Roman, heißt es 1767 in einem Buch fur „Wohlerzogene Frauenzimmer" 80 . Realitätsnah und dennoch unterhaltend wußte der Staatstheoretiker, Historiker und Schriftsteller Justus Moser (1720-1794) zu formulieren. Er erntete bei den Zeitgenossen höchste Anerkennung für sein Bemühen, ökonomische und politische Zusammenhänge anregend und zugleich allgemeinverständlich aufzubereiten. Eine Reihe dieser humorvollen und klugen Beiträge diente dazu, notwendige obrigkeitliche Verordnungen den Lesern auf angenehme Weise einsichtig zu machen. Moser versuchte dies regelmäßig in den von ihm redigierten „Wöchentlichen Osnabrückischen Anzeigen". 287 Essays daraus machen später sein vierbändiges Hauptwerk „Patriotische Phantasien" (1774-86) aus.

5.1.4 Die äußere Form Sachbücher, Katechismen, Landschullesebücher, unterhaltsame Volksschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Romane, Erzählungen und Kalender sind die literarischen und publizistischen Formen, die den Aufklärern zur Ansprache des Volkes - gemeint sind die weniger gebildeten Teile der Bevölkerung und von Kindern zur Verfügung standen. Diese „Sittenbüchlein" bildeten eine Mischung aus althergebrachten Lebens- und Verhaltensregeln und kleinen, aus der Wirklichkeit gegriffenen tatsächlichen Begebenheiten, die je nach dem Geschehen der betreffenden Lebensregel als warnendes oder aufmunterndes Beispiel zugeordnet waren. Marianne Ehrmann versucht, die „bittersten Wahrheiten schäkernd vorzutragen", und bietet den Leserinnen ihrer Monatsschrift „Amaliens Erholungsstunden" Unterhaltung und Belehrung, indem sie moralische Beispielerzählungen kombiniert mit szenischen Dialogen, Schauspielen, Liebesgeschichten, Romanfragmenten, historischen Charakterschilderungen, Gedichten, Aphorismen und Reisebeschreibungen 81 . Caraccioli verspricht, „die Weltmenschen, denen diese Briefe etwan in die Hände gerathen, werden gar nicht die rauhe und trockene Sittenlehre, woran der Leser sogleich einen Ekel finden könnte, darinnen antreffen ... Meine Absicht ist gewesen, nicht allein zu unterweisen, sondern auch zu belustigen" 82 . Die in die Volksschriften eingestreuten bzw. zu Anthologien zusammengestellten moralischen Geschichten sind in der Regel kurze Erzählungen aus der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters. Sie können jedoch auch dialogi80 [Schwaben:] Das wohlgezogene Frauenzimmer, 1767, S. 213. 81 Ehrmann: Amaliens Erholungsstunden, 3 Bde. 1790-92, unpaginiertes Vorwort. 82 Caraccioli: Ergötzende und moralische Briefe, 4 Bde. 1769, hier: Vorrede.

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sehe Formen (Gespräche oder Briefe) annehmen, was im literarischen Trend der Aufklärungszeit lag, in der Autoren wie Denis Diderot und Christoph Martin Wieland die Handlung durch Brief- und Dialogromane vollständig in Gespräche auflösen 83 . Im Falle der moralischen Geschichten haben wir es zu tun mit fingierten Gesprächen zwischen Eltern und Kindern, Lehrern und Zöglingen, Landpfarrern und Bauern, seltener Offizieren und ihren Untergebenen oder Dienstherren und Gesinde. Auch in den „Vermächtnissen", „Väterlichen Räten" und „Klugheitsregeln", die sich an Jugendliche richten, sind Handlung und Geschichte zugunsten des „vernünftigen Diskurses" reduziert. Schon 1758 wurden die moralisch-pädagogischen Briefe einer Mutter an ihre ratsuchende reich verheiratete Tochter aus der Feder der Madame du Montier ins Deutsche übersetzt. Auch Ebersbergs „Freundlicher Rat fur die reifere weibliche Jugend" ist verpackt in Briefen an ein Mädchen namens Luise, das als Halbwaise mütterlicher Anleitung bedarf 64 . Charlotte Eleonore Wilhelmine von Gersdorf (1768-1847) zählt zu jenen Autoren, die sich in ihren moralischen und philosophischen Texten fast ausschließlich der Dialogform bediente. Populär wurde diese Form der Vermittlung volksaufklärerischer Inhalte vor allem durch Kalendergeschichten, in denen fiktive Figuren wie der „Gevattersmann", der „Kalendermann" oder der „Hausfreund" das Gespräch mit dem Leser pflegen. Das dialogische Prinzip sollte auch auf das Miteinander von Erziehern und Zöglingen übertragen werden. Deshalb schrieben zahlreiche Autoren in Anlehnung an Campe ihre Kinderbücher als Methodenbücher 85 . Damit glaubten sie gleich zwei Vorteile miteinander zu verbinden: Einmal war Literatur dem Kind nicht mehr direkt zugänglich; zwischen Kind und Buch stand der vermittelnde Erwachsene. Zum anderen wurde eine „Erziehung der Erzieher" möglich: explizit, indem Anleitung für den richtigen Umgang mit Kindern gegeben wird, implizit als Prinzip des Lernens durch Lehren. Vor allem Salzmann war der Auffassung, man sollte den Kindern Bücher nicht in die Hand geben, sie würden bald so begierig auf die Geschichten sein, daß sie die Wahrheiten, die darin enthalten sind, nicht mehr bemerken würden. Die Eltern sollten selbst erzählen (vgl. Abb. 14, S. 464). „Aber ja nicht Stunden lang! ja nicht in einem Tone, als wenn ihr sie unterrichten wolltet, sonst würdet ihr einen großen Theil meiner guten Absichten vereiteln" 86 . Am zweckmäßigsten wäre es zu

83 Ebd. - Baratier: Sittliche Gemälde guter und böser Kinder; ... nebst einem Anhang von Originalbriefen eines siebenjährigen Knabens, ... 1786. - Wedag: Handbuch über die frühere sittliche Erziehung, zunächst zum Gebrauch ffir Mütter, in Briefen abgefaßt, 1795. - Magenau: Lottchens angenehme Unterhaltungen. Eine Sammlung interessanter Briefe Amaliens an Lottchen,... 1816. 84 Ebersberg: Luise. Freundlicher Rath fur die reifere weibliche Jugend, 1827. 85 Moritz: Versuch einer kleinen praktischen Kinderiogik, 1786. - Basedow: Zur Elementarischen Bibliothek, 1770. - Zerrenner: Der deutsche Schulfreund, 24 Bde., 1791-1801. 86 Salzmann: Moralisches Elementarbuch, 2 Bde. 1782/83, Vorwort.

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beginnen, wenn die Kinder selbst nach einer Geschichten verlangten 87 . Dabei sei folgendermaßen vorzugehen: Erstens müsse man die Geschichte zuerst selbst zwei- bis dreimal durchlesen und sie sich recht lebhaft vorstellen. Zweitens müsse man sich ganz in die Lage und die Leidenschaft der handelnden Personen versetzen, so daß man ihren Tonfall annehme. Dies gebe der Erzählung die Wirkung eines Schauspieles. Drittens dürfe man sich nicht genau an die Worte des Verfassers binden, sondern müsse die Leute so reden lassen, „wie sie in der Provinz sprechen, in der man erzählt". Der Verfasser habe sich zwar Mühe gegeben, die Leute so reden zu lassen, „wie sie im gemeinen Leben zu thun pflegen", aber habe eben nichts getan, als die Obersachsen nach dem Leben kopiert. Viertens könne man den Effekt der Erzählung verstärken, indem man zum Schluß das dazu gehörende Kupfer zeige. In diesem Punkt geht Salzmann konform mit den oben erörterten didaktischen Vorschlägen von Basedow und Campe. Das werde dadurch zu Fragen angeregt, durch die der Erzieher sehen kann, ob es den wahren Sinn erfaßt hat. Fünftens: „Dieses Kupfer könnte man auf Pappe leimen lassen." Man solle es im Zimmer aufhängen, damit das Kind es vor Augen habe und sich an die Erzählung erinnert. Sechstens: „Wenn nun das Kind einen Fehler begeht, so wäre es gut, wenn man es auf das Geschichtchen verwiese, in welchem die Häßlichkeit desselben oder die Vortrefflichkeit der entgegengesetzten Tugenden gezeigt wird." Das dürfe jedoch nie in einer ersten Aufwallung des Unwillens geschehen, sondern immer nur mit Gelassenheit. Für kleine Kinder verpackte man moralische Lehren gerne in Gedichtform, was bisweilen zur Erhöhung des Kaufanreizes eigens auf dem Titel erwähnt wird. Als Beispiel sei hier das „Declamir-Buch fur die Jugend, bestehend in einer Sammlung von Gedichten und Fabeln für Kinder von 8 bis 12 Jahren" von G. W. Wolff genannt 88 . Es ist in drei Abteilungen gegliedert, deren erste „Religiöse Gedichte", die zweite „Moralische Gedichte" (S. 67ff.) und die dritte „Vermischte Gedichte" (S. 207ff.) bilden. Die zweite Abteilung besteht aus fünfzehn nach positiven und negativen Eigenschaften und Verhaltensweisen benannten Abschnitten: „Flüchtigkeit und weise Benutzung der Zeit" (S. 67ff.), „Wahrhaftigkeit" (S. 79ff.), „Unwissenheit und Aberglaube" (S. 84ff.), „Unschuld, Tugend, Edelmuth" (S. 88ff.), „Freude, Zufriedenheit" (S. 114ff.), „Vorsichtigkeit, Besonnenheit" (S. 129ff.), „Dankbarkeit" (S. 136ff.), „Gehorsam" (S. 14Iff.), „Liebe, Eintracht" (S. 146ff.), „Sanftmut, Geduld" (S. 155f.),

87 Auch Franz Hoffmann beruft sich immer wieder auf mündliche Erzählsituationen: Die erzählende Mutter. In: Kleine moralische Erzählungen für Kinder von 5-8 Jahren. 8. Aufl. Stuttgart [1846], S. Iff. - Ders.: Nr. 34: Die Schnitter. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 75ff. - Ders.: Nr. 55: Die Rettung. In: ebd., S. 115f. 88 Wolff: Declamir-Buch für die Jugend, 1835. - Vgl. auch Burmann: Kleine Lieder für kleine Mädchen und Jünglinge, 1777 und dessen Analyse in: Alzheimer-Haller: Moralische Geschichten, 1998.

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„Mitgefühl, Mitleid" (S. 156ff.), „Ehrlichkeit, Zutrauen" (S. 165ff.), „Geiz, Eigennutz, Neid" (S. 169ff.), „Eigendünkel, Stolz, Hochmuth" (S. 173ff.), „Wahrer Werth und Scheinwerth" (S. 187ff.). Da moralische Geschichten wie beschrieben den Anspruch erheben, wahr zu sein, liegt es nahe, sie gelegentlich auch als (Auto-)Biographien zu formulieren. Wening schildert „Leben, Reisen und Schicksale Georg Schweigharts, eines Schlossers" (1791/92) 89 . Johann Ernst Friedrich Wilhelm Müller verspricht im Titel seines 1792 erschienenen „Nützlichen Zeitvertreibs", Geschichten vorzulegen „von klugen und dummen, ingleichen von guten und bösen Leuten; woraus zu lernen, wie man klüglich denken und handeln müsse" 90 . Lohr bindet moralische Lehren in seine Autobiographie ein91. Gerne hat man moralische Botschaften eingestreut in fortlaufende Handlungen, die meist nur einen lockeren roten Faden bzw. eine Rahmenhandlung besitzen 92 . Hier sei neben Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" (1788) Toblers „Hausmutter" (1830) erwähnt 93 . Dieses Werk - eine Adaption von Pestalozzis „Lienhard und Gertrud", hier mit zwei Figuren namens Elisabetha und Konrad - enthält vorwiegend Ratschläge für rationelle und anständige Lebensführung, Kindererziehung, Krankenpflege und ist durchwegs dem Kampf gegen Vorurteile gewidmet. Alban Stolz läßt den Ich-Erzähler zu Allerheiligen über einen Friedhof gehen und entwickelt moralische Porträts der dort Begrabenen: der Reiche, der nur zur Messe ging, um gesehen zu werden, und die Armen „Lumpenpack" nannte (S. 79); der Wirt, der seine Gäste zum Würfel- und Kartenspiel verführte, und ihnen auch während der Messe im Hinterzimmer ausschenkte, um seinen Umsatz zu steigern, der Bürgermeister und Gendarmen bestach, um viele Tanzabende abhalten zu dürfen (S. 80f.); der Mädchenverführer, der die Schwangere sitzen ließ (S. 82); der Gütige, der ein Waisenkind bei sich aufnahm (S. 83); und die Witwe, die unter Druck und Ungerechtigkeit zu leiden hatte und ihren einzigen Sohn im Krieg verlor, aber trotzdem selten klagte (S. 84f.) 94 .

89 90 91 92

Wening: Leben, Reisen und Schicksale Georg Schweigharts, 3 Bde. Salzburg 1791/92. Müller: Anmuthiger und nützlicher Zeitvertreib, 1792. Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, passim. Vgl. z.B. Becker: Noth- und Hülfs-Büchlein, 2 Bde. 1788; neue, verb. Aufl. Gotha 1798/99. Schlosser: Katechismus der Sittenlehre, 1771. - Löbe: Das Musterdörfchen, 1846 u. 1847. 93 Tobler, Titus: Die Hausmutter. Bühler 1830. 94 Stolz, Alban: Kalender für Zeit und Ewigkeit 1 (1843) - 5 (1847) [in einem Bd.], hier: Mixtur gegen Todesangst für das gemeine Volk, und nebenher fiir geistliche und weltliche Herrenleute. Freiburg i. Br. 1845, S. 78-85.

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5.1.5 Bebilderung Die Sammlungen moralischer Geschichten sind in der Regel wenigstens mit einer Titelgraphik oder durch ein Frontispiz illustriert, gleichgültig ob sie sich an Kinder oder an Erwachsene richten. Kupferstiche bilden das Gros der Illustrationen, Holz- und Stahlstiche tauchen selten auf, die 1797 erfundene Technik der Lithographie ist ab ca. 1830 in nennenswertem Umfang vertreten. Die Abbildungen verheißen demjenigen, der die darin enthaltenen Lehren befolgt, reichen Lohn. So sind jedem der vier Bände der „Legende für den gemeinen Mann" (1788-1790) Kupferstiche beigegeben, die vorbildhafte Menschen mit ihren Arbeitsgeräten zeigen, und Hinweise auf die Belohnung geben, die den besonders eifrigen winken: Der erste Teil gewährt einen Blick ins Pfarrhaus, in dem vor einem gut gefüllten Bücherregal im Kreise der Eltern mehrere Kinder mit Buchprämien ausgezeichnet werden (vgl. Abb. 7, S. 462). Dies ist das Ergebnis von Lesestunden, die ein Hausvater in den Pausen auf dem Feld abgehalten hat, wie man auf der gegenüberliegenden Titelseite sehen kann (Abb. 8, S. 462). Der Vorleser, der gerade den Rechen aus der Hand gelegt hat, sitzt mit Brille, belehrend erhobenem Finger und einem Buch auf den Knien, unter einem Baum und hat andächtige Zuhörer um sich versammelt: eine junge Mutter mit Kleinkind auf dem Schoß, ein Jugendlicher, der bäuchlings den Kopf in die Hand stützt, ein junges, aneinandergeschmiegtes Paar, zwei erwachsene Männer stehen mit anerkennendem Blick dabei, ein kleiner Junge schaut dem Vorleser über die Schultern. Die Titelvignette des zweiten Bandes zeigt das Porträt des „ehrlichen Schweizers Peter Sommer", seines Zeichens „Baumausreißer" (Abb. 9, S. 463), mit den von ihm erfundenen Gerätschaften zur Landrodung (Abb. 12, S. 463), die am Ende des Bandes ausführlich vorgestellt werden (S. 238-242). Den Hintergrund seines Konterfeis zieren forstwirtschaftliche Geräte wie Sichel, Sapine und Spaten sowie als Hinweis auf die zu erwartende Ernte eine üppige Garbe. Der dritte Band wird eröffnet mit einem Kupferstich von Mettenieitter (1788), der die Unterzeile trägt „Seht, Ehrencronen, Freüdenfeste [!]. Für Fleiss und Tugend und Verdienste". In der Bildmitte bekränzt ein älteres Paar - der Amtskette nach zu urteilen wohl der Schultheiß und seine Frau - zwei Jugendliche vor den Augen des durch Sensen, Sicheln, Rechen und Harken als bäuerlich gekennzeichneten Publikums (Abb. 11, S. 463). Kinder stehen wartend daneben mit weiteren Blumenkränzen. Im Hintergrund werden Tiere ebenfalls mit Blumengirlanden geschmückt, Musikanten und ein Maibaum deuten auf ein fröhliches Fest hin. Das Titelblatt des vierten Bandes ziert das „Bildniß der guten Hausmutter Anne Thomsen" mit den Insignien einer tüchtigen Hausfrau, wie einem Butterfaß, einem Spinnrocken, einer Pfanne und einem Hühnergehege (Abb. 10).

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Die Illustration verweist auf die Pflichten der Hausfrau und auf die praktischen Hinweise, die den Leser erwarten: „Ursache, warum man die Butter oft nicht machen kann" und „Mittel dagegen" (S. 86), „Butter aus Milch von kranken Kühen bereitet, ist gefährlich zu essen" (S. 137) oder „Reinlichkeit in der Wäsche und Kleidung hilft gar viel zur Gesundheit" (S. 130). Der Gründer der Schnepfenthaler Erziehungsanstalt Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) scheute keine Kosten, um sein „Moralisches Elementarbuch" (2 Bde. 1782/83) ansprechend zu bebildern. 67 Kupfer von Daniel Chodowiecki (1726-1801), dem schöpferischsten und erfindungsreichsten Illustrator seiner Zeit, unterstützen die Aussagekraft der moralischen Geschichten, die Salzmann größtenteils selbst verfaßt, andere bei seinen berühmten Kollegen Campe, Moritz, Becker, Rochow, Sulzer und Weiße entlehnt hat. Hinter dem Titel verbirgt sich eine Art Lehrbuch für den Anfangsunterricht in Religion für Sechs- bis Achtjährige in Form von Beispielen aus dem Leben einer Kaufmannsfamilie. Chodowieckis Familienstudien zeugen von genauer Beobachtungsgabe und bilden in ihrer unmittelbaren Lebendigkeit ein Zeugnis damaliger Lebensart, speziell des bürgerlichen berlinischen Alltags. In Johann Sigmund Stoys Lesebuch aus dem Jahr 1791 werden die Lehrer genauestens instruiert, wie mit den darin enthaltenen Vignetten zu verfahren sei, die zu jeder der insgesamt neunzig moralischen Geschichten angefertigt wurden 95 . Während Salzmann, wie oben ausgeführt, die Bilder zur Vertiefung des Gelernten genutzt wissen möchte, schlägt Stoy deren Betrachtung als Ausgangspunkt einer intensiven Auseinandersetzung mit dem zu erlernenden Inhalt vor. Die Kinder sollen die Darstellungen zunächst eingehend studieren, sie sodann mit der Erzählung vergleichen und, sobald sie einige Fertigkeit im Lesen erlangt haben, die Geschichten, die zur „Besserung" dienen, laut und deutlich vorlesen. Lehrer oder Eltern zergliedern das Gelesene in „Hauptfragen" und erweitern es womöglich durch andere Beispiele.

95

Stoy: Goldener Spiegel für Kinder, 1791.

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5.1.6 Inhalte und Motive Obwohl moralische Geschichten in „rein weltlichen Zusammenhängen" stehen, verweisen sie letztlich auf eine religiöse Instanz, die den Gang der Dinge nach moralischen Maßstäben dirigiert 96 . Altüberlieferte Stoffe treten zurück hinter dem Bemühen um Beispiele aus dem Alltag. Moralische Geschichten sind als praktische Ratschläge für den christlichen Hausstand, für Ehe und Kindererziehung, Umgang mit Alten, Bettlern und Kranken oder für die Bewältigung des Haushalts den Ausläufern der Hausväterliteratur zuzurechnen. Die Autoren empfehlen eine rationale Lebensführung, die sich in Tugenden wie Ordnung, Fleiß, Sparsamkeit, Reinlichkeit, Ehrlichkeit, Zufriedenheit, Mäßigung, Häuslichkeit, Gottesfiürchtigkeit und Toleranz manifestiert. Durch die besondere Pflege dieser „Sekundärtugenden", wie sie seit den 68er Tagen gerne abschätzig bezeichnet werden, lösten sie erzähltechnisch die alte mnemotechnisch konstituierten Tugenden und Laster der humanistischen Loci communes ab. In ihnen hielten sich bis weit in das 19. Jahrhundert hinein die religiös-ethischen Prinzipien dieser Fachprosa aus der Feder von Landpfarrern, auch wenn der Funktionsverlust des Modells „ganzes Haus" und die Ersetzung des Hausvaters durch den rationellen Unternehmer seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr aufzuhalten war 97 . Die engen, streng geregelten und deshalb konfliktreichen Beziehungen zwischen der Kernfamilie des Hausvaters (Besitzer, Pächter, Verwalter) und den Dienstboten (Knechte und Mägde, Lehrlinge, Handlungsgehilfen) bestanden weiterhin. Zu den Verpflichtungen des „Arbeitgebers" gehörten Unterkunft und Verköstigung der Dienenden im Haus, und über das Materielle hinaus auch die Sorge um deren Seelenheil, Sittlichkeit und Wohlfahrt. Die Untergebenen waren angehalten zu Fleiß, Gehorsam, fast ununterbrochener Verfügbarkeit, Treue (im Gegensatz zu achtlosem Verschleiß), Redlichkeit (Offenheit und Vertrauen), Verschwiegenheit nach außen und Subordination im Inneren. All dies war in Dienstbotenordnungen und im deutschen Familienrecht festgelegt und sollte mit Hilfe moralischer Beispiele tiefer in das Gedächtnis der Leser eingeprägt werden 98 , zumal

96 Bausinger: Norm und Normverletzung, 1999. - Vgl. Ders.: Das Gebet in populärer Erbauungsliteratur, 1971. 97 Hahl, Werner: Hausväterliteratur. In: Killy XIII (1992), S. 385ff. - Vgl. auch Ehlert, Andrea/Führsorge, Gotthardt: Hausväterliteratur. In: EM VI (1990), Sp. 621-624. - Brunner: Das „ganze Haus", 1968. - Schwab: Familie, 1975. 98 S. die beiden diesbezüglichen Kapitel bei Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [ca. 1800]: Zehntes Hauptstück: Von dem, was Herrschaften ihren Dienstbothen schuldig sind, S. 170-175 sowie Elftes Hauptstück: Von dem, was Dienstbothen ihren Herrschaften schuldig sind, S. 175-185. - Bei Pischon: Moral in Beispielen, 1799, sind die Abschnitte 3945 einschlägig: Wie man sich treues und fleißiges Gesinde bilden soll, S. 137-140, Anhänglichkeit der Dienstboten, eine Folge guter Behandlung, S. 140ff., Nicht immer ist es Eigennutz, der das Gesinde an ihre Herrschaft bindet, es kennt auch edlere Beweggründe, S. 142f.,

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in der Praxis das Dienstverhältnis häufig durch Gewalt und Ausbeutung auf der einen, Betrug und Tücke auf der anderen Seite geprägt war". Darüber hinaus schrieben die aufgeklärten Autoren quasi aus eigener Autorität oder höherer rationaler Kompetenz gegenüber dem Leser über alles (vgl. Register der Motive, Tugenden und Laster): Aberglaube, Aderlaß, Betteln, Stallfütterung, Einfuhrung der Kartoffel, gesunde Ernährung, Errichtung von Blitzableitern, kluge Haushaltsführung, Lotteriespiel, Verhalten von Ehepartnern zueinander, gegenüber Kindern und Alten, Armen, Fremden und Andersgläubigen. Gesellschaftskritik taucht in den moralischen Geschichten immer wieder auf. Neben Adelskritik werden Aspekte sozialer Mißstände (Armenwesen) thematisiert, sinnentleerte Konventionen (Duelle) und überholte Sitten (Komplimentemachen) verurteilt. Herrscher-Anekdoten - besonderer Beliebtheit erfreuten sich Zar Peter der Große, Bischof Fénélon, Königin Luise von Preußen, der Alte Fritz sowie Kaiser Joseph II.100 - wurden zu moralischen Geschichten umfunktioniert. Auf die Verfolgung wissenschaftlicher Interessen verzichteten die Beispielgeschichten; andererseits wollten sie mehr als nur der Unterhaltung dienen. Der Leser/Hörer sollte auch belehrt werden. Ihre Botschaft stand im Dienst der durch Fortschrittsoptimismus und Perfektibilitätsdenken charakterisierten Aufklärungsphilosophie. Auf der Basis der Vernunft - so die Maxime der Volksaufklärer - sei es jedem möglich, zur Tugend zu gelangen, die erst Glückseligkeit verheißt. Rechtschaffen und maßvoll, die Extreme meidend, so hebt sich der „moralische Charakter" von all den Lasterhaften (den Geizigen, Verschwenderischen, Faulen, Rastlosen usw.) ab, welche diese Erzählungen beständig kritisieren. Die propagierten Werte und Haltungen der Askese und Selbstdisziplin spiegeln die Voraussetzungen des gesellschaftlich-wirtschaftlichen Aufstiegs des Bürgertums. Der sozialpsychologische Zusammenhang von Triebkontrolle und ökonomischem Erfolg ist für den Prozeß der Verbürgerlichung konstitutiv. Diese affektiven Grundwerte kennzeichnen den Liebesund Freundschaftsbegriff der moralischen Geschichten: Nicht die wilde Passion, die zerstörerische Leidenschaft, sondern die „vernünftige Liebe" (Thomasius), die der Freundschaft gleicht, erscheint als Garant des dauerhaften (Ehe-) Glücks. Sey Herr deiner selbst, dann bist du würdig andere zu beherrschen, S. 143ff., Ein gutes Mittel, der Hitze mancher Herren gegen ihre Bediente Einhalt zu thun, S. 145ff., Nimm dich deiner kranken Dienstboten an, S. 147ff., Erlaube deinen Kindern keine Mißhandlung deiner Dienstboten, S. 149-152. - Pothmann titelt 1790 „Pflichten christlicher Dienstboten", S. 66-71. 99 Anleitung zu den harschen sozialen Praktiken fanden die Herrschaften in dem Buch „Das Gesindewesen nach den Grundsätzen der Oekonomie und Polizeiwissenschaft" (Berlin 1779) des Enzyklopädisten Johann Georg Krünitz. 100 Wening: Historisch- und moralische Erzählungen, 1784, S. 41-47. - Geiger: Neuestes Sittenund Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [ca. 1800]: Zweytes Hauptstück Von der Vortrefflichkeit des Bürger- und Bauernstandes, S. 34-46. - Kieffer: Lese- und Lehrbuch, 1862, S. 54f.

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Moralische Geschichten verstehen sich zwar auch als „unterhaltsame Bauernaufklärung", verzichten jedoch auf jede Art von Anzüglichkeiten. Joseph Hubers bereits zitierte Biographie des mustergültigen Bauern „Isidor" (1797) böte mit der Figur des alkoholabhängigen Vaters durchaus Stoff für unmoralische Schilderungen 101 . Aber der Autor war bemüht, daß auch „die Unschuld, die dieses Buch liest, nie erröthen" muß, wie der nachmalige Regensburger Bischof Johann Michael Sailer in seiner Vorrede schreibt. Und er ergänzt: „Das ist bey Büchern dieser Art etwas Seltenes". Diese Bemerkung ist nur dann zu begreifen, wenn man unter „Büchern dieser Art" nicht die Gattung der „Unterhaltsamen Bauernaufklärung", die Sailer offenbar als solche noch nicht aufgefallen war, sondern die Unterhaltungs-Romane der Zeit verstand, welche die Volksaufklärer mit Nachdruck verurteilten. Wenn Sailer Hubers Buch auch fur ein atypisches Exemplar einer im Grunde unguten Art hielt, so erkannte er doch klar bereits das grundsätzliche Programm der zur Nachahmung animierenden wahren Geschichte, das die neue Gattung zusammenhält. Selbst die Vermittlung von Nachrichten lief bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts zumeist über die traditionelle, erzählende Form: Das aktuelle Ereignis wurde als Exempel genutzt und in eine moralische Geschichte gekleidet (vgl. unten das Kap. „Gefahren und Unglücksfälle"). Soweit sie an Kinder und Jugendliche adressiert sind, schildern moralische Geschichten Szenen aus dem täglichen Leben in der Schule, bei der Arbeit, in der Familie, unter Freunden. Die Leser sollen sich in die Situation der anderen hineinversetzen und die Konsequenzen ihrer Handlungen im Voraus bedenken. „Gute Gefühle" basieren auf altruistischen Handlungen und tragen dazu bei, auch die dingliche Umwelt mit Respekt zu behandeln. Mangelnder Gehorsam steigert sich zu Betrug und Lüge und führt letzten Endes in die Isolation, den Ausschluß aus der Gesellschaft. Bescheidenheit und Einfachheit regulieren das Selbstwertgefühl und die Art und Weise, sich anderen gegenüber zu benehmen. Aufschneider und Kinder, die anderen Schaden zufügen, werden bestraft in Form von Ermahnung, Entzug von Privilegien oder durch emotionalen Druck. Zur Zeit des Biedermeier zeigen die moralischen Geschichten eine Tendenz zur Emotionalisierung und gleichzeitig zum Pragmatismus: Aus Tugend wird Tüchtigkeit, wer lernt, hat Erfolg im Beruf. Pestalozzis Idee der harmonischen Entwicklung aller Fähigkeiten des Lernenden („Kopf, Herz, Hand"), trat - wie die späten Varianten zeigen - mit der mißlungenen Revolution von 1848 in den Hintergrund. Von da an sollte die Volksschule nur zufriedene Untertanen hervorbringen, Schüler und Lehrer schirmte man vor aufklärerischen Gedan-

101 Huber: Isidor, Bauer zu Ried, 1797 und zahlreiche Neuauflagen bis 1916.

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ken ab. Die Lehrinhalte wurden zunehmend militarisiert mit dem Ziel, das Soldatenleben schon fur die Kleinsten attraktiv zu machen' 02 . Die Gründung einer neuen Gesellschaft ist angewiesen auf Reproduktion und effektive Bindung an die Familie. Darum walten die Frauengestalten in den biedermeierlichen moralischen Geschichten am heimischen Herd, sind sparsam und agieren als überragende Erzieherinnen ihrer Kinder. Zu ihnen gesellt sich eine weise Großmutter. Die Hauptaufgabe der Kinder besteht darin, sich zu bilden, den Körper zu pflegen und ordentliche Gewohnheiten einzuüben. Der Nachwuchs wird geliebt, aber auch psychologisch unterjocht, mit Kinderarbeit in der Hausindustrie, in Fabriken und auf dem Land betraut. Erziehung besteht aus Kontrolle, Einübung von Disziplin und Konformismus, oft verbunden mit regelrechter Gewalt. Der gesellschaftliche Trend zur geschlechtsspezifischen Rollenverteilung spiegelt sich in den Erzählungen des 19. Jahrhunderts in einem inniger werdenden Mutter-Kind-Verhältnis bei gleichzeitiger Ablösung des Vaters als Haupterzieher 103 . Mit dem oft kopierten katholischen Priester Christoph von Schmid zieht im 19. Jahrhundert eine Tendenz zur Rechristianisierung moralischer Geschichten ein, die einhergeht mit emotional aufgeladener Frömmigkeit 104 . Davor und danach berufen sich die Autoren nur selten auf Gott. Dennoch sind ihre Werke auf verschiedene Weise von religiösem Gedankengut gespeist. Wenn sie von Verzeihen, Respekt, Liebenswürdigkeit etc. sprechen, gleichen sie dem Programm für gute Christen. Schließlich wollten die Autoren „christlich" sein, waren doch die meisten unter ihnen Theologen (vgl. oben das Kap. „Profile der Volkslehrer"). Nur geringen Quellenwert besitzen die moralischen Geschichten für die Brauchforschung. Religiöse Brauchrequisiten wie Palmesel oder Pfingsttauben tauchen gar nicht auf, profane nur selten (vgl. Register, s.v. „Brauch", S. 385f.). Dagegen finden sich aufschlußreiche Hinweise auf die Entstehung und Propagierung neuer aufklärerischer Feste (vgl. unten Kapitel „Arm und Reich", S. 233ff.).

102 S. z.B. Späth: Karoline: Der Wettsprung. In: Dies.: 110 moralische Erzählungen, 6. Aufl. o.J. [1895], Nr. 26, S. 45ff. - Hoffmann: Die Flinte. In: Ders.: 150 moralische Erzählungen, 1842, hierzit. n. 12. unveränd. Aufl. ebd. 1867, S. 132. - Kieffer: Der Soldat. In: Ders.: Lese- und Lehr-Buch, 1862, Nr. 48, S. 26. 103 Vgl. Rüegg: Saatkörner, 1906, Bd. II, Nr. 16, S. 19f. - Schwarz: 100 kurze Erzählungen, 1848, Nr. 24, S. 77f. - Späth: 110 moralische Erzählungen, 1895, Nr. 1, S. Iff. 104 Vgl. Schmid: Lehrreiche, 1824-27: Die zwei Ringe, S. 33f. - Schwarz: 100 kurze Erzählungen, 1848: Die Sonne, Nr. 1, S. 9ff. - Kieffer: Lese- und Lehrbuch, 1862: Das Böse bleibt nicht ungestraft, Nr. 65, S. 33f.

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5.1.7 Autoren und Adressaten Waren die Adressaten moralischer Geschichten Kinder, so sollten sie durch diese Art von Lektüre in den Schulbüchern gleichzeitig mit dem Lesenlernen in ihrem sittlichen Gefühl gebildet werden. Diese kindgerechten Erzählungen spielen häufig im gehobenen bürgerlichen Milieu. Die angestrebte Wirklichkeitsnähe zugrundelegend und in Anbetracht der Tatsache, daß die allgemeine Schulpflicht erst im 19. Jahrhundert eingeführt und darum Kinder einfacher Leute in der Regel als Analphabeten aufwuchsen, darf man schließen, daß Moralgeschichten in erster Linie adelige und bürgerliche Schichten bedienten. Ein wesentlich differenzierteres Bild ergibt sich bei den für Erwachsene geschriebenen Erzählungen. Die ausführlichen Titel benennen sehr genau, wer sich angesprochen fühlen sollte: Die Verlage brachten eigene Kompendien heraus „für katholische Bürger und Landleute" 105 , wobei sich diese in ihren ökonomisch-ästhetischen Normierungsvorschriften in nichts von den protestantischen unterschieden, ferner Anthologien fur den „gemeinen Mann" 106 , „für den Bürger und Bauersmann" 107 , „für die lieben Landleute" 108 , „für wißbegierige Landleute" 109 , „für Dienstboten" 110 , „für Hausmütter" 111 , für das „schöne Geschlecht" 112 - kurz, es gab keine Bevölkerungsgruppe, die nicht zu vernünftigem Verhalten aufgefordert worden wäre. Selbst für diejenigen, die nicht selbst zu lesen imstande waren, wurde geschrieben, denn die Verfasser empfahlen, ihre Erzählungen „bey langen Winterabenden" 113 bzw. im Gasthaus laut vorzulesen 114 , wenn man sie nicht ohnehin schon im Rahmen der Predigt gehört hatte115. Angela Treiber hat den Wandel des medialen Wissenstransfers am Beispiel der „Dorfzeitung" untersucht 116 . Demnach entwickelte der Herausgeber Carl Ludwig Nonne (1785-1854) folgende Strategie zur Informationsvermittlung:

105 Allgemeines Lesebuch für katholische Bürger und Landleute, 1793. 106 Abendunterhaltungen. Ein nützliches Lesebuch zunächst für den gemeinen Mann, aber auch für Seelsorger, Lehrer und jeden wahrheitliebenden Christen, o.J. [vor 1804], 107 Baierischer neuer Volkskalender für den Bürger und Bauersmann auf das Jahr 1803, 1802. 108 Berger: Ein ... Lesebuch für die lieben Landleute, 1832. - Hoff: Goldene Legende ... fur den lieben Landmann, auch für Bürger in den Städten,... 1794. 109 Lutz: Heinrich Feldmann's, des klugen Schweizerbauern auf dem Tannenhofe, lehrreicher Unterricht für wißbegierige Landleute, 2., verbess. Aufl. 1836. 110 Dann: Das Nöthigste für Dienstboten, 1841. 111 Der Erdmuthe Hülfreichin Unterricht für Hausmütter, 1795. 112 Vergnügen bey dem Nachttisch, 1766. 113 Wagner: Angenehmer Zeitvertreib, 3 1771/72. - Hoff, Unterhaltendes Allerley, 1778. 114 Das empfahl beispielsweise Johann Adam Christian Thon für seine Zeitung „Das räsonnirende Dorfkonvent", 3 Bde. Erfurt: Keyser 1786-1788. 115 Zerrenner: Predigten, ganz und stükweise, für die lieben Landleute, 1779. 116 Treiber: Die Dorfzeitung von Hildburghausen, 1999.

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„Alle Sonntage wird ein Blatt fortgeschickt, das bringt er [der Bauer] am Sonntage abends mit ins Wirtshaus, und wer gut vorlesen kann, liest's vor. Nachher geht's im Dorf herum, und jeder Nachbar erzählt seiner Frau und seinen Kindern, was für sie gehört. Mit den jungen Burschen liest's der Herr Pfarrer oder der Herr Schulmeister in der Sonntagsschule; es ist Platz geschaffen, daß jeder dazu setzen kann, was ihm dabei einfällt"117. Anthologien moralischer Geschichten wurden als Geschenk vor allem an junge Leute verteilt. Bisweilen verwies der Titel schon auf das passende Ereignis. Ferdinand Josef Gruber schlug 1829 vor, seine Geschichten anläßlich von „Weihnachts-, Neujahrs-, Oster-, Namens- und Geburtstags-, dann sonstiger Preis- und Ermunterungs-Anlässe an gebildete Töchter und Söhne" zu verschenken 118 . Johann Nepomuk Schneid sah seine „Tugend-Beyspiele" auf dem Gabentisch von Christenlehre- und anderen Prüflingen" 9 .

5.1.8 Distribution, Rezeption und Funktion Die historische Rezeptionsforschung stößt an ihre Grenzen, wenn es um die Frage geht, ob die Massen mittels volksaufklärerischer Literatur tatsächlich beeinflußt worden sind. Das ist auch für aktuelle Kommunikationsprozesse kaum zu beantworten. Was wir leisten können, ist das „Lesen zwischen den Zeilen" der unserem Untersuchungsgegenstand beigefugten Paratexte. In einer Ausgabe des „Noth- und Hülfsbüchlein" von 1793 wird beschrieben, „wie das erste Bändchen ... zu Mildheim und jener Gegend aufgenommen wurde" 120 . So erfahren wir, daß der Pfarrer des Dorfes die Lektüre des Büchleins in der Predigt empfahl und nach den Gottesdiensten im Pfarrhof weitere nützliche Bücher vorstellte. Der württembergische Pastor Kristoph Ferdinand Moser druckte 1786 im „Lesebuch für Landschulmeister" seinen Brief an den Tübinger Verleger Jacob Friedrich Heerbrandt ab. Ihm entnehmen wir, wie er sich die Popularisierung dieser hilfreichen Gebrauchsliteratur vorstellte 121 : Die Büchlein dürften nur dünn sein, um ungeübte Leser nicht schon optisch durch ihren Umfang abzuschrecken. Sie müßten so gestaltet sein, daß sie Neugierde wecken und zugleich Vergnügen bereiten (S. 8f.). Pfarrer und Lehrer sollten als Autoritätspersonen „immer ein und das andre von den Büchlein in der Tasche führen, und bey guter Gelegenheit hervorziehen", Leseempfehlungen aussprechen und die Bücher verschenken. Wäre die Neugierde erst einmal geweckt, würden die 117 118 119 120

Dorfzeitung, 7.2.1818, S. 1. Gruber: Blumen-Sträußchen, 1829. - Vgl. auch Ifka: Moralische Erzählungen, 1840. Schneid: Tugend-Beyspiele in biblischen Erzählungen, 1834. Noth- und Hülfsbüchlein für Bürgers- und Bauersleute, nach Rudolf Zacharias Becker. Bd. II. Graz 1793, S. 17ff. 121 Moser: Lesebuch fur Landschulmeister, Bd. VI, 1786, S. 1-20.

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Leser später gerne auch eine kleine Gebühr entrichten (S. 10). Moser entwirft ein optimistisches Bild vom lesenden Landvolk der Zukunft, wenn er schreibt: „Es käme dadurch eine Leseanstalt zu Stand, wodurch die Liebe zur gemeinnüzlichen Leetüre erweckt, der langen Weile und vielen daraus entspringenden Lastern besonders in den langen Winternächten und in den während derselben gewöhnlichen Lichtstuben gesteuert, die ländlichen Vergnügungen veredelt, die Aufklärung befördert, und der Same zu mancherley Kenntnissen und Tugenden gewiß nicht ganz aufs Verlorne ausgestreuet würde" (S. 20). Bücher mit moralischen Beispielgeschichten kamen vor allem im neu gestalteten Religionsunterricht des ausgehenden 18. Jahrhunderts zum Einsatz. Zwar blieb der klassische, dogmatisch geprägte Katechismusunterricht zur Vorbereitung auf die Konfirmation unabdingbar, doch entschied man sich z.B. in der Hamburger „Lehrschule für arme Kinder" daneben auch für eine lose Unterrichtsform zur Ausbildung des „moralischen Gefühls". Das Gespür für das, was gut und böse ist, wurde durch Erzählungen und Geschichten untermauert, „um die Empfindungen des Hertzens mit richtigen Urtheilen in Verbindung zu setzen", wie es im Bericht des dort tätigen Pastors Bracke von 1801 heißt. „Die Geübteren werden bey den Leseübungen auf das Schöne, Edle und Große einer That, besonders wenn selbige von Geringen und Armen verrichtet ist, hingewiesen, um die vernünftige Ehrbegierde in ihnen zu wecken"122. Was dem bürgerlichen Theaterpublikum in den Stücken von Schiller und Lessing zur Besserung ihrer moralischen Qualitäten durch Rührung und Mitleiden dienen sollte, sollte im Unterricht für die Kinder der Unterschichten Bewunderung wecken und Handlungsmaximen bereitstellen. Frank Hatje verweist auf die Praxis, die Kinder die Einsichten aus dem Religionsunterricht „mangels geeigneter Lehrbücher" in Hefte niederschreiben zu lassen123. Das Aufschreiben dürfte darüber hinaus in der Absicht geschehen sein, das Erlernte zu vertiefen. Denn die Lehrbücher existierten zuhauf 124 . Das bestätigt auch der Kristoph Ferdinand Moser in seiner bereits zitierten Anregung zur Einrichtung einer Bücherei: „Wir haben nun nachgerade so viele unterrichtsvolle, zugleich vergnügende und faßliche Schriften für den gemeinen Mann, und in so mäßigen Preisen, daß man für 20. fl. schon eine artige Sammlung davon anschaffen könnte, die im Stand wäre, nützliche Ideen aller Art unterm Volk auszusäen. Soll denn die vornehme Welt allein lesen, und die Klasse, die den Acker baut, immer mit ererbten Begriffen sich begnügen, und ihre Feyertage entweder in betrübenden Zechbrüderschaften, oder unter elenden Gespräche zubringen, ...?"125. 122 StA Hamburg AA I 124: Bericht Pastor Bracke vom Januar 1801, zit. n. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 192, Anm. 89. 123 Ebd. 124 Vgl. die Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur im Anhang. 125 Moser: Lesebuch Bd. VI, 1786, Kap. 1: Ein Schreiben an den Herausgeber, S. 1-22, hier S. 6f.

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In einem Protokoll der Hamburger Schuldeputation aus dem Jahr 1791 finden wir einen Beleg, daß die Lehrer die moralischen Beispielgeschichten tatsächlich für den Unterricht vorsahen. Sie schafften für die Lehrschule bereits 1791 Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" in 250 Exemplaren und Rochows „Kinderfreund" an126. Allerdings stuften sie diese Lektüre für ihre Schüler rückblickend als wenig brauchbar ein, weil die Beispiele nicht „aus dem StädterLeben entnommen" und daher für die Kinder zu wenig nachvollziehbar seien127. Der aus der Schweiz stammende, von Friedrich II. 1763 an die neu gegründete Ritterakademie berufene Philosoph Johann Georg Sulzer (1720-1779) geht auf die Art und Weise ein, wie Lehrer moralische Geschichten seiner Meinung nach am zweckmäßigsten im Unterricht einsetzen sollten: Sie sollten der „Schärfung des Verstandes und Witzes" (S. XXVII) bzw. der „Uebung in dem Gefühl des Guten und des Bösen" (S. XXIX) dienen, wobei er jeweils großen Wert legt auf den Transfer des als richtig erkannten Verhaltens in den Alltag seiner Schüler 128 . Immer geht es den Volksaufklärern um die aktive Aneignung der vermittelten Lehren. Darum fordert auch Lohr seine Leser auf: „Leset folgende Geschichten mit Aufmerksamkeit, und sehet zu, was ihr Edles und Vorzügliches in denselben findet, und was etwa zweifelhaft scheinen könnte. Sehet auch besonders darauf, wer die Menschen waren, von welchen erzählt wird, und auf die Umstände, unter welchen sie handelten, und bemerkt, ob vielleicht durch diese manche Handlung viel edler und schätzenswerter wird, oder etwa von ihrem Werth etwas verliert?"129 Auch die als besonders wohltätig in die Geschichte Schleswig-Hol-steins eingegangene Gutsbesitzerin Friederike Juliane Gräfin von Reventlow (17621816) gibt als Zweckbestimmung ihres Buches „Kinderfreuden" (1792) an, „die Jugend zum Nachdenken und zum Gebrauch ihres gesunden Verstandes über die Gegenstände, welche sie umgeben, zu erwecken ,.." 130 . Der aus Straubing stammende Zollbeamte und Wollhändler Franz Xaver Herzer (1758-98) empfiehlt im Vorwort zu seinem zweibändigen „Sittenspiegel für's Landvolk" (1790/93), die Kinder zum lauten Vorlesen der von ihm gesammelten moralischen Geschichten zu animieren. Anschließend sollen sie sie mit eigenen Worten nacherzählen (S. 4). Es wäre jedoch vermessen zu glauben, so Herzer, damit könne man die Erziehungsanstrengungen auf sich

126 StA Hbg. AA I 138: Protokoll Schuldeputation 7. Nov. 1791. - Zit. n. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 187. 127 StA Hbg. AA I 124: Bericht Lehrer Barckhahn vom Dezember 1801. - Zit. n. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 187. 128 Sulzer: Vorübungen, neu bearb. v. Johann Heinrich Ludwig Meierotto. 4 Bde. 1780-82, hier: Bd. IV (1782): Allein zum Gebrauch der Lehrer, Vorwort. 129 Lohr: Verstand, 1797, S. 126. 130 Reventlow: Kinderfreuden, Teil I, 1792.

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beruhen lassen; vielmehr müßten die Eltern ihren Kindern das Gutsein täglich vorleben (S. 5f) Die Leser seines Werkes sollten bedenken, daß die Obrigkeit bemüht sei, alles für das Wohl der Untertanen zu tun. Dann läge es an den Bauern, etwas aus ihrem Leben zu machen. Die Geschichten, die Herzer in Kapitel mit Beispielen über „arbeitsame und nützliche Bauern", „edelmüthige und hilfreiche Bauern", „rohe, wilde, unnachbarliche Bauern" usw. eingeteilt hat, sollen sie dabei unterstützen. Christian Gotthilf Salzmann stellt in der Anleitung zum Gebrauch seines „Moralischen Elementarbuches" (2 Bde., 1782/83) fest, es sei Absicht dieses Werkes „in sechs- bis achtjährigen Kindern dasjenige zu erzeugen, was man gute Gesinnung zu nennen pflegt". Sie bestehe darin, daß man die Eigenschaften einer Sache wisse, Erkenntnis dagegen bedeute, daß man nicht bloß die Eigenschaften, sondern auch die Wirkungen und den inneren Gehalt einer Sache kenne. Um dem Kind zum Beispiel einen Begriff wie „Faulheit" verständlich zu machen, genüge es nicht zu erklären, die Faulheit sei eine üble Sache, man müsse dies anhand konkreter Beispiele, wie etwa seiner Geschichte vom faulen Kaspar, darstellen. Die Einbildungskraft stelle dem Kind die Faulheit in Kaspars Bild so lebhaft vor, daß es das damit verknüpfte Mißvergnügen empfinde. Salzmann hofft, daß die Eltern die erfreulichen Wirkungen des Buches an den Kindern spüren werden, daß sie „gehorsamer, gefälliger, arbeitsamer, geduldiger, usw. würden". Die Mutter erachtete Salzmann als die am besten geeignete Person zur Bildung des kindlichen Charakters. Sollte sie sich nicht selbst um die Erziehung kümmern können, so möge sie sich umsehen „nach einem junge Manne, von gesundem Menschenverstände und unbescholtnen Sitten"131. Die Mutter solle veranlassen, daß er ihren Kindern täglich etwas aus diesem „Büchelchen" vorlese nach der beschriebenen Art, und sie werde sich wundern, wieviel er damit ausrichte. Erwachsene wurden zur Zeit der Volksaufklärung über die sonntägliche Predigt erreicht. Hier dienen moralische Geschichten zur Verdeutlichung der Bibel-Botschaft. Sie helfen, den Stoff der Perikopen auf die Zuhörer anzuwenden (applicatio), weshalb sich neben den großen gedruckten „Bibliotheken" für Prediger (Tobias Lohner, Vincent Houdry) im 18. Jahrhundert auch Anthologien moralischer Geschichten in den Handapparaten der Pfarrer fanden. Mit deren Hilfe untermalten sie ihre volksaufklärerischen Themenpredigten, um neben Glaubensinhalten ökonomische und gesundheitliche Verbesserungsvorschläge zu propagieren 132 . Die Gegenstände, die sie auf der Kanzel erörterten, richteten sich nach dem kulturellen Zeitgeist und unterschieden sich 131 Das war gang und gäbe, wie wir an der großen Zahl von Theologen unter unseren Autoren sehen können, die nach dem Examen die Wartezeit bis zum Freiwerden einer Pfarrstelle als Hauslehrer überbrückten (vgl. oben „Profile der Volkslehrer"). 132 Wehrle: Orientierung am Hörer, 1975.

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oftmals kaum von den Titeln der zeitgenössischen Popularphilosophie und Schriftstellerei. Der protestantische Theologe und Moralphilosoph Johann Jakob Spalding (1714-1804) handelte sich mit seiner Schrift „Ueber die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung" harsche Kritik aus der Feder Herders ein, weil er darin der moralischen Predigt vor der orthodoxen den Vorzug gibt133. Hier wie dort wurde über die Erziehung, die Tugenden, über die Phänomene der Natur, den beruflichen Alltag, die schönen Künste doziert. In Johann Heinrich Pestalozzis „Lienhard und Gertrud" (1781-87) hält ein Pfarrer mustergültige Predigten, welche die Zuhörer sofort zu guten Tat treiben, was ganz im Einklang mit dem glühenden Reformgeist dieses Buchs steht. Der Gottesdienst war zur Erziehungsanstalt geworden. Neben den Aussagen und Empfehlungen in den Paratexten der unterhaltsamen Volksaufklärungsliteratur helfen Ausleihbücher von Bibliotheken, Verzeichnisse von Lesegesellschaften, Vermerke in den Büchern, wonach sie als Schulpreise vergeben worden sind, Autobiographien und Nachlaßinventare bei der Beantwortung der Frage, ob sie wirklich konsumiert wurde. Mechthild Raabe hat in ihrer Untersuchung über die Herzogliche Bibliothek von Wolfenbüttel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herausgefunden, daß „klassische Autoren und schöne Literatur ... daneben moralischphilosophische Schriften und historisch-geographische Werke" am meisten gelesen wurden 134 . Die Schüler der alten Wolfenbütteler Lateinschule durften nach Verlegung der Hofhaltung nach Braunschweig die von Lessing betreute Bibliothek bis zu dessen Tod benutzen, sie waren zwischen 1770 und 1780 sogar die stärkste Lesergruppe. In dieser Zeit interessierte man sich zunehmend für „mehrbändige Sammelwerke und Fortsetzungsreihen belehrender, unterhaltender oder naturkundlicher Art. So erklärt es sich, daß die „AbendStunden" und der „Abendzeitvertreib" mit moralischen Geschichten von den Schülern immer wieder verlangt wurden. Das galt auch für die kritisch aufklärerischen moralischen Wochenschriften: „Der Druide", „Der Einsiedler", „Der Mensch", „Der Redliche", „Die Landbibliothek", die „Belustigungen des Verstandes und Witzes". Hervorzuheben ist „Das Reich der Natur und Sitten", eines der beliebtesten Fortsetzungswerke der Zeit: 37mal liehen Schüler die Bände dieser Reihe aus. Zu ihnen zählen die „Historisch-moralischen Schilderungen zur Bildung eines edlen Herzens in der Jugend" von Johann Peter Miller, ein dreibändiges Werk, das bei Christian Friedrich Weygand in Helmstedt 1753-1759 erschien 135 . Millers Buch ging zwischen 1767 und 1781 zwanzigmal über die Ausleihtheke 136 . Gerne gelesen wurden in Wolfenbüttel auch die „Moralischen Gedanken" (1744) des dänischen Komödiendichters 133 134 135 136

Spalding: Ueber die Nutzbarkeit des Predigtamtes, 1772. Raabe: Wolfenbütteler Schulalltag, 1992, S. 26. Millers Werk umfaßt tatsächlich fünf Bände, die in den Jahren 1753-64 erschienen sind. Raabe: Wolfenbütteler Schulalltag, 1992, S. 20.

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und Moralphilosophen Ludvig Holbergs (1684-1754), der 1748 in Kopenhagen das Nationaltheater gegründet hat, und Johann Jakob Spaldings „Bestimmung des Menschen" (1794)' 37 . Otto Danns Analyse der Buchbestände von Lesegesellschaften des 18. Jahrhunderts hat das für unseren Zusammenhang wichtige Ergebnis erbracht, daß neben einer technisch-praktischen Wissensvermittlung „moralisch-erzieherische Nützlichkeit ... dominierende Kriterien bei der Auswahl der Lesestoffe" [waren]138. Freilich verstanden sich Lesegesellschaften in erster Linie als Orte der Zeitungslektüre, denn diese konnte in der Gemeinschaft leichter finanziert werden. So fand auch Johann Heinrich Cottas „Morgenblatt für gebildete Stände" (1807-1865) mit seinem stolzen Preis von acht Reichsthalern hier vor allem seinen Absatz. Mit dem „Morgenblatt", das täglich im Umfang von vier Seiten erschien, gelang Cotta eine der erfolgreichsten und langlebigsten Zeitschriftengründungen des 19. Jahrhundert. Es stand in der Nachfolge der mit dem 18. Jahrhundert untergegangenen „Moralischen Wochenschriften" und enthielt wie diese außer Nachrichten über Land und Leute, Reiseberichten und Beschreibungen lokaler Bräuche auch moralische Geschichten. Ziel der Redaktion war es, den Leser mit einem fundierten Querschnitt durch das Wissen der Zeit zu versorgen und ihm jede Art von weiterer Lektüre - Politisches ausgenommen - zu ersparen 139 . Holger Böning rekonstruiert am Beispiel des „Wittenbergischen Wochenblattes" Versuche, die regelmäßig Zeitungslektüre zum Standard zu erheben 140 . Dort wird 1772 unter dem Titel „Gedanken zum Aufnehmen der Dorfschaften insgemein" der obligatorische Bezug eines Intelligenzblattes aus der jeweiligen Gemeindekasse verlangt 141 . Um Lesehindernisse zu umgehen, wünscht man sich „das Beste daraus des Sonn- oder Feyertags von dem Verständigsten in der Schenke der Gemeine vorgelesen, oder vorgetragen, die Blätter aber von dem Dorfrichter, zur fernem Unterweisung und gemeinschaftlichen Nachricht, aufgehoben und jährlich geheftet" 142 . Zahlreiche Hinweise etwa auf das Ausliegen solcher Blätter in ländlichen und dörflichen Wirtshäusern lassen es wahrscheinlich sein, daß die Lektüre von Intelligenzblättern die erste und unterste Stufe des Zeitungslesens auf dem Lande darstellte. 137 Ebd. 138 Dann: Eine höfische Gesellschaft als Lesegesellschaft, 1992, S. 54. 139 Morgenblatt für gebildete Stände 1807-1865. Mikrofiche-Edition des Redaktionsexemplars aus den Beständen des Deutschen Literaturarchivs. München 2000. - Dazu: Fischer, Bernhard: Register der Honorarempfanger. München 2000. - Vgl. Wirtz, Thomas: Kaderschmiede der Bildungsbürger. Das „Morgenblatt für gebildete Stände". In: FAZ, Mittwoch, 4.10.2000, Nr. 230, S. Ν 6. 140 Böning: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung, 1987. 141 Abgesonderte Gedanken zum Aufnehmen der Dorfschaften insgemein. In: WiWo 1772, S. 157-160, S. 169-172, hier S. 160. 142 Ebd.

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Aufschluß über Lesegewohnheiten geben auch Autobiographien. Lohr ermahnt unter der Überschrift „Das erste Bilderbuch" seine jungen Leser, die illustrierten Bücher, die sie zur Verfügung haben, höher zu schätzen. Jetzt, also 1820, seien die Kinder übersättigt von ansprechend gestalteten Büchern und wüßten sie gar nicht mehr recht zu schätzen 143 . In seiner Jugend, also zwischen 1770-90 sei das Lektüreangebot für Kinder sehr dürftig gewesen. Eines Tages sei ein Baron in die Schule gekommen, und habe jedem Kind ein in Goldbrokatpapier eingebundenes Büchlein überreicht, das Lohr immer wieder und wieder gelesen haben will. Den Titel verrät er nicht, schildert aber den Inhalt. Es handelt sich um „die Geschichte eines recht frommen und Gott ergebenen Kindes, dessen Ausdauer und Freude im Lernen, dessen Stille und Sanftheit, dessen Ruhe und Seelenfrieden und dessen Geduld auf dem letzten Krankenlager mit Kindessinn, und also einfach und anziehend beschrieben waren" 144 . Rückschlüsse auf die Verbreitung und den Kreis der Rezipienten läßt schließlich die Aufmachung der Bücher, also die Art der Illustrierung und des Druckes, das Format und die Buchausstattung zu145. Die Bücher sind in der Regel auf billigem Papier im handlichen Oktav-Format mit großen Lettern gedruckt. Damit sind sie auch für den schmalen Geldbeutel erschwinglich. Der günstige Preis ist oft schon auf dem Titelblatt eingedruckt oder wird in der Vorrede eigens hervorgehoben. Mit ihrem kleinen Format taugen die volksaufklärerischen Schriften als Vademecum; sie sind leicht an Orte der geselligen Lektüre mitzubringen. Die oft groß gewählten Buchstaben ergeben zwar einen größeren Umfang, was sich negativ auf den Preis auswirkt, dafür sind die Texte aber auch zum Vorlesen durch den Hausvater, Schulmeister, Pfarrer oder Wirt bei abendlichen Zusammenkünften mit entsprechend schlechten Lichtverhältnissen zu gebrauchen.

5.1.9 Vorkommen außerhalb Deutschlands Europa bildete bis zu den Erschütterungen durch Koalitions- und Napoleonische Kriege bei aller Komplexität ein von der gesamten Bildungselite getragenes System mit gemeinsamer Lebens- und Denkweise, die sich auch im Literaturbetrieb und im Gebrauch des Französischen als „langue universelle" spiegelte. Trotz kulturraumspezifischer Eigenheiten wie des Pietismus in Deutschland oder des Jansenismus in Frankreich weist auch der Diskurs über Volksliteraturen und populäre Kommunikationsmedien eine gesamteuropäische Dimension auf, die sogar auf Nordamerika ausgreift.

143 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, Das erste Bilderbuch, S. 103-109. 144 Ebd., S. 106f. 145 Mix: Die deutschen Musenalmanache, S. 26ff.

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In diesem Klima nimmt es nicht Wunder, daß sich auch die Idee der Volksaufklärung und mit ihr moralische Geschichten als Vermittlungsinstrument länderübergreifend beobachten lassen. Einen eindrucksvollen Querschnitt durch die europäischen Bestände an moralischer Kinder- und Jugendliteratur der Aufklärungszeit vermittelt Kaiser Franz I. von Österreich (17681835). Der „große Bibliophile auf dem Thron" 146 , dessen Sammlung in seinem Todesjahr als „la plus belle et la mieux choisie de toutes les bibliothèques particulières des souverains régnans de l'Europe" bezeichnet worden ist, besaß in der Abteilung belehrender und unterhaltender Kinder- und Jugendliteratur 187 Titel, von denen 126 in deutscher, 59 in französischer und zwei in englischer, aber kein einziger in italienischer Sprache abgefaßt waren. Hier läßt sich nachweisen, daß besonders erfolgreiche Autoren in mehrere europäische Sprachen übersetzt wurden, so die Werke der Französin Stéphanie-Félicité Gräfin von Genils oder ihres Landsmanns Arnaud Berquin, einem bekannten Jugendschriftsteller. Sein erzieherisches Hauptwerk bildet „L'Ami des enfants" in Anlehnung an den „Kinderfreund" des Deutschen Christian Felix Weiße. François Baratiers „Sittliche Gemälde guter und böser Kinder" (1786) stellen eine Adaption des französischen Originals „Histoires possibles, ou Caracterès de bons et de mauvais enfants, composés par Mr. Baratier le père, à l'usage de Mr. Baratier le fils" dar und sind bereits in sich europäisch angelegt 147 : In Teil 1 werden jeweils in verschiedenen Städten gute bzw. böse Kinder geschildert. Bei der ersten Erzählung, die von einem verständigen Kind namens Johann in Berlin spricht, das vom König ausgezeichnet wird, dürfte es sich um Jean Philippe Baratier handeln, der als Wunderkind vom König von Preußen ein Stipendium erhielt. In Wien wird das „Eigensinnige Kind" porträtiert, in Genf das gottesfurchtige, in Bern das behutsame. Vom hohen Anteil deutschsprachiger Literatur in der Sammlung des österreichischen Kaisers darf man sich nicht täuschen lassen. Offenbar hinkte nämlich die Produktion moralischer Geschichten in Deutschland im Vergleich zu Frankreich nach. Wening bedauert in der Vorrede zu seinen „Historischmoralischen Erzählungen" (1784), daß „unsere Lehrer in den deutschen Schulen ... fast keines von den oben angezeigten Büchern des Auslandes [kennen]. Welcher Lehrer hat soviel Bücher, mit denen uns das Ausland vorangegangen ist, daß er schöne Handlungen daraus studieren, daß er selbst viele Vorurtheile ablegen, daß er ein Buch der Jugend vorlesen, und daraus was Gutes bey derselben stiften kann?" Italien, das in der Sammlung des in Florenz aufgewachsenen Kaisers stark vertreten sein müßte, folgte der Mode der moralischen Geschichten nur zögernd 148 , dann jedoch mit umso anhaltenderem Erfolg, wie Francesca Caringi 146 Monschein: Kinder- und Jugendbücher der Aufklärung, 1994, S. 26. 147 Baratier: Sittliche Gemälde guter und böser Kinder, 1786. 148 Monschein: Kinder- und Jugendbücher der Aufklärung, 1994, S. 26f.

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anhand der Kinderbuch-Reihe „II buon esempio" nachweist. Sie erschien erst ab 1900 mit 125 Bändchen unter der Leitung von Guido Fabiani. Die mit 60 Cent preiswerten Exemplare behandeln jeweils eine in sich abgeschlossene Geschichte, deren Titel mit den in Deutschland geläufigen korrespondieren. Hier nur einige Beispiele: Bd. 2: „Mal più bugie" („Keine Lügen mehr"), Bd. 4: „La Gola" („Die Freßsucht"), Bd. 16: „Non badate alle apparenze" („Achtet nicht auf den Schein!"), Bd. 19: „Non sappia la sinistra ciò che fa la destra" („Die Linke weiß nicht, was die Rechte tut"), Bd. 57: „I vecchi hanno sempre ragione" („Die Alten haben immer recht"), Bd. 125: „ L'invidia" („Der Neid"). Autoren wie Rosa Errera, Lucia Petrali-Castaldi, Rosa Agazzi, Gina Reri, Virginia Staurenghi-Consiglio, Guiseppina Danante-Gianelli, Emma Fano, Amilcare Lauria oder Augusto Gherardini und vermitteln klare Vorstellungen einer Mittelklasse-Ethik mit dem Ziel der Industrialisierung 149 . Immer wiederkehrende Appelle rufen auf zu Bescheidenheit, Ausgeglichenheit, Courage, Disziplin, harter Arbeit, Großzügigkeit und Frömmigkeit - alles Normen, die das Zusammenleben in einer zivilisierten Gesellschaft erleichtern. In Deutschland wurde auch die englische Literatur zur Volksaufklärung rezipiert. Christian Felix Weiße übertrug früh moralische Geschichten aus der englischen Predigtliteratur ins Deutsche 150 . Im Verlag Göschen erschien 1788 die Übersetzung des „Gesinde-Freunds" 151 . Das Büchlein enthält Betrachtungen über Diebstahl, Schlägereien, schlechtes Benehmen und Dienstleben in London anhand der Lebensgeschichte des armen Thomas. Die viktorianische Mittelschicht beglückte die fleißige und begabte Charlotte Mary Yonge (18231901) mit unzähligen Romanen und Kinderbüchern, die von religiösem Eifer erfüllte sentimental-moralische Milieu- und Menschenschilderungen enthielten. Begleitet wurde die moralisch-belehrende Volksliteratur in England von Beginn an durch die Kupferstiche William Hogarths (1697-1764), auf denen es wimmelt von raffgierigen Händlern, korrupten Anwälten und Politikern, degenerierten Adeligen, Quacksalbern, die mit bizarren Wundermitteln schnell zu Geld und Ansehen gelangen wollen, jungen Mädchen vom Lande, die auf die große Partie in der Stadt hoffen und in der Gosse enden (vgl. Abb. 15, S. 465). Eine von Georg Christoph Lichtenberg kongenial kommentierte Auswahl erschien Ende des 18. Jahrhunderts 152 . Wie seine Kollegen von der schreibenden Zunft wollte Hogarth belehren und unterhalten, indem er dem Betrachter einen Spiegel vorhielt. Eine Übersicht über die Volksaufklärungsliteratur nordischer Länder ist hier nicht zu leisten. Fest steht jedoch, dass man auch in Skandinavien mit zahlrei149 150 151 152

Caringi: Il Buon esempio, 1999. Fordyce: Predigten für junge Frauenzimmer aus dem Englischen, 2 Bde. 1757. Der Gesindefreund ... Aus dem Englischen übersetzt, 1788. VI, 146 S. Lichtenberg, Georg Christoph: Ausfuhrliche Erklärung der Hogartischen Kupferstiche. In: Göttinger Taschenkalender 1794-99.

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chen Neuerungen und Aktionen die Idee der Bauernaufklärung nachhaltig verfolgte. Der in Halle geborene Arzt und Staatsmann Johann Friedrich Graf von Struensee (1737-1772), ein Enkel des Radikalpietisten Johann Samuel Carl, sorgte mit seinen Schriften und vor allem seinen Taten für Aufsehen. Nach mehr als 600 literarischen und filmischen Bearbeitungen zählt er bis heute wohl europaweit zu den populärsten Volksaufklärern 153 . Als Leibarzt des jungen dänischen Königs Christian VII. hat Struensee in Kopenhagen nebenbei die Straßen pflastern lassen, den Park um Schloß Rosenborg für die Bürger zugänglich gemacht, eine Krankenanstalt mit Findelhaus errichtet, es entstand eine Quarantänestation für Neuankömmlinge aus Übersee, die Friedhöfe wurden vor die Tore der Stadt verlegt, die Pressefreiheit eingeführt, im ganzen Land die Folter abgeschafft, der Frondienst der Bauern eingeschränkt, Schulwesen, Krankenhäuser und Universitäten reformiert, uneheliche Kinder vor dem Gesetz gleichgestellt, Kirchen in Hospitäler umgewandelt, wichtige Privilegien des Adels aufgegeben, das Scheidungsrecht liberalisiert, der kirchliche Einfluß auf das öffentliche Leben gemindert, die Verwaltung gestrafft, das staatliche Finanzwesen neu geordnet und das Schnapsbrennen verboten. Eine Affäre mit der jungen Königin kostet ihn schließlich Kopf und Kragen. - Einen späten Vertreter der Volksaufklärung haben wir vor uns mit dem Dänen Nikolai Grundtvig (1783-1872). Er begründete die ersten Volkshochschulen, die in Deutschland erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts Fuß fassen sollten154. Mit Benjamin Franklins (1706-1790) „Almanach des alten Richards" besitzen wir ein Beispiel für den interkontinentalen Austausch moralischer Geschichten. Der amerikanische Naturwissenschaftler und Staatsmann gab diesen Kalender in Philadelphia 1733-1758 heraus. Er enthält zahlreiche kurze, einprägsame Denksprüche und Maximen, die alle dem Zweck dienten, Arbeitsamkeit einzuschärfen. Im letzten Jahrgang hat Franklin alle Merksprüche und Erzählungen der vorhergehenden Ausgaben unter der Überschrift „Des alten Richards Kunst, glücklich und reich zu werden" zusammengefaßt. Rosenlächer berichtet in seinem „Goldenen Spiegel" (1827), dieser Beitrag sei in verschiedene Sprachen übersetzt und in mehrere Sammlungen aufgenommen worden 155 . Auch sei er einzeln gedruckt und gerahmt worden und hinge so noch immer in vielen Häusern Philadelphias. Auf diesen Erfolg und auf die grandiose Karriere des Verfassers vom armen Buchdruckergesellen zu einem der ersten und reichsten Männer Amerikas vertrauend, übernahm auch Rosenlächer „Richards Kunst" in den Anhang seines „Goldenen Spiegel" 156 .

153 Vgl. zuletzt: Enquist: Der Besuch des Leibarztes, 2001. 154 Meincke, Inga: „Vox Viva". Die „wahre Aufklärung" des Dänen Nikolaj Frederik Severin Grundtvig. Heidelberg 2000. 155 Rosenlächer: Goldener Spiegel, 1827, S. 134. 156 Ebd., S. 133-146.

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5.1.10 Zeitgenössische Einschätzung Trotz ihrer massenhaften und weiträumigen Verbreitung lehnten zahlreiche Pädagogen und Schriftsteller moralische Geschichten selbst zu ihrer Blütezeit ab als langweilig, trocken, flach und uneffektiv. Der Hamburger WaisenhausKatechet Karl Johann Heinrich Hübbe (1764-1830) bezeichnet sie 1799 als für den „gemeinen Mann" zu wenig unterhaltsam: „In den neuern [Büchern] ist zu wenig für die Einbildungskraft des Lesers gesorgt, es geht alles fein natürlich zu, er findet sich und sein gewöhnliches Leben in den Büchern wieder und eben das will er nicht; sondern er will sich und seine Umgebungen gerne vergessen und wenn er liest oder sich vorlesen läßt, gerne etwas von Wesen höherer Art, ihrem Schicksal, heroischen Thaten, wunderbaren Errettungen usw. hören. ... Ich weis es noch recht gut, daß ich als Knabe den alten Robinson mit weit mehr Vergnügen gelesen habe, als Millers historisch-moralische Schilderungen und erfahre es noch alle Tage, daß die Kinder den jüngeren Robinson, welchen Campe zu unserem Landsmann gemacht hat, lieber lesen, als das sonst so vortreffliche Salzmannische moralische Elementarwerk, und den älteren Robinson lieber, weit lieber, als den Campischen"157. Außerdem gehe es „fein ehrbar zu" in dieser Literatur, „des Spaßes giebt es wenig" und es werde allzusehr in pastoralem Tonfall gepredigt. Manche Schulbuchautoren betonen die Progressivität ihrer Werke, indem sie auf die Aufnahme moralischer Beispielgeschichten bewußt verzichten. Α. E. Preuß, Director, und J. A. Vetter, Seminar-Oberlehrer am Königlichen Waisenhause zu Königsberg klagen, solche Erzählungen seien „mit wenigen Ausnahmen alle gleich einfach und plan, sowol in Beziehung auf den Inhalt, wie auch auf die Form der Darstellung". Zwar lernten die Kinder diese Stücke leicht lesen, den Gewinn der erlangten Lesefähigkeit jedoch trügen sie nicht davon, und „die moralische Lehre nahmen sie als aufgedrungene Beigabe, wie sie offen dalag, mit, oder ließen sie auch wol öfter gleichgültig liegen" 158 . Klar gegen moralische Geschichten sprach sich auch der Lehrer und Schriftsteller Heinrich Bone (1813-1893) aus. Es sei falsch, wenn die Stücke nur das Wissen vermehren und die Schärfe des Verstandes üben sollten und wenn sie zuviel moralisieren. Bones Ablehnung der Aufklärungspädagogik ist nicht dahingehend zu verstehen, daß er etwa auf moralische Erziehung verzichten wollte. Alles müsse „mit der zartesten Sittlichkeit" (S. VIII) im Einklang stehen, müsse „gleichsam in christlichen Glauben und christliche Moral eingetaucht sein" (S. VIII). Seine Kritik traf insbesondere die moralischen Beispiel-

157 Hübbe, Carl: Vortrag (...) am 29. August 1799 über die Mittel zur Beförderung des gemeinnützigen Unterrichts unter den niederen Ständen, besonders auf dem Lande. In: Verhandlungen und Schriften der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe. Bd. VI. Hamburg 1801, S. 465-475, hier S. 469. - Zit. n. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 188. 158 Preußischer Kinderfreund, 1849, S. III.

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geschichten: „Ich hoffe in dieser Hinsicht ganz verstanden zu werden, wenn ich zu den Moralisir-Stücken alle die Erzählungen rechne, die da anfangen: N. war ein sehr liebenswürdiges Mädchen - ein sehr guter Rnabe, hatte aber einen sehr großen Fehler usw." (S. IX)159. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Stimmen noch lauter, welche die Wirksamkeit des erhobenen Zeigefingers anzweifelten. Julius Springer betont als Herausgeber einer Sammlung von Theaterstücken fur die Jugend ausdrücklich: „Es ist hier weder auf Belehrung abgesehen, noch liegt jedem Stück eine bestimmte moralische Nutzanwendung zum Grunde", denn durch solche Absichten werde den jungen Lesern die überall aufgedrungene Moral eher verleidet werden 160 . Auch Heinrich Rave und Heinrich Schiette betonen im Vorwort zu ihrem „Deutschen Lesebuch" (1861), daß sie Märchen und „trockene, gemachte moralische Erzählungen" (S. IV) weggelassen hätten, was sie allerdings nicht daran hindert, trotzdem moralische Geschichten einfließen zu lassen, wenn auch nur solche, die „vom Geist wahrer christlicher Frömmigkeit... durchweht" sind (S. V). Geschätzt wurden moralische Geschichten dagegen in pietistischen Kreisen. Hans-Jürgen Schräder unterstreicht die enge Beschränkung des pietistischen Gattungsspektrum „infolge des dort herrschenden Wahrheitsrigorismus, der alles Fiktionale als lügenhafte Verstellung brandmarkte, ... [und alles] zerstreuend Unterhaltliche zurückwies als Vergeudung der vor Gott rechenschaftspflichtigen 'edlen Zeit'" 161 . Moralische Geschichten aber zählten zu jenen Gattungen, die erbauliche Seelenstärkung und Anleitung zu vernünftigem Leben darboten oder individuelle Erfahrungen reflektierten; sie konnten sich im pietistischen Milieu Sachen-Anhalts und Baden-Württembergs darum besonders gut entfalten. Gegen die Aufklärungsfrömmigkeit mit ihrer Betonung des sittlichen Handelns hat, wie Rainer Möller herausarbeitet, die Erweckungsfrömmigkeit einen Einwand geltend gemacht, der geradezu stereotyp an jeder passenden Stelle wiederholt wird: daß nämlich die sittlich-praktischen Lehren und Ratschläge der Aufklärung durchaus zu loben seien, daß aber die Menschen aus eigener Kraft ohne Glauben und ohne Gnade Gottes gar nicht fähig seien, diese Lehren zu befolgen 162 . So schimpft etwa Johann C. F. Burk (1800-1880), protestantischer Geistlicher und Begründer des weit über die Grenzen Württem-

159 Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten, zunächst für die unteren und mittleren Klassen der Gymnasien, mit Rücksicht auf schriftliche Arbeiten der Schüler, von Heinrich Bone. Köln: J. W. Dietz 1840, XXXII und 300 S. 160 Springer, Julius (Hg.): Aurelie: Theater für die Jugend. Zum Aufführen im Familien-Kreise. Mit Vorwort zur ersten und zweiten Auflage. Berlin, zweite durchaus vermehrte Auflage, o.J. [ca. 1850/60], hier Vorwort zur 2. Aufl. 161 Schräder, Hans-Jürgen: Pietismus. In: Killy XIV (1993), S. 208-216. 162 Möller: Apophthegmata patrum, 1999, S. 124f.

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Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung

bergs hinaus bekannten Wochenblattes „Der Christen-Bote", über „das unfruchtbare und leere Tugend-Geschwätz mancher neuerer Moralisten ... dem, weil es von der Kraft Christi nichts weiß, das wahre Lebensprincip mangelt"163.

163 Burk, Johann Christian Friedrich: Merkwürdige Reden und Thaten der Altväter, aufs Neue übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen. Stuttgart 1829, Vorrede, S. XIV. Vgl. auch die zeitgenössischen Buchbesprechungen etwa in Karl Bernhardis „Wegweiser durch die deutschen Volks- und Jugendschriften" (Leipzig 1852), zu Autoren wie Heinrich Zschokke oder Berthold Salzmann, oder im „Praktischen Wegweiser durch die christliche Volksliteratur" (Bonn 1859) zu Wilhelm Oertel von Horn (S. 84).

5.2 Beschreibung der Materialbasis 5.2.1 Quellenlage Ein im Sommersemester 1985 unter Leitung von Wolfgang Brückner an der Universität Würzburg abgehaltenes Hauptseminar zum Thema „Moralische Geschichten als narratives Genre aufklärerischer Volksbildung" brachte eine erste kursorische inhaltliche Sichtung der damals bekannten Titel von Becker, Feddersen, Fronhofer, Geiger, Jacobi, Schlez, Pischon, Pothmann und Ramann, die von den Seminarteilnehmern bei einer systematischen Durchsicht von Christian Gottlob Kaysers „Vollständigem Bücher-Lexikon" (1850) und Wilhelm Heinsius' „Allgemeinem Bücher-Lexikon" eruiert worden waren (1812/13). 1990 zu Beginn meiner Sammeltätigkeit konnte ich mich auf einige wenige bibliographische Vorarbeiten stützen. Heinz Otto Lichtenberg nennt einschlägige Titel in seiner Tübinger Dissertation über „Unterhaltsame Bauernaufklärung" (1970). Ausgewertet habe ich auch Rudolf Schendas Literaturhinweise in „Volk ohne Buch" aus demselben Jahr sowie Reinhard Wittmanns bahnbrechende Studie über den „Lesenden Landmann" von 1973. Holger Böning und Reinhart Siegert geben seit 1990 das „Biobliographische Handbuch zur Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfängen bis 1850" heraus164. Band eins umfaßt die Zeit bis 1780 und listet kaum unterhaltsame Aufklärungsliteratur, denn die existiert in nennenswertem Umfang ja erst von da an. Erst kurz vor Abschluß meiner Arbeit einsehen konnte ich den 2001 erschienenen zweiten Band, da er wegen des enormen Preises von den Bibliotheken nur zögernd angeschafft und nicht in den Fernleihverkehr gegeben wird, also außerhalb der Bücher-Metropolen meist unerreichbar ist. Ich habe ihn deshalb nicht mehr systematisch berücksichtigt. Die Bände drei und vier sind noch in Vorbereitung. Im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur half als Einstieg Hubert Göbels' illustrierte Bibliographie „Hundert alte Kinderbücher aus Barock und Aufklärung" von 1980 sowie das Handbuch der Kinder- und Jugendliteratur von 1750 bis 1800" von Theodor Brüggemann und Hans-Heino Ewers 1982. In meine Untersuchung mit einbezogen habe ich ferner die von Ingrid Tomkowiak 1993 beiseite gelassenen Texte aus Lesebüchern, die moralische Geschich-

164 Böning/Siegert (Hgg.): Volksaufklärung. Biobliographisches Handbuch zur Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfangen bis 1850. 4 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990ff. Davon bislang erschienen: Bd. I (1990): Holger Böning: Die Genese der Volksaufklärung und ihre Entwicklung bis 1780; Bd. 11,1-2 (2001): Böning, Holger / Siegert, Reinhart: Der Höhepunkt der Volksaufklärung 1781-1800 und die Zäsur durch die Französische Revolution.

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Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung

ten darstellen. Wichtige Hinweise konnte ich schließlich der Arbeit des Religionspädagogen Hans Mendl über religiöse Kinder- und Jugenderzählungen von rund achtzig katholischen Autoren von 1995 entnehmen. Vervollständigt habe ich die Liste der Primärliteratur mit Hilfe des „Zentralen Verzeichnisses Antiquarischer Bücher" im Internet unter www.zvab.com, das mit über 3,8 Millionen Titeln als größte deutschsprachige Übersicht dieser Art bezeichnet werden darf, sowie mit dem „Karlsruher Virtuellen Katalog" (KVK) der Universitätsbibliothek Karlsruhe, benutzbar unter www.ubka.unikarlsruhe.de/kvk.html. Ich habe nur Schriften mit unterhaltsamer Rahmenerzählung oder Anthologien mit Beispielgeschichten zu erfassen gesucht und Kalender sowie sonstige Periodika bis auf wenige Ausnahmen nicht aufgenommen. Dazu gehört die stichprobenartige Überprüfung der Zeitung „Das räsonnirende Dorfkonvent" (Erfurt, 1786-88) und der „Dorfzeitung" (Hildburghausen, 1818ff.) sowie des „Bäuerischen Neuen Volkskalender" (1803ff.) und „Des Volksboten Schweizer Kalenders". Sie diente der Vergewisserung, dass auch diese Medien moralische Geschichten verbreiteten. Etwa die Hälfte der von mir erfaßten rund 1000 Buchtitel habe ich in Händen gehalten und kontrolliert, ob sie tatsächlich moralische Geschichten enthalten. Sie sind in meiner Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur durch einen Asteriskus markiert. Die Aufnahme der übrigen Werke erfolgte aufgrund einschlägig klingender Titel. Zweifelsfälle habe ich lieber aufgenommen als Lücken riskiert. Hier bedarf es noch der Autopsie, die jedoch zunehmend schwieriger wird, da die meisten Exemplare nicht mehr über den Leihverkehr erhältlich sind. Moralische Geschichten zu erheben, ist ein höchst problematisches Unterfangen. Rigoroses Kopierverbot aus konservatorischen Gründen brachte es mit sich, daß ich das Textcorpus der vorliegenden Arbeit an den Original-Standorten mittels Laptop erfassen mußte. Das war zeitaufwendig, sensibilisierte mich aber für wiederkehrende Motive. Für die vorliegenden Arbeit habe ich 23 volksaufklärerische Schriften für Erwachsene und 27 für Kinder und Jugendliche herangezogen (vgl. Verzeichnis der ausgewerteten Quellen im Anhang), wobei es wichtig war, die beiden großen Konfessionen hinreichend zu berücksichtigen. Den Auftakt der Erwachsenen-Abteilung bildet mit der von „Jaques [!] le P e n s i f herausgegebenen Lebensbeichte einer „Tyrolerin", ein versprengter Vorläufer unterhaltender Volksaufklärung aus dem Jahr 174116S. Zwar ist dieses chronologisch angelegte, fortlaufend berichtende Bekenntnis noch keine wirkliche moralische Geschichte, die sich - nach unserer Definition - durch Kürze und Beschreibung eines isolierten Ereignisses auszeichnet. Sie findet hier jedoch Eingang 165 Le Pensif, Jaques [Pseud.]: Merckwiirdiges Leben einer sehr schönen und weit und breit gereiseten Tyrolerin. Nachdruck nach der 2. Aufl. 1744 Frankfurt/Berlin/Wien 1980, hg. u. mit einem Nachwort versehen v. Peter J. Brenner.

Beschreibung der Materialbasis

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aufgrund ihrer moralisierenden Absicht, die bereits im „sprechenden Namen" des Herausgeber-Pseudonyms anklingt. Auch Odilo Schregers „Nutzliche Zeit-Anwendung" (1755) kann wegen des derben Stils noch nicht wirklich den moralischen Geschichten zugerechnet werden 166 . Andererseits konfrontiert der Benediktiner den Leser gleich im Titel seines Buches durch das Adjektiv „nutzlich" mit dem Gedankengut der Aufklärung, wonach alles Tun und Denken einem Zweck unterliegt. Schreger fungierte im Kloster Ensdorf bei Regensburg als Beichtvater und StudentenBetreuer, und war als solcher mit den menschlichen Schwächen wohl vertraut, die als warnende Beispiele in seine „Zeit-Anwendung" einfließen. Auch die chronologisch an dritter Stelle stehende Anthologie „Zeitvertreib bey langen Winterabenden" des Ulmer Buchdruckers Wagner von 1771/72 ist atypisch, da unter den 129 bei ihm versammelten Geschichten die Mehrzahl den Schwänken zuzurechnen bleibt (vgl. Abb. 5, S. 461). Diese drei Beispiele dienen dem kontrastierenden Vergleich, um dadurch die Unterschiede zu den ernsthafter auftretenden volksaufklärerischen Schriften deutlich zu machen. Erst mit Feddersens „Sittenbuch" beginnt unter den hier erfaßten Quellen 1783 die Reihe der ausschließlich moralische Geschichten der spezifischen Art enthaltenden Schriften, womit sich die Annahme vom späten Auftauchen unterhaltender Einkleidung moralischer Lehren bestätigt. Bei der Auswahl habe ich darauf geachtet, die verschiedenen Möglichkeiten des Buchaufbaus zu berücksichtigen: mit Rahmenhandlung wie bei Schlez' „Geschichte des Dörfleins Traubenheim" (1791) und Hubers „Isidor" (1797) oder ohne diese wie bei Wenings „Erzählungen" ( 1784); in Form von theoretischen Anleitungen bei Moser, die lediglich zur Veranschaulichung mit moralischen Geschichten garniert sind (Lesebuch 1786); in Dialogform bei Heusinger, eingefangen in ein Gespräch der Protagonisten untereinander (Die Familie Wertheim, 1798), bzw. durch direkte Ansprache der Leser bei Geiger (Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [ca. 1800]). Am weitesten verbreitet waren die reinen Anthologien, die sich im Beobachtungszeitraum insofern wandelten, als sie zunächst überwiegend unsystematisch auftraten (Wening: Erzählungen, 1784), dann aber ihre Geschichten in thematischen Schwerpunkten zusammenfaßten (Herzer: Sittenspiegel, 1790 und ders.: Nachricht von Stiftungen, 1792). Das erleichterte ihren erwünschten Gebrauch im Alltag. Durch diese Anordnung konnte der „gemeine Mann" die Schriften als Nachschlagewerke für Alltagsprobleme nutzen, teilweise sogar unterstützt durch ein ausfuhrliches Sachregister der Tugenden, Laster und möglicher Schwierigkeiten (Legende für den gemeinen Mann, 1788-90). 166 Z.B. "Ein Bauer in Bayern versof [!] einstens all seinen Verstand. Als er nun nach Hauß gieng und ins Koth fiel, sagte er: so ists recht, wenn man den Verstand im Dreck suchen muß. Für eine so grobe und versoffene Sau gehört kein anderes Ort" (Schreger: Nutzlicher Zeitvertreib, S. 118).

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Moralische Geschichten als Instrument der V o l k s a u f k l ä r u n g

Eine weitere monographische Kategorie mit moralischen Geschichten bilden Anleitungen zum Erstellen von Rechnungen, Quittungen, Musterverträgen, Zeugnissen und Musterbriefen, hier vertreten durch Rosenlächer (Goldener Spiegel, 1827). In dieser Gruppe tritt der intendierte Anwendungscharakter am deutlichsten zu Tage. So wie die vorformulierten Briefe, sollten auch die in den Geschichten enthaltenen Lehren direkt in die Lebenspraxis übernommen werden können. Die in meiner Arbeit zu berücksichtigende Kinder- und Jugendliteratur betrifft die philanthropisch geprägte der 1770er bis 1790er Jahre und die von einer „Tendenz zur Rechristianisierung" 167 gekennzeichneten Publikationen aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Während sich die frühen Werke noch weitgehend unterschiedslos an beide Geschlechter wenden, finden sich von den 1790er Jahren an häufiger Titel für lesende Mädchen. Einen Vorboten solcher Geschlechterdifferenzierung besitzen wir in Wilhelm Gottlieb Burmanns „Kleine Lieder für kleine Mädchen und Jünglinge" (1777; vgl. Abb. 4, S. 461). Ferner habe ich berücksichtigt: Lehrbücher (Salzmann: Elementarbuch, 1782/83), ABC-Bücher und Fibeln (ABC-Buch für die Volksschulen des rassischen Reichs, 1785), „Materialien und Übungen" (Lohr, 1797), Briefe für Kinder (Raabe, 1798), Autobiographien (Lohr, 1820), in die moralische Geschichten eingestreut sind, sowie reine Anthologien, wobei man auch hier wie bei den Schriften für Erwachsenen unterscheiden kann zwischen den wahllos zusammengestellten Stücken (Schmid, Lehrreiche Erzählungen, 1824; ders., Kurze Erzählungen, 1824-27) und den thematisch systematisierten Texten (Lotter: Beispiele des Guten, 1807). Über die bloße Textinterpretation hinaus besitzt die aufmerksame Lektüre der Paratexte besondere Bedeutung, vor allem im Vergleich unterschiedlicher Auflagen sowie der Autoren-(Auto)Biographien. Aussagen über die Wirkmächtigkeit dieser Gattung gestattet außerdem die z.T. zweistellige Auflagenhöhe und die Aufnahme in massenhaft hergestellte Kalender und Zeitungen.

167 Wild: A u f k l ä r u n g , 1990, S. 98.

Beschreibung der Materialbasis

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5.2.2 Zwei beispielhafte Quellen Pothmanns „Sittenbuch" (1790) Aus der Flut von Geschichten-Kompendien evangelischer Geistlicher ragt das „Sittenbuch für den christlichen Landmann" des reformierten Predigers Moritz Casimir Pothmann von 1790 als ein prototypisches Beispiel für uns heraus, weil es zum einen gezielt bildungsferne Schichten anspricht und zum anderen alle Lebensbereiche in konzentrischen Kreisen systematisch abdeckt. Im ersten Kapitel erhält der Leser „Anweisungen", welche Eigenschaften er pflegen sollte. Sodann thematisiert der Autor die optimale Gestaltung des häuslichen Umfeldes, um von da zum Verhältnis zwischen Obrigkeit und Individuum voranzuschreiten. Nach einem Kapitel über den Umgang mit Nachbarn und Freunden schließt das Werk mit den „Pflichten gegen Gott". Erstmals in Leipzig bei Johann Ambrosius Barth herausgebracht, ist das Werk später ins Böhmische, Dänische und Holländische übersetzt worden. Auch das ist - neben dem Inhalt - bezeichnend für die Schriften der Volksaufklärung, die sich als gesamteuropäische Bewegung verstand, wie ich oben gezeigt habe (vgl. S. 146-149). Programmatisch kommt bereits das Titelblatt des 354 Seiten umfassenden Werkes daher. Sein vollständiger Titel lautet: „Sittenbuch fur den christlichen Landmann mit wahren Geschichten und Beyspielen zur Lehre und Erbauung geschrieben von Pothmann, Prediger zu Varenholz im Lippischen. Leipzig bey Johann Ambrosius Barth, 1790". Gleich darunter folgt ein zwölfzeiliges Gedicht, in dem der Inhalt des Buches und der Zweck vorgestellt werden. „Alles, was zu wissen ist,/ Wie der Mensch ein guter Christ,/ Ein zufriedner Mann und Vater,/ Und der Traurigen Berather,/ Auch ein guter Unterthan/ Hier auf Erden werden kann; Ferner wie die Seeligkeit/ Jener frohen Ewigkeit/ Ihm zu Theil wird - zeiget Dir/ Dieses Buch ausführlich hier./ Lies' es fleißig, üb' es fein,/ So wirst du stets glücklich seyn." Charakteristisch ist der Aufruf zum Lesen und Praktizieren. Die Autoren moralischer Geschichten beabsichtigten, daß ihre Visionen in die Tat umgesetzt würden. Zu diesem Zweck verpackten sie christliche Lehren in alltägliche Szenen. So glaubten sie dem „gemeinen Mann" leicht verständliche Umsetzungsvorschläge an die Hand zu geben. Den Rest der Seite füllt ein Holzschnitt, auf dem der angesprochene Personenkreis dargestellt ist, vertreten durch zwei Leute vom Lande: Ein Bauer schreitet säend über seinen Acker, ein durch seine städtische Kleidung - er

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Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung

trägt ein Justaucorps 168 - als Bürger gekennzeichneter Mann ist dabei, einen Baum zu pflanzen. Die Handwerksgeräte - eine Schaufel fur den Pflanzenden, einen Sense und ein Rechen fur den Säenden - liegen auf dem Boden. Im Hintergrund ist mit Häusern eine Ortschaft angedeutet, deren Kirchturm auf das Christentum hinweist. Die alles überstrahlende Sonne mag Glück und Zufriedenheit verheißen, wozu das Buch die Anleitung geben will. Diesen Holzschnitt dürfte Pothmann wie die übrigen, die sein Buch illustrieren, zweitverwendet haben. Auffallend ist nämlich, daß die Abbildungen, alle von gleicher Größe, nicht die Breite des Satzspiegels erreichen. Vielleicht sind sie anderen, im Satzspiegel schmäleren Textvorlagen entnommen, die Pothmann für einige seiner Beispielerzählungen herangezogen haben mag. Auf der Rückseite des Titelblattes befindet sich ein Hinweis zum Erwerb des Buches. Man erfährt, daß es beim Buchhändler Johann Ambrosius Barth in Leipzig ungebunden für acht Groschen zu haben ist. Als Kaufanreiz bietet Barth ein Freiexemplar für denjenigen an, der sechs Stück auf einmal bestellt (im Handel heute „Freistaffel" genannt). Auswärtige Buchbinder, oder „andere Freunde" in der näheren Umgebung von Leipzig bekommen die Bücher zugeschickt. Wer weit entfernt lebt, kann sich an seine heimische Buchhandlung wenden. Somit wird auch dem außerhalb der Stadt und abgeschieden lebenden, hier angesprochenen Landmann die Möglichkeit des Erwerbs gegeben und erleichtert. Der Verfasser strebt mit allen Mitteln eine möglichst weite Verbreitung seiner Schrift an. Noch vor das Inhaltsverzeichnis stellt der Verfasser eine zehnseitige "kurze Anweisung, wie Landleute dieß Buch mit Nutzen lesen können". Unter der Anrede „Liebe Landleute!" kündigt er an, in diesem Buch „die wichtigsten Tugenden, die uns das Christenthum empfiehlt, und die hauptsächlichsten Laster, die uns dasselbe verbietet," kurz zu beschreiben und legt Wert auf die Feststellung, daß alle Geschichten sich wirklich zugetragen hätten 169 . Es nütze nichts, die Gebote Gottes zu kennen, man müsse sie auch anwenden können. Das Buch wolle dem Leser bei der Ausübung seiner christlichen Pflichten helfen. Es schließt sich das zweiseitige Inhaltsverzeichnis an, mit den oben bereits angesprochenen fünf Hauptgruppen: Kurze Uebersicht des Ganzen. Was gehört zu einer Sittenlehre für den christlichen Landmann?

168 Der Justaucorps, ein etwa knielanger, taillierter Rock, war um 1660/65 bis 1770 allgemeine Oberkleidung des Mannes. - Vgl. Art. „Justaucorps". In: Loschek, Ingrid: Reclams Modeund Kostümlexikon. Stuttgart, 2. Aufl. 1988, S. 275. 169 Pothmann: Sittenbuch für den christlichen Landmann, 1790, S. 2.

Beschreibung der Materialbasis

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Anweisungen, wie er I. zur Zufriedenheit mit sich selbst gelangt. 1. Sey arbeitsam, nicht faul 2. sey keusch, nicht unkeusch 3. sey mäßig, nicht unmäßig 4. sey sparsam, nicht verschwenderisch 5. Sorge für deine Gesundheit

S. 3 S. 9 S. 16 S. 22 S. 29

II. zur häuslichen Zufriedenheit gelangt. 1. Durch kluge Wahl der Ehehälfte 2. Durch Heilighaltung der wechselseitigen Rechte im Ehestande 3. Durch gemeinschaftliche Erziehung der Kinder 4. Durch christliches Betragen gegen das Gesinde 5. Pflichten christlicher Dienstboten

S. 32 s. 39 s. 52 s. 62 s. 66

III. zur Zufriedenheit mit der Obrigkeit, und diese zur Zufriedenheit mit ihm gelangt. 1. Durch Erfüllung der Pflichten gegen den Staat 2. Durch Erfüllung der Pflichten gegen die Obrigkeit, die ihm zunächst vorgesetzt ist IV. zur Zufriedenheit im geselligen Leben mit seinen Nachbarn und Nebenmenschen gelangt. 1. Sey gerecht und billig, nicht ungerecht und unbillig 2. Sey dienstfertig, nicht undienstfertig 3. Sey mitleidig und barmherzig, nicht hart und unbarmherzig 4. Sey ehrlich, nicht betrügerisch 5. Heilig sey dir das Leben und die Ehre deines Nebenmenschen, erlaube dir keine Handlung, wodurch sein Leben und seine Ehre leidet 6. Sey aufrichtig, wahrhaftig, verschwiegen, nicht falsch, lügen= oder plauderhaft 7. Brich keine Zusagen und Verträge, sondern halte sie 8. Sey bescheiden und demüthig, nicht unbescheiden und stolz 9. Sey friedfertig und verträglich, nicht unfriedfertig und zänkisch 10. Dulde andere Menschen, die nicht deines Glaubens sind 11. Sey christlich gegen Freunde 12. Sey christlich gegen Feinde 13. Sey, wie Jesus, Menschenfreund

S. 72 S. 84

S. S. S. S.

98 110 122 138

S. 154 S. 173 S. 186 S. 195 S. S. S. S. S.

209 224 235 244 250

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Moralische Geschichten als Instrument der Volksaufklärung

V. Von den Pflichten gegen Gott 1. Liebe zu Gott 2. Vertrauen auf Gott und Zufriedenheit mit ihm 3. Gebet und Fürbitte 4. Vom öffentlichen und häuslichen Gottesdienst 5. Von Eidschwüren und Gelübden

S. S. S. S. S.

259 264 276 284 294

Anhang 1. Von dem, was Landleute gegen ihren Prediger und Schullehrer zu beobachten haben 2. Von Ehre und Schande 3. Von Reichthum und Armuth 4. Von Weisheit und Thorheit 5. Warnung wider den Aberglauben 6. Ermunterung immer verständiger und besser zu werden

S. S. S. S. S. S.

304 317 323 332 337 350

Bevor Pothmann zu den eigentlichen Beispielen kommt, schiebt er noch eine als „Gleichniß" titulierte Ermahnung ein, seine Ratschläge ernst zu nehmen. Die meisten Abschnitte sind antagonistisch aufgebaut, so daß die einander entsprechenden Tugenden und Laster aufeinanderfolgend behandelt werden: Arbeitsam und faul, keusch und unkeusch, sparsam und verschwenderisch, mitleidig und unbarmherzig, verschwiegen und „plauderhaft" heißen solche Gegensatzpaare. Die Überschrift zu dem jeweiligen Abschnitt ist als Aufruf zu verstehen, in dem vorgeschrieben wird, wie der christliche Landmann sich zu verhalten hat: „Sey ehrlich, nicht betrügerisch", oder „Sorge für Deine Gesundheit" und „Dulde andere Menschen, die nicht deines Glaubens sind" heißt es da beispielsweise. Ein anschließender, mehrzelliger Reim wiederholt umschreibend diesen Appell und warnt davor, ihn zu überhören. Überschrift und Reim erinnern an Gebot und Auslegung, die beim Leser als bekannt vorausgesetzt werden. Das ausführliche Inhaltsverzeichnis erlaubt es jedem, der das Buch einmal gelesen hat, sich die Grundgedanken und wichtigsten Verhaltensmaßregeln beim Überfliegen ins Gedächtnis zurückzurufen. Den gleichen Zweck dürfte Pothmann mit den leicht eingängigen Reimen verfolgt haben. Die Mäßigung beim Essen propagiert folgender Sechszeiler: „Wer sich den Bauch zum Gott erkohren,/ Unmäßig seine Gaben braucht,/ Dem geht das Himmelreich verloren,/ Wozu kein Recht der Sünde taugt./ Drum mußt du dieses Laster scheun,/Und mäßig stets, und nüchtern seyn"170. Im Text werden jeweils zuerst die Tugenden behandelt. Positive Auswirkungen eines tugendhaften Lebens stellt Pothmann vor als Anreiz, die genannten 170 Ebd., S. 16.

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Regeln und Anweisungen zu befolgen. Gelegentlich sind solche Vorgaben paragraphenartig aufgeführt, wie zum Beispiel in Kapitel II.2. „Von der Heilighaltung der wechselseitigen Rechte im Ehestand" (S. 40-44). Zur Bekräftigung der Anweisungen wird zuweilen auf Bibelstellen, meist aus dem Buch Sirach verwiesen. Häufig ist nur die Stelle genannt, ohne deren Inhalt im Text zu erwähnen. Bibelkenntnis, bzw. wenigstens das Vorhandensein einer Bibel, in der man nachschlagen kann, setzt der Autor beim Leser voraus. Gerne flicht er Bibelzitate in seinen Text ein. So untermauert er die an Dienstboten gerichtete Forderung, ihrer Herrschaft mit Ehrerbietigkeit zu begegnen mit dem PaulusWort: „Die Knechte sollen ihre Herren aller Ehren werth halten, damit der Name Gottes und die Lehre Jesu nicht verlästert werde. Wer einen gläubigen Herrn hat, soll ihn nicht verachten" (1 Tim. 6, 1-2)171. Es schließen sich eine oder mehrere kurze, selten mehrere Seiten umfassende Beispielerzählungen an, die den Leser anregen sollen, dem Vorbild zu folgen. Analog zu den Tugenden werden die jeweiligen Laster behandelt. Negative Auswirkungen sollen zusammen mit den Beispielerzählungen eine abschrekkende Wirkung erzielen. Die Aufnahme verwerflicher Exempel findet sich in der Regel nur in volksaufklärerischen Schriften fur Erwachsene. Bei Kindern erachtete man die Gefahr der Nachahmung als zu groß. Sie könnten durch die Lektüre erst auf dumme Gedanken gebracht werden. Am Ende der Abschnitte sind vor allem in der zweiten Buchhälfte noch einige sich reimende Zeilen zu lesen, die als Applicatio moralis das Gebot aus dem Titelreim, die Tugenden auch praktisch anzuwenden, nochmals aufnehmen. Es wird darauf hingewiesen, daß die in der Überschrift als Gebot aufgestellte Lebensweise sich bewährt habe, was im Text an Hand der Beispielerzählungen bewiesen worden sei. Im Vorwort kündigt der Autor die Vorstellung der christlichen Tugenden und der „hauptsächlichsten Laster" an, die in positiven und negativen Beispielerzählungen veranschaulicht will. Gut und böse führt er als alternative Extremzustände vor. Durch die Verherrlichung des Guten, auf das die Belohnung folgt, und die Verurteilung des Bösen, das Strafe nach sich zieht, manipuliert er den Leser. Pothmann verfolgt mit diesem Buch das Ziel, beim Leser Verantwortlichkeit für sein Tun zu wecken. Zwei Schritte seien dazu notwendig: „1. Leset die darin vorkommenden Erklärungen von Tugenden und Lastern ohne Zerstreuung, aufmerksam, und mit Nachdenken. Bedenket, ob ihr den Nutzen der geschilderten Tugend, oder den Schaden des jeder Tugend entgegengesetzten Lasters nicht an Euch selbst, oder an einem Bekannten von Euch erführet. Bedenket, ob ihr wohl manches für Laster und Sünde hieltet, was wirklich Laster und Sünde ist, oder ob Ihr Euch nicht manche Sache erlaubtet, die gegen Gottes Gebot war? Habt Ihr nun einen richtigen, deutlichen Begriff von dem, 171 Ebd., S. 69.

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was gut und böse ist, so benutzet: 2. die guten und bösen Beyspiele zu eurer Selbstprüfung und Besserung"172. Nach der Anleitung des „würdigen Gottesgelehrten Herrn D. Rosenmüllers zu Leipzig" gehe man dabei folgendermaßen vor: Nachdem man eine Episode aus dem Leben eines vorbildlichen Menschen gelesen hat, soll man sich fragen, ob man selbst auch so edel denke und handle, ob man im Berufsleben denselben Eifer an den Tag lege wie dieser, ebenso gerne andern Gutes tue, so gerecht im Urteil über andere Menschen und ebenso bescheiden sei usw. Beim aufmerksamen Lesen wird eine normative Vorstellung von gut und böse erzeugt. Der Leser erhält damit Werte und Normen, an denen er sein Verhalten messen kann. Vielleicht gab es in seinem eigenen Leben ähnliche Situationen, in denen er bei weitem nicht so christlich gehandelt hat wie der Protagonist. Wenn er nach dieser Gewissenserforschung Defizite zugeben muß, vor allem auch im Vergleich mit Leuten seines eigenen Standes, sei der Moment gekommen, Ursachenforschung zu betreiben. Falls er seine Kräfte bereits optimal ausschöpft, muß er die von Gott gesetzten Grenzen akzeptieren. Kommt er jedoch zu dem Schluß, daß der erwünschte Erfolg aufgrund von Trägheit, mangelnder Sorgfalt u.ä. ausbleibt, dann gilt es das Versäumte nach dem Modell der guten Beispiele nachzuholen. Die schlechten Beispiele dienen dazu, erleichtert Gott zu danken, daß der Leser diesen oder jenen Fehltritt nicht begangen hat, der dort beschrieben wird. Aber hegte nicht jeder schon einmal die gleichen bösen Gedanken wie der Held der Geschichte, ließ sich treiben von Wollust, Habsucht, Leichtsinn, Faulheit, Zorn, Rachsucht? Nicht der Ekel vor dem Laster, sondern äußere Umstände wie die strenge Aufsicht der Eltern oder Vorgesetzten, Angst vor Schande und Strafe, Stolz und Ehrgeiz, Stand und Lebensart haben den Durchschnittsleser davon abgehalten, böse Vorhaben auszuführen. Die Negativ-Beispiele sollen ihm helfen, eine von äußeren Einflüssen unabhängige Abneigung gegen böse Taten zu entwickeln. Eine Besserung des Verhaltens kann erreicht werden, indem der Rezipient sich gemäß den Anleitungen verhält immer dann, wenn er Gutes oder Böses tut, sieht, hört und erlebt. Als Belohnung winkt, auch schon bei dem Bemühen um Besserung, der Segen Gottes. Dies setzt glaubensstarke Leser voraus, was fur die damalige Zeit jedoch nicht als selbstverständlich angesehen werden darf. Wittmann weist auf die „Religionsverachtung" auch bei den Bauern hin173. Dem Hauptteil schaltet Pothmann ein sogenanntes „Gleichnis" vor. Darin stellt er einen rechtschaffenen, reichen Vater mit vielen Kindern vor, der davon überzeugt ist, „daß kein Mensch froh und glücklich seyn könne, wenn er

172 Ebd., S. 4. 173 Wittmann: Der lesende Landmann, 1982, S. 1-45, hier S. 28.

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nicht zufrieden mit sich selbst, zufrieden mit den Menschen, womit er unter einem Dache wohnt, und zufrieden mit der ganzen Welt, selbst mit den fehlerhaften Wesen sey" 174 . Nach dem plötzlichen Tod des Vaters versammelt ein Bruder des Verstorbenen die Kinder zur Testamentseröffnung um sich. Diejenigen, die aufmerksam zuhören, erhalten zur Belohnung ihr Erbteil sofort. Die nur gähnenden Zuhörer aber finden weder Ruhe noch Glück und geraten auf die schiefe Bahn. Auch diejenigen Erben, die Kritik an dem Testament üben, schlagen den falschen Weg ein, den sie als die vermeintlich Klügeren für besser halten. Diejenigen, die ihre Fehler einsehen, erhalten ihr Erbteil später, die anderen finden auf Dauer weder Ruhe noch Glück. Nun ist der Leser eingeführt in die Wertewelt von „gut - böse" und „richtig - falsch". Er ist bereit, sich die folgenden Maßstäbe einzuprägen und anregende wie abschreckende Beispiele aufzunehmen. Wer sein Leben zum Guten wenden will, der lese die folgenden Geschichten sorgfaltig. In den einzelnen Kapiteln bringt der Autor dem Leser jeweils einleitend die Theorie bestimmter Normen nahe, die er anschließend durch moralische Geschichten veranschaulicht. In diesen Erzählungen soll sich der Leser wiederfinden, sofern es die positiven Beispiele angeht, bzw. kann er sich wiederfinden, wenn es um die negativen geht. Hier ist der Leser aufgefordert, sein Verhalten zu kontrollieren und es an der vorgegebenen Theorie auszurichten. Den Tugenden sind mehr Seiten gewidmet als den Lastern, vielleicht aus Sorge, das schlechte Beispiel könne bei allzu ausgiebiger Lektüre Schule machen. Ein zentrales Anliegen der Aufklärung, die Erhaltung der Gesundheit, wird bei Pothmann im Abschnitt 1/5 abgehandelt unter dem Generalthema „Anweisungen, wie der christliche Landmann zur Zufriedenheit mit sich selbst gelangt" (S. 29-32). Das Interesse des Staates war darauf ausgerichtet, funktionierende, tatkräftige Untertanen zu besitzen, die ihren Beitrag zum Fortkommen der Gesellschaft zu leisten vermögen. Der Autor erläutert, daß jeder selbst etwas zur Erhaltung seiner Gesundheit beitragen könne. Dazu gibt er konkrete Anweisungen: Er warnt vor üppigem Essen und Trinken, vor Überarbeitung, vor überheizten, schlecht gelüfteten Wohnräumen. Des Weiteren ruft er auf, im Krankheitsfall vernünftigerweise einen Arzt aufzusuchen, statt sich in die Hände eines „Pfuschers" zu begeben. Der Text zeigt soziale Mißstände auf, mit denen Pothmann als junger Pfarrer auf dem Lande ausgiebig konfrontiert gewesen sein dürfte. Daraus resultierte sicherlich auch sein Engagement zur Renovierung und Erweiterung von Schulen in den Jahren 1822/23 in den Dörfern Hörstmar, Lüerdissen und Warmbeckerheide und sein aktiver Kampf gegen den Alkoholismus 175 . 174 Pothmann: Sittenbuch für den christlichen Landmann, 1790, S. 11. 175 Vgl. Firnak, Michael: Alkohol und ländliche Gesellschaft in der frühen Neuzeit. Untersuchungen am lippischen Fallbeispiel. In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde 65 (1996), S. 107-127.

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Auch der Abschnitt II.3. (S. 52-62) über die Kindererziehung, die schon in der Überschrift als „gemeinschaftliche" Aufgabe bezeichnet wird, steht ganz im Zeichen der konkreten Aufklärung. Wieder werden praktische Ratschläge gegeben: Die Gesundheit der Kinder sei durch gesunde Nahrungsmittel und die Reinlichkeit durch tägliches Waschen mit kaltem Wasser zu erhalten; Geschlechtertrennung soll zur Bewahrung der Schamhaftigkeit nützlich sein. Von obrigkeitlichem Interesse an einer guten Erziehung zeugen die Anweisungen zur Übernahme kleiner Aufgaben schon im Kindesalter und zu Pünktlichkeit und Gehorsam der Kinder. Der Staat will sich damit treue, arbeitsame und ruhige Bauern erziehen, von denen er kein Aufbegehren zu befurchten hat. Die Anweisung, Liebe und Gehorsam zu Gott durch den Besuch der Schule und des Religionsunterrichtes zu fördern, wirkt dagegen wie ein Anhängsel, das der Autor seinem geistlichen Brotberuf schuldet. Religiöse Interessen stehen im Abschnitt 5 des Anhanges „Warnung wider den Aberglauben" (S. 332-349) im Vordergrund. Bibel, Vernunft und Erfahrung sollen zur Bekämpfung des Aberglaubens im religiösen, geselligen und häuslichen Leben eingesetzt werden. Der Glaube an falsche und lächerliche Dinge beruhe auf einer falschen Vorstellung von Gott, der durch die Vorsehung alles bestimmt. Es geht um den rechten Glauben an ihn und die Schrift. Unglaube fuhrt zu Furcht vor Satan und Hexen. Pothmann spricht sich deutlich für den Vernunftglauben aus: "Möchte doch das Krächzen der Raben, die am Hochgericht das Fleisch unserer justificierten Brüder fressen, die Schreyer wider die Aufklärung der Vernunft überstimmen, und möchte der gräuliche Anblick in der Luft vorfaulender Christen alle, die dazu mitwürken können, überzeugen, daß noch große Verbesserungen im Unterricht und in der öffentlichen Übung des Christenthums zu machen sind, ehe dieses Geschenk des Himmels seinen ganzen Segen über die Menschheit verbreiten kann!"176 Die Beispielerzählungen erheben den Anspruch, „nicht erdichtet" zu sein, wie Pothmann gleich im zweiten Satz seiner Einleitung betont (S. 2). Untermauert wird dieses Begehren durch genaue Angaben zu Personen, Ort und Zeit des Geschehens. Die handelnden Personen tragen Namen, oft erwähnt der Verfasser sogar ihren Hausnamen und ihre Abstammung. Kleinere Dörfer lokalisiert er durch exakte Angaben bezüglich ihrer Lage und ihrer Zugehörigkeit zu einer Stadt oder einem Verwaltungskreis. Zur Jahreszahl nennt der Autor bisweilen eine Jahreszeit oder die Nähe zu einem christlichen Fest (Ostern, Pfingsten). Meist hat sich das Geschehen angeblich in den letzten dreißig Jahren vor Erscheinen des Buches abgespielt, was die Aktualität der Beiträge unterstreichen soll. Auf diese Art versuchte auch schon Caesarius von Heisterbach in seinem „Dialogus miraculorum" (1219-23) mit 746 Wundergeschich-

176 Pothmann: Sittenbuch für den christlichen Landmann, 1790, S. 344.

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ten und Predigtmärlein glaubwürdig zu erscheinen, und so führen Erzähler moderner Sagen bis auf den heutigen Tag ihren Zuhörern und Lesern vermeintliche Faktizität vor. Unabhängig von Pothmanns offensichtlichem Bemühen, seine Erzählungen als tatsächliche Begebenheiten erscheinen zu lassen, klingen sie in der Tat glaubwürdig. Sie kommen ohne phantastische Elemente oder Übertreibungen aus. Im Abstand von über 200 Jahren ist jedoch nicht mehr herauszufinden, ob es sich im Einzelnen um Fakt oder Fiktion handelt. Alle beschriebenen Aktionen könnten sich so im dörflichen Alltag abgespielt haben, jedoch läßt die einseitige Konzentration von Tugenden oder Lastern im jeweiligen Protagonisten eher auf fiktive Erzählungen schließen, in die möglicherweise Tatsachenberichte mit eingeflossen sind. Adressaten dieser moralischen Geschichten war die ländliche Bevölkerung, was bereits im Buchtitel deutlich wird. Folgerichtig spielen sie vor dörflicher Kulisse und ihre Protagonisten sind Dienstboten, einfache Soldaten, kleine Händler, Bauern und Handwerker. Herrschern, Adligen oder Geistlichen begegnet man hier nicht. Geschildert werden Konflikte beim Kauf eines Gutes, bei der Renovierung eines halb verfallenen Anwesens, bei der Errichtung neuer Siedlungen, beim Umgang mit dem Vieh usw. Pothmann schneidet die Erzählungen also sehr genau auf seine Zielgruppe zu. Von einer Ergänzung der moralischen Geschichten durch andere belehrende Genres wie Fabeln, Herrscheranekdoten, Heiligenviten usw. sieht Pothmann im Gegensatz zu anderen Autoren vor allem aus dem Bereich der moralisierenden Kinder- und Jugendliteratur ab. Auch damit wollte er vermutlich verhindern, daß sein Werk als Unterhaltungslektüre abgetan wurde. Während Pothmann zur Illustration des Themas „Keuschheit" auf die Bibel zurückgreift, hält er zur „Unkeuschheit" (Abschnitt 1.2., S. 12-16) eine besonders lange Geschichte parat. Diese ist zweigeteilt und befaßt sich in der ersten Hälfte mit der Mutter, in der zweiten Hälfte mit deren Tochter. Ausgangspunkt ist die Unkeuschheit einer Mutter, die sich mit einem Soldaten einläßt und dabei schwanger wird. Die darauf üblicherweise folgenden kirchlichen Sanktionen bleiben hier unerwähnt 177 . Das gefallene Mädchen wird vom Schicksal be177 Ledige Mütter kamen beim Abendmahlsempfang zuletzt an die Reihe, oder bekamen einen Schandstuhl zugewiesen. Vgl. Peters, Jan: Der Platz in der Kirche. Über soziales Rangdenken im Spätfeudalismus. In: Iggers, Georg G.: Ein anderer historischer Blick. Beispiele ostdeutscher Sozialgeschichte, Frankfurt am Main 1991, S. 93-127 (zuerst in: Jb. f. Volkskunde und Kulturgeschichte 28/1985 S. 77-106). - Zur Überlappung von strafrechtlichen und kirchlichen Disziplinierungsformen vgl. Ingram, Martin: History of Sin or History of Crime? The Regulation of Personal Morality in England, 1400-1780. In: Schilling: Institutionen, Instrumente und Akteure, 1999, S. 87-103. - Die Disziplinierungsmöglichkeiten des Schlüsselamtes, das - unter Beteiligung von Laien - sittliche und doktrinäre Vergehen bestrafte, beschreibt Konersmann, Frank: Presbyteriale Bußzucht aus zivilisationsgeschichtlicher Perspektive. Kirchenzucht pfälzischer und provenzalischer Presbyterien zwischen 1580 und 1780. In: Ebd., S. 104-

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straft: Der Vater des Kindes will sie heiraten, die Eltern erlauben diese Verbindung jedoch nicht. Das Glück scheint der ledigen Mutter schließlich doch noch hold zu sein, als sich ein anderer Soldat ihrer erbarmt und sie heiratet. Von ihm bekommt sie ein weiteres Kind und wird eine gute Ehefrau. Aber offenbar hat sie ihren Fehltritt noch nicht hinreichend gebüßt, denn der Ehemann verläßt die Familie, ohne für ihren Unterhalt zu sorgen. Die Gedemütigte findet mit ihren Kindern Unterschlupf bei den eigenen Eltern. Dort ist die Not so groß, daß Frau und Kinder einen tagelangen Fußmarsch auf sich nehmen, um den Vater in der Kaserne aufzusuchen. Dieser hat sich inzwischen jedoch einer anderen Frau zugewandt und denkt nicht daran, seine Familie zu unterstützen. In dieser ausweglosen Situation schneidet die Frau ihrem Säugling die Kehle durch, nachdem sie ihn ein letztes Mal „aus Liebe" gestillt hatte. Anschließend gesteht sie ihre Verzweiflungstat dem Richter, wird enthauptet und aufs Rad geflochten. Dies ist die Geschichte einer sonst tüchtigen Frau, die Gott für ihren einzigen Fehltritt mit einem unehelichen Kind und einem treulosen Ehemann strafte. Wäre sie von da an keusch geblieben, hätte sie sich ihr weiteres Elend erspart. So aber ruinierte sie ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder. Die zweite Hälfte der Geschichte handelt vom Schicksal der überlebenden älteren Tochter, in der im Gegensatz zur Mutter kein Anflug von positiven Eigenschaften mehr vorhanden ist. Als Dienstmagd begeht sie Diebstahl und wird mit Schlägen bestraft. Aus Rache legt sie zweimal Feuer und flieht in die Stadt, wo sie als Prostituierte und Kupplerin endet. An dieser Stelle warnt der Autor seine auf dem Land groß gewordenen Leser generell davor, Arbeit in der Stadt zu suchen - das würde meist in einer Katastrophe enden. Das Mädchen erkrankt an Syphilis. Entstellt kehrt sie vor die Tore ihres Heimatdorfes zurück, wo ein mitleidiger Mann ihr den Rückweg in die Gesellschaft ebnet. Da sie jedoch unverbesserlich faul ist, verweigert sie die Arbeit. Die Großeltern nehmen sie nicht mehr auf, und also beschließt man, sie aus dem Dorf auszuweisen. Um das zu verhindern, gesteht sie die einstigen Brandstiftungen, wird in Gefängnis gesetzt, wo sie einen wesentlich älteren Wärter verfuhrt und schwanger wird. Damit bringt sie auch über ihn und seine Familie Unglück. Im Sinne einer Erbschuld leidet die Tochter unter der Unkeuschheit ihrer Mutter. Sie entwickelt sich zu einem lasterhaften Menschen, der die Angebote anderer (Großeltern, mitleidiger Mann) nicht zu schätzen weiß. Für sie gibt es keine Hilfe, da das Böse fest in ihr verankert ist. Der Autor versucht, den Leser durch die Häufung und Steigerung der Laster abzuschrecken. Die Moral der Erzählung drückt er in einem Gleichnis aus: „Schaudre, lieber Leser, bey 146. - Die preußischen Maßnahmen zur Kindsmordprävention untersuchte Michalik, Kerstin: Die Diskussion um die Kindstötung: Kindsmordprävention im Spannungsfeld von Bevölkerungspolitik, Strafrechtsreform und bürgerlicher Selbstinszenierung. In: Conrad/ Herzig/ Kopitzsch: Das Volk im Visier der Aufklärung, 1998, S. 143-161.

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dieser Geschichte, und lerne: daß im Becher der Wollust der Schaum süß, der Trank schaal, und der Nachgeschmack bitter sey"178. Zwei weitere Beispiele aus Abschnitt II. 1. (S. 38f.) zeigen, welches die Voraussetzungen für eine glückliche Ehe sind: Die Wahl des Ehepartners soll von der Vernunft bestimmt werden, wobei die Vernunft sich für den tugendhaften Partner entscheidet, der unter Umständen häßlich oder arm sein kann. Die Ehrlichkeit eines jungen Mädchens wird mit dem guten Charakter des Ehemannes belohnt; rechtschaffene Männer erhalten Frauen mit positiven Eigenschaften. Das Fazit lautet: Vernunft führt zu einem glücklichen Leben. Ferner solle man beachten, daß beide Partner sich charakterlich ähneln. Das betont der Autor mit der ersten Geschichte (S. 38), in der sich eine junge Frau, die von den Eltern einem reichen, ihr aber unsympathischen Mann versprochen wird, nach der Verlobung erhängt. Abschnitt II. 4. (S. 65f.) enthält eine ins Jahr 1783 datierte Beispielgeschichte, die sich mit dem sozialen Netz befaßt, in dem Kranke, Behinderte, Alte, in diesem Fall ein Berufsunfähiger, aufgefangen wurden. Ein Postknecht reformierten Glaubens erfriert sich beide Füße; seine Zehen müssen amputiert werden. Er überlebt die Operation, kann seinen Beruf aber von da an nicht mehr ausüben. Sein katholischer Herr leistet ihm ohne Ansehen der Religion Hilfe: Er schreibt einen Brief an den „Post"Fürsten von Thum und Taxis, und erwirkt die Übernahme der Kurkosten für den Knecht und dazu eine Rente. Vorbildhaft und nachahmenswert ist das Verhalten des Herrn und des Fürsten, jedoch darf man das „Gnadengehalt" des übergeordneten Arbeitgebers nicht als Sozialleistung im heutigen Sinne verstehen. Wieder scheinen hier obrigkeitliche Interessen durch: Indem der Berufsunfähige zu leichten Heimarbeiten verpflichtet wird, macht er sich für andere nützlich, und er wird durch die kleine Rente nicht zum Bettler, der die Straßen verunziert oder andere belästigt. Generelle Ordnungsinteressen des herrschenden Gesellschaftsentwurfs sind hier entscheidend. Pothmanns Sittenbuch fur den christlichen Landmann wurde schon ein Jahr nach dem Erscheinen ein zweites Mal aufgelegt (1791), was auf große Nachfrage und Beliebtheit schließen läßt. Ob der Inhalt des Buches jedoch tatsächlich bei der Zielgruppe, also den Landleuten, angekommen ist, bleibt fraglich. Es war selbstredend dem Staatssystem verpflichtet und unterscheidet sich insofern nicht von anderen Aufklärungsschriften. „Wer den Bauern zur besseren Wahrnehmung seiner Pflichten zu erziehen unternahm, konnte der wohlwollenden Toleranz der Herrschenden sicher sein", betont Reinhard Wittmann in seiner Untersuchung zum „lesenden Landmann" 179 . Pothmanns Auszeichnungen bezeugen seine Loyalität gegenüber dem Staat. Nach außen bemüht er

178 Pothmann: Sittenbuch für den christlichen Landmann, 1790, S. 16. 179 Wittmann: Der lesende Landmann, 1982, S. 13.

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sich zwar, der Landbevölkerung zu helfen, zum Beispiel durch die Einrichtung von Schulen gegen den Analphabetismus, seine Aufklärungsabsichten reichten jedoch nicht weit: Schon im anfänglichen Gleichnis von der Testamentseröffnung legt er dar, daß Kritik unerwünscht und unberechtigt sei. Wer widerspricht wie die unzufriedenen Erben, gerät auf die falsche Bahn, und das wollte er mit seinem Buch verhindern. Die stillschweigende Ausgangssituation des „Sittenbuches" besteht in der Annahme, daß der Mensch schlecht sei und nach Besserung sucht. Der Verfasser instrumentalisiert das Glücksstreben des Menschen, indem er erklärt, jeder sei für sein Glück selbst verantwortlich und brauche dafür lediglich seine Anweisungen zu befolgen. Zugleich gibt er zu verstehen, daß es auch eine Grenze gibt, nämlich die „Vorsehung". Wer alles Mögliche getan und diese Grenze erreicht habe, müsse sich glücklich schätzen, denn schon allein das Bemühen um Glück sei ein Erfolg (S. 6). Glück setzt Pothmann mit Tugenden, Unglück mit Laster gleich. In Abschnitt 5 des Anhangs ist noch einmal von der Vorsehung Gottes die Rede. Pothmann deutet an, daß die Bauern sich nicht aus ihrer diskriminierten Lage befreien könnten und dies sei auch nicht erwünscht. Sie sollten weiterhin arbeitsame, ruhige Landleute bleiben, da sie so dem Staate am meisten nützen ohne Schwierigkeiten zu machen, und sich mit ihrer Situation zufrieden geben. Als gläubige Menschen werden sie dies als gottgewollt akzeptieren. Freiheits- und Gleichheitsgedanken, wie sie von der gerade ausgebrochenen Französischen Revolution propagiert wurden, versucht Pothmann auszuschalten und eine Zufriedenheit mit der gegebenen Situation zu fördern. Diese Erziehungsmaßnahme ist im Sittenbuch nicht offen dargelegt und vom ungebildeten Leser nicht zu erkennen. Angesichts der das Christentum verfolgenden Revolution ist der Kirchenmann Pothmann natürlich ein Verfechter der alten Ordnung und doch ein Reformer. Für den ungebildeten, untertänigen Landmann waren die Beispielerzählungen bestimmt, die einerseits der Erbauung dienten (Moral, Pflichten) und andererseits praktische Lebenshilfen (Eheglück, Gesundheit) und agrarwirtschaftliche Anleitungen vermittelten. „Einen weiteren Grundzug bäuerlichen Denkens", so betont Wittmann, „übersahen die meisten Aufklärungsbüchlein oder paßten sich ihm doch nur oberflächlich an: die tiefe Abneigung gegen jegliches Theoretisieren, vor allem gegen die spekulative Einmischung in Dinge, die er als seine ureigenste Domäne betrachtete, die Praxis des Ackerbaus und der Viehhaltung, aber auch die Abwertung der überlieferten, ehrfürchtig gepflegten Bräuche" 180 . Pothmann verzichtet zwar nicht auf Theorie, aber er ergänzt sie durch Beispiele, die dem Leser als Beweise dienen sollen. Wenn auch der Landmann die

180 Ebd., S. 30.

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Theorie nicht akzeptieren oder glauben wollte, so konnte er nichts gegen die erzählenden Belege einwenden, hatten diese sich doch angeblich tatsächlich abgespielt, was er den Namens-, Orts- und Zeitangaben entnehmen konnte. Pothmann steht in dieser Hinsicht in der Tradition eines 17 Jahre früher erschienenen „Sittenbüchleins", in dem es allerdings zunächst noch darum ging, „das Landvolk" überhaupt dazu zu bewegen, lesen zu lernen181. Spannende „Geschichten von allerley Leuten" sollten deren Erfahrungsschatz zum Allgemeingut machen: „Von dem einen wird man euch erzählen, wie er in dem größten Ueberfluß mißvergnügt und elend war; von dem andern, wie er bey seiner Armuth glücklich gewesen ist. Bald werdet ihr einen finden, der ich durch Müßiggang und Lüderlichkeit krank und elend gemacht hat; bald einen andern, der durch Falschheit und Betrug ein Abscheu aller seiner Nebenmenschen wurde: und alles dies wird euch nach und nach immer klüger und besser, und also immer glücklicher machen"182. Ob dieses Argument stichhaltig genug gewesen ist, sich der Mühe des Lesens zu unterziehen, sei dahingestellt - Erzieher aller Zeiten können ein Lied davon singen, daß ihre Zöglinge alle Erfahrungen lieber selber machen, als aus denen anderer zu lernen. Appelliert wird an Vernunft und Einsicht wider die alten, bewährten Erfahrungen; so auch auf den Gebieten wie Ackerbau und Viehzucht, mit denen sich die Aufklärer nur theoretisch befaßten. In ihren Köpfen spukte das Rousseausche Bild vom Landmann als reinem, naivem und unverdorbenem Bewahrer menschlicher Tugenden, dessen Unschuld, Gottvertrauen und Demut gegenüber weltlicher Obrigkeit es zu bewahren gelte: ein im Grunde nicht emanzipatorisches sondern rückwärtsgewandtes Ideal183. Beim Lesen des Inhaltsverzeichnisses muß sich der Landmann an den Katechismus erinnert fühlen, den er durch Kinderschule, Konfirmation, Sonntagsschule und zur Beichtvorbereitung bestens kannte. Auch inhaltlich geht es um christliche Moral: Nicht nur mit dem Katechismus, sondern auch mit dem Buch Sirach des Alten Testaments, das Pothmann öfter als biblischen Beleg zitiert, hat das Sittenbuch Gemeinsamkeiten. Dieses stellt eine Sammlung von Lebens- und Verhaltensregeln dar, die vor allem der Jugend Anleitung zur alltäglichen Problembewältigung bietet. Wie bei Pothmann sind im Buch Sirach die Themen zu Gegensatzpaaren zusammengestellt (Weisheit und Torheit, Armut und Reichtum), jedoch wird hier die Gottesfurcht als Haupttugend betont. Gemeinsam sind beiden Büchern die sittlich-religiösen Anleitungen zu einem besseren Leben. Bei der Betrachtung der Kapitelüberschriften fällt eine Rangordnung auf, die bei der eigenen Person beginnt und immer weitere Kreise zieht. Es folgen als 181 Sittenbüchlein für die Kinder des Landvolks. Homburg vor der Höhe 1773. 182 Ebd., S. 19f. 183 Vgl. Wittmann: Der lesende Landmann, 1982, S. 15.

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unmittelbare Umgebung das Haus und danach die Obrigkeit, von welcher der Landmann abhängig ist. Danach geht es um das Zusammenleben der Menschen untereinander. Gott folgt erst an letzter Stelle. Daraus wird ersichtlich, daß „Religion" im hergebrachten Sinne nicht im Vordergrund steht. Das Wort "christlich" schmückt zwar den Titel, es waren jedoch genauso staatspolitische Ziele, die Pothmann und andere Volksschriftsteller der Aufklärungszeit verfolgten. Religiöse Moralvorstellungen sollten Hilfestellung leisten. Das Staatskirchentum rechtfertigt Pothmanns Rangordnung und das angestrebte weltliche Ziel der Aufklärer. Wahrscheinlich war dieses Buch von Anfang an auch als Predigtbüchlein gedacht. Die Eindringlichkeit, mit der von oben herab auf den Landmann eingewirkt wird, und die christliche, dem Katechismus entstammende Moral- und Sittenlehre legen dies nahe. Sicher hat Pothmann, der einen Ruf als besonders guter Prediger genoß, von der Kanzel herab ähnlich gesprochen. Er kannte die mangelnde Lesefähigkeit der Landleute und hatte wohl auch schon die Erfahrung gemacht, daß das Vorlesen oder Vortragen eines Textes wirkungsvoller war als eigenständiges Studium184. Vielleicht sind der Erfolg des Buches und seine zweite Auflage eher auf seine Verwendung zur Predigtvorbereitung, als zum privaten Gebrauch zurückzuführen. Franz Hoffmann: 150 Moralische Erzählungen für kleine Kinder Die moralischen Geschichten des 19. Jahrhunderts stammen nicht mehr ausschließlich aus der Feder von Geistlichen oder - in der Regel philanthropistisch orientierten - Pädagogen; wir begegnen nun auch gelegentlich professionellen Schriftstellern, die sich auf diesem Feld versuchen. Zu ihnen zählt (Alexander Friedrich) Franz Hoffmann (1814-1882), der von 1842 bis zu seinem Tod und mit posthumen Neuauflagen bis zur Jahrhundertwende in allen Altersgruppen große Erfolge verbuchte. Sein Verkaufsschlager „Hundertfünfzig Moralische Erzählungen für kleine Kinder" soll im Folgenden näher betrachtet werden, um die Frage zu beantworten, warum dieser einst so erfolgreiche Geschichten-Typ nicht bis in unsere Tage überlebt hat185. Das 303 Seiten umfassende Buch ist erstmals 1842 und zuletzt in der 17. Auflage o.J. [ca. 1870] im Verlag Schmidt & Spring in Stuttgart erschienen. Ein Exemplar der letzten Auflage lag mir mit einem Bibliotheksstempel der Prinzessin Maria zu Anhalt vor, den ich als Hinweis auf den Leserkreis hier nicht unerwähnt lassen möchte. Vom Erfolg seiner Geschichtensammlung beflügelt, stellte Hoffmann drei weitere, ganz ähnliche Bücher zusammen: 1850-1875 erschienen in insgesamt 184 Ebd., S. 34. 185 Vgl. Alzheimer-Haller: Nachwirkende Aufklärung, 1999, wo ich ausfuhrlich auf Hoffmann eingehe.

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zwölf Auflagen „Neue 150 moralische Erzählungen für kleine Kinder" in der Reihe „Das bunte Buch" im gleichen Verlag. 1848-1860 brachte der ebenfalls in Stuttgart ansässige Stoppani-Verlag Hoffmanns „Neue moralische Erzählungen für Kinder von 5 bis 8 Jahren" mit insgesamt sechs Auflagen heraus. Seine „Neuen moralischen Erzählungen fur Kinder mittleren Alters" sind in sieben Auflagen bis 1899 „mit vielen Textillustrationen" im Stuttgarter Verlag W. Nitzsche veröffentlich worden. Insgesamt stand Franz Hoffmann bei zehn Verlagen unter Vertrag: Bagel und Wriezen, Wesel und Mühlheim, Trewendt in Breslau, Bertelsmann in Gütersloh, Bromme in Dresden, Schreiber in Esslingen, Stoppani, Hallberger, Kröner und Hoffmann, sowie vor allem Schmidt & Spring in Stuttgart. In manchen Jahren hatte er mehr als zwanzig umfangreiche Geschichten zu liefern. Unter diesen fabrikmäßigen Ausstoß leidet bisweilen die Qualität seiner Werke. Wohl deshalb ist es ihm nicht gelungen, sich trotz der Beliebtheit, derer er sich zu Lebzeiten beim Lesepublikum erfreute, auf Dauer einen Platz in der Geschichte der deutschen Literatur zu verschaffen. In der „Allgemeinen Deutschen Biographie" vermerkt Victor Hantzsch, daß seine Werke von der Literaturkritik zwar abgeurteilt, von „anspruchslosen und unverwöhnten Lesern nach den Anstrengungen der Tagesarbeit" aber gerne zur Unterhaltung und Belehrung konsumiert worden seien186. Auch in Engelbert Fischers 1877-86 in Österreich herausgegebenem zwölfbändigen katholischen Rezensionsorgan „Die Großmacht der Jugend- und Volksliteratur" kommt unser Autor schlecht weg. In dieser „vornehmlich für Oesterreich berechnete[n] kritische[n] Bücherschau" hat Fischer rund 5.000 Werke nach patriotischen, religiösen und pädagogisch-didaktischen Prinzipien besprochen 187 . Über die 1886 posthum bei Schmidt & Spring in Stuttgart erschienene Neuausgabe dreier Hoffmann-Erzählungen meint er: „Man legte uns diese Werke, die der Feder Franz Hoffmanns entstammen und früher in kleinen Bändchen erschienen, nun im neuen, mehr festlichen Gewand und Ausstattung vor. Wir bleiben bei unserem [schlechten] Urtheile, welches wir in unserem Werke „Großmacht" darüber niederlegten, stehen. Wir prüften ,Arm und reich' und fanden keine Verbesserung. Wir vermuthen, daß dieß bei den anderen auch nicht geschehen sei. Wir bescheiden uns daher, das Erscheinen der Franz Hoffmann'sehen Erzählungen in neuer Ausstattung hiermit zu constatiren" 188 . Woran störte sich der Zensor? 1886 verurteilte er eine in Hoffmanns Jugendbibliothek erschienene moralische Erzählung mit dem Titel „Ein verirrtes

186 Hantzsch, Viktor: Hoffmann, Alexander Friedrich Franz. In: ADB L (1905), S. 398-401, hier S. 401. 187 Fischer: Großmacht, Bd. I, Vorwort, S. V-XXIII. 188 Ebd., Bd. XI, S. 67f.

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Kind" 189 als „langweilige Geschichte mit längst verbrauchtem Thema". Und weiter: „Langweilig ist auch der Disput zwischen der Frau Pastorin und ihrer Dienerin Dorthe. Sollte dieses Büchlein gerade einmal in die Hände jugendlicher Leser kommen, nun so stiftet es wohl keinen Schaden, da es auch manche hübsche, ethische Momente hat. Aber wer wählerisch zu Werke gehen will oder vielleicht nicht über viele Geldmittel zur Anschaffung von Jugendbüchern verfugt, möge doch nach bessern greifen" 190 . Franz Hoffmann verlegte sich aufgrund des großen Erfolges seiner ersten Veröffentlichung, eben jener „150 moralischen Erzählungen" im Jahr 1842, ganz auf die Schriftstellerei, die ihm aber auf Dauer keine sichere Existenz bescherte. Über seine Konfession ist nirgendwo eine Aussage getroffen. Der Lebenslauf mit Stationen in rein evangelischen Gegenden, sowie die Verlage, in denen er publizierte, lassen aber den Schluß zu, daß Hoffmann Protestant gewesen ist. Darauf weisen auch die vielen aus Bibelzitaten gespeisten Überschriften seiner moralischen Erzählungen vor allem für Jugendliche hin, die so nur von einem bibelfesten Protestanten gewählt werden konnten. Der entscheidende Hinweis findet sich in den konfessionell geprägten Lektüreempfehlungen. So verurteilt die erstmals 1832 in Luzern erschienene „Schweizerische Kirchenzeitung" Franz Hoffmanns „Der Schatz der Inka" als „ein verwerfliches Buch für eine katholische Schulbibliothek", weil in dieser Geschichte ein „listiger schlauer Franziskanermönch vorgeführt [wird], der leidenschaftlich dem Spiele ergeben ist und sogar das ihm anvertraute Geld verschleudert und verspielt hat"191. In Engelbert Fischers katholischem Rezensionsorgan „Großmacht" heißt es über die Anfang der 1880er Jahre in Hoffmanns „Jugendbibliothek" erschienene Erzählung „Der alte Derfflinger" 192 : „Die Schilderung dieses bekannten Lebensbildes ruht auf protestantischer Anschauung und bezweckt auch die Förderung des preußischen Patriotismus gegen ,das falsche Frankreich' [Hervorheb. im Original], Überhaupt bemerken wir, daß in neuester Zeit in Preußen und sogar in Württemberg eine Menge von Jugendschriften erscheint, deren Spitze gegen [das katholische] Frankreich gerichtet ist. Ob das von Oben gewünscht oder gefordert wird, wissen wir nicht; aber es scheint so der Fall zu sein"193. Und weiter unten alterniert sich der Rezensent über die gleiche Geschichte: „Seite 3 ,hatten die armen Protestanten in Österreich unter dem namenlosen Drucke und der Gewaltherrschaft der Katholiken [Hervorheb. im Original] viel zu dulden'. - S. 7 steht wieder der Unsinn zu lesen, daß „der Schwedenkönig Gustav Adolph mit seinem Heere zum Schutze (??) der bedrängten Protestanten in das Innere von Deutschland rettend vordrang'. Wie kann man denn derlei Unsinn, den die Geschichte längst schon 189 Ein verirrtes Kind. Eine Erzählung für die Jugend von E. Frobenius (= Franz Hoffmann's Jugendbibliothek Nr. 194). Stuttgart o.J. 190 Fischer: Großmacht, Bd. XI, S. 120. 191 Schweizerische Kirchenzeitung 1894, Nr. 26, S. 203. 192 Höcker, Oskar: Der alte Derfflinger (= Franz Hoffmann's Jugendbibliothek 195). Stuttgart o.J. 193 Fischer: Großmacht, Bd. XI, S. 120f.

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gerichtet hat, noch immer der Jugend vor Augen stellen?!"194 Wir haben es also eindeutig mit einem Verfasser aus dem protestantischen Lager zu tun, in dem die moralischen Geschichten rund hundert Jahre zuvor erfunden wurden. Moralische Geschichten machten nur ein Betätigungsfeld für Franz Hoffmann aus. Sein zweites Standbein bildeten Übersetzungen englischer Weltliteratur für Jugendliche, die - ungehindert durch kritische Stellungnahmen - weite Verbreitung fanden 195 . Außerdem brachte er Biographien großer Männer wie Ludwig van Beethoven, Mozart oder Schiller auf den Markt. Den größten Einfluß auf die Jugend übte Hoffmann durch seine Sammelwerke aus, von denen er seit 1844 jedes Jahr kurz vor Weihnachten einen stattlichen Band erscheinen ließ: Er betreute das „Taschenbuch für die deutsche Jugend" (184446), das sehr beliebte Jahrbuch „Deutscher Jugendfreund" (1846-57) und den „Neuen deutschen Jugendfreund" (1858ff.), der auch nach seinem Tode fortgesetzt worden ist. Jeder Jahrgang enthält Erzählungen, Schilderungen aus der Länder-, Völker- und Naturgeschichte, Biographien, Sagen, Märchen, Gedichte, Rätsel, Spiele und viele meist künstlerisch wertlose Abbildungen. Ein anderes gut gehendes Unternehmen war die von ihm begründete und lange Jahre redigierte, häufig mit eigenen Erzählungen bestückte, im Verlag von Schmidt & Spring erschienene „Jugendbibliothek". Sie wurde ab Bd. 251 in „Volks- und Jugendbibliothek" umbenannt; die einzelnen Nummern umfaßten je ca. 100 Seiten und wurden zu 75 Pfennigen das Stück verkauft. Als letzter Band ist 1899 die Nr. 282 herausgekommen. Daneben lieferte Hoffmann Beiträge für Trewendts Jugendbibliothek, Kröners Universalbibliothek für die Jugend, Bagels Neue Jugendbibliothek, sowie für eine Reihe anderer Sammelwerke und Jugendschriften. Insgesamt hat er rund 250 größere und noch viel mehr kleinere Erzählungen verschiedenster Art verfaßt, die teils einzeln, teils in Sammlungen erschienen sind. Die meisten erlebten mehrere Auflagen, und einige wurden in fast alle modernen Sprachen übersetzt. Dabei bemächtigte er sich aller nur denkbaren Stoffe: Robinson, Reineke Fuchs, Rübezahl, Don Quixote, Märchen aus Tausend und einer Nacht, Deutsche Volksmärchen, Deutsche Sagen196. Mehrfach verwendet Hoffmann das Motiv des redlichen, armen Kindes, das aufgrund seiner Tugendhaftigkeit einem reichen Gönner auffällt und von ihm fortan ge-

194 Ebd. 195 Dazu zählen James Fenimore Coopers (1789-1851) „ L e d e r s t r u m p f d e r in der Hoffmannschen Übersetzung acht unveränderte Auflagen erlebte, und die See-Romane Frederick Marryats (1792-1818). 196 „Die Familie Waldmann. Eine Robinsonade" (1842), „Der neue Robinson" (1843), „Geschichten für die Kinderstube" (1844), „Die schönsten Mährchen der Tausend und einen Nacht" (1851), „Abenteuer zu Wasser und zu Lande" (o.J.); „Abenteuer aller Arten und Orten" (O.J.), „Die Geschichte vom Teil" (o.J.) und viele mehr.

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fördert wird 197 . Ebenfalls aus älteren Quellen übernommen hat er die Erzählung von einem Jungen, der aus reinem Geltungsbedürfnis wiederholt Notlagen vortäuscht und in einer wirklichen Gefahr keine Hilfe mehr erhält198. Die weit verbreitete „Nadelschlucker"-Warngeschichte findet sich ebenfalls bei Hoffmann 199 . Und schließlich existieren auch für die Erzählung vom armen Mann, der seinen reichen Wohltäter trotz eigener Lebensgefahr aus einem brennenden Haus rettet200 zahlreiche Vorbilder 201 . Hoffmanns Schriften für Erwachsene lassen jede künstlerische Durchformung vermissen und sind deshalb von der Kritik als „breite Mehlsuppen" abgeurteilt worden 202 . Nichtsdestotrotz erschien auch diese moralische ambitionierte Trivialliteratur, die nach Feierabend ohne geistige Anstrengung konsumiert werden konnte, bis in das 20. Jahrhundert hinein in immer neuen Auflagen. Dazu gehören hauptsächlich die Werke: „Abendstunden", „Häusliche Abende", „Feierstunden", „Kalendergeschichten", „Beliebte Erzählungen", „Schilderungen und Begebenheiten zum Vorlesen im Familienkreise", „Bilder und Skizzen nach der Natur", „Natur und Leben", „Kleine dramatische Spiele", „300 Charaden, Wortspiele und Räthselfragen", sowie das „Politische Hausbüchlein für den deutschen Bürgers- und Bauersmann", das zuerst 1838 und noch einmal im Revolutionsjahr 1848 erschienen ist. Als ein Mißgriff erwies sich ein „Illustrirter Volkskalender", den Hoffmann erstmals 1851 unter Mitwirkung namhafter Schriftsteller und Künstler in Monatsheften erscheinen ließ, der aber wegen seines hohen Preises schon im vierten Jahr wieder einging. Am besten gelungen erscheinen seine kleinen Erzählungen für Kinder bis zum Erstlesealter. Ihr Inhalt ist dem Horizont der Kleinen gut angepaßt, die Form ist ansprechend und leicht verständlich, wenngleich der ihnen zu Grunde liegende religiös-moralische Gedanken bisweilen allzu aufdringlich in den Vordergrund rückt. Hierher gehören neben den „150 Erzählungen" folgende didaktischen Materialsammlungen: „Märchen und Fabeln für kleine Kinder",

197 Hoffmann: 150 moralische Erzählungen, Nr. 32: Der Groschen, S. 70-73. - Zahlreiche Varianten s. Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Kind, tugendhaftes", S. 416f. 198 Hoffmann: 150 moralische Erzählungen, Nr. 39: Paul, S. 85ff. - Vgl. weitere Varianten im Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Notlage vortäuschen", S. 432. 199 Bei Goeze: Zeitvertreib, 1783, verschluckt ein eitles Mädchen namens Minchen eine Nadel. Sie leidet zwei Wochen schwer, überlebt aber. Hoffmann läßt seine Protagonistin Meta daran sterben: 150 moralische Erzählungen, Nr. 75: Die Nadel, S. 151f. - Zu Varianten und Hintergründen dieses Motivs vgl. Richter: Erzählte Aufklärung, 1995, sowie das Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Nadelschlucker-Kind", S. 430. 200 Hoffmann: 150 moralische Erzählungen, Nr. 147: Die Feuersbrunst, S. 294f. 201 Z.B. Geschichte Nr. 5 [ohne Titel], In: Lohr: Verstand, 3 1810, S. 130. - Weitere Varianten s. Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Brandkatastrophe", „Ertrinken", „Hochwasser", „Schiffbruch", „Unfälle". 202 A D B , L (1905), S. 401.

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„Geschichtenbuch für die Kinderstube", „Bilder-Quodlibet mit Denksprüchen und Bibelversen", „Die erzählende Mutter", „Weihnachtsgabe fur gute Kinder", „Neue moralische Erzählungen für Kinder von fünf bis acht Jahren". Sie spielen in Kreisen des gehobenen Bürgertums und des Adels. Ihre zentralen Figuren sind wie die Adressaten Fünf- bis Siebenjährige. Das erleichtert die Identifikation. Weitere Geschichten sind für das mittlere und reifere Jugendalter bestimmt. Ihr moralisierender Charakter ist noch unverblümter. Sie verherrlichen Protagonisten mit sittlichem Verhalten oder stellen die Schändlichkeit sittenloser Lebensführung abschreckend dar. In anderen Geschichten empfiehlt Hoffmann einzelne Tugenden wie Familienliebe, Freundschaft, Treue, Ehrlichkeit, Fleiß, Wohltätigkeit und Hilfsbereitschaft, bzw. er warnt vor schlechten Gewohnheiten und Lastern wie Eigensinn oder Leichtsinn. In dem Bestreben, recht eindringlich zu sein, stattet Hoffmann - wie andere Verfasser dieses Genres auch - seine Helden bisweilen mit überbordender Güte aus. Zu ihnen zählt der kleine Ludwig, der seinen niederträchtigen Spielkameraden Ernst beobachtet, wie er Erbsen von einem Feld stiehlt203. Ludwig zwingt den Freund, dem Eigentümer die Erbsen nach Hause zu bringen, ansonsten würde er ihn anzeigen. Ernst folgt notgedrungen, droht aber mit Rache. Er gibt die Erbsen dem Besitzer zurück, behauptet aber, Ludwig sei der Dieb gewesen, und er, Ernst, habe sie ihm weggenommen. Der Lehrer erfahrt von Ludwigs angeblicher Tat und bestraft ihn. Nach dem Unterricht erklärt Ludwig dem Lehrer, wie es wirklich gewesen ist. Ernst wird herbeizitiert und muß seine Lüge eingestehen. Der Lehrer will den Dieb und Lügner züchtigen, aber Ludwig fleht um Schonung. Von solcher Großmut und Güte beeindruckt, wandelt sich Ernst zu einem anständigen Menschen und schließt mit Ludwig eine dauerhafte Freundschaft. In der Erzählung „Brave Leute" wird eine unverschuldet eingetretene Notsituation gleich dreifach zum Guten gewendet: durch einen Lottogewinn, einen zurückkehrenden, verschollen geglaubten Verwandten und einen in der Hausbibel wiedergefundenen Schuldschein. Angesichts solcher Geschichten empfindet der Biograph Viktor Hantzsch, daß Hoffmann zu dick aufträgt: „Sie [die Helden] zeichnen sich fast immer durch unnatürliche Herzensgüte und Sittlichkeit oder durch außergewöhnliche Lasterhaftigkeit aus. Kleine Kinder entwickeln oft eine Seelengröße, wie sie kaum den vielbewunderten Männern des Alterthums eigen war. Überdies wird die Tugend ohne Rücksicht auf die Verhältnisse der realen Wirklichkeit durch Leiden schließlich stets zum Siege, das Laster stets zum Untergang geführt"204.

203 Hoffmann: 150 moralische Erzählungen, Nr. 20: Die Rache, S. 44f. 204 Viktor Hantzsch: Hoffmann: Alexander Friedrich Franz H. In: ADB L (1905), S. 398-401, hier S. 400.

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Hier wird deutlich, wie sehr diese Art aufklärerischer Geschichten inzwischen aus der Mode gekommen waren; denn hundert Jahre zuvor wurden gerade solche profanen Gegenbildern heiliger Personen von den Kritikern favorisiert in der Annahme, daß sie leichter zur „imitatio" anregten, als die unerreichbar scheinenden Heiligen. Häufig verdichtet Hoffmann die Moral seiner Geschichten bereits in der Überschrift in der kurzen und eindringlichen Form eines Sprichwortes: „Unverhofft kommt oft"; „Wie die Saat, so die Ernte"; „Frisch gewagt ist halb gewonnen"; „Jeder ist seines Glückes Schmied"; „Ein Mann, ein Wort"; „Die Sonne bringt es an den Tag"; „Untreue schlägt ihren eigenen Herrn"; „Jung gewohnt, alt getan"; „Recht muß Recht bleiben" „Zeit ist Geld"; „Hochmut kommt vor dem Fall"; „Wie man's treibt, so geht's". Hoffmanns „150 Moralische Erzählungen" spielen im gehobenen Bürgertum und im Adel. Das wird deutlich an der beschriebenen Kleidung, an der Ausstattung der Wohnungen und Gärten, an den Geschenken, welche die Kinder erhalten und an den zahlreichen Aufforderungen zur Wohltätigkeit und zum respektvollen Umgang mit Armen. Die Helden tragen Samt und Seide, und nur zur Strafe müssen sie einmal in einen Kittel aus Leinen schlüpfen (Nr. 4: Der Hühnerstall; Nr. 31: Der Schnürenrock; Nr. 49: Die seidenen Strümpfe; Nr. 73: Das seidene Kleid). An Weihnachten oder zum Geburtstag ist ein leibhaftiges Pferdchen inklusive Schlitten durchaus üblich (Nr. 22: Der Schlitten). Gerne schenken Eltern und Verwandte auch exotische Pflanzen (Nr. 36: Der Orangenbaum; Nr. 94: Die Südfrüchte) oder kostbare Rosenstöcke (Nr. 81 : Die Rosenknospe) und Tulpen (Nr. 84: Die Gärten). Anläßlich eines Kindergeburtstages wird schon einmal ein Ball gegeben (Nr. 77: Das Glas Wasser). In den Herrenzimmern, in die sich die Kinder bisweilen heimlich schleichen, hängen Säbel und Waffen, mit denen sie sich gegenseitig verletzten (Nr. 12: Der Säbel; Nr. 64: Die Flinte). Beim Spielen im Garten werden sie ermahnt, nicht zu nahe an den Teich heranzutreten, für den es im bäuerlichen Gemüsegarten keinen Platz gegeben hat. Sie erhalten Unterricht im Klavierspiel und Zeichnen (Nr. 24: Die Beschämung; Nr. 122: Die Klavierstunde; Nr. 35: Der kleine Maler; Nr. 135: Die Zeichenstunde), teilweise durch einen eigenen Hofmeister (Nr. 34: Die Schnitter). Die Kinder wurden angehalten zu achtsamem Umgang mit Menschen, Tieren und Sachen, zu Demut und Bescheidenheit, zu Lernbereitschaft und Fleiß, zu Mäßigkeit und Gehorsam sowie zur frühen Einübung in ihre Geschlechterrolle. Die folgende Auflistung der von Hoffmann thematisierten Verhaltensweisen (die Ziffern stehen für die Nummer der Geschichte im Original) mag einen Eindruck von den Erziehungszielen vermitteln, mit denen er offenbar bei Eltern und Erziehern auf breiten Konsens gestoßen ist:

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Angst vor Gewitter (66); Angst vor harmlosen Tieren (88); Angst vor Gespenstern (100); Angst vor Dunkelheit (106); Beharrlichkeit beim Erlernen eines Instruments (122); Beharrlichkeit beim Zeichnenlernen (135); eifriges Beten (44, 55); Bescheidenheit (44); Boshaftigkeit (133); Dankbarkeit (29, 91, 147); Diebstahl (von Pfirsichen, 16); von Erbsen, 20; von Aprikosen, 107, eines Pudels, 134); Egoismus (22); falscher Ehrgeiz (1); Ehrlichkeit (52, 68, 117, 142); Eigenlob (23); Eintracht (47, 53, 83, 87, 104, 114); Eitelkeit ( 31, 49, 73); Faulheit (23, 105, 115, 123, 127, 150); Fleiß (9, 34, 54, 90, 93, 96, 105, 115, 124, 127, 150); Freundschaft suchen und pflegen (60); Geduld (41, 108); Gefälligkeit (18, 48, 56, 67, 103); Gehorsam (59, 80); Geiz (94); Gier (25); Hartherzigkeit (145); Heuchelei (6, 95); Hilfsbereitschaft (147); Hochmut (15, 26, 46); Höflichkeit (61); Jähzorn (12, 14, 99, 78, 85); Klatschen (13); Leichtgläubigkeit (137); Lernbereitschaft (35, 89); Lügen (42, 110) ; Mäßigkeit (82); Nachlässigkeit im Umgang mit Pflanzen und Haustieren (84, 109, 138, 141); Naschhaftigkeit (118, 129); Neid (10); Neugierde (63); Notlage vortäuschen (39); Reinlichkeit (4, 65); Schadenfreude (1); Schenken (40); Schweigen über Fehler eines Freundes (102); Selbstüberschätzung (24); Sorgfalt (36, 84, 86); Sparsamkeit (72, 116); Spielsucht (121); Spielverderber (17, 76, 119); Spottsucht (3); Starrsinn (98); Streitsucht (2, 6); Taktlosigkeit (21); Tierliebe (86); Tierquälerei (70, 85, 86, 113, 125); Übermut (5, 12, 19, 45, 55, 71, 111, 128); Ungeduld (27, 28, 81, 77); Ungehorsam (2, 8, 19, 57, 58, 64, 74, 75, 110, 130, 136, 140, 143, 148); Unkonzentriertheit (92); Unmäßigkeit (101); Unordentlichkeit (23, 68); Unzufriedenheit (10); Vergeßlichkeit (79, 131, 132); Vergnügungssucht (5); Verleumdung (6, 20); Verschwendung (30); Verzicht auf Süßigkeiten (51); Vorwitz (7); Wachsamkeit (38); Wohltätigkeit (11, 33, 116, 126, 120, 145, 146, 149); Zimperlichkeit (62, 144); Zögerlichkeit (39); Zufriedenheit (97). Vergleicht man Hoffmanns Wertekatalog mit dem unserer Zeit, so fällt auf, daß bedingungsloser Gehorsam für die aufklärerischen Autoren oberste Priorität hat, während man Kinder heute zu kritischem Selbstbewußtsein und vor dem Hintergrund sich häufender Sexualverbrechen zum Nein-Sagen erzieht. An zweiter Stelle steht der Fleiß mit geschlechterdifferenzierender Gewichtung: Mädchen-Fleiß heißt in der Regel Handarbeiten (Nr. 9: Die Nähschule; Nr. 29: Die Hülfe; Nr. 54: Der Strickstumpf; Nr. 150: Das Taschentuch), Jungen-Fleiß bezieht sich üblicherweise auf Lesen, Schreiben und Rechnen (Nr. 44: Das Gebet; Nr. 52: Das Goldstück). Platz drei nimmt die Sorgfalt im Umgang mit der belebten und unbelebten Umwelt ein - eine Eigenschaft, die unsere Wegwerfgesellschaft unter dem Schlagwort der Nachhaltigkeit gerade erst wieder entdeckt. Und schließlich handeln viele Geschichten von der Eintracht unter Geschwistern - auch das ist eine in der modernen Einkind-Familie überflüssig gewordene Tugend.

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Umfangreich ist die Zahl von Beiträgen, in denen Obst eine wichtige Rolle spielt. Früchte, die von heutigen wohlstandssatten Kindern nur noch in Form von „Convenience Food" („Fruchtzwerge"!) akzeptiert werden, galten damals als Leckerbissen. Von den 150 Geschichten in Hoffmanns Sammlung gibt es allein vierzehn zum Thema Obst: entweder stehlen es die Kinder aus fremden Gärten (Nr. 16: Der Pfirsichbaum; Nr. 107: Der Aprikosenbaum), oder sie erhalten es als Geburtstagsgeschenk (Nr. 94: Die Südfrüchte), sie können es nicht erwarten, bis es reif ist (Nr. 27: Der Teppich), sie essen davon im Übermaß (Nr. 101: Die Kirschen), sie schlagen sich darum (Nr. 102: Die Birne), sie schätzen es so hoch ein wie Süßigkeiten (Nr. 55: Die Rettung), sie verzichten darauf, um Geld zu sparen (Nr. 85: Die Taube), sie erhalten es als Belohnung für eine „gute That" (Nr. 145: Die Heidelbeeren) oder werden mit ObstEntzug bestraft (Nr. 57: Die Blumen; Nr. 67: Die Pflaumen), sie teilen es großzügig mit anderen (Nr. 29: Die Hülfe; Nr. 114: Die Weintrauben), sie kümmern sich um junge Obstbäume (Nr. 138: Die Apfelbäume). Auffällig auch, mit welcher Selbstverständlichkeit man zu Hoffmanns Zeit offenbar mit Nutztieren aufgewachsen ist. Die Geschichten sind bevölkert mit Geflügel aller Art, Kaninchen, Ziegenböcken, Pferden und Wachhunden. Tiere, die man zum Vergnügen hält sind vor allem kleine Vögel wie Stieglitze, Hänflinge, Rotkehlchen, Nachtigallen, Stare und Kanarienvögel sowie Katzen und kleine Hunde (Nr. 4: Der Hühnerstall; Nr. 8: Die Eule; Nr. 10: Die Vögel; Nr. 11: Der Stieglitz; Nr. 63: Der Hänfling; Nr. 14: Das Rotkehlchen; Nr. 59: Das Vogelnest; Nr. 70: Das Hündchen; Nr. 80: Der Truthahn; Nr. 86: Der Spitz; Nr. 87: Die Reise [Kaninchen]; Nr. 126: Das Kaninchen; Nr. 109: Der Kanarienvogel; Nr. 137: Der Staar [!]; Nr. 134: Der Pudel; Nr. 141: Der Marder [Tauben]; Nr. 143: Der Edelfalke) 205 . Was die Bestrafung angeht, so zieht es Hoffmann in den meisten Fällen vor, das Schicksal walten zu lassen. Von der strafenden Hand Gottes ist im Unterschied zum mittelalterlichen Exempel nicht mehr die Rede. Und seltener als noch bei den Autoren des 18. Jahrhunderts begegnen wir züchtigenden Eltern oder Lehrern. Die Figuren in Hoffmanns Geschichten brechen sich aus mangelnder Vorsicht Arme und Beine (Nr. 19: Die Schaukel), ihre Finger, mit denen sie verbotenerweise an der Tapete gepult haben, färben sich schwarz (Nr. 148: Die Tapeten), sie verbrennen und verbrühen sich (Nr. 7: Die Kanone; Nr. 112: Das Feuer brennt), sie tanzen so leidenschaftlich, daß sie davon ernsthaft krank werden (Nr. 5: Die Tanzstunde), heimliche Raucher werden ohnmächtig und verletzten sich im Fall (Nr. 140: Die Tabackspfeife), ein leichtsinnig geworfener Stein tötet ein Schaf (Nr. 37: Die Rollsteine), sie spielen wild Fangen in der Wohnung und zerbrechen eine kostbare Tasse (Nr. 50: Die zerbrochene Tasse), sie erhalten von Gleichaltrigen einschlägige Spitznamen (Nr. 69: Das

205 Vgl. auch unten das Kapitel „Mensch und Tier", S. 239-259.

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Lügenfritzchen), der Versuch, Honig zu stehlen endet mit mehreren Bienenstichen (Nr. 118: Der Bienenkorb), Tierquäler werden von Hunden gebissen (Nr. 113: Der Kettenhund). Wenn Eltern eingreifen, dann verhängen sie folgende Strafen: eine Woche lang nicht mit den anderen am Tisch speisen dürfen und nur trockenes Brot bekommen (Nr. 107: Der Aprikosenbaum), drei Tage lang hungern (Nr. 30: Der kleine Verschwender), eine Stunde lang in eine fensterlose Kammer eingesperrt werden (Nr. 107: Der Aprikosenbaum). Beinahe modern muten bei derart „Schwarzer Pädagogik" die drei Geschichten an, in denen unartigen Kindern geplante Geschenke vorenthalten werden (Nr. 4: Der Hühnerstall; Nr. 8: Die Eule; Nr. 109: Der Kanarienvogel).

III. Die erzählte Utopie einer moralischen Gesellschaft

1. Soziale und natürliche Umwelt 1.1 Ständische Gesellschaft Die Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gliederte sich auch nach der weitgehenden politischen Entmachtung der Stände im Verlaufe der Frühen Neuzeit in Adel, Bürgertum, Bauern und unterbäuerliche Schicht. Die politische Herrschaft lag bei den meist absolutistisch regierenden Fürsten, die ihre landesherrlichen Hoheitsrechte gegenüber den partikularen ständischen Machtinstanzen immer weiter ausgedehnt hatten, indem sie sich des gebildeten und Handel treibenden städtischen Bürgertums als loyale, nur dem König verpflichtete Beamtenschicht und als bedeutende Wirtschaftskraft bedienten. Ein zweites Standbein fanden die Monarchen in den stehenden Heeren, die ihre Zentralgewalt nach innen und die Souveränität des Staates nach außen zu verteidigen hatten. Der Großteil der Bevölkerung, etwa vier Fünftel, lebte als Landleute (Bauern, Hintersassen und Lohnknechte) auf dem Dorfe, die meisten von ihnen in relativer Armut 1 . Die Literatur des 18. Jahrhunderts strebte in der Regel versöhnende, Widersprüche ausgleichende Positionen an und diente zur Entschärfung von Gegensätzen. Auf dem Weg der Poesie sollten die Standesschranken fallen, sich die Menschen treffen 2 . Dafür erfand die bürgerliche Elite das Bild eines erfreulichen „Volkes" mit entsprechenden Ausdrucksgattungen wie Lied, Ballade oder Moritat. Sie träumte wie der Verleger Friedrich Nicolai von einem Wohlfahrtsstaat, der allen Einwohnern, allen Ständen Entfaltung und Glück sichert. Radikale Eingriffe in gewachsene Wirklichkeiten scheute man 3 . Die auf ständischen Ausgleich bedachte Haltung der Literaten spiegelt sich allerdings nicht in den fur den „Pöbel" geschriebenen Werken. Hier warben die Autoren, allein schon um durch die engen Maschen der Zensur zu schlüpfen, bei ihren Lesern um Verständnis für das Verharren in ihrem durch Geburt zugewiesenen Stand: „In jeder größern menschlichen Gesellschaft müssen Stände seyn, die gehorchen, und Stände, die zu befehlen haben; sie sind in jeder großen Gemeinde unentbehrlich; beyde gehören zusammen, und können von einander nicht getrennt werden", schreibt der in Ettal zur Schule gegangene katholische Priester Franz Xaver Geiger (1749-1841) einleitend zu seinem Kapitel „Wie man sich gegen die Obrigkeit verhalten müsse" 4 . Er klagt darüber, daß der „gemeine Mann" glaube, sein Land besser regieren zu können

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Demel: Europäische Geschichte des 18. Jahrhunderts, 2000, hier bes. Kap. 1: Mensch und Umwelt und Kap. 2: Kommunikations- und Wirtschaftsbeziehungen. Ketelsen: Aufklärung, 1992, S. 51 f. Vgl. Martens: Ein Bürger auf Reisen, 1978, S. 575. Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], 16. Hauptstück, S. 231239, hier S. 231.

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als der Herrscher, dabei sei doch evident, daß „unter allen den Elenden oft kaum einer im Stande, auch nur in seiner zweyklafterlangen Hütte unter Weib und Kindern Ordnung und Ruhe zu erhalten" 5 . Der Franziskanerkatechet Edilbert Menne (1750-1828) stellte fest, der Landmann solle zwar seinen Verstand vermehrt einsetzen, sich zugleich aber mit seinem von Armut und Leid gekennzeichneten Leben abfinden 6 . Johann Carl Pischon (1764-1805), reformierter Geistlicher, empfahl den Lesern seiner „Moral in Beyspielen" (1800), ihr „Herz vor thörichten Wünschen" zu bewahren, „wenn du zufrieden bleiben willst" 7 . Seine Kapitelüberschriften sprechen eine deutliche Sprache: „Man muß sich in jede Lage des Lebens schicken lernen" (S. 182), „Es ist oft leichter, arm als reich zu seyn" (S. 183), „Der zufriedene Arme" (S. 188), „Apologie des Unglücks" (S. 190), „Unglück ist oft das Mittel zum Glück" (S. 190). Mit solchen Devisten wandte er sich vor allem an Dienstboten, die wenige Rechte aber viele Pflichten hatten. Das bestimmten seit dem 16. und 17. Jahrhundert strenge Gesindeordnungen, die in Deutschland 1918 durch die Novemberrevolution sowie in Österreich und in der Schweiz erst 1926 aufgehoben wurden. Um ihr Los leichter zu ertragen, riet 1773 der Theologe und Philosoph Johann Kaspar Lavater den „lieben Dienstboten" in seinem „Sittenbüchlein für das Gesinde": „Auf äußere Umstände und Vorzüge kommt es gar nicht an. Nur auf die Erfüllung des Gebotes Gottes; in welchen Beruf ein jeder berufen worden, in demselben bleibe er. Bist du ein Knecht zu sein berufen, so laß dir das keine Sorge machen, denn wer ein Knecht zu sein berufen ist, ... der ist ein Gefreiter des Herrn. Ihr Brüder und Schwestern, jeglicher verbleibe vor Gott in dem, wozu er berufen ist"8. „Gegen Obrigkeiten", schreibt der Schweinfiirter Theologe Johann Peter Voit, „hege, mein Kind! ... die gebührende Ehrerbietung. Laß Dich nie verführen, gegen deine Obrigkeit oder Landesherrschaft Böses zu reden, oder ihre Gesetze und Verordnungen zu tadeln" 9 . Auch der reformierte Prediger Moritz Casimir Pothmann (1765-1842) hielt es fur eine weise Einrichtung Gottes, „daß verschiedene Stände in der Welt seyn sollten; da er wollte, daß der Reichere den Aermern ernähren, und dieser jenem dafür dienen sollte, damit einer dem andern sein Lebern erleichtere: so sind alle Dienstbothen verpflichtet, dieser weisen und gütigen Ordnung Gottes sich zu unterwerfen" 10 .

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Ebd. Biemer: Edilbert Menne, 1969, S. 122-126. Pischon: Moral in Beispielen für Familien. Zweiter Theil, 1800, S. 177. Lavater: Sittenbüchlein für das Gesinde, 1773, S. 7. Voit: Sittenbuch für junge Leute, 1802. Pothmann: Sittenbuch, 1790, II/ Kap. 5: Von den Pflichten christlicher Dienstbothen, S. 66ff.

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Das „Anständigbleiben", also der Rat zum klaglosen Verbleib im eigenen Stande, den auch im 20. Jahrhundert Eltern ihren Kindern beim Antritt der ersten Dienstboten-Stelle noch mit auf den Weg gaben 11 , verpackt Geiger u.a. in die Geschichte von Maximus, der dank seiner soldatischen Tugenden den Karrieresprung vom Schweinhirt zum römischen Kaiser geschafft haben soll, auf dem Thron sich jedoch als Tyrann entpuppte 12 . Geiger zitiert dazu das „teutsche Sprichwort": „Wenn der Bettler auf ein Roß kömmt, so kann ihn kein Mensch mehr einholen". Auch der Metzgerssohn Thomas Wolsey (14751530), Kardinal und Berater König Heinrichs VIII. von England, wird als Exempel fur solches Deplacement angeführt 13 . Auf das Glück im Spiel sollte man genausowenig wie auf einen sich glücklich ergebenden oder angestrengt herbeigeführten Aufstieg in der gesellschaftlichen Hierarchie hoffen. Geiger erinnert an elf Kohlenhändler, die Anfang der 1780er Jahre in London durch ein Lotteriespiel unermeßlich reich geworden waren, aber „nach vier Jahren waren schon ihrer Achte an unterschiedlichen Krankheiten gestorben, und zwar die meisten in ihren besten Jahren. Aber auch von den Dreyen, die noch übrig sind, hat nicht Einer mit dem Gelde sein Glück gemacht: denn Alle leben itzt wieder so arm und dürftig, wie zuvor" 14 . Die vor allem in der Reformationsliteratur verwendete ätiologische Erzählung von „Evas ungleichen Kindern" (AaTh 758) soll diese Ständeordnung rechtfertigen. Nach der Grimmschen Version (KHM 180) bestimmt Gott die vorgezeigten schönen Kinder des ersten Menschenpaares zu Fürsten, Rittern, Kaufleuten und Gelehrten, also zu den gehobenen Ständen. Den zunächst verborgen gehaltenen häßlichen Kindern werden nach göttlichem Plan ländliche und handwerkliche Berufe zugedacht. Diese Geschichte verlegt die Differenzierung von Ständen und Berufen als gottgewollt in die Schöpfungszeit und versucht die bestehende Ordnung zu legitimieren 15 . In den moralischen Geschichten des 18. und 19. Jahrhunderts geht es nicht mehr darum, diese Ordnung zu erklären. Sie wird vielmehr als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt und durch Beispiele illustriert, keinesfalls jedoch in Frage gestellt.

11 „Bleib bei deinem Stand" gab ein Vater noch Anfang des 20. Jahrhunderts seiner Tochter mit auf den Weg, als sie das Haus verließ, um in einem städtischen Haushalt „in Stellung zu gehen". Die Autorin fragt, ob das nicht hätte heißen können „bleib anständig, benimm dich anständig", tendiert aber eher zur Interpretation, man solle „der Herkunft treu bleiben". Vgl. Köhle-Hezinger, Christel: Sich würdig benehmen. Anmerkungen zum Ritual der Würde. In: Hess. Bll. f. Volks- und Kulturforschung NF 30 (1993), S. 11-27, hier S. 11. 12 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 3f. - Maximinus, Gaius Galerius Valerius, genannt Maximinus Daia ( | 313), römischer Kaiser (308-313), gilt als gnadenloser Christen-Verfolger. 13 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 4f. 14 Ebd., S. 7f. 15 Vgl. Moser-Rath, Elfriede/ Schmitz, Wolfgang: Beruf, Berufsschwänke. In: EM II (1979), Sp. 173-185, hier 173. - Röhrich, Lutz: Eva. In: EM IV (1984), Sp. 569-577.

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Das hier wie in der übrigen Volksprosa immer wieder anzutreffende Begriffspaar „Herr und Knecht" wird hauptsächlich symbolisch gebraucht, um den sozialen Gegensatz von Herrschaft und Untertanen, Befehlenden und Gehorchenden, Adel und Leibeigenen, Pfarrern und Kirchenvolk, Meistern und Gesellen, Bürgern und Bediensteten auszudrücken. Das Auftreten dieses Erzähltyps in Märchen, Sage und Schwank ist wiederholt untersucht worden 16 . Gisela Burde-Schneidewind resümiert die gattungsspezifischen Akzente: Im Märchen wird das Treueverhältnis hervorgehoben, im Schwank triumphiert der Knecht in komischer Umkehrung der Wirklichkeit über den Herren, und die Sage verweist auf reale Konflikte, „aber auch auf ausgleichende Gerechtigkeit nach dem Tode im Jenseits" 17 . Die bislang außer Acht gelassenen moralischen Geschichten, in denen Herren und Knechte auftreten, haben dagegen zum Ziel, jedem einzelnen den Wert seiner Aufgabe innerhalb des ständischen Ordnungssystems deutlich zu machen, ihm das Gefühl von Zufriedenheit mit seinem Schicksal zu vermitteln und seine Produktivität zu steigern.

1.1.1 Bauern Um ein loyales Offizierkorps zu schaffen, erklärte Friedrich der II. von Preußen (1712-1786) den Adel, der den Kern seiner Armee stellte, zur „Grundlage und Säule des Staates" 18 . Darum schien es ihm unmöglich, die Leibeigenschaft - obgleich er sie verachtete - gegen den Willen des Adels abzuschaffen. Kaiser Joseph II. von Österreich dagegen gab mit Datum vom 1. November 1781 das erste Patent zur Aufhebung der Leibeigenschaft heraus. Damit gewährte er den Bauern Freizügigkeit, Freiheit der Berufswahl und der Eheschließung. Mit einer ganzen Reihe solcher Gesetze wurde die Leibeigenschaft nach und nach in allen habsburgischen Ländern aufgehoben. Sie stehen im Kontext einer umfassenden Agrargesetzgebung zur Einschränkung der bäuerlichen Abgaben und Dienste sowie zur Vereinheitlichung des Steuerwesens 19 . Die 20.000 blaublütigen Familien Preußens mußten ihre Söhne zur Verfugung stellen; Reisen, Studium oder Schulbesuch im Ausland blieben verboten. Wer das Land dennoch verließ, riskierte sein Vermögen. Friedrich dankte für die erzwungene Treue mit einer Privilegienwirtschaft, die in Europa einmalig war. In Schlesien und Ostpreußen konnten Adlige ihre Bauern verkaufen, entschieden darüber, was deren Kinder zu lernen hatten und wer heiraten durfte. Hatten die Untertanen nicht ausreichend gearbeitet, folgte nicht selten die 16 Vgl. die Zusammenstellung einschlägiger Arbeiten bei Burde-Schneidewind, Gisela: Herr und Knecht. In: EM VI (1990), Sp. 879-889. 17 Ebd., Sp. 880. 18 Büchel/Sikora: Der Offizier im Gesellschaftsbild der Frühaufldärung, 1999, Nr. 2, S. 5-25. 19 Vgl. Stollberg-Rilinger: Europa im Jahrhundert der Aufklärung, 2000, S. 355.

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„Lattenstrafe": Sie kamen barfuß in einen schmalen Käfig aus scharfkantigen Latten, in dem man weder stehen noch liegen konnte. Friedrichs Justizreform, die schließlich in das berühmte Allgemeine Landrecht mündete, schuf zwar mehr Rechtssicherheit, doch auch danach durfte der Adel „faules und widerspenstiges Gesinde" züchtigen 20 . Umso beeindruckender erscheint die auch unter den moralischen Geschichten ab 1787 verbreitete Erzählung von einem Müller aus der Nachbarschaft von Sanssouci (erbaut 1745-47)21. Der Mann wurde von Friedrich dem Großen einbestellt in der Absicht, seine Mühle abreißen zu lassen, weil sich der Herrscher durch das ständige Geklapper gestört fühlte 22 . Der Müller verteidigte seinen ererbten Besitz zäh und ließ sich von keiner Drohung einschüchtern, bis er schließlich wegen seiner „Herzhaftigkeit und Freimüthigkeit" ungeschoren ziehen durfte und Schloß und Mühle fortan in friedlicher Nachbarschaft existierten23. So will es zumindest die Staatspropaganda nach der bekannten Wanderanekdote, die seit dem 10. Jahrhundert guten Herrschern nachgesagt wird. Bei dem historisch belegten Streit zwischen dem Müller J. W. L. Grävenitz und dem Alten Fritz ging es, wie Ulrich Marzolph in seinem EM-Artikel schreibt, allerdings nicht um den Abriß der Mühle; vielmehr wollte der Herrscher die Mühle ausdrücklich als pittoreskes Detail seiner Umgebung erhalten. Es war der Müller, der in einem in den 1740er Jahren begonnenen Prozeß Pachtzinserlaß oder Geld forderte, um die Mühle verlegen zu können, da er wegen der seit dem Schloßbau veränderten Windverhältnisse Einkommenseinbußen erlitt. Archivalienfunde belegen, daß die Mühle nicht wie in der Anekdote behauptet ererbt, sondern erst kurz vor Beginn des Schloßbaus errichtet worden war. 1945 brannte sie bis auf den Sockel ab und wurde 1993 als Touristenattraktion wiederaufgebaut 24 . Leander Petzold betont, daß die Gestalt des Alten Fritz „wie viele in der populären Tradition weiterlebende Persönlichkeiten ... in der Erzählüberlieferung ambivalente Charakterzüge angenommen, und es werden Wandermotive unterschiedlichster Herkunft auf ihn übertragen" 25 . Im 19. und 20. Jahrhundert

20 Vgl. Wiegrefe, Klaus: Staat von Blut und Eisen. In: Der Spiegel 4/2001 URL: http://www.spiegel.de/ spiegel/0,1518,114389,00.html (5.5.2001). 21 Nach J. K. Brechenmacher findet sich die Anekdote zuerst in dem anonym von Jean C. de Laveaux publizierten siebenbändigen Werk „Vie de Frédéric II, Roi de Prusse". Straßburg 178789. - Vgl. Marzolph, Ulrich: Müller von Sanssouci (Mot. Ρ 411.1). In: EM IX (1999), Sp. 993-998. 22 Friedrich II. steht in der Volksprosa in der Regel für preußisches Selbstbewußtsein. In den von Richard Wossidlo in Mecklenburg gesammelten Volksschwänken ist er als Alter Fritz zu einer Schwankfigur eigener Prägung geworden. - Vgl. Neumann, Siegfried: Volksschwänke aus Mecklenburg. Aus der Sammlung Richard Wossidlos. Berlin 1965, Nrn. 380-413. 23 Kieffer: König Friedrich und sein Nachbar. In: Ders.: Lesebuch, 1862, Nr. 107, S. 86f. 24 Marzolph: Müller von Sanssouci, 1999, Sp. 996. 25 Petzold, Leander: Alter Fritz. In: EM I (1977), Sp. 395-404, hier Sp. 395.

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entwickelt sich der Preußenkönig in Nord- und Mitteldeutschland ebenso wie Kaiser Joseph II. im süddeutschen Raum zu Kristallisationsgestalten der Volkserzählung, denn beide galten aufgrund ihrer aufklärerischen Haltung als besonders volksnah 26 . Meist sprechen die Quellen nicht von ihrer hemmungslosen Baulust und verschwenderischen Prachtentfaltung bei Hofe, sondern beschreiben die Monarchen als weise, gerechte, bescheidene und leutselige Tugendmuster und unterstützen damit ihre uneingeschränkte Machtposition 27 . Auch Franz Xaver Geiger macht seinen Rezipienten Mut, vor Obrigkeiten selbstbewußt aufzutreten, was jedoch in einem Genre, das eher dem Stillhalten und der Besitzstandwahrung diente, zu den Ausnahmen zählt: Ein Bauer, der vor Gericht, so oft er seinen Mund auftat, vom Richter unwirsch zum Schweigen gebracht wurde, erklärte gelassen, er werde sich jetzt entfernen, da man ihm ohnehin kein Gehör schenke. Ergebnis: Für den Richter kam diese Rede unerwartet; er hörte den Bauer an, und entließ ihn ohne Strafe 28 . Wenn jedoch aus Zivilcourage tatkräftige Obrigkeitsfeindlichkeit wurde wie im Falle des Bauernkriegs, oder wenn Abgaben verweigert wurden, trifft das bei den Autoren das gesamte 18. Jahrhundert hindurch auf scharfe Ablehnung 29 . Wenn auch die Situation in den einzelnen deutschen Landen sehr unterschiedlich war, so ist doch im Ganzen festzustellen, daß trotz aller Bravheit mancher frühen Bauernaufklärer eine Bewegung ihren Anfang nahm, welche die Grundfesten des spätabsolutistischen Staates erschütterte. In zahlreichen Artikeln findet sich ein Engagement, gespeist durch den Physiokratismus, gemischt mit Mitleid und Menschenliebe, zugleich aber gebremst durch das Wissen, daß der wirtschaftlichen Emanzipation der Bauern bedeutende Interessen anderer Stände im Wege standen. So heißt es im Wittenbergischen Wochenblatt 1768: „Zuweilen seufzet der Landmann insgeheim; er sieht schon im voraus, daß er mitten unter den Gütern, die er einsammelt, verschmachten wird" 30 . Ob in einem Aufsatz über die „Nothwendigkeit billiger und gleichförmiger Preise des Getraides" etwa das egoistische, auf Kosten der Landbevölkerung

26 Vgl. Moser-Rath: Lustige Gesellschaft, 1984, S. 138f. 27 Fürstenanekdoten und -aussprüche sind nicht nur in den einschlägigen Sammlungen z.B. des Lodovico Domenichi, S. Gerlach oder J. W. Zincgref enthalten. Anekdotisches findet sich, z.T. auf aktuelle Herrschergestalten übertragen oder in Form von Episoden aus dem Leben des regierenden Fürsten neu erzählt, auch in Schwankbüchern, Kalendern, Magazinen, Zeitungen, Lesebüchern und den von mir untersuchten Kompendien moralischer Geschichten. - Vgl. Moser-Rath, Elfriede: Anekdotenwanderungen in der deutschen Schwankliteratur. In: Volksüberlieferung. FS Kurt Ranke. Göttingen 1968, S. 233-247, bes. S. 236. 28 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 47. 29 Vgl. z.B. Tomkowiak, Ingrid: Das Gute zur Nachfolge, das Böse zur Warnung. Christian Friedrich Hilschers „Sonderbare Bauer-Exempel" (1725) und ihre erzieherische Funktion. In: JbfVk 1988, S. 219-228, hier S. 224. 30 WiWo 1 (1768), S.73.

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gehende Wirtschaftsverhalten der Zünfte angeprangert 31 , oder ob das Eigentum der Bauern am von ihnen bebauten Boden gefordert wird: Stets befanden sich die Volkslehrer mit ihren diplomatisch und moderat vorgetragenen Vorschlägen zur Verbesserung der bäuerlichen Situation im Gegensatz zu übermächtigen Interessen. Der katholische Geistliche Johann Adam Wening rückte in seine „Historisch- und moralische Erzählungen für den gemeinen Mann" (1784) eine Geschichte ein, mit einem Bauern als Protagonisten, wie ihn sich die Obrigkeit wünschte: „Er war allemal fleißig dabey, wenn ein landesherrlicher Befehl öffentlich verkündet wurde; er legte ihn den andern Bauern, soviel er davon begrif, aus, und wenn der Innhalt zu befolgen war, so war er der erste, der fleißig ob den kurfürstlichen Befehl hielt. Er erkundigte sich oft bey den Schreibern des Beamten, oder wohl auch bey diesem selbst, ob keine Verordnungen oder Anschläge gemacht würden, dieses oder jenes zu verbeßern: und wenn so was in den öffentlichen Blättern stund, befolgte ers sehr genau; denn er ließ sich von seinen Kindern alle Befehle vorlesen. Er hatte um seine Acker einen lebendigen Zaun angelegt, und ihn von Zeit zu Zeit mit Fruchtbäumen umgeben. Geschah im Lande eine große Feyerlichkeit, z.B. wie unser durchleuchtigste Landesvater den 9ten Oktober 1778 feyerlich sammt Seiner durchleuchtigsten Frau Gemahlinn ins Land zog; so pflanzte er einen Baum, und so hatte er schon mehrere der schönsten Bäume um sein Feld, ohne daß er darum ein minder gutes und schönes Getreide als andere Bauern gehabt hätte"32. Auch das anonym erschienene „Lesebuch für Schaffer und Knechte" (1792) hegt von einem „rechtschaffenen Landmann" die Erwartung, daß er „von diesen Anordnungen, Gesetzen, Vorschriften und Verfügungen ... hinlängliche Wissenschaft besitzen [muß]. Alle zielen zur Bewirkung seiner wahren Glückseligkeit, weil sie mit weiser Ueberlegung abgefaßt, und dem gemeinschaftlichen Besten gemäß eingerichtet worden sind" 33 . Um unbedingte Untertanentreue zu exemplifizieren, griff man - wie für die Herrscherpropaganda - gegebenenfalls auf vermeintlich Historisches zurück, und dies besonders während der reaktionären Metternich-Zeit, in der es in den moralischen Geschichten nicht mehr in erster Linie darum ging, den Lesern das Selbstdenken beizubringen, sondern sie vom Wert der Untertanentreue zu überzeugen. Christoph von Schmid (1768-1854) erzählt von den aufrechten Freibergern (Erzgebirge), die der sächsische Kurfürst nach der Eroberung auf dem Marktplatz antreten ließ, um ihm zu huldigen 34 . Sie aber „näherten sich ihm in feierlichem Zug mit entblößtem Haupt und ihrem Sterbekleid über dem Arm zum Zeichen dafür, daß sie lieber sterben würden, als ihrem Herzog un-

31 Ebd., S.70-75. 32 Wening: 25. Der uneigennützige Kaufmann. In: Ders.: Historisch-Moralische Erzählungen, 1784, 59-63, hier S. 6 2 . 33 [Anonymus:] Lesebuch für Schaffer und Knechte, 1792, unpag. Vorrede. 34 Schmid: Lehrreiche Erzählungen, 1824-1827, S. 174f.

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treu zu werden". Die daraus zu ziehende Moral lautet: „Wir wollen, gleich den guten Alten,/ Uns fest an Pflicht und Treue halten" 35 . Um beim sich täglich plagenden Untertan nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, der Herrscher pflege den Müßiggang und sei im Grund zu nichts nutze, greift Schmid auf das Bild des Steuermanns im Ruderboot zurück: „Ein Regent z.B. kann den Pflug nicht führen - er fuhrt aber das Steuerruder des Staates und hat viel Umsicht und Kenntnis nötig, um zu ermöglichen, daß der Landmann seinen Acker ungestört und im Frieden bebauen kann. Der Feldherr kann nicht mit der Muskete in Reihe und Glied stehen, um gegen den Feind zu kämpfen, er tut anscheinend nichts, allein ohne seine Übersicht und schnelle Geistesgegenwart würde alles in Unordnung geraten und viele tausend Hände könnten doch den Sieg nicht erringen"36. Geiger bemüht das schon bei Aesop zu findende Motiv vom Magen und den Gliedern (AaTh 293) 37 , um seine unterschichtlichen Leser von ihrer Kurzsichtigkeit zu überzeugen, wenn sie glaubten, die Herrschenden ruhten sich auf ihre Kosten aus. Der Magen steht stellvertretend für den Obersten, den Herrn, die Glieder sind seine Diener. Die sozialkritische Komponente liegt darin, daß die Glieder als Untertanen sich weigern, ihrem Herrn, dem Magen, weiterhin zu dienen, indem sie ihn nicht nähren. Sie übersehen jedoch, daß solcher Ungehorsam auch ihren eigenen Untergang bewirkt 38 . Andere Autoren bemühten im 18. Jahrhundert mechanische und geometrische Bilder zur Erklärung gesellschaftlicher Mechanismen: „Die Uhr wurde zum beliebtesten Sinnbild autoritär geregelter staatlicher und gesellschaftlicher Systeme. Justus Moser verglich den Staat mit einer Pyramide, der er höchste Schönheit zusprach, wenn sie ,unten auf einem guten Grunde ruht und nach der Spitze zu immer dergestalt abnimmt, daß das Unterste das Oberste völlig ... trägt" 39 . Der Volkskundler Otto Lichtenberg hat richtig bemerkt, daß derartigen Passagen es kaum noch zulassen, „von 'Aufklärung' der Bauern zu reden, wo eben nicht direkt von landwirtschaftlichen Dingen oder dergleichen gesprochen wird" 40 . Das „Lesebuch für Schaffer und Knechte" (1792) wünscht sich weniger das Selbstdenken seiner Adressaten, als vielmehr „Botmäßigkeit" in allem Handeln gegenüber den Oberen. Demnach stellten die Aufklärer den Feudal-

35 Ebd., S. 175. 36 Ebd., S. 179ff. 37 Gombel, Heinrich: Die Fabel vom Magen und den Gliedern in der Weltliteratur (= Beiheft zur Zeitschrift für romanische Philologie 80). Halle 1934. - Peil, Dietmar: Magen und Glieder. In: EM VIII (1993), Sp. 1414-1418. - Ders.: Der Streit der Glieder mit dem Magen. Studien zur Überlieferungs- und Deutungsgeschichte der Fabel des Menenius Agrippa von der Antike bis ins 20. Jahrhundert (= Mikrokosmos. Beiträge zur Literaturwissenschaftlichen Bedeutungsforschung 16). Frankfurt am Main/Bern/New York 1985. 38 Geiger, Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 39ff. 39 Münch: Lebensformen, 1996, S. 72. 40 Lichtenberg: Unterhaltsame Bauernaufklärung, 1970, S. 77.

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Staat in seinen Grundfesten noch nicht in Frage, auch wenn sie teilweise recht progressive Forderungen gegen die strengsten Bestimmungen der mittelalterlichen Verfassung wie die Verteilung der Allmenden und die Aufhebung der Fronen erhoben.

1.1.2 Dienstboten Der Begriff „Gesinde" veränderte seit dem Mittelalter wiederholt seine Bedeutung: ursprünglich die Bezeichnung für Gefolge oder Kriegsvolk, meinte er später die niederen ledigen Dienstboten - oder „Ehalten", wie sie vor allem im frühneuzeitlichen Bayern genannt wurden 41 - eines städtischen herrschaftlichen oder die ledigen Knechte und Mägde eines bäuerlichen Haushalts, die mit der bäuerlichen Familie lebten. Ein Lexikon aus der Mitte des 19. Jahrhunderts definiert diesen Personenkreis präziser: „Zu dem Gesinde ... gehört heutzutage Jeder, der zufolge eingegangenen Vertrages - des Gesinde- oder Dienstbotenvertrages - einem Anderen, nämlich der Dienstherrschaft, dem Dienst- oder Brodherrn, mit Unterordnung unter dessen hausherrliche Gewalt, eine längere, durch Gesetz oder Uebereinkunft festgesetzte, ununterbrochene Zeit hindurch gewisse, nur der Gattung nach bestimmte, im Uebrigen vom Bedürfnisse des Hauswesens der Dienstherrschaft abhängige, den Haushalt, die Wirthschaft oder die Kinderpflege betreffende, körperliche oder Aufsichtsdienste gegen Kost und gewöhnlich auch gegen Lohn zu leisten hat"42. Seit dem Mittelalter oblag dem Hausherrn die oberste Befehlsmacht im Hauswesen. Seiner patriarchalen Zucht und Gewalt unterstanden Frau und Kinder, aber auch die nicht blutsverwandten Arbeitskräfte. Sie zählten mit zur Familie, die in vorbürgerlichen Zeiten noch weitgehend autark wirtschaftete und alle lebensnotwendigen Güter selbst produzierte. Bei so engem Familienanschluß kam es im Mittelalter nur selten vor, daß ein Bediensteter einmal seinen Dienstherrn wechselte, zumal der gesetzliche Status der Unmündigkeit ihm wenigstens lebenslang Schutz und Versorgung im Haus versprach43.

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Schmeller, Andreas: „Der Ehalt, Person, die vertragsmäßig der dienende Hausgenosse einer anderen ist; Dienstbote". In: Ders.: Bayerisches Wörterbuch. 4 Bde. München 1827-37, hier, Bd. I, Sp. 7. 42 Art. „Gesinde". In: Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste in alphabetischer Folge von genannten Schriftstellern bearbeitet, hg. v. J. S. Ersch u. J. G. Gruber, Teil I, Bd. 64. Leipzig 1857, S. 236. 43 Zu den Arbeitsbedingungen der Dienstboten bis 1800 vgl. Kramer: Volksleben im Fürstentum Ansbach, 1961. - Ders.: Volksleben Bamberg/Coburg, 1967. - Ders.: Gesinde Ostholstein, 1974 und 1979. - Ders.: Bauern und Bürger, 1984, hier bes. S. 134-157. - Vgl. auch: Hartinger: Bayerisches Dienstbotenleben, 1975.

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Die Dienstherrschaft galt als von Gott eingesetzt und vertrat für das Gesinde die Stelle von Vater und Mutter. So wurde ein gesellschaftliches Verhältnis kurzerhand in ein unabänderliches Naturgesetz umgemünzt. „Du sollst Vater und Mutter ehren ..." fordert das fünfte Gebot, das sich somit auch auf die Herrschaft bezog. Sie zu ehren und ihr wohlgefällig zu sein, war heilige Pflicht jedes Dienstboten, und eine Flut moralisch-belehrender Schriften listete auf, wie das Gesinde sich zu verhalten hatten: Arbeitsamkeit und Fleiß eröffneten den langen Tugendkatalog, gefolgt von Gottesfurcht, Treue, Gehorsam, Höflichkeit, Enthaltsamkeit, Sparsamkeit und Verschwiegenheit. Nach zeitgenössischen Quellen oblag es der Herrschaft im Gegenzug, Kost und Logis zu gewähren, Lohn zu zahlen, dem Gesinde eine „schonende und menschenfreundliche Behandlung" angedeihen zu lassen und für dessen leibliches und sittliches Wohl zu sorgen 44 . Ostern, Weihnachten, Pfingsten, Faschingszeit, Kirchweih nennt Franz Xaver Geiger 1798 als Termine, an denen Dienstboten Geschenke erhalten sollen45. Auch testamentarisch konnten sie bedacht und damit für ihren ansonsten gänzlich ungesicherten Lebensabend vorgesorgt werden. Der reformierte Geistliche Johann Andreas Lohr (1764-1823) schildert die Testamentseröffnung eines vornehmen Engländers, der für seinen Leibdiener „ausser sechshundert Thalern zur Trauer, noch jährlich hundert Thaler ausgesetzt" hatte. Der großzügige Sohn des Verstorbenen behauptet, hier müsse ein Fehler vorliegen und ändert die Verfügung kurzerhand um in „sechshundert Thaler jährlich, und hundert Thaler zur Trauer" 46 . Die Rousseau-Freundin Madame de La Live gibt in ihrem zwölf Gespräche umfasssenden Erziehungsplan „Les conversations d'Emilie" (1774) Ratschläge zum Umgang mit Dienstboten. Als das Kind einer Dienerin stirbt, läßt die Herrin die unglückliche Mutter zu sich rufen und tröstet sie. Auf die Feststellung des herrschaftlichen Kindes, es habe geglaubt, man dürfe mit dem Gesinde nicht sprechen, erklärt die Mutter, in Notfällen sei das angebracht, und der Tod eines geliebten Menschen sei eine solche extreme Situation. Man müsse für das Wohl der Dienerschaft sorgen, indem man nicht mehr als das Zumutbare von ihr verlange, indem man sie pünktlich bezahle, sie im Krankheitsfall pflege, sie tröste, wenn sie Kummer habe, indem man ihr Respekt einflöße, kurz indem man sich ihr gegenüber verhalte, wie es ein guter und gerechter Vater gegenüber seinen Kindern tue47.

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Hoff, August von: Ueber Gesinde, Gesinde-Ordnungen und deren Verbeßerungen. Berlin 1789, 56 S. - [Anonymus:] Ein Wort an Herrschaften, die gutes Gesinde haben wollen. Breslau 1797, VIII u. 64 S.

45 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 170. 46 Lohr: Der Fehler im Testament. In: Ders.: Sitte, 1799, Nr. 19, S. 41f. 47 De La Live d'Epinay, Louise-Florence-Pétronille: Les conversation d'Emilie. Leipzig 1774. Vgl. Monschein: Kinder- und Jugendbücher, 1994, S. 207.

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Zum Betragen gegen das Gesinde schreibt der Schweinfurter Theologe Johann Peter Voit: „Bezeige Dich, mein Kind! gegen das Gesinde überhaupt so, daß es das Lästige seines Zustandes so wenig, als möglich, fühlen möge: Denn Dienen müssen ist einem Menschen, der von Natur gleiche Rechte mit den Vornehmsten hat, allezeit empfindlich" 48 . Moritz Casimir Pischon listet 1790 Beispiele besonderer Anhänglichkeit der Dienstboten infolge guter Behandlung auf 49 und zählt dazu die Sorge um krankes Gesinde 50 und das Anhalten der eigenen Kinder, „Dienstboten nicht zu mißhandeln" 51 . Diesselben Leute, die einer „matten Fliege" mitleidig ein Fenster öffneten, so betont auch Adolph Freiherr Knigge (1787), hätten keine Skrupel, „ihre Bedienten in dem rauhesten Wetter ohne Noth stundenlang umherzujagen" 52 . Auch galt es darauf zu achten, daß Eintracht unter dem Personal herrschte. Lohr schildert 1799 einen Fall, den wir heute als Mobbing bezeichnen würden. Eine Magd wird von einer anderen fortwährend gepiesackt, bis diese in eine lebensbedrohliche Krankheit fällt. Das führt zur Umkehr. Die beiden werden ein Herz und eine Seele und steigern ihre Arbeitsleistung 53 . Aufgrund flächendeckender Auswertung historisch-statistischer Quellen in überschaubaren Regionen weiß man inzwischen, daß für das frühneuzeitliche Bayern die Anschauung von einer klar umgrenzbaren Dienstbotenschicht, in die man hineingeboren wurde und kaum wieder heraus kam, nicht der Realität entspricht54. Es handelte sich vielmehr um einen Lebensabschnitt, der üblicherweise mit dem dreißigsten Lebensjahr abgeschlossen war und in eine bäuerliche Existenz oder später in Industriearbeit mündete. Bis dahin schloß man Dienstverträge ab, die in der Regel von Lichtmeß an ein Jahr galten bei verbindlich festgesetztem Lohn 55 . Respekt zollte man dem Gesinde auch im 18. Jahrhundert nur wenig trotz der Ermahnungen in der moralisch-belehrenden Literatur: „Viele Herrschaften achten ihr Gesinde gar nicht. Sie halten es nicht viel besser, als das liederlichste Bettelvolk in der Republik; ja, sie betrachten es kaum als Menschen", konstatiert Johann Georg Krünitz in seiner „Oekonomischen Encyklopädie" aus dem Jahr 178756. Zu diesem Zeitpunkt hatten

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Voit: Sittenbuch für junge Leute, vierte verm. u. verbess. Aufl 1802. Pischon: Sittenbuch, 1790, S. 137-142. Ebd., S. 147. Ebd., S. 149-152. Knigge: Ueber den Umgang mit Menschen, 1787, Teil III, Kap. 9., hier zit. n. der ReclamAusgabe (= Universalbibliothek 1138). Stuttgart 1996, S. 406-409, hier S. 407. Lohr: Die beiden Mägde, oder die Feindseligkeit erschwert das Leben, oder Eintracht und Wohlwollen erleichtern es. In: Ders.: Sitte, 1799, Nr. 42, S. 85ff. Vgl. Helm: „Zügellos, übermütig ...", 1997, S. 40. Ebd., S. 41. Krünitz: Oekonomische Encyklopädie, 2. Aufl., 17. Thl., 1787, S. 608. Die Einschätzung des Gesindes als das „lüderlichste Bettlvolk in der Republik" hat Krünitz einem 1770 erschienenen Aufsatz „Von der Rohigkeit des Gesindes" entnommen. In: Wittenbergisches Wochen-

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sich die Machtverhältnisse zwischen Hauspersonal und Hausvätern längst polarisiert, wie Katharina Simon-Muscheid feststellt, so daß den Disziplinierungsbemühungen von oben wachsende Widersetzlichkeiten von unten gegenüberstanden 57 . Als Preußen und die übrigen deutschen Staaten nach Aufhebung der Erbuntertänigkeit der Bauern und des Gesindezwangsdienstes auf dem Land Anfang des 19. Jahrhunderts eine Neufassung des Gesinderechts vornahmen, blieb das persönliche Abhängigkeitsverhältnis zwischen Dienstboten und Herrschaft weiterhin bestehen und räumte den Dienstherren außergewöhnliche Rechte ein58. Gerichtsakten des 17. und 18. Jahrhunderts zeugen davon, daß die Fluktuation von Dienstboten infolge grober Behandlung, Lohnstreitigkeiten und in seltenen Fällen auch Vertragsbrüchen anstieg (Dienst wurde trotz Vertragsabschluß nicht angetreten; Gesinde verdingte sich gleichzeitig bei zwei Herren, oder quittierte den Dienst vorzeitig) 59 . Knechte und Mägde sahen sich zu einem Gang vor den Richter veranlaßt, wenn sie vorzeitig entlassen wurden oder sie ihren Lohn nicht oder nur unvollständig ausbezahlt bekamen. Moralische Geschichten erzählen von abergläubischen Mägden, die entlassen wurden, weil sie den herrschaftlichen Kindern wiederholt angeblich wahre Geschichten von Hexen, Teufeln und feurigen Drachen erzählten 60 . Davongejagt hat man auch eine Magd, welche die eindringliche Warnung ihrer Herrin mißachtete, beim Verlassen des Hauses immer die Haustüre zu schließen. Als sie nur schnell zum Dorfbrunnen laufen wollte, um Wasser zu holen und weit und breit kein Mensch auf der Gasse zu sehen war, ließ sie die Türe offen stehen. Die Strafe für ihren Leichtsinn folgte auf den Fuß: Ein Ziegenbock verirrte sich ins Haus und richtete beträchtlichen Schaden an. Die Magd mußte dafür aufkommen und auf der Stelle das Haus verlassen 61 . Zu einem eklatanten Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft führte die im 19. Jahrhundert einsetzende Landflucht. Junge Mädchen fanden sich nicht länger mit der schweren Arbeit auf Bauernhöfen und Gutsbetrieben ab. Bauerntöchter und -söhne weigerten sich, „nach der Hofübernahme durch den äl-

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blatt, 43. Stück, Freytags, den 26. October 1770, S. 349 (zit. η. Münch: Tiere, Teufel oder Menschen? 1995, S. 95). Simon-Muscheid: Kleidung, Lohn und Norm, 1997, S. 56. - Vgl. auch Göttsch: Beiträge zum Gesindewesen, 1978. - D i e s . : „Alle für einen Mann", 1991. Vgl. Art. „Gesinde". In: Haberkern, Eugen/Wallach, Joseph Friedrich: Hilfswörterbuch für Historiker. Mittelalter und Neuzeit. 1. Teil: Α-K. Tübingen/Basel 81995, S. 246f. - In einer Ausstellung des Museums für deutsche Volkskunde in Berlin aus dem Jahr 1985 ging es um die Geschichte der Dienstboten 1800-1930. Im Begleitband beschäftigt sich Heidi Müller mit den Gesindeordnungen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert: Müller: Dienstbare Geister, 1985, S. 19. Helm: „Zügellos, übermütig . . . " 1997, hierbes. S. 41-45. Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 169-186, hier S. 173 u. 180. Schmid: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 76f.

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testen Bruder als Dienstboten auf dem elterlichen Anwesen zu bleiben und sich mit einer untergeordneten Position zufriedenzugeben, wie dies auf den Höfen üblich war" 62 . Die Obrigkeit sah dieses Problem zur Zeit der Bauernaufklärung angesichts der wachsenden Migration junger Menschen in die Städte heraufdämmern und sorgte sich zudem um deren Moral. In einem Dekret der Hochfürstlich Würzburgischen Regierung zum Problem der „Weibspersonen vom Land" aus dem Jahr 1793 heißt es: „Die Folgen hiervon sind, daß, wenn nur ein Theil derselben in Dienste tritt, dennoch die Dienste für die Töchter der dahiesigen Einwohner erschweret werden, daß das Armeninstitut, wenn etwa eine von diesen Fremden erkranket oder sonst keine Nahrung mehr findet, dadurch belästigt wird, daß die Sittlichkeit verliert, und daß endlich dabey auf dem Lande ein Mangel an Dienstboten entstehet ... so wurde bereits schon in hiesiger Stadt die Verfugung getroffen, daß künftighin Weibspersonen vom Lande dahier nicht mehr in Dienste gelassen oder nur geduldet werden, es sey denn, daß sie sich durch beglaubigte Attestate ihrer guten Sitten und Aufführung halber legitimiren könnten"63. Solche Mahnungen im Ohr, gaben Eltern, deren Kinder das Haus verließen, um „in Stellung" zu gehen, auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Durchhalteparolen mit auf den Weg. Der Mainzer Lehrer Franz Xaver Kieffer (1819-1890), dessen Schulbücher bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts nachgedruckt wurden, hat das in einem Musterbrief eines besorgten Vaters, dessen Tochter den Dienst quittieren wollte, so formuliert: „Dienstboten müssen ihrer Herrschaft, wenn diese es gut mit ihnen meint, Nichts zu genau nehmen und sogar deren Wunderlichkeiten ertragen. Jene setzen sich, wie man zu sagen pflegt, an einen ungesorgten Tisch; diese aber hat manche Haus- und Nahrungssorgen, auch häufige Verdrießlichkeiten, welche die Berufsgeschäften [sie!] nicht selten mit sich bringen; darum kann sie nicht immer gut aufgelegt sein. Aus diesen Rücksichten sollen Dienstleute, wenn die Herrschaft bisweilen übler Laune ist, solche Ausbrüche mit stillem Wesen ertragen und nicht durch unbescheidenen Widerspruch oder gar durch ekelhaften Trotz ihren Zorn reizen. ... Sollten aber Deine Klagen auch wohl begründet sein, ... so müßtest Du dennoch Deine Dienstzeit aushalten; da Gott will, daß wir nicht bloß verständigen und gelinden, sondern auch wunderlichen und harten Herrschaften gehorsam sein sollen. Denn auch durch solche werden wir aufmerksamer, fleißiger, ordentlicher, bescheidener und geduldiger gemacht, und sie verhelfen uns daher zu Eigenschaften und Tugenden, die hiernieden und jenseits nicht ohne Nutzen und Lohn bleiben können"64. Allzu hohe Fluktuation unter ihren Ehehalten war aufgeklärten Bauern, die möglichst rentabel wirtschaften wollten, bereits hundert Jahre früher ein Dorn 62 Müller: Dienstbare Geister, 1981, S. 48. 63 Heffner 1801, Staatsarchiv Würzburg, HB 994a, 603f. Heffner war Fürstlich Würzburgischer Hof- und Regierungsrat. Zit. n. Schöpf: Ohne Schürze ging es nicht, 1996, S. 284. 64 Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 104, S. 77f.

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im Auge. Geiger berichtet von einem Landmann, der zwanzig Gulden stiftete, die pro Jahr einen Gulden Zins abwarfen mit der Option, daß derjenige Dienstbote das Geld bekommen solle, der seinem Herrn zehn Jahre treu diente65. Der Volksaufklärer Raymund Dapp empfahl die Ausstellung von obligatorischen Sitten- und Kirchlichkeitszeugnissen durch den Prediger an das stellenwechselnde Gesinde beim Fortzug an einen anderen Ort, vor der Eheschließung, der Übernahme eines Bauerngutes oder eines Schulzenamtes 66 . Mit dem Lektüre-Angebot fur das Gesinde versuchte man, die Aufmüpfigen unter ihnen möglichst klein zu halten. Moritz Casimir Pothmann predigte 1790, es gehöre zu den „Pflichten christlicher Dienstbothen", „Der Herrschaft beyzustehen, / An ihrem Wohlergehen/ Theilnehmend dich zu freun;/ Die Zucht an ihren Kindern/ Durch Aergerniß nicht zu verhindern,/ Last stets, o Knecht! (Magd) dein Streben seyn" 67 . „Dienstfertigkeit" wurde großgeschrieben und entsprechend belohnt, wie wir an einem eigenen Kapitel bei Lohr (1799) sehen 68 . Hier setzt sich der nachmittelalterliche Topos von der „Geistlichen Hausmagd" in säkularisierter Form fort 69 . Die „brave Magd" zählt zum Standard-Personal der moralischen Geschichten. Nach dem schon in mittelhochdeutscher Zeit belegten Sprichwort „Wess' Brot ich ess, dess' Lied ich sing" 70 ist sie von der Treue zu ihrer Herrschaft derart beseelt, daß sie auch bereit wäre im Falle eines Bankrotts ihres Arbeitgebers, unentgeltlich weiterzuarbeiten und sogar ihre Ersparnisse für ihn zu investieren: „Lohn brauche ich nicht, und Kleider habe ich noch auf viele Jahre. Ich bin gesund und kann nähen und sticken. Auch habe ich noch fünf und zwanzig schöne harte Gulden, die ich an den Nachbar ausgeliehen habe. Wir wollen uns schon durchhelfen", läßt Lohr eine gute Magd gegenüber ihrer verwitweten und verarmten Herrin sagen. Sie bleibt bei diesem Vorsatz und pflegt sie ohne Gegenleistung noch zwei Jahre bis zu ihrem Tod 71 . In einem ähnlichen Fall winkte am Schluß sogar noch eine unerwartete Belohnung:

65 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 99. 66 Dapp, Raymund: Einige pädagogische Hilfsmittel, um die gesunkene Ehrerbietung gegen kirchliche Anstalten und Personen wieder zu heben. In: Gemeinnütziges Magazin für Prediger auf dem Lande und in kleinen Städten 3 (1807), H. 1, S. 138ff. 67 Pothmann: Sittenbuch, 1790, II/ Kap. 5: Von den Pflichten christlicher Dienstbothen, S. 66ff. 68 Vgl. z.B. Lohr: Kleine Geschichten zur Bildung des sittlichen Gefühls, 1799, Abschnitt „Dienstfertigkeit, Gefälligkeit" mit den Kapiteln: Der undienstfertige Bauer (S. 47), Der ungefällige Paul, und der gefallige Eduard (S. 49), 26. Undienstfertigkeit und Dienstfertigkeit (S. 54), Meister Traumann; oder, die Undienstfertigkeit entfernt die Menschen von uns (S. 57). Weitere protestantische Literatur dieser Zeit hat Martin Scharfe ausgewertet: Was wird von den Dienstboten ... erfordert?, 1987. 69 Bringéus: Die „Geistliche Hausmagd", 1985. - Brückner: Geistliche Hausmagd, 1987 u.ö. 70 Art. „Lied". In: Röhrich: Sprichwörtliche Redensarten, II (1986), S. 601. 71 Lohr: Verstand, 1797, S. 128f.

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„Wenige Wochen vor ihrem [der Witwe] Ende war auch ihr Wunsch noch erfüllet worden. Einer ihrer reichen und geizigen Verwandten war gestorben, und sie erhielt, als die nächste Erbin, sein ganzes nicht geringes Vermögen. Von ihr erbte es die treue Dorothea und diese gute Person machte allen den wohlthätigen Gebrauch davon, der sich von ihrem Herzen erwarten ließ"72. Ein leuchtendes Dienstboten-Beispiel verkörpert auch Pothmanns 70jährige Magd in Rudolstadt, die den verwaisten, kranken Sohn ihrer Herrschaft so lange pflegt, bis ihre eigenen Ersparnisse gänzlich aufgebraucht sind73. Häufig benutzen die Autoren moralischer Geschichten Brände als Kulisse, die unverbrüchliche Treue des Personals zu ihrer Herrschaft vorzuführen: Aus Dankbarkeit für früher erwiesene Wohltaten riskiert ein Diener sein Leben bei einem Stadtbrand fur seinen Herrn, einen Kaufmann. Wohlwissend, daß er große Schießpulver-Vorräte im Keller lagert, holt er die Pulverfässer aus dem Keller, während die Nachbarhäuser schon in Flammen stehen. Das ihm zur Belohnung angebotene Geld schlägt er aus74. In einer anderen Erzählung bringt eine ehrliche Magd eine erkleckliche Summe Geldes zurück, die ihr im Tumult eines brennenden Hauses anvertraut worden war. Wäre sie damit getürmt, hätte sie ausgesorgt gehabt 75 . Die leider noch völlig unerforschte Autorin Caroline Späth des frühen 19. Jahrhunderts verschmelzt diese beiden Motive in ihrer Erzählung von einem Kindermädchen, das die Geldkasse und wichtige Papier seiner Herrschaft aus den Flammen rettet und ebenfalls todesmutig ein Pulverfaß vom bereits brennenden Dachboden holt76. Christoph von Schmid exemplifiziert Dienstbotentreue bis zur Selbstaufgabe am Beispiel einer Magd aus Neuruppin, die beim Stadtbrand vom 26. August 1787 mit der vierjährigen Tochter ihrer Herrschaft im Keller verschüttet wurde. Dank ihrer Umsicht überlebten beide und konnten nach vier Tagen lebend geborgen werden77. Sicherlich kannte er die Löhrsche Variante, aus der das Motiv des edlen Wilden spricht: hier warf sich eine „Negerin" bei einem Erdbeben schützend über den ihr anvertrauten Säugling, während alle anderen aus dem einstürzenden Haus flohen. Vier Tage später erlag sie ihren Verletzungen, das Kind überlebte 78 .

72 Lohr: Sitte, 1799, S. 16ff. 73 Pothmann: Sittenbuch, 1790, II/ Kap. 5: Von den Pflichten christlicher Dienstbothen, S. 71. 74 Lohr: Erzählungen von edlen und zweifelhaften Handlungen, Nr. 5. In: Ders.: Verstand, 1797, S. 130. 75 Lohr: Sitte, Nr. 52, S. lOlf. 76 Späth, Caroline: Das Pulverfaß. In: Dies.: 110 moralische Erzählungen, 2. Aufl. Stuttgart: Nitzschke ca. 1840. VIII, 266 S. [zuletzt 7. Aufl. ebd. 1900], hier zit. nach der 6. Aufl. 1895, Nr. 21, S. 37f. 77 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 206-209. 78 Lohr: Erzählungen von edeln und zweifelhaften Handlungen. In: Ders. Verstand, 1797, Nr. 12, S. 136.

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Bis ins ausgehende 19. Jahrhundert entfalteten volkstümlich-gesellige und moralische Lieder bei einem breiten Publikum große Wirkung 79 . Das Problem der schlechten Entlohnung wurde in den Volksliedern jedoch ausgespart. Die moralischen Geschichten streifen es immerhin gelegentlich. So ist dort zu erfahren, daß besonders im städtischen Milieu aufgrund der geringen Zuwendungen das „Bakschisch"-Wesen stark ausgeprägt war: Geiger schildert 1798 die Odyssee eines aus einfachen Verhältnissen stammenden Beamten, der sich für seine Berufung bei seinen Fürsprechern bedanken wollte. Die Trinkgelder, die er Dienstboten und Kammerdienern geben mußte, um überhaupt vorgelassen zu werden, zehrten sein über Jahre hinweg Erspartes schnell auf 80 . Wo die Abhängigkeit des Bediensteten keine Nische seiner Persönlichkeit aussparte, reichten kleinste Risse in der Vertrauensbasis, um das prekäre Gleichgewicht im Zusammenleben von Herr und Dienerschaft empfindlich zu stören. Mit wachsendem Wohlstand verschärften sich die Spannungen noch: Konnte das Familienoberhaupt wirklich sicher sein, daß nicht ein unzufriedener Diener bei Nacht und Nebel sich aus der herrschaftlichen Schmuckschatulle bediente oder einen bösen Schabernack ersann, um der Herrschaft einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen? „So viele Diener, so viele Feinde", sagte ein Sprichwort 81 . Das offenbar ständig präsente Mißtrauen der Herrschaften gegenüber dem Volk tritt uns auch in den beiden moralischen Geschichten von Wening 82 und Geiger 83 entgegen, in denen sie von einem 18jährigen Kaminkehrer berichten, zu dessen Prüfung eine wohlhabende Dame eigens Schmuck offen herumliegen ließ. Hinter einem Paravent verborgen, beobachtete sie, wie der junge Mann mit sich ringt: „Ey, wie herrlich könnte es mir jetzt mit einem einzigen Handgriffe gelingen! Mit diesen Sachen könnte ich in der weiten Welt mein größtes Glück machen. So ein Glück kriege ich in meinem Leben nie wieder. Wie wär's, wenn ich Zugriffe? Kein Mensch sieht mich, und kein Mensch hört mich". ... Er widersteht der Versuchung, um ein ruhiges Gewissen zu haben, und wird dafür reichlich belohnt: .Lieber Junge! ich habe deinen großen und schweren Kampf gehört. Danke nur Gott, daß er dir geholfen hat, der Versuchung zu widerstehen. Wenn du an allen Orten und bey jeder Gelegenheit so besorgt bist, deine Tugend und Redlichkeit zu erhalten, so kann es dir nicht fehlen, du mußt ein glücklicher Mensch werden. ' Darauf beschenkte sie ihn reichlich, und entließ ihn"84.

79 Vgl. Kraneftiss, Annelen: Hölty. In: Killy V (1990), S. 391 f. 80 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 18lf. 81 Vgl. auch Wander: Deutsches Sprichwörter-Lexikon I (1867), Sp. 599, Nr. 60: „Viel Diener, viel Diebe." 82 Wening: Erzählungen, 1784, S. 38-41. 83 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 197f. 84 Ebd., S. 197.

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Wening schilderte in seiner vierzehn Jahre älteren Version den jungen Mann derart integer, daß man mit diesem Ausgang der Erzählung rechnen konnte: „Ein Kaminfeger in einer Hauptstadt nahm einen Knaben, welcher bettelte, zu sich, ließ ihn in die Schule gehen, und unterrichten; und nachdem er gehörige Kenntnisse erlange hatte, und so zimlich erwachsen war, nahm er ihn, weil der Knabe selbst eine Freude dazu bezeigte, in die Lehre. Er machte seine Schuldigkeit genau, ließ sich ein Ding nicht zweymal schaffen, schlenzte mit anderen Buben nicht auf der Gasse herum, verthat die Feyerstunden nicht mit Nichtsthun, und im Müßiggange, merkte allemal in der Kirche fleißig auf die Predigt, sagte, was er Gutes gemerkt hatte, seinem Wohlthäter und Gesellen bey Tische vor, las alle Sonn- und Feyertäge die Evangelien und Episteln laut vor, und zeigte nicht die mindeste Spur einer verderbten Leidenschaft oder eines bösen Herzens"85. Drastisch führt Geiger 1798 dem Leser vor Augen, wie schnell diebisches Gesinde unrettbar auf die schiefe Bahn geraten kann. Er rät, die Leute zu entlassen, wenn Ermahnungen nicht unverzüglich Wirkung zeigen 86 . In einer seiner Geschichten geht es um eine Dienstbotin, die beim ohnehin verwerflichen und immer wieder angeprangerten Lottospiel ihr gesamtes Geld verlor. Sie bestahl in ihrer Not ihre Herrschaft, die Tat wurde bald entdeckt und sie entlassen. Zwar gelang es ihr noch einmal, eine neue Stellung zu finden; da sie jedoch mittlerweile so an die Diebereien gewöhnt war, konnte sie der Versuchung, es auch hier zu tun, nicht widerstehen und endet schließlich am Galgen 87 . Die Angst, von seinen Bediensteten betrogen, hintergangen oder gar vergiftet zu werden, grassierte besonders im ausgehenden 18. Jahrhundert, als ein Mangel an Dienstboten herrschte 88 und man darum als Arbeitgeber nicht besonders wählerisch sein konnte. Rochow trichtert schon seinen jugendlichen Lesern im „Kinderfreund" ein, lieber wenig Land aus eigener Kraft zu bewirtschaften, als viel Land mit unzuverlässigen Dienstboten. Diese Überzeugung legt er einem seiner Protagonisten, einem Großgrundbesitzer, in den Mund, der seinen Nachbarn um Geld bitten muß, obwohl der über viel weniger Land verfügt. Auf dessen verblüffte Frage, wie das denn sein könne, antwortet der vermeintlich Reiche: „Ihr habt wenig Land, und könnet alles selbst aufs beste bestellen; ich aber muß theures Gesinde halten, und dieses arbeitet unwillig und träge, ackert schlecht, übertreibt mein Vieh zur Unzeit, und ärgert mich krank. Dadurch bin ich so zurückgekommen" 89 . Die Sorge, von Dienstboten übervorteilt zu werden, sei nur durch Kontrolle in den Griff zu bekommen, meinte Christoph von Schmid. Er schildert den 85 86 87 88

Wening: Der Kaminfegerjunge. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 17, S. 38-41. Ebd., S. 170. Ebd., S. 196. Vgl. Helm: Zügellos ... Gesinde im frühneuzeitlichen Bayern: Ein verkommener Stand?, 1997, S. 44. 89 Rochow: Der Kinderfreund, 2. Teil, 1776.

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Fall einer Bäuerin, die glaubt, in ihrem Hause ginge es nicht mit rechten Dingen zu und deshalb bei einem Einsiedler Rat sucht. Dieser drückt der Frau ein vermeintlich wundertätiges Kästlein in die Hand mit der Auflage, es „ein Jahr lang, dreimal bei Tag und dreimal bei Nacht, in Küche, Keller, Stallungen und allen Winkeln des Hauses herumtragen". Von da an wagt keine Magd und kein Knecht mehr, etwas für sich beiseite zu schaffen. Die Herrin, von der Wundertätigkeit des Kästchens überzeugt, kehrt nach einem Jahr zu dem Eremit zurück. Das Geheimnis, so offenbart er ihr, bestand aber nur darin, dass er sie dazu gebracht hat, ständig präsent zu sein90. Wie gefährlich die Polarisierung von oben und unten in Zeiten überreizter gesellschaftlicher Konflikte sein konnte, ahnte der liberale Aufklärer Adolph Freiherr von Knigge und bemühte sich um Entschärfung und Ausgleich. Er schrieb 1790 in seinem berühmten Werk „Über den Umgang mit Menschen": „Das Gesinde pflegt kleine Veruntreuungen in dem Artikel von Eßwaren, Kaffee, Zucker u. dgl. für keinen Diebstahl zu halten. So unrecht dies ist, so bleibt es doch darum nicht weniger die Pflicht der Herrschaften, ihren Domestiken die Gelegenheit zu benehmen, dergleichen Unredlichkeiten sich schuldig zu machen. Zwei Dinge sind hiebei am wirksamsten: zuerst ein gutes Beispiel von Mäßigung und Bezähmung der Begierlichkeit, und dann von Zeit zu Zeit freiwillige Darreichung solcher Bissen, welche die Lüsternheit reizen könnten. Es ist ein altes, aber sehr wahres Sprichwort: 'So wie der Herr, also der Knecht!"91 Standesdünkel gegenüber den unteren Schichten - so der Tenor der moralischen Geschichten - ist unangebracht. In diesem Sinne lautet die Überschrift einer Erzählung zum Themenkomplex „Ehrgeiz, Stolz, Eitelkeit" bei Lohr „Herr Bohnfeld; oder, man muß auch Leute von niedrigen Stande nicht verachten" 92 . Dem gemeinen Volk und den Dienstboten höflich gegenüberzutreten, geboten Menschlichkeit und Sittengesetze 93 . Die Vorzüge und Rechte, die mit dem bürgerlichen Stand verbunden waren, mußten durch Tugend erworben werden. Pothmann bemüht zur Vermittlung dieser Botschaft 1790 die biblische Geschichte vom Hauptmann zu Capernaum, der bei seinem Gesinde zwar streng auf Ordnung und Fleiß sah, aber persönlich zu Jesus ging, um ihn um die Heilung eines seiner Knechte zu bitten 94 . Um diese Handlung in die Gegenwart umzusetzen, schildert Pothmann den oben schon erwähnten Fall eines Postknechts mit erfrorenen Zehen, dessen Meister beim Fürsten von Thum und Taxis Unterstützung für ihn erbittet95. 90 Schmid: Das Wunderkästchen. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824, S. 64f. 91 Knigge: Über den Umgang mit Menschen. II. Teil, Siebentes Kapitel, 1996, S. 236f. 92 Lohr: Kleine Geschichten und Erzählungen ... zur Bildung des sittlichen Gefühls, 1799, Nr. 120, S. 241. 93 Vgl. Locke: Gedanken. In: Allgemeine Revision, Bd. 9, § 117, S. 362f. 94 Pothmann: Sittenbuch, 1790, II/4: Zur häuslichen Zufriedenheit gelangt durch christliches Betragen gegen das Gesinde, S. 62-66, hier S. 65. 95

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Die unbefriedigende Realität scheint dagegen durch in den Schauspielen, die Christian Felix Weiße (1726-1804) in seiner Wochenschrift „Der Kinderfreund" 1775-1782 abdruckt. Demnach mißtraute man Dienstboten prinzipiell96. Man konnte ihnen ohne weiteres kündigen und sie ohne Zeugnisse auf die Straße setzen 97 . Sogar mit Prügel mußten sie rechnen, wie wir oben aus den Gerichtsakten schon erfahren haben 98 . Davon sollen sich Weißes Leser selbstverständlich distanzieren. Das Verhalten des Gesindes kommt in der narrativen Literatur vor allem dann zur Sprache, wenn es darum geht zu zeigen, daß Herzensgüte nicht an Besitz und Bildung gebunden ist. Das geschieht aus der selbstbewußten Überlegenheit heraus, welche der aufgeklärte Stand gegenüber dem Rest der Gesellschaft beanspruchte. Die Gutherzigkeit einfacher Leute scheint von bürgerlicher Tugend weit entfernt, da sie nicht durch die Vernunft veredelt und von Prinzipien geleitet ist. So gibt sich das Gesinde in den moralischen Geschichten stets gutmütig, aber auch einfältig. In Weißes Schauspielen taucht dieser Typus auf, z.B. 1779 mit Gärtner Wolf, der erst daran erinnert werden muß, daß er klug ist99, oder Kutscher Gottfried, der über sich selbst sagt, daß er den Verstand immer mehr in der Faust als im Kopf habe100.

1.1.3 Bürger Nach Lutz Röhrich bedeutete das Wort „Bürger" (althochdeutsch purgari, mittelhochdeutsch burgaere) ursprünglich Burgbewohner - im Gegensatz zum bäuerlichen Landbewohner. „Er besaß in der vorkommunalen Gesellschaftsordnung etwa dieselben Rechte und Pflichten wie der spätere Einwohner einer Stadt. Zu diesen Pflichten gehörte auch die Einhaltung der geltenden Gesetze und aller vertraglichen Vereinbarungen. Wer sie verletzte, verlor seine .bürgerlichen Ehrenrechte'" 101. Gläubiger durften ihn vor aller Welt einen Bösewicht und Schelm schelten. Die daraus resultierende Wendung „unbescholtener Bürger" hat sich bis heute erhalten, wenngleich sie nur noch selten gebraucht wird.

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Weiße: Die natürliche Zauberey. In: Kinderfreund 16, 1780, S. 144. Vgl. Ders.: Ein gutes Herz macht manchen Fehler gut. In: Kinderfreund 19, 1780, S. 163. Ebd., S. 163f. Weiße: Die Friedensfeyer. In: Kinderfreund 15, 1779, S. 77. Ders.: Ein gutes Herz macht manchen Fehler gut. In: Kinderfreund 19, 1780, S. 163. - Dieses Motiv begegnet uns heute in dem verbreiteten Witz von einem Bauern, der sich in der Eisenbahn zum Ziehen der Notbremse verfuhren läßt. 101 Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten (= DB 42), 2000, S. 1088ff., hier S. 1088. - Grimm: Deutsche Rechtsaltertümer II, S. 161 f., 316. - Kroeschell, Karl: Bürger. In: HRG I (1971), Sp. 543-553.

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In der Epoche der Volksaufklärung gehörten diesem „gesitteten Stand" Pfarrer, Ärzte, gebildete Kaufleute, Professoren, Juristen, Beamte, Handwerksmeister, Offiziere und Grundbesitzer an. Damals haben sich zur Bezeichnung des vorbildlichen Staatsbürgers die Formulierungen „ordentlich" 102 , „brav" 103 , „wacker" 104 und „nützlich" 105 herausgebildet. Seine Moral prägte den Tugendbegriff des 18. Jahrhunderts, der bereits in dessen erster Hälfte über die Moralischen Wochenschriften verbreitet wurde. Ohne sie wäre die Herausbildung einer „bürgerlichen Öffentlichkeit" (Habermas) kaum vorstellbar 106 . Diesem „nützlichen" Bürger galt Friedrich Schillers „Arbeit ist des Bürgers Zierde ..." (aus dem Gedicht „Die Glocke") als oberste Maxime. Sein sprichwörtlicher Fleiß wurde in moralischen Geschichten dem für verzärtelt und für das praktische Leben untauglich gehaltenen Adel als Vorbild vor Augen gefuhrt und diente der Steigerung des Selbstbewußtseins bürgerlicher Leser. Eitelkeit, Genußsucht, Müßiggang und Verschwendungssucht wurden als typische Laster der feudalen Schicht aufs Korn genommen. Auch zu Dienstboten, Bauern und einfachen Handwerkern sollten Bürgern Abstand halten, da diese gewöhnlich roh und ungebildet seien. Geiger bedient sich 1798 wiederum einer Herrscheranekdote, um den Wert bürgerlicher Erziehung herauszustellen: Aus Heinrich IV. von Frankreich (1553-1610) wurde nur deshalb ein „excellenter Regent", weil er wie ein Kind einfacher Bürger mit „groben und schlechten" Speisen versorgt, ebensolcher Kleidung ausgestattet und im Verein mit Gleichaltrigen unterrichtet wurde 107 . Entscheidender Aktionsrahmen des Bürgers war im 18. und 19. Jahrhundert die Stadt108. Forschungen zur Geschichte des Bürgertums suchen nach den Elementen, welche die verschiedenen sozialen Gruppen zum „Bürgertum" generell zusammenschweißen: Vor allem die sog. „Bielefelder Schule" fragt, wie dieser Vorgang ablief und welche Bedingungen dafür verantwortlich waren. „Ihr vorläufiges Ergebnis besteht u.a. auch darin, daß sie über sozialökonomische Faktoren hinauszugehen versuchen. Für diesen Versuch steht der

102 Wening: Erzählungen, 1784, S. 167. 103 Ebd., S. 99. 104 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800]: Zweytes Hauptstück: Von der Vortrefflichkeit des Bürger- und Bauernstandes, S. 34. 105 Ebd., S. 114. 106 Eine ausfuhrliche Darstellung bürgerlicher Mentalität bei Maurer: Die Biographie des Bürgers. 1996. 107 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 155f. 108 Der Erforschung des Bürgertums im 18. und 19. Jahrhundert haben sich vor allem die Mitarbeiter des Frankfurter „Gall"-Projektes und des Bielefelder SFB 177 „Sozialgeschichte des neuzeitlichen Bürgertums im internationalen Vergleich" verschrieben. Vgl. die Frankfurter Studien aus der zweiten Hälfte der 1990er Jahre: Roth: Stadt und Bürgertum, 1996. - Weichel: Die Bürger von Wiesbaden, 1997. - Zerback: München und sein Stadtbürgertum, 1997. - Aus dem Bielefelder Umkreis stammt die Arbeit Schmuhl: Die Herren der Stadt, Gießen 1998.

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Begriff der ,Bürgerlichkeit'. Damit gemeint ist ein Habitus, der eine spezielle Art der Lebensführung beschreibt und vor allem den kulturellen Aspekt des Bürgertums als ganz wesentliches Element umfaßt", stellt Karl Heinrich Pohl fest109. Nach der Auflösung des Alten Reiches geschah ein Prozeß der „Verbürgerlichung der Bürger" 110 . Das sich entwickelnde Vereinswesen war hierbei vor allem der Motor. Eine Vielzahl von Vereinen diente und beschleunigte diesen Vorgang 111 . In den moralischen Geschichten, die ich für die vorliegende Arbeit untersucht habe, werden vor allem wohltätige Bürgergesellschaften und Einzelpersonen vorgestellt, die ein waches Auge für Notfälle in ihrer Umgebung besaßen, durch vorbildliche Lebensführung anderen ein Beispiel waren oder gegen viele Widerstände in ihrer Umgebung nützliche technische und soziale Neuerungen durchsetzten, die sie oft während ihrer Wanderjahre als Handwerksgesellen andernorts beobachtet hatten. Der katholische Geistliche Johann Adam Wening stellte 1784 in der Person des Schuhmachermeisters Jakob Fink einen solchen „unvergleichlichen Bürger" vor, der sich über Vorurteile hinwegsetzt und den vor die Tore der Stadt gejagten, nun verwaisten Sohn eines gehenkten Verbrechers zu sich nahm und ausbilden ließ. Der Erfolg gab ihm Recht: „Der Knabe wuchs heran, ward fromm und treu, und nun ließ ihn sein Wohlthäter durch einen Comes Palatinus (das sind Männer, welche nach einem gehörigen Grad der Wissenschaft von dem Landesherrn einen öffentlichen Brief erhalten, worinn ihnen gewisse Freyheiten ertheilt werden, z.B. uneheliche Kinder ehrlich zu machen, daß man sie zu Handthierungen annehmen kann. Wie lange wird noch steifes Ceremoniel erfordert um den Menschen in seine ursprüngliche Rechte einzusetzen!!!) ehrlich machen, und lernte ihm das Schusterhandwerk. Der Junge begriff alles, gieng in die Fremde, kam zurücke, heurathete eine Baase seines Wohlthäters, und ist nun der geschickteste Schuhmacher seiner Vaterstadt, und wird seiner guten Sitten wegen von Hohen und Niedern geliebt" " 2 . Ein „Lesebuch für katholische Bürger und Landleute" aus dem Jahr 1793, das einer handschriftlichen Widmung zufolge 1817 dem „Johann Baptist Christfelder in der großen Knabenschule zu S. Burkard [in Würzburg] als eine Belohnung seines Fleißes im Rechtschreiben" verehrte wurde, erwähnt einen reichen Schreinermeister, der einen Knaben bei sich aufnahm, der ihm durch besonders höflichen Umgang mit seinen Eltern aufgefallen war. Er nahm ihn 109 Pohl, Karl Heinrich: Rezension der drei Studien von Zerhack, Weichel und Roth. In: Archiv für Sozialgeschichte 40 (2000), http://www.fes.de/fulltext/afs/htmrez/80043.htm (20.10.2000). 110 Roth: Stadt und Bürgertum, 1996. 111 Die erste volkskundliche Studien zur Geschichte des Vereinswesens hat Herbert Freudenthal vorgelegt: Ders.: Vereine in Hamburg. Ein Beitrag zur Geschichte und Volkskunde der Geselligkeit (= Volkskundliche Studien, 4). Hamburg 1968. 112 Wening: Der unvergleichliche Bürger. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 39, S. 97ff.

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unentgeltlich in die Lehre auf, und als er bemerkte, daß er die Hälfte seines Wochenlohnes freiwillig an seine bedürftigen Eltern abgab, willigte er in die Hochzeit mit seiner Tochter ein und hinterließ ihm sein gesamtes Vermögen" 3 . Nicht nur für einen einzelnen, sondern für die gesamte Gemeinde erwies sich ein Protagonist Wenings als Wohltäter. Er stiftete 12.000 Reichstaler und drei Häuser, in denen Kinder aus ärmlichen Verhältnissen unterrichtet und Männer als Lehrer ausgebildet wurden. Außerdem schenkte er der Gemeinde Geld mit der Option, davon bislang brachliegendes Land zu kaufen und mit dem Ertrag die Lehrer zu unterstützen 114 . Geiger berichtet 1798 von einer Augsburger Bürgervereinigung, die „Hausarme" alljährlich vor Weihnachten kostenlos mit Holz versorgte. Über die Durchführung schreibt er: „Dem Armen wird seine Portion Holz, wovon sechs ein Mäß machen, vor die Wohnung gebracht, wozu die Gutthäter das Fuhrwerk unentgeltlich hergeben. Auch die übrigen Bürger, welche das Holz auf- und abladen, und was sonst zur Besorgung dieses Geschäftes gehört, verrichten, arbeiten Alle unentgeltlich"115. Eine Reihe sozialer Einrichtungen verdankt eine nicht näher genannte Stadt ihrem Stadtrat Groß, die allesamt auf mehr Hygiene und Ordnung im Stadtbild abzielten. Wening betont, daß Herr Groß seine gemeinnützigen Ideen „vernünftigen Büchern" entnommen habe und benennt vor allem Justus Mosers „Patriotische Phantasien", die 1774-1786 in vier Bänden erstmals erschienen sind. Groß überzeugt seine Ratskollegen davon, „daß sie eine Verordnung machen sollten, daß die Stadt jede Woche zweymal gesäubert und gereiniget wurde, daß die so schändlichen Kothhäufen sogleich weggeführt wurden, daß kein Gras zwischen den Steinen hervorwachsen konnte, daß zum Wasserablauf gehörige Gräben gezogen wurden, daß die Strassen und öffentlichen Wege gut gepflastert und hergerichtet waren, daß statt den weit auf die Gasse hervorreichenden Dachrinnen, welche manchem ehrlichen Manne seine Kleider verdarben, und die in einer bevölkerten Stadt unanständig sind, andere an die Häuser herab angebracht würden, daß man keine müßige Bürgerskinder auf den Gassen herumschlenzen sah, u.s.w. welch alles dieser Stadt ein vorzügliches Ansehen gab, und jedermann von der schönen Einrichtung sprach. Sogar auf das bürgerliche Militair erstreckte sich seine Sorgfalt. Er errichtete eine niedliche Cavallerie unter der Bürgerschaft, wozu er Bräuer etc.

113 Allgemeines Lesebuch für katholische Bürger und Landleute fur Stadt- und Landschulen eingerichtet von einem katholischen Geistlichen in Franken. Verbesserte und vermehrte Auflage. Hildesheim und Paderborn 1793, S. 113. - Als Quelle gibt der anonyme Verfasser die Geschichte „Der dankbare Sohn" aus Weißes „Kinderfreund" an. 114 Wening: Der Wohlthäter einer ganzen Gemeinde. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 42, S. 102-105. 115 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 114. - Geiger widmet solchen wohltätigen bürgerlichen Stiftungen ein eigenes Kapitel.

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etc. und Leute nahm, die Pferde hatten; und nach seinem Beyspiel kam sogar das Fußvolk dieser Stadt in beßere Ordnung, und anständigem Uniform"116. In der Geschichte „Der vernünftige und ordentliche Bürger" listet Wening weitere Pluspunkte auf, die einen Mann zu einem nützlichen Mitglied der Gemeinde machen 117 . Diesmal ist es ein Schmied namens Veit Schmezer, der seine Wanderjahre nicht nur dazu genutzt hat, sein berufsbezogenes Wissen zu vertiefen, sondern sich nach dem Motto „Wer weis, wie mir das nützen kann" auch anderweitige Kenntnisse zu erwerben, wie Buchführung und Kenntnisse über den Umgang mit kranken Pferden. Wieder heimgekehrt, führte er für seine Schmiede ein Ein- und Ausgabenbuch, da er „an Eisen, Kohlen etc. vielen Verlag brauchte, und diesen nicht allemal auf der Stelle bezahlte, da er auch erst nach einer Jahreszeit von seinen sogenannten Kundten bezahlt wurde". Von seiner Frau verlangte er ein Haushaltsbuch; sie mußte monatlich mit ihm abrechnen. Hinsichtlich der Struktur dieser Geschäftsbücher schlug Wening vor; „daß er alles nach Ordnung des A B C einrichtete, und jedes Blatt bezeichnete, also sehr leicht wußte, wohin ein Zahlungsposten gehörte. Bezahlte ihn jemand; so strich er nicht sogleich das Blatt durch, sondern setzte zu Ende der Rechnung diese Worte: ,An dem - Tage - des Monats ist mir bezahlt worden'. Oder, wenn er Bezahlungen machte, hieß es: ,habe ich bezahlt'". Jede Geldbewegung wurde quittiert. Über die geleistete Arbeitszeit legte er seiner Kundschaft schriftlich Rechenschaft ab. Seine Frau wies er an darauf zu achten, daß keine Lebensmittel verdarben und die Kinder nicht verhätschelt („gewiegt und gefátscht") wurden. Sie mußten täglich mit frischem Brunnenwasser abgewaschen werden, bekamen keinen Schnuller, mußten ohne Kopfbedekkung ins Freie, „oft frische Luft auch im Winter einathmen, mit dem Vater zum Baden gehen, im Finstern dieß und jenes suchen, kurz alles das thun, was den Körper abhärten, und Vorurtheile vertreiben kann". Gespenster- und Hexengeschichten erzählte er ihnen persönlich, um sie sofort anschließend über ihren „Ungrund" aufzuklären. Auch versuchte er, ihren Umgang mit „Weibspersonen" einzuschränken, sobald sie zu sprechen anfingen, da sie ansonsten mit zuviel Aberglauben konfrontiert würden. Schmezers Lebensführung fand allgemein Anerkennung. Man wählte ihn in den Stadtrat und „durch seine Einsichten wurden viele Ungeschicklichkeiten hintertrieben". Allerdings waren nicht alle Ratsmitglieder so fortschrittlich gesinnt wie er. Sein Vorschlag, daß „die vermöglichern Bürger zur Nachtzeit vor ihren Häusern brennende Laternen angezündet hätten", wurde einstimmig abgelehnt. Süddeutsche Städte waren in dieser Hinsicht sehr rückständig. In europäischen Großstädten stellte man in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts

116 Wening: Reinlichkeit. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 60, S. 154-157, hier S. 156. 117 Wening: Der vernünftige und ordentliche Bürger. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 63, S. 167-172.

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Öllaternen an Häusern oder auf Pfosten auf (Paris 1667, Amsterdam 1669, Hamburg 1672, Berlin 1679)118. Friedrich Nicolai monierte auf seiner Reise durch Deutschland 1781 mehrfach die fehlende Straßenbeleuchtung im süddeutschen Raum 119 . Wenings Protagonist Schmezer, der diese Entwicklung auf seinen Reisen beobachtet hatte, ließ nicht locker mit seinem Anliegen, auch daheim die Straßenbeleuchtung einzuführen. Er ging von Haus zu Haus und überzeugte seine Nachbarn von der Sinnhaftigkeit seiner Idee. Binnen kurzer Zeit brannten in der Hauptstraße sechs bis sieben Laternen. Da fühlten sich „die Reichern" bei ihrer Ehre gepackt und zogen nach, was Wening mit der Bemerkung quittiert: „Und so geschah großen Theils eine der beßten Einrichtungen aus Stolz". Und in einer Anmerkung fügt er an dieser Stelle ein: „Könnten unsere Städte, besonders Regierungsstädte diesen Gedanken nicht zur Wirklichkeit bringen? Da ich dieß schreibe, höre ich zum größten Vergnügen, daß in Landshut schon über 50 Laternen angezündet wurden" 120 . Auch Frauen konnten sich als Bürgerinnen bewähren. Ihre einfache Kleidung symbolisierte für Pothmann und Geiger ein ganzes Tugendbündel, das seine Trägerinnen auszeichnete. Die beiden Autoren schildern am Ende des 18. Jahrhunderts, wie zwei adelige Schwestern aus verarmtem Hause nach dem Tod der Eltern ihre „seidenen Kleider" ab- und „einfach Bürgerinnenkleider" anlegten. Mit Handarbeiten verdienten sie ihren Lebensunterhalt von nun an selbst. Das beeindruckte zwei „rechtschaffene, vermögende Männer", die sie heirateten, obwohl es in der Gegend „viele gutaussehende, aber der Hoffart verfallene Mädchen" gab121. So sehr die Schlichtheit, der Fleiß und die Tatkraft der Bürger von den Autoren moralischer Geschichten auch hervorgekehrt wurden, so erfolgte im Verlauf des 18. Jahrhunderts doch eine schleichende Re-Aristokratisierung aller Lebensbereiche. Der altständische Adel kehrte in die Verwaltungs- und Militärpositionen zurück, und das allmählich aufstrebende Bürgertum wurde durch Nobilitierung in den Adel aufgenommen, wie Stefan Brakensiek am Beispiel niederhessischer Kleinstädte herausgearbeitet hat122. Die Bürger nutzten die neuen Aufstiegsmöglichkeiten durch Bildung. Ausbildung durch Schule und 118 Entscheidenden Aufschwung nahm die Straßenbeleuchtung erst durch die Schaffung der zentralen Gasversorgung. In Berlin brannten die ersten Gaslaternen 1826, vgl. Liman: Mehr Licht, 2000. - Ein ländliches Beispiel bietet Lange: Die Entwicklung der kommunalen Straßenbeleuchtung, 1999. 119 Nicolai: Beschreibung einer Reise durch Deutschland, 12 Bde. 1783-1796. - Ders.: Unter Bayern und Schwaben. Meine Reise im deutschen Süden 1781, hg. v. Ulrich Schlemmer. Stuttgart 1989. 120 Wening: Erzählungen, 1784, S. 170f. 121 Pothmann: Sittenbuch, 1790, S. 39 und Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 126. 122 Brakensiek: Fürstendiener - Staatsbeamte - Bürger, 1999.

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Universität erreichte in zunehmendem Maße den Rang eines Qualifikationsfaktors fur die Aufnahme in das Beamtentum. Wening appelliert 1784 in seinem „Beispiel, wie sich ein Bürger gegenüber einem Bauern verhalten soll" an die Solidarität der Bürger mit dem Nährstand. Einem Bauern, der seine Pferde im Wald weiden ließ - was um diese Zeit nicht mehr rechtens war - , wurden die Tiere gestohlen. Ohne sie konnte er seine Feldarbeit nicht weiter betreiben und sah sich gezwungen, sein Land zu verkaufen. Er wandte sich in seiner Not an einen finanzkräftigen Kaufmann, der die Situation jedoch nicht ausnutzte, sondern mehr als das Verlangte für den Acker bezahlte und dem Bauern zudem ein zinsloses Darlehen auf unbestimmte Zeit gewährte. So war der Geschädigte schnell salviert, zahlte die Summe rasch zurück, konnte sich ein neues Stück Land ersteigern und seiner Aufgabe, Nahrungsmittel für die Gesellschaft zu produzieren nachkommen 123 . Wening gibt zu bedenken, daß der Kaufmann dem Bauern den Acker auch hätte abpressen können, „wie Achab den Weingarten Naboths" 124 .

1.1.4 Militär Ernst Willi Hansen fordert in seinem wegweisenden Aufsatz aus dem Jahre 1979 „Zur Problematik einer Sozialgeschichte des deutschen Militärs im 17. und 18. Jahrhundert" nicht nur eine Abkehr von der Preußenzentriertheit, sondern auch eine wissenschaftliche Darstellung der „objektiven Lebensbedingungen" der Soldaten einer Armee, bevor sichere Rückschlüsse auf deren Verhalten gezogen werden könnten. Nach diesem Postulat beschäftigt sich der Militärhistoriker Jörg Muth - ausgehend von der Erkenntnis, daß normative Dokumente wie Edikte und Reglements nicht mehr alleinige Faktenlieferanten sein können - anhand von Zeitzeugen-Aussagen und Prozeß-Akten mit den Beweggründen zur Desertion aus der Armee Friedrichs des Großen. Der Rostocker Historiker Stefan Kroll untersucht im Rahmen seines Habilitationsprojektes „Kursächsische Soldaten im 18. Jahrhundert (1728-1789)" anhand ungedruckter Quellen der zentralen Landesbehörden und zahlreicher Rittergutsarchive die Lebenswelt von Unteroffizieren und einfachen Soldaten in der Zeit zwischen der großen Heeresreform Augusts des Starken 1728 und dem Beginn der auch für das Militärwesen tiefgreifende Veränderungen mit sich bringenden Französischen Revolution 125 . Durch solche Arbeiten kommt die Forschung näher an die Rechtswirklichkeit hinsichtlich Rekrutierung, Versorgung, wilde Ehen und Eheschließung, Strafen und Disziplinierung, sowie Sozialstatus und Lebensperspektiven der Soldaten in der Armee. 123 Wening: Erzählungen, 1784, S. 59-63. 124 Z.B. Buch der Könige 21. 125 Vgl. AMG-Bulletin 5 (2001), H. 1.

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Da die von mir untersuchten Moralischen Geschichten zur Erhöhung ihrer Glaubwürdigkeit und Wirkkraft so konstruiert sind, daß sie den potentiellen Adressaten, also das einfache Volk, in ihrem Lebensumfeld „abholen", kann man davon ausgehen, daß auch sie uns der Realität der Soldaten und ihrer Familien im 18. und frühen 19. Jahrhundert ein Stück näher bringen. Geschichten mit Soldaten und Offizieren als Protagonisten nehmen in meinem Material breiten Raum ein. Aus diesem narrativen Bestand möchte ich zunächst die Gründe schildern, die jungen Männer des 18. Jahrhunderts bewogen, Soldat zu werden. Dergleichen soll am Beispiel der Desertion die Rückkehr ins zivile Leben beschrieben werden. Einen Ausschnitt aus der militärischen Lebenswelt und dem Alltag der Militärangehörigen und ihrer Familien spiegeln die Erzählungen über Glücksspiele, von denen sich besonders Offiziere stark angezogen fühlten. Sie sahen darin eine Möglichkeit zur Aufbesserung ihres geringen Soldes. Zahlreiche Beispiele schildern die Not von Invaliden oder Hinterbliebenen von Militärangehörigen, die sich durch Betteln und Nebenerwerbstätigkeiten am Leben erhielten. Hier hoffe ich zeigen zu können, daß die Ziele der Volkslehrer und die der Kriegsherren nicht deckungsgleich waren: Während es den einen darum ging, den Untertanen das „Selbstdenken" beizubringen, trachteten die anderen danach, durch äußeren Zwang zu Zucht, Ordnung und loyalem Befehlsgehorsam einen disziplinierten Soldaten zu erzeugen, der das eigenständige Denken verlernt. In einem weiteren Abschnitt versuche ich anhand der in meinem Material vorkommenden Schilderungen von Belagerungen und Einquartierungen der Frage nachzuspüren, ob die von Otto Büsch für Preußen formulierte, in der Forschung lange Zeit dominierende These bestätigt werden kann, daß wir eine alle Bereiche erfassende fundamentale Militarisierung von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft im 18. Jahrhundert vor uns haben, oder ob im Gegenteil von einer zunehmenden „Verbürgerlichung" der Soldaten ausgegangen werden muß 126 . Büschs Thesen lieferten in der Sozialgeschichte der 1960er und 1970er Jahre entscheidende Argumentationshilfen bei dem Versuch, eine „stringente Entwicklungslinie einer aggressiven außenpolitischen und repressiven innenpolitischen preußisch-deutschen Politik vom 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zu konstruieren. So orientierte sich die Sonderwegsthese, jene Annahme, daß Deutschland aufgrund seines spezifischen Mangels an Bürgerlichkeit und seiner obrigkeitsstaatlichen Traditionen eine anderen Weg als die westeuropäischen Länder eingeschlagen habe, maßgeblich an der von Büsch entwickelten Militarisierungsthese" 127 . Der wachsende Bedarf an qualifizierten Soldaten hatte bereits im 17. Jahrhundert vereinzelt zum Ruf nach einer allgemeinen Schulpflicht geführt, die allerdings erst im Laufe des 19. Jahrhunderts flächendeckend eingeführt wur126 Büsch: Militärsystem und Sozialleben, 1962. 127 Pröve: Vom Schmuddelkind zur anerkannten Subdisziplin?, 2000, S. 605. - Vgl. die aus soziologischem Blickwinkel verfaßte Studie von Bröckling: Disziplin, 1997.

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de128. Andererseits mündete diese Nachfrage im 18. Jahrhundert in die Zwangsrekrutierung von Straftätern und Vaganten - so wie das „Anstaltswesen" eine Form der Disziplinierung abweichender Individuen bildete. Stefan Kroll bestätigt an sächsischen Beispielen die ambivalenten Beziehungen zwischen Militär und Randgruppen: Einerseits obrigkeitliches Instrument rigoroser Verfolgungsmaßnahmen, nahmen die Truppen aus Personalmangel andererseits selbst straffällig gewordene Männer als Rekruten auf 129 . Wer aus freien Stücken in den Werbebüros vorstellig wurde, kam meist nicht aus Abenteuerlust, sondern aus Not. Wening hält 1784 die Geschichte eines Siebzehnjährigen parat, der sich nach einem brutalen Raubüberfall auf seine Eltern freiwillig zu den Soldaten meldet. Als diese erfahren, wie der Sohn die Summe zur Begleichung ihrer Abgaben beschafft hat, versuchen sie den Werbeoffizier umzustimmen, jedoch vergeblich: „Nach acht Tagen mußte Wolfgang ins Feld fort" 130 . Christoph von Schmid wandelt dieses Motiv im Biedermeier in der Geschichte vom „guten Sohn" nur geringfügig ab131: Ein junger Mann meldet sich freiwillig zu den Soldaten, bittet aber um 100 Taler Handgeld und darum, noch einmal für eine Stunde weggehen zu dürfen. Der Offizier folgt dem Jüngling heimlich und wird Zeuge, wie dieser seinen Vater im Gefängnis besucht, der eine Schuld nicht begleichen konnte. Er möchte nicht, daß seine Eltern ihr Haus und den eigenen Krämerladen verlieren. Gerührt nimmt der Vater das rettende Geld an, vergießt aber bittere Tränen darüber, daß er seinen Sohn vielleicht nie mehr sehen wird. Der Offizier kommt aus der Deckung, entläßt den Jüngling wieder aus dem Regiment und verzichtet auf Rückgabe des Geldes. Am Abend berichtet er einer vornehmen Gesellschaft von diesem Schicksal. Sie sammelt Geld für die Krämerfamilie, die damit qualitätsvollere Ware in ihr Sortiment nehmen und den kleinen Laden zu einem großen Handelshaus ausbauen kann. Im Unterschied zu Wening hängt von Schmid eine Moral an: „Wer liebt und ehrt nicht gute Kinder? - Und gute Eltern nicht minder!" Als „gute Mutter" erweist sich eine Frau in einer Geschichte des Benediktinerpaters Heinrich Schwarz (1819-94). Ihr einziger Sohn will zu den Soldaten gehen132. Sie billigt schweren Herzen seinen Entschluß, weil sie einsieht, daß es richtig ist, „für unseren guten Kaiser und das Vaterland" zu kämpfen. Beim Abschied schenkt sie ihm eine silberne Muttergottes-Medaille, die er zu seinem Schutz immer tragen soll. Drei Monate später kommt es zu einer Schlacht, in welcher der junge Mann von einer Kugel getroffen wird, die je128 129 130 131 132

Vgl. Münch: Lebensformen, 1996, S. 114. Kroll: Kursächsisches Militär, 2000. Wening: Nr. 3: Der zärtliche Sohn. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 4-7. Schmid: Lehrreiche, 1824, S. 177ff. Schwarz: Die silberne Denkmünze. In: Ders.: Erzählungen, 1848, Nr. 23, S. 74ff.

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doch an dem Anhänger abprallt. Schwarz, dessen Sammlung laut Titelblatt „Mit einer Empfehlung von dem Verfasser der Ostereier Christoph von Schmid" gedruckt wurde, endet wie dieser mit einer zweizeiligen Moral: „Ein frommer Sinn, ein kindlich Herz / Beschützt uns oft vor Angst und Schmerz". Das Motiv der abgeprallten Kugel (Mot. D 1380 ff) gehört in den Zusammenhang des „Festmachens", sprich hieb- und stichfest oder kugelfest machen133. Während das Amulett als magischer Anhänger vor allem in der Schwankliteratur eine Rolle spielt134, erweist sich das geweihte Marien-Bild es könnte sich um die aus Frankreich kommende „Wundertätige Medaille" (1832/40) handeln - als Lebensretter und gerät zu einem Appell, nicht ohne den kirchlichen Segen in die Schlacht zu ziehen. Daß die Kugel am Metall abprallt, ist bereits eine rationalistische, also zeittypische Erklärung, denn sonst soll ein Amulett rundum hilfreich sein, ein christliches zumal, das nur Zeichen für einen Anheimstellungsakt an eine himmlische Person ist, unter deren Schutz man sich begibt 135 . Söldner kehrten unter Umständen als gemachter Mann zurück. Das will uns zumindest Franz Xaver Geiger mit einem Familiendrama Glauben machen, das als angeblich wahre Geschichte bis in die jüngste Zeit in Zeitungen auftaucht (AaTh 939 A: Mordeltern) 136 : Der Sohn eines Gastwirts quartiert sich nach jahrelanger Abwesenheit unerkannt als zahlender Besucher bei den Eltern ein. Diese töten den vermeintlich fremden, offenbar wohlhabenden Mann aus Habsucht, um sich seines Geldes zu bemächtigen. Als sie erfahren, wen sie umgebracht haben, begehen sie Selbstmord. Dies soll am 14. Mai 1618 geschehen sein137. Wer sich durch besonders moralische Handlungen hervortat, besaß gute Aussichten auf militärische Beförderung. Wening schildert den Fall eines einfachen Soldaten, der 1775 in der Nähe von Mannheim geschehen sein soll: Ein ganzes Dorf war von Wassermassen eingeschlossen. Als die Lebensmittelvorräte zur Neige gingen, riskierten einige Männer ihr Leben, indem sie auf einer „Zille", also einem kleinen flachen Lastkahn, nach Mannheim fuhren: Dort „klagten [sie] am Thore ihre Noth. Ein Soldat, der eben seine Löhnung erhalten hatte, hörte die Klagenden, gab ihnen das Brod, das er unterm Arme trug, und sein Geld, wovon er viele Tage leben sollte. Ich sitze nicht im Wasser, sagte der brave Schnurrbart, und werde in Mannheim nicht verhungern. Als 133 Vgl. Abwehrzauber. In: HDA I, Sp. 129-150. - Hand, Wayland D.: Abwehrzauber. In: EM I (1977), Sp. 48-52. - Festmachen II [= unverwundbar machen]. In: HDA II (1930), Sp. 1353f. - Kugel. In: HDA V (1932/33), Sp. 754-766. - Kugelsegen. In: ebd., Sp. 766ff. 134 Vgl. Brückner: Amulett. In: EM I (1977), Sp. 476-481. 135 Brückner: Christlicher Amulett-Gebrauch, 1993. 136 Vgl. Moser-Rath: Gast. In: EM V (1987), Sp. 718-727, hier Sp. 725. - Vgl. Bausinger: Formen der „Volkspoesie", 1968, S. 232. 137 Geiger: Vom Diebstahle. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 188-196.

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der großmüthige Kurfürst Karl Theodor unser beßter Landesvater dieß gehört hatte, sorgte er fur die Leidenden, und machte den braven Soldaten auf der Stelle zum Feldwebel"138. Ein anderer „gemeiner Soldat des löbl. Leibregiments von der Gr. Preysing. Companie Namens Anton Fink von Augsburg gebürtig" stürzte sich „am 22. Junius" des Jahres 1784 bei Hochwasser in die Isar und rettete einem Kind und einer Kuh das Leben. Da er darüber den Zapfenstreich versäumte, blieb er die ganze Nacht bei der in Not geratenen Familie, die ihn am nächsten Morgen in die Kaserne begleitete, um den Grund seines Fernbleibens zu bestätigen. Die „Obrigkeit des Leibregiment" überhäufte den Retter mit Lob, die churfürstliche Oberlandesregierung ließ ihm „drei Carolinen" auszahlen und die öffentlichen Blätter in Bayern wurden angewiesen, die „heldenmüthige Handlung" bekannt zu machen 139 . Ralf Pröve zieht aus neueren militärgeschichtlichen Studien zur materiellen Lage der Soldaten und ihrer Familien die Zwischenbilanz, daß der Militärdienst für viele Männer eine Möglichkeit darstellte, „temporäre Subsistenzkrisen zu überbrücken und eine überraschende Vielfalt unterschiedlicher materieller und auch ideeller Zuwendungen bot" 140 . Dennoch bedeutete das Soldatenleben aufgrund langer Friedensphasen im 18. Jahrhundert wirtschaftlich einem durchschnittlichen Tagelöhner gleichgestellt zu sein. Das hatte zur Folge, daß Soldaten in der Regel einer zweiten Beschäftigung nachgingen 141 . Christian Felix Weiße erhellt den niedrigen sozialen Status eines Militärmusikers, indem er den Sohn eines Bankrotteurs dazu verurteilt, sein Brot als Trommelschläger in preußischen Diensten zu verdienen 142 . Infolgedessen überwiegen auch in meinem Material die militärischen Protagonisten, die sich zu einem Nebenerwerb gezwungen sahen 143 . Paul Münch weist darauf hin, daß sie die Zeit auf der Wache strickend als Pflichtaufgabe verbracht haben 144 , wie es Carl Spitzweg in zwei Ölgemälden mit „Strickenden Wachposten" (1855 und 1860) festgehalten hat145. Bisweilen war die Not der Militärangehörigen derart aussichtslos, daß mitleidige Bürger ihnen unter die Arme griffen, ohne dafür eine Gegenleistung zu

138 139 140 141 142 143 144 145

Wening: Nr. 30: Die Wohlthätigkeit. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 69. Ebd., Nr. 35: Der menschenfreundliche Fouselier in der Au, S. 82ff. Pröve: Vom Schmuddelkind zur anerkannten Disziplin?, 2000, S. 610. Muth: Desertion in der Armee Friedrichs des Großen, 2001, S. 50-54. Weiße: Kinderfreund, Bd. II, 3 1791, S. 240ff. Vgl. Schwark: Lübecks Stadtmilitär im 17. und 18. Jahrhundert, 1990. Münch: Lebensformen, S. 405. Vgl. Bushart, Bruno/ Eberle, Matthias/Jensen, Jens Christian: Museum Georg Schäfer Schweinfurt. Erläuterungen zu den ausgestellten Werken. Schweinfurt 2000, Inv.Nr. MGS 2286, S. 234. - Vgl. auch Wichmann, Siegfried: Carl Spitzweg 1808-1885. Bildreihen zum strickenden Kanonier und zum Wachsoldaten auf der Festung. Starnberg 1975.

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erwarten: Johann Lohr schildert 1797 den Fall eines jungen Offiziers, der seine miserable Lage in einem Gasthaus darlegt: „Ich habe von den Meinigen keinen Heller Zuschuß, bin erst seit kurzem Offizier, habe keine Equipage, habe noch keinen Sold als Offizier empfangen, und zu dem allen ist mein Pferd noch lahm, und noch seh ich keine Möglichkeit, einen einzigen von diesen Umständen abzuändern146". Ein Jude, der das mit anhörte, bot seine Hilfe an, die der junge Offizier jedoch ablehnte mit dem Hinweis nicht zu wissen, ob er sich jemals dafür erkenntlich zeigen könne. So sehr sich der Bedürftige auch weigerte: der Jude drängte ihm ein kleines Päckchen auf, „in welchem hundert Thaler in Golde waren, und entfernte sich dann sehr schnell". Zusätzlich überließ er ihm ein edles Pferd, ohne dafür einen Dank zu erwarten. Für unterstützungsbedürftige Soldaten richtete man in Preußen und Österreich nach französischem und englischem Vorbild seit dem 18. Jahrhundert Invalidenhäuser ein, deren Kapazität jedoch nicht ausreichte. Das Pensionsgesetz des österreichischen Kaisers Josephs II. von 1781, das später von den süddeutschen Staaten übernommen wurde, garantierte bei Invalidität nach zehn Berufsjahren eine Pension, band ihre Höhe an die Dauer der Dienstzeiten und regelte die Altersversorgung der Witwen, die mit einem Drittel der Besoldung rechnen konnten' 47 . Besonders im Anschluß an die Koalitionskriege (1792-1807) bevölkern bettelnde Invaliden die moralischen Geschichten, die zum einen dazu taugen, an die christliche Nächstenliebe der Leser zu appellieren 148 , andererseits die verkrüppelten Kriegsteilnehmer auffordern, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Beliebt bei Veteranen war der Handel mit gezähmten Singvögeln 149 , wie ihn Christoph von Schmid in seiner Erzählung von einem „biederen und tapferen Krieger" schildert, der sich mit Vogelfang und -dressur über Wasser hält. Einmal gelingt es ihm einem Gimpel-Pärchen das Tirilieren im Duett beizubringen. Schweren Herzens verkauft er es einem Wirt, der die beiden Vögel um ein Vielfaches an einen durchreisenden Engländer weiterverkauft. Der Wirt will sich sogleich Ersatz beschaffen, trifft den alten Vogelfänger jedoch schwer krank und unfähig, seinem Broterwerb weiter nachzugehen, im Bett an. Aus Mitleid überläßt er ihm die Gewinnspanne, woran Schmid als Moral

146 Lohr: Verstand, 1797, S. 133f. 147 Münch: Lebensformen, 1996, S. 474. - Zur materiellen Lage der Soldaten und ihrer Familie vgl. Meumann: Soldatenfamilien und uneheliche Kinder, 1996. - Nowosadtko: Soldatenpartnerschaften, 1998. - Pröve: Zwangszölibat, 1993. 148 Hier ein Beispiel: Ein Kriegsveteran zieht bettelnd von Tür zu Tür. Ein armer Student schenkt ihm seine letzten beiden Silbergroschen und wird von seinem reichen Onkel, der davon hört, mit zwei Goldmünzen entschädigt (Schmid: Lehrreiche, S. 218ff.). 149 Zur deutschen Vogelliebe vgl. Johler: Vogelmord und Vogelliebe, 1997, hier bes. S. 27-31. Weitere moralische Geschichten mit Tieren als Protagonisten im Kap. „Mensch und Tier".

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anschließt: „Vertrau' auf Gott, der jeden Vogel nähret, / Und der auch dir, was du gebrauchst, gewähret" 150 . Eher beiläufig erwähnt Lohr die desaströse Situation einer englischen Offizierswitwe samt vier Kindern in der Geschichte vom „Großmüthigen Neger auf Jamaika" 151 , in der es eigentlich um das Motiv des „edlen Wilden" geht 152 . Diese ist so arm, daß ein farbiger Sklave, der wegen Altersschwäche und Krankheit von seinem Herrn davongejagt wurde, ihr aus Mitleid seine erbettelten Rücklagen in Höhe von „acht und zwanzig Goldstücken" überlassen will. Er ist überzeugt davon, daß er aufgrund seines elenden Aussehens immer wieder mitleidige Menschen finden wird, die ihm ein paar Groschen zuwerfen. Damit kann er besser überleben, als die Kriegerwitwe. Auch für verwaiste Soldatenkinder wurde gesorgt: Wening berichtet 1784 von einem „Stift der Erziehung für die Soldatenkinder", in das ein elfjähriger Waisenknabe namens Martin Knall eingewiesen wurde, um den sich ein Soldat gekümmert hatte, bis er in den Krieg gegen Schlesien ziehen mußte. Sein General erfuhr davon und sorgte für die Unterbringung des Knaben in jenem Stift, bis sein Ziehvater wieder zurückkäme 153 . Die schlechte finanzielle Situation der Invaliden wird deutlich in der Geschichte eines Leutnants, der nach einer schweren Kriegsverletzung seinen Abschied nehmen mußte. Zugleich kündet sie wie Lessings „Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück" (Hamburg 1767) vom starren preußischen Ehrgefühl, das in selbstzerstörerischer Manier auf Gerechtigkeit pocht: Da das „Gnadengehalt" bei weitem nicht ausreichte, um sich und seine Mutter am Leben zu erhalten, suchte er eine Stelle bei Hof. Eines Tages wurde er wurde er nach dem Vorstellungsgespräch bei einem Minister genötigt, zum Essen zu bleiben. Bei Tisch verschwand plötzlich eine kostbare Dose, die von Hand zu Hand gereicht worden war. Jeder Gast wendete sofort seine Taschen zum Beweis, daß er sie nicht eingesteckt habe. Nur der junge Leutnant weigerte sich mit dem Verweis auf sein Ehrenwort als Offizier und brachte sich damit in dringenden Diebstahl-Verdacht. Am nächsten Tag stellte sich heraus, daß der Minister selbst die Dose eingesteckt hatte; dabei war sie durch ein Loch in der Tasche gerutscht und zwischen Oberstoff und Futter hängengeblieben. Warum hatte sich der Leutnant nicht verteidigt? Er konnte sich üblicherweise kein warmes Mittagessen leisten und hatte für sich und seine Mutter schon eine Wurst gekauft und in der Jackentasche aufbewahrt, nicht ahnend, daß er einge-

150 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 142-145. - Hier nimmt Schmid Bezug auf das NT, wo es heißt: „Schaut auf die Vögel des Himmels: Sie säen nicht und ernten nicht und sammeln nicht in Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch" (Matth. 6, 26); vgl. unten im Kap. „Mensch und Tier" die Ausführungen zu Kosegartens „Uferpredigten". 151 Lohr: Sitte, 1799, Nr. 21, S. 43. 152 Vgl. Alzheimer-Haller: Edler Wilder - armer Heide - fauler Neger, 2000. 153 Wening: Der junge dankbare Soldat. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 28, S. 66f.

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laden würde. Lieber nahm er in Kauf, als Dieb verdächtigt zu werden, als sich zu seiner Armut zu bekennen. Die Gäste, die seine Schmach miterlebt hatten, wurden zur Aufklärung des Falles ein zweites Mal eingeladen und der Leutnant rehabilitiert. Außerdem verschaffte ihm der Minister eine Stelle „bei welcher er mit seiner alten Mutter ohne drückende Sorgen leben konnte" 154 . Dasselbe Motiv taucht mehr als hundert Jahre später auch bei Christoph von Schmid auf. Hier bekommt ein mittelloser Fähnrich die gestohlen geglaubte Dose von ihrem Besitzer zum Geschenk 155 . In ihrer materiell desolaten Situation versuchten offenbar nicht wenige Militärangehörige einen Befreiungsschlag durch Glücksspiele. Wening erfand daher 1784 einen Soldaten, der einem verwöhnten jungen Mann das Falschspielen beibringt 156 . Kristoph Ferdinand Moser machte in seinem „Lesebuch für Landschulmeister" (1786) den Appell zu selbstloser Nächstenliebe fest am Beispiel zweier Burschen: Sie retten einen Soldaten, der wegen Spielschulden in selbstmörderischer Absicht von einer Brücke gesprungen war. Um ihm ein Startkapital in ein neues Leben zu ermöglichen, überlassen sie ihm die kleinen Belohnungen, die ihnen fur ihre heldenmütige Tat zugesteckt wurden 157 . Doch selbst in der Spielernatur schlägt bisweilen noch ein moralisches Herz: So bemerkt ein junger französischer Offizier, daß sein Gegenüber, ein alter Oberst, soeben seine gesamte Pension verspielt hat; darum tut er so, als habe er selbst verloren, um dem Alten das Überleben zu sichern158. Aus unserer heutigen Perspektive war die Frühe Neuzeit eine "gewalttätige" Zeit. Körperstrafen standen im zivilen Leben genauso wie in der Kaserne auf der Tagesordnung. Auch unter dem sich so liberal gebenden Preußenkönig Friedrich II. wurde die Folter nie ganz abgeschafft, das barbarische Spießrutenlaufen der zwangsrekrutierten Soldaten überhaupt nicht. Diese Tatsache unterstützt Oestreichs These von der Disziplinierung weiter Bevölkerungskreise durch den Militärdienst, wenngleich inzwischen auf die kurze Verweildauer der Männer in der Truppe, ihre gleichzeitige Tätigkeit im zivilen Leben und auf enge Kontakte zur Zivilbevölkerung abgehoben und daran die These angeknüpft wird, daß die mentale und körperliche Zurichtung durch den Wehrdienst keine wirklich tiefgreifenden Auswirkungen auf das Verhalten der Männer gehabt haben konnte. Im Vergleich zum zivilen Leben und der täglichen Gewalt in den Hierarchien der Frühen Neuzeit, läßt sich für

154 Lohr: Ein ähnlicher Fall bei einem armen Offizier. In: Ders.: Sitte, 1799, S. 131-135. 155 Schmid: Die goldene Dose. In: Kurze Erzählungen, 1824, S. 69f. 156 Wening: Die Mäßigkeit im Essen und Trinken, nebst einem entgegengesetzten Stücke. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 55, S. 131-134. 157 Moser: Großmut. In: Lesebuch, S. 1786, S. 153-156 [Weißes Kinderfreund entnommen]. 158 Lohr: Verstand, 1797, 8. Abschnitt: Erzählungen von edeln und zweifelhaften Handlungen, Nr. 15, S. 140.

