Grundriß der Physik und Meteorologie: Für Lyceen, Gymnasien, Gewerbe- und Realschulen, sowie zum Selbstunterrichte [10. Aufl.] 978-3-663-19839-0;978-3-663-20174-8

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German Pages XIX, 641 [653] Year 1869

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Grundriß der Physik und Meteorologie: Für Lyceen, Gymnasien, Gewerbe- und Realschulen, sowie zum Selbstunterrichte [10. Aufl.]
 978-3-663-19839-0;978-3-663-20174-8

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIX
Einleitung (Joh. Müller)....Pages 1-16
Front Matter ....Pages 17-17
Gleichgewicht der Kräfte an einfachen Maschinen (Joh. Müller)....Pages 19-54
Gleichgewicht der Theile fester Körper unter einander (Joh. Müller)....Pages 55-63
Hydrostatik oder die Lehre vom Gleichgewichte der Flüssigkeiten (Joh. Müller)....Pages 64-83
Molekularwirkungen zwischen festen und flüssigen Körpern, sowie zwischen den einzelnen Theilchen der Flüssigkeiten selbst (Joh. Müller)....Pages 84-93
Aërostatik oder die Lehre vom Gleichgewicht der Gase (Joh. Müller)....Pages 94-118
Anziehung zwischen gasförmigen und festen, sowie zwischen gasförmigen und flüssigen Körpern (Joh. Müller)....Pages 119-121
Bewegung fester Körper unter dem Einfluß beschleunigender Kräfte (Joh. Müller)....Pages 122-150
Hydraulik oder die Bewegungsgesetze der Flüssigkeiten (Joh. Müller)....Pages 151-166
Bewegung der Gase (Joh. Müller)....Pages 167-174
Front Matter ....Pages 175-175
Fortschreitende und stehende Luftwellen (Joh. Müller)....Pages 177-201
Gesetze der Schwingungen und Töne fester Körper (Joh. Müller)....Pages 202-214
Die musikalischen Instrumente, das Stimm- und das Gehörorgan (Joh. Müller)....Pages 215-222
Front Matter ....Pages 223-223
Verbreitung des Lichtes (Joh. Müller)....Pages 225-230
Katoptrik ober die Lehre von der Reflexion des Lichtes (Joh. Müller)....Pages 231-246
Dioptrik oder Brechung des Lichtes (Joh. Müller)....Pages 247-266
Die Farbenlehre (Joh. Müller)....Pages 267-282
Vom Auge und den optischen Instrumenten (Joh. Müller)....Pages 283-304
Interferenzerscheinungen (Joh. Müller)....Pages 305-324
Chemische Wirkungen des Lichtes (Joh. Müller)....Pages 325-328
Front Matter ....Pages 329-329
Vom Magnetismus (Joh. Müller)....Pages 331-347
Von der Reibungselektricität (Joh. Müller)....Pages 348-377
Vom Galvanismus (Joh. Müller)....Pages 378-430
Inductionserscheinungen (Joh. Müller)....Pages 431-443
Thermo-elektrische Ströme und thierische Elektricität. (Joh. Müller)....Pages 444-448
Front Matter ....Pages 449-449
Ausdehnung (Joh. Müller)....Pages 451-463
Veränderung des Aggregatzustandes. (Joh. Müller)....Pages 464-503
Specifische Wärme der Körper (Joh. Müller)....Pages 504-508
Fortpflanzung der Wärme (Joh. Müller)....Pages 509-520
Quellen der Wärme (Joh. Müller)....Pages 521-527
Front Matter ....Pages 527-527
Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche (Joh. Müller)....Pages 529-548
Die Atmosphäre, ihr Druck und ihre Strömungen (Joh. Müller)....Pages 549-560
Von der atmosphärischen Feuchtigkeit (Joh. Müller)....Pages 561-574
Optische Erscheinungen der Atmosphäre (Joh. Müller)....Pages 575-582
Von der atmosphärischen elektricität und dem Erdmagnetismus (Joh. Müller)....Pages 583-593
Back Matter ....Pages 595-641

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G r u n d r iß der

P h y s ik u n d M e t e o r o l o g i e

.

Holzstiche ausde m xylographische n Atelier von F r i e d r i c h Viewe g un d Soh n in Braunschweig . P a p i er aus der mechanische n Papier-Fabrik der Gebrüder V i e w e g zu W e n d h a u s en

bei Braunschweig .

G r u n d r iß der

P h y s ik u n

d Meteorologie

.

Lyceen, Gymnasten, Gewerbe- und Realschulen, sowie zum

S e l b s t u n t e r r i c h t e.

von

Dr. Joh.

Müller,

Großh,baDifcb. £osratf) und 9titter bcö 3a0ringer?öit»cnotdetiS , ^rofeffor fceriß&Dftf an der Uniöcvfität j u grveibuigim 53reiögau , der sdMueigerisdje n naturforscfyendc n ©efetffcfcaft (Sfcrenmitglied und correspcndirende ö Mitglied mebrer anderergelehrten ©eseUfcfcaften.

Zehnte vermehrte

und verbesserte Auflage.

SJMt 57 6 i n de n £ e r t eingedruckten Holzstichen un d einer Spectraltasel i n Farbendruck.

Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1869.

ISBN 978-3-663-19839-0 ISBN 978-3-663-20174-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-20174-8 Softcover reprint of the hardcover 10th edition 1869 3)ie Herausgabe einer Ueberse&ung i n französischerund englischer (Sprache, sowie i n anderen modernen (Sprachen wir d vorbehalten.

$o

x xe b e .

® i e erste Auflage bes vorliegenden , , © r u n ' o r i f f e § ber P h y s i k u n b M e t e o r o l o g i e " erschien im Frühjahr 1846. SBenn nun je|t, nach brei= uubjwanzig Sahren, bereits eine z e h n t e Auflage desselben nöthig gewor= ben ist, so bürfte barin wohl ein Beweis liegen, bass bag Sßerf gerabe in biefer Form, bei bieser Behandlungsweife des Gegenstandes feinem 3weck entspricht. 6 s ist bie Aufgabe eines e l e m e n t a r e n Sehrbuchs ber Naturlehre, bie Funbamentalgesege, mit Beseitigung aller Berwickelungen, welche bie Orientirung verwirren, mit Uebergehnng aller Specialitäten, welche bie Klarheit unb Übersichtlichkeit ber ©lemmte stören könnten, möglichst leicht sasslich, ich möchte sagen, plastisch hinzustellen. SDabei bürsen bem Schüler bie physikalischen Wahrheiten bnrchaus nicht in bogmatisirenber Manier als fertige Resultate vorgetragen werben, fondern überall muss ihm bie Ableitung ber ©ese|e klar gemacht werben, er muss ben 3 u s a m = : menhang kennen lernen zwischen ben Tatsachen unb ben aus einer logi= schen Kombination ber Schatsachen hervorgegangenen Vorstellungen über bie Ursachen unb ben Zusammenhang ber Erscheinungen; kurj ber Schü= ler muss auch im elementaren Unterricht in bie physikalische ®enk= unb Schlussweise eingeführt, mit bem Sßefm ber i n b u c t i v e n M e t h o b e ver= traut gemacht werben. 6 s ist bies freilich eine schwierige Aufgabe, unb ich weiss wohl, bass ich dieselbe in bem vorliegenben Suche nur unvollkommen gelöst habe. Sei der Ausarbeitung jeder folgenben Auflage war ich aber bemüht,

VI

Borrebe.

mich bem vorgesteckten 3iele mehr unb mehr zu nahern, unb fo ist benn jebe folgende Auflage dieses ©rundrisses im Bergleich mit ber vorher= gehenben eine wesentlich verbesserte. Namentlich war ich bemüht, bie Aus= drucksweise möglichst zu vollenben unb abzurunden, wobei aber mein Bestreben vor allen S i n g e n aus Klarheit unb Berstanblichfeit gerichtet war. Borzugsweise gilt dies aber für bie brei legten Auflagen, welche, ohne Über ben Standpunkt des SBerkes hinaus zu gehen, weit mehr mathematisch gehalten worben sinb, als dies bei ben srüheren Auslagen ber Fall war, unb baburch gerabe hat bie Uebersichtlichkeit ber vorgetragen nen ©ese|e wesentlich gewonnen. SDie allgemeine Berstanblichkeit ist ba= burch nicht beeinträchtigt worben, benn bie eingeführten Formeln finb, wo irgenb möglich, abgeleitet, ihre Bebeutnng aber stets genügenb erläutert worben. Ferner ift unser ©rundriss burch biese mehr mathematische Be= hanblungsweise in eine innigere Beziehung zu bem m a t h e m a t i s c h e n S u p p l e m e n t b a n b getreten, bessen erste Anflöge gleichzeitig mit ber siebenten unb bessen zweite Auflage gleichzeitig mit ber neunten bes ©rund= rifses erschienen ist. 3 n biesem mathematischen Supplementbanbe sinb einzelne wichtigere Abschnitte ber Physik einer eingehenberen mathematischen Behandlung Unterworfen worben, unb baburch bildet berselbe nach bieser Seite hin eine (Ergänzung bes ©rundrisses sür solche Sehranstalten, welche bie ma= thematischen Sisciplinen in ausgebehnterem Maasse cultiviren können. Sine wesentliche Umgestaltung hat bereits in ber achten Auflage bie T h e o r i e ber B o l t a ' s c h e n S ä u l e ersahren, inbem als S i l ber eleftro= motorischen ßrast nur noch bie Berührungsstelle ber Metalle mit ber erregenben Flüssigkeit bezeichnet wirb, baburch wirb bie Theorie ber S ä u l e weit einfacher, als sie es nach ber in ben srüheren Auflagen bes ©rundrisses gegebenen Darstellung war. 3 n ber neunten Auflage ist vorzugsweise bie Akustik umgearbeitet worben. 3 n ber vorliegenben zehnten Auflage erstrecken sich bie Ber= besserungen unb Bereicherungen ziemlich gleichförmig über alle Capitel. Der Abschnitt von ben thermo=elektrischen S t r ö m e n ist gänzlich umgearbeitet. (Sine ganz besonbere Berücksichtigung hat aber biesmal bie S ß ä r m e l e h r e gefunben, in welcher, soweit es in einem elementaren Stßerke möglich! ist, auch bie mechanische S B ä r m e t h e o r i e besprochen würbe. Obgleich ber I n h a l t bes Buches nicht unerheblich bereichert würbe, blieb boch ber Umsang desselben ziemlich unverändert, weil ich eifrigst

Borrebe.

YJI

bemüht w a r , durch möglichst pracife Sarstellung einerseits 9?aum ju ge= winnen und andererfeitS bie UebersichtlichMt p erhöhen. Einen grossen B o r p g glaube ich auch ber neuen Auflage burch bie Beigabe einer S a m m l u n g v o n A u f g a b e n gesichert p haben, welche sich ben in ben einzelnen Paragraphen des ©rundrisfes vorgetragenen Sehren enge anschliessen, unb sowohl beim Schulunterricht als auch beim Selbst= stubium p r Erläuterung unb Einübung berselben wesentlich beitragen. Diese Aufgaben, welche sich m ö g l i c h s t g l e i c h f ö r m i g ü b e r a l l e X h e i l c ber P h y s i k v e r b r e i t e n , sinb jum grossen Theil benjenigen Ausgaben des SupplementbanbeS entnommen, welche sich nur aus b i m ©runbriss selbst vorgetragene Material begehen. Auch burch eine erhebliche Anzahl neugestochener Figuren ist bie neue Auslage bereichert worben, unb jwar nicht etwa Figuren, welche nur jur Ausschmückung beS SßerkeS dienen, fondern solche, welche in ber innigsten Begehung jum Tejte stehen unb jur ßenntniss der Apparate und jum Berständniss der vorgetragenen Materien wesentlich beitragen. F r e i b u r g , im August 1 8 6 9 . 3. M ü l l e r

.

3 t t l ) a l t § t ) e r j e i d ) n i §.

E i n l e i t u n g. 1. Vegrif f 1 2. Eintheilun g l 3. Methob e 2 4. Allgemein e Eigenschaften be r Körpe r 3 5. Trägheit • 6. Schwere 4 7. gewich t 6 8. Masse . 7 9. SpeciftscheS gewicht 8 10. Theilbarfei t . 11. Veränberlichkeit be £ Volumens 1 12. Porosität 1 13. Verschobene Ratu r be r Atom e 1 14. Aggregatzustänbe 1 15. Kräft e un b ^mponberabilien 1

ecitc

.

4

1 2 2 2 3 3 4

erstes Buch. S Ä e d j a n if o d e r d i e © e f e ^ e d e § © l e i d ^ e m i c J r t ö u n d d e r B e w e g u n g . E r s t es E a p i t e l . Gleichgewicht de r Graste a n einfachen Maschinen. 16. D a s Parallelogramm be r Kräft e 1 17. Di e Roll e 2 18. De r §ebel 2 19. De r einarmig e §ebel 3 20. Gleichgewicht a m §ebel be i schiefwinkli g angreifenden Kräfte n 3 21. §a§pel un b Räberwerle 3 22. Di e schief e Ebene 3 23. Di e Schraube 3

9 4 8 1 3 5 7 9

x

Snhaltsverseichnisj. (Seite

24. De r ßet t 4

2

25. Schwerpunkt 4 26. Vo m Gleichgewicht 4 27. Di e Wag e 4 28. Die Vrücfenwage 5

3 5 9 2 z w e i t es K a p i t e l .

(Gleichgewicht de r Theil e fester S ö r p cr u n t e r einander . 29. Di e 9ftolekularkräste be i selten Körper n 5 30. Clasticitä t . . . 5 31. Festigkeit 5 32. Adhäsion 6 33. crystallisation 6

5 5 8 1 2

D r i t t e§ C a p i t e l . Hydrostatik ode r di e Sehre vo m ©Eichgewich t de r Flüssigkeiten. 34. Sßrinci p de r Gleichhei t de s Druck § 6 35. Communicirende Gesäfee 6 36. Frei e Oberfläche de r Flüssigkeiten 6 37. Vodendruck de r Flüssigkeiten 6 38. Seitendruck 7 39. Druc k i m Snnern de r Flüssigkeiten, Austrie b . 7 40. Da S archimedisch e ^rrnei p 7 41. Anwendung de s archimedischen S $rincipS 7 42. Nicholson's Aräometer 7 43. Scalenaräometer 44. ^ßrocent'Aräometer 8 45. Aelter e Aräometerscale n8

4 7 9 9 2 3 3 7 8 80 1 3

V i e r t es C a p i t e l . Molekularwirkungen zwische n festen un d flüssige n K ö r p e r n , sowi e zwischen de n einzelnen Sheilchen de r Flüssigkeit selbst . 46. Adhäsion zwischen festen un d flüssigen Körper n 8 47. Cohäsion de r Flüsstgf eitS theilchen 8 48. Capillarerscheinungen 8 49. Clasticitä t de r Flüssigkeiten . 9 50. Di e CndoSmose 9

4 4 6 0 0

F ü n s t eS K a p i t e l . Aerostatik ode r di e Sehre vo m Gleichgewicht de r ©ase . 51. Schwere de r &us t . 9 52. CjpansionSkrast de r &us t 9 53. Druc k de r ^us t 9 54. Messung de S SustdruckS . 55. Construction de s VarometerS 9

4 5 5 9 6 8

XI

Snhaltsveräeichniss.

«Seite

56. p u m p en 10 57. De r §eber 10 58. D a s Mariottefch e ©efef c . 10 59. Di e Lustpumpe 10 60. Compressionspump e 11 61. De r §eronsbal l 11

0 3 4 7 2 3

6 2 . D i e Feuerspritze

114

63. Messung de s Drucke s eingeschlossene r ®as e 11 64. De r Luftballo n

5 117

S e c h s t es C a p i t e L A n j i e h n ng zwischen gasförmigen un d festen , sowi e zwischen gasförmigen un d flüssigen K ö r p e r n . 65. Absorptio n de r ®as e durc h fest e Körpe r 11 66. Absorptio n de r ©as e durc h Flüssigkeiten 12 67. Dissusion de r ®as e 12

9 0 1

S i e b e n t es K a p i t e l . B e w e g u ng feste r K ö r p e r unte r de m E i n f l u ß beschleunigender G r ä f t e . 68. Einleitun g 12 69. Di e Fallgesetje 12 70. Versuche Übe r da s Fallgesetj 12 71. gleichförmi g verzögerte Bewegung 12 72. Wurfbewegung 13 73. Centralbewegung 13 74. Schwungkraft 13 75. D a s einfach e Kendel ' 13 76. D a s materiell e Kende l 14 77. Di e Pendeluhr 14 78. Leistun g ode r Arbei t eine r ß r a f t 14 79. Lebendige $ r a f t ' 80. Hindernisse de r Bewegung 14 81. Ruthen un d Anwendun g de r Reibun g .

14

2 3 6 9 0 2 4 6 0 1 3 6 7 15 0

A c h t es C a p i t e l . Hydraulik ode r di e Bewegnngsgesetz e de r Flüfsigkeiten . 82. Ausflußgeschwindigkeit 15 83. Versuche Übe r Ausflußgeschwindigkeit 15 84. Ausflußmenge 85. Cinslu ß de r Ansatjröhren au f di e Ausflußmenge 15 86. Seitendruck bewegter Flüssigkeiten l' 87. Reaction, welch e durc h da s Ausströmen de r Flüssigkeiten erzeugt toird 88. Lebendige ß r a f t de r Wassergefälle 1 5 89. Vertical e Wasserräder 1 5 90. Di e horizontalen Wasserräde r. 91. Di e Wassersäulenmaschin e16

1 2 154 5 F >> . . . 15 8 8 9

4

xii

Inhaltsberjeichnif}. n e u n t e s C a p it el.

B e w e g u ng b e



a f c. (Seite

92. Gasometer 16 93. ©cbläf e 17 94. ©esetje bes AussirömeuS ber (Safe 17 95. Seitenbruck be r ©as e bei m Ausströmen 17

7 0 2 3

Z w e i t es Bitd) . 2 l f u s k tf o b e r d i e S e h t e v o m S c h a l l . (Srsies K a p i t e l . Fortschreitend e un d stehende Snstwellen. 96. Stehende Schwingungen un b fortschreitende Welle n 17 97. Wasserwellen 17 98. Seilwelle n 18 99. Fortpflanzung be s Schalles 18 100. Schallwellen 18 101. Verschiedenheit be r Schallentpfinbungen 18 102. Einflus s ber Dscillationsbauer au s bi e Wellenlänge 18 103. ©eschwinbigkeit be s Schalle§ 18 104. Vo n be r Reflexio n be s Schalleg un b beu t Cch o 18 105. Stehende Luftwelle n 19 106. Offen e Dohren 19 107. Orgelpfeifen 19 108. Di e musikalischen Tön e 19 109. Schwingungszahl be r musikalischen Tön e 20

7 9 2 3 4 6 7 8 9 0 4 6 7 0

z w e i t es C a p i t e l . ©esetze de r Schwingungen un d Tön e feste r Körper . 110. gespannte Saite n 20 111. Klangsignren 20 112. Tön e gespannter Saite n 20 113. ©esetj e ber Vibratione n vo n Streife n un b Stäben 20 114. Longitudinalschwingungen be r Saiten un b Stäb e 20 115. Sungenpseise n 20 116. Stösj e un b ßoinbinationstöne 21 117. Mittheilun g be r Schallschwingungen zwischen festen, flussigen un b luftfor rnigen Körper n 21

2 3 5 6 8 9 1 3

D r i t t es Kapitel . 3)ie musikalischen Instrumente, da s Stimm- un d das ©ehörorgan. 118. Di e Blasinstrumente 21 119. Saiteninstrumente un b tonende blatte n 21 120. Klangfarbe verschiedener musikalischer Instrumente 21

5 6 7

Snhaltsverieichniss.

xiii

121. D a s Stimmorgan 21 122. D a s Gehörorgan 22

8 0

D r i t t es Buch . S p t if o d e r di e ß e h re v o m Sicht . Erstes Eapitel . B er b r e i t u ng d e s £ i chte s. 123. Leuchtende un b bunfl e Körpe r 22 5 124. Schatten un b Halbschatten 22 5 125. Intensität be r Erleuchtung i n verschiedener Entfernung vo n be r Lichtquelle. 22 8 S w e i t es E a p i t e l .

Äatoptn! oder di e Sehre vo n der Reflexion des dichtes. 126. Reflexio n be s Lichte s au f ebenen Flächen 23 127. Anwendungen ebener Spiegel 23 128. Reflexio n au f gekrümmten Spiegeln 23 129. Sphärische Hohlspiegel . 2 3 130. Hohlspiegelbilber 24 131. Di e Eonvegspiegel 24 132. Vo n be n Vrennlinien 24

1 4 7 8 1 4 5

D r i t t es Eapitel .

Dioptrik oder Brechung de s dichtes. 133. D a s Brechungsgeseij 24 134.. Brechung be s Lichte s i n Prismen 25 135. Sphärische Linse n . 2 5 136. Sammellinsen 25 137. Bestimmung be r Vereinigungsweite nich t paralleler Strahle n . . . . . . 25 138. §ohllinsen ' 25 139. Seeunbäre Aje n 26 140. Linsenbilder 26 141. Di e Camera obscur a 26 142. D a s Sonnenmikroskop un b bi e L a t e r na magic a 26

7 0 4 4 7 9 0 1 3 5

V i e r t es E a p i t e l .

Die Farbenlehre . 143. Verlegung be s weifte n Lichte s 26 144. Ungleiche Brechbarkeit be r verschiedenfarbigen Lichtstrahlen 26 145. 3usamntenset3un g de s weifte n Lichte s 26 146. Vo n de n complementären Farben 27 147. Fraunhofer'sche Linie n 27 148. Brechungsegponente n de r verschiedenen Strahlen de s Spectrums . . . . . 27

7 8 9 1 2 4

xiv

Inhaltsberjeichnif}. €ette

149. Achromatische Prismen un d Sinsen 27 150. Di e natürlichen Farben de r Körper 27 151. Farbig e Flammen 27 152. Fluoresced un d PhoSphorescen z 28

5 7 9 0

F ü n s t eS C a p i t e l . Born Aug e un d de n optischen Instrumenten. 153. D a s Gesichtsorgan 283 154. Cinsache Auge n mi t Sammellinsen 28 4 155. Accommodation, $urzsichtigkeit un d Fernsichtigkeit 28 6 156. -Beziehungen zwischen de n Cmpsindunge n de s Auges un d de r Aulenwelt . . 28 8 157. Sehen mi t zwe i Auge n 29 0 158. Gränzen de r Sichtbarkeit 29 1 159. Dauer de s Sichteindruckes 29 2 160. Farbige Nachbilder 29 3 161. Contraflsarben 29 4 162. Di e Soupe ode r da S einfache Mikrosko p 29 5 163. Da S zusammengesetzt e Mikrosko p . 29 7 164. Dioptrisch e Fernrohre 29 8 165. Spiegelteleskope 30 3 S e c h s t es C a p i t e l . Inter f

er e n z er s c h e i n u n g e n.

166. Hypothesen mbe r da s Wesen de s Sichtes 30 167. Clemente de r Vibrationstheorie 30 168. Interferenz de r Sichtstrahlen 30 169. Di e Beugung de s SichteS 31 170. Sänge de r Sichtwelle n 31 171. Farben dünner Blättche n 31 172. Polarisation de s Sichtc S 31 173. Doppelt e Brechung 32 174. Chromatische Polarisation 32 175. Circularpolarisation 32

5 6 8 0 2 3 5 0 2 3

S i e b e n t es C a p i t e l . Chemische B i r k u n g en de s Stchtes. 176. Einflus s des SichteS au s chemischeVerbindungen un d 8erse|ungen . . . . 32 177. Photographie 32

5 6

SnhdtsverZeichniss.

XV

B i e r t h Bnch . S i e elektrischen © r s c h e m u n g e u. C r s t es C a p i t e L

Born M a g n e t i s m u s.

(Seite

178. Anziehung de s Cisens durc h Magnete 33 179. Magnetische Polaritä t . . 33 180. Magnetisirung de s Cisens durc h Magnete 33 181. Magnetische Fluid a 33 182. Verschiedene Formen kunstliche r Magnete 33 183. Magnetisirung vo n Stahlnadeln un d Stahlstäben 33 184. Di e magnetische Declinatio n 33 185. Magnetische inclination 34 186. Variationen de r Declinatio n un d Snclinatio n 34 187. Intensität de s Crdmagnetismus 34 188. Cinflu ß de s Crdmagnetiömus au s da s Cise n 34 189. Abnahme de r magnetischen Csfecte mi t de r Cntfernung 34

1 2 3 3 5 7 7 0 2 2 3 4

z w e i t es C a p i t e L

B on de r 9teibungselektricität. 190. Crregung de r Cleltricitä t durc h Reiben 34 191. Leite r un d Richtleiter 34 192. Di e beiden Arte n de r Cleltricitä t 35 193. Clektrische Fluid a 35 194. Clektrische Vertheilun g 35 195. D a s Clektrometer 35 196. De r elektrisch e Funken 35 197. D a s Clektropho r 35 198. Di e Clektrisirmaschin e 35 199. Di e Dampfelektrisirmaschine 36 200. Abnahme de r elektrischen Wirkunge n mi t zunehmender Cntsernung . . . . 36 201. Vertheilung de r Cleltricitä t au s de r Oberfläche leitender Korpe r . . . . . 36 202. gebundene Cleltricitä t 36 203. Di e Leydner Flasche 36 204. De r Condensator 37 205. D a s elektrisch e Lich t i n de r Lus t un d i n anderen @asen 37 206. Clektrisches Lich t i m verdünnten Räum e 37 207. De r elektrisch e Geruch 37

8 9 0 1 3 4 5 6 7 1 3 4 7 9 3 4 6 7

D r i t t es Capite L

B om © a l v a n i s m u s . 208. ( M v a n i ' s Cntdeckun g 37 209. Volta' s Fundamentalversuc h 37 210. Di e elektromotorische Kras t 38 211. Di e Volta'sche Säul e 38

8 9 1 2

xvi

Juhaltsverzeichmss.

fceite

212. Di e trockene S ä u l e , . . . 38 213. Verschiedene Formen de r Volta'schen S ä u le 38 214. Di e coustanten Säule n 38 215. Bestimmung de r Pol e un d de r Siromesrichtung eine r Vechersäule . . . . 38 216. Physiologische Wirkunge n de r S ä u l e 39 217. Sicht - un d Wärmeerzeugung durc h galvanische S t r ö m e 39 218. ©albanische Wasserzersetjung 39 219. Elektrolys e de r Alkalie n uu d Erde n 39 220. Elektrolys e de r Salz e 39 221. Praktische Venutjung de r Elektrolyse 39 222. Elektrochemische Theori e 39 223. D a s elektrolytisch e ©esel j 40 224. Theorie der Constanten Ketten 40 225. Magnetische Wirkuugen de s galvanischen S t r o m es 40 226. De r Multiplicato r 40 227. Di e Tangentenbussol e 40 228. Vergleichung de r Volta'schen S ä u l e mi t de r Elettrisirmaschine 41 229. D a s Dhm'sch e ©esetj 41 230. Seitungswiderstand de r Metall e 41 231. Seituugswidersiand de r Flüssigkeiten 41 232. Vergleichnng verschiedener Ü^heomotoren 41 233. Magnetisirnug durc h de u galvanischen S t r om 41 234. Elektromagnetische Motore n 42 235. Elektrisch e Telegraphen 42 236. Üfichtuug der Ströme durch Magnete 42 237. ©egenseitige Wirkun g galvanischer S t r ö m e au s eiuander 42 238. Ampere's Theori e de s Magnetismus 42 239. Dotatio n beweglicher S t r ö m e un d Magnet e 42

4 5 7 9 0 0 1 4 5 7 9 1 2 3 6 8 0 0 4 5 6 8 0 1 4 6 8 9

Viertes Eapitel . Induetionserscheinungen

.

240. Juduction i m 9lebendrahte 43 241. De r Ejlrastro m 43 242. inductio n elektrischer S t r ö m e durc h Magnete 43 243. Magneto-elektrische Ütotationsmaschine 43 244. Diamagnetismus 4^

1 6 7 8 2

F ü n f t es Eapitel . Therrno-elektrisch e ©trönt e un d thierische ©ektricität . 245. Thermo-elektrische Elentente 44 246. Thermo-elektrische S ä u l en 44 247. Thierische Elektrkitä t •

4 5 - 44 6

Suhaltsverieichnifs.

XVI]

F ü n f t e s Buch. S on de

rS Bä r m e.

E r s t es E a p i t e l .

A u s d e h n u n g. ^eite 24:8. Wirkungen de r Wärm e . . 249. D a s Thermometer 45 250. Linear e Ausdehnung feste r Korper 45 251. Di e cubische Ausdehnung 45 252. Ausdehnung de r Flüssigkeiten 45 253. Ausdehnung de r Gas e 46

. 45

1 1 5 8 9 1

Sweites Eapitel .

Veränderung des Aggregatzustandes. 254. D a s Schmelzen 46 4 255. Gebundene Wärme 46 5 256. D a s Erstarren 467 . 257. Dampfbildung . . . . 46 9 258. Maximu m de r Spannkraft de r Dämpf e 47 0 259. Abhängigkeit de r Spannkraft de s gesättigten Dampfes vo n de r Temperatur 47 3 260. Spannkraft de r Wasserdämpfe 47 4 261. Spannkraft anderer Dämpf e 47 8 262. De r Dampfkessel 47 9 263. Di e Dampfmaschine 48 0 264. Riederdruckmaschine n 48 7 265. Di e Locomotiv e 48 8 266. Berechnung de s Effect s der Dampfmaschinen 49 2 267. Abhängigkeit de s Siedepunktes vo m Drucke 49 5 268. Dämpf e i m lufterfüllte n Raum 49 7 269. Latente Wärm e de r Dämpfe 49 8 2 70 Erzeugung vo n Kält e durc h Verdampfung 50 2

D r i t t es Eapitel .

Specifische 233ärrne der Äörper. 271. Begrif f de r fpecifischen Wärme 50 272. Resultate de r Versuche über di e specisische Wärm e 50 273. Speciftsche Wärme de r Gase 50

4 6 7

Viertes Eapitel .

Fortpflanzung der Sßarrne. 274. Strahlende Wärme r>0 275. Wärmestrahlungsvermöge n de r Körpe r 51 276. Absorptio n de r Wärmestrahlen 51 277. Reflexio n un d Diffusio n der Wärmestrahlen 51

9 2 2 3

XVIII

Inhaltsverjeichmjj. Seite

278. Fähigkeit de r Körper , Wärmestrahlen durchzulassen 51 279. Wärmeverhältnisse de s Sonnenspectrum s 51 280. Verbreitung de r Wärm e durc h Leitun g 51 281. Wärmeleituugssähigkei t de r Flüssigkeiten un d Gas e 51

4 6 7 8

F ü n f t es C a p i t e l .

Q u e l l en d e

r Wärme

.

282. Wärmeerzeugung durc h chemischeVerbindungen 52 283. Thierische Wärm e 52 284. Wärmeentwickelung durc h mechanische Mitte l 52 285. Di e mechanische Wärmetheorie 52

1 2 3 3

Sechste s Buch. S J l e t e o r o l o g i e. Crstes C a p i t e l .

Bertheilung de r Wärme au f de r (Erdoberfläche. 286. Di e Crwärmung de r Crdoberfläche durc h di e Sonnenstrahlen 52 287. Di e sün s Sonen 5 3 288. Di e täglichen Variationen de r Lusttemperatur 53 289. Di e Jahreszeiten 53 290. Modification s normaler Temperaturverhöltnisse 53 291. Mittler e Temperatur de r Tage, de r Monat e un d de s Jahres 292. Jahresisothermen 53 293. Ssotheren un d Ssochimenen54 294. Land - un d Seeklim a 54 295. Ursachen de r Biegung de r Ssothermen 54 296. Temperatur de s Bodens 54 297. Abnahme de r Temperatur i n de n höheren Luftregionen 54

9 0

53

1 1 4 5 7 1 3 4 6 7

zweites Capitel . £)ie Atmosphäre, ih r Druc k un d ihr e Strömungen. 298. Di e Lusthüll e de r Crd e 54 299. Variationen de s Barometerstande s 55 300. Ursachen de r Barometerschwankunge n 55 301. Entstehung de r Wind e 55 302. Passatwinde un d Moussons 55 303. Wind e i n höheren Breite n 55 304. Gesetz de r Winddrehung 55 305. S t ü r m e 55

9 1 1 3 4 7 8 9

Drittes Capitel . Bon de r atmosphärische n Feuchtigkeit. 306. Verbreitung de s Wasserdampse s i n de r Lus t 56 307. Darnell' s Hygrometer 56

1 2

Snhaltsverjeichniss. 308. August's Psychrometer 56 309. Täglich e un d jährlich e Variationen i m Wassergehalt e de r Lus t 56 310. Feuchtigkeit de r Lus t i n verschiedenen (Segenden 56 311. De r Tha u 56 312. Rebel un d Wolke n 56 313. Regenmenge 57 314. Regen zwischen de n Wendekreisen 57 315. Schnee un d §agel 57

xix «Seite

4 5 6 6 7 0 1 3

V i e r t es C a p i t e L

Optische Erscheinungen der Atmofphäre. 316. Farbe de s Gimmel s 57 317. De r Regenboge n 57 318. §öse un d Rebensonnen 57 319. Irrlichte r 58 320. Sternschnuppen , Feuerkugeln un d Meteorsteine 58

5 6 9 1 1

F ü n s t es C a p i t e L

Bon der atmosphärischen Eleltvkitcit nnd dem Erdmagnetismus. 321. Atmosphärische Clektricitä t 58 322. Cleltricitä t währen d de r ©ewitte r 58 323. Wirkunge n de r Blitze s au f de r Crd e 58 324. Di e Blitzableite r 58 3 25. Di e magnetischen Curve n 58 326. D a s Rordlich t 59

3 4 5 6 8 1

21 u h a u g . Verhältnis de s neueren französischen Maßsystemes z u anderen Maßsystemen . . 59 5 Tabelle zu r Verwandlung de s Metermaßes i n rheinländisches un d altsranzösisches Maß 59 6 Sammlung vo n Ausgaben 60 1

E i n l e i t u n g.

Begriff. Die großartige n Schauspiele, welch e und di e Natu r täglic h darbietet, rege n unser e Wißbegierde s o mächtig an , daß wi r un s unwillkürlic h hingezoge n fühlen, über di e Gesammtheit der Ursachen nachzudenken , welch e diese wunderbare n Wirkunge n hervorbringen. E s is t nu n di e Ausgabe de r N a t u r wissenschaften , sic h mi t diesen Fragen z u beschäftigen, de n Zusammenhang zwischen den verschiedenen Naturerscheinunge n z u ermitteln un d sie, s o wei t e s möglich ist , au f ihr e Ursachen zurückzuführen. T)ie gesammten Naturwissenschafte n haben e s mi t S ö r p e rn z u thun; hie r ist aber das 2öort „ K ö r p e r " nich t i n dem Sinne des Mathematikers zunehmen, der nu r di e Raumverhaltniss e betrachtet un d nich t nach dem Stoffe fragt, welcher den Raum erfüllt ; de r N a t u r f o r s c h er betrachtet gerade di e Eigenschaften de r de n R a um e r f ü l l e n d e n M a t e r i e . ®as inner e SBesen der Körper is t uns verschlossen, sie sind uns nu r durc h die äussere Erscheinung bekannt, d . h . wi r wisse n vo n ihne n zunächst nu r das, was wi r durch di e Bermittelung unserer Sinne vo n ihnen erfahren. Ei n Körper ausse r Zusammenhan g mi t unseren Sinnen is t fü r un s s o gu t wi e nicht vor handen. E s is t möglich , j a wahrscheinlich, das s noc h Manches i n der Natu r um un s her vorgeht, wovo n wi r kein e Ahnung haben, wei l uns dafü r gewissermasse n ei n S i n n fehlt . T)ie Naturwifsenschafte n haben nu n zwische n de n durc h Bermittelung de r Sinne zu m Bewusstsein gebrachten Erscheinungen eine n Zusammenhang aus zumitteln un d sie so zusammenzustellen , wi e sie sich einander erläutern un d bedingen. -3s t man i m Stande, ein e Erscheinung au f ihre n Zusammenhan g mi t anderen zurückzuführen, s o is t dies e Erscheinung e r k l ä r t , un d ma n kenn t ei n Naturgesetz , sobal d ma n di e unveränderliche Zusammenhangsar t vo n Natur erscheinunge n kennt, wenn un s auch di e letzten Ursachen unbekannt bleiben.

1

E i n t h e i l u n g . T)a s grosse ©ebiet de r Naturwissenschafte n zerfäll t zu- 2 nächst i n zwei grosse Abtheilungen, di e N a t u r b e s c h r e i b u ng un d bi e N a t u r lehre. T)i e N a t u r b e s c h r e i b u n,ggewohnlic h Naturgeschichte genannt, lehr t 3» filler's ©rmtdtif? der $hysif. 1

2

Einleitung.

uns di e Beschaffenheit einzelner Gegenstände kennen un d ordnet si e nac h ihre r Aehnlichkeit i n Systeme; di e N a t u r l e h re wil l dagegen di e Gesetze zu r Einsicht bringen, nac h welchen di e Veränderungen i n der Natur vo r sic h gehen und nach welchen di e vermiedenen Körpe r an s einander einwirken. Di e Physik is t derjenige Theil der Naturlehre, welcher e s mi t den Gesetze n derjenigen Erscheinunge n de r leblosen Natur z u thun hat, di e nich t an s eine r V e r ä n d e r u ng de r B e s t a n d t h e i le de r K ö r p e r bernhen; denn damit beschaftigt sich di e Ehemie. Begreiflicher Weise läss t sic h da s Fel d diese r beide n Wissenschaften nich t immer scharf trennen, un d viel e Erscheinungen müssen sowohl i n der einen wi e auch i n de r anderen besprochen werden. Beid e Wissenschasten , 'Physi k und Ehemie, sind aufs Innigste mi t einander verwandt, j a si e bilden gewissermasse n ei n Ganzes, welches nur deshalb ausserlich getreuut erscheint, wei l di e Masse des z u uutersuchende n Material s z u sehr angewachse n ist .

3

Methode. E s handelt sic h nun zunächst darum, den Weg zu bezeichueu, auf welchem man zu r Erkenntniss der Naturgesetz e gelangen kann un d auf welchem in der That alle s bi s jetzt Erkannte gefunden worden ist . D i e Erkenntnissqnelle sowoh l a l s anc h de r We g zn r Erkenntniss is t nich t un d kan n nicht sü r all e Wissenschaften derfelb e fein . De r Mathematiker kann , von selbstgefchaffene n Begriffen ausgehend , au s sic h heraus fein e ganze Wifsenschaft entwickeln, j a e s wär e denkbar, das z ei n Mensch i n seinen vie r Wänden, abgeschlosse n vo n alle r N aturanschauuug , di e ganze Mathematik au s denBegrisseu des Raumes un d de r Zahl construirte. In diese r Beziehung is t di e Mathematik eine rei n speculative Wiffenfchaft , was di e Naturwissenschafte n durchaus nich t sind un d nich t sei n können, d a sie Ding e behandeln, welch e einzig un d allei n durch siunlich e W a h r n e h m u n g, als o au f de m Weg e de r E r f a h r u n g, z u unserem Bewusstsein kommen. Den Alten wa r ein e auf Erfahrung sic h stützende Naturforschun g i n unserem Sinne gänzlic h unbekannt; wi r sinden bei ihnen nu r philosophische Speculatione n über di e Wel t überhaupt, übe r di e Entstehung un d da s Urwesen alle r Dinge , und e s kan n uu s nich t wuudern, wen n di e aus diesem Wege entwickelten Bor stellungenüber di e Natur der . Dinge of t nichtssagen d sind, ode r sogar mi t de r Erfahrung i n directem Widerspruche stehen. Auch i m Mittelalte r wurde n di e Naturwissenschafte n nu r weni g weiter ent wickelt, theil s wei l di e ganz e geistige Dhätigkeit jene r Zei t anderen Interessen zugewand t war , theil s wei l di e Aristotelische Philosophie i n s o hohe m Ansehen stand,dass dadurch jed e weitere 'Prüfung der i n derfelben ausgekrochene n Naturansichten und als o auch jeder Fortschritt abgeschnitten war . Erst G a l i l a i schln g de n We g de r E r f a h r u n g ei n un d B a c o vo n B e r u l am zeigte , das s e s nu r au f dies e Weif e möglic h fei , zu r $emttniss der Naturgesetz e z u gelangen. D i e einzig e D u e l l e unserer N a t u r e r k e n n t n i ss is t di e sinnlich e W a h r n e h m u n g, di e E r f a h r u n g , di e Beobachtung. Au s dieser Ouell e

Einleitung.

3

schöpfen wir das Material, welches dnrch nnfer geistiges Zuthun Sur 2öissen S schaft verarbeitet und vereinigt werden soll. Die wissenschaftlichen SBahrnehmungen machen wir entweder an Beranderungen, die uns die Natur selbst darbietet, oder wir nehmen mit den Äörpent verschiedene Operationen vor, durch welche sie genothigt werden, gewisse Erscheinnngen hervorzubringen. Int ersten Falle machen wir eine B e o b a c h t u n g , im zweiten stellen wir einen Bersuch an. Durch gute Beobachtungen und zweckmassig angestellte Versuche lernen wir den äusseren Z u s a m m e n h a n g der Erscheinungen kennen. Dieser Zusammenhang ist es, was wir ein N a t u r g e s e t z nennen. Auf dem 2Bege der Erfahrung können wir zur $enntniss dieser ©esetze gelangen, wenn uns auch der innere Zusammenhang, die Natur der Graste, das Sßesen der D i n g e , ganz uud gar unbekannt ist. D a s ©esetz der Brechung des gichtes war lange schon bekannt, ehe man über die Natur des Sichtes im Steinen war; ebenso kennen wir die ©esetze der elektrischen Bertheilung, obgleich wir über das SBesen der Elektricitat selbst so gut wie nichts wissen. Nur der äussere, nicht der i n n e r e Zusammenhang kann durch die Ersahrung gefunden werden. Ueber die inneren Urfachen der Erscheinungen, über das äöesen der fräste, welche sie hervorbringen, können wir nur H y p o t h e s e n ausstellen. D i e Hypothesen sind gleichsam Fragen, die man an die Natur stellt, woraus sie aber nicht mit S a und N e i n antwortet, sondern: e s k a n n so sein, oder: e s k a n n nicht so sein. A n s einer Hypothese, die man über die Ursache mehrerer zusammenhangender Erscheinungen ausgestellt hat, lassen sich meistens weitere Folgerungen ziehen, welche durch fernere Beobachtungen entweder bestätigt oder als unzulässig erkannt werden. -3e mehr Thatsacheu sich mit Hülfe einer Hypothese erklären lassen, je mehr sie durch neue Beobachtungen bestätigt wird, desto mehr SBahrfcheinlichkeit gewinnt sie. 3 n allen Zweigen der Physik sinden wir Beispiele und Belege für die Nichtigkeit der eben ausgesprochenen Ansichten. A l l g e m e i n e Eigenschaften der Körper. D a sich die 'Physik 4 mit Körpern beschäftigt, so ist es vor allen Dingen wichtig, dass man sich eine Borstellung von dem 2ßesen dieser Äorper bildet, und dazu gelangt man zunächst durch die Betrachtung der a l l g e m e i n e n E i g e n s c h a f t e n , d. h. derjenigen Eigenschaften, welche wir an allen Körpern beobachten, so verschieden sie auch sonst sein mögen. Z u m äöesen eines Körpers ist nothwendig, dass er einen begränzten N a u m einnimmt, dass er also eine A u s d e h n u n g hat, und dass in demselben Naume nicht zu gleicher Zeit zwei Äorper vorhanden sein können, was man mit dem Namen der U n d n r c h d r i n g l i c h k e i t bezeichnet. Ausser diesen beiden Eigenschaften, ohne welche die Materie gar nicht denkbar ist, beobachtet man aber noch andere allgemeine Eigenschaften, nämlich T r ä g h e i t , S c h w e r e , T h e i l b a r k e i t und V e r ä n d e r l i c h k e i t d e s V o l u m e n s . 1*

4

Einleitung.

5

Trägheit. 3 n de r ganzen Natur kan n kein e Veränderung i n de m Zu stände der Ding e vorgehen, ohne dass si e vo n einer besonderen Ursache veranlasst wird; wa s fü r Veränderungen alf o ei n Körper anch erleiden mag, seie n e s nu n Veränderunge n i m Zustande de r Ruhe ode r de r Bewegung, seie n e s Beränderungen seines Aggregatzustande s u . s . w. , immer ist , u m ein e solche Veränderun g hervorzubringen , ein e ®raf t nöthig. -3s t ei n Körper i n 9?uhe, so is t ein e Äraf t nöthig, u m ih n i n Bewegung z u setzen; is t e r i n Bewegung, s o ist ein e $ r a f t nöthig, u m ih n i n Stühe z u bringen; ei n Körper, de r einmal i n Bewegung ist , wird sein e Bewegung mi t unveränderlicher Geschwindigkeit i n unveränderter Richtung fortsetzen, bi s si e durch äussere Hindernisse aufgehoben wird . M a n be * zeichnet di e ebe n besprochene (Eigenschaf t de r Körpe r mi t de m Name n de r T r ä g h e it ode r des B e h a r r u n g s v e r m ö g e n .s Schon i m alltägliche n Leben finden wi r zahlreich e (Erscheinungen , welch e sich durc h da s Gesetz de r Träghei t erkläre n lassen. D a s Schwungrad eine r Maschine läuf t noch ein e Weil e fort , wen n auch di e $raft, welch e di e Mafchine treibt, z u wirke n aufgehört hat ; e s würde ewi g fortlaufen , wen n di e Reibung die Bewegung nich t fortwährend verzögerte. Wenn ma n stark läuft , kann man nich t plötzlic h einhalten, un d wenn ma n in einem Nachen steht, fäll t man mi t dem Oberkörper rückwärts, wen n der Na chenrasch vo m Sande abfiösst, vorwärts, wen n e r anstösst. Wi r werden später Gelegenhei t haben, de n Einflus s de r Trägheit au s di e Bewegungserscheinunge n noch genaner nachznweisen. Dem Gesetze der Trägheit zufolg e muss ei n Körper jede r Sraft einen Wi derstand entgegensetzen , welch e ih n au s de m Zustande de r Ruhe i n Bewegung zu setzen, oder welche, wenn einmal der Körper i n Bewegung ist , seine Bewegung zu beschleunigen oder z n verzögern strebt. Wi r wolle n diese s Art de s Widerstandes al s B e s c h l e u n i g u n g s w i d e-r stand bezeichnen, n m ih n vo n de n B e w e g n n g s w i d e r s t ä n dne(entgegenwir kende Gräfte, Reibung, Luftwiderstand u . s . w. ) z u unterscheiden, welch e gan z anderer Natur sin d un d welch e später noc h besprochen werden sollen. Di e M a s s e eine s Körpers , d . h . di e O u a n t i t ät de r M a t e r i e (de s Stosses) , au s welche r e r besteht, is t de m B e s c h l e u n i g u n g s w i d e r s t a nd proportional, welchen e r irgend einer $rast entgegensetzt , di e seinen Bewegungszustand z u ändern strebt. Di e Begrisse vo n T r ä g h e i t un d M a s s e werde n ers t durc h Späteres, namentlich durc h di e Lehre vo n der Schwerkraft un d durc h di e Vewegungsgefetze , recht kla r un d geläufi g werden.

6

Schwere. Wen n ma n einen Stein, ei n Stück Hol z u . s. w . vo m Bo den entfernt und dann sic h selbst überlässt, s o fallen sie, bi s si e den Boden oder irgend einen anderen Körpe r treffen, welcher si e aufhält. D a di e Materie träge ist, s o kan n si e nicht vo n selbst aus dem Zustande der Ruhe i n de n der Bewegung übergehen. Wen n wi r alf o sehen, dass ei n ruhender Körper i n demselben Momente sic h z u bewegen beginnt , i n welche m wi r ih m sein e Unterstützung

(Einleitung.

5

entziehen,s o müssen wi r die s einer Sraft zuschreiben, un d diese $raf t nennen wir Schwere. Fig. l . T)i e R i c h t u ng de r S c h w e r k r a ft is t di e de s B l e i l o t h s , K F i g . 1 , d . h . di e Richtun g eine s i n seiner Ruhelage befindliche n biegsame n Fadens, a n welchem irgen d ei n schwerer Äörper, etw a eine Bleikugel, angehängt ist . T)ie Richtung de s Bleiloth s wir d auc h al s senkrechte ode r v e r t i c a le Richtun g bezeichnet. T)as B l e i l o t h is t stet s gege n de n M i t t e l p u n k t de r E r de gerichtet . Wenn ei n $orpe r durc h irgen d ein e Unterlage a m Falle n verhindert ist , s o hort deshalb di e Wirkun g de r Schwere nich t auf , sie ausseil sich i n diesem Fall e durc h einen T)ruck , welche r auf di e Unterlage ausgeübt wird . T)ie Schwer e is t ein e allgemein e Eigenschaf t de r $ o r per, d . h . si e is t nich t allei n ein e Eigenschaft de r festen ®or per, sondern si e kommt auch de n Flüfsigkeiten un d de n Gasen zu . 3)as Fallen de r Regentropfe n beweist schon di e Schwere der Flüssigkeiten; dass aber auch di e Gase Schwere besitzen, dass also di e ganze Suftmasse , welch e unseren Erdball umgiebt , au f di e Erdoberfläche drückt, dafür werden wi r fpäter noch Beweise finden. 3)ie Schwer e eine s Äorper s is t da s Resultat eine r Anzie hung, welch e di e Erdkuge l au f denselbe n ausübt. * £>ies e an ziehende $ r a ft de r Erd e wirk t abe r nich t allei n au f all e Körper, welche sic h au f ihre r Oberfläch e befinden, sie wirk t auc h noc h übe r di e Erd atmosphär e hinau s bi s zu m M o n d , den n di e Schwere is t di e Eentripetalkraft, welche den Mon d i n seiner Bahn u m di e Erd e erhält . In gleiche r Weise wir d auc h di e Erde un d ebenso werde n all e Planeten von der Sonne angezogen. T)iese Anziehung is t aber durchaus gegenseitig. 3)i e Sonne zieh t di e Erd e und di e Erd e zieh t di e Sonne an . T)as s di e Erde u m di e Sonne kreist , un d nicht umgekehrt di e Sonne u m di e Erde, ha t nu r dann seinen Grund, das s di e Masse der Sonne weitaus überwiegend ist . Jederplane t wir d ferne r auch vo n alle n übrige n 'Planete n angezogen. n T)ass diese gegenseitige Planetenanziehun g di e Regelmässigkei t der 'Planetenbahne nur unbedeutend stört, ha t dari n seinen Grund, das s di e Masse de r Planeten sehr unbedeutend is t i m vergleich zu r Masse der Sonne. T)iese unse r ganze s 'Planetensystem beherrschende gegenseitige Anziehun g der Himmelskörper wir d mi t de m Namen de r a l l g e m e i n en Schwer e ode r der G r a v i t a t i on bezeichnet. T)as Gesetz der allgemeinen Schwere lässt sich kurz so ausdrücken: 3e zwe i m a t e r i e l le .Körpe r ziehe n e i n a n d er a n , un d z w a r mi t einer $ r a f t , welch e d i r e c t p r o p o r t i o n a l is t de r M a s se de r beide n K ö r p e r, un d umgekehrt p r o p o r t i o n al d e m O u a d r at i h r e r E n t f e r n u n g.

6 (Einleitung

.

Dieses ©esetz wir d ausgedrückt durch di e ©leichung:

wenn K di e ©rosse der gegenseitigen Anziehung, . M di e Masse des einen, m di e Maff e des andern, r aber di e (Entfernung de r beide n Körper bezeichnet. / is t ein constanter Factor, dessen Werth davo n abhangt, welch e (Einheiten ma n fü r K, Mf m un d r wählt . 7

Gewicht. Di e ©rosse des Druckes, welchen ei n Körper au f seine Unterläge ausübt, heisst sein ©ewicht; dieser Druck wächst nu n mi t der Anzahl seiner materiellen Theilchen. U m da s ©ewich t verschiedener Körper mi t einander z u vergleichen, bedienen wi r un s der W a g e, dere n Anwendung allgemei n bekannt ist, deren Einrichtung aber später noch beschrieben werden soll . In Frankreic h is t da s © r a m m gesetzlic h al s (Einhei t de s ©ewicht s be s stimmt; aber auch i n anderen Sandern wir d diese ©ewichtseinhei t fas t ausfchliesslich be i wissenschaftlichen Untersuchungen angewandt. D a s © r a m m is t da s ©ewicht eine s C u b i k c e n t i m e t e rs reine n W a s f e rs i m Z u s t a n de seine r grössten Dichtigkeit . D as französische ©ewichtssystem ha t den grossen Borzug vo r anderen, das s die (Einheit des ©ewichtes un d de s Raummaasse s i n einer einfachen Beziehung stehen,so dass man leich t vo m Bolumen au f da s ©ewich t un d umgekehrt schliessenkann *) , weshal b e s fü r di e Behandlung viele r physikalischer Fragen vo n der grössten Bequemlichkeit ist . *) Ci n Maas * is t nu r dan n ein - sü r allema l al s unveränderlich bestimm t z u betrachten , wen n e s eine r unveränderlichen Grösse de r Natu r entnomme n ist , un d dies is t be i dem neuen französischenMaasssystem e de r Fall. All e übrigen Maßsysteme haben ers t durc h di e Vergleichung mi t den französischenMaasen ein e seste Bestimmung erhalten. Di e unveränderliche Grösse, welcher da s französischeSängenmaaf j entnommen ist , ist de r Crdmeridian, d . h . de r Umsang eine s grössten Preises de r Erdkugel , welche r durch di e beiden Pol e geht . De r 40millionst e Thei l diese s Umsangs is t ei n M e t e r . Di e Sänge eine s Crdmeridians wurd e durc h ein e Neih e mi t de r größten Sorgsalt angestellte r Gradmessungen ermittelt , un d be i diese r Messung di e älter e französische Sängeneinheit , di e T o i s e, z u Grund e gelegt; ma n erfuh r au f dies e Weis e als o zu nächst, wi e vie l folche r Toisen de r Crdmeridian enthalte , un d somi t wa r eigentlic h schon di e Sänge de r Tois e sest bestimmt; d a ma n abe r nu n ei n gan z neues Maasssystem schassen wollte , s o nahm ma n d m 40millionste n Thei l de s i n Toise n ausgedrückten Crdmeridians zu r neuen Sängeneinheit, kur z ma n bestimmte nu n genau da s Verhältnis* de s Meter s zu r Toise . D as M e t e r wir d i n 1 0 Decimeter , i n 10 0 Centimeter, i n 100 0 Millimete r eingetheilt; de r beigedruckt e klein e Maassstab stell t ei n Decimeter mi t seine n Unter abtheilungen s o genau dar , al s e s au s diese Weis e möglic h ist .

Fi8. 2.

T l l l H l i n W M B M M M — — M — I

,

D as Verhältnis ? de r wichtigste n Sängenmaasje zu m Mete r is t i n folgender Ta belle gegeben.

(Einleitung.

7

M a s s e . Di e Definitio n der M a f f e is t bereits i n § . 5 gegeben worden; 8 ein bequemes Mittel , sie zu messen, liefert uns aber erst di e Schwere. D i e M a f f e eine s K ö r p e r s is t stet s seinem ©ewicht e p r o p o r t i o nal. Diese r Zusammenhang zwische n Mass e un d ©ewich t wir d un s überal l durch de n Versuch nachgewiesen, obgleic h e r de m Begrif f nac h nich t durchaus nothig ist ; d . h . es wäre denkbar, dass es i n der Natur Körpe r gebe, au f welch e die Schwere gar nich t wirkt , obgleic h sie deshalb nich t aufhören, träg e Massen zu sein. E s wär e serner denkbar, das s di e Schwerkraft ungleich au s di e Theil chenverschiedene r Substanze n wirke , dass eine Bleikugel z . B , nu r deshalb schwerer wär e al s ein e gleich grosse Äugel vo n Holz , wei l eben di e Schwere auf di e Theilchen des Bleies vorzugsweise wirkte , ohne dass deshalb di e Masse der Blei kugel grosser wär e al s di e der Holzkugel. Denke n wi r uns, u m di e Sache recht klar z u machen, zwei gleich grosse kugeln, ein e vo n Holä , di e andere vo n Ble i und nehmen wi r einma l an, di e Masse beider, d . h . ih r Beharrungsvermögen , ihr Beschleunigungswiderstand , sei gleich, so müsste offenbar di e Bleikugel schneller fallen , da bei gleichem Sßiderstand e di e grossere ®raft ein e grössere ©efchwindigkeit hervorbringen muss. Nu n aber fäll t di e Bleikugel nich t fchneller al s di e Holzkugel (wenigstens im leeren Naume), un d daraus geht hervor, dass di e 12mal grossere Äraft , welch e di e Bleikugel zur Erd e zieht, auc h ein e 12mal s o grosse träge Masse i n Bewegung z u setzen hat, dass also di e träge Masse der Bleikugel 12 mal so gross ist al s di e Masse der HolSkugel . Da nu n di e Fallgeschwindigkeit fü r all e Körpe r dieselb e is t (i m leeren Naume), s o schliessen wi r au f dieselbe SÖeise, das s di e Masse eines Körpers stets seinem©ewichte proportional sei , das s als o d a s ©ewich t eine s c o p e r s ein Maas s f ü r fein e M a s se ist . 1 rheinlandischer ode r preußische = r Fu ß 1 englischer Fu ß 1 Wiene r Fu ß 1 Pariser Fu ß = 1 Tois e = 6 Pariser Fu ß 1 deutsche oder geographisch = e Meil e 1 englisch e Seemeile = 1 italienische Meil e . . . . —

313,8 304,7 316,1 324,8 1,9490 740 7 „ 185 2 „

5 Millimete r 9 0 4 4 Mete r

D as gewöhnlich e Körpermaaß sowoh l wi e das Flüssigkeitsmaaß un d da s ©ewicht ist be i de m sranzösifchen Maaßsystem vo m Längenmaaß abgeleitet. Di e Cinhei t de s Flüssigkeitsmaaße s is t da s L i t e r = 100 0 Cnbikcentimeter. Cin Cnbikcentimeter Wasser wieg t 1 © r a m m . 100 0 ©ram m machen 1 K i l o g r a mm aus . 1 Lite r Wasser wieg t als o 1 Kilogramm . 1 ©ram m is t = 1 0 Decigramm = 10 0 Centigramm = 100 0 Milligramm . D as Psundgewicht de r verschiedenen Länder is t sehr ungleich, doc h is t da s Psund i n de r Regel ziemlic h nah e gleic h y 2 Kilogramm . D a s neu e preußische, da s badische und schweizerische Psund is t genau y 2 Kilogramm . 1= alte s preußisches Psund 467,71 1 ©ram m 1 Londoner Psund (Troy.pound ) . . . . . . = . 373,20 2 1 Wiene r Psund (§andelsgewicht = ) 572,88 0 1 alte s französischesPsund . . . . . . . . .= . 489,50 6

8

Einleitung.

Speciflsches Gewicht. £ ) a s fpecififch e Gewicht eine s ® o r p e rs is t di e Z a h l , welch e angiebt, wi e vie l m a l ei n K ö r p er schwerer ist, a l s ei n gleiche s B o l u m en Wasser. Ei n Eubikcentimeter Eisen wieg t 7,8, ei n Eubikcentimeter Gol d 19,25 8 Gramm, währen d ei n gleiches Bolumen Wasser nn r 1 Gramm wiegt ; als o is t 7, 8 das specisische Gewich t de s Eisens, 19,258 da s specisische Gewicht de s Goldes. M a n finde t a l l g e m e i n da s specisisch e Gewich t eine s Ä o r p e r s , wen n ma n sei n absolutes G e wicht durc h da s Gewich t eine s gleiche n B o l u m e n s Wasser dividirt . Bezeichne n wi r das specisisch e Gewicht eines Körpers mi t S, sein absolutes Gewicht mi t P un d das Gewicht eines gleichen Bolnmeus Wasser mi t p, so ist also 1) p T)ie T)ata also, welch e ma n durc h de n Bersuch bestimmen muss, u m au s denselbe n das specisische Gewicht eine s Jjorpers z u berechnen, sind das absolute Gewicht desselben und das Gewicht eines gleichen Wasservolumens . Am leichtesten is t es, dies e 3)at a fü r Flüssigkeiten auszumitteln. Ma n füll e ei n Gesass, a m besten ei n solches, welches oben i n einen engen § a ls mün det, bi s z u einer bezeichneten Hoh e (bi s z u einem a m §alse markirten Striche), einmal mi t Wasser, dan n mi t de r z u bestimmenden Flüssigkeit, im d ermittel e . jedesma l mi t Hüls e der Wage das Gewicht de s Flascheninhaltes Es wieg e z . B. da s Bitriolol, welches eine n Glaskolben bi s z u einer Marke am §alse aussüllt, 153 4 Gramm, während da s Wasser, welches dasselbe Gesäss g l ei c h f a l ls bi s zur Mark e süllt , nu r 83 0 Gram m wiegt , s o is t da s specififche

1534

Gewicht des Bitriolol s — r= 1,848 . OOU Wenn ma n nich t s o gross e Massen de r z u bestimmenden Flüssigkeit hat , wie i n dem eben angeführten Beifpiele, s o kann man geeignete kleinere Gesässe anwenden , etw a ei n solches wi e Fig . 3 , welches mi t eine m eingeriebenen Stöpsel versehe n is t (Pyknometer). Um das specififche Gewicht fester Substanze n z u bestimmen, kann man sic h aus demselben einen Körper vo n regulärer Gestalt formen, etw a eine n Würfel , eine $ugel it . f . w. , f o dass e s leich t ist , de n cubi scheu Inhalt de r z u untersuchenden Stücke z u berechneu. T)a s absolut e Gewich t solche r Sorpe r findet man durc h di e Wage ; da s Gewich t eine s gleiche n Bolumens Wasser is t durc h da s bekannte Bolume n der Körper gegeben. Ei n Würsel vo n Marmor z . B . wiege 21,6 Gr . Wen n nu n jed e Seite dieses Wür fels 2 Eentimeter beträgt, f o is t de r cubische Inhalt desselbe n 8 Eubikcentimeter; ei n gleic h grosser Würfe l von Wasser wir d als o 8 Gr . wiegen, folglic h is t das 21— 6 = 2,7 . specififche Gewicht de s Marmors —

(Einleitung.

9

Nicht von jeder Substanz hat man folche Mafsen, um daraus solche reguläre Körper bilden zu können; ausserdem aber ist es ungemein schwierig, ja sast unmöglich, reguläre Körper genau genug zu arbeiteu. M a u muss deshalb nach anderen Methoden sich umseheu, um das specisische Gewicht fester Äörper zu bestimmen. D i e meisten dieser Methoden beruhen aus hydrostatischen G e setzen, welche wir erst später werden kennen lernen. 3st V das Bolurnen des Körpers, n das Gewicht der Bolumeneinheit Wasser, so ist p = Vn. E s ist also P 8= 2 ) V.n Wählt man z. B . sür die N a n m e i n h e i t den prenssischen Enbiksuss, sür die G e w i c h t s e i n h e i t das (alte) prenssische Pfund, so hat man n = 6 6 zu setzen, weil ein preussischer Eubiksuss Wasser 6 6 Pfund wiegt. Wählt man ein Masssystem, bei welchem, wie beim neueren französischen, das Gewicht der Raumeinheit Wasser zur Gewichtseinheit genommen ist (1 EubikcentimeterWasfer wiegt 1 Gramm), so ist n = 1 und die Gleichung 2) reducirt sich aus 3)

woraus f

= 4 -4

>

und

P = VS 5) Gleichbedeutend mit „specisischem G e w i c h t " wird auch oft der Ausdruck „ D i c h t i g k e i t " gebraucht, welcher jedoch eine Hypothese über die Eonstitution der Materie einschliesst, nnd deshalb leicht Missverständnisse veranlassen

kann.

3 n den folgenden Tabellen ist das specisische Gewicht verschiedener S u b stanzen zufammengestellt.

10

Einleitung. T a b e l le

der s p e c i f i f c h e n G e w i c h t e e i n i g e r festen K ö r p e r bei 0 G r a d . 22,000 . 20,857 19,325 ©olb ( 8e .t " ü" 3J [ geschmolzen . . . . 19,253 18,600 Iridiu m 17,600 Wolfram Blei, gegossen 11,352 11,300 Palladium 10,474 9,822 Wismuth [ gehämmert . . . . 8,878 7,788 Kupfer l gegossen 8,780 1 zu Draht gezogen . 8,694 Kadmium 8,611 Molybdän 8,395 Messing Arsenik 8,308 Rickel 8,279 Uran 8,100 7,816 Stahl Kobalt 7,812 7,788 Eisen I Öeschjniedet 7,207 l gegossen 3inn . . 7,291 Antimon 6,712 6,115 Tellur 5,900 Ehrom 4,948 Sod Schwerspat h 4,926 Selen 4,320 Diamant 3,520 Flintglas 3,7 8 bi s 3,20 3,15 Fluftspath Aluminium 2,67 2,600 Bouteillenglas Spiegelglas 2,370 3,155 Marmor 2,837 Blatin [ 9 e m Ü n^ ^1 geschmolzen . . .