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den Soldatenberuf kein außergewöhnlich gewalttätiger Alltag feststellen 159 . Literarisch verbrämte Selbstzeugnisse eines Ulrich Bräker (1735-1798) 160 und der Offiziere, die nach der schmählichen Niederlage bei Jena und Auerstädt mit allen Mitteln ihrer Obrigkeit und dem Volk eine Armee nach französischem Muster schmackhaft machen wollten, haben die Rekrutenausbildung in der friderizianischen Armee in den schwärzesten Farben gemalt. Dieses Bild hat sich bis heute erhalten. Dem Zeitgeist gemäß wird auch in der von mir untersuchten normativen Literatur auf die den Militärs mithin legitimerweise zu Gebote stehenden Züchtigungsmaßnahmen verwiesen. Johann Andreas Lohr exerziert in der psychologisch geschickt arrangierten Erzählung vom „Unglücklichen Waldberg" die Folgen mangelhafter elterlichen Gehorsamserziehung durch und schildert die Methoden im Umgang mit den unwilligen Soldaten, die sich aus solchen Kindern entwickeln: Waldberg, von zu Hause aus verwöhnt, scheitert an mehreren Lehrstellen, versagt auch, als ihm ein wohlwollender Vetter eine letzte Chance zum Einstieg in das Berufsleben bietet. Da er nicht weiß wohin, läßt er sich zu den Soldaten anwerben: „Im Anfang war er sehr folgsam - aber kaum hatt' er sich nach einigen Wochen an seinen neuen Stand gewöhnt, so regte sich die alte Unart wieder - er wollte nach seinem eigenen Einfalle sich anziehen, und exerzieren und marschieren, aber der Stock des Unteroffiziers lehrte ihn Ordnung. Fast täglich empfing Waldberg Prügel. - Man kann denken, wie ihm das gefiel. Er suchte auch bald heimlich zu entkommen (zu desertiren) [sie!], aber man bekam ihn wieder, und er mußte Spißruthen laufen. Er versuchte es noch einmal, weil es ihm unmöglich war zu gehorchen und weil er darüber fast täglich geprügelt wurde, und er empfing dieselbe Strafe - aber so arg, daß man noch nicht weiß, ob er mit dem Leben davon kommen wird"161. Wer sich mit der Absicht trug, zu den Soldaten zu gehen, konnte nicht früh genug anfangen, sich in Entbehrungen zu üben. Eine Geschichte aus Franz Hoffmanns „150 moralischen Erzählungen" stellt den kleinen Ludwig vor, der , jeden Regentropfen scheute und so wie der Winter kam mit Schnee und Eis, nicht mehr aus der geheizten Stube ging". Trotzdem behauptete er unermüdlich, später einmal General werden zu wollen. Als sein Vater ihn angesichts solcher Zimperlichkeit auf die Unerfìillbarkeit seines Wunsches aufmerksam machte, fing er an sich abzuhärten. Zu diesem Zweck riet ihm der Vater: „Wirf 159 Ebd. 160 Lebensgeschichte und Natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg, hg. v. Hans Heinrich Füssli ( = Sämtl. Schriften, Erster Theil). Zürich 1789. - Tagebuch des Armen Mannes im Tockenburg, hg. v. Hans Heinrich Füssli ( = Sämtl. Schriften, zweyter Theil). Zürich 1792. - Der Arme Mann im Tockenburg, hg. v. Leo Weisz. In: Raschers Monatshefte 1 (1930) [19 Briefe B.s an Füssli und Imhof]. 161 Lohr: Der unglückliche Waldberg, oder, die Folgen des Ungehorsams. In: Ders., Sitte, 1799, S. 189-192.

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die Federbetten weg, schlaf auf einer Matratze von Stroh, und decke dich mit einer leichten Decke zu ... Wirf die dicken Röcke und Unterjacken von dir, ... trage leichte Kleider, den Hals frei und entblößt und wasche dich jeden Morgen mit frischem, kaltem Wasser vom Kopf bis zu den Füßen ... Laufe jeden Tag, es mag regnen oder schneien oder stürmen, ein Paar Stunden im Freien umher, fürchte weder Frost noch Hitze". Diese Lebensführung brachte den Jungen im Erwachsenenalter an sein Ziel162. Loyal in seiner Vaterlandsliebe erweist sich Franz Xaver Kieffer mit seiner Lesebuchgeschichte aus dem Jahr 1862, in der ein Junge angesichts der schmucken Uniform seines großen Bruders auf der Stelle auch zu den Soldaten gehen möchte. Der Ältere hält ihm jedoch die Kehrseite dieses Berufsstandes vor Augen: „Der Soldat steht unter strenger Zucht und muß sich vielen Beschwerden unterziehen. Im Kriege zieht er gegen den Feind! Auf dem Schlachtfelde sieht er Manchen in den letzten Zügen und muß oft den Degen ziehen, um sein Leben zu vertheidigen. Immer muß der Soldat gehorchen und darf dabei keine Miene verziehen" 163 . Daraufhin sah der Jüngere ein, daß es besser sei, möglichst lange unter der Obhut der Eltern zu bleiben. Aber später, so schwört er, „zögere ich nicht länger; dann werde ich ein tapferer Soldat, und Niemand soll mich im Kriege auf dem Rückzüge sehen". Wie diese Tapferkeit aussehen konnte, führte Moritz Casimir Pothmann dem „Christlichen Landmann" bereits 1790 vor Augen: „Ein gemeiner Reitknecht des Preußischen Generals Fouquet. Im siebenjährigen Kriege wurden die Preußen durch Oesterreichische Dragoner überfallen, und dieser vortrefliche General, der das Commando hatte, jämmerlich zerhauen. Jedoch waren die Wunden nicht tödtlich, und das barbarische Betragen einiger betrunkenen Dragoner sollte gegen ihn fortgesetzt werden. Er lag vom Pferde auf die Erde gestreckt in seinem Blute, als mit seltenem Muthe sein treuer Knecht sich über seinen Herrn warf, die Hiebe auffieng, und das Leben ihm rettete. Denn der brave Oesterreichische General Laudon ließ ihm, sobald er die Grausamkeit seiner Leute erfuhr, sein Paradepferd bringen, und menschenfreundlich den blutigen Fouquet vom Schlachtfelde holen. Der treue Knecht genoß fur seine Treue ein lebenslanges Gnadengehalt, das ihm nach dem Tode seines Herrn von dessen Familie ausgezahlt wurde"164. Das Verhältnis zwischen Zivilbevölkerung und Militär war gekennzeichnet durch gegenseitige Antipathien, die Anwendung physischer Gewalt und Zwangsrekrutierungen. Das spricht aus der 1859 in eine moralische Geschichte eingeflossenen Klage einer Flüchtlingsfrau: „Wohin der Soldat kommt, da will er zu essen haben. Kann man ihm Nichts geben, so wird er wild, schlägt 162 Abhärtung als wichtiges Erziehungsziel taucht auch auf in moralischen Geschichten von Wening: Erzählungen, 1784, S. 169f.; Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 145 und Pischon: Moral in Beispielen, IV, 1799, S. 49. 163 Kieffer: Lese- und Lehrbuch, 1862, Nr. 48, S. 26. 164 Pothmann: Sittenbuch, 1790, S. 70.

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um sich, und viele Unschuldige sind dabei schon um's Leben gekommen. Die Offiziere sind menschlicher, aber nicht im Stande, dem Ungestüme des gemeinen Mannes zu wehren" 165 . Ähnliche Einschätzungen begegnen uns in autobiographischen Berichten: Pastor Heuermann aus Vörden im Hochstift Osnabrück bedauert, daß Durchmärsche und Einquartierungen in der Zeit der Koalitionskriege ihn in seiner Arbeit behinderten und seine Bemühungen um Volksaufklärung dadurch auf wenig fruchtbaren Boden fielen166. Den aus Holland vertriebenen englischen, hessenkasselschen und darmstädtischen Truppen folgten während seiner Amtszeit in Vörden 1785-1809 nach dem Baseler Frieden zuerst Braunschweiger Truppen, dann die „Hannoversche geschwinde Artillerie". Nach der Säkularisierung wurde Osnabrück zunächst von Hannover in Besitz genommen, dann von der französischen Armee besetzt, 1805 gelangte es an Preußen, und 1807 weiß Heuermann von holländischen Einheiten zu berichten, die sich in der zweiten französischen Zeit im Ort aufhielten. Das führte zu einem Sittenverfall unter den Einwohnern des Kirchspiels, andererseits, so räumt er ein, gelangten sie durch die Belieferung der Truppen zu einigem Wohlstand: „In der ersten Zeit gab es viele Unordnungen. Die Artilleriesoldaten und Trainknechte waren überall sehr roh, sehr dem Trunk ergeben und stahlen alles weg, was sie kriegen konnten. Auch wurde das hiesige ganz neue Leichentuch, welches in der Kirche in einem Winkel über der Sakristei in einem Kasten verwahrt wurde, weggenommen. Nachher änderte es sich aber, und die hiesigen Einwohner bekamen viel Geld von ihnen, da sie alles doppelt bezahlten"167. Geistliche, die sich um das Seelenheil ihrer Pfarrkinder sorgten, klagten über den verderblichen Einfluß der einquartierten Truppen auf die Sitten. Einquartierungen von Soldaten in größeren Städten in bürgerlichen Häusern waren vor allem im 18. Jahrhundert gängige Praxis. Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts baute man in größerem Umfang Kasernen außerhalb der Stadt. Heuermann sah „Religiosität und Moralität ... durch die beständige Verbindung und Bekanntschaft mit dem Militär" abnehmen 168 . Zahlreiche Geschichten zeugen von der Panik, in welche die Bevölkerung angesichts vorrückender Truppen verfiel. Oft dienten sie als Mahnung, Zuflucht im Gebet zu suchen. So heißt es in einem katholischen Lesebuch aus dem Jahr 1862, daß eine alte Frau am 5. Januar 1814, als Schweden, Kosaken und die russisch-deutsche Legion nur eine Viertelmeile vor Schleswig standen,

165 Kieffer: Nr. 35, S. 18f.: Mein gutes Malchen (in Briefform, datiert: Mainz, den 2675. 1859). 166 Heuermann, Philipp, prot., Geistlicher, Prediger im Osnabrückischen Vörden 1785-1809; vgl. Meyer, Philipp: Die Pastoren der Landeskirchen Hannovers und Schaumburg-Lippes seit der Reformation. Göttingen 1941-42, Bd. II, S. 469. 167 Bericht Pastor Philipp Heuermanns an das protestantische Konsistorium Osnabrück, zit. n. Ziessow: Orthodoxe camera obscura, 1988, S. 24f., Anm. 80. 168 Ebd., S. 25.

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mit Inbrunst den Vers eines alten Kirchenliedes „Eine Mauer um uns bau, / Dass dem Feinde davor grau'!" betete. Der Enkel schalt sie einfältig, wurde am nächsten Tag aber eines Besseren belehrt: In der Nacht gab es einen Schneesturm, der einen mannshohen Berg vor das Haus setzte, so daß die Soldaten es nicht wahrnahmen und vorbeizogen, während sie in andere Häuser eindrangen und plünderten 169 . Durchziehende Truppen mußten nicht nur verköstigt und beherbergt, sondern auch in Lazaretten versorgt werden. Der als „Apfelpfarrer" bekannt gewordene Volksaufklärer Johann Ludwig Christ starb 1813 an Fleckfieber, das er sich vermutlich bei der Pflege verwundeter Soldaten, die nach der Leipziger Völkerschlacht ins Rhein-Mainische entkommen waren, zugezogen hatte. „Die Obrigkeit", so heißt es in einer formal als Brief gestalteten moralischen Geschichte aus dem Jahr 1859 habe „die Einwohner unseres Ortes aufgefordert, gezupfte, linnene Fasern (Scharpie), die man bei der Heilung solcher Armen gebraucht, herbeizuschaffen ... Viel können wir freilich nicht geben, aber selbst mit Wenigem kann oft schon Noth und Elend gelindert werden" 170 . Wurden die Möglichkeiten der Bevölkerung überfordert, entstanden schnell militärische Versorgungskrisen, die in die viel beklagten gewaltsamen Ubergriffe münden konnten. Im schlechten Ruf standen im 18. Jahrhundert diesbezüglich vor allem die sogenannten „leichten Truppen" - Husaren, Kosaken und österreichischen Grenzmilizen. Ihr Auftreten widersprach allen militärischen Grundsätzen, allen geistigen und organisatorischen Tendenzen der Zeit. In der Kampfweise dieser Truppen, dem „kleinen Krieg", traten Schrecken nach Art des Dreißigjährigen Krieges noch im 18. Jahrhundert auf. Martin Rink hat die spezifische Rationalität dieser Kriegsführung untersucht und anhand zeitgenössischer Quellen eine fortwährende Regulierung nachvollziehen können 171 . Das Klischee von den Soldaten, die ja doch nur „plündern und rauben und den arbeitsamen Landmann um all das Seinige bringen", an denen man sich also mit Fug und Recht bei passender Gelegenheit schadlos halten darf, greift Wening in der Einleitung zu seiner Erzählung vom „ehrlichen Landwirth" auf. Ein Gastwirt erhält von einem Offizier, der sich sterbend in seine Pension einquartiert hat, den Auftrag sein „Reiskästchen, worinn 6000 Thaler nebst meinem Werbpatente liegen" zu seinem Regiment zu bringen. Der verschuldete Wirt widersteht der Versuchung, das Geld für sich zu behalten, borgt sich sogar das Reisegeld, und wird vom Regiments-Oberst an die Verwandten des verstorbenen Hauptmanns verwiesen. Auch diesen weiten Weg nimmt er auf sich und findet die einzige Schwester wohlversorgt, da „glücklich mit einem Hofrathe vermählt. ... Erstaunt über diesen Beweis beierischer Redlichkeit 169 Kieffer: Lesebuch, S. 1862, Nr. 78, S. 42f. 170 Reder: „... aus reiner Liebe für Gott, für den König und das Vaterland", 1998. 171 Rink: Vom „Partheygaenger" zum Partisanen, 1999.

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sprach die Frau Räthinn: Freund! er hat wenigst verdient, daß ich das Geld mit ihm theile. Hier sind 3000 Thaler, und mein Dank. Sey er glücklich, denn Menschen, wie er, verdienens zu seyn. Der Wirth gieng voll Zufriedenheit, edel gehandelt zu haben, zurück nach Hause, und genießt nun die Früchte seiner Ehrlichkeit mit dem Beyfalle aller derer, die ihn kennen" 172 . Der üble Leumund, der den „in langen Kriegsjahren verlotterten Söldnertruppen", bestehend aus „Abenteurern und Desparados", vorausging 173 , war auch im aufgeklärten ausgehenden 18. Jahrhundert durchaus noch präsent und wurde übertragen auf die stehenden Heere, welche die meisten absolutistischen Staaten nach dem Dreißigjährigen Krieg einführten 174 . Erst jüngst abgeschlossene militärhistorische Forschungen haben zutage gefördert, daß ökonomische Kooperation zwischen Einwohnern und Soldaten und gemeinsame Freizeitgestaltung den Alltag wesentlich stärker prägten als die geschilderten Schattenseiten dieses Verhältnisses. Ein berühmtes Beispiel dafür liefert Goethe, dessen Elternhaus sich der französische Stadtkommandant von Thoranc 1759 bei der Besetzung Frankfurts während des Siebenjährigen Krieges als Residenz wählte. Der zehnjährige Goethe fand sofort Gefallen an diesem gebildeten Mann, sah von da an viel französisches Theater und begann, erste Dichtungen aufzuzeichnen. Die Einquartierungen bewirkten, daß sich die Soldaten in hohem Maße stadtbürgerlichen Lebenswelten aufschlossen, bereits während ihrer Militärzeit den Aufbau einer zivilen Existenz nach der Entlassung vorbereiteten und die Integration in die städtische Gesellschaft anstrebten 175 . Pröve betrachtet „den Soldaten in der guten Bürgerstube" unter dem Aspekt der Sozialdisziplierung, bezieht indes aber auch die „konterkarierenden Synergieeffekte von 'unten' nach 'oben'" (S. 84), die sich aus dem engen Zusammenleben von Soldaten und Bürgern unter einem Dach ergeben konnten, ein176. Eine Lanze fur das Militär bricht Christoph von Schmid mit seiner Erzählung von einem edelmütigen Hauptmann, der ausgeschickt wurde, um eine Stadt abzubrennen. Von Gewissensnöten geplagt, läßt er unterwegs an einem Kloster anhalten und sucht Rat beim Abt. Er versucht seinen General durch Rauchsäulen zu täuschen, indem er hohe Scheiterhaufen vor der Stadt abbrennt. Zwar kommt seine Befehlsverweigerung auf, aber der General verzeiht 172 Wening: Der ehrliche Landwirt. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 20, S. 48-50, hier S. 48. 173 Elfriede Moser-Rath hat das anhand von Schwank und Witz für das 17. und 18. Jahrhundert eruiert: Dies.: Lustige Gesellschaft, 1984, S. 224f. 174 Vgl. Schmettow, Woldemar Friedrich von: Patriotische Gedanken eines Dänen über stehende Heere, politisches Gleichgewicht und Staatsrevolution. Altona 1792. - Pröve: Stehendes Heer, 1995. 175 Pröve: Vom Schmuddelkind zur anerkannten Subdisziplin?, 2000, S. 611. - Als Beispiel sei hier der Aufsatz von Jutta Nowosadtko erwähnt: Ordnungselement oder Störfaktor?, 1997. 176 Pröve: Dimension und Reichweite, 1999. - Ders.: Der Soldat in der „guten Bürgerstube", 1996. - Kotsch: Holländerviertel und Bornstedter Feld, 1993.

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dem Hauptmann mit dem weichen Herzen. Die verschonte Einwohnerschaft jubelt ihm zu, der Abt schenkt ihm sein brillantenbesetztes Kreuz. Das schickt er nach Hause, damit seine Verwandten es verkaufen und seine Schulden tilgen können. Sie bewahren das Kreuz jedoch als Familienschatz auf und zahlen die Schulden aus eigenen Mitteln 177 . In solcher Notlage war sich jeder selbst der Nächste. Christoph von Schmid berichtet von marodierenden Soldaten, die sich einen Tagelöhner als Führer durch unbekanntes Gelände gegriffen haben. Der arme Mann möchte für den Marsch bei seinen Nachbarn wegen der bitteren Kälte einen Mantel leihen, aber nur ein neu zugezogener Flüchtling erweist sich großzügig. Am Abend steht dessen verloren geglaubter Sohn vor der Tür, der als Offizier in der Nähe dient. Er hatte den geliehenen Mantel des Vaters erkannt und sich von dem Tagelöhner den Weg zu ihm beschreiben lassen178. Kieffer benutzt 1862 das Motiv der Feindberührung, um daran den Wert von Vaterlandsliebe zu verdeutlichen 179 . Als die Franzosen 1809 auf Wien marschieren, sollen sie versucht haben, einen ortskundigen Bauern zur Führung eines Vortrupps zu gewinnen. Der verweigerte den Landesverrat jedoch. Selbst die angedrohte Erschießung schüchterte ihn nicht ein. Da reichte ihm der feindliche General die Hand und zog mit seiner Truppe ab. Das Gegenbeispiel dieses aufrechten Mannes verkörpert ein preußischer Landesverräter, der dachte, sich bei den französischen Besatzern in Berlin ein Trinkgeld zu verdienen, indem er sie auf einen noch unentdeckten Vorrat an Bauholz aufmerksam machte. Der Kommandant ging auf seinen Hinweis nicht ein, sondern erklärte, diese Baumstämme sollten für den preußischen König aufbewahrt werden, damit er Galgen fur Verräter wie ihn errichten könne 180 . Vereitelt wurde auch der Versuch eines feindlichen Offiziers, durch Bestechung eines Wachsoldaten in eine belagerte Stadt vorzudringen. Zwar hatte der Verräter, wie vereinbart, dem Feind das Stadttor zur festgesetzten Stunde geöffnet, da sich jedoch ein Sandkorn in das Räderwerk der Offiziersuhr verirrte181, rückte er zu spät an, und die Stadt blieb verschont 182 . Erst im Zweiten Deutschen Kaiserreich unter Wilhelm II. gelang mit den medialen Mitteln der Industriegesellschaft, was der Soldatenkönig 150 Jahre zuvor nicht geschafft hatte: die Militarisierung der Gesellschaft. Die Menschen 177 178 179 180 181

Schmid: Das Kreuz mit Brillanten. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 192-196. Schmid: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 44f. Kieffer: Der treue Unterthan. In: Ders.: Lesebuch, 1862, Nr. 49, S. 26f. Ders.: Schlechter Lohn. In: Ebd., Nr. 50, S. 27. Offiziersuhren sind kleine, tragbare, technisch perfektionierte Uhren, die auf Reisen benutzt wurden, meist mit Schlag- und Weckwerk. Bekannt sind die formvollendeten Schweizer Offiziersuhren mit vergoldeten Bronzegehäusen. Reiseuhren, wegen ihres Etuis auch „Capucine" genannt, wurden in Frankreich von der Mitte des 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellt. Sie waren immer ausgestattet mit Messinggehäuse, Glocke und Traggriff.

182 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 200ff.

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tranken Kaffee aus Tassen mit Schlachtszenen und stellten sich Zinnsoldaten in die Wohnung. Ganze Generationen wurden nach der Devise „Lerne vom Militär" erzogen. Der preußische Reserveoffizier mit Monokel und Schnarrton stellte das Leitbild dieser Epoche dar, in der es genügte, die Uniform eines Hauptmanns zu tragen, um die Stadthauptkasse im Köpenicker Rathaus zu beschlagnahmen, wie es Carl Zuckmayer im „Hauptmann von Köpenick" nach der tatsächlichen Begebenheit auf die Bühne gebracht hat. Der Titelheld hatte den militärischen Drill und Komment im Gefängnis gelernt.

1.1.5 Adel Höfischer Adel spielt in den moralischen Geschichten keine Rolle. Landadelige begegnen uns als Wohltäter der Protagonisten. Ein gängiges Schema bildet hier das Motiv armer Kinder, die einem Adeligen durch eine gute Tat auffallen, von ihm mitgenommen und unterrichtete werden, wodurch ihnen der gesellschaftliche Aufstieg gelingt. Bei mehreren Autoren treffen wir auf einen Bettelknaben, der einen Herzog auf der Straße um ein Geldstück bittet. Entweder will sich der Herzog aus der Affäre ziehen, indem er vorgibt, nur große Münzen zu haben, oder er spendiert tatsächlich eine relativ hohe Summe, weil er kein Kleingeld dabei hat. Im ersten Fall schlägt der Bettelbub vor, das Geld zu wechseln und nur einen geringen Teil zu behalten, im zweiten meint er, der Spender habe sich getäuscht, läuft ihm nach und will die Münze zurückgeben. Seine Bescheidenheit und Ehrlichkeit wird in jedem Fall belohnt. Der Herzog erfährt, daß der Knabe eine bettlägerige Mutter hat, deren Pflege er fortan finanziert. Dem Jungen läßt er eine landwirtschaftliche Ausbildung angedeihen und macht ihn später zum Oberaufseher über seine Güter183. Mädchen werden von adeligen oder reichen Gönnern ob ihrer Reinlichkeit und ihres Fleißes als forderungswürdig entdeckt. So muß eine Prinzessin in das Haus armer Leute Zuflucht nehmen, als just vor deren Tür bei strömendem Regen ein Rad ihrer Kutsche bricht. Sie beobachtet während ihres Zwangsaufenthalts die beiden Töchter des Hauses, eine faul, die andere fleißig. Sie nimmt das fleißige Kind mit auf ihr Schloß und läßt ihm dort eine hervorragende Ausbildung angedeihen 184 . Die Tochter eines Schusters macht ihr Glück, indem sie das Trinkgeld, das ihr eine Gräfin für die Lieferung reparierter Schuhe gibt, sogleich vor dem Schloß einer Bettlerin schenkt. Die hohe Dame ist so beeindruckt von der Güte des Mädchens, daß sie es zurückruft

183 Lohr: Sitte, 1799, S. 97f. - Das Motiv findet sich auch bei Moser: Lesebuch VI (1786), S. 1 5 3 - 1 5 6 . - W e n i n g : Erzählungen, 1784, S. 38-41; ebd., S. 99-100; ebd., S. 1 lOf. - Späth: 110 moralische Erzählungen, 6. Aufl. 1895, S. 38ff. 184 Hoffmann: 110 Moralische Erzählungen, 1842, S. 190-193.

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und ihr anbietet, künftig im Schloß zu wohnen und gemeinsam mit ihren eigenen Töchtern zu lernen185. Sein Mäzenatentum stellte der Adel ferner durch die Einrichtung von Stiftungen und der Ausrichtung von „Tugendfesten" (Rosen- und Tulpenfeste) unter Beweis, die unten im Kapitel „Arm und Reich" näher erörtert werden. Nur wenige Beispiele moralischer Geschichten dienen der Belehrung Adeliger. So erfand der lutherische Geistliche Johann August Ephraim Goeze (1731-1793) aus Quedlinburg eine Figur mit dem sprechenden Namen Junker Franz von Schönhausen, um adligen Kindern beizeiten den Hochmut auszutreiben 186. Er appelliert an seine jugendlichen Leser, von der äußeren Gestalt abzusehen und „Höflichkeit und Bescheidenheit" als Maß für den Wert einer Person anzunehmen. Ein von Pocken entstelltes187, in Lumpen gekleidetes Wesen könne viel „schöner" sein als der prächtigste Edelknabe, der auf andere herabsieht. Ein weiteres Beispiel von Belehrung adeliger Söhne findet sich bei Christian Felix Weiße. An Federhut und Degen läßt sich, so meint er, zwar die Standeszugehörigkeit erkennen, nicht aber, ob der Träger die moralische Qualifikation besitzt, über die der Adlige idealiter verfügen sollte. Symbolisch nimmt ein Adliger seinem Sohn am Schluß des Weißeschen „Geburtstags"Stückes den Degen wieder ab und übergibt ihn einem Bürgersohn 188 . Dem Vorurteil des Adels gegenüber der „gemeinen Herkunft" und der damit vermeintlich untrennbar verbundenen „gemeinen Denkungsart" stellt Weiße den Adel der Gesinnung entgegen 189 . Adliger Dünkel entlarvt er als lächerlich: „Ah, es ist lauter Bürger-Brut, die hat kein Herz, und was noch mehr ist, keine Degen", läßt er einen hochfahrenden jungen Adeligen ausrufen 190 . Die meisten der hier behandelten Autoren vermeiden jedoch wie Joachim Heinrich Campe in der „Entdeckung von Amerika" einen direkten Angriff auf den Adel dadurch, daß sie ihre Kritik in die Vergangenheit verlagern, andere umgehen ihn, indem sie Personen von hohem Adel nicht darstellen 191 . Die Kritik an den durchaus vorhandenen standestypischen Fehlern der Adeligen wie „verstellte Höflichkeit, Schmeichelei, Stolz usw." und dem damit verbundenen didaktischen Effekt läßt sich auch an hochnäsigen Bürgern exemplifizieren. Welchem Stand man auch immer angehörte - die moralischen Geschichten beschwören ihre Leser, sich darin häuslich einzurichten. Ein junger Adliger, im Begriff seinem Leben aus purem Überdruß ein Ende zu setzen, wird von 185 Ebd., Nr. 32: Der Groschen, S. 70-73. 186 Goeze: Zeitvertreib, 1783: XXVII. Das unhöfliche und unbescheidene Kind, S. 139-142. 187 Zum Problem der Pockennarbigkeit vor allem bei Mädchen vgl. Hardach-Pinke: Bleichsucht und Blütenträume, 2000, S. 108ff. - Vgl. auch unten das Kap. „Gesundheit und Krankheit". 188 Weiße: Der Geburtstag. In: Kinderfreund, Bd. I, 1780, S. 125. 189 Ders.: Die natürliche Zauberey. In: Ebd., Bd. XVI, S. 147f. 190 Ders.: Der Geburtstag. In: Ebd., Bd. I, 1780, S. 112. 191 Vgl. Funke: Das Bürgertum zwischen Adel und unteren Schichten. In: Dies.: Bücher statt Prügel, 1988, S. 145-150, hier S. 145.

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einem „armen Holzleser" im letzten Augenblick davon abgehalten und lernt von seinem Retter, daß man selbst den mißlichsten Umständen noch einen Sinn abgewinnen kann 192 . Den umgekehrten Fall, daß also ursprünglich unzufriedene Bauern ihr Schicksal aufgrund eines einschneidenden Ereignisses freudig annehmen, treffen wir verständlicherweise weitaus häufiger an, denn an sie war diese Art von narrativ eingekleideter Moral hauptsächlich gerichtet, und sie hatten weitaus mehr Anlaß zur Unzufriedenheit als die übrigen Stände. Geiger beschwichtigt den „Pöbel" in der Einleitung zu seinem Kapitel „Geld und Reichthum machen den Menschen nicht glücklich": „Die allgemeine Meinung des gemeinen Volkes ist, daß die größte Glückseligkeit des Menschen im Reichthume, und in hohen Ehrenstellen bestehe. Deßwegen sieht und hört man so oft, wie man reiche Leute um ihr Geld, und große Herren um ihren Stand beneidet. Man sieht nämlich nur auf die äußerliche Pracht, und auf den blendenden Schimmer des Geldes: und da meint man, solche Leute, die überall Geld in Menge haben, oder in goldgestickten Kleidern gehen, in Kutschen fahren und den ganzen Tag Wenig oder Nichts arbeiten dürfen, wären die glückseligsten Menschen auf dem Erdboden, und ihr Leben wäre ein lauterer Himmel. Aber darinn irrt man sich himmelweit"193. In einer anderen Geschichte Geigers verfliegt der Neid bei den Besuchern einer Dorfschänke, als sie hören, daß ein Fremder, der in einer goldenen Kutsche vorgefahren war und sich die teuersten Speisen hatte auftischen lassen, von einer schweren Krankheit heimgesucht wird, die ihn unfähig zur Arbeit macht 194 . Ebenso ergeht es einem Handwerksburschen, der längst ein paar neue Schuhe benötigte, sich aber keine leisten kann. Er beneidet einen Offizier, der an ihm vorüberfährt. Als er aber beobachtet, daß dieser aus dem Gefährt gehoben werden muß, weil er im Krieg beide Beine verloren hat, ist seine Frustration verflogen 195 . Eine weitere Erzählung handelt von einem jahrelang verdrießlichen Keramikhändler, der von einem Pferd für den Transport seiner Waren träumte. Als er endlich eines besitzt, ist er unfähig es zu bändigen, stürzt aus dem Sattel und alle Krüge zerbrechen 196 . Auch Christoph von Schmid predigt im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts den Bauern noch Genügsamkeit, wenn er das herbstliche Gespräch zwischen einem „zufriedenen und einem unzufriedenen Landmann" unter der Dorflinde nacherzählt: Der eine klagt, daß die Ernte aufgrund des schlechten Wetters miserabel ausgefallen sei. Der andere meint, man habe wieder für ein Jahr genug Brot zu essen, Saatgut für den nächsten Frühling und noch etwas Korn zum Verkauf übrig, um sich Kleider kaufen zu

192 193 194 195 196

Lohr: Verstand, S. 140ff. Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 2. Ebd., S. 268f. Schmid: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 35. Ebd., S. 15f.

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können. Mehr brauche man nicht197. Der Benediktiner Heinrich Schwarz (1819-94) führt die Zufriedenheit des Landmannes nicht etwa auf eine stattliche Behausung, sondern einzig auf ein gutes Gewissen zurück und resümiert: „Nur wer zufrieden ist, der ist auch reich" 198 . Die Gliederung der Gesellschaft variierte über die Jahrhunderte hinweg sowohl in der Bezeichnung ihrer Rangstufen wie „durch die vielfältige Aufgliederung der bürgerlichen Berufe, die den Vorrechten des Geburtsadels eine auf persönlicher Leistung basierende, mit verbrieften Rechten und Privilegien ausgestattete berufsständische Ordnung gegenüberstellte" 199 . In der Theorie des 17. und 18. Jahrhunderts grassierte im Anschluß an scholastische und humanistische Formulierungen von „oratores, bellatores und laboratores" die Aufteilung in „Lehrstand, Wehrstand und Nährstand" als abendländisches Schema, wobei unter Wehrstand Fürsten und Hofstaat, Militärs und die gesamte weltliche Obrigkeit verstanden wurden, unter Lehrstand die Geistlichkeit und die Schul- und Geisteswelt, unter dem Nährstand die für die Versorgung zuständigen Bürger und Bauern, also der oft anonym als „gemeine Mann" bezeichnete Teil der Bevölkerung 200 . In jedem Fall aber setzte der Ständebegriff eine in „Oben und Unten" gegliederte Gesellschaft voraus, in der die Rechte des Stärkeren über die des Schwächeren als selbstverständlich und unabänderlich galten201. Unterschiede, die auf Macht, Abstammung und Leistung basierten, wurden in diesem System hochgehalten. Die moralischen Geschichten haben in erheblichem Umfang dazu beigetragen, diese überkommene Ordnung zu festigen.

197 198 199 200

Ebd., S.71f. Schwarz: Erzählungen, 1848, S. 85ff. Moser-Rath: Lustige Gesellschaft, 1984, S. 132. Stieler, K.: Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs, oder Teutscher Sprachschatz ... Nürnberg 1691, Sp. 2131. - Jablonski, Johann Theodor: Allgemeines Lexicon der Künste und Wissenschaften. Leipzig 1721, S. 746. - Vgl. Hintze, Otto: Feudalismus - Kapitalismus, hg. u. eingeleitet von Gerhard Oestreich. Göttingen 1970, S. 88. 201 Vgl. Moser-Rath: Lustige Gesellschaft, 1984, S. 132.

1.2 Arm und Reich Die Gegensätze zwischen Arm und Reich sind nicht erst ein Thema der moralischen Geschichte 202 , sondern finden sich reichlich belegt im historischen Schwankmaterial 203 , im christlichen Exempel, das den Wert irdischen Reichtums in Frage stellt und dementsprechend für Armut und Genügsamkeit plädiert und im neuzeitlichen Märchen, dessen sozialpsychologische Funktion fur Angehörige benachteiligter Bevölkerungsschichten Waltraud Woeller im Sinne der marxistischen Literaturwissenschaften herausgearbeitet hat204. Elfriede Moser-Rath fand zahlreiche Zeugnisse, in denen Prediger ihr Mitgefühl für die in Armut lebende Landbevölkerung zum Ausdruck brachten und den gehobenen Schichten ihre Hoffart und Sündhaftigkeit vorhielten 205 . Durch Kriege, Mißernten, Bevölkerungswachstum und Geldentwertung kam es im 18. Jahrhundert zu Versorgungskrisen und Verarmung der ländlichen und städtischen Unterschichten. Kleinbauern, Knechte, Mägde, Tagelöhner, Händler, Handwerksburschen, invalide Soldaten, Waisenkinder und Witwen sind die Protagonisten der moralischen Geschichten, welche die Armut behandeln. Sie leiden Hunger, frieren, sind nicht in der Lage, einen Arzt zu bezahlen 206 , können „aus Mangel einer anständigen Kleidung keinen Dienst antreten" 207 und vegetieren im Alter hilflos dahin 208 . Die miserablen wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Menschen gehen einher mit ihrem Bewußtsein der Ohnmacht und sozialen Geringschätzung. Armut gehörte zu den unübersehbaren Erscheinungen einer frühneuzeitlichen Stadt und ihre Bekämpfung zu den zentralen Problemen eines jeden Gemeinwesens 209 . Die Autoren der Volksaufklärung zielten auf eine mög202 203 204 205 206

Vgl. Nörtersheuser, Hans-Walter: Arm und Reich. In: EM I (1977), Sp. 789-794. Moser-Rath: Gedanken zur historischen Erzählforschung, 1973, bes. S. 72-75. Woeller: Der soziale Gehalt und die soziale Funktion der deutschen Volksmärchen, 1961. Moser-Rath: Dem Kirchenvolk die Leviten gelesen, 1991, S. 21 u.ö. Wening: Erzählungen, 1784, S. 1 Off.: Ein Mädchen verkauft heimlich seine Spielsachen, um mit dem Erlös die Arztrechnung ihres schwer erkrankten Vaters begleichen zu können. Lohr: Sitte, Nr. 12, S. 27-31 : Kinder verzichten auf eine Vergnügungsreise, um vom Ersparten armen Leuten eine lebenswichtige Fahrt zu bezahlen. - Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 98: Eine Gutsbesitzerin läßt fur die schwerkranke Witwe ihres Gärtners einen Arzt kommen. 207 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 113. 208 Rüegg: Saatkörner, Bd. II, Nr. 13, S. 16: Handwerksbursche geht mit der Bitte um einen Zehrpfennig von Tür zu Tür, findet eine hilf- und mittellose bettlägerige Witwe, der er abends sein gesammeltes Brot und Geld bringt. 209 Forschungen zum Verhältnis von Aufklärung und Armenwesen sind lange vernachlässigt worden. Die älteren Arbeiten widmen sich vor allem der Rolle der Aufklärung für die Ausgestaltung des Armenwesens. Doch diese Ansätze unterscheiden sich von dem hier vorgetragenen im wesentlichen dadurch, daß sie das Armenwesen im Zeitalter der Aufklärung untersuchen und nicht den Prozeß, in dem sich aufgeklärtes Denken ausbreitet und noch weniger die Frage nach den Kommunikationsprozessen zwischen Bürgertum und Bedürftigen oder gar der tatsächlichen Umsetzung der jeweiligen Armenreform in die Praxis. Vgl. Scherpner, Hans:

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liehst umfassende Integration der Unterschichten in die Gesellschaft ab, was die Vermittlung bürgerlicher Denk- und Verhaltensweisen an diese einfachen, vielfach in Armut lebenden Menschen voraussetze. Mit der Ausbreitung aufklärerischen Gedankengutes veränderte sich die Wahrnehmung von Armut 210 . Zu Beginn des Untersuchungszeitraums bestand die Funktion der moralischen Geschichte darin, die Armen von der Gottgewolltheit ihres Elends zu überzeugen. Betteln wurde als Teil der städtischen Kultur zunächst auch von Seiten der Kirche akzeptiert: „Bringst du es mit allen deinen Bemühungen nicht so weit, daß du dir ein Vermögen sammeln kannst; sey nicht betrübt; denn Armuth schändet nicht", heißt es noch 1793 im „Allgemeinen Lesebuch" 211 . Ein mittelloser Mann bedankt sich bei einem vornehmen Türken für die Perlen und Edelsteine, die dieser täglich trägt. Ihm genügt es, sie anzuschauen; sie selbst besitzen zu wollen, kommt ihm nicht in den Sinn212. Arme können, so die vielleicht tröstliche Aussicht, schneller ins Himmelreich gelangen als Wohlhabende. Beschwichtigend heißt es: „Es ist oft leichter, arm als reich zu seyn" 213 . Häufig taucht die beschwörende Formel „Reichtum macht nicht glücklich" auf, exemplifiziert an begüterten Menschen, die sich langweilen 214 , die vor Sorge um die Vermehrung ihres Geldes

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Die Kinderfürsorge in der Hamburgischen Armenreform vom Jahre 1788. Phil. Diss. Frankfurt am Main/Berlin 1927. - Ders.: Theorie der Fürsorge, hg. v. Hanna Scherpner. Göttingen 1962. - Ders.: Geschichte der Jugendfürsorge. Göttingen 1966. - Koch, Lotte: Wandlungen der Wohlfahrtspflege im Zeitalter der Aufklärung. Erlangen 1931. - Neueste Studien, die spätaufklärerische Konzepte für das Armenwesen aus institutioneller bzw. obrigkeitlicher Perspektive behandeln, dabei aber wiederum die Rückbindung an den Prozeß der Aufklärung vernachlässigen, bieten Reiter, Ralf: Städtische Armenfürsorge vom 18. zum 19. Jahrhundert. Sozial-, wirtschafts- und verwaltungsgeschichtliche Untersuchungen zur Sozialpolitik der Stadt Ravensburg und ihrer Einrichtungen 1755-1845. Konstanz 1989. - Küster, Thomas: Alte Armut und neues Bürgertum. Öffentliche und private Fürsorge in Münster von der Ära Fürstenberg bis zum Ersten Weltkrieg (1756-1914). Münster 1995. - Zum Verhältnis von Aufklärung, Erziehung und Armutsbevölkerung bieten unentbehrliche Orientierung die Sammelbände Herrmann, Ulrich (Hg.): Das pädagogische Jahrhundert. Volksaufklärung und Erziehung zur Armut im 18. Jahrhundert in Deutschland. Weinheim 1981 und Ders.: Aufklärung und Erziehung Studien zur Funktion der Erziehung im Konstituierungsprozeß der bürgerlichen Gesellschaft im 18. und frühen 19. Jahrhundert in Deutschland. Weinheim 1993. Vgl. Militzer-Schwenger: Armenerziehung durch Arbeit, 1979 sowie Sachße/Tennstedt: Geschichte der Armenfürsorge 1980. Allg. Lesebuch 1793, S. 170. - Tatsächlich wurde der Besitzlosigkeit ein eher positiver Wert beigemessen. Hochgeschätzte Klosterbrüder und -schwestern, viele Bettelmönche lebten nach dem Armutsgebot. Im Mittelalter waren Armut und Betteln alltäglich und betrafen die Mehrheit der Bevölkerung. Schmid: Perlen und Edelsteine. In: Ders.: Lehrreiche, 1824- 27, S. 44. Pischon: Moral in Beispielen, Bd. IV, 1800: Kap. LUI.: „Es ist oft leichter arm als reich zu seyn", S. 183-187. - Ders.: „Der zufriedene Arme". In: ebd., S. 188ff. Ein armes Mädchen ist froh, keine reichen Eltern zu haben, als es hört, wie sehr sich ein begütertes Mädchen langweilt (Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 193ff.).

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nicht mehr schlafen können 215 , die - des Lebens überdrüssig - im Begriff sind, sich umzubringen und von einem zufriedenen Besitzlosen gerettet werden216 oder von Schwerkranken bzw. Invaliden, die zwar Geld im Überfluß besitzen, es aber nicht genießen können 217 bzw. von Glücksspielern, die mit dem plötzlichen Geldsegen nicht umzugehen wissen und nach kurzer Zeit ärmer sind als je zuvor 218 . Typisch für solche Trostparolen ist die Geschichte eines begüterten Mannes am Hof König Herodes'. Er lädt einen Jugendfreund zum Essen ein. Dieser bewundert die herrlichen Speisen und kostbaren Gefäße. Da nimmt der Gastgeber einen besonders rotbackigen Apfel von einer goldenen Schale und heißt den Freund, ihn aufzuschneiden. In der Mitte des Apfels kriecht ein Wurm, und der Reiche senkt seufzend den Blick 219 . Das Motiv der „Glücklichen Armut" (AaTh 754), das „in den Exempelsammlungen des ausgehenden Mittelalters und in den Schwankbüchern des 16. bis 18. Jahrhunderts sowie in zeitgenössischen Märchensammlung reich dokumentiert" ist220, erscheint im vorliegenden Sample nicht. In diesem Erzähltyp geht es ausschließlich um einen zufriedenen Armen, der das Geld, das ihm ein Reicher schenkt, freiwillig zurückgibt. Die daraus zu ziehende Lehre ist auch hier, daß Glück und Reichtum unvereinbar sind. Möglicherweise greifen die Volksaufklärer dieses Motiv nicht auf, weil es die Ergebenheit in die Armut zu stark verklärt. Sie wollen doch gerade durch die Aufforderung zur Arbeit die Zahl der Armen verringern. Beschwichtigungsgebärden und naive Religiosität der moralischen Geschichten blenden die gesellschaftlichen Bedingungen sozialer Ungleichheit des 18. Jahrhunderts aus und entheben von politischer Verantwortung. Menschlichkeit läßt die Einforderung der Menschenrechte überflüssig erscheinen. Aufgrund persönlicher Anteilnahme wohltätiger Herrschaften

215 216 217 218

Schmid: Die Beschwerden des Reichtums. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 66. Lohr: Verstand, Nr. 16, S. 140f. Schmid: Die Schuhe. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 35. Allgemeines Lesebuch fur katholische Bürger und Landleute für Stadt- und Landschulen eingerichtet von einem katholischen Geistlichen in Franken. Verbesserte und vermehrte Auflage. Hildesheim und Paderborn 1793, Nr. 61, S. 152f. - Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800]: 1. Geld und Reichthum machen den Menschen nicht glücklich, S. 3. Hier schildert Geiger das Schicksal von elf Kohlearbeitern in London, die beim Glücksspiel reich geworden sind. Binnen vier Jahren sind acht von ihnen wegen ihres unvernünftigen Lebenswandels gestorben, die übrigen stehen am Ende mit leeren Händen da, weil sie ihr Geld falsch gelegt haben. - Ebd., S. 6f.: die Geschichte handelt von einem Bauern, der unverhofft beim Brunnenausputzen einen Schatz findet und sich von da an auf die faule Haut legt. In kurzer Frist ist das Geld aufgebraucht und er verliert Haus und Hof. - Das Motiv tritt unter dem Titel „Der übel angewandte Reichtum" auch im 19. Jahrhundert noch auf, und zwar bei Schmid: Kurze Erzählungen, S. 36. 219 Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 63, S. 32 220 Nörtersheuser, Hans-Walter: Glückliche Armut. In: EM V (1987), Sp. 1318-1324, hier 1318.

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wendet sich das Schicksal immer wieder zum Guten221. Im Extremfall entwickeln sogar Opfer von Raubüberfällen ein Gespür für die aus Not vollbrachte Tat, machen den Banditen ausfindig und sorgen fur seine Unterstüt222

zung . In Weißes „Kinderfreund" lesen wir von Gottfried, der ohne eigenes Verschulden seine Stellung verloren hat und mehr und mehr in Armut sinkt223. Er findet als Kutscher keine neue Stelle und arbeitet deshalb als Tagelöhner. Seine Frau näht, die Kinder betteln. Trotzdem kann sich die Familie von den Einnahmen kaum ernähren und schon gar nicht die Miete bezahlen. Die Folge: man setzt sie auf die Straße. Darauf stirbt Gottfrieds Frau. Er und die Kinder nächtigen vor den Stadttoren im Freien. Einen Weg aus dem Unglück scheint es nicht zu geben, da sich Gottfried, heruntergekommen wie er ist, um keine neue Stellung bewerben kann. Für die Kinder sieht die Zukunft nicht besser aus. Gottfried ist nämlich weder imstande, das Lehrgeld für seinen Sohn zu bezahlen, noch hat er das Geld, seine Tochter in einem Haushalt unterzubringen. Selbstverschuldete Armut dagegen wird negativ interpretiert. Die Unterteilung in unwürdige und würdige Arme ist ein neues Phänomen des späten 18. Jahrhunderts. Weil prinzipiell jeder die Möglichkeit hat, sich seinen Unterhalt durch Arbeit zu verdienen, würde unüberlegte Barmherzigkeit sogar die Unterstützung von Subjekten bedeuten, welche die Gesellschaft schädigen, weil sie sie um ihre Arbeitskraft betrügen. Auf staatlicher Ebene entsprach dieser Auffassung das Verbot zu betteln und Almosen zu geben sowie die Einführung der Arbeitspflicht. So heißt es in einem königlichen Edikt aus dem Jahr 1748: „Die einheimischen gesunden und starcken Bettler hingegen müssen alsofort durch ihrer Hände Arbeit sich den Unterhalt zu schaffen suchen und vom Betteln ablassen, widrigenfalls unfehlbar gewärtigen, daß sie auf unangenehme Art fortgebracht, und entweder in die Festungen, oder in die Zucht- und Spinnhäuser zur Arbeit geschicket werden sollen"2 4. Die moralische Geschichte kann für diese sozial benachteiligten Gruppen nicht wie das Märchen die Kompensation wirtschaftlicher und sozialer Leiden durch utopische Wunschphantasien oder Kritik an sozialer Ungerechtigkeit sein. Vielmehr leiten vorausschauende Bürger als Protagonisten moralischer Geschichten Bedürftige dazu an, sich mit einfachen Arbeiten selbst zu erhalten. Schon Kinder könnten helfen, das Familieneinkommen aufzubessern, indem sie Veilchen oder Maiglöckchen im Wald pflücken und sie auf 221 222 223 224

Vgl. Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Kind, tugendhaftes", S. 416f. Wening: Erzählungen, 1784, S. 174-179 und Lohr: Verstand, S. 13Iff. Weiße, Christian Felix: Ein gutes Herz. In: Kinderfreund 20, 1781, S. 163ff. Zit. nach Dreßen, Wolfgang: Die pädagogische Maschine. Zur Geschichte des industrialisierten Bewußtseins in Preußen/Deutschland. Frankfurt am Main/ Berlin/ Wien 1982, S. 111.

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dem Markt verkaufen 225 oder Tiere dressieren und ihre Kunststücke vor reichen Herrschaften auffuhren 226 . Körperlich Behinderte seien immer noch in der Lage, in Heimarbeit Andachtsbildchen herzustellen 227 . Ein großer Kaufmann bringt einem armen Weber bei, wie man Schwefelhölzchen herstellt, anstatt für ihn ein Holzlos zu erwerben 228 . Diese Fertigkeit erlaubt es dem Mann, im nächsten Jahr Brennholz aus eigenen Mitteln zu kaufen. Den Söhnen einer Witwe verwehrt ein anderer Kaufmann das erbetene Almosen und ermöglicht ihnen stattdessen eine Ausbildung zum Korb- bzw. Strohflechter229. Diese Vorschläge zur Heimarbeit resultieren aus der Erfahrung, daß neben dem städtischen zünftigen Handwerk auch ein unzünftiges ländliches Gewerbe existierte, das als Hausindustrie im Verlagssystem Textilien, Kleineisenteile oder populären Wandschmuck produzierte. Die dafür notwendigen billigen Arbeitskräfte fanden die Verleger in den Angehörigen der auf Nebenerwerb angewiesenen unterbäuerlichen Schichten. Peter Marschalck betont allerdings, daß „Aufschwung und Ausbau der Hausindustrie im 18. Jahrhundert ... eine große Zahl neuer Erwerbsstellen geschaffen [hatte], deren ökonomisch Tragfähigkeit außerordentlich gering, aufgrund der Konjunkturabhängigkeit dauernd gefährdet und überhaupt nur dadurch zu bewahren war, daß alle Familienmitglieder in den Produktionsprozeß eingespannt waren" 230 . Armut gilt nicht als Freibrief, sich auf unrechtmäßige Art und Weise zu bereichern. Lohr illustriert das mit der Geschichte eines „redlichen" Vaters, der in höchster Not trotz großer Scham sich bettelnd durch die Straßen schleppt. Dabei findet er einen Geldbeutel, dessen Inhalt ihn und seine hungrige Familie gut und gern ein paar Wochen ernähren könnte. Dennoch bringt er das Portemonnaie zurück und erhält vom Besitzer, der die Situation erkannt hat, einen üppigen Finderlohn 231 . Auch soll nach Vorstellung der Autoren moralischer Geschichten solche Wohltaten nur derjenige annehmen, der sie wirklich braucht. Soviel Ehrlichkeit erwartet Johann Andreas Lohr, der in seiner

225 Schmidt: Die Maiblümchen. In: Ders.: Kurze Erzählungen, S. 88f. - Ders.: Lehrreiche, 182427, S. 82f., lOOf. 226 Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 153f. - Lohr: Mancherlei Begebenheiten, S. 158ff. 227 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 119f. 228 Zündhölzer mit einem Kopf aus Kaliumchlorat und Schwefelantimon wurden 1829 von J. Walker erfunden. Schmid hat diese Geschichte bereits in einer Neuauflage seiner „Lehrreichen Erzählungen" aus dem Jahr 1835 aufgenommen, S. 24ff. 229 Schmid: Stroh und Reisig. In: Ders.: Kurze Erzählungen, S. 23. 230 Marschalk: Bevölkerungsgeschichte Deutschlands, 1984, S. 23. 231 Lohr: Sitte, 1799: 51. Auch in der größesten Noth sey ehrlich und redlich, S. 98. - Weitere Beispiele: Armer Junge findet Geldbeutel, will ihn behalten. Vater bringt ihn aufs Fundamt. Dort hört der Finder, der den Verlust gerade angezeigt hat, daß dieser auf den Finderlohn verzichten will. Daraufhin überläßt der Reiche den Geldbeutel samt Inhalt dem Armen (Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 282ff.).

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Autobiographie schildert, wie ihm als kleiner Junge ein „Freitisch", also die Gratis-Verköstigung als Schüler angeboten wurde: „Die Aeltern und ich, schlugen sie aus. Den Aeltern schien es schimpflich, solches Anerbieten anzunehmen, da sie ja darüber keine Sorge hatten, wie sie mich beköstigen wollten. Hätten sie die Stelle angenommen, so wäre dadurch ein vielleicht ärmerer Schüler verdrängt worden, welcher solcher Wohlthat höchst bedürftig gewesen wäre. Das aber hielten sie nicht bios fur schimpflich mehr, sondern für wahrhaft sündlich, und ich meine, sie hatten Recht. Wohlthaten annehmen, deren man nicht bedarf, heißt, sie den Bedürftigen entziehen"232. Aufseiten der Wohlhabenden galt es zunächst, die neue aufklärerische Interpretation von Armut zu popularisieren. Ein Forum für die Abkehr von traditionalen Orientierungen bildeten u.a. die sog. „Patriotischen Gesellschaften", die häufig auch als Herausgeber „Moralischer Wochenschriften" fungierten, wie Frank Hatje fur Hamburg nachweisen kann 233 . Dort leistete bereits im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts die „Patriotische Gesellschaft" und deren Wochenschrift „Der Patriot" (1724-26) im Hinblick auf das Armenwesen dreierlei, wie Hatje ausführt 234 : „1. propagierte der ,Patriot' neben den traditionell christlichen auch philanthropische Motive für eine Hinwendung zu den Armen, der insbesondere in Form von Almosen ein fester Platz in einer vernünftigen, bürgerlichen ,Oeconomie' einzuräumen sei. 2. wertete der p a triot' das Bild des Besitzlosen auf: Dessen abstoßendes Äußeres zeuge nicht automatisch von einem moralisch verworfenen Charakter, für seine Armut gebe es objektive Ursachen, die nicht in einem lasterhaften Lebenswandel gründeten. Und 3. bereitete der ,Patriot' mit der Diskussion kameralistischer Überlegungen im Anschluß an J. J. Bechers politischen Diskurs' der Armenordnung von 1726/27 den Weg, deren Herzstück das Armencomptoir war" 235 . Es wurde als hochsubventionierte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Hausarme konzipiert mit einer sehr simplen Grundüberlegung: Wenn alle einheimischen Mittellosen mit einem notdürftigen Auskommen versehen seien, würden sie nicht mehr betteln, und dann seien diejenigen Bettler, die man auf den Straßen noch anträfe, Fremde, die man kurzerhand einsammeln und ausweisen könne 236 . Diese Rechnung ging offenkundig nicht auf. Das Armencomptoir entwikkelte sich zu einer „sechsten Almosencasse", die bis 1788 bestand und, wie es scheint, immerhin zu einer Veränderung in der bürgerlichen Einstellung 232 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, Nr. 46. Der angstvolle Auftrag, S. 208-214, hier S. 213. 233 Hatje: Armenwesen in Hamburg, 2000, hier S. 170f. 234 Zum Patrioten vgl. Martens: Die Botschaft der Tugend, 1968. - Scheibe: Der „Patriot", 1973. - Zur Rolle des Armenwesens fur die erste Patriotische Gesellschaft vgl. Urlaub: Förderung der Armenpflege, 1932, S. 18ff. 235 Hatje: Armenwesen in Hamburg, 200, hier S. 170f. 236 Proposition Ε. E. Rats an die Bürgerschaft 1725 Okt. 4. In: Klefeker, Johann: Sammlung der Hamburgischen Gesetze und Verfassungen. Bd. 1. Hamburg 1765, S. 408ff.

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gegenüber Armut und Armenfursorge in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beitrug. Die Ansätze, das traditionelle Armenwesen in aufgeklärtere Formen zu bringen, propagierten den Gedanken der bürokratischen Zentralisierung (gepaart mit einer tendenziellen Entkirchlichung), den Gedanken der „vernünftigen" Mildtätigkeit und drittens eine Ökonomisierung in der Wahrnehmung des Armutsproblems und seiner Bekämpfung. Was wir also als Prozeß der Aufklärung in bezug auf das Armenwesen in Hamburg bemerken, bezieht sich zunächst nur auf die Seite der „Geber", und hier lassen sich die Veränderungen durchaus messen. Den Vermögenden kommt die Aufgabe zu, ihr Kapital in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen. Sie sollen sich die Vergänglichkeit des Mammons vor Augen halten 237 . Geizig darauf sitzen zu bleiben, wäre der falsche Weg. Schmid lobt den, „der Geld und Gut besitzt,/Wenn er's für sich und andre wohl benützt" 238 . Carl Friedrich Bahrdt stellt in seinem „Handbuch der Moral" fest, daß „viel Geld haben, nur dann eine Ehre [ist], wenn man's gut und lobenswürdig anwendet" 239 . Vorbildlich agieren Gastgeber in den moralischen Geschichten, die anstelle von überteuerten Speisen im Laufe eines mehrgängigen Menüs auch einmal eine leere Schüssel auftischen und den Freunden anbieten, sie mit überteuerten Leckerbissen zu füllen, oder aber auf sie zu verzichten und das ersparte Geld den Armen zu stiften, wozu sich die vornehme Tischgesellschaft selbstredend entschließt 240 . Salzmann kleidet die Forderung nach finanziellem Engagement für die Unterschichten in die Geschichte zweier Bürger, die Fabriken gründen, in denen viele hundert Menschen Lohn und Brot finden241. Aus Neid auf den Profit, den sie erwirtschaften, kommt es unter den Arbeitern zu einem Aufruhr, in dessen Verlauf die Manufakturen schließen müssen. Die ehemals blühende Stadt verfallt. Ihre Einwohner werden in alle Winde zerstreut, einige lassen sich als Soldaten, andere als Kolonisten nach Rußland anwerben, und manche bringt der Kollaps der Firmen gar an den Bettelstab. 237 Schmid: Der Pilger. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 14. 238 Ebd.: Der Affe, S. 45. 239 Bahrdt, Carl Friedrich: Handbuch der Moral für den Bürgerstand. Halle 1789. Faks.-Neudr. Vaduz 1979, Teil II, Kap. 3, S. 202-205. Bahrdt führt einen wohlhabenden Bürger ins Feld, der allzeit sauber, aber schlicht gekleidet, sein Geld beiseite legt, um anderen im Notfall zur Seite zu stehen. Das macht vermittelt ihm auf Dauer größerer „Himmelwonne", als mit „Brabanter Spitze, seidnen Kleider[n], und brokatnen Mützen" zu prahlen. - Dasselbe Motiv vgl. Lohr: Sitte, 1799: 13. Wer im Kleinen spart, kann im Großen geben; oder, die Herzogin von Kingston, S. 31. 240 Lohr: 7. Wovon sollen wir Gutes thun? In: Ders.: Sitte, 1799, S. 20. - Dasselbe Motiv bei Schmid: Die kostbaren Fische. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 48f. - Ders.: Teuere Fische. In: Ders.: Lehrreiche, S. 160f. 241 Salzmann, Christian Gotthilf: Die Reichen sind nützlich, wenn sie ihr Geld gut anwenden. In: Moralisches Elementarbuch. Zweyter Theil. Neue verbesserte Auflage. Leipzig 1795, S. 345ff. - Die Geschichte ist zuerst in einem seiner Elementarbücher 1783 erschienen.

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Die moralischen Geschichten plädieren im Umgang mit den Armen für eine „vernünftige Wohlthätigkeit", welche die christliche Barmherzigkeit ablösen sollte242. Mit der Barmherzigkeit, die man im 18. Jahrhundert als unüberlegtes Spenden von Almosen auffaßte, verband sich noch im 17. Jahrhundert für die Reichen die Möglichkeit, ihre Sünden abzugelten. Diese Bedeutung verlor die Barmherzigkeit für die bürgerliche Gesellschaft völlig, da der durch die eigene Arbeitsleistung erworbene Gewinn des Bürgers keiner Rechtfertigung bedurfte. Die Tatsache, daß „vernünftige Wohltätigkeit" vor allem bei Kindern, der Zukunft der Gesellschaft, ansetzt und die vermeintlichen Ursachen des Elends auszuräumen versucht, macht Wohltätigkeit gesellschaftspolitisch effektiver als Barmherzigkeit. Man ermöglicht ihnen eine Ausbildung 243 , schenkt ihnen (abgetragene) Kleider 244 , Brot245 oder Bücher, damit sie sich selbst einen Platz in der Gesellschaft erarbeiten können. Der aus Straubing stammende Zollbeamte Franz Xaver Herzer (1758-98) veröffentlichte eine Aufstellung von Aussteuer-Stiftungen, die armen Mädchen die Eheschließung erlaubten 246 . Ehebeschränkungen waren bis weit ins 19. Jahrhundert gang und gäbe247. Sie gingen maßgeblich zurück auf den ersten 242 Lohr: Sitte, 1799, widmet dem Wohltätigkeitsprogramm ein ganzes Kapitel: Erste Abtheilung: Wohlthätigkeit, Güte, Härte, Geiz Aedelmuth: 1. Es giebt viel Unglückliche (S. 1) - 2. Die Negersklaven (S. 5) - 3. Der wohlthätige Knabe (S. 10) - 4. Leopold, oder das gutherzige Kind (S. 13) - 5. Dorothee, oder die wohlthätige Magd (S. 16) - 6. Was hilfts denn, Armen Gutes zu thun? (S. 18) - 7. Wovon sollen wir Gutes thun? (S. 20) - 8. Die wohlthätige Konkordie (S. 21) - 9. Eduard (S. 23) - 10. Herr Gutmann; oder, erquicke die Armen mit deinem Ueberfluß (S. 24) - 1 1 . Härte und Ueppigkeit (S. 26) - 12. Die guten Kinder; oder, man muß auch mit Aufopferung seines Vergnügens wohlthätig seyn (S. 27) - 13. Wer im Kleinen spart, kann im Großen geben; oder, die Herzogin von Kingston (S. 31) - 14. Noch ein Beispiel zur Ueberschrift der vorigen Geschichte (S. 32) - 15. Nicht jeder ist wohlthätig, der den Armen gibt; oder, Frau Heinen (S. 34) - 16. Erst die Menschen, dann die Thiere, oder Frau Meinert (S. 35) - 17. Herr Friedrich; oder, nicht jeder ist wohlthätig, der zu Zeiten viel gibt, s. Nr. 15 (S. 36) - 18. Meister Peter; oder, wie hart der Geiz ist (S. 38) - 19. Der Fehler im Testament (S. 41) - 20. Großmuth; oder, die Herzogin von Villacerf (S. 42) - 21. Der großmüthige Neger auf Jamaika (S. 43) - 22. Aedle Gesinnungen einer armen Obsthändlerin in Paris (S. 45). 243 Vgl. das Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Kind, tugendhaftes", S. 416f. 244 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 112. - Späth: 110 moralische Erzählungen, 1840, S. 31 f., S. 47f. 245 Schmid: Das kleinste Brot. In: Kurze Erzählungen, S. 11. - Ludwig Herzog von Burgund, Schüler Fénelons, läßt bei Hungersnot aus eigenen Mitteln Brot fur die Armen kaufen und verkauft sogar sein brillantbesetztes Kreuz, als er selbst kein Geld mehr hat (vgl. Schmid: Lehrreiche, S. 212f.). 246 Herzer: Nachricht von Stiftungen, 1792. - Vgl. auch die Geschichte von König Gustav III. von Schweden, der inkognito reist und ein armes Bauernmädchen am Dorfbrunnen beobachtet. Er folgt ihr nach Hause und erfährt, daß sie ihre kranke Mutter hingebungsvoll pflegt. Sein Angebot, mit ihm nach Stockholm zu kommen, lehnt sie wegen dieser Verpflichtung ab. Der König verschafft den beiden eine lebenslange Rente und finanziert die Aussteuer der jungen Frau (Plieninger, o.J., Nr. 11, S. 17-21). 247 Vgl. Matz: Pauperismus und Bevölkerung, 1980.

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Bevölkerungswissenschaftler Thomas Malthus (1766-1834). Dieser vertrat in seinem „Versuch über das Bevölkerungsgesetz" (1798) die heute widerlegte Ansicht, die einzige Methode, die Geburtenraten zu senken, bestehe darin, die Menschen - entsprechend dem so genannten preventive check - an der Heirat zu hindern248. Zu den Maßnahmen, die eine Eheschließung abwenden sollten, zählten wirtschaftliche Voraussetzungen: So wurden Paare gezwungen, zunächst eine bestimmte Summe Geldes fur die Heirat zu sparen. Eine andere Methode waren religiös und kulturell begründete Praktiken, die bestimmten Gruppen die Heirat verboten. In Augsburg versorgt, wie im Kapitel über die Ständegesellschaft schon erwähnt, eine Bruderschaft alljährlich Notleidende mit Brennholz249, andere verschaffen ihnen eine lebenslange Rente250 oder eröffnen einem mittellosen Handwerker die Möglichkeit, sich einen Vorrat an Arbeitsmaterial zu beschaffen, um das Geschäft in Gang zu bringen251. Eine Fürstin bürgt für einen alten Mann und verhindert, daß er Haus und Garten verliert252. Für die schwerkranke Witwe ihres Gärtners organisiert eine Schloßherrin einen Arzt253. Ein wandernder Handwerksbursche, der sich - ernsthaft erkrankt - , in einem Gasthaus niederlegt, wird aus den Mitteln der Bruderschaft gepflegt und finanziell unterstützt254. Das Kind eines Soldaten, dessen Frau während eines Kriegseinsatzes des Mannes niederkommt und bei der Geburt stirbt, erhält eine Pflegefamilie 255 . Lohr berichtet von seiner Bestürzung als Schuljunge, als er Anfang der 1770er Jahre nach längerer Pause sich wieder einmal ein Brötchen für die Schulpause kaufen wollte, und sein Taschengeld dafür nicht mehr ausreichte. Wegen der grassierenden Hungersnot infolge von Mißernten war es zu großen Teuerungen gekommen 256 . Er beruhigt sich erst wieder, als sein Vater ihm versichert, daß die Nachbarskinder keinen Hunger leiden müßten, da „die Wohlhabenden die Armen unterstützen" 257 . Jenseits der Nachbarschaftshilfe versuchten die Volksaufklärer der Not in großem Stil beizukommen durch die Einführung neuer landwirtschaftlicher Techniken und Pflanzen, wie Kartoffeln und Klee, durch gezielte Gewerbe-

248 Vgl. Birg, Herwig: Ist Helfen unmoralisch? Wie eine falsche Theorie überlebt: Vor zweihundert Jahren stellte Thomas Robert Malthus das „Bevölkerungsgesetz" auf. In: FAZ, 4. März 1998, Nr. 53, S. N6. 249 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 112f. 250 Ebd. 251 Wening: Erzählungen, 1784, S. 41-47. 252 Schmid: Lehrreiche, S. 91-96. 253 Ebd., S. 98. 254 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 113. 255 Ebd. 256 Vgl. Abel: Massenarmut und Hungerkrisen, 2 1977, hier bes. „Die Teuerung am Ende des 18. Jahrhunderts", S. 31-35 sowie „Eine Krisis des 18. Jahrhunderts (1771/72), S. 46-54. 257 Lohr: Nr. 24: Die theure Zeit. In: Ders.: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 79-82.

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förderang, die Errichtung von Manufakturen und Arbeitshäusern 258 . Es stellte sich jedoch heraus, daß der Nutzen dieser Infrastrukturmaßnahmen abhängig war von der Arbeitswillig- und -fähigkeit der Bauern und Handwerker. Denen waren diese Maßnahmen aber nicht nur deshalb suspekt weil sie den Sinn nicht wirklich verstanden, sondern auch, weil für sie mehr Produktion nur höhere Abgaben bedeutete. Es wurde erkannt, daß die Lösung des Armutsproblems von einem Mentalitätswandel der Besitzlosen abhängig war, der dazu fuhren sollte, daß die Untertanen aus eigenem Antrieb fortschrittlicher und arbeitsamer wurden und nicht mehr nur am Althergebrachten hingen. Eine weitere Säule der Armenbetreuung und -förderung bildete das stark ausgeprägte Stiftungswesen der Zeit, das im Folgenden näher beleuchtet wird. Die Tradition des Stiftungswesens reicht bis in das Mittelalter, wobei, wie bereits ausgeführt, im 18. und 19. Jahrhundert nicht mehr das Gebot der Barmherzigkeit den Anstoß für teilweise beträchtliche Stiftungen lieferte. In besonderer Weise engagierten sich in einzelnen Städten jüdische Mitbürger259. Der Straubinger Zollbeamte Franz Xaver Herzer (1758-1798) schildert auf 60 Seiten seiner „Nachricht von Stiftungen" in Form moralischer Geschichten detailliert die zu seiner Zeit neu eingeführten Tugendfeste zur Auszeichnung und Förderung vorbildlich auftretender junger Menschen 260 . Man erfährt bei ihm, welche Bedingungen erfüllt werden mußten, um als tugendhafteste Jungfrau gewählt zu werden, wie die Wahlgremien zusammengesetzt und welche Preise ausgelobt waren, wie die Feste abliefen. Der Regierende Fürst Leopold II. Friedrich Franz von Dessau („Vater Franz") richtete am 24. September 1779, dem Geburtstag seiner Gemahlin Luise, auf dem Anger von Wörlitz erstmals ein „wohlthätiges Freudenfest" für dreißig erwachsene Landmädchen aus, „welche als die vorzüglichsten durch ihre Arbeitsamkeit und gute Aufführung" von den Hausvätern des Dorfes ausgewählt wurden, um zur Ausstattung vom Lan des vater jedes 150 Thaler zu erhalten" (S. 19). Bis zur Eheschließung erhielten sie jährlich siebeneinhalb Taler Zinsen aus dieser Summe. Am Festtag selbst schenkte die Fürstin jeder „zwei Pack Kleider, einen in bunt, einen in schwarz". Sie wurden bekränzt wie Bräute und reichlich bewirtet. Im darauffolgenden Jahr wurden die Statuten dahin-

258 Zu den Anstrengungen der hier besprochenen Autoren moralischer Geschichten auf diesem Gebiet vgl. oben das Kapitel „Volkslehrer", S. 68-111. - Zu den „Arbeitshäuser" vgl. das Kapitel „Fleiß und Müßiggang", S. 332-342, hierbes. S. 334f. 259 Zur Stiftungskultur des 19. Jahrhunderts richtete der Wolfenbütteler Arbeitskreis für Bibliotheks-, Buch- und Mediengeschichte vom 15.-17. Oktober 2001 das dritte deutsch-britische Seminar zum Thema „Mäzenatentum für Bibliotheken/Philanthropy for Libraries" aus (Leitung: Alistair Black, Peter Hoare, Peter Vodosek). 260 Vgl. Alzheimer-Haller: Rosenkavalier und Tugendjungfrau, 2004, hier S. 115-121.

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gehend ergänzt, daß ledig bleibenden Ehrenjungfrauen das Geld überlassen wird für einen Grundstückskauf. Außerdem ging man dazu über, die Mädchen ein Jahr vor dem Fest bereits zu wählen in der Hoffnung, daß sie bis zu dem großen Tag einen Bräutigam finden und sich im Anschluß an die Ehrung sofort trauen lassen. In diesem Fall stiftete Fürstin Luise auch noch das Brautkleid. Diese Feste gingen als so genannte „Drehberg-Spiele" in die Ortsgeschichte ein und fanden bis in die 1790er Jahre regelmäßig statt261. Inwieweit die reisefreudige Fürstin - sie hatte Frankreich, Italien, die Schweiz und England besucht und gehörte zum großen Freundeskreis um den Schweizer Theologen Lavater - selbst für die Einrichtung dieses Festes gesorgt hatte, mag demnächst die Auswertung ihrer 4500 Seiten umfassenden Tagebücher erhellen 262 . Franz Xaver Geiger weiß aus Pfullendorf im Großherzogtum Baden zu berichten, daß dort „am 22. Hornung 1787" die Waltersche Familie viertausend Gulden stiftete. Aus diesem Geld erhielten jedes Jahr bürgerliche Kinder „mit gutem Ruf und nicht mehr als siebzig Gulden Vermögen drei Geldpreise". Die Knaben sollten sich so eine Ausbildung in einem Handwerksberuf finanzieren; die Mädchen stockten ihre Aussteuer damit auf 263 . Andernorts wurden besonders tugendhafte Mädchen durch öffentliche Überreichung von Preisen und Blumen ausgezeichnet. Diese Art der Ehrung soll auf einen Brauch im französischen Dorf Salency zurückgehen, wo angeblich schon seit dem 12. Jahrhundert ein Rosenfest zur Ehrung musterhafter Jungfrauen gefeiert wurde 264 . Auf diesen französischen Brauch berief sich der Rudolstädter Geheime Rat Christian Ulrich von Ketelhodt 265 , als er 1768 „ein Kapital von sechs hundert

261 Frdl. Auskunft von Holger Zaunstöck, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vom 17.9.2003. Zaunstöck und Wilhelm Haefs haben am 25.10.2003 im Namen der DessauWörlitz-Kommission zu einer Tagung über „Luise von Anhalt-Dessau und die Fürstinnen der Aufklärung" ins Schloss Georgium nach Dessau eingeladen. Die Publikation der Referate ist für 2004 in der Kommissionsreihe vorgesehen. - Zum Milieu, in dem Luise sich bewegte vgl. Hirsch, Erhard: Die Dessau-Wörlitzer Reformbewegung im Zeitalter der Aufklärung (= Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 18). Tübingen 2002. 262 Zum bewegten Leben der Fürstin vgl. demnächst den Tagungsbeitrag von Uwe Quilitzsch: Fürstin Luise von Anhalt-Dessau. Konturen einer Biographie. 263 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 106f. 264 Vgl. Herzer: Nachricht von Stiftungen, 1792, S. 1-16. Er bezieht diese Informationen möglicherweise aus „Legende für den gemeinen Mann", Bd. III (1789), S. 195-198. Das Rosenfest von Salency wird ferner geschildert bei Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch 1798, S. 100-103. 265 Christian Ulrich von Ketelhodt (1701-1777), Schwarzburgischer Kanzler und Konsistorialpräsident. Von Ketelhodt stammte aus Güstrow und hatte in Rostock Staatswissenschaften studiert. Er kam 1726 als Hoijunker des Fürsten Friedrich Anton von Schwarzburg-Rudolstadt nach Rudolstadt und machte hier eine steile Karriere. Der sehr fleißige und rechtschaffene von

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Thalern angelegt, zu dem Ende, daß von seinen Unterthanen im Dorfe Lichstädt alle Jahre ein Rosenfest sollte gefeyert werden" 266 . Unter den 16 bis 30 Jahre alten Lichstedter Mädchen und jungen Frauen wurde eine von untadeligem Ruf erwählt, die zum Fest den Gutsbesitzer in dessen Kirchstand begleitete, in einer Rede des Pfarrers Lob und einen Kranz aus Rosen empfing und vom Gerichtsherren einen Geldbetrag erhielt. Nach dem Kirchgang wurde die Rosenbraut mit sechs Freundinnen im Herrschaftshaus bewirtet. Unterdessen kegelten die jungen Burschen des Ortes um das Rosenmädchen. Wer den Rosenkegel umgelegt hatte, durfte als Rosenbräutigam mit der Rosenbraut den Tanz eröffnen, an dem die Herrschaft und die gesamte Dorfbevölkerung teilnahmen. Das Fest wurde in Lichstedt bis 1938 gefeiert und fand seit 1985 noch viermal statt267. Vorsichtige Geister lehnten solche Feste allerdings schon zu ihrer Blütezeit, also im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert, ab. Ein Pfarrer aus Neuburg, der 1801 Friedrich Schlez' „Geschichte des Dörfleins Traubenheim" für Katholiken bearbeitet hat, lässt den Bürgermeister das Ansinnen zweier adliger Damen zur Einführung eines Rosenfestes ablehnen. Er könne leicht ein „ganzes Dutzend braver Töchter ... nennen; aber die allerbravste, wer mag die bestimmen?" 268 Die Wahl eines Rosenmädchens löse bei den Mitbewerberinnen Neid aus und verführe sie zum Lästern. Das Rosenmädchen selbst aber stünde fortan unter ständiger Beobachtung; es werde genügend Menschen geben, die versuchten, ihm „einen Schandfleck anzuhängen" 269 . Das vorgesehene Preisgeld sei besser angelegt in der Beschaffung deutschsprachiger Gesangbücher für die Pfarrgemeinde. Freilich galt es, bei wohltätigen Stiftungen gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu beachten, um nachhaltige Erfolge zu erzielen270. Die Verfasser moralischer Geschichten empfehlen, den Minderbemittelten kein Bargeld an die Hand zu geben, sondern ihnen mit Sachmitteln unter die Arme zu greifen, bzw. ihre Rechnungen direkt beim Bäcker, Schuhmacher, Schneider, oder Bauern zu begleichen. Auch geht es nicht ohne Kontrolle. Die Bruderschaften bestimmen jeweils ein Mitglied, das mit den Lehrherren ihrer Schützlinge regelmäßig Rücksprache hält, um sich davon zu überzeugen, daß die Investition nicht vergeblich ist. Geiger resümiert am Ende seines „Hauptstücks" über „milde Stiftungen und Vermächtnisse":

266 267 268 269 270

Ketelhodt genoß hohes Ansehen, und hat sich durch mehrere großzügige Stiftungen und Schenkungen bleibende Verdienste erworben. Lichstedt/Thüringen, fünf Kilometer nordwestlich von Rudolstadt gelegen und 1997 dorthin eingemeindet. Frdl. Mitt. von Frau Bähring, Stadtarchiv Rudolstadt, 27.3.2001. Schlez: Geschichte des Dörfleins Traubenheim, kath. Ausgabe, 1801, S. 236-239, hier S. 237. Ebd., S. 238. Vgl. Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], 6. Hauptstück, 2. Anhang: Von milden Stiftungen und Vermächtnissen, S. 96ff.

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„Der edle Zweck dieser nachahmungswürdigen Gesellschaft ist kein anderer, als den leidigen Bettel und den schändlichen Müßiggang aus der Klasse der ärmern Bürger gänzlich zu verbannen, und aus denjenigen Armen, die aller Hülfe und Unterstützung beraubt sind, fleißige Handwerksleute und nützliche Bürger zu machen"271. Um die Bessergestellten zu Freigiebigkeit zu animieren, verspricht man ihnen „Wohltun" trage Zinsen 272 . Vorgeführt wird das Beispiel einer Gutsbesitzerstochter, die sich um das kranke Kind eines Tagelöhners kümmert. Dieses verhindert nach seiner Genesung, durch einen glücklichen Zufall, daß die gesamte Familie ihrer Wohltäterin einem Raubüberfall zum Opfer fallt273. Bei einem Feuer helfen die Armen, das Haus ihres Wohltäters zu retten, während das des hartherzigen Nachbarn ungehindert abbrennt 274 . Anderen wird ihre Großzügigkeit dadurch vergolten, daß sie von den einst Unterstützten aus höchster Lebensgefahr (Ertrinken, Abstürzen, ins Eis einbrechen usw.) gerettet werden 275 . Wer selbst wenig besitzt, es aber dennoch mit vermeintlich verarmten Verwandten selbstlos teilt, wird überrascht durch die Offenbarung, daß es sich nur um eine Probe gehandelt hat und erhält ein ansehnliches Vermögen 276 . Umgekehrt kann er sich aber auch um die erhoffte Erbschaft bringen, indem er sich seinen als Bettler verkleideten Verwandten gegenüber hartherzig zeigt277. Auch wer nicht über große Reichtümer verfügt, ist aufgerufen, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu helfen 278 . Eine Frau, die sich mühsam mit Spinnen ernährt, besucht eine kranke Freundin. Als Gastgeschenk bringt sie ein paar Äpfel mit. Mehr hat sie nicht zu bieten. Die Genesende teilt aus Dankbarkeit über die Zuwendung in schwerer Zeit bald darauf eine unverhofft eingetroffene Erbschaft mit der guten Frau279. Trotz aller Anstrengungen steht zu befürchten, daß die viel zitierte Sozialdisziplinierung in der Welt der Unbemittelten noch lange Zeit nur auf dem Papier stattfand. Diesen Schluß lassen zumindest die 6000 „Lebensläufe der Armut" zu, die der amerikanische Wirtschaftshistoriker Thomas Safley aufgrund der im Augsburger Stadtarchiv aufbewahrten Akten der Evangelischen Waisenhausstiftung aufgedeckt hat280. Otto Ulbricht beschreibt 1994 in der

271 Ebd., S. 98. 272 Schmid faßt dieses Versprechen in die „Moral": „Gebt, so wird auch euch gegeben,/ Hier und dort im bessern Leben." Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 220. 273 274 275 276 277 278 279 280

Ders.: Die Maiblümchen. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 88f. Lohr: 6. Was hilft's denn, gutthätig zu seyn? In: Ders.: Sitte, 1799, S. 18ff. Späth: 110 moralische Erzählungen, 1840, S. 33f. Moser: Recht muß doch recht bleiben. In: Ders.: Lesebuch, Bd. VI, 1786, Kap. 7. Schmidt: Der Krieger. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 86f. Ders.: Die Bienen. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 19f. Ders.: Die wohltätige Anne. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27:, S. 90f. Vgl. [loi:] Lebensläufe der Armut. In: Augsburger Allgemeine, 16.8.2001.

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Zeitschrift „Historische Anthropologie" am Beispiel des 1746 in Berlin geborenen Johann Gottfried Kästner die Schlupflöcher, die ein „ganz normaler Bettler" des 18. Jahrhunderts zwecks Umgehung obrigkeitlicher Disziplinierungsmaßnahmen zu nutzen wußte 281 . Er erlernte bei seinem Vater den Beruf des Schlachters, konnte sich aber, wie viele andre Handwerkersöhne auch, nicht als Meister etablieren. Auf seiner Wanderschaft als Geselle verwandelte er sich Schritt für Schritt in einen Bettler. Sein blindes rechtes Auge und sein behinderter Arm trugen dazu bei. 1776 wurde er in Osnabrück festgenommen. Anhand der Verhörprotokolle rekonstruiert Ulbricht seine Geschichte und Profession. Kästner hatte sich mit einer gefälschten landesherrlichen Genehmigung zum Betteln, einem sog. „Bettelbrief 1 , den Zugang zur Stadt erschlichen. Er trug gute Kleidung und quartierte sich gemeinsam mit seiner Begleiterin in einem besseren Wirtshaus ein. Zum Betteln trug er die passende Garderobe. Dem ehemaligen Schlachtergesellen waren die Almosen der Handwerker sicher. Da es keine Versicherung für den Fall der Invalidität gab, konnte ihnen ja ein ähnliches Schicksal widerfahren. In der Tat verschafften sich viele gestrandete Gesellen und Lehrlinge ihren Lebensunterhalt im Bettlergewerbe. Daher finden sich dort auch manche Bräuche des Handwerks wieder. Kästners Kultur war keine „Gegenkultur", eher eine Widerspiegelung der Welt, aus der er gekommen war. Er hatte vor, seine Begleiterin zu heiraten, eine dreißigjährige Witwe, die er offenbar liebte. Auch führte er zwei Kollektenhefte, in denen er Wichtiges notierte, etwa den Titel des verbreiteten Erbauungsbuches „Wahres Christenthum" von Johann Arndt 282 . Kästners Einnahmen überstiegen die eines Tagelöhners. Er führte mehrere gute Kleidungsstücke mit sich. In Osnabrück bezahlte er nicht nur seine Zeche ordentlich, sondern kaufte in den wenigen Tagen, in denen er dort war, sogar Stoff und ein Paar Frauenschuhe. Obwohl es Bettelverbote im Deutschen Reich gab, konnten Bettler ihrer Profession relativ unbehelligt nachgehen. Die Torwächter, Armen- und Bettelvögte, die zu ihrer Kontrolle abgestellt waren, gehörten der gleichen Schicht an. Sie waren schlecht bezahlt, überlastet und oft bestechlich. Das mag erklären, warum ihnen Kästners schlecht gefälschte Papier nicht auffielen. Erst ein Bürgermeister kam ihm eher zufällig auf die Schliche. Aber auch vor dem Zuchthaus brauchten Bettler kaum Angst zu haben: Nach zwei Tagen war Kästner wieder frei.

281 Ulbricht, Otto: Die Welt eines Bettlers um 1775. In: Historische Anthropologie 2 (1994), H. 3, S. 371-398. 282 Vgl. die Neubearbeitung durch Jacob Friedrich Feddersen u.d. T. „Betrachtungen und Gebete über das wahre Christentum" (Neubearb. der „Vier Bücher vom wahren Christentum" des Johann Arndt). 3 Tie., Leipzig 1777-79. - Zur Bedeutung und Geschichte des Arndtschen Originals vgl. oben Kapitel „Forschungsstand und neue Perspektiven".

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Die Wahrnehmung von Armut und ihren Ursachen hatte sich gegenüber der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts grundlegend gewandelt 283 . Der „normale" Arme, der im traditional geprägten Armenwesen legitimerweise unterstützt wurde, war alt, krank, invalide, weiblich oder Kind, hatte einen festen Wohnsitz und nicht selten ein kleines festes Einkommen. Arbeitsfähige Erwerbslose traten, soweit sie nicht als „verschämte Arme" einer Unterstützung würdig waren, als Bettler in Erscheinung, wurden als solche nach Möglichkeit stigmatisiert und ausgegrenzt: Ihre Armut - so der Tenor - beruht auf Müßiggang und Laster. Ende der 1780er Jahre wurde die Prioritätensetzung umgedreht. Fremde Bettler spielen in den Akten der Armenanstalten nur noch eine marginale Rolle. Im Zentrum steht stattdessen der „homo oeconomicus" und mit ihm die Beobachtung, daß Armut wirtschaftsstrukturelle wie konjunkturelle Ursachen habe, daß alle Untugenden der Unterschichten Folgen, nicht Ursachen der Armut seien. Zum Normalfall wurde nun derjenige, der sich von seiner Hände Arbeit nur deswegen nicht ausreichend ernähren konnte, weil die Löhne im Sommer nicht ausreichten, um Rücklagen für den Winter zu machen, wenn eine Vielzahl der Erwerbszweige fur ungelernte Arbeiter brach lagen 284 . Im frühen 19. Jahrhundert wurde Armut und ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit mehr und mehr als fremd und bedrohlich wahrgenommen 285 . Geistliche entwickelten im Rahmen der Volksaufklärung neue Formen der Armenfürsorge und steigerten ihre Aktivitäten auf dem Feld der Prophylaxe und der Verminderung der Armut. Ebenso wie im Bereich der Arbeitserziehung mußte also auch bei der ArmutsVerhütung zunächst eine jahrhundertealte Armutsethik in der Bevölkerung abgebaut werden.

283 Vgl. auch Hatje: Armenwesen in Hamburg, 2000, S. 177. 284 Hatje: Johann Georg Büschs Konzept, 1992, S. 35ff. mit den entsprechenden Nachweisen. 285 Vgl. Hüchtker: „Elende Mütter" und „liederliche Weibspersonen", 1999.

1.3 Mensch und Tier Die FAZ vom 13.1.1999 berichtet: „Unter dem Dach der [Tübinger Stifts-]Kirche, der Grablege des Hauses Württemberg, hat der Tierschutzverein 140 Nistplätze einrichten lassen, in denen 280 Tauben Unterschlupf finden. Ein vom städtischen Sozialamt bezahlter Langzeitarbeitsloser hat die Aufgabe, die in den Nestern liegenden Taubeneier durch Gipsattrappen auszutauschen. Dadurch soll der Vermehrung der Tauben Einhalt geboten werden". Es ist kein Zufall, daß solche Aktionen gerade in Tübingen stattfinden, denn die Stadt am Neckar gilt als Wiege des Tierschutzes in Deutschland seit den Tagen der Volksaufklärung, als man begann, systematisch dafür zu werben, Tiere - wie schon im Alten Testament gefordert (Genesis 1 - 2,4 a. u. 2,4 b - 25) - als „Mitgeschöpfe" zu respektieren 286 . In Tübingen wirkte der pietistische Geistliche Christian Adam Dann (1758-1837), der als Pionier der heutigen Tierschutzbewegung betrachtet werden kann 287 . Er trat mit zwei Schriften für den Tierschutz ein und initiierte damit die Gründung von Vereinen zur Bekämpfung der Tierquälerei 288 . Noch in seinem Todesjahr rief sein Freund und Kollege Albert Knapp in Stuttgart den ersten Tierschutzverein Deutschlands ins Leben. Sie setzten durch, daß in die Dienstbotenordnungen die Forderung aufgenommen wurde, „daß sich die Dienstboten aller und jeder Thierquälerei zu enthalten haben" 289 . Tiergeschichten dienen in der Aufklärungs-Literatur zum einen als flankierende Maßnahme fur den im ausgehenden 18. Jahrhundert aufkeimenden Tierschutz-Gedanken bei gleichzeitiger Betonung der Nützlichkeit von Tieren. Zum anderen sollen entsprechende Erzählungen die Einsicht in die Notwendigkeit vermitteln, sich dauer- und ernsthaft der im utilitaristischen Zeitalter als notwendig erkannten Aufgabe von Tierpflege und -fütterung zu widmen. Kant vertrat in seiner „Tugendlehre" der „Metaphysik der Sitten" die Ansicht, der Mensch schade sich selbst, wenn er brutal oder gleichgültig mit Tieren umgehe. Neben den hier zu behandelnden moralischen Geschichten existieren in der sittlich-moralischen Literatur des 18. und frühen 19. Jahrhunderts weiterhin die traditionellen Fabeln mit Tieren als Vorbild und Lehrmeister 290 . Die aus 286 Dahlke: Zum theologischen Hintergrund des Begriffes „Mitgeschöpf', 1993, S. 3ff. 287 Auch in Sachsen und Bayern wurden ab 1838 Tierschutzbestimmungen eingeführt. 288 Dann, Christian Adam: Notgedrungener Aufruf zur Linderung des unsäglichen Leidens der in unserer Umgebung lebenden Tiere. Tübingen 1833. - Ders.: Bitte der armen Tiere, der unvernünftigen Geschöpfe, an ihre vernünftigen Mitgeschöpfe, die Menschen. Tübingenl822, 2 1838. 289 Zit. n. Sambraus: Geschichte des Tierschutzes, 1997, S. 5. 290 Zur Textsorte Fabel vgl. folgende grundlegenden Arbeiten: Leibfried: Fabel, 1967. - Dithmar: Die Fabel, 8 1997 sowie oben meine Ausführungen im Kap. 5.1. Charakterisierung der Textsorte „moralische Geschichte".

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der Antike dem Mittelalter vermittelte Tierfabel ist schon immer moralisch gewesen 291 . Doch wegen ihrer nicht menschlichen, sondern fiktionalen und also für märchenhaft empfundenen Gesellschafts-schilderung paßte sie nicht ins barocke Theatrum mundi der höfischen Literaturdoktrin mit ihren Fallhöhen der hochadeligen Helden und Heiligen. Seit Martin Opitz (1597-1639) galt die Fabel als Fischweibergewäsch. Erst der Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) hat sie rehabilitiert als didaktisch verwendbare moralische Erzählung. Doch nur die Volkskundler - hier wieder Elfriede Moser-Rath - haben gewußt, daß sie im Barock weiterlebte bei den Homileten, den Predigern fürs Volk 292 . Kurz: die Fabel war zur Zeit der Volksaufklärung eine gerade erst wieder literartheoretisch akzeptierte Erzählform geworden, weil sie moralische Lehren verbreitet, denn die Tiergestalten stehen für menschliche Charaktere. Das ist die aus dem 16. Jahrhundert bekannte Argumentation mit Beispielen fremder Völker, wobei „ethnisch" vom biblischen Ethnos herkommt und die Heiden meint, denn nur die sind die wirklich Fremden. Unser modernes Empfinden, wonach „Tiere die besseren Menschen" sind, das Wolfgang Brückner einst dem für seine Fernsehreihe „Ein Platz für Tiere" (1956ff.) vielfach ausgezeichneten Frankfurter Zoologen Bernhard Grzimek (1909-1987) als Botschaft unterstellt hat293, stammt aus dem 19. Jahrhundert von "Brehms Tierleben" und seiner Anthropomorphisierung der Tierwelt durch menschliche Epitheta. Die heutige Zoologie hat das längst kritisch durchschaut, aber die Modewelle falscher Rezeption der Ethologie vor einem Vierteljahrhundert wollte vom Tierverhalten direkt auf den Menschen schließen. Der Versuch der Grünen, den Tierschutz im Grundgesetz zu verankern, ist für manche Bürger heute noch ein Ziel. Daß wir es hier mit Kulturkonstrukten zu tun haben, zeigen die Tübinger Untersuchungen über Fremdheitsstereotypen oder Kulturschock-Erfahrungen, bei denen ein Afrikaner seine Erfahrungen mit Hunden in Deutschland niedergeschrieben hat. In seiner Heimat zählen sie zu den verachtetsten Wesen, während man für sie hierzulande Schönheitssalons betreibt, Diätpläne entwickelt und eigene Friedhöfe anlegt 294 . Obwohl das innige Verhältnis des heiligen Franz von Assisi (1182-1226) zu den Tieren aufgrund zahlreicher Legenden weithin geläufig war und als vorbildlich galt295, beriefen sich Christen im Umgang mit Tieren seit dem 13. Jahrhundert mehrheitlich auf Thomas von Aquins Diktum, "daß nur der

291 Vgl. Moser-Rath, Elfriede: Die Fabel als rhetorisches Element in der katholischen Predigt der Barockzeit. In: Hasubek: Die Fabel, 1982, S. 59-75. 292 Vgl. „Ostermärlein von einem Wolff". In: Moser-Rath, Predigtmärlein, 1964, S. 129f.; „Ein sich aufblähender Frosch zerschnöllet". In: ebd., S. 160f.; „Fabel von der Zusammenkunft! der Thier". In: ebd., S. 363-368 und viele andere mehr. 293 Brückner: Der Mensch als Kulturwesen, 2000, S. 20. 294 Ndonko: Deutsche Hunde, 2002, hier S. 53. 295 Wagner, Fritz: Franz von Assisi, hl. In: EM V (1987), Sp. 92-97, hier Sp. 94f.

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Mensch ein beseelter Leib sei, nicht jedoch das Tier" 296 . Der sogenannte „Herrschaftsauftrag" des Menschen über die Tiere resultiert aus den ersten beiden Schöpfungsberichten der Genesis und scheint eng verbunden mit der Gott-Ebenbildlichkeit des Menschen: „Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen" (Gen l) 297 . „Alle Tiere und Kreaturen", so meinte Martin Luther in seiner 1536 erschienenen Schrift „Disputation über den Menschen", „sind geschaffen, daß wir an ihnen lernten Gott erkennen und furchten" 298 . Er glaubte sogar, „daß auch die Belferlein, die Hündlein, in den Himmel kommen und jede Kreatur eine unsterbliche Seele habe" 299 . In seiner „Klageschrift der Vögel gegen Wolfgang Sieberger", verurteilt er vehement dessen Vogelfang. Im Zeitalter der Aufklärung erfuhr der sensible Umgang mit Tieren weiteren Auftrieb, wie die Beschäftigung mit theoretischen Abhandlungen der Zeit zeigt300. Thomas Young vom Trinity College Cambridge verfaßte 1798 "An Essay on Humanity to Animals". Der Elberfelder Redakteur und Doktor der Philosophie Johann Heinrich Eichholz gab 1805 in Mannheim eine kleine Broschüre heraus mit dem Titel „Einige Winke über Aufklärung und Humanität nebst einer kleinen Abhandlung über die Bestimmung und über die Pflichten gegen die Thiere". Für ihn ist das Mitgefühl „der beste Wärmemesser, nach dem wir den Grad unserer Empfänglichkeit für eine wahrhaft reine Moral, vielleicht auch der Humanität bestimmen könnten" 301 . Die in England angebahnte Entwicklung - dort wurde schon seit 1770 Tierquälerei als Delikt 296 Schmidt, W.-R.: Geliebte und andere Tiere, 1996, S. 94. 297 Der etwa 40 Jahre jungen Disziplin der Archäozoologie verdanken wir Einsichten in die Beziehungen zwischen Mensch und Tier in vorgeschichtlicher Zeit. Sie hat anhand von Tierknochenfunden festgestellt, daß der Mensch im 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. begann, Tiere zu domestizieren, und zwar als erstes Schafe, Ziegen und Schweine, dann Rinder und noch später Esel und Pferde. Rinder sind zuerst im Orient gezähmt und von dort als Haustiere verbreitet worden. Wie man an Felszeichnungen sehen kann, besaßen sie große Bedeutung. Für die Bewohner des Mittelmeerraums ist das Rind bis heute ein Symbol für Stärke und Gefährlichkeit - man denke nur an den Stierkampf. Für die großen Könige des Orients bedeutet der Kopf des Stieres - wie der des Löwen - ein Symbol ihrer Macht. - Vgl. Was wissen wir von der Rolle des Tieres im Altertum? Und woher? Interview mit der Archäozoologin Dr. Emmanuelle Vila, geführt von Dr. Marlene P. Hiller. In: Damals. Das aktuelle Magazin für Geschichte und Kultur 33 (2001), H. 10. 298 Brüllmann: Lexikon der treffenden Martin-Luther-Zitate, 1983, S. 172f. - Zu Luthers Einstellung gegenüber Tieren vgl. Brockhaus Enzyklopädie, Bd. XIII, 18. Aufl., Speyer 1990, S. 63Of. - Ebeling: Martin Luther, 1983, S. 23ff. 299 Brüllmann: Lexikon der treffenden Martin-Luther-Zitate, 1983, S. 172f. 300 Vgl. Narr: Menschenfreund und Tierfreund, 1967. - Scharfe: Wider die Thierquälerei?, 1984. 301 Eichholz, Johann Heinrich: Einige Winke über Aufklärung und Humanität nebst einer kleinen Abhandlung über die Bestimmung und über die Pflichten gegen die Thiere. Mannheim 1805, S. 12.

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durch die Gerichte geahndet 302 - hält er „der Menschlichkeit einer so aufgeklärten Nation fur würdig" 303 . Young hat die biblisch gebotene Barmherzigkeit in ein artübergreifendes Humanitätsgebot umgesetzt: „It is our access to cultivate humanity towards animals" 304 . Wie gewagt eine solche Aussage war, kann man seiner Eingangsbemerkung entnehmen, wonach er damit rechnet, sich mit seiner Forderung der Lächerlichkeit preiszugeben. Auch Lord Erskine, der 1809 im britischen Unterhaus einen Gesetzentwurf zum Schutz der Tiere einbrachte, erntete damit zunächst nur Gelächter, doch 1821 wurde das Gesetz schließlich angenommen. Ihm lag, wie Sambraus betont, die Überlegung zugrunde, „daß Mitleid mit Tieren die sittliche Erziehung des Menschen beeinflußt. Das Gesetz galt also indirekt mehr den Menschen als dem Schutz von Tieren" 305 . Im deutschsprachigen Raum war es vor allem Johann Gottfried von Herder, der den Tierschutzgedanken mit seinen 1793 bis 1797 erschienenen „Briefen zur Beförderung der Humanität" vorantrieb. Adolph Freiherr Rnigge widmet den Tieren - auch wenn der Titel das nicht vermuten läßt - ein eigenes Kapitel in seinem vielzitierten Werk „Über den Umgang mit Menschen" (1787) und leitet es mit dem Bibelzitat „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs" (Sprüche Salomos 12,10) ein306. Er verurteilt Hetzjagden, Pferderennen, bei Kindern das unüberlegte Ausreißen von Käfer- und Fliegenbeinen sowie das Aufspießen von Insekten bei lebendigem Leibe 307 . Der Basler Kirchenhistoriker Martin H. Jung hat das bisher weit verstreute Material zur Geschichte der Ethik des Tierschutzes zusammengetragen. Als Summe seiner Rückschau schreibt er: „Im Pietismus liegt eine wichtige Wurzel der Tierschutzbewegung in Deutschland ... Die Zeit war reif dafür: Die Romantik hatte einem neuen Verhältnis zur Natur den Weg bereitet, in der Aufklärungsphilosophie gab es Ansätze zur Überwindung des anthropozentrischen Denkens, und in England hatte sich die Tierschutzidee bereits breit entfaltet" 308 . Von der Forschung übersehen blieb bislang, daß man auch auf narrativem Wege mittels moralischer Geschichten versuchte, den Humanitätsgedanken auf die Beziehung zum Tier auszudehnen. Die Veterinärmedizinerin Anita Maria Idei verweist in ihrer Doktorarbeit aus dem Jahr 1999 zu Recht mehrfach auf die Volkskunde, die sich mit agrarisch-dörflicher Traditionen be302 Vgl. Sambraus: Geschichte des Tierschutzes, 1997, S. 5. 303 Ebd. 304 Young, Thomas: An Essay on Humanity to Animals, edited, introduced and annotated by Rod Preece. Lewistone/New York 1798, S. 7. 305 Sambraus: Geschichte des Tierschutzes, 1997, S. 5. 306 Knigge: Ueber den Umgang mit Menschen, 1996 [1787], Teil III, Kap. 9., S. 406. 307 Ebd. 308 Jung: „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs", 1999, S. 151. - Vgl. auch Ders.: Tierschutzgedanken in Pietismus und Aufklärung, 1995/96. - Ders.: Die Anfange der deutschen Tierschutzbewegung, 1997. - Ders.: Tierschutzpredigten und Tierschutzvereine, 1999.

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schäftigte, ohne das Verhalten der bäuerlichen Bevölkerung in der Moderne konkreter zu untersuchen und darzustellen 309 . Denn hieraus ergäben sich wesentliche Ansatzpunkte fur Erklärungen, etwa zu den inhumanen Verhaltensweisen gegenüber der ländlichen Tierwelt, die vielfach in Tierquälereien ausartete, worüber bereits die moralischen Geschichten und andere literarische Quellen des 18./19. Jahrhunderts voller Empörung berichten. Anläßlich des Welttierschutztages (4. Oktober), den Volkskundler wie den Mutter-, Vater- und Valentinstag zu den „Bräuchen des schlechten Gewissens" zählen 310 , werden alljährlich Stimmen laut, die Legebatterien oder Stierkämpfe anprangern. Bei der Lektüre historischer Texte überrascht es, wie weit sich die Kritik an jeglicher Art von Tierquälerei zurückverfolgen läßt. Der Mainzer Philosoph Wilhelm Dietler äußerte sie bereits 1787 in seiner Schrift über die „Gerechtigkeit gegen Thiere" 311 . Der für die damalige Zeit geradezu sensationelle und auch heute noch weit in die Zukunft weisende Gedanke ist die Forderung nach Gerechtigkeit, die man in der Regel erst mit Schopenhauer verbindet. Auch das „Allgemeine Lesebuch für katholische Bürger und Landleute für Stadt- und Landschulen" aus dem Jahr 1793 warnt seine Leser vor den Folgen eines nachlässigen oder sadistischen Umgangs mit Tieren: „Die Thiere hat uns Gott zum Theil zur Nahrung, zum Vergnügen und zur Bequemlichkeit, alle und jede aber zu unserm Besten geschaffen. Versündigen wir uns nicht an Gott, wenn wir seine Geschöpfe ohne Noth martern und quälen? Kann der gerechte Regent der Welt nicht einem solchen Grausamen wieder mancherley Schmerzen zufügen lassen? Die Kinder, die sich angewöhnen, das Vieh oder Vögel und andere Kreaturen aus Muthwillen zu martern, werden dann auch geneigt, Menschen zu plagen. Und weil sie andere gerne beleidigen, wird es meistens, zu ihrer gerechten Strafe, ihnen wieder vergolten"312. Der anonyme Verfasser bedient sich zur Illustration seiner Ausführungen der aus Weißes „Kinderfreund" geborgten moralischen Geschichte über einen Bauerknaben, der gerne Katzen quälte. Nachdem er darin einige Übung besaß, verfuhr er auch mit dem Kleinknecht seines Vaters so, der sich aufgrund seiner Position nicht wehren konnte. Als er aber eines Tages junge Burschen seines Standes im Wirthshaus neckte, entstand eine Schlägerei, bei welcher der Übeltäter tödliche Verletzungen erlitt313. Der Quedlinburger Geistliche Johann August Ephraim Goeze (1731-93), der sich als autodidaktisch gebildeter Zoologe vor allem mit Insekten, Bandwürmern und Trichinen im Schweinefleisch beschäftigte und seine Erkenntnisse in 309 Idei: Tierschutzaspekte, 1999. 310 Der Begriff geht auf Leopold Schmidt (1964) zurück. Vgl. Wolf: Das neue Brauchbuch, 2000, S. 51 u. S. 243. 311 Dietler, Wilhelm: Gerechtigkeit gegen Thiere. Appell von 1767, hg. v. Emanuela Linnemann. Bad Nauheim: ASKO-Presse 1997. 312 Allgemeines Lesebuch für katholische Bürger, 1793, Nr. 37, S. 137. 313 Ebd.

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populärer Form publizierte, appelliert in der Geschichtensammlung „Zeitvertreib" 1783 an Eltern, sofort einzuschreiten, wenn sie bei ihren Kindern einen Hang zur Tierquälerei feststellen. Goeze war wie der anonyme „Lesebuch"Verfasser von 1793 überzeugt, daß sich diese am Tier geübte Neigung zum Sadismus im Erwachsenenalter auf den Menschen ausdehne. Seine Mahnung kleidet er in die Schilderung eines Traumes: Ein Vater von sieben Kindern beobachtet seine Sprößlinge bei einem Sonntagsspaziergang. Derjenige, der sich unterwegs Ruten schnitt, um damit Blumen die Köpfe abzuhauen und Frösche totzupeitschen, meldet sich später freiwillig zum Militär. Als er in der Schlacht ein Bein verliert, klagt er seine Eltern an, die ihm den Hang zur Grausamkeit nicht frühzeitig ausgetrieben haben314. Der Münchner Pfarrer Johann Adam Wening beruft sich 1784 zur Legitimierung seiner moralischen Anti-Tierquälerei-Geschichten wie der schon zitierte Knigge auf den salomonischen Spruch vom Gerechten, der sich seines Viehs erbarmt. Daran knüpft er die Erzählung von einem mit sieben stummen Söhnen gestraften angesehenen Bauern an. Ein alter Nachbar erinnert den sich selbst bemitleidenden Vater daran, daß er als Junge den Vögeln Schlingen ausgelegt habe, ihnen die Zunge aus dem Hals gerissen und sie dann wieder fliegen ließ. „Wie oft", so fragt er, „hab ich euch gewarnt? O die lieben Vögelein unter dem Himmel, die nun mit ihrem Gesänge Gott nicht mehr preisen konnten, haben euch verklagt, und ihr sollt aus dem Munde eurer Kinder nie den süßen Vaternamen rufen hören. Was der Vater empfand, das können nur die elendesten unter den Menschen empfinden" 315 . Auch Wening betont, daß aus einem grausamen Kind ein ebensolcher Erwachsener werde. Johann Andreas Lohr, reformierter Pfarrer aus Halberstadt, schildert 1799 nach der abschlägig beschiedenen Frage, ob es „rechtens sei, Thiere zu martern" (S. 63i) eine fur ein Kinderbuch erstaunlich grausame Geschichte: Ein junger Ochse, der geschlachtet werden sollte, riß sich los, und es kostete den Bauern einige Mühe, ihn wieder einzufangen. Aus Wut darüber schnitt er dem Tier die Vorderläufe bis zu den Knien ab und zwang es, auf den blutigen Stümpfen zu gehen. Nach 200 Metern brach es zusammen und mußte an Ort und Stelle notgeschlachtet werden 316 . Kindgerechter ist die Erzählung von einem Jungen, der seiner Mutter stolz eine von ihm gefangene Schwalbe zeigt und sie um einen Vogelbauer bittet317. Er läßt sie jedoch sofort wieder frei, als ihm die Mutter vor Augen führt, daß dieses Tier vielleicht Junge zu versorgen hat, die vergebens warten und verhungern müßten, wenn der Kleine das Tier behielte. Auch Adolph Freiherr Knigge wandte sich 1787 gegen das Einsperren von Tieren: 314 315 316 317

Goeze: Der Traum. In: Zeitvertreib, 1783, Nr. XIII, S. 59-66. Wening: Erzählungen 1784, S. 34f„ hier S. 35. Lohr: Der gemarterte Ochse. In: Ders.: Sitte, 1799, Nr. 32, S. 66. Ders.: Die freigelassene Schwalbe. In: Ebd., Nr. 33, S. 67f.

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„Ich habe immer nicht begreifen können, welche Freude man daran haben kann, Tiere in Käfigen und Kästen einzusperren. Der Anblick eines lebendigen Wesens, das außerstand gesetzt ist, seine natürlichen Kräfte zu nützen und zu entwickeln, darf keinem verständigen Manne Freude gewähren. Wer mir daher einen schönen Vogel in einem Bauer schenken will, dem kann ich vorhersagen, daß das einzige Vergnügen, welches er mir dadurch verschaffen kann, das sein wird, sein Bauer zu öffnen und das arme Tier aus der Sklaverei in Gottes freie Luft hinausfliegen zu lassen; auch ist eine Menagerie, in welcher wilde Tiere mit großen Kosten in kleinen Verschlägen aufbewahrt werden, meiner Meinung nach ein sehr ärmlicher Gegenstand der Unterhaltung"318. Der Einfallsreichtum hinsichtlich kindlicher Grausamkeiten im Umgang mit Tieren ist bei den Autoren des 19. Jahrhunderts ungebrochen. Im Unterschied zu den älteren Warngeschichten ereilen die Tierquäler jetzt aber nicht mehr phantastische Strafen wie die stummen Söhne, sondern durchaus realistische Konsequenzen: gepisackte Tiere beißen zurück, Eltern greifen strafend oder erklärend ein. Das weltbekannte „Struwwelpeter"-Buch (erstmals 1845) wird eröffnet mit der „Geschichte vom bösen Friederich", der den Fliegen die Flügel ausreißt, die Vögel totschlägt, Katzen martert und - die Bilder weisen darauf hin - konsequenterweise auch vor dem Dienstpersonal nicht halt macht. Bei einem großen Hund gerät er jedoch einmal an einen Stärkeren. Der „Wüterich" wird ins Bein gebissen, der Hund sucht mit Friedrichs Peitsche im Maul das Weite 319 . Bei dem Vielschreiber Franz Hoffmann (1814-1882) taucht ein Junge auf, der seinem Hündchen aus Wut darüber, daß es die andressierten Kunststücke nicht auf Kommando vorführt, die Ohren durchbohrt, um einen Bindfaden anzubringen, an dem er das arme Tier aufhängt 320 . Zur Strafe sperrt man den Knaben einen Tag lang ohne Essen in eine dunkle Kammer ein und nimmt ihm das Tier weg. Gegen die Grausamkeit dieses Jungen nehmen sich die Schläge harmlos aus, die ein Bub dem Familien-Spitz verabreicht, weil dieser sich weigert, ihn in den Wald zu begleiten. Der Vater klärt ihn auf, daß der Hund ein zuverlässiges Tier sei, denn er hatte ihm kurz zuvor befohlen, vor der Türe liegen zu bleiben 321 . Sowohl bei Hoffmann als auch bei Christoph von Schmid findet sich die Erzählung von zwei Strolchen, die wiederholt einen Kettenhund foppen. Als sein Besitzer eines Tages einen Spaziergang mit ihm macht, reißt er sich los, stürzt sich auf die Knaben und bringt ihnen schwerste Bißwunden bei322.

318 Knigge: U e b e r d e n Umgang mit Menschen, 1996 [1787], S. 408. 319 Hoffmann, Heinrich: Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3-6 Jahren. Frankfurt/Main 1845, verändert 1858; ab der dritten Auflage 1846 lautete der Titel „Der Struwwelpeter". 320 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 142f. 321 Ebd., S. 170-173. 322 Ebd., S. 221f.; Schmid: Lehrreiche, S. 148f.

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Noch schlimmer ergeht es einem Jungen, der sich einen Spaß daraus macht, seine Umgebung durch Hilferufe zu erschrecken. Als er eines Tages einen Pudel reizt, beißt dieser tatsächlich heftig zu. Die schon oft genasweisten Nachbarn reagieren dieses Mal nicht und der Schlingel ist dem wütenden Tier hilflos ausgeliefert 323 . Ein anderer - es sind auffálligerweise fast ausnahmslos Jungen, denen sadistische Züge angedichtet werden 324 - beißt der Taube seiner Schwester den Kopf ab, um diese zu ärgern325. Einen stadtbekannten jugendlichen Tierquäler ereilt seine gerechte Strafe, als ein Zirkus vorbeikommt. Die Kinder dürfen zusammen mit einem Äffchen auf einem Dromedar reiten. Der vorwitzige Knabe kneift das Äffchen, das aber sofort zurückschlägt, bis sein Peiniger blutet und so zum Gespött der Leute wird326. Freilich verurteilten Volksaufklärer nicht nur die Tierquälerei, sondern auch deren anderes Extrem, die übertriebene Tierliebe. Knigge prangerte 1787 die „abgeschmackte Empfindeley" an, die offenbar viele seiner Zeitgenossen im Umgang mit Tieren an den Tag legten. Zwar würden sie gebratene Rebhühner mit Appetit verspeisen, aber Jäger und Metzger ob ihres blutigen Handwerks verachten. Das Jagen und Schlachten sei nun einmal unumgänglich, wenn man nicht zum Vegetarier werden wolle. Aber jeder könne dazu beitragen, „daß man nicht ohne Zweck und Nutzen Thiere martern, noch ein vornehmes Vergnügen darin suchen soll, mit wehrlosen Geschöpfen einen ungleichen Krieg zu führen" 327 . Möglicherweise kannte der katholische Priester Franz Xaver Geiger (1749-1841) Knigges Ausführungen über Menschen, „die ihre Katze zärtlicher umarmen als ihre Ehegatten, ... ihren Pferden sorgsamer aufwarten, als ihren Oheimen und Basen". Er wetterte 1798 gegen die Unsitte, geliebte Haustiere zu testamentarischen Erben einzusetzen, anstatt das Geld einer wohltätigen Stiftung zu überlassen 328 . Der Bund Naturschutz greift diese Idee inzwischen wieder auf, indem er fast täglich in Tageszeitungen in der Nähe der Todesanzeigen Annoncen schaltet, in denen mit dem Slogan „Spuren hinterlassen" dafür geworben wird, sein Erbe für den Tierschutz zu verwenden. Moser versucht 1786 in seinem „Lesebuch für Landschulmeister" den Lesern Achtung vor Tieren beizubringen, indem er sie als mit Verstand-begabte Wesen vorführt: Ein Elefant, der als Lasttier mit dem Versprechen auf einen Leckerbissen zu besonderen Leistungen angespornt, dann aber doch nicht belohnt wurde, erdrückte seinen Herrn. Als dessen Witwe sich in selbstmörderi323 Ebd., Nr. 39: Paul, S. 85ff. - Das Motiv der vorgetäuschten Notlage tritt in den moralischen Geschichten in zahllosen Variationen auf. In der Erzählforschung wurde es bislang nicht zur Kenntnis genommen (vgl. Motivkatalog, s.v. „Notlage vortäuschen"). 324 Eine Ausnahme bildet das Mädchen, das einen Truthahn neckt und eines Tages von ihm angegriffen wird (vgl. Hoffrnann: Erzählungen, 1842, S. 160f.). 325 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 169f. 326 Ebd., S. 244f. 327 Knigge: Ueber den Umgang mit Menschen, 1996 [1787], Teil III, Kap. 9., S. 408. 328 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 96.

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scher Absicht verzweifelt samt Kindern vor das Tier warf, schien der Elefant Reue zu zeigen. Er hob eines der Kinder mit seinem Rüssel auf, setzte es sich in den Nacken und akzeptierte fortan keinen anderen Menschen mehr als Führer329. Anregungen zu Geschichten über die Klugheit des Elefanten konnten sich die Autoren moralischer Geschichten in zahlreichen theoretischen Abhandlungen des 18. Jahrhunderts holen. Genannt seien hier nur Georg Christoph Petri von Hartenfels' „Elephantographia curiosa" (1715) oder August Wilhelm Schlegels Aufsatz „Zur Geschichte des Elefanten" in der „Indischen Bibliothek" aus dem Jahr 1823. Die von den Aufklärern angestrebte moralische Haltung gegenüber der Tierwelt meint auch optimale Ausnutzung der Kreatur im Sinne ihrer göttlichen Bestimmung. Um das zu erlangen, sollten Tierhaltung und Anbauwirtschaft sensibel aufeinander abgestimmt werden, wie Anita Maria Idei in ihrer bereits erwähnten Doktorarbeit unterstreicht 330 . Das bedeutete, für eine halbwegs ausreichende Mistdüngung durch das eigene Vieh zu sorgen, umgekehrt aber dem Vieh auch das notwendige Grünfutter und Getreide zur Verfügung zu stellen. Daraus ergaben sich zeitweilige Notwendigkeiten, die eine oder andere Tiernutzung zu favorisieren, wenn es beispielsweise um intensiveres Düngen des Ackerbodens ging. Dann war das Aufkommen von Stallmist so wichtig, daß der Begriff „Mistvieh" zu einem geflügelten Wort wurde 331 . Andererseits litten die Rinder in der kalten Jahreszeit oft so sehr unter Hunger, daß sie im Frühjahr entkräftet am Schwanz aus dem Stall gezogen und auf die Weide gefahren werden mußte, um sich dort vielleicht zu erholen: sogenanntes „Schwanzvieh". Unter den zeitgenössischen sozioökonomischen und soziokulturellen bzw. allgemeinen gesellschaftlichen Bedingungen eine generelle Lösung zu finden, mußte fast als nicht machbar erscheinen, wenn man nur an die Beschränkungen durch die Dreifelderwirtschaft oder an die feudalen Bindungen der dörflichen Untertanen an Guts- oder Grundherren vor der Grundablösung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts denkt. Hier konnten erst ganz allmählich Änderungen durch die Bestrebungen der agrarwirtschaftlichen Aufklärung und die folgenden Agrarreformen eintreten, die fast ein Jahrhundert und länger dauerten. Moralische Geschichten bildeten dabei eine Informationsschiene, um für einen vernünftigen Umgang mit Tieren zum Nutzen und Vergnügen des Menschen zu werben. Der uns schon bekannte altbayerische Autor Johann Adam Wening schlug 1784 zwei Fliegen mit einer Klappe, als er die glückliche Heilung zweier Pferde schilderte, die zustande kam dank der Kombination aus Erfahrungswis329 Moser: Verstand auch bei Thieren. In: Ders.: Lesebuch für Landschulmeister, 1786, Bd. VII, S. 154. 330 Idei: Tierschutzaspekte bei der Nutzung unserer Haustiere, 1999. 331 Vgl. Jacobeit, Wolfgang: [Rezension zu Idei], In: Kieler Bll. f. Vk. 33 (2001), S. 249f., hier 250.

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sen eines leseunkundigen Bauern und Kenntnissen, die sein Sohn einem „RoßArzneybuch" entnahm 332 . Einerseits betont Wening die moralische Verpflichtung, sich auch der kranken Tiere anzunehmen (was ein Bauer im Fall seiner Pferde, ohne die er nicht arbeiten konnte, ohnehin getan hätte), andererseits weist er auf den Wert der im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts noch längst nicht bei allen Bauern für notwendig erachteten Lesefähigkeit hin. Der Sohn des Bauern hatte in der Schule als Belohnung für seine guten Leistungen das Buch „Nachrichters nützliches, und aufrichtiges Pferde- oder RoßArzneybuch" geschenkt bekommen 333 . Im Register dieses Werkes konnte der Junge die „Herzschlechtigkeit" bei Pferden ausmachen und dem Vater vorlesen, was dagegen zu unternehmen sei. Gemeinsam brachten Vater und Sohn die Pferde wieder auf die Beine. Wening bemerkt abschließend, daß er „nicht das ganze Recipe" hier abdrucke, denn dafür gebe es eigene Bücher, welche die „Liebhaber der Pferde ... selbst kennen" - womit er die Ratgeberliteratur meint, die der narrativen Phase der Volksaufklärung vorausging und sie bis zum Schluß begleitete. Christoph von Schmid weist bereits 1824 ganz modern auf das ökologische Gleichgewicht hin, das durch Lausbubenstreiche wie das Ausräubern von Vogelnestern empfindlich gestört werde 334 . Die Vögel zögen nach und nach fort, wodurch die nimmersatten Raupen überhand nehmen. Sie fressen Blätter und Blüten der Obstbäume ab, so daß die Ernte für mehrere Jahre ausfällt. Schmid warnt auch davor, Spatzen vom Kirschbaum zu schießen. Es sei sinnvoller, ihnen ein paar Kirschen zu opfern, denn als natürliche Feinde der Schädlinge sorgten sie dafür, daß es im Sommer überhaupt Kirschen gebe335. Franz Hoffmann rügt mit dem Motiv des Vogelnesterausraubens die Profitsucht junger Burschen, die Eier oder Vogeljungen zu verkaufen suchen 336 . Ein Waisenknabe, der bei seiner überforderten Tante aufwuchs, verdiente sich auf diese Art Geld fur Süßigkeiten. Beim Versuch, junge Falken aus ihrem Nest zu holen, wurde er von der Vogelmutter angegriffen. Er verlor ein Auge und blieb sein Leben lang durch Narben im Gesicht entstellt337.

332 Wening: Der uneigennützige Kaufmann. In: Ders.: Erzählungen, Nr. 25, 1784, S. 63. 333 Deigendesch, Johannes: Nachrichters, oder nutzliches und auffrichtiges Roß-ArtzneyBüchlein, in welchem die meisten innerlichen Kranckheiten und äußerlichen Zustände des Roß auffs deutlichste beschrieben und erklärt werden; sambt Beyfügung der darzu gehörigen und nöthigsten Artzney-Mittel ... ; welchem annoch beygef. ein Anhang von Rind-Viehs Artzneyen Wie auch vor Schafe, Säue, Gänsse und Hüner, samt einem dienlichen Register / alles mit Fleiß zusamen getragen, und in den Druck verfertiget von einem Scharpffrichter Johannes Deigendesch. Tübingen: Cotta, 1716. - Das Buch erlebte bis 1857 noch zahlreiche weitere Auflagen, u.a. auch in Übersee: „Germantaun [!]: bey Peter Liebert" 1791. 334 Schmid: Kurze Erzählungen, S. 78f. 335 Ders.: Die Spatzen. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 16f. 336 Hofftnann: Der Edelfalke. In: Ders.: Erzählungen, 1842, Nr. 143, S. 284ff. 337 Ebd., S. 286.

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Christoph von Schmid gehört zu denjenigen, die den Glauben an die Wichtigkeit jedes einzelnen Geschöpfes unermüdlich vortrugen. Entweder fuhrt er wie eben erörtert - mit moralischen Geschichten das ökologische Gleichgewicht ins Feld, oder er bedient sich zur Illustration tierischer Nützlichkeit der traditionellen Form der Fabel, wie am Beispiel eines Prinzen, der sich einmal abfallig über Fliegen und Spinnen äußerte. Im Krieg wird er eines Besseren belehrt: während einer Rast unter einem Baum eingeschlafen, entdecken ihn Feinde. Als einer sein Schwert zückt, sticht den Prinzen eine Mücke. Er erwacht und entkommt. In einer weiteren Notsituation flüchtet er sich in eine Höhle. Innerhalb weniger Stunden webt eine Spinne ein Netz vor den Eingang. Die Feinde entdecken es auf ihrer Suche und gehen davon aus, daß durch diesen Spalt schon lange kein Mensch mehr hindurchgegangen ist und ziehen weiter (AaTh 967)338. Als hilfreich erweist sich auch eine Katze, die ein Waisenknabe einst vor dem Tod durch Ertränken gerettet hatte. Der reiche Kaufmann, in dessen Obhut sich der Bub befindet, läßt ein Schiff mit Waren beladen für die Fahrt ins „Land der Mohren". Jedes Familienmitglied soll etwas mitgeben, was man dort vielleicht gebrauchen könne. Da der Junge nur die Katze besitzt, bringt er sie schweren Herzens zum Hafen. Als die weißen Kaufleute von einem Fürsten in Afrika zum Essen geladen werden, springen Mäuse zwischen Schüsseln und Tellern umher. Der Gastgeber entschuldigt sich, er wisse kein Mittel, mit dem man dieser Plage begegnen könne. Da wird die Katze geholt, die dem Schrecken in kürzester Zeit ein Ende bereitet. Der dankbare König läßt das Tier, das während der Überfahrt gewachsen ist, zweifach mit Gold aufwiegen, das später dem Waisenjungen ausgehändigt wird339. Hunde kommen ins Spiel, wenn es darum geht, den Lesern und Leserinnen die Tugend der Treue vor Augen zu führen. Rudolf Schenda verweist darauf, daß Hunde als „Helfer, Heiler oder Retter" bereits beim Evangelisten Lukas 16,21 vorkommen: „Doch kamen die Hunde und leckten des Lazarus Schwären". In gleicher Funktion sind Hunde uns geläufig als Begleiter des pestbeuligen heiligen Rochus 340 . Das Schema der moralischen Geschichten, die Schenda in seinem Hunde-Kapitel gänzlich ausspart, verlangt, daß ein Hund aus den Händen eines Tierquälers befreit wird und nach Jahren aus Dankbarkeit seinem Gönner das Leben rettet341. Einmal unternimmt Schmid auch für diese

338 Schmid: Die Fliegen und die Spinnen. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 51. - Das Motiv notierte auch der katholische Pfarrer Josef Müller im Spital zu Altdorf als mündlich erzählt, wenngleich sie wohl ursprünglich aus einer Sammlung moralischer Geschichten stammt (vgl. Schenda: Die Spinne. In: Ders.: Das ABC der Tiere, 1995, S. 345-350, hier S. 348). 339 Schmid: Die mit Gold aufgewogene Katze. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 149f. 340 Schenda: Hund. In: Ders.: Das ABC der Tiere, 1995, S. 149-155, hier S. 150. 341 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 170-173; Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 147f.; Schwarz: S. 101-105.

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Thematik einen Ausflug in das Reich der märchenhaften Phantasie. Er kolportiert die Geschichte eines christlichen Sklaven, der in einer vollbesetzten Arena mit einem Löwen kämpfen und zerfleischt werden sollte. Das Tier bewegte sich zunächst, wie erwartet, auf sein Opfer zu, um dann plötzlich Halt zu machen. Es „wedelte mit dem Schweife, sprang voll Freude um ihn herum und leckte ihm dann freundlich die Hände". Der Sklave war seinem Herrn entlaufen und hatte sich auf der Flucht in einer Höhle verborgen. Dorthin kam auch dieser Löwe, dem der Mann einen Dorn aus der Pratze zog. Von da an hatten sie friedlich zusammengehaust, bis sie bei einer Jagd beide in Gefangenschaft gerieten. Das gerührte Publikum erreicht, daß der Sklave freigelassen und reich beschenkt wird 342 . Tiere als Vorbilder und „Lehrer" des Menschen begegnen uns bereits im Alten Testament. Peter Riede hat aus dem schöpfungsgeschichtlichen Panorama dieses Thema auf verschiedenen Ebenen dargestellt 343 . Demnach zeigen sie uns erstens richtiges Verhalten bei der Nahrungssicherung (Ameise und Grille) und in Überlebensstrategien (Ameisen, Klippschliefer, Heuschrecken und Geckos); zweitens verweisen sie darauf, die Schöpfungsordnung zu beachten, insbesondere an Beispielen aus dem Buch Hiob (38, 36), Jer 8, 7 oder Jes 1). Schließlich können Tiere auch für das Verhältnis zu Gott zum Vorbild werden: „Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt's nicht." Die Nähe zu Gott ist aber auch unmittelbar möglich, wie Riede an der Erzählung von Bileams Eselin (4. Mose 22, 21 -34) zeigt. Das Tier sieht, was dem Menschen verborgen bleibt: Nicht nur ein Lehrstück für die Beziehung zwischen Gott und Tier, auch ein Beispiel für die Fähigkeit mancher Tiere, Bedrohliches vorauszuspüren. Auch der Volksaufklärer Gotthard Ludwig Theobul Kosegarten (17581818), protestantischer Geistlicher und Professor für Theologie, berühmt geworden durch seine „Uferpredigten", in denen er zur Zeit der Napoleonischen Kriege eine Haltung der Mäßigung, Achtung und Toleranz gegenüber dem Feind befürwortete, bediente sich gerne „tierischer" Bibelzitate, um den bürgerlichen Tugendkanon von Ordnung, Fleiß und Sparsamkeit zu propagieren. In seinen „Briefen eines Schiffbrüchigen" interpretiert er mit Datum vom 7. Oktober 1792 das Wort von den „Vögeln des Himmels", die nicht säen und doch ernten (Matth. 6,26) 344 . Daraus sei die beruhigende Lehre zu ziehen, daß Gott, der sich selbst um niedere Kreaturen kümmert, auch die Menschen versorgen werde.

342 Schmid: Der Löwe. In: Ders.: Kurze Erzählungen, S. 32. 343 Riede: „Doch frag' nur die Tiere, sie werden dich lehren", 1997. - Ders.: Im Netz des Jägers, 2000. - Vgl. auch: Schmitz-Kähmen: Geschöpfe Gottes, 1997. 344 Die Predigt ist abgedruckt in: Kosegarten, Gotthard Ludwig Theobul: Briefe eines Schiffbrüchigen. Rügen 1794, neu hg. u. kommentiert v. Katharina Koblenz. Bremen 1994.

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Eingebettet in Tiergeschichten, findet sich in Kinder- und Schullesebüchern immer wieder die Mahnung, sich einst um seine gebrechlichen Eltern zu kümmern, so wie Dankbarkeit für erwiesene Wohltaten generell seit alters her als moralisches Gebot erachtet worden ist. Die bereits im vierten Gebot des Alten Testaments und im römischen Begriff der „pietas" geforderte Achtung gegenüber alten Leuten, greift die didaktische Literatur vor allem mit „Exempeln von rüstigen, hilfreichen und familiär integrierten" Alten auf 345 . Die vor allem in den Unterschichten tief verwurzelte Geringschätzung der dritten Generation tritt jedoch massiv zutage in Erzählungen von Altentötung, von Mißachtung ihres letzten Willens und von Verjagung gebrechlicher Dienstboten. Dem Bedürfnis der Alten nach Liebe und Anerkennung begegnet man mit Heiratsverbot und Witzen über Altweibermühlen und Jungbrunnen (vgl. „Die geschundene Alte, AaTh 877). Die pädagogisch orientierten Autoren der moralischen Geschichten appellieren an das Mitleid der nachwachsenden Generationen, ihren Eltern einen würdigen Lebensabend zu ermöglichen. Hoffmann verpackt die Aufforderung zur Altenfürsorge in die Erzählung von Mutter und Tochter, die gemeinsam zum Ährenlesen unterwegs sind. Auf dem Acker beobachten sie in einer Furche, wie eine junge Maus einer alten, erblindeten Gefährtin Körner zuträgt. Als sie satt zu sein scheint, beißt die junge der alten sanft ins Ohr und geleitet sie vorsichtig zurück in ihr Loch 346 . Die Mutter interpretiert das possierliche MäusePärchen als Mutter und Tochter und redet ihrem Kind ins Gewissen, sich ihr gegenüber später ebenso fürsorglich zu verhalten. Auf die gleiche Lehre zielt 1848 der Benediktiner Heinrich Schwarz mit seiner Erzählung von zwei jungen Pferden, die einem alten, zahnlosen Klepper Heu vorkauen und dabei von Vater und Sohn beobachtet werden 347 . An anderer Stelle schildert derselbe Autor, wie ein Mann, der sich gerade mit dem Gedanken trägt, seine alte Mutter vor die Tür zu setzen, in letzter Minute davon abgehalten wird, als er verfolgt, wie eine Vogelmutter einer Schlange den Kopf zerhackt, die versucht, ihre Jungen im Nest zu erwürgen („Alte Leute und undankbare Kinder", AaTh 980 Α-B). Das erinnert den Hartherzigen daran, daß ihn seine Mutter als Kind vor einem Wolf gerettet hat und er behält sie bei sich348. Christoph von Schmid greift zur Illustration der Elternliebe auf die Fabel von der Henne zurück, die im Winter eine halberfrorene junge Schlange findet, sie bebrütet und im näch-

345 Schenda, Rudolf: Alte Leute. In: EM I (1977), Sp. 373-380, hier Sp. 373. - Vgl. auch Belgrader, Michael: Dankbarkeit und Undankbarkeit. In: EM III (1981), Sp. 322-330, hier bes. Sp. 327. - Die im Folgenden vorgestellten Motive tauchen bei Belgrader jedoch nicht auf. 346 Hoffmann: Das Mäuschen. In: Ders.: Erzählungen, 1842, Nr. 91, S. 180ff. 347 Schwarz: Die Pferde. In: Ders.: Erzählungen, 1848, S. 28ff. 348 Ebd., S. 82ff.

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sten Frühjahr von den Undankbaren aufgefressen wird. So widerwärtig seien auch Kinder, die sich als Erwachsene nicht um ihre Eltern kümmern 349 . Tierische Dankbarkeit gegenüber Wohltätern vermittelt eine Geschichte, die Karoline Späth kolportiert in ihren erstmals um 1830 aufgelegten „110 moralischen Erzählungen" 350 . Protagonist ist hier ein zahmer Storch, der sich ein Bein brach. Ein zufällig vorbeikommender Hausarzt schiente es. Von da an begrüßte der Storch den Arzt jedesmal, wenn er auf den Hof kam und begleitete ihn zum Abschied klappernd bis ans Tor. Das Mädchen, dem diese Geschichte der Rahmenhandlung zufolge erzählt wird, beteuert, sich später gegenüber seinen Eltern einmal ebenso dankbar verhalten zu wollen. Beharrlichkeit bei der Erringung gesteckter Ziele versucht Schwarz seinen Lesern am Beispiel der Ameisen zu lehren. Als der Mongolenfurst Tamerlan gefragt wird, wie er es geschafft habe, so viele Länder zu erobern, die größer und mächtiger seien als das seine, berichtet er, er habe einmal eine Ameise gesehen, die ein Weizenkorn eine Anhöhe hochschleppen wollte, was ihr erst beim 70. Versuch gelungen sei. Seitdem lasse er sich von keinem Hindernis mehr beirren 351 . Ehrfurcht vor der Schöpfung könne man bei der Beobachtung von Goldfischen lernen, meint Christoph von Schmid 352 : Eine Gräfin schenkte der Tochter ihres Gastgebers ein Glas mit kleinen Fischchen. Sie empfahl, sie mit „feingeriebenem Semmelbrot, Oblaten und gedörrtem, zartgepulvertem Eidotter" zu futtern. Mit ihrer schwarzen Farbe enttäuschten sie das Mädchen zunächst, das große, goldschimmernde Fische erwartet hatte. Dann aber machte es ihr umso mehr Freude, den Tieren dabei zuzusehen, wie sie wuchsen und täglich schöner wurden. Der Vater belehrt die Tochter am Beispiel der Fische, wie wunderbar Gott die Natur eingerichtet habe: der Mensch müßte im Wasser ertrinken, der Fisch aber ist dort in seinem Element. Auch könne man die Metamorphose der Fische mit dem Wachsen und Gedeihen der Menschenkinder an Geist und Körper vergleichen. Moral: „Stets besser, stets vollkommener zu werden, / Sei unser tägliches Bemüh'n auf Erden". Die Liebe zum Tier, die aus den moralischen Geschichten spricht, läßt sich am besten am Beispiel der Vögel erörtern, denn sie führen die Liste der „Mitgeschöpfe" weit vor schillernden Goldfischen, possierlichen Affen und treuen 349 Schmid: Gute Lehren in schönen Fabeln, Nr. 18. In: Ders.: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 84-89, hier S. 87f. 350 Späth: Der Storch. In: Dies.: Erzählungen, 6. Aufl. 1895, Nr. 28, S. 49f. 351 Ebd., S. 30f. 352 Schmid: Die Goldfischchen. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 156-160. - In China werden Goldfische schon seit Jahrhunderten gezüchtet. Japanische Züchter lernten die Kunst von den Chinesen und halten jährlich im ganzen Land Goldfischausstellungen ab. Berichten zufolge wurden Goldfische 1691 nach England eingeführt und nach Frankreich Mitte des 18. Jahrhunderts, als Madame Pompadour, die Mätresse Ludwigs XV., einige Exemplare als Geschenk erhielt. Heute existieren kommerzielle Goldfisch-Zuchtanstalten in vielen Ländern.

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Hunden an. Vögel wurden aus mehreren Gründen gejagt: Viele, besonders Finken, dienten der Bereicherung des Speiseplans 353 ; andere Arten, wie Rotkehlchen, Nachtigallen, Grasmücken oder Heidelerchen, hielt man wegen ihres schönen Gesanges in Käfigen. Den Kreuzschnäbeln wurde nachgesagt, daß sie Unglück von ihren Besitzern fernhielten. Einen Greifvogel zu erlegen, gilt südlichen Männern als Statusakt und bis heute als Schutz vor Impotenz und weiblicher Untreue 354 . Es gab und gibt also viele Gründe, Vögeln nachzustellen. In Deutschland besitzt die Neigung zu den „gefiederten Freunden" eine lange Tradition. Den Sachsenherzog Heinrich soll im Jahr 919 bei der Finkenjagd am Vogelherd zu Quedlinburg die Nachricht ereilt haben, daß er zum ersten deutschen König gewählt sei. In den Gärten des Rokoko gab es stets Vogelvolieren, also Vorgänger entsprechender Abteilungen der heutigen Zoos. Reinhard Johler faßt die Verwendungsmöglichkeiten von Singvögeln fur die uns hier interessierende Zeit wie folgt zusammen: „Sie wurden fur die Stubenvogelhaltung gefangen, dienten als Grundlage fur volksmedizinische Heiltechniken oder waren adeliges Kinderspielzeug, ihre Federn schmückten Damenhüte und in der Biedermeierzeit fanden sie in den von der böhmischen Hausindustrie gefertigten Bildern Verwendung" 355 . Meyers Lexikon von 1897 kennt einen Artikel „Stubenvögel". Darin heißt es, diese Liebhaberei sei uralt: „In Deutschland fanden der Fink und der Dompfaff in manchen Landstrichen, wie in Tirol, im Harz und in Thüringen, begeisterte Freunde, und dem Vogelmarkt, der sich in manchen Städten entwickelte, verdankt auch die Wissenschaft manche Bereicherung. Viel größere Verbreitung als irgend ein heimischer Vogel fand aber der Kanarienvogel, dem sich seit dem Beginn des vorigen Jahrhunderts andere überseeische Sing- und Schmuckvögel anschlossen. Schon 1790 gab Vieillot ein besonderes Werk über dieselben heraus. Zu Bechsteins Zeiten wurden 72 Arten fremdländischer Vögel nach Deutschland eingeführt, und 1858 gab Bolle ein Verzeichnis von 51 Arten. Zehn Jahre später aber nahm diese Liebhaberei einen ganz außergewöhnlichen Aufschwung, und wenn damals die Zahl der eingeführten Arten auf 250 veranschlagt werden konnte, so hat sich dieselbe jetzt auf nahezu 800 gesteigert"356.

353 Obgleich in den meisten Ländern die Jagd auf Vögel zur Nahrungsversorgung nicht mehr nötig ist, wird sie noch vielerorts als „Sport" betrieben. In manchen südlichen Ländern werden Zugvögel noch immer in großer Anzahl mit Netzen und Schlingen gefangen oder geschossen. So erlaubt Frankreich den Massenfang von Vögeln für kulinarische Zwecke, 1997 schätzte man die Zahl der hier getöteten Vögel auf 70 Millionen. - Vgl. Der Spiegel: Vogeljagd in Italien. In: 1996, H. 15, S. 194. 354 Reinhard Johler hat das wechselvolle Verhältnis zwischen Mensch und Vogel im Laufe der vergangenen 300 Jahre untersucht. Er hebt dabei vor allem ab auf die Stereotypen von der deutschen Vogelliebe und der italienischen Vogelstellerei, vgl. Ders.: Vogelmord und Vogelliebe, 1997. 355 Ebd., S. 9f. 356 Art. „Stubenvögel". In: Meyers Lexikon Bd. 16, 5. Aufl. 1897, S. 135f., hier 135.

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Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein galt Nürnberg als Hochburg des Vogelfangs und der Vogelstellerei 357 . Als Vogelhändler sind die Zillertaler in die Geschichte eingegangen. Sie zogen nicht nur singend durch Europa („Die Tiroler sind lustig" ist seitdem ein Stereotyp), sondern haben auch im Winter Singvögel gezüchtet und sommers auf dem Rücken bis nach St. Petersburg vertrieben 358 . Wenn Carl Zeller noch 1891 einen „Vogelhändler" zur Titelfigur seiner Operette erwählte, so besitzt das historische Hintergründe. Den Vogelkäfig bezeichnete man als „Vogelstube" oder „Vogelbauer", die sich in Holz aus dem 18. und 19. Jahrhundert öfters in Museen finden, woraus man auf die damals gehäufte Nachfrage und den dazugehörigen Zeitgeist schließen kann. Heute interessieren sich immer mehr Menschen dafür, Vögel zu bestimmen oder in ferne Länder zu reisen, um exotische Arten zu beobachten. Inzwischen haben sich auch Touristikunternehmen auf Reisen zur Vogelbeobachtung spezialisiert. Bücher und Zeitschriften über Vögel, Aufnahmen von Vogelgesängen, Ferngläser und Fernrohre fur die Vogelbeobachtung werden in großer Zahl verkauft. Unser Geschichten-Autor Johann Andreas Christian Lohr widmet den „Vögelthieren" in seiner Autobiographie im Rückblick auf die frühen 1770er Jahre ein eigenes Kapitel und belegt damit die reale Bedeutung der aus den moralischen Geschichten nur indirekt erschließbaren Vogel-Liebhaberei des ausgehenden 18. Jahrhunderts 359 : „Lebendiges und zahmbares Wesen allerlei Art will der Mensch um sich haben, auch zur Gesellschaft und zur Lust und nicht blos des Nutzens wegen, daß es ihm seine Haus= und Feldarbeiten verrichten helfe, oder daß er es schlachten und kochen oder braten möge. Da hält sich ja Mancher, der eben des Brodts nicht übrig hat, dennoch seinen Spitz oder Pudel, der ihn begleiten oder ihm seine Künste vormachen - Pfoten geben, schön aufwarten und: ,Such! verloren!' machen muß. - Ja! das sind gar kleine Dinge, aber wenn der Mensch nur seine Freude daran hat, so sind sie ja groß und wichtig genug"360. Nach diesem einleitenden Abschnitt berichtet Lohr über seinen Bruder, einen großen Vogelfreund. Er brachte Finken, Hänflingen, Zeisigen und Stieglitzen alle möglichen Kunststücke bei: sie konnten Melodien pfeifen oder einen Fingerhut mit Wasser oder Futter zu sich heraufziehen. Lohr vermag fur dieses 357 1801 gründete Prof. Johann Wolf die heute noch existierende „Natur-historische Gesellschaft zu Nürnberg". 1810 erschien das von Wolf und seinem Offenbacher Kollegen Bernhard Meyer verfaßte „Taschenbuch der deutschen Vögelkunde oder kurze Beschreibung aller Vögel Deutschlands". Den Ruhm der fränkischen Vogelkundler mehrten außerdem Pfarrer Andreas Jäckel (1822-1885), Johann Baptist Ritter von Spix, Karl Michahelles und die Nürnberger Kupferstecher- und Naturforscherfamilie Sturm. 358 Jeggle/Korff: Homo Zillertaliensis, 1974. - Dies.: Zur Entwicklung des Zillertaler Regionalcharakters, 1974. 359 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, Nr. 34, S. 130-136. 360 Ebd., S. 130.

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Faible seines Bruders kein Verständnis aufzubringen, es erscheint ihm wie Tierquälerei, die Vögel in einen Käfig zu sperren. Die Elstern, Dohlen und Stare, die der Bruder einfing, durften sich zumindest im Haus frei bewegen. Am liebsten waren ihm die Tauben, für die er seine gesamten Ersparnisse aufzehrte und nach Lohrs Meinung viel zu viel kostbare Zeit investierte. Eines Tages waren die Tauben verschwunden. Der Vater fand schnell des Rätsels Lösung: Andere Taubenbesitzer legten - neidisch geworden - den prächtigen Tieren mit Branntwein getränkte Erbsen als Futter aus, so daß sie taumelten und leicht zu greifen waren. Der Bruder ging tagelang von einem Taubenschlag zum anderen, um seine Tiere wiederzufinden, was ihm viel Ärger bei den unschuldig Verdächtigten einbrachte. Ein paar seiner Täubchen konnte er wieder ausfindig machen, aber die schönsten Paare blieben verschwunden. Dadurch verlor der Bruder die Lust am Taubenzüchten. Er kam erst wieder zur Ruhe, als er die noch verbliebenen Taubern verkauft hatte. Lohrs Fazit: „Aber wie sehr sollte man sich auch hüten, das Herz mit so übermäßiger Liebe an so kleine und entbehrliche Dinge zu hängen!" Sich selbst stellt Lohr unbescheiden als den besseren Vogelfreund vor, dem die wilden Vögel und die Hühner seiner Mutter zutraulich aus der Hand fraßen und der die Gefangenen heimlich aus den Fallen des Bruders befreite 361 . Der Vater des katholischen Geistlichen Franz Xaver Bronner (1758-1850), dessen Schriften wegen ihrer Milieuschilderungen einen hohen volkskundlichen Quellenwert besitzen, war, seiner Autobiographie nach zu urteilen, das zeittypische Beispiel eines saisonalen Gelegenheitsarbeiters, der die Vogelzucht zu seinen Haupteinnahmequellen zählte362. Im Hauptberuf Knecht in einer Ziegelei, im ständigen Nebenberuf Tanzmusikant mit Geige und Flöte, mußte er sich im Winter mit allerlei Nebenarbeiten durchschlagen: „Im Winter, da in den Ziegelscheunen nichts zu verdienen war, kaufte der Vater zuvörderst auf den Dörfern sogenannte Ehschwing (das gröbste Werrig) zusammen, half dann den Frauen grobes Garn zu Talglichtern oder Packsäcken spinnen, und machte Strohthüren vor die Ställe, Strohdecken für die Gärtner, Darmsaiten für Geigen und Spinnräder, Vogelhäuschen, Bienenkörbe, geflochtene Nester für Tauben und Canarienvögel etc. Diese beyden Arten Vögel zog er in Menge groß, und trieb einen kleinen Handel damit, der für uns nicht unbeträchtlich war"363.

361 Ebd., Nr. 34: Die Vögelthiere, S. 130-136. 362 Franz Xaver Bronners Leben, von ihm selbst beschrieben, 3 Bde. Zürich 1795-97; stark gekürzte Neuaufl.: F. X. B. Ein Mönchsleben aus der empfindsamen Zeit. Von ihm selbst erzählt, hg. v. Oskar Lang. Stuttgart o. J. [1912], - Zur Bedeutung der Bronnerschen Schriften als volkskundliche Quelle vgl. Alzheimer, Heidrun: Art. Bronner. In: Volkskunde in Bayern. Ein biobibliographisches Lexikon der Vorläufer, Förderer und einstigen Fachvertreter (= VVK 50). Würzburg 1990, S. 41 f. 363 Zit. n. Hardach-Pinke: Kinderalltag, 1981, S. 123.

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Auch den Protagonisten der moralischen Geschichten dienen Vogelfang und abrichtung in erster Linie zum Überleben. Häufig wendet sich ihr kümmerliches Schicksal, da ihr Fleiß im mühseligen Umgang mit den Vögeln von einem Gönner entdeckt und belohnt wird. Der Leser soll daraus eine zweifache Lehre ziehen: zum einen, daß jeder mit Rücksicht auf die Gesellschaft alles in seinen Kräften Stehende zu seinem Lebensunterhalt beitragen muß, und daß letzten Endes „Gott, der jeden Vogel nähret, ... auch dir, was du gebrauchst, gewähret" 364 . Die Erzählung über einen vogelzüchtenden Kriegsinvaliden, der dieses Fazit entnommen ist, habe ich bereits oben im Kapitel über die „Ständische Gesellschaft" vorgestellt. In einer anderen Geschichte hält ein Knabe auf der Landstraße zwei Finken unter seinem Hut gefangen. Er plant sie zu verkaufen, um vom Erlös seine kranke Mutter zu unterstützen. Als der Fürst ihm begegnet, lüftet er reflexartig den Hut, und die beiden Tiere entwischen. Er läuft weinend nach Hause. Dieses Mißgeschick entpuppt sich jedoch, wie so oft in dieser Textsorte, als Glückfall, denn der Fürst erkennt dadurch den guten Charakter des Jungen, läßt der Mutter ein wöchentliches Genesungsgeld anweisen und den Jungen ein Handwerk erlernen 365 . Über die damalige Fangtechnik verrät der heute noch gebräuchliche Ausdruck vom „Lockvogel" etwas: Die Vogelsteller benutzten Lockvögel, die durch ihren Gesang andere Vögel herbeiriefen. Diese kamen ohne Scheu geflogen und gerieten leicht in die Fallen, Leimruten oder Netze. „Von dieser Art des Vogelfanges", so schreibt Lutz Röhrich, „berichten einige Sprichwörter: 'Ein Lockvogel bringt einen andern mit lieblichem Gesang ins Garn' und 'Lockvögel können alle Weisen'". Diese Redensarten, die in übertragener Bedeutung auf Personen und Sachen angewendet werden können, sind nach Röhrich bereits biblischer Herkunft: „Bei Jer. 5, 27 heißt es: ,Ihre Häuser sind voller Tücke, wie ein Vogelbauer voller Lockvögel ist' und bei Sir 11, 31: ,Ein falsches Herz ist wie ein Lockvogel im Korbe und lauert, wie es dich fangen möge'" 366 . Die Volksprosa benutzt das Motiv oft als Bild des Teufels, der die Seelen fangt, während wir es in der Imagerie als Metapher für Menschen auf Partnersuche wiederfinden 367 . Anschaulich erklärt Franz Hoffmann 1842 die Lockvogel-Methode in einer Geschichte mit dem Titel „Der Vogelherd" und verbindet damit die Mahnung, 364 Schmid: Ein Vogelduett. In: Ders.: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 142-145, hier S. 145. 365 Ders.: Die Finken. In: Ebd., S. 17f. 366 Vgl. Röhrich: Lockvogel. In: Ders.: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten (= DB 42), 2000, S. 3840ff. - Ders./Meinel, Gertraud: Redensarten aus dem Bereich der Jagd und der Vogelstellerei. In: Et multum et multa. Festgabe fur Kurt Lindner. Berlin/New York 1971, S. 313-323, hier S. 317. - Lipman, Jean/Winchester, Alice: Art. „Lockvögel-Decoys". In: Die Volkskünste in Amerika. Ausstrahlung, Vorlagen, Quellen. München 1976, S. 170f. 367 Vgl. „Buben- und Mädchenfänger". Kolorierte Kupferstiche, Augsburg, um 1710/20, abgebildet in: Brückner, Wolfgang: Populäre Druckgraphik Europas. Deutschland, vom 15. bis zum 20. Jahrhundert. München 1969, Abb. 110 u. 111.

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Ordnung zu halten, denn dem Vogelfänger entwischen die Tiere, weil er vergessen hat, eine Schnur mitzunehmen: „Eines Morgens in aller Frühe nahm Otto die Käfige mit seinen Lockvögeln und spazierte Wohlgemuth hinaus in den Wald. Er richtete seine Netze zu, setzte die Lockvögel an die gehörigen Plätze, streute Futter aus und verbarg sich dann (S. 258) eilends in einer Höhle, die nicht weit von dem Vogelherde zurecht gemacht war. ... Jetzt hörte er die Lockvögel rufen und gleich darauf vernahm er die Antwort anderer Vögel im Walde, die der Lockung folgend, den verderblichen Netzen näher und näher hüpften. Bald wimmelte es auf allen Zweigen rings um den Vogelherd von allerlei Vögeln. Kreuzschnäbel und Dompfaffen, Finken und Stieglitze, Hänflinge und Zeisige, Kernbeißer und noch viele andere Thierchen zwitscherten von allen Seiten und schauten mit Begierde nach der Lockspeise, die ihnen von dem Vogelherde recht appetitlich in die Aeuglein schimmerte ... Als erst der Kreuzschnabel das Beispiel gegeben (S. 259) hatte und die übrigen Vögel sahen, daß ihnen kein Leides geschah, faßten sie alle Muth und schwirrten rings von den Zweigen herab und fielen, wie der Kreuzschnabel, über die Lockspeise her. Otto schaute mit funkelnden Augen und glühenden Wangen auf die reiche Beute. Jetzt habe ich genug!' rief er und griff nach der Schnur, um die Netze zuzuziehen und seinen Fang zu sichern. Aber, o weh, die Schnur war nicht zu finden. Otto suchte und suchte die Schnur war nicht da. Er weinte beinahe vor Aerger. Endlich fiel ihm dann ein, daß er in seinem Eifer und der Begierde, nur etwas zu fangen, die Schnur ganz und gar vergessen und gar nicht daran gedacht habe, sie mit in die Höhle zu nehmen ... Mißmuthig und mit leeren Händen ging er endlich nach Hause und murmelte vor sich hin: In Zukunft will ich hübsch vorher daran denken, meine Sachen in Ordnung zu bringen und nicht erst, wenn es zu spät ist"368. Derselbe Otto durfte als Jugendlicher mit einer Flinte und einer Eule als Lockvogel Raubvögel wie Adler, Milan und Habicht jagen 369 . Aber auch da machte ihm seine Unachtsamkeit einen Strich durch die Rechnung: Er vergaß, die Flinte zu laden und ein majestätischer Steinadler entwischte ihm. Jetzt erst hatte Otto seine Lektion gelernt und befleißigte sich von da an größter Gewissenhaftigkeit bei allen seinen Tätigkeiten 370 . Christoph von Schmid schildert 1824 die Jagd mit Hilfe von „Vogelbögen, sogenannte Gerichtlein", die man mit schönen roten Beeren versah, um die angelockten Vögel, meist Drosseln, in Schlingen zu fangen 371 . Die Häufigkeit, mit der in den moralischen Geschichten die Jagd auf Vögel beschrieben wird, spiegelt alltagsweltliche Realität. Im Zeitalter der Aufklärung kam es nämlich zu einer der größten Vernichtungswellen, vor allem von Spatzen - übertroffen im China Maos durch Ausrottung der Vögel in großangelegten Kampagnen, was Mißernten wegen Schädlingsfraß zur Folge hatte. 368 Hoffmann:Der Vogelherd. In: Ders.: Erzählungen, 1842, Nr. 131, S. 257-260. 369 Bei der sog. „Uhu"-Jagd stürzen sich die Raubvögel auf den an einer Stange festgebundenen Uhu und werden dabei geschossen oder gefangen. 370 Hoffmann: Die Krähenhütte. In: Ebd., Nr. 132, S. 260ff. 371 Schmid: Die wilde Ente. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 139f.

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Kameralistischen Grundsätzen entsprechend definierte das seit den 1740er Jahren als Wissenschaft akzeptierte Jagdwesen den Sperling als Schädling und Landplage und forderte zu seiner systematischen Bekämpfung auf 972 . „Die Sperlinge sollten durch Abschuß oder Fang, durch das Zerstören ihrer Nester und das Ausnehmen der Eier oder der Jungvögel getilgt werden", resümiert Christoph Gasser im Themenheft „Mensch und Tier" der „Hessischen Blätter zur Volks- und Kulturforschung" 373 . Wie Kinder von heute auch, wünschten sich die Sprößlinge im 18. und 19. Jahrhundert mit erstaunlicher Hartnäckigkeit Haustiere als Geschenk. Das waren damals jedoch noch keine Zwergkaninchen oder Meerschweinchen, sondern fast ausschließlich Vögel. Christoph von Schmid stellt einen Jungen vor, der in das Haus eines Tagelöhners geschickt wurde, um diesen zum Holzspalten zu bestellen. Dort sieht er ein zahmes Rotkehlchen, das er gerne kaufen möchte. Er nimmt sich vor, darauf zu sparen. Als er unterwegs einen Bettler trifft, schenkt er ihm alle Münzen, die er bei sich trägt, obwohl sein Ziel, das Rotkehlchen zu erwerben, damit in weite Ferne rückt. Im zweiten Teil der Geschichte stellt sich heraus, daß der arme Alte der Vater des Tagelöhners war. Als dieser seinem Sohn von dem freundlichen Jungen erzählt, schenkt der Tagelöhner ihm das Rotkehlchen 374 . Ein anderer Junge versucht das mühselige Sparen zu umgehen und stiehlt einen sprechenden Star. Als ihm der Besitzer begegnet, meldet sich peinlicherweise der Vogel aus der Jackentasche des Jungen375. Die Kinder der moralischen Geschichten konnten an der Art und Weise, wie sie sich um ihre Haustiere und Zimmerpflanzen kümmerten, ihr Durchhaltevermögen und ihre Zuverlässigkeit unter Beweis stellen. Negativbeispiele künden von verhungerten 376 oder entwichenen Kanarienvögeln 377 und Kaninchen378 sowie vom Marder gefressenen Tauben 379 . Dabei sollte das Motto doch lauten: „Ein gutes Kind tut seine Pflicht, Seh'n es auch gleich die Eltern nicht" 380 . Ein zum Jähzorn neigendes Mädchen tötet sein geliebtes Rotkehlchen, weil es mit seinem Flügelschlag sein mühsam errichtetes Kartenhaus zum Einsturz bringt. Erst nach einer einjährigen Bewährungsfrist erhält die Übeltäterin Ersatz 381 . 372 Gasser: Vogelschutz zwischen Ökonomie und Ökologie, 1991, S. 42f. 373 374 375 376 377 378 379

Ebd., S. 45. Schmid: Das Rotkehlchen. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 20ff. Ders: Der Star. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 39. Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 214ff. Schmid: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 37. Späth: Das Kaninchen. In: Dies.: Erzählungen, 1895, Nr. 24, S. 42f. Ein Junge erhält Tauben als Weihnachtsgeschenk. Mit der Zeit vernachlässigt er sie. Ein Marder tötet eines Nachts alle Tauben. Vgl. Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 279ff. 380 Schmid: Kurze Erzählungen, 1824, S. 37. 381 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 32ff.

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Das gehäufte Auftreten von „Vogel"-Geschichten in meinem Sample spiegelt die bereits Ende des 18. Jahrhunderts einsetzende, im Biedermeier in voller Blüte stehende Vogelliebe wider. Moralische Geschichten berufen sich auf Tiere mit positiven Eigenschaften, denen der Leser nacheifern soll oder führen sie vor als Objekte im Rahmen erzieherischer Maßnahmen. Vogelarten, welche weder als Vorbild, noch als pädagogisches Instrument, noch als Nahrungsquelle taugen, kommen in dieser Gattung nicht vor. Sie wurden aufgrund des utilitaristischen Nützlichkeitsdenkens der Aufklärung trotz des zaghaft aufkeimenden Tierschutzgedankens schonungslos verfolgt.

1.4 Mensch und Natur Verfolgt man die Entwicklungslinien utopischer Denkmodelle - und die moralischen Geschichten sind nichts anderes als die Utopie einer neuen Gesellschaft - , stößt man in der Epoche der Aufklärung auf eine Bruchstelle. Die seit Thomas Morus' „Insel Utopia" (1516) klassische Komponente wissenschaftlich-technischer Wertschätzung, welche die auf zivilisatorischen Fortschritt hinwirkenden Staatsutopien kennzeichnete, wurde ab Mitte des 18. Jahrhunderts abgelöst durch die Naturalisierung des Denkens, die das harmonische Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur zum Ideal erhob. Die städtischen Großutopien Thomas Morus', Tommaso Campanellas (1623) oder Francis Bacons (1627) 382 wichen der naturalen Kleinutopie: statt der polis als Zivilisationszentrum favorisierte man jetzt die bukolische Idylle des locus amoenus. Natur- und Wetterbeobachtung begegnen dem Leser moralischer Geschichten darum immer wieder. Die Einschätzung der Natur kann als Paradigma für den Verlauf der Aufklärung insgesamt dienen. Stand am Anfang die Neuentdekkung der Natur und ihre Erforschung frei von kirchlichen Dogmen durch die Gelehrten, so dauerte es nur wenige Jahrzehnte, bis die neuen Erkenntnisse aus den akademischen Zirkeln zu breiterer Wirksamkeit gelangten. Es galt einerseits, die Natur zu beobachten, ihre Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und sie zu bändigen, auf der anderen Seite sollte sie als Ausdruck der Liebe Gottes unberührt genossen bzw. hingenommen werden. Beide Zugänge sind in den moralischen Geschichten anzutreffen.

1.4.1 Naturbeobachtung Naturbeobachtungen bedeutete für die Volksaufklärer mehr als ein bloßes Steckenpferd, wollten sie doch die Landwirtschaft, den Obstanbau und die Bienenzucht voranbringen, und das in einer Epoche, die auch als „Kleine Eiszeit" in die Geschichte eingegangen ist. Es galt also, die landwirtschaftliche Produktion trotz der extremen Witterungsverhältnisse in Gang zu halten und angesichts des Bevölkerungswachstums gar noch zu steigern. Der Würzburger Geograph Rüdiger Glaser hält in seiner „Klimageschichte Mitteleuropas" fest, daß zwischen 1721 und 1750 und in den 1760er Jahren kalte Phasen mit sehr nassen Sommern auftraten und strengen Wintern (besonders 1784, 1789 und 1795), die man als „Kleine Eiszeit" bezeichnet 383 . Wetterbedingte Mißernten führten Anfang der 1770er Jahre zu einer Hungerkrise in Deutschland, welche 382 Alle drei Bände sind zusammengefaßt in einer Reclam-Ausgabe: Der utopische Staat. Morus, Utopia/Campanella Sonnenstaat/ Bacon, Neu-Atlantis (= rororo Klassiker). Reinbek b. Hamburg o J . 383 Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas, 2001, S. 176.

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die Volksaufklärer immer wieder in Erinnerung rufen 384 . Eine Warmphase zwischen 1776 und 1810 mit extrem niederschlagsarmen Sommern, die ebenfalls schlechte Ernten mit sich brachten, löste diese Kälteperioden ab385. Die Bauern mußten also lernen, den Boden bestmöglich auszunutzen. Voraussetzung für die Unabhängigkeit von den Naturgewalten war, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts durch den Einsatz meteorologischer Meßinstrumente (Hygroskop, Thermometer, Barometer) auf eine verläßliche Basis gestellten Wetterbeobachtungen und die daraus gezogenen Schlüsse der Bevölkerung nahezubringen. Deshalb betätigten sich viele Volksaufklärer ganz selbstverständlich als „Wetterfrösche". Der im Hessischen tätige lutherische Landpfarrer Johann Ludwig Christ (1739-1813), bekannt als „Bienen- und Apfelpfarrer", publizierte seine Beobachtungen über den langanhaltenden „Höherauch" des Jahres 1783 zunächst im „Hanauischen Magazin" und baute ihn später zu einem 72seitigen Bändchen „Von der außerordentlichen Witterung des Jahres 1783" aus, das schon ein Jahr später ins Holländische übersetzt wurde 386 . In Ulrich Bräkers (1735-1778) Tagebüchern finden sich zahlreiche Wetteraufzeichnungen 387 . Der „Gips-Pfarrer" Johann Mayer (17191798) aus Kupferzell widmete den „Die Wetteranzeigungen" und ,,ihr[em] Nutzen beim Garten" ein eigenes Kapitel im achten Band seiner „Beyträge und Abhandlungen zur Aufnahme der Land- und Haußwirthschaft nach den Grundsätzen der Naturlehre und der Erfahrung entworfen" (1778). „Man erkennt den Nutzen solcher wöchentlichen Witterungen", so freute sich der Wittenberger Mathematikprofessor und Intelligenzblatt-Herausgeber Johann Daniel Tietz (1729-1796), „die nirgends geschickter einen Platz, als in den Intelligenzblätter, finden können". Aus ganz Deutschland habe er Anfra-

384 Vgl. z.B. Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 80f. - Schmid, Christoph von: Erinnerungen aus meinem Leben. Neu bearb. v. Hubert Schiel. Freiburg 1953, S. 59. 385 In der Zeit der Volksaufklärung waren folgende Sommer extrem heiß: 1781, 1783, 1786-1788, 1790-1791, 1793, 1794, 1797-1798, 1802 und 1807-1808. - Vgl. Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas, 2001, S. 179. Anormal trockene Sommer waren 1776, 1784, 1796, 1800, 1802, 1805, 1808, 1811, 1815 und 1819 (ebd. S. 178). 386 Christ, Johann Ludwig: Von der außerordentlichen Witterung des Jahrs 1783, in Ansehung des anhaltenden und heftigen Höherauchs: Vom Thermometer und Barometer, von dem natürlichen Barometer unserer Gegend, dem Feldberg oder der Höhe; und von der Beschaffenheit und Entstehung unserer gewöhnlichen Lufterscheinungen, wie auch etwas von den Erdbeben. Frankfurt/Leipzig: Hermann 1783, 72 S. - Höhenrauch, auch Heiderauch genannt, sind trokkene, kleine Staubteilchen in der Luft, welche die Sicht herabsetzen und der Luft ein diesiges oder opaleszierendes Aussehen geben. Ursachen sind neben Wald- und Grasbränden Verunreinigungen durch Vulkanausbrüche, heute auch Industrieabgase und Städte. Vgl. Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas, 2001, passim. 387 Bräker, Ulrich: Sämtliche Schriften. Bd. 1: Tagebücher 1768-1778, bearb. v. Alfred Messerli u.a. München/Bern 1998. - Zu den hier genannten wetterbeobachtenden Volkslehrern Christ, Bräker, Mayer, Tietz und Lüders vgl. jeweils die biobibliographischen Abrisse im Autorenverzeichnis ab S. 471.

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gen nach den Werkzeugen zur Wetterbeobachtung erhalten, was ihm als Beweis galt, „daß diese bisher sehr vernachlässigte, und bloß den Gelehrten, folglich ohne geringsten Nutzen, iiberlassene Bemühung allgemeiner werden, und besonders unter die Hände der Vernünftigsten auf dem Lande kommen dürften, die daraus mit der Zeit den eigentlichen Vor-theil ziehen können" 388 . Das Wittenbergische Wochenblatt stand mit solchen Bemühungen nicht allein. Der Glücksburgische Probst Philipp Ernst Lüders (1702-86) etwa versuchte schon früher, mit mehreren kurzen Abhandlungen in Gesprächsform der Landbevölkerung den Nutzen der Wetterbeobachtung fur die landwirtschaftliche Arbeit nahe zu bringen 389 . Der Artikel „Zum nützlichen Gebrauche der Wetterbeobachtungen" im ersten Stück des Blattes nimmt immerhin fast sieben Seiten des knappen Raumes ein. Das Wetter, dem der Mensch über Jahrhunderte hinweg machtlos ausgeliefert war, nahm in der Volkserzählung seit alters her breiten Raum ein. Flugblätter und Einblattdrucke des 16. bis 18. Jahrhunderts befassen sich mit Witterungsanomalien wie Nordlichtern, Kometen, auffälligen Unwettern, Sturmfluten, Blut- und Schwefelregen. In der humanistischen Rückbesinnung auf die Antike lebte der altrömische Prodigienglaube wieder auf, man erblickte in den vielfältigen Wunderzeichen und im Toben der Elemente göttliche Warnungen und Mahnungen an die sündige Menschheit 390 . Aus einem Buch wie Job Fincels (f 1589) „Wunderzeichen" (1556) spricht deutlich der aus der Bibel gespeiste Endzeitglaube, der sich vor allem auf die Offenbarung des Johannes sowie auf das 24. Kapitel des Matthäus-Evangeliums (bzw. Markus 13 und Lucas 21,25) bezieht 391 . Dort prophezeit Jesus auf die Frage der Apostel, woran sie das Ende der Welt erkennen würden, Erdbeben, Kriege, Pest und Teuerung sowie Sonnenfinsternisse: „Und es werden Zeichen geschehen an der Sonne und Mond und Sternen" 392 . Die Lektüre der Fincelschen Prodigien erinnert an die Hysterie, die zuletzt in Europa im Vorfeld der Sonnenfinsternis am 11. August 1999 die Massen ergriff 393 . 388 Unpaginierte Vorrede zum 1. Jahrgang des Wittenbergischen Wochenblattes, 1768, S. 2. 389 Hier sei nur eines von mehreren Beispielen genannt: Gespräch zwischen einem Prediger und einem Landmann, worin der Lauf der Witterung theils beschrieben, theils die Art, wie man denselben aufsuchen soll, gezeiget wird. Ans Licht gestellet von Philipp Ernst Lüders. Flensburg 1763. 390 Schenda: Die deutschen Prodigiensammlungen, 1962. - Ders.: Die französische Prodigienliteratur, 1961. - Ders.: Wunder-Zeichen, 1997. - Beyer, Jürgen: Prodigien. In: EM X (2002), Sp. 1378-1388. 391 Zu diesem Autor vgl. Brückner, Wolfgang: Fincel(ius), Job(us). In: EM IV 1984), Sp. 1132ff. 392 Wunderzeichen. Wahrhafftige Beschreibung und gruendlich Verzeichnus schrecklicher Wunderzeichen und Geschichten die nach dem Jar an 1517 bis auff jtziges Jar 1556 geschehen und ergangen sind. Jena 1556, 435 S. - Das Buch hat bis weit ins 17. Jahrhundert hinein Nachfolger gefunden, vgl. Schilling, Heinz: Job Fincel und die Zeichen der Endzeit. In: Brückner: Volkserzählung und Reformation, 1974, S. 325-392, hier bes. S.379-388. 393 Vgl. Tomkowiak: Krankheiten, Kriege, Katastrophen, 2000.

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Im 18. Jahrhundert wurde die Prodigienliteratur allmählich abgelöst durch aufklärerische Schriften über das Wetter, die wie diese Werke allgemein seit den 1770er Jahren eine narrative Einkleidung erfuhren. Zur Veranschaulichung verweise ich auf die Geschichte vom „Blutwasser" aus dem Jahr 1783, in der abergläubische Dorfbewohner von „vernünftig" erzogenen Kindern über die wahren Hintergründe der Wasserverfarbung aufgeklärt werden 394 . Während in die Prodigien beim Faktum der unerklärlichen Rotfärbung und der Aufzählung der daraufhin von zu erwartenden Strafgerichte Gottes stehen bleiben, liefern die moralischen Geschichten plausible Erklärungen, um den Menschen die Furcht zu nehmen und sie zu einer aktiven Lebensgestaltung zu animieren. Der Volkskundler Andreas Schmidt beschäftigt sich in seiner Habilitationsschrift mit den Berichtsformen und Erklärungsmustern von Naturkatastrophen in Kalendern, der Kinder- und Jugendliteratur, populären Zeitschriften und Liedern im Zeitraum von 1755 bis 1855 und den dort anzutreffenden Verarbeitungsstrategien 395 . Ich möchte im Folgenden zeigen, wie die moralischen Geschichten der Einführung des Blitzableiters Vorschub leisteten.

1.4.2 Durchsetzung des Blitzableiters Die Reformatoren hatten die traditionellen „Blitzschutztechniken" wie Wettersegen und Wetterglocken, Feldkreuzen, Flurprozessionen und Wallfahrten zwar offiziell abgeschafft 396 , dennoch hingen im 17. und 18. Jahrhundert immer noch viele Menschen diesen Methoden im Umgang mit Blitz- und Hagelschlag, Überschwemmungen, Sturmfluten, extremen Kälte- und Hitzeperioden nach. Paul Münch bemerkt in seinem Kapitel über „Mensch und Klima", daß auch im 18. Jahrhundert „Pietisten nachts bei Gewittern aufzustehen pflegten,

394 Goeze: Blutwasser. In: Ders.: Zeitvertreib, 1783, Geschichte Nr. L, S. 256-266. - Wolfgang Brückner weist darauf hin, daß die Blutregen der Prodigien terminologisch von den „Blutwundern" zu trennen sind. Unter „Blutwundern" versteht die geistswissenschaftliche Forschung „alle jene mirakulösen Berichte und Erscheinungen, die in der kultischen Praxis von Kirche und Volk als ,Heiliges Blut' ... verehrt werden". Brückner, Wolfgang: Blutwunder. In: EM II (1979), Sp. 532ff., hier Sp. 532. 395 Schmidt: „Wolken krachen, Berge zittern, und die ganze Erde weint...", 1999. 396 Vgl. Alzheimer-Haller: Wetterkreuz, -läuten, -kerze, -segen, -prozession, -heilige, -hahn. In: Lexikon des Mittelalters IX (1998), Sp. 48f. - Karl-Sigismund Kramer behandelt die Unterschiede zwischen Wetterzauber und Wettersegen in seinem Kapitel über „Kirchliches Leben und volkstümlicher Glauben". In: Ders.: Bauern und Bürger, 1984, S. 100-133, hier S.125. Zum diesbezüglichen Ringen der Priester in Frankreich vgl. Julia: Der Priester, 1996, S. 316f. - Zur Realie „Wettersegen": Kürzeder, Christoph/Schilz, Andrea: Der Wettersegen. Ein Rundum-Versicherungspaket des 18. Jahrhunderts. In: Freundeskreis-Blätter Freilichtmuseum Südbayern 37 (1998), S. 166-188.

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um Kerzen anzuzünden und laute Gebete zu sprechen - nicht anders als Katholiken" 397 . Von Lichtenberg weiß man, daß er bei nahenden Gewittern öfter seine Vorlesungen abbrach, da ihn die Angst vor Blitz und Donnerschlag in seinem Vortrag hemmte. Über die genauen physikalischen Ursachen des Blitzschlags war gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch wenig bekannt 398 . Um 1750 erfand der amerikanische Naturwissenschaftler, Staatsmann und Schriftsteller Benjamin Franklin (1706-1790) den Blitzableiter und schuf damit eine wirksame Möglichkeit, die tatsächliche Gefahr für Leib und Leben zu verringern. Das Beispiel des Franklin-Kenners Lichtenberg zeigt, daß die „Brontophobie", die Gewitterfurcht, selbst in gelehrten Kreisen noch lange nicht der Vergangenheit angehörte. Der Verbreitung blitzabwehrender Maßnahmen stand die Scheu vor einem Eingriff in die Rechte Gottes im Wege. Vom Blitze schleudernden Zeus über „Jupiter tonans" und Donnergott Thor bis zum Gottvater des Christentums galt das Gewitter als Ausdruck göttlichen Willens, der ebenso strafen wie Segen bringen kann. Der Neuzeithistoriker Karl-Heinz Kittsteiner arbeitet in seiner Habilitationsschrift über „Die Entstehung des modernen Gewissens" anhand von Wetterpredigten, Wettergebetbüchern und aufklärerischen Gewitterkatechismen aus der Feder protestantischer Theologen die moraltheologische Dimension der neuzeitlichen Rede über das Gewitter heraus und zeigt, wie die innere Stimme des Gewissens allmählich das sichtbare Zürnen des Allmächtigen ersetzte399. Mehr noch als das protestantische „Volk" erwartete laut französischer Quelleninterpretation das katholische vom Ritual der Beschwörung eine unmittelbare Wirkung 400 . Bei einem Mißerfolg nahm die Gemeinde gegen ihren Gottesdiener, der dadurch jegliches Ansehen verlor, eine aggressive Haltung ein, erwies es sich doch, daß er „Hagelvertreiber" versagte. Gegen den magischen Zauber, der diesem zeremoniellen Kanonendonner zugeschrieben wurde und der den Priester in eine Art Schamanen verwandelte, setzten die Pfarrer des 18. Jahrhunderts die Macht der Vernunft und des Wissens. Schelmisch erläutert etwa der Pfarrer der Diözese von Tarbes 1783 in Beantwortung einer Enquête seines Bischofs, wie er versucht hat, den Blitzableiter in seinem Dorfe heimisch zu machen: „Bei Gewitter werden die Glocken geläutet. Kirchturm und Glöckner sind folglich zweimal in kaum 50 Jahren vom Blitz getroffen worden. Uns selber würde der Blitz der Dorfbewohner treffen, wenn wir dieser Bimmelei Einhalt geböten. Ich wollte ihnen darum mehr Vertrauen in einen elektrischen Blitzableiter einflößen, den ich gerade hoch oben auf unserem Kirchturm anbringen lasse; da397 398 399 400

Münch: Lebensformen, 1996, S. 128. Drux: Über Gewitterfurcht und Blitzableitung, 1997. Kittsteiner: Die Entstehung des modernen Gewissens, 1987. Vgl. Julia: Der Priester, 1996, S. 317.

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mit sie ihn aber überhaupt für tauglich hielten, mußte er in irgendeiner Form geweiht werden, woraus die Physiker sich indessen bis jetzt nicht viel gemacht zu haben scheinen. Im übrigen machen wir nach wie vor die Beschwörungen und Gebete, und das Ritualbuch ist stets zur Hand. So hat uns persönlich der Blitz bis heute nichts anhaben können"401. Johann Georg Büsch (1728-1800), Mathematikprofessor und Mitbegründer der Hamburger „Patriotischen Gesellschaft", führte Franklins Erfindung in Europa ein. Die von mir erfaßten Autoren volksaufklärerischer Lesestoffe unterstützten diese Pioniere ab den 1780er Jahren durch das massenweise Einflechten von Sachbeiträgen über das Verhalten bei Unwettern, die sie gegen Ende des Jahrhunderts allmählich mit Erzählungen garnierten. Die diesbezügliche hochschichtliche Literatur hat sich der Würzburger Germanist Christian Begemann vorgenommen, die hier nicht Gegenstand der Erörterung sein kann 402 . Rudolph Zacharias Becker versucht in seinem „Noth- und Hülfsbüchlein" (1788) im Kapitel „Von Gewittern, und wie man sich dabey verhalten soll" der Landbevölkerung Funktion und Bedeutung des Blitzableiters vor Augen zu fuhren: „Die Gebäude zu verwahren, daß der Blitz keinen Schaden daran tue, hat Benjamin Franklin die Blitz-Ableiter erfunden. Diese bestehen aus einer eisernen Stange mit scharfen vergoldeten oder kupfernen Spitzen, welche auf dem First des Daches oder auf der Turm-Spitze aufgerichtet wird. Ans Ende dieser Stange wird ein kupferner Streif oder Draht angeniedet, der auswendig am Gebäude herunter geht, bis in die Erde. Wenn nun eine Gewitter-Wolke eben über dem Hause ihr elektrisches Wesen ausgießt, so fließt es gleichsam an dem Metall sacht herunter bis in die Erde, und tut dem Gebäude keinen Schaden. Mehr als hundert Exempel haben es klärlich dargetan, daß sich dieses so verhält, und es sind schon sehr viele Türme, Kirchen und Schlösser mit solchen BlitzAbleitern versehen; ja der Durchlauchtigste Churñirst von Sachsen hat sogar verordnet, daß künftig kein neues Haus ohne Abieiter gebaut werden soll, und er ist so gnädig, daß er den Untertanen einen Zuschuß aus seiner Bau-Casse dazu gibt. Diese Erfindung ist ein gar schönes Exempel davon, daß es auf der Erde immer besser mit den Menschen wird und werden muß, wenn sie ihren Verstand immer mehr gebrauchen. Vor hundert Jahren hätte man noch nicht geglaubt, daß es möglich wäre, den Schaden der Gewitter abzuwenden, und nur das Gute anzunehmen, das uns Gott durch sie erweist"403. Der „Unterricht von den Verwahrungsmitteln gegen die Gewitter" (1784) aus der Feder des katholischen Geistlichen und Physikprofessors Joseph von We401 Antwort eines Pfarrers aus Aunebat, Stadtbibliothek Tarbes, Ms. Nr. 60, S. 609-619. Zit. n. Julia, Der Priester, 1996, S. 317. 402 Begemann: Furcht und Angst im Prozeß der Aufklärung, 1985, hier bes. Kap. 3: Die Furcht vor der äußeren Natur im Prozeß der Naturbeherrschung, S. 67-96 und Kap. 4: Naturfurcht, Naturbeherrschung, Naturgenuß. Rekonstruktion der Erfahrung erhabener Natur im 18. Jahrhundert, hier Abschnitt 1, 2 und 3, S. 97-135. 403 Becker: Noth- und Hülfsbüchlein 1788, hier zit. n. Faks.-Neudr., hg. und mit einem Nachw. versehen v. Reinhart Siegert. Dortmund 1980, Kap. 52, S. 375-380.

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ber (1753-1831) war - wie der Untertitel ankündigte - im „Sokratischen Tone" gehalten. Es sei dahin gestellt, ob die bäuerliche Zielgruppe mit dem griechischen Philosophen Sokrates etwas anfangen konnte; gemeint war jedenfalls, daß der Inhalt in Gesprächsform vermittelt wurde. In sechs kleinen Dialogen erläutert Weber Schutzmaßnahmen bei Gewittern und betont besonders die Nützlichkeit der Blitzableiter. Der Brandschutz auf dem Dorf war auch ein besonderes Anliegen des norddeutschen protestantischen Theologen Friedrich Wilhelm Dieck (1761-1827). In seinem „Unterricht für den Bürger und Landmann wie Landhäuser und Strohdächer auf eine wohlfeile Art feuersicher gemacht und Feuersbrünste schnell und am zuverläßigsten gelöscht werden können" plädiert er schon 1796 für eine bessere Organisation des dörflichen Löschwesens - „die Freiwillige Feuerwehr läßt grüßen", wie der Göttinger Bibliothekar Gerd-J. Bötte salopp, aber treffend kommentiert 404 . Ebenfalls in Gesprächsform goß der Quedlinburger protestantische Geistliche und Zoologe Johann August Ephraim Goeze 1783 seine Erklärung der vermeintliche „Donnerkeile", die Gott - auch bei Luther 405 - angeblich als Strafgericht zusammen mit Blitzen vom Himmel schleudert. Ein Vater entlarvt diese steinernen Fundstücke gegenüber seinen verängstigten Kindern nüchtern als vorgeschichtliche Handwerkszeuge wie Hammer oder Feuersteine und versucht ihnen so die Angst vor Gewittern zu nehmen. Goeze - obwohl naturwissenschaftlich interessiert - war offenbar die Tatsache, daß es sich bei den im Volksmund „Donnerkeil" oder „Teufelsfinger" genannten Versteinerungen um Belemniten handelt, nicht bewußt 406 . Belemniten (griechisch „Belemnos" = der Blitz, aber auch das Geschoß) gehören zur Klasse der Kopffüßler und waren den heutigen Tintenfischen sehr ähnlich. Sie lebten in der Zeit des Unterkarbon bis ins Tertiär hinein und wurden bis ca. 20 cm lang. Ihre fossilen Überreste, die heute noch massenhaft gefunden werden, sind das harte „Rückgrat" dieser Tiere. Selten kommen Abdrücke des ganzen Körpers vor. Belemniten wurden gerne als Amulett benutzt. Im Hause aufbewahrt, stellten sie angeblich eine Versicherung gegen Blitzschlag darf. Vorzugsweise pflegte man sie in den Milchkammern aufzubewahren. Magenschmerzen sollten sie auch beseitigen, indem man Partikel davon abschabte und einnahm. 404 Vgl. Bötte: „... zur Belehrung des Deutschen Bürgers und Landmannes", 2000. 405 Vgl. Donnerkeil. In: HDA II (1930), Sp. 325-331, wo auch nur von den großen Steinbeilen die Rede ist. 406 Goeze: Zeitvertreib, 1783, XXXVII: Donnerkeile, S. 187-195. Nach Kluge bezeichnet man mit „Donnerkeil" bis zum 16. Jahrhundert (!) - unser Autor von 1783 beweist hier, daß der Ausdruck noch länger geläufig war - Steinzeitbeile. Selbst 1862 sieht sich der Mainzer Lehrer Franz Xaver Kieffer in seinem „Lese- und Lehr-Buch für die Oberklassen" noch veranlaßt, gegen den Aberglauben von den „Donnerkeilen" anzuschreiben (Nr. 82, S. 317f.). Die Zusammensetzung ergibt sich aus Donner in der mittelhochdeutschen Nebenbedeutung von „Blitz" und „Keil". Vgl. Kluge 2 3 1999, S. 189. - Darga, Robert: Donnerkeil und Teufelsfinger. Versteinerungen im Volksglauben. In: Chiemgau-Blätter 42 (1996), S. 1-5.

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Christoph von Schmid nutzt 1824 das Thema „Unwetter", um an den Wert überkommender Traditionen zu erinnern. Sein Amtsbruder Joseph von Weber hatte es 40 Jahre zuvor - wie oben ausgeführt - durch sachliches Argumentieren erlangt, in Dillingen und Umgebung Blitzableiter flächendeckend einzuführen. Schmid gebraucht das Wort „Blitzableiter" zwar schon wie selbstverständlich, spielt die amerikanische Erfindung aber gegen das Wissen der Altvorderen aus: Mit einer hohen Tanne neben dem Haus sei derselbe Effekt zu erreichen 407 : Ein Sohn schlägt seinen Eltern vor, eine das Wohnhaus weit überragende Tanne zu fällen, da ein Apfel- oder Birnbaum an ihrer Stelle weit nützlicher sei. Mutter und Tochter verteidigen den Baum, weil er noch vom Großvater der Mutter persönlich vor über 100 Jahren gepflanzt worden war, und weil er im Winter Vögeln und Eichhörnchen Nahrung bietet. Der Vater verweist außerdem noch auf den wichtigsten Nutzen des hohen Baumes: Er dient als Blitzableiter. Deshalb stünde bei jedem einsamen Haus ein hoher Baum; die „Voreltern" hätten um diese Funktion sehr wohl noch gewußt. Tatsächlich schlägt im folgenden Sommer ein gewaltiger Blitz in die Tanne ein. Ohne sie, wäre das Haus abgebrannt und die Familie vielleicht tot. So verhält es sich auch mit anderen alten Gewohnheiten: Man sollte sie nicht vorschnell abschaffen. Schmids Fazit lautet deshalb: „In alten Bräuchen wohnt ein tiefer Sinn,/ Sie ändern bringt oft Schaden statt Gewinn." Erzählungen des späteren 19. Jahrhunderts unterstreichen den reinigenden Effekt eines Gewitters und die Größe des Naturschauspiels: „Zu den schönsten und großartigsten Naturerscheinungen gehört das Gewitter. Vor demselben ist gewöhnlich die Luft schwül, heiß und drückend. Zuerst erscheinen am Rande des Himmels scharf begrenzte weißlich graue Wolken. Diese thürmen sich nach allen Seiten hin über einander empor, rücken immer näher und umspannen, wie mit einem dunkeln Mantel, den Himmel. ... Welcher Mensch könnte bei diesem erhabenen Schauspiele ungerührt bleiben, welcher sollte seine Schwachheit nicht erkennen und sich nicht zum Danke gegen die unendliche Güte und Weisheit des Höchsten gehoben fühlen, der auch im furchtbaren Gewitter Segen spendet!"408 Wichtig ist dem Verfasser, dem schon wiederholt zitierten Mainzer Lehrer Kieffer, daß es die immer noch gefurchteten „Donnerkeile", sofern damit vom Himmel herabfallende Gesteinsbrocken gemeint sind, wirklich nicht gibt. Auch gibt er praktische Hinweise für das richtige Verhalten bei Gewitter, nachdem er zur Warnung von vier Menschen - einer Urgroßmutter, Großmut-

407 Schmid: Der Tannenbaum. In: Ders.: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 121-124. 408 Kieffer: Das Gewitter. In: Ders.: Lesebuch, 1862, Dritter Abschnitt, Nr. 82, S. 317f. - Den gleichen Ton schlägt auch der Jugendschriftsteller Franz Hoffmann an: Vgl. Ders.: Das Gewitter. In: Ders.: Erzählungen, 1842, Nr. 66, S. 135-137.

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ter, Mutter und Kind - berichtet hat, die am 29.6.1828 in Tuttlingen in ihrem Hause von einem Blitz erschlagen worden seien: „Wer von einem Gewitter im Freien überrascht wird, sucht oft Schutz unter freistehenden Bäumen und bedenkt nicht, daß er hier sich der Gefahr recht eigentlich aussetzt. Ein freistehender Baum wird am ersten von einem Blitzstrahle getroffen. Befindest du dich während eines Gewitters in einem Zimmer, so öffne ein Fenster, vermeide aber jede Zugluft, und halte dich vom Ofen fern, weil die Metalle den Blitz anziehen"409. Der Protagonist einer weiteren Geschichte Kieffers, genannt Gustav, hat die Gewitter-Lektion schon gelernt. Als er erschöpft unter einem Baum einschläft und von Donnergrollen geweckt wird, flüchtet er schnell ins Freie. Er erinnerte sich daran, „daß man bei Gewittern sich nie unter hohen Bäumen aufhalten dürfe". Kaum hat er sich in Sicherheit gebracht, schlägt just in den Baum, unter dem er sich ausgeruht hatte, der Blitz ein410.

1.4.3 Die Entdeckung des Naturschönen Die Gedanken der Aufklärer kreisen jedoch nicht nur um Blitzableiter und landwirtschaftliche Produktivitätssteigerung, sondern auch um eine neue ästhetische Wahrnehmung der Natur. Franz Xaver Geiger (1749-1841) ermuntert den „gemeinen Mann" zu sonntäglichen Spaziergängen, um sich der Größe Gottes dankbar zu vergewissern: „Durchwandelt, liebe Bürger! durchwandelt an Sonn- und Feyertagen eure Gegenden, und sehet da, wie Aecker und Wiesen, Wälder und Felder, Bergen und Thäler, Felsen und Flüsse so angenehm und vielfältig abwechseln; wie euer Auge bey einer schönen Aussicht von tausend Farben, und besonders von dem angenehmen Grün ergoezet wird; erquicket euch durch den Gerüche der Blumen und Früchte, und greift da mit Händen, wie segenvoll die Welt Gottes ist. Sehet an die Vögel der Luft, wie sie sich ihres Lebens freuen, und nichts wissen von marternden Sorgen. Betrachtet die Blumen des Feldes und die Manichfaltigkeit der Kräuter, andere zur Arzney dienen. Ihr werdet nie damit fertig werden, und überall wird sich euern Augen neuer Reichthum, neue Schönheit und neue Nutzbarkeit anbiethen" 411 . Schon kleinen Kindern versuchte man nahezubringen, daß die von Gott geschenkte Natur um ein Vielfaches „schöner" sei als die vom Menschen gestaltete. Christoph von Schmid bringt die „Moral" auf den Punkt, wenn er beim Anblick eines sogenannten „Eis- oder Diamantkrauts", einer Pflanze aus der Familie der Mittagsblumengewächse, die aussieht, als sei sie mit Eiskristallen 409 Kieffer: Lesebuch, 1862, S. 318. 410 Ders.: Suche deinen Eltern Freude zu machen! Der Blitz. In: Ders.:A Lesebuch, 1862, Nr. 45, S. 24. 411 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl., o.J. [um 1800], S. 265.

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überzogen, reimt: „Gott schmückt mit reicher Schönheit die Natur,/ Was man nur sieht, trägt seiner Güte Spur" 412 . Der Vater eines kleinen Jungen in der Geschichte vom „Großen Garten" aus dem Jahr 1784 nimmt dessen helle Begeisterung über die Pracht eines gräflichen Schloßparks auf dem Heimweg zum Anlaß für folgende Belehrung: „Sieh, mein Sohn! sagte er, du bist noch ganz in den Gedanken an den schönen Garten geheftet. Du stauntest, und warst außer dir. Findest du dann gar so was außerordentliches daran? Sieh, so einen Garten; und er ist gewiß weit reizender, siehst du jeden Augenblick vor dir. Wenn du auf die Anhöhe vor unser Haus gehest, und da deinen Blick in die weite Gotteswelt werfen kannst, wenn du in der schönsten natürlichsten Abwechslung izt ein blühendes Kornfeld, izt eine grünende Wiese, wo sich eine helle Silberquelle durchwindet, die ihr Saat und Gedeihen verschafft, izt einen Hain (oder kleinen Lustwald) aus welchem ein Bach auf Steinen, gleichsam aus marmornen Becken herabrauscht, izt ein Brachfeld, und gleich daran den fettesten Waitzen- oder Gerstenacker, wenn du dieß alles so in einem Augenblick übersiehst, findest du da nicht mehr Mannigfaltigkeit, nicht mehr Natur als in all denen, mit so verschwenderischer Kunst angelegten Gärten? Glaube mir, mein Sohn, daß die Natur alles zu unsern größten Vergnügen eingerichtet hat, und daß die liebe Natur der schönste Garten ist. Nebst dem gehört dieser ganze Garten dir zu. Er ist blos für deinen Gebrauch bestimmt. Du athmest die Balsamdüfte der Felder und Fluren ein, du geniessest reichlich von der Frucht des Baumes und des Feldes, du kannst deinen müden Gliedern Kühlung an der Quelle verschaffen, du findest wohlthätigen Schatten unter jenem Baum, kurz dieser ganze, große Garten der Natur steht dir zu Gebothe. Hier kann sich dein Auge sättigen, und du lernest dabey so zufrieden zu seyn, als es vielleicht der Besitzer jenes Gartens, den du heute sähest, immermehr [sie!] seyn wird. Bey Karin machten diese Reden gewaltigen Eindruck, und so oft er müssige Stunden hatte, war er auf dem Hügel, und unterhielt sich herrlich an den schönsten Aussichten. Dabey wurde sein Herz genügsam, und er lernte alle seine Wünschen einzuschränken"413. Hier klingt eine ganz und gar pietistisch geprägte Natur-Auffassung an, obwohl dieses Beispiel den Erzählungen des katholischen Priesters Johann Adam Wening entnommen ist, der sich jedoch wie viele seiner Kollegen gerne der Motive seiner protestantischen Amtsbrüdern bedient hat. Wolfgang Schmitt arbeitet in seiner Kölner Dissertation über „Die pietistische Kritik der K ü n ste'" (1958) heraus, daß „artifizieller Prunk [dort] keinen moralischen Sinn [hat], während sich der Fromme an der gottgeschaffenen Natur erfreuen darf, da er in ihr Gottes Liebe und Güte erkennt und empfindet. Ist sie aber durch „Menschenhand ,verschönert' worden, ist sie eine Lust für die Augen, nicht mehr für das Gemüt ... Wiesen, Wälder und Felder hingegen ermuntern den Frommen zu inniger Freude, da sich ihre Schönheit nicht in der äußeren Erscheinung erschöpft, sondern beseelt ist von der Liebe Gottes" 414 . 412 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 104f. 413 Wening: Der große Garten. In: Ders.: Erzählungen, 1784, Nr. 49, S. 119-122. 414 Zit. n. Brückner: Schön und gut, 2001, S. 502.

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Hier hat sich seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein tiefgreifender Gesinnungswandel vollzogen. In den Moralischen Wochenschriften dieser Zeit wurde nämlich noch die Auffassung vertreten, nicht die wilde, sondern die gezähmte Natur sei Ausdruck und Ort der vernünftigen Ordnung. Im englischen Landschaftsgarten sahen die frühen Aufklärer den Prototyp ihres Naturideals. Das Zivilisierte galt gleichzeitig als das „Natürliche", das Vernünftige415. Da Wening in seinem Vorwort „Bücher für Kinder und Kinderfreunde" als Quelle für seinen Erzähl-Band angibt, war es nicht schwer nachzuweisen, daß er bei den Philanthropen Basedow, Campe, Trapp und Salzmann Anleihen genommen hat, deren Werke vom Pietismus beeinflußt sind. Hier zeigt sich, daß die von August Hermann Francke (1663-1727) in Halle entwickelten pädagogischen Modelle mittlerweile auch in katholischen Regionen Früchte trugen, was durchaus im Sinne Franckes gewesen sein dürfte, der großen Wert auf die Ausbreitung seiner Ideen legte. Zahlreiche Schulordnungen des 18. Jahrhunderts übernahmen sein Erziehungsziel der Gottseligkeit und christlichen Klugheit sowie Inhalte und Methoden aus der Glauchaer Ordnung von 1702-1721. Johann Julius Hecker (1707-1768) führte in Preußen 1748/53 nach Franckes Vorbild die seminaristische Lehrerausbildung ein, die später durch Johann Ignaz von Felbiger (1724-1788) auch in die katholischen Lande vermittelt wurde 416 , wie wir hier an Wening beobachten können.

1.4.4 Kultivierung und Wertschätzung von Obst Die Wertschätzung der von Gott geschaffenen Natur ging Hand in Hand mit der systematischen Kultivierung von Öd- und Brachflächen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen Teil der sog. „Landeskultur", d.h. der landesherrlichen Maßnahmen zur Förderung der Agrarökonomie, ausmachte. Das erste im Sinne des merkantilen Absolutismus formulierte Kulturmandat in Bayern datiert vom 30. Juli 1723417. In der belehrenden Literatur für den „gemeinen Mann" tauchen darum vorbildhafte Bauern auf, welche für Urbarmachung, Baumpflanzungen, Trockenlegung von Sümpfen, Wiederbelebung heruntergewirtschafteter Güter usw.

415 Vgl. Brandes: Moralische Wochenschriften, 1993, S. 127ff. 416 Vgl. Ringshausen, Gerhard: August Hermann Francke (1663-1727). In: Scheuerl: Klassiker der Pädagogik, Bd. I, 1979, S. 83-93, hier S. 92. 417 Döllinger, Georg (Hg.): Sammlung der im Gebiete der innern Staats-Verwaltung des Königreichs Bayern bestehenden Verordnungen, aus amtlichen Quellen geschöpft und systematische geordnet. 20 Bde. München 1835-40, hier Bd. 14/2, S. 105-109, § 1. - Vgl. auch Bothe: Landeskulturin Deutschland, 1976.

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von höchster Stelle ausgezeichnet wurden 418 . Die oberste Maxime lautete: „Der Bauer, welcher da macht, daß an einem Orte zwey Grashalme wachsen, wo sonst nur einer gewachsen ist, der ist mir lieber als der erste Hofherr" 4 ' 9 . Für besonders förderungswürdig galt die Obstbaumzucht, die seit den Verwüstungen des 30jährigen Krieges in Deutschland zum Erliegen gekommen war. Nun suchte man sie aus dem engen Kreis klösterlicher Gärten herauszulösen, um ein natürliches Instrument zur Hebung der Landeskultur zu gewinnen420. Obstbäume wurden aus Frankreich und den Niederlanden eingeführt, wo die Obstzucht florierte. 1750 erließ in Bayern Kurfürst Max III. Joseph das erste Edikt zur Förderung der Baumkultur. Darin forderte er seine Untertanen auf, mehr Obstbäume in ihre Gärten und gegebenenfalls auf Wiesen und Felder zu pflanzen. Konkret stellte er sich vor, daß jeder Vollbauer über 16 Fruchtbäume verfügt, was bei Visitationen im Rahmen der Feuerbeschau jährlich überprüft und gegebenenfalls mittels einer Strafzahlung in Höhe von 15 Kreuzern durchgesetzt werden sollte421. Allerdings war es mit den pomologischen Kenntnissen der ländlichen Bevölkerung nicht weit her. Sie verwendeten ganz selbstverständlich die „Wurzelausschläge von Holzäpfeln, wilden Birnen und dergleichen" für die Vermehrung, wie Johann Ludwig Christ 1792 berichtet 422 . Und auch 1814 blieben die Obstbäume der Bauern noch weitgehend der Natur überlassen, klagt Josef August Wöber in einem Fachbuch 423 . Das im 18. Jahrhundert massenhafte Auftreten von Rebschädlingen nötigte ferner zur Suche nach Alternativen für den Weinbau. Die rationelle Bekämpfung von Mehltau, Rebenstechern, Traubenwicklern, Heuwürmern etc. soll nach Bassermann-Jordan zuerst vom Speyerer Fürstbischof Franz Christian von Hutten ausgegangen sein424. Dieser verkündete in einem Erlaß vom 11. April 1765, es sei zwar „löblich und heilsam" Betstunden abzuhalten, der Mensch sei jedoch auch verpflichtet, „die von Gott ihm verliehene Vernunft anzuwenden, um natürliche Mittel zu suchen, dem Übel entgegen zu ge-

418 Der Markgraf von Baden läßt fur einen Bauern von Lingelsheim eine Ehrensäule errichten, weil dieser einen moosigen Boden in fruchtbares Ackerland verwandelt hat (Geiger, S. 44). Heinrich Mayer, „hannöverischer Bauer zu Peppern", hat zwölf Tagwerke unfruchtbare Heide urbar gemacht. Die landwirtschaftliche Gesellschaft ehrt ihn dafür öffentlich mit zehn Talern (Geiger, Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 59f.). 419 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 47. 420 Stonus: Kulturbäume am Straßenrand, 2000, S. 376. 421 Ebd. 422 Christ, Johann Ludwig: Der Baumgärtner auf dem Dorfe oder Anleitung, wie der gemeine Landmann auf die wohlfeilste und leichteste Art die nüzlichsten [!] Obstbäume ... erziehen, behandeln, und deren Früchte ... recht benuzzen [!] solle. Frankfurt/Main 1792, S. 2f. 423 Wöber, Josef August: Physisch-praktisches Lehrbuch über das Ganze der Zucht und Veredlung des Obstes. Wien 1814, Bd. II, S. 170. 424 Bassermann-Jordan, Friedrich von: Geschichte des Weinbaus. 3 Bde. Frankfurt/Main 1907, hier das Kap. „Rebschädlinge" in Bd. II, S. 486-518.

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hen" 425 . In der Verbreitung pomologischen Wissens eröffnete sich demnach ein weites Betätigungsfeld für den durch landesherrliche Verordnungen zur Mitarbeit verpflichteten niederen Klerus (vgl. Abb. 17, S. 467). Unter Pfarrer Johann Friedrich Oberlin (1740-1826) wurde es in der armen Vogesen-Gemeinde Walders-bach Sitte, bei Taufen und Konfirmationen einen Obstbaum zu pflanzen, bei Hochzeiten zwei. In seinem Garten entstand eine Pflanz-schule mit Obstbäumen. Planmäßige Naturbewältigung forcierten auch die Pietisten, wie der Landschaftsplaner Lutz-Wolfram Reiter für die Herrenhuter Brüdergemeine nachweist: Zu deren Sie-dlungsmuster gehörten ein rechtwinkeliges Straßennetz, Häuser im Baukastenprinzip um einen zentralen Platz, an dem der Versammlungssaal lag, als Zentrum mit Zisterne, Wäscheplatz, Nutz- und Baumgarten, in gewollter Multifunktionalität für die „Christliche Colonie" 426. Auch der „Gottesacker" wurde ge-nau geplant mit einer Baumallee als Scheidelinie zwischen den nach Geschlech-tern getrennten Gräbern. Weitere parkähnliche Anlagen dienten der Erziehung, private Hausgärten hinter den Wohnhäusern galten zugleich als „grüne Zimmer" 427 . Jedoch nicht alle Geistlichen betrachteten den Obstanbau als Gottesdienst. Am Niederrhein wirkte der katholische Pfarrer Johann Peter van de Loo (1766-1840), der seiner Gemeinde ein Standesporträt hinterlassen hat, das ihn als Obstbaumkenner ausweist. Er sitzt nicht wie der Pfarrer in Beckers „Nothund Hülfsbüch-lein" mit den Bauern am Tisch, um seine Kenntnisse weiterzugeben, sondern betreibt den Obstbau vielmehr als Teil eines kunstvollen Gartenbaus, wie der Kunsthistoriker Hans-Jürgen Lechtreck nachweist 428 . In der Geschichte „Der Apfelkern" führt Christoph von Schmid seinen Lesern einen Beamten als leuchtendes Vorbild des Obstanbaus vor Augen 429 . Dieser Mann füttert seinen Kanarienvogel gerne mit Apfelschnitzen. Dabei fallen unbemerkt Kerne auf die Erde vor dem Fenster und treiben zufällig aus. Das bringt den Mann auf den Gedanken, systematisch Apfelbäumchen zu züchten. Er kauft einen großen Teil des ehemaligen Glacis der barocken Stadtmauer, das militärtechnisch überholt und darum mittlerweile unnütz war, um dort einen Obstgarten anzulegen 430 . Fremde und Einwohner sind von der Idee begeistert und lassen sich davon anstecken. Der österreichische Kaiser Joseph II. soll nach Franz Xaver Geiger 1787 einen Bauern in Galizien mit einer Goldenen Denkmünze beschenkt haben, weil

425 Zit. n. Ebd., S. 492. 426 Reiter, Lutz-Wolfram: Das grüne Reich der Herrenhuter. In: Lächele: Das Echo Halles, 2001, S. 31-57, hier S. 35ff. 427 Ebd., S. 45. 428 Vgl. Lechtreck: Obstbau als Gottesdienst?, 1997, hierbes. S. 215. 429 Schmid: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 14. 430 Vielerorts wurden im frühen 19. Jahrhundert an dieser Stelle Ringparks angelegt, so z.B. in Bremen, Chemnitz, Frankfurt/Main, Meißen und Würzburg.

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er 600 Obstbäume gepflanzt und damit zur Verschönerung der Landschaft und zur Versorgung der Nachkommen beigetragen hatte431. Ein Bauer namens Kurt aus Lodersleben in Thüringen erfuhr eine öffentliche Belobigung, weil er ererbtes unfruchtbares Land mit Obstbäumen bestückt und den Boden kontinuierlich durch Erde und Mist verbessert hatte. Er vermochte seinen Kindern ein ansehnliches Vermögen zu vererben 432 . Veredelte Obstbäume spielen eine wichtige Rolle in der Lesebuchgeschichte aus dem Jahr 1862, mit deren Hilfe den Schülern vermittelt werden soll, wie wichtig es ist, begangene Fehler einzugestehen. Ein Landmann hatte eigenhändig eine Reihe Obstbäume gezogen. Als sie die ersten Früchte tragen, pflückt sie sein Sohn zusammen mit einem Nachbarjungen noch bevor sie wirklich reif sind. Als der Vater die abgeernteten Bäume sieht, ist er untröstlich. Mit schlechtem Gewissen schleicht der Sohn zu seinem Komplizen, der ihm vorschlägt, einfach so zu tun, als hätte er mit der Sache nichts zu tun. Als der Junge seinem Vater das nächste Mal begegnet, bringt er die Lüge jedoch nicht über die Lippen. Die Ehrlichkeit beeindruckt den Vater. Er vergibt ihm und hofft, daß er künftig nie mehr etwas zu verhehlen haben wird433. Viel häufiger als die mutwillige frühzeitige Ernte begegnet uns in den moralischen Geschichten gezielter Obstdiebstahl, denn frisches Obst gehörte offenbar zu den heiß begehrten Leckerbissen, in deren Genuß Kinder nur selten kamen und das sie freudig als Belohnung für gute Taten annahmen. Eine Handvoll Geschwister erbetteln sich beim Vater die Erlaubnis, im Garten spielen zu dürfen. Sie erhalten den Schlüssel unter der Auflage, unter gar keinen Umständen Blumen zu pflücken. Bald langweilen sich die Kinder. Da schlägt eines vor, Blumenkränze zu winden. Alle Geschwister bis auf Julie beteiligen sich an dem verbotenen Spiel und werden erwischt: „Der Vater schnitt einen Stock ab, strafte die bösen Jungen mit tüchtigen Schlägen und schickte sie augenblicklich nach Hause. Den ganzen Sommer über durften sie nicht wieder in den Garten gehen und bekamen weder Stachelbeeren, noch Johannisbeeren, noch anderes Obst. Da bereuten sie ihren Ungehorsam tief. Julie hingegen durfte von den köstlichen Beeren essen, so viel sie wollte, und der Vater liebte sie"434. Auch die faule Hermine, die - obwohl „schon" fünf Jahre alt - noch nicht stricken kann und sich standhaft weigert, diese Fertigkeit zu erlernen, wird mit Obstentzug bestraft. Anläßlich einer Einladung vergnügen sich ihre Freundinnen allesamt mit dem Strickstrumpf in der Hand. Die Aufforderung, es ihnen gleich zu tun, schlägt Hermine in den Wind:

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Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 43. Ebd., S. 60. Kieffer: Lesebuch, 1862, Die Reue, Nr. 85, S. 50f. Hoffmann: Erzählungen, 1842, Nr. 57: Die Blumen, S. 118ff., hier S. 120.

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„Hermine blieb ruhig sitzen und lachte. Bald darauf trat aber Ida's Mutter in die Stube und brachte einen Teller schöner, großer Aepfel herein. Ach, die sahen so lieblich und rothbackig aus, daß den Kindern das Herz im Leibe lachte, als sie hörten, wer die Aepfel verzehren sollte. Jedes fleißige Kind bekommt einen, sagte die Mutter, wer aber faul gewesen ist, erhält nichts. Da gab sie jedem Kinde einen Apfel und Herminen (S. 115) keinen. Diese mußte zusehen, wie es sich die andern so wohl schmecken ließen. Da schämte sie sich, und als Niemand sich um sie bekümmerte, ging sie nach Hause und bat ihre Mutter mit Thränen, ihr doch einen Strickstrumpf zu geben, sie wollte von jetzt an fleißig sein"435. Bei Schmid lesen wir von einem Jungen, der einen Kameraden verdächtigt, seine Kirschen geplündert zu haben. Dieser ist jedoch gänzlich unschuldig und erweist sich überdies noch als echter Freund, indem er dem Mißtrauischen dessen entflogenes Rotkehlchen unaufgefordert zurückbringt. Der Kirschbaumbesitzer ist beschämt über den üblen Verdacht, den er gehegt hat und zieht daraus die Lehre, daß man mit Freundlichkeit „den Feind gewinnt" 436 . In einer der Schmidschen „Lehrreichen Geschichten" zeigt ein junger Besucher den Kindern seines Gastgebers bei Tisch, wie man aus einem Apfelkern ein kleines Mäuschen schnitzen kann. Die Kinder sind entzückt, der Vater aber versetzt, daß er mit Gottes Hilfe ein noch größeres Kunststück vollbringen kann, nämlich aus diesem Kern Tausende Äpfel zu züchten. Zum Beweis versenkt er einen Apfelkern in einen Blumentopf mit Erde. Im Laufe der Jahre erleben die Kinder, wie aus dem Kern eine ganze Obstplantage wird. Ihr Fazit: „Obstkerne zu Mäuschen zerschneiden ist nur Tändelei, an der wir keine Freude mehr haben. Die Kunst, die der Vater uns lehrte, bringt uns nach so vielen Jahren noch Segen"437. Der Pfarrer Johann Andreas Christian Lohr, den wir durch eine „Anweisung zur zweckmäßigen Behandlung des Obst- und Gemüsegartens" unter dem Pseudonym J. C. F. Müller 1796 als praktizierenden Gärtner kennen, schwärmt in seiner Autobiographie von den vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der Walnüsse: „Sie wurden frisch gegessen mit Salz und Brodt, wo sie am schmackhaftesten sind; es wurden mancherlei Spiele damit gespielt, indem wir darum würfelten; es wurden Bratgänse daraus gemacht, indem man die gelbe Haut so von dem Kern abzuschälen wußte, daß sie auf einmal konnte abgezogen werden, ohne daß der weiße innerste Kern im mindesten verletzt wurde, denn das war die Kunst dabei; es wurden die unzerknickten Hälften der holzigen Schale am Ende ein wenig ausgeschnitten, in der Mitte einigemale mit Zwirn umwunden und dieser mit einem durchgesteckten kleinen Hölzlein recht fest gedreht, und schnappte man denn an dem einen Ende des Hölzleins, so sprang das andere

435 Ebd., Nr. 54: Der Strickstrumpf, S. 113ff., hier S. 114f. 436 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 128f. 437 Ders.: Der Apfelkern. In: ebd., S. 113-116, hier S. 115.

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klappend auf die Schale und so hatten wir Klappern; und wenn die Ofenschalen in das Ofenfeuer geworfen oder auch an die Lichtfarben - ja das Alles möchte ein strenger, mürrischer Mann wohl kindische Dinge gescholten haben, aber wir Alle waren doch so froh dabei, und selbst der ernste [S. 126] Vater sähe mit stillem Vergnügen dem ergötzlichen Thun und Spielen zu. Und wenn Weihnachten gekommen war, gingen dieselben Spiele mit frischer Lust an, denn der Nüsse waren noch genug übrig geblieben und reichten bis tief in das neue Jahr, und da gab es also für mich viel schöne Abende, an welchen ich so glücklich war als vielleicht manch ein reiches Kind nicht, mit allen seinen Herrlichkeiten. Ja, Ihr Lieben, das eben ist die seligste und die reinste Freude zu der man nicht erst großes Geld und Gut braucht und die keiner großen Zurüstungen bedarf, und solche Freude gehört der Kindheit am meisten an"438.

1.4.5 Disziplinierung durch Gartenarbeit Den Umgang mit Blumen, Gemüse und Obst konnte man nach Ansicht der aufgeklärten Kinder- und Jugendschriftsteller gar nicht früh genug erlernen. Weiße, der mit seiner Wochenschrift „Der Kinderfreund" 1782 den Prototyp der Kinderliteratur jener Zeit schuf, erzählt von einem Jungen, dem die Spielsachen weggenommen werden mit der Begründung, er solle seine Zeit besser mit der Anlage eines Gartenbeetes verbringen 439 . Klugheit und Langmut werden exemplifiziert am Beispiel eines Mädchens, das einem unscheinbaren Senfkorn den Vorzug gibt vor einem ausgereiften Speisekürbis. Mit dem Kürbis könnte die Kleine auf der Stelle ihren Heißhunger stillen; sie aber übt sich im „Triebverzicht", um hier einmal einen Begriff aus der modernen psychologischen Kulturanthropologie zu bemühen, indem sie sich für das Korn entscheidet. Sie sät es aus, vermehrt es und stellt von den Früchten jahrelang selbst Senf her440. Ähnlich weise agiert eine Protagonistin des LesebuchAutors Kieffer, die eine entwurzelte Erdbeerpflanze im Wald findet, sie zu Hause einpflanzt und für ihre sorgfältige Pflege mit herrlichen Früchten belohnt wird441. Lohr berichtet, dass die Eltern ihm schon als Kind einen eigenen kleinen Garten schenkten. Darin standen sogenannte Spillinge, eine frühe gelbe Pflaumensorte, auch „Haferpflaume" genannt, von deren Früchten der Kleine jedoch nur ganz wenig essen sollte, da man alles Frühobst, so auch die im August reifenden Spillinge, damals für schädlich hielt. Sie verursachten angeblich die bisweilen tödlich verlaufende Ruhr, die um diese Jahreszeit häufig aufzu-

438 Lohr: Nr. 32: Der Wallnußbaum [!]. In: Ders.: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 119-126, hierS. 125f. 439 Weiße: ABC-Büchlein 1773, S. 33ff. 440 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 106f. 441 Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 66, S. 34.

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treten pflegte: „In der Stadt war es verboten, dergleichen Früchte zu verkaufen, und brachte sie dennoch eine Bauerfrau zu Markte, so wurde ihr von dem Marktmeister der Korb umgestürzt, die schönen Früchte lagen auf dem Markte umher und die arme Frau hatte nicht nur den Schaden, sondern auch obenein den Spott, denn sie wurde von aller Welt ausgelacht" 442 . Nach Herzenslust essen durfte Lohr dagegen die blauen Pflaumen. Die Bäume trugen reichlich, man kochte Mus davon und ließ die übrigen „welken". Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein bevölkern Kinder mit eigenem Garten die Welt der Kinder- und Jugendliteratur. Bei Hoffmann begegnen uns zwei Brüder, von denen der eine seinen Garten hegt und pflegt, während der andere ihn verwahrlosen läßt: „Karl liebte sein Gärtchen und pflegte es sorgfältig. Er pflanzte Blumen aller Art hinein, umgab es ringsum mit einer Buchbaumhecke und jätete alles Unkraut aus. Jeden Abend begoß er seine Blumen mit einer kleinen Gießkanne und ließ es sich nicht verdrießen, das Wasser vom Bache zu holen, obwohl dieser von seinem Gärtchen eine ganze Strecke entfernt flöß. Keine Mühe sparte er, aber es war auch eine Freude, (S. 168) den Garten anzusehen. Alles grünte und blühte und duftete darin; nirgends erblickte man schönere Rosen, nirgends schönere Tulpen, Lilien und Narcissen, als in Karls kleinem Garten. Wie sah es aber mit Max aus? Ach, sein Garten war eine Wildniß! Da, wo glänzende Blüthen ihre Kelche öffnen sollten, wucherte Unkraut"443. Beim Besuch eines Onkels erhält der fleißige ein Geschenk, der andere geht leer aus. Das weibliche Pendant steht im Herbst mit leeren Händen da, weil es sein Apfelbäumchen verdorren läßt, während die Schwester, die sich eifrig darum kümmert, eine reiche Ernte genießt und zur Belohnung vom Vater obendrein noch ein Pflrsichbäumchen geschenkt bekommt 444 . Geschickte Pädagogen versuchen die Freude am Gärtnern durch schnelle Erfolge zur befördern. Bei Schmid ritzt ein solcher Gartenfreund die Namen seiner Neffen mit kleinen Buchstaben in Kürbisse ein, so daß die Kinder im Laufe des Sommers anhand der größer werdenden Schrift beobachten können, wie rasant die Früchte wachsen 445 . Auch in adeligen Kreisen favorisierte man den sorgfältigen Umgang mit den Gottesgaben. Darauf lassen Geschichten schließen, in denen leichtsinnige Mädchen exotische Orangenbäumchen dem Verderben anheimgeben, indem sie sie trotz elterlicher Ermahnung vor dem ersten Frost nicht rechtzeitig in den Wintergarten schaffen 446 .

442 Lohr: Nr. 31: Kindheitsfreuden. Der kleine Garten. In: Ders.: Mancherlei Begebenheiten, S. 443 444 445 446

116-119, hier S. 117. Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 167ff. Ebd., S. 273ff. Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 105f. Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 79ff.

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1.4.6 Blumen als Lehrmeister Die moralischen Geschichten zeugen von einer weit verbreiteten Liebe zu Blumen. Ihre Wurzeln reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück, als sich Europa im Tulpenfieber befand. Italienische Kaufleute und flämische Gesandte brachten die kostbaren Tulpen-Zwiebeln aus Istanbul in die Gärten Italiens, Frankreichs, Österreichs und Flanderns 447 . In den Niederlanden des frühen 17. Jahrhunderts begründete die Begeisterung für diese Blume einen bis in die Gegenwart erfolgreichen Wirtschaftszweig. Hier druckte E. Sweerts den ersten, mit Kupferstichen ausgestatteten Vorläufer eines Versandkataloges für die Bestellung von Tulpenzwiebeln, hier wurden Tulpen zum riskanten Spekulationsobjekt. Man wettete auf Farbe und Form und spekulierte mit dem Gewicht der Zwiebel. Der Börsencrash von 1636/37 zog den Bankrott einiger Züchter, Händler und Spekulanten nach sich, doch erholte sich der Markt bald wieder auf recht hohem Niveau. Dieser Tulpenwahn ging als Tulipomanie in die Börsensprache ein. Maler bannten die vielfaltige Schönheit der Tulpe auf Holz, Leinwand, Pergament oder Porzellan und vereinten sie im Stilleben mit Blumen verschiedener Blütezeiten. Einem breiteren Publikum, das sich die teuren Gemälde nicht leisten konnte, wurde die Tulpe über Einzeldrucke und Bücher - illustrierte Lexika und Inventare vorgestellt. In den moralischen Geschichten des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts hat sich die Liebe zu Blumen auch auf andere Gattungen ausgedehnt. Ein Mädchen schenkt ihrem Bruder zwei halb aufgeblühte Hyazinthen zum Geburtstag, die er so sehr begehrte, daß er bereit war, sein gesamtes Taschengeld dafür zu geben 448 . In einer anderen Geschichte fällt ein Mädchen vor Bewunderung fur die duftende Hyazinthe, die der Vater mitgebracht hat, auf die Knie. Der Vater nutzt die Gelegenheit, dem Kind einen Begriff von der innigen elterlichen Liebe zu vermitteln, denn diese sei noch stärker als das, was das Mädchen fur die Blume empfinde 449 . Kindliche Protagonisten erweisen sich als künftige brauchbare Glieder der Gesellschaft, wenn es ihnen gelingt, die ihnen anvertrauten Pflanzen gut über den Winter zu bringen und sie Beharrungsvermögen bei deren Pflege an den Tag legen. Mit selbst gezogenen Rosen wissen Untergebene ihrer Herrschaft 450 , Schülerinnen ihren Lehrern eine Freude zu machen 451 , arme Kinder werden von ihren Eltern in den Wald geschickt, um Veilchen zu suchen und sie auf dem Markt zu verkaufen 452 . In ei-

447 448 449 450 451 452

Pavord: Die Tulpe, 1999. Späth: 110 moralische Erzählungen, 6. Aufl. o.J. [1895], S. 56f. Kieffer: Nr. 46, S. 24f. Schmid: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 92f. Hoffmann: Erzählungen, 1842, Nr. 40, S. 87ff. Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 82f„ lOOf.

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Soziale und natürliche Umwelt

nem anderen Fall sichert die kindliche Blumenliebe einem alternden Gärtner ein wenig Komfort im Alter und dem Mädchen mit dem „grünen Daumen" gar eine ausreichende Mitgift: „Ein tüchtiger Gärtner, der sich nur auf Gemüseanbau versteht, nimmt aus Barmherzigkeit die verwaiste Tochter eines Tagelöhners auf. Die Sechsjährige findet einen halb verwelkten Blumenstrauß auf der Straße und pflanzte einen Geranienzweig in die Erde. Zunächst belächelte der Pflegevater das Kinderspiel. Nach einigen Tagen zeigten sich jedoch frische Blättchen an dem Stengel. So hatte er entdeckt, wie leicht Geranien zu vermehren waren. Da sie erst kurze Zeit in Deutschland eingeführt waren, galten sie noch als Kostbarkeit. Der alternde Gärtner, der schon in Not zu geraten drohte, da seine Arbeitskraft nachließ, verkaufte nun Geranien auf dem Wochenmarkt und konnte sich dadurch wenigstens sonntags ein Glas Wein erlauben und für die Pflegetochter ein kleines Heiratsgut ansparen"453. Mädchen, die kein Faible für Blumen zeigten, stießen in der Gesellschaft des 18. und 19. Jahrhunderts auf wenig Verständnis, gab man ihnen doch bevorzugt Blumennamen wie Aurelie oder Rosa454, verglich ihr gesamtes Wesen mit dem einer Pflanze, die passiv in der Erde wurzelt und darauf angewiesen ist, gehegt und gefordert zu werden und einen Mann zum Anlehnen braucht 455 . Besonders im Volkslied begegnen wir der Metapher vom Blumenbrechen bzw. -pflücken, sobald ein Bräutigam ins Spiel kommt 456 . Von der vermeintlichen weiblichen Pflanzenhaftigkeit zeugen bis auf den heutigen Tag Redewendungen von der zur „Schönheit erblühten" jungen Frau bzw. von der „welken" Haut älterer Geschlechtsgenossinnen. Der Benediktiner Heinrich Schwarz erzählt die Geschichte von einem armen Mädchen, das sein weniges Geld lobenswerterweise für eine Blumenzucht ausgibt, und nicht für „eitle Putzsucht". Einer ihrer Blumentöpfe fällt bei stürmischem Wetter vom Fensterbrett und trifft einen gesuchten Mörder. Die kleine Gärtnerin erhält das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld 457 . Pflanzen sind ein probates Mittel, Kinder frühzeitig in Ausdauer zu üben. Ein ungeduldiges Mädchen schneidet bei Hoffmann eine Nelkenknospe auf, um sie zum Blühen zu bringen, worauf der Stock ein-

453 Ebd., S. 103. 454 Barth: Marie, Aurelie, Elmine und ihre Freundinnen, 1997, S. 84ff. - Vgl. auch Meinel, Gertraud/Klima, Joseph R.: Blumenmädchen. In: EM II (1979), Sp. 495-506, wobei es hier allerdings allein um das vorwiegend in Märchen und Balladen anzutreffende Motiv des Gestaltwandels von Mädchen zu Blumen geht (AaTh 407). 455 Hausen: „... eine Ulme für das schwankende Efeu", 1988. - Westhoff-Krummacher: Als die Frauen noch sanft und engelsgleich waren, 1995. - Frauen mit Blumen und Frauen als Blumen finden sich um 1900 auch noch in der Kunstfotografie, vgl. Werneburg, Brigitte: Unbehaust im Privaten, unverortet in der Öffentlichkeit. Frauenbildnis in der Kunstfotografie der Jahrhundertwende. In: Fotogeschichte 58 (1995), S. 27-37, hier S. 33. 456 Vgl. Goethes „Heideröslein". 457 Schwarz: Einhundert kurze Erzählungen, 1848, S. 40ff.

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geht458. Ein weiblicher Wüterich ist im Begriff, seinem Rosenstock den Garaus zu machen, weil eine Knospe abgefallen ist. Die Mutter nimmt dem Kind die Pflanze fort und päppelt sie zu dessen Verwunderung wieder auf 459 . Unser heutiges Naturempfinden und die Freude an echten Pflanzen hat sich erst in der Aufklärungszeit entwickelt und ist, so Wolfgang Brückner "weitgehend ein mentales Kunst- und Kulturprodukt" 460 . Trotzdem waren auch im 19. Jahrhundert Blumen im bürgerlichen Wohnzimmer noch keine natürlichen wie sich anhand zeitgenössischer Darstellungen zeigen läßt, denn „es dominierte das Motiv der Vanitas. Blumen und Totenschädel heißen die gängigen und optischen Entsprechungen. Sie signalisieren nicht das Leben, sondern das Sterbenmüssen" 461 . Der wahre Naturblumen-Boom kam erst im 20. Jahrhundert auf. Die in den 1920er Jahren gegründeten Obst- und Gartenbauvereine forcierten ihn mit Macht und agieren bis heute als Träger diverser Blumenbräuche. Ein nahezu verpflichtendes Blühprogramm für alle entstand gar erst in der Nachkriegszeit, gefördert vor allem durch die Werbestrategen der Blumenzüchter, denen wir auch die Angewohnheit verdanken, am Valentins-Tag Blumen zu verschenken 462 .

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Hoffmann: Erzählungen, 1842, Nr. 28: Der Nelkenstock, S. 62f. Ebd., S. 161ff. Brückner: Der Blumenstrauß als Realie, 1992. Ebd., S. 20. - Für die Mehrheit der Bevölkerung, besonders auf dem Land, blieben Kunstblumen gang und gäbe, wie Ulrike Zischka nachgewiesen hat, s. Zischka: Kauft Blumen! 1979. Vgl. auch Metken: Hochzeitskranz und Totenkrone, 1988. 462 Die Werbung für Blumengeschenke am 14. Februar begann in Europa in Frankreich und Belgien, wurde 1948 auf die Schweiz und 1950 auf Österreich und Deutschland erweitert. Vgl. Aellig, J.: Wie ein neuer Brauch entstehen kann: Der Valentinstag. In: Schweizer Volkskunde 40(1950), S. 7-9, hier S. 8.

2. Lebenshaltung und Lebensformen 2.1 Essen und Trinken Das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts war überschattet von der Hungerkrise der frühen siebziger Jahre, die zu eklatanten Teuerungen und großer Not unter den einfachen Leuten geführt hat 1 . Wie viele seiner Zeitgenossen schildert der aus einer Eislebener Schuhmacher-Familie stammende Geistliche Johann Gottlieb Burckhardt (1756-1801) diese harte Zeit in seinen Memoiren: „Ich erinnere mich jetzt noch eines Auftritts, welche mir Tränen erpreßt hat, wenn ich nachher ihn reiflich überlegt habe. Es war kein Geld und kein Brod im Hause. Es war Winter. Wir stunden um sie [die Mutter] her, indeßen, daß sie einiges Mehl, das noch übrig war, mit Wasser knetete, und am Feuer mit ein wenig Salz zu kleinen Kuchen buck. Wie eine Gluckhenne ihren Küken die Körner aufsucht und vorwirft, so reichte sie uns das Gebackene dar, das wir heißhungrig aßen, bis sie selbst nichts übrig behielt. Die Tränen, die sie dabei vergoß, sind mir immer unvergeßlich. Bei der großen Teuerung, welche im Jahre 1772 in Deutschland und auch in Sachsen herrschte, habe ich bisweilen erfahren, was Hunger ist, und wie die Leute zu Haufen in des Bäckers Haus standen, ehe das Brod aus dem Ofen kam, das wegen des teuren Preißes nicht einmal der ganz Reiche sich verschaffen konnte. So einen Anblick wünschte ich Denen, die im Überfluß leben, und die sich keine Vorstellung von dem Bedürfnis machen können, das eigentlich Hunger genannt zu werden verdient!"2 Um gegen solche Katastrophen künftig besser gerüstet zu sein und um eine insgesamt sparsame Lebensführung einzuprägen, sind die moralischen Geschichten voll von Appellen zur Mäßigung bei Speis und Trank 3 . „Naschhaftigkeit" und „Gefräßigkeit" sollen nach Möglichkeit bereits im Keim erstickt, gute Tischmanieren frühzeitig eingeübt werden 4 . Geiger betont, es sei wichtig, Kinder an „gesunde und genügsame Kost, aber niemals mehr, als nöthig" zu gewöhnen. Wasser sei das rechte Getränk für sie, denn es „erhält sie gesund und schönfarbig" 5 . Salzmann empfiehlt zur „Regulierung der Eßlust" (1796), die Kinder bei Tisch ein wenig auf die Folter zu spannen: „Bis in sein viertes Jahr lehrte ich Konrädchen hauptsächlich viererlei: Aufmerken, gehorchen, sich vertragen und seine Begierden mäßigen". Letzteres geschah dadurch, daß

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Vgl. oben das Kap. „Mensch und Natur". Abschnitt „Hunger". In: Johann Gottlieb Burckhardt (1756-1800): Lebensbeschreibung, URL: http://bs.cyty.de/elmbs/jb3.htm (19.8.2001). Vgl. Weiße, Kinderfreund, Bd. II, 3. Aufl. 1791, S. 240ff. - Viele weitere Beispiele im Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Maßhalten/Unmäßigkeit". Vgl. jeweils die entsprechenden Lemmata im Register der Motive, Tugenden und Laster. Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. (um 1800), S. 156.

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alle anderen bei Tisch zuerst schöpfen durften, während „Konrädchen" bis zuletzt warten mußte 6 . Der als vermeintlicher Begründer der Kleingartenbewegung bekannt gewordene Arzt Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808-1861) ging 1858 noch einen Schritt weiter. Er rät Eltern, vor den Augen ihrer Kinder etwas zu essen, ohne ihnen davon abzugeben 7 . Heusinger empfahl 1800 in einem „Philosophischen Dialog mit Kindern über die Enthaltsamkeit", sich - so man ein Faible dafür hat - zwei Bratäpfel zu braten, aber bewußt nur einen davon zu essen 8 . Auf diese Weise lerne man, seinen Körper zu beherrschen. Ein persischer Arzt, so erzählt Geiger, lebte jahrelang in Arabien, wo aber niemand seine Kunst in Anspruch nahm. Nach einer langen Zeit der Untätigkeit klärte ihn der König darüber auf, daß seine Untertanen so gesund seien, weil sie nur essen, wenn sie wirklich Hunger haben 9 . In der „Legende für den gemeinen Mann" erhält der Leser mit Ratschlägen für vernünftiges Eßverhalten zugleich eine Lektion gegen Aberglauben erteilt: wenn es den Hochzeitsgästen am Tag nach dem Fest schlecht gehe, so liege das nicht daran, daß die Speisen verhext gewesen seien, vielmehr hätten sie zuviel davon genossen 10 . Wening versucht seine Rezipienten vom Maßhalten zu überzeugen mit der Schilderung des allzu kurzen Lebens seines Protagonisten „Sixt Wanst", der sich zu Tode gefressen und für seine Leckerbissen sogar Schulden gemacht hat". Muttermilch oder Kindsmus? Das 18. Jahrhundert ist für die Frauen gekennzeichnet durch die Festschreibung ihrer Rolle als Gebärende und Erzieherin. Damit kam in den gelehrten Diskursen eine Auseinandersetzung um das Stillen in Gang 12 . Die Volksauf6

Salzmann, Christian Gotthilf: Konrad Kiefer. In: Ausgewählte Schriften, hg. v. E. Ackermann. 2 Bde. Langensalza 2. Aufl. 1897-1901, Bd. 2, S. 134. 7 Schreber, D. G. M.: Selbstbeherrschung beim einjährigen Kind. In: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit durch naturgetreue und gleichmäßige Förderung normaler Körperbildung, lebenstüchtiger Gesundheit und geistiger Veredelung und insbesondere durch möglichte Benutzung spezieller Erziehungsmittel. Für Eltern, Erzieher und Lehrer. Leipzig 1858. 8 Heusinger: Familie Wertheim, 2. Aufl. 1800-1809, Bd. IV, S. 27ff. 9 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. (um 1800), S. 83. 10 Legende fiir den gemeinen Mann, Bd. IV, S. 112-127. 11 Wening: Erzählungen, 1784, Nr. 55. Die Mäßigkeit im Essen und Trinken, nebst einem entgegengesetzten Stücke, S. 131-134. 12 Elisabeth Badinter sieht den Wendepunkt hin zur gesellschaftlichen Verortung der Mutterliebe in Frankreich um 1760, vgl. dies.: Die Mutterliebe, 1992, S. 35. Auch Yvonne Schütze setzt den Beginn dieser Diskussionen gleich mit dem Aufkommen ärztlicher Ratgeber um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Vgl. Dies.: Die gute Mutter, 1986, S. 47f. - Heide Wunder meint: „Der Brauch, die Säuglinge nicht selbst zu stillen, sondern einer Amme zu übergeben, beschränkte sich [in Deutschland] auf adelige Frauen und die Frauen der gehobenen Stände sowie auf die Versorgung von Findelkindern, vgl. dies.: „Er ist die Sonn' sie ist der Mond", 1992, S. 37.

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klärer hielten die Gabe von Muttermilch für eine entscheidende Voraussetzung für künftiges vernünftiges Eßverhalten. „Das ärztliche und pädagogische Plädoyer fur die Mutterliebe und für das Stillen ... bezieht sich", so fuhrt Ortrun Niethammer aus, „u.a. auf demographische Erhebungen, die verdeutlichten, daß eine hohe Kindersterblichkeit vorlag, die letzten Endes das Bevölkerungswachstum und die damit verbundene Entwicklung des Staates verhinderte. ... Während in Frankreich die Idee der Mutterliebe und die damit einhergehende Diskussion der Vorteile des Selbststillens philosophisch und pädagogisch über Rousseau und seine Anhänger forciert wurde, war es in Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts vor allem der Arzt Froriep, der das Selbststillen für die bürgerlichen Frauen propagierte" 13 . Sie kämpften damit gegen ein jahrhundertealtes Verhaltensmuster, das für die Oberschicht schon im Florenz der Renaissance belegt ist. Gabriele Scheidegger macht die katholische Toscana und das katholische Frankreich als Hochburgen des Ammenwesens aus14. Für das Weggeben ihrer Säuglinge führte die Gesellschaft wechselnde Argumente ins Feld: die in der Stillzeit angeblich notwendige sexuelle Enthaltsamkeit, die mit dem Wunsch, eine große Familie zu haben, nicht vereinbar war, ungesunde Stadtluft, die Notwendigkeit der Mitarbeit von Frauen, Kinder als Störfaktoren im Haus, Abscheu vor den Ausscheidungen des Kindes sowie die Meinung, das Stillen sei „tierisch" und „peinlich". Nach einer viel zitierten Schätzung des Generalleutnants der Pariser Polizei, Lenoir, wurden um 1780 von den rund 21.000 Kindern, die jährlich in Paris zur Welt kamen, weniger als tausend von ihren Müttern gestillt15. Um diese auch in Deutschland übliche Versorgung der Säuglinge durch Ammen einzuschränken, plädierte der Regensburger Bischof Johann Michael Sailer im Jahr 1809 in einem Erziehungsratgeber für die Ernährung der Kinder mit Muttermilch, notfalls für die Gabe von frisch gemolkener und mit Wasser verdünnter Kuhmilch 16 . Geiger riet davon ab, die Kinder zusätzlich mit einem Brei aus Mehl und Milch, dem sogenannten „Kindsmus", auch „Papp" oder „Kleister" genannt, zu füttern: „Alle Sachverständige[n] behaupten, daß dieser Kinderpapp für junge Mägen eine recht harte, schwere, mithin auch ungesunde Speise ist. Wer seines Kindes Gesundheit liebt, der nehme anstatt des Mehls nur Semmelgros, das ist, er reibe auf dem Reibeisen eine altgebackene Semmel auf, und lasse es mit Milch ziem-

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Niethammer: Autobiographien von Frauen im 18. Jahrhundert, 2000, S. 73. Scheidegger: Ammengeschichte(n). In: JbfVk 27 (2004). Badinter: Die Mutterliebe, 1991, S. 47f. Sailer, Johann Michael: Einiges über die Ernährung der Kinder. In: Ders.: Über Erziehung für Erzieher. 2„ verb. Aufl. München 1809, S. 232ff.

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lieh dünn aufkomen [!]. Das ist zwar ein Semmelmus, aber zehnmal gesünder, als Mehlmus"17. Müttern, die sich gegen das Stillen sträuben, führt Geiger das Beispiel von Blanka, der Mutter Ludwigs IX. von Frankreich vor Augen. Als sie nach der Entbindung im Fieber lag, erbarmte sich eine ihrer Hofdamen des vor Hunger schreienden Säuglings und gab ihm die Brust. Als die aus ihrer Ohnmacht erwachte Königin davon hörte, steckte sie dem Kleinen den Finger in den Mund, damit er sich übergebe. Sie duldete nicht, daß eine fremde Frau ihn nährte 18 . Sehr modern muten dagegen die Ratschläge des reformierten Pfarrers Johann Carl Pischon (1764-1805) an, der kränklichen Müttern das Recht einräumt, ihre Kinder nicht selbst zu stillen. Sie sollten zuerst an sich selbst denken. Das gelte auch schon für die Zeit der Schwangerschaft, in der die Frauen besser auf gesunde Kost achten sollten, als ihren Essgelüsten hemmungslos zu folgen 19 . Sollte trotz des frühzeitigen Gegensteuerns eine Fehlentwicklung im kindlichen Eßverhalten eintreten, so halten die Volksaufklärer probate Disziplinierungsmaßnahmen in der Hinterhand, denn „verwöhnte Kinder taugen nicht fürs Leben" 20 . Ein Mädchen, das sich allzu wählerisch gebärdet, wird tagelang nur mit Wassersuppe verköstigt, bis sie bereit ist, alles zu essen, was auf den Tisch kommt 21 . Christoph von Schmid empfiehlt, den Appetit auf eine mittags abgelehnte Suppe durch Gartenarbeit zu steigern. Prompt bildet sich die Heldin am Abend ein, dieselbe Suppe schmecke nun vorzüglich 22 . Einzig der als Jugendlicher selbst im Hinblick auf das Essen gezüchtigte Lohr fordert, Kinder nicht zu zwingen, Dinge zu essen, vor denen sie sich ekeln 23 . Trunksucht Neben dem Hunger stellte der Alkoholismus schon im 18. Jahrhundert ein drängendes Problem der Unterschichten dar24. Das drastische Motiv von einem Mann, der seinen Kameraden in trunkenem Zustand ersticht, hat seine Wir-

17 Geiger: Wie die Aeltern ihre Kinder gut und christlich erziehen müssen, Kap. 1: Von der Erziehung der Kinder in ihren ersten Lebensjahren. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 143ff., hierS. 145. 18 Ebd. 19 Pischon: Moral in Beyspielen, 2. Theil (1800), S. 35. - Zu neueren Einschätzungen und abergläubischen Vorstellungen im 20. Jahrhundert vgl. Tolksdorf, Ulrich: Schwangerschaftsgelüste (Picae gravidarum). In: Kieler Blätter zur Volkskunde 7 ( 1975), S. 81 -106. 20 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 156. 21 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 253ff. 22 Schmid: Die Suppe. In: Kurze Erzählungen, S. 26f. 23 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 89-96. 24 Schmid: Kurze Erzählungen, S. 40f.; Geiger: S. 25f. - Zu den Hintergründen vgl. Kaiser: Der große Durst, 1995.

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kung auf die Leser sicher nicht verfehlt 25 . Die Volksaufklärer empfehlen das Einsperren Alkoholsüchtiger hinter Klostermauern 26 oder in besonders schweren Fällen, in denen ein abrupter Entzug nicht machbar scheint, die allmähliche Entwöhnung durch die Gabe täglich kleinerer Alkoholmengen 27 . Der Pfarrer und Pomologe Johann Ludwig Christ (1739-1813) forcierte vor Wein und Schnaps den weniger alkoholhaltigen Apfelmost als Getränk der ländlichen Bevölkerung und hat dazu die Verwendung des Speierlings im Frankfurter Raum durchgesetzt 28 . In einem dialogisch aufgebauten Buch für den „Baumgärtner auf dem Dorfe" bezeichnet er den Speierling als „sehr nützlich! Ihr könntet daraus einen Wein bereiten, der euren Gästen bei Hochzeit und Kindbettschmäusen wie ein Burgunderwein schmecken und ihre Köpfe aufräumen wird" 29 . Zugleich bildeten Äpfel - wie oben im Kapitel „Mensch und Natur" ausgeführt - eine Alternative zu den durch Reblaus und Mehltau geschädigten Weintrauben. Anläßlich der großen Hungersnot während des Siebenjährigen Krieges erkannte Friedrich II. von Preußen als erster europäischer Monarch die Bedeutung der Kartoffel als Massennahrungsmittel und ordnete 1756 deren Anbau in großem Stil an. Die Erinnerung an diese revolutionäre Neuerung hielten moralische Geschichten in Schulbüchern wach 30 . Zunächst setzte sich die Kartoffel nicht durch 31 . Obwohl eine schmackhafte Alternative zum täglichen Getreidebrei, wurde sie von den meisten Menschen nur als Zierpflanze bestaunt. In den 1780er Jahren bedurfte die Kartoffel dann keiner „besonderen Befürwortung" mehr, was man daran ablesen kann, daß Empfehlungen für den Verzehr von Kartoffeln im Unterschied zu den frühen belehrenden Schriften in der unterhaltenden Volksaufklärung kaum noch eine Rolle spielen 32 . Werden sie dennoch erwähnt, so geht es in der Regel nicht mehr um den Anbau dieser Frucht, sondern um „Vorurteile der Bauern, die in erzählender Form widerlegt werden 25 26 27 28 29

Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 126; S. 243-250. Schmid: Lehrreiche, S. 209-212. Schmid: Kurze Erzählungen, S. 40f.: Die Kieselsteine. S. oben „Kultivierung und Wertschätzung von Obst" im Kap. „Mensch und Natur". Der Baumgärtner auf dem Dorfe; oder Anleitung, wie der gemeine Landmann auf die wohlfeilste und leichteste Art die nützlichsten Obstbäume zu Besetzung seiner Gärten erziehen, behandeln, und deren Früchte zur Verbesserung seiner Haushaltung recht benutzen soll. Frankfurt/Main 1792, vierter Hauptteil, S. 246, Abschn. 227. 30 Schmid: Lehrreiche, S. 110-113: Die Kartoffeln. Die Mutter in dieser Geschichte betont, die Knollen seien „schätzbarer als die edelsten Baumfrüchte, als Zitronen und Pomeranzen", da sie vielseitig verwendbar seien. - Rudolph Zacharias Becker meint, man könne „Gott und dem holländischen Admiral Franz Drake, der sie anno 1586 zuerst aus Amerika mitgebracht hat, nicht genug danken". Vgl. Becker: Noth- und Hülfsbüchlein, 1788, S. 74. 31 1588 wurde sie in Wien eingeführt, aber erst in einem Kochbuch aus dem Jahre 1710 sind ihr einige Rezepte gewidmet - allerdings immer nur als Rübenersatz, denn Rüben galten als die Favoriten der einfachen Bevölkerung was das Gemüse anbelangte. 32 Vgl. Böning: Und weiß wie Alabaster, 1992, S. 72.

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sollen" 33 . Auf die Gewöhnung folgte die Wertschätzung, und auf diese mit Dankbarkeit gemischter Überdruß in späteren Epochen. So heißt es in einem der 1858-61 im Königreich Bayern erhobenen sogenannten „Physikatsberichte": „Gerade in ärmeren Familien bilden Kaffee und Kartoffeln oft das einzige reguläre Gericht, früh, mittags und abends" 34 . Die Kirche suchte während der Hungersnöte im 18. Jahrhundert mit den Wintersuppen ihrer Armenspeisungsanstalten die größte Not zu lindern. Kaum war das Schlimmste überstanden, sahen sich die Volksaufklärer veranlaßt, vor allzu ungenierter Völlerei zu warnen. So wie nach dem Zweiten Weltkrieg eine sogenannte „Freßwelle" die Deutschen erfaßte, in der Quantität vor Qualität ging, reagierten wohl auch die Menschen nach der Hungerkrise von 1771/72. Ausgerechnet aus der Feder des wegen seines eigenen unmoralischen Lebenswandels umstrittenen Radikalaufklärers Carl Friedrich Bahrdt klingt es wie Hohn, wenn man liest: „Beim Einkauf von Lebensmitteln sollte sich die sparsame Hausfrau überlegen: ,Was ist der Zweck eurer Speise und Getränke? Sättigung, Lebenserhaltung, Kraftstärkung und - das Vergnügen des Wohlgeschmacks? Wodurch werden nun wohl diese Zwecke erreicht? Durch Menge, Variation und Kostbarkeit der Speisen?' Nimmermehr. Oder werdet ihr mehr satt, wenn ihr an einer Schüssel euch satt esset, als wenn ihr von sechsen genießt? Oder bekommt ihr mehr Kraft davon, wenn die Schüssel Essen einen Speziestaler kostete, oder wenn ihr für einige Groschen sie erzeugtet? Und das Vergnügen? O ihr Toren! Fragt doch den Armen, was seine Speise würzt? Sehet doch, wie herzlich es ihm schmeckt, wie vergnügt er ist, wenn der Hunger ihn einladet, und seine Kinder um ihn her fröhlich sind, und sich's mit ihm wohlschmecken lässet? Wahrlich, eine einfache, reinlich und kräftig zubereitete Kost, die der durch Arbeitsamkeit erweckte Hunger würzt, und zu welcher man einen gesunden Magen und fröhliches Herz mitbringt, schafft mehr wahres Vergnügen und Kraftstärkung, als die reichbesetzteste Tafel der Schlemmer, die so selten aus Hunger, und fast immer nur aus Lüsternheit essen"35.

33 Ebd., S. 73. 34 Dietl: Die Essensgewohnheiten des Landvolkes, 1989, S. 48. 35 Bahrdt, Carl Friedrich: Handbuch der Moral für den Bürgerstand. Halle 1789. Faks.-Neudr. Vaduz 1979, Tel 2, Kap. 3, S. 202-205. - Zum Motto „Hunger ist der beste Koch" vgl. auch: unten das Kapitel „Fleiß und Müßiggang", sowie die Lemmata Ernährung, Gefräßigkeit, Hunger, Maßhalten, Naschhaftigkeit, Obst und Verschwendung im Motivregister.

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Genußmittel Bereits im 16. Jahrhundert kamen vier Produkte auf den europäischen Markt, die das Ernährungsverhalten und den Genußmittelkonsum revolutionieren sollten. Heute „versüßen" sie mit großer Selbstverständlichkeit den Alltag: Kaffee und Tee aus Asien sowie Kakao und Tabak aus der Neuen Welt 36 . Das erste Café Mitteleuropas eröffneten weit blickende Kaufleute 1645 in Venedig. Es folgten die Städte Oxford, London, Marseille, Amsterdam, Den Haag und Paris. In Deutschland hatten Bremen (1673) und Hamburg (1677) die Nase vorn. Von hier aus breitete sich eine regelrechte Kaffeesucht aus 37 . Die Behörden standen diesen Institutionen zunächst ablehnend gegenüber. Sie galten als Orte, an denen aufrührerisches Gedankengut verbreitet, Gerüchte und Klatsch - sogenannte „Wäschereien" - über höchste Würdenträger ausgetauscht, der Spielleidenschaft gefrönt und mit „liederlichem Weibervolk" angebandelt wurde 38 . Ein französischer Wien-Reisender meinte allerdings gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts, die Obrigkeit müsse solche Örtlichkeiten nicht bekämpfen. Wenn alles ordentlich und gesittet verlaufe, seien Kaffeehäuser von großem Vorteil, denn die Besucher würden sich sonst ihren täglichen Verdruß und ihre Langeweile vielleicht auf eine unanständigere Art vertreiben. Die moralischen Geschichten sind voll von Schokolade trinkenden und Kaffee schlürfenden Menschen, die damit ihren Reichtum zur Schau stellen39. Kaffee und Schokolade spalteten die Bevölkerung. Der überwiegend protestantische Norden Europas sprach mehr dem Kaffee zu, während der katholische Süden auf heiße Schokolade schwor. Diese Trennlinie ist auch in Deutschland festzustellen mit den Bayern als wahren Anhängern der Schokolade. Kaffeetrinker wurden als steif und förmlich betrachtet, Schokoladentrinker als genusssüchtig, weil Schokolade als sexuelle Stimulanz galt. Die Bauernaufklärer lehnten den Kaffee ab, vor allem weil er teuer und der Gesundheit abträglich war. Christian Gotthilf Salzmann hält seinen Lesern vor, daß Zubereitung und Trinken des „an sich unnötigen Kaffees" unverant-

36 Vgl. Sandgruber: Die Anfänge der Konsumgesellschaft, 1982. - Ders.: Bittersüße Genüsse, 1986. 37 Heise: Kaffee und Kaffeehaus, 1987. 38 Kaffeehäuser als Gerüchteküche beschreibt Thiele-Dohrmann: Europäische Kaffeehauskultur, 1997. 39 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 25f. - Rosenlächer: Goldener Spiegel, 1827, S. 140, schimpft ferner über Leute, die Wein trinken, Leckerbissen konsumieren, feinere Kleider tragen und gerne „Lustparthien" unternehmen. - Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 159, S. 190 und 193ff. - Auch Austern aus Holland und England, Limonen aus Spanien und Italien sowie Pasteten aus Frankreich dienen den Begüterten im Alten Reich als Luxusindikatoren (vgl. Weiße: Kinderfreund, Bd. II, 3. Aufl. 1791, S. 240ff.).

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wortlich viel Zeit koste, und zwar „in zwanzig Jahren 5760 Stunden" 40 . Karoline von Baudissin, in Schleswig-Holstein mit einem Gutsbesitzer verheiratete dänische Schriftstellerin, lässt 1792 die in der Spinnstube versammelte Dorfgesellschaft nach einer Belehrung über die Wirkung von Genussmitteln feierlich schwören, niemals Kaffee zu trinken 41 . Pastor Eberhard Rudolf Iden aus Badbergen klagt in dem 1801 per Zirkularreskript bei allen evangelischen Predigern des Hochstifts Osnabrück eingeforderten Bericht über den Fortgang der aufklärerischen Bemühungen 42 : „2/3 der Bauern trinken morgens und nachmittags ihren Kaffee mit Zucker, einige ohne Zucker, aber desto mehr Milch, Heuerleute ohne Zucker, und unter diesen etwa die Hälfte mit, die andre Hälfte ohne Zichorien. Einige Schlemmer und Müßiggänger trinken täglich vier- bis fünfmal Kaffee, und ihre Gesichtsfarbe ist so grau wie der Engertsche Kalk"43. Der Mainzer Domschullehrer Franz Xaver Kieffer hält den Kaffee „namentlich als tägliches Getränk der Jugend, geradezu für ein langsames Gift" 44 : Selbst die ärmsten Familien im sächsischen Erzgebirge säßen sonntags bei einem ,,'Schälchen Kaffee', obschon vielleicht keine Kaffeebohne in dem aus gebrannten Cichorienwurzeln, Mohrrüben, Runkelrüben, Gerste oder Korn gebrauten Getränke zu finden ist"45. Kieffer gibt an, daß Anfang der 1860er Jahre in Europa jährlich über 2,5 Millionen Pfund Kaffee konsumiert wurden46. Geiger hatte für die Zeit um 1740 eruiert, daß „in baierischen Marktflecken und kleinen Städten ... nicht viel über zehn Pfund Kaffee des Jahrs verkauft. Jetzt [um 1800] reichen schon zehn Zentner nicht mehr hin. Damals mußte man schon reich seyn, wenn man zu Zeiten eine Schaale trank, und man beehrte nur ansehnliche Gäste damit. Aber heut zu Tage trinkt Alles Kaffee, sogar die Bettelleute" 47 . Das bestätigten auch die Verfasser der bayerischen Physikatsberichte 48 . Man begnügte sich normalerweise mit dem preiswerten Deutschen oder Wandelkaf40 41 42

43 44 45

46 47 48

Salzmann, Christian Gotthilf: Sebastian Kluge, ein Volksbuch. Leipzig 1790 [zit. nach Lichtenberg: Unterhaltsame Bauernaufklärung, S. 71], Baudissin, Karoline von: Die Dorfgesellschaft, Erster Theil, Kiel 2 1792, S. 61-65, hier S. 65. Iden, Eberhard Rudolf, prot., Geistlicher, Erster Prediger in Badbergen/Hochstift Osnabrück in den Jahren 1786-1812. - Vgl. Meyer, Philipp: Die Pastoren der Landeskirchen Hannovers und Schaumburg-Lippes seit der Reformation. Göttingen 1941-42, Bd. I, S. 45. Zit. n. Ziessow: Orthodoxe Camera obscura, 1988, S. 27, Anm. 90. Der Kaffee. In: Kieffer: Lese- und Lehr-Buch 1862, Dritter Abschnitt, Nr. 43, S. 270f., hier S. 271. Ebd., S. 270. - Apotheker und Vielschreiber Georg Heinrich Piepenbring (1763-1806) gab 1798 eine Empfehlung heraus mit dem Titel: Teutscher Caffee und Thee, oder die Zwey vorzüglichsten Mittel den ausländischen Caffee und Thee möglichst zu ersetzen. Hannover: Pritscher, 1798. Ebd. Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielgeschichten, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 25f. Dietl: Die Essensgewohnheiten des Landvolks, 1989, S. 48.

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fee, vulgo „Muckefuck". Dieser „mocca faux" wurde aus Feigen, Zichorien, Malz, Korn, Datteln, Kichererbsen, Schwarzbohnen, Möhren, Spargelsamen, Kastanien etc. hergestellt. Die Bevölkerung röstete aber auch selbst gesammelte Eicheln, Rüben, Gerstenkörner und versetzte den durch Wasseraufguss entstehenden Sud - so sie es sich leisten konnte - mit echtem Bohnenkaffee 49 . Tabak Als der Tabak nach Europa kam, wurde er zunächst fur ein Heilmittel gehalten. Erst im 17. Jahrhundert rauchte oder schnupfte man das Kraut zum Vergnügen, wie Annerose Menninger in der Zeitschrift „damals" festhält50. Verbreitet wurde es hierzulande während des Dreißigjährigen Krieges durch die international zusammengesetzten Söldnerheere - nicht von ungefähr nannte man den Tabak damals auch „Soldatenkraut". Die Tabakgegner, die ihre Stimme von Anfang an erhoben, argumentierten mit der Gefahr fur Leib und Leben, mit ruinöser Geldverschwendung und bezeichneten den Tabak als „stinkendes Teufelswerk" und „rufschädigendes Laster". Sie konnten sich aber kaum Gehör verschaffen, denn mit der Tabakkultur hatte sich rasch ein lukrativer Wirtschaftszweig etabliert. Tabakplantagen bildeten nicht nur die Existenzgrundlage der englischen Kolonien in Nordamerika, auch in Mittel- und Südeuropa wurden Tabakfelder angelegt. Manufakturen sorgten für die Herstellung von Schnupf- und Pfeifentabak, von Pfeifen aus Ton, Holz oder Porzellan und den mehr oder weniger kostbaren Schnupftabaksdosen. Tabakkrämer ließen sich in allen europäischen Städten nieder. Kaffeehäuser mit eigenen Raucherzimmern entstanden. „Wegen der Brandgefahr und aus moralischen Gründen", so Menninger, reagierte die Obrigkeit auf die Verbreitung des Tabaks mit Verboten, die den Konsum auf den Straßen und in bestimmten öffentlichen Gebäuden betrafen. Sicherlich war das Argument der Feuergefahr gerechtfertigt. Viele Häuser bestanden damals auch in den Städten aus Holz, und zum Entzünden des Tabaks benutzte man das Funken sprühende Feuerschlagen - das Streichholz wurde erst im 19. Jahrhundert erfunden. Dagegen werfen die an die Moral appellierenden Verbote eher ein bezeichnendes Licht auf die Tabakleidenschaft der Untertanen. Moralische Geschichten unterstützen die Versuche, das Rauchen einzuschränken. Jugendliche, die sich zum erstenmal heimlich an diesem Laster

49

Zur Geschichte des Kaffees in der Region Mainfranken vgl. Alzheimer, Heidrun: Kaffee Konsum, Kultur, Kommerz (= Museum Malerwinkelhaus Marktbreit, Schriftenreihe, Bd. 4). Marktbreit 2004.

50

Menninger, Annerose: Vom Tabaksaufen zur Zigarette. In: Damals. Das aktuelle Magazin fiir Geschichte und Kultur 30 (1998), H. 6, S. 58-62.

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versuchen, schleichen reumütig mit Brandlöchern in den Sonntagskleidern nach hause, wenn sie nicht gar einen Zimmerbrand auslösen 51 . In Deutschland blieb das Verbot des Tabakrauchens zumindest regional bis 1848 gültig. Dann jedoch kam der Staat ins Spiel und man erkannte, daß mit dem Tabak Geld zu verdienen ist. Auf die Einnahme von Steuern und Zöllen wollte man nicht mehr verzichten, und die Verbote wurden aufgehoben. Zucker Zucker war ein Luxusgut und blieb es bis weit ins 18. Jahrhundert. Die Könige legten sich in ihren Residenzen neben anderen Kostbarkeiten einen reichen Zuckervorrat an. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der heiß umkämpfte Rohrzuckermarkt aus Übersee stetig fort. Allein von 1750 bis 1800 stieg der Verbrauch in Europa von jährlich etwa 60.000 Tonnen auf mehr als das Doppelte. Jede Stadtapotheke hielt mehrere Sorten vorrätig. Im privaten Haushalt wurde der teure Zucker in kostbaren Dosen, meist aus Silber, verwahrt und mit Schlössern vor naschhaften Dienstboten gesichert. Kindlichen Leckermäulern prognostizieren die Volksaufklärer umgehende Bestrafung 52 oder zumindest eine schwarze Zukunft 53 . Sie unterstellen den Naschkatzen, daß sie auf Dauer nicht in der Lage sein würden, sich eine vernünftige Bildung anzueignen, denn „sinnliche Naschhaftigkeit fuhrt auch zu geistiger Naschhaftigkeit" 54 und ist bisweilen sogar gepaart mit Verbrechen und dem Hang zum Selbstmord 55 . Auf weihnachtlichen Kekstellern befanden sich sogenannte „Zuckerpuppen", vor denen Goeze bereits 1783 warnt. Das waren hölzerne, mit farbigem Zucker überzogene Püppchen. Der Farbstoff wurde auf der Basis von Kupfer und Zinn hergestellt und erwies sich als giftig56. Zum weihnachtlichen Naschwerk gehörten ferner Marzipankönige und Zum heimlichen Rauchen vgl. Späth: Einhundertzehn moralische Geschichten, Nr. 6, S. 10f.; Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 277f.; Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 50, S. 276ff. 52 Ein Mädchen will heimlich Honig naschen und wird von Bienen zerstochen (Hoffmann: Erzählungen 1842, S. 230Í). - Zwei Brüder bekommen sonntags Geld, für das sie sich während der Woche Frühstück und Vesperbrot kaufen soll. Der eine gibt bereits am Montag alles für Süßigkeiten aus und muß die Woche über hungern; der andere kann täglich ein Brot kaufen (ebd., S. 65ff.). - Ein Kätzchen nascht süßes Pulver und stirbt qualvoll. Es war Mäusegift: Moral: „Sei du kein solches Naschkätzlein" (Schmid: Lehrreiche, S. 84). - Ein Mädchen erhält zu Weihnachten Konfekt und ißt es zu schnell auf. Es wird ihr übel, sie muß das Bett hüten (Späth, S. 23f.). - Naschhafter Edelknabe trägt Birnenkompott auf und probiert es heimlich vor der Tür des Speisesaals. Bei Tisch angekommen, fällt er tot um. Die Birne hat ihm Hals und Magen verbrannt (Schmid: Kurze Erzählungen, S. 35f.). 53 Goeze: Der Traum. In: Ders.: Zeitvertreib, 1783, S. 74f.; Hoffmann: Erzählungen, 1842, S.

108ÍT. 54 Rein: Enzyklopädisches Handbuch der Pädagogik, Bd. IV (1897), S. 367f. 55 Ebd. 56 Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 207.

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Marzipanfrauen mit Reifröcken, die den Gabentisch krönten, und mit eben diesem giftigen Goldschaum verziert waren 57 . Friedrich der Große (1712-1786) achtete wie schon sein Vater streng darauf, daß möglichst wenig Kapital für Importe ins Ausland flöß. Darum suchte man, wie Tanja Büter 1999 nachweist, nach Alternativen zum teuer eingeführten Rohrzucker 58 . Gleiches gilt für die Entwicklung von Kaffee-Surrogaten. Zichorienkaffee wurde 1769 in Preußen patentiert. 1747 gab der Berliner Chemiker Andreas Marggraf bekannt, daß von allen geprüften zuckerhaltigen Pflanzen am ehesten Rüben in Betracht kämen. Aber erst als ein halbes Jahrhundert später die Märkte durch die Revolution in Frankreich unsicher wurden, ging Marggrafs Schüler Franz Carl Achard daran, die Entdeckung zu nutzen, während sein Akademiekollege Hermbstädt es nach amerikanischem Vorbild mit Ahorn versuchte. Achard mußte zunächst eine Rübensorte mit höherem Zuckergehalt züchten. Im Januar 1799 konnte er eine Probe vorführen und um staatliche Fördermittel bitten; denn, so rechnete er vor, man könne durch eigenen Zucker bis zu vier Millionen jährlich an Importen sparen.

57 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 31-37 58 Vgl. Büter: Raffiniert! Zur Geschichte des Rübenzuckers, 1999.

2.2 Gefahren und Unglücksfalle Gefahren und Unglücksfälle bilden ein zentrales Thema der moralischen Geschichten als Bewährungsprobe für den Christenmenschen oder als Mittel spiritueller Erbauung. Sie lösen im Dienste der Abschreckung die bis nach dem Dreißigjährigen Krieg üblichen Prodigien als publizistische Reaktion auf Naturkatastrophen und Krisen ab59, und unterscheiden zwischen Gefahren, die in der Außenwelt lauern in Gestalt von Schiffbrüchen, Feuersbrünsten, Raubüberfällen und Mordanschlägen sowie persönlichen Prüfungen durch die Laster der Spielsucht, der „Tanzwut" und des Leichtsinns mit daraus resultierenden Unfällen. Die Neigung zu solchen Charakterschwächen sollte möglichst schon im Kleinkindalter bekämpft werden. Der Leser wird aufgerufen, im Katastrophenfall geistesgegenwärtig und beherzt Hilfe zu leisten, was die Einrichtung von Erste-Hilfe-Kursen ab 1767 erleichtern sollte. Tatenlose Gaffer kommen an den Pranger. Naturkatastrophen Der Volkskundler Andreas Schmidt vertritt die Auffassung, Naturkatastrophen seien in Deutschland zwischen 1755 und 1855 relativ selten aufgetreten 60 . Ein Blick in die moralischen Geschichten zeigt allerdings, dass sich die Bevölkerung dennoch als „Gefangene der Natur" (Fernand Braudel) sah, wenn auch sozial und geographisch differenziert. Die hohe Belegdichte an Katastrophendarstellungen in Kalendern, Zeitschriften und Zeitungen indiziert die große gesellschaftliche Relevanz der Natur als gewaltvolle destruktive Kraft. Das bekannte, von Voltaire („Poème sur le désastre de Lisbonne") literarisch verarbeitete Erdbeben von Lissabon am 1. November 1755 mit ca. 60.000 Toten inspirierte die Autoren dazu, fortan Naturkatastrophen vermehrt in ihren moralischen Geschichten zu thematisieren. Sie dienen jedoch nicht mehr wie im christlichen Exempel als Zeichen der Allmacht Gottes 61 , sondern bilden die Folie, vor der der Mensch seine Guttätigkeit unter Beweis zu stellen vermag. Lohr beschreibt ein Erdbeben in Indien, bei dem eine Sklavin ihr Leben für das eines Kindes gibt62. Schmid schildert wiederholt Feuersbrünste infolge von Blitzeinschlag. Einen Großbrand in Neuruppin am 26. August 1787 nimmt er zum Anlaß, von loyalen Arbeitern zu berichten, welche unter Lebensgefahr helfen, die Geschäftsbücher und Wertgegenstände ihres Arbeitgebers in Sicherheit zu bringen 63 . Die Ängste, Nöte und Hilflosigkeiten der Rezipienten 59 60 61 62 63

Vgl. die Ausführungen zur Gattung der Prodigien oben im Kapitel „Mensch und Natur". Schmidt: „Wolken krachen, Berge zittern, und die ganze Erde weint...", 1999, S. 267. Huse, Ulrich: Erdbeben. In: EM IV (1984), Sp. 130-135, hier 133. Lohr: Verstand, 1797, S. 136. Schmid: Lehrreiche Erzählungen, S. 206-209.

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solcher Geschichten dürften den Auslöser für die Entwicklung der hier zu beschreibenden volkspädagogischen Anleitungsliteratur für den Katastrophenfall gegeben haben. Die Volksaufklärer unternahmen damit den Versuch, das bis dahin Unberechenbare und deshalb Angsterregende zu entmythisieren und beherrschbar erscheinen zu lassen 64 . Hochwasser Mit Geschichten von Hochwasserkatastrophen appellieren die schreibenden Bildungsbürger an zufällige Zeugen eines Unglücks, spontan Hilfe zu leisten. Sie berichten von selbstlosen Männern, die unter Einsatz ihres Lebens Menschen aus reißenden Flüssen gerettet haben 65 und verurteilen Leute, die aus ängstlicher Sorge um ihre eigene Gesundheit tatenlos und sensationslüstern am Ufer verharren 66 . Als „doppelt edle Handlung" betrachten sie die Rettung eines Feindes 67 . Bisweilen springen in den moralischen Geschichten sogar Nichtschwimmer in die Fluten - überwältigt von dem Drang, ihrem in Not geratenen Nächsten zur Hilfe zu kommen 68 . In Überhöhung ihrer „schönen That" lehnen sie die ihnen zustehende Belohnung ab, bzw. reichen sie an den nach dem Unfall oft mittellosen Geretteten weiter 69 . Um das freiwillige, unaufgeforderte Eingreifen der Bevölkerung zu einer Selbstverständlichkeit zu entwickeln, belobigt die Obrigkeit die Helden in der Öffentlichkeit. Ein „menschenfreundlicher Fouselier" wird von seinem Regimentskommandeur beim Appell mit Lob bedacht, nachdem er am 26. Juni 1783 ein Kind aus der reißenden Isar gefischt und danach auch noch eine Kuh, den einzigen Besitz der in Not geratenen Familie, ans rettende Ufer geritten hat. Die Regierung zahlt ihm ein Anerkennungsgeld in Höhe von „drei Carolinen" und macht seine mutige Aktion in zahlreichen bayerischen Zeitungen bekannt 70 . Solche „Kultur des Helfens" fördert der Staat bis heute durch die Verleihung von Medaillen. Der Freistaat Bayern hat 1983 mit dem „Gesetz über die staatlichen Auszeichnungen fur die Rettung von Menschen aus Lebensgefahr" die Grundlagen dafür geschaffen. In einer Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei heißt es: „Die Rettungsmedaille ehrt Menschen, die eine Rettungstat unter Einsatz ihres eigenen Lebens vollbracht haben. Mit der Christophorus-Medaille werden Bürger ausgezeichnet, die unter besonders schwieri-

64 Vgl. die Zusammenschau von Messerli: Katastrophenmotive, 1993. 65 Wening: Erzählungen, 1784, S. 67f., S. 82ff.; Baierischer neuer Volkskalender 1815, S. 25; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 98, S. 131, Nr. 102, S. 134f. 66 Lohr: Verstand, Nr. 17, S. 141; Lohr: Sitte, Nr. 96, S. 186. 67 Wening: Erzählungen, 1784, S. 30ff.; Schmid: Lehrreiche, S. 38. 68 Herzer: Sittenspiegel, Bd. I, S. 39ff. 69 Moser: Großmut. In: Ders.: Lesebuch, 1786, Bd. IV, S. 153-157. 70 Wening: Der menschenfreundliche Fouselier in der Au. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 82ff.

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gen Bedingungen eine Rettungstat vollbracht haben. ... Bis zum Jahr 2000 erhielten 2.739 Personen die Rettungs- und 874 Personen die ChristophorusMedaille" 71 . In einem anderen Fall hat sich die gesamte Gemeinde vor der hereinbrechenden Flut in die höher gelegene Kirche geflüchtet. Als das Wasser auch da eindringt, nimmt der Pfarrer sechzehn ängstliche alte Menschen huckepack und trägt sie ungeachtet der Gefahr für sein Leben an einen sicheren Ort. Dafür übernimmt die Obrigkeiten die Kosten für die fällige Reparatur am Pfarrhaus, die sonst die Gemeinde hätte tragen müssen 72 . Durch ein Unwetter kommt es im Juli 1775 auf der Donau bei Regensburg zu einem Schiffsunglück, bei dem rund 50 Personen ertrinken. Es wären aber weit über hundert gewesen, wenn nicht Fürst von Thum und Taxis vom Ufer aus eine Rettungsaktion befehligt hätte. Das größte Verdienst aber erwarb sich eine unerschrockene Zwöllj ährige, die mehrfach mit einem kleinen Kahn zur Unglücksstelle in der Flußmitte ruderte und allein rund 20 Menschen das Leben gerettet hat. Die Zeitungen titeln „Großmuth im Fürstenherze, und Heldenmuth in der Bauernhütte" 73 . Mehr als einmal wird ein gutherziger Reicher vor seinem frühzeitigen Ableben bewahrt 74 . In einem ethisch heiklen Fall bleibt unser Autor Johann Andreas Christian Lohr allerdings die Antwort schuldig: Ein Familienvater beobachtet, wie ein stadtbekannter Bösewicht beim Versuch, von der Brücke aus etwas aus dem Wasser zu fischen, in die Flut stürzt. Er überlegt, ob er sein Leben geben soll für diesen Unmenschen, der zudem alleinstehend ist, während er sollte er bei der Aktion ertrinken - eine Schar unversorgter Kinder hinterlassen würde 75 . Schiffbruch In seefahrenden Nationen wie der englischen hat die Beschreibung von Schiffbrüchen auf hoher See eine besondere Tradition. Sie beschäftigen seit Homer die Phantasie der Menschheit wie kaum ein anderes Verkehrsunglück. Dort, wo um 1750 nach zeitgenössischen Quellen jährlich mehr als viertausend Menschen ein nasses Grab fanden, gehörte diese Todesart zum Alltag.

71 72 73 74

75

http://www.bayem.de/Presse-Info/PM/2000/000529.htm (6.3.2004) Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 99, S. 132. Wening: Erzählungen, 1784, S. 67f.; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 98, S. 131. Zwei wohlhabende Mädchen teilen ihre Ostereier mit einem armen Jungen. Als eine von ihnen später zu ertrinken droht, wird sie von ihm gerettet (Späth, S. 33 f.). - Ein Junge besucht einen armen, kranken Klassenkameraden, obwohl ihn andere dazu verleiten wollen, lieber mit ihnen zu spielen. Eines Tages wird er von dem wieder Gesundeten vor dem Ertrinken gerettet (Schwarz, S. 26f.). Lohr: Verstand, Nr. 32, S. 148f.

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Ihren spektakulären Charakter verlor sie dennoch nicht. Die Erzählung vom Schiffbruch kann als literarisches Motiv gelten, das sich als Unterform der im 18. Jahrhundert besonders bedeutsamen Reiseliteratur klassifizieren läßt, wie Margaret Lincoln herausgearbeitet hat76. Sie stellt fest, daß der „Augenzeugenbericht" sich besonderer Beliebtheit erfreute. Er wurde in Blatt- oder Heftform billig produziert und wandte sich als populäre Schrift unterhaltend und belehrend an die breite Bevölkerung. Lincoln hält das Motiv auch für bedeutsam im Kontext der Schaffung nationaler Identität: Der Untergang der französischen Fregatte „Medusa" im Jahr 1816, berühmt durch Théodore Géricaults Gemälde, das die Überlebenden auf dem Schreckensfloß zeigt, wurde in Frankreich zum nationalen Skandal. In England dagegen diente das Ereignis der Hebung des Nationalgefühls. Die Berichte vom vorbildlichen Verhalten der Mannschaft der ein Jahr später gesunkenen englischen „Alceste" konstruieren den britischen Nationalcharakter auf dem Hintergrund des Vergleichs mit der „Medusa" 77 . In den Anthologien moralischer Geschichten taucht das Schiffbruch-Motiv in Form von Augenzeugenberichten auf und wird als Indikator der Verfaßtheit der Gesellschaft zum symbolischen Ereignis stilisiert. Als Situation extremer Gefährdung stellt der Schiffbruch gesellschaftliche und kulturelle Normen auf den Prüfstand. Eine solche Vorgabe betrifft die Selbstlosigkeit, die man in höchster Gefahr unter Beweis zu stellen vermag. Ein junger Mann rechnet in Seenot aus, daß sein gut verdienender Bruder weitaus besser in der Lage sein wird, die alten Eltern zu ernähren und überläßt ihm darum seinen Platz im Rettungsboot 78 . Plieninger erzählt von einem Familienvater, der im Oktober 1774 bei einem „fürchterlichen Sturm, wie man ihn seit Menschengedenken nicht erlebt hatte" elf holländischen Seeleuten das Leben rettet. Sie lagen mit ihrem Schiff drei Tage und drei Nächte nur wenige hundert Meter vor einem OstseeHafen, ohne einlaufen zu können. Zunächst führ der Mutige alleine zu dem auseinanderbrechenden Schiff. Als er die ersten Geretteten an Land brachte, gesellten sich acht Männer aus der Menge der Schaulustigen zu ihm. Bei ihrer letzten Fahrt wurden sie jedoch selbst Opfer der tosenden See79. Zwei Brüdern, die nach einem Schiffbruch als einzige Überlebende auf eine einsame Insel gespült werden, gerät die Katastrophe zu einem Lehrstück für das Leben. Bis zu ihrer Rettung lernen sie angestrengt zu arbeiten, auf Gott zu

76 Vgl. Lincoln: Shipwreck narratives of the eighteenth and early nineteenth century, 1997, hier S. 158f. - Die Beispiele aus meinem Sample sind zusammengestellt im Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Ertrinken" (S. 395) und „Schiffbruch" (S. 439). 77 Ebd., S. 15. 78 Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 44, S. 23f. 79 Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 97, S. 129ff.

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vertrauen und mäßig zu leben - eine Erfahrung, die sie rückblickend nicht mehr missen und an andere weitergeben wollen 80 . Ein wandernder Handwerksbursche erfährt durch einen Schiffbruch die Vorsehung Gottes. In einer entfernt liegenden Stadt hat man ihm Arbeit versprochen. Um möglichst zügig dorthin zu gelangen, möchte er ein Dampfschiff nehmen. Allein, es fehlen ihm zwei Kreuzer, um die Fahrkarte zu bezahlen und er wird abgewiesen. Mißmutig macht er sich zu Fuß auf den weiten Weg und trifft mit einem Tag Verspätung an seinem Ziel ein. Dort hört er, daß „sein" Schiff gesunken ist und kein einziger Passagier überlebt hat81. Das Motiv der „Naufrage" hat das Genre der moralischen Geschichte überlebt. Es wurde im 19. Jahrhundert zu einem großen ikonographischen Thema82, das über den populären Wandschmuck und die Familienzeitschrift „Gartenlaube" mit Bildtiteln wie „In höchster Not", „Rettung" oder „Schiff im Sturm" weite Verbreitung fand 83 . Pioniere der Wasserrettung Damit Rettungsaktionen wie die oben beschriebenen nicht zu einem Desaster für die Hilfsbereiten gerieten, entwickelte man ab 1767 ein Erste-HilfeAusbildungs-Programm. In diesem Jahr wurde in Amsterdam der erste Verein der Wasserwacht gegründet unter dem Namen „Maatschapij tot Redding van Drenklingen". Er machte es sich zur Aufgabe, Gestrandete und Ertrinkende am Ufer großer Flüsse zu retten. Ein Jahr später übernahm Hamburg diese Idee unter der Bezeichnung „Anstalt für im Wasser verunglückte Menschen". Eine große Zahl fortschrittlich gesinnter Ärzte und Laien engagierten sich fortan in Europa im Kampf gegen den Ertrinkungstod. An erster Stelle ist der Görlitzer Arzt Dr. Christian August Struve (1767-1807) zu nennen, der in

80 Schmid: Getreidekörnerund Goldkörner. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 108f. 81 Ders.: Zwei Kreuzer. In: Ders.: Lehrreiche, S. 35f. - Varianten dieses Motivs hat Alfred Messerli in Schweizer Kalendern des 19. Jahrhunderts ausfindig gemacht. Vgl. Ders.: Evangelische Beispielgeschichten in Schweizer Kalendern, 1999. 82 Hüttinger, Eduard: Der Schiffbruch. Deutungen eines Bildmotivs im 19. Jahrhundert. In: Beiträge zur Motivkunde dese 19. Jahrhunderts (= Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 6). München 1970, S. 211-244. - Timm, Werner: Schiffe und ihre Schicksale. Maritime Ereignisbilder. Rostock 1976. - Mertens, Sabine: Seesturm und Schiffbruch. Eine motivgeschichtliche Studie (= Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums, 16). Hamburg 1987. - Glienicke, Antje: Der Schiffbruch als Thema in der Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts am Beispiel Joseph Vernets, Théodore Géricaults und William Turners. Magisterarbeit, Prof. Larsson, Institut für Kunstgeschichte, Universität Kiel 2000. 83 Vgl. Brückner, Wolfgang: Trivialisierungsprozesse in der bildenden Kunst zu Ende des 19. Jahrhunderts, dargestellt an der „Gartenlaube". In: Ders.: Kunst und Konsum. Massenbilderforschung (= Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte, 82). Würzburg 2000, S. 445-473, hier S. 468, Anm. 90.

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zahlreichen Schriften die Bevölkerung mit den Hilfsmitteln bei Ertrinkungsfällen bekannt machte. Seine „Noth- und Hilfstafel für Ertrunkene, Erfrorene, Erhenkte..." erschien 1794 und wurde fast überall in Deutschland verbreitet. Der Prager Universitätsprofessor Dr. Adalbert Vinzenz Zarda (1755-1811) stand Struve in nichts nach 84 . Auch er lehrte unermüdlich Erste Hilfe bei Ertrinkungsfállen, verfaßte und verbreitete ebenfalls eine ganze Anzahl einschlägiger Schriften. Besondere Verdienste hat er sich durch die Gründung der Prager Humanitätsgesellschaft (1791) erworben, die er zusammen mit Graf Leopold von Berchtold (1759-1809) ins Leben rief. Dieser war beseelt von humanitärem Eifer und unternahm zahlreiche Anstrengungen zur Linderung menschlichen Elends. Auf dem Sektor Wasserrettung wirkte er durch die unentgeltliche Verteilung seiner der Menschenrettung gewidmeten Zeitschriften, welche in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Neben der Prager Rettungsgesellschaft baute er weitere auf in Buchlowitz/Mähren (1801) und Wien (1803). Auch die Gesellschaft in Brünn, gegründet 1801, dürfte auf ihn oder seine Aufklärungsarbeit zurückgehen. Eine „Humanitätsgesellschaft" zur Rettung Ertrinkender errichtete schließlich Pfarrer Dietmar zu Blumenau in Mohrungen/Ostpreußen im Jahr 1805. Zu den wichtigsten Pionieren und Vorbildern des frühen Wasserrettungsdienstes in Deutschland gehörte Leopold Maximilian Julius, Herzog von Braunschweig und Lüneburg. Er leistete mehrmals persönlich Hilfe bei Überschwemmungen der Oder. Am 27. April 1785 fand er selbst den Tod in dem hochwasserführenden Fluß, als er die Kinder einer armen Frau retten wollte. Dieser herzogliche Einsatz wurde viel gerühmt und trug sicher dazu bei, den Rettungsgedanken zu verbreiten. Brandkatastrophen In Zeiten, als viele Häuser noch aus Holz gebaut oder gar mit Stroh gedeckt waren, stellten Feuersbrünste eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Die frühen, meist städtischen Sozietäten oder öffentlich-gemeinnützigen Assekuranzvereine konnten nur einen Ersatz für den Verlust von Immobilien gewährleisten. Wer dagegen auch seine bewegliche Habe gegen Feuer versichern wollte, was insbesondere für Kaufleute und Unternehmer von existentieller Bedeutung war, mußte lange Zeit bei ausländischen Versicherern abschließen. So kam es im frühen 19. Jahrhundert zu ersten Feuer-Versicherungsgesellschaften und der Gründung von Sparkassen. So rief 1824 der Hamburger Pastorensohn und spätere preußische Finanzminister David Hansemann (1790-

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Sima, Petr:Vodní záchranárství. In: http://www.nova-vodni-revue.cz/dobra-voda/l-988/l-98zachrana.html (15. Mai 2000). - Für die Übersetzung der dort gefundenen Informationen über Zarda danke ich Frau Waltraud Pech, Rimpar.

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1864) die Aachener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft und den „Aachener Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit" ins Leben. Mit dieser Doppelstrategie folgte er seiner Überzeugung, daß eine bestens organisierte Versicherung einen so hohen Gewinn abwerfen werde, daß es genüge, nur die Hälfte davon an die Aktionäre auszuschütten und mit der verbleibenden Hälfte ein großes, gemeinnütziges Werk in Gestalt des Vereins zur Beförderung der Arbeitsamkeit aufzubauen. Dieser zeichnete sich durch zahlreiche gemeinnützige und wohltätige Stiftungen aus und unterhielt eine Prämien-Sparkasse zu dem Zweck, Personen, welche nach ihrem Stande der Gefahr der Verarmung am meisten ausgesetzt waren, eine Ermutigung und eine sichere Gelegenheit zum Sparen zu geben 85 . Um die Gefahr von Bränden einzudämmen, finden sich in den Schriften der Bauernaufklärer und in den unterhaltsamen Lesebüchern für Kinder zahlreiche Beispielgeschichten, die vor dem leichtsinnigen Umgang mit dem Feuer warnen. Vor allem nach Erfindung der Schwefelhölzchen im Jahr 1829 tauchen Erzählungen auf, die Kindern einen gehörigen Schrecken vor dem „Spiel mit dem Feuer" einjagen sollen 86 . Ein Student, Sohn eines Baders, hat bereits seine Erste-Hilfe-Lektion gelernt und rettet einen von den Umstehenden fur tot erklärten Mann aus einem raucherfüllten Raum. Bis zum Eintreffen eines Arztes schafft er den Verunglückten in ein kühles Zimmer, wo er ihn völlig entkleidet auf einen Stuhl setzt, seine Füße in lauwarmes Wasser stellt, ihn mit feuchten Tüchern abreibt und ihn durch einen Mund-zu-Mund-Beatmung reanimiert 87 . Brandkatastrophen dienen den Volksaufklärern aber vor allem als Kulisse, um den Herrschaften den Edelmut unterschätzter Bediensteter vor Augen zu führen. Opferbereite Mägde eilen auf die Speicher in Flammen stehender Häuser, um dort gelagerte Pulverfasser herunterzuholen 88 , ehrliche Dienstboten bringen Geldkassetten zurück, die man ihnen in der allgemeinen Aufregung in die Hand gedrückt hat, obwohl es ein Leichtes für sie gewesen wäre, damit zu verschwinden 89 und werfen sich schützend über die Kinder ihrer Herrschaft, wenn die Häuser über ihnen zusammenstürzen 90 . Gutgesinnte Menschen ent85 Vgl. Ausstellung der Aachener und Münchener Versicherung AG, Aureliusstr. 2, Aachen, 5.21.9.2001. 86 Späth: Nr. 3: Das Zündhölzchen. In: Dies.: 110 moralische Erzählungen, 1895, S. 5f. - Frei: 7. Brandstifter: a) Ein Scheunenbrand, b) Spiel mit Zündhölzchen, c) Hände weg vom Petroleum, d) Die brennende Köchin. In: Ders.: Kinder, das ist gefahrlich, 1920. - Jedermann bekannt sein dürfte die Geschichte von Paulinchen, das alleine zu hause war: Hoffman, Heinrich: Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug. In: Ders.: Der Struwwelpeter, erstmals Frankfurt/Main 1845. - Vgl. auch die Vorstellung weiterer Warngeschichten bei: Könnecker: Dr. Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter", 1977. 87 Wening: 34. Das Unglück. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 80ff. 88 Lohr: Verstand, S. 130. - Späth: Nr. 21: Das Pulverfaß, S. 37f. 89 Lohr: Sitte, Nr. 52, S. 101 f. 90 Schmid: Lehrreiche, S. 206-209.

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decken im Brandfall ihr Herz und eilen Nachbarn oder Verwandten zur Hilfe, mit denen sie jahrelang verfeindet waren 91 . Brände bergen ferner eine Gelegenheit für Arme, sich fur erwiesene Wohltaten erkenntlich zu zeigen 92 , bzw. sich für unterlassene Hilfeleistung durch tatenloses Zusehen zu rächen 93 . Erwachsene Kinder stellen ihre Liebe zu den Eltern unter Beweis, indem sie sie aus den Flammen retten 94 . Der Pädagoge Christiani führte seine Zöglinge nach dem verheerenden Stadtbrand von Kopenhagen Mitte der 1790er Jahre an den Ort des Geschehens, um in ihnen Mitleid für die Not fremder Menschen auszulösen, ihnen die Notwendigkeit zu tätiger Hilfe im Katastrophenfall vor Augen zu fuhren und sie zur Vorsicht im Umgang mit Feuer zu bewegen 95 . Die Obrigkeit nutzte Feuersbrünste und Hochwasserkatastrophen die zupackende Hilfe Einzelner publik zu machen in der Hoffnung, dadurch andere in ähnlichen Fällen zum Handeln zu animieren96. Raubüberfälle und Mordanschläge Neben solchen die Allgemeinheit betreffenden Gefahren drohten den Menschen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts auch Überfälle, die in Zeiten grassierender Armut - folgt man der großen Zahl sie behandelnder moralischer Geschichten - an der Tagesordnung waren. Zu dieser Zeit beobachtet Wolfgang Seidenspinner in seiner Habilitationsschrift über den „Mythos Gegengesellschaft" erste wissenschaftliche Annäherungsversuche an die Ursachen solcher Missstände 97 . Sensible Zeitgenossen erkannten sofort den „Räuber aus

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Wening: So rächt sich der Weise und der Christ. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 26-30. Das Motiv taucht auch auf bei Geiger: Fünfzehntes Hauptstück: Wie man sich gegen Feinde betragen soll. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 225-230. Hoffmann, S. 294f. - Beim Brand eines ganzen Straßenzuges helfen die Armen, das Haus ihres Wohltäters zu retten, während das des hartherzigen Nachbarn ungehindert abbrennt (Lohr: 6. Was hilft's denn, gutthätig zu seyn? In: Ders.: Sitte, 1799, S. 18ff.). Einem Eigenbrötler, der anderen jede Bitte um Hilfe abgeschlagen hat, brennt das Haus bis auf die Grundmauern nieder, weil die Nachbarn nun ihrerseits nicht helfen (Lohr: 27. Meister Trauman; oder, die Undienstfertigkeit entfernt die Menschen von uns. In: Ders.: Sitte, 1799, S. 57ff. Tochter rettet ihren 73jährigen, erblindeten, hilflosen Vater aus brennendem Haus (Plieninger, Nr. 14, S. 23f.). Christiani, Christoph Johann Rudolf: Unterhaltungen anläßlich einer Feuersbrunst in Kopenhagen. In: Beiträge zur Veredelung der Menschheit, hg. aus dem Erziehungsinstitut bei Kopenhagen, 4 Bde. Kopenhagen 1796-98, Bd. I, S. 115ff. Zwei Knaben verhindern am 11.2.1790 ein Großfeuer in Grüningen/Thüringen. Sie werden in der Kirche öffentlich belobigt, von der Gutsherrschaft neu eingekleidet und an Weihnachten zum Essen eingeladen (Plieninger, Nr. 92, S. 125f.). Seidenspinner: Mythos Gegengesellschaft, 1998, S. 14. - Vgl. auch Küther: Räuber und Gauner in Deutschland, 1976.

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Not" und griffen ihm finanziell unter die Arme 98 . Grundschlechte, bloß geldgierige Räuber, jedoch wurden - und sei es erst nach Jahren - in der Logik der moralischen Geschichten zur Strecke gebracht". Reisende hielten kleine Summen routinemäßig für Überfälle bereit, während sie ihre eigentlichen Schätze sicher im Koffer verwahrten, wenn man Lohr Glauben schenken darf 100 . Dummheit 101 oder Bequemlichkeit konnte Reisenden unter Umständen teuer zu stehen kommen, so wie im Fall eines Bauern, der es nicht für nötig erachtet, sein Pferd neu beschlagen zu lassen. Es verliert das Hufeisen und fängt an zu lahmen. Als der Mann überfallen wird, kann er mit dem hinkenden Pferd nicht fliehen102. Die Hinterbliebenen eines Raubopfers haben insofern Glück, als der rechtschaffene Mann, dem der Getötete eine größere Summe Geldes anvertraut hatte, sie ausfindig macht und ihnen die Summe aushändigt103. Für Mörder kennen die Autoren moralischer Geschichten selbstredend keine Gnade. Ein Gattenmord wird nach zwanzig Jahren von einem Totengräber bei der Auflösung des Grabes aufgedeckt. Eine Kröte hat sich in den Schädel verirrt und ihn bewegt, weshalb der Mann genauer hinschaut und einen Nagel in der Schädeldecke entdeckt. Bislang hatte man geglaubt, der Mann sei eines natürlichen Todes gestorben. Die Witwe muß am Galgen büßen 104 . Ein Amtsdiener wird seines Verbrechens überfuhrt, weil sich am Tatort ein Holzsplitter

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Wening: Erzählungen, 1784, S. 174-179; Lohr: Verstand, S. 13Iff. - Räuber wird von Giftschlange zu Tode gebissen, auf die er sich versehentlich gekniet hat, als er aus dem Hinterhalt einen Kaufmann schoß (Schmid: Lehrreiche, S. 161 f.) - Kammerdiener überfällt einen Kapuzinerpater, weil er weiß, daß er von seiner Herrschaft soeben Geld für wohltätige Zwecke erhalten hat. Der Pater bittet den Räuber, ihm ein Loch in den Ärmel zu schießen, damit sein Guardian ihm glaube, daß er überfallen worden sei und das Geld nicht für sich beiseite geschafft habe. Der Schuß macht Jäger in der Nähe aufmerksam, so daß der Diener gefaßt und ins Gefängnis gesteckt wird. Sein Herr, der ihm einen Teil seines Vermögens vererben wollte, ändert selbstredend sein Testament (Schmid: Lehrreiche, S. 198ff.). 99 Zwei Räuber erschrecken durch einen Hahnenschrei und töten bei Einbrach einen reichen Müller. Jahre später gestehen sie einander nachts in einer Herberge, daß sie seitdem kein Krähen mehr hören können. Der Wirt belauscht die beiden und läßt sie verhaften (Schmid: Kurze Erzählungen, S. 46). 100 Lohr: Verstand, S. 153ff. 101 Dieb kauft Hütejungen eine Kuhschelle ab. Die Kuh, jetzt ohne Schelle, entfernt sich von der Herde und wird von dem Dieb entführt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 80Í). 102 Schmid: Kurze Erzählungen, S. 27. 103 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 2 0 1 Í ; Wening: Erzählungen, 1784, S. 51-57. 104 Schmid: Lehrreiche, S. 196ff.; Stahl, Karoline: Fabeln, Mährchen und Erzählungen für Kinder, 1821, S. 104. (Vgl. Digitale Bibliothek, Bd. 80: Deutsche Märchen und Sagen, hg. v. Hans-Jörg Uther, S. 47982; Ders.: The Types of International Folktales. Helsinki 2004, Nr. 960D); Dorfzeitung, 26.5.1920, S. 75). - Sekundärlit. dazu in: Shojaei Kawan, Christine: Kriminalroman. In: EM VIII (1996), Sp. 440-460, hier Sp. 448.

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findet, der aus seinem Knotenstock herausgebrochen ist105. Zwei Brüder, die sich gegenseitig umgebracht haben, erhalten kein Begräbnis, sondern man stellt ihre Särge der Nachwelt zur Warnung offen auf den Friedhof auf 106 . Bei Schmid wird schließlich ein Mordanschlag vereitelt durch eine Haselnuß, auf die der Meuchelmörder tritt. Das Geräusch weckt den Bedrohten, er kann seine Pistole ziehen und den Angreifer festsetzen 107 . Unfälle Mit den Geschichten von verunglückenden Kindern begründen die Volksaufklärer die Tradition der pädagogisch motivierten Warngeschichte. Das alte religiöse Erzählmuster von der unerwarteten glücklichen Rettung wird ersetzt durch das neue aufgeklärte Modell eines vorhersehbaren unglücklichen Endes. Dieter Richter stellt zu den positiven Kontrastgeschichten fest, daß dort „Glück und Wohlergehen als Folge menschlicher Einsicht und Vernunft" erscheinen 108 . Die Kinderunglücksgeschichte ist während des gesamten 19. Jahrhunderts zu beobachten und setzt sich bis ins 20. Jahrhundert fort 109 . Weit verbreitet war das Motiv vom „Nadelschluckerkind". Dem Vorbild von Schneiderinnen folgend, die bei der Anprobe Stecknadeln zwischen die Lippen klemmen, nahmen offenbar auch Kinder Nadeln in den Mund, wenn sie beim Ankleiden weiße, zum Waschen abnehmbare Kragen und Bänder an dunkle Kleider steckten. Diese Nadeln, oder auch solche, die bequeme Mädchen beim Nähen kurzfristig in den Mund nahmen, wurden von Kindern wiederholt verschluckt, wenn sie ein Geräusch oder eine unerwartet eintretende Person erschreckt hatte110. Dieter Richter hat erstmals 1995 auf diese speziellen Unglücksgeschichten hingewiesen 111 . Eine Variante dazu stellt das Verschlucken von Knöpfen dar112. Neben der vordergründigen Botschaft, mit Nadeln vorsichtig umzugehen, transportieren solche Exempel auch den Aufruf zur Ordnung („Alles an seinen Platz!") oder den Hinweis auf die unter Umständen fürchterlichen Wirkungen unscheinbarer Ursachen.

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Ders.: Kurze Erzählungen, S. 49f. Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 354f. Schmid: Kurze Erzählungen, S. 65f. Richter: Es war einmal ein Kind, 1986, S. 325. Bey spiele von allerley Unglücksfallen zur Belehrung und Warnung für alle Menschen, besonders für die Jugend. Nebst einem Anhange über giftige Pflanzen. 2 Bde. Wien 1800. Der erste Teil enthält 90 Unglücksfälle. Teil 2: Von besonders giftigen und gefährlichen Pflanzen, die in Deutschland allenthalben anzutreffen und leicht mit andern heilsamen und guten zu verwechseln sind, „mitgetheilt von Herrn Professor Hoffmann zu Göttingen". 110 Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 165ff. und Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 3 51 f. — Weitere Beispiele im Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Nadelschlucker". 111 Richter: Erzählte Aufklärung, 1995. 112 Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 209.

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Leichtsinn liegt meistens vor bei Unfällen, die Kinder erleiden (vgl. Abb. 18, S. 467). Sie schießen sich zu Krüppeln beim Spiel mit den Waffen ihrer Väter113, brechen auf dünnem Eis beim Schlittschuhlaufen ein114, fallen als Hans-guck-in-die-Luft 115 , verbrennen sich die Hände beim heimlichen Hantieren mit Kanonen, die anläßlich von Königs Geburtstag zum Böllerschießen bereit stehen116 oder stechen sich mit Gabeln die Augen aus117. Unfallmeldungen in der Hildburghäuser „Dorfzeitung" erzählen häufig von Kindern, die auf den bäuerlichen Gehöften aufgrund mangelnder Betreuung oder Nachlässigkeit verunglücken. Angela Treiber nennt den „Sturz in den Brunnen, das Anfressen durch Haus- und Nutztiere, das Ersticken und Verbrennen in der Stube wegen offenen Herdfeuers" als häufig erwähnte Fälle oder Motive 118 . Erwachsene verunglücken in der Regel bei der gewissenhaften Ausübung ihrer Aufgaben. Dann zeigt sich, wer ein wahrer Freund ist. So wird ein Maurer bei Ausbesserungsarbeiten im Dorfbrunnen verschüttet. Während alle Umstehenden ihm keine Chance mehr einräumen und nur jammernd herumstehen, gräbt ein Kollege fünf Stunden lang unermüdlich und kann ihn retten119. Spielsucht Beharrlich kritisieren die Volksaufklärer die weit verbreitete Spielleidenschaft, die offenbar beide Geschlechter gleichermaßen befiel 120 . In den 1770er Jahren erlebte das Lottospiel seine erste große Blüte, und brachte, wie der Volkskundler Gerhard Lutz ausführt, „geradezu spielbesessene Anhänger" hervor 121 . Warnungen von Zeitgenossen hatten damals „umso mehr Berechtigung, als viele im Lotto in kürzester Zeit ihr ganzes Vermögen verspielten" 122 . Moralische Geschichten waren das Medium, diese Ermahnungen zu transportieren: Da bestiehlt eine dieser Sucht verfallene Frau regelmäßig ihren Mann und schiebt den Verlust der Dienstmagd zu, so dass diese zum Tode verurteilt, vor Kummer im Gefängnis stirbt. Sechs Monate später kommt der Schwindel auf. Als der Ehemann das wahre Wesen seiner Frau durchschaut, bestiehlt sie ihn ein letztes Mal und verschwindet mit dem Geld, um der Strafe zu entgehen. 113 114 115 116 117 118 119 120 121

Hoffmann: Erzählungen, 1842, 64, S. 132f. Ebd., S. 91 ff.; Plieninger, Nr. 102, S. 134f.; Lohr, Sitte, Nr. 98, S. 188f. Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 136-139; Schmid: Lehrreiche, S. 23 Hoffmann: 7. Die Kanone. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 16f. Campe: Neues Abeze- und Lesebuch 1807, S. 236f. Treiber: Biedermeierliche Volksaufklärung, 1996, S. 102. Plieninger: Beispiele des Guten, 1806, Nr. 100, S. 132ff. Vgl. Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Spielsucht". Lutz, Gerhard: Lessing und die Quínteme. Primärquellen zum Lottofieber im 18. Jahrhundert. In: Harmening, Dieter/ Wimmer, Erich (Hgg.): Volkskultur - Geschichte - Region. FS fur Wolfgang Brückner zum 60. Geburtstag. Würzburg 1990, S. 128-141, hier S. 129. 122 Ebd.

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Doch nehmen Diebe ihr alles, was sie besitzt. Die schlechten Eigenschaften der verbrecherischen Frau werden dem Leser als abschreckendes Beispiel vor Augen gefuhrt' 23 . Typischerweise zieht ein Verbrechen das nächste solange nach sich bis alles ans Tageslicht kommt 124 . Keiner entgeht der Strafe. Die spielsüchtige Frau, die keinerlei Reue zeigt, wird daher schließlich mit ihren eigenen Mitteln geschlagen. Gerechtigkeit, so die Moral dieses Stückes, siegt letzten Endes über das Böse. Also sollte der Mensch nie vom Pfad der Tugend abweichen. Spielernaturen sind bisweilen schon im Kindesalter auszumachen 125 . Es stellt ein schweres Versäumnis der Eltern dar, wenn sie dem Treiben ihres Nachwuchses nicht rechtzeitig Einhalt gebieten. Wer eine große Erbschaft erhalten 126 oder in der Lotterie gewonnen hat, erfahrt selten ein dauerhaftes Glück, womit die Volksaufklärer versuchen, die Leute davon abzuhalten, überhaupt an Glückspielen teilzunehmen 127 . Dem gutherzigen Menschen bieten sich auch auf diesem Gebiet Möglichkeiten, ihre Großmut zu erweisen. So überläßt ein Offizier seinem ruinierten Gegner die gesamte verlorene Summe, ohne ihn über die dazu notwendigen Tricks in Kenntnis zu setzen, um dem Verlierer ein schlechtes Gewissen zu ersparen 128 . Tanzwut Johann Adam Wening behauptet 1784 ohne Umschweife: „Tanzen verdirbt den Charakter" 129 . Er folgt damit einem schon aus der Antike stammenden Stereotyp, das im Mittelalter auch in der Bezeichnung „Veitstanz" für ein durch das Mutterkorn ausgelöstes Nervenleiden zum Ausdruck kam. Franz Xaver 123 Wagner: Angenehmer Zeitvertreib, 1771, Bd. I, 1. Stück, 7. Geschichte, S. 225 ff. 124 Vgl. Pischon: Von Spielen, vorzüglich Kartenspielen. In: Ders.: Moral in Beispielen, 1799, S. 388-398. - Ebd.: Traurige Folgen der Spielsucht, S. 399-412. 125 Junge ist schon als Schüler dem Würfelspiel verfallen. Sein Vater stirbt vor Kummer darüber. Als Erwachsener verspielt er Haus und Hof und stirbt im Gefängnis (Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 235ff.). 126 Verarmte, aber zufriedene Witwe erbt Geld, ändert ihren Lebensstil, heiratet einen Jüngling, obwohl sie weiß, daß er der Spielsucht verfallen ist. Binnen kurzem bringt er ihr Geld durch, stirbt wegen seines exzessiven Lebenswandels an Auszehrung und hinterläßt der Frau immense Schulden (Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 7). Auch Rosenlächer behauptet: „Mancher, der am meisten klagt, hatte ein artiges Vermögen geerbt; er vergaß aber, wie er dazugekommen, und dachte: nun ist es helle, und wird nicht wieder dunkel" (Goldener Spiegel, 1827, S. 142). 127 Soldat, der sein Reisegeld für die Rückkehr zu seinem Regiment und Geld, das er einem Kameraden überbringen sollte, verspielt hat, stürzt sich von einer Brücke. Zwei arme Buben retten ihn, erhalten eine Belohnung und teilen sie mit dem Lebensmüden (Moser: Lesebuch, 1786, VI). - Vgl. auch Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Glücksspiele". 128 Lohr: Verstand, Nr. 15, S. 139f. 129 Wening: Erzählungen, 1784, S. 150-154, hier S. 150.

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Geiger stellt dagegen um die Wende zum 19. Jahrhundert fest: „Diese Ergötzung ist... keineswegs zu tadeln, wenn nur die Schranken der Mäßigkeit und der Ehrbarkeit nicht überschritten werden" 130 . Er billigt dieses Vergnügen beiden Geschlechtern gleichermaßen zu. In seiner entarteten Form als „Tanzwut" scheint es nur junge Mädchen zu befallen. Dichter, Komponisten und Maler der Romantik beschäftigten sich verstärkt mit dem frühen Tod von gerade erblühenden Mädchen und führten dabei Tod, Mädchen und Tanz gemäß einer langen gestalterischen Tradition zusammen, wie Irene Hardach-Pinke in ihrer Monographie mit dem Titel „Bleichsucht und Blütenträume" herausgearbeitet hat131. Ärztliche und pädagogische Ratgeber griffen diese Vorstellungen auf und pädagogisierten sie zum Phänomen der „Tanzwut". Das wilde und ausdauernde Tanzen galt nicht nur als unsittlich, sondern auch als eine typische Todesursache während der weiblichen Jugendzeit. Kleine, vergnügungssüchtige Protagonistinnen moralischer Geschichten, die allzu ausgiebig herumtollen und tanzen, laufen Gefahr, erschöpft zusammenzubrechen und sich ihr Lebtag nicht wieder ganz davon zu erholen 132 . Eine dieser Tanznärrinnen schleicht sich abends heimlich in Richtung Tanzboden aus dem Haus und verwechselt in der Dunkelheit das Stadtmit dem Friedhofstor. Als sie gewahr wird, wo sie gelandet ist, kehrt sie reumütig nach Hause zurück. Die Mutter verzeiht ihr, und meint, ein solcher Schock sei besser, als auf dem Tanzboden „Gesundheit, Leben, Ehre und Unschuld" zu verlieren 133 . Dabei wurde damals der Tanz in denselben Werken neben Spaziergängen, Ballspielen und leichter körperlicher Arbeit ausdrücklich empfohlen. Er beuge der Bleichsucht vor, belebe den Kreislauf, trage zur Beweglichkeit des Körpers bei und unterstütze eine gute Haltung, solange man ihn nur nicht übertreibe. Geiger konstatiert wohlwollend: „Das Tanzen ermuntert, giebt Geschicklichkeit und Behendigkeit, und erhält den Menschen bey einer schönen und geraden Stellung" 134 . Wie stets kam es also auf das rechte Maß an. Nach Meinung vieler Volksaufklärer verloren aber gerade junge Mädchen auf Bällen, wie sie unter Bekannten und Verwandten stattfanden oder von Gastwirten organisiert wurden, die Kontrolle über sich und führten sich wie „Bacchantin130 Geiger: Siebzehntes Hauptstück: Nr. 3: Von den öffentlichen Ergötzungen. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 256-265, hier S. 256. 131 Sie zählt dazu auf: „1773 erschien Gottfried August Burgers berühmte Ballade Lenore, in der eine Braut von ihrem toten Geliebten um Mitternacht ins Grab geholt wird. Matthias Claudius nahm den starken Kontrast von Jugend und Vergänglichkeit 1775 in seinem Gedicht ,Der Tod und das Mädchen' auf, ... das Franz Schubert 1817 vertonte und 1826 damit das gleichnamige Streichquartett in d-moll beendete" (Hardach-Pinke: 5. „Vorüber! Ach, vorüber!" In: Dies.: Bleichsucht und Blütenträume, 2000, S. 124-139, hier S. 125f.). 132 Hoffmann: Die Tanzstunde. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 1 Iff. 133 Schmid: Die Tanzmusik. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 204ff. 134 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 260.

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nen" auf. Seit dem späten 18. Jahrhundert boten neue Tänze wie Landler oder Walzer noch mehr Gelegenheit, außer Rand und Band zu geraten, sich wild im Kreis zu drehen, und schwindlig zu taumeln. Schwitzende Jugendliche, die hastig kühle Getränke zu sich nahmen oder in die kalte Nachtluft traten, riskierten dadurch nicht nur Erkältungen, sondern Lungenentzündungen und den Tod135. Bei Geiger heißt es dazu: „Die jungen Leute treiben es zum öftern gar zu weit, bringen einen großen Theil der Nacht damit zu, werden ganz naß vom Schweiße, setzen das Blut in heftige Wallung, kühlen sich unvorsichtig wieder ab, trinken kalt hinein, gehen in die Luft und machen sich auf ihre ganze Lebenszeit krank, oder sterben frühzeitig dahin"136. Wenn der Tanz das der Gesundheit dienende Maß überschreite, werde er nach Ansicht der Volksaufklärer zum Ausdruck unkontrollierbarer Lebenslust und zum Symbol jugendlicher Eigenwilligkeit. Sie übertreiben darum die möglichen bösen Folgen der „Tanzwut" und weisen daraufhin, daß „kein Vergnügen ... so vielen jungen Leuten das Leben [koste], als eben das Tanzen" 137 . Tatsächlich konnte aber nirgends belegt werden, daß Überanstrengung und Erhitzung beim Tanz häufige Todesursachen waren 138 . Hat ein erwachsener Mensch diese Klippen und Anfeindungen überstanden, so vergessen die Autoren nicht, ihn an Gottes Vorsehung zu erinnern, die sie hinter dem glücklichen Ausgang heikler Situationen vermuten 139 . Kieffer erzählt die Geschichte von einem gutherzigen Tagelöhner, der zufällig Zeuge wird, wie ein Postknecht den Wachhabenden am Stadttor berichtet, daß draußen ein ungenügend bekleideter Handwerksbursche im Schnee vor Erschöpfung zusammengebrochen sei. Die Soldaten sind zu faul, dorthin zu laufen. Der Tagelöhner aber macht sich alleine auf den Weg und rettet den Mann 140 . Reichlich konstruiert wirkt Heinrich Schwarz' Erzählung von dem in bescheidenen Verhältnissen aufwachsenden Mädchen, das sein Geld nicht in überflüssigen Tand anlegt, sondern es in nützliche Pflanzen investiert, die sie auf der Fensterbank zieht. Ein Windstoß fegt einen ihrer Blumentöpfe vom Brett und trifft just einen gerade unten vorübergehenden Mann. Dabei handelt es sich,

135 Schmid: Die Quelle. In: Kurze Erzählungen, S. 42 (hier bei einem Jungen, der im Freien herumgetollt ist). - Hoffmann: 77. Das Glas Wasser. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 154ff. 136 Geiger: Siebzehntes Hauptstück: Nr. 3: Von den öffentlichen Ergötzungen, S. 264. 137 Ebd. 138 Vgl. Hardach-Pinke: Bleichsucht und Blütenträume, 2000, S. 127. 139 Lohr: Nr. 39: Todesgefahr und Rettung. In: Ders.: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 160164; Burckhardts Boot kenterte in Hamburg und er wurde von geschickten Fischern aus dem Wasser geholt: In: Johann Gottlieb Burckhardt (1756-1800), Lebensbeschreibung, http://bs.cyty.de/elmbs/jb3.htm ( 19.8.2001 ). 140 Kieffer: Nr. 40: Der gerettete Handwerksbursch. In: Ders.: Lesebuch, 1862, S. 21 f.

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wie sich später herausstellt, um einen gesuchten Mörder, auf den eine hohe Belohnung ausgesetzt war 141 . Trotz allen Gottvertrauens lassen es sich die Autoren moralischer Geschichten nicht nehmen, an die Geistesgegenwart ihrer Rezipienten und die Eigeninitiative, das „Selbstdenken" zu appellieren: Ein Mann, der in eine Gletscherspalte gefallen ist, wartet nicht gottergeben auf seine unwahrscheinliche Rettung, sondern wagt den Weg ins Ungewisse durch eine Öffnung in der Felswand, die ihn tatsächlich ins Freie fuhrt 142 . Ein Junge drückt einem Räuber das verlangte Geld nicht in die Hand, sondern wirft es in hohem Bogen aus. Als der Bandit vom Pferd steigt, um die Münzen aufzulesen, schwingt sich der Junge in dessen Sattel und sprengt davon' 43 .

141 Schwarz: Der Blumentopf. In: Ders.: Erzählungen 1848, S. 40ff. - Vgl. zahlreiche weitere Beispiele im Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Vorsehung, göttliche". 142 Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 91, S. 124f. 143 Ebd., Nr. 90, S. 124.

2.3 Gesundheit und Krankheit Pocken, Ruhr, Fleckfieber, Diphtherie, Cholera, Tuberkulose und Syphilis kamen im 18. Jahrhundert wie Ebbe und Flut über die Bevölkerung. Im frühen 19. Jahrhundert wurden ganze Armeen der napoleonischen Feldzüge und Tausende in Großstädten wie Wien und Hamburg von Durchfallerkrankungen dahingerafft. Aufgeklärte Ärzte bekämpften mit dem Ziel einer besseren Gesundheitsvorsorge falsche Therapievorstellungen 144 , das Fehlen öffentlicher Hygienemaßnahmen, Schmutz und Schlendrian in Waisenhäusern, Gefängnissen, Lazaretten und Hospitälern. Die Autoren moralischer Geschichten versuchten, gesundheitsbewußtes und damit ökonomisches Denken in der Gesamtbevölkerung durchzusetzen. Gesundheit wurde zur Norm und kennzeichnete den disziplinierten, erfolgreichen und moralisch integren Menschen. Gleichzeitig bewerteten sie Kranksein und Leiden nicht mehr als Strafe Gottes, als überwiegend bedrohlich oder peinlich, sondern als Chance und als Aufgabe, an welcher der Betroffene und seine Umgebung zu wachsen vermag. Grundsätzlich wird man der bereits 1984 von Ute Frevert aufgestellten These zustimmen können, daß „Gesundheitserziehung und Gesundheitspolitik ... immer auch Programme der Sozialdisziplinierung [waren], die die Integration aller Bevölkerungsgruppen, -schichten und -klassen in ein auf Rationalität, Vorhersagbarkeit, Effizienz und Marktvergesellschaftung beruhendes soziales System zum Ziel hatten" 145 . Dabei darf freilich nicht übersehen werden, daß Krankheit in der Tat eine der hauptsächlichen Ursachen der Massenarmut darstellte146. Frank Hatje erinnert daran, daß auf diese Einsicht das Medizinische Armeninstitut der Patriotischen Gesellschaft Hamburg gründete, das von 1768-1770 und 1779 bis zu seiner Überführung in die Allgemeine Armenanstalt 1789 bestand 147 . Man begann um diese Zeit, sich vermehrt mit dem menschlichen Körper zu beschäftigen. Das belegen Verordnungen, medizinische Publikationen und die Begründung der Hygiene als Wissenschaft gegen Ende des Jahrhunderts. Dies geschah vor dem Hintergrund, daß man den Körper als ökonomisches Potential zu betrachten begann und deshalb seine Gesunderhaltung anstrebte 148 . Um 1770 entwickelte sich von Seiten des Preußischen Staates die „Gesundheitspolizey", die auf Gesundheitsfürsorge und Hygiene achtete, d.h. das vorhandene medizinische Wissen erfuhr eine stärkere

144 Wobei sie bisweilen selbst noch nicht ganz davon Abstand zu nehmen verstanden. Christoph von Schmid empfiehlt beispielsweise gegen „eine bestimmte Art von Zahnschmerzen" zerdrückte Marienkäfer. - Vgl. Schmid: Das Marienkäferlein. In: Ders.: Lehrreiche, S. 162ff. 145 Frevert: Krankheit als politisches Problem 1770-1880, 1984, S. 84. 146 Vgl. Sievers, Kai Detlev: Leben in Armut. Heide 1991. 147 Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 189, Anm. 83. 148 Vgl. Duden, Barbara: Geschichte unter der Haut. Ein Eisenacher Arzt und seine Patientinnen um 1730. Stuttgart 1991.

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Verbreitung, Fäkalien- und Müllentsorgung sowie die Versorgung mit sauberem Trinkwasser wurden verbessert. Allerdings lag man zur Zeit der Volksaufklärung in diesem Punkt noch hinter den Römern zurück. Sie installierten gut funktionierende Kanalisationssysteme, die teilweise bis heute in Gebrauch sind. Fortschritte in der städtischen Wasserversorgung und der Installation von Wasserleitungen in den Häusern führten hierzulande erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Bau von Spülklosetts und den ersten modernen Abwasser- und Kanalisationssystemen. Angst vor Geld- und Wasserverschwendung stand dieser Entwicklung allzu lange entgegen 149 . Gesundheitserziehung Kinder wurden zur Zeit der Bauern- und Volksaufklärung in den Schulen mit modernem medizinischem Wissen konfrontiert. In der Hamburger Lehrschule für arme Kinder unterrichtete man um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert die Fächer „Kenntniß des Menschen nach Körper und Geist" und „Gesundheitslehre". Als Lehrbuch diente der „Gesundheits-Katechismus" des hessischen Arztes Bernhard Christoph Faust (1755-1842) aus dem Jahr 1792, den ein Senator 1795 in 450 Exemplaren der Schule geschenkt hatte150. Zur Illustration dieses neuen Stoffes dienten moralische Geschichten wie sie Johann Andreas Christian Lohr zusammengestellt hat in der„Achte[n] Abtheilung: Gesundheit, Krankheit" seiner Sammlung „Kleiner Geschichten und Erzählungen ... zur Bildung des sittlichen Gefühls" (1799) 151 . Auch Erwachsene bezog man in die medizinischen Aufklärungskampagnen ein, wie ein Plakat aus Prag im Besitz der SUB Göttingen dokumentiert 152 . Mit diesem Einblattdruck kündigte der uns bereits als Förderer der Wasserwacht bekannte Arzt und Universitätsprofessor Adalbert Vinzenz Zarda 1792 eine 149 Zur Bedeutung von Sauberkeit im Rahmen der Gesundheitserziehung s. auch das folgende Kapitel „Reinlichkeit und Schmutz". 150 Faust, Bferhard] Chrfristoph]: Gesundheits-Katechismus zum Gebrauche in den Schulen und beim häuslichen Unterrichte. Wien 11792; neueste Aufl. Wien 1799, 148 S. - Die Schenkung ist festgehalten in: StA Hbg. AA I 145 Bd. 1: Protokoll Schuldeputation 7. März 1795. - Vgl. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 189, Anm. 83. 151 Sie enthält folgende Episoden: 82. Der kranke Gustav (S. 166) - 83. Wie gut ist es, gesund zu sein (S. 168) - 84. Herr Schmidt; oder, wodurch erhält man sich gesund? (S. 170) - 85. Der kränkliche Martin; oder, wodurch verdirbt man die Gesundheit (S. 171) - 86. Adolph, das Leckermäulchen (S. 172) - 87. Rudolphine; oder, man muß sich nicht verzärteln (S. 173) - 88. Der wilde Gottfried (S. 174) - 89. Iß nicht, was du nicht kennst (S. 176) - 90. Spiele nicht mit dem Gewehr (S. 178) - 91. Louise; oder, die Blumenfreundin (S. 180) - 92. Das kleine Orangeriebäumchen (S. 181) - 93. Nur eine gute Lebensordnung erhält gesund (S. 182) - 94. Gotthold und Ernst; oder, die kranken Kinder (S. 183) - 95. Der Tagelöhner Christian; oder, man muß auch nicht zu sehr um seine Gesundheit besorgt seyn (S. 185) - 96. Der bedenkliche Herr Beier (S. 186) - Sollte denn Toffel seine Ruhe nicht haben? (S. 187). 152 Vgl. Bötte: „Zur Belehrung des Deutschen Bürgers und Landmannes", 2000.

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unentgeltliche Vortragsreihe über die Rettungsmittel in plötzlichen Lebensgefahren für „Jedermann ohne Unterschied der Religion, des Standes und Geschlechts" an153. Das einzige Ausschlußkriterium, das Zarda festlegte, betraf das Alter: seine Zuhörer sollten mindestens 16 Jahre alt sein. Angesichts der völlig unzulänglichen medizinischen Versorgung auf dem Lande, wo fachmedizinische Hilfe kurzfristig gar nicht zu erlangen war, hatte es sich Zarda zur Aufgabe gemacht, medizinische Laien über den Scheintod bei Neugeborenen, Ertrunkenen, Erfrorenen oder „vom Blitz Gerührten" aufzuklären. Erste-HilfeMaßnahmen bei Verbrennungen, Vergiftungen, Bißwunden und dergleichen waren ebenfalls Themen seiner Vorlesung. Zunächst galt es, den modernen Berufsstand des akademischen Arztes ins öffentliche Bewußtsein zu heben. Dieser entstand Ende des 18. Jahrhunderts aus der Verschmelzung der Aufgaben von Badern und Babieren (Chirurgen). Bader waren seit dem Mittelalter zuständig für das Betreiben der Badestuben, Frisieren, Haare schneiden und wundärztliche Betreuung. Chirurgen übernahmen therapeutische Anwendungen mit Salben, Blutegeln, Schröpfköpfen, Zugpflastern und Klistieren ζ. B. zur Heilung von Geschwüren, außerdem zahnärztliche Behandlungen sowie das Aderlassen. Auf Jahrmarkt-Darstellung finden wir sie als „Thyriakshändler", benannt nach dem Universalheilmittel Theriak. Die Würzburger Fries-Chronik aus dem Jahr 1546 zeigt auf einer Dult-Szene einen solchen „Wunderdoktor", „die Zange in der Hand, seine Wässerchen und Salben auf dem gedeckten Tisch, eine Belobigungsurkunde davor, unterhalb seines einrollbaren Werbeplakats ausgerissene Zähne an einer Schnur aufgereiht" 154 . Barbara Rusch fasst in ihrem Artikel über den Berufsstand des Baders die weitere Entwicklung folgendermaßen zusammen „Ab Anfang des 17. Jahrhunderts wurde das Badewesen von Ärzten und Geistlichen wegen seiner sittlichen Verwerflichkeit, aber auch aus Angst vor der Verbreitung von Infektionskrankheiten bekämpft. Dies und andere Faktoren wie etwa die immer beliebter werdenden Thermalbäder trugen zum Aussterben des Badewesens bei. Ende des 18. Jahrhunderts durften die Bader zudem nicht mehr als Friseure tätig sein, wozu nunmehr nur noch die Perückenmacher berechtigt waren, und waren so nur noch als Wundärzte tätig"' 55 . Geiger schimpft über Leute, die „zum Schinder, Bader oder zu alten Weibern" gehen, anstatt einen Arzt zu konsultieren (S. 84). Mit einem zerrissenen 153 Vgl. oben das Kapitel „Gefahren und Unglücksfalle" sowie den biobibliograph. Abriß im Anhang, Abschn. 1. 154 Brückner, Wolfgang: Anschauliche Lebens weit in der Chronik des Lorenz Fries 1546 und 1582. In: Ders.: Materialien und Realien. Stoffwertigkeiten, Symbolwelten, Zeichensysteme (= Veröff. z. Volkskunde und Kulturgeschichte, 83). Würzburg 2000, S. 251-269, hier S. 265. - Vgl. auch Peters, Hermann: Der Arzt und die Heilkunst in alten Zeiten. Jena 1900, Reprint Düsseldorf 1969, S. 44 u. 47 = Abb., sonst S. 32, 76, 107f. und „Thriackerskrämer" S. 42f., 44 aus dem 16. und 17. Jahrhundert. 155 Rusch, Barbara: Bader. In: Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2003.

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Kleid gehe man auch nicht zum Schmied, sondern zum Fachmann, dem Schneider. Geharnischte Worte benutzte auch der Hildesheimer Amtsphysikus Johann Ernst Theophil Guericke 1783, als er die Bevölkerung aufforderte, fortan ausgebildete Ärzte zu konsultieren anstatt „versoffene Barbierer, Scharfrichter, hungrige Schulmeister, verlaufene Soldaten, nichtswürdige Vieh-Hirten, alte Weiber und dergleichen"' 56 . Der Fürstenbergische Leibarzt Johann Xaver Rehmann, so Bötte weiter, ließ in einer Ausgabe der „Gemeinnützlichen Volksnachrichten" seinem Ärger freien Lauf: Ein Reitschmied namens Johannes Dietmann, der wie Rehmann mutmaßt, „im Zorne Gottes den Beruf fand, ein Thierarzt zu werden", verkaufte mit großem Erfolg ein „erprobtes Viehpulver" zur Therapie verschiedener Krankheiten. Geschäftstüchtig warb dieser Dietmann mit einer längeren Liste angeblich erfolgreicher Behandlungsfälle. Wie desaströs die Wirkung dieser Mischung aber tatsächlich gewesen sein muß, ist dem vernichtenden Kommentar Rehmanns zu entnehmen: „Wie groß müßte nicht die Liste seyn, wenn Herr Dietmann alle durch sein Wundermittel getödteten Thiere aufzeichnen wollte!" Man sollte glauben, fährt er resigniert fort, „eine solche Mißgeburt des Menschenverstandes könne in unserm aufgeklärten Jahrhundert nie den Beyfall des Publikums verdienen; aber leider! dringt die Aufklärung gerade dahin nicht, wo ihr Lichtstrahl am unentbehrlichsten ist." Christoph von Schmid kleidet seine Warnung vor Scharlatanen in die Geschichte von zwei Gaunern, die miteinander unter einer Decke steckten. Der eine klagt in einer Gaststube plötzlich über heftige Zahnschmerzen. Just in diesem Augenblick erscheint sein Kompagnon und bietet ihm ein weißes Pulver als Schmerzmittel an. Nach kürzester Zeit gibt der erste vor, von seiner Pein befreit zu sein. Die Anwesenden kaufen nun bereitwillig dieses Mittel und merken erst, daß sie zwei Betrügern aufgesessen sind, als sie selbst durch die Einnahme keine Linderung erfahren 157 . Als aufgeschlossen für das segensreiche Wirken moderner Ärzte erwies sich das Kirchspiel Holte im Hochstift Osnabrück. Ihr Prediger Heinrich Gottfried Bernhard Franke (*1764) schreibt in seinem Bericht, den er 1801 nach Aufforderung beim Konsistorium einreichte: „Ich muß hier zum Ruhm der Gemeinde erwähnen, daß sie das Bedürfnis, einen geschickten Chirurgus in der Nähe zu haben, so lebhaft fühlte, daß sie einen Mann in Celle hat unterrichten lassen und dazu das erforderliche Geld aus der Marktkasse herzugeschossen, der in Zukunft im Kirchspiel wohnen sollte. Leider ist ihnen durch die schlechte Auffuhrung dieses Menschen ihr Plan verunglückt. Indessen, die Absicht bleibt rühmlich"158.

156 Bötte: „Zur Belehrung des Deutschen Bürgers und Landmannes", 2000. 157 Schmid: Der Arzneikrämer. In: Ders.: Kurze Erzählungen, S. 73f. 158 Zit. n. Ziessow: Orthodoxe Camera obscura, 1988, S. 29, Anm. 96.

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Der Benediktiner-Pater und Jugendschriftsteller Heinrich Schwarz mahnt - typisch für die religiöse Aufladung der moralischen Geschichten Mitte des 19. Jahrhunderts - in seinen „Einhundert kurzen Erzählungen", bei allem Fortschritt im Krankheitsfall weiterhin auf das vertrauensvolle Gebet zu Gott zu vertrauen 159 . Da wir es bei den moralischen Geschichten nicht mit medizinischer Ratgeberliteratur zu tun haben, erfahren wir darin wenig über das in unseren Beobachtungszeitraum fallende Reifen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und Arbeitsmethoden sowie über die Hindernisse und Unbilden, die dabei zu überwinden waren. Auch die realistische Schilderung bestimmter Krankheitsbilder steht nicht im Vordergrund. Vielmehr unterstützen sie die soeben geschilderten Aktionen und dienen in erster Linie als Vehikel, die Leser vom Wert der Tugenden Geduld 160 , Zufriedenheit 161 , Reinlichkeit und Mäßigkeit 162 zu überzeugen und sie von abergläubischen Praktiken abzubringen. Die Autoren berichten in Zeiten ohne Krankenversicherung und soziales Netz warnend von Familien, die eine chronische Krankheit des Familienvaters an den Bettelstab brachte 163 . Es sei also im Interesse aller, auf die Gesundheit zu achten. Krankheitsursachen Die in den moralischen Geschichten erörterten Vorstellungen über die Auslöser von Krankheiten werden nicht mehr wie in der älteren Volksprosa von 159 Schwarz: Einhundert kurze Erzählungen und Parabeln, o.J. [1848], S. 15ff. 160 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 88. - Vgl. auch Pischon: Moral in Beispielen, 1799: Habe Geduld mit den Deinigen, auch wenn es nur ihre Einbildung ist, die sie krank macht, S. 259. - Lohr und Hoffmann exemplifizieren die Notwendigkeit von Geduld im Krankenstand jeweils am Beispiel zweier Geschwister. Der Geduldigere von beiden kommt schneller wieder auf die Beine. Vgl. Lohr: Sitte: Nr. 94: Gotthold und Ernst; oder, die kranken Kinder, 182ff. - Hoffmann: Erzählungen, 1842, Nr. 108: Die Masern, S. 212f. 161 Geiger: „Lieber bey gesundem Leibe ein schwarzes Stück Brod, als in der Krankheit alle Schätze der Welt!". In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 80. 162 Geiger wählt als Untertitel seines Kapitels „Von Gesundheit, Krankheit und Tod" den Vierzeiler: „Denkst du dein Leben hoch zu bringen,/ So halte Maaß in allen Dingen,/ Im Essen, Trinken, Freud und Leid,/ In Arbeit und in Schlafenszeit". In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 77-114, hier S. 77. An anderer Stelle empfiehlt er als goldene Regel: „Höre auf zu essen, sobald der Hunger gestillt ist; und höre auf zu trinken, sobald der Durst gelöscht ist. Wer diese Vorschrift beobachtet, der wird Doktor und Apotheker wenig oder gar nie brauchen". Ebd., S. 82. - Geiger führt ferner die Metapher von Pflanzen an, die welk geworden sind. Gießt man sie mäßig, erholen sie sich wieder. Gießt man sie zu stark, gehen sie ein. In: Ebd., S. 83. - Das Maßhalten stellt angeblich auch das Geheimrezept der arabischen Bevölkerung dar, die jahrelang gesund bleibt, weshalb der zum Nichtstun verurteilte Arzt von dort wegzieht (Geiger, 82). 163 Ebd., S. 78.

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vorwissenschaftlichen Ursachenannahmen beherrscht, was manchmal in personifizierten Wendungen anklingt wie: Die Krankheit packt einen Menschen, überfällt ihn, greift oder fällt ihn an, überwältigt ihn164. Die Ansicht, Krankheit und besonders Epidemien seien Ausdruck göttlichen Zorns, ist in Märchen, Sage, Legende, Schwank usw. in vielen Variationen vertreten und verband sich häufig mit der Annahme, daß spezielle Gottheiten für die Verursachung einer bestimmten Krankheit verantwortlich seien165. Der Teufel als Widersacher Gottes galt als Urheber von Krankheit schlechthin. Besonders in den protestantischen Volkserzählungen der Reformationszeit werden Erkrankungen als Teufelswerk erklärt166. Schließlich beschuldigte man Angehörige bestimmter Randgruppen als angebliche Verursacher von Epidemien. Juden wurden Brunnenvergiftungen angelastet, Bettler als Überträger von Seuchen verdächtigt. Die Volksaufklärer lösten solche Ursachendeutungen ab durch den Aspekt der Eigenverantwortlichkeit. Krankheit bedeutete in ihren Augen nicht länger Strafe für Verfehlungen wie Brotfrevel, das Fortwerfen der Hostie, die Verleugnung der Sakramente, das Reiten oder Tanzen zur Zeit der Messe, die Verfolgung der Christen oder die Verleumdung der Lutherlehre, vielmehr führten sie sie zu allererst zurück auf unvernünftige Lebensweise. Auch psychische Ausnahmezustände wie exzessive Trauer, Angst oder Liebe werden als Auslöser erkannt. Mehr als einmal begründen sie Krankheit mit Leichtsinn. Der Fürther Theologe und Schulrektor Johann Adam Schmerler legt seiner Titelfigur folgende Worte über junge Mädchen in den Mund, die infolge von „Müßiggang", „Unvernunft", „Sinnlichkeit" und „Unbelehrbarkeit" krank geworden sind: Sie sind „Pflanzen über die ein heißer Wind gefahren ist, [die] ihr Haupt zur Erde neigen, und täglich durch empfindliche Schmerzen, gichterische Krämpfe, unnatürliche Bewegungen, durch Stumpfheit der Sinne, Lähmung ihrer Nerven durch Fühllosigkeit, Dummheit und Verrückung ihres Geistes um den angenehmsten Genuß ihres Leben gebracht werden" 167 . Geiger faßt die zeitgenössische Meinung über die Ursachen von Erkrankungen folgendermaßen zusammen: „Neid, Verdruß und Traurigkeit greifen die Nerven an, benehmen dem Menschen den Appetit, und ziehen schwere Krankheiten nach sich. Wer Verdruß oder Traurigkeit hat, dem sieht mans am Gesichte an. ... Der Zorn bringt der Gesundheit einen noch viel beträchtlichem Schaden. Im Zorne tritt die Galle aus, die Adern schwellen auf, das Herz schlägt heftiger, und das Geblüt kömmt

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Grimm: Deutsche Mythologie, Bd. II, S. 965. Vgl. Schwibbe: Krankheit, 1996, Sp. 340. Brückner: Volkserzählung und Reformation, 1974, S. 215-219. Schmerler, Johann Adam: Sophrons Lehren der Weisheit und Tugend für seine erwachsene Tochter oder Versuch einer Frauenzimmermoral. Abt. 1-3. Erlangen: Palm 1791, S. 366f.

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in Unordnung. ... Aber die Hauptfeindinn der Gesundheit ist die Unmäßigkeit. Diese hat, wie die heilige Schrift sagt, schon mehr Menschen ins Grab gebracht, als Krieg und Pestilenz. ... Sogar die Arbeit selbst, welche doch der Gesundheit so ersprießlich ist, kann die Gesundheit zu Grunde richten, wenn man mehr thut, als die Kräfte des Menschen ertragen können"168. Um seine Leser von einer abstinenten Grundhaltung zu überzeugen, unterbricht Geiger seine theoretischen Überlegungen durch die Geschichte von einem Mann, der gedenkt, sich etwas Gutes zu tun, indem er in Saus und Braus lebt169: „Die eine Hälfte seines Lebens brachte er mit Schlafen zu, und die andere mit Essen, Trinken und Ergötzungen". Bereits mit dreiundvierzig Jahren erleidet er einen Schlaganfall, der ihn zur Umkehr zwingt: Er arbeitet wieder regelmäßig, steht jeden Morgen um vier Uhr auf und ernährt sich oft tagelang von nichts anderem als Wasser und Brot. Auf diese Weise verschwinden alle seine Gebrechen und er erreicht bei guter Gesundheit sein funfundsiebzigstes Lebensjahr. Zwischen den Zeilen klingt erneut die Forderung gegenüber den unteren Schichten an, sich mit ihrem gesellschaftlichen Status zufrieden zugeben. Der Tagelöhner erfreue sich aufgrund seiner einfachen Kost und regelmäßigen körperlichen Betätigung besserer Gesundheit als mancher Adelige, genauso wie die Landbevölkerung gesünder lebe als die Städter170. Vorgetäuschte Krankheiten Bereits in mittelalterlichen Schwankerzählungen und -liedern wird im Zusammenhang mit dem Motiv der vorgetäuschten Krankheit der vielfältige Nutzen thematisiert, der mit Unpäßlichkeiten verbunden sein kann: Gebrechen werden simuliert, um Besuche der Geliebten zu ermöglichen oder den plötzlich auftauchenden Ehemann nach Medizin zu schicken 171 . Außerdem bieten sie die Möglichkeit, die Ehefrau mit dem Liebhaber zu überraschen, sie verhelfen dazu, aus unerwünschten Beziehungen oder Ehen auszubrechen, andere Personen zu beobachten, ein Geheimnis zu erfahren oder Gefangene zu machen. Sie können im Märchen eingesetzt werden, um den Helden vor die schwierige Aufgabe zu stellen, eine Medizin für die vorgebliche Krankheit zu besorgen, in der Absicht, ihn auf diese Weise zu beseitigen. Im Tiermärchen

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Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], 80f. Ebd., S. 88. Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 79. Vgl. das Lemma „Krancke" in Georg Paul Hönn: Betrugs-Lexikon. 3. Aufl. Coburg 1724, Nachdruck Leipzig 1981, S. 228-231. - Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung dieses Lexikons: Kramer, Karl-Sigismund: Marginalien zu Georg Paul Hönns Betrugs-Lexikon. In: Schweiz. Archiv f. Vk. 68/69 (1972/73) = FS f. Robert Wildhaber, S. 299-305.

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täuscht der gesunde Fuchs Krankheit vor und veranlaßt so den kranken Wolf zur Hilfeleistung (KHM 74: Der Fuchs und die Frau Gevatterin) 172 . In moralischen Geschichten dienen vorgetäuschte Krankheiten der Mahnung, sich immer ehrlich zu verhalten, denn „wer einmal auf einer Lüge ertappt worden ist, hat lang zu thun, bis man ihm wieder glaubt" 173 . Ein fauler Knabe mimt den Erschöpften, nachdem er längst wieder genesen ist, weil er mittlerweile entdeckt hat, wie bequem es ist, im Bett zu liegen und sich bedienen zu lassen174. Geiger stellt eine Frau vor, die sich die Wohltaten, die ihr während ihrer Krankheit von den Nachbarn zuteil werden, noch ein wenig länger erhalten möchte. Um ihrem Schauspiel die Krone aufzusetzen, bittet sie gar um die Sterbesakramente. Man kommt ihr jedoch auf die Schliche, und als sie tatsächlich im Sterben liegt, ruft keiner einen Priester. Sie stirbt ungetröstet und verlassen 175 . Ähnlich ergeht es einem Jungen, der aus Schabernack einen Arzt zu einer angeblich Sterbenden schickt. Als er Tollkirschen nascht und sich vergiftet auf dem Boden wälzt, glaubt der Arzt, er halte ihn erneut zum Narren und verweigert seine Hilfe, so daß der Knabe stirbt176. Das Motiv taucht auch bei Hoffmann auf; in seiner Variante simuliert ein Bub mit Hilferufen schwere Verletzungen. Als er tatsächlich einmal von einem Hund gebissen wird, muß er sehen, wie er mit dem aggressiven Tier alleine zu Rande kommt 177 . Vorbild für diese Geschichten ist das internationale Motiv vom „lügenhaften Hirten" (AaTh 1333)178. Umgang mit Krankheit Neben der Darstellung der Krankheitsursachen bzw. -verursacher nimmt die Schilderung von Formen des Umgangs mit Krankheiten in den Volkserzählungen breiten Raum ein. Einen Komplex bilden Maßnahmen, die es möglich machen, sich vor Erkrankung zu schützen. Nach älteren Volkserzählungen kann man sie sich durch bloßes Benennen zuziehen. Deshalb wird Krankheit häufig euphemistisch umschrieben 179 . Außergewöhnliche Ereignisse oder Phänomene wie Kometen, Unwetter, Überschwemmungen, böse Träume u.ä. deuteten auf den Ausbruch von Krankheiten hin. Abwehr hieß, diese Vorzeichen rechtzeitig zu erkennen und zu deuten. Schutz vor Krankheiten erschien au-

172 Vgl. die Zusammenfassung der unterschiedlichen Variationen bei Schwibbe: Krankheit, 1996, Sp. 338-346. Die moralischen Geschichten bleiben hier allerdings unberücksichtigt. 173 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 204. 174 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 46. 175 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 204. 176 Schmid: Lehrreiche, S. 181 f. 177 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 85ff. 178 Vgl. Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Notlage vortäuschen". 179 Vgl. Schwibbe: Krankheit, 1996, Sp. 342.

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ßerdem durch präventive Maßnahmen oder Mittel möglich wie durch Segen, Reliquien, Amulette, Fasten oder Opfer. Einen zweiten Komplex stellen Maßnahmen dar, die auf ein Wiedererlangen der Gesundheit abzielen. Diese umfassen das Eingreifen göttlicher oder weltlicher Heiler, übernatürlicher Wesen oder Tiere, die Durchführung bestimmter religiöser oder magischer Heilpraktiken (Gelübde, Wallfahrten, Votivgaben). Von solchen Empfehlungen nimmt die Volksaufklärung Abstand. Aspekte des Umgangs mit Krankheiten werden im Zusammenhang mit den normativen Erwartungen deutlich, die an Kranke herangetragen werden. Sie sollen innerhalb einer vorgegebenen Frist einen Arzt aufsuchen und während ihrer Krankheit sexuelle Enthaltsamkeit üben. Dahinter steckt die heute für abergläubisch gehaltene, jedoch bis in unsere Zeit hinein narrativ beglaubigte und teilweise praktizierte Idee (Isolierung von Sportlern vor einem Wettkampf), solche Abstinenz „sei glückhaften Verrichtungen günstig, verleihe Kraft und Stärke, biete daher besonderen Schutz und diene somit der Energiesteigerung" 180 . Die Kranken der moralischen Geschichten haben Anspruch auf besondere Beachtung und Pflege. Breiten Raum nimmt das richtige Eßverhalten im Krankenstand ein181. Lohr war als Kind mehrere Wochen schwer krank und hatte keinen Appetit mehr. Um ihn wieder zum Essen zu bewegen, bereiteten ihm die Eltern Wurstbrot-Würfel, die sie - wie auch heute noch üblich - als „Reiter" bezeichneten: „Das Brodtstückchen stellte das Pferd vor, die Butter den Sattel und das Fleisch darauf war denn der Reiter selbst" 182 . Geiger vertritt die Ansicht, daß der Kranke nicht gleich verhungert, „wenn er schon einen ganzen Monat nichts Ordentliches ißt. Darum ist es ein grober Fehler, wenn man den Kranken zwingt, daß er wider Willen Speise zu sich nehmen soll. In den Jahren 1771 und 1772, als das Faulfieber weit und breit grassirte, haben mildthätige, aber dabey unverständige Leute den Kranken manchmal die Speisen mit Gewalt in den Mund gestopft, und daneben das Uebel nur größer und die Krankheit gefährlicher gemacht ,.."183. Umgang mit „Krüppeln" Behinderte haben wie Hans-Jörg Uther betont in den verschiedenen Kulturen und unter verschiedenen historischen Bedingungen unterschiedliche Einschätzungen und Behandlungen erfahren - von extremer Ablehnung bis zu höchster

180 Brückner, Wolfgang: Keuschheit. In: EM VII (1993), Sp. 1211-1218, hier Sp. 1213. 181 Z.B. soll der kranke Herr Birk in der Geschichte „Die Fensterscheibe" täglich etwas Brunnenkresse essen: Schmid: Lehrreiche, S. 28f. 182 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, Nr. 14. Die Reiter, S. 45ff„ hier S. 45. 183 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 83.

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Wertschätzung 184 . Bei Römern, Griechen, Juden galten Verkrüppelungen als von Gott geschickt. Kinder mit angeborenen körperlichen Defekten konnten ausgesetzt und getötet werden, eine bei fast allen Völkern des Altertums bekannte Praxis. Körperlich Gezeichnete stellten eine Störung der ästhetischen Weltharmonie dar. Eine positive Einstellung zu Behinderten läßt sich erst im Zuge der großen Weltreligionen beobachten. Körperliche Behinderung bedeutet in Erzählungen primär Strafe, die von Menschen, insbesondere aber auch von Jenseitigen für Normverletzungen verhängt wird. Dabei sind inhaltlich zwei Themenbereiche wichtig, die vor allem in Exempeln und Sagen begegnen: Dauerhafte oder zeitweilige Körperbehinderung (oft auch Blendung) als Strafwunder tritt erstens ein bei Abweichen von allgemein akzeptierten moralischen und ethischen Normen (Beinamputation wegen ungerechter Behandlung der eigenen Mutter) oder Rechtsprinzipien (Kirchenraub, Kultbildfrevel, Verkrüppelung der meineidigen Hand); zweitens bei der Begegnung von Menschen mit Jenseitigen oder der Beobachtung Jenseitiger. In diesen Erzählungen ist ein Abschreckungsmoment zu sehen, das die Rezipienten zu konformem Verhalten anleiten soll. Im älteren Erzählgut manifestiert sich die Ablehnung von Behinderten besonders in Erzählungen über betrügerische Bettler, die sich Almosen erschleichen oder die Hilfsbereitschaft anderer ausnutzen. Die moralischen Geschichten hingegen appellieren an die Unglücklichen, die mit einem Handicap leben müssen, nach Kräften selbst zu ihrem Lebensunterhalt beizutragen 185 . Wer das Glück hat, gesund zu sein, danke Gott für diesen Zustand und schiele nicht neidisch auf Bequemlichkeiten wie das Fahren in einer Kutsche, die Behinderten unter Umständen notwendigerweise zuteil werden 186 . Sie verurteilen rohe Zeitgenossen, die mit ,Dorftrotteln' oder körperlich Behinderten ihre Späße treiben 187 ebenso wie jähzornige Väter, die ihre Kinder wegen nichtiger Fehler zu Krüppeln schlagen188 und leichtsinnige Kinder, die ihre Gesundheit ruinieren durch Unachtsamkeit im Alltag oder durch wilde Spiele. Übertragung von Krankheit aus Rache An sagenhafte Warngeschichten über absichtliche Übertragung von Krankheiten erinnert in meinem Sample einzig die Geschichte eines Cholera-Infizierten,

184 Vgl. zu den folgenden Ausführungen Uther, Hans-Jörg: Behinderte in populären Erzählungen. Berlin/New York 1981. - Ders.: Hinken, Hinkender. In: EM VI (1990), Sp. 1047-1053. Ders.: Krüppel. In: EM VIII (1996), Sp. 500-511. 185 Schmid: Lehrreiche, S. 119f. - Weitere Beispiele s. Register: „Einnahmequellen für Arme". 186 Ebd., S. 35f. 187 Lohr: Stümmeke. In: Ders.: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 217-220. - Schmid: Der mutwillige Spötter. In: Ders.: Kurze Erzählungen, S. 55. 188 Lohr: Sitte, 1799, Nr. 29, S. 6 I f f .

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der seinen vermeintlich nichts ahnenden Feind aus Rache um Asyl bittet, um ihn mit der tödlichen Krankheit anzustecken 189 . Als er jedoch erfahrt, daß ihn der gutherzige Mann über Nacht beherbergt hat, obwohl er um die Erkrankung wußte, bittet er beschämt um Entschuldigung. Hier läßt sich eine Brücke schlagen zu mittelalterlichen Personifikationen der Pest: Sagenhafte Pestmännlein und Pestfrauen gehen zurück auf Kirchengemälde des 13. Jahrhunderts. Gleichzeitig treffen wir in der Kathedralplastik die „böse Frau Welt" an, deren hohle Rückseite ihren diabolischen Charakter anzeigt. Die personifizierte Krankheit ist also kein Produkt autochthoner Volksphantasie, sondern eine Kontamination von kirchlich-mittelalterlicher Laster-Allegorese und einer Dämonologie, die gesellschaftliche Randgruppen kriminalisierte 190 . Seit der Zeit der Aufklärung erscheinen Menschen wie der genannte Cholera-Kranke anstelle krankheitbringender Dämonen. In der heutigen Sage wird dieses Motiv übertragen auf Aidskranke, die andere Menschen bewußt infizieren, aus persönlicher Rache oder um sie für Promiskuität, Prostitution oder rassistische Vorurteile zu strafen 191 . Einführung der Pockenschutzimpfung Die Geißel der Ansteckung mit Pocken grassierte im 18. Jahrhundert in allen gesellschaftlichen Schichten - selbst Kaiserin Maria Theresia verlor mehrere ihrer dreizehn Kinder durch diese Infektion. Die echten Pocken oder „Blattern" waren im Gegensatz zu den Windpocken eine schwere Erkrankung und konnten zu Entstellungen, Erblindung oder sogar zum Tod führen. Sie brachen nach einer zehn- bis vierzehntägigen Inkubationszeit mit Kopfschmerzen und hohem Fieber aus. Einige Tage später zeigten sich im Gesicht und am gesamten Körper Pusteln, die zu eitern begannen, schrecklich stanken und nach einiger Zeit abtrockneten. In besonders schweren Fällen flössen die Pusteln ineinander und entstellten die Kranken dauerhaft 192 . Heute scheinen die Pocken völlig ausgerottet zu sein. Als 1979 zwei Jahre lang kein einziger Pocken-Fall mehr registriert worden war, erklärte die WHO die Welt für pockenfrei. Im Jahr 2003 entstand neue Aufregung um das Thema aufgrund der Befürchtung, Terroristen könnten sich in Labors aufbewahrter Pockenviren bemächtigen und sie als biologische Waffen einsetzen. Die deutsche Regierung ordnete daraufhin die Bereithaltung von Pockenimpfstoff an. Mediziner allerdings warnten wegen der inzwischen bekannten Risiken vor einer flächendeckenden Impfung. Die Verarbeitung dieses Stoffes in urban legends wird gewiß nicht lange auf sich warten lassen. 189 190 191 192

Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 87, S. 53f. Brunold-Bigler: Hungerschlaf und Schlangensuppe, 1997, S. 152. Vgl. Schneider: Geschichten über Aids, 1992. Vgl. Hardach-Pinke: Bleichsucht und Blütenträume, 2000, S. 104.

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Zurück in die Zeit der Volksaufklärung: Die Pocken- oder Blatternerkrankung, für die man keine Therapie kannte, dauerte etwa zwei Wochen und verlief bei Kindern zwar weniger schlimm als bei Erwachsenen, war aber dennoch eine der häufigsten Todesursachen. Ein großer Teil der Bevölkerung hatte die Pocken während der Kindheit oder Jugend durchlitten, oft einige Narben zurückbehalten und war dadurch vor erneuter Ansteckung weitgehend geschützt. Wenn jedoch ausreichend nicht infizierte Kinder nachgewachsen waren, brachen immer wieder Epidemien aus, denn die Erreger waren allgegenwärtig und stellten eine ständige Bedrohung dar. Ihre Bekämpfung bildete also eine besonders drängende Aufgabe der Volksaufklärung. Die Verantwortung dabei war groß, besonders vor der Entwicklung (1796) und Bekanntmachung (engl. 1798, deutsch 1799) der Kuhpockenimpfung durch den englischen Arzt Edward Jenner, der die bei der Landbevölkerung verbreitete Erkenntnis aufgriff, daß Personen, die sich mit Kuhpocken ansteckten, nie die Pocken bekamen. Am 14. Mai 1796 entnahm er Sekret aus einer Pustel an der Hand der Melkerin Sarah Nelmes und ritzte das von ihm als Vakzine (von lat. vacca = Kuh) bezeichnete Material dem achtjährigen James Phipps in den Arm. Der Junge blieb gesund, als Jenner ihn einige Wochen später das Risiko einging, ihn mit menschlichen Pockenviren zu infizierten 193 . Mit der Verwendung tierischer Viren begann sich erstmals eine Schutzimpfung in großem Maßstab durchzusetzen, wenngleich sie anfänglich sowohl im Kollegenkreis (wegen mangelnder Fallbeispiele) m , als auch gesellschaftlich große Widerstände zu überwinden hatte. Davon zeugen neben den Versuche, der Impfung mittels moralischer Geschichten zum Durchbruch zu verhelfen, Karikaturen aus jener Zeit, die Geimpfte mit Hörnern, Maul oder Hufen zeigen. Barbara Hobom vergleicht die diffusen Ängste, welche die Menschen vor der Übertragung artfremden Materials in ihren Körper empfanden, mit den „ethischen, religiösen und ideologischen Bedenken, die heute der Gentechnik entgegengebracht werden" 195 . Ab 1807 führten die ersten deutschen Länder den Impfzwang ein, bis endlich 1874 das Reichsimpfgesetz eine flächendekkende Prävention gegen die Pocken sicherte. Die vorher ausgeübte Methode der Impfung mit ausgewählt „sanften" Menschenblattern barg erhebliche Risiken, auch durch die Ansteckung Dritter. Trotzdem gingen, wie Reinhard Siegert herausgefunden hat, viele „Volkslehrer" so weit, nicht nur das Pfarrhaus (oder Amtshaus oder Schloß) als Impflokal anzubieten, die Lymphe zu beschaffen oder die eigenen Kinder als Erste 193 Lücke, Manfred: Edward Jenner. In: Klassiker der Medizin, Bd. I. München 1991, S. 309-327. 194 Vgl. Wolff: Einschneidende Maßnahmen, 1998, S. 11. 195 Hobom, Barbara: Ein Wall gegen Viren und Bakterien. Zweihundert Jahre Schutzimpfungen. Vom Pockenimpfstoff zur Nukleinsäure-Vakzine. In: FAZ, Mittwoch, 16. Okt. 1996, Nr. 241, S.N3.

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im Dorf impfen zu lassen, sondern darüber hinaus mit eigener Hand Impfungen vorzunehmen 196 . Als Jenner die bahnbrechende risikoarme Methode publiziert hatte, waren erneut engagierte Privatleute daran beteiligt, sie für die Bevölkerung nutzbar zu machen 197 . Friedrich Eberhard von Rochow drang in seine brandenburgischen Untertanen, sich impfen zu lassen, die großen kirchlichen Aufklärer Karl Theodor von Dalberg und Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg forderten in ihrem süddeutsch-katholischen Amtsbereich eine Pockenschutzimpfung mit allen ihnen zur Verfugung stehenden Kräften 198 . Auch der Görlitzer Arzt Christian August Struve (1767-1807) hat sich besondere Verdienste um die Einführung der Impfung erworben. Er publizierte 1795 ein Blatt, auf dem er die Erkennungsmerkmale und Symptome der Pokken beschrieb, Therapieanweisungen gab und für die prophylaktische Impfung warb. Es war dazu bestimmt, direkt in der Krankenstube aufgehängt zu werden, „um die Behandlung der Krankheit immer vor Augen zu haben". Allein in Mähren sollen von einer tschechischen Übersetzung der Pocken-Tafel über 26.000 Exemplare kostenlos an die Bevölkerung verteilt worden sein. Insgesamt acht solcher „Noth- und Hülfstafeln" hat Struve veröffentlicht - darunter eine Hebammen-Tafel und eine über die Tollwut 199 . Bernhard Christoph Faust (1755-1842) erreichte 1804 durch einen Rundbrief an deutsche Regenten, daß sein Flugblatt „Zuruf an die Menschen: Die Blattern, durch Einimpfung der Kuhpocken, auszurotten" mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren gedruckt wurde. Er führte außerdem in Bückeburg, wo er als Leibarzt der Fürstin Juliane von Schaumburg-Lippe tätig war, das sogenannte „Krengelfest" ein. Dabei zogen die Kinder alljährlich am 14. Mai zu Ehren von Jenner mit einem aus Porzellan nachgebildeten Arm mit Impfpusteln durch die Stadt. Jedes Kind, das sich danach impfen ließ, bekam als Belohnung einen „Krengel" (Brezel). Seit einigen Jahren feiern die Bückeburger dieses Fest im Gedenken an Faust wieder - heute ohne Impfung, aber mit Brezeln. Die narrative Begleitung dieser Aktionen griff die zögerliche Haltung vieler Eltern auf, wenn es darum ging, ihre Kinder impfen zu lassen. Unter Pischons

196 Siegert: Die „Volkslehrer", 1999, S. 67f. - Ähnliche Beispiele vom Engagement Geistlicher bei der Durchsetzung der Pockenschutzimpfung in Frankreich schildert Julia: Der Priester, 1996, hier S. 316. 197 Berichtet wird z. B. von dem Theologieprofessor und Landpfarrer aus Leidenschaft Joseph Weber (1753-1831) durch Christoph v. Schmid: Erinnerungen und Briefe, hg. v. Helmut Pornbacher. München 1968, S. 149. Ferner von Pfarrer Schenk in Hohebach an der Jagst (Christoph Kolb: Zur Geschichte des Pfarrstandes in Altwürttemberg. In: Bll. f. württ. Kirchengeschichte 66/67, Jg. 1966/67, S. 133) und von Pfarrer Sandel in Remsberg (Werner Bauer: Albrecht Daniel Sandel, ein Remsberger Pfarrer mit medizinischen Interessen. In: Württ. Franken Jg. 67, 1983, S 181-184). - Vgl. Siegert: Die „Volkslehrer", 1999, S. 68. 198 Ebd. 199 Im Rahmen der Sammlung Deutscher Drucke besitzt die SUB Göttingen vier dieser Blätter, vgl. Bötte: „Zur Belehrung des Deutschen Bürgers und Landmannes", 2000.

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„Moral in Beispielen" findet sich 1799, also bereits im selben Jahr, in dem Jenners sensationelle Neuerung in deutscher Sprache veröffentlich worden war, die Geschichte einer Kaufmannsgattin mit großer Kinderschar. Ihr Mann hält sich geschäftlich häufig in London auf und erfährt dort von der erfolgreichen Methode, die Pocken fernzuhalten. Als er wieder einmal zu Hause ist, befiehlt er seiner Frau, alle Kinder impfen zu lassen. Sie furchtet jedoch, sie damit umzubringen und verläßt darum das Haus zwar in Richtung Arzt, macht aber vor dessen Haus wieder kehrt. Ihr Mann bricht beruhigt im Glauben, seine Kinder seien nun geschützt, zu einer neuen Geschäftsreise auf. Im Hafen von Hamburg erreicht ihn eine Depesche, daß eines seiner Kinder aufgrund der Pocken mit dem Tode ringe. Er macht sofort kehrt und sorgt dafür, daß die übrigen Kinder noch geimpft werden. Seine Frau wirft sich ihm reumütig zu Füßen 200 . Irene Hardach-Pinke schildert, wie Mädchen nach einer Pockenerkrankung ihre Zukunft aufgrund der zurückgebliebenen Narben neu überdenken mußten, denn eine Ehe, auf die sie vorbereitet worden waren, kam voraussichtlich nicht mehr in Betracht 201 . Alternativen mußten überlegt werden. Rudolph Wilhelm Zobel gibt in seinen Briefen „Über die Erziehung der Frauenzimmer" 1773 folgendes Beispiel: Die adelige vierzehnjährige Minna überlebt die Pocken zwar, bleibt aber durch Narben verunstaltet. Die Mutter versteckt alle Spiegel, was der genesenden Minna bald auffallt. Sie ahnt wie sie aussieht, und bittet die Mutter, ihr einen Spiegel zu geben, um sich mit den veränderten Zügen vertraut zu machen. Minna ist innerlich zwar auf das Schlimmste gefaßt, als sie aber ihr Spiegelbild entdeckt, schlägt sie doch weinend die Hände vors Gesicht. Nachdem sie sich wieder beruhigt hat, tröstet sie ihre weinende Mutter damit, daß Gottes Wille ertragen werden muß. Der Erzähler begegnet Minna erst einige Zeit später wieder, und zwar auf einem Ball. Zu seiner großen Freude zeichnen sie nun „sanfter Anstand, unschuldige Munterkeit im Gespräch und schöne Bewegungen" aus. Minna ist die Königin des Balls, und ihr huldigen „all diejenigen, welche Geschmack und Tugend zu schätzen wissen". Während sich die potentiellen Ehemänner um Minna scharen, drängen sich die oberflächlichen jungen Verehrer um das schönste Mädchen im Saal, das ohne Geist und „innere Werte" ist. Dieses wenig überzeugende Happy-End wollte Mädchen mit Pockengesichtern ermutigen, einen eigenen Weg aus Verbitterung und Depression zu finden. Sophie von La Roche verbreitete 1784 in ihrer an junge Mädchen gerichteten Zeitschrift „Pomona fur Teutschlands Töchter" dieselbe Botschaft in Form einer umfangreichen moralischen Erzählung, die sie allerdings lebensnaher gestaltet: Miss Kery verliert mit vier Jahren ihre Mutter. Der Vater geht nach In200 Pischon: LXXVIII. Gedanken eines zärtlichen Vaters, der ein Kind, dem er die Blattern einimpfen ließ, in Todesgefahr sah. In: Ders.: Moral in Beispielen, 1799, Bd. IV, S. 279-283. 201 Hardach-Pinke: Bleichsucht und Blütenträume, 2000, S. 110.

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dien und überläßt das Mädchen seiner Schwester Lady Brade, damit sie es gemeinsam mit ihrer eigenen Tochter erzieht. Als Miss Kery das elfte Lebensjahr erreicht hat, brechen bei ihr und ihrer Cousine die Pocken aus. Lady Brade pflegt ihre eigene Tochter sorgfältiger als Miss Kery, so daß sie keine Narben zurückbehält, während die Krankheit für ihre Kusine schlimme Folgen hat: „Sie wurde so verstellt, daß man keinen einzigen Zug ihres Gesichts mehr erkennen konnte: es blieb nichts ungekrankt, als ihr Auge, und ihr Wuchs" 202 . Die „arme Veranstaltete" verändert nun ihre ursprüngliche Persönlichkeit, sie ist voller Haß und Neid und meidet die Gesellschaft schöner Menschen. Sie zieht zu einem Pfarrer in die ländliche Einsamkeit und lernt dort mit Hilfe eines anderen jungen Mädchens namens Sophie Gallen, ihr Mißtrauen zu bewältigen, ihre Verbitterung zu besiegen, sich selbst zu akzeptieren und neuen Lebensmut zu entwickeln. Die Methode, die Freude an sich und anderen zurückzugewinnen, besteht vor allem in der Beschäftigung mit Musik, Zeichnen und Tanz. Miss Kery nimmt Unterricht, verbessert ihre Leistungen und wird immer anmutiger und aufgeschlossener. Die neu errungene Liebenswürdigkeit und ihr angenehmes Wesen lassen auch die „Flecken, Risse und Backengruben" in ihrem Gesicht weniger abstoßend erscheinen. Letztlich findet die Titelheldin, die nicht nur gut, sondern auch reich ist, einen Ehemann, der sie unterstützt, und den sie liebt. Sophie von La Roche vertraute nicht allein auf Anstand, Fröhlichkeit und Tugend, um die verlorene Schönheit auszugleichen und Männern zu gefallen, sie empfahl außerdem ausdrücklich eine ästhetisch-literarische Bildung als Voraussetzung für die Rolle der interessanten Gesprächspartnerin und der angenehmen Hausgenossin. Die welterfahrene Schriftstellerin betonte, daß auch Mädchen mit Pockengesichtern nicht alle Hoffnungen auf eine Heirat aufzugeben brauchten, wenn sie nur mehr für die Bildung des Körpers und des Geistes täten als andere. Zobel und La Roche wollten den von Pocken verunstalteten Mädchen und ihren Eltern zeigen, daß sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen. Den Verlust an Attraktivität galt es auszugleichen durch „moralische Schönheit"203, die gekennzeichnet war durch Tugenden wie Freundlichkeit, Bescheidenheit, Reinlichkeit und Anmut.

202 La Roche, Sophie von: Mis [!] Kery und Sophie Gallen, eine moralische Erzählung. In: Pomona für Teutschlands Töchter 2 ( 1784), H. 1, S. 30-100. 203 Ebd., H. 10, S. 903.

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Edle Taten für Kranke Während sich Wohlhabende des 18. Jahrhunderts im Krankheitsfall häusliche Pflege leisten konnten, blieben kranke Dienstboten in der Regel unversorgt. Mit dem Urbanisierungsprozeß in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Problem immer dringlicher. Fabrikbesitzer, Gemeinderäte, Ärzte und Beamte erhoben darum ihre Stimme und warben für die Etablierung kommunaler und staatlicher Krankenversorgung, die sich schließlich als „Allgemeines Krankenhaus" etablierte 204 . Bis dahin war es jedoch ein weiter Weg. Hospitäler bildeten im Mittelalter zusammen mit Hospizen und Schulen wesentliche Bestandteile von Klöstern und Stiftungen. Es gab auch besondere Hospital-Orden wie die Antoniter. Das Hôtel Dieu in Paris stand zu Beginn unter der Leitung des heiligen Landry, der von 650 bis etwa 656 Bischof von Paris war. Während der Kreuzzüge kam es zur Gründung geistlicher Ritterorden, welche sich die Krankenpflege zur Hauptaufgabe machten, zum Beispiel die Johanniter, später Malteser geheißen. Sie errichteten eine Reihe von Krankenhäusern, insbesondere im Mittelmeerraum (Jerusalem, auf Rhodos und Malta). In der frühen Neuzeit traten Stiftungen hinzu wie 1576 die des Würzburger Juliusspitals, das neben Paris als ältestes modernes Krankenhaus der Welt gilt. „Das neue Haus", so betont der Arzt und Historiker Heinz Goerke, „war bewusst für alle Armen des Fürstbistums bestimmt, nicht nur für die der Residenzstadt und schon gar nicht als Unterkunftsstätte für wohlhabende Bürger" 205 . In den moralischen Geschichten stellt die Sorge um Kranke eine Möglichkeit dar, sich wohltätig zu erweisen. Wening berichtet vom Abt der Benediktinerabtei Zwiefalten, der aus seinen Privatmitteln ein Armen-, Kranken- und Siechenhaus einrichtet. Es ist in mehrere Stockwerke eingeteilt und der Abt erzählt einem Freund am Abend vor der Einweihung, wie er sich die Belegung des Hauses vorstellt: „Zu unterst sollen die Elenden leben, die nicht mehr arbeiten könne, und oben diejenigen, die noch nicht zu aller Arbeit unvermögend sind. Was sie erarbeiten, bezahle ich ihnen, und dieß Geld können sie alsdann zu ihrer Erquickung verwenden" 206 . Von Kaiser Joseph II. wird erzählt, er sei inkognito bei einer mittellosen bettlägerigen Frau eingekehrt und habe sich als Arzt ausgegeben. Die Frau hatte ihren Sohn nach Hilfe ausgeschickt. Kein Arzt war jedoch bereit, ohne Bezahlung einen Hausbesuch abzustatten. In seiner Not bettelte der Junge auf der Straße einen vornehmen Herrn an, nicht wissend, daß er mit Kaiser Joseph II. persönlich sprach. Der schenkte dem Kleinen das Geld und erkundigte sich nach seiner Adresse. Inkognito kehrte er als Arzt bei der Mutter ein und tat, als 204 Silberzahn-Jandt: Kranksein in der Stadt, 1999, S. 451. 205 Goerke: Arzt und Heilkunde, 1998, S. 193f. 206 Wening: 52: Der wohlthätige Abt. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 124ff., hier S. 124.

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stelle er ein Rezept aus. Als er gegangen war, erkannte die Frau, daß es sich um einen Zahlschein handelte, der ihr erlaubte, die notwendigen Medikamente zu kaufen 207 . Als Kranke wahrhaft großmütig erweist sich die Herzogin von Villacerf in Frankreich, die sich von einem Aderlaß Heilung erhofft. Unglücklicherweise schlägt diese Therapie eines sonst sehr geschickten Wundarztes fehl, und es kommt zu einer tödlichen Entzündung. Die Herzogin beeilt sich, ihr Testament zu machen, in welchem sie dem Mann eine beträchtliche Summe ihres Vermögens vermacht. Damit beugt sie dem zu erwarteten Dienstausfall aufgrund ausbleibender Patienten vor208.

207 Kieffer: Das gute Heilmittel. In: Ders.: Lesebuch, 1862, Nr. 98, S. 54f. 208 Lohr: Sitte, 1799, Nr. 20, S. 42.

2.4 Reinlichkeit und Schmutz Die Erziehung zur Reinlichkeit besitzt für die Volksaufklärung einen zentralen Rang. Schon seit der Renaissance diente im „Prozeß der Zivilisation" (Elias) körperliche Sauberkeit als Unterscheidungsmerkmal von Ober- und Unterschicht209. Nicht schmutzig zu sein, bedeutete einerseits die Spuren körperlicher Arbeit zu beseitigen, vor allem aber nicht arm zu sein210. Der historische Begriff „Reinlichkeit" zielte im 18. Jahrhundert, wie Manuel Frey in seiner Bielefelder sozialgeschichtlichen Dissertation über den „reinlichen Bürger" betont, „auf ein tätiges Verhalten, das zugleich normative Tugenden wie Ordnungsliebe und Fleiß, aber auch Vorstellungen von Schönheit und Gesundheit einschließt" 21 '. Am Deutungsmuster „Reinlichkeit" könne man das Konzept der „kulturellen Modernisierung" nachvollziehen 212 , d.h. man kann verfolgen, wie sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts individuelle Aufstiegshoffnungen und humanitäre Weltverbesserungsideen verbanden mit den Anfängen eines nationalen Selbstbewußtseins, mit der Neubestimmung der Geschlechter-rollen und mit der Lehre vom Schönen als Einheit des inneren und äußeren Menschen. Das Adjektiv „schön" gebührte nach Meinung der Volksaufklärer Menschen, welche über die in meinem Register verzeichneten neuen bürgerlichen Tugenden verfügten. Wolfgang Brückner bringt das Denken der Zeit auf den Punkt wenn er schreibt: „Das Schöne sollte zugleich das Nützliche sein und umgekehrt" 213 . „Reinlichkeit = Gesundheit = Arbeitsfähigkeit" 214 , das war die Formel des tugendhaften Lebenswandels, nach der müßiggängerische Aristokraten ebenso wie die angeblich zur Affektkontrolle unfähigen Unterschichtenangehörigen zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft erzogen werden sollten215. Dabei galt der „reinliche Holländer" deutschen Bürgern als Leitbild. Ihre „herausra-

209 Elias: Über den Prozeß der Zivilisation, 1978, Bd. I, hier S. 89ff. 210 Wenn es darum geht, Zufriedenheit mit den ärmlichen Verhältnissen zu predigen, ist allerdings auch die Rede davon, daß jemand „arm, aber sauber" gekleidet auftritt: „Denn eine Person ... wird bloß und allein dadurch gefallen, wenn ihr Anzug reinlich, nett und mit Geschmack gemacht ist" (Bahrdt: Hb. d. Moral fur den Bürgerstand, 1789, Faks.-Neudr. Vaduz 1979, Teil 2, Kap. 3, S. 202-205, hier S. 205). - In Zschokkes „Goldmacherdorf" gehen die Leute zur Feldarbeit „zwar schlicht und einfach, aber reinlich und ehrbar gekleidet" (Zschokke: Das Goldmacher-Dorf, 1817, Nachdruck Basel 1918, Kap. 19, S. 74. 211 Frey: Der reinliche Bürger, 1997, S. 12. 212 Ebd., S. 19-29. 213 Brückner: Schön und gut, 2000, S. 368. 214 Frey: Der reinliche Bürger, 1997, S. 122. 215 Zu den pädagogischen Anstrengungen hin zu einer Verbürgerlichung der Gesellschaft, die Körperpflege mit einbezieht, vgl. auch Kuchenbuch: „Säuisches Wirtschaften", 1987. - Doekker: Zur Konstruktion des bürgerlichen Menschen', 1990. - Dies.: Die Ordnung der bürgerlichen Welt, 1994. - Maurer: Die Biographie des Bürgers, 1996.

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gende Position im damaligen Europa" verdankten die Niederländer dem Reichtum, den die während der Kriege im 16. und 17. Jahrhundert dorthin emigrierten Künstler, Handwerker und Gelehrten erworben hatten216. Um zu klären, wann sich Reinlichkeit als Wert in modernen westlichen Gesellschaften entwickelte, wer Interesse an ihrer Durchsetzung hatte und welche sozial unterschiedlichen Bedeutungen von Sauberkeit ausgemacht werden können, sind bislang archivalische Quellen zu Badeanstalten und zur Straßenreinigung sowie Hausväterliteratur, Gesundheitsratgeber, Autobiographien, Reiseberichte und Anstandsbücher untersucht worden 2 ' 7 . Daraus ergibt sich, daß die Erkenntnis der Zusammenhänge von Hygiene und Gesundheit einen entscheidenden Schritt zur Höherbewertung der Sauberkeit mit sich brachte. Wasser, das zumindest in der täglichen Körperpflege seit dem 16. Jahrhundert keine Rolle mehr gespielt hatte, kam in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück als medizinische Indikation, die den Organismus stärken und die inneren Kräfte aktivieren sollte218. Popularisiert wurde es 1797 durch die mehrfach aufgelegte Schrift des aus Langensalza stammenden Mediziners Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) mit dem vielversprechenden Titel „Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern" (erstmals Jena 1797)219. Darin propagiert er seine Thesen von der Notwendigkeit einer prophylaktischen Medizin, von der Bedeutung der Naturheilkunde sowie einer öffentlichen Gesundheitsfürsorge, die in ihrer sozialen Ausrichtung etwa der Forderung nach kostenloser medizinischer Betreuung, besonders auch der unteren Bevölkerungsschichten für diese Zeit revolutionär waren. Im Kapitel „Reinlichkeit und Hautkultur" empfiehlt Hufeland: 1. Alles, was der Körper ausgeschieden hat, ist zu entfernen. „Dieß geschieht, wenn man öfters (wer's haben kann, täglich) die Wäsche wechselt." - 2. „Man wasche sich täglich mit frischem Wasser den ganzen Körper und reibe zugleich die Haut stark." - 3. „Man bade Jahr aus Jahr ein alle Wochen wenigstens einmal in lauen Wasser, wozu sehr nützlich noch eine Abkochung von 5-6 Loth Seife gemischt werden kann"220. Es läßt sich nicht abstreiten: Auch die Geschichte der Reinlichkeit belegt, wie immer mehr Zwänge entstanden. Die Abneigung gegen Schmutz und Gestank wuchs und führte allmählich zu den modernen Standards der Körperhygiene. Die Notwendigkeit, sich sauber zu halten, wurde in den volksaufklärerischen

216 Frey: „Reinliche Holländer" und „schmutzige Lappländer", 1997, S. 40f. 217 Vgl. Trümpy: Sauberkeit, 1986, S. 260. 218 Zur Ablösung von Puder und Parfüm durch Wasser und Seife vgl. Vigarello: Wasser und Seife, 1988. 219 Hufeland: Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern, '1797; ab der „vierten verm. wohlfeileren Ausgabe", Reutlingen 1810 mit dem erweiterten Titel „Makrobiotik oder die Kunst...". 220 Ebd., S. 417-420.

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Schriften in erster Linie mit gesundheitlichen Aspekten begründet. Unübersehbar war ferner die im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmende Neigung, Reinlichkeit als Gebot der Moral einzustufen. Nur der saubere Mensch, galt als tugendhafter Mensch, denn man zog Schlüsse vom Auftreten und Erscheinungsbild eines Menschen auf seinen seelischen Zustand. Das dritte Argument betraf die gesellschaftliche Akzeptanz, subsumiert unter dem Begriff der „Schicklichkeit" 221 . Und schließlich versprach man den Lesern wirtschaftlichen Erfolg, wenn man nicht durch üble Körpergerüche und schmutzige Kleidung unangenehm auffiel 222 . Diesen vier Argumentationssträngen - Gesundheit, Tugend, Schicklichkeit und Erfolg - lassen sich auch die in meinem Textcorpus befindlichen moralischen Beispielgeschichten über die Reinlichkeit zuordnen 223 . Reinlichkeit als Voraussetzung für Gesundheit In den Institutionen zur Armenpflege spielte Sauberkeitserziehung eine wichtige Rolle. Sowohl die praktische Arbeit als auch die volksaufklärerische Literatur stützten sich auf die Erkenntnisse der zeitgenössischen Medizin. Teilweise waren die Autoren selbst Ärzte und besaßen darum Einblicke in die Körperpflege des „Volkes" 224 . Der Kampf gegen Ungeziefer und Unsauberkeit wurde in der Hamburger „Spinnanstalt" von Anfang an mit Nachdruck, wenn auch mit wenig Erfolg, geführt, so daß Senator J. A. Günther schließlich vorschlug, Erwachsene wegen „incorrigibler Unreinlichkeit" ins Zuchthaus einzuweisen und mit Kindern, die obendrein noch „faul" seien, ebenso zu verfahren. Dadurch sollte erreicht werden, daß „rechtliche Arme" der Spinnanstalt nicht mit dem Argument fernbleiben könnten, sie fürchteten mit Ungeziefer und Krätze angesteckt zu werden 225 . Doch nicht nur an diesen öffentlichen Zurichtungsorten, sondern auch in den Wohnungen der Menschen mischten sich die Volksaufklärer ein. Bei Ägidius Jais stoßen wir 1806 auf einen Pfarrer, der dazu Gelegenheit erhält, als er an das Sterbebett eines Kindes gerufen wird. Dabei fällt ihm die ungepflegte Behausung und das kränkliche Aussehen der Geschwister des sterbenden Kindes auf. Er erfährt, daß die Mutter chronisch krank ist und das Bett hüten muß. 221 Das Modewort begegnet uns z.B. bei Geiger als Adjektiv: bei jeder „schicklichen Gelegenheit" (Ders.: 6. Unterricht der Kinder in Glaubenssachen und Gottesfurcht. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 165). 222 Die Wahrnehmung unangenehmer Gerüche war offenbar noch nicht stark ausgeprägt, als man den ungewaschenen Körper nur puderte und schminkte. Vgl. Corbin, Alain: Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs. Berlin 1996. 223 Vgl. die Lemmata Arzt; Kind, tugendhaftes und Reinlichkeit im Motivregister. 224 Vgl. Angaben über die schreibenden Mediziner Faust, Hirzel, Heinrich Hoffmann, Hufeland, Schindler, Struve, Struensee, Tobler, Wilde und Zarda im Anhang. 225 StA Hbg. AA I 84, zit. n. Hatje: Armenwesen in Hamburg, 1998, S. 190, Anm. 84.

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Deshalb hat der Vater, der sich wegen seines Berufes nicht um die Kinder kümmern kann, zwei Dienstboten fur sie eingestellt, die ihre Arbeit aber sehr nachlässig versehen. Die Kinder sind „von Angesicht bleich und mager, und keines wollte wachsen. Wenn sie in die Schule kamen, wollte kein anderes Kind bei ihnen sitzen, weil sie einen unangenehmen Geruch von sich gaben, und sich beständig juckten. Man sah sie auch nie recht fröhlich und munter. Sie mußten auf Verordnung des Arztes bald dieß, bald das brauchen und einnehmen". Da faßt sich der Pfarrer ein Herz und ermahnt die Eltern: „Es kann ja nicht anders seyn, da es in eurem Hause ... so unsauber zugeht, und eure Kinder ganz verwahrloset, und voll Schmutzes sind. Die Wäsche fault ihnen ja an dem Leibe; sie sind weder gekämmt, noch gewaschen; man sehe nur ihre Hände, ihre Kleider an!" Er plädiert dafür, die Kinder dahin zu bringen, daß sie sich selbst um ihre Sauberkeit sorgen und gibt ihnen „einen schönen Unterricht, wie sie sich in allen Stücken sauber und reinlich halten sollten, und schickt ihnen hernach ein Büchlein ins Haus, in welchem dieß Alles umständlich angezeigt war". Der Erfolg gibt ihm Recht, denn „die Kinder sahen bald besser aus, sie wurden in kurzer Zeit ganz frisch und munter, und brauchten künftig weder Arzt noch Arzneymittel mehr" 226 . Kränklich sieht auch „Minette" aus, die Jacob Glatz vorstellt 227 . Das kommt nach Ansicht ihrer Tante von zu wenigem Waschen. In einem anderen Fall sorgt ein Arzt dafür, daß Sauberkeit und also Gesundheit in eine Familie einzieht: Bei einer Essenseinladung in der gehobenen Gesellschaft wird von einer bettlägerigen Frau berichtet, deren Kinder sich selbst überlassen sind. Der Arzt erklärt sich bereit, sie zu untersuchen unter der Bedingung, daß jeder Anwesende ihm zwei Taler für seinen Hausbesuch spendiert. Die Anwesenden sind pikiert, denn sie hatten erwartet, er würde diesen Dienst aus reiner Nächstenliebe gratis übernehmen, geben ihm aber das verlangte Geld. Als die Familie längst wieder festen Boden unter den Füßen und Armut und Krankheit überstanden hat, wird bekannt, daß der Arzt der Frau unentgeltlich auf die Beine geholfen hat unter der Bedingung, daß sie ihr Haus in Ordnung bringt. Durch die verbesserte Hygiene vermochte die Familie wieder gesund zu werden, und der Arzt überließ ihr als Belohnung das eingesammelte Geld228. Der Schaumburg-Lippesche Mediziner Bernhard Christoph Faust (17551842) widmet in seinem „Gesundheits-Katechismus" (1794) dem „Waschen und Baden" ein eigenes Kapitel. Es verhüte „Gliederreißen, Gicht, Krätze und

226 Jais, Aegidius: Über die Reinlichkeit In: Ders.: Schöne Geschichten und lehrreiche Erzählungen zur Sittenlehre für Kinder. 2 Bde. Köln/Münster/Paderborn, 1806/07, zit. nach Kunze: Lieblingsbücher, S. 308 u. 310. 227 Glatz, Jacob: Kleines Sittenbüchlein für die zarte Jugend beyderley Geschlechts. 2. Aufl., St. Petersburg 1819, S. 28. 228 Lohr: Sitte, Nr. 66, S. 128ff.

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viele andere Krankheiten" 229 . Auch Laien entwickeln im Laufe der Zeit einen Sinn fìir den Wert der Reinlichkeit. So rät eine alte Frau, „Gewürznägelchen", also Nelken, für einen frischen Atem zu kauen, was zugleich auch gegen die Ohnmacht helfe, wenn man bis zum heiligen Abendmahl nüchtern bleiben müsse 230 . Ein Familienvater und angesehener Stadtrat namens Groß entläßt seine Kinderfrau, weil sie weder sich, noch das Kind, noch das Kinderzimmer sauber hält. Davon kann er sich überzeugen, als er einmal „wie von ohngefähr ins Kindszimmer [kam]. Da sah er hier etwelche Fetzen, dort Unrath an einem Kinde, üblen Geruch im Zimmer, kurz er traf nichts sauberes, nichts niedliches an. Sogleich jagte er die Kindsmagd weg. Nachmals erfuhr er, daß eines von den Kindern, die die Magd in andern Orten erzogen hatte, vor Unflat abscheuliche Krankheiten bekommen, und ein anders wegen ihrer Unsauberkeit nirgends gelitten werden konnte; die Magd selbst aber wegen Ungeziefer und Unreinlichkeit elend habe leben müssen" 231 . Das implizierte Fazit lautet: Wer krank aussieht, ist selber schuld. Jeder kann durch systematische Körperpflege und umsichte Wahl der Dienstboten dafür sorgen, daß er sich gesund und damit arbeitsfähig erhält. Folgt man den Botschaften der moralischen Geschichten, so korrespondiert Reinlichkeit im Äußeren mit einer intakten Psyche. Von der Art, wie ein Mensch aussieht, schlossen die Autoren „sogleich auf den innern Werth desselben" 232 . Darum erzieht der schon zitierte „Herr Groß" seine Kinder von klein an zu Sauberkeit und korrektem Auftreten 233 . „Man fand in ihrem Zimmer nichts am Unrechten Orte, nichts zerstreut, nichts in Unordnung, keine Mackel am Kleide noch an der Wäsche. Dieß empfahl die Kinder überall, und da sie dadurch schon manchen Vorzug vor andern erhielten, so erwachte eine gewisse höchst löbliche Ehrbegierde in ihnen, auch in andern Stücken sich Vorzüge zu erwerben"234. Hier wird noch ein zweiter Aspekt angesprochen: Wer auf dem Gebiet der Hygiene auf sich hält, agiert insgesamt nach vernünftigen und nützlichen Prinzipien. Dadurch erwirbt er sich einen guten Ruf, wird geachtet und gefördert. Ähnliches sah ein Berliner Arzt, aus dessen Bemerkung von 1854 spricht, wie sehr inzwischen die Hygiene zumindest im Bildungsbürgertum an Wertschätzung gewonnen hatte:

229 Faust, Bernhard Christoph: Gesundheits-Katechismus zum Gebrauche in den Schulen und beym häuslichen Unterrichte. 2. Aufl. Leipzig 1794, S. 35-38, hier S. 36. 230 Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 17. 231 Wening: Erzählungen, 1784, S. 154. 232 Ebd., S. 155. 233 Für frühzeitig einsetzende Sauberkeitserziehung macht sich auch Geiger stark: Neuntes Hauptstück: Wie die Aeltern ihre Kinder gut und christlich erziehen müssen. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 141f. 234 Wening: Erzählungen, S. 155.

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„Man weiß, daß Reinlichkeit am Leibe und in der Kleidung auch Sauberkeit in der Wohnung bedingt; man weiß, daß dadurch die Ordnung und der Sinn fur Häuslichkeit gefördert wird und daß mit dem Sinn für Häuslichkeit und Ordnung die Sitte, der Fleiß, die Ruhe und der Frieden wächst"235. Schicklichkeit Nach Dieter Richter funktioniert das Argumentationsmuster der „Schicklichkeit" nur, wenn das Gros der Bevölkerung die neuen Verhaltensvorschriften schon verinnerlicht hat und sich diejenigen, die aus der Reihe tanzen, lächerlich machen 236 . In einer Gesellschaft, in der schmutzige Menschen nicht akzeptiert werden, trachtet das Kind nach Sauberkeit. Diese Rechnung geht zumindest bei dem Philanthropen Salzmann auf. Seine kleine Luise erzählt: „'Was für ein häßliches Ding', sagte sie, ,ist nicht die Unreinlichkeit! alle meine Freude Verderb ich mir damit! Vorige Woche, da meine Mühmchen da waren, da durfte ich auch nicht zur Gesellschaft, weil ich meine Schürze mit Dinte befleckt hatte. Und an Ostern, da ich bey unserm Nachbar mit vielen Kindern in Gesellschaft war, da kam ein Fremder, und küssete sie alle, alle, alle, und mich ließ er stehen, als wenn er mich nicht bemerkte. Und meine Mutter sagte, er hätte mich deswegen verachtet, weil ich Schmutz im Gesichte, meine Spitzen verdruckt gehabt hätte, und die Haare unordentlich um meinen Kopf geflogen wären"237. Ähnlich ergeht es einem intelligenten, fleißigen Jungen, der bei den Leuten nicht ankommt, weil er eine „bauernmäßige Aufführung" zeigt, schlecht riecht und schmutzige Finger besitzt: „Er legte sich allerwegen, wo er war, auf die Stühle, und mit den Armen auf die Tische. Wenn Leute da waren, hieng er sich an sie, oder über sie her. Nichts Bescheidenes, Sittsames und Höfliches war an ihm. Ueber Tische gab er gar nicht Achtung auf sich selbst; sondern hatte immer den Kopf voll Grillen. Das Fleisch riß er mit den Fingern entzwey, leckte die Finger ab, und sperrte das Maul weit auf, wenn es ihm aufstieß, daß der Schall fein höflich herausfuhr. Ueberdies war er unreinlich und säuisch. Hände und Gesicht sahen immer aus, als hätte er in der Erde gewühlt, und an seinem Munde konnte man noch sehen, was er gestern gegessen hatte"238. Zur Schicklichkeit zählt nach Meinung der Verfasser moralischer Geschichten auch, daß man sich angewöhnt, Werktags- und Sonntagskleider sorgsam auseinanderzuhalten. Früh sollten Eltern den Kindern beibringen, daheim die gu-

235 Zit. n. Holm, Kerstin: Kampf der Wäscherin. In: FAZ, Mittwoch, 7. 10. 1987, Nr. 232, S. 37. 236 Richter: Es war einmal ein Kind, 1986, S. 330. 237 Salzmann: Moralisches Elementarbuch. 2. Aufl. Leipzig 1785, 1. Th. S. 9. - Zit. n. Richter: Es war einmal ein Kind, S. 330. 238 Goeze: IX. Viel gelernt und schlechte Sitten. In: Ders.: Zeitvertreib, 1783, S. 41.

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ten Kleider abzulegen 239 . Hier erweist sich wieder das „ökonomische Denken", das als Leitgedanke die Ideen der Volksaufklärer durchzieht. Noch um 1800 war die Mehrzahl der Haushalte zu arm für häufigen Kleider- und Wäschewechsel. Man besaß sehr wenige Textilien. Gewaschen wurden sie selten und öffentlich, d.h. an Bächen und Seen mit selbsthergestellter Seife 240 . Wer nicht auf seine Kleider achtete, und wie Clärchen in einer Beispielgeschichte von Franz Hoffmann zwar von Natur aus ebenso hübsch ist wie ihre Schwester Anne, aber bereits um die Mittagszeit vor lauter Schlampigkeit kaum noch wiederzuerkennen ist, muß zur Strafe zu Hause sitzen bleiben, während der Rest der Familie eine „Landpartie" unternimmt 241 . Erfolg durch Reinlichkeit Menschen mit makellosem Erscheinungsbild hatten es auch schon zur Zeit der Volksaufklärung einfacher bei der Suche nach einem Auskommen. „Herr Groß ... sah immer darauf, daß er solche Diener und Mägde ins Haus bekam, die nebst einem schönen Anzüge auch ihre Sachen reinlich und gut hielten", berichtet Wening im Jahr 1784242. Ein junges Mädchen namens Gretchen zieht die Aufmerksamkeit einer begüterten Dame auf sich, die aufgrund einer Panne an ihrer Kutsche in das Haus der Eltern einkehrt. „Gretchen machte die Betten, reinigte Stube und Kammer, kochte, wusch und putzte den ganzen Tag. Das Häuschen sah rein und blank aus von oben bis unten", so lesen wir. Ihr Einsatz hat sich gelohnt, denn die fremde Dame nimmt das Kind mit sich und läßt ihm eine hervorragende Ausbildung angedeihen 243 . Wer aber zuviel Aufwand mit seinem Äußeren treibt, also „geputzt" auftritt, wie das in der Sprache der Zeit heißt, steht ebenfalls in schlechtem Ansehen. Eine adlige Frau kauft Milch und Butter gewöhnlich bei einem solchen Bauernmädchen, das mit seiner Ware in die Stadt kommt. Eines Tages macht sie einen Ausflug a u f s Land und besucht das Mädchen. Die Fassade ihres Elternhauses ist prächtig bemalt, aber innen herrschen Schmutz und Unordnung. Daraufhin lehnt die Dame es ab, dem Mädchen jemals wieder etwas abzukaufen. Ein paar Schritte davon entfernt, findet sie ein bescheidenes, aber sauberes Häuschen. Bei diesen Leuten nimmt sie mit Appetit eine Erfrischung zu

239 Wening: Erzählungen, 1784: Nr. 59: Von Spielen und Vergnügungen, S. 150-154, hier S. 154. - Hoffmann: Nr. 4, S. 8ff. 240 Vgl. Hausen, Karin: Große Wäsche. In: Geschichte und Gesellschaft 13 (1987), H. 3. 241 Hoffmann, Nr. 65, S. 133ff. - Eine Variante dieses Motivs - es geht um eine Reise, nicht nur um einen kurzen Ausflug - bei: Salzmann: Moralisches Elementarbuch, 2. Aufl. 1785, 1. Th., S. 9. 242 Wening: 60. Reinlichkeit. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 154-157, hier S. 154. 243 Hoffmann: Die Prinzessin. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 190-193.

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sich und bezieht von da an Milch und Butter regelmäßig von dort244. Dasselbe Motiv findet sich in einer Variation bei Sollin, der als Erzähler zwei Mädchen zu einem Vorstellungsgespräch begleitet. Kunigunde, das arme, aber reinliche Kind erhält den Zuschlag vor Johanna, die stolz, eitel und „geputzt" auftritt 245 . Auf Sauberkeit achten sollten auch Gastwirte, die Wert auf ihre Kundschaft legen. Lohr schildert die Unterschiede, die im Gastgewerbe auszumachen sind in seiner Abteilung „Ordnung, Reinlichkeit, Gewohnheiten" 246 . Die Suche nach einem Ehepartner, und vor allem das dauerhafte Eheglück hängt ebenfalls entscheidend vom Grad der Sauberkeit ab, über den die Partner, vor allem aber die Frauen verfügen. „Die Reinlichkeit", meint Geiger, „ist von einer weit größern Wichtigkeit, als man gemeiniglich denkt. Diese reitzende Tugend ist zwar allen Menschen höchst nöthig; steht aber besonders dem weiblichen Geschlechte recht wohl an. Nichts ist widerwärtiger, als Unsauberkeit und Sauerey, besonders an einem Weibe - aus bekannten Ursachen" 247 . Und drohend behauptet er: „Man hat eine Menge Beyspiele, daß Männer ihre eheliche Treue gebrochen haben, bloß aus der Ursache, weil sie an ihrer Frau jene Reinlichkeit nicht gefunden haben, die sie mit Recht von ihr haben fordern können". Auch Pischon geht in seiner „Moral in Beispielen" (1799) davon aus, daß „eine Frau, die Reinlichkeit und Ordnung nicht liebt, nicht glücklich seyn, und glücklich machen" kann (S. 365-381). Mit ihrer Unreinlichkeit, so glaubt er, errege sie Abneigung und störe das häusliche Glück (S. 382). Ein liebender Vater betrachtet stolz seine halbwüchsige Tochter und malt sich ihre Zukunft aus. Dabei entsteht vor seinem geistigen Auge eine junge „reinlich gekleidete Frau, die ihre Schlüssel und ihr Strickzeug bei sich trägt", was dem Ideal von Weiblichkeit der Volksaufklärung entsprach 248 . Die Umgebung des reinlichen Bürgers bedarf selbstverständlich ebenfalls der hygienischen Gestaltung. Initiativen zur Straßenreinigung, Kanalisation und Müllbeseitigung werden - wie oben in den Kapiteln „Ständische Gesellschaft" und „Gesundheit und Krankheit" beschrieben - auf den Weg gebracht und wirken bis hin zu der heute von uns geforderten akribischen Mülltrennung nach249. Der damit eingeleitete Prozeß der Verbürgerlichung verlief trotz aller 244 Schmid: Das geputzte Bauernmädchen. In: Ders.: Lehrreiche, S. 52f. 245 Sollin, Friedrich: Neue moralische Erzählungen. München 1833, S. 33. 246 Lohr: Unreinlichkeit und Reinlichkeit, oder die verschiedenen Gastwirthe. In: Ders.: Sitte, 1799, S.288ff. 247 Geiger: Achtes Hauptstück: Wie man im Ehestande die gegenseitige Liebe und den Hausfrieden erhalten müsse. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 133. 248 Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 70f. 249 Vgl. Unseld, Werner: Die schwäbische Verbesserung der Sünder. Vom Kirchenkonvent zur Kehrwoche. In: Zwischen Kanzel und Kehrwoche. Glauben und Leben im evangelischen Württemberg. Ludwigsburg 1994, S. 141-149. - Behr, Alfred: Mit Schaufel und Müllsack ins

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Anstrengungen schleppend, wie die Physikatsberichte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigen. Armut und mangelnde Hygiene gingen auch achtzig Jahre nach Einsetzen der Bewegung Hand in Hand. Aus Amorbach im Odenwald berichtet ein Arzt 1858: „Die größeren Bauern achten auf Reinlichkeit, bei den Kleineren ist dies schwieriger, da sie im Winter ihre Vorräte im Wohnzimmer aufbewahren, und noch weniger ist dies bei den kleinen Leuten in den größeren Orten der Fall. Die ganze Familie ist mit einem Kartoffelvorrathe, vielleicht auch dem Hühnerstalle im Kleinen, in einem heizbaren Zimmer zusammengepfercht" 250 .

Buch der Rekorde. Bei der Aktion „Let's Putz Stuttgart" hofft man auf Rekordbeteiligung. „Keine Zwangskehrwoche". In: FAZ, Do., 19. März 1998, Nr. 66, S. 11. 250 Reder: Die bayerischen Physikatsberichte, 1995, S. 327.

2.5 Fleiß und Müßiggang Mit der markigen Äußerung, es gebe kein Recht auf Faulheit, rügte Bundeskanzler Gerhard Schröder im April 2001 die Arbeitslosen der Republik, die zu bequem seien, einen Job anzunehmen. Damit brach er eine heftige Diskussion über „Faulenzer", „Drückeberger", „Scheinarbeitslose", „Sozialschmarotzer" u.ä. vom Zaun. Solche Polemik, die in konjunkturflauen Zeiten fast immer vor wichtigen Wahlen aufflammt 251 , besitzt eine bis in die Zeit der Volksaufklärung zurückreichende Tradition, die es darauf anlegt, aus Almosenempfängern „industriose" Menschen zu formen. Bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein konnotierte man, entgegen dem heutigen Sprachgebrauch, „Industrie" mit einer positiven Arbeitsauffassung, die sich mit Begriffen wie „Kunstfleiß", „Erwerbsfleiß" oder „Nahrungsfleiß" umschreiben ließ. Die Gründung sogenannter „Industrieschulen" im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts vor allem in Böhmen und Preußen zielte auf die Vermittlung dieser Einstellung. Hier sollten Angehörige unterer Bevölkerungsschichten von Kindesbeinen an neben Lesen, Schreiben und Rechnen praktische Fertigkeiten und .industriöses' Verhalten einüben 252 . Fleiß und Faulheit stellen ein in der gesamten Volksprosa ausgiebig behandeltes gegensätzliches Eigenschaftspaar dar253. Rudolf Schenda machte bereits 1986 in seinem Aufsatz über die „Verfleißigung der Deutschen" Geistliche in ihrer Funktion als Kanzelredner und Schulbuchautoren als Vermittungsinstanzen für die moderne Arbeitshaltung aus254. Die Legende räumt im Vergleich zur profanen moralischen Geschichte dem Gebet noch weit breiteren Raum im Tagesablauf eines fleißigen Menschen ein. Die katholische Kirche propagiert die Kombination von Fleiß und Frömmigkeit am Beispiel der Bauernheiligen Isidor und Notburga. Notburga hängt ihre Sichel an einen Strahl der untergehenden Sonne und betont damit die Feierabendheiligung sowie das Recht auf Gebetszeiten und Gottesdienstbesuche. Vornehmlich zur Unterweisung von Dienstboten beriefen sich Kanzelredner gerne auf das Vorbild der heiligen Magd Zita oder die Selige Gute Betha von Reute 255 . Der in volkstümlichen Bilderbogen international umgesetzte Erbauungstext von der „Geistlichen Hausmagd" überhöht die weibliche Dienstbotenarbeit dadurch, daß sie sie auf

251 Kuli, Silke/Oschmiansky, Frank/Schmid, Günther: Faule Arbeitslose? Politische Konjunkturen einer Debatte. In: Discussion Paper FS I 01-206. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung 2001, S. 2. 252 Troitzsch, Ulrich: Industrie/Industrialisierung. In: Schneiders: Lexikon der Aufklärung, 1995, S. 186f., hier S. 186. 253 Vgl. den Oberblick von Katalin Horn: Fleiß und Faulheit. In: EM IV (1984), Sp. 1262-1276. 254 Schenda: Die Verfleißigung der Deutschen, 1986, S. 90-96. 255 Ebd., S. 97.

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das Leiden Christi bezieht. Die „sozialdisziplinierende Wirkung" dieses Erzähltyps auf Frauen und Mägde steht heute außer Frage 256 . Aufklärer wie Nicolai (1781 in Wien) oder Herder (1788/89 in Rom) erachteten Armut und Bettelei als „ärgerliche Folgen klerikaler Fehlanleitungen" 257 . Da der Fleiß keine angeborene Haltung darstellt und kein natürliches Bedürfnis befriedigt, muß er ihrer Meinung nach anerzogen werden mit dem Ziel, die Bereitschaft zur Anstrengung und den Willen zum Durchhalten als eine grundsätzliche Einstellung gegenüber Leistungsforderungen zu etablieren. Diese dienende Tugend setzt Mühe und Selbstüberwindung voraus; Trägheit, Lust an der Abwechslung, an Spiel und Genuß galt es zu hinter sich zu lassen. Dessen waren sich die Autoren moralischer Geschichten durchaus bewußt. So schreibt Franz Hoffmann 1842: „Hugo und Hermine sollten lesen und schreiben lernen. Sie mußten deßhalb viele Stunden des Tages in der Stube sitzen und die Bücher zur Hand nehmen, anstatt draußen im Felde und dem Walde umherzulaufen, wie sie es bisher zu thun gewohnt waren. Das gefiel ihnen nicht, sie wurden recht oft verdrießlich und mit dem Lernen sah es daher schlimm aus"258. Bienen- oder ameisengleicher Fleiß - diese Insekten zogen die Autoren der Volksaufklärer gerne als Vorbild heran 259 - schafft nicht nur die Voraussetzungen fur das bürgerliche Dasein und die materielle Existenz, sondern auch für jedes höhere geistige und sittliche Leben 260 . Wie wollten die Volksaufklärer das erreichen? Zunächst stellten sie fest, daß sie der Bettelei ein Ende bereiten müssen. Die Pfarrer der bretonischen Diözese Saint Pol de Leon bekundeten in ihrer Antwort auf eine Enquete zum Bettelwesen, die ihnen von ihrem Bischof Jean François de la Marche im Jahre 1774 übermittelt worden war, ihre Ablehnung der mittelalterlichen Praxis der Almosen mit dem Argument, geläufigste Ursache der Bettelei sei die „Faulenzerei", der „Widerwille zumal gegen die mühselige Arbeit", die Vorliebe fürs „Herumtreiben" 261 . Die Patriotische Gesellschaft in Hamburg dachte 1790 darüber nach, wie, wo und mit welchen Tätigkeiten „faule" oder „widerspenstige" Arme zur Zwangsarbeit

256 Vgl. Brückner: Die Geistliche Hausmagd, 1987, Sp. 947. - Bringéus: Die „Geistliche Hausmagd" im Protestantismus, 1985. 257 Brückner: Arbeit macht frei, 1998, S. 55f. 258 Hoffmann: Nr. 115: Der Wagen. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 224ff„ hier S. 225. 259 Schenda: Die Verfleißigung der Deutschen, 1986, S. 97. 260 Vgl. eingehende Betrachtungen zur Tugend des Fleißes aus moderner, vor allem schulpädagogischer Sicht in: Pädagogisches Lexikon in zwei Bde., hg. v. Walter Horney, Johann Peter Ruppert und Walter Schultze, wiss. Beratung Hans Scheuerl. Gütersloh 1970, Sp. 930f. - Die philosophischen Aspekte des Fleißes behandelt Otto Friedrich Bollnow in: Wesen und Wandel der Tugenden. Frankfurt/Main 1958; Ulm 99.-102. Tsd. 1981, S. 50-65. 261 Julia: Der Priester, 1996, S. 315.

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angehalten werden könnten 262 . Man verteilte 1.500 Spinnräder an sie263, von denen jedoch einer elf Jahre später durchgeführten Erhebung zufolge Dreiviertel ungenutzt herumstanden 264 . Dabei glaubten Nationalökonomen und Volksaufklärer, ein fleißiger Mensch könne nicht arm sein, denn er kann sich, wenn er will, seinen Lebensunterhalt erarbeiten. Ist er arm, so liegt dies an seiner Arbeitsscheu und seine Armut ist selbstverschuldet. Diese Haltung spricht auch aus der Feststellung Ignaz H. von Wessenbergs, der überragenden Gestalt katholischer Aufklärung im deutschen Südwesten, der schrieb: „Die wohltätigsten Gesetze, um dem Zunehmen der Armut teils zuvorzukommen, teils abzuhelfen, sind diejenigen, welche zur Arbeitsamkeit befähigen und ermuntern, der Trägheit, Schwelgerei, der Verschwendung und Unwirtschaftlichkeit begegnen und zugleich die Begründung solcher Anstalten befördern, wo der zur Arbeit untüchtige ... Unterhalt und Pflege findet"265. Geistliche beider Konfessionen betrachteten es zur Zeit der Volksaufklärung als ihre Aufgabe, „nicht faule Müßiggänger und der menschlichen Gesellschaft zur Last fallende Schwärmer, sondern rechtschaffene Hausväter und Hausmütter, treue und fleißige Dienstboten" zu erziehen 266 . Armut galt ihnen als fundamentale Ursache für den Verfall der Werte und der Sittlichkeit 267 , weshalb sie die Einrichtung von Arbeitshäusern und Industrieschulen unterstützten, indem sie für eine christlich untermauerte Arbeits- und Berufsethik, das Erlernen von Methoden zum sparsamen Umgang mit den gegebenen Mitteln und die aktive Annahme praxisbezogener Wissensbereiche warben. Wolfgang Brückner verweist in seiner Studie über die Herkunft der KZ-Devise „Arbeit macht frei" auf die Bedeutung der Reiseliteratur des 18. Jahrhunderts für die Einrichtung von „Arbeitshäusern" als Züchtigungs- und Besserungsanstalten: „Die reisenden Aufklärer notierten in ihren eifrig gelesenen Berichten 262 Verhandlungen der Gesellschaft über die anwendbarsten Vorschläge zu zweckmäßigen Arten von Zwangs-Arbeit für faule und widerspenstige Arme beiderlei Geschlechts. In: Verhandlungen und Schriften der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe Bd. I. Hamburg 1792, S. 177-208. 263 Nachrichten an das wohlthätige Hamburger Publikum von der Einrichtung und dem Fortgange der Hamburgischen Armenanstalt, 3. St. vom Juni 1789, S. 20. - Gefunden bei Hatje: Armenwesen in Hamburg, 2000, S. 181. 264 Hatje: Armenwesen in Hamburg, 2000, S. 181. 265 Wessenberg, Ignaz H. von: Gott und die Welt oder das Verhältnis aller Dinge zueinander und zu Gott. 2 Bde. Heidelberg 1857, S. 111, zit. bei Merk, Gerhard: Wessenbergs ökonomische und soziale Auffassungen. In: Freiburger Diözesan-Archiv 88 (1968), S. 463-474, hier S. 464. 266 Andres, Bonaventura: Magazin fur Prediger zur Beförderung des praktischen Christentums und der populären Aufklärung. Bd. I, 1789, S. 29, zit. n. Gründig: Veredelung des Volkes, S. 270. 267 So meint der zum Wessenberg-Kreis zählende Wilhelm Mercy in seinem Tagebuch, schlechte Eigenschaften der Unterprivilegierten wie ihre Grobheit und ihre Streitsucht seien auf ihre Not zurückzuführen. Zit. bei Eyth, Rudolph: Erinnerungen an Wilhelm Mercy. Rottweil 1827, S. 68.

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als rückständig all jene Gebiete, in denen sich Bettler frei auf den Straßen bewegten. Dies waren vor der Säkularisation in der Regel die katholischen Territorien, ... weil hier die Klöster eine ständige Almosenausgabe in Form von Speisungen aus religiösen Gründen als christliche Nächstenliebe institutionalisiert hatten" 268 . Die Volksaufklärer machten sich damit zu Sachwaltern der öffentlichen Ordnung, die voll und ganz in der Logik von Rationalität und Nützlichkeitsdenken der Aufklärung und deren Unterordnung unter ein Produktionssystem agieren. Dem merkantilistischen Konzept der Zeit zufolge sollte die Produktion gefördert und der Import verringert werden 269 . Unter diesem Gesichtspunkt galt es als Skandal, daß breite Schichten des Volkes ohne Beschäftigung blieben. Der in den moralischen Geschichten häufig anzutreffende Begriff des „Müßiggangs" umfaßt mehr als körperliche Untätigkeit 270 . Kirchliche Feiertage werden darunter ebenso subsummiert wie Bittgänge oder Wallfahrten, weil sie weder der Gottesverehrung noch der moralisch-sittlichen Besserung dienten. Lorenz Westenrieder zählte für Bayern vor der Feiertagsreform (1773) 124 Tage, an denen mehr oder weniger offiziell nicht gearbeitet wurde 271 . Im Allgemeinen galten bis dahin folgende Festtage: zwölf Aposteltage, sieben Marienfeste, Ostermontag und -dienstag, Pfingstmontag und -dienstag, Kreuzfeste im Mai und September, die Namenstage der Heiligen Michael, Johannes der Täufer, Martin, Katharina und Nikolaus, der jeweilige Kirchenpatron und die Bruderschaftsfeste. Dazu kamen noch Wallfahrten und Bittgänge, die ebenfalls von der Arbeit abhielten. Neben dem von Rom festgelegten Jahreszyklus beging man spezielle Diözesanfeiertage sowie spezifische Gemeindefeste wie Kirchweih und die oben beschriebenen Tugendfeste. Mit Unterstützung von Papst Klemens XIV. (17691774), der 1773 den Jesuiten-Orden auflöste, wurden - wie um 1730 schon in der anglikanischen Kirche Englands 272 - zur Hebung der Arbeitsmoral drei-

268 Brückner: Arbeit macht frei, 1998, S. 53f. - Vgl. auch den Abschnitt über Armen- und Arbeitsanstalten in: Sievers/Zimmermann: Das disziplinierte Elend, 1994, S. 284-327. 269 Vgl. im Kapitel „Essen und Trinken" die Hinweise auf die Suche nach Surrogaten fur Kaffee und Zucker. 270 Vgl. z.B.: Es sollen „keine müßigen Bürgerskinder auf den Gassen herumschlenzen" (Wening: Erzählungen, 1784, S. 156). - „Wir haben tausenderley Ergötzungen, womit wir uns in müßigen Stunden erholen und lustig machen können" (Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 29). - „Wie ich dann nie ganz müßig leben möchte" (Legende für den Gemeinen Mann, Bd. III, 1789, S. 58). 271 Masel: Die Abschaffung der Feiertage und das Kalenderwesen. In: Dies.: Kalender und Volksaufklärung in Bayern, 1997, S. 64-71, hier S. 64. 272 Thompson: Patrizische Gesellschaft, plebeische Kultur. In: Ders.: Plebeische Kultur und moralische Ökonomie, 1980, S. 169-202, hier S. 182f.

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zehn von dreißig kirchlichen Feiertagen abgeschafft 273 . Vor allem die Dienstboten, die nun für das gleiche Geld öfter arbeiten mußten, wehrten sich gegen die Aufweichung der althergebrachten Feiertagsregelung. Welchen Aufruhr das unter ihnen auslöste, schildert der „fränkische Rochow" Johann Ferdinand Schlez 1797 in der Geschichte von „Kilian Buckel oder die abgestellten Feyertage zu Dunkelhausen", wo er die Klagen der einzelnen Berufsgruppen vorträgt: „Die Dienstboten drohten davon zu laufen; Die Bäcker und Wirthe beklagten den schönen Verdienst an den sonst gewöhnlichen Feyertagen; die Schulmeister jammerten über den neuen Zuwachs von Lehrstunden und beneideten die guten Tage ihrer Pfarrer"274. Die Pfarrer rechneten ihrer Gemeinde vor, welchen Gewinn sie durch Mehrarbeit einfahren könnten, und kamen 1804 auf „eine Summe von 1625 Gulden, welche nur allein in unserem Dorfe durch die Abstellung der Feyertage mehr verdient würde" 275 . Ihrer Ansicht nach diente man Gott am besten durch die eifrige, gewissenhafte Erfüllung seiner Berufspflichten und erhoben damit Arbeit zu einer Form des Betens, die gottgefälliger sei, als die „zerstreute, gedankenlose und mechanische Abbethung zweyer Rosenkränze" 276 . Ein anderer Pfarrer beziffert den „Verlust" einer jährlich von seiner Gemeinde unternommenen Wallfahrt mit 1120 Gulden: „Unser Dorf besteht aus 140 Familien. Es entfernen sich also jährlich 140 arbeitsfähige Menschen auf 8 Tage von Haus und Hof, Weib und Kindern. Die Unkosten einer Person, eine in die andere gerechnet, will ich täglich nur auf 1 Gulden ansetzen; es belief sich also das Geld, welches jährlich aus hiesigem Dorfe nach N.N. getragen wurde, auf 1120 Gulden. Und es sollte nicht schädlich sein, wenn aus einem einzigen Dorfe so viel Geld fortgeschleppt wird?"277

273 Vgl. Müller, Wolfgang: Katholische Volksfrömmigkeit in der Barockzeit. In: Barock in Baden· Württemberg. Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Französischen Revolution. Ausstellung des Landes Baden-Württemberg, 2 Bde. Karlsruhe 1981, hier Bd. II, S. 399-408. 274 Kilian Buckel oder die abgestellten Feyertage zu Dunkelhausen. In: Fliegende Volksblätter zur Verdrängung schädlicher, oder doch geschmackloser Volkslesereyen, hg. v. J. F. Schlez. Bayreuth 1797, Bd. I, S. 1-17, hierS. 2. 275 Rugel, Joseph A. / Huber, Fridolin: Archiv für die Pastoralkonferenzen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz 1804, II, S. 16 und noch einmal in: ebd. 1808, I, S. 474f. - Vgl. auch die Berechnung der Kosten für eine achttägige Wallfahrt in: ebd. 1804, II, S. 199f. Vgl. hierzu die Salzmannsche Rechnung, abgedruckt in Münch: Ordnung, Fleiß und Sparsamkeit, 1984, S. 235. - Mit der pekuniären Seite katholischer Frömmigkeit beschäftigt sich Münch auch in seinem Aufsatz: Lebensformen, Lebenswelten und Umgangserziehung, 1996. 276 Rugel, Joseph A. / Huber, Fridolin: Archiv fiir die Pastoralkonferenzen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz 1804, II, S. 8. - Zit. n. Gründig: Veredelung des Volkes, 1996, S. 273. 277 Huber, Fridolin: In: Archiv für die Pastoralkonferenzen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz 1804, II, S. 199f. - Zit. n. Gründig: Veredelung des Volkes, 1996, S. 277f.

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Diese Summe sei wesentlich besser angelegt, wenn man statt der „mönchische[n] Erbauungsschriften, geweihte[n] Wachskerzen oder Rosenkränze" Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" anschaffen würde 278 . Maria E. Gründig hat im „Archiv für die Pastoralkonferenzen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz" aus der Zeit um 1800 zahlreiche Hinweise gefunden, wonach aufgeklärte katholische Priester den Gläubigen vermittelten, sie brauchten nicht ungedingt einen Gottesdienst, sondern auch die Arbeit auf dem Feld und im Stall sei eine Form der Gottesverehrung. Wahre Religiosität lasse sich auch am materiellen Gewinn und am beruflichen Erfolg ablesen 279 . Die von Max Weber vor allem den Protestanten, Pietisten und Calvinisten zugesprochene „geistige Eigenart", Arbeit als Gebet zu betrachten 280 , hat also durchaus auch das katholische Leben mitbestimmt und im Laufe des 19. Jahrhunderts der Industrialisierung zum Durchbruch verholfen. So verweist Paul Münch auf den, direkten oder indirekten Beitrag des Humanismus, der frühmodernen „Policey" und der übrigen Konfessionen zur Dynamisierung und Modernisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft 281 . Dieser neue, wirtschaftlich denkende Katholizismus resultierte nicht nur aus dem Einfluß der Protestanten, sondern kam auch von katholischen Denkern wie Claude Fleury, François Fénelon, Jacques Β. Bossuet und Plaise Pascal aus Frankreich herüber 282 und blieb bis ins 19. Jahrhundert in der Diskussion von Wirtschaftsfachleuten 283 . Moralische Geschichten erzählen davon, wie sich eine „industriose" Grundhaltung, welche die Protagonisten freilich erst erlernen mußten, im Laufe des Lebens auszahlt, denn „Fleiß und Sparsamkeit machen schlechte Umstände besser", wie Pischon ein ganzes Kapitel seiner „Moral in Beispielen" (1799) überschreibt 284 . Ein junger Mann wird von Seeräubern verschleppt und überlebt in der Fremde, weil er das Korbflechten beherrscht 285 . Mädchen und Frauen verdienen sich in Notsituationen mit Handarbeiten ihren Lebensunterhalt, so wie die beiden Schwestern aus sehr gutem, aber verarmtem Hause, die nach

278 Dieses Werk wird im „Archiv" mehrfach empfohlen: 1805 II, S. 47 von Ignaz Demeter; 1805, II, S. 243 von Ignaz H. von Wessenberg; 1806,1, S. 470 von Karl Wächter, 1813,1, S. 13 von Johann Illmensee; 1815,1, S. 462 von Georg A. Sinz. 279 Vgl. Gründig: Veredelung des Volkes, 1996, S. 273f. 280 Weber, Max: Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. In: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie. Tübingen 1978, S. 1-206, hier S. 86. 281 Münch: Lebensformen, Lebenswelten und Umgangserziehung, 1996, S. 126. 282 Vgl. z.B. Kreuz, F. Α.: Katalog der von Wessenbergischen Bibliothek wissenschaftlich geordnet und aufgestellt von F. A. Kreuz, Juli 1862. Konstanz 1863. 283 Ruland: Die Verminderung der Feiertage, 1869. - Laube: Religiosität, Arbeit und Erholung, 1998. 284 Pischon: Moral in Beispielen, 1799, Bd. I, S. 232-244. 285 Schmid: Kurze Erzählungen, S. 71 f.

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dem Tod ihres Vaters mittellos dastehen 286 . Sie legen ihre seidenen Kleider ab und fangen an, für Fremde zu nähen, zu stricken und zu häkeln. Ihr Fleiß und ihre Sparsamkeit fuhren dazu, daß sie zwei rechtschaffende, vermögende Ehemänner finden, obwohl in der gleichen Gegend weitaus hübschere Konkurrentinnen unverheiratet bleiben 287 . Eine Witwe hält sich schlecht und recht gemeinsam mit ihren beiden Töchtern über Wasser, indem sie Tag und Nacht für einen Galanteriewarenhändler arbeiten. Eines Tages kommt ein Onkel unerkannt nach funfimdzwanzigjähriger Abwesenheit aus Jamaika zurück. Er gibt sich als Bettler aus und wird von der armen Frau mit dem wenigen, was sie besitzt, bereitwillig unterstützt. Nachdem er sich von ihrem guten Herzen überzeugt hat, beschenkt er sie mit einer großen Summe 288 . Fleißige Jungfrauen zeichnen sich aus durch schwielige Hände und erhalten einen Ring als Auszeichnung, denn „die träge Hand sei noch so glatt und weiß,/ Der fleißigen allein gebührt der Preis" 289 . Unter Umständen entdeckt sie eine zufällig vorüberkommende Prinzessin und nimmt sie mit auf ihr Schloß, wo sie eine vorzügliche Ausbildung erhalten. Faule Schwestern dagegen bleiben doppelt gestraft zu Hause zurück, da sie die Hausarbeit jetzt ganz allein erledigen müssen 290 . Auch wenn diese Geschichte im Tonfall märchenhafte Züge annimmt, so handelt es sich doch um eine Variante des Motivs „tugendhaftes Kind findet einen Gönner" (vgl. Register), das in zahlreichen glaubhafteren Fassungen existiert. Der hohe ökonomische Wert, den man den weiblichen Handarbeiten zumaß 291 , führte dazu, daß Erzieher zu harten Maßnahmen griffen, wenn Mädchen sich weigerten, das Stricken, Nähen, Stopfen und Häkeln zu lernen292. Sie durften ihre Weihnachtsgeschenke nur ansehen, aber nicht auspacken 293 , sie erhielten gar kein Geschenk zum Geburtstag 294 oder wurden aus dem Kreis der Gleichaltrigen ausgeschlossen 295 . Eine weitere Erzählung handelt davon, daß Mädchen im Handarbeitsunterricht die Aufgabe erhalten, für arme Kinder Mützen zu stricken. Von zwei

286 Zur geschlechtsspezifischen Interpretation von Fleiß vgl. Alzheimer-Haller: Moralische Geschichten als Vermittlungsinstanz, 1997, S. 238f. 287 Goeze: Zeitvertreib, 1783, S. 70f. - Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 125. 288 Moser: Recht muß doch recht bleiben. In: Ders.: Lesebuch für Landschulmeister, Bd. IV (1786), S. 160ff., nach Angaben Mosers übernommen aus Rochows „Kinderfreund". 289 Schmid: Lehrreiche, S. 70f. 290 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 190-193. 291 Vgl. Ladj-Teichmann: Erziehung zur Weiblichkeit durch Textilarbeiten, 1983. 292 Vgl. Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Handarbeiten" und „Stricken". 293 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 20ff. 294 Späth: Hundertzehn moralische Geschichten, S. 52ff. 295 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 20ff., S. 113ff. - Späth: 110 moralische Geschichten, S. 52ff.

Fleiß und Müßiggang

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Schwestern, die in diese Klasse gehen, verzichtet eine auf einen Ausflug, strickt den ganzen Tag und liefert ein schönes Käppchen ab. Die andere zieht es vor, mit dem Vater fortzufahren und bringt am Abend nur noch ein schlampiges Etwas zustande. Am nächsten Tag muß sie deswegen in der Schule „mit dem Schandfleck in der Hand" in der Ecke stehen296. Bisweilen rächt sich also das Schicksal an faulen Menschen. So auch im Fall der kleinen Bertha, die von Langeweile geplagt zu allerlei Torheiten neigt. Sie spielt am Räderwerk einer Stutzuhr so lange herum, bis sie stehenbleibt, beschmiert ihre Bilderbücher mit sinnlosen Kritzeleien und klettert auf Schränke, bis sie eines Tages dabei stürzt und sich eine Platzwunde an der Stirn zuzieht, die vernarbt und sie das ganze Leben lang als Faulenzerin brandmarkt 297 . Der Fleiß kleiner Knaben äußert sich überwiegend in unermüdlichem Lernen und Ausharren bei den ihnen auferlegten Aufgaben 298 , auch wenn weniger eifrige Kameraden sie durch Spiele und Streiche von ihrer Pflicht abzuhalten suchen 299 . Ein entscheidender Merksatz lautet: „Wer vergnügt sein will, muß erst fleißig gewesen sein" 300 . Nachhilfe leistet die Beobachtung einfacher Menschen, die nach schwerer Feldarbeit fröhlich beieinander sitzen und singen, während der untätige Sohn des Gutsbesitzers abends mißmutig zu Bett geht301. Um die Tugend des Fleißes rechtzeitig einzuüben, wird den kindlichen Lesern empfohlen, ein Instrument zu erlernen: Lohr berichtet, daß sich sein Beharrungsvermögen nach dem frühen Tod des Vaters auszahlte, da er sich „ganz allein durchhelfen mußte", und durch das Klavierspiel einen beträchtlichen Teil seines Unterhalts bestreiten konnte 302 . Ein anderer Mann dagegen bereut es im Erwachsenenalter, zu bequem gewesen zu ein, um das Klavierspielen zu lernen303. Eine Naturmetapher bemüht Kieffer in seinem Lesebuch, wenn er von dem klugen Rabbiner erzählt, der mit einem arbeitsscheuen Schüler eine Wanderung zu „sehr unwirtlichen Plätzen (Sumpf, Wüste, Acker mit Disteln)" unternimmt. Der Schüler fragt verwundert, warum er nicht an einem besseren Ort rasten wolle. Daraufhin erklärt der Rabbi, diese Stätten seien wie die Seele eines Müßiggängers - in ihrer Nähe möchte sich niemand freiwillig aufhalten. 296 297 298 299 300 301

Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 184ff. Ebd., S. 242f. Ebd., S. 167ff. Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 333, S. 17f. Hoffmann: Nr. 90: Geduld. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 179f. Ebd., S. 75ff. - Eine weitere Geschichte, in der es um die Befriedigung nach getaner Arbeit geht liefert Lohr: Ferdinandine, oder: nur unter nützlicher Beschäftigung vergeht die Zeit angenehm. In: Ders.: Sitte, 1799, S. 149. Sie ist Teil der „Siebenten Abtheilung", die sich insgesamt dem Themenkomplex Faulheit und Fleiß widmet. 302 Lohr: Das Klavier. In: Ders.: Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 168-174, hier S. 172. 303 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 237.

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Lebenshaltung und Lebensformen

Das rüttelt den Schüler wach, und er wandelt sich zu einem eifrigen jungen Mann. Zufrieden bringt ihn der Rabbi nun in eine liebliche Gegend, die ein klarer Bach durchfließt. Diese Landschaft sei das Bild seiner neuen Seele304. Die an die Landbevölkerung gerichteten Aufrufe zum Fleiß schildern naturgemäß bäuerliche Erfolgsgeschichten. Bei Geiger treffen wir auf den Bauern Georg Petersen, der einen heruntergekommenen Hof zu einem stattlichen Gut ausbaut, und dafür durch den König von Dänemark mit einer goldenen und von der landwirtschaftlichen Gesellschaft mit einer silbernen Denkmünze ausgezeichnet wird 305 . Der schweizerische Bauer Narbel übernimmt von seinem Vater ein verwahrlostes Gehöft und kann dank seines Fleißes seinen Kindern trotz der hohen Investitionen, die er tätigen muß, 16.000 Thaler hinterlassen kann. Ähnlich tüchtig erweist sich der römische Bauer Paridius, der zwei Töchter und einen Weinberg besitzt. Er teilt die Anlage in drei Teile und schenkt jeder Tochter ein Drittel, ein Drittel behält er fur sich. Aufgrund seines unermüdlichen Fleißes gelingt es ihm, aus diesem letzten Drittel gerade soviel Wein zu ernten, wie vorher aus dem gesamten Weinberg 306 . Mit einer kleinen List, erreicht ein Vater einen ebenso großen Effekt. Auf dem Sterbebett behauptet er, in dem Weinberg, den er seinen Söhnen vermache, ruhe ein Schatz. Sie graben das Gelände sorgfältig um, finden aber nichts, was der Vater dort versteckt hätte und sind zunächst verärgert. Durch die gründliche Bodenbearbeitung tragen die Reben aber Früchte im Überfluß und machen die Familie auf Dauer wohlhabend (AaTh 910 E: Schatz im Weinberg) 307 . Besonders argwöhnisch schauten die Volksaufklärer auf Langschläfer, denn „das Frühaufstehen ist heilsam fur den Körper und Geist, gewinnbringend an Zeit und überaus wichtig in moralischer Beziehung" 308 . Früh aufzustehen stellt ein Stück der notwendigen körperlichen Abhärtung dar. Sieben Stunden Schlaf müssen dem Erwachsenen genügen. Das Kind soll mit den Jahren auf dieses Maß eingestellt und allmählich an das Frühaufstehen gewöhnt werden: „Ein gesundes Kind, das durch Lernen, Arbeit und Spiel ermüdet ist abends um 9 Uhr, kann zwischen 5 und 6 Uhr aufstehen", meint K.-H. Schmid in seiner „Enzyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens" noch im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts 309 . Am Beispiel bedeutender Männer zeigen die moralischen Geschichten, daß viel Zeit durch Frühaufstehen gewonnen. Der ausgeruhte Körper sei in den Morgenstunden zu geistiger Anstrengung am tauglichsten. Friedrich II., König 304 305 306 307 308

Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 81, S. 46f.: Die Lehre der Natur. Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 43f. Ebd., S. 59. Schmid: Kurze Erzählungen, S. 54 Schmid, Κ. Α. (Hg.): Enzyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens. 10 Bde., 2., verb. Aufl. Gotha 1876-1887, Bd. II, S. 755f. 309 Ebd., S. 756.

Fleiß und Müßiggang

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von Preußen, schlief angeblich nur bis vier Uhr. Peter der Große von Rußland soll stets vor Tagesanbruch aufgestanden sein nach dem Grundsatz: „Ich mache mein Leben so lang als ich kann und schlafe deshalb sowenig als möglich". Benjamin Franklin habe behauptet: „Wer spät aufsteht, mag den ganzen Tag laufen, und hat doch abends die Arbeit nicht eingeholt". Als Arbeitszeit empfiehlt sich die Morgenstunde besonders. Das Sprichwort „Morgenstund' hat Gold im Mund" zeigt, welchen großen Wert die Volksweisheit darauf legt310. Auch soll nicht bloß das Gesinde früh aufstehen und die Herrschaft lang schlafen, vielmehr muß diese nach Schmids Enzyklopädie selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Das Frühaufstehen fällt auf dem Lande, wo die Feldarbeit ruft, leichter als in der Stadt, so glauben die Autoren. Dort sollte man auf die Bevölkerung einwirken, indem man den Schulunterricht zeitig ansetzt. Auch die „Reveille" des Militärs gerate für die städtische Nachbarschaft zu einem probaten Signal zum Aufstehen. Wer nicht das Glück hat, in der Nähe einer Kaserne zu wohnen, muß seine Dienerschaft anhalten, „mit unbedingter Vollmacht zu rütteln und zu schütteln, ein nasses Tuch aufzulegen usw." Wichtig ist, die dienstbaren Geister mit umfangreichen Befugnissen auszustatten, denn sonst fällt der Schlaf „wie ein Gewappneter nochmals auf seine Beute" 311 . Bei Hoffmann findet sich eine Geschichte zur narrativen Bestätigung dieser theoretischen Appelle. Ein Vater lädt seine Söhne ein, am nächsten Morgen mit ihm zeitig zu einer Bergtour aufzubrechen. Der eine steht pünktlich auf und wird durch einen grandiosen Sonnenaufgang, einer ausgiebigen Unterhaltung mit dem Vater und einem Frühstück mit „süßen Brötchen" belohnt. Der andere verschläft und ißt daheim sein Schwarzbrot. Die sich hier andeutende Charakterschwäche pflanzt sich fort und gipfelt darin, daß der Langschläfer eines Tages als Bettler an der Tür seines erfolgreichen Bruders klopft 312 . Gegenbeispiele dieser Muster an Pflichtbewußtsein sind Faulpelze, die glauben, sich auf den Erfolgen ihrer Väter ausruhen zu dürfen 313 . Im Vertrauen auf den ererbten Reichtum erlernen sie keinen Beruf, was sie bei einem plötzli-

310 Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, s.v. „Morgenstunde". In: Bd. III, S. 656f. - Wackernagel, Wilhelm: Gold im Munde. In: Zs. f. dt. Altertum und dt. Literatur 6 (1848), S. 290. - Mieder, Wolfgang: Antisprichwörter. 3 Bde. Wiesbaden 1983-85. 311 Schmid, Κ. Α. (Hg.): Enzyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens. 10 Bde., 2., verb. Aufl. Gotha 1876-1887, Bd. II, S. 756. - Für das frühe Aufstehen, im Winter um halbsechs Uhr, im Sommer um halbfunf, plädiert auch Rein, W. (Hg.): Enzyklopädisches Handbuch der Pädagogik. 7 Bde. Langensalza 1895-99, Bd. 1, S. 198f. 312 Hoffmann: Nr. 105. Der Sonnenaufgang. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 207ff. - Dasselbe Motiv bei Späth: Nr. 31. Der Langschläfer. In: Dies. : 110 moralische Erzählungen, S. 54ff. 313 Ein junger, aber bequemer Mann erhofft sich aufgrund seines guten Namens eine gut dotierte Stelle am Hof Kaiser Josephs II., wird aber von diesem erst einmal zur Schule geschickt (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 52, S. 28).

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chen Bankrott bitter bereuen 314 . Als Dienstboten legen es Faulenzer darauf an, keinen Handgriff zuviel zu machen. Ein Kutscher weigert sich, Milch zu holen, weil das nicht zu seinen Aufgaben gehöre. Daraufhin wird er beauftragt, täglich die Kutsche anzuspannen, und die Magd zum Milchholen zu fahren 315 . Eine bequemes Mädchen ist daran schuld, daß die gesamte Kohlernte der Familie ausfällt, weil sie nicht, wie ihr aufgetragen wurde, alle Schädlingslarven von den Blättern gelesen und zerdrückt hat316. Zu den Nichtsnutzigen zählen ferner Menschen, die ihre Pflichten vor sich herschieben 317 . Auch wählerisches Eßverhalten läßt auf mangelnde Arbeitsamkeit schließen. Kinder, die sich bei Tisch heikel gebärden, werden darum zu körperlicher (Garten-)Arbeit herangezogen, was ihren Appetit deutlich erhöht 318 . Bis heute ist uns das Sprichwort „Wie man isst, so schafft man" geläufig, das einen Vergleich zwischen Eßund Arbeitstempo zieht. Wie in fast allen Gattungen der Volkserzählungen bewerten moralische Geschichten die Faulheit als verachtenswiirdige und zu bekämpfende Eigenschaft. Einzig im Schwank und im Lügenmärchen dominiert die schlaraffenhaft verlockende „Faulheit aus Prinzip" 319 .

314 Lohr: Nr. 72. Auch wenn du reich bist, lerne Etwas. In: Ders.: Sitte, 1799, Siebente Abtheilung: Fleiß, Faulheit, Sparsamkeit, vernünftige Anwendung des Vermögens, S. 144. 315 Schmid: Lehrreiche, S. 68f. 316 Schmid: Kurze Erzählungen, S. 8. 317 Ders.: Die Kohlblätter. In: Ebd., S. 8. - Ebd.: Der Hufnagel, S. 27. - Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 79ff. - Späth: 110 moralische Erzählungen, S. 43ff. 318 Schmid: Die Suppe. In: Kurze Erzählungen, S. 26f. 319 Vgl. Moser-Rath, Elfriede: FaulheitsWettbewerb. In: EM IV (1984), Sp. 900-905, hier 901.

2.6 Sparsamkeit und Verschwendung „Sparsam ist der, der nichts auf unnöthige und unnützliche Weise ausgiebt; er kleidet sich anständig, aber nicht kostbar; er ißt sich satt, und läßt seine Kinder und sein Gesinde sich satt essen; aber er setzt keine theuern und niedlichen Speisen auf, und läßt von den Gaben Gottes nichts umkommen. Er verwahrt alles wohl in seinem Haus, damit nichts gestohlen werde; er nimmt auch in seiner Art jeden kleinen Vortheil zu Hülfe, um sich und den Seinen etwas zu sammeln; aber er thut keinem Menschen unrecht; er giebt gerne den Armen; es ist seine Freude, mit dem, was er erspart hat, vielen zu dienen". Mit diesen Worten erklärt Christian Felix Weiße in seinem „Kinderfreund" (1780) den Unterschied zwischen Sparsamkeit und Geiz320. Der Tugend der Sparsamkeit kam im Zeitalter der „Propagierung rationaler, auf planmäßigen Erwerb und Erhalt von Vermögen gerichteter Verhaltensleitbilder" große Bedeutung zu321. Sie zählte zum innersten Kern der „bürgerlichen Klugheit" und beinhaltete sowohl überlegtes Handeln bei Neuanschaffungen als auch vorsichtigen Umgang mit dem bereits Erworbenen. Nur weil etwas „wohlfeil" ist, sei das noch kein Grund, es zu kaufen, wenn man es nicht unbedingt benötigt, mahnt ein vernünftiger Zeitgenosse die zu einer Versteigerung von Galanteriewaren versammelte Menge in Rosenlächers „Goldenem Spiegel" 322 . Die von Kindesbeinen an einzuübende Verhaltensnorm der Sparsamkeit 323 , so wollen es die Volksaufklärer, diene jedoch nicht der Anhäufung von Schätzen, sondern sei gepaart mit der Tugend der Wohltätigkeit 324 . Darüber hinaus war es „erste Bürgerpflicht", durch ökonomisches Verhalten Vorsorge für eigene Notzeiten und das Alter zu treffen. Wir finden die Mahnungen dazu bei katholischen und evangelischen Autoren der Volksaufklärung gleich stark ausgeprägt. „Sparsamkeit in kleinen Dingen / Kann öfter großen Nutzen bringen", lautet darum ein Merksatz, den Christoph von Schmid schon seinen kleinen Lesern mit auf den Weg gibt. Er schließt die moralische Geschichte von einem Mädchen ab, das auf der Straße eine Nähnadel findet und sie aufhebt, da ihr die Mutter eingeschärft hat, daß man nie das Geringste unnütz liegen lassen soll. 320 Weiße, Christian Felix: Der Unterschied zwischen Sparsamkeit und Geiz. In: Ders. (Hg.): Der Kinderfreund. Ein Wochenblatt, Theil 1-12, 3., verbess. Aufl. Leipzig 1780-1782, Bd. I (1780), S. 158. 321 Münch: Lebensformen, 1996, S. 209. 322 Rosenlächer: Goldener Spiegel, 1827, S. 141. 323 Zu diesem Zweck richtete 1818 der Pariser Professor Francasur die ersten Schulsparkassen als „Hilfsmittel allgemein sittlicher Erziehung" ein. - Vgl. Stratmann: Erziehung zur Sparsamkeit, 1987, S. 45. 324 Vgl. Niedersächsisches Wochenblatt fur Kinder, hg. v. J. L. Benzler. Neue verb, aufl., 1. Theil. Bremen 1779, S. 168-177 (zit. n. Mühldorfer-Vogt: Wer den Pfennig nicht ehrt, S. 182, Anm. 16).

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Unterwegs begegnet sie einer vornehmen Dame mit zwei Töchtern. Eine davon hat sich das seidene Kleid zerrissen, das mit der gefundenen Nadel an Ort und Stelle ausgebessert wird. Zum Dank bekommt das Mädchen eine schöne Haarnadel geschenkt 325 . Hoffmann erzählt von einem Lehrjungen, der in der Werkstatt unaufgefordert die heruntergefallenen Stecknadeln aufsammelt. Aus ihm wird später ein tüchtiger Kaufmann 326 . Ein anderer Junge ist zu faul, sich nach einem verlorenen Hufeisen zu bükken. Sein Vater steckt es ein und verkauft es im nächsten Ort einem Schmied. Für das Geld erwirbt er Kirschen, die er auf dem staubigen, langen Heimweg Stück fur Stück fallen läßt. Nun bückt sich der durstige Junge freiwillig und lernt, so hofft der Vater, als Lektion für das Leben: „Wer kleine Ding' nicht achten mag, Hat oft um kleinre Müh' und Plag'" 327 . Ein zur Sparsamkeit erzogenes Mädchen tritt seinen Dienst als Küchenmagd an. Sie beobachtet, wie die Köchin die Kronen und Nebensprossen des Meerrettichs wegwirft, sammelt sie auf und pflanzt sie im Garten in eine ungenutzte Ecke. Als nach einiger Zeit prächtiger Meerrettich dort gedeiht, wird sie zur Köchin befördert. Dadurch kann sie sich ein beträchtliches „Heiratsgut" ansparen, was in Zeiten der Ehebeschränkungen außerordentlich wichtig war328. Langfristig denkt auch die „gute Pflegemutter", die eine fünfjährige Vollwaise zu sich nimmt unter der Bedingung, daß jeder Bauer im Dorf bis zum fünfzehnten Lebensjahr der Kleinen wöchentlich einen Gulden zu ihrem Unterhalt beisteuert. Das Mädchen genießt eine gute Erziehung, trägt saubere Kleidung und geht zur Schule. Als sie achtzehn Jahre alt wird, ergibt sich eine gute Gelegenheit, sie zu verloben. Aber die Bauern glauben nicht daran, daß die Verbindung zustande kommt, da sie davon ausgehen, daß die junge Frau keinerlei Aussteuer besitzt. Die Pflegemutter aber hat das Geld konsequent zur Seite gelegt und den Unterhalt des Mädchens von den Zinsen bestritten, so daß der Heirat nichts mehr im Wege steht329. Wer es sich leisten konnte, schenkte das Ersparte Bedürftigen, wenn wir den Autoren der moralischen Geschichten glauben dürfen. Wiederholt stoßen wir auf die Schilderung wohlhabender Menschen, die in ihrem sorgfältigen, ja beinahe kleinlichen Umgang mit nichtigen Dingen zunächst als Pedanten erscheinen. Diese grundsätzliche Haltung aber bildet die Basis ihres Reichtums. Menschen, die sie zunächst belächelt oder gar im Stillen als geizig verurteilt

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Schmid: Die Nähnadel. In: Ders.: Lehrreiche, S. 30f. Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 1 lOf. Ders.: Das Hufeisen. In: Kurze Erzählungen, S. 56. Ders.: Der Meerrettich. In: Ders.: Lehrreiche, S. 1 lf. - Zu den Ehebeschränkungen vgl. oben das Kapitel „Arm und Reich". - Auch Geiger rät Dienstboten dringend, den kargen Lohn als „Heurathsgut" aufzusparen: vgl. Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 182f.

329 Schmid: Die gute Pflegemutter. In: Ders.: Lehrreiche, S. 57f.

Sparsamkeit und Verschwendung

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haben, sind erstaunt, als sie gewahr werden, daß die vermeintlich Knauserigen in Not Geratenen großzügig und selbstlos unter die Arme greifen. Eine Magd revidiert ihr vorschnelles Urteil über die Bäuerin, die sie anweist, Schwefelhölzchen nicht nach einmaligem Gebrauch wegzuwerfen, sondern sie ein weiteres Mal vom anderen Ende her anzuzünden, als sie sieht, wieviel Geld die Frau einer Bettlerin schenkt 330 . Ähnlich ergeht es einem Hausverwalter, der über seine Herrschaft den Kopf schüttelt, weil sie selbst kleinste Rechnungen genau kontrolliert. Als er im Ruhestand durch eine Verkettung unglücklicher Umstände plötzlich völlig mittellos dasteht, wendet er sich an die Herzogin, die ihm postwendend zwölftausend Taler schickt331. In einem dritten Beispiel für das Motiv des „Im Kleinen sparen, um im Großen zu geben" finden wir in der Erzählung zweier Männer, die für die Einwohner eines abgebrannten Dorfes sammeln. Als sie sich einem Bauernhof nähern, hören sie den Herrn mit dem Knecht schimpfen, weil dieser unachtsam mit Seilen umgeht, und sehen ihre Hoffnung auf eine Spende schon schwinden. Umso mehr sind sie erstaunt, als sie eine generöse Gabe erhalten, die der Mann sogar noch einmal aufstockt, nachdem sie zurückkehren in der Annahme, er hätte sich mit der hohen Summe geirrt332. Bei Geiger hilft ein einfacher Mann einem Verzweifelten aus einem finanziellen Engpaß. Dieser bewirbt sich um eine Beamtenstelle und muß dafür Promotoren beschenken. Um in deren Häuser Einlaß zu finden, muß er unglaubliche Summen an Bestechungs- und Trinkgeldern geben. Als seine aussichtsreiche Stelle aus entsprechendem Geldmangel in die Ferne zu rücken droht, hilft ihm ein fremder mitleidiger Hausknecht spontan mit 500 Gulden aus. Geizige, so behauptet Pischon, sind solchen Edelmuts nicht fähig 333 . Christian Gotthilf Salzmann war es ein Anliegen, schon die Kinder zur Sparsamkeit anzuhalten: „Ich suche früh bei meinen Zöglingen die Begierde, sich ein Eigentum zu erwerben, zu erregen. ... Denn durch die Anfachung dieser Begierde werden eine Menge unedle, tierische, die menschliche Natur entkräftende Begierden erstickt. Dabei hat man Gelegenheit, der Erwerbungsbegierde die gehörige Richtung zu geben, die Kinder vor Niederträchtigkeit, Kargheit und Verschwendung zu bewahren; dadurch erzeugt man in ihnen die edle Neigung, durch sich selbst zu bestehen, zu wirken und Gutes zu stiften"334. Salzmann kleidet diese Überlegungen in die Geschichte der Kinder des Sebastian Kluge, die schon früh kleine Ersparnisse erwirtschaften, indem sie Geflügel züchten, Weiden anpflanzen und Rosmarin für Hochzeitskränze anbau330 Ders.: Das Schwefelhölzchen. In: Ders.: Lehrreiche, S. 23f. 331 Lohr: Wer im Kleinen spart, kann im Großen geben, oder: die Herzogin von Kingston. In: Ders.: Sitte, 1799, S. 31 f. 332 Ebd., S. 32ff. 333 Pischon I, S. 244f. 334 Salzmann, Christian] G[otthilfj: Sebastian Kluge, ein Volksbuch. Leipzig 1790, S. 177.

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en und den Erlös selbständig anlegen oder ausgeben dürfen. Auch junge, noch unverheiratete Leute sollten mit ihrem Geld sparsam umgehen. „Sie meynen", behauptet Geiger, „weil sie noch kein Hauswesen zu verwalten haben, so dürfen sie mit ihrem Gelde treiben, was sie wollen; sie jagen es auf den Bierbänken, auf Tanzböden und an den Spieltischen durch. Einige glauben sogar, wenn sie recht aufgehen lassen, und ihr Geld guldenweise wegwerfen, so machen sie sich bey ihren Mädchen beliebt, und erhalten desto eher eine Heurath". - Das aber sei ein fataler Trugschluß, denn anständige Mädchen bevorzugen einen Mann, der ihnen eine sichere Existenz bietet. Weiße beschreibt drei Arten, mit Geld umzugehen am Beispiel dreier Geschwister, die je zehn Taler von ihrem Vater erhalten, und nach einigen Tagen Rechenschaft über den Verbleib ablegen müssen: Einer hat seine Taler unter armen Kinder ausgeworfen und sich gefreut über die daraus entstandene Prügelei. Der Zweite schloß das Geld in ein Kästchen ein335. Den einzig richtigen Weg wählte jenes Mädchen, das die zehn Taler benutzte, um damit eine Arztrechnung bzw. das Schulgeld armer Kinder zu begleichen. Weißes Interpretation dieser Geschichte spiegelt die Wertmaßstäbe der Spätaufklärung wider: Der Bruder muß seinen kleinlich gehüteten Schatz an sie weitergeben. Auch der andere Bruder hat sein Geld nicht gut angewendet. Das Mädchen erhält ein Lob für seine Wohltätigkeit und muß künftig über ihre Ausgaben keine Rechenschaft mehr ablegen. Franz Hoffmann schildert zwei brave Kinder, die jede Woche drei Pfennige Taschengeld erhalten und sich ausmalen, welche Spielsachen und Süßigkeiten sie dafür kaufen können. Auf dem Weg ins Geschäft kommen sie an einem Bettler vorbei, dem sie mitleidig alles schenken. Sie fühlen sich glücklich, weil sie helfen konnten und weinen den verpaßten Genüssen keine Träne nach 336 . Solche Wohltätigkeit gegenüber Bedürftigen sicherte dem Bürgersmann seine gesellschaftliche Stellung als moralisches Vorbild 337 . Einverstanden erklären sich die Autoren moralischer Geschichten auch mit dem Bestreben, Geld beiseite zu legen, um sich bisweilen einen kleinen Luxus leisten zu können 338 . Hoffmann erzählt von zwei Schwestern, die gelegentlich kleinere Geldbeträge geschenkt bekommen. Während die eine sie sofort in Süßigkeiten umsetzt, legt sie die andere beiseite. Eines Tages - die Eltern sind verreist - gastiert ein Zirkus in der Stadt. Nun kann das sparsame Mädchen sich eine Eintrittskarte vom eigenen Geld kaufen, das andere muß auf das Menagerie· Vergnügen verzichten. Auch in Maßen mit der Mode zu gehen, akzeptierten die Volksaufklärer. In Schwänken und Strafexempeln des 16. Jahrhun335 Auf seinem Geld zu „sitzen", verurteilt auch Schmid: Der Affe. In: Kurze Erzählungen, S. 45. 336 Hoffmann: Die Sparpfennige. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 226f. 337 Zur Wohltätigkeit vgl. auch oben die Ausñihrungen über wohltätige Stiftungen, aus denen sich neue Bräuche entwickelten im Kap. „Arm und Reich". 338 Hoffmann: Die Menagerie. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 145ff.

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derts, als es den Begriff „Mode" noch nicht gab, betreiben die Verfasser moralische Luxusschelte, indem sie Kleider- und Hosenteufel auftreten lassen. Die ökonomischen Theorien des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts stellen „das Denken über Mode auf den K o p f und machen die Ankurbelung der Wirtschaft zur moralischen Pflicht 339 . Konsum fördernde Ausgaben lagen ganz im Sinne des Merkantilismus, der in Deutschland auch noch die Wirtschaftspolitik des 19. Jahrhunderts bestimmte 340 . Verschwendung Verschwender finden vor den Augen der Volksaufklärer keine Gnade. „Ihr glaubt vielleicht eine Tasse Caffé, ein Gläschen Wein, ein Leckerbissen, etwas feinere Kleider, dann und wann eine Lustparthie, haben so viel nicht auf sich. Aber ... nehmet euch vor kleinen Ausgaben in Acht; ein kleiner Riß versenkt ein großes S c h i f f , warnt der katholische Geistliche Rosenlächer in seinem „Goldenen Spiegel", einem „christlichen Hausbuch für Bürger- und Bauersleute" 341 . Kontrastierend aufgebaut wie viele der moralischen Geschichten ist die Erzählung von zwei Brüdern, die zu Beginn der Woche Geld erhalten, für das sie sich jeden Tag Frühstück und Vesperbrot kaufen sollen. Der eine gibt bereits am Montag alles für Süßigkeiten aus und muß die Woche über hungern. Sein Betteln um ein Pausebrot stößt bei der Mutter auf taube Ohren. Der andere aber kann täglich ein Brot kaufen und sogar anderen etwas davon abgeben 342 . In größerem Stil als das eben beschriebene Schleckermaul wirft ein Herr namens Thomas sein Geld zum Fenster hinaus. Er besitzt ererbten Reichtum und verdient als erfolgreicher Bauer noch dazu. Das Geld zerrinnt ihm jedoch zwischen den Fingern, denn: „auf seinem Tisch mußten des Mittags wohl fünf bis sechs Gerichte seyn, und zwar immer die theuersten und kostbarsten, ob er wohl sich an einem oder zweien hätte satt essen können; sein Keller hielt die feinsten Weine, seine und der Seinigen Kleider waren ebenfalls sehr theuer, und sein Hausgeräthe, seine Spiegel, Schränke, Kommoden, Sophas, seine Kutschen und seine Pferde mußten immer prächtig und nach der neuesten Mode seyn. So bald ihm etwas nicht mehr gefielt, oder nur den kleinsten Fehler hatte, so mußte es fort, und wurde

339 Vgl. Brückner: Mode, 1998, Sp. 745. 340 Simmel: Zur Psychologie der Moderne, 1895. - Sombart: Wirtschaft und Moderne, 1902. 341 Rosenlächer: Goldener Spiegel, 1827, S. 140. - Vgl. auch Lohr: 77. Die Kaffeetrinkerin. In: Ders.: Sitte: Siebente Abtheilung: Fleiß, Faulheit, Sparsamkeit, vernünftige Anwendung des Vermögens, S. 156. 342 Hoffmann: Erzählungen, 1842, Nr. 30, S. 65ff.

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um eine Kleinigkeit verkauft, und etwas anders wurde dagegen mit vielen Kosten angeschaft [sie!]"343. Nach ein paar Jahren ist Thomas nicht mehr in der Lage, das Gesinde zu entlohnen oder landwirtschaftliche Geräte zu kaufen. Als er einem Freund sein Leid klagt, weist dieser ihn auf seine verschwenderische Haushaltsführung hin. Die Not sei selbst gemacht. Herr Thomas geht in sich, fangt an zu sparen und hinterläßt bei seinem Tod den Kindern sogar ein großes Vermögen. Fehlgesteuert ist das Verhalten eines Mannes, der seine Freude daran hat, im Dorf alle Häuser und Grundstücke von überschuldeten Leuten zu einem Spottpreis aufzukaufen. Vermietung und Weiterverkauf dieser Objekte gestalten sich jedoch so schwierig, daß der Mann sein gesamtes Vermögen verliert und in einem Armenhaus endet 344 . Auch Schlez warnt in einer seiner Landwirtschaftspredigten davor, sich finanziell zu übernehmen, vielmehr müsse man J e d e n Aufwand mit unserem Vermögen genau abzuwägen und weder auf Gastereien und andere Ehrenausgaben, noch auf Kleidungen und Hausgeräte mehr ... verwenden, als wir ohne merkliche Aufopferung bezahlen können". Auf Wunder wie bei der Hochzeit zu Kanaan dürfe der aufgeklärte Bauer nicht mehr hoffen. „Schaffe dir nichts Ueberflüßiges und Unnöthiges an; es ist des Nöthigen genug zu kaufen", rät auch der anonym bleibende Geistliche aus Franken, von dem das „Allgemeine Lesebuch" stammt345. „Ueberlege wohl, ob du nicht mehr ausgiebst, als du einnimmst" und „Siehe dich auf die Zukunft vor; man kann nicht immer haben, was man braucht. Kauft in der Zeit; so habt ihr in der Noth"346. Dienstboten geraten nach Geiger schnell in den Verdacht, die Herrschaft bestohlen zu haben, wenn die Kleidung mit Spitzen und Bändern verziert ist und sie sich eine Kappe für den Gegenwert eines ganzen Jahreslohnes leisten. Zu sehr zurechtgemachte Mädchen riskierten, keinen Ehemann zu finden, denn „diejenigen, welche sich im Aufputze am stärksten hervorthun wollen, werden von den Mannspersonen am meisten verachtet, und müssen größtentheils als Jungfrauen sterben" 347 . Eitle Ehefrauen ruinieren nach Rosenlächer den Hausstand, und er warnt davor mit dem Merkspruch „Scharlach und Seide, Sammet und Atlas löschen das Feuer in der Küche aus"348.

343 Lohr: Herr Thomas; oder, die Folgen des zu großen Aufwands. In: Ders.: Sitte, 1799, S. 153ff. 344 Lohr: Kaufe nicht, was du nicht nöthig hast, oder Herr Treumann. In: Ders.: Sitte, 1799, S. 157f. 345 Allgemeines Lesebuch, 1793, S. 177. 346 Ebd. 347 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 183. 348 Rosenlächer: Goldener Spiegel, 1827, S. 141.

Sparsamkeit und Verschwendung

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Geiz Während man vernünftige Zurückhaltung im Geldausgeben in der Spätaufklärung gutheißt, wie wir gesehen haben, wird der Geiz eindeutig abgelehnt. Christian Felix Weiße charakterisiert den Prototyp des Geizigen in einer längeren Passage, die das „Allgemeine Lesebuch" von 1793 übernommen hat: „Der Geizige arbeitet, um Geld zu bekommen; er sammelt Geld, um dasselbe zu besitzen. Immer denkt er: Wenn ich nur so viel gesammelt hätte; wenn ich nur tausend, wenn ich auch nur hundert Gulden zusammen bekäme. Wenn er diese hat, wendet er sie nicht an, um Gutes damit zu schaffen, sondern nur wieder einen neuen Gewinn damit zu machen. Fast immer ist er voll Sorgen, es möchte von seinem Gelde etwas verloren gehen; alles, was er kaufen will, ist ihm zu theuer. Er kleidet sich schlechter als andere, um nur sein Geld beysammen zu behalten; er giebt weniger Allmosen als andere seines Gleichen, weil es ihm wehe thut, von seinem Gelde etwas auszugeben. Oft rechnet er aus, wie sehr er sein Vermögen in einem oder in etlichen Jahren vergrössern will; wenn denn nun etwas Kleines verloren geht, oder seine Hoffnung nicht eintrifft: so ist er fast untröstlich. Er läßt in seinem Hause nicht leicht etwas machen, was ausgebessert werden sollte; darüber entsteht oft ein sehr großer Schade. Es reut ihn, wenn er Arzneyen zahlen soll, und er bleibt lieber krankt. Wenn er stirbt, muß er all sein Vermögen in der Welt zurück lassen, und geht voll Betrübniß und Verzweiflung an seinen Ort; denn die Geizigen lieben das Geld mehr als Gott, und kommen nicht in den Himmel"349. Ein solcher Geizhals kaufte sich einen „wohlfeilen" Affen in der Hoffnung, ihn teuer weiterveräußern zu können. Als er ihn kurze Zeit unbeaufsichtigt läßt, beobachtet das Tier einen wohltätigen Nachbarn, der einem Bettler eine Münze aus dem Fenster zuwirft. Daraufhin kippt er selbst, das Geld des Geizigen scheffelweise auf die Straße350. Das empfindet der Autor der Geschichte als gerechte Strafe fur jemanden, der allzu sehr an seinem Geld hängt, anstatt es für wohltätige Zwecke oder durch angemessenen Konsum auszugeben. Auch Lohr verurteilt übertriebene Sparsamkeit mit einer drastischen Beispielgeschichte. Der geizige „Meister Peter" besitzt zwar ziemlich viel Geld, gibt aber nie etwas davon aus. Er klagt über die hohen Preise, Bettler weist er an seiner Türe ab, er und seine Angehörigen laufen in armseligen Kleidern umher und essen sich nie satt, seine Kinder müssen Schwerarbeit im Garten leisten, ohne auch nur eine einzige Stachelbeere naschen zu dürfen. Die Gartenfrüchte müssen sie zu überteuerten Preisen an fremden Haustüren zum Verkauf feilbieten. Beständig lebt Peter in Angst, sein Geld könne ihm gestoh-

349 Weiße, Christian Felix: Der Geldgeizige als der größte Thor. In: Der Kinderfreund, Bd. I (1780), S. 278. 350 Schmid: Der Affe. In: Ders.: Kurze Erzählungen, S. 45.

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len werden. Lohr schließt mit der Feststellung: „So raubte ihm sein Geiz alle Freude, aber auch die Liebe aller guten Menschen" 351 . Eine geldgierige Frau, die ihrem Mann untersagt, einen neuen Spund für das Mostfaß zu kaufen, obwohl der alten schon porös ist, wird durch die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens gestraft. Als sie das Faß anstechen, ist der kostbare Most zu ungenießbarem Essig vergoren 352 . Ähnlich ergeht es einem geizigen Knaben, der eine Kiste mit Südfrüchten als Geschenk erhält. Er lehnt es ab, sie mit anderen zu teilen. Viel zu schnell schlingt er alle Früchte alleine herunter und leidet anschließend unter Magenschmerzen 353 . Eine Variante des Motivs der natürlichen Strafe für Geiz liefert Schmid mit der Erzählung von einem Fuhrmann, der auf seine Pferde einschlägt, um noch vor Schließung der Tore in die Stadt zu kommen, denn danach müßte er eine Gebühr entrichten. Aufgrund der wilden Fahrt bricht ein Rad, die Kutsche kippt um und die Ladung liegt verstreut auf der Straße. Der entstandene Schaden fällt wesentlich höher aus als der Obolus, den er für das neuerliche Öffnen der Stadttore hätte entrichten müssen 354 . Bei anderen Autoren verspielen Geizige die für sie vorgesehene Erbschaft, indem sie um Almosen Bittende hartherzig ablehnen. Zu spät stellen sie fest, daß es sich bei den vermeintlichen Bettlern um die Erblasser handelt 355 . Geizige schrecken vor unlauteren Methoden nicht zurück, um ihr Geld nicht hergeben zu müssen, wie uns Lohr mit der Geschichte von einem Kaufmann erläutert, der einen Armen um den Finderlohn zu prellen sucht. Ein Kaufmann hat seinen Geldbeutel verloren und setzt als Belohnung hundert Taler aus. Als ein einfacher Matrose das Portemonnaie zurückbringt und sich das versprochene Geld abholen möchte, behauptet der Geizige, in dem Säckchen hätte sich auch ein Diamant befunden. Bevor der Mann diesen nicht zurückgebe, zahle er keinen Finderlohn. Die Sache kommt vor Gericht, wo ein salomonisches Urteil gefallt wird: Der Richter läßt sich vom Kaufmann bestätigen, daß in dem Beutel, den er verloren hat, ein Diamant war. Der Seemann erklärt unter Eid, daß in dem Beutel, den er gefunden hat, sich kein Diamant befunden hat. Demnach, so der Richter, könne es sich nicht um den gesuchten Geldbeutel handeln. Der Matrose läßt seinen Fund ausrufen und darf ihn behalten, nachdem sich niemand als rechtmäßiger Besitzer gemeldet hat. Der Kaufmann aber hat das Nachsehen 356 . Unter der Überschrift „Nimm nicht jeden, auch erlaubten Vortheil, siehe auf die Zukunft" erklärt ein Schullesebuch, daß es sich nicht auszahlt, auf jede 351 352 353 354 355 356

Lohr: Meister Peter, oder wie hart der Geiz ist. In: Ders.: Sitte, Nr. 18, S. 38-41. Schmid: Der Spund. In: Ders.: Lehrreiche, S. 27. Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 186ff. Schmid: Lehrreiche, S. 68. Ders.: Kurze Erzählungen, S. 86f. Lohr: Verstand, S. 46f.

Sparsamkeit und Verschwendung

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vermeintliche Gelegenheit zum Sparen zu lauern. Vielmehr sei vorausschauende Bedächtigkeit gefragt. Exemplifiziert wird diese Forderung am Beispiel eines Bauern, der im Herbst jeweils ausrechnet, wieviel Getreide er im Laufe des Jahres selbst benötigt und alles übrige sofort verkauft. Als wegen schlechter Saat im darauffolgenden Frühjahr der Getreidepreis steigt, ärgert er sich. Auch ist er nicht bereit, viel Geld für Vieh auszugeben. Also fehlt es ihm an Dünger, der wiederum notwendig wäre, um eine reiche Ernte einzufahren. Seine Kurzsichtigkeit führt dazu, daß er neidvoll auf die erfolgreicheren Nachbarn blickt357. Bei Schmid ist der kleine Paul nicht mit Langmut gesegnet. Er und seine Schwester Lenchen erhalten je ein Hühnchen als Geschenk. Während Paul es sich sofort braten läßt, zieht die Schwester das ihre groß und verkauft später die Eier, was den Neid des Bruders heraufbeschwört. Die Moral dazu lautet: „Des Sparsamen bedachter Sinn / Gewährt beständigen Gewinn" 358 . Erziehung zur Sparsamkeit, so läßt sich resümierend festhalten, ist zusammen mit anderen „virtutes oeconomicae" wie dem Fleiß und der Genügsamkeit ein Hilfsmittel, sein Leben insgesamt vernünftig zu gestalten, auch wenn man in bescheidenen Verhältnissen lebt. Das bis heute geläufige Sprichwort „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert" verweist auf die gelungene Verinnerlichung des „Musters Sparsamkeit" 359 . Dies wurde am Vorabend der Industrialisierung, vornehmlich zur Zeit der Verelendung breiter Bevölkerungsschichten, wichtiger denn je. Lokale Initiativen und Vereine, weniger der moderne Staat und seine Verwaltungsorgane versuchten, jene Probleme durch die Errichtung von Sparanstalten zu mildern. Hilfe für die ärmere Bevölkerung, aber auch deren soziale Disziplinierung bildeten die entscheidenden Motive für die Gründung von Sparkassen durch die Kommunen oder Kreise seit dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Vernünftige Zurückhaltung bei Geldausgaben paarte sich im Zuge der Volksaufklärung mit der Tugend des gesunden Profitstrebens, das bis heute positiv besetzt ist, da es letztlich Arbeitsplätze schafft und die Wirtschaft ankurbelt.

357 Allgemeines Lesebuch für katholische Bürger und Landleute für Stadt- und Landschulen eingerichtet von einem katholischen Geistlichen in Franken. Verbesserte und vermehrte Auflage. Hildesheim und Paderborn 1793, Nr. 64, S. 154f. 358 Schmid: Zwei junge Hühner. In: Ders.: Lehrreiche, S. 131 f. 359 Mühldorfer-Vogt: „Wer den Pfennig nicht ehrt", 1994, S. 171.

3. Das Verhaltensprogramm der Volksaufklärer Zusammenschau Moral, Sitte, Selbstdenken und Perfektibilität sind Schlüsselbegriffe der Volksaufklärung, die in Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anhob und mit dem Instrument der moralischen Geschichten zwischen 1780 und 1848 ihre Blüte erlebten. Nicht blinder Gehorsam, nicht die ungeprüfte Akzeptanz traditioneller Lehrmeinungen und nicht „maschinenmäßiges Handeln" 1 erwartete man von den Untertanen, sondern den Einsatz der Vernunft in allen Lebensbereichen zum eigenen Wohl und dem des Staates. Ausgangspunkt für die konzertierte Aktion von zunächst überwiegend evangelischen, später auch katholischen Geistlichen, Lehrern, Gutsbesitzern und Ärzten war die Überzeugung von der Perfektionierbarkeit des Individuums, die sie durch die Weckung einfacher Bedürfnisse zu aktivieren suchten, so daß sich jeder aus eigenem Antrieb zu kontinuierlicher Verbesserung und Weiterbildung angestachelt sehen sollte. Sie gedachten, aus den „kleinen Leuten" ein Volk von rational handelnden, ordentlichen, reinlichen, sparsamen, fleißigen, ästhetisch geläuterten, emotional ausgeglichenen, sozial engagierten, mündigen und dabei dem Staat gegenüber loyalen Persönlichkeiten zu schaffen. Dafür entwarfen sie keine Anleitung zur bewunderungswürdigen Lebensgestaltung im ästhetisch-kontemplativen Sinn Montaignes, sondern ein pragmatisches Regulierungssystem zwischenmenschlicher Beziehungen. Tugend realisierte sich für sie nicht im abstrakten Erkennen des Guten, sondern im konkreten Tun. Das Moralprinzip der deutschen Volksaufklärer war ein leistungslastiges, das dem ökonomischen und geistigen Fortschritt im Staat dienen wollte. Im Rahmen der Französischen Revolution und des Sturzes des Ancien régime gewann die kritische Aufklärung bei unseren Nachbarn eine politische Dimension, während im deutschsprachigen Raum die überzeugtesten und radikalsten Aufklärer als Landesfürsten und Kaiser wie Friedrich II. in Preußen und Joseph II. in Österreich an der Spitze des Staates standen. Als Ausgangspunkt einer bis heute wirksamen Säkularisierungstendenz führte die Aufklärung des 18. Jahrhunderts einen tiefgreifenden Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse herbei und beeinflußte damit die Rahmenbedingungen für Kunst und Literatur. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts verbanden sich individuelle Aufstiegshoffnungen und humanitäre Weltverbesserungsideen mit den Anfän1

Campe, Joachim Heinrich: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher. 16 Bde. Hamburg u.a. 1785-1792, hier Bd. III, S. 484.

Das Verhaltensprogramm der Volksaufklärer - Zusammenschau

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gen eines nationalen Selbstbewußtseins, mit der Neubestimmung der Geschlechterrollen wie mit der Lehre vom Schönen als Einheit des inneren und äußeren Menschen. Die Worte „Tugend" und „tugendhaft" finden sich zwar noch im aktuellen Duden, aber in der modernen Alltagssprache sucht man sie vergebens. Wenn sie in der gehobenen Redeweise benutzt werden, dann nur in kritischer oder ironischer Absicht. Vorstellungen, die uns in den Sinn kommen, wenn ein „tugendhafter" Mensch geschildert wird, sind ein äußerlich korrekter Lebenswandel, harmlose Bravheit, Leisetreterei oder gar Scheinheiligkeit, altmodische Gesinnung, Pedanterie und Prüderie. Literarisch wurden diese Negativ-Assoziationen seit dem 19. Jahrhundert popularisiert vor allem durch Wilhelm Büschs karikierende Darstellungen, die er u.a. in der 1874 in Heidelberg herausgegebenen Gedichtsammlung „Kritik des Herzens" veröffentlicht hat: „Hoch verehr ich ohne Frage/ dieses gute Frauenzimmer./ Seit dem segensreichen Tage,/ da ich sie zuerst erblickt,/ hat mich immer hochentzückt/ ihre rosenfrische Jugend,/ ihre Sittsamkeit und Tugend/ und die herrlichen Talente./ Aber dennoch denk ich immer,/ daß es auch nicht schaden könnte,/ wäre sie ein bissei schlimmer." Die viktorianische Verkürzung des Tugendbegriffs auf das Sexuelle und die gleichzeitige Ausklammerung des Sozialethischen hat ein Übriges zur fortschreitenden Entwertung des bürgerlich-biederen Tugendbegriffs getan. Selbstbescheidung, Zähmung der Leidenschaften, stille Unterordnung unter das Schicksal, ein Streben nach Gleichmaß und innerem Frieden, Zufriedenheit mit dem „kleinen Glück" waren Ideale, die mit den moralischen Geschichten bis in die Biedermeierzeit weite Verbreitung gefunden haben. Den Bauern- und Volksaufklärern galten sie als „die Kunst, wie der Mensch auf die gewisseste und dauerhafteste, zugleich aber auch auf die kürzeste und wohlfeilste Weiße [!] sich selbst glücklich und zufrieden machen könnte" 2 . Sie entwickelten mit dem Fernziel eines reibungslos funktionierenden Staates eine neue Moral des sozialen Verantwortungsbewußtseins, der wirtschaftlich durchdachten Lebensführung sowie der ästhetischen Durchdringung von Manieren, Kleidung und Wohnungseinrichtung. Die Vermittlung dieses Ideenkomplexes bedurfte einer Trägerschicht, um kommunikative Geltung und damit politische Wirkung zu erzielen. Sie fand sich im Bildungsbürgertum, also jenen oft akademisch Gebildeten, ökonomisch Erfolgreichen, gesellschaftlich Aufstiegswilligen, administrativ Tätigen, die im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert in Deutschland die von den Volksaufklärern literarisch vorbereitete „defensive Modernisierung" vorangetrieben haben, überzeugt von der Erziehbarkeit des Menschen und der Reformfähigkeit des Staates. 2

Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], „Vorbericht", S. 1.

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Das Verhaltensprogramm der Volksaufklärer - Zusammenschau

Die Sache, um die es ihnen ging, gehört seit mehr als zweieinhalbtausend Jahren zu den ethischen Vorstellungen der Menschheit. Bei den Griechen hieß sie „areté", was mit Gutheit und Bestheit wiedergegeben werden kann, bei den Römern „virtus", zu übersetzen mit Mannhaftigkeit. Im Deutschen schwingt in dem Begriff zusätzlich die Bedeutung von Tauglichkeit oder Brauchbarkeit mit. Gemeint ist aber in allen Sprachen Ähnliches. Es geht nicht um das Überlegen und das sittlich richtige Entscheiden in Einzelfällen, die oft genug schwer zu durchschauen und zu beurteilen sind, sondern um ein sicher erlerntes, gleichmäßiges und dauerhaftes Verhalten, das dem Menschen wie eine feste Eigenschaft zuwächst, gewissermaßen eine zweite, erworbene, psychosoziale Natur. Die Verfasser moralischer Geschichten schlugen vor, daß Eltern und Lehrer diese Texte ihren Kindern, Pfarrer den Gläubigen, Gutsherren den Dienstboten und Gelehrte den Wirtshausbesuchern beim sonntäglichen Frühschoppen am besten aus dem Gedächtnis wiedergeben, um in einen Dialog mit den Adressaten zu treten. Tugenden sollten nicht nur diskutiert, sondern konstant anerzogen, eingeübt, angewöhnt, belohnt werden und damit weithin gelten. Nur aus verläßlichen Einstellungen und Verhaltensweisen lasse sich ein gutes Leben und eine gesicherte Zivilisation des Gemeinsinns, eine Zivilgesellschaft gewinnen. So könne man ein Verhalten erst dann als Tugend, als ein Können und Taugen bezeichnen, wenn es nach Überwindung von Schwierigkeiten und Hindernissen schließlich im Normalfall leichtfällt und eine gewisse Freiheit, Unbefangenheit und Anmut gewonnen habe - oder anders ausgedrückt: Wenn es gerne getan wird. Nicht nur der Einzelne, sondern die Gesellschaft als Ganzes kann sich dann auf seine Gesinnung und sein Verhalten verlassen, auf seine Friedfertigkeit und seine Gerechtigkeit. Dazu bedurfte es einer bewußten Anstrengung auf allen Ebenen der gesellschaftlichen Teilsysteme und subsidiären Strukturen, ohne damit den Staat ganz aus seiner Verantwortung für Gerechtigkeit, die Vermittlung moralischer Grundwerte und die Grundlagen für das physische Wohlergehen seiner Untertanen als Voraussetzung für Sittlichkeit und Glückseligkeit zu entlassen. So wird die Durchsetzung der Pockenschutzimpfung nach ihrer Entwicklung im Jahr 1796 zu einem zentralen, von der Obrigkeit geförderten Anliegen 3 . In den Intelligenzblättern, die die Volksaufklärer zum Gedankenaustausch nutzten, standen Diskussionen im Mittelpunkt, wie Handelshindernisse abgebaut oder die Gewerbefreiheit durchgesetzt werden könnte, um den Bauern ökonomische Anreize zur Änderung ihres Wirtschaftsgebaren zu geben 4 . Das volksaufklärerische Wirken in der Epoche zwischen dem Siebenjährigen Krieg und dem Vormärz bildete keinesfalls eine einheitliche Strömung, an

3 4

Vgl. die medizinhistorische Dissertation von Wolff: Einschneidende Maßnahmen, 1998. Vgl. oben den Abschnitt „Wege und Mittel der Volksaufklärung", S. 54-62.

D a s V e r h a l t e n s p r o g r a m m der Volksaufklärer - Z u s a m m e n s c h a u

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der zur Verbreitung oberschichtlicher Ideen alle Schlüsselpersonen an einem Strang gezogen hätten. Karl-Heinz Ziessow hat bereits 1988 hervorgehoben, daß dieser Diffusionsprozeß unter Umständen eine starke Eigendynamik entwickeln konnte 5 . Da die Volksaufklärung weitgehend Privatsache der „Volkslehrer" war, setzten sie nach Gutdünken und Interesse vielfältige Akzente in dem großen Spektrum aufklärerischer Ideen (Ökonomie, Hygiene, Ästhetik, Empfindsamkeit und soziales Engagement), und gingen dementsprechend als „Obstpfarrer", „Bienenpfarrer" usw. in die Lokalgeschichte ein6. Auch fielen ihre Bemühungen nicht immer auf fruchtbaren Boden, wenn das Einvernehmen zwischen Pfarrer/Lehrer und Gemeinde nicht stimmte 7 . Schließlich war die Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung der selbst ernannten oder später beauftragten Volksaufklärer und der Bereitschaft des „Pöbels", ihnen zu folgen, in vielen Fällen groß. Die Volksaufklärer begriffen Moral als Äußerung des Gemeinschaftslebens, welche zum Zweck der Disziplinierung des individuellen Trieblebens Erfahrungen herausbildete, die zunächst ihren Niederschlag in der Sitte fanden, um im Laufe unseres Beobachtungszeitraums den Charakter moralischer Normen anzunehmen. Solche Normen treten zwar in der Form einer kategorischen, unbedingten Sollensforderung auf, sind aber dem Wesen und Ursprung nach hypothetisch, nämlich bedingt durch das Ziel des Wohlergehens der Gesellschaft 8 . Die Mechanismen der Selbstdisziplinierung, wie sie Norbert Elias beschrieben hat9, waren im Prozeß des sozialen Wandels eng mit den vor allem von Michel Foucault untersuchten Techniken der Fremdkontrolle verknüpft 10 . Mit dem durch die Volksaufklärungsbewegung herbeigeführten Wandel im Umgang miteinander war nicht nur die Notwendigkeit verbunden, alle Gesellschaftsmitglieder zu einer allgemeinen ständeübergreifenden Kommunikation zu befähigen, sondern auch eine wissensgestützte beruflich-technischagrarische Fortbildung der Handwerker-, Arbeiter- und Bauernschaft zu organisieren. Für das Handwerk mündete dieser Weg in die Durchsetzung einer allgemeinen Handwerks- und Gewerbeordnung, die der erste deutsche Handwerker- und Gewerbekongreß 1848 der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche vorlegte - unterstützt von dem handwerksfreundlichen preußischen König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861). Die zentrale Aufgabenstellung volksbildnerischer Tätigkeit führte zu einer zunehmenden Verlagerung

5

Ziessow: O r t h o d o x e C a m e r a obscura, 1988, S. 31.

6

Vgl. oben das Kapitel „Profile der . V o l k s l e h r e r ' " , S. 68-111.

7

Vgl. Loock: „ U n d pißten ihm in den Schuh", 1985. - Ziessow: O r t h o d o x e C a m e r a obscura,

8

Vgl. zu dieser B e w e g u n g des transzendentalen Idealismus Robert Reiningers Stegmüller:

1988, hier S. 28 f f . H a u p t s t r ö m u n g e n d e r Gegenwartsphilosophie, 6. Aufl. 1978, S. 397f. 9

Elias: Ü b e r den Prozeß der Zivilisation, 2 Bde. 1976.

10

Foucault: Ü b e r w a c h e n u n d Strafen, 1977.

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des Lernens weg von alltäglichen, traditionellen, imitativen Lernvollzügen in der Handwerkerlehre hin zu institutionsgebundenen und organisierten Veranstaltungen, d.h. zu schulförmigem Unterricht in Polytechnischen Vereinen und Gewerbeschulen". Die viel gepriesenen Errungenschaften der Vulgäraufklärung, das Nützlichkeitsdenken und das Glücksstreben, hielten Nachgeborene vielfach für Egoismus und Vergnügungssucht. Anfang des 19. Jahrhunderts hielt man das überkommene Bildungsziel gesellschaftlicher Brauchbarkeit für unzureichend und verlangte nach einer Erziehung zur Freiheit und zur Selbstbestimmung, nicht zu einer durch Stand und Besitz vorgezeichneten Position. „Was im Munde Schillers und vieler anderer individualistisch und ästhetizistisch geklungen hatte", so das Credo Manfred Fuhrmanns, „das Plädoyer für die dem Fluch der Spezialisierung sich entgegenstemmende Persönlichkeit, gewann eine politische Dimension hinzu und erschien nunmehr als Gebot der das Staatswohl im Ganzen bedenkenden Vernunft" 12 . Die mit der Volksaufklärung einhergehenden sogenannten „Sekundärtugenden" Fleiß, Ordnungsliebe, Sparsamkeit, Gehorsam, Sauberkeit, Pünktlichkeit usw. wurden seit den 1960er Jahren vehement kritisiert. Bekanntgeworden ist damals vor allem die Klage des katholischen Schriftstellers Carl Amery. Er verwies auf die Verankerung dieser Eigenschaften in der Person, wodurch sie sich für jeden beliebigen und also auch unmoralischen Zweck einspannen lassen. Dies machten sich besonders die nationalsozialistischen Machthaber zunutze, so daß deren Herrschaft gerade von besonders pflichtbewußten Menschen gestützt werden konnte 13 . Anfang der 1970er Jahre verschwanden aus den Schulzeugnissen die alten Kopfnoten für Ordnung, Fleiß und Betragen, weil der Mensch sich nicht mehr anmaßen sollte, des Menschen Richter zu sein. Der antiautoritäre Affekt rührte von der Überzeugung her, daß jede Autoritätsausübung auf totale Herrschaft tendiere und daß jedes Bestehen auf die nicht zu den Kardinaltugenden 14 gehörenden Eigenschaften eine Vorbereitung

11 Vgl. z.B. Seidel: Gewerbeförderung durch den Polytechnischen Zentralverein zu Würzburg, 1985. - Sabine Barnowski-Fecht hat am Beispiel der Stadt Oldenburg den Strukturwandel des Zunfthandwerks zwischen 1731 (Reichsabschied) und 1861 (Gewerbefreiheit) bzw. die Wechselwirkung von zünftiger Lebensform und Modernisierungskräften mit Hilfe einer "integrierten Handwerksgeschichte" untersucht. Sie verknüpft einerseits die sozialökonomische Lage der Meister und Gesellen, ihre sozialen Beziehungen, rechtliche Regelungen (Amtsartikel u.ä.), Sozialmentalität (zünftiges Wert- und Normengefuge), Gewerbepolitik, Öffentlichkeit mit der allgemeinen Wirtschafts-, Sozial- und Politikgeschichte. Vgl. Dies.: Das Handwerk der Stadt Oldenburg, 1999. 12 Fuhrmann: Latein und Europa, 2001, S. 139. 13 Vgl. Amery: Die Kapitulation, 1963, bes. S. 20ff. 14 Bei Piaton waren das Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit und Gerechtigkeit. Auf diese vier Tugenden wurden alle anderen zurückgeführt. Thomas von Aquin fugte diesem Modell noch drei göttliche Tugenden hinzu, nämlich Glaube, Liebe und Hoffnung.

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der Menschen auf die Akzeptanz totaler Herrschaftssysteme sei15. In einer Zeit des individualistischen Hedonismus wirken Tugenden wie sie im 18. Jahrhundert propagiert wurden auf die meisten nur noch lächerlich. Eine Inhaltsuntersuchung der erzählenden Bauernbelehrung offenbart ein Konglomerat aus moralischen und christlich-religiösen Unterweisungen, landwirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Informationen und Aufforderungen, die Vernunft anzuwenden. Die Volksaufklärer versuchten alle Lebensbereiche zu erfassen, so daß Ökonomisches, Soziales und Moralisches gar nicht voneinander zu trennen sind. Vernunft und Gläubigkeit sollten das rechte Verhalten gleichermaßen tragen; Ökonomie und Transzendenz formierten sich zu einer umfassenden Ideologie des „Sichauszahlens": hilf dir selbst, dann hilft dir Gott, sei gut, sei fleißig, sei vernünftig, dann wird sein Segen nicht ausbleiben. Gepredigt wurde eine praktische Frömmigkeit, d.h., der Mensch flieht erst dann ins Gebet, wenn die Hilfe des Verstandes nicht mehr ausreicht. Die Liste der von den Volksaufklärern aufgebrachten neuen bürgerlichen Tugenden, welche die Herausbildung einer neuen Gesellschaftsformation begleiteten, ist ebenso lang wie die als Gegenbilder vorgeführten Laster 16 . Ein Punkt der Unterweisung gilt der Wohltätigkeit, wobei nur würdige Arme solcher Almosen wert sind. Diese Spenden sind nach der Meinung der Aufklärer ein Teil des Glücks auf Erden. Jegliches tugendhaftes Verhalten bedeutet einen Schritt in Richtung Glück, das vorrangig auf das irdische Leben bezogen wird.Als Schwächen wurden eingehend betrachtet: Eifersucht, Eitelkeit, Lügen, Meineid, Müßiggang, Tierquälerei, Prunksucht, Spielleidenschaft, Verschwendung, Völlerei, Wollust und Zank. Laster fuhren, da sie keine zweckhafte Ausrichtung besitzen, fort vom Pfad der Tugend. Sie bilden Negativbeispiele, weshalb finanzielle Miseren oder wirtschaftlicher Ruin in der Regel als ihre Folge interpretiert werden. Da lasterhafte Menschen auf die Hilfe der Tugendsamen angewiesen sind, unterminieren sie zugleich das Gemeinwohl. Dieses aber steht bei den meisten Volksaufklärern im Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Die volksaufklärerische Tugendethik zielt auf die sichere Fähigkeit und Bereitschaft, hier und jetzt die richtigen Wege und Mittel zu erkennen, um das situationsgerechte Gute zu realisieren (Klugheit). Gerechtigkeit billigt dem anderen Würde und Ansprüche in analoger Weise wie einem selbst zu, wobei Gleiches gleich, Ungleiches ungleich zu behandeln ist. Sie wendet sich sowohl gegen Unrechttun als auch Unrechtleiden. Tapferkeit meint die Bereitschaft, auch unter Gefahren und Beschwernissen für das Gute und besonders das Gerechte entsprechend der eigenen Uberzeugungen einzutreten. Das Maßhalten

15 Spinnen, Burkhard: Welche Schule wollen wir? Kopfnoten für alle. Warum der Lustfaktor nicht bildet. In: Süddeutsche Zeitung, 28.2.2002. 16 Vgl. hinten das Register der Motive, Tugenden und Laster, S. 375-457.

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lehnt die Unterdrückung der menschlichen Triebe ebenso ab wie deren ungeordnete Befriedigung. Die Genüsse von Essen, Trinken, sexueller Lust, das Verlangen nach Wohlstand und gesellschaftlicher Geltung sowie die Abneigung gegen Schmerz und Leid sollen ihrer Eigenmacht entzogen und zu einer harmonischen Erfüllung geführt werden, damit Glück möglich sei. Das sinnvolle Ineinander von Vernunft und Trieb, von Ansprüchen des einzelnen und dessen Gemeinschaft garantiert das Gelingen des Lebens. Damit erledigt sich das Vorurteil, bei der Tugend gehe es nur um behagliches Wohlsein in der privaten bürgerlichen Sphäre, nicht aber um Gesellschaft und Politik. Private Moral und Sozialethik existieren hier aus derselben Wurzel. Ehrlichkeit, gutes Verhalten, Verzeihung, Rechtschaffenheit, Vernunft und das gesellschaftliche Miteinander werden als anzustrebende Einstellungen direkt angesprochen und betreffen vor allem das Verhältnis zwischen Herrschaften und Dienstboten 17 . Besondere Aufmerksamkeit gilt ferner der Kindererziehung, wobei man ein Mittelmaß an Strafen für richtig erachtet. Die Jugend muß zur Gehorsamkeit angehalten werden, was zwar für die noch bestehende Feudalgesellschaft selbstverständlich war, jedoch noch wichtiger für die heraufziehende Industriegesellschaft werden sollte. Man darf die Erziehung zum Gehorsam als Teil der alten und neuen Sozialdisziplinierung deuten. In diesem Kontext ist darum auch die Erziehung zu Fleiß und Arbeitsamkeit zu sehen. Hier wird offensichtlich, daß die Tugenden nicht nur in ihren moralischen Auswirkungen auf die Gesellschaft bedeutsam waren, sondern auch in ökonomischer Hinsicht Früchte tragen sollten. Das gilt in besonderem Maße für die „Ordnung" als Hilfe für einen geregelten Arbeitsablauf, eingeübt durch den regelmäßigen Schulbesuch. Die von den Volksaufklärern aufgestellte Sittentafel schließt die Toleranz gegenüber Andersgläubigen und Fremden ein18. Im Sinne der „moralischen Ökonomie" 19 werden Sparsamkeit und Fleiß zur Erhöhung der Produktivität und Reinlichkeit zur Erhaltung der Gesundheit in besonderer Weise gefördert. Eine Überhöhung finden diese Verhaltensziele mit den Tugendfesten und -preisen; ihre Einübung geschieht durch eine „vernünftige" Schulerziehung und durch Dorfgeistliche als Religionslehrer oder „Lehrer der Sittlichkeit". Gehorsam und Ungehorsam werden als moralische Kategorie in den Mittel-

17 Vgl. z.B. Geiger: Zehntes Hauptstück: Von dem, was Herrschaften ihren Dienstbothen schuldig sind. In: Ders.: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o. J. [um 1800], S. 170-175. Ders: Eilftes [!] Hauptstück: Von dem, was Dienstbothen ihren Herrschaften schuldig sind, ebd., S. 175-186. - Zum aufgeklärten Umgang mit dem Personal vgl. auch Rousseau: Julie oder die neue Héloïse, 1761, hier 2. verbess. Aufl. 1988, S. 464-491. 18 Vgl. Alzheimer-Haller: Edler Wilder, armer Heide, fauler Neger, 2000, bes. S. 42-46. 19 Der Begriff der „moral economy" wurde von Edward P. Thompson geprägt. Vgl. Ders.: Die moralische Ökonomie der englischen Unterschichten im 18. Jahrhundert. In: Ders.: Plebeische Kultur und moralische Ökonomie. Frankfurt/Main 1980, S. 66-130.

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punkt gerückt. Schon kleine Kinder hält man konsequent zu Aufrichtigkeit und kontinuierlicher Lernbereitschaft an. Im Wesentlichen sind fünf Bereiche auszumachen, welche die Volksaufklärer als Grundlage der neuen Moral ins Visier genommen haben. Sie forcierten erstens ein ökonomisches Denken, das den rationellen Umgang mit Geld, Zeit, Nahrungsmitteln, Energie und Gesundheit umfaßt. Zweitens forderten sie eine hygienische Grundhaltung, die den Kampf gegen Unordnung und Nachlässigkeit im Umgang mit Dingen sowie gegen Schmutz am eigenen Körper, an der Kleidung, im Haus und seiner Umgebung einschloß. Drittens lag ihnen die Vermittlung ästhetischer Normierungsvorschriften am Herzen, die sich in schlichter Mode, Architektur und Ausstattung der Wohnräume manifestierte. Viertens überschnitt sich die Hoch-Zeit der moralischen Geschichten (17801848) mit der literarischen Strömung der Empfindsamkeit (1730-1800), in der auch andere Kleinformen ein gesteigertes Gefühlsleben propagierten. Dies impliziert in den moralischen Geschichten die ständig wiederkehrenden Appelle an eine emotionale Hinwendung zum Nächsten. Fünftens wird versucht, beim Leser die Einsicht in die Notwendigkeit sozialen Engagements zu wecken. Freilich bieten die moralischen Geschichten als normative Literaturgattung keine unmittelbare Wirklichkeitserfahrung - ein Teil der Motive läßt sich als Wandergut identifizieren, das in anderer Aufmachung auch in Sage, Schwank, Witz, Fabel, Märchen oder Anekdote auftaucht - , aber sie künden das Ideal einer optimierten Gesellschaft und verfügen damit über politisches Gewicht20. Fand die Utopie seit Thomas Morus' „Insel Utopia" (1516) ihre literarische Gestalt in abgeschlossenen Staatsromanen, so nahmen im 18. Jahrhundert auch andere Erzählformen utopische Elemente auf21. Dazu zählen nicht zuletzt die moralischen Geschichten. Sie sagen viel aus über die epochenspezifischen Probleme und Wunschbilder ihrer Autoren. Die tatsächlichen Lebensformen zur Zeit der Volksaufklärung lassen sich durch die Analyse dieser Textgattung nur schwer erschließen. Das überfordert den Untersuchungsgegenstand. Eine Idee zu denken, heißt noch nicht, daß sie zur Ausführung kommt, denn die programmatischen Entwürfe der Aufklärer waren mit den pragmatischen Zwängen des Alltags oft unvereinbar. Aber keine kulturalistische Relativierung kann die in den Geschichten anklingenden säkularen Modernisierungsprozesse und die Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft seit etwa 1750 übersehen, auch wenn Relikte bäuerlichen Beharrens, wie wir sie in den bayerischen Physikatsberichten aus der Zeit um 1860 antreffen 22 , als Residuen der Vormoderne in einer sich modernisierenden bürgerlichen Welt erscheinen. Obwohl die bürgerliche Gesellschaft für neue Sitten warb, hieß das also noch

20 Vgl. Neugebauer-Wölk/Saage: Die Politisierung des Utopischen im 18. Jahrhundert, 1996. 21 Vgl. z.B. den Briefroman von Rousseau: Julie oder Die neue Héloïse, 1761-1764. 22 Vgl. Reder: Die bayerischen Physikatsberichte 1858-1861, 1995, passim.

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nicht, daß die Gesellschaft der Bauern und Bürger sie auch schon praktizierte. Dies ist in unserem Quellenfundus anhand der von den Autoren selbst eingeschobenen und in der vorliegenden Arbeit immer wieder zitierten Kommentare zu überprüfen. Der klagende Unterton legt den Schluß nahe, daß die Wirklichkeit noch weit entfernt war von den in den Beispielgeschichten entworfenen Denkbildern. Ökonomisches Denken Über weite Strecken des 18. Jahrhunderts wurden die Begriffe „Ökonomie" und „Wirtschaft" noch in Verbindung mit dem Bedeutungsfeld des Hauses und der Haushaltung gesehen 23 . Betriebswirtschaftlich-gewinnorientiertes Verhalten war damit noch nicht gemeint. Wenn die Volksaufklärer von „Ökonomie" sprechen, dann geht es ihnen um den haushälterischen, also vernünftigen Umgang mit Zeit, Geld und Energie. Er gilt als „säkularisierte Seligkeit" 24 und soll jegliches Handeln bestimmen. Dazu gehört die Bekämpfung von Magie, Hexenvorstellungen und Gespensterangst durch die Produktion von Texten, die naturwissenschaftliche Vorgänge in einer für jedermann verständlichen Sprache aufbereiten 25 . Eng verknüpft mit der Frage der Ökonomie ist das Gebot der „Nützlichkeit", das Geliert zu Beginn der zweiten Jahrhunderthälfte in eine gern zitierte Formel gefaßt hat: „Die Kunst sey noch so groß, die dein Verstand besitzt, sie bleibt doch lächerlich, wenn sie der Welt nichts nützt" 26 . Christoph von Schmid reimt für Kinder rund siebzig Jahre später: „Befaß dich 27

nicht mit solchen Dingen, die keinem Menschen Nutzen bringen" . Es gilt der Tenor, Vernunft beim Handeln anzuwenden. Der Landmann soll traditionelle Methoden aufgeben und sich aufgeschlossen zeigen gegenüber landwirtschaftlichen Neuerungen oder rationelleren Arbeitsweisen wie der Stallfütterung, dem Kleeanbau, der Seidenraupenzucht, dem Kartoffel- und Gemüseanbau und der verbesserten Obsterzeugung. Die Tugenden der Arbeitsamkeit und der Sparsamkeit greifen auch hier. Ökonomisches Denken schlägt sich nach Meinung der Volksaufklärer nicht bloß in materiellem Lohn nieder, sondern auch in einem immateriellen Wert. Es zahlt sich aus, mit Vernunft zu Werke zu gehen. Da sie sich aber nur in einem wohl geordneten Kopf entfalten kann, wird die Ordnungsliebe schon in der Kleinkind-Erziehung hochgehalten 28 . Der Wert der Ordnung läßt sich aus 23 Vgl. Tribe: Governing Economy, 1988. 24 Lichtenberg: Unterhaltsame Bauernaufklärung, 1970, S. 15. 25 Vgl. dazu die Bemühungen um die Einführung des Blitzableiters, den Benjamin Franklin 1749 erfunden hat, geschildert oben im Kapitel „Mensch und Natur", S. 263-268. 26 W i W o 2 ( 1 7 6 9 ) , S. 249. 27 Schmid: Die Erbsen. In: Ders.: Kurze Erzählungen, 1824-27, S. 18. 28 Vgl. Loos: Handbuch der Erziehungskunde, Bd. II (1908), S. 156f.

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praktisch-ökonomischen und aus ästhetischen Gesichtspunkten dartun. Praxisnah gedacht, bürgt Ordnung für die richtige Verwendung der Zeit und hiermit fur die rasche und sichere Erreichung der Arbeitsziele. In ästhetischer Hinsicht hängen Attraktivität und Behaglichkeit der Wohnung und der Eindruck, den man auf seine Mitmenschen macht, wesentlich von bestimmten Ordnungsvorstellungen ab. Durch die Gewöhnung an feste Ordnungen in allem und jedem trachtete man danach, Kindern frühzeitig den rechten Umgang mit der Zeit beizubringen. Vorbildlich könne die Strukturierung des Tagesablaufs im Elternhaus wirken, insbesondere der geregelte Wechsel von Wachen und Schlafen, von Arbeit und Erholung, die Einteilung der Mahlzeiten, die periodische Wiederkehr hygienischer Vorkehrungen, bald darauf auch die strenge Ordnung der Schule, schließlich alle Maßregeln für die öffentliche Ordnung in Stadt und Land. In solcher Umgebung aufwachsend, sollte es dem Kind leicht fallen, in seinem Äußeren, also in Kleidung, Pflege der Haut, des Haares, der Zähne usw., allen Forderungen der Ordnung und Reinlichkeit zu entsprechen. Ebenso muß es in seinen Schul-, Schreib- und Spielsachen Ordnung zu halten lernen, insbesondere soll jeder dieser Gegenstände seinen festen Aufbewahrungsort besitzen. Für die Erledigung der Hausaufgaben sowie für die Erholung durch Spiel und Spaziergang sind bestimmte Zeiten einzuhalten. Eltern sollen ihre Kinder dazu erziehen, „auf einen gewissen Glockenschlag wieder zu Hause in 29

der Stube" zu erscheinen . Der Sinn für zeitsparende Ordnung und Systematik muß aber auch bei jedem einzelnen Geschäft, ζ. B. bei Anfertigung schriftlicher Aufgaben, bis ins Detail der Arbeitsgliederung eingeimpft werden. So wird das Kind bald erkennen, daß es nur auf diese Weise rasch und sicher zum Ziel kommt. Die Zeitplanung geht, wie Michel Foucault in seiner Geschichte des Gefängnisses herausgearbeitet hat, zurück auf die klösterlichen Gemeinschaften, die ein strenges Schema entwickelt hatten 30 . Seine drei Elemente - Festsetzung von Rhythmen, Zwang zu bestimmten Tätigkeiten, Regelung der Wiederholungszyklen - lebten fort in Handwerksbetrieben und Spitälern der Frühen Neuzeit. Die Erziehungshäuser und Fürsorgeeinrichtungen der Volksaufklärung setzten das Leben und die Regelmäßigkeit der Klöster fort, an die sie oft angeschlossen waren. Die Insassen dieser Anstalten wurden zuvorderst zu „nutzlicher Zeit-An Wendung"31 angehalten. Doch nicht nur für sie galt Müßiggang als Verfehlung. Zeit zu vergeuden stand auch Bürgern und Bauern nicht 29 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 156. 30 Vgl. Foucault: Überwachen und Strafen, 8. Aufl. 1989, S. 192. 31 Der Benediktinerpater Odilo Scherger ermahnt seine Leser in dem vierbändigen Werk über die „nutzliche Zeit-Anwendung" (1755-1766), die kurz bemessene Lebenszeit mit sinnvollen Beschäftigungen auszufüllen.

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zu, denn Zeit wird von Gott gezählt und von den Menschen bezahlt. Es ist kein Zufall, daß gerade in den Intelligenzblättern Uhrmacher gerne für ihre Produkte warben 32 . Benjamin Franklin (1706-1790) bringt es auf den Punkt, wenn er schreibt: „Seitdem unsere Zeit einem Einheitsmaß unterworfen ist und des Tages Goldbarren zu Stunden gemünzt wird, wissen die Fleißigen aller Berufe jede Minute zu ihrem Vorteil zu nutzen. Wer aber seine Zeit sorglos vertändelt, ist in Wahrheit ein Geldverschwender" 33 . Im Zuge der heraufziehenden Industrialisierung wuchs der Zeit eine immer stärker säkularisierte Dimension zu34. Nicht mehr das Gebetläuten und der schwankende Rhythmus von Tag und Nacht 35 bestimmten den Umgang mit der zur Verfügung stehenden Lebenszeit, sondern ihre stabile Messung und die damit ermöglichte optimale Ausnutzung 36 . Exakt einzuhaltende Stundenpläne sollten die Gefahr der Verschwendung von Zeit als wirtschaftliche Unredlichkeit bannen. Disziplinierte Menschen profitieren von einer positiven Ökonomie, die auf das Prinzip einer theoretisch endlos wachsenden Zeitnutzung setzt. Es ging darum, aus der Zeit immer noch mehr verfügbare Augenblicke und aus jedem Augenblick immer noch mehr nutzbare Kräfte herauszuholen. Die Erziehung zur Pünktlichkeit bedeutete Koordination und Synchronisation wirtschaftlicher und militärischer Vorgänge 37 . Unpünktliche Zeitgenossen stahlen ihren Mitmenschen kostbare Zeit und wurden daher für ihre Rücksichtslosigkeit gerügt. Tragbare Uhren, in denen Spiralfedern für den Antrieb sorgten, später bekannt als „Nürnberger Ei", stellte zwar bereits um 1500 der Schlosser Peter Henlein her. Für die Mehrheit der Bevölkerung galten jedoch bis weit in das 18. Jahrhundert hinein als Standard-Einheiten so dehnbare Begriffe wie die Zeit, die notwendig war, ein Vater unser oder ein Ave Maria zu beten 38 , bzw. 32

1767 zeigte z.B. der Uhrmacher Vetter, der Taschen-, Wand- und Kirchenuhren herstellte und reparierte, seine Niederlassung in Lemgo an (Lippische Intelligenzblätter, 4.1.1767, S. 360). Der Detmolder Hofuhrmacher Boberg inserierte häufiger und bot englische Pendeluhren, sowie selbstgefertigte Tafel- und Sackuhren an (ebd. 17.12.1768, S. 805). 1788 warb ein Amsterdamer Uhrmacher um die Kundschaft von Lemgo (ebd. 28.6.1788, S. 204). - Zit. n. Kania: Zeitvergleich, 1998, S. 325, Anm. 32.

33 Poor Richard's Almanac, Jan. 1751. In: the Papers of Benjamin Franklin, hg. v. L. W. Labaree und W. J. Bell. New Haven 1961, Bd. IV, S. 86f. 34 Vgl. Thompson: Zeit, Arbeitsdisziplin und Industriekapitalismus. In: Ders.: Plebeische Kultur und moralische Ökonomie, 1980, S. 35-66. 35 Vgl. oben meine Anmerkungen zur Einfuhrung der Straßenbeleuchtung im Kapitel „Ständische Gesellschaft", S. 205. 36 Vgl. Dohrn-van Rossum: Die Geschichte der Stunde, 1995. 37 Vgl. meine Ausführungen zu den sog. „Offiziersuhren" oben, S. 219. 38 In der Chronik des Freiburger Weiberkrieges von 1757 wird berichtet, die Aufständischen seien „kein vatter unser lang alldorth geblieben". Zu den Verfahren, die Zeit ohne Uhr zu messen vgl. Gockerell: Zeitmessung ohne Uhr, 1980, S. 142f„ Münch: Lebensformen, 1996, S. 179f., Allweier: Ihr Herren, 1997, S. 101, sowie Kania: Zeitvergleich, 1998, hier S. 180ff.

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eine „Ackerläng" abzuschreiten 39 . Eine Reihe von Erfindungen, welche die Genauigkeit der Uhrwerke und den Tragekomfort erhöhten und gleichzeitig Größe und Gewicht der Uhrwerke verringerten, erleichterten die Befolgung zeitlicher Vorgaben im 17. und 18. Jahrhundert stetig. Die Massenproduktion von Uhren mit auswechselbaren Teilen begann in den Vereinigten Staaten nach dem nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783). Der Wettbewerb drückte den Preis einer Uhr auf einen Dollar oder noch darunter. Damit konnten sich die meisten Familien erstmals einen individuellen Zeitmesser leisten und mithalten in der neuen exakten Einteilung von Tag und Nacht in Stunden, Minuten und Sekunden. Dies wiederum war die Voraussetzung für die geforderte neue Arbeitsmoral. Die zeitlich festgelegte Systematik des äußerlichen Tuns wirke sich, so das Versprechen der Volksaufklärer, allmählich und unvermerkt auch auf das Innere aus. Sie spiegelt sich in der Ordnung, Klarheit und Planmäßigkeit des Denkens, in der scharfen Trennung alles Tatsächlichen und Gesetzmäßigen, von Phantastischem und Gefühlsmäßigem wider. Selbst auf das Gebiet der Wünsche und Begierden würde die Einhaltung äußerer Ordnung heilsam zurückwirken und so die Charakterbildung positiv beeinflussen. Die Anpassung an den Rhythmus der Uhr bedeutete gleichwohl ein mühseliges Unterfangen. Der „Weg von der Kirchenglocke zur Stechuhr war ein langwieriger Prozeß" 40 , wurde gleichermaßen mit drastischen Disziplinierungsmaßnahmen 41 wie mit literarischer Schützenhilfe erkämpft. Auf den Kommunion- und Konfirmationsfotografien männlicher Jugendlicher des 19. Jahrhunderts bildet die erste Taschenuhr bereits den stolz vorgewiesenen Beleg für den Aufstieg in die Welt der Erwachsenen. Heute sind wir - umstellt von funkgesteuerten Präzisionszeitmessern - an einem Punkt angelangt, indem uns die „Entdeckung der Langsamkeit" wieder attraktiv erscheint 42 .

39 Vgl. die in Unterfranken heute noch verbreitete Redensart „Alszu js kei Ackerläng", die verwendet wird, wenn man jemanden mit dem Hinweis trösten will, daß auch unangenehme Situationen irgendwann ein Ende haben. 40 Vgl. Drascek: „Früh um 6 Uhr habe ich schon nahezu 24 Stunden Verspätung", 1999/2000, S. 57. 41 Seifert: Ursprünge und Folgen der Ökonomisierung von Zeit, 1990, S. 53 u. 57. 42 So der Titel eines Romans über einen Seefahrer, der von chronischen Schmerzen geplagt, sich außer Stande sieht, Dinge in Eile zu erledigen und darum an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird: Nadolny, Sten: Die Entdeckung der Langsamkeit. München o.J. [1983].

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Reinlichkeit: Hygienische Umweltgestaltung Die kulturelle Deutungselite der Aufklärung registrierte drei unterschiedliche Verhaltensweisen sozialer Gruppen des Ancien régime in bezug auf Reinlichkeit: Am Hygienebegriff des Adels rügte sie den Verzicht auf Wasser und die Betonung des repräsentativen Erscheinungsbildes einer Person. Am Verhalten der ländlichen und städtischen Unterschichten bemerkte sie den unbefangenen Umgang mit Körper und Schmutz. Das Stadtbürgertum erhielt gute Zensuren aufgrund seiner Anstrengungen, Reinlichkeit und Ordnung zur Stabilisierung des Sozialsystems miteinander zu verbinden 43 . Die in den moralischen Geschichten dokumentierten Anstrengungen, ein sauberes Stadtbild zu präsentieren, sind oben näher ausgeführt 44 . Nach 1750 setzte, angestoßen durch neue medizinische Vorstellungen, ein breitenwirksamer Wandlungsprozeß ein. Insbesondere die Neubewertung des Wassers als Reinigungsmittel und die naturwissenschaftliche Kenntnis der Zusammensetzung der Luft - der englische Prediger Joseph Priestley entdeckte 1774 den Sauerstoff - führten im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zu deren Einbindung in diätetische und reformpädagogische Programme. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeugen neue oder verbesserte Bade- und Wascheinrichtungen von der kulturellen Umwälzung 45 . Reinlichkeit als soziale Praxis und normatives Deutungsmuster war nicht nur Ausdruck eines neuen Körpergefuhls, sondern eines „neuen Lebensstils" 46 . Die Mediziner wollten über die „Kontrolle der Köpfe" die „Normierung des Körpers" erreichen 47 , die Bürger entsprechend über die Körper die Köpfe der Menschen verpflichten. Reinlichkeit wurde zum sozialen Ordnungsmodell, das ein ausdifferenziertes System von Anstalten der Körperkontrolle (Schulen, Bewahranstalten, Krankenhäuser) umsetzte. Neben Ärzten tauchten deshalb auch andere expandierende Berufszweige wie Pädagogen und Theologen als Motoren bürgerlicher Reinlichkeits- und damit Gesellschaftsvorstellungen auf. Sie lösten das Grundmuster „Reinlichkeit" aus dem religiösen Bedeutungsfeld und deuteten es in aufgeklärter Perspektive um, d.h. es umfaßte von nun an mehr als nur Gesundheit und Hygiene, sondern schloß auch die „planmäßige Entwicklung eines neuen sozialen Typus des selbstbewußten, tätigen Individuums" mit

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Vgl. die bereits vorliegenden Regional-Studien zur Durchsetzung neuer Hygienevorstellungen: Kuchenbuch: „Säuisches Wirthschaften", 1987. - Kaschuba: Deutsche Sauberkeit, 1988. - Buttler: Reinlichkeit für den Landmann, 1996. - Frey: Der reinliche Bürger, 1997. Vgl. oben das Kap. „Reinlichkeit und Schmutz", S. 323-331, sowie das Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. Reinlichkeit, S. . Trümpy: Sauberkeit, 1986. Frey: Der reinliche Bürger, 1997, S. 120. Ebd., S. 121.

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ein48. Selbst das Gelingen der Ehe ließ sich von dieser Eigenschaft abhängig machen. „Nichts ist widerwärtiger, als Unsauberkeit und Sauerey, besonders an einem Weibe", warnt der bayerische Volksaufklärer Franz Xaver Geiger alle heiratswilligen jungen Leserinnen 49 . „Sie soll sich", so fuhrt er weiter aus, „auch nach Möglichkeit hüten, daß sie durch keine schmutzige und unreine Gestalt am Körper sich eckelhaft und gräuslich macht. Man hat eine Menge Beyspiele, daß Männer ihre eheliche Treue gebrochen haben, bloß aus der Ursache, weil sie an ihrer Frau jene Reinlichkeit nicht gefunden haben, die sie mit Recht von ihr haben fordern können". Reinlichkeit figuriert als Ausdruck einer aufklärerischen neuen Auffassung vom Körper samt seiner Leistungsfähigkeit. Das adrette Erscheinungsbild korrespondiert von nun an mit innerer Reinlichkeit, sprich mit Aufrichtigkeit und Strebsamkeit 50 . De facto herrschte um 1800 eine Zweiteilung der Reinlichkeitskulturen: auf der einen Seite stand das Modell der Bürger, die im Bündnis mit dem Staat konsequenterweise die Bevölkerung zu Reinlichkeit erziehen wollten, um sie zugleich sozial und politisch zu disziplinieren 51 . Auf der anderen Seite befand sich die beharrende Kultur der Unterschichten, welche die bürgerlichen Steuerungsversuche als Angriff auf ihre Werte und Lebensweisen verstanden 52 . Reinlichkeit steckte ein Raster der Orientierung im sozialen Raum ab, das erlaubte, oben und unten, faul und fleißig, gesund und krank zu lokalisieren. Sie war zum äußeren Zeichen des Bürgers geworden, und damit galt die Phase der medizinischen und pädagogischen Programmbildung als weithin abgeschlossen. In den Reaktionen auf die Cholera nach 1830 sowie im Ausbau der städtischen Wasserversorgung und Kanalisation zeigte sich die Durchsetzungskraft bürgerlicher Reinlichkeits-, Ordnungs- und Gesellschaftsvorstellungen, denen sich nur dort noch Hemmnisse und Widerstände entgegenstellten, wo bäuerliche Wirtschaftsformen und Mentalitäten dominierten 53 . Als flankierende Maßnahme dienten auch hier wieder moralische Geschichten von Bäuerinnen, die keine Milch mehr absetzen, nachdem die Kundschaft gewahr geworden ist, wie schmutzig es auf dem Hof zugeht 54 , von Mädchen, die von einer zufällig vorbeikommenden begüterten Dame in einer blitzsauberen Stube angetroffen und von da an gefördert werden 55 , sowie von Dienstbo48 Ebd., S. 327. 49 Geiger: Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 133. 50 Vgl. Lohr: Sitte, Nr. 66, S. 128ff.; Götze: Zeitvertreib, 1783, S. 41, Wening: Erzählungen, 1784, S. 156. 51 Vgl. Wening: Erzählungen, 1784, S. 156. 52 Wening: Erzählungen, 1784, S. 154; Schmid: Lehrreiche, S. 52f. 53 Zur Fortführung des Gewöhnungsprozesses an Sauberkeit in den unteren Bevölkerungsschichten im späten 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg vgl. Zimmermann: Bäder für das Volk, 1998. 54 Schmid: Lehrreiche Erzählungen, 1824-27, S. 52f. 55 Hoffmann: Erzählungen, 1842, S. 190-193.

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ten, die aufgrund ihrer adretten Kleidung eine Anstellung finden56. Wenn es in den zahlreichen negativen Kontrastgeschichten vor Schmutzfinken wimmelt, so ist dies ein Zeichen dafür, daß die Faszination des Ungebändigten und Naturbelassenen - aller moralischen Erziehungsbemühungen zum Trotz - den Verbürgerlichungsprozeß der Gesellschaft latent begleitet hat. Im Unterschied zu den „edlen Wilden" 57 werden die ungepflegten Helden der moralischen Beispielgeschichten jedoch nicht mehr als der Zivilisation überlegen interpretiert, sondern in ihrer Verwahrlosung gerade als unvernünftig und elend gezeichnet. Ästhetische Normierungsvorschriften Der Appell an den guten Geschmack, ein Schlüsselwort in Abhandlungen und Korrespondenzen der Philosophen, ergänzte die Aufforderungen zu Vernunft und Reinlichkeit der volksaufklärerischen Literatur. Diese Doppelstrategie machte die Aufklärung im Europa des 18. Jahrhunderts äußerst einflußreich, denn damals begann der Weltmann allmählich den höfischen Aristokraten als idealen sozialen Typus zu verdrängen. „Schön" meint in der Sprache der Volksaufklärer „gut", „vernünftig" und „richtig". Die „schöne Seele" 58 - zumeist den auf das Haus verwiesenen Frauen zuerkannt - zeichnet sich aus durch die neu entdeckten Tugenden der „Mäßigkeit, Schamhaftigkeit und Reinlichkeit" 59 , des Taktgefühls, der Verschönerungsgabe und der Anmut 60 . Die Frau wird zur Hausfrau, die das Heim des Mannes liebevoll verschönert, und zur Mutter, die in der Fürsorge für ihre Familie aufgeht. Darum sei es falsch bei der Partnerwahl, nur auf ein schönes Gesicht oder - noch schlimmer - auf das Geld der Braut zu schielen 61 . Kants Ethik akzeptierte nur das als „schöne" Tat, was nicht aus Freude, sondern aus Pflichtbewußtsein geschah. Die Absage an die Neigungen des Herzens und des Willens hat bald in popularisierter Form übergegriffen auf die theologische Ethik, die christliche Predigt und Erziehung, so daß als gut von 56 Wening: Erzählungen, 1784, Nr. 60, S. 154-157. 57 S. z.B. Campe, Joachim Heinrich: Die Entdeckung Ameriks. Erster Theil. Kolumbus. Braunschweig 1830, S. 71 f. - Vgl. zum Wandel der Einstellungen gegenüber Farbigen im 18. und 19. Jahrhundert: Alzheimer-Haller: Edler Wilde - armer Heide - fauler Neger, 2000. 58 Rousseau: Julie oder die neue Héloïse, 1761-64, hier zit. nach der 2., durchges. Aufl. Düsseldorf 1988, S. 10 u. 24. 59 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 132. 60 Vgl. die von Elisabeth Bronfen ausgewählten und kommentierten Erzähltexte von Schlegel, Goethe, Wieland, den Brüdern Grimm usw. in: Die schöne Seele, 1992. 61 Vgl. moralische Geschichten zum Thema „Geld und Partnerwahl" bei Pothmann: Sittenbuch, 1790, Abschnitt \V\ : Zur häuslichen Zufriedenheit: Durch kluge Wahl der Ehehälfte, S. 38ff. - Zum Thema: „Schönes Gesicht" Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 120.

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vielen nur noch gewertet wurde, was Anstrengung kostet. Dieser Zug wohnt auch den Protagonisten der frühen moralischen Geschichten des 18. Jahrhunderts inne, die sich mühsam zu ihren „schönen Thaten" 62 durchringen. Was mit Leichtigkeit und Freude gelingt, erschien eher verdächtig und ethisch weniger wertvoll. Damit kam ein trübsinniger, verquälter und säuerlicher Geschmack auf, der sich auf alles Moralische legte. Der Wert der Tugend wurde am Schwierigkeitsgrad ihrer Verwirklichung gemessen. Bis heute hängt dieser Geruch am Wort und an der Sache der Tugend, vermehrt um die gesellschaftskritischen Einwände der Anpassung an autoritäre und das Individuum entmündigende Normen der Gesellschaft. Der Trend zum Unverschnörkelten, Natürlichen, Zurückhaltenden schlug sich auf dem Gebiet der Ornamentik in der Abkehr von Barock- und Rokokoformen nieder. Aufdringliches, Üppiges galt als „unziemlich" und lächerlich. Während die Volksaufklärer sich anschickten, moralische Geschichten zur Hebung des Geschmacks zu schreiben, schuf Friedrich Wilhelm Freiherr von Erdmannsdorff das heute noch als Musterbeispiel des deutschen Frühklassizismus geltende Schloß Wörlitz in der Nähe von Dessau (1769-1773), und Carl Gotthard Langhans erbaute in Berlin das Brandenburger Tor (17881791). Als städtebauliches Gesamtkonzept dieser Zeit ragt Simon Louis Du Rys neues Kassel mit dem Museum Fridericianum (1769-1776) heraus. Einfache Maßverhältnisse, übersichtlicher, zurückhaltender Schmuck und die Rückkehr zu Motiven der griechisch-römischen Antike, die durch die ersten archäologischen Ausgrabungen in jener Zeit bekannt wurden, prägten die klassizistische Architektur und Inneneinrichtung von Bürgern und Adel. Die Möbel waren klar und geometrisch geformt: Rechteckige, runde und ovale Formen wurden von geraden, sich verjüngenden Beinen getragen, die im Querschnitt entweder quadratisch oder rund waren. Als Verzierungen wurden Blumengirlanden oder Stoffe verwendet und architektonische Motive wie Medaillons, Musterbänder aus Messing, dorische, ionische oder korinthische Formen und verwandte Details angebracht. In Deutschland und Österreich entwickelte sich der Klassizismus zum Biedermeier, einer Stilrichtung, welche die Wohnkultur zwischen 1815 und 1848 maßgeblich bestimmte. Kleinmöbel wurden hergestellt, die Bequemlichkeit stand im Vordergrund, und exotische Hölzer durch heimische Obstbaumfurniere abgelöst, die es dank der volksaufklärerischen Initiative nun in reicher Auswahl gab63. Das Biedermeier hat sich bis heute in unterschiedlichen Varianten besonders in Form der Stilmöbel in der bürgerlichen Wohnkultur erhalten.

62 Vgl. den immer wieder benutzten Begriff von der „schönen That" z.B. bei Wening: Erzählungen, 1784, S. 116 oder bei Späth: 110 moralische Erzählungen, S. 31 f. 63 Vgl. oben die Kapitel „Profile der ,Volkslehrer'", S. 68-111, und „Mensch und Natur", S. 260-279.

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Der modische Geschmack der gehobenen Schichten kurbelte die Nachfrage in Produktion und Handel mit Luxusgütern an. Neuartige Möbel - die „Kommode", der „Sekretär" - neuartige Frisuren, Porzellane und Innendekorationen verbanden die Eliten Europas in einer gemeinsamen, materiellen Kultur. Damen in London, Stockholm und Budapest erfuhren von neuesten Trends, indem sie die seit 1768 in Paris, seit 1770 in London regelmäßig erscheinenden Mode-Journale betrachteten 64 . Wer mit der „Mode" - ein neuer zentraler Begriff der Zeit - ging, war nicht länger Zielscheibe kritischer Prediger, sondern galt als Förderer der allgemeinen Prosperität 65 . Die Mode gehörte zu den kulturellen Instrumenten, die es dem Bürger ermöglichte, seinen Status sichtbar zu machen. Im 18. Jahrhundert kamen ferner Warenvorführräume, Modepuppen, Kataloge, Schaufenster, Plakate und Annoncen auf, die eine Beschleunigung des Modenwechsels und die Einführung neuer Accessoires mit sich brachte 66 . Informationen über Neuigkeiten bot auch Friedrich Justin Bertuchs „Journal des Luxus und der Moden". Wie heutige Magazine enthielt das „Journal" Abbildungen, aber auch Abhandlungen, in denen der Herausgeber sich bemühte, ökonomische und moralische Einwände gegen den Konsum von Prestigegütern zu entkräften. Der neue Geldadel trat in mehr oder minder enge Tuchfühlung mit der besseren Gesellschaft in den Ladengeschäften, wo sich eine neue Verbraucherkultur etablierte. Selbst Handwerksmeister kauften Uhren und trugen Degen. Dienstmädchen besaßen mehrere Kleider aus bunt gefärbtem Kaliko 67 , nicht mehr aus den schweren schwarzen oder braunen Wollstoffen der einfachen Leute des 17. Jahrhunderts. Moralische Geschichten halten diesen Luxus in akzeptierbaren Grenzen, indem sie weiterhin Bescheidenheit predigen, indem schlicht gekleidete Mädchen dort schneller einen Ehemann finden68 und Frauen mit aufwendig gestalteter Kleidung im Ruf stehen, schlechte Hausfrauen zu sein69. Allerorts bildeten sich Feinschmecker heran, dank der Abhandlungen über die neue Kunst der „Gastronomie", dank neuer Genüsse wie Pralinen und Mayonnaise. Dieser Trend zur üppigen Tafel spiegelt sich auch in den moralischen Geschichten, in denen u.a. die Rede ist von Edelfischen wie Lampreten, von Austern aus Holland und England, Limonen aus Italien und Spanien und

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Brückner: Mannequins, 1991, S. 4. Vgl. Brückner: Mode, 1998. Stihler: Die Entstehung des modernen Konsums, 1998. Feines, dichtes Gewebe aus Baum- oder Zellwolle, das, durch Appretur versteift wird, benannt nach der ostindischen Stadt Kalikut. 68 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 126; Pothmann, Sittenbuch, 1790, S. 39. 69 Ebd., 184f.

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Pasteten aus Frankreich 70 . Das allseits expandierende Wirtschaftsleben machte neue Waren wie Kaffee, Tee, Schokolade, Zucker und Tabak auch für viele mittlere Einkommen erschwinglich. Ihr Konsum wurde nicht nur geduldet, sondern mit fortschreitender Volksaufklärung als wirtschaftliches Agens sogar gut geheißen 71 . Selbst Bauern erfreuten sich besserer Bedingungen, nachdem auf die „kleine Eiszeit" des 17. Jahrhunderts ein wärmeres Klima folgte und neue Feldfrüchte - weiße und rote Rüben, Kartoffeln - die chronischen Hungersnöte linderten 72 . Die Beschäftigung mit dem vorliegenden Textcorpus legt den Schluß nahe, daß es hierzulande im 18. Jahrhundert zwar zu einer graduellen Intensivierung des Konsums, beileibe aber nicht zu einem radikalen Umbruch in den Verbrauchergewohnheiten gekommen ist, wie das Neil McKendrick, John Brewer und John H. Plumb mit ihrer These von der „consumer revolution" für England annehmen 73 . Zwar beflügelten Sentiment und Verfeinerung sowie das Verlangen nach Glück und Freude die Verbrauchergewohnheiten der Bevölkerung, es sollten jedoch keine Abhängigkeiten entstehen, weshalb Christian Felix Weiße einmal titelte „Warum Kinder verzichten sollen und Erwachsene genießen dürfen" 74 . Die meisten deutschen Autoren plädierten für frugale Gaumenfreuden. Beim Rosenfest von Salency zu Ehren des tugendhaftesten Mädchens ist der Tisch gedeckt mit „Wein in zween Krügen, und ein Krug frisches Brunnenwasser, zwey weiße Semmeln, ein halbhundert Nüsse, und Käse für fünf Kreuzer" 75 . Einfachen Leuten wird also nach wie vor die Kunst der Mäßigung im Essen und Trinken anempfohlen. Sie gilt als Garant vor dem drohenden sozialen Abstieg durch Überschuldung 76 . Vom merkantilistisch-absolutistischen Frankreich ausgehend, bildeten Luxus-Moden die neue Grundlage von Distinktionsverhalten, das im Verlaufe des 19. Jahrhunderts das europäische Großbürgertum ergriff. Vornehmes Understatement hingegen, vor allem aber mittelständische und kleinbürgerliche Nüchternheit zeichneten im besten Falle die neuen Eliten aus. In einem Erziehungsratgeber empfiehlt ein Pädagoge mehr als fünfzig Jahre nach Verebben 70 Vgl. das Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Genußmittel" (S. 404), „Naschhaftigkeit" (S.430Í), „Vögel zähmen/Vögel fangen" (S. 454f.). 71 Vgl. Sandgruber: Die Anfange der Konsumgesellschaft, 1982. 72 Vgl. das Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Hunger", S. 414f. 73 McKendrick/Brewer/Plumb: The birth of a consumer society, 1982. 74 Der Kinderfreund. 7 Bde. 3., verb. Aufl. Reutlingen 1791, Bd. II, S. 240ff. - Vgl. auch die vielsagenden Überschriften bei Lohr, Sitte, 1799: Nr. 122. Engelmann; oder, man muß sich frühzeitig beherrschen lernen (S. 248) - Nr. 123. Der Näscher; oder, wie weit ein klein scheinender Fehler fuhren kann (S. 250) - Nr. 124. Mäßige dich im Genuß des Vergnügens (S. 252). 75 Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 100. 76 Vgl. Wening: Erzählungen, 1784, Nr. 55. Die Mäßigkeit im Essen und Trinken, nebst einem entgegengesetzten Stücke, S. 131-135.

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der letzten Volksaufklärungswelle um 1900, den Zögling darüber zu belehren, „daß nicht Prunk und Glanz, nicht kostbare Stoffe, nicht stutzerhafte, geschniegelte Sorgfalt den Eindruck des gemütlich Behaglichen und Anziehenden, den Eindruck des Gewinnenden hervorbringen, sondern nur Ordnung unter Leitung des guten Geschmacks" 77 . Vor allem die Frauen sollten in ästhetischen Dingen aufgeklärt werden, da sie es seien, „in deren Händen die Sorge für die Häuslichkeit liegt" 78 . Die einst neuen Verhaltensnormen des 18. Jahrhunderts konnten noch dem frühen 20. Jahrhundert als nunmehrige Selbstverständlichkeiten weitervermittelt werden. Emotionales Engagement Auch wenn in der Praxis der Partnerwahl letztlich ökonomische Erwägungen immer noch den entscheidenden Ausschlag für eine Eheschließung gaben 79 , finden sich auch der neuen Empfindsamkeit verpflichtete Moralgeschichten in den Anthologien der Volksaufklärer. Eheleute, die ihr Leben riskieren fur den in Gefahr geratenen Geliebten, oder ihn durch überraschend kluge Handlungen retten, werden als Vorbilder angeführt 80 . Bei genauerer Analyse der Erzählungen über Liebe und Familie zeigt sich doch eine deutliche Emotionalisierung und beinahe „Sakralisierung" der Ehe und ihrer Rituale, die keine eindeutigen Hierarchien und Polarisierungen mit sich brachte, sondern im Gegenteil dem Ideal der gleichgewichtigen „Ergänzung" der Geschlechter erstaunlich nahe kam. Damit bot die Ehe insbesondere den Frauen Raum für geistige Beschäftigung und langfristig die Voraussetzung für die einstweilen noch verwehrten Zugänge zum System höherer Bildung. Die Figuren der moralischen Geschichten können affektiv und gerührt sein81. Sie ritzen die Namen geliebter Menschen in junge Kürbisse, die im Laufe des Sommers rasch wachsen und von der Liebe künden 82 , schenken einander Blumen als Zeichen der Freundschaft und verwandtschaftlicher Verbundenheit 83 , lauschen ergriffen dem Klavierspiel ihrer Kinder und dem Tirilieren aus dem Vogelbauer 84 . Im Zeichen der Empfindsamkeit zelebrieren sie die 77 Loos: Enzyklopädisches Handbuch der Erziehungskunde. 2 Bde., Wien 1906-08. Bd. II, S.157. 78 Ebd. 79 Vgl. oben die Ausführungen über den Stellenwert äußerer Schönheit (S. 319f.) und über die Bedeutung der Reinlichkeit in der Ehe (S. 330) sowie das Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Ehe/Heirat", S. 390f. 80 Vgl. Register, s.v. „Liebe, eheliche", S. 424. 81 Vgl. Register, s.v. „Alte Menschen" (S. 393Í), „Eltern und Kinder" (S. 393f.), „Familie" (S. 396). 82 Schmid: Lehrreiche, S. 105f. 83 Vgl. Register, s.v. „Blumen und Pflanzen", S. 383f. 84 Vgl. oben das Kapitel „Mensch und Natur", S. 260-279.

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Aussöhnung von Kultur und Natur, von Innen und Außen. Zudem gedeiht das Verlangen nach Naturbelassenheit rasch in einer zunehmend sich verstädternden Umwelt. In den persönlichen Lebensformen dominierten die konventionell geordneten Beziehungen: die Ehe, die Intimität des Familienkreises, die Geselligkeit im überschaubaren Rahmen von Vereinen und in Liedertafeln 85 . Sie bestimmten auch die gesellige und gesellschaftlich kontrollierte Kunstausübung der Zeit, die zunächst nur bürgerliche Umgangsformen duldete. Udo Köster weist darauf hin, daß die Musenalmanache, Taschenbücher und Kalender als die wichtigen Medien der Verbreitung dieser geselligen Kunst aber auch den Vertretern des „Trivialbiedermeier" offen standen, die im Verein mit den zahlreichen dichtenden Laien unser gängiges Bild von Biedermeierlichkeit prägen. Die gesellige Struktur der literarischen Kultur der Zeit bewirkte somit eine ungewöhnlich breite Verankerung der Kunst im bürgerlichen Alltagsleben 86 . Dennoch war es keine heile Welt, wie das Germanische Nationalmuseum mit dem Blick auf eine noch bis 1813 benutzte Guillotine seit März 2002 in der Neuaufstellung seiner kulturgeschichtlichen Bestände zeigt. In aufgeklärter Absicht war das Instrument des Doktor Guillotin gut gemeint, denn es sollte eine möglichst kurze, schmerzlose Beförderung ins Jenseits gewährleisten und leistete doch der massenhaften maschinellen Tötung Vorschub. In der Zeit zwischen 1730 und 1800 bedienen sich die Autoren moralischer Geschichten zunehmend eines empfindsamen Tons, mit dem sie sich gegen den reinen, kühl-vernunftbetonten Rationalismus des 18. Jahrhunderts wenden. Sie streben stattdessen dezidiert zu einer emotional oft bis zur Rührseligkeit übersteigerten Verinnerlichung. Auslöser hierfür ist in Deutschland nicht zuletzt die religiöse Erweckungsbewegung des Pietismus, dessen Sprache der Innerlichkeit maßgeblich die Literatur der Empfindsamkeit beeinflußt hat. Dahinter stand die theologische Vorstellung, daß der Mensch aufgrund seiner Schwäche und der Anfechtungen durch die Welt der Ermahnung und des Trostes bedürfe. Somit stehen die Anthologien moralischer Geschichten in einer Tradition mit den Erbauungsschriften der Reformation. Charakteristisch für die protestantische Erbauungsliteratur ist eine stärkere Betonung der Gewissensprüfung und eine Abkehr vom utopischen Streben nach Vollkommenheit, welche die religiöse Literatur des Mittelalters als Ziel vorgegeben hatte.

85 Vgl. Brusniak: Friedhelm: „Heil deutschem Wort und Sang!", 1995. - Ders.: Das erste deutsche Gesangfest, 1995. 86 Köster: Biedermeierzeit, 1992. - Vgl. auch das Zentralwerk zur Literatur und Kultur des Biedermeier: Sengle, Biedermeier, 1971-1980.

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Soziales Verpflichtungsempfinden „Die Reichen sind sehr nützlich, besonders wenn sie ihr Geld gut anwenden" so lautet die Überschrift einer moralischen Geschichte, die Christian Gotthilf Salzmann 1783 in einem seiner „Elementarbücher" veröffentliche 87 . Damit ist die Aufforderung zu sozialem Engagement angesprochen, die das Zeitalter der Volksaufklärung prägt. An der ständischen Gesellschaftsordnung wollte man nicht rütteln, sondern predigte Zufriedenheit mit dem jeweiligen Stand, in den man hineingeboren war. Jeder sollte dort, wo Gott ihn hingestellt hat, sein Bestes geben: „Wenn jeder, was an ihm ist, tut,/ So geht es allen wohl und gut", heißt darum ein moralischer Merkspruch der Zeit88. Allenthalben wurden „vernünftige Stiftungen" eingerichtet 89 . Die neue Sittlichkeit brachte neue Rituale zur Auszeichnung moralisch besonders verdienter Menschen mit sich wie öffentliche Preisvergaben an erfinderische Mitbürger und unterprivilegierte, aber über gute Anlagen verfugende Jugendliche 90 . Die Obrigkeit versuchte die Motivation zum Wohlverhalten zu steigern durch öffentliche Belobigungen wie Zeugnisvergabe in Anwesenheit der Dorfgemeinschaft, Auszeichnung tugendhafter Jugendlicher im Rahmen von Festen, der Aushängung von Registern mit lobens- und tadelswertem Verhalten im Klassenraum 91 oder der Bekanntmachung heldenhafter Rettungsaktionen in Zeitungen 92 . Intendiert war die Institutionalisierung öffentlicher Tätigkeiten nach allgemein bekannten Regeln, um sie für jedermann auf Dauer einsehbar werden zu lassen und sie von subjektiven Befindlichkeiten und Bedürfnissen zu befreien. Institutionen machen Bürgertugenden nicht überflüssig, sondern setzen sie voraus. Die sozialethische Bedeutung sicherer, verläßlich vollzogener und damit kalkulierbarer Verhaltensweisen, in denen das Selbstverständnis einer Kultur institutionalisiert ist, lag den volksaufklärerischen Autoren am Herzen. An dieser Stelle greift Gerhard Oestreichs Interpretationsparadigma der Sozialdisziplinierung als stringenter Theorieansatz. Die durch die Lenkung des öffentlichen Lebens herbeigeführten fundamentalen Veränderungen von Volk 87 Salzmann, Christian Gotthilf: Moralisches Elementarbuch. Zweyter Theil. Neue verbesserte Auflage. Leipzig 1795, S. 345ff. - Die Geschichte ist zuerst in einem seiner Elementarbücher 1783 erschienen. 88 Schmid: Lehrreiche, 1824-27, S. 19f. 89 Vgl. oben das Kapitel „Arm und Reich", S. 224-238. 90 Vgl. Register der Motive, Tugenden und Laster, s.v. „Armut" (S. 378f.), „Guttätigkeit" (S. 407-410), „Kind, tugendhaftes" (S. 416f.), „Reichtum" (S. 436), „Spenden" (S. 441) und „Stiftungen" (S. 443ff.). - S. auch Heidrich: Fest und Aufklärung, 1984, hier bes. das dritte Kapitel mit der Überschrift „Neue Festtypen", S. 158-234. 91 In dieser Reihenfolge belegt bei: Legende für den gemeinen Mann, Bd. 1, 1788, Frontispiz; (Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 100-103; Heusinger, Bd. 1, S. 97ff. 92 Wening: Der menschenfreundliche Fouselier in der Au. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 82ff.

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und Gesellschaft sind Teil eines Disziplinierungsprozesses, der nicht nur den Adel, die Beamtenschaft und das Militär erfaßte, sondern tatsächlich bis zum einfachsten Untertan durchgedrungen ist. So fand die Gesellschaft zu einer rationaleren Form des Zusammenlebens, ohne die eine endgültige Überwindung des Absolutismus sowie die im 19. Jahrhundert einsetzende Demokratisierung nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre. Um 1800 verloren die Termini „Aufklärung" und „Erziehung" in den deutschsprachigen Diskursen an Bedeutung. An ihre Stelle traten die Begriffe „Kultur" und „Bildung". Anders als in England oder Frankreich verknüpfte man diese hierzulande miteinander. Ihr Bedeutungsumfang schrumpfte, doch ihr Inhalt wurde komplexer. Der breite Kultur-Begriff der Aufklärung geriet in Deutschland zu einer Dichotomie von „Kultur" und „Zivilisation". Diese Werthierarchie koppelte Mitteleuropa vom westeuropäischen Kontext ab und schuf die terminologische Grundlage eines Sonderbewußtseins, das bis in das 20. Jahrhundert hineinreicht und das Bild des Deutschen von sich selbst und von seinen Nachbarn bestimmen sollte. Die Langlebigkeit dieses Selbstdeutungsmusters, dessen autostereotypische Elemente heterostereotypische Bewertungen generierten, bewies die propagandistische Auseinandersetzung während des Ersten Weltkrieges. Sie konnte von deutscher Seite als „Kulturkrieg" gegen den „egoistischen Utilitarismus" der Engländer und gegen den „flachen Materialismus" der Franzosen geführt werden 93 . Bei dem im Zusammenhang mit der aktuellen Bildungsmisere neu ertönenden Ruf nach einer Wiederbelebung der Tugenden kann es nicht darum gehen, veralteten und diskreditierten oder heute gegenstandslos gewordenen „Moral"Standards nachzutrauern. Zu Recht sind wir mißtrauisch geworden gegenüber der Vaterlandsliebe, wenn sie zum höchsten ethischen Wert eines Volkes erklärt wird, zu Recht halten wir blinden Gehorsam gegenüber Autoritäten und Führern fur gefährlich, und zu Recht sehen wir an pedantischer Ordnungsliebe ebenso viele fragliche wie gute Seiten. Manche Formen von Demut erscheinen uns heute eher als ein Symptom seelischer Krankheit denn als sittliche Hochform; Tapferkeit schmeckt zu sehr nach militärischem und kriminellem Heldentum; Keuschheit ist zu oft als Angst vor der Geschlechtlichkeit diagnostiziert worden. Doch besagen solche Fehlformen keineswegs, wie der Sozialethiker und Philosoph Hans Joachim Türk betont, daß alles das, was in der philosophischen, theologischen und lebenspraktischen Tradition unter Tugend subsumiert wurde, einfach zu den Akten der Vergangenheit gelegt werden könnte oder sollte94.

93 Vgl. Bollenbeck: Bildung und Kultur, 1994. 94 Türk: Die Wiederentdeckung der Tugend, 1999, S. 16. - Zur moralischen Haltung der Jugendlichen von heute vgl. auch Tugendhat/López/Vicuña: Wie sollen wir handeln? Schülergespräche über Moral, 2000.

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In der Erzählforschung gibt es noch viel zu entdecken, wenn man sich zu neuen Quellenbereichen aufmacht. Die bislang als trivial verpönten moralischen Geschichten der Volksaufklärung dokumentieren nicht nur damals vorherrschende Mentalitäten, sondern zeigen wie durch psychologisch motiviertes Erzählen um Einsicht und Verständnis für die Angehörigen anderer Gesellschaftsschichten geworben wurde. Ein Großteil der aufklärerischen Utopien hat sich als Illusionen entpuppt. Das wird zwar im Rahmen der Erkenntnis von der „Dialektik der Aufklärung" (Adorno/Horkheimer) wortreich beklagt, führte aber bislang zu kaum sichtbaren Konsequenzen. Dem breiten Spektrum von im Sinne Kants geprägter Aufklärungsphilosophie bis hin zu pragmatisch orientierter Volksaufklärung trug in der Sozialgeschichte die Reduzierung von Aufklärungsbemühungen auf eine „Utopie der vernünftigen Praxis" (Grimminger) bislang nur ansatzweise Rechnung. Zahlreiche moralische Geschichten ähneln einander und lassen sich wie die Märchen nach der Aarne-Thompson-Methode standardisierten und immer weiter tradierten Erzähltypen zuordnen, wobei die konkrete Ausgestaltung der Geschichte im Rahmen des „Typus" variieren kann, wie das folgende Register der Motive, Tugenden und Laster belegt. Das hier ausgebreitete reiche Material erweist die Fruchtbarkeit der Aufarbeitung trivialer Massenliteratur für das Verständnis von Verhaltensnormierungen der Gesamtgesellschaft zwischen 1750 und 1848. Der Versuch, eine Alltagsgeschichte der Volksaufklärung nicht als eine eindimensionale Entwicklungslinie vom Alten zum Neuen zu erzählen, sondern vielschichtigen Aspekten von Kontinuitäten und Veränderungen, von Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmustern aller Beteiligten gleichzeitig Rechnung zu tragen, versteht sich als Beitrag zur Idee einer dezentristischen Kulturgeschichte eingedenk aller ihr innewohnenden Probleme von Methodik wie sprachlicher und formaler Umsetzung. Individuum und Gesellschaft, Aufklärung und Romantik, Philanthropie und Grausamkeit, Biedermeier und Revolution, Familie und Nation, Bildungsbeflissenheit und politische Entmündigung, staatliche und unabhängige Kunst, das sind nur einige der Antinomien, die das 19. Jahrhundert zu zerreißen drohten und auch im Nachhinein nicht harmonisiert werden können. Der Gedanke einer anthropologischen Geschichtsschreibung, die ihre Vielstimmigkeit beibehält, vermag immer nur Experiment zu sein.

4. Register der Motive, Tugenden und Laster Aberglaube (—> Blutwasser, Dienstboten, Häuslichkeit, Hexerei; Kleiderzipfel, festgenagelter; Zahnschmerzen, Zauberer) - wer praktiziert Aberglauben? „Die niedrigsten und allergemeinsten: Knechte, Mägde, ruchlose Knaben, lüderliches Gesindel" (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 82-87, hier S. 85) - abergläubige Dienstbotin wird entlassen, weil sie den Kindern von feurigen Drachen, Hexen usw. (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 169-186, hier S. 173 u. 180) - Abergläubiger bestellt Hexenmeister (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 93) - Donnerkeile: steinerne Waffen und Arbeitsgeräte, die im Boden gefunden werden, deren hölzerne Stiele verfault sind und von unwissenden Findern als Donnerkeile bezeichnet werden (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 187-196) - aus magischem Räuchern entsteht ein Brand (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, S. 94) - wenn es den Hochzeitsgästen übel wird, liegt es nicht daran, daß die Speisen verhext waren, sondern daß sie zuviel davon gegessen haben (Legende f. d. gemeinen Mann, Bd. IV, S. 112-127) - Kühe geben vermeintlich zu wenig Milch wegen Hexerei; tatsächlich melkt eine Nachbarin heimlich (Schmid, Lehrreiche, S. 74f.) - Bieresel geht um [auch Biggesei = mittelalterliche Allegorie, die menschliche Laster verkörpert; in manchen Gegenden Nikolaus-Begleiter] (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 148f.) - Wilde Jagd (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 149) - Holzlesern erscheint ein Mönch, der vermeintlich wertlose Gaben schenkt, die sich daheim in Gold verwandeln (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 149) - Kopflose Reiter (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 149) - Nordlicht als Zeichen drohenden Unheils (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 151; Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 3) - Gänge einer Mottenlarve in Sauerkirschblättern werden als Ankündigung schrecklicher Unglücke interpretiert (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 152) - Irrlichter fuhren Wanderer ins Moor (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 152) - Glühwürmchen aus Unkenntnis als Folge von Hexerei deuten; Angst, es handle sich um ein Feuer (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 76-80) - Blutwasser: von roten Wasserflöhen gefärbte Teiche; vermeintlich in Blut verwandeltes Wasser als Ankündigung einer Strafe Gottes gedeutet (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 256-271) - Wespen zerfressen Strickzeug, um ihr Nest zu bauen. Frau entdeckt allmorgendlich den Schaden und glaubt an Hexerei (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 80f.) - große Teile Europas sollen untergehen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 152) - Walpurgisnacht (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 156) - in einem Geldbeutel aus dem Fell eines Maulwurfs versiegt das Geld nie

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(Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 176) - Leichvogel: Eule als Todeskünderin (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 156-169) - Mann bezahlt einen Töpfer dafür, daß er auf ein geheimes Zeichen hin seine eigenen Töpfe zerschlägt. Selbst edle Frauen glauben an Zauberei (Schmid, Lehrreiche, S. 169ff.) - Essgelüste schwangerer Frauen (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 108f.) - neugeborene Kinder mit „Beschreykraut" waschen (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 112) - Poltern in der nächtlichen Kirche wird für Teufelswerk gehalten; in Wirklichkeit wurde aus Versehen ein Schwein eingesperrt (Stahl, S. 47910) - Soldat will Mutprobe bestehen und nächtens einen Totenschädel aus dem Beinhaus holen. Er wird von Kameraden genarrt, die sich dort versteckt halten und glaubt an Geister (Stahl, S. 4791 lf.) Abhärtung (—> Verweichlichung) - als Erziehungsziel (Wening 1784, S. 167-172, hier S. 169f.; Geiger, Beyspielbuch, S. 145; Pischon IV, S. 49) - Heinrich IV. von Frankreich wird erzogen wie das Kind einfacher Bürger (einfaches Essen, einfache Kleidung, kein Privatunterricht) und wird deshalb ein exzellenter Regent (Geiger, Beyspielbuch, S. 155f.) Adel (—> Alte Menschen, Behinderte, Bescheidenheit, Brand, Ehrlichkeit, Jagd; Kind, tugendhaftes; Obduktion, Rosenzucht, Spiele/Spieler, Vaterlandsliebe) - bürgerliche Freunde pflegen alten Mann nach Schlaganfall, während sich Höflinge von ihm abwenden (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 136f.) - junger Adliger verbietet sich Kritik an seinem Lebenswandel durch einen einfachen Jäger. Als er sich im Wald verläuft, und der Jäger ihm den Heimweg weist, hört er auf dessen Warnungen (Schmid, Lehrreiche, S. 76f.) - Überheblichkeit eines Adligen, besonders gegenüber Nicht-Adligen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 140ff.) - Adliger, der sein Leben lang dem Kaiser gedient hat, um Ehre und Reichtum zu gewinnen, erkennt in der Sterbestunde, daß er besser Gott gedient hätte (Schmid, Lehrreiche, S. 80f.) - Baron äußert sich abfällig über die „balsamirten Hofjunker" (Schlez, kath. Ausg. 1801, Bd. 2, S. 105) - Ludwig, Herzog von Burgund, Schüler Fénelons, läßt bei Hungersnot aus eigenen Mitteln Brot für die Armen kaufen und verkauft sein brillantbesetztes Kreuz, als er selbst kein Geld mehr hat (Schmid, Lehrreiche, S. 212f.) Affe(n) - treten als menschliches Paar verkleidet bei einer Soiree auf. Ein Gast wirft ihnen einen Apfel vor die Füße, um den sie sich balgen und damit ihre wahre Natur verraten (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 34f.) - als Haustier, ahmt seinen Herrn nach, hantiert mit Waffen und erschießt sich versehentlich (Schmid, Lehrreiche, S. 155f.) - wirft das Geld seines geizigen Herrn mit vollen Händen aus dem Fenster, nachdem er beobachtet hat, daß ein Nachbar einem Armen eine Münze zugeworfen hatte. Moral: Man sollte besser etwas von seinem Reichtum spenden, als es sinnlos auszugeben (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 45) Alkohol (—• Trunksucht) Almosen (—> Arme, Betteln/Bettler)

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Alte Menschen (—• Eltern und Kinder) - Sohn pflegt kranken Vater (Baudissin, Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 58) - Tochter spinnt, um kranke Mutter zu erhalten. Nachbarn beobachten das, übernehmen später die Beerdigungskosten und geben dem Mädchen eine Arbeit (Stahl, S. 48064) - Sohn meldet sich freiwillig zur Armee, um seinen Vater finanziell zu unterstützen (Wening 1784, S. 4-7; Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 49-52; Stahl, S. 48060-48063) - Vater wird nach Sibirien verbannt. Seine beiden Töchter folgen ihm. Als ein neuer Zar herrscht, dürfen viele Verbannte zurückkehren. Die Frauen werden mit Hochachtung daheim empfangen (Stahl, S. 48111-48114) - Gefängnisinsassen werden zu Arbeiten auf dem Graben in Wien herangezogen. Ein junger Mann küßt einem von ihnen die Hand. Ein Baron bedeutet ihm, daß sich das nicht schicke. Doch der Jüngling antwortet, der Sträfling sei sein Vater woraufhin der Adlige ihm ein Stipendium gewährt (Rosenlächer, Goldener Spiegel, S. 104) - Umgang mit zänkischer Schwiegermutter (Dorfzeitung, 14.7.1823, S. lOOf.) - junge Frau wird von ihrer Schwiegermutter schikaniert, verliert jedoch niemals die Standhaftigkeit und den Glauben an Gott (Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 23ff.) - egoistische Tochter geht in die Stadt, obwohl ihre Eltern sie dringend daheim brauchen. Sie hat jedoch kein Glück und kehrt verbittert zurück; ihre Reue ermöglicht doch noch ein gutes Leben (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 76ff. und 101-104) - Mann verdient nur sechs Pfennige pro Tag. Zwei davon braucht er für Nahrung, zwei spart er für Notzeiten, zwei schenkt er seinen Eltern (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 312-323) - Knabe spottet über einen vorübergehenden gebeugten Greis. Der ermahnt den Jungen, daß er von vieler Arbeit eines Tages ebenso gebückt sein wird. Der Knabe ist gerührt durch die unerwartete Antwort und bittet um Vergebung (Abcbuch für die Volksschulen des russischen Reiches, 1785, S. 25ff.) - junger, talentierter Beamter schenkt seiner kranken Mutter nur einen Taler, gibt aber am gleichen Tag beim Jahrmarkt zwei Taler für einen Pfeifenkopf aus. Sein Vorgesetzter erfahrt davon; damit ist seine Karriere zu Ende (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 61 f.) - junger Mann will sich bei Schiffbruch anstelle des älteren Bruders opfern, da dieser die Eltern ernähren könnte, während er nutzlos wäre (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 44, S. 23f.) - Knabe sticht sich an selbstgezogener Alpenrose. Vater erklärt, so schmerzlich sei es auch für Eltern, wenn sich ihre Kinder als Erwachsene undankbar zeigen (Schwarz, S. 35f.) - Mutter und Tochter beobachten junges Mäuschen, das eine alte, blinde Maus, die sie für die Mutter halten, mit Körnern füttert. Mutter macht die Tochter darauf aufmerksam, daß dieses Tier viele Menschenkinder beschämt, die sich ihren Eltern gegenüber nicht dankbar zeigen. Dieses Erlebnis bestimmt fortan das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 180-182). - zwei Pferde kauen einem zahnlosen alten Pferd Heu vor. Der Vater sieht darin ein Beispiel, wie der Mensch mit Alten umgehen sollte (Schwarz, S. 28f.)

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- alter Mann bricht im Schnee zusammen, wird von einem Wohltäter mit nach Hause genommen. Er gesteht, daß er von seinen Kindern verstoßen worden ist, so wie er einst selbst seinen alten Vater verstoßen habe (Wening 1784, S. 14-18) - Mann ist dabei, seine alte Mutter aus dem Haus zu jagen. Er beobachtet, wie ein Vogel einer Schlange den Kopf zerhackt, die gerade versucht, seine Jungen zu erwürgen. Der Mann erinnert sich, wie seine Mutter ihn einst vor einem Wolf gerettet hat und ändert einen Entschluß (Schwarz, S. 82ff.) - Henne brütet halberfrorene junge Schlangen wieder warm und wird von ihnen totgebissen (Schmid, Lehrreiche, S. 87f.) - alt zu werden verdankt der Mensch der göttlichen Vorsehung (Schlez, kath. Ausg. 1801, Bd. 1, S. 63) Angst - vor harmlosen Tieren (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 175ff.; ebd., S. 209f.; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 76-80) - bei Gewitter (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 187-196; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 135ff.) - vor dem Tod (Geiger, Beyspielbuch, S. 90ff.) - vor Strafe im Jenseits (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 209) - vor einem vermeintlichen Wolf; in Wirklichkeit war es der eigene Hund (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 209f.) - vor dem Gang in den Keller (Stahl, S. 47112f.) - Beichte auf dem Sterbebett ist „kleine Lösung"; am Jüngsten Tag zählt die Gesamtbilanz des Lebens (Schlez, kath. Ausg. 1801, Bd. 1, S. 21 Off.) - Fehler eingestehen trotz Angst vor Strafe (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 216f.) - furchtsame Personen soll man nicht ängstigen (Stahl, S. 48115-48118) Arbeit (—» Beharrlichkeit, Fleiß, Handarbeiten, Langschläfer, Müßiggang) - ihre Bedeutung für die Gesundheit im Verein mit Bewegung und Mäßigkeit (Geiger, Beyspielbuch, S. 88) - Ansporn zur Arbeit durch leistungsgerechte Bezahlung (Schlez, kath. Ausg. 1801, Bd. 1, S. 42) - Schwieriges nicht aufschieben (Lohr, Sitte, Nr. 79, S. 160f.) - Kinder früh an Arbeit gewöhnen (Geiger, Beyspielbuch, S. 163f.) - unverdrossene Arbeit (Heusinger, Bd. 1, S. 97; Geiger, Beyspielbuch, S. 23) - Tag und Nacht arbeiten, obwohl man reich ist (Lohr, Verstand, Nr. 25, S. 145) - neue Aufgabe mutig anpacken, auch wenn sie unerfüllbar scheint (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 275ff.) Argwohn als Grundeinstellung gegenüber den Mitmenschen (Lohr, Sitte, Nr. 65, S. 124-128) Armut (—» Betteln/Bettler; Einnahmequellen für Arme; Kind, tugendhaftes; Reichtum) - Mechanismen der Verarmung (Schlez, kath. Ausg. 1801, Bd. 1, S. 229) - ein Ehepaar spart tausend Taler und spendet sie für Arme (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 81-85) - Wanderer betrachtet eine Bauernfamilie, die in einer ärmlichen Behausung offenbar höchst zufrieden lebt. Er fragt, worauf diese Zufriedenheit gründet und erhält zur Antwort, irdische Güter seien ihnen nicht wichtig. Sie vertrauten auf Gott und ihr gutes Gewissen (Schwarz, Nr. 27, S. 85ff.)