Smaragd 2,77 Bergkrystall 2,68 Porzellan 2,4 @yps (krystallisirt ) 2,31 Schwefel (natürlich) 2,03 Elfenbein 1,91 Alabaster 1,87

5 3 9 bi s 2,1 4 1 3 7 4

Anthracit

1,800

Phosphor . . . • 1,77 Bernstein 1,07 Ebenholz 1,22 Eichenholz (alt ) 1,17 Buxbaum 1,33

0 8 6 0 0

Mahagonyholz 1,06

0

Wachs, weites 0,96 Eis 0,95 Ratrium 0,97 Kalium • Lithium 0,59

9 0 2 0,86 5 0

* r f{ ^Ornholz

frif ö . . . . . 0,90 94 0^65

a * * * *z f{ frisc Vnchenhol 0^59h 0,98

20

Edeltanne { w ; j j l trocken 0,45 ~r . T f frisc h 0,85 Erlenholz { \ x o g n -

? 0 7

a ß 00

. r r frisc h 0,90 Eschenhol z { \ x 2 n 0,64 Hambuchenhol zI

toÄett

frisc h 0,81 0. . . r f Ltndenholz I ; r o t o 0 Ruftbaumholz 0,67 Eypressenhol z 0,59 Eedernholz 0,56 Pappelholz 0,38 Kork

b

4 4 b b

a?6 9

7 ; 4 39 7 8 1 3 0,240

11

(Einleitung. Specififches ©ewicht einiger Flüssigkeiten (bei 0°, wo nichts weiter bemerkt ist).

Destillirtes Wasser Quecksilber . B r om . . . Schwefelsäur e (englische) . . Verdünnte Schwefelsäure nac h D e l e z e n ne be i 15 ° C. : 10 Proc. S ä u r e . . . . 20 „ 30 „ 40 „ 50 „ 60 „ 70 „

80 „

ir it it

. 1,06 6

.... .... ....

. 1,21 5 . 1,29 7 . 1,38 7

it . . . . if . . . . it ' . * •

. 1,59 5 . 1,70 9 . 1,80 5

if it

. 1,05 . 1,11 . 1,17 «. 1,23

90 f / 100 „ lf Verdünnte Salpetersäure: 10 Proc. S ä u r e . . . . 20 „ 30 „ 40 „

. 1 000 . 1 3 598 . 9 966 . 1,84 8

//



.... .... .

.



4 1 1 4

50 Proc. S ä u r e . . . • 60 i t „ 70 „ „ . 80 „ „ . 90 „ „ . 100 „ „ . Schwefelkohlenstof f. . ©lycerin Milc h Meerwasse r Wein: Malaga „ Rhein „ ,, „ „

Leinöl . . ' Mohnö l Olivenö l Terpentinö l .

• . . . . .

• . . . . .

. . .

. . 1,34 8 . . 1,39 8 . . 1,47 3 . . 1,27 2

. . 1,02 2 , . . 0,99 9

. . 0,92 9 . . 0,91 5 . . 0,87 2

Alkohol, absoluter . . . . Schweseläthe r Valyl (C 3 H9 )

Der Vollständigkeit wegen folgt hier noch eine Tabelle, welche die specifischen ©ewichte einiger © a s a r t e n enthält, obgleich die Methoden znr Bestimmnng dieser Zahlen erst später besprochen werden können. Specififches ©ewicht einiger ©afe (bei 0 ° un d 760m m Barometerstand).

Atmosphärisch e Lus t . . . . 0,00129 3 Sauerstoff 0,00143 2 Stickstoff 0,001267 Wasserstof f 0,00008 9

Chlor 0,0032 Kohlensäure 0,0019 Stickoxydulgas . . . . . Leuchtgas 0,00082

. Ö,0019

1 8 7 ;

12

Einleitung.

10

Tlieilbarkeit. S o weit unsere Erfahrung reicht, sind alle Äorper t h e i l b a r, d . h . man kan n sie i n kleinere und immer kleinere ^ßartikelchen zerlegen. 2Bie wei t aber geht dief e Theilbarkeit? komme n wi r be i fortgesetzter Ber kleinerung woh l z u Theilchen, di e noc h sinnlich wahrnehmbar, aber doc h nich t weiter theilba r sind? S o wei t unsere Erfahrung reicht , geh t di e Theilbarkeit stets übe r di e ©ränzen de r sinnlichen Sßahrnehmung hinaus . Al s Beispie l ausserordentliche r Theilbarkeit führ t ma n gewohnlic h de n Mofchu s an, welche r Jahrelan g ei n ganzes Zimmer mi t einem intensiven ©eruch erfülle n kann, ohne merklich a n ©ewich t abzunehmen. Am besten beweisen un s all e chemifch zufammengefetzte n Körper, das s di e Theilbarkeit über di e ©ränzen de r sinnlichen Sßahrnehmnn g hinausgeht. De r Zinnober z . B . is t au s Quecksilber un d Schwefe l zusammengesetzt , un d ma n kann ih n leich t i n dies e beiden Bestandtheile zerlegen; ma n is t abe r nich t i m Stande, di e kleinen Theilchen vo n Schwefel und Quecksilber eiuzel u fü r sich zu unterscheiden ; selbst durc h das beste Mikroskop betrachtet, erscheint der Zinnober doch immer noc h al s ein e vollkommen homogene (gleichartige) Maffe . Obgleich nun di e Theilbarkeit der $orper wei t über di e ©ränzen dei ; sinnlichen Unterscheidung hinausgeht, f o nehmen di e Physiker doc h aus verschiedenen, namentlich der Ehemie'entnommene n ©ründen an , dass die Theilbarkeit nich t i n s Unendliche f o r t g e h e, fondern dass all e Körper an s kleiuen, nicht weiter theil baren, unveränderlichen Urtheilchen bestehen, welche man A t o m e nennt . Diese ©rnndansicht vo n der Eonstitntion de r Körper wir d mi t de m Na men der atomistischen T h e o r i e bezeichnet. äßenn ma n überhaupt vo n kleine n Theilchen redet , ohn e gerade diese Ur heilchen, di e Atome, bezeichnen z u wollen, s o bedient ma n sich gewöhnlich de s Söortes M o l e k ü l , welches mi t M a f f e n t h e i l c h en gleichbedeutend ist .

11

Veränderlichkeit des Volumens. Ein e weiter e allgemein e Eigenschaf t is t di e A u s d e h n b a r k eti un d di e dami t zusammenhängend e Zu sammendrückbarkei t Ei n und derselbe Sorper nimm t nich t immer genau dasselbeVolumen ein ; e r kann durch Druck un d Erkaltuug verkleinert, durch Spannung uu d Erwärmung vergrossert werden. Nehme n wi r nu n au , dass di e Atome ein- fü r allema l unveränderlich sind, s o lässt sich di e Ausdehnbarkeit nu r durc h die Annahme erklären , das s di e Atom e nich t i n u n m i t t e l b a r er B e r ü h r u ng stehen, sondern durc h Z w i f c h e n r ä u me g e t r e n n t sind , durc h de ren Vergrosserung ode r V e r k l e i n e r u ng d a s V o l n m e n de r K ö r p er zu oder a b n i m m t .

12

Porosität. Di e Zwischenräume, welch e sich zwischen den verschiedenen Theilchen der Körper befinden, nennt man ^ o r e n. Bezeichne t man mi t diesem Namen auch di e Zwischeuräume zwische n de n Atomen de r Körper, s o is t de m eben ©esagten zufolg e Jeder $orper poros, di e P o r o s i t ät als o ein e allgemein e Eigenschaft.-3 m gewöhnlichen Seben versteht man abe r uuter ^ßoxm nu r solch e Zwischenräume , welch e gros s genug sind, n m Flüssigkeiten un d ©as e durchzu-

(Einleitung.

13

lassen. In diese m Sinne is t di e Porosität freilic h keine allgemeine Eigenschaft. Ein Schwamm, all e künstlichen Gewebe, kreide , Bimsstei n u . s . w . sind porös im engeren Sinn e de s Wortes.

Verschiedene Natur der Atome. Nachde m wi r durch di e Be- 13 trachtung de r Theilbarkei t un d Ausdehnbarkeit di e Grundidee de r atomistischen Theorie entwickelt haben, wolle n wi r zunächst sehen, wi e sich di e verschiedenen Körper au s Atomen construiren lassen. Wi r sinden i n de r Natur ein e Menge vo n Sorpern, dere n Eigenschasten so verschieden sind, dass wi r nothwendig annehmen müssen, dass schon di e Atome, ans denen si e zusammengesetz t sind, ein e verschiedene Natnr haben. Betrachte n wir z . B . Schwefel un d Blei ; da s Verhalte n diese r beide n Körper is t ansser ordentlich verschieden, un d wi r können diese Verschiedenhei t nu r dadurch erklären, dass di e Atom e de s Schwefels nicht vo n derselben Ar t sind wi e di e de s Bleis . Di e meisten Körper sind nicht an s gleichartigen, sondern ans verschiedenartigen Atomen znsammengesetzt , wenn sie anch de m Ansehen nac h gan z gleichartig sind, wi e wi r die s beim Zinnober schon angeführt haben, der aus Schwefelatomen un d au s Ouecksilberatome n znsammengesetz t ist ; s o ist anc h das Wasser aus Sauerstosf un d Wasserstoff, da s Kochsalz aus Ehlo r un d Natriu m zusammengesetz t u . s . w . Solch e Körpe r heissen chemisch zusammengesetzte ,i m Gegensat z z u denen, di e sich nich t weite r i n verschiedenartige Bestandtheile zerlegen lassen, un d welch e man deshal b anch einfach e K ö r p e r, G r u n d s t o f f e oder E l e m e n te nennt. M a n kenn t 6 2 folche r Elemente, d . h . Stoffe, di e man bis jetz t wenigstens nich t weite r i n verschiedenartige Bestandtheile z u zerlegen im Stande war . Di e verschiedenen Elemente verbinden sic h immer nn r i n bestimmten Ge wichtsoerhältnisse n mi t einander, un d gerade dieser Umstand is t ein e der bedeutendstenStütze n fü r di e atomistische Theorie. Di e Grundgesetze der chemischen A e q n i v a l e n te sind i m S u p p l e m e n t b a nedentwickelt . Ein e genauere Erorterung derselben sowi e überhanpt di e Ersorschnng de r Gesetze, nac h welchen di e Elemente sich zu zusammengesetzte n Körpern verbinden, is t der Gegenstand, mi t welchem sich di e E h e m ie z n beschästige n hat . A g g r e g a t z u s t ä n d e . Wi r beobachten a n denÄorpern ausser den eben 14 besprochene n noch andere Verschiedenheiten , di e nich t vo n der Verschiedenheit der Bestandtheile , sondern vo n de r verschiedenen Ar t nn d Weis e herrühren, wi e di e Theilchen verbunden sind, j a ei n und derselbe Stoss kann un s i n sehr verschiedenen Formen erscheinen, wi e das Wasser, welche s al s Ei s fest , al s Wasser slüssig, al s Dampf abe r g a s f ö r m ig ist ; ohn e di e Zufammenfetzung z u än dern, können wi r da s Wasser i n Ei s un d da s Ei s i n Wasser verwandeln, wi r können das Wasser verdampfen und den Dampf wiede r z n Wafser verdichten. All e Körper, welche wi r kennen, befinden sich in einem der drei beim Wafser erwähnten Zustände, sie sind entweder fest, f l ü f f i g oder g a s f ö r m g i (luftförmig) . D i e feste n K ö r p e r haben , di e geringe n Veränderungen abgerechnet.

14

Einleitung.

welche durch di e Wärme hervorgebracht werden , ei n u n v e r ä n d e r l i c h es B o l u m en un d ein e selbständige ©estalt ; ferne r gehört ein e mehr oder weniger bedeutend e $ r a f t dazu, u m einen festen Körper z u zertheilen. E s is t z . B . un möglich, ei n Stück Eise n au f di e §alfte, auf de n dritte n Thei l seines Bolumens zusammenzupressen , oder z u machen, dass es de n doppelten, dreifachen Raum ein nimmt; nu r mi t grosser ©ewalt sin d wi r i m Stande, sein e ©estalt z u änder n oder e s z u theilen. D i e F l ü f s i g k e i t en haben i n demselben Sinne wi e di e festen Körpe r ei n unveränderliche s Bolumen, d . h . wen n wi r si e durch einen starken Druck auch ein klein weni g zusammendrücke n können, wenn sie sich auch durch Erwärmung etwa s ausdehnen , s o sind diese Bolumenveranderunge n doc h immer nu r seh r unbedeutend; wi r können das Wasser, welches ein e Flasche ausfüllt, nicht i n ei n hal b so grosses ©efass hineinpressen, un d wen n wi r e s i n ei n doppelt s o grosses ©efass hineingiessen , f o füll t e s dieses nur zu r ^alft e aus. Di e Flüssigkeiten haben aber keine selbständige © e s t a l t, wi e di e sesten Körper, sondern di e ©estalt de s Raumes, de n si e einnehmen, is t vo n der Form de r si e anschliessende n festen ®örper, also vo n der For m de r ©efasse abhangig; wen n ein e Flüfsigkeit ei n ©efass nicht ganz ausfüllt , f o is t si e obe n durch ein e horizontale Oberflache begränzt. Endlich unterscheiden sic h di e flüssigen Körper vo n den festen noc h dadurch, dass schon di e geringste ®rast hinreicht, u m ihr e Theilchen vo n einander z u trennen. D i e g a s f ö r m i g e n ® ö r p er haben weder ein e selbständigeForm noc h ei n bestimmtes Bolumen; de r Raum, den si e einnehmen, hangt nu r vo n dem äusseren Druck ab. M a n kann eine gegebene Suftmafse leicht auf 1 / 2f ] / 4 ...Vi o ihre s Bo lumens zusammenpressen , und umgekehrt, wenn sie in einen 2 , 4 . . 1 0 mal grössere n leeren Raum bringt , s o füll t sie auch diesen vollständig aus, wi e wi r später noch ausführlicher sehen werden; di e ©ase haben also ein Bestreben , sich so viel wi e möglich auszudehnen . Di e leichte Theilbarkeit haben si e mi t den Flüssigkeiten gemein. Rach der atomistischen T h e o r i e sin d di e dre i Aggregatzuständ e i n fol gender Weis e z u erklären: Bei den feste n K ö r p e rn befinde n sic h di e Atom e nich t allei n i n eine r Bestimmten Entfernung vo n einander, sondern auch i n eine r bestimmten gegen* seitigen Sage. Bei den f l ü f s i g e n K ö r p e rn bleibe n di e Atom e zwar auc h i n bestimmter Entfernung vo n einander, si e sind aber leich t gegen einander-verfchiebbar . Bei den g a s f ö r m i g en K ö r p e r n is t endlic h auch der Abstand de r Atom e von einander veränderlich.

15

Kräfte und Imponderabilien. All e Erlernungen, welch e wir in der Ratur wahrnehmen, beweisen uns, das s ein e beständige Wechselwirkung sowohl zwischen de n verschiedenen Körper n al s auc h zwische n de n einzelnen Theilchen eine s un d desselben Körper s stattfindet. Di e unsichtbaren Ursachen dieser Wechselwirkung nennen wi r G r ä f t e . Di e fräst e könne n ni e ©egenstand eine r unmittelbaren Wahrnehmung sein. Di e Borstellungen, di e wi r un s vo n diesen Grasten machen, sin d imme r

(Einleitung.

15

nur H y p o t h e s e n, di e wi r s o construirenun d modtfkiren, wi e wi r si e eben zu r Erklärung de r Thatsachen bedürfen. •3m Allgemeinen is t i n der Physik vo n Gräften zweierlei Ar t di e Rede, vo n solchen nämlich, welche in di e F e r ne wirken, wi e di e Schwere,di e magnetische n und elektrischen Anziehungs- und Abstossungskräft e u. w. , und von solchen, welch e nu r in die kleinsten E n t f e r n u n g en wirken, also nur bei sast unmittelbarer Berührung der $örpertheilchen i n Thätigkeittreten und welche deshalb den Namen de r M o l ek n l a r k r ä s te führen . Dies e letzteren Gräfte sind es, welchen wi r di e Erhaltung der verschiedene n Aggregatzustände un d de r chemischenVerbindungen zuschreiben. Um di e allgemeine Schwere z u erklären, muss man annehmen, dass alle Äörperatorne sich auf di e grössten Entfernungen hi n nac h de m bereit s i n § . 6 besprochene n Gesetze anziehen , und zwar hängt diese Anziehung nnrvon de n Massen und Eutfernungen, aber nich t vo n der chemischenNatur de r Körpe r ab . Was nu u di e M o l e k u l a r k r ä f te betrifft , so haben wi r anziehende un d abstossend e f r ä s te z u unterscheiden . Zunächst wirk t zwischen den einzelnenTheilcheneines festen Körpers eine^raft, welche der Trennung derselben entgegenwirkt und welch e ma n al s E o h ä s i o n s k r a tf bezeichnet. M a n erklär t di e Eohäsionskraft durch di e Aunahme, das s di e ®orperatome sich i u uächster Nähe mi t einer $ r a ft anziehen, welch e schon verschwindend klei n wird , wen n di e Atom e sich in der dem gasförmigen Zustande entsprechende n Entfernung befinden . Ausser dem unterfcheidet sich diese Molekularattraction vo n de r Anziehung, welch e di e allgemeine Schwere bedingt, dadurch, dass sie vou de r chemischenVerschiedenhei t der Körper abhängt; s o is t z . B . di e Eohäsion des Eisens bedeuteud grösser al s die des Bleis , di e Molekularauziehuug de r Eiseutheilchen muss also auch bedeu* tend grosser sein al s di e der Bleitheilchen. Wenn nu r di e bishe r besprochenen Anziehungskräfte thäti g wären , s o könnte di e Äörperwelt nich t i n der For m bestehen, welch e si e wirklic h hat, all e Materie müsst e sich z u eine r grossen Masse zusammenballen. E s wir d die s nur dadurc h verhindert , das s zwischen de n ^örpeilheilchen auc h abstossende Gräfte thätig sind, welche man al s E x p a n s i o n s k r ä f e t bezeichnet. Diese Expansionskräfte sind es, welche de r Compression fester uud siüfsiger Körper entgegenwirken nn d welch e da s Streben de r gasförmigen Körper , sich möglichst auszudehnen , bedingen. Um nu n z u erklären, wi e gleichsam vo n demselben Mittelpunkt e au s An * ziehung und Abstossuug ausgehen, nimm t ma n an , dass jedes $ ö r p e r a t om vo n einer A e t h e r h ü l le umgeben ist . DieAetherhülle besteht a u s A e t h e r a t o m e n, welche mau al s nnendlich vie l kleine r annehmen muss al s die^örperatome; ma n hat sic h also ei n mi t seiner Aetheratmosphär e umgebenes Äörperatom ungefähr so vorzustellen, wi e e s Fig . 4 (a . s. S .) anschaulich macht. Um nu n di e Erscheinungen z u erklären, muss man annehmen, 1) das s di e $ o r p e r a t o me sich gegenseitig anziehen; 2) das s di e A e t h e r a t o me sich gegenseitig abstossen, weshal b sic h de r Aether dnrch all e £>immelsränme oerbreitet. 3) das s di e $ ö r p e r a t o me anziehend au s di e A e t h e r a t o me wirken .

16

Einleitung.

weshalb jede s $orperatom sic h mi t eine r Aetheratmosphare nmgieb t nn d di e Zwischenräum e zwische n de n $orperatomen mi t verdichtetem Aethe r erfüll t sind. Di e Anziehun g zwische n $orper Fig. 4 . und Aetheratomen wirk t abe r nich t au f grossere E n t f e r n u n g e n, de r Aethe r ist de r a l l g e m e i n en Schwer e nich t u n t e r w o r f e n, e r is t i m p o n d e r a b e l. Durch Vibrationsbewegunge n de r A e t h e r a t o me wir d di e Fortpflanzung des Sichtes und der strahlende n Wärme erklärt, während di e f ü h l b a re W ä r m e als ei n Bewegungsphänome n de r $ o r p e r a t o me aufgefasst wird. Wi r werden auf diese n Gegenstan d später, namentlich im Supplementbande , zurückkommen. I1 Di e mechanische Erklärung de r Wärmephänomen e is t neuere n Ursprungs ; früher erklärte man sie durch di e r u h e n de G e g e n w a rt eine s i m p o n d e r a b e ln Fluidums, welches, di e Äörperatome einhüllend, das repulsive ^ßrincip i n ähnlicher Weise darstellte, wi e man e s jetzt vo n dem Aether annimmt. Di e Erwärmung eines ^orpers' wurde nach dieser Anschauun g al s ein e Vermehrung, di e Erkaltung als ein e Verminderung de s i n ih m enthaltenen Wärmesluidums betrachtet. In ähnliche r Weise nahm man anch die Existenz besondere r i m p o n d e r a b enl F l u i da zu r Erklärung de r magnetischen un d elektrischen Erscheinungen an , nn d auf diesem Felde läss t sich bi s jetz t wenigstens ein e solch e Hypothese noc h nich t entbehren , obgleic h e s keine m Zweifel unterliegt, das s e s übe r knr z ode r lan g gelingen wird , auc h di e Erklärung de r Elektricität un d de s Magnetismns au f mechanisch e 'Principien zurückzuführen.

Erstes

Buch.

M e c h a n i k oder die

G e s e t ze d es G l e i c h g e w i c h t s undder

B e w e g u n g .

Müller's Grundriß der Phflftf.

2

E r s t es C a p i t e l

.

Gleichgewicht der K r ä f t e a n einsachen M a s c h i n e n .

Das Parallelogramm der Kräfte, Sobal d au f irgen d eine n Körper ein e beschleunigende Kraf t einwirkt , s o wir d dieselb e nothwendig seinen Bewegungszustan d verändern, wen n nicht gleichzeitig andere Kräft e vorhanden sind, welch e den Effec t dieser ersteren aufheben. Ist als o ei n Körpe r i n Ruhe, s o wir d jed e beschleunigend e Kraft , di e auf ih n wirkt , ih n auc h i n Be wegung setzen, e s sei denn, dass andere auf denselben Körper einwirkende Kräft e diese Bewegung hinder n un d als o de n Körper i n Ruh e erhalten. In diese m letzteren Fall e sagt man, daß di e verschiedene n au f de n K ö r p er einwir kenden K r ä f t e sic h einander da s Gleichgewicht halten . Hängt man z . B . ein e Bleikugel a n eine m Faden auf , s o wir d di e Wir kung der Schwerkraft, unter dere n alleinige n Einflus s di e $ugel falle n würde, durch den Widerstand de s Fadens aufgehoben. Die S t a t i k beschäftig t sich damit, di e Bedingungen de s Gleichgewichts anszumitteln,di e D y n a m ik dagegen untersucht di e Gesetze de r Bewegungen, welche entstehen, wen n den Bedingungen de s Gleichgewichts nich t genügt ist . Um Gräft e z u messen, mus s ma n irgen d ein e beliebige $rast al s Einhei t annehmen . Zwei fräste sind gleich, wen n si e nach entgegengesetzte n Richtungen, au s einen 'Punkt wirkend, sich das Gleichgewich t halten . Zwe i gleich e Gräfte, di e nach derselben Richtung wirken , sin d de r doppelten $ r a ft gleichzusetzen. M a n würde ein e dreifache $rast haben, wen n ma n dre i gleiche fräste nach derselben Richtung wirke n Hesse u. f . w . Wie viel e Gräfte auch auf einen materiellen "Punkt wirke n rnogen, welches anch ihr e Richtung sein mag, s o werden sie ih m doc h nu r ein e einzige Bewegung i n einer bestimmten Richtnng mittheilen. E s lässt sich demnach ein e $rast denken, welch e sür sich allei n dieselbe Wirkun g hervorzubringen i m Stande ist , welche also das ganze System jener fräste ersetzen kann. Si e führ t den Ramen 2*

20

Die

einfachen

Maschinen.

der R e s u l t i r e n d e u. Wen n z . B . ei n Schif f durc h di e gleichzeitig e Wirkun g des Stromes, de r Nuder un d de s Windes getrieben wird , s o bewegt e s sic h nach einer bestimmten Richtung; weu n di e ^Birkungen de s Stromes, de r Ruder un d des Wiudes aufhörten, f o konnte man doc h offenbar dem Schiff e dieselbe Bewegung dadurch wieder ertheilen , das s ma n a n eine m Seile, welche s a m Schisse befestigt ist, eine bestimmte $raft nach jener Richtuug ziehen liesse. Dies ist die Refultirende der drei Gräfte. Di e ©efammtheit vo n Gräften, welch e auf eiue n ^ßunkt zusammenwirken, nennt ma n ei n S y s t em vo n f r ä s t e n. 3 n Beziehung au f di e R e f u l t i r e n d e, welche di e ©efammtheit de r Gräft e ersetzen kann , nenn t ma n dies e auc h di e Seitenkräste , E o m p o s a n t e n. E s is t klar , dass, wen n ma n eine m Systeme von Gräften eine neue $raft hinzufugt, welche der Refultirenden des Systems gleich uu d entgegengefetzt ist , sic h alsdann all e zusammenwirkenden Gräft e da s (Gleichgewicht halten müssen. Hätte ma n z . B . , u m be i de m obe n angeführten Beispiele stehen z u blei ben, a n einem a m Schisse befestigten Seil e ein e $rast wirke n lassen, welch e der Resultirende n de s Stromes, de s Windes un d de r Rude r gleich , abe r entgegengesetzt ist , s o würd e dies e ne u angebrachte $rast (Gleichgewich t hervorbringen; das Schif f würd e stillstehen müssen. Wenn zwe i oder mehrere f r ä s te nach derselben Richtung hi n wirken , s o is t ihre Resultirende gleic h der Summe de r einzelnen Gräfte. — Weu u zwei Gräfte gerade i n entgegengesetzte r Richtung au s eiuen $unkt einwirken , s o is t di e Resultirende gleic h de r Differenz der beiden uu d si e wirk t i n der Richtung der grosseren. Weuu di e Richtungen zweie r Gräfte , welch e auf eine n materiellen ^ßunk t wirken, einen Winke l mi t einander machen, f o findet man di e Refultirende nach einem (Gesetze, welches unter de m Namen de s " P a r a l l e l o g r a m ms de r G r ä f t e bekannt ist . M a n gelang t z u diesem ©esetze durch folgende einfache Betrachtung. Auf den 'Punkt a Fig. 5, Fig. 5 . follen zwe i Gräftt e gleich zeitig einwirken , di e ein e nach de r Richtung axf di e andere nac h de r Richtun g ay. Di e ein e ®raf t ma g von de r Ar t fein , das s sie für sich allei n i n eine m bestimmten Zeittheilchen , etwa eine r Secuude, de n 2L h Ißnukt vo n a nac h b be wegen würde, während di e andere fü r sich allei n i n einer gleiche n Zei t ih n vo n a nac h c treibt . 3ed e dieser beiden f r ä s t e thn t ihr e Wirfun g vollständig; wen n als o de r "Puukt ein e Secuude lan g de r gleichzeitigen Einwirkun g beide r f r ä s t e ausgesetzt ist , f o ist die Wirkun g offenba r dieselbe, al s o b ein e Secuude lan g de r Puukt nu r de r Einwirkung de r einen, i n de r folgenden Secuude abe r nn r de r Einwirkun g de r

Parallelogramm ber

ffräftc.

21

anderen Äraf t unterworfe n ware . Di e ein e ®raf t allei n treib t de n ^nnkt i n einer Secnnde vo n a nach b. §ört e nu n i n dem Moment, i n welchem e r i n b ankommt, all e Wirkung dieser Äraft auf , während der^unkt vo n nun an nu r de r Einwirkung de r zweiten $ r a f t folgt , f o würde e r i n de r folgenden Secnnde den Weg bd (gleic h un d parallel ac) zurücklegen, als o a m Ende der zweiten Secnnde in d anlangen. In demselben funkt e d muss also auch der $unkt a nach eine r Secnnde ankommen, wenn beide Gräfte gleichzeitig wirken . Ein Beifpie l wir d e s anfchaulicher machen. Bo n de m funkte A, Fig . 6, a n dem Ufe r eines Flusses, sährt ei n Schif f ab , auf welches gleichzeitig zwei Gräfte, der Strom un d de r Wind , einwirken. Rehmen wi r an , da s Schif f werd e durch Fig. 6 .

den Win d allei n i n einer bestimmten Zeit, etw a i n einer Viertelstunde, quer über den Fluss, vo n A nac h B, getrieben , durc h de n Strom allei n abe r würd e es, wenn gar kei n Win d ginge, i n derselben Zei t vo n A nac h C gelangen, s o muss es, wenn Stro m un d Win d gleichzeiti g wirken , i n einer Biertelstunde den We g von A bi s D zurücklegen, d . h . es muss nach einer Biertelstunde unter gleichzeitiger Wirkun g beider Gräft e i n demselben funkte D ankommen, al s o b eine Biertelstunde lan g de r Win d alleinwirken d da s Schif f vo n A bi s B getrieben hätte, und e s alsdann i n de r folgenden Viertelstunde durc h den Strom allei n vo n B bis D geführ t worden wäre . Di e Lini e ad, Fig . 5 , is t di e Diagonale des Parallelogramms ab cd-, da s durch unsere Betrachtung gefundene Oesetz kann demnach folgendermasse n ausgedrückt werden: „ D i e R e f u l t i r e n d e zweie r G r ä f t e , welch e gleichzeiti g u n t e r irgend eine m Winke l au f eine n m a t e r i e l l e n ^ u n k t e i n w i r k e n , is t von de r A r t , das s fi e de n ^ u n k t durc h di e D i a g o n a le de s ^ ß a r a l l e l o g r a m ms z u bewegen strebt, welches m a n a u s d e n B a h n en c o n s t r u i r e n k a n n, welch e den S e i t e n k r ä f t en entsprechen." D a di e Bahn, welch e ei n Körper i n einer gegebenen Zei t durchläuft, de r $ r a ft proportional ist , welch e ih n treibt , d a e s sich ferner bei Bestimmung de r Resultirende n nu r darum handelt, ihr e Richtung un d ihr©rössenverhältniss

22

D i e einfachen Maschinen.

zu den beiden Seitenkräften z u ermitteln, f o ergiebt sich folgendes Verfahren, u m durch C o n s t r u c t i on di e Refultirende zweier auf einen Pnnkt wirkende r Gräft e zu finden, deren Grosse un d Richtung gegeben ist : „ M a n zieh e durc h de n A n g r i f f s p u n kt zwe i gerade Linie n i n de r R i c h t u ng de r gegebenen S e i t e n k r ä f te un d schneide au f jede r dersel ben ein e de r entsprechenden ® r a f t p r o p o r t i o n a l e Sänge ab , f o stellt die D i a g o n a l e de s " P a r a l l e l o g r a m m s, welche s durc h dies e beide n S i n i en bestimm t ist , fowoh l de r Grosse a l s auc h de r Richtung nac h die R e f u l t i r e n de de r beiden G r ä f t e dar. " Rehmen wi r z . B . an , dass auf einen Punkt a zwei Gräfte wirken, welch e sich verhalten wi e P z u Q (z . B . wi e 2 z u 3 ) un d dere n Richtungen eine n Winkel x (z . B . einen Winkel vo n 75° ) miteinander machen, so ziehe man durch den "Punkt a, Fig . 7 , zwe i Sinien am un d an, welch e de n gegebenen Winke l mit einander machen, und schneide nach eine m beliebigen Massstab au f de r einen die Sange P , au f de r anderen di e Sänge Q ab (fü r unser Beifpie l alf o mache man a c = 2 un d ctl > = 3) . Bollende t man nu n da s Parallelogramm, wel chesdurch di e unter de m Winkel x zufammeutreffeuden Sinien ab un d ac be Fig. 7 . stimmt ist, so stellt die Diagonale da des selben der Grosse und Richtung nach di e gesuchte Refultirende dar, welche wi r mi t B bezeichnen wollen . In unsere m Beispie l ergieb t sic h B = 4. Die Berechnuugde r Res ultirend en ist i m S u p p l e m e n t b a n d besprochen. Bringt ma n i n dem Punkte a ein e ®raft an , welch e de r Resultirenden de r beiden Seitenkräfte gleic h un d entge gengesetz t ist , welch e als o vo n a au s in de r Richtung a f , Fig. 7 , wirkt , s o muss zwischen de n beiden Seiteukräften P un d Q und der nach der Richtung a f wirkenden Äraf t B Gleichgewich t stattsinden. M an kan n die s benutzen, u m das Gesetz vo m Parallelogramm de r Gräfte einer experimentellen Prüfung z u unterwerfen, wi e die s Fig . 8 angedeutet ist . Wenn da s Gewich t P = 2 £oth, Q = 3 8ot h un d B = 4 £ot h ist , s o sindet Gleichgewicht statt, wenn der Winkel goh gleic h 7 5 Gra d ist . Di e Refultirende B, Fig . 7 , macht mi t der Seitenkrast P eine n Winke l a, mit Q eine n Winke l ß. E s is t abe r a > ß, wen n Q > P ; den n d a i n jedem Dreieck zu r grosseren Seite de r grossere Winkel gegenübersteht*), f o muss *) Sieh e mein e „Element e de r ebene n Geometrie un d Stereometrie7', 2 Aufl . Braunschweig , Friedric h Viewe g un d Sohn . 1859 . Seit e 24 .

D a ä Parallelogramm der Srafte.

23

im Dreieck cda cc >> ß sein , wen n cd >> ca. D i e R e s n l t i r e n de t h e i l t also de n Winke l x , welche n di e beide n S e i t e n k r ä f t e m i t einande r machen, so , das s derjenige Winke l de r kleiner e ist , welche n si e mi t der grosseren S e i t e n k r a ft macht . Wenn di e beiden Seitenkräfte gleic h sind, s o wir d de r Winkel , de n sie mi t einander bilden, durch di e Resultirende halbirt .

Fig. 8.

M i t §ülf e der durch Fig . 7 erläuterten Construction lässt sich leicht nachweisen, dass di e Resultirende zweie r Gräft e P un d Q grosser w i r d , wen n der Winkel abnimmt, welchen diese Seitenkräfte mi t einander machen. Für x = 0 wird : B =P + Q. Für a ? = 18 0 wird : B = Q — P , also B = 0 , wen n P = Q. Be i Gleichheit de r Seitenkräfte P un d Q wir d die Resultirende B verhältnissmässig sehr klein , wen n de r Winke l x nu r weni g von 180 ° abweicht (das $ n i e, siehe i m Supplementband). D a ma n di e Resultirend e zweier Gräfte, di e auf eine n Punkt wirken , finden kann, so finde t man auch leicht di e R e s u l t i r e n de eine r beliebigen A n z a h l

24

Die einfachen Maschinen.

von G r ä f t e n; ma n fuch t nämlich nu r dieResultirende de r beiden ersten Gräfte, alsdann sucht man di e Resultirende de r ebe n gefundenen mi t de r dritte n $rast, verbindet diese Resultirende wieder mi t der vierten Ä a f t u . s. w . Weil zwei f r ä s te durc h ein e einzig e ersetzt werden können, s o kann ma n umgekehrt f ü r ein e $ r a f t auc h zwe i andere f u b s t i t u i r e n. M a n sieh t fer= ner auch leicht ein , dass unzählig viel e verschiedene Systeme zweier Gräfte dieselbe Resultirende haben können, das s als o auc h umgekehrt ein e ®raf t au f unzähli g viele verschiedene Birte n durch ei n System vo n zwei Gräften ersetzt werden kann. Die Aufgabe is t erst bestimmt, wenn di e Grösse beider Seitenkräfte,oder di e Richtuug derselben, oder endlich di e Grösse und Richtung de r einen gegeben ist ; denn in alle n diesen Fällen fin d di e nöthigen Bestimmungsstück e zu r Construction de$ Parallelogramm s gegeben. Aus de m Satze vo m Parallelogramm de r Gräfte lassen sich di e Gesetze de$ Gleichgewichts a n alle n sogenannten einfachen Maschinen ableiten , di e wi r jetzt der Reihe nach betrachten wollen . 17

D i e R o l l e is t ein e runde, nicht gar dicke, am Rande mi t einer ringsörmigen Rinn e versehene Scheibe, welch e u m ein e durch ihre n Mittelpunk t gehende, auf ihre r Ebene rechtwinkli g stehendeAx e drehbar ist ; dies e Ax e is t gewöhnlic h durch ein e Scheere getragen, dere n Arm e z u beiden Seiten de r Roll e bi s etwas über ihr e Mitt e reichen, wi e man die s Fig . 1 0 sieht. M an unterscheidet feste und bewegliche Rollen . Fest e Rollen sin d folche, deren Ay e unbeweglich is t wi e di e Ax e der Roll e Fig . 10 , s o dass keine Berrückung derselben, sondern nu r ein e Drehung u m dieselbe möglich ist , währen d bei den beweglichen Rolle n wi e bei B, Fig . 10, auch eineOrtsveranderun g der Axe möglich ist . Wenn u m eine n Thei l de s Umfangs eine r festen Roll e ein e Schnur ode r ein Seil gelegt ist , und a n beiden Enden desselben Gräft e wirken, s o findet nur dann Gleichgewicht Statt, wen n di e $rast, welch e das Sei l au f de r einen Seit e spannt, de r auf de r anderen Seite wir Fig. 9 . kenden^ras t gleic h ist . E s lässt sich die s n leicht vo n vornherein einsehen, wenn man bedenkt, das s di e beide n Gräft e unte r sonst ganz gleichen Umständen di e Roll e nach entgegengesetzte n Richtungen z u drehen streben: ma n konnt e deshal b bei m Apparat Fig . 8 schon di e Roll e i n An wendung bringen , ohn e das s e s nöthi g gewese n wäre, ein e Betrachtun g über da3 Gleichgewicht de r Gräft e a n de r Roll e vorauszuschicken . Uebrigen s lässt sic h das Gleichgewicht de r Gräft e a n de r Roll e auch vo m Parallelogramm de r Gräft e b f ableiten, un d vo n diesem Gesichtspunkte

T}ie 3 M e .

, 25

aus wolle n wi r di e Roll e hie r näher betrachten. Fig . 9 stell t ein e n m ihre n sesten Mittelpunk t c drehbare Roll e vor ; da s u m dieselbe geschlungene Seil sei durch Gräfte gefpannt, welche nach den Richtungen ab un d df wirken . Denke n wir un s di e Linien df un d a~b bi s zu ihrem Durchschnittspunkt e n verlängert, so ist klar , dass , wen n n ei n mi t de r Roll e fest verbundener Punkt wäre , man , ohne i n de r Wirkun g etwa s z u ändern, di e Angriffspunkte de r beide n Gräfte von a un d d nach n verlege n könnte, un d f o hätt e ma n dan n zwe i i n eine m "Punkte n angreifende Gräfte, di e nur dann i m Gleichgewicht sein können, wen n ihrer Resultirenden da s Gleichgewicht gehalten wird . Wen n di e beiden i n n angreifenden , nac h den Richtungen nb un d nf wirkende n Gräft e gleich sind, s o wird ihr e Resultirende den Winkel bnf halbiren , di e .Richtung dieser Refnltirenden geht alsdann durc h de n festen Mittelpunk t c , un d mithi n findet Gleichgewicht Statt. Wär e ein e der beiden Gräft e grosser al s di e andere, f o würd e dieRefultirende nich t meh r durc h diese n sestenPunkt gehen, e s könnt e als o anc h kein Gleichgewicht mehr stattfinden. Der Druck , den di e Ax e der Rolle anszuhalten hat , is t offenbar der Resnltirenden der beiden Gräft e gleich , un d wen n di e Richtungen de r beiden Gräfte Fig. 10 .

26

Die einfachen Maschinen,

parallel sind, so ist der Druck anf die Axe gleich der Snmme der beiden Gräfte

(wozu noch das ©ewicht der Rolle selbst zn rechnen ist). Auch a n einer beweglichen Roll e kan n nu r dan n Gleichgewicht stattfinden , wenn di e beiden Stücke a un d b, Fig . 10 , de s Seils, welches u m di e Roll e ge schlungen sind, gleic h stark gefpannt sind, den n nu r i n diese m Fall e geh t ihr e Refultirende durch den Mittelpunkt de r Scheibe; di e Wirkung dieser Refultirenden wird aber hie r nich t dadurch aufgehoben, dass der Mittelpunk t de r Roll e fes t ist , sondern dadurch, dass i n diesem Mittelpunkte ein e dritt e $ r a ft P wirkt , welche a n einem H>aken der Scheere hängt.

Wenn die beiden Enden des um die bewegliche Rolle gefchlungeuen S e i l s einander parallel sind, so ist klar, dass die $raft, mit welcher jedes Seilende gefpannt wird, halb fo gross ist als die Saft, welche an der Scheere hängt. Wenn zwe i oder mehrere Rolle n i n einem Gehäuse sic h befinden, wenn si e also gleichsam ein e gemeinschaftliche Scheere haben, s o nennt ma n ein e solche Zufammenfetzun g eine-Flasche. Wen n zwe i Flafchen, vo n denen di e ein e fest, die andere beweglich ist , durch ei n Seil s o verbunden werden, dass es abwechselnd von einer festen auf ein e bewegliche Rolle geht, s o erhält man eine n F l a f c h e n z u g. Fig. 1 1 stell t einen Flaschenzug dar , welche r au s zwe i festen und zwe i beweglichen Rolle n besteht. Di e Las t Q , welche a n de r gemeinschaftlichen Scheere der beweglichen Flasche hängt , wir d offenba r durc h di e vie r Seil e getragen, welche di e oberen un d unteren Rolle n mi t einander verbinden, di e Last vertheil t sich also gleichmässig au f vie r Seile, un d folglic h is t jedes durch y 4 de r Last Q gefpannt; wäre z . B . ein e Las t vo n 10 0 'Pfun d angehängt, s o würde jedes der vier Seil e durc h ein e ®raft vo n 2 5 Pfun d gefpannt sein.

Betrachten wir nun das Seilstück, welches über die oberste feste Rolle geschlungen ist und welches auf der rechten Seite derselben frei ausgeht. S o l l (Gleichgewicht stattsinden, so muss das Seilstück anf der linken und auf der rechten Seite der obersten Rolle gleich stark gespannt sein; das Seilstück links ist aber, wie wir gesehen haben, dnrch 7 4 Q gespannt; folglich muss man, um das (Gleichgewicht zu erhalten, an dem Seilende (ausser der $raft, welche dem Gewicht der beweglichen Flasche das Gleichgewicht hält), mit einer $rast gezogen werden, welche gleich 7 4 Q ist. Bei de m Flaschenzuge Fig . 1 2 sind all e Rolle n gleic h gros s un d di e z u einer Flasche vereinigten Rolle n sind au f einer Ax e n e b e n e i n a n d regestellt .

D a s Verhältniss zwischen $raft und Saft am Flafchenzuge ist ganz allgemein ausgedrückt durch die Gleichung:

in welcher j P die ®raft, Q die Last und n die Zahl der Rollen, also auch die Zahl der Seile bezeichnet, an welchen die Last hängt. Für den Flaschenzug Fig. 12 ist also

~ie

\:\'ig. 11.

Hrolle.

27 \)'ig. 12.

28

18

Die einfachen Maschinen.

D e r H e b e l . Um eine feste Rolle, Fig. 13, sei eine Schnur geschlungen, und an das eine Ende derselben ein Gewicht p gehängt, während auf der anderen Seite die Schnur in der Richtung 13. ab mit einer dem Gewicht p gleichen $ r a f t gespannt ist. N u n aber kann man die in a angreifende, in der Richtnng a b wirkende Äraft nach der Sehre vom Parallelogramm der Gräfte in zwei Seitenkräfte zerlegen, von denen die eine in der Richtung von a nach d, also in der Verlängerung des Halbmessers ma, wirkt, während die Richtung af der anderen Seitenkraft parallel mit gp ist. Wenn die Rolle eine feste ist, wie wir hier voraussetzen, so wird die Wirkung der $ r a f t acl durch den Widerstand des festen Mittelpunktes m aufgehoben; man kann demnach die nach ad wirkende Seitenkraft ganz weglafsen, ohne das Gleichgewicht zu stören, man kann also ohne Weiteres die nach ab wirkende Äraft durch ihre nach af wirkende Seitenkrast ersetzen. Stellen wir durch die Sänge ac die nach ab wirkende $ r a f t p dar, so ist die Sinie a f die Grosse der Seitenkrast P , und ohne vor der Hand das Grossen* verhältniss zwischen ac und af oder p uud P geuauer zu ermitteln, sieht man doch leicht ein, dass P grosser sein muss als p. Wir können also die in der Richtung ab wirkende $ r a f t p durch eine andere ebenfalls in a angreifende, aber in verticaler Richtuug wirkende grossere $ r a f t P ersetzen, ohne das Gleichgewicht zu stören. Austatt die ®raft P in a angreifen zn lafsen, kann man, ohne das Gleichgewicht zu stören, ihren Angriffspunkt'in jeden beliebigen Punkt der Sinie af verlegen; wir können also auch dieÄraft P imPuukte Fig. 14 . h angreifen lassen, welcher auf dem Durchschnitte der g Sinie af mit der Berlängeruug des H a lbm e fse r § 9m h r _ _ j j liegt, und fomit haben wir zwei an den Enden einer -> . i um m, Fig. 14, drehbaren geraden Sinie hg wirkende, L $ rechtwinklig zu hg angreifende Graste, p und P , welche v sich das Gleichgewicht halten. Diese beiden Gräfte i* sind ungleich, ihre Angriffspunkte h und g liegen aber auch in ungleichen Entfernungen vom Drehpuukte m. E s ist jetzt zu ermitteln, welches Verhältniss zwischen den Grossen der Gräfte p und P und den Sängen hm und gm besteht. Die Dreiecke caf und ahm, Fig. 13, sind einander ähnlich und daraus solgt:

Der Hebel.

29

ac : af — Jim : am. Run abe r verhalten sic h j a di e hängen ac un d af wi e di e Gräfte p un d P, wi r haben also: p : JP = hm : am, und d a am — gm: p: P= hm :

oder

1) wenn wi r di e Sänge hm — L un d gm = l setzen. D a s heiss t mi t Worten , die G r ä f t e P un d p v e r h a l t en sich umgekehrt wi e di e E n t f e r n u n g en i h r er A n g r i f f s p u n k t e vo m D r e h p u n k te m. Eine gerade u n b i e g f a me S i n i e , welch e u m eine n festen Punkt drehbar ist, wir d ei n Hebel genannt. Wen n nu n i n zwei verschiedenen Punkten eine s Hebels rechtwinkli g z u seiner Richtung zwe i fräste angreifen, di e ih n nach ent gegengesetzte n Richtungen z u drehen streben, s o sindet Gleichgewicht zwischen ihne n Statt, wen n di e eben ausgesprochene Bedingung erfüll t ist . Di e Entfernung des Angriffspunkte s eine r Jhaf t vo n dem Drehpunkte (de m Hyp°inochlion ) wird de r H e b e l a rm derSraf t genannt; wi r können demnach di e Bedingung de s Gleichgewichts a m Hebel au ch f ° ausdrücken: Z w e i G r ä f t e , welch e de n Hebel nac h entgegengefetzten S e i t e n z u drehen streben , h a l t e n fic h d as Gleichgewicht, wen n fi e den entfprechende n H e b e l a r m en umge kehrt p r o p o r t i o n al sind . Wäre z . B. der Hebelarm i n Fig. 1 4 halb f o gross al s gm, so müsste P doppel t s o gross sei n al s p. Ein e Sraf t p kan n a n eine m Hebe l eiue r 100fachen Saft P da s Gleichgewicht halten, wen n nu r de r Hebelarm m9 auc h 100mal f o gross ist als de r Hebelarm Aus de r Proportion be i 1 ) folgt PL = pl, d . h. wenn fic h zwei Gräfte an eine m Hebe ^ ^ a s Gleichgewicht halte n sollen, s o muss das Product, welche s man erhält , wen n ma n jed e $raf t mi t ihrem Hebelarme multiplicirt , fü r di e beiden Gräft e gleic h fein . Das Product, welches man erhält, wenn man di e an einem Hebel wirkende e a rm ßraft mi t ihre m Heb l multiplicirt , wir d da s statische M o m e n t de r p:P

= L:l

$raft genannt. Ma n konnt e auch fagen, da s s t at if che M o m e nt eine r $raf t ist diejenige ®raft, welch e man statt ihre r a n de n Hebelarm 1 anbringen muss, wenn durch diese Vertauschun g der Gleichgewichtsznstan d nich t gestört werden soll . In Fig . 1 5 se i di e $raft recht s = 6 , ih r Hebelarm = 5 , f o is t da s statische Moment dieser ®ras t gleic h 5 x 6 = 30 ; sol l ih r di e «rast link s i5. da s Gleichgewicht halten, s o mus s das statische Moment beide r gleic h sein; di e an dem Hebel* arme 3 ans der linke n Seite wirkende ®rast muss also den Werth 10 haben. Anstat t die «raft 6 an dem Hebelarm e 5 wirken zu laffen, könnte man aber, ohne das Gleichgewicht zu stören, di e ßraft 30 im ^ Punkt e n , alf o an dem Hebelarme 1 anbringen.

30

D i e einfachen Maschinen. Wenn anf jeder Seite des Drehpunktes nicht eine, fondern mehrere

wirken, s o sindet (Gleichgewicht Statt, wen n di e Summe de r statischeu Momeut e f der einen Seite gleich ist der S u m1 6 au me de r statifcheu Momeut e au f de r anderen, wi e die s bei dem Fig . 16 dargestellten Beispiele der Fall ist , w o die Summ e de r statifcheu Momeut e i au f der rechteu Seit e 5 . 2 + 2 . 4 4 4 - 4 .6 = 4 2 , fü r di e link e Seit e r 1 0 . 3 + 3 . 4 , als e ebenfall s

v r abe

42 ist .

Solche Hebel, bei welchen der Drehpnukt m f wi e bei den bisher betrachteten, zwifchen den Angriffspuukteu der bei den nach gleicher Richtuug wirkenden Gräfte liegt, werden zweiarmige Hebe l genannt. gi 0 1 7 E ^ nu / f ^ ^ k gewichtlofe f j ä'

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s ist bisher vo m Hebel r al s vo u eiuer starre n u Lini e di e Rede . Ei u solcher idea s ler oder Inathematischer

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n

nicht experimentiren. Solche Stäbe uud Staugeu vou

Holz, Metal l u . f. w. aber, a u welchen i n verschiedenen Abständen vo m Drehpuukte Gräfte angreifen, werde n m a t e r i e l l e, phyfifch e Hebel genannt. Di e Wir kuug der Gräfte, welche deu materielle« Hebe l i n drehen streben, folg t ganz de n

Der einarmige Hebel.

31 u

a

eben besprochenen Hebelgesetzen . Be i eine m materiellen Hebel *n ss in n abe r ausse r de n a n ih m angreifenden Gräfte n noc h da s Gewich t de s materielle n Hebels selbst i n Rechnung bringen. Fig. 1 7 erläutert ein e allgemein verbreitete Ar t der Anwendung de s zwei a r m i g en Hebels . Ei n anderes Beispiel liefer t uns di e gewohnliche S c h n e l l wage, Fig . 18. Ei n zweiarmiger Hebel is i bei C drehbar, bei A is t di e Saft P angehängt , di e also a n dem Hebelarme AC wirkt ; dieser Saft nuu wir d durch ei u am anderen Arm e de s Hebeln angehängtes Saufgewicht Q da s Gleichgewicht gehalteu. 3 e grosser di e Saft wird , dest o meh r mus s ma n da s Saufgewicht Q vom Drehpuukte G eutferuen.

D e r e i n a r m i g e H e b e l . A n eine m z w e i a r m i g en Hebe t ha t der feste Drehpuukt eine n Druc k auszuhalten, welche r de r S u m m e de r a n beiden Seite n wirkende n Gräft e gleic h ist ; ein solcher Hel>e l kan n abe r auc h im Gleichgewichte seiu, wen n diese r mittler e Punkt nich t fest ist, sondern wen n in ih m ein e ®raf t wirkt , welch e der Summ e de r beiden anderen gleic h ist , uud in entgegengesetzterRichtung wirkt . Di e Fi g 1 9 mag die s erläutern. Rehme n wir an , c sei der Drehpunkt eine s Hebeln mnt a n dessen Enden di e Gräfte P d P' angreifen un d sich ütg. 19. un einander da s Gleichgewicht halten. Diese s Gleichge wicht wir d nu n nicht gestört, wen n de r Punkt c aufhört fes t z u seiu, weu n in ih m aber ein e $raf t JSf angebrachtwird , welch e der Snmme von Puud P' gleich ist, di e aber uach oben wirkt , während di e Gräfte P un d P' nach unten ziehen. Dhne da s Gleichgewicht zu stören, kan n ma n nu n wieder jeden der drei Punkte F' m, c un d n al s fes t be* trachten; wen n nu u eiue r der beiden äusseren Punkte, etw a n, fes t ist, s o haben wi r eine n einarmigen Hebel, d . h . eine n solchen, be i welchem di e Angrissspunkte de r beiden sic h da s Gleichgewicht haltenden Gräft e N un d P au f derselbe« Seite de s festen Drehpuuktes n liegen . Di e beide n Gräft e haben i n diese m Fall e entgegengesetzt e Richtung, un d der Druck au f de n Unterstütznngspunk t is t de m Unterschiede de r beiden f r ä s te P un d N gleich . De r Hebelarm der ®raf t P is t l + 1' , wen n man mi t Z die Sänge me, mi t V di e Sänge nc bezeichnet; de r Hebelarm de r $rast N is t aber V. Wär e c de r seste Drehpuukt geweseu, s o hätte man nach dem vorigen "Paragraphen al s Bedingung de s Gleichgewichts:

19

32

Die

einfachen Maschinen. P': P =

l

:

r .

Und daraus folgt : P' + P Oder

:

P=

l+

V : J'

jy : p = z + v : r;

wenn als o di e an dem einarmigen §ebel i n entgegengesetzte n Richtungen wirken den Gräft e JSf und P sic h da s Gleichgewicht halte n follen , s o müssen si e sic h ebenfalls umgekehrt v e r h a l t en wi e ihr e H e b e l a r m e. Die Figuren 2 0 un d 2 1 zeigen zwei bekannte Formen de r Anwendung des einarmigen Bebels, welche wohl keiner weiteren Erläuterung bedürfen. Fig. 20 .

Weitere Beispiele des e i n a r m i g en R e b e l s biete t di e Pumpe de r hydraulischen Presse, das Sicherheitsventil u . s . w . Auch di e beide n Endpunkt e m un d n , Fig . 19 , de r Stange m n könne n sest sein, wahren d i n c eine Sraft N wirkt ; alsdan n abe r ha t de r Punk t m einen Druc k P , de r Punk t n eine n Druc k P ' auszuhalten. Wen n ein e au f einer Tragbahre liegende Last durch zwe i Leute getragen wird , s o vertheil t sic h die Last au s di e beiden Träger, un d wen n si e gerade i n der Mitt e de r Bahr e liegt, s o kommt au f jede n di e Hälft e de r Last; wir d abe r di e Last de m eine n Träger näher gerückt, wi e Fig . 2 2 andeutet, s o hat dieser eine n grösseren Thei l zu tragen. Gesetzt , di e aufgelegte Las t betrage 10 0 Pfund , di e ganz e Bahre fei 5 Fuss lang un d der Schwerpunkt der Last lieg e 2 Fuss vo n dem einem, 3 Fuss

Gleichgewicht a m Hebel be i schiefwinkli g angreifenden grasten. 3

3

von dem anderen Ende, so hat der ein e Träger eine n Druc k öon 6 0 Pfund, der andere einen Druc k vo n 4 0 ^pfun d auszuhalten. Fig. 22.

Gleichgewicht am Hebel bei schiefwinklig angreifen- 20 den Kräften. Wi r haben bisher nn r de n Fal l betrachtet, w o di e Gräft e rechtwinklig gegen den Hebel wirkten; e s kann aber auch Gleichgewicht stattfinden, wenn die s nich t der Fall ist . In Fig . 2 3 se i n de r Stutzpunkt de s Hebeln ab, Fig. 23 . i n a wirk e ein e $raft_p h de r Richtun g a c , 0 nac inb ein e andere, q, nach r Richtuug bd . Di e m de Gräfte p un d q solle n sich verhalte n wi e di e /| i \ Sinie n a c und bd. Nac h J\ v) de m Satze vo m Paral c \ lelogram m de r Gräft e / läss t sichp i n zwei Gräfte v_ ^ zerlegen , vo n denen di e eine, p', rechtwinkli g auf ab, di e andere i n de r Richtnng vo n ab wirkt . Ebens o kan n ma n di e «rast q in zwei Gräfte zerlegen, vo n denen di e eine, q', rechtwinkli g au f ab un d di e andere i n der Richtung dieser Sini e wirkt . Di e Wirkung de r beiden Seitenkräste, welche i n di e Richtuug de r £iui e ab falleu , wir d offenbar durch den Widerstand des feste n 'Puuktes n völli g aufgehoben, un d somi t bleib t nu r di e Wirkun g der $ r ä s t e y. un d q' ubrig . Stat t de r ursprunglichen Gräft e p un d q kann ma n also ohn e Weiteres ihr e rechtwinkli g angreifenden Seitenkräfte pf un d qf setzen. Gleichgewicht wir d aber stattfinden müssen, wen n sich p' un d q' umgekehrt ver halten wi e ihr e Hebelarme, d . h . wenn p' : q' = 7ib : na, oder wenn qf x nb = p* X na. SOKi l l e r' s ön-uuDriss der $fn>fif . 3

34

Die

einfachen Maschinen.

Berlängert ma n di e Richtung de r ®raf t p, u m au f ihr e Berlängerung

von n das Perpendikel no = l zu fällen, so entsteht ein Dreieck aon, welches demjenigen ähnlich ist, dessen Hypotenuse n und dessen eine Kathete p' ist. A u s der Aehnlichkeit dieser Dreiecke folgt: p : p' =

an : l,

p x l =

pf X

und daraus:

an.

Die an den Hebelarm an schief angreifende ®raft p wirkt also gerade so wie ihre in demselben Punkte a rechtwinklig angreifende Seitenkraft pf, und anch so, als ob die ®raft p selbst rechtwinklig an einem kleineren Hebelarme wirkte, welchen man findet, wenn man vom Drehpunkte n ein Perpendikel auf die Richtung der ®raft fällt. D a s statische Moment einer schräg angreifenden ®raft findet man also, indem man die ®raft multiplicirt mit dem vom Drehpunkte auf die Richtung der Äraft gefällten Perpendikel. Demnach wirkt auch die schief angreifende ®raft qf Fig. 23, gerade so, als ob si e rechtwinklig a n den Hebelarm n m angriffe, un d di e beiden ®raft e p un d q halten sic h das Gleichgewicht, wen n p X on =

q X

nm.

Auf di e eben entwickelte Weif e finde t ma n auch di e Momente de r Gräfte, wenn de r Hebel nich t mehr ein e gerade Lini e ist , wi e Fig . 24. Fig. 24 - Fig

. 25 .

t> V

Wenn zwe i parallele rechtwinkli g angreifend e Gräft e an einem Hebel ein 5 ander da s Gleichgewicht halten , s o wird da s Gleichgewicht nich t gestört, wen n man si e i n gleichem Berhältniss vergrössert ode r verkleinert. Ebens o weni g wir d das Gleichgewicht gestört , wen n beid e Gräfte ihr e Richtung s o ändern, das s si e unter sic h parallel bleiben . Wen n z . B. di e Gräft e ab = p un d cd = q an dem Hebel a C, Fig . 25 , fic h da s Gleichgewicht halten, f o besteht dasselbe auch noch, wen n ma n dieselben Gräft e nach de n einander parallele n Richtungen ae und c f wirke n lässt ; den n di e schräg wirkend e $ r a f t p wirk t wi e ihre recht winklige Composante p' un d di e schräg wirkend e q wi e di e rechtwinkli g angrei sende Seitenkrast p' un d q* halten fich aber gewis s das Gleichgewicht, wen n es zwischen de n Gräften p un d q bestand, d a p : p' = q : qf is t

Happel nnd Räderwerke.

35

H a s p e l u n d R ä d e r w e r k e . Wen n irgend ei n fester $ o r p er n m 21 eine feste Ax e drehbar ist , s o wirke n di e fräste , welch e ih n u m dies e Ax e z u drehen streben, ganz nach de n (Gesetzen de s Hebels. Deshal b finde n dies e ©e ^ setze bei den viele n Maschinen ein e Anwendung, welch e sich i u ei u ineh r ode r weniger complicitie s System vo n Hebeln zerlegen lassen. Bei m H a s p el i . 53-, Fig. 26 , verhält sich di e S r a ft P , welch e a m H e b e l a r me OF angreift , z u de r Last Q-

Der Radiu s de s Triebes c verhält sich zum Radius de s Rades a wi e der Umfang de s Triebes zn m Umfang de s Rades; di e Umfänge aber verhalte n sich wie di e Anzahl de r Zähne, welch e sie tragen. A n de r Borrichtnn g Fig . 2 8 fe i z . B . de r Radius de r Kurbel , a n wel ^ cher der Arbeite r angreift , als o B' = 0, 5 Meter , de r Radius de r Well e D

Die schiefe Ebene.

37

aber, an welcher di e Saft hängt, als o r = 0,1 2 Meter; ferne r hab e de r auf der «nrbelaxe sitzendeTrieb 12 , das Ra d II aber 7 2 Zähne, s o haben wir :

giß. 28 . — ^ H l

Bei de m Räderwerk Fig . 2 8 muss di e «urbelaxe 6 Umdrehungen machen, um ein e Umdrehung de r Well e D z u bewirken.

Räderwerke werden nich t allei n benutzt, um grosse Saften mi t kleinen «räf ten z u heben, wi e die s z . B. bei erahnen de r Fall ist , fondern auc h u m di e Drehung eine r Ax e i n eine schnellere ode r langsamere z u verwandeln.

Ein Mühlstei n mus s mi t ziemlic h grosser Geschwindigkeit umgedreht wer den, während da s Wasserrad sic h seh r langsam umdreht ; durc h Vermittelun g eines Räderwerkes wir d nu n di e langsame Umdrehung de s Wasserrades i n ein e rasche Umdrehungde s Mühlsteins verwandelt. Aehnliche s finde t auch bei Uhren

Statt.

Die schiefe Ebene bietet un s ei n praktisches Beispiel vo n der Zerle- 2 2 gung der «raste dar. Wen n sich eine Saft a aus einer Ebene E S, Fig. 29(a. f . S.), befindet, welche mi t de r Horizontalen eine n Winke l x bildet , s o is t di e nach der Richtung b a wirkend e Schwere de s «orpers nich t meh r rechtwinkli g gege n di e Ebene gerichtet, di e Ebene hat als o auch nich t de n volle n Druc k de r Sas t aus zuhalten. In de r Tha t läss t sich di e Schwere de s «örper s i n zwe i andere «räfte zerlegen, vo n dene n di e ein e rechtwinkli g gege n di e Ebene al s Druc k wirkt, während di e andere parallel mi t de r schiesen Eben e wirken d de n «örper herabtreibt. Di e Grosse dieser beiden «räft e lässt sic h leicht durc h Eonstruction ermitteln. Wen n ab di e Gröss e un d Richtun g de r Schwerkraft darstellt , s o

Die einfachen Maschinen.

38

haben wi r durc h a nu r ein e Lini e rechtwinkli g zu r schiesen Ebene un d ein e an dere parallel mi t derselben z u ziehen un d sodann vo n b aus di e Perpendikel bd Fig. 29

.

P

und bc au s diese Linie n z u sällen . Di e Lini e ad stellt un s di e ©ross e de s Druckes dar, welchen di e Ebene auszuhalten hat , a c abe r di e ©rosse der $rast, welche di e Last zu r schiesen Ebene heruntertreibt; ode r mi t anderen Worten , de r Druck au s di e Ebene un d di e Äraft , welch e de n Körper paralle l de r schiesen Ebene z u bewegen strebt , verhalte n fich zu m Gewicht e de s Körpers , wi e di e Linien ad un d ac z u ab. Run abe r is t das Dreieck abc de m Dreieck e EST ähnlich , un d zwa r verhält sic h ab : ac = BS : ST, un d darau s folgt , das s di e $ r a s t , welche de n K ö r p e r zu r schiesen Eben e h e r u n t e r t r e i b t, sic h z u seinem ©ewichte v e r h ä l t , wi e di e Hoh e de r schiesen Eben e z u ihre r Länge . Bezeichnen wi r durc h Q das ©ewich t des Körpers, welches i n obiger Zeichnung durc h di e Lini e ab repräfentir t war ; durc h P di e $raf t ac , welch e de r Äorpe r zu r schiesen Eben e heruntertreibt ; serner durc h II di e Hohe ST de r schiefen Ebene un d endlic h durch L di e Länge B S derselben, s o haben wi r Q : P =

oder

L : H

*=«£• Es is t aber auch =

sin x, wen n wi r mi t x de n Winke l bezeichnen.

Die Schraube.

39

welchen di e fchief e Ebene mi t de r Horizontalen macht. Wi r haben als o fü r di e Beziehung zwische n $ r a f t P un d Saf t Q auf der fchiefen Eben e auc h die Gleichung p =

Q sin x.