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- armer Mann erläßt noch ärmeren die Schulden (Lohr, Verstand, Nr. 10, S. 135) - Handwerksbursche geht mit der Bitte um einen Zehrpfennig von Tür zu Tür, findet eine mittellose bettlägerige Witwe, der er abends sein gesammeltes Brot und Geld bringt (Rüegg II, Nr. 13, S. 16) - Bischof Fénelon, bekannt fur seine Incognito-Fußmärsche durch das Land, bringt armer Familie entlaufene Kuh zurück (Schmid, Lehrreiche, S. 190ff.) - Armer rettet Reichen, der sich umbringen will und lehrt ihn durch sein Vorbild, wieder Freude am Leben zu haben (Lohr, Verstand, Nr. 16, S. 140f.) - Augsburger Bruderschaft versorgt Arme regelmäßig mit Holz (Geiger, Beyspielbuch, S. 112f.) - armes Mädchen ist froh, keine reichen Eltern zu haben, als sie hört, wie sehr sich ein reiches Mädchen langweilt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 193ff.) - Pfarrer ist arm, aber glücklich; unterrichtet mittellose Schüler unentgeltlich (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 46) - Priester verspricht einem frommen Mann auf dem Sterbebett, für dessen Frau und Kinder zu sorgen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 39, S. 21) - reiches Mädchen schenkt armer Frau ein Butterbrot. Diese zeigt ihr dafür, wo die schönsten Heidelbeeren wachsen und hilft beim Pflücken (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 289f.) - reiches Kind schenkt Armen abgetragene Kleider, Brot und etwas zu trinken (Späth, S. 31 f., S. 47f.; Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 79-82) - arme Frau schenkt kranker Freundin die wenigen Äpfel, die sie besitzt. Daraufhin erfahrt sie, daß die Kranke eine Erbschaft gemacht hat und sie mit ihr teilen will (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 90f.) - zwei wohlhabende Mädchen teilen ihre Ostereier mit einem armen Jungen. Diese sind beschriftet mit den Denksprüchen „Wohlthun trägt Zinsen" und „Wer den Armen giebt, giebt doppelt!" Als eines der Mädchen später zu ertrinken droht, wird es von dem dankbaren Buben gerettet (Späth, S. 33f.) - Tochter eines Gutsbesitzers kümmert sich um das kranke Kind eines Taglöhners. Dieses verhindert später, daß die gesamte Familie ihrer Wohltäterin einem Raubüberfall zum Opfer fällt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 88f.) - reicher Mann gibt sich bei seinen Verwandten nach 25jähriger Abwesenheit als Bettler aus. Einzig eine verarmte Nichte ist bereit, ihr letztes Geld mit ihm zu teilen und wird dafür reich belohnt (Moser VI, 1786, Kap. 7) Arzt (—» Bader, Ernährung, Gottesfurcht, Guttätigkeit, Gewissen, Obduktion) - Seuche zeigt Bedarf eines Arztes am Ort (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 126) - Kurpfuscher richtet Schaden an, Arzt kuriert (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 132) - wer krank ist, sollte einen Arzt aufsuchen, nicht den Schinder, Bader oder alte Weiber. (Geiger, Beyspielbuch, S. 84) - einer im Dorf sollte Erste Hilfe leisten können, wenn kein Arzt ansässig ist (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 165 - nicht der Arzt aus der Stadt, nicht die weise Frau aus dem Dorf, sondern das Gebet zu Gott hilft einer kranken Mutter (Schwarz, S. 15ff.) - in vornehmer Gesellschaft wird von einer armen, bettlägerigen Frau berichtet, deren Kinder sich selbst überlassen seien. Ein Arzt erklärt sich bereit, sie zu untersuchen unter der Bedingung, daß jeder Anwesende ihm zwei Taler da-

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für gibt. Er wird dafür verachtet. Später stellt sich heraus, daß er das Geld der Kranken überlassen hat, nachdem sie für mehr Reinlichkeit in ihrem Haus gesorgt hat und dadurch wieder gesund geworden ist (Lohr, Sitte, Nr. 66, S. 128ff.) - Herzogin liegt aufgrund eines Kunstfehlers beim Aderlaß im Sterben und verfugt in ihrem Testament, daß der Arzt eine beträchtliche Summe erhält, um seine Familie weiter ernähren zu können, auch wenn er künftig von seinen Patienten gemieden werden sollte (Lohr, Sitte, Nr. 20, S. 42) - der rechtschaffene Arzt (Wening 1784, Erzählungen, 1784, S. 130) Aufrichtigkeit (—» Ehrlichkeit) Bader (-> Arzt) - ihre Aufgabe besteht in Bartputzen, Haareschneiden, Schröpfen und Aderlaß (Geiger, Beyspielbuch, S. 82) Barmherzigkeit (—• Armut; Kind, tugendhaftes; Militär) - Junge teilt sein Trinkgeld mit einem Bettler, wird dabei beobachtet und erhält eine Lehrstelle, wird ein tüchtiger Schneidermeister (Späth, S. 13f.) - Tochter eines Schusters erhält ein Trinkgeld, schenkt es einem Bettler, wird dabei beobachtet und in die Familie einer reichen Dame aufgenommen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 70-73) - ein Geschwisterpaar leert sein Sparschwein, möchte sich Süßigkeiten kaufen. Auf dem Weg zum Krämer schenken sie das Geld einem Bettler (ebd., S. 226ff.) - zwei Schwestern sind auf dem Weg zum Beerensammeln. Unterwegs treffen sie auf eine ausgezehrte Frau, die für ihr Kind um Brot bittet. Die hartherzige Schwester lehnt ab, die andere gibt ihr Brot her. Die Frau hilft der Großzügigen beim Beerenpflücken, die andere geht leer aus (ebd., S. 289f.) - ein Mädchen schenkt Kriegsflüchtlingen Kleider und Gefangenen ihr Taschengeld; als Erwachsene kümmert sie sich um Witwen und Waisen. Als sie stirbt, folgt eine große Trauergemeinde ihrem Sarg (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 90, S. 57) - Junge rettet Katze vor dem Ertränken. Sie wird ihm später als Mäusefangerin mit Gold aufgewogen (Schmid, Lehrreiche, S. 149f.) Bauer (—» Kultivierung von Ackerland, Landleben, Obstbaumzucht) - geht freiwillig für anderen ins Gefängnis, dessen Kinder daheim im Sterben liegen (Lohr, Verstand, Nr. 13, S. 136-138) - vor Gericht, unschuldig; Richter verbietet ihm den Mund; Bauer will daraufhin nach Hause gehen. Richter hört dem Bauern verblüfft zu und entläßt ihn ohne Strafe (Geiger, Beyspielbuch, S. 48f.) Baumfrevel -(Wening 1784, S. 117f.) Beamter - der redliche (Wening 1784, S. 126-129) - aus einfachen Verhältnissen, will sich für seine Berufung bei seinen Fürsprechern bedanken. Die Trinkgelder, die er Dienstboten und Kammerdienern geben muß, um überhaupt vorgelassen zu werden, brauchen sein über Jahre hinweg Erspartes schnell auf. Ein verständiger Hausknecht hilft ihm, indem er ihm eine beliebige Summe vorstreckt. Der Knecht bekommt es auf Heller und Pfennig zurück (Geiger, Beyspielbuch, S. 181f.).

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- der Bauern unnötig warten läßt, wird dabei von Kaiser Joseph II. 1784 ertappt und des Amtes enthoben (Geiger, Beyspielbuch, S. 45f.) Beharrlichkeit (—> Eifer) - im Lernen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 266ff.; ebd., S. 286ff.) - generell (Schwarz, S. 30f.) - Ameise als Vorbild (Schwarz, S. 30f.) - Waisenknabe verkauft selbstgetöpferte Muttergottesbilder, um seine Familie zu unterstützen. Durchreisender entdeckt sein Talent und ermöglicht ihm eine Bildhauer-Ausbildung in Rom. Aus dem Knaben wird ein erfolgreicher Künstler (Rüegg II, 1905, Nr. 33, S. 54ff.) - einem Waisenknaben gelingt es, durch planmäßiges Handeln seit seinem zehnten Lebensjahr sich aus Armut zu befreien, ein Haus zu bauen und ein vernünftiges Mädchen zur Frau zu nehmen (Stahl, S. 47963-47966) Behinderte (—> Einnahmequellen für Arme; Kranke/Krankheit; Vorsehung, göttliche) - stellen Andachtsbildchen her, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen (Schmid, Lehrreiche, S. 119f.) - rohe Zeitgenossen treiben ihre Späße mit dem Dorftrottel (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 217-220) - Vater schlägt seine Kinder zu Krüppeln wegen nichtiger Fehler (Lohr, Sitte, Nr. 29, S. 6Iff.) - Junge fällt vom Baum, obwohl Klettern verboten war, und wird zum Krüppel (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 120ff.) - Fürst von Thum und Taxis gibt einem Postknecht, dem die Füße erfroren sind, ein lebenslanges Gnadengehalt unter der Bedingung, daß er nicht betteln geht, sondern durch leichte Handarbeit zu seinem Lebensunterhalt beiträgt (Pothmann 1790, S. 65f.) Bekehrung - späte (immer auf den Tod vorbereitet sein!) (Allg. Lesebuch 1793, S. 155f.) Beleidigt sein, schnell (Lohr, Verstand, Nr. 30, S. 147; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 152ff.; ebd., S. 197f.) Benehmen, gutes - im Gehen, Stehen und beim Reden (Heusinger, Bd. 1, S. 97) - zwei Brüder, einer klug aber ohne Benimm, der andere schwerfällig in der Schule, aber höflich, sittsam und bescheiden. Als es um die Suche nach einer Lehrstelle geht, wird der Ungehobelte abgelehnt (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 41-44; ebd. S. 144f.) - Kinder zwingen zu essen, was auf den Tisch kommt, gilt als veraltete Erziehungsregel (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 89-96) - Auf die Gesundheit der Gäste trinken (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 99) - Hofprediger der Grafenfamilie liest bei Tisch geistliche Betrachtungen vor (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 100) - Wein im 18. Jh. nur an Weihnachten, Ostern und Pfingsten gereicht; Anfang des 19. Jhs. serviert auch der Mittelstand Wein, und zwar jedes Mal, wenn Besuch kommt (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 101 f.). Bescheidenheit/Unbescheidenheit - Ähren mit vielen Körnern neigt sich tief zur Erde, leere Ähren recken den Kopf stolz in die Höhe (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 83f.)

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- Adliger heiratet ohne höfischen Prunk, nur „à la Campagne" (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 111) - Begräbnis eines verdienstvollen Verwalters ohne Prunk (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 122) - Mutter hat Kaffeegäste; ihre beiden Töchter erhalten je ein Stück Kuchen. Die unbescheidene kommt zurück und will ein zweites und wird mit Mißachtung bestraft (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 93f.) - der berühmte Violinvirtuose Carl Philipp Stamitz (1745-1801) fällt durch Bescheidenheit bei einem Auftritt in Dessau angenehm auf (Pothmann 1790, S. 200f.) - Mädchen bildet sich ein, nach fünf Jahren Klavierunterricht schon eine gute Pianistin zu sein. Sie ertrotzt sich die Erlaubnis, vor den Gästen der Mutter vorspielen zu dürfen und scheitert kläglich (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 53 f.) - französische Husaren in einem Schloß; benehmen sich „gut und bescheiden" (Schmid, Lehrreiche, S. 98) - reicher Mann läßt in der Zeit der Hungersnot Brote backen und lädt die Kinder des Ortes ein, sich zu bedienen. Sie schlagen und zanken sich um die größten Brote. Nur ein Mädchen greift bescheiden immer zum kleinsten. Da läßt der Mann Silbermünzen in das kleinste Brötchen backen. Das Mädchen bringt sie zurück, darf sie aber alle behalten (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 1 lf.) Beten - nicht in die Betstunde gehen, dafür immer nur arbeiten (alte Katholikin über protestantische Nachbarin) (Goeze, Zeitvertreib,, S. 258f.) - Mädchen bringt ihrem Bruder ein Gebet bei, das er täglich zweimal betet und dadurch artig wird (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 44, S. 95f.) - richtiges Beten lehren (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 178) Betteln/Bettler (—> Armut, Behinderte, Ehrlichkeit, Ordnung/Unordnung; Kind, tugendhaftes) - bestechlicher Richter wird entlassen und muß betteln gehen (Lohr, Sitte, Nr. 45, S. 91 f.) - Kaufmann gibt bettelnder Mutter nichts, finanziert statt dessen deren Söhnen eine Ausbildung zum Korbmacher und Strohflechter und kauft ihnen später Körbe und Strohhüte ab (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 23) - Mann tut nur Gutes, wenn er dabei beobachtet wird. Er weist eine Bettlerin mit zwei Kindern zurück. Sie erfrieren daraufhin. Am nächsten Morgen stellt sich heraus, daß es sich um seine Schwester gehandelt hat (Schwarz, S. 59-62) - unbeaufsichtigter Bauernjunge bettelt, obwohl ihn seine Eltern gut versorgen (Wening 1784, S. 111-116) - Müßiggänger, der als angeblich Stummer betteln geht, wird vor Gericht gestellt und ins Arbeitshaus eingewiesen (Schmid, Lehrreiche, S. 63f.) - zwei Brüder, von denen einer faul, der andere fleißig ist. Jahrzehnte später steht der faule als Bettler vor der Tür des Fleißigen (Lohr, Sitte, Nr. 71, S. 142 ff.) - Kind schenkt einem Bettler seinen Zwieback (Wening 1784, S. 172-174) - Farbiger auf Jamaika lebt selbst vom Betteln und bietet verarmter Offizierswitwe seinen Notgroschen an (Lohr, Sitte, Nr. 21, S. 43ff.; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 41, S. 60ff.) - Veteran zieht bettelnd von Tür zu Tür. Ein armer Student schenkt ihm seine letzten beiden Silbergroschen und wird von seinem reichen Onkel, der davon

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hört, mit zwei Goldmünzen entschädigt (Schmid, Lehrreiche, S. 218ff.) - potentielle Erbin wird vom Erblasser auf ihre Wohltätigkeit hin überprüft, in dem er als Bettler verkleidet um eine Gabe bittet. Sie weist ihn ab und wird enterbt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 86f.) - Knabe gibt das wenige Geld, das er hat, einer Bettlerin und schämt sich dafür, daß er nicht mehr geben kann. Er wird dabei von einem vornehmen Herrn beobachtet, der ihm das gespendete Geld ersetzt. Der Knabe gibt auch dieses der armen Frau und läuft davon, ohne auf den Ruf des Mannes zu hören (Lohr, Sitte, 1799, Nr. 3: Der wohltätige Knabe, S. lOff.) - Knabe aus reichem Hause, gibt den Taler, den er vom Vater erhalten hat als Belohnung für Tapferkeit beim Zahnarzt, einem Bettler, borgt sich einen zweiten Taler für anderen Bettler bei seinem Bruder, will sich dafür wieder einen Zahn ziehen lassen. Er wird ein reicher Kaufmann, der sich durch Wohltätigkeit und gute Bezahlung seiner Arbeiter die Zuneigung der Leute erwirbt (Lohr, Sitte, 1799, Nr. 4, S. 13-16) - verarmter Familienvater bringt es nicht über sich auf der Straße zu betteln, streift stattdessen ziellos durch die Straßen, findet Beutel mit Gold, widersteht der Versuchung, ihn zu behalten, wird vom Besitzer reich belohnt (Lohr, Sitte, S. 98-101) - schenkt einem Angehörigen des Königshauses eine Schale frischen Wassers. Der König läßt ihm daraufhin eine Schale mit Silbermünzen bringen, denn es kommt nicht auf den materiellen, sondern den ideellen Wert eines Geschenkes an (Schwarz, S. 45f.). - Müßiggänger unter den Bettlern soll man nicht unterstützen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 90, S. 56-59, hier S. 57) - Betteln fur schändlich halten (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 82) Blattern (—* Krankheiten) Blinde/Blindheit (—> Alte Menschen, Brand, Dieb, Gottesfurcht, Kind, tugendhaftes; Lügen, Spott/Spotten, Vögel zähmen) - vergräbt sein Geld, Nachbar stiehlt es; der Blinde sagt ihm, daß er dort noch mehr Geld deponieren will, woraufhin der Nachbar das Gestohlene wieder an die alte Stelle legt, von wo der Blinde es wieder an sich nimmt (Lohr, Verstand, S. 4 7 f f ; zahlreiche ital. und dt. Fassungen im 17. u. frühen 18. Jh. vgl. Ranke, Kurt: Via grammatica, 1979, Mot. 14, S. 163.) - Wettlauf zwischen Blindem und Sehendem um Mitternacht. Der sehende Herausforderer verliert (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 55) - bringt entflogenen Kanarienvogel zurück, nachdem Sehende lange vergeblich versucht hatten, ihn einzufangen. Gott hat ihm zum Ausgleich für die Blindheit ein hervorragendes Gehör verliehen (Schmid, Lehrreiche S. 129f.) Blitzableiter (—• Gewitter) - ist vorhanden, also braucht man keine Angst bei Gewitter zu haben (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 135ff.) - hohe Tannen bei einzeln stehenden Häusern fungieren als Blitzableiter (Schmid, Lehrreiche, S. 121-124) Blumen und Pflanzen (—* Garten, Rosenzucht) - ungeduldiges Mädchen schneidet Nelkenknospe auf, um sie frühzeitig zum Blühen zu bringen, worauf die Pflanze eingeht (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 62f.) - Mädchen findet im Wald eine entwurzelte Erdbeere, pflanzt sie zu Hause ein und wird für ihre sorgfältige Pflege mit herrlichen Früchten belohnt (Kieffer:

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Lesebuch, 1862, Nr. 66, S. 34) - Mädchen schenkt ihrem Bruder zwei halb aufgeblühte Hyazinthen zum Geburtstag, die er so sehr begehrte, daß er sie ihr sogar abkaufen wollte (Späth, S. 56f.) - Mädchen läßt Orangenbäumchen erfrieren (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 79ff.) - Mädchen läßt Apfelbäumchen verdorren; seine Schwester pflegt das Ihre und kann im Herbst Äpfel ernten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 273ff.) - Mädchen will Rosenstock zerstören, weil seine Knospe abgefallen ist. Mutter bringt ihn wieder zum Blühen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 161-163) - armes Mädchen gibt ihr weniges Geld für Blumenzucht, anstatt für „eitle Putzsucht" aus. Ein Blumentopf fällt bei Sturm vom Fensterbrett, trifft gesuchten Mörder. Sie bekommt das auf ihn ausgesetzte Lösegeld (Schwarz, S. 40ff.) - Blumen abreißen, obwohl es verboten war (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 118 ff.) - Arme verkaufen Veilchen in der Stadt und bessern damit ihren Unterhalt auf (Schmid, Lehrreiche, S. 82f., lOOf.) - Mohr rettet adliges Fräulein, indem er ihr ein Exemplar des giftigen Fingerhuts wegnimmt (Schmid, Lehrreiche, S. lOlf.) - Geranien vermehren (Schmid, Lehrreiche, S. 103) - Eiskraut als Beispiel für die Schönheit der Natur (Schmid, Lehrreiche, S. 104f.) - Buchstaben in Kürbisse ritzen und sehen, wie sie mitwachsen (Schmid, Lehrreiche, S. 105f.) - Mädchen zieht ein Senfkorn dem Kürbis als Geschenk vor, sät es aus und stellt nach der Ernte selbst Senf her (Schmid, Lehrreiche, S. 106f.) - Vergißmeinnicht als Erinnerung an Gott (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 67) Blutregen/-wasser (—» Aberglaube) Boshaftigkeit - selbst verschuldet oder angeboren? (Lohr, Verstand, Nr. 29, S. 146; Lohr, Sitte, Nr. 60, S. 113ff.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 262ff.; Schmid, Lehrreiche, S. 88) - Fuchsfalle aufstellen, um damit jemanden zu verletzten. Fallensteller tritt versehentlich selbst hinein (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 262ff.) Brandkatastrophe (—> Zündeln) - Feuerlöschen, Feuerwehrübung, Vorschriften zum Feuerschutz (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 95f.) - Dienstmagd wird bei Feuer in Neuruppin mit der vierjährigen Tochter ihrer Herrschaft im Keller verschüttet. Dank ihrer Umsicht überleben beide (Schmid, Lehrreiche, S. 206-209) - verwaistes Mädchen holt unter Lebensgefahr ein Pulverfaß vom Speicher eines brennenden Hauses und verhindert damit großen Schaden für das gesamte Viertel. Sie wird adoptiert und erhält lebenslanges Wohnrecht in einem der stehengebliebenen Häuser (Späth: Nr. 21: Das Pulverfaß, S. 37f.) - treuer Dienstbote holt Pulverfaß vom brennenden Dachboden seines ehemaligen Herrn aus Dankbarkeit für erwiesene Wohltaten. Eine Belohnung lehnt er ab (Lohr, Verstand, S. 130) - Nachbar, dem einst aus großer finanzieller Not geholfen worden war, rettet seinen Wohltäter aus brennendem Haus (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 294f.)

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- ehrliche Magd bringt Geld zurück, das ihr während eines Brandes anvertraut worden war (Lohr, Sitte, Nr. 52, S. 101 f.) - hochmütiger, boshafter Mann kommt durch einen Brand infolge von Blitzschlag um Hab und Gut. Ein Nachbar, den er wiederholt gedemütigt hat, hilft beim Löschen und bietet der Familie an, vorübergehend bei ihm zu wohnen. Die beiden werden Freunde (Wening 1784: So rächt sich der Weise und der Christ. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 26-30; auch bei Geiger, Beyspielbuch, S. 225-230) - einem Eigenbrötler, der anderen jede Bitte um Hilfe abschlägt, brennt das Haus bis auf die Grundmauern nieder, weil die Nachbarn nun ihrerseits nicht helfen (Lohr: 27. Meister Trauman; oder, die Undienstfertigkeit entfernt die Menschen von uns. In: Ders.: Sitte, 1799, S. 57ff.) - beim Brand eines ganzen Straßenzuges helfen die Armen, das Haus ihres Wohltäters zu retten, während das des hartherzigen Nachbarn ungehindert abbrennt (Lohr: 6. Was hilft's denn, gutthätig zu seyn? In: Ders.: Sitte, 1799, S. 18ff.) - 1787 brennt der Ort Gimmichen bei Köln fast völlig nieder. Zu dieser Zeit fechten der Baron von Gimmichen und seine Schwester einen Streit vor Gericht aus. Die Schwester, die sich an dem Unglück hätte freuen können, verkaufte stattdessen ihre Ohrringe und schenkte den Erlös den Untertanen des Barons (Geiger, Beyspielbuch, S. 230f.) - zwei Knaben verhindern Großfeuer im thüringischen Grüningen am 11. Dezember 1790. Sie werden in der Kirche öffentlich belobigt, von der Gutsherrschaft neu eingekleidet und an Weihnachten zum Essen eingeladen (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 92, S. 125f.) - Bauer auf Fünen rettet einen Nachbarn vor der Feuersbrunst; dafür wird er in Kopenhagen öffentlich belohnt (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 104ff.) - der beherzte, auf Gott vertrauende Joseph Gierod rettet unbeholfene Witwe und ihre fünf Kinder 1819 im französischen Tans aus den Flammen (Dorfzeitung, 29.6.1822, S. 113f.) - Tochter rettet ihren 73jährigen, erblindeten, hilflosen Vater aus brennendem Haus (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 14, S. 23f.) - Der Pädagoge Christiani fuhrt seine Zöglinge nach dem verheerenden Stadtbrand von Kopenhagen Mitte der 1790er Jahre an den Ort des Geschehens, um in ihnen Mitleid für die Not fremder Menschen auszulösen, ihnen die Notwendigkeit zu tätiger Hilfe im Katastrophenfall vor Augen zu fuhren und sie zur Vorsicht im Umgang mit Feuer zu bewegen (H. C. J. R. Christiani: Unterhaltungen anläßlich einer Feuersbrunst in Kopenhagen. In: Beiträge zur Veredelung der Menschheit, hg. aus dem Erziehungsinstitut bei Kopenhagen, 4 Bde. Kopenhagen 1796-98, Bd. 1, S. 115ff.) Branntwein —• Trunksucht Brauch - Aprilscherze: jemand soll Dachtraufenöl, Krebsblut, Mücken- oder Schwalbenhaare aus der Apotheke holen, auf den Marktplatz gehen und dem Kaiser zujubeln (Stahl, S. 47880ff.) Böllerschüsse abgeben zu Ehren der tugendhaftesten Jungfrau am Ort (Geiger, Beyspielbuch, S. 100) - verständnisvolles Aufgeben alter Bräuche, hier das gefährliche Böllerschießen (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 6)

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- Osternester suchen (Späth, S. 33f.) - Osterfeuer, Osterwasser (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 155; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 82-87) - Weihnachtsplätzchen backen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 204-210) - Aufdingen (Geiger, Beyspielbuch, S. 70) - Freisprechen (Geiger, Beyspielbuch, S. 70) - Martinsgans (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 79f.) - Meisterwerden (Geiger, Beyspielbuch, S. 70) - Jahrmarkt (Schmid, Lehrreiche, S. 64f.; Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 176-182) - alte Bräuche nicht leichtfertig abschaffen (Schmid, Lehrreiche, S. 121-124). - Ostern, Weihnachten, Pfingsten, Faschingszeit, Kirchweih sind Termine, an denen Dienstboten Geschenke erhalten sollen (Geiger, Beyspielbuch, S. 170) - Kuhschelle (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 81) - Schultüte (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 19-22) - Weihnachten (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 28-42) - Knecht Ruprecht (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 25-28) - sich beschenken zu Weihnachten (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 140f.) - Weihnachtsgeschenke werden faulem Mädchen nur gezeigt (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 9, S. 20ff.) - Weihnachtsbaum (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 20ff., hier S. 22; Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 32) - Weihnachtsgeschenke nach der Bescherung in den Fenstern zur Schau stellen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 38) - Kinder, die als Chorknaben einem Toten das letzte Geleit gaben, erhalten einen „Mariengroschen", ein Achtpfennigstück (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 63) Bruderschaften (Geiger, Beyspielbuch, S. 107-114) Buchführung in Handwerksbetrieb (Wening 1784, Nr. 63, S. 167-172) Bürgschaft übernehmen aus Solidarität mit einem Jugendfreund (Schmid, Lehrreiche, S. 93) Dachrinne - so dicht am Haus anbringen, daß Passanten nicht bespritzt werden (Wening 1784, S. 154) Dankbarkeit/Undankbarkeit (—> Brandkatastrophe) - eines Tagelöhners gegenüber seinem Herrn (Lohr, Verstand, S. 130) - eines Kindes gegenüber seinen Eltern (Allg. Lesebuch 1793, S. 113; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 312-323) - eines Vogels gegenüber seinen Lebensrettern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 25-28). - einer Biene gegenüber einer Taube, die ihr das Leben gerettet hat (Schmid, Lehrreiche, S. 86) - eines Tieres gegenüber seinem Wohltäter (Späth, S. 49f.) - junger Mann bedankt sich bei seinem Lehrer, nachdem er auf seiner Gesellen· Wanderschaft gemerkt hat, wieviel er ihm für das Leben beigebracht hatte (Schmid, Lehrreiche, S. 10f.). - Undank (Goeze, Zeitvertreib,, S. 106-121; S. 126ff.; Schwarz, S. 35f.) - Mädchen hilft Freundin, ein Kleid zu nähen, das am nächsten Tag fertig sein

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muß. Aus Dankbarkeit lädt diese sie später zu einer Reise ein (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 63ff.) Dialekt - als Zeichen für Unwissenheit und bäuerischem Wesen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 78; ebd., S. 141: Kutscher spricht Dialekt; ebd., S. 147: zwei Fischer) Dieb/Diebstahl (—> Ehre/Ehrbarkeit; Grenzsteinverrückung; Kind, tugendhaftes) - sterbende Mutter tadelt ihren Sohn wegen Diebstahls; sie stirbt doch Gott segnet ihre Nachkommen (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 8-10) - Dieb bricht sich auf der Flucht den Fuß und hinkt von da an (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 66-69) - Eltern verweisen Sohn wegen Diebstahls des Hauses; er wird krank und bereut auf dem Sterbebett (Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 55-60) - Junge bestiehlt seinen Lehrherrn, wird davongejagt und verkommt zum Taugenichts (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 249f.) - bestohlener Junge wird, da ohne Geld, verachtet, erlangt jedoch durch seinen Optimismus ein glückliches Leben (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 256ff.) - Dienstbotin spielt im Lotto, verliert ihr gesamtes Geld, bestiehlt ihre Herrschaft, wird entlassen, findet neue Stellung, stiehlt aber weiter, wird gehängt (Geiger, Beyspielbuch, S. 196) - Mädchen sollte eigentlich von kinderloser Bäuerin an Kindesstatt angenommen werden, wird aber des Diebstahls in der Küche überführt und sofort entlassen (Schmid, Lehrreiche, S. 54) - Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen bestiehlt ihre Freundinnen. Mutter ist leichtgläubig, unterbindet dieses Verhalten nicht. Als Erwachsene bestiehlt sie ihren Dienstherrn und kommt ins Gefängnis (Späth, Nr. 5, S. 8ff.). - Dieb soll gehängt werden. Er beschuldigt seine Mutter mit seinen letzten Worten, daß sie an seinem Schicksal schuld sei, da sie seine kleinen Diebereien als Kind nicht unterbunden habe (Geiger, Beyspielbuch, S. 190) - Dieb aus Not (Lohr, Verstand, Nr. 22, S. 143f.) - verarmter Offizier steht lieber unter dem Verdacht des Diebstahls, als daß er seine Taschen nach außen kehrt, in denen er eine Wurst aufbewahrt, da er sich ein warmes Mittagessen nicht leisten kann (Lohr, Sitte, Nr. 67, S. 131-135; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 69f.) - einem anderen aus Rache Diebstahl in die Schuhe schieben (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 44ff.) - Pfarrer kümmert sich um einen Waisenknaben, der einmal gestohlen hat, und deshalb gemieden wird. Er geht zur Schule, lernt ein Handwerk und wird ein geachteter Bürger (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 41, S. 22) - Schuhmacher nimmt sich des zwölfjährigen Sohnes eines gehenkten Diebes an, den man vor die Tore der Stadt getrieben und seinem Schicksal überlassen hat. Der Junge wird ein geachteter Handwerker und fühlt sich dem Ziehvater lebenslang verbunden (Wening 1784, Nr. 39, S. 97ff.) - Gastwirt versucht, Gerste zu stehlen, schneidet sich dabei aber ins eigene Fleisch (Schmid, Lehrreiche, S. 32f.) - Armer Mann geht mit seinem Sohn auf der Suche nach Arbeit in das Haus eines Reichen. Dort liegt Geld auf dem Tisch, das der Sohn in einem vermeintlich unbeobachteten Moment stehlen möchte. Der Vater weist ihn zurecht und erinnert an Gott, der alles sieht. Der Herr, der alles belauscht hat, gibt dem

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Mann soviel Geld, wie er braucht (Abcbuch fur die Volksschulen des russischen Reiches, 1785, S. 24) - Junge stiehlt Karpfen aus dem Teich des Schlosses und wird als Dieb überfuhrt, weil der Besitzer allen seinen Fischen die Schwanzflosse beschnitten und dies den Händlern in der Umgebung mitgeteilt hatte (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 16f.) - Pferdedieb wird durch die Frage, auf welchem Auge das Tier blind sei, überfuhrt (Lohr, Verstand, Nr. 66, S. 49; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 15) - Dieb wird überführt durch Kesselprobe (Schmid, Lehrreiche, S. 39f.) - Überfuhrung des Diebes durch Richter (Lohr, Verstand, S. 44; ebd. S. 47ff.) - Überfuhrung des Diebes durch kluges Mädchen (Lohr, Verstand, S. 49) - Knecht, der Wein aus dem Keller seines Herrn stiehlt, wird durch ein Loch im Krug überfuhrt und bekommt nie mehr eine gute Arbeitsstelle (Schmid, Lehrreiche, S. 72f.) - Dieb will reichem Müller seine Kasse aus einer Kammer stehlen. Zufällig schläft der Sohn des Müllers dort und ertappt den Dieb auf frischer Tat (Schmid, Lehrreiche, S. 51f.) - Magd in Exeter stiehlt ihrem blinden Herrn einen silbernen Löffel und kommt vor Gericht. Sie beschwört ihre Unschuld mit dem Hinweis, Gott solle sie auf der Stelle töten, wenn sie lüge und fällt daraufhin tot um. Bei der Leiche findet man den Versatzzettel (Dorfzeitung, 8.3.1828, S. 176) Diebstahl von Obst (—* Diebstahl und natürliche Strafe; Obst) - Junge versucht Johannisbeeren zu stehlen, wird vom Quaken eines Frosches in die Flucht geschlagen, läuft dem Gärtner in die Arme (Schmid, Lehrreiche, S. 7) - Pfirsich-Dieb wird erwischt und bekommt Schläge; der Junge, der ihn vom Diebstahl abhalten wollte, erhält Pfirsiche geschenkt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 36ff.) - Aprikosendiebinnen werden beobachtet und hart bestraft (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 21 lf.) - Junge stiehlt Äpfel in Nachbars Garten, durch die vollgestopften Taschen kann er nicht mehr durch das Loch im Zaun schlüpfen, wird erwischt und verprügelt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 29; Schmid, Lehrreiche, S. 117) - zwei Knaben stehlen Birnen, werden dabei ertappt und schwer bestraft (Schmid, Lehrreiche, S. 58f.) - Knabe stiehlt um Mitternacht Obst aus dem Schloßgarten, erblickt seinen Schatten und glaubt an ein Gespenst. Er läßt alles fallen und flieht. Die beschrifteten Säcke, die er mitgebracht hatte, verraten ihn (Schmid, Lehrreiche, S. 84f.) Diebstahl und natürliche Strafe (—» Diebstahl von Obst; Obst) - gestohlenes Getreide in Zwischenboden verstecken. Dieb wird überführt, als er bei einer Hausdurchsuchung mit der Faust auf den Tisch schlägt, und das Korn dadurch aus der Decke zu rieseln beginnt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 82; Schmid, Lehrreiche, S. 151 f.) - Knabe verletzt sich mit dem Messer, das er gestohlen hat (Allg. Lesebuch 1793, S. 154). - Junge stiehlt Pudel und wird von dem Tier gebissen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 264ff.) - Diebin wird beim Plündern eines Bienenstocks von Hunderten von Bienen gestochen (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 118, S. 229ff.)

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- gestohlenes Pferd wirft den Dieb ab und kehrt goldbeladen zu seinem Besitzer zurück (Schmid, Lehrreiche, S. 62f.) - Junge stiehlt einen sprechenden Star. Als er den Besitzer trifft, meldet sich der Vogel aus der Tasche des Diebs und wird entdeckt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 39) - Junge stiehlt einen Hahn, um ihn zu verkaufen; sein Krähen überführt den Dieb (Schmid, Lehrreiche, S. 18f.) - Junge stiehlt Kastanien. Als er sie im Feuer brät und in die Glut pustet, platzt eine Kastanie und verbrennt ihm das Gesicht (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 91f. - Junge stiehlt Äpfel in Nachbars Garten, durch die vollgestopften Taschen kann er nicht mehr durch das Loch im Zaun schlüpfen, wird erwischt und verprügelt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 29; Schmid, Lehrreiche, S. 117) - Pferdedieb wird überführt, weil er ein abgerichtetes Militärpferd gestohlen hat, das er nicht vom Mittun abhalten kann, als er zufällig an einer übenden Truppe vorüberreitet (Schmid, Kurze Erzählungen, S. Ali.) - zwei Räuber erschrecken durch einen Hahnenschrei und töten bei Einbruch einen reichen Müller. Jahre später gestehen sie einander nachts in einer Herberge, daß sie seitdem kein Krähen mehr hören können. Der Wirt belauscht die beiden und läßt sie verhaften (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 46) - junger Mann stiehlt zwar nicht, nimmt jedoch alles mit, was vermeintlich herrenlos herumliegt. Er findet eine Kette, will sie aufheben, verbrennt sich daran die Finger. Der Schmied hatte sie zum Abkühlen ins Freie getragen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 17f.) - Lehrjunge läßt sich von einem Kollegen zum heimlichen Rauchen überreden. Ungeschickt im Hantieren mit der Zigarre, brennt er sich ein Loch in seinen Sonntagsanzug. Anschließend stellt sich heraus, daß der Tabak gestohlen war, und er muß als Zeuge aussagen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 50, S. 276ff.) Dienstbote/-botin (—> Aberglaube, Brandkatastrophe, Brauch, Dieb/ Diebstahl, Leichtsinn, Mohr, Tanzen) - Anhänglichkeit der Dienstboten eine Folge guter Behandlung (Pischon IV, S. 137-142) - Herrschaft soll sich um kranke Dienstboten kümmern (Pischon IV, S. 147f.) - Kindern verbieten, Dienstboten zu mißhandeln (Pischon IV, S. 149-152) - Reitknecht eines Generals wirft sich auf dem Schlachtfeld über seinen schwer verwundeten Herrn und rettet ihm so das Leben. Er erhält ein lebenslanges Gnadengehalt (Pothmann 1790, S. 70) - 70jährige Magd in Rudolstadt pflegt den verwaisten, kranken Sohn ihrer Herrschaft, hat ihre gesamten Ersparnisse schon für ihn verbraucht und ist jetzt auf das Mitleid anderer angewiesen (Pothmann 1790, S. 71) - Magd rächt sich für eine Rüge, indem sie Feuer legt (Pothmann 1790, S. 15) - Magd bittet ihren Vater, frühzeitig ihren Dienst quittieren zu dürfen. Er befiehlt ihr jedoch, unter allen Umständen auszuharren (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 104, S. 77f.) - lieber wenig Land bewirtschaften aus eigener Kraft, als viel Land mit unzuverlässigen Dienstboten (Rochow, Der Kinderfreund, Teil 2) - treue, bleibt bei ihrer Herrschaft, auch als diese verarmt ist. Ein überraschend auftauchendes Testament macht sie zu einer reichen Frau (Lohr, Verstand, S. 129f.; Lohr, Sitte, Nr. 5, S. 16ff.) - ein in Paris lebendes armes Ehepaar pflegt aufopferungsvoll eine alte (ver-

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meintliche) Bettlerin. Diese bestellt einen Notar ins Haus und bedenkt das Paar in ihrem Testament mit 12.000 Franken (Dorfzeitung, 8.3.1828, S. 173f.) - zwei feindselige Dienstbotinnen machen einander das Leben schwer (Lohr, Sitte, Nr. 42, S. 85ff.) - angeblicher Fehler im Testament wird zugunsten des Dienstboten ausgelegt (Lohr, Sitte, Nr. 19, S. 41 f.) - gute Behandlung der Dienstboten zahlt sich aus (Geiger, Beyspielbuch, S. 170f.) - Entlassung betrügerischer, fauler Dienstboten, wenn Ermahnungen nicht fruchten (Geiger, Beyspielbuch, S. 171) Donnerkeil (—> Aberglaube) Dornenhecke als Gartenzaun schützt die Früchte wie scharfe Strafgesetze die rechtschaffenen Menschen (Schmid, Lehrreiche, S. 50). Egoismus (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 4 8 f f ; Späth, S. 15f.) Ehe/Heirat (—• Liebe, eheliche) - Mutter bestimmt Frau für ihren Sohn (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 99) - Schwiegermütter sollen sich nicht in die Ehe ihrer Kinder einmischen (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 173f.) - Edelmann heiratet aus Gemeinsinn (Gutsnachfolge sichern) (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 100) - bei der Wahl des Partners nicht nur auf Geld und Schönheit schauen: reicher Bauernbursche möchte durch Heirat noch reicher werden. Er heiratet eine vermögende Städterin, die jedoch den Haushalt nicht fuhren kann. Innerhalb weniger Jahre ist die Familie auf Almosen angewiesen (Geiger, Beyspielbuch, S. 117f.; PischonI, S. 3-46) - Zwang zur Heirat ohne Neigung (Pothmann 1790, S. 38; Pischon I, S. 80-91) - Leichtsinniges Eheversprechen (Pischon I, S. 49) - Gleicher Stand als Garant fur glückliche Ehe (Pischon I, S. 92ff.) - frühe Eheschließung (Pischon I, S. 94ff.) - Rezepte fur eine gute Ehe (Pischon I, S. 97-229) - Gründe fur das Scheitern von Ehen: Männer fangen an zu spielen, zu trinken, ihre Arbeit zu vernachlässigen; Frauen versuchen, die Herrschaft an sich zu ziehen, zanken wegen Kleinigkeiten, sind „säuisch" und unordentlich. Ferner: wechselseitige Respektlosigkeit (Geiger, Beyspielbuch, S. 126) - Armer Soldat macht große Erbschaft, kauft seinen Abschied und heiratet daraufhin seine langjährige, aber mittellose Braut. Freunde werfen ihm vor, er hätte jetzt eine bessere Partie machen können. Er aber teilt sein Glück mit dem tugendhaften Mädchen (Geiger, Beyspielbuch, S. 120f.) - Richtiges Verhalten unter Eheleuten: keine lautstarken Auseinandersetzungen; den Partner nicht vor anderen beschimpfen; nichts ohne das Wissen des Partners verkaufen oder kaufen. Ferner: Mäßigkeit, Reinlichkeit, Schamhaftigkeit (Geiger, Beyspielbuch, S. 131) - Schamhaftigkeit in der Ehe (Pischon I, S. 229) - reicher Kaufmann hält um die Hand eines Mädchens an, dessen Vater am nächsten Tag Bankrott anmelden muß. Sie legt ihre Vermögensverhältnisse offen und rät ihm, sich sein Angebot noch einmal zu überlegen. Sie hat vor, ihre Eltern durch Arbeit zu unterstützen. Der Bewerber heiratet das musterhafte Mädchen ohne Zögern (Pothmann 1790, S. 38f.)

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- zwei Mädchen, denen der Vater kein Vermögen hinterlassen hat, leben sparsam und verdienen ihren Unterhalt durch Handarbeiten. Beide finden schnell einen Mann, während schönere Mädchen in der Gegend ledig bleiben müssen (Geiger, Beyspielbuch, S. 126; Pothmann 1790, S. 39) - Mädchen verweigert die Heirat mit einem unordentlichen Partner; erst die Notlage der Mutter stimmt sie um (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 30-33) Ehebruch - (Geiger, Beyspielbuch, S. 134ff.; Pischon I, S. 131-180) Ehre/Ehrbarkeit (—>· Dieb/Diebstahl; Gewissen) - Hochmütiger Herr duldet es nicht, daß Gleichgestellte an seiner rechten Seite gehen, also den Ehrenplatz einnehmen (Schmid, Lehrreiche, S. 27) - Errichtung einer Ehrenpforte zur Begrüßung eines Adeligen (Schlez, kath. Ausg., 2. Teil, 1801, S. 196) Ehrlichkeit (—> Finder, ehrlicher; Kind, tugendhaftes) - armer Mann in Brighton erbt von einem Freund eine Kiste für ihn nicht brauchbarer Instrumente. Er verkauft sie an einen Quäker. Dieser ehrliche Käufer findet darin die eigentliche Erbschaft von 14.000 Gulden und bringt sie dem Erben zurück (Dorfzeitung, 7.2.1824, S. 21 f.) - Obsthändler gewinnt das Vertrauen seiner Kunden und kann sein Geschäft immer stärker erweitern (Lohr, Sitte, Nr. 48, S. 94f.) - Herr Erich entdeckt in den Büchern seines verstorbenen Vaters, daß er von einem Mann vor Antritt einer weiten Reise 1000 Taler zur Aufbewahrung erhalten hatte. Dieser kam nie zurück. Erich macht die Witwe ausfindig, die in bitterer Armut lebt und gerade davorsteht, ihre Wohnung räumen zu müssen. Er händigt ihr das Geld aus und hat ein gutes Gewissen (Lohr, Sitte, Nr. 49, S. 95ff.) - Ein Lederhändler hinterlegt aus Angst, überfallen zu werden, viel Geld bei einem Metzger. Tatsächlich kommt er bei einem Überfall ums Leben. Der Metzger reist daraufhin mit dem Geld zu den Hinterbliebenen und verzichtet sogar auf einen Lohn (Geiger, Beyspielbuch, S. 201f.; Wening 1784, S. 54ff.) - Familie steht nach Brand fast mittellos da. Am meisten schmerzt der Verlust eines Geldbeutels mit 100 Talern, den sie in der allgemeinen Aufregung einer unbekannten Magd anvertraut haben. Sie bringt ihn unaufgefordert am nächsten Tag zurück und nimmt keine Belohnung an (Lohr, Sitte, Nr. 52, S. lOlf.) - ein Mann verwaltet die Geldgeschäfte eines Fürsten und erhält nur ein sehr kümmerliches Gehalt. In größter Not nimmt er sich einmal einen Taler aus der Kasse. Schließlich findet er eine besser dotierte Stelle und schickt bei erster Gelegenheit den gestohlenen Taler samt Zinsen zurück (Lohr, Sitte, Nr. 53, S. 102f.) - Der Vater merkt, daß jemand Unordnung in seine Papier gebracht hat. Der kleine Sohn gesteht sofort, daß er es gewesen ist, weil er ein weißes Blatt zum Malen gesucht habe. Durch sein Geständnis entgeht er der Strafe (Lohr, Sitte, Nr. 57, S. 107) - Mädchen hat auf der Straße einen Groschen verloren, für den sie Öl kaufen sollte. Ein edler Herr schenkt ihr Ersatz. Kurz darauf holt sie ihn wieder ein und will den Groschen zurückgeben, da sie den ihren wiedergefunden hat. Beeindruckt von der Ehrlichkeit schenkt er ihr noch einen Gulden dazu (Moser VI, S. 153-156) - ehrlicher Metzger findet Geldbeutel unter einem Baum. Er begegnet kurz

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darauf dem Mann, der ihn dort nach einer Rast hatte liegenlassen. Nachdem er sich überzeugt hat von der Richtigkeit des Sachverhalts, gibt er das Geld zurück (Wening 1784, S. 53f.) - Junge verliert Geldbeutel im Wald. Ein Edelmann zeigt ihm seinen eigenen und fragt, ob dieser der verlorene sei. Der Junge ist ehrlich, bekommt von dem Reichen seinen Geldbeutel zurück und dazu noch einen gut gefüllten für seine Ehrlichkeit (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 24) - Junge schummelt beim Spiel. Die Mutter unterbindet diese Verhalten mit dem Hinweis, daß er sich das zur Gewohnheit machen und als Erwachsener unehrlich sein würde (Schmid, Lehrreiche, S. 8) - Sohn eines Holzhackers findet kostbare Meerschaumpfeife des Jägers. Der bedankt sich mit einer Wildente, die der Junge schon lange fangen wollte (Schmid, Lehreiche, S. 139f.) - Junge bekommt ein Messer geschenkt, zeigt es seinen Freunden. Einer bittet ihn, ihm das Messer zu schenken, was der Junge aber ablehnt. Im Laufe des Tages verliert er es, der andere findet es und bringt es zurück. Als Belohnung läßt der Vater ihm auch eines anfertigen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 228f.) - zwei Knaben beginnen am selben Tag eine Kaufmannslehre. Einer nimmt Geld aus der Kasse, der andere merkt es, stellt ihn zur Rede und verlangt, daß er aufhört zu stehlen. Der Lehrherr belauscht das Gespräch und schickt den Dieb fort. Er bleibt ein Taugenichts, während der andere eine große Karriere macht (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 249f.) - Magd wird des Diebstahls verdächtigt. In Wirklichkeit hatte aber eine Ziege, die in der Wohnung frei herumlaufen durfte, den Geldbeutel und einen silbernen Löffel verschluckt. Die Ziege kränkelt und wird an einen Juden verkauft. Der schlachtet sie, findet die verschluckten Sachen und bringt sie zurück. Die Magd ist rehabilitiert. (Lohr, Verstand, S. 126f.) - verarmter Bauer rettet jüdischen Kaufmann aus einem reißenden Fluß, bettet ihn daheim auf Stroh. Als der Jude wieder zu sich kommt, merkt er, daß ihm ein Gurt mit Geld fehlt und glaubt, sein Retter habe ihn bestohlen. Ärgerlich geht er weg. Bald darauf findet der Bauer den Gurt unter dem Stroh und sucht vergeblich auf allen Jahrmärkten den Besitzer. Nach zwei Jahren kehrt der Jude zurück, inzwischen von der Ehrlichkeit des Mannes überzeugt, da er sich erkundigt hatte, ob der Bauer plötzlich große Anschaffungen getätigt hätte. Er bringt einen ganzen Wagen voller Geschenke mit und ist erstaunt, als der Bauer ihm das vermißte Geld auf den Tisch legt (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 91, S. 59ff.) Eifer (—> Beharrlichkeit) - blinder (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 55f.) - zu früh nachlassender im Umgang mit Pflanzen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S„ 79ff.; ebd., S. 161ff.; ebd. S. 273ff.) - zu früh nachlassender im Umgang mit Tieren (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 214ff.; S. 279ff.) - zu früh nachlassender in neuen Fertigkeiten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 266ff.) Eifersucht (Geiger, Beyspielbuch, S. 136f.) Eigenlob (Geiger, Beyspielbuch, S. 49) - Dinge betreffend, die nicht der Wahrheit entsprechen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 50-53)

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Eigensinn (Schmid, Lehrreiche, S. 87; Lohr, Sitte, Nr. 39, S. 76-80) Einnahmequellen für Arme (—> Armut, Behinderte) - Junge eines unfallgeschädigten Waldarbeiters fuhrt mit seinem Hasen Kunststücke vor reichen Herrschaften auf (Schmid, Lehrreiche, S. 153f.) - Maiglöckchen oder Veilchen im Wald suchen und auf dem Markt verkaufen (Schmid, Lehrreiche, S. 82f., S. lOOf.) - Kräuter sammeln für den Apotheker; Arbeit halbwüchsiger Knaben (Schmid, Lehrreiche, S. 145f.; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 13) - Schwefelhölzchen herstellen (Schmid, Lehrreiche, Aufl. 1835, S. 24ff.) - Lebensunterhalt mit Handarbeiten verdienen (Geiger, Beyspielbuch, S. 125; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 70f.) - Singvögel fangen und verkaufen (Schmidt, Lehrreiche, S. 142-145) - Geschick im Anfertigen von Schuhnägeln hilft einem verarmten Adligen zu überleben (Schmid, Kurze Erzählungen, S.12f.) - Geschick im Nähen, Stricken, Klavierspielen, im Singen, in Papp-, Holz- und Metallarbeiten kann das Überleben sichern (Heusinger, Bd. 1, S. 97) Einquartierung - französischer Husaren in einem Schloß; sie benehmen sich „gut und bescheiden" (Schmid, Lehrreiche, S. 98) Eitelkeit (—> Hochmut, Kopfbedeckung, Kleidungsverhalten) - jeder spricht am liebsten von seinen Geschäften (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 60f.) - eitler Junge wird verspottet (Stahl, S. 48103) - Brille als Zeichen der Klugheit tragen, obwohl man gute Augen hat (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 83) - eines Jungen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 67-70) - eines Mädchens (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 21; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 105f.; ebd., S. 147-149) - Seifenblasen als Symbol der Eitelkeit (Schwarz, S. 77f.) - Putzsucht bei Erwachsenen, Schminken, Mode (Pischon I, S. 334-360) - Tragen von Perücken (Schreger I, S. 160) - Hoffart (Geiger, Beyspielbuch, S. 126) - Prunksucht (zu aufwendige Kirchenfahne) (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 75) Eltern und Kinder (—> Alte Menschen; Familie; Kind, tugendhaftes) - Vater schenkt Tochter eine Hyazinthenzwiebel. Als sie voller Bewunderung vor der aufgeblühten Blume kniet, erklärt er ihr, daß er und die Mutter das Mädchen noch viel mehr liebten, als sie ihre Blume (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 46, S. 24f., Nr. 101, S. 72ff.) - Junger Mann meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst, um vom ausbezahlten Handgeld die Schulden seines Vaters zu bezahlen (Schmid, Lehrreiche, S. 177ff.) - Elternliebe stärker als alles andere (Pischon IV, S. 3-13) - Knabe bietet an, einem Hund zum Fraß vorgeworfen zu werden, um dem Vater damit die Flucht zu ermöglichen (Wening 1784, S. 7ff.) - Löwe verfolgt Vater und Sohn in Afrika; Junge will sich freiwillig opfern, damit der Vater entkommen kann (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 175ff.) - Knabe bietet sich heimlich beim Nachbarn als Hirtenknabe an, um den Eltern Geld geben zu können (Wening 1784, S. 9f.). - Tochter verdingt sich bei Gläubiger ihres Vaters, um ihn aus dem Schuldge-

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fángnis zu holen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 100, S. 71 f.) - Knabe sticht sich an Alpenrose, die er gezogen hat. Vater erklärt, so enttäuscht seien auch Eltern, deren Kinder sich undankbar zeigen (Schwarz, S. 35f.) Erben (—> Tiere) - Erbverzicht zugunsten Bedürftiger (Wening 1784, S. 50f., S. 51 ff.) - Erbverzicht zum öffentlichen Nutzen, hier Errichtung einer Dorfschule (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 16) - Erbstreitigkeiten (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 24) - Wer zuviel verlangt, geht leer aus (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 28) Erfinderisch sein im Alltag - Mädchen, dem das Feuer ausgegangen ist, trägt glühende Kohle auf einem Aschebett nach Hause (Schmid, Lehrreiche, S. 47f.) Erfindungen, nützliche - Blitzableiter (Schmid, Lehrreiche, S. 226) - Schießpulver (Schmid, Lehrreiche, S. 226) - Magnetnadel (Schmid, Lehrreiche, S. 226) - Wassermühle (Schmid, Lehrreiche, S. 168f.) - Dampfschiff (Schmid, Lehrreiche, S. 35f.) - Glashaus zum Überwintern empfindlicher Pflanzen (Schmid, Lehrreiche, S. 22 Iff.) - Luftballon und Luftschiff hätten schon früher erfunden werden können, wenn man das Verhalten von Linsen in Wasser besser beobachtet hätte (Schmid, Lehrreiche, S. 109f.) - Luftschiff als allgemeines Verkehrsmittel (Geiger, Beyspielbuch, S. 25f.) Ernährung (—» Diebstahl von Obst, Erziehung, Gefräßigkeit, Genußmittel, Hunger, Maßhalten, Muttermilch, Naschhaftigkeit, Obst, Trunksucht, Weihnachtsplätzchen, Zucker/Zuckerpuppe) - in einem Gasthaus wird ein wohlhabender Mann zum Mittagessen angemeldet. Man richtet von allem das beste her, und die Bauern in der Wirtsstube erwarten den Gast mit Neugierde und Neid. Schließlich erscheint ein kolossaler Mann in einer vergoldeten Kutsche, der von seinen Bedienten herausgehoben und in das Gasthaus getragen werden muß. Von den köstlichen Speisen nimmt er nur wenig, weil er sie als Alltagskost kennt und keine Freude mehr daran empfinden kann (Geiger, Beyspielbuch, S. 266-269) - Selbstbeherrschung einüben, indem man als Erwachsener vor den Augen der Kindern etwas ißt, ohne ihnen davon abzugeben (Schreber 1858, S. 62ff.) - Ernährung der Kinder: regelmäßig, nicht außer der Zeit; man gebe ihnen so viel Wasser wie sie wollen. König Karl XII. von Schweden wurde so erzogen und ist als tüchtiger Herrscher in die Geschichte eingegangen (Geiger, Beyspielbuch, S. 157ff.) - vier Grundsätze zur Kinderernährung: einfache Speisen, außerhalb der Mahlzeiten nichts geben, Gehorsam nicht mit Leckerbissen belohnen, Kinder nicht bei üppigen Gastmählern zulassen (Sailer, Johann Michael: Einiges über die Ernährung der Kinder. In: Ders.: Über Erziehung für Erzieher. 2., verb. Aufl. München 1809, S. 232ff.) - Regeln einer vernünftigen Kinderernährung: Arbeit macht hungrig, keine Zwischenmahlzeiten, Leckerbissen und Süßigkeiten erst gar nicht probieren lassen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 20: Die köstlichsten Gewürze) - ungesunde Ernährung: Mehlspeisen, Süßigkeiten, zu heiß, zu viel (Goeze,

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Zeitvertreib, 1783, S. 100-106) - gesunde und maßvolle Ernährung fuhrt zu hohem Alter (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 63) - feierlicher Schwur der in der Spinnstube Versammelten niemals Kaffee zu trinken (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 65) - Kartoffeln als unverzichtbares Grundnahrungsmittel (Schmid, Lehrreiche, S. 110-113; Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 55) Ertrinken (—> Ehrlichkeit, Hochwasser; Schiffbruch; Unfälle) - Ertrinkenden nicht retten aus Sorge um die eigene Gesundheit (Lohr, Verstand, Nr. 17, S. 141; Lohr, Sitte, Nr. 96, S. 186) - soll ein Familienvater sein Leben riskieren für einen boshaften, alleinstehenden Menschen, der zu ertrinken droht? (Lohr, Verstand, Nr. 32, S. 148f.) - einen Feind vor dem Ertrinken retten, ist eine doppelt edle Handlung (Schmid, Lehrreiche, S. 38) - Junge nimmt Schuld und Strafe eines anderen auf sich und rettet den eigentlichen Übeltäter schließlich auch noch vor dem Ertrinken (Wening 1784, S. 3 Off.) - Retter überlassen den Geretteten ihre Belohnung oder teilen sie mit ihnen (Moser: Lesebuch, 1786, Bd. IV, S. 153-157; Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 131 f.; Rosenlächer: Goldener Spiegel, S. 107-110) - Junge besucht armen, kranken Klassenkameraden, obwohl ihn andere dazu verleiten wollen, lieber mit ihnen zu spielen. Eines Tages wird er von dem wieder Gesundeten vor dem Ertrinken gerettet (Schwarz, S. 26f.) - zwei wohlsituierte Mädchen teilen ihre Ostereier mit einem armen Jungen. Als eine von ihnen später zu ertrinken droht, wird sie von ihm gerettet (Späth, S. 33f.) - beim Spiel beinahe ertrinken (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 146-155; Späth, S. 3f.) Erziehung (—> Verweichlichung von Kindern) - Frau setzt Kind aus. Es wird gefunden, bei Klosterbrüdern aufgezogen und trotz seiner schlechten Anlagen zu einem tüchtigen Priester (Schwarz, S. 106109) - ungezogenes Kind macht seine Mutter krank; es wird einem Vormund übergeben und zu fremden Leuten gebracht, die keine Nachsicht mit ihm kennen (Stahl, S. 48099-48102) - Kinder nicht von Frauen erziehen lassen (Wening 1784, S. 167-172, hier S. 170; Campe, S. 174ff.; Geiger, Beyspielbuch, S. 190f.) - Konsequenz in der Erziehung (Geiger, Beyspielbuch, S. 160) - Mütter sollen ihre Kinder nicht „verzärteln" (Pischon IV, S. 49ff.) - nicht zu streng mit den Kindern umgehen (Pischon IV, S. 74-82) - gute Erziehung besser als den Kindern Geld und Güter zu vererben (Pischon IV, S. 98f.) - durch gutes Vorbild effektiver als Ermahnungen (Pischon IV, S. 101 f.; Geiger, Beyspielbuch, S. 165) - Erziehung der Kinder nicht Bedienstetn oder anderen Personen überlassen (Pischon IV, S. 46f.) - Erziehung der Kinder muß bereits in den ersten Lebenstagen einsetzen (Geiger, Beyspielbuch, S. 141) - Elternfreude als Lohn fur gute Erziehung (Pischon IV, S. 108-122) - Grundsätze einer guten Erziehung (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 148)

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Register der Motive, Tugenden und Laster

- Züchtigung nie aus Rachsucht oder Aggression (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 177) - Lehrer fuhrt im Klassenraum ausgehängte Register mit Iobens- und tadelswertem Verhalten (Heusinger, Bd. 1, S. 97ff.) - Perserkönig verirrt sich auf der Jagd, stößt auf einen gelehrigen Hirtenknaben, nimmt ihn mit sich, um auszuprobieren, was durch Erziehung aus guten Anlagen gemacht werden kann. Der Knaben wird später sein Großschatzmeister (Liebeskind, Palmblätter, Bd. I; Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 106, S. 8386). Ewiges Leben - wie lange dauert es? (Schmid, Lehrreiche, S. 200ff.) - sich das ewige Leben verdienen durch gute Werke im irdischen (Schmid, Lehrreiche, S. 6f., S. 80f.; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 14) Familie - aufopfernde Liebe unter Familienmitgliedern (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 97, S. 68f.) - Tischler muss ins Gefängnis; seine Frau setzt sich für ihn ein; der Tischler sieht daraufhin seine Fehler ein und bessert sich (Baudissin: Die Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 41-45) - Verantwortungsbewußtsein als Familienvater (Lohr, Verstand, Nr. 32, S. 148f.) Faulfieber grassierte 1771/72 (Geiger, Beyspielbuch, S. 84) Faulheit (—> Müßiggang, Langschläfer) Fehler (—• Arzt) - Nachsicht mit den Fehlern anderer (Schmid, Lehrreiche, S. 138f.; Lohr, Sitte, Nr. 64, S. 122ff.) - eigene Fehler eingestehen trotz Angst vor Strafe (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 216f.) - Der Schieler fragt den Stotterer, warum dieser kein Wort richtig herausbringe. Er bekommt zur Antwort, das ginge ihm immer so, wenn man ihm im Gespräch nicht gerade ins Gesicht sehe. Moral: „Man muss sich erst selber prüfen, ob man frey von Fehlern ist, ehe man Andere tadeln will" (Vogel: Neues A,B,C,Buch 1816, S. 86). Feiertagsheiligung (—• Sonntagsheiligung) Feigheit - ein Bruder lernt das Schwimmen, der andere ist zu feige dazu. Bei einer Kahnfahrt ertrinkt der Nichtschwimmer, der andere kann sich ans Ufer retten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 128f.) Feindschaft (—» Dienstboten, Ertrinken, Militär, Mitleid, Offizier, Rache, Vaterlandsliebe) - Verwalter durch Intrigen stürzen (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 187190) - Aufdeckung eines Komplotts durch Zufall (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 196) - wer auch über Feinde gut redet, gewinnt ihr Herz (Geiger, Beyspielbuch, S. 219) - Hilfe in der Not macht aus Feinden Freunde (Geiger, Beyspielbuch, S. 213f., 224ff.; Wening 1784, S. 26-30) - Bauer soll feindliche Truppenabteilung auf dem Weg zur Hauptstadt führen.

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Als er den Landesverrat verweigert, drückt ihm der General anerkennend die Hand (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 49, S. 26f.) - Feindschaft und ihre Folgen (Wening 1784, S. 123f.) - einen Feind vor dem Ertrinken retten, ist eine doppelt edle Handlung (Schmid, Lehrreiche, S. 38) - Vater sammelt seine sieben zerstrittenen Söhne um sich und fordert sie auf, ein Bündel fest zusammengeschnürter Stäbe zu zerbrechen. Als sie es alle vergeblich versucht haben, löst der Vater das Band und zerbricht jeden Stab einzeln (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 8f.) - Feinde lieben (Schwarz, S. 54-58) - Ein Mann erschlägt einen anderen. Auf der Flucht findet er Unterschlupf bei einem gutmütigen Greis. Es stellt sich heraus, daß das der Vater des Ermordeten ist. Er rächt sich nicht, sondern schenkt dem Mörder seines Sohnes ein Pferd und Geld, um dem Henker zu entkommen (Lohr, Sitte, Nr. 44, S. 90f.) Feste und Feiern (—> Stiftungen) Finder, ehrlicher/Finderlohn (—> Betteln, Lügen/Betrügen) - ehrlicher Finder erhält Lehrstelle und später Arbeit als Buchhalter bei reichem Kaufmann (Späth, S. 38ff.) - Knecht findet Geld und gibt es dem Pastor zur Verwahrung. Nachdem sich kein Besitzer meldet, wird ihm das Geld überlassen; er kauft sich einen Hof davon. Jahre später taucht der Besitzer auf; fordert die Summe jedoch nicht zurück (Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 28-33) - ein Junge verliert in der Stadt einen Kuchen, ein anderer gibt ihn zurück (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 85ff.) - armer Junge findet Geldbeutel, will ihn behalten. Vater bringt ihn aufs Fundamt. Dort hört der Besitzer, der den Verlust gerade angezeigt hat, daß dieser sogar anonym bleiben, d.h. auf den Finderlohn verzichten will. Daraufhin überläßt der Reiche den Geldbeutel samt Inhalt dem Armen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 282ff.) - armes Mädchen findet Geld, das einem Fuhrmann vom Wagen gefallen ist. Der Vater bringt es zur die Polizei, erhält einen hohen Finderlohn und genießt sein ruhiges Gewissen (Baierischer neuer Volkskalender 1815, S. 24) - arme Leute finden kostbaren Ring, dessen Erlös sie aller Sorgen entheben würde. Trotzdem geben sie ihn der Besitzerin zurück und erhalten einen großzügigen Finderlohn und das Versprechen auf künftigen Beistand (Schmid, Lehrreiche, S. 37; ebd. S. 82f.; Späth, S. 17ff.) - Reicher versucht armen Mann um seinen Finderlohn zu prellen. Richter durchschaut ihn und entscheidet zugunsten des Armen (Lohr, Verstand, S. 46f.; Schmid, Lehrreiche, S. 60f.) - Tagelöhner findet Banknote, gibt sie dem Besitzer zurück, wird zum Frühstück eingeladen und erhält 30 Taler Finderlohn (Lohr, Verstand, S. 126f.) Fleiß (—> Handarbeiten; Müßiggang, Kind, tugendhaftes; Lernbereitschaft, Schatz im Weinberg) - anhaltender (Geiger, Beyspielbuch, S. 23) - Einführung einer Arbeitsschule (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 30) - fleißiger Holzhauer erbt tausend Taler, wird faul und verliert das Geld; er hat die Lehre verstanden und arbeitet wieder eifrig (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 97-100) - Nebenerwerbsquellen für bäuerliche Familien, z.B. Spinnen, Stricken, Färben von Wolle, Walken, Baumschule (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 32)

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- Bestimmung des Menschen zur Arbeit (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 47) - ausgebildeter Korbflechter überlebt dank seiner Fertigkeiten in der Fremde (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 71 f.) - Mädchen wird durch seine schwieligen Hände als besonders fleißig erkannt und erhält einen Ring als Auszeichnung (Schmid, Lehrreiche, S. 70f.) - zwei Brüder erhalten je einen kleinen Garten. Der eine pflegt ihn und wird fur seine reiche Ernte belohnt, der andere vernachlässigt ihn und geht leer aus (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 167ff.) - Vater von sieben Kindern mit unterschiedlichen Eigenschaften träumt von deren künftiger Entwicklung. Der Fleißige wird im Traum Landpfarrer mit braven Kindern (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 62f.) - Frühaufsteher erlebt beeindruckendes Naturschauspiel (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 207-209) - um nicht zu früh aufstehen zu müssen, tötet ein Mädchen den Hahn; seitdem wird es von einer Alten im Haus noch früher geweckt (Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 63) - Bruder und Schwester lernen innerhalb von einer Woche lesen und werden dafür belohnt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 224ff. - Ungewöhnlich fleißiger Bauer baut heruntergekommenen Hof zu stattlichem Gut aus und wird durch den König von Dänemark mit einer goldenen, von der landwirtschaftlichen Gesellschaft mit einer silbernen Denkmünze ausgezeichnet (Geiger, Beyspielbuch, S. 43f.) - Narbel, schweizerischer Bauer, übernimmt vom Vater einen heruntergekommenen Hof; er ist so fleißig, daß er seinen eigenen Kindern schließlich 16000 Thaler hinterlassen kann - Bauer teilt seinen Weinberg in drei Teile; jede Tochter bekommt ein Drittel, ein Drittel behält er. Aufgrund seines großen Fleißes erntet er von dem ihm verbliebenen Drittel gerade soviel Wein wie vorher aus der gesamten Anlage (Geiger, Beyspielbuch, S. 59) - Hirtenknabe bleibt bei seiner Herde, obwohl ihn ein Schulkamerad zum Spielen abholen will (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 333, S. 17f.) - Fleiß und Sparsamkeit machen schlechte Umstände besser (Pischon I, S. 232-244). Fluchen (Allg. Lesebuch 1793, Nr. 73, S. 161f.) Fortschritt - sich nicht dagegen sperren (Geiger, Beyspielbuch, S. 56f., S. 7Iff.) - fortschrittliche Heilmethoden (Wening 1784, S. 84-87; 88-93) Freundschaft - bis in den Tod (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 123) - uneigennützige Studienfreundschaft bringt Braut (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 247) - falschen Umgang der Kinder unterbinden (Geiger, Beyspielbuch, S. 156; Schwarz, S. 12ff.; Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 98, S. 69f.) - Hilfe in der Not macht aus Feinden Freunde (Geiger, Beyspielbuch, S. 213f., 224ff.; Wening 1784, S. 26-30) - über den Tod hinaus (Wening 1784, S. 4Iff.) - treue, selbstlose Freunde werden belohnt (Schwarz, S. 88-93) - Freundschaften pflegen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 125f.) - wahre Freunde anstelle von Höflingen um sich scharen (Schlez, kath. Ausg.,

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Bd. 1, 1801, S. 136) - zwei Freunde geraten wegen einer Birne miteinander in Streit. Der eine verletzt den anderen so, daß dieser in Ohnmacht fallt. Trotzdem verrät der Geschädigte den Freund nicht, der hart bestraft worden wäre, wenn die Eltern erfahren hätte, wie es zu der Verwundung gekommen ist (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 102, S. 202ff.) Friedfertigkeit ( - • Streit) - mit den Nachbarn (Geiger, Beyspielbuch, S. 52) - unter Geschwistern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 165ff.) Frömmigkeit - Böses verhindern durch Gebet (Schwarz, S. 65-69) - Ährenkleidmadonna erteilt einem reichen Tuchhändler im Traum eine Weisung, die sein Geschäft vor dem Ruin rettet. Auf einer Geschäftsreise nach Dresden entdeckt er im Hochaltar einer Kirche eben dieses Muttergottesbild und läßt zu Hause eine Kapelle mit einer Kopie errichten. Als er einmal betend davor kniet, kommt der Erzbischof vorbei, um eine große Tuchlieferung in Auftrag zu geben. Er läßt sich aber nicht vom Beten abhalten, auch auf die Gefahr hin, daß ein anderer das lukrative Geschäft machen könnte. Der Erzbischof ist beeindruckt von der Frömmigkeit und kommt ein andermal wieder (Schwarz, S. 120-123) - Knabe, der mit seinen Mitmenschen besonders unfreundlich umgeht, hat bald keine Freunde mehr. Seine Schwester bringt ihm ein Gebet bei, um Gott zu bitten, sein Wesen zu verändern. Es gelingt, da der Junge fest daran glaubt (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 44, S. 95f.9 - Junge betet regelmäßig andächtig. Als er von einem Felsen stürzt, landet er in einem Baum mit dichter Krone. Sein Überleben schreibt die Familie seiner Frömmigkeit zu (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 55, S. 115f.) - mit Gott im Dialog bleiben, auch in guten Zeiten (Schmid, Lehrreiche, S. 5 5 f f ; Geiger, Beyspielbuch, S. 124) - so leben, daß man jederzeit vor Gott treten könnte (Allg. Lesebuch 1793, S. 155f.) - Missionierung der Heiden unterstützen (Schmid, Lehrreiche, S. 46f, 73f.) Garten - armer Kohlenbrenner überzeugt jungen Grafen, daß ein englischer Naturgarten nützlicher ist als ein französischer Kunstgarten (Schmid, Lehrreiche, S. 124ff.) - ein Junge bewundert den kunstvoll angelegten Garten eines Reichen und wird vom Vater belehrt, wie viel schöner die Natur gestaltet ist (Wening 1784, S. 119-122) - ein Bruder pflegt seinen Garten, der andere nicht. Beim Besuch eines Onkels erhält der fleißige ein Geschenk, der andere geht leer aus (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 167ÊF.) - einem Jungen werden die Spielsachen weggenommen; er soll besser einen Garten anlegen (Weiße, ABC-Büchlein 1773, S. 33ff.) Gastwirt - ehrlicher (Wening 1784, S. 48ff.) - betrügerischer (Lohr, Sitte, Nr. 46, S. 92f.) Geburtstag (—* Blumen und Pflanzen, Hochmut, Tanzen/Tanzwut) - Ein Vater verspricht seinem kleinen Sohn Geld für jeden Milchzahn, den er

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ohne Wehklagen verliert. Um Geld für ein Geburtstagsgeschenk zu erwerben, versucht der Junge, sich einen Zahn vorzeitig auszureißen. Seine große Schwester empfiehlt ihm stattdessen, das Geld durch das Sammeln von Raupen zu verdienen (Averdieck: Karl und Marie, Hamburg 1851) - Kinder übertreffen sich bei der Beschaffung von Geburtstagsgeschenken für die Mutter (Stahl, S. 48044ff.) - Geburtstagsfeier kleiner Mädchen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 6ff.) - Mädchen stickt seiner Mutter eine Tasche zum Geburtstag bei einer Freundin, um die Mutter zu überraschen. Die Freundin, eine Klatschbase, erzählt dem Bruder des Mädchens von dem Geschenk und dieser wiederum der Mutter. Die Stickerin ist empört darüber, daß die Freundin kein Geheimnis fur sich behalten kann und kündigt ihr die Freundschaft (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 30ff.) - Junge erhält Ziegenbock als Reittier zum Geburtstag (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 48ff.) - Mädchen schenkt seinem verehrten Lehrer Rosen von einem Strauch, den sie mühevoll gezogen hat (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 87ff.) - eitles Mädchen will trotz Kälte zur Geburtstagsfeier einer Freundin seine neuen seidenen Strümpfe anziehen. Als alle nach draußen gehen zum Spielen, friert sie erbärmlich und muß frühzeitig nach Hause zurückkehren (Hoffmann, Erzählungen 1842, S,. 105f.) - auf die Gesundheit der Geburtstagsgäste trinken (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 99) Geduld/Ungeduld (—> Blumen und Pflanzen) - aufbrausendes Mädchen wird als „Husar" gehänselt und durch einen gemalten Schnurrbart als solcher gekennzeichnet (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 197f.) - Junge wärmt seine eiskalten Füße nach dem Schlittenfahren sofort am heißen Ofen, obwohl ihn der Vater vor Frostbeulen gewarnt hat, die man sich auf diese Art holen kann. Er hat drei Jahre lang darunter zu leiden (Späth, S. 7f.) - ein Vater nimmt den stilleren seiner beiden Söhne mit auf die Kirchweih, während der andere, der ständig gedrängelt und gefragt hat, ob er denn mitkommen dürfe, zu Hause bleiben muß (Wening 1784, Nr. 7, S. 12ff.) - „englische" Geduld ist sprichwörtlich, gilt als besonders ausgeprägt (Geiger, Beyspielbuch, S. 118) - zwei Schwestern wollen spielen gehen. Die Mutter verlangt, zuvor müßten sie etwas arbeiten. Die eine erledigt ihre Arbeit zügig und darf dann ins Freie, die andere mit Ungeduld und kommt deshalb nicht voran. Sie muß auf das Spielen verzichten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 179f.) - Geduld beim Hüten jüngerer Geschwister (Späth, S. lf.) - Mädchen soll seinem Vater zum Geburtstag einen Teppich sticken, verliert aber bald die Geduld (Hoffman, S. 60f.) - Mädchen soll stricken, bevor es zum Spielen gehen darf. Aufgrund seiner Ungeduld bei der Arbeit braucht es dazu sehr lange und muß auf das Spielen verzichten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 179f.) - Ungeduld im Krankenstand. Geduldige genesen schneller (Lohr, Sitte, Nr. 94, S. 182ff.; Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 108, S. 212f.) - Ungeduld bei Jungen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 89ff.) Gefälligkeit - kleine, verweigern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 40ff.; ebd., S. 137f.)

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- Mädchen leiht einer Freundin ein Buch und wird für diese Gefälligkeit von den Eltern zu einem Ausflug mit dem Wagen eingeladen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 204f.) Gefräßigkeit (—> Genußmittel, Maßhalten, Naschhaftigkeit, Trunksucht) - nimmersatter Junge fällt plötzlich tot um (Goeze, Zeitvertreib, 1783, XXI: Das gefräßige Kind, S. 100-106) - Junge erhält von seinen Eltern regelmäßig Lebensmittel in das Internat geschickt. Er schlingt alles umgehend hinunter und beschuldigt anschließend seine Kameraden, ihm das Essen gestohlen zu haben (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 83-89) - gieriges Essen (Schmid, Lehrreiche, S. 9) - Kinder besuchen ihren Onkel. Er erlaubt, daß sie ein paar Kirschen essen. Eines der Kinder kann nicht genug davon kriegen. Kurz darauf ist Kaffeezeit. Die Tante hat eine köstliche Mandeltorte gebacken, von der der Unmäßige nichts mehr essen kann (Hoffman, Nr. 101, S. 200f.) - Heinrich IV. von Frankreich wird als Sensation ein Vielfraß vorgestellt, der für sechs Männer essen kann. Die Frage, ob er auch für sechs Männer arbeiten könne, muß er verneinen. Daraufhin jagt ihn der König als Nichtsnutz fort (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 51, S. 27). Gehorsam/Ungehorsam (—> Unfälle, Tabak rauchen) - Junge reitet trotz Verbot, fällt vom Pferd und stirbt (Stahl, S. 48042f.) - ein Mädchen hat zwei zahme Täubchen als Geschenk erhalten. Eines Tages entweichen die beiden durch das offene Fenster. Eines läßt sich zurücklocken auf den ausgestreckten Arm des Mädchens, das andere wird von einem Adler in der Luft zerrissen. Die Mutter mahnt das Kind, immer so gehorsam zu sein, wie das erste Täubchen (Schmid, Lehrreiche, S. 130) - unkluge Mutter unterstützt Tochter in ihrem Ungehorsam gegen den Vater. Als sie vierzehn Jahre alt ist, hat sie ihre Eltern vor Gram über ihr Verhalten schon unter die Erde gebracht (Wening 1784, Nr. 2, S. 2f.) - ein Vater erklärt seinem Sohn, warum es vernünftig sei, den Eltern zu gehorchen. Als Beispiel fuhrt er einen ungehorsamen Vetter an, der ins Eis eingebrochen ist (Lohr, Sitte, Nr. 98, S. 188f.) - Junge wird von mehreren Lehrherren weggeschickt, weil er von den Eltern nicht an Gehorsam gewöhnt worden ist. Mit vierzehn Jahren wird er Vollwaise. Ein Vetter nimmt ihn auf, aber auch da tut er nicht gut. Schließlich landet er beim Militär, muß Spießruten laufen und am Ende der Geschichte ist unklar, ob er die dabei erlittenen Verletzungen überleben wird (Lohr, Sitte, Nr. 99, S. 189-192) - Plädoyer für konsequente Bestrafung bei Ungehorsam (Basedow, Elementarwerk, Bd. 2, S. 453) - Ungehorsam straft sich selbst (Goeze, Zeitvertreib,, S. 252-256) - Junge möchte eine Eule fangen, die in einem baufälligen Turm nistet. Der Vater verbietet es unter Hinweis auf die Einsturzgefahr und fährt in die Stadt. Der Junge geht das Wagnis ein, stürzt, verstaucht sich den Fuß schwer. Der Vater bringt ihm eine gekaufte Eule aus der Stadt mit, läßt sie zur Strafe aber fliegen (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 8, S. 18ff.) - ein paar Buben dürfen in den Garten zum Spielen unter der Bedingung, daß sie keine Blumen pflücken. Sie tun es trotzdem und bekommen zur Strafe den ganzen Sommer kein Obst zu essen (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 57, S. 118ff.)

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Register der Motive, Tugenden und Laster

- Geschwister entdecken, daß ein Stieglitz-Pärchen in ihrem Garten brütet. Sie gehorchen dem Vater, und stören die Vögel nicht. Dafür kauft er später einen Vogelbauer und holt die Jungen aus dem Nest (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 59, S. 123f.) - Mädchen neckt verbotenerweise die Truthähne. Eines Tages werden sie aggressiv und hacken ihr ein Loch in den Kopf (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 80, S. 160f) - nicht ins Bett gehen wollen (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 130, S. 255ÍT.) - Schwester trinkt die Arznei des erkrankten Bruders, weil sie denkt, die Mutter gönne ihr den süßen Saft nicht. Daraufhin bekommt sie Bauchschmerzen und wird obendrein noch gescholten (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 136, S. 268ff.) - Junge zündet verbotenerweise Kerze an. Dabei fallt ein Funke in die Streichholzschachtel und es ergibt eine Stichflamme. Die Unterlagen auf dem Schreibtisch des Vaters verbrennen (Späth, S. 5f.) - Mutter hat verboten, hinter dem Haus zu spielen. Henriette tut es dennoch und fällt in die Brennesseln (Späth, S.12f.) - Mädchen geht trotz Warnung der Mutter ganz nahe an einen Schwan heran, der Junge hat. Es wird attackiert und fällt ins Wasser (Späth, S. 35f.) - neugieriges Mädchen öffnet unerlaubterweise eine Schachtel. Darin befand sich ein Vogel, den sie geschenkt bekommen sollte. Er flattert im Zimmer umher und sie kann ihn nicht mehr einfangen. Zur Strafe erhält ein anderes Kind den Vogel (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 37) Geistermesse - vermeintlich gespenstisches nächtliches Orgelspiel entpuppt sich als Lärm, den der Schulmeister beim hindernisreichen Fang nistender Sperlinge verursacht (Dorfzeitung, 12.9.1818, S. 149f). Geistesgegenwart (—» Ertrinken, Hochwasser, Lebensretter) - bei einer Feuersbrunst (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 92, S. 125f.) - bei einem Überfall Räuber überrumpeln (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 90, S. 124) - bei der Rettung von Leuten, die ins Eis eingebrochen sind (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 91, S. 124f.) - Mann wird bei einer Reise durch Polen von Wölfen umringt, rettet sich auf einen Baum, bringt sich mit dem Messer eine Wunde bei, läßt das Blut auf einen der Wölfe tropfen, der daraufhin von seinen Artgenossen zerrissen wird. Der Mann ist gerettet (Stahl, S. 48087f.) - polnischer Bauer tötet Wolf und bringt sich und seine Familie in Sicherheit (Stahl, S. 48088f.) - Reisender wird im Hotelzimmer überfallen, stellt sich schlafend, schlägt Alarm, sobald der Räuber das Zimmer verlassen hat. Er kann noch aufgegriffen werden (Stahl, S. 48090) - Reisender rettet sich durch beherztes Handeln bei Hochwasser ans Ufer (Stahl, S. 48091) - Mann fällt in Gletscherspalte. Bevor er darin langsam umkommt, wagt er einen Weg ins Ungewisse durch eine Öffnung in der Felswand. Sie führt an einen Bach unter der Eisdecke, von wo aus er ins Freie gelangt (Plieninger, Nr. 91, S. 124f.)

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- Junge wird von einem Räuber überfallen. Er gibt ihm sein Geld nicht in die Hand, sondern wirft es in hohem Bogen aus. Als der Räuber vom Pferd steigt, um die Münzen aufzulesen, schwingt sich der Junge in den Sattel und sprengt davon (Plieninger, Nr. 90, S. 124). Geiz (—> Affe; Großzügigkeit; Strafen; Verschwendung) - Feuer in einer Straße: dem guttätigen Mann wird geholfen, er kann sein bewegliches Hab und Gut retten. Der geizige Nachbar verliert Haus und Gut (Lohr, Sitte: Nr. 6, S. 18ff.) - Geizhals macht sich und seiner Familie das Leben schwer, wird von der Gesellschaft deshalb verachtet und gemieden (Lohr, Sitte, Nr. 18, S. 38-41) - Mann vergräbt einen Schatz, gibt nie eine Münze davon aus, zuletzt wird ihm das Geld gestohlen (Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 46f.) - geizige Frau duldet nicht, daß ihr Mann einen neuen Spund kauft, obwohl der alte schon porös ist. Als sie das Faß anstechen, ist der Most zu Essig geworden (Schmid, Lehrreiche, S. 27) - geiziger Kaufmann schlägt auf seine Pferde ein, um noch vor Schließung der Stadttore in die Stadt zu kommen. Danach müßte er eine Gebühr entrichten. Aufgrund der wilden Fahrt bricht ein Rad, die Kutsche kippt um und die Ladung liegt verstreut auf der Straße (Schmid, Lehrreiche, S. 68) - alter General plant, sein Vermögen an seine Cousine zu vererben. Um sie zu testen, verkleidet er sich als Bettler, wird hart abgewiesen. Daraufhin verjagt er die Cousine aus seinem Schloß und enterbt sie (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 86f.) - Geiz stört häusliches Glück (Pischon I, S. 285-292) Geld (—• Geiz, Guttätigkeit, Sparsamkeit, Stiftungen, Verschwendung) - Getreide horten, um es in Notzeiten überteuert weiterzuverkaufen (Schmid, Lehrreiche, S. 151 f.) - Stiftungsgelder nicht in bar auszahlen, da die Armen die Spenden sonst eventuell nicht für sinnvolle Anschaffungen ausgäben (Geiger, Beyspielbuch, S. 114). - verwandelt sich vermeintlich in Kohle, weil der Finder bei der Hebung des Schatzes gesprochen hat (Schmid, Lehrreiche, S. 42f.) - in den kleinsten Brotlaib bei Armenspeisung eingebacken, damit der Bescheidenste belohnt wird (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 1 lf.) - Junge ist zu faul, sich nach einem verlorenen Hufeisen zu bücken. Der Vater tut es, verkauft es in der Stadt einem Schmied und kauft Kirschen dafür. Auf dem Heimweg läßt er jede Kirsche einzeln fallen. Hunger und Durst bringen den Jungen dazu, sich jedesmal zu bücken (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 56) - Schloßherrin läßt während eines Krieges Geld einmauern und trägt dem Maurer auf, das Versteck niemandem preiszugeben, als ihrer Tochter nach Ablauf von 20 Jahren. Da die junge Frau zu hochmütig ist, um in die armselige Hütte des Maurers zu gehen, muß er das Geheimnis mit ins Grab nehmen. Das Geld bleibt für immer verloren (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 87f.; Schmid, Lehrreiche, S. 5f.) - Geldeintreiber bedient sich in großer Not unbemerkt aus der Kasse seines Herrn, zahlt das Geld aber bei der ersten Gelegenheit freiwillig zurück (Lohr, Sitte, Nr. 52, S. lOlf.) - Taschengeld (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 65ff.)

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Genügsamkeit - muß früh eingeübt werden (Christiani Bd. 1, 1796, S. 115ff.) - König Karl XII. von Schweden zeigt einem Soldaten, daß man auch von schimmligem Brot satt werden kann (Geiger, Beyspielbuch, S. 159) - Vater lehrt seinen Sohn, die Natur höher zu schätzen, als die Pracht eines Schloßgartens (Wening 1784, Nr. 49, S. 119-122) Genußmittel (—» Ernährung, Gefräßigkeit, Maßhalten, Tabak rauchen/ schnupfen, Trunksucht) - Austern aus Holland und England, Limonen aus Spanien und Italien sowie Pasteten aus Frankreich als Luxusindikatoren (Weiße, Kinderfreund, Bd. 2, 3. Aufl. 1791, S. 240ff.) - Lampreten (= edle Meeresfische) als Luxusindikatoren (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 48f.) - täglicher Genuß guter Speisen läßt diese fad erscheinen (Geiger, Beyspielbuch, S. 9f.) - heimliches Rauchen (Späth, Nr. 6, S. 10f.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 277f.; Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 50, S. 276ff.) - Kaffee, um 1740 in kleinen Städten pro Jahr nur rund zehn Pfund verkauft, um 1800 trinkt ihn jeder Bettler (Geiger, Beyspielbuch, S. 25f.) - in der Spinnstube versammelte Dorfgemeinschaft schwört, niemals Kaffee trinken zu wollen (Baudissin: Die Dorfgesellschaft, Erster Theil, Kiel 2 1792, S. 61-65, hier S. 65) - Schokolade trinken als Zeichen fur Reichtum (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 159, S. 190 und 193ff.) - Branntwein (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 40f.; Geiger, Beyspielbuch, S. 25f.) - Zucker (Geiger, Beyspielbuch, S. 25f.) Gerechtigkeit (—> Finder, ehrlicher/Finderlohn) - Zimmermann stellt zu niedrige Rechnung aus. Der Irrtum wird erst nach 44 Jahren bemerkt und die fehlende Summe unter den Nachkommen verteilt (Wening 1784, S. 116f.). - Müller von Sanssouci (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 107, S. 86f.) - Verpächter stundet Pachtzins nach Mißernte (Lohr, Sitte, Nr. 54, S. 103ff.) Geschäfts- u. Haushaltsbuch führen (Wening 1784, S. 168f.). Geschlechtsverkehr, vorehelicher - Mann schwängert Frau und verläßt sie; sie hat eine Totgeburt und stirbt daraufhin selbst (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 22-26). Geschwister (—> Geduld, Hilfsbereitschaft) - zwei Brüder sind böse und faul, einer aus eigener Schuld, der andere, weil er keine Erziehung genossen hat. Wer ist mehr zu verachten? (Lohr, Verstand, Nr. 29, S. 146f.) - von zwei Brüdern ist einer zänkisch, schnell beleidigt, der andere läßt sich alles gefallen. Welcher handelt klüger? (Lohr, Verstand, Nr. 30, S. 147) - Kaufmann verarmt durch Krieg, entschließt sich zur Auswanderung nach Amerika. Sie erleiden Schiffbruch, zwei Söhne stranden auf einer Insel, werden dort aufgegriffen und nach Deutschland zurückgebracht. Dem tüchtigen Sohn gelingt es, als gemachter Mann seine Eltern in Amerika wieder aufzufinden. Der andere gerät auf die schiefe Bahn (Stahl, S. 48021-48041) - Zuneigung unter Geschwistern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 205f. u.

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223f.; Wening 1784, S. 18-23; Späth, S. 56f.; Pischon IV, S. 123-136) - Streit zwischen Geschwistern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 112f.; ebd., S. 165ff.) - Mädchen pflegt seinen kranken Bruder (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 173 ff.) - Ältere trösten die Jüngeren (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 205f.) - Schwester stellt sich schützend vor ihren Bruder, der bestraft werden soll, obwohl sie allen Grund hätte, ihn zu hassen (Lohr, Sitte; Nr. 43, S. 87-90) - zwei Schwestern - eine reich und hartherzig, die andere arm und gut (Lohr, Sitte, Nr. 22, S. 45ff.) - Ältere verwöhnen Jüngere gegen den Willen der Eltern (Schmid, Lehrreiche, S. 49f.) - Junge pflückt Blumen und Walderdbeeren für seine kranke Schwester, die das Haus hüten muß (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 103, S. 76f.) Gespensterfurcht (—• Aberglaube, Angst, Diebstahl von Obst, Geistermesse) - Enttarnung eines Gespenstes (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 76-81) - Mädchen jagt seinen Freundinnen als Gespenst verkleidet einen Schrecken ein. Einige werden daraufhin ernstlich krank (Geiger, Beyspielbuch, S. 79f.). - Bruder lehrt seine Schwester als „weiße Frau" verkleidet das Fürchten. Gescholten wird die Schwester, weil sie an Gespenster glaubt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 198ff.). - Mann trägt einen Dreschflegel auf der Schulter. Der Schwengel ist lose und schlägt gegen seinen Rücken. Er glaubt, von einem Gespenst verfolgt zu sein und wird vor Schreck krank (Schmid, Lehrreiche, S. 78) - Besuch in einer Tropfsteinhöhle aus Furcht vor der Begegnung mit unheimlichen Gestalten vermeiden (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 204-207) Gesundheit (—> Arzt, Ernährung, Gespensterfurcht, Krankheit/Kranke; Maßhalten/Unmäßigkeit, Reinlichkeit) - Bewegung und Maßhalten und ihre Bedeutung für die Gesundheit (Geiger, Beyspielbuch, S. 88, S. 256f.) - kleinere Blessuren bei Kindern nicht so tragisch nehmen (Geiger, Beyspielbuch, S. 155) - Kinder mit der Schreckgestalt des „Klaubauf' konfrontiert, dadurch an Fallsucht erkrankt (Geiger, Beyspielbuch, S. 80) - Schrecken, Traurigkeit, Neid, Ärger und Zorn schaden der Gesundheit (Geiger, Beyspielbuch, S. 80) - Gesundung mit Hilfe eines Arztes, nicht auf Schinder, alte Weiber, Bader hören (Geiger, Beyspielbuch, S. 82) - übertriebene Sorge um die eigene Gesundheit (Lohr, Sitte, Nr. 96, S. 186) Gewissen (—> Ehrlichkeit, Finder/-lohn, Trunksucht, Mord) - ein König will herausfinden, ob er sich auf seinen Leibarzt verlassen kann und verlangt von ihm, einen Höfling zu vergiften. Der Arzt geht lieber ins Gefängnis, als zu morden (Lohr, Verstand, Nr. 31, S. 147f.) - Kirchendieb verrät sich durch sein schlechtes Gewissen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 63) - Wirt erschlägt gemeinsam mit seinem Sohn einen vermögenden Kaufmann und verscharrt ihn; Jahre später taucht dessen Sohn auf, der mit Hilfe eines Porträts seinen Vater sucht. Schlechtes Gewissen führt zum Geständnis (Dorfzeitung, 4.4.1818, S. 40ff.)

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- ein Mann aus Simonie in Frankreich, durch Wucher reich geworden, erklärt vor Gericht, er finde keine Ruhe mehr. Deshalb gab er die Hälfte seines Vermögens an die Opfer seiner Spekulationen zurück. Seither lebt er mit seinen sechs Kindern viel glücklicher (Dorfzeitung, 7.7.1827, S. 328) Gewitter (—> Blitzableiter) - Angst vor Gewitter (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 187-196; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 135ff.) - Junge schläft unter einer Eiche ein, erwacht durch ein Gewitter, erinnert sich, daß der Lehrer ihm beigebracht habe, daß man hohe Bäume meiden solle, und springt gerade noch rechtzeitig vor einem Blitzeinschlag unter dem Baum hervor (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 45, S. 24) - Vier Personen einer armen Familie werden in ihrem Haus vom Blitz erschlagen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 72, S. 38) Glück (—» Glücksspiel; Vorsehung, göttliche) - König will ein Glücksglöckchen läuten, immer wenn er glücklich ist. Er kommt aber erst in der Todesstunde dazu (Schwarz, S. 94-100) - ein Knabe wünscht sich beim Angeln, daß ein möglichst großer Fisch anbeißen möge. Tatsächlich erwischt er einen großen Hecht, der ihn jedoch samt Angel ins Wasser zieht. Gerade noch rechtzeitig eilt der Vater herbei, um den Jungen zu retten. - Moral: Ein gar zu großes Glück auf Erden/ Kann leicht uns zum Verderben werden (Schmid, Lehrreiche, S. 14f.) - Keramikhändler bildet sich ein, ein Pferd statt eines Esels für den Transport der Töpfe zum Markt, wäre sein größtes Glück. Als er sich eines leisten kann, ist er unfähig, es zu bändigen. Alle Töpfe zerbrechen (Schmid, Lehrreiche, S. 15f.) - Wahre Glückseligkeit kommt von innen (Geiger, Beyspielbuch, S. 17ff.) Glücksspiel (—> Spielsucht) - Spieler gibt seinem Gegner das Geld, das er von ihm gewonnen hat, zurück, weil er weiß, daß dies für den Verlierer den Ruin bedeuten würde (Lohr, Verstand, Nr. 15, S. 139f.) - geldgieriger Kaufmann löst nach vermeintlichem Lotteriegewinn Verlobung mit einem vermeintlich armen Mädchen (Schmid, Lehrreiche, S. 17Iff.) - Magd verliert ihr gesamtes Erspartes durch Lotteriespiel. Sie bestiehlt ihre Herrschaft, wird ertappt und entlassen. Bei einem neuen Dienstherrn stiehlt sie weiter und wird zum Tode verurteilt (Geiger, Beyspielbuch, S. 195f.) - elf Kohlenträger in London gewinnen viel Geld im Spiel, leben daraufhin in Saus und Braus; binnen vier Jahren sind sieben von ihnen tot, die übrigen wieder verarmt (Geiger, Beyspielbuch, S. 8) - Kartenspiele (Pischon: Moral in Beispielen, 1799, S. 388-398). Goldenes Dachl (Geiger, Beyspielbuch, S. 51) Gottesfurcht/Gottvertrauen (—» Vorsehung, göttliche) - Mutter dreier Kinder ist schwer krank. Eines will einen berühmten Arzt aus der Stadt holen, das zweite eine weise Frau aus dem Dorf, das dritte will um Gottes Hilfe beten. Letzteres hilft (Schwarz, S. 15ff.) - Mönch sammelt alljährlich zu Weihnachten Geld, um Arme zum Essen einladen zu können. Als die Spendenfreudigkeit im Laufe der Jahre abnimmt, wirft er sich vor dem Altar nieder und fleht um Hilfe. Kurz daraufklopft es an der Klosterpforte. Ein Fremder bringt eine Rolle Münzen vorbei (Schwarz, S. 79ff.)

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- Gott hilft, wenn kein Mensch mehr helfen kann (Schwarz, S. 127) - Dinge, die wir zunächst als ungerecht betrachten, erweisen sich als Segen (Schwarz, S. 12ff.) - Gottes Weisheit ist unergründlich. Wer sie ergründen will, benimmt sich wie einer, der versucht, in die Sonne zu schauen (Schwarz, S. 9ff.) - Überfallener betet laut um Vergebung fur die Räuber. Sie hören es im Weggehen und werden gute Christen (Schwarz, S. 63f.) - Bauernfamilie furchtet um ihren Sohn, der bei der Arbeit von einem Gewitter überrascht wird; dank der elterlichen Gottesfurcht bleibt er verschont (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 33-35) - blinder Weber verliert nicht seinen Glauben an Gott; ein Arzt und ein Schuhflicker ermöglichen ihm wieder zu sehen (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 120-123.) Grausamkeit (—> Tierquälerei) - gegenüber Menschen (Lohr, Sitte, Nr. 28, S. 59-61; ebd. Nr. 29, S. 61-63; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 68f.; S. 271-277) - gegenüber Tieren (Lohr, Sitte, Nr. 30, S. 63; ebd. Nr. 32, S. 66-67; ebd. Nr. 33, S. 67-69; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 65f.; Allg. Lesebuch 1793, S. 137; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 142f.; ebd., S. 170-173; ebd., S. 221f.; ebd., 244f.; Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 65, S. 33f.) Grenzsteinfrevel (—* Landraub) - Grenzsteinverrücker fällt vom Kirschbaum und zertrümmert sich den Schädel am heimlich versetzten Grenzstein (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 25) Grobheit (Geiger, Beyspielbuch, S. 49; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 197f.) Guttätigkeit (—> Arzt, Brandkatastrophe, Geiz; Kind, tugendhaftes; Sparsamkeit, Stiftungen, Verschwendung) - Frau erhält die Chance, vor dem König eine Bitte zu äußern, nutzt diese aber nicht für sich, sondern für ihre kinderreiche arme Nachbarin (Lohr, Verstand, Nr. 9, S. 134) - Kaiser Karl V. hat den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen im schmalkaldischen Krieg gefangen gesetzt. Der Kaiser läßt Lukas Cranach zu sich rufen, da er sich erinnert, daß er von ihm als Knabe gemalt worden sei. Cranach darf eine Bitte äußern. Er wünscht sich nicht wie erwartet Geld, sondern die Freiheit für den Kurfürsten. Widerstrebend kommt der Kaiser der Bitte nach. Der Kurfürst überhäuft den Maler von da an mit Ehrenbezeigungen (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 108, S. 141f.) - Fürstin übernimmt Bürgschaft und verhindert, daß ein redlicher alter Mann Haus und Garten verliert (Schmid, Lehrreiche, S. 91-96) - Schloßherrin bestellt einen Arzt für die schwerkranke Witwe ihres Schloßgärtners (Schmid, Lehrreiche, S. 98) - Frau hat bereits zehn Kinder, nimmt jedoch auch das blinde Kind ihren bösen Schwester auf. Dafür wird sie belohnt (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 110-113) - Landbesitzer erläßt seinem Pächter den Zins nach einer schlechten Ernte, obwohl im Vertrag ausdrücklich steht, daß die Pacht auch nach Mißernten fällig sei. In den folgenden Jahren gedeihen die Feldfrüchte hervorragend und der Pächter kann mehr Land bewirtschaften, so daß das gesamte Anwesen aufblüht (Lohr, Sitte, Nr. 54, S. 103ff.) - Armer Winzer vernichtet die Rechnung, die ihm ein bislang gut situierter

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Mann schuldet, als er erfährt, daß dieser in Not geraten ist (Lohr, Verstand, Nr. 10, S. 135) - Jude schenkt einem unverschuldet verarmten Leutnant, der im gleichen Hotel abgestiegen ist wie er, 100 Taler, überläßt ihm sein Pferd und verschwindet unerkannt (Lohr, Verstand, S. 133f.) - unter Spielern gegenüber dem Verlierer (Lohr, Verstand, Nr. 15, S. 139f.) - gegenüber seinen Dienstboten (Lohr, Sitte, Nr. 19, S. 41 f.) - trotz eigener Armut und Anlaß, verärgert zu sein (Lohr, Sitte, Nr. 22, S. 4547) - gegenüber einer Bettlerin (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 70-73; Späth, S. 13f.) - Priester erzieht Halbwaisen und unterstützt die Mutter mit Geld (Wening 1784, S. 122f.) - armer Dichter verzichtet auf Erbschaft, die ihm überraschend zuteil wird, zugunsten noch ärmerer Hinterbliebener (Wening 1784, S. 50f.) - Mädchen bekommt ein paar Goldstücke geschenkt. Da sie von ihren Eltern mit allem versorgt wird, kauft sie davon Kleider und Schuhe für arme Kinder und strickt Strümpfe für sie (Lohr, Sitte, Nr. 8, S. 2Iff.) - gut situierter Junge macht armen Kindern wiederholt kleine Geschenke (kalten Braten, Obst, Geld). Sie danken ihm, indem sie ihm im Garten helfen, ihm Sträußchen pflücken und bunte Steine für ihn sammeln (Lohr, Sitte, Nr. 9, S. 23 f.) - Gastgeber verzichtet darauf, eine kostspielige Delikatesse (Forelle, Fasanen, Lampretten) zu servieren. Stattdessen tischt er nach mehreren Gängen in einer Schüssel Geldstücke auf. Das ersparte Geld kommt Bedürftigen zugute (Lohr, Sitte, Nr. 7, S. 18ff.; Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 146, S. 291-295; Schmid, Lehrreiche, S. 160f.) - Junge möchte einem Tagelöhner ein zahmes Rotkehlchen abkaufen. Da begegnet ihm ein Bettler, dem er sein Erspartes schenkt, obwohl er dann kein Geld mehr für den Vogel hat. Zufällig handelt es sich bei dem Bettler um den Vater des Tagelöhners, und der Junge erhält das Rotkehlchen als Geschenk (Schmid, Lehrreiche, S. 20f.) - Müller schenkt einem Mädchen Mehl. Er hatte beobachtet, wie sie bei strengem Frost einen Teil der Körner, die sie zum Mahlen bringen sollte, den Vögeln ausstreute (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 6f.) - Der Statthalter einer Insel wird zum König gerufen, um über seine Arbeit Rechenschaft abzulegen. Viele vermeintlich gute Freunde machen keine Anstalten, ihn zu begleiten; manche gehen wenigstens mit ihm bis zum Schiff. Nur wenige treten mit ihm vor den König, um ihn dort zu loben. So sei es auch, wenn der Mensch stirbt: Geld und Gut bleiben zurück, Verwandte begleiten ihn bis ans Grab. Nur die guten Werke folgen dem Menschen in die Ewigkeit (Schmid, Lehrreiche, S. 6f.) - Junge bezahlt eine zerbrochene Fensterscheibe, die der Sohn eines Kranken eingeschlagen hat. Er verhindert damit, daß sich die Geschädigte bei dem kranken Vater beschwert und seine Genesung sich verzögert. Später erfährt der Mann von der guten Tat des Buben und entschädigt ihn (Schmid, Lehrreiche, S. 28f.) - Junge verschenkt sein Vesperbrot einem kranken Kind (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 33, S. 73ff.) - Tochter eines armen Schusters liefert Schuhe in ein reiches Haus, bekommt

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Trinkgeld, schenkt es vor der Tür einer Bettlerin. Die Dame ist so beeindruckt, daß sie das Kind zu sich nimmt (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 32, S. 7073) - gute Taten sind nichts wert, wenn sie nicht von Gottes- und Nächstenliebe bestimmt sind (Schmid, Lehrreiche, S. 79) - Pachtherr erläßt Pacht nach Mißernte (Lohr, Sitte, Nr. 54, S. 103ff.) - Adliges Mädchen bringt kranker Häuslerstochter täglich Suppe. Nach ihrer Genesung möchte diese sich mit einem Strauß Maiglöckchen bedanken. Beim Blumenpflücken im Wald belauscht sie zwei Räuber, die planen, die adlige Familie in der Nacht umzubringen. Sie informiert ihre Wohltäterin und die Tat kann verhindert werden (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 88ff.) - Kaufmann läßt armen Mohren bei sich übernachten. Durch sein feines Gehör kann er Räuber in die Flucht schlagen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 22f.) - Kaiser Joseph II. hat 1787 einen Bauern in Galizien mit einer Goldenen Denkmünze beschenkt, weil er 600 Obstbäume gepflanzt und damit Verschönerung der Landschaft und zur Versorgung der Nachkommen beigetragen hat (Geiger, Beyspielbuch, S. 43). - großzügiger Matrose kauft unschuldig verurteilten Familienvater frei (Lohr, Verstand, S. 130f.) - Abt richtet auf eigene Kosten Armen-, Kranken- und Siechenhaus ein (Wening 1784, S. 124ff.) - Mann arbeitet freiwillig anstelle eines Familienvaters als Galeerensklave (Lohr, Verstand, Nr. 14, S. 138f.) - Mann schafft nach Rücksprache mit seiner Frau Überflüssiges (Pferde, aufwendige Speisen, Mobiliar) ab und läßt den Erlös den Armen zukommen (Lohr, Sitte: Nr. 10, S. 24ff.) - Mädchen schenkt einem Bösewicht, der inzwischen zum Bettler heruntergekommen ist, sein Brot und wird dafür von der Mutter gelobt (Wening 1784, S. 3 3 f.) - Mädchen verkauft seine Spielsachen, um die Arztrechung für den verwundeten Vater zahlen zu können (Wening 1784, S. lOff.) - Kinder verzichten auf Vergnügungsreise, um armen Leuten eine lebenswichtige Fahrt zu bezahlen (Lohr, Sitte, Nr. 12, S. 27-31). - Mann bereichert sich, indem er seinem Nachbarn auf unredliche Weise ein Grundstück nach dem anderen wegnimmt. Durch einen Brand verliert er Haus und Hof. Der geschädigte Nachbar rettet Geld aus dem brennenden Haus, bietet dem Obdachlosen Unterkunft. Sie werden Freunde (Wening 1784, S. 2630; Geiger, Beyspielbuch, S. 224ff.) - nachlassende Spendenfreudigkeit (Schwarz, S. 79ff.) - Spenden, zu wenig, obwohl man für Luxus viel Geld ausgibt (Lohr, Sitte, Nr. 15, S. 34; ebd. Nr. 17, S. 37f.) - gegenüber Bettlern (Lohr, Sitte, 1799, S. 10-12; ebd., S. 13-16) - gegenüber Armen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 88ff.; S. 90f.; Schmid, Lehrreiche, S. 22f., S. 218ff.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 291-295; Späth, S. 31 f., S. 33f.; Lohr: Sitte, Nr. 10, S. 24f.) - auch kleine Beträge helfen, wenn jeder etwas gibt (Schmid, Lehrreiche, S. 19f.) - N. Zois, Stammvater des Handlungshauses Zois in Laibach, kam als armer Junge nach Bergamo zu einem Kaufmann in die Lehre. Durch Treue, Fleiß und Geschick wurde er reich. Durch widrige Umstände geriet er in Not, ver-

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zichtete jedoch darauf, Geld bei seinen Gläubigern einzutreiben. Das brachte ihm Bewunderung ein. Man bot ihm Kredite an. Damit gelangte er glücklich wieder zu Geld und starb als einer der reichsten Männer Österreichs (Rosenlächer, Goldener Spiegel, S. 130ff.) Habgier (—> Mord) - Mann macht Schulden (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 75) - Pyrrhus plant Eroberungen, um sich dann zur Ruhe zu setzen. Für seine Habgier wird er durch einen frühen Tod bestraft: beim Einmarsch in eine belagerte Stadt erschlägt ihn eine Frau mit einem Ziegelstein (Geiger, Beyspielbuch, S. 27f.) - Mann kehrt nach langjähriger Abwesenheit nach Hause zurück. Ohne seine abgetragene Reisekleidung zu wechseln, eilt er zu seinen Verwandten. Die werden erst freundlich, als er einen kostbaren Ring an den Finger steckt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 30f.) - Wirt verlangt von einem Gast, der nichts bestellt hat, Geld für den Geruch des Bratens. Richter verurteilt Gast zur Zahlung, aber der Wirt muß sich mit dem Klimpern der Münzen zufrieden geben (Schmid, Lehrreiche, S. 34.) Häuslichkeit/hausfrauliche Qualitäten - Hausfrau klagt über hohe Verluste und Unglücksfälle in ihrem Haus bei einem Einsiedler. Er empfiehlt ihr, mit einem angeblichen Wunderkästchen dreimal tagsüber und dreimal nachts durch das Haus zu gehen. Die Situation verbessert sich tatsächlich, aber nicht aufgrund eines Wunders, sondern weil die Frau ständig präsent war (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 64f.) - Junge wünscht sich vom Großvater einen dicken Kürbis, Mädchen nur ein Senfkorn. Sie sät es aus und erntet reichlich, kann den Großvater im Jahr darauf mit selbstgemachtem Senf erfreuen und Wunden damit heilen (Schmid, Lehrreiche, S. 106f.) - Eheprobleme aufgrund „säuischen" Wirtschaftens der Hausfrau (Geiger, Beyspielbuch, S. 116) - reiche, aber im Führen eines Hausstandes völlig unerfahrene Frau aus der Stadt läßt sich von ihren Dienstboten ein X vor ein U vormachen. Sie ertappt eine Magd, wie diese den Rahm von der Milch abschöpft und ihn ißt. Die Erklärung, daß man den Rahm sonst ins Feuer hätte werfen müssen, akzeptiert die Hausfrau in ihrer Unwissenheit (Geiger, Beyspielbuch, S. 119, Holzschnitt dazu S. 120) - Hausfrau ist zu bequem, um sich um den Haushalt zu kümmern, wird vom Gesinde betrogen und bestohlen, die Familie verarmt (Lohr, Sitte, Nr. 77, S. 155f.; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 243-246). - gute Hausfrau verwaltet das Geld (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 65-57) - Schlüssel mit sich fuhren als Zeichen einer guten Hausfrau (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 70) - unüberschaubare Wirtschaft (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 75) Handarbeiten (—> Arbeit, Faulheit; Fleiß, Geburtstag, Geduld) - Strickzeug immer bei sich haben (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 70) - Fünfjährige will das Stricken nicht lernen und wird von ihren Freundinnen deshalb geschnitten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 113ff.) - Fünijährige weigert sich, das Stricken zu lernen. Sie darf ihre Geburtstagsgeschenke nur ansehen, erhält sie erst fünf Wochen später, nachdem sie das erste Paar selbstgestrickter Socken vorweisen kann (Späth, S. 52ff.) - Sechsjährige sträubt sich, in die Nähschule zu gehen. Am Weihnachtsabend

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liegen für sie Geschenke bereit mit der Auflage, daß sie ihr erst gehören, wenn sie nähen kann. Sie lernt daraufhin fleißig, legt zwei Wochen später ein selbstgenähtes Hemd vor und erhält ihre Geschenke und zusätzlich ein Bilderbuch als „Lohn des Fleißes" von den stolzen Eltern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 20ff.) - Mädchen, das nicht handarbeiten will, hat Langeweile, kommt dadurch auf dumme Gedanken, klettert auf einen Schrank, stürzt und zieht sich eine Platzwunde zu, die eine häßliche Narbe hinterläßt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 242f.) - zwei Schwestern sollen für krankes Kind einer armen Frau Mützchen strikken. Die eine verzichtet auf einen Ausflug, strickt den ganzen Tag und liefert eine gelungene Mütze ab, die andere fährt tagsüber mit dem Vater weg und bringt am Abend nur noch eine schlampige Kappe zustande. Am nächsten Tag muß sie in der Schule deswegen mit dem Schandfleck in der Hand an der Türe stehen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 184ff.) - zwei Schwestern aus gutem, aber verarmten Hause, stehen nach dem Tod ihres Vaters mittellos da. Sie legen ihre seidenen Kleider ab und beginnen, sich durch Handarbeiten Geld zu verdienen. Ihr Fleiß und ihre Sparsamkeit führen dazu, daß sie zwei rechtschaffende, vermögende Ehemänner finden, während gutaussehende, aber hoffärtige Mädchen unverheiratet bleiben (Geiger, Beyspielbuch, S. 126; Pothmann 1790, S. 39) Handwerk - Verhalten eines Handwerkers gegenüber der Kundschaft (Geiger, Beyspielbuch, S. 62) - Verhalten eines Handwerkers gegenüber Dienstboten und Lehrlingen (Geiger, Beyspielbuch, S. 65) - Verhalten eines Handwerkers gegenüber seinen Mitmeistern (Geiger, Beyspielbuch, S. 66) - Handwerksneid (= Brotneid) (Geiger, Beyspielbuch, S. 66) - Verhalten in den Handwerkszusammenkünften (Geiger, Beyspielbuch, S. 70) - Handwerker sollen dem Nachwuchs nicht ihre Jugend vorwerfen; sich Neuerungen gegenüber aufgeschlossen zeigen; unnötige Geldausgaben im Zusammenhang mit Handwerksbräuchen wie Aufdingung, Freisprechung unterbinden; Handwerksartikel gegebenenfalls modernisieren; Streitkultur unter Handwerkern (Geiger, Beyspielbuch, S. 70-77) Hartherzigkeit - reiche Frau verhätschelt ihren Hund, um ein Almosen bittende Mutter weist sie die Tür (Lohr, Sitte, Nr. 16, S. 35f.) - Menschen gehen achtlos an Bettlerin vorüber (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 32, S. 71 f.) Haustiere (—> Tiere) Hehlerei (Allg. Lesebuch 1793, S. 132f.) Heilige als Vorbild (Schwarz, S. 113-119) Heuchelei (—» Lügen) - schlechtes Gewissen überführt Heuchler; Vater verstößt ihn, nachdem er sich trotz mehrmaliger Ermahnung nicht bessert (Lohr, Sitte, Nr. 59, S. 109-113) - in der Jugend ungescholtener Heuchler wird als Erwachsener zum Mörder (Lohr, Sitte, Nr. 60, S. 113ff.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 188f.)

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- Schultheißen-Amt durch Schmeichelei erobern (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 168) Hexerei (—> Aberglaube) - im Stall (Schmid, Lehrreiche, S. 74f.; Wening 1784, S. 93-97; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 180-186, hier S. 182-185). - Frauen wurden im 17. Jh. als Hexen denunziert, weil sie mehr Butter und Käse im Haus hatten als andere Leute, weil Kinder erkrankten, Kobolde im Stall spukten oder weil man sie angeblich auf dem Brocken gesehen hatte (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 180-186) Hilfe annehmen (Schwarz, S. 49-53) Hilfe zur Selbsthilfe - Kaufmann gibt bettelnder Mutter nichts, finanziert statt dessen deren Söhnen eine Ausbildung zum Korbmacher und Strohflechter und kauft ihnen später Körbe und Strohhüte ab (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 23) - Kaufmann schenkt armem Mann kein Ster Holz, sondern nur einen Stamm und bringt ihm bei, Schwefelhölzchen daraus herzustellen, die er ihm später abkauft (Schmid, Lehrreiche, S. 24ff.) Hilfsbereitschaft (—» Kind, tugendhaftes; Lebensretter, Unfälle) - freundliche Handwerker haben mehr Kundschaft (Geiger, Beyspielbuch, S. 64) - Gesinde freundlich behandeln (Geiger, Beyspielbuch, S. 170ff.) - freundlicher Bruder geht auf die Wünsche seiner mürrischen Schwester ein. Sie bleibt auf Dauer unzufrieden, er erntet Erfolg und Anerkennung (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 10, S. 23f.) - freundliches Mädchen erledigt alle Aufträge der Mutter prompt und ohne Murren, bekommt dafür immer wieder kleine Geschenke (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 56, S. 117f.) - ein Mädchen leiht seiner Freundin ein Bilderbuch mit farbigen Illustrationen, wie sie die Freundin noch nie gesehen hatte. Sie wird dafür von den Eltern zu einer Landpartie eingeladen (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 103, S. 204f.) - Mädchen aus der Nachbarschaft möchte seine Freundin abholen, um im Garten Stachelbeeren zu essen. Aber diese muß an einem Kleid nähen. Das Mädchen verzichtet daraufhin auch auf den Genuß und hilft der anderen. Wochen später gibt es Gelegenheit, sich zu revanchieren (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 29, S. 63ff.) - zwei Brüder rodeln und beobachten eine alte Frau, die mit einem schweren Korb auf dem Rücken ausrutscht. Der eine Bruder hilft, den Inhalt des Korbes wieder einzusammeln und bekommt leckere Bonbons geschenkt, der andere weigert sich, mit anzupacken und geht leer aus. Die unterschiedliche Einstellung der beiden Brüder setzt sich im Erwachsenenleben fort und führt zur Vereinsamung des Egoisten (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 48, S. 103ff.) - Handwerksburschen fragen einen Bauern nach dem Weg. Er will ihnen nur gegen Geld Auskunft geben. Ein zufällig vorbeikommender Mann begleitet sie dagegen eine halbe Stunde, obwohl er selbst schon müde vom Wandern ist, und weigert sich, einen Lohn dafür anzunehmen (Lohr, Sitte, Nr. 23, S. 47ff.) - ein aufgeschlossener, netter Junge ist allseits beliebt, während sein mißgünstiger, egoistischer Bruder von allen gemieden wird. Er bereut sein Verhalten als Erwachsener, kann sich aber nicht mehr ändern (Lohr, Sitte, Nr. 24, S. 4953) - ein vornehmer Herr gerät mit seiner Kutsche in einen Schneesturm und sucht

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eine Übernachtungsmöglichkeit. Alle schlagen ihm die Türe vor der Nase zu. Nur ein armer Mann in einer halb verfallenen Hütte hilft. Geld will er dafür keines annehmen. Es wird ihm aufgedrängt. Als er alleine ist, entdeckt er, daß es sich um vier Goldstücke handelt (Lohr, Sitte, Nr. 26, S. 54ff.) - Ein Junge stößt auf dem Weg zu einem Spielkameraden auf einen Greis, der Brennholz sammelt. Der Junge verzichtet auf sein Vergnügen und hilft dem Alten. Dieser wünscht ihm dankbar Wohlergehen bis an sein Lebensende (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 34, S. 18f.) - Mädchen schenkt Flüchtlingen Geld und abgetragene Kleider (Kieffer; Nr. 35, S. 18f.) - Undienstfertigkeit = mangelnde Hilfsbereitschaft (Lohr, Sitte, Nr. 27, S. 57ff.) - unterlassene Hilfe (Lohr, Verstand, Nr. 17, S. 141) - Junge macht sich lustig über ein Mädchen, das bei Glatteis ausrutscht; dann fällt er selber und verletzt sich (Stahl, S. 48047) Hinrichtung - der eigenen Söhne, die ein vom Vater erlassenes Gesetz übertreten haben (Lohr, Verstand, Nr. 41 u. 42, S. 160f.) Hochmut (—» Adel, Eitelkeit) - Schweinehirt wird Kaiser und damit überheblich, lasterhaft, unmäßig; vergiftet sich, als er merkt, daß ihm alle nach dem Leben trachten (Geiger, Beyspielbuch, S. 4) - Mädchen erhält zum Geburtstag ein hübsches Kleid und Blumen. Damit fühlt sie sich schöner als alle anderen. Als die Tochter des Gärtners zum Gratulieren kommt, eröffnet sie ihr, daß sie künftig nicht mehr mit ihr spielen werde, da diese mit ihrem alten Kittel nicht mehr zu ihr passe. Daraufhin muß das Geburtstagskind sein neues Kleid ausziehen und es der Gärtnerstochter schenken (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 98ff.) - hochmütiges Mädchen wird von andern Kindern beim Spiel ausgeschlossen (Salzmann, Moralisches Elementarbuch) - Familie mit zwei Töchtern zieht aus der Stadt a u f s Land. Die eine freundet sich sofort mit Nachbarskindern an, die andere lehnt den Kontakt hochmütig ab, da die Dorfkinder in ihren Augen schlecht gekleidet sind. Als sie es sich anders überlegt, ist es zu spät. Sie findet keine Freundinnen mehr (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 15, S. 34ff.) - Sohn eines Gutsbesitzers schlägt und verjagt die gleichaltrigen Bauernbuben, die kamen, um mit ihm zu spielen. Sie rächen sich eines Tages, als er einen Spaziergang ins Dorf wagt (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 26, S. 56-59) - Schloßherrin läßt während eines Krieges Geld einmauern und trägt dem Maurer auf, das Versteck ihrer Tochter nach zwanzig Jahren preiszugeben. Da die junge Frau zu hochmütig ist, um in die armselige Hütte des Maurers zu gehen, nimmt er das Geheimnis mit ins Grab. (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 87f.; Schmid, Lehrreiche, S. 5f.) - Hochmütiger Herr duldet es nicht, daß Gleichgestellte an seiner rechten Seite gehen, also den Ehrenplatz einnehmen (Schmid, Lehrreiche, S. 27) - Stolz als schlimme Sünde (Schwarz, S. 65-69) - Metzgersohn wird Minister, geht mit gekrönten Häuptern um als wären es seine Untertanen; fallt deshalb in Ungnade, wird verhaftet, entgeht seiner Hinrichtung nur durch vorzeitigen Tod in Gefangenschaft (Geiger, Beyspielbuch, S. 4f.)

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- Wortführer sein wollen (Geiger, Beyspielbuch, S. 49) - Hochmut kommt vor dem Fall (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 79) Hochwasser (—> Ertrinken; Schiffbruch) - Am 26. Juni 1783 rettet ein einfacher Soldat ein Kind und die einzige Kuh einer armen Familie aus der hochwasserführenden Isar. Der Regimentskommandeur überhäuft ihn mit Lobsprüchen, die Regierung zahlt ihm „3 Carolinen" aus und seine Heldentat wird in bayerischen Zeitungen öffentlich gemacht (Wening 1784: Der menschenfreundliche Fouselier in der Au. In: Ders.: Erzählungen, 1784, S. 82ff.) - Pfarrer flüchtet sich mit seiner Gemeinde vor Hochwasser in die Kirche. Aber bald steht auch sie unter Wasser. Der beherzte Pfarrer rettet 16 alten Menschen ungeachtet der Gefahr das Leben, indem er sie auf seinen Schultern aus der Kirche trägt. Als Dank übernimmt die Obrigkeit die Reparaturkosten des Pfarrhauses, die sonst die Gemeinde tragen müßte (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 99, S. 132) - jemandem unter Lebensgefahr vor dem Ertrinken retten (Wening 1784, S. 67f., S. 82ff.; Baierischer neuer Volkskalender 1815, S. 25; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 102, S. 134f.) - dankbarer Sohn rettet seine Mutter aus einem reißenden Fluß, obwohl er selbst nicht schwimmen kann (Herzer, Sittenspiegel, Bd. I, S. 39ff.) Holz/Holzversorgung (—» Armut, Hilfe zur Selbsthilfe, Hilfsbereitschaft) - Holz, das im Überfluß vorhanden ist, wird abgebrannt, um Asche zu gewinnen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 206) - Holzlesern erscheint ein Mönch, der vermeintlich wertlose Gaben schenkt, die sich daheim in Gold verwandeln (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 149) - Augsburger Bruderschaft versorgt Arme regelmäßig mit Holz (Geiger, Beyspielbuch, S. 112f.) Hund (—» Tiere, Tierquälerei) - Mädchen befreit Hund aus den Händen von Jungen, die ihn ertränken wollen. Eines Tages gerät das Mädchen in Gefahr, umgebracht zu werden, wird durch das Bellen ihres Hundes gewarnt und kann sich rechtzeitig in Sicherheit bringen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 170-173) - Pudel, der aufs Wort gehorcht (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 264ff.) - Junge schlägt Spitz, weil er ihm nicht in den Wald folgt, ohne zu wissen, daß der Vater dem Hund befohlen hatte, vor der Tür zu liegen. Vater belehrt ihn durch die Geschichte von einem Mädchen, dem ein Hund das Leben gerettet hat (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 170-173) - gefräßiger, verliert das mühsam ergatterte Stück Fleisch beim Überqueren eines Baches, in dem sich das Fleisch spiegelt. Im Glauben, das sei ein noch größeres Stück, läßt er seine Beute fallen und hat am Ende gar nichts (Geiger, Beyspielbuch, S. 21 f.) - Hund als Erbe einsetzen (Geiger, Beyspielbuch, S. 96) - Hund als Lebensretter (Schwarz, S. 18ff, 101-105; Schmid, Lehrreiche, S. 147f.) Hunger (—> Adel, Ernährung, Gefräßigkeit, Genußmittel, Maßhalten) - Knabe will sterben, damit der Vater einen Esser weniger durchzubringen hat (Wening 1784, S. 162-167) - Kinder essen mit Appetit, wenn sie arbeiten müssen, wenn sie außerhalb der Tischzeiten nichts zu essen bekommen und wenn sie mit Süßigkeiten und

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Leckerbissen gar nicht erst vertraut gemacht werden (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 20) - Mädchen verweigert am Mittag seine Suppe. Mutter verspricht, ihr abends eine bessere zu kochen und läßt die Tochter den ganzen Nachmittag Kartoffeln ausgraben. Am Abend setzt sie ihr dieselbe Suppe vor, die dem Mädchen nach der Anstrengung gut schmeckt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 26f.) - strenger Vater tischt den Kindern so lange ungeliebte Speisen auf, bis der Hunger größer als der Ekel ist (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 94) - teure Eintrittskarte zu einem Ball in einem neueröffneten Pariser Tanzsaal kaufen, während draußen die Menschen verhungern und erfrieren (Lohr, Sitte, Nr. 11, S. 26f.) - persischer Arzt lebt jahrelang in Arabien, aber niemand nimmt seine Kunst in Anspruch. Der König klärt ihn auf, daß die Leute hier so gesund seien, weil sie nur essen, wenn sie wirklich Hunger haben (Geiger, Beyspielbuch, S. 83) Jagd - Hirschjagd im ausgehenden 18. Jahrhundert (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 214-217) - Jagdunfall fuhrt zu Sicherheitsvorschriften (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 116) Jahreszeiten - Wechsel der Jahreszeiten als Geschenk Gottes betrachten (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 110, S. 91 f.) - der Bäume im Wechsel der Jahreszeiten als Sinnbild der menschlichen Lebensalter (Schmid, Lehrreiche, S. 120f.) Jude (—» Ehrlichkeit, Guttätigkeit, Lebensretter, Militär, Übermut) - kauft Kleidung Verstorbener und veräußert sie wieder (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 217) - Mitleid mit Juden wegen hoher Abgaben und schlechter Behandlung (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 84). - lebt wie ein Christ, läßt sich aber nicht taufen, weil er seiner Mutter auf dem Sterbebett versprochen hat, immer Jude zu bleiben (Braun, Aus meiner Jugendzeit). - Schweinefleisch; Christenknabe versteckt aus Übermut ein Stück Schweinefleisch in der Tasche eines Juden (Wening 1784, S. 107-111). - wird von Christen vor dem Erfrieren gerettet (Nächstenliebe steht höher als die Frage nach der Glaubensgemeinschaft) (Wening 1784, S. 105f.). - ehrlicher Jude kauft Ziege, findet Geldbeutel und silbernen Löffel in ihrem Magen, gibt beides zurück an die Vorbesitzerin (Lohr, Verstand, S. 128f.). - schenkt armem Offizier Geld und ein Pferd. Reist ab, ohne daß der Empfänger sich bedanken kann (Lohr, Verstand, S. 133f.). - seine Großzügigkeit wird erst nach seinem Tod entdeckt (Wening 1784, S. 106) - Kinder verspotten Juden wegen seiner Mundart; als ihre Familie verarmt, hilft ihnen der Jude großzügig (Stahl, S. 48073ff.) - beschenkt seinen Lebensretter großzügig, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß er ihn nicht bestohlen hat (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 91, S. 59ff.) Kaffee (—» Ernährung, Gefräßigkeit, Genußmittel) Kartoffel (—> Ernährung)

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Kaufmann (—> Betteln/Bettler, Ehe/Heirat, Ehrlichkeit, Finder, ehrlicher; Geiz, Gewissen, Glücksspiel, Guttätigkeit, Hilfe zur Selbsthilfe, Kind, tugendhaftes; Mohr, Schenken, Sparsamkeit, Vorsehung, göttliche) - reicher, aber ständig in Sorge um seine Besitztümer (Geiger, Beyspielbuch, S. 18f.) - betrügerischer, verliert alle Kunden (Lohr, Sitte, Nr. 47, S. 93f.) - ehrlicher, bringt es weit (Lohr, Sitte, Nr. 48, S. 94f.) Kind, tugendhaftes, erhält Unterstützung (—> Betteln/Bettler, Finderlohn) - Bettelknabe lehnt Angebot zur Aufnahme in eine wohlhabende Familie ab, weil er seinen blinden Großvater nicht allein lassen will. Daraufhin wird im Haus der Familie auch für den Großvater ein Zimmer eingerichtet (Schmid, Lehrreiche, S. 216ff.) - König Gustav III. von Schweden reist inkognito und beobachtet am Dorfbrunnen ein armes Bauernmädchen. Er folgt ihr nach Hause und erfährt, daß sie ihre kranke Mutter hingebungsvoll pflegt. Sein Angebot, mit ihm nach Stockholm zu kommen, lehnt sie wegen dieser Verpflichtung ab. Der König verschafft den beiden eine lebenslange Rente und finanziert bei der Hochzeit des Mädchens die Aussteuer (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 11, S. 17-21) - Edelknabe übernimmt freiwillig Nachtwache vor dem Schlafzimmer des Königs, um seiner armen Mutter Geld schicken zu können. Er schreibt ihr einen Brief, in dem er berichtet, daß er die Augen kaum noch offen halten kann, und schläft darüber ein. Der König entdeckt ihn, liest den Brief, und füllt ihm die Taschen mit Geld (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 9f.) - Knabe erbettelt von Vorübergehendem Geld. Der entschuldigt sich, er habe keine kleinen Münzen dabei. Knabe schlägt vor, einen Dukaten zu wechseln. Herzog gibt ihm das Geld und ist beeindruckt, als der Knabe ihn kurz darauf einholt, und tatsächlich das Wechselgeld zurückbringt. Er weist der kranken Mutter eine monatliche Rente an und finanziert die Ausbildung des Jungen (Wening 1784, S. 99f.; Moser 1786, S. 153f.; Geiger, Beyspielbuch, S. 199f.; mit kl. Abwandlungen auch bei Lohr, Sitte, S. 97f.) - Eltern haben eine fleißige, reinliche und eine faule, schmutzige Tochter. Die fleißige wird von einer Prinzessin entdeckt, an deren Kutsche direkt vor dem Haus der armen Leute ein Rad gebrochen ist. Diese nimmt das fleißige Mädchen mit auf ihr Schloß wo es ihr gut geht und sie eine hervorragende Erziehung genießt (Hoffmann, Erzählungen 1842 1842, S. 190-193) - Knabe beeindruckt Lehrherrn, weil er die Hälfte seines Wochenlohnes freiwillig an seine bedürftigen Eltern abgibt. Er nimmt ihn zu sich, finanziert ihm die Ausbildung, gibt ihm seine Tochter zur Frau und vererbt ihm sein gesamtes Vermögen (Allg. Lesebuch 1793, S. 113) - junger Mann verdient mit Schwerstarbeit auf dem Feld ganze sechs Dreyer am Tag und gibt jeweils zwei davon seinen Eltern. Ein Reicher erfährt davon, stellt ihn als Gärtner ein und übernimmt den Unterhalt der Eltern (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 312-323) - Junge widersteht der Versuchung, seinen Auftraggeber zu bestehlen. Er wird dabei beobachtet, erhält eine Belohnung und bleibt sein Leben lang ein rechtschaffener Mensch (Wening 1784, S. 38-41; Geiger, Beyspielbuch, S. 197f.; Abc-Buch für die Volksschulen des russischen Reichs 1785, S. 24f.) - Junge absolviert Lehre bei einem Kaufmann, fällt auf durch besondere Ehr-

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lichkeit, wird auf die Probe gestellt, besteht und wird an Sohnes Statt angenommen (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 52, S. 1 lOf.) - Tochter eines armen Schusters liefert Schuhe in ein reiches Haus, bekommt Trinkgeld, schenkt es vor der Tür einer Bettlerin. Die Dame ist so beeindruckt, daß sie das Kind zu sich nimmt (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 32, S. 7073) - dienstfertiges Mädchen wird von einem reichen Vetter adoptiert und erbt nach wenigen Jahren dessen gesamtes Vermögen (Lohr, Sitte, S. 53) - ein Knabe hat zwei Finken gefangen und plant, sie zu verkaufen, um damit seine kranke Mutter zu unterstützen. Auf dem Heimweg reitet der Fürst an ihm vorbei, als er erschrocken nach seinem Hut greift, entwischen ihm die Vögel, und der Junge läuft weinend heim. Kurze Zeit später bringt ein Diener des Fürsten die Nachricht, dieser werde ein Wochengeld anweisen bis zur Genesung der Mutter und den Jungen ein Handwerk erlernen lassen (Schmid, Lehrreiche, S. 17f.) - arme Geschwister finden einen kostbaren Ring, als sie Veilchen im Wald pflücken, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Der Vater schlägt zum Schein vor, den Ring zu verkaufen. Sie lehnen entsetzt ab. Die dankbare Besitzerin lädt die ganze Familie ein und verspricht, ihr in jeder Notlage zu helfen (Schmid, Lehrreiche, S. 82f.) - Junge findet einen goldenen Uhrenschlüssel, sieht vor sich einen gutgekleideten Herrn, der ihn offenbar gerade verloren hat. Für seine Ehrlichkeit wird er mit einem Goldstück belohnt. Als er dieses zurückgeben will, da er es als einen zu hohen Finderlohn ansieht, erkundigt sich der Mann nach seinem Namen. Er erfährt, daß der Vater des Jungen gefallen ist, und Mutter und Sohn in ärmlichen Verhältnisse leben. Daraufhin verschafft er der Frau eine Pension und dem Jungen Schulgeld für eine Militärakademie, wo der Junge nach wenigen Jahren zum Leutnant befördert und schließlich ein geachteter hoher Offizier wird (Späth, S. 17ff.; leicht modifiziert bei Stahl, S. 47883-47886) - früh verwaister Knabe wächst bei seinem groben Vetter auf, der ihn oft verprügelt. Eines Tages wird er in die Stadt geschickt. Auf dem Weg dorthin findet er eine Brieftasche. Er liefert sie samt Inhalt bei der Polizei ab. Dort zeigt der Besitzer, ein reicher Kaufmann, gerade den Verlust an. Von so viel Ehrlichkeit beeindruckt, lädt er den Buben ein, zu ihm zu ziehen und stellt ihn nach Beendigung der Schulzeit als Lehrling ein. Dort überzeugt er durch Fleiß, Treue und Redlichkeit, so daß er nach wenigen Jahren die Stelle des verstorbenen Buchhalters antreten darf. Dank seines Fleißes und seiner Sparsamkeit wird er ein reicher Mann (Späth, S. 38ff.) - Mönch fragt ein paar Buben nach dem Weg, aber nur der von den anderen verachtete Schweinehirt ist bereit, ihn ein Stück zu begleiten. Sie unterhalten sich unterwegs, der Mönch ist beeindruckt vom Verstand des Knaben, nimmt ihn mit in sein Kloster. Am Ende wird er Papst und regiert 1585-1590 als Sixtus V. (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 28, S. 15) - reicher Mann gibt sich bei seinen Verwandten nach fünfundzwanzig]ähriger Abwesenheit als Bettler aus. Der reiche Neffe jagt ihn fort, die arme Nichte ist bereit, ihr letztes Geld mit ihm zu teilen und wird dafür belohnt (Moser, 1786, Kap. VI) - aus einem tugendhaften Mädchen wird eine tüchtige Erwachsene (Stahl, S. 48059f.) Kinderschreck Klaubauf (Geiger, Beyspielbuch, S. 80)

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Kinderspiel (—> Schießpulver; Spiele/Spieler; Spielsucht; Spielzeug) - „Alles, was Feder hat, flieg hoch!" (Stahl, S. 48076) - Angefangene Geschichten weitererzählen (Stahl, S. 48077) - Armbrustschießen; dabei kommt es zu einem Unfall: Einem Jungen wird ein Auge ausgeschossen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 220) - Ballschlagen (Geiger, Beyspielbuch, S. 256 u. 260; Späth, S. 45) - Blindekuh (Lohr, Sitte, S. 192; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 219f.; Stahl, S. 48076) - Eisglitschen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 129) - Hahnrei, Kartenspiel für Kinder (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 226) - Haschen (Späth, S. 45; Stahl, S. 48078) - Hirsch und Jäger und Hund spielen (Lohr, Sitte, S. 192) - Kaack [= eine Art Kegelspiel mit flachen Steinen, die zu einem Türmchen aufeinandergeschichtet werden] (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 76f.) - Kahnfahren ohne Aufsicht (Späth, Nr. 2, S. 3f.; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 146-151) - Kartenhäuser bauen (Lohr, Sitte, S. 192) - Kutscher und Pferd spielen (Lohr, Sitte, S. 192) - Ringspiel: jedes Kind muß ein Rätsel, einen Reim oder ein Sprichwort aufsagen. Wer nicht prompt etwas weiß, muß ein Pfand geben (Salzman, Moralisches Elementarbuch) - Schaukeln (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 164-168) - Schlittenfahren (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 126-129) - Schmetterlinge fangen (Schmid, Lehrreiche, S. 23) - Seifenblasen (Schwarz, S. 77f.) - Soldat spielen (Späth, S. 45) - Sprung über einen Wassergraben (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. Iff.; Späth, S. 45) - Steckenpferdchen (Lohr, Sitte, S. 192) - Sturz beim Wippen auf Bauholz (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 220f.) - Verstecken spielen (Lohr, Sitte, S. 192) - eine Nuß in der Hand verstecken; der Partner muß erraten, in welcher Hand sich die Nuß befindet (Schmid, Lehrreiche, S. 8) - um die Wette laufen (Schmid, Lehrreiche, S. 53) - mit herumliegender Munition spielen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 210-214) - mit einem Gewehr/einer Pistole spielen (Lohr, Sitte, Nr. 90, S. 178ff.; Schmid, Lehrreiche, S. 29f.; Zeitvertreib 1783, S. 212ff.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 16f.,S. 132f.) - mit einer Schere spielen und sich dabei ein Auge ausstechen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 149f.) - über einen spitzen Stock springen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 221f.) - in einen Bach fallen und für immer gelähmt sein (Lohr, Sitte 1799, S. 174ff.), bzw. lange das Bett hüten müssen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 143ff.) - reiten auf fremdem Pferd. Das Tier macht sich los, der Junge fällt aus dem Sattel, ein Hufschlag des Pferdes bricht ihm den Arm (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 217ff.) - auf das Trittbrett vorbeifahrender Kutschen aufspringen, und heimlich ein Stück mitfahren (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 48f.) - Kinderfreuden auf dem Land: Fische mit bloßen Händen im Bach fangen, in

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die Haselnüsse gehen, Beeren im Wald sammeln, Ziegen hüten, Wiesenblumensträuße pflücken, Meisenkasten bauen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 140-148) - Dame spielen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 226) - sich von schlechten Spielkameraden zu Unfug verfuhren lassen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 146-155) - Spiele im Freien nicht verbieten. Bewegung in frischer Luft ist notwendig (Geiger, Beyspielbuch, S. 150) - Spielverderberin sein (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 38ff.; ebd., S. 23 Iff.) Kindersterblichkeit - Vater tröstet Mutter nach dem Tod ihres Kindes mit dem Hinweis auf das Weiterleben im Paradies (Schmid, Lehrreiche, S. 99) Kindsmord - ledige Mutter gerät an verantwortungslosen Ehemann, der zu den Soldaten geht und nicht für den Unterhalt der Familie sorgt. Aus Verzweiflung schneidet sie ihrem Kind die Kehle durch, gesteht ihre Tat dem Richter und wird enthauptet (Pothmann 1790, S. 12-16). Kindsmus (—» Muttermilch) - auch Papp oder Kleister genannt; Brei aus Milch und Mehl, als Kindernahrung abgelehnt; besser sei Semmelmus (Geiger, Beyspielbuch, S. 144) Kirchenstühle - Streit über Kirchenstühle (Allg. Lesebuch 1793, S. 115f.) Klagweiber (Geiger, Beyspielbuch, S. 93) Kleidertausch - Kutscher zwingt seinen Herrn im Wald zum Kleidertausch; ein Richter in der nächsten Stadt entlarvt ihn (Schmid, Lehrreiche, S. 75f.) Kleiderzipfel, festgenagelter (Stahl, S. 47912; vgl. zu diesem Motiv: Waibel, Max: Die Sage vom festgenagelten Kleiderzipfel. In: Wir Walser 34 (1996), H. 1,S. 43-59) Kleidungsgewohnheiten (—> Eitelkeit; Kopfbedeckung, Trauerkleidung) - Abhärtung durch Barfußlaufen (Geiger, Beyspielbuch, S. 146) - Frauen im Lechtal staffieren ihre Kleidung besonders üppig aus. Sie wirken reich, besitzen aber nur das, was sie auf dem Leib tragen und sind als schlechte Hausfrauen verschrien (Geiger, Beyspielbuch, 184f.) - zu Weihnachten ein neues Kleid (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 74f.) - Seidene Kleider verhindern unbeschwertes Spiel und fuhren zu Isolation (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 105f.; ebd., S. 147ff.) Knöpfeschlucken (—> Nadelschlucker-Kind) - anderthalbjähriges Kind verschluckt metallenen Hemdknopf und stirbt nach heftigen Zuckungen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 207) Kochen - Unterweisung der Mädchen im Kochen (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 69) Kohlblätter werden als Transportverpackung für Butter benutzt (Schmid, Lehrreiche, S. 54) Kopfbedeckung - Männer ohne Hut in den Tempeln/Kirchen. Gott ist es gleichgültig, ob der Mann mit oder ohne Hut in der Kirche steht, denn er sieht ihm so oder so ins

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Herz. Hutabnehmen im Gotteshaus sei ursprünglich aus gesundheitlichen Gründen eingeführt worden (Geiger, Beyspielbuch, S. 149f.) - zu warme Kopfbedeckungen wie Pelzmützen oder baumwollgefìitterte Mützen für Kleinkinder fuhren zu Verzärtelung und Kopfkrankheiten (Geiger, Beyspielbuch, S. 148) - Frauen tragen seit ca. 1760 auch im Sommer Pelzmützen (Geiger, Beyspielbuch, S. 149) - Umformen alter Hüte nach der neuesten Mode ist eine sinnlose Zeitverschwendung (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 221 f.) - schlecht für Kinder; Kaiser Severus, König Massinissa, Hannibal und Cäsar gingen immer barhäuptig aus (Geiger, Beyspielbuch, S. 147) Kraniche des Ibykus (Metapher für zufallsbedingte Verbrechensaufklärung) (—• Gewissen; Mord) Krankheit/Kranke (—• Arzt, Ertrinken, Ernährung, Geduld/Ungeduld, Gefräßigkeit, Maßhalten, Notlage vortäuschen) - Krankheiten sind auch nützlich: sie lehren Geduld (Geiger, Beyspielbuch, S. 88) - Ansteckungsgefahr durch Erwerb von Kleidung Verstorbener (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 217) - Mittel gegen Ansteckung (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 227) - selbstverschuldete Krankheiten sind vermeidbar (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 159) - Einsichtige bleiben gesund (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 229) - Englische Krankheit [= Rachitis, eine Vitamin-D-Mangelkrankheit] (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 105) - Schrecken, Verdruß, Zorn und Unmäßigkeit als Auslöser von Krankheiten (Geiger, Beyspielbuch: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. o.J. [um 1800], S. 80) - Kranke nicht zum Essen nötigen (Geiger, Beyspielbuch, S. 83; Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 45) - Cholera-Infizierter bittet seinen Feind um eine Übernachtung, um auch ihn anzustecken (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 87, S. 53f.) - Kaiser Joseph II. kehrt inkognito als Arzt bei einer armen kranken Frau ein und stellt ihr anstelle eines Rezeptes einen Zahlschein aus, der es ihr erlaubt, die notwendigen Medikamente zu kaufen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 98: Das gute Heilmittel, S. 54f.) - Umgang mit Kranken (Pischon IV, S. 250-259) - Blatternschutzimpfung bringt Kind in Todesgefahr (Pischon IV, S. S. 279283) - von Blattern entstellt, innere Schönheit ist wichtiger (Goeze, Zeitvertreib, S. 139) - Nervenleiden eines Dienstmädchens verschlimmert sich zur Verwunderung der Dorfbevölkerung trotz geistlichen Beistands und fleißigen Lesens geistlicher Lieder. Aufgeklärte Städter würden sich darüber nicht wundern (Dorfzeitung, 16.6.1821, S. 124) Kreuzzeichen - sich bekreuzigen beim Anblick unerklärlicher Naturereignisse (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 256-258)

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Kugelfest - Gewehrkugel prallt an Muttergottes-Medaillon ab (Schwarz, S. 74ff.) (Mot. D 1380 ff.) Kühe (—»Aberglauben) - Kühe geben Blut statt Milch (Wening 1784, S. 93-97) - Kühen eine Kuhschelle umhängen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 80f.) Kultivierung von Ackerland - dänischer Bauer bringt ein heruntergekommenes Gut in Ordnung, pflanzt Obstbäume, lebende Zäune usw., erhält Ehrungen vom König und der landwirtschaftlichen Gesellschaft (Geiger, Beyspielbuch, S. 43) - Neubebauung eines vermeintlich unfruchtbaren Bodens (Schlez, kath. Ausg., Bd.2, 1801, S. 136) - zusammenhängendes Ackerland mit Hof im Zentrum ist ökonomisch (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 136) - Gewinnung von Anbaufläche durch Begradigung eines Baches (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 166f.) - Markgraf von Baden läßt für einen Bauern von Lingelsheim eine Ehrensäule errichten, weil dieser einen moosigen Boden in fruchtbares Ackerland verwandelt hat (Geiger, Beyspielbuch, S. 44) - Heinrich Mayer, hannöverischer Bauer zu Peppern, hat zwölf Tagwerke unfruchtbare Heide urbar gemacht; landwirtschaftliche Gesellschaft ehrt ihn öffentlich mit zehn Thalern (Geiger, Beyspielbuch, S. 59f.) - vernünftiger Bauer umzäunt seine Weiden (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 57-60) - Bauern treffen sich in Gasthaus und tauschen neue landwirtschaftliche Erkenntnisse aus (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 90-94; S. 1 Π Ι 20) - Bauer nimmt Waisenjungen auf, der die Anbaumethoden auf dem Hof modernisiert Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. S. 10-14) Landleben - Roggenbrot, frische Milch, Butter und Essen im Freien als Indikatoren für das Wohlleben auf dem Lande (Schmid, Lehrreiche, S. 65f.) - Lob des Landlebens (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 234-240) - weißes Brot, Met und bemalte Wände als Indikatoren für das süße Stadtleben (Schmid, Lehrreiche, S. 65f.) - Familie zieht von der Stadt aufs Land. Kinder sind zunächst sehr unglücklich, lernen aber nach und nach das Landleben schätzen und erinnern sich als Erwachsene dankbar an die Naturerfahrung (Stahl, S. 48080-48084) Langeweile (—» Arbeit, Handarbeiten) - Kind reicher Eltern langweilt sich trotz vieler Spielsachen, seidener Wäsche etc. (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 193ff.) - keine Langeweile kennen (Lohr, Sitte, Nr. 74,S. 149-152) Langschläfer - versäumt Familienausflug und wird dafür von seinen Geschwistern ausgelacht (Späth, S. 54ff.) - verpaßt beeindruckendes Naturschauspiel (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 207ff.) - lernt zwar fleißig, macht aber dennoch keine Fortschritte. Erst als er beginnt, bereits beim ersten Hahnenschrei aufzustehen, stellt sich nach einem halben

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Jahr Besserung ein (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 239ff.) - frühes Aufstehen (Heusinger, Bd. 1, S. 97) Lebensretter - Soll ein Familienvater unter Einsatz seines eigenen Lebens das eines Alleinstehenden retten? (Lohr, Verstand, Nr. 32, S. 148) - Hund als Lebensretter (Schwarz, S. 18-20, S. 101-105) - Tagelöhner rettet Handwerksburschen vor dem Erfrieren; Kaiser Joseph II. belohnt ihn dafür (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 40, S. 21 f.) - Jude wird von einem Christen vor dem Erfrieren gerettet (Moral: Nächstenliebe steht höher als die Frage nach der Glaubensgemeinschaft). (Wening 1784, S. 105f.) - Lehrer bestraft unfolgsamen Knaben. Dessen Vater droht den Lehrer zu erschlagen. Eines Tages verunglückt der Vater, wird vom Lehrer gerettet und gesund gepflegt (Schwarz, S. 54-58) Leichtsinn (—»• Kindsmord, Unfälle) - Mädchen greift zum Tintenfaß statt zur Sandbüchse und gießt Tinte über seinen Aufsatz, ihr Kleid und den Fußboden. Daraufhin muß sie den Aufsatz neu schreiben und darf nicht wie vereinbart mit der Mutter und der Schwester in den Garten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 182ff.) - Taube fliegt durch ein geöffnetes Fenster, hält gemalte Trauben auf Tapete fur echt, wird gefangen (Schwarz, S. 21 f.) - Junge mißachtet die Spielregeln und trifft dadurch seinen Freund mit einem Stein am Kopf (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 75-79; Wening 1784, S. 23-26) - reicher Mann lebt in Saus und Braus. Er erleidet im 43. Lebensjahr einen Schlaganfall. Sein Geld ist aufgebraucht und er findet niemanden, der ihm etwas borgen will. Er entschließt sich, eine redliche Arbeit aufzunehmen, wird gesund und 75 Jahre alt (Geiger, Beyspielbuch, S. 88f.) - Junge jagt als „Hans-guck-in-die-Luft" einem Schmetterling hinterher, fällt in einen morastigen Graben, aus dem er sich nur mit Hilfe seiner Schwester befreien kann (Schmid, Lehrreiche, S. 23) - Mädchen fällt beim Kirchgang in einen modrigen Graben. Es friert in den nassen Kleidern und schämt sich (Goeze, Zeitvertreib, S. 136) - Magd läßt trotz wiederholter Anweisung die Haustüre offen stehen, wenn sie nur schnell zum Brunnen läuft, um Wasser zu holen. Eines Tages dringt ein Ziegenbock ein und richtet großen Schaden an. Die Magd wird entlassen, ihr Lohn einbehalten (Schmidt, Kurze Erzählungen, S. 76f.) - Dachdecker fällt aus Leichtsinn vom Turm. Wie durch ein Wunder passiert ihm nichts, denn er landet auf einem Fuder Heu. Um sein Glück zu begießen, geht er in ein Gasthaus, betrinkt sich und fällt von der Bank. Dabei bricht er sich einen Arm (Goeze, Zeitvertreib, S. 138f.) - Knaben machen sich einen Spaß daraus, Steine einer Ruine einen Abhang hinunterzurollen. Eines Tages erschlagen sie auf diese Weise ein Schaf. Der Hirte hetzt seinen Hund auf sie, sie werden von den Eltern geschlagen und müssen das Tier vom Taschengeld ersetzen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 8 Iff.) - Kind steigt trotz elterlichen Verbots mit der Gabel in der Hand auf einen Stuhl, fällt und sticht sich dabei ein Auge aus (Campe, Neues Abeze= und Lesebuch 1807, S. 236f.). - Mädchen läuft gerne zu schnell, eines Tages stürzt es, fällt mit der Stirn auf

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einen spitzen Stein. Es bleibt ihr eine häßliche Narbe (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 97f.) - Leichtsinniges Eheversprechen (Pischon I, S. 49) - Leichtsinn (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 150; 163) Flatterhaftigkeit (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 72f.) Leichtgläubigkeit (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 270-273) Leichvogel (—> Aberglaube) Leiden gehört zum Leben (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 19) Lernen/Lernbereitschaft (—> Handarbeiten) - Auswendiglernen statt begreifen (Wening 1784, S. 135-138, Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 59-62) - Auswendiglernen eines Gedichts als Hausaufgabe (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 139, S. 275ff.) - Aufmerksamkeit während des Unterrichtes (Heusinger, Bd. 1, S. 97) - Wißbegierde (Schmid, Lehrreiche, S. 64f.; Heusinger, Bd. 1, S. 97; Lohr, Sitte, Nr. 145-149) - Gelehrigkeit (Schmid, Kurze Erzählungen, S.12f.; Schmid, Lehrreiche, S. 28) - Lernen, lebenslanges (Geiger, Beyspielbuch, S. 54f.) - Entstehen der Sonntagsschule durch Lerneifer (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 172) - Kinder erzählen ihrem Großvater, was sie in der Schule gelernt haben; dieser dankt Gott dafür (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 73ff.) - Einrichtung einer Sommerschule (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 174) - was man als junger Mensch gelernt hat, kann einem keiner mehr nehmen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 77f.) - Erlernen eines Handwerks ist das beste Kapital für die Zukunft (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 71 f.) - Der bei Innsbruck aufgewachsene Peter Unich lernte als Kind nur Drechseln. Er ging in die Stadt zu einem Mathematikprofessor, um sich unterrichten zu lassen. Für ihn fertigte er nach vierjährigem Unterricht eine Himmelskugel, musste sich das Lesen und Schreiben aber dennoch autodidaktisch aneignen. Kaiserin Maria Theresia wurde auf ihn aufmerksam, er erhielt viele Auszeichnungen und Aufträge. Als er mit 43 Jahren starb erhielt er ein Ehrengrab in Innsbruck (Rosenlächer, Goldener Spiegel, S. 111-118) - Unichs Nachbar Blasius Hüber, ebenfalls Autodidakt, vollendete nach dessen Tod die von Unich angelegten Landkarten. Trotz hoher Auszeichnungen blieb er immer bescheiden (Rosenlächer, Goldener Spiegel, S. 118ff.) - Valentin Duval stieg vom einfachen Bauernjungen zum Chef des kaiserlichen Münzkabinetts und Lehrer Josefs II. auf. Mit seinem Verdienst konnte er das väterliche Haus zurückkaufen, das seine Schwester aus Armut hatte verkaufen müssen. Er stiftete es der Gemeinde als Schulhaus (Rosenlächer, Goldener Spiegel, S. 120-123) - Mädchen nutzt jede Situation, um etwas zu lernen und ist deshalb bei Eltern und Lehrern besonders beliebt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 177f.) - Junge weigert sich, Klavierspielen zu lernen. Als Erwachsener merkt er, wie sehr Musiker geschätzt werden und möchte das Versäumte nachholen, was ihm aber nicht mehr gelingt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 237ff.) - einem Jungen werden die Spielsachen weggenommen; er soll lieber Klavier spielen oder Bücher lesen (Weiße, ABC-Büchlein 1773, S. 33ff.)

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- Junge liest Abenteuer- und Reiseromane anstelle von nützlichen Büchern. Er versagt in der Schule, bricht sie ab, fáhrt zur See und damit verliert sich seine Spur (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 109-115) - Bruder und Schwester lernen innerhalb von einer Woche lesen und werden dafür belohnt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 224ff.) - Bereitschaft, voneinander zu lernen (Geiger, Beyspielbuch, S. 54) - als Investition für die Zukunft. Ein Junge nimmt Zeichenunterricht, sein Bruder weigert sich. Durch Krieg verliert die Familie Hab und Gut. Der Maler kann schließlich alle ernähren (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 77f.) - Wissen hat Bestand, Güter können vergehen (Christiani Bd. 1, 1796, S. ii5fr.) - keinen Beruf zu erlernen, weil man reich ist, rächt sich im Erwachsenenleben (Lohr, Sitte, Nr. 72, S. 144-145; Allg. Lesebuch 1793, S. 152f.) - sich blamieren, weil man über Dinge redet, von denen man nichts versteht (Schwarz, S. 47f.) - Theaterbesuch nicht bloß zum Vergnügen, sondern um etwas zu Lernen (Stahl, S. 48119f.) - Jäger bittet Fürstbischof, ihm eine andere, schlechter dotierte Stelle zuzuweisen, weil seine Kinder dort die Möglichkeit zum Schulbesuch hätten (Rosenlächer, Goldener Spiegel, S. lOlff.) Liebe, eheliche (—» Ehe/Heirat) - zu große Vertraulichkeit tötet die Liebe unter Eheleuten (Geiger, Beyspielbuch, S. 127) - Die Frau des zum Selbstmord gezwungenen Seneca versucht, es ihrem Mann gleichzutun. Kaiser Nero hört davon und befiehlt, ihr die aufgeschnittenen Adern zu verbinden. Sie wird gerettet, bleibt aber wegen des hohen Blutverlustes bis an ihr Lebensende leichenblaß und trägt damit das Zeichen ihrer ehelichen Treue immer im Gesicht (Geiger, Beyspielbuch, S. 137f.) - Frau eines Bauern in Neapel wird bei der Feldarbeit von türkischen Seeräubern entführt. Ihr Mann schwimmt dem Schiff nach und verlangt, daß man ihn ebenfalls in Gefangenschaft nehme. Der König von Tunis ist davon so gerührt, daß er den beiden die Freiheit schenkt und den Gatten in seinen königlichen Dienst aufnimmt (Geiger, Beyspielbuch, S. 138f.). - 1499, Eroberung von Schloß Blumenfeld durch Schweizer. Einwohner dürfen nur mitnehmen, was sie auf dem Rücken tragen können. Die Frau des Kommandanten von Rosenegg nimmt ihren Mann auf den Rücken und bewahrt ihn so vor der Ermordung (Geiger, Beyspielbuch, S. 139; vgl. das Sagenmotiv der Weiber von Weinsberg) - 1140: Weiber von Weinsberg (Geiger, Beyspielbuch, S. 139f.) Lotterie (—* Glücksspiel) Lügen/Betrügen (—* Heuchelei, Notlage vortäuschen) - zwei Kinder gehen trotz Verbots Eislaufen. Sie brechen ein. Das Mädchen gesteht das Vergehen, wird sofort ins Bett gesteckt und ist am nächsten Tag wieder munter. Der Junge verschweigt die nassen Füße, erkältet sich und ist vier Wochen krank (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 42, S. 91 ff.) - Junge wird beim Lügen ertappt und fortan „Lügenfritzchen" gerufen (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 69, S. 140f.) - Mädchen erschleicht sich beim Vater Geld für angeblich preiswerten Taft. Dieser verkauft den Stoff in Abwesenheit der Tochter weit unter Wert weiter. Sie erleidet dadurch einen Verlust (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 28f.)

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- einem Jungen sind seine Kürbisse abhanden gekommen. Der Vater fordert ihn auf, sich darum nicht weiter zu kümmern und stattdessen seiner Arbeit nachzugehen. Er soll auf dem Speicher Korn umschichten. Am Abend behauptet der Junge, er hätte das getan. Damit ist er der Lüge überfuhrt, denn der Vater hatte die Kürbisse unter dem Korn versteckt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 59f.) - Lügner wird überführt (Schwarz, Nr. 32, S. llOf.; Lohr, Verstand, S. 45; ebd. S. 46f., ebd.; S. 47f.: Nachbar, der blinden bestahl; ebd., S. 66: Eseldieb; ebd., S. 51: Fußgänger, der behauptet, von Lastträger in den Schmutz gestoßen worden zu sein) - jugendliche Lügnerin wird als Erwachsene zur Kindsmörderin (Allg. Lesebuch 1793, S. 121 f.) - Knabe bittet seinen Freund, für ihn zu lügen, aber die Wahrheit geht diesem über alles (Lohr, Sitte, Nr. 55, S. 105f.) - Junge behauptet seiner kleinen Schwester gegenüber, aus einem Dukaten würde ein Geldbaum wachsen, wenn man ihn im Garten einpflanzt. Die Kleine nimmt unbemerkt sein Geld und vergräbt es, weiß später aber nicht mehr, wo. Das Geld ist verloren (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 72f.) - Fremder klagt in einem Gasthaus über heftige Zahnschmerzen. Kurz darauf kommt ein Krämer in die Gaststube und bietet ihm ein Pulver an, das angeblich sofort hilft. Daraufhin kaufen alle Anwesenden davon. Da es aber keinem hilft, kommt auf, daß es sich bei dem vermeintlich Zahnwehgeplagten und den Händler um zwei Betrüger handelte, die unter einer Decke steckten (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 73f.) - Betrug (Geiger, Beyspielbuch, S. 198f.; Lohr, Verstand S. 45f.; Lohr, Sitte, Nr. 46, S. 92f.) - Falschheit (Geiger, Beyspielbuch, S. 188) - einer Frau aus Ostheim vor der Rhön fault nach einem Meineid die Zunge ab (Dorfzeitung, 15.9.1821, S. 155) - Erblindung durch Meineid (drei Geschichten unter dem Titel „Gottes Finger" in der „Dorfzeitung", 25.8.1821) - Bauer bringt seinen Nachbarn dazu, keinen falschen Eid abzulegen (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 133-136) - Freunde meiden Jungen, der den Vorschlag gemacht hatte, eine Fundsache zu behalten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 228f.) Luxus (—* Maßhalten) Maßhalten/Unmäßigkeit (—» Aberglaube, Ernährung; Gefräßigkeit, Hunger, Naschhaftigkeit) - maßvolle Nahrungsaufnahme (Salzmann 1796, Bd. 2, S. 134) - Ein Mann namens Sixt Wanst frißt sich zu Tode und hat sich für seine Lekkerbissen sogar verschuldet (Wening 1784, S. 131-134) - Mäßigung im Umgang mit Alkohol (Geiger, Beyspielbuch: Von der Ergötzlichkeiten des gemeinen Mannes, S. 239-274, bes. S. 272ff.) - gefräßiges, dickes Mädchen ist nicht mehr in der Lage zu hüpfen und zu springen. Die Mutter nimmt sie mit in den Wald und zeigt ihr, wie sich die Häschen dort tummeln. Von da an mäßigt sich das Kind, um wieder beweglich zu werden (Hoffmann, Erzählungen 1842: Der Spaziergang, S. 163ff.) - Mäßigkeit im Essen und Trinken, um zu lernen, seinen Körper jederzeit unter Kontrolle zu haben (Heusinger, Familie Wertheim, 2. Aufl. 1800-1809, Bd. IV, S. 27ff.)

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- beim Essen und Trinken, um in Notzeiten nicht zu verzagen (Weiße, Kinderfreund, Bd. II, 3. Aufl. 1791, S. 240ff.) - Pflanzen, halb verwelkte, leben wieder auf, wenn man sie mäßig gießt. Bekommen sie zuviel Wasser, so sterben sie ab [Metapher für Unmäßigkeit im Essen und Trinken!] (Geiger, Beyspielbuch, S. 82) - bei Spiel und Vergnügen (Wening 1784, Erzählungen, 1784, S. 150-154) - Eichhörnchen überprüft jede Nuß, bevor es sie knackt. Auch der Mensch sollte vor jedem Vergnügen überlegen, ob es der Mühen und Kosten wert sei (Schmid, Lehrreiche, S. 152f.) - Maßhalten beim ehelichen Verkehr. Zu häufiger Geschlechtsverkehr fuhrt beim Mann zu folgenden Leiden: die Lebensgeister werden vermindert, die Eingeweide geschwächt und verstopft, das Gehirn ausgezehrt, die Augen verdorben und entzündet; der Magen kann nicht mehr so gut verdauen; es stellen sich gefährliche Nerven- und Gliederkrankheiten ein, und endlich kommt ein kränkliches, kraftloses, elendes Alter. (Geiger, Beyspielbuch, S. 131) Meineid (—> Lügen/Betrügen) Militär (—• Alte Menschen, Betteln, Kugelfest, Mitleid, Offizier) - französischer, aus bürgerlichem, aber nicht wohlhabendem Elternhaus, läßt sich beleidigen, nimmt seinen Abschied, um ein Duell zu vermeiden. Er hat nämlich Schulden, und er will nicht sterben, bevor sie nicht bezahlt sind. Jahre später kommt er, als er schuldenfrei ist, um Genugtuung zu verlangen (Lohr, Verstand, Nr. 34, S. 150f.) - Soldaten fallen in ein Dorf ein, ergreifen einen Tagelöhner als Wegweiser. Der bittet seine Nachbarn, ihm wegen der bitteren Kälte einen Mantel zu leihen. Nur ein neu zugezogener Flüchtling gewährt ihm die Bitte. Am Abend steht bei diesem sein verloren geglaubter Sohn, inzwischen Offizier, vor der Tür. Er hatte den Mantel des Vaters erkannt und sich den Weg zu ihm beschreiben lassen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 44f.) - Veteran zieht bettelnd von Tür zu Tür. Ein armer Student schenkt ihm seine letzten beiden Silbergroschen und wird von seinem reichen Onkel, der davon hört, mit zwei Goldmünzen entschädigt (Schmid, Lehrreiche, S. 218ff.) - Veteran lebt von Vogelfang und -dressur. Eine andere Altersversorgung existiert nicht (Schmid, Lehrreiche, S. 142-145) - erhält Geld und ein Pferd von einem großzügigen Juden. Dieser reist ab, ohne daß der Empfänger sich bedanken konnte (Lohr, Verstand, S. 133f.) - verarmter Offizier, steht lieber unter dem Verdacht des Diebstahls, als daß er seine Taschen nach außen kehrt, in denen er eine Wurst aufbewahrt, da er sich ein warmes Mittagessen nicht leisten kann (Lohr, Sitte, Nr. 67, S. 131-135; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 69f.) - verweichlichter Junge will General werden. Der Vater lacht ihn aus und erklärt ihm, daß er dazu viel zu zimperlich sei. Daraufhin härtet sich der Junge ab, zieht als Erwachsener in den Krieg, bewährt sich und erreicht sein Ziel (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 286ff.) - Sohn eines Bankrotteurs muß seinen Lebensunterhalt als Trommelschläger in preußischen Diensten verdienen (Weiße, Kinderfreund, Bd. 2, 3. Aufl. 1791, S. 240ff.) - Handwerksbursche beobachtet neidvoll, wie ein vornehmer Offizier in einer Kutsche vorfährt. Als er merkt, daß der Offizier beide Beine verloren hat, möchte er nicht mehr mit ihm tauschen (Schmid, Lehrreiche, S. 35). - Junge bewundert die schmucke Uniform seines älteren Bruders und möchte

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auch Soldat werden; der hält ihm jedoch die Beschwerden und Gefahren des Kriegers vor Augen (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 48, S. 26) - Bauer soll feindliche Truppenabteilung auf dem Weg zur Hauptstadt fuhren. Als er den Landesverrat verweigert, drückt ihm der General anerkennend die Hand (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 49, S. 26f.) - Mann läßt Familie im Stich und meldet sich freiwillig zur Armee. Seine Frau wird aus Verzweiflung zur Kindsmörderin (Pothmann 1790, S. 12f.) Mißmut (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 161ff.) Mitleid (—> Dienstboten, Hilfe zur Selbsthilfe) - Befreiung eines Verwandten aus Gefangenschaft mit unlauteren Mitteln (Lohr, Verstand, Nr. 40, S. 160). - Hauptmann hat Mitleid mit den Bewohnern einer Stadt, die er brandschatzen soll. Unterwegs läßt er an einem Kloster anhalten und sucht Rat beim Abt. Er versucht seinen General durch Rauchsäulen zu täuschen, indem er hohe Scheiterhaufen vor der Stadt abbrennt. Die verschonten Bewohner jubeln den feindlichen Soldaten zu, der General verzeiht dem Hauptmann, der Abt schenkt ihm sein brillantbesetztes Kreuz. Das schickt er nach Hause, damit seine Verwandten es verkaufen und seine Schulden tilgen können. Sie bewahren das Kreuz jedoch als Familienschatz auf und zahlen die Schulden aus eigenen Mitteln (Schmid, Lehrreiche, S. 192-196). - Mitleid mit einem verdurstenden Tier (Schmid, Lehrreiche, S. 145f.) - Mitleid mit Armen (Lohr, Verstand, Nr. 10, S. 135; Nr. 11, S. 135f.) - Bauer geht für einen anderen ins Gefängnis, damit er seine sterbenden Kinder noch einmal sehen kann (Lohr, Verstand, Nr. 13, S. 136ff.) - Mann tritt für anderen Galeerenstrafe an (Nr. 14, S. 138f.) - Anteilnahme erleichtert das Unglück (Lohr, Sitte, Nr. 37, S. 73f.) Mohr (—• Betteln/Bettler, Guttätigkeit, Wilde) - Beschreibung des Sklavenhandels auf Jamaika und der Jagd nach Farbigen auf einer französischen Insel (Moser V, S. 148ff.) - schwarzer Fürst wird als Sklave verschleppt, fallt seinem Herrn durch besondere Tüchtigkeit auf, wird freigelassen, läßt sich taufen. Der Herr holt die Familie des ehemaligen Sklaven nach, stellt ihnen ein neues Haus zur Verfügung. Mit Hilfe eines Missionars werden alle in der christlichen Lehre unterwiesen. Bei ihrer Taufe feiern viele weiße Pflanzer und Kaufleute mit (Schmid, Lehrreiche, S. 202ff.) - Mohren haben weder Tisch, noch Sessel; selbst der König speist zu ebener Erde auf dem Rasen (Schmid, Lehrreiche, S. 149f.) - Europäer bringt von einer Seereise einen Mohren mit, der mit Befremden feststellt, daß die Verwandten seines Herren sich abweisend verhalten, solange sie glauben, er sei als armer Mann zurückgekehrt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 30) - Mohr auf Malta flieht vor seinem tyrannischen Herren. Er wird in Neapel wieder aufgegriffen und soll zurückgebracht und dort zur Abschreckung der anderen Sklaven öffentlich gemartert und hingerichtet werden. Die Frau des englischen Gesandten hört von diesem Schicksal, sammelt Geld für den Freikauf des Sklaven und verschafft ihm eine Stelle bei einem englischen Lord (Schmid, Lehrreiche, S. 213-216) - Farbige schützt den ihr anvertrauten Säugling bei Erdbeben in einstürzendem Haus, während alle anderen fliehen. Sie stirbt an den Verletzungen, das Kind überlebt (Lohr, Verstand, Nr. 12, S. 136)

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- lebt selbst vom Betteln und bietet verarmter Offizierswitwe sein letztes Geld an (Lohr, Sitte, Nr. 21, S. 43ff.) - stirbt qualvollen Tod durch Raubvögel (Lohr, Sitte, S. 59ff.) - weißer Offizier rettet Mohrenknaben vor dem Opfertod, sorgt für seine Ausbildung, läßt ihn taufen. Als es auf der Insel zu einem Aufstand der Schwarzen gegen die Weißen kommt, rettet der dankbare Mohr dem Offizier das Leben (Schwarz, S. 70f.) - Mohr rettet adliges Fräulein, indem er ihr ein Exemplar des giftigen Fingerhuts wegnimmt (Schmid, Lehrreiche, S. lOlf.) - Mohr, den ein Kaufmann aus Mitleid eine Nacht in einem Haus schlafen läßt, wird auf Einbrecher aufmerksam und schlägt sie in die Flucht (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 22f.) Mord (—* Gewissen, Kindsmord, Raub/Räuber, Schießpulver, Sonntagsheiligung) - in einem Dorf in Polen soll sich am 14.5.1618 folgende tragische Geschichte ereignet haben: Ein Sohn wird von den eigenen Eltern, die eine Herberge betreiben, aus Habgier umgebracht, als er nach langer Abwesenheit bei ihnen einkehrt, ohne sich zu erkennen zu geben (Geiger, Beyspielbuch, S. 191-195) - drei Räuber wollen ihre Beute nicht miteinander teilen und bringen sich gegenseitig um (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 66f.) - Vatermord (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 116-121, Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 49) - Nagelmord. Totengräber entdeckt einen Nagel in der Schädeldecke. Bislang hatte man geglaubt, der Mann sei eines natürlichen Todes gestorben. Die Witwe wird hingerichtet (Schmid, Lehrreiche, S. 196ff.; Dorfzeitung, 26.5.1820, S. 75; Stahl: Fabeln, 1821, S. 104; Uther: The Types or International Folktales. Helsinki 2004, Nr. 960D) - Totenschädel in dem noch der Stein klappert, mit dem der Mann auf dem Schlachtfeld erschlagen wurde = Objekt in einem Naturalienkabinett (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 195) - Schuhmachergeselle erschlägt Meister mit dem Hammer und kann von da an das fur seine Berufsausübung unentbehrliche Werkzeug nicht mehr anrühren (Dorfzeitung, 18.10.1823, S. 132) - zwei Brüder, die sich gegenseitig umgebracht haben, werden nicht begraben, sondern ihre Särge der Nachwelt zur Warnung offen auf den Friedhof aufgestellt (Goeze, Zeitvertreib, S. 354f.) - Amtsbote wird ausgeraubt und getötet. Ein Splitter vom Knotenstock eines Kollegen entlarvt diesen als Mörder (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 49f.) - Lederhändler deponiert Geld bei einem Metzger. Kurze Zeit später wird er Opfer eines Raubmordes. Der Metzger macht seine Familie ausfindig und bringt ihr das aufbewahrte Geld (Geiger, Beyspielbuch, S. 201 f.; Wening 1784, S. 51-57) - Mann schiebt einen Mord, den er begangen hat, einem anderen in die Schuhe, indem er das Mordinstrument, ein blutiges Messer, dem Schlafenden in den Gürtel steckt. Am Tage der geplanten Hinrichtung des Unschuldigen, drängt sich der wahre Mörder von schlechtem Gewissen gepeinigt zur Richtstätte durch, gesteht und wird gehenkt (Geiger, Beyspielbuch, S. 241) Mückenstich rettet einem Prinzen das Leben (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 51 f.)

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Mühle - erleichtert die Arbeit, schafft freie Zeit, die man zu anderen nützlichen Geschäften verwenden kann (Schmid, Lehrreiche, S. 167ff.) - König Friedrich II. von Preußen fühlt sich durch das Geräusch eines Mühlrades gestört, möchte die Mühle kaufen und abreißen, aber der Müller besteht auf seinen Besitz. Als er droht, vor Gericht zu gehen, lenkt der König ein (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 107, S. 86f.) [= „Müller von Sanssouci" (Mot. Ρ 411.1)]. Müßiggang (—> Fleiß; Handarbeiten; Kind, tugendhaftes; Langschläfer) - ist ansteckend (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 41) - faules Mädchen wird durch Strafandrohung so fleißig wie sein Bruder (Späth, S. 43 ff.) - Rabbi vergleicht die Seele eines Müßiggängers mit einer öden Landschaft und bekehrt einen faulen Schüler damit zum Fleiß (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 81, S. 46f.) - junger Mann hofft allein aufgrund des guten Rufs seines Vaters eine gut dotierte Stelle am Hof Kaiser Josephs II. zu finden, wird aber von diesem erst einmal zur Schule geschickt (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 52, S. 28) - Kutscher weigert sich, Milch zu holen, weil das nicht zu seinen Aufgaben gehört. Daraufhin wird er beauftragt, täglich die Kutsche anzuspannen, und die Magd zum Milchholen zu fahren (Schmid, Lehrreiche, S. 68f.) - Mädchen zerdrückt nicht wie angeordnet die Eier der Schmetterlingsraupen auf den Kohlblättern. Daraufhin fallt die gesamte Kohlernte aus (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 8) - Mädchen ist zu faul, ein Licht anzuzünden, muß dafür büßen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 74f.) - selbst verschuldet/von Natur aus (Lohr, Verstand, Nr. 29, S. 146; Allg. Lesebuch 1793, Nr. 69, S. 158f.; Lohr, Sitte, Nr. 71, S. 142ff.; ebd., Nr. 81, S. 164ff.; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 67f.) - weibliche, führt zum Niedergang des ganzen Haushalts (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 243-246) - an den Schulheften ablesbar (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 50ff.) - fuhrt zu Mißmut (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 75ff.) - Junge pflegt sein Gärtchen nicht und geht beim Besuch des Onkels leer aus; Bruder hat einen blühenden Garten und erhält einen Säbel als Geschenk (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 167f.) - Dinge auf morgen verschieben (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 79ff.) - Zu faul, um Klavierspielen zu lernen. Reue als Erwachsener kommt zu spät (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 237f.) - Müßiggang und seine Folgen (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 29) - Musikstunde schwänzen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 140f.) - Schuleschwänzen (Lohr, Sitte, Nr. 55, S. 105f.) Mut/Mutprobe - Mut (Schmid, Lehrreiche, S. 86; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 128f.; ebd., S. 175ff.; Späth, S. 37f.; Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 107, s. 86f.) - Ritter steigt auf Verlangen seiner Angebeteten in einen Löwenkäfig, um ihren Handschuh zu holen, den sie dort hinein geworfen hat, um ihn zu testen. Er holt den Handschuh, verzichtet aber dann auf die Heirat mit ihr (Lohr, Verstand, Nr. 39, S. 159f.)

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Mutterliebe, falsche - Dieb soll gehängt werden. Bereits unter dem Galgen stehend, beschuldigt er seine Mutter, sie sei an seinem Schicksal schuld, da sie seine kleinen Diebereien als Kind nicht unterbunden habe (Geiger, Beyspielbuch, S. 190) - Kind weint. Vater fragt nach dem Grund, bekommt keine Antwort. Kind soll sich in seinem Zimmer überlegen, warum es weint. Mutter drückt es jedoch an sich und tröstet es mit Süßigkeiten (Campe, S. 174ff.) - Mutterliebe kennt keine Grenzen (Pischon IV, S. 18-23) Muttermilch - beste Nahrung für Säuglinge (Geiger, Beyspielbuch, S. 143f.) - Blanka, Königin von Frankreich, Mutter von Ludwig IX., liegt während der Stillzeit mit Fieber im Bett. Während einer Ohnmacht der Mutter verlangt das Kind nach der Brust. Eine Hofdame stillt den kleinen Prinzen aus Mitleid. Als die Königin wieder zu sich kommt, bringt sie den Kleinen zum Erbrechen und sagt, sie lasse sich das Recht der Mutter nicht streitig machen (Geiger, Beyspielbuch, S. 144) - Fälle, in denen Mütter ihre Kinder nicht stillen sollten (Pischon IV, S. 35-42) Nachahmungssucht - Junge macht anderen gedankenlos alles nach. Eines Tages klettert er wieder Kaminkehrer auf das Dach, fällt, bricht sich ein Bein und hinkt sein Leben lang (Stahl, S. 47980f.) Nachbar - melkt heimlich die Kühe; Bäuerin glaubt an Hexerei (Schmid, Lehrreiche, S. 74f.) - schneidet heimlich Reben vom Weinstock. Daraufhin trägt er schönere Trauben (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 16) Nadelschlucker-Kind (—• Knöpfeschlucken) - Minchen verschluckt eine Nadel und leidet vierzehn Tage schwer, überlebt aber (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 165ff.) - Meta verschluckt eine Nadel und stirbt daran (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 151f.) - Wilhelmine, die Unachtsame, verschluckt eine Nadel (Bacher: Der Mädchenfreund, 1807, Th. 1, S. 93f.) - Philippine, dto. (Müller, Heinrich: Bitte, bitte! liebe Mutter! lieber Vater!, 6. Aufl. Hamburg 1841, S. 41 f.) - Bertha, dto. (Kerndörffer: Wirthschaftliches ABC, 2. Aufl. 1812, S. 36) - ein 17jähriges Fräulein, dto. (Zipser: Erzählungen und Geschichten, 1833, S. 223) - Ein junges Mädchen in Löwenberg verschluckt zwei Stecknadeln, die im Schlund stecken bleiben. Sie muss vier Tage in Todesfurcht ausharren, bevor sie die Nadeln durch ölige und schleimige Mittel erbricht (Dorfzeitung, 7.8.1824, S. 138, ebd. 25.7.1818, S. 122) Naschhaftigkeit (—> Diebstahl von Obst, Ernährung, Gefräßigkeit, Hunger, Obst, Verschwendung) - naschhaftes Mädchen leckt eine unbekannte Flüssigkeit von einem Teller. Es war Mückengift. Sie überlebt, bleibt aber lebenslang kränklich (Stahl, S. 47995) - naschhaftes Mädchen bekommt Würmer, schlechte Zähne und schlechte Gesichtsfarbe (Stahl, S. 47995f.)

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- Vater verhindert im letzten Augenblick, daß seine Kinder Tollkirschen essen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 43, S. 23) - Lügenhafter Junge nascht Tollkirschen und stirbt, weil der Arzt glaubt, er halte ihn zum Narren (Schmid, Lehrreiche, S. 181 f.) - Vergiftung durch den Verzehr von Wolfskirschen: Öl und Essig als Gegenmittel trinken (Schmid, Lehrreiche, S. lOf.) - Mann möchte an einem Fasttag Eierkuchen verspeisen. Sein erzkatholischer Diener serviert die Speise halb gelähmt vor Schreck über diesen Frevel. Ein plötzlich hereinbrechendes Gewitter macht dem Mann im letzten Augenblick Angst und verhindert den Sündenfall (Thümmel, Moritz August: Wilhelmine. Ein prosaisch komisches Gedicht. Leipzig 1764) - die naschsüchtige Albertine entwickelt sich als Erwachsene zu einer schlechten Hausfrau und muß als Witwe betteln gehen (Goeze, Zeitvertreib, 1783: Der Traum, S. 74f.) - täglich Kuchen und Zuckerbrot statt Wasser und schwarzes Brot. Deshalb sind zwei Brüder ständig kränklich. Auf Anraten des Lehrers stellt der eine seine Ernährung um und wird kräftig, der andere stirbt früh (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 108ff.) - Arznei des Bruders austrinken, weil sie gut schmeckt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 168ff.) - Mädchen will heimlich Honig naschen, wird von Bienen zerstochen (Hoffmann, Erzählungen 1842 Erzählungen 1842, S. 230f.) - Mädchen ist wählerisch beim Essen. Der Vater befiehlt, sie darf bis auf weiteres nur Wassersuppe essen. Bald gewöhnt sie sich daran, alles gerne zu essen, was auf den Tisch kommt (Hoffmann, Erzählungen 1842 Erzählungen, 1842, S. 253ff.: Nr. 29: Das Leckermäulchen) - Kinder nicht zwingen, Dinge zu essen, vor denen sie sich ekeln (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 89-96) - Mädchen verweigert seine Suppe am Mittag. Nachmittags muß sie der Mutter im Garten helfen. Nach getaner Arbeit schmeckt ihr die Mittagssuppe am Abend plötzlich gut (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 26f.: Die Suppe) - verwöhnte Kinder taugen nicht fürs Leben (Geiger, Bey spielbuch, S. 156) - Kätzchen nascht süßes Pulver und stirbt qualvoll. Es war Mäusegift: Moral: „Sei du kein solches Naschkätzlein" (Schmid, Lehrreiche, S. 84) - Mädchen erhält zu Weihnachten Konfekt und ißt es zu schnell auf. Es wird ihr übel, sie muß das Bett hüten (Späth, S. 23f.) - sinnliche Naschhaftigkeit führt auch zu geistiger Naschhaftigkeit, d.h. Unfähigkeit, sich Bildung durch eigenes Studium anzueignen (Rein: Enzyklopädisches Handbuch der Pädagogik, Bd. IV (1897), S. 367f.) - häufig gepaart mit Verbrechen und Hang zum Selbstmord im Erwachsenenalter (Rein, Enzyklopädisches Handbuch der Pädagogik, Bd. IV, 1897, S. 367f.) - naschhaftes Mädchen ißt unreifes Obst, leugnet es jedoch, als ihr davon übel wird, so daß sie nicht rechtzeitig mit der richtigen Medizin versorgt wird und lange leiden muß (Stahl, S. 47940f.) Neger —» Mohr Neid (—> Gesundheit, Zufriedenheit) - Handwerksneid (= Brotneid) (Geiger, Beyspielbuch, S. 66) - Handwerksbursche beobachtet neidvoll, wie ein vornehmer Offizier in einer Kutsche vorfährt. Als er merkt, daß der Offizier beide Beine verloren hat,

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möchte er nicht mehr mit ihm tauschen (Schmid, Lehrreiche, S. 35) - neidisches Mädchen kann diese Eigenschaft trotz Ermahnungen nicht ablegen. Aus ihr wird eine chronisch unzufriedene Erwachsene (Lohr, Sitte, Nr. 34, S. 69ff.) - wer auf andere immer neidisch ist, findet keine Freunde (Lohr, Sitte, Nr. 35, S. 71 f.) - Mädchen ist mit seinen Geschenken nie zufrieden, tauscht mit dem gutmütigen Bruder. Als sie es sich erneut anders überlegt, schreitet der Vater ein und bestraft sie (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 10, 3ff.) - Fußgänger beneiden Menschen, die zu Pferd oder in einer Postkutsche sitzen (Geiger, Beyspielbuch, S. 25) Neugierde (—> Lernen/Lernbereitschaft) - zwei Knaben belauschen ein Gespräch zwischen dem Wirt und seiner Frau und glauben, sie sollen am nächsten Morgen geschlachtet werden (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 50f.) - weitere Beispiele: (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 47, S. 25f.; Späth, S. 5f.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 130f.) Notlage vortäuschen - mutwilliger Junge simuliert Selbstmord durch Erhängen. Vater rettet ihn, aber er hat lange unter den Folgen zu leiden (Stahl, S. 47926f.) - lügenhafter Bauer hat einen Beutel mit Geld auf dem Heimweg vom Markt verloren. Er bittet seine Nachbarn, ihm vor Einbruch der Dunkelheit beim Suchen zu helfen. Keiner glaubt an die Geschichte. Das Geld bleibt verloren, was den Bauern ein ganzes Jahr lang schmerzt (Lohr, Sitte, Nr. 58, S. 108f.) - Frau stellt sich krank, erhält die Sterbesakramente und gute Speisen von mitleidigen Nachbarn. Als sie tatsächlich im Sterben liegt, glaubt ihr keiner, und sie stirbt ungetröstet und verlassen (Geiger, Beyspielbuch, S. 204) - Junge erschreckt andere durch vorgetäuschte Wunden oder durch Hilfeschreie. Als er tatsächlich einmal von einem Hund angegriffen wird, hilft ihm niemand (Hoffmann, Erzählungen 1842: Nr. 39: Paul, S. 85ff.) - Hütejunge ruft mit dem Schrei „Der Wolf! Der Wolf!" zweimal um Hilfe, um die Bauern an der Nase herumzuführen. Als der Wolf wirklich in die Schafherde einbricht, kommt ihm keiner zur Hilfe (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 58) - Ochse täuscht anderen Tieren Überfall eines Wolfes vor. Als er tatsächlich einmal angegriffen wird, schenkt keiner seinen Hilferufen Beachtung (Schmid, Lehrreiche, S. 85) - Junge schickt nach einem Arzt, weil die Försterin angeblich im Sterben liege. Als er selbst versehentlich Tollkirschen gegessen hat, glaubt der Arzt, er halte ihn wieder zum Narren und verweigert seine Hilfe. Der Junge stirbt an der Vergiftung (Schmid, Lehrreiche, S. 181 f.) Obduktion - fortschrittliche Adlige willigt in Obduktion ein; Mediziner profitieren davon, Untertanen sind entsetzt (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 94ff.) Obst (—> Diebstahl von Obst; Diebstahl und natürliche Strafe) - vier Pflaumen sollen gerecht an eine Mutter und ihre vier Kinder verteilt werden (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 85) - Mädchen wählt äußerlich schöne Frucht, die innen faul ist (Schmid, Lehrreiche, S. 116) - ein fauler Apfel steckt alle anderen in einer Kiste an. So verdirbt auch der

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Umgang mit schlechten Menschen den Charakter der guten (Schmid, Lehrreiche, S. 12f.) - Junge beißt gierig in einen Pfirsich, den er verbotenerweise im Garten aufgelesen hat. Dabei wird er im Mund von einer Wespe gestochen (Schmid, Lehrreiche, S. 9). - Junge nascht verbotenerweise Birnen und wird dabei von einer Wespe in die Zunge gestochen (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 252-256) - Vater schenkt jedem seiner Söhne einen Pfirsich. Derjenige, der ihn an ein krankes Kind verschenkt, wird am Abend gelobt (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 89, S. 55f.) - Ein Pfirsich wird innerhalb einer Familie von einem zum anderen gereicht, weil jeder darauf bedacht ist, dem anderen eine Freude zu machen, bis er letzten Endes wieder beim Vater landet, der ihn aus der Stadt mitgebracht hatte (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 97, S. 68f.) - Knabe stiehlt um Mitternacht Obst aus dem Schloßgarten, erblickt seinen Schatten und glaubt an ein Gespenst. Er läßt alles fallen und flieht. Die beschrifteten Säcke, die er mitgebracht hatte, verraten ihn (Schmid, S. 84f.) - Junge stiehlt einen Apfel aus Nachbars Garten, der in einen Bach rollt und davongeschwemmt wird (Schmid, Lehrreiche, S. 116f.) - zwei junge Obstdiebe erhalten zur Strafe vier Wochen kein Obst mehr zu essen (Schmid, S. 58f.) - Junge stiehlt Äpfel in Nachbars Garten, durch die vollgestopften Taschen kann er nicht mehr durch das Loch im Zaun schlüpfen, wird erwischt und verprügelt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 29; Schmid, Lehrreiche, S. 117) - Junge bekommt eine Kiste Südfrüchte geschenkt. Er gibt keine einzige davon an seine Geschwister ab, wird krank und bekommt sie vom Vater weggenommen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 186ff.) - Mädchen lechzt nach Äpfeln, pflückt sie verbotenerweise und fällt in Brennnesseln (Späth, Nr. 7, S. 12f.) - Naschhaftes Mädchen schleicht sich verbotenerweise in den Garten, ißt hemmungslos Pflaumen, Birnen und Äpfel. Kurz darauf bekommt sie Bauchschmerzen, muß sich übergeben. Dadurch kommt ihre Untat auf. Sie wird von der Mutter gerügt und darf kein Obst mehr essen. Von da an mäßigt sich das Kind und fühlt sich wohl (Späth, S. 19f.) - naschhafter Edelknabe trägt Birnenkompott auf und nascht vor der Tür des Speisesaals davon. Bei Tisch angekommen, fällt er tot um. Die Birne hat ihm Hals und Magen verbrannt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 35f.) - zwei Knaben stehlen Birnen, werden ertappt und schwer bestraft (Schmid, Lehrreiche, S. 58f.) - Junge versucht Johannisbeeren zu stehlen, erschrickt durch das Quaken eines Laubfrosches, läuft dem Gärtner auf der Flucht geradewegs in die Arme (Schmid, Lehrreiche, S. 7). - im Winter Pflaumen und Kirschen teuer kaufen (Weiße, Kinderfreund, Bd. 2, 3. Aufl. 1791, S. 240ff.) - im Wettlauf zwischen zwei gleich schnellen Jünglingen läßt der eine Äpfel fallen, die der andere aufhebt, weil er seine Gelüste nicht im Zaum halten kann und verliert (Schmid, Lehrreiche, S. 53, S. 118) - Spillinge, eine gelbe, frühe Pflaumensorte galt als Verursacher der Ruhr und durfte nicht verkauft werden (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 117)

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- Walnüsse: Verzehr und Vergnügen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 119-126). Obstbaumzucht - Beamter bemerkt, daß ein zufallig in die Erde gefallener Apfelkern austreibt. Daraufhin züchtet er systematisch Apfelbäumchen, kauft einen großen Teil der ehemaligen Wallanlagen und legt dort zur allgemeinen Freude eine Obstplantage an. Sein Beispiel findet Nachahmer in nah und fern (Schmid, Lehrreiche, S. 14). - Nutzung von Rangen und Schaftriften als Baumschule (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 32f.) - Kaiser Joseph II. hat 1787 einen Bauern in Galizien mit einer Goldenen Denkmünze beschenkt, weil er 600 Obstbäume gepflanzt und damit zur Verschönerung der Landschaft und zur Versorgung der Nachkommen beigetragen hat (Geiger, Beyspielbuch, S. 43). - Kurt, Bauer von Lodersleben in Thüringen, bepflanzt ein unfruchtbares Stück Land, das er geerbt hat, mit Obstbäumen, verbessert den Boden kontinuierlich mit Erde und Mist und kann seinen Kindern ein ansehnliches Vermögen vererben (Geiger, Beyspielbuch, S. 60). - zwei kleine Mädchen, Schwestern, erhalten je ein Apfelbäumchen vom Vater geschenkt. Die eine pflegt es und kann im Herbst Äpfel ernten, die andere läßt ihr Bäumchen verdorren. Zum Lohn erhält die fleißige Schwester noch ein Pfirsichbäumchen dazu (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 273ff.) - aus Obstkernen neue Bäumchen zu ziehen ist nützlicher, als daraus etwas zu schnitzen (Schmid, Lehrreiche, S. 113-116) Offizier (—* Jude, Militär, Mitleid, Mohr, Schulden, Spielsucht) - Offizier besticht Wachhabenden einer belagerten Stadt, das Stadttor dem Feind in der Nacht zu einer festgesetzten Stunde zu öffnen. Da sich jedoch ein Sandkorn in das Räderwerk seiner Taschenuhr verklemmt hat, kommt er zu spät und die Stadt wird nicht eingenommen (Schmid, Lehrreiche, S. 200ff.) - Offizier wird so lange zum Duell gefordert, bis er merkt, daß er sich entschuldigen müßte (Lohr, Verstand, Nr. 33, S. 148f.) - Handwerksbursche beobachtet neidvoll, wie ein vornehmer Offizier in einer Kutsche vorfahrt. Als er merkt, daß der Offizier beide Beine verloren hat, möchte er nicht mehr mit ihm tauschen (Schmid, Lehrreiche, S. 35). - Werbeoffizier besteht nicht auf die Aufnahme eines jungen Mannes, der sich verpflichtet hat, um von dem Handgeld die Schulden seines Vaters begleichen zu können (Schmid, Lehrreiche, S. 177ff.) - Waisenknabe folgt einem Adoptivvater heimlich in die Schlacht, um ihm Erfrischungen zu reichen. Als der General davon erfährt, sorgt er für seine Unterbringung in einer guten Schule (Wening 1784, Nr. 28, S. 66f.) Ordnung/Unordnung - Fliegengift versehentlich trinken und sterben, weil die Flasche falsch beschriftet war (Geiger, Beyspielbuch, S. 157) - Tintenfaß mit Streubüchse verwechseln, weil sie nicht an ihrem angestammten Platz stehen und Schulheft, Kleid und Fußboden mit Tinte beflecken (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 182ff.) - Mädchen mit guten Startbedingungen endet wegen seiner Unordentlichkeit als Bettlerin (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 73f.) - Ordnung halten (Moritz, Kinderlogik, S. 5f.; Loos, S. 156f.; Geiger, Beyspielbuch, S. 116; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 70f.; Hoffmann, Erzäh-

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lungen 1842, S. 139f., Pischon I, S. 361-385) - weibliche Unordnung (Späth, S. 28ff.; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 5, Geiger, Beyspielbuch, S. 126; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 72-75) - männliche Unordnung (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 50-53; ebd., S. 138ff.; ebd., S. 257-260; ebd., S. 260ff.) - Kinder früh an Ordnung gewöhnen (Wening 1784, Erzählungen, 1784, S. 155). Perlen - im Besitz reicher Türken (Schmid, Lehrreiche, S. 44) - durchbohren. Unschuldigem Lehrjungen gelingt, was der Meister, der um die Schwierigkeit der Aufgabe weiß, nicht wagt (Schmid, Lehrreiche, S. 45). Pflichtbewußtsein (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 54, S. 29) Pilze - gehen bei Sonnenschein auf, schrumpfen nachts. Vater erklärt, es gäbe auch Menschen, die im Glück überheblich werden, im Unglück aber ohne Standhaftigkeit seien (Schwarz, S. 43f.) Pistole - elektrische (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 90) - Kind spielt mit Pistole des Vaters, erschießt beinahe seine Schwester (Schmid, Lehrreiche, S. 29f.) Pocken (—> Kranke/Krankheit) Pünktlichkeit (—» Zeitverschwendung) Rache - Advokat wird mit seinen eigenen unlauteren Mitteln geschlagen (Schmid, Lehrreiche, S. 55) - Bruder läßt den Vogel seiner Schwester fliegen, weil sie ihm etwas nicht gegeben hat, was er unbedingt haben wollte (Lohr, Sitte, Nr. 43, S. 87-90) - einem anderen aus Rache Diebstahl in die Schuhe schieben (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 44ff.) - Cholera-Infizierter bittet aus Rache um Asyl bei seinem Feind, um auch ihn anzustecken (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 87, S. 53f.) Raub/Räuber (—> Geistesgegenwart; Vorsehung, göttliche) - drei Räuber wollen ihre Beute nicht miteinander teilen und bringen sich gegenseitig um (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 66f.) - Perlenkette eines Edelfräuleins auf dem Weg zu einer Hochzeit verfängt sich im Gebüsch und reißt. Eine Stunde lang muß nach den im Gras herumliegenden Perlen gesucht werden. In dieser Zeit taucht ein Freund auf, der das Fräulein vor der Weiterfahrt warnt, da im Wald Räuber auf sie lauern (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 58f.) - Pferdedieb wird überfuhrt, weil er ein abgerichtetes Militärpferd gestohlen hat, das er nicht vom Mittun abhalten kann, als er zufällig an einer übenden Truppe vorüberreitet (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 47f.) - zwei Räuber erschrecken durch einen Hahnenschrei und töten bei Einbruch einen reichen Müller. Jahre später gestehen sie einander nachts in einer Herberge, daß sie seitdem kein Krähen mehr hören können. Der Wirt belauscht die beiden und läßt sie verhaften (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 46). - Ein Bauer ist zu bequem, einen fehlenden Hufnagel bei seinem Pferd zu ersetzten. Es verliert das Hufeisen, fängt an zu lahmen. Als er von Räubern überfallen wird, kann er mit dem hinkenden Pferd nicht fliehen (Schmid, Kur-

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ze Erzählungen, S. 27) - Jüngling setzt zum Spaß eine gefundene Perücke auf, wird als Räuber verdächtigt und zum Tode verurteilt (Schmid, Lehrreiche, S. 164-167) - Reisende erzählen sich unterwegs, wo sie ihre Wertsachen verborgen halten und was sie dabeihaben (Lohr, Verstand, S. 153ff.) - aus Dankbarkeit zum Räuber werden, um die Not seines früheren Wohltäters zu lindern (Lohr, Verstand, Nr. 37, S. 156-59) - Räuber aus Not - der Überfallene wird zu dessen Wohltäter (Wening 1784, S. 174-179; Lohr, Verstand, S. 13Iff.; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 38, S. 54ff.) - Kammerdiener wird zum Räuber. Sein Herr, der ihm einen Teil seines Vermögens vererben wollte, ändert daraufhin sein Testament (Schmid, Lehrreiche, S. 198ff.) Rauchen (—> Tabak rauchen/schnupfen) Reichtum (—> Armut, Betteln/Bettler) - Wertschätzung von Reichtum (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 74) - bringt Sorgen (Schmid, Lehrreiche, S. 66f.) - verdirbt den Charakter (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 36) - Reichtum macht nicht glücklich (Geiger, Beyspielbuch, S. 1-16 am Beispiel des römischen Kaisers Maximin, des englischen Staatsmannes Thomas Wolsey, einer armen Witwe, die durch Erbschaft reich wird, einen jungen Spieler heiratet und letzten Endes ärmer ist als zuvor und von elf Londoner Kohlenträgern, die beim Spiel viel Geld gewannen, dadurch aber nicht glücklich wurden). Reinlichkeit (—> Arzt, Gesundheit, Kind, tugendhaftes) - Gewürznelken kaufen für wohlriechenden Atem und gegen Ohnmacht bei Nüchternheit bis zum hl. Abendmahl (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 17) - Mann entläßt Kinderfrau, weil sie weder sich, noch das Kind, noch das Kinderzimmer sauber hält (Wening 1784, S. 154) - trockene, gut gelüftete Stube als Indiz für Reinlichkeit (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 64) - Ein Mann setzt in seiner Heimatstadt folgende Sauberkeits-Verordnungen durch: 1. Stadt wird jede Woche zweymal gesäubert und gereiniget, 2. die „so schändlichen Kothhäufen werden sogleich weggeführt", 3. kein Gras darf zwischen den Steinen hervorwachsen, 4. es werden zum Wasserablauf gehörige Gräben gezogen, 5. Straßen und öffentliche Wege werden gut gepflastert und hergerichtet, 6. anstelle der weit auf die Gasse hervorreichenden Dachrinnen, „welche manchem ehrlichen Manne seine Kleider verdarben", werden durch solche ersetzt, die direkt an der Hausmauer entlanglaufen, 7. es dürfen „keine müßigen Bürgerskinder auf den Gassen herumschlenzen" (Wening 1784, S. 156) - intelligenter, fleißiger Junge wird nicht gemocht, weil er ungepflegt ist (Goeze, Zeitvertreib, S. 41) - Vater träumt von der Zukunft seiner Tochter und sieht sie als reinlich gekleidete Frau, die Schlüssel und Strickzeug immer bei sich trägt (Goeze, Zeitvertreib, S. 70f.) - eine liederliche Frau bringt ihren Ehemann vor Besuchern in Verlegenheit (Funke, Sittenspiegel für die Jugend, 1800, S. 31 f.) - Bürgerin kauft regelmäßig Milchprodukte bei einem Bauernmädchen auf dem Markt. Eines Tages sucht sie den Bauernhof einmal auf und ist schockiert

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über den dort herrschenden Schmutz. Ein paar Häuser weiter steht ein reinliches Gut. Dort pflegt sie von nun an immer einzukaufen (Schmidt, Lehrreiche, S. 52f.) - Mädchen kriecht mit seinem Sonntagskleid im Hühnerstall herum. Wegen ihres schmutzigen Kleides erhält sie vom Großvater, der zu Besuch kommt, kein Geschenk (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 4, S. 8ff.) - Zwillingsschwestern sehen einander morgens ähnlich. Ab Mittag kann man sie gut unterscheiden, da die eine immer schmutzig, die andere immer sauber und ordentlich ist. Die Schlampige darf die Eltern nicht zu Ausflügen begleiten und wird von niemandem gemocht (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 65, S. 133ff.) - Reinlichkeit im Ehestand; bei Frauen noch wichtiger als bei Männern (Geiger, Beyspielbuch, S. 130, 133f.; Pischon, S. 361-385) - Mäßigkeit, Schamhaftigkeit und Reinlichkeit als Garanten des Eheglücks (Geiger, Beyspielbuch, S. 129) - Kinder früh zur Reinlichkeit erziehen. Dadurch erwerben sie sich einen guten Ruf, werden geachtet und gefördert. Andere gute Eigenschaften erwachsen daraus von alleine (Wening 1784, Erzählungen, 1784, S. 155; Geiger, Beyspielbuch, S. 142f.) - Kinder sind gehalten, zum Spielen ihre guten Kleider abzulegen, um sie zu schonen (Wening 1784, Erzählungen, 1784, Nr. 59, S. 150-154, hier S. 154). - Ein armes, aber reinliches Mädchen wird als Dienstbotin einer stolzen, eitlen „geputzten" jungen Frau vorgezogen (Sollin: Neue moralische Erzählungen, 1833, S. 33.) - Mädchen beschmutzt sein neues Reisekleid mit Fett und Bier. Zur Strafe darf es seine Eltern nicht auf einer Reise begleiten (Salzmann: Moralisches Elementarbuch, 2. Aufl. 1785, 1. Th., S. 9.) - Reinlichkeit (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 51) - Pfarrer bringt Kindern Überforderter Eltern bei, wie man sich richtig wäscht (Jais: Über die Reinlichkeit, zit. n. Kunze: Lieblingsbücher, S. 308ff.) - kränkliches Aussehen aufgrund mangelnder Körperpflege (Glatz: Kleines Sittenbüchlein, 2. Aufl. 1819, S. 28) - Arzt kümmert sich selbstlos um Sauberkeit in der Familie einer bettlägrigen Frau (Lohr: Sitte, Nr. 66, S. 128ff.) Reisen (—> Behinderte, Dankbarkeit, Ehrlichkeit, Frömmigkeit, Guttätigkeit, Habgier, Lernbereitschaft, Raub/Räuber, Reinlichkeit, Schenken, Spielsucht, Vorsehung, göttliche) - Sohn eines Bürgermeisters begibt sich auf eine Bildungsreise (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 24) - alter Mann rettet sein beträchtliches Vermögen während eines Postkutschenüberfalls durch Preisgabe des Geldverstecks einer Mitreisenden, die vergleichsweise wenig Geld mit sich führt. Er entschuldigt sich am nächsten Tag und gibt der Frau den dreifachen Betrag zurück (Lohr, Verstand, Nr. 36, S. 153ff.) Reue zeigen, dann wird einem verziehen (Schwarz, S. 32ff., S. 49-53) Rosenzucht - Mädchen schenkt seinem verehrten Lehrer Rosen von einem Strauch, den sie selbst gezogen hat (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 87ff.) - Mädchen will Rosenstock zerstören, weil seine Knospe abgefallen ist. Mutter bringt ihn wieder zum Blühen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 161ff.)

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- Gärtner pfropft einem Rosenstock verschiedene Rosen auf und verehrt diese Rarität der Fürstin (Schmid, Lehrreiche, S. 92f.) Säugling (—> Muttermilch, Kindsmus, Verweichlichung von Kindern) - reinhalten (Geiger, Beyspielbuch, S. 142) - stillen/nicht stillen (Geiger, Beyspielbuch, S. 143; Pischon IV, S. 35-41) - Pflege des Säuglings (Pischon IV, S. 42-45). Sanftmut (Geiger, Beyspielbuch, S. 124; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 197f.) Sauberkeit (—> Reinlichkeit) Schaarwerk (Fronarbeit) (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 40) Schadenfreude (Lohr, Sitte, Nr. 36, S. 72f.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. Iff.; Späth, S. 45ff.) Schädlingsbekämpfung - Kinder erhalten kleine Geldbeträge bei Ablieferung von gesammelten Raupen (Averdieck: Karl und Marie, Hamburg 1850, zit. nach Pleticha/Launer, S. 135f.). Schamhaftigkeit im Ehestand (Geiger, Beyspielbuch, S. 130, 132f.) Schatz - Schatz im Weinberg (AaTh 910 E): Vater sagt auf dem Sterbebett, die Söhne sollten den Weinberg umgraben, darin läge ein Schatz. Sie graben, finden aber nichts. Durch das Umgraben trägt er in den folgenden Jahren wesentlich mehr Trauben als andere (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 124; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 54) - im Krieg vor Feinden versteckt, bleibt verschollen, weil hochmütiges Fräulein sich weigert, an das Sterbebett eines Maurers zu kommen, der den Auftrag hatte, ihr das Versteck zu nennen (Schmid, Lehrreiche, S. 5f.) Schein, dem schönen, nachjagen (Schmid, Lehrreiche, S. 26, S. 116; Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 115, S. 96f.; Wurm in einem schönen Apfel als Symbol dafür, daß Reichtum nicht wirklich glücklich macht: Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 63, S. 32) Scheintod - Vorsorge treffen gegen den Scheintod (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 96; 250) - Scheintote erwacht zum Leben (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 254) Schenken (—> Brauch, Geburtstag, Hochmut, Neid) - selbstgemachte Geschenke (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 31, 60) - das teuerste, was man besitzt verschenken (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 87ff.) - nicht der materielle, sondern der ideelle Wert eines Geschenkes zählt (Schwarz, S. 45f.) - reicher Kaufmann kommt von einer weiten Reise nach Haus. Er lädt seine Verwandten ein, sich Mitbringsel auszusuchen. Ein verständiger Mann läßt Gold und Edelsteine liegen, wählt statt dessen Mohnsamen. Zunächst wird er dafür ausgelacht. Seine Wahl war jedoch die beste, da er aus den bis dahin unbekannten Mohnkapseln kostbares Öl gewinnt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 57) - wertlos erscheinende Gaben eines Wiedergängers verwandeln sich in Gold (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 149) - das beste, was man hat (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 87ff.)

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- Bauer ist nicht zufrieden mit seinem Besitz; die Geschenke eines reichen Mannes machen ihn träge (Baudissin: Die Dorfgesellschaft, Zweiter Theil, Kiel 1792, S. 19-22) Schießpulver (—» Vorsehung, göttliche) - feuchtes, vereitelt Mord (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 41 f.) - unbeaufsichtigtes Kind spielt mit Schießpulver und kommt dabei ums Leben (Pothmann 1790, S. 71) Schiffbruch (—> Ertrinken, Geschwister, Hochwasser) - zwei Brüder überleben einen Schiffbruch und landen auf einer unbewohnten Insel. Dort lernen sie arbeiten, beten, auf Gott vertrauen und mäßig leben (Schmid: Getreidekörner und Goldkörner. In: Ders.: Lehrreiche, 1824-27, S. 108f.) - junger Mann will anstelle seines Bruders, der die alten Eltern besser ernähren könnte, auf einen Platz im Rettungsboot verzichten (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 44, S. 23f.) - Familienvater rettet zahlreiche Schiffbrüchige, als er aber die letzten aus dem Wasser fischen will, kommt er selbst ums Leben (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 97, S. 129ff.) - zwölfjährige Regensburgerin rettet zwanzig Schiffbrüchige aus der reißenden Donau (Wening 1784, S. 67f.; Plieninger, S. 131) - ein Handwerksbursche möchte mit dem Dampfschiff in eine Stadt fahren, wo man ihm Arbeit versprochen hat. Er erhält jedoch keine Fahrkarte, weil ihm zwei Kreuzer dazu fehlen. Unglücklich tritt er den Weg zu Fuß an. Als er mit einem Tag Verspätung bei seinem neuen Meister eintrifft, erfährt er, daß das Dampfschiff untergegangen ist und keiner der Passagiere die Katastrophe überlebt hat (Schmid: Lehrreiche: Zwei Kreuzer, S. 35 f.) Schmeichelei (Schmid, Lehrreiche: S. 15; Lohr, Sitte, Nr. 63, S. 120-122) Schmerzen tapfer ertragen (Schwarz, S. 43f.) Schreckhaftigkeit (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 87-91) Schulden (—» Spielsucht) - französischer Offizier aus bürgerlichem, nicht sehr wohlhabendem Elternhaus, wird beleidigt und nimmt seinen Abschied, um ein Duell zu vermeiden. Er hat nämlich Schulden, und will nicht sterben, bevor sie nicht bezahlt sind. Jahre später kommt er schuldenfrei zurück und verlangt Satisfaktion, wie es einem Offizier gebührt (Lohr, Verstand, Nr. 34, S. 150f.) - Folgen der Spielsucht (Pischon: Moral in Beispielen, 1799, S. 399-412) - wer seine Schulden beglichen hat, schöpft neuen Mut (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 87) Schutzengel - Glaube an Schutzengel (Schwarz, S. 106-109) - begleitet Jungen, der seine kranke Mutter aufopfernd pflegt, durch das ganze Leben und verhilft ihm zum Erfolg (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 79, S. 43ff.) - macht die schwere Bürde eines gläubigen Greises leicht (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 80, S. 45f.) Schwatzhaftigkeit (Schmid, Lehrreiche, S. 31; Lohr, Sitte, Nr. 62, S. 117-120; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 30-32; ebd., S. 186-188) Schwefelhölzchen herstellen (—> Einnahmequellen fur Arme)

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Schweinefleisch (—» Jude) Schweineschwemme (Schmid, Lehrreiche, S. 81 f.) Seelennonnen - Klagweiber, die man gegen Geld ins Trauerhaus bestellt. Geiger, Beyspielbuch plädiert fur die Abschaffung dieses „närrischen" Brauchs (Geiger, Bey spielbuch, S. 93). Seifenblasen Symbol für die Vergänglichkeit irdischer Güter (Schwarz, S. I I I )

Selberdenken - vernünftiges Nachdenken (Geiger, Beyspielbuch, S. 23) - Denken statt Auswendiglernen (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 160) - Lernen durch Vergleich und Gegensatz (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 162) - häßlicher, aber vernünftiger Knecht ist anderen überlegen (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 18-22) - es allen recht zu machen, ist unmöglich (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 70f.) - keine eigene Meinung haben (Lohr, Verstand, Nr. 19, S. 141f., ebd. Nr. 30, S. 147) - Handeln ohne Rücksicht auf die Meinung anderer (Lohr, Verstand, Nr. 19, S. 141f.) - mangelnder Verstand (Schmid, Lehrreiche, S. 118f.; Geiger, Beyspielbuch, S. 118) - Huhn verdurstet neben Wassertrog mit niedrigem Wasserspiegel; anderer Vogel wirft so viele Steine hinein, daß er an das Wasser herankommt (Schmid, Lehrreiche, S. 85f.) Selbstbeherrschung (Heusinger, Bd. 1, S. 97) Selbstlosigkeit (Wening 1784, S. 30-32; Lohr, Verstand, S. 134f.) Selbstmord (—> Liebe, eheliche; Naschhaftigkeit) - eines Sünders (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 99) - Ein Arzt names Berger aus Halle trat in Constantinopel zum Islam über. Kurz darauf bereute er seinen Schritt und nahm sich das Leben (Dorfzeitung, 8.4.1826, S. 159) Sittsamkeit (Geiger, Beyspielbuch, S. 124) Sonntagsheiligung - Mißachtung fuhrt zu Mord und Totschlag, Ertrinken in Jauchegrube, Zahlungsunfähigkeit, Einäscherung von Bauernhöfen durch Blitzschlag, Stranden eines Schiffes (Der Pilger aus Schaffhausen. Kalender für 1850, S. 30ff.; ebd. 1852, S. lOff. u. S. 12ff.; ebd. 1855, S. 29f.)) - Ein englischer Knabe, der in einer Fabrik arbeitet, hält trotz Arbeitsaufgebot den Sonntag heilig. Er wird entlassen, findet aber bald wieder eine neue Stelle, wo er den doppelten Lohn erhält (Der Pilger aus Schaffhausen. Kalender für 1866, S. 32) - Ein Zaunmacher arbeitet trotz gutem Angebot am Sonntag nicht (Des Volksboten Schweizer Kalender 1886, S. 46ff.) Sparsamkeit (—» Naschhaftigkeit, Geiz, Verschwendung) - sparen (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 48) - Vorsicht walten lassen beim Einkaufen (Betrug!) (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 83ff.)

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- bei Frauen eine notwendige Eigenschaft (Geiger, Beyspielbuch, S. 125) - in der alltäglichen Haushaltsführung (Geiger, Beyspielbuch, S. 183f.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 65ff.; Pischon I, S. 244-275) - in kleinen Dingen sparen, um in wichtigen Angelegenheiten großzügig sein zu können (Lohr, Sitte, Nr. 13 u. 14, S. 31-34; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 85, S. 120; Hoffmann, Erzählungen 1842: Erzählungen, 1842, S. 226ff.; Schmid: Das Schwefelhölzchen. In: Ders.: Lehrreiche, S. 23f.) - Sparsamkeit in kleinen Dingen kann ein ansehnliches Vermögen schaffen (Schmid, Lehrreiche, S. l l f . , S. 23f., S. 30f.; Ders.: Das Hufeisen. In: Ders.: Kurze Erzählungen, S. 56) - um mit dem auszukommen, was man hat (Hoffmann, Erzählungen 1842: Erzählungen, 1842, S. 65ff.) - um sich ein Vergnügen leisten zu können (Hoffmann, Erzählungen 1842: Erzählungen, 1842, S. 145ff.) - ein zur Sparsamkeit erzogenes Mädchen tritt ihren Dienst als Küchenmagd an. Sie fällt auf durch sparsames Wirtschaften und wird zur Köchin befördert. Dadurch kann sie sich ein beträchtliches „Heiratsgut" ansparen (Schmid, Lehrreiche, S. l l f . ) - nur kaufen, was man wirklich braucht (Lohr, Sitte, Nr. 78, S. 157ff; Rosenlächer, S. 140f.) - verwaistes Mädchen wird durch wöchentliche Abgaben sämtlicher Bauern im Dorf finanziert. Durch geschickte Geldanlage ihrer Pflegemutter kann sie allein von den Zinsen leben und das Kapital für ihre Aussteuer verwenden (Schmid, Lehrreiche, S. 57f.) - Sohn armer Eltern kam zu einem Kaufmann in die Lehre. Er sammelt jede Stecknadel auf und macht sich dadurch beliebt bei seinem Herrn. Aus ihm wird ein erfolgreicher Kaufmann (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 1 lOf.) - auch kleines Kapital bringt Zinsen (Schmid, Lehrreiche, S. 131) - drei Geschwister erhalten je zehn Taler. Einer wirft das Geld unter armen Kinder aus und freut sich über die Prügelei, die dadurch entsteht; einer schließt es in ein Kästchen ein; favorisiert wird ein Mädchen, das damit die Arztrechnung bzw. das Schulgeld armer Kinder begleicht (Weiße: Eine Erzählung von einem Vater mit seinen Kindern, den guten Gebrauch des Geldes betreffend. In: Ders.: Kinderfreund, S. Theil 1, 1780, S. 153-158). Spaziergang (Geiger, Beyspielbuch, S. 265 Spenden (—> Guttätigkeit, Stiftungen) - großzügige Spenden für die Allgemeinheit geben, die eigene Verwandtschaft aber darben lassen (Lohr, Verstand, Nr. 20, S. 143) - für in Not geratene, seinen letzten Taler hergeben (Lohr, Verstand, Nr. 23, S. 144) Sperrstunde, dienstbeflissener Amtsknecht (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 86) Spiele/Spieler (—* Kinderspiel, Schulden, Spielsucht, Spielzeug) - Taschenspieler wirft eingeweichte Erbsen in die Luft, um sie auf einer Nadelspitze wieder aufzufangen. Als er sein Kunststück vor einem Fürsten vorführt, erntet er statt eines Lobes nur Tadel, weil er seine Zeit mit unnützen Dingen vergeudet (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 18) - Taschenspieler darf nur vor den Toren der Stadt auftreten (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 157f.) - Mädchen schenkt das Geld, das es für die Eintrittskarte bei einer Taschen-

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spieler-Vorführung gespart hatte, einem Kriegsgefangenen (Kieffer, Lesebuch, 1862, S. 18f.) - In Jahrmarktsbuden wird um Gewinne gewürfelt (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 177f.) - Pferderennen (Geiger, Beyspielbuch, S. 257) - Kartenspiel (ebd., S. 250ff.; Pischon, S. 388-413) - aus vier jungen Männern, die um Geld Karten spielten, wurde beruflich nichts Rechtes (Lohr, Mancherlei Begebenheiten S. 226f.) - Hahnrei, Name eines Kartenspiels (ebd., S. 226) - Kegeln (Geiger, Beyspielbuch, S. 257ff.) - Scheibenschießen (ebd., S. 257ff.) - Wettlaufen, nicht nur bei Hochzeiten, sondern häufig üben; Amerikaner laufen so gut, daß sie das beste Pferd einholen (ebd., S. 256ff.) - Ring- und Kampfspiele (ebd., S. 256) -Tanzen (ebd., S. 257; S. 261) - Würfelspiel (Baschen) (ebd., S. 250) - Steinschleudern (ebd., S. 256) Spielsucht - Witwe, die ihr Auskommen hatte, wird durch Erbschaft reich, und in der Folge davon hochnäsig. Heiratet einen Spieler, der ihr Vermögen binnen kurzer Zeit durchbringt. Sie muß mit einem kleinen Zimmer in ihrem ehemaligen Häuschen vorlieb nehmen und verdient sich ihren Unterhalt mühsam mit Arbeit am Spinnrad. Ihre innere Ruhe und Zufriedenheit sind dahin. (Geiger, Beyspielbuch, S. 6f.) - verarmte, aber zufriedene Witwe erbt Geld, ändert ihren Lebensstil, heiratet einen Jüngling, obwohl sie weiß, daß er der Spielsucht verfallen ist. Binnen kurzem bringt er ihr Geld durch, stirbt wegen seines exzessiven Lebenswandels an Auszehrung und hinterläßt der Frau immense Schulden (Geiger, Beyspielbuch, S. 7) - Schulden machen wegen Spielsucht (Geiger, Beyspielbuch, Nr. 3, S. 7f.) - eine der Spielleidenschaft verfallene Frau bestiehlt regelmäßig ihren Mann und schiebt den Verlust der Dienstmagd zu. Diese wird zum Tode verurteilt und stirbt vor Kummer im Gefängnis. Sechs Monate später kommt der Schwindel auf (Wagner: Angenehmer Zeitvertreib, 1771, Bd. I, 1. Stück, 7. Geschichte, S. 225 ff.) - Soldat, der sein Reisegeld für die Rückkehr zu seinem Regiment und Geld, das er einem Kameraden überbringen sollte, verspielt hat, stürzt sich von einer Brücke. Zwei arme Buben retten ihn, erhalten eine Belohnung und teilen sie mit dem Lebensmüden (Moser VI, S. ) - das Spiel und seine Folgen (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 224) - Junge ist schon als Schüler dem Würfelspiel verfallen. Sein Vater stirbt vor Kummer darüber. Als Erwachsener verspielt er Haus und Hof und stirbt im Gefängnis (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 235ff.) Spielzeug (—> Kinderspiel) - Knabe gibt ärmeren Kindern aus freien Stücken etwas von seinem Essen, seinen Spielsachen und von seinem Geld ab (Lohr, Sitte: Nr. 9, S. 23f.) - mit anderen teilen/ es ausborgen (Lohr, Sitte, Nr. 24, S. 49-53) - gefährliches: Junge bekommt zu Weihnachten einen Degen, fällt damit so unglücklich, daß sich die Spitze in sein Herz bohrt und er stirbt (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 209f.)

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- wegnehmen, weil ein Junge sie „übel gebraucht hat" (Weiße, ABC-Biichlein 1773, S. 33ff.) Spinnrad und Gebetbuch als Mitbringsel aus der Stadt (Schmid, Lehrreiche, S. 59f.) Spott/Spotten - Mädchen lästert über den Hut der Freundin, den diese zum Geburtstag geschenkt bekommen hat; daraufhin wird sie von den Geburtstagsgästen geschnitten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 6ff.). - Sehender verspottet Blinden, fordert ihn zu einem Wettlauf auf. Der Blinde darf Strecke und Zeitpunkte wählen. Er entscheidet sich für Mitternacht und gewinnt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 55) - über die Fehler der anderen (Wening 1784, S. 135-138; Lohr, Sitte, Nr. 38, S. 74ff.) - über alles, was anderen gefällt, und ihnen damit die Freude daran verderben (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 6-8) - jemanden auslachen, der sich über sein kleines Eigentum freut (Stein, 52 Sonntage, hier 9. Sonntag) - Knabe verspottet einen vorübergehenden gebeugten Greis. Der ermahnt den Jungen, daß er von vieler Arbeit eines Tages ebenso gebückt sein wird. Der Knabe ist gerührt durch die unerwartete Antwort und bittet um Vergebung (Abcbuch för die Volksschulen des russischen Reiches, 1785, S. 25ff.) - Dorftrottel verspotten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 46ff.) Stab/Stock, toter ergrünt (AaTh 756 B) - Schwerverbrecher bittet frommen Einsiedler um Absolution. Der ist empört über so viele Greueltaten und behauptet, eher würde sein Wanderstab zu blühen anfangen, als daß Gott einem solchen Verbrecher verzeihen könnte. Tatsächlich wachsen Rosen an dem Stab; Einsiedler und Verbrecher leben von da an wie zwei Brüder einträchtig zusammen. (Schwarz, S. 32ff.) Ständeordnung - Akzeptieren der Ständeordnung (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 7) - Ehrenhaftigkeit ist wichtiger als Stand. Brave Diener dürfen mit Herrn an einem Tisch speisen (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 105) - Einsicht durch Lob der Obrigkeit (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 9) Stadtleben (—> Landleben) Stehlen für andere („Robin Hood"-Motiv) Lohr, Verstand, Nr. 21, S. 143) Stiefmutter - mißhandelt Sohn aus erster Ehe. Als der Vater ihn einmal ohnmächtig auffindet, will er die Frau aus dem Haus jagen. Der Junge bittet aber zu schweigen, da jetzt nur er leide, dann aber auch seine beiden Halbbrüder, die dann keine Mutter mehr hätten. Die Frau ist gerührt und ändert ihr Verhalten (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 13, S. 22f.) Stiftungen (—» Guttätigkeit, Spenden) - Bürgermeister lehnt Rosenfest mit Wahl des sittsamsten Mädchens ab und schlägt vor, das vorgesehene Preisgeld besser für die Anschaffung deutschsprachiger Gesangbücher zu verwenden (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, 1801, S. 239) - Rosenfest zu Salency (Herzer: Nachricht von Stiftungen, 1792, S. 1-16; Geiger, Beyspielbuch, S. 100-103)

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- Tulpenfest zu Rudolstadt (Thüringen); während des Festes auf seinem Landgut werden die mit Tulpen geschmückten Kinder mit Schulbüchern u.a. beschenkt (Geiger, Beyspielbuch, S. 105) - Sittenfest mit Krönung der tugendhaftesten Jungfrau im Dorf St. Ferieux bei Besançon in Frankreich (Herzer: Nachricht über Stiftungen, 1792, S. 16ff.; Geiger, Beyspielbuch, S. 104) - Lotterie in Pfullendorf, Großherzogtum Baden, eingeführt 1787, StifterSumme: viertausend Gulden. Pro Jahr werden damit drei bürgerliche Kinder unterstützt. Knaben erhalten das Geld, um damit die Ausbildung in einem Handwerksberuf zu finanzieren; Mädchen stocken ihre Aussteuer damit auf (Geiger, Beyspielbuch, S. 106f.) - die Nürnbergerin Felizitas von Hörmann stiftet 1777 ihr Haus einer Schule und verfugt, daß jährlich fünfzehn arme Knaben und eben soviel Mädchen unentgeltlich unterrichtet und mit Büchern, Papier, Tinte, Federkielen und Bleistiften ausgestattet werden. Die Schulzeit dauert vier Jahre, in der die Schüler wöchentlich einen Laib Brot, jährlich einmal vier Ellen weißes Tuch, ein Paar neue Schuhe, und ein Paar neue Strümpfe erhalten. Anläßlich ihrer Konfirmation werden sie neu eingekleidet (Geiger, Beyspielbuch, S. 99) - Bauer hat zwanzig Gulden angelegt, die pro Jahr einen Gulden Zins abwerfen. Nach zehn Jahren müssen die zehn Gulden demjenigen Dienstboten gegeben werden, der zehn Jahre seinem Herrn treu gedient hat (Geiger, Beyspielbuch, S. 98) - Bauer stiftet 1785 vierzig Gulden und übernimmt damit das Schulgeld für die armen Kinder im Dorf. Zum Dank beten die Kinder täglich zweimal für ihren Wohltäter (Geiger, Beyspielbuch, S. 99) - infolge einer Seuche wurden 1778 in Lyon die Faschingsfeiern abgesagt. Vier Mädchen stiften das Geld, das sie für die Kostümierung ausgegeben hätten, um ein armes Kind zu kleiden. Sie finden viele Nachahmerinnen und gründen eine wohltätige Gesellschaft, die sich die Einkleidung verarmter Kinder zum Ziel setzt (Geiger, Beyspielbuch, S. 107) - die Mitglieder eines allabendlich zusammenkommenden Herrenstammtisches in Landsberg/Bayern spenden beim Verlassen des Gasthauses jeweils mindestens acht Groschen für in Not geratene Gemeindeglieder. Kurz nach Einrichtung der Stiftung übernehmen sie bereits die Arztkosten für einen Halbwaisen, der sein Bein gebrochen hat, und finanzieren ihm eine Ausbildung zum Gärtner. Ferner kleiden sie arme Kinder ein. Ihr Beispiel macht Schule, andere beteiligen sich mit Geldspenden, so daß die Gesellschaft in der Lage ist, alle Arme, gleich welchen Alters, zu fördern. Als die Frau eines Landsberger Soldaten, der in den Niederlanden kämpft, einen Sohn zur Welt bringt, bei der Geburt aber stirbt, sorgt die wohltätige Gesellschaft für dessen Unterhalt und Ausbildung (S. 109). Ein protestantischer Handwerksbursche wurde der Stadt verwiesen und mußte sich mit hohem Fieber im nächsten Dorfgasthaus einquartieren. Zufallig waren zwei Mitglieder der Gesellschaft anwesend und nahmen sich des Kranken an (Geiger, Beyspielbuch, S. 108-114) - Bürgervereinigung in Augsburg versorgt Hausarme vor Weihnachten alljährlich mit kostenlosem Holz (Geiger, Beyspielbuch, S. 114). - Reiche sollten sich keinen teuren Grabstein setzen lassen, sondern von dem ersparten Geld eine Stiftung einrichten (Geiger, Beyspielbuch, S. 114). - Witwe beabsichtigt Stiftung zur Einrichtung einer Schule auf dem Land und zur Ausstattung der Schüler mit Schuhen und Strümpfen für den Winter ma-

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chen. Geistliche reden ihr ein, es sei besser, mit diesem Geld einen Jahrtag und Seelenmessen zu stiften (Wening 1784, S. 102ff.) - Mädchen beschenkt Kriegsgefangene großzügig; als Erwachsene kümmert sie sich um Witwen und Waisen, gründet ein Arbeitshaus und läßt den Kindern Unterricht erteilen (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 90, S. 56-59) - kinderloser Vetter vererbt seiner besonders dienstfertigen Nichte sein gesamtes Vermögen (Lohr, Sitte, Nr. 25, S. 53f.) - König überschreibt der Familie eines auffallend hilfsbereiten Mädchens einen Hof, stiftet eine Aussteuer für das Kind und eine Leibrente für seine kranke Mutter (Wening 1784, S. lOOff.) - Freitisch zur Verköstigung armer Schüler (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 212f.) - reicher Mann macht großzügige Stiftungen, läßt aber die eigene Verwandtschaft darben (Lohr, Verstand, Nr. 20, S. 42) - Vermächtnis zur Einrichtung einer Schule (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 15) - Erbverzicht zum öffentlichen Nutzen (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 16) - Gelder nicht bar auszahlen, sondern die Armen mit sinnvollen Dingen beschenken (Geiger, Beyspielbuch, S. 113) Stolz (auf wirklich schöne Handlungen; auf gute Aufführung; auf gutes Gewissen - Geiger, Beyspielbuch, S. 47-50). Strafen - Strafe für andere übernehmen (Späth, S. 40f.) - Strafpredigt des Verwalters wirkt nicht mehr, nur noch Geldbuße (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 222) - Geldstrafen statt der früheren Ehrstrafen (Schlez, kath. Ausg., Bd. 1, 1801, S. 223) - gelegentliche Schläge mit der Rute sind pädagogisch sinnvoll; Schläge mit Peitsche oder Prügel dagegen Mißhandlung (Geiger, Beyspielbuch, S. 162; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 83; ebd., S. 120) - Vater wird von seinem Sohn genau da geschlagen, wo er einst seinen eigenen Vater getroffen hat (Allg. Lesebuch 1793, S. 154) - auf Erbsen knien (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 15) - Prügel mit einer Haselnuß-Gerte (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 67) - Eselsorden (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 68) - Ohrfeige (Späth, Nr. 6, S. 10f.) - allein an einem Tisch essen müssen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 83, S. 21 lf.) - eine Woche lang nur trockenes Brot essen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 21 lf.) - Schaden vom Taschengeld wiedergutmachen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 83) - in dunkle Kammer sperren (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 143; ebd., S. 21 lf.) - Schülerin muß wegen schlampiger Handarbeit mit einem „Schandfleck" an der Tür des Klassenzimmers stehen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 184ff.) - geiziger Junge gibt nichts von den Südfrüchten ab, die er von einem Onkel geschenkt bekommen hat. Durch den übermäßigen Genuß der Früchte wird er krank und der Vater nimmt sie ihm weg, um sie an Geschwister und Schulkameraden zu verteilen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 186ff.)

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Straßenbeleuchtung, sowie Anlage von Wassergräben rechts und links der Straße, Straßenpflasterung und Straßenreinigung (Wening 1784, S. 154f.) Streit (—> Friedfertigkeit) - unnützer unter Geschwistern (Stahl, S. 48096f.) - Nachbarn streiten wegen eines Zaunes. Der Prozeß, in dessen Verlauf sich beide der schlimmsten Vergehen bezichtigen, zieht sich über Jahre hin und verschlingt Unsummen. Schließlich wird der eine von Haus und Hof gejagt, der andere kommt an den Galgen, weil ihm tatsächlich Diebstähle nachgewiesen werden können (Geiger, Beyspielbuch, S. 228f.) - Bauern führen miteinander einen Prozeß über die Kirchenstühle. Über Jahre hinweg zahlen sie hohe Gerichtskosten und können nicht mehr andächtig beten. Am Ende steht ein Vergleich (Allg. Lesebuch 1793, S. 115f.) - zwei Brüder, die einander im Streit erstochen haben, werden eingesargt, aber nicht beerdigt allen andern zur Mahnung (Goeze, Zeitvertreib,, S. 353-356, hier 355) - zwei Männer streiten um ein Stück Land; vor Gericht führt der Kläger so gute Argumente für den Beklagten ins Feld, daß diesem der Acker zugesprochen wird. (Lohr, Verstand, S. 127f.) - um einen Baum, der genau auf der Grenze steht (Lohr, Sitte, Nr. 40, S. 8 Iff.) - über Kleinigkeiten (Geiger, Beyspielbuch, S. 118, S. 126) - unter Geschwistern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 112f.; ebd., S. 165ff.) - Streitsucht (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 4ff.; Späth, S. 30f.; Stahl, S. 48056f.) - Streitkultur unter Handwerkern (Geiger, Beyspielbuch, S. 70-77) Tabak rauchen/schnupfen (—> Genußmittel) - Junge raucht heimlich Pfeife, wird ohnmächtig, schlägt sich im Fallen ein Loch in den Kopf, Vater hält ihm eine Strafpredigt (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 140, S. 277f.) - die Pfeife eines Dorftrottels zur Hälfte mit Schießpulver füllen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 217-220) - Tabakkonsum wird zur Sucht (Geiger, Beyspielbuch, S. 269; Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 228-232) - Junge vergreift sich heimlich an den Tabakspfeifen des Vaters und entgeht nur knapp einem Unglück (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 278f.; Späth, S. lOf.) - Lehrjunge läßt sich von Kameraden zum Pfeifen- und Zigarrenrauchen verführen. Er verbrennt sich seinen guten Anzug und entkommt nur knapp dem Gefängnis, da sich herausstellt, daß der Tabak gestohlen war (Kieffer: Lesebuch, 1862, S. 276ff.) - Die schädliche Tobackspfeife (Legende f. d. gemeinen Mann, 2. Teil 1788, S. 219f; Fortsetzung von dem unglücklichen Tobacksraucher, S. 234ff.) Tanzen/Tanzwut - Eltern geben anläßlich des Geburtstages ihrer Tochter einen Ball. Sie erhitzt sich sehr beim Tanzen, trinkt verbotenerweise sofort eiskaltes Wasser und wird krank (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 42; Geiger, Beyspielbuch, S. 261; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 154ff.) - Schwindsucht wird ausgelöst Schwitzen bei ausgelassenem Tanz (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 8) - verdirbt den Charakter (Wening 1784, S. 150-154) - paßt nur zu jungen Leuten (Geiger, Beyspielbuch, S. 264f.)

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- Mädchen schleicht sich abends heimlich aus dem Haus, um tanzen zu gehen. In der Dunkelheit verirrt sie sich und gerät auf den Friedhof. Verschreckt kehrt sie um, gesteht am nächsten Morgen ihren Ausreißversuch. Die Mutter verzeiht ihr, meint aber, ein solcher Schock sei besser, als auf dem Tanzboden „Gesundheit, Leben, Ehre und Unschuld" zu verlieren (Schmid, Lehrreiche, S. 204ff.) - junge Leute gehen am Tag ihrer Konfirmation vor dem Kirchgang zum Tanz. Beim Einbruch des Tanzbodens verunglücken alle tödlich. Nur ein hinkendes Mädchen bleibt verschont, da es nicht zum Tanz gehen konnte (Dorfzeitung, 12.1.1828, S. 43) - Magd soll auf Kinder aufpassen, während die Eltern auf eine Hochzeit gehen. Sie schleicht sich davon, um kurz in den Tanzsaal zu schauen. In dieser Zeit kommt eines der Kinder daheim zu Tode (Pothmann 1790, S. 71) Taschenspieler (—> Spiele/Spieler) Tiere (—> Affe, Hund, Katze, Vögel rangen, zähmen/ Vogelherd) - Esel stört mit seinem Geschrei ein Konzert (Schwarz, S. 47f.) - Geliebte (Haus-)Tiere als Erben einsetzen statt eine wohltätige Stiftung einzurichten (Geiger, Beyspielbuch, S. 96f.) - Spinnennetz rettet Prinzen das Leben (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 51 f.) - jähzorniges Mädchen erschlägt Rotkehlchen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 31) - Mädchen besitzt Goldfische als Haustiere (Schmid, Lehrreiche, S. 156-160) - Mädchen vergißt, die Stalltür zu schließen. Ihr Kaninchen richtet großen Schaden in Blumen- und Gemüsebeeten an und entkommt (Späth, S. 42f.) - zahmer Storch aur einem Bauernhof (Späth, S. 49f.) - Elefant frißt Mann (Moser VI, S. 158f) - Elefant verteidigt seinen Wohltäter (Moser VI, S. 159) - entlaufener Sklave wird zum Tode durch einen öffentlichen Kampf mit einem Löwen verurteilt. Der Löwe aber leckt ihm zutraulich die Hand. Der Farbige hatte eine zeitlang in einer Höhle in der Wüste gehaust, da war ihm der Löwe mit einem Dorn in der Pranke zugelaufen. Er hatte ihn gesund gepflegt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 3 2 f ) - Dompteur tritt mit abgerichteten Hunden, Affen, Kanarienvögeln und einem Bären auf (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 158ff.) - Bauer separiert erkranktes Pferd nicht von den anderen. Kurz daraur müssen mehrere Tiere notgeschlachtet werden (Schlez, kath. Ausg., Bd. 2, S. 93) - Nachlässigkeit bei Tierpflege (Späth, S. 42f.; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 27; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 214ff.) Tierquälerei - geplante, nimmt ein böses Ende (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 61, 63) - Junge quält Tiere und verletzt schließlich auch einen anderen Knaben. Zur Strafe erhält er statt eines Weihnachtsgeschenkes eine Rechnung über die Arztkosten, die sein Vater zahlen musste (Stahl, S. 47887ff.) - Junge bekommt Hündchen geschenkt, bringt ihm Kunststücke bei. Als der Hund erschöpft ist, sticht er ihm mit einem Messer Löcher in die Ohren, zieht einen Bindfaden hindurch und hängt ihn auf. Der Hund wird ihm weggenommen und der Junge zur Strafe in eine dunkle Kammer gesperrt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 142f.) - Ochse, Vorderfuße halb abgeschnitten und genötigt, auf den Stümpfen zu gehen (Lohr, Sitte, Nr. 32, S. 6 6 f )

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- Junge reißt der Taube seiner Schwester den Kopf ab, um diese zu ärgern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 169f.) - zwei Jungen sind für ihren Hang zur Tierquälerei schon bekannt. Eines Tages schlagen sie einen Kettenhund. Der reißt sich schließlich los und fügt ihnen solche Bißwunden zu, daß sie fast daran sterben (Schmid, Lehrreiche, S. 148f.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 221f.) - Junge, als Tierquäler bekannt, trifft auf einen Bärenführer mit Dromedar und Äffchen. Er darf zusammen mit dem Äffchen auf den Rücken des Dromedars klettern, kneift dort das Äffchen und wird von diesem angegriffen, blutig geschlagen und zum Gespött der Leute (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 244f.) - geneckter Truthahn greift Mädchen an (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 160f.) - Krötenplage (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 184) - Junge quält einen Vogel, wird vom Vater gerügt (Baudissin: Die Dorfgesellschaft, Zweiter Theil, Kiel 1792, S. 27/28) - Ein Eselstreiber in Edinburgh überlädt seinen Wagen. Die Tiere brechen unter der Last beinahe zusammen. Eine aufgebrachte Menge spannt den Halter selber vor den Karren bis zum Gericht. Dort erhält er acht Tage „Kost und Logis" (Dorfzeitung, 29.4.1826, S. 194) - Vater wird mit sieben stummen Söhnen bestraft, weil er als Kind Vögeln die Zunge herausgerissen hatte (Wening 1784, S. 34ff.; Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 65, S. 33f.) - Wer sich als Kind daran gewöhnt, Tiere zu quälen, wird als Erwachsener Menschen quälen (Allg. Lesebuch 1793, S. 137; Lohr, Sitte, Nr. 30, S. 63; Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 65f.) - Katze soll ertränkt werden; Junge rettet sie; später wird er durch sie reich (Schmid, Lehrreiche, S. 149f.; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 86, S. 120ff.) Tischsitten/-manieren ( —> Benehmen, gutes) Tod - man muß ihn beständig vor Augen haben. Wer immer an den Tod denkt, gewöhnt sich an ihn und fürchtet ihn nicht mehr (Geiger, Beyspielbuch, S. 94) - Menschen furchten ihn wie kleine Kinder den schwarzen Mann; aber als Christ braucht man keine Angst davor zu haben (Geiger, Beyspielbuch, S. 90ff.) - verwaiste Eltern (Pischon IV, S. 272-300) Toleranz gegenüber Andersgläubigen (Wening 1784, S. 105f.; Pothmann 1790, S. 65f„ S. 214f.) Trauerkleidung - Trauerkleidung tragen = Narrenposse (Geiger, Beyspielbuch, S. 92) - ein dem Christen unangemessener Brauch, da das Sterben gleichbedeutend ist mit dem Heimgang zu Gott und also im Grunde ein erfreuliches Ereignis (Geiger, Beyspielbuch, S. 92; Pischon IV, S. 313ff.) Traurigkeit (Geiger, Beyspielbuch, S. 81) Trotz (Geiger, Beyspielbuch, S. 49) Treue (—» Brandkatastrophe; Dienstbote) - der Dienstboten gegenüber ihrer Herrschaft (Lohr, Verstand, S. 129f.; Lohr, Sitte, S. 101 f.; Späth, S. 37f.; Schmid, Lehrreiche, S. 206-209)

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- von Tieren als Vorbild für die Menschen (Schwarz, S. 101-105; Schmid, Lehrreiche, S. 147f.) Trunksucht - ein der Trunksucht verfallener Bauer stirbt auf dem Heimweg von der Schenke (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 14-18) - spätes Siechtum eines Alkoholikers (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 120) - Sperrstunde beachten (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 219) - unlautere Geschäfte aufgrund von Trunkenheit (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 221) - betrunkener Kutscher verursacht Unfall, sein Herr stirbt dabei (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 140) - Mann ersticht Kameraden im trunkenen Zustand. Auf der Flucht steckt er das blutige Messer einem schlafenden Mann in den Gürtel. Dieser gesteht die Tat unter Folter, wird zum Galgen gefuhrt. Das beobachtet der wahre Mörder, sein schlechtes Gewissen rührt sich. Er bekennt sich zu der Tat und wird statt des Unschuldigen gehängt (Geiger, Beyspielbuch, S. 126; S. 243-250) - Schuster verletzt im Rausch einen Gesellen; er bereut und trinkt nie wieder (Baudissin: Dorfgesellschaft, 2. Teil, 1792, S. 37-41) - junger Trunkenbold wird von seinem Vater in ein Kloster zur Entziehung verbannt. Nach mehreren Wochen wird er einsichtig und bittet Gott und seinen Vater um Verzeihung (Schmid, Lehrreiche, S. 209-212) - Arzt trägt einem Alkoholabhängigen auf, seinen Durst täglich aus einer Flasche zu stillen, in die er jeden Tag ein Steinchen mehr wirft. So reduziert der Mann seinen Konsum und gewöhnt sich das Branntweintrinken schließlich ganz ab (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 40f.: Die Kieselsteine) - schädliche Gewöhnung an Branntwein (Geiger, Beyspielbuch, S. 25f.) - in Russland stirbt ein Soldat von 123 Jahren freudig, indem er kniend betet. Nie hatte er Branntwein getrunken und war noch wenige Tage vor seinem Tod vier deutsche Meilen zu seinem Sohn gelaufen, um ihm von seiner Sorge zu erzählen, für immer auf Erden leben zu müssen (Dorfzeitung, 22.7.1826, S. 323) - Tauffeier artet in Trinkgelage aus; Täufling danach nicht mehr auffindbar (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 87ff.) - Sohn, der viel trinkt und stiehlt, stirbt nach langer Krankheit. Die Eltern sind untröstlich (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 141-145) Übermut ( ^ Unfälle) - wilder Knabe verletzt sich beim Spiel und bleibt sein Leben lang gelähmt (Lohr Sitte 1799, Nr. 88, S. 174ff.) - Knabe schaukelt zu hoch und im Stehen, fällt auf die Erde, bricht sein Bein (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 19, S. 42ff.) - Knaben verirren sich im Wald. Um wieder nach Hause zu kommen, müssen sie einen reißenden Bach überqueren. Sie finden ein Brett, das sie als Steg benutzen können. Einer von ihnen wippt auf diesem Brett, fällt ins Wasser, kann sich gerade noch an einem Ast festhalten, erkältet sich aber heftig (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 71, S. 143ff.) - Knabe reitet ohne Erlaubnis auf jedem Pferde, das ihm begegnet. Eines Tages erwischt er ein besonders lebhaftes Tier, das ihn abwirft. Er bricht sich den Arm (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 111, S. 217ff.) - englische Reiter führen in der Stadt ihre Kunststücke vor. Ein Knabe prahlt vor seinen Freunden, daß er wie diese stehend auf dem Rücken eines Pferdes

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reiten könne. Er fuhrt es vor, stürzt dabei aber schwer (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 128, S. 25Iff.) - Christenknabe versteckt aus Übermut ein Stück Schweinefleisch in der Tasche eines Juden (Wening 1784, S. 107-111) Uhr ( - * Offizier) - Räderwerk und Zeiger müssen wie die Menschen der Gesellschaft miteinander kooperieren; dabei gibt es Rädchen, die schneller laufen müssen, der Minutenzeiger muß zwölfmal um das Uhrblatt herumlaufen, bis der Stundenzeiger nur einmal herumläuft. Es wäre unsinnig, sich darüber zu beklagen. (Geiger, Beyspielbuch, S. 42) - Besitz einer Taschenuhr um 1775 außergewöhnlich; um 1820 besitzt fast jeder Handwerksbursche eine (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 166) Uneigenniitzigkeit (Wening 1784, S. 157-162) Unfälle (—> Gehorsam; Geistesgegenwart; Ertrinken; Kinderspiel; Leichtsinn; Nadelschlucker-Kind; Schießpulver; Schiffbruch; Übermut; Vorsehung) - Gymnasiasten springen in der Pause über einen offenen Brunnen. Zwei fallen hinein und kommen ums Leben (Stahl, S. 48072) - zwei Knaben fahren heimlich Kahn, ertrinken beinahe (Späth, S. 3f.) - Sohn eines Almhirten spielt trotz Verbots an einer Felswand und stürzt in den Tod (Späth, Nr. 29, S. 51 f.) - Junge klettert trotz Verbots immer wieder auf die Fensterbank, um auf die Straße sehen zu können. Eines Tages beobachtet er, daß der Gärtner die Leiter an den Apfelbaum gelehnt hat. Er klettert heimlich hinauf, bricht sich ein Bein und humpelt sein ganzes Leben (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 58, S. 120ff.) - tödliche Folgen des Ungehorsams (Rochow, Sämtl. Pädagogische Schriften, Bd. I, S. 14f.) - Junge klettert trotz Verbots auf Bäume, bricht sich eines Tages ein Bein (Wening 1784, Nr. 1, S. lf.) - Vorsicht im Umgang mit gefährlichen Dingen (Christiani Bd. 1, 1796, S. 115ff.) - bei einem Unglück nicht gaffen, sondern handeln (Wening 1784: Erzählungen, 1784, Nr. 34: Das Unglück, S. 80ff.) - Hirtenbuben retten Bruder, der bei Gewitter in reißenden Bach fällt (Rosenlächer, Goldener Spiegel, S. 104) - andere aus Unbesonnenheit in Todesgefahr bringen (Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820, Nr. 23: Todesangst, S. 75-79) - Hans-guck-in-die-Luft (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 136-139; Schmid, Lehrreiche, S. 23) - auf einem Bauernhof ist das Feuer ausgegangen. Magd will Ersatz holen auf dem Nachbarhof, findet eine ganze Familie ohnmächtig im Rauch (Schmid, Lehrreich, S. 40f.) - Junge überlebt Sturz von einem Felsen, weil er fromm ist (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 115f.) - Junge mischt sich an Königs Geburtstag unter die Böllerschützen, zündet in einem unbeobachteten Moment die Lunte an und verbrennt sich die Hand (Hoffmann, Erzählungen 1842: 7. Die Kanone. In; Ders.: Erzählungen, 1842, S. 16f.) - zwei Brüder spielen verbotenerweise mit dem Jagdgewehr des Vaters. Einer verliert dabei einen Arm, der andere ist am Bein verletzt und humpelt vier

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Wochen (Hoffmann, Erzählungen 1842: Nr. 64: Die Flinte. In: Ders.: Erzählungen, 1842, S. 132f.) - ins Eis eingebrochene Menschen retten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 91 ff.; Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 102, S. 134f.; Lohr, Sitte, Nr. 98, S. 188f.) - Maurergeselle wird beim Ausbessern eines Brunnens verschüttet. Ein Kollege rettet ihn unter dramatischen Umständen in einer fünfstündigen Aktion, ohne eine Belohnung dafür zu akzeptieren (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 100, S. 132ff.) Unglück (—> Vorsehung, göttliche) - gerät zur Lehre (ärztliche Handgriffe) (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 166) - tapfer ertragen (Schwarz, S. 43f.) Unhöflichkeit (Goeze, Zeitvertreib, 1783, 139-143; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 126f.) Unschuld, kindliche, möglichst lange bewahren (Schwarz, S. 37ff.) Unversöhnlichkeit (= Entschuldigung nicht annehmen) (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 195f.) Unverträglichkeit (Lohr, Sitte, Nr. 39, S. 76-80; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 100-103) Urteilen - vorschnelles über andere (Schmid, Lehrreiche, S. 9f.). - Anmaßung eines Urteils führt zu bösem Ende (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 28) Unzucht - rechtzeitig unterbinden (Geiger, Beyspielbuch, S. 167) - mißratene Bauerntochter geht in die Stadt als Dienstbotin und wird dort zuerst Hure, dann Kupplerin, steckt sich mit einer Geschlechtskrankheit an und schleppt sich wieder in ihr Dorf zurück (Pothmann 1790, S. 15f.) Vaterlandsliebe - sterben für das Vaterland (Lohr, Verstand, Nr. 38, S. 159) - verteidigen; Mutter sieht die Notwendigkeit ein (Schwarz, S. 74ff.) - ein Bauer brachte Kaiser Franz II. 1793 zur Aufbesserung seiner Kriegskasse tausend Gulden, ohne seinen Namen zu nennen. Er spendete aus Liebe zum Vaterland, nicht um in der Zeitung erwähnt zu werden (Rosenlächer: Goldener Spiegel, S. 110f.) - Arnold von Winkelried, Bürger von Unterwaiden, stürmte beim Einfall der Österreicher in die Schweiz 1386 in die geschlossenen Reihen des Feindes. Er war sich darüber im klaren, daß das einem Selbstmord gleichkam. Aber dadurch entstand eine Lücke in der feindlichen Phalanx, und die Schweizer siegten (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 103, S. 135f.) - Kaiser Karl läßt die Stadt Konstanz durch ein Heer spanischer Söldner angreifen. Die Konstanzer Bürger siegen, obwohl in der Minderheit, aufgrund ihres Patriotismus und ihrer Freiheitsliebe. Die Wende im Kampf bringt ein Konstanzer Wagner, der auf der Rheinbrücke zwei Spanier gleichzeitig ergreift und mit ihnen in den Tod springt. Das schafft solche Verwirrung beim Feind, daß er sich zurückzieht (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 104, S. 136ff.) - Im Jahr 1566 fiel Graf Nikolaus von Zriny im Kampf gegen die Türken, nicht ohne dem Feind höchste Verluste beigebracht zu haben. Selbst ein Brief

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des Sultans, in dem angedroht wurde, man würde den in Gefangenschaft geratenen Sohn des Grafen töten, schüchterte den Vater nicht ein (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 105, S. 138f.) - Eine Frau namens Hachette besiegt mit den Frauen der belagerten Stadt Beauvais 1472 das Heer Karls des Kühnen von Burgund, während die Männer sich winselnd in die Kirche zurückzogen. König Ludwig XI. richtet eine alljährliche Dankprozession ein, die Hachette und ihre Amazonen anführte bis zu ihrem Tod (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 106, S. 139f.) - Kurfürst von Sachsen belagert die Stadt Freiberg. Der Rat beschließt, seinem Herrn, dem Herzog von Weimar, treu zu bleiben. Sie treten barhäuptig mit ihrem Sterbekleid über dem Arm auf dem Marktplatz an und erklären, daß sie sich außer Stande sehen, ihren Treueeid zu brechen. Der Kurfürst ist von so viel Loyalität gerührt und schenkt Freiberg die Freiheit (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 107, S. 140f.) - Kaiser Karl V. hat den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen im schmalkaldischen Krieg gefangen gesetzt. Der Kaiser läßt Lukas Cranach zu sich rufen, da er sich erinnert, daß er von ihm als Knabe gemalt worden sei. Cranach darf eine Bitte äußern. Er wünscht sich nicht wie erwartet Geld, sondern die Freiheit für den Kurfürsten. Widerstrebend kommt der Kaiser der Bitte nach. Der Kurfürst überhäuft den Maler von da an mit Ehrenbezeigungen (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 108, S. 141f.) - Ein Schneider aus Ludwigslust sendet Herzog von Mecklenburg-Schwerin, der während der Befreiungskriege gegen Frankreich 1813 nach Holstein fliehen mußte, einen Beutel mit 500 Gold-Talern. Damit bedankt er sich bei seinem Landesherrn dafür, daß er im Waisenhaus erzogen worden war und als Schneider ab und zu kleinere Aufträge für den Herzog erledigen durfte (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 109, S. 142) - Stallmeister Immanuel Froben bemerkte in der Schlacht gegen die Schweden bei Fehrbellin im Jahr 1674, daß sein Kurfürst als einziger Reiter auf einem Schimmel ein leichtes Ziel für die Feinde sein wird. Unter einem Vorwand bittet er den Kurfürsten, mit ihm das Pferd zu tauschen. Kaum ist das geschehen, wird Froben von feindlichen Kugeln getroffen. Der Kurfürst geht aus der Schlacht als Sieger hervor (Plieninger: Beispiele des Guten, 1807, Nr. 110, S. 142f.) Vergänglichkeit irdischer Güter - König will ein Glücksglöckchen läuten, immer wenn er glücklich ist. Kurz vor Erreichen dieses Zustandes tritt aber jeweils ein Unglück ein. Erst in der Todesstunde kann es geläutet werden (Schwarz, S. 94-100) - am Beispiel der zerplatzenden Seifenblasen (Schwarz, S. 77f.) - besprochen anläßlich einer Feuersbrunst in Kopenhagen (Christiani Bd. 1, 1796, S. 115ff.) Vergeßlichkeit (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 158ff.; Späth, S. 26ff.) Vergnügungssucht (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 11 ff) Verleumdung - üble Nachrede vermeiden. Wer auch über Feinde gut redet, gewinnt ihr Herz (Geiger, Beyspielbuch, S. 219) - aus Angst vor übler Nachrede eines feindseligen Nachbarn wird ein Mann zu einem untadeligen Charakter und wohlhabend (Schmid, Lehrreiche, S. 77) - Aus dem Mund des Bürgermeisters von London sollen drei schwarze Raben geflogen sein. In Wirklichkeit hatte sein Friseur nur beobachtet, daß er

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schwarzen Auswurf hatte (Schwarz, S. 23-25) - eine Verleumderin wird in Gesellschaft bloßgestellt (Lohr, Sitte, Nr. 61, S. 115ff.) - streitsüchtiges Mädchen behauptet, ein anderes habe sie geschlagen. Als die Mutter das Kind bestrafen will, errötet die Verleumderin und muß ihre Lüge eingestehen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 13ff.) - Junge stiehlt Erbsen von einem Acker und bezichtigt einen anderen für diese Untat. Der Lehrer bestraft den Unschuldigen, der die Strafe einsteckt und sich den Übeltäter in Schutz nimmt. Die beiden werden Freunde (ebd., S. 44ff.) - kluger Hirtenknabe avanciert zum Schatzmeister bei Hof. Neidische Höflinge bezichtigen ihn des Diebstahls. Der König lässt im Haus des ehemaligen Hirten eine verschlossene Tür aufbrechen, findet dort aber nur die wenigen Habseligkeiten, die dieser einst besaß. Er bewahrt sie als Erinnerung an seine Jugend auf, in der er arm, aber glücklich war (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 106, S. 83-86) Verschwendung (—* Geiz, Habgier, Zeitverschwendung) - Familie lebt auf großem Fuß. Der Vater stirbt und hinterläßt nur Schulden. Die Mutter und die älteren Geschwister, die an den Luxus gewöhnt sind, bleiben hilflos. Aus den beiden jüngeren Kindern werden noch tüchtige Menschen, die den Rest der Familie unterstützen (Stahl, S. 47984-47989) - Mädchen hat nicht gelernt zu sparen, kann keine Weihnachtsgeschenke kaufen und schämt sich am Heiligen Abend (Stahl, S. 48070f.) - teure Eintrittskarte zu einem Ball in einem neueröffneten Pariser Tanzsaal kaufen, während draußen die Menschen verhungern und erfrieren (Lohr, Sitte, Nr. 11, S. 26f.) - Kleinbauer findet beim Brunnenreinigen eine Kanne mit Goldmünzen. Von da an läßt er andere für sich arbeiten, kauft sich teure Kleider und lebt auch sonst über seine Verhältnisse. Er endet als Bettler (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 36) - Dienstboten gehen mit ihrem wenigen Geld um, als wenn sie reich wären. Sie lassen ihren geringen Lohn auf dem Tanzboden, am Spieltisch oder in der Bierschenke. Deshalb leiden sie oft unter Geldnot (Geiger, Beyspielbuch, S. 185) - zwei Brüder erhalten mit Schuleintritt jeden Sonntag vier Groschen Taschengeld, um sich davon ihr Vesperbrot zu kaufen. Der eine teilt das Geld gut ein und kann am nächsten Samstag sogar noch ein paar Pfennige an arme Kinder verschenken, der andere hat bereits am Dienstag alles ausgegeben und muß für den Rest der Woche Hunger leiden (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 30, S. 65ff.) - Familie lebt in Saus und Braus. Der Vater vergiftet sich eines Tages, als er den Bankrott vor Augen hat. Die Mutter zieht als Bettlerin in Lumpen von Tür zu Tür. Die Tochter ist nicht einmal in der Lage, ihr Brot als Kindermädchen zu verdienen, der Sohn geht als Trommler zur preußischen Armee (Weiße, Kinderfreund, Bd. 2, 3. Aufl. 1791, S. 240ff.) - zwei Schwestern gehen unterschiedlich mit Geld um: die eine spart, die andere gibt es gleich aus. Eines Tages kommt ein Zirkus mit wilden Tieren in die Stadt. Die Sparsame kann sich eine Eintrittskarte kaufen, die andere nicht (Hoffmann, Erzählungen 1842, Nr. 72, S. 145ff.) - Über seine Verhältnisse leben (Lohr, Verstand, Nr. 26, S. 145) - Mann erbt ein Haus und viel Geld von den Eltern. Er gibt seinen Beruf auf,

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verleiht Geld und plant von den Zinsen zu leben. Nach 20 Jahren ist die gesamte Erbschaft durchgebracht. Er wohnt in einem engen gemieteten Zimmer, ernährt sich von Brot und Kartoffeln und ist auf Almosen angewiesen, denn das Arbeiten hat er verlernt (Lohr, Sitte Nr. 70, S. 139-142) - Herr Thomas ist reich und lebt verschwenderisch. Dennoch reicht das Geld nie. Ein Freund redet ihm ins Gewissen, sich einzuschränken. Thomas sorgt dafür, daß niemand in seinem Haushalt etwas wegwarf, was noch zu gebrauchen war; Speisen durften nicht mehr verderben, Kleider wurden aufgetragen solange es ging usw. Schließlich lebt er sorgenfrei und kann seinen Kindern ein großes Vermögen hinterlassen (Lohr, Sitte, Nr. 75, S. 153ff.) - nur kaufen, was man wirklich braucht (ebd., Nr. 78, S. 157-160) Verrat - Preuße weist französische Besatzer auf einen Bauholz-Vorrat hin, um sich ein Taschengeld zu verdienen. Der Kommandant geht auf das Angebot jedoch nicht ein, sondern wünscht ihn an den Galgen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 50, S. 27) Verschwiegenheit (Lohr, Sitte, Nr. 56, S. 106f.) Versprechen halten (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 184ff.; ebd. S. 246ff.) Verweichlichung von Kindern (alle folgenden Beispiele bei Geiger, Beyspielbuch, S. 145ff.) - in warmem Wasser baden - in weiche Windeln wickeln - süße Schnuller geben - weiche Betten - zu warm anziehen im Winter (mit Muff und Pelzmütze) - Süßigkeiten zu essen geben - Sohn eines Schneiders wächst überbehütet auf. Als er als Schneidergeselle auf Wanderschaft gehen soll, kehrt er vorzeitig heim (Stahl, S. 45955f.) Verzeihung - jemanden um Verzeihung bitten können (Lohr, Verstand, Nr. 33, S. 149f.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 156ff.; Späth, S. 24ff.) - jemandem verzeihen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 44ff., S. 202ff.; Späth, S. 24ff.) Vögel zähmen/Vögel fangen/Vogelherd (—* Guttätigkeit) - Vogeleier aus Indien zum Verzehr als Luxusindikatoren (Weiße, Kinderfreund, Bd. 2, 3. Aufl. 1791, S. 240ff.) - Junge fängt Vögel und reißt ihnen die Zunge aus. Gott straft ihn später mit sieben stummen Söhnen (Kieffer: Lesebuch, 1862, Nr. 65, S. 33f.) - Junge investiert viel Zeit und Geld in seine Taubenzucht. Als ihm neidische Kollegen die Tiere entwenden, ist er wochenlang niedergeschlagen und gibt das aufwendige Freizeitvergnügen schließlich auf (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 130-136) - Jäger hat einem Star das Sprechen beigebracht. Ein Nachbarjunge stiehlt den Vogel, wird aber überfuhrt, weil dieser sich aus der Jackentasche des Jungen meldet (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 39) - Veteran lebt von Vogelfang und -abrichtung (Schmid, Lehrreiche, S. 142145) - Junge hat Vogelbögen, sog. Vogelgerichtlein, mit Erlaubnis des Jägers im

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Wald aufgestellt, fangt darin kleinere Vögel wie Drosseln zum Verkauf und Verzehr (Schmid, Lehrreiche, S. 139f.) - Vögel fangen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 257-260) - Raubvögel jagen, um den Bestand zu verringern (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 260ff.) - Vogelnester ausrauben, um mit den Eiern oder mit den Vogeljungen Geld zu verdienen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 284ff.; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 78f.) - Junge möchte alle Spatzen vom Kirschbaum schießen, weil sie von den Früchten picken. Der Vater erinnert ihn daran, daß die Vögel im Frühjahr die Raupen weggefressen haben. Ohne sie hätte es gar keine Kirschen gegeben. Moral: Der Schaden manches Tieres ist geringe,/ Bedenkt man, daß es größeren Nutzen bringe (Schmid, Lehrreiche, S. 16f.) - Mädchen entwischt ein zahmer Kanarienvogel, Blinder bringt ihn zurück (Schmid, Lehrreiche, S. 128f.) - einem Jungen entwischt sein Rotkehlchen; man hatte ihm die Flügel gestutzt, so daß es nur noch hüpfen konnte. Ein Nachbarjunge fängt es wieder ein (Schmid, Lehrreiche, S. 128f.) - Freude an zahmen Vögeln (Schmid, Lehrreiche, S. 14, S.20ff; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 32ff.; ebd. S. 123f.) - Mädchen vergißt nach anfänglicher Euphorie, seinen Kanarienvogel zu futtern. Er stirbt (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 214ff.) - Tauben als Weihnachtsgeschenk. Junge kümmert sich mit der Zeit nicht mehr ausreichend um den Taubenschlag. Ein Marder bringt eines Nachts alle Tauben um (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 279ff.) - Vogel erwerben und sich dabei einen Star für eine Nachtigall verkaufen lassen (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 270-273) - Kinder beobachten Lerche. Vater ermahnt sie, sich wie die Lerche gen Himmel zu wenden, um von Sorgen befreit zu werden (Schmid, Lehrreiche, S. 126ff.) Vorsehung, göttliche (—» Mord, Schiffbruch) - Haus gläubiger Menschen verschwindet hinter einer Schneeverwehung; feindliche Soldaten ziehen an dem Haus vorbei, ohne es zu sehen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 75f.) - Kaufmann murrt über Regenwetter. Es erweist sich aber als sein Glück, da Räuber versuchen, ihn zu erschießen, was durch die Feuchtigkeit des Schießpulvers vereitelt wird (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 41 f.) - zwei Brüder empfinden ihren Schiffbruch und die anschließende Zeit auf einer einsamen Insel als lehrreiche Lektion (Schmid, Lehrreiche, S. 108f.) - Sklave wird freigelassen und ein erfolgreicher Lehrer in der christlichen Mission. Nachträglich betrachtet er seine Gefangennahme als glückliche Fügung (Schmid, Lehrreiche, S. 202ff.) - Kaufmann auf Reisen murrt über den Dauerregen. Er fällt Räubern in die Arme, die ihn erschießen wollen. Da das Pulver jedoch naß geworden ist, zündet die Flinte nicht. Er dankt Gott für die Vorsehung (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 41 f.) - verirrter Wanderer in der Wüste findet unter einem schattigen Baum ein Säckchen mit Perlen, die in dieser Situation aber völlig wertlos für ihn sind. Auf sein Gebet hin findet ihn ein Mohr, der die Perlen bei seiner Rast hier vergessen hatte, und rettet ihn (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 53)

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- Räuber wird von einer Giftschlange zu Tode gebissen just in dem Augenblick, als er auf sein Opfer zielt (Schmid, Lehrreiche, S. 161f.) - Attentat wird vereitelt durch eine Haselnuß, auf die der Meuchelmörder versehentlich tritt. Das Geräusch weckt den Bedrohten, er kann seine Pistole ziehen und den Angreifer festsetzen (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 65f.) Vorwitz (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 16f.) Wagenrad Symbol für das Schicksal (Schmid, Lehrreiche, S. 45). Weihnachten (—> Brauch) Weihnachtsplätzchen (—> Zucker/Zuckerpuppe) - Marzipanstücke/-könige/-frauen, die zu Weihnachten mit „Gold"schaum aus Kupfer und mit Zinnplättchen verziert werden und zu Vergiftungen fuhren (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 204-210, hier S. 206ff.; Lohr, Mancherlei Begebenheiten, 1820, S. 31 f.) - sogenannte Brustkuchen als weihnachtliche Nascherei für Kinder (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 207) Weinen, öffentliches von Jungen/Männern (Lohr, Sitte, 1799, S. 12) Witwe ( - * Armut, Betteln, Ehe, Ehrlichkeit, Guttätigkeit, Mohr, Mord, Naschhaftigkeit, Reichtum, Spielsucht, Stiftungen) - Trost der Witwe (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 141) - Herrscher nimmt einer Witwe ihr Grundstück weg, um seinen Garten zu vergrößern. Einem Richter gelingt es durch ein Exempel, ihn zur Rückgabe zu bewegen (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 53, S. 28f.) Wohltätigkeit (-»• Guttätigkeit, Stiftungen) Wolfskinder - zwei wilde Mädchen (Typ Kaspar Hauser) geraten einem Jäger vor die Flinte, eine wird gefangen, erschlägt einen bissigen Hund, kann nur Rohes essen, entkommt schließlich wieder unerkannt (Goeze, Zeitvertreib, S. 1-19) - Perserkönig verirrt sich auf der Jagd, stößt auf einen gelehrigen Hirtenknaben, nimmt ihn mit sich, um auszuprobieren, was durch Erziehung aus guten Anlagen gemacht werden kann. Der Knaben wird später sein Großschatzmeister (Liebeskind, Palmblätter, Bd. I). - indianische Nomadenfamilie findet verirrtes Mädchen im Urwald und bringt es zu seinen Eltern zurück (Kieffer, Lesebuch, 1862, Nr. 105, S. 79-83) Zahnschmerzen - mittels zerdrücktem Marienkäfer heilen (Schmid, Lehrreiche, S. 162ff.) - zwei Betrüger verkaufen ein Pulver dagegen, das sich als abgeschabte Kreide herausstellt (Schmid, Kurze Erzählungen, S. 73f.) Zehrpfennig, Handwerksburschen erbitten ihn (Schmid, Lehrreiche, S. 50f.) Zeitverschwendung (—> Spiele/Spieler) - Umformen von Hüten nach der neuesten Mode (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 221 f.) - Herstellen aufwendiger Frisuren (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 222) - Fliegen fangen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 223) - Köpfe zeichnen, anstatt zu lernen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 223) - Ein Brett mit verschiedenen Haarnadel spicken und auf ihm wie auf einem Musikinstrument spielen (Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 223 f.)

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- nur unter nützlicher Beschäftigung vergeht die Zeit angenehm (Lohr, Sitte, Nr. 74, S. 149-153) Zielstrebigkeit (Schmid, Lehrreiche, S. 53) Zirkusbesuch (Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 145ff., Lohr, Mancherlei Begebenheiten, S. 158ff.) Zorn (—» Gesundheit, Haustier, Krankheit) - Geiger, Beyspielbuch, S. 81; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 28ff., S. 32ff.; Hoffmann, Erzählungen 1842, S. 156ff.; ebd., S. 169f.; S. 197f.; Schmid, Kurze Erzählungen, S. 20f., S. 30 - Durch eine Predigt wird ein Bauer von seinen Zornesausbrüchen geheilt (Baudissin: Dorfgesellschaft, 1. Teil, 2 1792, S. 48-51) Zuchthäusler, ehemaliger Zuchthäusler ernährt seine Familie als Kleinbauer, stiehlt nicht mehr (Stein, 52 Sonntage, hier 9. Sonntag, zit. nach Pleticha/Launer S. 133f.) Zucker/Zuckerpuppen - süchtig werden nach Zucker (Geiger, Beyspielbuch, S. 25f.) - weihnachtliche Schleckerei: Hölzerne Püppchen mit farbigem Zucker überzogen. Der Farbstoff wurde auf der Basis von Kupfer und Zinn hergestellt und war giftig (Goeze, Zeitvertreib, 1783, S. 207) Zündeln (—> Brandkatastrophe) - Junge setzt Zimmer in Brand, Vater kommt rechtzeitig, um zu löschen (Späth, Nr. 3, S. 5f.) Zufriedenheit (—» Armut) - ein reines Gewissen bringt Zufriedenheit (Schlez, kath. Ausg. 1801, S. 100) - Wandergeselle bemitleidet sich selbst, weil er kein Geld für neue Schuhe besitzt, als eine Kutsche an ihm vorüberfährt. Am nächsten Gasthaus beobachtet er, wie ein Krüppel aus der Kutsche herausgehoben wird (Schmid, Lehrreiche, S. 35f.) - Keramikhändler wünscht sich ein Pferd zum Transport seiner Krüge. Als er sich endlich eines leisten kann, kann er es nicht bändigen, stürzt aus dem Sattel und alle Krüge zerbrechen. (Schmid, Lehrreiche, S. 15f.) - eine Bäuerin bringt mit ihren Kindern auf Bestellung Flachs in die Stadt. Dort werden sie mit Met und Weißbrot bewirtet und bestaunen die prächtige Wandbemalung. Im nächsten Jahr holt die Städterin den Flachs mit ihren Kindern auf dem Hof ab. Dort gibt es Roggenbrot, Milch und Butter draußen unter einem blühenden Apfelbaum. Diesmal glauben die Stadtkinder, daß das Leben auf dem Lande viel besser sei (Schmid, Lehrreiche, S. 65f.) - ein Bauer klagt, daß die Ernte aufgrund des schlechten Wetters miserabel ausgefallen sei. Ein anderer meint, man habe wieder fur ein Jahr genug Brot zu essen, Saatgut fur den nächsten Frühling und noch etwas Korn zum Verkauf übrig, um sich Kleider kaufen zu können. Mehr brauche man nicht. Ein alter Mann, der ihnen zuhört, resümiert: „Der Ungenügsame wünscht immer mehr, als er hat; der Genügsame hat immer mehr als er wünscht." (Schmid, Lehrreiche, S. 71 f.) - junger Mann fugt sich in sein Schicksal, ein Holzbein zu haben und findet allerlei Vorteile dabei (Weiße, Kinderfreund, Bd. 1, 1791, S. 35ff.) - die wahre Glückseligkeit des Menschen besteht in der Zufriedenheit des Herzens (Geiger, Beyspielbuch, S. 19, 22f.; 34-52, 175, 23Iff., 268) - Zufriedenheit unter den größten Entbehrungen (Pischon IV, S. 153-212)

Bildtafeln

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Abb. 20: Der Jesuit Georg Alois Dietl (17521809) wandte sich als entschiedener Aufklärer gegen Karfreitagsprozessionen und Passionsspiele sowie gegen Kollegen, die von der Kanzel Angst und Schrecken verbreiteten. Seine Werke brachte meist Johann Baptist Strobl, München, heraus (zu dessen Vita s. S. 644).

IV. Anhang

1. Autorenverzeichnis

1. Im folgenden Verzeichnis sind 365 Autoren aufgelistet, die als Volksaufklärer gewirkt oder diese beeinflußt haben und in der vorliegenden Arbeit behandelt werden. Die erste Zeile enthält jeweils den Namen, Lebensdaten, Brotberuf und - soweit eruierbar - die Konfession. Daraus wird ersichtlich, daß die Mehrzahl der Volksaufklärer dem Kreis protestantischer Geistlicher entstammte. 2. Im Abschnitt „Moralische Geschichten" verweise ich jeweils auf die Nummern, unter denen der Autor bzw. die Autorin in meiner „Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur" vertreten ist. 3. Unter „Weitere Werke" sind jene Arbeiten aufgeführt, die im Œuvre der Verfasser eine wichtige Rolle spielen, aber keine moralischen Geschichten enthalten. 4. Unter „Lit." ist weiterfuhrende biobibliographische Literatur genannt.