3st z . B. das Gewich t de r Walz e a, d. h. die gast Q — 1000 Gramm , fo ergiebt sic h P = 50 0 Gramm, wen n x = = 30° und P = 33 3 Gramm, wenn a ? = 19 ° 30' ist ^ weil sin 30 ° = 0, 5 un d sin 19 ° 13' = 0,33 3 ist . D a sin 14 ° 13' sehr nahe gleic h 1I4 ist , d. h. da für den Winke l x = 14U3' ST = i/ 4 BS, f o mnss fü r diesen Fal l P= V 4 1000 = 25 0 Gramm sein . H

Der Wert h de s Ouotienteu -= - , ode r wa s dasselbe ist , der Werth von i/

sin x wir d gewohnlich al s S t e i g u ng de r fchiefen Ebene bezeichnet. Wen n für ei n Stück eine r Ehaufsee der Wert h vo n sin x gleic h 0,07 , ode r wen n er 0,025 ist , s o sagt man, di e Chaussee habe a u der fraglichen Stell e ein e Stei guug vo n 7 oder vo n 2V 2 ^rocent . Praktische Anwendungen de r schiefen Ebene komme n täglic h vor . Jeder Weg, welche r ein e Anhohe hinaufführt, ist eine schiefe Ebene, auf welcher Saften in di e Hohe geschasst werden; u m z. B. einen Saftwagen au f einer geneigten Chaussee auswärts z u ziehen, muss ausser de r $ r a f t , welch e nothi g ist , u m di e Reibung z u überwinden, di e gerade ebenso auc h be i ganz horizontalen Wegen überwunden werden muss, noch ein e ®raf t angewandt werden, u m de m mi t de r fchiefen Ebene parallel wirkenden Authei l de r Schwerkraft da s Gleichgewicht zu halten. Diese r Anthei l is t aber u m so grosser, j e steiler der Weg ist . Aus diesem Grunde führ t man a n steilen Bergen di e Chausseen nich t geradeaus, soudern ma n zieh t es vor, grosse Umwege z u machen un d de n We g i n Windungen die weniger steil sind, au s den Gipfe l zu führen. Be i Bauten alle r Ar t komm t es häufi g vor , dass di e Materialien auf fchiefen Ebenen i n di e Hohe geschafft werden, j a häufig werden solch e schiefe Ebenen auf besonders z u diesem Zwecke ausgeschlagene n Gerüsten augelegt. Dies e Anwendung de r schiefen Ebene war schon i m grauen Alterlhum e bekannt ; den n höchs t wahrscheinlich bedienten sich ihrer di e alten Aegypter, u m di e ungeheuren Steinblocke i n die Hohe Ju fchaffen, •welche sie zu ihren Pyramiden verwandten. Die Schraube is t eine u m einen Cylinde r herumgewundene schief e 23

Ebene.

Es sei a o / , F i g. 30(a.f.S), ein rechtwinkliges Stück Papier, deffen verücale Kathete a n einem Cylinde r befestigt ist . Wir d nn n da s Papier u m de n Cylin der herumgewickelt, f o bildet di e Hypoteuufe af a u f dem Cylinder eineSchranb e n l i n i e, dere n Sauf ma n i n der Figu r leich t verfolgen kann. 3st c ' c gleich de m Umfange de s Cylinders, f o wir d bei m Umwickel n c nach c vertica l unter a kommen. De r Punkt b kommt nach b\ d nach d'u.f. w . Di e auf die hinter e Seit e de s Cylinders fallende n Stück e de r Schraubenlinie

40

Die einfachen Maschinen.

sind pnnktirt . Di e Hoh e fcou a bi s c 'f * eines S c h r a n b e n g a n g e s .

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Fig. 30-

Denken wi r nn s a n de r Schraubenlinie u m de n Cylinde r ei n Dreieck fort -

geführt, welches di e Hohv eines Schranbeugauge s hat , f o eutsteht ei u fogenanntes scharfes S c h r a u b e u g e w i u d ,ewi e ei n folche s i n Fig- 3 1 dargestellt ist ; denkt man sic h aber ei n Rechteck, dessen Hohe gewöhnlic h hal b s o gross is t al s die Hohe eiu es Schranbenganges , au f dieselbe Weif e n m de« Eylinder geführt , so entsteht ei n flaches S c h r a u b e n g e w i n d ;e ei n solches is t Fig. 3 2 dar gestellt. Fig. 31 . Fig

. 32 . Fig

. 33 .

Wi r haben eben solche Schraubeugewiude betrachtet, welch e u m eiueu soliden Eylinde r herumgelegt siud ; Schraubeu, welch e au f diese Weif e gebilde t sind, werden S c h r a u b e u s p i u d eul geuauttt ; werde u abe r di e Gewinde auf dieselbe Weif e i m Inuereu eiue s hohle u Eyliuder s herumgeführt, so eutsteht eiue S c h r a u b e u m u t t e,rFig . 33. Eiue Schraubeufpiudelis t fü r sich allei n zum Forlfchiebeu oder Heben einer Last, oder u m eiueu starkeu Druc k auszuüben, uich t z u gebrauche«; si e muss mi t einer Schraubenmutter f o verbuudeu fern , dass di e Erhabenheiten de r eiuen genau i u die Vertiefungen de r anderen paffen . Fig . 3 3 stellt de n Durchschuitt eiuer Schraubenmutter dar , welche zur Spiudel Fig . 3 2 passt. -Ss t eiue Schraubenspindel s, Fig. 34 , vertical gestellt uu d di e Schraubenmutter i u mn fest , so wird di e Schraubenspinde l be i jeder Umdrehuug u m di e Hohe eine s Schraubeugauges auf - oder uiedergeheu, inde m di e Winduugeu de r Schraubeufpiudelauf deu Wiuduugen de r Schraubenmutte r wi e auf eiuer schiefe n Ebene auf - un d nieder gleiten. Sollt e ein e anf der Schraubeufpiude l liegend e Las t durc h Um drehuug derselben gehoben werden, so is t klar , dass hier dieselben ^rincipie n gel -

Die Schraube.

41

ten, wi e bei einer schiesen Ebene vo n gleicher Steigung. E s wir d sich als o di e

(am Umfange der Spindel angebrachte) «rast P fü r den Fall de s Gleichgewichts gi 9# 3 4 a n der Schraube zu r Saft

M

diUs der 4 Schraubenspindel

bezeichnen (7t steht wie im-

rner fü r das PeripherieverDi e S c h r a u b e n p r e s s,e anderes Beifpiel von der

ist ei n Hebel angebracht , mittelst dessen ma n si e umdreht. — M i t de r Schraubenspindel s is t mittels t eines Kugelgelenkes di e 'Pressplatte Je verbunden, welch e de r ans - un d nieder gehende n Bewegung de r Schraube folgt , ohn e a n dere n Umdrehun g Thei l z u nehmen. Au f di e Platte g wir d de r auszuprefsende «örper gelegt , welche r na türlich mi t grosser «rast zusammengedrückt wird , wen n ma n di e Schraube i n der entsprechende n Richtnn g dreht . Um de n Effec t einer Schraube richti g z u berechnen, dar f ma n di e R e i b u ng nich t ausser Ach t lassen, di e hie r ein e grosse Roll e spielt , wi e wi r späte r noch sehen werden. U m au s de r Schraube ein e krästig e Maschin e z n machen, lässt ma n di e «rast, welch e ihr e Umdrehung bewirkt , nich t direc t a m Umsang e der Schraube, sondern a n einem grösseren Hebelarme wirken , wi e ma n die s be i der Schraubenpresse , Fig . 3 5 sowohl , wi e be i de r Schraubenwinde, Fig . 34 ,

sieht.

Auch z u anderen Zwecken al s zu r Ausübung eine s grossen Drucke s wir d die Schraube noc h angewandt. Ein e Schraube, welch e i n ihre r Sängenrichtung nicht verschiebbar ist , wir d ein e zwar verschiebbare abe r nich t drehbare Schranbenmntter be i jede r Umdrehung u m eine n Schraubengang voranschieben; be i

42

Die

einfachen Maschinen.

gleichförmiger Umdrehung der Schraube wird also auch die Mutter mit gleich-

mässiger Geschwindigkeit fortgefchoben. Tarau f beruh t da s gleichmässige Fori schieben des Supports a n Drehbänken n , s. w . 3 5

D a

s ^ ^(Mlkfe v

j ei

bei einigermassen

fei-

nen Schraubengängen selbst

einer ganze n Umdrehun g

j*

j

ke

s Schraubenkopfes nu r

n sehrgeringes Fortfchie-

ben entspricht,so benutzt man

bei Messinstrumenten ein e feine Schraube zur genauereu Einstellung. — Da man serner, wen n de r Schrau -

benkopf einigermassen gros s und i n Grad e eingeteil t ist, noch den 360sten Thei l einer ganze n Umdrehun g messen kann, so ist man auch im Stande vermittelst einer solchen Schraube noc h ein Fortschieben um den 360sten ; | u Thei l der ohnehin schon gerin77 J ge n §ohe eines Schraubenganges zu messen; eine feine Schraube kann als o al s M i k r o m e t e r s c h r a u be zu r Hervorbringung un d Mes sung sehr kleiner Sängenverschiebunge n angewandt werden. In dieser Weise benutzt man di e Mikrometerschraube be i Mikroskopen zu r Messung kleine r Gegenstände. 24

Der Keil. Ein e ander e Form , i n welcher di e schiese Ebene zu r An wendung kommt , ist der ®eil ; e r wird u . a. gebraucht, u m H°l S uu d Steinmassen z u spalten, Fig . 36 ; dadurch, dass man Seile unter di e Siele de r Schisse ^ 3 6 treibt , werde n si e auf den Werfren gehoben; das Auspressen de s Oel s au s de m zerriebenen Samen wir d gewöhnlich durc h Eintreiben von Schneidewerkzeuge , Messer , Scheeren, Meissel u . s. w., sin d nicht s andere s al s Seile. Dass di e Wirkun g de s Seil s fich wirklic h auf di e de r schiefen Ebene zurückführeu lässt, kann man durc h de n Apparat Fig . 3 7 erläutern. De r Seil l c soll zwischen den Rolle n a und b hindurchgezogen werden, a ist sest, b an dem beweglichen Brett e s befestigt. Au s s lieg t ei n Gewicht P; mi t einem kleine n Gewichte Q, welches i n der Wagfchale w liegen d de n Seil nac h de r Rechten zieht, kann ma n ein e verhältnismässig grosse Saft P heben, un d zwa r ein e um so grossere, j e schmäler de r Rücken de s Seil s i m Bergleich z u seiner Länge ist .

Schwerpunkt.

43

Aus be r Theorie de r schiefen Ebene lässt sich leicht ableiten, das s zwischen der firaft Q un d de r Saft P a m Bei l Gleichgewicht stattfindet, wenn Q — P sin af vorausgesetzt , das s di e Saf t P rechtwinkli g au t di e Seitenfläche, di e Braf t Q Fig. 37-

rechtwinklig gegen de n Rücken wirk t un d dass mi t « de r Winke l de r Schneide bezeichne t wird . Wenn de r Winke l c c nicht gross ist , lässt sich das Gesetz des Gleichgewichtes am Bei l i n Worten auc h s o ausdrucken: E i u e B r a f t Q f welch e rechtwink l i g ' g e g en de n Rücken de s B e i l s wirkt , h ä l t eine m rechtwinkli g ge gen di e S e i t e de s B e i l s wirkende n Druc k P da s Gleichgewicht , w e nn sic h Q z u P v e r h ä l t , wi e di e B r e i t e de s Beilrücken s zu r Sänge d e s B e i l s .

Schwerpunkt. Ei n jeder fester Borper, z . B . ei n Stein, ei n Stück 25 Hvlz u . f . w. , besteht au s einer gewissen Anzahl vo n Molekülen, welch e i n be stimmter gegenseitiger Stellun g z n eine m Ganzen verbunden sind . Au f jede s dieser Molekül e wirk t di e Schwere und treib t e s mi t eine r bestimmten Braf t gegen den Mittelpunk t de r Erd e hin . Di e Richtun g de r Schwerkraft is t fü r alle Molekül e de s Borper s dieselbe, e r wir d als o durch ein e Anzahl unte r sich paralleler Gräft e gegen di e Erd e getrieben. Di e Refultirend e (di e Summe ) aller dieser ElementarMfte is t es, wa s wi r da s Gewicht de s Borpers nennen. Der Angriffspunk t dieser Resultirenden wir d de r S c h w e r p u n kt genannt. Die Sage dieses Schwerpunktes bleib t (i n Beziehung au f de n Borper selbst) unveränderlic h dieselbe, wi e man de n Borper auc h drehen un d wenden mag, wi e sich aus folgender Betrachtung ergiebt.

44

Die einfachen Maschinen.

Stellen wi r un s vor , di e beiden funkt e a un d & , Fig . 3 8 , seien zwe i gleich schwere, durch di e gerade, feste, gewichtlose Lini e ab verbundene Moleküle, so folg t aus de n Hebelgesetzen , das s Gleichgewicht stattfinde n muss , sobal d nu r der i n der Mitt e zwischen a un d b liegende 'Punkt c unterstützt ist , welches auch r Winke l sein mag, wel u de chendie Sini e ab mi t de r Horizontalen macht. Findet also Gleichgewich t Statt , wenn de r He&e l di e £ag e ab hat , so bleib t e s auc h noch bestehen, wen n ma n ihn i n di e Sage a'bf bringt . Der Punk t c is t de r S c h w e r p u n kt de s au s den beiden schweren Mole külen a un d b bestehenden Körpers. Ohne das Gleichgewicht z u stören, kan n man di e Schwerkraf t der beide n Molekül e i m Schwerpunkte c vereinig t denken. In jede m de r dre i Eckpunkte eine s starren , gewichtlosen Dreieck s abc, Fig. 39 , befind e sich ei n Molekül , welches durch di e Schwere mi t eine r Äraf t p herabgezogen wird . Ohn e da s Gleichgewicht z u stören, können nu n abe r di e gig. 39 . beide n i n c und b angrei sendenGräft e durc h ein e $rast 2 p ersetz t werden , welche i n de m zwische n c und b i n de r Mitt e liegenden Punkt e d angreift . Di e Resultirende de r i n d angreifende n $raf t 2 p und de r i n a eingreifenden $ r a ft p geh t abe r jeden falls durch de n Punk t m , welcher di e gerad e Sini e da s o theilt , dass ma — 2. dm. De r Punk t m is t also der Angriffspunkt de r Resultirenden de r dre i i n a, b un d c angreifenden parallelen Gräfte, welches anch übrigens di e Sage des Dreiecks sein mag. Denken wi r un s af b un d c seien dre i i n unveränderlicher gegenseitiger Sage verbundene schwere Moleküle, s o is t klar , das s m de r Schwerpunkt dieses ans dre i Molekülen gebildeten feste n Körpers ist ,

B o m Gleichgewicht.

45

Gerade s o aber, wi e sich zeigen lässt, dass ei n au s zwei ode r ei n an s drei schweren Molekülen gebildeter fester «örper eine n Schwerpunkt haben müsse, so kann man auc h einsehen, dass j e vier, fünf , sechsK . fes t verbundene Molekül e einen solchen Schwerpunkt haben müssen, dass endlich jede r fest e «orper eine n unveränderliche n Schwerpunkt haben muss, wi e gross auc h di e Anzahl de r Mo leküle sein mag, au s denen e r besteht. Damit ei n schwerer «orper in t Gleichgewichte sei, braucht als o nu r ein e einzige Bedinguug erfüll t z u sein, nämlich die , das s sei n S c h w e r p u n kt u n terstutzt ist . Ei n «örper, fü r welche n dies e Bedingung erfüll t ist , befinde t sich im Gleichgewicht, welches i m Uebrigen auch seine Sage sein mag. Aus diesen Betrachtungen lässt sic h ein e Method e ableiten , de n Schwer punkt de r «örper durc h de n Versuch z u finden . M a n häng e de n «örper a n einem Punkte a auf , Fig . 4 0 , s o wir b di e Verlängerung de s de n «orper tra Fig. 4i . gende n Fadens i n eine m Punkte c aus den t «örpe r austreten . Au f de r Sini e ac mus s nothwendi g de r Schwerpunkt liegen. Hängt mau de n «örper i n eine m zweiten Punkte b, Fig . 41 , auf, so muss de r Schwer puukt abermals auf der Verläugeruug de s Fadens, also auf de r Sint e b d r liegen ; der Schwerpunkt lieg t als o auf dem Durchschnittspunkt e der Sinie n bd un d ac. Der Schwerpunkt vo n ebenen Scheiben is t nach dieser Methode leich t z u bestimmen; be i anderen «orpern is t e s Jedoch mi t Schwierigkeiten verbunden,die Ver längerung de s verticalen Fadens durc h das Innere de s «orpers genan z u ver folgen. Der Schwerpunkt homogener «örpe r vo n regelmässiger Gestalt fäll t mi t ihrem geometrischen Mittelpunkt e zusammen.

Vom Gleichgewicht. Wi r habe n scho n gesehen, dass di e einzig e 26 Gleichgewichtsbediuguu g schwerer «örper di e ist , das s ih r Schwerpunkt unter stützt sei n muss . Dies e Bedingung abe r kan n au f verschiedene Weis e erfüll t sein, j e nachdem di e «örper i n festen Punkten aufgehängt sin d oder au f Unter stützuugsfläche n ruhen. Betrachten wi r zunächst einen «örper, de r i n einem festen Punkt e gleich sam ausgehängt ist , u m welcheu e r sich frei dreheu kauu, s o is t e r nur dan n i m Gleichgewichte , wen n sei n Schwerpunkt s mi t jene m feste n Drehpunkte c i n einer Verticallini e liegt . Wa s di e gegenseitige Sage dieser Punkt e betrifft , so sind folgende drei Fäll e möglich :

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Die einfachen Maschinen.

1) De r fest e Punkt c (di e feste Drehungsaxe ) geh t durch den Schwerpunkt des Borpers selbst hindurch, wi e dies z . B . Fig . 4 2 darstellt. 3 n diesem Fall e liegen s un d c jedenfalls i n einer Berticalen, welch e Sage ma n übrigen s anc h dem Borpe r giebt ; e s finde t also Gleichgewicht S t a t t, wi e e r auc h gestell t fei n mag, fü r di e Stellung A B alf o ebenfo gut wi e fü r di e Stellung C D. Es is t dies der Fal l de s i n d i f f e r e n t en Gleichgewichtes. 2) de r Schwerpunkt s Fig. 42. liegt vertica l u n t e r de m Drehpunkt c , Fig . 43 . Dreht ma n de n Borpe r aus dieser Sage heraus, f o dass etwa de r Schwerpunkt nach sr kommt , f o führ t B di e Schwerkraft de n Bor per wiede r i n di e Gleich gewichtslage zurück, fobal d die störendeBraft z u wir ken aufhört . Ei n folche s , n Gleichgewich t wir d ei n fe st es1 oder stabiles genannt. •3st endlich 3) der Schwerpunkt s des Borper s vertica l übe r de m Drehpunkte, wi e Fig. 4 4 , f o befinde t sich der Borpe r i m Zustande de s l a b i l e n ode r u n Fig. 43 .

Fig. 44 .

sicheren Gleichgewichts; den n wen n di e geringste störende Braf t de n Borpe r ans diese r Sag e herausbringt, f o wirk t di e i m Schwerpunkte s' angreifende

B o m Gleichgewicht.

47

Schwerkraft des Körpers dahin, ih n noc h weite r vo n seiner Gleichgewichtslage zu entfernen, und e r kann nich t eher wieder i n di e Ruhe kommen, al s bi s nach einer halben Umdrehung de r Schwerpunkt vertica l unte r de m Drehpunkt ange kommen ist . Einen interessanten Fal l de s stabilen Gleichgewichts zeig t Fig . 45 . Ein Holzstüc k B, welche s unten mi t einer Stahlspitze versehen ist , se i mi t r auf ei n flac h ausgehöhltes Me4 5 diese tallstückchen gesetzt, welches di e ober e | 1 B Endfläch e des Stativs A bildet . D a s Holzstück B wir d umfallen, wei l sein Schwerpunkt übe r de m Unter II stützungspunkte liegt . Wen n abe r /* \ durc h B ei n Drahtbogen MN gezo / liifc j\ ge n wird, welche r a n beide n Ende n /^ \ di e Bleikugeln p trägt , s o dass durch fl \ 1 dieselbe n der gemeinschaftlich e Schwer( p punk t de s Holzstückes B un d de r VI Bj V Bleikugel n unter di e Stahlspitze fällt , KMs o findet nu n ei n stabiles Gleich gewicht S t a t t , B fäll t nich t meh r um; de r Ä p e r is t jetz t eigentlic h a u f g e h ä n g.t Wenn ei n Sorper mi t mehr oder wenige r breite r Basis au f de m Bode n steht, s o muss di e durch seinen Schwerpunkt gezogene Berticale noc h di e Basi s selbst treffen , wenn Gleichgewich t stattfinde n soll . Demnac h mus s de r schief e Cylinder (Fig . 46), i m Gleichgewichte sein, wenn e r nur di e i n de r Figu r schattirte Länge hat; e r würd e umfallen müssen, wenn e r ein e solche Hohe hatte, dass sein Schwerpunkt i n b läge. Fig. 46. Fig

. 47 -

Wenn ei n au f irgend einer vieleckigen Basis stehender Sörper umgeworfen werden soll , s o muss e r zunächst u m ein e seiner Grundkanten gedreh t werden.

48

Die einfachen Maschinen.

bis sein Schwerpunkt vertical über dieser Umdrehungskant e steht. Sollt e z . B . der i n Fig. 47(a.v. S .) dargestellte Blotz umgeworfen werden, und dabei die Baute a di e Rolle der Umdrehungskante spielen, so hätte man zunächst den Blot z so wei t zu drehen, bi s de r Schwerpunkt s i n di e Sage vo n s' kommt ; liess e di e Braft , welche das Umwerfen bewirken foll , eher nach, al s de r Schwerpunkt i n sr angekommen ist , so wir d de r Blot z i n fein e ursprüngliche Sag e zurückfalle n müssen; hat man aber den Schwerpunkt nu r i m Mindesten übe r s ' hinausgebracht, so wird nu n de r Borper vo n selbst ganz umfallen. Ein Borper wir d u m s o fester stehen,d. h . seine S t a b i l i t ät is t u m f o grosser, | e grosser di e Braf t ist , welche man anwenden muss, u m ih n au s seiner Gleichgewichtslage herauszubringen. In Fig . 4 8 sei s de r Schwerpunkt de s Borpers , welche r u m a umgekantet werden soll . 3s t sein durc h di e Sini e sn repräsentirte s Gewich t gleic h P, s o is t da s statischeMoment B, mi t welche m di e Schwerkraft de s Borper s einer Drehung u m a entgegenwirkt, gleic h der rechtwinkli g z u sa angreifende n Seitenkraft vo n P , als o gleic h so ode r B = P cos x, wenn x de n Winke l bezeichnet, welche n sa mi t Fig. 48 . der Horizontalen macht. • • • Bezeichne n wi r mi t K ein e horizontal i n s angreifende Braf t s q, f o is t deren rechtwinkli g z u sa wirkend e Seitenkraft Q, welch e de n Borpe r um a z u drehen strebt, gleic h sr ode r K sin x. Für de n Fall de s Gleichgewichtes zwifche n K un d P habe n wi r als o K sin x — P cos x K =P

COS X

1) stn x Run abe r habe n wi r cos x : sin x — st :ta ode r cos x : sin x = b :h, wen n wir di e Hoh e des Schwerpunktes übe r di e Basi s mi t Ii, di e Sange st ode r die halb e Breit e de r Basi s mi t b bezeichnen. Di e Gleichun g 1 ) geh t als o über i n K D i e S t a b i l i t ä t de s B o r p e rs is t als o de r B r e i t e seine r B a s i s d i r e c t, un d de r Hoh e de s S c h w e r p u n k t es übe r de r B a s i s umgekehrt p r o p o r t i o n a l. E i n B o r p e r steht als o u m s o fester , j e breite r fein e B a f i s is t und j e weniger hoc h sei n S c h w e r p u n kt übe r diese r B a s i s liegt . Ei n vierfüssiges Thier steht fest, wenn de r Schwerpunkt seines ganzen Borpers übe r dem Biereck liegt , welches an f den t Boden durc h sein e vie r Füsse bezeichnet ist . Wenn ei n Mensch seinen Ar m aufhebt, f o wir d de r Schwerpunkt seines Bor -

Die

Brutfenwage.

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pers verschoben; wenn ei n Vogel seinen Hal s ausstreckt, s o wir d sein Schwerpunkt bedeuteud nac h vor n geruckt. Ei n Mensch, welche r Safte n trägt , muss , je uach der Ar t de s Trageus, seiu e Haltun g ändern . Träg t e r di e Saf t au s dem Rücken (Fig . 49) , s o muss e r sich vorbeugen, träg t e r si e i n de r linke n Hand (Fig . 50) , s o muss e r deu Oberkörper rechts neigen, denn sonf t siele de r Fig. 49 . Fig . 50 .

gemeinschaftlich e Schwerpunkt de s menschlichen Körpers un d de r getragenen Saft ausserhal b de r Verbindungslinie de r Füsse, e r müsste also umfallen.

Die Wage. Di e gewöhnliche Wage besteht i m Wesentlichen au s einem Stabe, einem Balken , welcher u m eiu e i n seine r Mitt e rechtwinkli g z u seine r Sängsrichtun g angebrachte wagerechte fest e Ax e drehbar ist . Ohn e Belastung Fig. 51.

MUev's öinindri ß der «Pfniftf -

4

27

50

Die einfachen Maschinen.

an de n Enden sol l de r Wagbalken ein e vollkommen horizontale Sage annehmen. Auf beide n Seite n de s Wagbalkens hängen Wagschalen, welch e zu r Aufnahme des z n wägenden «orper s un d de r Gewichte dienen. Be i gleiche r Belastung der Wagschalen mus s de r Wagbalken sein e horizontal e Stellun g beibehalten ; bringt ma n jedoc h i n di e eine Schale ei n Uebergewicht, s o mus s sich der Wag balken nach dieser Seite senken. Wi r wolle n nu n untersuchen, durc h welch e Einrichtun g de n ebe n ausgesprochene n Forderungen Genüge geleistet werden kann. Denke n wi r un s vorerst die Wagschalen noch weg, un d nehme n wi r an , de r Wagbalken sei i n seine m Schwerpunkte unterstützt, s o haben wi r de n Fal l eine s i n d i f f e r e n t en Gleich gewichts; der Wagbalken wir d be i jeder beliebige n Neigung gegen di e Horizontale i m Gleichgewicht sein. Ein e solche Vorrichtung erfüll t als o di e erst e For dernng nicht , dass der Wagbalkett fü r sich, ohne Belastung a n de n Enden, ein e horizontale Sage annehmen muss. Diese r Forderung kan n nu r dadurc h genüg t werden, dass de r Schwerpunkt de s Wagbalkens u n t er seinem Drehpunkte liegt . Denken wi r un s rechtwinkli g au s di e Sangeuaxe des Wagbalkens ein e verticale Siait e gezogen, welche de n Wagbalken halbirt , s o mus s dies e Sini e durc h den Drehpunkt de s Wagbalkens un d durc h seinen Schwerpunkt gehen. Durch da s Anhänge n de r Wagschalen wir d i n unserem Raisonnement nichts geändert; den n wi r können un s ih r Gewich t i n ihre m Aufhängepunkte vereinigt denken, uud dann machen si e eine n integrirenden Thei l de s Wagbalkens aus. Wenn ma n di e Aushängepunkte de r Wagschalen durc h ein e gerade Sini e verbindet, so kann diese Sini e durch de n Drehpunkt de s Wagbalkens gehen, oder über oder unter demselben liegen. De r erster e dieser dre i Fäll e is t sowoh l fü r die Betrachtung de r einfachste, al s auc h fü r di e praktische Ausführuug der zweckmassigste ; wi r wolle n un s deshalb au f di e Betrachtung dieses Falles beschränken. In Fig . 5 2 sei ab di e gerade Sinie, welche di e Aufhängepunkte de r Wag Fig. 52.

schalen verbindet, deren Gewich t wi r uu s i n de u Punkten a un d b oereinig t denken; e sei de r Aufhängepunkt de s Wagbalkens, als o der Drehpunkt desselben;

Die Wage.

51

s aber der n n t er c liegende Schwerpunkt de s Wagbalkens. Wen n i n a un d b gleiche Gewichte P aufgelegt werden, s o bleib t de r Wagbalken i n horizontale r Sage stehen, denn ma n kan n sich di e ein e de r Safte n direc t i n a, di e andere direct i n b wirkend denken, un d somi t fäll t de r gemeinschaftliche Schwerpunkt der beiden Saften P mi t de m Punkt e c zusammen, un d de r gemeinschaftliche Schwerpunkt alle r a n c hängenden Massen, d . h . des Wagbalkens un d de r Sasten P, fäll t demnach i n eine n Punkt zwische n c und s. Diese r gemeinfchaftliche Schwerpunkt lieg t noc h vertica l unte r de m Aufhängepunkte, da s Gleich gewicht is t also nicht gestört. Bringt ma n au f de r eine n Seit e ei n Übergewicht r an , s o fäll t de r Schwerpunktde r angehängten Saften (di e wi r un s natürlic h i n de n Punkten a und b vereinigt denken müssen) nich t mehr mi t c zusammen, sondern e r rück t anf de r Sini e ab vo n c nach de r Seite de s Ubergewichtes, etw a nac h ä hin ; der gemeinschaftliche Schwerpunkt de s Wagballens un d der Saften fäll t demnach auf irgen d einen Punkt m de r Sini e ä s . D a abe r be i horizontaler Stellun g des Wagbalkens de r gemeinschaftliche Schwerpunkt m nich t mehr vertical unte r dem Aufhängepunkte c liegt , f o muss sich der ganz e Wagbalken u m di e Ax e c so wei t drehen, bi s dief e Bedingung wieder erfüll t ist . Dabe i wir d sich noth wendig de r Ar m ca heben, cb abe r senken. De r Winkel , welchen de r Wag balken fü r den Fall de s Übergewichts mi t de r Horizontalen macht, heisst A u s schlagswtnkel. E r is t gleic h dem Winkel scm. Wi r wolle n nu n untersuchen, wi e eine Wag e eingerichtet sein muss, damit sie recht empfindlic h sei, d . h . dami t sie be i eine m kleine n Ubergewicht fcho n einen grossen Ausschlag gebe. 1) D e r S c h w e r p u n k t de s W a g b a l k e ns mus s möglichs t nah e u n t er de m A u f h ä n g e p u n k te liegen; den n wenn be i übrigen s unverändert ten Umständen der Schwerpunkt s de s Wagbalkens i n di e Hoh e gerückt wird , so rückt auch der Punkt m vertical nach oben, was offenbar ein e Vergrosseriutg des Winkel s scm zu r Folg e hat. Be i gute n Wage n ha t ma n ein e Vornch tung angebracht, welche eine Regulirnug de r Sag e de s Schwerpunktes möglic h macht. In de r Verlängerung de r Sini e e s is t nämlich ein e fein e Schraube an gebracht, a n welcher ei n de n Umständen entsprechendes Gewich t anf - un d ab geschraub t werde n kann , womi t offenba r ein e Verrückung de s Schwerpunktes verbunden ist . Hätt e man die s Gewicht s o wei t hinaufgeschraubt , dass s mi t c zusammensiel e, s o hätte ma n ohn e Belastung ode r be i gleicher Belastung au f beiden Seiten de n Fall de s indifferenten Gleichgewichts; brächte man dan n au f der einen Seite das Ubergewicht r an , so würde der Punkt m au s die Sini e ab fallen, d . h . alf o fcho n be i dem geringsten Ubergewichte würd e der Ausschlagswinket ei n rechter werden, der Wagbalken würd e ganz umschlagen, kur z das Instrument würd e aufhören brauchbar z u fein . 2) D i e E m p f i n d l i c h k e i t de r W a g e wächs t m i t de r S ä n g e de r W a g b a l k e n. Wen n man, ohne fonst etwas z u verändern, den Wagbalken ver längern könnte , so würde di e Entfernung cd i n demselben Verhältnis s grosser werden, un d der 'Punkt m würd e als o auc h nac h eine r Richtung , di e mi t ab

4*

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Die einfachen Maschinen.

parallel ist , weiter vo n de r Lini e es weggerück t werden , di e Lini e cm würd e also einen grosseren Winke l mi t es machen , de r Ausschlagswinkel würd e als o

wachsen.

3) T e r W a g b a l k en mus s möglichs t leich t sein . In de m Punkte d können wi r un s da s Gewicht de r Lasten 2 P + r , i n s aber da s Gewicht de S Wagbalkens , welches wi r mi t g bezeichnen wollen , vereinig t denken. Offenba r hängt nu n di e Lage des gemeinschaftlichen Schwerpunktes m vo n der Grösse der an de n Enden de r Lini e ds wirkende n Gräft e ab . Wen n da s i n s wirkend e Gewicht g un d da s i n d wirkend e 2 P + r einander gleic h wären, f o fiele m in di e Mitt e vo n ds; j e kleiner aber g i m Bergleich z u 2 P - f r wird , dest o mehr muss m nach d hinrücken, un d dest o grösser wir d dan n begreiflicherweise der Ausschlag. Was nu n di e beiden letzten Punkte betrifft , s o is t ma n doc h a n gewisse Gräuzen gebunden, welch e ma n nich t überschreiten darf , ohn e dass di e Wag e wegen der z u grossen Läng e de r Wagbalken z u unbequem fü r de n Gebrauch würde, oder wegen ihre r Leichtigkei t di e nöthige Festigkeit verlöre. M an wendet durchbrochene Wagbalken an , wi e Fig . 58 , u m ihnen be i geringem Gewichte doch möglichste Festigkeit z u geben. Es versteht sic h vo n selbst, dass man be i der Construction eine r Wage all e Sorgfalt darauf z u verwenden hat , di e Wagbalkeu gleic h lan g z u machen. D a jedoch klein e Fehler nich t z u vermeiden find , f o muss man durc h di e M e t h o d e der W ä g u ng eine n etwaigen Fehler z u corrigire n suchen. Di e zweckmäßigste Wägungsmethod e möchte i n dieser Beziehung woh l folgende sein: M a n leg t den zu wägenden Sörpe r au f di e ein e Wagfchale, un d bring t ih n durc h Sand , Schrotkorner ode r fonstige Gegenstände , di e man au f di e andere Wagfchale legt , ins Gleichgewicht. 3s t die s erreicht, s o nimmt ma n de n z u wägenden Sorpe r weg und fubstituul statt feiner f o vie l Gewichte, dass das Gleichgewicht dadurc h abermals hergestellt wird . Dies e ne u aufgelegten Gewicht e geben gena u da s Gewicht de s Körpers an , di e Wagbalken mögen nu n gleic h lan g sei n oder nicht . Damit a u de r Drehungsaxe ein e möglichst gering e Reibun g stattfinde, wird si e durch ein e Schneide vo n Stahl gebildet; auc h di e Wagschalen find a n solchen Schneiden aufgehängt.

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Die Brückenwage. E s möchte wohl hier der geeignetste platz sein, auch di e B r ü c k e n w a g e, di e zur Wägun g grösserer Laste n f o ausserordentlich bequem ist , z u besprechen . Fig. 5 3 stell t di e Einrichtung de r Brückenwage schematisch dar . Di e Last P lieg t au f eine m Brett e A, welche s be i a au f einer Schneide ruht , bei b aber an eine r Stange E hängt . Di e Stange E is t bei b' a n de m eine n Arm e de s auf de r Schneide K ruhenden Rebels id angehängt, den wi r de n Hebel B neu * neu wollen . Die Schneide a ruh t au f eine m §ebel D , dessen Drehpunkt be i d is t un d desse n anderes End e c a n einer be i cf angehängten Stange F befestigt ist . W e nn Kbf fic h z u Ed gena u ebenf o v e r h ä lt wi e daf z u de, wa s

Die Brutfenwage.

53

bei einer guten Brückenwage durchaus der Fall sein muss, s o wirk t di e auf da s Brett A gelegt e Sast gerade ebenso, al s o b si e unmittelbar a n di e Stange E angehäng t wäre, welche Stelle des Brettes A sie auch einnehmen mag. Fig. 53.

Es is t die s leich t z u beweisen. Ei n Thei l de r Sas t P druck t au s di e Schneide a, ei n Thei l zieht a n der Stange E. Bezeichne n wi r mi t q den Druck auf di e Schneide a, mi t p de n Zu g a n der Stange E, s o ist p + q = P. Die Sast q, welche di e Schneide a niederdrückt, wirk t a n de m Hebelarme afd\ nehme n wi r an , e s sei cd = n.a'd, s o wirk t di e i n a' drückend e Braft q gerade ebenso, wi e eine bei c niederziehende Braf t An dem Hebel B ziehe n also rechts vo n der Schneide K zwe i Bräfte, nämlich bei b' di e Braf t p, be i c' abe r di e Braf t Die Braf t welch

e i n cf angreist, wirk t aber gerade so wi e ein e nxxial

grossere Braft , welch e be i V hangt , wei l Kc * — n X Kb f , als o gerade so, al s o b be i b' di e Saft — • n = q hinge; di e beiden Bräfte , welch e be i V Tb und cf angreifen, ziehen also den Hebel gerade ebenso stark nieder, al s o b bei b' die Saft p + q = P angehängt wäre. Arn linke n Ende des H ebel s B ' b e* h is i ^i e Wagschale angehängt, au f welche di e Gewichte gelegt werden . Da s Gewich t au f de r Wagschale is t ei n aliquoter Thei l der Saft A ; da s Berhaltniss zwische n Saf t uu d Gewich t häng t ab vo n dem Berhältmss de s Hebel ar m^ ^ In de r Regel sind di e Brückenwage n s o constrnirt, dass das Gewicht Vi 0 de r Saf t ist , das s ma n als o mit 1 0 Pfund , di e au f de r Wagschale liegen , eine r 100pfundige u au f de r Brücke ab liegenden Saft das Gleichgewicht häl t (Decimalwage). Fig. 54 (a.f. S .) stellt die Ansicht einer Brückenwage und zwar zum Theil i m Durchschnitt dar. Di e Buchstaben sind dieselben wi e i n Fig . 53 . Da s Bret t Af welche s zur Aufnahme der Saften dient, is t auf eine m dreiseitigen hölzernen Rahmen H befestigt, von welchem unsere Figu r ebenso wi e vo m Brett e A nu r die hintere Hälft e zeigt. De r Rahmen H sitzt hinten au f de r Schneide a au f und is t vor n bei b an di e Stange E angehängt. Di e Schneide a is t au f dem

54

Die einfachen Maschinen.

gabelförmig gestalteten Hebe l D befestigt , dessen Drehpunkt hinte n durc h di e Schneide d gebildet is t nnd welche r vor n bei c an de r Stange F hängt . Fig. 54. fG

In unsere r Figu r is t der Deutlichkeit wegen der Rahmen H , au f welchem das Tragbrett A befestig t ist , vie l z n hoch gezeichnet worden; e r is t s o niedrig , dass, wenn durch Aufschlagen des Hebels l di e link e Seite de s Hebeln B geho ben wird , di e rechte Seite desselben sich so wei t senkt,dass di e Brücke A an s dem -Rande de s Gestelles N aufsitzt , so dass also di e Schneiden V nn d c ' nicht mehr die Saft der Brück e z u tragen haben . De r Hebe l Z ^ir d nac h jedesmaligem Gebrauch e aufgeschlagen, damit di e Schneiden geschout werden. D as Gewich t de r Brücke is t so geordnet, dass es, wenn der Hebel l niedergelegt ist , den Wagbalken B sic h wagerecht stellt , dass also di e Schneide g genau der Schneide / gegenüber z u stehenkommt. 3s t di e Brücke belastet, s o werden so viel Gewichte auf di e Wagschale G aufgelegt, dass diese Schneiden einander wie der gegenüberstehen .

Z w e i t es C a p i t e l . Gleichgewicht der Theil e feste r K ö r p e r u n t e r e i n a n d e r .

Die Molekularkräfte bei festen Körpern. Wi r habe n schon oben gesehen, daß man, u m di e Aggregatzuständ e de r Körpe r z u erklären , M o l e k u l a r k r ä f te annimmt , welch e fortwährend zwischen den einzelnen Theil chender Körpe r thäti g sind. S o lang e nu n ei n Körpe r seinen inneren Zustand nicht ändert, s o lange di e einzelnen Theilchen nich t allei n i n unveränderter Ent fernung, sondern auc h i n unveränderter gegenseitiger Lag e bleiben , müssen sich offenbar di e zwischen einzelnen Theilchen wirkenden Molekularkräfte das Gleich gewicht halten . Be i de n feste n Körper n nu n is t da s zwische n de n einzelnen Theilchen bestehende Gleichgewich t ei n stabiles, den n e s is t j a ein e namhafte Kraft nöthig, u m diesen Gleichgewichtszustan d z u stören. Bei festen Körpern is t de r Gleichgewichtszustand zwische n de n Molekular kräjten vo n de r Art , dass einer grosseren Annäherung de r Theilchen di e alsdan n das Uebergewicht erlangend e E x p a n s i o n s k r a f t, eine r Vermehrun g ihre s gegenseitige n Abstandes aber di e E o h ä f i o n s k r a ft entgegenwirkt. Elasticität. Wen n di e Theilche n eine s feste n Körper s durc h ein e 30 äusser e $ r a ft wirklic h ei n wenig au s ihrer gegenseitigen Sage verrückt worden sind, so is t deshalb de r früher e Gleichgewichtszustanddoc h nich t völli g vernichtet ; denn di e Theilchen können i n ihr e früher e Sage zurückkehren, wenn di e störende S r a ft z u wirke n aufhört . Dies e Eigenschaft de r Körper , vermög e dere n di e Theilchen i n ihr e frühere Gleichgewichtslage zurückkehren, wenn di e durch äussere Gräfte veranlasste Verschiebung gewisse Gvänzen nich t überschritten hat , nenn t man E l a s t i c i t ä t . Di e Elasticitä t de r feste n Körpe r beweist , das s sic h di e Theilchen i n eine m stabilen Gleichgewichtszustande befinden ; den n nu r fü r den Fal l de s stabilen Gleichgewicht s finde t ein e Rückkeh r zu r ursprüngliche n Gleichgewichtslag e statt, wenn di e störenden Gräft e z u wirke n aufhören.

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(Gleichgewicht ber £heile fester Körper unter einander.

Richt all e Sörper sin d gleic h elastisch; e s gieb t Sörper , dere n Theilche n selbst nac h bedeutender Berschiebung doc h wiede r vollkomme n i n ihr e früher e Sage zurückkehren, und solche Sorper, wi e z . B. Federharz (gumm i elasticum), Stahl, Elfenbein u . f . w. , werden vorzugsweise elastisch genannt; ander e hin gegen, wi e Blei , ©la s u . s. w. , sind nu r i n geringem ©rad e elastisch, si e kon nen kein e grosse Berschiebung de r Theilche n ertragen, ohn e das s de r srühere Gleichgewichtszustan d aufgehoben wird . Ti e Berschiebung der Theilchen kann entweder durc h S p a n n u n g, durc h Zusammendrückung , durc h B i e g u ng ode r durc h D r e h u ng hervorgebracht werden. Wenn überhaupt ein e grosse Sraf t nöthi g ist , u m ein e Berschiebung der Theilchen eines Körpers hervorzubringen, s o nennt ma n ih n h a r t . Ei n Sör per kamt hart un d elastisch sein, wi e dies beim Elfenbein, bei m Stah l u . f . w . der Fall ist ; das ©la s dagegen is t hart un d weni g elastifch. Ein Sörper, defseit Theilchen fcho n durc h ein e gering e Sraf t verfchobeu werden können, wir d weic h genannt. Auc h di e weichen Sörper können entweder elastisch seht, wi e z. B . Federharz, oder nu r eine n sehr geringen Grad vo n Ela sticität besitzen, wi e dies z . B . bei m feuchten Thon de r Fall ist . Te r Aggregatzustand solcher weichen meh r ode r wenige r breiartigen Sorpe r kan n gewissermasse n al s ei n Mittelzustand zwifche n dem vollkommen festen und de m vollkom men flüssigen betrachtet werden. Wenn di e Theilchen eines Sorpers über di e Elasticitätsgränz e hinaus ver schobe n werden, so hört entweder der Znfammenhang ganz auf , ode r di e Theil chenordnen sich zu einem neuen stabilen ©leichgewichtszuftande. 3 m ersteren Falle nennt man di e Sorper fpröde, i m letzteren dehnbar. Ti e äussere ©e ^ stalt fproder Sörper lässt sic h durc h Truck, durc h Stoss u . f . w . nich t bleiben ö ändern; wen n durch diese äusseren Ursachen di e Theilchen spröder Sörpe r übe r eine gewisse ©ränz e verschoben werden , f o brechen sie ; di e ©eftal t dehnbarer Sörper hingegen läss t fich durch folch e mechanifche Mitte l bleiben d verändern, wie dies z . B . da s Trahtziehen, da s Prägen de r Münze n beweist . Wir d ei n gehärtete r Stahlstab übe r gewiff e ©räuzeu hinau s gebogen, f o brich t er , wäh rend ei n Bleistab krum m bleibt . Ti e B r i e f w a g e , Fig . 55 , un d di e F e d e r w a g e, Fig . 56 , könnr n al s Beifpiele de r Anwendun g de r Elasticita t dienen . Elfter e bedarf woh l keiner Erläuterung; letztere wir d durc h eine n Stahlstreifen abcdf gebildet , welcher ungefähr 2 Millimete r dic k und 1 0 bi s 1 4 Millimete r breit , be i / de n Trehpunkt des Zeigerhebels f h trägt . Tiefe r Hebe l lieg t au f de r unteren Sant e eines i n b a angebrachten Schlitzes auf . T a s frei e End e de s Hebel s is t schützt, so daß di e eine ©abel auf di e Borderseite, di e andere au f di e Rückseite einer empirisch getheilten Scala zeigt , kleiner e Lasten werden a m Hafen C befestigt, während di e ganze Borrichtung a m Ring e A ausgehängt wird . Durc h das a n 0 hängende ©ewicht wir d / niedergezogen, f o dass das frei e Ende h des Zeigerhebel s i n di e Höhe gehen muss, und zwa r u m s o mehr , j e schwerer di e angehängt e Last ist , deren ©rosse man a n der Scala ablesen kann. Fü r schwerere

glasticitat.

57

Saften wir d das Instrument a m Ring e B aus - un d di e Saft i n de n Hale n D eingehängt . Di e Scala fü r schwerere Sasten befindet sich auf de r Rückseite de s Instrumentes. Fig. 57.

Diese Vorrichtung kann auch al s Z u g k r a f t m e s s er ode r D y n a m o meter benutzt werden. Wenn ei n a n seinem oberen Ende eingeklemmter Metalldraht durc h angehängte Gewicht e gestreckt wird , Fig . 57 , s o wir d e r sic h be i eine r bestimmten Sage diese s Gewichte s i m Gleichgewichtszustände befinden . Dreh t ma n da s uutere End e de s Drahtes (ohn e denselben aus seiner tierticalen Sage z u bringen) sammt de m angehängten Gewicht e u m eiu e beliebige Anzah l vo u Graden au s seinerGleichgewichtslage heraus, s o wir d dadurc h de r Drah t g e w u n d e n, e r wird t o r d i r t un d di e dadurch in s Spiel gesetzte T o r s i o u s e l a s t i c i t ät äusser t uuu ei n Streben, de n Drah t sammt de m angehängten Gewichte wieder i n seine Gleichgewichtslag e zurückzuführen. Sic h selbst überlassen, komm t abe r de r Draht ers t nach einer Reihe vo n Schwingungen i n de r Gleichgewichtslage zu r Rnhe. D i e « r a s t , mi t welche r de r t o r d i r t e D r a h t wiede r i n sein e Gleichgewichtslag e zurückzukehre n strebt , is t de r Gross e de r D r e h u ng p r o p o r t i o n a l ,

58

31

(Gleichgewicht

ber

£heile

fester Körper unter einander.

Festigkeit. Di e «raft , mi t welcher ei n «orper de r Trennung seine r Theilchen widersteht, nennt man seine Festigkeit. Der zwische n de n einzelnen Theilche n eine s festen «örpers stattfindende Zusammenhang'läss t fich durch Z e r r e i s s e n, durc h Z e r b r e c h e n, durc h Z e r w i n d en (Abdrehen) oder durch Z e r d r ü c k en aufheben. Absolute Festigkeit nennt man di e «rast, mi t welcher ei n «orper de m Z e r r e i s s en widersteht , wen n e r de r Säng e nac h angespannt wird . Diese r Widerstand is t dem Q u e r s c h n i t te de s z u zerreissenden «örpers proportional ; deun e s muss j a de r Znsammenhan g vo n zwei- , drei-, vierma l s o viele n Theil chenaufgehobe n werden, wenn der Querschnitt eine s «örpers zwei- , drei-, vier mal s o gross ist . E s is t also P = nh , wenn P di e absolute Festigkeit, also di e ebe n zu m Zerreissen nöthig e «rast, n den Querschnitt de s «örpers un d Je einen constanten Factor bezeichnet, welche r von der Natur de r z n zerreissenden Substanz abhängig ist . Diese r Facto r h , also di e «rast, welch e eben uöthig ist , u m einen Stab z u zerreissen, dessen Querschnitt gleic h der Flächeneinheit ist , wir d de r F e s t i g k e i t s m o d u l us genannt . Der Zahlenwerth vo n h hängt davon ab , welche Flächeneinheit un d welch e Ge wichtseinheit man wählt . Nach de n Versuchen vo n M u s c h e n b r o ek is t be i 1 Qnadratmillimeter Querschnitt de r Festigkeitsmodulus fü r Sindenholz 9,1 8 «ilogram m «iefernholz (Pinus sylvestris) . . . 10,2 1„ Weisstann e (Pinu s abies) . . 6,0 1 bi s 9,2 9 Eichenholz 11,5 0 „ 14,6 6 Buchenholz 13,4 9 „ 15/8 6 Ebenholz . . . . . . . . . 9,3 4 «upserdrah t 27,8 2 Messingdrah t 35,5 0 Golddraht 46,4 5 Bleidraht 2,7 2 Zinndraht 4,5 7„ Silberdraht 34,1 1 Eisendraht 41,8 2 Glas, weisses 1,4 2 bi s 2,3 3 Hanfseile 3,5 0 „ 6,2 0 Di e grosse Verschiedenheit i n de r Festigkeit de r Hanffeil e rühr t oo n de r ungleichen Beschaffenheit de s Material s her , au s dene n si e verfertig t find. Dünne Seil e sind verhältnissmässi g stärker al s dicke , weil sie ans besserem Hanf gedreht sind; durch starkes Drehen de r einzelnen Fäden wir d di e Tragkraft der Seile bedeuten d vermindert. Rasse Seile haben eine geringere Festigkeit als trockene. Bei praktischen Anwendungen wir d ma n de r Sicherheit wege n wohlthun , für Metall e höchstens Vi , fü r Hitte r nu r V 3 der durch di e Versuche ermittelte n absoluten Festigkeit i n Rechnung z u bringen.

Festigkeit.

59

Di e Ätafr , welche ei n Körper de m Z e r b r e c h en entgegensetzt, nenn t ma n seine r e l a t i ve F e s t i g k e i t. U m einen Körper z u zerbrechen, is t di e $ r a ft a m besten rechtwinkli g z u seiner Sängenaxe anzubringen; de r z u zerbrechende Körper ist entweder nu r a u einem, ode r a n zwe i Enden unterstutzt. In Fig . 5 8 is t ei n prismatischer Körpe r dargestellt , welche r mi t de m einen End e i n einer feste n Wan d steckt , Fig. 58. während a m anderen End e das Gewicht Q angebrach t ist , welche s ih n zerbrechen soll . Bezeichne n wi r di e absolute Festigkeit, d . h . die Äraft , mi t welche r de r Körpe r eine r in seiner Sängenaxe wirkenden ®raf t wider steht, di e ih n z u zerreissen strebt, mi t K , f o u können wi r un s diese Älaft i n de m Schwerpunkte s desjenigen Querschnitts vereinig t denken, welche r mi t de r Eben e de r feste n Wand zusammenfällt. D a s Gewich t Q äusser t nu n ei u Bestreben, de n ganzen Äör per u m di e untere Äante dieses Onerschnitts zu drehen, e s wirk t als o a n de m Hebelarme ab, währen d de r i n s angebrachte Widerstand a n de m Hebelarme as wirkt ; wen n nu n de r Widerstand gerad e der Äraft da s Gleichgewicht halten soll , s o muss sich der Widerstand K zu r S r a f t Q umgekehrt verhalten wi e de r Hebelarm zu m Hebelarme a W e n n di e Hohe de s Balkens mi t h bezeichnet wird , s o is t as = V 2 h; bezeichnet ma n ferner di e Sänge ab mi t l, s o hat man :

m mm

I

3

K : Q =

l: V2 Ii

oder

Di e Grösse de r Festigkeit K f mi t welcher der Körpe r de m Zerreissen wider steht,hängt abe r vo n de m Querschnitte de s Balkens ab . Bezeichne n wi r mi t Je die absolute Festigkeit fü r eine n Querschnitt vo n 1 Quadratcentimeter , mi t h die Hohe, mi l & die Breit e de s Balkens, s o ist : K =

Uli,

also kbh* T Aus dieser Formel sieht man, dass di e zu m Abbrechen nothig e Äraf t in t geraden Verhältniss de r Breit e un d de s Quadrats de r Hoh e wachst , sich aber umgekehrt verhält wi e di e Sänge. Wenn ei n S t ab ode r Balken i n der Mitt e seiner Sänge durc h ein e scharfe Saute unterstützt uu d a u seinen beiden Enden durc h gleich e Gewichte P, Fig . 5 9 (a. fr S . ), belastet ist , s o werden diese ei n Bestreben äussern, ih n i n seiner Mitt e zu zerbrechen, und zwar muss, um de n Bruch wirklic h herbeizuführen, das Gewicht

60

(Gleichgewicht ber £heile fester Körper unter einander.

P, welches bei a un d bei b wirkt , gerade f o gross sein al s da s Gewicht Q, wel chesman beif c anbringen müsste, u m de n Stab be i c abzubrechen , wenn cb das frei au s einer Wand hervorragende Ende des Stabes wäre . Fig. 59 .

Der Druck , den di e Unterlag e i n de r Mitt e be i c auszuhalten hat , is t offenbar 2 P 3st de r Stab ode r Balken a n de n beiden Enden unterstützt, wi e Fig . 60 , so kan n man ih n dadurch zerbrechen, dass ma n ein e Sast 2 P i n de r Mitt e an hängt. Fig. 60 .

Wi r habe n be t unseren bisherigen Betrachtungen un d Rechnungen gan z unberücksichtig t gelassen, dass sic h di e Balken vo r de m formlichen Abbrechen ers t biegen. Durc h dies e Biegung wir d aber di e relativ e Festigkeit bedeutend modi ficirt , so dass di e nac h obige n Formel n au s de r bekannten absoluten Festigkeit berechnete n Werth e der relativen Festigkeit vo n der Wirklichkei t bedeutend abweichenkönnen. Wen n aber dies e Formeln auch nicht dienen können, u m di e Grosse der relativen Festigkeit z u berechnen, so dienen sie doch, u m di e relativ e Festig keit vo n Balken un d Stäben z u vergleichen, wen n sie au s demselben Materia l verfertigt un d wen n nu r ihr e Dimensionen verschieden sind; den n wi e auc h durch di e Biegsamkeit di e Grosse der absoluten Festigkeit modisicirt werden mag, so is t si e doch stets der Breit e un d de m Ouadrat de r Hoh e direct , de r Sänge aber umgekehrt proportional; i n der Formel

Adhäsion.

61

wird als o durch di e Biegsamkeit nicht s verändert al s de r Wert h de s constanten Factors h , fü r welchen mau nich t den der obige n Tabelle entnommenen Wert h der absolute n Festigkeit, sondern eine n anderen, sii r jede s Materia l durc h di e Erfahrung z u bestimmenden Factor setzenmuss. Ti e Bersuche zeigen, das s di e Sraft, welche nöthig ist , u m einen Balke n z u zerbrechen, nah e vierma l kleine r ist al s di e nach obige r Formel berechnete, wen n ma n fü r k de n Zahlenwert h der absoluten Festigkeit setzt. Welchen bedeutenden Einflus s di e Biegsamkeit au f di e relativ e Festigkei t ausübt, geht auch daraus hervor , dass, wenn ei n Balke n a n feine n beide n En den aufliegt, wi e i n Fig . 60 , man, u m ih n z u zerbrechen, i n de r Mitt e nu r ei n halb f o großes ©ewich t anzuhängen braucht, al s wen n e r a n seinen beiden En den s o befestigt ist , daß e r durchaus nich t nachgeben kann. Bei Hölzer n ha t natürlich auc h di e Richtun g de r Fasern eine n bedeutenden Einflus s auf di e Festigkeit. Ten Widerstand, welchen ei n Sorper de m Zerdrücken entgegensetzt, nennt man di e rückwirkende Festigkeit.

Adhäsion. Tieselb e Sraft, welche di e Theilchen eines festen Sörpers 32 zusammenhält , wirk t auch, u m di e Theilchen zweie r vorhe r getrennter Sörpe r zusammenzuhalten , wen n man nu r h u Stande ist , si e i n ein e hinreichend innig e Berührung z u bringen. S o verbinden fic h schon of t Spiegelplatten, welch e nach dem Poliren dich t a n einander gelegt worden sind, s o inni g mi t einander, dass sie nicht mehr vo n einander getrennt werden können, ohn e di e Platten z u zer brechen. Ebens o haften zwei Bleiplatten, di e man zusammendrückt,fas t s o fes t aufeinander , al s o b si e nu r ein e einzig e Bleimasse ausmachten, vorausgefetzt, daß di e Flächen, i n welchen sic h di e beiden Bleistücke berühren, vollkommen eben und metallifc h find . Tiefes Aneinanderhaften zweier Sörper wir d mi t dem Namen Adhäsio n bezeichnet . Ti e Adhäsion zeigt sic h nich t allei n zwische n gleichartigen, sondern auc h zwischen verschiedenartige n Körpern. Ein e Bleiplaüe mi t einer Zinnplatte oder eine Supferplatte mi t einer Silberplatte durc h Glattwalzen gezogen, geben ei n fast untrennbares Ganzes. Besonders star k zeig t fich di e Adhäsion, wen n ei n flüssiger Körpe r mi t einem festen i n Berührung gebracht, un d dann de r flüffig e Sörper durc h Er kalten oder durch Verdunstung de s Lösungsmittels fes t wird ; hierauf beruh t da s Lötheu, da s Leime n un d S i t t e n . Sitte t ma n vermittels t Siegellacks zwe i Glasstücke zusammen, s o kommt e s of t vor , das s sic h bei m Auseinanderreißen nicht das Gla s vo m Siegellack trennt , fondern daß Stücke aus de m Glase her ausgerisse n werden. Wen n ma n ein e Glasplatte mi t Lei m bestreicht, s o hafte t dieser of t f o fest am Glafe , da ß Stück e au s demselben (de m Glase) herausgerissen werden, wenn sich der Lei m bei m Austrocknen zusammenzieht.

62

(Gleichgewicht ber £heile fester Körper unter einander.

Wenn zwe i Borper mi t ebenen Flächen au s einander liege n un d ma n de n einen über den anderen hinausschiebe n will , s o setzt di e Adhäsion dieser Bewe ? gnng ei n Hinderniss entgegen; di e Adhäsion ha t als o einige n Anthei l a m R e i b u n g s w id erstände, de r überall d a überwunden werden muss , w o zwe i Bor per über einander hingleiten oder w o sich ein Borper Übe r eine n andere n hin wälzt. Bo n de r R e i b u ng wir d noc h weiter unten di e Rede sein.

33

Krystallisation. Wen n ei n Borper au s de m flüssigen ode r gasfor mtgen Zustande i n den festen Zustand übergeht, s o werden di e bi s dahi n leich t an einander verschiebbaren Theilche n i n eine r bestimmten gegenseitigen Sag e fixir i In de r ganzen Natu r zeig t sic h aber bei diesem Uebergange i n den festen Znstand ei n Bestreben de r Theilchen, ein e regelmässige Anordnung hervorznbringen. In de r unorganischen Natur bewirkt dieses Bestreben d i e B r y s t a l l i s a t i o u. B r y s t a l le nenn t man solch e fest e Borper , welch e sic h i n regelmässigen, durch ebene Flächen begränzten Gestalten gebildet haben. In de r Natur finde t man ein e Menge solcher Brystalle; Quar z (Bergkrystall) , Balkspath, Schwer spath, Topas, Granat u . f . w . werden of t sehr fchon krystallisul gefunden. Der Uebergang au s de m flüffige n i n de n festen Zustand finde t entweder durch Erstarren eines geschmolzene n Borpers, oder durch Ausscheidung au s einer Anflofnng Statt. Wenn, man gefchmolzenes Wismuth i n ein e etwas erwärmte Schale giesst, fo bildet sich nach einige r Zei t au f de r Oberfläch e ein e fest e Brüste. Wen n man nu n dief e Brüste durchsticht un d da s in t Innern noc h flüfsig e Metall ab giesst, f o erscheint das Innere de r f o gebildeten Hohlun g mi t fchone n würfelfor migen Brystallen ausgekleidet Auf ähnlich e Weif e kan n ma n auc h Brystall e au s eine r gefchmolzenen Schwefelmaffe erhalten. Wenn ma n mi t Aufmerkfamkeit ei n gefrierendes Waffer beobachtet, f o sieht man, wi e fein e Eisttadeln sic h bilden, wi e si e vo n einem Augenblicke zu m ande reit sich ausbreiten un d verzweigen. Freilic h sieht man hierbe i felte n f o regel massige krystalliuifche Gestalten, wi e mau sie beim Schnee beobachtet; doc h sieht man deutlich, dass di e Eisbildung ein e Brystallbildung ist . Biele Borper losen sich i n Flüfsigkeiten, namentlic h ii t Wasser auf , un d zwar lässt sich i n einer bestimmten Meng e Wasser nu r ein e bestimmte Meng e irgend eine s Stoffes auflösen; doch los t sich i n warme m Wasser meistens mehr auf al s i n kaltem. Wen n nu n ein e Anflofnn g be i hoher Temperatur gefattig t ist, wenn man z . B . i n einer bestimmten Menge warmen Waffers f o vie l Alaun aufgelost hat al s möglich , f o kan n dief e Salzmasfe nich t mehr gan z aufgelost bleiben, wenn di e Sofung erkaltet, ei n Thei l des Salzes wir d sic h wieder ausfcheideit, un d zwa r fchiess t e s i n regelmässigen Brystalle n an . — Auc h dan n bilden sic h Brystalle, wen n da s Wasser eine r gesättigten Sofun g allntäli g ver dunstet. Nicht allei n an s wässerigen Sofnuge n fcheide u sich Brystall e aus ; de r Schwefel z . B . lös t sich i n Schwefelkohlenstoff, i n Ehlorfchwefel, i n Terpentinöl

crystallisation. 6

3

auf, un d ait s diese n Lösungen kan n ma n schon e durchsichtig e «rystall e vo n Schwefel erhalten. Di e «rystall e werden u m s o grösser un d regelmässiger, j e langsamer di e Erkaltung ode r di e Verdunstung vo r sic h geht. Be i schneller crystallisation bil den sic h klein e «rystalle, di e sich z u unregelmässige n Gruppen zusammenhäufen, an denen man of t kaum ei n kristallinisches Gefüge erkennen kann. JedemStoff e komm t ein e eigentümliche «rystallfor m zu ; s o is t z . B . die «rystallform des Bergkrystalls ein e andere al s di e de s Alauns, un d dies e wieder ein e andere al s di e de s Kupfervitriols . Di e Untersuchung de r Symmetriegesetze , welch e zwischen den einzelnen Kry stallflächen stattfinden, sowie di e Beschreibung de r «rystallformen überhaupt is t ein Gegenstand, mi t welchem sic h di e « r y s t a l l o g r a p h ic z u beschäftigen hat. Di e Grundzüge derselben werden i n den entsprechende n Paragraphen de s Sup plententbande s besprochen.

T r i t t es Capitel . H y d r o s t a t ik oder di e Lehr e vom Gleichgewicht e de r Flüssigkeiten .

Princip der Gleichheit des Drucks. Flüssigkeite n habe n i n F o l g e de r leichten Verschiebbarkeit de r Theilchen di e E i g e n s c h a f t, daß si e jeden Druck , welche r au s eine n T h e i l i h r e r O b e r f l ä c he a u s geübt w i r d , nac h alle n S e i t e n gleichmäßig f o r t p f l a n z e n . Es se i i n Fig . 6 1 de r horizontale Durchschnitt eine s gan z mi t Wasser gefüllten und vollkommen verschlossene n Gefäßes dargestellt, a n welchem sic h i n gleicher Höh e vie r vollkomme n gleich e Fig. 61 . Röhren befinden, di e durch Solben ver schlosse n sind. D a dies e Solben gleichen Durchmesse r haben un d i n ganz gleicher Höhe liegen, s o haben si e auch vollkom men gleichen Druc k durc h di e Schwer e des Wassers auszuhalten, eine n Druck , von welche m wi r vo r de r Han d g o n5 absehen , den wi r als o al s nich t vorhanden betrachten wollen . Wird nu n durc h irgen d ein e Sraf t einer de r Solben , etw a nac h innen gedrückt, so pflanzt sich dieser Druck durc h da s Wasser hindurc h au f di e itbri gen Solben fort , un d ma n müsste, u m z u verhindern, daß diese Solben herausgedrückt werden, au f jeden derselben einen nac h i n n e n gerichtete n Oegendruck anbringen, welcher vollkommen de m auf de n Solben A wirkende n Druck e gleic h ist; da s Gleichgewich t kan n als o nu r dan n bestehen wen n all e vie r Solbe n gleich stark nac h i n n e n gedrückt werden .

^rincip der Gleichheit de§ Drucke

65

Der Druc k pflanzt sich jedoch nicht allei n vo m Kolbe n A au f di e übrigen Kolben, sondern au f all e Theil e de r Gefässwand fort , s o das s jeder Flächen theil de r Gefässwand,welcher eben so gross ist , wi e der Querschnitt de s Kolbens, auch eiuen eben so grossen Druck auszuhalten hat . In Fig . 6 2 is t der Durchschnitt eine s ähnlichen Gefässes mi t zwe i Röhren dargestellt, welche gleichfalls mi t Kolbe n geschlossen sein sollen; di e Röhren und folglic h anc h de r Querschnitt de r Kolbe n sin d abe r nich t gleich . E s sei z. B . di e Oberfläche des Kolbens G viermal s o gross al s di e de s Kolben s so wird , wenn irgend ein e Kraf t gegen de n Kolben A drückt , de r Gesammtdruck auf de n Kolbeu G auch v i e r m al s o gros s sei n al s de r au f A wirkende , weil jedes Flächenstuck des Kolbens C , welches de r Oberfläche de s Kolben s A gleich ist , einen eben s o grossen Druck auszuhalten ha t al s A. Fig. 62 . Fig

. 63.

r

Wenn ma n als o den Kolben A mi t einer Kraft vo n 1 0 Pfun d nach innen drückt, s o müsste ma n zu r Erhaltun g de s Gleichgewichts a n de m Kolbe n G einen nach innen gerichteten Druc k vo n 4 0 'Pfun d anbringen. Der Druc k pflanzt sich nicht allei n i n einer Horizontalebene fort , wi e dies in den bisher betrachteten Beifpielen der Fal l war , sondern auch nach obe n un d nach unten. Fig. 6 3 stell e den verticalen Durchschnitt zweie r unte n verbundener Roh ren vo n ungleichem Querschnitt dar . De r di e Röhren verbindende Rau m sei mit Wasser gefüll t und au f dieses di e Kolben A un d B aufgesetzt. Wen n nu n auf de n Kolben A, dessen Querschnitt z e h n m al kleine r sei n ma g al s der de s Kolbens B, ei n Gewicht vo n 1 2 Pfun d aufgelegt wird , s o wir d sich der Druc k in der Weise bi s zum Kolbe n B fortpflanzen, dass gegen jedes Flächenstück vo n B, welche s eben f o gross is t al s der Querschnitt vo n Af ei n nac h obe n gerich teter Druc k vo n 1 2 "Pfun d wirkt ; man muss also den Kolbens mi t 12 0 Pfund belasten , wenn da s Gleichgewicht ungestört bleiben soll . Auf de r gleichförmigen Fortpflanzung de s Druckes durch Flüssigkeiten beruht di e hydraulische 'Presse; si e besteht aus zwe i Haupttheilen,eurer Saugund Druckpumpe bb, Fig . 6 5 (a . S . 67) , welch e deu Druck ausübt, und dem Presscylinde r ccf i n dessen Höhlun g vo n Obe n de r Kolbe n pp, vo n eine m wasserdich t schürenden Sederringe umfasst, hineinragt. Fig . 64 (a. f. S .) is t eine äusser e Ansicht der Druckpumpe vo n der rechten Seite der Fig . 6 5 au s gesehen. Durch de n Hebel l wir d de r Kolbe n s gehoben, da s Wasser de s Behälters b SMitUer*« ©ruirttif c der $hüfif. 5

Hydrostatik.

66

dringt durc h das Sieb r, heb t das Venti l i uu d gelangt s o unter de n Solben s. Wenn ma n de n Hebet ^ niederdrückt, s o geht auc h der Solben s nieder , da s zurückgetrieben e Wasser schliesst da s Venti l i, heb t das Venti l d un d gelangt durch di e Rohre t i u de n Eylinde r c de r Presse; hie r drück t e s mm, voraus gesetzt,dass t uu d di e Hohlnug c bereits vollständig mi t Wasser gefüll t sind, gegen den Solben p, de n e s mi t der blatte n hebt, un d s o wir d de r z n pressend e Sorper zwischen n uu d de r festeu Platte e zusammengedrückt . Wenn de r Solben s durch irgen d ein e Sraft niedergedrückt wird , s o ha t jeder Flachentheil der Gefasswände , welcher dem Querschnitt des Solbens s gleich gig. 64 . ist , einen gleichen Druck auszuhalten . 3s t als o der Querschnitt des Solbens p rnnal s o gros s als de r de s Solbens s , so wir d de r Solbe n p mit eine r Sraft n k ge hoben, wenn der Solben s mi t eine r Sraf t h niedergedrück t wird . Bezeichne n wi r mi t X de n Druck , mi t wel chemder grosse Solben gehoben wird , so ist : TT *

R 2 r2

wenn r de n Halbmesser des kleinen, B de n des grossen Solbens bezeichnet. 3s t nu n ferner 1 der Hebelarm, a n wel chemder klein e Solbe n angehäng t ist , L de r Hebelarm, a n welche m der Arbeite r drückt , s o ist: *=

2>

f

wenn D de n Druck bezeichnet, welchen der Arbeiter ausübt, mithi n habe n wi r

Sst z . B . B = 1 0

l.r1

un d L = 61, s o ist : K = D . 600. Wenn als o der Heke l bei 1 mi t einer Sraft vo n 10 0 Pfund niedergedrückt wird, s o wir d de r Solben p mi t einer Sraft vo n 6 0 000 Pfun d gehoben, r

Communicirende (Sefösse.

67

Bon der S r a f t, welch e a m Hebel l angewandt wird , geh t ei n Thei l durch Reibungswiderständ e verloren , bevor si e sich bi s zu m Solben p fortpflanzt ; desFig. 65.

halb wir d de r Effec t stets geringer sein , al s e r nach de n eben angeführten Be * trachtungen sei n sollte.

Communicirende Gefässe. Tenke n wi r un s i n de r Fig . 66 35 (a. fr S .) di e Tick e de r Solbe n A un d B au f Rul l reducirt , ode r denken wi r uns statt der Solben nu r Wafserschichten, s o werden di e ©leichgewichtsbedinguu gen unverändert dieselben bleiben. Wen n au f di e Schicht AG, Fig . 6 7 , irgen d ein gleichförmiger Truc k ausgeübt wird , s o finde t da s Gleichgewicht nu r dan n Statt, wen n au f di e wmal grossere Schicht B D auc h ei n nmal grosserer Truc k 5*

68

Hydrostatik.

wirkt. Wir d au f di e Wasserfchicht A G eine Wasserfäule A CFG aufgeschüttet , so is t e s das Gewicht derselben, welches auf A G drückt. Wil l ma n diesem Drucke Fig. 66. Fig. 67.

durch ein e auf B D lastend e Wassersäule da s Gleichgewicht halten, s o muss diefe Wasferfäule BDHI nothwendi g «mal f o fchwer sein al s ACFG. Sol l abe r die Wassersäule BDHI wirklic h «mal schwerer fei n al s ACFG-, s o müssen beide Wassersäule n gleich e H Öhe haben, d a j a di e Grundfläche B D scho n «mal grösser is t al s di e Grundfläche A 0. F ur cylindrisch e vertical e Rohren, di e unten au f irgen d ein e Weif e mi t einander i n Berbiudung stehen, gil t als o da s Gefetz, dass sie bei gleicher FlüfsigM t i n beide n Schenkeln b i s z u gleiche r Hoh e gefüll t sein müssen, wen n Gleichgewicht stattfinden soll , mag nu n ih r Durchmesser gleic h sein oder nicht . Auf de m Gesetze der communicirenden Rohren beruht auc h di e Anwendung der W a f s e r w a g en zu m Abvisire n horizontaler Sinien. Di e Einrichtun g dieser Instrumenteis t woh l au s Fig . 6 8 ohn e weitere Erklärun g verständlich. Fig. 68.

N u r bei ganz engen Rohren findet eine Abweichung von dem eben aus-

gesprochenen Gesetze S t a t t , welche später besprochen werden wird.

Sind Flüssigkeite n vo n ungleiche m specifischen Gewicht e i n di e beide n Schenkel gegossen, so sind naturlich di e Flüssigkeitssäulen , welch e sich das Gleich e gewicht halten, nich t mehr gleic h hoch, sondern ihr e Höhen verhalten sich umgekehrt wi e ihr e specifischen Gewichte. In di e heberförmi g gebogene Rohr e Fig . 6 9 sei z . B . Quecksilber un d dann i n de n längere n Schenkel Wasser gegossen. Denke n wi r un s durc h di e Berührungsstell e vo n Quecksilber un d Wasser ein e horizontale Ebene BA ge legt, f o wir d alle s Quecksilber unte r BA fü r sich i m Gleichgewicht sein, di e

69

Freie Oberflache der Flüssigkeiten.

Hohe de r Quecksilbersäule EA is t abe r fü r de n Fal l de s Gleichgewichts bei nahe 14mal geringer al s di e Hohe de r Wassersäule BF im anderen Schenkel, Fig. 6 9 ^ d

t ^a s spezifische Gewich t de s Quecksilbers nah e 14ma l so gross ist als das des Wassers. W as ma n nu n auc h fü r verfchiedene Flüssigkeiten an wenden mag, immer müssen fich di e Hohen de r Saulen um * gekehrt wie ihre specifischen Gewichte verhalten.

So

hält

z. B . ein e 8 Zol l hoh e Säul e vo n concentrirter Schwefelsäure eine r Wassersäule vo n 1 4,8 Zol l un d ein e 8 Zol l hohe Säule vo n Schwefeläther eine r Wassersaule vo n 5, 7 Zoll da s Gleichgewicht.

Freie Oberfläche der Flüssigkeiten. Aus 36

I!

Fig. 70 .

dem Satze, welche r z u Anfan g de s vorige n Paragraphen bewiesen wurde, geh t nun auc h hervor, das s di e frei e Ober fläche einer FlÜffigkei t i n irgen d eine m Gefässe nothwendig horizontal sei n muss . Wi r könne n un s di e ganze Flüssigkeitsmasse in eine beliebige Menge verticaler Säulchen zerlegt denken, un d diese müssen sic h unte r einander nac h de m Principe de r communicirenden Röhren da s Gleichgewicht hal ten. Hätt e z . B . di e Oberflache der Flüssigkeit di e Gestalt de r Fig. 70 , s o können sic h unmöglich di e Wassersäule n c d un d a~b, welch e zu r Unterscheidung vo n de r übrige n Wasser masse stärker schraffir l sind , da s Gleichgewich t halten ; e s muss nothwendig ei n Sinke n de r höheren un d ei n Steige n der niedrigeren erfolgen, bi s di e ganze Oberfläche rechtwinkli g ist zur Richtung de r Schwere. Wenden wi r die s au s di e Oberslache de s Meeres an , welches wi r al s vollkomme n ruhi g betrachten wollen , f o is t klar, dass , wen n di e Schwerkraft allei n wirk t un d wen n

sie stets nac h de m Mittelpunkt de r Crde gerichte t ist , di e Oberflächen alle r Meer e Theil e eine r Sugeloberfläche sei n müssen.

Bodendruck der Flüssigkeiten. Wen n flüssig e Massen i m Gleichgewicht find, s o üben sie , i n Folg e ihre r Schwere, einen mehr oder minder bedeutende n Truc k au f de n Sode n un d di e Seitenwände de r Gefässe aus, i n denen si e enthalten find. Zunächs t wolle n wi r de n Truc k untersuchen, welche r von oben nach unten, oder vo n unten nach oben auf horizontale Flächen, alsdann den Truck , welche r auf di e Seiteuflächen ausgeübt wird . 3n Gefässen, die , wi e i n Fig . 71 , 7 2 un d 7 3 (a . fr S.), gleich e Grund flächen haben un d bi s z u gleicher Höh e mi t Wasser gefüll t sind, ha t de r Boden gleichen Truc k auszuhalten, ma g nu n da s Gefäss oben wei t oder eng, ma g e s gerade oder schräg sein.-

37

70

Hydrostatik.

D er Druck , welchen de r Boden eine s mi t W a s s er g e f ü l l t e n G e fässes a u s z u h a l t en h a t , is t gleic h de m Gewicht e eine r v e r t i c a l e n 71.

Fig. 72 . Fig

. 73.

Wassersäule , dere n G r u n d f l ä c h e gleic h is t jene m Boden un d dere n Hohe gleic h is t der Tief e de s B o d e ns unte r de m Wasserspiegel. Der Druck , welche u di e Bode n de r Gefässe Fig. 71 , 7 2 un d 7 3 aus zuhalten haben, is t also gleich de m Gewichte der i m Gefäss Fig. 7 2 enthaltenen Wassersäule . Wenn ma n allgemei n mi t s de n Flächeninhalt de s Bodens, mi t h di e Hohe des Wasserspiegel s übe r demselben und mi t d das Gewicht der Raumeinheit der Flüssigkeit bezeichnet, so haben wi r fü r den Druck P, welchen der Boden auszuhalte n hat , di e Gleichung P = s.h.d 1 ) IFür ei n Masssystem, be i welchem, wi e bei dem neufranzösischen , da s Ge wicht de r Raumeinheit Wasser zu r Gewichtseinheit genommen ist , fü r welch e also d = 1 , redncirt sic h di e Gleichung 1 ) auf P = s.h 2 ) man erhält also den Bodendruc k i n Kilogrammen ausgedrückt , wenn s i n Onadratdecimetern , h i n Decirnetern gemessen ist . Dass der Druck auf de n Boden eine s geraden cylindrische n Gefässes, wi e Fig. 72 , gleic h de m Gewich t des dari n enthaltenen Wassers ist , bedarf keines Beweises ; das s aber der Druck au f de n Boden de r oben erweiterten, verengten und schrägen Gefässe derselbe ist , soll noch bewiesen werden. Fig. 7 4 stell t einGefäss vor , welches sich i n treppenförmigen Absätzen nach oben erweitert. Hie r is t nu n klar , das s da s Bodenstück pq nu r di e Sast de r Wassersäul e pqem zutrage n hat , während da s Gewich t de r Wassermassen , welche di e genannte Wassersäule umgeben, durch deu Bodeu der treppenförmigen Absätze getragen wird . Da s Gleich e gil t auc h fü r das Gefäss Fig. 75 , dessen Absätze nur kleine r sin d al s di e de s zuerst betrachteten Gefässes. De r Boden ab ha t nu r da s Gewicht der Wassersäule ab cd z u tragen. Die Grösse de r Absätze ha t au f di e Richtigkeit diese r Betrachtung keine n Einfluss; unsere Schlüsse gelten also auch noch, wenn di e einzelnen treppenförmigen Absätze verschwindend klei n werden, si e gelten als o auc h noch fü r ei n oben erweitertes Gefäss vo n der Form Fig . 71 .

71

Bodendruck der Flüssigkeiten.

Fig. 7 6 stellt ein unteu weites Gesäss dar, au welchem sich oben eine engere Röhre ansetzt. D a s Gesäss se i bi s f g mi t Wasser gefüllt . De r Bode n Fig. 74 .

Fig. 75 .

Fig. 76 . a

l W, is t der Wert h vo n K positiv , de r Korper wir § wirklic h sinken un d kan n erst in s Gleichgewicht kommen, wen n e r auf de m Boden lieg t oder auf andere Weise aufgehalten wird . 3st G = W, s o is t K — 0, de r Korper wir d i m Wasser schweben, ohne z u sinken, aber auch ohne z n steigen. 3st abe r endlich G s t da s Röhrchen konisch , Fig. 100 , s o is t natürlich di e eine Eoncavität stärker gekrümmt al s di e andere, und durc h di e überwiegende Spannung de r stärker gekrümmten wir d da s Wasser nach dem engeren Theil e der Röhre hingezogen. Ebens o erklär t sich leich t au s

90

Molekularwirfimgen flüssiger Körper.

der Wirkun g de r concaven Oberfläch e da s Aussteigen de s Wassers i n eine m Rohrchen, welches vertical i n Wasser eingetaucht wird . Schwimmt ein e hohl e gläserne Bugel au s Wasser, s o fängt dieses schon i n einiger Entfernung vo n der Bugel an , sich ringsherum gegen dieselbe z u heben. Bringt ma n ein e zweit e Glaskugel einig e Sinie n wei t vo n de r erste n i n da s Wasser,s o nähern sich di e Bügeln anfangs langsam, dann schneller un d schneiler, bi s si e endlich a n einander stossen. Wäre n beid e Bügel n fes t gewesen, f o würde i n Folg e de s Bestrebens de r Ebenebildung da s Wasser zwische n ihnen Fig. 10 1 Fig . 102.

gestiege n fein ; d a sie aber beweglich find , f o muss di e a n sie gleichsten angehest tete und durc h ihr e Schwere sinkende Wasserfläche, welch e sich zwischen ihne n befindet, di e Bngeln gegen einander ziehen.

49

Elasticität der Flüssigkeiten. Auc h di e tropfbar - flüssigen Borper find i n gewisser Beziehung elastisch; denn fi e lassen sic h durch einen sehr starkenTruck, wenn auc h nu r sehr wenig , auf ei n kleineres Botinnen zusammenpressen , und wen n der Druc k nachlässt, nehmen si e ih r ursprüngliches Botinne n wieder ein . Zuers t ha t O e r s t e d, später haben E o l l a d o n un d S t u r m Ber suche über di e Zusammendrückbarlei t de r Flüssigkeiten angestellt. Di e näher e Beschreibun g de r vo n ihne n hierüber angestellten Versuch e würd e un s z u wei t führen. Durc h de n Druc k e i n e r Atmosphäre (dieser Ausdruck wir d i m folgenden Eapitel fein e Erklärung finden) lässt sich Quecksilber ungefähr u m 3 , Wasser um 4 8 Milliontheil e feine s B o lumens znfammenpreffen .

50

Die Endosmose. Wen n ma n W a s s er un d D e l i n eine r Flasche zusammenschüttelt , s o werden sich, der Ruh e überlassen, di e beide n Flüfsigkeiten doch alsbald wiede r trennen, un d nach ihre m fpeeififche n Gewichte übe r einan der lagern. E s rühr t die s unstreitig daher , das s di e Anziehun g zwische n zwe i Wassermoleküle n ebenso wi e di e Anziehung zwische n zwe i Oelinoleküleu grosse r ist al s di e Anziehung zwische n eine m Wassertheilchen un d eine m Oeltheilchen. Ganz anders verhalten fich Weingeist un d W a f f e r . Di e Anziehun g zwifchett einem Weingeist- un d eine m Waffermolekül is t grosser al s di e Braft , mit welcher sich zwei Wassermoleküle ode r zwe i Weingeistmoleküle einander au ziehen, weshalb sich auch au s Wasser un d Weingeis t ein e Mifchun g herstellen lässt, i n welcher jed e der beiden Flüfsigkeiten vollkomme n gleichförmi g verbreite t ist. 3 a selbst wen n di e beiden Flüssigkeiten anfänglic h nac h ihre m specifischen Gewichte geschichtet sind, d . h . wen n de r Weingeist anfänglic h au f de m Wasser schwimmt, f o wir d durc h di e erwähnte stärkere Anziehung zwische n Wasser un d

T i e ßmdoömose.

91

Weingeist nach einiger Zeit doc h ein e gleichförmige Mischung de r beiden Flüssigleiten erfolgen. Gan z ähnlic h verhalten fic h Waffer und Schwefelsäure, Wasser und ein e concentrate Salzlösung n . s . w . Tiefe Erscheinung de r nach un d nach eintretenden gleichförmigen Mischung zweier verschiedene r Flüssigkeiten bezeichnet man mi t dem Rainen de r D i f f u s i o n. Wasser un d Weingeist d i f f u n d i r e n i n einander, während zwischen Wasser un d Oel kein e Diffusio n stattfindet. Wenn nu n zwe i Flüssigkeiten, welch e sich i n de r erwähnten Weif e z u mischen, gleichsam gegenseitig z u durchdringen streben, wi e Wasser un d Wein geist, Wasser un d Schwefelsäure u . s . w. , nich t i n unmittelbarer Berührung , sondern durc h irgend einen porösen Körper getrennt sind , s o müssen di e Flüssigfeiten durch diese Wand zt t einander übergehen, un d d a nu n di e poröse Wan d meistens di e eine Flüssigkeit leichter durchlasst al s di e andere, so muss di e Menge der Flüssigkeit an s de r eine n ode r de r anderen Seit e zunehmen. Füll t ma u z. B . ein e unten mi t eine r Blas e zugebundene Glasrohr e zu m Thei l mi t con centraler Kupservitriollösung, taucht ma n dan n di e durch di e Blase verschlossene Oeffrtuug it t ei n Gefäss mi t Waffer , f o dringt da s Wasser allmäli g durc h di e Blase ii t di e Rohre, s o das s i n de r Röhr e di e Flüssigkei t steigt , währen d sie ausse n sinkt. Umgekehr t sink t di e Flüssigkeit ii t de r Röhre, wen n da s Wasser innen, di e Lösung de3 Kupfervitriol s aussen ist . Et Fig. 103 . was vo n de r Lösung de s Kupfervitriol s dring t frei lich auch durch di e Blase zu m Wasser, wi e malt bal d an de r Färbung erkennt. Aehitliche Erscheinungen beobachtet man , wen n man i n di e Rohre Alkoho l giesst un d si e i n Wasse r taucht. Nac h einige r Zei t sieht man, dass das Riveau der Flüssigkeit i n der Rohre gestiegen ist . M au nennt diesen Austausch vo n Flüssigkeiten durch ein e porös e Scheidewand hindurc h E i t d o s mose, oder richtiger D i osmose. Um di e Zunahme de s Bolumeus au f de r einen Seite recht auffallend z u machen, dient de r Fig . 10 3 dargestellte Apparat , welche r E ltd o s m o m e t rege uaitnt wird ; a is t ein e Glasröhre, dere n innere r Durchmesse r 1 bi s 2 Millimete r beträg t un d di e durch einen sehr wohlschliessendei t Kor k i n de m Halse eines weiteren Glasgefässe s b befestigt ist . D a s Ge friss b is t unte n durc h ein e Thierblas e verschlossen. Dieser mi t de r eilte n Flüssigkei t gefüllt e Appara t wird nu n u t ei n weiteres Gefäss, welches di e andere Flüssigkeit enthält , eingesetzt, ohn e das s jedoc h di e Blase au f de m Boden de s äusseren Gefässes auffitzt . D as Gefäs s b sammt de r Röhr e a sei z . B . mit Weingeist gefüllt , da s unter e Gefäs s enthalt e

92

Molekularwirfimgen flüssiger Körper.

W a s s e .r Sobal d da s Gesäss b eingesetzt ist , wir d sic h alsbald ei n mechanisches Gleichgewicht zwischen der inneren un d äusseren Flüssigkeit un d de r Spannung der Blase herstellen. E s se i bei n da s Nivea u de s Wassers, be i r de r Gipfe l der Weingeistsäule i n der Röhre. 9?ac h einer Viertelstunde schon beobachtet ma n eine bedeutende Veränderung; di e Flüssigkeit is t nämlic h u m einig e Millimete r über r hinau s gestiegen, und dieses Steigen dauert fort . Wen n di e Rohre selbst 4 bi s 5 Decimeter hoc h ist , so lässt sich erwarten, dass di e Flüssigkeit nach cini gen Stunden de n Gipfe l erreicht hat , n m oben auszufliessen. D a s Wasse r is t also trot z des Druckes, welche n de r Alkoho l i n Folg e seine r Schwere au f di e Blase ausübt, durch di e ^Joreu derselben i u das Gesäss b eingedrungen; e s ha t alfo eine E n d o s m o se de s Wassers zu m Alkoho l durch di e Blase hindurch stattgefunden. Mach t ma n de n Versuch i n umgekehrter Ordnung, inde m ma n da s Wasser innen, de n Alkoho l aussen hinbringt, s o sinkt das Nivea u i n de r Rohre , während e s aussen steigt, es hat ein e E x o s m o se stattgefunden. Wenn ma n i n ei n Gesäss vo n ungebranntem Tho n (etw a ein e porös e Thonzelle, wi e sie z u G r o v e s' uu d B u u s e n 's galvanischen Batterien gebraucht werden) Schwefelsäure giesst uud e s dan n i u ei n anderes Gesäss mi t Wasse r stellt, s o findet eiue ähnliche Erscheinung S t a t t ; da s Wasser sickert durc h de n Thon durch, das Riveau de r Flüssigkeit i m Sinter n de r Thonzell e steigt, wäh rend e s aussen sinkt . Di e Wirkun g de r Endosmose dauer t fort , wen n auc h allmäli g imme r schwächer , bi s di e Flüssigkeiten z n beide n Seiten de r Scheidewand gan z gleich artig sind . Dass de r Spiegel de r Flüssigkeit an s der eine n Seite f o hoch über da s 9K veait auf de r anderen Seite steigen kann, rührt daher, dass di e Poren de r Scheidewand z u fei n sind, al s dass ei n hydrostatischer Druc k sic h durc h dieselben sort pflanzen könnte. Wen n ma n Wasser i n ein e poröse Thonzelle giesst, s o werden die Wände zwa r feucht, aber da s Wasser tropf t nicht durch, und ein e Thierblase, welche gleichfall s vo m Wasser befeuchtet wird , kan n nich t zu m Filtrire u de s Waffers gebraucht werden. Welche der getrennten Flüssigkeiten a n Volume n zunimmt, häng t lediglic h von der üttatur de r trennenden Scheidewand ab ; wen n Wasser und ' Weingeist durch ein e Sautschnf platte getrenn t sind, s o nimm t da s Wasser a n Volume n zn, indem der Weingeist leichter durch de n Kautschuk wandert al s Wasser. Wird ein e z u eudosmotischen Versuchen brauchbare Scheidewand i n ein e Flüssigkeit getaucht, s o wir d sie, j e nac h de r Moleknlaranziehung, welch e zwi schen der Membran un d de r Flüssigkeit besteht, ein e grossere oder kleinere Menge der Flüssigkeit resorbiren un d zurückhalten. lieber di e Resorption vo n Flüssigkeiten durc h thierische Blasen ha t Liebi g Versuche angestellt, welche den Vorgan g be i de n endosmotischen Erscheinungen sehr schon erläutern.

Die gndo§mose.

93

100 Gewichtstheile trockene Ochsenblase nehmen in 24 Stunden aus: 2 6 8 Gewichtstheile Wasser,

133 „ 38 „ 17 „

Kochsalzlösun g (1,20 4 specif . Gewicht), Weingeis t (8 4 Proc.) , Knochenö L

D as Absorptionsvermögen de r thierischen Membranen fü r verschiedenartige Flüssigkeiten is t als o sehr ungleich. In Wasse r gelegt, quill t di e Blase au f un d wird weich , i n Alkoho l bleib t sie hart. Wenn ein e Blase, welche irgen d ein e Flüssigkeit resorbir t hat , mi t eine r Substanz i n Berührung gebracht wird , welch e gleichfall s ein e Anziehun g au f die Theilchen de r resorbalen Flüssigkeit äussert, s o wir d ei u Thei l dieser Flüssigkeit der Blase entzogen. Wenn z . B . ein e mi t Wasser gesättigte Blase mi t Kochsalz bestreut wird , so entsteht überall da , w o da s Sal z mi t de m Wasser, welches di e offenen Poren erfüllt, i n Berührung kommt , ein e gesättigte Salzlösung; d a abe r di e Reforp tionsfähigkeit der Blas e fü r di e Salzlösung geringer is t al s fü r reine s Wasser, so trit t ei n Thei l de r Flüssigkeit an s nn d fliess t i n Tropfe n ab ; dabei fchrnmpft die Blase zusammen. Wir d ei n Stück mi t Wasser gesättigter Blas e i n Alkoho l gelegt, s o verlier t sie i n 2 4 Stunden nngefähr di e Hälft e ihre s Gewichtes, wa s vo n eine m Zu sammenschrnmpfe n un d Hartwerden de r Blase begleitet ist . Diese Thatsachen erläutern nu n de n Vorgang de r Endosmose gan z vor tresflich. Wenn ein e Membran zu r Trennung zweie r Flüssigkeiten dient , s o wir d sie von jedem de r getrennten Stoff e ein e gewisse Onantität, j e nach de r Grösse de r Molekularanziehung , i n sich aufnehmen; di e resorbirte Flüssigkeit wir d aber nach der anderen Seit e de r Blase wieder austreten, wei l sie vo n dor t he r durc h ein e chemischeAnziehung de n s Poren de r Blas e entzogen wird . Diese r EProcess wir d fortdauern, bi s di e au f beiden Seiten befindliche n Flüssigkeiten einander gleic h geworden sind. Di e Diosmose erklär t mehrere Erscheinungen, welch e wi r i m täglichen Seben wahrnehmen. Wenn ma n eine n Retti g i n Scheiben schneidet nn d dieselben mi t Sal z be streut,s o sind sie i n kurzer Zei t gan z mi t Wasser bedeckt. Hie r zieh t das Sal z das Wasser an s de n Zelle n de r Rettigscheibei: heraus. Trockene Erbsen nn d Bohnen quelle n i n Wasser gelegt stark auf , wei l da s Wasser i n Folg e eine s diosniotischen processes durc h di e ipui k i n da s Innere derselbe n eindringt .

F ü n f t es Capitel .

Aërostatik oder die Lehre vom Gleichgewicht der Gase.

Schwere der Luft. Die Luft is t ei n Körper, welcher nich t unmit telbar s o auf di e Sinne wirk t wi e di e festen un d tropfbar flüssigen Körper; aber mittelbar erkennen wi r ihr e Existenz i n zahlreichen Erscheinungen, wi e z . B . i n den mechanischen Wirkungen de s Windes. Unse r ganzer Erdball is t mi t eine r luftförmigen Hüll e umgeben, welch e den Namen de r A t m o s p h ä re führt . Die physikalische n Eigenschaften de r Luft , welch e dies e Atmosphäre bildet , un d de r luftförmigen Körper überhaupt bilde n nu n de n Gegenstand dieses Capitels. Schon sehr früh , j a selbstschon vo r A r i s t o t e l e s, vermuthet e man , das s die Luf t schwer sei. Dies e Wahrheit wurd e jedoc h ers t 164 0 durc h G a l t l a i bewiesen un d etwas später durc h T o r i c e l l i ' s schon e Versuche bestätigt. Durc h folgenden Versuc h läss t sich di e Schwere de r Luf t direc t nachweisen: M a n macht einen Ballon , Fig . 104 , welcher mi t eine m Hah n versehen ist , mittels t Fig. 104 . de r Luftpumpe luftleer und häng t ih n a n de m eine n Ende eine s Wagebalkens auf ; au f di e andere Seit e legt man Gewichte, bi s da s Gleichgewicht hergestellt ist. Oeffue t man nu n de n Hahn, f o füll t sich de r Ballon wiede r mi t Luft , das Gleichgewicht wir d ge stört, un d di e Wag e neig t sich nach de r Seit e de s Ballons hin . Au f de r anderen Seit e muss ma n vo n Neuem Gewichte auflegen, u m da s Gleichgewicht wie der herzustellen, un d zwar gerade f o viel , al s di e Susi im Ballo n wiegt . Fü r eine n Ballo n vo n 1 Lite r beträgt di e Differenz der Gewichte mehr al s 1 Gramm, woraus al s erst e Annäherung folgt , das s 1 Site r Lust unter de n gewöhnlichen Umständen mehr al s ei n Gramm wiegt , d . h . dass das Wasser nich t ganz 1000mal s o schwer is t al s gewöhnliche Luft .

Druck der Suft.

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Expansionskraft der Luft. E s is t bereit s i n de r Einleitun g 52 erwähnt worden , das s di e lustsormigen Sorper stet s ei n Bestreben zeigen, sich möglichst auszudehnen. Das s de r Luf t wirklic h diese Eigenschaft zukommt , läss t sich durch folgenden Versuch darthun: M a n legt unter die Glocke der Luftpumpe eine nur wenig Luft enthaltende und deshalb runzelige Thierblase, deren Oeffnnng fest zngebnnden ist. Rach einigen Solbenzügen schon bläht sich di e Blas e au f un d is t endlic h gerad e s o straff angespannt, al s o b man mi t alle r Gewalt Lnf t hineingeblasen hätte. Läss t man di e Luf t wiede r i n de n Recipienten hineintreten, s o schrumpft di e Blas e wieder zusammen. Di e i n de r Blas e eingeschlossene Lnf t ha t als o wirklic h ei n Bestreben , sich auszudehnen; nu r wir d demselben durc h di e mitgebende Lnf t Widerstand geleistet. Diese r Druck , welchen di e Luf t gege n di e Wänd e de r sie einschließende n Gefäß e ausübt , is t dasjenige, wa s ma n ihr e T e n s i o n , ihr e E x p a n s i o n s k r atf ode r anch ihr e S p a n n k r a ft nennt . Eine Spiralfeder zeig t nu r dan n ei n Bestreben, sic h auszudehnen, wen n man si e vorher zusammengedrück t hat ; sie verlier t ihr e Spannung, sobal d sie i n ihren ursprünglichen Zustand zurückgekehrt ist . Di e Luf t ha t abe r imme r ein e Expansionskraft , e s gieb t fü r si e kei n ursprüngliches Volumen, wei l sie imme r einen grosseren Raum einzunehmen strebt. Brächt e ma n ei n Lite r gewohnlicher Luft i u eiue u leereu Raum vo n mehreren Eubikmetern, f o würd e sie sich i n de m ganzen Rannte gleichförmi g verbreiten, si e würd e abe r imme r noc h ei n Bestreben haben, sich auszudehnen , un d würd e alf o auc h noc h eine n Druc k an f di e Wände ausüben. Auf de m Bestreben de r Lnft , einen möglichst grossen Raum einzunehmen, beruht di e Einrichtung de r Luftpumpe, di e wi r schon mehrmals angeführt haben uud di e alsbald näher beschrieben werden soll . Wen n di e Luf t keine Spannkraft, keine Elasticität i n de m eben besprochene n Sinn e hätte, s o würde si e nich t an s dem Recipienten der Luftpumpe ausströmen und i n de n Stiefel übergehen können. Ans de r Expansionskrast de r Gase folgt , das s sie nich t mi t eine r freie n scharf begrenzten Oberfläche ende n können , wi e die s be i de n Flüssigkeiten de r Fall ist . An f di e Lnf t der Atmosphäre wirke n zwe i Sräfte , welche sic h gegenseitig das Gleichgewicht halten, di e Schwere nn d di e Expansionskrast. Durc h die Schwere werden di e Lufttheilchen nach de r Erd e angezogen; dies e S r a ft als o äusser t ei n Bestreben, di e Luf t au f de r Oberfläche de r Erd e z u verdichten, un d diesem Bestreben wirk t di e Expansionskraft entgegen. Di e Atmosphäre is t wahr scheinlich deshalb begränzt, wei l bei eine m gewissen Grade de r Verdünnung di e Expansionskraf t f o abnimmt , das s di e Schwere de r Lufttheilche n allei n fcho n hinreicht, ein e weitere Entfernung vo n der Erd e z n verhindern. Druck der Luft. Setz t ma n au f de n Telle r de r Luftpump e eine n 5 3 Glas- ode r Metallcylinder mi t etwa s dicke n Wänden, welche r obe n mi t eine r gespannte n nn d a n de m Rand e festgebundenen Thierblas e verschlossen ist , s o erleidet vorerst di e Blase vo n beide n Seite n gleichen Drnc k un d bilde t deshal b eine Ebene. Wen n ma n nu n au s irgend ein e Weise mehr Lnf t i n de n Eylinde r

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Hydrostatik.

hineinbliese,s o würde sich die Blase nac h aussen wölben ; zieh t ma n umgekehrt die Luf t aus de m Eylinder heraus, s o gewinnt de r äussere Luftdruc k da s Uebergewicht un d druck t di e Blase nach innen, letztere s lässt sich leicht mi t Hülf e der Luftpumpe bewerkstelligen. Be i de n ersten Kolbenzügen scho n wir d di e Blas e Fig. 105. nac h innen gekrümmt, Fig . 105 ; j e mehr ma n anspumpt, dest o meh r nimm t di e Krümmun g zu , bi s sie endlich i n Stücke reisst, wobe i ma n eine n Knal l wie eine n Pistolenschuss hört . Diese r Knal l wir d durch da s heftig e Eindringe n de r Luf t hervorge bracht. Hätte ma n di e ganz e Anordnung s o geändert, dass di e Blase ein e schräge Stellung gehabt oder dass der Luftdruc k vo n unten nach obe n gewirk t hätte , s o würde man denselben Effec t erhalten haben, wei l di e Luf t nach alle n Seiten hi n auf gleich e Weise drückt. Bei diesem Versuch scheint auf de n ersten Blic k ausfallend, das s di e Luft , welche sich in eine m Zimme r befindet , einen s o enormen Druc k ausüben soll . Von de m Gewichte der Luftsäule, welche auf de r Blaf e ruh t un d sich vo n der selben bi s z u der Decke des Zimmers erstreckt, kann diese Wirkun g freilic h nicht herrühren; denn selbst ein e Wassersäulevo n dieser Höhe könnte sie kaum hervorbringen. Hätt e man de n Versuch unter freie m Himmel angestellt, s o hätte di e Blase offenbar den Druc k einer Luftsäule auszuhalten gehabt, deren Höh e gleich ist de r Höh e der ganzen Atmosphäre. Derselb e Druc k wirk t abe r auch noch in t Zimmer,, denn di e Luf t des Zinnners is t j a durch de n volle n Atmosphärendruck gepresst . 54

Messung des Luftdrucks. D a di e $?uft die ganze Erd e nmgiebt , so presst sie aus all e Gegenstände der Erdoberfläche gerade s o wi e auf di e Blase beim Versuc h Fig . 105 ; sie drück t ebens o au f all e Festländer wi e an s di e Gewässer . Tauch t ma n da s ein e Ende einer au f beiden Seiten offene n Röhre in ei n mi t Wasser gefüllte s Gefäss, so wir d sich di e Flüssigkeit i n de r Röhr e so hoch stellen wi e ausserhalb, wei l de r Luftdruc k i n de r Röhr e gerade s o au s das Riveau de r Flüssigkeit wirk t wi e ausserhalb. Saug t ma u abe r eine n Thei l der Luf t au s de r Röhre , s o steigt di e Flüssigkei t i u derselben . Durc h dieses Sauge n wir d nämlic h de r Luftdruc k i m Innern de r Röhr e ver mindert, währen d de r äussere "Luftdruck unverändert bleibt . De r Ueberstuss des äusseren Luftdruck s nun presst di e Flüssigkeit i m Innern de r Röhr e i n di e Höhe, bi s da s Gewich t de r gehobenen Wassersäule diese m Ueberschusse da s Gleichgewicht hält . Mach t ma n da s Innere de r Röhr e vollkomme n luftleer , so muss das Wafser s o hoch steigen(vorausgesetzt , dass das Rohr hoc h genug ist) , dass das Gewicht de r gehobenen Wassersäuledei n Gewicht einer bi s zu r Gräitz e der Atmosphäre reichenden Luftsäule vo n derselben Basis gleic h ist . An f dies e Weise kann ma n da s Gewich t de r ganzen Luftsaul e bestimmen, wi e hoc h sie anch sein mag.

Messung de§ SuftdruckS.

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Ten Pumpenmachern vo n Floren z verdanken wi r de n ersten Kei m de r

Entdeckung dieses wichtige n Gesetzes. Al s sie i n einem Saugrohre da s Wasser über 3 2 Fuss heben wollten, sahen si e zu ihrem grössten Erstaunen,dass es nicht hoher stieg. Tamal s erklärt e ma n da s Aufsteige n de r Flüssigkeiten, inde m man sagte, die Natur habe einen horror

vacui, einen Abscheu vor dem

leeren Raum. G a l i l ä i genügt e ein e solche Erklärung nicht , un d al s ih m di e von den Pumpenmeister n gemachte Beobachtung mitgetheilt wurde, kam er gleich aus di e Bermuthuug, dass di e Schwere der Luf t di e wahr e Ursache de r Erscheinung sei . Sei n Schüle r T o r i c e l l i ga b dafü r entscheidende Beweise. E r machte ungefähr folgende Schlussfolge. Dami t ein e Flüssigkeitssäule einer andereu da s Gleichgewicht halte, müssen di e Hohen der beiden Säulen sic h umgekehrt verhalten wi e ihr e fpecififchen Gewichte. Da s Quecksilber is t Fig. 106. .'I nah e 14mal f o schwer al s Wasser; wen n nu n de r Druck der atmosphärische n Lus t ein e Wassersäul e vo n 3 2 Fuss tra gen kann , s o mus s e r demnach auc h ein e Quecksilbersäule von 32 /i4 Fuss, d . h . vo n nah e 2 8 Zoll , trage n können . Der Bersuch is t leich t anzustellen. M a n füll t ein e Glas röhre, welch e ungefähr 3 0 Zol l lan g un d a n de m einen Ende zugefchmolzen ist , mi t Quecksilber , häl t da s offen e Ende mi t dem Finger zu , kehr t di e Rohre u m un d tauch t das mi t de m Finger verschlossene End e i n ei n Gefäss mi t Quecksilber, Fig . 106 . Zieh t ma n de n Finge r alsdan n weg, f o wir d das Quecksilber alsbald u m einig e Zol l fallen , und zwar f o weit , das s di e Erhebung de s Quecksilbers i n der Rohre über da s Nivea u de s Quecksilbers i n de m Ge fäss so gross ist , wi e e s aus de n ebe n angeführten Betrachhingen folgt . Di e i n der Rohre befindliche Quecksilbersäul e ist al s ei n Gegengewicht gegen de n atmosphärischen Luft druck z u betrachten. Diese r Appara t is t da s B a r o m e t er (Schweremesser) . De r leer e Raunt übe r de r Quecksilbersäule des Barometers is t di e Toricelli'sehe Leere. Die verticale Hohe der Quecksilberluppe i n der Rohr e über dem Niveau de s Gefässes heisst di e Barometerhohe. D i e B a r o m e t e r h o h e, als o auc h di e Grosse d e s S u f t drucks is t keineswegs f ü r all e O r t e de r E r d e dieselbe ; sie n i m mt vielmeh r a b m i t de r E r h e b u ng übe r den Meeresspiegel, weil j a m i t solcher E r h e b u n g di e H o h e de r über u n s befindlichen L u f t f ä u l e a b n i m m t . In eine r H o h e vo n 1 7 0 0 0 Fus s übe r de m M e e r e s spiegel is t die B a r o m e t e r h ö eh k a u m hal b s o gross a l s am U f er de s M e e r e s. Darauf gründet sich die Anwendung de s Barometers z u Hohemn essun9enWenn man gleichzeiti g a m Fusse eines Berges un d auf de m Gipfel desselben den Barometerstan d misst, fo kamt man au s der Differenz der beiden Barometerstände auf de n Höhenunterschie d de r beiden Stationen schlössen. Nähere s übe r barometrisch e Hohenmessun g finde t man i m Supplementbaude , auftncr's ©ruitcriB der ^lnjiif . 7

i

98

Hydrostatik.

A b er auc h a n eine m u n d demselben O r t e is t der B a r o m e t e r s t a nd v e r ä n derlich, w i e dies weite r u n t e n i n der M e t e o r o l o g ie ausführliche r besproche n

werden soll.

A m Use r d e s M e e r es beträg t di e B a r o m e t e r h o eh 7 6 Centimeter oder , w as sehr n a h e dasselb e i s t , 28 P a r i s er Z o l l . E i n e solch e Quecksilbersäule vo n 1 O u a d r a t c e n t i m e tre G r u n d f l ä c h e h a t einen C u b i k m h a l t v o n 76 Cubikcentimetern. D a n n n 1 Cubikcentimeter Quecksilbe r 1 3 , 5 9 G r a m m w i e g t , s o ist der T r u ck dieser S ä u l e a u f ihr e B a s i s 7 6 X 1 3 , 5 9 G r a mm = 1,03 3 Kilogramm . B ei eine m B a r o m e t e r s t a n de v o n 76 C e n t i m e t er ( 2 8 P a r i s er Z o l l ) drück t als o e atmosphärische Luftsäul e au f ei n j o e. F i g . 107. di Flächenstück v o n 1 O u a d r a t c e n t i m e t e r Inhalt m i t eine m Gewicht e v o n 1 , 0 3 3 K i l o g r a m m, a u f e i n en O u a d r a t z o l l u n g e f ä hr m i t e i n em G e w i c h t v o n 15 P f u n d . T i e f er T r u c k ( 1 , 0 3 3 K i l o g r a m m auf jedes O u a d r a t c e n t i m e t er ode r 1 5 P f u nd auf jede n O u a d r a t z o l l) wir d a l s A t m o f p h ä r e u d r n c k oder als T r u c k

einer

A t m o f p h ä r e bezeichnet .

55

Construction des Barometers. F i g. 1 0 6 zeigt d a s B a r o m e t er i n seiner ursprünglichen F o r m , be i welche r d a s R o h r u nd d a s G e f ä ss nich t fest z u f a m m e nhängende Stück e sind. B e i dem gewöhn lichen B a r o m e t er sind jedoc h R o h r u n d Gefäss i n der W e i fe z n eine m einzige n Stücke verbunden, wi e e s F i g. 1 0 7 zeigt ; d as u n t e n umgebogene R o hr endig t n ä m lich m i t einer obe n offene n E r w e i t e r u n g , welche d a s Gefäss de s B a r o m e t e rs bil det. W e n n d a s Gefäss e t w a s wei t is t i n Vergleic h z u d e m T u r c h m e f f er der R o h r e, f o fin d di e S c h w a n k u n g en de r S ä u le fas t ohn e Einflus s au f d as R i veau de s Oueckfilbcrs i m Gefäss, f o dass m a n, w e n n kein e gross e Genauigkei t ge fordert wird , diese s N i v e a u a l s constant betrachten kann . B e i diesen B a r o m e t e r n, die m a n zn genaue n Untersuchunge n nicht gebrauche n k a n n , befinde t sich i n der R e g e l di e S c a al auc h n u r am obe rat Theil e de s Instrumentes.

Construction de§ Barometers.

99

Solche Barometer, welch e nach de m Typu s i n Fig . 10 6 ode r Fig . 10 7 construirt sind, nennt ma n G e f ä s s b a r o m e t e.r Eine ander e Grundfor m de s Barometers sin d di e H e b e r b a r o m e t e r, Fig. 108 . Si e sind au s einem heberförmig gebogenen Glasrohre verfertigt , so dass also der Ouecksilberspiegel , an s welchen de r Luftdruc k wirkt , sic h i n eine r Rohre befindet, welch e eben s o wei t is t wi e da s Röhrenstück, welche s di e ober e Quecksilberkupp e enthält. Es is t klar , das s i n solche n Instrumenten be i verändertem Luftdruc k di e beiden Suppen ihre n Stand gleichzeiti g ändern, uu d zwa r wir d di e ober e stets um s o vie l steigen,wi e di e untere fällt , und umgekehrt. Um mi t Hülf e eine s folche n Instrumentes di e wahr e Barometerhöhe z u finden, macht man entweder di e Scala ode r da s Barometerrohr selbst verschiebbar. In beide n Fällen stellt man da s Instrument vo r de m Ablesen de r oberen Suppe f o ein, dass de r Gipfe l der unteren Suppe mi t de m Rullpuukt de r Theilung zusammenfällt. Unsere Figur stellt ei u Barometer dar , be i welchem da s Roh r selbs t ver schiebba r ist . E s is t an f de r Messingplatte d befestigt, welch e mi t Hulf e de r Schraube s anf - nnd niedergeschobe n werden kann, wodurc h dann anch das Ba rometerrohr selbst gehoben ode r gesenkt wird , inde m di e messingenen Halte r & und c dasselbe zwar an f de m Brette halten, aber doch ein e Verschiebung i n ver ticalem Sinn e gestatten. Sind Roh r un d Scal a fest , f o is t ein e Ablesung der oberen un d de r un teren Suppe uothig , u m di e Barometerhohe z u erfahreu. Welche Form ma n anc h einem Barometer geben mag, s o müssen doch im mer gewisse Bedingungen erfüll t sein, wenn da s [Instrument gena u di e Grosse des Luftdruck s angeben soll . Zunächs t muss di e Hohe de r Quecksilbersäule ge nan gemessen werden können, nnd da s is t nu r möglich , wen n da s Roh r ein e vollkommen verlical e Stellung hat . Di e Scala befindet sich entweder au f eine m Mesfingstreifen, welcher i n da s Bret t eingelassen ist , oder si e is t au f da s Roh r selbsteingeätzt. Der Rau m über de r Quecksilbersäule muss vollkommen luftlee r sein, wa s man nu r dadurch vollständig erreicht, das s man da s Quecksilber i n de r Rohr e kocht; denn nu r dadurch is t e s möglich, all e Luf t un d all e Feuchtigkeit, welch e an de n Glaswänden anhaften, z u entfernen. D a s Auskochen de r Barometer is t eine Operation, welch e vie l Uebnng nn d Geschicklichkeit erfordert. Wen n i n der Toricclli'fchen Leer e noch etwas Lnf t zurückgeblieben ist , f o erkennt ma n die s daran, dass sich beim Neigen de s Rohrs dasselbe nich t vollständi g mi t Qnecksilber füllt , sondern dass ei n kleines Lnftbläschen a m Gipfel der Rohre zurückbleibt. Der Fehler, der daraus entsteht, is t u m s o geringer, j e grösser da s Volume n der leeren Sammer ist . Endlich muss das Quecksilber vollkommen rei n nn d de r Durchmesser de r Rohre nich t z u klei n sein. Wen n di e Rohre z u en g ist , s o üb t di e Adhäsio n nnd di e Reibung de s Quecksilbers a n de n Glaswänden eine n s o bedeutende n Einfluss ans, dass di e Quecksilberkuppe of r i n eine r Hoh e stehen bleibt , welch e 7*

100

Hydrostatik.

bald höher, bald tiefe r ist , als sie der Grösse de s Luftdrucks nach sein sollte . Wen n man i n einem solchen Fall e da s Barometer etwa s anstösst, s o sieht ma n di e Quecksilbersäul e augenblicklich etwas steigenoder fallen , j e nachdem der vorherige Stand z n tie f oder z u hoch war , wei l durch de n Anstoss das Hindermss de r Be wegung uberwunden wird .

56

Pumpen. Wi r haben bereits i n Paragraph 5 4 gesehen, dass man durch S a u g en a n dem oberen End e einer Röhre, deren unteres End e i n Wasser ge taucht ist , das Steigen desselben i n der Röhr e bewirken kann . Di e Luftverdünnnng, welch e i n diesem Fall e durc h de n Mun d erzengt wurde, kan n ma n abe r anch dadurch hervorbringen, dass man i n das Roh r eine n lustdich t schliesseudeu Kolben einsetzt. .3s t das untere End e de s Rohres i n Wasser eingetaucht, so füll t sich das Roh r mi t dieser Flüssigkeit, wen n ma n de n Kolbe n i n di e Höhe zieht, wi e sich dies an den gewöhnlichen Spritzbuchsen zeigen lässt. Dieses Princi p wir d nu n auch bei den Pumpen zu r Hebung bedeutendere r Wassermenge n angewandt. Fig . 10 9 stellt ein e S a n g p n m pe de r einfachsten Eonstructiou dar . D a s hölzerne Saugrohr a steht i n dem Brunnenschacht , nn d zwar geht e s unter de n Spiegel de s i n de r Tief e sich sammelnden Wassers B hinab. D a s Wasser kann durch ein e seitliche Oesfnnng, welch e zu r Abhaltun g von Unreinigkeiten durc h ei n Sieb verschlossen ist , i n da s Saugrohr eintreten . Auf da s nac h Umständen kürzer e ode r längere , au s eine m ode r mehrere n Stücken bestehende Saugrohr a is t nu n da s etwa s weitere , zwische n 2 un d 3 Fus s hohe , gena u cylhtdrisc h ausgebohrte K o l b e n r o h r b aufgesetzt, i n welchem ei n Kolben luft - und wasserdicht schliesseud auf - un d abbewegt werde n kann.

D as ober e End e de s Saugrohres a ist durch ei n Venti l (hie r ein e i n der Mitt e mi t Metal l beschlagene Lederklappe) bedeckt, welche s durc h eine n Druc k von unten gehoben, als o geöffnet, durch eine n Druc k vo n oben aber fes t auf di e Oeffnung aufgedrückt, als o geschlossen wird . Diese s Venti l bilde t gewisser massen de n Boden de s Kolbenrohres b und wir d deshalb da s B o d e n v e n t il genannt. Der i m Kolbenrohr befindlich e Kolben is t an einer eiserne n Stang e befe stigt, welche durch ein e passende Hebelvorrichtung beweg t werde n kann ; diese r Kolben is t selbst wieder hohl , un d das'"obere End e dieser Höhlung is t mit eine m Ventil i n gleicher Weis e versehen wi e das obere Ende de s Saugrohres, s o dass es durch einen Druc k vo n obe n geschloffen, durc h eine n Druc k vo n unten ge öffnet wird . Der Umfan g dieses Kolbens is t durch ein e Lederkappe gebildet, welch e un ten u m de n hölzernen Kolbe n heru m festgenagelt ist , oben abe r fre i vo n dem selbenabsteht, f o dass, wenn sich einmal Wasser übe r de m Kolbe n befindet, dasselbe di e Lederkappe fes t gegen di e Röhrenwände anpresst, wodurch dan n ei n gu ter Schluss erhalten wird . Wenn de r eben a m unteren End e de s Kolbenrohres befindlich e Kolbe n i n die Höhe gezogen wird , s o wirk t er wie ei n massiver Kolben , wei l sic h das Kol -

Gumpen. bcnventil schließt, un d e s bilde t sich unter demselben ei n lustverdünnter Raum ; log. da s Bodenventil öffne t sich, und das Wasser steigt i n dem Saugrohr e i n di e Höhe. Bei m Niedergan g des Dothen s schließt sich zunächs t da s Bodenventil, wodurch da ä Zurückfallen deä aufgesaugten Wassern verhindert wird, das Solben= vcutil aber öffne t sich uud lässt di e noc h i m Selbenröhre befindliche Luft durch. Erst nac h mehrmalige r Wiederholung diese r Opc ration, wen n da s Wasser bis i n da s Solbenrohr ge stiegenist , beginn t di e Pumpe wirklic h Wasser z u fördern. 3s t aber einmal Me ^ßurnpe mi t Waffe r gefüllt , s o wir d be i jede m Niedergäng e de 3 Solben s das i m Solbenrohre be findliche Wafser , welche m nun durch das Bodenventil der Rückweg verschlosse n ist, durch den Soften hindurchgehen; bei jedem Aufziehen des Solbens wir d da s be reits übe r demselbe n be stndlicheWasser au S de m Solbenrohre i u das Steigrohr gehoben, aus weichein es dann durc h di e seitliche Ocsfnung r abfließt, wäh tend zugleic h ein e neu e Wassermeng e von unten her in da s Solbenrohr aufge ; saugt wird . Bei vollkomme n £uft -

102

Hydrostatik.

dichtem Schluss de s B o l b e n s u n d der V e n t i l e wurd e m a n be i m i t t l e r em Luftdruc k d as W a s s er nah e b i s zu 32 Fus s a u f s a u g en können ; be i der geringen Vollkoni menheit jedoch , m i t welcher folch e P u m p e n a u s g e f ü h r t sind, dar f d a s B o d e nventil nicht wohl mehr al s 2 0 Fus s übe r de m Wafferspiegel i m Baffi n ange bracht sein.

U m d a s W a f f er a u f grossere H ö h e z u heben, u m e s i n Dampfkessel h i n -

einzupressen u.

w . , werden D r u c k p u m p e n angewandt,

welche sich von

den

vorigen dadnrch unterscheiden, dass de r Bolbe n massi v is t und dass da s aufgesaugte W a s s er durc h ei n seitliches R o h r i n di e HÖ h e gedrück t w i r d , desse n u n t e r es E n d e durc h ei n nach obe n sich ö f f n e n d e s V e n t i l geschloffe n wird . F i g . 1 1 0 ^ H O . stellt ein e D r u c k p u m pe d a r ; h ist das S a u g r o h r , r das Bolbenrohr, s da s S t e i g r o h r. D e r. massive fiolben K geht luftdich t durc h di e S t o p f b u c h s e, welch e d a s obere E n d e d e s K o l b e n r o h rs fchliesst . B e i m A u f g a ng de s B o l b e n s heb t sich d as S a u g v e n t i l a , um W a f f er a u s den t S a u g r o h r durchzulassen,w ä h r e n d d as Druck ventil b geschlosse n bleibt; bei m N i e d e r g a n g

des Bolbens schliesst sich a , und das vorher aufgesaugte W a s s er wir d n u n durc h

das geöffnet e Ventil b i n

d as S t e i g r o h r 6 ' gepresst. B ei d u n d c sind H ä h n e angebracht, di e m an a bstellen k a n n , w e n n di e P u m pe nich t meh r arbei ten foll.

D er Decke l / kan n entfern t werden , w e n n m a n di e V e n t i le nachsehen will . E r is t durch ein e starke D r a h t f e d e r aufgedrückt , f o dass e r gehoben w i r d , w e n n der D r u c k z u stark werde n sollte , wi e es z. B. erfolgen k a n n , wen n d a s S t e i gr o hr sich verstopf t h a t oder de r H a hn d geschlossen bleibt , w ä h r e nd c offen is t und die V e n t i l e spielen . D e r Deckel / dien t als o i n diesem F a l l e a l s S i c h e r h e i t sv e n t i l , inde m durc h sei n H e b e « d a s B e r s t en de r R ö h r e n w ä n ed verhinder t wird .

Der ^Gber.

103

Der Heber. W e n n m a n ei n T r i n k g l a s , desse n R a n d rech t ebe n 5 7 ist ( a m beste n ei n geschlissenes G l a s ) , gan z m i t Wasser füllt , ei n P a p i er darau f deckt un d d a n n d a s G l a s umkehrt , s o l ä u f t d a s W a f s e r nich t a u s ; de r gegen di e untere Fläch e de s P a p i e r s wirkend e Luftdruc k hinder t d a s H e r a b f a l l e n de r W a s sermasse. D a s ^Papie r is t n u r deshal b nöthig , u m z u verhindern , das s beim Umkehre n de s G l a s e s d a s Wasser a n de n S e i t e n a u s l ä u f t un d statt desse n Luf t i n d a s Gefäs s eindringt . We'n n di e unter e O e f f n u u g klei n genu g ist , um ei n solche s A u s l a u f e n z n verhindern, wi e die s bei m S t e c h h e b e r de r F a l l ist, s o is t d a s P a p i e r nich t meh r nöthig . D e r Stechheber is t gewöhnlic h ei n röh renförmiges Gefäss , F i g . Fig . 111 . Fig . 112 . Fig. 113 . 1 11 un d 1 1 2 , welche s oben un d unte n etwa s en ger uu d a n beide n E n d e n offen ist . T a u c h t m a n es , wenn beid e O e f f n u u g e n frei sind, gan z i n ein e Flüssigkeit, s o füll t e s sic h m i t derselben , un d wen n m an n n n di e ober e O e f f n u ng m i t de m D a u m e n verschliesst, s o kan n m a n den Stechheber i n di e Hoh e ziehen, ohn e das s di e i n demselben enthalten e Flits sigkeit a u s l ä u f t . D er H e b e r is t ein e gekrümmt e R ö h r e , bsa, F i g . 1 1 3 , dere n Schenke l ungleiche Läng e haben . W e n n de r kürzer e Schenkel i n ein e Flüssigkei t einge taucht is t un d m a n di e ganz e R o h r e durc h S a u g eu be i a mi t derselbe n gefüll t hat, s o l ä u f t sie a m E n d e a de s längeren Schenkels, welche s tiefe r lieg t al s b, fortwährend a u s ; m a n kan n alf o mi t H ü l f e eine s Heber n leich l ei n Gefäs s ent leeren. D i e W i r k u n g de s Heber s is t leich t z u erklären . Au f de r eine n S e i t e hat di e Wassersäule, sa, au f de r anderen di e Wassersänle vo n s bi s zu m S p i e gel de r Flüssigkei t i m Gefäs s ei n Bestreben, vermög e ihre r Schwer e herabzufal len; de r Schwer e de r i n beide n Schenkeln befindliche n Wassersäuleu wirk t abe r auf beide n S e i t e n de r Luftdruc k eutgegen, welche r au f de r eine n S e i t e gege n di e O e f f n u ug a , au f de r anderen abe r au f de n S p i e g el de s Wassers i m Gefäss wirk t und dadurc h di e B i l d u n g eine s leere n R a u m e s i m Inneren de r R ö h r e verhin d a l, welche r sic h notwendigerweise be i s bilde n w ü r d e , wen n di e Wassersäulen auf beide n S e i t e n herabliefen . D a de r Luftdruc k au f de r eine n S e i t e s o stark wirkt , wi e au f de r anderen , f o würd e vollkommene s Gleichgewich t stattfinden, wenn di e Wassersäulen i n de n beide n Schenkel n gleic h hoc h w ä r e n , wen n sich also di e O e f f n u u g a i n de r Höh e de s Wasserspiegels i m Gefässe befände; fobal d aber a tiefe r liegt , erhäl t di e Wassersäule i m Schenke l sa d a s llebergewich t und i n de m Masse, a l s hie r d a s Wasser a u s l ä u f t , wir d au f de r andere n S e i t e

104

Hydrostatik.

durch de n Luftdruc k vo n N e u e m Wasse r i n di e R o h re hineingetrieben , f o dass d as Ausstiegen be i a fortdauert, b i s der S p i e g el de r Flüssigkeit i m Gefass auf die Hoh e de r O e f f n u ng b gefallen ist. U m de n Hebe r beque m fülle n u n d i n Wirksamkeit setzen z u können, wir d an demselben ein e S a u g r o h r e at, F i g . 1 1 4, angebracht, © n e u gewöhn lichen § e b e r füll t m a n nämlich dadurch , das s m a n bei a, Fig. 114 . F i g. 1 1 3 , f a n g t; dabe i is t aber nich t z n vermeiden, das s m an etwa s v o n der Flüssigkeit i n de n M u n d bekommt ,

was i n manchen Fälle n unangenehm, of t sogar gefähr -

58

IT

lich sei n kann , wi e wenn man den H e b e r anwenden will , u m ei n Gefäss m i t Schwefelsäure z u entleeren. In eine m solche n F a l l e is t d as S a u g r o hr unentbehrlich ; w e nn m a n di e R o h re be i bf , F i g. 1 1 4 , verschließt , s o kan n m an durc h S a u g e n be i t de n ganzen Schenkel s V füllen , ohne das s di e Flüssigkeit a n de n M u n d kommt . T a s A u s l a u f en beginn t a l s d a n n , sobal d m a n d as Rohrenende b' wiede r öffnet .

Das Mariotte'sche Gesetz. T a s B o l u m e n e i n er g e g e b e n en G a s m a s se v e r h ä l t sic h u m g e k e h r t w i e d e r T r u c k , d e m s ie a u s g e s e t zt ist . Bezeichnen w i r also m i t V d as B o l u m en eine r gegebenen G a s m e n g e , welch e unte r de m Druck P, m i t v d as B o l u m en derselbe n G a s m e n g e, wen n sie unter de m Druc k p steht, s o haben w ir V : V = p :P.

..

.

1 )

oder auc h vP =

VP 2

)

D a s dnrc h Gleichun g 1 ) oder 2 ) ausgesprochene Gefet z wir d nac h seinem Entdecker d a s M a r i o t t e ' f c he G e s e t z genannt . U m es experimentell z u p r ü f en dient de r A p p a r at F i g . 1 1 5 . In zwe i vertical s dnrc h eine n horizontalen C a n a l verbundene Loche r de s Eisenstücks i sind zwe i G l a s r o h r en eingekittet , ein e k ü rzere (di e M a n o m e t e r r ö h r e ), etwa s übe r 1 2 Z o l l l a n g e , welch e obe n m i t einem H a h n versehe n ist , dessen Einrichtun g durc h F i g . 1 16 erläutert wird , und ein e längere (di e D r u c k r o h r e ), welch e obe n offe n u n d ungefähr 6 6 Z o l l l a ng ist . Beid e R o h r e n samrn t de r eisernen Fassun g sin d au f einem (etw a i n Z o l l e ) getheilte n B r e t t befestigt ; de r N u l l p u n kt de r T h e i l u ng befinde t sic h etwas über de m Eisenstück. W ä h r e n d n u n der H a hn de r M a n o m e t e r r o her offe n ist, wir d durc h di e Druckrohre s o vie l Quecksilbe r eingegossen , das s e s i n beiden R o h r e n ebe n b i s z um Nullpunkt reich t und d a n n de r H a hn geschlossen . E s is t n un in der M a n o m e t e r r o h re ein e Luftfäul e vo n einer bestimmten, auf dem getheilte n B r e t t abzulesenden Läng e abgesperrt, welch e gerad e unte r dem Druck de r Atmosphäre steht. U m diese Luftfäul e au f 1 / 2 oder au f V a ihre r ursprünglichen Läng e z u comprimiren mus s m a n i n de r Druckrohre f o vie l

D a 3 Mariotte'sche @ese|.

105

Quecksilber aufgiessen, dass es das Riveau des Queckfitters im kurzen Rohre um die einfache (wie in unserer Figur) oder um die doppelte Hohe der Barometerfaule überragt, dass also nun die abgesperrte Lust einem

Druck von zwei oder drei Atmosphären ausgesetzt ist.

Ar ago uud Dulong haben bewiesen, dass dieses Gesetz sitr atmosphärische Lnft wenigstens bis zu einem Drucke von 27 Atmosphären noch keine Aendernng erleidet. Durch diese Versuche ist die Richtigkeit des M a -

riotte'schen Gesetze s vo n eine m Druck vo u 1 Atmosphär e

bis zu einem Druck vou 27 Atmosphären bewiesen; für eiuen Druck aber, welcher geringer ist als 1 Atmosphäre, kann man es mit Hülse des folgenden Apparates bestätigen.