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Autorenverzeichnis

Abbt, Thomas, *25.11.1738 Ulm, f 3.11.1766 Bückeburg, Popularphilosoph, prot. Sohn eines Perückenmachers, gehört zum Berliner Aufklärerkreis um Nicolai und Mendelssohn. 1756-60 Studium in Halle, zunächst kurzzeitig Theologie, dann Philosophie und Sprachen. 1760 Professor der Philosophie in Frankfurt/Oder, 1761 Prof. für Philosophie und Mathematik in Rinteln. Neunmonatige Frankreich-Reise mit Besuch bei Voltaire, ab 1765 gräflich SchaumburgLippischer Hof-, Regierungs- und Consistorialrat. Seine Werke, die teilweise historisch-politschen, teilweise ästhetischen, teilweise philosophischen Inhalts sind, wurden durch den bayerischen Volksaufklärer Heinrich Braun rezipiert. Werke (Auswahl): Vom Tode fürs Vaterland. Berlin/Stettin 1765. - Vom Verdienste. Berlin 1761. - Einrichtung der ersten Studien eines jungen Herrn vom Stande. Leipzig/Berlin 1767. Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 263. - ADB 1, S. 2f. - NDB 1, S. 2ff. Adloff, Johann Friedrich, Lehrer an der Seminarschule zu Gotha, prot. Moralische Geschichten: Nr. 6. Lit.: Pech, Klaus-Ulrich: J. F. A. In: LKJL, Erg.Bd., S. 2f. Ahlfeld, Friedrich, »1.11.1810 Mehringen (Anhalt) |4.3.1884 Leipzig, Geistlicher, Schriftsteller, prot. Α., Sohn eines Bergwerkszimmermanns, Tagelöhners und Hausschlächters, Studium in Halle, 1834 Lehrer am Gymnasium in Zerbst, 1837 Rektor der Knabenschule in Wörlitz, ab 1838 Pfarrer in Aisleben. Dort Gründung eines Frauen- und eines Männervereins, Belehrung und Gespräche mit der männlichen Jugend im Pfarrhaus. A. startete eine Kampagne gegen Alkoholismus und entwickelte sich durch seine Missionsstunden zu einem geschätzten Redner. Mit „Erzählungen für's Volk" (1. Aufl. 1847; 8. Aufl. 1899) engagierte er sich auch als Schriftsteller gegen die „Schäden des Volkslebens" (Spielsucht, Sittenverfall). 1847-51 Gemeindepfarrer an der Laurentiuskirche in Halle, 185181 an St. Nikolai in Leipzig und im Predigerkolleg. Hier erreichte er als Prediger und Seelsorger auch die Studenten. A.s Predigten waren im volksaufklärerischen Sinne „populär" (vgl. das Kap. „Profile der Volkslehrer"); mit Vorliebe flocht er Erzählungen aus der Bibel und der Kirchengeschichte sowie eigene und fremde Erlebnisse ein. Er bemühte sich um die Erneuerung des Luthertums und entwarf das sächsische Landesgesangbuch von 1880. Moralische Geschichten: Nr. 9, 10. Weitere Werke: Predigten über die evangelischen Perikopen. Halle 1848 (12. Aufl. 1899). - Trost und Mahnung in den Tagen der Cholera. Drei Predigten,

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1849. - Der verlorene Sohn. Sieben Zeitpredigten, 1850 (4. Aufl. 1898). Sonntagsgnade und Sonntagssünden. Vier Predigten, 1850 (4. Aufl. 1894). Der christliche Hausstand. Eine Hochzeitsgabe in Predigten. Halle 1850 (6. Aufl. 1898). - Katechismuspredigten, 3 Bde., 1852 (4. Aufl. 1900). - Predigten über die epistolischen Perikopen. Halle 1867 (5. Aufl. 1899). - Zeugnisse aus dem innern Leben (= Predigten an Sonn- und Feiertagen, 2. Zyklus). Leipzig 1858. - Das Leben im Lichte des Wortes Gottes. Ein Lebensbuch insbesondere fur Konfirmanden und Brautpaare, 1858 (7. Aufl. 1886). - Das Alter des Christen. Ein Büchlein für die, so im Alter jung bleiben wollen, 1868 (5. Aufl. 1899). Lit.: DBA, Fiche 9, 242-249. - H. Ahlfeld u. J. Röntsch: D. F. Α., weiland Pastor zu St. Nicolai in Leipzig. Ein Lebensbild. Halle 1885 [mit Porträt]. - Joh. Naumann, F. A. In: ZThK21, 1911,61 f f . - A D B 45, S. 711-714. - NDB 1, S. 1 1 0 f . - R E I , S. 270ff. - RGG I, S. 191. - BBKL I (1990), Sp. 66f. André, Christian Carl, *20.3.1763 Hildburghausen, 119.7.1821 Stuttgart, Gymnasiallehrer, Wirtschaftswissenschaftler, Forstmann, Schriftsteller, prot. Sohn des Kammermusikers Johann Friedrich Wilhelm Andreä und der aus Bayreuth stammenden Opernsängerin Johanna Rosina. Ab 1780 Jurastudium in Jena, zugleich Hofmeister bei Friedrich Albrecht von Wechmar in Roßdorf bei Eisenach. A. arbeitete als Musikpädagoge im spätaufklärerischen Sinn mit dem ihm anvertrauten Zöglingen sowie in höfischen und bürgerlichen Kreisen. 1783 erhielt er vom Regierenden Fürsten Friedrich von Waldeck den Auftrag, ein Konzept für ein Philanthropinum in Arolsen zu entwickeln. Er nahm Kontakt mit Becker und Salzmann in Dessau auf. Als sich abzeichnete, daß das Arolser Philanthropinum nicht eingerichtet würde, ging A. mit fünf Schülern nach Schnepfenthal zu Salzmann. Hier gründete er 1786 zusammen mit seiner Frau Johanna, geb. Schnell, einer Schwägerin Salzmanns, das erste eigene Mädchen-Institut, das er 1790 nach Gotha und 1794 nach Eisenach verlegte. 1798 erhielt A. den Ruf als erster Leiter der Evangelischen Schule in Brünn. 1821 ging er als königlich württembergischer Hofrat nach Stuttgart und war u.a. als Redakteur bei Cotta tätig. Wo immer er sich beruflich aufhielt, forderte er die private und öffentliche Musikpflege; in Stuttgart gründete er 1824 den „Liederkranz" und gab ihm seinen historischen Namen. Singen und Musizieren räumte A. einen hohen Stellenwert ein. Er verwendete für jede Klasse eine eigene „ansehnliche Liedersammlung", die „hauptsächlich aus dem Gesichtspunct der Moralität gesammelt" wurde. Die sollten dazu beitragen, „das moralische Gefühl zu wecken". Zu diesem Zweck erteilte A. J e d e n Morgen nach dem Gesang" selbst den „moralischen und Religions-Unterricht" (Kurze Nachricht, Bd. XI, Η. 1, Gotha/Halle 1794, S. 25, 35f., 42).

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Moralische Geschichten: Nr. 18. Weitere Werke: Compendiose Bibliothek der gemeinnützigsten Kenntnisse für alle Stände, hg. v. C.C.A., 27 Abteilungen 1790-98, darin z.B. 1. Der Landmann 1790-95; 5. Der Geistliche 1793-98; 6. Der Pädagoge 1793-95; 7. Der Arzt 1795-96; 11. Das Weib 1794-97; 25. Der Freymaurer 1793-95. Ders./Bechstein, Johann Matthäus: Gemeinnützige Spaziergänge auf alle Tage im Jahr, fur Eltern, Hofmeister, Jugendlehrer und Erzieher 1790ff. - Lustige Kinderbibliothek, ein Abendgeschenk für solche Kinder, welche am Tage fleißig und gut waren. 2 Bde. Marburg 1787-89. Lit.: Beaucamp, Gerta: Der Pädagoge C.C.A. in Arolsen (1783-85). In: Geschichtsbll. f. Waldeck 78 (1990), S. 151-171. - Brusniak, Friedhelm: Zur Adaption von Johann Friedrich Reichardts „Lieder für Kinder" durch den Schnepfenthaler Philanthropisten C. C. A. In: Salmen, Walter (Hg.): J. F. Reichardt und die Literatur. Hildesheim 2003, S. 323-334. - ADB 1, S. 432f. NDB 1, S. 275f. Armbruster, Johann Michael, * 1.11.1761 Sulz am Neckar, f 14.1.1814 Wien, Schriftsteller, Publizist, prot. A. war mit Schiller 1775-79 Zögling der Karlsschule in Stuttgart, anschließend Gärtner in Hohenheim, kam durch Lavater, dessen „Physiognomische Fragmente" er in Auszügen herausgab, in die Schweiz und arbeitete an der „Zürcher Zeitung" mit. Ab 1785 gab er nach dem Muster der Schlözerschen „Staatsanzeigen" das „Schwäbische Museum", eine allgemeinwissenschaftlich-kritische Kulturgeschichte Schwabens, heraus. Ab 1786 ließ er sich als freier Schriftsteller in Konstanz nieder, von wo aus er der Französischen Revolution scharf entgegentrat. Das führte zu seiner Ernennung zum österreichischen Polizeikommissar in Freiburg. 1801 folgte er der vorderösterreichischen Regierung nach Wien, wo er 1802 Zensor und 1805 k.k. Hofsecretär wurde. Als geschickten Volksschriftsteller betraute man ihn 1809-13 mit der Besorgung der „Vaterländischen Blätter für den österreichischen Kaiserstaat". 1809 gründete er die zensurfreie literarische Zeitschrift „Der Wanderer" und wirkte durch die 1813 erschienene Schrift „Wer ist ein österreichischer Krieger im Geist und in der Wahrheit?" für die Erhebung gegen Napoleon. 1814 brachte er sich um. Moralische Geschichten: Nr. 20-25. Lit.: DBA, Fiche I 31,381-393; II 38,191. - ADB 1, S. 533f. - N D B 1, S. 354. - ÖBL 1851, H. 1-3: A-Babenberger. - Brümmer 1 u. 2. - Gradmann 1802. Hamberger/Meusel. - Haug 1790. - Wurzbach. - Monschein, S. 75.

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Averdieck, Elisa, *26.2.1808 Hamburg, f e b d . 4.11.1907, Diakonisse, Jugendschriftstellerin. Pseud.: Elisabeth Averdieck, d.i. Adele Kühner, prot. A. blieb nach ihrer Schulzeit zunächst im Elternhaus, um als die Zweitälteste von zwölf Geschwistern der Mutter im Haushalt zu helfen. Sie war dann zwei Jahre Pflegerin einer weitläufigen Verwandten und 1832-37 Erzieherin in einer orthopädischen Anstalt für Mädchen. 1837 eröffnete sie in der Hamburger Vorstadt St. Georg eine Vorschule fur Knaben und übernahm in der St. Georger Sonntagsschule des Pfarrers Johann Wilhelm Rautenberg die Mädchenabteilung. Sie arbeitete mit in dem von Amalie Sieveking gegründeten Frauenverein für Armen- und Krankenpflege. Im Herbst 1856 gab sie ihre Schule auf und eröffnete mit zwei Freundinnen in einem gemieteten Haus das Krankenhaus „Bethesda". Als das Haus zu klein wurde, kaufte sie im Juni 1859 zwei Häuser, die sie zu einem Kranken- und Diakonissenmutterhaus ausbaute, das 1860 dem Kaiserswerther Verband der Diakonissenmutterhäuser angeschlossen wurde. 1869 ermöglichte A. die Gründung einer Diakonissenanstalt in Braunschweig. Im Herbst 1881 legte sie ihr Amt nieder. Moralische Geschichten: Nr. 27-34. Weitere Werke: Kinderleben. I: Karl und Marie, 1850 (121887). - II: Roland u. Elisabeth, 1851. - III: Lottchen u. ihre Kinder, 1870 (71887). - IV: Tante auf Reisen, 1883. - Erlebnisse aus alter u. neuer Zeit, 1880. - Bethesda. Rückblikke, 1887. - Ferien in Süderhaff, 1903. - Schulmeisters Spitz u. seine Bekannten, 1894. - Mein, 1890. - Geburtstagsfest, 1898. - Lebenserinnerungen, zus.gest. v. Hanna Gleiß, 1. Tl., 1908. - 2. Tl.: Ε. A. als Diakonissenmutter, 1912. Lit.: Gleiß, Hanna: Ε. A. Aus dem Leben einer Hundertjährigen, 1926 (veränd. Neuaufl. 1953). - Pataky. - Krüger, Hermann Anders: Deutsches Literaturlexikon, 1914. - Gilbert, Hildegard: Ε. Α., 1926. - Schweikhardt, Sophie: Ε. Α., Diakonisse u. Lehrerin, 1956. - Hardeland, Käte: Ε. A. Aus dem Leben einer Hundertjährigen, 1958. - DBN I, 470. - BBKL I (1990), Sp. 308. - N D B 1, S. 470. - Ε. A. zum lOOsten Geburtstag am 26. Februar 1908, Ein Gruß an ihre Freunde. Hamburg: Agentur des Rauhen Hauses 1908. - Α. E.: Lebenserinnerungen. Aus ihren eigenen Aufzeichnungen v. Hannah Gleiss. Ebd. 1908. Dies./Gleiss,Hannah (Hgg.): Fröhlich, frisch und voll Frieden. Ebd. 1910. Bacher, Bartholomäus, *5.4.1773 Rott am Inn, f29.12.1827 Trostberg, Geistlicher, Schulpädagoge, kath. B., aus einer Chirurgenfamilie stammend, beteiligte sich nach dem Studium in Salzburg, wo er Schüler Franz Michael Vierthalers gewesen ist, als Priester und Pädagoge an der Umgestaltung des bayerischen Volksschulwesens (Betonung der Realfächer wie Naturgeschichte, Geographie und Sternkunde!). Von den Ideen der Philanthropisten und Pestalozzis beeinflußt, verfaßte er zahlrei-

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che pädagogische Schriften in meist mehreren Auflagen. Westenrieder hat ihn zu schriftstellerischer Tätigkeit angespornt. Bücher aus seiner Feder bestimmten über Jahrzehnte das bayerische Volksschulwesen. Sein „Mädchenfreund" (1807) für Volksschulen und sein „Töchterspiegel" (1830) für Sonntagsschulen gehören zu den frühesten Mädchenschulbüchern überhaupt. Seine Pfarrstellen (Priesterweihe 1796) waren Siegsdorf, Ruhpolding und Trostberg. Moralische Geschichten: Nr. 35, 36. Weitere Werke: Gemeinnützige Sätze zu Vorschriften für Stadt- und Landschulen in Baiern, 1802 [bekannt als „Bachersätze"]. - Praktisches Handbuch für Schullehrer, 1806, 3. Aufl. 1820. - Anleitung zu schriftlichen Aufsätzen über Gegenstände des gemeinen Lebens für Bürger- und Landschulen, 1813 [enthält Beispiele aus dem Geschäftsleben]. Lit.: DBA, Fiche I 45,64-71. Heigenmooser, Josef: Pfarrer B.B., ein Schulmann des Chiemgaues aus den Anfangen des 19. Jahrhunderts. Berlin 1901. Felder. - Fürst. - N D B 1, S. 495f. - Hamberger/Meusel XIII (1808), S. 50. Bosl, S. 3 7 , - M e n d l , S. 412. Bahrdt, Carl Friedrich, *25.8.1741 Bischofswerda/Oberlausitz, f23.4.1792 Nietleben bei Halle/Saale, Theologe, Pädagoge. Pseud.: M. Avenarius, Kasimir Laugl, Nicolai der Jüngere u.a., prot. B., sowohl väterlicher- wie mütterlicherseits aus einer Theologenfamilie stammend, studierte ab 1757 in Leipzig, 1761 Magisterprüfung im Fach Theologie, 1766 a. o. Professor der geistlichen Philologie ebd., 1769 Professur in Erfurt. Sowohl hier wie ab 1771 in Gießen überwarf er sich mit Kollegen wegen seiner Schriften, in denen er die christliche Offenbarungsreligion allein auf allgemeine Vernunftbegriffe zurückführte und erhielt Lehrverbot. Dank Basedows Fürsprache betraute man ihn 1775 mit der Leitung des Philanthropins in Marschlins/Graubünden. 1776 Superintendent in Dürkheim/Haardt, 1777 gründete er das Heidesheimer Philanthropin, das jedoch durch unqualifiziertes Lehrpersonal und finanzielle Mißwirtschaft in Schwierigkeiten geriet. 1779 Verurteilung durch den Reichshofrat in Wien wegen seiner Übersetzung des Neuen Testaments (4 Tie., Riga 1773/74) und Entfernung aus allen Ämtern. B. floh nach Halle, hielt als Privatdozent philosophische und philologische Vorlesungen, eröffnete zum Überleben ein Wirtshaus und gründete die Deutsche Union, einen freimaurerischen Bund. B. galt lange als „enfant terrible" der Aufklärung wegen seines unmoralischen Lebenswandels. Heute zollt man ihm Respekt für seinen Kampf um die bürgerliche Emanzipation. Durch sein 1789 erschienenes „Handbuch der Moral für den Bürgerstand" hat sich B. einen festen Platz in der Geschichte des Philanthropismus erobert. Darin erörtert er „die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Erziehung und Aufklärung, zwischen Reformpädagogik und Gesellschaftsreform" (Herrmann, 1979, S. 140).

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Moralische Geschichten: Nr. 37, 38. Weitere Werke: Briefe über die systematische Theologie zur Beförderung der Toleranz. 2 Bde., Erfurt 1770/71. - Philanthropinischer Erziehungsplan. Frankfurt/Main 1776. - Kirchen- und Ketzer-Almanach aufs Jahr 1781. Häresiopel, recte Züllichau 1781. - Handbuch der Moral für den Bürgerstand. Halle 1789. Neudr. Frankfurt/Main 1972. - Geschichte und Tagebuch meines Gefängnisses, nebst geheimen Urkunden und Aufschlüssen über Dt. Union. Berlin 1790. Lit.: Schyra, Baidur: C. F. B. Diss. Leipzig 1962. - Mühlpfordt, Günter: Radikale Aufklärung und nationale Leserorganisation. Die Dt. Union v. K. F. B. In: Dann, Otto (Hg.): Lesegesellschaften und bürgerliche Emanzipation. München 1981, S. 103-122. - Herrmann, Ulrich: Die Pädagogik der Philanthropen. In: Scheuerl, Hans: Klassiker der Pädagogik I: Von Erasmus von Rotterdam bis Herbert Spencer. München 1979, S. 135-158, hier S. 140. - Ders.: Die Kodifizierung bürgerlichen Bewußtseins in der deutschen Spätaufklärung. C. F. B.'s „Handbuch der Moral fur den Bürgerstand" aus dem Jahre 1789. In: Vierhaus, Rudolf (Hg.): Bürger und Bürgerlichkeit im Zeitalter der Aufklärung (= Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung VII). Heidelberg 1981, S. 321-333. - Killy (= DB 9), 1059-1063. - ADB 1, S. 772ff. - NDB 1, S. 542f. Baratier, François, (1682-1751), Fabeldichter, reform. Vielschreiber, der nach Aufhebung des Ediktes von Nantes in die Schweiz floh und 1699 nach Berlin kam. Der König von Preußen übertrug ihm die Inspektion der französisch reformierten Kirche in Magdeburg. Baratier hinterließ u.a. ein Werk „Curieuse relation au sujet d'un enfant précoce" (Stettin/Leipzig 1728), das auch ins Deutsche übersetzt wurde. Sein Sohn, Jean Philippe Baratier (1721-40), verfaßte im Alter von 13 Jahren sein erstes Werk „Itinéraire de Benjamin de Tudèle" (Amsterdam 1734). Er erhielt vom preußischen König ein Stipendium und sollte in Halle Recht studieren, starb jedoch im Alter von 19 Jahren. B.s „sittlichen Gemälde guter und böser Kinder" können als frühe moralische Geschichten bezeichnet werden. Moralische Geschichten: Nr. 41. Lit.: Monschein, Johanna: Europäische Kinderbücher vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Wien 1979. Barth, Christian Gottlob, *31.7.1799 Stuttgart, fl2.11.1862 Calw, Theologe, Verleger, prot. Strenger Pietismus, der Wunsch, sozial tätig zu werden und missionarischer Eifer auf dem Gebiet der Volksliteratur führten B. dazu, für Kinder und Jugendliche zu schreiben. Am erfolgreichsten war ein betont religiöses Werk,

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das er gemeinsam mit einem Pfarrer Hochstetter verfaßte: „Zweimal zweiundfunfzig biblische Geschichten fur Kinder". Es erschien erstmals 1832 im Calwer Traktatverein (ab 1836 im Calwer Verlag) und erreichte innerhalb von 100 Jahren 483 Auflagen. Dieses Schulbuch wurde in mindestens 87 Sprachen übersetzt; insgesamt kursierten nahezu fünf Millionen Exemplare auf dem Buchmarkt und machten es zu einem Weltbestseller. B. war Gründer der Calwer Verlagsbuchhandlung und ein Hauptträger evangelischer Missionstätigkeit. Er gehört neben Christoph von Schmid und Gustav Nieritz zu den drei erfolgreichsten Autoren des 19. Jahrhunderts. Moralische Geschichten: Nr. 42, 43. Lit: Raupp, Werner: C. G. B. Studien zu Leben und Werk. Stuttgart: Calwer Verlag 1998, IX, 294 S. - Werner, Karl: C. G. B., Doktor der Theologie, nach seinem Leben und Wirken gezeichnet. 3 Bde. Calw/Stuttgart: Vereinsbuchhandlung und J. F. Steinkopf 1865/66. Mit gestoch. Portrait in Bd. 1. - Kaminski, W.: B., C.G. In: LKJ IV, S. 31. - Klotz S. 259/38. - Holzmann-B. VI, S. 5358. - Wild, Rainer (Hg.): Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur. Stuttgart 1990, S. 146. - ADB 2, S. 94f. - NDB 1, S. 601. Barth, Karl, (1811-1886), Jurist, Pseud.: Karl Albert. Moralische Geschichten: Nr. 44 Lit.: DBA, Fiche I 57,131-136. - Mendl, S. 412. - Brümmer 1 und 2. - Hinrichsen. - Kehrein. - Wienstein, Dichter. Basedow, Johann Bernhard, *11.9.1724 Hamburg, f25.7.1790 Magdeburg, Bildungsreformer, Pädagoge. Pseud.: Friedenlieb, Ernst Freimuth, prot. B., Sohn eines Perückenmachers in ärmlichen Verhältnissen, konnte aufgrund seiner Begabung das Gymnasium besuchen und studierte bis 1746 Theologie an der Universität Leipzig, wo er die Aufklärungsphilosophie Christian Wolffs sowie die Theorien Lockes und Rousseaus kennenlernte. 1749 Hauslehrer im Holsteinischen, 1753 Professor für Moral und Beredsamkeit, später auch fur Theologie, an der Ritterakademie Soroe auf der Insel Seeland. Seine freigeistigen Anschauungen führten zu seiner Versetzung an das Gymnasium Christianeum im damals noch dänischen Altona, wo aber die theologischen Streitigkeiten weitergingen. 1774 plante er eine Reform des Grundschulsystems in Deutschland. Seine Ansichten führten im selben Jahr in Dessau zur Gründung einer modellhaften Bildungsstätte, dem Philanthropin, dessen Direktor er vier Jahre lang war. Das Philanthropin und ähnliche Einrichtungen, die in der Folgezeit in anderen Städten gegründet wurden, hatten sich folgende Aufgaben vorgenommen: Internatserziehung reicher oder adliger Kinder; Ausbildung künftiger Hauslehrer und Schulmänner; Erziehung und Unterrichtung der Kin-

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der armer Eltern, damit sie später bessere, geschicktere Bedienstete oder auch Landschullehrer werden könnten. Die Qualität der Bildung sollte dadurch verbessert werden, daß die Arbeit in der Schule mit der Welt außerhalb des Klassenzimmers verbunden wurde. Hierzu gehörte spielendes Lernen ebenso wie handwerkliches Gestalten, körperliche Ertüchtigung und ein überkonfessioneller Religionsunterricht, der auf Toleranz ausgerichtet war. Aus der „Glückseligkeit" des Einzelnen sollte gemäß seinen Maximen der Wille zur Gemeinnützigkeit erwachsen. Besonderen Wert legte B. neben der lebenspraktischen Orientierung seiner Schule auf die Einführung einer staatlichen Aufsicht über das Schulwesen. 1778 trat er als Direktor des Philanthropins zurück. Moralische Geschichten: Nr. 45-47. Weitere Werke: Praktische Philosophie für alle Stände. Kopenhagen 1758 [rezipiert von Heinrich Braun], - Vorbereitung der Jugend zur Moralität und natürlichen Religion, 1766. - Vorstellung an Menschenfreunde und vermögende Männer über Schulen und Studien und ihren Einfluß auf die öffentliche Wohlfahrt. Hamburg 1768. - Vierteljährige Unterhandlungen mit Menschenfreunden über moralische und dennoch unkirchliche Verbesserungen der Erziehung und Studien. Altona/Bremen 1768/69. - Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien und Völker. Altona/Bremen 1770, das später zum „Elementarwerk" (4 Bde., 1774) erweitert wurde. - Das in Dessau errichtete Philanthropinum, 1774. Lit.: DBA, Fiche I 58,316-441. - ADB 2, S. 113-124. - Berner. - Meusel: Schriftsteller. - Herrmann, Ulrich: Die Pädagogik der Philanthropen. In: Scheuerl, Hans: Klassiker der Pädagogik I: Von Erasmus von Rotterdam bis Herbert Spencer. München 1979, S. 135-158, hier S. 141-146. - Hirsch, Erhard: Die Dessau-Wörlitzer Reformbewegung im Zeitalter der Aufklärung. Personen - Strukturen - Wirkungen (= Hallesche Beiträge zur Europ. Aufklärung, 18). Tübingen 2003. Baudissin, Karoline Adelheid Cornelia von, *2.1.1759 n.a. 1760 Dresden, |17.1.1826 Knoop/Holstein, Schriftstellerin. Tochter des dänischen Ministers Schimmelmann. 1776 heiratete sie Friedrich von Baudissin, Gutsbesitzer in Schleswig-Holstein, zu jener Zeit dänischer Gesandter in Berlin. Dort lebte sie auch zunächst, bis sie sich später auf ihre Güter in Holstein zurückzog. Sie war befreundet mit zahlreichen Dichtern und Schriftstellern, u.a. mit Klopstock und Herder. Daneben schrieb sie Trauerspiele und Erzählungen. Ihr Werk „Die Dorfgesellschaft, ein unterrichtendes Lesebuch für das Volk" wurde erstmals in zwei Bänden 1771/72 veröffentlicht und 1793 ins Dänische übersetzt. B. war die Schwester des Schiller-Gönners Graf Ernst Heinrich Schimmelmann. Sie begreift sich als Förderin des Fortschritts und publizierte auch unter ihrem Mädchennamen „von Schimmelmann".

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Moralische Geschichten: Nr. 48. Lit.: DBA, Fiche I 60,273-281. - ADB 2, S. 136 (Familienartikel). - NDB 1, S. 632. - Hamberger/Meusel. - Kordes. - Lübker/Schröder. - Pataky. - Schindel. - Neuer Nekrolog. - Dt. Biographische Enzyklopädie I (1995), S. 321. Bauer, Gilbert OPraem, (*1724, jnach 1802), Geistlicher, kath. B. war Pfarrer in Stuttgart. Moralische Geschichten: Nr. 50. Lit: DBA, Fiche I 61,183-185. - Gradmann. - Hamberger/Meusel. - Biemer, Günter: Edilbert Menne (1750-1828) und sein Beitrag zur Pastoraltheologie. Eine pastoralgeschichtliche Untersuchung, insbesondere zur Dorfkatechese der Aufklärungszeit (= Untersuchungen zur Theologie der Seelsorge, 25). Freiburg 1969, S. 179. Baumblatt, Luitpold, *1806 Thalheim/Unterfranken, f 1877, Kaufmann, Lehrer, Schriftsteller, Sprach- und Literaturwissenchaftler, Pseud.: Friedrich Haller, kath. B. war jüdischer Konvertit, seit 1839 katholisch. Nachdem er den Beruf des Kaufmanns aufgegeben hatte, war B. als Lehrer an Handwerksschulen in Nürnberg, München, Landau und Kaiserslautern tätig. Er schrieb neben religiös-moralischen Erzählungen auch historische Romane. Moralische Geschichten: Nr. 51. Lit.: DBA, Fiche I 63,347-351. - Mendl, S. 414. - Brümmer 1 u. 3. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. Baun, Karl (Friedrich), (1864-1930), Geistlicher, Schriftsteller, prot. Nach dem Theologie-Studium in Basel und Tübingen Pfarrer in Württemberg. B. war ein erfolgreicher Exempelschreiber der neueren Zeit und Autor frommer Lebensgeschichten und christlicher Charakterbilder, vornehmlich Erzählungen für die Sonntagsschule, den Konfirmandenunterricht und die Katechismusstunden. Von ihm stammt aber auch das Werk über den schwäbischen Pietismus „in Bildern und Beispielen", das wir durch den Volkskundler Martin Scharfe kennen. B. bezog Stellung gegen diverse Sekten und deren EndzeitAnkündigungen (z.B. die des Johann Albrecht Bengel, 1687-1752, für das Jahr 1836). Er notiert dazu in seinem „Sektenbüchlein": „Dem Schreiber dieses wurde selber noch von seinen Großeltern erzählt, daß in ihrer Heimat (im unteren Remstal) es Leute gegeben habe, welche im Jahre 1836 keine Wintervorräte mehr eintaten, kein Heu machten, sondern den Sommer über ihre Gärten und Wiesen vom Vieh abweiden ließen. Als aber das Jahr so ruhig vorüberging

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wie jedes andere, so waren sie dadurch in großen Schaden gekommen und hatten natürlich fur Spott nicht zu sorgen" (S. 35). B. ist mit seinem auf Luther und Caspari bezogenen Exempelbüchern nicht mehr der Volksaufklärung zuzurechnen. Diese Bewegung war zur Zeit seiner Geburt bereits ca. zwanzig Jahre abgeschlossen. Er findet hier dennoch Erwähnung, da die Titel seiner Werke weiterhin auf volksaufklärerische Inhalte schließen lassen, eine Autopsie ihn jedoch eindeutig als Vertreter der neuen evangelischen BeispielTradition aus der Zeit um 1900 ausweist, die wieder an die Erbauungsbücher und Predigtsammlungen des 16. Jahrhunderts anknüpfte (vgl. Möller: Exempelsammlungen, 1995). Moralische Geschichten: Nr. 52-55. Weitere Werke: Sektenbüchlein für evangelische Christen. Stuttgart 1907. Das schwäbische Gemeinschaftsleben in Bildern und Beispielen gezeichnet. Ein Beitrag zur Geschichte des Pietismus. Stuttgart 1910. Lit.: Das evangelische Württemberg. 2. Hauptteil: Generalmagisterbuch. Mitteilungen aus dem Leben der evangelischen Geistlichen. Aa-Bi. Gesammelt und bearb. v. Christian Sigel, Blatt 187. - Scharfe, Martin: Die Religion des Volkes. Kleine Kultur- und Sozialgeschichte des Pietismus. Gütersloh 1980, S. 155, 157. - Möller, Rainer: Katholische und protestantische Exempelsammlungen um 1900. In: FS Heinrich L. Cox (= Bonner kleine Reihe zur Alltagskultur 3). Erkelenz 1995, S. 281-300, hier 299f. u. passim. - Brückner: Protestantische Beispielkatechismen, 1999, S. 146ff. Bechstein, Johann M. (1757-1822), Ornithologe, Forstwissenschaftler, prot. B., Onkel des berühmten Märchen- und Sagensammlers Ludwig Bechstein, war als junger Mann Lehrer an Salzmanns Philanthropin in Schnepfenthal. Moralische Geschichten: Nr. 56. Lit.: DBA, Fiche I, 346-358. - ADB 2, S. 205f. - NDB 1, S. 692. - Hamberger/Meusel. - Heß, Richard: Lebensbilder hervorragender Forstmänner und um das Forstwesen verdienter Mathematiker, Naturforscher und Nationalökonomen. Berlin 1885. Becker, Rudolph Zacharias, *9.4.1752 Erfurt, |28.3.1822 Gotha, Volksaufklärer, Journalist und Buchhändler, prot. B., Sohn eines Mädchenschullehrers in Erfurt, studierte ab 1769 in Jena (vorwiegend Theologie), 1772 Hofmeister ebd. und Bekanntschaft mit Karl Theodor von Dalberg, der ihn lebenslang unterstützte. Bekannt wurde B. 1780 durch seine Antwort auf die Preisaufgabe der Berliner Akademie der Wissenschaften, die zur Debatte stellte, ob es nützlich sei, das Volk zu täuschen. B. verneinte diese für die Diskussion um das aufklärerische Selbstverständnis am

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Ende des 18. Jahrhunderts entscheidende Frage und erhielt den Preis, worauf er in Erfurt zum Mitglied der Akademie der nützlichen Wissenschaften ernannt wurde. 1782 Lehrer am Philanthropin in Dessau. Mit Salzmann plante er ein neues Philanthropin in Schnepfenthal, das jedoch nicht realisiert wurde. B. gab vielmehr ab 1784 die „Deutsche Zeitung fur die Jugend und ihre Freunde" in Gotha heraus. „Hier erschien", wie Holger Böning in Killys Literaturlexikon ausfuhrt, „im selben Jahr die erste Ankündigung des ,Noth- und HülfsBüchleins', durch das B. zur zentralen Figur jener Aufklärer wurde, die ihr Gedankengut in popularisierter Gestalt auch dem ,gemeinen Volk' zugänglich machen wollten. Die massiv betriebene Werbung für dieses ,Volksbuch' begann 1785 mit einem bei Göschen in Leipzig veröffentlichten Versuch über die Aufklärung des Landmannes und mündete in die größte Buchsubskription des 18. Jahrhunderts: bis 1788 gingen 28.000 Vorbestellungen ein. Im selben Jahr erschienen vier textidentische Erstausgaben des ,Noth- und Hülfs-Büchleins für Bauersleute, oder lehrreiche Freuden- und Trauer-Geschichte des Dorfs Mildheim' (bei Göschen und in B.s Verlag der ,Deutschen Zeitung'. Neudr. Dortmund 1980), die sich lediglich durch Druck und Ausstattung unterschieden. Die Erstauflage hatte eine Höhe von 30.000 Exemplaren. Die Konzeption des Werks berücksichtigt die Erfahrungen und Diskussionen der Volksaufklärer seit etwa 1750. Ratschläge zur Land- und Hauswirtschaft sowie zu einer vernunftgemäßen Lebensführung insgesamt sind in eine unterhaltsame Rahmenerzählung eingebettet. Neben praktischer Lebenshilfe sollte die Schrift den einfachen Leser dazu anhalten, nichts ungeprüft zu übernehmen. Die Verbindung von sachlicher Belehrung und Unterhaltung, die Anknüpfung an die traditionellen Volkslesestoffe sowie die gerade auf die Armen und Ungebildeten zugeschnittene Gestaltung und der geringe Preis des Werks wurden in der aufgeklärten Öffentlichkeit allgemein als vorbildlich gelobt. Als ebenso beispielgebend erwiesen sich die von B. gewählten neuen Vertriebswege. Er setzte erfolgreich auf die aufklärerisch engagierten Gebildeten, insbesondere auf Geistliche, durch die die Schrift erst an das eigentliche Zielpublikum weitervermittelt wurde, da dieses es „nicht gewohnt ist, die Buchläden zu besuchen und sich nach neuen Büchern zu erkundigen" (so B. in seiner Ankündigung). Daneben wurde es durch die Obrigkeit über Verschenkaktionen oder durch die Einführung als Schulbuch verbreitet. Bis zum Beginn des 19. Jahrhundert waren etwa 400.000 Exemplare verbreitet; zahllose Bearbeitungen, Raubdrucke, Neuauflagen und Titeladaptionen dokumentieren eine breite Wirkung und einen herausragenden Buchhandelserfolg, der sich durch mindestens zehn Übersetzungen auch im Ausland fortsetzte" (Böning, Killys, DB 9, S. 1371ff.). Das „Noth- und Hülfs-Büchlein" machte B. zum erfolgreichsten Volksaufklärer. Mit dem „Mildheimischen Liederbuch" (Gotha 1799; Neudr. Stuttgart 1971) und weiteren Schriften schuf B. ein regelrechtes Volksschriftensystem.

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Moralische Geschichten: Nr. 57, 58. Weitere Werke: Beantwortung der Frage: Kann irgend eine Art von Täuschung dem Volke zuträglich sein, sie bestehe nun darinn, daß man es zu neuen Irrthümern verleitet, oder die alten eingewurzelten fortdauern läßt? Leipzig 1781. - Vorlesungen über die Pflichten und Rechte des Menschen. 2 Tie., Gotha 1791/92. - Über Bürgerschulen. Gotha 1794. - Fragebuch für Lehrer über das Nothund Hülfsbüchlein. Gotha 1799. - Leiden und Freuden in siebzehnmonatlicher französischer Gefangenschaft. Gotha 1814. - Mildheimisches Evangelien-Buch. Gotha 1816. - Hg.: Dessauische Zeitung fur die Jugend und ihre Freunde. Dessau 1782/83. - Der Anzeiger, o. O. [Gotha] 1791-93. Forts, u. d. T.: Der Reichsanzeiger, bis 1806. Forts, u. d. T.: Allg. Anzeiger der Deutschen, bis 1829. Lit.: Brauer, Adalbert: R. Ζ. B. Bestseller-Autor und Verleger um 1800. In: Aus dem Antiquariat 28 (1972), S. A lOóff. - Siegert, Reinhart: Aufklärung und Volkslektüre. Exemplarisch dargestellt an R. Z. B. und seinem ,Noth- und Hülfs büchlein'. Mit einer Bibliogr. Frankfurt/Main 1978. - Weissert, Gottfried: Das Mildheimische Liederbuch. Studien zur volkspädagog. Literatur der Aufklärung. Tübingen 1966. - Bernhard Wendt: R. Z. B. an seinen Verleger und Freund Georg Joachim Göschen. In: AGB 8 (1967), Sp. 1619-1624. Kunze, Lieblingsbücher, S. 261 f. - Killy (= DB 9), 1370-1375. - Völpel: Literarisierungsprozeß 1996, S. 129-186. Beigei, Johann Georg, (1755-1830), Theologe, prot. Moralische Geschichten: Nr. 59. Lit.: DBA, Fiche I 76, 343ff. - Hamberger/Meusel. - Klarmann, Johann Ludwig (Hg.): Der Steigerwald in der Vergangenheit. Ein Beitrag zur fränkischen Landeskunde. 2. verm. u. verb. Aufl. Gerolzhofen 1909. - Neuer Nekrolog. Bermiller, Wolfgang F., (1743-1814), Geistlicher in Amberg, kath. Moralische Geschichten: Nr. 60. Lit.: DBA, Fiche I 88,316-319. - Baader. - Hamberger/Meusel. Beutler, Johann Heinrich Christoph, *10.10.1759 Suhl, f l 1.8.1833 Zella, Pädagoge, Theologe, prot. B. wuchs vaterlos im Haus des Großvaters, Superintendent Johann Wilhelm Grötsch, in Suhl auf. Ab 1779 Theologiestudium in Jena, 1780 Leipzig, 1782 Kandidat des Predigeramtes ebd., 1784-88 Mitarbeiter Salzmanns in Schnepfenthal, 1791-96 Rektor der Schule Waltershausen. B. blieb unverheiratet und vermachte sein beträchtliches Vermögen wohltätigen Stiftungen.

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Moralische Geschichten: Nr. 63. Weitere Werke: Allgemeines Sachregister über die wichtigsten deutschen Zeitund Wochenschriften. Leipzig 1790. - Sittenlehren und Klugheitsregeln in Versen, 1793 7. Aufl. 1816. - Heilmann, oder Unterricht, wie der Mensch erzogen werden und leben muß, um gesund zu sein. Schnepfenthal 1800. Lit.: DBA Fiche 196, 366-372. - ADB 2, S. 593. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. Bitschnau, Otto OSB, (1825-1905), Geistlicher, religiöser Schriftsteller, Benediktiner in Einsiedeln, kath. Moralische Geschichten: Nr. 65, 66. Weitere Werke: Das Leben der heiligen Gottes nach den besten Quellen. Einsiedeln u.a. 30. Aufl. 1883. - Katholische Witwe, weine nicht. Trost- und Gebetbüchlein für die katholische Witwe. 4. Aufl. Einsiedeln 1915. - Maria, unsere Mutter. Betrachtungen u. Erwägungen über das gnadenreiche, verdienstvolle und für uns so heilsame Leben der allerseligsten Gottesmutter Maria, hg. u. erg. v. Joh. Ev. Benziger. München 1910. Blessig, Johann Lorenz, (Jean-Laurent) *15.4.1747 Straßburg, 117.2.1816 ebd., Theologe, Professor, prot. B. studierte in seiner Heimatstadt und unternahm von da aus ausgedehnte Reisen nach Italien, Ungarn und durch Deutschland, Prediger an der prot. Hauptkirche von Straßburg, 1778 Professor an der Philosophischen Fakultät, 1787 auch an der Theologischen ebd. Dreimal Rektor, seine Vorlesungen behandelten griechische Literatur, Geschichte er Philosophie, Exegese des Alten Testaments, Dogmatik, Homiletik, jeweils mit praktischen Schwerpunkten. Seine Tätigkeit brachte ihn auch in Berührung mit der Politik und er wurde in den Stadtrat gewählt. Während der Französischen Revolution lebte er im Exil und verbrachte elf Monate im Gefängnis. Robespierres Fall brachte ihm die Freiheit und die Rückkehr in seine Ämter. Die anschließende Kirchen- und Schulreform trug B.'s Handschrift. Er hat kein großes Werk hinterlassen, dafür aber rund 40 kleinere Schriften, einschließlich einiger Trauerpredigten, die zu ihrer Zeit hoch geschätzt waren. Moralische Geschichten: Nr. 67, 68. Lit.: DBA, Fiche I 107,351-368; II 133,435-442. - C. M. Fritz: Leben Dr. J. L. B. 2 vol., Strasburg, 1819. - Hamberger/Meusel. - Richter. - Döring: Kanzelredner. - RE - RGG. - NDB 2, S. 300; NDB 5, S. 654. - BBKL I (1990), SP. 621 f.

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Bock, Eduard, *10.12.1893 Gr.-Jena an der Unstrut, f 15.10.1893 Liegnitz, preußischer Schulmann, prot. Der Pfarrersohn B. studierte ab 1837 Theologie in Halle und trat 1844 seine erste Stelle als Lehrer für Religion und Deutsch in Weißenfels an. Weitere Stationen waren 1847 Löwen/Schlesien, 1849 Münsterberg, wo B. mit seinem Ideal des vereinigten Sach- und Sprachunterrichts zahlreiche „pädagogische Pilger" (ADB) anzog sowie 1864 Königsberg/Preußen, wo er als Regierungsund Schulrat agierte. 1873 kehrte er nach Liegnitz/Schlesien zurück. Durch die Herausgabe des Blattes „Der Volksschulfreund" (1864-73) wirkte er stark auf die Lehrpläne der Volksschulen ein. Seine Volksschullesebücher waren in Millionen· Auflage verbreitet und erschienen alle in mehreren Parallelausgaben für ein- und mehrklassige Volksschulen. B.s schriftstellerische Produktivität wurde gefördert durch die Freundschaft zu dem Breslauer Verleger Ferdinand Hirt. Moralische Geschichten: Nr. 69. Weitere Werke: Schulblatt der evangelischen Seminare Schlesiens (1851-64). Der Unterricht im kleinen Katechismus Luthers, 5 Auflagen 1860-95. - Wegweiser für Volksschullehrer, 2 Bde., 5 Aufl. 1858-72. - Volksschulunterricht, 2 Bde. 2 Aufl. 1875 u. 1879. - Volksschulkunde 1884. - Volksschullesebuch des Schullehrerseminars zu Münsterberg (ab 1855). Lit.: DBA, Fiche I 112,72-77; II 139,425. - ADB 47, S. 40-43 - Weisfert, Julius Nicolaus: Biographisch-litterarisches Lexikon für die Haupt- und Residenzstadt Königsberg und Ostpreußen. 2. Ausg. Königsberg 1898. - Wienstein. - Altpreußische Biographie. 2 Bde. Königsberg u.a. 1941-1967. Bodmer, Johann Jacob, * 19.7.1698 Greifensee/Kt. Zürich, f2.1.1783 Zürich, Dichtungstheoretiker, Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber, prot. B., Sohn eines Pfarrers, bis 1718 Schüler am Collegium Carolinum in Zürich, dann kaufmännische Lehre in Lugano und Lyon. Seit 1719 war er in der Zürcher Staatskanzlei tätig. 1727 Heirat mit Esther Orell, 1725 Verweser, 1731-75 Professor für Helvetische Geschichte am Collegium Carolinum. Zusammen mit seinem Neffen Conrad Orell und dem Landschreiber Konrad von Wyss gründete er die Verlagsbuchhandlung Orell & Comp. B. zählte zu den Gründungsmitgliedern der Helvetischen Gesellschaft, die sich in vielfältiger Weise um die Hebung von Wirtschaft und Kultur bemühte (vgl. u. Hans Caspar Hirzel). Politisch-moralischen Einfluß versprach sich B. von periodischen Schriften, die er in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten ins Leben rief. 1720 konstituierte sich die „Gesellschaft der Mahler", deren Wochenschrift „Discourse der Mahlern" in 94 Nummern erschien (1721-23; Neuausg.: Teildr. 1891; Neudr. 1969). Die darin enthaltenen moralischen Exkurse erregten das Mißtrauen der Zürcher Zensurbehörden. „Stark vermehrt" und strukturell geändert erschienen die „Discourse" später u. d. T. „Der Mahler der Sitten" (1746).

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Moralische Geschichten: Nr. 70. Lit.: Brandes, Helga: Von den ,Discoursen der Mahlern' (1721-23) zum f a h ler der Sitten' (1746). Ein Beitrag zur Publizistik der Aufklärung. Bremen 1974. - Guthke, Karl S.: Literarisches Leben im 18. Jh. in Deutschland und in der Schweiz. Bern/München 1975. - Schmidt, Horst-Michael: Sinnlichkeit und Verstand. Zur philosophischen und poetologischen Begründung von Erfahrung und Urteil in der deutschen Aufklärung (Leibniz, Wolff, Gottsched, Β. und Breitinger, Baumgarten). München 1982. - K i l l y (= DB 9), 2122-2131. Bräker, (auch Brägger), Ulrich, *22.12.1735 Wattwil/Kt. St. Gallen, beerdigt am 11.9.1798 Wattwil/Kt. St. Gallen, Söldner, Baumwollhändler, Schriftsteller, prot. B., Sohn eines Taglöhners, Kleinbauern und Salpetersieders, gilt als Sonderfall in der Literatur des 18. Jahrhunderts, da er zu den wenigen Autoren aus der Unterschicht zählt. Sein Tagebuch dokumentiert die bäuerliche Lebenswelt. B., aus pietistischem Elternhaus stammend, wollte gerne Prediger werden. Stattdessen geriet er 1755-56 als Söldner in das preußische Heer. Nach Hause zurückgekehrt, lebte er ab 1759 mehr recht als schlecht vom Baumwollhandel. Er heiratete 1761 eine strenge, zänkische Frau und verschuldete sich mit dem Bau eines eigenen Hauses und nahm Zuflucht zum Lesen und Schreiben. Während der großen Hungersnot von 1770 begann er regelmäßig Tagebuch zu fuhren. Es umfaßt 3500 Seiten und schildert häusliche Zwistigkeiten und Dorfklatsch, Preisveränderungen, politische Machenschaften, Wetterbeobachtungen, Lektürekommentare, Reiseberichte und Selbstbetrachtungen. 1776 nahm man B. in die Moralische Gesellschaft Lichtenstein auf, die ihm den Zugang zu ihrer umfangreichen Bücherei eröffnete und ihn in Kontakt mit gebildeten Männern brachte. Mehrfach gewann er mit kleinen Abhandlungen Preise und machte sich so einen Namen. Pfarrer Imhof, der eigentliche „Entdecker" B.s, schickte Proben an den Verleger Füssli in Zürich, der zunächst in einem Kalender Auszüge aus dem Tagebuch veröffentlichte und 1783 die Lebensgeschichte als Buch herausbrachte. Der große Erfolg öffnete B. den Zugang zu weiteren Berühmtheiten der näheren Umgebung (Johann Caspar Lavater, Hans Caspar Hirzel, Johann Gottfried Ebel u.a.). Andererseits geriet er in eine Identitätskrise, da er weder Bauer noch Bürger, weder Autor noch Baumwollhändler, sondern alles nur ein bißchen war. Sein Schreiben brachte ihm nie so viel ein, daß er davon seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Kurz vor seinem Tod 1798 meldete er Konkurs an. Moralische Geschichten: Nr. 71-73. Weitere Werke: Lebensgeschichte und Natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg, hg. v. Hans Heinrich Füssli ( = Sämtl. Schriften, Erster Theil). Zürich 1789. - Tagebuch des Armen Mannes im Tockenburg, hg.

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v. Hans Heinrich Füssli ( = Sämtl. Schriften, zweyter Theil). Zürich 1792. Der Arme Mann im Tockenburg, hg. v. Leo Weisz. In: Raschers Monatshefte 1 (1930) [19 Briefe B.s an Füssli und Imhof], - Leben und Schriften U. B.s, des Armen Mannes im Tockenburg, hg. v. Samuel Voellmy. 3 Bde. Basel 1945 (immer noch die maßgebende, wenngleich gekürzte Ausg.). - Räsonierendes Baurengespräch über das Bücherlesen und den üsserlichen Gottesdienst. 2 Bde. St. Gallen 1985 (Faks. der Hs. und Transkription, hg. v. Alois Stadler und Peter Wegelin). - Die Gerichtsnacht oder Was ihr wollt. 2 Bde. St. Gallen 1987 (Faks. der Hs. und Transkription, hg. v. Alois Stadler und Peter Wegelin). - Sämtliche Schriften. Bd. 1: Tagebücher 1768-78. Bearbeitet von Alfred Messerli, Andreas Bürgi, zusammen mit Heinz Graber, Christian Holliger, Claudia Holliger-Wiesmann, Alois Stadler. München/Bern 1998 [Rez.: HansJürgen Schings: Frieselfieber und sündige Seele. Die Tagebücher U. B.s, des armen Mannes im Toggenburg. In: Frankfurter Allgemeine 24.3.1998, S. 58]. - Sämtliche Schriften. Bd. 2: Tagebücher 1779-88. Bearbeitet von Heinz Graber, Claudia Holliger-Wiesmann, zusammen mit Andreas Bürgi, Christian Holliger, Alfred Messerli, Alois Stadler. München/Bern Haupt 1998. - Sämtliche Schriften. Bd. 3: Tagebücher 1789-98. Bearbeitet von Andreas Bürgi, Alfred Messerli, zusammen mit Heinz Graber, Christian Holliger, Claudia Holliger-Wiesmann, Alois Stadler. München/Bern 1998. - [Rez.: Elsbeth Pulver: Die gestundete Zeit. U. B.s Tagebuch-Welt. In: Neue Zürcher Zeitung Nr. 92, 22.4.1999, S. 67], - Sämtliche Schriften. Bd. 4: Lebensgeschichte und vermischte Schriften. Bearbeitet von Claudia Holliger-Wiesmann, Andreas Bürgi, Alfred Messerli, Heinz Graber, zusammen mit Christian Holliger, Alois Stadler. München/Bern 2000. [Rez.: Roman Bucheli: U. B.s Lebensgeschichte und vermischte Schriften In: Neue Zürcher Zeitung Nr. 286 (11.12.2000), S. 65]. Sämtliche Schriften. Bd. 5: Kommentar und Register. Bearbeitet von Alfred Messerli, Andreas Bürgi, Heinz Graber, Christian Holliger, Claudia HolligerWiesmann, Alois Stadler. München/Bern 2002. Lit.: Koch, Hans-Albrecht: Liebhaber der Lectur. In: Rheinischer Merkur 3.4.1998, S. 42. - Surber, Peter: „In dieß Labyrinth gewagt". Eine Fundgrube: Der erste Band der großen Bräker-Edition, die Tagebücher 1768-78. In: Der Toggenburger 26.6.1998, S. 15. - „Mit 10 sauen aus dem Weisthannerthal über den Wallenstadter see". In: Terra Plana (Mels 29.6.1998) - Siegrist, Christoph: Späte Gerechtigkeit. Zum 200. Todestag U. B.s, des „armen Mannes im Toggenburg". In: Aargauer Zeitung, Samstag 5.9.1998, S. 61f. - Ders.: U. B. oder „Von Jugend auf grose Lust zum Schreiben". In: Basler Zeitung 10.9.1998, S. 3. - Walther, Rudolf: Aufklärung von unten. In: Die Zeit, 10.9.1998, S. 94. - Burghartz, Susanna. In: traverse 2000/3, S. 164-166], Voellmy, Samuel: U. B., der Arme Mann im Tockenburg. Zürich 1923. Ders.: Daniel Girtanner v. St. Gallen, U. B. aus dem Toggenburg und ihr Freundeskreis. St. Gallen 1928. - Böning, Holger: U. B. Der Arme Mann aus

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dem Toggenburg. Leben, Werk und Zeitgesch. Ffm. 1985 (Bibliogr. S. 221228). - U. B. und seine Zeit. 5 Vorträge zum 250. Geburtstag. Toggenburger Bl. fur Heimatkunde 36 (1985). - Holliger, Christian u.a. (Hgg.): Chronik U. B. Auf der Grundlage der Tagebücher 1770-98. Bern 1985 (Bibliogr. S. 471475). - Greyerz, Otto von (Hg.): Von unsern Vätern. Selbstbiographien vom 15.-19. Jahrhundert. Bern: Francke 1913. - Messerli, Alfred: Vermittler, Herausgeber, Kritiker und Leser von U. B.s Schriften. Zum 200. Todestag des Armen Mannes aus dem Tockenburg. In: Das Achtzehnte Jahrhundert 22 (1998), H. 2, S. 184-193. - Ders.: B.s Schreibprogramme, Schreibmotive und Schreibpraktiken in seinen Tagebüchern [= Vorwort]. In: Ders./Adolf Muschg (Hgg.): Tagungsbeiträge zum Bräker-Symposium im Collegium Helveticum vom 11./12.12.1998. Göttingen 2000. - Killy (= DB 9), 2437-2443. Braun, Heinrich OSB, *17.2.1732 Trostberg/Obb., |9.11.1792 München, Schulreformer, Theologe, Schriftsteller, kath. B., Sohn eines Bäckermeisters, besuchte das Gymnasium und die Universität in Salzburg. 1750 Eintritt in das Benediktinerkloster Tegernsee. 1756 Dr. theol. in Rott am Inn, 1758-62 Lehrer am Gymnasium in Freising, anschließend Bibliothekar und Professor der Theologie in Tegernsee. Von 1770 bis zur Aufhebung des Jesuitenordens 1773 zuständig für das Volksschulwesen in Kurbayern, unterstand ihm seit 1777 als Direktor das gesamte höhere Schulwesen. Sein Ziel war die konsequente Trennung von gelehrter und bürgerlicher Erziehung. Pädagogische Richtungskämpfe führten jedoch 1781 zum Rückzug B.s aus der Öffentlichkeit. „Unversöhnlich standen sich sein Konzept, das noch auf humanistische Bildung im höheren Schulwesen setzte, und ein pragmatisches, das die Realschule favorisierte und Schulerziehung und Unterricht stärker an den Bedürfnissen einer sich in der Aufklärung wandelnden Gesellschaft ausrichten wollte, gegenüber" (Haefs, 2001). B. publizierte „Anleitungen" zur Dicht- und Sprachkunst, stellte eine achtbändige literarische Mustersammlung zur Beförderung des guten Geschmackes in Oberdeutschland und Lesebücher mit Liedern und Fabeln von Geliert bis Hagedorn zusammen, schrieb 1770 einige kleine, Schul- und Lehrbücher, legte ein deutsch-orthographisches Wörterbuch vor und verfasste wichtige reformtheologische Werke wie die Anleitung zur geistlichen Beredsamkeit (1776). Darüber hinaus gab er die erste Wochenschrift in Kurbayern heraus mit dem Titel „Der Patriot in Baiern" (1769). B.s Aktivitäten und Veröffentlichungen wurden auch in den protestantischen Aufklärungszentren aufmerksam verfolgt. Anerkennung zollte ihm Friedrich Nicolai, der die Bemühungen um die Verbreitung und Durchsetzung der obersächsisch-meißnischen Sprachnorm in Kurbayern begrüßte und B.s Veröffentlichungen in der Allgemeinen deutschen Bibliothek positiv besprechen ließ. Die meisten Rezeptionsimpulse empfing B. von protestantischen Aufklärern

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des nord- und mitteldeutschen Raumes (Keck, S. 358). Darüber hinaus verarbeitete er - neben den Werken von Klassikern der Antike - theologische, philosophische und literarische Werke englischer und vor allem französischer Aufklärer. Lit.: Rettinger, Michael: H. B. und der Plan der neuen Schuleinrichtung in Baiern von 1770. Ein Beitrag zur Bildungspolitik des aufgeklärten Absolutismus. München/Mittenwald 1992. - Keck, Christian: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayerischen Aufklärers H. B. Eine rezeptionsgeschichtliche Werkanalyse als Beitrag zur Kulturgeschichte der katholischen Aufklärung in Altbayern, mit einer Werkausg. auf CD-ROM (= Schriften der philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg, 58). München 1998. Vgl. die Rezension von Wühlern Haefs: (12.3.2004). - Plachta, Bodo: Damnatur - Toleratur - Admittitur. Studien und Dokumente zur literarischen Zensur im 18. Jahrhundert (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 43). Tübingen 1994. - Bosl, S. 88. - NDB 2, S. 551. Braun, Isabella, *12.12.1815 Jettingen/Schwaben, +2.5.1886 München, Jugendbuchautorin, kath. Die heute zu Unrecht vergessene Pionierin des katholischen Jugendbuchs lieferte mit ihren Erzählungen, Dorfgeschichten, kleinen Romanen und Kindertheater „zum Selbstaufführen" den Grundstock der katholischen Mädchen- und der Vorleselektüre für Kleinkinder bis in die 40er Jahre unseres Jahrhunderts. B. wurde bei den Englischen Fräulein in Augsburg zur Volksschullehrerin ausgebildet und unterrichtete 1837-39 an einer Schule in Neuburg/Donau. Durch ihre Gedichte zog B. die Aufmerksamkeit Christoph von Schmids auf sich. Er riet ihr, statt mit „100 in der Schulstube, mit 1000 im weiten Vaterland" zu verkehren und schrieb das Vorwort zu ihrem ersten Buch: „Bilder aus der Natur" (Augsburg 1849). Es folgten „Bilder aus der Geschichte" (Augsburg 1851) und viele weitere Erzählbändchen. „Ihr Erfolg gründete in ihrem Verständnis der kindlichen Psychologie, der Förderung ihrer Werke von kirchlicher Seite wegen B.s streng-gläubigem Katholizismus sowie dem leserfreundlichen Format und Preis. Die in Kinderhänden leicht zu haltenden Bändchen waren z. T. im Stil der damals populär werdenden Gebetbücher mit handkolor. Lithographien illustriert, u.a. von bekannten Künstlern wie Pocci und Ferdinand Rothbart; sie kosteten 10 bis 15 Neugroschen" (Killy, DB 9, S. 2518f.) Als B.s wichtigste Leistung gilt die Gründung der (bis 1933 weitergeführten) „Jugend-Blätter fur christliche Unterhaltung und Belehrung" im Jahr 1855. Diese Publikationsreihe, die in Zusammenhang gesehen werden muß mit der damals einsetzenden Organisation des Vereinslebens auf nationaler wie lokaler Ebene durch die katholische Kirche und ihre Bemühungen, gezielt ein weibli-

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ches und jugendliches Publikum anzusprechen. 1854 übersiedelte B. nach München, wo ihr Ludwig II. eine Pension gewährte. Moralische Geschichten: Nr. 74-80. Weitere Werke: Gesammelte Erzählungen. 12 Bde. Donauwörth 1890. Lit.: Killy (= DB 9), 2518f. - Heindl. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. Wurzbach. - Pataky. - Kosch. - ADB 47, S. 194ff. - NDB 2, S. 553. - Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben. 10 Bde. München/Weißenhorn 1952-73. Breithaupt, Ferdinand B. brachte 1868 mit großem Erfolg eine aktualisierte Version von Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" auf den Markt. Moralische Geschichten: Nr. 81. Breu, Johann Siegfried, (1740-?), Erzieher, Jurist. Moralische Geschichten: Nr. 82. Lit. : DBA, Fiche I, 144, 214. - Hamberger/Meusel Bruch(h)ausen, Anton, (1735-1815), Geistlicher, Professor der Physik in Münster, kath. B. setzte sich vorwiegend für die Verbesserung der Landwirtschaft ein. Weitere Werke (Auswahl): Anweisung zur Verbesserung des Ackerbaues und der Landwirtschaft Münsterlandes. Auf gnädigsten Befehl Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht Maximilian Franz als Fürstbischof zu Münster für die Landschulen und den Landmanne des Hochstiftes Münster verfertiget von A. B. Münster: F. C. Theising 1790-91. - Patriotischer Unterricht von geschickt und vortheilhafter Anpflanzung lebendiger Zäune. Regensburg 1775. Moralische Geschichten: Nr. 83, 84. Lit.: DBA, Fiche I 149,98-105; II 183,103. - Raßmann, Schriftsteller. - Hamberger/Meusel. - Felder. - Raßmann Ernst: Nachrichten von dem Leben und den Schriften Münsterländischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. Münster/Westfalen 1866, NF 1881. - Poggendorff, Bd. I. Brug, Franz Maria, *1792 in Mannheim, fca. 1859, Soldat, Salzfaktor, Schriftsteller, kath. Wuchs in Straubing und München auf, stand lange Jahre im Militärdienst, war dann Beamter und arbeitete ab Mitte der 1830er Jahre ausschließlich als Schriftsteller in Augsburg. Zwei seiner Kinder, Anna und Carl, traten in die

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schriftstellerischen Fußstapfen des Vaters und verfaßten ebenfalls moralische Erzählungen. „In den meist öfters aufgelegten Erzählungen dominieren historische und gelegentlich exotische Stoffe, wobei die Protagonisten meist der Unter- und Mittelschicht entstammen" (Mendl, S. 351). Moralische Geschichten: Nr. 87-92. Lit.: Mendl, S. 350ff. - DBA, Fiche I 151, 269-273; II 186,290-291. - Heindl. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. - Kosch. Bucher, Anton von, * 11.1.1746 München, f8.1.1817 München, Geistlicher, Schriftsteller, Pseud.: P. F. Fabianus, Sebastian Brandl, geadelt 1745, kath. B. entstammte einer alteingesessenen Münchner Bürgerfamilie, der Vater war Wappen- u. Diplommaler. Am Jesuitengymnasium (1757-63) lernte er Johann Baptist Strobl, Lorenz Westenrieder und Andreas Zaupser kennen. 1768 Priesterweihe, 1771 Volksschulkommissar, 1772 Rektor der Münchner Volksschulen, 1773 auch der Gymnasien. Er setzte sich für Schulreformen ein, geriet aber in Konflikt mit Altbayerns bedeutendstem Aufklärungspädagogen Heinrich Braun. Dessen Neuhumanismus u. B.s Bemühungen um den Ausbau der bürgerlich-gewerblichen Erziehung standen sich unversöhnlich gegenüber. Da sich B. beim Kurfürsten nicht durchsetzen konnte, ließ er sich 1778 in die Pfarrei Engelbrechtsmünster versetzen. Er wurde korresp. Mitglied der Bayer. Akad. d. Wiss., 1784 Schulinspektor der umliegenden Dekanate u. Geistlicher Rat im Schuldirektorium, 1785 aber als Illuminât wieder entlassen. Um 1800 unterstützte er die „Patrioten-Partei", die eine republikanische Umwälzung in Bayern anstrebte. 1813 kehrte er in die Pfarrei St. Peter in München zurück. B. veröffentlichte überwiegend Satiren die besten zwischen 1782 u. 1784 (alle anonym oder pseudonym) und verfaßte um 1800 zwei satirische aufklärerische Bildungsromane, die zu Lebzeiten nicht verlegt wurden (Pangraz, Geschichte eines Bürgersohnes u. Eine andere Geschichte von einem Schmidsohne). B. kritisiert die Traditionen des Barockkatholizismus und die gegenaufklärerische katholische Geistlichkeit. Er spießt u.a. die Karfreitagsprozessionen auf (Entwurf einer ländlichen Charfreytagsprocession samt einem gar lustigen und geistlichen Vorspiel zur Passionsaction. o. O. [München] 1782), die Ablaßbräuche (Seraphische Jagdlust, das ist, vollständiges Porziunkulabüchlein von P. Martin Cochem. München 1784), die Barockpredigt und die katholischen Erbauungsbücher des 17. u. 18. Jh., das Mönchswesen (Auserlesenes Delieberierbüchlein oder geistliches Suchverlohren, o. O. [München] 1784), die Jesuiten und den traditionelle Dorfschulunterricht (Kinderlehre auf dem Lande. München 1782). B. spielt souverän mit allen überlieferten Formen religiöser Gebrauchs- und Erbauungsliteratur. Ein Verfasser moralischer Geschichten ist er allerdings nicht, vielmehr ein „Beschreiber" wirklicher Zustände, die heute für komisch gehalten werden (vgl. Nachwort Wittmann, 1980).

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Ausgaben: Α. ν. Β.s sämmtl. Werke, gesammelt u. hg. v. Joseph v. Kiessing. 6 Bde. München 1819-22 [Mikrofiche-Reprod. dieser Ausgabe München u.a. 1990 = Bibl. der dt. Literatur 401/410], - Bairische Sinnenlust. Bestehend in weit- und geistlichen Comödien, Exempeln u. Satiren. Mit einem Nachw. hg. v. Reinhard Wittmann. München 1980. Lit.: Heigel, Karl Theodor v.: Der Humorist A. v. B. In: Ders.: Aus drei Jahrhunderten. Wien 1881, S. 134-158. - Hacker, Friedrich: A. v. B., der Priester, Schulmann u. Schriftsteller. In: Altbayer Monatsschr. 14 (1917/18). S. 37-46. - Klüglein, Heinrich: A. v. B. Sein Leben und die erste Gruppe seiner literarhistorisch wichtigen Schriften. Diss. München. 1922. - Graßl, Hans: A. v. B. Satiriker, Schulreformer, Patriot. In: Schindler, Herbert (Hg.): Barock u. Aufklärung. München 1972, S. 151-167. - Hammermayer, Ludwig: Gesch. der Bayer. Akademie der Wiss.en 1759-1807. Bd. 2: Zwischen Stagnation, Aufschwung u. Illuminatenkrise 1769-86. München 1983. - Killy (= DB 9), 29182921. - Bosl, S. 95. - ADB 3, S. 476f. - NDB 2, S. 700. Buchfeiner, Simon, (1786-1865), Geistlicher, kath. B. betreute Pfarrstellen in Haslach, Mühldorf, Altötting und Tettenhausen. Er schrieb zahlreiche erbauliche Legenden- und Heiligenbücher. Moralische Geschichten: Nr. 94. Lit: DBA, Fiche I 155, 326-330. - Felder. - Fürst. - Mendl, S. 417. - Hamberger/Meusel XXII, 1 (1829), S. 413ff. Bundschuh, Johann Kaspar, *10.8.1753 Schweinfurt, fl.6.1814 ebd., Theologe, prot. Erste Anstellung als Prediger und Lehrer in Schweinfurt, 1778 Conrektor ebd., 1787 Diakon und Prof. der hebräischen Sprache am Gymnasium ebd., 1797 Archidiakon an der Hauptkirche, später Direktor der höheren Bildungsanstalten, zuletzt Oberpfarrer und „kgl. bairischer Distriktsschulinspektor". Hauptvertreter der fränkischen Spätaufklärung mit Interesse an „Land und Leuten" im Sinne der populären Volksbelehrung durch einen historisch ambitionierten „Patriotismus" für das fränkische „Vaterland". „In einer Veröffentlichung von 1808 brachte er das 'Verzeichnis der abergläubischen heidnischen Gebräuche, die 742 auf der Kirchenversammlung abgeschafft wurden', und von denen, wie er meinte, 'sich nach 1000 Jahren zum Theil noch unverkennbare Spuren finden"' (Harvolk, S. 342). „Das Nebeneinander von Empirischem und Doktrinärem, von objektiver Betrachtung und Darstellung, auch in Berichten über das Volksleben, und kritischer Bekämpfung von traditionellen Erscheinungen kennzeichnet... B.s Berichte im besonderen" (Dünninger, S. 33).

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Werke (Auswahl): Geographisches statistisch-topographisches Lexikon von Franken, oder alphabetische Beschreibung aller im ganzen fränkischen Kreis liegenden Städte, 6 Bde. Ulm 1799-1804. - Franken vor dem Lüneviller Frieden (den 9. Febr. 1801) nach seinen physischen, gewerblichen, wissenschaftlichen, politischen und örtlichen Verhältnissen. Ein Versuch zum Besten der studierenden Jugend und unstudierter Liebhaber, 1. Abschnitt. Nürnberg 1802. - Über die Kleidertracht unter dem Landvolke des Schweinfurter Gaues im Hochstifte Würzburg. In: Der Fränkische Merkur 9 (1896) und 22 (1797). Hg.: 1794-1800 Fränkischer Merkur oder Unterhaltungen gemeinnützigen Inhalts für die fränkischen Kreislande und ihre Nachbarn. Schweinfurt. - 179095 Journal von und für Franken, Nürnberg. - 180Iff. Fränkische Provinzialbll., Bayreuth. Lit.: Dünninger, Josef: Volkstum und Aufklärung in Franken. Beiträge zur fränkischen Volkskunde im ausgehenden 18. Jh. In: BJV 1957, S. 29-42, hier 33. - Müllner, Angelika: Unterfränkische Trachtengrafik. Würzburg 1982, S. 19. - Kirchner, Heidemarie: „Nützliches und Vernünftiges". Kritik an der Welt des „gemeinen Mannes" in fränkischen Journalen der Spätaufklärung. Mag.Arbeit Würzburg 1987, S. 26f. - Will, Bettina: J. C. B. und die fränkische Volkskunde. Zulassungsarbeit Würzburg (Volkskunde, Wimmer) 1989. Fuhrmann-Hoffmann, Ingeborg: J. Κ. B. 1753-1814. In: Fränkische Lebensbilder 15 (1993), S. 201-217. - ADB 3, S. 539f. - NDB 4, S. 248. - Baader II, 1. Teil (1825), 19ff. - Meusel: Gel. Teutschl. I, S. 506; IX, S. 169; XI, S. 119; XIII, S. 198, XVII, S. 296. Burckhardt, Johann Gottlieb, *29.2.1756 Eisleben, |1800, Geistlicher in London, prot. B., Sohn eines Schuhmachers, wuchs mit vier Brüdern und einer Schwester in Eisleben auf. Alle Brüder lernten das Schuhmacherhandwerk, seine Schwester war mit einem Schuhmacher verheiratet. Aufmerksame Lehrer entdeckten B.s Begabung und sorgten dafür, daß er mit etwa zwölf Jahren das Gymnasium besuchen durfte. Als prägende Lektüren seiner Jugend nennt er Christian Fürchtegott Gellerts „Moralische Vorlesungen" (Leipzig 1770) und Johann Peter Millers „Historisch-moralische Schilderungen zur Bildung eines edlen Herzens in der Jugend" (5 Theile in 4 Bde. Helmstädt 1753-64). Ab 1774 studierte er Physik, Kirchengeschichte, Dogmatik und Exegese in Leipzig. 1780 Schloß er seine Studien mit der Dissertation vorläufig ab. 1781 wurde ihm die Stelle des Pastors der seit 1694 bestehenden deutschen evangelischlutherischen Mariengemeinde in London angeboten. Er reiste „am 12. May mit einer Gesellschaft dreyer Kaufleute aus Leipzig über Naumburg, Gotha, Eisenach, Erfurth, Fulda, Hanau nach Frankfurt am Main; von da gieng die Reiße biß nach Mainz auf dem Rheinstrom nieder nach Cölln, und alsdenn über Aa-

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chen, Lüttich, Brüßel, Gent, Brügge, Ostende, das Meer, Margate, Canterbury, Rochester, nach London", wo er am 15. Mai von der Gemeinde zum Pastor gewählt wurde. 1786 kam er auf der Suche nach einer Frau zurück nach Deutschland, die er in der Pastorentochter Eleonore Leberecht (* 1762) aus Wolkewitz fand. Zugleich wurde ihm am 29. August 1786 die theologische Doktorwürde der Universität Leipzig verliehen, und er vermerkt mit besonderem Stolz nach Luther und Paulus Crell der dritte Eislebener gewesen zu sein, dem diese Ehre in Sachsen zuteil wurde. Am 7. September reiste er zusammen mit seiner Gattin zurück nach London. B. war durch das Vorbild seines Schwiegervaters, der während des Theologiestudiums auch medizinische Vorlesungen gehört hatte und gelegentlich als Geburtshelfer einsprang, überzeugt, es sei „doch gar so gut und nützlich, wenn ein Landprediger seiner Gemeinde in so manchen anderen Bedürfnißen einen guten Rath ertheilen kann" (J.G.B.s Lebensbeschreibung, 1786). Werke (Auswahl): De memoria. Lipsiae 1780 (= Diss. Univ. Leipzig 1780), 44 S. [Standort: UB Dresden]. - Bemerkungen auf einer Reise von Leipzig bis London an eine Freundin [Charlotte in Eisleben]. Leipzig 1783, 160 S. [Standort: UB Dresden]. - Purkis, William: Rede über den Einfluß der Modegelehrsamkeit auf die Religion, aus d. Engl, von J. G. B. Leipzig 1787. - Predigten zur Beglückung der Menschen im gesellschaftlichen Leben. Halle: Buchhandlung des Waisenhauses in Commission 1793. - Vollständige Geschichte der Methodisten in England, aus glaubwürdigen Quellen; Theil 1. Nürnberg 1795. - Kirchen-Geschichte der Deutschen Gemeinden in London, nebst historischen Beylagen und Predigten / Johann Gottlieb Burckhardt. Tübingen 1798. - Sendschreiben der Directoren der neuen Mißions-Gesellschaft in Großbritannien an ihre Brüder in Deutschland. Oldenburg: Stalling 1798. Lit.: DBA, Fiche I 166,193-199. - Hamberger/Meusel. - Meusel: Schriftsteller. - Baur. - J. G. B.s Lebensbeschreibung von seiner Geburt [...] bis zu seiner Trauung am 3. September 1786 zu Wolkwitz in Sachsen mit Eleonore Leberecht Albanus; Schluß bei der Ankunft in London 30. September [1786]; handschriftliches Exemplar im Besitz der Familie, veröffentlicht im Internet unter: http://bs.cyty.de/elmbs/jb3.htm (19.8.2001). Burk, Johann Christian Friedrich, *1800 Stuttgart, f l 8 8 0 , Geistlicher, Schriftsteller, prot. Stadtpfarrer in Großbottwar, später Oberhelfer zu St. Leonhard in Stuttgart und ab 1862 Pfarrer in Echterdingen, war der Begründer und langjährige Redakteur des in Tausenden von Exemplaren weit über die Grenzen Württembergs hinaus verbreiteten Wochenblattes „Der Christen-Bote". Moralische Geschichten: Nr. 95, 96. Lit.: Heyd II, 339, und IV, 273; Krauß II, 368f.

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Burmann, Gottlob Wilhelm, *1737 Lauban/Oberlausitz, f l 8 0 5 , Journalist, Dichter, ursprünglich: Bormann, prot. Ab 1758 Jura-Studium in Frankfurt/Oder, danach lebte der in der Lausitz, später in Berlin, wo er eine Zeitlang die Spenersche Zeitung redigierte. Er galt als Sonderling, schlug sich mit schriftstellerischer und redaktioneller Tätigkeit durch, starb in großer Armut. Mit seinen vierbändigen „Fabeln und Erzählungen" ahmte er Lafontaine, Lichtwer und Geliert nach. 1775 gab er die Wochenschrift „Für Litteratur und Herz" heraus mit Prosatexten im Stile Lessingscher Fabeln. Einzelne Stücke aus seinen „Kleinen Liedern für kleine Mädchen und kleine Jungen" (1772 u. 1773) sind in die Gesangbücher sowie in Campes „Kinderbibliothek" und in andere Kinderschriften übernommen worden. Der Beginn eines seiner Gedichte „Arbeit macht das Leben süß/ Macht es nie zur Last/ Der nur hat Bekümmerniß/ Der die Arbeit haßt" aus seinen „Kleinen Liedern für kleine Mädchen und Jünglinge" (Berlin 1777) ist zum geflügelten Wort geworden (vgl. Abb. 4, S. 461). Moralische Geschichten: Nr. 97. Weitere Werke: Fabeln und Erzählungen, 4 Bde. 1769 u. 1771. - Geschenk für die Herzen der Kinder, 1780. Lit.: ADB 3, S. 627f. - Alzheimer-Haller, Heidrun: Moralische Geschichten. Tugenderziehung und Geschlechterrollen. In: Universitas 53 (1998), Nr. 620, S. 117-128, hier S. 120f. - Denina. - Gerber, Ernst Ludwig: Historischbiographisches Lexicon der Tonkünstler, welches Nachrichten von dem Leben und den Werken musikalischer Schriftsteller enthält. 2 Bde. Leipzig 1790-91. - Ders.: Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler, welches Nachrichten von dem Leben und den Werken musikalischer Schriftsteller, berühmter Componisten, Sänger, Meister auf Instrumenten, Orgel- und Instrumentenmacher etc. aus allen Nationen enthält. 4 Bde. Leipzig 1812-14. Schmidt, Valentin Heinrich/ Mehring, Daniel Gottlieb Gebhard: Neuestes gelehrtes Berlin. 2 Bde. Berlin 1785. - Hamberger/Meusel. - Otto, Gottlieb Friedrich: Lexikon der seit dem 15. Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. 3 Bde. u. Suppl. Görlitz 1800-03; 1821. - Richter. - Berner, Karl Gustav Heinrich: Schlesische Landsleute. Ein Gedenkbuch hervorragender, in Schlesien geborener Männer und Frauen aus der Zeit von 1180 bis zur Gegenwart. Leipzig 1901. - Raßmann: Dichter. - Brümmer 1 u. 2. - Eitner. Büsch, Johann Georg, *3.1.1728 Alt-Medingen, 15.8.1800, Mathematikprofessor, Leiter der Hamburger Handelsakademie, Wirtschaftswissenschaftler, Hamburg, prot. B., Sohn eines Predigers, kam als Dreijähriger nach Hamburg und studierte in Göttingen ab 1748 Theologie, anschließend Privatgelehrter in Hamburg, ab

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1756 Mathematiklehrer am Gymnasium. Er war Mitbegründer der „Patriotischen Gesellschaft" in Hamburg und brachte den ersten Blitzableiter nach Europa. Um Verständnis fur die Notwendigkeit medizinischer und hygienischer Verbesserungen bei der Obrigkeit zu erringen, erarbeitete er am Ende des 18. Jahrhunderts Geburts- und Sterblichkeitsstatistiken für Hamburg. Bleibenden Ruhm erlangte er als Gründer der ersten deutschen Handelsschule (1767). B. war eng befreundet mit Elise Reimarus, der Tochter von Hermann Samuel Reimarus. Dieser wiederum ist Lessings „Ungenannter", der Verfasser der „Apologie oder Schutzschrift fur die vernünftigen Verehrer Gottes". - Theoretiker der Volksaufklärung, verfasste keine moralischen Geschichten. Werke (Auswahl): Kleine Schriften von der Handlung und anderem gemeinnützigen Inhalte. Leipzig 1792, Reprint Frankfurt a. M. 1972. - Schriften über das Armenwesen, mit den nötigen Erläuterungen. Hamburg 1792. - Die Hamburgische Handlungs-Akademie, hg. v. Klaus Friedrich Pott u. Jürgen Zabeck (= Wirtschaftspäd. Forum, 17). Paderborn 2001. Lit.: DBA, Fiche I 162,205-212; 262,215-254; II 198,255-258. - A D B 3, S. 642f. - N D B 3, S. 3. - Hamberger/Meusel. - Thiess, Otto Johann: Versuch einer Gelehrtengeschichte von Hamburg. 2 Teile, Hamburg 1783. - Meusel: Schriftsteller. - Stepf, Johann Heinrich: Gallerie aller juridischen Autoren von der ältesten bis auf die jetzige Zeit. 4 Bde. Leipzig 1820-25. - Rotermund: Hannover. - Raßmann: Pseudonyme. - Schröder, Hans: Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart. Im Auftrage des Vereins für hamburgische Geschichte ausgearbeitet. 8 Bde. Hamburg 1851-53. - Eckart, Rudolf: Lexikon der niedersächsischen Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Osterwieck 1891. - Poggendorff. - Urlaub, Hildegard: Die Förderung der Armenpflege durch die Hamburgische Patriotische Gesellschaft bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Berlin 1932. - Hatje, Frank: J. G. B.s Konzept einer "gebesserten Armenpflege in Hamburg" zwischen Nationalökonomie und Paternalismus. In: Ders./Jürgen Zabeck: J. G. B. (1728-00). Wirtschaftliches Denken und soziales Handeln (= Schriften der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe: Patriotische Gesellschaft von 1765, Bd. 4). Hamburg 1992, S. 33-58. - Zabeck, Jürgen: J. G. B. Ein Beitrag zur Geschichte und zur Methodologie der Wirtschaftswissenschaften und der Wirtschaftspädagogik. Diss. Hamburg 1964.

Campe, Joachim Heinrich, *29.6.1746 Deensen /Holzminden, f22.10.1818 Braunschweig, Pädagoge, Schriftsteller, Theologe, Verleger, prot. C., Sohn eines Kaufmanns, verzichtete auf den Adelstitel und heiratete eine bürgerliche Pfarrerstochter. Gemeinsam führten sie ein einfaches Leben auf dem Lande. Nach einem Theologiestudium in Helmstedt und Halle arbeitete C. 1769-73 als Hauslehrer bei der Familie Humboldt in Tegel bei Berlin; danach

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Feldprediger in Potsdam. 1776/77 Mitarbeiter von Basedow am Philanthropin in Dessau, anschließend Gründung eines eigenen Erziehungsheimes bei Hamburg. Hier arbeitete er in der ländlichen Umgebung von Billwerder nach Rousseauschem Vorbild als Erzieher reicher Kaufmannssöhne und gab Jugend- und Erziehungsschriften heraus. Nach längeren Reisen durch Deutschland und die Schweiz 1786-1805 „Hochfürstlicher Schulrath" in Braunschweig, um dort im Dienste des Herzogs gemeinsam mit Ernst Christian Trapp und Johann Stuve das Erziehungswesen zu erneuern. Nach Schwierigkeiten mit den Behörden gab er die Reformversuche wieder auf und gründete 1787 die Braunschweiger Schulbuchhandlung; daneben war er Canonicus des Cyriacus-Stifts in Braunschweig. C. stellte als erster den Buchdruck in den Dienst der pädagogischen Aufklärung breiter Volksschichten. Mit „Robinson der Jüngere" (1779) schuf er die erste Jugendschrift. 1789 reiste C. gemeinsam mit Wilhelm von Humboldts nach Paris; er begeisterte sich für die Französischen Revolution und erhielt 1792 zusammen mit Washington, Klopstock, Schiller und Pestalozzi den Ehrenbürgerbrief der französischen Republik, was ihm in Deutschland sehr verübelt wurde, obgleich er sich vaterlandstreu zeigte. Er konzentrierte sich auf die „Reinigung" des Deutschen von französischen Spracheinflüssen und riet in seinen Schriften vom französischen Sprachunterricht ab. 1807 wurde er Deputierter Braunschweigs in Kassel, der Hauptstadt des von Napoleon gegründeten Königreichs Westfalen. Dann zog er sich ganz ins Privatleben zurück; die Leitung der Braunschweigischen Schulbuchhandlung hatte er schon vorher an seinen Schwiegersohn Hans Friedrich Vieweg abgegeben. C. betätigte sich mit Publikationen wie „Kleine Seelenlehre für Kinder" (1780), „Theophron oder der erfahrene Rathgeber für die unerfahrene Jugend" (1783) oder „Sammlung interessanter und zweckmäßig abgefaßter Reisebeschreibungen für die Jugend" (12 Bde., 1785-93) als pädagogischer Schriftsteller. Seine Bearbeitung von Daniel Defoes „Robinson Crusoe" fur jugendliche Leser, die 1779 unter dem Titel „Robinson der Jüngere" in Hamburg herauskam, wurde ein Welterfolg. In seiner enzyklopädisch-pädagogischen Schriftenreihe „Allgemeine Revision des gesamten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher" (1785-91) sowie der ersten Gesamtausgabe seiner Erziehungsschriften „Sämtliche Kinder- und Jugendschriften" (1806-09) spiegelt sich die weitreichende gesellschaftliche Wirksamkeit eines aufgeklärten Erziehungsideals, das „Gemeinnützigkeit" und die „Glückseligkeit" des Einzelnen zum Ziel hatte. Moralische Geschichten: Nr. 98-103. Weitere Werke: Philosophische Gespräche über die unmittelbare Bekanntmachung der Religion und über einige unzulängliche Beweisarten derselben, 1773. - Die Erfindungs- und Erkenntniskraft der menschlichen Seele, 1776. Sittenbüchlein für Kinder aus gesitteten Ständen, 1777. - Neue Methode, Kin-

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der auf eine leichte und angenehme Weise lesen zu lehren, 1778. - Robinson der Jüngere, 1779. - Über Empfindsamkeit und Empfindelei in pädagogischer Hinsicht, 1779. - Versuch eines Leitfadens beim christlichen Religionsunterricht fur die sorgfaltiger gebildete Jugend, 1780. - Kleine Seelenlehre für Kinder, 1780. - Die Entdeckung von Amerika. Ein angenehmes und nützliches Lesebuch für Kinder und junge Leute (3 Teile), 1781/82. - Theophron oder der erfahrene Rathgeber für die unerfahrene Jugend, 1783. - Geographisches Kartenspiel von Deutschland, 1784. - Sammlung interessanter und zweckmäßig abgefaßter Reisebeschreibungen für die Jugend. 12 Bde., 1785-93. - Über das Zweckmäßige und Unzweckmäßige in den Belohnungen und Strafen, 1788 1789. - Briefe aus Paris, während der Revolution geschrieben, 1790. - Über die Reinigung und Bereicherung der deutschen Sprache, 1794. - Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. 2 Bde., 1801. - Versuch einer genauem Bestimmung und Verdeutschung der für unsere Sprachlehre gehörigen Kunstwörter, 1804. - Abezeund Lesebuch, 1807. - Wörterbuch der deutschen Sprache. 5 Bde., 1807-12. Lit.: DBA, Fiche 176, 122-187. - ADB 3, S. 733-737; 5, 795. - NDB 3, S. 11 Of. - Brüggemann/Ewers 1982, 1221-1222. - LKJ 1, 238-240. - Scheuerl I (1979), S. 146-150. - Herrmann, Ulrich: Die Pädagogik der Philanthropen. In: Scheuerl, Hans: Klassiker der Pädagogik I: Von Erasmus von Rotterdam bis Herbert Spencer. München 1979, S. 135-158, hier S. 146-150.

Caraccioli, Louis Antoine de, (1721-1803), Schriftsteller. Moralische Geschichten: Nr. 104. Lit.: Archives Biographiques Françaises, Fiche I 181,285-293. - Le Moyne des Essart, Nicolas Toussaint: Les Siècles littéraires de la France; ou nouveau dictionnaire, historique, critique et bibliographique de tous les écrivains français, morts et vivants, etc. Paris. 6 vols 1800-01. - Feller, François Xavier de: Biographie universelle ou dictionnaire des hommes qui se sont fait un nom, etc. 8 vols Lyon 1851. - Hoefer, Johann Christian Ferdinand: Nouvelle biographie générale, etc. 46 vols Paris 1852-66. Caspari, Carl Heinrich, *16.2.1815 Eschau/Unterfranken, tlO.5.1861 München, Geistlicher, Volksschriftsteller, prot. C. ging in Schweinfurt und Nürnberg zur Schule und studierte Theologie (Neulutheraner) in Erlangen und am Predigerseminar in München. Zunächst ging er als Vikar nach Würzburg, dann als Badeprediger nach Kissingen, anschließend war er Pfarrer in Sommerhausen und nach dem Tod des Vaters dessen Nachfolger in seinem Heimatort Eschau östlich von Obernburg, schließlich in Kulmbach und München, wo er 46jährig an Tuberkulose starb. Wegen sei-

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nes damals hochgeschätzten erzählerischen Werkes als christlicher Volksschriftsteller ist er inzwischen schon von der Literaturwissenschaft gewürdigt worden (Müller-Salget). Der „Christliche Bücherschatz" (Jg. 11, 1889, S. 38) meinte zur 14. Auflage seines wichtigsten Kompendiums „Geistliches und Weltliches": „Aus diesem Buch ... haben unzählige evangelische Theologen mit das Beste gelernt, was sie als Lehrer und Prediger geleistet". Bei C. finden sich die Autoren religiöser Volksliteratur aus dem 17. Jahrhundert wieder, die da sind: Valerius Herberger mit seinen Erfolgspostillen um und nach 1600, Andreas Hondorff mit seinem ersten großen „Promptuarium Exemplorum" des Protestantismus, sowie Titius und Weidner. Aber C. kannte auch seine unmittelbaren Vorgänger Carl Ferdinand Fiedler, Carl Alfred Glaser, Wilhelm Oertel (alias Horn), Detlef Claudius Kähler, Friedrich Nister und Wilhelm Löhe. C. findet hier Erwähnung, da die Titel seiner Werke auf moralische Geschichten schließen lassen; in Wahrheit verbergen sich dahinter jedoch mehrheitlich Exempel des 16. Jahrhunderts, und also kann C. nicht als Volksaufklärer im ökonomisch-moralischen Sinne verstanden werden. Werke (Auswahl): Schatzkästlein von 466 Erzählungen aus Casparis „Geistliches und Weltliches". Stuttgart 1894. - Erzählungen fur das deutsche Volk. 1. Sammel-Ausg. Stuttgart: Steinkopf 1855; 2. Aufl. ebd. 1864. - Der Schulmeister und sein Sohn. Eine Erzählung aus dem 30jährigen Kriege, 1851 (23. Aufl. 1934). - Das 1. Hauptstück des Kleinen Katechismus Luthers, ausgelegt in Predigten, 1852 (8. Aufl. 1908). - „Zu Straßburg auf der Schanz". Erzählung, 1853 (zuletzt 1918). - Geistliches und Weltliches zu einer volkstümlichen Auslegung des Kleinen Katechismus Luthers in Kirche, Schule und Haus. Erlangen 1853 (24. Aufl. 1925; mit Lebensbeschreibung). - Alte Geschichten aus dem Spessart, 1854 [als Quellen gibt C. an: Amorbacher Klosterchronik, Eschauer Kirchenbuch, Gerichtsakten und Sagen], - Dr. Martin Luthers Kleiner Katechismus in Fragen und Antworten erklärt für jung und alt, 1856 (7. Aufl. 1915). - Predigten, 1858. - Christ und Jude. Eine Erzählung aus dem 16. Jahrhundert, 1861 (4. Aufl. 1915). - Von jenseits des Grabes. Predigt-Slg., 1862 (4. Aufl. 1874). - Des Gottesfurchtigen Freud und Leid. Wochenpredigten über den Psalter, 1863 (2. Aufl. 1870). - Predigten für alle Sonn- u. Feiertage, Neuaufl. 1893. 1908. - III. Gesamtausgabe: Erzählungen für das deutsche Volk, 1898 (2. Aufl. 1909). Lit.: DBA, Fiche I 182,192; II 218,148-160. - Caspari, Walter: K. H. C. In: Caspari: Geistlich und Weltlich. 15. Aufl. 1892. - K. H. C. Ein Leben. Erinnerungsbll. an seine Gedenkfeier zu Sommerhausen in Franken am 10.6. 1894, 1894. - A D B 4, S. 55. - Deutsche Lebensläufe II, S. 518f. - Lebensläufe aus Franken. 6 Bde. Würzburg 1919-1960. - Müller-Salget: Erzählungen für's Volk, 1984, S. 165-171, 365 (Lit.). - Brückner: Protestantische Beispielkatechismen, 1999, S. 148ff. - BBKL I (1990), Sp. 948.

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Cella, Johann Jakob, *27.2.1756 Bayreuth, |30.11.1820 Ansbach, Jurist. 1771-75 Jura-Studium in Erlangen und Göttingen, anschließend zwei Jahre Reichskammergerichtsassistent in Wetzlar, danach Anwalt in Bayreuth, 1784 Promotion zum Dr. jur. in Erlangen, 1788-96 furstlich-nassauischer Regierungs- und Kanzlei-Direktor in Weilburg, 1797 Kreisdirektor in Schwabach. Moralische Geschichten: Nr. 105. Weitere Werke: Freymüthige Aufsätze, 3 Bde. 1784-86. - Über Verbrechen und Strafe in Unzuchtsstätten, 1787. Lit: DBA, Fiche I 184,128-149. - ADB 4, S. 79. - Weidlich, Christoph: Biographische Nachrichten von den jetztlebenden Rechts-Gelehrten in Deutschland. 2 Bde. Halle 1781. - Koppe, Johann Christian: Lexicon der jetzt in Teutschland lebenden juristischen Schriftsteller und akademischen Lehrer. Bd. I A-L Leipzig 1793. - Hamberger/Meusel. - Vocke, Johann August: Geburtsund Todten-Almanach Ansbachischer Gelehrten, Schriftsteller und Künstler. 2 Bde. Augsburg 1796-97. - Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Gelehrtes Fürstentum Baireuth. 12 Bde. Nürnberg 1792-1805. - Stepf, Johann Heinrich: Gallerie aller juridischen Autoren von der ältesten bis auf die jetzige Zeit. 4 Bde. Leipzig 1820-25. Chimani, Leopold, *20.2.1774 Langenzersdorf (NÖ), f21.4.1844 Wien, Pädagoge, kath. Leitete ab 1798 die Haupt- und Industrieschule in Korneuburg, ab 1807 in der Administration des Normal-Schulbücher-Verschleißes tätig, ab 1817 auch als Bücherzensor. Verfasser von mehr als 100 Kinder- und Jugendbüchern. Moralische Geschichten: Nr. 106-108. Weitere Werke: Vaterländ. Unterhaltungen für die Jugend, 1815. - Ferienreise von Wien nach Ischl, 1829. - Biographien berühmter und verdienter Männer, 1832. - Biographien berühmter Frauen, 1832. - Der hist. Bildersaal, 1837. Das Kleine Belvedere, 1840. Lit.: DBA, Fiche I 186,397-412; II 223,259-260. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. - Wurzbach. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. - Kosch. - ÖBL 1957. - Nigg, Marianne: Dem Andenken des österreichischen JugendSchriftstellers L. C. In: Allg. Zs. f. Lehrerinnen, zugleich ein Organ für die gesamten Interessen der Mädchenschule und des Kindergartens 3. Jg., Nr. 10, 5. Mai 1879 u. Nr. 12, 5. Juni 1879. Christ, Johann Ludwig, * 18.10.1739 Oehringen, f 19.11.1813 Kronberg, Geistlicher, bekannt als „Apfelpfarrer", prot. C., Sohn eines Fürstlich-Hohenlohischen Kammerschreibers und späteren Stabsamtmanns, besuchte das Gymnasium zu Heilbronn, studierte ab 1758 in

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Tübingen, Erlangen und Altorf. Bis zum Antritt der ersten Prediger-Stelle 1764 im hessischen Bergen (heute als Bergen-Enkheim ein Stadtteil von Frankfurt) schlug er sich als Hauslehrer durch und beschäftigte sich mit „Civilbaukunst", Geometrie, Optik und Zeichnen. Weitere Pastoren-Stellen hatte er inne in Rüdigheim (1767-76), wo er im Jahr seines Dienstantritts heiratete, in Rodheim vor der Höhe (1776-86) und dann bis zu seinem Tod in Kronberg. Seit seiner Rodheimer Zeit war er Mitglied der Königl. Churfürstl. Landwirthschaftsgesellschaft zu Celle und richtete im Filialdorf Holzhausen einen „Freischulfonds" ein, gespeist aus freiwilligen Legaten und Beiträgen sowie den Kollekten bei Trauungen, Taufen, Abendmahlsfeiern und Trauergottesdiensten. Er diente dazu, ärmere Dorfbewohner vom Schul- und Holzgeld zu befreien. Später wurde der Ertrag zur Aufbesserung des Gehalts der evangelischen Lehrer verwendet (Bode, S. 21 f.). Die Gemeinde Kronberg im Taunus erwarb sich durch ihren Obstanbau seit dem 18. Jahrhundert dank der segensreichen Tätigkeit C.s einen weit über seine Grenzen hinaus reichenden Ruf. Im Frankfurter Raum hat C. vor allem für die Verwendung des Speierlings zum Apfelwein gesorgt. Neben rund 2000 Seiten landwirtschaftlich-ökonomischer Literatur arbeitete er eifrig am „Hanauischen Magazin" (1778-85) des lutherischen Superintendenten Johann Christian Stockhausen mit. Die Universität Marburg verlieh dem 72jährigen 1811 aufgrund seiner Verdienste um die ökonomischen Verbesserungen auf dem Lande die Ehrendoktorwürde. Seine Bücher, in denen er sich neben der Obstkultur auch u.a. mit Bienenzucht, Zimmerpflanzen, Gemüseanbau und dem Mästen von Tieren befaßt, wurden bis in das 20. Jahrhundert hinein immer wieder aufgelegt. C. starb 1813 an Fleckfieber, das er sich vermutlich bei der Versorgung verwundeter Soldaten aus der Leipziger Völkerschlacht zugezogen hatte. Werke (Auswahl): Patriotische Nachricht und für jeden Landmann deutliche Anweisung zu dem einträglichen Tabaksbau und zwar des so genannten asiatischen Tabaks, erprobet und zum gemeinen Nutzen in Druck gegeben von J. L. Christ. Frankfurt/Leipzig 1780, weitere Aufl. 1781; als 2. Aufl. betitelte 3. Aufl. Frankfurt/Main 1803. - Von der außerordentlichen Witterung des Jahrs 1783, in Ansehung des anhaltenden und heftigen Höherauchs: Vom Thermometer und Barometer, von dem natürlichen Barometer unserer Gegend, dem Feldberg oder der Höhe, und von der Beschaffenheit und Entstehung unserer gewöhnlichen Lufterscheinungen, wie auch etwas von den Erdbeben. Frankfurt/Leipzig 1783. - Gueldenes A, B, C, für die Bauern oder das Wesentliche der Landwirtschaft: nebst einem Anhang: Nachricht von jungen Obstbäumen so wohl gewöhnlicherguter Arten als auch ausgesuchten französischen Obstes. Frankfurt am Mayn 1787. - Von Pflanzung und Wartung der nützlichsten Obstbäume und ihrer besonders in Kronberg gezogenen Arten und Sorten, nebst räthlichster Benuzzung ihrer Früchte in Aufbewarung derselben ... für Landleute, Oekonomen und Liebhaber der Obstgärtnerei. Frankfurt/Main

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1789. - Auf eigene Erfahrung gegründete Vorschläge den edlen Feldbau zu verbessern. Frankfurt/Main 1793. - Pomologisches theoretisch-praktisches Handwörterbuch, 1802. - Der Baumgärtner auf dem Dorfe; oder Anleitung, wie der gemeine Landmann auf die wohlfeilste und leichteste Art die nützlichsten Obstbäume zu Besetzung seiner Gärten erziehen, behandeln, und deren Früchte zur Verbesserung seiner Haushaltung recht benutzen soll. Frankfurt/Main 1792; 2. Aufl. 1804; neueste, verm. u. verb. Aufl., Frankfurt am Mayn 1810 [= unberechtiger Nachdr. d. 2. Aufl.]. Dies ist die populäre Ausgabe des folgenden Werkes: Handbuch über die Obstbaumzucht und Obstlehre. Frankfurt/Main 1794, 2. Aufl. 1804; 3. Aufl. 1817. - Christ's Gartenbuch für Bürger und Landmann, eine gemeinfaßliche Anleitung zur Anlage und Behandlung des Hausgartens und zur Kultur der Blumen, Obstbäume und Reben; mit einem Anhang über Blumenzucht im Zimmer. Frankfurt/Main 1892; neu bearb. v. Ed. Lucas, 10., vollst, umgearb. und stark verm. Aufl. von Fr. Lucas. Stuttgart 1895; 20., sorgfältigst bearb. Aufl. ebd. 1919. - Allgemeinpractisches Gartenbuch für den Bürger und Landmann über den Küchen- und Obstgarten, nebst Anweisung zur Verfertigung des Obstweins und Obstessigs. Wien 1815. - Anweisung zur nützlichen und angenehmsten Bienenzucht für alle Gegenden bei welcher in einem mittelmässig guten Bienenjahr von 25 guten Bienenstöcken 100 fl. und in einem recht guten Bienjahr 200 fl. gewonnen werden können, und dennoch jeder Stock in gutem Stande bleibt. Leipzig 1820. - Bienenkatechismus für das Landvolk. 4. Aufl. Leipzig 1820. Lit.: DBA, Fiche I 188,228-240; II 224,250. - ADB 4, S. 143. - NDB 3, S. 217. - Hamberger/Meusel. - Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte. 20 Bde. Kassel 17801863. - Hering, Eduard/ Schräder, Georg Wilhelm: Biographisch-literarisches Lexicon der Thierärzte aller Zeiten und Länder sowie der Naturforscher, Ärzte, Landwirthe, Stallmeister usw., welche sich um die Thierheilkunde verdient gemacht haben. Erw. Aufl. Stuttgart 1863. - Bode, Helmut: J. L. C. Pfarrer, Naturforscher, Ökonom, Bienenzüchter und Pomologe (1739-1813), mit Kap. über seine Freunde und Kritiker August Friedrich Adrian Diel, Christian Frhr. Truchseß von Wetzhausen, Johann Isaak von Gerning. Frankfurt/Main 1984, mit Werkverzeichnis C.s S. 367-375.

Christiani, Christoph Johann Rudolf, *15.4.1761 Norby, |6.1.1841 Lüneburg, Theologe, Pädagoge, Schriftsteller, prot. C. wurde durch seinen Lehrer Johann Andreas Cramer ein entschiedener Anhänger der rationalistischen Theologie. 1793 folgte er einem Ruf als deutscher Hofprediger nach Kopenhagen. Dort gründete er nach Basedows Vorbild ein Erziehungsinstitut. Als diese Stelle infolge der Danisierungsbestrebungen 1809 nicht mehr besetzt wurde, war C. als Propst im holsteinischen Oldenburg tätig,

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ging 1813 als Konsistorialrat nach Eutin und wurde 1814 Stadtsuperintendent in Lüneburg. Dort stiftete er 1816 eine Freischule und promovierte 1817 zum Dr. theol. Moralische Geschichten: Nr. 109. Weitere Werke: Die Gewißheit unsrer ewigen Fortdauer. Ein Beytrag zur Besiegung des Zweifels; mit besonderer Rücksicht auf Eltern, die über den frühen Tod ihrer Lieblinge trauern. Kopenhagen/Leipzig 1809. - Beiträge zur Beförderung wahrer Weisheit, Tugend und Glückseligkeit. - Zur Veredelung der Menschheit [Predigtslg.]. Kopenhagen o.J. [nach 1795], Lit.: DBA, Fiche I 189, 176-189; II 225, 209. - Scandinavian Biographical Archive, Fiche A-54,50-53. - Erslew, Thomas Hansen: Almindeligt ForfatterLexicon for Kongeriget Danmark, med tillwende Bilande fra for 1814 til efter 1858 u. Supplement, indtil Udgangen af Aaret 1853. 6 Bde. Kjobenhavn 184368. - Bricka, Carl Frederik: Dansk biografisk Lexikon, tillige omfattende Norge for Tidsrummet 1537-1814. 19 Bde. Kjobenhavn 1887-1905. - Biograph. Lexikon fur Schleswig-Holstein und Lübeck I (1971), hg. v. Molzow, Hartwig. - Schlesw.-Holst. Biogr. Lexikon III, S. 72. - ADB 4, S. 212. - NDB 3, S. 240. - Kordes. - Hamberger/Meusel XVII, S. 331. - Rotermund: Hannover. Lübker/Schröder. - Neuer Nekrolog. - Alberti 1. Claudius, Georg Carl, *21.4.1757 Zschoppau, |20.11.1815 Leipzig, Privatgelehrter, Schriftsteller, Pseud.: Franz Ehrenberg, prot. C. schrieb Belletristik für Erwachsene, vor allem Familienromane, sowie Erzählungen für Kinder. Lange auf dem Buchmarkt hielt sich sein „Justus, Graf von Ottenburg" (1792-99). Ferner gab er das „Taschenbuch für Frauenzimer" (Leipzig 1786-1816) heraus. Moralische Geschichten: Nr. 112-114. Weitere Werke: Kindertheater, 2 Bde., 1782-84. - Unterhaltungen, 2 Bde. 1780-82. - Neue Unterhaltungen, 2 Bde. 1799-1800. - Kleine Erzählungen aus der Kinderwelt, 4 Bde., 1805-07. Lit.: DAB, Fiche I 192,263-79. - ADB 4, S. 279. - Weiz. - Gerber 1. - Hamberger/Meusel. - Meusel: Künstler. - Brümmer 1 u. 2. - Eitner. Claudius, Matthias, *15.8.1740 Reinfeld/Holstein, 1.1815 Hamburg, Journalist, Lyriker, Übersetzer, Pseud.: Asmus, Der Bothe, prot. Der Pastorensohn C. studierte in Jena ohne Abschluß Theologie, Jura, Philosophie und Volkswirtschaft. 1764/65 war er Sekretär des Grafen Holstein in Kopenhagen, 1765-68 lebte er im Elternhaus und wandte sich dann nach Hamburg, wo er Redakteur der „Hamburgischen Addreß-Comtoir-Nachrichten" (1768-70) wurde, einem Handels- und Wirtschaftsblatt, in dem er kleine Pro-

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sastücke und Gedichte veröffentlichte. 1770 übernahm er die Redaktion des neu gegründeten „Wandsbecker Bothen" (Wandsbek 1771-75, Nachdr. v. Karl Heinrich Rengstorf und Hans-Albrecht Koch. 5 Bde., Hildesheim 1978). C. zog nach Wandsbek, wo er am 15. 3. 1772 Rebecca Behn, die 16jährige Tochter eines Zimmermeisters, heiratete. Der „Bothe" wurde zu einer originellen dörflichen Zeitung für Leser und Kenner im ganzen deutschsprachigen Gebiet. Als er 1775 wegen geringer Verkaufsziffern eingestellt werden sollte, legte C. einen ersten Band seines „Asmus omnia sua secum portans" vor, ein Mosaik, das frühere Zeitungsbeiträge mit neuen Aufsätzen und Gedichten vereinigte. Erneut arbeitslos, gelang es C., dank der Vermittlung von Herder eine gut besoldete Anstellung bei der eben gegründeten Landkommission in HessenDarmstadt zu erhalten. Hier gründete er 1776 die „Hessen-Darmstädtische privilegirte Land-Zeitung" (Neuausgabe von Jörg-Ulrich Fechner, Darmstadt 1978), die erste Zeitung, die sich in Deutschland vornehmlich an die Landbevölkerung wandte. Diese kurze Episode in seinem Leben rechtfertigt seine Aufnahme in den Kreis der Volksaufklärer: Während er sich nämlich als „Wandsbecker Bothe" noch in der Art der Moralischen Wochenschriften vornehmlich an gebildete Bürger richtete, ging es ihm hier um die Vermittlung von Verbesserungsvorschlägen für Landwirte, die er teilweise in Gedichtform überbrachte. Dazu kreierte als Sprecher den fiktiven Görgel, einen alten, lahmen Invaliden aus bäuerlichem Milieu. C.' Erwartungen von einer sozial engagierten und reformerischen Tätigkeit erfüllten sich jedoch nicht. „Ich bin hergekommen, nicht ehrlich und schön zu schreiben, sondern ehrlich und schön zu handeln", schrieb er im Frühjahr 1777 an Friedrich Karl von Moser, quittierte den Dienst und kehrte nach Wandsbek zurück. Obwohl C.' direktes Schreiben für das Volk also von kurzer Dauer war, betrachteten ihn die Volksaufklärer als einen der Ihren. Salzmann beispielsweise hat C.' „Sämmtliche Werke" besessen und Becker zitiert C. in seinem 1785 erschienenen „Versuch über die Aufklärung des Landmannes" (Donovan/Lüchow, S. 22f.). Moralische Geschichten: Nr. 115. Weitere Werke: Sämtl. Werke. Nach dem Text der Erstausgaben (Asmus 17571812) und den Originaldrucken (Nachlese). Nachwort und Bibliographie v. Rolf Siebke. 6., Überarb. Aufl., München 1987. - Briefe: M. C. Briefe an Freunde, hg. v. Hans Jessen. Berlin 1938. 2., veränderte Aufl. u. d. T.: M. C. Botengänge. Briefe an Freunde. Witten/Berlin 1965. - Ders./Schröder, Ernst: M. C. Asmus und die Seinen. Briefe an die Familie. Berlin 1940. - Koch, Hans-Albrecht/Siebke Rolf: Unbekannte Briefe und Texte v. M. C. nebst einigen Bemerkungen zur C.-Forschung. In JbFDH 1972, S. 1-35. - Dies.: Nachträge. In: JbFDH 1973, S. 48Iff. Übersetzungen: Twiss's Reise nach Spanien und Portugal. Leipzig 1776. Fénelons Werke religiösen Inhalts. 3 Bde., Hamburg 1800, 1809, 1811.

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Lit.: Stammler, Wolfgang: M. C. der Wandsbecker Bote. Ein Beitrag zur deutschen Literatur- und Geistesgeschichte Halle 1915. - Roedl, Urban (d.i. Bruno Adler): M. C. Sein Weg und seine Welt. Hamburg 31969. - Berglar, Peter: M. C. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1972. - Zimmermann, Rolf-Christian: M. C. In: Benno v. Wiese (Hg.): Deutsche. Dichter des 18. Jh. Ihr Leben und Werk. Berlin 1977, S. 429-445. - F. J. Curt Hoefer: Der Wandsbecker Bothe. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Publizistik des 18. Jh. Diss. Leipzig 1944. - Kranefuss, Annelen: Die Gedichte des Wandsbecker Boten. Gött. 1973. - Fechner, Jörg-Ulrich: Literatur als praktische Ethik. Das Beispiel des 'Wandsbecker Bothen' v. M. C. In: Lehmann, Hartmut/ Lohmeier, Dieter (Hgg.): Aufklärung und Pietismus im dänischen Gesamtstaat 1770-1820. Neumünster 1983, S. 217-230. - Ders.: M. C.' 'Neujahrswunsch' 'Des alten lahmen Invaliden sein Neujahrswunsch': Literarischer Text und mediale Vermittlung. In: Jutta Kolkenbrock-Netz u.a. (Hgg.): Wege der Literaturwissenschaft. Bonn 1985, S. 88-99. - Preisendanz, Wolfgang: M. C.' 'naiver launigter Ton'. Zur Positivierung von Naivität im 18. Jahrhundert. In: Modern Language Notes (Baltimore) 103 (1988), S. 569-587. - Donovan, Siobhán/ Lüchow, Annette: M. C. und die Volksaufklärung. In: Jahresschrift der Claudius-Gesellschaft 9 (2000), S. 6-25. - Killy (= DB 9), 3468-3476. - ADB 4, S. 2 7 9 - 2 8 1 . - N D B 3, S. 266f. Cramer, Johann Andreas, *29.1.1723 Jöhstadt/Sachsen, 112.6.1788 Kiel, Geistlicher, Übersetzer, Lyriker, prot. C., Sohn eines Pfarrers, besuchte 1736-42 die Fürstenschule in Grimma und begann anschließend ein Theologiestudium in Leipzig. Hier bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Privatunterricht und die Mitarbeit an der von Gottsched besorgten deutschen Ausgabe des Bayleschen Wörterbuchs sowie als Korrektor und Exzerptor fur Gottscheds Verleger Breitkopf. Er lieferte Beiträge für die seit 1741 erscheinende Zeitschrift „Belustigungen des Verstandes und des Witzes" von Johann Joachim Schwabe. Später gab er zusammen mit Wilhelm Christlob Mylius die Zeitschrift „Bemühungen zur Beförderung der Critik und des guten Geschmacks" (Halle 1743) sowie mit den Brüdern Schlegel, mit Ebert, Just Friedrich Wilhelm Zachariä u. a. die Zeitschrift „Neue Beiträge zum Vergnügen des Verstandes und Witzes" (1744) heraus, die als „Bremer Beiträge" Literaturgeschichte machten. 1745 Magisterprüfung, 1746-48 kurfürstliches Stipendium. Er gab nun ein eigenes moralisches und satirisches Wochenblatt „Der Schutzgeist" heraus, das vom 12. 5. 1746 bis zum 6. 4. 1747 in 52 Nummern in Hamburg erschien. 1747/48 edierte er gemeinsam mit Ebert, Gärtner und Nikolaus Dietrich Giseke den „Jüngling" (Leipzig). 1748 Dorfpfarrer in Cröllwitz/Sachsen. Hier lebte er eineinhalb Jahre mit Johann Adolf Schlegel zusammen; 1749 heiratete er Charlotte Radicke, die Schwester

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seiner 1747 verstorbenen Braut. Aus der Ehe gingen zehn Kinder hervor. 1750 Oberhofprediger und Konsistorialrat in Quedlinburg, 1754 folgte der Ruf als deutscher Hofprediger Friedrichs V. nach Kopenhagen. Seine zahlreichen Publikationen (allein 450 gedruckte Predigten), in denen er Moral und christliche Tugend verkündete, hatten großen Einfluß auf seine Zeit, doch schon nach 1800 war vielen Lesern der moralisierende und trockene Ton fremd. Literaturhistorische Bedeutung kommt C. als Herausgeber und Mitautor des „Nordischen Aufsehers" (Kopenhagen/Leipzig) zu. „Verbesserung des Herzens und der Sitten", die C. seine „liebste Beschäfftigung" (120. Stück) nennt, kennzeichnen Stil und Programmatik dieser Zeitschrift. 1765 wurde C. Professor der Theologie an der Universität Kopenhagen, 1767 promovierte er zum Doktor der Theologie. Infolge einer innenpolitischen Krise gab C. 1771 das Hofpredigeramt auf und verließ Kopenhagen. Er erhielt eine neue Stellung als Superintendent in Lübeck. 1774 erschien C.s „Katechismus in einer Erwachsenen- und einer Kinderfassung". 1774 Theologieprofessor und Prokanzler der Universität Kiel. 1780 gab er für die schleswig-holsteinische Kirche ein „Allgemeines Gesangbuch" (Altona 1780) heraus, das 225 seiner eigenen Lieder und viele seiner Umdichtungen älterer Lieder enthält und bis 1887 benutzt wurde; 1781 richtete er das erste Kieler Schullehrerseminar ein; 1784 zum Kanzler der Universität ernannt, sorgte er für die stattliche Vergrößerung der Bibliothek und stiftete eine Professorenwitwenkasse. Moralische Geschichten: Nr. 117-119. Weitere Werke: Die Auferstehung. Eine Ode. Leipzig 1748. - Slg. einiger Predigten. 10 Tie., Kopenhagen 1755-60. - Poetische Übersetzungen der Psalmen mit Abhandlungen über dieselben. 4 Bde., Leipzig 1755-64. - Vermischte Schriften. Kopenhagen/Leipzig 1757. - Erklärung des Briefs Pauli an die Hebräer. 2 Bde., Leipzig 1757. - Neue geistliche Oden und Lieder. Lübeck 176675. - Evangelische Nachahmungen der Psalmen Davids u. a. geistlicher Lieder. Kopenhagen 1769. - Melanchthon. Eine Ode. Lübeck 1772. - Christian F. Gellerts Leben. Karlsruhe 1774. - Ascetische Betrachtungen über die rechte Erkenntniß und Bereuung der Sünden und ihre heilsamen Wirkungen. Hamburg/Kiel 1787. - Eine christliche Sittenlehre fur Kinder. Kiel 1788. - Vermischte Übungen des Verstandes, Witzes u. Nachdenkens. Kiel 1788. - J. A. C. s hinterlassene Gedichte, hg. v. Carl Friedrich Cramer. Altona/Leipzig 1791. - Sammlung zur Kirchengeschichte und theologischen Gelehrsamkeit. Leipzig 1748-51. Lit.: DBA, Fiche I 205,235-267; II 240,228-238. - Muncker, Franz: Dt. National-Litteratur. Bd. 44, Berlin/Stuttgart, o. J., S. 65-73 (Bremer Beiträger 2. Einl.). - Luehrs, Phoebe M.: Der Nordische Aufseher. Diss. Heidelberg 1909. Blümcke, Adolf: Beiträge zur Kenntnis der Lyrik J. A. C.s (1742-61). Diss. Greifswald 1910. - Stoltenberg, Gustav: J. A. C., seine Persönlichkeit u. seine

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Theologie. In: Schriften des Vereins fur Schleswig-Holstein. Kirchengeschichte 2. Bde. 9, 4, Kiel 1935, S. 168. -Reichmann, E[berhard]: J. A. C. und die deutsche Geschichtsprosa der Aufklärung. In: Monatshefte54 (1962), S. 59-67. - Killy (= DB 9), 3632-3638. - Hirsching. - Kordes. - Richter. - Meusel: Schriftsteller. - Raßmann, Dichter. - Döring: Willzelredner. - Brümmer 1 u. 2. - LThK. - RGG. - ADB 4, S. 550f. - NDB 3, S. 389f u. 21, S. 69. - BBKL I (1990), Sp. 1147ff. Dann, Christian Adam, *24.12.1758 Tübingen, fl9.3.1837 Stuttgart, Geistlicher, prot. D., Sohn des Tübinger Bürgermeisters und Hofgerichtsassessors hugenottischer Abstammung, besuchte die Klosterschule in Blaubeuren und trat 1777 in das Theologische Stift in Tübingen ein. Er schloß sich besonders Gottlob Christian Storr an, dem er viel Anregung und Förderung verdankte. D. war zwei Jahre Präzeptoratsvikar in Bebenhausen und fünf Jahre Repetent am Stift in Tübingen. Er wurde 1793 in Göppingen und 1794 in Stuttgart Diakonus, aber 1812 auf die Pfarrei Oschingen bei Tübingen versetzt, weil er am Grab eines Hofschauspielers auf dessen Wunsch der Trauer Ausdruck gab, mit der dieser im Sterben auf sein Leben zurückgeblickt hatte. D. kam 1819 nach Mössingen bei Tübingen. 1824 wurde er nach Stuttgart zurückberufen. D., in seiner Lebensführung ein strenger Asket, wirkte als furchtloser Bußprediger und gesegneter Seelsorger, besonders an der weiblichen Jugend. Das neuerwachte geistliche Leben in Württemberg suchte er in die kirchlichen Formen und Ordnungen hineinzuleiten, um diese dadurch zu beleben. D. war auch einflußreich als Erbauungsschriftsteller und Hymnologe. Bekannt ist sein Trostlied „Gekreuzigter, zu deinen Füßen hebt aus dem Staube sich empor mein Herz". In zwei Schriften kämpfte D. gegen Tierquälerei und gab damit den Anstoß zur Gründung von Tierschutz-Vereinen. Moralische Geschichten: Nr. 120. Weitere Werke: Anleitung zu christl. Nachdenken für junge Leute über Konfirmation, Kommunion u. frühe Gottseligkeit, 1801 (31837). - Beicht- u. Kommunionsbuch, 1816 (4. Aufl. 1838). - Notgedrungener Aufruf zur Linderung des unsäglichen Leiden der in unserer Umgebung lebenden Tiere. Tübingen 1833. - Bitte der armen Tiere, der unvernünftigen Geschöpfe, an ihre vernünftigen Mitgeschöpfe, die Menschen. Tübingen 1822, 2. Aufl. 1838. Lit.: Denkmal der Liebe für den vollendeten C. A. D. (mit Bibliogr.), 1837. Knapp, Albert: C. A. D. In: Ders., Sechs Lb., 1875. - Müller, Karl: Die religiöse Erweckung in Württemberg am Anfang des 19. Jh.s (= Aus der akad. Arbeit. Vortr. u. Aufs. 1930, 290 ff.), 1925, S. 41f. - Schiel, Hubert: Geeint in Christo. Bischof Sailer u. C. D., ein Erwecker christlichen Lebens in Württemberg, 1928. - Claus, Wilhelm: Von Brastberger bis Dann = Württ. Väter II,

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1933, 255 ff. - Hermelink, Heinrich: Gesch. der ev. Kirche in Württemberg, 1949. - DLL II, 979 f. - ADB 4, 740 f. - RE IV, 457 ff. - RGG II, 32. BBKL 1(1990), Sp. 1209. Danzer, Jakob OSB, *4.3.1743 Lengenfeld bei Kaufbeuren, t4.9.1796 Buchau (Württemberg), Moraltheologe, Taufname: Joseph, kath. D., Sohn eines Bauern, wurde nach Abschluß der theologischen Studien D. im Benediktinerstift Isny 1767 Priester, Stiftsbibliothekar und 1777 Lektor für Dogmatik. 1785 Professor für Dogmatik an der Universität Salzburg, später für Moral- und Pastoraltheologie, 1792 als Rationalist und Aufklärer wegen seines nicht unbestrittenen sittlichen Rufes vom Lehramt suspendiert. Nach einem längeren Aufenthalt in Linz wurde er 1795 Kanonikus in Buchau am Federsee.

Moralische Geschichten: Nr. 121. Weitere Werke: Anleitung zur christlichen Moral. 3 Bde. Salzburg 1787-91 (3. Aufl. 1792-1803). - Über den Geist Jesu und seine Lehre. Salzburg 1793. Beiträge zur Reform der christlichen Theologie überhaupt und der katholischen Dogmatik insbesondere. Ulm 1793 (anonym). Lit: DBA, Fiche I 221,222-240; II 253,1 N/14-17. - Vogler, Johann Baptist: J. D.s letzte Lebenstage in Buchau. 1796. - Mittermüller, Rupert: Beiträge zu einer Geschichte der ehemaligen Benediktiner-Universität in Salzburg. Salzburg 1889. - Sattler, Magnus: Collectaneen-Bll. zur Geschichte der ehemaligen Benediktiner-Universität zu Salzburg 1890, S. 51 Iff. - Magin, Alfons: J. D., ein Moraltheologe der Aufklärung. Ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Moraltheologie im Aufklärungszeitalter. Diss. Tübingen 1941. - Hermann, K. F.: Abt D. Hagenauer v. St. Peter. Diss. Salzburg 1954. - ADB 4, S. 754 f. - NDB 3, S. 514f. - DLL II, 992. - DThC IV, 137. - LThK III, 162. BBKL, I (1990), Sp. 1222f. - Hamberger/Meusel. - Baur. - Meusel: Schriftsteller. - Baader. - Döring: Theologen. - Kosch. Dapp, Raymund, *22.9.1744 Geißlingen, |1·3.1819 Klein-Schönebeck Berlin, Geistlicher, prot. D. besuchte das Gymnasium in Ulm und wurde 1762 an der Universität Tübingen immatrikuliert, ab 1769 Theologie-Studium in Erlangen, später in Halle bei Semler. In Berlin lebte er als Hauslehrer und schloß sich einem theologischen Freundeskreis an, dessen Mitglieder (u.a. Campe) in einer freiheitlichen Lebensweise, in intensivem wissenschaftlichen Interesse und einer ausgeprägten Abneigung gegen kirchlich-orthodoxes Dogmatisieren verbunden waren. 1778 wurde D. für über 40 Jahre Pfarrer in Klein-Schönebeck bei Berlin und heiratete die Schwester eines Studienfreundes. Sie blieben kinderlos, adoptierten aber die Tochter eines verstorbenen Freundes. D. gründete und leitete eine

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„Industrieschule". Literarisch ist er durch eine Reihe von Predigtsammlungen, durch ein seit 1805 herausgegebenes „Gemeinnütziges Magazin für Prediger" und durch seine langjährige Mitwirkung an der von Friedrich Nicolai (17331811) herausgegebenen „Allgemeinen Deutschen Bibliothek" hervorgetreten (268 Bde., 1765-1806). Er veröffentlichte dort im Laufe von 24 Jahren etwa einhundert Artikel (die dabei verwendeten, aus Rücksicht auf die Zensur laufend geänderten Namenskürzel sind zusammengestellt bei Aner: Zwei märkische Landgeistliche, 1919, S. 85.) D. unterstützte Nicolai bei dessen „Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz im Jahre 1781" (Berlin/Stettin 1783-96) mit Informationen über seine schwäbische Heimat. Der Berliner Verleger verbrachte mehrmals einige Wochen als Gast bei D. Im Gegenzug unterstützte der wohlhabende Nicolai Mitglieder aus D.s Gemeinde, er sorgte für Heizung und Ausstattung des Pfarrhauses, bezahlte Reparaturen in der Küsterwohnung, ließ einen neuen Zaun um das Gemeindeanwesen errichten und stiftete eine neue Orgel für die Kirche. D.s Amtsführung war stark von pädagogischen Interessen geprägt. Seine Hinweise zur Predigt- und Amtspraxis hat er in diversen Beiträgen zu dem von ihm seit 1805 herausgegebenen, von Nicolai verlegten „Gemeinnützigen Magazin für Prediger auf dem Lande" niedergelegt. Bis 1817 erschienen insgesamt acht Bände zu je drei Stücken in anfangs halb-, später ganzjährigem Abstand. In der Regel boten die Hefte neben Predigtentwürfen einen Abschnitt über das Landschulwesen, einen über liturgische Gegenstände, einen landwirtschaftlichen Teil und „Ausführungen zu pastoralen Fragen", dazu Anekdoten und kürzere Mitteilungen. Die meisten Beiträge stammten von D. selbst. Die Verbreitung des „Magazins" beschränkte sich zwar im Wesentlichen auf die Brandenburgische Provinz, doch zeigt die Mitwirkung pommerscher, thüringischer und auch süddeutscher Geistlicher, daß es auch auswärts gelesen wurde. Moralische Geschichten: Nr. 122. Weitere Werke: Gemeinnütziges Magazin für Prediger auf dem Lande und in kleinen Städten. 8 Bde., Berlin 1805-17. - Gebetbuch, Berlin 1785, Züllichau 2 1799. - Predigtbuch für christliche Landleute. Berlin 1788, 2 1797 ebd. - Zwey Predigten über die Abschaffung der Betteley auf dem platten Lande und die deshalb errichteten neuen Armenanstalten. Berlin 1792. - Kurze Predigten und Predigtentwürfe über die gewöhnlichen Sonn- und Festtags-Evangelien: nebst einem Anhange von Casualpredigten und Reden, besonders für Landleute und Landprediger, hg. v. R. D. Berlin 1793-1804 (6 Jgg.). - Predigtbuch für christliche Landleute, zur häuslichen Andacht und zum Vorlesen in der Kirche: Auf alle Sonn- und Festtage des ganzen Jahrs, nach den Evangelien. Neue, verbess. u. verm. Aufl. Berlin / Stettin 1797. Lit.: DBA, Fiche I 221, 340-348. - Weyermann, Albrecht: Nachrichten von Gelehrten, Künstlern und anderen merkwürdigen Personen aus Ulm. Ulm

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1798. - Bahrdt, Karl Friedrich: Kirchen- und Ketzer-Almanach aufs Jahr 1781. [Züllichau] 1781 [2. Quinquennium: o.J. [Berlin] 1787]. - Parthey, Gustav: Die Mitarbeiter an Friedrich Nicolai's Allgemeiner Deutscher Bibliothek nach ihren Namen und Zeichen in zwei Registern geordnet. Berlin 1842 [Nachdr.: Hildesheim 1973], - Troeltsch, Ernst: Aufklärung. In: RE Leipzig 3 1897, Bd. II, S. 225-241. - Aner, Karl: Der Aufklärer Friedrich Nicolai (= Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus 6). Gießen 1912. - Gabriel, Paul: Aus der Dorfkirchenarbeit vor 100 Jahren. In: Die Dorfkirche 11 (1918), H. 4, S. 81-86. - Aner, Karl: Zwei märkische Landgeistliche aus der Aufklärungszeit. In: Jb. f. Brandenburgische Kirchengeschichte 17 (1919), S. 81-113, und 18 (1920), S. 20-34 (über D. und Georg Friedrich Treumann). - Ders.: Die Theologie der Lessingzeit. Halle 1929 [Nachdr.: Hildesheim 1964; 2. Reprint: Hildesheim 1976], - Haußmann, Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, passim. - Wolfes, Matthias: D., R. In: BBKL XVII (2001), Sp. 335-341.

De La Live d'Epinay, Louis-Florence-Pétronille, (1726-1783), Schriftstellerin, kath. In unglücklicher Ehe mit ihrem Cousin d'Epinay lebend, führte in Paris ein geistig angeregtes und ungebundenes Leben im Umgang mit Rousseau, Grimm, Cuclos, Diderto, Holbach, Baliani u.a. Für Rousseau ließ sie im Park ihres Besitzes Chevrette ein kleines Haus, L'Eremitage, erbauen und stellte es ihm samt Garten zur Verfugung. Als sie sich von ihm ab- und Melchior Grimm zuwandte, schmähte er sie in seinen „Confessions" in doppelter Weise: Er versicherte, ihn habe nichts als harmlose Freundschaft mit Madame d'Epinay verbunden, als Frau sei sie ihm nicht attraktiv genug erschienen. Ihre Schriften nannte er „des fadaises" (Albernheiten). Hier irrt Rousseau. Unter dem Titel „L'Histoire de Madame de Montbrillant" hat sie ihre Memoiren als Schlüsselroman geschrieben und ist ihrerseits mit Rousseau nicht schonungsvoll verfahren, doch ohne ungeschlachte persönliche Angriffe. Die Brüder Goncourt nannten den Roman „un Chef-d'œuvre". Elisabeth Badinter, die die fingierten Memoiren unter dem Titel „Les Contreconfessions" neu herausgebracht hat, rühmt in ihrer Einleitung vor allem die subtile Beobachtung, mit der Mme d'Epinay die zu Ende gehende Welt des Ancien Régime der des aufsteigenden Bürgertums gegenüberstellt. Moralische Geschichten: Nr. 125. Lit.: Monschein, S. 208. - Le Moyne des Essart, Nicolas Toussaint: Les Siècles littéraires de la France; ou nouveau dictionnaire, historique, critique et bibliographique de tous les écrivains français, morts et vivants, etc. Paris. 6 vols 1800-01. - Feller, François Xavier de: Biographie universelle ou dictionnaire des hommes qui se sont fait un nom, etc. 8 Bde. Lyon 1851. - Hoefer, Johann C. F.: Nouvelle biographie générale, 46 Bde. Paris 1852-66.

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Dehabre, Joseph SJ, * 1.4.1800 Straßburg, f 8.11.1871 Maria Laach, Universitätsprofessor, Katechet, kath. D., Sohn eines Kolonialwarenhändlers, trat mit 17 Jahren in Brig (Schweiz) in den Jesuitenorden ein. Er wurde 1828 zum Priester geweiht und wirkte 183041 als Lehrer und Prediger in den Ordenskollegien in Brig und Fribourg (Schweiz), danach als Missionsprediger in Kothen (Anhalt) und von 1845 bis zur Ausweisung der Jesuiten aus der Schweiz im Jahr 1847 als Professor der Pastoraltheologie im Seminar zu Luzern. D. ist bekannt als einer der bedeutendsten katholischen Katecheten des 19. Jahrhunderts. 1847 verfaßte er einen Katechismus, der den Stoff nach dem Catechismus Romanus ordnete: De fide et Symbolo fidei; De Sacramentis; De Will praeceptis in Decalogo contentis; De oratione. Dieser Katechismus hat mit fünf Ausgaben fur die verschiedensten Schulbedürfnisse, zahlreichen Auflagen und Übersetzungen in mindestens 15 Sprachen alle vorherigen Katechismen an Verbreitung in Europa, Asien, Nord- und Südamerika weit übertroffen und fast die Bedeutung eines katholischen Einheitskatechismus gewonnen. Moralische Geschichten: Nr. 126. Weitere Werke: Kath. Katechismus oder Lehrbegriff, 1847 (in einer Überarb. v. Theodor Mönnichs 1923 als „Dt. Einheitskatechismus" angenommen mit Ausnahme der Diözesen Freiburg u. Rottenburg). - Grundlegende u. leichtfaßliche Erklärung des kath. Katechismus, 4 Bde., 1857-61. - Kürzeres Hdb. zur Religionsunterrichte, 2 Bde., 1865-68. - Die vollkommene Liebe Gottes, 1856. Lit.: Spirago, Franz: Spirago's Method of Christian Doctrine, hg. ν. S. G. Messmer. New York 1901. - Pfülf, Otto: Die Anfange der deutschen Provinz der neu erstandenen Gesellschaft Jesu und ihr Wirken in der Schweiz, 1922, S. 429ff. - Raab, Karl: Das Katechismusproblem in der kath. Kirche. Rel.päd. Unters, zu einer grundsätzlichen Lösung, 1934, 57ff. - Busch, Wilhelm: Der Weg des dt. kath. Katechismus v. D. bis z. Einheitskatechismus, 1936. - Weber, Franz: Geschichte des Katechismus in der Diözese Rottenburg v. der Aufklärungszeit bis zur Gegenwart (Diss. Tübingen 1940), 1939, 153ff. - Fuerst, Anthony Norman: The Systematic Teaching of Religion, 2 Bde., New York 1939-46. - Sommervogel II, 1875ff.; IX, 182ff. - Koch, JL 382. - NDB 3, S. 562. - LThK III, 195. - EKLI, 850 - RGG II, 56. - BBKLI (1990), Sp. 1241f. Demeter, Ignaz Anton, * 1.8.1773 Augsburg, f21.3.1842 Freiburg/Br., Erzbischof von Freiburg/Br., kath. Das Theologiestudium absolvierte D. in Dillingen; Priesterweihe am 10. August 1796, 1802-09 Pfarrer in Lautlingen (heute Stadtteil von Albstadt). Dort schrieb er einige Bücher, gründete 1803 die Musikkapelle Frohsinn - eine der ältesten noch bestehenden Blasmusikkapellen im Zollernalbkreis - und führte einen geordneten Schulunterricht ein. 1808 wurde er Leiter des ersten badi-

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sehen katholischen Lehrerseminars in Rastatt. 1826 Berufung zum Ministerialrat in der katholischen Kirchensektion in Karlsruhe. 1883 Domkapitular und Pfarrer am Freiburger Münster. Nach dem Tode des Erzbischofs Boll ernannte die badische Regierung D. gegen den Widerstand der Freiburger Kurie zum Nachfolger (1837). Schon als junger Priester stand D. der Erweckungsbewegung um Johannes Ev. Gossner nahe. In der Bistumsleitung hatte er nur sehr geringen Spielraum, weil in Baden eine staatliche Kirchenhoheit herrschte, die sogar auf das eigentliche geistliche Leben starken Einfluß nahm. Immerhin konnte er ein Pastoralseminar errichte, das unter seiner Aufsicht stand. Ansonsten erwies er sich eher als ängstlich gegenüber der staatlichen Obrigkeit, was ihm weder beim Klerus noch beim Kirchenvolk Freunde einbrachte. Moralische Geschichten: Nr. 127, 128. Weitere Werke: Beicht- und Communionunterricht. Lautlingen 1806, Freiburg 1810. - Hg. d. Zs. zur Bildung kath. Schullehrer, Freiburg 1809. - Hülfsbuch bei Schullehrern und Erziehern bei den Denkübungen der Jugend nach Zerrenner. Freiburg 1810. - Erstes Lesebüchlein für die Schule zu Lautlingen.Lautlingen 1810. - Grundsätze für die Bildung der Schullehrer. Rastatt 1811, Straßburg 1821. - Hexen und Gespenster-Geschichten. Lesebüchlein für Kinder. Freiburg 1810, 2. Aufl. 1815. - Vollständiges Handbuch zur Bildung angehender Schullehrer. Mainz 1821, erw. 1830, diese Ausgabe wird auch u. d. T.: „Grundsätze zur Erziehung und des Unterrichts" geführt; 1. und 2. Teil auch u. d. T.: Materialien für Schullehrer und Schulen. Mainz 1821; Teil 3 erschien auch u. d. T. „Worterklärungen". - Ein Hülfsbuch zunächst für Schullehrer, dann für Alle, welche religiös-moralischen Unterricht zu erteilen haben. Mainz 1823. - Schreiblehre mit 5 Wand- und 12 Hand-Vorschriften. Freiburg 1822. - Sommer-Taschenbuch zum geselligen Vergnügen für alle Stände auf das Jahr 1830, hg. v. E. Steinhöfer und Weißenburg sen. Rinteln 1830. Grundzüge zur Organisation deutscher und katholischer Schulen, mit besonderer Beziehung auf das Großherzogtum Baden, hg. auf Veranlassung des Großherzoglichen Badischen Ministeriums. Mit pädagogisch-kritischen Bemerkungen begleitet von Prof. M.A. Ries. Heidelberg 1832. Lit.: F. Rössing. D. In: Badische Biographien I. Heidelberg 1875, S. 168-171, 214f.: H. Mass S. 85-120; H. Lauer, S. 160-178. - H. Bastgen: Freiburger Erzbischofswahl 1836. - W. Reinhard: Die Anfänge des Priesterseminars und des theologischen Konvikts der Erzdiözese Freiburg im Breisgau. In: Freiburger Diözesan-Archiv 56 (1928), S. 184-223. - F. Strobel: Ein Brief Hurters an Erzbischof D. In: ZSKG 37, 1943, 86-91. - H. Schiel: Ignaz Demeter und die Erweckungsbewegung in der Diözese Augsburg. In: Freiburger DiözesanArchiv 57 (1930), S. 344-367. - H. Baier: Erzbischof D. und Staatsminister Freiherr von Blittersdorf, in PDA 61 (1933), S. 165-177. - ADB 5, S. 46. NDB 3, S. 591. - F A . Graf: I. D. als Verfasser pädagogischer Beiträge im

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„Archiv" und als Herausgeber der Zeitschrift zur Bildung katholischer Schullehrer. In: Freiburger Diözesan-Archiv 100 (1980), S. 461-459. - E. Gatz. D., I. A. In: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Berlin 1983, S. 122f. - BBKL XVII (2001), Sp. 34Iff. Demme, Hermann Christoph Gottfried, *7.9.1760 Mühlhausen/Thüringen, "f26.12.1822 Altenburg, Geistlicher, Liederdichter und Erzähler. Pseud.: Karl Stille, reform. Nach dem Theologie- und Philologie-Studium in Jena und Leipzig wurde D. 1785 Subkonrektor am Gymnasium seiner Vaterstadt, 1796 zum Pfarrer ordiniert und ebendort noch im selben Jahr Superintendent, 1801 Generalsuperintendent des Herzogtums Altenburg, 1817 Doktor der Theologie. D. führte in seinen Ämtern Neuerungen im Kirchen- und Schulwesen durch und spielte u.a. eine wichtige Rolle bei den zeitgenössischen Gesangbuchreformen; er war renommierter Kanzelredner und Mitarbeiter an mehreren Zeitschriften, wie dem „Magazin für Prediger". Auch als weltlicher Schriftsteller (seine einschlägigen Schriften erschienen anonym oder unter Pseudonym) steht D. stellvertretend für viele weniger bekanntgewordene aufklärerische Geistliche: Seine Schriftstellerei diente ihm zur Erweiterung seiner geistlichen Wirksamkeit über den Bereich der Kanzel hinaus. So ist sein Hauptwerk „Der Pächter Martin und sein Vater" (2 Bde., Leipzig 1792/93. 3. Aufl.: 3 Bde., Leipzig 1802) auch kein eigentlicher Roman, sondern eine lose Sammlung von Reflexionen, moralischen Beispielgeschichten und einzelnen Gedichten, die Lebensweisheit mit religiösem Bezug vermittelt. Mit seinen Erzählungen in Nachfolge seines literarischen Vorbilds Wieland, an dessen „Teutschem Merkur" er mitarbeitete, hatte D. beachtlichen Erfolg und fand Nachahmer; so erschienen „Erzählungen in Karl Stilles Manier" (1795), Jakob Glatz nannte sich „Jakob Stille", Charlotte Thiesen „Caroline Stille" und Johann Carl nimmt Anleihen bei Demme für seine „Moral in Beispielen für die Familie". Auch in der Tagespresse betätigte sich D. als Mitarbeiter von Rudolph Zacharias Beckers „Reichsanzeiger" und „Nationalzeitung". Moralische Geschichten: Nr. 129-131. Weitere Werke: Erzählungen. 2 Bde. Riga 1793/93. 2. Aufl. 1797. - Sechs Jahre aus Karl Burgfelds Leben. Riga/Leipzig 1793. - Pächter Martin über die moralische Anwendung der Französischen Revolution. Göttingen 1796. Abendstunden im Familienkreise gebildeter und guter Menschen. 2 Bde., Gotha 1804/05. Lit.: Schlingensiepen-Pogge, Alexandra: Das Sozialethos der lutherischen Aufklärungstheologie am Vorabend der Industriellen Revolution. Göttingen/ Berlin/ Frankfurt am Main 1967. - Killy (= DB 9), 3914ff. - EuG XXIV, 31 f. - Koch VI, 258. - ADB 5, S. 48. - DLL III, 76.

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Dewora (auch: Devora), Victor Joseph, *21.6.1774 Hadamar, f3.3.1837, Geistlicher, Pädagoge, kath. Studium in Koblenz, Trier, Mainz und Würzburg, wo er Vorlesungen u.a. bei Franz Oberthür hörte, der sich 1806 mit der Gründung eines "Polytechnischen Vereins" für die Gewerbeforderung stark machte. 1797 Priesterweihe, zuletzt Domkapitular in Trier. Zwischen 1810-24 bildete der von den Ideen Pestalozzis geprägte D. ca. 700 Lehrer aus. Er verfaßte zahlreiche Reden- und Predigtsammlungen, Erbauungs- und Schulbücher sowie pädagogische Schriften, z.B. Die sittliche Erziehung der Kinder in den Elementarschulen. Koblenz 1819. Moralische Geschichten: Nr. 155-166. Weitere Werke: Monatliche Verrichtungen bei der Obstbaumzucht. Hadamar: Gelehrten-Buchhandlung 1815. Lit.: DBA, Fiche I 233,287-307. - ADB 5, S. 106f. - NDB 3, S. 625f. - Hamberger/Meusel XIII (1808), S. 269. - Nießen, Josef/ Mertes, Peter: V. J. D., der triersche Overberg. Sein Leben, Wirken und seine Schriften, neu hg. u. mit erläuternden Anmerkungen versehen. Trier 1897. - Neuer Nekrolog. - Felder. Dieck, Friedrich Wilhelm, 1761-1827, Geistlicher, auch: F. W. Diek Diek, F. W., prot. Werke: Präliminarien zum Frieden zwischen den theologisch und neologisch streitenden Partheien in unserm Vaterlande. Eine Entgegnung des Buches: Lieber die Altonaer Bibel, von einem Holsteinischen Geistlichen ... Hamburg 1818. - Deutliche Anweisung, Vergrößerungsgläser auf eine leichte Art zu schleiffen, wie auch einfache und zusammengesetzte Sonnenmikroskope zu verfertigen. Hamburg 1793. - Unterricht für den Bürger und Landmann wie Landhäuser und Strohdächer auf eine leichte und wohlfeile Art feuersicher gemacht, und Feuersbrünste schnell und am zuverlässigsten gelöscht werden können: Nebst einer Einleitung über die Natur und Wirkung des Feuers. Hamburg 1796. Lit.: DBA: Fiche I 234,188-192. - Hamberger/Meusel. - Kordes, Berend: Lexikon der jetzt lebenden Schleswig-Holsteinischen und Eutinischen Schriftsteller. Schleswig 1797. - Lübker/Schröder: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1796 bis 1828. Altona 1829-30 (2 Bde). - Vent, Hans L.: Ist die Ehre der von Herrn Pastor und Ritter Funk herausgegebenen Altonaer Bibel gegen die belehrenden Warnungen des Hrn. Pastor Dieck gerettet? Beantwortet von einem Prediger im Herzogthum Holstein. Lüneburg 1816. - Kurze Ehrenrettung der Altonaer Bibel gegen die in dem Sendschreiben des Herrn Pastor Dieck Dagg aufgestellten Entschuldigungen von einem außerhalb Schleswig und Holstein lebenden Geistlichen. Hamburg 1816.

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Dietl, Georg Alois SJ, *19.2.1752 Pressath/Oberpfalz, tl7.5.1809 Landshut, Geistlicher, Professor der Ästhetik, Dr. phil. et theol., kath. D., Sohn eines Baders und Wundarztes, besuchte das Jesuitengymnasium Amberg, wo er sich gerne mit den Werken Wielands, Hallers, Hagedorns, mit Gellerts „Fabeln" und Gessners „Idyllen" beschäftigte. Noch 1772 trat D. dem Jseuitenorden bei. Nach dessen Auflösung kehrte er 1773 nach Amberg zurück, absolvierte am kurfürstlichen Lyzeum einen Philosophiekurs und nahm anschließend das Theologiestudium in Ingolstadt auf, wo er bei aufklärungsfreundlichen Lehrern wie dem Pastoraltheologen Joseph Maximilian Wibmer, dem Moraltheologen Wolfgang Schmitt und dem Kanoniker Johann Adam Weishaupt hörte. Zum Priester wurde D. in Regensburg geweiht und ging anschließend als Hofmeister nach München, um die Wartezeit bis zur Übernahme einer Kaplanstelle in Ebnath zu überbrücken. Als entschiedener Aufklärer wandte er sich hier gegen Karfreitagsprozessionen und Passionsspiele, gegen die Äußerlichkeiten in Verkündigung und Liturgie und gegen PredigerKollegen, die von der Kanzel Angst und Schrecken verbreiteten. D. profilierte sich als empfindsamer Religions- und Sittenlehrer und wurde von Fürstbischof Anton Ignaz von Fugger 1781 als Kurat in den niederösterreichischen Wallfahrtsort Maria Taferl berufen, wo er als Beichtvater auf die Lebenspraxis der Gläubigen einzuwirken versuchte. Auch als D. 1784 mit Berg bei Landshut wieder eine bayerische Pfarrei übernahm, setzte er seine Kampagne gegen überkommene Bräuche und Riten fort. Unablässig verwies er auf die Gefahren einer veräußerlichten Religionsausübung, machte auch keinen Hehl aus seiner Skepsis gegenüber der Heiligenverehrung und seinen liberalen Ansichten hinsichtlich des Zölibats, was zeitweise zum Verbot seiner Schriften führte. Er verstand sich als „psychologischer Volkslehrer, der die affektive ... Unterweisung propagierte - ganz im Sinne der Tugendempfindsamkeit Gellerts konzentrierte er sich nicht auf die rational-abstrakte Argumentation, sondern auf die Rührung des Herzens als Voraussetzung moralisch-sittlicher Besserung" (Knedlik, S. 15). 1801 wurde D. als Ordinarius für Ästhetik und lateinische Philologie an die Universität Landshut berufen, wo er mit seiner Antrittsrede „Die schönen Künste und Wissenschaften bilden zur Humanität" promovierte. Mit der Wahl zum Dekan 1803/04 und zum Direktor der Philologischästhetischen Sektion wurde seine Lehrtätigkeit öffentlich anerkannt. Zugleich blieb D. Seelsorger als Stadtpfarrer von St. Martin in Landshut. Moralische Geschichten: Nr. 175-177. Weitere Werke: Homilien über die sonntäglichen Evangelien. München 1789. - Vertraute Briefe eines Geistlichen in Baiern an seinen Freund. München 1786, 2. Aufl. 1805, 3. Aufl. 1815 [Reflexionen, Kommentare zu politischen, kulturellen und religiösen Fragen, empfindsame Naturschilderungen, Anekdoten und autobiograph. Abschn.]. - Freundschaftliche Briefe. Ein Pendant zu

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den vertrauten Briefen eines Geistlichen in Baiern. 2 Teile: Bd. I: An Freunde, 8 Bll., 169 S.; Bd. II: An Freundinnen, 2 Bll, 120 S. München 1790. - Briefe über die mythologischen Dichtungen der Griechen und Römer. München 1800. Lit.: DBA, Fiche I 236,349-358; II 272,267-268. - ADB 5, S. 171. - Hamberger/Meusel II (1796), S. 54. - Kosch I, S. 447f. - Baader - Döring. - Kosch Knedlik, Manfred: Psychologischer Volkslehrer. G. A. D.: Christliche Lehre als „Sache des Herzens". In: Unser Bayern. Heimatbeilage der Bayerischen Staatszeitung. Jg. 51, Nr. 1, Januar 2002, S. 14-16. - Knedlik, Manfred (Hg.): G. A. D. (1752-1809). Literarische Spätaufklärung in Bayern. Pressath 2002. Dobermann, Johann Gottfried, (1761-1824), Pastor, prot. Moralische Geschichten: Nr. 179. Lit.: DBA, Fiche 1242,324-326. - Hamberger/Meusel. Dörle, Anton, (1790, n.a. 1799-1854), Geistlicher, kath. D. war Pfarrer in Freiburg, verfaßte zahlreiche monographische Moralische Erzählungen. Moralische Geschichten: Nr. 180-182. Lit.: DBA, Fiche I 245,248-249; II 282,49-50. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. - Kosch. - Necrologium Friburgense: Verzeichnis der Priester, welche im ersten Semisaeculum des Bestandes der Erzdiöcese Freiburg im Gebiete u. Dienste derselben verstorben sind. In: Freiburger Diöcesan-Archiv. Bd XVI. 1883-883. 1965-60). Dörrien, Daniel Ludolf, (1760-1813), Pastor in Münden, Pseud.: Ludwig Dörrien, prot. Moralische Geschichten: Nr. 183. Lit.: DBA Fiche I 245,343-344. - Hamberger/Meusel. - Rotermund: Hannover. Dresky, Hans Georg von, *1723, f 1786, schlesischer Gutsbesitzer. D. gehörte der Schlesischen patriotischen Gesellschaft an. Werke: Die nach Grundsätzen und Erfahrung abgehandelte schlesische Landwirtschaft. 3 Teile. Breslau 1771, 1772 u. 1777; neue Aufl. u.d.T. „Die verbesserte Landwirtschaft", 1777. Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 267f.

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Ebersberg, Joseph Sigismund (1799-1854), Geistlicher, Jugendschriftsteller. Pseud.: Luise Ebersberg, kath. E. war fürstbischöflicher Breslau'scher Rath. Nachdem er mit seinen ersten Publikationen keinen Erfolg hatte, wandte er sich der Jugendschriftstellerei zu und gab u.a. die „Feyerstunden", eine periodische Jugendschrift, heraus, die später vom Verlag Sollinger übernommen und als literarische Zeitschrift weitergeführt wurde. Ebersberg verfaßte ein Buch vom guten geselligen Ton, eine Art „verbessertes Complimentirbuch". Seibert stellt den Autor in die Tradition des moralisch-belehrenden Schrifttums (S. 175ff.). Moralische Geschichten: Nr. 186. Lit.: DBA, Fiche I 262,286-294; II 305,103-106. - Wurzbach. - Kehrein. Wienstein: Dichter. - Kosch. - ÖBL 1957. - N D B 4, S. 250f. Ebert, Johann Jacob, *20.11.1737 Breslau, -f 18.3.1805, Professor fur Mathematik, Popularphilosoph, pädagogischer Schriftsteller und Übersetzer, Pseud.: Zachäus, Zachäus Fidibusifex, prot. E., Sohn eines Steuerbeamten, studierte ab 1756 in Leipzig, wo er 1760 mit dem Magister der Philosophie abschloß und sich im folgenden Jahr habilitierte, anschließend Schriftsteller und Dozent, 1768/69 Hofmeister in Petersburg, ab 1770 Professur für Mathematik in Wittenberg. Seine teils für den unmittelbaren Schulgebrauch, teils zur allgemeinen „belehrenden Unterhaltung" abgefaßten Schriften hatten durchweg didaktischen Charakter und erfreuten sich breiter Zustimmung. E.s Ziel war es, das Wissen seiner Zeit leicht verständlich zu vermitteln und das auf Eliten beschränkte Gedankengut der Aufklärung für eine umfassende soziale Reformbewegung fruchtbar zu machen. Als Deist vertrat er ein zunehmend rationalistisch-mechanistisches Weltbild, das vom Glauben an sozialen und wissenschaftlichen Fortschritt gleichermaßen geprägt war. In seinem Wochenblatt „Der Philosoph für Jedermann" (Leipzig 1784/85; Buchausgabe Memmingen 1787) griff er abwägend und aufklärend in öffentliche Debatten ein (z.B. über Montgolfiers Flugmaschinen, über die Automatenerfindungen des Wolfgang von Kempelen oder zu Mesmers „thierischem Magnetismus"). Dabei verlangte er stets nüchterne erfahrungswissenschaftliche Beschreibung und warnte vor Okkultismus und Aberglauben. Er blieb auch in der anklagenden Darstellung von Irrationalität, Unwissenheit, Äußerlichkeit und Vorurteil, etwa in seiner „Sammlung von Erzählungen und Glossen. Biographien merkwürdiger Geschöpfe aus dem Thierreiche" (2 Bde., Dessau/Leipzig 1784), bei seiner Überzeugung von der menschlichen Bildungsfahigkeit und der Idee von „Glückseligkeit" durch die Errungenschaften der Vernunft.

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Moralische Geschichten: Nr. 187-189. Weitere Werke: Sammlung, kleiner Romane und moralischer Erzählungen. Wittenberg 1773. - Unterweisung in den philosophischen und mathematischen Wissenschaften. Leipzig 1773. - Nebenstunden eines Vaters dem Unterrichte seiner Tochter gewidmet. Leipzig 1790. - Jb. zur belehrenden Unterhaltung für Damen. 8 Bde., Leipzig 1794-1801. Lit.: DBA, Fiche I 263,104-116. - Killy (= DB 9), 440Iff. - ADB 5, S. 587. Weiz. - Denina. - Hamberger/Meusel. - Raßmann E. - Berner. Eckartshausen, Karl von, *18.6.1752 Schloß Haimhausen Bayern, 113.5.1803 München, Jurist, Schriftsteller, Esoteriker. Eigentlich: Franz Haimhausen, kath. E. wird gerne als antiaufklärerisch apostrophiert, weil er politisch dem konservativen Lager angehörte. Er brachte jedoch 1791 die uns hier interessierenden „moralischen Erzählungen" einer neuen „wahren" Aufklärung heraus, die gespeist war von vorromantischen Ideen. 1770-74 Studium der Philosophie und des Bayerischen Zivilrechts in Ingolstadt, 1777 Mitglied der Münchener Akademie der Wissenschaften, 1780 Aufnahme in das Bürgerzensurkollegium, 1784 Geheimer Hausarchivar. E. schrieb für Moralische Wochenschriften (u.a. in „Das Sittenblatt, eine Wochenschrift". München 1784). Ursprünglich selbst Illuminât, trat E. 1784 im Prozeß gegen den Orden und seinen Stifter Adam Weishaupt auf. Mit Jung-Stilling und Sailer pflegte er Freundschaft, Herder schätzte ihn. In Rußland, wo er zu Kaiser Alexanders I. Lieblingsautoren zählte, wurden einige seiner Werke übersetzt. In Frankreich, England und Amerika wird E., der 1776 geadelt wurde, bis heute zitiert, wenn es um Esoterik oder geheimwissenschaftlich gefärbte Mystik geht. Moralische Geschichten: Nr. 190-197. Weitere Werke: Mystische Nächte oder der Schlüssel zu den Geheimnissen des Wunderbaren. München 1791. - Sammlung, der merkwürdigsten Visionen. München 1792. - Kostis Reise v. Morgen gegen Mittag. Donauwörth 1795. Die wichtigsten Hieroglyphen fürs Menschenherz. Leipzig 1796. - Ueber Sprache und Schrift. Leipzig 1797. - Einige Worte aus dem Innersten. Leipzig 1797. - Ueber die Perfektibilität des Menschengeschlechts, o. O. 1797. - Versuch einer Anwendung der höheren Mathematik auf die Chymie. Leipzig 1797. - Ideen über das affirmative Prinzip des Lebens. Leipzig 1798. - Die neuesten Entdeckungen über Licht, Wärme und Feuer. München 1798. - Blikke in die Zukunft. Leipzig 1799. - Entwurf zu einer ganz neuen Chimie. Regensburg 1800. - Chimische Versuche. Regensburg 1801. Lit.: Viatte, Auguste: Les Sources occultes du Romantisme. Bd. 2, Paris 1928, S. 44-52. - Ludwig Kleeberg: Studien zu Novalis; Novalis und E. In: Euph. 23

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(1921), S. 603-639. - Graßl, Hans: Aufbruch zur Romantik: Bayerns Beitr. zur deutschen Geistesgeschichte 1765-85. München 1968, S. 319-335. - Faivre, Antoine: E. et la théosophie chrétienne. Paris 1969. - Nakai, Ayako: Die zwei Grundkräfte der Natur bei E. und Novalis im Vergleich mit der chinesischen Naturphilosophie. In: FS Hans-Joachim Mähl. Tübingen 1988, S. 159-181. Killy (= DB 9), 4444-4448. - Mendl, S. 420f. - HKJL 3, Sp. 412-417, 1223. ADB 5, S. 608f. - NDB 4, S. 284ff. - Bosl, S. 164. - LKJLIV, S. 170ff. Ehrmann, Marianne, *1755 Rapperswyl am Zürichsee, 11795, Journalistin, Zeitschriftenherausgeberin, Schauspielerin. Pseud.: Sternheim, von Brentano (Mädchenname). Nachdem E. zunächst fur die Zeitschriften ihres Mannes „Frauenzimmerzeitung" (1787) und „Der Beobachter" (1788/89) geschrieben hatte, gab sie 179092 die monatlich erscheinende Frauenzeitschrift „Amaliens Erholungsstunden" heraus, die zuerst im Selbstverlag, dann bei Cotta in Tübingen erschien und auch finanziell erfolgreich war. Nach dem dritten Jahrgang kam es zum Bruch mit dem Verleger, der die Zeitschrift u. d. T. „Flora" mit Ferdinand Huber als Herausgeber und mit konservativer Tendenz weiterführte. E. gründete daraufhin 1793 ihre zweite Frauenzeitschrift „Die Einsiedlerin aus den Alpen" (1793/94 bei Orell, Gessner u. Füssli), von der nur noch zwei Jahrgänge erscheinen konnten. Die Auseinandersetzung um bessere Bildungsmöglichkeiten für Frauen im 18. Jahrhundert wurde nicht zuletzt in E.s Frauenzeitschriften geführt. E. plädierte für bessere Bildung der Frau, ermutigte zu selbständigem Urteil und hielt den Männern kritisch den Spiegel vor. Daß das Ziel der weiblichen Erziehung die gebildete Ehefrau, Hausfrau u. Mutter blieb, erklärt sich aus den Ideen ihrer Zeit, v.a. aus dem Einfluß Rousseaus in der zweiten Jahrhunderthälfte, der das egalitäre Frauen- bzw. Menschenbild der Frühaufklärung verdrängte. Moralische Geschichten: Nr. 17. Bibliographie: Friedrichs, Elisabeth: Die deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1981, S. 70. Lit.: DBA, Fiche I 271,137-149. - Ehrmann, Theophil Friedrich: Denkmal der Freundschaft und Liebe der verewigten Frau Marianne Ehrmann errichtet und allen ihren Gönnerinnen, Freundinnen und Leserinnen geweiht. Leipzig: Graff 1796. - Hanstein Adalbert, v.: Die Frauen in der Geschichte des deutschen Geisteslebens des 18. und 19. Jahrhunderts. 2 Bde., Leipzig 1899/1900, Bd. II, S. 297-300. - Krull, Edith: Das Wirken der Frau im frühen deutschen Zeitschriftenwesen. Diss. Berlin 1939, S. 236-276. - Schumann, Sabine: Das 'lesende Frauenzimmer'. Frauenzeitschriften im 18. Jahrhundert. In: BeckerCantarino, Barbara (Hg.): Die Frau von der Reformation zur Romantik. Bonn 1980, S. 138-169. - Geiger, Ruth-Esther/Weigel, Sigrid (Hgg.): Sind das noch

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Damen? Vom gelehrten Frauenzimmer-Journal zum feministischen Journalismus. München 1981, S. 17f., 22-28. - Brandes, Helga: Das FrauenzimmerJournal: Zur Herausbildung einer journalistischen Gattung im 18. Jahrhundert. In: Brinker-Gabler, Gisela (Hg.): Deutsche Literatur von Frauen. 2 Bde., München 1988. Bd. I, S. 452-468. - Dies.: M. E., Journalistin. In: Lebensläufe. Ein Lesebuch, hg. v. Herrad Schenk. München 1992, S. 278f. - Meise, Helga: Die Unschuld und die Schrift. Deutsche Frauenromane im 18. Jahrhundert. Berlin/Marburg 1983, S. 99-101. - Madland, Helga Stipa: Μ. E. Reason and Emotion in Her Life and Works. New York u.a. 1998. - ADB 5, S. 721. - Raßmann: Dichter. - Haug. - Baur. - Meusel: Schriftsteller. - Lutz: Nekrolog. Brümmer 1 u. 2. - Kosch. - [Anonym:] Amalie, eine wahre Geschichte in Briefen, von der Verfasserin der Philosophie eines Weibes [Autobiographie], 1788. - Killy (= DB 9), 4565-4568. £ichholz, Johann Heinrich, erwähnt 1805-1816, Schriftsteller, Tierschützer. Weitere Werke: Neue vaterländische Blumenlese fur Deutschlands Musensöhne. Halle 1796. - Einige Winke über Aufklärung und Humanität, nebst einer kleinen Abhandlung über die Bestimmung und über die Pflichten gegen die Thiere. Mannheim 1805. - Blätter für Freunde des Wahren u. Schönen. Leipzig 1808. Lit.: DBA, Fiche I 271,27-29. - Hamberger/Meusel. - Jung, Martin H.: Tierschutzgedanken in Pietismus und Aufklärung. Der Elberfelder Schriftsteller J. H. E. als früher Vertreter der Tierschutzidee in Deutschland. In: Zs. d. Bergischen Geschichtsvereins 97 (1995/96), S. 109-123. Engel, Johann Jakob, *11.9.1741 Parchim, |28.6.1802 ebd., Theaterdirektor, Prinzenerzieher, prot. E. studierte nach dem Besuch des Parchimer Gymnasiums 1757-70 Theologie und Philosophie in Rostock, Bützow und Leipzig. Er war Erzieher Alexander und Wilhelm Humboldts sowie des späteren Königs Friedrich Wilhelm III. und als Magister, Schriftsteller, Schauspieler und Philosoph tätig. E. gehörte zu den Berliner Aufklärern und schrieb Beiträge für Schillers Zeitschrift „Die Hören". Seine Schriften behandeln musik- und sprachtheoretische, naturwissenschaftliche und philosophische Themen. 1793-98 hielt er sich in Schwerin auf und schrieb hier den „Fürstenspiegel". Als Herausgeber des Werkes „Philosoph für die Welt" (1775/1800), das in der Tradition der Moralischen Wochenschriften steht, wurde er zu einem populären Klassiker. Ferner gilt E. als Förderer des Familienromans seiner Zeit. Moralische Geschichten: Nr. 201. Weitere Werke: Der Philosoph für die Welt. Berlin 1775; Neue verm. u. ver-

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bess. 3. Aufl., hg. zus. m. Moses Mendelssohn. Ebd. 1801; weitere Aufl. Wien [1871]. - Ideen zu einer Mimik. Erster Theil (= Schriften, 7. Bd.). Berlin 1844. [Inhalt: Über die Mimik (Unterscheidung zwischen mechanischer u. „solcher körperlichen Veränderungen, die von der Einwirkung der Seele abhangen") und „Gebehrden, einzeln betrachtet" (Zorn, Ausdruck der unthätigen Ruhe, Rettungsbegierde, „Ausdruck der Affecten" u.v.m.]. Lit.: DBA, Fiche I 283,1-25; 283,27; II 329,123-127. - A D B 6, S. 113ff. NDB 4, S. 504f. - Denina. - Hamberger/Meusel. - Raßmann: Dichter. - Ledebur, Carl von: Tonkünstler-Lexicon Berlin's von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Berlin 1861. - Brümmer 1 u. 2. - Nicolai, Christoph Friedrich: Gedächtnißschrift auf J. J. E. Berlin 1806. - Kosenina, Alexander/Wehrhahn, Matthias: J. J. E. (1741-1802): Leben und Werk des Berliners Aufklärers (= Ausstellungsführer der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, Bd. 22). Berlin 1991. - Kosenina, Alexander (Hg.): E., J. J., Briefwechsel aus den Jahren 1765 bis 1802. Würzburg 1992. Engelbrecht, Augustin Edmund, | 1 8 5 7 , Lehrer in Holzkirchen und Passau, kath. E. veröffentlichte pädagogische und didaktische Werke. Moralische

Geschichten: Nr. 202-208.

Lit.: DBA, Fiche I 283,202-205; II 330,36. Mendl, S. 421 ger/Meusel. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. - Kosch.

Hamber-

Ennemoser, Joseph, *15.11.1787 Schönau/Tirol, +19.9.1854 Egern am Tegernsee, Arzt, kath. Medizinstudium in Innsbruck, Salzburg, Erlangen und Berlin, 1809 Schreiber von Andreas Hofer, 1816 Promotion in Berlin, 1817 Habilitation ebd., anschließend Privatdozent in Bonn, dort 1820-27 Professor. E. war Anhänger der aus der Naturphilosophie erwachsenen Heilkunde des „tierischen Magnetismus" und Mesmerismus. Moralische Geschichten: Nr. 209-210. Weitere Werke: Eine Reise vom Mittelrhein (Mainz) über Cöln, Paris und Havre nach den nordamerikanischen Freistaaten, beziehungsweise nach NewOrleans. 14. verm. Aufl. Mainz 1869; 16. durchgeseh. und mit einem Anhange verm. Aufl. Wien 1871 [über Auswanderung und Schiffsreise nach Amerika, politische, religiöse und gesellschaftliche Verhältnisse insbesondere in New Orleans, Haus- und Straßenbau, Pflanzen und Klima, Verkehrswesen etc., im Anhang über Gelbfieber, Sklavenversteigerung, den Sezessionskrieg u. a.]. Der Geist des Menschen in der Natur, oder die Psychologie in Uebereinstimmung mit der Naturkunde. Stuttgart/Tübingen 1849.

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Ernesti, Johann Heinrich Martin, *29.11.1755 Millwitz bei Kronach, "flO.5.1836 Coburg, Lehrer, Schriftsteller, Pseud.: Philalethes, prot. E. war 1784 außerordentlicher, dann ordentlicher Professor in Coburg, zuletzt Konsistorialrat. Er verfaßte zahlreiche Schulbücher, besonders für den Lateinunterricht. Moralische Geschichten: Nr. 212, 213. Lit.: DBA, Fiche I 290,229-245; 954,326. - ADB. - Hamberger/Meusel. Neuer Nekrolog. - Eckstein. Eschenbach, Olga, *29.1.1821 Memel, f u m 1880 Südfrankreich, Jugendschriftstellerin, eigentlich: Johanna Hering, verh. Salkowsky. Nach ihrer Ausbildung zur Erzieherin trat E., Tochter eines Apothekers, im Alter von 15 Jahren die erste Stelle in einer Familie an, ging dann als Gesellschaftsdame für zwei Jahre nach England. Anschließend zog sie in Königsberg zu einer Freundin, heiratete deren bald verwitweten Ehemann und übersiedelte mit ihm nach Südfrankreich. Ihre im wesentlichen bis in die 1850er Jahre erschienenen Bücher wurden vor allem durch ihre pädagogische Arbeit angeregt und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gerne gelesen. E. verfaßte Erzählungen, Schauspiele und Lyrik für Mädchen, geprägt durch einen moralisch-religiösen Ton. Die im Mittelpunkt ihrer Erzählungen stehenden Mädchenfiguren werden auf das weibliche Tugendideal hin erzogen, sollen also sanft, gütig, geduldig, liebevoll, fromm und fleißig sein. Der Anpassungsprozeß an die geltenden Normen verläuft nicht immer reibungslos, gelegentlich sperren sich die Mädchen - Vorformen des „Trotzkopf'-Typus - gegen die aufgezwungene Rolle und fügen sich erst nach einer Phase der „Selbstbesinnung" in das gewünschte bürgerliche Rollenmuster ein. Gelegentlich flicht E. gesellschaftskritische Wendungen ein, die sich auf die Oberflächlichkeit und Arroganz der feinen Kreise beziehen. Insgesamt jedoch lehren die Figuren ihre Adressatinnen angepaßtes Verhalten. Moralische Geschichten: Nr. 217. Weitere Werke: Der Seele Schönheit. Berlin 1845. - Gertrudens Empfehlungen für die weibliche Jugend. Berlin 1846. - Erholungsstunden. Berlin 1851. Lit.: DBA, Fiche I 1076,374. - Freitag, Christian: E., O. In: LKJL. - s.v. Hering, Johanna. In: Killy (= DB 9), 8545f. - Pataky. Ewald, Johann Ludwig, *16.9.1748 Dreieichenhain/Hessen, fl9.3.1822 Karlsruhe, Theologe, Generalsuperintendent, Schriftsteller, reform. Nach dem Theologiestudium in Marburg und Göttingen war E. 1768-70 Hauslehrer in Kassel und Erzieher der Prinzen von Hessen-Philippsthal, danach bis 1781 Geistlicher in Goezenhain, Offenbach, Detmold, Bremen, Heidelberg

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und Karlsruhe tätig. Anläßlich seiner Eheschließung mit Rahel Gertrud du Fay (1775) widmete Goethe dem Brautpaar das sog. Bundeslied „In allen guten Stunden". Zum Generalsuperintendenten der lippischen Landeskirche ernannt, reformierte E. das dortige Bildungswesen (1781-96). Gleiches tat er auch in Bremen, wo er 1799 gemeinsam mit dem Prediger Johann Caspar Häfeli eine Privatanstalt „zum Unterricht junger Bürgersöhne" gründete, weil sie glaubten: „Es fehlt uns eine eigentliche Bürgerschule, worinn über alle diejenigen Gegenstände, welche dem künftigen Bürger in jetzigen Zeiten zu wissen nöthig und nützlich sind, ein hinreichender und für Unbegüterte nicht zu kostbarer Unterricht ertheilt wird" (Ewald/Häfeli: Vorstellung an Bremens patriotische und edelgesinnte Bürger die Errichtung einer Bürgerschule betreffend. Bremen 1789, S. 4). 1805 wurde E. zum Professor für Moral und Pastoraltheologie an der Universität Heidelberg berufen, 1807 Ministerial und Wirklicher Kirchenrat in Karlsruhe. E. verbindet in seinen pädagogischen Schriften theologische Positionen des Pietismus mit der Gedankenwelt Pestalozzis (Die Erziehung des Menschengeschlechts nach der Bibel. Lemgo 1783). Sein umfangreiches Erbauungsschrifttum verdankt sich der 1778 erfolgten Hinwendung zum Supranaturalismus der Erweckungsbewegung. Seine Leidenschaft für die Bibel bringt er u.a. zum Ausdruck, wenn er im Vorwort zu Heinrich Lotters „Beispielen des Guten" 1807 mit dem Zusatz „der heil. Schrift Doktor" unterschreibt. In den Jahren 1815-19 brachte er die „Zeitschrift zur Nährung des christlichen Sinns" heraus mit dem Ziel, „das mit dem Nationalbewußtsein neu erstandene religiöse Interesse besonders unter dem höheren Bürgertum nicht wieder erlahmen zu lassen" (ebd. 1815, S. 1-9, Einleitung). Über seine Publikationen strebte E. eine allgemeine Glaubens- und Sittenerneuerung an (Erbauungsbuch für die Jugend beiderlei Geschlechts. Hannover 1808). Eine Bearbeitung biblischer Erzählungen veranlaßte Hebel zu einem ähnlichen Werk. Moralische Geschichten: Nr. 218-222. Weitere Werke: Über Volksaufklärung, ihre Grenzen und Vorteile. Faks. d. Ausg. Berlin 1790 (= Scriptor Reprints: Slg. 18. Jh.). Königstein 1979. - Ist es jetzt rathsam, die niederen Volksklassen aufzuklären? Leipzig/Gera 1800. Lit.: DBA, Fiche I 299,1-51; II 345,163-167. - Kiewning, H.: Generalsuperintendent E. und die lippische Ritterschaft. In: Mitteilungen aus der lippischen Geschichte und Landeskunde 4 (1906), S. 147-184. - Killy (= DB 9), 4985f. ADB 6, S. 444ff. - NDB 4, S. 693f. - Rotermund, Heinrich Wilhelm: Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in Bremen gelebt haben, ... 2 Bde. u. Anh. Bremen 1818. - Döring. - Brümmer 1 u. 2. - RGG. - Kirn, Hans-Martin: Deutsche Spätaufklärung und Pietismus. Ihr Verhältnis im Rahmen kirchlichbürgerlicher Reform bei J. L. E. (1748-1822) (= Arbeiten zur Geschichte des Pietismus 34; zugl. Habil-Schrift Münster 1996/97). Göttingen 1998. - BBKL 1(1990), Sp. 1578.

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Falk, Johann Daniel, *26.10.1768 Danzig, f 14.2.1826 Weimar, Legationsrat, Schriftsteller, Pädagoge, Pseud.: Johannes von der Ostsee, prot. Mit Hilfe eines Stipendiums des Danziger Rats konnte der Sohn eines Perükkenmachers 1791 in Halle das Studium der Theologie aufnehmen; er verlegte sich jedoch bald auf die antike und neuere Literatur. 1797 heiratete F. Caroline Rosenfeld; im gleichen Jahr übersiedelte er nach Weimar und hatte dort u.a. Umgang mit Wieland, Herder und Goethe. 1806 (und noch einmal 1813) erwarb er sich große Verdienste, als er als Dolmetscher Plünderungen durch die napoleonischen Truppen verhinderte, und wurde dafür zum Legationsrat ernannt. 1813 gründete er eine „Gesellschaft der Freunde in der Not" (auch „Falksches Institut" genannt), die sich verwaister und verwahrloster Kinder annahm. Mit seiner sozialkaritativen Tätigkeit wurde F. zu einem Vorläufer der evangelischen „inneren Mission". Die literarische Laufbahn F.s spiegelt die Entwicklungslinien und Brüche seiner Epoche wider: Die in juvenalischem Stil gehaltenen Verssatiren der Anfangszeit - etwa die von Wieland mit wohlwollendem Kommentar 1796 im „Teutschen Merkur" abgedruckte antimilitaristische Satire „Die Helden" - weisen ihn noch als Aufklärer aus. In Weimar war er philosophisch-weltanschaulich an Herder orientiert; die strikte Gegnerschaft zu den Romantikern bildete fortan den Grundzug seiner literarischen Tätigkeit. Nach seiner Hinwendung zur Kinderfursorge widmete sich F. dem religiösen Volkslied und erwarb sich Nachruhm mit dem Weihnachtslied „Oh du fröhliche". Moralische Geschichten: Nr. 224. Weitere Werke: Der Mensch und die Helden. Zwei satirische Gedichte. Leipzig 1798. - Die hl. Gräber zu Kom und die Gebete. Leipzig 1796 (VersSatiren). - Leben, wunderbare Reisen und Irrfahrten des Johannes v. der Ostsee. Bd. 1 (mehr nicht ersch.). Tübingen 1805 (Briefroman). - Elysium und Tartarus. Eine Zeitung für Poesie, Kunst und neuere Zeitgeschichte, auf das Jahr 1806. Kriegsbüchlein. Leipzig 1815. Neuausg. 1911. - Auserlesene Werke. 3 Bde., Leipzig 1819. - Dr. Martin Luther und die Reformation in Volksliedern. Leipzig 1830. - Reise nach Jena und Weimar im Jahre 1794, hg. v. Heinrich Döring. Leipzig 1857. Neuausg. Jena 1913. - Geheimes Tagebuch oder mein Leben vor Gott, hg. v. Ernst Schering. Stuttgart 1964. - Pädagogische Schriften, hg. v. Ernst Schering. Stuttgart 1967. Lit.: DBA 306, 298-351. - Döring, Heinrich: Lebensumrisse F.s. Quedlinburg 1840. - Witte, Ernst: F. und Goethe. Diss. Rostock 1912. - Schering, Ernst: J. F. Leben und Wirken im Umbruch der Zeiten. Stuttgart 1961 (mit Werkausw.). - Saupe, Paul: J. D. F. 1768-1826. Weimar 1979. - Killy (= DB 9), 5073-5076. - ADB 6, S. 549-551.

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Fattinger, Josef, kath., Geistlicher, Österreicher. Moralische Geschichten: Nr. 225. Faust, Bernhard Christoph, *23.5.1755 Rotenburg/Fulda, |25.1.1842 Bückeburg, Arzt, prot. F. gilt als typischer Arzt seiner Zeit. Er studierte in Kassel, Göttingen und Rinteln, promovierte 1777 in Rinteln, wurde Landphysikus, ab 1788 Leibarzt und Hofrat der die Volksaufklärung unterstützenden Fürstin Juliane von Schaumburg-Lippe in Bückeburg. Sein Interesse galt zeitlebens der hygienischen und diätetischen Erziehung der Bevölkerung. F. kämpfte für sauberes Wasser, gegen Alkohol und fur den Einsatz weiblicher Geburtshelferinnen. All das verfolgte er durch „Noth- und Hülfstafeln", in denen er auch für Reformkleidung, richtige Behandlung der Rinderpest, für die Besserung des Schicksals von Invaliden und für die Einrichtung von Lazaretten warb. Damit kann er als Wegbereiter des Roten Kreuzes gelten. Seine Argumente für die Pockenschutzimpfiing ließ er 1804 auf einem 20.000fach gedruckten Flugblatt mit dem Titel „Zuruf an die Menschen: Die Blattern durch Einimpfung der Kuhpocken auszurotten" verbreiten. In Bückeburg führte er das „Krengelfest" mit einem Umzug ein, bei dem ein aus Porzellan nachgebildeter Arm mit Impfpusteln mitgetragen wurde. Jedes Kind, das sich danach impfen ließ, wurde mit einem Brezel („Krengel") belohnt. Das Fest wird seit einigen Jahren ohne Impfung, aber mit Brezeln wieder am 14. Mai gefeiert, dem Tag der Erfindung der Vakzination nach Jenner. Moralische Geschichten: Nr. 226. Weitere Werke (Auswahl): Gesundheitskatechismus zum Gebrauche in den Schulen und beim häuslichen Unterrricht, 1794, Neuauflagen 1925 und 1954 [Frage- und Antwortspiel vermittelt notwendiges Laienwissen über Kleidung, Körperpflege, Ernährung und Lebensweise], - Gesundheitsregeln für junge Leute, nebst der Geschichte der Blatternpest. Nürnber 1795. - Über Kuhpokken und deren Impfung, 1801. - Über die Heiligkeit der Feldlazarethe, 1806. Lit.: DBA, Fiche I 308,371-410. - Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte. 20 Bde. Kassel 1780-1863. - Hamberger/Meusel. - Elwert: Nachrichten von dem Leben und den Schriften jetzt lebender teutscher Ärzte, Wundärzte, Thierärzte, Apotheker und Naturforscher. Hildesheim 1799. - Neuer Nekrolog. - Biographischliterarisches Lexicon der Thierärzte aller Zeiten und Länder sowie der Naturforscher, Ärzte, Landwirthe, Stallmeister usw., welche sich um die Thierheilkunde verdient gemacht haben. Vervollständigt u. hg. v. Eduard Hering/Schräder, Georg Wilhelm. Erw. Aufl. Stuttgart 1863. - N D B 5, S. 33f.

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Feddersen, Jacob Friedrich, *31.7.1736 Schleswig, f31.12.1788 Altona, Theologe, Volks- und Jugendschriftsteller, prot. F. sollte wie sein Vater Kaufmann werden, gab aber seine Lehrstelle bald auf und besuchte die Domschule seiner Heimatstadt. Er studierte 1755-58 in Jena Theologie und war dann Hauslehrer in Schleswig. F. wurde 1760 in Augustenburg Hofprediger des Herzogs Friedrich Christian von Holstein-Sonderburg, 1766 in Ballenstedt am Harz Hofprediger der Gemahlin des Fürsten von Anhalt-Bernburg, 1769 in Magdeburg Prediger an der Johanniskirche, 1777 Domprediger in Braunschweig und 1788 in Altona Hauptpastor und Propst des Konsistoriums von Altona und Pinneberg. F. hat viel geschrieben für Kinder und Jugendliche und zur Erbauung des Volkes. Von seinen Liedern seien genannt: das „Lied eines Alten", „Durch viele große Plagen" oder nach Umwandlungen in ein Gebetslied durch Johann Samuel Diterich im Hausgesangbuch von 1787: „Du, Herr von meinen Tagen". Moralische Geschichten: Nr. 227-231. Weitere Werke: Die Gemütsruhe auf dem Sterbebette, als das würdigste Lob, welches dem aufgelösten Christen in die Gruft nachschallet, 1757. - Beredsamkeit und Dichtkunst sind die vertrautesten Freundinnen der Gottesgelahrtheit. Eine Abhandlung, 1758. - Der Lebenswandel Jesu Christi ist das beste Muster der Sittenlehre, 1762. - Die großen Seligkeiten der verklärten Gerechten, 1765. - Würden und Glückseligkeiten des Christen, in vermischten Betrachtungen, 1766. - Die öffentliche Erneuerung des Taufbundes, als eine segensreiche Handlung für das ganze zukünftige Leben, 1768. - Andachten im Leiden und auf dem Sterbebette (mit 69 Liedern, davon neun eigene), 1872. Unterhaltungen mit Gott in besonderen Fällen und Zeiten, 1774 (41789). - Das Leben Jesu für Kinder, 1775. - Lehrreiche Erzählungen für Kinder aus der biblischen Geschichte, 1776. - Nachrichten von dem Leben und Ende gutgesinnter Menschen, 6 Tie., 1776-90. - Betrachtungen und Gebete über das wahre Christentum (Neubearb. der „Vier Bücher vom wahren Christentum" des Johann Arndt), 3 Tie., 1777-79. - Beispiele der Weisheit und Tugend aus der Geschichte, 2 Tie., 1777-80. - Kleines biblisches Sittenbuch. Leipzig 1790. Lit.: DBA, Fiche I 309,320-342; II 355,427-428. - Wolfrath, Friedrich Wilhelm: F.s Leben und Charakter. Halle 1790. - Kosch VI, 296 ff. - ADB 6, S. 5. - BBKL II (1990), Sp. 4. - Rust, Johann Ludewig Anton: Historischliterarische Nachrichten von den jetzt lebenden Anhaltischen Schriftstellern. 2 Bde. Wittenberg: Zerbst 1776-77. - Kordes. - Meusel: Schriftsteller. - Döring: Theologen. - Schmidt: Schriftsteller-Lexikon. - Beste, Johannes: Album der evangelischen Geistlichen der Stadt Braunschweig. Braunschweig/Leipzig 1900.

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Fénelon, François, *6.8.1651 Schloß Fénelon, "¡"7.1.1715 Cambrai, Erzbischof, Schriftsteller. Auch: Salignac de la Mothe-Fénelon, François de; La Mothe-Fénelon, François de Salignac de, kath. F., der maßgeblichen Anteil an politischen und kulturellen Veränderungen in Frankreich besaß, wurde 1675 zum Priester geweiht und übernahm vier Jahre später die Leitung der „Nouvelles Catholiques", einer Pariser Einrichtung zur Unterweisung von Konvertitinnen. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) führte er eine Gruppe von Missionaren an, welche die Protestanten im westfranzösischen Saintonge zur Umkehr bewegen sollte. 1687 schrieb er die Erziehungsschrift „Éducation des filles" („Über die Erziehung der jungen Mädchen"), die Gedanken Rousseaus vorwegnimmt. F. unterrichtete ab 1689 Louis, Herzog von Bourgogne und Enkel Ludwigs XIV. 1695 wurde er Erzbischof von Cambrai, 1699 jedoch nach einem Streit über den Quietismus, dessen mystische Aspekte er in seiner „Explication des maximes des saints" (1697, „Maximen der Heiligen") unterstützte, von Ludwig XIV. verbannt, zumal F.s Fürstenspiegel „Les aventures de Télémaque" (1699, „Die Erlebnisse des Telemach") den Zorn des Monarchen erregt hatte. Zu Recht hatte Ludwig XIV. den Roman, der die Utopie einer idealen Monarchie ohne Prunk- und Herrschsucht entwirft, als Kritik an seinem eigenen Führungsstil aufgefaßt. F. verfaßte noch nicht die typischen moralischen Kurzgeschichten, die hundert Jahre nach ihm geschrieben wurden, seine Texte haben die Verfasser moralischer Geschichten jedoch inspiriert. Moralische Geschichten (Vorläufer): Nr. 232-233. Lit.: F. de Salignac de la Mothe. In: Microsoft Encarta Enzyklopädie 2001. Archives Biographiques Françaises, Fiche I 394,122-417 ; II 258,298. - Niceron, Jean Pierre: Mémoires pour servir à l'histoire des hommes illustres dans la République des Lettres, etc. 43 vols, Paris 1729-45. - Albert, Antoine/ La Cour, Jean François de: Dictionnaire portatif des prédicateurs françois, etc. Lyon 1757. - Le Moyne des Essart, Nicolas Toussaint: Les Siècles littéraires de la France; ou nouveau dictionnaire, historique, critique et bibliographique de tous les écrivains français, morts et vivants, etc. Paris. 6 vols 1800-01. Feller, François Xavier de: Biographie universelle ou dictionnaire des hommes qui se sont fait un nom, etc. 8 vols Lyon 1851.- Hoefer, Johann Christian Ferdinand: Nouvelle biographie générale, etc. 46 vols Paris 1852-66. - Schmidt, Günter R.: F. F. (1651-1715). In: Scheuerl, Hans: Klassiker der Pädagogik I: Von Erasmus von Rotterdam bis Herbert Spencer. München 1979, S. 94-103. Fielding, Sarah, (1710-1768), Schriftstellerin. Moralische Geschichten: Nr. 239. Lit.: British Biographical Archive Fiche 1401,2-33; 400,293,335.

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Fischer, Heinrich Ludwig, *4.8.1762 Kothen, f 19.1.1831 Breinum bei Hildesheim, Geistlicher, Schulmann, prot. F. besuchte ab 1774 die lateinische Schule des Waisenhauses in Halle, ab 1779 Theologie-Studium ebd. Danach Lehrer am Waisenhaus, 1783 Ausbilder von Landschullehrern am neugegründeten Seminar in Kothen und Prediger am Armenhaus. Von 1798 bis zu seinem Tod Pfarrer in der Region Hildesheim. 1797 ernannte ihn die physikalisch-ökonomische Gesellschaft in der Oberlausitz zum Ehrenmitglied. Seine publizistische Tätigkeit begann F. 1781 als Gründer des „Gemeinnützigen Anhaltischen Wochenblattes". Es folgten „Anweisungen für Landschullehrer, zur Verbesserung des bisherigen Unterrichts" (2 Tie., Leipzig 1789-91). Berühmt wurde er durch „Das Buch vom Aberglauben" (Tl. 1, Weißenburg 1790; Leipzig 2. Aufl. 1791; Tl. 2, Hannover 1793), mit dem er sich als Volksaufklärer betätigen sowie „practische Vorurtheile" bekämpfen wollte. Diesem Thema blieb F. treu, indem er sich durch die Vermittlung von Kenntnissen aus der Naturlehre für die „Dämpfung des Aberglaubens" einsetzte. Schließlich erschienen als „Anhang zu dem Buch vom Aberglauben" „Beiträge zur Beantwortung der Frage: ob Aufklärung schon weit genug gediehen oder vollendet sey?" (Hannover 1794), mit denen er für die Fortfuhrung der Volksaufklärung eintrat. Moralische Geschichten: Nr. 241-251. Weitere Werke: Vermischte Aufsätze. Ein Lesebuch für gesellschaftliche Zirkel. 2 Bde., Eisenach 1792. - Anweisung, die christliche Glaubens- und Sittenlehre practisch zu behandeln. Hamburg 1793. - Geschichtsbüchlein für Kinder und Volksschulen. Hamburg 1793. - Naturgeschichte und Naturlehre zur Dämpfung des Aberglaubens. Hamburg/Kiel 1793. - Neues geograph. Lehrund Lesebuch fur Kinder und Volksschulen. Altona 1794. - Die Reiche der Natur, ein Lehr- und Lesebuch fur Kinder. 3 Tie., Schwerin 1795-97. - Katechismus des Haushaltes und Ackerbaues, zum Gebrauch in Schulen. Braunschweig 1797. - Bauernphilosophie, oder gemeinnütziger Unterricht f. Bürger und Landleute. 2 Bde., Leipzig 1800. - Der Jahrmarkt, ein Lehr- und Lesebuch für alle Stände, die Gutes thun u. Böses meiden wollen. Göttingen 1800. Lit.: DBA, Fiche I 322,420-429. - Schwarzkopf, Joachim v.: Ueber politische Zeitungen und Intelligenzblätter in Sachsen, Thüringen, Hessen u. einigen angrenzenden Gebieten. Gotha 1802. - Rotermund: Hannover, Bd. 2, S. 43f. Killy (= DB 9), 5346ff. - ADB 7, S. 72. - Hamberger/Meusel. - Schmidt: Schriftsteller-Lexikon. - Neuer Nekrolog. Fordyce, James, (1720-1796), schottischer Prediger. Moralische Geschichten: Nr. 253. Lit.: British Biographical Archive, Fiche I 417,249-281; II 1480,27-32. - Ai-

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kin, J.: General biographiy. 10 vols London 1799-1815. - Chalmers, Α.: The general biographical dictionary. - Wilks, J.: A Christian biographical dictionary. London 1821. - Hook, W. F.: An ecclesiastical biography, containing the lives of ancient fathers and modern divines, heretics and schismatics. 8 Bde. London 1845-52. Fraas, Carl Nikolaus, *6.9.1810 Rattelsdorf/Oberfranken, flO.l 1.1875 München, Professor fur Landwirtschaft, Forstwirt, Botaniker. F. besuchte das Gymnasium in Bamberg und studierte anschließend Botanik und Medizin in München. Nach einer Assistenten-Tätigkeit im Botanischen Garten und im Herbarium der Akademie promovierte er 1834 und legte zugleich das Examen für höhere Lehranstalten ab. Es folgte ein medizinisches Praktikum an der Universitätsklinik. Danach reiste F. als Hofmeister mit dem königlich-griechischen Hofmarschall Graf von Soporta nach Griechenland. Dort blieb er als Direktor der Königlichen Hofgärten, legte in Athen den Botanischen Garten und eine Staatsbaumschule an und las in neugriechischer Sprache Botanik an der Universität von Athen. Nebenbei sorgte er dafür, daß Tausende von Obstbäumen in Griechenland angepflanzt wurden. Da er und seine Familie jedoch immer wieder an Wechselfieber erkrankten, ging er zurück nach Bayern. Auch hier machte er Karriere: Zunächst war er Lehrer für Landwirtschaft und Naturgeschichte an der königlichen Gewerbeschule Freising, dann Verwalter einer staatlichen Seidenraupenzuchtanstalt in Weihenstephan. 1845 ging er als Inspekteur und Lehrer der Chemie und Technologie an die Zentral-Landwirtschaftsschule nach Schleißheim und wurde von dort wegen seiner hervorragenden Leistungen an die Universität München versetzt. Nebenbei verfaßte er ökonomische Schriften als Redakteur der Zeitschrift des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern und für die Augsburger Allgemeine Zeitung. Als Direktor der Veterinärschule München richtete er einen Musterstall mit allen bayerischen Rindviehrassen ein. Moralische Geschichten: Nr. 254. Weitere Werke: Dorfgeschichten. Ein Lesebuch für Landwirtschaftliche Fortbildungsschulen. München: Fleischmann 1896. - Landwirtschaftliches Lesebuch zur Unterhaltung mit landwirtschaftlicher Belehrung für Jung und Alt, insbesondere für landwirtschaftliche Fortbildungsschulen. München 1870, weitere Aufl.: ebd. 1874. - Schule des Landbaus 1851, 5. Aufl. 1871. Lit.: DBA, Fiche I 335,183-189. - Heß, Richard: Lebensbilder hervorragender Forstmänner und um das Forstwesen verdienter Mathematiker, Naturforscher und Nationalökonomen. Berlin 1885. - ADB 7, S. 202f. - Jäck, Heinrich Joachim: Zweites Pantheon der Literaten und Künstler Bambergs vom 11. Jahrhunderte bis 1844. 2. verm. u. verb. Aufl. Bamberg 1844.

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Frei, Richard, Autor des 20. Jahrhunderts, der späte Warn- und Unglücksgeschichten im Auftrag einer Versicherung schrieb. Moralische Geschichten: Nr. 256. Fresenius, Friedrich Anton, (1745-1815), Priester. Moralische Geschichten: Nr. 257, 258. Lit.: DBA, Fiche I 343,197-201. - Hamberger/Meusel. - Scriba, Heinrich Eduard: Biographisch-literärisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts. 2 Bde. Darmstadt 1831-43. Fröbing, Johann Christoph, *8.5.1746 Ohrdruf/Thür., f25.1.1805 MarkOldendorf bei Hildesheim, Pfarrer, Schriftsteller, prot. F. wurde 1776 Konrektor an der Neustädter Stadtschule in Hannover, 1796 Pfarrer in Lehrte und 1800 Diakonus in Mark-Oldendorf. Moralische Geschichten: Nr. 261, 262. Weitere Werke: Gedichte, Leipzig 1791 (37 Lieder u. 8 Kantaten); Gesänge für Kinder, Celle 1799; Christi. Morgen- u. Abendlieder f. Familien. Lüneburg 1802. - Gesangbuch für den häuslichen Gottesdienst (571 neuere Lieder, darunter etwa 50 v. ihm selbst). Hannover 1797. Lit.: DBA, Fiche I 354,138-150; II 411,203. - Hamberger/Meusel. - Richter. Raßmann: Dichter. - Rotermund: Hannover. - BBKL II (1990), Sp. 138. Brümmer 1 u. 2. Fro(h)nhofer, Ludwig, *24.8.1746 Ingolstadt, |9.11.1800, Pädagoge, Schriftsteller, Pseud.: Raimundus Lullus, kath. L. studierte in München, war ebd. 1769-74 als erster Normalschullehrer am Stift Unserer Lieben Frau tätig, 1775-78 Professor der Realschule, 1779 kurfürstlicher Hofsekretär, wurde 1781 bei der Schuldeputation als Rektor der deutschen Schulen angestellt und 1783 zum kurfürstlichen Schulrat berufen, später entlassen (Mitglied des Illuminatenordens!) und 1799 vom neuen Kurfürsten Maximilian Joseph wieder eingestellt. Er starb im Alter von 54 an Entkräftung. Moralische Geschichten: Nr. 263. Weitere Werke: Erster Versuch in Gedichten. München 1770. - Mathilde, ein Schauspiel in drei Aufzügen. München 1774. - Teutschlands belletristisches goldnes Jahrhundert ist, wenn's so fortgeht, so gut als vorbey. Eine akademische Rede. München 1779. - Drei Reden zum Anlaß der öffentlichen Prämierung der besten Münchner Schulkinder: 1. Die Ursachen des Verfalls vom An-

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sehen der Schullehrer in Bayern (1780); 2. Die beste Art die Schuljugend moralisch zu bilden. München 1782 [Festvortrag anläßlich der öffentlichen Preisverleihung auf dem Rathhause an die „hiesigen Trivialschulkinder"]; 3. Muß der Schulmann ein Gelehrter sein? (1784). - Der Garten und die Gegend um Nymphenburg bey München, poetische Schilderung. München 1765. - Kleine poetische Aufsätze (1765, 1766, 1767). - Ode beim Regierungsantritt des Kurfürsten Maximilian Joseph (1799). Lit.: DBA, Fiche I 355,207. - Baader I (1804). - HKJL 3. - Bosl. - Hamberger/Meusel. - Raßmann: Dichter. Frommel, Johann Christoph, (1724-1784), Geistlicher, prot. F. entstammte einer altbadischen evangelischen Theologen-Familie. Er wirkte im württembergischen Betberg und wurde bekannt als „Kleepfarrer". Werke: Theorie vom Kleebau, gegründet auf das Gesetz der anziehenden Kraft der wachsenden Pflanzen das uns weiter führt auf die einfache und natürliche Theorie, vom Landbau überhaupt nach Versuchen und Erfahrungen richtig erfunden und dem Publicum zur Prüfung vorgelegt. Basel 1784. Lit.: DBA, Fiche I 355,402-403. - Hamberger/Meusel. - Meusel, Schriftsteller. - Straub, Alfred: Das badische Oberland im 18. Jahrhundert. Lübeck 1977. Funke, Clemens Peter, (erwähnt 1804), Erzieher. Moralische Geschichten: Nr. 266. Lit.: DBA, Fiche I 362,162-163. - Hamberger/Meusel. Fürst, Anna, bezeichnet sich als „Tochter des Verfassers von ,Simon Strüf ". Moralische Geschichten: Nr. 264. Fürst, Johann Evangelist, *28.12.1784 Frauendorf bei Vilshofen, f l 1.11.1846 München, Volksschriftsteller; Redakteur, Landwirt, Obstbaumzüchter, kath. F., eigentlich zum Geistlichen bestimmt, entschied sich für den Beruf des Steuerbeamten und begann als solcher, landwirtschaftliche Fachliteratur zu lesen. Überzeugt davon, daß die Landwirtschaft gebildete Bauern braucht, beschloß er als 42j ähriger, Landwirt zu werden und sich das Kapital zur Hofübernahme durch ein Buch zu erschreiben, das die lernunwilligen Bauern zum Lesen und zu Neuerungen reizen sollte: „Der verständige Bauer Simon Strüf. Eine Familien-Geschichte" (Straubing: Selbstverlag 1817, 5. Aufl. 1841) wurde ein durchschlagender Erfolg (Strüf = Anagramm zu Fürst). Thematisch einseitig auf die Anlage von Obstbaum-Beständen konzentriert, gilt es aufgrund

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zahlreicher Dialoge doch als eines der unterhaltsamsten narrativen Volksaufklärungsbücher. F. ist u.a. der reiche Obstbaumbestand Süddeutschlands zu verdanken. In Frauendorf baute er ein Gartenbauzentrum von europäischem Rang auf. Die von ihm gegründete „Praktische Gartenbaugesellschaft in Bayern" hatte international über 5000 Mitglieder und veränderte das Landschaftsbild Bayerns. Seine Zeitschriften gehörten zu den auflagenstärksten deutschen Blättern ihrer Zeit. Moralische Geschichten: Nr. 265. Weitere Werke: Über die Benutzung unserer Erde als Obstbaumfeld. Passau 1818. - Gründungsgeschichte Frauendorfs. 4 Bde., Regensburg 1841. - Herausgeber: Bauernzeitung aus Frauendorf (1819-30 u. Forts.). - Allgemeine Deutsche Gartenzeitung (1823-43). - Der Obstbaumfreund (1828-43). - Vereinigte Frauendorfer Bll. (1844, fortgesetzt bis 1893). Lit.: DBA, Fiche I 359,31-34; II 416,405-406. - Füsser, Gerhard: Bauernzeitungen in Bayern und Thüringen. Hildburghausen 1934. - ADB 8, S. 211. NDB 5, S. 692f. - Hartmann, Walter: Volksbildung. Ein Kapitel Literaturgeschichte der Goethezeit. Stuttgart 1985. - Lichtenberg, Heinz Otto: Unterhaltsame Bauernaufklärung. Tübingen 1970, S. 82-84. - Killy (= DB 9), 5991f. Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. - Kosch. Gabler, Joseph, (1824-1902), Dechant, Stadtpfarrer, Hymnologe; Niederösterreich, kath. Moralische Geschichten: Nr. 268. Lit.: DBA, Fiche II 422,225-226. - Riemann, Hugo: Musiklexikon. 11. Aufl. Berlin 1 9 2 9 . - Ö B L 1957. Gehrig, Johann Martin, (1768-1825), Pfarrer in Aub bei Würzburg, veröffentlichte Predigtsammlungen, kath. Moralische Geschichten: Nr. 269. Lit.: Mendl, S. 422. - Hamberger/Meusel XIII (1808), S. 448. - Nekrolog in: J. M. G. s hinterlassene Fest- und Feiertags-Predigten. 1840. Geiger, Franz Xaver, *12.12.1749 Murnau, fl4.10.1841, Priester, Schriftsteller, kath. G. ging in Ettal zur Schule und studierte Philosophie und Theologie in Innsbruck, wurde 1773 zum Priester geweiht und war Religionslehrer und Geschichtsprofessor am Kadettencorps zu München. 1783 übernahm er die Pfarrei Endriching, 1807 die zu Sechering. Auf den Titelseiten seiner Werke firmiert er ab 1789 als „Mitglied der sittlich-ökonomischen Gesellschaft zu

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Burghausen", ab 1792 als „Verfasser der Obstbaumzucht und des Leben Wendelins". Wie J. Fürst hat er zur Obstbaum-Kultivierung in Bayern beigetragen. Moralische Geschichten: Nr. 270-272. Weitere Werke: Pastorallehre von den Pflichten des Seelsorgers. Augsburg 1789. - Unterricht in der Baumgärtnerey, worin die allerleichteste Art gezeiget wird, wie man in kurzer Zeit und ohne alle Kosten nicht nur eine Menge der besten und gesundesten Obstbäume, sondern auch die herrlichsten Obstsorten erlangen könne. München/Augsburg 1795 (erhielt bey der Ökonom. Gesellschaft zu Burghausen den Preis); 2. Aufl. 1796; 3. Aufl. 1797; 6. verbess. Aufl. Augsburg 1802. - Dringende Vorstellung und Bitte von einigen patriotischen Landleuten, daß die Zeit und Geld verschwendenden Kirchweihen an einem einzigen Tage im ganzen Lande gehalten werden möchten. München 1803. Die Obstzucht, für Jedermann fasslich und deutlich erklärt. Zwei Theile. München 1804/05. - Obstbaumzucht oder neue und überaus leichte Art, wie man ohne Unkosten und zugleich ohne Beizen und ohne alles Künsteln nicht nur die gesundesten und dauerhaftesten Obstbäume, sondern auch neue Gattungen von schönen und guten Obst erlangen kann. 3 Bde. München 1807; 2. verb. Ausg. 1815. - Die Krankheiten und Feinde der Obstbäume, nebst den von der Erfahrung erprobten Mitteln, erstere zu meiden und letztere unschädlich zu machen oder zu vertilgen. München 1809; 2. verbess. Aus. 1821; 3. verbess. Ausg. 1825. Lit.: DBA, Fiche I 375,341-351; II 434,16. - Hamberger/Meusel II, 1796, S. 511. - Felder, Franz Karl (Hg.): Gelehrten- und Schriftstellerlexikon der deutschen katholischen Geistlichkeit. Bd. I, Landshut 1817, S. 262f. - ADB 8, S. 506. - Baader XI, 1804, Sp. 373f. - Felder. - Kosch. Geliert, Christian Fürchtegott *4.7.1715 Hainihen/Erzgebirge, fl3.12.1769 Leipzig, Schriftsteller, Philosophieprofessor, prot. G. wurde als fünfter Sohn einer 13köpfigen Pastorenfamilie in ärmliche Verhältnisse geboren. Mit 14 Jahren konnte er die Fürstenschule in Meißen besuchen. 1734-38 Studium in Leipzig, 1739 wegen Geldmangels Hofmeister in Dresden, ab 1740 Fortführung des Studiums, 1744 Dissertation über Theorie und Geschichte der Fabel. 1751 a.o. Professor für Philosophie; bis zu seinem Tod hielt er Vorlesungen über Poetik und Stilkunde, aber besonders über Moral. Zu seinen Hörern zählte auch Goethe, der in Dichtung und Wahrheit G.s Morallehre als „Fundament der deutschen sittlichen Kultur" beschrieb. G. verfaßte noch keine moralischen Geschichten, beeinflußte spätere Volksaufklärer mit seinen „Moralischen Abhandlungen" und „Moralischen Vorlesungen". Werke: 1744 Das Band (Schäferstück); 1745 Sylvia (Schäferstück); 1745 Die Betschwester (Lustspiel); 1746/48 Fabeln und Erzählungen; 1747 Die zärtlichen Schwestern (Lustspiel); 1747/48 Leben der Schwedischen Gräfin von

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G***(Roman); 1751 Pro comoedia commovente (Programmschrift über das rührende Lustspiel); 1751 Briefe, nebst einer Praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen (Briefsteller); 1756 Sammlung vermischter Schriften; 1757 Geistliche Oden und Lieder; 1770 Moralische Vorlesungen. G., C. F.: Gesammelte Schriften. Kritische, kommentierte Ausgabe, hg. v. Bernd Witte u.a., 7 Bde. Berlin: Bd I: Fabeln und Erzählungen (2000); Bd. II: Gedichte, Geistliche Oden und Lieder (1997); Bd III: Lustspiele (1988); Bd IV: Roman, Briefsteller (1988); Bd V: Poetologische und Moralische Abhandlungen. Autobiographisches (1994); Bd VI: Moralische Vorlesungen. Moralische Charaktere (1992). - C. F. Gellerts Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe, hg. v. Reynolds, John F. 4 Bde., Berlin: Bd I: 1740-55 (1983), Bd II: 175659 (1987), Bd III: 1760-63 (1991), Bd IV: 1764-66 (1996). Lit.: DBA, Fiche I 378,64-91; 1429,57-63; II 436,315-333. - ADB 8, S. 544549. - NDB 6, S. 174f. - Jöcher/Adelung. - Hirsching. - Raßmann: Dichter. Brümmer 1 u. 2. - Meusel: Schriftsteller. - RE. - RGG. - Mitteldeutsche Köpfe. Lebensbilder aus einem Jahrtausend. Frankfurt/Main 1959. - BBKL II (1990), Sp. 200ff. - Killy (= DB 9), 6187-6196. - Arto-Haumacher, Rafael: C. F. G. zum 280. Geburtstag (= Dt. Hochschulschriften 1112). Egelsbach u.a. 1996. - Gellert-Museum, Oederaner Str. 10, 09661 Hainichen. - Handbuch historischer Buchbestände in Deutschland, hg. v. Land Sachsen. Hildesheim 1997 mit ausführlicher Darstellung der Bibliothek in Hainichen. Genersich, Johann, *15.8.1761 Kesmark/Ungarn, |18.5.1823 Wien, Kirchenhistoriker und -rechtler, prot. G. besuchte das Gymnasium in Preßburg und ging zum Studium nach Jena. 1788-1821 kehrte er als Professor der historischen und philosophischen Wissenschaften an das Lyceum seiner Heimatstadt zurück. Anschließend folgte er einem Ruf an die protestantisch-theologische Lehranstalt Wien als Professor für Kirchengeschichte und Kirchenrecht. Moralische Geschichten: Nr.273, 274. Lit.: DBA, Fiche I 379,13-23; II 437,269. - ADB 8, S. 566. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. Wurzbach V, S. 133 [mit weiterer biograph. Lit.!]. - Brümmer 1 u. 2. - ÖBL 1957. Genlis, Stéphanie Félicité marquise de Sillery, Comtesse de, geb. Ducrest de Saint-Aubin (1746-1830), auch: Marquise de Sillery, Erzieherin, Pädagogin, kath. G. heiratete als 16jährige den Comte de Genlis und suchte während der Ehe, ihre mangelhafte Bildung zu ergänzen. Sie entwickelte sich zu einer hochbegabten Frau, malte, musizierte und erlernte Handwerke, wie Blumenbinden

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und Korbflechten. Sie wurde Ehrendame der Duchesse de Chartres und Erzieherin ihrer beiden Töchter, widmete sich dieser Aufgabe mit großem Eifer und wurde 1782 zum „Gouverneur" ihrer Söhne ernannt, deren ältester später als Louis Philippe König wurde. Trotz ihrer überragenden Intelligenz erregte die Ernennung zum Gouverneur Aufsehen und Spott. Berühmt wurde G. mit ihrer Schrift „Adele et Théodore ou lettres sur l'éducation" (1782). Sie gehört zu den Werken, die Leopold II. von Österreich bei der Erziehung seiner Kinder zu Rate zog. G. besaß, ungeachtet ihrer harten Kritik an ihren Zeitgenossen, eine Reihe von Bewunderern, u.a. Mme. de Staël. Ihre literarischen Publikationen füllen einen ganzen Katalog. Sie gehörte zu den umstrittensten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Obwohl sie mit der Revolution sympathisierte, mußte sie mit ihren Zöglingen fliehen und unternahm ausgedehnte Reisen nach England, Deutschland und der Schweiz. Moralische Geschichten: Nr. 275, 276. Lit.: Monschein, S. 155f. - Archives Biographiques Françaises, Fiche I 445,192; II 293,166. - Le Moyne des Essart, Nicolas Toussaint: Les Siècles littéraires de la France; ou nouveau dictionnaire, historique, critique et bibliographique de tous les écrivains français, morts et vivants, etc. Paris. 6 Bde. 1800-01. - Feller, François Xavier de: Biographie universelle ou dictionnaire des hommes qui se sont fait un nom, etc. 8 Bde. Lyon 1851.- Feller, François Xavier de: Biographie universelle ou dictionnaire des hommes qui se sont fait un nom, etc. 8 Bde. Lyon 1851. Germershausen, Christian Friedrich, * 18.2.1725 Schlalach bei Treuenbrietzen, f22.5.1810 ebd., Geistlicher, Botaniker, Pseud.: Germanicus, prot. G., Sohn eines evangelischen Pastors, ist in der Volkskunde vor allem als später Vertreter der Hausväterliteratur und als Landwirtschaftsreformer bekannt. Mit seinem Hauptwerk „Die Hausmutter" (5 Bde., 1778-81) hat er die bis dahin einen Teil der Hausväter-Literatur bildende Hauswirtschaft zum erstenmal verselbständigt. Das Werk steht im Dienst der Autarkie des Gutshaushaltes und gibt Anleitungen zum Kochen, Schlachten, Backen, Seifensieden, Lichterziehen, Spinnen, Weben und Brauen, umfaßt aber auch Ratschläge zur Kindererziehung, zur Führung des Gesindes und wirkt noch bei den Kameralisten nach. Der für Nahrungssicherung der Bevölkerung so wichtigen Kartoffel maß G. wenig Bedeutung bei. Seiner Meinung nach schade sie der Gesundheit und tauge noch nicht einmal als Viehfiitter. Kritisch muß angemerkt werden, daß der Einsatz der Religion zur Unterdrückung und Ausbeutung der Dienstboten in privatem und staatlichem Interesse bei G. stark ausgeprägt ist. Johann Georg Krünitz hat G. für seine „Oeconomische Encyclopädie" (248 Bde., Berlin 1773-1858) ebenso wie Otto von Münchhausen (Der Hausvater, 6 Bde. Hannover 1771-73) oft und ausführlich ausgewertet. Unter dem Pseudonym „Ger-

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manicus" schrieb G. häufig im „Wittenbergschen Wochenblatt" (1768ff.) des Johann Daniel Tietz. Er ist außerdem Mitbegründer der „Märkischen Ökonomischen Gesellschaft". Werke: Der Hausvater. In systematischer Ordnung. 5 Bde. Leipzig 1783-86. Die Hausmutter in allen ihren Geschafften. 5 Bde. Leipzig 1791-81; 2. Aufl. ebd. 1785; 3. verm. Aufl. Leipzig 1791-93. Lit: DBA, Fiche I 385,77-83; II 442,312. - A D B 9, S. 33. - N D B 6, S. 311. Hamberger/Meusel. - Gruenter, Rainer: Die Hausmutter in allen ihren Geschafften. In: Euphorion 57 (1963), S. 218-226. - Ders.: Nachtrag zur Hausmutter. In: Euphorion 61 (1967), S. 155-162. - Gray, Marion W.: Prescriptions for productive female domesticity in a transitional era: Germany's Hausmütterliteratur, 1780-1840. In: History of European Ideas 8 (1987), S. 413-426. Hoffmann, Julius: Die „Hausväterliteratur" und die „Predigten über den christlichen Hausstand". Weinheim u. Berlin 1959. - Dieter Schwab: Familie. In: Brunner, Otto/ Conze, Werner/Koselleck, Reinhart: Geschichtliche Grundbegriffe. Historische Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Bd. 2. Stuttgart 1975, S. 253-301. Gersdorff, Charlotte Eleonore Wilhelmine von, (1768-?), Schriftstellerin. Pseud.: Glycere, Minna, W. von Morgenstern, F. P. E. Richter, W. von G. Moralische Geschichten: Nr. 277. Lit.: DBA, Fiche I 385,338-368; 1031,438-440. - Hamberger/Meusel. - Haymann. - Otto, Gottlieb Friedrich: Lexikon der seit dem 15. Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. 3 Bde. u. Suppl. Görlitz 1800-03; 1821. - Brümmer 1 u. 2. - Berner. - Schindel. - Pataky. - Raßmann: Pseudonyme. Gessner, Salomon, *1.4.1730 Zürich, |2.3.1788 Zürich, Idyllendichter, Verleger, Maler, Kupferstecher, prot. G. verfaßte keine moralischen Geschichten, wird hier aber dennoch erwähnt, weil das der Leser aufgrund der Titel seiner Werke vermuten könnte. G., der sein Leben fast ausschließlich in Zürich zugebracht hat, wirkte als Verleger und Buchhändler, zunächst im Verlag des Vaters, ab 1761 als Teilhaber bei Orell, Gessner & Comp, (seit 1770: Orell, Gessner, Füßli & Comp.), als Teilhaber einer Porzellanfabrik (1763), als Mitglied der Zürcher Stadtregierung zunächst im Großen Rat (1765), dann im Kleinen Rat (1767), als Obervogt bzw. Bezirksrichter in Erlenbach (1768) und zusätzlich in Wipkingen (1776), als Oberaufseher über den stadteigenen Sihlwald (1781). Mit zahlreichen Autoren seiner Zeit (u.a. Ewald von Kleist und Wieland) pflegte G. Freundschaft. 1768 war die Familie Mozart, auf einer Konzertreise in Zürich, bei G. zu Gast.

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1779 stattete Goethe ihm einen Höflichkeitsbesuch ab; im folgenden Jahr begegnete er bei einem Kuraufenthalt Wilhelm Heinse. Im Juli 1784 besuchte ihn Sophie von La Roche. Als einziger Sohn einer wohlhabenden Zürcher Verlegerfamilie und Schwiegersohn des einflußreichen Ratsherrn Heinrich Heidegger war G. finanziell unabhängig. Von seinem Aufenthalt in Berlin (1749/50, abgebrochene Lehre in der Spenerschen Buchhandlung), v. a. aber von seinem Besuch bei Hagedorn in Hamburg, brachte G. im Sommer 1750 eine im calvinistischen Zürich unübliche freie Lebens- und Denkweise mit, wie sie vor ihm dort nur Klopstock vertreten hatte. Moralische Geschichten: Nr. 280. Weitere Werke: Moralische Erzählungen und Idyllen, von Diderot und Salomon Gessner. Zürich 1772. - Die Nacht (1753); Daphis [Hirtenroman] (1754). - Idyllen. Von dem Verfasser der Daphinis (1756); Evander und Alcimna [Hirtendrama] (1762); Brief über die Landschaftsmahlerei (1770); Neue Idyllen (1772). - Idyllen. Kritische Ausgabe hg. v. Voss, Ernst Theodor. Stuttgart: Reclam 1988, 3. durchges. u. erweit. Aufl. - S. G.s Briefw. mit seinem Sohne während dem Aufenthalte des Letzteren in Dresden u. Rom. Zürich 1801. Ausgaben: Sämtl. Schriften, hg. v. Martin Bircher. 3 Bde., Zürich 1972-74. Idyllen. Krit. Ausg., hg. v. E. Theodor Voss. Stuttgart 1973, 3. Aufl. 1988 (mit ausfuhrl. Bibliogr.). Lit.: Hottinger, Johann Jakob: S. G. Zürich 1796. - Wölfflin, H.: S. G. Frauenfeld 1889. - Bergemann, Fritz: S. G. Eine literarhistor. biogr. Einl. München 1913. - Leemann van Eick, Paul: S. G. Sein Lebensbild. Zürich 1930. -Voss, E. Theodor: S. G. In: Wiese, Benno von (Hg.): Dt. Dichter des 18. Jh. Berlin 1977, S. 249-279. - Maler u. Dichter der Idylle. S. G. 1730-88. Ausstellungskat. Wolfenbüttel 1980. - Killy (= DB 9), 6346-6354. - Bircher, Martin: S. G. In: Grimm, Gunther/Max, Frank Rainer (Hgg.) Deutsche Dichter. Leben und Werk deutschsprachiger Autoren vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ditzingen 1993. - Gesellige Vernunft. Zur Kultur der literarischen Aufklärung. FS für Wolfram Mauser, hg. v. Ortrud Gutjahr. Würzburg 1993, S. 57-82. Glaser, Carl Alfred Gustav Ernst, (1804-1848), Theologe, prot. Moralische Geschichten: Nr. 281. Lit.: [kein Eintrag in DBA]. - Brückner: Protestantische Beispielkatechismen, 1999, S. 153. Glatz, Jacob, *17.11.1776 Poprad/Oberungarn, f25.9.1831 Preßburg, Geistlicher, Volks- und Jugendschriftsteller. Pseud.: Jakob Stille und H.K., prot. G., Sohn eines Schmieds und Leinwandhändlers, studierte ab 1794 in Jena evangelische Theologie (Schüler Fichtes), 1797-1803 wirkte er als Gehilfe

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Salzmanns in Schnepfenthal. Nach kurzzeitiger Lehrertätigkeit in Wien übernahm G. 1804 das Predigeramt an der dortigen evangelischen Gemeinde, das er 1816 wegen einer Krankheit aufgeben mußte. In seiner Funktion als k. u. k. Konsistorialrat (ab 1806) bemühte er sich um eine Verbesserung der kulturellen Verhältnisse in Ungarn und setzte sich fur die evangelische Kirche in Österreich ein. Von 1824 bis zu seinem Tod lebte er in Preßburg. Einem rationalen Verständnis der religiösen und sittlichen Ideen des Christentums folgend und konfessioneller Toleranz verpflichtet, verfaßte G. zahlreiche Erbauungsbücher (Beichtbücher, Trost- und Andachtsbücher) und homiletische Schriften. Er galt seinen Zeitgenossen aufgrund der volkserzieherischen Tendenz seiner Werke als Volksschriftsteller. Mit über 100 Bänden für Kinder und Jugendliche zeichnet sich G. auch als Jugendautor aus. Er schrieb Moralische Erzählungen, Lese- und Bilderbücher sowie Reisebeschreibungen. Zahlreiche Werke sind ausschließlich an Mädchen gerichtet, so daß G. als erster ausgesprochener Mädchenbuchschriftsteller bezeichnet werden kann (vgl. auch oben B. Bacher). G.' Schriften erlebten noch zu seinen Lebzeiten hohe Auflagen, unerlaubte Nachdr.e, zweisprachige Ausgaben und Übersetzungen. Moralische Geschichten: Nr. 282-293. Lit.: Hamberger/Meusel 22,2 (1831). - N N D 9 (1831), Nr. 304. - Wurzbach 5. - Wenrich, Johann G.: J. G., eine biographische Skizze. Wien 1834. - A D B 9, S. 219f. - N D B 6, S. 436. - Siegling, Luise: J. G. In: LKJL. - Dagmar Grenz: Mädchenliteratur von den moralisch belehrenden Schriften im 18. Jahrhundert bis zur Herausbildung der Backfischliteratur im 19. Jahrhundert. Stuttgart 1981, S. 99ff., 182 ff. - Killy (= DB 9), 6430f. Gleim, Johann Wilhelm (Ludwig), *2.4.1719 Ermsleben 118.2.1803 Halberstadt, Jurist, Dichter, prot.

im

Ostharz,

G. war das vierte Kind eines Obereinnehmers. Zunächst erhielt er Unterricht durch einen protestantischen Geistlichen, ab 1730 besuchte er die Stadtschule zu Wernigerode. 1735 starben beide Eltern; wohlhabende Gönner ermöglichten aber das Studium (Philosophie und Rechtswissenschaft) in Halle. Ab 1743 arbeitete er in Berlin als Hauslehrer, dann als Stabssekretär des Prinzen Wilhelm von Brandenburg-Schwedt. 1747 wurde er zum Sekretär des Domkapitels in Halberstadt ernannt; 1756 erhielt er ein Kanonikat des Stifts Walbeck bei Helmstedt. Die dadurch finanziell abgesicherte Position ermöglichte es dem Junggesellen, in Halberstadt seinen Traum von einer anakreontischen Existenz zu verwirklichen. Er stand in freundschaftlichem Kontakt mit Klopstock, Herder, Voß und Seume und scharte den Halberstädter Dichterkreis um sich, einen Bund junger Literaten, die er selbstlos förderte. Bis ins hohe Alter genoß er als „Vater Gleim" hohes Ansehen.

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Moralische Geschichten: Nr. 294, 295. Weitere Werke (Auswahl): Versuch in scherzhaften Liedern. 1744/45. - Der blöde Schäfer. 1745. - Fabeln. 1756. - Romanzen. 1756. - Preußische Kriegslieder in den Feldzügen 1756 und 1757 von einem Grenadier. 1758. - Briefe von den Herren Gleim und Jacobi. 1768. - Preußische Kriegslieder, im März und April 1778. 1778. - Gedichte nach Walter von der Vogelweide. 1779. Episteln. 1783. - Preußische Kriegslieder im May 1790. 1790. - Zeitgedichte vom alten Gleim. 1792. - Kriegslieder im Jahr 1793. 1794. Lit.: DBA 396, Fiche 220-255. - Körte, W.: J. W. L. G.s Leben. Aus seinen Briefen und Schriften. Halberstadt: Bürau fur Literatur und Kunst 1811. VI, 537 S. - Verzeichnis eines Theils der Kupferstich- und Bücher-Sammlung J. W. L. G.s, welche den 22. October d. J. öffentlich versteigert werden soll. Nebst einigen Anhängen, Halberstadt 1804, mit einem Nachwort v. R. Selz (Reprint Leipzig 1987). - ADB 9, S. 228-233. - NDB 6, S. 449f. - EM 5, Sp. 1285-1287. - LKJ, I, 450. - Gleim-Haus, Domplatz 31, 38820 Halberstadt (Sammlungen: Handschriften 18. Jh., 10.000 Briefe, Freundschafts-Porträts, Bildnisgraphikslg., Gleim-Bibliothek).

Göchhausen, Ernst August Anton von, *15.7.1740 Weimar, f23.3.1824 Eisenach, Hofbeamter, prot. 1758 Page des Prinzen Heinrich von Preußen, nahm als preußischer Offizier am Siebenjährigen Krieg teil und blieb anschließend als Werbeoffizier bei der Armee. 1769 trat er in Eisenach in sächsisch-weimarische Dienste und stieg bis zum Kammerdirektor und Geheimen Rat auf. Mit seinen 1786-98 anonym erschienenen Schriften wurde G. zu einem der auffälligsten Vertreter der politischen Reaktion in Deutschland. Für G. waren Aufklärung und Emanzipation lediglich Synonyme für Anarchie. Durch die Französische Revolution und deren Wirkungen in Deutschland verstärkte sich diese Haltung (vgl. seinen Roman „Sultan Peter der Unaussprechliche und seine Veziere", o. O. 1794 und „Meine Wanderung durch die Rhein- und Mayn-Gegenden ...", Frankfurt am Main/Leipzig, o. J. [1795]). Mit seinem „Büchlein zur Beförderung einfältiger Lebensweisheit ..." (1790) zählt er zur Spezies extrem konservativer Volks„aufklärer", für die die Bewahrung der ständisch organisierten Gesellschaft im Vordergrund stand. Moralische Geschichten: Nr. 296. Weitere Werke: Aufschluß und Vertheidigung der Enthüllung des Systems der Weltbürger-Republik. Rom, recte Leipzig 1787. - Meine ohnmasgebliche Meynung über Dr. Starcks Tonsur [..]. Frankfurt/Main 1788. Lit.: Höfer, Gottfried: E. A. A. v. G. In: Jb. der Slg. Kippenberg, N. F. 2 (1970), S. 110-150. - Zimmermann, Harro: ,Sultan Peter der Unaussprechliche

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u. seine Veziere'. G.s Satire über den Jakobinismus des Freiherrn Knigge. In: Jb. des Instituts für Dt. Gesch. 13 (1984), S. 79-115. - Killy (= DB 9), 6494ff. Goez, Christian Gottlieb, (1746-1803), Pfarrer, Dichter, prot. Moralische Geschichten: Nr. 301. Lit.: DBA, Fiche I 405,118-127. - Hamberger/Meusel. - Gradmann. - Haug. Richter. - Brümmer 1. - Eitner, Robert: Biographisch-bibliographisches Quellenlexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. 4 Bde. Leipzig 1900-1904. Goe(t)ze, Johann August Ephraim, *28.5.1731 Aschersleben, |27.6.1793 Quedlinburg, Geistlicher, Zoologe, prot. G., der jüngere Bruder des berühmten Hamburger Hauptpastors und Gegners von Lessing, unterstützte nach dem Theologie-Studium in Halle zunächst seinen Vater, Konsistorialrat in Halberstadt, in seinem Amt und auch den Schwager in Quedlinburg. Nach dessen Tod übernahm er die Pfarrei ganz und sorgte für seine Schwester und deren Kinder. Sein zoologisches Interesse erwachte beim Anblick eines Mikroskops bei einem Freund, das er noch am gleichen Tag käuflich erwarb. Am nächsten Morgen begann er mit autodidaktischen Studien. Er forschte vor allem über Insekten, Bandwürmer und Trichinen im Schweinefleisch. Seine Erkenntnisse publizierte G. in populärer Form mit dem Ziel „moralische und physikalische Vorurtheile, auch mit unter einige exegetische Lügen" aufzudecken. Damit erwies er sich ebenso wie mit seinen Schriften gegen den Aberglauben als eifriger Volkslehrer. Moralische Geschichten: Nr. 297-300. Lit.: DBA, Fiche 1405,174-248; II 461,57,234-249. - Denina. - Schlichtegroll. - Nekrolog für Freunde deutscher Literatur 1791-94. 4 Bde. Helmstädt 179699. - Meusel: Schriftsteller. - Biograph.-literar. Lexicon der Thierärzte aller Zeiten u. Länder sowie der Naturforscher, Ärzte, Landwirthe, Stallmeister usw., welche sich um die Thierheilkunde verdient gemacht haben, vervollständigt u. hg. v. Hering, Eduard/ Schräder, Georg Wühlern. Erw. Aufl. - Stuttgart 1863. - Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker (vor 1880). 2. Aufl. 6 Bde. Berlin; Wien. 1929-1935. - Lebensbilder großer Stephaneer. Aschersleben 1930. - ADB 9, S. 530. - NDB 6, S. 597f. Gomez, Madeleine Angelique, (1684-1770), Schriftstellerin, kath. Moralische Geschichten: Nr. 303. Lit.: Archives Biographiques Françaises, Fiche I 464,13-23. - Le Moyne des Essart, Nicolas Toussaint: Les Siècles littéraires de la France; ou nouveau dictionnaire, historique, critique et bibliographique de tous les écrivains français,

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morts et vivants, etc. Paris. 6 vols 1800-01. - Feller, François Xavier de: Biographie universelle ou dictionnaire des hommes qui se sont fait un nom, etc. 8 vols Lyon 1851. Gotthelf, Jeremias, *4.10.1797 Murten/Kt. Freiburg, f22.10.1854 Liitzelflüh/Kt. Bern, Geistlicher, Erzähler und Romancier, eigentl.: Albert Bitzius, prot. Theologiestudium in Bern und Göttingen, anschließend Reise durch Norddeutschland. Zunächst Vikar beim Vater in Utzenstorf, dann in Herzogenbuchsee/Kt. Bern, 1824 in Bern, 1831 in Lützelflüh im Emmental, dort ab 1832 Pfarrer. 1833 Heirat mit Henriette Zehnder (drei Kinder). Volksaufklärerisch betätigte sich G. als Verfechter einer Volksschule für alle, als Kämpfer gegen Alkoholismus und Pauperismus und 1841-44 als Redakteur des „Neuen Berner Kalenders", vor allem aber als Schriftsteller, der für die ländliche Mittel- und Unterschicht Partei ergreift (vgl. „Der Bauern-Spiegel", Burgdorf 1837; „Wie fünf Mädchen im Branntwein jämmerlich umkommen", Bern 1838). Durch die Schilderung exemplarischer Einstellungen, schonungslose Verurteilung moralischer Fehler und politischer Umtriebe versucht er, die bäuerliche Bevölkerung über richtige und falsche Lebensweisen aufzuklären. Moralische Geschichten: Nr. 304, 305. Weitere Werke (Auswahl): Gesammelte Schriften. 24. Bde., Berlin 1856-58. Historisch-kritische Ausgabe: Sämtl. Werke in 24. Bdn. und 18 Erg.Bdn. In Verbindung mit der Familie Bitzius, hg. v. Rudolf Hunziker und Hans Bioesch. Erlenbach/Zürich 1911-77. - Teilausgabe: Werke in 20 Bdn., hg. v. Walter Muschg. Basel 1948-63. - Dursli der Brannteweinsäufer. Burgdorf 1839. - Die Armennoth. Zürich und Frauenfeld 1840. - Der letzte Thorberger. Solothurn 1840. - Kalendergeschichten. Bern 1840-45. Lit. (Auswahl): Bee Juker und Gisela Martorelli: J. G. 1779-1854 (Bibliogr.). Bibliogr. 1830-1975. Bern 1983. - Sengle, Friedrich: Zum Wandel des G.Bildes. In: Ders.: Arbeiten zur deutschen Literatur 1750-1850. Stuttgart 1965, S. 197-211. - J. G.s Persönlichkeit. Erinnerungen von Zeitgenossen, hg. v. Walter Muschg. Basel 1944. - Fehr, Karl: J. G. Stuttgart 1967, 2 1985. - Holl, Hanns Peter: J. G. Leben, Werk, Zeit. Zürich 1988. - Manuel, Carl: J. G. Berlin 1857. - Muschg, Walter: J. G. Eine Einfuhrung in seine Werke. Bern/München 1954, 2 1960. - Ders.: J. G. Die Geheimnisse des Erzählers. München 1931, 2 1967. - Günther, Werner: J. G. Wesen und Werk. Berlin u.a. 1954. - Ders.: Neue G. Studien. Bern 1958. - Sengle, Friedrich: Albert Bitzius, Pseud. J. G. In: Ders.: Biedermeierzeit. Bd. III, Stuttgart 1980, S. 888-951. - Göttler, Hans: Die Pfarrer im Werk J. G.s. Ein Beitrag zur Stellung des Geistlichen in der Literatur der Biedermeierzeit (= Europäische Hochschulschriften, Reihe I, Bd. 309). Bern u.a. 1979. - Hahl, Werner: J. G.: Uli der

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Knecht (1841). Die christliche 'Ökonomik' im Roman. In: Denkler, Horst (Hg.): Romane und Erzählungen des bürgerlichen Realismus. Stuttgart 1980, S. 925. - Bauer, Winfried: J. G. Ein Vertreter der geistlichen Restauration der Biedermeierzeit. Stuttgart u.a. 1975. - Schäfer, Friedrich: Christliche Volksschriftsteller. I. Albert Bitzius (J. G.). In: Monatsschrift für innere Mission, hg. v. Theodor Schäfer. Gütersloh Bd. VI, 1886, S. 89-109. - Küffer, Urs: J. G. Grundzüge seiner Pädagogik. Bern/Stuttgart 1982. - Müller, Carl: J. G. und die Ärzte. Bern 1963. - Buhne, Reinhild: J. G. und das Problem der Armut. Bern 1968. - Gallati, Ernst: J. G.s Gesellschaftskritik (= Kanadische Studien zur deutschen Sprache und Literatur 1). Bern 1970. - Holl, Hanns Peter: G. im Zeitgeflecht. Bauernleben, industrielle Revolution und Liberalismus in seinen Romanen. Tübingen 1985. - Killy (= DB 9), 6768-6781. Gottsched, Johann Christoph, *2.2.1700 Juditten/Ostpreußen, f 12.12.1766 Leipzig. Gelehrter, Schriftsteller und Herausgeber, prot. Bereits 1714 begann G., aus einer Pfarrersfamilie stammend, an der Universität Königsberg ein Studium der Philosophie, Philologie, Physik, Mathematik, Poesie und Rhetorik, das er mit vier Dissertationen abschloß. 1725 in Leipzig Privatdozent, später Professor, Dekan und Rektor. Als Zeitschriften-Autor erreichte G. breitere Leserschichten. In Anlehnung an Addisons und Steeles Moralische Wochenschriften „The Tatler" (1709-11) u. „The Spectator" (1711/12 u. 1714) initiierte er „Die Vernünfftigen Tadlerinnen" (1725-27) und „Den Biedermann" (1727-29) und sprach damit die Frauen des Bürgertums an. Seine hier eingestreuten kleinen Erzählungen kann man als Vorläufer moralischer Geschichten betrachten. Beide Zeitschriften erschienen wöchentlich und auch als Buchausgaben und suchten ihre Leser und Leserinnen im Sinne einer „vernünftigen Sittenlehre" zu beeinflussen. Fiktive Verfasser beschäftigen sich mit Fragen der Pädagogik, Ethik, Geschichte, Ökonomie, Weltweisheit und Literatur. Der populären Aufarbeitung und Vermittlung speziellen Wissens dienten zwei weitere von G. begründete Zeitschriften, der „Neue Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste" (10 Bde., Leipzig 1745-50. MicroAusg. Hildesheim 1977) und „Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit" (12 Bde., Leipzig 1751-62). Werke (Auswahl): Ausgew. Werke. 12 Bde. (bisher umfangreichste Ausg.), hg. v. Joachim Birke, ab Bd. 6 Brigitte Birke u. P. M. Mitchell. Berlin 1968-87 (in Bd. 12 Werkverz. u. Lit. bis 1983). - Der Biedermann. 1727-29, hg. v. Wolfgang Martens. Stuttgart 1975. Lit.: Wiese, Benno v. (Hg.): Deutsche Dichter des 18. Jahrhunderts. Ihr Leben u. Werk. Berlin 1977, S. 35-61. - Schäfer, Gerhard: J. C. G. In: Grimm, Gunter E. u. Max, Frank Rainer (Hgg.): Deutsche Dichter. Bd. 3, Stuttgart 1988, S. 34-50. - Killy (= DB 9), 6792-6808. - ADB 9, S. 497-508. - NDB 6, S. 686f.

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Gruber, Ferdinand Josef, (1781-1863), Naturwissenschaftler, aus Neuburg v. W./Oberpfalz. Verfasser zahlreicher Exempelsammlungen, häufig Kompilationen, oft als „Preis- und Ermunterungsgeschenk" gedacht, kath. Moralische Geschichten: Nr. 307-314. Lit.: DBA, Fiche I 429,172. - Bosl, S. 279. - Kerhein I, S. 125. - Goedeke X, S. 504f., 637; XII, S. 508f. - Hamberger/Meusel XXII, 2 (1831), S. 469f. Mendl, S. 423f. Haan, Friedrich Gottlieb, (1771-1827), Lehrer. Moralische Geschichten: Nr. 316. Lit.: DBA, Fiche 1444,234-241. - Hamberger/Meusel. - Haymann. Haesters, Albert, (1812-1883), Lehrer, pädagogischer Schriftsteller. Moralische Geschichten: Nr. 317. Lit.: DBA, Fiche II 508,188. - Herrmann, Albert: Gräber berühmter und im öffentlichen Leben bekannt gewordener Personen auf den Wiesbadener Friedhöfen. Wiesbaden 1928. Hagedorn, Friedrich von, *23.4.1708 Hamburg, 128.10.1754 Hamburg, Lyriker u. Fabeldichter, prot. H., Sohn eines Politikers, studierte ab 1726/27 Jura und Schöne Literatur in Jena, 1729 Sekretär des dänischen Gesandten von Söhlenthal in London, im Sommer 1731 Rückkehr und Antritt einer Hofmeister-Stelle, 1733 Berufung zum Sekretär des „English Court", einer englischen Handelsgesellschaft in Hamburg. Dieses Amt erlaubte ihm die Fortsetzung seiner Studien und die Pflege des für ihn wichtigen freundschaftlich-geselligen Verkehrs. Im Alter von 46 Jahren starb H. an Wassersucht. Seit den 1720er Jahren erschienen viele Gelegenheits- und Huldigungsgedichte in Einzeldrucken und Beiträge in Hamburger „Moralischen Wochenschriften". Aus H.s idealisierter Umgangssprache entwickelte sich die Sprache der Klassik. Höchste Anerkennung genossen seine moralischen Dichtungen, die seit 1740 als Einzeldrucke erschienen (Moralische Gedichte. Hamburg. 1750; erw. Aufl. 1753). Moralische Geschichten: Nr. 318. Weitere Werke: Sämmtliche Poetischen Werke. 3 Tie., Hamburg 1757 u.ö. Poetische Werke. Mit seiner Lebensbeschreibung und Charakteristik und mit Auszügen seines Briefs, begleitet, v. Johann Joachim Eschenburg. 5 Tie., Hamburg. 1800 u.ö. Lit.: DBA 463, 87-115; 1309, 208; 1429, 268. - Stix, Gottfried: F. v. H. Menschenbild und Dichtungsauffassung. Rom 1961. - Guthke, Karl S.: F. v. H.

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und das literarische Leben seiner Zeit im Lichte unveröffentl. Briefe an J. J. Bodmer. In: JbFDH (1966), S. 1-108. - Anger, Alfred: Literarisches Rokoko. Stuttgart 2. Aufl. 1968. - Killy (= DB 9), 7440-7446. - ADB 10, S. 407-409. NDB 7, S. 466f. Hahnzog, Christian Ludwig, *27.9.1737 Scharfenbrück bei Luckenwalde, fnach 1810, Theologe, prot. Prediger in Welsleben bei Magdeburg, gab teils allein, teils zusammen mit Gleichgesinnten wie Zerrenner Predigten, Predigtsammlungen und volksaufklärerische Abhandlungen heraus. Moralische Geschichten: Nr. 330. Weitere Werke: Predigten wider den Aberglauben der Landleute. Magdeburg 1784. - Christliche Volksreden für Landleute. 1785. - Patriotische Predigten zur Beförderung der Vaterlandsliebe. 1785. - Christliche Volksreden über die Episteln. 1792. - Über den Einfluß des Ackerbaues auf die Charakterbildung des Landmannes. 1788. Lit.: DBA, Fiche I 461,107-111. - Hamberger/Meusel. - ADB 10, S. 378. Teller, Wilhelm Abraham: Beiträge zu Hahnzog's Abhandlungen über die Aufklärung der Bauern. Berlin 1804. Hansemann, David Justus Ludwig, (1790-1864), preußischer Finanzminister, Wirtschaftsführer, Politiker, jüdisch H. gilt als typischer Vertreter des gemäßigten rheinischen Liberalismus, war Mitbegründer der „Aachener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft", einer Vorläuferin der heutigen „Aachener und Münchener Versicherung AG". Als Sozialpolitiker wurde er in der Aachener Region in zahlreichen sozialen und gemeinnützigen Bereichen aktiv: Gründung von Prämien- und Sparkassen, Kinderbewahranstalten für berufstätige Eltern, berufsbezogene Schulen etc. Als Initiator des Eisenbahnbaus setzte er sich erfolgreich für den Ausbau des Eisenbahnnetzes ein und betätigte sich so auch als „Industrieförderer" nicht nur der Aachener Region. Die politische Karriere führte H. vom Aachener Stadtrat und dem Posten des dortigen Handelskammerpräsidenten über Mandate im Rheinischen Provinziallandtag und Ersten Vereinigten Landtag zum Amt des preußischen Finanzministers im Revolutionsjahr 1848. Nach dem weitgehenden Scheitern des Liberalismus folgte seine Karriere als Bankier: zunächst Chef der Preußischen Bank, zeichnete er 1851 federführend bei der Gründung der „Disconte-Gesellschaft", einem Vorläuferinstitut der Deutschen Bank. Werke: Die Eisenbahnen und deren Aktionäre in ihrem Verhältnis zum Staat. Leipzig 1837. - Gutachten über die Gesetzgebung im Feuer-VersicherungsWesen. Aachen 1834.

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Lit: DBA, Fiche I 470,429-430; II 521,262-270. - ADB 10, S. 529-535. NDB 3, S. 502 u. 7, S. 626-629. - Savelsberg, Heinrich: Aachener Gelehrte in älterer und neuerer Zeit. Aachen 1906. - Wininger, S[alomon]: Große jüdische National-Biographie mit mehr als 8000 (ab Bd. 4: 10000, ab Bd. 6: 12000) Lebensbeschreibungen namhafter jüdischer Männer und Frauen aller Zeiten und Länder. Ein Nachschlagewerk für das jüdische Volk und dessen Freunde. 7 Bde. Cernauti 1925-36. - Heuvel, Marga van den/ Virnich, Carl-Josef: D. H. 1790-1864. Ein Wirtschaftsförderer und liberaler Sozialpolitiker. Ausstellungsbegleiter 5.-21.9.2001 in den Räumen der Aachener und Münchener Versicherangs-AG, Aureliusstrasse 2, 52064 Aachen. Harnisch, Wilhelm, *28.8.1787 Bad Wilsnack, f5.8.1864 Berlin, Lehrer. H. war einer der bedeutendsten Pädagogen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. 1808 lernte er „Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn kennen. Beide verband eine jahrelange Freundschaft; sie waren bemüht, die Ideen Pestalozzis in die Tat umzusetzen. In H.s Texten begegnen wir moralischen Geschichten ebenso wie Stücken aus den „Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm. Moralische Geschichten: Nr. 324. Weitere Werke: Deutsche Volksschulen. Mit bes. Rücksicht auf die Pestalozzischen Grundsätze, 1812. - Die Weltkunde, 1820. - Hb. f. das dt. Volksschulwesen, 1820 (18934, hg. v. Friedrich Bartels). - Die dt. Bürgerschule, 1830. Die Schullehrerbildung, 1836. - Der jetzige Standpunkt des gesamten preußischen Volksschulwesens, 1844. - Die künftige Stellung der Schule, vorzüglich der Volksschule, zu Kirche, Staat u. Haus, 1848. - Mein Lebensmorgen. Zur Geschichte der J. 1787-1822, hg. v. Heinrich Eduard Schmieder, 1865. Lit: DBA, Fiche I 475, 169-173; II 525, 160-176. - Rißmann, Robert: W. H. in seiner Bedeutung f. die Entwicklung der dt. Volksschulpäd., 1889. - Metzmacher, Hermann: Weiter- bzw. Umbildungen der Pestalozzischen Grundsätze durch H. quellenmäßig dargelegt. Diss. Univ. Leipzig, Greifswald 1901. Singer, Otto Johannes: H.s Weltkunde, ihre wiss. u. päd. Voraussetzungen. Diss. Halle 1914. - Scheu, Lieselotte: Das Problem der politischen Erziehung in der Volksschule z. Z. der Reformen des Frhr. v. Stein in Preußen. Dargest, an W. H.s pädagogischen Schriften aus der Zeit von 1812 bis 1822. Diss. Hamburg 1955. - ADB 10, S. 614 ff. - RGG III, 80. - NDB 7, S. 693. - Hamberger/Meusel. - Pädagogisches Lexikon. 4 Bde. Bielefeld/Leipzig 1928-1931. - BBKL II, Sp. 570. Hatzel, Adam Heinrich, (7-1802), Ökonomieverwalter. Moralische Geschichten: Nr. 325. Lit.: DBA, Fiche 1483,401-404. - Hamberger/Meusel.

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Hauber, Johann Michael, *2.8.1778 Irsee bei Kaufbeuren, flO.5.1843 München, Geistlicher Rat und Hofkaplan, kath. H., Sohn eines Klosterschreiners, studierte in Freising, 1801 Priesterweihe, ab 1805 in München u. a. als Prediger, Schulinspektor und Katechet, 1818 Hofprediger, 1841 Propst des Stiftes St. Cajetan. H. ist bekannt als Schriftsteller und Sammler historischer Musikhandschriften. Er verfasste zahlreiche Gebetbücher sowie Erbauungs- und Predigtbücher, Herausgeber der „JugendBibliothek". Moralische Geschichten: Nr. 326-329. Weitere Werke: Vollständiges Lexikon für Prediger und Katecheten, 5 Bde., 1802-04 (1843-55). - Der musikalische Jugendfreund, 12 Hh., 1814/15. - Jugendbibliothek 8 Bdchn., 1818ff. - Vollständiges Gebetbuch für fromme katholische Christen, 1825. - Andachts- und Erbauungsbuch, 1831. Lit.: DBA, Fiche I 484, 69-75; II 532, 350-353. - Mendl, S. 424. - Kosch, LL II, 852; - Kosch, KD 1 3 9 1 ; - A D B 11, S. 3 7 f . ; - N D B 8, S. 7 0 ; - L T h K V , S. 29. - Bosl, Ergänzungsbd., S. 62. - Felder. - Hamberger/Meusel. - Kehrein. Wienstein: Dichter. - Kosch. - BBKL II (1990), S. 591 f. Hebel, Johann Peter, *10.5.1760 Basel, t22.9.1826 Schwetzingen, Theologe, Pädagoge, Verfasser von Kalendergeschichten, prot. H. wurde am 10.5.1760 in Basel geboren. Weil seine Eltern als Angestellte eines Basler Patriziers zwischen Basel (im Sommer) und Hausen i.W. (im Winter) pendelten, besuchte er ab 1766 die Volksschule in Hausen und ab 1769 die Lateinschule in Schopfheim. Nach dem frühen Tod der Eltern ermöglichten ihm Gönner den Besuch des Gymnasiums in Karlsruhe und das Studium der Theologie in Erlangen. Als Vikar, Gymnasiallehrer und zuletzt Prälat der lutherischen Landeskirche lebte er wieder in Baden. Am 22. September 1826 starb er während einer Dienstreise in Schwetzingen. Heute noch lebendig sind die Erzählungen des „Schatzkästleins des rheinischen Hausfreunds" (1803-11). Die Geschichten schildern einfache Erlebnisse edler oder auch schlichter Personen, darunter Gauner und Spaßvögel. Das Geschehen wird oft ergänzt durch Kommentare des Erzählers, die zum Nachdenken anregen, da sie eine nahe liegende Moral in Frage stellen. Ausgaben (Auswahl): Sämtliche Werke in 8 Bdn. Karlsruhe 1832-34. - Werke, hg. v. Altwegg, Wilhelm. 3 Bde., Zürich 1943. - Poetische Werke, hg. v. Salfinger, Theodor. München 1961. - Briefe, hg. v. Zentner, Wilhelm. 2 Bde., Karlsruhe. 2. Aufl. 1957 - Gesamtausgabe, hg. v. Zentner, Wilhelm. Karlsruhe 1959-72. - Der Rheinländische Hausfreund. Faks. der Jgg. 1808-15 u. 1819, hg. v. Rohner, Ludwig. Wiesbaden 1981. - Hist.-krit. Gesamtausg. Bde. 2 u. 3, Karlsruhe 1989. Bde. 1 u. 4, Karlsrahe 1990.

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Lit.: DAB 490, 345-489. - Altwegg. Wilhelm: J. P. H. Leipzig 1935. - Zentner, Wilhelm: J. P. H. Karlsruhe 2. Aufl. 1965. - Kully, Rolf Max: J. P. H. Stuttgart 1969. - Däster, Ulli: J. P.H. in Selbstzeugnissen u. Bilddok. Reinbek 1973. - Wittmann, Lothar: J. P. H.s Spiegel der Welt. Interpretationen zu 53 Kalendergeschichten. Frankfurt/Main 1969. - Knopf, Jan: Geschichten zur Geschichte. Kritische Traditionen des Volkstümlichen in den Kalendergeschichten H.s u. Brechts. Stuttgart 1973. - Rohner, Ludwig: Kalendergeschichten u. Kalender. Wiesbaden 1978. - Bee, Guido: Aufklärung und narrative Form. Studien zu den Kalendertexten J. P. Hebels (= Internationale Hochschulschriften 252). Münster u.a. 1997, zugl. Phil. Diss. Bonn 1997. - Franz, Kurt: Kalendermoral und Deutschunterricht. J. P. H. als Klassiker der elementaren Schulbildung im 19. Jh. Tübingen 1995. - Franz, Kurt: J. P. H. Kannitverstan. Ein Mißverständnis und seine Folgen. München 1985. - Killy (= DB 9), 7961-7970. - ADB 11, S. 188-195. - NDB 8, S. 165-168. - EM 6, Sp. 634640. - LKJ 1, S. 528f. - Völpel: Literarisierungsprozeß, 1996, S. 247-331. Heckhel, Andreas SJ, (1725-1770), Domprediger in Wien, Bibliothekar, kath. Moralische Geschichten: Nr. 330. Lit.: DBA, Fiche I 492,154-158. - Hamberger/Meusel. - Meusel: Schriftsteller. - Wurzbach. Heidegger, Heinrich, (1738-1823), Amtmann, Verleger (Teilhaber des Verlags Orell, Gessner, Füssli & Co in Zürich), prot. Moralische Geschichten: Nr. 331. Lit.: DBA, Fiche 1496,12. - Hamberger/Meusel. Herchenbach, Wilhelm, (1818-1889), Lehrer, Schriftsteller, kath. Moralische Geschichten: Nr. 334-337. Lit.: DBA, Fiche I 517,262-271; II 564,50-51. - Kehrein. - Brümmer 1. - Hinrichsen. - Wienstein: Diechter. - Kosch. Herrmann, [M.] Friedrich, Konrektor am Lyceum zu Lübben, Oberlausitz. Moralische Geschichten: Nr. 338-340. Herzer, Franz Xaver, *1.8.1758 Straubing, |21.8.1798, Lehrer, Zollbeamter, Fabrikant, kath. H. hatte verschiedene Lehrerstellen (Privatlehrer und „Teutscher Schullehrer", also an einer Mädchenklasse) in München inne, bevor er sein Auskommen als kurfürstlich bayerischer Zollbeamter in Donaustauf bei Regensburg fand. Sei-

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ne Erfahrungen als Lehrer an einer Deutschen Schule dürften sein Augenmerk auf die „Stiftungen zur Aussteuerung gutgesitteter Mädchen" (1792) gelenkt haben. Auf dem Titel bezeichnet er sich hier ebenso wie in seinem „Sittenspiegel für's Landvolk" (2 Bde. 1790/93) als „Professor" und „Kurpfalzbaierischer priviligierter Wollennegotiant und korrespondirendes Mitglied der ökonomischen Societät Leipzig". Ferner taucht er 1792 auf als Mitglied der ökonomischen Gesellschaft Zürich. Moralische Geschichten: Nr. 341, 342. Weitere Werke: Allgemeine geographisch-historisch-chronologisch-genealogische Beschreibung von Europa in drei Hauptabtheilungen. München 178687. - Nachricht von Stiftungen zur Aussteuerung gutgesitteter und arbeitssamer Mädchen. Donauwörth 1792. - Sammlung von Beschreibungen der Seidenpflanze und des Syrischen Hundskrauts. München 1789. - Gesammelte Nachrichten und Selbsterfahrungen von Industrie-, Arbeits- und Oekonomieschulen. Regensburg 1793. - Ueber die Weisheit und Güte Gottes in den Werken der Natur. Regensburg 1793. - Kleine Bey träge zur besseren Betrachtung und Benützung von Naturgaben. Weißenburg 1793. - Kurze Sammlung von Erfahrungen und Anmerkungen über grassierende Viehseuchen. Weißenburg 1794. Lit.: DBA, Fiche I 527,225-234. - Hamberger/Meusel. - Meusel: Schriftsteller. - Baader. Heusinger, Johann Heinrich Gottlieb, * 1.8.1766 Römhild b. Meiningen, 113.4.1837 Dresden, Pädagoge, prot. Sohn eines Diakons, besuchte Schulen in Meiningen und Coburg, ab 1787 Studium in Jena, zunächst Theologie, dann Philosophie. 1789 Hauslehrer in Ronneburg bei Gera, 1793 Privatlehrer in Dresden, 1795 Habilitation in Jena. Ab Herbst 1797 Beteiligung an Christian Carl Andrés Erziehungsinstitut in Eisenach, 1798 Umsiedlung nach Dresden, wieder als Privatlehrer, vorübergehend auch Bücherauktionator. 1807 Lehrer am Kadettencorps, 1808 an der Pagerie, 1810 an der Militärakademie für Geschichte der Geographie, der deutschen Sprache und der Enzyklopädie. 1831 Ruhestand. Seine schriftstellerische Tätigkeit lag hauptsächlich in der Pädagogik, wobei er an Rousseau, Basedow, Campe und Salzmann anknüpfte. Moralische Geschichten: Nr. 343-345. Weitere Werke: Beiträge zur Berichtigung einiger Begriffe über Erziehung. 1794 [gefunden in ADB; bibliothekarisch nicht mehr nachweisbar]. - Versuch eines Lehrbuches der Erziehungskunst, ein Leitfaden zu akademischen Vorlesungen. Leipzig 1794. - Glaubensbekenntniß Johann Jakob Rousseaus = J. J. Rousseau über natürliche und geoffenbarte Religion. Bruchstück aus dem

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,,Emil[e]", neu übersetzt von J. H. G. H. Neustrelitz 1796. - Über die Benutzung des bey Kindern so thätigen Triebes beschäftigt zu seyn. Gotha 1797, Nachdr. dieser Ausg. Klagenfurt: Abt. für Historische Pädag., Univ. für Bildungswiss. 1993 (= Retrospektiven in Sachen Bildung, 10; 2). - Versuch einer Encyklopädie der Philosophie, verbunden mit einer praktischen Anleitung zu dem Studium der kritischen Philosophie vorzüglich auf Universitäten. 2 Bde. Weimar 1796. - Die Umgangskunst oder: Der Mensch in gesellschaftlichen Verhältnissen, nach den Regeln der Weltklugheit und der praktischen Lebensweisheit. Ein Seitenstück zu dem Mann von Welt von dem Prof. J. G. Wentzel (= Bildungsbuch für junge Männer 2). Neue verbess. u. verm. Aufl. Leipzig 1834. - Besuche bei Todten und Lebendigen. Leipzig 1834. - Die allgemeine Geschichte. Ein Lehrbuch für Jeden, welcher die Wissenschaft in ihrer Allgemeinheit und in ihren Hauptteilen kennen lernen will. 2 Abt. in 1 Bd. Dresden/Leipzig 1835. Lit.: DBA, Fiche I 532,218-237. - A D B 12, S. 335f. - Hamberger/Meusel. Haymann. - Greber, Ernst Ludwig: Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler, welches Nachrichten von dem Leben und den Werken musikalischer Schriftsteller, berühmter Componisten, Sänger, Meister auf Instrumenten, Orgel- und Instrumentenmacher etc. aus allen Nationen enthält. 4 Bde. Leipzig 1 8 1 2 - 1 4 . - N e u e r Nekrolog. Hey, (Johann) Wilhelm, *26.3.1789 Leina bei Gotha, 119.5.1854 Ichtershausen, Geistlicher, Jugendschriftsteller, prot. Der Pfarrerssohn besuchte das Gymnasium in Gotha, wo Friedrich Jacobs sein Lehrer war, studierte Theologie in Jena und Göttingen und war nach dem Examen (1811) Haus- und Hilfslehrer in den Niederlanden und in Gotha; 1818 Pfarrer in Töttelstedt, 1827 Hofprediger in Gotha. 1832 übernahm H., der rationalistische Tendenzen ablehnte, die Superintendente und Bezirksschulaufsicht in Ichtershausen und leitete in dieser Funktion eine Reihe zukunftsweisender sozial-karitativer Maßnahmen ein (z.B. Hilfskassen für Handwerker, Fortbildungsschulen). H. gilt als der „Klassiker der deutschen Kinderstube". H.s Gedichte (Berlin 1816) fanden zunächst wenig Absatz, enthalten aber noch heute gesungene Kinderlieder wie „Weißt du, wieviel Sterne stehen". Zum Welterfolg gerieten dank zahlreicher Übersetzungen, Bearbeitungen und Neuill. seiner „Fünfzig Fabeln fur Kinder" mit III.en von Otto Speckter (Hamburg 1833; Neudr. Dortmund 1978; Forts.: Noch 50 Fabeln für Kinder. Hamburg 1837; Neudr. Dortmund 1978). Sie zeichnen sich aus durch genaue Beobachtung von Tieren, häuslicher Umgebung und Natur. Moralische Geschichten: Nr. 346. Lit.: DBA, Fiche I 532,431-432; II 579,158-160. - L. Göhring: Die Anfänge d. dt. Jugendlit. im 18. Jh., mit einem Anhang: Drei Kinderdichter, H., Hoffmann

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v. Fallersleben, Güll, 1904, Nachdr. 1967. - Bonnet, Johannes Bonnet: Der Fabeldichter W. H. Gotha 1886. - Rümann, Arthur: H.-Speckters 50 Fabeln. In: Philobiblon (1934), S. 297-313. - Dierks, Margarete: H. In: LKJL I, S. 545f. - Kippenberg CH 1912, S. 299f. - Killy (= DB 9), 8766f. - Brümmer 1 u. 2. - Schul, Walter: Reichssänger. Schlüssel zum deutschen Liederhandbuch. Gotha 1930. - Goedeke XIII, S. 159ff. - ADB 12, S. 344-345. - NDB 9, S. 62f. - DLL VII, 1115. - BBKL II (1990), Sp. 803f. Hirsch, Johann Christoph, * 1698 im Hohenlohischen, f l 7 8 0 in Ansbach, prot. H. war vor seinem Jura-Studium in Halle im ansbachischen Kanzleidienst. Dorthin kehrte er zurück und machte als Hofkammer- und Landschaftsrat Karriere. In dieser Position veranlaßte er zahlreiche Wirtschafts- und Finanzreformen und verlieh so der bäuerlichen Landwirtschaft neue Impulse. Seine Werke wurden durch den katholischen Volksaufklärer Heinrich Braun rezipiert. Werke: Allgemeine Regeln zur Beförderung des Feldbaues ... zum Unterricht der Jugend auf dem Lande. Ansbach 1772. - Ökonomischen und Landwirthschaftskalender, hg. v. Hirsch u. Balthasar Sprenger 1769ff. Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 266f. - Meusel. Hirschfeld, Christian Cay Lorenz, * 16.2.1742 Nüchel bei Eutin, |20.2.1792 Kiel, Schriftsteller und Gartenbau-Theoretiker, prot. Seit 1760 Studium in Halle und Kiel, Lehrer der Prinzessin Hedwig Elisabeth Charlotte von Holstein-Gottorf und ihrer Brüder, danach Studium in Bern bis 1767. Nach der Rückkehr 1769 Professor der Philosophie und der Schönen Wissenschaften in Kiel. In seinem Hauptwerk „Das Landleben" (1767) hebt er die Moral der Landbevölkerung hervor. Er gehört zu den ersten, die eine Beschreibung des Sonnenaufgangs versuchten. In seiner „Theorie der Gartenkunst" (1779-85) macht H. sich stark für den englischen Gartenbau bei gleichzeitiger Ablehnung französischer Geziertheit oder italienischen Pomps. Möglicherweise beeinflußte er damit die Gartengestaltung in Dessau, Weimar, Muskau und Branitz. Werke: Das Landleben. Bern 1767 [Bericht über die oben genannte Bildungsreise durch die Schweiz 1767, die H. als Lehrer im Hause Holstein-Gottorf unternahm]. - Versuch über den großen Mann, 2 Bde. 1768-69. - Gedanken über die moralische Bildung eines jungen Prinzen. 1768. - Betrachtungen über die heroischen Tugenden. 1770. - Vom guten Geschmack in der Philosophie. 1770 u.ö. - Von der Gastfreundschaft, 1777. - Anmerkungen über die Land-

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häuser und die Gartenkunst, 1777. - Theorie der Gartenkunst, 1779-85. - Bibliothek für die Jünglinge, oder gesammelte Sitttenschriften. Leipzig. - Bibliothek für die Jünglinge, oder gesammelte Sittenschriften. Leipzig o.J. Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 265. Hirt, Ferdinand, *21.4.1810 Lübeck, f5.2.1879 Breslau, Buchhändler und Verleger, prot. 1827-30 Buchhandelslehre bei Johann Friedrich Korn in Breslau, 1832 Eröffnung einer eigenen Buchhandlung ebd. Als diese florierte, begann er mit dem Aufbau eines Schulbuch- und Jugendliteratur-Verlages. Ein zweites Standbein stellten wissenschaftliche Werke aus den Bereichen Geschichte, Medizin und Naturwissenschaften dar. H.s Bücher waren bekannt für ihre hervorragenden, eigens angefertigten Holzschnitte. Die Lesebücher aus dem Verlag H. erreichten Millionenauflagen (z.B. das Eduard Bock'sche Lesebuch in zahlr. Ausg.). H. schrieb und redigierte auch selbst (Seydlitz'sche Geographie). 1864 verkaufte er die Buchhandlung, um sich ausschließlich als Verleger zu betätigen. Moralische Geschichten: Nr. 348-350. Lit.: DBA, Fiche I 543,339-342; II 590,211. - F. H.s Buchhandlung. Eine Skizze ihres Strebens und Wirkens, ihrer Einrichtungen und Bestände etc. Breslau 1850. - Bock, Eduard: Worte der Erinnerung an meinen verstorbenen Freund, den königlichen Universitäts- und Verlags-Buchhändler Herrn Ferdinand Hit. Breslau 1879. - A D B 12, S. 479ff. - N D B 9, S. 233f. - Pfau, Karl Friedrich: Biographisches Lexikon des Deutschen Buchhandels der Gegenwart unter Berücksichtigung der hervorragenden Vertreter des Buchgewerbes der alten Zeit und des Auslandes. Leipzig 1890. Hirzel, Hans Caspar, *21.3.1725 Zürich, +19.2.1803 ebd., Arzt, Philanthrop. H., Bruder des Historikers und Tragödiendichters Salomon Hirzeis, studierte Medizin in Leiden und kehrte nach einem längeren Aufenthalt in Berlin 1747 in seine Heimat zurück, wo er 1751 Stadtarzt wurde. Er nahm regen Anteil am kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Leben Zürichs. Seit 1763 gehörte er dem Großen, seit 1778 dem Kleinen Rat an. Auf gesamtschweizerischer Ebene wurde er ab 1762 aktiv u.a. als Gründungsmitglied der Helvetischen Gesellschaft in Schinznach. Als Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft publizierte H. naturwissenschaftliche und physiokratische Arbeiten und organisierte die Ausschreibung von Preisfragen für Bauern sowie öffentliche Bauerngespräche. Im Rahmen dieser volksaufklärerischen Bemühungen lernte er Jacob Gujer, gen. Kleinjogg, aus Wermetschweil kennen, über den er 1761 das Buch „Die Wirthschaft eines philosophischen Bauers" publizierte, das Klein-

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jogg zu einer bestaunten Persönlichkeit machte, die 1765 Herzog Ludwig Eugen von Württemberg und 1775 Goethe vorgestellt wurde. Auch Rousseau hat sich fur Kleinjogg interessiert, Lavater ihn abgebildet. Das Buch war jedoch nicht nur Ausdruck der Naturbegeisterung des 18. Jahrhunderts, sondern auch der Auffassung, „daß der Bauer in seiner Tätigkeit und seinen menschlichen Qualitäten dem städtischen Bürger gleichzustellen sei" (Ganz, NDB, S. 245). Als Arzt, Politiker und Philanthrop war H. erfolgreicher als mit der Publikation von Jugendgedichten und Biographien. „Wie Bodmer zählt er in erster Linie zu jenen Anregern und Vermittlern, die das Gesicht der Zürcher Aufklärung geprägt haben" (Siegrist, Killy, 8981). Moralische Geschichten: Nr. 351. Weitere Werke: Empfindung bey Betrachtung der Werke des Schöpfers. Zürich 1751. - Die Seeligkeit ehelicher Liebe. Zürich 1755. - Die Wirthschaft eines philosophischen Bauers. Zürich 1761. Erw. Aufl. 1774. Neudr. u. d. T. Kleinjogg ... Zürich 1980 und mit einem Vorwort von Holger Böning (= Volksaufklärung 6). Stuttgart-Bad Cannstadtt 1998. Frz. Übers, durch Rudolf Frey. Zürich 1762 mit 7 weiteren Aufl.; engl. Übers, durch Arthur Young. London 1770. - Das Bild eines wahren Patrioten in einem Denkmal. Hans Blaarers von Wartensee. Zürich 1767. - Denkmal Herrn Laurenz Zellweger aus Trogen im Appenzeller Land. Zürich 1765. - Der philosophische Kaufmann. Zürich 1775. - H. an Gleim über Sulzer den Weltweisen. 2 Bde., Zürich/Winterthur 1779. - Neue Prüfung des philosophischen Bauers nebst einigen Blicken auf den Genius dieses Jahrhunderts und andere den Menschen interessierende Gegenstände. Zürich 1785. - H., der Greis, an seinen Freund Heinrich Meister, über wahre Religiosität, mit Toleranz verbunden. Zürich 1800. - Tissot, S. A. D.: Anleitung für das Landvolk in Absicht auf seine Gesundheit oder gemeinnüzliches und sehr bewährtes Haus-Arzneibuch, besonders für das Volk auf dem Lande. Aus dem Franz. übers, von H. C. Hirzel. Neueste mit allen Zusätzen verm. Aufl. Augsburg 1772. Lit.: Hirzel, Bruno: Johann C. H., der Ältere; seine Werdejahre. Neujahrsblatt der Zentralbibl. Zürich 1916. Zürich 1917. - Guyer, Walter: Kleinjogg, der Zürcher Bauer 1716-85. Erlenbach 1972. - Schenda, Rudolf: Der gezügelte Bauernphilosoph ... oder Warum Kleinjogg (und manch anderer Landmann) kein Freund des Lesens war. In: Schweiz. Archiv f. Volkskunde 76 (1980), S. 214-228. - NDB 9, S. 244f. - Killy (= DB 9), 8980ff.

Hoff, Heinrich Georg, 1794 erwähnt; Schriftsteller. Moralische Geschichten: Nr. 355-357. Lit.: DBA, Fiche I 551,79-82. - Hamberger/Meusel.

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Hoffmann, Franz (Friedrich Alexander), *21.2.1814 Bernburg, f l 1.7.1882 Dresden, Jugend- und Volksschriftsteller, Buchhändler, prot. H., Sohn eines Arztes, stammte aus Bernburg/Sachsen-Anhalt. Nach kurzem Gymnasialbesuch arbeitete er von seinem 15. Lebensjahr an bis 1839 in der Buchhandlung seines ältesten Bruders in Stuttgart, versuchte sich dann in Zürich und Goslar vergeblich selbst als Buchhändler und verspielte den Rest seines Vermögens bei falschen Editions-Spekulationen. Nachdem er auch noch seine Habe bei einem Brand verloren hatte, schrieb er der Not gehorchend „150 moralische Erzählungen" (1842) innerhalb von fünfzehn Tagen (Schenda, Volk ohne Buch, S. 155). Von da an verlegte er sich ganz auf die Schriftstellerei und mußte „in Folge contractlicher Verbindlichkeit ... seinem Buchhändler an 20 Erzählungen jährlich für die Jugend liefern" (ebd.). Er lebte abwechselnd in Ballenstedt (am Unterharz in Sachsen-Anhalt), Stuttgart, Halle, Dessau und Dresden, trotz unermüdlicher Tätigkeit immer wieder von Geldnöten geplagt. In Halle belegte er nebenbei philosophische und naturwissenschaftliche Vorlesungen und erwarb den Doktortitel. 1856 siedelte H. nach Dresden über, wo er völlig zurückgezogen lebte und 1882 nach langer Krankheit starb. Er war dreimal verheiratet und hinterließ drei Töchter. Von katholischer Seite wird H. aufgrund seiner „protestantischen Anschauung" und seiner „Förderung des preußischen Patriotismus" abgelehnt (Fischer, Engelbert: Die Großmacht der Jugend- und Volksliteratur. 12 Bde. Neustift am Walde bei Wien und Stoizendorf bei Eggenburg (Selbstverlag) 1877-86. Nachdr. München u.a. 1979; hier Bd. 11, S. 120f.). Zu seiner Zeit war H. sehr beliebt, er schrieb zahlreiche Jugendbücher und gab die Zs. „Der neue deutsche Jugendfreund" heraus. Seine Kindergeschichten stehen in der literarischen Tradition der moralischen Geschichten. Seine „Jugendbibliothek", die sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreute, umfaßt insgesamt 225 Bändchen, von denen H. fast alle selbst geschrieben hat. Moralische Geschichten: Nr. 358-371. Lit.: DBA, Fiche 552, 114-123. - ADB 50, S. 398-401. - NDB 9, S. 432. HKJL 1, S. 555ff. - Brüggemann/Ewers 1982, S. 365. - Alzheimer-Haller, Heidrun: Nachwirkende Aufklärungsliteratur. Ein Verkaufsschlager des 19. Jahrhunderts: F. H.s „Moralische Erzählungen fìir kleine Kinder". In: JbfVk NF 22 (1999), S. 57-71. - Heindl, Johann B.: Biographien der berühmtesten und verdienstvollsten Pädagogen und Schulmänner aus der Vergangenheit. Augsburg 1860. Hoffmann, Friedrich August (1796-1874), Geistlicher, burgischer Hofprediger zu Ballenstädt, Schriftsteller, prot. Moralische Geschichten: Nr. 370, 371.

Anhalt-Bern-

Lit.: DBA Fiche 552, 268-272. - HKJL 1, 557f. - Schmidt: Schriftsteller-

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Lexikon, oder historisch-literarische Nachrichten über die Schriftsteller, welche in Anhalt geboren sind oder gewirkt haben, aus den drei letzten Jahrhunderten gesammelt und bis auf unsere Zeiten fortgeführet. Bernburg 1830. Heindl. - Brümmer 2. - NDB 9, S. 432. Hoffmann, Heinrich, *13.6.1809 Frankfurt/M., f20.9.1894 ebd., Psychiater, Satiriker, Kinderbuchautor und -illustrator. Pseud.: Polykarpus Gastfenger, Heulalius von Heulenburg, Reimerich Kinderlieb, Peter Struwwel, Zwiebel, prot. H., Sohn eines Architekten und städtischen Bauinspektors, studierte Medizin in Heidelberg und Halle (Promotion 1833). Nach einem Aufenthalt in Paris errichtete er 1835 eine Praxis in Frankfurt/M. und wurde Leicheninspektor in Sachsenhausen, 1844-51 Anatomiedozent am Senckenbergischen Institut, Beteiligung an einer von Freunden gegründeten Armenklinik, 1845 Mitbegründer eines „Ärztlichen Vereins", 1851-88 Leitender Arzt in der „Anstalt für Irre und Epileptische" in Frankfurt/Main. H. erwarb sich beachtliche Verdienste um die Entwicklung der Jugendpsychiatrie. Als bürgerlicher Liberaler saß er 1848 im Frankfurter „Vorparlament". Berühmtheit erlangte mit dem für seinen Sohn als Weihnachtsgeschenk geschriebenen und gezeichneten Kinderbuch „Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3-6 Jahren" (Frankfurt 1845, verändert 1858), das ab der dritten Auflage 1846 „Der Struwwelpeter" hieß. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte das neben „Max und Moritz" erfolgreichste deutschsprachige Kinderbilderbuch aller Zeiten 215 Auflagen erreicht. „Der Struwwelpeter" knüpfte an die aufklärerisch-utilitaristische Pädagogik an (beispielsweise mit seinem Appell gegen Tierquälerei) und geriet zu einer Art Hausfibel bürgerlicher Werte und Wohlerzogenheit. Zugleich markiert er den eigentlichen Beginn des Kinderbilderbuchs in Deutschland, der mit Basedows „Elementarwerk"-Illustrationen vorbereitet worden war. Der bis heute andauernde Streit um den pädagogischen Wert entzündet sich an der harten Strafpädagogik und der rigiden Erziehung zur Triebunterdrückung. Als Publizist wirkte H. kurzzeitig als Nachfolger Hebels („Der wahre und ächte Hinkende Bote". 2 Bde., Frankfurt/Main 1850 und 1851). Werke: Die Physiologie der Sinnes-Hallucinationen. Frankfurt/Main 1851. Das Breviarium der Ehe. Leipzig 1833. - Bastian der Faulpelz. Frankfurt/Main 1854 Neudr. 1985. - Allerseelen-Büchlein, eine humoristische Friedhofsanthologie. Frankfurt/Main 1858. - Beobachtungen und Erfahrungen über Seelenstörungen und Epilepsie in der Irrenanstalt zu Frankfurt, 1851-58. Frankfurt/Main 1859. - Der Badeort Salzloch [..]. Frankfurt/Main 1860 (Satire). Ein Liederbuch für Naturforscher und Ärzte. Frankfurt/Main 1867. - Besuch bei Frau Sonne, hg. v. Hessenburg, Eduard und Walter. Frankfurt/Main 1924. Neudr.e Freiburg i. Br. 1966. Frankfurt/Main 1985. - Struwwelpeter-H. erzählt

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aus seinem Leben, hg. v. E. Hessenberg. Frankfurt/Main 1926. Neuausg. u. d. T. Lebenserinnerungen. Frankfurt/Main 1985. - Gesammelte Gedichte, Zeichnungen und Karikaturen, hg. v. Herzog, G. H. und Siefert, Helmut. Frankfurt/Main 1987. Lit.: H. H.: Lebenserinnerungen, hg. ν. G. H. Herzog und Helmut Siefert. Frankfurt/Main 1985. - Müller, Helmut: ,Der Struwwelpeter'. In: Doderer, Klaus (Hg.): Klassische Kinder- und Jugendbücher. Weinheim u.a. 1969, S. 55-97. - Ders.: ,Struwwelpeter' und Struwwelpetriaden. In: Ders. und H. Müller (Hgg.): Das Bilderbuch. Weinheim/Basel 1973, S. 141-182. - Könneker, Marie-Luise: Dr. H. H.s Struwwelpeter. Untersuchungen zur Entstehungs- und Funktionsgeschichte eines bürgerlichen Bilderbuchs. Stuttgart 1977. - Wilkending, Gisela: Der Struwwelpeter - „Schwarze Pädagogik" oder „Kindheit in der bürgerlichen Welt"? In: Dies.: Kinder- und Jugendbuch (= Themen, Texte, Interpretationen 10). Bamberg 1987, S. 55-114. - Kohlweyer, Wolfgang (Hg.): Dr. H. H. und sein Struwwelpeter. Erinnerungen an den Arzt und Kinderbuchautor. Landshut 1994. - Friese, Inka: Ein Klassiker am Ausgang seiner Epoche. H. H's „Der Struwwelpeter". In: Hurrelmann, Bettina (Hg.): Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur. Frankfurt/Main 1995, S. 358-378. - Der Struwwelpeter. Ein Bilderbuch macht Karriere, hg. v. Baumgartner, Johannes. 2 Bde. Freiburg, 1996-97. - Killy (= DB 9), 9158-9162. - N D B 9, S. 423f. Hofmann, J. P., erwähnt 1807, Kammer-Assessor. Moralische Geschichten: Nr. 374. Lit.: DBA, Fiche I 555,371-372. - Hamberger/Meusel. Holland, Johann Georg, (1741-?), Pfarrer in Baar bei Ingolstadt, kath. Moralische Geschichten: Nr. 375. Lit.: DBA, Fiche I 560,319-323. - Hamberger/Meusel. - Baader. - Jäck, Joachim H.: Pantheon der Literaten und Künstler Bambergs. Bamberg 1812-15. Hoogen, Jakob, (1742-1805), Geistlicher am Niederrhein, kath. Lit.: Zimmermann, Wilhelm: J. H. (1742-1805), Prior des Kreuzherrenklosters und Pfarrer in Wegberg, der fuhrende Aufklärer und Pädagoge am Niederrhein. In: Rheinische Vierteljahresblätter 18 (1953), S. 227. - Haaß, Robert: Prior J. H., ein führender Kopf der Aufklärung am Niederrhein. In: Annalen des Hist. Vereins fur den Niederrhein 158 (1956), S. 210-225. Horn, Wilhelm Oertel von (s. u. Oertel, Wilhelm)

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Huber, Fridolin, *21.10.1763, Hochsal bei Waldshut, |17.10.1841 Deißlingen bei Rottweil, Geistlicher, Kirchenpolitiker, kath. Studium in Konstanz und Freiburg i. Br., 1793 Promotion in Theologie und Kirchenrecht, 1789 Priesterweihe. Seine erste feste Stelle erhielt er 1799 als Pfarrer in Waldmössigen, 1809 in Deißlingen. Weitere berufliche Stationen waren: 1806 Konkursexaminator, 1809 Schulinspektor, 1827-28 Regens des Priesterseminars in Rottenburg, 1839 titulierter Kirchenrat. H. war ein exponierter Vertreter der aufgeklärten Theologie und Pastoral. Er gehörte zur kirchlichen Reformbewegung um Wessenberg und hinterließ ein umfangreiches Werk zu katechetischen, pastoralen, liturgischen und kirchenpolitischen Problemen der Zeit in verschiedenen Zeitschriften. Werke (Auswahl): Rede über die Annehmlichkeiten des Bauernstandes. Meersburg 1804. - Bekehrungsgeschichte des Philip Fuchs, eines Gauners, welcher 1799 durch den Strang hingerichtet wurde. Freiburg 1806. - Über die Preisfrage: Welche Ursachen sind es vorzüglich, die der heilsamen Wirksamkeit der Bußanstalten nach den Pastoralerfahrungen Abbruch tun? Und welche Mittel sind anwendbar, um den wichtigsten Zweck ihrer Einsetzung zu befördern? Meersburg 1806. - Was hätte eine deutsche Fürstin auf das, wie öffentliche Nachrichten behaupten, von einem Souverain an sie gerichtete Schreiben wegen ihrem Übertritte zur katholischen Konfession antworten können? Rottweil 1826. - Trostgründe fur christliche Mütter, die wegen dem Schicksal ihrer todtgeborenen Kinder in der andern Welt geängstigt werden. Rottweil 1827. Über das Verhalten des weisen Christen in unverschuldeten Leiden und Trübsalen im Bilde des heiligen Nepomuk. Augsburg 1827. Lit.: DBA, Fiche I 574,103-117; II 621,239-243. - B. A. Pflonz: Freimüthige Bll. über Theol. u. Kirchentum, NF 16, Stuttgart 1840, 14 ff. - Aus dem Briefwechsel J. H. v. Wessenbergs, hg. v. W. Schirmer. Konstanz 1912. - A. Hagen: Die kirchliche Aufklärung in der Diözese Rottenburg. Stuttgart 1953, S. 216 ff. - M. Brandl: Die dt. kath. Theologen der Neuzeit II. Salzburg 1978, S. 115 f. - Kosch, KD I, 1761. - ADB 13, S. 231. - N D B 10, S. 346. - Gradmann. - Hamberger/Meusel. - Felder. - Friedrich von Weech: Badische Biographien. 5 Bde. Heidelberg/Karlsruhe 1875-1906, hier Bd, I (1875), S. 394. Burkard, Dominik: H., F. In: LThK V (31996), S. 294. - Ders.: Das Testament des F. H. In: Rottenburger Jb. f. Kirchengeschichte 11 (1991), S. 183-195. BBKL II (1990), Sp. 1097f.