Eine 2 bis 2l/2 Eentimeter weite eiserne Rohre r, Fig. 117 (a.f. S ) , welche oben in ein weiteres Gefäss endigt und unten geschloffen ist, wird in einem passenden Stativ vertical aufgestellt und etwa bis n mit Quecksilber vollgegossen. Run füllt man eine Barometerrohre, wie zum Toricelli'schen Versuche (Paragraph 54),. mit Quecksilber, jedoch nicht ganz voll, sondern nur so weit, dass noch etwa 5 bis 8 Eentimeter nicht mit Quecksilber augefüllt sind. Verschließt man die Qeffnnng mit dem Finger, kehrt sie dann um, fo wird die Luftblase iu den oberen Theil der Rohre hinaufsteigeu. Wenn man nun, wie beim Torkelli'fchen Versuche, das untere Ende der Rohre in das Quecksilber des Gcfässes ab taucht und dann den Finger von der Qeffnnng wegzieht, fo wird die Quecksilbersäule im BaFig. 116. rometerrohre bis auf einen bestimmten 'Punkt fallen. Man wird aber sogleich bemerken, dass der Gipfel der j2 Quecksilbersäule nicht so hoch über n n steht, als die Barometerhohe beträgt, weil ja im oberen Theile unserer Röhre sich Luft befindet und kein Vacuum, wie beim Barometer. Wenn man die Röhre niederdrückt, so dass sie weiter nnd weiter in das Queck-

106

Hydrostatik.

silber des weiten Rohres hinabreicht, so wird das Volumen der oben eingeschlossenen Lnft immer kleiner. Drückt man nun die Rohre so weit hinab, dass das Ouecksilber im Rohre genau in der Hohe des Quecksilberspiegels nn steht, so steht die Fig. 117 . abgesperrte Lnft genau unter dem Drucke einer Atmosphäre. Die Höhe der abgesperrten Luftsäule, welche dem Druck von einer Atmosphäre ausgefetzt ist, wird nun gemessen; fie betrage 5 Centimeter. Zieht man das Rohr wieder in die Hohe, so vermehrt sich das Volumeu der abgesperrten Lnft, zugleich aber erhebt sich auch die Oitecksilbeil'uppe im Rohr itber den Spiegel nn. Gefetzt, man habe das Rohr fo weit gehoben, dass die abgesperrte Luft eine Länge von 10 Centimetern in der Röhre einnimmt, fo wird die Höhe der Quecksilberkuppe s über den Spiegel n n gerade die Hälfte des im Augenblick zn beobachtenden Barometerstandes fein. Stände das Barometer auf 760 Millimeter, fo würde die Quecksilberkuppe gerade 380 Millimeter Über nn stehen. Die Hälfte des atmosphärischen Drucks ist also durch die Quecksilbersäule, welche sich unter der abgesperrten Luft befindet, aufgehoben, und der Druck, welchen diefe abgesperrte Luft auszuhalten hat, ist nur noch dem Druck einer halben Atmosphäre gleich, ihr Volumen aber ist doppelt fo gross, als e s war , d a fie den Druc k de r

ganzen Atmosphäre auszuhalten hatte. Hebt man die Rohre fo weit, dass die abgesperrte Luft eiue Länge von 15 Centimetern in der Röhre einnimmt, dass ihr Volumeu also 3 mal grösser geworden ist, fo beträgt die Höhe der Quecksilbersäule in unserm Rohr 2/3 der

Die Suftpumpe.

107

Barometerhöhe; die abgesperrte Luft hat also nur noch einen Druck von V3 3ltS mosphäre auszuhalten .

Setzen wir in Gleichung 2), Seite 104, P =

760, so ergiebt sich

Y —

760 Rach dieser Gleichung kann man berechnen wie gross das Volumen einer gegebenen Gasmenge unter dem normalen Atmosphärenbruck sein würde, wenn dieselbe unter bem Druck p das Volumen v einnimmt (Reduction auf den Rormaldruck). D i e L u f t p u m p e . Zu den unentbehrlichsten und wichtigsten Instru- 59 menten des 'Physikers gehört die Luftpumpe, welche seit ihrer Erfindung durch Otto von Guerike mancherlei Veränderungen und Verbesserungen erfahren hat. Wir wollen sie zunächst in einer möglichst einfachen Gestalt kennen lernen. Fig. 118 (a. f. S.) stellt eine Luftpumpe möglichst einfacher Construction, nämlich eine sogenannte Handluftpumpe dar, wiesiegewöhnlich inchemischenLaboratoriengebraucht wird. C C ist der Stiefel, d.h. ein hohlerMesfingcylinder, in welchem ein luftdicht schürender Kolben A auf- nnd abbewegt werden kann. Von dem Boden des Cylinders führt ein verticaler Canal herab bis zu dem horizontalen Rohre s, welches durch ein Glasrohr t mit Hülfe von Kantschukröhrchen mit dem Recipienten gf d. h. mit dem Rannte in Verbindung gesetzt werden kann, ans welchem man die Luft entfernen will. Die Glasröhre t verbindet nämlich die Messingrohren s nnd p, von welchen letztere zu dent verticalen Canale ab führt, der oben in der Mitte des eben abgeschlissenen Tellers dd mündet. Ans diesen Teller wird dann die Glasglocke g aufgesetzt, deren unterer Rand gleichfalls eben abgeschliffen ist, nnd der des besseren Schlusses wegen mit Talg oder Schweinefett bestrichen wird. Der Kolben A ist ans verschiedenen Stücken znsammengesetzt, nämlich erstens einem zum Theil hohlen Messingstiick Kt welches von einer Lederkappe umgeben ist, die fest an die Wände des Cylinders andrückt nnd namentlich beim Aufziehen des Kolbens noch durch den von oben her wirkenden Luftdruck an dieselben gepresst wird, nnd zweitens ans einem von unten her in K eingeschraubten Metallstück L , welches in der Mitte durchbohrt ist und die Bodenplatte des Kolbens bildet. Dieses Metallstück L ist nun oben mit einem Ventil versehen, welches dadurch gebildet wird, dass man ein Stück Schweinsblase so über dasselbe bindet, dass es die Oeffrntitg des verticalen Canals verschliesst, und dann seitlich von dieser Oeffnung zwei Einschnitte anbringt, wie Figur 119 (a. f. S ) zeigt, welche das fragliche Stück itt grösserem Massstabe int Grund- und Aufriss darstellt. Dieses Ventil wird fest auf die Oeffnung aufgepresst, wenn der Luftdruck von oben her, es wird geöffnet, wenn er von unten herstärkerist. Ein ähnliches Ventil ist nun über der centralen Oeffnung der Bodenplatte des Cylinders angebracht. Beim Aufziehen des Kolbens öffnet sich dieses Bo-

108

Hydrostatik.

denveutil und die Lust strömt aus dem Recipienten in den Stiefel. Beim Riederdrucken des Kolbens schliesstsichdas Bodenveutil und hindert den Rück, gang der Luft in den Recipienten, während sie durch das geöffnete Kolbenventil entweicht. Tie Luftpumpen-BentUe werden vielfach auf andere Weife construirl, als es durch Fig. 119 erläutert wurde. Cinesehrzweckmässige Form ist die in der Fig, 119.

Fig. 118.

Silbermann'schen Lustpumpe Fig. 120 angewandte. Ter Kolben dieser Luftpumpe ist massiv, im Boden des Stiefels aber befinden sich zwei Ventile, von denen sich das eine nach oben, das andere nach unten öffnet. Ter Recipient wird bei a angesetzt. Beim Aufziehen des Kolbens strömt die Luft aus dem Re-

Tie Suftpumpe.

109

cipienten durch das geöffnete Ventil b in den Stiefel, beim Niedergang des Bottens schliesst sich b während die Luft aus dem Stiefel durch das geöffnete Ventil c ausströmt um bei d in die freie Lnft zu entweichen.

Fig. 120.

In Figur 118 sehen wir unter ber Glocke der Luftpumpe einen Apparat stehen, welcher erst später, und zwar in demjenigen Paragraphen besprochen werden wird, welcher vom Luftballon handelt. Ten Grad der Luftverdunnnng, welchen man durch Auspumpen hervorgebracht hat, kann man durch eine sogenannte Barometerprobe messen. Fur die kleinen Handluftpumpen ist die Barometerprobe so eingerichtet, wie Fig. 118 zeigt. Eine etwa 30 Zoll lange Glasröhre b taucht mit ihrem unteren Ende in ein Gefäss voll Quecksilber; oben ist sie umgebogen und mittelst eines Bautschukröhrchens an die -Pumpe befestigt. Weuu der Hahn n geöffnet ist, fo steigt das Quecksilber in der Röhre b, unb zwar um so höher, je weiter die Verdünnung getrieben wird. Wenn es möglich wäre, einen ganz luftleeren Raum durch die Lustpumpe zu erzeugen, so wurde die Höhe der im Rohre b gehobenen Quecksilbersäitle der Barometerhöhe gleich feinGewöhnlich bedient man sich, um den durch die Luftpumpe hervorgebrachten Grad der Verdünnung zu messen, des abgekürzten Barometers als Baronteterprobe. Fig. 1 2 1 (a. f. S.)stelltein abgekürztes Barometer in 1/s der natürlichen Grösse dar. T)as Quecksilber füllt den zugeschmolzenen Schenkel bei gcwohnlichem Luftdruck gauz aus. Wird nun dieser Apparat aufrechtsteheud unter die Glocke der Luftpumpe angebracht, so beginnt das Quecksilber im geschlossenen Schenkel zu sinken, wenn der auf den offenen Schenkel wirkende Luftdruck auf V4 Atmosphärendruck reducirt ist. Geht nun die Verdünnung der Luft im Recipienten weiter, fo giebt die Höhendifferenz der Qnecksilberkuppen in beiden Röh-

Hydrostatik.

110

reu die Grosse des Druckes an, welchen die unter der Glocke noch zurückgebliebene Luft ausübt. Anstatt abe r dies e Barometerprob e unte r di e Glock e de r Luftpump e z u stellen, ist sie gewöhnlich in einem besonderen kleinen, durch eine enge Glasglocke

gebildeten Recipienten angebracht, welcher gleichfalls mit dem zum Stiefel führenden Canal commnnicirt und durch einen besonderen Hahn abgestellt werden kann. Die eben besprochene und abgebildete Lustpumpe war eiue Ventilluftpumpe, d. h. eine solche, bei welcher die Unterbrechung und Wiederherstellung der Communication des Stiefels mit dem Recipienten durch ein Ventil bewerkstelligt wird, während auch die aus dem Apparat fortzuschaffende Luft durch ein Ventil entweicht. Für diese Functionen können aber anch Hahnen verwandt werden, nnd solche Luftpumpen, bei welchen dies der Fall ist, heißen Hahnenlustpumpen. • Das Wesentliche der Einrichtung der Hahnenlustpnmpe wird durch Flg. 122 erläutert. Fig. 121 . Fig

. 122 . Fig

, 123 .

r

Der Sengnerd'sche Hahn g, welchersicham unteren Ende des Cylinders befindet, ist doppelt durchbohrt; ein Canal geht rechtwinkelig zur Umdrehuugsaxe gerade durch und diese vermittelt, weuu der Hahn die Stellung wie in Fig. 122 hat, die Verbindung des Recipienten mit dem Luftpumpenstiefel. So lange der Solben aufwärts gezogen wird, bleibt % der Hahn in dieser Stellung; sobald aber der Solben am obersten Ende seiner Bahn angekommen ist, wird der Hahn r um 90° gedreht, so dass er in die Stellung Fig. 123 kommt, bei welcher ein zweiter Eanal, dessen Verlauf durch die Figur hinlänglich erläutert wird, die Verbindung des Stiefels mit der äusseren Luft vermittelt. Weuu nun der Solben niedergeht, fo wird die Luft aus dem Stiefel durch den Seiteucanal des Hahues ausgetrieben. 3st der Solben unten angekommen, so wird der Hahn wieder in die Stellnng Fig. 122 gebracht u. s. w. Wie die Verdünnung mit zunehmender Anzahl der Solbenzüge wächst und

Tie Suftpumpe.

111

welches die Grnnze der mit einer Luftpumpe zu erreichenden Berdihinung sei, darüber findet man im Supplementbande nähere Auskunft. Otto vonGuerike machte mit seiner Maschine den merkwürdigen Bersuch mit denMagdeburger Halbkngeln, Fig. 124 u. 125, welcher darin bestand. eine Hohlkugel öon Metall, deren HalfFig. 124 . Fig . 125 . • ten nur einfach auf einander gefetzt wareu, luftleer zu machen. Bor dem Cvacuirett sind die beiden Halsten leicht zu trennen; wenn aber int Inneren keine Luft mehr vorhanden ist, um dein äusseren Lustdruck das Gleichgewicht zu halten, so halten sie ausserordentlichstarkzusantUten. Mag z. B. der Radius der Kugel nur ein Decimeter seht, so beträgt der Querschnitt der Kugel 314 Quadratcentimeter, und demnach ist der äussere Druck, welcher die Halsten zusammenpresst, mehr als 314 Kilogramm. Um den Contact vollständiger zu machen, werden die Ränder der Halbkugeln, be^or sie auf einander gesetzt werden, mit Fett beschmiert, wie eine Glocke, bevor man sie auf den Teller fetzt; ein Hahn, toel* cher während des Auspuntpens geöffnet ist, wird, bevor man die entleerten Halbkugeln vo n de r Lustpump e abschraubt , gesch lossen, u m de n Wiedereintrit t de r Luft z u verhindern .

Man gebraucht die Luftpumpe zu mancherlei Versuchen. Man zeigt z, 53., dass brennende Korper im luftleeren Raum verloschen; dass der Rauch als ein schwerer Körper zn Boden fällt; dass Luft im Wasser gleichsam aufgelost ist; dass fich eine Luftschicht zwischen den Flüssigkeiten und den Wänden der Gefässe befindet, in welchen sie enthalten sind; denn diese Luftschicht zeigt sich in Form kleiner Bläschen, welche in dem Berhältniss wachsen, als der Luftdruck abnimmt. Mit Hülfe der Luftpumpe kann man laues Wasser zum Kochen bringen u. s. w. Wenn wir sehen, dass ein Stückchen papier, eine Flaumfeder u. s. w. langsanier zurCrde fällt als ein Stein, so ist die Ursache dieses Unterschiedes nur in dem Widerstande der Luft zu suchen; im luftleeren Rannt fallen beide gleich schnell. Man kann dies mittelst der Fallrohre, Fig. 126 (a. s. S.), auf folgende Weise zeigen. Tie Fallrohre ist eilte Glasrohre von ungefähr 1 Zoll Durchmesser und 6 Fuss Länge, welche oben und unten mit einer Messingfassung luftdicht zngelittet ist. Tie untere Fassung enthält einen Hahn und kamt auf die Luftpumpe aufgeschraubt werden. In der Rohre befindet sich eilt etwas grosses Schrotkorn und eine Papierscheibe von ungefähr 4 Linien Durchmesser. Wenn nun die Rohre, nachdemsieluftleer gemacht worden ist, vertical gehalten und dann rasch

Aerostatik.

Fig. 127.

umgekehrt wird, fo fällt das 'Papierstück und das Bleikügelchen gleich schnell, was nicht de r Fal l ist , wen n sie noc h Lus t enthält.

Compressionspumpe. Di

e

Eompressionspiunpe dient dazu, die Luft zu verdichten. Die Silbermann'sche Luftpumpe, Fig. 120, S. 109, kann man auch zum Verdichten der Lust anwenden, man braucht nur den Recipienten bei a zu entfernen und bei d einen Recipienten anzusetzen, so wird die beim A u f -

ziehen des Kolbens durch a eingesaugte Lust beim Riederdrücken des Kolbens durch c und d in den Recipienten getrieben. Eine Hahnenluftpumpe kann man auch zum EomprimirlUT der Luft anwenden, wenn man beim Aufziehen des

;

Kolbens dem Hahn g die Stellung Fig. 123, S. 1 10, beim Ried erdrücken des Kolbens aber die Stellung Fig. 122 giebt. Eine der bekanntesten Formen der Eompressionspumpe ist die, welche man zum Laden der Windbuchse anwendet. Der Recipient der Windbüchse enthält an seinem unteren Ende ein Ventil, welchessichnach innen öffnet, welches also die Luft zwar ein- aber nicht austreten lässt. An diesen Recipienten wird ein Rohr angeschraubt, wie man in Fig. 127sieht,in welchem ein Kolben luftdicht auf- und abgeschoben werden kann. Wenn sich der Kolben am unteren Ende des Laderohrs befindet, so kann Luft durch zwei seitliche Löcher a eintreten; diese Lust wird nun beim Hinaustreiben des Kolbens in das Reservoir hineingepresst. Zieht man den Kolben wieder nieder, so kann die Luft aus dem Reservoir nicht zurücktreten, die Röhre füllt sich mit einer neuen Portion Luft, die nun durch einen abermaligen Stoss auch in das Reservoir gepresst wird u. s. w.

113

Der Heronsball.

Wenn man mit Hülfe der Eompreffionspnmpe die Luft im Recipienten der Windbitchfe bis auf 8 oder 10 Atmosphären comprimirt hat, wird das Laderohr ab- und ein Lauf angeschraubt, welcher der Sngel die Richtung geben soll. Wenn das Ventil, welches den Recipienten verschliesst, durch den Drücker geöffnet wird, so entweicht ein Theil der eingeschlossenen Luft mit grosser Gewalt uud treibt die Sngel fort; das Veutil schliesst fich aber augenblicklich wieder. Man kann mit einer Windbüchse, ohne vou Neuem zu laden, mehrere, freilich immer schwächer werdende Schüsse nach einander thnu. D e r H e r o n s b a l l ist ein Gefäss, aus welchem ein Wasserstrahl durch 61 den Druck comprimirler Lnst hervorgetrieben wird. Ein Heronsball einfachster Form ist die Spritzflasche der Chemiker, Fig. 128. Eiue Glasröhre acb, welche bei a zu eiuer feinen Spitze ausgezogen ist, geht luftdicht durch deuSork, Fig. 128. Fig. 129,

welcher den Hals eines Glasballons verschliesst, uud zwar geht sie fast bis auf deu Boden des zum Theil mit Wasser gefüllten Gesässes herab. Wenn nun durch ein zweites Rohr dff welches dicht unter dem Sorte mündet, Lnst eingeblasen wird, so wird dadurch die Lnft im oberen Theil des Ballons comprlmill nnd durch ihren Druck ein Wasserstrahl aus der Oesfnnng der Röhre bca hervorgetrieben. Durch Blasen mit dem Munde kann man natürlich keine starke Eompression im Ballon bewirten nnd also nur einen schwachen Wasserstrahl hervortreiben. Wenn essichum die Erzeugung eines kräftigeren Wasserstrahls anf diesem Wege handelt, muss man der grosseren Festigkeit wegen Metallgefässe anwenden und die Zusammendrückung der Luft durch eine Eoinpressionspumpe besorgen. Einen derartigen Heronsball stellt Flg. 129 dar. Nachdem das Gesäss etwas über die Hälfte mit Wasser gefüllt nnd das Spritzrohr eingeschraubt ist, wird die Ansslussspitze entfernt nnd dann der Apparat auf eine Eompreffionspnmpe anf-

mü\lev's ©rrnidrisj der $hi)ftf.

8

114

Hydrostatik.

geschraubt, mit Hülse deren man so viel Luft einpumpt, dass der Druck derselbe 2 bis 4 Atmosphären beträgt. Nun wird ein Hahn, welcher in dem Spritz Fig. 130. röhre angebracht ist, geschlossen, unl nachdem der Apparat von der Com prcssionspumpe entfernt ist, die Aus flussspitze wieder auf das Spritzroh' fflf ausgeschraubt. Ein krästiger Wasserstrah entsteigt dem Spritzrohr, sobald maiden Hahn öffnet. Der Heronsbrunnen, Fig. 13C ist ein Herousball, in welchem die Lus durch den Druck einer Wassersäule com primirl wird.

62

Die Feuerspritze, Fig. 131 ist eilte Verbindung der Druckpumpe nti dem Heronsball. Die chat, so ist demnachseinelebendige Kraft L L

=

Ps

F

v2

= ir 9 *

Die lebendige Kraft eines Korpers ist dem Ouadrat seiner Geschwindigkeit proportional. Weiss man, wie hoch ein Körper, der eine bestimmte Geschwindigkeit hat, vermöge derselben vertical aussteigen würde, so kann man leicht berechnen, wie weit ersichnoch fortbewegen wird, wenn ein grosserer oder kleinerer Widerstand als der seiner Schwerkraft zu überwinden ist; in demselben Verhältniss, in welchem der Widerstand geringer ist, wird der noch zu durchlaufende Weg grojjer. Fig. 158. Eine Eisenbahn bilde z.B. von abisb, Fig. 158, Ii eine schiefe Ebene, von b i r bis c aber laufe sie horizontal fort. Ein einzelner Wagen komme auf der schiesen Ebene herabrollend bei b mit einer Geschwindigkeit von 30 Fuss in der Secunde an, so ist leicht zu berechnen, wie weit er noch auf der horizontalen Bahn fortrollen wird, ehe er zur Ruhe kommt, wenn die Reibung

der Last ist. Nach der Formel s ~ — ist ^9 die Höhe, zu welcher er vermöge der Gefchwindigkeit von 30 Fuss vertical aufsteigen wurde, s —

— 15'; der Widerstand der Reibung, welcher beim

Fortrollen auf der Bahn überwunden werden muss, ist aber 300mal geringer als derjenige, welchen die Schwere dem verticalen Aufsteigen entgegensetzt, der Wagen wird also noch 15' x 300 — 4500' fortlaufen, ehe er zur Ruhe 'vmmt. H i n d e r n i s s e der B e w e g u n g . Ein fchon mehrfach befprochener 80 JBiderstand, welcher fast auf alle Bewegungen einen bedeutenden Einfluss ausübt, :st die Reibung. Um eine nur etwas grosse Last auf einer horizontalen Ebene fortzuschleifen, ist ein bedeutender Kraftanswand nöthig, welcher lediglich von den Seibungswiderständen herrührt. Wären die Reibungswiderstände nicht vorhan)en, so könnte die kleinste Kraft die grösste Last auf horizontaler Ebene in Bevegung setzen, und einmal angestossen, müsstesichdie Last mit gleichförmiger Geschwindigkeit auf der horizontalen Ebene fortbewegen. Die Reibung rührt unstreitig daher, dass die Erhabenheiten einer jeden der Iber einander hingleitenden Flächen in die Vertiefungen der anderen eingreifen. JJenn nun Bewegungstattfindensoll, so müssen entweder die hervorragenden theilchen von der Masse ihres Körpers abgerissen, oder der eine Körper muss nlwährend über die Unebenheiten des anderen hinweggehoben werden. Ersteres

10*

1 148

B e w e g u n g fester Sorper.

findet Statt, wenn die reibenden Flächen sehr rauh, letzteres, wenn sie mehr geglättet sind. Je glatter die reibenden Flächen sind, desto mehr Einfluss gewinnt die Adhäsion, welche namentlich bei Anwendung von flüssiger und halbflüssiger Schmiere von Bedeutung wird. Um Versuche über gleitendeReibnng anzustellen, wandte Coulomb den Fig. 159 dargestellten ApKl0 m ' parat an. Ein Bästchens, welches man tfach Belieben mit Gewichten belasten kann, ruht auf zwei horizontaten Schienen, welche neben einander gelegt sind Eine an dem Bästchen befestigte Schnur geht übe eine Rolle G und trägt ar u ihrem freien Ende ein' Wagschale D, auf welche s lange Gewichte zugelegt werden, bis dadurch daö Bästchen A in Bewegung ge setzt wird. Rehmen wir an, die untere Fläche des Bästchens sei durch eine eisern Platte gebildet und die Schienen seien gleichfalls von Elsen; ferner betrage da* Gewicht des Bästchens A sammt Allem, was darin liegt, 25 Pfund, fo wir die Bewegung eintreten, sobald das auf die Wagschale B aufgelegte Gewich sammt dem Gewicht der Wagschale 7 Pfund beträgt. Tie zur lleberwindum der Reibung anzuwendende Braft beträgt also in diesem Falle 25 oder 28 Pre cent der Last. Wäre das Gewicht des Bästchens A zweimal, dreimal fo gross gewesen, s hätte an der Schnur auch eine doppelte, dreifache Braft ziehen müssen, um d' Reibung zu überwinden, und so ergiebt sich: 1) T i e Reibung ist dem Drucke proportional, mit welchem di Flächen, welche übereinander hergleiten sollen, aufeinander ge drückt werden. Hätte man, ohne sonst etwas zn ändern, die eisernen Schienen breiter ode schmäler gemacht, so würde man doch immer zu demselben Resultate gekomme sein, d. h. zur Ueberwindung der Reibung würden immer 28 Procent der Lc nothig gewesen fein, und fo ergiebt sich: 2) T i e Reibung ist unabhängig von der Ausdehnung der re benden Flächen. Tie Zahl, welche angiebt, der wievielte Theil der Last zur Ueberwindung t Reibung verwandt werden muss, wird der Reibuugscoefsicient genant Für Eisen auf Eisen ist dieser Coefficient, wie wir gesehen haben, 0,28 od genauer 0,277; der Reibungscoesficient ändertsichjedoch mit der Natur der r benden Flächen. Tie folgende Tabelle enthält einige der in der Praxis wicht' sten Reibnngscoefsicienten:

Hindernisse de r Bewegung . 14

9

Eisen auf Eisen . . . . 0,277 Eisen auf Messing . . . 0,263 Eisen auf Supfer . . . 0,170 Eichen auf Eichen . . . | q 273 j j l Eichen auf Siefern . . . 0,667 Siefern auf Siesem . . 0,562 Durch eine zweckmässige Schmiere kann der Reibungswiderstand noch verratgeil werden. Für Metalle ist Oel, für Holz hingegen Talg das beste Schmiermittel. Bei Hölzern ist es nicht gleichgültig, wie die Fasern laufen; die Reibung ist nämlich bei gekreuzten Fasern ( + ) viel geringer als bei parallelen (=). Gleitende Reibung findet unter Anderem auch überall da Statt, wo Zapfen in ihren Pfannen gedreht werden. Untersuchen wir z. B. den Effect der Reibung an dem schon öfter betrachteten Haspel (Fig. 160). Das Gewicht Fig. 160 .

Pfd., so ist der Gesammtdrnck, welchen die Zapfenlager auszuhalten haben, 75 + 100 + 25 = 200 Pfd. Wenn die Zapfenlager von Messing, die Zapfen aber von Eisensind,so betragt der Reibungswiderstand, welcher am Umfange der Zapfen wirkt, 26,3 $rocV der Effect der Reibung ist also derselbe, als ob man statt ihrer um den Zapfen eine Schnur in derselben Richtung geschlungen hätte wie das Seil, welches die Last trägt, und an dieser Schnur ein Gewicht 200 X 0,263 oder 52,6 Pfd. angehängt hätte; oder als wenn die am 52 6 Umfange des Wellbaums wirkende Last um — ^ — 10,5 'Pfd. grösser gewesen

0

wäre, vorausgesetzt uämlich, dass der Durchmesser des Zapfens l j b vom Durch-

150

Bewegimg fester Korper.

ntefser des Wellbaumes ist. Cs werden also bei diesem Haspel circa 10 Procent der angewandten Kraft für die Ueberwindnng der Reibungswiderstände verzehrt. Wenn ein Korper, welcher bis dahin ruhig auf seiner Unterlage lag, in Bewegung gesetzt werden foll, fo ist die dabei zu überwindende Reibung etwas grosser als die Reibung, welche überwunden werden muss, wenn die Bewegung bereits eingeleitet ist. Bon der eben betrachteten gleitenden Reibung ist mm die wälzende Reibung zu unterscheiden, welche da stattfindet, wo ein runder Korper, etwa eine Kugel, ein Cylinder, über die Unterlage hinwegrollt. Cs kommt dabei die Unterlage stets mit neuen Punkten des rollenden Korpers in Berührung. Ter hierbei entstehende Widerstand ist bei Weitem geringer als der Widerstand der gleitenden Reibung. Bei einem Wagenrade findet wälzende Reibung am Umfange des Rades, gleitende Reibung aber an den Axen Statt. Beide Widerstände werden um so geringer, je grosser der Durchmesser der Räder ist. 81

N u t z e n u n d A n w e n d u n g der R e i b u n g . Wir haben bisher die Reibung bloss alsBewegungshinderniss betrachtet, welches den Rittzessect derMaschiuen vermindert; die Reibung ist uns aber auch in vielen Fällen von grossem Rutzen, und man macht im praktischen Leben vielfach Anwendung von derselben. Ohne Reibung könnten wir weder gehen nochstehen,wir konnten ohne dieselbe feinen Gegenstand sest in der «fjand halten, und ohne Reibung würde kein Ragel, keine Schraube halten. Dass die Bewegung eines Rades mittelst einer Schnur oder eines Riemens aus ein anderes übertragen werden kann, wie cs z. B. bei der Drehbank stattfindet, beruht nur auf der Reibung. Rur die Reibung zwischen den ^itfen des Pferdes und dem Boden bietet ihm den Stützpunkt, dessen cs bedarf, nm die Last des Wagens nachzuziehen, an welchen es angespannt ist. Dieselbe Function hat die Reibung zwischen den Schienen und dem Umfang der Treibräder einer Locomotive (die Räder, welche durch die Dampfmaschine umgedreht werden). Ohne diese Reibung würde die Krast der Dampfmaschine nur eine rasche Umdrehung dieser Räder ohne Fortrollen derselben bewirken können. — Wenn die Locomotive einen Wagenzug fortziehen soll, so muss die gleitende Reibung, welche überwunden werden müsste, wenn die Locomotivräder ohne gleichzeitiges Fortrollen, also bei stehenbleibender Locomotive umgedreht würden, grosser sein, als die Summe aller Widerstände, welche durch das Fortziehen aller angehängten Wagen zn überwinden sind. 3st die angehängte Last zu gross, so findet in der That ein rasches Umdrehen der Locomotivräder ohne gleichzeitiges Fortrollen des Zuges Statt, wie man dies öfters bemerken kann, wenn fich grosse Güterzüge eben in Bewegung setzen. Aus dieser Betrachtung geht auch hervor, dass die Last, welche eine Locomotive fortzuziehen im Stande ist, nicht allein von der Kraft ihrer Dampfmaschine, sondern auch von ihrem Gewichte abhängt. Rehmen wir an, zwei Locomotiven hätten gleich starke Maschinen, die eine sei aber schwerer als die andere, so wird man mit der schwereren eine grossere Last fortziehen können.

Achtes E a p i t e l . Hydraulik oder die Bewegungsgesetze der Flüssigkeiten.

A u s f l u s s g e s c h w i n d i g k e i t . Wenn man in die Seitenwand oder in den Boden eines mit einer Flüssigkeit gefüllten, oben offenen Gefäßes eine

Oeffnung macht , welch e i m Vergleic h mi t de n Dimensione n de s Gefäße s klei n

ist, soströmtdie Flüssigkeit mit einer Geschwindigkeit ans, welche um so größer ist, je tiefer sich die Oeffnung unter dem Spiegel der Flüssigkeit befindet. Der Zusammenhang zwischen Ausflußgeschwindigkeit und Druckhöhe läßt sich auf folgende Weise ausdrücken: Die Ausflußgeschwindigkeit ist gerade so gross wie die Geschwindigkeit, welche ein freifallender Körper erlangen würde, wenn er von dem Spiegel der Flüssigkeit bis zur A u s f l u s s ö f f n u ng h e r a b f i e l e .

Dieser Satz ist unter dem Ramen des ToricClli'schen Theorems bekannt. Er lässt sich auf folgende Weise ableiten. Fig. 161.

Wenn die Flüssigkeitsschicht ab cd, Fig. 161, welche sich unmittelbar über der Oeffnung ab befindet, frei herabfiele, ohne durch die Über ihr lastende Flüssigkeit beschleunigt zu sein, so würde sie die Oeffnung mit derjenigen Geschwindigkeit verlassen, welche der Höhe ac entspricht, die wir mit h bezeichnen wollen. Diese Geschwindigkeit ist v = 1 / 2 g h (Seite 126). Run aber ist die ausströmende Schicht nicht bloss durc h ihr e eigen e Schwer e beschleunigt , sonder n durc h

die Schwere der ganzen auf ihr lastenden Flüssigkeit. Die beschleunigende Kraft der Schwere g verhält sich demnach zur beschleunigenden Kraft g\ welche dieflüssigenTheilchen wirklich austreibt, wie ac zu af oder wie h zn $, wenn die Druckhöhe mit s bezeichnet wird, d. h. Ii : s = g : g', und also ist die ans die ansstiessendeflüssigeSchicht wirkende beschleunigende

152

Bewegung der Flüssigkeiten.

Kraft g' —

Wenn aber die beschleunigende Krast, welche auf die aus-

fliessende Schicht wirkt, nicht g, sondern gf ist, so ist auch die Ausflussgefchwindigkeit v — V2 grh-, und wenn wir in diesen Werth von vf den eben abgeleiteten Werth von gf setzen, so erhalten wir für die Ausflussgeschwindigkeit: v' = ]/2gs. Ties ist aber dieselbe Geschwindigkeit, welche ein Korper erlangt, wenn er eine Höhe s frei durchfällt. Aus diesem Satze folgt unmittelbar: 1) Tie Ausflussgefchwindigkeit hängt nur von der Tiefe der Oeffuung unter dem Niveau, aber nicht von der Natur der Flüssigkeit ab. Bei gleichen Druckhöhen muss also Wasser und Ouecksilber gleich schnell ausstiegen. Jede Quecksilberschicht wird zwar durch einen Druck ausgetrieben, welcher 13,6mal so gross ist als beim Wasser, dagegen ist aber auch die Masse eines jeden Quecksilbertheilchens, welches ausstiesst, 13,6 mal grösser als die eines gleich grossen Wassertheilchcus. 2} Die Ausflussgeschwindigkeiten verhalten sich wie die Ouadratwurzeln der Druckhöhen. Aus einer Oeffnung, welche 100 Centimeter unter dem Wasserspiegel liegt, muss also das Wasser mit 10mal grösserer Schnelligkeit ansstiessen als ans einer anderen, welche nur 1 Centimeter unter dem Niveau liegt.

83

Versuche über Ausflussgeschwindigkeit.

Um Versuche

über Aitsstitssgeschwiudigkeit anzustellen, kann man den unter dem Namen des Mariotte'schen Gesässes bekannten Apparat Fig. 162 anwenden. Cs besteht aus einer hohen Glasstasche mit verticalen Wänden, welche unten mit einem kurzen seitlichen Ansatzrohr versehen ist, ans welches die Messingfassung rs ansgekittet ist. Auf diese Fassung können dann die verschiedenen Abflussöffnungen aufgeschraubt werden. Auf den oberen Hals des Gefässes ist gleichfalls eine Messingfassung aufgekittet, in deren Mündung ein wohlfchliesscnder Kork passt. In diesem Korksteckteine oben und unten offene Glasröhre, deren untere Mündung sich unter dem Spiegel des in der Flasche befindlichen Waffers befindet. In dem Masse nun, als unten Wasser ausstiesst, dringt die Luft durch die Glasröhre b a ein, indem fortwahrend Luftblasen von a in den oberen Theil der Flasche aufsteigen; auf diese Weife ist aber die ganze Wassermasse von a aufwärts durch den Lnftdrnck äqnilibrirt, fo dass nur die Hohe der Flüfsigkeitsfaule von a bis znr Abflussöffnung herunter die Ausflussgefchwindigkeit bedingt. Cs ist nun auf der Flafche eine Theilnng angebracht, deren Nullpunkt in der Hohe der Abflussöffnung liegt, während die folgenden Theilstriche 1, 2, 3 u. fr w. Decimeter über demselben angebracht sind. Der Ausfluss wird nun mit einer Geschwindigkeitstattfinden,welche einer Druckhöhe von 1, 2, 3 oder 4 Decimetern entspricht, wenn man die Rohre so stellt, dass ihr unteres Cnde sich in der Hohe des Theilstriches 1, 2, 3 oder 4 befindet.

Versuche übe r Auäflussgeschwinbigfeit . 15

3

Um eiuen Wasserstrahl vertical in die Höhe springen zu lassen, wird an die Fassung rs eine Messingplatte mn, Fig. 162 a, angeschraubt, welche ein rechteckiges, gegen die Flasche hin offenes Sästchen K trägt. In der oberen dünnen Wand dieses Kästchens befindet sich die Ausslussössnung o. Liegt die obere Wand dieses Sästchens horizontal, so steigt der aus o ausströmende Wasser* strahl vertical in die Höhe und nach dem, was im vorigen Paragraphen über die Ausslussgeschwindigkeit gesagt wurde, sollte man erwarten, dass er die Höhe der drückenden Wassersäule erreichen, dass er also bis zur unteren Mündung der gig. 16'?. Röhre ab aussteigen würde. Der Wasserstrahl sollte also bis zum Theilstrich 4 aussteigen, wenn die Mündung a bis zum Theilstrich 4 in die Höhe gezogen ist. Diese Höhe erreicht aber der aussteigende Wasserstrahl niemals, woran iibrigens nur Bewegungshindernisse schuld sind, indem namentlich die herabfallenden Wasserlheilchen hindernd auf die Bewegung der steigenden wirken; deshalb wächst auch die Steighöhe, wenn die Richtung des aufsteigenden Strahls ein wenig von derVerticalen abweicht. Um einen horizontal ausslie* ssenden Wasserstrahl zu erhalten, wird an die Fassung r seine dünne Messingplatte gh, Fig. 162, augeschraubt, in deren Mitte sich eine kreisförmige Oeffnung von gemessenem Durchmesser befindet. Dass der horizontal ausstros mende Wasserstrahl wirklich die Geschwindigkeit hat, welche ihm nach dem Toricelli'schen Gesetze zukommt, geht daraus hervor, dass er genau die Parabel beschreibt, welche dieser Ausslussgeschwindigkeit entspricht. In Fig. 163 (a. f. S.) ist die Parabel des horizontal ausfließenden Wasserstrahls für eine Druckhohe von 1 und sür eine solche von 4 Decimeter in Y i o der natürlichen Grösse dargestellt, wie sie die Construction sür die nach dem Toricelli'schen Gesetze berechnete Ausslussgeschwindigkeit ergiebt. Führt man diese Figuren in der zehnfachen Grösse aus, so kann man die gezeichnete Curve hinter den unter den angegebenen Bedingungen ausfliegenden Wasserstrahl halten und sich so überzeugen, dass derselbe wirklich die vorgeschriebene Bahn

154

Bewegung der Flüssigkeiten.

beschreibt, wodurch dann das im vorigen Paragraphen verhandelte Gesetz bestätigt ist.

Fig. 163.

Für eine Druckhöhe von 0,1 Meter ist die Ausstussgeschwindigkeit V 2 . 9 , 8 . 0 , 1 = 1,4 m , für die vierfache Druckhöhe die Ausflussgeschwindigkeit 2,8 Meter.

§4

Ausflussmenge. Die Wafsermeuge, welche aus einer Oeffnung in einer gegebenen Zeit hervorspringt, hängt offenbar von der Grösse der Oeffnuug und der Ausstussgeschwindigkeit ab. Wenn alle Wassertheilchen die Oeffnung mit der Geschwindigkeit pasfirtcu, welche nach dem Toricelli'schen Theorem der Druckhöhe entspricht, so würde die in einer Secunde ausfliessende Wassermenge einen Eylinder bilden, dessen Basis gleich der Oeffnung und dessen Höhe gleich dem Wege ist, den ein Wassertheilchen vermöge seiner Geschwindigkeit in einer Secunde zurücklegt. Dieser Weg ist aber die Ausstussgeschwindigkeit selbst, also V 2 gs, und wenn wir nun den Flächeninhalt der Oesfnung mit F bezeichnen, so ist die Ausstussmenge in einer Secunde M = F V~2~gs

. 1)

Rehmen wir an, die Oesfnung o, welche bei rs, Fig. 162, angeschraubt worden ist, sei kreisförmig; der Durchmesser des Kreises sei 5 Millimeter, so ist der Flächeninhalt der Oeffnung F = 19,625 Ouadratmillimeter oder 0,19625 Ouadratcentimeter; wenn die Druckhöhe 10 Eentimeter ist, so ist, wie wir schon berechnet haben, die Ausstussgeschwindigkeit 1,4 Meter = 140 Eentimeter, also M = 0,19625 X 140 = 27,475 Eubikcentimeter. In einer Minute müssten also 1648,5 Eubikcentimeter ausfliessen. Eine gleich grosse Oeffnung, welche 40 Eentimeter unter dem Wasserspiegel liegt, müsste in einer Minute doppelt soviel, also 3297 Eubikeentim. Wasser geben.

Einfluss der Anfa|rohrcn auf die Ausflussmenge.

155

Tie nach Gleichung 1) berechnete Ausflussmenge wollen wir die theoretifche nennen. Stellt man den Versuch an, so erhält man fiir die Druckhöhe von 1 Decimeter nur ungefähr 1055, für die Druckhöhe von 4 Decimetern nur 2110Eubikcentimeter Wafser. Diese Differenz zwischen der fogenannten theoretifchen und der beobachteten Ausflussmenge beweist, dass nicht alle Wasfertheilchen die Oeffnung mit der Geschwindigkeit passiren, welche der Druckhohe entspricht. In der That haben im Querschnitte der Oeffnung nur die in der Mitte sich befindenden Wasserfäden diese Geschwindigkeit, während sie für die mehr nach dem Rande der Oeffnung hin ausfliessenden geringer ist. Da nämlich die einzelnen Schichten der Wassersäule, welche auf der Oeffnung rechtwinklig zu der Ebene derselben steht, nicht gleichzeitig die gleiche Geschwindigkeit haben, sondern sich um so langsamer bewegen, je weiter sie von der Oesfuung entfernt sind, fo würde ein Zerreissen der aus, einander folgenden Schichtenstattfinden,wenn nicht auch von der Seite her Wasfertheilchen der Oeffnung zuströmten, welche sich nicht parallel Fig. 164. mit der Axe des ansfliessenden Strahles, fondern convergirend gegen dieselbe bewegen, wie dies in Flg. 164 angedeutet ist. Damit hängt es denn anch zusammen, dass der ausfliessende Wasserstrahl nicht vollkommen cylindrisch ist, sondern dass er sich vor der _ _ , Oeffnung zusammenzieht (contractio venae). Bei cd beträgt der Querschnitt des Wasserstrahlesungfähr noch 2 v o m Flächeninhalte der Oefsnnng. Ebenso beträgt die wirkliche Ausflussmenge ungefähr 2/y der theoretifchen. Bezeichnen wir mit Q die wirkliche Ausflussmenge, so ist demnach oder genauer

Q = y, M = y, F V2g~s Q = ^0,64 F

V2gs.'

Einfluss der Ansatzröhren auf die Ausflussmenge. 83 Wenn der Ausfluss nicht durch Oesfnnngen geschieht, welche in eine dünne Wand Fig. 165. gemachtsind,sondern dnrch kurze Rohren, so finden ra merkwürdige Modification«! Statt, die wir jetzt näher A betrachten wollen. Wenn eine kurze Anfatzröhre, Fig. 165, genau die Gestalt des freien Strahls von der Oeffnung bis zu der Stelle hat, von welcher an die Contraction nicht mehr wirklich zunimmt, fo übt sie gar keinen Einfluss auf die Ausflussmenge aus. Durch kurze cylindrische Ansatzrohren fliesst der Strahl entweder frei durch, wie durch eine Oeff-

156

Bewegung der Flüssigkeiten.

nung von gleichem Durchmesser, und in diesem Fall übt die Röhre keinen Cinfluss aus; oder das Wasser hängt fich an die Wände der Rohre, so dass die Fliissigkeit die ganze Rohre ausfüllt und ein Strahl vom Durchmesser der Röhre ausstiesst. In letzterem Fall veranlasst die Ansatzrohre eine Vermehrung der Ausflussmenge. Während eine Oefsnung in dünner Wand 0,64 der theoretischen Ausstussmenge giebt, erhält man durch eine solche cyliudrische Ansatzrohre von gleichem Durchmesser 84 Procent, vorausgesetzt, dass die Länge der Röhre nur dem vierfachen Durchmesser gleich ist. Bei geringer Tntckhöhe ist der Strahl stets anhängend, bei grosser Druckhöhe hingegen ist er frei. Bei mittlerem Druck kann man ihn nach Belieben bald frei, bald anhängend machen; ein geringes Hinderniss stellt das Anhängen her, und oft reicht ein ganz schwacher Stoss hin, nm den Strahl wieder frei zu machen. Cin kurzes conisches Ansatzrohr wirkt, im Falle cs voll ausstiesst, wie cin cylindrtschcs, nur bewirkt cs eine noch grossere Vermehrung der Ausflussmenge. Die Ausflussgefchwindigkeit wird durch cylindrifche odqr conische An* fatzröhren in demselben Berhältniss vermindert, in welchem die Ausflussmenge vermehrt wird. Cs ist jefct noch zu untersuchen, wie es kommt, dass Ansatzröhren die Ausflussmeuge auf die erwähnte Weise vermehren, die Ausflussgefchwindigkeit dagegen vermindern. Indem das Wasser in das Ansatzrohr einströmt, erleidet es eine Contractiou, wie wenn es aus einer Oeffnung in dünner Wand ausflösse; weiterhin aber, sobald einmal die Rohrenwände benetzt find, bewirkt die Adhäsion an die Röhrenwände, dass sich die Ansatzröhre vollständig ausfüllt, und fomit ist der Querschnitt des Strahles durch das Ansatzrohr vergrößert, eu ist beim Austritt aus dem Rohre grösser als an der Stelle der Contraction, wie man dies in Fig. 166 sieht. Dass eine solche Contraction in der Röhre wirklich stattfinden muss, geht daraus hervor, dass, wenn man dem Fig. 166 . Ansatzrohr die Gestalt des contrahirlcn Strahles, Fig. 166, giebt, der Ausfluss vollkommen so stattfindet, als ob das Ansatzrohr ganz conisch wäre. Wenn nun die Wassertheilchen, den ganzen Querschnitt der Rohre ausfüllend, dieselbe mit der Gefchwindigkeit verliessen, mit welcher sie die Stelle der grössten Contraction passiren, so müsste nothwendig ein Zerreissen der auf einanderfolgenden Wasserschichten eintreten. Die Trennung der Wassertheilchen, also die Bildung von leeren Räumen, wird aber durch den Druck der Luft verhindert, welcher einerseits den Cinfluss der Wafsertheilchen in das Rohr beschleunigt, dagegen aber auch andererseits den Ausflug aus demselben verzögert. Durch den Druck der Lust werden die ausstiessenden Wassertheilchen so viel zurückgehalten, dass dadurch ein voller Ausfluss möglich wird. Dass der Luftdruck hier wirklich diese Rolle spielt, geht daraus hervor,

Seitendruck bewegter Flüssigkeiten.

157

dass, wenn das Wasser in einen luftleeren Raum ansfliesst, die Ausstussmenge durch Ansatzröhren nicht vermehrt wird. Macht man in die Seitenwand der Ansatzröhre ein Loch, so wird durch diese Oeffnung Luft eingesaugt, und der Strahl hört auf, continuirlich zu sein. Wenn in diese Seitenöffnung eine Rohren, Fig. 167, Fig. 167. eingesetzt wird, deren unteres Ende in ein Gefäss mit Wasser mündet, so wird durch das Bestreben des Wassers, in der Ansatzröhre einen luftleeren Raum zu bilden, das Wasser in der Röhre xy in die Höhe gesaugt. Dieses Phänomen des Sang ens beweist ebenfalls den Einfluss des Luftdruckes auf die soeben betrachteten Erscheinungen. Da eine conische Ansatzröhre eine noch grössere Ausflussmenge giebt als eine cylindrische, so musssieauch einstärkeresSaugen erzeugen, d. h. es wird in der Röhre xy unter Übrigens gleichen Umständen durch ein conisches Ansatzrohr die ausgesaugte Wassersäule zu einer grösseren Höhe gehoben als durch ein cylindrisches. S e i t e n d r u c k b e w e g t e r F l ü s s i g k e i t e n . Wenn ans irgend 8ß einem Reservoir das Wasser durch längere Röhren abfliesst, würden die Seitenwände der Röhren gar keinen Druck auszuhalten haben, wenn keine Reibnngswiderstände zu überwinden wären, die unter Umständen sehr bedeutend wirken können, so dass der grösste Theil des hydrostatischen Drucks zur Ueberwindnng dieser Widerstände verloren geht und der Bewegung nicht zu Gute kommt. Mau schraube an die Messingfassuug rs, Fig. 162, eine blatte gh an, in deren Mitte eine 2 bis 3 Fuss lange Glasröhre eingesetzt ist, so wird das Wasser am Ende der Röhre weit langsamer ausfliessen, als man nach der Druckhöhe erwarten sollte. Wendet man mehrere gleich lange Fig. 108. Röhren von verschiedenem Durchmesser zu diesem Versuche an, so sieht man, wie die Ausflussgeschwindigkeit abnimmt, wenn die Röhren enger werden. Gesetzt, man habe gefunden, dass die Ausflussgeschwindigkeit für eine dieser Röhren nur halb so gross sei, als man nach der Grosse der Druckhöhe hätte erwarten sollen, so ist % des ganzen Drucks zur Ueberwindnng der Reibung nöthig nnd nnr V4 desselben kommt der Bewegung znGnte. Wenn in der Röhre ac, Fig. 168, das Wasser sich mit der Geschwindigkeit bewegte, welche der Druckhohe im Reservoir entspricht, so hätten die Rohren-

158

Bewegung der Flüssigkeiten.

wände, wie schou bemerkt, gar keinen Druck auszuhalten; da aber das Wasser die Röhre ac mit einer Geschwindigkeit durchströmt, welche nur einem Theile der Druckhöhe entspricht, so muss der Rest als hydrostatischer Druck auf die Röhrenwände wirken. Der Druck, den die Wände auszuhalten haben, ist jedoch nicht an allen Stellen der Röhre gleich, er ist um so geringer, je mehr man sich der Ausflussöffnung c nähert In manchen Fällen kann der Druck, den die Röhrenwände von innen auszuhalten haben, kleiner sein, als der von aussen auf sie wirkende Luftdruck; es ist dies überall da der Fall, wo die Bedingungen erfüllt sind, unter welchen das Phänomen des Saugensstattfindenkann. Näheres über den Reibungswiderstand in langen Röhren im Supplementbande.

87

Reaction, welche durch das Ausströmen der Flüssigk e i t e n e r z e u g t wird. Ein mit Wasser gefülltes Gefäss bleibt vollständig in Ruhe, weil jeder Seitendruck durch einen vollkommen gleichen, aber ent= gegengesetzten aufgehoben wird. Wenn man aber die Wand an irgend einer Stelle durchbohrt, so dass das Wasser hervorspringt, fo ist der Drnck an dieser Stelle offenbar weggenommen, während das der Oeffnung diametral gegenüberliegende Wandstück noch gerade so stark Fig. 169 . gedrückt wird als vorher. Der Druck aus diejenige Gesässw and, in welcher sich die Oeffnung befindet, ist also geringer als der Druck, welchen die gegenüberstehende Wand aushält, mithin wird das ganze Gesäss sich in einer Richtung bewegen müssen, welche der Richtung des ausfließenden Wasserstrahls entgegengesetzt ist, vorausgesetzt, dass diese Bewegung nicht durch Reibung oder aus irgend eine andere Weise verhindert wird. Es ist dies dem Rückstoss der Geschütze zu vergleichen. Man kann die beim Aussliessen des Wassers wirkende Reaction durch einen Apparat anschaulich machen, welchernnter dem Namen desSegner'* scheu Wasserrades bekannt ist. Es besteht aus einem um eine verticale Axe leicht drehbaren Gefässe A, Fig. 169, an dessen unterem Ende sich zwei horizontale Röhren befinden, die an entsprechenden Stellen mit einer kleinen Oefsnung versehen sind. Das Gefäss drehtsichnach derjenigen Richtung um, welche der Richtung der ausströmenden Wasserstrahlen entgegengesetzt ist.

88

L e b e n d i g e Kraft der W a s s e r g e f ä l l e . Wenn das Wasser eines Baches von einer gewissen Höhe herabfällt, so erlangt es eine bestimmte Geschwindigkeit, eine lebendige Srast, vermittelst deren es eiuen entsprechenden mechanischen Effect hervorbringen kann. Wären wir im Stande, die lebendige

Berticale Wasserräder.

159

Braft des herabfallenden Waffers vollständig auf ein Wasserrad zu Ubertragen, so könnte dasselbe eine mechanische Arbeit verrichten, welche der Hebung einer der herabgefallenen Wassermasse gleichen Last auf die Höhe des Gefälles äquivalent ist, d. h. Mh ist der theoretische Effect eines Gefälles, wenn M die in der Zeiteinheit herabgefallene Wassermasse und h die verticale Höhe des Gefälles bezeichnet. Wenn z. B. von einer Höhe von 24 Fnss in jeder Secunde eine Wassermasse von 800 'Pfund herabfällt, so ist der theoretische Effect dieses Gesälles 19200 Fusspsund.

Wir wollen in Folgendem den theoretischen Esfect eines Gefälles mit E bezeichnen. In der Praxis lässtsichaber dieser sogenannte theoretifche Effect nie erreichen, denn 1) erlangt das in einem Bache oder in einem Gerinne herabfliessende Wafser in Folge von Reibung an den Canalwänden und sonstigen Bewegungs* hiudernissen nie die volle, der Fallhohe entsprechende Geschwindigkeit; 2) lässtsichdie lebendige Braft des Wassers nie vollständig aus ein Wasserrad übertragen; es bleibt dem Wasser immer noch eiue mehr oder minder grosse Geschwindigkeit übrig, mit der es abfliesst; 3) geht noch ein grosser Theil der an das Wasserrad wirklich übertragenen lebendigen Brast dnrch Ueberwindung von Reibungswiderständen verloren. Ter wirkliche Rutzessect eines Wasserrades wird also stets bedeutend kleiner sein als der theoretische Effect. Tie eben erwähnte Art der Uebertragnng der lebendigen Braft des herabfallenden Wafsers findet bei den unterfchlächtigen Rädern Statt. Hier wirkt also die Schwerkraft in der Weise, dass sie dem herabfallenden Wasser eine gewisse Geschwindigkeit ertheilt, und dass alsdann die vermöge dieser Geschwindigkeit dem Wasser inwohnende lebendige Braft anf das Rad ubertragen wird. Tie Schwerkraft eines herabfallenden Börpers kann aber anch noch anf andere Weife für mechanische Arbeit verwerlhet werden, indem man nämlich nicht erst den Börper frei fallen, also ihn nicht die ganze der Fallhöhe entsprechende Geschwindigkeit erlangen lässt, sondern indem man die Beschleunigung gleichsam im Moment ihrer Entstehung sogleich consumirt, also einen Fall ohne Beschleunigung oder doch mit bedeutend verringerter Beschleunigung eintreten lässt. Ein Fall der Art tritt z. B. ein, wenn an der Schnur der Fallmaschine auf der einen Seite ein nur etwas grosseres Gewicht hängt als auf der anderen; in dieser Weise wird auch die mechauische Brast des niederfallenden Wafsers bei den oberschlächtigen Rädern benutzt. Hier wirkt das herabsinkende Wasser durch Truck, im ersteren Falle durch Stoss. V e r t i c a l e W a s s e r r ä d e r . Tie gewöhnlichen Wasserräder drehen 89 sich in verticaler Ebene um eine horizontale Axe. Man Otnterscheidet drei Hauptarteu der verticalen Wasserräder, unterschlächtige, oberschlächtige und mittelschlächtige.

160

Bewegung der Flüssigkeiten.

Bei den nnterschlächtigen Rädern, Fig. 170, stehen die Schanseln rechtwinklig ans dem Umsange des Rades. Die untersten Schanseln sind in das Fig. 170.

Wasser eingetaucht, welches mit einer Geschwindigkeit sortsliesst, welche von der Höhe des Gefälles abhängt. Das sliessende Wasser setzt nun auch das Rad in Bewegung und theilt ihm eine Geschwindigkeit mit, welche nach Umständen bald grösser bald kleiner sein wird. Wenn der Stoss des Wassers dem Rade eine Geschwindigkeit mittheileu soll, welche derjenigen gleich ist, mit welcher das Wasser sliessen würde, wenn das Rad gar nicht da wäre, fo darf das Rad dieser Bewegung gar keinen Widerstand entgegensetzen, es darf also gar nicht belastet sein, mithin kann es in diesem Falle gar keine mechanische Wirkung hervorbringen, der Essect ist gleich Rull. Andererseits könnte man das Rad sostarkdurch ein Gewicht belasten, dass der Stoss des Wassers es gar nicht in Bewegungsetzt,dass das Wasser des Gesälles nur einenstatischenDruck ausübt, welcher jeuem das Gleichgewicht hält. In diesem Falle ist der Essect abermals Null. Aus dieser Betrachtung geht hervor, dass, wenn das Rad eine Arbeit vollbringen soll, es mit einer Geschwind digkeitsichbewegen muss, welche geringer ist, als die des frei fliessenden Wafsers; Theorie und Erfahrung zeigen, dass man die vorlheilhafteste Wirkung erhält, wenn die Gefchwiudigkeit des Rades halb so gross ist als die Geschwindigkeit, welche der Hohe des Gesälles entspricht. Daraus geht hervor, dass bei einem gewöhnlichen nnterschlächtigen Rade nur die Hälfte des mechanischen Momentes des Gesälles zur Wirkung kommt, indem das Wasser noch mit der Hälste der Geschwindigkeit absliesst, mit welcher

161

Berticale Wasserrader.

es vor dem Rade ankam; der Cffect eines solchen Rades kann also den Werth V2 E nie übersteigen. Allein selbst diese Wirkung kann in der Praxis nicht erreicht werden, weil immer ein Theil der Kraft durch Adhäsion des Wassers an den Wänden des Gerinnes, dnrch Reibungswiderstände n. fr w. verloren geht. Sorgfältig ange* stellte Bersuche ergaben sür uuterschlächtige Räder, welche sich in einem Gerinne bewegen, so dass keinseitlichesAbfliessen des Wassersstattfindenkann, den Werth

e

— 0,3

E:

Bei frei hängenden Radern aber, wie man sie an Schisssmühlen anbringt, wo das Wasser seitlich abstiessen kann, ist der Cffect noch weit mehr vom ab= soluten Maximu m entfernt .

Tie nnterschlächtigen Räder werden da angewandt, wo man über ein Gesälle von ziemlich bedeutender Wassermenge, aber geringer Fallhöhe zu dispo-

niren hat.

Weil durch die eben betrachteten nnterschlächtigen Räder bei dem rechtwinkligen Stosse des Wassers gegen die Schaufeln das mechanische Moment des Gefälles sosehrschlecht benutzt wird, hat Poncelet ein unterschlächtiges Rad mit krummen Schaufeln, Fig. 171, construirt, dessen Cffect dem absoluten Maximum weit näher kommt.

Fig. 171.

Wenn das Wasser ganz ohne Stoss auf das Rad kommen sollte, so müssten die Schaufeln am Radumsange mit der Richtung der Tangente zusammenfallen; wollte man aber die Schaufeln wirklich so coitstruiren, dass dieser Bedingung Genüge geleistet wird, so wäre der Austritt des Wassers aus dem Rade gehemmt; anch dars das Wasser seine Geschwindigkeit doch nicht vollständig an das Rad abtreten, weil ihm sonst keine Geschwindigkeit zum Abflüsse mehr bliebe. Somit ist ©Hi II er" 3 ©rmtdrifc der Sßfjyfik.

11

162

Bewegung der Flüssigkeiten,

auch bei dem Poncelet'schen Rade ein gewisser Verlust, die Widerstände ungerechnet, unvermeidlich. Solche Räder mit krummen Schaufeln sollen einen Effect geben, welcher 2 3 A bis erklärt Afres absoluten ist. Der grosste Poncelet'schen sich dadurch,Maximums dass das Wasser, indem es Effect auf derder krummen SchanRäder

fel hinaufsteigt, seine Geschwindigkeit verliert und grösstenteils an das Rad abgiebt. Die oberschlächtigen Räder, Fig. 172, werden bei höheren Gefällen von geringerer Wassermasse, bei kleineren Gebirgsbächen angewandt. Das Fig. 172.

Wasser füllt, von oben auf bas Rab laufend, bie Zellen auf der einen Seite des Rades, welches eben durch dieses Uebergewicht umgedreht wird. Nahe am nnteren Ende des Rades lauft das Wasser aus den Zellen wieder aus. Bei oberschlächtigen Rädern geht ebenfalls ein Theil des mechanischen Momentes des Gefälles verloren, weil die Zellen das Wasser nicht bis znm tiefsten Punkte des Rades behalten können, sondern schon früher anszugiessen beginnen. Ein gnt gebautes oberschlächtiges Rad soll einen Effect hervorbringen, welcher 75 Procent des theoretischen Effects beträgt, vorausgesetzt, dass es sich langsam umdreht;

Tie horizontalen Wafferrcider.

163

denn bei rascher Umdrehung bleibt das Wafser in den Zellen in Folge der Centnfugalkraft nicht horizontal, fondern essteigtnach aussen, so dass es noch früher aus den Zellen herausfällt. Tas mittelschlächtige Rad bildet eine Art Mittelgattung zwischen dem unterschlächtigen und dem pberschlächtigen. D i e h o r i z o n t a l e n "Wasserräder, die man auch Turbinen nennt, 90 sind nie so freiliegend wie die verticalen, sondern siesteckenmeist so in der Masse des bewegenden Wassers, dasssiewährend des Ganges ganz unsichtbar sind. Fig. 173 erläutert eine der einfachsten Formen der Turbine. In einem verticalen cylindrifchen Rohre BBf durch welches das Waffer aus einem hoher gelegenen Behälter in den Abzugs* Fig. 178 . canal herabströmt, und von welchem i n unserer Figu r nu r ei n

Stuck durch einfache Linien angedeutet ist, befindet sich ein Rad, dessen Durchmesser nur so viel kleiner ist als der Durchmesser des Rohres, dass essichsrei um seine verticale Axe in horizontaler Ebene umdrehen kann. Während dermalere Theil des Rades verschlafsen ist, befinden sich im Branze defselben Schaufeln, deren Stellung leicht ans der Figur zu ersehen ist. Indem nun das Wafser über diese Schaufel« herabströmt, übt es auf dieselben einen Druck ans, welcher das Rad in der Richtung des kleinen Pfeils rotiren macht, 3. 173 a. uud zwar mit einer Braft, welche von der Masse des durchströmenden Wassers uud der Druckhöhe desselben abhängt. Tie durch die Figur erläuterte Anordnung der Schaufeln im Radkranz ist im Wesentlichen die derQonval'fchenTurbine, V bei welcher aber, um einen besseren Effect zu erzielen, über dem ^ ^ rotirenden Rade ein ganz ähnliches fest in das Rohr eingesetzt ist, dessen Schanfelu die entgegengesetzte Richtung haben wie die des rotirenden Rades, wie dies durch Fig. 173 a. erläutert wird. Diese unter dem Stamen der Leitcnrven bekannten Schanfeln des oberen, feststehenden Rades machen, dass der Druck des Wassers möglichst rechtwinklig gegen die Schanfeln des rotirenden Rades wirkt Anch die Reaction des ausfliessenden Wasserstrahles hat man als bewegende Braft für horizontale Wasserräder benutzt, die Form des Segner'schen Wasserrades (Fig. 169 S. 158) darf aber, wo essichum praktische Refultate handelt, 11*

164

Bewegung der Flüssigkeiten.

nicht in Anwendung gebracht werden, weil hier das ganze Gewicht der druckenden Wassersäule auf dem Zapfen lastet, um welchen der Apparat rotirl, was einen enormen Reibungswiderstand veranlassen würde, wenn man derartige Apparate in grossem Massstabe ausführen wollte. Dieser Uebelstand wird dadurch vermieden, dass man das Wasser von unten her durch eine Stopfbüchse in das Rad eintreten lässt, welche zugleich als Umdrehungsaxe für dasselbe dient, wie dies z. B. auch bei dem Reactionsrad Fig. 174 der Fall ist. Die Reactionsräder sind auch unter dem Namen der schottischen Turbinen bekannt. Fig. 174 ,

91

Die W a s s e r s ä i i l e n m a s c l ü n e . Bei der Wassersäulenmaschine theilt die wirkende Wassersäule, das Aufschlagwasser, durch seinen Druck einem Kolben, welcher innerhalb eines hohlen Cylinders beweglich ist, eine hin- und hergehende Bewegung mit, die dann von dem Kolben ans weiter fortgepflanzt wird. In der Regel werden die Wassersäulenmaschinen angewandt, um Wasser auf eine bedeutende Höhe zu heben. So wird z. B. die Salzsoole von Reichenhall in Oberbaiern auf Umwegen 30 Stunden weit nach Rosenheim geleitet, um hier, sowie an einigen Zwischenorlen, z. B. in Trauenstein, versotten zu werden. Auf diesem Wege befinden sich nenn, sämmtlich von Reichenbach

D i e WaffersäUlenmaschine.

165

constrnirte Wassersänlenmaschinen, welche die Soole über die Berge heben. Obgleich alle Wassersänlenmaschinen anf demselben 'Principe beruhen, so ist ihre Ausführung doch iu mannigfacher Hinsicht verschieden. Fig, 175 . Fig

. 1 75 stellt ein e W a f-

Terfäulenmaschine im Durch[chuitte dar . D i e Röhr e A führt das Aufschlagwasser

öer Maschine zu; es tritt abwechselnd nuten uud dann wieder oben in den Eylinder B ein und treibt dadurch ben Solben C abwechselnd anf uud nieder.

Um die Abwechslung im Eintreten des Wassers hervorzubringen, ist eine Vorrichtung angebracht, welche der Steuerung bei Dampfmaschinen ganz ähnlich ist. In dem Cylinder d bewegen sich zwei mit einander verbundene Solben; bei der in der Zeichnung dargestellt ten Stellung dieser Solben tritt das Aufschlagwasser bei e in den grossen Eylinder und treibt den Solben C in die Höhe. Das Wasser, welches sich über C befindet, tritt bei / aus dem Cylinder aus, um durch das Rohr g abzufliegen. Wenn der Solben G oben angekommen ist, müssen die Solbett in der Röhre d, verstellt werden, so dass nun das Aufschlagwasser von oben in den grossen Cylinder eintreten kann; dies geschieht dadurch, dass das Solbensystem in der Röhre d so weit aufgezogen wird, dass der obere der beiden kleinen Solben oberhalb

166

B e w e g u n g der Flüssigkeiten.

des kurzen Rohres / , der untere oberhalb e zu stehen kommt; bei dieser Stellung tritt nun das Ausschlagwasser aus d oben durch / in den Cylinder B ein, während das unter C befindliche Wasser durch e und h fret absliesst Tas Aus- und Riedergehen der Steuerungskolben in d kann auf mannigfache Weise bewerkstelligt werden; in unserer Figur ist eine möglichst einfache Borrichtung dargestellt. Tie an dem Kolben G befestigte Kolbenstange geht durch eine in dem oberen Teckel des Cylinders i? befindliche Stopfbüchse hindurch; sie trägt oben eine Ouerfchiene ii, welche, wenn der Kolben G nahe am oberen Cnde feiner Bahn angekommen ist, bei h anstösst, und dadurch die Stange in die Höhe schiebt, an welcher die Steuerungskolben befestigt sind. Wenn nun der Kolben G wieder niedergeht, so bleiben die Steuerungskolben unverändert an ihrer Stelle, bis C nahe am unteren Cnde seiner Bahn angekommen ist; dann aberstösstdie Schiene ii bei l an und fchiebt die Steuerungskolben bis in ihre tiefste Stellung herab, fo dass nun wieder das $tuffchlagwafser von unten in den Cylinder B einströmt. Betrachten wir weiter, wie die Bewegung des Kolbens G fortgepflanzt und verwandt wird. Mit dem Kolben G ist vermittelst einer durch zwei Stopfbüchsen gehenden Stange der Kolben a in Verbindung, welcher einen weit kleineren Durchmesser hat als G; der Auf- und Riedergang des Kolbens G bewirkt also einen Ans- und Riedergang des Kolbens a. Tiefer Kolben a ist aber der Kolben einer doppelt wirkenden Saug- und Druckpumpe; wenn a in die Höhe geht, fo entsteht in der Kammer b eine Verdünnung, das untere Ventil öffnet sich, und es wird durch die Saugrohre N Waffer in die Kammer b gehoben. Durch den Aufgang des Kolbens a wird aber zugleich Wasser in die Kammer c hineingepresst, das untere Ventil derselben fchliesst, das obere öffnet fich, das Waffer wird alfo aus c in die Steigrohre S gedrückt. Beim Niedergange des Kolbens fchliessen sich die Bentile, die jetzt offen waren und umgekehrt; es wird Waffer in die Kammer c gefaugt, aits b aber in die Steigrohre gehoben. Wenn der Querschnitt des Kolbens G zwei-, drei-, viermal grasser ist als der des Kolbens a, fo kann man (die Reibungs* und fonstigen Widerstände unberücksichtigt) eine Wassersäule heben, welche zwei-, drei-, viermal so hoch ist als die Hohe des Aufschlagwassers. Bei einer derartigen Wassersäulenmaschine beträgt die Hohe des Aufschlagwassers 140 Fuss;siehebt die Salzsoole auf eine Hohe von 346 Fuss; diese Salzwasserfaule aber entspricht einer Siisswassersäule von 397 Fuss; der Durchmesser des Kolbens Cist 20 V2, der des Kolbens a 10 Zoll, der grossere Kolben hat also einen mehr als 4 mal grosseren Querschnitt. Dass die gehobene Wassersäule nicht viermal so hoch ist als die Höhe des Aufschlagwassers, also nicht 560 Fuss beträgt, rührt daher, dass eine bedeutende Kraft zur lleberwindung der Reibungs- und fonstigen Widerstände nöthig ist. Diefe Maschine giebt ungefähr 70 Procent des theoretischen Effectes, denn 397 verhält sich zu 560 nahe wie 70 zu 100.

Neuntes C a p i t e l . B e w e g u n g

der

Gase.

Gasometer, Bei den Gasen kann ihrer Molekularconstitution zufolge weder von einem freien Fall, noch von einem Herabfließen auf geneigte Flächen, wie es bei den tropfbar flüssigen Körpern stattfindet, die Rede sein. Eine Bewegung von Gasen tritt nur dann ein, wenn in zwei mit einander in Verbindung stehenden, mit Gasen erfüllten Räumen ein ungleicher Druck herrscht. Es wird dann das Gas von dem Räume, welcher einemstärkerenDrucke ausgesetzt ist, nach demjenigen überströmen, an welchem ein geringerer Druck stattfindet, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Wenn man also einen luftverdünnten Raum mit der äußeren Atmosphäre in Verbindung setzt, so muß Luft einströmen; wenn man aber in einem Ballon mit Hülfe der Compressionspumpe die Luft verdichtet hat, so wird die Luft ausströmen, wenn man einen Hahn öffnet, welcher das Innere des Ballons mit der äußeren Luft in Verbindung setzt. Gase, welche man in besonderen Gasbehältern, Gasometern, ausgefangen hat, werden meist durch den Druck einer Wassersäule zum Ausströmen gebracht. Fig. 176 (a. st S.) stellt ein kleines Gasometer dar, wie sie in chemischen Laboratorien gewöhnlich gebraucht werden. B ist ein Cylinder von lackirtem Blech, welcher ungefähr 16 bis 18 Zoll hoch ist, der 10 bis 12 Zoll Durchmesser hat, und dessen oberer Deckel etwas nach oben gewölbt ist. Aus diesem Deckel ruht aus vier Stützen ein zweiter, oben offener Cylinder A, dessen Höhe aber nur von der des unteren ist. Der obere Cylinder ist mit dem unteren durch zwei Röhren verbunden, vor denen die eine, b, gerade in der Mitte des Deckels sich befindet. Sie darf durchaus nicht in den unteren Cylinder hineinragen. Eine zweite Verbindungsröhre a geht fast auf den Boden des unteren Eylinders. In jeder dieser Röhren befindet sich ein Hahn, vermittelst dessen

168

Bewegung der ©afe.

man nac h Beliebe n di e Verbindun g de r beide n Cylinde r herstelle n un d unter *

brechen kann. Bei e befindet sich eine kurze horizontale Röhre, welche ebenfalls Fig. 176 . durc

h eine n Hah n verschloffe n werde n kann un d a n welche r vor m ei n Schrau -

bengewinde eingeschnitten ist, nm andere Röhren und Ausströmungsöffnungen anschrauben zu können. Nahe am Boden des unteren Cylinders befindet fich bei d eine aufwärts stehende Oeffnung, welche mittelst einer Schraube oder eines Morles verschlossen werden kann. Wenn man den unteren Cylinder mit einem Gase füllen will, füllt man ihn erst mit Wafser, und zwar auf folgeude Weise. Tie Oeffnung bei d wird verschlossen, die drei Hähne werden geöffnet und in das obere Gefäss Wasser gegossen. Tas Waffer fliesst in den unteren Cylinder, und wenn dieser so weit gefüllt ist, dass Wasser bei e auszufliessen beginnt, fchliesst man diesen Hahn. Ter Rest von Luft, welcher nnn noch im Cylinder sich befindet, entweicht durch das Rohr b. 3st der untere Cylinder aufldiese Weise mit Wasser gesüllt, so werden die Hähne der Verbindungsröhren geschlossen und die Schraube oder der Bork bei d weggenommen. Wasser kann hier nicht ausfliegen, weil keine Luftblasen eindringen können. Wenn man aber bei d ein Gasleitungsrohr einsteckt, so wird neben diesem Rohre das Wasser ausfiiessen, während aus demselben fortwährend Gasblasen in den oberen Theil des Behälters aufsteigen. Auf diese Weife füllt fich der untere Cylinder mehr und mehr mit Gas. Wie weit der Cylinder mit Gas gefüllt ist, sieht man an dem Glasrohre f g , welches mit dein Gefässe B oben und nuten in Verbindung steht, so dass das Wasser in diesem Glasrohre gleiche Höhe hat wie im Cylinder. Rachdem das ganze Reservoir mit Gas gesüllt ist, wird die Oeffnung bei d verschlossen, der Hahn der Verbindungsröhre a geöffnet. Sobald nun der Hahn e geöffnet wird, strömt das Gas hier mit einer dem Drucke der Wassersäule in der Röhre a entsprechenden Geschwindigkeit aus. Tie grossen Gasometer, welche man znr Gasbeleuchtung anwendet, find nach einem anderen 'Principe construirt. In ein mit Wasser gefülltes Bassin ist ein unten offener, oben geschlossener, ans zusammengenieteten blatten von Eisenblech gebildeter Cylinder A, Fig. 177, eingetaucht. Von unten her ragen zwei Röhrenleitungen BB und SS in diesen umgestülpten Cylinder hinein, deren Mündung sich über dem Wasserspiegel im Bassin befindet. Durch die Röhrenleitung BB strömt, während die andere durch einen Hahn verschlossen ist, das

©afometer.

169

Leuchtgas au s de n Retorten , i u welche n e s erzeug t wird , durc h di e Reiniguugs -

apparate iu die Höhlung des Cylinders A eiu. In dem Masse aber, in welchem Fig. 177 .

das Ga s einströmt , mus s de r gauz e Eylinde r A au s de m Wasse r de s Bassin s

emporsteigen. Fünf eiserne, an dem Rande des Bassins angebrachte Säulen dienen, wie ans der Figur leicht zu ersehen ist, dem Cylinder zur Führung, so dass ersichbeim Steigen nicht anf die Seite neigen kaum 3st das Gasometer gefüllt, so wird das Znströmungsrohr geschlossen, der Hahn des Abströmungsrohrs, welches sich in viele enge, zu den Gasschnäbeln führende Röhren theilt, wird geöffnet; das Gas strömt nun durch die Rohrenleitung SS ab, indem es durch das Gewicht des Blechcyliuders A comprimirl wird, in Folge dessen dann auch der Wasserspiegel in A um eiuige Zoll tiefer steht als aussen. — In dem Masse, in welchem das Gas durch die Röhrenleitung S S abströmt,sinktder Cylinder A wieder allmälig nieder. Der Durchmesser eines solchen Gasometers beträgt meist über 30 Fuss. Räch demselben "Principe werden auch kleinere Gasometer für Laboratorien construirt. In Fig. 178 (a. s.S.) ist ein solcher abgebildet, und wohl ohne weitere Erklärung verständlich. Es ist hier nur eine Zuleitungsrohre, aus welcher mau erst das Gas ein- und nachher auch wieder ausströmen lässt. In derselben Weife konnten zwei solcher Röhren angebracht sein.

170

93

Bewegung der (Safe.

Gebläse. Unter Gebläsen versteht man Vorrichtungen, welche dazn dienen, an eine bestimmte Stelle einen mehr oder minderstarkenLuftstrom hinzuleiten.

Fig. 178 . Di j kanntest

J^V Wi

|

i

e einfachst e un d be e Form de r Gebläse

ist der B l a s e b a l g , welcher

n Fig . 179 i n seiner ein-

fachsten Form dargestellt ist .

1 r ^ J Z |

Beim Aufziehendes Deckels hebt sich das im Boden angebrachte Ventil ft, es dringt von aussen her Luft

t

in de n innere n Rau m de s Blasebalges, welche beim

Riederdrücken des Deckels durch die Düse d ausgetrieben wird, weil sich bei diesem Riederdrücken die ^ ^ . J I P ^ j m * Klappe h schliesst. Mit einem einfachen Blasebalg HüHPIP»' " ^ ^ kann man aber keinen continnirlichen Luftstrom erzeugen, wie dies in Schmieden, inchemischenLaboratorien u. s. w. nöthig ist; man wendet in diesem Falle zusammengesetzte Blasebälge an, welche construirt Fig. 179.

sind wie Fig. 180 zeigt. Die in der oberen Abtheilung A eines solchen Blasebalges enthaltene Luft wird durch Gewichte, welche auf dem oberen Deckel liegen, Fig. 180 .

Geblase. comprimirt; sie kann aber nur durch die Tixse o entweichen, weil das Ventil h zwischen A und B sich schliesst, sobald die Lust in A stärker comprimirt ist als in B. Wenn man die untere Platte des Ranmes B hebt, so wird die Luft in B comprimirt, sie hebt das nach A fuhrende Ventil h nnd dringt in den oberen Ranm. Beim Riedergange der untersten Platte schliesst sich das Ventil 1% wieder, das Ventil h ösfnet sich, nnd B süllt sich von Neuem mit Luft, welche durch Aufziehung der untersten Platte abermals in den oberen Ranm geschafft wird. Man begreift leicht, dass das Ausströmen der Luft aus A durch die Tiise nicht unterbrochen wird, während B von Neuem sich mit Luft füllt. Tas vollkommenste aller Gebläse ist das Cylindergebläse, welches Fig. 181 abgebildet ist. In einem wohlausgebohrten gusseisernen Cylinder A, gig, 181. i t t welchem ein Kolben C, au den Wänden luftdicht schließend, auf- und niederbewegt werden kann, geht die Kolbenstange a lustdicht durch die in der Mitte des oberen Teckels befindliche Stopfbüchse. Turch die Oeffnuug bei b comrnunicirt der obere, durch die Oeffnuug bei d der untere Theil des Cylinders mit der freien Lust; die Oesfuungen bei g nnd / aber verbinden den Cylinder mit einem viereckigen Kasten E. Bei b und d befinden fich Klappen, die sich nach inneu, bei g und / aber solche, diesichnach aussen off* nen. Wenn nun der Kolben niedergeht, schliesst sich die Klappe bei d, die bei / aber öffnet sich, und alle Lust aus dem unteren Theile des Cylinders wird in den Raunt E getrieben. — Unterdessen dringt aber durch die Klappe bei b Lust von aussen her in den oberen Theil des Cylinders. Wenn der Kolben wieder in die Höhe geht, schliesst sich b, und alle Lust, die beim Niedergang des Kolbens hier eingedrungen war, wird durch die Oessnung bei g in den Kasten E geschasst, während / geschlossen ist und sich der untere Theil des Cylinders wieder durch die geöffnete Klappe d mit Luft füllt. Tie in E comprimirle Luft strömt durch ein am unteren Cnde von E befestigtes Rohr nach dem Feuerraume.

172

Bewegung der (Safe.

Die Geschwindigkeit des Solbens ist am grössten, wenn er die Mitte des Cylinders pafsirt, sie nimmt um so mehr ab, je mehr ersichder oberen oder unterett GrenzeseinesWeges nähert Daraus geht hervor, dass der Wind, welchen eilt solcher Cylinder liefert, nicht gleichmässig ausströmt Da aber für die meisten Schmelzprocesse ein gleichmässiger Windstram nöthig ist, so muss man dafür sorgen, ihn zu reguliren. Man erreicht dies entweder dadurch, dass man an demselben Windfasten E drei Cylinder anbringt, deren Solben nicht gleichzeitig die Mitte ihres Weges passiren, oder auch dadurch, dass man die Luft aus E erst in einen Behälter treten lässt, dessen Rauminhalt sehr gross ist im Vergleich zum Volumen des Cylinders. 3e grasser dieser Luftbehälter ist, welcher den Namen Regulator führt, desto weniger Einfluss hat die Unregelmässigkeit der Solbenbewegung auf die Gleichmässigkeit des aus dem Regulator austretenden Luftstromes. Als Regulator bei Gebläsen wendet man entweder einen ans Eisenblech luftdicht zusammengenieteten Ballon, an, dessen Inhalt 40- bis 50mal so gross ist als der des Cylinders, oder den Fig. 182 abgebildeten Wasserregulator, der seinem Wesen nach ganz mit dem Gasometer übereinkommt, wie er zur Gasbeleuchtung angewenFig. 182. det wird. In dem Saften B, welcher aus lustdicht zusammengenieteten eiserneu 'Platten besteht, und dessen Inhalt den des Cylinders weit übertrifft, strömt durch das Rohr B vom Cylinder her die Luft ein, durch das Rohr G aber wieder aus. Die Luft im Saften B ist unten durch Wasser gesperrt, dessen Riveau r r im Saften nothwendig tiefer steht als der Spiegel vv ausserhalb. Von der Differenz der Höhen der Wasserspiegel hängt der Grad der Compression der Lust in B und also auch die Geschwindigkeit des Ausflusses durch das Rohr G ab. Um den Druck zu messen, welchem die Gase in den verschiedenen Behältern und Gasleitungsrahren ausgesetzt sind, bedient man sich der Manometer, welche bei Gebläsen auch den Rauten der Windmesser führen.

94

Gesetze des Ausströmens der Gase. Für die Ausflussgeschwindigkeit der Gase gelten dieselben Gesetze wie bei Flüssigkeiten, d. h. die Ausflussgefchwindigkeit ist v — 1/2 gs, 1) wenn s die Druckhöhe bezeichnet Hier aber ist s eine Grosse, die nicht direct durch die Beobachtung gegeben ist, wie bei tropfbar flüssigen Sörpent. Für diese bezeichnet s die Höhe der Flüssigkeitssäule, deren Druck den Ausfluss be-

Seitendruck der ©ose beim Ausstromen.

173

wirkt und welche von derselben Ratur und Dichtigkeit ist wie die ausströmende Flüssigkeit. Gase, welche in einem Gefässe enthalten sind, sind aber nie durch eine Lustsäule von gleichmässiger Dichtigkeit und wohlbegränzter Höhe, sondern in der Regel durch eine Wassersäule comprimirt, deren Höhe h meist an einem Manometer abgelesen werden kann. Unter dem normalen Atmosphärendruck ist das specisische Gewicht der Luft 0,00129. Hat aber eine abgesperrte Luftmasse ausser dem Druck der Atmosphäre (welche eiue Wassersäule von 1033 Eentimetern das Gleichgewicht hält) noch den Druck einer Wassersäule von h Eentimetern zu tragen, so ist ihr * + k . Eiue Lustsäule aber, welche durchiUoo gängig von dieser Dichtigkeit wäre, müsste eine Höhe 1033 + h s = h : 0,00129 1033 h .1033 oder $ — 0,00129 (1033 - f h) haben, wenn sie einer Wassersäule vou der Höhe h das Gleichgewicht halten sollte. Diesen Werth aber haben wir fur s in Gleichung 1) zusetzen,nm die Ausströmuugsgeschwindigkeit der Luft unter den angegebenen Verhältnissen zu berechnen. Wäre z. B. h = 10cm, so ergäbe sich 10330 = 5600cm = 56 Meter 0,00129.1043 also v = V2. 9,8.56 = 33 Meter. Wenn verschiedene Gase unter gleichem Druck ausströmen, so ist ihre Ausströmuugsgeschwiudigkeit der Quadratwurzel aus ihren speeifischen Gewichten umgekehrt proportional. So ist z. B. das specisische Gewicht der atmosphärischen Lust gleich 1 gesetzt, das specisische Gewicht der Kohlensäure 1,5, das des Wasserstosfgases 0,069; es wird demnach unter gleichem Druck die Kohlensäure V 1,5mal (1,2mal) l angsamer, das

specisisches Gewicht 0,00129

10B

1

Wasserstoffgas aber y ^

oder nahe viermal schneller ausströmen als atnto-

sphärische Luft. (Ausführlicheres darüber im Supplementbande.)

Seitendruck der Gase beim Ausströmen.

Wenn

sich

Lust

95

durch Rohrenleitnngen bewegt, so ist ein Reibungswiderstand zu überwinden, und dazu wird ein- Theil der Spannung des comprunirten Gases verwendet werden, also für die Bewegung verloren gehen. Der Druck, den die Röhrenwände von der Tension der durchströmenden Luft auszuhalten haben, nimmt nm so mehr ab, je mehr man sich der Mündung des Rohres nähert, wie man sich durch Manometer überzeugt, welche au verschiedenen Stellen der Leitung angebracht werden.

174

Bewegung der ©ase.

So ist z. B. der Truck, mit welchem das Leuchtgas aus den einzelnen Gasschnäbeln .ausströmt, weit geringer als der Truck, unter welchem sich das Gas im Gasometer befindet. Es ist dies ganz den Erscheinungen analog, welche man bei Bewegung tropfbar flüssiger Börper in Röhrenleitungen beobachtet, nnd welche bereits auf Seite 157 besprochen wurden. Tas 'Phänomen des Sangens findet bei der Bewegung der Gase anf ganz ähnliche Weise statt wie beim Ausströmen von Flüssigkeiten. Wenn man in den Boden eines Gefässes, Fig. 183, welches comprimirle Lnft enthält, eine

Fig. 184.

Oeffnung macht, fo entweicht die Lnft mit grosser Gewalt. Wenn man nun der Oeffnung eine Scheibe von Holz oder Metall nähert, fo wird fie, nachdem der erste Widerstand Überwunden ist, nicht mehr abgestoßen; sie osCillirl lebhaft, indem fie in sehr kurzen Zwischenräumen sich der Oeffnung bald nähert, bald von ihr entfernt. Tie Lust entweicht dabei mit grossem Geräusch zwischen der Scheibe uud der Wand. Wenn man versucht, die Scheibe wegzunehmen, fo muss man grosse Braft anwenden, wie wenn fie anf der Wand festgeleimt wäre. Man erklärt diese Erscheinung folgendennassen: Ter Luftstrahl, welcher die Oeffnung verlässt, musssichin eine dünne Schicht zwifchen der Scheibe und der Wand ausbreiten. Bei unveränderter Ticke musssiesichnun um fo mehr ausbreiten, je mehr fiesichdem Rande der Scheibe nähert; sie befindet fich alfo in demselben Falle wie ein flüssiger Strahl, welcher die immer wachsenden Onerfchnitte eines conischen Ansatzrohres ausfüllen foll. Zwifchen der Scheibe uud der Wand bildet sich ein lu ft verdünnter Raum, in Folge dessen die atmosphärische Lnft, von unten gegen die Scheibe drückend, sie an die Wand anpresst. Man kann diesen Versuch auch im Bleuten mittelst des Apparates Fig. 184 anstellen, wenn man Lnft mit dem Munde durch die Röhre ab bläst, welche mit einer ebenen Scheibe endigt; dieser, an der Röhre a~b befestigten Scheibe liegt eine andere von Bartenpapier oder dünnem Blech verfertigte gegenüber, welche in die Höhesteigt,fobald man kräftig in die Röhre ab hineinbläst, nnd welche an der oberen Scheibe haftet, fo lange man mit Blasen fortfährt.

Zweites

Buch.

Akustik oder die Lehre vom Schall.

Erstes Capitel. Fortschreitende und stehende L u f t w e l l e n .

Stehende Schwingungen und fortschreitende Wellen.

Wenn einzelne Theilchen eines elastischen Körpers ans ihrer Gleichgewichtslage verschoben werden, so tritt alsbald eine Kraft auf, welche dieselben in die Gleichgewichtslage zurückzuführen strebt. Unter dem Einfluß dieser Kraft gerathen die Theilchen in eine Vibrationsbewegung, bei welcher sie innerhalb gewisser Gränzen um ihre Gleichgewichtslage hin- und herschwingen. In ihrer Gleichgewichtslage angekommen, ist zwar die Kraft, welche nun auf sie wirkt, Null geworden, allein sie kommen hier mit einer Gefchwindigkeit an, vermöge welcher sie über die Gleichgewichtslage hinausgehen, ganz ähnlich wie dies anch bei den Pendelschwingungen der Fall ist. Wenn einzelne Theilchen eines elastischen Körpers in eine solche Oscillationsbewegnng versetzt werden, so bleibt dieselbe nicht ans diese beschränkt, sondernsietheiltsichden benachbarten Theilchen mit. Sind nun die Dimensionen des fraglichen Körpers fo klein, dass sich die an irgend einer Stelle desselben erregte Oseillationsbewegnng in einer verschwindend kurzen Zeit über den ganzen Körper verbreitet, so wird eine Vibrationsbewegung entstehen, bei welcher alle Theilchen gleichzeitig die Gleichgewichtslage passireu und gleichzeitig die Gränzen ihrer Bahnen erreichen. Eine derartige Vibrationsbewegnng elastischer Körper wird mit dem Namen der stehenden Schwingungen bezeichnet. Als Beispiel stehender Schwingungen sind unter anderen die Vibrationen eines an einem Ende eingeklemmten Stahlstreifens, Fig. 185 (a, s.S.), nnd einer zwischen zwei festen Punkten ausgespannten Saite, Fig. 186, anzuführen. Sind dagegen die Dimensionen des elastischen Mediums so bedeutend, dass eine namhafte Zeit vergeht, bis die an irgend einer Stelle erregte Oscillations^liner's liimndrifj Der "IMmfif. 12

178

Fortschreitende undstehendeSuftwellen.

beweguug auf entfernte Stellen fortgepflanzt wird, so entstehen fort schreitende Wellen, deren Wesen darin beruht, dass jedes folgende Theilchen dieselben Obscillationen macht wie das vorhergehende, nur mit dem Unterschiede, dass es feine Beweguug um so später beginnt, je weiter es von dem Ursprung der Wellenbeweguug entfernt ist. Beispiele von Wellenbewegung liefert uns eine ruhige Wasserfläche, auf welche mau einen Stein fallen lässt (wo aber nicht die Elasticität des Wassers, sondern die Schwere desselben die Sraft ist, welche die Oscillationsbeweguug der Wasserlhcilchen bedingt); ein sehr lauges gespanntes Seil, gegen welches man nahe an einem Ende einen kräftigen Schlag führt; die Schallwellen in der Luft u. s. w. Wir werden diese verschiedeneu Wellenbewegungen alsbald näher betrachten.

Fig. 186.

Die Oscillationsdauer eines im Zustand stehender Schwingungen befindlichen Sörpers kann nun unter Umständen grösser oder kleiner sein. 3st sie gross, fo dass nur wenig Schwingungen in einer Secuude ausgeführt werden, so kann man die einzelnen Oscillationen mit dem Auge verfolgen; das ist aber nicht mehr möglich, wenn die Schwingnngsdauer zu kurz, also die Schwiugitngszahl (d, h. die Zahl der in einer Secnnde vollendeten Oscillationen) zn gross ist- In diesem Falle aber, in welchem man die einzelnen Oscillationen nicht mehr unterscheiden kann, kann ihre Gesammtwirkuug noch einen Eindruck hervorbringen, indem sie in den umgebenden Medien Wellenbewegungen erzeugen, durch welche sie bis zu besonders eingerichteten Sinnesorganen sorlgeleitet werden und hier eine eigentümliche Empfindung veranlassen. So veranlassen Vibrationen elastischer Sörper, deren Schwingnngsdaner innerhalb gewisser, bald näher zu besprechender Gränzen liegt, in der Lust oder anderen elastischen Medien Wellen, welche, in abwechselnden Verdichtungen und Verdünnungen bestehend, bis zum Ohre fortgepflanzt als Schall wahrgenommen werden. Roch ungleich schnellere Vibrationen der Sorpertheilchett bringen, durch

Wafferwellen.

170

die Wellenbewegung eines eigenthümlichen elastischen Fluidums, welches wir Aether nennen (f. d. Einleitung), bis in unser Auge fortgepflanzt, hier den Eindruck des Lichtes hervor. Ta nun sowohl Schall- als Lichtvibrationen dnrch Wellenbewegungen sortgepflanzt werden, so wollen wir zunächst die wichtigsten Gesetze der Wellenbewegung überhaupt etwas näher betrachten und diese Betrachtung mit den Wasserwellen beginnen, weil von ihnen doch der Begriff der Welle entnommen ist und weil dnrch das Verständniss der Wafferwellen das Verständniss anderer Wellenbewegungen, namentlich der Schallwellen, welche uns hier vorzugsweife intereffiren, sehr erleichtert wird.

Wasserwellen. Weuu man einen Stein ins Waffer wirst, fo bilden 97 sich kreisförmige Wellen, welche von einem Mittelpunkte (der Stelle, wo der Stein ins Waffer fiel) aus nach afttii Richtungen sich mit gleichförmiger Geschwindigkeit verbreiten, wenn nicht irgend einestörendeUrsache wirkt, Tie Wellelt bestehen in abwechselnden Bergen und Thälern, welche sich ziemlich rasch einander folgen und welche in der Richtung von dem Mittelpunkte nach aussen hin fortschreiten. Während nun ein Wellenberg nach anssen hin fortschreitet, nehmen nicht etwa auch die einzelnen Wassertheilchen an dieser fortschreitenden Bewegung Antheil, denn wenn ein Stückchen Holz auf dem Wasser schwimmt, so sieht man, wie es abwechselnd gehoben wird nnd sich dann wieder senkt, wenn Wellenberge nnd Wellenthäler gleichsam unter ihm wegziehen. Tie Kraft, durch welche die Wafferwellen hier fortgepflanzt werden, ist die Schwere; denn wenn durch irgend eine Ursache in der horizontalen Wasserfläche eine Erhöhung oder Vertiefung hervorgebracht wird, fo wirkt alsbald die Schwere der einzelnen Wassertheilchen, um die gestörte, horizontale Ebene wieder herzustellen; dadurch wird eine Oscillationsbeweguug hervorgebracht, welche fich dann von Theilchen zu Theilchen fortpflanzt. Sobaldsicheinmal regelmässige Wellen gebildet haben, beschreiben die einzelnen Wassertheilchen an der Oberstäche während des Forlfchreitens der Welle in fich zurückkehrende Cnrven, welche im Falle der grössten Regelmässigkeit Kreise sind; nur in solchen Fällen, in welchen der dem Gipfel vorangehende Theil des Wellenbergs dem folgenden nicht gleich ist, beschreiben die einzelnen Wassertheilchen unregelmässige, nicht geschlossene Cnrven. Betrachten wir nun den Zusammenhang zwischen der Bewegung der einzelnen Wassertheilchen nnd dem Fortschreiten der Welle etwas genauer. Rehmen wir an, eine ganz regelmässige Wellenbewegung habesich,von der Linken zur Rechten fortschreitend, bis zu dem Wassertheilchen 0, Fig. 187 (a.f.S.), fortgepflanzt und veranlasse nun dieses Theilchen, eine kreisförmige Bahn zurückzulegen. Während das Theilchen 0 zum ersten Male feine Kreisbahn vollendet, wirdsichdie Bewegung nm eine bestimmte Strecke fortpflanzen. Tas mit 12 bezeichnete Wafsertheilchen sei nnn dasjenige, bis zn welchem sich die Oscillation von 0 ans fortpflanzt, während 0 eine Umdrehung vollendet; es wird alsdann 12*

180

Fortschreitende und stehende Suftwellen.

12 feine erste Umdrehung in demselben Momente beginnen, in welchem 0 seine zweite Umdrehung beginnt. Denken wir uns nuu den Umfang des Brases, welchen das Theilchen 0 beschreibt, uud ebeuso den Raum zwischen 0 uud 12 in zwölf gleiche Theile Fig. 187.

gelheilt, so wird die Wellenbewegung in der Richtung von 0 nach 12 immer um eine Abtheilung weiter schreiten, während das mit 0 bezeichnete Theilchen Vi 2 feiner kreisförmigen Bahn zurücklegt. Während das Theilchen 0 das erste Zwölftel seiner Bahn zurücklegt pflanzt sich die Wellenbewegung bis 1, während 0 das erste Viertel feiner Bahr zurücklegt, pflanzt sie sich bis 3 fort. Fig. 187 B stellt den Moment dar, in welchem das Theilchen 0 den vierten Theil oder 3/i2 des Breises zurückgelegt hat, den es durchlaufen soll; das Thills chen 1 hat in diesem Augenblicke 2/i 2, das Theilchen 2 hat Vi2seinerBreisbahr zurückgelegt, das Theilchen 3 ist noch nicht ans seiner Gleichgewichtslage verrückt. Tie Fig. 187 C bezieht sich anf den Augenblick, in welchem das Theilchei

Wafferwellen. 170 0 die Hälfte seiner Bahn zurückgelegt hat; das Theilchen 1 hat Vi2, das Theilchen 2 hat Vi2 , das Theilchen 3 hat 3/i2 feiner Bahn zurückgelegt; die Theilchen 4 und 5 befinden sich in derselben Lage wie die Theilchen 1 und 2 der

vorigen Figur . D a s Theilche n 6 is t noc h nich t au s seine r Gleichgewichtslage entfernt, beginnt aber eben seine Bewegung.

Hier hat das Theilchen 3seinetiefste Stellung erreicht, bei 3 also ist die Mitte eines Wellenthals. Wenn nun abermals Vi2 der Umlaufszeit eines Theilchens vergangen ist, so wird das Theilchen 3 in eine solche Lage gegenseineursprüngliche Stellung gekommen fein, wie es jetzt für das Theilchen 2 der Fall ist; das Theilchen 4 hat seine tiefste Stellung erreicht, es ist um V4 Kreis von feiner Gleichgewichtslage entfernt; das Wellenthal ist also in diesem Zeittheilchen von 3 bis 4 fortgerückt. Fig. 187 D stellt den Moment dar, wo das Theilchen 0 gerade 3/iseinesWeges zurückgelegt, wo es den höchsten 'Punkt seiner Bahn erreicht hat; hier ist also jetzt der Gipfel eines Wellenberges. Das Theilchen 1 hat bereits 8/12, 2 hat 7/J2, 3 hat Via seiner Bahn zurückgelegt; die Theilchen 4, 5, 6, 7, 8 befindensichin derselben Lage wie 1, 2, 3, 4 und 5 der vorigen Figur. Von dem Momente an, ans welchen sich Fig. 187 C bezieht, bis zu dem Momente, welchen Fig. 187 B darstellt, ist das Wellenthal von 3 bis 6 fortgerückt. Während das Theilchen 0 das letzte Viertel seiner Bahn zurücklegt, schreitet der Wellenberg von 0 bis 3, das Wellenthal von 6 bis 9 fort, und in demselben Momente, wo 0 seine Bahn zum ersten Male zurückgelegt hat und seinen Weg zum zweiten Male beginnt, wird das Theilchen 12 zum ersten Male seine Bewegung antreten. Dieser Moment ist in Fig. 187 E dargestellt, welche wohl keiner Erläuterung mehr bedarf. Die Fig. 188 stellt den Augenblick dar, in welchem 0 zum zweiten MaleseineBahn zurückgelegt hat; in diesem Momente wird 12 seinen Weg zum ersten Male gemacht und die Bewegung überhaupt sich bis 24 fortgepflanzt haben: ein Wellenberg ist in 3, ein zweiter in 15; ein Wellenthal ist in 9, ein zweites in 21. Wenn nun die Wellenbewegung ungestört fortdauert, so werden dadurch, dass die einzelnen Wassertheilchen fortfahren, ihre Kreisbahnen zu durchlaufen, die Wellenberge sowohl als die Wellenthäler gleichmässig in der Richtung von der Linken zur Rechten

182

Fortschreitende undstehendeSuftwellen.

forlfchreiten, indem ein Theilchen nach dem andern den höchsten oder tiefsten 'PunktseinerBahn erreicht. So schreitet denn Wellenberg und Wellenthal dadurch voran, dass allen Wasfertheilchen dieselbe Preisbewegung mitgetheilt wird, dass aber jedes folgende Theilchen dieselbe später beginnt als das vorangehende. Tie Entfernung von einem Theilchen bis zum nächsten, welches sich mit ihm in gleichen Schwingungszuständen befindet, alfo die Entfernung von 0 bis 12, von 12 bis 24 heisst eine Wellenlänge. Solche Theilchen, welche um eine Wellenlänge von einander entfernt sind, beginnen gleichzeitig ihre Oscillation, sie erreichen gleichzeitig ihren tiefsten und ihren höchsten Stand. Demnach ist auch die Entfernung von dem Gipfel eines Wellenberges bis zum uächsteu, alfo in Fig. 188 von 3 bis 15, von der Mitte eines Wellentales bis zur Mitte des nächsten Wellenthales, alfo hier von 9 bis 21, eine Wellenlänge. Solche Theilchen, welche um % Wellenlänge von einander entfernt sind, wie 0 und 6, 3 und 9, 9 und 15, befinden fich stets in entgegengesetzten Schwingungszuständen. Das Theilchen 9 $*B. bildet eben den tiefsten Punkt eines Wellenthales, 3 uud 15 dagegen den Gipfel eines Wellenberges. Die Theilchen 0 nnd 6 befinden sich zwar beide in der Höhe ihrer Gleichgewichtslage, allein die Bewegung von 0 ist nach unten, die von 6 ist nach oben gerichtet. Während ein Theilchen eine Oscillation vollendet, schreitet die Welle um eine Wellenlänge voran.

Seilwellen. Es ist schon bemerkt worden, dass die Bahnen der Wassertheilchen nicht immer, wie wir in unseren Zeichnungen annahmen, genau kreisFig. 189. m

m

förmig, ja nicht einmal immer in sich selbst zurückkehrende Enrv.en sind. Häufig geht die kreisförmige Bahn in eine elliptische über, indem bald der horizontale, bald der verticale Durchmesser der grössere ist. Wäre der horizontale Durch-

Wafferwellen.

170

messer gleich Rull, so würden die einzelnen Theilchen nur rechtwinklig zn der Richtung, nach welcher sich die Wellen fortpflanzen, auf und nieder ofeilliren. Durch eine derartige Bewegung werden die Wellen fortgepflanzt, welche entstehen, wenn man einen kraftigen Schlag gegen das eine Cnde eines sehr langen gespannten Seiles führt. Später werden wir auch eine folche Wellenbewegung bei der Lehre vom Lichte näher kennen lernen. Tie Cnrven 1 bis 6, Fig. 189, follen dazu dienen, die Forlpflanzung solcher Wellen, also etwa der Setiwellen, anschaulich zu machen. Tiese Cnrven entsprechen ganz genau den Figuren 187 und 188, sie lassen sich aus diesen ableiten, wenn man den horizontalen Theil der Bewegung gleich Rull fetzt, sie werden deshalb auch ohne weitere Erklärung verständlich fein. Wenn eine Seilwelle, gegen den einen Befestigungspunkt fortschreitend, an demselben angekommen ist, so wird sie reslectirt, sie kehrt wieder nach dem anderen Ende zurück und läuft fo mehrmals hin nnd her. Tie Fortpflanzungsgeschwindigkeit der fortschreitenden Seilwellen ist zn gross, als dass man sie an Seilen oder gespannten Saiten von geringer Länge noch beobachten könnte; bei solchen bildensichstehendeSchwingungen, ans deren Besprechung wir später zurückkommen werden.

Fortpflanzung1 des Schalles.

Seder Körper, welcher sich im Znstande stehender Schwingungen befindet, veranlasst in den ihn umgebenden elastischen materiellen Medien eine Wellenbewegung, welche, bis zn unserem Ohre fortgepflanzt, die Empfindung des Schalles hervorbringt. In der Regel ist es freilich die Luft, in welchersichdie Schallwellen bis zu unserem Gehörorgane fortpflanzen, doch sind auch alle anderen elastischen Körper, feste sowohl wieflüssige,fähig, den Schall mehr oder weniger gut zu leiten. Durch stehende Schwingungen elastischer Körper wird also der Schall erzengt, durch eine Wellenbewegung elastischer Medien wird er fortgepflanzt. Fifl- 190.

Z u r Fortpflanzung des Schalles sind materielle Medien unbedingt erforderlich; das Vacuum kann den Schall nicht leiten. Um dies zu zeigen, setze man auf den Teller der Luftpumpe ein aufgezogenes Weckerwerl, Fig. 190, jedoch so, dass die Füsse desselben nicht direct auf dem Teller aufstehen, sondern auf einem Kissen von Wolle oder Cattiut oder auch auf einigen auf einander gelegten Plättchen von dickem vulcauisuleu Kautschuk. Durch das Uhrwerk wird ein Hammer, welcher sich bei unserer Vorrichtung im Inneren der Glocke befindet, bald auf der einen, bald auf der anderen Seite derselben angeschlagen. Der dadurch erzeugte

184

Fortschreitende undstehendeSuftwellen.

Schall wird sogleich schwächer, wenn man die gläserne Luftpumpenglocke aufsetzt, aber immerhin bleibt er noch deutlich hörbar; wird aber nun evacuirl, so verschwindet der Ton vollständig. Lässt man die Luft allmälig wieder eintreten, so unterscheidet man alsbald den Ton, welcher stärker und stärker wird, wenn sich die Glocke mehr und mehr mit Luft füllt. Der Schall kann sich also nicht durch den leeren Raum fortpflanzen. Der grösste Lärm auf der Erde kannsichdemnach nicht über die Granzen unserer Atmosphäre verbreiten, und von keinem anderen Himmelskörper kann auch nur das mindeste Geräusch bis zu unserer Erde dringen; die furchtbarsten Explosionen konnten auf dem Mondestattfinden,ohne dass wir etwas davon hören. Saussure sagt, dass auf dem Gipfel des Montblanc ein Pistolenschuss weniger Geräusch macht, als wenn man in der Ebene ein Sinderlanonchen losschiesst, und Gay-Lussac fand, mit seinem Ballon in einer Hohe von 20,000 Fuss, also in einer sehr verdünnten Lnft schwebend, dass die Intensität seiner Stimme ungemein abgenommen hatte. Andere Gase und Dämpfe leiten den Schall eben so gut, wie atmosphärlsche Lnft, wovon man sich überzeugen kann, wenn man in das Vacuum, in welchem sich das gehende Weckerwerl, Fig. 190, befindet, verschiedene Gase oder Dämpfe eintreten lässt. Int Wasser pflanzt sich der Schall sehr gut fort, die Taucher hören, was am Ufer gesprochen wird, und am Ufer hört man deutlich, wenn in grossen Tiefen zwei Steine an einander geschlagen werden. Die festen Sorper endlich können den Schall nicht allein erzeugen, sondern anch fortpflanzen. Wenn man dem einen Ende eines 20 bis 25 Meter langen Balkens das Ohr nähert, fo hört man deutlich, wenn am anderen Ende nur schwach angeklopft wird, wenngleich das Geräusch in der Lnft so schwach ist, dass es selbst der kaum horl, welcher es hervorgebracht hat.

100

Schallwellen. Um die Art und Weise, wie sich die Schallschwingintgen in der Lust fortpflanzen, anschaulich zu machen, wollen wir uns denken, dass die Luft in einer an einem Ende offenen Rohre durch die Oscillationen eines Solbens in Schwingungen verfetzt wird, welcher am anderen Ende angebracht ist. In Fig. 191 ist eine solche Rohre dargestellt; die bei 1 gleichweit von einander stehenden Striche stellen einzelne Schichten der überall gleich dichten Luft dar; p ist der Solben. Dieser Solben soll nun aus der Stellung bei 1 in die bei 11, dann wieder zurück in seine ursprüngliche Lage uud so fort rasch hin- und hergehen, so wird sich dieselbe Bewegung nach und nach auf alle folgendett Luftfchichteu fortpflanzen, fo dass jede in derselben Weife hin nnd her ofeillirl, nur werden die einzelnen Luftfchichteu diese Oscillationen um so später beginnen, je weiter sie vom Solbeu entfernt find. Wenn der Solben sich aus seiner ursprünglichen Lage nach der Rechten bewegt, so würde gleichzeitig ein Theil der Luft aus der Rohre hinausgeschoben werden, wenn die Luft nicht elastisch wäre; weil aber die Lnft elastifch ist, fo

Schallwellen.

185

pflanzt sich die Bewegung nicht momentan fort, und so entsteht vor dem Kolben eine Verdichtung, wie dies bei II angedeutet ist, wo der Kolben seine änsserste Fig- 191. P 3 fl & 12 15 18 2-y 35 11 M 111111 i 11 1111 riii is 12 24 P 3 6

I M

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1

Stellung rechts eben erreicht hat, während die Luftschicht 6 noch in ihrer ursprünglichen Lage ist, alle zwischen dem Kolben und 6 liegenden Luftschichten aber schon nach der Rechten verschoben sind. Weil die Luft zwischen dem Kolben und 6 comprimirl ist, so wirkt sie fortstossend auf die folgenden Luftschichten; es werden der Reihe nach die Theilchen 6, 7, 8, 9 u. s. w. nach der Rechten forlgetrieben, und so schreitet die Verdichtung in der Röhre von Schicht zu Schicht nach der rechten Seite hin sort. Bei II sehen wir, wie das Maximum der Verdichtung zwischen dem Kolben und 6 in der Mitte, also bei 3 ist;, während aber nun die Verdichtung nach der Rechten fortschreitet, geht der Kolben zurück, nnd diese rückgängige Bewegung pflanzt sich der Reihe nach aus die Schichten 1, 2, 3, 4 n. s. w. fort. Während also, von der Stellung II ausgehend, das Dichtigkeitsmaximum nach der Rechten fortschreitet, indem der Reihe nach die Schichten 6, 7, 8, 9 n. s. Ii), nach der Rechten gehen, gehen die Theilchen 1, 2, 3 u. s. w. schon wieder nach der Linken, es muss also durch die rückgängige Bewegung des Kolbens eine Verdünnung entstehen, welche, der Verdichtungswelle folgend, gleichfalls nach der rechten Seite hin fortschreitet. Bei III ist der Moment dargestellt, in welchem der Kolben zum ersten Male einen Hin- nnd Hergang vollendet hat; die Bewegung ist bis zur Lustschicht 12 fortgeschritten, bei 9 ist die grösste Verdichtung, bei 3 die grosste Verdünnung.

Durch jede s folgende Hin - un d Hergehen de s Kolben s wir d abermal s ein e Verdichtungs- un d Verditnnnngswelle erzeugt, welch e der ersten folg t n. s. w . Jede vollständige Welle besteht aus einer Verdichtung und einer Verdunnung; die Verdichtung entspricht dem Wellenberg, die Verdünnung dem Wellenthal. IY entspricht dem Augenblicke, wo der Kolben zum zweiten Male hinnnd hergegangen ist, wo er also zwei vollständige Wellen erzeugt hat.

186

Fortschreitende undstehendeSuftwellen.

Bei Y sind drei auf einander folgende Schallwellen dargestellt, die alle gleichförmig vom Solben aus fortschreiten. An den verdichteten Stelleu bewegen sich die Luftschichten in der Richtung vom Solben weg, an den Verdiutnuugsstellen gegen den Solben zu, wie dies durch die Pfeile angedeutet ist. Die Entfernung zwischen einem Verdichtungsmaximum und dem folgenden, oder zwischen einem Verdünnungsmaximum und dem folgenden ist eine Wellenlänge. Wir haben hier der Einfachheit wegen die Fortpflanzung der Luftwellen in einer Röhre betrachtet; ganz in derselben Weife pflanzen sich aber auch die Wellen in freier Luft von den oscillireuden Sörpern nach allen Seiten hin fort. Sowie fich um die Stelle des Wassers, au welcher der Stein hineingefallen ist, kreisförmige Wellen bilden, so bilden sich um den oscillireuden Sörper kttgelförmige Luftwelleu.

101

Verschiedenheit der Schallempfindungen. Die Eindrücke, welche unser Ohr wahrzunehmen vermag und welche mau mit dem gemeinschaftlichen Ramen des Schalles bezeichnet, sind von sehr mannigfaltiger Art. Znnächst unterscheiden wir zwischen Geräuschen (Zischen, Plätschern, Rasseln u. s. w.) uud musikalischen Slängen oder Tönen. Die Empfindung eines Slattges wird durch regelmässige Oscillationen des tönenden Sörpers, also durch periodische Bewegungen hervorgebracht, während Geräusche von nicht periodischen Bewegungen herrühren. Die verschiedenen Slänge oder Tone unterscheiden sich aber untereinander: 1) durch ihre Tonhohe, 2) durch ihre Stärke, 3) durch ihre Slangfarbe. Die Tonhöhe hängt nur von der Schwingungsdauer des tonenden Sorpers ab, oder was dasselbe ist, von der Schwingungszahl desselben, d. h. von der Anzahl der Oscillationen, welche er in einer gegebenen Zeit, etwa in einer Secuude ausführt. Die Tone find um so hoher, je grösser ihre Schwinguugszahl oder je kleiner ihre Schwingungsdauer ist. Welches die Schwingungszahl der verschiedenen Tone ist uud wie man dieselbe ermitteln kann, wird weiter unten besprachen werden. Die Stärke, die Intensität des Tones hängt von der Amplitude der Schwingungen ab, welche der tönende Sörper macht; je grasser diese Schwingitngen sind, destostärkerist der Ton. Unter Slangfarbe oder Slangcharall er versteht man die Eigenthiunlichkeiteu, durch welche man bei gleicher Tonhöhe und gleicher Stärke den Ton verschiedener Instrumente unterscheiden kann. So hat z. B. der aus dieselbe Rote gespielte Ton einen ganz anderen Charakter, je nachdem er von einer Violine, oder von einer Clarinette, oder von einer Trompete herrührt. Das Wesen der Slangfarbe ist vorzugsweise durch die Untersuchungen von Helmholtz ermittelt worden; wir werden darauf später zurückkommen.

(Sinstuss der Oscillationsdauer auf die Wellenlänge.

187

Einfluss der Oscillationsdauer auf die Wellenlänge. 102 Tie Geschwindigkeit, mit welcher sich die Schallwellen in der Lust fortpflanzen, ist, wie bald bewiesen werden wird, unabhängig von der Tonhöhe, also auch in dem oben betrachteten Falle unabhängig von der Oscillationsdauer des Kolbens p. Rehmen wir nun an, der Kolben p brauche zn einer Oscillation eine doppelt so grosse Zeit als die, auf welchesichFig. 191 bezog, so wird auch, wähFig. 192. 18 54 30 riß 48 42 12

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rend der Kolben einmal hin- nnd hergeht, die Welle doppelt so weit fortschreiten als in jenem Falle. Nach dem ersten Hin- nnd Hergange des Kolbens p wird die Welle bis znr Schicht 24 fortgeschritten sein (Nro. I I Fig. 192) nnd es befindet sich für diesen Moment ein Dichtigkeitsmaximum bei 18, die grosste Verdünnung bei 6. — Rach zweimaligem Hin- nnd Hergange des Kolbens ist damt die Welle bis 48 fortgeschritten, wie man in Ria. I I I Fig. 192 sieht. Man sieht, dass hier (Fig. 192) die Wellenlänge doppelt fo gross ist, als für den in Fig. 191 betrachteten Fall. Wenn man diese Schlussweife verallgemeinert, fo ergiebt sich leicht, dass die Wellenlänge eines Tones, d, h. der Abstand von einem Dichtigkeitsmaximum in der Schallwelle bis zum folgenden, der Schwingungsdauer des Körpers proportional ist, dessen Oscillationen die Schallwellen erzeugen. Bezeichnen wir mit l die Wellenlänge eines Tones, mit t die in Secunden ausgedruckte Dauer einer Oscillation des die Welle erzeugenden tönenden Korpers, so ist demnach X = nt 1) wenn n ein constanter Factor ist. Bezeichnet 0 die Anzahl der Oscillationen, welche der tönende Körper in 1 Secnnde macht, so ist t.z =

1, also t —

£

mithin auch

Tie Wellenlänge eines Tones verhältsichalfo umgekehrt wie die Schwingungszahl derselben, d. h. umgekehrt wie die Anzahl der Vibrationen, welche in 1 Secnnde gemacht werden müssen, unt diesen Ton zn erzengen.

1

188

Fortschreitende und stehende Suftwellen.

Aus Gleichung 2) folgt A.g= n 3) Ta nun l die Wellenlänge, z aber die Anzahl der Wellenlängen bezeichnet, um welche der Schall in 1 Secunde fortschreitet, so ist also n der Weg, welchen er in 1 Secunde zurücklegt,oder mitanderenWorten n ist die Fortpflanzungsgefchwindigkeit des Schalles.

103

Geschwindigkeit des Schalles. Alle Töne, welches auch ihre Höhe oder Tiefe, ihre Intensität und ihr Blang sein mag,.verbreiten sich in der Luft mit gleicher Gefchwindigkeit, denn wenn verschiedene Beobachter in verschiedenen Entfernungen daffelbe Concert anhören, fo hören sie genau denselben Tact, dieselbe Harmonie, was nicht möglich wäre, wenn die höheren Töne gegen die tieferen voraneilten oder zurückblieben. Während das Lichtsichmit einer für irdische Entfernungen kaum messbaren Geschwindigkeit fortpflanzt, braucht der Schall eine namhafte Zeit, um nur kleine Entfernungen zu durchlausen; dadurch erklären sich einige Erscheinungen, welche man oft zu beobachten Gelegenheit hat. Wenn man einen Steinklopfer aus einiger Entfernung beobachtet, fo hört man den Schlag nicht in dem Mo= mente, in welchem man den Hammer aufschlagen sieht, sondern erst, wenn er wieder gehoben wird, was den Eindruck macht, als ob der Schall nicht durch das Ausschlagen des Hammers, sondern durch das Abreissen von dem Steine hervorgebracht würde. Wenn man ein Regiment nach dem Tacte der vorausgetragenen Trommeln marschirensieht,fo beobachtet man eine wellenartige Bewegung, welche fich von den Trommeln aus durch die ganze Reihe fortpflanzt; es erklärt fich dies dadurch, dass nicht alle gleichzeitig auftreten und den neuen Schritt beginnen, weil die Hinteren den Tactfchlag immer später vernehmen als die Vorderen. Tie Gefchwindigkeit des Schalles lässt sich auf eine ganz einfache Weife ermitteln; man beobachtet nur, wie viel Zeit zwifchen der Wahrnehmung des Blitzes und des Bnalles einer in einer bekannten Entfernung vom Beobachter losgebrannten Banone vergeht. Am besten lässtsichnatürlich eine folche Beobachtung des Rachts machen. Sehr genaue Versuche der Art wurden von mehreren Gelehrten im Jahre 1822 bei Paris ausgeführt. Tie Entfernung zwifchen der Banoue und den Beobachtern betrug 9549,6 Toifen (1 Toife = 6 Parif. Fuss); zwifchen der Beobachtung des Blitzes und des Bnalles verging gen 54,6 Secunden, woraus folgt, dasssichder Schall in gewöhnlicher Lnft in einer Secunde um 114,9 Toifen — 1049,4 (in runder Zahl 1050) Fuss = 340,88 Meter fortpflanzt, oder es ist für Luft n =

1050 Fuss = 341 Meter,

wenn n die im vorigen Paragraphen definirte Bedeutung hat. In anderen Medien ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles nicht dieselbe; in Eisen pflanzt er sich 162/3, in Wasser 4V4mal fo schnell fort als in Lnft.

9tefle£ion des Schallen.

189

Von der Reflexion des Schalles und dem Echo. Wen n 104 die Schallwellen an s einem Mitte l i n ei n anderes übergehen, s o erleiden sie immer eine theilweise Reflexion; wenn Fig. 193. sie aber auf ein festes Hinderniss stossen, so werdensiesast vollständig reflectirt. Mag nun die Reflexion partiell oder vollständig sein, so ist doch der Reflexionswinkel stets dem Einfallswinkel gleich. Es sei Fig. 193, die Trennungssläche der beiden Mittel, etwa Luft und Wasser, und eine Schallwelle be-

wege sich in der Richtung f n gegen die Wasserfläche , s o wir d ei n Thei l de r Be -

wegung in das Wasser Übergehen, ein anderer Theil aber wird sich in der Richtung nd fortpflanzen, welche mit dem 'Perpendikel np einen ebenso grossen Winkel macht wie f n , d. h. der Reflexionswinkel dnp ist dem Einfallswinkel fnp gleich. Dass die Schallstrahlen wirklich denselben Reflexionsgesetzen folgen, wie die Lichtstrahlen, ergiebt sich auch durch Versuche mit parabolischen oder sphäri-

scheu Hohlspiegeln. In Fig. 194 seien rs und tu zwei sphärische Hohlspiegel, ftia. 194,

welche in einer Entfernung von 10 bis 20 Fuss von einander so aufgestellt sind, dass die Axen derselben in eine gerade Linie zusammenfallen. Bringt man nun in den Brennpunkt A des einen Hohlspiegels eine Taschenuhr, so hört ein im Brennpunkte B des anderen befindliches O h r deutlich das Ticken derselben,

denn alle von A ausgehenden Schallstrahlen, welche den Hohlspiegel rs treffen, werden parallel mit der Axe reflectirt, wie es iu unserer F i g u r angedeutet ist;

auf den zweiten Spiegel tu treffend, werden sie aber gegen den Brennpunkt B desselben zurückgeworfen nnd also in B wieder vereinigt. Entfernt man das O h r ans dem Brennpunkte B, so verschwindet der Schall, selbst wenn man sich dem 'Punkte A bedeutend nähert. A u s der Reflexion des Schalles erklärt sich auch die Erscheinung des

Echos. Wenn die Schallwellen rechtwinklig aus die reflectirende Fläche treffen, so sendet das Echo deu Ton zu seinem Ausgangspunkte zurück und es kann, je nach der Entfernung der reflectirenden Wand eine kleinere oder grössere Anzahl

190

Fortschreitende undstehendeSuftwellen.

vou Silben deutlich wiederholen. In einer Secuude kann man bequem 3 Silben aussprechen. Wenn nun die reflectirende Wand 170 Meter entfernt ist, fo dauert es gerade eine Secuude bis die erste gerufene Silbe zum Sprecher zurückkehrt, wenn er also drei Silben ausspricht, so wird die erste zurückkehren, wenn eben die dritte ausgesprochen worden ist, das Echo kann also drei Silben deutlich wiederholen; in doppelter, dreifacher u. s. w. Entfernung der Wand; kann man 6, 9 u. s. w. Silben aussprechen, ehe die erste zurückkehrt, man hat alsdann ein sechs-, ein neunsilbiges it. s. w. Echo. Es ist nicht durchaus nöthig, dass die reflectirende Fläche hart und platt sei, denn man beobachtet auf dem Meere oft, dass Wolken ein Echo bilden. Vielfache Echos, d. h. folche, welche dasselbe Wort mehrmals wiederholen, entstehen, wenn mehrere in verschiedenen Entfernungen befindliche Wände den Schall zu seinem Eutstehnngsorte zurückwerfen, oder auch zwischen zwei parallelen Wänden, von denen jede die Schallwellen, welche von der anderen herkommen, auch wieder gegen dieselbe reflcctirl. Durch die Reflexion des Schalles erklären sich auch die Wirkungen des Sprachrohres und des Hörrohres.

105

Stehende Luftwellen. Wenn man eine gewöhnliche Stimmgabel (welche den Ton ä giebt) an ihrem Stiele haltend anschlägt, so töntsieso schwach, dass man sie vor das Ohr halten muss, um den Ton wahrzunehmen. Hält man sie aber über einen Glaschlinder von 1 bis 1V2 Zoll Weite, Fig. 195, welcher so weit mit Wasser gefüllt ist, dass noch eine Höhe von 194mm frei bleibt, fo wird der Ton laut uud deutlich. Diese Verstärkung des Stimmgabeltons verschwindet, wenn man einen Theil des Wassers ausgiesst, so dass die Lustsäule im Cylinder höher wird, oder wenn man noch Wasser eingiesst, so dass die Luftsäule im oberen Theile des Cylinders merklich niedriger wird, als 194mm. Fig. 195.

Fig, 196.

Noch auffallender lässtsichdiese Verstärkung des Tones zeigen, wenn man eine durch Streichen mit dem Fiedelbogen zum Tönen gebrachte Sä feglocke über eine 5 bis 6 Zoll weite, unten geschlossene Röhre von Pappendeckel hält, Fig. 196, welche eine entsprechende Länge hat. Um diese Länge nach Bedürsniss regulirett it zu können, besteht die Röhre aus zwei Thillen, A und Bf von welchen der untere unten geschlossen ist, während die ^ obere, etwas weitere Röhre nach Belieben anf- und abgeschoben werden kann. Diese Verstärkung des Tones rührt daher, dass die Lustsäule in dem Rohre

Stehende Suftwellen.

191

selbst in den Zustand stehender Schwingungen versetzt und dadurch felbsttönend wird. Wenn eine Schallwelle in das offene Ende einer auf der anderen Seite geschlossenen Röhre eintritt, so wird sie alsbald an dem Boden der Röhre teslectirl; die reslectirten Wellen begegnen aber den neu eintretenden, und durch das Zusammenwirken (die Interferenz) beider Welleusysteme werden sich stehende Lustwellen bilden, wenn die Länge der Röhre V4 oder 3A oder 5A von der Wellenlänge des einfallenden Tones ist, wiesichdies aus den weiteren Entwickeluugen dieses Paragraphen ergeben wird. Rehmen wir an, die Länge der in Fig. 197 dargestellten Röhre ad sei 1/4 von der Länge der einfallenden Schallwellen, fo ist der Weg von der Oeffnung zum Fig. 197. s*

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um Boden und dann wieder vom Boden bis zur Oeffnung gerade l / 2 Wellenlänge, die einfallende und die reflectirende Welle, welchesichan der Oeffnung der Röhre begegnen, stehen alfo in ihrem Gange um V3 Wellenlänge von einander ab; mit einem Dichtigkeitsmaximum der einfallenden Welle trifft also hier das Maximum der Verdünnung der reslectirten Welle zufammen, und umgekehrt; an der Oeffnung der Röhre findet also weder Verdichtung noch Verdünnung S t a t t . Betrachten wir aber nun den Bewegungszustand der einzelnen Luftschichten. In dem Augenblick, in welchem gerade das Maximum der Verdichtung in die Oeffnung der Röhre eintritt, tritt das Maximum der Verdünnung aus; in diesem Moment findet auch am Boden der Röhre weder Verdünnung noch Verdichtnng Statt, alle Theilchen sind in ihrer Gleichgewichtslage. Durch die eintretende Verdichtungswelle aber sind alle Theilchen gegen den Boden hingetrieben, durch die reflectirle Verdünnungswelle werden sie nach derselben Seite bewegt,da sich wie durch Rr. I I I in Fig. 192 erläutert wird, die vibrirenden Luftschichten im verdichteten Theile der Welle nach der Richtung bewegen, in welcher der Schallstrahl fortschreitet, in dem verdünnten Theile der Welle aber in einer Richtung, welche der Fortpflanznngsrichtnng des Schallstrahles entgegengesetzt ist. Alle Luftschichten in der Röhre bewegen sich also gleichzeitig aus der Gleichgewichtslage gegen den Boden hin, nnd ebenso, wenn das Maximum der Verdünnung eintritt, die Gleichgewichtslage passirend, gleichzeitig vom Boden weg.

192

Bon der 9?este£ion deä Schalleg und dem Echo.

Es ist dies durch Fig. 197 anschaulich gemacht. Wenn alle Lustschichten in der Röhre gleichzeitig gegen den Boden hin gehen, so muss hier eiue Verdichtung entstehen, wie bei Rr. 1; wenn sie von der Gleichgewichtslage aus von dem Bodensichwegbegeben, fo muss an demselben eine Verdünnungstattfinden,wie bei Rr. III. Unsere Zeichnung ist, um den Hergang sichtbar zu machen, was die Ofcillationsamplitnde angeht, ungeheuer übertrieben, d. h. bei einer Rohre von der Länge, wie sie in unserer Zeichnung dargestellt ist, würde in dem besprochenen Falle die Luftschicht, welche in ihrer Gleichgewichtslage au der Oeffnung der Röhre liegt, lange nicht so weit in die Röhre ein- und austreten, sie würde während ihrer Oscillation nur wenig nach der linken und rechten Seite schwanken. Wäre aber die Oscillationsamplitude nicht so gross genommen worden, so würden in der Zeichnung schwerlich die Unterschiede der Verdichtung und Verdünnnng recht deutlich geworden sein. Es hat sich also hier durch die Interferenz der directen und reflectirlen Wellen eine stehende Luftwelle gebildet, denn alle einzelnen Luftschichten in der Röhre gehen gleichzeitig gegen den Boden hin und gleichzeitig von demselben weg. Die Fig. 198 soll dazu dienen, die durch eine solchestehendeLuftwelle abwechselnd hervorgebrachten Verdünnungen und Verdichtungen anschaulich zu Fig. 198.

machen. Sind die Theilchen in ihrer Oscillation gegen das verschlossene Ende der Röhre hin an den ausseiften Punkten ihrer Bahn angekommen, so findet hier eiue Verdichtung Statt, wie bei Rr. II. Nun beginnen die einzelnen Luftschichtensichvon dem verschlossenen Ende zu entfernen und nach y 2 Undulation haben wir hier eine Verdünnung, wie bei I. Am offenen Ende der Röhre findet in keinem Zeitmomente eine merkliche Verdichtung oder Verdünnung Statt; hier aber bewegen sich die Luftschichten zwischen den weitesten Gränzen hin und her. Die Pfeile in I und II, Fig. 198, deuten an, in welcher Richtung die Theilchen sich zu bewegen beginnen, wenn am Boden eben das Maximum der Verdünnung oder der Verdichtung stattfindet. Würde nun in die Röhre, etwa bei r, ein Loch gemacht, so wurde dadurch die Bildung derstehendenWeUe gestört, wenn nicht ganz verhindert werden.

Stehende Suftwellen.

193

weil im Momente der Verdichtung hier Lnst entweichen, im Momente der Verdiinnuug aber Lnst einströmen würde. TerstörendeCinflnss einer solchen Oeffnnng würde aber an solchen Stellen, welche dent offenen Cnde näher liegen, geringer sein, weil hier die Verdünnung sowohl als die Verdichtung geringer ist. DenselbenstörendenCinflnss, den eine Oeffnnng hervorbringt, würde auch in erhöhtem Grade ein Abschneiden der Röhre an diesen Stellen zur Folge haben. Tie BildungstehenderLuftwellen iit der Rohre ist also an bestimmte Verhältnisse zwischen der Länge der Rohre und der Wellenlänge des einfallenden Tones gebunden; in dem bisher betrachteten Falle war die Länge der Rohre Vi von der Wellenlänge des einfallenden Tones; es können fich aber anch noch bei anderen Verhältnissen zwischen Rohren- nnd WellenlängestehendeLustwellen in der Rohre bilden. Zur Bildung der stehenden Welle in der Rohre ist erforderlich, dass dicht bei dem Boden die Oscillationsamplttnden verschwindend klein werden, dass aber hier abwechselnde Verdünnungen nnd Verdichtungen stattfinden, während am offenen Cnde der Rohre keine merkliche Verdichtung und Verdünnnng stattfindet; an der Oeffnnng der Rohre muss also stets der verdichtete T h e i l der reflectirten Welle mit dem verdünntenTheile der einfallenden Welle zusammenfallen, nnd umgekehrt. Tiefer Bedingung wird dadurch entsprochen, dass die Oeffnnng der Rohre um ein ungerades Vielfaches von V4 Wellenlänge von dem Boden entfernt ist, dass alfo die Länge der Rohre l / 4 , u. f. w. Wellenlängen beträgt. Tie Fig. 199, 1 und II, foll diestehendenLuftwellen anschaulich machen, welche sich in einer gedeckten Rohre bilden, deren Länge % von der Länge der einfallenden Schallwellen beträgt. Fig. 199.