Huber, Joseph, (1739-1801), Pfarrer in Au und Ebersberg, kath. Nach H.s Tod wurden im Grazer Ferstl-Verlag zahlreiche erbauliche Schriften unter seinem Namen veröffentlicht, die seit Wurzbach unkommentiert H. zugeschrieben wurden, z.B. „Isidor's Bauer zu Ried Gleichnisse" 1820 u.ö. mit Titelvariationen.

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Moralische Geschichten: Nr. 376. Lit: DBA, Fiche I 574,324-329; II 622,8. - Mendl, S. 426. - Bosl, S. 374f. Wurzbach IX, S. 371f. - Baader. - Hamberger/Meusel. - Felder. - Kosch. Hufeland, Christoph Wilhelm, *12.8.1762 Langensalza, | 2 5 8.1836 Berlin, Arzt und Medizinschriftsteller, prot. H., Sohn des Weimarer Leibmedikus Johann Friedrich Hufeland, studierte 1780 Medizin in Jena und seit 1781 in Göttingen, wo er 1783 bei Lichtenberg mit einer Arbeit über die Möglichkeit der Wiederbelebung Scheintoter durch Elektrisieren promovierte. 1783-93 Arzt in Weimar. Hier zählten Goethe, Schiller, Herder und Wieland zu seinen Patienten und Freunden. 1792 zum Professor ernannt, übernahm H. 1793 den medizinischen Lehrstuhl der Universität Jena. In seiner bekanntesten Veröffentlichung, der „Makrobiotik oder Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern" (Jena 1797 u.ö., Neudr. Frankfurt/Main 1984), propagierte er seine Thesen von der Notwendigkeit einer prophylaktischen Medizin, von der Bedeutung der Naturheilkunde sowie einer öffentlichen Gesundheitsfürsorge, „die in ihrer sozialen Ausrichtung etwa der Forderung nach kostenloser medizinischer Betreuung, besonders auch der unteren Bevölkerungsschichten revolutionär waren" (Killy, 9494). 1801 Erster Direktor der Charité und königlicher Leibarzt in Berlin, 1810 erster Dekan der medizinischen Fakultät an der von ihm mitbegründeten Berliner Universität. Zu seinen bedeutendsten Leistungen gehört die Einrichtung des ersten poliklinischen Instituts in Deutschland, in dem seine Forderung nach kostenloser Behandlung der Armen verwirklicht wurde. Werke (Auswahl): Journal der praktischen Arzneikunde und Wundarzneikunst 1795-1836; seit 1808 u. d. T. Journal für praktische Heilkunde. - Bibliothek der praktischen Wundarzneikunst 1799-1843; seit 1808 u. d. T. Bibliothek der praktischen Arzneikunde und Heilkunde. - Über die Ungewißheit des Todes und das einzig untrügliche Mittel, ... das Lebendigbegraben unmöglich zu machen ... Leipzig 1791. - Gemeinnützige Aufsätze zur Beförderung der Gesundheit ... Jena 1794. - Guter Rath an Mütter über die wichtigsten Punkte der physischen Erziehung der Kinder in den ersten Jahren. Wien 1799. Lit.: Braun, Walter von (Hg.): H., Leibarzt und Volkserzieher. Selbstbiogr. Stuttgart 1937. - ADB 13, S. 286-296. - NDB 10, S. 1-7. - Ewers, Hans: C. W. H., ein Freund Goethes und der Menschen. In: Goethe-Jb. 104 (1987), S. 382-386. - Killy (= DB 9), 9494ff. Humann, Vital, Geistlicher, Österreicher, kath. Moralische Geschichten: Nr. 377.

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Hundeiker, Johann Peter, *29.11.1751 Lafferde bei Braunschweig, 12.2.1836 Dresden, Reformpädagoge, Schriftsteller, prot. Sohn eines Landkrämers in Groß-Lafferde (Bistum Hildesheim), absolvierte eine kaufmännische Lehre im elterlichen Betrieb. In seiner Freizeit brachte er Bauernjungen das Lesen bei, wofür er einen lange verwendeten Lesekasten entwickelte. Der braunschweigische Leibarzt Dr. Wagler machte H. bekannt mit großen Pädagogen der Zeit (Basedow, Wolke, Rochow, Campe). Als 1775 der Vater starb, führte H. das Geschäft weiter und lehnte einen Ruf an das Philanthropin Dessau ab. Gleichzeitig richtete er jedoch ein eigenes Institut nach Basedowschen Grundsätzen ein. Seine Frau, Tochter eines Predigers, arbeitete als Pflegerin mit in der Erziehungsanstalt. Nebenbei unterrichtete H. unentgeltlich in der Dorfschule und hob deren Niveau binnen vier Jahren beträchtlich. Als der Ruf seiner Erziehungsanstalt Schüler aus ganz Europa anlockte, schloss H. sein Geschäft. Sein Gönner, Herzog Ferdinand von Braunschweig, überließ H. das Lustschloß Vechelde. Kriegswirren und der Tod des Herzogs führten dazu, daß H. das Institut 1819 auflöste und zu seiner Tochter nach Dresden zog. Hier verfaßte er Bücher vornehmlich religiösen Inhalts. Moralische Geschichten: Nr. 378. Lit.: DBA, Fiche I 581,245-271; II 630,42. - Neuer Nekrolog. - ADB 13, S. 399ff. - Hamberger/Meusel. - Greber, Ernst Ludwig: Neues hist.-biogr. Lexikon der Tonkünstler, welches Nachrichten von dem Leben und den Werken musikalischer Schriftsteller, berühmter Componisten, Sänger, ... etc. aus allen Nationen enthält. 4 Bde. Leipzig 1812-14. - Rotermund: Hannover. - Allgemeine hannoversche Biographie. 3 Bde. Hannover 1912-16. - Feige, Bernhard: Die philanthropische Reformpraxis in Niedersachsen. J. P. H.s pädagogisches Wirken um 1800. Köln 1996. Hungari, Anton, *10.5.1806 Mainz, fl7.12.1881 Rödelheim, Geistlicher, kath. H. war ab 1842 bis zu seinem Lebensende Pfarrer in Rödelheim bei Frankfurt/Main. Er hat sich verdient gemacht um die Kanzelberedsamkeit durch seine Sammlung „Musterpredigten" (26 Bde. 1845-49; 3 1873-84 in 16 Bde.). Außerdem sammelte er Erzählungen („Katholische Volksbibliothek" 12 Bde. 2 1868f; „Neue katholische Volksbibliothek" 12 Bde. 1870-74; Klostergeschichten, 2 Bde. 1869) und religiöse Gedichte. Moralische Geschichten: Nr. 379-383. Lit.: DBA, Fiche I 581,443-449; II 630,162-164. - Scriba, Heinrich Eduard: Biographisch-literärisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im 1. Viertel des 19. Jahrhunderts. 2 Bde. Darmstadt 1831-43. Brümmer 1 u. 2. - Kehrein. - 2 LThK V (1933), Sp. 200. - Kosch.

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Iselin, Isaak, *7.3.1728 Basel, |15.6.1782 ebd., prot. I., Sohn eines Kaufmanns, war ein typischer Vertreter der Volksaufklärung, praxisorientiert und popularisierend. Er studierte 1747/48 Recht in Göttingen. 1752 lernte er auf einer Reise nach Paris Jacob Grimm und Rousseau kennen. Ab 1754 bis zu seinem Lebensende war er Mitglied des großen Raths, Gerichtsherr und 1756 Ratsschreiber seiner Heimatstadt (ADB, 772). Hier veranlaßte er zahlreiche Modernisierungen auf wirtschaftlichem und rechtlichem Gebiet. Zusammen mit Zürcher Aufklärern wie Bodmer, Gessner und Hirzel gründete er den Reformbund „Helvetische Gesellschaft". Er nahm regen Anteil an der pädagogischen Literatur seiner Zeit, insbesondere interessierte ihn der Philanthropismus. In seinem „Versuch ... über die Verbesserung der Schulen" wandte er sich bereits gegen ermüdende Routine im Unterricht und empfahl die Trennung zwischen Gymnasium und Realschule. Als Physiokrat sah er in den landwirtschaftichen Erzeugnissen das wichtigste Element des Wohlstands. 1777 rief I. die „Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen" ins Leben. Sie zählte Ende des 19. Jahrhunderts rund 1600 Mitglieder, die es sich zur Aufgabe machten, durch freiwillige Tätigkeit die Lebensqualität ihrer Mitmenschen zu heben. Werke: Über die Geschichte der Menschheit. Zürich 1768. - Sammlung dem Nutzen und Vergnügen der Jugend. Basel 1768. - Versuch eines Bürgers über die Verbesserung der Schulen in einer reichen republikanischen Handelsstadt. Basel 1779. - Träume eines Menschenfreundes. 2 Bde. in einem Bd., Basel 1776 [über die Bedeutung der Bauern für das Gemeinwohl], - Versuch über die gesellige Ordnung. Basel 1772, Nachdr. Hildesheim 1969. Lit.: A D B 23, S. 772-776. - N D B 10, S. 188f. - Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 263. Jacobi, Johann Georg, *2.9.1740 Düsseldorf, 14.1.1814 Freiburg i. Br., Hofrat, Bibliothekar, Lehrer, Erzähler, Herausgeber, prot. Ab 1758 Theologie-Studium in Göttingen, wo er neben Hebräisch Italienisch, Englisch und Spanisch lernte. Französisch war ihm schon als Kind beigebracht worden. 1761 Jura- und Philosophiestudium in Helmstedt. Eine „unbesiegbare Hypochondrie" zwang ihn ein Jahr später zur Heimkehr nach Düsseldorf, wo er durch seinen aus Genf zurückgekehrten Bruder Friedrich Heinrich die neue französische Literatur kennenlernte. Im Herbst 1762 setzte J. sein Studium in Göttingen fort, 1766 Professor der Philosophie und Beredsamkeit in Halle. Im Sommer 1766 lernte er Wieland und Gleim kennen. Letzterer verschaffte ihm eine Präbende am Mauritius- und Bonifatiusstift in Halberstadt; 1768 war J. Kanonikus. Mit Heinse übersiedelte er 1774 nach Düsseldorf und gründete nach dem Vorbild der Moralischen Wochenschriften die ausschließlich an Frauen gerichtete Zeitschrift „Iris" mit einer Auflage von 800 bis 1000 Exem-

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piaren (8 Bde., 1774-76 [-78]; Neudr. Bern 1971). Sophie von La Roche steuerte ihre „Freundschaftlichen Frauenzimmer-Brief' bei und ab 1774 lieferte auch Goethe Beiträge für die Zeitschrift. Moralische Geschichten: Nr. 387. Weitere Werke (Auswahl): Werkausgaben: Sämmtl. Werke. 1./2. Tl., Halberstadt 1770. 3. Tl., ebd. 1774, 2. Aufl. 1773-75; 2., rechtmäß., verbess. u. verm. Aufl. 8 Bde., Zürich 1807-22. 8. Bde.: Leben J. G. J.s. Von einem seiner Freunde [Joseph Albert v. Ittner], 3., rechtm. Original-Ausg. Zürich 1819-22. Auserlesene Lieder v. J. G. J., hg. v. Johann Georg Schlosser. Basel 1784. Abschied an den Amor. Halle 1769. - Nachtgedanken v. J. o. O. o.J. [Halberstadt 1769]. - Ueber die Wahrheit nebst einigen Liedern v. J. G. J. Düsseldorf 1771. - An das Publikum. Halberstadt 1771. - Ueber den Ernst. Halberstadt 1772. - Der Schmetterling nebst drey Liedern v. J. G. J. Halberstadt 1772. Taschenbuch v. J. G. J. und seinen Freunden für 1795 [1796]. Königsberg/Leipzig 1798. Basel 1799. - Etwas über die Kalender, veranlaßt durch den Haushaltungs-Kalender, und Historisch-Geographischen Kalender, aufs Jahr 1779, welche für die Preußischen Länder, unter Genehmhaltung der Königl. Akad. der Wissenschaften zu Berlin herausgegeben worden. In: Der deutsche Merkur 1779, 1. Quartal, S. 62-68. - Überflüssiges Taschenbuch für das Jahr 1800. Hamburg 1800. - Taschenbuch für das Jahr 1802. Hamburg 1802. Iris. Ein Taschenbuch für 1803 [bis 1813], 11 Bde., Zürich 1803-13. Lit.: Bräuning-Oktavio, Hermann: J. G. J.s ,Schreiben eines Freydenkers an seine Brüder' (1771). In: WB (1961), S. 694-738. - Ich bin mehr Herz als Kopf. Sophie v. La Roche. Ein Lebensbild in Briefen, hg.v. Michael Maurer. München 1983, passim (vgl. Register). - Anger, Alfred: Literarisches Rokoko. Stuttgart 21968. - Killy (= DB 9), 9731-9739. - ADB 13, S. 587-592. - NDB 10, S. 224ff. Jacobs, Friedrich, *6.10.1764 Gotha, f30.3.1847 ebd., Jugend-Schriftsteller, Altphilologe und Bibliothekar, prot. Sohn eines Advokaten, Theologie-Studium in Jena, Philologie-Studium in Göttingen (bei Heyne), 1785 Lehrer am Gymnasium in Gotha, 1807 auf Vermittlung Niethammers Professor am Lyzeum in München und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1810 Rückkehr nach Gotha als Oberbibliothekar und Direktor des Münzkabinetts. Seine Erzählungen, die sich auch an die Jugend wenden, sind aufklärerisch-unterhaltenden Charakters und behandeln häufig historische Themen. Das Kinderlesebuch „Allwin und Theodor" (3 Bde., Leipzig 1802-07), das Begebenheiten aus dem täglichen Leben der Titelfiguren schildert, erfreute sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts großen Zuspruchs. Die zur Bewältigung des Todes seiner Frau verfaßte Schrift „Rosaliens Nachlaß" (Leipzig 1812) wurde zu einer beliebten und von Erzie-

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hern empfohlenen Lektüre für junge Mädchen (Grenz, S. 159 ff.). Später befaßte sich J. wie viele Pädagogen seiner Zeit auch theoretisch mit Fragen der weiblichen Erziehung (vgl. sein Vorwort zu „Die Schule der Frauen", oder „Schriften zur Belehrung des weiblichen Geschlechts". 7 Bde., Leipzig 1827/28). Moralische Geschichten: Nr. 388-394. Weitere Werke: Die Feierabende in Maina und Leipzig. Leipzig 1820/21. Erzählungen. 7 Bde. Leipzig 1824-37. - Personalien. Leipzig 1840; 2. wohlfeile Ausg. ebd. 1848. - Erste Ausgabe der Lebenserinnerungen F. J.'s, zugleich als siebenter Band der „Vermischten Schriften" erschienen [der Band enthält auf 300 S. „Nachrichten aus meinen Leben", das durch unermüdliche Arbeit geprägt und nur durch Reisen nach Salzburg, Italien, Bonn, Hamburg, Dresden und Prag sowie Mannheim aufgelockert wurden. Es folgen auf den nächsten 310 Seiten sog. „Beilagen" mit Briefen von seinem Lehrer Heyne, Berichten und Exkursen, Reden und Rezensionen über Georg Schatz, F. Schlichtegroll, Hieronymus de Bosch, Fr. Thiersch, die „Aretinschen Händel" während seiner Münchner Zeit, Fr. A. Wolf, Friedrich Heinrich Jacobi, Fr. Manso, Fr. Passow, C. Ε. A. v. Hoff u.a.]. Lit.: Hamberger/Meusel. - Strobach, Erich: J. In: LKJL. - Grenz, Dagmar: Mädchenliteratur. Von den moralischbelehrenden Schriften im 18. Jahrhundert bis zur Backfischliteratur im 19. Jahrhundert. Stuttgart 1981. - Killy (= DB 9), 9743f. - Neuer Nekrolog. - Eckstein. - Brümmer 1 u. 2. - JacobiForschungsstelle c/o Prof. Dr. Heinz Gockel, Univ. Bamberg (Edition der Korrespondenz J.'s). - Goed. X,12,10,A.2 u. 17,33. - ADB 13, S. 600ff. - NDB 10, S. 242. Jais, Aegidius OSB, *17.3.1750 Mittenwald, f4.12.1822 Benediktbeuren (1750-1822), Theologe, Landpfarrer, Professor in Salzburg, Erzieher, kath. J. (Taufname Joseph) ging in Benediktbeuern und bei den Jesuiten in München zur Schule. 1769 trat er in den Benediktinerorden ein, 1770-73 Sprachen- und Philosophiestudium in Regensburg, St. Emmeram. 1776 Priesterweihe, 1777 Wallfahrtsseelsorger in Maria Piain, 1778-88 Lehrer für Grammatik und Rhetorik am Salzburger Gymnasium. Es folgten vier Jahre als Seelsorger in Jachenau. 1792-1802 war J. Novizenmeister der bayerischen Benediktinerkongregation im Kloster Rott am Inn, nach der Säkularisation drei Jahre lang Professor für Moral und Pastoral, 1805-14 Erzieher der Kinder des späteren Großherzogs von Toscana, zuerst in Würzburg (1805/06) und dann im Minoritenkloster Florenz. J., ein Freund des Moraltheologen und Regensburger Bischofs Johann Michael Sailer, hatte mit seinen oft aufgelegten und viel nachgedruckten Gebetbüchern und Kindererzählungen viel Erfolg. In Darlegungen fur seine Schüler umschrieb er sein Verhältnis zur Wallfahrt sehr kritisch: „Die Concurse soll

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man nicht begünstigen, auch nicht unbedingt die Wallfahrten. Nebstdem, daß die Leute dabey den pfarrlichen Gottesdienst-Eltern, Hausväter und Hausmütter die nöthige Aufsicht auf ihre Untergebenen versäumen, junge Leute sich großen Gefahren der Unschuld und Tugend aussetzen usw., wird bey manchem sogenannten Wunderbilde wahre Abgötterey getrieben" (A. J.: Bemerkungen über die Seelsorge besonders auf dem Lande. Salzburg 3 1833, S. 165). Auch den traditionellen Opfergang lehnte er ab: „Beim Opfergehen finden Vorwitz und Eitelkeit ihren ganzen Spielraum" (ebd., S. 192). Moralische Geschichten: Nr. 395-407. Weitere Werke: Schöne Geschichten und lehrreiche Erzählungen zur Sittenlehre fur Kinder. 7. rechtmäß. Aufl. 1822; Nachdr. Wien 1807 (wird schon als 14. Auflage bezeichnet). - Vertrautes Wort des Vaters an seinen Sohn, der zum Soldatenstand berufen ist. o.O. o.J. [um 1804], - Valter und Gertraud, fur das Landvolk auf dem Lande geschrieben. Würzburg 1809. - Handbuch zum Unterrichte in der christkatholischen Glaubens- und Sittenlehre, als Noth- und Hilfsbüchlein seines Katechismus, besonders fur Eltern. Würzburg 1813. Bemerkungen über die Seelsorge, besonders auf dem Lande. Salzburg 1818. Lit.: Zauner Verzeichnis aller akademischen Professoren zu Salzburg vom Jahre 1728 bis zur Aufhebung der Universität. Salzburg 1813. - Felder. - Wurzbach. - Kehrein. - Lindner, August: Die Schriftsteller und die um Wissenschaft und Kunst verdienten Mitglieder des Benediktiner-Ordens im heutigen Königreich Bayern vom Jahre 1750 bis zur Gegenwart. 3 Bde. Regensburg 1880-84. - Wienstein: Dichter. - Meusel III, 512; X, 14; XI, 394; XIV, 225; XVIII, 255; XXIII, 20. - Wurzbach X, 50-54. - ADB 13, S. 688f.; - WetzerWelte VI, 1211 f. - Goedeke IV/13 (1916), 233. - Kosch, LL II, 1133. - RGG III, 517. - Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur (1975 ff.) II, 52; - Bosl (1983), S. 390. - Baader I, Sp 549f. - LThK V (1960), Sp. 858. - Hamberger/Meusel III (51797), S. 512f. - Mendl, S. 89-123. - BBKL II (1990), Sp. 1449-1451.

Janßen, Hinrich, * 17.3.1697 Eckwarden/Butjadingen, tl9.7.1737 Eckwarden/Butjadingen, Lyriker; Bauer, prot. Als erster Sohn des Bauern Johann Hinrichs und seiner Ehefrau Nanne wurde J. zunächst auf Schulen in Jever und Quedlinburg geschickt und von den Eltern für ein Studium bestimmt. Nach katastrophalen Deichbrüchen mußte er 1717 jedoch den elterlichen Hof übernehmen. 1724 Hochzeit mit Metta Behrens, sieben gemeinsame Kinder. Beeinflußt von Gottsched, Opitz, Brockes und Fleming, verfaßte J. Gedichte, die zeigen, daß er sich mit den Neuerungen seiner Zeit beschäftigte. Barthold Heinrich Brockes bezeichnete ihn als den „besten Land- und Feldpoeten". Entdeckt wurde J. erst nach seinem Tod durch die Volksaufklärer, „die ihn in den 60er Jahren in der Öffentlichkeit als Beispiel

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dafür vorstellten, daß auch in den unteren Schichten die Kraft zum Selbstdenken zu finden ist" (Killy, 9857). J. verfaßte auch Satiren, die seine soziale Situation reflektieren. Seine besten Gedichte sind noch heute lesenswert. Moralische Geschichten: Nr. 408. Lit.: Pleitner, Emil: H. J., der butjadinger Bauernpoet. Sein Leben und Dichten; mit einer Ausw. seiner Dichtungen. Oldenburg 1898. - Albertsen, Leif Ludwig: Der poetische Bauer H. J. In: Oldenburger Jb. 65 (1966). - Böning/ Siegert: Volksaufklärung. Biobibliogr. Hdb. Bd. I, 1990, Sp. 331 f. - ADB 13, S. 708f. - NDB 10, S. 342f. - Killy (= DB 9), 9857f. Japel, Christian Ludwig, (-1791), Geistlicher, Rektor, prot. Moralische Geschichten: Nr. 409. Lit.: DBA, Fiche I 601,225-226. - Rötger: Nekrolog für Freunde deutscher Literatur 1791-94. 4 Bde. Helmstädt 1796-99. - Meusel: Schriftsteller. Jocham, Magnus, *23.3.1808 Bühl bei Immenstadt im Allgäu, f l 8 9 3 Freising, Pfarrer, Moraltheologe, Schriftsteller; Pseud.: Johannes Clericus, kath. Beide Eltern stammten aus alt eingesessenen Bauernfamilien. J. durfte - obwohl als Hoferbe vorgesehen - mit 14 Jahren zur Schule gehen. Bereits in dieser Zeit kam er mit Sailers Ideen und der „Allgäuer Erweckungsbewegung" in Berührung. Theologie studierte er in München, wo er vor allem die SailerSchüler Franz Joseph von Allioli, Georg Amann, Alois Buchner, aber auch Ignaz von Döllinger, Franz von Baader, Joseph von Görres und Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling hörte; daneben auch den Naturwissenschaftler Heinrich Schubert. Nach der Priesterweihe Kaplan, Expositurvikar und Pfarrer in der Seelsorge im Raum Immenstadt. Anschließend Professur für das Fach Moraltheologie am Lyzeum Freising. Ausgehend von Sailer und Hirscher, versuchte er eine Moraltheologie zu entwerfen, die eine Lehre vom christlichen Leben geben sollte. Nachfolge Christi und Vorbild der Heiligen berücksichtigte er stark. Bedeutung erlangte J. mehr durch seine Schriftsteller- und Übersetzertätigkeit als durch sein moraltheologisches Lehrbuch. Er wandte sich dem asketisch-mystischen Schrifttum zu und suchte es durch verschiedene Übersetzungen und Veröffentlichungen zu verbreiten. Moralische Geschichten: Nr. 410. Weitere Werke: Vom Besitzthume der Geistlichen. Ein Fragment aus der Priester-Moral. Regensburg 1845. - Moraltheologie, oder die Lehre vom christlichen Leben nach den Grundsätzen der katholischen Kirche, 3 Bde. Sulzbach 1852-54. - Bavaria Sancta. Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes zur Belehrung und Erbauung für das christliche Volk, 2 Bde. München 1861, 1862. - Dr. Alois Buchner. Ein Lebensbild zur Verständigung über J. M. Sai-

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lers Priesterschule. Augsburg 1870. - Übersetzungen: Die Sämmtlichen Schriften der heiligen Theresia von Jesu, 5 Bde., Sulzbach 1851-53, 3. Aufl., 1868-70. - Die sämmtlichen Schriften des hl. Johannes vom Kreuz, hg. v. Gustav Schwab, 2 Bde., Regensburg 1858, 1859. - Geistliche Übungen des hl. Franz v. Sales. Regensburg 1881. Lit.: Memoiren eines Obskuranten [Autobiographie], Kempten 1986. - Schildereien aus dem Tagebuch des Johannes Clericus. München 1857. - Hadrossek, Paul: Die Bedeutung des Systemgedankens fur die Moraltheologie in Deutschland seit der Thomas-Renaissance. München 1950. - Zinkl, Johannes: Magnus Jocham, Johannes Clericus 1808-93. Freiburg 1950 [Quellen und weiterf. Lit.]. - Schubert, Franz Georg: Die moraltheol. Systembildung bei J. im Lichte seiner Persönlichkeit, seines Lebensschicksals und seiner Zeit, München 1972. - ADB 50, S. 676-679. - BBKL III (1992), Sp. 125-128. Just, Karl Gottlob, (1771-1826), Schulmeister, Dichter, prot. Moralische Geschichten: Nr. 412. Lit.: DBA, Fiche I 616,282-285. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. Justi, Johann Heinrich Gottlob von, *25.12.1720 Brücken/Thüringen, f21.7.1771 Küstrin, Jurist, Kameralist, Historiker, Philosoph, Mineraloge; Herausgeber, Satiriker. Pseud. seit 1754: Anaxagoras vom Occident, kath. J., Sohn eines kursächsischen Akzise-Inspektors, studierte Jura und Kameralistik in Wittenberg, Jena und Leipzig, 1744 Promotion. Er wurde in der preußischen Armee Regimentsquartiermeister, trat als Jurist in die Dienste der Herzogin von Sachsen-Eisenach und wurde um 1750, in Verbindung mit dem Übertritt zum Katholizismus, als Professor der Kameralistik, später auch der Deutschen Beredsamkeit, an die neugegründete Ritterakademie zu Wien berufen. J. arbeitete in der österreichischen Zensur-Hofkommission, befaßte sich mit Bergbau und Seidenraupenzucht und wurde kaiserlicher Finanz- und Bergrat, erbat aber seinen Abschied nach Mißerfolgen im Silberbergbau. 1755 wurde er Bergrat und Oberpolizeikommissar in Göttingen, wo er nebenbei an der Universität Staatsökonomie und Naturgeschichte las. 1757 ging er nach Dänemark, kehrte bald darauf nach Preußen zurück, wurde aber erst 1766 in Berlin zum kgl. Berghauptmann und Direktor der Glas- und Stahlfabriken ernannt. Der in Hinsicht auf Karriere und persönliche Finanzen so opportunistische wie unvorsichtige, später erblindete, vereinsamte und verbitterte J. wurde der Veruntreuung angeklagt und 1768 auf der Festung Küstrin eingekerkert, wo er starb. Der kameralistische Teil seines vielseitigen Werks war der wirkungsvollste.

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Moralische Geschichten: Nr. 413, 412. Weitere Werke (Auswahl): J.s Schriften zur Staatswirtschaft. 2 Bde. Leipzig 1755, 2175 8; Neudr. Aalen 1963. - Grundsätze der Policeywissenschaft. Göttingen 1756, 3 1782; Neudr. Ruggell 1969. - Grundveste zu der Macht und Glückseligkeit der Staaten. 2 Bde., Königsberg 1760/61; Neudr. Aalen 1965. Das System des Finanzwesens. Halle 1766; Neudr. Aalen 1969. - Göttingische Policeyamts-Nachrichten. Göttingen 1755-57. - Scherzhafte und satyrische Schriften. 3 Bde., Berlin/Stettin/Leipzig 1760; Berin/Leipzig 2 1765. - Moralische und philosophische Schriften 3 Bde., Berlin/Leipzig 1760/61. - Historische und juristische Schriften. 2 Bde., Frankfurt am Main/Leipzig 1760/61. Ökonomische Schriften. 2 Bde., Berlin 1760/61. - Gesellschaftspolitische und Finanzschriften 3 Teile. Kopenhagen 1761-64, Neudr. Aalen 1970. Lit.: DBA, Fiche I 617,16-55; II 668,120-131. - Pütter, Johann Stephan: Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von der Georg-AugustusUniversität zu Göttingen, nach ihm von Saalfeld, fortgesetzt von Osterley. 4 Bde. Göttingen 1765-1838. - Koch, Rolf: J. H. G. v. J.s ,Dichterinsel' und ihre Beziehungen zur Literaturkritik der Aufklärung. In: ZfdPh 91 (1972), S. 161171. - Frison, Louis: J. H. G. v. J. ou le despotisme éclairé à l'épreuve de la 'science' politique. In: RG 5 (1975), S. 60-88. - Killy (= DB 9), 10170ff. Weidlich, Christoph: Lexicon oder Kurtzgefaßte Lebensbeschreibungen aller jetztlebenden Rechtsgelehrten. Halle 1766. - Jöcher/Adelung. - Rotermund: Hannover. - Meusel: Schriftsteller. - Stepf, Johann Heinrich: Gallerie aller juridischen Autoren von der ältesten bis auf die jetzige Zeit. 4 Bde. Leipzig 1820-25.-ADB 14, S. 7 4 7 - 7 5 3 . - N D B 10, S. 707ff.

Kähler, Detlef Claudius Franz, *1804 Nürnberg, f l 8 4 8 Rothausen bei Meiningen, Geistlicher, prot. Studium der Theologie in Erlangen, ab 1829 Pfarrer von Behringersdorf im Regnitztal, 1836 wegen Krankheit von seinem Vikar Wilhelm Löhe (früher Protagonist der Inneren Mission in Neuendettelsau) vertreten, ab 1845 bis zu seinem Tod Dekan in Rothhausen in der Nähe von Bad Kissingen. Moralische Geschichten: Nr. 415. Lit.: DBA, Fiche I 618,221-222. - Κ., D. C. F.: Der kleine Katechismus Luther's, erläutert durch Bibelsprüche, schriftenmäßige Christenlehre, Erzählungen aus dem Reiche Gottes und geistliche Lieder. Ein Lern- und Erbauungsbuch fur Schule und Haus. Hamburg: Agentur des Rauhen Hauses 1851, 2 1857, 540 S. mit 541 Nrn. mit Lebenslauf des Autors (S. X-XVI) aus der Feder des Bearbeiters Israel nach den Aufzeichnungen des Sohnes Pfarrer Glaser zu Greiselbach in Bayern. - Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. 2 Bde. Kiel 1867-68; Fortsetzung: dto. 1866-82. 2 Bde. Kiel 1885-86.

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Kanne, Johann Arnold, *31.5.1773 Detmold, fl7.12.1824 Erlangen, Schriftsteller, Mythologe, Sprachforscher. Pseud.: Johannes Author, Walther Bergius, Anton von Preußen, piet. K., Sohn eines Schuhmachermeisters, studierte 1790 evangelische Theologie in Göttingen, wechselte jedoch nach wenigen Wochen schon zur klassischen Philologie. Auf der Suche nach einer Anstellung führte er von 1796 bis 1802 ein unstetes Wanderleben. In dieser Zeit nahm er kurzfristige Lehrerstellen an und brachte erste philologische und satirische Schriften heraus. In den napoleonischen Kriegen trat K. mehrfach in österreichische und preußische Dienste; auf Vermittlung Jean Pauls wurde er losgekauft. 1809 Anstellung als Professor fur Archäologie und Geschichte an dem neugegründeten Realinstitut in Nürnberg, 1817 Professor der Philosophie am dortigen Gymnasium, 1818 Professor für orientalische Sprachen an der Universität in Erlangen. Entscheidend fur Κ. waren 1814 religiöse Erlebnisse, die er als Erweckung verstand. Sein schriftstellerisches Werk wird dadurch in zwei Teile gespalten: Vor 1814 satirische und humoristische Schriften, die in der Nachfolge Jean Pauls und der Jenaer Romantik zu sehen sind, Werke der vergleichenden Sprachwissenschaften und Beschäftigung mit Mythologie, danach hauptsächlich Erbauungsschrifttum und christliche Biographien. Mit seinen mythologischen Schriften steht K. in der Tradition der romantischen Mythologie und beeinflußte besonders durch seine Ableitung einer allgemeinen Theorie des Mythos aus der ethymologischen Methode Creutzer, Görres und die Brüder Grimm. Moralische Geschichten: Nr. 416, 417. Weitere Werke (Auswahl): Cononis narrationes, 1798. - Mythologie der Griechen, 1. Teil, Leipzig 1805. - Erste Urkunden der Geschichte oder allgemeine Mythologie. Mit einer Vorrede Jean Pauls, 2 Teile in 1 Bd., Bayreuth 1808 (2. Aufl. 1815). - Gianetta oder das Wundermädchen Roms. Bayreuth 1809. Menschliches Elend. Aus dem Englischen des Jacob Beresford übersetzt von Adolph Wagner, mit humoristischen Gegenbeweisen aus den Kupfern, von J. Α. K. Bayreuth 1810. - Comoedia humana oder Blepsidemus Hochzeit und Kindtaufe. Bayreuth 1810. - [Anton von Preußen:] Zwanzig kritische Paragraphen und historische Noten zum Text der Zeit. Leipzig 1814. - Lappalien und gekrönte Preisschriften. Leipzig 1814. - Sammlung wahrer und erwecklicher Geschichten aus dem Reiche Christi und für dasselbe. Nürnberg 1815-22. Leben und aus dem Leben merkwürdiger und erweckter Christen aus der protestantischen Kirche, mit einem Anhang „Aus meinem Leben", 2 Bde., Bamberg 1816-17. - Matthes Weyers geistreiche mündliche Sprüche, das inwendige Christenthum betreffend. Nürnberg 1817. - Worte der Warnung nebst gelegentlichen Schriftauslegungen veranlaßt durch die irrlehrenden Anmerkungen des Herrn Compastors und Ritters Nicolaus Funck zur privilegirten neuen Altonaer Bibel (2. veränd. Ausg.), o.O. 1817. - Auserlesene christliche Lieder

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von verschiedenen Verfassern der ältern und neuern Zeit. Nebst einem Anhang enthaltend Lieder von Doctor Martin Luther, gesammelt von einer Freundin, hg. v. J. A. K. Erlangen 1818 (2. Aufl. unter leicht verändertem Titel: Erlangen 1838). - Das Reich des Scherzes von Adolph Wagner, mit einem Anhang K.s. Leipzig 1823. - Fortsetzung der zwei Schriften: Leben und aus dem Leben merkwürdiger und erweckter Christen und: Sammlung wahrer und erwecklicher Geschichten aus dem Reich Christi. Frankfurt a. Main 1824. Lit.: DBA, Fiche I 625,95-122; II 678,379. - Aus meinem Leben. Aufzeichnungen des deutschen Pietisten J. A. K., hg. v. Carlo Schmitt-Dorotic. Berlin 1919. - Raumer, Rudolf von: Geschichte der germanischen Philologie. München 1870, 362ff. - Strich, Fritz: Die Mythologie in der deutschen Literatur von Klopstock bis Wagner, Bd. 1. Halle 1910, S. 32Iff. - Neumann, Erich: J. A. K. Ein vergessener Romantiker. Ein Beitrag zur Geschichte der mystischen Sprachphilosophie. Berlin 1928. - Schrey, Dieter: Mythos und Geschichte bei J. A. K. und in der romantischen Mythologie. Tübingen 1969. - ADB 15, S. 77f. - NDB 11, S. 105ff. - BBKL III (1992), Sp. 1017ff. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. - Döring: Theologen. - Brümmer 2. - Jöcher/Adelung.

Kayser, Johann Eberhard von, *1727 bei Fulda, 11795, Regierungskanzler in Fulda. K. war Geheimer Rat, Hof- und Regierungskanzler von Fulda, zugleich Direktor des Lehnhofs und Archivs. Er hat neben einer „Bauernphysik" eine Regierungsgeschichte des damaligen Fürstbischofs von Fulda verfaßt. Werke: Erste Linien der Naturkunde des Ackerbaues in einer kurzgefaßten Bauernphysik durch Fragen und Antworten. 2 Teile Fulda 1770, 1771 (dieses Werk wurde durch den bayerischen Volksaufklärer Heinrich Braun rezipiert). Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 267. Keller, Joseph Anton, (1840-1916), Geistlicher, Lehrer, kath. K., Pfarrer und Schulmann im badischen Gottenheim bei Freiburg, schrieb vor allem für den Verlag Kirchheim in Mainz. In Freiburg brachte er von 18801902 das „Magazin für Pädagogik" heraus. Darum kannte er besonders gut die katholische Presse, aus der er u.a. seine Beispielreihen zusammentrug und thematisch angeordnet - zu kleinen Büchlein arrangierte. Seine Bibliographie umfaßt ca. 150 Titel. Moralische Geschichten: Nr. 418-420. Weitere Werke (Auswahl): 150 Armenseelen-Geschichten. Ernster Spiegel für jeden Christen. Mainz 1885, 5. Aufl. 1906. - 210 (220) Engelgeschichten zur Belebung des Vertrauens. Mainz 1885, 3 1901. - 150 Marien-Geschichten.

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Mainz 2 1886, 3 1889. - 300 (320) Strafgerichte Gottes. Mainz 1886, 2 1891, 3 1913. - 140 merkwürdige und ergreifende Beispiele von Helden und Märtyrern der Keuschheit aus allen Jahrhunderten. Ein Spiegel für Ledige und Verheiratete. Mainz 1896. - 72 (200; 240) Erzählungen zum Lob und Preis des heiligsten Altarssakraments. Mainz 1885, 3 1898, 41905. - Fünfzig merkwürdige Geschichten von der Nacht der Fürbitte des hl. Joseph, des Nährvaters Jesu und Bräutigams der allerseligsten Jungfrau Maria. Mainz 1885. - Hundertzweiundsiebzig Erzählungen von dem großen Nutzen der Verehrung des hl. Herzens Jesu. Mainz 1885. - 70 (130) Beweise von den Segnungen des hl. Bußsakramentes und Märtyrer des Beichtsiegels. Eine Verteidigungsschrift dieses hl. Sakramentes in Beispielen. Mainz 1887, 2 1899. - 100 Höllengeschichten. Mainz 1889, 3 1908. - 50 (56; 150) merkwürdige Geschichten von der Macht und Fülle des hl. Joseph. Mainz 1885, 2 1886, 71911. - 150 lehrreiche Beispiele und Geschichten zum Heiligen Sakrament der Taufe. Mainz 1892. - Achtzig lehrreiche und erbauliche Sterbe-Bilder von Priestern, nach wahrheitsgetreuen Quellen. Mainz 1887. - Hundert St. Antonius-Geschichten zur Verherrlichung der Wundermacht des heiligen Antonius von Padua. Mainz 1886. - Jesus, Bräutigam reiner Seelen. Vollständiges Lehr- und Gebetbuch für Jungfrauen, die in der Welt oder im Kloster leben. Münster 4. verm. Aufl. 1900. - Nimm und lies! Dülmen i.W. 1898. - Gedächtnistafel für die katholische Schuljugend. Freiburg i. Br./München 1895. Lit.: [kein Eintrag in DBA]. - Brückner: Exempelsammlungen. In: EM 4, Sp. 592-626, hier 625f. Kerndörffer, Heinrich August, (1769-1846), Philosoph, Lektor. Moralische Geschichten: Nr. 421. Lit.: DBA, Fiche I 641,191-205. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. Brümmer 1 u. 2. Kiechle, Karl, (1769-1841), Pfarrer, kath. Moralische Geschichten: Nr. 422. Lit.: DBA, Fiche I 646,59-66. - Felder. - Jöcher/Adelung. - Neuer Nekrolog. Kieffer, Franz Xaver, *14.2.1819 Weisenau bei Mainz, |10.1.1890 Mainz, Volksschullehrer, Verfasser zahlreicher Schul- und Lesebücher, kath. K., Sohn eines Gärtners, besuchte nach der Volksschule eine dreijährige Realschule und war 1837-39 Zögling des Schullehrerseminars in Bensheim. Im Anschluß daran wurde ihm die zweite Schulstelle in seinem Heimatort Weisenau zugewiesen (1839-44). Die folgenden fünfzehn Jahre verbrachte er als Lehrer in Kastel und den Rest seiner aktiven Berufszeit an einer Volksschule

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in Mainz. Während der Kasteler Jahre wandte er sich, veranlaßt durch den Mainzer Reallehrer Hillebrand, für dessen Elementarunterrichtswerke er den Unterricht in Rechtschreiben und Sprachlehre verfaßt hatte, auch der Schriftstellerei zu. Alle seine Schriften fanden in den katholischen Schulen der Diözese Mainz Verbreitung. K.s Lesebücher, welche die Lehrer Adolf Heiß und Josef Schorn nach K.s Tod in Mainz neu bearbeiteten, waren bis in die 1930er Jahre in Gebrauch. Moralische Geschichten: Nr. 423, 424. Weitere Werke: Lese- und Lehr-Buch fur Oberklassen katholischer Volksschulen. Mainz: Friedrich Schott 1862, 456 S. Lit.: DBA, Fiche I 646,124-130; II 701,106-110. - Heindl. - Schmeel, Heinrich: K. In: Hessische Biographien Bd. II (1927), S. 267ff. - Kosch. Kirsten, Johann Friedrich Ernst, (1768-1820, n.a. 1821), Geistlicher, Erzieher, prot. Moralische Geschichten: Nr. 428. Lit.: DBA, Fiche I 653,127-132. - Hamberger/Meusel. - Jöcher/Adelung. Klinkhardt, Ernst Friedrich Christian, (1769-1819), Pfarrer, Ökonom. Werk: Klinkhardt, Ernst Friedrich Christian: Michel Schubert, ein Wirthschaftsbiichlein für den Erzgebirg. und Voigtländischen Bauern. Leipzig 1818. Lit.: DBA, Fiche I 662,374; 663,355-356. - Jöcher/Adelung. - Hamberger/Meusel. Klotz, Johann Georg, (1786-?), Geistlicher, kath. Moralische Geschichten: Nr. 432. Lit.: DBA, Fiche I 666,121-122. - Felder. - Hamburger-Meusel. Kosegarten, Ludwig Gotthard Theobul, * 1.2.1758 Grevesmühlen, 126.10.1818 Greifswald, Prof. der Theologie, Pseud. Tellow, prot. K., Sohn eines lutherischen Pfarrers, leistete seinen Beitrag zur Volksaufklärung durch die berühmt gewordenen „Uferpredigten", in denen er eine Haltung der Mäßigung, Achtung und Toleranz gegenüber dem Feind befürwortete (Napoleonische Kriege!). 1775-81 studierte K. Theologie, Philosphie und Geschichte in Greifswald. 1777-85 verschiedene Stellen als Hauslehrer auf Rügen und in Mecklenburg. 1781 Theologie-Examen in Greifswald, 1785 Rektor der Stadtschule Wolgast, wo Otto Philipp Runge zu seinen Schülern gehörte. Ebenfalls 1785 Ernennung zum Magister der philosophischen Fakultät Bützow (Mecklenburg). 1786 Heirat mit der Pastorentochter Katharina Linde in

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Greifswald. 1792-1808 Pfarrer in Altenkirchen auf Rügen, 1793 Promotion an der theologischen Fakultät der Universität Rostock. 1796 berief K. den Kandidaten der Theologie Ernst Moritz Arndt zur Unterstützung beim Unterricht seiner Kinder in sein Haus, dem hier jedoch klar wurde, daß er sich für den Pfarrberuf nicht eigne und sich darum im Frühjahr 1798 verabschiedete. 1802 wurde K. vom schwedischen König der Titel eines Königlichen Konsistorialrates verliehen. 1808 Professor für griechische Literatur und Geschichte an der Universität Greifswald, 1817 Professor der Theologie und zugleich Pfarrer zu St. Jacobi in Greifswald. 1812-18 Rektor der Universität. Im Bereich der theologischen Literatur schätzte er besonders die Schriften Johann Taulers, Philipp Jakob Speners, Gerhard Tersteegens und Madame de la Motte Guyons. K.s Dichtungen entstanden in der Tradition Johann Heinrich Voß'. 1804 veröffentlichte er „Legenden", 84 Dichtungen nach der „Legenda aurea". Sie bilden für Gottfried Keller die Vorlage zu den „Sieben Legenden". K.'s Schriften erfreuten sich als späte Zeugnisse empfindsamer Literatur großer Beliebtheit. Seine Volkslieder-Sammlung wurde ins Schwedische, einige seiner Gedichte ins Englische übersetzt und vertont. Moralische Geschichten: Nr. 434-436. Weitere Werke (Auswahl): Thränen und Wonnen. Stralsund 1778. - Darmund und Allwina. Frankfurt 1779. - Wahre Weisheit (Predigtslg.). 1780. - Glaube und Unglaube (Predigtslg.). 1781. - Adam Smiths Theorie der sittlichen Gefühle (Übers.). 2 Bde. Leipzig 1791-95. - Predigten. Erste Sammlung, welche Vorträge über des Menschen heiligste Pflichten enthält. Berlin 1794; zwote Sammlung, welche Vorträge über des Christenthums hohen Werth und über seine edelsten Tröstungen enthält. Altenkirchen/Leipzig 1795. - Eudämons Briefe an Psyche oder Untersuchungen über das Urschöne, Urwahre und Urgute. Leipzig 1796. - Der Prediger, wie er sein sollte, dargestellt in dem Leben und den Schriften des Robert Robinson, gewesenen Dissenterpredigers zu Cambridge. Frei nach dem Englischen des Georg Dyer bearbeitet. Leipzig 1800. - Nernst, Karl: Wanderungen durch Rügen, hg. v. G. L. K. Düsseldorf 1800. - Jukunde. Eine ländliche Dichtung in fünf Eklogen. Berlin 1803. - Olaf Suebilius' einfältige Erklärung des kleinen Katechismus D. M. Luthers (Übers.). Neustrelitz 1806. - Die Vaterländischen Gesänge. Verfaßt im Frühling des Jahres 1813 Berlin/Greifswald 1813. - Legenden. 2 Bde., Berlin 1804; 2. Aufl. Berlin 1816. - Dichtungen. 12 Bde. Greifswald 1824-27. - Akademische Reden (Reden und kleine prosaische Schriften), hg. v. Gotti. Friedr. Mohnicke. 3 Bde. Stralsund 1831-32. - Uferpredigten und hymnologische Aufsätze, hg. v. Mohnike, Gottlieb Christian. Stralsund 1831. - Briefe eines Schiffbrüchigen. Rügen 1794, neu hg. u. kommentiert von Katharina Coblenz. Bremen 1994. - Hier ist gut sein. Aus den Uferpredigten L. G. K.s. Kommentiert u. eingeleitet von Katharina Coblenz. Berlin 1988. - Armseligere Hütten

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sind mir noch nicht vorgekommen. In: Hiddensee. Geschichten von Land und Leuten, hg. v. Renate Seydel. München 2000, S. 28-35. Lit.: DBA, Fiche I 696.276-320; 1259.376; II 746.435-436. - Brümmer 1 u. 2. - Hamberger/Meusel. - Jöcher/Adelung. - Kosegarten, Johann Gottfried Ludwig: K.s Leben. 1827. - Franck, H.: G. L. Κ. Ein Lebensbild. Halle 1887. Histor. Zeitschr. NF 25, S. 530. - ADB 16, S. 745-51. - NDB 12, S. 612. Meusel: Schriftsteller IV. 236ff. u. X. 128f. u. XIV, 346 u. XVIII, 421 u. XXIII, 238ff. - Goedeke V. 445 f. u. VII. 354-56 u. 697 f. - Wilpert, Gero v. Dt. Dichterlexikon. 402. 21976. - Kosch 3. Aufl. IX, S. 300ff. - K. Böttcher, H. Greiner-Mai, K. Krolopp: Lex. dt. sprachiger Schriftsteller. Leipzig 1987, 329 f. - Hartmann, Regina: L. T. K.s Uferpredigten als Beitrag zur Volksaufklärung in Schwedisch-Pommern. In: Dies.: Literarisches Leben in Schwedisch-Pommern im 18. Jahrhundert. Aachen 1997, S. 133-149. - BBKL IV (1992), Sp. 537ff. Krummacher, Friedrich Adolf, *13.7.1767 Tecklenburg, 14.4.1845 Bremen, Theologe, Lehrer, Volks- und Jugendschriftsteller, prot. 1784-88 Theologie-Studium in Lingen und Halle und Tätigkeit als Hauslehrer, 1789 Konrektor am Gymnasium in Hamm, 1793 Rektor am Gymnasium in Moers. Ab 1801 lehrte er an der Universität Duisburg Theologie, später auch Rhetorik und Geschichte. Hier entstanden seine Parabeln, „die ihm einen ehrenvollen Platz auf dem deutschen Parnaß eingetragen haben" (Brümmer, S. 279). 1807 Pfarrer in Kettwig, 1812 Generalsuperintendenten von AnhaltBernburg, 1824-43 Pfarrer von St. Ansgar in Bremen. Mit zunehmendem Alter verabschiedete sich K. vom Rationalismus und sympathisierte mit der Erwekkungsbewegung. Bedeutend ist seine von Herder beeinflußte Schrift „Über den Geist und die Form der Evangelischen Geschichte in historischer und ästhetischer Hinsicht" (Leipzig 1805). Impulse zur Erneuerung des Volksschulwesens lieferte er mit der vom preußischen Kultusministerium geförderten Programmschrift „Die christliche Volksschule im Bunde mit der Kirche" (Essen 1823). Viele seiner populär gehaltenen Schriften widmete er der Jugend; sie sollten als „häusliche Vorlesebücher" dienen (Killy, 11644f.). Moralische Geschichten: Nr. 438-441. Weitere Werke: Die Kinderwelt. Ein Gedicht in vier Gesängen. Essen/Duisburg 1806. - Der Bibelkatechismus. Duisburg 1810, 13. Aufl. 1854. Johannes. Leipzig 1815. Lit.: DBA Fiche 716, 126-142. - LKJ 2, 275-276. - Sengle 2, S. 125-131. ADB 17, S. 240-243. - Krummacher, Hans-Henrik: K. In: NDB 13, S. 123ff. Eich, Hans: K. In: HKJL. - Killy (= DB 9), 11644f. - Hamberger/Meusel. Neuer Nekrolog. - Brümmer 1 u. 2. - Bremische Biographie des 19. Jahrhunderts. Bremen 1912. - Schmidt: Schriftsteller-Lexikon. - RE. - RGG. - Mit-

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teldeutsche Lebensbilder. 5 Bde. Magdeburg 1926-1930. - Krummacher, Maria: Unser Großvater der Aetti. Ein Lebensbild F. A. K.s aus seinen Briefen gestaltet. Leipzig, neue Ausgabe, 9.-13. Tsd. 1926. - Schulte, Wilhelm: Westfälische Köpfe: 300 Lebensbilder bedeutender Westfalen. Biographischer Wegweiser. Münster 1963. - Thieme/Becker. Kühn, Franz, (1814-1876), Hauptlehrer. Moralische Geschichten: Nr. 442. Lit.: DBA, Fiche I 718,413-418; II 768,247. - Heindl. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. - Kosch. Kunitsch, Michael, *25.9.1765 Báan/Ungarn, 19.4.1835 Karlstadt/Kroatien, Lehrer, Schriftsteller; auch: Kunics, kath. K. besuchte die Piaristenschule Trenczin, anschließend das Militärinstitut Wartberg (Preßburg). Dort übernahm er das Lehramt für deutsche Sprache und Landwirtschaft. Nach Aufhebung dieser Schule arbeitete er als Schreiber bei der Grundvermessung und Steuerregulierung in Neutra, kehrte aber bei erster Gelegenheit wieder in das Lehramt zurück, und zwar an die Piaristenanstalt Privid/Ungarn. 1790 kam er als Oberlehrer an die verwahrloste Kreismusterschule in Bruck a. d. Murr/Steiermark, die er völlig reorganisierte. Nach einer weiteren Station als Lehrer in Graz, übernahm er um 1797 die Leitung der Wiener Musternormalschule. Zu Lebzeiten war K. bekannt durch seine verständlich gehaltenen „Moralvorträge", z.B. über die Rechtschaffenheit. Moralische Geschichten: Nr. 443. Lit.: DBA, Fiche I 724,324-331; II 773,244-245. - ADB 17, S. 381f. - Hamberger/Meusel. - Kosch. - Österr. Biographisches Lexikon 1815-1950. Graz/Köln 1957ff. La Roche, Sophie von, geb. Gut(t)ermann, *6.12.1730 118.12.1807 Offenbach/Main, Schriftstellerin, prot.

Kaufbeuren,

L. R., Tochter eines Arztes, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Augsburg und - nach der durch den Vater erzwungenen Trennung von ihrem katholischen Verlobten - in Biberach im Haus ihres Vetters Christoph Martin Wieland, mit dem sie von 1750 bis 1753 verlobt war. Auch diese Verbindung wurde wieder gelöst und sie heiratete 1753 den kurmainzischen Rat und Sekretär des Grafen Stadion Georg Michael Frank La Roche. Bis 1762 lebte das Paar vor allem am Mainzer Hof, danach auf Gütern in Bönningheim und Warthausen; in diesen Jahren brachte Sophie acht Kinder zur Welt und kam ihren offiziellen Pflichten als Dame der Gesellschaft nach. Als ihr Mann 1771 als Geheimer Konferenzrat des Kurfürsten von Trier nach Ehrenbreitstein bei Ko-

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blenz ging, führte sie hier einen literarischen Salon, zu dessen Gästen u.a. Basedow, Heinse, Jacobi, Lavater und Goethe zählten. Zu diesem Zeitpunkt war sie als Verfasserin Briefromans „Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim" (1771) bereits berühmt. Nach der Amtsenthebung ihres Gatten übersiedelte die Familie 1780 nach Speyer; hier brachte S. v. L. R. 1783/84 mit „Pomona. Für Teutschlands Töchter" (Neudr. 1987) die erste von einer Frau herausgegebene, überregional verbreitete Frauenzeitschrift Deutschlands heraus; sie erschien monatlich und verfolgte das aufgeklärt-empfindsame weibliche Erziehungsprogramm. Danach unternahm L. R. - auch hierin eine Pionierin - mehrere ausgedehnte Reisen, worüber sie umfangreiche Reisetagebücher publizierte; hierzu gehören „Tagebuch einer Reise durch die Schweitz" (1787), „Journal einer Reise durch Frankreich" (1787) sowie „Tagebuch einer Reise durch Holland und England" (1788). Die letzten beiden Jahrzehnte ihres Lebens verbrachte sie in Offenbach am Main. L. R., Großmutter der Romantiker Clemens Brentano und Bettina von Arnim, war eine der angesehensten Schriftstellerinnen und gebildetsten Frauen im Deutschland des 18. Jahrhunderts. Moralische Geschichten: Nr. 457, 458. Lit.: DBA, Fiche I 741,155-159; 1044,415-459; II 789,276-279. - Melusinens Sommerabende [Autobiographie], Offenbach 1806. - Eduard Gebele: S. v. L. In: Pölnitz, Götz Freiherr von (Hg.): Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 7 (1959), S. 276-300 [mit Porträt der jugendlichen Sophie von Johann Heinrich Tischbein (?) 1762. Biberach, Wieland-Museum im Städt. Braith-Mali-Museum. - Brümmer 1. - Hamberger/Meusel. - Sudhof, Siegfried: S. L. In: Wiese, Benno von (Hg.): Dt. Dichter des 18. Jh.s. Berlin 1977, S. 300-319. - Gradmann. - Scriba. - Schindel. - Pataky. - Jöcher/Adelung. ADB 17, S. 717-721. - NDB 13, S. 640f. - Kosch. - Nenon, Monika: Autorschaft und Frauenbildung. Das Beispiel S. v. L. R. Würzburg 1988 (mit Bibl.). - Maurer, Michael (Hg.): „Ich bin mehr als Herz und K o p f . S. v. L. R. Ein Lebensbild in Briefen. München 1983. - Wiede-Berendt: Lehrerin des Schönen, Wahren, Guten. Literatur und Frauenbildung im ausgehenden 18. Jahrhundert am Beispiel S. v. L. R.s. Frankfurt/Main u.a. 1987. Lafontaine, August (Heinrich Julius), *5.10.1758 Braunschweig, |20.4.1831 Halle, Feldprediger, Erzähler und Romancier. Pseud.: Miltenberg, Selchow, Gustav Freier, prot. L., Sohn eines hugenottischen Hofmalers, studierte 1777-80 in Helmstedt Theologie (ohne Abschluß), anschließend Hauslehrer in Bartensieben und 1786 in Halle. Nachdem er das Examen nachgeholt hatte, erhielt er 1790 eine Stelle als Feldprediger. 1792 nahm er als Regimentsprediger am Ersten Koalitionskrieg teil. Nebenbei brachte L. Erzählungen heraus (Die Gewalt der Liebe, 4 Bde., Berlin 1791-94), „die bereits sein späteres zentrales Thema ankün-

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digen: Liebesromane, die nach tränenreichen Szenen und Überwindung vieler Hindernisse glücklich enden ... und propagiert darin das Glück bescheidener bürgerlicher Häuslichkeit" (Killy, 11893). Mit seiner Kritik an adeliger Erziehung und seiner Absicht, als Schriftsteller lebenspraktische Orientierungshilfe zu geben, erweist sich L. als Vertreter der Aufklärung, wenn auch einer eher biederen und maßvollen. Er schildert realistisch den unsensationellen Alltag, greift aktuelle Themen auf, fuhrt moralische Beispiele vor, möchte zu Tugendhaftigkeit anleiten. Ab 1796 lebte L. wieder in Halle, zunächst als Prediger, ab 1800 als einer der erfolgreichsten freien Schriftsteller seiner Zeit. Seine Werke erlebten mehrere Auflagen und wurden in viele Sprachen übersetzt. In seinen späteren Arbeiten verliert sich der aufklärerische Impetus. Moralische Geschichten: Nr. 444-447. Weitere Werke: Romane: Der Naturmensch. Halle 1792. - Der Sonderling. Ein Gemähide des menschlichen Herzens. 3 Bde., Wien/Prag 1793. - Leben und Thaten des Frhr. Quinctius Heymeran v. Flaming. 4 Bde., Berlin 1795/96. Die Familie v. Halden. 2 Bde., Frankfurt/Main 1797. - Die Familie Saint Julien. Berlin 1798. - Hermann Lange. 2 Bde., Berlin 1799. - Leben eines armen Landpredigers. 2 Bde., Berlin 1800. - Carl Engelmanns Tagebuch. Berlin 1800. - Fedor und Marie oder Treue bis zum Tode. Berlin 1802. - Das Bekenntniß am Grabe. 3 Bde., Halle 1805. - Aline ν. Riesenstein. 3 Bde., Halle 1808. - Wenzel Falk und seine Familie. 3 Bde., Berlin 1810. - Die MoralSysteme oder Ludwig v. Eisach. 2 Bde., Berlin 1812. - Die Pfarre an der See. 3 Bde., Halle 1816. - Das heimliche Gericht des Schicksals, oder Rosaura. 3 Bde., Halle 1817. - Die Wege des Schicksals. 2 Bde., Halle 1820. Lit.: DBA, Fiche I 324,36; 730,377-403; 342,34-36; 847,237; II 779,354-379. - Gruber, Johann Gottfried: A. L.s Leben und Wirken. Halle 1833. - Ishorst, Hilde: A. H. J. L. Berlin 1935. - Naumann, Dietrich: Das Werk A. L.s und das Problem der Trivialität. In: Burger, Heinz Otto (Hg.): Studien zur Trivialliteratur. Ffm. 1968, S. 82-100. - Schmidt, Arno: Eine Schuld wird beglichen. In: ... denn ,wallflower' heißt,Goldlack'. Zürich 1984. - Skreb, Zdenko: A. H. J. L. In: Ders./Baur, Uwe (Hgg.): Erzählgattungen der Triviallit. Innsbruck 1984, S. 53-65. - Killy (= DB 9), 11893-11896. - Raßmann: Pseudonyme. Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. - Eckstein. - Brümmer 1 u. 2. - Ekkart, Rudolf: Lexikon der niedersächsischen Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Osterwieck 1891. - Niedersächsische Lebensbilder. 9 Bde. Hildesheim 1939-1976. - ADB 17, S. 512-520. - NDB 13, S. 406ff. Sangmeister, Dirk: A. L. oder die Vergänglichkeit des Erfolgs. Leben und Werk eines Bestseller-Autors der Spätaufklärung (= Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 6; zugl. Diss. Univ. Bielefeld 1997). Tübingen 1998.

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Lallemant, Jacques Philippe SJ, *1660 St.-Valéry-sur-Somme, f 1748 Paris, Schriftsteller, kath. Über seine Schriften hinaus ist wenig über L. bekannt. Er beschäftigte sich u.a. mit chinesischen Bräuchen. In seiner Arbeit „Journal historique des assemblées tenues, qui en Sorbonne condamner les Mémoires de la Chine" (Paris 1700), verteidigt er seinen Mitbruder Lecomte gegen den Sorbonne-Vertreter Jacques Lefèvre. Seine von Fénelon hochgelobte „Moral sur le Nouveau Testament Réflexions" (Paris 1713-25) wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Moralische Geschichten: Nr. 448. Lang, (Friedrich) Carl, (1766-1822), Stadtgerichtsassessor, Senator, Pädagoge. Pseud.: August Lindemann, Karl August Hirschmann. Lit.: DBA, Fiche I 543,248-251; 734,202-215; 767,153-154; II 785,117-118. Strobach, Susanne: Carl Lang (1766-1822). In: Die Schiefertafel 1 (1978), H. 1, S. 59-64. - Hamberger/Meusel. - Gradmann. - Brümmer 1 u. 2. - Haymann. - Lübker/Schröder. - Raßmann: Pseudonyme. - Thieme/Becker. Lang, Johann Nepomuk SJ, *1742, |28.10.1804, Priester, kath. L. war bis zur Aufhebung des Ordens 1773 Jesuit, danach in Ottersweier in Baden tätig. Dort blieb er bis 1778 als Vikar, um 1778 bis zu seinem Tod die nahe gelegene Pfarrei Marlen zu übernehmen. Wie Edilbert Menne war er vom Wert der Katechismen für die Volksaufklärung überzeugt. Menne kannte L.s „Erklärungen über den großen Katechismus" und zitiert ihn häufig in seinen „Leichtfaßlichen katechetischen Reden eines Dorfpfarrers". Moralische Geschichten: Nr. 451. Lit.: Biemer, Günter: Edilbert Menne (1750-1828) und sein Beitrag zur Pastoraltheologie. Eine pastoralgeschichtliche Untersuchung, insbesondere zur Dorfkatechese der Aufklärungszeit (= Untersuchungen zur Theologie der Seelsorge, 25; zugl. Habil.-Schr. Freiburg i. Br.). Freiburg 1969, S. 179-183. Lautenschlager, Ot(h)mar, *27.7.1809 Amberg, t24.8.1878 München, Geistlicher, Jugendschriftsteller. Pseud.: Priester Ottmar, K. Emil Pellisov, kath. 1833 Priesterweihe, anschließend Vikar und Pfarrer. L. schrieb zahlreiche, immer anspruchslose „Erzählungen" (1836), die er mit botanischen Titeln wie „Knospen", „Pfingstrosen", „Maiblumen", „Malven", „Tulpen", „Pelargonien" etc. versah. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich „Der Findling" (1844) und „Cassilda, die Mohrenfìirstin von Toledo" (1851). Außerdem verfaßte L. eine Volkserzählung „Agnes und Sophia" (1842) und eine „Geschichte der christlichen Religion und Kirche für das Volk" (3 Bde. 1848). L. wollte mit seinen zum Teil sehr gelungenen Erzählungen vor allem Jugendliche erreichen. Er

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behauptet deshalb neben Christoph von Schmid, W. Bauberger und Isabella Braun eine wichtige Rolle im Bereich der Jugendliteratur. Bereits 1847 erschien eine 24bändige Gesamtausgabe seiner Werke mit weiteren Auflagen 1855 und 1877. L. starb als Kaplan am St. Josephs-Spital in München. Moralische Geschichten: Nr. 460-462. Weitere Werke: Das Fest der hl. drei Könige oder Maria Ward. 1840. - Die Liebe und das Kreuz.. 1851. - Treue und Barmherzigkeit. 1851. - Maria Ward's, der Stifterin des Institutes der englischen Fräulein. Leben und Wirken. 1840. - Herausgeber der von Johann Michael Hauber gegründeten „JugendBibliothek" (ab Bd. 24, 1843). Lit.: DBA, Fiche II 792,304. - Mendl, S. 431. - ADB 18, S. 73f. - K o s c h . Lavater, (Johann) Kaspar, *15.11.1741 Zürich, |2.1.1801 ebd., Geistlicher, Schriftsteller, prot. L., Sohn eines kinderreichen Arztes, studierte 1756-62 am Collegium Carolinum in Zürich Theologie. 1763 lernte er auf einer zwölfmonatigen Bildungsreise nach Barth in Schwedisch-Pommern u.a. Spalding, Geliert, Gleim, Klopstock, Mendelssohn, Nicolai, August Friedrich Wilhelm Sack, Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem und Carl Christian Gärtner kennen. Bis zu seiner Wahl zum Diakon an der Waisenhauskirche (April 1769) betätigte sich L. als Autor kleinerer Arbeiten und als Herausgeber der Moralischen Wochenschrift „Der Erinnerer" (Zürich 1765-67) als Aufklärungstheologe. Mit seinen Werken „Von der Physiognomik" (Leipzig 1772) und „Physiognomische Fragmente" (4 Bde., Leipzig/Winterthur 1775-78) erlangte er große Popularität, insbesondere bei Spätpietisten und Aufklärern. Auf seiner Rheinreise 1774 lernte er Goethe, Lenz, Friedrich Heinrich Jacobi, Klettenberg, Basedow, Jung-Stilling, Samuel Collenbusch und Johann Gerhard Hasenkamp kennen. In den folgenden Jahren suchten zahlreiche Schweizreisende eine Begegnung mit ihm, so Joseph II. im Juli 1777. L. publizierte Predigten, erbauliche Schriften und Lieder separat oder in Sammelbänden und Zeitschriften, veröffentlichte Kinderund Jugendbücher mit z. T. aufklärungskritischer Tendenz. „Nachdem er die Französische Revolution anfänglich begrüßt hatte, geißelte er ab Spätsommer 1792 das neue Regierungssystem als ,Demokraten-Tyranney' und begegnete der 1797 einsetzenden Invasion französischer Truppen in die Schweiz sowie der dieser 1798 aufgezwungenen helvetischen Staatsverfassung mit patriotischem Bewußtsein ... Im Mai 1799 wurde er nach Basel deportiert und erlitt während der zweiten Schlacht von Zürich am 26. 9. 1799 eine Schußverletzung, an deren Folgen er nach 15monatigem Siechtum starb" (Killy, 12212f.). Moralische Geschichten: Nr. 463-465. Weitere Werke: Teilausgaben: L.s ausgew. Schr.en. Hg. Johann Kaspar Orelli.

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8 Bde., Zürich 1841-44. - L.s ausgew. Werke. Hg. Ernst Staehelin. 4 Bde., Zürich 1943. - Christlicher Religionsunterricht für denkende Jünglinge, o. O. 1788. - Regeln für Kinder, o. O. 1793. Lit.: DBA 478, 253-257; 745, 198-289; 745, 292-295. - Geßner, Georg: L.s Lebensbeschreibung. 3 Bde., Winterthur 1802. - L. 1741-1801. Denkschrift zur 100. Wiederkehr seines Todestages. Zürich 1902. - Janentzky, Christian: L.s Sturm und Drang im Zusammenhang seines religiösen Bewußtseins. Halle 1916. - Sauer, Klaus Martin: Die Predigttätigkeit L.s. Zürich 1988. - Weigelt, Horst: L. und die Stillen im Lande. Distanz und Nähe. Die Beziehungen L.s zu Frömmigkeitsbewegungen im 18. Jh. Göttingen 1988. - Ewers, Hans-Heino: J. K. L. als Autor von Kinderbüchern. In: Die Schiefertafel 3 (1980), H. 3, S. 107-118. - Michels, Maria: Bibliographie der Kinder- und Jugendbücher von J. K. L. In: ebd., S. 122-125. - Messerli, Alfred: Die Bildwürdigkeit der Bauern in Lavaters Physiognomischen Fragmenten (1775-78). In: Pestalozzi, Karl/Weigelt, Horst (Hgg.): Das Antlitz Gottes im Antlitz des Menschen. Zugänge zu J. K. L. (= Arbeiten zur Geschichte des Pietismus 31). Göttingen, S. 214-232. - Brüggemann/Ewers 1982, 1232. - LKJ Suppl., 362-365. - ADB 18, 783-794. - Killy (= DB 9), 12208-12214. Leo, Joseph Christoph Otto, erwähnt 1777, Hofkammerrat. Moralische Geschichten: Nr. 473. Lit.: DBA, Fiche I 754, 380-381. - Hamberger/Meusel Leprince de Beaumont, Jeanne-Marie, (7-1780), Erzieherin. Auch: Pischon, Jeanne Marie Moralische Geschichten: Nr. 475. Lit.: British Biographical Archive, Fiche I 1232,448. - Rose, H. J.: A new general biographical dictionary. 12 vols London 1853. Liebeskind, August Jacob, *1758, f 12.2.1793 Oßmannstedt, Schriftsteller, prot.

Prediger,

Nach dem Theologiestudium Hofmeister in Weimar, u.a. bei Wieland und Herder, 1787 Pfarrer in Oßmannstedt, 1788 Eheschließung mit Wielands Tochter Amalie. L. steuerte einige anonyme Artikel zu Wielands „Teutschem Merkur" bei und beteiligte sich an dessen Märchensammlung „Dschinnistan" (3 Bde., Winterthur 1786-89). Er trug vor allem aus englischen und französischen Quellen eine Anthologie orientalischer Erzählungen zusammen und veröffentlichte sie u. d. T. „Palmblätter. Erlesene morgenländische Erzählungen für die Jugend" (Bd. 1, Jena 1786; Bd. 2 Gotha 1788; Bde. 3 und 4 postum, Gotha 1796 und 1800). Herder lieferte dazu eine Vorrede, in der er die moral-

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pädagogischen Zielsetzungen der Sammlung und ihre positive Wirkung auf die kindliche Phantasie hervorhob. Die Aufnahme bei der Kritik war positiv, aber erst im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Werk in der Neubearbeitung Friedrich Adolf Krummachers (4 Bde., Berlin 1816-19) zu einem Klassiker der Jugendliteratur. Einige Stücke wie „Die ewige Bürde" finden sich bis heute in den Schulbüchern. Moralische Geschichten: Nr. 485. Weitere Werke: Der Korb. Eine morgenländische Erzählung. In: Dschinnistan. Bd. 3, S. 90-167. - Lulu oder Die Zauberflöte. In: ebd., S. 292-351. Lit.: DBA, Fiche I 763,35-36. - Killy (= DB 9), 12557f. - Meusel: Schriftst. Link, Anton, (1773-1833), Geistlicher, kath. L. empfing 1800 die Priesterweihe in Linz, wo er bald darauf als Lehrer der Katechetik an der Normalhauptschule unterrichtete, anschließend Spiritual am Priesterseminar und Ernennung zum Konsistorialrat. L. verfaßte eine Reihe von Jugendbüchern, in die er Erzählungen von Campe, Salzmann, Thies, Dolze und Rochow übernahm, ohne im einzelnen die Quelle anzugeben. Seine Geschichten tragen keinen Titel, sondern beginnen mit Aufforderungen wie „Sei ordentlich", „Sei nicht schwatzhaft" usw. Moralische Geschichten: Nr. 486-488. Lit.: DBA, Fiche I 769,173-187; II 817,333-335. - Hamberger/Meusel. - Felder. - Wurzbach. - Kehrein. - Kosch. - ÖBL 1957. Löbe, William, Redakteur der Illustrirten Landwirtschaftlichen Zeitung. Moralische Geschichten: Nr. 489-493. Loen, Johann Michael von, *11.12.1694 Frankfurt/Main, |24.7.1776, reform. L., hugenottisch-niederländischer Abstammung, studierte 1711 Rechtswissenschaften und die Schönen Künste in Marburg, 1712-15 in Halle. 1915 am Reichskammergericht Wetzlar, ab Anfang 1716 mehrjährige Reise durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und die Niederlande. Trotz finanzieller Unabhängigkeit folgte er 1752 dem Ruf Friedrichs II. von Preußen auf die Stelle des Regierungspräsidenten der Grafschaften Lingen und Teklenburg. Er bemühte sich um konfessionelle Annäherung und um die Aufklärung des Volkes durch Schriften, die komplizierte Sachverhalte in einfachen Worten erklärten. Der bayerische Volksaufklärer Heinrich Braun zitierte ihn wiederholt. Werke: Der redliche Mann am Hofe oder die Begebenheiten des Grafen von Rivera, nebst beygefügten freyen Gedanken von der Verbesserung eines Staats, 1740. - Die einzige wahre Religion, allgemein in ihren Grundsätzen,

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verwirret durch die Zänkereyen der Schriftgelehrten, zertheilet in allerhand Secten, vereiniget in Christo, 2 Bde., 1750-52; neue veränd. Aufl. 1756. - Gesammelte Schriften, 4 Bde. Frankfurt/Main 1749-52. Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 268. Lohr, Johann Andreas Christian, * 18.5.1764 Halberstadt, f28.6.1823 Zwenkau bei Leipzig, Geistlicher, Pädagoge. Pseud.: J. C. F. Müller, Carl Friedrich Schmidt, Eduard Wild, Philadelphus Alethes, reform. Der Vater, Kriegsinvalide und Zolleinnehmer, wurde 1768 von Halberstadt nach Wernigerode am Harz versetzt, wo L. 1776-82 das Gymnasium besuchte. Seiner während des Theologiestudiums in Halle durch Armut zerrütteten Gesundheit trotzte er zeitlebens durch ständiges Arbeiten. Nach dreijähriger Hauslehrertätigkeit wurde er 1787 Prediger in Dehlitz und 1793 in der Merseburger Vorstadt Altenburg. Seine Predigten zogen viele Gläubige an. 1813 ging L. als Oberpfarrer in Zwenkau bei Leipzig. L.s im Geist der Aufklärung verfaßte Bücher - fünfzig an der Zahl, viele davon ins Französische übersetzt und oft reich illustriert - setzten auf die Lernlust der Kinder und das Unterhaltungsbedürfnis der Leser. Neben faktischem Wissen in den Naturwissenschaften galt L.s besondere Sorge dem sittlichen Gefühl, das durch empfindsame Erzählungen geweckt und gebildet werden sollte. Daneben faßte er seine Kenntnisse aus dem Obst- und Gemüseanbau im Pfarrgarten in volksbildenden Schriften zusammen. Moralische Geschichten: Nr. 494-498. Weitere Werke: Untersuchung der Frage: Warum wirkt das Predigtamt so wenig auf die Sittlichkeit der Menschen? Frankfurt 1792. - Anweisung zur zweckmäßigen Behandlung des Obst- und Gemüsegartens, nebst einem Anhang von Blumen / von J. C. F. Müller [i.e. Johann Andreas Christian Lohr], Frankfurt am Mayn 1796. - Erste Vorbereitungen fur Kinder. 4 Bde., Leipzig 1800 (Bd. 4: Gemeinnützige Kenntnisse). - Die Wunder der Thier- und Pflanzenwelt [..]. Frankfurt/Main 1809. - Ludwig und seine Gespielen, oder leichte Übungen für Verstand und Herz ... Leipzig 1810. - Mancherlei Begebenheiten und Geschichten aus dem Leben des kleinen Andreas. Leipzig 1820 [Autobiographie], - Der vollständige Haushalt... Leipzig 1821. - Erzählungen und Geschichten fur Herz und Gemüt der Kindheit und Jugend. Leipzig 1822. - Die kirchlichen Dinge ... Leipzig 1823. Lit.: DBA 776, 141-164. - A D B 19, S. 1 3 7 f . - H J K L 4 , S. 1583-1592. - Stach, Reinhard: L. In: LKJ 2, 390f. - F. A. Schmidt: NND (1824), S. 546-556 (mit ausführl. Bibliogr.). - Uther, H.-H.: Deutsche Märchen und Sagen (= DB 80). Berlin 2003, S. 32155-32158. - Killy (= DB 9), 12747f.

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Los Rios, Charlotte, *1726 Antwerpen, "f 1702, Pädagogin und Kinderbuchautorin aus Flamen. L. R.s Werke wurde von dem bayerischen Volksaufklärer Heinrich Braun studiert und teilweise übernommen Werke: Magasin des petits enfants. Antwerpen/Paris 1771. Lossius, Caspar Friedrich, *31.1.1753 Erfurt, |26.3.1817 ebd., Theologe, Pädagoge, Jugendschriftsteller, prot. L. besuchte in Erfurt die Barfußer-Parochialschule und das evangelische Ratsgymnasium; er studierte ab 1770 in Erfurt, 1773/74 in Jena. 1774 in Erfurt Lehrer an der Barfiißerschule, 1779 an der Predigerschule, 1781 Diakon an der Andreaskirche, 1785 an der Predigerkirche; er war außerdem als Oberschulrat und Direktor einer höheren Töchterschule tätig. Sein bekanntester Text ist der - Elemente der Abenteuerliteratur pädagogisch nutzende - Roman „Gumal und Lina. Eine Geschichte für Kinder, zum Unterricht und Vergnügen, besonders, um ihnen die ersten Religionsbegriffe beizubringen" (3 Tie., Gotha 17951800. 10. Aufl. 1854. Übersetzung ins Französische). Moralische Geschichten: Nr. 499-502. Weitere Werke: Moralische Bilderbibel. 5 Bde., Gotha 1805-13. 21821-24. Umgearbeitet und fortgesetzt v. Christian Ferdinand Schulze u. d. T. Historischer Bildersaal oder Denkwürdigkeiten aus der neueren Geschichte. 5 Tie., Gotha 1815-29. - Über die öffentliche Erziehung der Kinder aus den vornehmen und gebildeten Ständen. Erfurt 1806. - Moralische Erzählungen für die Jugend. Gotha 1816. 2. Aufl. 1827. Lit.: DBA, Fiche II 832,22. - HKJL 3. - Killy (= DB 9), 12878f. - Biereye, Johannes: Erfurt in seinen berühmten Persönlichkeiten. Eine Gesamtschau. Erfurt 1937. Lotter, Heinrich [Tobias,] "=14.9.1772 Stuttgart, |ebd. 20.2.1834, Kaufmann, Armenpfleger, Schriftsteller, prot. Gymnasium in Stuttgart, anschließend kaufmännische Lehre. 1805 Gründungsmitglied der von pietistischem Geist geprägten Stuttgarter „PrivatGesellschaft freiwilliger Armen-Freunde", dem ersten Wohltätigkeitsverein in Württemberg. L. führte die Aufsicht über die von der Gesellschaft eingerichteten Anstalten (1806: „Suppenanstalt"; 1807 u. 1813: „Beschäftigungsanstalten fur Kinder", später: „Katharinen-" u. „Marienpflege"), und gab 1816 sogar seinen Beruf auf, um ausschließlich für Notleidende und Bedürftige zu sorgen. 1816 betraute ihn Königin Katharina von Württemberg mit der „Centralleitung" des „[Württembergischen] Wohlthätigkeits-Vereins", 1826 auch mit der „Königlichen Commission für die Erziehungshäuser". In diesen Funktionen

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hatte L. maßgeblichen Anteil an der Errichtung weiterer sozialer Werke (1817: „Katharinenschule"; 1820: „Paulinenpflege" und zwei „Kleinkinder-Anstalten"). Neben der diakonischen Arbeit leitete er eine Traktatgesellschaft und beschäftigte sich mit dem neu aufbrechenden Missionsinteresse und der Bibelverbreitung. Er zählte zu den Mitbegründern der 1812 in seinem Elternhaus am Stuttgarter Marktplatz konstituierten „Württembergischen Bibelanstalt" (seit 1976: „Württembergische Bibelgesellschaft) und wurde deren erster ehrenamtlicher Sekretär. Als Bibelfreund fühlte er sich auch mit dem Karlsruher Generalsuperintendenten und Schriftsteller Johann Ludwig Ewald verbunden, der L.s „Beispiele des Guten" mit Vorworten begleitete. Zu L.s Arbeitsfeld gehörte auch die schriftstellerische und kompilatorische Tätigkeit. Das Korpus seiner allesamt anonym oder pseudonym erschienenen Schriften, hauptsächlich Sammelwerke religiös-moralischer Geschichten und Erzählungen fur die Jugend, daneben auch Erbauungs- und Sachbücher, weist mehr als fünfzig Titel auf. Am bekanntesten wurde die mehrteilige Anthologie „Beyspiele des Guten", die zu den wichtigsten Werken der deutschen Jugendliteratur des beginnenden 19. Jahrhunderts zählt. L.s Denken und Wirken waren philanthropischpietistisch motiviert. Moralische Geschichten: Nr. 503-511. Weitere Werke (Auswahl): Religion für das Herz, oder Bekenntnisse des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, 1802. - Schule der Weisheit und Tugend. Eine Anzahl vorzüglich schöner Parabeln und anderer moralischen Erzählungen, 2 Tl., 1805 (3. Aufl. 1820). - Beyspiele des Guten. Eine Sammlung edler und schöner Handlungen und Charakter-Züge aus der Welt- und MenschenGesch. aller Zeiten und Völker, 2 Tl., 1807/1808 (1809); 7. Aufl. 1845). Dass.: 4 Bde. auch u.d.T.: Edelsinn und Tugend, 1819 (2. Aufl. 1824), Tl. 5 auch u.d.T.: Poetische Darstellungen des Schönen und Guten, 1830. - Dass.: 3 Bde., ins Holl, übersetzt 1820-23. - Unterhaltungen für Geist und Herz. Jungen Christen gewidmet, welche in das reifere Alter übertreten, 1817. - Praktische Sittenlehre für die Jugend in auserwählten Fabeln und Erzählungen, 1821. - Der christliche Kinderfreund, ein Lesebuch zur Bildung und Belebung eines christlich-religiösen Sinnes in religiösen und sittlichen Gefühls und Urtheils, 1826. - Aus dem Leben edler Frauen. Historisch-moralische Schilderungen als Muster zur Nachahmung, 1828. - Warnungsbeispiele für die Jugend, 1829. Warnungsbeispiele für Jünglinge und Jungfrauen, 1829. - Merkwürdige Beispiele der göttlichen Vorsehung, 1833. - Beispiele des Guten aus dem weiblichen Wirkungskreise, 1834 (6. Aufl. 1840). Lit.: DBA, Fiche I 782, 344-347. - Burk, Joh. Christian Friedrich: H. L. In: L., T. H.: Beispiele des Guten. Stuttgart 7. Aufl. 1845, S. IX-XVIII, inkl. Verzeichnis seiner Bücher. - Rehm, Max: Königin Katharina von Württemberg. Ihr Leben und Wirken nach Selbstzeugnissen und im Spiegel der Zeitgenossen.

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1788-1819., 1968, S. 26 ff. - Brecht, Martin: Vom Pietismus zur Erweckungsbewegung. In: Bll. f. Württ. Kirchengeschichte 68/69 (1968/1969), S. 351. Lehmann, Hartmut: Pietismus und weltliche Ordnung in Württemberg vom 17. bis zum 20. Jh., 1969, S. 166. - Staehelin, Ernst: Die Christentumsges. in der Zeit der Aufklärung und der beginnenden Erweckung, 1970, S. 49. - Raupp, Werner (Hg.): Gelebter Glaube. Erfahrungen und Lebenszeugnisse aus unserm Land, 1993, S. 302-306. - Liebert: Bibliographie der Werke von T. H. L. im Verlag Joh. Friedr. Steinkopf. Stuttgart 1992. - Scharfe, Martin: Die Religion des Volkes. Kleine Kultur- und Sozialgeschichte des Pietismus. Gütersloh 1980, S. 11, 43, 44, 156. - Brückner, Protestantische Beispielkatechismen, 1999, S. 15Iff. - Schikorsky, Isa: Beispiele des Guten von T. H. L. (1808-30). In: HKJL 4, Sp. 203-220. - BBKL V (1993), Sp. 267-270. Ludwig, Johannes (1750-1801). Moralische Geschichten: Nr. 512. Lüders, Philipp Ernst, *6.10.1702 Freienwillen bei Glücksburg, f20.12.1786 Glücksburg, Geistlicher, Schriftsteller. Pseud.: Pelagus, prot. L., Sohn eines Oberförsters, studierte 1721-24 Theologie in Wittenberg und Jena, 1728 zweiter Prediger in Munkbrarup, wo er 1729 eine Pastorentochter heiratete, ab 1730 Hofprediger in Glücksburg. „Sein frühes Interesse für die Landwirtschaft und sein Selbstverständnis als Patriot ließen L. zu einem der ersten deutschsprachigen Volksaufklärer werden, der durch sein praktischreformerisches Engagement hohes Ansehen erlangte. Als Begründer einer ökonomischen Gesellschaft und einer Landwirtschaftsschule wurde er zum Mitglied mehrerer gemeinnütziger Gesellschaften ernannt" (Killy, 12993). Ferner war er an der „Königlich Dänischen Acker-Academie" tätig. Erste Arbeiten veröffentlichte L. unter dem Pseudonym „Pelagus" in Zeitschriften. Bis 1784 folgten mehr als 50 weitere, oft in Brief- oder Gesprächsform verfaßte bauernaufklärerische Schriften meist ökonomischen Inhalts, viele davon ins Dänische übersetzt. Um die Bauern zu erreichen, verteilte L. seine häufig auf eigene Kosten verlegten Schriften teilweise kostenlos über Geistliche, Schulmeister und gemeinnützige Gesellschaften. Werke: Vorläufige Nachricht von dem Bau und Errichtung der AckerAcademien [..]. Flensburg 1759. - Kurzes Gespräch zwischen einem Landmanne und einem Prediger. Flensburg 1760. - Gespräch zwischen einem Prediger und einem Landmann, worin von dem Einfluß der Witterung in die Erde und dessen fìirsichtigen Gebrauch gehandelt wird. Flensburg 1763. - Erzählungen und Geschichten der Kgl. Dän. Acker-Academie. Ebd. 1767. - Grundriß einer zu errichtenden Acker-Schule. Ebd. 1769. - Vestgesetzter (!) und erläuterter Ackerplan. Für die Liebhaber des Landbaues ohne Unterschied des

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Standes. Flensburg 1769 [= Verbesserungsplan für den Getreideanbau], - Erörterung der von der Königl. Academie der Wissenschaften in Berlin aufgegebenen Frage: Wie bey dem Ackerbau die Theorie mit der Praxi am bequemsten verbunden werden könne? Ebd. 1769. - Entwurf, wie in einem schweren lehmund thonartigen Lande der Getraidebau gewisser, ergiebiger und leichter könne eingerichtet werden. Ebd. 1769, 148 S. - Näheres Bedenken über den Gebrauch der Erde, wenn Freyheit und Eigenthum, wo ihm beydes fehlet, bey dem Bauerstande sollte eingeführet werden. Ebd. 1770. - Oekonomische Unterredungen. Flensburg/Leipzig. 1770. - Nachricht von dem Anbau und von der Erhaltung des grünen Kohls zur Winters Zeit. Flensburg 1772. - Bedenken über das Unkraut, insonderheit über den Koeck und die Wucherblume. Ebd. 1772. - Bedenken über die Frage: Wie man sich bey ansteckenden Krankheiten zu verhalten habe? Ebd. 1772. - Bedenken über die Frage: Wie man säen müsse? Ebd. 1772. - Die edle Denkungs-Art eines patriotisch-gesinnten Landmannes in Angeln. Ebd. 1772 [zielt sittlich-moralische Besserung]. Schreiben an die Landes-Patrioten. Ebd. 1773. - Plan, wie von der Einsaat von der Gerste die Einnahme bis über zwanzigfaltig kann gebracht werden. Ebd. 1776. - Nachricht von dem Tobacks-Bau. [Flensburg] 1778. - Der Hecke- und Weiden-Bau. Schleswig 1784. Lit.: DBA, Fiche I 788,244-253; II 837,195. - Hoffmann, Gottfried Ernst: P. E. L. Ein landwirtschaftlicher Reformer Schleswig-Holsteins im 18. Jahrhundert. In: Bll. fur dt. Landesgesch. 89 (1952), S. 134-152. - Böning, Holger/Siegert, Reinhart: Volksaufklärung. Biobibliogr. Hdb. Bd. 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1990. - Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 267. - Kordes. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. - Jöcher/Adelung. - NDB 15, S. 456f. - Killy (= DB 9), 12993ff. Lutz, Markus, *9.7.1772,119.10.1835, Geistlicher, prot. L., Sohn eines Schuhmachers, 1778 Besuch der Schule des Basler Münsters, 1788 Aufnahme in die „höheren Lehrsäle der Akademie" ebd. Zugleich Vorleser des erblindeten Stadtschultheißen Emanuel Wolleb, bei dem er viel gelernt hat. 1792 Magisterprüfung und Theologie-Studium in Basel, 1794 Hauslehrer bei Pfarrer Sinner in Signau, 1795 Oberlehrer in Büren (Kanton Bern). Auf Drängen der Eltern Rückkehr nach Basel und Fortsetzung der theologischen Kurse, 1796 als Kandidat im Predigtamt. Während seiner Vikariatszeit in Rothefluh (1796-98) erlebte L. die revolutionäre Erhebung des Landvolkes in der Gegend um Basel aus der Nähe. Vom Landvogt Hagenbach beauftragt, vor der geplanten Zerstörung bei der Räumung des Schlosses Farnsburg mitzuhelfen, brachte ihn sein Versuch, betrunkene Bauern von der Plünderung der Weinkellers abzuhalten, in ernsthafte Gefahr. Am 22.1.1798 feierten die Basler auf dem Münsterplatz die „Festgesetzte Gleichheit zwischen Stadt- und Landbür-

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gern" mit einem großen Verbrüderungsfest. Einige Monate später wurden die Grundsätze der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" durch die Verfassung der Helvetischen Republik auch in der übrigen Eidgenossenschaft verankert. Die damit mündig gewordenen Bürger der Pfarrgemeinde Läufelfingen wählten am 24.6.1798 in ihrer eigenen Kirche L. zu ihrem neuen Pfarrer, was er trotz mancher Anfeindungen bis zu seinem Lebensende blieb. Moralische Geschichten: Nr. 513. Lit.: DBA, Fiche I 791,411-416. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. ADB 19, S. 713ff. - Bächlin, Max/ Schaub, Alfred/ Schaub, Ernst: M. L. Der Läufelfinger Pfarrer aus Basel. Liestal 1985. Magenau, Rudolf Friedrich Heinrich von, *5.12.1767 Markgröningen, 123.4.1846 Hermaringen/Brenz, Theologe, Schriftsteller, Pseud.: Rudolf Friedrich Heinrich von Wagenau; Rudolf Wegenau, prot. Nach dem Besuch der Lateinschulen in Markgröningen und Ebingen und den Klosterschulen in Denkendorf und Maulbronn bezog M. 1786 das theologische Stift Tübingen. Nach Abschluss des Studiums 1791 und zwischenzeitlicher Tätigkeit als Hauslehrer und Vikar trat er 1794 die Pfarrei Niederstotzingen an. 1799 erhielt er das Diplom eines „Kaiserlich gekrönten Poeten", 1810 wurde er zum Inspektor der protestantischen Schulen im Landgericht Günzburg und Burgau ernannt. 1819 übernahm M. die Pfarrei Hermaringen, der er bis zu seinem Tode vorstand. Bereits während der Tübinger Studienzeit betätigte er sich zeit- und milieutypisch als Schriftsteller. M. erwarb sich große Verdienste um die Unterrichts- und Landschulreform in Schwaben. Seine theoretischen Abhandlungen und praktischen Schriften zu diesem Thema waren philanthropischen und volksaufklärerischen Prinzipien in der Tradition Pestalozzis, Salzmanns und Rochows verpflichtet. Als Lokalhistoriker und Topograph des heutigen Kreises Heidenheim leistete M. Pionierarbeit. Er sammelte regionale Volkssagen und Legenden. Moralische Geschichten: Nr. 514, 515. Weitere Werke: Kleine Handbibliothek f. dt. Landschulmeister u. ihre jüngeren Gehilfen. 1799-1802. - Wanderungen eines alten wirtembergischen Amtssubstituten aus einer Schreibstube in die andere, von ihm selbst beschrieben. 1800. Lit.: DBA, Fiche I 796,224-235; 1320,395; II 846,364. - ADB 20, S. 56f. NDB 15, S. 65Of. - Haug, Balthasar: Gelehrtes Würtemberg. Stuttgart 1790. Hamberger/Meusel. - Gradmann. - Neuer Nekrolog. - Brümmer 1. - Gotha, Walter: Reichssänger. Schlüssel zum deutschen Liederhandbuch. Gotha 1930. - Skizze meines Lebens, angefangen 1793, beendet 1823 [unpubl. Autobiographie, Württ. Landesbibl. Stuttgart, cod. hist. 4°561).

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Mau(e)rer, Wolfgang, (1782-1856), Lehrer in Passau und München, kath. M. verfaßte neben den hier interessierenden moralisch-religiösen Werken zahlreiche Anleitungen für den elementaren Schreib- und Leseunterricht, Briefsteller und Gebetbücher für Kinder. Er ist nicht zu verwechseln mit dem ehemaligen Franziskaner und Regensburger Diözesangeistlichen Wolfgang Mauerer (1758-1841). Moralische

Geschichten: Nr. 520-526.

Lit.: Mendl, S. 289f. - Hamberger/Meusel IIXX (1821), S. 643. Maus, Isaak, *8. (?) 9.1748 Badenheim bei Kreuznach, f31.12.1833 Badenheim bei Kreuznach, Bauer und Lyriker. M. lebte bis zum Tod von der Landwirtschaft und schrieb in seiner Freizeit rund 310 lyrischen Gedichte und Versepisteln. Der „Bauersmann in Badenheim", wie er sich selber titulierte, begrüßte 1792 den Einfall französischer Revolutionstruppen in die Rheinpfalz als Abschied vom Feudalismus, was ihm bei der Rückkehr des Ancien régime zum Nachteil gereichte. In dieser Zeit verfaßte er den „Versuch einer Apologie der Deutschen Bürger und Landleute, welche [...] den Freiheitseid geleistet haben" (Frankfurt/Main 1794) und vermutlich auch die aufrührerischen Flugschriften „Ein überrheiner Bauersmann an seinen Churfürsten" (Mainz 1792) und „Gedanken eines pfälzischen Bauers über die gegenwärtigen kriegerischen Zeitläufte" (ebd. 1793). 1809-25 war er Maire bzw. Bürgermeister von Badenheim und 1818 bis 1825 Mitglied des Rheinhessischen Provinzialrates (Killy, 13475). - M. schrieb keine moralischen Geschichten, als aufgeklärter Bauer gilt er aber als typisches Kind seiner Zeit. Werke: Gedichte und Briefe. Mainz 1786. - Poetische Briefe. Ebd. 1819. Lyrische Gedichte. Ebd. 1821. - Etwas über Ackerbau und L a n d w i r t s c h a f t . Frankfurt/Main 1788. - 'Der Pflüger hat den Dichterspleen..Λ Gedichte. Ausgewählt und eingeleitet v. Reinhart Siegert. Alzey 1985. Lit.: Monath, Klaus: I. M. Bad Kreuznach 1979. - Leben und Nachlaß, hg. v. Heinrich Sander. 2 Bde., Mainz 1845. - Siegert, Reinhart: I. M. Mit Personalbibliogr. In: IASL 10 (1985), S. 23-93. - Ders.: I.-M.-Generalregister. Rheinfelden 1986. - Killy (= DB 9), 13474ff. Mayer, Johann (Georg) Friedrich (Hartmann), *21.9.1719 Herbsthausen/ Franken, 117.3.1798 Kupferzell/Hohenlohe, Geistlicher, Landwirt, Schriftsteller, prot. M., Sohn eines Schultheißen, Richters und Gastwirts, studierte 1737-40 Theologie in Jena. 1741 Pfarrer in Riedbach und Heirat mit Anna Charlotte Hirschmann, mit der er fünf Töchter und neun Söhne hatte. 1745 wurde er

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Pfarrer in Kupferzell, wo er bis zu seinem Tod auch als praktizierender Landwirt und Bauernaufklärer wirkte. Als volksaufklärerischer Autor machte M. zuerst 1768 mit einem „Aker-Catechismus" von sich reden. Die in mehreren Auflagen zuerst 1768 in Ansbach erschienene Schrift „Die Lehre vom Gyps ab einem vorzüglich guten Dung" brachte ihm den Spitznamen „Gips-Mayer" ein. „Großes Ansehen, das sich in der Berufung zum Mitglied von neun gemeinnützigen und gelehrten Gesellschaften zeigt, erlangte er", wie Holger Böning im „Killy" (DB 9, 13527) festhält, „durch seine Zeitschrift ,Beyträge und Abhandlungen zur Aufnahme der Land- und Haußwirthschaft nach den Grundsätzen der Naturlehre und der Erfahrung entworfen' (14 Bde., 1769-86), die zu einem der wichtigsten Foren der in der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung engagierten Gebildeten wurde. Charakteristisch für die Zeitschrift ist ein hohes Maß an Reflexion und eine oft radikale Kritik an feudal-absolutistischen Mißständen. 1776 erschien hier u. d. Τ. ,Maximen in dem Lebenslaufe eines Bauren, welcher durch dieselben, vermittelst eines geringen Vermögens, ein reicher Mann geworden ist', die erste literarische Gestaltung eines Musterbauern. Seit 1771 gab M. in Öhringen u. d. T. ,Oekonomischer Schreib-Kalender' einen aufklärerischen Kalender heraus. Kulturgeschichtlich bedeutend ist das ,Lehrbuch für die Land- und Haußwirthe' (Nürnberg 1773), das M. unter dem Eindruck der Hungerkrise verfaßte, und die vierbändige Schrift,Romani, eines edlen Wallachens, Landwirtschaftliche Reise' (ebd. 1775-82)." Die volkskundliche Hausforschung hat nach dem erfolgreichen Autor eine Bauernhausform benannt (vgl. Hohenloher Freilandmuseum). Moralische Geschichten: Nr. 527, 528. Weitere Werke: Die Lehre vom Gyps als einem vorzüglich guten Dung zu allen Erd-Gewächsen auf Aeckern und Wiesen, Hopfen- und Weinbergen. Anspach 1768 (Reprint, hg. v. Hist. Verein fur Württ.-Franken. Vellberg 1998). Die Lehre der Evangelischen Kirche zum Unterricht für die Jugend in Fragen und Antworten abgehandelt. Frankfurt/Main 1771. - Lehrbuch für die Landund Hauswirte in der pragmatischen Geschichte der gesamten Land- und Hauswirtschaft des Hohenlohe-Schillingsfürstischen Amtes Kupferzell. Nürnberg 1773, Nachdr. Schwäbisch Hall 1980. - M. Terentius Varrò: Von der Landwirthschaft mit Anmerkungen (und Übers.) v. M. Nürnberg 1774. - Mein Ökonom. Briefwechsel. Bde. 1-3, Frankfurt/Main 1778-80. - Gallerie von Schilderungen guter und böser Hauswirthe in ihren Lebensläufen. Nürnberg 1781). - Kupferzell durch die Landwirthschaft im besten Wohlstande. Das lehrreichste und reizendste Beispiel für alle Landwirthe [..]. Leipzig. 1793. Der sichere Nothhelfer für Stadtbewohner und Landleute. Wien 1795 - Predigtbuch für christliche Bürger und Landleute [..]. Heilbronn 1800. - Katechismus des Feldbaues, worinnen in Fragen und Antworten die Acker- und Wiesenbaukunst zum Besten des Landmannes, gründlich und deutlich nach

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den Grundsätzen der Naturlehre, und der Erfahrung von J. F. M., Fiirstl. Hohenlohischen Pfarrern bey der Gemeinde Kupferzell ... vorgetragen, und auf Allerhöchsten Befehl durch die hierländige Kaiserl. Königl. Ackerbaugesellschaft nach hiesiger Landesart eingerichtet ist. Frankfurt 1770, Prag 1771 [rezipiert durch Heinrich Braun]. Lit.: [keine Daten im DBI], - Schümm, Karl: Pfarrer J. F. M. und die hohenlohesche Landwirtschaft im 18. Jh. In: Jb. des Histor. Vereins für Württembergisch Franken NF 30 (1955), S. 138-167, abgedruckt als Anhang im Neudr. von J. F. M.: Lehrbuch fur die Land- und Hauswirte (1773), hg. v. Verein Hohenloher Freilandmuseum e.V. Schwäbisch Hall 1980. - Ders.: Johann Friedrich Georg Hartmann Mayer. In: Schwäbische Lebensbilder Bd VI. Stuttgart 1957, S. 139-152. - Mehl, Heinrich: Das ländliche Hohenlohe im Zeitalter Napoleons. Beiträge zur Landwirtschaft, Bauen und Wohnen zwischen 1780 und 1830. In: Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons. Stuttgart 1987, S. 697-715, mit Lit.verz. Mayers. - Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 267. - Böning/Siegert: Volksaufklärung I, S. 510, 809, 111, 1363, 1447, 1462. - Killy (= DB 9), 13526ff. - N D B 16, S. 544f. Mehler, Ludwig, (1816-1872), Geistlicher, Herausgeber der Zeitschrift „Prediger und Katechet" (1851ff), Regensburg, kath. Moralische Geschichten: Nr. 529. Lit.: DBA, Fiche I 819,441; II 864,296. - ADB 21, S. 185. - K o s c h . Menne, Edilbert OFM, *13.10.1750 Augsburg, |6.3.1828, Geistlicher, Schriftsteller, kath. M., Sproß einer bischöfliche Beamtenfamilie, besuchte das JesuitenGymnasium in Augsburg, 1769 Eintritt in den Franziskaner-Orden, Noviziat im Kloster St. Luzen zu Hechingen, nach der Profeß 1770 Philosophiestudium in Augsburg, ab 1774 Theologiestudium im Passauer Kloster St. Anna. Durch seinen Lehrer Markus Antonius von Ruoesch fand er hier Zugang zur zeitgenössischen, besonders zur protestantischen, jansenitischen und physikotheologischen Literatur, deren Kenntnis später in seinen eigenen Werken immer wieder durchscheint. 1775 Repetitor der Theologie in Passau, 1776 Priesterweihe, 1778-83 wieder in Hechingen. Hier war M. in erster Linie damit beschäftigt, die wöchentlichen Moral-Kasuskonferenzen „auszuschreiben, ihre Lösung vorzubereiten und nach der Darlegung des Kasus durch einen der Patres bei der Konferenz eventuell selbst die ,ultima ratio' zu geben" (Biemer, S. 30). In diese Zeit (1781) fiel die Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Fürstentum Hohenzollern, wonach alle Kinder vom sechsten bis zum zwölften Le-

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bensjahr täglich von acht bis zwölf Uhr und nachmittags von ein bis vier Uhr zum Unterricht erscheinen mußten. Von 1784 an lebte er in Klosterlechfed, wo er zu seiner großen Enttäuschung 19 Jahre lang die Stelle eines Vikars vertreten mußte. Die Jahre 1784-99 verbrachte M. im Kloster „Unserer Lieben Frauen H i l f zu Lechfeld als Wallfahrtsseelsorger, obwohl er sich eigentlich ein Leben in der Mission oder im Lehramt gewünscht hatte. Um seine Talente nicht verkümmern zu lassen, wich er mit beachtlichem Erfolg ab Ende der 1780er Jahre auf die Schriftstellerei aus. Als er es jedoch als erster Katholik wagte, einen deutschsprachigen, und also dem Volk zugedachten „Praktischen Katechismus für Eheleute" (1798) herauszubringen, wurde er als Klosterbeichtvater zu den Franziskanerinnen in Hochaltingen im Ries strafversetzt. Dort hatte er wenig zu tun, wodurch er als Volksschriftsteller umso produktiver sein konnte, und 1800-01 fünf neue Bücher herausbrachte: „Die Gebethe der heiligen in ihren Anliegen, auf unsere Zeiten eingerichtet", den „Praktischen Katechismus für Aeltern" (1800), das „Andächtige Gebethbuch für Kinder" (1801, 2 1806, 3 1810, 4 1836, 5 1842), den „Praktischen Katechismus für Dienstbothen, Handwerker und Tagelöhner" (1801, 2 1807) und die „Kurzen Erklärungen über die gewöhnlichen fünf Beichtpunkte". Nachdem der Generalvikar, der ihn in die Verbannung geschickt hatte, 1801 auf der Flucht vor den anrückenden Franzosen sich bei M.'s Schwester wochenlang verstecken durfte, rehabilitierte er ihn. M. hat sich mit seiner katechetischen Unterweisung fast ausschließlich der Bevölkerung auf dem Lande zugewandt. Moralische Geschichten: Nr. 530-532. Weitere Werke (Auswahl): Magazin für Prediger in Städten und auf dem Lande, oder Skelette aus Bourdaloue's und Massilon's Predigten. 4 Bde. Mindelheim 1787-88. - Leichtfaßliche Predigten eines Dorfpfarrers an das Landvolk, gesammelt und auf alle Sonn- und Festtage eingerichtet. 3 Jgg. in 6 Bde. Augsburg 1793. Bd. I: 2. Aufl. 1793; Bd. 2: 2. Aufl. 1802; 3., durchaus verbess. Aufl. von Simon Buchfeiner, 2 Jgg. in 3 Bde. Regensburg 1845. - Populäre Volkspredigten auf alle Sonn- und Festtage nach den Bedürfnissen unserer Bürger und Landleute eingerichtet. 2 Jgg. in 3 Bde. Augsburg 1809. - Große Katechese eines Dorfpfarrers für das Landvolk. Nach Felbiger, und dem großen Katechismus in k.k. Staaten systematisch eingerichtet von dem Verfasser der neubearbeiteten Predigtentwürfe. 19 Bde. u. 3 Registerbde. Augsburg 1796-1810. Lit.: DAB, Fiche I 827,148-172; II 876,435. - Biemer, Günter: Ε. M. (17501828) und sein Beitrag zur Pastoraltheologie. Eine pastoralgeschichtliche Untersuchung, insbesondere zur Dorfkatechese der Aufklärungszeit (= Untersuchungen zur Theologie der Seelsorge, 25). Freiburg: Herder 1969. Zugl.: Freiburg im Br., Univ., Habil.-Schr.; M.'s Werkverzeichnis S. 191-194. - Hamberger/Meusel. - Felder. - Kosch.

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Mercy, Wilhelm OPraem, *9.2.1753 Überlingen, f i m Juni 1825, Geistlicher, kath. M. trat 1770 in die Norbertiner-Abtei Münchwerth bei Memmingen ein, 1777 Priesterweihe in Konstanz, anschließend Seelsorger in Steinbach/Allgäu, dann Lehrer in seinem Heimatkloster. 1787 berief ihn Herzog Karl von Württemberg als Hofprediger nach Stuttgart, ein Jahr später wurde er auf dessen Antrag von seinen Ordensgelübden entbunden. Als 1797 der evangelisch erzogene Herzog Friedrich II. (1803 Kurfürst, 1806 König Friedrich I.) die Regentschaft übernahm, erwirkte M., daß die katholischen Gottesdienste weitergehen durften (Egon Hopfenzitz, Homepage der Kath. Domgemeinde St. Eberhard Stuttgart, 1.11.2002). 1798-1819 war M. Seelsorger in Gruol bei Haigerloch. Als Autor taucht er mit zahlreichen Beiträgen im „Konstanzer Pastoralarchiv" und in der „Ulmer Jahresschrift" auf. Er gehörte zum engeren Kreis um Wessenberg. Weitere Werke: Leidens- und Lebensgeschichte Mariä. Memmingen 1785. Lit.: DBA, Fiche I 829,67-80; II 878,321. - Döring: Theologen. - Haug. ADB 21, S. 418; 26, S. 830. - Hamberger/Meusel V (1797), S. 175. - Gradmann. - Felder. - Neuer Nekrolog. - Kosch. - Eyth, Rudolf: Erinnerung an W. M. Rottweil 1827. - Loose, Rainer: W. M. und das Schulwesen im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen um 1810. In: Zs. f. Hohenzollerische Geschichte 25 (1988/89), S. 215-222. Mertens, Hieronymus Andreas, (1743, n.a. 1742-1799), Bibliothekar, Lehrer, Philologe, prot. Moralische Geschichten: Nr. 533. Lit.: DBA, Fiche I 830,293-312; II 880,256. - Hörner, Otto Friedrich: Alphabetisches Verzeichnis oder Lexicon der itztlebenden Schwäbischen Schriftsteller. Aus des berühmten Herrn Prof. Hambergers in Göttingen Gelehrtem Deutschlande gezogen, mit vielen Zusätzen vermehret und einer Vorrede begleitet. Nördlingen 1771. - Baur. - Hamberger/Meusel. - Meusel: Schriftsteller. - Jöcher/Adelung. - Baader: Schriftsteller. - Baader: Bibliothekare. Miller, Johann Martin (1750-1814), Geistlicher, Professor, Pseud.: Fräulein von Arnim, prot. Verfasser vielgelesener empfindsamer Romane und einer Sammlung von „Predigten für das Landvolk" (1776-1784). Moralische Geschichten: Nr. 536, 537. Lit.: DBA, Fiche I 847, 46-66; 33,48-49. - Hamberger/Meusel. - Weyermann: Nachrichten von Gelehrten, Künstlern und anderen merkwürdigen Personen aus Ulm. Ulm 1798. - Gradmann. - Richter Gottfried Lebrecht: Allgemeines

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biographisches Lexikon alter und neuer geistlicher Liederdichter. Leipzig 1804. - Jöcher/Adelung. - Brümmer 1. - Raßmann: Pseudonyme. - Schindel. Miller, Johann Peter, *26.4.1725 Leipheim, |29.5.1789 Göttingen, Lehrer, Professor für Dogmatik, prot. M., Sohn eines Pfarrers, besuchte das Ulmer Gymnasium, studierte bei Mosheim in Helmstedt und promovierte 1748 bei Johann Matthias Gesner mit einer Arbeit über Armenfürsorge und -erziehung. 1751-56 in Helmstedt, 1756-65 in Halle Rektor der dortigen Gymnasien, 1765 Professor für Dogmatik und Polemik an der Universität Göttingen. M. war „ein Mann des Ausgleichs zwischen lutherischer Orthodoxie, Pietismus und Aufklärung" (Killy, 14037). Sein Vorschlag, Real- und Industrieschulen sowie Didaktik-Seminare für Theologen einzurichten, wirkte befruchtend auf die damals neue Aufklärungspädagogik. Das Göttinger Waisenhaus diente M. als Musterschule im Sinne der Franckeschen Pädagogik und als Übungsschule für die Katechisierübungen der angehenden Theologen. Seine „Historisch-moralische Schilderungen" zählten, wie Mechthild Raabe in ihrer Untersuchung über die Ausleihzahlen der Wolfenbütteler Herzoglichen Bibliothek in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts feststellt, zu den meistgelesenen Büchern der Zeit. Moralische Geschichten: Nr. 538-540. Weitere Werke: Die Hoffnung besserer Zeiten für Schulen. Halle 1765 [Vorschläge zur Reformierung des Schulwesens], - Grundsätze einer weisen und christlichen Erziehungskunst. Göttingen 1769 u.ö. - Anweisung zur Catechesierkunst. Leipzig 1778 u.ö. bis 1790. - Historisch-moralische Schilderungen zur Bildung eines edlen Herzens in der Jugend. 5 Bde. Ebd. 1763-64. Lit.: DBA, Fiche I 847,89-128. - Baur, Samuel: Charakteristik der Erziehungsschriftsteller Deutschlands. Leipzig 1790, S. 404-410. - Keck, Rudolf W.: J. P. M.s ,Grundsätze einer weisen und christlichen Erziehungskunst'. In: Vjs. für wiss. Pädagogik (1969), S. 306-318. - Ders.: Die Aufklärungsuniversität Göttingen und der Beitr. J. P. M.s für die Lehrerbildungsgeschichte. In: Informationen Erziehungs- und Bildungshistorische Forschungen, H. 20/21 (1983), S. 6598. - Raabe, Mechthild: Wolfenbütteler Schulalltag und Schülerlektüre in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In: Bödeker, Hans Erich (Hg.): Lesekulturen im 18. Jahrhundert (= Aufklärung 6, 1992, H. 1), S. 5-26, hier S. 20. Hörner, Otto Friedrich: Alphabetisches Verzeichnis oder Lexicon der itztlebenden Schwäbischen Schriftsteller: Aus des berühmten Herrn Prof. Hambergers in Göttingen Gelehrtem Deutschlande gezogen, mit vielen Zusätzen vermehret und einer Vorrede begleitet. Nördlingen 1771. - Pütter, Johann Stephan: Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von der GeorgAugustus-Universität zu Göttingen nach ihm von Saalfeld, fortgesetzt von Osterley. 4 Bde. Göttingen 1765-1838. - Weyermann: Nachrichten von Ge-

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lehrten, Künstlern und anderen merkwürdigen Personen aus Ulm. Ulm 1798. Hirsching. Richter Gottfried Lebrecht: Allg. biograph. Lex. alter u. neuer geistlicher Liederdichter. Leipzig 1804. - Meusel: Schriftsteller. - Jöcher/Adelung. - Döring: Kanzelredner. - Killy (= DB 9), 14037ff. - HKJL II, 479 ff. Moritz, Karl Philipp, *15.9.1756 Hameln, f26.6.1793 Berlin, Lehrer, Schriftsteller, Professor, prot. M. begann 1768 in Braunschweig eine Hutmacherlehre, die er jedoch wegen ständiger Unterdrückung durch seinen quietistischen Lehrherrn anderthalb Jahre später nach einem Selbstmordversuch abbrach. Freitische und ein Stipendium ermöglichten ihm ab 1771 den Besuch des Gymnasiums. Ab 1776 Theologiestudium in Erfurt, bald darauf Kontakte zu den Herrnhutern in Barby und zu Basedow in Dessau. Über die Stelle eines Informators am Potsdamer MilitärWaisenhaus gelang ihm 1778 der Aufstieg zum Lehrer am renommierten Gymnasium zum Grauen Kloster, wo er 1784 Gymnasialprofessor wurde. Nach einem Aufenthalt in Italien erhielt er den Ruf auf eine Professur der Theorie der schönen Künste an der Akademie der Künste. Schon zu Lebzeiten war M. vor allem als der Verfasser des „Anton Reiser" bekannt. M.s Werk ist geprägt von säkularisiertem Pietismus und aufklärerischer Pädagogik. Moralische Geschichten: Nr. 551. Weitere Werke (Auswahl): Werke in 2 Bdn. Berlin/Weimar 1973. Neuaufl. 1976. - Werke, hg. v. Günther, Horst. 3 Bde. Frankfurt/Main. - Schriften zur Ästhetik und Poetik. Kritische Ausg., hg. v. Schrimpf, Hans J. Tübingen 1962. - Anton Reiser. 4 Tie., Berlin 1785-90; Neudr. Heilbronn 1886 u. ö. - Andreas Hartknopf. Eine Allegorie. Berlin 1786. - Andreas Hartknopfs Predigerjahre. Berlin 1790. - Fragmente aus dem Tagebuch eines Geistersehers. Berlin 1787. Lit. (Auswahl): Günther, Horst: „Das offne Auge sieht ins Buch. Das Buch macht junge Kinder klug": K. P. M. als Kinderbuchautor. In: Die Schiefertafel 2 (1979), H. 2, S. 49-56. - Bezold, Raimund: Popularphilosophie und Erfahrungsseelenkunde im Werk von K. P. M. (= Epistemata. Würzburger Wiss. Schriften. Reihe Literaturwissenschaft; 14). Würzburg 1984. - Erwentraut, Kirsten: „Menschliches Elend auf trüglichen Schalen". (Religions-)Pädagogik bei M. und Salzmann. In: text + kritik 118/119 (1993), S. 45-57. - Friedrich, Hans-Edwin: „Die innerste Tiefe der Zerstörung": Die Dialektik von Zerstörung und Bildung im Werk von K. P. M. In: Aufklärung. Interdisziplinäre Halbjahresschrift zur Erforschung des 18. Jahrhunderts und seiner Wirkungsgeschichte 8 (1993), H. 1, S. 69-90. - Meier, Albert: Sprachphilosophie in religionskritischer Absicht: K. P. M.' „Kinderlogik" in ihrem ideengeschichtlichen Zusammenhang. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 67 (1993), H. 2, S. 252-266. - Killy (= DB 9), 14269-14278.

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Moser, Kristoph (auch Christoph) Ferdinand, (von), *13.7.1759 Lorch, f31.8.1800, Geistlicher, Pfarrer in Wippingen und Lautern (Württ.), (teilw. auch „von Moser"), prot. Moralische Geschichten: Nr. 552. Weitere Werke: Anweisung zum Briefschreiben, nebst andern dahin einschlagenden Materien. Ein Handbuch fur den gemeinen Mann. Stuttgart 1783, 2 1789 ebd. - Taschenbuch für deutsche Schulmeister auf das Jahr 1786. Ulm 1786, auch auf die folgenden Jahre bis 1797, ebd. - Leichen- und Hochzeitsabdankungsreden nebst einer dazu dienlichen Einleitung zur Beyhülfe für Landschulmeister. Ulm 1788, ebd 21793. - Nützliches und vollständiges Taubenbuch oder genauer Unterricht von den Tauben. Natur, Eigenschaften, Verpflegung, Nahrungsmitteln, Krankheiten, Nutzen, Schaden usw. aus den besten ökonomischen Schriften zusammengetragen und mit vielen Bemerkungen bereichert. Ulm 1790. Lit.: DBA, Fiche I 860,224-230 - Haug. - Hamberger/Meusel V (1797), S. 292. - Baur. - Meusel: Künstler. - Jöcher/Adelung. Müchler, Karl (Friedrich) *2.9.1764 Stargard/ Pommern, f 2.1.1857 Berlin, Jurist, Schriftsteller, prot. Jurastudium in Berlin, ab 1785 verschiedene Verwaltungsposten, 1814 Polizeidirektor beim Generalgouvernement in Dresden, 1815 amtsenthoben aufgrund seines ungeschickten Eintretens für Preußen. Anekdoten als Beispiele gelebten Lebens dominieren in M.s Werk. Daneben veröffentlichte er Denksprüche, Rätsel und Charaden zur Belehrung und Unterhaltung. Auch seine Anthologien belegen, daß er Literatur als „praktische Lebenshilfe" (Killy, 14363) deutete. Er engagierte sich für die spätaufklärerische Bildungsbewegung der Frauen. Aufklärerische Intentionen scheinen durch, wenn M. eigene Lebenserfahrungen verarbeitet und in den Verbrecherporträts, in denen er die sozialgeschichtlichen Ursachen der Verbrechen dokumentiert. M.s Werk ist „repräsentativ für das Weiterwirken der Aufklärung im 19. Jahrhundert bzw. für die aufklärerischen Wurzeln biedermeierlicher Literatur" (Killy, 14364). Moralische Geschichten: Nr. 553-555. Weitere Werke: Anekdotenlexikon. Berlin 1783/84, Suppl. 1785, vermehrt 1817. - Anekdoten-Almanach. 35 Bde., Berlin 1808-13, 1815, 1817-45. - Anekdoten zur Charakteristik des Zeitgeistes. Berlin 1818/19. - Rätsel, Charaden und epigrammatische Scherze. Berlin 1811. - Scherzhafte Denksprüche. Zum Gebrauch für Stammbücher. Berlin 1817. - Vergißmeinnicht. Berlin 1808/1809. - Das Stammbuch. Berlin 1814. - Gedenke mein! Berlin 1828. Taschenbuch für Frauenzimmer. Berlin 1779-84. - Taschenbuch für edle deutsche Frauen. Leipzig 1801. - Gedichte. Berlin 1782, 1786, 1802. - Criminal-

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Geschichte. Berlin 1792. - Kriminalgeschichten. Ein Beitrag zur Erfahrungslehre. Berlin 1828-32. Lit.: Czygan, Paul: Zur Geschichte der Tagesliteratur während der Freiheitskriege. Leipzig 1909-11. - Weber, Ernst: Die Lyrik der Befreiungskriege (1812-15). Stuttgart 1990. - Killy (= DB 9), 14362-14365. Müller, Andreas Moralische Geschichten: Nr. 556. Weitere Werke: Lesebuch für Landwirthe über die wichtigsten Gegenstände der Landwirtschaft. Stuttgart: Magazin für Litteratur 1806; 2. Aufl. ebd. 1808. Müller, Ferdinand, (1777-1846), Amtskommissar, Schriftsteller (eigentl. Haberland, Friedrich Wilhelm), prot. Moralische Geschichten: Nr. 561. Lit.: DBA, Fiche I 446,80-82; 866,438. - Hamberger/Meusel. - Raßmann: Pseudonyme. - Neuer Nekrolog. Müller, Heinrich (August), *1766 Greußen bei Erfurt, |2.8.1833 Wolmirsleben bei Magdeburg, Prediger, Jugendbuchautor, prot. Nach dem Theologiestudium 1797 Prediger in Menz bei Magdeburg, 1813/14 preußischer Feldprediger in den Befreiungskriegen, ab 1815 Prediger in Wolmirsleben. Seit 1798 veröffentlichte M. zahlreiche erzählende Texte und pädagogische Abhandlungen, vorwiegend für Kinder und Jugendliche. Als Unterhaltungsautor bediente er mit romantisierenden „Schauergemälden", Ritterund Räubergeschichten, Erzählungen aus Übersee und „düsterer Vorzeit" ein breites Publikum. Von christlich-aufklärerischer Haltung geprägt sind seine Schriften für die Jugend, die Mahnung und Warnung, praktische Unterweisung, aber auch erbauliche Unterhaltung boten. Mit einer Reihe von Lehr- und Lesebüchern erzielte M. breite, über seinen Tod hinaus anhaltende Wirkung. Moralische Geschichten: Nr. 558-562. Weitere Werke (Auswahl): Selbstmord und Raserei, die Folgen zärtlicher Liebe. Magdeburg 1789. - Neue moralische Kinderbibliothek. Ebd. 1810. - Der neueste dt. Jugendfreund [..]. Quedlinburg 16. - Schauergeschichten aus Spaniens furchtbarem Inquisitionsgericht. Ebd. 1819. - Albert Graf v. Reinstein [..]. Ebd. 1819 (Rittergeschichten). - Jesus, wie er lebte und lehrte. Ebd. 1819. Teufeleien in und außer dem Ehestande. Ebd. 1822. - Boja, das schöne Räubermädchen, oder der große Teufel. Ebd. 1825. - Neue moralische Erzählungen für die Jugend. Ebd. 1826. - Das neue Bildungsbuch ... für die lieben Kinder. Frankfurt/Main 1829.

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Lit.: DBA, Fiche I 868,207-210. - Goedeke 6, S. 400 ff. - Göbels, Hubert: M. In: LKJL 2. - Killy (= DB 9), 14477f. - Neuer Nekrolog. - Brümmer 1. Müller, Johann Ernst Friedrich Wilhelm, * 16.9.1767 Wien, f 31.1.1807 Wien, Schriftsteller, Übersetzer, prot. Schüler im Dessauer Philanthropin, anschließend Studium in Halle und Göttingen, 1797 Habilitation in Erlangen. Erste poetische Versuche als Student, denen später aber nur ein kleines literarisches Werk folgte, bestehend aus anonymen, von seiner Wieland-Begeisterung kündenden Zeitschriftenbeiträgen. Kritiker und Publikum fanden an M.s Texten wenig Gefallen. Moralische Geschichten: Nr. 563. Weitere Werke: Adelbert der Wilde, ein Gedicht in zwölf Gesängen. 2 Bde., Leipzig 1793. - Oden, oder die Auswanderung der Asen. Aus dem Schwedischen des Karl Gustav Leopold. Leipzig 1805 (Trauerspiel). Lit.: Wurzbach. - Brümmer. - Oskar Katann: F. A. M. als Epiker. Diss. Wien 1909. Müller, Johann Nepomuk, (1798-1864), Geistlicher, Dompräbendar in Freiburg, Schuldekan in Offenburg, Pfarrer in Überlingen. Erbauungsschriftsteller, Landwirt, Historiker, kath. Moralische Geschichten: Nr. 564-567. Lit.: DBA, Fiche I 871,1-6; II 922,154. - Mendl, S. 435. - Jäger: Literarisches Freiburg im Breisgau. Freiburg i. Br. 1839. - Kehrein. - Necrologium Friburgense: Verzeichnis der Priester, welche im ersten Semisaeculum des Bestandes der Erzdiöcese Freiburg im Gebiete u. Dienste derselben verstorben sind. 1827ff. In: Freiburger Diöcesan-Archiv Bd. 16 (1883); 1965-60. Musäus, Johann Karl August, *29.3.1735 Jena, f28.10.1787 Weimar, Gymnasialprofessor, Schriftsteller, Literaturkritiker, prot. M., Sohn eines Landrichters, studierte 1754-58 Theologie und klassische Philologie in Jena, 1763 Pagenhofmeister in Weimar, 1769 Professor am Gymnasium ebd., ab 1766 Literaturkritiker fur Nicolais „Allgemeine deutsche Bibliothek". Berühmt wurde M. durch seine „Volksmärchen der Deutschen", die in fünf Teilen 1782-86 in Gotha erschienen (Neudr. der Erstausg. München 1976). Es handelt sich um eine Bearbeitung von Legenden-, Sagen- und Märchenstoffen, in die M. ironisch und satirisch Zeitbezüge einwebt. Volks- und Aberglauben setzt er spielerisch ein. In einer Vorrede rechtfertigt M. die Herausgabe von Märchen mit dem Hinweis auf die Bedeutung der „Phantasie", des „Wunderbaren" und des „Außerordentlichen" neben dem Verstand. Bei M. tauchen Motive auf, die 1812/15 auch in Grimms Kinder- und Hausmärchen

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vorkommen, doch M. schreibt im Geist der Aufklärung sowohl für Kinder wie fur Erwachsene. Am bekanntesten wurden die Sagen von Rübezahl und die weitverbreitete Geschichte vom doppelt beweibten Grafen von Gleichen (vgl. Wandmalereien im Erfurter Rathaus). Moralische Geschichten: Nr. 568-570. Weitere Werke: Das Gärtnermädchen. Weimar 1771. - Nachgelassene Schriften, hg. v. August v. Kotzebue. Leipzig 1791. - Moralische Kinderklapper. Frei nach Monget. Gotha 1794. Neudr. Leipzig 1968. Lit.: DBA, Fiche 878, 315-3120; 1095; 265. - Michael, Friedrich: Zur Unterhaltung des Geistes. M., Die Volksmärchen der Deutschen. In: Ders.: Der Leser als Entdecker. Sigmaringen 1983. - Carvill, Barbara: Der verführte Leser. J. K. A. M.' Romane und Romankritiken. New York/Bern u. a. 1985 (mit ausführt. Bibliogr.). - Klotz, Volker: M. In: Ders.: Das europ. Kunstmärchen. Stuttgart 1985. - ADB 23, S. 85-90. - Brüggemann/Ewers 1982, 1236. - LKJ 2, 523-525. - Killy (= DB 9), 14627-14632. Mutschelle, Sebastian SJ, * 18.1.1749 Allershausen bei Freising, f28.11.1800, Geistlicher, Schulkommissar, Professor für Moraltheologie, kath. M., Sohn eines Müllers, besuchte das Jesuitengymnasium in München, 1765 Novize bei den Jesuiten in Landsberg, nach Ablegung der Gelübde Grammatik-Lehrer in den Unterklassen des Münchner Gymnasiums. Nach Aufhebung des Ordens Fortsetzung seiner Studien an der Universität Ingolstadt, anschließend Hauslehrer in München, Wallfahrtsprediger in Altötting und Pfarrvikar in Mattighofen, 1779 Konsistorialrat in Freising und Übernahme des Schulkommissariats. M. setzte die Schuldgeldfreiheit, eine Bildungsreform, die Verbesserung der Lehrpläne und eine Verlebendigung des Unterrichts durch. Er arbeitete an Sailers Gebetbuch (1783 u.ö.) mit, schrieb eine „Geburts- und Jugendgeschichte Jesu" und ein „Leben Jesu". Diesem fügte er eine „Anweisung, die Evangelien mit Nutzen und Einsicht zu lesen" bei und gab ein Neues Testament in Deutsch heraus. M. beschäftigte sich mit Kant und wurde zu seinem bedeutendsten Ausleger im katholischen Deutschland. Seit 1793 Pfarrer in Baumkirchen, 1799 Professor für Moral und Pastoral am Lyceum in München. M. gilt als einer der aufgeklärtesten Theologen Deutschlands. Er versuchte mit Hilfe der kantischen Philosophie, die er im Unterschied zu Sailer schätzte, den Rationalismus zu überwinden und eine Sittlichkeit zu popularisieren. Werke: Moraltheologie, oder theologische Moral, vorzüglich zum Gebrauche für seine Vorlesungen. Erster Teil, allgemeine Moral. München 1801. - Über das sittlich Gute. München 1788. - Versuch einer solchen faßlichen Darstellung der kantischen Philosophie, daß hieraus das brauchbare und wichtige derselben für die Welt einleuchten möge. Erstes Heft. Erste Hauptfrage: „Was kann ich wissen?" O.o., o. J. [München 1799],

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Lit.: DBA, Fiche I 879,232-334; II 932,164-168. - Hamberger/Meusel. - Keller, Christoph: Das Theologische in der Moraltheologie. Eine Untersuchung historischer Modelle aus der Zeit des deutschen Idealismus, 87-192 (Lit.). Jöcher/Adelung, Bd. IX, Sp. 277f. - ADB 23, S. 115f. - LThK 2VII, S. 707. Meusel: Schriftsteller. - Döring: Theologen. - Eisler, Rudolf: PhilosophenLexikon. Leben, Werke und Lehren der Denker. Berlin 1912. - Kosch. - RGG. - BBKL VI (1993), Sp. 404f. Nack, Karl Aloys OSB, (1751-1828), Geistlicher, Neresheim, Verfasser von Gebetbüchern, kath. Werke: Katholisches Gebetbuch zum allgemeinen Gebrauche. Rechtm. verm. u. verb. Orig.-Ausg. Augsburg 1823. - Katholisches Gebethbuch, bestimmt für alte Leute. Kempten 1796, 640 S. - Geistliches Senfkörnlein. Kath. Gebetbüchlein für alle Stände, Zeiten und Verhältnisse. Winterberg o. J. [ca. 1830]. Lit.: DBA, Fiche I 882,105-117; II 933,224. - ADB 23, S. 201. - Hamberger/Meusel. - Gradmann. - Felder. - Kosch. - Bayrle-Sick, Norbert: Katholische Aufklärung als staatsbürgerliche Erziehung. Leben und Werk des Volkserziehers K. A. N. OSB von Neresheim 1751-1828. Mit einer Reihenuntersuchung katechetischer Schriften 1668-1837 (= Dissertationen Philosophische Reihe, 15; zugl. Diss. Univ. Augsburg 1994). St. Ottilien 1995. Nagel, Anton, *6.5.1742 Moosburg, f20.7.1812 Moosburg, Geistlicher, Schriftsteller, Historiker, kath. Gymnasium in Landshut, Lyzeum in Freising, Erzieher in München, 1775 Kaplan in Marching/Donau, 1790 Pfarrer in Rohr/Ilm, wo er als Schulinspektor auf den jungen Johann Andreas Schmeller stieß und ihn von da an förderte. Als 1803 ein Großteil seiner Werke bei einem Brand verloren ging, gab N. sein Amt auf; 1807 erhielt er ein Benefizium in Moosburg. N., Illuminât, zudem als Historiker ab 1803 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, gilt als Vertreter der praktischen Volksaufklärung und pflegte Freundschaft mit den gleichgesinnten Anton von Bucher und Lorenz von Westenrieder. Formal „an den Sturm und Drang angelehnt, verfolgte er die aufklärerische Intention mit starken Überzeichnungen" (Killy, 14728f.). Moralische Geschichten: Nr. 573. Weitere Werke: Die Schule der Handwerker. Teilabdr. in: Churpfalzbaier. Intelligenzblatt 3 (1804), S. 42ff. - Eine Revolutions-Scene. In: Aurora 64 (1804), S. 254f. - Abschnitzeln aus dem häuslichen Leben eines Schneidermeisters. München 1820. - Johann Aventin's, genannt Thurmaier, Haus- und Hand-Kalender, mit A. N.'s Erläuterungen; mitgetheilt von G. M. Gandershofer. Regensburg 1843. - [Anonym:] Grundriß des Schelmenländels der Roß-

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diebe in der Hallertau. In: Unsere Heimat. Wolnzacher Anzeiger 94 N. F. 9 (1953), S. 35. Lit.: DBA, Fiche I 882,405-414; II 934,195. - Münchener Allg. Lit. Ztg. 1 (1820), S. 4ff. - Kraus, Andreas: Die historische Forschung an der Churbaier. Akademie der Wiss.en 1759-1806. München 1959. - Egner, Heinrich: Nachw. In: A. N.: Bürgeraufruhr in Landshut. Neudr. Landshut 1989, S. 1-23. - ADB 23, S. 213f. - Hamberger/Meusel. - Jöcher/Adelung. - Baader. - Kehrein. Brammer 1. - Wienstein: Dichter. - Kosch. - Killy (= DB 9), 14728f. Nägeli, Johann J., (1736-1806), Geistlicher, Schweizer Musterdorfpfarrer. Moralische Geschichten: Nr. 574. Weitere Werke: Unterricht von Pflanzung und Nuzung der Erd-Apfel. Zum Besten des Lieben Landmanns verfaßt von J. J. N. Zürich 1771. - Die Pflicht des Gesindes, oder christlicher Unterricht für Diener und Mägde, was dieselben vorher zu bedenken haben, ehe sie in den Dienst gehen, und wie sie sich in ihrem Dienst gottselig treu und vorsichtig auffuhren sollen damit es ihnen zeitlich und ewig wohlgehe. Berlin 1771. Lit.: DBA, Fiche I 882,348; 882,350-351. - Lutz, Markus: Nekrolog denkwürdiger Schweizer aus dem 18. Jahrhundert. Aarau 1812. - Hamberger/Meusel. Jöcher/Adelung. Niebuhr, Carsten, * 17.3.1733 Lüdingworth bei Hannover, |26.4.1815 Meldorf, Reiseschriftsteller. 1760 Ingenieurleutnant in Kopenhagen. Als 1761 König Friedrich V. eine Reisegesellschaft mit der Erkundung Arabiens beauftragte, war N. als Geograph mit von der Partie. Da seine vier Gefährten unterwegs verstarben, übernahm er deren Aufgaben und kehrte 1767 alleine nach Dänemark zurück. Seine Beschreibungen des Vorderen Orients fanden bei Zeitgenossen große Beachtung. Er avancierte 1768 zum Kapitän, trat 1778 in den Zivildienst und wurde zum Justizrat und Landschreiber in Meldorf/Süder-Ditmarschen ernannt. N. ist der Vater des berühmten Historikers Barthold Georg N. (1776-1831). Der bayerische Aufklärer Heinrich Braun rezipierte N.s Arbeiten. Werke: Beschreibung von Arabien. Kopenhagen 1772. - Reisebeschreibung nach Arabien und den angrenzenden Ländern, 2 Bde. 1774-78; Bd. 3 posthum ediert 1838. Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 265. - N D B 19, S. 217ff. - ADB 23, S. 66Iff.

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Nieritz, (Karl) Gustav, *2.7.1795 Dresden, f 16.2.1876 Dresden, Lehrer, Volks- und Jugendschriftsteller, prot. N., Sohn eines Elementarlehrers, wurde 1828 Nachfolger seines Vaters und war 1841-54 Direktor der Bezirksschule Dresden. Seinem ersten schriftstellerischen Versuch, dem „Pommeranzenbäumchen" (1830 in der Dresdner Zeitschrift „Merkur"), folgten 117 Bände Jugendschriften, die ihn neben Christoph von Schmid und Christian Gottlob Barth zum erfolgreichsten Volks- und Jugendschriftsteller des 19. Jahrhunderts machten. Ob in historischen Erzählungen oder in Stoffen aus der Gegenwart, stets sind seine Werke Fluchtliteratur auch fur ihn selbst aus der Misere des Alltags und der Armut, und stets spiegelt er wie seine Kollegen „seinen Lesern eine nicht vorhandene, unter Gottes Lenkung wohl funktionierende Welt vor" (Schenda, S. 172). N. arbeitete seit 1838 am Jugendalmanach „Weihnachtsblüthen" des Stuttgarter Dekans Gustav Plieninger mit. Moralische Geschichten: Nr. 582-600. Weitere Werke: Derblinde Knabe. Berlin 1837. - Der junge Trommelschläger und der gute Sohn. Berlin 1838. - Die Negersklaven und der Deutsche. Berlin 1841. - Das wüste Schloß. Berlin 1844. - Der Bettelvetter oder: die drei Bleikugeln. Berlin 1845. - Georg Neumark und die Gamba... Berlin 1845. - Die Hussiten vor Naumburg. Leipzig 1853. - Edelmann und Bauersmann. Leipzig 1854. - Die Türken vor Wien. Leipzig 1855. - Potemkin, oder: Herr und Leibeigener. Leipzig 1858. - Deutschlands Erniedrigung und Erhebung. Leipzig 1863. - Zwei Könige und drei Bitten. Oder: Die gute alte Zeit. Leipzig 1863. Wie ich zum Schriftstellern kam. In: Centralblatt fur dt. Volks- und Jugendlit. 1 (1857), S. 3652. - Ausgew. Volkserzählungen, hg. v. Adolf Stern. Leipzig 1906. - Hg.: Deutscher Volkskalender (teilw. u. d. T. „Sächsischer Volkskalender" und „Deutsches Volksbüchlein für Jung und Alt" 1845-50 auch u. d. T. „Preußischer Volkskalender"), Leipzig 1842-50. N. F. Jg. 127, 1851-77. Lit.: DBA, Fiche I 900,336-345; II 950,257-268. - Seifert, Ewald: G. N. und das philanthropine Schrifttum. Diss. Wien 1945. - Schenda, Rudolf: Volk ohne Buch. Frankfurt/M. 1970, S. 170ff. u.ö. - Bertlein, Hermann: N. In: LKJL II, S. 555f. - Killy (= DB 9), 15017f. - ADB 23, S. 688f. - Heindl. - Haan. Nagler. - Sächsische Lebensbilder. 4 Bde. Dresden 1930-1941. - Thieme/Becker. Nister, Friedrich, (1801-1846), Pfarrer und Volksschriftsteller, Hessen. Moralische Geschichten: Nr. 602. Lit.: DBA, Fiche I 902,96-97. - Neuer Nekrolog. - Scriba, Heinrich Eduard: Biographisch-literärisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im 1. Viertel des 19. Jahrhunderts. 2 Bde. Darmstadt 1831-43.

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Nonne, Carl Ludwig, (1785-1854), Theologe, Zeitungsverleger, prot. N., Sohn eines herzoglichen Beamten, aufgewachsen auf dem Dorf bei einem Landpfarrer, stand bereits familiär in der Tradition volksaufklärerischer Publizistik. N. zeigte besonderes Interesse an den pädagogischen Strömungen der Zeit und widmete seine Aufmerksamkeit dem Schulwesen des Herzogtums Hildburghausen. Als Schul- und Kirchenrat war er ab 1826 mit dem Aufbau und der Leitung des gesamten Schulwesens im vereinigten Herzogtum Sachsen-Meiningen betraut. Auf sein Anraten hin wurde im Herzogtum Hildburghausen, wo er später Oberkonsistorialrat war, 1810 die „Pestalozzische Lehrart" an allen Elementarschulen eingeführt, und N. überschwenglich als „Apostel Pestalozzis" gefeiert, den er neben anderen bekannten Pädagogen wie Karl August Zeller, Philipp Emanuel Fechenbach und Hans George Nägeli, persönlich kennengelernt hatte. Ab 1818 brachte N. zusammen mit dem Hofbuchhändler und Verleger Georg Friedrich Kesselring, dem Arzt Carl Hohnbaum und dessen Vater, Superintendent Christoph Hohnbaum aus Rodach, die „Dorfzeitung" heraus, ein Wochenblatt für den „Bauern und Landmann", die trotz restaurativer Zensurpolitik über ein Jahrhundert bestand. Von 1845 an entwickelte sie sich unter N.'s Sohn zum thüringischen Heimatblatt und endete, nachdem sie 1923 vom Vogel-Verlag Pößneck übernommen worden war, 1932 in der „Thüringer Tageszeitung", dem Organ der NSDAP. Moralische Geschichten: Nr. 184. Lit.: DBA, Fiche II 955,133. - Mitteldeutsche Köpfe. Lebensbilder aus einem Jahrtausend. Frankfurt/Main 1959. - Demme, Wilhelm Ludwig: C. L. N. In: Pädagogisches Jb. f. Lehrer und Schulfreunde 7 (1857), S. 1-38. - Kaiser, Ernst: Dr. L. N. der Schulreformator und „Pestalozzi Thüringens" (= Heimatbücher, Kreisstelle für Heimatforschung Hildburghausen). Weimar 1848. ADB 23, S. 766. - Treiber, Angela: Die Dorfzeitung von Hildburghausen als evangelisches Lektüreangebot. Zum Wandel medialen Wissenstransfers im frühen 19. Jahrhundert. In: JbfVk NF 22 (1999), S. 72-92. - Greiling, Werner: Presse und Öffentlichkeit in Thüringen. Mediale Verdichtung und kommunikative Vernetzung im 18. und 19. Jahrhundert (= Veröff. d. Hist. Komm. f. Thüringen: Kleine Reihe 6; teilw. zugl.: Habil.-Schrift Univ. Jena 1996). Köln u.a. 2003, S. 493f. Oberlin, Johann Friedrich, *31.8.1740 Straßburg, fl-6.1826 Waldersbach/Elsaß, Geistlicher, prot. O., Sohn einer angesehenen und frommen Gelehrtenfamilie, kam frühzeitig in Kontakt mit pietistischen Erneuerungsbestrebungen. Er verpflichtete sich zu „mystischer Herzensreligiosität, strenger Selbstdisziplin, tätiger Nächstenliebe, vielseitigem Bildungsfleiß und geistlicher Existenz" (Killy, 15232). 1756-63 studierte O. in Straßburg, wo er neben theologischen auch naturwissenschaftli-

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che, juristische und medizinische Vorlesungen und sogar einen Anatomiekurs besuchte. Das Studium schloß er mit der Promotion zum Dr. phil. ab (John W. Kurtz: J. F. O., 1982, S. 18-24). Nach einer Hauslehrer-Phase 1763-65 legte er 1767 das theologische Examen ab und wurde 1768 zum Pastor des verarmten, infrastrukturell benachteiligten und kulturell abgekapselten Pfarrsprengels Waldersbach im Steintal/Vogesen bestellt. Gegen erhebliche Widerstände etablierte er sich dort als ökumenisch gesinnter Seelsorger, Reformer, Arzt und Pharmazeut. Er gestaltete die protestantische Enklave zu einer Musterdomäne und pietistischen Idealgemeinde um, in denen er Alphabetisierungskampagnen startete und das Schulwesen ausbaute. Darüber hinaus ging er mit Straßenbau, Entsumpfung, Abklärung strittiger Wald- und Weiderechte sowie Ansiedlung von Handwerks- und Gewerbebetrieben gegen die Strukturschwäche des Steintals vor. Neben Genossenschaftssparkasse und „diakonischem Hilfswerk" diente die Förderung weiblicher Berufstätigkeit der sozialen Absicherung finanziell gefährdeter Gemeindemitglieder. Im September 1769 erfuhr er, daß ein Pfarrgemeinemitglied namens Sara Banzet aus eigenem Antrieb eine Strickstube für Kinder unterhielt (vgl. eine solche Einrichtung auf dem Titelbild des vorliegenden Bandes). Diese Idee griff O. auf und richtete Kleinkinderschulen ein, die mehr waren als bloße „Kinderbewahranstalten". Darauf aufbauend gab es besondere Strick- und Nähschulen, in denen Mädchen sich auf eine spätere Erwerbstätigkeit vorbereiten konnten. 1791 begründete O. das Diakonissenamt im Steintal. In seinen sozialpädagogischen Bemühungen wurde er durch Luise Scheppler (1763-1837) unterstützt, die nach dem Tod seiner Frau (1783) auch dessen Haushalt übernahm. Als sich der Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-92) 1777 wegen einer Geisteskrankheit in Privatpflege begeben mußte, fand er bei O. Unterschlupf. Sein tragisches Schicksal zur Zeit seines Aufenthalts dort wurde 1839 von Georg Büchner in der berühmten Erzählung „Lenz" thematisiert, die weitgehend wörtlich auf den Tagebuchbericht O.s zurückgeht. Selbst hat O. weder seine Tagebücher, noch seine Predigttexte und diversen Handlungsanleitungen veröffentlicht. Er wurde durch seine praktischen Erfolge berühmt. Jung-Stilling und Lavater priesen die Neuerungen „Papa Oberlins" enthusiastisch, Zar Alexander stellte ihm einen Schutzbrief aus (1814), in Ohio/USA wurde eine Stadt seines Namens gegründet (1833), und zahllose O.-Gesellschaften mit pädagogischen Zielsetzungen entstanden. Als literarische Gestalt figuriert O. in Friedrich Lienhards Roman „Oberlin" (Stuttgart 1910). Werke: Berichte eines Visionärs. Mitgetheilt v. G. H. v. Schubert. Leipzig 1837. - Zion und Jerusalem, nebst einem Anhang über den goldenen Rauchaltar und die levitischen Schaubrode, ein Vermächtnis für die Gläubigen, die in Christo wandeln und sich nach der ewigen Heimath sehnen. Stuttgart 1841, 2. Ausg. ebd. 1858.

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Lit.: J. F. O.s [...] vollständige Lebensgeschichte und gesammelte Schriften, hg. v. Joseph Leonhard Hilpert, Daniel Ehrenfried Stoeber und W. Burckhardt. Stuttgart 1843. - Schering, Ernst: Sternstunde der Sozialpädagogik, 1959. Psczolla, Erich: J. F. O. Gütersloh 1979. - Ders.: J. F. O., 1979 (Lit.). - Ders.: Aus dem Leben des Steintalpfarrers O., 1987. - Kurtz, John W: J. F. O. Sein Leben und Wirken. Metzingen 1982, 2 1987 (Bibliogr.). - Miladinovic, Mira: Georg Büchners „Lenz" und J. F. O.s Aufzeichnungen. Eine vergleichende Untersuchung. Frankfurt/Main 1986. - Georg Büchner: Lenz. Im Anhang: J. F. O.s Bericht „Herr L.", hg. v. Hubert Gersch. Stuttgart 1986. - Georg Büchner: Lenz und O.'s Aufzeichnungen in Gegenüberstellung, mit Materialien. Ausgewählt und eingeleitet von Heinz-Dieter Weber. Stuttgart 2000. - Killy (= DB 9), 15232ff. - ADB 24, S. 99-102. - RGG 3IV, 1550f. - BBKL VI (1993), Sp. 1074ff. Oertel, (Philipp Friedrich) Wilhelm, *15.8.1798 Horn bei Simmern im Hunsrück, f 14.10.1867 Wiesbaden, Geistlicher, Schriftsteller, reform. O., Sohn eines reformierten Pfarrers, studierte ab 1815 Theologie in Heidelberg, wo er Jean Paul und den damals 75jährigen Johann Heinrich JungStilling, den Patenonkel seiner späterer Ehefrau Antonie Henriette kennenlernte. 1819 weihte ihn sein Vater für das geistliche Amt, 1820 war O. Pfarrverwalter in Manubach, 1822 Pfarrer ebd., ab 1835 Pfarrer und Superintendent der Synode in Sobernheim, später dort auch Schulinspektor. H. engagierte sich karitativ: er richtete eine Kasse zur finanziellen Unterstützung von Pfarrwitwen ein, gründete einen Leseverein, einen Frauen-Verein, widmete sich der Erwachsenenbildung. Nach zaghaften Schreibversuchen in den 1820er Jahren, mit denen er sein damals dürftiges Einkommen aufzubessern suchte, entwikkelte er sich ab den 1840er Jahren zu einem viel gelesenen „Volks- und Jugendschriftsteller". Bis zu seinem Ruhestand 1863 lebte er in Sobernheim. Die letzten vier Jahre seines Lebens verbrachte er aus gesundheitlichen Gründen in Wiesbaden. Sein bekanntestes Werk waren die Jahrgänge der „Spinnstube". H. war Beiträger verschiedener Zeitschriften, u. a. der „Gartenlaube". Moralische Geschichten: Nr. 606-641. Weitere Werke: Sämmtliche historisch-romantische Erzählungen und Geschichten. 3 Bde. Frankfurt/Main 1833/34. - Friedel. Darmstadt 1845 [Erzählungen], - Horn'sche Volks- u. Jugendbibliothek 77 Bde. Wiesbaden 1853-68. - Die Maje. Monatszs. Wiesbaden 1858ff. (8 Jgg.). - Der Rhein. Geschichten und Sagen seiner Burgen, Abteien, Klöster u. Städte. Wiesbaden 1867. Neudr. Eltville 1978. Lit.: DBA, Fiche 24, 435-437. - Diener, Walter: W. O. v. H. (Wilhelm Oertel) als Heimat- und Volksschriftsteller. Phil. Diss. Straßburg. Bonn 1916. - [Oertel, Hugo:] W. O. v. H. (Wilhelm Oertel). Ein wahrer Freund des Volkes. Ein

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Lebensbild, fur das deutsche Volk gezeichnet von einem der ihn lieb gehabt hat. Wiesbaden 1868. - Niem, Christina: „Eine Geschichte, der Jugend und dem Volke erzählt". W. Ο. v. H. und sein Kalender „Die Spinnstube". In: Volkskunde in Rheinland-Pfalz 13 (1998), H. 2, S. 50-61. - Hugo Oertel: W. Ο. v. H. Wiesbaden 1868. - Müller-Salget, Klaus: Erzählungen fur das Volk. Evangelische Pfarrer als Volksschriftsteller im Deutschland des 19. Jh. Berlin 1984, S. 142-147. - Killy (= DB 9), 15267f. Oest, Johann Friedrich, (1755-1815), Lehrer. Moralische Geschichten: Nr. 642. Weitere Werke: Für Eltern, Erzieher und Jugendfreunde über die gefahrlichste und verderblichste Jugendseuche. Eine aus dem 6. Theile des Revisionswerks besonders abgedruckte Preisschrift, hg. v. J. H. Campe. Wolfenbüttel 1787. Lit.: DBA, Fiche I 913,160-165. - Kordes. - Hamberger/Meusel. - Lübker/Schröder: Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1796 bis 1828. 2 Bde. Altona 1829-30. - Jöcher/Adelung. - Alberti I. Oetinger, Friedrich Christoph, *6.5.1702 Göppingen, |10.2.1782 Mirrhardt, Theologe, Theosoph, Mystiker. Pseud.: Halatophilus Irenaeus; Verw. Formen: Irenaeus, Halatophilus; Irenäius, Halatophilus, prot. Besuch der Lateinschule und des Seminars in Blaubeuren und Bebenhausen bei Tübingen. 1727 Studium an der Universität Tübingen, 1729 erste Kandidatenreise, 1731-38 Repetent, 1733-37 zweite Kandidatenreise, 1738 Pfarrer in Hirsau bei Calw, 1743 Pfarrer in Schnaitheim, 1746 in Walddorf, 1752 Dekan in Weinsberg, 1759 in Herrenberg, 1766 Prälat in Murrhardt. O. war neben Johann Albrecht Bengel und Philipp Matthäus Hahn maßgeblich an der Ausbreitung des Pietismus in Württemberg beteiligt. Moralische Geschichten: Nr. 643, 644. Bibliographie: Heyd, Wilhelm: Bibliographie der württembergischen Geschichte 1 (1895) ff., sodann in: Landesbibliographie Baden-Württemberg 1 (1973) ff. Lit.: DBA, Fiche I 589,296; 913, 419-459; II 964, 350-369. - Schäfer, Gerhard: F. C. O., der württembergische Präjat und Theosoph. In: Schwäbische Heimat 33 (1982), S. 167-175. - Wehr, Gerhard: Profile christlicher Spiritualität: Hildegard von Bingen, Meister Eckhart, F. C. O., Novalis. Schafhausen 1982. - Hauss, Friedrich: Die uns das Wort Gottes gesagt haben. Lebensbilder und Glaubenszeugnisse aus dem schwäbischen Pietismus: Johann Albrecht Bengel, Johann Friedrich Flattich, F. C. O. Neuhausen-Stuttgart 1978. - Wehr, Gerhard: F. C. O., Theosoph, Alchymist, Kabbaiist (= Fermenta cognitionis,

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Bd. 3). Freiburg i. Br. 1978. - Meusel: Schriftsteller. - ADB 24, S. 538f., Erg. ADB 28, S. 808. - Hirsching. - Jöcher/Adelung. - Hörner, Otto Friedrich: Alphabetisches Verzeichnis oder Lexicon der itztlebenden Schwäbischen Schriftsteller. Aus des berühmten Herrn Prof. Hambergers in Göttingen Gelehrtem Deutschlande gezogen, mit vielen Zusätzen vermehret und einer Vorrede begleitet Nördlingen 1771. - Döring: Theologen. - Brümmer 1 - Raßmann: Pseudonyme. - Wetzer/Welte. - RE. - LThK. Oltrogge, Carl, (1807-1876), Schuldirektor, Fachautor fur Pädagogik. Moralische Geschichten: Nr. 645, 646. Lit.: DBA Fiche II 968,245. - Allgemeine hannoversche Biographie. 3 Bde. Hannover 1912-1916. Paldamus, Friedrich Christian, (1763-1806), Prediger, Dichter, Hauslehrer, prot. Lit.: DBA, Fiche I 928,127-133. - Hamberger/Meusel. - Jöcher/Adelung. Döring: Theologen. - Schmidt: Schriftsteller-Lexikon. Pa(t)zke, Johann Samuel, *14.12. (oder 24.10.) 1727 Frankfurt/O, 114.10. (oder 14.12.?) 1787 Magdeburg, Geistlicher, prot. P., Sohn eines mittellosen Zollbeamten, besuchte Schule und Universität (Frankfurt/Oder, Halle) als Stipendiat. Mit Gelegenheitsgedichten besserte er seine Kasse auf. „Beispielhaft für aufklärerische Erziehungs- und Tugendideen waren seine Gedichte, die 1799 von Rudolph Zacharias Becker in das Mildheimische Liederbuch aufgenommen wurden" (Killy, 15683). Seit 1755 Pfarrer, ab 1762 in Magdeburg, machte P. sich als Prediger mit rhetorischem und volksbildnerischem Impetus einen Namen. Der Volksaufklärung verpflichtet war seine Herausgeberschaft der Wochenschriften „Der Greis" (16 Tie., Magdeburg 1763-69. Nachdr. 4 Bde., Leipzig 1781), „Der Wohlthäter" (6 Bde., Magdeburg 1772/73) und „Wöchentliche Unterhaltungen" (zus. mit Schummel und Georg Heinrich Berkhan. 3 Tie., ebd. 1777 bis 1779). P. war überzeugt, daß die Bestimmung des Menschen die Religion sei. Von dieser Prämisse aus betrachtet er die Zufälle des Lebens, Glück und Unglück, Würde, Vergnügen der Sinne, Trübsal, Tod, Freudigkeit im Tode, das Leben nach dem Tode, die Zwischenwelt der Geister etc. Moralische Geschichten: Nr. 648, 649. Weitere Werke: Gedichte. Halle 1750. - Gedichte und Erzählungen. 3 Tie., ebd. 1752-54. - Lieder und Erzählungen. 3 Bde. Halle/Leipzig 1752-54, 64 S., 112 S. u. 104 S. - Predigtsammlungen. Berlin 1760-65; Magdeburg 1775, 1777, 1789. Berlin/Liebau 1789. Dessau 1794. - Freundschaftliche Briefe.

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Frankfurt am Main/Leipzig 1760, u. d. T. „Briefe vom Verfasser des Greises". Leipzig 1767. - Die Bestimmung des Menschen. 1770. - Betrachtungen über die wichtigsten Angelegenheiten des Menschen. Eine Beilage zum „Greis". Helmstädt/Magdeburg 2. Aufl. 1770. - Musicalische Gedichte nebst einem Anhange Lieder für Kinder. Magdeburg/Leipzig 1780 (Dramen). Lit.: DBA, Fiche I 934,163-192; II 985,53. - Hess, Peter: Vom republikanischen zum bürgerlichen Trauerspiel: Zu P.s Virginia-Drama u. dessen Einfluß auf Lessing. In: Archiv 221 (1984), S. 43- 53. - Goedeke 107, 15, 1. - Kosch XI, 952. - ADB 25, S. 238. - Killy (= DB 9), 15683ff. - Denina. - Richter. Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. - Jöcher/Adelung. - Raßmann: Dichter. Döring: Kanzelredner. - Eckstein. - Brümmer 1 u. 2. - Schulz, Walter: Reichssänger. Schlüssel zum deutschen Liederhandbuch. Gotha 1930. Pechmann, Heinrich Freiherr von, (1774-1861), Architekt, Oberbaurat, kath. P. stellt sich auf dem Titelblatt seiner „Geschichte der Gemeinde Wiesenbrunn" (1857) vor als „königlich bayerischer geheimer Oberbaurath, Comthur des Civilverdienstordens vom hl. Michael, Ritter des Militärverdienst-MaxJoseph-Ordens und des Ludwigordens". Moralische Geschichten: Nr. 647. Lit: DBA, Fiche I 937,386-393. - Artistisches München im Jahre 1835 oder Verzeichniß gegenwärtig in Bayerns Hauptstadt lebender Architekten, Bildhauer, Tondichter, Maler, Kupferstecher, Lithographen etc.: Aus den von ihnen selbst entworfenen oder revidierten Artikeln zusammengestellt. München 1836. - Nagler, Georg Kaspar: Neues allgemeines Künstler-Lexikon, oder Nachrichten von dem Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner, Medailleure, Elfenbeinarbeiter, etc. 22 Bde. München 1835-52. - N D B 20, S. 151. Pestalozzi, Ludwig, (1842-1909), Geistlicher, prot. 42 Jahre lang Pfarrer am Züricher Großmünster, war publizistisch aktiv als Herausgeber und Redakteur zweier kirchlicher Blätter. Moralische Geschichten: Nr. 651, 652. Lit.: Finsler, Rudolf: Worte der Erinnerung an Ludwig Heinrich Pestalozzi. Zürich 1909. - Historisch-biograph. Lexikon der Schweiz. Neuenburg V (1929), S. 405. Petermann, Karl Maximilian Wilhelm, (1722-1794), Regierungsrat, prot. Moralische Geschichten: Nr. 653. Lit.: DBA, Fiche I 943,353-370. - Meyer, Andreas: Biographische und littera-

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rische Nachrichten von den Schriftstellern, die gegenwärtig in den Fürstenthiimern Anspach und Bayreuth leben. Erlangen 1782. - Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Gelehrtes Fürstentum Baireuth. 12 Bde. Nürnberg 1792-1805. - Baur. - Richter. - Hirsching. - Jöcher/Adelung. - Meusel: Schriftsteller. Pfaff, Heinrich Ludwig, (1765-1794), Lehrer, Theologe, Prediger, prot. Moralische Geschichten: Nr. 654. Lit.: DBA, Fiche I 948,436-448. - ADB 25, S. 590. - Schlichtegroll. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. - Jöcher/Adelung. - Döring: Theologen. Pfeffel, Gottlieb Konrad, *28.6.1736 Colmar, t l . 5 . 1809 Colmar, Schriftsteller, Pädagoge, prot. Gymnasium in Colmar, anschließend Privatunterricht, ab 1751 Studium der Rechte in Halle, um eine diplomatische Laufbahn einzuschlagen. Doch mußte er schon 1753 infolge eines Augenleidens, das 1758 zur völligen Erblindung führte, das Studium abbrechen. Trotz seiner schweren Behinderung begann er sich als Schriftsteller zu etablieren, selbstlos unterstützt von Margarethe Cleophe Divoux, die er 1759 heiratete. 1773 gründete P. in Colmar seine „École militaire" (seit 1782 „Académie militaire") für meist adelige, protestantische Knaben. Das Erziehungskonzept war im Sinne Basedows ganzheitlich und auf moralische Charakterbildung angelegt. P. knüpfte Kontakte zu Sophie von La Roche, Johann Georg Jacobi und Johann Georg Schlosser und publizierte in Wielands „Neuem Teutschen Merkur", in Jacobis „Neue Iris", in Schubarts „Teutscher Chronik" und in Voß' „Göttinger Musenalmanach". Eng waren P.s Verbindungen zur Schweizer Spätaufklärung um Lavater, Jacob Sarasin und Isaak Iselin. 1776 wurde er Mitglied der „Helvetischen Gesellschaft" in Schinznach. Obgleich überzeugter Aufklärer, blieb P. stets gläubiger und praktizierender Christ. Als Republikaner begrüßte er die Französische Revolution, obgleich er ihre radikale Eskalation ablehnte. Vom Colmarer Jakobinerklub bedroht, mußte er 1792 seine Militärakademie schließen und verlor fast sein gesamtes Vermögen. Mit Artikeln für Cottas Unterhaltungsblätter und seit 1801 mit Übersetzungen für die Präfektur hielt er sich mühsam über Wasser, bis ihm drei Jahre vor seinem Tod Napoleon ein Stipendium aussetzte. P.s spezielle Begabung lag in der Fabel. Zugunsten eines historischen und politischen Klartextes verzichtete er auf Tiere als Protagonisten „und ersetzte das , fabula docet' durch die Aufdeckung des Negativen und einen impliziten Handlungsaufruf' (Killy, 15882). Daß P. für die Verfasser moralischer Geschichten eine Autorität war, bezeugt eine Briefäußerung Sophie von La Roches (Brief an Karl Ludwig von Knebel vom 26.2.1782): „Diese moralischen Erzählungen wünsche ich dem würdigen Pfeffel bekannt zu machen, eh sie gedruckt wer-

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den, weil mir der Beifall seines Geistes und seiner edlen Seele für den Beifall aller Guten Bürge wäre" (zit. n. Maurer, M. (Hg.): „Ich bin mehr Herz als Kopf." Sophie von La Roche. Ein Lebensbild ... München 1983, S. 242). Moralische Geschichten: Nr. 659. Weitere Werke: Werkverzeichnis: Goedeke 4,1, S. 652-655. 7,2, S. 514 f. Einzeltitel: Lieder für die Colmarische Kriegsschule. Köln 1778. - Fabeln der helvetischen Gesellschaft gewidmet. Basel 1783. - Teilausgaben: Skorpion und Hirtenknabe. Fabeln, Epigramme, poetische Erzählungen, Prosa, hg. v. Rainer K. Unbescheid. Memmingen 1970. - Ich aber weiß, was Freiheit ist. Fabeln, Poesie und Prosa, hg. v. Hermann Ebeling. Karlsruhe 1981. - Politische Fabeln und Erzählungen in Versen, hg. v. Helmut Popp. Nördlingen 1987. - Biogr. eines Pudels und Satiren und Fabeln, hg. v. Walter E. Schäfer. Ebenhausen 1987. Lit.: DBA 950, 21-46, 117, 187-188. - Bopp, Joseph Maria: G. Κ. P. als Prosaschriftsteller (= Einzelschriften zur elsäss. Geistes- und Kulturgeschichte, Bd. 4). Straßburg 1917. - Emmerich, Karl: G. Κ. P. als Fabeldichter. In: WB 3 (1957), S. 1-46. - Guhde, Edgar: G. Κ. P. Ein Beitr. zur Kulturgeschichte des Elsaß. Winterthur 1964. - G. K. P.: Satiriker und Philanthrop (1736-1809). Karlsruhe 1986 (Ausstellungskat, mit Werkverz. und Bibliogr.). - Kosch. Killy (= DB 9), 15877-15883. - ADB 25, 614-618. - Brüggemann/Ewers 1982, 1237. - LKJ 3, 32f. - Kühlmann, Wilhelm: Zwischen Empfindsamkeit und Patriotismus. Philanthropisches Programm und populäre Rezeption von G. K. P.s Gedicht „Die Tobakspfeife" (1782). In: G. Κ. P. Satiriker und Philanthrop (1736-1809). Eine Ausstellung der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe 1986, S. 58-76. Pflanz, Joseph Anton, (1819-1883), Lehrer, Volksschriftsteller. Pseud.: Klemens Specht, kath. Realschullehrer in Rottweil, Redakteur und Mitarbeiter verschiedener katholischer Zeitungen, z.B. der periodischen Jugendschrift „Sonntagsfreude für die christliche Jugend" (seit 1856). Moralische Geschichten: Nr. 656. Lit.: DBA, Fiche I 952,428-433; II 1002,224-225. - Mendl, S. 438. - Heindl. Kehrein. - Wienstein: Dichter. - Kosch. Piepenbring, Georg Heinrich, (1763-1806), Apotheker. Werke: Oeconomische Nützlichkeiten, Vortheile und Wahrheiten fur Naturkunde, Landwirtschaft und Haushaltungen. Göttingen 4 Bde. 1790-92. - Über die Schädlichkeit der Bleyglasur der gewöhnlichen Töpferwaaren, nebst Anweisung und rechtem Gebrauch eines andern, bessern, dauerhafteren und gar

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nicht schädlichen Küchengeschirrs. Lemgo 1794. - Teutscher Caffee und Thee, oder die Zwey vorzüglichsten Mittel den ausländischen Caffee und Thee möglichst zu ersetzen. Hannover 1798. - Der erste Unterricht in der vorbereitenden Kräuterkunde fur Anfänger in der Medicin, Pharmacie, Oeconomie und für andere Freunde der Botanik. Gotha 1805. Lit.: DBA: Fiche I 957,264-283; II 1007,2-4. - Jöcher/Adelung. - Hamberger/Meusel. - Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte. 20 Bde. Kassel 1780-1863. - Poggendorff 1-2. - Hirsch: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker (vor 1880). Berlin/Wien 1929-1935 (2. Aufl., 6 Bde). Pischon, Johann Carl, * 12.10.1764 Cottbus, 116.11.1805, Geistlicher, Hofund Garnisonprediger in Potsdam, reform. P. studierte in Halle Theologie, 1790 Prediger der dortigen reformierten Domgemeinde, 1799 bis zu seinem Tod Hof- und Garnisonprediger sowie Inspektor der reformierten Kirchen und Schulen in Potsdam. P. engagierte sich vor allem für Witwen und Waisen und galt als ausgezeichneter Kanzelredner. Zu seinen begeisterten Zuhörern zählten auch König Friedrich Wilhelm III. und dessen legendäre Gemahlin Luise (1776-1810). Neben seinem berühmtesten Werk, dem vierbändigen „Philoikos, zur Beförderung häuslicher Tugend und Glückseligkeit" (1799-1800), trat er vor allem als Autor von Beiträgen und Rezensionen in „Predigerjournal", in der „Allgemeinen Literaturzeitung", in den „Materialien für alle Theile der Amtsführung eines Predigers" und zu Wilhelm Abraham Tellers „Neuem Magazin für Prediger" (1792-1802) hervor. Moralische Geschichten: Nr. 658, 659. Weitere Werke: Predigten an Festtagen und bei besondern Gelegenheiten gehalten, mit einer Abhandlung über Benutzng der Politik auf Kanzeln. Halle 1794. - Predigten in Gegenwart Ihrer Majestäten, des Königs und der Königin von Preußen ... in der Hof= und Garnisonkirche zu Potsdam gehalten. Leipzig 1803. - [Hg. zus. mit G. A. L. Hanstein:] Neue homiletisch=kritische Blätter. Stendal 1803-05 (jeweils 4 Hefte pro Jg.). Lit.: DBA, Fiche I 960,434-442. - Döring: Kanzelredner, S. 297f. - Hamberger/Meusel 1796-1834, Bd. VI, S. 110. - Jöcher/Adelung. Plieninger, Gustav, (1808-1886), Geistlicher, Jugendschriftsteller, prot. Dr. phil, Stadtpfarrer und Dekan in Stuttgart, Herausgeber des Jugendalmanachs „Weihnachtsblüthen" (seit 1837), an dem Gustav Nieritz mitarbeitete. Moralische Geschichten: Nr. 660, 661. Weitere Werke: David Livingstone. Ein Lebensbild des großen Entdeckers und Missionars für die deutsche Lesewelt, besonders die reifere Jugend nach den

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Quellen dargestellt von Dr. G. P. Stuttgart 1885. - Die Geschwister von Marienthal. Stuttgart 1849. - P.G. u.a. (Hgg.): Weihnachtsblüthen. Ein Almanach fur die Jugend auf das Jahr 1837; mindestens 16 weitere Jgg. bis 1853. - Johann Peter Hebel: Ausgewählte Erzählungen des Rheinländischen Hausfreundes, hg. v. G. P. Stuttgart/Berlin/Leipzig, o.J. - Ein Almanach fur die Jugend, hg. v. G. P. Stuttgart 1 (1838) bis mindestens 6 (1843). Lit.: DBA, Fiche I 965,308. - Heindl II, S. 104f. - NDB 20, S. 543 (erwähnt). Pöschmann, Georg Friedrich von, (1766 oder 1768 - 1812), Schriftsteller, Kaufmann, Historiker und Geograph. Moralische Geschichten: Nr. 662, 663. Lit.: DBA Fiche 276,51-60 u. Fiche I 945,97; 968,52-62. - Recke, Johann Friedrich von/Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Estland und Kurland. 4 Bde. Mitau 182732. - Redlich, May: Lexikon deutschbaltischer Literatur. o.O. [Köln] o. J. [1989], - Möller, Christian Friedrich: Verzeichnis der in den beiden Städten Zeitz und Naumburg gebohrnen Künstler, Gelehrten und Schriftsteller, die außerhalb des Stifts Naumburg-Zeitz ihren Wirkungskreis fanden von der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten. Zeitz 1805. - Hamberger/Meusel. Pothmann, Moritz Kasimir, *23.9.1765 Rheda, fl3.2.1842 Lemgo, Prediger, Schriftsteller, reform. P., Sohn eines Gräflich Bentheim-Tecklenburgischer Kornschreibers und Postadministrators, besuchte Schulen in Rheda und Lippstadt, ab 1783 Studium an der Universität Duisburg, bereits 1785 deren Rektor und zugleich reformierter Hilfsprediger in Lippstadt. 1787 Pfarrer in der lippischen Gemeinde H a s t e n beck, 1788 in Varenholz und Eheschließung. P. gründete hier die erste Industrieschule auf lippischem Boden. 1794 Pfarrer der reformierten Gemeinde St. Johann in Lemgo. Dort setzte er sich besonders für den Ausbau der Schulen und der kircheneigenen Gebäude ein. 1822/23 sorgte er für den Bau eines neuen Küsterhauses; in den Dörfern Hörstmar, Lüerdissen und Warmbeckerheide ließ er die Schulen umfassend renovieren und erweitern. In seinen letzten Amtsjahren erblindete er. P. galt nicht nur als ausgezeichneter Kanzelredner, sondern machte sich auch als Verfasser religiöser, „volkskundlicher" und anderer Schriften einen Namen. Von 1807 bis zu seinem Tode fungierte er neben seinem Pfarramt auch als Redakteur der „Lippischen Intelligenzblätter", dem Vorgängerblatt der „Lippischen Landeszeitung" und war Mitarbeiter am „Westfälischen Volkskalender". Sein „Sittenbuch für den christlichen Landmann" (1790) wurde ins Dänische, Niederländische und Tschechische übersetzt.

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Moralische Geschichten: Nr. 664, 665. Weitere Werke: Einige Beweggründe zur Beharrlichkeit auf dem Wege der Tugend bei den gewöhnlichsten Verleitungen. Abschiedspredigt, gehalten in Lippstadt am 25. März 1787. Bielefeld 1787. - Über die schädlichen Folgen der Wahrsagerei. Eine Erzählung für den Landmann. In: Lippische Intelligenzblätter 1788, 6. St v. 9. 2., 44-47. - Nachricht von einer Industrieschule in Varenholz im Lippischen. In: Ewalds Predigerbeschäftigung 1791, H. 7. - Varenholzer Abschieds- und Lemgoer Antrittspredigt. Lemgo 1794. - Eine wahre Schatzgräber-Geschichte aus meiner Nachbarschaft, die vor kurzem erst ans Licht kam. In: Lippische Intelligenzbll. 1790, 13. St, 102ff. - Ein Vorschlag. Veranlaßt durch die Sternbergischen Benestunden im 6., 7. u. 8. St. d. Intelligenz Blätter. In: Ebd. 1792, 12. St., 92-96. - Wilhelm Fassens vorgegebener Fund von Eilf Tausend Reichs-Thalern. Ein Beytrag zur ErfahrungsSeelenkunde fur Criminalrichter und Psychologen. Aus den Acten. Lemgo 1800. - Über Meerschaumene Pfeiffenköpfe überhaupt, und besonders als ein nicht unwichtiger Erwerbszweig für Lemgo betrachtet. Ein Gespräch zwischen einem Lemgoer Pfeiffenfabricanten und einem auswärtigen Kaufmann. In: Lippische Intelligenzblätter 1802, St., 43, 45, 46. - Der Schatzgräber und vorgebliche Geisterbeschwörer Christoph Berendes. In: Westphälischer VolksCalender auf das Jahr 1807, Lemgo 1807, S. 119-135. Lit.: Wehrmann, Volker: Die Aufklärung in Lippe. Ihre Bedeutung für Politik, Schule u. Geistesleben. Detmold 1972. - Rhiemeier, Günter: Die Schule zu St. Johann in und vor Lemgo. Detmold 1985. - Ders.: St. Johann in und vor Lemgo. Aus der Geschichte einer lippische Kirchengemeinde. Lemgo 1998. - Huneke, Friedrich: Die „Lippischen Intelligenzblätter" (Lemgo 1767-99). Lektüre und gesellschaftliche Erfahrung. Bielefeld 1989. - Firnak, Michael: Alkohol und ländliche Gesellschaft in der frühen Neuzeit. Unters, am lippischen Fallbeispiel. In: Lipp. Mitt. aus Geschichte u. Landeskunde 65 (1996), S. 107-127. - Hemberger/Meusel VI (51798), S. 155f., X (1803), S. 433; XV (1811), S. 76, IXX (1823, S. 188f. - Arendt: Μ. Κ. P. In: Neuer Nekrolog der Deutschen. Jahrgang 20 (1842), Teil 1 (1844), S. 173f. - Dreves, August: M. C. P. In: Ders.: Geschichte der Kirchen des Lippischen Landes. Lemgo 1881, S. 327ff. Probst, Joseph, (1823-1905), Theologe, Paläontologe, Geologe, kath. Moralische Geschichten: Nr. 668. Lit.: NDB 20, S. 736 (nur erwähnt). Pustkuchen-Glanzow, Johann Friedrich Wilhelm, *4.2.1793 Detmold, f2.1.1834 Wiebelskirchen, Theologe und Schriftsteller. Auch: Ferdinand Glanzow; Pseud.: Aurelio, prot.

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P.-G., Sohn eines Organisten, studierte in Göttingen Theologie, wurde Hauslehrer und Hilfsprediger und trat 1820 seine erste Pfarrstelle in Lieme bei Lemgo an. Nach heftigen Auseinandersetzungen u.a. um einen von ihm verfaßten Katechismus für den Konfirmandenunterricht, mußte er 1827 sein Amt zunächst aufgeben. Er schlug sich in Herford als Zeitschriftenredakteur und freier Schriftsteller durch, bis ihm 1830 eine Pfarrstelle in Wiebelskirchen übertragen wurde. P. veröffentlichte neben zahlreichen theologischen Schriften historische, pädagogische und staatstheoretische Arbeiten. Größere Aufmerksamkeit erregten seine Schulkritik (Bremen 1824) und die pädagogische Zeitschrift „Levana" von 1829. P. wäre jedoch vergessen, hätte er nicht mit seinem anonym erschienenen Roman „Wilhelm Meisters Wanderjahre" (5 Bde., Quedlinburg/Leipzig 1821-28) einen der größten Skandale der deutschen Literaturgeschichte verursacht (Killy, 16329f.). Moralische Geschichten: Nr. 669. Weitere Werke: Die Natur des Menschen und seines Erkenntnisvermögens als Fundament der Erziehung psychologisch entwickelt. Leipzig 1818. - Das Ideal der Staatsökonomie. Schleswig 1822. - Histor.-krit. Untersuchung der biblischen Urgeschichte. Halle 1823. - Die Wiederherstellung des ächten Protestantismus. Hamburg 1827. - Glaubens- und Sittenlehre in wahrhaften Beispielen. 2 Bde. 1831/33. - Erzählungen. Iserlohn 1832. Lit.: DBA, Fiche I 40,344; 394,342; 987,284-291. - Merkel, Wolfgang: J. F. W. P. und die ,falschen Wanderjahre'. Diss. o. O. 1975. - Kruckis, HansMartin: Enträtselte Welt. Anmerkungen zu P.s ,Falschen Wanderjahren'. In: Grabbe-Jb. 6 (1987), S. 122-133. - Killy (= DB 9), 16329ff. - Raßmann: Pseudonyme. - Eckart, Rudolf: Lexikon der niedersächs. Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Osterwieck 1891. - N D B 21, S. 15f. Quietmeyer, E., Lehrer an der Stadt-Töchterschule Hannover. Moralische Geschichten: Nr. 670. Raabe, August Heinrich, *1759 Engelade, Postbeamter, prot. R., Sohn eines Schulmeisters, besuchte 1776-79 die Lateinschule in Holzminden und studierte von 1779-82 in Helmstedt Theologie und Philosophie. Nachdem er sich erfolglos um eine Pfarrstelle beworben hatte, trat er als Postangestellter in den Dienst des braunschweigischen Herzogs Carl Wilhelm Ferdinand. Er begann 1784 als Gehilfe in Holzminden, übernahm 1786 die Postmeisterstelle, 1788 wurde er als Hofpostsekretär nach Braunschweig versetzt. Moralische Geschichten hat R. in seinen Anleitungen zum Briefeschreiben für Kinder und Erwachsene verbreitet. R. ist der Großvater des Dichters Wilhelm Raabe.

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Moralische Geschichten: Nr. 671-673. Weitere Werke: Briefe für Kinder. Eine Sammlung durchgehends zweckmäßig belehrenden Inhalts. Neue, ganz umgearb. Aufl. Braunschweig 1798. - Einige Bemerkungen über die im lOten Stücke v. J. des Braunschweigischen Journals aufgeworfene Frage: Sollte das preußische Religionsedict für die Verbreitung der wahren Aufklärung wirklich so gefährlich seyn, als man glaubt? In: Braunschweigisches Journal 3 (1790), 1, S. 84-104 und 3 (1790), 3, S. 261-279. Handbuch der ersten und nothwendigsten Kenntnisse für Kinder aller Stände in öffentlichen Schulen und beim Privatunterricht zu gebrauchen. 2. Aufl. Hannover 1805. - Hannoverischer Briefsteller zugleich Handbuch der nothwendigsten Kenntnisse für junge Leute und Ungelehrte. 2., verm. u. verb. Aufl. Hannover 1808. - Leitfaden zur Weltgeschichte. Zum Selbstunterricht und für Schulen. Braunschweig 1804. Lit.: Fehse, Wilhelm: Wilhelm Raabe. Sein Leben und seine Werke. Braunschweig: Vieweg 1937. Ramann, Sylvester Jakob, (1760-1835), Geistlicher, Lehrer an der PredigerSchule und des Predigtamts, Kandidat in Erfurt, prot. Moralische Geschichten: Nr. 674-676. Weitere Werke: Die Leidensgeschichte, katechetisch erklärt von S. J. R. 1798. - Die Geschichte der christlichen Feste in Predigten, nebst einigen andern bei außerordentlichen Gelegenheiten, hg. v. S. J. R. Erfurt 1822. - Predigten über Sprüchwörter. 3 Theile. Erfurt 1799-1800. Lit.: DBA, Fiche I 996,175-178. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von, *21.7.1757 Hoya/Weser, 126.7.1822 Neapel, Jurist, Diplomat, prot. Aus einer Juristenfamilie stammend, studierte R. ab 1775 Jura und Altertumswissenschaften in Göttingen und fand eine Anstellung als Hofgerichtsassessor in Hannover. 1784 unternahm er eine Bildungsreise nach Paris, Rom und Wien. 1799 veröffentlichte er seine in der Tradition des „Conte philosophique" stehenden Moralischen Erzählungen (2 Bde., Leipzig; 2. Aufl. 1807 u. d. T. „Der Aufenthalt am Garigliano"), deren wirkungsästhetisches Gattungsmerkmal in der „Aufklärung des Verstandes" statt in der „Spannung des Herzens" liegen sollte (Killy, 16465). 1810 wurde R. zweiter preußischer Gesandter beim Vatikan, ging 1816 als Gesandter an den Hof von Neapel und lieferte während dieser Zeit Kunstnachrichten für Cottas „Morgenblatt". Moralische Geschichten: Nr. 677 Weitere Werke: Ueber das Verhältniß des anerkannten Geburtsadels [..]. In: Berlinische Monatsschr. 2. Stück (1791), S. 124-174. - Organisation verschie-

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dener Stände und Gewalten in monarch. Staaten. Hannover 1801; auch u. d. T. Ueber die Organisation des Advocatenstandes in monarch. Staaten. - Juristische Erfahrungen. 3 Bde., Hannover 1809/10. - Beiträge zur Kenntniß der jetzt in Deutschland vorhandenen Kunstsammlulngen und Künstler. In: Morgenblatt für gebildete Stände (1812), Nr. 15, 33, 40, 52, 84. (1814), Nr. 39, 41, 44, 57, 66, 67, 70. Lit.: DBA, Fiche I 997,102-107; II 1040,451. - Allg. Preuß. Staats-Zeitung, 101. Stück (1822), Sp. 1022. - Günter Schulz: F. W. B. v. R. In: GoetheJb 20 (1958), S. 140-154. - Sachsenspiegel. In: Cellesche Zeitung, 6. 4. 1963, S. 23. - Carl Haase: Neues über B. v. R. In: Niedersächs. Jb. für Landesgesch. 40 (1968), S. 166-182. - Killy (= DB 9), 16463-16466. - ADB 27, S. 210. Hamberger/Meusel. - Thieme/Becker. - Nagler. Rauchenbichler, Joseph, (1790-1858), Geistlicher, kath. R. war Beichtvater der Ursulinen in Landshut und auf Frauenchiemsee und Verfasser pädagogischer Schriften. Werke: Geistliche Waffenrüstung. 1829. - Die christliche Tugendschule. 2 Bde., 1832-33. - Bilder christlicher Frömmigkeit. 1834. - Leitfaden der Erziehung, zunächst für Lehrerinen [sie!] in den geistlichen Erziehungsanstalten der weiblichen Jugend. 1840. - Lehrbuch der teutschen Sprache und Rechtschreibung. 1841. - Ein Büchlein von Bezähmung der Zunge und vom Stillschweigen. 1844. - Handbüchlein für geistliche Lehrerinen [sie!] in den Schul- und Erziehungs-Instituten der weiblichen Jugend. 1845. - Buch von der christlichen Erziehung der Kinder nach katholischen Grundsätzen. 1850. Lit.: DBA, Fiche I 1002,169-173; II 1046,48-49. - ADB 17, S. 391f. - Veith, M. Domitilla: Der Priester J. R. In: Studien und Mitt. zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 101 (1990), S. 7-28. - Tagebuch von J. R. In: Ebd., S. 29-101. - Fürst, Max: Biographisches Lexikon für das Gebiet zwischen Inn und Salzach. München 1901. - Kosch. Reebmann, Joseph, (1730-1812), Geistlicher, Lehrer in Dillingen, TheologieProfessor in Freiburg i.Br., kath. Moralische Geschichten: Nr. 678. Lit.: Hamberger/Meusel VI (1798). - Mendl, S. 439. Reventlow, Friederike Juliane von, *im Jan. 1762 Kopenhagen, n.a. 1763, f27.12.1816, Schriftstellerin, auch: Friederike, kath. R., Tochter des reichen Kaufmanns und späteren dänischen Finanzministers von Schimmelmann, verfügte über eine überdurchschnittliche Bildung. 1789 heiratete sie den Volksaufklärer Christian Ditlev Reventlow (*Kopenhagen

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1748, tChristianssaede 1827), ebenfalls Finanzminister Dänemarks und Bruder des Schulreformers Johann Ludwig R. Das Paar lebte zunächst in London, wo er als Gesandter tätig war. 1795-97 unternahmen sie eine Italienreise. Im Hause R. gingen Klopstock, Boie, Matthias Claudius, Lavater und Voß ein und aus. Die Gräfin galt als großzügig und engagierte sich für die Bildung ihrer Gutsuntertanen in Emkendorf. 1777 trat sie erstmals als Schriftstellerin an die Öffentlichkeit mit Beiträgen im Göttinger Musenalmanach (S. 6, 95, 99). Zunächst nur fìir ihre Gutsangehörigen verfaßte sie „Sonntagsfreuden eines Landmanns" (1791) und „Kinderfreuden oder Unterricht in Gesprächen" (1792; dänisch 1796). Ihr Mann studierte an der Universität Leipzig und unternahm danach die typische Grand Tour durch Europa, die zwei Jahre dauerte. 1773 kam er nach Kopenhagen, wurde Volontär im Wirtschaftsministerium und bekam danach verschiedene Verwaltungsämter. 1784 wurde er 36jährig Finanzminister und betrieb die stark diskutierten Bauernreformen. Er kam der öffentlichen Meinung in Fragen der Leibeigenschaft, der Pacht und des Frondienste entgegen, ohne die Standesgenossen vor den Kopf zu stoßen. 1784 und 1786 richtete er j e eine „Kleine" und eine „Große Landwirtschaftskommission" ein. Zu R.s Anliegen zählten das Volksschulwesen, die Lehrerseminare und die Forstwirtschaft. Er hielt sich fast 40 Jahre an der Macht. Sein Verdienst ist die durchgreifende Modernisierung Dänemark-Norwegens. Sein Familienleben war vorbildlich, seine Gesundheit eisern. Er interessierte sich für Physik, Astronomie, Chemie, besonders für Forstwirtschaft, aber auch für Kunst und las gern im Alten Testament. Moralische Geschichten: Nr. 681, 682. Lit.: DBA, Fiche I 1027,141-143; 1027,130-132. - Scandinavian Biographical Archive, Fiche A-267,339-340. - ADB 28, S. 337. - Schindel, Carl Wilhelm Otto August: Die deutschen Schriftstellerinnen des 18. Jahrhunderts. 3 Bde. Leipzig 1823-25. - Lübker, Detlev Lorenz/ Schröder, Hans: Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1796 bis 1828. 2 Bde. Altona 1829-30. - Kordes, Berend: Lexikon der jetzt lebenden Schleswig-Holsteinischen und Eutinischen Schriftsteller. Schleswig. 1797. - Hamberger/Meusel. - Bricka, Carl Frederik: Dansk biografisk Lexikon, tillige omfattende Norge for Tidsrummet 1537-1814. 19 Bde. Kjobenhavn 18871905. Riedl, Ferdinand Joseph, Oberbeamter der Herrschaften Kettenhof und Freyenthrun, Niederösterreich, verfaßte zum größten Teil patriotische Schriften, kath. Moralische

Geschichten: Nr. 683.

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Riedl, Karl, (1815-1871), Geistlicher, Hofkaplan u. Pfarrer in München, kath. Moralische Geschichten: Nr. 684, 685. Lit.: Mendl, S. 443. Riem, Johann, (1739-1807), Kommissionsrat, Kaufmann, Bienenzüchter. Werk: Landwirtschaftlicher Unterricht des Vaters an seinen Sohn, zur Verbesserung des Wohlstandes der Mittelgattung von Landleuten ... Breslau 1777. Lit.: DBA, Fiche I 1037,262-295. - Denina. - Kläbe, Johann Gottlieb August (Hg.): Neuestes gelehrtes Dresden. Nachrichten von jetzt lebenden Dresdner Gelehrten, Schriftstellern, Künstlern, Bibliotheken- und Kunstsammlern. Leipzig 1796. - Hamberger/Meusel. - Haymann. - Jöcher/Adelung. - Schräder, Georg Wilhelm: Biographisch-literarisches Lexicon der Thierärzte aller Zeiten und Länder sowie der Naturforscher, Ärzte, Landwirthe, Stallmeister usw., welche sich um die Thierheilkunde verdient gemacht haben. Vervollständigt u. hg. v. Eduard Hering. Erw. Aufl. Stuttgart 1863. - N D B 21, S. 590. Rochow, Friedrich Eberhard von, * 11.10.1734 Berlin, 116.5.1805 Reckahn bei Brandenburg, Pädagoge und Reformator des preußischen Landschulwesens, prot. R., Sohn eines preußischen Staatsministers und Sproß einer alten märkischen Adelsfamilie, erhielt zunächst Unterricht durch Hauslehrer, besuchte 1747-50 die Ritterakademie in Brandenburg und trat 17jährig in die preußische Armee ein. Auf Wunsch Friedrichs II. ging er zur vornehmsten Einheit des preußischen Heeres, der Garde du Corps. Zu Beginn des Siebenjährigen Krieges verwundet, kam er nach Leipzig und lernte dort Geliert kennen, dessen Schriften ihn stark beeinflußten. Nach einer in einem Duell empfangenen schweren Verletzung wurde R. unehrenhaft entlassen und zog sich auf seine Güter in der Kurmark zurück. Angesichts der schlechten Bildung und der daraus resultierenden Armut seiner Gutsbauern, bemühte er sich nicht nur um Verbesserungen der Landwirtschaft, sondern auch des ländlichen Schulwesens (R. prägte den Begriff „Volksschule")- Dabei orientierte er sich an den philosophischen Grundlagen der Aufklärung und an den Philanthropen. R. forderte moderne Schulgebäude, Lehrerseminare und angemessene Bezahlung der Lehrer, den Verzicht auf mechanisches Memorieren, stattdessen Unterrichtsgespräche. Die Realisierung dieses Programms verfolgte er, indem er auf seinen Gütern Schulen errichtete, in denen er das Plattdeutschsprechen im Anfangsunterricht ausdrücklich billigte, um so den Schülern die Ausbildung ihrer Beobachtungsund Ausdrucksfähigkeit zu erleichtern. Die Musterschule in Reckahn erregte über die Grenzen Preußens hinaus großes Interesse. Am wirksamsten fanden R.s Reformen durch sein Buch „Der Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Ge-

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brauch in Landschulen" (Bd. 1: Frankfurt/Main 1776; Bd. 2: Brandenburg/Leipzig 1779) Verbreitung. Dieses erste Volksschullesebuch, das die bis dahin in den Landschulen übliche Lektüre von Religionsbüchern und Kalendern ablöste, war bis 1871 im Gebrauch (Killy, 17224). Die von R. verfaßten moralischen Geschichten, Lieder, Sprüche, Gebete und Realienbeschreibungen haben nach dem Vorbild der philanthropischen Pädagogik die Funktion von Beispielerzählungen, die praktische Kenntnisse vermitteln und die sprachliche und religiös-sittliche Bildung fördern sollen. Neben seinem Engagement für das Schulwesen ließ R. einen Bach vertiefen, um ihn für Kähne schiffbar zu machen. Er untersuchte die Schädlichkeit von Bleiglasuren auf Kochgeschirren und beschäftigte sich mit Obstanbau und Seidenherstellung. Er glaubte, daß eine einheitliche Spurbreite von Fuhrwerken den Zustand der Wege, die damals noch keine Straßen waren, verbessern könnte und daß die Kichererbse als Kaffee-Ersatz dienen könnte. Im Herbst 2001 wurde auf Schloß Reckahn ein Museum mit der Ausstellung „Vernunft fürs Volk" eröffnet, das R.'s Lebensleistung würdigt. Moralische Geschichten: Nr. 686-689. Weitere Werke (Auswahl): Der Bauernfreund. Brandenburg 1773. - Versuch eines Entwurfes zu einem deutschen Gesetzbuch [..]. Berlin 1780. - Versuch über Armenanstalten [..]. Berlin 1789. - Geschichte meiner Schulen. Schleswig 1795. - F. Ε. v. R.s sämtliche pädagogischen Schriften, hg. v. Fritz Jonas und Friedrich Wienecke. 4 Bde. Berlin 1907-10. Lit.: Lütholz, Friedrich: Über das Verhältnis R.s zum Philanthropismus. Leipzig 1894. -Schäfer, Ernst: F. E. v. R. Gütersloh 1906. - Vahlbusch, Karl: Das soziale Lebenswerk F. E. v. R.s. Langensalza 1928. - Göbels, Hubert (Hg.): F. E. v. R. Der Kinderfreund. Dortmund 1979. - Freyer, Michael: R.s Rinderfreund'. Wirkungsgeschichte und Bibliographie. Bad Heilbrunn 1989. - Boning, Holger: Fleißig wie ein Bauer. Landwirtschaftliches Arbeiten als pädagogisches Modell bei F. E. v. R. In: Landarbeit und Kinderwelt. Das Agrarwesen in pädagogischer Literatur. 18. bis 20. Jahrhundert. Cloppenburg 1994, S. 159-177. - Ders.: R.s Bedeutung für die Volksaufklärung. In: „Er war ein Lehrer". Heinrich Julius Bruns (1746-94). Beiträge des Reckahner Kolloquiums anläßlich seines 200. Todestages. Potsdam 1995, S. 67-84. - Hemmen, Eberhard J.: Die Pädagogik von F. E. v. R. Seine Aufklärungspädagogik mit besonderer Berücksichtigung seines Gottes- und Religionsverständnisses. Diss. Univ. Essen 1997. - Pergande, Frank: Sklaven mit und ohne Ketten. Die private Sozialpolitik F. E. v. R.s. In: FAZ, 8.10.2001, Nr. 233, S. 11. - Killy (= DB 9) 17222-17225. - Völpel, Annegret: F. E. v. R.s ,Kinderfreund' (1776). Frankfurt/Main 1986. - Dies.: Literarisierungsprozeß, 1996, S. 59-106. - ADB 28, S. 727-734. - NDB 21, S. 683-684.

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Rodemeyer, August, *3.10.1837 Vegesack bei Bremen, 11.7.1899 in Thalwil/Schweiz, Prediger, method. R. war einer der drei ersten „Studenten", die das Bremer Missionshaus der Methodistenkirche besuchten, um sich zum Evangelisten und Prediger ausbilden zu lassen. Anfang der sechziger Jahre wurde er nach Zürich gesandt, später wirkte er als Prediger in Varel, Oldenburg, Frankfurt/M, wo 1864 heiratete, danach in Karlsruhe. 1871-74 wirkte er in Bern, 1875-81 in Bremen als Redakteur des methodistischen Sonntagsblattes „Der Evangelist", 1889-94 als Direktor des kirchlichen Verlags der Methodisten. Nach der Annahme der Schweizer Staatsbürgerschaft arbeitete er 1881-85 in Basel als Superintendent, danach von 1885-89 als Gemeindeprediger in Basel, sowie in Frauenfeld und Thalwil (ab 1894). Ausdruck seiner ökumenischen Gesinnung war die Herausgabe des Buches über „Die verschiedenen Religionsparteien ...", in dem er 3.178 jüdische und christliche Gruppen und eine Anzahl von Kirchen vorstellte. Als Mitarbeiter einer Kirche, die selber als „Sekte" dargestellt wurde, legte er großen Wert auf Objektivität und hatte den Wunsch, dem deutschen Leser Kenntnisse von Kirchen zu vermitteln, die außerhalb des eigenen Landes existierten. Da ihn die neulutherische Wende der Landeskirchen nicht berührte, gilt er als Vermittler von Werken der Erzähltradition der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Moralische Geschichten: Nr. 690-694. Weitere Werke: Blumenstrauß, 1876, 1887, 1892. - Ährenlese, Christliche Geschichten, o.J. (1877). - Die biblische Heiligung, 1876, 18792. - Die verschiedenen Religionsparteien im Judenthum und in der Christenheit, 1877. Predigtentwürfe, 1879, 18922. - Sauls Bekehrung, o.J. - Gottes Antwort auf der Menschen Bitte, 1892. - Predigtentwürfe Bd. III, 1893. - Frauen der Bibel, 1893. - Die Wiedergeburt, o.J. - Handbuch für Sonntagsschullehrer, o.J. - Dr. Martin Luthers Leben und Wirken, 1883. - Tue etwas für Jesum, o.J. - Der Evangelist, Sonntagsblatt der Methodistenkirche, 26. bis 32. Jg. 1875-81. Der Kinderfreund, 1878 u. 1879. - Spiritismus. In: Wächterstimmen 1873, 37 ff.. - 1874, 76 ff. u. 109 ff.. - Tertullian und seine Schriften. In: Ebd. 1876, 75 ff.. - Nothwendigkeit und Nützlichkeit einer wissenschaftlichen Weiterbildung im Predigtamte. In: Ebd. 1882, 110 ff.. - Religion. In: Ebd. 1890, 32-37. Leitartikel in: Evangelist 1873, 202 u. 394. Lit.: [nicht in DBA], - Sulzberger, Arnold: Nachruf. In: Evangelist 1899, S. 245f. (auch S. 212). - Rücker, August (Arnold Sulzberger): Pioniere des Methodismus, Bd. 1, o. J. (1935?), S. 42-48. - Hinweise auf seine Bücher: In: Evangelist 1877, 286 u. 303; - 1893, 246. - Voigt, Karl Heinz: Über die Anfänge des Theol. Seminars der Ev.-methodistischen Kirche. In: Mitt. der Studiengemeinschaft für Geschichte der Ev.-methodistischen Kirche, H. 2, 1993, S. 2-17. - BBKL VIII (1994), Sp. 486f.

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Rolfus, Hermann, *24.5.1821 Freiburg/Br., 127.10.1896 Offenburg, Geistlicher, Pädagoge, Jugendschriftsteller, Pseud.: Ludwig Hermann, kath. Nach der Gymnasialzeit in Freiburg, studierte R. 1840-43 Theologie und Philologie ebd., 1844 Priesterweihe. 1867, nachdem er schon einige Pfarrstellen innegehabt hatte, promovierte er in Freiburg zum Dr. theol. R. engagierte sich fur die praktische Pädagogik, vor allem in Süddeutschland. Zusammen mit Adolf Pfister brachte er die „Real-Encyclopädie des Erziehungs- und Unterrichtswesens nach katholischen Principien" (4 Bde. Mainz, 1863-66; 2. Aufl. 1872-74) heraus. R. gilt als einer der literarisch-pädagogischen Wortführer seiner Zeit auf dem Feld der Jugendlektüre und des katholischen Leseangebots. Eine andere einflußreiche Publikation war das „Süddeutsche Katholische Schulwochenblatt", das er, auch zusammen mit Pfister, 1861-67 bearbeitete. Moralische Geschichten: Nr. 696-698. Weitere Werke (Auswahl): Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte. Freiburg 1870; 4. Ausg. 1896. - Verzeichnis ausgewählter Jugend- und Volksschriften, welche katholischen Eltern, Lehrern und Erziehern, sowie zur Errichtung von Jugend- und Volksbibliotheken empfohlen werden können, nebst zwei Anhängen: I. Beschäftigungsmittel für die Kinder. II. Bücher, welche sich zu Festgeschenken eignen / von Hermann Rolfus. Freiburg i. Br./München 1892. Lit.: DBA, Fiche I 1051,213-219; II 1091,188-192. - Badische Biographien, V (Heidelberg, 1906), S. 670. - Kehrein. - Hinrichsen. - Wienstein: Dichter. Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog, unter ständiger Mitwirkung von F. v. Bezold u.a. 5 Bde. Berlin 1897-1903. - Weech, Friedrich von: Badische Biographien. 5 Bde. Heidelberg/Karlsruhe 1875-1906. - Necrologium Friburgense. Necrologium Friburgense. Verzeichnis der Priester, welche im ersten Semisaeculum des Bestandes der Erzdiöcese Freiburg im Gebiete u. Dienste derselben verstorben sind. 1827ff. Freiburg: Herder (in: Freiburger Diöcesan-Archiv. Bd 16. 1883-883, 1965-60). - Keller, Joseph Anton: FS zum Fünfzigjährigen Priesterjubiläum des hochw. Herrn Pfarrers und Geistl. Rats Dr. H. R. Freiburg i. Br. 1894, IV, 54 S., mit Portrait. - 2 LThK. - Kosch. Rosenlächer, Franz Joseph, *8.7.1763 Konstanz, |9.6.1835 Lustenau, Geistlicher, kath. R., Sohn aus ursprünglich wohlhabender, dann aber verarmter Konstanzer Bürgerfamilie, besuchte die Lateinschule und erhielt Privatunterricht. Er studierte Theologie, trat 1784 in das Pristerseminar Augsburg ein, 1787 Priesterweihe und Benefiziat in der Stiftskirche Zeil, 1791 Hauslehrer bei seinem Gönner, Graf von Waldburg, 1799 zweiter Canonicus des Stifts Zeil, 1801 Pfarrer in Lustenau, wo er bis zu seinem Tod wirkte. Im Sinne Maria Theresias und Josephs II. wirkte er auf Schulreformen hin. Er sorgte dafür, daß die Gemeinde ein einheitliches Lesebuch für alle Schüler der Oberklasse anschaffte

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und daß Unterricht in Naturgeschichte und -lehre stattfand, um abergläubischen Vorstellungen den Boden zu entziehen. Auf seine Initiative geht auch die Einführung einer „Industrieschule" zurück, in der Mädchen die „Strickerey" (vgl. Umschlag des vorliegenden Bandes) und Buben die Obstbaumzucht erlernten. Examen fanden öffentlich in der Pfarrkirche statt. Die Besten erhielten Preise, die die Familie Waldburg gestiftete hat. 1810 ernannte man R. zum Schulvisitator des Dekanats Dornbirn. Auch die Gründung der ersten Musikkapelle von Dornbirn geht auf R. zurück. Er bemühte sich um die Verbesserung des Predigtstils und die Einführung deutschen Kirchengesangs. Auf dem Titelblatt seines „Goldenen Spiegels" (Augsburg 1827) bezeichnet sich R. als „Fürstbischöflich-Brixischer geistlicher Rat, Dekan, k.k. SchuldistriktsInspektor und Pfarrer zu Lustenau in Vorarlberg". Moralische Geschichten: Nr. 699. Weitere Werke (Auswahl): Die Macht der göttlichen Religion Jesu in Krankheiten und im Tode, durch Beispiele aus allen Ständen für Kranke und Sterbende zur Aufmunterung und Erbauung erwiesen und dargestellt. Landshut 1817, 2. Aufl. 1823, 3. Aufl. 1825. - Unglaube und böses Gewissen in Leiden und im Tode, durch wahre Beyspiele dargestellt. Landshut 1823. - Biographischer Ehrentempel, errichtet verstorbenen, um das Schulwesen vorzüglich verdienten katholischen Schulvorständen, Geistlichen und Lehrern. Kempten 1821, Augsburg 1828. - Vier und sechzig Erzählungen aus dem Leben gottergebener leidender und sterbender Christen. Landshut 1837. - Pfarrchronik von Lustenau. 2 Bde. Lit.: DBA, Fiche I 1055,237-239. - Hamberger/Meusel IXX (1823), S. 421 f. Mendl, S. 443. - Felder. Roßmäßler, Emil Adolf, *3.3.1806 Leipzig, |8.4.1867 ebd., Theologe, Zoologe, Botaniker, prot. R. studierte in Leipzig Theologie und erwarb als Autodidakt umfassende Kenntnisse in der Zoologie und Botanik. 1830 wurde er als Professor zunächst für Zoologie, später auch fur Botanik, an die sächsische Forstfakultät Tharandt berufen. Als Paulskirchenabgeordneter setzte sich R. komprißlos für einen „tüchtigen naturgeschichtlichen Unterricht" ein. Das Schulwesen sollte nicht länger von der Kirche gegängelt werden; er plädierte für eine staatliche Schulaufsicht, um den trostlosen Zustand der Volksschulen zu verbessern. Kern seiner zwar materialistischen, aber nicht atheistischen Weltanschauung war, daß die wahrhaftige Heimat aller Menschen nur die Natur sein könne. Deshalb gelte es, in der Schule das Verständnis fur die Natur durch eigene Naturbeobachtungen zu wecken. R. war Exponent einer emanzipatorischen Naturbildung, deren geistig befreiende Wirkung er als Grundlage für eine demokratisch verfaßte, fortschrittliche Industriegesellschaft ansah. Nach dem Scheitern des

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Paulskirchen-Experiments verlor er seine Professorenstelle und engagierte sich von da an als „naturwissenschaftlicher Reiseprediger" und Verfasser zahlreicher Aufsätze und Bücher weiter fur die Verbreitung seiner Ideen. Durch seinen Aufsatz „Der See im Glase" in der „Gartenlaube" (1856) und durch sein kleines Werk „Das Süßwasser-Aquarium" (1857) gilt er als Vater der Aquaristikkunde in Deutschland. Werke (Auswahl): Praktischer Beitrag zum naturwissenschaftlichen Volksunterricht. In: Zs. f. d. Gesamtschulwesen 5 (1849), S. 399-460. - Die Fortschrittspartei und die Volksbildung. Berlin 1862. Lit.: ADB 29, S. 268-272. - Schneider, Gustav: E. A. R. als Pädagog, aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages von R. Langensalza 1906. - Härtung, Otto: FS zum hundertjährigen Geburtstage Ε. A. R.s am 3. März 1906. Stuttgart 1906. - Weiß, Barbara: Das Stuttgarter Rumpfparlament 1849. Das Tagebuch von E. A. R. und das Selbstverständnis der Abgeordneten (= Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart, Bd. 80; zugl.: Heidelberg, Univ., Magisterarbeit, 1997/98). Stuttgart 1999, Literaturverz. S. 119-124. Rothe, August Werke: Der erfahrene Schäfer Friedrich Nowak, ein Bruder des Landmannes, welcher einfach und belehrend seine Erfahrungen in der Schafzucht mittheilt ... Ein Volksbuch fur Schäfer und die es werden wollen. 2. verm. u. verb. Aufl.: Breslau 1844; 3. verb. u. durch neue Erfahrungen verm. Ausg. ebd. 1847. - Der Landwirth, wie er sein sollte, oder Franz Nowak, der wohl berathene Bauer. Ein Volksbuch, in welchem naturgetreu und in freundlicher Darstellung die wichtigen Lehren über die beste Benutzung des Grund und Bodens, ein glückliches Familienleben, geregelte Hauswirthschaft, Viehzucht, Bienen- und Baumzucht, Wald-, Garten- und Weinbau, und alles, was das Glück des Landmannes begründen hilft, kurz und bündig mitgetheilt werden. Glogau 1838; 2. verm. Aufl. ebd. 1839; 3. verm. u. verb. Aufl.: ebd. 1841; 4. verm. u. verb. Aufl. mit Titeländerung: Franz Nowak, der Landmann wie er sein sollte [...]. Ebd. 1847; 5. verm. u. verb. Aufl. ebd. 1855; 6. verm. u. verb. Aufl. nach des Verfassers Tode hg. v. J.J. Fühling: ebd. 1864; 7. verm. u. verb. Aufl., ebd. 1872; 9. Aufl. hg. v. Albert Arnstadt, Leipzig 1909. - Die rechte Mitte in Beziehung auf Landwirtschaft und deren Leitung. 2. Aufl. Lissa 1854 (1. Aufl. zweibd.). - Hb. f. d. angehenden Landwirt. Berlin 1841. Rüegg, Heinrich Lehrer in Enge-Zürich, Verfasser der „Bilder aus der Schweizergeschichte". Seine Erzähl-Sammlung „Saatkörner" erlebte 1905/06 die vierzehnte Auflage. Moralische Geschichten: Nr. 702.

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Sachs, Samuel, (1758-1822), Pfarrer. Werk: Der kluge Bauer, oder ein Buch fur den Bauer und Landmann, darin vom Ackerbau, von der Viehzucht, von der Haushaltungskunst, von der Gesundheit, und allerley Hausmitteln in Krankheiten, von Lebensregeln, von allerley Merkwürdigkeiten in der Welt und aus der Natur, vom Aberglauben, von der Witterung und mancherley Geschichten geredet wird. Bd. 1 Wien/Leipzig 1785, Bde. 1-3 Wien 1790. Lit.: DBA, Fiche I 1073,8. - Hamberger/Meusel. Sailer, Johann Michael SJ, * 17.11.1751 Aresing bei Schrobenhausen/Obb., f20.5.1832 Regensburg, Theologe, Pädagoge, Universitätsprof., kath. S., Sohn eines Schusters, ab 1762 Schüler am Jesuitengymnasium München, 1770-72 Jesuitennovize in Landsberg, anschließend Philosophie- und Theologiestudium in Ingolstadt, dort 1777-81 Repetitor (1780/81 auch als Professor fur Dogmatik) in deutscher Sprache. Als Ex-Jesuit 1781 entlassen, führte S. eine kurfürstlich angeordnete Revision der Gebetbücher durch. Sein eigenes „Lese- und Gebetbuch" (1783) war bei Katholiken und Protestanten beliebt, wenngleich ihm von protestantischer Seite Proselytenmacherei, von katholischer „Aufklärerei" vorgehalten wurde (vgl. Killy, 17694). 1784-94 lehrte S. als Professor Pastoraltheologie und Ethik in Dillingen. Hier wandte er sich, aufgeschreckt durch die Lektüre Kants, vom Rationalismus ab und entwickelte sich zum Erneuerer des Katholizismus in Bayern. In der Meinung, es immer noch mit einem Aufklärer zu tun zu haben, berief ihn Montgelas 1799 zum Professor für Moral und Pastoraltheologie an die Universität Ingolstadt. 1821 Domherrn, 1822 Koadjutor, 1829 Bischof von Regensburg. Moralische Geschichten: Nr. 704, 705. Weitere Werke: Sämmtliche Werke, hg. v. Joseph Widmer, 40 Bde., Sulzbach 1830-41; Suppl. 1855. - Glückseligkeitslehre. München 1791. Neudr. hg. v. Joseph Maria Nielen. Frankfurt/Main. 1926. - Übungen des Geistes zur Gründung und Förderung eines hl. Sinnes und Lebens. München 1799. Neudr. hg. v. Franz Keller. Freiburg i. Br. 2. und 3. Aufl. 1919. - Ueber Erziehung für Erzieher. München 1807; Neudr. hg. v. Eugen Schoelen. Paderborn 1962. Die Weisheit auf der Gasse, oder Sinn und Geist deutscher Sprichwörter. Augsburg/München 1810, Neudr. Nördlingen 1987. - Handbuch der christlichen Moral zunächst für künftige katholische Seelsorger und dann für jeden gebildeten Christen. 3 Bde. München 1817; 2 Bde. Wien 1818; neue, revid. u. verm. Aufl. Sulzbach 1834. [kritische Auseinandersetzung mit Kant], Lit.: Kosch, Wilhelm: S.s ,Weisheit auf der Gasse'. In: Ztschr. des allg. dt. Sprachvereins 28 (1913), Sp. 293-296. - Schiel, Hubert: J. M. S. Leben und Briefe. 2 Bde., Regensburg 1948-52 (Schriftenverz. und Lit. bis 1952: Bd. 2,

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S. 641-680). - Fischer, Gerard: J. M. S. und Immanuel Kant. Freiburg i. Br. 1953. - Ders.: J. M. S. und Johann Heinrich Pestalozzi. Ebd. 1954. - Ders.: J. M. S. und Friedrich Heinrich Jacobi. Ebd. 1955. - Narr, Dieter: J. M. S. und das deutsche Sprichwort. In: Bayer. Jb. für Volkskunde 1956, S. 139-147. Graßl, Hans: Aufbruch zur Romantik. München 1968. - Stopp, Elisabeth: Romantic Affinities of J. M. S.'s Kerygmatic Writing. In: Brinkmann, Richard (Hg.): Romantik in Deutschland. Stuttgart 1978, S. 463-474. - Gajek, Bernhard (Hg.): J. M. S., Melchior Diepenbrock, Clemens Brentano. Regensburg 1979 (Ausstellungskat.). - Schwaiger, Georg: J. M. S., der bayer. Kirchenvater. München 1982 (mit Quellen und Lit.). - Niedermayer, Franz: Goethe und S. In: NDH 30 (1983), S. 510-523. - Bungert, Hans (Hg.): J. M. S. Theologe, Pädagoge und Bischof zwischen Aufklärung und Romantik (= Schriftenreihe der Universität Regensburg 8). Regensburg 1983. - Mieder, Wolfgang: Geschichte und Probleme der neuhochdeutschen Sprich Wörterlexikographie. In: Wiegand, Herbert Ernst (Hg.): Studien zur nhd. Lexikographie. Bd. 5, Hildesheim 1984, S. 323ff. - Schwaiger, G.: J. M. S. In: Ders. (Hg.): Lebensbilder aus der Geschichte des Bistums Regensburg. Tl. 2, Regensburg 1989, S. 495512 (mit Lit.). - Killy (= DB 9), 17694-17698. - ADB 30, S. 178-192. Salat, Jakob, (1766-1851), Geistlicher, Moraltheologe, Philosoph, kath. Der Kantianer S., ein Sailer-Schüler aus dessen Dillinger Jahren, war 1804 Lehrer am kurfürstlichen Lyzeum in München. 1807 berief man ihn als Philosophie-Professor nach Landshut. Dort hat er als gefürchteter Querulant, Gegner von Hegel und Schelling, eine unrühmliche Rolle gespielt. Er bemühte sich insbesondere, die Ideen Jacobis für eine Reform der katholischen Kirche fruchtbar zu machen. 1798 strengte das Ordinariat Augsburg eine inquisitorische Untersuchung wegen des Verdachtes des Illuminatentums gegen ihn an. Lit.: DBA, Fiche I 1075,269-330; II 1117,112-116. - ADB 30, S. 194-197. NDB 20, S. 4. - Hamberger/Meusel. - Siegfried, Adam: Vernunft und Offenbarung bei dem Spätaufklärer J. S., eine historisch-systematische Untersuchung (= Innsbrucker theologische Studien 10, teilw. zugl. Habil.-Schr. Univ. Wien). Innsbruck 1983. - Felder. - Neuer Nekrolog. - LThK. - Kosch. Salzmann, Christian Gotthilf, * 1.6.1744 Sömmerda bei Erfurt, f31.10.1811 Schnepfenthal, Geistlicher, Religionspädagoge und Philanthropist, prot. S., Sohn eines Pfarrers, besuchte das Lyzeum in Langensalza und studierte ab 1761 Theologie in Jena. 1768 übernahm er eine Pfarrstelle in Rohrborn bei Erfurt, wo er sich mit der Armut der Landbevölkerung konfrontiert sah. 177281 zunächst Diakon, dann Pfarrer an der St. Andreaskirche in Erfurt. Er wandte sich sowohl als Prediger wie als Autor gegen die damals übliche autoritäre Erziehung und propagierte eine vom Kinde ausgehende Pädagogik im Sinne

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Rousseaus und Basedows. Ab 1781 als „Religionslehrer und Liturg" am Philanthropin in Dessau, verfaßte er eine Reihe grundlegender Schriften zur christlichen Erziehung, in denen er „das philanthropische Aufklärungsprogramm ... mit der im Gefühl wurzelnden sittlichen Gesinnung" verband (Killy, 17759). 1784 gründete er auf Gut Schnepfenthal in Thüringen ein eigenes Philanthropin, in dem er sich bemühte, seine Schüler ohne Ansehen der Konfession zu heimat- und naturverbundenen, ehrlichen, fleißigen, zufriedenen, gottesfurchtigen und tugendhaften Menschen zu erziehen. Sportunterricht, gehalten von Christoph Guts Muths (1759-1839), wurde groß geschrieben, weil S. Bewegungsarmut bereits als Ursache für physische und psychische Probleme erkannt hatte. In seinem „Boten aus Thüringen", einem zunächst wöchentlich, später monatlich 1788-1816 erscheinenden Periodikum, schildert S. Erziehungs- und Lebensprobleme der kleinen Leute und erteilt Ratschläge für die verschiedensten Lebenssituationen. Er beklagt das soziale Elend der unteren Gesellschaftsschichten, erwartete aber wie die meisten Volksaufklärer eine Verbesserung der Verhältnisse nicht von einer Revolution, sondern von einer aufgeklärten Erziehung zu gottesfurchtigem und sittlichem Verhalten. Moralische Geschichten: Nr. 706-716. Weitere Werke (Auswahl): Ausgew. Schriften, hg.v. Eduard Ackermann. 2 Bde., Langensalza 2. Aufl. 1897-1901. - C. G. S. Pädagog. Weisheiten, hg. v. Helmut König. Berlin/DDR 1961. - Herrn Constants, Kaufmann zu Richmannshausen, curiose Lebensgeschichte. 3 Bde. Leipzig 1791-93. Gottesverehrungen, gehalten im Betsaale des Dessauischen Philanthropins. 1.4. Slg., Frankfurt/Main, Leipzig 1781-83. - Der Himmel auf Erden. Schnepfenthal 1797. Lit.: DBA, 1078, 2-35. - Bibliographie: Wolfgang Pfauch und Reinhard Röder (Hg.): C.-G.-S.-Bibliogr. [..]. Weimar 1981. - FS zur 100jährigen Jubelfeier der Erziehungsanstalt Schnepfenthal. Schnepfenthal 1884. - Müller, Johannes Ludolf: Die Erziehungsanstalt Schnepfenthal 1784-1934. FS aus Anlaß des 150jährigen Bestehens [..]. Geleitwort v. Friedrich Ausfeld. Ebd. 1934. Breddin, Ilse: Volkskunde und Volksideal bei C. G. S. Langensalza 1937. Herrmann, Ulrich: Die Pädagogik der Philanthropen. In: Scheuerl, Hans: Klassiker der Pädagogik I: Von Erasmus von Rotterdam bis Herbert Spencer. München 1979, S. 135-158, hier S. 154ff. - Burggraf, Gudrun: C. G. S. im Vorfeld der Frz. Revolution. Germering 1966. - Gothaer Museumsheft. Abhandlungen und Berichte zur Regionalgesch. 1984. 200 Jahre Salzmannschule. Sonderh.e 1 und 2, Gotha 1984. - Stach, Reinhard: Zur S.-Rezeption in der DDR. In: Pädagog. Rundschau, (1987), H. 2, S. 217-223. - Grosse, Roswitha: C. G. S.s „Der Bote aus Thüringen", Schnepfenthal 1788-1816. Eine Zs. der dt. literarischen Volksaufklärung an der Wende vom 18. zum 19. Jh. (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 1; 1068; zugl.: Diss. Univ. München 1987). Frank-

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furt/Main u.a. 1989. - Dies.: C. G. S. Der Volkserzieher. In: Päd. Rundschau 48 (1994), S. 343-348. - Lindner, Frank: Schnepfenthal - „Salzmanien". Auch eine Wegmarke an der Thüringer Klassikerstraße. In: Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen 2 (1994), H. 4, S. 6-28. - Seidelmann, Ulrich: Chr. G. S., der Pfarrer in Erfurt. In: Päd. Rundschau 48 (1994), S. 315-326. - Ders.: Erziehungstheorie und Praxis in Schnepfenthal. Dissertation (B), Erfurt 1989. - Ders./Kemper, Herwart (Hgg): Menschenbild und Bildungsverständnis bei C. G. S. Weinheim 1995. - Killy (= DB 9), 17758-17764. - ADB 30, S. 293297. - Brüggemann/Ewers 1982, 574-593, 1241. - HKJL 3, 250-254. - Scheuerl I (1979), 154ff. - Völpel: Literarisierungsprozeß, 1996, S. 187-245. Schindler, Konrad, Arzt (nicht zu verwechseln mit dem gleichnam. Architekten, 1757-1841, der im Katon Linth lebte). Werk: Aufweckungen zur Verbesserung der Sitten und Landwirtschaft zu Mollis, und an sehr vielen anderen Orten, durch einen Ehrlichen Landmann von Glarus. 1771. Schlez, Johann Ferdinand, *27.6.1759 Ippesheim/Franken, |7·9.1839 Schlitz/Hessen, Geistlicher, Schulreformer, Volksschriftsteller, prot. S., Sohn eines Landpfarrers, besuchte das Gymnasium in Windsheim, 1778-81 Theologie-Studium in Jena. Von dort kehrte er als Aufklärer nach Ippesheim zurück, wo er seinem Vater im Amt nachfolgte. Von der Gemeinde und von Amtsbrüdern wegen seiner fortschrittlichen Haltung kritisch auf Distanz gehalten, berief ihn aufklärerisch gesinnte Graf Karl von Görtz 1799 als Ersten Pfarrer, Kirchen- und Schulinspektor und Konsistorialrat in die Grafschaft Schlitz. Hier blieb S. bis zu seinem Tod und führte zahlreiche Reformen in Kirche und Schule durch. Wie andere der hier erwähnten Autoren (Bacher, Bock, von Bucher, Gotthelf, Harnisch, Rochow und Roßmäßler) lag ihm besonders die Realisierung einer modernen Volksschule am Herzen. S. publizierte über 40 pädagogische und volksaufklärerische Schriften, die meist mehrere Auflagen erlebten. Seine romanhafte „Geschichte des Dörfleins Traubenheim" (Nürnberg 1791/92 u.ö.), die auch in einer katholischen Ausgabe existiert, enthält moralische Geschichten und zählt zu den wichtigsten Schriften der Volksaufklärung. Reinhart Siegert weist darauf hin, daß S. mit seinen „Fliegenden Volksblättern" (Bayreuth 1797ff.) „in Deutschland der erste war, der mit Erfolg auf dem Weg der Kolportage Volksbildung betrieb" (Killy, 18331). Moralische Geschichten: Nr. 717-724. Weitere Werke (Auswahl): Gedichte. Ansbach 1784; Nürnberg 2 1793. - Der Denkfreund, Gießen 1811, 22. Aufl. 1860. Lit.: DBA, I 1108,406-441; II 1153,89-102. - Moser, Johann Philipp (Hg.):

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Deutschlands jetzt lebende Volksschriftsteller. H. 1, [Nürnberg] 1795 [Autobiographie]. - Scriba, Heinrich Eduard: Biogr.literar. Lexikon ... Hessen. Abtheilung 1, Darmstadt 1831, S. 350-361 [Autobiographie], - Dieffenbach, Ludwig Christian (Hg.): J. F. S. nach seinem Leben und Wirken. Gießen 1840. - ADB 31, S. 481. - Dieffenbach, Georg Christian: J. F. S. Gießen 1893. - B. E. Hermsdorf: J. F. S. Leipzig 1914. - Bechtolsheimer, Heinrich: J. F. S. In: Hess. Biogr.n 1. Darmst. 1918, S. 209-216. - Lampert, Irene: S., J. F., evangelischer Pfarrer und Pädagoge, 1759-1839. In: Lebensläufe aus Franken, hg. v. Sigmund Frhr. v. Pölnitz, Bd. 6. Würzburg 1960, S. 480-486. - Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Der fränkische Rochow. J. F. S. als Schul- und Sozialreformer. In: Jb. fur Fränk. Landesforsch. 34/35 (1975), S. 565-575. - Brückner, Wolfgang: Frankenbewußtsein und Kilianspräsenz im Lied seit der Aufklärung. In: Kilian. Mönch aus Irland, aller Franken Patron. Aufsätze, hg. v. Johannes Erichsen u. Mitarb. v. Evamaria Brockhoff (= Veröff. z. Bayer. Geschichte und Kultur Nr. 19/89), München 1989, S. 455-473, hier S. 462f. Ders.: Moralische Geschichten als Gattung volkstümlicher Aufklärung. In: JbfVk NF 10 (1987), S. 109-134, hier S. 133. - Killy (= DB 9), 18330ff. Richter. - Hamberger/Meusel. - Scriba, Heinrich Eduard: Biographischliterärisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im 1. Viertel des 19. Jahrhunderts. 2 Bde. Darmstadt 1831-43. - Neuer Nekrolog. Brümmer 1 u. 2. - Klarmann, Johann Ludwig: Steigerwald in der Vergangenheit. Ein Beitrag zur fränkischen Landeskunde. 2. verm. u. verb. Aufl. Gerolzhofen 1909. - Hess. Biographien. 3 Bde. Darmstadt 1918-1934. Schlosser, Johann Georg, *9.12.1739 Frankfurt/Main, fl7.10.1799 ebd., Jurist, Schriftsteller, prot. S., Sproß einer Frankfurter Patrizierfamilie, studierte Jura in Jena und Altdorf und eröffnete 1762 in seiner Heimatstadt eine Anwaltspraxis. 1773 trat er in den Dienst Karl Friedrichs von Baden und heiratete noch im selben Jahr Goethes Schwester Cornelia. 1774 stieg er zum Oberamtsverweser der Markgrafschaft Hochberg mit Sitz in Emmendingen, wo er versuchte, die ökonomische und soziale Lage seines Amtsbezirks zu verbessern. 1787 ließ er sich nach permanenten Auseinandersetzungen mit der zentralen Administration versetzen, wurde Hofrat in Karlsruhe und 1790 Direktor des Hofgerichts; 1794 auf eigenen Wunsch entlassen, 1794-98 lebte er als Privatier in Ansbach und Eutin. Nach dem Tode seines älteren Bruders im Jahr 1797 bewarb er sich erfolgreich um die Stelle eines Syndicus im Frankfurter Stadtrat. Nur zwei Jahre später starb er. Der „Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk", den er 1771 veröffentlichte, machte ihn fast über Nacht als Autor berühmt. Darin brachte er die neue Begeisterung für die Natur und das Natürliche auf den Punkt. Statt ökonomische Reformen auf dem Land zu empfehlen, hob S. die Moralität des

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Bauern als sein Modell eines „natürlichen Menschen" hervor und forderte damit die traditionelle seelsorgerliche Rolle der Kirchen heraus. Die Pädagogik der Philanthropisten lehnte er ebenso ab wie die Entwürfe des Allgemeinen Preußischen Landrechts und die Französische Revolution. Moralische Geschichten: Nr. 725. Weitere Werke: Anti-Pope oder Versuch über den natürlichen Menschen. Leipzig 1776. - Vorschlag und Versuch einer Verbesserung des deutschen bürgerlichen Rechts ohne Abschaffung des römischen Gesetzbuchs. Leipzig 1777; Neudr. Ruggell 1973. - Briefe über die Gesetzgebung überhaupt und den Entwurf des preußischen Gesetzbuchs insbesondere. Frankfurt/Main 1789; Neudr. Ruggell 1970. - Über die Seelen-Wanderung. Erstes Gespräch. Basel 1781. Zweites Gespräch. Basel 1782. - Seuthes oder der Monarch. Straßburg 1788. - Schreiben an einen jungen Mann, der die kritische Philosophie studieren wollte. Lübeck/Leipzig 1797/98 [Kritik an Kant], Lit.: DBA, Fiche I 1110,333-367. - Gerteis, Klaus: Bürgerliche Absolutismuskritik im Südwesten des Alten Reiches vor der Französischen Revolution. Trier 1983. - Zande, Johan van der: Bürger und Beamter. J. G. S., 1739-1799. Stuttgart/Wiesbaden 1986. - Ders.: Kurzbiographie: J. G. S. (1739-1799). In: Bödeker, Hans Erich (Hg.): Lesekulturen im 18. Jahrhundert (= Aufklärung 6, 1992, H. 1), S. 125-127. - Siegert, Reinhart: J. G. S.s „Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk" (1771), ein Symbolbuch der deutschen Aufklarung. In: J. G. S. (1739-1799). Kat. der Ausstellung der Badischen Landesbibliothek und des Generallandesarchivs Karlsruhe. Karlsruhe 1989, S. 52-72; jetzt auch als Nachwort im Reprint von Schlossers „Katechismus". Stuttgart-Bad Cannstatt 1998. - Nicolovius, Alfred: J. G. S.s Leben und literarisches Wirken. Bonn 1844. Neudr. Bern/Frankfurt/Main 1973. - Bräuning-Oktavio, Hermann: Neues zur Biogr. J. G. S.s. In: JbFDH (1963), S. 19-99. - Völpel: Literarisierungsprozeß, 1996, S. 27-58. - ADB 31, S. 544-548. - Weidlich, Christoph: Biographische Nachrichten von den jetztlebenden Rechtsgelehrten in Deutschland. 2 Bde. Halle 1781. - Hamberger/Meusel. - Meusel: Schriftsteller. - Killy (= DB 9), 18357ff. Schmerler, Johann Adam, (1765-1794), Lehrer, Rektor „an der gemeindlichen Schule zu Fürth", Philosoph; Verehrer Campes, prot. Moralische Geschichten: Nr. 726-728. Lit.: DBA, Fiche I 1113,1-73. - Schlichtegroll 1. - Nekrolog für Freunde deutscher Literatur 1791-94. 4 Bde. Helmstädt 1796-99. - Baur. - Will, Georg Andreas: Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon. 5 Bde. u. Suppl. Nürnberg/Altdorf. 1755-1808. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. - Baader. - Döring: Theologen.

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Schmid, Christofine (Pseud.) Moralische Geschichten: Nr 729. Schmid, Christoph von, * 15.8.1768 Dinkelsbühl; |3.9.1854 Augsburg, Geistlicher, Pädagoge, Jugendschriftsteller, kath. S., Sohn eines angesehenen Beamten, studierte in Dillingen, Priesterweihe 1791. Nach Stationen als Pfarrer in Nassenbeuren, Seeg, Thannhausen und Oberstadion ernannte ihn König Ludwig I. 1827 zum Domkapitular in Augsburg. S. schrieb deutlich - geprägt durch seinen Freund Sailer - vor allem kleine Erzählungen mit pädagogischen Anliegen in einer kindgerechten Sprache. S. begann seine schriftstellerische Tätigkeit 1801 mit einer „Biblischen Geschichte für Kinder", die - eingeführt in allen katholischen Volksschulen Bayerns und vieler anderer Staaten - über 200 Auflagen erlebte. Von seinen etwa 50 Jugendschriften, die auch in Frankreich, England, Italien und Nordamerika viel gelesen wurden, machten ihn seine „Ostereyer" weltberühmt. Sie erschienen 1816 in einer Auflage von 4.000 Stück, 1878 in der vierzehnten rechtmäß.n Ausgabe, wurden mehrfach nachgedruckt und auch für das Kindertheater bearbeitet. Dank dieser Schrift gilt S. als wichtigster Promotor des österlichen Eiersuch-Brauchs. Zu seinen bekanntesten Liedtexten gehören „Ihr Kinderlein kommet", „Beim letzten Abendmahle" und „Wie lieblich schallt durch Busch und Wald des Waldhorns süßer Klang". Seine Schriften zeugen sowohl vom Einfluß der Aufklärung als auch der Romantik und fanden bereits unter Zeitgenossen wie Stifter oder Wessenberg Anerkennung. Moralische Geschichten: Nr. 730-735. Weitere Werke (Auswahl): Gesammelte Schriften des Verfassers der Ostereier. Originalausgabe von letzter Hand. 24 Bde. Augsburg 1841-46. - Gesammelte Schriften. Vollständige Ausgabe, 28 Bde. Regensburg 1885. - Biblische Geschichte für Kinder. 1801-07. - Genovefa. Eine der schönsten und rührendsten Geschichten des Alterthums, neu erzählt für alle guten Menschen, besonders für Mütter und ihre Kinder. 1810. - Wie Heinrich von Eichenfels zur Erkenntnis Gottes kam. Landshut 1817. - Blüthen dem blühenden Alter gewidmet. Landshut 1819. - Rosa von Tannenburg. Augsburg 1823. - Der Weihnachtsabend. Landshut 1825. - Eustachius. Eine Geschichte der christlichen Vorzeit. Augsburg 1828. - Der gute Fridolin und der böse Dietrich. Augsburg 1830. Kleine Schauspiele für Familienkreise. Augsburg 1833. Lit.: DBA, Fiche 1115, 118-129. - Erinnerungen aus meinem Leben. 4 Bde. Augsburg 1853-57 [mit Würdigung Sailers]. - Baumgärtner, Alfred Clemens: Nachwort. In: Ders. (Hg.): C. v. S. Erzählungen, Bd. II: Der gute Fridolin und der böse Dietrich. Würzburg 1980, S. 152-156: - Kunze, Lieblingsbücher, S. 306. - ADB 31, S. 657-659. - LKJL 3, 290-292. - Bernhart, Joseph: C. v. S. In: Lebensbilder aus dem Bayer. Schwaben, Bd. V. München 1956, S. 307-

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343. - Pörnbacher, Hans: C. v. S. und seine Zeit (mit Bibl.) Weißenhorn 1968. - Korff, Gottfried: Hase & Co. Zehn Annotationen zur niederen Mythologie des Bürgertums. In: Gyr, Ueli (Hg.): Soll und Haben. Lebensformen bürgerlicher Kultur. FS Paul Hugger ζ. 65. Geburtstag. Zürich 1995, S. 77-95, hier S. 85f. Schmid, Johann Evangelist, Geistlicher, Salzburger Schulmann, kath. Moralische Geschichten: Nr. 736. Schmidt, Karl Heinrich, (1753-?), Geistlicher, Landprediger, prot. S. fühlte sich wie andere protestantische Landprediger seiner Zeit den französischen Physiokraten verpflichtet, denen zufolge der Reichtum eines Landes in der Erde gründet; namentlich berief er sich auf Merciers „Lob des Bauernstandes" als des eigentlichen Lebensspenders des Staates (vgl. Schmidt: Nutzbarkeit, 1805, S. 15). Er betrachtete sich als „einen zweyten Sokrates, der die Menschen, wo er sie findet, im Hause, im Garten oder auf dem Felde aufklärt, d. h. ihre verworrenen Gefühle und Vorstellungen zu deutlichen Begriffen hinaufläutert, und an die Stelle der halb oder ganz falschen Ideen, wahre zu setzen weiß" (ebd., S. 86). Werk: Nutzbarkeit des Predigtamts vornehmlich unter dem Landvolke, aus eigenen Erfahrungen. Braunschweig 1805. Lit.: DBA, Fiche I 1119,368. - Hamberger/Meusel. - Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, passim. Schmiedtgen, Johann Gottfried Daniel, (1766-1816), Rat, Dichter, prot. S. taucht 1797 als privatisierender Gelehrter in Leipzig auf. Seine Schriften sind von pietistischem Gedankengut geprägt. Moralische Geschichten: Nr. 737-740. Lit.: DBA, Fiche I 1122,220-224. - Hamberger/Meusel. - Raßmann: Dichter. Schneid, Johann Nepomuk OPraem, (1778-1846, n.a. 1848), Pfarrer in Aidenbach, Dekan, veröffentlichte Predigtsammlungen und Andachtsbücher sowie pastorale Hilfen, prot. Moralische Geschichten: Nr. 741-743. Weitere Werke: Das christliche Haus, in biblischen Beispielen geschildert mit angefügten Andachtsübungen frommen Gedanken bei den täglichen Verrichtungen, gottseligen Sprüchen aus der heiligen Schrift und kurzen Betrachtungen über die Festtage der Kirche, 1833; 2. Aufl. 1847. - Kurze und leichtfaßliche Ermahnungsreden, 1834ff. - Kurze und leichtverständliche Homilien,

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1838. - Das Brautexamen, die Eheeinsegnung, die Jubelehe und das Verfahren der katholischen Kirche bei Aufnahme eines fremden Religionsgenossen in ihrer Gesellschaft. Ein Hilfsbuch zunächst für angehende Geistliche und Seelsorger. Mit einer Zugabe von Tauf- und Leichenreden, 1835. Lit.: DBA, Fiche I 1124,371-372. - Mendl, S. 447. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. Schneider, Eulogius, *1756 in Wipfeld am Main, f 1794, hingerichtet in Paris, Geistlicher, Franziskaner, Hofprediger, kath. Geboren als Johann Georg Schneider in Wipfeld am Main, besuchte in Würzburg die Jesuiten-Schule und wurde 1777 in Bamberg Franziskaner. 1784 Priesterweihe, fiel aber schon 1785 in Augsburg als freigeistiger Prediger in Ungnade und mußte die Stadt verlassen. Er wurde Hofprediger in Württemberg, taucht dann als Inhaber des neugeschaffenen Lehrstuhls für Literatur zur Betreuung der „Schönen Wissenschaften und der griechischen Sprache" an der modernen Universität Bonn des Erzbischofs von Köln auf, wurde 1791 auch dort entlassen und ging nach Straßburg, wo er sich den siegreichen Jakobinern anschloß und seinem Priestertum abschwor. Anlaß für die Absetzung S.s in Straßburg waren Rivalitäten mit französischen Fraktionsgenossen. Unter dem Vorwand der Schädigung des Ansehens der Republik endete er auf dem Schafott. Michael Schneider diskutiert in seinem biographischen Roman „Der Traum der Vernunft" (2001) an der Person dieses Ex-Franziskaners, dem man den Beinamen „Marat von Straßburg" und „Blutsäufer des Elsaß" gegeben hat, die Frage, ob Gewalt ein geeignetes und zulässiges Mittel im Kampf um die Verbesserung der Welt sein könne. Lit.: Brückner, Wolfgang: Frankenbewußtsein und Kilianspräsenz, 1989, S. 460ff. - ADB 32, S. 103-108. Schönberg, Matthias von, SJ, (1734-1792), Geistlicher Rat in München, Schriftsteller und Direktor der Bibliothek des goldenen Almosens, kath. In Auseinandersetzung mit Andreas Sutor (s. unten) entstanden S.'s Schriften „Nothwendige Zusätze zu dem Schulbüchchen: Moral für die Jugend, als eine gemeinnützige Beleuchtung des Mangelhaften in dem Gebäude der itzt meistens beliebten Moral" (1778) und „Entwurf des gedoppelten Hauptgrundsatzes, auf welchen die ... nothwendigen Zusätze zur Schulmoral-Verbesserung gegründet sind; als eine kurze und gründliche Abfertigung der unlängst herausgekommenen unrühmlichen Gegenschrift" (1778). Moralische Geschichten: Nr. 744. Lit.: ADB 32, S. 267f. - HKJL III, S. 1242f. - Hamberger/Meusel XX (1825), S. 2 4 3 . - M e n d l , S. 448.

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Schönke, Karl August, *1810, Lehrer und Schriftsteller. Moralische Geschichten: Nr. 745. Lit. : DBA, Fiche I 1131,418-425. - Heindl. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. Schoppe, Amalie, *9.10.1791 Burg/Fehmarn, |25.9.1858 (n. a. 29.9., 30.9., 1.10.) Schenectady/N.Y. (USA), Pädagogin, Redakteurin, Autorin von Frauenratgebern, geb. Weise; Pseud.: Adalbert von Schonen; Amalia Weise, prot. S., Arzttochter, Bekannte Varnhagens, Chamissos, Kerners, Gönnerin Hebbels, Leiterin einer Hamburger Mädchenschule und Mutter dreier Söhne, trennte sich 1821 von ihrem Mann, einem Rechtsanwalt. Von 1822 an veröffentlichte sie fast jährlich Erzählungen und Romane und machte sich als Publizistin durch die Redaktion der „Pariser Modeblätter" (Hamburg 1827-46) und der „Iduna. Zeitschrift für die Jugend beiderlei Geschlechts" (Altona 1831-39) einen Namen. 1851 zog S. zu ihrem Sohn Alphons nach den USA, wo sie eine Schule fur deutsche Kinder einrichtete. Sie verfaßte insgesamt über 200 Bücher bisweilen trivialen Inhalts. Moral, Ordnung, Gehorsam, Gottesfurcht, Genügsamkeit und Pflichterfüllung waren für sie Ideale einer heilen Welt, die es für sie persönlich nicht gab. Verarmt starb sie 1858 im Staat New York. S. führt die Riege von Autorinnen an, die sich neben den „pädagogischen Priestern" und „priesterlichen Pädagogen", wie Egon Schmidt treffend sagt, der Jugendschriften und vorzugsweise des Mädchenbuchs annahmen. Moralische Geschichten: Nr. 747-751. Weitere Werke: Briefstellerin für Damen. Berlin 1834, 9. Aufl. 1895. - Tycho Brahe. Leipzig 1839. - Die Jüdin. Leipzig 1844. - Die Braut, Gattin und Mutter. Heidelberg 1839. Lit.: DBA, Fiche I 1135,49-85; II 1180,393. - Stolte, Heinz: A. S. In: HebbelJb. 1963, S. 149-178. - Schleucher, Kurt: Das Leben der A. S. u. Johanna Schopenhauer. Darmstadt 1978. - Killy (= DB 9), 18720f. - HKJL 4, Sp. 1833. - Pressler, S. 177f. - ADB 32, S. 368f. - Hamberger/Meusel. - Schindel. - Alberti, Eduard (Hg.): Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. 2 Bde, 1867-68. - Lübker/Schröder. - Brümmer 1 u. 2. - Schröder, Hans: Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart, i.A. des Vereins für hamburgische Geschichte ausgearbeitet. 8 Bde. Hamburg 1851-53. - Eckart, Rudolf: Lexikon der niedersächsischen Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Osterwieck. 1891. - Pataky. - Clementine [autobiograph. Erzählung]. In: Erinnerungen aus meinem Leben und kleinen Bildern. Leipzig 1838.

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Schreger, Odilo OSB, *2.11.1697 Schwandorf, f21.9.1774 Ensdorf, Geistlicher, Schriftsteller, kath. Nach dem Besuch des Jesuitengymnasiums in Amberg trat S. in das oberpfälzische Kloster Ensdorf ein. 1720 legte er die ewigen Gelübde ab und begann ein Studium der Philosophie und Theologie in Regensburg und Michelfeld, 1723 Priesterweihe und Rückkehr nach Ensdorf. In der Klostergemeinschaft war er nacheinander tätig als Küchenmeister, Kastner, Subprior, Prior, Konventsenior, Studentenbetreuer sowie als Seelsorger in mehreren Pfarreien. Neben moralisch-asketischen Schriften begründeten vor allem die praktischlehrhaften und unterhaltsamen Werke seine Popularität. Sie bieten geographische und historische Denkwürdigkeiten, theologische Merksätze, philosophische Aphorismen, naturwissenschaftliche Erkenntnisse sowie vergnügliche Rätsel, Wortspiele und Schwänke. Praktische Anleitungen enthalten seine Sachbücher wie der „Speiß-Meister" (1766), der mit Blick auf eine gesunde, gottgefällige Lebensführung von der rechten Auswahl und Zubereitung von Nahrungsmitteln handelt, und die „Kleine Haus-Apothecke" (1769) mit der Vermittlung laienmedizinischen Erfahrungswissens. Das „Hauß-Büchlein" (1736), mit dem er an den weit verbreiteten Fachprosatypus der ,Oeconomica' anknüpfte, vereint Sitten- und Realienlehre, religiös-ethische Betrachtungen und konkrete Ratschläge für die Haushaltsführung. Kurzgefaßte Beschreibungen von mehr als 100 Reisewegen durch Deutschland, Verhaltensmaßregeln und ärztliche Empfehlungen, unterhaltsame Erzählungen, doch ebenso Gebete und religiöse Ermahnungen enthält das „Reis-Büchlein" (1753). S. versteht es, praktische Anleitung und katechetische Unterweisung für den „gemeinen Mann" zu verschmelzen. Bibliographie: Pirmin Lindner: Monasticon Metropolis Salzburgensis antiquae. Salzburg 1908, S. 549f. - Knedlik, Manfred: Bibliographie der Werke Odilo Schregers. In: Ders./Alfred Wolfsteiner (Hgg.): Literarische Klosterkultur in der Oberpfalz. Kallmünz 1997, S. 33-56. Moralische Geschichten: Nr. 752-754. Weitere Werke: Ascetico-biblicum calendarium. Regensburg 1730. - Diurnale asceticum religiosorum. Sulzbach 1734. - Hauß-Büchlein. Maria Zell 1736, o.O. 1745, Bamberg 1748, 1753, o.O. 1753, Augsburg 1761, 1762, 1763, 1766, Dießen 1770, Bamberg 1770, Maria Zell 1773, Baierdießen 1773, Augsburg 1775, 1778, 1780, 1785, 1797, 1809, 1848, 1851, 1873. - Studiosus jovialis. München u. Stadtamhof 1749, 1751, Stadtamhof 1752, 1755, 1757, 1766, Augsburg 1773, Wien 1846. - Lustig- und nutzlicher Zeit-Vertreiben Stadtamhof 1753, 1754, 1756, München u. Stadtamhof 1762, 1765, 1769, Augsburg 1777, 1788, 1794, 1802. - Reis-Büchlein. o.O. 1753, Bamberg 1756, Augsburg 1762, 1773, Amberg 1779, Bamberg 1805, Landshut 1810. Zu nutzlicher Zeit-Anwendung zusamm getragener Auszug der Merckwürdig-

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sten Sachen. Stadtamhof u. Passau 1755, Stadtamhof 1756, 1766, Augsburg 1791. - Diurnale neo-curati. Passau 1762. - Speiß-Meister. München u. Stadtamhof 1766, 1768. Augsburg 1776, 1778, München 1801. - Kleines WörterLexicon. München 1768. - Eine gute Nacht. München 1772, 1791, 1802, 1812, 1821, 1827, 1835, Deggendorf 1847, München 1857, 1860, 1870. Kleine Hausapotheke. München 1769, Augsburg 1774, 1776, 1780, 1790. Dictionarum pauperum studiosorum. München 1775. - Auszüge bieten: Kapfhammer, Ursula u. Günther (Hgg.): Oberpfálzisches Lesebuch. Vom Barock bis zur Gegenwart. Regensburg 1977, S. 79-86. - Pörnbacher, Hans (Hg.): Bayerische Bibliothek III, München 1990, 1121-1138. Lit.: Moser-Rath, Elfriede: „Schertz und Ernst beysammen". Volkstümliches Erzählgut in geistlichen Schriften des 18. Jahrhunderts. In: ZVK 61 (1965), S. 38-73, hier S. 64-67. - Benker, Sigmund/ Ruf, Martin/ Wild, Joachim: 300 Jahre Bayerische Benediktiner-Kongregation. In: StMGB 96 (1985), 8-64 (52f.). - Markmiller, Fritz: Die Oberpfälzer „Merckwürdigkeiten" des P. Odilo Schreger. In: Heimat Ostbayern 1 (1987), S. 11-21. - Zitzelsberger, Hans: Chronik von Ensdorf. Ensdorf 1991, S. 13Of. - Pörnbacher, Hans: Barockliteratur in der Oberpfalz mit einem Ausblick auf das 18. Jahrhundert. In: Morgen-Glantz 4 (1994), S. 15-28, hier S. 21. - Ders.: Literatur und Theater in der Oberpfalz vom hohen Mittelalter bis zum Ende des Alten Reiches. In: Hb. d. bayer. Geschichte 111,3, München 1995, S. 193-210, hier S. 202. - Knedlik, Manfred: Odilo Schreger OSB (1697-1774). Leben und Werk eines spätbarokken geistlichen Autors. In: Ders./Wolfsteiner, Alfred (Hgg.): Literarische Klosterkultur in der Oberpfalz. Kallmünz 1997, S. 9-31. - Fendi, Elisabeth: Populäre Erzählstoffe bei O. S. In: Ebd., S. 69-84. - Proske, Gebhard: Heilkunde und Klosterpharmazie. Medizinhistorische Betrachtung zu O. S.s ,Kleiner Haus-Apothecke'. In: ebd., S. 85-107. - Knedlik, Manfred: Geistliche Wortkunst. In: Ders./Schrott Georg (Hgg.): Anselm Desing (1699-1772). Ein benediktinischer Universalgelehrter im Zeitalter der Aufklärung. Kallmünz 1999, S. 240-259, hier S. 250f. - Masel, Katharina: Kalender und Volksaufklärung in Bayern. Zur Entwicklung des Kalenderwesens 1750 bis 1830. St. Ottilien 1997, S. 119f. - BBKL XVIII (2001), Sp. 1298-1300. - ADB 32, S. 471. Bosl, S. 700. - Kosch, DLL XVI, S. 262. Meusel XII (1812) - Baader 1,2 (1824), 224f. - LThK IX ( 3 2000), Sp. 249. - EM (geplant).

Schulz, Otto (1782-1849), Theologe, Philologe, Gymnasiallehrer, Schulpädagoge, Pseud.: Schultz, Otto; Schultz, Johann Otto Leopold. Moralische Geschichten: Nr. 756. Lit.: DBA, Fiche I 1152,351-362; II 1196,29. - Hamberger/Meusel. - Gelehrtes Berlin im Jahre 1845. Berlin 1846. - ADB 32, S. 749. - Neuer Nekrolog. Eckstein. - Poggendorf 1863.

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Schulze, Carl Christian Friedrich, (1792-1846), Geistlicher, Brandenburg, prot. Werke: Historischer Bildersaal oder Denkwürdigkeiten aus der neueren Geschichte. 5 Tie., Gotha 1815-29 [= Fortsetzung von Lossius' Moralischer Bilderbibel. 5 Bde., Gotha 1805-13. 2 1821-24], Lit.: [keine Angaben in DBA]. - Loock, Hans-Dietrich: „Und pißten ihm in den Schuh." Aus dem Leben des Landpredigers C. C. F. S. (1792-1846). In: Jb. f. Brandenburgische Kirchengeschichte 55 (1985), S. 199-234. Schumann, August, (1773-?), Buchhändler, Kaufmann und Dichter. Moralische Geschichten: Nr. 757. Lit.: DBA, Fiche I 1154,123-127. - Hamberger/Meusel. Schummel, Johann Gottlieb, *8.5.1748 Seitendorf bei Hirschberg, 123.12.1813 Breslau, Philologe, Historiker, Schriftsteller, prot. S., Sohn eines Dorfschulmeisters, besuchte 1759-67 das Gymnasium in Hirschberg, 1767-69 Theologiestudium in Halle und autodidaktische Aneignung moderner Sprachen und Naturkunde. Geldmangel zwang ihn, das Studium abzubrechen und sich als Hauslehrer in Aken bei Zerbst zu verdingen. 1772 Präzeptor am Kloster „Unserer lieben Frau" in Magdeburg. Im Umgang mit den Klosterschülern entwickelte er seine reformorientierte Pädagogik, die er später in Erziehungsprogrammen und Aufsätzen auch theoretisch begründete. 1779 Ruf an die Ritterakademie in Liegnitz, 1788 Prorektor und Professor für Geschichte am Elisabeth-Gymnasium in Breslau, 1789 zusätzlich Inspektor des Breslauer Lehrerseminars, lehrte an der dortigen Artillerie-Akademie und wirkte beratend an staatlichen Schulprogrammen mit. 1776 nahm S. an einer „Musterprüfung" im Dessauer Philanthropin teil, die zu Werbezwecken veranstaltet wurde, und publizierte mit „Fritzens Reise" einen begeisterten Bericht über die philanthropische Erziehungsmethode, aus der Sicht eines Zwölfjährigen. Streitigkeiten mit Basedow führten in den folgenden Jahren zur Distanzierung vom Philanthropismus, die in seinem satirischen Roman „Spitzbart" ihren Niederschlag fand. S. war ein konservativer Aufklärer und trat für behutsame Reformen in staatlicher Regie ein. Moralische Geschichten: Nr. 758-760. Weitere Werke: Lehrreiches und angenehmes Buch für den Bürger und Landmann. Magdeburg 1772. - Lustspiele ohne Heyrathen. Wittenberg/Zerbst 1773. - Fritzens Reise nach Dessau. Leipzig 1776; Neudr. hg. v. Albert Ritter. Leipzig 1891 [Propaganda-Schrift für Dessau], - Reise durch Schlesien im Juli und August 1791. Breslau 1792. - Breslauer Almanach für den Anfang des 19. Jahrhunderts. Ebd. 1801. - Spitzbart. Eine komi-tragische Geschichte für unser

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pädagogisches Jahrhundert. Leipzig 1779; Nachdr. (= Bibliothek des 18. Jahrhunderts). München 1983. Lit.: DBA, Fiche I 1154,327-339; II 1199,26-35. - Etzin, Franz: J. G. S.s Pädagogik. Ein Beitr. zur Geschichte des dt. Philanthropismus. Langensalza 1915. - Gierke, Wilhelm: J. G. S. und seine Romane. Leipzig 1915. - Weigand, Georg: J. G. S. Leben und Schaffen eines Schriftstellers und Reformpädagogen. Frankfurt/Main 1925. - Ritter, Helmut: Die pädagogischen Strömungen im letzten Drittel des 18. Jh. in den gleichzeitigen deutschen pädagogischen Romanen und romanhaften Darstellungen. Diss. Halle 1938. - Stach, Reinhard: J. G. S. In: HKJ 1,3. - Gierke, Wilhelm: J. G. S. und seine Romane. Ein Beitrag zur Geschichte der Literatur und Pädagogik im 18. Jahrhundert. Diss. Bern 1915. - Killy (= DB 9), 18941-18946. - ADB 33, S. 59ff. - Denina. - Hamberger/Meusel. - Hoffmann, Carl Julius Adolph: Die Tonkünstler Schlesiens. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Schlesiens vom Jahre 960 bis 1830. Breslau 1830. - Berner. - Schlesische Lebensbilder. 5 Bde. Breslau 1922-1968. Schwabe(n), Johann Joachim, *29.9.1714 Magdeburg, |12.8. (4.?) 1784 Leipzig, Bibliothekar, Übersetzer, Herausgeber, Publizist, Professor, prot. S. studierte in Leipzig, war Privatlehrer, Hofmeister, Kustos der Universitätsbibliothek und ab 1765 a. o. Professor für Philosophie. Er gilt als einer der eifrigsten und vielseitigsten Publizisten der deutschen Aufklärung. Nach dem Muster der französischen Zeitschrift „Nouveaux amusements de l'esprit et du cœur" brachte er als deutsches Pendant „Belustigungen des Verstandes und Witzes" (Leipzig 1741-45) heraus. Aus seiner Feder flöß ferner „Der Frau Maria le Prince de Beaumont lehrreiches Magazin für Arme, Handwerksleute, Gesinde und Leute auf dem Lande, nach deutscher Art eingerichtet" (Leipzig 1768), ebenso der „Neue Mentor" (aus dem Französischen, mit einigen Veränderungen, Leipzig 1773). Daneben veröffentlichte er pädagogische, geographische und naturwissenschaftliche Schriften (teilweise in Übersetzung). Moralische Geschichten: Nr. 761-764. Lit: DBA, Fiche I 1157,112-127; II 1200,421. - ADB 33, S. 162-171. - Killy (= DB 9), 18987f. - Weiz. - Denina. - Richter. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. Schwäbl, Franz Xaver, (1778-1841), Geistlicher, Domherr in München, Bischof von Regensburg, kath. Moralische Geschichten: Nr. 765-769. Lit.: DBA, Fiche I 1157,209-223; II 1201,77-78. - Hahn, W. M.: Romantik und Katholische Restauration. Das kirchliche und schulpolitische Wirken des Sailerschülers und Bischofs von Regensburg F. X. v. S (1778-1841) unter der

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Regierung König Ludwigs I. von Bayern. München 1970. - Gatz, E. (Hg.): Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Berlin 1983, S. 684f. - Lochinger, Α.: F. X. v. S. In: Beiträge zur Geschichte des bistums Regensburg 24 (1989), S. 577-590. - ADB 33, S. 174f. - Hamberger/Meusel XV (1811), S. 418. - Mendl, S. 449. - Felder. - Neuer Nekrolog. Schwager, Johann Moritz, *24.9.1738 Gut Kalkkuhl (Kirchspiel Hülsenbusch), t29.4.1804 Jöllenbeck (Bielefeld), Geistlicher, prot. S., Sohn wohlhabender Bauern, studierte 1759-62 in Halle und Jena Theologie (u.a. bei Johann Salomo Semler) und besuchte daneben philosophische und medizinische Vorlesungen. Examen 1763, danach Hauslehrer, 1768 bis zum Tod Pfarrer in Jöllenbeck. Nach anfänglichen Spannungen entwickelte sich S. zu einem anerkannten aufklärerischen Volkslehrer. Er engagierte sich für die Verbesserung der Landwirtschaft, des Schulwesens, des Sozialverhaltens seiner Gläubigen sowie für die Pockenschutzimpfung, die er in vielen hundert Fällen eigenhändig durchführte. S.s durchweg anonym veröffentlichte Romane sind sozialgeschichtlich interessant, da er Probleme seiner Zeit thematisiert. So beschäftigt er sich in „Martin Dickius" mit den Widrigkeiten, mit denen aufgeklärte Pfarrer sich herumschlagen mußten. Seine „Bemerkungen auf einer Reise durch Westphalen" (1804) behandeln die heraufziehende Industrialisierung. Neben Predigten und Abhandlungen zu Aberglauben und Hexenverfolgung veröffentlichte S. zahlreiche aufklärerische Beiträge u.a. für die „Berlinische Monatsschrift", das „Westphälische Magazin", das „Deutsche Museum", das „Jahrbuch für die Menschheit". Werke (Auswahl): Bemerkungen auf einer Reise durch Westphalen bis an und über den Rhein. Neudr. d. Ausg. Leipzig/Elberfeld 1804. Bielefeld 1987. [Anonym:] Friedrich Bickerkuhl. Ein Roman aus dem Leben und für dasselbe. Dortmund 1802. - [Anonym:] Leben und Schicksale des Martin Dickius. 3 Bde., Bremen 1775/76; Mikrofiche-Ausgabe: Bibl. d. dt. Literatur; MikroFiche B. 25 / F. 11298-11299. München o.J. - Die Leiden des jungen Franken, eines Genies. Minden 1777; Mikrofiche-Ausg.: Bibl. d. dt. Literatur; MikroFiche B. 25 / F. 11299. München o.J. - Kleiner Krieg für und wider den Aberglauben. Leipzig 1781. - Stillbachs Leben. Nur Bd. 1, Leipzig 1781. - Versuch einer Geschichte der Hexenprocesse. Nur Bd. I, Berlin 1784, Neudr. Berlin 1970. Leben, Thaten und Schicksale eines lüderlichen Landpredigers. Leipzig 1803. - Lother v. Lothersburg. Frankfurt/Main 1808. - Des Balthasar Bekkers reformirten Predigers in Amsterdam bezauberte Welt. 3 Bde. Leipzig 1781/82. Beiträge zur Bildung deutscher Bürger in lehrreichen und unterhaltenden Aufsätzen. Leipzig 1781. Lit.: Rothert, H[ugo]: J. M. S. Berlin 1929. - Rothert, Hermann: J. M. S. In: 55. Jahresbericht des Histor. Vereins für die Grafschaft Ravensberg (1949), S.

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88-175. - Godet, Alain: Hexenglaube, Rationalität und Aufklärung. Joseph Glanvill und J. M. S. In: DVjs 52 (1978), S. 581-603. - Eimer, Olaf: Nachwort zu J. M. S.: Bemerkungen auf einer Reise durch Westphalen (1804), S. 397413. - Killy (= DB 9), 19000ff. Schwarz, Heinrich OSB, (1819-1894), Geistlicher, Jugendschriftsteller im Geiste Christoph von Schmids, Benediktiner in Michaelbeuren, kath. Moralische Geschichten: Nr. 770. Weitere Werke: Einhundert kurze Erzählungen und Parabeln für die liebe Jugend von P. Heinrich Schwarz. Mit einer Empfehlung von Christoph von Schmid. Neue ill. Aufl. Regensburg o.J. [1848], 218 S. Lit.: DBA, Fiche I 1159,391-402. - Mendl, S. 449. - Heindl. - Kehrein. Wurzbach. - Brümmer 1. - Hinrichsen. - Wienstein: Dichter. Schwarz, Ignaz Christian, (1803-1844), Jurist, Redakteur und Schriftsteller in Bamberg, Professor für deutsche Literatur an den katholischen Kantonsschulen in Disentís und in St. Gallen in der Schweiz Pseud.: Dr. Rion [= Umkehrung von französisch „noir"], Verfasser zahlreicher Heiligenviten, kath. Moralische Geschichten: Nr. 771,772. Lit.: DBA, Fiche I 1159,415-416. - Mendl, S. 449. - Neuer Nekrolog. - Jäck, Heinrich Joachim: Zweites Pantheon der Literaten und Künstler Bambergs vom 11. Jahrhunderte bis 1844. 2. verm. u. verb. Aufl. Bamberg 1844. Schwippel, Adalbert, Fürstlich Fürstenbergischer Buchhalter. Joseph Wilhelm Ernst Fürst zu Fürstenberg (1699-1762; reg. 1704-62) begründete Donaueschingen als Residenzort der Fürstenberger. Er forderte im Sinne der Aufklärung die Schulbildung und das Schulwesen in seinem Territorium. Durch Anna Gräfin Waldstein Fürst zu Fürstenberg (1707-56), seit 1723 mit Joseph Wilhelm Ernst verheiratet, kam die Herrschaft Pürglitz in Böhmen in die Hand der Fürstenberger. Dort war S. im 19. Jh. als Buchhalter tätig. Moralische Geschichten: Nr. 774. Seifert, Adam, Geistlicher, Pfarrer zu Niederlauer, Bistum Würzburg, kath. Moralische Geschichten: Nr. 775. Seiler, Georg Friedrich, *24.10.1733, f 1807, Theologe, Professor, prot. Ab 1754 Studium der Theologie, Philosophie, Mathematik, orientalischen Sprachen, Naturwissenschaften und Geschichte in Erlangen. 1759-61 Hauslehrer in Tübingen, 1761 Diakon in Neustadt a. d. Heyde (Kreis Coburg), später

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Prediger in Coburg. 1769-1807 o. Prof. der Theologie in Erlangen, 1771 (!) Promotion zum Dr. theol., ab 1775 Dezernent über das gesamte Schulwesen im Fürstentum Bayreuth. S. gehörte zu den „besonnenen Aufklärern" (ADB, S. 648), die stark vom christlichen Glauben geprägt waren. Moralische Geschichten: Nr. 776. Weitere Werke (Auswahl): Kleiner und historischer Katechismus. Bayreuth 1775, 16. Aufl. 1801. - Gemeinnützige Betrachtungen der neuesten Schriften, welche Religion, Sitten und Besserung des menschlichen Geschlechts betreffen, 25 Jgg. 1776-1800. Lit.: DBA, Fiche I 1172,343-464; II 1214,172. - Meyer, Andreas: Biographische und litterarische Nachrichten von den Schriftstellern, die gegenwärtig in den Fürstenthümern Anspach und Bayreuth leben. Erlangen 1782. - Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Beytrag zur Gelehrtengeschichte oder Nachrichten von Zöglingen des illustren Christian-Ernestinischen Gymnasiums zu Bayreuth. Coburg 1793. - Ders./Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Vollständige akademische Gelehrten-Geschichte der Kgl.-preuß. FriedrichAlexanders Universität zu Erlangen. 1.-3. Abt. Nürnberg 1806. - Hamberger/Meusel. - Simon, Matthias: Bayreuthisches Pfarrerbuch. Die Evangelischlutherische Geistlichkeit des Fürstentums Kulmbach-Bayreuth. München 1930. - Jordahn, Ottfried: G. F. S.s Beitrag zur praktischen Theologie der kirchlichen Aufklärung (= Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns 49, zugl.: Erlangen-Nürnberg, Univ., Diss. 1967). Nürnberg 1970. - ADB 33, S. 647ff. Senff, Carl Friedrich (Vater), (1739-1814), Pastor, Gesangbuchautor. Moralische Geschichten: Nr. 777. Lit.: DBA, Fiche I 1177,331; 1177,335; 1177,338-346. - Lexikon baltischer Künstler. Riga. 1908. - Denina. - Gerber 1. - Hamberger/Meusel. - Richter. Döring: Kanzelredner. - Nagler, Georg Kaspar: Neues allgemeines KünstlerLexikon: oder Nachrichten von dem Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner, Medailleure, Elfenbeinarbeiter. 22 Bde München 1835-52. Seume, Johann Gottfried, *29.1.1763 Poserna/Sachsen, fl3.6.1810 Teplitz/ Böhmen, Soldat, Verlagsmitarbeiter, prot. S., Sohn eines verarmten Bauern, begann unterstützt durch den Grafen Hohenthal-Knauthain 1780 ein Theologiestudium in Leipzig und geriet dabei in eine religiöse Krise. Auf der Flucht nach Frankreich fiel er im Juni 1781 Werbern des Landgrafen von Hessen-Kassel in die Hände und wurde fur den Unabhängigkeitskrieg in Amerika an England verkauft. 1787 kehrte er nach Leipzig zurück, wo er als Privatlehrer und Übersetzer aus dem Englischen arbeitete.

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Nebenbei studierte er Jura und Philologie und habilitierte sich 1792. Nach einer Tätigkeit als Privatsekretär in Warschau (1793-96) und einem neuerlichen Aufenthalt in Leipzig wirkte S. ab 1797 als Korrektor bei der Göschen'schen Verlagshandlung in Grimma. 1801-02 hielt er sich in Italien auf. In seinem daraus entstandenen Werk „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802" setzt er sich mit den gesellschaftlichen Mißständen in Süditalien und der Gestalt Napoleons auseinander. 1805 folgte eine Reise nach Russland, Finnland und Schweden. Krankheitsbedingt in Not geraten, starb er während einer Kur in Teplitz. S.s Autobiographie „Mein Leben" erschien erst posthum (1813), ebenso die Aphorismensammlung „Apokryphen" (1811), die er aufgrund ihrer politischen Brisanz zu Lebzeiten nicht veröffentlichen konnte. Lit.: DBA, Fiche I 1179,218-239; II 1219,211. - H. G. S. Ein literarisches Porträt. Ausgewählte Werke S.'s, hg. u. eingeleitet von Wilhelm Hausenstein. Leipzig 1912. - Drews, Jörg: J.G. S. 1763-1810. Ein politischer Schriftsteller der Spätaufklärung. Eine Ausstellung der UB Bielefeld 2.-30.11.1989. Bielefeld 1989. - Nagel, Joachim: S., H.G. In: Microsoft Encarta Enzykloädie 2001. - Meier, Albert: Freiheit in Frömmigkeit. In: Text und Kritik. Zs. f. Literatur, hg. v. Heinz Ludwig Arnold. H. 126 (1995) [über S.'s moralisch-religiösen Nachlaß]. - ADB 34, S. 64-67. - Hamberger/Meusel. - Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte. 20 Bde. Kassel 1780-1863. - Brümmer 1 u. 2. - Mitteldeutsche Köpfe: Lebensbilder aus einem Jahrtausend. Frankfurt/Main 1959.

Simon, Christian Friedrich Liebegott, (1774-?), Geistlicher, kath. Moralische Geschichten: Nr. 779-781. Lit.: DBA, Fiche I 1186,367-368. - Hamberger/Meusel. Simon, Ernst Heinrich, (1741-1804), Pfarrer Moralische Geschichten: Nr. 782. Lit.: DBA, Fiche I 1186,382-384. - Hamberger/Meusel. Sintenis, Johann Gottfried Theodor, (1772-1846), Geistlicher, prot. Moralische Geschichten: Nr. 783. Lit.: DBA, Fiche I 1188,179-182. - Hamberger/Meusel. - Otto, Gottlieb Friedrich: Lexikon der seit dem 15. Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. 3 Bde. u. Suppl. Görlitz 1800-03.

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Snell, Johann Peter, *25.1.1720 Braubach am Rhein, f l 1.4.1797 Klingelbach, Pfarrer, prot. S. studierte ab 1741 Theologie in Gießen, ab 1749 Diakon in Nassau. Moralische Geschichten: Nr. 786. Lit.: DBA, Fiche I 1191,270-288. - ADB 34, S. 503-506. - Baur. - Hirsching. - Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte. 20 Bde. Kassel 1780-1863. - Hamberger/Meusel. Döring: Theologen. Sonnenfels, Joseph, *1733 Nikolsburg/Mähren, +25.4.1817 Wien, Aufklärungsliterat, kath. (urspr. jüdisch). S., Freimaurer und Haupt der österreichischen Illuminaten, gilt als „thätiges Werkzeug der Josephinischen Aufklärung" (ADB, S. 635). Er studierte seit 1754 Rechtswissenschaft in Wien, 1763 Professor für Polizei- und Kameralwissenschaften und gab mehrere Moralische Wochenschriften heraus, darunter über zehn Jahre den „Mann ohne Vorurtheil", der sich an alle Stände richtet, inhaltlich jedoch vor allem das bürgerliche Publikum anspricht. Die literaturbezogenen Beiträge orientieren sich unmittelbar an der norddeutschen Literatur" (Keck, S. 262). Der bayerische Volksaufklärer Heinrich Braun schöpft aus diesen Wochenschriften. S. setzte sich für die Abschaffung der Leibeigenschaft und die Verlegung von Klöstern, Universitäten, Manufakturen und Fabriken in kleinere Orte ein, um der städtischen Überbevölkerung Herr zu werden. Auf seine Initiative hin schaffte Kaiserin Maria Theresie 1776 die Folter ab. 1775 sorgte S. als Regierungsrat fur die Laternenbeleuchtung von Wien. Werke: (Hg. der folgenden Wochenschriften:) Mann ohne Vorurtheil, 1765-75 [zweimal wöchentlich, Titel bei Voltaire entlehnt], - Der alte und der neue Bienenstock. - Das Reich der Natur und Sitten. - Theresia und Eleonore [August 1766 - Febr. 1767; Neuaufl. 1769 u. 1775; wendet sich an Frauen). - Das weibliche Orakel [löste 1767 „Theresia und Eleonore" ab], - Der Vertraute, 7 Nrn. Febr.-März 1765 [durch Zensur verboten], - Von der Verwandlung der Domänen in Bauerngüter. 1773. - Grundsätze er Polizei-, Handlungs- und Finanzwissenschaft. Wien 1765-76. - Abhandlung von der Theurung in Hauptstädten und dem Mittel derselben abzuhelfen. Leipzig 1769. - Lehrreiches Alltagsbuch zum Unterricht, Vergnügen und Nachdenken. Wien 1800.

Späth, Caroline Moralische Geschichten: Nr. 789. Lit.: Liebert, Ute: Geschichte der Stuttgarter Kinder- und Jugendbuchverlage im 19. Jahrhundert. Stuttgart 1984.

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Spirago, Franz, (1862-?), Schulrat in Prag, 1893 Religionsprofessor an der Lehrerbildungsanstalt in Trautenau. Moralische Geschichten: Nr. 791, 792. Lit.: DBA, Fiche I 1203,264; II 1242,255. - Kosel, Hermann Cl. (Hg.): Deutsch-österr. Künstler- und Schriftsteller-Lexikon: Biographien und Bibliographie der Wiener Künstler und Schriftsteller. Biographien und Bibliographie der deutschen Künstler und Schriftsteller in Österreich-Ungarn außer Wien. 2 Bde. Wien 1902-06. - Jaksch, Friedrich: Lexikon sudetendeutscher Schriftsteller für die Jahre 1900-1929. Reichenberg 1929. Spitzner, Johann Ernst, *27.4.1731 Oberalbertsdorf bei Zwickau, |31.8.1805 Trebitz an der Elbe, Geistlicher, prot. S., Sohn eines Predigers, studierte in Jena und Leipzig Theologie. Nach mehrjähriger Hauslehrer-Tätigkeit fand er eine erste Pfarrerstelle 1761 in Lauterbach bei Zwickau. Ein Jahr später ging er nach Trebitz, wo er bis zu seinem Tode wirkte und als „Bienenpfarrer" bekannt wurde. Werke (Auswahl): Practische Anweisung zur natürlichen und glücklichen Bienenzucht in Körben nebst Bestimmung des wahren Werths der Kunst Ableger zu machen. Leipzig 1775. - Ausführliche Anweisung, vorliegende Bienenschwärme ohne den geringsten Nachtheil der alten zur rechten Zeit und auf eine leichte Art abzutreiben. Leipzig 1777. - Ausfuhrliche Beschreibung der Korbbienenzucht im sächsischen Churkreise, ihrer Dauer und ihres Nutzens ohne künstliche Vermehrung nach den Gründen der Naturgeschichte und nach eigner langer Erfahrung. Leipzig 1788; 2., ganz umgearb. verb. u. mit Kupfer verm. Ausg. Leipzig 1810. - Kritische Geschichte der Meinungen von dem Geschlechte der Bienen, von der Begattung und Befruchtung der Königin, der Erzeugung der verschiedenen Arten und andern Merkwürdigkeiten in der Bienenrepublik, Th. 2, Leipzig 1795. - Die Landwirtschaft in Gemeinheiten nach ihren unleugbaren Vortheilen, Mängeln und möglichen Verbesserungen theils im Allgemeinen, theils nach der Einrichtung im Sächsischen Churkreise. Leipzig 1791. Lit.: DBA, Fiche I 1204,82-86. - Hamberger/Meusel, Bd. X (1803), S. 691; Bd. XV (1811), S. 512; Bd. XX (1825), S. 553. - ADB 35, S. 225. - Weiz, Friedrich August: Das gelehrte Sachsen oder Verzeichniß derer in den Churfürstl. Sächs. und incorporierten Ländern jetztlebenden Schriftsteller und ihrer Schriften. Leipzig 1780. Spörlin, Sebastian, (1745-?), Geistlicher in der Schweiz, Dichter Moralische Geschichten: Nr. 793. Lit.: DBA, Fiche I 1204,316-317. - Hamberger/Meusel. - Richter.

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Sprenger, Balthasar, *11.2.1724 Neckargröningen, 114.9.1791 Adelberg, Geistlicher, prot. S. studierte 1743-46 Theologie und Philosophie in Tübingen, anschließend Studienreisen durch Deutschland, Holland, England und Frankreich, 1753 Diakon in Göppingen, 1757-81 Professor in Maulbronn und Pfarrer ebd., 1781 Prälaten und Generalsuperintendenten fur den Bezirk Adelberg. Er gab ab 1769 zusammen mit dem fränkischen Aufklärer Johann Christoph Hirsch den „Ökonomischen und Landwirthschaftskalender" heraus und war um eine verbesserte Produktion in Weinbau und Landwirtschaft bemüht. Werke: Vollständige Abhandlung des gesammten Weinbaues und anderer daraus entstehenden Producte, ingleichen vom Weinhandel und den Weinbergsverordnungen etc. 2 Bde. Frankfurt/Leipzig 1765/66, 1778 ergänzt durch einen dritten Bd. „Praxis des Weinbaues". Lit.: ADB 35, S. 302f. - Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 267. Stahl, Karoline, *4.11.1776 Gut Ohlenhof (Livland), tl.4.1837 Dorpat (Estland), Schriftstellerin und Erzieherin, geb. Dumpf. 1808-20 lebte S. in Weimar, Nürnberg und Wien. Ab 1816 veröffentlichte sie Erzählungen für Kinder und Jugendliche. 1820 Umzug nach Dorpat und Tätigkeit als Erzieherin, später in Pleskau und in Weißrußland. 1821 erschien in Nürnberg eine 2. verbess. Ausgabe ihrer „Fabeln, Mährchen und Erzählungen für Kinder" mit 37 überwiegend moralisch gefärbten Geschichten, darunter das Märchen vom Däumling. 1828-32 Aufenthalte in Deutschland. Moralische Geschichten: Nr. 794. Lit.: Pech, K.-U.: S., K. In: Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur. Bd. III, hg. v. K. Doderer. Weinheim/Basel 1979, S. 450. - HJKL 4, S. 1872 f. - Deutsche Märchen und Sagen (= DB 80), S. 47874. Starke, Gotthelf Wilhelm Christoph, *9.12.1762 Bernburg, f27.10.1830 Ballenstedt, Prediger, Übersetzer, prot. S., Sohn eines Superintendenten, studierte in Halle Theologie und stand seit 1783 in kirchlichen Diensten, zuletzt seit 1817 als Oberhofprediger in Ballenstedt. S. verfaßte neben Übersetzungen antiker Autoren eigene Erzählungen, volkstümliche Lieder und geistliche Gedichte, von denen einige ins „Hamburger neue Gesangbuch" und in Matthissons „Lyrische Anthologie" Eingang fanden. Am längsten gesungen wurden das Abendmahlslied „Naht mit Andacht im Gemüt" und das Lied zum Totengedächtnis „Zu Gott schwingt unser Geist sich a u f , die in der „Neuen Blumenlese teutscher und verteutschter Gedichte" (Leipzig 1795) erschienen.