•>• X In I (Fig. 199) sehen wir ein Maximum der Verdichtung bei T, ein Maximum der Verdünnung am Boden der Rohre; alle links von T liegenden Luftschichten beginnen gleichzeitig ihre Bewegung nach der dnrch den Pfeil angedeuteten Richtung, während die rechts von T gelegenen Luftschichten nach der Rechten hin fich zu bewegen beginnen. Rach y 4 Undulation haben die einzelnen Schichten eine solche Stellung erreicht, dass iit der ganzen Rohre die Luft eine gleichförmige Dichtigkeit hat; in der angegebenen Richtung sich fortbewegend, wird abermals nach \k Undulation der iit I I (Fig. 199) dargestellte Zustand eintreten; jetzt ist am Boden die grosste Verdichtung, bei T die größte Verdünnung. filler's ©ruiiDri& Der tUsyfif.

194

Fortschreitende nndstehendeSustwellen.

Von diesem Momente an beginnen die einzelnen Luftschichten wieder von beiden Seiteu her sich gegen T hin zu bewegeu, uud so tritt dann nach y2 Uudulation wieder der Zustand I (Fig. 199) ein. Die Lustschichteu, welche rechts nnd links von T liegen, bewegen sich entweder gleichzeitig vou T weg, oder gleichzeitig nach T hin, während T keine Bewegung hat; die Luftschicht T bildet alfo eiueu Schwingungsknoten. Die Stellen, wo weder Verdünnung noch Verdichtungstattfindet,während die Luftfchichteu gerade hier mit der grössten Amplitude schwingen, also die Stelle der Röhreuöffnuug uud die Mitte zwischeu T und dem Boden hrissen

Bäuche.

106

Offene Röhren. Bisher haben wir nur die BildungstehenderLustwellen in solchen Röhren betrachtet, welche durch einen Boden geschlossen waren, und welche deshalb auch gedeckte Röhren oder gedeckte Pfeifen genannt werden. In gleicher Weise lässt sich aber anch die Lustsaule, welche iu beiderseits offenen Rohren eingeschlossen ist, in den Zustaud stehender Schwingungen versetzen.

Man lege eine gleichfalls aus zwei iu einander schiebbaren Stücken A uud Bf Fig. 200, bestehende 'Pappendeckelröhre, welche bei gleichem Durchmesser gerade doppelt so laug ist, wie diejenige, welche zu dem in Fig. 196 [darFig. 200.

gestellten Versuch gedient hat, welche aber an beiden Seiten osfen ist, ans einen Tisch, so wird man ein bedeutendes Anschwellen des Tones wahrnehmen, sobald man die durch Anstreichen mit dem Fiedelbogen znm Tonen gebrachte Glasglocke Cr (dieselbe, welche zn dem atjf S. 190 beschriebenen Versuch gedient hat) so vor die eiue Mündung des Rohres hält, wie es unsere Fignr andeutet.

Bezeichnen wir mit l die Länge der gedeckten Röhre, welche sür den tiessten Ton der Glocke Gr anspricht, so mnss man also einer beiderseits offene! Röhre die Länge 2 l geben, wenn die in derselben eingeschlossene Luftsäule durch denselben Ton zum Mittönen gebracht werden soll. Die Wellenlänge des tiefsten Tones, für welchen eine beiderseits offene Rohre anspricht ist also doppelt so gross wie die Länge der Rohre. Die Bildung stehender Wellen in beiderseits offenen Rohren erklärt sick folgendermassen: Wenn der verdichtete Theil einer Welle, nachdem er die Röhre ihrer gau Jen Länge nach durchlaufen hat, an der zweiten Oeffnung anstritt, so werde'

Offene Döhren.

195

die comprimirten Lufttheilchen leicht nach allen Seiten hin ausweichen, und dadurch wird eine Verdünnung entstehen, welche nuu, gleichsam an der AustrittsÖffnung der Rohre wieder eintretend, dieselbe in entgegengesetzter Richtung durchläuft wie die ursprünglich einfallenden Schallwellen. In gleicher Weise wird eine ans der Röhre austretende Verdünnungswelle durch das seitliche Zuströmen von Lust in eine rückwärts laufende Verdichtnngswelle verwandelt. Tie rückwärts laufenden Wellen sind freilich weniger intensiv als die ursprüuglicheu. Tiefe, die Röhre rückwärts durchlaufenden Wellen kommen nun mit den neu einfallenden zur Interferenz und so kommen unter entsprechenden UmständenstehendeLuftwellen in der Röhre zu Stande, dereit Bildung sich nach den im vorigen Paragraphen besprochenen Grundsätzen ableiten lässt. Ter tiefste Ton, für welchen die Röhre anspricht, ist derjenige, dessen Wellenlänge doppelt so gross ist als die Länge der Röhre. Für diesen Fall bildet sich ein Schwingnngsknoten in der M i t t e der Rohre, ein Bauch aber an jedem Ende, wie es durch Fig. 201 anschaulich gemacht ist. I stellt den Moment dar, wo in der Mitte der Rohre die grosste Verdichtung stattfindet; Fig. 201 .

während die Luftschicht in der Mitte der Röhre in Ruhe bleibt, beginnt die Luft auf beiden Seiten sich von der Mitte zn entfernen, wie dies durch die Pfeile angedeutet ist; nach l U Undulation kommen alle Luftfchichten in ihrer Gleichgewichtslage an und in diesem Moment ist die Dichtigkeit der Lnft in der ganzeit Röhre dieselbe; ans diesem Zustande geht dann aber die Luft während der nächsten Vierlel-Undnlation in den Rr. I I dargestellten Znstand über, wo in der Mitte der Röhre die grösste Verdünnung stattfindet. — Run beginnen die einzelnen Luftfchichten wieder von beiden Seiten her fich gegen die Mitte hin zu bewegen u. f. w. Für den nächst höheren Ton, welcher die Luftsäule in der offenen Röhre in den ZustandstehenderSchwingungen versetzt, bildet sich eilt Bauch in der Mitte, finoten aber bilden sich in den Punkten 8 und T, Fig. 202, welche 8ig. 202. &

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216

Fortschreitende undstehendeSuftwellen. um y 4 der Röhrenlänge von den Enden abstehen. Wenn in T ein Maximun der Verdichtung stattfindet wie in Rr. I, so findet in S Verdünnung Statt, und umgekehrt, wie in Rr. 11. Für den zuletzt besprochenen Fall ist die Wellenlänge des Tones der Läng der Röhre gleich; die Oscillationsdauer dieses Tones ist halb so gross als dr des Grundtones der Röhre.

107

Orgelpfeifen. Um die Lust in einer Röhre instehendeSchwingun gen zu versetzen, um sie also zum Selbsttönen zu bringen, ist nicht gerade nöthic einen tönenden Körper vor die Oesfnung zu bringen, wie dies ja die Orgel pfeifen zeigen. Hier ist es ein am offenen Ende der Röhre vorbeiströmender a: ihren Räudernsichbrechender Luftstrom, welcher durch seine Stösse Wellen er zeugt, die, an dem Boden reflectirt, mit den neu einfallenden irtterseriren, s dasssichregelmässigestehendeSchwingungen bilden, wodurch dann die Luft i: der Röhre selbsttöneud wird. Die einfachste Art, die Lust in einer kleineren Röhre zum Tönen zu brit: gen, ist die, dass man sie in verltcaler Richtung vor den Mund hält, das ge schlossenc Ende nach unten gekehrt, während das offene Ende an die unter Lippe gehalten wird, und dann schräg gegen den Rand der Röhre bläst. Die Töne sind natürlich um so höher, je kürzer die 'Pfeife ist. Die zweckmässige Methode die Lust in Rohren in den Zustand stehende Schwingungen zu versetzen ist diejenige, welche man bei Orgelpseifen in Ar weuduitg gebracht hat. Die Einrichtung derselben ist aus Fig. 203 und 20 zu ersehen. Man unterscheidet an ihnen den Fuss, den Mund und die Röhr welche entweder offen oder gedeckt sein kann. In Figur 204, welche eine Zinupfeife darstellt, ist der Fuss mit F F , d Röhre mit BB bezeichnet. Die Röhre hat an ihrem unteren Ende vorn eh Oeffnung ab, welche der Mund genannt wird; Fuss und Röhre sind dur eiue dünne Zinuplatte getrennt; zwischen der vorderen Kante dieser sPlatt welche den Boden der Schallröhre bildet, und der vorderen Wand des Fusst bleibt eine schmale Spalte, durch welche die unten in den Fuss eingeblasene Li austritt und,sichau der oberen Kaute des Mundes brechend, die Luftsäule der Röhre B B instehendeSchwingungen versetzt. Die Einrichtung der hölzernen Orgelpseifen ist aus dem Durchschni: Fig. 203 zu ersehen. Die in den Fuss eingeblasene Luft dringt aus dem B' hälter K durch einen schmalen Spalt cd hervor, und bricht sich an der obere Kante ab des Mundes, von welchem unsere Figur nur die linke Hälfte abc seigtEine und dieselbe Pfeife kann mehrere Töne geben. Der tiefste Ton, we chen eine Röhre geben kann, ist der Gruudton derselben; die höheren Tör welche sie in der Regel nur bei verstärktem Winde giebt, werden als Obe töne bezeichnet. Bezeichnen wir mit l die Länge einer gedeckten Pfeife, so ist die Welle: länge ihres Gruudtoues 4 / ; die Wellenlänge ihrer Obertöne sind aber

Orgelpfeifen. Fig- 20-1.

197

V71 u. s, w., also 3utal, 5ntal, 7ntal u. s, w. kurzer als die Wellen länge des Grundtoucs. Wenn l die Länge einer offenen pfeife bezeichnet, so ist die Wellenlänge ihres Grundtones 2 l, die Wellenlängen ihrer Obertönc aber sind lf S /.3 h 2U l u. f- w- Tie Wellenlängen der Obertone einer offenen pfeife find also 2mal, 3mal, 4mal u. s. w. kürzer als die ihres Grundtoucs. Berhältnissmässig weite Röhren geben nur den Grundtou, welcher in engeren Röhren bei stärkerem Winde (beim Uebcrblasen) in die nächsteix Obcrlöue überspringt. Sehr enge und lange Rohreu, wie fie freilich unter den Orgelpfeifen nicht vorkommen, geben den der Röhrenlänge entsprechenden Grundtou gar nicht, sondern lassen schon bei schwachem Winde die Obcrlöue hören.

Die musikalischen Töne. 108

Nachdem wir nun ein Mittel kennen gelernt haben, reine Töne hervorznbringen, nämlich durch Orgelpfeifen,. nachdem wir gesehen haben, wie die Höhe und Tiefe dieser Töne von der Länge der pfeifen abhängt, und dass man also durch Verlängerung und Verkürzung der Rohren die pfeifen beliebig stimmen ' kann, wollen wir nun die Tonreihe uäher betrachten, welche in der Musik zur Anwendung kommt. Gehen wir von dem Tone aus, den eine 4 Fuss lange gedeckte pfeife als ©rundton giebt; es ist dies ein Ton, welcher in der Musik mit G bezeichnet wird.

I i'1 i.'j

Fragen wir nach denjenigen Tonen, die mit G harmonisch find, d, h. nach denjenigen, welche mit G zusammen eilten angenehmen Eindruck auf das Ohr hervorbringen, so finden wir, baß es

198

Fortschreitende und stehende Suftwellen.

solche sind, deren Oscillationsgeschwiitdigkeit iu einem einfachen Verhältniss zu 2 der von G steht; es sind dies diejenigen Töne, deren Wellenlänge 4, 3/4, 4 5 A, /ß vou der des Tones 0 beträgt, die also durch solche 'Pseisen hervorgebracht werden, deren Länge V2, 2/s, 3A, 4A, 5/6 von der Länge der 'Pfeife G ist. Da die Ofcillationsdauer der Wellenlänge proportional ist, dasichalso die Zahl der Schwingungen, welche ein Ton in einer Secuude macht, umgekehrt verhält wie seine Wellenlänge, so macht also der erste der erwähnten Töne zwei Schwingungen, während G eine macht; dieser Ton heisst die Octav von C und er wird mit c bezeichnet. Der Ton, dessen Wellenlänge 2/3 von der des Tones G beträgt, macht drei Oscillationen, während G deren zwei macht; dieser Ton ist die Q u i n t von G und wird mit G bezeichnet. Der Ton, dessen Wellenlänge % von der des Tones G ist, macht vier Schwingungen, während G dereit drei macht, er wird die Q u a r t von C genaunt und mit F bezeichnet. Der Ton, dessen Wellenlänge 4/5 vou der des Tones C ist, macht fünf Schwingungen, während G deren vier macht, es ist die grosse Terz von G und wird mit E bezeichnet. Der zuletzt erwähnte Ton, dessen Wellenlänge % mal so gross ist, als die von Gf macht sechs Schwingungen, während G deren situs vollendet; es ist dies die kleine Terz von G, sie wird mit Es bezeichnet. Ebenso wie G seine Octav, Quint, Quart, grosse und kleine Terz hat, so giebt es auch eine Octav, Quint, Quart, grosse und kleine Terz vou c. Der Grundton G mit seiner grossen Terz Ef seiner Quint G uud seiner Octav c bilden den Cdur-Accord. Rack) den eben angegebenen Verhältnissen machen gleichzeitig G E F G c 4 1 % /3 % 2 Schwingungen. Um die Reihe der Töne gehörig zu vervollständigen, müssen nun aber Er F und G ebenso ihre Accordc, also ihre Terz uud Quint haben wie G. Die Quint von G ist ein Ton, welcher z/2 mal so viel Schwingungen macht als G; aus 1 Schwingung von G kommen also % . 3/2 — % Schwingungen desfraglichenTones, den wir mit d bezeichnen wollen. Die nächst tiesere Octav von d, welche mit D bezeichnet wird, macht also % Schwingungen, während G eine vollendet. Die grosse Terz von G, die man mit H bezeichnet, macht 5/4mal so viel Schwingungen als G, also 3 / 2 . 5 / 4 = ^ m a l so viel Schwingungen als G. Die Schwingungszahl der Quint von F ist 4 / 3 . s/2 = 2, die Octav von G ist also zugleich die Quint von F. Die Schwingungszahl der grossen Terz von Ff eines Tones, den man mit A bezeichnet, ist % . 5/4 = 5/3mal so gross als die Schwingungszahl von G. So haben wir denn eine Reihe von Tönen, welche den Namen der diatonischen Tonleiter führt. Es machen gleichzeitig

Tie musikalischen %ow. 0

17

D

s5

E

A

F

G

A

%3

A5

A

15

199

H

c...g

/s 2

3 Schwingungen.

.Z) ist die Second, A ist die Sext, H ist die Septime uud g (die Quint der Octav) ist die Tuodecime des Grnndtones C. Auf 1 Schwingung von C kommen 3 Schwingungen feiner Tnodecime. Tie Differenzen zwifchen je zwei auf einander folgenden Tönen dieser Reihe sind nicht gleich. In der folgenden Reihe giebt der zwischen zwei Bnchstaben etwas tiefer gefetzte Bruch an, wie vielmal grösser die Schwiugungszahl eines Tones ist als die des nächst vorhergehenden: C B E F G A H c; 9 19 10 16 /8 /0 16/l5 V8 /0 Vs /l5 In gleichen Zeiten macht alfo D 9/smal fo viel Schwingungen als C, E 10Amal so viel als B, F 1 Vi5mal so viel als E u. s. w. Das Intervall von 0 zu D, von D zu E, von F zu G, von G zu A von A zn H heisst ein ganzer Tom Man unterscheidet aber grosse ganze Töne, wenn das Intervall 9/8, und kleine, wenn es beträgt. Tie Intervalle zwischen E nnd F, zwischen H nnd c sind nahe halb so gross wie die übrigen, sie werden deshalb halbe Töne genannt. Wenn.man, von irgend einem der anderen Töne ausgehend, in derselben Ordnung von Intervallen fortschreitet, so erhält man anf diese Weise die ver= schiedenen Tnr-Tonleiterm; um aber ein Fortschreiten in derselben Ordnung von Intervallen von jedem Tone ans möglich zu machen, müssen noch zwischen ö und D, D uud Ef F und Gf G nnd At A nnd H halbe Töne eingeschaltet werden, die mit cisf diSf fis u. s. w. bezeichnet werden. Eine nach lauter halben Tönen fortschreitende Tonleiter wird eine chromatische genannt. Bei den Tur-Tonarlen geht man vom Grundtone zur grossen Terz, und dann, um eine kleine Terz fortschreitend, zur Quint über, bei den Moll-Tonarten hingegen ist der Accord durch den Grundton, die kleine Terz und die Quint gebildet. Eine nähere Besprechung der Tonarten nnd Tonleitern gehört mehr in die Theorie der Musik als hierher. Wenn der Grundton 1 Schwingung in einer bestimmten Zeit macht, so muss seine grosse Terz in derselben Zeit V*, die grosse Terz dieses 2ten Tones 5 A . 5A oder 2 Vi 6 lmd die TerS dieses 3ten Tones endlich 5/4. hU . 5/4 oder 125 / 6i Schwingungen machen. Ter letztere Ton stimmt nun nicht genau mit der Octav des Grundtones überein, welcher l28/64 Schwingungen entsprechen; wenn man also in reinen Terzen fortschreitet, so kommt man nicht zn der retnen Octav, und will man die Reinheit der Octaven erhalten, so muss man von der vollkommenen Reinheit der Terzen abstrahiren. Aehnliches ergiebtsichbeim Fortschreiten nach reinen Quintett. Man ist deshalb, um die Reinheit der Octaven zu erhalten, genöthigt, in der Musik die Töne etwas höher oder tiefer zn stimmen, als es die reinen Terzen oder Quinten verlangen; man muss, wie die Musiker sagen, den Ton etwas oberhalb oder unterhalb schweben lassen. Tiese Ausgleichung nennt man die Temperatur. Bei der gleichschwebenden

200

Fortschreitende undstehendeSuftwellen.

Temperatur werden die Intervalle der 12 halben Töne einer Octav einander gleich, also = y/ 2 gemacht. Wenn unser Ohr empfindlicher ware, so wurde es durch die erwähnte Unreinheit der Terzen und Ouinten unangenehm afficirl werden, es würde kaum ein musikalischer Genuss möglich sein. Rach den Bezeichnungen, welche wir in diesem Paragraphen kennen gelernt haben, können wir nun auch die verschiedenen Töne benennen, welche eine und dieselbe Röhre giebt. Die Obertöne einer gedeckten ^Pfeife sind diejenigen, deren Schwingungszahl ein ungerades Vielfaches von der Schwingungszahl des Grundtones, also 3mal, 5mal u. st w. grösser ist; also die O n i n t der Octav, welche anch die Dnodecime genannt wird, die grosse Terz der zweiten O c t a v n. st w.

In die Reihe der Oberlöne einer offenen pfeife gehören aber alle Töne,

deren Schwingungszahl ein ganzes Vielfaches von der Schwingnngszahl des Grnndtones ist, also die Töne, deren Schwingungszahl 2mal, 3mal, 4mal, 5mal, 6mal u. st w. grösser ist, also die Octav des Grundtones, die Ouint der Octav, die zweite Octav, die grosse Terz der zweiten Octav, die Ouint der zweiten Octav u. st w.

109

Schwingungszahl der musikalischen Töne.

Aus Glei-

chuug 2) Seite 187 ergiebt sich

n wir finden also die Schwingungszahl eines Tones, wenn wir feine Fortpflanzungsgeschwindigkeit durch seine Wellenlänge (in demselben Mittel) dividiren. Für Luft ist, wie wir in §. 103 gesehen haben, n = 1050, wir haben also 1050 Die Wellenlänge eines Tones in der Luft ist aber nach §. 105 gleich der 4fachen Länge der gedeckten pfeife, welche ihn (als ihren Grundton) giebt. Der tiefste Ton, welcher in der Musik zur Anwendung kommt, ist der Grundton einer gedeckten 16,4 Fuss langen Orgelpfeife. Für diesen Ton ist alfo l — 65,6 Fuss, also seine Schwingungszahl

3m Ganzen umfasst die Musik 9 Octaven. Der erwähnte tiefste Ton einer 16füssigen gedeckten Pfeife wird mit ü oder bequemer mit C_3 bezeichnet. Da dieser Ton nun 16 Schwingungen in der Secunde macht, fo ist Folgendes die Schwingungszahl der auf einander folgenden Octaven dieses Tones:

201

Schwingungözahl ber musikalischen Töne. Das Das Das Das Das Das

Subcontra G . Sontra G grosse G kleine G eingestrichene G zweigestrichene G u. f. w.

CU 2 CL-1 c0 . Ol . C-2 .

16 32 64

128 256 512

Es ist hier die Bezeichnung cx, c2 u. f. w. statt der sonst gebräuchlichen c, c u. s. w. gesetzt, welche für höhere Octaven wegen der vielen horizontal über einander zu fetzenden Striche unbequem wird. Mit unseren Roten werden die Töne solgenderiuassen bezeichnet: 01 C?

Das sogenannte Stimmgabel -a ist das ci der eingestrichenen Octave, also stern aber wird die Stimmung der Instrumente höher getrieben und zwar so, dass malt für das Stimmgabel-a eilten Ton von 430, 440, ja sogar von 744 Schwingungen in der Secunde nimmt.

Z w e i t es C a p i t e l .

Gefetze der Schwingungen und Töne fester Körper.

Gespannte Saiten. Wenn eine gespannte Saite auf irgend eine Weise, sei es durch Anschlag, durch Zupfen oder durch Streichen mit dem Fiedelbogen aus ihrer Gleichgewichtslage gebracht wird, so geräth sie in den Zustand stehender Schwingungen. Der einfachste Fall ist der, daß die Saite der ganzen Länge nach schwingt, wie es Fig. 205 dargestellt ist. Alle Theilchen befinden Fig. 205.

sich gleichzeitig auf der einen und dann wieder aus der anderen Seite der Gleichgewichtslage, sie erreichen gleichzeitig das Maximum der Entfernung von der Gleichgewichtslage auf der einen Seite, sie passiren dann gleichzeitig die Gleichgewichtslage, um danach gleichzeitig an der Gränze ihrer Bahnen ans der anderen Seite anzukommen. Dieser Schwingungszustand einer gespannten Saite wird unter anderen hervorgebracht, wenn mansienahe an einem ihrer Endpunkte mit einem Fiedelbogen streicht; die Saite giebt alsdann ihren Grundton. Während alle Theilchen einer gespannten Saite, welche im Zustand stehender Schwingungen sich befindet, ihre Oscillationen vollkommen gleichzeitig ansführen, ist die Amplitude dieser Oscillationen für verschiedene Theilchensehrungleich. Für den eben betrachteten Fall ist die Schwingungsamplitude am grössten für die Mitte der Saite. Diejenigen Stellen gespannter Saiten, für welche die Oscillationsamplitude am grössten ist, (ddf Fig. 205),werden Bäuche genannt.

Slangfiguren.

203

Die Obertöne der gespannten Saite entstehen, wennsiesichin mehrere sür sich oscillireude Abheilungen theilt, welche durch ruhende Stellen, durch Schwingungsknoten von einander getrennt sind. Solche Schwingungsknoten lassensichan gespannten Saiten unter anderen dadurch hervorbringen, dass man an geeigneter Stelle einen Steg anbringt. Setzt man z. B V wie dies Fig. 206 erläutert, den Steg so, dass durch ihn die ganze Saitenlänge in zwei Theile ge-

Fig. 206.

theilt wird, welchesichverhalten wie 1 zu 2, dass also das kleinere Stück V3, das grössere % der ganzen Saitenlänge beträgt, so entsteht, wenn man das kleinere Stück mit dem Fiedelbogen streicht, in der Mitte des längeren Saitenstiicks bei n ein Schwingungsknoten, währendsichein Banch bei vf ein zweiter bei v* bildet. Der Knoten lässtsichdadurch nachweisen, dass man an verschiedenen Stellen der Saite leichte Papierreiterchen aussetzt, welche überall sonst abgeworfen werden, während sie ans den Knotenpunktensitzenbleiben. Wenn man den Steg so setzt, dass durch ihn die Saite in zwei Theile getheilt wird, von denen der kleinere y 4 von der ganzen Länge der Saite ist, so bilden sich, wenn man diesen kleineren Theil mit dem Fiedelbogen anstreicht, int grösseren zwei Knoten nnd drei Bänche K.

Klangfiguren. In Platten, Glocken :c. lassensichebenfallsstehende111 Schwingungen hervorbringen. Um Platten vibrirett zu macheu, kann man die Fig. 207 .

204 ©esele der Schwingungen und Tone fester Sorper. Zange, Fig. 207 (a. v. S.), anwenden, welche an einen Tisch angeschraubt wird. Tie "Platte wird zwischen den kleinen Begel a und die Schraube b gebracht, welche beide mit einem Stückchen Bork oder Leder endigen. Wenn die Platte gehörig festgefchranbt ist, kann man die Vibrationen durch Anstreichen mit dem Fiedelbogen hervorbringen. Man kann anf diefe Weise Platten von Holz, Glas, Metall it. f. w. in Schwingungen versetzen,siemögen nun dreieckig, viereckig, rund, elliptifch n. f. w. sein. Tie vibrirenden Platten erzengen ebenso wie die vibrlrenden Saiten Töne, welche bald höher, bald tiefer sind. Man beobachtet ferner, dass sich die Platte für jeden dieser Töne in mehrere für sich fchwingende Flächenstücke theilt, welche durch Ruhelinien oder Bnotenlinien getrennt sind. Int Allgenteineu wird die Ausdehnung der schwingenden Theile um so kleiner, die Bnotcnlinien werden also um so zahlreicher, je höher der T o n wird.

Um die Existenz dieser Bnotenlinien nachzuweisen,streutman anf die obere

Fläche de r Tafe l seinen trockenen S a n d , welche r währen d de s Tönen s i n di e

Höhe hüpft und niederfällt und sich endlich an den Bnotenlinien anhänft. Auf diefe Weise entstehen die sogenannten B l a n g f i g u r e n, deren Erfinder C h l a d n i ist. Mit derselben "Platte lassensich,wie schon bemerkt, eine Menge verschiedener Figuren erzengen, je nachdem man an verschiedenen Stellen des Randes mit dem Fiedelbogen streicht, während manandereStellen des Randes mit dem Finger berührt. Fig. 208 bis Fig. 211 zeigen einige Blangfignren quadratic ftig. 209. «ig. 208.

scher, in ihrer Mitte eingeklemmter Scheibelt. Fig. 208 wird erhalten, wenn man den Finger in der Mitte einer Seite bei a anhält, und au einem Eck bei

Töne gespannter Saiten.

205

b mit dem Fiedelbogen streicht. Streicht man dagegen in der Mitte einer Seite b, Fig. 209, während man das Eck bei a mit einem Finger berührt, so erhält man ein durch die beiden Diagonalen der-'Platte gebildetes Kreuz. Die Figuren 210 und 211 erhält man, wenn man an der mit b bezeichneten Stelle streicht und an die beiden mit a bezeichneten ^Punkte einen Finger anhält. Gerade so wie ebene blatten, so theilen sich auch Glocken beim Tönen in einzelne vibrirende, durch Knotenlinien getrennte Abtheilungen.

Töne gespannter Saiten. Die wichtigsten Gesetze der Schwin- 112 gungen gespannter Saiten sind folgende: 1) Die Schwingungszahl einer Saite verhält sich umgekehrt wie ihre Länge, d. h. wenn eine Saite, die auf irgend ein Instrument, wie eine Violine, eine Guitarre u. s. w., aufgespannt ist, in einer gegebenen Zeit eine bestimmte Anzahl von Schwingungen macht, so macht sie in derselben Zeit 2-, 3-, 4mal u. st w. so viel Schwingungen, wenn man bei unveränderter Spannung nur V2, V3, 1 /i u. f. w. der ganzen Länge schwingen lässt. 2) Die Zahl der Schwingungen einer Saite ist der Ouadratwurzel aus den spannenden Gewichten proportional, d. h. wenn das Gewicht, welches die Saite spannt, 4*, 9-, 16mal so gross gemacht wird, während die Länge unverändert bleibt, so wird die Geschwindigkeit der Schwingirngen 2-, 3-, 4mal so gross. 3) Die Schwingungszahlen verschiedener Saiten desselben Stoffes verhalten sich umgekehrt wie ihre Dicke. Wenn man z. B. zwei Stahlsaiten von gleicher Länge nimmt, deren Durchmesser sich wie 1 zu 2 verhalten, so wird die dünnere bei gleicher Spannung in derselben Zeit doppelt so viel Schwingungen inachen als die dickere. Für Darmsaiten ist dieses Gesetz wohl nicht immer genau wahr, weil das Material derselben nicht immer hinlänglich gleich ist. Bezeichnet man mit z die Schwingungszahl einer Saite (d. h. die Anzahl der Schwingungen, welche sie in einer Secunde macht), so ist demnach 2

UdVs' = wenn A ein constauter Factor, l die Länge, d der Durchmesser und s die Spanuung der Saite bezeichnet. Der Factor A ändertsichmit der Substanz. Um die wichtigsten Gesetze der Oscillationen der gespannten Saiten und ihrer Töne durch den Versuch nachzuweisen, bedient man sich eines Instrumentes, welches reine Töne giebt und welches erlaubt, die Länge der Saiten mit Genauigkeit zu messen. Dieses Instrument heisst Monochord, obgleich es in der Regel mit mehr als einer Saite versehen ist. Fig 212 (a. s.S.)stellt ein solches Monochord mit zwei Saiten dar. Die beiden Saiten sind über einen Kasten ausgespannt, der aus vier starken Scitenbrcttern besteht, auf welche oben ein Resonanzboden, d. h. ein ganz dünnes Brett von Tannenholz, geleimt ist, dessen Bedeutung später erläutert werden wird. Die beiden Stege a und b begränzen den frei schwingenden Theil

206

Schwingungen nnd Tone fester

der Saiten.

Die eine derselben wird durch die Gewichte P gespannt, die an-

dere dagegen durch den Stimmstock s. Fig. 212 .

Betrachten wi r zuers t de n Znsammenhang , welche r zwische n de r Spannun g der S a i t e und der Tonhöhe besteht.

Wenn die Saite durch ein Gewicht P = 1000 (etwa 1000 Gramm) gespannt einen bestimmten Ton giebt, den wir mit c bezeichnen wollen, so muss man das Gewicht 1562,5 anhängen, um die grosse Terz, „ 2250 „ „ „ Ouint, „ 4000 „ „ „ Octav von c zu erhalten. Run verhaltensichaber die Zahleu 1000 : 1562,5:5250: 4000 9 5 3 25 zu eiuauder wie 1 : ^ : -— : 4, oder wie die Quadrate vou 1 : - : - : 2, wodurch der Satz uuter Nr. 2 bewieseu ist. Um das Gesetz uuter Nr. 1 experimentell zu bestätige«, ist es bequemer, die zweite Saite anzuwenden. Man kanu dieselbe eutweder ihrer gauzen Länge nach oder nur eiueu Theil ihrer Länge schwingen lassen, indem man den bewegFig. 213. lichen Steg, Fig- 213, uuter eine bestimmte Stelle der Saite hinschiebt und dnrch Ausdrücken des Deckels pp ein entsprechendes Stück der Saite abgranzt. Von dem Grundton, welchen die Saite giebt, wenn man sie ihrer ganze Länge nach schwingen lässt, erhält nff ||i man: die grosse Terz, wenn der frei fchwingende Theil 4/r)f die Quint, „ „ „ „ „ die Octav, „ „ „ „ „ y2 der ganzen Saitenlänge beträgt.

Gesetze der Vibrationen von Streifen und Stäben.

Unter elastischen Stäben verstehen wir starre Sörper von solcher Form, dass ihre

©esele der Vibrationen von Streifen und Stäben.

207

Länge bedeutend vorherrscht gegen ihre Breite und Ticke, welche aber doch noch breit und dick genug sind, um auch ohne Spannung zu vibriren und zu tönen. Tie Schwingungsweife und die Töne elastischer Stäbe hängen wesentlich davon ab, auf welche Weise sie befestigt sind. Seiner ganzen Länge nach, ohne Schwingungsknoten kann eilt elastischer Stab schwingen, wenn er am einen Cnde befestigt, am anderen frei ist. Tiefe Schwingungsweise erläutert am einfrühsten ein Stahlstreifen (etwa ein Stück eines Sägeblattes), welcher in der Weise in einen Schraubstock eingeklemmt ist, wie Fig. 214 zeigt. Tiefer Art find auch die Schwingungen, welche jeder der beiden Schenkel einer tönenden Stimmgabel macht. Legt man einen Stahlstab, wie Fig. 215 zeigt, über zwei gespannte Schnüre, fo giebt er, mit einem hölzernen Hammerchen angeschlagen, einen vollen Ton; dabei theilt fich der Stab fo in vibrirende Abtheilungen, wie Fig. 216 andeutet. Jeder der beiden Schwingungsknoten ist um 1/5 der ganzen Stabgig. 215. Fig. 214. v

a. 216.

länge von dem einen Stabende entfernt Tie Lage dieser Schwingungsknoten kann man durch Sand zeigen, welchen man aitf den Stahlstab streut. Rach diesem principe ist auch die bekannte Glasharmonika construut Für Stäbe, welche in gleicher Weise vibriren, ist die Schwinguugszahl dem Ouadrate der Stablänge umgekehrt und der Ticke (in der Richtung der Vibrationen) direct proportional, während die Breite des Stabes für die Tonhöhe ohne Cinflnss ist. Für die Schwingungszahl elastifcher Stäbe und blatten haben wir alfo die Gleichung

wenn e die Ticke und l die Länge des Stabes oder der blatte bezeichnet, wahrend C ein constanter Factor ist, welcher für verschiedene Substanzen verschiedene Werlhc hat und welcher ausserdem davon abhängt, wie der vibrirende Körper

208 ©esele der Schwingungen und Tone fester Sorper. durch Schwingungsknoten abgetheilt ist, ob er also seinen Grundton oder einen seiner Obertone giebt.

114

Long,itudinalscI1wing,ungen der Balten und Stäbe. Wir haben bisher nur die Duerschwingnugen der Saiten und Stäbe betrachtet; dieselben können aber auch ihrer Länge nach schwingen, ganz ähnlich wie die in einer Röhre eingeschlossene Luftfäule. Solche Längenschwingungen kann mau dadurch erzielen, dass man eine gespannte Saite unter sehr spitzem Winkel mit einem Fiedelbogenstreichtoder eine Glasröhre mit nassen Fingern oder einem nassen Tuche der Länge nach reibt. Hält man z. B. eine Glasröhre von etwa 2 Meter Länge, welche einen Durchmesser von 2 bis 2 l j 2 Eentimeter hat, in der Mitte mit der linken Hand fest, während man die eine Hälfte derselben mit einem in der rechten Hand gehaltenen nassen Tuche reibt, so wird man einen Ton hören, den man mit einiger Geschicklichkeit leicht rein und voll erhalten kann. Die Schwingungen, welche man auf diese Weise erzeugt, sind offenbar Longitudinalschwingungen. Durch schnelleres Reiben und stärkeren Druck kann man ausser dem Grundton des Stabes auch noch höhere Töne erzeugen. Man erhält dieselben Resultate mit langen cylindnschen und prismatischen vollen Glasstäbchen, mit. Röhren und Stäben von Holz und Metall; bei den letzteren wendet man aber statt des nassen Tuches ein mit Harz bestreutes Tuch an. Zur Hervorbringung von Longitudinalschwingungen hölzerner Stäbe kann man den Apparat Fig. 217 anwenden. In einem Holzflotz von entsprechender Grösse sind mehrere Holzstäbchen von 1 bis 2 Linien Fig. 217. Dicke eingeleimt. Streicht man diese Stäbchen von oben nach unten fahrend zwischen zwei Fingern, mit denen man vorher etwas Eolophonium gerieben hat, so entstehen reine volle Töne. Gesetzt, die Länge der Stäbchen verhielte sich wie 30 : 24 : 20 : 15, so geben sie den Grundton, seine grosse Terz, seine Ouint und seine Octav. Die Schwinguitgszahlen zweier Stäbe desselben Materials verhalten sich also wie ihre Längen. Stäbe, welche in der Mitte festgehalten, an beiden Enden aber frei find, verhaltensichwie offene, Stäbe dagegen, welche an einem Ende befestigt sind, wie die in Fig. 217, verhalten sich wie gedeckte pfeifen. Der tiefste Longitudinalton, welchen eilt Stab von Tannenholz giebt, wenn er auf die in Fig. 217 dargestellte Weise befestigt ist, ist derselbe wie der Grundton einer 16 mal kürzeren gedeckten Pfeife. Es folgt ! daraus, dass die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in Tannenholz 16 mal so gross ist, als in Luft In gleicher Weise lässt sich auch die Fotlpflanzungs-

i

il'

3ungenpfeifm.

209

gefchwindigkeit des Schalles in anderen festen Borpern ermitteln. Man hat nur die Länge eines Stabes, welcher longitudinal fchwingend einen bestimmten Ton giebt, zu vergleichen mit der Länge einer gedeckten "Pfeife von gleicher Tonhöhe.

Zungenpfeifen. Wenn ein Luftstrom aus einer Oeffnung hervor- 115 dringt, welche durch die Vibrationen eines elastischen Börpers in regelmässigen Intervallen geschlossen und wieder geöffnet wird, fo entsteht ein unter günstigen Umständen voller und reiner Ton. Bei jedem Freiwerden der Oeffnung nämlich entsteht ein Lnftstoss, welcher eine Verdichtungswelle erzeugt. Solche Instrumente nun, durch welche nach diesem Prlncip Töne erzeugt werden, nennt man Zungenwerke. Die einfachste Form der Zungen wird durch Fig. 218 erläutert. In der Mitte einer Meffingplatte aa, welche in Fig. 218 A perspcctivifch, in Fig. 218 B aber im Durchfchnitt dargestellt ist, befindet fich eine rectanguläre OefsFig. 218.

nung bbf welche durch ein elastifches Metallblättchen zz bedeckt wird. In ihrer Ruhelage fowohl wie in der Lage zz 2f Fig. 218 B, wird die Oeffnung durch die Zunge geschlossen, während sie srei ist, wenn die Zunge in der Lage zzx ist. Wenn nun die Messingplatte a a die untere Gränzfiäche eines geschlossenen Raumes bildet, in welchem durch Einblasen die Luft verdichtet wird, fo übt die verdichtete Luft eiuen Druck auf die Zunge aus, durch welchen die Vibrationen derselben eingeleitet werden; fo oft aber die ofcillirende Zunge in die Sage zzx kommt, dringt in der Richtung des Pfeils ein Lnftstoss durch die frei gewordene Oeffnung hervor, und fo entsteht ein Ton, welcher von der Schwingungsdauer der federnden Zunge abhängt. Zuugen der eben befchriebenen Art find es, welche die Tone der Mundharmonika, der Blasbalgharmonika und der Physharmonika geben. Hierher gehören auch die Zungenwerke unserer Orgeln, deren Einrichtung durch Fig. 219 u. Fig. 220 (a.fiS.) erläutert wird. In dem durchbohrten hölzernen Stopfen s, Fig. 220, ist unten eine Rinne r von Messingblech befestigt, deren Ouerschuitt uugefähr einen Halbkreis bildet, itnd welche den Ramen Eanile führt. Oben ist diese Rinne offen, unten ist sie geschloffen und ihre seitliche Oeffnung wird durch die elastifche Platte l bedeckt, welche bei ihren Vibrationen auf die Ränder der Rinne auffchlagend dieselbe vollständig verschliesst und dann wieder zurückschwingend einen Lnftstrom in die Canile eintreten lässt. Mller'S ümrndriötez^hvflf. 14

210

©esele der Schwingungen und Tone fester Sorper.

Der Stopfen s mit der Canile r und der Znnge Z wird nun ui das kurze Rohr pp eingesetzt, in welches man von unten her den Wind einblaseu kann. Sobald dies geschieht, beginnt Fig. 219. Fig. 220 . die Zunge l zu vibriren, es wird also in den durch die Zunge bedingten Intervallen ein Luftstram aus demInnernder Röhre p durch die Canile und die Höhlung v hervordringen, um dann sogleich wieder unterbrochen zu werden. Durch diesesstossweiseVordringen des Luststroms aus der Höhlung v wird nun der Ton erzeugt, zu dessen Verstärkung man noch ein kegelförmiges Rohr, den Schallbecher, aussetzt, wie man es in Fig. 219 sieht. Solche Zungen, welche wie die in Fig. 218 und Fig. 219 dargestellten etwas kleinersindals die zugehörige Oessnung, so also, dass sie mit den Ränderm derselben nicht in Berührung kommen, nennt man durchschlagende Zungen, im Gegensatz zu den aufschlagenden, welche, wie die Zunge Fig. 220, bei jeder Oscillation aus den Rahmen schlagen. Die ausschlagenden Zungen werden ihres rasselnden Tones wegen selten mehr gebraucht. Durch Ausziehen oder Riederdrücken des Stimmdrahtes d, dessen unteres horizontal gebogenes Ende die Zunge gegen die Canile andrückt, kann man die Länge des vibrirenden Theils der Zunge vergrossern oder verkleinern und dadurch die Tonhohe abändern. Wenn gar kein Schallbecher oder doch nur eine kurze Rohre auf das Zungenwerk ausgesetzt ist, so hängt die Schwingungsgeschwindigkeit der Zunge, also der Ton, den sie giebt, nur von ihrer Elasticität und von ihren Dimensionen ab; wenn aber eine lange Rohre ausgesetzt wird, so modisicirl diese den Ton wesentlich; die Bewegung der Zunge hängt dann mehr von der Bewegung der in der langen Pseise hin und her lausenden Lustwellen als von ihrer eigenen Elasticität ab; sie wird also eigentlich mehr geschwungen als sie selbst schwingt. Eine zweite Art der Zungenwerke besteht aus membranosen elastic scheu Platten, welche die beiden Lippen eines schmalen Spaltes bilden und welche durch ihre Oscillationen den Spalt abwechselnd össnen und schliessem Eine solche membrauose Zungenpseise lässt sich am einfachsten in folgender Weife her-

Stösse und Combination^tone.

211

richten. Von einer Röhre dünnen vulkanisirten Kautschuks, welche V2 bis z k Zoll weit ist, schneide man ein 1V2 bis 2 Zoll langes Stück ab und befestige es am Cnde eines Glasrohres von entsprechender Weite, . 221.

wie man Fig. 221

sieht.

Wenn man nun die

Kautschukröhre an ihrem oberen Ende an zwei gegenuberliegenden Punkten fasst und auseinanderzieht, so bildet sich eine Ritze, wie sie unsere F i g u r zeigt, deren Ränder von Kautschuk sind, und wenn man dann

unten in das Rohr hineinbläst, so erhält man einen T o n , der um so höher wird, je stärker die beiden Lippen

angespannt werden. Man kann dabei ganz deutlich die Vibrationen der beiden $autschuklippen sehen, welche die Ritze bilden.

Stösse und Combinationstöne. Wenn 116

zwei einander sehr nahestehende, aber doch nicht ganz

isochrone Tön e unse r Oh r tresfen , s o vernehme n wi r

ein periodisch abwechselndes Anschwellen und Rach-

lassen des Tones, welches man das Schweben der Töne nennt. Scheibler hat für diese Erscheinung die Bezeichnung der Stösse (battement) eingeführt. Man hört diese Stösse sehr deutlich, wenn man gleichzeitig zwei Orgelpfeifen tönen lässt, welche sehr nahe unisono sind. Auch mit zwei Stimmgabeln, welche einer reinen Consonanz sehr nahestehen,lassen sich die Stösse deutlich wahrnehmen. Besonders geeignet zur Rachweisung der Stosse sind solche Stimm* gabeln, welche in der Fignr 222 dargestellten Weise auf confonirenden Kästchen aufgesetzt sind. Hat man gig< 2 2 2 zwei solcher Stimmgabeln, welche vollkommen unisono sind, neben einander gestellt, so braucht man nur die eine mit etwas Wachs zu beschweren, um die Stosse sehr deutlich hörbar zu machen, wenn beide Stimmgabeln durch Anstreichen mit dem Fiedelbogen gleichzeitig zum Tonen gebracht werden. Ter Grund dieser Erscheinung ist leicht einzusehen. Wenn in einem bestimmten Moment durch beide Tone gleichzeitig eine Verdichtung hervorgebracht wird, so wird dieses Zusammenfallen bald anfhören, nnd nach einiger Zeit wird gleichzeitig eine Verdünnung des einen Tones mit einer Verdichtung des anderen 14*

212

stattfinden.

©efele der Schwingungen unb Tone fester Börper.

Wenn aber die Verdichtungen des einen Tones gerade mit denen

des anderen znfammenfallen, so verstärken fie sich gegenseitig; fie heben sich aber gegenseitig anf, wenn die Verdichtungen des einen mit den Verdünnungen desanderenzusammentreffen. Wie bald Verdichtung mit Verdichtung und Verdünnung mit Verdünnung nnd dann wieder Verdichtung mit Verdünnung zufammentreffen, wenn zwei nicht ganz isochrone Töne zusammenwirken, kann man fich dnrch zwei nicht ganz isochron schwingende Pendel recht anschanlich machen; am deutlichsten ergiebt fich aber das abwechselnde Anschwellen nnd Abnehmen des Tones durch graphische Darstellung. In Fig. 223 sollen die beiden schwach gezogenen Cnrven die Wellensysteme der beiden nicht isochronen Tone darstellen. Die Wellenberge entsprechen den Verdichtungen, die Thäler den Verdünnungen. Snmmirt man die Ordinaten der beiden Cnrven, so

m C O Ol ttJ

/v\

erhält man für jeden Moment die Intensität der Verdünnung oder Verdichtung, mit welcher beide Wellensysteme zusammen das Ohr afficiren; auf diese Weise ist die stark gezogene Curve construirl; bei a, ?>, c, d, e, / , g und h werden durch das Zusammenwirken beider Wellensysteme verstärkte Verdichtungen und Verdünnungen, also ein Anschwellen des Tones hervorgebracht. In der Rähe von M aber, wosichdie beiden Wellensysteme fast ganz ans* heben, ist die refultirende Curve ganz flach, was einem

Rachlassen de s Tones entspricht.

Wenn zwei musikalische Tone von verschiedener Hohe gleichzeitig, kräfti g un d gleichmässig anhalten d erklingen ,

fo hört man hänfignoch andere Tone mit, deren Tonhohe

von dem Intervall der beiden primären Tone abhängt. Diese, unter dem Ramen der Combinationstöne be* kannten Töne sind 1740 zuerst von Sorge entdeckt, nnd später dnrch Tartin i, nach welchemsieauch die Tartini'sehen Tone genannt werden, allgemeiner bekannt geworden. D i e S c h w i n g n n g s z a lh eine s C o m b i n a t i o n s-

tones ist stets gleich der Anzahl von Stössen, welche die beiden p r i m ä r e n T o n e mit einander

geben,sieist alfo gleich der Differenz der Schwingnngszahlen der primären Tone, weshalb Hclmholtzsieauch Tifferenztone nennt. So hört man die nächst tiefere Octave eines Tones mit, wenn gleichzeitig noch ferne Oninte erklingt.

Bei gleichzeitigem Ertönen von Grnndton nnd Onart hört man die tiefere Dnodecime des Grundtones mit.

Mittheilung der Schallschwingungen ?c.

213

Grundton und grosse Terz geben einen Eombinationston, welcher um zwei Octaven tiefer ist als der Grundton u. s. w. Es geben also cx uud gx den Eombinationston c Ci un d fx „ „ F Ci und e1 „ „ C. Nach Thomas ?)oung ist die Erklärung der Eombinationstöne aus die bereits in diesem Paragraphen besprochenen Schwebungen zurückzuführen, indem der Gesammteindrnck der Stösse, welche zu schnell sind, um einzeln uuterschieden zu werden, als ein eigener Ton hörbar wird, dessen Schwingungszahl gleich ist der Anzahl jener Stösse. Fig. 224 erläutert wie die nächst tiefere Octave des Grundtones als Eombinationston mitklingt, wenn neben dem Grundton nochseineOuint ertönt. Die mittlere Punktenreihe stellt nämlich die ans einander folgenden Verdichtnngsstösse des Grundtones, die obere Punktenreihe stellt Fig. 224 .

dieseinerOuint dar. Nun aber fällt jedesmal der zweite Stoss der mittleren Reihe mit einem Stosse der oberen zusammen, und so werden die verstärkten Stösse in solchen Intervallen hervorgebracht, wie man in der unteren Reihe sieht; diese stellt aber die nächst tiesere Octave des Tones der mittleren Reihe dar. Fig. 225.

In gleicher Weise erläutert Fig. 225 die Bildung des Eombinationstones, wenn neben dem Grundton noch seine Ouarl erklingt.

Mittheilung der Schallschwingungen zwischen fe- 117 sten, flüssigen und luftförrnigen Körpern. Wenn mehrere feste Körper unter einander zu einem Ganzen verbunden sind, so verbreiten sich die von einem Theile dieses Systems ausgehenden Vibrationen mit der grössten Leichtigkeit als fortschreitende Wellen über die ganze Masse; an der Gränzc angekommen, gehen nun aber die Wellen nur theilweise in das angränzende Mittel, einen lnftförmigen oderflüssigenKörper, über, theilweise aber werdensiereflectirt, und durch die Interferenz der reslectirten Wellen mit den neu ankommenden bilden sich in den einzelnen Theilen des festen SystemsstehendeSchwingungen. Ein solches System bildet ein Ganzes, welches, wenn ein Punkt in Schwingungen versetzt wird, sich in einzelne schwingende Theile abtheilt, die durch Schwingnngsknoten getrennt sind. Jeder einzelne Theil verliert gewissermassen seineIndividualität;seineVerbindung mit den benachbarten Stücken hindert ihn so zu schwingen, wie es geschehen würde, wenn er allein wäre.

214

©esele

der Schwingungen und Tone fester Sorper.

Währendsichdie Schallwellen leicht über ein System von festen Körpern verbreiten, gehen sie nicht so leicht vou einem festen Korper auf einen flüssigen, weniger leicht auf einen gasförmigen über; so kommt es denn, dass mancher ziemlich star! vibrirende seste Körper doch nur einen ganz schwachen Ton hören lässt, nur weil er seine Schwingungen der Luft nicht gehörig mittheilen kann. Dies ist z. B. bei der Stimmgabel der Fall, welche, stark angeschlagen und frei in der Luft gehalten, doch nur einen ganz fchwachen Ton hören lässt. Um den Ton eines solchen Korpers zu verstärken, muss man die MittheilungseinerSchwingungen an die Luft durch Resonanz, d. h. dadurch befördern, dass man diestehendenSchwingungen des tonenden Körpers noch auf einen andern zu übertragen sucht. Ein Mittel dazu, welches darin besteht, die schwach tonenden, aber doch stark vibrirenden Korper vor eine Röhre von eut* sprechender Länge zu halten und so die Luftmasse in derselben zum Mittönen zu bringen, haben wir schon in §. 105 Seite 190 kennen gelernt. Ein zweites Mittel, den !Fon zu verstärken, besteht darin, den tönenden Korper mit einem anderen leicht in Schwingungen zu versetzenden Körper von verhältnissmässig grosser Oberfläche in Berührung zu bringen. Es bilden sich dann auf diesem, wie schon erwähnt wurde, ebenfalls stehende Schallschwingungen, und diese theilensich,der grossen Oberfläche des mittönenden (resonirenden) Körpers wegen, der Lust leichter mit. Setzt man z. B. diestarkangeschlagene, aber in freier Lust schwach tönende Stimmgabel aus einen Kasten von dünnem, elastischem Holze, wie wir ihn in Fig. 222 kennen lernten, so hört man den Ton ungleich stärker. Darauf beruht die Anwendung des Resonanzbodens in verschiedenen musikalischen Instrumenten. Bei Flöten, Orgelpseisen u. s. w. ist kein Resonanzboden nöthig, weil hier diestehendenSchwingungen einer Lustmasse den Ton geben, und diesesichganz leicht der umgebenden Lust mittheilen. So wie Vibrationen fester Körper Schallwellen in der Luft erzeugen, so können auch umgekehrt Schallwellen, die, sich in der Lust verbreitend, einen festen Körper treffen, diesen zum Vibrireu bringen. So sieht man z . B. die Saite einesInstrumentesin Schwingungen gerathen, wenn sie von den Schallwellen des Tones, welchen sie selbst giebt, oder eines seiner harmonischen Töne getrosten wird; so zittern die Fensterscheiben hestig unter dem Einfluss gewisser Tone oder des Knalles einer Kanone. Diese Erscheinung, welche man so ausfallend an leicht beweglichen Körpern wahrnimmt, findet auch bei grösseren Massen und weniger elastischen Körpern Statt; alle Pfeiler und Mauern eines Domes erzittern mehr oder weniger beim Läuten der Glocken.

Drittes Capitel. Die musikalischen Instrumente, Das Stimm- und das Gehörorgan.

Die Blasinstrumente.

T i e Gesetze, welche wir in den beiden letzten

Capiteln kennen gelernt haben, kommen nun bei den verschiedenen musikalischen

Instrumenten zur Anwendung, welche in zwei Hauptabtheilungen zerfallen, nämlich 1) solche, bei welchen der Ton durch einen Luftstrom erzeugt wird, die Blasinstrumente, und 2) solche, bei welchen der Ton von den Bibrationen eines festen Körpers herrührt. Tie Blasinstrumente selbst zerfallen wieder in zwei Classen. In die erste Classe der Blasinstrumente gehören solche röhrenförmige Vorrichtungen, in welchen die eingeschlossene Luftsäule ganz nach den Gesetzen vibrirl, welche wir in §.107 kennenlernten, also die offenen und gedeckten Orgelpfeifen, das Flageolett und die Flöte. Auch die Syrinx oder die ^ansflote der Alten gehört in diese Classe. Während bei der Orgel jeder pfeife nur ein Ton entspricht, wird bei der Flöte mit demselben Rohr die ganze Tonreihe derchromatischenTonleiter dadurch erzeugt, dass man durch Oessnen der entsprechenden Seitenlöcher die Länge der tönenden Lustsäule und die Lage der Schwingungsknoten verändert. Tie Blasinstrumente der zweiten Classe sind diejenigen, welche mit Zungenwerken versehen sind, also z. B. die Mundharmonika, die Blasbalgharmouika (sßhysharmonika) und die Zungenwerke der Orgeln. Tie beiden erstgenannten Instrumente haben gar kein Ansatzrahr, währeud der Schallbecher oder das Ansatzrahr der Orgelzungenwerke nur den Zweck hat, den Ton zu verstärken, ohne dass dadurch die Vibrationsgeschwindigkeit der Zunge wesentlich alterirt wird. Ganz anders verhält essichmit solchenInstrumenten,deren Zunge aus sehr leicht beweglichem Material (meist aus dünnen Blättchen von italiäuischeut Rohr) gebildet, sich den Schwingungen der Lustsäule accommodirl, welche in dem Ansatzrohr zum Tönen gebracht wird. Hierher gehört die Oboe, das

216

Tie musikalischen Instrumente.

Fagott, die Clarinette u. s. w. Tas Mundstück der Clarinette wird durch ein vorm schneidensörmig verdünntes, ausschlagendes Rohrblatt gebildet, während das Mundstück des Fagotts und der Oboe aus zwei Rohrblättchen besteht, deren obere schwach gewölbte Enden eine feine Spalte bilden. Bei der Posaune, dem Horn und der Trompete treten die Lippen des Musikers an die Stelle der beiden Rohrblätter des Oboemundstücks. Tas kessel- oder trichterförmige Mundstück des Instruments wird so gegen den Mund gepresst, dass die vorderen häutigen Theile der Lippen nur noch einen engen Spalt für den Durchgang der Luft lassen. Die Ränder der Lippen gerathen beim Anblasen selbst in Oscillationen, durch welche einstossweisesHervorquellen der Anblaselust bewirkt wird. Tas mehr oder weniger gebogene oder gewundene Rohr dieser Instrumente ist, den Schallbecher abgerechnet, sehr eng im Verhältniss zu seiner Länge, so dass es nie seinen Grundton, sondern nur eine Reihe von Obertönen desselben geben kann. Bezeichnen wir die Schwinguugszahl des Grundtones mit 1, so sind die Schwingungszahlen sür seine Obertöne 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 u. s. w. Für ein dreifüssiges offenes Rohr ist der Grundton B , seine Obtrtone sind also b, fu h, di> /21 gist, h, c3, ds u. fr w. Cine dreifüssige Trompete giebt aber als ihren tiefsten Ton fu alfo den zweiten Oberton, die Tuodecime des ihrer Länge entsprechenden Grundtones. Auf diesen Ton folgen dann bei unveränderter Länge des Rohres, bei entsprechend verstärktem Anblasen die weiteren Tone b u d2y / 2 u. s. w., welche den Ramen der Naturtone führen. Erst vom achten Oberton an befolgen dieselben die Tonreihe der diatonischen Tonleiter. Um die grosseren Intervalle der tieferen Naturtone auszufüllen und auch für diese tieferen Tonlagen die nothigen Zwischentöne zu erhalten hat man an diesen Instrumenten verschiedene Vorrichtungen (Züge, Klappen u. s. w.) augebracht, durch welche man die Länge des Rohres entsprechend abändern kann.

119

Saiteninstrumente und tönende Platten. Tie Töne gefpannter Saiten finden in der Musik eine ebenso vielsache als mannigfache An= wendnng. Tie Oberfläche der Saiten ist aber viel zu gering, als dass sie selbst bei den lebhaftesten Vibrationen haftige Schallwellen in der Luft erzeugen konnten, cs ist deshalb nöthig, die Vibrationen der Saite auf einen leicht beweglichen festen Korper von grosserer Oberfläche zu übertragen, weshalb denn auch der Refonanzboden, wenn auch in sehr vermiedener Gestalt, bei allen Saiteninstrumenten in Anwendung gebracht wird. Die wesentlichsten Unterschiede unter den Saiteninstrumenten sind durch die Art und Weise bedingt, wie die Saiten in Oscillationen versetzt werden; bei dem Clavier geschieht dies durch Anschlag, bei der Guitarre und der Harfe durch

Slangfarbe verschiedener musikalischer

Instrumente.

217

Zupfen, bei der Violiue, dem Violoncello uud der Bassgeige geschieht es durch Streichen mit dem Fiedelbogen, weshalb diese letzterenInstrumenteauch Streichinstrumente genannt werden. Metallene Platten und Glocken haben für sich selbst schon eine hinlängliche Oberstäche, um kräftige Schallwellen in der Luft zu erzeugen. Als selbstständige musikalischeInstrumentewerden sie aber kaum gebraucht, während sie im Orchester verbunden mit anderenInstrumentenvon trefflicher Wirkung sind.

Klangfarbe verschiedener musikalischer Instrumente. 120 Der Charakter eines Tones ist bei gleicher Tonhöhe noch abhängig von dem Instrumente, von welchem er herstammt. Leicht unterscheidet man zum Beispiel das alf welches auf dem Claviere angeschlagen wird, von dem gleichen Ton der Flöte oder der Trompete. Die Eigentümlichkeit des Toncharakters, die Slangfärbe der verschiedenenInstrumente,ist nun dadurch bedingt, dass die wenigsten einfache Töne geben, sondern dass mit dem Grundton meist noch eine Reihe von Obertönen mitklingt. Der Toncharakter eines Instrumentes hängt nun davon ab, welche Obertöne und in welcher Stärke sie den Grundton begleiten. Eins ache Töne, also Slänge ohne Obertöne, werden am einfachsten hervorgebracht, wenn man eine angeschlagene Stimmgabel über eine Resonanzröhre von entsprechender Länge hält. Diese Tone sind ungemein weich und frei von allem Scharfen und Rauhen. Die Slänge der Flöte stehen den einfachen Tönen sehr nahe, indem sie nur wenige schwache Obertöne haben. Weite gedeckte 'Pfeifen geben den Grundton fast ganz rein, engere lassen neben dem Grundton noch die Duodecime (Quint der Octav) hören, weshalb sie auch Ouintaten genannt werden. Weite offene Orgelpfeifen lassen neben dem Grundton noch die Octav, engere lassen noch eine Reihe von Obertonen hören. Die Obertone, welche in der Slangmasse gespannter Saiten auftreten, hängen von der Substanz ab, aus welcher sie gemacht sind, von der Art, wie sie ins Tonen gebracht werden u. fr w. Bei guten Elavieren sind die Obertone bis zum sechsten sehr stark. Bei Streichinstrumenten ist der Grundton verhältnismässig kräftiger als bei ©lavieren, die ersten Obertone sind schwächer, die höheren vom sechsten bis zum zehnten dagegen viel deutlicher und verursachen die Schärfe des Slanges der Streichinstrumente. Geschlagene Metallstäbe uud Metallplatten lassen neben demGnmdton eine Reihe sehr hoher unter sich unharmonischer Obertöne anhaltend und in gleichrnässigem Flusse mitklingen und dadurch ist die Eigentümlichkeit bedingt, welche man als metallische Slangfarbe, als Metallklang be? zeichnet. Durch das Hinzutreten der niederen, harmonischen Obertöne wird der Ton klangvoller, reicher, prächtiger als der Ton einfacher Slänge, durch das Hinzutreten hoher Obertone aber wird der Slang besonders durchdringend.

218

121

Tie musikölifchen Instrumente.

Das Stimmorgan. Es ist bekannt, dass die Luftrohre eine Röhre ist, welche oben mit dem Behlkopfe, unten in der Lunge endigt; sie bildet den Weg, durch welchen die eingeathmete Luft der Lunge zugeführt nnd die verbrauchte wieder ausgeathmet wird. Am unteren Ende theilt sie sich in zwei Röhren, die Bronchien, welche sich dann weiter nach allen Seiten hin in das Gewebe der Lunge verzweigen. Tas obere Ende der Luftrohre, der Behlkopf, ist es, welcher das Stimmorgan bildet.

Ter Behlkopf besteht aus vier Bnorpeln, welche erst im späteren Alter

verknöchern, nämlic h de m Ringknorpel , de m Schildknorpel un d de n beiden

Giesskannenknorpeht. Tiefe Bnorpel sind unter sich und mit dem oberen Ringe der Luftröhre verbunden und können dnrch verfchiedene Muskeln auf das Mannigfaltigste bewegt werden. Tie innere Wand des Behlkopses bildet eine Verlängerung der Luftröhre, die nach oben enger wird, bis zuletzt nur eine von vorn nach hinten gerichtete Spalte, die Stimmritze, übrig bleibt. Tie Ränder dieser Stimmritze werden durch die Stimmbänder gebildet Nach vorn hin sind diese Stimmbänder an dem Schildknorpel, am entgegengesetzten Ende aber ist das eine Stimmband an dem einen, dasandereStimmband an dem anderen Giesskannenknorpel angewachsen, fo dass, je nachdem die Bnorpel dnrch die entsprechenden Muskeln mehr einander genähert oder entfernt werden, die Stimmbänder mehr oder weniger gespannt sind und die Stimmritze enger oder weiter wird, Tie Stimmbänderselbstbestehen ans einemsehrelastifchen

Gewebe.

Ueber den Lippen der Stimmritze befindensichzwei sackartige Höhlungen, die eine auf der rechten, die andere anf der linken Seite; es sind dies die Ventriculi rnorgagni. Tie oberen Ränder dieser Ventrikeln bilden einen zweiten, weiteren Spalt, welcher durch den Behldeckel, eine fast dreieckige Haut oder vielmehr ein Bnorpel, verdeckt werden kann; dieser Behldeckel ist mit der einen Seite nach vorn hin angewachsen nnd verhindert, wenn er die Stimmritze verdeckt, dass Speisen und Getränke in die Luftröhre gerathen können, indem diese über den Behldeckel hinweg in den Schlund gelangen. Ter Ban des Behlkopfes wird dnrch die Figuren 226 bis 228 deutlicher werden. Fig. 226 stellt die vordere Hälfte des durch einen senkrechten Schnitt getheilten Behlkopfes nnd zwar von hinten gesehen dar. Es ist a de r Durchschnit t durc h de u Ringknorpel ,

b„ „



c „ d „

„ „

de

„ „

n Schildknorpel ,

die unteren Stimmbänder. die oberen Stimmbänder.

Zwifchen den unteren und oberen Stimmbändern sieht man deutlich die Ventriculi rnorgagni. Ferner lässt sich ans der Figur ersehen, wiesichdie Luftröhre gegen die unteren Stimmbänder hin verengt. Fig. 227 und Fig. 228 zeigen die unteren Stimmbänder von oben gesehen (und zwar nach Entfernung der oberen, welche keinen Ton geben). Fig. 227 zeigt die Stimmbänder in ungefpanntcm Zustande, bei welchem die Stimmritze weit geöffnet ist und keine Ton-

Da§ Stimmorgan.

219

bildungstattfindet,während die Fig. 228 die Stimmritze darstellt, wie siesichbei Spannung der Stimmbänder gestaltet.

Fig. 22G,

Fig. 227.