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Moralische Geschichten: Nr. 795. Weitere Werke: Gedichte. Bernburg 1788. - Gedanken über die Übersetzung griechischer und römischer Dichter. Halle 1790 (Programm). - Horazens Brief über die Dichtkunst metrisch übersetzt Bernburg 1791. - Vermischte Schriften. Berlin 1796. Lit.: DBA, Fiche I 1213,84-112. - Koch 6, S. 379 f. - Goedeke 5, S. 414. 7, S. 271 f. 8, S. 702. - ADB 54, S. 448. - Killy (= DB 9), 19800f. - Hamberger/Meusel. - Richter. - Schmidt. - Döring: Theologen. - Brümmer 1 u. 2. Stein, Anna, *1792 Marutendorf/Kiel, fluni 1874 Schleswig, Kinder- und Jugendschriftstellerin, eigentlich: Margaretha Wulff, prot. S. verfasste eine Reihe von Kindergeschichten und Bücher fur junge Mädchen. Ihre Texte ähneln denen der Süddeutschen Isabella Braun. Moralische Geschichten: Nr. 797-803. Lit: DBA, Fiche I 1397, 261-262. - Alberti 2. - HKJL 3. Steinbeck, Christoph Gottlieb, *26.4.1766 Thieschitz bei Gera, 11.11.1818 Gera, Prediger, Volksschriftsteller und Journalist, prot. S. besuchte das Gymnasium Rutheneum zu Gera, seit 1785 absolvierte er ein Theologiestudium in Jena, mußte es 1787 aber wegen einer schweren Krankheit beenden. S. erhielt nie eine Anstellung als Pfarrer und scheint seinen Lebensunterhalt als Krankheitsvertreter seines Vaters, vor allem aber als Volksschriftsteller, Gründer und Herausgeber von Zeitschriften verdient zu haben. Daneben entwickelte er einen Energiesparofen. Er war ordentliches Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft Jena. 1803 verlieh ihm die philosophische Fakultät Jena die Doktorwürde „in honorem, wegen seiner um die Volksbildung durch seine Schriften erworbenen Verdienste". Mit 42 Jahren nahm er ein Jurastudium auf und ließ sich 1810 als Advokat in Langenberg bei Gera nieder. S.s literarischer Ruf unter den Zeitgenossen gründete auf seiner Schrift „Der aufrichtige Kalendermann". Damit suchte er das Verhältnis des „gemeinen Mannes" zum Kalender auf eine rationalere Basis zu stellen und die Popularität dieses Mediums für die Vermittlung aufklärerischen Gedankenguts zu nutzen. Moralische Geschichten: Nr. 804-809. Weitere Werke: Aufrichtig-Deutsche Volks-Zeitung Gera 1795-1800. - Versuch eines Erziehungsbuchs. Bd. 1, ebd. 1796. - Feuerkatechismus. Ebd. 1802. Lit.: DBA, Fiche I 1218,167-169. - Moser, Johann Philipp (Hg.): Deutschlands jetztlebende Volksschriftsteller [..]. H. 1, Nürnberg 1795. - Kretschmer, Ernst Paul: Gesch. der Gemeinde Langenberg. Langenberg 1922, S. 161. - H. Hegen: S. In: Thüringer Tageblatt. 5. 5. 1977, S. 8. - Killy (= DB 9), 19883f.

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Steinberg, (M.) Christian Gottlieb, (1738-1781), Prediger, prot. Moralische Geschichten: Nr. 810, 811. Weitere Werke: Biblische Geschichten nebst ihrer Vertheidigung. Breßlau o.J. [1769 ]; 2. Aufl. 1772. - Henriette Wallmann. Ein Beytrag zur vornehmen bürgerlichen Erziehungsgeschichte. Leipzig/Breslau 1 7 8 1 . - Briefe einer Hofdame an einen Offizier. Breßlau/Leipzig 1778. Lit.: DBA, Fiche I 1218,175-180. - Streit, Karl Konrad: Alphabetisches Verzeichnis aller im Jahr 1774 in Schlesien lebender Schriftsteller. Breslau 1776. - Gerber 1. - Meusel: Schriftsteller. - Berner. Stern, Wilhelm, *22.4.1792 Mosbach, +31.3.1873, Pädagoge, prot. Der Sohn eines Bäckers, Weinschenken-Besitzers und Nebenerwerbslandwirts war Schüler Johann Peter Hebels und studierte in Heidelberg und Tübingen Theologie. 1815 macht er sich zu Fuß zu dem greisen Pestalozzi auf, um bei ihm die Stelle eines Lateinlehrers anzunehmen. 1819 wurde ihm das Diakonat Gernsbach übertragen, 1821 heiratete er und wurde 1823 Hauptlehrer. 1832 zog es ihn nach Rheinbaiern und Rheinpreußen, um die unter französischem Einfluß stehenden Schulen kennenzulernen. Zuletzt bis zu seiner Pensionierung 1866 Direktor des evangelischen Schulseminars in Karlsruhe und Mitglied der großherzoglich badischen Oberschulconferenz. Moralische Geschichten: Nr. 812. Weitere Werke: Erfahrungen, Grundsätze und Grundzüge für biblischchristlichen Religionsunterricht, 1833. Lit.: DBA, Fiche I 1224,312-321. - ADB 36, S. 110-116. - Ledderhose, K. F.: W. S. nach seinem Leben und Wirken. Heidelberg 1877. - Heindl. - Weech, Friedrich von: Badische Biographien. 5 Bde. Heidelberg/Karlsruhe 1875-1906. Stolz, Alban Isidor, *3.2.1808 Bühl, tl6.10.1883 Freiburg/Br., Geistlicher, Professor der Theologie, Volksschriftsteller, kath. S., Sohn eines Apothekers, begann nach dem Abitur in Rastatt ein JuraStudium in Freiburg, wechselte aber schon nach wenigen Monaten zur katholischen Theologie. Im Glauben unsicher geworden, ging er Ende 1830 an die evangelisch geprägte Universität Heidelberg und studierte Philologie, Pädagogik und Literatur. 1831 Bekehrungserlebnis, 1833 Priesterweihe, Vikar in Rotenfels, später in Neusatz, 1842-43 Religionslehrer am Gymnasium in Bruchsal, 1842 Repetitor am Collegium Theologicum in Freiburg, 1845 dessen Direktor. 1845 Promotion mit einer Arbeit über die katechetische Auslegung des Freiburger Diözesankatechismus, 1847 Lehrstuhl für Pastoraltheologie und Pädagogik an der Universität, 1848 o. Prof., 1859-60 Prorektor der Universität. 1843 erschien anonym ein „Kalender für Zeit und Ewigkeit für das gemeine

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Volk und nebenher für geistliche und weltliche Herrenleute" mit dem Untertitel „Mixtur gegen Todesangst", den der Verleger Villinger in Wädenswil zunächst wieder zurückziehen wollte, da er heftige Kritik auslöste. Er geriet zum Kassenschlager, erzielte über 30 Auflagen, wurde von anderen Verlagen nachgedruckt und auch in evangelischen Gebieten vertrieben. Im ersten Jg. 1843 läßt S. Tugenden und Laster in Form von Biographien Revue passieren (S. TSSS). Ferner publizierte er Reiseberichte über Spanien, die Türkei und Palästina. Moralische Geschichten: Nr. 813-816. Weitere Werke: Gesammelte Werke, 21 Bde., Freiburg 2. Aufl. 1910-13. Gesammelte Werke, Volksausgabe, 14 Bde., Freiburg 21920-27. Bibliographie: Julius Mayer: Alban Stolz. Freiburg 1921, S. 605-615. Lit.: DBA Fiche I 1234,86-102; II 1273,235-247. - Zusammenstellung der Nachrufe in ZGO 38, 1885, Badische Geschichtsliteratur, S. XIII. - Zusammenstellung aller bis 1959 erschienenen Literatur in Bibliographie der badischen Geschichte, Bd. 6, bearb. von Werner Schulz, Stuttgart 1973, S. 575578. - Humpert, Theodor: S. in Rotenfels. In: Um Rhein und Murg 1, 1961, S. 132-136. - Leiser, Wolfgang: Zwei Kalendermänner und eine Zeit: S. und Albert Bürklin. In: Alem. Jb. 1973/75, S. 420-433. - Jutz, Karl Heinz: Der Bühler Kalendermann St. und seine Neusatzer Zeit. In: Bühler Blaue Hefte 19, 1968, S. 53-58. - Stiefvater, Alois (Hg.): A. S., der badische Kalendermann. Zum 100. Todestag (1883) geschrieben und zusammengestellt. Karlsruhe 1983. - Stockmann, Alois (Hg.): A. S. und die Schwestern Ringseis. Ein freundschaftlicher Federkrieg. 2. u. 3. erg. Aufl. Freiburg i. Br. 1914. - Heindl. - Kehrein. - Wienstein: Dichter. - Necrologium Friburgense. Verzeichnis der Priester, welche im ersten Semisaeculum des Bestandes der Erzdiöcese Freiburg im Gebiete u. Dienste derselben verstorben sind. Freiburg 1827ff. - Wetzer/Welte. - RGG - Badische Biographien IV, 421-424. - ADB 36, S. 421424. - LThK IX, S. 1993-94. - Killy (= DB 9), 20137ff. - BBKL X (1995), Sp. 1559ff. Stoy, Johann Sigmund, *18.6.1745 Nürnberg, fl9.12.1808 Nürnberg, Geistlicher, Pädagoge, prot. S. studierte Theologie, Kirchengeschichte und Kirchenrecht sowie Philosophische Moral ab 1762 in Altdorf, ab 1765 in Leipzig. Zu seinen akademischen Lehrern gehörten Geliert und Gottsched. Er wurde 1767 Frühprediger in St. Walburg auf der Veste in Nürnberg, 1774 Pfarrer in Henfenfeld. 1777 heiratete er Barbara Magdalena Paulus. 1792 gab er das Predigeramt auf, gründete in Nürnberg eine Erziehungsanstalt und erhielt den Titel eines PädagogikProfessors. S. war als „Asterio der dritte" Mitglied des Pegnesischen Blumenordens. Seine „Bilder-Akademie für die Jugend" (1780-84) gibt in Anlehnung an Basedows Elementarwerk (1774) eine am Tugendsystem des Chri-

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stentums und der Aufklärung orientierte Beschreibung der Welt, die als Handbuch fur Erzieher, fur den Privatunterricht und für die öffentliche Schulen gedacht war. Moralische Geschichten: Nr. 817, 818. Weitere Werke: Betrachtungen einer stillen Seele über die Hülfe von oben. Nürnberg 1774. - Hundert und fünfzig Räthsel. Ebd. 1779. - Bibel für Kinder. Ebd. 1781. - Gesangbuch für Kinder. Ebd. 1781. - Kleine Biographie für Kinder. Ebd. 1788. - Kurzer Entwurf einer ganz unerhörten Geschichte, zur Beherzigung und Warnung. Ebd. 1801. Lit: Will/Nopitsch 8. - LKJL 3. - HKJL 3. - Killy (= DB 9), 20168f. Streithorst, Johann Werner, *8.5.1746, f 17.2.1800, Pädagoge, Theologe, prot. S. war 1768-72 Lehrer in Wernigerode, ab 1772 Subkonrektor, dann Konrektor und zuletzt Rektor am Martineum in Halberstadt. Zugleich bekleidete er das Amt des Predigers an der Hl.-Geist-Kirche und das des zweiten Predigers am Dom. 1787 Mitglied des Halberstädter Consitoriums, ab 1788 Oberdomprediger. In dieser Stellung war er u.a. Mitglied der Kirchen- und Schuldeputation und hat sich Verdienste um das Schulwesen im Fürstentum Halberstadt erworben. Er gab, gefördert durch den Dichterkreis „Vater Gleims" Predigten und Reden, Gelegenheitsschriften und Beiträge zu philosophisch-psychologischen und pädagogischen Zeitschriften heraus. Moralische Geschichten: Nr. 819. Lit.: DBA, Fiche I 1239,256-410. - ADB 36, S. 572f. - Hamberger/Meusel. Schlichtegroll. - Baur. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. - Döring: Theologen. - Kesslin, Christian Friedrich: Nachrichten von Schriftstellern und Künstlern der Grafschaft Wernigerode vom Jahre 1074 bis 1855. Wernigerode/Magdeburg 1856. Strob(e)l, Johann Baptist, (1743-1805), Verleger, Buchhändler, kath. S. war ehemals wirklicher, dann Titularprofesor und Buchhändler zu München. Er hat 1788-90 in vier Bänden eine der beiden katholischen Bearbeitungen von Zerrenners „Volksbuch" auf den Markt gebracht und 1778 „Unglücksgeschichten zur Warnung für die unerfahrne Jugend in rührenden Beyspielen" herausgegeben. Mit den „Folgen unrichtiger und verwahrloster Erziehung" (München 1794) wandte er sich an die „Jugend reiferen Alters". 1785 verlegte S. für die „baierische Akademie der Wissenschaften" Westenrieders Volksbearbeitung der Landesgeschichte sowie die Schriften des Münchner Hofrats Karl von Eckartshausen.

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Geschichten: Nr. 820, 821.

Lit.: DBA, Fiche I 1241,44. - Hamberger/Meusel VII (1798), S. 707f. - Bosl, S. 762. - HKJL II, Sp. 446-455; III, 1245; 1538 (Nr. 878-881); Sp. 1575 (Nr. 1006). - M e n d l , S. 451. Struensee, Johann Friedrich von, *5.8.1737 Halle, |28.4.1772 Kopenhagen (hingerichtet), Arzt, Staatsmann, Atheist. S. hatte bereits als 14jähriger Wunderknabe in seiner Geburtsstadt Halle mit dem Medizinstudium begonnen und war erst 19 Jahre, als er es mit einer lateinischen Dissertation abschloß. Als Anhänger der Aufklärung las er Voltaire, Rousseau und die französischen Philosophen, intellektuelle Rechtschaffenheit war sein Ideal. 1757-69 Stadtphysikus und Armenarzt in Altona, wo er die Probleme der Bevölkerung hautnah miterlebte und Erfahrungen im Kampf gegen Pocken, Ruhr, Fleckfieber, Diphtherie und Syphilis sammelte. Er bekämpfte Schmutz und Schlendrian im Waisenhaus und in den Hospitälern, den Aberglauben und die Doppelmoral. Schließlich führte er in Hamburg die Pokkenschutzimpfung ein. Bei seinen Reisen in die ländliche Umgebung betätigte er sich auch als Tierarzt und entwickelte eine Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche. 1769-71 Leibarzt des geisteskranken Königs Christian VII. von Dänemark. In nur anderthalbjähriger Amtszeit erließ er im Namen des Königs 1.800 Kabinettorders: Er ließ Straßen pflastern, den Park um Schloß Rosenborg fur die Bürger zugänglich machen, eine Krankenanstalt mit Findelhaus errichten, es entstand eine Quarantänestation für Neuankömmlinge aus Übersee, die Friedhöfe wurden vor die Tore der Stadt verlegt, die Pressefreiheit eingeführt, im ganzen Land die Folter abgeschafft, der Frondienst der Bauern eingeschränkt, Schulwesen, Krankenhäuser und Universitäten reformiert, uneheliche Kinder vor dem Gesetz gleichgestellt, Kirchen in Hospitäler umgewandelt, wichtige Privilegien des Adels abgeschafft, das Scheidungsrecht liberalisiert, der kirchliche Einfluß auf das öffentliche Leben gemindert, die Verwaltung gestrafft und das staatliche Finanzwesen neu geordnet und das Schnapsbrennen verboten. Ein Liebesverhältnis mit Königin Caroline Mathilde brachte ihn zu Fall. - Knigge verwendete die politischen Aktivitäten S.'s in seinem Roman „Peter Clausen" (3 Teile, 1783-85) und unterstrich damit, daß der damals öffentlich nur mit Abscheu dargestellte Parvenu auf dem richtigen Weg war und die Fürsten gut daran täten, sich mit Männern seiner Denkart zu umgeben und Reformen in Angriff zu nehmen. Lit.: Winkle, Stefan: J. F. S., Arzt, Aufklärer und Staatsmann. Beitrag zur Kultur-, Medizin- und Seuchengeschichte der Aufklärungszeit. Stuttgart 1983, 2. durchges. Aufl. ebd. 1989. - ADB 36, S. 647-661. - Seiler, Bernd: Der Schelm, der nur noch gibt, was er hat. Adolph von Knigge und die Tradition des Schelmenromans. In: Dichtung - Wissenschaft - Unterricht. Rüdiger

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Frommholz zum 60. Geburtstag, hg. v. F. Kienäcker und P. Wolfersdorf. Paderborn 1986, S. 300-322, hier: Abschn. 3: Das Beispiel Struensee, S. 307309. - Noch Hebel nennt 1811 in der Kalendergeschichte „Unverhofftes Wiedersehen" die Hinrichtung Struensees als eines der markantesten Ereignisse der zurückliegenden fünfzig Jahre. Darüber hinaus gibt es mehr als 600 literarische Bearbeitungen seines Lebens, zuletzt Per Olov Enquist: Der Besuch des Leibarztes. München 2001 (Roman). - Film: „Herrscher ohne Krone", 1957. Struve, Christian August, (1767-1807), Arzt, Schriftsteller, in Görlitz, setzte sich für die Einführung der Pockenschutzimpfung ein. Er impfte über 300 Menschen erfolgreich nach Jenners Methode von 1796 mit den Kuhpocken (vgl. Hardach-Pinke: Bleichsucht und Blütenträume, 2000, S. 107). Moralische Geschichten: Nr. 822. Weitere Werke (Auswahl): Versuch über die Kunst, Scheintodte zu beleben, und über die Rettung in schnellen Todesgefahren. Ein tabellarisches Taschenbuch. Hannover 1797. - Neue Noth- und Hülfs-Tafel für den Bürger und Landmann. Von den Rettungsmitteln in den grössten Lebensgefahren. Wie man Ertrunkene, Erfrorene, Erhenkte, Erstickte, Vergiftete, von tollen Hunden Gebissene, todtscheinende neugeborne Kinder etc. behandeln soll, von C. A. S., ausübendem Arzte zu Görlitz. Diese Tafel ist, so wie die übrigen 7 Nothund Hülfs-Tafeln des Verfassers, bei den Gebrüdern Hahn in Hannover zu haben, [Hannover 1799]. - Noth- und Hülfs-Tafel zur Verminderung des Pokkenelends. Goerlitz 1797. Lit.: DBA, Fiche I 1243,81-99; II 1282,217-218. - Hamberger/Meusel X (51803). - Poggendorff. - Otto, Gottlieb Friedrich: Lexikon der seit dem 15. Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. 3 Bde. u. Suppl. Görlitz 1800-03; 1821. - Berner, Karl Gustav Heinrich: Schlesische Landsleute. Ein Gedenkbuch hervorragender, in Schlesien geborener Männer und Frauen aus der Zeit von 1180 bis zur Gegenwart. Leipzig 1901. - Hirsch: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker (vor 1880). Berlin/Wien 1929-1935 (2. Aufl., 6 Bde). Stutz, Jakob, *27.11.1801 Isikon bei Hittnau/Kt. Zürich, 115.5.1877 Bettswil, Pädagoge, Volksschriftsteller, prot. S., der sich als „Mühlen- und Mähbub", später als Weber, Stricker und Hausknecht durchschlug, erwarb sich weitgehend autodidaktisch elementare Schulkenntnisse und wirkte 1827-36 als Lehrer an Thomas Scherrs Blinden- und Taubstummenanstalt in Zürich, 1836-41 in ähnlicher Stellung in Schwellbrunn/Appenzell; beide Male wurde er wegen homosexueller Vergehen entlassen. 1842 errichtete T. die Einsiedelei Jakobszell bei Sternenberg, wo er pieti-

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stisch-katholisierenden Neigungen lebte, einen Freundeskreis um sich scharte und einen Lesekreis gründete. Nach erneuter Verurteilung und Kantonsverweisung war er Hauslehrer, Hausknecht und Kellner in den Kantonen St. Gallen und Glarus. Die letzten zehn Lebensjahre verbrachte er bei einer Schwester. S. gilt als Hauptvertreter der aufklärerisch-realistischen Dialektdichtung in der Schweiz. S.' größte Anliegen waren Volksaufklärung und die Verteidigung der Landbevölkerung gegen städtische Vormachtsansprüche. Moralische Geschichten: Nr. 823-825. Weitere Werke: Winterabende in Schwellbrunn. St. Gallen 1841. - Tagebücher 1827-31, bearb. v. David Meili. Wetzikon 1972. - J. S. (Hg.): Ernste und heitere Bilder aus dem Leben unseres Volkes. Eine Zs. in monatlichen Lieferungen. Uster 1850-55 (ab Jg. 4 erschien die Zs. in Elgg). - Blätter aus den Kriegstagen der Basler Missionsstation Sakbayeme. 5., veränd. Aufl. Stuttgart 1917. Lit.: DBA, Fiche I 1247,294-296. - [Autobiographie:] Siebenmal sieben Jahre aus meinem Leben. Pfáffikon 1853-55; Neuausg. Frauenfeld 1983. - Senn, Jakob: Ein Kind des Volkes. Bern 1888 (Erinnerungen an S.). - Heer, Jakob Christoph: Die zürcherische Dialektdichtung. Zürich 1889, S. 32-50. - Zollinger, Jakob: Auf den Spuren von J. S. Wetzikon, 1977. - Brunold-Bigler, Ursula: J. S.' Autobiographie ... als Quelle populärer Lesestoffe im 19. Jh. In: Schweizer. Archiv fur Volkskunde 75 (1979), S. 28-42. - Stöckli, MarieMadeleine: J. S. In: Weber, Werner (Hg.): Helvetische Steckbriefe. Zürich/München 1981, S. 240-246 (mit Bibliogr.). - Killy (= DB 9), 20329f. Greyerz, Otto von (Hg.): Von unsern Vätern. Selbstbiographien vom 15.-19. Jahrhundert. Bern 1913. - A D B 37, S. 80f. - Brümmer 1. Stuve, Johann, *Anfang August 1752 Lippstadt, 112.7.1793, Schriftsteller, Pädagoge, Philanthrop, prot. S., einziger Sohn eines Predigers, besuchte das Gymnasium in Lippstadt, anschließend Studium der Theologie und Pädagogik in Halle, 1776 Hauslehrer in Neu-Ruppin, bald darauf Lehrer und bis 1784 Leiter der dortigen Schule. S. war ein enger Freund und Weggenosse Campes und gab mit ihm die "Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens" heraus. C. veranlaßte 1786 S.s Ruf als Professor, ordentlicher Beisitzer des Schuldirektoriums und Rektor des Katharineums nach Braunschweig. Da die Landstände aber Widerspruch einlegten, war S. bis 1789 ohne Beschäftigung. Zum 30.1.1789 wurde er ordentlicher Professor am Collegium Carolinum. S. propagierte ein gesamtheitliches Erziehungsideal, nämlich die Herausbildung der körperlichen, sittlichen und geistigen Eigenschaften der Schüler. Mit seiner Abhandlung "Ueber die Nothwendigkeit der Anlage öffentlicher Töchterschulen für alle Stände" setzte er sich 1786 als einer der Ersten für die Einrichtung von Mädchenschulen ein. Seine Aufsätze erschienen mehrheitlich im "Braun-

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schweigischen Journal philosophischen, philologischen und pädagogischen Inhalts", das er mehrere Jahre gemeinsam mit Campe, Heusinger und Trapp herausgab. Nach seinem frühen Tod nahm Campe S.s Tochter Minna an Kindesstatt an. Moralische Geschichten: Nr. 826. Weitere Schriften: Kleine Schriften gemeinnützigen Inhalts, hg. v. J. H. Campe. 2 Bde. Braunschweig 1794; neu hg. v. Hanno Schmitt. Vaduz 1982. Lit.: ADB 37, S. 82f. - Schmitt, Hanno (Hg.): J. S. (1752-1793) (= Basiswissen Pädagogik: Historische Pädagogik, Bd. 3). Baltmannsweiler 2002. Overhoff, Jürgen: "Zum Besten der Wissenschaften, der Jugend und der Menschheit". Eine Erinnerung an J. S., den preußischen Schulreformer, der vor 250 Jahren in Lippstadt geboren wurde. In: Heimatbll. 82 (2002), S. 169-176. Sutor, Andreas, *1747 Au bei Freising, f 1822 München, Lehrer und Schriftsteller, kath. S. wurde 1770 zum Priester geweiht, 1776 Professor der Pastoraltheologie am Lyzeum, 1781 Rektor der bürgerlichen Elementarschule in Burghausen. 1792 Pfarrer in Au, 1799 geistlicher Rat, ab 1816 Hofkaplan in München. Der Jesuit Matthias von Schönberg setzte sich kritisch mit S.s Arbeiten auseinander. Moralische Geschichten: Nr. 827-836. Weitere Werke: Gedanken über die Unterweisung der Jugend im Christenthum und in den Wissenschaften. Salzburg 1772. - Zusatz der Gedanken über die Erziehung im Christenthume. Salzburg 1773. - Die Kindererziehung nach Vernunft und Religion. Ein unentbehrliches Handbuch für Aeltern, Erzieher, Schullehrer und Katecheten. Landshut 1791. - Vorkenntnisse zur Sittenlehre und zu den Lesebüchern fur Stadt- und Landkinder. Ein Lesebuch für Kinder. München 1802. Lit.: DBA, Fiche I 1251,262-266. - Kehrein II, S. 197. - HKJL III, Sp. 1543. Hamberger/Meusel VII (1798), S. 744; Χ (1803), S. 733; XX (1825), S. 709. Mendl, S. 75-89. - Felder. - Kesslin, Christian Friedrich: Nachrichten von Schriftstellern und Künstlern der Grafschaft Wernigerode vom Jahre 1074 bis 1855. Wernigerode/Magdeburg 1856. Thieme, Karl Traugott, *1744 Canitz bei Oschatz, f l 802, Theologe, Erzieher, prot. T. studierte an der Fürstenschule zu Meißen und der Universität Leipzig, war anschließend Hauslehrer, 1772 Katechet an der Peterskirche in Leipzig, 1776 Rektor in Lübden, 1784 Rektor in Merseburg, 1784 Rektor in Löbau. Neben der pädagogischen Schriftstellerei war er auch Verfasser der Preisschrift „Ueber die Hindernisse des Selbstdenkens in Deutschland" 1788.

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Moralische Geschichten: Nr. 837, 838. Lit.: DBA, Fiche I 1266,269-281. - Hamberger/Meusel. - Weiz. - Otto, Gottlieb Friedrich: Lexikon der seit dem 15. Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. 3 Bde. u. Suppl. Görlitz 1800-03; 1821. - Baur. - Heindl. - LKJL III. Thon, Johann Adam Christian, (1739-1809), Prediger, prot. Herausgeber des „Räsonnirenden Dorfkonvents" (1786-88) in Erfurt, der ersten Zeitschrift für einfache Leute, die Informationen über Haus- und Landwirtschaft, Hygiene und Gesundheitspflege, Beispiele tugendhaften Handelns mit Nachrichten und moralischen Geschichten vermischte. Moralische Geschichten: Nr. 840, 841. Lit.: DBA, Fiche I 1269,128. - Hamberger/Meusel. Thormeyer, [Andreas] Friedrich Christian, (1766-1837), Rektor. Moralische Geschichten: Nr. 842. Lit.: DBA, I 1269,274-277. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekr. - Eckstein. Thümmel, Moritz August von, *27.5.1738 f26.10.1817 Coburg, Erzählerund Lyriker, prot.

Schönefeld bei

Leipzig,

Nach dem Unterricht bei einem Hofmeister besuchte T. seit 1754 die Klosterschule Roßleben und bezog 1756 die Universität Leipzig, um Jura zu studieren. Seine Vorliebe galt jedoch den schönen Wissenschaften. Er gewann Geliert als Ratgeber und Weisse als Freund. 1761 wurde er am Hof von CoburgSaalfeld Kammerjunker, 1763 Hofrat, 1764 Geheimer Hofrat. 1772 besuchte er die Niederlande und Frankreich; 1774-77 reiste er über Amsterdam nach Südfrankreich und Italien. 1782 wurde er der Unzuverlässigkeit im Amt bezichtigt und entlassen. Auf seinem Gut Sonneborn und in Gotha lebte er von da an als Privatmann, verkehrte aber nach wie vor an den thüringischen Höfen. 1803 und 1805 reiste er noch einmal nach Paris und in die Niederlande, 1807 nach Berlin. Für Weisses „Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste" verfaßte er einige Rezensionen. T.s schriftstellerischer Ruhm basiert auf dem komischen Epos „Wilhelmine" (Leipzig 1764). Er erzählt darin mit der Absicht, fürstliche Willkür und Sittenlosigkeit anzugreifen, von der Liebe eines Dorfpfarrers und Magisters zu Wilhelmine, die einige Jahre als Kammermädchen am nahegelegenen Hof verbringt. Moralische Geschichten: Nr. 843. Weitere Werke (Auswahl): Sämmtliche Werke. 16 Bde., Leipzig 1811/12. Bd. 7: Leben M. A. v. T.s. Von Johann Ernst v. Gruner. Ebd. 1819. - Sämmtliche

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Werke. Stereotyp-Ausg. 8 Bde., ebd. 1839. - Neuaufl. 1853/54 und 1856. Werke. 4 Bde., Stuttgart 1880. - Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich im Jahre 1785-86. 10 Bde. Leipzig 1791-1805; Neudr. mit einem Nachw. hg. v. Irene Ruttmann. Bonn 1990. Lit.: DBA, Fiche I 1269,447-452. - Michelsen, Peter: Laurence Sterne und der dt. Roman des 18. Jahrhunderts. Göttingen 1962. - Heldmann, Horst: M. A. v. T. Sein Leben. Sein Werk. Seine Zeit. Tl. 1: 1738-83. Neustadt/Aisch 1964. Sauder, Gerhard: Der reisende Epikureer. Studien zu M. A. v. T.s Roman ^ e i se in die mittägl. Provinzen v. Frankreich'. Heidelberg 1968. - Allerdissen, Rolf: M. A. v. T. In: Wiese, Benno von (Hg.): Deutsche Dichter des 18. Jahrhunderts. Berlin 1977, S. 412-428. - Hess-Lüttich, Ernest W. B.: Dégradation und Découverte. Zur Semiotik der Satire in T.s ,Wilhelmine'. In: Ders.: Kommunikation als ästhetisches ,Problem'. Tübingen 1984, S. 241-270. - Kunze, Lieblingsbücher, S. 44f. - Killy (= DB 9), 20668-20672. - Brümmer 1. - ADB 38, S. 171-177. Tietz, Johann Daniele, *2.1.1729 Konitz/Westpreußen, jl6.12.1796, Mathematikprofessor, Hg. eines Intelligenzblattes, auch latinisiert: Titius, prot. T. studierte in Leipzig und Wittenberg Mathematik und Physik. Auf Anregung Gottscheds übersetzte er als erster in Deutschland Rousseaus „Discours". Für die Volksaufklärung hat T. sich Verdienste durch die Herausgabe des „Wittenbergischen Wochenblattes zur Aufnahme der Naturkunde und des oeconomischen Gewerbes" erworben. Dies war die erste regelmäßig erscheinende Zeitung in Wittenberg. Noch heute bilden die von ihm redigierten elf Jahrgänge (1768-78) - danach führte sein Sohn Salomon Constantin das Blatt weiter eine Fundgrube für die Volkskunde. Aus Anlaß der 1788 wiederhergestellten Elbbrücke (1631 durch die Schweden zerstört und dann fast 150 Jahre Fährbetrieb) gab er eine Schrift mit allen Einzelheiten in bezug auf die technische Arbeit sowie auf die feierliche Einweihung heraus. T. errichtete 1756 in Wittenberg den ersten Blitzableiter. Diese 1749 der Öffentlichkeit vorgestellte Erfindung von Benjamin Franklin wurde von den Volksaufklärern mit Nachdruck propagiert, u.a. auch mit Hilfe von moralischen Geschichten. Seine Einfuhrung durch T. hat der Volksschriftsteller Berthold Auerbach in der Erzählung „Der Blitzschlosser von Wittenberg" geschildert. Adolph von Menzel illustrierte sie mit seinen Zeichnungen. Moralische Geschichten: Nr. 844. Lit.: DBA, Fiche I 1275,386-410; II 1310,457-458. - Weiz. - ADB 38, S. 380. - Goldbeck, F.: Literarische Nachrichten von Preußen. 2 Bde. Berlin/Leipzig/Dessau 1781-83. - Denina. - Baur. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. - Poggendorf. - Böning, Holger: Das Intelligenzblatt als Medium praktischer Aufklärung. Ein Beitrag zur Geschichte der gemeinnützig-ökonomi-

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sehen Presse in Deutschland von 1768 bis 1780. In: IASL 12 (1987), S. 108133 [mit ausführl. Würdigung des „Wittenbergischen Wochenblattes"]. http://www.wittenberg.de/eiten/personen/titius.html. Tietz, Salomon Constantin, *2.8.1766 Wittenberg, fFebr. 1801, Professor für Anatomie und Botanik, Herausgeber eines Intelligenzblattes, prot. T. besuchte die Domschule in Grimma und studierte wie sein Vater in Leipzig und Wittenberg. Er erwarb dort akademische Grade in der Medizin und Philosophie und unternahm eine längere Studienreise nach Italien und Osterreich. 1792 war er in Wittenberg als Universitätslehrer tätig. 1795 wurde er Professor der Anatomie und Botanik. Bis zu seinem frühen Tod gab er das von seinem Vater begründete „Wittenbergische Wochenblatt" weiter heraus. Tissot, Simon-André, * 1728 Grancy, 11797 Lausanne, Mediziner. Die Ideen dieses bedeutenden medizinischen Aufklärers faszinierten in Bayern den katholischen Volksaufklärer Heinrich Braun. Lit.: Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm ..., 1998, S. 268. Tobler, Johann Georg, * 17.12.1796 Trogen, f 10.8.1843 Nyon, Pädagoge, Schriftsteller, prot. T. wuchs als Waisenknabe in einer fremden Familie auf, half als Jugendlicher dem Pfarrer beim Religionsunterricht und ging 1792 zum Theologiestudium nach Basel, das er aber 1795 zugunsten einer Hauslehrerstelle aufgab. Beeinflußt von den Werken Basedows, Salzmanns und Pestalozzis gründete er 1799 eine Schule für Mädchen, die bei Kindertransporten aufgrund einer Hungersnot in den Bergkantonen nach Basel gebracht worden waren. 1800 gehörte T. zu den Gehilfen Pestlozzis in dessen neu eröffnetem Erziehungsinstitut auf Schloß Burgdorf. Bereits 1801 gründete T. sein eigenes Institut in Basel, um 1803 wieder nach Burgdorf zurückzukehren. Die Zusammenarbeit gestaltete sich jedoch wenig harmonisch, so daß T. zwar immer den Ideen Pestalozzis, ihm selbst aber nicht treu blieb. Nach zahlreichen Ortswechseln gelang es ihm 1821, in St. Gallen wiederum mit einer eigenen Anstalt Fuß zu fassen, die er zehn Jahre später einem seiner Söhne überließ. Als Lehrer widmete sich T. bevorzugt der Geographie. Moralische Geschichten: Nr. 845. Weitere Werke: Ali und Ala, 1818. - Gotthold, 1820. - Ferdinand Dulder, 1821. - Beiträge zu den Mitteln der Volkserziehung im Geiste der Menschenbildung. Zürich 1833-35. Lit.: DBA, Fiche I 1276,307-312. - ADB 38, S. 393f. - NDB 20, S. 215 in Art. Pestalozzi. - Neuer Nekrolog. - Brümmer 1.

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Tobler, Titus, *25.7.1806 Stein/Appenzell, |21.1.1877 München, Arzt, Palästinaforscher. Schulbesuch in Trogen, 1823-27 Medizinstudium in Zürich, Wien, Würzburg und Paris. T. wirkte als praktischer Arzt, engagierte sich in politischen Ämtern und gilt als einer der besten Kenner der zeitgenössischen Palästina-Literatur. Er besuchte das Land 1835 zum erstenmal und publizierte einen Bericht u.d.T. „Lustreise in Morgenland". 1845, 1857 und 1865 folgten weitere Reisen, die literarischen Niederschlag fanden. T. editierte ferner ältere Reisebeschreibungen Palästinas und gab eine Bibliographie der Palästinaliteratur heraus. 1830 veröffentlichte er in Anlehnung an Pestalozzis „Gertrud und Lienhard" die pädagogische Schrift „Hausmutter", in der er Lehren und Ratschläge für das häusliche Leben vermittelt. Hier heißen die Protagonisten Elisabetha und Konrad. Ferner verfaßte er politische Beiträge und war journalistisch tätig. Von Bedeutung ist sein Dialektwerk „Appenzeller Sprachschatz". Auf Anregung Ts. wurde in der Schweiz der Karfreitag zum Feiertag erhoben. Moralische Geschichten: Nr. 846. Weiteres Werk (neben zahlr. anderen): Appenzellischer Sprachschatz. Eine Sammlung appenzellischer Wörter, Redensarten, Sprichwörter, Räthsel, Anekdoten, Sagen, Haus- u. Witterungsregeln, abergläubische Dinge, Gebräuche u. Spiele, würzender Lieder od. Reime, nebst analogischer, hist, und etymologischer Bearb. eine Menge von Landeswörtern, zum Theile nach altdeutschen Handschriften der katholischen Kantonsbibl. in St. Gallen. Zürich 1837. Lit.: DBA, Fiche I 1276,323-324; II 1311,163-164,254-255. - Heim, Heinrich Jakob: Dr. Titus Tobler der Palästinafahrer. Ein appenzellisches Lebensbild, Zürich/Trogen 1879. - ADB 38, S. 395-402. - HBLS VII, 5. - BBKL XII (1997), Sp. 253ff. - Embacher, Friedrich: Lexikon der Reisen und Entdeckungen, I: Die Forschungsreisenden aller Zeiten und Länder. Leipzig 1882. - Poggendorf 1897-98, Bd III: 1858-83, 2 Teile. - 2 LThK. Train, Joseph Karl von, *7.5.1787 Regensburg, fnach 1850, Schriftsteller und Offizier, kath. T., Schüler Sailers, schlug die Militärlaufbahn ein (leichte Kavallerie), nahm als Oberleutnant, zuletzt als Hauptmann, am Krieg gegen Preußen, Österreich und Russland teil, lebte in Regensburg. Er veröffentlichte Unterhaltungs- und Jugendschriften. Moralische Geschichten: Nr. 847-849. Weitere Werke: Eine Blume auf das Grab des Hochwürdigsten Herrn Johann Michael von Sailers, Bischofes von Regensburg. Die wichtigsten Momente seines Lebens, aus den zuverläßigen Quellen geschöpft von einem dankbaren Schüler. Augsburg 1835. - Wörterbuch der Gauner- und Diebessprache. Repr.

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der Orig.-Ausg. von 1833. Leipzig: Reprint-Verl., [1998], XIV, 286 S. Lit.: Doedeke VI, S. 418. - Hamberg/Meusel XXI (1827), S. 107. - Mendl, S. 452. Trapp, Ernst Christian, *8.11.1745 Gut Friedrichsruhe bei Drage/Holstein, f l 8.4.1818 Wolfenbüttel, Theologe und Pädagoge, prot. T., Sohn eines Gutsverwalters, studierte in Göttingen 1765-68 auf Empfehlung seines Itzehoer Gymnasiallehrers, des Reformpädagogen Martin Ehlers, bei Johann Peter Miller Theologie und Pädagogik sowie Philologie bei Heyne. Während seiner Lehr- und Rektoratsjahre in Segeberg, Itzehoe und Altona (1768-77) verfaßte er im Geist des Philanthropismus aufsehenerregende Schulschriften. Nach kurzer und kritischer Tätigkeit am Dessauer Philanthropin (1777-79) wurde er als erster deutscher Professor fur Pädagogik und als Leiter des „Erziehungsinstituts" (pädagog. Seminar und Übungsschule im Rahmen der theologischen Fakultät) an die Universität Halle berufen. Aus Anlaß der Auseinandersetzung um die Selbständigkeit der Pädagogik gegenüber der Theologie gab T. 1783 die Professur zurück. Seine Pädagogik sah er nach philanthropischen Grundsätzen auf Erfahrung und Beobachtung gegründet. Er empfahl, neben den alten auch moderne Sprachen fördern, wobei er den Lehrern die folgende Regel ans Herz legte: „Mache, daß ihm [dem Schüler] das Lernen zum Bedürfnis wird, so daß er nichts lieber thun mag als lernen." T. war mit Campe und Johann Stuve Mitglied des Braunschweiger „Schuldirektoriums", der ersten staatl. Schulbehörde (1786-90). Nach deren Scheitern zog er sich nach Wolfenbüttel zurück und widmete sich schriftstellerischen Arbeiten, ζ. B. 1790-92 der Fortsetzung des „Braunschweigischen Journals". Sein Haus wurde zum Treffpunkt junger Literaten. Moralische Geschichten: Nr. 850. Weitere Werke (Auswahl): Versuch einer Pädagogik. Berlin 1780; Neudr.e Leipzig 1913 und Paderborn 1977. - Vom Unterricht überhaupt. In: Joachim Heinrich Campe: Allgemeinen Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens. Hamburg/Wolfenbüttel 1785-92, hier Bd. 8, 1787. - Von der Notwendigkeit öffentlicher Schulen. In: ebd., Bd. 16, 1792. Lit.: DBA, Fiche I 1280,157-173; II 1314,247-252. - Baur, Samuel: Charakteristik der Erziehungsschriftsteller Deutschlands. Leipzig 1790, S. 513-515. Alwin Gündel: Leben und Wirken E. C. T.s. Ebd. 1892. - Fritzsch, Theodor: E. C. T. Sein Leben und seine Lehre. Dresden 1900. - Zimmermann, Peter: Briefe T.s an Elisa v. der Recke. In: Braunschweiger Magazin (1918), S. 82ff. (1920), S. 20 f. - Klein, Fritz: Die Idee der Erziehung in der Pädagogik des Philanthropismus mit bes. Berücksichtigung C. T.s. Diss. Königsberg [1930]. - Fuchs, Max: Das Scheitern des Philanthropen E. C. T. [..]. Weinheim 1984. Killy (= DB 9), 20826ff. - ADB 38, S. 497f. - Denina. - Kordes. - Hamber-

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ger/Meusel. - Schmidt. - Alberti 1. - Schröder, Hans: Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart. 8 Bde. Hamburg 1851-53. - Pädagogisches Lexikon. 4 Bde. Bielefeld/Leipzig 1928-1931. - Scholz, G.: 250. Geburtstag von E. C. T., dem ersten Pädagogik-Professor Deutschlands. In: Kölner Zeitschrift für Wirtschaft und Pädagogik, H. 19, Dezember 1995, S. 127148. - Herrmann, Ulrich: Die Pädagogik der Philanthropen. In: Scheuerl, Hans: Klassiker der Pädagogik I: Von Erasmus von Rotterdam bis Herbert Spencer. München 1979, S. 135-158, hier S. 151f. Trenck, Friedrich von der, *16.2.1726 Königsberg, |25.7.1794 Paris, politischer Schriftsteller und Publizist, Rittmeister, prot. T., Sproß einer angesehenen preußischen Adelsfamilie, wählte nach kurzem Jura- u. Philosophiestudium in Königsberg (1741-43) die Offizierslaufbahn. Seine Tätigkeit als Ordonnanz im Garderegiment Friedrichs II. (1743/44) endete jedoch mit der Arretierung (1745). Nach weiteren Verhaftungen ließ sich T. 1764 in Aachen nieder, wo er sich „durch eine standesgemäße Ehe, die Eröffnung eines Weinhandels und publizistische Aktivitäten" etablierte (Killy, 20860). Allerdings zeitigten die radikal antiklerikalen und antiabsolutistischen Tendenzen seiner Wochenschrift „Der Menschenfreund" (4 Bde., ebd. 1772) geschäftliche Verluste, lokales Publikationsverbot und schließlich die Übersiedlung auf ein ihm verbliebenes, durch agrarische Experimente bald ebenfalls ruiniertes Landgut in Österreich (1780-86). Trotz Rehabilitierung und Entschädigung durch die preußische Regierung (1787/88), der Erhöhung seiner österreichischen Rente (1791) und des enormen Erfolgs seiner Autobiographie manövrierte sich der ruhelose T. finanziell und politisch in immer aussichtslosere Lagen. Eine Intrige Wiener Gläubiger führte schließlich zur Hinrichtung T.s. Sein größter literarischer Erfolg war seine funfbändige Autobiographie, die er noch zu Lebzeiten in 40.000 Exemplaren verkaufte. Mit seinen Altonaer Periodika (Trencks Monatsschrift für das Jahr 1792. Altona 1792; Proserpina. Mainz, Altona, recte Hamburg 1793. Neudr. 1976) bekannte sich T. als jakobinisch gesinnter Spätaufklärer. Moralische Geschichten: Nr. 851. Lit: DBA, Fiche I 1282,369-441; 1283,41; II 1316,133-137. - [Autobiographie:] Des Friedrichs Freiherrn von der Trenck merkwürdige Lebensgeschichte. 2 Bde. o.O. 1786, Bd. 3 Berlin 1787, Bd. 4 Altona 1792; Bd. 5: Der Geniestreich aller Geniestreiche. Altona 1796 [vermutl. apokryph], - Archives Biographiques Françaises Fiche I 998,317-318. - Gugitz, Gustav/Portheim, Max v.: T., ein bibliogr. u. ikonograph. Versuch. Wien 1912 (Werkverz., Lit.). Grab, Walter: T. Kronberg/Taunus 1977 (Lit.). - Wehrhahn, Heinz Martin: T. u. die Aachener Publizistik in den Jahren 1773-75. In: Zs. des Aachener Geschichtsvereins 84/85 (1977/78), S. 853-873. - T. Werk u. Rezeption. Bremen

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1986 (Kat.). - Killy (= DB 9), 20859-20863. - ADB 38, S. 568f. - Denina. Hamberger/Meusel. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. - Raßmann: Dichter. - Wurzbach. - Thieme-Becker. Treumann, Georg Friedrich, *um 1740, f2.2.1823, Geistlicher, Mark Brandenburg, prot. T. taucht zuerst in Potsdam auf. Von hier antwortet er am 14.8.1776 auf eine Zuschrift Friedrich Nicolais, die ihn zu Rezensionen in der ADB aufgefordert hatte. Am 15.12.1776 meldet er Nicolai, daß er das Pfarramt in Schönerlinde, nördlich von Berlin, erhalten habe. Er „glaubte, daß sich der Wirkungskreis des Landpredigers sehr weit erstrecke, und daß derselbe viel Nutzen schaffen könne, wenn er nur guten Willen habe" (Treumann, zit. nach Aner, Zwei märkische Landgeistliche, 1919/20, S. 92). Sein Alter war von Leid überschattet: Seine Frau starb vor ihm. In der Franzosenzeit wurde sein Haus wiederholt geplündert. 1810 wurde Schönerlinde samt Pfarrhaus durch Brandstiftung in Schutt und Asche gelegt, wobei auch T.s gesamte Habe und das Kirchenarchiv verbrannten. T. beklagt wiederholt die „Schlechtigkeit der Zeit". Bald ärgert er sich über zu frühe Heiraten (Neues Journal für Prediger 21, 1801, S. 157), bald über die Basedowsche Methode, Kinder durch Spiel zu erziehen, bald über die Zunahme des Luxus und der Vergnügungssucht (ebd. 24, 1804, S. 275ff u. 289ff.). Er bedauert, daß Gewissenhaftigkeit, Redlichkeit, Uneigennützigkeit und Berufstreue seltener geworden seien, und findet, daß es unter den niederen Ständen so viele eigennützige, gefühllose, von keinem Gemeinsinn beseelte, betrügerische, arbeitsscheue, rachsüchtige, lasterhafte Menschen gebe (ebd., S. 272, 287). Zugleich aber glaubt er an die Perfektibilität des Menschen und geht davon aus, daß der Mensch nicht von Natur aus böse sei, sondern verdorben durch Eziehung, mangelnden Schulunterricht und das schlechte Beispiel anderer (Neues Journal für Prediger 21, 1801, S. 149). Andererseits warnt T. vor „zuviel Aufklärung", die zu einer „epidemischen Zweifelsucht" führen könne (Teutscher Merkur 1783). Moralische Geschichten: Nr. 852. Weitere Werke: Antworten und Gegenfragen auf einige Zweifel und Anfragen eines neugierigen Weltbürgers. In: Teutscher Merkur 1783, Juniheft, S. 229 u. Juliheft, S. 87ff.). - Über den Landprediger und die neueren Ansprüche an ihn. In: Hallesches Neues Journal für Prediger 21 (1801), S. 1-39, 129-165. Lit.: DBA, Fiche I 1284,6-8. - Denina. - Hamberger/Meusel. - Aner, Karl: Zwei märkische Landgeistliche aus der Aufklärungszeit. In: Jb. f. brandenburgische Kirchengeschichte 17 (1919), S. 81-113 und 18 (1920), S. 20-34 (über die Landpfarrer Dapp und Treumann), hier bes. S. 86-91. - Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung, 1999, passim.

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Trinius, Johann Anton, *6.10.1722 Altenroda, "("3.5.1784 Eisleben, ehemaliger Pfarrer, Berufsschriftsteller, Pseud.: Jonathan Ursinithon, prot. Sohn eines Predigers, ab 1740 Theologiestudium in Leipzig, zwei Jahre später in Helmstedt und ab 1743 in Halle. 1744 Reise durch Norddeutschland, 1745 wieder in Helmstedt, danach unterstützte er seinen Vater im Amt in Altenroda. Freiherr von Knigge vermittelte ihm 1748 die Stelle eines Pfarrsubstituten in Braunroda und Walbeck, 1750 trat er die Nachfolge des dortigen Predigers an. Einer Notiz im „Anekdotenbuch für meine lieben Amtsbrüder, Priester und Leviten, Dritter Theil, Leipzig 1786" zufolge legte T. 1769 sein Amt nieder und wandte sich nach Eisleben, „wo er unermüdet schrieb, und sich durch Bücherschreiben ein beträchtliches Vermögen erwarb" (S. 412). Moralische Geschichten: Nr. 853. Weitere Werke: Beytrag zu einer Geschichte berühmter und merkwürdiger Gottesgelehrten auf dem Lande. 2 Bde. 1751/53. Lit.: DBA, Fiche I 1285,7-10; 1285,40-57. - Meusel: Schriftsteller. - Schmersahl, Elias Friedrich: Geschichte jeztlebender Gottesgelehrten. 1 Bd. in 8 Stükken. Langensalza 1751-55. - Weiz. - Döring: Theologen. - ADB 38, S. 618f. Unger, Salomo Gottlob, (1752-1818), Prediger in Leipzig, prot. Moralische Geschichten: Nr. 853. Lit.: DBA, Fiche I 1296,227-228. - Hamberger/Meusel. Vierthaler, Franz Michael, *25.9.1758 13.10.1827 Wien, Pädagoge, kath.

Mauerkirchen/Oberösterreich,

Sohn eines Maurermeisters, trat mit elf Jahren als Sängerknabe in das salzburgische Benediktinerstift Michaelbeuern ein, 1777-78 Studium der Logik, der Physik und der Rechte in Salzburg, 1783-87 Hauslehrer fur Adelige am Virgilianum ebd. Angeregt durch die Bischöfe von Bamberg und Würzburg und durch Kaiserin Maria Theresia förderte der Salzburger Erzbischof das Volksschulwesen, indem er 1790 ein Lehrerseminar einrichtete und V. zu dessen Direktor machte. V. lehrte hier Pädagogik und Methodik. 1796 erhielt er den Auftrag, die Hofbibliothek zu inventarisieren. 1800 übernahm der die Redaktion der Salzburgischen Literaturzeitung, 1799-1806 die der salzburgischen Staatszeitung. Unter Kurfürst Ferdinand (1803-06) wurde das Schulwesen der Regierung unterstellt und V. erhielt die Direktion der beiden Waisenhäuser. 1806 kam Salzburg zu Österreich und V. erhielt den Auftrag, die Kunstschätze des Landes zu sammeln und nach Wien zu bringen. Ab 1818 ernannte man ihn zum Direktor des Wiener Waisenhauses. In dieser Funktion ersetzte er die bis dahin tätigen Invaliden durch ausgebildete Pädagogen, gestaltete die Anstaltsschule in eine vierklassige Hauptschule um und führte öffentliche Prüfungen

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ein. Das führte dazu, daß die Absolventen ohne Probleme Lehrstellen fanden. Der Ruf des Waisenhauses drang über die Grenzen Österreichs hinaus, so daß viele Pädagogen während des Wiener Kongresses V. einen Besuch abstatteten. Moralische Geschichten: Nr. 859-861. Weitere Werke (Auswahl): Philosophische Geschichte der Menschen und Völker. 5 Bde. 1787-95 Salzburg, Bd. 6 u. 7 1818-19 Wien. - Elemente der Methodik und Pädagogik. - Entwurf der Schulerziehungskunde, 2. Aufl. 1824. Der Geist der Sokratik, 1793. - Geschichte des Schulwesens und der Cultur. Salzburg 1804. Lit: DBA, Fiche I 1307,111-133; II 1338,383-390. - Hamberger/Meusel VIII (1800), S. 213ff. - Kehrein II, S. 219f. - Wurzbach Lm S. 276-280. - Mendl, S. 452. - Wienstein: Dichter. - ADB 39, S. 679-682. - Neuer Nekrolog. 2 LThk. - Biographien Österreichischer Schulmänner. Als Beitrag zur Schulgeschichte der letzten hundert Jahre. Wien 1897. - Wetzer/Welte. - Berger, Franz /Rackowizer, Ferdinand: Biographisches Lexikon des Landes Österreich ob der Enns. Passau/Linz a.D. 1931. Villaume, Peter, *16.7.1746 Berlin, |10.6.1825 Fuirendal/Fünen, Theologe und Pädagoge, reform. V., hugenottischer Abstammung, gehörte zu den Vertretern der philanthropischen Bewegung in Deutschland. Nach dem Theologie-Studium war er Prediger der französisch-reformierten Gemeinden in Schwedt/Oder und in Halberstadt, wo er 1779/80 zusammen mit seiner Frau eine „Erziehungsanstalt für Frauenzimmer aus gesittetem Stand und von Adel" gründete. 1787 wechselte er als Professor der Moral und schönen Wissenschaften ans Joachimsthalsche Gymnasium nach Berlin, schied aber 1793 freiwillig (veranlaßt durch das Wöllnersche Religionsedikt) aus und zog sich auf die Insel Fünen zurück, wo er schriftstellerisch und praktisch an einer Erziehungsanstalt (Bernstorffminde) weiterwirkte. In seinen Schriften trat V. gegen feudalstaatliche Erziehung und für Gleichberechtigung des Bürgers durch Bildung in einem demokratischen „Volksstaat" ein. Mit seiner Abhandlung über die physische Erziehung des Menschen (1787) schuf V. die Grundlage für Leibeserziehung und Sportpädagogik, auf der später Guts-Muths und Jahn aufbauten. Zusammen mit Campe wurde er - beide begeisterten sich für die Französische Revolution - von der französischen Nationalversammlung 1796 zum Mitglied des neuerrichteten Nationalinstituts zu Paris ernannt. Werke (Auswahl): Über die Erziehung zur Menschenliebe. Dessau 1784. Über das Verhältnis der Religion zur Moral und zum Staate. Libau 1791. Abhandlungen, das Interesse der Menschheit und der Staaten betreffend. Altona 1794; Neudr. Ruggell 1984 [= Antwort auf eine Preisfrage], - Von der Bildung des Körpers in Rücksicht auf die Vollkommenheit und Glückseligkeit

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des Menschen oder über die physische Erziehung. In: J. H. Campe: Allgemeine Revision des gesamten Schul und Erziehungswesens, Bd. 8 (1787, S. 213 ff.). - Geschichte des Menschen. Leipzig 1783, 2 1788, Neudr. der 2. Aufl. Ruggell 1984. - Philothée oder die ersten Lehren der Religion. 5 Bde., Berlin/Libau 1788. - Anfangsgründe zur Erkenntniss der Erde, des Menschen und der Natur. 5 Bde., ebd. 1791. - Geographie und Geschichte für die Jugend ... 2 Bde., Leipzig 1792. - Vermischte Abhandlungen. Berlin 1792. Neudr. Frankfurt am Main 1981. Lit.: DBA, Fiche I 1308,41-50; II 1339,203. - Scandinavian Biographical Archive Bibliographie: Fiche A-355,436-445. - Wothge, Rosemarie: Ein vergessener Pädagoge der Aufklärung: P. V. In: Wiss. Ztschr. der Martin-LutherUniv. Halle/Wittenberg (Gesellschafts und Sprachwiss. Reihe). April 1957, S. 429-454. - Funk, Gustav: Die Pädagogik V.s. Diss. Leipzig 1894. - Bernett, Hajo: Die pädagogische Neugestaltung der bürgerlichen Leibesübungen durch die Philanthropen. Schorndorf 1960. - König, Helmut: Zur Geschichte der Nationalerziehung in Deutschland. Berlin/DDR 1960, S. 350-405. - Blankertz, Herwig (Hg.): Bildung und Brauchbarkeit. Texte v. J. H. Campe und P. V. Braunschweig 1965. - Killy (= DB 9), 21362ff. - A D B 39, S. 706f. - Denina. - Hamberger/Meusel. - Beckmanns Sport-Lexikon A-Z. Leipzig/Wien 1933 Voght, Caspar (Heinrich) von, (1752-1839), Kaufmann, Landwirt, Gründer einer Armenanstalt in Hamburg, prot. V. war hanseatischer Kaufmann, Kunst- und Menschenfreund. In seiner Autobiographie schildert er seine Kindheit und Jugend in Hamburg, seine geschäftlichen Anfänge, als weltgewandter Reisender und scharfer Beobachter bei Aufenthalten in England, der Schweiz, Italien und Frankreich. Hamburg und seine Bürger haben V. viel zu verdanken: den heutigen Jenisch-Park schuf er als landwirtschaftliches Mustergut „Groß-Flottbeck" und engagierte sich im kulturellen sowie sozialen Bereich. Ferner war er Mitbegründer und anfanglich Leiter der ersten Hamburger „Armenanstalt", deren Hauptaufgabe es war, nach dem Verlagssystem - Rohmaterial zur Verfügung stellen und die fertige Ware abholen - „die Armen mit Arbeit zu versorgen". Zuerst sollte die Hand, dann auch der Geist an das regelmäßige Arbeiten gewöhnt werden. Im Anschluß an eine Reise nach England, wo seit 1780 die von Robert Raikes initiierten Sonntagsschulen existierten, gründete V. 1790 in Hamburg eine solche Einrichtung. Werke: Über die Vortheile des flachen Eineggens der Saat. 1 8 3 1 . - Sammlung landwirthschaftlicher Schriften. Hamburg, 1825. - Über Hamburgs Armenwesen. Braunschweig u.a. 1796. - Über die Hamburgische Armen-Anstalt vom Jahr 1788 bis 1794. Lüneburg 1832. - Bemerkungen über die Vortheile und Nachtheile des mit der Bemergelung verbundenen Rapsaat-Baues, mit Bezug auf die dadurch bewirkte, Erhöhung des Ertrags, und Verminderung der

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Fruchtbarkeit des Bodens. Altona 1820. - Gutachten über den Zustand des Armenwesens in den Herzogthümern und über die Mittel ihn zu verbessern. 1818. - Flotbeck in ästhetischer Ansicht. Hamburg 1990. - Briefe aus den Jahren 1785 bis 1812 an Johanna Margaretha Sieveking, geb. Reimarus. Hamburg 1964. - Briefe aus den Jahren 1792 bis 1821 an Magdalena Pauli, geb. Poel. Hamburg 1959. - Briefe aus einem tätigen Leben. Hamburg 1959. - Flottbeck's hohe Kultur den zahlreichen landwirtschaftlichen Besuchern im Jahre 1829 vor Augen gelegt, neben der Darlegung der Grundsätze durch deren Befolgung, ein an sich schlechter Boden zur höchsten Ertragsfahigkeit gebracht worden ist. Hamburg 1829. - Über manche, noch nicht genug gekannte Vortheile der grünen Bedüngung, nebst Zusätzen über die Dungwirkung der Rapssaat, des Rockens, des Klees, des grünen Kartoffelkrautes und mancher Feldfrüchte und Gewächse. Hamburg 1834. Lit.: DBA, Fiche I 1312,219-245. - Ahrens, Gerhard: C. V. Hamburg 1969. Vollrath, Peter: Landwirtschaftliches Beratungs- und Bildungswesen in Schleswig-Holstein in der Zeit von 1750 bis 1850. In: Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins 35 (1957), S. 121-238. - Müller, Kurt Detlev (Bearb.): C. V. und sein Hamburger Freundeskreis. Briefe aus einem tätigen Leben. 3 Bde. Hamburg 1959, 1964, 1967. - C. V. Lebensgeschichte [= Autobiographie], hg. u. mit einem Vorwort versehen von Charlotte SchoellGlass. Hamburg 2001. - ADB 40, S. 161-166. - Hamberger/Meusel. - Lübker, Detlev Lorenz/Schröder, Hanss: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1796 bis 1828. 2 Bde. Altona 1829-30. - Neuer Nekrolog. - Alberti, Eduard: Lexikon der SchleswigHolstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. 2 Bde. Kiel 1868-68. - Schröder, Hans: Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart. 8 Bde. Hamburg 1851-53. Voit, Johann Peter (1747-1811), Geistlicher, prot. Hauslehrer beim Reichshofrat Freiherr von Gärtner in Wien, später beim Grafen Castell-Remlingen, 1779 Lehrer an der lateinischen Schule in Schweinfurt, 1782 Professor am dortigen Gymnasium, später Professor der Theologie und 1807 Dekan des Schweinfiirter Diözesan-Distrikts. V. verfaßte zahlreiche Jugendschriften und war maßgeblich an der Ausarbeitung des „Schauplatz der Natur und der Künste in vier Sprachen", Wien 1774-1783, beteiligt. Moralische Geschichten: Nr. 862. Weitere Werke: Empfindungen eines Ausländers bey dem höchst bedauerlichen und unerwarteten Ableben ... Leopolds II. in einer Epistel an einen Freund in Wien ausgedrücket. Wien 1792. Lit.: DBA, Fiche I 1314,352-357. - Hamberger/Meusel.

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Wagener, S. Chr., (1762, n.a. 1763?), Prediger, prot. Moralische Geschichten: Nr. 867. Lit.: DBA, Fiche I 1321,9-12. - Hamberger/Meusel. Wagenseil, Christian Jakob, *23.11.1756 Kaufbeuren, fB.1.1839 Augsburg, Regierungsrat, Pseud.: Simon Ratzeberger der Jüngste. W. besuchte das Ulmer Gymnasium, 1775-78 Jura-Studium in Göttingen, wo er einer Freimaurerloge beitrat. 1782 Gerichtsvikar in Kaufbeuren, 1789 Stadtgerichtsaktuar, 1804 Stadtkommissar und Polizeidirektor in Kempten, 1817 Regierungsrat des Oberdonaukreises in Augsburg. W. setzte sich für die Verbesserung des Schulunterrichts und für die Volksbildung ein. Mit der Herausgabe des „Gemeinnützigen Wochenblattes für Bürger" (Kaufbeuren 1781-86) nahm er erstmals die für ihn wichtige Aufgabe als Volkserzieher wahr. Mit der Edition des „Literarischen Almanachs" (Bde. 1-4, Leipzig 1827-30. Bde. 5 und 6, München 1831/32. Werkverz. in Bd. 6, S. 269-283) setzte W. seine Tätigkeit als Volksschriftsteller fort. Im fünften Jahrgang findet sich sein einst berühmtes Landmann-Lied. Hier preist er in aufklärerischer Manier das einfache Landleben und verurteilt den Überfluß. „W. gehört zu den vergessenen, aber wichtigen Repräsentanten der deutschen Volksaufklärung" (Killy, 21598). Moralische Geschichten: Nr. 868, 869. Weitere Werke: Beytrag zu Weisheit und Menschenkenntnis. Gotha 1780. Der beschämte Geizige. Kaufbeuren 1786. - Historisches Tagebuch über die zu Kaufbeuren erlebten Begebenheiten während des französisch-deutschen Reichskrieges v. 1791-1801. Ebd. 1802. - Kurzgefaßte Geschichte der Reformation. Von ihrem Anfang bis auf den Religionsfrieden vom Jahr 1555. Ein Lesebuch für alle Stände. Nördlingen 1817; neue Ausgabe mit Aufdruck „Öffentlicher Schulpreis" ebd. o.J. [c. 1830]. - Der Gang der Vorsehung oder: Wird es mit dem Menschengeschlecht besser oder schlimmer? Leipzig. - Memorabilien aus der Geschichte auf alle Tage im Jahr. Sulzbach 1820. - Geschichten gefallener Minister, Feldherren und Staatsmänner. Karlsruhe. - Mustapha und Zeangir, ein Trauerspiel in 4 Aufzügen, neu bearb. Augsburg: Bäumer 1824. - Prälat v. Schmid zu Ulm, nach seinem Leben ... Augsburg 1828. - Die absolute Nothwendigkeit der Leichenhäuser, zur Verhütung des Unglücks, lebendig begraben zu werden. Eine wohlgemeinte Volksschrift. Augsburg 1837. Lit.: DBA, Fiche I 1321,71-92. - Killy (= DB 9), 21597f. - ADB 40, S. 479ff. - Goedeke IV/1, 603, 65. - Hamberger/Meusel. - Gradmann. - Richter. Neuer Nekrolog. - Eitner. - Chronologisches Verzeichniss sämmtlicher Schriften des königlich bayerischen quiescirenden Regierungsrathes C. J. W. [Leipzig] 1832.

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Wagner, Christian Ulrich, *28.12.1722 Ulm, f l 8 0 4 ebd., Buchdrucker. W., Sohn des Druckerei-Gründers Christian Ulrich Wagner d. Ä. (1686-1763), besuchte mit 16 Jahren die öffentlichen Vorlesungen des „Gymnasium academicum" in Ulm und hielt bereits zwei Jahre später aus Anlaß der 300-JahrFeier der Erfindung der Buchdruckerkunst einen Rede, die in der Sammlung der „Ulmischen Jubelreden" (Ulm 1740) abgedruckt ist. Darin betont er die enge Beziehung der Buchdruckerkunst zum Buchhandel, würdigt die geleisteten Arbeiten und Verdienste beider und hebt besonders die Verbindung zwischen dem väterlichen Verlag und dem Ulmer Buchhändler Daniel Bartholomäi, seinem Onkel, hervor. Um seinen Horizont zu weiten, ging W. 1743 nach Halle zu Gebauer, 1744 nach Berlin zu Henning und 1745 zu Johann Gottlieb Immanuel Breitkopf nach Leipzig. Erst 1747 kehrte er nach Ulm zurück, um 1750 die Druckerei seines Vaters zu übernehmen. 1777 anläßlich der 100-JahrFeier des Betriebs druckte er alle Schriften seines Vaters und Großvaters nach und schenkte jeweils ein Exemplar davon der Stadt, die sie heute noch als wertvollen Bestandteil ihrer Stadtbibliothek hütet. Aufgelistet hat er sie in: Abdruck aller in der Wagnerischen Buchdruckerey in Ulm dermahlen sich befindlichen Schriften, Ulm 1765-77. Moralische Geschichten: Nr. 871. Weitere Werke: Erleichterte Anweisung den Kindern die teutsche Buchstaben und deren Aussprache in gedruckten und geschriebenen Schriften, wie auch die Kunst schön zu schreiben fast zu gleicher Zeit beizubringen. Ulm 1770. Untersuchung der Frage, ob die Beschäftigung mit der Gelehrsamkeit nur einem besonderen Stand zukomme. Ulm 1758. - Nachricht von der Stempelschneiderey und Schriftgießerey. Leipzig 1776/77. Lit.: DBA, Fiche I 1321,352-360. - ADB 40, S. 531 f. - Weyermann, Albrecht: Nachrichten von Gelehrten, Künstlern und anderen merkwürdigen Personen aus Ulm. Ulm 1798. - Hamberger/Meusel. - Gradmann. Wahl, Georg, (1772-?), Geistlicher, kath. Moralische Geschichten: Nr. 872. Lit.: DBA, Fiche I 1324,307-308. - Hamberger/Meusel. - Felder. Waibel, Aloys Adalbert OFM, (1787-1852), Jugendschriftsteller. Pseud.: Theophilus Nelk und A. M. Veilch, kath. 1810 Priesterweihe, 1827 Guardian des Klosters zu Gall, 1831 Wahl zum Provinzial der bayerischen Ordensprovinz, worauf er aber wegen Krankheit verzichten mußte. Unter seinen Pseudonymen war er „ein äußerst fruchtbarer Schriftsteller von Erbauungsschriften und naturwissenschaftlichen Werken für die Jugend. Seine Geschichten fanden vor allem in den einfachen Kreisen der

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katholischen süddeutschen Bevölkerung große Verbreitung, um so mehr, als die häufig schmalen Bändchen recht anspruchslos ausgestattet waren und daher zu niedrigen Preisen angeboten wurden." (Eich in LKJL IV, S. 423). Moralische Geschichten: Nr. 873-884. Lit.: DBA, Fiche I 1325,5-12. - Kehrein II, S. 230f. - ADB 40, S. 596f. Hamberger/Meusel XXI (1827), S. 327f - Biographie in: Theophilus Nelk. Sämmtliche Kinder- und Jugendschriften. Graz 1836, S. VIIXVII. - LKJL IV, Sp. 423-426 unter „Nelk". - Mendl, S. 453. - Felder. - Wegehaupt I, S. 1521. Waitzenegger (auch: Weizenegger), Franz Joseph, *8.5.1784 Bregenz, 17.12.1822 ebd., Geistlicher, Historiker, kath. Vorarlberger Priester, ab 1816 Beichtvater der Dominikanerinnen in Bregenz. Als Schriftsteller hat er vor allem Erbauungsschriften verfaßt sowie Werke zu Geschichte und Landeskunde Vorarlbergs. Die bekannte Heiligenlegende der Itha, Gräfin von Toggenburg (Augsburg 1816 u.ö.) nach Petrus Canisius hat er neu bearbeitet. Auch vollendete er F. K. Felders „Gelehrten- und SchriftstellerLexikon der deutschen katholischen Geistlichkeit" (Bd. II u. III, Landshut 1820/22). Moralische Geschichten: Nr. 885. Lit.: DBA, Fiche I 1325,142-157; 1348,395; II 1358,309. - ADB 40, S. 633f. Felder. - Hamberger/Meusel. - Wurzbach LH, S. 154ff. - 2 LThK X (1938), Sp. 718. Walther, Johann Ludwig Gottfried, (1785-1852), Pfarrer zu Haunsheim bei Dillingen, prot. Moralische Geschichten: Nr. 886-888. Lit.: G. W. Hopf: Jugendschriften, S. 48f. - Neuer Nekrolog XXX, Weimar 1854, S. 956. Wander, (Karl) Friedrich Wilhelm, *27.12.1803 Fischbach bei Hirschberg/Schlesien, f4.6.1879 Quirl/Riesengebirge, Pädagoge, Sprichwortforscher. Pseud.: N. R. Dove, prot. W., Sohn eines Dorfschneiders, begann nach kurzer Tischlerlehre 1818 als Schulpräparand seine Lehrerlaufbahn, wozu er 1822-24 am Lehrerseminar in Bunzlau ausgebildet wurde. Von 1827 bis zu seiner Amtsenthebung wegen revolutionär und demokratisch gesinnter Reden und Schriften 1849 war er als Lehrer an der Stadtschule in Hirschberg tätig. 1849-52 gab er die Zeitschrift „Der pädagogische Wächter" heraus, worin er die Positionen der fortschrittlichen Lehrerschaft mit großem Engagement und Mut darlegte. Als liberal den-

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kendem Volkspädagogen blieb dem „roten Wander" 1850 schließlich nur die Ausreise nach Amerika. Ein Jahr später kehrte er mit wichtigen Kenntnissen zurück, die er in seinem „Auswanderungs-Katechismus" (Glogau 1852, Neudr. Bern 1988) vorlegte. Da die politische Reaktion ihm die Ausübung seines Berufs nicht gestattete, machte er 1852 zusammen mit seiner Frau in Hermsdorf ein Gewürzgeschäft auf und setzte sich 1874 in Quirl zur Ruhe, um sich völlig seinen Sprichwortstudien zu widmen. W. hat insgesamt mehr als 50 selbständige pädagogische und schulpolitische Schriften sowie zahlreiche Aufsätze und Aufrufe in Zeitschriften verfaßt. Berühmt geworden ist er als Sprichwortforscher. Sein „Deutsches Sprichwörter-Lexikon" (5 Bde., Leipzig 1867-80, Neudr. Darmstadt 1964) gilt bis heute als die vollständigste Sammlung. Werke (Auswahl): Der Satz in seiner Allseitigkeit, ein Lesebuch und eine Sprachlehre. Hirschberg 1829. Scheidemünze, oder neue dt. Sprichwörter. 2 Bde., Neiße 1831/32. - Christliche Glaubens- und Sittenlehre in Sprichwörtern. Hirschberg 1836. - Abrahamisches Parömiakon. Breslau 1838. - Der Sprichwörtergarten. Ebd. 1838. - Vollst. Aufgabenschatz für Sprachlehrer in Volksschulen. 7 Bde. Berlin 1841-55. - Die Volksschule als Staatsanstalt. Leipzig 1842. - Die alte Volksschule und die neue. Breslau 1848. - Taschenkatechismus fur das Volk. Hirschberg 1849. Lit.: DBA, Fiche I 1331,383; 1331,385-399. - Mieder, Wolfgang (Hg.): K. F. W. W. Polit. Sprichwörterbrevier. Neudr. Bern 1990, S. XXXI-XXXVII [Bibliograhie]. - Thiele, Fritz: Der 'rote Wander' und seine Zeit. Darmstadt 1953. - Hofmann, Franz: K. F. W. W. Berlin 1961. - Voigt, Günther: K. F. W. W. und sein 'Polit. Sprichwörterbrevier'. In: Dt. Jb. f. Volkskunde 2 (1956), S. 8090. - Herzog, Annelies: K. F. W. W. als Sammler und Bearbeiter des dt. Sprichwortschatzes. Diss. ΤΗ Dresden 1957. - Kießling, Renate: Der sozialkritische Gehalt im Sprichwortschaffen v. K. F. W. W.s. In: Wiss. Ztschr. der Pädagog. Hochschule 'K. F. W. W.' Dresden 7 (1973), S. 3-14. - Hohendorf, G.: Einige Aspekte im Sprichwortschaffen K. F. W. W.s. In: ebd. 11 (1977), S. 11-17. - Pilz, Klaus-Dieter: Wer war der Begründer der wiss. Sprichwörterforschung? Versuch einer Richtigstellung. In memoriam K. F. W. W. In: Muttersprache 89 (1979), S. 201-207. - Liebsch, Helmut: Zur Erforschung und Anwendung des Sprichwortes durch K. F. W. W. In: Linguist. Studien 56, Reihe A, (1979), S. 81-107. - Mieder, Wolfgang: Gedanken sind zollfrei. Zu K. F. W. W.s Polit. Sprichwörterbrevier. In: Quast Gisela (Hg.): Einheit in der Vielfalt. FS Peter Lang. Bern 1988, S. 326-342. - Geppert, Oskar: Der freisinnige Schulmann K. F. W. W. Korrekturen zu seinem Bild (1803-1879). Diss. Univ. Gießen 1988. - Berner, Karl Gustav: Schlesische Landsleute: Ein Gedenkbuch hervorragender, in Schlesien geborener Männer und Frauen aus der Zeit von 1180 bis zur Gegenwart. Leipzig. 1901. - ADB 41, S. 139-143. - Heindl. Killy (= DB 9), 21802-21805.

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Waser, Felix, (1722-1799), Geistlicher, prot. Moralische Geschichten: Nr. 889. Lit.: DBA, Fiche I 1333,448-452. - Hamberger-Meusel. - Meusel: Schriftsteller. - Lutz: Biographien. - Sulzberger, H. Gustav: Biographisches Verzeichnis der Geistlichen aller evangelischen Gemeinden des Kantons Thurgau von der frühesten Zeit bis auf die Gegenwart. Frauenfeld 1863. Weber, Joseph von, *23.9.1753 Rain/Donau, |14.2.1831 Augsburg, Geistlicher, Physiker, kath. W., Sohn eines gleichnamigen Buchbinders, besuchte ab 1764 das Gymnasium der Benediktiner in Donauwörth, anschließend Philosophie-Studium bei den Augsburger Jesuiten und 1773-76 Theologie in Dillingen, Verleihung der Doktorwürde, 1776 Priesterweihe und Seelsorger im Priesterseminar Pfaffenhausen bei Mindelheim, 1777 Kaplan in Illertissen. Dort erfand er den „Luftelektrophor" zur Herstellung von elektrischer Anziehung bzw. Abstoßung. Dafür erhielt er eine Auszeichnung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1781 Professor für Philosophie, Physik und Mathematik an die Universität Dillingen. 1799 Ruf an die Universitäten Ingolstadt und Landshut als Professor fur Chemie und Physik. 1804 ließ er sich von Landshut aus nach Dillingen an das Lyzeum versetzen, wo er 1804-06 und 1809-21 das Amt des Rektors ausübte. Außerdem betreute er ab 1786 die Pfarrei Demingen und ab 1811 Wittislingen. 1821 Domkapitular in Augsburg, 1825 Generalvikar und Archidiakon, 1826 Domdekan. Als Naturphilosoph und Naturwissenschaftler interessierten ihn zeitlebens Physik, Chemie, Mathematik, Astronomie und Landwirtschaft. Im Jahre 1778 wurde er Mitglied der Münchener Akademie der Wissenschaften. Mit Sailer, Zimmer u. a. bemühte sich W. um die Erneuerung des religiösen Lebens in den damaligen geistigen Auseinandersetzungen. Die „Landshuter Schule" bildete den Übergang von der Aufklärung über die Romantik zur positiven Philosophie und Theologie des 19. Jahrhunderts. W. verfaßte über hundert religiöse, erbauliche, naturwissenschaftliche und philosophische Schriften. In Dillingen und Umgebung führte er den Blitzableiter ein. Moralische Geschichten: Nr. 890-893. Weitere Werke (Auswahl): Estne metaphysica possibilis? Dillingen 1795. Philosophie, Religion und Christentum im Bunde. München 1808-09. - Die Philosophie in einer freien Darstellung. München 1911. - Vom Verhältniß der Elektricität zum Magnetismus. Eine Vorlesung. München 1821. - Wissenschaft der materiellen Natur oder Dynamik der Materie. München 1821. - Ungrund des Hexen- und Gespenster-Glaubens, in ökonomischen Lehrstunden dargestellt. Dillingen 1787. - Unterricht von den Verwahrungsmitteln gegen die Gewitter Unterricht von den Verwahrungsmitteln gegen die Gewitter. Dillingen [1784],

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Lit.: DBA, Fiche I 1336,381-418; II 1370,385-388. - Felder-Waitzenegger II, S. 482. - Christoph ν. Schmid: Domdekan J. v. W. Eine kurze Geschichte seines Lebens und Wirkens. Augsburg 1831, 86 S. (mit Bibliographie). - Werner, K.: Geschichte der kath. Theologie. München 1866. - Specht, Th.: Geschichte der Universität Dillingen. Freiburg 1902, S. 574-578. - Ders.: Geschichte des Lyzeums Dillingen. Regensburg 1904, S. 144-148. - Stölzle, R.: Die Kantianer an der katholischen Akademie. Fulda 1911. - Funk, Ph.: Von der Aufklärung zur Romantik. München 1925. - Trefzger, H.: Der philosophische Entwicklungsgang von J. W., (Diss.), Freiburg 1933. - Schiel, H.: J. M. Sailer, I-II, Regensburg 1948-1952. - 2 LThK X, 972f. - ADB 41, S. 316ff. - Hamberger/Meusel. - Felder. - Poggendorff 1863. - Felder. -Eberle, Egon: Dr. J. v. W., der Erfinder des „Luftelektrophors". Vom Illertisser Kaplan zum Domdekan. In: Geschichte im Landkreis Neu-Ulm, hg. v. Landkreis Neu-Ulm, 2 (1996), S. 92-100. - Hochadel, Oliver: Physiker, Volksaufklärer und „Experte". In: Die Universität Dillingen und ihre Nachfolger, i. A. des Hist. Vereins Dillingen und der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung, hg. v. Rolf Kießling (= Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau, 100). Dillingen/Donau 1999, S. 729-752. - BBKL XVII (2000), Sp. 1527f. Wedag, Friedrich Wilhelm, *im Sept. 1758 Neuenrade/Westf., t l 8 . 5 . l 7 9 9 Leipzig, Prediger, Schriftsteller, reform. W., Sohn einer alteingesessenen, aber in bescheidenen Verhältnissen lebenden Tuchmacherfamilie im preußischen Neuenrade, trat 1777 in die Schule des Waisenhauses Halle ein, bezog 1778 das reformierte Gymnasium und 1779 die dortige Universität zum Theologiestudium. 1780 wechselte er auf die Universität Duisburg. Nach Studienabschluß war er Hauslehrer auf Gut Berentrop bei Neuenrade, 1786 Eheschließung und erste Anstellung als Prediger in Dortmund, nachdem er schon beschlossen hatte in die niederländischen Kolonien auszuwandern. Da die reformierte Gemeinde im überwiegend lutherischen Dortmund sehr klein und arm war, verdiente sich W. häufiger ein Zubrot durch auswärtige Vertretungen. So wurde er auch in Leipzig bekannt, wo man ihn 1788 zum Nachfolger des berühmten Georg Joachim Zollikofer berief. Die Reformierten bildeten zwar auch hier nur eine Minderheit, doch war die wirtschaftliche Situation sehr viel besser als in Dortmund. In dieser gesicherten Position produzierte W. während des letzten Jahrzehnts seines Lebens eine umfangreiche Predigt- und Erziehungsliteratur. Sein Lebensweg und -werk gibt ein gutes Beispiel für den publizistisch aktiven Geistlichen der Aufklärungszeit, aber auch für Bildungswege und Aufstiegsmöglichkeiten in dieser Epoche. Moralische

Geschichten: Nr. 894, 895.

Weitere Werke: Predigten, hauptsächlich zur Berichtigung irriger Vorstellun-

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gen und zur Bestreitung falscher Grundsätze, 1793, 1817. - Die Religion als die beständige Gefährtin auf dem Pfade des Lebens. In: Predigten ..., 1794. Predigten zur Beförderung richtiger Urtheile über Gegenstände des gottesdienstlichen Nachdenkens. 1798 - Über das Wesen der Welt, eine Predigt. 1804. - 3 Predigten, auch zur Beherzigung herausgegeben von Fürsen, 1818. Lit.: DBA, Fiche I 1338,127-134. - Hamberger/Meusel XIV (1815). - Döring: Kanzelredner. - Weinmeister, Paul: Beiträge zur Geschichte der evangelischreformierten Gemeinde zu Leipzig, 1900. - Ein vergessener Westfale (Nachruf von R.F. Eylert aus dem Westf. Anzeiger 1799). In: Süderland 7 (1929) 183f. - Bauks, Friedrich Wilhelm: Die evangelischen Pfarrer in Westfalen. 1980. Gesamtverzeichnis deutschsprachigen Schrifttums 1700-1910, Bd. 154, 1986. - Stievermann, Dieter: Neuenrade. Die Geschichte einer saarländischen Stadt, 1990. - BBKL XIII (1998), Sp. 579ff. - Baur. - Hirsching. - Meusel: Schriftsteller. Weiße, Christian Felix, *28.1.1726 Annaberg, Kreissteuereinnehmer, Schriftsteller, prot.

116.12.1804

Leipzig,

W., aus einer Gelehrtenfamilie stammend, studierte ab 1745 in Leipzig Theologie und Philologie, später Rechtswissenschaft. In den ersten Studienjahren war er eng mit Lessing, Rabener und Geliert befreundet, später mit Ewald, von Kleist und Ramler. Nach dem Studium war W. einige Jahre Hofmeister. Von einer Paris-Reise zurückgekehrt, übernahm er 1759 die Redaktion der „Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste" (12 Bde., Leipzig 1757-65. Neudr. 6 Bde., Hildesheim 1979), die sich unter seiner bis 1788 dauernden Leitung zu einer angesehenen Zeitschrift entwickelte (ab 1765 „Neue Bibliothek der Wissenschaften und schönen Künste"). 1761 wurde W. Kreissteuereinnehmer in Leipzig. Zu seinen erfolgreichsten Komödien „Die Freundschaft auf der Probe" (Leipzig 1767), in der W. in der Figur des Indianermädchens Corally das auch in den moralischen Geschichten häufig anzutreffende Motiv der „edlen Wilden" aufgriff. In seinen späteren Jahren wandte sich W. vor allem der Kinderliteratur zu, um deretwillen er hier aufscheint. 1767 veröffentlichte er „Kleine Lieder für Kinder" (Leipzig), die in ihrer moralisch-didaktischen Ausrichtung typisch für die Kinderlyrik der Aufklärung sind. Es folgte sein „Neues A, B, C, Buch" (ebd. 1772), das bis ins 19. Jahrhundert neu aufgelegt wurde. Seit Ende 1775 gab W. die weitgehend von ihm selbst verfaßte Wochenschrift „Der Kinderfreund" heraus, die bis 1782 erschien. Mit dieser Zeitschrift schuf W. ein Modell fur die Kinderliteratur der Zeit; die Verbindung von familiärer Rahmenhandlung und Binnentexten unterschiedlicher literarischer Genres wurde häufig nachgeahmt. Moralische Geschichten: Nr. 896, 897. Weitere Werke: [Erscheinungsort jeweils Leipzig]: Eduard III. 1758 (Tragö-

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die). - Krispus. 1760 (Tragödie). - Die Haushälterinn. 1760 (Lustspiel). - Der Mißtrauische gegen sich selbst. 1761 (Lustspiel). - Der Projectmacher. 1766 (Lustspiel). - Lottchen am Hofe. 1767 (Singspiel). - List über List. 1767 (Lustspiel). - Der Aerndtekranz. 1772 (Singspiel). - Armuth und Tugend. 1772 (Drama). - Die Jubelhochzeit. 1773 (Singspiel). - Der Fanatismus oder Jean Calas. 1774 (Tragädie). - Briefwechsel der Familie des Kinderfreunds. 1784-92. - Weißens Selbstbiographie. Lit.: DBA 1347, 37-136. - LKJ 3, 782-784. - C. F. W. (1726-1804) - Leipziger Literat zwischen Amtshaus, Bühne und Stötteritzer Idyll. Biografische Skizze und Werkauswahl von Anne-Kristin Mai. Beucha 2003. - Minor, Jacob: C. F. W. und seine Beziehungen zur dt. Lit. des 18. Jh. Innsbruck 1880. Hurrelmann, Bettina: Jugendliteratur und Bürgerlichkeit. Paderborn 1974. Steinmetz, Horst: Die Komödie der Aufklärung. Stuttgart 3. Aufl. 1978, S. 5862. - Pape, Walter: Das literarische Kinderbuch. Berlin u.a. 1981, S. 129-235. - Killy (= DB 9), 22112-22118. - ADB 41, S. 587-590. - Brüggemann/Ewers 1982, 1250. Weland, Jakob Christian, (1752-1813), Geistlicher, Generalsuperintendent, Religionslehrer in Bremen, prot. Moralische Geschichten: Nr. 899. Lit.: DBA, Fiche I 1348,420-425; II 1385,323. - Beste, Johannes: Album der evangelischen Geistlichen der Stadt Braunschweig. Braunschweig/Leipzig 1900. - Hamberger/Meusel. - Rotermund: Bremen. Wen(n)ing, Johann Adam, *24.12.1748 Dachau, f23.3.1800 München, Geistlicher, kath. W. besuchte Gymnasium und Lyceum in München, studierte ab 1770 Theologie und Kirchenrecht in Ingolstadt, 1774 Priesterweihe in Freising, 1775 Schulinspektor und „provisorischer Lehrer" an den Realklassen in München, 1776 kam er nach Straubing als Reallehrer, später dort Professor am Gymnasium. Bei einem Großbrand am 13. September 1780 in Straubing verlor W. seine Bücher, Schriften und sein Naturalienkabinett. 1782 Districtschulinspektor, 1788 Kapitular-Kanonikus in Altötting, 1793 Pfarrer in Eggenfelden. Er bemängelte das Fehlen von Schriften, die „auf den Verstand des Landvolks herabgestimmt" seien (Wening: Hist. u. moral. Erzählungen 1784, S. 8). Moralische Geschichten: Nr. 900, 901. Lit.: DBA, Fiche I 1351,215-219. - Baader 1824/Bd. 1,2, S. 317f. [nach einem von W. selbst verfaßten Lebenslauf]. - Bosl, S. 836. - Hamberger/Meusel VIII (1800), S. 444. - HKJL III, S. 1574f. - Mendl, S. 165ff, 458. - Meusel: Schriftsteller.

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Werner, Gustav W., *12.3.1809 Zwiefalten/Württ., +2.8.1887 Reutlingen, Theologe, Reiseprediger, prot. W.s Lebenswerk besteht in der Gründung und Leitung der gemeinnützigen Anstalten (Wernerische Stiftung) zur Beherbergung und Beschäftigung sozial Schwacher und Behinderter. Anregung dazu fand er durch Oberlins Einrichtungen im elsäßischen Steintal. 1823-32 Theologen-Seminar in Maulbronn und Tübingen, 1837 Gründung einer durch Spenden finanzierten Kleinkinder- und Industrieschule in Walddorf bei Tübingen, wo W. als Vikar tätig war. Ab 1838 nahm er Waisenkinder auf, zeitweise lebten mehr als achtzig davon in seinem Haus. Nach Intervention von Seiten pietistischer Kreise, die seine liberalen Predigten verurteilten, beendete er 1839 seine Laufbahn als Geistlicher, ging nach Reutlingen und gründete ein Erziehungsinstitut, das zum „Mutterhaus" seiner Anstalten wurde. 1841 Heirat mit der Kaufmannstochter Albertine Zwißler, die kinderlos blieb und ihn fortan tatkräftig bei seiner Arbeit unterstützte. Im Frühjahr 1850 erwarb W. eine Papiermühle in Reutlingen, in der seine Schützlinge Arbeit fanden. 1860 bestanden 20 Filialen, in denen 1748 Personen Landwirtschaft und verschiedene Handwerke (Sattlerei, Schneiderei, Buchbinderei usw.) betrieben. 1861 übernahm sich W. mit dem Kauf einer Papierfabrik in Dettingen und mußte Insolvenz anmelden. Durch die Gründung eines Aktienvereins und die Untersützung wohltätiger Bürger und des württembergischen Königshauses kamen alle Anstalten 1870 wieder in W.s Hand. 1881 rief er in Reutlingen das „Bruderhaus" für Arme und Gestrauchelte ins Leben und wurde 1884 dort Ehrenbürger. In dieser Blütezeit der Inneren Mission pilgerten junge Theologen aus Tübingen und Reutlingen zu W., der auch mit Johann Hinrich Wichern, dem Begründer des „Rauhen Hauses" in Hamburg und Erfinder des Adventskranzes, befreundet war. Moralische Geschichten: Nr. 901. Weitere Werke: Reden aus dem Wort. Eine Predigtsammlung. gen/Leipzig 1839, 2. verm. Aufl. Stuttgart 1863.

Tübin-

Zeitschriften von oder über G. W. : Das Bruderhaus. Zs. f. die Freunde der G.W.-Stiftung. Reutlingen 1 (1949) - 1974. - Friedensblätter aus dem Bruderhause in Reutlingen. Reutlingen 1 (1884/85) - 16 (1900). Titel anfangs: Friedensblätter aus dem Bruderhaus Reutlingen. Fortsetzung: Friedensbote aus dem Bruderhaus Reutlingen. - Der Friedensbote, eine Zeitschrift für das Reich Gottes. Reutlingen 1 (1851) - 4 (1853), hg. v. G. W.; Fortsetzung: Oelblatt. Verkehr des Mutterhauses mit den Seinen. Reutlingen 1853, Juli, hg. v. G. W.; Vorgang: Der Friedensbote. Fortsetzung: Sendbrief an die Brüder aus dem Mutterhause. - Sendbrief an die Neue Brüdergemeinde. Reutlingen 1 (1863) 21 (1869), Neue Serie 1 (1870) - 7 (18781). Lit. (Auswahl).: DBA, Fiche I 1354,378; II 1391,431. - ADB 42, S. 50-56. RGG, 3. Aufl. 1957-1965. - Vida, Stefan: G.-W.-Bibliographie. In: Bll. f.

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württ. Kirchengeschichte. 75 (1975), S. 118-165. - Schäfer, Gerhard: K. G. W.s Vision einer sozialen Reformation. In: Gustav Werner: Was nicht zur Tat wird ... 160 Jahre Gustav-Werner-Stiftung zum Bruderhaus Reutlingen. Stuttgart: Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Württemberg, [2000]. Bartel, Karlheinz: G. W., eine Biographie. Stuttgart 1990. Wessenberg, Ignaz Heinrich (Karl) Frhr. von, *4.11.1774 Dresden, "("9.8.1860 Konstanz, Geistlicher, Schriftsteller, Literaturtheoretiker. Pseud.: Heinrich von Ampringen, kath. W., aus altem Breisgauer Adelsgeschlecht stammend, wurde in Dresden geboren, wo sein Vater Johann Philipp seit 1746 Erzieher bei Hofe war. 1776 siedelte die Familie auf ihr Stammgut Feldkirch im Breisgau über. Dort und auf Gut Ambringen (nach letzterem sein Pseud.) wuchs W. auf und erhielt eine vielseitige theologische, philosophische und literarische Ausbildung an den Universitäten Dillingen (als Schüler u.a. von Sailer), Würzburg und Wien. 1792 Dompräbend in Augsburg, Konstanz und Basel, 1800 Generalvikar des Bischofs von Konstanz und damit faktisch Oberhirte von 1,2 Millionen Menschen. In diesem Amt profilierte sich W. als tatkräftiger Vertreter des Reformkatholizismus und als überragende Gestalt der katholischen Aufklärung, die auch die Reform der Lehrerbildung beinhaltete. Als Verfechter von Konziliarismus und Nationalkirchentum geriet er in Konflikt mit Rom. 1827 resignierte er und lebte von da an in Konstanz als Schriftsteller und Wohltäter. Er engagierte sich für die Einrichtung von „Fürsorgeanstalten" und unterstützte die Gründung von Schulen für Blinde und Taubstumme, er initiierte eine „Anstalt für sittlich verwahrloste Kinder" und eine „Rettungsanstalt für Mädchen", die er zu Lebzeiten und testamentarisch großzügig unterstützte. Sie existieren zum Teil heute noch (Gründig: Veredelung des Volkes, 1996, S. 35). Seine umfangreiche Bibliothek vermachte er der Stadt Konstanz; in ihr finden sich auffallend viele Werke der hier zu behandelnden Volksaufklärung. Werke (Auswahl): Die großen Kirchen Versammlungen des 15. und 16. Jahrhunderts in Beziehung auf Kirchenverbesserung. 4 Bde., Konstanz 1840. Archiv für die Pastoralkonferenzen [..], 52 Bde., Meersburg u.a. 1802-27. Sämmtliche Dichtungen. 7 Bde., Stuttgart/Tübingen 1834-54). - Unveröffentlichte Manuskripte und Briefe, hg. v. Kurt Aland und Wolfgang Müller. Bd. Iff. Freiburg i. Br. u. a. 1968ff. - So versank die alte Herrlichkeit, hg. v. Klaus Oettingerund Helmut Weidhase. Konstanz 1988 (Auswahlausg.). Lit.: Aland, Kurt: Das Schrifttum I. H. v. W.s. In: Zs. f. Gesch. des Oberrheins 105 (1957), S. 475-511. - Joseph Beck: I. H. v. W. Karlsruhe 2 1874. - Spekkamp, Ursula: I. H. v. W. als Literaturkritiker. In: Freiburger Diözesan-Archiv 103 (1983), S. 207-244. - Braun, K.-H. (Hg.): Kirche und Aufklärung: I. H. v. W. München/Zürich 1989. - Killy (= D B 9), 22322ff. - A D B 42, S. 147-157.

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Westenrieder, Lorenz von, * 1.8.1748 München, fl5.3.1829 München, Geistlicher, Erzähler, Historiker, Publizist, kath. W., Sohn eines Getreidehändlers, besuchte das Münchner Jesuitengymnasium, dann das theologische Seminar in Freising, 1771 Priesterweihe. Kurze Zeit war er Hofmeister, nach Aufhebung des Jesuitenordens 1773 Weltgeistlicher und Lehrer in Landshut und München (bis 1779). Nach einem konfiszierten aufklärerischen Katechismus publizierte W. anonym fingierte, gesellschaftskritische Briefe (o. O. [München] 1778) und gab mit den „Baierischen Beyträgen zur schönen und nützlichen Litteratur" (1779 bis 1781) die bedeutendste Zeitschrift der Aufklärung in Kurbayern heraus. Darin erschienen u.a. pädagogische und philosophische Aufsätze sowie agrar- und sozialreformerische Artikel. Ferner verfaßte W. Schulbücher und war seit 1780 Mitglied der Bücherzensurkommission. Seit 1777 in die Historische Klasse der Münchner Akademie der Wissenschaften gewählt, stand er jahrzehntelang als deren Organisator an der Spitze. Hatte er sich anfangs um die kulturelle Öffnung Kurbayerns durch die Popularisierung der überwiegend protestantischen Aufklärungsliteratur und eine ausgedehnte Gelehrtenkommunikation verdient gemacht - er pflegte Kontakte zu Jacobi und Weiße - , so zog er sich bald wieder auf den bayerisch-salzburgischen Raum zurück. Die von Montgelas vorangetriebene Säkularisation lehnte W. ab und manövrierte sich dadurch in das politische Aus. Seit 1811 setzte er sich für die Rekatholisierung ein. Mit allen Publikationen kämpfte er als moderater Aufklärer fur ein neues Selbstbewußtsein der Altbayern. Er war der fuhrende Historiker Kurbayerns im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert, darüber hinaus der wohl bedeutendste literarische Aufklärer des katholischen Deutschland. 1813 wurde er geadelt. Werke (Auswahl): Sämmtliche Werke. 32 Bde., Kempten 1829-32 (unvollst.). - Leben des guten Jünglings Engelhof. 2 Bde., München 1781/82. - Jahrbuch der Menschengeschichte in Baiern. 2 Bde., München 1782/83. - Glossarium zur bayerischen Geschichte. München 1816. - Beschreibung der churfurstlichen Haupt- und Residenzstadt München. München 1782; Neudr. 1984. - Geschichte der baierischen Akademie der Wissenschaften. 2 Bde., München 1784 und 1807. - Geschichte von Baiern, für die Jugend und das Volk. 2 Bde., München 1785). - Beyträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik und Landwirtschaft. 10 Bde., München 1788-1812). - Baierisch-Historischer Calender (ab 1790 u. d. T. „Historischer Calender"), 22 Jgg. u. 2 Registerbde., München 1787-1816. - Aus dem handschriftl. Nachl. L. W.s. Hg. August Kluckhohn. 2 Abt.en, München 1882 (Tagebücher und Briefe). Lit.: DBA, Fiche I 1358,108-133; II 1395,115-119. - Gandershofer, Maurus: Erinnerungen an L. v. W. München 1830. - Kluckhohn, August: Über L. v. W.s Leben und Schriften. Bamberg 1892. - Grassi, Anton: W.s Briefw. mit einer Darstellung seiner inneren Entwicklung. München 1934. - Kraus, An-

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dreas: Die historische Forschung an der Churbayer. Akademie der Wissenschaften 1759-1806. München 1959. - Becker, Eva D.: Der dt. Roman um 1780. Stuttgart 1964. - Wünnenberg, Rolf: L. v. W. Tutzing 1982. - Hammermayer, Ludwig: Gesch. der Bayer. Akademie der Wissenschaften 17591807. Bde. 2 u. 3. München 1983 und 1992. - Haefs, Wilhelm: Traditionalismus und Patriotismus. L. W. als führender bayer. Historiker zwischen Aufklärung und Restauration. In: Erichsen, Johannes und Puschner, Uwe (Hgg.): Vorwärts, vorwärts sollst du schauen [..]. Gesch., Politik und Kunst unter Ludwig I. Ebd. 1986, S. 253-274. - Alzheimer, Heidrun: Volkskunde in Bayern. Ein biobibliographisches Lexikon der Vorläufer, Förderer und einstigen Fachvertreter (= VVK 50). Würzburg 1991, S. 294ff. - Pörnbacher, Hans: Vernunft und Unvernunft. Zur Literatur der Aufklärung in Altbayern. In: ZBLG 54 (1991), H. 1. - Hamberger/Meusel. - Felder. - Neuer Nekrolog. Stumpf, Pleickhard: Kurze Lebensbeschreibungen verstorbener verdienter Männer, die in dem Ländergebiete des jetzigen Königreiches Bayern geboren oder durch längern Aufenthalt ihm angehörig waren. München 1865. - Kehrein. - Brümmer 1. - Wienstein: Dichter. - Killy (= DB 9), 22334-22338. LThK.-ADB42, S. 173-181. Wiedemann, Franz, (1821-?), Lehrer. Moralische Geschichten: Nr. 904. Lit.: DBA, Fiche I 1365,116-117. - Haan. Wilberg, Johann Friedrich, *5.11.1766 Ziesar (Kr. Jerichow), t30.12.1846 Bonn, Lehrer. Früh Halbwaise geworden, verbrachte der Sohn eines preußischen Invaliden seine Kindheit beim Großvater und einem Onkel, die Kantoren in Karow waren. W. ging bei einem Schneider in die Lehre, unterrichtete abends und sonntags Handwerksburschen im Lesen, Schreiben und Rechnen und machte sie mit Salzmanns Schriften vertraut. Entscheidend fur seine spätere Laufbahn als Schulmann war ein Näh-Aufenthalt im Hause des Pastors Rudolph in Krane, der Rochow bei dessen Schulreform in Reckahn unterstützt hatte. Auf Fürsprache des Pastors durfte W. bei Rochow hospitieren. Er entschied sich fur die damals völlig neu bewertete Laufbahn eines Volksschullehrers und besuchte das Berliner Schullehrerseminar. Seine erste Stelle trat er 1789 in Hamme bei Bochum an, wo er eine Dorfschule und eine Schulmeisterschule im Geiste Rochows leitete. 1803 wurde er als Lehrer des Armeninstituts nach Elberfeld berufen, 1805 betraute man ihn mit der Leitung des neu gegründeten Bürgerinstituts, einer Privatschule für Kinder des höheren Bürgerstandes. Hier setzte die publizistische Tätigkeit W.s ein. 1814 Ernennung zum Schulpfleger im Kreis Elberfeld. Als solcher gründete er eine Lehrerwitwen- und Waisenkasse und

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eine Lehrerbibliothek und hielt wöchentliche Lehrerfortbildungen. Auf Anregung seines Freundes Wilhelm Diesterweg ernannte ihn 1816 die Universität Tübingen zum Dr. phil. Bald danach Schloß sich dessen jüngerer Bruder Adolf Diesterweg W. als Lehrer in Elberfeld an. Nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben 1837 zog sich W. nach Bonn zurück. Moralische Geschichten: Nr. 905, 906. Weitere Werke: Über das Armenwesen. Elberfeld 1834. - Erinnerungen aus meinem Leben nebst Bemerkungen über Erziehung, Unterricht und verwandte Gegenstände. Essen 1836. - Gedanken und Urtheile des Vetters Christian über Leben und Wirken im Mittelstande. Nebst Mittheilungen aus seinem schriftlichen Vermächtnisse. Essen 1843. Lit.: DBA, Fiche I 1368,294-304; II 1405,171-192. - Hesse, Hermann Klugkist: Der Unionsversuch des Pädagogen J. F. W. In: Wolf, Ernst (Hg.): Theologische Aufsätze. Karl Barth zum 50. Geburtstag, München 1936, S. 490-504. - Wittmütz, Volkmar: J. F. W. in Elberfeld. Pädagogik zwischen Philanthropismus und Zensur. In: Geschichte im Wuppertal 4 (1995), S. 8-19. - Ders.: Friedrich Eberhardt von Rochow und J. F. W. In: ,Er war ein Lehrer'. Heinrich Julius Bruns (1746-1794). Beiträge des Reckahner Kolloquiums anläßlich des 200. Todestages, hg. v. Frank Tosch (= Quellen und Studien zur BerlinBrandenburgischen Bildungsgeschichte, 2). Potsdam 1995. - Heineman, Manfred/Rüter, Wilhelm: Landschulreform als Gesellschaftsinitiative. Philip von der Reck, J. F. W. und die Tätigkeit der „Gesellschaft der Freunde und Lehrer und Kinder in der Grafschaft Mark" 1789-1850 (= Studien zum Wandel von Gesellschaft und Bildung im 19. Jahrhundert, 11). Göttingen 1975. - ADB 44, S. 518f. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. - Wuppertaler Biographien. 13 Bde. Wuppertal 1958-1977. Wilde, Peter Ernst, *24.8.1732 Wodike bei Treptow, fDezember 1785, Estland, Arzt, Apotheker, Drucker, evang. (?). W., Sohn eines Gutsbesitzers, wurde zunächst durch Hauslehrer erzogen, besuchte 1746-48 das K. Friedrichs-Kolleg in Königsberg, 1748-50 Theologiestudium ebd., dann Wechsel zur Jurisprudenz in Halle. 1751 an Pocken erkrankt, wandte er sich der Medizin zu, die er in Königsberg studierte. Hier wirkte er zwölf Jahre als Arzt und Dozent, 1765 Promotion, anschließend Hofmeister in Riga und Herausgabe der medizinischen Wochenschrift „Der Landarzt" (52 Nrn. bis März 1765, Mitau; Nachdr. Frankfurt/Leipzig 1769). Von Riga aus wurde er auf das Gut Oberpahlen (Pöltsamaa) des Majors Johann Woldemar von Lauw berufen, dem u.a. ein Krankenhaus und eine Apotheke angeschlossen waren. 1766 gründete W. hier die erste estnische Druckerei, um volksaufklärerische Literatur für die Landbevölkerung auf den Markt zu bringen. Er publizierte die erste Zeitschrift für den gemeinen Mann in estni-

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scher Sprache mit dem Titel „Lühhike öppetus ..." („Kurze Anweisung"), die sich allerdings wie viele andere Blätter dieser Zeit nur ein Jahr halten konnte. W. gründete eine ökonomische Gesellschaft und versuchte vergeblich, eine Wirtschaftsschule ins Leben zu rufen. Anfang 1785 legte W. in St. Petersburg ein medizinisches Examen ab, um das Recht auf Ausübung seines Arztberufes in Rußland zu erwerben. Dazu kam es nicht mehr, da er im selben Jahr starb. Werke (Auswahl): Die Kriegswissenschaft für junge Leute, die in den Soldatenstand treten wollen. Bd. 1, Oberpahlen 1783. - Der praktische Landarzt. 2 Bde. Mitau 1772-74. - Lifländische Abhandlungen von der Arzneiwissenschaft. Oberpahlen 1770, 2. verbess. Aufl. 1782 [mit Informationen über die bäuerliche Bevölkerung in Estland, Lettland u. Deutschland], - Diseurs über die Dimsdal'sche Art, die Blattern einzuimpfen. Oberpahlen 1769. - Etwas vom liefländischen Schulunterricht in Städten und adligen Häusern. Mitau 1778. - Von der livländischen Pferdezucht und einigen bewährten Pferdekuren. Oberpahlen 1770. - Liv- und Kurländische Abhandlungen von der Landwirtschaft. Lit.: DBA, Fiche I 1369,397-407; II 1406,281. - Baltisches Biographisches Archiv: Fiche 406,3-22. - Bartlett, Roger: P. E. W. (1732-1785). Ein deutscher Volksaufklärer im estnischen Dorf. In: Bömelburg, Hans-Jürgen (Hg.): Der „Fremde im D o r f ' . Überlegungen zum Eigenen und zum Fremden in der Geschichte. Rex Rexheuser zum 65. Geburtstag. Lüneburg 1998, S. 21-42. ADB 42, S. 496ff. - Meusel: Schriftsteller. - Recke, Johann Friedrich von/ Napiersky, Karl Eduard: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Estland und Kurland. 4 Bde. Mitau 1827-32. - Brennsohn, Isidor: Die Ärzte Livlands von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart: Ein biographisches Lexikon nebst einer historischen Einleitung über das Medizinalwesen Livlands. Riga 1905. - Biographisch-literarisches Lexicon der Thierärzte aller Zeiten und Länder sowie der Naturforscher, Ärzte, Landwirthe, Stallmeister usw., welche sich um die Thierheilkunde verdient gemacht haben, vervollständigt u. hg. von Eduard Hering u. Schräder, Georg Wilhelm. Erw. Aufl. Stuttgart 1863. - Otto, Gustav: Kurländisches Ärzte-Lexicon bis zum Jahre 1825. Mitau 1898. - Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker (vor 1880). 2. Aufl. 6 Bde. Berlin/Wien 19291935. - Seuberlich, Erich (Bearb.): Liv- und Estlands älteste Apotheken. Riga 1912. - Lenz, Wilhelm (Hg.): Deutschbaltisches biographisches Lexikon 1710-1960. Köln/Wien 1970.

Wildermuth, Ottilie, *22.2.1817 Rottenburg/Neckar, f 12.7.1877 Tübingen, Erzählerin, Lyrikerin, Jugendbuchautorin, evang. W., Tochter eines Beamten, wuchs in Marbach auf. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ist sie eine bekannte Autorin christlich-konservativer Literatur für

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Jugend und Familie. Sie war Mittelpunkt eines grossen Familien- und Freundeskreises und stand in freundschaftlicher Beziehung zu Kerner und Uhland, Stifter, Gotthelf und Heyse. Im Dienst der weiblichen Erziehung und verarmter Frauen engagierte sie sich in karitativen Projekten. Sie wollte „keine Emancipirte und kein Blaustrumpf sein, wie sie eine Figur in ihrer „Hausfrau der neuen Zeit" (in: Neue Bilder aus Schwaben. Stuttgart 1854) sagen läßt. Sie „schilderte mit unverkünsteltem Naturtalent das Leben ihrer schwäbischen Heimat, warmherzig, lebensklug, heiter und christlich-gläubig, im Sinne des späten Biedermeier schlichten menschlichen Verhältnissen zugewandt" (Lexikon der Frau, II, S. 1636). Moralische Geschichten: Nr. 907-928. Werke (Auswahl): Bilder und Geschichten aus dem schwäbischen Leben. Stuttgart 1852; seit 1857 u. d. T. Bilder und Geschichten aus Schwaben, Neuausg. mit Einleitung von Peter Härtling, 1977. - Werke. 8 Bde., Stuttgart 1862. - Jugendschriften. 16 Bde., 1871-76. - Ges. Werke, hg. v. Wildermuth, Adelheid. 10 Bde., Stuttgart und a. 1892-94. - O. W.s gesammelte Werkte. Berlin 1905, neue ill. Ausg. in 2 Bänden, hg. v. Ida Lackowitz. - Lebenswege, krumme und gerade. Erzählungen, hg. v. Wildermuth, Rosemarie. Irdning/Steiermark 1987. - Briefe: Ach, die Poesie im Leben. O. W.s Briefwechsel mit ihrem Sohn Hermann, hg. v. Wildermuth, Hermann. Pfullingen 1979. Lit.: [Anonym:] O. W.s Leben. Stuttgart o.J. [ca. 1890], - O. W. 1817-1877, bearb. v. Rosemarie Wildermuth (= Marbacher Magazin 37). Marbach 1986. Briefwechsel zwischen Justinus Kerner und O. W. 1853-62, hg. v. Adelheid Wildermuth. Heilbronn 1927. - Wildermuth, Rosemarie (Hg.): Ach, die Poesie im Leben. O. W.s Briefwechsel mit ihrem Sohn Hermann. 1865-77. Pfullingen 1979 [Dieser Briefwechsel, ergänzt durch Auszüge aus O. W.s Hauschronik, durch Abb. und Faks., mit Anmerkungen versehen, die wichtige Aufschlüsse über Familien-, Zeit- und Kulturgeschichte geben, wird hier zum erstenmal veröffentlicht], - Pfadt, Maria: O. W. Profile ihrer Kinder- und Jugendliteratur. Stuttgart 1994. In: Kinder- und Jugendliteraturforschung 1994/95. Stuttgart 1995, S. 166f. - Killy (= DB 9), 22560f. - ADB 42, S. 504-507.

Wilmsen, Friedrich Philipp von (1770-1831), Pädagoge, prot. Schüler von Karl Philipp Moritz und Johann Jacob Engel, bekannt mit Lavater und Gründer der ,Luisenstiftung' in Berlin, wurde durch die Herausgabe des erfolgreichen Brandenburgischen Lesebuches und des „Deutschen Kinderfreunds" „zum ersten Lehrmeister fast des ganzen nördlichen Deutschland. Es ging ihm darum, Lust und Liebe zu wissenschaftlichen Studien zu wecken, durch ein vielfältiges Lesegut, welches eben so auf die Gesinnung als auf den Verstand und die Phantasie des Schülers wirkt" (R. Stach in LKJ III, S. 813f). Es ist W.s Verdienst, die auf verstandesmäßige und moralische Bildung ausge-

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richtete Lesebuchkonzeption Rochows und die in unmittelbarem Anschluß daran sich entwickelnden reinen „Realienbücher" in seinem Kinderfreund vereinigt zu haben. Damit hatte er eine neue Lesebuchkonzeption geschaffen. Moralische Geschichten: Nr. 929-931. Lit.: DBA, Fiche I 1374,234-269. - ADB 43, S. 309ff. - Schmidt, Valentin Heinrich/ Mehring, Daniel Gottlieb Gebhard: Neuestes gelehrtes Berlin. 2 Bde. 1785. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. - Döring: Theologen. - Gelehrtes Berlin im Jahre 1845. Berlin 1846. Winckler, Ernst Gottlob, (1765-1843), Pfarrer. Auch: Winkler, kath. Moralische Geschichten: Nr. 932. Lit.: DBA, Fiche I 1375,443-445. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. Witschel, Johann Heinrich Wilhelm, *9.5.1769 Henfenfeld bei Nürnberg, |24.4.1849 (n. a. 1847) Kattenhochstatt bei Weißenburg, Geistlicher, prot. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Grafenberg und Nürnberg studierte W. 1788-93 an der Universität Altdorf und wurde 1794 Mittagsprediger an der Nürnberger Dominikanerkirche. 1801 Versetzung nach Igensdorf, 1819 folgte er seinem Vater als Prediger in Grafenberg nach, 1815 Dekan und Schulrat seines Bezirks. 1819 nahm er eine Einladung der Gemeinde Kattenhochstatt an, wo er dreizehn Jahre lang eine Bildungsanstalt für Lehrer betrieb. W. repräsentierte einen gemäßigten Rationalismus, wie er vor allem in seinem Hauptwerk „Morgen- und Abendopfer in Gesängen" (Amberg/Sulzbach 1803) zutage tritt. Darin schlägt er eine Reihe gereimter, nach dem kirchlichen Kalender und den Jahreszeiten angeordneter Demutsübungen für morgens und abends vor. Das sowohl bei Protestanten wie bei Katholiken populär gewordene Buch ist in Deutschland teilweise noch heute im Gebrauch. Moralische Geschichten: Nr. 933. Weitere Werke: Pantheon für Damen. 1799. - Die Zwetschgermänner auf dem Kindleinsmarkt in Nürnberg. Nürnberg 1869. Lit.: DBA, Fiche I 1382,193-204; II 1418,120-140. - ADB 43, S. 568ff. Hamberger/Meusel. - Will, Georg Andreas: Nürnbergisches GelehrtenLexicon. 5 Bde. u. Suppl. Nürnberg/Altdorf 1755-1808. - Haymann. - Brümmer 1 u. 2. - RE. - Lebensläufe aus Franken. 6 Bde. Würzburg 1919-1960. Witte, Karl Heinrich Gottfried, *8.10.1767 (n.a. 1795) Pritzwalk in der Prignitz, "¡"1.8.1845 Berlin, Prediger, Pädagoge, prot. Die Schulzeit verbrachte W. in Salzwedel, anschließend war er drei Jahre Lehrer und Erzieher in Halle, 1792-95 Hauslehrer in der Familie des Freiherrn von

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Salis-Tagstein in Graubünden, 1796 Prediger in Lochau bei Halle und Heirat mit Johanna „Luise" Reimmann. Beider Sohn Karl (1800-83) war der bekannte Dante-Forscher und Jurist. W. widmete sich später ausschließlich der Erziehung dieses Sohnes, der als Wunderkind galt. Mit einem Stipendium des Königreichs Westfalen konnte W. mit Karl in Göttingen leben. Nach vier Jahren wechselten beide an die Heidelberger und nach weiteren zwei Jahren an die Berliner Universität, wo sich der junge W. habilitierte. 1819 erschien in Leipzig W.s zweibändiges Werk „Karl Witte oder: Erziehungs- und Bildungsgeschichte desselben", in dem die Entwicklung des Sohnes geschildert wird. Moralische Geschichten: Nr. 934. Weitere Werke: Die Lebensfreuden. Ein Lehrgedicht. Halle 1800. - Der gute alte Jakob. Magdeburg/Leipzig 1804. - Israel, oder: Der edle Jude ... Ebd. 1804. - Herr Puff. Ein komischer Roman. 4 Bde., Hamburg/Mainz 1804. Scenen aus meinen Reisen durch Deutschland, die Schweiz, Italien, Frankreich und Polen. 2 Bde., ebd. 1804/1805. - Karl Philibert. 2 Bde., Leipzig 1805. Wiesenblumen aus der Schweiz, Italien und Deutschland. Halle 1806. - Carlo, der Einsiedler. Eine philosoph.-pädagog. Geschichte. Berlin 1844. Lit.: DBA, Fiche I 1382,387-392; 1382,399-404. - ADB 43, S. 593f. - Killy (= DB 9), 22715f. - Gelehrtes Berlin im Jahre 1825. Berlin 1826. Wittich, Christian Friedrich, (1757-1818), Geistlicher, prot. W. gehörte zu den Pionieren des Leihbücherverkehrs. Im „Taschenbuch für teutsche Schulmeister auf das Jahr 1786" wird betont: „Pfarrer M. Wittich in Hundersingen [Württemberg] stellte eine kleine Bücherei für Schulmeister in seinem Bezirk zusammen; wer Mitglied der Lesegesellschaft war und jährlich ein paar Kreutzer einzahlte, konnte sich immer für vier Wochen ein Buch seines Faches und Interesses ausleihen und sein Wissen vermehren." Lit.: DBA, Fiche I 1383,168-171. - Magenau, Rudolf Friedrich Heinrich: M. C. F. W., Pfarrer zu Walddorf im Königreiche Würtemberg, in seinem Leben und Wirken dargestellt. Stuttgart 1818. - Hamberger/Meusel. - Gradmann. Wolff, G. W., erwähnt 1816, Lehrer. Moralische Geschichten: Nr. 936. Lit.: DBA, Fiche I 1389,191. - Hamberger/Meusel Wolke, Christian Hinrich, *21.8.1741 Jever, |8.1.1825 Berlin, Pädagoge, Sprachforscher, prot. W., Sohn eines Landwirts und Viehhändlers, besuchte ab 1761 das Gymnasium in Jever und studierte ab 1763 an den Universitäten Göttingen und Leipzig

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zunächst Jura, nach dem Tod des Vaters (1765) Mathematik und Physik. Danach lebte er als Erzieher in adeligen Familien. W. entwarf 1770 den Plan einer Erziehungsanstalt „nach naturgemäßem Stufengange" und machte die Bekanntschaft von Basedow, dem er 1773 nach Dessau folgte, um ihn als Lehrer im neu gegründeten Philanthropin zu unterstützen. W. wirkte dort zehn Jahre (ab 1776 als Professor, ab 1778 als Leiter) und ging von da aus nach Petersburg, wo er mit Unterstützung von Katharina II. eine eigene Erziehungsanstalt aufbaute. 1801 kehrte er als pensionierter kaiserlich-russischer Hofrat nach Jever zurück, lebte ab 1809 in Dresden, zuletzt in Berlin. Während seiner Zeit als Erzieher verfaßte der „bescheidene und unbeschreiblich thätige Mann" (Kant) zahlreiche pädagogische Schriften und gab Kinder- und Jugendliteratur und plattdeutsche („sassische") Gedichte heraus. Moralische Geschichten: Nr. 937-939. Weitere Werke: Anleit zur deutschen Gesammtsprache oder zur baldigen Erkennung und Berichtigung einiger (zuwenigst 20 tausend) Sprachfaler in der hochdeutschen Mundart. Dresden 1812, 2. Aufl. 1816 mit verändertem Titel. Beschreibung der hundert v. Chodowiecki zum Elementarwerk gezeichneten Kupfertafeln. 2 Bde., Leipzig 1781 und 1787 (franz. u. lat. Übersetzungen). Erste Kenntnisse für Kinder. Ebd. 1783. - Kinderbibliothek zur Belehrung und Unterhaltung. 7 Bde., Berlin 1822 (Bd. 1: Fibel; Bd. 2-5: Lesebücher; Bd. 6: Rechen- und Zahlendenkkunst; Bd. 7: Anleitbuch für Mütter, Lehrer etc.). Lit.: DBA, Fiche I 1392,167-257; II 1428,296-298. - NND 1, Bd. 1, 1825 (Schriftenverz.). - Hasselbach, J.P.: Lebensgeschichte des ... C. H. W. Mit Gedichten und Briefen von ihm, und mehreren andern von Kant, v. Göckingk, Matthisson, Langbein, Zeüne, Wadzeck, Kraukling, Dietrich u. s. f. an und über ihn und dem Verzeichnisse seiner Werke. Aachen 1826. - Nietzold, Franz Ferdinand: W. am Philanthropin zu Dessau. Grimma 1890. - Ballauff, Theodor/Schaller, Klaus: Pädagogik. Bd. 2, Freiburg i. Br./München 1970. - Bahner, Werner/Neumann, Werner: Sprachwiss. Germanistik. Berlin 1985. - C. J. Wells: Deutsch: eine Sprachgeschichte bis 1945. Tübingen 1990. - Eckart, Rudolf: Lexikon der niedersächsischen Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Osterwieck 1891. - Seelmann, Wilhelm: Die plattdeutsche Literatur des 19. Jahrhunderts. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. 3 Teile Norden/Leipzig 1896-1915. - Männer der Kurzschrift. 572 Lebensabrisse von Vorkämpfern u. Führern der Kurzschriftbewegung. Darmstadt 1935. - Kullnick, Heinz: Berliner und Wahlberliner. Personen und Persönlichkeiten in Berlin von 1640-1960. Berlin o.J. [ca. I960]. Killy (= DB 9), 22927f. - ADB 44, S. 134ff. - Hamberger/Meusel. - Haymann. - Meusel: Künstler. - Neuer Nekrolog. - Schmidt: SchriftstellerLexikon.

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Wutka, Antonia, (1763-1824), Lehrerin, Schriftstellerin, kath. Moralische Geschichten: Nr. 940. Lit.: DBA, Fiche I 1399,272-299. - Czikann, Johann Jakob Heinrich: Die lebenden Schriftsteller Mährens. Brünn 1812. - Schindel, Carl Wilhelm Otto August: Die deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts. 3 Bde. Leipzig 1823-25. - Hamberger/Meusel. - Wurzbach. - Pataky. Zarda, Adalbert Vinzenz, (1755-1811), Arzt, Universitätsprofessor in Prag. Z. lehrte Erste-Hilfe-Maßnahmen (Mund-zu-Mund-Beatmung) bei Ertrinkungsfállen, verfaßte und verbreitete einschlägige Schriften und ließ am Moldau-Ufer ein sog. „Hilfshaus" errichten. Besondere Verdienste hat er zusammen mit Graf Leopold von Berchtold erworben durch die Gründung der Prager Humanitätsgesellschaft (1791). Werke: Patriotischer Wunsch für die Wiederbelebung der todtscheinenden Menschen, damit Niemand lebendig begraben werde. Als ein Beitrag zu dem alphabetischen Taschenbuche der hauptsächlichsten Rettungsmittel für todtscheinende und in plötzliche Lebensgefahr gerathene Menschen. Von A. V. Z., Arzney-Doktor ... bey Eröffnung seiner ausserordentlichen öffentlichen Vorlesung über die medizinische Polizey vorgetragen im Karolin den 14. May 1797. Prag: Selbstverl. [1797], Zerrenner, Heinrich Gottlieb, *8.3.1750 Wernigerode, f 10.11.1811 Derenburg, Geistlicher, Volksschriftsteller und Pädagoge, prot. Z., Sohn eines gräflichen Amtsverwalters, besuchte seit 1759 die Lateinschule in Wernigerode, ab 1764 das Pädagogium in Klosterbergen; 1768-71 Theologie-Studium in Halle. Die Wartezeit auf eine Pfarrstelle überbrückte er als Lehrer in Klosterbergen. 1775 Pfarrer in Beyendorf und Sohlen im Magdeburgischen, 1788 königlich-preußischer Kirchen- und Schulinspektor und Oberprediger in Derenburg bei Halberstadt. „Das ihm kurz vor seinem Tod verliehene Amt eines Generalsuperintendenten in Halberstadt konnte er nicht mehr antreten. Z. war zu seiner Zeit einer der bekanntesten Volksschriftsteller, obwohl er nicht zu den literarisch begabteren gehörte" (Killy, 23136). Er formulierte umständlich und schwerfällig und vertrat eine eher konservative Haltung. Moralische Geschichten: Nr. 943-947. Weitere Werke: Predigten, ganz und stükweise, für die lieben Landleute. 2 Bde., Magdeburg/Leipzig 1779 und 1781. - Natur- und Ackerpredigten oder: Natur- und Ackerbau als eine Anleitung zur Gottseligkeit, ganz für Landleute. Magdeburg 1783. - Volksaufklärung. Uebersicht und freimüthige Darstellung ihrer Hindernisse. Magdeburg 1786. - Der deutsche Schulfreund (fortgesetzt v. Karl Christoph Gottlieb Zerrenner). Bdch. 160, Erfurt/Berlin/Magdeburg

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1791-1823. - Demeter, Ignaz : Hülfsbuch bei Schullehrern und Erziehern bei den Denkübungen der Jugend nach Zerrenner. Freiburg 1810. Lit: DBA, Fiche I 1409,273-286; II 1444,245. - Autobiogr. In: J. R. G. Beyer (Hg.): Allgemeines Magazin für Prediger 7 (1793), S. 456-490. - ADB 55, S. 227f. - Killy (= DB 9), 23136f. - Denina. - Jöcher/Adelung. - Döring: Theologen. - Kesslin, Christian Friedrich: Nachrichten von Schriftstellern und Künstlern der Grafschaft Wernigerode vom Jahre 1074 bis 1855. Wernigerode/Magdeburg 1856. - RGG. Ziller, Tuiskon, *22.12.1817 Wasungen bei Meiningen, |20.4.1882 Leipzig, Gymnasiallehrer, Professor für Philosophie, prot. Z. gilt als Begründer und Hauptvertreter des Herbartianismus. Den vier Herbartschen Formalstufen des Unterrichts (Darbietung, Verknüpfung, Zusammenfassung, Anwendung) schaltete er mit der „Vorbereitung" eine fünfte vor. Z. plädierte für die „Disputationsmethode" als didaktischem Instrument und war von der religionspädagogischen Relevanz der Märchen überzeugt. Er lehrte nach dem Studium der Germanistik und klassischen Philologie und nach Gymnasiallehrerjahren von 1853 an als Privatdozent, seit 1864 als Professor der Philosophie und Pädagogik in Leipzig, wo er 1862 auch eine Übungsschule einrichtete. Der 1868 ebenfalls von ihm begründete Verein für wissenschaftliche Pädagogik hatte an der Verbreitung des Herbartianismus unter Volksschullehrern entscheidenden Anteil. Moralische Geschichten: Nr. 949. Weitere Werke: Einleitung in die allgemeine Pädagogik. Leipzig 1856. Grundlegung zur Lehre vom erziehenden Unterricht. Leipzig 1865. - Der Märchenunterricht. In: T. Z. (Hg.): Jb. des Vereins für wiss. Pädagogik 1 (1869), S. 25-29. - Vorlesungen über allgemeine Pädagogik. Leipzig 1876. Allgemeine Philosophische Ethik. Langensalza 1880. Lit.: DBA, Fiche I 1412,399-400; II 1447,377-385. - Wiget, Theodor: Die formalen Stufen des Unterrichts. Eine Einführung in das Studium der HerbartZillerschen Pädagogik. Chur 1884, 11. Aufl. 1914. - Geißler, Erich E.: Herbart und die Reformpädagogik. In: Pädagogische Rundschau 37 (1983), S. 171185. - Killy (= DB 9), 23190ff. - ADB 45, S. 227ff. - NDB 21, S. 342. Haan. - Pädagogisches Lexikon. 4 Bde. Bielefeld, Leipzig 1928-1931. Zimmermann, Johann Georg, *8.12.1728 Brugg/Schweiz, |7.10.1795 in Hannover, Arzt und Popularphilosoph. Studium an der Berner Akademie, ab 1747 Medizinstudium in Göttingen, 1751 Promotion, anschließend Reise durch Holland und Frankreich, vorübergehend Hauslehrer in Göttingen, ab 1752 Arzt in Bern, 1754-66 Stadtphysikus in

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Brugg, ab 1768 königlicher Leibarzt in Hannover. Z. korrespondierte mit berühmten Zeitgenossen wie Bodmer, Wieland, Lessing und Mendelssohn, Lavater und Isaak Iselin. Er war von Rousseaus Ideen beeinflußt, was sich besonders in seinem Hauptwerk „Über die Einsamkeit" beobachten läßt. Katharina II. bedachte ihn mit zahlreichen Auszeichnungen, Friedrich II. von Preußen berief ihn 1768 an sein Krankenlager. Z. war von den Zielen der Illuminaten überzeugt, betrachtete die deistische Aufklärung aber als Quelle aller Irreligiosität und Unsittlichkeit. Trapp, Hippel, Knigge und Christoph von Schmid kritisierten Z. Heinrich Braun dagegen bezieht sich zweimal auf dessen weit verbreitete Schrift „Vom Nationalstolz". Er war gegen die Französische Revolution, obwohl er in jungen Jahren aufklärerische Ideen verfocht. Werke: Leben des Herrn von Haller, 1755. - Von der Erfahrung in der Arzneikunst, 1763/64. - Von der Ruhr, 1767. - Vom Nationalstolze, 1758, 4. Aufl. 1768. - Betrachtungen über die Einsamkeit. 4 Bde. 1784/85. - Ueber Friedrich den Großen und meine Unterredungen mit Ihm, 1788 [enthält polemische Äußerungen gegen Aufklärer und gegen Katholiken]. Lit.: NDB 19, S. 383. - ADB 45, S. 273-277. - Keck: Das Bildungs- und Akkulturationsprogramm des bayer. Aufklärers Heinrich Braun, 1998, S. 263. Zincke, Georg Heinrich, *27.9.1692 Altenrode bei Naumburg, 115.8.1768 Braunschweig, Pädagoge, Publizist, Verfasser ökonomischer Schriften, prot. S., Sohn eines Predigers, ging in Naumburg zur Schule und studierte ab 1709 Rechtswissenschaften und Theologie in Jena, anschließend war er Hofmeister und Universitätslehrer. Nach weiteren Studien in Erfurt und Halle promovierte er 1720 zum Dr. jur. Intrigen am Hof in Weimar, wo er von 1731 an Hofrat war, führten zu einer dreijährigen Haft, aus der er 1738 entlassen wurde. Danach lehrte er in Leipzig Kameralwissenschaften und erhielt 1745 einen Ruf als Hof- und Kammerrat an das Carolinum in Braunschweig. Dort und an der Universität Helmstedt Professor der Rechte und der Kameralwissenschaften. Den ersten Versuch einer Systematisierung der kameralwissenschaftlichen Kenntnisse unternahm Z. mit einem in erster Auflage anonym erschienenen Haushaltungslexikon mit dem Titel „Allgemeines Oeconomisches Lexicon" (Leipzig 1731), das 1744 in einer stark überarbeiteten zweiten Auflage, 1753 in der dritten Auflage erschien und bis 1820 sieben Auflagen erlebte. Holger Böning (Killy, 23230f.) unterstreicht Z.s Bedeutung fur die Popularisierung der gemeinnützig-ökonomischen Aufklärung durch die von ihm herausgegebenen „Leipziger Sammlungen von Wirthschafftlichen-Policey-Cammer und Finantz-Sachen" (Leipzig 1742-67). Mit einer Abhandlung von der „Wirthschaftskunst der Armen und Dürftigen" (Düsseldorf 1759) betätigte sich Z. auch volksaufklärerisch und spielte als Herausgeber ökonomischer Schriften eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung einer praktischen Aufklärung.

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Werke: Allgemeines Oeconomisches Lexicon, Darinnen nicht allein Die Kunst-Wörter und Erklärungen dererjenigen Sachen, welche theils in der Oeconomie überhaupt, theils insonderheit in einer vollständigen Landwirtschafft und Haushaltung von Acker- Feld- Holtz- Hopffen- Obst- Wein- und GartenBau, Wiesewachs, Fischerey, Jägerey, Bierbrauerey, Branntweinbrennerey, Viehzucht ... oder sonst bey täglichen Verrichtungen im Hause, Küche und Keller vorzukommen pfleget.. Nebst einem Anhange eines Land- und Hauswirtschaffts-Calenders. In dieser Dritten Edition mit und in fast drittehalb Tausend Artickeln vermehret und verbessert. 2 Teile in 1 Bd. Leipzig o.J. 1753. Grundriß einer Einleitung zu denen Cameralwissenschaften. 2 Bde. Leipzig 1742/43. - Teutsches Real-Manufactur- und Handwerks Lexicon. Tl. 1, ebd. 1745. - Cameralisten-Bibliothek, worin nebst der Anleitung die CameralWissenschaft zu lehren und zu lernen, ein vollständiges Verzeichnis der Bücher und Schriften von der Land- und Stadt-Oeconomie, dem Policey-, Finanzund Cammer-Wesen zu finden. 4 Teile in 2 Bdn. Leipzig 1751/52. Reprint: Ruggell 1972 (insgesamt 1250 S.) 1972. - Becher, J(ohann) J(oachim): Politischer Diseurs von den eigentlichen Ursachen des Auf- und Abnehmens der Städte und Länder. G. H. Z. hat diese Anleitung mit neuen Hauptstücken und Anmerkungen ... vermehrt... Nebst doppelten Registern. 2 Tie. in 3 Bdn. Frankfurt/Main. 1759 [= Sechste und letzte, zugleich zweite von Z. bearbeitete Ausgabe von Bechers nationalökonomischem Hauptwerk, erstmals 1668 erschienen], - Stisser, Friederich Ulrich: Einleitung zur Land-Wirthschaft und Policey der Teutschen, zum Unterricht in Oeconomie-Policey- und CammerWesen eingerichtet, Nunmehro aber von neuen übersehen, verbessert, vermehret wie auch mit noch mehr Historischen Nachrichten von denen Geschäften und Schriften, auch mit einer neuen Vorrede versehen von G. H. Z. Jena/Leipzig 1746 [= Zweite Ausgabe des zuerst 1735 erschienenen kameralistischen Werkes „Uber Acker- und Gartenbau, Forstwesen, Nutztiere, Jagd und Fischerei, Dienstleute, Brauwesen, Mühlen, Landgüter, Dorf- und Landleben, Verwaltung und Pachthandel etc." Z. hat dem Werk des Jenaer Juristen neben einer Vorrede mit der Lebensbeschreibung Stissers eigene Kapitel und zahlreiche Anm. hinzugefugt. - Bernhard, Johann Ernst Friedrich/Z. G. H. (Hgg.): Die Haushaltungs-Kunst im Kriege und in der Theurung, nebst den dazu gehörigen Policei-Anstalten und einer Anzeige der vornehmsten Pflanzen und Gewächse, die statt des Brodes zur Nahrung dienen können. Stuttgart 1771. Lit.: DBA, Fiche I 1415,42-43; 1415,268-275; II 1449,441-442. - Troitzsch, Ulrich: Ansätze technologischen Denkens bei den Kameralisten des 17. und 18. Jahrhunderts (= Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 5). Berlin 1966. - Koschwitz, Hansjürgen: Die Periodische Wirtschaftspublizistik im Zeitalter des Kameralismus. Göttingen 1968. - Brückner, Jutta: Staatswissenschaften, Kameralismus und Naturrecht. Ein Beitrag zur Geschichte der Politischen Wissenschaften im Deutschland des späten 17. und frühen 18. Jahrhun-

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derts. München 1977. - Böning, Holger/ Siegert, Reinhart: Volksaufklärung. Bibliogr. Hdb. Bd. 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1990. - Killy (= DB 9), 23230ff. - Weidlich, Christoph: Lexicon oder Kurtzgefaßte Lebensbeschreibungen aller jetztlebenden Rechtsgelehrten. Halle 1766. - Meusel: Schriftsteller. - Handwörterbuch der Staatswissenschaften. Jena 4. Aufl. 1923-1929 (8 Bde., Ergänzungsbd). - ADB 45, S. 313ff. Zitz, Katharina [Therese Pauline Modesta], *4.11.1801 Mainz, f8.3.1877 ebd., Erzieherin, Schriftstellerin. Pseud.: Kathinka, geb. Haiein, Pseud.: Tina Haiein, Auguste, Pauline, Stephanie, Emeline, Eugenie, Rosaida, Viola, kath. Z., Tochter eines Kaufmanns, lebte wegen ständiger Streitigkeiten zwischen den Eltern einige Zeit bei der Großmutter, besuchte dann ein Mainzer Pensionat und später eine Schule in Straßburg. 1817 erschien ihr erstes Gedicht. 1825 starb ihre Mutter, ihr Vater wurde kurz danach in ein Irrenhaus eingeliefert. Sie trat eine Stelle als Erzieherin in Darmstadt an und übernahm 1827 die Leitung einer Mädchenschule in Kaiserslautern. Weil ihre Schwester Julie schwer erkrankte, gab sie diese Stelle nach einem Jahr auf und kehrte nach Mainz zurück, wo sie Julie bis zu deren Tod pflegte. Um diese Zeit löste sie auch die zehnjährige Verlobung mit dem preußischen Offizier Wild, da der Heiratsantrag ausblieb. 1837 heiratete sie den Rechtsanwalt Franz Zitz. Die Ehe scheiterte nach zwei Jahren an der ständigen Untreue des Mannes. Es folgte eine rege literarische und politische Tätigkeit. In ihren Zeitungsartikeln, Gedichten und Erzählungen, die sie unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlichte, trat sie für Freiheit und Demokratie ein. 1849 gründete sie in Mainz den Frauenverein „Humania", der die Märzrevolution unterstützte. In den folgenden Jahren stand sie aus finanzieller Not immer mehr unter Produktionszwang. Sie verfaßte Biographien über Goethe, Heine und Rahel Varnhagen. Am Grauen Star erkrankt, verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre in Mainz. Moralische Geschichten: Nr. 951, 952. Lit.: DBA, Fiche I 1417,85-90. - Noering, Dietmar: Kathinka Haiein: Ein Leben in schwerer Zeit. In: Ders. (Hg.): K. Z.: Wahre Freiheit. Gedichte und Prosa. Frankfurt/Main 1987. - ADB 55, S. 373ff. - Brümmer 1. - Pataky. Zöllner, Johann Friedrich, *24.4.1753 Neudamm/Neumark (heute: Debno), 112.9.1804 Berlin, Prediger, Polyhistor, Pädagoge, prot. Theologie-Studium in Frankfurt/O., 1779 Prediger in Berlin, 1788 Propst und Oberkonsistorialrat. Seiner Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften (1799) folgte 1800 die Berufung ins Oberschulkollegium. Z.s war ein unermüdlicher Vertreter der Volksaufklärung. 1781-1804 gab er zu diesem Zweck sein „Lesebuch für alle Stände. Zur Beförderung edler Grundsätze, ächten Ge-

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schmacks und nützlicher Kenntnisse" (10 Bde., Berlin) heraus. Seit den 90er Jahren widmete er sich zunehmend der Schulreform. Frühzeitig mit der Philosophie Kants vertraut, suchte Z. dessen Moralphilosophie zu popularisieren und den kategorischen Imperativ einer „seichten Glückseligkeitsphilosophie entgegenzusetzen" (an Kant, 25. 4. 1790). Moralische Geschichten: Nr. 954. Weitere Werke: Wöchentliche Unterhaltungen über die Erde und ihre Bewohner. 8 Bde., Berlin 1784-87. - Wöchentliche Unterhaltungen über die Charakteristik der Menschheit. 6 Bde., ebd. 1789-91. Lit.: DBA, Fiche I 1417,396-432; II 1452,100. - Runkel, Ferdinand: Gesch. der Freimaurerei in Dtschl., Bd. 3, Berlin 1932, S. 152-172. - Killy (= DB 9), 23270f. - ADB 55, S. 423ff. - Nicolai, Friedrich: Anzeige der vornehmsten, jetzt in Berlin, Potsdam und der umliegenden Gegend lebenden Gelehrten, Künstler und Musiker. 3. Aufl. Berlin 1786. - Schmidt, Valentin Heinrich/Mehring, Daniel G. G.: Neuestes gelehrtes Berlin. 2 Bde. Berlin 1785. Charakteristik einiger jeztlebenden Preussischen Geistlichen. Germanien 1796. - Döring: Kanzelredner. - Kullnick, Heinz: Berliner und Wahlberliner. Personen und Persönlichkeiten in Berlin von 1640-1960. Berlin o.J. [ca. I960], Zschokke, (Johann) Heinrich (Daniel) *22.3.1771 Magdeburg, t27.6.1848 Gut Blumenhalde bei Aarau, Forstrat, Oberbergrat, Publizist; Pädagoge, Politiker. Eigentl.: H. Schocke, auch: Johann von Magdeburg, L. Weber, prot. Z., Sohn eines Tuchmachers, wuchs mutterlos und nach dem Tod des Vaters (1779) zunächst bei Geschwistern auf, dann bei dem Schriftsteller Elias Caspar Reichard. Nach einem Verweis vom Gymnasium floh der 17jährige nach Schwerin, wo er als Korrektor und Privatlehrer tätig war. 1788 schloß er sich einer wandernden Theatertruppe an und wurde zum Theaterdichter. Seit 1790 Theologiestudium in Frankfurt/O., Promotion und Privatdozentur. 1795 reiste er in die Schweiz. Hier leitete er in Reichenau zunächst ein Philanthropin und bekleidete während der Helvetischen Republik hohe politische Ämter. Mit Zeitschriften, u.a. dem „Aufrichtigen und wohlerfahrenen Schweizerboten" (Luzern 1798-1800, Aarau 1804-79), bemühte er sich gemeinsam mit Bronner, Pestalozzi und Stapfer um die politische Volksaufklärung. Mehr als zwei Drittel seines umfangreichen belletristischen Werkes hat er der Volksaufklärung gewidmet. Holger Böning resümiert, daß Z. „als Politiker ... zeitlebens für bürgerliche Freiheitsrechte einftrat], er trug zur Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft, einer Freimaurerloge, einer Gewerbe- und einer Taubstummenschule sowie einer Sparkasse bei. Als Herausgeber zahlreicher Zeitschriften wurde Z. zu einem der meistgelesenen deutschsprachigen Schriftsteller. In mehr als 70 Erzählungen ... blieb das Gedankengut der Aufklärung lebendig und verband sich mit den Ideen des politischen Liberalismus" (Killy, 23293).

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Autorenverzeichnis

Moralische Geschichten: Nr. 955. Weitere Werke: [Gesamtausgabe:] Werke in 12 Tin. Hg. Hans Bodmer. Berlin u.a. 1910. - Die Walpurgisnacht. Aarau 1812, neu hg. u. eingeleitet v. Günther Albrecht. Berlin/DDR 1975. - Ideen zur psychologischen Ästhetik. Berlin, Frankf./O. 1793. - Meine Wallfahrt nach Paris. 2 Bde., Zürich 1796/97. - Erheiterungen. Eine Monatsschrift für gebildete Leser. Aarau 1811-26. - Der Baier. Geschichte erstes (bis sechstes) Buch. Aarau 1813-18. - Hans Dampf in allen Gassen. Humoristische Erzählungen und Fabeln. 1814, hg. v. Volker Michels. Frankfurt/Main 1980. - Das Abenteuer in der Neujahrsnacht. 1818. Ein Narr des neunzehnten Jahrhunderts. 1822. - Der Flüchtling im Jura. 1822. - Die Rose von Disentís. Aarau 1844. - Der Freihof von Aarau. Aarau 1823. Addrich im Moos. Aarau 1825; Neudr. Frankfurt/Main/ Salzburg 1978. Stunden der Andacht. Aarau 1809-16. - Ausgewählten Werke. 40 Bde. Aarau 1825-28. - Ausgewählte historische Schriften. 16. Bde. Aarau 1830. - Des Schweizerlands Geschichte für das Schweizer Volk. Aarau 1822. - Die Brannteweinpest. Aarau 1837. - Die klassischen Stellen der Schweiz [..]. Wien u.a. 1842. Neudr. Hildesheim 1976. - Meister Jordan, oder Handwerk hat goldenen Boden. Aarau 1845. - Volksbildung ist Volksbefreiung! Sissach 1836. - Zeitschriften: Der Helvetische Genius. Luzern/Zürich 1799. - Miscellen für die Neueste Weltkunde. Aarau 1813-18. - Überlieferung zur Gesch. unserer Zeit. Ebd. 1817-23. - Prometheus. Für Licht und Recht. Ebd. 1832/33. - „... weiß der Teufel!" Erzählungen von H. Z., hg. u. mit einem Nachwort versehen von Holger Böning. Bremen 2000. Lit.: DBA, Fiche I 1419,132-180. - [Autobiographie:] Eine Selbstschau. Aarau 1842, bearb. v. Rémy Charbon. Bern/Stuttgart 1977. - Münch, Ernst: H. Z., geschildert nach seinen vorzüglichsten Lebensmomenten und seine Schriften, mit seinen Freunden und Feinden; nebst allerlei über Leben und Treiben, Geist und Ungeist in kleinen Republiken. Haag 1831. - Günther, Carl: H. Z.s Jugend· und Bildungsjahre (bis 1798). Aarau 1918. - Schaffroth, Paul: H. Z. als Politiker und Publizist während der Restauration und Regeneration. In: Argovia 61 (1949), S. 5-203. - Voit, Friedrich: Der kluge Landmann sieht nicht nach dem Mond. Der Schweizerbote-Kalender v. J. H. Z. In: IASL 8 (1983), S. 83-120. - Böning, Holger: H. Z. und sein ,Aufrichtiger und wohlerfahrener Schweizerbote'. Bern u.a. 1983 (mit der neueren Forschungsliteratur). - Killy (= DB 9), 23292-23296. - ADB 55, S. 449-465. - Hamberger/Meusel. - Neuer Nekrolog. - Hartmann Alfred: Gallerie berühmter Schweizer der Neuzeit. In: Bilder von Friedrich und Hans Hasler. 2 Bde. Baden (Aargau). 1868-71. Brümmer 1. - Heß, Richard: Lebensbilder hervorragender Forstmänner und um das Forstwesen verdienter Mathematiker, Naturforscher und Nationalökonomen. Berlin 1885.

2. Literaturverzeichnis 2.1 Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur Hinweise zur folgenden Bibliographie 1. Das Primärliteraturverzeichnis enthält alle ermittelten Anthologien moralischer Geschichten aus dem Bereich der Volks- sowie Kinder- und Jugendliteratur von ca. 1780-1848 mit Ausgriffen auf die Jahrzehnte vor und nach dieser Kernzeit. 2. Werke, die aus einer einzigen Erzählung, oder nur wenigen (bis zu zehn) umfangreichen Moralischen Geschichten bestehen, werden nur dann aufgeführt, wenn in der Arbeit darauf eingegangen wird oder die Werke zum Gesamtverständnis eines Autors oder der Traditionsgeschichte von Bedeutung sind. 3. Wenn vorhanden, werden Gesamtausgaben angegeben und die Daten des Ersterscheinens der einzelnen Werke in Klammern angemerkt, falls feststellbar. 4. Werke von Autoren, die ihre moralischen Geschichten schwerpunktmäßig deutlich nach 1875 veröffentlichten, wurden nicht vollständig erfaßt. 5. Für jeden Titel werden nach Möglichkeit der Autor, die originalgetreue Titelformulierung, Verlagsort, Verlag, Erscheinungsjahr, Umfang, Format und Illustrationen genannt. Da Nachdrucke, konfessionelle Bearbeitungen und Billigausgaben wertvolle Hinweise auf die Rezeption der Schriften geben, werden sie aufgeführt. 6. In einigen Fällen wird wegen der Übersichtlichkeit und aus Platzgründen auf Vollständigkeit verzichtet, wenn bereits wissenschaftliche Bibliographien vorhanden sind und die Werke noch relativ leicht nachzuweisen sind (ζ. Β Joachim Heinrich Campe, Isabella Braun, Friedrich Eberhard von Rochow, Christoph von Schmid, Otmar Lautenschlager oder Christian Felix Weiße). Verweise auf Bibliographien finden sich unter der Rubrik „Lit." in den AutorenKurzbiographien. 7. Es wurde versucht, Standorte der einzelnen Werke zu ermitteln. Bedingt durch das Fernleihsystem wird dabei häufig nur ein Standort angegeben, was nicht bedeutet, daß nicht in anderen Bibliotheken noch Exemplare vorhanden sind Die Standortangaben beziehen sich in der Regel auf die genannte Auflage, fehlen Auflagen-Angaben, so ist die zitierte Erstauflage gemeint.

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Literaturverzeichnis

8. Für diese Bibliographie ausgewertet wurden schwerpunktmäßig folgende Quellen: Lichtenberg (1970), Schenda (1970), Wittmann (1973), Böning/Siegert (Bd. I, 1990), Tomkowiak (1993) und Mendl (1995); aus dem Internet das „Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher" unter www.zvab.com, das mit über 3,8 Millionen Titeln als größtes deutschsprachiges Verzeichnis seiner Art bezeichnet wird, sowie der Karlsruher Virtuelle Katalog (KVK) der Universitätsbibliothek Karlsruhe, benutzbar unter www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html. 9. Die Volksaufklärung wurde zu Beginn, also ungefähr im Zeitraum von 1760 bis 1780, im wesentlichen unter ihren Trägern selbst diskutiert. Erst von da an brachten sie Bücher mit moralischen Beispielgeschichten heraus, die für die Hand des „gemeinen Mannes" selbst bestimmt waren. Daher bildet die Literatur aus der Zeit zwischen 1780 und 1848 hier einen eindeutigen Schwerpunkt. 10. Anonyme Werke werden nach dem ersten Buchstaben des Titels eingeordnet. 11. Die mit einem *gekennzeichneten Titel enthalten nachgewiesenermaßen moralische Geschichten, die übrigen sind nicht autopsiert, lassen aber vom Titel her darauf schließen, daß sie moralische Geschichten enthalten.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

687

1.

ABC Buch, neues, nebst einigen kleinen Uebungen und Unterhaltungen für Kinder. Mit 25 ill. Kupfern. München: Fleischmannische Buchhdlg. vor 1804 [zit. gefunden in: Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. München o.J.].

2.

ABC-Buch, für die Volksschulen des russischen Reichs, herausgegeben auf den allerhöchsten Befel [!] der regierenden Kaiserinn, Katherina der Zweiten. St. Petersburg 1785, 32 S. [Standort: Niedersächsische SUB Göttingen: 8° Did. 364/29], - Enthält „Gebete zum alltäglichen Gebrauche" (S. 10-13), „Kurze Sittensprüche" (S. 14-17) sowie MG im Kap. „Kleine Erzählungen", darunter auch Fabeln, jeweils mit angehängter Erklärung unter der Überschrift „Sittenlehre" (S. 18-29). *

3.

Abendstunden in lehrreichen und anmuthigen Erzählungen. 10 Theile in 5 Bde., hg. v. Justus Heinrich Saal. 2. Aufl. Breßlau: Korn, Johann Friedrich d.Ä. 1764/69, Je Bd. 2 Theile mit zus. je 700/750 S.; 3. Aufl. Breßlau 1770. *

4.

Abendunterhaltungen, religionsgeschichtliche, eines Pfarrers mit seinem Schulmeister und einem Bauer. Ein nützliches Lesebuch zunächst für den gemeinen Mann, aber auch für Seelsorger, Lehrer und jeden wahrheitliebenden Christen. München: Fleischmannische Buchhdlg. vor 1804 [zit. gefunden in: Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. München o.J.].

5.

Adela. Lehrreiche und gemüthliche Unterhaltung, fur die Jugend im Alter von 10-14 Jahren. Stuttgart: Steinkopf 1828, 326 S. - Auswahl von Erzählungen, Fabeln, Liedern, Räthseln, Anekdoten aus der ThierWelt u.a. von dem Herausgeber der „Schule der Weisheit" etc. [Fundort: Rantzauer Sammlerkabinett, 25451 Quickborn-Heide].

6.

Adloff, Johann Friedrich: Sitten- und Historien-Büchlein für Schulkinder. Erfurt 1792; neueste Aufl. Erfurt 1795, 3 Bll., 88 S., 8 Holzstiche; 4. Aufl. 1806. - Die erste Abteilung dieses Schullesebuchs enthält Verhaltensregeln „beym Aufstehen", „Beym Schulgehen" usw. Unter „Historien und Erzählungen" Beispiele für Wohlverhalten, ferner Unglücksfalle, die durch eigenes Verschulden entstanden [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]. *

7.

Adolph und Ekbert, oder der Tugend Sieg. Ein nützliches Volksbüchlein zur Beförderung des Edlen und Verbreitung der Obstbaumzucht. Ulm: Stettin 1819. 8°.

8.

Adrien, E.G. (Hg.): Blüthen und Früchte. 212 Erzählungen, Beschreibungen und Gedichte (Nebentitel: Fleurs et fruits. Choix de lectures allemandes). Mit 8 colorirten Stahlstichen. Genf: Deutsche Buchhdlg. von J. Keßmann 1858. 19,5 χ 12,5 cm. 286 S. [Schweizer Kinderbuch, das den Französisch sprechenden Schweizerkindern zur Erlernung der

688

Literaturverzeichnis

deutschen Sprache dienen sollte. Dem deutschen Titel folgt ein französischer (mit zusätzlichen Verlagsangaben: Paris, E. Glaeser, Bruxelles, C. Muquardt, Liege, Ch. Gnuse) und eine französische Vorrede. Die deutschen Texten (moralische Geschichten und Gedichte von Christoph von Schmid, Chimani, Johann Wilhelm Hey, Johann Peter Hebel, Justinus Kerner, Friedrich Rückert usw.) beschließt ein deutsch-französ. Vokabular. Die Tafeln in Aquatinta-Manier jeweils mit einer kolor.en zentralen Darstellung und mehreren Einzelszenen aus der Umwelt des Kindes]. [Fundort: Antiquariat Hans Lindner, 84048 Mainburg]. * 9.

Ahlfeld, Friedrich: Erzählungen furs Volk. Halle: Mühlmann 1847, 61891, 81899, 222 S. [Standort: ULB Halle],

10.

Ders.: Das goldene Kinderbuch. Eine Auslese der besten und schönsten Erzählungen für die Jugend, hg. v. M. Pichler. Mit vielen Kunstdr.Bildern von W. Claudius, M. Hohneck. Reutlingen: Enßlin & Laiblin, [1906], 384 S. [Standort: IJB München],

11.

Album Des Jeunes Filles. Ou choix des meilleurs ouvrages allemands, a l'usage de la jeunesse. Traduit en français par Cecile Vallai. 111. von Julius Schnorr, Antoine Gareis, etc. 2 Bde. Dresden: C. C. Meinhold o.J.[ca. 1865], 1 Bl., 134 S., 1 Bl., 143 S. Mit zus. 8 färb, lithogr. Abb. - Die zeittypischen Sammlungen enthalten Erzählungen von G. Nieritz, Ottilie Wildermuth [5], Elisabeth Ebeling [2], Pauline Schanz und Cecile Vallat.

12.

Allgemeines deutsches Volksbuch hg. v. mehreren Volksfreunden. Bd. 1-2. 1. Bd. 1. Lfg.: Hechingen: Hof-Buchhdlg. 1832, 8°.

13.

Allgemeines Lesebuch fur katholische Bürger und Landleute für Stadtund Landschulen eingerichtet von einem katholischen Geistlichen in Franken. Verbess. u. verm. Aufl. Hildesheim und Paderborn 1793.

14.

Allgemeines Deutsches Volksblatt zur Belehrung des deutschen Bürgers und Landmannes. Darmstadt 1795/96, erschien alle 2 Mte. in Doppelheften, à 140-160 S. [Standort: SUB Göttingen].

15.

Almann, G. F.: Der Vetter Georg oder der Goldschmelzerbund. Eine noch fortlaufende wirkliche Geschichte als Seitenstück zu dem Goldmacherdorfe. Mainz: Stenz 1828.

16.

Aloysius, oder der durch Fleiß, Rechtschaffenheit und Klugheit glückliche Landmann. Basel: Holdenecker o.J. [vor 1812], 8°.

17.

Amaliens Erholungsstunden. Teutschlands Töchtern geweiht von Marianne Ehrmann (geb. v. Brentano). Tübingen: J. G. Cottaische Buchhdlg. 1-3 (1790-92). Zus. 8 Teile (24 Hefte) in 4 Bänden. Mit zus. 4 Frontisp., 8 Titelvignetten und 7 gefalt. Musikbeilagen [Fundort: Antiquariat Wolfgang Braecklein, 12159 Berlin].

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

689

18.

André, Christian Carl (Hg.): Neuer Nationalkalender für die gesammte österreichische Monarchie. Zum Unterricht und Vergnügen fur Geistliche und Weltliche, Lehrer, Beamte, Bürger und Landleute fasslich eingerichtet. Prag 1809-22, redigiert von A. 1810-22, fortgesetzt u. d. T. Nationalkalender für die deutschen Bundesstaaten. Für Katholiken, Protestanten, Griechen, Russen 1823ff. - Auch u.d.T. Neuer Haus- und Volksfreund zur Belehrung und Unterhaltung für den deutschen Bürger und Landmann. (Jg. 9-10 zus. mit Johann Heinrich Meyer). Stuttgart/Tübingen: J.G. Cotta 1823-39, gr. 4° [Standorte: Berlin Museum für Dt. Volkskunde: 47 Β 102; Marbach SNM: Cotta Hss Slg; München SB u.ö., jeweils lückenhaft], - Als Mitarbeiter nennt A. zwei katholisch u. einen protestantischen Geistlichen, einen Edelmann, einen Lehrer, einen Forstmann, einen Dichter und eine Frau. *

19.

Anleitung für das Landvolk in Absicht der Erziehung ihrer Jugend. Neueste Ausg., aus dem Italiänischen übersetzt. 2 Theile in 2 Bde. Salzburg 1780, 176/268 S.

20.

Armbruster, Johann M[ichael]: Sitten-Gemälde für Kinder, von J. M. A. (weiland k. k. Hofsecretär). Mit 6 lithographirten Bildern von Ludwig v. Schnorr. Wien: Armbruster [1820], - [3] Bl., 159 S., Abb. [Standorte: IJB München, Historische Sammlung, H/M 12850 und H/M 12900 (Kopie der Ausg. von 1820, 6 Abb.)]. *

21.

Ders.: Gemälde aus der Kinder-Welt. Zur Belehrung und Unterhaltung. Von J. M. A. 2. Aufl. St. Gallen: Huber 1802. 2 ungez. Bl., 108 S., 8°. *

22.

Ders.: Moralische Erzählungen und kleine Romane fìir Kinder jedes Standes. Bregenz: Typographische Gesell. 1787, 5 B1L, 67 S., 1 Titelkupfer, 8° [enthält 15 „Sittliche Erzählungen", der Tochter Lavaters gewidmet]. [Standort: SB Neuburg, Magazin 8 Paed. 31/1; UB Passau SB Passau, S ην/Yd (b) 142]. *

23.

Ders.: Rosenblätter. Neue Erzählungen und Lieder für Kinder. Nürnberg u.a.: Schneider und Weigel 1791. 6 ungez. B1L, 122 S., 1 ungez. Bl., 22 Kupfer-Ill. 8°*[Standort: BSB München, Rar. 4206],

24.

Ders.: Angenehme und lehrreiche Erzählungen, Lieder und kleine Schauspiele für Kinder, zur Bildung eines edeln Herzens. Aechte, durchaus umgearb. u. verm Ausg. Zürich: Bürkli 1789. 167 S., 1 ungez. S. 8°. *

25.

Ders.: Joh[ann] Caspar Lavater's Regeln für Kinder, durch Beyspiele erläutert von J. M. A. Zum Gebrauch in Schulen und beym Privatunterreicht. St. Gallen: Huber 1794, mit 67 Erzählungen und zwei Liedern, 4 ungez. Bl., 303 S., 8°

690

Literaturverzeichnis

26.

Auswahl moralischer und lehrreicher Erzählungen für die Jugend. Aus den Schriften von Christoph von Schmid, Jacob Glatz und anderen. Mit einem Titelkupfer. Luzern: Joh. Mart. Anich 1822. Titelkupfer, 2 Bll. 252 S. *

27.

Averdieck, Elisabeth [bisweilen auch Elise]: Waldhüters Lisel und andere Erzählungen. Wismar: Verlag Bartholdi 1907, 137 S. [Fundort: Rantzauer Sammlerkabinett, 25451 Quickborn-Heide].

28.

Dies.: Getreue Kameraden. Erzählungen fur Kinder. Gütersloh: Bertelsmann Verlag 1926. Mit 24 teils färb. Taf. u. III. von Meta VoigtClaudius. 106 S., 3 Bl. ill. [Fundort: Antiquariat Patzer & Trenkle, 78462 Konstanz]

29.

Dies.: Karl und Marie. Eine Sammlung von Erzählungen. Für Kinder von 5-9 Jahren. 6. Aufl. Hamburg: Kittler 1872, X u . 170 S., 6 kolor.tonlithograph. Taf.n; 21. Aufl. Leipzig: Kittler, o.J. [ca. 1908]; weitere Aufl. Hamburg: Hans Köhler 1926, 148 S. - Erstausg. 1850. Geschildert wird die soziale Situation kaufmannsbürgerlicher Kreise Hamburgs in den 1830er und 1840er Jahren [Fundort: Antiquariat Andrea v. der Osten, 91161 Hilpoltstein], *

30.

Dies.: Lottchen und ihre Kinder oder Kinderleben. Für Kinder von 6 bis 12 Jahren. Hamburg: Robert Kittler, o. J. [um 1870], kl. 8°; X, 227 S.; 12. Aufl. Hamburg: Ernte Verlag 1904, kl.8°, 227 S. Mit 8 (davon 7 färb.) Taf.n [Fundort: Altstadt Antiquariat Beata Bode, 99084 Erfurt].

31.

Dies.: Lottchen's Enkel oder Reise zu den Großeltern. Für Kinder von 6 bis 10 Jahren. 2. Aufl. Hamburg: Gräfe & Sillem 1898. 6, 168 S., 4 farbige lithograph. Taf., 1 Bildnis-Taf. - 2. Aufl. des „Nachtrags" zu Averdiecks „Kinderleben"; die jüngste Generation der Meiler-Familie unternimmt darin eine Englandreise. [Fundort: Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg],

32.

Dies.: Roland und Elisabeth. Eine Sammlung von Erzählungen. Für Kinder von 6 bis 10 Jahren. Mit Abb. v. Th. Hosemann, 8. Aufl. Hamburg: Kittler 1882, 226 S.; 10. Aufl. Hamburg: Robert Kittler [1888], Kl. 8°, X S., 226 S. mit 6 color. Lithographien; 11. Aufl. Hamburg: Kittler [1892], Kl.-8°, VIII, 226 S. Mit 6 lith. Farbtaf.; 21. Aufl. Großbothen: Kittler ca. 1910. XII, 226 S. Mit 6 chromolithogr. Bildern und einem Bildnis der Autorin; 86.-90. Tsd. Hamburg: Köhler, o.J. [1930er Jahre] [Fundort: Antiquariat Karel Marel, 61169 Friedberg]. - Im Mittelpunkt stehen die kleinen Ereignisse des Kinderlebens: Spiel, häusliche Pflichten, Spaziergänge. Größere Ereignisse wie der Brand von Hamburg werden aus konservativer Sicht beurteilt. *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

691

33.

Dies.: Tante auf Reisen oder Kinderleben. 4 Teile. Für Kinder von 8 bis 12 Jahren. Leipzig: R. Kittlers Verlag, 5. Aufl. ca. 1890 [Fundort: Antiquariat Rosenstraße, 38102 Braunschweig].

34.

Dies.: Wer will's hören: Erzählungen und Gedichte fur Knaben und Mädchen von 5 bis 8 Jahren. Wismar i. Meckl.: Bartholdi, Hans. 1909. 67 S. mit 111. v. Anna Lentz. [Fundort: Antiquariat Oskar Loewe, 45661 Recklinghausen-Süd] *.

35.

Bacher, Bartholomäus: Der Mädchenfreund. Ein Lehr- und Lesebuch für Mädchenschulen. 2 Teile, München: Königlich-baier'scher deutscher Schulbücher-Hauptverlag 1807 [Standort: UB Augsburg], Nachdr. Frankfurt/Main 1977; 2. verb. Aufl. München: kgl. Schulbücher-Haupt-Verlag 1811 [Standort: UB Augsburg]; 3. Aufl. München: Central-Schul-Bücher-Verlag 1825 [Standort: BSB München], - Der erste Teil dieser Sammlung von MG richtet sich an kleinere Mädchen. Der Titel erinnert an Rochows „Kinderfreund" (1776). Bachers „Mädchenfreund" und sein „Töchter-Spiegel" für Sonntagsschulen gehören zu den frühesten Unterrichtswerken für Mädchen. *

36.

Ders.: Der Töchter-Spiegel. Ein Lehr- und Lesebuch für erwachsene Töchter in Sonntagsschulen. 2., verb. Aufl. München: königl. ZentralSchulbücher-Verlag 1813 [Standort: UB Augsburg]; 3., verb. Aufl. München: Centrai-Schulbücher-Verlag 1821; 4. Aufl. ebd. 1830.

37.

Bahrdt, Carl Friedrich: Moral für alle Stände. Mit Zusätzen von Wilhelm Abraham Teller. 2 Bde. 4. Aufl. Berlin 1797 [Standort: BSB München, Sign. Ph.pr. 63].

38.

Ders.: Christliches Sittenbuch fürs Gesinde Berlin 1786 [Standort der Druckausg.: BSB München u. fast alle bayer. UB]; München: Saur, 1990-94, 68 Mikrofiches. (Bibl. der deutschen Literatur).

39.

Baierischer neuer Volkskalender für den Bürger und Bauersmann auf das Jahr 1803. Worinn die wichtigsten Landesherrlichen Verordnungen zum Besten der Landleute, das neueste Verzeichniß aller Jahrmärkte in Baiern, und gemeinnützige Abhandlungen über Welt und Menschenkenntniß, über Acker- und Feldbau, und allerhand wirthschaftliche Dinge, nebst einem Aufsatz über den guten oder bösen Einfluß des letzten französischen Kriegs auf das Landvolk enthalten sind, hg. v. Johann Baptist Strobel, Professor und Buchhändler. München: Strobelsche Buchhdlg.. Titelvarianten: 1804: ... Worinn die wichtigsten Landesherrlichen Verordnungen zum Besten der Landleute, nebest noch vielen andern gemeinnützigen und zweckmässigen Aufsätzen enthalten sind ... - 1810: ohne Nennung des Hg.; Verlagswechsel: Ε. A. Fleischmannsche Buchhdlg.. - 1815, 1816, 1818: mit dem Zusatz: Hg. ν. Ε. A. Fleischmann. - 1820, 1821, 1822, 1826: ohne Nennung des Hg. - 1827,

692

Literaturverzeichnis

1829, 1830, 1834, 1841, 1843-44, 1946-47, 1852,-53, 1855-56: Bayerischer neuer Volkskalender ... - 1867: Umschlagtitel: Neuer bayerischer illustrirter Volkskalender für den Bürger und Bauersmann. - Innentitel: Bayerischer verbesserter neuer Volkskalender für den Bürger und Bauersmann auf..., worin zum Besten der Bürger und Landleute viele gemeinnützige und zweckmäßige Aufsätze enthalten sind, 65. Jg. * 40.

Bangert, Wilhelm: Fibel für den ersten Sprech-, Lese- und Schreibunterricht. Nach den Grundsätzen der Phonetik bearb. v. Wilhelm Bangert. Mit 27 Originalaufzeichnungen von E. J. Müller. Frankfurt/Main: Moritz Diesterweg 1894, VIII, 120 S. [Standort: Bibl. der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen Abteilung Hannover: SB 1039]. MG ab S. 82. *

41.

Baratier, François: Sittliche Gemälde guter und böser Kinder, oder Unterhaltungen des Vaters Baratier mit seinem Sohn Philipp, nebst einer kurzen Lebensgeschichte dieses berühmten Wunderkinds und einigen Auszügen aus dem Tagebuch eines siebenjährigen Kindes. Nürnberg: Chr. Weigel und Schneider o.J. [1786] [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]; 2. Aufl. Nürnberg: Schneider und Weigel 1796 [nach den „Histoires possibles" von Johann Baibach. Im 1. Teil werden jeweils in verschiedenen europäischen Städten gute bzw. böse Kinder geschildert; im 2. Teil 30 MG, je zwei positive und negative Entsprechungen zu 15 Verhaltensweisen. - Die Geschichten seien von Baratier „zum Gebrauch seines damals dreyjährigen Sohnes" Johann Philipp (1721-1740) verfaßt worden (Vorrede, S. V). *

42.

Barth, Christian Gottlob: Zweimal zweiundfünfzig biblische Geschichten für Schulen und Familien. Mit 116 Textholzschnitten. 1. Aufl. 1832, 87. Aufl. Calw/Stuttgart: Steinkopf, J.F. o. J. [ca. 1851], 212 S., 2 Bll. Bis 1933 476 Aufl.!

43.

Ders.: Kleinere Erzählungen für die christliche Jugend. 2. Bändchen. Stuttgart: Steinkopf 1844, 274 S., 1 Bl.; weitere Aufl. ebd. 1852.

44.

Barth, Karl: Erzählungen für die Jugend und Jugendfreunde von Karl Barth. 2 Bde. (= Gesammelte Schriften I. u. II. Bändchen). Regensburg: Manz 1850/51. [Standort: UB Augsburg],

45.

Basedow, Johann Bernhard: Zur Elementarischen Bibl.. Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien und Völker. Altona und Bremen 1770. Nachdr.: Vaduz 1979; 1774 erweitert zum „Elementarwerk", 4 Bde. (Krit. Bearb. in 3 Bdn., Leipzig 1909. Neudr. Hildesheim 1972). *

46.

Ders.: Unerwartlich grosse Verbesserung der Kunst Lesen zu lehren, nebst einem Buchstabir-Büchlein. Leipzig/Hamburg: Crusius und Bohn 1785, 72 S. - MG im Kap. „Lehren, in Geschichten" (S. 51-68) mit Protagonisten mit Namen wie „Junker Unverstand", „Gutherz", „Junker

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

693

Selbstfeind", „Monsieur Sonderbar", „Fräulein von Freydumm", „Mamsell Schmauß" usw., an denen die folgen guter und schlechter Charaktereigenschaften demonstriert werden. [Standort: UB Bayreuth, Sign. 64/GB 2852 B299 U5], * 47.

Ders.: Geschenk an Bürgerschulen. Neues Werkzeug zum Lesenlehren, zur Gotteserkenntniß und zur nothwendigsten Sprachrichtigkeit von J. Β. B. und einer für die Aufklärung arbeitenden Gesellschaft. Leipzig: Siegfried Lebrecht Crusius 1786, 144 S. 8° [Standort: Hessische LB Wiesbaden; HAB Wolfenbüttel]. - MG unter dem Titel „Fehler und Laster der Jugend" (S. 94-104], *

48.

Baudissin, Karoline Adelheid v.: Die Dorfgesellschaft, ein unterrichtendes Lesebuch fürs Volk. Th. I: Hamburg: Hoffmann 1791. 182 S. 8. - 2. Aufl.: Kiel: SchulBuchhdlg./Leipzig: Heinsius 1792. 174 S. 8°. [Die gelegentliche Angabe „1. Aufl. 1779" ist falsch], - Th. 2: Kiel: SchulBuchhdlg./Leipzig: Heinsius 1792. 77 S. 8° [Standort: LB Kiel: Lb 558, 8° [nur Ausg. 1792], - Jedes Kap. dokumentiert eine Versammlung von Nachbarn am Feierabend in der Spinnstube, wo man sich Erbauliches und Belehrendes erzählt. *

49.

Bauer, F. Anton: Zwerg-Pflänzchen. Eine Reihe kleiner Erzählungen für die liebe Jugend. Schwäbisch-Hall: Nitschke 1853.

50.

Bauer, Gilbert: Katechismus oder Regeln der Höflichkeit in kurzen Fragen und Antworten für die Schüler und Jugend auf dem Lande. Augsburg 1803.

51.

Baumblatt, Luitpold: Das christliche Museum. Erzählungen für das christliche reifere Alter. Vom Verfasser der Schicksale eines Waisenmädchens. Bamberg: Züberlein 1844 [Standorte: BSB München; SB Bamberg, Stadtbibl. Nürnberg],

52.

Baun, Friedrich: Erzählungen zum Katechismus hauptsächlich aus neuerer Zeit. Stuttgart-Wildbad 1903, 2 1906, 3 1929, 280 S. [mit dem Untertitel: 800 Beispiele aus Geschichte und Menschenleben; Standort dieser 3. Aufl.: Slg. Thalmann, Inst. f. dt. Philologie, Univ. Würzburg] - B. bezieht sich im Vorwort auf Carl Heinrich Caspari (1815-1861), den er aktualisieren möchte, zugleich hat er mit der zweiten Aufl. 1906 das Werk vom „Brenzisch-Lutherischen Katechismus" zum „Kleinen lutherischen Katechismus" umgearbeitet], *

53.

Ders.: Erzählungen und Erläuterungen zum württembergischen Konfirmationsbüchlein. Stuttgart 1907, 2 1908. - Wegweiser für Konfirmanden in kurzen Erzählungen. Stuttgart 1908, 160 S., mit „66 Fragen", darin ca. 300 Erzählungen und 300 Aussprüche berühmter Männer, vorangestellt ist „Geschichtliches zur Konfirmation", S. 5-8 [Standort: UB Tübingen]; weitere Ausg. Stuttgart 1925 [Standort: UB Stuttgart], *

694

Literaturverzeichnis

S3et)f|)te!e

©Ό l δ e ire' S e e

mí kv ©efcfjicfjtc, mit Cviimmingfii filt Ätnbtr, U Dil ga'fob 5-ïicbricf) S-cbberfen, ^umpvcbißi'l' μι Sktninfctptwig. iattafer. ¡X)fr SEigcuö luolírtircittini inerii ; llttö guten Ccl;rfti iolgfimfrmi; item Sng ÌHé' ßffcrii) gd> tor&civ »JÜ ill) tlitljc »Iii«/ Wit ito!

gifle ëmmnlting. Sujette-mteffme 2íuflnsf. ^ a 1 ( e, Im Steles K(Jj"iini780, Abb. 21: Der protestantische Theologe Jacob Friedrich Feddersen (1736-1788) war ein überaus produktiver Autor. Sein „Christliches Sittenbuch fir den Bürger und Landmann", das 1783 in Hamburg und Kiel bei Carl Ernst Bohn herauskam, erfuhr drei Auflagen und wurde 1784 in 1000 Exemplaren durch die dänische Regierung verschenkt. Hier ist der Titel eines seiner Kinderbücher zu sehen.

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SSMtôefc&ic&te. Ob« le6vteítf)c tint» metíWtrtíSí ^Bíáe&Míijuttn y tmtet SJÎcnfçDçn uub SBoÎfern; & £if φ $ £ £ S & Φ β £ 4· * eíjr fei>iúb fin· aile ©f4'«6e 6 t f ρ ti b e e β i. . , fúν ben gemeinen ÎSKenir.:^ . Vom tUrfíiffíi: titr Íc6t!i]íí]cj\f)¡tf)[ii bets gtiKi mi t Vicntm ' fik gen iStlitcrö ÎJ.'tii'.'ûm:1!. it α it ßctniiMinf) iti Çolitintfitbti ju T).l6et 6 iPd, (iiraid, äSiit^v. ¡Tl'-i

Abb. 22: Hinter dem auf dem Titelblatt genannten ,, Verfasser der Lebensgeschichte des guten und vernünftigen Bauers Wendelinus" verbirgt sich der katholische Pfarrer F. X. Geiger (1749-1841). Der Ettal-Schüler und spätere Geschichtsprofessor war ab 1789 Mitglied der „sittlich-ökonomischen Gesellschaft zu Burghausen " und engagierte sich auf dem Gebiet der Obstbaumzucht.

54.

Ders.: Hundert Erzählungen für Sonntagsschulen in alphabetischer Ordnung. 2 Bde. Stuttgart 1925, 1931 [Standort: UB Bayreuth]*

55.

Ders.: Christlicher Beispielschatz. 2000 kurze Erzählungen in alphabetischer Ordnung zum Gebrauch für Kirche, Schule und Haus. Stuttgart 1. u. 2. Aufl. 1928, u.d.T. Er ist unser Leben. Beispiele und Stoffsammlung für die Verkündigung. Christlicher Beispielschatz. 4. Aufl, neu bearb. v. Martin Haug. Stuttgart 1937; 8. Aufl. Stuttgart 1962 [enthält 563 Geschichten; Standort beider Ausg.: Slg. Thalmann, Inst. f. dt. Philologie, Univ. Würzburg]. *

56.

Bechstein, Johann Matthäus: Gespräche im Wirthshause zu Klugheim gehalten über Gegenstände aus der Natur und Oekonomie. 2 Bde. Nürnberg: Weigel & Schneider 1796. 8°. - Fortsetzung u.d.T.: Neue Gespräche im Wirtshause zu Klugheim gehalten über Gegenstände aus

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

695

der Natur und Oekonomie.Waltershausen: öffentliche Lehranstalt der Forst- und Jagdkunde/Schnepfenthal: Müller 1. u. 2. Quartal 1796, VIII S., 9-196, 2 Bll. 8°. (= Neue Gespräche im Wirtshause zu Klugheim gehalten über Gegenstände aus der Natur und Oekonomie, von J.M. Bechstein. Bdch. 1) Privatbesitz. - In Buchform u.d.T.: Auserlesene Gespräche im Wirtshause zu Klugheim gehalten über Gegenstände aus der Naturlehre, Naturgeschichte und Oekonomie, zur besseren Belehrung und Vertilgung des [...]. Bdch. 3-4. Nürnberg 1804. (= Neue Gespräche im Wirtshause zu Klugheim [...]. Bdch. 1-2.) Standort: StB Nürnberg: Var. 2001. 8°, 1-4. - Zum Inhalt: Lebendige Unterhaltungen im Wirtshaus zwischen verschiedenen Leuten; das Wort fuhrt meist ein idealer Vernünftiger, der Bote. * 57.

Becker, Rudolph Zacharias: Noth- und Hülfs-Büchlein oder lehrreiche Freuden- und Trauergeschichten der Einwohner zu Mildheim. 2 Theile in 2 Bde. Gotha 1788; neue, verb. Aufl. Gotha 1798/99, 446/384 S. mit zahlr. Holzschnitten. Beigeb.: Fragebuch für Lehrer über das Noth- und Hülfsbüchlein. Gotha 1799, 72 S.; Neue verb. Ausg. von Th. 1-2. Gotha 1838. - Noth- und Hülfsbüchlein fìir Bauersleute. Nachdr. der Erstausg. von 1788. Hg. u. mit einem Nachwort von Reinhart Siegert (= Die bibliophilen TB 207). Dortmund 1980. *

58.

Ders.: Versuch über die Aufklärung des Landmannes. Neudr. d. Erstausg. Dessau u. Leipzig, Göschen, 1785. - Enthalten: Volksaufklärung. Uebersicht und freimüthige Darstellung ihrer Hindernisse, nebst einigen Vorschlägen, denselben wirksam abzuhelfen ... von Heinrich Gottlieb Zerrenner. Neudr. der Erstausg. Magdeburg: Scheidhauer, 1786, mit einem Nachw. von Reinhart Siegert (= Volksaufklärung 8). Stuttgart-Bad Cannstatt 2001, 326 S.

59.

Beigei, J[ohann] G[eorg]: Georg Treumuth, der österreichische Robinson, ein Volksbuch zu nützlicher Unterhaltung. Wien: Doli 1815.

60.

Bermiller, W[olfgang] F.: Der kluge Landwirth. Eine Geschichte unsrer Zeiten, oder kurzgefaßter Unterricht von der Landwirthschaft nach ihrem ganzen Umfange, wie auch von anderen theils nöthigen, theils nützlichen Dingen. Zum Gebrauch des Landmannes in Baiern und den Herzogtümern der oberen Pfalz, Neuburg und Sulzbach. München: Strobl 1791. 452 S. 8°. Auch: Leipzig: [Wienbrack] 1791. gr. 8°.

61.

Bernhard, Friedrich L.: Eine Sammlung der Beispiele des Guten fur den Soldaten. Der deutsche Soldat. Wahre und schöne Geschichten von den ruhmwürdigen Thaten deutscher Krieger aus neuer und neuester Zeit. Stuttgart 1849-1851.

62.

Berthelt, August u.a. (Hgg.): Lebensbilder III. Lesebuch für Oberklassen deutscher Volksschulen, hg. v. August Berthelt, Direktor der ersten

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Literaturverzeichnis

Bürgerschule in Dresden; Julius Jäkel, Direktor an der ersten Bezirksschule in Dresden; Karl Petermann, Direktor d. evangelischen Freischule in Dresden; Louis Thomas, ordenti. Lehrer an der III. Bürgerschule in Leipzig. Achte Aufl. Leipzig: Julius Klinkhardt 1854, X, 422, 8 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DDH-I 7 (8,1854)-3], - MG in der ersten Abteilung (S. 1-190), häufig von Christoph von Schmid, Joachim Heinrich Campe und Johann Heinrich Daniel Zschokke. * 63.

Beutler, Johann Heinrich Christian: Heilmann, oder der rechte Bürger und Bauernarzt. Th. I. Schnepfenthal: Erziehungsanstalt / Erfurt: Keys e r l 8 0 0 . VIII, 355 S. 8°.

64.

Beyspiele von allerley Unglücksfällen zur Belehrung und Warnung für alle Menschen, besonders für die Jugend. Nebst einem Anhange über giftige Pflanzen. Mit acht illuminirten Kupfern. Wien: Georg Edler von Mößle 1800. 2 Teile in einem Bd. - Der erste Teil enthält 90 Beispiele mehr oder weniger gruseliger Unglücksfälle. Teil 2: Von besonders giftigen und gefährlichen Pflanzen, die in Deutschland allenthalben anzutreffen und leicht mit andern heilsamen und guten zu verwechseln sind, „mitgetheilt von Herrn Professor Hoffmann zu Göttingen". [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]. *

65.

Bitschnau, Otto: Christliche Standesunterweisungen. Den frommen Katholiken Deutschlands. Mit Approbation der Ordensobern und der Bischöfe von München, Rottenburg, Freiburg und St. Gallen. 1. Aufl. Stuttgart: Tuch 1896, VIII, 603 S. [Standort: UB Regensburg]; 2. Aufl. Stuttgart: Süddt. Verlags-Buchhdlg. Ochs, VIII, 602 S.; 5. Aufl. ebd. 1904 [Standort: SUB Göttingen]; 6. Aufl. o.J. [1908], [Standort: UB/SB Bamberg]; 8., verb. Aufl. München: Süddt. Verlags-Buchhdl. Tuch 1913, X, 613 S., III. [Standort: UB Würzburg]; 9., verbess. u. verm. Aufl. München 1926, 592 S. - Aus dem Inhaltsverzeichnis: Der christliche Ehestand; Der Stand der Jugend; Der ledige Stand; Der Ordensstand; Der Priesterstand; Der Lehrstand; Der Bauernstand; Der Gewerbe- und Arbeiterstand; Der Militärstand; Der Witwenstand; Der Stand der Armen; Der Stand der Dienstboten; Der Stand der Reichen; Der Stand der Vorgesetzten; Der Stand der Zufriedenen; Der Stand der Leidenden; Der Stand der Sterbenden. [Fundort: Antiquariat Landshut, 84028 Landshut]. *

66.

Ders.: Katholische Jungfrau, rette Deine Seele. Unterricht zur Ausführung dieses wichtigsten Werkes nebst Anschluß der üblichen Gebete. 3. Aufl. Einsiedeln 1904.

67.

Blessig, Johann L.: Beiträge zu einem Exempelbuch von Ove Mailing, aus dem Dänischen übersetzt. Straßburg 1781.

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68.

Ders.: Beispiele des Guten. Stuttgart 1786.

69.

Bock, Eduard: Deutsches Lesebuch. Für die Bedürfnisse des Volksschulunterrichts in entsprechender Stufenfolge und drei Ausg. (Α. B. C.) bearb. v. Eduard Bock, Regierungs- und Schulrat zu Liegnitz. Besondere Ausg. (C.) für deutsche und utraquistische Schulen beider Konfessionen. In drei Teilen. Erster Teil. Neue Schreib- und Lese-Fibel. Mit 64 Abb. nach Zeichnungen namhafter Künstler. Unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Bedürfnisse utraquistischer Schulen für leichtes Erlernen des Lesens und Verstehens der deutschen Sprache. Vierte Aufl., in der vom Königl. Preuß. Kultusministerium angeordneten Orthographie. Breslau: Ferdinand Hirt, Königliche Universitäts- und Verlags-Buchhdlg. 1880, XII, 100 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-II 13 (4, 1880)1/3. - Enthält verstreut MG, mehrheitlich von Wilhelm Hey, Curtman, Friedrich Wilhelm Güll und Christoph von Schmid. *

70.

Bodmer, Johann Jakob: Sittliche und gefühlreiche Erzählungen. Für die Real-Schulen. Zürich: Bürgkli 1773, 112 S. 8°.

71.

[Bräker, Ulrich:] Lebensgeschichte und Natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg, hg. v. Hans Heinrich Füssli. Zürich 1789; Neudr. hg. v. Werner Günther, Stuttgart 1965.

72.

Ders: Räisonierendes Bauerngespräch über das Bücherlesen und den üsserlichen Gottesdienst. I: Handschrift-Wiedergabe. II: Transkription und Nachwort. 2 Bde., hg. v. Alois Stadler u. Peter Wegelin. St. Gallen 1985 [Standort: StUB Frankfurt/Main, Sign. 83.304.22],

73.

Ders./Scheitlin, P[eter] (Bearb.): Lebensgeschichte des armen Mannes im Tokenburg, genannt Näbis Uli. Ein Volks- und Jugendbuch, bearb. v. P[eter] Scheitlin. 2 Bde. Zürich/ St. Gallen: Orell, Füssli & Co, Scheitlin u. Zollikofer 1844-1845. [Standort: SJI Zürich, ZB Zürich].

74.

Braun, Isabella (Hg.): Jugendblätter für christliche Unterhaltung und Belehrung. Unter Mitwirkung v. mehreren Jugendfreunden. Stuttgart: Scheitlin 1 (1855) - 78 (1933). *

75.

Dies.: Aus Dorf und Stadt. Drei Erzählungen für die Jugend (= Gesammelte Erzählungen, 1). Zweite Aufl. Donauwörth: Auer o.J. [ca. 1880]. kl.8° 214 S. 1 Bl. m. 2 Farbendruckbildern. [Fundort: Antiquariat Heiner Henke, 94032 Passau].

76.

Dies.: Aus meiner Jugendzeit. Eßlingen o.J. [um I860]. - 3. stark verm. Aufl. Stuttgart: Risch, 1872, 316 S., III. [Standort: IJB München, Historische Sammlung , Sign.: H/M 28000],

77.

Dies.: Das Vater Unser in Erzählungen für Jung und Alt. Stuttgart: Gebr. Scheitlin (1854). 1. Aufl. Kl.-4°, kolor., getönt., lithogr. Tit., 2

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Literaturverzeichnis

Bll., 118 SS., 1 Bl., Anz., 7 kolor. getönte lithogr. Taf.n v. Ferdinand Rothbart. [Fundort: Antiquariate Lorenz & Müller, 80333 München]. The seven petitions of the Lord's prayer. Translated from the German by Sarah A. Myers. Philadelphia: J. Weik [ca. 1860], 1 Bl., 125 S., ill. 78.

Dies.: Für die lieben Kleinen. Erzählungen für Kinder von 6 - 1 0 Jahren. Mit colorirtem Titelbild. Stuttgart: Gebrüder Scheitlin o.J. 8°, 138 S., ill. [Fundort: Antiquariat Heubeck, 90403 Nürnberg], *

79.

Dies.: Guten Abend. Vier Erzählungen für die Jugend (= Gesammelte Erzählungen Bd. 2). Donauwörth: Auer; 1. Aufl. um 1880 Stuttgart/Leipzig: Verlag von Hofmann & Hohl, 189 S. u. 2 färb. Taf. [Fundort: Antiquariat Heinzelmännchen, 70597 Stuttgart]; 2. Aufl. [um 1895], [Fundort: Bernhard Halmer Antiquariat, A-l 180 Wien],

80.

Dies.: Reich und Arm. Donauwörth: Verlag der Buchhdlg. Ludwig Auer ca. 1910, 8°, 142 S. [Fundort: Antiquariat Hans Dieter Granow, 54290 Trier],

81.

Breithaupts [d.i. Breithaupt, Ferdinand] Vermächtnis. Noth- und Hülfsbüchlein für den Bürger und Landmann. Th. 1-3. Langensalza 18681870. [Aktualisierung des Beckerschen Noth- und Hülfsbüchleins].

82.

Breu, Johann Siegfried: Moralische mit Scherz untermischte Versuche. Ein kleines Geschenk fur meine Freunde. 2 Bl., 130 S., 1 Bl. Mit gestoch. Titelvignette von Wachsmut nach Heimlich und zahlr. Holzschnitt-Vignetten im Text [1776], - Einzige Ausg. des einzigen Werkes dieses Autors; beigebunden zu: Gleim: Des Herrn F. W. Gleims Fabeln [Fundort: Antiquariat Wolfgang Bräcklein, D. 12159 Berlin].

83.

Bruchausen, Anton: Anweisung zur Verbesserung des Ackerbaues und der Landwirtschaft Münsterlandes. Auf gnädigsten Befehl Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht Maximilian Franz als Fürstbischof zu Münster für die Landschulen und den Landmanne des Hochstiftes Münster verfertiget von A. B. Münster: F. C. Theising 1790-1791 [Standort: SUB Göttingen, UB München].

84.

Ders.. Patriotischer Unterricht von geschickt und vortheilhafter Anpflanzung lebendiger Zäune. Regensburg: in der Montagischen Buchhdlg., 1775, 24 S., 8°. [Standort: SUB Göttingen, Sign.: DD95 A 276],

85.

Brug, Anna: Gott zum Gruße! Zwei Erzählungen: Klementine, oder Gott führt die Seinen väterlich. Franziska oder Wohlthun trägt Zinsen (= Lehrreiche Abendunterhaltungen für Jugend- u. Familienkreise, Bd. 51). Mit 2 (color.) Stahlstichtaf. Augsburg 1862, 119 S. III. [Fundort: Buch- und Kunstantiquariat Reinhard Kuballe, 49016 Osnabrück].

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699

86.

Brug, Carl: Nach der Arbeit. Drei Erzählungen (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 16). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1852 1 BL, IV, 196 S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg].

87.

Brug, Franz Maria: Die Bekehrung, oder Die Barmherzigkeit bahnt den Weg zu Gott (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 13). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1850, 2 Bll., 111(1), 180(8) S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg].

88.

Ders: Peter Felsberger, oder die Bildsäule der heiligen Jungfrau. Eine Erzählung aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 19). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1853, 3 Bll., 170(2) S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg].

89.

Ders: Susanna Frohberg, oder Die Religion gibt Glück und Frieden (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 10). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1848, 2 Bll., IV, 192 S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg].

90.

Ders: Auserlesene Erzählungen zur Herzens- und Geistsbildung, sowie zur angenehmen Unterhaltung der Jugend. Augsburg: Jacqeut 1853; 2. verm. Aufl. 1854. *

91.

Ders: Zur Feierstunde. Erzählungen zur Erbauung, Belehrung und Unterhaltung für die Jugend. Augsburg: Kollmann 1855; 2. verb. Aufl. hg. v. Dr. Karl Brug, Straubing: Volks- und Jugendschriften-Verlag 1885.

92.

Ders: Das Arbeitszimmer im Pfarrhause. Erbaulich eErzählungen, nach dem Französischen bearb. (= Katholische Erzählungen für die reifere christliche Jugend und das Volk, Bd. 15). Schaffhausen: Hurter 1856.

93.

Buchfeiner, Simon: Erbauliche Erzählungen für die aufblühende Jugend. München: Giel 1830; 2., sehr verm. Aufl. München 1844 [Standort: U B München].

94.

Buchfeiner, Simon: Christ-katholisches Exempelbuch oder der nothwendige Unterricht für jeden Christen in der katholischen Glaubens- und Sittenlehre mit erklärenden Erzählungen aus dem Leben heiliger und gottseliger Christen. München: Giel 1835 [Standort: U B München]; 2. Aufl. ebd. 1839 u. 3. Aufl. Regensburg 1851. *

95.

Burk, Joh[kann] Christian] Friedrich]: Evangelische PastoralTheologie in Beispielen. Aus den Erfahrungen treuer Diener Gottes zusammengestellt und hauptsächlich seinen jüngeren Amtsbrüdern gewidmet. Stuttgart: Joh. Friedr. Steinkopf 2 Bde. 1838-39, 8°, XIV, 631 S. u. VIII, 864 S. - Eine „rein historisch[e]" (Vorrede), sehr anschauliche, quellenreiche Darstellung, ein „Erstlings-Versuch einer evangelischen Pastoraltheologie in Beispielen" (ebd.), entstand aus den uner-

700

Literaturverzeichnis

müdlichen Studien Burks fur den „Christen-Bote[n]", insbesondere für den dort mitgeteilten ,,Christliche[n] Kalender", und offenbart eine Fülle von überlieferten Berichten aus dem Leben und Wirken von vielen Hunderten von „Arbeitern im Weinberge Jesu Christi" früherer Zeiten (darunter J.V. Andreä, J.A. Bengel, A. Blarer, Ph. D. Burk, J.C. Edelmann, J. Hervey, C. Hohburg, J.C. Lavater, J. W. Petersen u. viele andere), systematisch geordnet und dargestellt u.a. in den Kap.: (Band 1:) „Der evangelische Prediger in Kriegszeiten", „Der evangelische Prediger bei Seuchen", „Der Badprediger", „Der Militär-Prediger", „Der Prediger bei Seeleuten", „Der Zucht- und Irrenhaus-Prediger", „Die Missionspredigt unter verwahrlosten Christen", „Die Predigt zu Gunsten der Juden und Heiden" etc., (Band 2:) Die Seelsorge bei entzweiten Eheleuten", „Die Seelsorge bei Eidschwörenden", „Seelsorge bei Lasterhaften", „Die Vorsicht gegen Klatscherei", „Die Seelsorge bei Ungläubigen", „Die Behandlung sektirischer Leute", „Die Seelsorge bei Katholiken", „Die Seelsorge bei Juden", „Die Seelsorge bei Muhamedanern und Heiden", „Die Seelsorge bei Gemüthskranken", „Die Seelsorge bei Selbstmördern", „Die Seelsorge bei Malefikanten", „Das Betragen gegen Dienstboten", „Das Betragen bei Ehrenkränkungen" etc. - Detaillierte Register am Ende von Bd. 2 erschließen die inhaltliche Fülle des wenig bekannten, in vielfacher, auch soziologischer und volkskundlicher Hinsicht einer Entdeckung werten Werkes. [Fundort: Antiquariat H. P. Willi, 72074 Tübingen], * 96.

Ders.: Spiegel edler Pfarrfrauen. Eine Sammlung christlicher Charakterbilder. Stuttgart 1841 u.ö.

97.

Burmann, Gottlob Wilhelm: Kleine Lieder für kleine Mädchen und Jünglinge. Berlin: Decker 1777, XVI u. 156 S. [Standort: UB der TU Braunschweig, vgl. Abb. 4, S. 461],

98.

Campe, J(oachim) H(einrich). Kleine Selenlehre [sie!] für Kinder. Nebst vier Kupfertaf. in Quart. Mit 16 Kupfern von Johann August Rossmässler auf 4 gefalteten Taf.n, 1 Bl., 314 S., 1 Bl. Verlagsanzeigen. Hamburg: Carl Ernst Bohn 1780, 314 S. [Erstausg. dieser berühmten Anleitung für Erzieher, die Kinder in Dialogform über psychologische und moralische Begriffe aufzuklären. Die beigegebenen Kupfer sollten laut Vorwort des Verfassers im Klassenzimmer „zur täglichen Erinnerung" aufgehängt werden]. [Fundort: Antiquariat Hellmut Schumann AG, CH-8024 Zürich], - 3. verbess. Aufl. Braunschweig 1791, XVI, 176 S.; 12. verbess. Aufl. Braunschweig 1844. *

99.

Ders.: Sittenbüchlein für die katholische Jugend. Nebst angehängter Anleitung zur Sittsamkeit. Innsbruck 1793, 192 u. 40 S. - Setzt die Tradition des Zuchtmeister-Büchleins des 16. Jahrhunderts fort. *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

701

100.

Ders.: Täglich vorkommende Fehler wider die gute Erziehung. In: Sammlung einiger Erziehungsschriften. 2 Bde., Leipzig 1778. *

101.

Ders.: Theophron, oder der Erfahrne Rathgeber fur die unerfahrne Jugend. Ein Vermächtniß fur seine gewesene Pflegesöhne, und für alle erwachsnere junge Leute, welche Gebrauch davon machen wollen. Tübingen 1783 [Standort: UB Bamberg, Sign. Paed 16], - [Mit dem Titelzusatz:] Zur allgemeinen Schulencyklopädie gehörig. Dritte, gänzlich umgearb. Ausg. Braunschweig: Schulbuchhdlg. 1790, 534 S. [Standort: Univ.- u. Stadtbibl. Köln]; zahlr. weitere Aufl. bis 1922.

102.

Ders: Ueber einige verkannte wenigstens ungenüzte Mittel zur Beförderung der Indùstrie, der Bevölkerung und des öffentlichen Wohlstandes. Wolfenbüttel 1786. Neudr. mit einer Einleitung von Gernot Koneffke Frankfurt/Main 1996.

103.

Ders.: Väterlicher Rath für meine Tochter. Ein Gegenstück zum Theophron. Der erwachsenern weiblichen Jugend gewidmet. Ausg. d. letzten Hand, in der Reihe die achte. Braunschweig 1819, XVIII, 652 S.

104.

Caraccioli, L. A. de: Ergötzende und moralische Briefe über die Sitten der itzigen Zeit. Aus d. Franz. übers, v. J. J. Schatz). 4 Bde. Augsburg: M. Rieger 1769. Zus. über 1000 S. „Die Weltmenschen, denen diese Briefe etwan in die Hände gerathen, werden gar nicht die rauhe und trockene Sittenlehre, woran der Leser sogleich einen Ekel finden könnte, darinnen antreffen ... Meine Absicht ist gewesen, nicht allein zu unterweisen, sondern auch zu belustigen; da ich aber die Geschicklichkeit nicht besitze, Vorschriften und Muster an Händen zu geben, so glaube ich doch wenigstens, Abschriften geben zu dörfen ... Geizige, Spieler, Narren und Unbesonnene trifft man in allen Ländern und zu allen Zeiten" (Vorrede). [Fundort: Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg; Antiquariat AltHoheneck, 71642 Ludwigsburg].

105.

Cella, J. J.: Katechismus, oder Anleitung vernünftig und christlich zu denken und zu handeln, zum Gebrauch zweckmäßiger Sonntagsschulen, für die erwachsene Jugend aus den niedern Ständen, besonders auf dem Lande. Ein wohlgemeynter Versuch. Gotha 1789, XL, 270 S. *

106.

Chimani, Leopold: Lehrreiche Erzählungen und Geschichten aus dem Vaterlande und von dessen Bewohnern. Ein unterhaltsames Lesebuch für die Jugend des österreichischen Kaiserstaates. Wien: Anton Doli 1815, 232 S. 8°. [Fundort: Antiquariat Ulenspiegel, 36037 Fulda], *

107.

Ders.: Der erzählende Kinderfreund im Kreise guter und wißbegieriger Söhne und Tochter. Eine Sammlung neuer Erzählungen aus dem Leben u. nach dem Leben gezeichnet. 6 Bändchen mit 6 Kupfern nach Schindler. Wien: Mausberger 1831. 110 S., 5 Bll.; 118 S., 1 BL; 118 S., 1 Bl.; 105 S., 1 Bl.; 124 S., 1 Bl.; 101 S. 6 Kupfertaf. 8°. - Typisches Werk

702

Literaturverzeichnis

des österreichischen Pädagogen, der weit über 100 Kinderbücher verfaßt hat (Edelmuth u. Herzensgüte, Ehrlichkeit u. Dienstfertigkeit, Sey fromm, fleißig u. ehrlich u. Gott wird Dir helfen, Gott verläßt jene nicht, die auf ihn vertrauen, Gott rettet die Unschuld u. straft das Verbrechen, Nächstenliebe und Wohlthätigkeit). [Anbieter: Buch- und Kunstantiquariat Brigitte Kowallik, 41460 Neuss], 108.

Ders.: Ehren- und Sittenspiegel aus der alten und neuen Geschichte in Lebensbeschreibungen und Charakterzügen großer und tugendhafter Männer; zur Bildung, Ermunterung und Nachahmung fur die Jugend dargestellt. Wien: H.F Müller 1826. [Standort: Staatsbibl. zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Kinder- und Jugendbuchabteilung].

109.

Christiani, Christoph Johann Rudolf: Beyträge zur Veredelung der Menschheit, hg. aus dem Erziehungsinstitut bei Kopenhagen, 4 Bde. Kopenhagen 1796-98.

110.

Churbaierisches neueingerichtetes ABC fur die 1. Klasse der Kinder. München 1770 [Standort: 2 Ex. in BSB München],

111.

Claudius, Georg Carl: Erste Bildung der Kinder für den geselligen Umgang. Abth. 2. Leipzig (Magazin fur Litteratur) 1800. IV, 140 S., 3 Kupfertaf. kl. 8° [Standort: StB München],

112.

Ders.: Kleine Beschäftigungen für Kinder von G. C. Claudius. Leipzig (Verf. und Böhme in Comm.) 1791. 3 ungez. Bl., 135 S. 8° [Standort: UB Mannheim; SUB Göttingen, Sign.: HSD DD99 A282].

113.

Ders.: Kleine Kinderwelt, oder Neues Lesebuch zur ersten Bildung des gesunden Menschenverstandes für das Alter von fünf bis acht Jahren. 2 Bde. Leipzig 1800/1801. *

114.

Ders.: Sechzig kleine Geschichten für Kinder, die gern lesen lernen und sich selbst üben wollen. Von G. C. Claudius. 2 Theile. Hamburg: Hoffmann 1802/03. *

115.

Claudius, Matthias (Red.): Hessen-Darmstädtische privilegirte LandZeitung 1 (1777). Faksimilie-Ausg. des von M. C. redigierten Teils und Nachlese aus dem ersten Jg. Ausgewählt und mit einem Nachwort (S. 217-278) hg. v. Jörg-Ulrich Fechner. Darmstadt 1978.

116.

Conrad Berger, der ehrenwerte Landmann. Ein unterhaltendes und belehrendes Lesebuch für die lieben Landleute. Jena: Frommann 1832. Titeibl., 306 S. 8°. [Standort: ULB Jena], *

117.

Cramer, Johann Andreas: Eine christliche Sittenlehre für Kinder. Kiel 1788. Ders.: Vermischte Übungen des Verstandes, Witzes und Nachdenkens. Kiel 1788.

118.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

703

119.

Ders.: Lehrreiche Geschichten fur Kinder. Reutlingen: Ensslin & Laiblin 1940. [Fundort: Antiquariat Der Bücherschrank, 53113 Bonn].

120.

Dann, Christian Α.: Das Nöthigste fur Dienstboten, bestehend aus guten Lehren und schönen Exempeln. Stuttgart 1841. *

121.

Danzer, Jakob: Anleitung zur christlichen Moral für seine Schüler in Privatstunden. 2. Aufl. Salzburg 1791/92, 474/588/850 S. in 3 Bde.

122.

Dapp, Raymond: Predigtbuch für christliche Landleute. Berlin 1788. 2 1797 ebd.

123.

Das Dorf Schöngrund. Eine Erzählung für den voigtländischen Landmann, hg. v. dem voigtländischen Volksschullehrer-Vereine. Plauen: Schmidt 1840, 216 S. 8°.

124.

Das neue Fabel-, Sitten und Bilderbuch. Ein angenehmes Geschenk für die Jugend. München: Fleischmannische Buchhdlg. vor 1804 [zit. gefunden in: Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. München o.J.].

125.

De La Live d'Epinay, Louise-Florence-Pétronille: Les conversation d'Emilie. Leipzig: Siegfried Lebrecht Crusius Libraire 1774. 8°, 430 S. - Deutsch: Emiliens Unterredungen mit ihrer Mutter. Leipzig: Siegfried Lebrecht Crusius 1775, 8°, 300 S. *

126.

Dehabre, Joseph: Populäres Lehrbuch der Religion oder der katholische Katechismus durch Gleichnisse und Beispiele erläutert mit steter Berücksichtigung unserer Zeit. Ein Lesebuch für christliche Familien und ein Handbuch für Katecheten. 3 Bde. Münster 1851, 6. Aufl. Paderborn 1904. [Standort: Inst. f. dt. Philologie, Univ. Würzburg, 12a/306]; Ausg. Würzburg 1857 [Standort: UB Würzburg, Sign. RP 9/408, 1-3] u. viele weitere Aufl.

127.

Demeter, Ignaz Anton: Hülfsbuch bei Schullehrern und Erziehern bei den Denkübungen der Jugend nach Zerrenner. Freiburg 1810.

128.

Ders.: Sommer-Taschenbuch zum geselligen Vergnügen für alle Stände. auf das Jahr 1830, hg. ν. E. Steinhöfer und Weißenburg sen., mit einem Steindruck und Titel.-Vign. Rinteln 1830.

129.

Demme, Hermann Christoph Gottfried: Erzählungen. 2 Bde. Riga 1793.

130.

Ders.: Abendstunden im Familienkreise gebildeter und guter Menschen. 2 Bde. Gotha 1804/05.

131.

Ders.: Pächter Martin und sein Vater. 2 Bde. Leipzig 1792/93; 3. Aufl. 3 Bde. Leipzig 1802. *

132.

Der baierische und pfälzische Landmann in der verbesserenden Landw i r t s c h a f t . Enthält Nützliche Vorschläge, angestellte Versuche, und Erfahrungen in dem Acker- und Wiesenbau, der Viehzucht, der Baumpflanzung, dem Forstwesen und der Dorfpolicey. Erste Sammlung, hg.

704

Literaturverzeichnis

v. d. patriotischen Gesell, der sittlichen und landwirtschaftlichen Wissenschaften zu Altendting. München 1769 [Standort: BSB München], 133.

Der Bauernfreund, ein nützliches allgemeines Lesebuch fur Bürger und Landleute, wie auch für Stadt- und Landschulen von einem katholischen Landgeistlichen eingerichtet. Neue verbesserte Aufl. München: Fleischmannische Buchhdlg. vor 1804 [zit. in: Geiger: Neuestes Sittenund Beyspielbuch, 2. Aufl. München o.J.]. *

134.

Der Blumenkranz. Eine Sammlung schöner Züge aus dem Leben frommer Kinder. Ein Geschenk für die christliche Jugend. Neuburg a.D.: Prechter 1841. [Standort: UB Augsburg],

135.

Der Dorfbote, ein weltweiter und rechtschaffener Hausfreund für Jung und Alt in allerlei Volk. Bd. 1 Büchlein 1-2. Kandern: Oberrheinisches Comptoir 1834, 80 S. gr. 8°.

136.

Der Erdmuthe Hülfreichin Unterricht für Hausmütter in ihren Geschäften, welche sie in der Küche, im Garten, im Viehstalle, und im Geflügelhofe zu besorgen haben; nebst dem, was ihnen vom Spinnen, der Weberey, von der Zurichtung der Betten und Wäschen zu wissen nothwendig ist. Wien: Doli 1795. 149 S. 8°. - Weitere Aufl. ebd. 1800 und 1807. 8°. [Imitation, nicht von Ehrenfels!]

137.

Der Gesellige. Eine moralische Wochenschrift, hg. v. Samuel Gotthold Lange u. Georg Friedrich Meier. 3 Jahresbände, Halle 1748-1750. Reprint mit einem Nachwort von Wolfgang Martens. Hildesheim: Georg Olms Verlag o.J. [nach 1977],

138.

Der Gesinde-Freund. Eine lehrreiche Geschichte allen christlichen und rechtschaffnen Dienstboten. Aus dem Englischen übersetzt. Leipzig: G. J. Göschen 1788. VI, 146 S. - Enthält Betrachtungen über Diebstahl, Schlägereien, schlechtes Benehmen, Dienstleben in London etc. anhand der Lebensgeschichte des armen Thomas. [Fundort: Antiquariat AltHoheneck, 71642 Ludwigsburg].

139.

Der kluge Bauer oder der Landmann über alle, wenn er will. Ein unterhaltendes Volksbüchlein in ländlichen Gesprächen und Geschichten. Nürnberg: Lechner 1812 [Standort: UB Göttingen Oecon. I 325], *

140.

Der Leitmeritzer Hausfreund, ein einfaltiges und gar nützliches Volksbüchlein für unsere lieben Bürger und Bauersleute, worin allerlei ausgewählte Historien etc. enthalten sind. Th. 1-2. Prag/Leitmeritz/Teplitz: Medau 1837/1838. 8°.

141.

Der Pilger aus Schaffhausen. Kalender für 1848 [ff.] Druck und Verlag von Johann Friedrich Schalch. Schaffhausen. *

142.

Der vernünftige Dorfpfarrer. Ein Lesebuch für Landgeistliche und Bauern. Berlin 1785 [vgl. u. Heidegger].

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

143.

705

Der Volksfreund. Ein Lesebuch für alle Stände, besonders für den Bürger und Landmann, auch in Schulen zu gebrauchen. Gera: Haller 1798. 8°.

144.

Der Volksschulenfreund, ein Hülfsbuch zum Lesen, Denken und Lernen. Von Carl Friedrich Hempel, Herzogl. Sachen-Altenburgischem Kirchenrathe, Pfarrer sen. zu Stünzhayn bei Altenburg, ordentlichem Mitgliede der historisch-theolog. Gesellschaft in Leipzig; Inhaber des silbernen Verdienstkreuzes des Herzogl. Sachsen-Ernestinischen Hausordens. Zwei und dreißigste durch einen kurzen geschichtl. Abriß und einige andere Zusätze verm. Aufl. Nebst 4 Abbildungen von Giftpflanzen. Mit stehenden Schriften. Leipzig: Verlag der Dürr'sehen Buchhdlg. (W. Staritz) 1848, X, 374 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: RHD-I 2 (32,1848)]. - 1. u. 2. Aufl. 1816, dann jährlich eine weitere. - Der in der Vorrede deutlich werdenden moralisierenden, christlichen und alles andere als emanzipatorischen Ausrichtung entsprechend, enthält der in neun Abteilungen und drei Anhänge gegliederte „Volksschulenfreund" in den ersten vier Abteilungen (S. 1-69) zahlreiche MG. *

145.

Des Kindes erstes Schulbuch. Nach der Schreiblesemethode bearb. mit besonderer Berücksichtigung des Sprach- und Anschauungsunterrichts. Fünfte verbess. u. verm. Aufl. Kassel: Baier und Lewalter 1867, 88 S. [Standort: Gesamthochschulbibl. Kassel: 1959 A 961], - Die insgesamt 124 Texte des anonym erschienenen Buches sind nach Jahreszeiten geordnet, darunter einige MG. *

146.

Des Kindes Heimat. Eine Fibel für unsere Kleinen. Genehmigt von der Königl. Regierung zu Düsseldorf. Erster Teil. Düsseldorf: L. Schwann 1910, 86 S. [Standort: U B Düsseldorf: P. u. R. 312], - Unter den 65 Lesestücken auch MG, nur teilweise mit Verfassernamen. *

147.

Des Volks-Boten Schweizer Kalender auf das Jahr nach der gnadenreichen Geburt Jesu Christi. Zürcher Ausg., gedruckt bei J. J. Ulrich 1843ff. *

148.

Deutsche Fibel nach dem phonetischen Prinzip und nach der auflösendzusammenstellenden Lehrweise bearb. v. W. Miekley und H. Sühring. Ausg. A mit Gruppenbildern in Stahlstich. 11. Aufl. Berlin/ Potsdam/ Leipzig: A. Stein's VerlagsBuchhdlg. [um 1910], 114 S. [Standort: U B Braunschweig, Slg. Hobrecker: 2006-7586]. - MG von Rudolf Löwenstein, Christoph von Schmid, Johann Wilhelm Hey u.a., auf den kindlichen Erfahrungshorizont in einer ländlichen Umgebung abgestimmt: „Das Leben in der Familie" (S. 56ff.), „Das Leben im Hof und Garten" (S. 62ff.), „Das Leben im Dorf, auf der Flur und im Walde" (S. 75ff.) *

706

Literaturverzeichnis

149.

Deutsche Fibel und Lesebuch für die Unterstufe der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen. Zweiter Teil. Zwanzigste Aufl. Straßburg: Friedrich Bull 1895, 64 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut f. internat. Schulbuchforschung Braunschweig: DB-II 38 (20,1895)-2. - Enthält MG zu den Themen Haus und Hof, Natur, Tiere, Tages- und Jahreszeiten. *

150.

Deutsches ABC- und Lesebuch I [um 1850] - Erstes deutsches ABCund Lesebuch für artige Knaben und Mädchen. Zweite Aufl. Mit 40 illuminirten Bildern. Berlin: Winckelmann und Söhne [um 1850]. 20 unpag. Taf. S. 3-32 [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 10072769], - MG von G. Hölting, Geliert und F. L. Graf zu Stolberg (S. 932). - Zweites deutsches ABC- und Lesebuch fur artige Knaben und Mädchen. Dritte Aufl. Mit 40 illuminirten Bildern. Berlin: Winckelmann und Söhne [um 1855]. 20 Taf.n (nicht paginiert), S. 3-32. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1007-2743]. - MG von Sturm, G. Hölting, Johann Wilhelm Gleim, Johann Heinrich Voß und Christian Felix Weisse. *

151.

Deutsches Lesebuch fur mittlere Gymnasialklassen hg. v. den Lehrern des Gymnasiums zu Helmstadt. Dritte verbesserte Aufl. Helmstedt: C. G. Fleckeisensche Buchhdlg. 1829, XII, 388 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1005-7043], - MG von Lohr, Franklin, Bronner, Starke, Hebel, Zerrenner, Wolke, Büsching und von Houwald unter „Erzählungen" (S. 30ff.). *

152.

Deutsches Lesebuch für neunklassige Mittelschulen. Auf Grund der Bestimmungen über die Neuordnung des Mittelschulwesens vom 3. Februar 1910 hg. v. Heinrich Breidenstein, Mittelschuldirektor in Wiesbaden. Ausg. für die Provinz Hessen-Nassau. Unter Mitarbeit von Paul Voos, Mittelschuldirektor in Gelnhausen. Teil I für Klasse 8 und 7 (Zweites und drittes Schuljahr). Frankfurt am Main: Moritz Diesterweg 1913, XVI, 292 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DBR-II 4 (1, 13)-1], - 287 Lesestücke, darunter MG, u.a. von Christoph von Schmid. *

153.

Deutsches Lesebuch von Heinrich Rave und Heinrich Schiette, Lehrern in Hannover. Hannover: Hahn'sche HofBuchhdlg. 1861, XII, 400 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-I 34 (1,1861)-1. - Enthält MG christlicher Prägung. *

154.

Deutsches Lesebuch für Vorschulen höherer Lehranstalten. Zweite Abteilung für Séptima von K. Paulsiek. Neu bearb. v. Professor Dr. Alfred Biese, Direktor des Königleichen Gymnasiums in Neuwied. Berlin: G. Grote 1913, XVIII, 204 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DBG-II 6 (l,13)-2]. - Ent-

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

707

hält zahlreich MG, besonders von Christoph von Schmid, Friedrich Adolf Krummacher, Joachim Heinrich Campe. * 155.

Dewora, Victor Joseph: Ehrlich währt am längsten. Ein Christenlehrund Prüfiingsgeschenk für die fleißige und gesittete Jugend. Hadamar/Koblenz: Gelehrten-Buchhdlg. 1817; 2. Aufl. 1818 [Standort: LB Wiesbaden].

156.

Ders.: Die gewissenhaften Menschen. Ein lehrreich-unterhaltendes Historienbuch fur die katholische Jugend. Coblenz: Gelehrten-Buchhdlg. 1820 [Standort: Stadtbibl. Ulm],

157.

Ders.: Beispiele der werkthätigen Nächstenliebe. Ein Christenlehr- und Prüfungs-Geschenk für die fleißige und gut gesittete Jugend. Koblenz: Gelehrten-Buchhdlg. 1821 [Standort: Stadtbibl. Trier],

158.

Ders.: Der Schutzgeist der Kinder. Ein Erzählungsbuch zum Gebrauch in Elementarschulen. 2 Bdchn. Hadamar 1822.

159.

Ders.: Der Familienkreis der Kinder mit ihren nächsten Umgebungen. Ein lehrreich-unterhaltendes Historienbuch für die katholische Jugend. Koblenz: Gelehrten-Buchhdlg. 1824.

160.

Ders.: Die Macht des Gewissens in Erzählungen flir die Jugend. Ein Büchlein zur Belehrung und Warnung für die Jugend. Koblenz 1824; 2. Aufl. 1828; 3. Aufl. 1833.

161.

Ders.: Lehrreiche Erzählungen von dem rechten Verhalten gegen sich selbst. Coblenz 1828.

162.

Ders.: (Hg.): Sittenspiegel für Knaben und Jünglinge. Coblenz: Gelehrten-Buchhdlg. 1829 [Standort: UB Augsburg],

163.

Ders.: (Hg.): Moralisches Exempelbuch für Bürger und Landleute. Coblenz: Hergt 1830, VI, 238 S. [Standort: UB Augsburg; UB/SB Bamberg], *

164.

Ders.: Die Gefahren der Kinder in kleinen Erzählungen zur Warnung und Abschreckung dargestellt von Viktor Joseph Dewora. Nach dessen Tode zum Drucke befördert von Phil. Lichter. Coblenz 1838 [Standort: UB Augsburg]. *

165.

Ders.: Die Schule der Weisheit für Knaben und Jünglinge in anmuthigen Erzählungen von V. J. Dewora. Nach seinem Tode zum Drucke befördert von Phil. Lichter. Koblenz 1838.

166.

Ders.: Lehrreiche Erzählungen für Knaben und Mädchen, hg. v. Phil. Lichter. Coblenz 1852.

167.

Die Bauern zu Ackermannshofen, nebst den Mitteln, wodurch diese Leute so wohlhabend geworden sind. Einige uneigennützig bekannt gemachte Belehrungen über die nöthigsten und wichtigsten Vorfalle in der Land- und Hauswirtschaft. Neue Aufl. Neuburg: Commissionsbu-

708

Literaturverzeichnis

reau 1904. Auch: Leipzig: Joachim o.J. [Zunächst erschienen u.d.T.: Allgemeines nützliches Handbuch für den Landmann. Mühlhausen 1792], 168.

Die klugen Dorfleute. Ein Beitrag zum nützlichen Zeitvertreib für lesende Landleute. Breslau: Meyer 1785. 8°.

169.

Die Kunst, unter Menschen glücklich zu leben. Vom Grafen von Chesterfield. Aus dem Franz. übers, von W. Schrettinger. München: Fleischmannische Buchhdlg. vor 1804 [zit. gefunden in: Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. München o.J.].

170.

Die Moral in ausgesucht reizenden Beyspielen und Fabeln für die Jugend. Mit schönen Kupfern. Passau 1802. 8°, 254 S., Titel mit Vignette und 12 Vignetten im Text, alle kolor. In zwei Teilen, fortlaufend paginiert. Teil 2: Zweite Abtheilung. Die Moral in Fabeln. - Die ersten 15 Erzählungen in Teil 1 enthalten abschreckende Beispiele und ihre bösen Folgen, die in späteren Erzählungen auch durch Beispiele guten und christlichen Verhaltens abgelöst werden, zum Teil in Versen. Der zweite Teil enthält Fabeln und ihre Moral. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]*

171.

Die Schule des Lebens. Eine Erzählung für christliches Volk (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 2). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1845, IV, 122 S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg].

172.

Die von der Tugend neueröfnete Ehren-Pforte in welcher drey und dreysig anmuthige und lehrreiche Geschichte [!] enthalten. Sowohl für die Jugend als auch für erwachsene Personen zu einem angenehmen Zeitvertreib abgefasset. Erster Theil. Mit vielen Kupfern verzieret. Nürnberg: Buggel und Jacob Seitzen [1761], [Standort: UB Würzburg, TB AGR, Sign. 12a/321] Das Buch besteht aus 3 Teilen: I. ABCDarium mit 24 Geschichten; II. Sonderbare Zugabe verschiedener curiosen Begebenheiten, samt beygefügten merkwürdigen und erbaulichen Sitte-Lehren; III. Einige scharfsinnige Reden u. kurze Erzehlungen/Fragen und Antworten, welche als eine Zugabe zur Ergötzung beygefüget werden [50 Aphorismen, Apophthegma, Anekdoten],

173.

Diedrich, Christian: Hülfsbuch für den Religionsunterricht in den unteren Gymnasialclassen, Volks- und Bürgerschulen. 1. Th.: Die christliche Glaubenslehre begrifflich entwickelt und mit geschichtlichen Beispielen veranschaulicht. Halle 1841, 2 1848, 3 1855. - 2. Th.: Die christliche Sittenlehre begrifflich entwickelt und mit geschichtlichen Beispielen veranschautlicht. Halle 1842, 2 1849, 3 1858.

174.

Diehls, J. M.: Moralische Erzählungen aus der wirklichen Welt. Frankfurt: Zayer [o.J.] *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

709

175.

Dietl, Georg Aloys: Einfältige, aber deutliche, schöne und nachahm e n s w e r t e Geschichten für gemeine Leute, besonders für die Kinder in den Dorfschulen. Berlin u. Leipzig: Decker 1785, 128 S. 8°. *

176.

Ders.: Gespräche eines Pfarrers auf dem Lande mit seinen Pfarrkindern. München: Fleischmann 1789, 88 S. Beigeb.: Schelhorn, Benedikt: Nachricht von der neuern Einrichtung der Evangelischen Schule zu Erkheim, als ein Versuch zur Verbesserung hiesiger Dorfschulen. Memmingen 1789, 4 Bll, 75 S. [Standort: Klosterbibl. Beuron: 8°, Homm 3242; Studienbibl. Dillingen; BSB München], - MG, eingebaut in eine fortlaufende Handlung; darin werden Allgemeinbildung, christliche Lehren und Hinweise auf ordentliche Erziehung und Schulbildung geboten. *

177.

G. A. Dietls Predigten an seine Pfarrgemeinde. München: Strobl 1786, 360 S.; weitere Aufl. 1791, 3. Aufl. München: Strobel 1802, 343 S.; 4., verbess. Aufl. München: Fleischmann 1829, 269 S. [christliche Sittenlehre in 27 Abschnitten; Standort: UB Würzburg; s. Abb. 20, S. 468], *

178.

Dix, Fr./ Kersten, Th.: Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen. Nach den Quellen bearb. v. Dr. Fr. Dix und Dr. Th. Kersten. Ausg. B. Auf Grund der preußischen Bestimmungen vom 31. Mai 1894 veranstaltet. Erster Teil. Für das zweite und dritte Schuljahr. Breslau: Ferdinand Hirt, Königliche Universitäts- und Verlags-Buchhdlg. 1896, 144 und 144 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DBG-II 2 (1, 1896)-1. - Der für das zweite Schuljahr bestimmte Teil enthält 114, der für das dritte 106 Lesestücke, alle mit vollständiger Quellenangabe, darunter MG. *

179.

Dobermann, Johann Gottfried (Hg.): Der lehrreiche Erzähler. Eine Vierteljahrschrift worin Naturkunde und Kunstlehre, moralische Erzählungen, Nachrichten von den Sitten und Gebräuchen fremder Völker, und andre Merkwürdigkeiten aus der Geschichte, Erdbeschreibung und dem Menschenleben enthalten sind; zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung für jeden wissbegierigen Ungelehrten; zum Theil auch zum Vorlesen und Diktiren in Volksschulen. Jauer: Verlag Lüver 1796, 96, 95, 74 S. [Standort: UB Potsdam],

180.

Dörle, Anton: Erzählungen für Kinder- und Kinderfreunde. Mit einem Anhang kleiner Gedichte und Gesänge moralischen Inhalts. Freiburg: Groos 1831 [Standort: UB Freiburg]. *

181.

Ders.: Waizenkörner für die Kinderherzen, oder die acht Seligkeitslehren Jesu. Erklärt mit lehrreichen sittlichen Anwendungen und als Lesebuch für Schüler der mittlem Klassen. Freiburg: Herder 1834 [Standort: UB München].

710

Literaturverzeichnis

182.

Ders.: Die Sommerabende auf Sinai, oder der Vater als Lehrer im trauten Kreise seiner Kinder. Eine Sitten- oder Pflichtenlehre in Gesprächen und Erzählungen. Der lieben Jugend als Schulpreis und Festgabe gewidmet von A. Dörle. Pfarrer in Gunterstal bei Freiburg im Breisgau. Augsburg: Wolff/ Regensburg: Manz 1835 [Standorte: UB Augsburg, BSB München],

183.

Dörrien, Daniel Ludolf: Exempelbuch zum Hannöverischen Landeskatechismus mit Fragen, kurzen Anreden und Liedversen begleitet für Kinder und Kinderlehrer. Hannover 1798/99 [Standort: StuUB Göttingen]; 2. verbess. Aufl. Hannover 1802 (H. 1 mit 122 S.), 1815 (H. 2 mit 158 S.), 1821 (H. 3 mit 130 S.), 1823 (H. 4 mit 136 S.) [Standort: NLB Hannover], - MG, zumeist dialogisiert oder als innere Monologe vorgeführt, angeordnet nach Schwerpunkten wie „Arbeitsamkeit", „Sparsamkeit", „Dienstfertigkeit", „Pflichtmäßiges Verhalten gegen den Nächsten". *

184.

Dorfzeitung, hg. v. Carl Ludwig Nonne u.a. Hildburghausen 1818ff. [ab 1828 mit der Beilage „Geheimes Plauderstübchen", in der von da an die MG abgedruckt wurden, bis sie 1831 verschwanden]*

185.

Du Montier, (Madame): Lehrreiche Briefe an ihre Tochter die Marquisinn von ***nebst denen darauf ertheilten Antworten. Zur Nachahmung aus dem Französischen übersetzt. Frankfurt a.M.: Johann Gottlieb Garbe 1758. 8°. VIII, 280 S. Mit gest. Titelvign. [Aus der Bibl. des Geh. Rats Carl Gerd von Ketelhodt (1738-1814), Erzieher des Fürsten Ludwig Friedrich zu Schwarzburg-Rudolstadt]. Erste dt. Ausg. - Moralisch-pädagogische Briefe der Mutter an ihre ratsuchende reichverheiratete Tochter (Erstausg. 1756); (zweiteilige Ausg. 1771-1784). [Fundort: Antiquariat Susanne Koppel, 20144 Hamburg],

186.

Ebersberg, Joseph Sigismund: Luise. Freundlicher Rath fur die reifere weibliche Jugend, im geselligen Leben zu gefallen und zu beglücken. Von Ebersberg. Wien: Tendier und von Manstein 1827, 8°, XII u. 148 S. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.] - Die Ratschläge werden in Form von Briefen an Luise erteilt, die nach dem Tod ihrer Mutter eines Ratgebers bedarf. Der darin entworfene Tugendkatalog wird gelegentlich durch MG illustriert. *

187.

Ebert, Johann Jacob: Jahrbuch zur belehrenden Unterhaltung für Damen. 8 Bde., Leipzig 1794-1801.

188.

Ders.: Nebenstunden eines Vaters dem Unterrichte seiner Tochter gewidmet. Leipzig 1790.

189.

Ders.: Sammlung kleiner Romane und moralischer Erzählungen. Wittenberg 1773. *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

711

190.

Eckartshausen, Karl von: Bibliothek für Mädchen, nach den Stuffen des Alters eingerichtet. München: Joseph Lentner 1791. Drei Teile in zwei Bänden. Teil 1: Lesebüchlein mit moralischen Erzählungen, fur Mädchen der ersten Klasse, welche eben lesen lernen. Titel mit gest. Vignette, 2 Bl. (Imprimatur und Inhaltsverzeichnis), 80 S. u. eine unpaginierte Seite Verlagsanzeigen; Teil 2: Lesebüchlein mit moralischen Erzählungen und einigen Vorbereitungskenntnissen zur Hauswirthschaft für Mädchen vom mittlem Alter. Titel mit gest. Vignette und Sinnspruch auf der Rückseite, 2 Bl. (Inhaltsverzeichnis), 138 S., eine unpaginierte Seite Verlagsanzeigen; Teil 3: Handbuch für Mädchen von reiferm Alter; mit moralischen Erzählungen und ökonomischen Kenntnissen. Nebst einer Melodie. Titel mit Vignette und Sinnspruch auf der Rückseite, 240 S., 1 Bl. Inhaltsverzeichnis, 1 gefaltete Taf. mit Noten. [Standort: B S B München]*

191.

Ders.: Sittenlehren und Erzählungen, für alle Stände der Menschen, zur Bildung der Herzen. Augsburg 1790, 504 S., 1 Titelkupfer u. 3 Kupfer. [Standort: U B Regensburg].

192.

Ders.: Ein Bändchen Erzählungen zur Bildung junger Leute, die sich richterlichen Geschäften weihen aus alltäglichen Handlungen gezogen. 3 Bdchn. München 1782-84 [Standort: B S B München],

193.

Ders.: Erzählungen für empfindsame Herzen an Sonnabenden nach der Arbeit. o.O. 1784 [Standort: U B Augsburg, B S B München],

194.

Ders.: Das Sittenblatt, eine Wochenschrift. 1. u. 2. H. München 1784 [Standort: B S B München],

195.

Ders.: Erzählungen zum Vergnügen und zur Seelenbildung geschrieben. München 1786 [Standort: B S B München],

196.

Ders.: Die Folgen der Tugend und des Lasters, oder moralische Grundsätze, anwendbar gemacht aufs Herz durch Erzählungen. München 1789 [Standort: B S B München],

197.

Ders.: Die zehn Gebothe des Herrn, in sittlichen Erzählungen geschildert von Κ. v. E. o. O. 1790, 2. Aufl. 1792 [Standort: SuSB Augsburg]; Neueste Aufl. 1799 [Standort: U B Augsburg],

198.

Egli [kein Vorname angegeben]: 250 Moralische Erzählungen zur Veredlung des Herzens. Ein Geschenk für die Jugend. Lichtensteig/St. Gallen 1838, 286 Seiten [Fundort: Antiquariat und Buchhdlg. Lüchinger].

199.

Ein A, B, C, Spiel mit Kupfern nebst einem Lesebuche für Kinder. Berlin, gedruckt bey G. Jö. Decker, Kön. Hochbuchdrucker 1776. - Die Fibel gliedert sich in ein „Lehrerhandbuch" und in das eigentliche Lesebuch mit Fabeln und MG [ausführlich vorgestellt in Offermann: ABCund Buchstabierbücher des 18. Jahrhunderts, 1990], *

712

Literaturverzeichnis

200.

Elementarbuch für Kinder in deutschen Schulen. Zweyte verbeßerts und verm. Aufl. Mit churfürstl. Sächsischen Privilegio. Blankenburg, verlegts [!] Christoph August Reußner 1777. - MG auf S. 27-36 [ausfuhrlich vorgestellt in Offermann: ABC- und Buchstabierbücher des 18. Jahrhunderts, 1990],

201.

Engel, Johann Jakob: Der Philosoph für die Welt. Berlin: Mylius 1775; Neue verm. u. verbess. 3. Aufl., hg. zus. m. Moses Mendelssohn. Ebd. 1801; weitere Aufl. Wien: Armbruster [1871], 12°, 260, 252 S. Mit 2 Titelkupfern. 2 Bde.

202.

Engelbrecht, Augustin Edmund: Lehrreiche Erzählungen und Unglücksgeschichten aus allen Zeiten. Mit einer Zugabe auserlesener Sprichwörterund Lebenslehren. München/Passau 1818.

203.

Ders.: Unterhaltungen außer der Schule, oder gesellschaftliche Jugendspiele zur Beförderung körperlicher Stärke und zur Hebung des Scharfsinnes und des Nachdenkens. Allerlei Merkwürdiges von Menschen und Thieren, nebst belehrenden Erzählungen, zu einem Prüfungsgeschenke gewidmet von A. E. E. München: Fleischmann 1818 [Standort: BSB München].

204.

Ders.: Unterrichts- und Lesebuch für Kinder auf dem Lande. 2., ganz umgearb. Aufl. München 1819 [Standort: UB Augsburg],

205.

Ders.: Lehrreiche Erzählungen aus allen Zeiten, nebst einem Anhange von auserlesenen Sprich-Wörtern, Lebenslehren und Wohl-StandsRegeln fur Kinder (= 2. Ausg. der „Lehrreichen Erzählungen u. Unglücksgeschichten). 2., sehr verm. u. verb. Aufl. Passau u. Regensburg: Pustet 1827. [Standort: Städt. Bibl. München]. - Titelvignette: Exekutionspeloton mit 3 kleinen Geschützen vor einer Gruppe von Männern mit verbundenen Augen und einem Mädchen, das einen von diesen umarmt. - Inhalt: Sammlung von sehr kurzen MG, Anekdoten, Episoden aus der Antike (Der junge Scipio in der Schlacht am Tesino [Tessin, Ticino], Der Tod des Sokrates), aus Sagen und Mythen (Wilhelm Teil, Winkelried) und Geschichte (Tod von Louis XVI). Zahlreiche Unglücksgeschichten: Bergsturz von Plurs, Erhitzt in's Bad zu gehen bringt den Tod, Unglück durch Aberglauben), sowie Sprichwörter und Lebenslehren („Lerne leben, das heißt, einen guten Gebrauch von deiner Zeit machen"). *

206.

Ders.: Eudora, oder angenehme Erzählungen und belehrende Unterhaltungen aus der Natur und dem Menschenleben, ein nützliches Geschenk, zur Bildung des Herzens und Bereicherung der Kenntnisse für die Jugend beiderlei Geschlechts. München: Michaelis 1828; 2. Aufl. Augsburg: Jaquet 1854); wohlfeile Ausg. München: Jaquet 1829 [Standort: Städt. Bibl. München],

B i b l i o g r a p h i e narrativer volksaufklärerischer Literatur

713

207.

Ders.: Theophania, oder Gesundheitsgefahren; auch Lehr-, Trauer und Schauergeschichten in wirklichen Beispielen zur Warnung. Passau: Pustet 1831 [Standort: B S B München],

208.

Ders.: Reinhold's Abend-Erzählungen in der Gartenlaube zu Lilienthal. Ein angenehm unterhaltendes Lesebuch für die reifere Jugend. Passau: Ambrosi 1843; 2. Aufl. Passau 1849 [Standort: B S B München],

209.

Ennemoser, Franz Joseph: Die glückliche Gemeinde zu Friedensthal oder Andeutungen, durch welche Mittel es Friedenthal dahin brachte, daß daselbst Wohlstand und Zufriedenheit herrscht. Ein Beitrag zur Lösung der Frage: „Wie kann es besser werden?" Mannheim: Hähner 1845 [Standort: U L B Halle], 2. Aufl. 1846; 3. Aufl. 1852; 4. Aufl. 1853; 5., mit der 4. gleichlautende Aufl. 1854 [Standort: Göttingen, Zentralkat. Niedersachsen], 6. Aufl. 1871; 7. Aufl. u.d.T.: Wie kann es besser werden?, oder die glückliche Gemeinde zu Friedensthal. Wien: Selbstverlag 1879, 116 S. [Privatbesitz]; angebl. 8. Aufl. 1881.

210.

Ders.: Ueber Erziehung und Unterricht des weiblichen Geschlechts in Briefen. Mannheim 1848 [Standort: U L B Jena],

211.

Erholungsstunden. Ein angenehm unterhaltendes Lesebuch für die Jugend. Mit 4 Abb. Neuhaidensleben: Eyraud [überklebt: Magdeburg, Rubach 1830, 126 S.] Privatbesitz *

212.

Ernesti, Johann Heinrich Martin: Kleine Moral für Kinder. Coburg 1782. - Für 7- bis 10-/12jährige der unteren Stände; dabei verstreute moralische Belehrungen, „die etwa durch gelegentliche beygebrachte Denksprüche, verbunden mit zweckmässigen Kinder-Dialogen und Geschichten, geschehen möchten" (S. 5).

213.

Ders.: Sittenbuch, oder von den Pflichten des Menschen, mit Beyspielen der Weisheit und Tugend. Koburg u.a. 1800, [Standort: U B Bamberg, Magazinsignatur: Th.mor. 64], - 2. Aufl. Sulzbach: Seidel 1829; 3. Aufl. ebd. 1833 [Standort: B S B München, Sign.: Ph.pr. 420 g].

214.

Erste Nahrung für Verstand und Herz der lieben Jugend. Ein Bilder-, A.B.C.- und Lesebuch für gute Kinder von K.F. Adler. Mit 123 bunten Abbildungen. Meißen: F. W. Goedsche [1836], 72 S. - Für das erste Lesealter mit MG ab S. 25. *

215.

Erstes Lesebuch für evangelische Schulen. Mit vielen Bildern. Güns: Gedruckt bei Carl Reichard und Söhne 1846, X , 181 S. [Standort: U B Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1005-9672]. - Anonym erschienen. Enthält MG, stets religiös gefärbt und mit biblischen Inhalten vermischt (S. 103-141). *

216.

Erziehungsbüchlein oder Anweisung für Landleute, wie sie ihre Kinder zu guten, nützlichen und glücklichen Menschen erziehen können. Mit

714

Literaturverzeichnis

vielen Geschichten und Beyspielen als ein nützlicher Beytrag zum Noth- und Hülfsbüchlein. Von einem Seelsorger auf dem Lande. Wien 1793, 352 S. [Fundort: Antiquariatskat, von Klein und Auvermann Frankfurt 5/1963, aus Österr. Klosterbeständen]. 217.

Eschenbach, Olga [d.i. Johanna Hering]: Gertruden's Erzählungen fur die weibliche Jugend von Olga Eschenbach, Verfasserin von „der Seele Schönheit". 3. Aufl. Mit 8 Bildern von Th[eodor] Hosemann. Berlin: Winckelmann u. Söhne 1. Aufl. 1845, 2. Aufl. um 1850. 301 S., Lithogr. Titel mit kolor. Vignette, kolor. Frontispiz, 6 kolor. Lithographien mit Tonplatte.

218.

Ewald, Johann Ludwig: Beyspiele des Guten. Eine Sammlung edler und schöner Handlungen und Charakter-Züge aus der Welt der Menschen-Geschichte aller Zeiten und Völker. Der Jugend und ihren Freunden gewidmet. Mit 1 Vorrede. 3 Teile in 1 Bd., 3., verm. u. verbess. Aufl. Stuttgart: Steinkopf, 1813 [Fundort: Antiquariat und Buchhdl. zum Wetzstein, Freiburg i. Br.]; ebd. 1821, 5. verb. u. verm. Auflage o.J. [Fundort: Libreria Anticuaría Edgardo Henschel, Buenos Aires],

219.

Ders.: Erbauungsbuch für die Jugend beiderlei Geschlechts. Hannover 1808.

220.

Ders.: Hand- und Hausbuch für Bürger und Landleute, welches lehret, wie sie alles um sich her kennen lernen, sich gesund erhalten, sich in Krankheiten helfen, wie sie ihr Land auf die vorteilhafteste Art bauen, ihre Gärten bestellen, sich gutes Obst ziehen, Bienen mit Nutzen halten, und wie Hausfrauen ihre Wirtschaft ordentlich fuhren sollen, nebst noch vielen guten Ratschlägen, aus vielen Schriften und Aufsätzen geschickter Landwirthe zusammen getragen [...]. Neue, mit einer kurzen Beschreibung der österreichischen Staaten verm. Aufl. Lemgo u. Duisburg [Meyer] 1795. 384 S. 8° [Standort: UB Heidelberg: Κ 4977],

221.

Ders.: Lesebuch für die Landschulen, auch zum Gebrauche der Landleute in ihren Häusern. Th. 1-3. Lemgo u. Duisburg: Meyer 1788, 1788, 1793 [Standort: Lippische LB Detmold],

222.

Ders.: Die Kunst ein gutes Mädchen, eine gute Gattin, Mutter und Hausfrau zu werden, ein Handbuch für erwachsene Töchter, Gattinnen und Mütter. Mit Kupfern von J. Penzel und Musik von F. Fraenzl. 1. Bdchn. Bremen: Wilmans 1798.

223.

Exempellexikon für Prediger und Katecheten, der Hl. Schrift, dem Leben der Heiligen und anderen bewährten Geschichtsquellen entnommen, begonnen von Bernhard Galura, hg. v. Augustin Scherer, später von Baptist Lampert. Freiburg 1871; 2. verm. Aufl., 4 Bde. Freiburg 1906-09.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

715

224.

Falk, Johannes: Volksspiegel zur Lehr' und Besserung. Leipzig: Fleischer 1826. IV, 341 S., 1 Falttaf.

225.

Fattinger, Josef: Der Katechet erzählt. Beispielsammlung fur Schule, Haus, Kanzel und Beichtstuhl in Anlehnung an den neuen österreichischen Kaetchismus. Bd. 1: Ried 1934, 6. Aufl. 1936; Bd. 2 1935, Bd. 3, 1937.

226.

Faust, B[erhard] Chr[ristoph].: Gesundheits-Katechismus zum Gebrauche in den Schulen und beim häuslichen Unterrichte. Wien 11792; neueste Aufl. Wien 1799, 148 S. Beigeb.: Müller, A. C.: Exempelbuch zum Gesundheitskatechismus. Ein Lesebuch für niedere Schulen, Aeltern, Lehrer und Kinder, die sich des Guten befleißigen wollen. 2 Hälften. Hannover 1795/96, 154/266 S , 1 Titelholzschnitt.

227.

Feddersen, Jacob Friedrich: Beyspiele der Weisheit und Tugend aus der Geschichte, mit Erinnerungen fur Kinder. 2 Sammlungen in einem Bd., Magdeburg 1777, 2., verbess. Aufl. Halle 1780, 200/160 S. [Standort der 2. Aufl. Halle 1780: UB Eichstätt; vgl. Abb. 21]; Frankfurt/Leipzig 1780, 2 Bde.: Bd. I: 164 S.; Bd. II: 150, 198 S. (mit Notenbeispielen) [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz],

228.

Ders.: Sittensprüche des Buchs Jesus Sirach, für Kinder und junge Leute aus allen Ständen, neu übersetzt von J. F. F. Nürnberg: Weigel & Schneider o. J. [ca. 1780], 30 S., 21 B1L, III. [Standort: UB Leipzig],

229.

Ders.: Christliches Sittenbuch fur den Bürger und Landmann von J. F. F., Domprediger zu Braunschweig. Hamburg/Kiel: Carl Ernst Bohn 1783, 7 Bl., 352 S., 1 Bl. [Standort: Int. Jugendbibl. München, Hist. Slg., Sign.: H/M 64650]; 2. verbess. Aufl. ebd. 1784, 4 Bl., 360 S. [Standort: UB München]; ohne Aufl.n-Hinweis: München: Strobl 1784, 358 S. [Standorte: UB Augsburg, Bamberg, München, Regensburg]; 2., verbess. Aufl. [sie!] Frankfurt/Main: Andreä 1785, 12 Bl., 364 S. [Standort: UB Augsburg], - Zum Gebrauch des Katholiken eingerichtet., 360 S.; spätere Aufl. Prag/Wien 1793, 4 Bll., 367 S. [Fundort: Antiquariatskat. von Klein und Auvermann, Frankfurt 5/1963, aus Österr. Klosterbeständen; Standort: LB Stuttgart, Sign. Theol. 8° 5082],

230.

Ders.: Lehrreiche Erzählungen aus der biblischen Geschichte für Kinder. Das Leben Jesu für Kinder. Halle: Hemmerdesche Buchhdlg. 1779; 3. Aufl. ebd. 1782. Kl. 8°. 5 Bl., 267 S. [Fundort: Antiquariat Gerber AG, CH-4001 Basel]. - 5. verm. u. verb. Aufl. Frankfurt/Leipzig 1800/01, 5 Bl., 214 S, 8 BL, 142 S. [Fundort: Antiquariat am Bachhaus, 99817 Eisenach]. - Reutlingen: Fleischhauer 1805. Kl. 8°, 214 S. [Fundort: Buch-Galerie Silvia Umla, 66333 Völklingen], - Vgl. Brüggemann/Ewers, Sp. 1224.

716

Literaturverzeichnis

231.

Ders.: Nachrichten von dem Leben und Ende gutgesinnter Menschen mit praktischen Anmerkungen. Erste und Zweyte Sammlung. Halle 1776 und 1778. [Standort: SStB Augsburg],

232.

Fénelon, François: De l'Education des Filles. Par Messire Françoise de Salignac de la Mothe-Fénélon, Archevêque, Duc de Cambrai. On y a joint un Ouvrage de Monsieur de La Chetardie, intitulé : Instruction pour une jeune Princesse. Nouvell Ediation. Francfort: en Foire, J. F. Bassompierre 1760, Kl.-8°, XI, 147 S.; Anhang S. 151-182.

233.

Ders.: Les aventures de Telemach. 3 Bde. 1699. Dt. Übersetzung durch Benjamin Neukirch: Die Begebenheiten des Prinzen von Ithaca, Oder: Der seinen Vater Ulysses suchende Telemach. Teil 1: Leipzig 1727, Teil 2 u. 3 1739.

234.

Fibel für den vereinigten heimatkundlichen Anschauungs-, Sprech-, Schreib- und Leseunterricht. Im Auftrage und unter Mitwirkung der Lehrerkollegien der Annaberger Bürgerschulen bearb. v. F. W. Vogel, Bürgerschullehrer. 2. Aufl. (Nach der neuesten Rechtschreibung). Annaberg: Grasersche Buchhdlg. (Richard Liesche) 1904, 88 S. [Standort: Pädagogisches Zentrum Berlin: mag.-r 373.32 (075) F 19].

235.

Fibel, nach der Schreiblese- und Normalwortmethode bearb. v. O. Dietrich, Lehrer an der städtischen höheren Mädchenschule zu Braunschweig. 16., nach der Lautlehre bearb.e Aufl. Braunschweig: E. Appelhans & Comp. 1905, 112 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-II 50 (16,05). MG ab S. 41, nach Begriffen der kindlichen Erfahrungswelt geordnet: „Zu Hause" (S. 6Iff.), „In der Schule" (S. 69ff.), „Von alten Bekannten" (S. 71 ff., über Haustiere), „In unserem Garten" (S. 79ff.), „Auf dem Felde" (S. 85ff.), „Am Wasser" (S. 89ff.), „Im Walde" (S. 91ff.), „An kalten Tagen" (S. 94ff.).

236.

Fibel für Lesen und Rechtschreiben nach phonetischen Grundsätzen bearb. v. Wilhelm Missalek. Ausg. Β für einfache Schulverhältnisse. 4. Aufl. mit vielen Abb. Breslau: Ferdinand Hirt 1909, 72 S. [Standort: Pädagogisches Zentrum Berlin: mag.r 373.32 (075) F 14], - Enthält MG, vor allem von Johann Wilhelm Hey, Christoph von Schmid und Johannes Trojan. *

237.

Fibeln aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Kleines ABC und Lesebuch 1881, Kinderschatz für Schüler und Haus 1868, Des Kindes erstes Schulbuch 1881, Kölner Handfibel 1906, Lernen und Lachen 1928, Hirts Berliner Fibel 1935. Nachdr.e, ausgew. u. m. e. Einl. hg. v. Offermann, Josef (= Schulbücher vom 18. bis 20. Jahrhundert für Elementar· und Volksschulen 7). Köln 1999.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

717

238.

Fiedler, Carl Ferdinand: Lebensbilder. 213 wahre Geschichten zum lutherischen Katechismus. Ein Schul- und Volksbuch. Helmstädt 1845 [Standort: Landeskirche Archiv Nürnberg].

239.

Fielding, Sarah: Die Hofmeisterinn, oder die kleine Akademie für das Frauenzimmer, zum Vergnügen und Unterrichte junger Personen dieses Geschlechtes bey ihrer Erziehung. A. d. Engländischen. Leipzig 1761.

240.

Fischer, G. E.: Gustav oder der Papagay. Eine Geschichte für Kinder um sie über den Werth der Dinge zu belehren. Leipzig 1795, 270 S.

241.

Fischer, Heinrich Ludwig: Anweisung, die christliche Glaubens- und Sittenlehre practisch zu behandeln. Hamburg 1793.

242.

Ders.: Katechismus des Haushaltes und Ackerbaues, zum Gebrauch in Schulen. Braunschweig: Karl August Schröder 1797, 221, [1] S. ; 8°

243.

Ders.: Bauernphilosophie, oder Belehrungen über mancherley Gegenstände des Aberglaubens und andere nützliche Kenntnisse. Vom Verfasser des Buchs vom Aberglauben. Leipzig: Roch 1800, 252 S.

244.

Ders.: Bauernphilosophie, oder gemeinnütziger Unterricht für Bürger und Landleute [...]. 2 Bde., Leipzig: Roch 1800.

245.

Ders.: Das Buch vom Aberglauben, Missbrauch und falschen Wahn. Ein nöthiger Beytrag zum Unterricht-, Noth- und Hülfsbüchlein. Oberdeutschland: Verlag des Unterricht-, Noth- und Hülfsbüchleins 1790, 5 Β11., 383 S.

246.

Ders.: Der Jahrmarkt, ein Lehr- und Lesebuch für alle Stände, die Gutes thun, und Böses meiden wollen; besonders bestimmt für allerley Hausbediente, nicht weniger für Bauern und Bürger, die mehr wissen und richtiger denken wollen, als andere ihres Standes. Der löblichen Brüderschaft der Hausierer und Bildersänger zur Verbreitung, den Zeichendeutern, Wunderärzten und Wahrsagern aber zur Beherzigung empfohlen. Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht 1800, 302 S. 8°.

247.

Ders.: Die Reiche der Natur, ein Lehr- und Lesebuch für Kinder. 3 Tie., Schwerin 1795-97.

248.

Ders.: Geschichtsbüchlein fur Kinder und Volksschulen. Hamburg 1793. Ders.: Naturgeschichte und Naturlehre zur Dämpfung des Aberglaubens. Hamburg/Kiel 1793.

249. 250.

Ders.: Neues geographisches Lehr- und Lesebuch für Kinder und Volksschulen [...]. Altona 1794.

251.

Ders.: Vermischte Aufsätze zum Nutzen und Vergnügen und characteristische Begebenheiten aus der wirklichen Welt. Ein Lesebuch für gesellschaftliche Zirkel. 2 Bde., Eisenach:Wittekind 1792.

718

Literaturverzeichnis

252.

Flügge, Heinrich Friedrich: Lesebuch für hannoversche Volksschulen. Von H. F. F., Hauptlehrer am Seminar zu Hannover. Achte Aufl. (Stereotyp-Ausg.). Hannover: Karl Meyer 1862, VIII, 347 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: RCH-I 2 (8,1862). - Das Lesebuch besitzt eine deutliche christlich moralisierende, obrigkeitstreue, vaterländische und deutschnationale Tendenz. MG im ersten der drei Teile (S. 1-87). *

253.

Fordyce, James: Predigten für junge Frauenzimmer aus dem Englischen. Übersetzt von Chr. F. Weiße. 2 Bde. Leipzig 1757.

254.

Fraas, Carl: Der Segen der Arbeit oder Geschichte des Bauern Georg Frühauf, der seinen Namen verdient. München 1861.

255.

Frauen Magdalenen Sibyllen Riegerin gebohrner Weissenseein, Versuch Einiger Geistlichen und Moralischen Gedichte, In den Druck übergeben, Und mit einer Vorrede begleitet von Daniel Wilhelm Triller, Phil. Ac Med.D. & Architr. Nassov., Frankfurt am Main 1743.

256.

Frei, Richard: Kinder, das ist gefährlich! Unsere Jugend im Haus und auf der Strasse. Lese-Bilderbuch mit Schilderungen zahlreicher gefahrbringender Spielereien, Unachtsamkeiten, mutwilliger Streiche, fahrlässiger oder böswilliger Gesetzesübertretungen unserer Knaben und Mädchen. Ein wohlmeinender Leitfaden für alle Erzieher beim Unterricht in Schule und Elternhaus zu möglichst wirksamer Verhütung von Unglücksfallen. Eine Zusammenstellung wirklicher Tagesereignisse, wahrheitsgetreu erzählt und mit 160 Bildern veranschaulicht von R. F. Bern: Verlag von Neukomm Zimmermann o. J. [1920], 174 S., 159 Fotos. MG, ausschließlich Warngeschichten. *

257.

Fresenius, Friedrich Anton: Gemeinnützige Kalenderlesereyen, aus alten und neuen Kalendern gesammelt. Th. 1-5. Leipzig: Fleischer 17861789. 8°.

258.

Ders.: Volkskatechismus und Lesebuch über die Kunst des Menschen, sein Leben zu verlängern. Camburg: Rößler 1797.

259.

Fréville, Anne François Joachim: Lebensbeschreibungen merkwürdiger Kinder oder Muster der Nachahmung für das jugendliche Alter. 4 Bde. Leipzig 1799. [Die Lebensbeschreibungen sind unterschiedlich ausführlich, am umfangreichsten, nämlich den ganzen 4. Band ausfüllend, ist „Der kleine Emilien, mit dem Beynamen, das Muster der Kindheit gebohren zu Paris den 24. October 1786 und gestorben daselbst 1793"].

260.

Fritsch, Ahasver: Kleine Schriften, als ein Lesebuch für Regenten. Mit dessen Biographie von Christoph Ferdinand von Moser, hg. v. C. H. L. W. Spiller von Mitterberg. Coburg 1792 [Standort: BSB München, Magazinsignatur: Opp. 465, Buchnr.: 02476112],

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

719

261.

Fröbing, Johann Christoph: Georg Treumann und seine Familie und Freunde. Eine dialogisierte Geschichte. Hannover: Ritscher 1796. 216 S. 8°.

262.

Ders.: Heinrich Dornfelder oder die Erbschaft. Ein Lesebuch fürs Volk. Göttingen: Dieterich 1797. 360 S. 8°.

263.

Fronhofer, Ludwig: Die beste Art, die Schuljugend moralisch zu bilden. München: Thuille 1782., 44 S. (unpaginiert), Titelvign.: Tempel mit aufgehender Sonne im Hintergrund, Format: etwa 4° (20x15 cm) [Standort: UB Regensburg]. - Das Buch besteht aus 2 Teilen, einem 14seitigem Aufsatz über die Schulerziehung und einem Verzeichnis der prämierten Schüler. Als Quellen für seine „Histörchen" nennt F. die Philanthropen Weiße, Rochow, Campe, Basedow, Villaume und Fiedrich Gabriel Resewitz, sowie Schlosser, Johann Georg Sulzer, Johann Heinrich Meierotto und Georg Friedrich Seiler.

264.

Fürst, Anna: Marianne Strüf. Ein wirthschaftliches Lesebuch für Frauen und Töchter jeden Standes. Als Seitenstück zu Simon Strüf in einem Familiengemälde dargestellt von Anna Fürst, Tochter des Verfassers von Simon Strüf. Th. 1-2. Stuttgart: Balz 1835 [Standort: LB Stuttgart: Gew. oct. 1769], - 2. unveränd. wohlfeile Aufl. ebd. 1839, 532, 298 S. - 3. verb. u. verm. Ausg. ebd. 1840. - 4. Ausg., in welcher der hausund landwirthschaftl. Theil verb. u. verm. ist von J.A. Schlipf ebd. 1844. - dto. auch Wien 1844. IV, 469; 266 S. - 5. Ausg., in welcher der haus- u. landwirtschaftliche Theil nach dem gegenwärtigen Standpunkte der Fortschritte verb. u. verm. ist von J. A. Schlipf, Stuttgart: Becher 1847. Zus. VIII, 696 S. (Titel und Untertitel wechseln im Lauf der Aufl.η etwas). - Ein 3. Theil, der auch u. d. T. „Vollständiges Kochbuch für alle Stände" selbständig verkauft wurde, erschien Stuttgart: Balz 1839. - 2. Aufl. ebd. 1846. - 5. Aufl. Stuttgart: Becher 1852. XVI, 440 S. - Enthält die Anleitung zu einer geregelten Beaufsichtigung und Führung einer städtischen und ländlichen Hauswirtschaft, Anleitung für die Küche, Speisekammer, Gartenarbeiten, Seifen- und Kerzenherstellung, Näh-, Wascharbeiten, Putz- und Verschönerungskunst, Gesundheitslehre, Krankenpflege, Öl-, Flachs- und Hanfgewinnung, Seidenbau, Bienenzucht, Gesellschaftliche Umgangsformen.

265.

Fürst, Johann Evangelist: Der verständige Bauer Simon Strüf. Eine Familiengeschichte. Allen Ständen zum Nutzen und Interesse; besonders aber Jedem Bauern und Landwirthe in den Jahren zunehmender Theuerung ein Lehr- und Exempel-Buch. Th. 1-2. Straubing: Mit F. S. Lerno'sehen Schriften 1817. Th. 1: Frontispiz, L, 502 S., 1 Bl. kl. 8° [Privatbesitz]; 2. verb. Aufl. Th. 1-2. Landshut 1819; 3. verm. und verb. Aufl. Th. 1-3. Paßau: Pustet o.J. [1822, 1822, 1823] [Standort: UB Ho-

720

Literaturverzeichnis

henheim: 1/745]; 4. sehr verb. u. verm. Aufl. mit neuem Titel: Der wohlberathene Bauer [...], Th. 1-4. Regensburg: Pustet 1834, 1834, 1834, 1838. - 5. abermals verm. und verb. Aufl. mit Titeländerung: „Der wohlberathene Bauer ...". Th. 1-4. Augsburg: Kollmann 1841; in dieser Ausg. sind die MG sowie ein Kap. über das Branntweinbrennen gestrichen. - Simon Strüf (Anagramm zu Fürst!) betreibt, umgeben von moralischem und wirtschaftlichem Sumpf, einen Musterhof. Einige Bauern aus der Umgebung bitten ihn, sie in seine Arbeitsweise einzuweihen, was Strüf in langen Wochenendgesprächen tut. MG sind eingestreut in diese Unterhaltungen. * 266.

Funke, Clemens Peter: Sittenspiegel für die Jugend. Berlin 1800. *

267.

Funke, F. G.: Moralische Erzählungen und Gedichte zur Bildung des jugendlichen Geistes und Herzens. Augsburg 1832 [Standort: BSB München: Paed.pr. 1129],

268.

Gabler, Joseph: Der große Spiegel. Ein katholisches Beispiellexikon. Aus alten und neuen Quellen bearb. nach Johannes Maiors Magnum Speculum [Ausg. 1701], 2 Bde. Regensburg 1852. - G. übernahm nur 541 Geschichten aus der Vorlage, also rund zwei Drittel, und ergänzte sie durch 136 neue Beispiele des 17. bis 19. Jahrhunderts. *

269.

Gehrig, Johann Martin/ Schneid, Ed.: Sittenspiegel oder Beispiele der Tugend aus der Profangeschichte. Ein Lesebuch für Alle, besonders für die Jugend, auch zum Gebrauch für Katecheten und Schullehrer. Würzburg: Etlinger 1824 [Standort: UB Augsburg]; 2. Aufl. 1826; 3. Aufl. 1830 [Standort: Studienbibl. Dillingen]; 4. Aufl. 1841 [Standort: BSB München],

270.

Geiger, Franz Xaver: Goldene Legende der Weltgeschichte. Oder lehrreiche und merkwürdige Begebenheiten unter Menschen und Völkern. Ein Lesebuch fur alle Stände besonders für den gemeinen Mann. Vom Verfasser des guten und vernünftigen Bauers Wendelinus. Landsberg: Joh. Friedr. Ott, bürgerl. Buchdrucker, 1792, 6 Bll., 348 S. [Standort: UB Würzburg, Sign. H.p.o. 78; vgl. Abb. 22], *

271.

Ders.: Schöne Lebensgeschichte des guten und vernünftigen Bauersmanns Wendelinus. Ein Lesebuch für das Landvolk von einem Landpfarrer. Augsburg. Riegers Söhne 1790. XVI, 296 S. 8°. - 2. Aufl. ebd. 1792; 3. Aufl. ebd. 1794, XVI, 294 S. Titelkupfer; 4. Aufl. Augsburg: Bölling 1824. - Enthält ausfuhrliche Zitate aus Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" (1788), Zerrenners „Volksbuch" (1787) und dessen katholische Ausg. „Legende für den gemeinen Mann" (1788-90). *

272.

Ders.: Sitten- und Exempelbuch zum Unterricht für gemeine Leute. Augsburg 1798, VIII, 288 S. - U.d.T. „Neuestes Sitten- und Beyspielbuch für den Bürger und Landmann" zahlreiche weitere Aufl: Zweyte

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

721

verbeßerte, hie und da umgearbeitete und mit Holzschnitten verm. rechtmäß. Aufl. München: E[rnst] A[ugust] Fleischmannische Buchhdlg. o.J. [um 1800]; 3. Aufl. Stadtamhof: Daisenberger 1804. Vierte Aufl. ebd. 1815. * 273.

Genersich, Johann: Alfred. Ein Lesebuch für Jünglinge von fünfzehn bis zwanzig Jahren, zur Bildung des Herzens und des Geschmacks. Seitenstück zur Wilhelmine. Wien: Anton Doli 1812, 2 Bde., 347 u. 315 S. - MG im ersten Teil mit Beispielen verschiedener Charaktere wie dem Leichtsinnigen, dem Eigensinnigen, dem Spötter, dem Gewissenhaften usw. Es folgen Erzählungen von La Fontaine und Herder, Gedichte und Prosastücke von Geliert, Jean Paul Richter, Bertuch, Schlosser u.a. [Standort: Fideikommißbibl. an der Osterr. Nationalbibl.] *

274.

Ders.: Wilhelmine. Ein Lesebuch fur Mädchen von zehn bis fünfzehn Jahren, zur Bildung des Herzens und des Geschmacks. Wien: Anton Doli 1811,2 Teile, 276 u. 606 S. - Der Autor erklärt im Vorwort, er habe den „scientifischen" Gesichtspunkt beiseite gelassen und sich mit dem „moralisch-ästhetischen" begnügt. Die beiden Bände enthalten Fabeln, Erzählungen, Beschreibungen, das X. Kap. bringt eine „Liedersammlung für Gesang und Herz". Der erste Band beginnt mit „Charactere in moralischen Erzählungen", in denen meist negative Beispiele von Charaktereigenschaften, wie die Eigennützigkeit, der Hochmut, der Geiz, aber auch einige positive wie Gewissenhaftigkeit, Ordnung usw. enthalten sind. *

275.

Genlis, Madame de [Stéphanie-Félicité]: Adèle et Théodore, ou lettres sur l'Education contenant tous les principes relativs aux trois différents plans d'éducation des Princes, des jeunes Personnes, et des Hommes. 3 Bde. Paris 1782. 396/372/424 S.

276.

Der Frau Gräfin von Genlis Abendstunden auf dem Lande oder moralische Erzählungen für die Jugend, aus dem Französ. übersetzt von Christian Felix Weiße. 4 Theile. Leipzig: Crasius 1784-86, 8° [1. Bd. 1784, 8 ungez. Bl., 358 S.; 2. Bd. 1785, 478 S.; 3. Bd. 1785, 398 S.; 4. Bd. 1786, 2 ungez. Bl., 451 S. [Standort: Nieders. Staats- u. UB Göttingen]*.

277.

Gersdorf, Charlotte Eleonore Wilhelmine von: Familienscenen. Von der Verfasserin der Familie Walberg. Berlin: Ferdinand Oehmigke dem Aeltern 1799, 288 S. Mit einer gest. Titelvignette. Erste Ausg. Enthält: Der Philosoph nach der Mode oder Freundschaft und Verführung; Ehrgeiz und Liebe oder die Messallianz; Karoline oder durch Schaden wird man klug. [Fundort: Antiquariat Daniel Thierstein, CH-3011 Bern],

278.

Gespräche eines Pfarrers auf dem Lande mit seinen Pfarrkindern. München: Fleischmann 1789 [Standort: Klosterbibl. Beuron, Homm 3242],

722

Literaturverzeichnis

279.

Gespräche über ökonomische Gegenstände zwischen F. von Gutrath, Inhaber der Hofmärkte Hülfsdorf und Edeldenkreit, und dem Hans Frötter, Bauer zu Harthausen, und dessen Eheweib Lise. München: Fleischmann 1809. 8°.

280.

Gessner, Salomon: Moralische Erzählungen und Idyllen, von Diderot und Salomon Gessner. Zürich 1772, 172 S. [Standort: BSB München, P.o.germ. 466].

281.

Glaser, Carl Alfred Gustav Ernst: Erzählungen aus dem Reiche Gottes. Zum Gebrauche bei dem Religionsunterricht in Kirche, Schule und Haus. Nach Luthers kleinem Katechismus geordnet. Erlangen 1842, 31845; Frankfurt/Main 41855, 51875 (neu bearb. v. Chr. Israel).

282.

Glatz, Jacob: Aurora. Ein Taschenbuch für deutsche Töchter und Frauen edlern Sinnes. Leipzig: Gerhard Fleischer 1 (1826)ff., Kl.-8°. [Glatz, der im Vorwort Schillers „Ehret die Frauen" zitiert, möchte seine Leserinnen, „die in jungfräulicher Anmuth blühen", belehren und ihnen den Jahreswechsel mit „unschuldiger Unterhaltung" verschönern.] - Jg. 2 (1827) mit VIII, 476, 4 S. und Titelkupfer nach Ramberg enthält viel Nachgedrucktes, u. a. von Johanna Schopenhauer „Bruchstücke aus der Reise durch das südliche Frankreich". *

283.

Ders.: Der zufriedene Jacob und sein Sohn. Ein Lesebuch fürs Volk. Leipzig: Fleischer 1799.

284.

Ders.: Die erzählende Mutter oder kurze Geschichten für Kinder von drei bis fünf Jahren. 3. Aufl. bearb, v. G. Petermann. Leipzig: Hermann Fritzsche 1856. - Enthält „100 kurze Geschichten von Malchen" und „Die Stricknadeln". *

285.

Ders.: Iduna ein moralisches Unterhaltungsbuch für die weibliche Jugend. 2 Bde. 1 Bl., 269 S. und 1 Bl. 263 S. Mit vier Kupferstichen Frontispiz u. Kupfertitel von Böttger nach Johann Heinrich Ramberg. Frankfurt: Fr. Wilmans 1803. - Erste Ausg. dieser Frühschrift des Autors, in der er sich bereits mit der philantropistischen Erziehung und dem neuen Gedankengut des Idealismus auseinandersetzt. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg]. *

286.

Ders.: Minona. Ein unterhaltendes Lesebuch für junge Mädchen von 7 bis 12 Jahren. Zur Bildung ihrer Sitten. 4. Aufl. Mit gest. Titel und 2 Kupfertaf. von Ramberg und Lips. Frankfurt. F. Wilmans 1828. - Ein Werk aus Glatz' zweiter Schaffensperiode (Wiener Amtszeit), in der er bereits angelegte Bereiche ausarbeitet und „Seitenstücke" zu früheren Arbeiten vorlegt. „Minona" ist ein Seitenstück zu „Iduna und Theone".

287.

Ders.: Theone. Ein Geschenk für gute Töchter zur Weckung u. Veredlung ihres sittlichen u. religiösen Gefühls. Frankfurt/Main: Wilmans

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

723

1819. 3., verb. Aufl. 2 in 1 Bd. Mit 2 gest. Frontisp. u. 2 gestoch. Titeln, 276 u. 267 S. 288.

Ders.: Kleines Erzählungsbuch für Knaben und Mädchen. Mit der französischen Übersetzung von Abbe Libert. Aarau: Sauerländer o.J. [ca. 1815], 219 S. m. gestoch. Titel, 5 gestoch. Taf. ν. Η. Chr. Oberkogler. Erste Ausg. „mit Kupfern fur wohlhabende Familien" auf besserem Papier; eine wohlfeilere Ausg. ohne Kupfer auf Druckpapier erschien unter etwas verändertem Titel. Das Geschichtenbuch mit deutschfranzösischem Paralleltext mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad verfaßte Glatz in seiner dritten Schaffensperiode, der Zeit seines Predigeramtes in Wien (1804-1816), in der aufgrund seiner wachsenden Popularität mehrere seiner Bücher zweisprachig erschienen. *

289.

Ders.: Kleines Sittenbüchlein für die zarte Jugend beyderley Geschlechts. Neue Aufl. St. Petersburg 1819. *

290.

Ders.: Neue Familiengemählde und Erzählungen für die Jugend. Zur Bildung des Sinnes für häusliche Tugenden und häusliches Glück. Wien: Degensche Buchhdlg. 1809, 8°, 2 Bdch. in einem Bd., 291 S. u. 265 S. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]. *

291.

Ders.: Rosaliens Erinnerungen aus ihrem Leben. Ein Bildungsbuch für Deutschlands Töchter. Leipzig: F. A. Leo 1821. Mit 3 Kupfertaf., davon 2 nach Ramberg. 5 Bl., 410 S.

292.

Ders.: Rosaliens Vermächtnis an ihre Tochter Amanda oder Worte einer guten Mutter an den Geist und das Herz ihrer Tochter. Ein Bildungsbuch für Deutschlands Töchter. Neueste verbess. u. verm. Aufl. Reutlingen: Mäckensche Buchhdlg. 1823, 276 S. [Fundort: Antiquariat Antik-Bücher, 78464 Konstanz], - 3., verbess. u. erweit. Aufl. 2 Teile in einem Bd. Leipzig: Fr. A. Leo 1826 (vgl. auch Wegehaupt I, 770 bzw. 771), 2 Titel- und 4 Textkupfer-Taf.n, 469 u. 410 S. [Fundort: Antiquariat Thomas Schmidt, 01097 Dresden],

293.

Ders.: Woldemars Vermächtniß an seinen Sohn. Ein Buch fur Jünglinge, zur Bildung und Veredlung ihres Geistes und Herzens. Tübingen 1808; 2. Aufl. Wien: Katharina Gräffer und Härter 1815, VI u. 222 S.

294.

Gleim, F. W. [eigentl. Johann Wilhelm Ludwig Gleim]: Sämtliche Schriften. Erster Theil: Lieder. Zweyter Theil: Fabeln und Romanzen. Dritter Theil: Der Tod Adams. Vierter Theil: Der blöde Schäfer. Fünfter Theil: Versuch in scherzhaften Liedern. Sechster Theil: Lieder nach dem Anakreon von dem Verfasser des Versuchs der scherzhaften Liedern. Reutlingen: Johann Georg Fleischhauer 1779. 6 Teile in 1 Bd. 8°, 56 S.,110 S., 78 S., 94 S., 124 S., 138 S. [Fundort: Antiquariat Heubeck, 90403 Nürnberg],

724

Literaturverzeichnis

295.

Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Des Herrn F. W. Gleims Fabeln. Zwey Bücher (in 1). 110 S., 1 Bl. Mit Frontispiz, gestoch. Titel und 50 Kupfertaf. o.O. und ohne Drucker 1776 [erste Ausg. ohne III. 176/57],

296.

Göchhausen, Ernst August: Ein Büchlein zur Beförderung einfältiger Lebensweisheit unter verständigen und ehrlichen Bürgern und Landleuten. Von einem Oberdeutschen Landmann. Nebst einem Conterfey in Fine. Erfurt: Keyser 1790, 248 S. [Standort: SB Marburg: NP 14336],

297.

Goe(t)ze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. 2 Bde. Leipzig: Weidmanns Erben und Reich 1783, 364 S. [Standort: UB Augsburg, Sign. VI 8° 158-2], *

298.

Ders.: Nützliches Allerley aus der Natur und dem gemeinen Leben für allerley Leser. 6 Bde. Leipzig: Weidmanns Erben und Reich 17851788, mit Register in Bd. 6. [Standort: Bibliotheka Regia Acad. Georgiae Aug., Göttingen, Sign.: Scr. var. org. VIII 1765],

299.

Ders.: Belehrungen über gemeinnützige Natur- und Lebenssachen für allerley Leser. Ein Anhang zu dem Werke: Natur, Menschenleben und Vorsehung. Nach dem Tode des Verfassers hg. v. Johann August Donndorff. Leipzig 1794 [Standort: Fürstl. Hohenzollernsche Hof-B ibi. Sigmaringen].

300.

Ders.: Cornelius. Ein Lesebuch für allerley Volk, das Gott furchten und recht thun will. Dritter Theil. Leipzig 1792 [Standort: Päd. Zentralbücherei Nord-Rhein-Westf. Dortmund, Sign. F 12941/3],

301.

Goez, Christian Gottlieb: Belustigung für die Jugend in Fabeln und Erzählungen. Stuttgart 1778.

302.

Die Goldgrube oder der mütter in der Stadt und verb. Aufl. 3 Bde. Pesth: 296 S.; Bd. III, VIII, 279

303.

[Gomez, Madeleine Angelique:] Frau von Gometz, angenehme und lehrreiche Erzählungen in vergnügten Tagen. 2 Theile. Berlin/ Stettin/ Leipzig: Joh. Heinr. Rüdiger 1761.1: VII u. 859 S.; II: IV u. 766 S. mit zwei gest. Titeln sowie insgesamt sechs ungezählten Blatt Kupfern, alle von C. B. Glassbach. - Wie bei Boccaccio dient die Abgeschiedenheit eines einsam gelegenen Hauses den Protagonisten dazu, Erzählungen und Gedanken über sittliche Topoi auszutauschen. Behandelt werden Fragen des menschlichen Zusammenlebens: Liebe, Ehe, Eigenliebe, Weltklugheit, Krieg, Staat und Verwaltung, Aufrichtigkeit der Politiker, Treue, Zorn [Fundort: Rainer F. Meyer Antiquariat, 10625 Berlin].

304.

Gotthelf, Jeremias : Neuer Berner Kalender 1841 -44.

erprobte Rathgeber für Hausväter und Hausbei'm einsamen Landleben. 3. stark verm. u. Wigand 1830, Bd. I: VIII, 320 S.; Bd. II, VIII, S. [Standort UB Augsburg],

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

725

305.

Ders.: Kalendergeschichten. Bern 1840-45.

306.

Grandke: Der Bauer Gutmann und sein Prediger. Potsdam 1811.

307.

Gruber, Ferdinand Josef: Frühlings-Blumen-Kranz fur die zarte Jugend, in neuen gemiithlichen Erzählungen, Fabeln, Parabeln, frommen Liedern, Kern- und Sittensprüchen. Nürnberg und Leipzig: Zeh 1824 [Standort: SB Berlin].

308.

Ders.: Der Blumenpfad zur Tugend oder Bildungsbuch in neuen moralischen Erzählungen, Geschichten und leichtfaßlichen Dichtungen. Ein Weihnachts-, Osterfest- und Prüfungsgeschenk für Kinder von 6 bis 10 Jahren. Nürnberg: Zeh 1825 [Standort: BSB München], *

309.

Ders.: Tugend-Gallerie in moralischen Charaktergemälden, aus dem Leben frommer und edler Jünglinge und Mädchen, zur Belehrung und Veredelung des Gefühls, und zur Beförderung häuslicher Tugend für die Jugend, bearb. v. F. J. G., Verfasser des Frühlingsblumenkranzes und dem Bildungsbuche für die Jugend. Nürnberg/Leipzig: Zeh o.J. [1826], [Standort: BSB München], *

310.

Ders.: Blumen-Sträußchen in Rosen, Lilien und Veilchen. Deutschlands gebildeten Töchtern und Söhnen in der Zueignung eines Weihnachts-, Neujahrs-, Oster-, Namens- und Geburtstags-, dann sonstiges Preis- und Ermunterungs-Geschenkes überreicht. Augsburg: Veith u. Rieger 1829.

311.

Ders.: Alphabetische Bilderhalle. Ein leichtfaßliches Lesebüchlein, ausgestattet mit 22 ill. Kupfern, lehrreichen Erklärungen, gemüthlichen Erzählungen, Parabeln, Liedern und Sittensprüchen etc. für Kinder von 7-12 Jahren. München: Jaquet 1833 [Standort: BSB München], *

312.

Ders.: Erzählungen und Gedichte belehrenden und erbauenden Inhalts, verb. ν. H. Rußwurm. 2. Aufl. Augsburg: Veith u. Rieger 1834 [Standort: UB München],

313.

Ders.: Vater Simons Vermächtniss an die guten Kinder Lilla und Heinrich. Ein lehr-, sinn- und unterhaltungsreiches Lese- und Gedenkbuch für die deutsche Schuljugend in Städten und auf dem Lande. Würzburg: Bonitas o. J. [1837], [Standort: UB Augsburg],

314.

Ders.: Das goldene Tugend-Alphabeth, in 24 moralischen Erzählungen aus dem Fürsten- und Familien-Leben. Ein Lesebuch für die deutsche Jugend. Weimar 1839.

315.

Gutmann, Adam: Waldheim, oder seltsame und lehrreiche Geschichte, so sie sich mit der Grafschaft Waldheim zugetragen, dem Bürger und Hausmanne zur Erbauung und Belehrung in Druck gegeben. München: Lentner 1792.

316.

Haan, Friedrich Gottlob: Sittenbuch in Beyspielen und Erzählungen, ein Lesebuch für Kinder, Eltern und Lehrer vorzüglich zum Gebrauch in

726

Literaturverzeichnis

niedern Stadt- und Landschulen. Torgau: Kurz 1799, VIII, 167 S. [Standort: UB Leipzig]. 317.

Haesters, Albert: Fibel oder der Schreib-Lese-Unterricht für die Unterklassen der Volksschule. Von Albert Haesters, erstem Lehrer an der Knabenschule zu Werden a.d. Ruhr. (Ausg. in einem Teil). Seit 1853, als die erste Aufl. dieser Fibel erschien, sind 3.000.000 Exemplare gedruckt. Hierzu ist erschienen: Haesters' Wandfibel. Ein Hülfsmittel zur Handfibel. Essen: G. D. Bädeker 1883, 64 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 2006-7560], - MG im vierten von vier Abschn. innerhalb der Kap. „Schule", „Haus", „Haustiere", „Garten", „ D o r f , „Stadt, Feld, Wald", „Wiese, Wasser, Erde, Luft", „Himmel, Mensch" und „Gott". *

318.

Hagedorn, Friedrich von: Poetische Werke. 3 Teile in 1 Band. Bern: Beat Ludwig Waithard 1767-68, kl. in 8°, gest. Frontispiz-Porträt, XXXII mit gestoch. Titelblatt, 164 S.; 208 S.; 183 S., insgesamt 12 Kupfertaf., Drucktitel zum 2. u. 3. Teils (Drucktitel des 1. Teils fehlt wahrscheinlich). [MG (im 1. Teil), Fabeln und Erzählungen, mit Notizen und Zitaten in französisch, englisch und lateinisch, ill. mit 14 Kupfertaf. [Fundort: Altstadt Antiquariat, CH-1700 Fribourg], *

319.

Hahn, Chr. L.: Ernst Liebreichs Wanderungen auf dem Markte des Lebens nebst einem Schatzkästlein poetischer Lebensweisheit. Ein Buch zur Unterhaltung und Belehrung für Jung und Alt. Mainz: Müller 1829.

320.

Hahnzog, C. L.: Kleine Sittenlehre nebst Sittenversen und moralischen Erzählungen für meine Schulkinder. Magdeburg 1803, 88 S.

321.

Hanauisches Magazin, hg. v. Johann Christian Stockhausen, 8 Jgg. (1777-1785). - Der Gründer und Herausgeber, luth. Superintendent in Hanau, wollte „allen guten Köpfen Hanaus Gelegenheit geben, ihre Gedanken zum allgemeinen Nutzen und Frommen darin zu veröffentlichen". Das Magazin erschien wöchentlich in Kleinoktavformat im Verlag des lutherischen Waisenhauses und kostete pro Jahr einen Reichstaler. Mitarbeiter war u.a. der „Apfelpfarrer" Johann Ludwig Christ.

322.

Handbuch für Kinder von reiferem Alter, zur Bildung des Verstandes und Herzens. Nürnberg: George Peter Monath 1776, 280 S. [Standort: Städtische Bibl. Ballenstaedt 3/24; Badische LB Karlsruhe: Gym. 1217], - Das Werk besteht aus vier Teilen, MG kommen im zweiten Teil „Lehrreiche Anekdoten und Fabeln" vor (S. 81-142). Dazu der Verfasser: „Die Anekdoten und Beyspiele prägen sich dem Gedächtnis tiefer ein, und gefallen den Kindern, weil sie eine moralische Wahrheit auf eine anschauende Weise, so zu sagen, lebendig vorstellen." (Bl. 3b4a). Der dritte Teil, "Kurze moralische Aufsätze und Gedanken" (S. 143-188), besteht aus kurzen Abhandlungen und Verhaltensregeln, z.B.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

727

„Von der Dienstfertigkeit und Wohlthätigkeit", „Pflichten im Umgange", „Ueber das Vergnügen". * 323.

Haries, Heinrich: Der fromme Seefahrer. Ein Handbuch zur vernünftigen Erbauung und nützlichen Unterhaltung. Flensburg 1792.- 2. Aufl. Flensburg 1810.

324.

Harnisch, Wilhelm (Hg.): Zweites Lese- und Sprachbuch, oder Uebungen im Lesen und Reden, Schreiben und Aufschreiben, Begreifen und Urtheilen, mit Zuziehung mehrerer Schulmänner; für gelehrte, Bürgerund Volksschulen. Achte Aufl. Breslau: Graß, Barth u. Comp. 1838, VIII, 380 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DC-I 4 (8,1838)]. - Bestehend aus sieben Abschn., deren erste vier (S. 1-89) der Sprachlehre gewidmet sind. Der fünfte Abschn. „Mährchen, Erzählungen und Beschreibungen" (S. 90-202) vereint MG, „Begebenheiten", Anekdoten, Sagen, Märchen, Fabeln und die Lebensbeschreibung Rudolfs von Habsburg. *

325.

Hatzel, Adam Heinrich: Georg Reinhards, eines fränkischen Bauers Lebensgeschichte; oder vollständige und deutliche Anweisung, wie der Landmann nicht nur zufrieden leben, sondern auch durch eine gute Anweisung im Feld- und Weinbau in kurzer Zeit sich zu einem vermöglichen Manne emporschwingen könne. Heilbronn/Rothenburg o. d. Tauber: Claß 1796. 252 S. 8°.

326.

Hauber, Johann Michael (Hg.): Moralische Schilderungen zur Belebung des Edelsinnes und der Tugend. München: Giel 1826. 1 Frontispiz., 2 Bll., 278 S. [Fundort: Antiquariat Bernhard Blanke Berlin, 10785 Berlin], - Weitere Aufl.: Mit einem Kupfer. Lindau: J. T. Stettner, 1856, 8°, 282 S. [Fundort: Antiquariat Hans Kümmerle, 73033 Göppingen].

327.

Ders.: Erzählungen aus der Welt- und Menschengeschichte zur Veredelung des Herzens. Mit einem Kupfer. Lindau: J. Th. Stettner Verlag 1852, 4. durchgehend neu bearb. Aufl. 1 Bl., 298 S., 1 Bl. [Fundort: Buchhdl. u. Antiquariat Walter R. Schaden, A-1010 Wien],

328.

Ders. (Hg.): Blüthengärtlein, enthaltend Erzählungen, Parabeln, Legenden und Mährchen, zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes. Dritte, umgearb. u. verm. Aufl. München: Giel 1827. XVI, 256 S. mit einem Titelkupfer [Fundort: Antiquariat M. Loidl, 83567 Unterreit].

329.

Ders.: Auserlesene Erzählungen und Parabeln, zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes. Ein Lesebuch für die Jugend. München: Giel 1814 [Standort: UB München]; 2. Aufl. 1815; erschien 1827 u.ö. verm. als Bd. 8 in Haubers „Jugend-Bibliothek".

330.

Heckhel, Andreas: Sittenlehren aus den sonntäglichen Evangelien des ganzen Jahres, verfasset von Α. H., einem Priester aus der Gesellschaft

728

Literaturverzeichnis Jesu, zu Wien bey St. Stephan gewesten Domprediger. Gratz: Richter 1770, 2 Bde. Bd. 1: 8 B1L, 464 S. 8°; Bd. II: 430 S., 8° [Standort: SUB Göttingen, Sign.: HSD' DD99 A 4201:1 und A 4201:2],

331.

Heidegger, Heinrich: Der vernünftige Dorfpfarrer. Geschichte wie sie ist, und wie sie durchgehende seyn sollte. Lesebuch für Landgeistliche und Bauern. Zürich: Orell, Geßner, Füßli & Co. 1791. 336 S. 8°. mit 20 Kupfern [Standorte: LB Bern: L 2054; StB Zürich], - Tagebuchartiges Lesebuch aus der Dorfchronik eines „vernünftigen Schulmeisters", der vom segensreichen Wirken eines Landpfarrers berichtet. *

332.

Heinrich, Carl: Aus der Kinderwelt. Wahre Geschichten von der Güte und Hülfe Gottes für Jung und Alt. Leipzig 1863.

333.

Ders.: Schöne Geschichten für kleine Kinder von drei bis sechs Jahren. Leipzig 1877.

334.

Herchenbach, Wilhelm: Die Goldkinder, oder Du sollst Vater und Mutter ehren, auf daß du lange lebest auf Erden. Erzählung für Volk und Jugend. Mit vier Stahlstichen. Regensburg: Manz o.J. [um 1900], 158 S. [Fundort: Antiquariat Murr Bamberg, 96049 Bamberg].

335.

Ders.: Aus der Finsternis zum Lichte. Erzählung für Volk u. Jugend (= W. H. Erzählungen 64). 4. Aufl. Regensburg: Manz, 1900, 157 S., III. [Standort: UB Regensburg, Magazin/Kleinschrifttum, Sign. 255/G63836139

336.

Ders.: Wie einer Lehrer geworden. Erzählung für Volk und Jugend. 11. Aufl. Regensburg: Manz o.J., 160 S. mit 4 Abb. nach Stahlstichen [Fundort: Antiquariat Ribaux, CH-9001 St. Gallen],

337.

Ders.: Der Schulmeister von Hilpertshausen. Erzählung für Volk und Jugend. Regensburg: Manz, 1882, 160 S., III. [Standort: UB Augsburg, Oett.-Wallerstein-Bibl., Sign. 02/III.8.8.2639],

338.

Herrmann, M. Friedrich: Moralische Erzählungen für Kinder von 8 bis 12 Jahren. Warschau: Wilke 1796, VIII, 132 S. [Standort: UB Augsburg, Magazin, 221/GE 6919 H568 Sl], *

339.

Ders.: Moralische Kinderbibliothek oder die menschlichen Pflichten in Erzählungen für die erwachsnere Jugend, 6 Teile. Lübben: Gotsch 1802-1821. Bd. 1: XVI, 486; Bd. 2: XIV, 463 S.; Bd. 3: 3 Bll., 558 S. Kl. 8°. Es handelt sich um Preisbände [Fundort: Antiquariat AixLibris, 52062 Aachen],

340.

Ders.: Neue Fibel für Kinder oder methodischer Elementarunterricht im Lesen und Abstrahiren nach Pestalozzi, Olivier und eignen Ideen. Mit 14 Kupfern. Leipzig: J. C. Hinrichs [1804], 206, 57 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 2006-5452] - Enthält MG, die die Folgen von Unmäßigkeit, Naschhaftigkeit, Furchtsamkeit, Leichtsinn, Un-

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

729

Vorsichtigkeit, Fleiß, Faulheit, Sparsamkeit, Ordnungsliebe, Pünktlichkeit, Reinlichkeit, Schadenfreude, Diebstahl, Betrug und Lügen schildern. Außerdem werden das Verhalten in Krankheiten, Erwachsenen gegenüber und die Geschwisterliebe behandelt (S. 176-206). * 341.

Herzer, Franz Xaver: Sittenspiegel fur das Landvolk in Beyspielen und Erzählungen zum Muster für die deutsche, besonders bayerische Landund Stadtjugend. Bd. I Haidhausen bei München: Singer 1790, 160 S. 8°. - Bd. 2. Regensburg: Kaiser 1793, 174 S. 8°. - Bd. II auch u. d. T.: Ueberzeugende Volksgeschichten, als eine Aneiferung, um fleißigem Anbau, Wirthschaft, und Zufriedenheit des Landmanns und Städters zu befördern, sammt Erzählungen der Veränderungen des Erdbodens oder der Oekonomie der Natur: als Beytrag zum Noth- und Hülfsbüchlein. Sammlung von MG, zusammengefaßt in Kap. über vorbildliche und über „rohe, wilde, unnachbarliche Bauern". Zu ihrer Zeit berühmte Geistliche werden als Vorbilder porträtiert, sowie über die Einrichtung von Schulen und Armenhäusern berichtet. *

342.

Ders.: Nachricht von Stiftungen zur Aussteuerung gut gesitteter, und arbeitsamer Mädchen, und wahrhafte Begebenheiten gut oder übel gerathner Ehen zur Ueberlegung für ganz reife Mädchen. Donauwörth: Franz Singer 1792 [Standort: BSB München, Magazinsign. Paed.th. 1997; UB München, Magazinsign. 8 Polit. 143). - Im ersten Teil (S. 160) stellt H. aufklärerische Feste zu Ehren tugendhafter junger Leute vor, im zweiten geht es um Ratschläge „Für eine gute Ehe" (S. 60-104), jeweils untermauert durch MG. *

343.

Heusinger, Johann Heinrich Gottlieb: Gutwills Spatziergänge [!] mit seinem Wilhelm, für junge Leser herausgegeben. Zittau/Leipzig 1792, XXII, 115 S. [Standort: Leopold-Sophien-Bibl. Überlingen],

344.

Ders.: Die Familie Wertheim. Eine theoretisch-praktische Anleitung zu einer regelmäßigen Erziehung der Kinder; vorzüglich von dem sechsten bis in das vierzehnte Jahr. 5 Bde. Gotha: Perthes 1798. - 2. Aufl. Gotha 1800-1809 [Standort: Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibl.].

345.

Ders./André, Christian Carl (Hgg.): Ulrich Flamming [Verfasser]: Ein lehrreiches Lesebuch fur Kinder, welche gern die Geschichte erlernen möchten. Braunschweig: Verl. der Schulbuchhdlg. 1799, 109 S.

346.

Hey, Wilhelm: Fünfzig Fabeln für Kinder, mit Illustrationen von Otto Speckter. Hamburg 1833. Neudr. Dortmund 1978. Forts.: Noch 50 Fabeln für Kinder. Hamburg 1837. Neudr. Dortmund 1978.

347.

Heyder, Christoph G.: Etwas zur Kurzweil und zum Zeitvertreib fur Bauersleute. Coburg: Sinner 1801. 8°.

348.

Hirt, Ferdinand: Deutsches Lesebuch. Ausg. B: Für mehrklassige evan-

730

Literaturverzeichnis

gelische Schulen. Vollständig in sechs Teilen. Erster Teil. Schreib- und Lese-Fibel. Mit 45 Abb. Dritte Stereotyp-Aufl. Breslau: Ferdinand Hirt, Königliche Universitäts- und Verlags-Buchhdlg. 1901, 96 S. [Standort: Georg-Eckert-Inst. f. internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-II 12 (3, 01)-1. - MG auf S. 47-96 mit Titeln wie „Hüte dich vor dem Feuer, liebes Kind, und sei deinen Eltern immer gehorsam!" (S. 54); „Du sollt nicht naschen und nicht stehlen und, was du findest, nicht verhehlen!" (S. 54), „Höflich und bescheiden sein, steht allen Kindern fein" (S. 55); „Ich lieben, muntern Kinder, schreibt dies recht in eure Herzen: ,Die Freuden, die man übertreibt, verwandeln sich in Schmerzen" (S. 70), „Wer nicht hören will, muß fühlen" (S. 75), „Trägt einer gar so hoch den Kopf, so ist er wohl ein eitler T r o p f (S. 75). * 349.

Ders.: Lesebuch für Volksschulen. Ausg. E: Insbesondere für zweisprachige Schulen mit einfachen Schulverhältnissen. Teil I. Abteilung 2: Lesebuch für die Unterstufe. 12. Stereotyp-Aufl. Breslau: Ferdinand Hirt, Königliche Universitäts- und Verlags-Buchhdlg. 1895, 63 S. [Standort: dto. DB-II 16 (12,1895)-2. - Enthält mehrheitlich MG, ohne Verfasserangaben. *

350.

Ders.: Deutsches Lesebuch. Ausg. E: Für zweisprachige Schulen mit einfachen Schulverhältnissen. Vollständig in vier Teilen. II. Teil. Lesebuch für die Unterstufe. Mit 30 Abbildungen. Breslau: Ferdinand Hirt 1898, 80 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-II 16 /l,1898)-2.] - Enthält insgesamt 96 Stücke, darunter einige MG. - Neubearb. unter dem Titel von 1897 [Standort: dto.]. *

351.

Hirzel, Hans Caspar: Die Wirthschaft eines philosophischen Bauers [= Kleinjogg]. Neudr. der neuen, verm. Aufl. Zürich: Orell, Geßner, Füeßlin und Comp. 1774, mit einem Nachwort v. Holger Böning (= Volksaufklärung 6). Stuttgart-Bad Cannstatt 1998, 493 S., 1 Abb.

352.

Historien von der Landwirtschaft, die sich in Böhmen hie und da zugetragen, hg. v. dem Trenower Bauern-Institute. Prag/Wien: Schönfeld 1792. 8°.

353.

Historienbuch für Bürger und Landleute. H. 1-4. Neustadt 1803-06. Nützliches Historienbuch für Bürger und Landleute 3 Theile. Quedlinburg 1795-97 (Titelaufl. v. „Der Jugendfreund", ebd. 1788ff.).

354.

Historische, Physikalische und Moralische Unterhaltungen für Kinder beyderlei Geschlechts zur Bildung des Verstandes und Herzens. Frankfurt: Johann Philipp Streng 1781. Kl.-8°, 248 S. - Das Buch beginnt mit einem Gespräch zwischen zwei Mädchen und einem Knaben über das Betragen in der Gesellschaft. Danach folgt eine Anrede „an die jungen Leser dieser Blätter". Es sei unmöglich, „daß ein junger Mann glücklich

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

731

werde, wenn er nicht siner Bestimmung gemäß lebe. Die Jugend soll lernen, um sich dadurch zu dem Dienste Gottes und der Welt geschickt zu machen, die sie dafür nach dem Maaß ihrer Dienste belohnt, und glücklich macht". Es folgen moralisierende Erörterungen über die Bestimmung der Jugend sowie eine „Vorbereitung zur Weltgeschichte", kleine Erzählungen, Anekdoten und naturgeschichtliche Betrachtungen. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]* 355.

Hoff, Heinrich Georg: Allgemein nützliches Hand- und Volksbuch für Stadt- und Landwirthe, worin nicht nur die gemeinnützigsten Aufsätze und Regeln für die Haus- und Landwirtschaft, sondern auch der Gesundheitskatechismus, eine Hausapotheke und dergleichen mehr enthalten ist. Grätz: Tusch 1793.

356.

Ders.: Goldene Legende, oder: Lehr-, Hand- und Anekdotenbuch den lieben Landmann, auch für Bürger in den Städten, zum Nutzen, Erbauung und Unterhaltung für selbe, auch auf die jetzigen Zeiten passend. Bd. 1-2. Leipzig/Grätz: Kienreich 1794. 218 S., 238 8°[Standort: Univ. Frankfurt/Main, Institut für Volkskunde],

357.

Ders.: Unterhaltendes Allerley zu Vertreibung müßiger Stunden bey langen Winterabenden. Brünn: Swoboda/Siedler 1778, 1 Bl. 199 S., 8° [Standort: SUB Göttingen, Sign. HSD DD2000 A 401],

358.

Hoffmann, Franz: Hundertfünfzig Moralische Erzählungen für kleine Kinder. Stuttgart 1842. - 8. unveränd. Aufl. Stuttgart: Schmidt & Spring 1859, Kl.-8°. VIII, 303 S. mit 16 färb. Lithogr. [Fundort: Antiquariat J. J. Heckenhauer, 72070 Tübingen], - 12. unveränd. Aufl. Stuttgart: Verlag von Schmidt & Spring 1867 [Württ. Landesbibl. Stuttgart, Sign. 30/11832], - 19. neu durchges. Aufl. Stuttgart: Schmidt & Spring (ca. 1880). Kl. 8°. VIII, 303 S. mit 16 färb. Lithogr. [Fundort: Antiquariat J.J. Heckenhauer, 72070 Tübingen; Antiquariat Hilbert Kadgien, 97318 Kitzingen]. *

359.

Ders.: Neue hundertundfünfzig Moralische Erzählungen für kleine Kinder. (Einbandtitel: Das bunte Buch). 15. neu durchges. Aufl. mit 16 handkolor. Lithogr. Stuttgart/Leipzig: Schmidt & Spring[er] o. J. (ca. 1865). VIII, 370 S. Kl.-8°. [Fundort: Arno Adler Buchhdlg. und Antiquariat, 23552 Lübeck; Antiquariat H. R. Lang, 65183 Wiesbaden],

360.

Ders.: Das bunte Buch. Neue hundertfünfzig moralische Erzählungen für kleine Kinder. Stuttgart: Barth o. J. (16. Aufl. ca. 1890), 370 S., 14 handkolor. Lithogr. mit Szenen aus dem Leben von Kindern [Fundort: Versandantiquariat Mario Brändel, 80796 München], *

361.

Ders.: Geschichtenbuch für die Kinderstube. Kleine moralische Erzählungen für Kinder von fünf bis acht Jahren. Stuttgart: Chelius 1856. 3. Aufl. Kl. 8°, 8 färb. Lithogr., 234 S. [Fundort: Nosbüsch, 53113 Bonn],

für zur anS.

732

Literaturverzeichnis

362.

Ders.: Abendstunden. Erzählungen für meine jungen Freunde. Mit 5 kol. Lithographien. 3. Aufl. Stuttgart: Hallberger o.J. [1856],

363.

Ders.: Die erzählende Mutter. Kleine moralische Erzählungen für Kinder von fünf bis acht Jahren. Stuttgart: Hoffmann 1850, 2. Aufl., mit vielen colorierten Bildern, 169 S. [Fundort: Antiquariat Anna Petri, 07743 Jena].

364.

Ders.: Der Mensch denkt und Gott lenkt (= Stuttgarter Jugendbücher). Stuttgart: Union-Verlag 1909, 139 S.

365.

Ders.: Der verlorne Sohn, für die Jugend und Jugendfreunde. Stuttgart: Schmidt & Spring 1884, I I I S .

366.

Ders.: Die Macht des Gewissens, meinen jungen Freunden. Stuttgart: Schmidt & Spring Stuttgart 7. Aufl. 1899, 107 S.

367.

Ders.: Ein gutes Herz und andere Geschichten, bearb. V. Rektor Voigt Hamburg: Drei Türme Verlag o.J. [ca. 1925?], 158 S.

368.

Ders.: Treue Geschwisterliebe und andere Erzählungen von Franz Hoffmann. Für die Jugend neu bearb. v. Rektor P. Voigt. Berlin: A. Weichert Verlag o.J. [1937 ?], 166 S., 3 handcol. Lithogr. von M. Wulff [Privatbesitz].

369.

Ders.: Die Großmutter im Kreise ihrer Enkel. Moralische Erzählungen für die Jugend. Stuttgart: Nitzschke 1. Aufl. 1851; 4. Aufl. um 1875, 222 S. Mit 8 colorierten Lithographien von Rothbart [Fundort: Antiquariat Bechtel, 69117 Heidelberg; Antiquariat F. Deuticke, A-1010 Wien],

370.

Hoffmann, Friedrich: Lebensweisheit in Parabeln und Gleichnissen für die reifere Jugend. Mit 20 Stahlstichen. 2. Ausg. Stuttgart: Verlag von Schmidt & Spring 1846 [Privatbesitz]*

371.

Ders.: Der christliche Kinderfreund, ein Lese- und Hülfsbuch für Volksschulen. 9. Aufl. (Mit Stereotypen). Halle: Eduard Anton 1857, X, 420 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1007-8585], Das Buch ist in drei Abschn. und vier Anhänge unterteilt. Der erste Abschnitt „Bemerkungen. Erzählungen zur Erweckung des Nachdenkens und guter Entschlüsse" besteht zu einem großen Teil aus MG. Er ist in folgende Gruppen gegliedert: „Das Haus" (S. 3ff.), „Die Schule" (S. 45ff.), „Die Gemeinde" (S. 59ff.), „Das Vaterland" (S. 87ff.). *

372.

Hoffmann, W.: Kleines Sittenbüchlein. Moralische Erzählungen in Bildern und Versen. Schwäbisch Hall/Leipzig: Druck und Verlag von Wilh. Nitzschke o.J. (um 1850), 64 S., Titelbl. u. 8 Taf. mit handkol. III. von W. Hoffmann, kl.8°. [Fundort: ABC Antiquariat Marco Pinkus, CH-8001 Zürich],

373.

W. H. [= Hoffmann, Wilhelm]: Kurze Anweisung für kleine Kinder. Neue Ausg. Spelldorf 1816.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

733

374.

Hofmann, J. P.: Feuerbüchlein für die liebe Schuljugend auch für Erwachsene brauchbar; worinn durch verschiedene Exempel vor Unachtsamkeit mit dem Feuer etc. gewarnt wird. Prag 1796, 7 Bll., 64 S. u. 7 Holzschnitte.

375.

Holland, Johann Georg: Erklärung der sonntäglichen Evangelien. Ein Lesebuch für den Bürger und Landmann, wie auch zum Gebrauche der Seelsorger auf dem Lande. 2 Theile. 1 fl. 30 fk. München: Strobl, 2 Bde. 1788/91, Bd. I: XIV, 472 S., 8°; Bd. II: 1 Bl., IV, 409 S., 8° [Standort: SUB Göttingen, HSD' DD2000 A 152:1 und A 152:2],

376.

Huber, Joseph: Isidor, Bauer zu Ried; eine Geschichte für das Landvolk, wie auch für unsere Bürger in den Städten, begleitet mit einer „Vorrede an die Bürger in Städten und die lieben Landleute" von Johann Michael Sailen Bd. 1-2. München: Lentner 1797. 357 S., 391 S., 8°; 2. Aufl. München 1801, 8°; 3. verbess. Ausg. Augsburg 1804 [Standort: Wessenberg-Biblio. Konstanz, Sign. 8031]; 4., wohlfeilere Ausg. 2 Bde in 1 Bd: München: Lentner 1828. Frontispiz, Titeibl., X S. 3 Bll., 519 S. 8°. Privatbesitz; 5. Aufl. 1832; 6. Aufl.: München: Lent/ ner / Leipzig: Volkmar / Wien: in der Mech. Congr. Buchhdlg. 1836. XVI, 388 S. 8°. Privatbesitz; 7. Aufl. München 1846; 9. Aufl. München 1865; Jubiläumsausg.: München 1897; Neu bearb. Aufl.: Klagenfurt: St. Josef-Bücherbruderschaft 1916. 191 S. 8°. Privatbesitz. - Zum Inhalt: Ein alkoholabhängiger Bauer ist gestorben, hinterläßt Frau und einen Sohn, der sich zu einem vorbildhaften Menschen entwickelt. * Humann, Vital: Katechetisches Lehr- und Lesebuch. Erklärungen und Beispiele zu den einzelnen Passagen des katholischen Katechismus. Zum Gebrauche beim Religionsunterrichte. Graz 1913. Hundeiker, Johann Peter: Privatfibel oder einsilbige angenehme und nützliche Uebungen im Lesen und Denken für Buchstabirschüler aus gesitteten Ständen. Braunschweig 1791 [Standort: LB Stuttgart, Sign. Paed. oct. 1713], Hungari, Anton: Rosen und Dornen in Erzählungen für katholische Familien. Mainz 1839 [Standort: UB Augsburg].

377.

378.

379. 380.

Ders. (Hg.): Katholische Volksbibliothek. Erzählungen, 12 Bde. Regensburg: Manz 1863-68 [Standort: BSB München],

381.

Ders.: Gute Aussaat. Erzählungen zur lehrreichen Unterhaltung für katholische Christen. Gesammelt und bearb. v. A. H. Regensburg: Manz 1867 [Standort: SB Regensburg, UB München],

382.

Ders.: Fröhliche Ernte. Erzählungen zur lehrreichen Unterhaltung für katholische Christen. Bearb. u. gesammelt von A. H. Regensburg: Manz 1868 [SB Regensburg, UB München],

734

Literaturverzeichnis

383.

Ders.: Neue katholische Volksbibliothek. 12 Bde., Regensburg: Manz 1870 [Standort: BSB München],

384.

Ifka, Fr.: Moralische Erzählungen: Ein Christenlehrgeschenk für die Jugend. Würzburg: Stahel, 1840, 202 S. [Standort: BSB München, Paed.pr. 1656],

385.

In freien Stunden. Eine Wochenschrift. Romane und Erzählungen für das arbeitende Volk. Jg. 15, 2 Bde. Berlin: Vorwärts 1911, je 620 S. Enthält: C. Spindler: Der Jude, ill. ν. Engelbert Weiner; Gustav Nieritz: Der Kreuzturm zu Dresden; Charles Dickens: Oliver Twist, ill. v. Max Fabian u.a.

386.

J. Ehrmann oder die Schule zu Wiesenfeld. Eine Geschichte fürs Volk auf dem Lande. Salzburg 1804.

387.

[Jacobi, Johann Georg Friedrich (Bearb.):] Unterricht-, Noth- und Hülfsbüchlein für Bürgers- und Bauersleute. Darinnen sie in den meisten Vorfällen des Lebens, beym Feldbau, bey der Viehzucht, und in der Hauswirthschaft, bewährte und nützliche Regeln, Anweisungen und Vortheile verzeichnet finden. Verm. u. verbess. Aufl., fur das katholische Oberdeutschland, besonders für den bayerischen Kreis eingerichtet. 2 Bde. Weissenburg in Franken: J. G. F. Jacobi 1790, Bd. I: 326, 9 Kupferstiche; Bd. II 352 S. [Standort: BSB München, Sign.: Oecon. 201 p.; UB Würzburg]. - Beckers „Noth- und Hilfsbüchlein" (Gotha 1787/98) wurde hier von Jacobi fur die bayerischen Verhältnisse ohne die Geschichte des Dorfes Mildheim neu bearb. und hg. Neben Anleitungen zur Produktion und zum Umgang mit Lebensmittel geht es im ersten Band um die Reinlichkeit als Mittel zur Gesunderhaltung, um vernünftige Kleidung, um das Verhalten in der Ehe, gegenüber dem Gesinde, bei Notfallen (Ertrinken, Ersticken); eine Figur namens Wilhelm Denker schildert, wie es ihr gelungen ist, die Armut zu überwinden usw. * - Der zweite Band ist dem Umgang mit dem Vieh gewidmet.

388.

Jacobs, (Christian) Friedrich (Wilhelm): Auswahl aus den Papieren einer Unbekannten. Des Frauenspiegels erster bis dritter Band. 3 Bde. Leipzig: Carl Cnobloch 1818-1822. 8°. I: XIV, 492 [richtig 496] S., 1 Bl.; II: 3 Bl., 529(1) S.; III: 2 Bl., 572 S., 1 Bl.; Stuttgart: Macklot 2. Aufl. 1820-25. - Sammlung von Erzählungen ethisch-religiösen Inhalts „zur Belehrung und Bildung des weiblichen Geschlechts", eine Zielrichtung, die Jacobs in seinen zahlreichen, vielgelesenen Bildungsschriften und Erzählungen verfolgte. Enthält u.a.: Amande, Die Mitgabe, Sophiens Papiere; Erinnerungen aus dem Leben der Pfarrin von Mainau, Liebe am Hofe, Der Namenstag, Die abgewehrte Rache; Erinnerungen aus dem Leben der Pfarrin von Mainau, 2.-3. Buch, Zerstreute Blätter von Odos Hand. - Vgl. Goedeke X, 16, 21. *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

735

389.

Ders.: Allwin und Theodor. Erzählungen. 3 Bde. Leipzig 1802-07; neu hg. v. Dietrich Theden. Mit 5 Abb. von G. Hahn (= Universalbibliothek fur die Jugend 140/142), 204 S. Stuttgart: Gebr. Kröner o.J. [um 1900]. - Schildert Begebenheiten aus dem täglichen Leben der beiden Brüder und vermittelt dabei moralische Lehren, naturkundliches Sachwissen und Unterhaltung. Die Bände erfreuten sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts großen Zuspruchs. *

390.

Ders.: Die beyden Marien. Eine Geschichte. Leipzig: C. Cnobloch 1821. 32, 374 S.; 2. unveränd. Aufl. ebd. 1826. XXXII, 374 S. - Goed. X, 16, 26. - Diese „bedeutende Erzählung" (ADB) bildet den „siebenten oder Schlußtheil" von F. J.' „Die Schule der Frauen oder Schriften zur Belehrung und Bildung des weiblichen Geschlechts".

391.

Ders.: Die Feierabende in Maina und Leipzig. 1820/21.

392.

Ders.: Erzählungen. 7 Bde. Leipzig 1824-37.

393.

Ders.: Rosalies Nachlaß nebst einem Anhange. Leipzig: Knobloch 1812 (enthält auch „Nachlese aus Rosaliens Tagblättern" (S. 369-380), und „Denkwürdigkeiten aus dem Leben der Gräfin Katharina von Sendoval" (S. 381-503)); Reutlingen: Fleischhauer und Böhm 1815. 8°. VI, 522 S.; 2. verm. Aufl. VIII, 503, S. 8°. Leipzig: Carl Cnobloch 1816; Reutlingen: J. J. Mäcken 1818, 457 S., K1.8°; Dritte verm. Aufl. 2 Bde. Leipzig, Cnobloch, 1820. VI, 298, 328 S. III.; 2 Teile in 1. 5., verm. und verb. Aufl. ebd. 1842. 8°, X, 290, 324 S. - Entstanden während der Krankheit seiner Frau, „um ein religiöses Gemüth" zu schildern, „das bei äusseren Stürmen still und unerschüttert auf fester angeerbter Ueberzeugung ruht" (ADB XXX, 609). Beliebte, von Erziehern empfohlene Lektüre für junge Mädchen.

394.

Ders.: Schriften zur Belehrung des weiblichen Geschlechts. 7 Bde., Leipzig 1827-28.

395.

Jais, Aegidius: Katechismus der christkatholischen Glaubens- und Sittenlehre. o.O. 1807; 2. verbess. u. verm. Aufl. Würzburg: Joseph Stahel 1811 [Standort: UB Würzburg; vgl. Abb. 19, S. 468],

396.

Ders.: 27 lehrreiche Erzählungen für die Jugend. Neue Stereotyp-Ausg. Reutlingen: Enßlin & Laiblin, ca. 1920. K1.-80, 32 S. [Fundort: Antiquariat Patzer & Trenkle, 78462 Konstanz],

397.

Ders.: Beispiele, Geschichten und Erzählungen zum Nutzen und Vergnügen. Regensburg 1815, 2 Bde. 8°.

398.

Ders.: Das wichtigste für Eltern, Schullehrer und Aufseher der Jugend. Also auch und besonders für Seelsorger. München 1798. Beigeb.: Patriotische Vorschläge zur Verbesserung der Kinderzucht des Landvolkes. Ein Versuch von F[r], F[rdr]. S[iegm], A. F[rhr], von B[öcklin von

736

Literaturverzeichnis

und zu Böcklins-Au], Frankfurt/Leipzig 1777, 9 B l l , 67 S. [Standort: UB Würzburg, Sign.: Paed.o.846.]. 399.

Ders.: Ein Gebet- und zugleich ein Lehr- und Hausbuch fur gute Christen vom gemeinen Stand, besonders für das Landvolk. Bayrdiessen 1792. 3. verbess. Aufl. Salzburg 1795.

400.

Ders.: Gebet und Lehren, die christliche Eheleute recht oft und wohl zu Herzen nehmen sollten. Wien 1798.

401.

Ders.: Lehr- und Betbüchlein für die lieben Kinder. Mit angehängten schönen Geschichten und lehrreichen Erzählungen. Salzburg 1792. 8°. 2. Aufl. Salzburg 1793. 3., sehr verm. Aufl. Salzburg 1795. 8. Aufl. Salzburg 1804. - MG über Reinlichkeit, Ordnung, Sparsamkeit, Ungehorsdam, Wohltätigkeit, Fluchen, Schwatzhaftigkeit usw. *

402.

Ders.: Lehrreiches und unterhaltendes Lesebuch für die reifere Jugend über Natur, Religion und Menschenleben. 3 Bde., 8°. Augsburg 1800.

403.

Ders.: Lesebuch für (studierende) Jünglinge zur Bildung ihres Herzens. Salzburg: Mayersche Buchhdlg. 1797. [enthält keine MG].

404.

Ders.: Lesebuch für die Jugend deutscher Schulen. 2. Aufl. Freyburg 1806, 104 S. u. Anhang.

405.

Ders.: Pfarrer Sebalds Lehren und Ermahnungen bey gegenwärtigen Kriegszeiten. München 1798, 2. Aufl. München 1800.

406.

Ders.: Schöne Geschichten und lehrreiche Erzählungen zur Sittenlehre für Kinder. 2 Bde. Köln/Münster/Paderborn: Johann Friedrich Kepler 1806/07. - 44 MG in Bd. I, jeweils mit zwei- bzw. vierzeiligen Merksprüchen versehen; 29 MG in Bd. II (Nr. 1-29). *

407.

Ders.: Walter und Gertraud, für das Landvolk auf dem Lande geschrieben. Würzburg: Joseph Stahel 1809. [Standort der Ausg. von 1811: UB Würzburg, TB Germanistik], - Durchgehende Erzählung mit guten Lehren und moralischen Ermahungen mit besonders düsterem Unterton.

408.

[Janßen, Hinrich:] Hinrich Janssens eines Niedersächsischen Bauers sämtliche Gedichte. Mit einer Vorrede Sr. Hochwürden, Herrn Johann Hinrich Pratje[s] begleitet. Zum Druck befördert und verlegt von des seel. Verfassers Sohn, Johann Hinrich Janssen. Stade: Königl. privilegirte Buchdruckerey 1768, 16 ungez. Bll., 460 S.

409.

Japel, Christian Ludwig: Lesebuch zum Unterricht des Landmanns, ls4s Quart. Halle 1783/84.

410.

Jocham, Magnus: Katholische Parabeln und Erzählungen. Sulzbach: Verlag der J. E. v. Seideischen Buchhdlg. 1. Aufl. 1852, 360 S. - Lehrreiche Unterhaltungsschriften von katholischen Verfassern mit Rücksicht auf Sittenreinheit und gute Gesinnung ausgewählt. [Fundort: Versandantiquariat Lenze, 79183 Waldkirch].

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

737

411.

Jugendakademie oder Franz Rode der verständige und wackere Lehrer. Ein Lese-, Lehr- und Unterhaltungsbuch fur Knaben und Jünglinge aller Schulen, Stände und christlichen Religionen, und zugleich ein Lehrund Leitfaden fur Schullehrer und Privaterzieher. Regensburg, Daisenberger 1826. 2 Teile in 1 Band. Kl.-8°. Titel, 162 S., 1 Bl.; Titel, 158 S., 1 Bl. - Enthält als Einleitung die Lebensgeschichte des Lehrers Franz Rode, dem Gründer der „Jugendakademie", danach folgen Beschreibungen des dort angebotenen Unterrichts für die ersten sieben Wochen. Dieser beginnt mit einer „Geschichte der Schulen", der „Entstehung der Klöster" sowie kleinen moralischen und religiösen Erzählungen (1. Teil), anschl. eine Biographie des Naturforschers Carl v. Linnee, weitere Erzählungen und ein Beitrag über die „Entstehung, Eintheilung und Benützung der Waffen". Fremdwörter und schwierige Begriffe werden jeweils in Fußnoten erklärt. Im Anschluß an die sachlichen Beiträge folgt jeweils ein Nachtrag für Schullehrer und Privaterzieher. [Fundort: Antiquariat Haufe & Lutz, 76133 Karlsruhe].

412.

Just, Karl Gottlob: Neues kurzgefaßtes und leichtes Lehr-, Lern- und Lesebuch für die Dorfjugend und zum Gebrauch in Dorfschulen bestimmt. Leipzig/Chemnitz 1798, 140 S.

413.

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Ergetzungen der vernünftigen Seele aus der Sittenlehre und der Gelehrsamkeit überhaupt. [Zeitschrift] Leipzig 1745-49.

414.

Ders.: Fabeln und Erzählungen. Köln 1759.

415.

Kähler, Detlef Claudius Franz: Der kleine Katechismus Luther's, erläutert durch Bibelsprüche, schriftenmäßige Christenlehre, Erzählungen aus dem Reiche Gottes und geistliche Lieder. Ein Lern- und Erbauungsbuch für Schule und Haus. Hamburg: Agentur des Rauhen Hauses 1851, 2 1857, 540 S. mit 541 Nrn. mit Lebenslauf des Autors (S. X-XVI) aus der Feder des Bearbeiters Israel nach den Aufzeichnungen des Sohnes Pfarrer Glaser zu Greiselbach in Bayern [Standort: UB Erlangen].

416.

Kanne, Johann Arnold: Sammlung wahrer und erwecklicher Geschichten aus dem Reiche Christi und für dasselbe. 3 Theile. Nürnberg 181522, 3 1843.

417.

Ders.: Leben und aus dem Leben merkwürdiger und erweckter Christen aus der protestantischen Kirche. 2 Theile Bamberg und Leipzig 1816/17.

418.

Keller, Joseph Anton: Dreihundert Strafgerichte Gottes und Zufalle, welche keine Zufälle sind. Aus neuester Zeit, nach wahrheitsgetreuen Berichten. Mainz 1886, 500 S. (Nachdr. dieser Ausg. Kelkheim: Schmitz-Verlag 2000).

738

Literaturverzeichnis

419.

Ders.: Hundert lehrreiche Geschichten für Erstkommunikanten für die Zeit vor und nach der ersten heiligen Kommunion. Nach den besten Quellen. 7., aufs Neue durchges. u. verm. Aufl. Mainz: Kirchheim, 1909, XX, 295 S., III. [Standort: Fakultätsbibl. Theologie, Univ. Freiburg].

420.

Ders.: Zweihundertachtzig interessante Zeit- und Sittenbilder. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Mainz 1888, XVIII, 492 S., 8°, 1 Stahlstich. [Standort: Stadtbibl. Trier],

421.

[Kerndörffer, Heinrich August:] Wirtschaftliches ABC und Bilderbuch für Mädchen, nebst einer Anweisung, Kindern leicht lesen zu lehren. 2. Aufl. Pirna: Friese o.J. [1812], *

422.

Kiechle, K.: Lese- und Lehrbuch christlicher Sitten- und Tugendlehre für die zweyte und dritte Klasse der katholischen Schuljugend. Kempten: Kösel 1806, 103 S. Kieffer, Franz Xaver: Lese- und Lehr-Buch für Oberklassen katholischer Volksschulen. Mainz: Friedrich Schott 1862, 456 S. [Privatbes i t z ] . - M G , S. 1-108.* Ders.: Fibel für deutsche Volksschulen. Bearb. v. J. Schorn u. P. Zimmermann. 92. Aufl. Mainz: Kirchheim 1931, 124 S., III.

423.

424. 425.

Kinderbuch zur ersten Übung im Lesen ohne ABC und Buchstabiren. Hg. v. Friedrich Gedike. Berlin: Johann Friedrich Unger 1791, X, 154 S. [Standort: HAB Wolfenbüttel: Pb 482], - MG unter der Rubrik „Kleine Erzählungen und Fabeln" (S. 114-145). *

426.

Kinderschatz. Deutsches Lesebuch für Elementarclassen. Nach dem kindlichen Fassungsvermögen zusammengestellt von H. Schulze, Lehrer am Lyceo, und W. Steinmann, Lehrer a. d. höh. Bürgerschule. Zweiter Theil in zwei Abtheilungen. Hannover: Louis Ehlermann 1847 [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-I 24 (l,1847)-2. - MG in Bd. II, 1: VIII, 136 S. *

427.

Kindervater, J.: Fibel oder erstes Lesebuch. Auf Grund des vereinigten Anschauungs-, Sprach-, Schreib- und Leseunterrichts bearb. v. J. Kindervater, Kantor in Königslutter. Ausg. A. Reine Schreiblesemethode. Siebente Aufl. Einen Teil des Reinertrages erhält der Pestalozzi-Verein. Braunschweig/Leipzig: Hellmuth Wollermann 1899, 100 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1007-4000], - MG im zweiten Teil (S. 52-99), gegliedert nach der Erfahrungswelt des Kindes „Das Kind im Hause und in der Schule", den Jahreszeiten und religiöser Thematik.

428.

Kirsten, J. Fr. E.: Seelenlehre für die Jugend nach den Grundsätzen der Kantischen Philosophie, in dialogischer Form. Zum Gebrauch für die

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

739

hohem Klassen in Gymnasien u. Schulen. Gotha: Perthes 1800, VIII, 216 S. u. 23 S. Anhang. 429.

Klar, Johann Baptist: Die Jugendgenossen, eine lehrreiche Erzählung fur christliche Jugend und christliches Volk. Regensburg: Manz 1879, 133 S. [Fundort: Fächerstadt-Antiquariat Martin Schneckenburger, 76137 Karlsruhe],

430.

Kleines Arbeitsbuch für Kinder in den Erholungsstunden, oder angenehme und nützliche Beschäftigungen für die Jugend, die wenig Kostenaufwand verursachen und zur körperlichen und moralischen Bildung sehr wirksam sind. Mit 1 Kupfertaf. Pirna: Carl August Friese [1810], VIII, 122 S.

431.

Klobb, Eduard von: Handbüchlein für das Landvolk. Augsburg 1790.

432.

Klotz, Johann Georg: Brunos Haus- und Landwirtschaft; worin die ächte Art gelehrt wird, ein Hauswesen zu führen, seine Sache zu vermehren und zu verbessern, den Ehestand vernünftig anzutreten und die Kinder gut zu erziehen. Augsburg: Bölling 1822. 8°. [Standort: BSB München],

433.

Köhler, Gr.: Praktische Anleitung zum moralischen Unterricht der Jugend. Frankfurt/Main 1801, 71 S. Beigeb.: Snell, J. L.: Moralische Lehrsätze durch Beispiele aus der heiligen Schrift erläutert zum Gebrauch in deutschen Schulen. Nürnberg 1800, VIII, 267 S.

434.

Kosegarten, Ludwig Gotthard Theobul: Uferpredigten und hymnologische Aufsätze, hg. v. Mohnike, Gottlieb Christian. Stralsund 1831.

435.

Ders.: Hier ist gut sein. Aus den Uferpredigten L. G. K.s. Kommentiert u. eingeleitet von Katharina Coblenz. Berlin 1988.

436.

Ders.: Briefe eines Schiffbrüchigen, neu hg. u. kommentiert von Katharina Coblenz. Bremen 1994.

437.

Kraus, Joseph: Der baierische Land-Geistliche in der Schule und in der Arbeits- und Feyertags-Schule. 2 Bde. 1. Ausg. Landshut 1804/05, 274 u. 284 S. u. Reg. zu beiden Bänden. Dem 1. Bd. beigebunden: Paumann, L.: Kurzgefaßte lehrreiche Spaziergänge eines Lehrers mit seinen Schülern für die Jugend und Jugendfreunde auf dem Lande. Landshut 1804, 124 S.

438.

Krummacher, Friedrich Adolf: Festbüchlein. Eine Schrift für das Volk. Erstes und zweites Bändchen. Neueste verb. Aufl. Reutlingen 1813 [Standort: UB Freiburg/Br, Sign. 0 8162], - Drittes Bdch.: Das Neujahrsfest. Essen/Duisburg 1819 [Standort: Schillernationalmuseum Marbach, Sign. 17065; UB Tübingen, Sign. Gi 1200],

439.

Ders.: Täubchen. Essen: Bädeker 1826, 50 S. [UB Regensburg]

740

Literaturverzeichnis

440.

Ders.: Parabeln. Erstes, Zweites, Drittes Bändchen. Reutlingen: Mäcken 1805; Neue verbess. u. verm. Aufl. Essen: Bädeker 1820, kl.8°. VIII, 245 S., (2) S.; neue verbess. u. verm. rechtmäß. Ausg. 1821, 3 Bde. in 1 Bd., 8°, XVIII S., 3 Bll., 240 S.; 6 Bll., 248 S.; 4 B1L, 244 S [Anbieter: Librairie Werner Skorianetz, CH-1211 Geneve 11]; neueste verbess. u. verm. Aufl., Essen: Bädeker 1829, 148 S., 138 S., 138 S. [Anbieter: Antiquariat Schwarz, 10623 Berlin],

441.

[Ders.:] Anmutige Erzählungen fur acht- bis zwölfjährige Kinder nach Krummachers Parabeln bearb. von H. Herold. Münster i. W.: Schöning, 1892, V, 78 S., III. [Standort: UB Augsburg],

442.

Kühn, Franz: Erstes Lesebuch zum Gebrauch in Elementar-Schulen und beim Privat-Unterricht von Fr. Kühn, Lehrer in Breslau. Fünfte Aufl. (Für katholische Schulen wird ein kleiner Katechismus auf Verlangen gratis beigegeben). Breslau: F. E. C. Leuckart 1853, 144 S. [Standort : UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1005-7027]. - Das Lesebuch hat durchgehend eine deutlich religiöse und stark moralisierende Tendenz. Es ist in drei Teile untergliedert: 1. Teil - Erstleseunterricht; 2. Teil Erlebniswelt von Kindern, hier tauchen MG auf; 3. Teil enthält nach Jahreszeiten und Kirchenfesten geordnete, oft religiöse Texte.

443.

Kunitsch, Michael: Moralische Erzählungen, Geschichten, Beyspiele und Gespräche zum Behufe fur Landschullehrer, und zur Bildung für deutsche Jünglinge. Gesammelt und bearb. Graz 1798, 141 S. Beigeb.: Kurze Erzählungen zur Beförderung der Tugend und eines guten Herzens. Ein Lesebuch für Kinder und junge Leute. Prag/Wien 1795, 50 S. [Fundort: Klein und Auvermann Frankfurt 5/1963, Nr. 390], *

444.

Lafontaine, August H.: Kleine Romane und moralische Erzählungen. Berlin: Sander o. J.

445.

Ders.: Mährchen, Erzählungen und kleine Romane. 2 Bde. Berlin: Sander 1801.

446.

Ders.: Moralische Erzählungen. 6 Bde. Mit 3 gest. Frontisp. und gest. Titelvign. Berlin: Vossische Buchhdl. 1794-1802.

447.

Ders.: Arkadien (= Gemälde des menschlichen Herzens in Erzählungen 7-9). 3 Bde. Halle u. Leipzig: Ruff 1807.

448.

Lallemant, Jacques Philippe: P. Lallemants moralische, lehr- und geistreiche Gedanken über die vier Evangelien. Mit P. Languedocs Anmerkungen; Ein Werk, das in Frankreich von vier und zwanzig Bischöfen ist gutgeheißen, gepriesen und empfohlen/ nun aber nach der neuesten Aufl. übersetzt worden von Ignaz Steur, Director der WW. Ehrwürdigen Frauen Ursulinerinnen zu Landshut in Bayern. Augsburg: Wagner

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

741

2 Bde. 1781/1784. Bd. I: XX, 387 S., 8°; Bd. II 255 S., 8° [Standort: SUB Göttingen, Sign. H S D ' D D 2 0 0 0 A 21: 1 und A 21:2], 449.

Ländliche Unterhaltungen oder Zaubereyen der Kunst und Natur, zur Belehrung für Kinder. Aus dem Französischen [der Gräfin StéphanieFelicité de Genlis], Regensburg: Montag und Weiß 1794, VIII, 542 S., 8°. [Standort: SB Bamberg],

450.

Landwirthschaft eines gewanderten Bauern, oder oekonomischpraktische Bemerkungen über eine bessere, allgemein anwendbare Baum-, Weinreben- und Garten-Cultur nach vieljährigen Erfahrungen von einem Geistlichen im Elsaß. o.O. [Wien: Beck] 1795. 8°.

451.

Lang, Johann Nepomuk: Erklärungen über den großen Katechismus in den k.k. Staaten hauptsächlich zu dem Unterrichte des Landvolks eingerichtet und seiner Pfarrgemeinde vorgetragen. 4 Theile. Augsburg: Matthias Rieger 1787, 6. Aufl. 1818.

452.

Lange, Eduard Wilhelm Heinrich: Kurtze moralische Erzählungen zur Beförderung der Tugend und eines guten Herzens: Mit 12 ill. Kupf. - 2. Ausg. Nürnberg [1824] [Standort: Paed.pr. 207 g - Verlust],

453.

Ders.: Lehrreiche Darstellungen für Knaben und Mädchen bestehend in moralischen Gedichten, Erzählungen und Fabeln; interessanter Notizen aus Natur- u. Völkerkunde u. Sentenzen d. Lebensweisheit / ges. u. hg. v. E. W. H. Lange. Nürnberg u.a.: Zeh 1824, VIII, 224 S., Abb. [Standort: UB Erlangen-Nürnberg, Hauptbibl./Altbestände, Rariora, H61/VAR 38]

454.

Ders.: Tugend-Spiegel oder die Folgen der guten und bösen Handlungen. In kleinen gemüthlichen Erzählungen für die Fassungskraft des ersten Kinderalters. Mit 16 ill. Kupfern. Nürnberg/Leipzig: Zeh [1826], IV, 116 S., Abb. [Standorte: BSB München, Paed.pr. 2003; IJB München: Hist. Sgl., H/M 121200], *

455.

Ders.: Vater Moßbach als Erzähler, Lehrer und Herzensbildner im abendlichen Zirkel seiner Kinder. Mit 12 kolor. Kupf. Nürnberg o.J. [Standort: BSB München, Paed.pr. 207 h - Verlust].

456.

Langen, F. R. E.: Briefe für Kinder. Dreßden und Leipzig: Gerlach 1765. [Standort: Bibl. f. Bildungsgeschichtl. Forschung Berlin, Sign.: AD2163],

457.

La Roche, Marie Sophie von: Moralische Erzählungen der Frau Verfasserin der Pomona. 2 Bde., Speyer 1783/84. - Enthält anspruchsvolle, novellenartige MG.

458.

La Roche, Sophie von: Pomona für Teutschlands Töchter. Nachdr. der Originalausg. Speyer 1783-84. München u.a. 1987.

742

Literaturverzeichnis

459.

Lausch, Ernst (Hg.): Die Schule der Artigkeit. Des Kindes schönster Fabelschatz. Ein goldnes ABC der guten Sitten in ausgewählten Fabeln, Sprüchen und Sprüchwörtern fur die Kinderstube. Mit 66 Abb. nach Zeichnungen von F. Flinzer, O. Rostosky und Fr. Waibler, nebst einem Titelbild. Leipzig: Spamer 1869. X, 148 S. Mit farblithograph. Frontispiz u. vielen Textholzstichen. (Erste Ausg. Reihe ,Das Illustrirte Goldne Kinderbuch. XI.' Mit Beiträgen von Aesop, Bidpai, Ulrich Boner, Gottfried August Bürger, Matthias Claudius, Jean Pierre Claris de Florian, John Gay, Christian Fürchtegott Geliert, Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Nicolaus Götz, Friedrich von Hagedorn, Wilhelm Hey, P. Lachambeaudie, Jean de la Fontaine, August Friedrich Ernst Langbein, Gottlob Friedrich Ernst Lausch, Gotthold Ephraim Lessing, Magnus Gottfried Lichtwer, Locman, Johann Benedict Michaelis, Ludwig Heinrich Frhr. v. Nicolay, Gottlieb Conrad Pfeffel, Phädrus, Hans Sachs, Seidel und Christian Felix Weiße sowie Kurzbiographien derselben. In drei Abteilungen ,Lehre und Beispiel', ,Mahnung und Warnung' und ,Großes und kleines Leben' werden jeweils nach alphabetischen Stichworten die literarischen Weisheiten weitergeleitet.) [Fundort: Antiquariat Co-Libri Sebastian Schuck, 28203 Bremen], *

460.

Lautenschlager, Ottmar: Gesammelte Erzählungen für christliche Jugend und christliches Volk von Ottmar Lautenschlager. 24 Bde. Augsburg: zunächst auch bei Lampart, dann ausschließlich bei Rieger 18471867. *

461.

Ders.: Bastian, oder Denen, die Gott lieben muß Alles zum Besten gereichen. Agnes und Sophia, oder die Leiden und Gefahren der gemischten Ehen. Zwei Erzählungen (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 18). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1853, 3 Bll, 54, IV, 92 S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg]. *

462.

Ders.: Wolfram, oder die wunderbare Taufpatin. Cassilda, die Mohrenfürstin von Toledo. Zwei Erzählungen (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 14). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1851, 1 BL, IV(2), 202 S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg]. *

463.

Lavater, Johann Caspar: Moralisches Neujahrsgeschenk. Zürich 1769 [15 Gedichte für Jünglinge mit einer Tugend- und Lasterlehre].

464.

Ders.: Regeln fur Kinder. o.O. 1793. *

465.

Ders.: Sittenbüchlein für das Gesinde. Homburg v. d. Höhe 1773, 48 S.

466.

Lebensgeschichte Siegfried Habermanns, eines guten Landmannes in Wahrendorf. Magdeburg: Heinrichshofen 1804. 8°.

467.

Legende für den gemeinen Mann, zum nützlichen Unterricht über Religion, Welt- und Menschenkenntniß, Folgen der Tugend und des La-

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

743

sters, Kinderzucht und Ausartung, Gesundheit und Behandlung der Krankheiten an Mensch und Vieh, über Acker-Feldbau, und allerhand wirthschaftliche Dinge, schädliche und gute Sachen. In Erzählungen unsern herzlich geliebten Mitmenschen des gemeinen Standes vorgelegt. und jedem redlichen Menschenfreunde gewidmet. 4 Theile München: Johann Baptist Strobl 1788, 1788, 1789, 1790. Frontispiz, XXVI S., 2 B l l , 241 S.; Frontispiz, T, 6 Bll., 243 S., 5 Bll.; Frontispiz, T, 6 Bll., 240 S.; „Denksprüch", T, 4 Bll., 220 S., 17 Bll. 4°. [Standorte: UB Augsburg; UB Heidelberg; SB Regensburg: Paed. 360 (darin hs. Hinweis auf den Bearbeiter: „Comparavit Tobias Waldmannstaetter Minorità Rattisb[onensis]"). - Dieses Buch stellt eine der beiden Bearbeitungen von Zerrenners „Volksbuch" für Katholiken dar; s. auch „Volksbuch fìir katholische Gemeinden". Lehrreiche Erzählungen für die liebe Jugend. Berlin: A. Weichert, ca. 1900. K1.-8, mit 3 Farbtaf., 63 S. [Fundort: Antiquariat Patzer & Trenkle 78462 Konstanz], * 468.

Lehren der Weisheit und Tugend in auserlesenen Fabeln, Erzählungen und Liedern, hg. v. Friedrich Ludwig Wagner o. J. [1792]; 15. Aufl. Leipzig 1831.

469.

Lehrreiche Erzählungen und Fabeln. Ein Lesebüchlein für die Kinder der Ersten Klasse. Dillingen: Verlag der deutschen Schulen 1789, 80 S. [Standort: Studienbibl. Dillingen, Sign. VII b 145], - MG in Form von Unterrichtsgesprächen zwischen Lehrer und Schülern; paragraphenartige „Lebensregeln für Kinder" (S. 78-80). *

470.

Lehrreiche kleine Erzählungen für Kinder. Ein Lesebüchlein für Volksschulen. Von dem Verfasser der biblischen Geschichte [Christoph von Schmid], Mit einem lithogr. Titel-Bilde. 2 Bde. München: Königl. Central-Schulbücher-Verlag 1834 [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-I 19 (1, 1834)-2], - Beide Bände sind als „eine Sittenlehre in Beyspielen" konzipiert. Während der erste Band noch zahlreiche Fabeln enthält, gibt es im zweiten „größten Theils neue Erzählungen, die noch nirgends gedruckt sind" (Vorerinnerung zum zweiten Band, S. III). Die MG in Bd. II sind „theils Begebenheiten aus dem wirklichen Leben, theils Gleichnisse, denen man bloß die Form der Erzählung gegeben hat. Wie das erste Hundert, so hat auch dieses zweite Hundert die Absicht, den Kindern allgemeine Lehren in einzelnen Beispielen anschaulich zu machen, ihnen kindliche Ehrfurcht, Liebe und Dankbarkeit, Vertrauen und Gehorsam gegen Gott, Freude am Guten, Abscheu vor dem Bösen, Trost im Leiden einzuflößen, und ihnen auch für ihr künftiges Fortkommen in der Welt nützliche Winke zu geben" (S. III-IV). Jede Geschichte schließt mit einer zweizeiligen gereimten Lehre ab. *

744

471.

472.

Literaturverzeichnis

Lehrreiche Erzählungen für Kinder. Wien: Verlag der Deutschen Schulanstalt bei St. Anna 1789, 2 Bl., 124 S., 8° [Standort: SUB Göttingen]. Lenk, Michael: Gründliche Erklärung der christlichen Lehre, ein kathechetisches Lehr- und Lesebuch für alle, besonders für Landleute. Oder ein vollkommener Unterricht im Christenthume für Geistliche, zum Lehren und Predigen in der Kirche, und für Weltliche zum Lesen zu Hause. 4 Bde. München: Fleischmannische Buchhdlg. vor 1804 [zit. gefunden in: Geiger: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch, 2. Aufl. München o.J.].

473.

Leo, Joseph Christoph Otto: Das glückliche Dorf in sittlich, politischund landwirthschaftlicher Hinsicht betrachtet und in einem nachahmungswürdigen Beyspiele dargestellt. Leipzig: v. Klefeid 1804. gr. 8°.

474.

Le Pensif, Jaques [Pseud.]: Merckwürdiges Leben einer sehr schönen und weit und breit gereiseten Tyrolerin, nebst vielen andern anmuthigen Lebens- und Liebes-Geschichten, vormahls von ihr Selber in französischer Sprache beschrieben, jetzo aber wegen sonderbarer Artigkeit in das Teutsche übersetzt, und der Hochlöbl. Freymaurer-Gesellschafft dediciret von Jaques Le Pensif. Franckfurt/Leipzig [2. Aufl.] 1744 [Nachdr. dieser Ausg. Frankfurt/Berlin/Wien 1980, hg. u. mit einem Nachwort versehen von Peter J. Brenner], - 1. Aufl. 1741 [nicht mehr greifbar], 3. Aufl. 1746.

475.

Leprince de Beaumont, Jeanne-Marie (s.u. Schwaben, Johann Joachim).

476.

Lesebuch der Kleinen, nach der vereinigten Schreiblese- und Normalwortmethode und den Grundsätzen der Phonetik bearb. v. F. Stöwesand, Lehrer in Magdeburg. Ausg. A. Zweiter Teil. Für Volksschulen: Zweites Schuljahr. Für Hilfsschulen: Drittes, bzw. drittes und viertes Schuljahr. Vierte Aufl. Magdeburg: C. E. Klotz 1909, 80 S. [Standort: Pädagogisches Zentrum Berlin: mag.r 373.32 (075) L 9/2],

477.

Lesebuch für das Landvolk. Bd. 1-3 zu je 4 Stck. Quedlinburg: Reißner 1778-1784. gr. 8°.

478.

Lesebuch für die weibliche Jugend. Zum Gebrauche in Schul- und Erziehungsanstalten zusammengestellt v. H. L. Elditt, Lehrer an der höheren Töchterschule zu Königsberg in Pr. Erster Theil. Königsberg: J. H. Bon 1850, VIII, 232 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DC-I 1 (1,1850)-1 ]. - Enthält 293 Texte: MG, Gebete, Sprichwörter und Sprichworterklärungen (von J. P. Hebel), Fabeln, lyrische Gedichte, Briefbeispiele, Rätsel, Anekdoten und schwankhafte Geschichten (zumeist J. P. Hebel), Gespräche und Märchen (Grimm).

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

745

479.

Lesebuch für Schaffer und Knechte welche dem Landesherrn, der Obrigkeit und allen Menschen Recht zu thun wünschen, damit sie in Ruhe und Frieden ihr Brod verdienen, um ordentlich leben zu können. Beschrieben in lauter schönen Erzählungen und Beispielen. Prag/Wien: Schönfeld 1792. 8° [Standort: UB Prag]. - Diese Anthologie enthält MG, die zeigen, was dem Landmann beruflich und moralisch frommt. *

480.

Lesebuch. Gemeinnütziges und unterhaltendes Lesebuch für die Jugend der Bürger. Köln 1797, 222 S.

481.

Lesebuch. Kleines Lesebuch für Schüler der Trivialschulen in den kaiserlich königlichen Staaten. Erster Theil: Religionslehren. Wien/Freyburg 1797, 336 S.

482.

Lesebuch. Moralisches Lesebuch für Kinder, welche gut, verständig und glücklich werden wollen. 2 Bdch. in einem Bd. Salzburg 1792/94, 108 u. 49 S.

483.

Lesebuch. Regelmäßiges Lesebuch. Oder Christliche Sittenlehre zur Leseübung fur die Schulkinder des Hochstifts Würzburg und Herzogthums Franken. Verm. Aufl. 1799, 184 S.

484.

Lese- und Sittenbuch für die Jugend der hochfurstl. eichstättischen deutschen Schulen. Eichstätt: Schmid, 1787, [2] Bl., 182 S. [Standort: UB Eichstätt],

485.

Liebeskind, August Jacob: Palmblätter. Erlesene morgenländische Erzählungen für die Jugend. Bd. I Jena 1786, Bd. II Gotha 1788, Bd. III und IV Gotha 1796 u. 1800. Mit einem Vorwort von Johann Gottfried Herder. - Neubearbeitung durch Friedrich Adolf Krummacher, 4 Bde. Berlin 1816-19. - Zahlreiche Auswahlausgaben bis heute u.a. Hermann Hesse, Leipzig 1913. *

486.

Link, Anton: Die Geschichte eines ungerathenen Kindes frei bearb. nach der biblischen Parabel vom verlohrnen Sohne. Ein Geschenk für die liebe Jugend. Von Anton Link, k.k. Religionslehrer an der HauptMusterschule, wie auch an der Mädchenschule der W. W. E. E. Ursulinnerinnen, und ordenti, öffentl. Lehrer der Katechetik zu Linz. Linz/Leipzig: Verlag der k.k. privil. akad. Kunst-Musik- und Buchhdlg. 1808, 30 S.

487.

Ders.: Nützliches und lehrreiches Lesebüchlein für die ganz kleinen lieben Kinder, die erst anfangen, das Lesen zu lernen. Linz/Leizpig: Verlag der k.k. privil. akad. Kunst- Musik- und Buchhdlg. 1807, 126 S.

488.

Ders.: Sittenspiegel. Das ist: Sittenlehre in Beispielen. Ein Lesebuch für Kinder. Von A. L., ehemaligen k.k. Religionslehrer an der HauptMusterschule, wie auch an der Mädchenschule der W. W. E. E. Ursulinerinnen. Linz: Cajetan Haslinger'sehe Buch- und Kunsthandlung

746

Literaturverzeichnis

1815. IV, 344 S. - Das Buch ist in Vorrede und drei Hauptstücke gegliedert. Das erste Hauptstück behandelt die Pflichten der Kinder gegen sich selbst, das zweite gegen andere und das dritte vom pflichtmäßigen Verhalten gegenüber Tieren. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]* 489.

Löbe, William: Das Musterdörfchen. Eine lehrreiche Geschichte für den Bürger und Landmann. Dresden/Leipzig: Arnold 1846 u. 1847, VIII, 266 S. Kl.-8°. [Fundort: Antiquariat Narrenschiff, CH-7000 Chur],

490.

Ders.: Jacob der erfahrene Ackersmann. Eine anregende Erzählung (= Dorfgeschichten und Lebensbilder aus Feld und Haus zur Belehrung über Land- und Hauswirthschaft und zur Beförderung der Ortswohlfahrt und Ortsverschönerung, 1). Berlin: Heymann 1858. X, 302 S. 16°. 2. Ausg. unter dem Titel: Der musterhafte Ackersmann ... ebd. 1863.

491.

Ders.: Jacob der verständige Viehzüchter. Eine anregende Erzählung (= Dorfgeschichten und Lebensbilder aus Feld und Haus, 2). Berlin: Heymann 1859. VI, 334 S., 16°.

492.

Ders.: Johann der Dorfschulze. Eine anregende Erzählung (= Dorfgeschichten und Lebensbilder aus Feld und Haus, 3). Berlin: Heymann 1860. X, 258 S. 16°.

493.

Ders.: Der Schullehrer Matthias als Gärtner, Seiden- und Bienenzüchter und seine eigenthümliche und erfolgreiche Unterrichtsweise. Eine anregende Erzählung (= Dorfgeschichten und Lebensbilder aus Feld und Haus, 4). Berlin: Heymann 1863. VI, 256 S., 12°.

494.

Lohr, Jfohann] A[ndreas] C[Christian]: Materialien zur Erwekkung und Uebung des Verstandes und der Urtheilskraft der Kinder sowohl zum Gebrauch beim öffentlichen als häuslichen Unterricht. Leipzig: Gerhard Fleischer d. J. 1797, XII u. 232 S. [Standort: Internat. Jugendbibl. München]; dritte verm. Aufl. ebd. 1810. - [2. Titelblatt:] Erste Vorbereitungen für Kinder sowohl zum Gebrauch beim öffentlichen als häuslichen Unterricht. Drittes Bändchen. Enthält Materialien zur Erweckung und Uebung des Verstandes und der Urtheilskraft der Kinder von J.A.C. Lohr, dritte verm. Aufl. Leipzig: Gerhard Fleischer d. J. 1810. [Standort: UB Augsburg, Sign. 01/GB 2996 L825 M4 (3)]. - Die „Materialien" sind in neun Abschn. gegliedert, von denen der 8. MG unter dem Titel „Erzählungen von edeln und zweifelhaften Handlungen" enthält (S. 127-163). [UB Augsburg, Sign. 01/GB/2996/L825/MA (3)]. *

495.

Ders.: Kleine Geschichten und Erzählungen für Kinder zur Bildung des sittlichen Gefühls zunächst zum Gebrauch beim häuslichen Unterricht. Leipzig: Gerhard Fleischer d. J. 1799. [UB Regensburg, Sign. Paed. 357], *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

747

496.

Ders.: Das Buch der Maehrchen für Kindheit und Jugend nebst etlichen Schnaken und Schnurren, anmuthig und lehrhaftig. Bd. I. Leipzig 1818.

497.

Ders.: Mancherlei Begebenheiten und Geschichten aus dem Leben des kleinen Andreas. Ein Büchlein für Kinder. Leipzig: Carl Cnobloch 1820, 232 S. mit Titelvignette [Standort: UB Augsburg, Sign. 01/GK 9951 L825 M 1], - Autobiographie; enthält keine MG, aber Episoden aus der Kindheit des Autors in moralisierendem Ton.

498.

Ders.: Das Fabelbuch für Kindheit und Jugend. Neue [3.], verm. Aufl., hg. v. Christian August Lebrecht Kästner. Leipzig: Carl Cnobloch o.J. [1824], XVI, 408 S. Mit Titelvignette und 15 kolor. Kupferstichen von Rosmäsler.

499.

Lossius, Kaspar Friedrich: Gumal und Lina. Eine Geschichte für Kinder, zum Unterricht und Vergnügen, besonders, um ihnen die ersten Religionsbegriffe beyzubringen. 3 Theile Gotha: Perthes 1795-1800; 2. verbess. Aufl. Gotha: Perthes und Frankfurt/Leipzig 1800/02, 240/284/288 S., Titelkupfer.

500.

Ders.: Sittengemälde aus dem gemeinen Leben zum belehrenden Unterricht für Kinder. Gotha: Perthes 1796. *

501.

Ders.: Moralische Bilderbibel mit Kupfern nach Schubertschen Zeichnungen und Erklärungen von Kaspar Friedrich Lossius, Diakonus an der Predigerkirche zu Erfürt und Mitglied der dasigen Akademie nützlicher Wissenschaften. 5 Bde. Gotha: Justus Perthes 1805-1812, LVIII, 376 S.; XVI, 468 S.; XII, 476 S.; 544; VI, 592 S. Mit 74 Kupfertaf. von Böhme, Bolt, Rosmaesler, Krüger etc. Erste Ausg. Enthält insgesamt 74 S. Pränumeranten-Verzeichnisse [Fundort: Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg; Antiquariat Bergische Bücherstube, 51491 Overath; Zentralantiquariat Leipzig GmbH, 04229 Leipzig; Antiquariat von Matt, CH-6370 Stans]

502.

Ders.: Moralische Erzählungen für die Jugend. Gotha 1816, 2. Aufl. 1827.

503.

Lotter, [Tobias] Heinrich [aus dem Nachlaß]: Der Kinderkreis. Beispiele des Guten aus dem Leben von und für Kinder. Stuttgart 1838. [Standort: Slg. Thalmann, Univ. Würzburg]. *

504.

Ders.: Aus dem Leben edler Frauen. Historisch-moralische Schilderungen, als Muster zur Nachahmung. Von dem Herausgeber der „Beyspiele des Guten". Stuttgart: Joh. Fried. Steinkopf. Erste Ausg. 1828. VIII, 328 S. [Fundort: Antiquariat J. F. Steinkopf, 70178 Stuttgart],

505.

Ders.: Beispiele des Guten aus dem weiblichen Wirkungskreise. Historisch-moralische Schilderungen als Muster zur Nachahmung. Stuttgart 1834, 61840 (3 Teile). [Standort: Slg. Thalmann, Univ. Würzburg]. *

748

Literaturverzeichnis

506.

Ders.: Beispiele des Guten. Eine Sammlung edler und schöner Handlungen und Charakter-Züge aus der Welt- und Menschen-Geschichte aller Zeiten und Völker. Der Jugend und ihren Freunden gewidmet. 1. Aufl. Stuttgart: J. F. Steinkopf 1807; 7. verbess. u. verm. Aufl. ebd. 1845, 1163 S. [Standorte: 1. u. 4. Aufl. UB Tübingen; 7. Aufl. in Slg. Thalmann, Univ. Würzburg]. - Gegliedert in zwei Kap.: I. Gottes Furcht und Sorge für das eigene Wohl; II. Allgemeine Nächstenliebe und Menschenliebe in besonderen Verhältnissen, mit Texten zur sozialen Verantwortung, sortiert nach Beispielen zu einzelnen Tugenden und geordnet nach Ständen und deren Pflichten. Die 7. Aufl. enthält eine Biographie Lotters (S. IX-XV) und seine Bibliographie (S. XV-XVIII], Ab der 4. Aufl. Überarb. v. Joh. Christian Friedrich Burk, indem die alte Gliederung nach sittlichen Verpflichtungen als zweiter Teil beibehalten, aber ein erster Teil vorangestellt wurde, der den Weg zum Glauben und das Leben im Glauben behandelt. *

507.

Ders.: Praktische Sittenlehre für die Jugend in auserwählten Fabeln und Erzählungen. Stuttgart 1821.

508.

Ders.: Erzählungen für die zartere Jugend. Ebd. 1826.

509.

Ders.: Warnungsbeispiele für Jünglinge und Jungfrauen. Ebd. 1829.

510.

Ders.: Warnungsbeispiele für die Jugend. Ebd. 1829.

511.

Ders.: Merkwürdige Beispiele der göttlichen Vorsehung. Ebd. 1833.

512.

Ludwig, Johannes: Fragmente aus dem häuslichen Leben des Bürgers Klugmann und des Landmannes Fröhlich. Oder über die Glückseligkeit des Bürgers und Landmanns. Ein unterhaltendes Lesebuch in den Winter-Abenden von einem Freund der Bürger und Landleute. Nürnberg: Raspe 1799, 320 S., 8° [Standort: StB Nürnberg: 13521],

513.

Lutz, Markus: Heinrich Feldmann's, des klugen Schweizerbauern auf dem Tannenhofe, lehrreicher Unterricht für wißbegierige Landleute worin probate Mittel vorkommen, wie man reich werden kann. Von M. L., Pfarrer in Läufelfingen. 2., verbess. Aufl. Aarau: Christen, 1836, 115 S. [Standort: BSB München],

514.

Magenau, Rudolf Friedrich Heinrich: Hundert und zwanzig kurze Geschichten zur angenehmen Unterhaltung und zur Übung im Lesen, für Kinder von drei bis acht Jahren. Eine Sammlung neuer nirgendsher entlehnter Erzählungen. 2. unveränd. Aufl. Stuttgart: Löflund 1818, 124 S. [Standort der Mikrofiche-Ausg.: Landesbibl. Stuttgart]*.

515.

Ders.: Lottchens angenehme Unterhaltungen. Eine Sammlung interessanter Briefe Amaliens an Lottchen, ein moralisches Lehr- und Lesebuch für junge Frauenzimmer von 14 bis 16 Jahren. Stuttgart: Löflund 1816, VI, 194 S. [Standort Mikrofiche-Ausg.: Landesbibl. Stuttgart]*.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

749

516.

Mallinckrodt, Arnold Andreas Friedrich: Vater Jacob, der reich gewordene Bauer. Ein Hausbuch fur den Bauernstand. Dortmund 1814. 8°.

517.

Mannigfaltiges Bilder- und Lesebuch zum Nutzen und Vergnügen fur die Jugend. Mainz: Philipp Jacob Döring [um 1820], 2 Bll., 56 S., 1 Bl. XVI S. mit 20 Kupfern auf 10 Taf. von Johann Benedikt Wunder.

518.

Marmontel, Jean F.: Moralische Erzählungen, in dem Geschmack des Herrn Marmontels, aus verschiedenen Schriftstellern gesammelt und hg. v. d. Mademoiselle Uncy. 2 Theile in 2 Bde. Stettin/Leipzig 1765, 534/576 S.

519.

Marmontels moralische Erzählungen nach der neuesten franz. Ausg. übers, von Johann Adam Schmerler. Nürnberg: Bauer- und Mann'sche Buchhdl. o.J.

520.

Mauerer, Wolfgang: Lehrreiche Erzählungen. Ein Geschenk für die Jugend. München: Lindauer u. Passau: Pustet 1818 [Standort: BSB München]; 2., sehr verm. u. verb. Aufl. 1826, Kl.-8°. Titel mit Holzschnittvignette (Bienenkorb), 223, (1) S. (Schulpreiseinband). [Fundort: Antiquariat Haufe & Lutz, 76133 Karlsruhe; Antiquariat F. Deuticke, A-1010 Wien]; 3. sehr verb. Aufl. Passau: Pustet 1827; 4. verb. Aufl. ebd. 1832. - Enthält neben Erzählungen und religiösen Denksprüchen für Kinder auch „Einige Lehren fur Kinderwärterinen" und eine Erzählung mit dem Titel: „Lina, das arme Kindermädchen, oder die Aufsicht über Kinder, ein Engelsgeschäft". Ferner ein Schauspiel für Kinder. *

521.

Ders.: Kleine lehrreiche Erzählungen und Lehrsätze neben einigen Gleichnissen und Denksprüchen aus dem Munde Jesu. Landshut: Knill 1820; 2. Aufl. Wien 1821 [Standort: Österr. Nationalbibl.].

522.

Ders.: Geschichtliche Darstellung verschiedener Unglücksfalle, zur Belehrung und Warnung der unerfahrenen Jugend. Ein Geschenk- und Preisbuch. Passau: Ambrosi 1823.

523.

Ders.: Moral-Spiegel in Beispielen, bestehend aus 100 kurzen und lehrreichen Erzählungen zur Belehrung und Besserung fur die liebe Jugend. Landshut 1832 [Standort: BSB München], *

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Ders.: Blüthenkränze, gewunden in einer Reihe merkwürdiger und lehrreicher Erzählungen zur Belehrung und Besserung fur die liebe Jugend. Landshut 1832 [Standort: BSB München],

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Menne, Edilbert: Leichtfaßliche katechetische Reden eines Dorfpfarrers an die Landjugend: nach Felbiger und dem großen Katechismus in k.k. Staaten, eingerichtet von dem Verfasser der neubearb. Predigtentwürfe. 4 Bde. Augsburg: Doli 1792. Bd. I: LXII Bl., 404 S.; Bd. II: 2 Bl., 532 S., Bd. III 2 Bl., 496 S., Bd. IV: 2 BL, 535 S., alle 8° [Standort: SUB Göttingen, H S D O D 9 9 A 385:1-4],

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Ders.: Große Katechese eines Dorfpfarrers fur das Landvolk, nach Felbiger, und dem großen Katechismus in k.k. Staaten systematisch eingerichtet, 19 Bde. Augsburg: Nicolaus Doli, Bd. 1-10 Dogmatik: 17961805; Bd. 11-16 Moral: 1806-1809; Bd. 17-19 Liturgie: 1810.

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Miller Joseph/J. Chr. Fr. Gerlach: Sammlung kleiner Erzählungen aus den besten Kinderschriften. Eltern, Lehrern, und Kinderfreunden gewidmet. Leipzig/Linz 1786, 414 S. - 2. Teil: G. J. Zollikofers Abhandlung über die moralische Erziehung. Brünn: J. S. Siedler 1788. [Beide Bücher in einem Band; Fundort: Antiquariat Alte-Bücherstube, A-1070 Wien]

536.

Miller, Johann Martin: Die Geschichte des Gottfried Walthers, eines Tischlers, und des Städtleins Erlenburg. Ein Buch für Handwerker und Leute aus dem Mittelstand. Ulm 1786 [Standort: Stadtbibl. Ulm, Sign. 17944/ 1-2], - Das Buch zeigt, wohin es mit einem kommen kann, der

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

751

nicht zu wirtschaften weiß, und wie „Ueppigkeit" endlich zu Liederlichkeit und Niedergang, zum Schluß sogar zum völligen moralischen und bürgerlichen Ruin führt. 537.

Ders.: Predigten für das Landvolk. 3 Bde. Leipzig 1776-1784.

538.

Miller, Johann Peter: Erbauliche Erzählungen der vornehmsten biblischen Geschichten zur Erweckung des lebendigen Glaubens und der Gottseligkeit. Helmstädt 1753.

539.

Ders.: Historisch-moralische Schilderungen zur Bildung eines edlen Herzens in der Jugend. 5 Theile in 4 Bde (4. u. 5. Theil Anhang zum ganzen Werk in einem Bd.). Helmstädt: Verlag Christian Friedrich Weygand 1753-64. - 2. verm u. verb. Aufl. Helmstaedt: Weygand 1766/63, 638/686/1058/376/332 S. - Unberechtigter Nachdr. von Teil 1: Frankfurt u. Leipzig 1754, 14 Bl., 521 S , 17 Bl. mit gestoch. Titelvignette. Nach der umfangreichen Vorrede (dat. 1752) folgen „Freundschaftliche Unterredungen auserlesener Personen von Gott und von den Schönheiten der Welt" (S. 1-128), danach das Kernstück des Werkes ein Bildungs- und Abenteuerroman mit dem Titel „Die merkwürdigen Begebenheiten des jungen Samuel Lanwills, eines Englischen SchiffCapitains Sohn" (S. 129-364), im Anschluß eine „Sammlung lehrreicher und angenehmer Historien und moralischer Gedanken aus den besten Schriftstellern zusammengetragen" (von Geliert, Hagedorn u.a., S. 365-502), das Buch endet mit einer Biographie des „Junkers Hanßen, eines Landedelmanns" und zwei Registern. [Fundort: Antiquariat Haufe & Lutz, 76133 Karlsruhe], *

540.

Ders.: Ruf zur Nachahmung guter Kinder, oder 100 Charakterzüge kindlicher Tugend. Ein Gegenstück zu den Warnungen für die unerfahrne Jugend. Prag 1803, 96 S. Beigeb.: Rorschach, Fr. K.: Einige Sittenlehren seinen lieben jungen Pfarrkindern gewidmet. Konstanz 1802, 8°, 96 S. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.] - Es werden 100 kleine Begebenheiten von braven Kindern erzählt und vor jede Erzählung ein Sittenspruch gesetzt. *

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Möhrle, Chr.: Der christliche Erzähler oder Einhundert kurze Geschichten für Kinder. 3 Bde. Stuttgart 1838-41.

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752

Literaturverzeichnis

nirgends wohlgelitten". - Im selben Jahr erschien eine selbständige Fortsetzung mit dem Titel „Moral in Fabeln für die Jugend" bei Felisch, mit III. wiederum von Bußler. [Fundort: Antiquariate Lorenz & Müller, 80333 München], * 545.

Moral in Beyspielen fur Frauenzimmer edler Erziehung. 3 Bände 17901801 [anonym erschienen, verfaßt von dem ungarischen Prediger Martin Lehotzky].

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Moralische Erzählungen zur Unterhaltung und sittlichen Bildung der Jugend. Nürnberg: Breling, 1814. 2 Bde. [Standort: BSB München, Paed.pr. 951],

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Moralische Lese-Übungen. Ein nützliches Geschenk für junge Leute beiderley Geschlechts, von 10 bis 15 Jahren, mit 12 auf den Text gerichteten Kupfern. Stuttgart: Ebner'sche Kunsthandlung [1805]. 132 S.

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Moritz, Karl Philipp (Hg.): Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Berlin: Mylius 1786, 156 S. Mit 17 Kupfern von Daniel Chodowiecki. *

552.

Moser, Kristoph Ferdinand: Lesebuch für Landschulmeister. Fünftes Bändchen. Tübingen: Jacob Friedrich Heerbrandt 1786, ill. mit einer Kupferstich-Vignette, zwei Putti winden Blumenkranz um Vase auf stilisierter Schaumkrone. - Über weite Strecken theoretische Anleitung für Pfarrer und Lehrer, das Volk im Unterricht und durch Leihbüchereien aufzuklären. Ferner modellhafte Unterrichtsgespräche für den Rechen· und Leseunterricht. Im Anhang wenige MG aus Rochows Kinderfreund zur Veranschaulichung des Unterrichtsstoffes. *

553.

Müchler, Karl (Friedrich): Der kleine Fabelerzähler. Enthaltend achtzig Fabeln und Erzählungen. Mit acht illuminirten Kupfern. Berlin: Hasselberg o.J. [1825], VI, 122 S.

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Ders.: Otto und Sophie. 12 Erzählungen zur sittlichen und geistigen Bildung der Kinder. Berlin 1834.

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Müller, Ferdinand: Sittenspiegel oder Tugend und Laster zur Nachahmung sowie zur Warnung, dargestellt in Beispielen, die aus der Bibel, der Weltgeschichte und dem täglichen Leben entlehnt, und nach der Reihenfolge der im lutherischen Katechismus enthaltenen Hauptlehren der Religion geordnet sind. Ein christliches Lesebuch für die Schule und das Haus. Berlin 1836 [700 Nrn. auf 532 S.; Standort: UB Bayreuth]. *

558.

Müller, Heinrich: Bitte! Bitte! liebe Mutter! lieber Vater! guter Onkel! beste Tante! Schenke mir dies allerliebste Buch mit den schönen ausgemalten Kupfern und den vielen hübschen Erzählungen. Ein verbessertes ABC- und Lesebuch nach Pestalozzis und Staphani's Lehrmethode von [Heinrich] Müller, Pastor in Wolmirsleben. 5. verbess. Aufl. Mit ausgemalten Kupfern und den interessantesten, den Fassungskräften des Kindes angemessenen Erzählungen. Hamburg: Herold'sche Buchhdlg. O.J. [1811], XIV, 176 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1007-1553]; 6. verbess. Aufl 1841, VIII, 184 S. - Enthält vor allem MG, und zwar im ersten Teil im Kap. „Leseübungen" (S. 2750 und im zweiten unter „Erzählungen" (S. 79-176). Hier finden sich Überschriften wie „Klage nicht, wenn Du ein kleines Uebel leidest, was für Andere eine große Wohlthat ist" (S. 86), „Gewöhne dich an Ordnung und Reinlichkeit" (S. 94), „Wer sich nicht warnen lässt, hat Schaden" (S. 115), „Wie gut es ist, daß nicht alle unsere Wünsche erfüllt werden" (S. 156). Zumeist werden diese Geschichten durch eine Morallehre abgeschlossen. - Die von Philipp Jacob Beumer (1809-1885) umgearbeitet und erweiterte achte Aufl., die um 1850 im Verlag A. Bagel in Wesel erschien [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 10061291], ist nicht mehr als Schullesebuch gedacht, sondern wendet sich vor allem an Eltern, die diese Geschichten bei jeder sich bietenden Gelegenheit dem Kinde vortragen sollten. Auch hier machen die MG unter „Kleine Erzählungen" (S. 29-76) den Hauptteil aus, darunter einige gegen Gespensterfurcht und einige mit dem Untertitel „Eine wahre Begebenheit". *

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Ders.: Die Freuden des Frühlings, zur Erheiterung, Belehrung und Veredelung für gute, liebe Kinder. Frankfurt/Main 1830.

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Müller, Johann Ernst Friedrich Wilhelm: Anmuthiger und nützlicher Zeitvertreib für den Bürger- und Bauernstand, bestehend in allerley glaubhaften und seltsamen Historien von klugen und dummen, ingleichen von guten und bösen Leuten; woraus zu lernen, wie man klüglich denken und handeln müsse, um in der Welt geehrt und glücklich leben und dereinst ruhig sterben zu können. Von einem erfahrnen Bürger- und Bauernfreunde zusammengetragen. Leipzig: Solbrig 1792. XIV, 384 S. 8°. [Privatbesitz].

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Müller, Johann Nepomuk: Tugend-Bilder. Erzählungen aus dem Leben guter Dienstboten. Zur Erweckung und Stärkung sittlicher Gefühle und Entschlüsse, und als Lesebuch für junge Handwerker, Dienstboten und Sonntagsschüler, gesammelt und hg. v. J. N. M. Mit einem Vorworte vom Verfasser der „Ostereyer" [Chr. Schmid], Augsburg: Kollmann & Himmer 1830 [Standort: BSB München]; XII, VIII, 244 S , 2., sehr verm. u. verb. Aufl. 1838 [Standort: BSB München],

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Ders.: Lebensbilder. Erzählungen aus dem Leben sittlich-guter Kinder zur Beförderung der Tugend aus der Geschichte gewählt u. bearb. 3 Bde. Freiburg: Wagner 1831 [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz]; 2. Aufl. 1836, 3. Aufl. 1851 [Standort: UB Köln],

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Ders.: Ehren-Kränze. Lebensbeschreibungen von Bürgern, die sich als Kaufleute, Mechaniker, Handwerker und Landwirthe zu Achtung und Ansehung emporgehoben. Ein biographisches Lesebuch für die reifere Jugend, für Handels-, Fabrik-, Gewerbe- und Ackerbau-Schulen, Lesevereine und Freunde der Volksbildung. Stuttgart: Steinkopf 1848 [Standort: UB Köln],

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Musäus, Johann Carl August: Moralische Kinderklapper für Kinder und Nichtkinder. Nach dem Französischen [„Hochet moreaux" (Paris

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1782)] des Herrn Monget. VIII, I I I S . , mit gestoch. Titelvignette, posthum hg. v. Friedrich], J[ustin], Bertuch. Gotha: Ettinger 1788. Erste Ausg. des erfolgreichen Kinderbuchs, das bis zum Ende des Jahrhunderts mehrere Aufl.η und Bearbeitungen erlebte. Es enthält sechzehn Beispielerzählungen in einer Mischung aus Prosa und Vers. Tugenden und Untugenden wie Bescheidenheit, Gehorsam, Sparsamkeit und Fleiß sowie Vorwitz, Ungehorsam und Naschhaftigkeit, Trägheit und Müßiggang, Eitelkeit und Grausamkeit gegen Tiere werden anschaulich geschildert, bisweilen mit satirischen Anspielungen auf die Zeit. [Fundort: Antiquariat Wolfgang Bräcklein, 12159 Berlin], - Weitere Aufl.n: Gotha 1788. Erste ill. Ausg. mit 18 Kupfern, gezeichnet von Johann David Schubert, gest. v. Christian Gottlieb Geyser, Gotha: C. W. Ettinger 1794. 8°. 132 S. [Fundort: Antiquariat Libelle, CH-4055 Basel]. - Faksimile der Ausg. von 1794; mit einem Nachwort von Rudolf Dietze: Leipzig: Edition Leipzig 1968, Kl 8 vo., 138 S. [Fundort: Antiquariat Hennwack, 16866 Teetz], Die Kupfer zeigen Kinder beim Spielen, mit Tieren, Erwachsenen usw. - 3. Aufl.: Gotha: Ettinger 1823. 110 S. m. 17 gest. Vignetten v. Chr. G. Geyser nach Johann David Schubert. [Fundort: Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg und Antiquariat Bernhard Blanke Berlin, 10785 Berlin], * 569.

Ders.: Christkatholischer Unterricht. Wie man gut, und selig werden könne. Freysing: Verlag der Normalschule 1792 [Standort: UB Augsburg], - 3., neu bearb. Aufl. u.d.T. „Christkatholischer Glaubens- und Sittenunterricht, wie man gut und glückselig werden könne". München: Lentner 1804, IV, 154 S. [Standort: UB Augsburg],

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Die Muttersprache. Lesebuch für Volksschulen. Neubearbeitung, hg. v. Dresdner Lehrerverein. Ausg. A in 5 Teilen. Dritter Teil. 13. Aufl. Leipzig: Julius Klinkhardt 1912, X, 260 S. [Standort: Georg-EckertInstitut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-II 3 (13,12)-3], - Unter den 157 Lesestücken auch MG. *

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Neues A,B,C, Buch, nebst einigen kleinen Uebungen und Unterhaltungen fur Kinder. Neue Aufl. Leipzig: Fr. Chr. Wilh. Vogel 1816, 7 ungez. Bll., 126 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 10072280). - MG unter den Rubriken „Kleine Erzählungen" (S. 39-83) und „Kleinere Erzählungen" (S. 84ff.). *

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Neues Abeze- und Lesebuch mit vielen schönen Bildern von Joachim Heinrich Campe. Braunschweig: Schulbuchhdlg. 1807, 300 S. [1. Aufl. 1778 u. d. T. „Neue Methode, Kinder auf eine leichte und angenehme Weise Lesen zu lehren"]. [Standort: Niedersächs. SUB Göttingen, 8° Did. 206/75] - Adressiert an Fünf- bis Sechsjährige, MG S. 201-250. *

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Nieritz, Gustav: Die beiden Schwestern und andere Mädchengeschichten. Erlangen: Karl Müller o.J., 208 S.

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Ders.: Der Gemsjäger. Eine Geschichte aus den Alpen der Schweiz der Jugend und dem Volke erzählt. Mit 4 Farbendruck-Ill. Konstanz: Hirsch o.J. 112 S. [Fundort: Antiquariat Bernd Preßler, 34119 Kassel].

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Ders.: Der Kaffernhäuptling, eine Geschichte aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts am Kap der guten Hoffnung. Wiesbaden: Riedner ca. 1860, 130 S. mit 4 Stahlstichen. [Fundort: FächerstadtAntiquariat Martin Schneckenburger, 76137 Karlsruhe],

613.

Ders.: Der Mulatte. Eine Geschichte aus dem Pflanzerleben in Florida, der Jugend und dem Volke erzählt. Ungekürzte Originalausg. 5., von Joh. Erler durchges. Aufl. Altenburg: Geibel [ca. 1900], kl.8°, 103 S. Mit 4 Taf. [Fundort: Antiquariat Carl Wegner, 10825 Berlin],

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

759

614.

Ders.: Ein Kongo-Neger. Eine Geschichte aus Sankt Domingo. Konstanz: Hirsch (O.J.), S. m. 4 Farbendruckbildern [Fundort: Antiquariat Walter Nowak, 37077 Göttingen]. - Neue Stereotyp-Ausg. Reutlingen: Enßlin & Laiblin [1898], 96 S., aufgeklebte färb. Deckel-Ill. [Fundort: Oliver Schlick, CH-8002 Zürich],

615.

Ders.: Simon. Lebensgeschichte eines Negersklaven in Brasilien, nacherzählt für die Jugend und das Volk. Mit 4 gest. Taf.n. Wiesbaden: Kreidel u. Riedner o. J. (um 1850). 100 S. K1.-80. - Angebunden 2 weitere Schriften. 1. Ders.: Das Leben und die Thaten Hans Joachim von Zietens. Der Jugend und dem Volke erzählt. Mit 4 gest. Taf.n. ebd. um 1850. 127 S. - 2. Ders.: Wie einer ein Walfischfanger wurde, und was er dabei erfuhr und erlebte. Eine Geschichte, der dt. Jugend u. d. dt. Volke erzählt. Mit 4 gest. Taf. ebd. um 1850. 103 S. [Fundort: Arno Adler Buchhdlg. und Antiquariat, 23552 Lübeck].

616.

Ders.: Der Lohn einer guten Tat. Eine Geschichte aus Indien. Neue Stereotyp-Ausg. Reutlingen: Enßlin & Laiblin o.J. [ca. 1910] 96 S., mit 4 Farbtaf. [Fundort: Versandantiquariat Pia Oberacker-Pilick, 76227 Karlsruhe],

617.

Ders.: Die Geschichte von zwei Müllerskindern. Birkenfeld: Glaube u. Heimat 1924, 79 S. 8°. [Fundort: Versandantiquariat Marita Klein, 55494 Rheinböllen],

618.

Ders.: Ein Ostindienfahrer. Wesel: Düms (ca. 1900). Kl.-8°. 127 S. mit 4-Farbendruckbildern [Fundort: Norddeutsches Antiquariat, 18055 Rostock]. - Neu bearb. v. Reuper, J. Scharnhorst u.a.: Union Deutsche Vlgs.-Ges. o.J. 158 S. Ill.-OLn. K1.-80 [Fundort: Antiquariat Ingrid Werner, 99423 Weimar],

619.

Ders.: Die Maje. Ein Volksblatt fur Alt und Jung im deutschen Vaterlande [Monatsschrift] 1858-1865.

620.

Ders.: Die Spinnstube. Ein Volksbuch fur das Jahr 1846. Frankfurt/Main 1845 [erschien jährlich, auch noch nach dem Tod Oertels, mindestens bis Jg. 41 (1886)]. - Horn, W. O. von (Hg.): Die Spinnstube. Geschichten aus den Volksbüchern für die Jahre 1849 bis 1860. Ausgew. u. Überarb. von Karl Martin Schiller. 6 Bde. Leipzig: F. W. Hendel 1927. Mit 6 Frontisp. u. zahlr. III. im Text nach Ludwig Richter. [Fundort: Antiquariat Reinhold Pabel, 20459 Hamburg].

621.

Ders.: Friedel. Geschichte aus dem Volksleben. 1845; weitere sieben Aufl. bis 1898. - Friedel's Erlebnisse. Hamburg: Rhein-Elbe 1927, 79 S., ill. [Fundort: Trigon-Teehandlung & Antiquariat, 39112 Magdeburg], - 9. Aufl. 1951.

622.

Ders.: Gesammelte Erzählungen. 13 Bde. 1850-1859.

760

Literaturverzeichnis

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Ders.: Horn'sche Volks- und Jugendbibliothek. Wiesbaden: J. Niedner 1853-1868, jährlich 5 Bde. (insgesamt 77 Bde.).

624.

Ders.: Rheinische Dorfgeschichten. Wohlfeile Auswahl in vier Bänden aus den gesammelten Erzählungen. Mit Illustrationen vom Professor Ludwig Richter. Frankfurt: Sauerländer (1854). [Fundort: Antiquariat F. Deuticke, A-1010 Wien],

625.

Ders.: Das Erdbeben von Lissabon. Konstanz: Hirsch, Carl. o. J. Neue Ausg. 96 S. m. 4 Farbendruckbildern [Fundort: Antiquariat Oskar Loewe, 44797 Bochum], - Neue Stereotyp-Ausg. Reutlingen: Enßlin & Laib lin, o. J. (ca. 1900). Mit 1 färb. Taf. 96 S. Kl.-8°. [Fundort: Antiquariat Michael Butter, 70176 Stuttgart],

626.

Ders.: Der Lumpensammler von Paris. Eine Geschichte aus dem Jahre 1805. Der Jugend und dem Volke erzählt. Konstanz: C. Hirsch o. J. [1899]. Neue ill. Ausg., 96 S., 4-Farbendruckbilder, 8°. [Fundort: Versandantiquariat Christine Laist, 64297 Darmstadt].

627.

Ders.: Der Strandläufer. Eine Geschichte aus den Dünen der Nordsee. Reutlingen: Rob. Bardtenschlager o. J., 8°, 111 S. [Fundort: Antiquariat St. Gertrude, 23869 Elmenhorst / Stormarn],

628.

Ders.: Diamantina. Eine Geschichte der Jugend & dem Volke erzählt. Mit Farbdruckbildern. Neue Stereotyp-Ausg. Reutlingen: Enßlin & Laiblin Vlg., um 1910, 95 S. [Fundort: Raritäten Kabinett, 03046 Cottbus].

629.

Ders.: Erzählungen für die Jugend. Bd. 2. Wesel: Düms 1906. 118 S. mit 1 (von 5) färb. Taf. Ohlwd. mit färb. Umschlagill. [Fundort: H. Th. Wenner Antiquariat, 49074 Osnabrück],

630.

Ders.: Franz Kerndoerfer. Eine Geschichte aus dem lieben Handwerker. Leipzig: Reclam sen. 1851. [Fundort: Der Antiquar in Lahr, 77933 Lahr],

631.

Ders.: Hand in Hand. Eine Reihe von Geschichten für Reich und Arm in jedem Stande. Mit Illustrationen, gezeichnet von Rothbart. Stuttgart: C. P. Scheitlin's VerlagsBuchhdlg. 1852, 238 S. mit Textholzschnitten nach Zeichnungen von Ferdinand Rothbart. [Fundort: Antiquariat Rainer Nold, 76461 Muggensturm],

632.

Ders.: Hualma, die Peruanerin. Reutlingen: Enßlin & Laiblin, um 1903. 93 S. [Fundort: Celler Versandantiquariat, 29358 Eicklingen].

633.

Ders.: Meine erste Braut - Die Elser - Das Maileben. Ausgewählte Erzählungen, Bd. 2. Wiesbaden: Verlag Emil Behrend, o.J. 2. Aufl. 8°. 170 S. [Fundort: Antiquariat am Prater, 10435 Berlin],

634.

Ders.: Der Overseer. Eine Geschichte aus dem Pflanzerleben in Südamerika. Der Jugend und dem deutschen Volke erzählt. Mit 3 Farben-

B i b l i o g r a p h i e narrativer volksaufklärerischer Literatur

761

druckbildern. Reutlingen: Enßlin & Laiblin o. J. [1901], 95 S., 3 Taf. färb. III. [Fundort: Antiquariat Bernhard Blanke Berlin, 10785 Berlin], 635.

Ders.: Die Silberflotte. Oder: Der Herr verlässt die Seinen nicht. Neue ill. Ausg. mit 4 Farbdruckbildern. Konstanz: Hirsch (um 1880), 96 S. [Fundort: Antiquariat Bernhard Blanke Berlin, 10785 Berlin].

636.

Ders.: Kriegshelden. Der Admiral de Ruiter. Der Leibhusar. Zwei Erzählungen. Berlin: o.J. Meidinger's Jugendschriften Verlag. 8°, 166 S. [Fundort: Antiquariat partes antiquares, 06886 Lutherstadt Wittenberg],

637.

Ders.: Von einem, der das Glück gesucht. Eine wahre Geschichte, dem Volke und der Jugend erzählt. Altenburg: Geibel 5., durchges. Aufl. 1910, 100 S., 4 Abb. [Fundort: Antiquariat & Buchhdlg. St. Georg, 99817 Eisenach]. - Konstanz: Carl Hirsch ca. 1910 [Fundort: Oldenburger Antiquariat Heinze, 26012 Oldenburg]. - 6. Aufl. ebd. o.J. (um 1930), Kl-8°, 95 S., ill. [Fundort: Antiquariat an der Stiftskirche, 88339 Bad Waldsee].

638.

Ders.: Von den zwei Savoyarden-Büblein. Eine Geschichte, der Jugend u. d. Volke erzählt. Reutlingen: Enßlin & Laiblin o.J:. 6. Aufl., 96 S. m. färb. III. [Fundort: Atrium Antiquariat Gert Schröder, 37073 Göttingen].

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Ders.: Vormund und Mündel. Eine Geschichte aus der Vorzeit. Der Jugend und dem Volke erzählt. Mit 4 Taf. Stuttgart: Bardtenschlager o.J. (ca. 1910), kl.-8°, 120 S. [Fundort: Versandantiquariat Josef Müller, 83646 Bad Tölz],

640.

Ders.: Silberblicke. Züge aus dem Leben ausgezeichneter Menschen. Frankfurt/Main: Sauerländer 1892. [Fundort: Antiquariat Wolfgang Jeske, 12159 Berlin], - Konstanz: Hirsch, ca. 1910, 4 färb. lith. Taf.; 178 S. [Fundort: Antiquariat Rosenstrasse, 38102 Braunschweig].

641.

Ders.: Der Herr ist mein Schild. Eine Geschichte der Jugend und dem Volke erzählt. Berlin: Lewin Vlg., o.J., 120 S. [Fundort. Antiquariat F. Deuticke, A-1010 Wien], - New York: Kaufmann 128 S., 4 Farbdruckbilder. [Fundort: Krefelder Buch & Kunst Antiquariat, 47798 Krefeld],

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Oest, Johann Friedrich: Hochnöthige Belehrung und Warnung für Jünglinge und Knaben, die schon zu einigem Nachdenken gewöhnt sind. Eine gekrönte Preisschrift aus dem sechsten Theile des Revisionswerkes besonders abgedruckt. Wolfenbüttel: SchulBuchhdlg. 1787 [Standort: SuStB Augsburg, Magazinsignatur: H 1675]; 2. Aufl. ebd. 1788; 3. Aufl. ebd. 1799; 6. Aufl. ebd. 1830. - Reprint n. d. 1. Aufl. 1787 hg. v. Johannes Merkel und Dieter Richter (= Slg. alter Kinderbücher, 2). München 1977, 187 S., III. - Im Anhang: Donata Eischenbroich: Das im Verborgenen schleichende Laster: Auf dem Weg zur „Sexualerzie-

762

Literaturverzeichnis

hung". Johann Friedrich Oest und die Höchstnöthige Belehrung Bilder zur Sittengeschichte der Kindheit. * 643.

Oetinger, Friedrich C[hristoph]: Die Wahrheit des sensus communis, in den nach den Grundtext erklärten Sprüchen und Prediger Salomo, oder das beste Haus- und Sitten-Buch für Gelehrte und Ungelehrte, samt nutzlichen Anhängen. Stuttgart o.J. [1753], [Standort: UB München, Magazin-Sign. 8 Theol. 3186],

644.

Ders.: Dreyfache Sittenlehre: 1. Nach der Natur. 2. Nach der hl. Schrift. 3. Nach Jesu Christo, mit 3 Kupfer-Blättlein ... vor Augen gestellt. Heilbronn: Weyer, 1753, S , 3 III. [Standort: BSB München, Sign.: Horn. 1113, Beibd.l].

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Oltrogge, Carl: Deutsches Lesebuch. Erster Cursus. Von Carl Oltrogge. Fünfte, verbesserte Aufl. Hannover: Hahnsche HofBuchhdlg. 1841, X, 404 S. - [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DCG-I 5(5,1841 )-1 ]. - Die drei Abschn. des „Poetischen Theils" sind mit „Fabeln und Parabeln", „Erzählungen, Balladen, Idyllen und Legenden" (S. 303-371) und „Lieder" überschrieben. Sie enthalten insgesamt 115 Texte, darunter auch MG. *

646.

Ders.: Deutsches Lesebuch. Neue Auswahl. Mit besonderer Berücksichtigung der neuesten deutschen Schriftsteller und Dichter. Von C[arl] Oltrogge. Erster Theil. Hannover: Hahn'sche HofBuchhdlg. 1854, XVI, 488 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut fur internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DCG-I 6 (1,1854)-1. - MG im ersten, dem prosaischen Teil (S. 1-347) unter der Überschrift „II.2. Der Mensch in sittlicher Beziehung". *

647.

Paldamus, Friedrich] C[hristian]: Deutsches Lesebuch. Ausg. B. Für höhere Mädchenschulen bearb. v. Karl Rehorn. Erster Teil. Zweites Schuljahr. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Moritz Diesterweg 1893, XXII, 154 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut fur internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DBG-II 11 (3,1895)-1], - Zweiter Teil. Drittes Schuljahr. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Moritz Diesterweg 1895, XX, 213 S. [Standort: ebd.: DBG-II 11 (3,1895)-2],

648.

Patzke, Johann Samuel: Betrachtungen über die wichtigsten Angelegenheiten des Menschen. Eine Beilage zum „Greis". Zwote Aufl. Helmstädt: Hamm u. Magdeburg: S. Chr. Hechte 1770. 3 Bl., 218 S. [Fundort: Buch- und Kunstantiquariat Stenderhoff, Münster]. - Neue, sehr verm. u. verbess. Aufl. Leipzig: Hertel 1779, 264 S. [Standort: Univ.- u. Landesbibl. Halle].

649.

Ders.: Lieder und Erzählungen. Halle im Magdeburgischen: Hemmerde 1752, 64 S. 8° [Standort: Sächs. Landesbibl. Dresden],

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

763

650.

Pechmann, Heinrich Frhr. v.: Geschichte der Gemeinde Wiesenbrunn und des Bauers Georg Fromholz. Die durch ein lehrreiches Beispiel beantwortete Frage: Wie kann eine Bauerngemeinde durch Vervollkommnung ihres Ackerbaues, ihrer Hauswirthschaft, ihrer Schule, ihrer Armenpflege und ihrer übrigen Gemeindeanstalten wohlhabend, reich und in jeder Hinsicht glücklich werden. 2 Bde. München: Joh. Palm'sehe HofBuchhdlg. 1857, gr. 8° [Standorte: LB Stuttgart: Gewerbkunde oct. 4686; LB Speyer: 1/7189, 1.2; UB Würzburg: Rp XVII, 31]. - Reisender kommt in ein Dorf und kehrt, begeistert von dessen Vollkommenheit, wiederholt zurück, um die Fortschritte zu studieren. *

651.

Pestalozzi, Ludwig: Der christliche Glaube. Altes und Neues. Gesammelt und gesichtet. Zürich 1876, 352 S. - In vier Teile gegliedert: „Bibellehre, Glaubenslehre, Lebenslehre, Hoffnungslehre". [Standort: Slg. Thalmann, UB Würzburg].

652.

Ders.: Die christliche Lehre in Beispielen zum Gebrauche für Kirche, Schule und Haus [1. Slg.:] Zürich 1884, 2 1885, 359 S. mit ca. 700 Beispielen [Standort: Slg. Thalmann, Univ. Würzburg], 3 1901; [2. Slg.:] 1895 [Standort: Bibl. d. Landeskirche Düsseldorf], 359 S.; 2 1901; [3. Slg.:] 1902 [Standort: Bibl. d. Landeskirche Düsseldorf], 270 S.

653.

Petermann, Karl Maximilian Wilhelm: Fabeln und Erzehlungen. Coburg: Otto 1754, 114 S. - Enthält 45 Fabeln und 25 MG, laut Vorrede des Verfassers nach dem Vorbild von Hagedorn und Geliert. [Standort: Württ. Landesbibl. Stuttgart, Sign. D.D. oct. 9215]; weitere Aufl. ebd. 1756, 120 S. [Standort: Württ. Landesbibl. Stuttgart.: D.D. oct 9216], *

654.

Pfaff, Heinrich Ludwig: Unterhaltendes Historienbüchlein fur Bürger und Bauersleute. Gotha: Perhtes 1793. 318 S. 8°. - 2. verb. Aufl. ebd. 1800. 344 S. 8° [Standort: UB Jena],

655.

Pfeffel, Gottlieb Konrad: Die Tobakspfeife. In: Voß, Johann Heinrich/ Goeckingk, Leopold Friedrich (Hgg.): Musen Almanach für 1783 (erschienen 1782), S. 159-162.

656.

Pflanz, Joseph Anton: Wahre Dorfgeschichten. Stuttgart: Hallberger 1852 [Standort: Stadtbibl. München].

657.

Pflichten der Vorgesetzten gegen Dienstboten, ihre Sittlichkeit betreffend und umgekehrt, der Dienstboten gegen ihre Vorgesetzten und Mitgenossen in dieser Beziehung. Sagan: Peter Heinrich Raabe 1. Aufl. 1836; Sagan u. Leipzig: F. Fleischer, 2. verbess. Aufl. 1840, 98 S. Kl.8°. [Fundort: BerlinAntiquariat, 12163 Berlin].

658.

Pischon, Johann Carl (Hg.): Philoikos zur Beförderung häuslicher Tugend und Glückseligkeit, 4 Abtheilungen Leipzig: Barth 1797-1800. Die ersten beiden Abtheilungen handeln von „Ehe und Hauswirtschaft"

764

Literaturverzeichnis

(1797), sowie von „Ehepflichten, Kindern und Gesinde, Krankheit und Tod" (1798). Die „Abtheilungen" drei und vier von 1799 (2. Aufl. 1802) u. 1800 tragen den Titel „Moral in Beispielen fur Familien". * 659.

Ders. (Hg.): Moral in Beispielen für Familien (= Philoikos zur Beförderung häuslicher Tugend und Glückseligkeit, 3. Abtheilung). 1799, 2. verbess. Aufl. Leipzig: Barth 1802, XII u. 434 S., Titelvignette: Junge Frau in Begleitung eines Hundes (Symbol der Treue!) läßt sich von Gott Amor an die Hand nehmen, unbeachtet im Hintergrund eine häßliche Alte mit Schlange (Symbol des Bösen!) am Arm, die wohl zu einer falschen Geldheirat auffordert. - 4. Abtheilung 1800, XI u. 380 S., Titelvignette: zwei Söhne verabschieden sich am Sterbebett des Vaters [Standort: Wessenberg-Bibl., Konstanz], - Die beiden Bände enthalten in 77 Kap. längere und in den weiteren 103 Kap. kürzere Erzählungen zur richtigen Gattenwahl, zum Verhalten in der Ehe, zu Fleiß und Sparsamkeit, Eitelkeit, Ordnungsliebe und Spielsucht, Liebe zu den Eltern, zu den Geschwistern, Umgang mit Dienstboten, Pockenschutzimpfung, Tod und Trauer. *

660.

Plieninger, Gustav (Übers.): Jane Stricklands ausgewählte Erzählungen für die reifere Jugend (= Universalbibliothek für die Jugend 40). Aus dem Englischen. Mit 6 Abb. v. Fritz Bergen. Stuttgart: Kröner o.J., Kl. 8°, 230 S. [Fundort: Antiquariat Mühlan, 76829 LandauWollmesheim],

661.

Ders.: Beispiele des Guten. Zur Nacheiferung für die Jugend ausgewählt (= Universalbibliothek für die Jugend). Stuttgart: Kroner o.J. [nach 1847]. 143 S. u. 4 S. Verlagswerbung, vier Abb. von Georg Hahn. [Aus dem Vorwort läßt sich schließen, daß es sich hier um die 8. Aufl. handelt. In den Jahren 1807-47 sei die Sammlung siebenmal aufgelegt worden.]

662.

Pöschmann, Georg Friedrich von: Nachlaß meiner Mutter Gans und meiner Amme Goldmund. Riga: Müller. Bandzählung fingiert. Bd. 2 auch unter dem Titel: Neue Mährchen und Erzählungen, Bd. 3 auch u.d.T.: Der Wilde.

663.

Ders.: Sagen, Mährchen und Anekdoten aus dem Morgenlande oder moralische Erzählungen. Riga [u.a.]: Müller 1798, VIII, 312 S. [Standort: UB Bamberg, 49/ED 4255 LC 8147],

664.

Pothmann, M[oritz] C[asimir]: Sittenbuch für den christlichen Landmann mit wahren Geschichten und Beyspielen zur Lehre und Erbauung geschrieben. Leipzig: J. A. Barth 1790. 11 B1L, 354 S. 8°, zahlr. Holzschnitte. [Standort: StB u. LB Dortmund: Vc 4414], - 2. Aufl. Brünn 1791; übersetzt ins Böhmische, Dänische und Holländische. *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

765

665.

Ders.: Westfälische Stadt- und Landchronik. Eine Wochenschrift für den Bürgerund Landmann. Bückeburg 1 (1793).

666.

Preußischer Kinderfreund. Ein Lesebuch für deutsche Volksschulen zusammengestellt von Α. E. Preuß, Director, und J. A. Vetter, SeminarOberlehrer, am Königlichen Waisenhause zu Königsberg. 44. berichtigte Aufl. Mit einer Slg. zwei- und dreistimmiger Lieder. Königsberg: J. H. Bon 1849.

667.

Proben der Vaterhand Gottes. In einer Reihe moralisch-religiös interessanter und wahrer Erzählungen zur Weckung und Belebung eines christlichen Sinnes. 3. Aufl. Basel 1844.

668.

Probst, Joseph: Die Neudörfer, eine lehrreiche Geschichte für das liebe Landvolk. Luzern: Meyer 1824, gr. 8°. - Neue wohlfeile Ausg. ebd. 1837 [Standort: ZentralB Luzern: Β 839 S 8], - 3., nach wirklichen Zeitbedürfnissen umgearb. Ausg.; Neuausg. von J. P.: Die Neudörfer. St. Gallen 1868. [Standort: LB Bern: L 7.910],

669.

Pustkuchen-Glanzow, Johann Friedrich Wilhelm: Glaubens- und Sittenlehre in wahrhaften Beispielen. 2 Bde. Barmen und Schwelm 1831/33 [Standort: Bibl. der Ev. Landeskirche Düsseldorf].

670.

Quietmeyer, E.: Schul- und Hausfreund I. Deutsches Lesebuch für Volksschulen. Von E. Quietmeyer, Lehrer an der Stadt-Töchterschule. 8. Aufl. Hannover: Helwing'sche HofBuchhdlg. 1855, XII, 324 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DCH-I 4 (8,1855)-1. - MG in folgenden Abschn.: „Das Älternhaus" (S. Iff.), „Die Schule" (S. 26ff.), „Das Kind unter Kindern und Erwachsenen" (S. 37ff.), „Der Mensch" (S. 160ff.), „Das gesellige Leben der Menschen" (S. 175ff.). *

671.

Raabe, August: Briefe für Kinder. Eine Sammlung durchgehende zweckmäßig belehrenden Inhalts. Holzminden 1785. Neue, ganz umgearb. Aufl. Braunschweig: Schulbuchhdlg. J. H. Campes 1798 [Bibl. f. Bildungsgeschichtl. Forschung Berlin, Sign.: AD 7660]; 3. Aufl. ebd. 1802; 4., verm. u. verbess. Aufl. ebd. 181. - Anleitung zum Briefeschreiben in Form von Musterbriefen mit eingestreuten religiösen, historischen, geographischen, biologischen, soziologischen und technisch-gewerblichen Informationen, die jedoch zugleich auch eine Werteerziehung beabsichtigen. *

672.

Ders.: Handbuch der ersten und nothwendigsten Kenntnisse für Kinder aller Stände in öffentlichen Schulen und beim Privatunterricht zu gebrauchen. 2. Aufl. Hannover: Hahn 1805. [Standort: Bibl. f. Bildungsgeschichtl. Forschung Berlin, Sign. AD 2896],

766

Literaturverzeichnis

673.

Ders.: Hannoverischer Briefsteller, zugleich Handbuch der n o t w e n d i g sten Kenntnisse für junge Leute und Ungelehrte. 2., verm. u. verb. Aufl. Hannover: Hahn 1808. [Standort: Bibl. f. Bildungsgeschichtl. Forschung Berlin, Sign.: AD 2894]. - Hannoverischer neuester und gemeinnützlicher Briefsteller, ... 3., verm u. verbess. Aufl. Hannover: Hahn 1818, XV u. 557 S. [Fundort: NRW-Verbundkatalog]

674.

Ramann, Sylvester Jakob: Moralischer Unterricht in Sprüchwörtern durch Beyspiele und Erzählungen erläutert fur die Jugend. Erfurt 178997 [fünf Folgen]. Das erste Bändchen 1789 bei Georg Adam Keyser in Erfurt ohne Nennung des Autors, dafür „Nebst einer Vorrede von Johann Rudolf Gottfried Beyer, Pfarrer in Schwerborn", das zweite 1790 auf dem Titel allein „von Sylvester Jakob Ramann, Lehrer an der Prediger-Schule und des Predigtamts Canditat in Erfurt", das dritte 1792 ebenso, nun aber „Collaborator des Evangel. Ministerii und Conrektor an der Prediger-Schule in Erfurt", das vierte 1793 nicht anders, das fünfte 1797 als „Pfarrer in Zimmern supra im Erfurtischen", so die Exemplare der UB Tübingen. - „In einer zweckmäßigen Auswahl für die liebe Jugend" hg. v. J. H. Fischer. Wien 1793, 7 Bll., 248 S.

675.

Ders.: Neue Sammlung von Sprichwörtern zur Unterhaltung und Belehrung. Altenburg: Rinck und Schnuphase o.J. [Standort: LeopoldSophien-Bibl. Überlingen, Sign.: ρ Gc 355].

676.

Ders.: Stephan, oder der Handwerker, wie er seyn soll. Altenburg u. Erfurt 1802 [Standort: SUB Göttingen].

677.

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius v.: Moralische Erzählungen. 2 Teile (in 1 Bd.). Leipzig: Dykische Buchhdlg. 1799. XVI, 296 S./406 S. [Fundort: Antiquariat Bergische Bücherstube, 51491 Overath].

678.

Reebmann, Joseph: Ein rechtschaffenes Exempelbuch für unstudirte Leute, welche bey müßigen Stunden eine unschuldige und nützliche Ergötzung suchen. Verfasset von einem katholischen Geistlichen in Schwaben am Argenflusse. 2 Bde. Augsburg: Wolff 1791, 1797. Je ca. 448 S. 8° [Standort: SUB Göttingen, Sign.: HSD' DD99 A 33]. - 2. Aufl. Bd. 1-2: Augsburg: Kranzfelder 1816. 8°. 3. Aufl. Bd. 1-2 ebd. 1825. 8°; 4. verb. Aufl.: Augsburg/Lindau: Kranzfelder 1830. Frontispiz, 2 Bll., 367 S. 1 Bl. 8° [Standort: UB Freiburg i. Br.: Ν 9314; SUB Göttingen].

679.

Rehm, Wilhelm (Hg.): Lehrreiche Unterhaltungen für Kinder. 2 Bändchen in einem Bd. 2. Aufl. Kempten: Kösel 1793, 140/236 S., 1 Titelkupfer. [Standort: UB Augsburg],

680.

Rehmann, Joseph Xaver: Gemeinnützliche Volksnachrichten. Donaueschingen 1789 [wöchentl. Lfg. à 8 S.; nur dieser eine Jg. ist erschienen], - Standort: SUB Göttingen.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

767

681.

Reventlow, Friederika Juliane Gräfin von: Sonntagsfreuden des Landmanns. Kiel 1791. 8°.

682.

Dies.: Kinderfreuden oder Schulunterricht in Gesprächen. Teil 1. Kiel: Königl. SchulBuchhdlg./ Leipzig: J. S. Heinsius und Sohn in Commission 1792, 361 S. [dän. 1796], - Das Buch, dessen zweiter Teil nie erschienen ist, besteht aus dreizehn fiktiven Unterrichtsgesprächen zwischen einem Schulmeister und Kinder im Alter von sechs bis fünfzehn Jahren, in denen u.a. MG besprochen werden. *

683.

Riedl, Ferdinand Joseph: Geschichten und Gespräche. Zum Nutzen und Vergnügen der Jugend und Jugendfreunde. Bearb. u. hg. v. F. J. R. Wien: auf Kosten des vormahligen Buchdruckers Weimar 1796, 8°, 112 S. - Im Vorbericht gibt der Autor bekannt, daß alle Geschichten auf wahren Begebenheiten beruhen, denn „es ist evident", daß historische Ereignisse auf jugendliche Herzen immer einen tieferen Eindruck machen als bloße Erzählungen. Das Buch besteht aus 30 kurzen Erzählungen und Dialogen. [Standort: Fideikommißbibl, an der Österr. Nationalbibl.]*

684.

Riedl, Karl: Der Großvater im Kreise seiner Enkel, oder Italisches Stilleben. Nach dem Italienischen des R. Lambruschini (= Lebensschattierungen 8). Augsburg: Schlosser 1850. [Standort: SUSB Augsburg].

685.

Ders.: Die Frühstücke der blinden Großmutter. Erzählungen für christliche Jugend und christliches Volk. Aus dem Ital. des Raphael Lambruschini von einem katholischen Geistlichen (= Lehrreiche Abendunterhaltungen Bd. 7). Augsburg: Lampart 1847; 3. Aufl. Regensburg: Volks- und Jugendschriften-Verlag 1875 [Standort: UB Augsburg].

686.

Rochow, Friedrich Eberhard von: Der Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen. Teil 1: Frankfurt/Main 1776; Teil 2: Brandenburg/Leipzig 1779. - MG dominieren, zumeist in dörflicher Umgebung angesiedelt! *

687.

Ders.: Der Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen. Für einen Theil Oberdeutschlands besonders für Franken bearb. v. J. F. Schlez. 2 Theile in einem Bd. Nürnberg 1789, 278 S. *

688.

Ders.: Versuch eines Schulbuchs für Kinder der Landleute oder zum Gebrauch in Dorfschulen. In: Ders.: Sämtliche pädagogische Schriften, hg. v. Fritz Jonas und Friedrich Wienecke. 4 Bde. Berlin 1907-10.

689.

Ders.: Stoff zum Denken über wichtige Angelegenheiten des Menschen. Braunschweig: Waysenhaus 1775, 62 S., 8° [Standort: SUB Göttingen, Sign. HSD' DD99 A 172],

690.

Rodemeyer, August: Beispiele und Erzählungen zum nützlichen Gebrauch in Kirche, Schule und Haus. 2 Bde. Bremen 1876 u.ö.

768

Literaturverzeichnis

691.

Ders.: Sammlung von Beispielen. 1886.

692.

Ders.: Neue Folge der Sammlung von Beispielen über biblische Hauptbegriffe, 21887 verbess. u. verm. Aufl.

693.

Ders.: Wegweiser für die Jugend, 1880.

694.

Ders.: Beispiele und Aphorismen zu den Psalmen, o.J.

695.

Roller, Traugott Günther: Dorfpredigten für gemeine Leute, besonders Handwerksleute und Bauern; Daraus sie lernen sollen, wie sie verständiger, besser und frömmer und glücklicher werden können. Ein Volksbuch, das neben dem Noth- und Hülfsbüchlein gelesen werden soll. 3 Theile. Greiz im Vogtlande 1790-91 [Standort: Diözesanbibl. Rottenburg, Sign. 3728].

696.

Rolfus, Hermann: Die Glaubens- und Sittenlehre der Katholischen Kirche. In ausführlichem Unterrichte dargestellt und mit Schrift- u. Väterstellen, sowie mit Gleichnissen und Beispielen belegt und erläutert. Ein Hand- u. Hausbuch für Katecheten und christliche Familien. Mit e. Vorw. von Carl Joh. Greith . Einsiedeln: Benziger 1875, 1059 S., III. [Standorte: UB Augsburg, Sign.: 01 /BM 1630 R747; UB Bamberg, Sign.: 19/zzs 03 C 9139; UB Regensburg; Sign.: 00/BM 1630 R747]; 6. Aufl. ebd. 1903 [Standort: Staatsbibl. zu Berlin], *

697.

Ders.: Katholischer Hauskatechismus, das ist gründlicher Unterricht von allem, was der katholische Christ zu glauben, zu hoffen, zu lieben und zu thun hat, um in den Himmel zu kommen. Zugleich ein Christenlehrbuch für Religionslehrer und Seelsorger. Einsiedeln u.a.: Benziger 1891, 737 S., III. [Standort: UB Augsburg, Sign. 01/BU 1330 R747],

698.

Ders./Herchenbach, Wilhelm: Lust und Lehre. Der katholischen Jugend gewidmet. Mainz: Kupferberg o.J.

699.

Rosenlächer, Franz Joseph: Goldener Spiegel oder biographische Skizzen christlich-frommer und verständiger Personen aus dem Bürger- und Bauernstande, zur Nachahmung aufgestellt. Augsburg: Kranzfelder 1827. VIII, 160 S. kl. 8°. [Standort: UB Freiburg i. Br.: Ν 7719]. - Der Autor stellt Biographien vor und behandelt dabei Themen wie: Kindererziehung, Nahrung und Kleidung, Arbeit, Sonntag, Hausandacht, Aufnahme eines Findelkindes, Nachbarschaft, Dienstboten, Obrigkeiten, Handel und Wandel, Kreuz und Leiden, Verhalten gegen Arme. *

700.

Rosenstiel, Eduard: Joseph, oder Ein Jahr aus dem Leben eines Priesters (= Lehrreiche Abendunterhaltungen 11). Mit 1 gest. Frontisp. Augsburg: Lampart 1849, 2 Bll., IV, II, 117(7) S. - Jugendbuch [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg]. *

701.

Roth, Konrad, Rudolf Busch: Lesebuch für evangelische Volksschulen. Zum Druck bearb. v. Dr. Roth, Inspector der Bürgerschule zu Kassel,

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

769

Rud. Busch, Inspector der Frei- und Partimschule zu Kassel. Konr. Hebel, Lehrer am Waisenhause zu Kassel. 2. Aufl. Rengshausen: Druck und Verlag des Beiserhauses 1863. VIII, 392 S. [Standort: GeorgEckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DDH-I 3(2,1863)]. - MG vor allem in der ersten von drei Abteilungen (S. 1-140). * 702.

Rüegg, Heinrich: Saatkörner. Erzählungen und Gedichte für den sittlich-religiösen Unterricht. Gesammelt und fur den Schulzweck bearb. v. Heinrich Rüegg, Lehrer in Enge-Zürich, Verfasser der „Bilder aus der Schweizergeschichte". Im Einverständnis mit mehreren Freunden desselben hg. v. F. Mayer, Sekundarlehrer in Neumünster-Zürich. 3 Bde. 14. durchges. Aufl. Zürich 1905/06, 64, 64 u. 76 S. [Standort: Univ. Würzburg, Institut f. dt. Philologie, Volkskunde, Slg. Thalmann, Sign. Zh 28/21,1-3]. - Enthält neben Fabeln, Liedern und Gedichten zahlreiche MG von Johann Ludwig Ewald, Franz Hoffmann, Friedrich Adolf Krummacher, Wilhelm Oertel, Johann Ferdinand Schlez, Christoph von Schmid und Ottilie Wildermuth. *

703.

Rührende und lehrreiche Erzählungen für die Jugend. 2., verm. Aufl. Mit gest. Frontispiz u. gest. Titel. München: Lindauer 1818. [Fundort: Antiquariat F. Deuticke, A-1010 Wien],

704.

Sailer, Johann Michael: Vollständiges Lese- und Gebetbuch für katholische Christen. 1. Aufl. 2 Bde. München 1783; 2. Aufl. 6 Bde. München 1785, Neudr. hg. v. Franz Keller. Freiburg i. Br. 1916.

705.

Ders.: Friedrich Christians Vermächtniß an seine lieben Söhne. Deutschen Jünglingen in die Hand gegeben von einem ihrer Freunde. Straubing: Heigl 1808 [Standort: BSB München],

706.

Salzmann, C[hristian] G[otthilfj: Ausführliche Erzählung wie Ernst Haberfeld aus einem Bauer ein Freyherr geworden ist. Schnepfenthal: Buchhdlg. der Erziehungsanstalt 1805. VIII, 414 S. kl. 8° [Standort: UB Basel: Leseges. E 658], *

707.

Ders.: Bote von Thüringen. Schnepfenthal 1788-1816. *

708.

Ders.: Carl von Carlsberg oder über das menschliche Elend. 6 Bde. 2. verbess. Aufl. Frankfurt/Leipzig u. Carlsruhe 1785/88. Je Bd. ca. 300400 S., 2 Kupfer; hg. u. mit einem Vorwort versehen von Günter Häntzschel. Frankfurt/Main u.a. 1977. - Pädagogischer Roman, den Salzmann am Philanthropin in Dessau um 1785 vollendete.

709.

Ders.: Sebastian Kluge, ein Volksbuch. Leipzig: Crusius 1790. Frontispiz, 6 Bll., 226 S. kl. 8°, 1 Kupferstich von Hein. Müller (Elternpaar betrachtet wohlwollend ein Kind, das zwei Schäfchen streichelt) [Standorte: UB Basel: Kt 446; LB Stuttgart: Paed oct. 3491]. - Biographie des

770

Literaturverzeichnis

Sebastian Kluge, der in einem armen, verwahrlosten Elternhaus groß wird und durch Fleiß und tugendhafte Lebensführung zu Erfolg gelangt. 710.

Ders.: Ameisenbüchlein oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Erzieher. Reutlingen 1807, VIII, 136 S.; hg. u. mit einem Nachw. und Anm. versehen v. Reinhard Stach. Heinsberg 1996.

711.

Ders.: Conrad Kiefer oder Anweisung zu einer vernünftigen der Kinder. Ein Buch fürs Volk. Neue Ausg. m. Bewilligung sers. Ulm 1796, 268 S., 2. Aufl. 1799; hg. v. Th. Dietrich. bronn 1961. - Auch in: Ders.: Ausgewählte Schriften, hg. v. mann. 2 Bde. Langensalza, 2. Aufl. 1897-1901.

712.

Ders.: Krebsbüchlein oder Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung der Kinder. 3., rechtm. umgearb., verm. u. verb. Aufl. Erfurt 1792, XLIV, 235 S.

713.

Ders.: Moralisches Elementarbuch, nebst einer Anleitung zum nützlichen Gebrauch desselben. 2 Theile. Leipzig 1782/83; neue verbess. Aufl. 1785-87 [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]. - Nachdr. dieser Aufl. mit 67 Kupfern von Daniel Chodowiecki, hg. v. Hubert Göbels. Dortmund 1980 [Standort: UB Regensburg]. Neue verbess. Aufl. Leipzig 1795. - Zu diesem Buch haben auch andere Autoren wie Joachim Heinrich Campe und Christian Felix Weiße beigetragen. Hinter dem Titel verbirgt sich ein Lehrbuch für den Anfangsunterricht in Religion fur Sechs- bis Achtjährige in Form einer romanhaften Erzählung über die Kaufmannsfamilie Herrmann. Einzelne Episoden berichten von Ereignissen in ihrem Haus und in ihrer Umwelt. *

714.

Ders.: Sammlung der ausgesuchtesten und besten moralischen Geschichten und Erzählungen. Ein Pendant zu Carl von Carlsberg. Augsburg 1797, 616 S. *

715.

Ders.: Unterhaltungen für Kinder und Kinderfreunde. 3 Bde., Leipzig 1783. *

716.

Schiller, Johann: Christlicher Glaubens- und Tugendspiegel in Beispielen. Frankfurt am Main 1844.

717.

Schlez, Johann Ferdinand: Fliegende Volksblätter, zur Verdrängung schädlicher, oder doch geschmackloser Volkslesereyen, hg. v. Schlez, 1. Bändchen. Bayreuth 1797, 140 S., zahlr. Holzschnitte. [Standort: Leopold-Sophien-Bibl. Überlingen: Paed. 166. De 307]. - Enthält u.a. Kilian Buckel, oder die abgestellten Feyertage in Dunkelhausen; Der Spieler; Das Heckemännchen, oder die Kunst, ohne Zauberey wohlhabend zu werden; Bonifazius oder die Ausbreitung des Christenthums in Deutschland; Acht Volkslieder von Schubart, Degen, Hölty, Schlez

Erziehung d. VerfasBad HeilE. Acker-

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

771

u.a.; Geschichte des Dorfes Finsterthal; Aus Trautvetters Gesprächen über verschiedene, besonders landwirtschaftliche Gegenstände. * 718.

Ders.: Geschichte des Dörfleins Traubenheim. Fürs Volk und für Volksfreunde geschrieben. Hälfte [- Band] 1-2. Nürnberg: Grattenauer 1791, 1792. Frontispiz, 470 S.; Frontispiz, 480 S. kl. 8° [Standort: U B Würzburg: L.g.o. 1578]. - 2. verb. Aufl. Nürnberg 1794. 3 Bll., 580 S., 1 Bl. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz: 8061], - 3. Aufl.: Gießen: Heyer 1817. - Zum Gebrauche für Katholiken bearb. v. einem Pfarrer im Herzogthume Neuburg [d. i. Marquart Pichler]. Mit Genehmigung des churfürstl. geistl. Raths. Hälfte 1-2. München in des churfürstl. geistl. Raths deutschen Schulfonds-Bücherverlage 1801. 2 Bll., 289 S.; 255 S. 8° [Standort: S B Regensburg: Paed. 462; U B Würzburg: 53.939]. In der kath. Ausg. sind nur Kirchenangelegenheiten, die Gottesdienstformen und die Familienverhältnisse des Pfarrers verändert. Dieser Dorfroman behandelt das Schicksal einer Familie über fünf Generationen hinweg. Der Fluß der Erzählung ist gelegentlich unterbrochen durch MG in Form von Dialogen und Briefen. *

719.

Ders.: Landwirthschaftspredigten. Ein Beitrag zur Beförderung der wirtschaftlichen Wohlfahrt unter Landleuten. 2 Bde. Nürnberg 1788; Heilbronn 2 1794.

720.

Ders.: Gregorius Schlaghart und Lorenz Richard oder die Dorfschulen zu Langenhausen und Traubenheim. Ein Erbauungsbuch für Landschullehrer. Zwei Hälften in einem Bd. Nürnberg 1795, XII, 208 S. u. 7 BU. u. 261 S. - 2., verbess. Aufl. Nürnberg 1802 [Standort: L B Stuttgart: Paed. oct. 3593],

721.

Ders.: Der Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch an Landschulen, von Friedrich Eberhard von Rochow. Für einen Theil Oberdeutschlands besonders für Franken bearb.. 3., mit Schulgebeten und Bildern verm. Aufl. Nürnberg: Grattenauer 1795 [1. Aufl. 1791], [Standort: U B Erlangen-Nürnberg: H00/Paed 171 a 1/2], - Ganz neu bearb. v. J. F. S. Neueste Ausg. 2 Bde. Würzburg: Nitribitt 1811, Bd. I mit X V I u. 88 S.; Bd. II mit 100 S. jeweils mit 111. u. graph. Darstellungen. [Standort: U B Augsburg: 01/GB 3000 R681.811-1 und -2], - 2. unveränd. Aufl. ebd. 1818. [Standort: U B Augsburg, 01/GB 3000 R681.818-1 und -2],

722.

Ders.: Lorenz Richard's Unterhaltungen mit seiner Schuljugend über den Kinderfreund des Herrn von Rochow. Ein Beytrag zur Katechetik, besonders für Schullehrer. 2 Bde. Nürnberg: Felßecker 1796-97 [Standort: U B Bayreuth, 20/D5019784-1/2],

723.

Ders.: Handbuch für Volksschullehrer, enthaltend den Denkfreund mit einem reichen Vorrathe von Zugaben für den Schulgebrauch. 4 Bde., Gießen 1815-21; 2. Aufl. ebd. 1830-32, 532/476/396/389 S.

772

Literaturverzeichnis

724.

Ders.: Vorlesungen gegen Irrthümer, Aberglauben, Feier und Misbräuche, in Bethstunden dem Landvolke gehalten. Nürnberg: Gattenauer 1786 [Standort: Vkdl. Abtlg. Würzburg, 12a/313]; Heilbronn 2 1794.

725.

Schlosser, Johann Georg: Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk. Frankfurt/Main 1771; [ 2 1772, 3 1776, 1801, 1831; 1773 unter dem Titel: Sittenbüchlein für Kinder des Landvolks]. Neudr. der Erstausg. Frankfurt/M. 1771, mit einem Nachw. v. Reinhart Siegert (= Volksaufklärung 5). Stuttgart-Bad Cannstatt 1998, 176 S. - Schlosser formuliert hier das Ziel eines Volkes von Rechtschaffenen und Tugendhaften. Der Katechismus soll Dorfgeistliche lehren, die Sittenlehre entsprechend dem Verständnis der Bauern einzurichten. Rahmenhandlung und Binnenerzählungen; die entwickelten Lehren werden durch eine große Zahl von eingestreuten Exempeln und Beispielgeschichten veranschaulicht. *

726.

Schmerler, Johann Adam: Moralische Erzählungen und Schilderungen. 2. Aufl. Nürnberg 1796. [Standort: BSB München, Paed.pr. 3062],

727.

Ders.: Sophrons Lehren der Weisheit und Tugend für seinen erwachsenen Sohn, oder Moral für Jünglinge, von Johann Adam Schmerler, Rektor an der gemeindlichen Schule in Fürth. Leipzig: Voß und Leo o.J.

728.

Ders.: Sophrons Lehren der Weisheit und Tugend für seine erwachsene Tochter oder Versuch einer Frauenzimmermoral, von Johann Adam Schmerler Rector an der gemeindlichen Schule zu Fürth. Erlangen: Palm o.J. [möchte damit Campes „Väterlichen Rath" ergänzen durch eingehende Beschäftigung mit dem weiblichen Körper].

729.

Schmid, Christofine: Wie die Kinder es treiben. Kleine Erzählungen. Cannstatt: Bosheuyer 1884 [Standort: LB Stuttgart],

730.

Schmid, Christoph von: Die Ostereier. 1. Aufl. Augsburg 1816. - Neue Ostereier. Geschichten aus vieler Herren Länder. Für die Jugend aller Stände. Von einem alten Wandersmanne. Dem Andenken Christoph von Schmid's gewidmet. Pracht-Ausg. Augsburg 1857 [Standort: UB Augsburg], *

731.

Ders.: Einhundert lehrreiche kleine Erzählungen für Kinder, Neue, ill. Ausg. mit vielen Holzstichen. Regensburg: Verlagsanstalt Manz 1879, 224 S. [Standort: SuStB Augsburg], - Erste Aufl. 1824-27. *

732.

Ders.: Kindergarten. 100 Schöne, lehrreiche Erzählungen für Knaben und Mädchen mittleren Alters. Mit teils ganzseitigen Farbbildern. Stuttgart: Nitzschkes o.J. [1901], 4° [Standort: Internat. Jugendbibl. Augsburg]. *

733.

Ders.: Kurze Erzählungen. Ravensburg o.J. [ca. 1964; Privatbesitz]. *

734.

Ders.: Lehrreiche Erzählungen (= Christoph von Schmid gesammelte Schriften 24). 19. Aufl. Regensburg: G. J. Manz o.J. [1930], *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

773

735.

Ders.: Itha, Gräfin von Toggenburg. Eine sehr schöne und lehrreiche Geschichte aus dem zwölften Jahrhundert ... 3. Aufl. Mit 1 gest Frontisp. Beigeb.: Ders.: Das Blumenkörbchen. Eine Erzählung dem blühenden Alter gewidmet. 3. Aufl. Mit 1 gest Frontisp. Wien: Mausberger [ca. 1830] (= Jugendschriften v. Chr. Schmid, Bd. 3 u. 4). 2 B1L, 108 S. u. 2 Bll., 127(1) S. [Fundort: Antiquariat Daniel Osthoff, 97070 Würzburg].

736.

Schmid, Johann Evangelist: Historischer Katechismus oder der ganze Katechismus in historisch-wahren Exempeln für Kirche, Schule und Haus. 3 Bde. Schaffhausen 1. Aufl. 1848, 6. Aufl. 1851/55.

737.

Schmiedtgen, Joh[ann] Gottfried Daniel: Anna, oder der Fallstrick der Ehre und des Reichthums. Ein Volksbuch. Gera: Heinsius 1798. 8°.

738.

Ders.: Helene, oder so kommt man zu Ehren. Ein Volksbuch, Gegenstück zur Anna. Leipzig: Fleischer 1797. 8°.

739.

Ders.: Jakob Hellwigs Reise nach Dresden, oder: so reist man mit Nutzen; ein Volksbuch. Leipzig: Brockhaus 1805. 8°.

740.

Ders.: Theobalds Morgengabe für seine Enkeltochter Pauline. Ein Buch für deutsche Töchter, aus den mittlem und höhern Ständen, zur Beherzigung in der Zeit der Liebe und des Frohsinns. Leipzig 1798.

741.

Schneid, Johann Nepomuk: Goldenes Alphabet religiös-sittlicher Aussprüche frommer und heiliger Männer zur Erbauung für Jedermann, nebst einer Reihe lehrreicher Erzählungen und kurzer Gespräche für die liebe Jugend und wohl auch für Erwachsene, theils gesammelt, theils verfaßt. Landshut: Krüll 1832 [Standort: BSB München],

742.

Ders.: Tugend-Beyspiele in biblischen Erzählungen mit sittlichen Anweisungen und Denksprüchen. Ein Christenlehr- und Prüfungsgeschenk von dem Verfasser der armen Hirtenfamilie. Landshut: Manz 1834 [Standort: BSB Müncen],

743.

Ders.: Jugendspiegel, oder: lehrreiche Erzählungen den Eltern, Kindern und Dienstboten geweiht vom Verfasser der armen Hirtenfamiie. 3 Bde. Passau: Pustet 1837-39 [Standort: BSB München],

744.

Schönberg, Matthias von: Lehrreiche Gedanken mit kleinen Begebenheiten zur Bildung eines edlen Herzens in der Jugend 1771. [Standort: UB Augsburg]; Wien: Weigand 1775 [UB Augsburg]; 2. Aufl. München 1792 u. München 1779 [BSB München],

745.

Schönke, Karl August: Deutsches Lesebuch für Töchterschulen von Karl August Schönke. Lehrer an der Königlichen Luisenschule zu Posen. Zweiter Cursus. Prosaischer Theil. Berlin: Carl Friedrich Amelang 1840, XVI, 324 S. [Standort: Georg-Eckert-Institut fur internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DCG-I4 (l,1840)-2], - Das Lese-

774

Literaturverzeichnis buch ist in sieben Abschn. gegliedert: Fabeln (S. 3ff.), Erzählungen (S. 7Iff.), Mährchen und Sagen (S. 176ff.), Idyllen (S. 220ff.). - Den Mädchen sollen mit den MG im Abschn. „Erzählungen" weibliche Tugenden wie Sanftmut, Bescheidenheit, Unbefangenheit, Unschuld und Häuslichkeit vermittelt werden. *

746.

Schollmeyer, J. G.: Catechismus der sittlichen Vernunft. Oder: Kurze und Kindern verständliche Erklärung der sittlichen und religiösen Grundbegriffe, durchgängig mit Beyspielen erläutert. 2. verb. u. verm. Ausg. Leipzig 1802, XVI, 262 S.

747.

Schoppe, Amalie: Christliche Erzählungen für die Jugend. Hamburg 1839.

748.

Dies.: Neue bunte Bilder aus dem Jugendleben. Ein unterhaltendes und belehrendes Lesebuch fur Knaben und Mädchen von 10 bis 15 Jahren. Mit 6 handcol. Kupferstichen. Leipzig: Taubert'sche Buchhdlg. 1829, 238 S., Kl. 8° [Fundort: Bibliotheca Mystica GmbH, CH-6003 Luzern],

749.

Dies.: Wilhelm und Elfriede oder die glücklichen Tage der Kindheit. Ein nützliches und unterhaltendes Lesebuch für gute Kinder, die eben so wohl Unterhaltung als Belehrung suchen. Leipzig: Taubert 1829, 174 S. mit kolor. Kupferstichtitel u. Frontispiz, sowie 5 weiteren kolor. Kupfern von Böttger nach Straßberger.

750.

Dies.: Hundert kleine Geschichten. Das allerliebste Buch für gute Kleine Kinder. Zur Erweckung des Gemüths und Bildung des Verstandes. Für Schule und Haus. Mit 50 color. Abb. Berlin: C. F. Amelang [1836], 255 S., 1 S. Verlagsanzeigen. Mit kolor. Kupferstichtitel u. Frontispiz, sowie 6 weiteren kolor. Kupfern von F. Tallnig.

751.

Dies.: Abendstunden der Familie Hold. Schöne Erzählungen für die liebe Jugend. Mit vielen Illustrationen in Farbdruck. Fürth: Druck und Verlag von G. Löwensohn o.J., 80 S., 3 chromolithogr. Taf.n. *

752.

Schreger, Odilo: Lustig und nutzlicher Zeitvertreiber, zum Nutzen eines melancholischen und langweiligen Gemüths, welcher die Erklärung fremder und juristischer Wörter, schöne Sprichwörter, nützliche und lustige Fragen, Erfindungen Weltlich- und Geistlicher Sachen, einfältige Bauern-Regeln, Müntz-Weesen, Artzney.Mittel, allerhand KunstStücklein, und lächerliche Begebenheiten enthält. 8°, 576 S. Stadt am Hof 1754 [Standort: BSB München], München 1755 u. 1764; Stadtamhof: Johann Urban Gastl 1769, 8 Aufl. 1788; 11. Aufl. 1802. *

753.

Ders.: Zu nutzlicher Zeit-Anwendung Zusamm getragener Auszug Der Merckwürdigsten Sachen: in Drey Theil abgetheilet ; Erster Theil, Haltet in sich die Merckwürdigkeiten von denen Menschen: Zweyter Theil, Von unvernünfftigen Thieren: Dritter Theil, Von vermischten Sachen.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

775

Stadt am Hof/Passau: Gastl 1755, 8°, 770 S. [Standort: BSB München; UB/SB Passau]. - Dritte verbess. Aufl. u.d.T.: Nutzliche ZeitAnwendung oder Auszug der merckwürdigsten Sachen: In vier Theil abgetheilet [enthält zusätzlich den vierten Teil „Von unterschiedlichen Künsten". Stadt am Hof: Gastl Johann 1766. 8°, 784 S. [Privatbesitz]. 754.

Ders.: Hausbüchlein, darinnen unterschiedliche, sowohl geistliche wie weltliche Hausmittel, sonderlich, wie sich ein Hausvater gegen Gott, gegen den Nächsten und sich selbst wie auch in seinen Hausgeschäften verhalten solle. Bamberg 1748, 1753 u. 1770; zweyte Aufl. Baierdießen: Baab 1773 [Standort: BSB München]; Augsburg 1780.

755.

Schultheiß, W. K.: Aehrenlese auf dem Gebiethe des Nützlichen und Schönen fur Knaben und Mädchen. Nürnberg: C. H. Zeh'sche Buchhdlg. 1831, 94 S., Titel u. 6 Taf. in kolor. Kupferstich von Peter Carl Geißler.

756.

Schulz, Otto: Hand-Fibel. Enthält: Elementar-Uebungen zum Lesen; poetische und prosaische Lesestücke; eine Sammlung biblischer Sprüche; die fünf Hauptstücke des christlichen Glaubens. Dreiundvierzigste Aufl. Berlin: Ludwig Oehmigke 1853, 176 S. [Standort: UB Braunschweig, Slg. Hobrecker: 1005-0448], - MG im Kap. „Fabeln und Erzählungen", S. 108-132. *

757.

Schumann, August: Die Landfamilie zu Thalheim. Th. 1-2. Leipzig: Kummer 1793. 192 S., 181 S. 8° [urspr. anonym erschienen], - Mikrofiche-Ausg. zusammen mit den anderen Werken des Autors (= Bibliothek der deutschen Literatur). München: Saur 1990-1994 [zahlreiche Standorte, vor allem UB],

758.

Schummel, Johann Gottlieb: Kinderspiele und Gespräche. 3 Bde. Leipzig: Siegfried Lebrecht Crusius 1777-78 [Standort: UB Tübingen], *

759.

Ders.: Lehrreiches und angenehmes Buch für den Bürger und Landmann. Magdeburg 1772. Ders.: Moralische Bibliothek für den jungen deutschen Adel. 3 Bde., Liegnitz/Leipzig 1785-87.

760. 761.

Schwaben, Johann Joachim: Der Frau Maria le Prince de Beaumont lehrreiches Magazin für junge Leute, besonders junge Frauenzimmer zur Fortsetzung des Magazins für Kinder, nach deutscher Art eingerichtet von J. J. S. Dritte und verbess. Aufl. Mit allergnädigsten Freyheiten. Leipzig: M. G. Weidmanns Erben und Reich 1766, 4 Teile in einem Bd., 184 S., 224 S., 232S. u. 256 S. - Die Themen Unordnung, Unvorsichtigkeit, Neugier, Leichtsinn, Faulheit usw. werden in Form von Dialogen zwischen Erzieherin und Schülerin abgehandelt und von Fabeln und MG unterbrochen [Fideikommißbibl., Österr. Nationalbibl.] *

776

Literaturverzeichnis

762.

Ders.: Der Frau Maria le Prince de Beaumont lehrreiches Magazin fur Arme, Handwerksleute, Gesinde und Leute auf dem Lande, nach deutscher Art eingerichtet. Leipzig: M. G. Weidmanns Erben und Reich 1768. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.] *

763.

Ders.: Der Frau Maria le Prince de Beaumont nöthige Unterweisung für junges Frauenzimmer welches in die Welt tritt und sich verheurathet, als der Verfolg des Magazins für junge Leute, nach deutscher Art eingerichtet, von J. J. S. Zweyte und verbess. Aufl. Mit allergnädigster Freyheit. Leipzig: M. G. Weidmanns Erben und Reich 1768, 4 Teile in einem Band, 172 S., 180 S., 232 S. u. 336 S. - Das Werk besteht aus 29 Unterredungen, die sich auf 29 Tage verteilen, am Schluß steht ein Brief der „Verfasserin" an ihre Schülerinnen. Die Dialoge zwischen Hofmeisterin und Schülerinnen werden von Erzählungen unterbrochen, welche die erörterten Themen illustrieren sollen. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.] *

764.

[Ders. (Übers, a.d. Engl.):] Das wohlgezogene Frauenzimmer, oder vollständige Anweisung zur weiblichen Erziehung, in einer Reihe Briefe einer Mutter an ihre Tochter. Rostock: Koppe 1767.

765.

Schwäbl, Franz Xaver: Der beßte Rat fur studierende Jünglinge. Landshut: Weber 1810 [Standorte: UB München, SB Bamberg],

766.

Ders.: Kurze und lehrreiche Parabeln. Ein Lesebuch fur die liebe Jugend. 3., mit einer neuen Abtheilunug verm. Ausg. München: Jakob Giel 1829, VI, 135 S. - Aufl. München: Giel 1831. - SchulpreisBändchen mit 75 kleinen moralischen Geschichten. Erstmals 1813 erschienen. Vgl. Wegehaupt I, 2023 [Fundort: Antiquariat Bürck, 10781 Berlin; Antiquariat Andrea v. der Osten, 91161 Hilpoltstein]. *

767.

Ders.: Geschichts-Predigten. Ein Erbauungbuch für christliche Familien. 2 Theile. München: Giel 1819 [Standort: UB München],

768.

Ders.: Kleine Haus-Legende für den Bürger und Landmann. Auch ein Buch fur Feyertags-Schulen. 5. Aufl. München: Weber 1832 [Standort: BSB München],

769.

Ders.: Beispiele des Guten für den Bürger und Landmann. Augsburg: Rieger 1851 [Standort: BSB München],

770.

Schwarz, Heinrich: Einhundert kurze Erzählungen und Parabeln für die liebe Jugend. Mit einer Empfehlung von dem Verfasser der Ostereier: Christoph von Schmid. Neue illustrirte Aufl. Mit Stahlstich- u. Holzschnitt-Abb. Regensburg: Nationale Verlagsanstalt Buch- und Kunstdruckerei Act.-Ges. (früher J. G. Manz) o. J. [1848], 218 S., 1 Bl. Verlagsanzeigen. - N e u e ill. Aufl. Regensburg: Manz 1881, 218 S. [Standort: Landesbibl. Oldenburg], - Christlich geprägtes Erziehungsbuch. *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

in

771.

Schwarz, Ignaz Christian: Blumensträußchen, oder moralische Erzählungen für die Jugend und ihre Freunde, neu hg. v. J. Rion. Bamberg: Verl. des literarisch-artistischen Instituts 1837, IV, 107 S. [Standort: Β SB München, Paed.pr. 4417 v],

772.

Ders.: Der sanfte Adolf und der zornige Wilhelm: eine lehrreiche Erzählung für Aeltern und Kinder; als Gegenstück zu Christoph Schmid's Erzählung: Der gute Fridolin und der böse Diedrich, hg. v. Verfasser der Theodolinde. Bamberg, 1837, Titelkupfer [Standort: BSB München, Paed.pr. 67; UB Bamberg, B.Pr.B. 2280]. - 2. Aufl. Bamberg: Dresch 1841, 4 Bll., 184 S. [Standort: IJB München, IJB München, Historische Sammlung, H/M 162200],

773.

Schweizer Hausfreund. Illustrirter Volkskalender für Stadt und Land auf das Jahr 1896 ff. *

774.

Schwippel, Adalbert: Georg Frey oder Beispiel wie viel Gutes ein verständiger Mann in einer Gemeinde zu stiften vermag; dem Landwirthe überhaupt, insbesondere aber dem lieben Bauernstande zum Nutzen aufgestellt. Prag: G. Haase, 1835, IV, 932 S. m. zahlr. Textholzschnitten, 12 lithograph. Taf. (2 gefaltet). [Fundort: Katalog Landwirtschaft, Viehzucht, Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg], - Laut TitelblattVermerk wurde dieses Werk von dem Fürstlich Fürstenbergischen Buchhalter Adalbert Schwippel verfaßt auf Anregung der k. k. patriotisch-ökonomischen Gesellschaft in Böhmen. In eine schlichte Rahmenhandlung, in der die Menschen Namen wie Ludmilla Hanf (Dorfschlampe) oder Johann Trinker (verschuldet) tragen, ist das „Goldene ABC" für den Landwirt eingepaßt: Gesundheit, Wetter, Erdarten, Fruchtfolge, Naturreiche, Getreideanbau, landwirtschaftliche Werkzeuge, Fischzucht, Pferde, Seidenbau und Bienenzucht, Rechnungswesen, Geometrie, Kindererziehung, u.a.m. *

775.

Seifert, Adam: Die Jugendfreude, oder: erbauliche Beyspiele, Lehren und Erzählungen. Ein Christenlehr- und Prüfungsgeschenk. Würzburg: Etlinger 1830. [Standort: UB Augsburg].

776.

Seiler, Georg Friedrich: Allgemeines Lesebuch für den Bürger und Landmann vornehmlich zum Gebrauch in Stadt- und Landschulen. 8. verb. Aufl. o.O. [Erlangen] 1796 [zwischen 1790 und 1830 insges. 22 Aufl.], [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz, Sign. 7996],

777.

Senff, Karl Friedrich: Unterricht für Herz und Verstand, dem gemeinen Manne auf dem Lande zu gut aufgesetzt. Halle: Waisenhaus-Bibl. 1769. 8°

778.

Seume, Johann Gottfried: Ein Nachlaß moralisch-religiösen Inhalts. Kurzes Pflichten- und Sittenbuch für Landleute. Leipzig: Göschen

778

Literaturverzeichnis

1799, 1811, XVI u. 296 S. [Standort: Wiirtt. Landesbibl. Stuttgart, Sign.: 23/90023]. 779.

Simon, Christian Friedrich Liebegott: Beispiele des Guten und Bösen aus dem wirklichen Leben. Nach den Wahrheiten der Pflichtenlehre geordnet und fur die reifere Jugend bearb. (= Der deutsche Kinderfreund, hg. v. K. Vogel). Leipzig 1836-39.

780.

Ders.: Sammlung von Beispielen, größtentheils aus dem wirklichen Leben. Nach Anleitung und zur Erläuterung des ersten Cursus seiner christlichen Religionslehre. Leipzig 1834.

781.

Ders.: Sittenlehre in Beispielen aus der Geschichte und dem täglichen Leben. 3 Bde. Leipzig 1845 u.ö.

782.

Simon, Ernst Heinrich: Der Jugendfreund, oder moralische Erzählungen lehrreicher und angenehmer Geschichten und Beyspiele. Augsburg 1792 [Standort: UB Göttingen]. *

783.

Sintenis, Johann Gottfried Theodor: Die Oberlausitz. Ein belehrendes und unterhaltendes Lesebuch, vorzüglich für all diejenigen, welche an diesem Lande ganz besondern Antheil nehmen. Zittau, bei dem Verfasser und in der J. D. Schöpsischen Buchhdlg. zu finden. Gedruckt in Görlitz bei K. G. Schirach, 1812 [Standorte: ULB Halle; HerzogAugust-Bibl. Wolfenbüttel].

784.

Sittenbuch für junge Handwerker. München: Königl. CentralSchulbücher Verlag 1821, 171 S. [Standort: Leopold-Sophien-Bibl. Überlingen],

785.

Sittenbüchlein für die Kinder des Landvolks. Homburg vor der Höhe 1773. [zit. bei Schenda 1970, S. 52, Anm. 42],

786.

Snell, Johann Peter Ludwig: Sittenlehre in Beispielen für Bürger und Landleute. Frankfurt am Main 1795.

787.

Sollin, Friedrich: Neue moralische Erzählungen für die Jugend zur Beförderung des Guten. Mit 3 illum. Kupf. München 1833 [BSB München, Paed.pr. 3504], 2. Aufl. München: Jaquet 1838 [Standort: BSB München, Paed.pr. 3504], *

788.

Sonntägliche Unterredungen einiger Landleute. Stck. 1-2. Braunschweig: SchulBuchhdlg. 1775, 1776. 8°.

789.

Späth, Caroline: Einhundert und zehn moralische Erzählungen für kleine Kinder. 2. Aufl. Stuttgart: Nitzschke ca. 1840. VIII, 266 S., 2 Bll., 12 kolor. lithogr. Taf. - Stuttgart: Nitzschke o.J. [ca. 1845], Kl. 8°, 225 S., mit 12 kolor. Lithos [Fundort: Antiquariat Olaf Niedersätz, 10115 Berlin], - 4. Aufl. Stuttgart, VI, 205 S., Abb. [1871] [Standort: IJB München, Historische Sammlung, H/M 224550], - 5. Aufl. Stuttgart: Wilhelm Nitzschke [1880], III, 205 S., Abb. [Standort: UB Augsburg,

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

779

Magazin, 01/GE 6919 S732 E4(5); IJB München, Historische Sammlung, H/S 499600], - 6. Aufl. Stuttgart: Nitzschke [1895], VIII, 208 S. Mit 4 Farbdruckbildern (auf Taf.) u. vielen Textill, von Alfred Greiner. Mehrfarbig ill. [Privatbesitz]. - 7. Aufl.: Stuttgart 1900. - Auch u.d.T. 110 moralische Erzählungen für kleine Kinder. * 790.

Spiegel der Dienstboten, zu Nutz und Frommen des Gesindes in Städten und auf dem Lande aufgestellt. Zwickau: Verein zur Verbreitung guter u. wohlfeiler Volksschriften 1852, 70 S., 1 Bl. [Fundort: Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg]

791.

Spirago, Franz: Beispiel-Sammlung für das christliche Volk insbesondere für Prediger und Katecheten. Lingen [Ems] 5. Aufl. 1918, 6. Aufl. 1926. * Ders.: Katholischer Volks-Katechismus. Trautenau 1893 [= Ein fast 2000 Geschichten umfassender Beispielband zu Spiragos erfolgreichem „Katholischen Volks-Katechismus"; erschien in mindestens zehn Aufl. bis Mitte der 1920er Jahre und wurde in 13 Sprachen übersetzt], *

792.

793.

Spörlin, Sebastian: Hanns und Bethe. Versuch eines nach den Bedürfnissen unsrer Landleute zu bearbeitenden Lesebuchs. Heft 1-2. Basel: Schweighauser 1790, 1792. 141 S., 1 Bl. 147 S. 8° [Standort: UB Basel: VB G 710]. - Moralisierende Lebens- und Erfolgsgeschichte eines Bauernpaares in Form von Gesprächen mit dem Verfasser, einem Schweizer Pfarrer. Fortlaufende Handlung, enthält keine isolierten MG.

794.

Stahl, Karoline: Fabeln, Mährchen und Erzählungen für Kinder. Nürnberg: Friedrich Campe 1818, 2. Aufl. 1821, neu hg. v. Hans-Jörg Uther: Deutsche Märchen und Sagen (= DB 80), Berlin 2003, S. 4787848120.*

795.

Starke, Gotthelf Wilhelm Christoph: Gemähide aus dem häuslichen Leben. 5 Bde. Berlin 1793-1803; Wien 1804, Braunschweig 1803 und 1827; Holländisch 1803; Mikrofiche-Ausg. B. 41 / F. 18283-18285: München: Saur 1990-1994 (= Bibl. d. dt. Lit.). [Standorte: BSB München, UB Augsburg, Bamberg, Eichstätt, Passau, Regensburg].

796.

Stehmann, W.: Deutsche Schreib-Lese-Fibel und erstes Lesebuch. Nach praktischen Erfahrungen bearb. und zusammengestellt von W. Stehmann. Lehrer in Berlin. 1. Aufl. Berlin: Selbstverlag W. Stehmann 1884, 152 S. [Standort: Pädagogisches Zentrum Berlin: mag.-r 373.32(07%) D 3]. - Enthält MG zu Themen aus der kindlichen Umgebung, zu religiösen Inhalten und kirchlichen Festen. *

797.

Stein, [d.i. Stein, Anna alias Margarethe Wulff]: Bilder aus dem Kinderleben. Erzählungen für Mädchen von 7 bis 10 Jahren. Berlin: Winkelmann o.J. [1849],

780

Literaturverzeichnis

798.

Dies.: Mariens Tagebuch. Fortsetzung der 52 Sonntage und des Tagebuchs dreier Kinder. 9. Aufl. mit 111. v. C. Klöpper. Berlin 1880; 12. Aufl. mit 9 farblith. Taf. von Theodor Hosemann. Berlin: Winckelmann und Söhne [ca. 1895], 333 S.; = das dritte aus Anna Steins oft aufgelegter Serie von Kindertagebüchern. [Fundort: Antiquariat Hellmut Schumann AG, CH-8024 Zürich],

799.

Dies.: Lebensbuch. Eine Erzählung für junge Mädchen. Mit III. von W. Friedrich. 7. Aufl. Berlin: Winckelmann [ca. 1900], 452 S. [Fundort: Fabri Internet Antiquariat 89075 Ulm].

800.

Dies.: 52 Sonntage oder Tagebuch dreier Kinder, neu bearb. v. Ottilie Schwahn. Mit 4 Bildern von W. Claudius im Farbendruck. 30. Aufl. Berlin: Winckelmann 1902. 346 S. - Reprint nach der 2. Aufl. des zuerst 1846 in Berlin bei Winckelmann erschienenen Buches mit einem Nachwort von Heinrich Pleticha. Leipzig: Edition Leipzig 1986, kl.-8°, 359 u. X S., 1 Bl. mit 9 färb. Taf. - Drei Kinder fuhren abwechselnd ein Jahr lang sonntags ein Tagebuch über die vergangene Woche. „Der Stil der in ländlichem Gutsmilieu spielenden Geschichten ist unsentimental, aber auch trocken und lehrhaft, die Figurenzeichnung typisierend", so M. Dahrendorf. In: LKJ III, S. 454). Trotzdem wurde das Buch ein oft gedruckter Bestseller, für die Hosemann ab der 4. Aufl. veränderte Illustrationen schuf. - Klotz IV, 7010/25. Vgl. Wegehaupt II, 3757 ff; Rümann, III. Bücher 1001; Brieger, Hosemann, 128 und 232 und Ries, Wilhelminische Zeit, S. 609, 33.

801.

Dies.: Alte Bekannte. Ein Nachtrag zu den Tage- und Lebensbüchern. Mit lithograph. Titel und 7 kolor. Lithographien von Th. Hosemann. Berlin: Winckelmann & Söhne 1860, Klein-4to, 172 S. - Zusammenfassender Abschluss aller ihrer Serienhelden. Im Vorwort heißt es: „Die 52 Sonntage und das Lebensbuch fanden großen Beifall, die Leser forderten Fortsetzungen, so entstanden ,Tagebuch dreier Kinder',,Mariens Tagebuch' und ,Lebensbuch Teil 2'. Neue Forderungen folgten. Die Verfasserin ist aber jetzt auf unseren Vorschlag eingegangen, die in den genannten Schriften auftretenden Personen ihren zahlreichen Freunden in späteren Lebensabschnitten noch einmal vorzuführen. Wir begegnen also überall den alten Bekannten aus den früher erschienenen oben genannten Schriften" (Wegehaupt II, 3726). Rümann 991. Brieger, Hosemann, 277. Klotz IV, 7010/3. [Fundort: Antiquariat Winfried Geisenheyner, 48165 Münster],

802.

Dies.: Kinderbriefe. 2. Aufl. Berlin: Winckelmann & Söhne [1872], Kl.-8°, 212 S., mit neun handkolor. Lithogr. v. Th. Hosemann.

803.

Dies.: Tagebuch dreier Kinder. Zweiter Teil der „52 Sonntage", neu bearb. v. Ottilie Schwahn. Berlin: Winkelmann [ca. 1898], 337 S. mit 4

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

781

colorierten Bildern von W. Claudius. [Fundort: Versandantiquariat 29358 Eicklingen], 804.

Steinbeck, Christoph Gottlieb / Ernst Bornschein: Das Dörfchen Ruhbach, ein gemeinnütziges Volkslesebuch, besonders zur Unterhaltung für den Bürger und Landmann. Naumburg: Rößler 1806. 8°; 2. Aufl. 1809.

805.

Ders.: Der aufrichtige Kalendermann. Ein gar kurioses und nützliches Buch. Für die Jugend und den gemeinen Bürger und Bauersmann verfertiget und mit Bildern erläutert. [Th. 1]: Langenberg: Selbstverlag 1792. Titelbl., II, 203 S. kl. 8°. - 2. verb. Aufl.: Langenberg: Selbstverlag / Leipzig: Fleischer i. K. / Gera: Rothe i. K. 1793. 2 Bll., 183 S., 2 Bll. kl. 8°. Privatbesitz. - 3. Aufl.: Leipzig: Fleischer 1794; 4. Aufl. ebd. 1798; 5. Aufl. ebd. 1808; 6. Aufl. ebd. 1815; 7. Aufl. ebd. 1820. - Th. 2: 1. Aufl. ebd. 1795; 3. Aufl. ebd. 1800; 4. Aufl. ebda 1806; 5. Aufl. ebd. 1815; 6. Aufl. ebd. 1820; 7. Aufl. ebd. 1823; 8. Aufl. 1829.

806.

Ders.: Der hundertjährige Kalender ohne Schnurrpfeifereyen Ein Volksbuch vom Verfasser des aufrichtigen Kalendermannes. Leipzig: Fleischer 1795. 8°. - 7. Aufl. 1823 [= Der aufrichtige Kalendermann Th. 2.]

807.

Ders.: Der unglückliche Deutschfranzos, oder die verwirrte Welt. Ein nützliches Buch für den deutschen Bürger und Bauersmann vom Verfasser des aufrichtigen Kalendermannes. Leipzig: Fleischer 1794.

808.

Ders.: Frey- und Gleichheitsbüchlein. Für die Jugend und den deutschen Bürger und Bauersmann verfertigt vom Verfasser des aufrichtigen Kalendermannes. Leipzig: Fleischer 1794. 186 S. 8°.

809.

Ders.: Henkersgeschichten zur Belehrung und Warnung fur Alt und Jung im Volke. Bd. 1 [mehr nicht erschienen], Leipzig: Fleischer 1806. XIV, 240 S.

810.

Steinberg, Christian Gottlieb: Sittenlehre für junge Frauenzimmer, von C. G. S., Mittagsprediger zu Allerheiligen in Breßlau. Breßlau und Leipzig: Gutsch 1774 [Standort: SUB Göttingen, Abtlg. Handschriften u. seltene Drucke, Sign. DD94 A 882],

811.

Ders.: Emilie, oder das unverhoffte Glück. Breßlau/Leipzig: Gutsch 1778 [Standort: UB Leipzig],

812.

Stern, Wilhelm: Erstes Sprach- und Lesebuch für deutsche Elementarschulen. Verfasst von W. S., Direktor des evangelischen Schulseminars zu Karlsruhe und Mitglied der großherzoglich badischen Oberschulconferenz. B. Fünfte unveränd. Aufl. Karlsruhe: Christian Theodor Groos 1841 [Standort: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig: DB-I 28 (5,1841)-!]. - MG (S. 63-65, 70-72),

782

Literaturverzeichnis

mit einem Bibelzitat oder Spruch als Überschrift versehen, z.B. S. 63: „Aufrichtigkeit ist Dir, Gott, angenehm", S. 64: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen", S. 71: „Am morgen arm, am Abend reich". Sie gehen wahrscheinlich auf Exempelbzw. Predigtliteratur zurück. * 813.

[Stolz, Alban:] Kalender für Zeit und Ewigkeit für das gemeine Volk und nebenher für geistliche und weltliche Herrenleute. Wädenswil: Villinger 1843. [insgesamt über 30 Aufl.n, auch mit dem Untertitel „ABC für große Leute", so z.B. die 3. Aufl. reiburg: Herder 1864, 130 S., III.].

814.

Ders.: Altmodisches für moderne Dienstmädchen, zusammengestellt und hg. v. Joseph Schofer. Freiburg: Herder 1911, VIII, 117 S.

815.

Ders.: Katechetische Auslegung des Freiburger Diöcesan-Katechismus. Nebst einer Vorrede von J[ohann] B[aptist] Hirscher. 3 Bde. Karlsruhe u.a.: Herder I (1844), X, 318 S.; II (1845), IV, 473 S.; III. (1847), V, 407 S.

816.

Ders.: Bilder zur christkatholischen Glaubens- und Sittenlehre. Aus dem Schriften von Alban Stolz. Geistlichen und Lehrern sowie dem christlichen Volke gewidmet von Karl Teich. Freiburg i. Br.: Herder, 1909, XVI, 452 S.

817.

Stoy, Johann Sigmund: Goldener Spiegel für Kinder. Ein Lesebuch, bestehend in auserlesenen Erzählungen. Mit Kupfern. 3 Tie., Nürnberg: Christ. Weigel und A. G. Schneider 1778-81, VIII u. 256 S., 90 gest. Vignetten jeweils am Beginn einer Erzählung. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.]. - 3. Aufl. 1791, 4. Aufl. 1810, 5. Aufl. ebd. 1831, später auch unter dem Titel „Goldener Spiegel, ein Lesebuch für kleine Knaben"]. *

818.

Ders.: Bilder-Akadamie für die Jugend. 1 Bildbd., 2 Textbde. Nürnberg 1780-84. *

819.

Streithorst, Johann Werner: David Klaus, ein Sittenbuch für gute Leute aus allen Ständen. Halberstadt: Selbstverlag 1796, XXXVI u. 184 S. [Standort: UB Augsburg]; 2. Aufl.: Halberstadt: Groß 1798.

820.

Strobl, Johann Baptist: Unglücksgeschichten zur Warnung für die unerfahrene Jugend, in rührenden Beyspielen, erläuternden Kupfern und Vignetten. München 1778 [Standort: BSB München,; Bibl. d. Redemptoristen Gars am Inn]; Aufl. 1790 [Bibl. d. Germanischen Nationalmuseums Nürnberg]; Aufl. 1810 [Standort: UB München]; Aufl. München: Fleischmann 1849 [Standort: Bibl. des GNM; BSB München], *

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Ders.: Die Folgen unrichtiger und verwahrloster Erziehung. Ein Lesebuch für Jünglinge und Mädchen von reiferem Alter. Mit Kupfern. München: Strobel 1794, 330 S., 8° [Standort: BSB München], *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

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Struve, Christian August: Erklärung teutscher Sprichwörter in Rücksicht auf Erziehung und Behandlung der Kinder. 2 Bde. Glogau 179899 [Standort: SUB Göttingen, Sign.: 8 ADAG 3368].

823.

Stutz, Jakob: Sieben mal sieben Jahre aus meinem Leben. Als Beitrag zu näherer Kenntnis des Volkes. Neue Ausg. nach dem Erstdruck von 1853 mit Einleitung und Anmerkungen von August Steieger, Pfäffikon: Henri Kunz, 1927. 445 S. [Fundort: ABC Antiquariat Marco Pinkus, CH-8001 Zürich], - Neudr. Winterthur 1960 [Fundort: Antiquariat Bernecker, 79268 Bötzingen; Standort: BSB u. UB München], Nachdr. Frauenfeld: Huber 1983, 529 S., III. [Standort: BSB u. UB München],

824.

Ders.: Gemälde aus dem Volksleben nach der Natur aufgenommen und treu dargestellt in gereimten Gesprächen zürcherischer Mundart. 6 Bde., Zürich 1 8 3 1 - 5 3 . - 3. und 4. Theil (in einem Band) Zürich: Schulthess 1836-1840. VII, 248; 160 S. 8°. [Fundort: ABC Antiquariat Marco Pinkus, CH-8001 Zürich],

825.

Ders.: Lise und Salome. Eine Erzählung aus dem Volksleben. Zürich: Meyer und Zeller 1847, 48 S. 8°. [Fundort: Versandantiquariat Heinz Rauch, CH-8604 Volketswil], Stuve, Johann: Kleine Schriften gemeinnützigen Inhalts. Nach dem Tode Stuves hg. v. Joachim Heinrich Campe. 2 Bde. Braunschweig 1794, CXVIII, 394/478 S. Mit einer Einleitung und einer pragmatischen Bibliographie von Hanno Schmitt, Marburg (= Reihe Paedagogica. Quellenschriften zur Geschichte der Einheitsschule. Bd. 4/5). Reprint Marburg 1982.

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Sutor, Andreas: Sittliche Lehre für die Jugend. Salzburg 1771. [Standort: UB München, Sign. 8 Philos.pr. 357/1].

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Ders.: Moral für die Jugend. Landshut: Hagen 1776, I I I S . Beigeb.: Campe's Sitten- und Lebensregeln für Knaben und Mädchen. Frankfurt/Leipzig 1776, 47 S. [Standort: BSB München]; 2. Aufl. 1776; 3., verm. Aufl. 1779 [Standort: UB Augsburg]; 4. Aufl. 1790; 5. Aufl. 1795; Aufl. ohne Zählung 1796. *

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[Tischer, Johann Friedrich Wilhelm]: Dr. Martin Luthers Sittenbuch für den Bürger und Landmann, aus seinen hinterlassenen Werken mit Auswahl des Besten und Wichtigsten gezogen von dem Verfasser von Luthers Leben, ein Schul- u. Lesebuch für Protestanten. Leipzig: Voss 1794, 8 Bl., 373 S., 8° [Standort: UB Gießen]; Neue Aufl. ebd. 1798, 7 Bl., 373 S. [Standort: UB Dresden]

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Thon, Johann Adam Christian: Das räsonnirende Dorfkonvent; eine gemeinnützige ökonomisch-moralisch-politische Schrift für den Bürger und Landmann. Bd. 1-3. Erfurt: Keyser 1786-1788. 8°. - Neudr. der Teile 1-3, Erfurt: Keyser 1786 - 1788, mit einem Nachw. von Holger Böning (= Volksaufklärung 11). Stuttgart-Bad Cannstatt 2001, 396 S., Abb. *

841.

Ders.: Philemon, oder der Freund der Herrschaften und des Gesindes. Ein Lesebuch für Familien und Landschulen. Frankfurt, a. M.: Guilhaumann 1786. 8°. *

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Thormeyer, Andreas Friedrich Chr.: Katechismus der christlichen Moral. Leipzig 1800. - Im Leihverkehr nicht auszumachen, aber im Sachregister des Kayser'schen Bücher-Lexicons, Leipzig 1838, unter „Moral in Beispielen aus der Profangeschichte" aufgeführt.

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Thümmel, Moritz August von: Wilhelmine. Ein prosaisch komisches Gedicht. Mit Kupfern von Oeser. Leipzig 1764, 132 S., III.. - Abdruck

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

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der ersten Ausg., hg. v. Richard Rosenbaum. Ebd. 1894. - Mit Erläuterungen und einem Nachw. hg. v. Alfred Anger. Ebd. 1964. 844.

Tietz, Johann Daniel: Wittenbergischen Wochenblattes zur Aufnahme der Naturkunde und des oeconomischen Gewerbes, von ihm redigiert 1768-78.

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Tobler, Jfohann] G[eorg]: Gotthold der wackere Seelsorger auf dem Lande. Seitenstück zum Goldmacherdorf. Aarau: Sauerländer 1820. 319 S. 8° [Standorte: Wessenberg-Bibl. Konstanz: 6858; UB Freiburg i. Br.: o 351], - Durchgehende Erzählung vom Wirken eines Pfarrers, dem die moralische und christliche Erziehung der Landleute am Herzen liegt. Tobler, Titus: Die Hausmutter. Ein Buch für das Volk. Bühler [bei St. Gallen]: Buff 1830. VII, 207 S. kl. 8°. [Standort: LB Bern: G 12385]; 2. Aufl.: St. Gallen: Huber & Co. 1844. - Das Buch - eine Adaption von Pestalozzis „Lienhard und Gertrud", hier mit zwei Protagonisten namens Elisabetha und Konrad - enthält Ratschläge für rationelle und anständige Lebensführung, Kindererziehung, Krankenpflege und ist durchwegs dem Kampf gegen Vorurteile gewidmet.

846.

847.

Train, Joseph Karl von: Erzählungen für die gebildete Jugend. München: Giel 1830 [Standort: BSB München],

848.

Ders.: Lehren-, Weisheit- und Tugendsprüche in moralischen Erzählungen für die Jugend. Meißen: Goedsche 1835 [Standort: Dt. SB Berlin],

849.

Ders.: Vater Raymund im Kreise guter Kinder. Anmuthige und lehrreiche Erzählungen für die Jugend. Meißen: Goedsche 1835 [Standort: Zentralarchiv u. Hofbibl. Fürst Thum u. Taxis Regensburg].

850.

Trapp, Ernst Christian: Unterredungen mit der Jugend. Hamburg/Kiel 1775.

851.

Trenck, Friedrich von: Ein Lesebuch für die Jugend, zur Unterhaltung und Belehrung. Marburg 1788.

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Treumann, Georg Friedrich: Neue Katechisationen über biblische Erzählungen und Gleichnisse. Hamburg: Bohn 1795.

853.

Trinius, Johann Anton: Lesebuch für das Landvolk, 3 Bde. in 12 Stükken. Quedlinburg 1779-1784.

854.

Unger, Salomo Gottlob (Hg.): Beyträge zur Aufklärung der Landleute. 1. u. 2. Stck. Leipzig: Vogel 1785, 1786. 8° [Standort: UB Göttingen: Scr. var. arg. II 1941], - Eine Anthologie, in der MG, Gedichte, Fabeln und Aufsätze zur Geschichte und Naturkunde wechseln. *

855.

Unterhaltungen der Jugend zum Unterricht, Vergnügen und Veredelung des Herzens, 2 Theile. Stendal: D. E. Franzen u. Groß 1780 oder früher

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Literaturverzeichnis

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Vehnert, Johann Heinrich (Hg.): Lehrreiche und unterhaltende Märchen für die erwachsenere Jugend. Berlin: J. G. Hafselberg o.J., 235 S. Mit 6 Kupfern und 1 Vignette. [Fundort: Antiquariat Deuerlein, 90402 Nürnberg],

858.

Vergnügen bey dem Nachttisch. Zur Beförderung der Tugend und Verbesserung des Geschmacks bey dem schönen Geschlecht. Leipzig: Müller 1766, 6 Bl., 196 S., 8° [Standort: SUB Göttingen, Sign.: HSD' DD2000 A 409],

859.

Vierthaler, Franz Michael: Goldener Spiegel. Ein Geschenk für Mädchen, welche in Dienste treten wollen. Salzburg: Duyle 1791, 123 S.; 2. Aufl. 1796; 3. Aufl. 1804. [Standort: UB Augsburg],

860.

Ders.: Das Kinderbuch. Ein Geschenk für die ersten Anfänger. Salzburg: Duyle 1792; 2. Aufl. 1794; 3. Aufl. 1799 [Standort: Inst. f. Jugendbuchforschung, Frankfurt/Main],

861.

Ders.: Franz Traugott. Eine lehrreiche Kindergeschichte. Salzburg: Duyle 1792 [Standort: Dt. SB Berlin]; 2. Aufl. 1799 [Standort: UB Salzburg]; 3. Aufl. Regensburg: Rotermundt 1809 [Standort: SB Regensburg]. - Neue verm. Aufl. von P. Heinrich Schwarz u.d.T. Eine lehrreiche Erzählung (= Bibl. fur die reifere Jugend, Bd. 56). Regensburg: Manz 1889 [Standort: BSB München],

862.

Voit, Johann Peter: Sittenbuch für junge Leute von Johann Peter Voit, Oberpfarrer, Professor der Theologie an dem Gymnasium, Inspector desselben und aller Schulen zu Schweinfurt, wie auch ordentlichem Mitgliede des Königlich Preussischen Instituts der Moral und schönen Wissenschaften auf der Universität zu Erlangen. Nürnberg: C. Weigel u. A. G. Schneider 1792 (nachgedruckt Tübingen 1968); vierte verm. u. verbess. Aufl. ebd. 1802, 8°, 116 S. - Der erste Abschn. behandelt das Betragen gesitteter junger Leute gegen sich selbst zu allen möglichen Anlässen, von morgens bis abends, beim Ankleiden, Spazierengehen usw. Jede Regel wird zunächst grundsätzlich dargelegt und darauf an praktischen Beispielen erläutert. Der zweite Abschn. handelt vom Betragen gegen andere Menschen, wobei die Beispiele jeweils in einer deutschen oder, seltener, in einer ausländischen Stadt angesiedelt sind. [Standort: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.] *

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

787

863.

Volksbuch fur alle Stände in lehrreichen Gesprächen, Erzählungen und Grundsätzen. Neue nach Zerrenner [!] umgearbeitete Aufl. Th. 1-2. Kempten: Kösel 1792. VI, 170 S.; S, 171-360, 1 Bl. 8°. Standort: SB Regensburg: Paed. 383.

864.

Volksbuch in lehrreichen Erzählungen für alle Stände. Th. 1-2. Regensburg: Daisenberger 1792. 8°.

865.

Volksbuch für katholische Gemeinden der k. k. Staaten brauchbar gemacht von Joseph Füchtner. 3 Theile, Prag: Barth 1794-1796. 8° [Standort: Schloßbibl. Harburg]. - Dieses Buch ist eine der beiden katholischen Bearbeitungen von Zerrenners „Volksbuch"; s. a. „Legende für den Gemeinen Mann ..."

866.

Vorübungen zur Erweckung der Aufmerksamkeit und des Nachdenkens. [Von Johann Georg Sulzer. Neubearb. v. Johann Heinrich Ludwig Meierotto.] Mit allergnädigsten Freyheiten. 4 Bde. Berlin: Friedrich Nicolai 1780-82. [Standort: StLB Dortmund: Gym. 1097-1/4], - MG aus antiker Exempel- und zeitgenössischer Anekdotenliteratur finden sich im Bd. I: Zum Gebrauch der letzten Classe des Königl. Joachimsthalischen Gymnasium (1780), im Abschn. „Beyspiele und Lehren" (S. 8197). Band II: Zum Gebrauch einiger Klassen es Königl. Joachimsthalischen Gymnsium (1780); die Rubriken „Verstand und Unverstand" (S. 199-222) und „Beyspiele von Tugenden und Lastern" (S. 222-276) enthalten MG mit Anekdoten über antike Persönlichkeiten und Gestalten der deutschen, französischen, englischen und dänischen Geschichte. Bd. III: Zum Gebrauch einiger Klassen des Königl. Joachimsthalischen Gymnasium (1781) dto. in der Rubriken „Verstand und Unverstand" (S. 122-132) und „Beyspiele von Tugenden" (S. 132-154) mit Themen wie „Fleiß", „Sparsamkeit und Genügsamkeit", „Liebe für das allgemeine Beste". *

867.

Wagener, S. Chr.: Moralische Anekdoten. Berlin: Matzdorff 1803. 6 S. m. gest. Titel mit Vignette, 2 Bl., 300 S. Erste Ausg. [Fundort: Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg].

868.

Wagenseil, Christian Jakob: Weihnachtsgeschenk für die Jugend, bestehend in 230 geographischen, historischen und naturhistorischen Räthseln und Aufgaben, zur angenehmen und nüzlichen Unterhaltung. Augsburg: Stage, 1783. 60 S. [Standort: SuStB Augsburg],

869.

Ders.: Historische Unterhaltungen für die Jugend. 4 Bde., Augsburg 1781-83; 6 Bde. Nürnberg: Campe 2 1817-1819. [Standort: SuStB Augsburg]. [= Lebensbeschreibungen berühmter Persönlichkeiten],

870.

Wagner, Alois: Wilhelm Friedwald, oder die braven Fröhlichhauser. Offenbach: Weiß u. Brede 1792. ca. 96 S. 8°.

788

Literaturverzeichnis

871.

Wagner, Christian Ulrich: Angenehmer Zeitvertreib bey langen Winterabenden in lehrreichen und zeitverkürzenden Geschichten. 3 Stücke in 3 Bde. 3. Aufl. Ulm 1771/72, 235/236/235 S. [Standort: BSB München]. - Enthält 129 kurze Geschichten, meistens MG, wenige Fabeln. *

872.

Wahl, G[eorg]: Religionsgeschichtliche Abendunterhaltungen eines Pfarrers mit seinem Schulmeister und einem Bauern. Ein nützliches Lesebuch zunächst für den gemeinen Mann, aber auch für Seelsorger, Lehrer etc. o. 0 . 1806, XII, 432 S.

873.

Waibel, Aloys Adalbert: Erzählungen, vorzüglich edlen Töchtern gewidmet. Innsbruck: Wagner 1822 [Standort: Österr. Nationalbibl. Wien].

874.

Ders.: Sechzig Gleichnisse in Erzählungen vorgetragen, zur Unterhaltung fur schöne Seelen, die nach Weisheit und Tugend streben. Augsburg: Doli 1827; 2. Aufl. 1830, 3. Aufl. 1832, 4. verb. Aufl. 1840.

875.

Ders.: Ein Veilchen von fünf neuen Erzählungen, der Jugend und Jugendfreunden gewidmet von Th. Nelk. Regensburg: Manz, 1843. 142 S., III. [Standort: UB Augsburg],

876.

Ders.: [pubi, unter Pseud. Theophil Nelk]: Die Aepfel. Eine neue Erzählung für Kinder und Kinderfreunde. 2. Aufl. Mit lithographiertem Frontispiz Nördlingen: C.H. Beck 1831. Klein-8°, 68 S., 2 Bll. Verlagsanzeigen. [Anbieter: Antiquariat Winfried Geisenheyner, 48165 Münster-Hiltrup].

877.

Ders.: Erzählungen für Kinder und Kinderfreunde. Erzählungen für Kinder und Kinderfreunde, von Th. Nelk. Landshut: Manz 11834, ebd. 41835.

878.

Ders.: Hundert kleine Geschichten mit anpassenden Schlußreimen. Das Weihwasser und das Rumpelkämmerlein, zwei größere Erzählungen. Gewidmet Kindern, Aeltern und Kinderfreunden, von Theophilus Nelk. Neue, verb. Originalaufl. Grätz: Ferstl, 1836, III. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz],

879.

[Ders.:] Kinder-Freund. Erzählungen und Geschichten aus der Weltund Menschen-Geschichte, zur Veredlung des Herzens und zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes und Wandels, fur Kinder, Altern und Kinderfreunde, von Theophilus Nelk. Neue, verb. Originalaufl. Grätz: Ferstl, 1837, 62 S., III. [Standort: Wessenberg-Bibll. Konstanz.].

880.

Ders.: Tugend-Spiegel. Erzählungen und Geschichten aus der Weltund Menschen-Geschichte, zur Veredlung des Herzens und zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes und Wandels, für Kinder, Äl-

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

789

tern und Kinderfreunde, von Theophilus Nelk. Neue, verb. Originalaufl. Grätz: Ferstl, 1837, 62 S., III. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz], 881.

Ders.: Gemähide aus der Welt- und Menschen-Geschichte, zur Veredlung des Herzens und zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes und Wandels, fur Kinder, Altern und Kinderfreunde, von Theophilus Nelk. Neue, verb. Originalaufl. Grätz: Ferstl, 1837, 62 S., III. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz],

882.

Ders.: Lebens-Bilder aus der Welt- u. Menschen-Geschichte, zur Veredlung des Herzens und zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes und Wandels, für Kinder, Altern und Kinderfreunde, von Theophilus Nelk. Neue, verb. Originalaufl. Grätz: Ferstl, 1837, 53 S., III. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz],

883.

Ders.: Tugend-Früchte. Erzählungen und Geschichten aus der Welt- u. Menschen-Geschichte, zur Veredlung des Herzens und zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes und Wandels, für Kinder, Altern und Kinderfreunde, von Theophilus Nelk. Neue, verb. Originalaufl. Grätz: Ferstl, 1837, 62 S., III. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz],

884.

Ders.: Tugend-Blüthen. Erzählungen u. Geschichten aus der Welt- und Menschen-Geschichte, zur Veredlung des Herzens und zur Beförderung eines christlich-religiösen Sinnes und Wandels, fur Kinder, Altern und Kinderfreunde, von Theophilus Nelk. Neue, verb. Originalaufl. Grätz: Ferstl, 1837, 58 S., III. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz],

885.

Waitzenegger, Franz Joseph/Schmid, Christoph (Anonym): Itha, Gräfin v. Toggenburg. Eine sehr schöne und lehrreiche Geschichte aus dem zwölften Jahrhunderte, neu erzählt für alle gute[n] Christen besonders für unschuldig Leidende. Ein Seitenstück zur Genovefa. Trost- und Hilfsbüchlein für leidgeprüfte Christen mit der schönen Lebensgeschichte der standhaften christlichen Dulderinn und Heiligen Itha [Neubearb. der bekannten Heiligenlegende nach Petrus Canisius]. 1. Aufl. 1816; 2. Aufl. Mit Bewilligung der Obern. Augsburg [wohl Doli] 1817;. 15., neue ill. rechtmäß. Aufl. Gestoch. Titelportr. u. Holzschnitte im Text. Regensburg: Georg Joseph Manz 1870, 204 S., 2 Bl. Kl. 8. [Fundort: 2. Aufl. Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg; 15. Aufl. Berlin Antiquariat, 12163 Berlin],

886.

Walther, Johann Ludwig Gottfried: Erzählungen und Mährchen für die Jugend. Mannheim 1843. [Standort: Württ. Landesbibl. Stuttgart],

887.

Ders.: Erzählungen für das Volk und seine Kinder. Reutlingen 1846 [Standort: Württ. Landesbibl. Stuttgart],

790

Literaturverzeichnis

888.

Ders.: Erzählungen und Mährchen für die Jugend. Neue Ausg. 3 Bde. Mannheim: Bassermann 1848. Lithogr. teilkolor. Frontispiz, Bd. 3: 270 S., 1 Bl. [Fundort: Hamburger Antiquariat, 20146 Hamburg].

889.

Waser, Felix: Etwas Angenehmes und Nützliches auch für den gemeinsten Mann und Insbesonderheit für die Gemeinden und Repetir-Schulen auf dem Land. Zürich 1783. [Standort: StB Zürich: Sp. 308],

890.

Weber, Joseph: Erzählungen für die Landleute. Eine Christenlehrschankung. Dillingen: Roßnagel 1790, 30 S. 8°; 2. Aufl. Landshut 1791 [Standort: UB München, Sign.: 8 P.germ. 1815],

891.

[Ders.:] Unterricht von den Verwahrungsmitteln gegen die Gewitter für den Landmann, (im Sokratischen Tone. Dillingen: gedruckt mit Broennerischen Schriften, [1784], [6] BL, 84 S., 8° [Verf. u. Erscheinungsjahr erm. aus d. Widmung; Standort: SUB Goettingen, Sign. DD93 A 33544(1)9],

892.

[Ders.:] Katechismus fuer die studirende und groessere christlichkatholische Jugend, und zum Gebrauche derer, welche den im katholischen Christenthume schon erhaltenen Unterricht befestigen und beleben. 2., verb. Aufl. Sulzbach: Seidel, 1819, XIV, 444 S. [Standort: SUB Göttingen, Sign. ALT 98 A 688],

893.

Ders.: Catechismus für christliche Kinder. Sulzbach, 1814 [Standort: BSB München],

894.

Wedag, Friedrich Wilhelm: Kurzgefaßtes Lehrbuch der Moral oder Anleitung für die Jugend zum eignen Nachdenken über die menschlichen Verhältnisse, Angelegenheiten, Rechte und Pflichten auf Erden. Vorn, z. Gebrauch bey Catechisationen. Leipzig 1799, 142 S. u. Falttaf.

895.

Ders.: Handbuch über die frühere sittliche Erziehung, zunächst zum Gebrauch für Mütter, in Briefen abgefaßt. Leipzig: Grieshammer 1795, XVI u. 289 S. [Standort: UB Düsseldorf],

896.

Weiße, Christian Felix: Der Kinderfreund. Ein Wochenblatt. [BuchAusg.:] Th. 1-24 in 12 Bdn. Leipzig: Crusius 1776-84, 8°; Theil 15 u. 16: Tübingen: Chr. Gotti. Frank u. Wilh. Heinr. Schramm 1779. [Jgg. 1776-1784 komplett vorhanden in: Fideikommißbibl. an der Österr. Nationalbibl.] - 3., verbess. Aufl., 7 Bde. Reutlingen 1791. - MG eingebettet in Unterhaltungen, die Weiße mit seinen Kindern Charlotte (11 J.), Karl (9 J.), Fritz (7,5 J.) und Lieschen (5 J.) führt. *

897.

Ders.: Neues A,B,C, Buch, nebst einigen kleinen Uebungen und Unterhaltungen für Kinder. Frankfürt/Leipzig 1772. *

898.

Wendler, J. L.: Katechismus der Sittenlehre durchgängig mit Erklärungen, Beispielen, Beweisen und Denksprüchen erläutert. Für Bürger- und Landschulen. Leipzig 1799,4 Bll., 271 S.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

791

899.

Weland, Jakob Christian: Sittenlehren, durch Beispiele aus der Weltgeschichte erläutert. Zur Vorbereitung auf den Unterricht in der christlichen Religion in lateinischen Schulen. 4 Bde. Braunschweig 1795-1806 [Standort: StB Braunschweig u. Bibl. f. päd. Forschung, Berlin]*.

900.

Wening, Johann Adam: Historisch- und moralische Erzählungen fur den gemeinen Mann und die Jugend von J. A. W., Canonicus am churfiirstl. Chorstifte zu Altenötting, und churfürstl. Schulinspector. Mit Genehmhaltung des churfürstl. hochlöbl. Biichercensur-Collegiums. München, auf Kosten des churfürstl. priviligirten SchulfondsBücherverlages 1784 [Standort: S B München, Sign. Paed.Pr. 4106]. 2. Aufl. München 1784 [Standort: S B München, Sign. Paed. Pr. 4106], - 3. Aufl. München: Zangl 1792 [Standort: U B Passau]. *

901.

Ders.: Leben, Reisen und Schicksale Georg Schweigharts eines Schlossers. Ein Büchlein für Meister, Gesellen und Lehrjungen. 3 Bde. Salzburg: Duyle 1791/92. Bd. I: 251S., Bd. II: 272 S., Bd. III 235 S., Titelvign., 1 Kupfer [Standort: B S B München, Magazinsignatur: Film Ρ 91.33-f 28133]. -Nachdr. München: Saur 1990-94.

902.

Werner, Gustav: Christliche Erzählungen zum württembergischen Confirmationsbüchlein. Stuttgart 1856, 400 S. mit 1355 durchnumerierten Beispielen zu den 73 Fragen in VI Hauptstücken; viele Geschichten aus dem 18. Jahrhundert [Standort: HAB Wolfenbüttel].

903.

Wie Auguste und Wilhelmine ihre Puppe erzogen. Von einer Kinderfreundin. Berlin: Hasselberg o.J. [1837],

904.

Wiedemann, Franz: Goldsternchen. 45 kleine moralische Erzählungen für Kinder von 6-12 Jahren. 5. Ausg. mit 5 (färb., lith.) Taf. Leipzig o.J. (um 1890). Gr.-Oktav. IV, 148 S. [Fundort: Buch- und Kunstantiquariat Reinhard Kuballe, 49016 Osnabrück]. - 7. Aufl. Einbeck/Leipzig: Alfred Oehmigkes Verlag o.J. (um 1900). IV, 148 S., 4 Taf. mit ganzseitigen färb. Abb. Gr. 8° [Fundort: net-antiquariat, 86150 Augsburg], *

905.

Wilberg, Johann Friedrich: Kleines Erziehungsbüchlein fur Bürger und Bauern, nebst einigen schönen neuen Liedern. Dortmund: Mallinckrodt 1798. 8°.

906.

Ders.: Lesebuch für Kinder, die gern verständiger und besser werden wollen. Hamm/Frankfurt: Selbstverlag/Brönner 1793, 8 BL, 196 S., 8° [Standort: S U B Göttingen, Sign. HSD' DD99 A 305],

907.

Wildermuth Ottilie: Kindergeschichten. Mit zahlr. Bildern von R. Trache. Reutlingen: Enßlin & Laiblin o.J. [um 1900], 4°. 78, mit sw Abb.

908.

Dies.: Kindergruß. Erzählungen für Kinder von 8 bis 12 Jahren. Mit 6 Stahlst, von C. Kolb. 4. durchges. Aufl. Stuttgart: Krabbe o.J. [ca. 1870], 4 Bll., 263 S.; 7. durchges. Aufl. Stuttgart: Kröner o.J. [ca.

792

909.

Literaturverzeichnis

1890], 2 Bl. u. 271 S. mit 6 färb. lith. Taf.n nach Aquarellen von Georg Hahn. Dies.: Der Kinder Gebet. Und andere Erzählungen für die Kinder. Reutlingen: Enßlin & Laiblin o.J. [ca. 1915], 128 S. mit färb. Abb.

910.

Dies.: Die Kinder der Heide und andere Erzählungen. Mit 4 färb. Taf. Reutlingen: Enßlin & Laiblins [ca. 1928]. 128 S.

911.

Dies.: Drei Schulkameraden und andere Erzählungen. Reutlingen: Enßlin & Laiblin o.J. [ca. 1920], 128 S. mit 2 färb. u. 2 getönten Taf.n von M. Hohneck. - Reutlingen: Enßlin & Laiblins Verlag 1929, 128 S.

912.

Dies.: Ein einsam Kind und andere Erzählungen. Mit Farbdruckbildern von R. Trache. Reutlingen: Ensslin & Laiblin o.J. [1931], 8°, 128 S., 4 Farbtaf.

913.

Dies.: Aus goldener Jugendzeit. Erzählungen für Kinder von acht bis zwölf Jahren. Leipzig: Neuer Jugendschriften-Verlag. o.J. [um 1930] 184 S. Abb. Dies.: Aus Schloß und Hütte. Erzählungen für die Jugend. Stuttgart: Union-Verl. o.J. [ca. 1900], 179 S.

914. 915.

Dies.: Aus Schloß und Hütte. Erzählungen für Knaben und Mädchen. III. von M. Wulff. Leipzig: Neue Jugendschriften o.J. [ca. 1920]. - Berlin: Weichert o.J. [um 1930], 263 S.

916.

Dies.: Ausgewählte Jugenderzählungen. Die besten Kindergeschichten. Ausgewählt von ihrer Tochter Adelheid Wildermuth. Mit einem mehrfarb. Deckelbild, vier mehrfarb. Einschaltbildern & neun zweifarbigen Abb. im Text. Stuttgart u.a.: Union o. J. [um 1910], gr. 8°, 134 S.

917.

Dies.: Der Jugendgarten. Eine Festgabe für Knaben und Mädchen. 17. Bd. Stuttgart: Union o.J. [1892], 434 S. - 18. Bd. ebd. o.J. [ca. 1893], 438 S. mit 8 färb. u. 20 Tondruckbildern sowie zahlr. Text-Ill. - 21. Bd. ebd. 1896, 435 S., m. zahlr. Textill. u. Abb. a. Taf.

918.

Dies.: Die alte Freundin. Erzählungen für unsere Töchter. Mit Chromobildern nach Aquarellen von Prof. M. Honegger. Große Ausg. Berlin: Druck und Verlag von A. Weichert. 263 S.; 7. Aufl. Stuttgart: UDV o.J. [ca. 1910], mit 6 chromolith. Taf.n von Theodor Schütz. 2 BL, 352 S. Berlin: Weichert [ca. 1925], Mit 3 Farbtaf. v. Wanda Lehre. 170 S , 1 Bl. - Posthum erschienene Slg., enthält auch je eine Erzählung der Töchter Agnes [Willms] u. Adelheid Wildermuth.

919.

Dies.: Die Kinder der Heide. Erzählungen. F. d. Jugend neu bearb. v. Franz Rößler. Berlin: Jugendhort. o.J., 119 S., m. 6 färb. Abb.

920.

Dies.: Erzählungen für junge Mädchen. Berlin: Wegweiser Verlag o.J. 348 S.

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

793

921.

Dies.: Für Freistunden. Erzählungen für die Jugend. Mit 6 Stahlst.-Taf. nach Orig.-Zeichnungen von Julius Schnorr von Carolsfeld. Stuttgart: Adolph Krabbe o.J. [1868], 2 Bll., 290 S. 8. Stuttgart: Kröner-Verlag 3., durchges. Aufl. 1874, 280 S.

922.

Dies.: Im Tageslicht. Bilder aus der Wirklichkeit. Stuttgart: Adolph Krabbe 1861, Erstausg., VIII u. 371 S. m. 1 Taf.

923.

Dies.: Kindergruß. Erzählungen für die Jugend. Stuttgart: Union o.J. [um 1910], 183 S. mit 6 Abb.

924.

Dies.: Perlen aus dem Sande. Erzählungen. Stuttgart: Adolph Krabbe 1867, Erstausg., 384 S.

925.

Dies.: Sonntag-Nachmittage daheim. Betrachtungen für häusliche Erbauung. Nach dem Engl. Stuttgart: A. Krabbe 1860, XIV, 268 S.

926.

Dies.: Auguste. Beim Lampenlicht. Stuttgart u.a.: Union o.J. [ca 1890], 331 S. mit III. von Fritz Bergen. - Auguste beim Lampenlicht (= O. W.s gesammelte Werke 9). Stuttgart: Union-Verlag 1921, 331 S.

927.

Dies.: Aus dem Frauenleben. Stuttgart: Adolph Krabbe 1855. Erstausg., kl.8°, 352 S . - Aus dem Frauenleben. Bd. II, 2. Aufl. Stuttgart: Krabbe 1859, Kl.-8°, 384 S. - Aus dem Frauenleben. Stuttgart u.a.: Union Deutsche Verlagsgesellschaft o.J. [um 1930], 381 S., m. s-w Abb.

928.

Dies.: Die Heimat der Frau. Stuttgart: Adolph Krabbe 1859, K1.8°. VI, 348 S.

929.

Wilmsen, Friedrich] P[hilipp] von: Euphrosyne oder Deutsches Lesebuch zur Bildung des Geistes und Herzens für die Schule und das Haus. Berlin: C. F. Amelang 1820, 2 Teile (VI, 260 S., und IV, 266 S.) m. kolor. Kupferstichtitel und Frontispiz sowie 9 nicht kolor. u. 5 kolor. Kupfern.

930.

Ders.: Der Deutsche Kinderfreund. Ein Lesebuch für Volksschulen. Bremen: Ernsting 1805, 230 S.; 156. Aufl. Berlin: G. Reimer, 1839; 226., verb. Aufl. Berlin 1888. - Systematisch aufgebautes Lese- und Lehrbuch, das neben moralischer Bildung auch Sachinformation zum Ziel hat. - Einige der darin enthaltenen 50 Erzählungen sind laut Vorrede aus Funkes „Lesebuch für Bürgerschulen", Herrmanns „Erzählungen", Beckers „Erholungen", Thiemes „Gutmann oder der Sächsische Kinderfreund" sowie aus Salzmanns und Götzes Schriften. Auf die Erzählungen folgen Lesestücke aus der Naturgeschichte, Gesundheitslehre, Kalenderkunde, Geographie, Rechte und Pflichten der Untertanen sowie Lieder und Gesänge. [Fundort: H. Th. Wenner, Antiquariat, 49074 Osnabrück], *

931.

Ders.: Kinderfreunde. Köln: Böhlau 1992 XLII, 530 S. Enthält: Der Brandenburgische Kinderfreund. Ein Lesebuch für Volksschulen, 1.

794

Literaturverzeichnis

Aufl. 1800; Der deutsche Kinderfreund. Ein Lesebuch für Volksschulen, 1. Aufl. 1802. Nachdr.e mit einer Einleitung, hg. v. Holger Rudolf (= Schulbücher vom 18. bis 20. Jahrhundert für Elementar und Volksschulen 3). 932.

Winkler, Ernst Gottlob: Das Dorf Familienruh; in dem ferner keine Klagen über schlechtes Gesinde gehört werden; oder [...]. Altenburg: Schnuphase 1804.

933.

Witschel, Johann Heinrich Wilhelm: Moralische Blätter. Nürnberg: Fridrich Campe 1801. VIII u. 152 S. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz],

934.

Witte, Karl Heinrich Gottfried: Der gute alte Jakob, oder die Kunst reich zu werden; eine Erzählung fürs Volk, o. O. o. J. - 2. Aufl. u. d. T.: Der kluge Mann in Wiesendorf, oder die Kunst reich zu werden. Leipzig: Joachim o. J. [1807].

935.

Wölbing, Friedrich: Christliche Geschichten. Zum Unterrichte und zur Erbauung in Kirche, Schule und Haus. Nach Luthers kleinem Katechismus geordnet und mit biblischen Beispielen usw. versehen. Halle 1843 u. ö.

936.

Wolff, G. W.: Declamir-Buch für die Jugend bestehend in einer Sammlung von Gedichten und Fabeln für Kinder von 8 bis 12 Jahren hg. v. G. W. Wolff. Zweite Aufl. Quedlinburg/Leipzig: Verlag der Ernst'schen Buchhdlg. 1835, XV, 264 S. - Das Buch ist in drei Abteilungen gegliedert, deren erste „Religiöse Gedichte", die zweite „Moralische Gedichte" (S. 67ff.) und die dritte „Vermischte Gedichte" (S. 207ff.) bilden. Die zweite Abteilung besteht aus fünfzehn nach positiven und negativen Eigenschaften und Verhaltensweisen benannten Abschn.: „Flüchtigkeit und weise Benutzung der Zeit" (S. 67ff.), „Wahrhaftigkeit" (S. 79ff.), „Unwissenheit und Aberglaube" (S. 84ff.), „Unschuld, Tugend, Edelmuth" (S. 88ff.), „Freude, Zufriedenheit" (S. 114ff.), „Vorsichtigkeit, Besonnenheit" (S. 129ff.), „Dankbarkeit" (S. 136ff.), „Gehorsam" (S. 14Iff.), „Liebe, Eintracht" (S. 146ff.), „Sanftmut, Geduld" (S. 155f.), „Mitgefühl, Mitleid" (S. 156ff.), „Ehrlichkeit, Zutrauen" (S. 165ff.), „Geiz, Eigennutz, Neid" (S. 169ff.), „Eigendünkel, Stolz, Hochmuth" (S. 173ff.), „Wahrer Werth und Schemwerth" (S. 187ff.). *

937.

Wolke, Christian Hinrich: Anweisungen für Mütter und Kinderlehrer, die es sind oder werden können, zur Mitteilung der allerersten Sprachkenntnisse und Begriffe von der Geburt des Kindes an bis zur Zeit des Lesenlernens. Leipzig: Voss 1805, XVI u. 510 S.

938.

Ders.: Lesebuch für sechs- bis zweifjährige Kinder und für ire si belerenden und erzihenden Freunde. Berlin: Maurer o.J. [Standort: Berlin, Bibl. f. Bildungsgeschichtl. Forschung].

Bibliographie narrativer volksaufklärerischer Literatur

795

939.

Ders.: Wolke an die von ihm geliebten Kinder, welche gern Rath und Warnung annehmen, um gesund und glücklich zu bleiben. o.O. o.J. [ca. 1810],

940.

Wutka, Antonia: Encyklopädie für die weibliche Jugend. Ihrer Kais. Königl. Majestät Maria Theresia mit allergnädigster Bewilligung unterthänigst gewidmet von der Verfasserinn. Prag: Caspar Widtmann 1802, 8°, 44 S. Vorrede, 299 S. Text.

941.

Zeitvertreib für Kinder. Mit 360 Kupfern. Augsburg: Conrad Heinrich Stage 1790.

942.

Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Zweytes Bändchen. Leipzig bey Weidmanns Erben und Reich 1783.

943.

Zerrenner, Heinrich Gottlieb: Christliche Volksreden. Magdeburg 1785.

944.

Ders.: Christliches Religions-Lehrbuch für Lehrer und Kinder in Bürger- und Landschulen nebst den fünf Hauptstücken des Katechismus Lutheri mit kurzen Worterklärungen. Erfurt: Keyser 1799, XVI, 274 S.

945.

Ders.: Der deutsche Schulfreund. Ein nützliches Hand- und Lesebuch für Lehrer in Bürger- und Landschulen. 24 Bde. Erfurt: Keyser 17911801 [fortgesetzte u. d. T.: „Der neue deutsche Schulfreund"].

946.

Ders.: Predigten, ganz und stükweise, für die lieben Landleute. Magdeburg u. Leipzig 1779. Zwote Sammlung ebd. 1781 [Standort: LeopoldSophien-Bibl. Überlingen, Sign. Bd 1046].

947.

Ders.: Volksbuch. Ein faßlicher Unterricht in nützlichen Erkenntnissen und Sachen, mittelst einer zusammenhängenden Erzählung fur Landleute um sie verständig, gut, wohlhabend, zufriedner und für die Gesellschaft brauchbarer zu machen. Th. 1-2. Magdeburg: Scheidhauer 1787, zusammen ca. 1070 S. 8°. - [Nachdr.] Th. 1-2 [je 2 Abth.] o. O. [Kempten] ο. V. 1788 [recte 1788/89], 8 Bll., 238 S.; 323; 254 S. Standorte: UB Heidelberg: 3160; Wessenberg-Bibl. Konstanz: 8006. - Dieses Buch erfuhr zwei Bearbeitungen für Katholiken: a) Volksbuch für katholische Gemeinden der k. k. Staaten brauchbar gemacht von Joseph Füchtner. 3 Theile, Prag: Barth 1794-1796. 8° [Standort: Schloßbibl. Harburg], - b) Legende für den gemeinen Mann ...; behandelt wie Beckers „Noth- und Hülfsbüchlein" in einer fortlaufenden Handlung alle Bereiche bäuerlichen Lebens. Es wird geschildert, wie Bauer Georg es zu etwas bringt, während andere erfolglos bleiben. *

948.

Zetternam, Eugen: Eine merkwürdige Bettlerin oder Die Hausarmen. Eine Erzählung für die reifere Jugend und Erwachsene (= Lehrreiche Abendunterhaltungen für Jugend- und Familienkriese 33). Aus dem Vlämischen übertragen von Karl Arenz. Augsburg: Lampart & Comp.

796

949.

950.

Literaturverzeichnis

1855. Kl. 8°. 95 S. [Fundort: Versandantiquariat Rainer Kurz, 83080 Oberaudorf]. Ziller, Tuiskon: Die Regierung der Kinder. Für gebildete Eltern, Lehrer und Studierende. Leipzig 1857.m [Standort: UB/SB Bamberg, Sign. 22/70.1921], [Zipser:] Erzählungen und Geschichten zur Belehrung und Unterhaltung für Kinder von 8 bis 14 Jahren, hg. v. Professor Zipser. Leipzig: O. Wigand 1833.

951.

Zitz, K[athinka]: Folget mir nach! Drei lehrreiche Erzählungen für die Jugend. Mit 4 kolor. Lithogr. a. Taf. Mainz: Scholz o. J. [um 1855], 67 S. [Fundort: Buch- und Kunstantiquariat Reinhard Kuballe, 49016 Osnabrück],

952.

Dies.: Die Puppe Anna. Ein Buch für Mädchen, mit zwölf gemalten Darstellungen, von D. Schmitt. Mainz: Scholz o.J. [1844],

953.

Zobel, Rudolf Wilhelm: Briefe über die Erziehung der Frauenzimmer. Berlin und Stralsund 1773, VI u. 257 S. [Standort: UB Kiel, Herzogin Anna-Amalia-Bibl., Weimar], - 2. Aufl. 1788 [Standort: UB Greifswald].

954.

Zöllner, Johann Friedrich (Hg.): Lesebuch für alle Stände, zur Beförderung edler Grundsätze, ächten Geschmacks und nützlicher Kenntnisse. Berlin: Maurer, 1781, 1804, 1781 [Standorte: UB Bamberg, UB Erlangen/Nürnberg]. *

955.

Zschokke, Heinrich: Das Goldmacher-Dorf. Eine anmuthige und wahrhafte Geschichte vom aufrichtigen und wohlerfahrenen Schweizerboten. Aarau: Sauerländer 1817. Titeibl., 210 S. kl. 8°; 2. Aufl. ebda 1818; 3. Aufl. ebda 1819; 4. Aufl. ebda 1824; 5. Aufl. ebd. 1833; 6. Aufl. ebd. 1838; 7. Aufl. ebd. 1843. - Neu hg. u.d. T.: Heinrich Zschokke: Das Goldmacherdorf [...] (Vollständige Ausg. Nach dem Erstdruck von 1817 hg., bearb. u. mit einem Vorwort und Anmerkungen versehen von Kurt-Ingo Flessau). Ratingen/Düsseldorf 1973, 168 S. - Durchgehende moralisierende Erzählung über den verständigen Oswald, der in der Ferne reich geworden ist, in sein heruntergewirtschaftetes Heimatdorf zurückkehrt, die Kinder unentgeltlich unterrichtet und den Ort in eine Mustergemeinde verwandelt; zugleich ein praktischer Leitfaden für Schultheißen und Lehrer. *

2.2 Verzeichnis der ausgewerteten Quellen1 2.2.1 Für Erwachsene Jaques Le Pensif: Merckwiirdiges Leben, 1741 = Le Pensif, Jaques [Pseud.]: Merckwürdiges Leben einer sehr schönen und weit und breit gereiseten Tyrolerin, nebst vielen andern anmuthigen Lebens- und Liebes-Geschichten, vormahls von ihr Selber in französischer Sprache beschrieben, jetzo aber wegen sonderbarer Artigkeit in das Teutsche übersetzt, und der Hochlöbl. Freymaurer-Gesellschafft dediciret von Jaques Le Pensif. Franckfurt/Leipzig [2. Aufl.] 1744 [Nachdr. dieser Ausg. Frankfurt/Berlin/Wien 1980, hg. u. mit einem Nachwort versehen von Peter J. Brenner], - 1. Aufl. 1741 [nicht mehr greifbar], 3. Aufl. 1746. Schreger: Zeit-Anwendung, 1755 = Schreger, Odilo: Zu nutzlicher Zeit-Anwendung zusamm getragener Auszug der Merckwürdigsten Sachen. Stadtamhof u. Passau: Gastl 1755, Stadtamhof 1756, 1766, hier 4. Aufl. Augsburg 1791, 770 S. Adressaten: Bauern und Kleinbürger. Kurzbeschreibung: In der ersten Auflage von 1755 umfaßt das Buch drei Teile der „Erste Theil, Haltet in sich die Merckwürdigkeiten von denen Menschen", der „Zweyte Theil, Von unvernünfftigen Thieren" und der „Dritte Theil, Von vermischten Sachen". Ab der dritten Auflage ergänzte Schreger einen vierten Teil „von unterschiedlichen Künsten", übertrug lateinische Worte und Phrasen ins Deutsche oder ließ sie mit Blick auf seine Adressaten gleich ganz weg, „wann sie nicht erheblich waren" (S. 4). Es enthält acht Seiten Vorwort, 784 Seiten im Hauptteil und 16 S. Anhang mit Verlagswerbung. Die ersten drei Bände bestehen jeweils aus 76 bzw. 91 Kap., der vierte aus 179 Kap. Wagner: Zeitvertreib 1771-72 = Wagner, Christian Ulrich: Angenehmer Zeitvertreib bey langen Winterabenden in lehrreichen und zeitverkürzenden Geschichten. 3 Stücke in 3 Bde. 3. Aufl. Ulm 1771/72, 235/236/235 S. [frühere Auflagen nicht nachweisbar], Adressaten: Erwachsene in Stadt und Land. 1 Chronologisch nach der Erstausgabe angeordnet. Soweit nicht anders angegeben, wurden sämtliche darin vorkommenden moralischen Geschichten berücksichtigt.

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Literaturverzeichnis

Adressaten: Erwachsene in Stadt und Land. Kurzbeschreibung: Sammlung unterhaltsamer, aber auch moralischer Geschichten, die in drei Bänden zusammengefaßt sind. Diese enthalten zusammen neun Stücke, wobei ein Stück etwa zehn bis zwanzig Geschichten umfaßt. Eine Gesamtzahl von 129 Geschichten bietet eine Fülle von Lesestoff, der die Zeit angenehm und zum Teil moralisch belehrend zu verkürzen hilft. Feddersen: Sittenbuch, 1783 = Feddersen, Jacob Friedrich: Christliches Sittenbuch fur den Bürger und Landmann von J. F. F., Domprediger zu Braunschweig. Hamburg/Kiel: Carl Ernst Bohn 1783, 7 Bl., 352 S., 1 Bl.; 2. verbess. Aufl. ebd. 1784, 4 Bll., 360 S.; ohne Auflagen-Hinweis: München: Strobl 1784, 358 S.; 2., verbess. Aufl. [sie!] Frankfurt/Main: Andreä 1785, 12 Bl., 364 S. Wening: Erzählungen, 1784 = Wening, Johann Adam: Historisch- und moralische Erzählungen für den gemeinen Mann und die Jugend von Canonicus am churfurstl. Chorstifte zu Altenötting, und churfurstl. Schulinspector. Mit Genehmhaltung des churfürstl. hochlöbl. Büchercensur-Collegiums. München, auf Kosten des churfurstl. priviligirten Schulfonds-Bücherverlages 1784. Adressaten: Gemeiner Mann. Kurzbeschreibung: Keine Rahmenhandlung, unsystematisch aneinandergereihte Geschichten „aus Büchern für Kinder und Kinderfreunde" teilweise wörtlich abgeschrieben. Gemeint waren wohl Rochows Kinderfreund; Campe, Seiler. Die Kinder sollten dieses Buch jedoch nicht selbst konsumieren. Vielmehr waren die Geschichten darin zur mündlichen Weitergabe durch Erwachsene gedacht. Moser: Lesebuch, 1786 = [Moser, Kristoph Ferdinand]: Lesebuch fur Landschulmeister. Bde. V u. VI. Tübingen: Jacob Friedrich Heerbrandt 1786. Adressaten: Lehrer und Pfarrer als Multiplikatoren. Kurzbeschreibung: Über weite Strecken theoretische Anleitung für Pfarrer und Lehrer, das Volk durch Schulklassen und Leihbüchereien aufzuklären. Ferner modellhafte Unterrichtsgespräche mit „ledigen Leuten beiderlei Geschlechts, gewöhnlich im Alter von 14 bis 25 Jahren" fur den Rechen- und Leseunterricht. Im Anhang wenige moralische Geschichten aus Rochows „Kinderfreund" zur Veranschaulichung des Unterrichtsstoffes.

Verzeichnis der ausgewerteten Quellen

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Legende für den gemeinen Mann, 1788-90 = Legende für den gemeinen Mann, zum nützlichen Unterricht über Religion, Welt- und Menschenkenntniß, Folgen der Tugend und des Lasters, Kinderzucht und Ausartung, Gesundheit und Behandlung der Krankheiten an Mensch und Vieh, über Acker-Feldbau, und allerhand wirthschaftliche Dinge, schädliche und gute Sachen. In Erzählungen unsern herzlich geliebten Mitmenschen des gemeinen Standes vorgelegt und jedem redlichen Menschenfreunde gewidmet. 4 Theile München: Johann Baptist Strobl 1788, 1788, 1789, 1790. Frontispiz, XXVI S., 2 Bll., 241 S.; Frontispiz, T, 6 Bll., 243 S„ 5 B1L; Frontispiz, T, 6 Bll., 240 S.; „Denksprüch", T, 4 Bll., 220 S., 17 Bll. 4°. Adressaten: Der Gemeine Mann. Kurzbeschreibung: Dieses Buch stellt eine der beiden Bearbeitungen von Zerrenners „Volksbuch" für Katholiken dar; s. auch „Volksbuch für katholische Gemeinden". Lehrreiche Erzählungen fur die liebe Jugend. Berlin: A. Weichen, ca. 1900. Kl.-8, mit 3 Farbtaf., 63 S. Herzer: Sittenspiegel, 1790 = Herzer, Franz Xaver: Sittenspiegel für das Landvolk in Beyspielen und Erzählungen zum Muster fur die deutsche, besonders bayerische Land- und Stadtjugend. Bd. I Haidhausen bei München: Singer 1790. 160 S. 8°. - Bd. 2. Regensburg: Kaiser 1793. 174 S. 8°. - Bd. II auch u. d. T.: Ueberzeugende Volksgeschichten, als eine Aneiferung, um fleißigem Anbau, Wirthschaft, und Zufriedenheit des Landmanns und Städters zu befördern, sammt Erzählungen der Veränderungen des Erdbodens oder der Oekonomie der Natur: als Beytrag zum Noth- und Hülfsbüchlein. Adressaten: Bauern Kurzbeschreibung: Sammlung von MG, zusammengefaßt in Kap. über vorbildliche und über „rohe, wilde, unnachbarliche Bauern". Zu ihrer Zeit berühmte Geistliche werden als Vorbilder porträtiert, sowie über die Einrichtung von Schulen und Armenhäusern berichtet. Herzer: Nachricht von Stiftungen, 1792 = Herzer, Franz Xaver: Herzers Nachricht von Stiftungen zur Aussteuerung gut gesitteter, und arbeitsamer Mädchen, und wahrhafte Begebenheiten gut oder übel gerathner Ehen zur Ueberlegung für ganz reife Mädchen. Donauwörth: Franz Singer 1792 [Standort: BSB München, Magazinsign. Paed.th. 1997; UB München, Magazinsign. 8 Polit. 143). Adressaten: Junge Frauen im heiratsfähigen Alter. Kurzbeschreibung: In Teil 1 (S. 1-60) stellt H. aufklärerische Tugendfeste vor, in Teil 2 Ratschläge „Für eine gute Ehe" (S. 60-104), alles in Form von MG.

800

Literaturverzeichnis

Pothmann: Sittenbuch, 1790 = Pothmann, Mforitz] C[asimir]: Sittenbuch für den christlichen Landmann mit wahren Geschichten und Beyspielen zur Lehre und Erbauung geschrieben. Leipzig: J. A. Barth 1790. 11 Bll., 354 S. 8°, zahlr. Holzschnitte; 2. Aufl. 1791. Adressaten:

Landleute

Kurzbeschreibung: Noch vor das Inhaltsverzeichnis stellt der Verfasser eine zehnseitige „kurze Anweisung, wie Landleute dieß Buch mit Nutzen lesen können". Unter der Anrede „Liebe Landleute!" kündigt er an, in diesem Buch „die wichtigsten Tugenden, die uns das Christenthum empfiehlt, und die hauptsächlichsten Laster, die uns dasselbe verbietet" kurz zu beschreiben und legt Wert auf die Feststellung, daß alle Geschichten sich wirklich zugetragen hätten. Schlez: Traubenheim, 1791 = Schlez, Johann Ferdinand: Geschichte des Dörfleins Traubenheim. Fürs Volk und für Volksfreunde geschrieben. Hälfte [= Band] 1-2. Nürnberg: Grattenauer 1791, 1792. Frontispiz, 470 S.; Frontispiz, 480 S. kl. 8. - 2. verb. Aufl. Nürnberg 1794. 3 Bll., 580 S., 1 Bl. [Standort: Wessenberg-Bibl. Konstanz: 8061], - 3. Aufl.: Gießen: Heyer 1817. - Zum Gebrauche fur Katholiken bearbeitet von einem Pfarrer im Herzogthume Neuburg [d. i. Marquart Pichler]. Mit Genehmigung des churfurstl. geistl. Raths. Hälfte 1-2. München in des churfürstl. geistl. Raths deutschen Schulfonds-Bücherverlage 1801. 2 Bll., 289 S.; 255 S. Adressaten: „Landleute". Kurzbeschreibung: Dieser Dorfroman behandelt das Schicksal einer Familie über fünf Generationen hinweg. Tragende Gestalten sind der Landesvater, sein Verwalter, der Pfarrer und der Lehrer. Diese vier sind Idealtypen, die durch Eigeninitiative und vor allem durch glückliche Zusammenarbeit das Dorf aus Armut und Unwissenheit zu Glück und Wohlstand fuhren. Das ist ein steiniger Weg, da Negativfiguren aus Boshaftigkeit oder Einfalt den Fortschritt (vorerst) vereiteln. Doch die Bevölkerung ist mehrheitlich aufgeschlossen und lernfáhig. Schlez schafft Vorbildsituationen fur alle Lebenslagen, die mit aufklärerischen Tugenden gemeistert werden. Der Fluß der Erzählung ist gelegentlich unterbrochen durch MG in Form von Dialogen und Briefen. In der katholischen Ausg. (1801) sind nur Kirchenangelegenheiten, die Gottesdienstformen und die Familienverhältnisse des Pfarrers verändert.

Verzeichnis der ausgewerteten Quellen

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Lesebuch für Schaffer, 1792 = [Anonymus:] Lesebuch für Schaffer und Knechte, welche dem Landesherrn, der Obrigkeit und allen Menschen Recht zu thun wünschen, damit sie in Ruhe und Frieden ihr Brod verdienen, und ordentlich leben können. Prag und Wien 1792. Adressaten: Bauern, Landleute. Kurzbeschreibung: Das anonyme Büchlein für Böhmen ist, nach dem herablassenden Tone zu urteilen, in dem es zu seinen Leuten redet, von einem gehobenen Subalternen verfaßt. Es handelt, indem es in zwangloser Folge Geschichten und Beispiele erzählt, von allem, was dem Landmann beruflich und moralisch frommt. Vorzüglich wird Gehorsam und Respekt gegenüber der Obrigkeit gepredigt. Allgemeines Lesebuch, 1793 = [Anonymus:] Allgemeines Lesebuch für katholische Bürger und Landleute für Stadt- und Landschulen eingerichtet von einem katholischen Geistlichen in Franken. Verbess. u. verm. Auflage. Hildesheim und Paderborn 1793. Adressaten: fortgeschrittene Schüler und Erwachsene. Kurzbeschreibung: Kompilation Moralischer Geschichten, Musterbriefen, Maß- und Münztabellen aus zahlreichen populären Volksschriften mit Quellenangabe nach jeder Geschichte. Im Kap. II: Sitten- und Klugheitslehren werden einzelne Tugenden/Laster essayartig abgehandelt. Geiger: Sitten- und Beyspielbuch, 1798 = Geiger, Franz Xaver: Neuestes Sitten- und Beyspielbuch für den Bürger und Landmann. Zweyte verbeßerte, hie und da umgearbeitete und mit Holzschnitten verm. rechtmäß. Auflage. München: E[rnst] Afugust] Fleischmannische Buchhandlung, o. J. [1. Aufl. 1798; 2. Aufl. München o.J., 3. Aufl. 1804] Adressat: Der „gemeine Mann". Kurzbeschreibung: „Es wird darin gezeigt, und durch Beyspiele erwiesen, daß der Mensch, welcher gute und glückliche Tage haben will, ganz und gar nicht vonnöthen habe, aufs Schatzgraben auszugehen, oder eine reiche Erbschaft anzutreten. Er darf sich nur die Kenntnisse sammeln, die jeder zu seinem Stand und Berufe nöthig hat..." (Geiger, Vorrede, S. I) Pischon: Moral in Beispielen, 1799 = Pischon, Johann Carl (Hg.): Moral in Beispielen für Familien. Erster Theil (= Philoikos zur Beförderung häuslicher Tugend und Glückseligkeit, 3. Abtheilung). 1799, 2. verbess. Aufl. Leipzig: Barth 1802, XII u. 434 S., Titelvignette:

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Literaturverzeichnis

Junge Frau in Begleitung eines Hundes (Symbol der Treue!) läßt sich von Gott Amor an die Hand nehmen, unbeachtet im Hintergrund eine häßliche Alte mit Schlange (Symbol des Bösen!) am Arm, die wohl zu einer falschen Geldheirat auffordert. Adressaten: Erwachsene Landleute. Kurzbeschreibung: Anleitung für alle Mitglieder einer Familie mit Empfehlungen für den richtigen Umgang von Eltern mit ihren Kindern, Dienstboten mit ihrer Herrschaft, Eheleute untereinander, mit Sterbenden, Verhalten in der Trauerzeit usw. bisweilen verdeutlicht durch Moralische Geschichten. Christiani: Beiträge, 1796-98 = Christiani, Christoph Johann Rudolph: Beiträge zur Veredelung der Menschheit, hg. aus dem Erziehungsinstitut bei Kopenhagen, 4 Bde. Kopenhagen 1796-98. Adressaten: Eltern und Erzieher. Kurzbeschreibung: C. berichtet, wie er mit seinen Zöglingen ein abgebranntes Kopenhagener Stadtviertel besuchte und wie er daran Überlegungen über die Vergänglichkeit irdischer Güter anknüpfte. Huber: Isidor, 1797 = Huber, Joseph: Isidor, Bauer zu Ried; eine Geschichte für das Landvolk, wie auch für unsere Bürger in den Städten, begleitet mit einer „Vorrede an die Bürger in Städten und die lieben Landleute" von Johann Michael Sailer. Bd. 12. München: Lentner 1797. 357 S., 391 S Adressaten: Landmann. Kurzbeschreibung: Ein alkoholabhängiger Bauer ist gestorben, hinterläßt Frau und einen Sohn, der das genaue Gegenteil seines Vaters ist. Das Buch schildert dessen mustergültige Lebensgeschichte. Heusinger: Familie Wertheim, 1798 = Heusinger, Johann Heinrich Gottlieb: Die Familie Wertheim. Eine theoretischpraktische Anleitung zu einer regelmäßigen Erziehung der Kinder; vorzüglich von dem sechsten bis in das vierzehnte Jahr. 5 Bde. Gotha: Perthes 1798. - 2. Aufl. Gotha 1800-1809. Kurzbeschreibung: Aufforderung zu einer bescheidenen Lebensführung in einem Lehrgespräch zwischen Erzieher und Kindern. Rosenlächer: Goldener Spiegel, 1827 = Rosenlächer, Franz Joseph: Goldener Spiegel oder biographische Skizzen

Verzeichnis der ausgewerteten Quellen

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christlich-frommer und verständiger Personen aus dem Bürger- und Bauernstande, zur Nachahmung aufgestellt. Augsburg: Kranzfelder 1827. VIII, 160 S. kl. 8°. Adressaten: „Bürger- und Bauersleute" (Vorrede, S. IV); auch als „Lesebuch fur Sonntagsschulen und als Prämien für die etwas reiferen Werktagsschüler nicht ganz unzweckmäßig" (S. Vf.). Kurzbeschreibung: Der Autor stellt authentische Biographien vor (Wohnort, Sterbedaten, Verwandte namentlich genannt) und behandelt dabei Themen wie: Kindererziehung, Nahrung und Kleidung, Arbeit, Sonntag, Hausandacht, Aufnahme eines Findelkindes, Nachbarschaft, Dienstboten, Obrigkeiten, Handel und Wandel, Kreuz und Leiden, Verhalten gegen Arme. Im Anhang befinden sich Anleitungen zum Erstellen von Rechnungen, Quittungen und sog. „Reversen" (Scheine, daß eine Handlung oder Unterlassung einem andern in Zukunft nicht zum Nachteil gereicht), ferner Musterverträge, -Zeugnisse und -briefe. Stichprobenartig gesichtet: Das räsonnirende Dorfkonvent (Erfurt, 1786-88) Dorfzeitung (Hildburghausen, 1818ff.) Baierischer Neuer Volkskalender (1803ff.) Des Volksboten Schweizer Kalender (1896ff.)

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Literaturverzeichnis

2.2.2 Für Kinder und Jugendliche Rochow: Kinderfreund, 1776 = Rochow, Friedrich Eberhard von: Der Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen. 2. Teil. Brandenburg u. Leipzig 1776. Adressaten: Kinder und Jugendliche auf dem Land. Kurzbeschreibung: Dem Werk ist 1773 eine Ausg. unter dem Titel „Bauernfreund" vorausgegangen, die allerdings nur in einem Privatdruck von 40 Exemplaren erschienen ist Es besteht aus 79 durchnumerierten Lesestücken, die zumeist kurze moralische Geschichten darstellen. Neben zwei Gebeten finden sich drei Kinderlieder. Burmann: Kleine Lieder, 1777 Burmann, Gottlob Wilhelm: Kleine Lieder für kleine Mädchen und Jünglinge. Berlin: Decker 1777, XVI u. 156 S. Adressaten: Das Buch umfaßt im ersten Teil, der fur Mädchen bestimmt ist, zweiundvierzig, im zweiten, der sich an Knaben wendet, dreiunddreißig Lieder. Kurzbeschreibung: Es geht Burmann um die frühe Einübung der Geschlechterrollen, was schon in den Überschriften zum Ausdruck kommt. Bei den Mädchen lauten sie z.B. „Der Spiegel", „Die Küche", „Daß ich mit meinen Puppen spiele", „Der Putz" oder „Das Vergängliche der Schönheit". Die Titel im Knaben-Teil heißen: „Die Bibliothek", „Einen Degen möchte ich tragen", „Das Pferd" oder „Gott donnert! nein, ich fürchte nichts!" etc. Salzmann: Elementarbuch, 1782/83 = Salzmann, Christian Gotthilf: Moralisches Elementarbuch, nebst einer Anleitung zum nützlichen Gebrauch desselben. 2 Theile. Leipzig 1782/83; neue verbess. Aufl. 1785-87 (Nachdr. dieser Auflage mit 67 Kupfern von Daniel Chodowiecki, hg. v. Hubert Göbels. Dortmund 1980). - Neue verbess. Aufl. Leipzig 1795. Adressaten: Sechs- bis Achtjährige, aber nicht als Selbstleser, sondern über mündliche Vermittlung der Eltern. Kurzbeschreibung: Hinter dem Titel verbirgt sich eine Art Lehrbuch für den Anfangsunterricht in Religion in Form von Beispielgeschichten aus dem Leben einer Kaufmannsfamilie. Das Werk sucht Grundbegriffe in zusammenhängenden Erzählungen zu veranschaulichen. Der Wert, bzw. Sachverhalt, um deren Veranschaulichung es geht, ist typographisch hervorgehoben. Ein „Entwurf der in diesem Buche abgehandelten Sachen" läßt die systematische Absicht

Verzeichnis der ausgewerteten Quellen

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deutlich werden, die hinter den Erzählungen steckt. Zu diesem Buch haben auch andere Autoren wie Joachim Heinrich Campe und Christian Felix Weiße beigetragen. Ausgestattet ist es mit Kupfern nach Daniel Chodowiecki. Daraus: Sechs moralische Geschichten: Fräulein Lottchen; Der Kaufmann Hermann und seine Familie; Vom Wert der Gesundheit; Die armen Leute; Die Reichen sind sehr nützlich, besonders wenn sie ihr Geld gut anlegen; Die Reichen. Goeze: Zeitvertreib, 1783 = [Goeze, Johann August Ephraim:] Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Zweytes Bändchen. Leipzig bey Weidmanns Erben und Reich 1783. Adressaten: Kinder aller Schichten. Kurzbeschreibung: Sammlung moralischer Geschichten, eingebettet in Gespräche eines Vaters (evangelischer Pastor) mit seinen Kindern bzw. zwischen dem Hauslehrer und den Kindern. Die Mutter beteiligt sich an den Gesprächen nur als Fragende. G. betont im Vorwort, daß er sich einer sehr einfachen Sprache bedient, um sicher zu gehen, daß er von Kindern verstanden wird. Vor Drucklegung hat er die Geschichten seinen eigenen Kindern zur Probe vorgetragen und gegebenenfalls umformuliert. In erster Linie versucht er dem Aberglauben, „besonders in natürlichen Dingen" (Vorwort, S. 3) entgegenzuwirken. Ferner behandelt er Vorgänge in der Natur: „Und zwar die gemeinsten, gewöhnlichsten Dinge zuerst, mit denen sie täglich umgeben sind" (Vorwort, S. 4). ABC-Buch für die Volksschulen des russischen Reichs, 1785 = ABC-Buch, für die Volksschulen des russischen Reichs, herausgegeben auf den allerhöchsten Befel [!] der regierenden Kaiserinn, Katherina [!] der Zweiten. St. Petersburg 1785, 32 S. Adressaten: Erstes Lesealter. Kurzbeschreibung: Enthält nach einem Leselehrteil „Gebete zum alltäglichen Gebrauche" (S. 10-13) und „Kurze Sittensprüche" (S. 14-17). Die traditionell religiösen Übungstexte sind ersetzt durch moralische Geschichten im Kap. „Kleine Erzählungen", darunter auch Fabeln, jeweils mit angehängter Erklärung unter der Überschrift „Sittenlehre"(S. 18-29). Eine solche weitgehend profanierte Fibel hat als erster Weiße mit seinem 1773 erschienenen „Neuen A, B, C, Buch" herausgegeben.

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Literaturverzeichnis

Lehrreiche Erzählungen, 1789 = Lehrreiche Erzählungen und Fabeln. Ein Lesebüchlein fur die Kinder der Ersten Klasse. Dillingen: Verlag der deutschen Schulen 1789, 80 S. Kurzbeschreibung: MG in Form von Unterrichtsgesprächen zwischen Lehrer und Schülern; paragraphenartige „Lebensregeln fur Kinder" (S. 78-80). Voit: Unterhaltungen, 1789-91 = Voit, Johann Peter: Unterhaltungen tur junge Leute aus der Naturgeschichte, dem gemeinen Leben und der Kunst, mit 52 Kupfertaf. von Johann Peter Voit, Archidiaconus und Professor zu Schweinfurt. Zwote verbess. u. verm. Aufl. Nürnberg: C. Weigel und A. G. Schneider, 1789-1791, 8°. In 3 Bänden, 1789, 1791 und 1790. Adressaten: Jugendliche auf der Suche nach einem geeigneten Beruf. Kurzbeschreibung: Auf 139 Taf.n werden die Naturgeschichte, Künste und Handwerke mit akribischen Beschreibungen vorgeführt. Stoy: Goldener Spiegel für Kinder, 1791 = Stoy, Johann Sigmund: Goldener Spiegel für Kinder. Ein Lesebuch, bestehend in auserlesenen Erzählungen. Nürnberg: Christ. Weigel und A. G. Schneider 1791, 1 Bl. Verlagsanzeige, VIII und 256 S. Adressaten: Kinder, die schon gut lesen können. Kurzbeschreibung: Enthält 90 moralische Geschichten, denen jeweils ein Kupferstich beigefugt ist (die Stecher sind C. W. und I. C. Bock, Ambrosius Gabler, C. D. Henning, D. Ihle, Klinger, G. Pensei, I. G. Penzel, Stahl und I.G. Sturm). Die Bilder sollen auf Wunsch des Autors Ausgangspunkt der Beschäftigung mit diesem Buch sein. Erst danach rät er zur Lektüre der Texte. Weiße: Kinderfreund, 1791 = Weiße, Christian Felix: Der Kinderfreund. Ein Wochenblatt [EA Th. 1-24 in 12 Bdn. Leipzig: Crusius 1776-84, 8°]; 3., verbess. Aufl., 7 Bde. Reutlingen 1791. Adressaten: Kleinere Kinder. Kurzbeschreibung: „Der Kinderfreund", den Weiße herausgab, war die wohl berühmteste Kinderzeitschrift der Aufklärung. Sie ist durchsetzt von zahlreichen Mg.

Verzeichnis der ausgewerteten Quellen

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Lohr: Verstand, 1797 = Lohr, J[ohann] A[ndreas] C[hristian]: Materialien zur Erwekkung und Uebung des Verstandes und der Urtheilskraft der Kinder sowohl zum Gebrauch beim öffentlichen als häuslichen Unterricht. Leipzig: Gerhard Fleischer d. J. 1797, XII u. 232 S. - [2. Titelblatt:] Erste Vorbereitungen für Kinder sowohl zum Gebrauch beim öffentlichen als häuslichen Unterricht. Drittes Bändchen. Enthält Materialien zur Erweckung und Uebung des Verstandes und der Urtheilskraft der Kinder von J.A.C. Lohr. - Dritte verm. Aufl. ebd. 1810 [hier zit. n. dieser dritten Aufl.] Adressaten: Handreichung für Lehrer von jüngeren Kindern. Kurzbeschreibung: Die „Materialien" sind in neun Abschn. gegliedert, von denen der achte MG unter dem Titel „Erzählungen von edeln und zweifelhaften Handlungen" enthält (S. 127-163). Ansonsten: Fragespiele, Charaden, Rätsel, Wortspiele, Anekdoten, Fabeln. Raabe: Briefe für Kinder, 1798 = Raabe, August: Briefe für Kinder. Eine Sammlung durchgehends zweckmäßig belehrenden Inhalts. Holzminden 1785. Weitere Aufl. Braunschweig: Schulbuchhandlung J. H. Campes 1798. Adressaten: Kinder und Jugendliche aller sozialen Schichten. Kurzbeschreibung: Die hier versammelten Texte sollten nicht nur eine Anleitung zum Briefeschreiben geben, sondern den Leserinnen und Lesern helfen, ein besseres Weltverständnis zu erwerben. Deshalb finden sich religiöse, historische, geographische, biologische, soziologische und technisch-gewerbliche Texte verstreut, die jedoch zugleich auch eine Werteerziehung beabsichtigen: „Ueberhaupt hat man in jeden Brief eine Lehre oder Warnung oder einen Unterricht von irgend einem wissenswerthen Gegenstande aus dem menschlichen Leben hineingelegt, um sowohl zur Beförderung der sittlichen Bildung, als auch zur Vermehrung der Kenntnisse der Jugend beizutragen." (Raabe 1798, S. V). Lohr: Sitte, 1799 = Lohr, J[ohann] A[ndreas] C[hristian]: Kleine Geschichten und Erzählungen für Kinder zur Bildung des sittlichen Gefühls zunächst zum Gebrauch beim häuslichen Unterricht von, Pastor in der Altenburg vor Merseburg. Leipzig bei Gerhard Fleischer dem Jüngern 1799, 312 S. Adressaten: Kinder im ersten Lesealter. Kurzbeschreibung: „Materialien zur Bildung des sittlichen Gefühls" in 14 „Abtheilungen": 1. Wohlthätigkeit, Güte, Härte, Geiz Aedelmuth; 2. Dienstfertigkeit, Gefälligkeit; 3. Grausamkeit; Neid, Mißgunst, Schadenfreude, Verträg-

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Literaturverzeichnis

lichkeit, Rachsucht; 4. Ungerechtigkeit, Betrug, Ehrlichkeit, Billigkeit; 5. Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit, Lügen, Heuchelei, Verleumdung, Geschwätzigkeit, Schmeichelei, Argwohn; 6. Fleiß, Faulheit, Sparsamkeit, vernünftige Anwendung des Vermögens; 7. Gesundheit, Krankheit; 8. Gehorsam gegen Aeltern und Vorgesetzte; 9. Freundschaft; 10. Ehrgeiz, Stolz, Eitelkeit; 11. Ehrgeiz, Stolz, Eitelkeit; 12. Selbstbeherrschung, Mäßigung, Beharrlichkeit, Unzufriedenheit; 13. Ordnung, Reinlichkeit, Gewohnheiten; 14. Entschuldigungen, das Gewissen Plieninger: Beispiele des Guten, 1807.= Plieninger, Gustav: Beispiele des Guten. Zur Nacheiferung für die Jugend ausgewählt. (= Universalbibliothek für die Jugend). Stuttgart: Kröner o.J. [nach 1847]. 143 S. u. 4 S. Verlagswerbung, vier Abb. von Georg Hahn. - Aus dem Vorwort läßt sich schließen, daß es sich hier um die 8. Aufl. handelt. In den Jahren 1807-1847 sei die Sammlung siebenmal aufgelegt worden. Zit. wird in der vorliegenden Arbeit nach der 8. Aufl. o.J. Adressaten: Jugendliche. Der Autor meint, Eltern würden sich freuen, wenn sie ein Buch in Händen hielten, das schon in ihrer Jugend zur Lieblingslektüre gezählt hat. Er empfiehlt die Anschaffung für Schul- und Ortsbibliotheken. Kurzbeschreibung: Sammlung von moralischen Geschichten, fortlaufend numeriert und thematisch angeordnet unter folgende Kap.: Vertrauen auf Gott und Dankbarkeit gegen ihn (S. 9-13); Eltern-, Kindes- und Geschwisterliebe (S. 13-35); Dankbarkeit gegen Lehrer und Wohlthäter (S. 35-44); Freundschaft (S. 44-50); Menschenliebe im allgemeinen (S. 51-67); Freude am Wohlthun (S. 67-80); Großmut gegen Feinde (S. 81-83); Leutseligkeit (S. 83-87); Dienstfertigkeit (S. 88f.); Gewissenhaftigkeit (S. 89-93); Wahrhaftigkeit und Redlichkeit (S. 93-111); Berufstreue (S. 111-115); Bescheidenheit und Genügsamkeit (S. 116-119); Achtsamkeit auf das Kleine (S. 120ff.); Beherrschung des Zornes (S. 122ff.); Geistesgegenwart und Entschlossenheit (S. 124-127); Heldenmütige Hingebung für andere (S. 127-135); Vaterslandsliebe und Unterthanentreue (S. 135-143). - Der Autor versucht Authentizität zu vermitteln, indem er die Protagonisten mit Vor- und Zunamen nennt, oft sind genaue Daten oder wenigstens Jahreszahlen sowie Orte angegeben; zahlreiche Herrscheranekdoten (z.B. Nr. 11: König Gustav III. von Schweden; Nr. 15: Ferdinand II. von Leon; Nr. 27: Königin Luise von Preußen; Nr. 31: Kalif Mamonn von Bagdad; Nr. 43: Kaiser Joseph II., Nr. 61 u. Nr. 88: Friedrich II. von Preußen; Nr. 56: Kaiser Heinrich VII.). Auch Bischof Fénélon, Verfasser des „Télémaque", ist wieder vertreten (Nr. 58, S. 83f). Der Schriftsteller Geliert wird als Wohltäter einer verarmten Leipziger Familie geschildert (Nr. 53, S. 77-80).

Verzeichnis der ausgewerteten Quellen

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Stahl, Fabeln 1821 = Stahl, Karoline: Fabeln, Mährchen und Erzählungen für Kinder. Nürnberg: Friedrich Campe 1818, 2. verbess. Aufl. 1821, hg. v. Hans-Jörg Uther: Deutsche Märchen und Sagen (= DB 80). Berlin 2003, S. 47878-48120). Adressaten: Kinder Kurzbeschreibung: Enthält 37 meist moralisch gefärbte Geschichten, darunter das Märchen vom „Däumling", das bei Stahl noch „Der undankbare Zwerg" heißt. Hoffmann: Erzählungen, 1842 = Hoffmann, Franz: Hundertfunfzig Moralische Erzählungen für kleine Kinder. Mit sechszehn [sie!] colorirten Bildern. Stuttgart: Schmidt & Spring 1842. Zitiert wird in der vorliegenden Arbeit nach der 12. unveränd. Aufl. ebd. 1867. Adressaten: Kinder zwischen fünf und sieben Jahren. Kurzbeschreibung: Die Beispiele sind aus dem Leben des gehobenen Bürgertums und des Adels gegriffen. Die Protagonisten sind in der Regel zwischen fünf und sieben Jahre alt. Kieffer: Lesebuch, 1862 = Kieffer, Franz Xaver: Lese- und Lehr=Buch für Oberklassen katholischer Volksschulen. Mainz: Friedrich Schott 1862, 456 S. Kurzbeschreibung: Das Buch ist in fünf Abschn. gegliedert: Erster Abschnitt: Lesetücke in ungebundener Rede über Gott, den Menschen und die Natur zur Förderung der religiös-sittlichen Bildung; Zweiter Abschnitt: Bilder aus der Geographie. I. Zur mathematischen und physischen Geographie. II. zur politischen Geographie. A. Das Vaterland. B. Die Fremde. III. Zur mathematischen Geographie; Dritter Abschnitt: Naturbilder: I. Zur Naturgeschichte, II. Zur Naturlehre, III. Zur Menschenkunde; Vierter Abschnitt: Geschichtsbilder. I. Zur vaterländischen Geschichte. II. Zur allgemeinen Geschichte; Fünfter Abschnitt: Gedichte verschiedenen Inhalts. - Enthält MG im Ersten Abschnitt, S. 1-108; außerdem Fabeln, Rätsel, Gebete, Beschreibung der Tages- und Jahreszeiten, Sprichwort-Erläuterungen sowie Sinnsprüche. Thieme: Gutmann, 1794 = Thieme, Karl Traugott: Gutmann oder der Sächsische Kinderfreund. Ein Lesebuch für Bürger- und Land-Schulen. [EA 1794] 2 Theile in einem Bd. 7. verbess. Aufl. besorgt von J. Chr. Dolz. Leipzig 1817, 268/272 S. Adressaten: Jugendliche auf dem Lande. Kurzbeschreibung:

Thieme benutzt für seine Unterweisung abwechselnd die

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Literaturverzeichnis

Form des Väterlichen Rates und die Erzählmethode: Gutmann gibt sowohl direkte Belehrung wie auch indirekte in Form von Erzählungen. Thematisch ist das Werk zudem weiter gespannt: Es überschreitet den Rahmen bloßer Sittenlehre und bezieht sich auch auf Dinge der Natur und des praktischen Lebens. Jais: Geschichten, 1806-07 = Jais, Aegidius: Schöne Geschichten und lehrreiche Erzählungen zur Sittenlehre für Kinder. 2 Bde. Köln/Münster/Paderborn: Johann Friedrich Kepler 1806/07. Adressaten: Kinder einfacher Leute. Kurzbeschreibung: 44 MG in Bd. I, jeweils mit zwei- bzw. vierzeiligen Merksprüchen versehen; 29 MG in Bd. II (Nr. 1-29). Lotter: Beispiele, 1807 = Lotter, Tobias Heinrich: Beispiele des Guten. Eine Sammlung edler und schöner Handlungen und Charakter-Züge aus der Welt- und Menschen-Geschichte aller Zeiten und Völker. Der Jugend und ihren Freunden gewidmet. 1. Aufl. Stuttgart 1807; hierzit. n. 7. verbess. u. verm. Aufl. 1845, 1163 S. Kurzbeschreibung: Enthält zwei Kap.: I. Gottes Furcht und Sorge für das eigene Wohl; II. Allgemeine Nächstenliebe und Menschenliebe in besonderen Verhältnissen. Die zweite Hälfte des Werkes enthält Texte zur sozialen Verantwortung; zum einen sortiert nach Beispielen zu einzelnen Tugenden und zum anderen geordnet nach Ständen und deren Verpflichtungen. In der 7. Aufl. befindet sich auch eine Biographie Lotters (S. IX-XV) und seine Bibliographie (S. XV-XVIII], Ab der 4. Aufl. überarbeitet von Joh. Christian Friedrich Burk, indem die alte Gliederung nach sittlichen Verpflichtungen als zweiter Teil beibehalten wurde, aber ein erster Teil vorangestellt wurde, der den Weg zum Glauben und das Leben im Glauben behandelt. Lohr: Mancherlei Begebenheiten, 1820 = Lohr, J[ohann] A[ndreas] C[hristian]: Mancherlei Begebenheiten und Geschichten aus dem Leben des kleinen Andreas. Ein Büchlein fur Kinder. Leipzig: Carl Cnobloch 1820, 232 S. Adressaten: Kinder Kurzbeschreibung: Autobiographie; enthält zahlreiche Episoden aus der Kindheit des Autors in moralisierendem Ton.

Verzeichnis der ausgewerteten Quellen

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Schmid: Lehrreiche Erzählungen, 1824 = Schmid, Christoph von: Lehrreiche Erzählungen (= Christoph von Schmid gesammelte Schriften 24). [EA 1824-1827] 19. Aufl. Regensburg: G. J. Manz o.J. [1930], Adressaten: Jugendliche und Kinder aus kleinbürgerlichem Milieu. Kurzbeschreibung: Anthologie stark religiös geprägter moralischer Geschichten. In den Werken Schmids ist die nach 1790 einsetzende Rechristianisierung der Kinder- und Jugendliteratur deutlich ablesbar. Traditionelle christliche Werte spielen wieder eine größere Rolle als bei den zuvor dominierenden Philanthropen, wobei eine eher gefühlsbetonte Religiosität vermittelt wird. Schmid: Kurze Erzählungen, 1824-27 = Schmid, Christoph von: Kurze Erzählungen. Ravensburg: Otto Maier Verlag o.J. [1960er Jahre], [EA 1824-1827] Adressaten: lieu.

Katholische Jugendliche und Kinder aus kleinbürgerlichem Mi-

Kurzbeschreibung: Aneinanderreihung moralischer Geschichten. Die Mütter lösen die Väter in ihrer Eigenschaft als entscheidende Bezugsperson und Erzieher ab. Stein: Tagebuch, 1846 = Stein, Anna: 52 Sonntage oder Tagebuch dreier Kinder, neu bearbeitet von Ottilie Schwahn. Mit 4 Bildern von W. Claudius im Farbendruck. 30. Aufl. Berlin: Winckelmann 1902. 346 S. - Reprint nach der 2. Aufl. des zuerst 1846 in Berlin bei Winckelmann erschienenen Buches mit einem Nachwort von Heinrich Pleticha. Leipzig: Edition Leipzig 1986, kl.-8°, 359 u. X S., 1 Bl. mit 9 farbigen Taf. Adressaten: Jugendliche aller Schichten. Kurzbeschreibung: Drei Kinder fuhren abwechselnd ein Jahr lang sonntags ein Tagebuch über die vergangene Woche. „Der Stil der in ländlichem Gutsmilieu spielenden Geschichten ist unsentimental, aber auch trocken und lehrhaft, die Figurenzeichnung typisierend", so M. Dahrendorf, in: LKJ III, S. 454. Trotzdem wurde das Buch ein oft gedruckter Bestseller, fur die Hosemann ab der 4. Auflage veränderte Illustrationen schuf. Daraus: Beschreibung des 9. Sonntags. Schwarz: Erzählungen, 1848 = Schwarz, Heinrich: Einhundert kurze Erzählungen und Parabeln für die liebe Jugend. Mit einer Empfehlung von dem Verfasser der Ostereier Christoph von

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Stark christlich geprägtes Erziehungsbuch.

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ten Wissenschaften, enthaltend Nachweisungen über Lebensverhältnisse und Leistungen von Mathematikern, Astronomen, Physikern, Chemikern, Mineralogen, Geologen usw. aller Völker und Zeiten. 2 Bde. Leipzig 1863; 2 18971898.

Bio-bibliographische Nachschlagewerke

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Siglen

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Mendl = Mendl, Hans: Literatur als Spiegel christlichen Lebens. Religiöse Kinder- und Jugenderzählungen katholischer Autoren von 1750-1850 (= Studien zur Praktischen Theologie 44). St. Ottilien 1995. Merkur = Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken. BadenBaden 1947-1948. Stuttgart 1948ff. Meusel = Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen deutschen Schriftsteller. Ausgearbeitet v. Johann Georg Meusel. 15 Bde., Leipzig 18021816. Neudr. Hildesheim 1967. Meusel: Künstler = Meusel, Johann Georg: Teutsches Künstler-Lexikon oder Verzeichnis der jetzt lebenden Teutschen Künstler. 2. Überarb. Aufl. 2. Bde. Lemgo 1808-09. Meusel: Schriftsteller = Meusel, Johann Georg: Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. 15 Bde. Leipzig 1802-15 (15 Bde) Monschein = Monschein, Johanna: Kinder- und Jugendbücher der Aufklärung, aus der Sammlung Kaiser Franz' I. von Österreich. Salzburg/Wien 1994. Moser V = [Moser, Kristoph Ferdinand:] Lesebuch für Landschulmeister. Fünftes Bändchen. Tübingen: Jacob Friedrich Heerbrandt 1786. Moser VI = [Moser, Kristoph Ferdinand:] Lesebuch für Landschulmeister. Sechstes und letztes Bändchen. Tübingen: Jacob Friedrich Heerbrandt 1786. Nagler, Georg Kaspar: Neues allgemeines Künstler-Lexikon oder Nachrichten von dem Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner, Medailleure, Elfenbeinarbeiter. 22 Bde. München 1835-52. NDB = Neue deutsche Biographie. Hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1953ff. (Bisher 15 Bde.) Neuer Nekrolog = Neuer Nekrolog der Deutschen. 30 Bde. Ilmenau 1824-56. NHbLw = Neues Handbuch der Literaturwissenschaft. Hg. Klaus von See. Frankfurt am Main, später Wiesbaden 1972ff. NND = Neuer Nekrolog des Deutschen, hg. v. Friedrich August Schmidt. Jgg. 1823-1851, Ilmenau 1824-1834 u. Weimar 1835-1853. (Forts, des Schlichtegroll-Nekrologs) ÖBL 1851 = Österreichisches biographisches Lexikon: Genaue Lebensbeschreibungen berühmter und denkwürdiger Personen jedes Standes in der österreichischen Monarchie von der frühesten Zeit bis auf unsere Tagehg. v. Bermann, Moritz. Wien 1851-52. ÖBL 1957 = Österreichisches biographisches Lexikon 1815-1950. Graz/Köln 1957ÍT. ÖZV = Österreichische Zeitschrift für Volkskunde. Wien 1895ff.

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Literaturverzeichnis

Pataky = Sophie Pataky: Lexikon deutscher Frauen der Feder. Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren, nebst Biographien der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. 2 Bde., Berlin 1898. Neudr. Bern 1971. PBB = Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Begründet von Hermann Paul und Wilhelm Braune (= Paul-Braune-Beiträge). Halle 1874ff. Seit 1955 unter gleichem Titel in Tübingen fortgeführt. Philobiblon = Eine Vierteljahrsschrift für Buch- und Graphiksammler. Hamburg 1957-1982. Stuttgart 1983ff. (Vorher unter gleichem Titel bereits Wien 1928-1935, dann Leipzig 1936/37-1940.) Poggendorf, Johann C.: Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften, enthaltend Nachweisungen über Lebensverhältnisse und Leistungen von Mathematikern, Astronomen, Physikern, Chemikern, Mineralogen, Geologen usw. aller Völker und Zeiten. 2 Bde. Leipzig 1863; 2 1897- 1898 Preuß. Jbb. = Preußische Jahrbücher. Berlin 1858-1935. Raßmann E. = Raßmann, Ernst: Nachrichten von dem Leben und den Schriften Münsterländischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. Münster (Westfalen) 1866, NF 1881. Raßmann: Dichter = Raßmann, Friedrich: Deutscher Dichternekrolog oder gedrängte Übersicht der verstorbenen deutschen Dichter, Romanenschriftsteller, Erzähler und Übersetzer, nebst genauer Angabe ihrer Schriften. Nordhausen 1818. Raßmann: Pseudonyme = Raßmann, Friedrich: Kurzgefaßtes Lexikon deutscher pseudonymer Schriftsteller von der ältern bis auf die jüngste Zeit aus allen Fächern der Wissenschaften. Leipzig 1830. RE = Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. 3. Aufl. hg. v. Albert Hauck. 24 Bde., Leipzig 1896-1913. RGG = Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. 3. Aufl. hg. v. Kurt Galling. 6 Bde. u. Registerbd., Tübingen 1957-1965. Richter = Richter, Gottfried Lebrecht: Allgemeines biographisches Lexikon alter und neuer geistlicher Liederdichter. Leipzig 1804. RL = Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. 2. Aufl. Neu bearb. u. hg. v. Werner Kohlschmidt u. Wolfgang Mohr (Bde. 1-3); Klaus Kanzog u. Achim Masser (Bd. 4). 4 Bde. u. Registerbd., Berlin 1958-1988. Röhrich = Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Band 1-5, Freiburg, Basel, Wien: Verlag Herder 1994. Rotermund: Bremen = Rotermund, Heinrich Wilhelm: Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in Bremen gelebt haben, nebst Nachrichten von

Siglen

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gebohrnen Bremern, die in andern Ländern Ehrenstellen bekleideten. 2 Bde. u. Anhang Bremen 1818. Rotermund: Hannover = Rotermund, Heinrich Wilhelm: Das gelehrte Hannover oder Lexikon von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, gelehrten Geschäftsmännern und Künstlern, die seit der Reformation in und außerhalb den sämtlichen zum jetzigen Königreich gehörigen Provinzen gelebt haben und noch leben. 2 Bde. Bremen 1823. Rötger = Nekrolog für Freunde deutscher Literatur 1791- 1794. 4 Bde. Helmstädt 1796-99. SAV = Schweizerisches Archiv fur Volkskunde. Zürich (später Basel) 1897ff. Schindel = Die deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts, hg. v. Schindel, Carl Wilhelm Otto August. 3 Bde. Leipzig 1823-25. Schlichtegroll 1 = Friedrich Schlichtegroll (Hg.): Nekrolog auf das Jahr 1790 [-1800], 22 Bde. u. Supplementbd, Gotha 1791-1806. (Forts.: Schlichtegroll 19. Jh.) Schlichtegroll 19. Jh. = Friedrich Schlichtegroll (Hg.): Nekrolog der Teutschen fur das 19. Jahrhundert. 5 Bde., Gotha 1802-1806. Schmid, Kurze Erzählungen = Schmid, Christoph von: Kurze Erzählungen. Ravensburg o.J. [ca. 1964; Privatbesitz]. Schmid, Lehrreiche = Schmid, Christoph von: Lehrreiche Erzählungen (= Christoph von Schmid gesammelte Schriften 24). 19. Aufl. Regensburg: G. J. Manz o.J. [1930], Schmidt: Schriftsteller-Lexikon = Schmidt, Andreas Gottfried: Anhalt'sches Schriftsteller-Lexikon, oder historisch-literarische Nachrichten über die Schriftsteller, welche in Anhalt geboren sind oder gewirkt haben, aus den drei letzten Jahrhunderten gesammelt und bis auf unsere Zeiten fortgefuhret. Bernburg 1830. Schneiders = Schneiders, Werner (Hg.): Lexikon der Aufklärung. München 1995. Sengle = Friedrich Sengle: Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und Revolution 1815-1848. 3 Bde., Stuttgart 19711980. Thieme/Becker = Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler, von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bde. Leipzig 1907-1950. TRE = Theologische Realenzyklopädie. Hg. Gerhard Krause u. Gerhard Müller. 25 Bde., Berlin/New York 1977ff. (Bisher 15 Bde.) Weiz = Weiz, Friedrich August: Das gelehrte Sachsen, oder Verzeichniß derer in den Churfurstl. Sächs. und incorporierten Ländern jetztlebenden Schriftsteller und ihrer Schriften. Leipzig 1780.

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Literaturverzeichnis

Wetzer/Welte = Wetzer und Weite's Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hülfswissenschaften. 2. Aufl., begonnen v. Joseph Cardinal Hergenröther, fortgesetzt v. Franz Kaulen. 12 Bde. u. Register, 2. Aufl. Freiburg i. Br. 1882-1903. Weyermann 1 = Neue historisch-biographisch-artistische Nachrichten von Gelehrten und Künstlern auch alten und neuen adelichen und bürgerlichen Familien aus der vormaligen Reichsstadt Ulm, hg. v. Weyermann, Albrecht. Ulm 1798. Weyermann 2 = 2. Aufl. Ulm 1829. Wienstein, Dichter = Lexikon der katholischen deutschen Dichter vom Ausgange des Mittelalters bis zur Gegenwart, hg. v. Wienstein, Friedrich. Hamm 1899. Wild = Wild, Reiner (Hg.): Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur. Stuttgart 1990. WiWo = Wittenbergsches Wochenblatt l(1768)ff. Wurzbach = Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben, hg. v. Wurzbach, Constant von. 60 Bde. Wien 1856-1891. ZBLG = Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte. München: C.H. Beck, 1 (1928)ff. ZHF = Zeitschrift für historische Forschung, hg. v. Johannes Kunisch (Köln), Klaus Luig (Köln), Peter Moraw (Gießen), Heinz Schilling (Berlin), Bernd Schneidmüller (Bamberg), Barbara Stollberg-Rilinger (Münster), Schriftleitung: Johannes Kunisch, Historisches Seminar der Universität Köln. Berlin 1 (1974)ff. ZsAA = Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 1 (1953ff.) ZVK = Zeitschrift für Volkskunde. Berlin u.a. (später Stuttgart; Göttingen) 189 Iff.

3. Abkürzungen

a. o. Prof. = außerordentlicher Professor Abb. = Abbildung(en) Abdr. = Abdruck(e) Abh. = Abhandlung(en) Abschn. = Abschnitt Abt. = Abteilung(en) ahd. = althochdeutsch allg. = allgemein Anth. = Anthologie(n) Art. = Artikel AT = Altes Testament Aufl. = Auflage(n) Aufs. = Aufsatz Ausg. = Ausgabe(n) ausgew. = ausgewählt Ausw. = Auswahl autobiogr. = autobiographisch Autobiogr. = Autobiographie(n) Bd., Bde., Bdn. = Band, Bände, Bänden bearb. = bearbeitet Bearb.(en) = Bearbeitung(en) begr. = begründet beigef. = beigefügt Beitr. = Beitrag Ber. = Bericht(e) Bibl. = Bibliothek bibliogr. = bibliographisch Bibliogr.(n) = Bibliographie(n) biogr. = biographisch Biogr.(n) = Biographie(n) Bl./Bll. = Blatt/Blätter

BSB München = Bayerische Staatbibliothek München d. Ä. = der Ältere d. i. = das ist d. J. = der Jüngere DB = Digitale Bibliothek Ders. = Derselbe DFG = Deutsche Forschungsgemeinschaft Dies. = Dieselbe Diss. = Dissertation(en) DLA = Dt. Literaturarchiv/ Schiller Nationalmuseum, Marbach Dr. habil. = Doctor habilitatus dt. = deutsch durchges. = durchgesehen EA = Erstausgabe/-auflage Ebd. = ebenda, ebendort ed. = ediert Ed. = Edition(en) Einf. = Einführung(en) Einl. = Einleitung(en) erg. = ergänzt, ergänzende Erg.-Bd. = Ergänzungsband ersch. = erscheint, erschienen erw. = erweitert evang. = evangelisch f., ff. = folgende Seite(n), färb. = farbig folgendes (folgende) Jahr(e) Faks. = Faksimile(s) FAZ = Frankfurter Allgemeine Zeitung

898

Abkürzungen

Ffm. = Frankfurt am Main fol. = folio Forsch. = Forschung(en) Forts. = Fortsetzung(en) Frhr. = Freiherr frz. = französisch FS = Festschrift gedr. = gedruckt gemeins. m. = gemeinsam mit gen. = genannt ges. = gesammelt Ges. = Gesellschaft gest. = gestochen ggf. = gegebenenfalls H. = Heft(e) h. c. = honoris causa habil. = habilitatus Habil.-Schr. = Habilitationsschrift Hdb. = Handbuch hg., Hg. = herausgegeben, Herausgeber(in) hist.-krit. Ausg. = historisch-kritische Ausgabe Hjs. = Halbjahresschrift Hs. = Handschrift, Handschriften IJB = Internationale Jugendbibliothek München ill., 111. = illustriert, Illustrationen insg. = insgesamt ital. = italienisch Jb., Jbb. = Jahrbuch, Jahrbücher Jg., Jgg. = Jahrgang, Jahrgänge Jh. = Jahrhundert Journ. = Journal(e) Kap. = Kapitel Kat. = Katalog(e) kath. = katholisch kgl. = königlich KJL = Kinder- und Jugendliteratur

kolor./color. = koloriert/coloriert lat. = lateinisch Lfg. = Lieferung lie. = licentiatus Lit. = Literatur luth. = lutherisch MA = Mittelalter MG = Moralische Geschichte(n) mhd. = mittelhochdeutsch Mitarb. = Mitarbeit, Mitarbeiter Mitgl. = Mitglied(er) Mitt. = Mitteilung(en) Monogr. = Monographie(n) n.a. = nach anderen Quellen NF = Neue Folge Nachl. = Nachlaß Nachtr. = Nachtrag Nachw. = Nachwort Neuaufl. = Neuauflage(n) Neuausg. = Neuausgabe Neubearb. = Neubearbeitung(en) Neudr. = Neudruck(e) nhd. = neuhochdeutsch Nr., Nrn. = Nummer, Nummern NS = Nationalsozialismus NT = Neues Testament NZZ = Neue Zürcher Zeitung o. J. = ohne Jahr o. O. = ohne Ort o. O. u. J. = ohne Ort und Jahr o. Prof. = ordentlicher Professor Obb. = Oberbayern österr., Österr. = österreichisch, Österreich OFM = Ordinis Fratorum Minorum OP = Ordinis Praedicatorum op. = opus OSA = Ordinis Sancti Augustini OSB = Ordinis Sancti Benedictini

Abkürzungen

Pseud. = Pseudonym Pubi. = Publikation(en) Rez. = Rezension(en) S. = Seite s. = siehe s. o. = siehe oben s. u. = siehe unten s. v. = sub voce Sehr. = Schrift(en) sep. = separat Sign. = Signatur SJ = Societatis Jesu Slg. = Sammlung(en) sog. = sogenannte Sp. = Spalte Suppl. = Supplement SZ = Süddeutsche Zeitung Taf. = Tafel(n) TB = Taschenbuch Tgb. = Tagebuch TH = Technische Hochschule Tl., Tie., Tin. = Teil, Teile, Teilen Tsd. = Tausend

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TU = Technische Universität UB = Universitätsbibliothek u. d. T. = unter dem Titel u. ö. = und öfter (erschienen) übers. = übersetzt Übers. = Übersetzung(en) ungedr. = ungedruckt Univ. = Universität/University unvollst. = unvollständig v. = von v. a. = vor allem verf., Verf. = verfaßt, Verfasser Verz. = Verzeichnis Vjs. = Vierteljahrsschrift vollst. = vollständig Vorw. = Vorwort Werkverz. = Werkverzeichnis wiss., Wiss.(en) = wissenschaftlich, Wissenschaft(en) zgl. = zugleich Ztg. = Zeitung(en) Zs./Zss. = Zeitschrift(en) zus. = zusammen