Dieser Beschreibung nach entspricht also der Bau des Kehlkopfs ganz dem der membranöse n Zungenwerke , welch e wi r i n § . 11 5 kenne n lernten . E s sind die Vibratione n de r untere n Stimmbänder , welch e de n Luftstro m au s de r Luft -

röhre in bestimmten Intervallen hervorquellen lassen. Die Höhe des hervorgebrachten Tones hängt von derstärkerenoder schwächeren Spannung der Stimmbändet ab, zu deren Regulirung verschiedene Muskeln dienen. Die Eonsonanten der menschlichen Sprache bestehen in verschiedenen durch Lippen, Zähne und Zunge hervorgebrachten Geräuschen, welche die Vocaltone bei ihrem Beginnen oder Aufhören begleiten. Die Verschiedenheit der Vocale ist dadnrch bedingt, dass die Luftmasse in der Mundhöhle zuin Mittönen kommt, uud dass der Eigentou der Mundhöhle mit der veränderten Gestalt derselben variirt. 3st der Mund zur Hervorbringung des U gestaltet, so ist der Eigenton der Mundhöhle / ; der Eharakler des ü besteht also darin, dass der vom Kehlkopf hervorgebrachte Ton stets vou / begleitet ist. In gleicher Weise ist der Vocalcharakter des 0 durch das Mitklingen von bt und der des A durch das Mitklingen von b2 bedingt. Das E wird dadurch hervorgebracht, dass in der Mundhöhle fx uud b6f das I dadurch, dass / und mitklingt. Die Geräusche, durch welche die Eonsonanten hervorgebracht werden, sind meist weniger intensiv als die Vocalklänge selbst und verschwinden deshalb in

220

Die musikalischen Instrumente.

einiger Entfernung bereits vollständig, wenn man die Vocalklänge noch deutlic unterscheidbar hört. Es geht daraus auch hervor, dass man um für etwas schwer hörige Personen verständlich zu reden, keineswegs lauter zu sprechen nöthig ha: sondern dass es genügt, die Eonsonanten schärfer hervorzuheben. Ueberhaupt wir die Verständlichkeit der Sprache nicht durch lautes Schreien, sondern durch sorc sältige Arliculiruug bedingt.

122

Das Gehörorgan besteht aus drei Haupttheilen, dem äussern Ohr welches durch die Ohrmuschel und den Gehörgang gebildet wird, der Trom melhöhle, welche von dem Gehörgange durch das Trommelfell getrennt if und dem Labyrinthe. Das Labyrinth besteht aus knöchernen Höhlunger welche mit einer Flüssigkeit angefüllt sind, in welchersichder Gehörnerv ver breitet; um auf diesen Rerven wirken zu können, müssen die Schallvibrationei der ganz von Knochen umgebenen Flüssigkeit im Labyrinthe mitgetheilt werdet Dies wird durch zwei Oefsnungen des Labyrinthes, das ovale und das rund Fenster, vermittelt; beide Oeffrmngen sind mit einem zarten Häutchen überspannt, aus der Mitte der Membran des ovalen Fensters ist aber die Platt des Steigbügels, eines Knöchelchens, ausgewachsen, von welchem sogleich nähe die Rede sein wird. Die Fig. 229 stellt das Labyrinth in stark vergrößertem Massstabe, zur: Theil geöffnet dar. Es besteht aus drei Haupttheilen, der Schnecke, der. Fig. 229.

Vorhose und den halbkreisförmigen Eanäleu. Der akustifche Rer verbreitet sich theils in den Vorhos, wo er sich aus die Ampullen (Rohrer welche in den halbkreisförmigen Eanäleu liegen uud mit einer besouderu Flü': sigkeit gefüllt sind) ansetzt, grösstenteils aber in ganz seineu Verzweigungen i der Schnecke. Die einzelnen Windungen der Schnecke sind nämlich durch eir diesen Windungen parallele seine knöcherne Scheidewand in zwei Theile getheil Diese Scheidewand ist sehr porös uud zellig, und in diese Zellen verbreiten st

Ta§ ©ehörorgan.

221

die letzten Verzweigungen der akustischen Rerven, wie dies in unserer F i g u r an dem aufgebrochenen Theile der Schnecke zu sehen ist. Z u de m Labyrinth e werde n nu n di e Schallschwingnnge n dnrc h di e i n de r

Trommelhöhle befindlichen kleinen Knöchelchen fortgeleitet; die Knöchelchen sind der Hammer, welcher mit feinem Griffe an der innern Seite des Trommelfells angewachse n ist ; a n de n Hamme r setz t sich der Ambos s an , nn d mi t diese m

hängt durch das linsenförmige Knöchelchen des Sylvins der Steigbiigel zusammen, dessen Tritt gerade das ovale Fenster verschliesst. Aus der

Uebersichtsfigur , Fig . 2 3 0 , welch e namentlic h da s Labyrint h stark vergrössert

»«8- 230.

darstellt, ist ungefähr die gegenseitige Lage aller dieser Theile zu ersehen, a ist der Gehörgang, welche r di e Schallwelle n vo n de r Ohrmuschel zn m T r a m -

melfelle führt. Tas Trommelfell trennt die Trommelhöhle von dem Gehörgange. Durch die Custachi'fche Röhre aber steht die Trommelhöhle mit der Mnndhöhle in Verbindung, fo dass die Luft in der Trommelhöhle stets mit der änssern sich ins Gleichgewicht fetzen kann, d ist der Hammer, welcher einerseits an da s Trommelfel l angewachsen , mi t seine m andere n Cnd e abe r a n de n Am -

boss e angefetzt ist. / ist der Steigbügel;, o ist das runde Fenster; n ist der aknstifche Rerv, welcher fich im Labyrinthe verbreitet. Tie einzelnen Theile des Gehörganges find nicht so freiliegend, wie es ans Fig. 230 (a. f. S.) etwa scheinen möchte; hier ist die knöcherne Hulle, welche

222 Di e musikalische n Instrumente . Alles einschließ, der Deutlichkeit wegen ganz weggelassen. Der Gehörgang selbst geht durch den Knochen des Schlafbeins hindurch, die Trommelhöhle ist ringsum Fig. 231.

von Knochenwänden umgeben, und das Labyrinth ist ebenfalls fo vollständig in einen Knochen, welcher seiner Härle wegen den Ramen des Felsenbeins trägt, eingewachsen, dass man es nur mit Mühe blosslegen kann. Um eiue richtige Vorstellung davon zu geben, wie die einzelnen Theile des Gehörorgans in die Knochenmasse eingewachsen sind, ist in Fig. 231 ein wirklich anatomischer Durchschnitt desselben in natürlicher Grösse dargestellt, a ist der Durchschnitt der Schnecke, b einer der halbzirkelförmigen Eanäle, n der Rerv, t das Trommelfell; anch der Hammer, Amboss uud der Steigbügel sind in der Fig. 231 dentlich z u erkennen. Die Ohrmuschel dient dazu, die Schallwellen aufzunehmen und durch den Gehörgang zum Trommelfelle hinzuleiten; dadurch nun wird das Trommelfell in Vibrationen versetzt, die durch die Gehörknöchelchen znm Labyrinthe geleitet werden.

D r i t t e s

Buch.

Optik oder die Lehre vom Licht.

Erstes C a p i t e l. V e r b r e i t u n g

des

Lichtes.

Leuchtende und dunkle Körper. Alle leuchtenden Körper bestehen wesentlich aus wägbarer Materie; der leere Raum kann wohl das Licht fortpflanzen, aber nicht erzengen. Alle Körper,"welche nicht selbstleuchtend sind, theilt man in nndurchsichtige Körper, wie Holz, Steine nnd Metalle; durchsichtige, wie Lnst, Wasser und Glas, und durchscheinende, wie dünnes Papier nnd mattgeschliffenes Glas. So lange ein Lichtstrahl in einem und demselben gleich dichten M i t tel, also etwa in Luft, welche auf dem ganzen Wege des Lichtstrahls gleiche Dichtigkeit hat, oder in Wasser bleibt, pflanzt er sich in gerader Linie fort, wenn er aber einen anderen Körper trifft, so wird er an dessen Oberfläche theilweise zurückgeworfen, reflectirt, theilweise aber dringt er, wenn dieser Körper durchsichtig ist, mit veränderter Richtung in denselben ein, er wird gebrochen. Weiter unten werden wir die Gesetze der Spiegelung nnd der Brechung näher betrachten. Tie Geschwindigkeit, mit welcher sich das Licht fortpflanzt, ist so gross, dass es alle irdischen Entfernungen in einem nnmessbar kleinen Zeittheilchen dnrchläuft. Durch Beobachtung der Verfinsterung der Inpiterstrabanten haben die Astranomen ermittelt, dass das Licht den Weg von der Sonne bis zur Erde in 8 Minuten nnd 13 Secnnden, alfo 42000 Meilen in einer Secnnde zurücklegt (stehe Supplementband). Eine Kanonenkugel, welche 1200 Fnss in einer Secnnde zurücklegt, würde, nm von der Sonne znr Erde zn gelangen, ungefähr 14 Jahre brauchen.

Schatten und Halbschatten. Cine Folge der geradlinigen Fort- I M pflanznng des Lichtes ist es, dass ein den Lichtstrahlen ausgefetzter dunkler Kör«Di«Her's ©nnidrifc der Sphgfif. 15

220

Verbreitung de§ Sichten

per einen Schatten wirft; wenn er nur von einem einzigen leuchtenden Puukte aus erleuchtet wird, fo ist der Schatten leicht zu bestimmen. Tie Gefammtheit aller Linien, welche, von dem leuchtenden "Punkte ausgehend, den dunklen Börper berühren, bildet eine conische Oberfläche, und derjenige Theil derselben, welcher jenseits des dunklen Börpers liegt, bildet die Gränze des Schattens. Fig. 232.

Wenn der leuchtende Börper eiue namhaste Ausdehnung hat, so ist ausserdem Schatten auch noch der Halbschatten zu unterscheiden. Ter Schatten, der iu diesem Falle auch der Bernschatten genannt wird, ist der Raum, welcher gar keiu Licht empfängt, der Halbschatten hingegen ist die Gesammtheit aller der Orte, welche von einigen Punkten des leuchtenden Börpers Licht empfangen, von anderen aber nicht. Es sei z. B. Af Fig. 233, eine grosse leuchSig. 233.

tende Bugel, B eine kleinere undurchsichtige. Wie weit sich der Bernfchatten, wie weit sich der Halbfetten erstreckt, ist aus der Figur deutlich zu ersehen. Durch eiueu Schirm in mn aufgefangen, würde der ~ 234 ' Schatten das Ansehen Fig. 234 haben. Ter Tnrchmesser des Berufchattens nimmt mit der Entfernung vom leuchtenden Börper ab, der Durchmesser des Halbschattens aber nimmt zu.

t

Ganz nahe beim schattengebenden Börper ist deshalb der Bernschatten nur vou einem schmalen Halbschatten umgeben; er ist deshalb hier auch ziemlich scharf begränzt. In grösserer Entfernung vom fchatteugebeuden Börper ist die Breite des Halbschattens bedeutender, der Uebergang vom Bernschatten zum vollen Lichte deshalb allmäliger, der Schatten erscheint nicht mehr scharf, fordern verwafchen. Jenseits des Punktes S hört der Bernfchatten ganz auf, und der an Breite immer zunehmende Halbschatten wird deshalb auch immer unbestimmter uud schwächer.

Schatten nnd Halbschatten.

227

Aus diese Weise erklärt sich, dass der Schatten eines dem Sonnenlichte ausgesetzten Körpers, dicht hinter demselben aufgefangen, scharf begränzt, in grösserer Entfernung hingegen ganz unbestimmt ist. So kann man z. B. nicht mehr mit Bestimmtheit den sPunkt angeben, wo der Schatten der Spitze eines Thurmes auf dem Boden aufhört. Ein Haar, welches im Sonnenlichte dicht über ein Blatt Papier gehalten wird, wirft einen scharfen Schatten; hält man es aber nur fünf Zoll hvch über das Papier, so ist wohl kaum noch ein Schatten wahrzunehmen. Wenn man das von einem leuchtenden Punkte ausgehende Licht durch einen Schirm auffängt, in welchen eine ganz kleine Oeffnung gemacht ist, so wird das durch die Oeffnung durchgehende Licht einen scharf begranzten Lichtstrahl bilden; lässt man diesen Strahl ans einen zweiten Schirm fallen, fo erhält man einen hellen Fleck anf dunklem Grunde. Anf diefe Weife erhält man in einem ganz dunklen Zimmer auf einer Wand, welche einer feinen Oeffnung-im Laden gegenübersteht, ein verkehrtes Bild von jedem ausserhalb befindlichen hellen Gegenstände, welcher Lichtstrahlen durch diese Oeffunug ins Zimmer sendet, wie dies Fig. 23 5 erläutert. Fig. 235.

Weuu man die von einem ausserhalb angebrachten Spiegel P, Fig. 236, in horizontaler Richtnng reslectirlen Sonnenstrahlen durch eine kleine Oeffnung Fig. 236 .

o im Laden eines verfinsterten Zimmers in dasselbe eintreten lässt, so erhält man jederzeit ans der der Oeffnung gegenüberliegenden Wand ein rundes Sonnend bild, welches auch die Gestalt der Oeffnung selbst sein mag. Diese 15*

'228

Verbreitung deö Lichtet,

anfangs auffallend erscheinende Thatsache erklärt sich ganz einfach. Wenn die Sonne ein einziger leuchtender "Punkt wäre, so würde aus der Wand, welche der Oeffnuug gegenüberliegt, ein heller Flecksichbilden, welcher genau die Gestalt der Oeffnuug hat. Das vom höchsten Punkte der Sounenscheibe ausgehende Licht wird vom Spiegel P aus in der Richtuug on" auf die Wand fallen, uud bei w" wird dadurch ein kleiner viereckiger Fleck entstehen, wenn die Oeffnung o selbst viereckig ist. Der tiefste 'Punkt der Sonne veranlasst ein viereckiges Bild bei n; der mittlere Punkt der Sounenscheibe aber den eckigen Flecken nf. Das Bildchen l rührt von dem äussersteu Punkte am rechten, r aber von dem äussersteu Punkte am linken Sonnenrande her. Alle übrigen Punkte des Stmuenrandes geben viereckige Bilder, die ans den Umfang des Kreises In!' rn fallen, während die übrigen Punkte der Sonne das Innere dieses Kreises erleuchten; die Gesammtheit aller der einzelnen vierecktgen hellen Bildchen bildet m i t h i n einen kreisförmigen hellen Fleck. Wenn man den Versuch in der angegebenen Weise während einer partieften Souitcufutsteruiss anstellt, fo erscheint auf der Wand statt des vollkommen runden Sonucnbildcs nur das Bild des Thcils der Sounenscheibe, welcher durch den Mond unbedeckt geblieben ist. In minder vollkommener Weise beobachtet man dies überall, wo durch eilte kleine Oesfuuitg die Sonnenstrahlen in einen dunkleren Raunt eindringen, nur erscheint das Sonnenbildchen nicht rund, sondern elliptisch, wenn die Fläche, welche dasselbe ausfängt, nicht rechtwinklig zu den Sonnenstrahlen steht. So beobachtet man ein elliptisches Soniteitbildcheu auf dem Boden eines Zimmers, wenn die Sonnenstrahlen durch das unregelmässig geformte Schlüsselloch einfallen: Man beobachtet auf dem Boden des Waldes solche elliptische Sonnenbildchen, wenn Sonnenstrahlen durch einzelne Zwischenräume des dichten Laubdaches eindringen.

125

Intensität der Erleuchtung in verschiedener Entfernung von der Lichtquelle. Denken wir uns einen leuchtenden Punkt in der Mitte einer Hohlfugel, so wird die Oberstäche derselben alles von dem fünfte ausgehende Licht aufsaugen. Befände sich derselbe leuchtende Punkt in der Mitte einer Hohlkitgel von einem 2mal, 3mal so grossen Halbmesser, so würden auch die Oberflächen dieser grösseren Kugeln alles von dem leuchtenden Punkte ausgehende Licht auffangen. Run aber lehrt uns die Geometrie, dass die Oberstächen der Kugeln sich verhalten wie die Ouadrate ihrer Halbmesser; wenn sich also die Halbmesser der Kugeln verhalten wie 1 : 2 : 3, so verhalten sich ihre Oberflächen wie 1 : 4 : 9 . Wenn sich also derselbe leuchtende Punkt in der Mitte einer Kugel von 2mal, 3mal so grossem Halbmesser befindet, so musssichdieselbe Lichtinenge über eine 4mal, 9mal so grosse Oberstäche verbreiten, die Intensität der Erleuchtung muss also 4mal, 9mal schwächer sein. Daraus solgt allgemein: die Jeitensität der Erleuchtung nimmt in dem Verhältnisse ab, in welchem das Oitadrat der Entfernung von der Lichtquelle wächst.

Intensität der (irleuchhmg in verschiedener (Sntfcrmmg

220

Um die Richtigkeit dieses Satzes durch den Versuch nachzuweisen, kann mansichdes Apparates Flg. 237 bedienen, welcher in einem verfinsterten Zimmer ausgestellt wird. Qu der langen getheilten Rinne befindet fich ein Schieber s, welcher einen mit Papier j r N. überzogenen Rahmen trägt. > In der Mitte des PapierWjh | [l. L ^ Jm ; fchirmes ist ein kleiner mit f m Stearin gemachter Fettfleck Iii I l M M ^ M n J j i ä l i ' angebracht. Nachdem man auf beiden Seiten vom Schirm zwei gleich« brennende Kcrzeit ungefähr iit gleicher Entfernung von demselben (etwa 2 Fuss) aufgestellt hat, kann man cs durch Verschiebung des Schirms oder der einen Kerze leicht dahin bringen, dass von der eilten (etwa der rechten Seite) her gesehen der Fleck verschwindet, d. h. dass er weder hell ans dunklem, noch dunkel auf hellem Grunde erscheint. Bei diefer Stellung wird nun der Abstand des Schirms von der Kerze links gemessen (wir wollen ihn mit l bc^ zeichnen), dann dieselbe entfernt und statt ihrer links vom Schirm ein Schieber mit 4 solchen Kerzenflammen aufgestellt. Malt muss diese 4 Flammen nun iit die Entfernung 2 l vom Schirme bringen, wenn bei sonst unveränderten Umständen der Fleck abermals verschwinden soll. Auf diesen Satz gründet fich nun auch die Vergleichitng der Lichtstärke verschiedener Licht-

230

Verbreitung des Sichten.

quellen. Tic zn diesem Zwecke angewandten Apparate nennt man Photometer. Fig. 238 stellt ein Rumford'fches Photometer dar. CD ist eine weisse Wand. Rahe vor derselben ist ein undurchsichtiges Stäbchen s, etwa so dick wi e ei n Bleistift , aufgestellt ; weu n sich nu n ein e Berz e i n l f ein e ander e

»ifl. 238.

Flamme in L befindet, fo werden auf der Wand zwei Schatten des Stäbchens entstehen. Derjenige Theil der Wand, anf welchem sich kein Schatten befindet, ist von beiden Flammen beschienen, jeder Schatten ist aber nur dnrch eine Lichtquelle beleuchtet. Wenn nun beide Lichtquelle« vollkommen gleich sind, so werden die beiden Schatten gleich dunkel erscheinen, wenn sich die beiden Flammen in gleicher Entfernung vom Schirm befinden. Wenn aber die eine Flamme stärker leuchtet, fo wird der eine Schatten heller erscheinen, nnd um beide wieder gleich zu machen, muss man diestärkereLichtquelle weiter vom Schirme entferneu. Bezeichnen wir mit I nnd i die Intensitäten, mit L nnd l die entfprechenden Abstände der beiden Flammen vom Schirme sür den Fall, dass die beiden Schatten gleich sind, fo hat man 1 : i = P : L2. Wäre z.B. für den Fall der Gleichheit der Schatten die Serze 2 Fuss, die Lampe 5 Fuss vom Schirme entfernt, fo wäre alfo die Lichtstärke der Lampe 25/4, alfo 6 4mal fo gross als die Berze. Bei dem Buuseu'scheu Photometer wird der Papierschirm mit Fettfleck zur Vergleichung der Intensität verschiedener Lichtquellen in Anwendung gebracht. Wenn man bei unveränderlicher Beleuchtung von der Rückseite des Papierschirms anf der Vorderseite desselben die Normalkerze (die Berze, mit deren Flamme man die anderen Lichtquellen vergleicht; gewöhnlich eine Wachskerze, deren 6 auf 1 Pfund gehen) in der Entfernung l , die andere Lichtquelle aber in der Entfernung nl aufstellen muss, um den Fettfleck unsichtbar zu machen, so ist n 2 die Lichtstärke der letzteren, wenn man die Lichtstärke der Normalkerze zur Eiuheit nimmt.

Zweites

Capitel.

Katoptrik oder die Lehre von der Reflexion des Lichtes.

Reflexion des Lichtes auf ebenen Flächen. Wenn man durch eine kleine Oeffnung im Laden eines dunklen Zimmers ein Bündel Sonnenstrahlen in dasselbe eintreten läßt und dieselben auf einem ebenen S p i e g e l

(einer wohl polirten ebenen Metallfläche oder einem belegten Glasspiegel) auffängt, so beobachtet man im Allgemeinen folgende Erscheinungen: 1) M a n be-

obachtet in einer bestimmten Richtung ein Strahlenbündel, welches von dem Spiegel herzukommen scheint und auf der Wand, die es trifft, gerade so ein kleines Sonnenbildchen erzeugt, wie wenn die direct einfallenden Sonnenstrahlen diese Stelle getroffen hätten; solche Strahlen sind regelmäßig reflectirt, ihre Lichtstärke ist um so bedeutender, je besser der Spiegel polirt ist; 2) von den verschiedene n Orte n de s dunkle n Zimmer s au s kan n ma n auf de r Spiegel -

fläche selbst ein Sonnenbildchen unterscheiden; es rührt dies daher, daß von der getroffenen Stelle des Spiegels ein Theil des einfallenden Lichtes unregelmäßig reflectirt, d. h. nach allen Seiten hin zerstreut wird (Diffusiou

des Lichtes).

Das letztere auf der Spiegelflächeselbstwahrnehmbare Sonnenbild ist um

so lichtschwächer, je besser der Spiegel polirt ist; auf sehr guten Spiegelflächen

kann man kaum eine Spnr desselben wahrnehmen, während die Stelle der Wand, aus welche die refleCtirlen Strahlen auffallen, fast ganz fo hell erscheint, als wäre sie direct von den Sonnenstrahlen getroffen worden. Wir d nn n de r gu t polirl e Spiegel durc h eiuen etwas matten ersetzt, so er -

scheint das reflectirle Sonnenbildchen viel schwächer, während das Sonnenbildchen anf der Spiegelflächeselbstum fo deutlicher sichtbar wird, je unvollkommener ihr e Politu r ist . Wen n ma n endlic h a n di e Stell e de r etwa s matte n

Spiegelflächen ein Blatt weissen Papieres bringt, fo verschwindet das reslectirte

So top tri f.

232

Bild vollständig, während das Sonnenbildchen auf der Papierfläche sehr hell erscheint, weil alle sie treffenden Sonnenstrahlen unregelmässig zerstreut werden. Die meisten Gegenstände unserer Umgebung haben rauhe, nicht fpiegelnde

Oberstächen, so dass sie die auf sie fallenden Lichtstrahlen nach allen Seiten hin unregelmässig zerstreuen; eben durch dieses unregelmässig zerstreute Licht wer-

den sie uns von allen Seiten hersichtbar.— Bei einem sehr guten polirten Spiegel bemerken wir kaum die fpiegelnde Ebene, welchesichzwischen uns nnd den Bildern befindet, die er uns zeigt. Fig. 239 .

Betrachten wir nun die Gesetze, nach welchen die regelmässige Reflexion auf vollkommen glänzenden Oberstächen stattfindet. In Fig. 239 sei ssf die in der Zeichnung zur Linie verkürzt erscheinende Oberfläche eines Spiegels; ein Lichtstrahl f n , welche r de n Spiege l i n n

trifft, wird nach einer Richtung nd reflectirl, welche in der Ebene liegt, die man sich durch den einfallenden Strahl f n rechtwinklig auf die Spiegelebene gelegt denken kann. Diese rechtwinklig anf der Spiegelebene stehende Ebene, welche den einfallenden und den reflectirten Strahl enthält, wird die Reflexions ebene oJ>cr auch die Einfalls ebene genannt. Denken wir uns in n ein Perpendikel np auf der Spiegelebeue errichtet, so heisst dieses Perpendikel das Einfallsloth. Der Winkel i, welchen der einfallende Strahl mit dem Einfallslothe macht, heisst der Einfallswinkel, der Winkel rf welchen der reflectirle Strahl mit dem Einfallslothe macht, heisst der Reflexionswinkel. Der Reflexionswinkel ist jederzeit dem Einfallswinkel gleich. Fig. 240 .

SReflexion dey Sichten auf ebenen Flächen.

233

Dieser wichtige Satz lässt sich mit Hülfe des Apparates Fig. 240 leicht nachweisen. Der Spiegel / , welchen unsere Figur von der Rückseite zeigt, ist um eine verticale Axe drehbar, welche durch den Mittelpunkt des horizontalen halbkreisförmigen Brettes A geht. Die Richtung des Einfallslothes für ein von a in horizontaler Richtung auf den Spiegel fallendes Strahlenbiutdel ist durch den Messingstreifen bc bezeichnet, welcher sich mit dem Spiegel dreht und bei c einen verticalen Zeiger trägt. Um den gekrümmten Theil des Brettes A ist ein dasselbe überragender Halbkreis von Messingblech gelegt, welcher bei a einen verticalen Schlitz hat. Der Vierlelkreis von a nach der rechten Seite ist in 90 Grad getheilt. 3st der Spiegel so gestellt, dass der Zeiger c auf den Theilstrich 10°, 20°, 30° u. s. w. zeigt, so wird ein Strahlenbiutdel, welches durch die Spalte bei a eindringt (am besten ein durch einen Spiegel horizontal gemachtes Bündel Sonnenstrahlen), mit dem Einfallslose des Spiegels einen Winkel von 10, 20, 30 u. f. w. Graden machen und also nach den Theilstrichen 20°, 40°, 60° it. s. w. reflectirt werden. Die Richtung des gespiegelten Strahles ist also durch zwei Bedingungen bestimmt, nämlich: 1) dass der restectule Strahl in derjenigen Ebene liegt, welche durch den einfallenden Strahl und d,as Einfallslos gelegt werden kann, und 2) dass der Reflexionswinkel dem Einfallswinkel gleich ist. Mit Hülfe dieser Grundsätze kann man leicht zeigen, dass ein ebener Spiegel von Gegenständen, die sich vor seiner Ebene befinden, Bilder zeigen muss, und dass Bild und Gegenstand in Beziehung auf die spiegelnde Ebene symmetrisch sind. Es sei rnfrn, Fig. 241, ein ebener Spiegel, L ein leuchtender sPunkt vor demselben, der einen Strahl Li auf den Spiegel sendet. Dieser Strahl wird nun nach den bekannten Gesetzen in der Richtung ic reflectirt, und wenn der gespiegelte Strahl das Auge trifft, fo macht er auf dasselbe denselben Eindruck, als ob er von einem funkte hinter dem Spiegel käme. Ein zweiter von L ausgehender und in if die Spiegelfläche treffender Strahl wird nach i c' reflectirt, uud wenn malt die Strahlen ci und c'if rückwärts verlängert, fo ist ihr Durchfchnittspunkt l derjenige 'Punkt, von welchem aus alle von L kommenden Strahlen nach ihrer Reflexion durch den Spiegel mm' zu divergiren scheinen, kurz l ist das B i l d von L. Run aber ist, wie leicht zu beweisen, das Dreieck iif L gleich ii'l, folglich auch iL = il; ist aber dies der Fall, fo lässt sich auch leicht beweisen, dass die Dreiecke iLk und ilk gleichfalls einander gleich sind, woraus dann weiter folgt, dass Winkel ikl gleich ist dem Winkel ikLr

234

Jfatoptrif.

dass also di e Lini e LI rechtwinkli g steht au s der Spiegelebene mm' un d endlich , dass JcL = hl Um also das Bild eines leuchtenden Punktes in einem ebenen Spiegel zu finden, hat man nur von dem leuchtenden

Punkte ein Perpendikel auf den Spiegel oder feine Verlängerung zu fällen uud dasselbe hinter der Spiegelebene um eben so viel zu verlängern, als der leuchtende 'Punkt vor dem Spiegel liegt. 242. Ta dies nun fur jeden ^nnkt eines Börpers gilt, welcher Sicht aussendet, mag es nun fein eigenes oder zerstreutes Licht fein, so kann man auch leicht das Bild eines Gegenstandes construiren. In Fig. 242 sei MM ein ebener Spiegel, A B ein Pfeil, welchersichvor demselben befindet. Um das Bild der Spitze zufinden,sällt man ein Perpendikel Ah auf die Spiegelebeneundmacht die Verlängerung ah desselben gleich Ah\ alle von A ausgehenden Strahlen scheinen nach der Spiegelung so zu divergiren, als obsievon a kämen; a ist alfo das Bild von A. Ebenfo ergiebtsich,dass b das Bild von B ist. Ter Anblick der Figur zeigt deutlich, dass Bild und Gegenstand in Beziehung auf die Spiegelebene symmetrisch sind. Tie Richtung des reslectirten Strahls lässtsichalfo mit geometrischer Genauigkeit bestimmen, bei der Intensität der reslectirten Strahlen ist dies aber nicht der Fall. Ini Allgemeinen gilt hier Folgendes: 1) Tie Intensität des regelmässig reslectirten Lichtes wächst mit dem Einfallswinkel, ohne jedoch bei rechtwinkligem Auffallen Null zn sein. 2) Sie hängt von dem Mittel ab, in welchem sich das Licht bewegt nnd ans welches es trifft. Wir wollen nnr einige Beispiele anführen, um dies verständlicher zu machen. Wenn die von einer Berzenflamme ausgehenden Strahlen nahe rechtwinklig auf eine zart mattgefchliffeue Glasfläche fallen, so kann man kein Bild der Flamme unterscheiden, man sieht es aber sehr gut, wenn die Strahlen recht schief auf die "Platte auffallen; in diesem Falle kann man das Bild auch auf polirlem Holze, glänzendem farbigen Papier u. f. w. wahrnehmen; es geht daraus hervor, dass die Menge des reslectirten Lichtes um fo grösser ist, je fchiefer die Strahlen einfallen. 127

A n w e n d u n g e n ebener Spiegel. Ebene Spiegel werden öfters zur Construction von physikalischen Apparaten und von Winkelmessinstrumenten angewendet, von denen folgende die wichtigstenseindürften: 1) Tas Heliostat ist ein ebener Spiegel, welcher, vor dem Laden eines

Anwendung ebener Spiegel.

235

verfinsterten Zimmers angebracht, durch eine Heine Oeffnung ein Bündel Sonnenstrahlen in dafselbe hineinwirft. Da die Sonne am Himmel fortwährend ihre Stellung ändert, so muss der Spiegel beständig gedreht werden, wenn das in das dunkle Zimmer eintretende Strahlenbündel eine unveränderte Richtung beibehalten soll. Diese Drehung kann nun entweder mit der Hand oder mittelst eines Uhrwerks ausgeführt werden. Gewöhnlich werden nur Apparate der letztereu Art mit dem Ramen eines Heliostats bezeichnet. 2) Der Spiegelsextant ist einWinkelmessinstrmnent, welches im Supplementbande näher besprochen ist. 3) Poggeudorff's Spiegelapparat ist eine Vorrichtung, welche dazu dient, sehr kleine Drehungen mit Genauigkeit zu messen. In Fig. 243 sei a die Drehungsaxe eines Körpers, welcher um gig, 243 . eine mittlere Lage sich um sehr kleine Winkel hin und her bewegt, und an dessen Axe ein Spiegel st so befestigt ist, dass er die erwähnten kleinen Drehungen mit macht, während er zur Drehungsaxe eine unveränderliche Stellung behält. — Der mittleren Lage st des Spiegels gegenüber ist nun ein Fernrohr aufgestellt und etwas unterhalb desselben parallel mit st ein Massstab mn so befestigt, dass man durch das Fernrohr das Bild der Theilung im Spiegel erblickt. Sobald nun der Spiegel um die Axe a gedreht wird, werden andere und andere Theilstriche vor dem Fadenkrenz des Fernrohrs passiren und so die kleinste Drehung merklich werden. Der Theilstrich, welcher bei der mittleren Lage s t des Spiegels am Fadenkreuze des Fernrohrs erscheint, sei mit 0 bezeichnet und von diesem an die Theilstriche des Massstabes nach beiden Seiten gezählt. Wird nun der Spiegel so gedreht, dass er in die Lage $'t' kommt, so wird ein anderer, und zwar von 0 an gerechnet der nte Theilstrich am Fadenkreuz des Fernrohrs erscheinen; das Einfallsloth ap des Spiegels ist alsdann nach dem Theilstrich ^-gerichtet und 2t für die Tangente des Ablenkungswinkels v ergiebtsichder Werth tang. v = n—, wenn l den Abstand ao des Spiegels vom Massstabe bezeichnet, welcher Abstand natürlich mit der Einheit des Massstabes gemessen sein muss. 4) Das Goniometer ist ein Instrument, welches dazu dient, den Winkel zu messen, welchen zwei an einander granzende Flächen eines Krystalls mit einander machen; ein Reflexionsgoniometer ist aber ein solches, bei welchem die Spiegelung der Lichtstrahlen durch die Krystallflächen zu diesem Zweck in Anwendung gebracht wird.

2 36

S f o t o p t u f. Cine nähere Besprechung des Reflexionsgoniometers findet m a n in

allen

mineralogischen und krystallographischen Lehrbüchern. 5) Winkelspiegel. Wenn zwei ebene Spiegel unter irgend einem Winkel zusammengestellt werden, sosiehtman von einem zwischen ihnen befindlichen Gegenstande mehrere Bilder, deren Zahl von der Reiguug der Spiegel abhängt. In Fig. 244 seien M N und BN zwei unter einem Winkel von 72° (V* des Kreisumfauges) znsammcustossende ebene Spiegel, A ein leuchtender ^uukt, der 244.

C] sich innerhalb des von ihnen gebildeten Winkels befindet. Zunächst wird durch einmalige Reflexion in dem einen Spiegel das Bild B, im anderen das Bild Bx entstehen. Tas Bild B ist aber gleichsam ein Object sür den Spiegel BN, Crist das Bild des Bildes B, wie auch C das Bild des Bildes Bl in 31N ist. In der Figur kann man leicht den Gang der Strahlen verfolgen, welche nach einmaliger Reflexion in das Auge 0 gelaugend, die Bilder B und Bu und nach z w ei maliger Spiegelung die Bilder C und liefern. Fig. 245 ,

Wären die Spiegel unter einem Winkel von 60°, 45°, 36° u. s. w. geneigt gewesen, d. h. betrüge der Winkel, den sie machen, 1 (i , V8, Vio des ganzeu Krcisumfanges, so würde man, den Gegenstand selbst mitgerechnet, 6, 8, 10 u. f. w. Bilder sehen. ö

Flg. 245 zeigt Winlelspiegel, welche einen Winkel von 60° mit einander

Sfefierion au f gekrümmten S p i e g e l n . 2 3 machen.

T a s Kaleidoskop

und das T e b u f k o p sind Anwendungen

7 der

Winkelfpiegel. Wie man sieht, vermehrt sich die Anzahl der Bilder, wenn der Winkel kleiner wird; ihre Anzahl wird unendlich gross, wenn der Winkel der Spiegel Null ist, d. h. wenn die Spiegel einander parallel sind.

Reflexion auf gekrümmten Spiegeln. Wenn ein Lichtstrahl 128 einen gekrümmten Spiegel in einem Punkte trifft, den wir mit a bezeichnen wollen, so wird er vollkommen ebenso reflectirl, als ob er die in a an die krumme Fläche gelegte Berührungsebene getroffen hätte, oder mit anderen Worten, wenn mansichim "Punkte a eiue Normale auf der krummen Fläche errichtet denkt, fo ist diese das E i n f a l l s l o t h .

In der Praxis kommen nur Bugelspiegel, sphärische Spiegel vor, d. h. solche, deren spiegelnde Flächen Stücke von Bugeloberflächen sind, oder vielleicht hier und da noch parabolische Spiegel, wenn essichdarum handelt, die von einem "Pnnkte aus divergirenden Lichtstrahlen in ein paralleles Strahlenbündel zn verwandeln. Zu eigentlich optischen Zwecken werden nur sphärische Spiegel verwendet, von denen auch hier allein die Rede sein kann. Ter Mittelpunkt der Bugeloberfläche, von welcher ein sphärischer Spiegel ein Stück bildet, heisst der Krümmungsmittelpunkt des Spiegels. Denkt man sich von einem Pnnkte a, in welchem ein sphärischer Spiegel von einem Lichtstrahl getroffen wird, einen Radius nach dem Brlunmnngsmittelpnnkt gezogen, fo ist dieser Radius offenbar das Einfallsloth für den Punkt a. Man unterscheidet zwei Hauptarten von Bugelfpiegeln, nämlich Hohlspiegel oder Concavspiegel, bei welchen die innere, dem Brümmungsmittelpunkte zugewendete Fläche die spiegelnde ist, und Convexfpiegel, bei welchen die Reflexion durch die äussere, dem Brümmungsmittelpunkte abgewendete Fläche bewirkt wird. Erste heissen auch Sammel- mitunter auch Vergrösserungsspiegel; letztere Zerstreuuugs- oder Verkleineruugsfpiegel. Tie gewöhulichen Rasirspiegel bilden die bekannteste Form der Hohlspiegel; siesinddurch eiue auf der einen Seite ebene, auf der anderen gewölbte Glaslinse Fig. 246. gebildet, deren Turchfchnitt in Fig. 246 dargestellt ist. Tie ge^ wölbte Fläche AdB ist mit Spiegelamalgam belegt und bildet eigentlich den Hohlspiegel. Tie Reflexion auf der ebenen Vorderfläche A B, welche allerdings sehr schwach ist gegen die Spiegelung auf der belegten gewölbten Fläche A dB, beeinträchtigt doch die Reinheit der Bilder ebenso wie der Umstand, dass die Lichtstrahlen, bevor sie anf die spiegelnde Fläche AdB gelangen können, erst die Glassubstanz durchlaufen müssen. Deshalb darf man, wenn es auf Tarstellung sehr reiner Hohlspiegelbilder ankommt, wie bei Spiegelteleskopen, solche gläserne Hohlspiegel nicht in Anwendung bringen, sondern sphärisch geschlissene Metallflächen. TasSpiegelmetall, dessen man sich zur Herstellung von Hohlspiegeln für

288

Sötoptrik.

Spiegelteleskope bedient, ist eine Legirnng von 2 Theilen Kupfer, 1 Theil Zinn und Vi 6 Arsen. In neuerer Zeit werden zu Construction von Spiegelteleskopen mit dem ^ 247. besien Erfolg Hohlspiegel von Glas M verwendet, welche mit einer ganz dünnen polirten Silberschicht überzogen sind, bei welchen also die äussere, nicht am Glas anliegende Silberfläche die fpiegelnde ist. Fig. 247 stelle den Durchschnitt eines sphärischen Spiegels mit einer durch seinen Krümmungsmittelpunkt und seine Mitte gelegten Ebene dar. Rehmen wir, wie es gewöhnlich der Fall ist, den Kugelspiegel kreisförmig begränzt an, fo wird eine Linie MM, Fig. 247, welche zwei diametral gegenüberstehende Punkte des Spiegelrandes mit einander verbindet, der Durchmesser des Spiegels genannt. Die Linie cd, welche den Krümmungsmittelpunkt c mit der Mitte des Spiegels d verbindet,

heisst die Axe des sphärischen Spiegels; der Winkel endlich, welchen die Linien

cMund cMf mit einander machen, heisst seine Oeffnung.

129

Sphärische Hohlspiegel. Wen

n ei n Strahlenkegel, welcher

von

einem etwas entfernteren leuchtenden Punkte ausgeht, auf einen Hohlspiegel sällt, so werden alle Strahlen desselben so reslectirt, dass siesehrnahe wieder in einem Punkte vereinigt werden, vorausgesetzt, dass die Oessnung des Spiegels höchstens 6 bis 8° beträgt. Betrachten wir zunächst die Strahlen, welche von einem aus der Axe in unendlicher Entfernung liegenden Punkte ans aus den Spiegel fallen. Da die Divergenz dieser Strahlen verfchwindend klein ist, so sind sie sämmtlich als mit der Axe parallel zu betrachten. In Fig. 248 sei ab ein Lichtstrahl, welcher parallel mit der Axe in b den Hohlspiegel trisst. Denken wir uns vom Fig. 248.

Krümmungsmittelpunkte G des Hohlspiegels einen Radins nach b gezogen, so ist dies das Einfallslos für den einfallenden Strahl ab, man findet also die Richtnng des reflectirten Strahles, wenn man Winkel r gleich Winkel i macht. Da nun aber auch Wiukel x gleich Winkel i, so ist das Dreieck bFG ein gleichscheukeliges, uud zwar ist bF = FC. So lauge aber der Wiukel x klein bleibt, der Bogen bd also nur wenige Grade überspannt, ist bF FC nicht

Sphärische Hohlspiegel.

239

merklich grösser als der Radius bö, es ist also auch FC

=

1

/2dC

=

1

/-2bC-

der ^ßunkt F also, in welchem der reslectirte Strahl die Axe schneidet, liegt in der Mitte zwischen dem Krümmnngsmittelpnnkle G und der Mitte des Spiegels d. D a die s nu n wah r ist , s o lang e de r Winke l x klei n genu g bleibt , s o solgt ,

dass ei n Hohlspiegel, desse n K r f o n m n n g vo n de r M i t te bi s zum R a n d e gerin g ist, all e Strahlen, welch e parallel mit de r Ax e au f ih n fallen , i n eine m Punkte F

vereinigen werde , welche r n m den h a l b e n Krümmungshalbmesser vo n de r M i t t e des Spiegels entfernt ist, wie dies durch Fig. 249 anschaulich gemacht wird. Dieser VereinignngsFig. 249 . punkt parallel mit der Axe

aus deu Hohlspiegel fallender Strahlen wird der Foens oder Brennpnnkt

des Hohlspiegels genannt.

Wenn die Oessnung des Hohlspiegels, also die Fig. 250.

Krümmung von der Mitte bis znm Rande über gewisse Gränzen hinaus wächst, wie bei dem Fig. 250 dargestellten Hohlspiegel, so werden die Randstrahle n nich t mehr

im Brennpunkte F die Axe schneiden können; denn so-

bald die Winkel i und r eine namhafte Gröss e erreichen ,

wird anch die Summe der beiden Dreieckseiten nc und nb namhaft grösser sein als b c, der knickt n wird also dem Spiegel näher liegen als der Brennpnnkt

F.

Rur diejenigen Strahlen, welche in den mittleren Theil des Spiegels einfallen, und welche man die centralen Strahlen nennt, werden im Brennpunkte vereinigt, für die weiter nach dem Rande hin den Spiegel treffenden rückt der $unkt, in welchem sie nach der Reflexion die Axe fchneiden, dem Spiegel selbst um fo mehr zu, je weiter von der Axe entfernt sie den Spiegel treffen. Für optifche Zwecke sind nur folche Hohlspiegel brauchbar, welche alle von einem 'Punkte ausgehenden anf den Spiegel fallenden Strahlen anch wieder in einem funkte vereinigen, alfo Spiegel, deren Krümmung von der Mitte bis znm Rande oder, was dasfelbe ist, deren Oeffnnng sehr klein ist. In dem Fol? genden foll anch nur von solchen Hohlspiegeln die Rede sein. D e r erwähnte Fehler, bass nicht alle mit der Axe parallel einfallenden

Strahlen genan in einem Punkte vereinigt werden, wird fphärische Aberration genannt.

240

ftatoptrif.

Wenn der leuchtende Pnnkt nicht unendlich weit liegt, sondern in solcher Entfernung, dass man die Divergenz der den Spiegel treffenden Strahlen nicht mehr vernachlässigen darf, so ändert auch der Vereinigungspunft seine Stellung, und zwar rückt er vom Spiegel mehr uud mehr weg, je mehr sich der leuchtende Punkt nähert.

Dass dem so sei, ist aus Fig. 2 5 1 leicht zu sehen.

Je

näher

der leuchtende Punkt A rückt, desto kleiner wird, i, desto kleiner wird also auch rf Fig. 251 .

und desto mehr rückt also a nach G hin. Wenn man also einen leuchtenden Punkt, der so weit vom Spiegel entfernt ist, dass seine Strahlen im Hauptbrcnnpunkte wieder vereinigt werden, dem Spiegel fortwährend nähert, so wird der Vereinigungspnnkt vom Hanptbrennpnnkte fortwährend dem Krümmungsmittelpnnkte näher rücken, bis endlich, wenn der leuchtende Punkt im Centrum des Spiegels steht, der Vereinigungspnnkt mit dem leuchtenden Punkte zusammenfällt. Rückt der leuchtende Punkt dem Spiegel noch näher, so fällt der Vereintgungspunkt weiter und weiter vom Spiegel. Läge z. B. der leuchtende Punkt in a, so würde A der Vereinigungspnnkt sein, nnd wenn der lenchtende Punkt den Brennpunkt selbst einnimmt, so werden seine Strahlen vom Spiegel parallel mit der Axe reflectirt. Genaueres über die Lage des Vereinignngspunktes findet man im Supplementbande. In Fig. 252 ist noch der einzig übrige Fall dargestellt, nämlich dass der leuchtende Punkt A zwischen dem Spiegel und dem Brennpunkte Fig. 252 .

a

C

F l i e g t . Hier werden die Strahlen so reflectirt, dass sie nach der Reflexion divergiren, als ob sie von einem Punkte a kämen, der hinter dem Spiegel liegt und den man für jeden besondern Fall durch Construction leicht finden kann.

Hohlspiegelbilder.

241

Wir haben bisher nur solche leuchtende Punkte betrachtet, welche anf der Aye des Spiegels lagen, solche 'Punkte also, fur welche die Axe des auf den Spiegel gesandten Strahlenkegels mit der Axe des Spiegels zusammenfiel. Alle bisher entwickelten Gesetze gelten aber auch fur folche leuchtende Punkte, welche ausserhalb der Axe des Spiegels liegen; es fei z. B. in Fig. 253 A ein solcher Fig. 253 .

leuchtender sPuukt. Zieht man von A Uber C eine Linie nach dem Spiegel, so ist dies die Axe des von A auf den Spiegel gefandteu Strahlenkegels, und auf dieser Axe müssen sich alle von A ausgehenden Strahlen wieder vereinigen. Wenn ein ganzes Bündel Strahlen mit ACb parallel auf den Spiegel fiele, so würdensiesichnach der Reflexion im 'Punkte / vereinigen, der in der Mitte zwischen 0 und b liegt; da aber die von A ausgehenden Strahlen divergiren, so liegt ihr Vereinigungspunkt weiter vom Spiegel ab als / . Man kann nun diesen Vereinigungspunkt leicht durch folgende Construction finden. Man ziehe von A eiue Linie A n parallel mit der Axe des Spiegels. Ein Strahl, der in dieser Richtung den Spiegel trifft, wird aber bekanntlich nach dem Hauptbrennpunkte F reflectirt; zieht man nun von n über F eine gerade Linie, so wird diese die Linie ACb schneiden, und der Durchschnittspunkt a ist offenbar derjenige, iu welchem alle von A ausgehenden Strahlen nach ihrer Reflexion durch den Spiegel wieder vereinigt werden, kurz a ist das Bild von A. Umgekehrt würde vou einem leuchtenden funkte in a ein Bild in A entstehen. H o l i l s p i e g e l b i l d e r . In Fig. 254stelleAB einen Gegenstand vor, ISO der sich zwischen dem Suuumungsmittelpunkte C des Spiegels und dem HauptbrennFig. 254 .

punkte F befindet. Nach dem, was eben gesagt wurde, ist es leicht, das Bild des Punktes B zu finden; es liegt in b, und alle von B ausgehenden den Spiegel

SKtiller's ®rundri6 der ^hufif.

ftatoptrif.

2 42

treffenden Strahlen werde n i n b vereinigt. Cbenf o findet ma n da s Bil d a des Punktes A, uu d f o ergiebt fich, das s m a n durch eine n H o h l s p i e g e l v on einem Gegenstand e AB, welche

r zwische n de m B r e n n p u n k t e u u d de m

M i t t e l p u n k te de r K r ü m m u ng l i e g t , e i n v e r k e h r t e s, v e r g r ö ß e r t e s Bil d jenseit s G erhält .

T a di e vo n B ausgehenden Strahlen i n b gesammelt werden , f o werden anch umgekehrt, wenn b ein lenchtender Pnnkl ist, die von ihm ausgehenden Fig. 255 .

Strahlen dnrc h de n Spiegel nac h B reflectir l werden; kur z B is t i n diesem Falle da s Bild vo n b; ebenso is t A da s Bil d vo n a. W e n n fic h als o ein G e g e n s t a n d ab j e n s e i t s d e s M i t t e l p u n k t e s G b e f i n d e t , f o w i r d de r H o h l s p i e g el v o n i h nt e i n v e r k e h r t e s , v e r k l e i n e r t e s B i l d zwische n de m M i t t e l p u n k te G n n d dem H a n p t b r e n n p n n k te F entwerfen . T i e Bilder , welch e wi r foeben betrachtet haben, fin d vo n denen de r ebenen Spiegel wesentlic h verschieden. All e Strahlen, welch e vo n einem leuchtende n Punkte ausgehen, werde n vo n einem ebene n Spiegel i n einer folche n Richtun g reflectirl, a l s ob fi e vo n eine m funkt e hinte r de m Spiegel herkämen; fi e diver giren alf o vo n einem'Punkte, i n welchem fie ni e vereinig t waren. Solch e Bilde r werden al s v i r t u e l le B i l d e r , S c h e i n b i l d e r, bezeichnet . In de n eben bes austrachteten Fälle n wurde n abe r di e von einem Punkt e de s Gegenstande gehenden Strahlen durc h de n Spiegel wirklic h wiede r i n einem Punkte gesammelt und deshal b werde n dies e Bilde r zu m Unterschiede vo n den virlnellen Bilder n S a m m e l b i l d er genannt . Dies e Sammelbilder kan n ma n auf einem Schirm e von weisse m Papier ode r mattgeschliffenem Glas e auffange n un d fo ein Bil d erhalten, welches fich gerade so verhält wi e der Gegenstand selbst; di e durch die Concentration de r Strahlen star k erleuchteten Punkt e de s Schirms (vo n de m natürlich fremdes Lich t abgehalten sei n muss) zerstreuen nämlic h da s Lich t nac h allen Seiten hin , un d somi t wir d da s Bil d selbs t dann noc h sichtbar, wen n di e vom Spiegel reslectirten Strahlen nich t direc t in s Aug e gelangen. T i e Sammelbilder lassen sic h als o au s zweierlei Weis e beobachten, nämlic h e r s t e n s, wen n ma n si e aus einem Schir m aussängt, un d z w e i t e n s, wen n ma n da s Aug e a n eine entsprechende Stell e de s Strahlen bündels bringt , welches vo n de m Bereinignngspnnkle an s divergirl .

Hohlspiegelbilder.

243

Man kann also z. B. das Bild des Punktes B, Fig. 255, sehen, wenn mau das Ange in das von b ans divergirende Strahlenbündel bringt. In diesem Falle scheint das Bild vor dem Spiegel in der Lnft zn schweben und wird deshalb auch Lustbild genannt. Fig. 256 stellt eiueu Apparat dar, welcher dazu dieut, die Gesetze der durch Hohlspiegel erzeugten Sammelbilder nachzuweisen. Je weiter der Gegenstand von dem Hohlspiegel entfernt wird, desto mehr mnss sich begreiflicherweise das Bild dem Hauptbrennpunkte nähern, das Bild Fig. 256 .

der gleichsam unendlich weit entfernten Sonne muss alfo im Hauptbrennpunkte felbst liegen, wenn die Axe des Spiegels nach der Sonne gerichtet ist. Fallen die Sonnenstrahlen schräg, also nicht in der Richtuug der Spiegelaxe, auf, fo liegt das Bild natürlich nicht mehr in der Spiegelaxe, fondernseitwärts,seine Entfernung von dem Spiegel ist aber stets dem halben Krümmungshalbmesser desselben gleich. Da uns die Sonne unter einem Winkel von ungefähr 30' erscheint, so muss auch das Sonnenbildchen, vom Krümmungsmittelpnnkt aus gesehen, unter demselben Winkel erscheinen, seine absolute Grösse hangt also von dem Krümmungshalbmesser des Spiegels ab. 3m Brennpunkte des grossen Reflectors von Herfchel z. B., deffen Krümmungshalbmesser 50 Fuss ist, hat das Sonnenbild ungefähr 3 Zoll Durchmesser; der Durchmesser des Sonnenbildes ist ungefähr 3 Millimeter, wenn der Krümmungshalbmesser des Spiegels 1 Meter ist. Ilm den Krümmungshalbmesser eines Hohlspiegels zu finden, braucht man nur zu messen, wie weit das Sonnenbildchen vom Spiegel liegt; denn diese Entforming doppelt genommen ist ja dem Krümmungshalbmesser des Spiegels gleich.

Die Bilde r solcher Gegenstände,welch e u m meh r al s di e 100fache Läng e des Krümmungshalbmesser s vo m Spiegel entfern t sind , sin d de m Brennpunkte selbst noc h ganz ausserordentlich nahe . 16*

244

ftatoptrif.

Wir haben jetzt die Lage des Bildes nnr noch für den Fall zn ermitteln, dass der Gegenstand zwischen dem Spiegel und dem Brennpunkte liegt. Wir haben gesehen, dass alle Strahlen, welche von einem leuchtenden s

Pnnkte ausgehen, der dem Hohlspiegel näher liegt als der Hanptbrennpnnkt, so reflectirt werden, als ob sie von einem Pnnkte hinter dem Spiegel herkämen; in dem eben zu betrachtenden Falle kann also natürlich kein Sammelbild entstehen, wir haben es mit einem virtuellen Bilde zu thuit. In Fig . 2 5 7 se i AB de r Gegenstand, dessen Bil d wi r snchen wollen . Fig. 25 7

Nach den oben entwickelten Principien ist es leicht, die Lage des Punktes a zn ermitteln, von welchem die von A kommenden Strahlen divergiren, nachdem sie von dem Hohlspiegel reflectirt worden sind. Ebenso lässt sich das Bild b des 'Punktes B sinden; wenn alfo der Gegenstand zwischen dem Brennpunkte und dem Spiegel liegt, so fällt sein vergrößertes aufrechtes Bild hinter den Spiegel, es verhältsichalso, die Vergrößerung abgerechnet, ganz wie die Bilder der ebenen Spiegel. 131

D i e C o n v e x s p i e g e l haben keine wirkliche, sondern nnr eingebildete Brennpunkte, d. h. die Strahlen, welche sie treffen, werden nicht in einem

Fig. 25a

C

'Punkte vereinigt, sondern sie divergiren nach der Spiegelung so, als obsievon einem Punkte hinter dem Spiegel herkämen. Wenn ein Eonvexspiegel von einem

Bon den Brennlinien.

245

Strahlenbündel getroffen wird, welches der Spiegelaxe parallel ist, wie Fig. 258 zeigt, so werden alle Strahlen so reslectirt, als ob sie vom Hanptzerstreuungspunkte F kämen, welcher in der Mitte zwischen dem Spiegel und dem Mittel? punkte C liegt. Temnac h is t es leicht , di e Bilder z u construiren, welche man durch solche Spiegel erhält. Cs sei AB, Fig. 259, ein vor einem Convexspiegel befindlicher Gegenstand. Cin Strahl, welcher von A i n der Richtung AC au s den Spiegel sällt, wir d i n

A

\

Fig. 259 .

derselbe n Richtung reslectirt, i n welcher er kam, da s Bil d vo n A muss also auf der Linie A C liegen. Ci n Strahl , de r von A au s paralle l mi t de r Spiegelaxe in n auf den Spiegel trifft (der Buchstabe n ist in der Figur aus Mangel an Raum weggelassen), wird so reflectirl, als ob er vom Hanptzerstrennngspnnkte F käme; da s Bild vo n A lieg t als o i n de m Tnrchschnittspnnkte a der Linie n AC nnd nF. Alle von A ausgehenden Strahlen werden von dem Convexspiegel so reflectirl, als ob sie von a herkämen. Rachdem man anch das Bild b des Punktes B gefnnden hat, überzeugt man sich leicht, dass man durch Convexspiegel verkleinerte aufrechte Bilder hinter dem Spiegel erhält. Tie Bilder der Convexspiegel sind stets virtuelle Bilder. Unsere Figur stellt den Verlauf des von B aus divergirenden und von dem Convexspiegel reflectirlen Strahlenbündels dar. V o n den B r e n n l i n i e n . Wenn die von einem leuchtenden Punkte 132 ausgehenden Lichtstrahlen nach ihrer Reflexion durch eine krumme Oberfläche nicht genau in einem und demselben Punkte wieder vereinigt werden, so werden sich doch imme* je zwei benachbarte reslectule Strahlen schneiden; alle Turchschnittspunkte je zweier benachbarten in einerlei Cbene reflectirlen Strahlen geben eine krumme Linie, die man Brennlinie oder kaustische Linie nennt, und deren Natur von der Ratur der spiegelnden Fläche abhängt. Tie Gestunmtheit aller durcheilte spiegelnde krumme Oberfläche erzeugten Breititliuieit bilden zusammengeuommeit eine krumme Fläche, welche kaustische Fläche heisst. In der Nähe derselben ist die Intensität des Lichtes am grössten, wie man dies alt der herzförmigen Linie sehen kann, die sich innerhalb eines cylindrischen Gefässes

246 ftatoptrif. oder eines Ringes zeigt, wenn derselbe vom Sonnenlicht oder dem Sichte einer Fig. 260.

Flamme beleuchtet wird. linien.

Tie Fig. 260 erläutert die Entstehung der Brenn-

Drittes Capitel. Dioptrik oder Brechung des Lichtes.

Das Brechungsgesetz.

Unte r B r e c h u n g versteh t ma n di e Ablen kung, die Richtungsveränderung, welche ein Lichtstrahl erleidet, wenn er ans

einem Mittel in ein anderes übergeht. Daß überhaupt einesolcheRichtungsversänderung stattfindet, davon kann mansichleicht durch folgenden Versuch überzeugen. Auf den Boden eines Gefässes vv', Fig. 261, lege man ein Geldstück oder sonst ein Metallstück m nnd halte das Ange a so, dass man eben den Rand desselben sieht, während das ganze Stück Fig. 261 . dnrch den Rand b des Gefässes verdeckt erfcheint.

W e n n nnn Wasser in das

Gefäss gegofsen wird, so scheint sich das

Geldstück in dem Masse zn erheben, in welchem das Rivean des Wassers im

Gefässe steigt, bis endlich das ganze Geldstück sichtbar ist, nnd bei n zu liegen fcheint, obgleich nach wie vor dieses sowohl als anch das Ange an seiner Stelle bleibt. D a s Licht gelangt jetzt nicht mehr in gerader Linie von m nach a, sondern es beschreibt die gebrochene Linie m i a .

In Fig. 262 (a. s.S.) fei In ein Lichtstrahl, welcher in n eine Wasserfläche trifft. Denken wir uns nnn in n das Einfallsloth pp' errichtet, so ist der Winkel i, welchen der einfallende S t r a h l mit demselben macht, der Einfallswinkel. Beim Uebergan g an s Lnf t i n Wasse r bleib t nn n de r Strah l i n de r durc h

den einfallenden Strahl nnd das Einfallsloth gelegten Ebene, d. h. er bleibt in der Einfallsebene, im Wasser aber verfolgt er eine Richtung ns, welche mit dem Einfallsloth einen Winkel r macht, welcher kleiner ist als der Einfallswinkel.

Dioptrik.

248

Der Winkel r , welchen der gebrochene Strahl n s mit dem Einsallsloth

macht, wird der Brechungswinkel genannt. Fig. 262.

3*8-

Zwischen dem Einfallswinkel uud dem Brechnngswinkel besteht nnn eine Beziehnng, welche dnrch Fig. 263 erläutert wird. Es sei In ein Lichtstrahl, welcher bei n auf eine Wasserfläche trifft, ns sei der entsprechende gebrochene Strahl. Denkt man sich nnn nm n einen Kreis gezogen, so schneidet derselbe den einfallenden Strahl bei a, den gebrochenen bei b\ fällt man nnn von a ein Perpendikel ad, von b ein Perpendikel bf anf das Einfallslos, so wird/b stets 3 /4 von ad sein. Wenn der Radius des Kreises — 1 gesetzt wird, so nennt man die erwähnten Perpendikel die Sinns der entsprechenden Winkel; es ist ad der Sinus des Einfallswinkels i, b f aber ist der Sinns des Brechuugswinkels r. Durch die Einführung dieser Bezeichnung lässt sich aber nnn das Brechnngsgesetz für den Uebergang der LichtFig. 264. strahlen ans L u f t i n Wasser ganz einfach so ausdrücken: Der Siuus des Einfallswiukels ist stets Vs oker genauer 1,334 vondemSinus des entfprechendenBrechnngsw i n k e l s oder in Zeichen

sini = 1,33 4 sinr. DasBrechnngsgefetz, wie es eben auseinander-

gesetzt wurde, lässt sich mit Hülse des Apparates Fig. 264 nachweisen. Das Gesäss ist zur Hälste seiner Höhe mit Wasser gestillt. Ein Lichtstrahl nun, welcher dnrch eine Spalte in der Mitte der undurchsichtigen Wand ab in das Gefäss eindringt, wird üt der obe-

Das Brechung§gefe£.

249

ren Hälfte in gerader Richtnng fortgehen, im Wafser aber gebrochen werden. An der Theilnng der hinteren halbkreisförmigen Wand kann man die Grösse des Einfalls- nnd des zugehörigen Brechnngswinkels ablesen. Es versteht sich von selbst, dass die Spalte i n de r Mitt e vo n a b durch Glas verfchlofsen ist. A m be*

sten macht man die Wand a b aus eiuer Glasplatte, welche bis aus einen schmalen Streifen in der Mitte mit undnrchfichtiger Farbe bestrichen ist. Beim Uebergange ans Lnst in Glas erleiden die Lichtstrahlen eine stärkere Ablenkung als beim Uebergange ans Lnft in Wafser; denn in diesem Falle ist der Sinns des Brechungswinkels ungefähr 2/3 *)om Sinns des Einfallswinkels. Ter Onotient, welchen man erhält, wenn man den Sinns desBrechnngswinkels in den Sinns des Einfallswinkels dividirl, ist für jede Substauz ein anderer; dieser Onotient wird mit dem Ramen des Brechnngsexponenten bezeichnet. Für den Uebergang ans Luft sind Folgendes die Werthe der Brechuugs* exponenten einiger bekannten Stoffe: Wasser 1,334 Flintglas . . . . 1,664 Alkohol 1,372 Schwefelkohlenstoss . 1,680 Benzol 1 , 5 0 0 Anisö l 1,811 Crownglas . . . . 1,53 3 Tiamant . . . . 2,47 0 Beim Uebergange ans Luft in Tiamant ist alfo der Sinns des Einfallswinkels beinahe 21/2 mal fo gross als der Sinus des Brechungswinkels; im Tiamant erleiden alfo die Lichtstrahlen eine sehr starke Ablenkung, der Tiamant ist eine sehr stark brechende Substanz. Allgemein lässt sich also das Brechungsgesetz durch die Gleichung: 1)

sini = n . sinr oder

sini sinr

ausdrücken. 3st n der Brechungsexponent beim Uebergange des Strahls aus Luft in das Mittel A, ist ferner m der Brechungsexponent beim Uebergange ans Luft in das Mittel Bf so ist 4

der Brechungsexponent beim Uebergange von.A in B.

e

Es sei z. B. /3 d r Brechungsexponent beim Uebergange ans Luft inWaffer, und % der Brechungsexponent für den Uebergang des Strahls aus Luft in Glas, fo ist % : V3 = 9/s der Brechungsexponent beim Uebergange des Strahls an s Wafser i n G l a s . Ter grösste Werth, welchen der Einfallswinkel i beim Uebergang in ein stärker brechendes Mittel haben kann, ist 90°, und da sin 90° = 1, so hat man für diesen Fall 1 smr = — n Ter sich aus dieser Gleichung ergebende Werth von r wird der Gränzwinkel genannt. Für Luft und Wafser ist n =

V3, alfo — = n

3

U — 0,75;

250

Dioptrik.

nun ist aber 0,75 = sin (48° 350, mithin ist für Luft uud Wasser 48° 35' der Gräuzwiukel; niemals kann ein Lichtstrahl, welcher aus Luft in Wasser tritt, nach der Brechung einen grösseren Winkel mit dem Cinfallslothe machen. Wenn hingegen ein Lichtstrahl, sich im Wasser fortpflanzend, einen Winkel

von 48° 35' mit einem Cinfallslothe macht, fo wird er nachseinemAustritt in die Luft einen Winkel von 90° mit dem Lothe machen, d. h. er wird fich parallel der Trennungsfläche bewegen; alle im Waffer fich bewegenden Strahlen aber, welche ntit dem Cinfallsloth einen Winkel machen, der den Werth des Granzwinkels übersteigt, können gar nicht mehr anstreten, sie werden an der Gränzfläche des Waffers vollständig gefpiegelt. Tiefer Fall der totalen Reflexion ist der einzige Fall einer Spiegelnng anf durchsichtigen Körperm, bei welcher der Strahl fast nichts an seiner Ursprünglichen Intensität verliert. Ten Unterschied zwischen gewöhnlicher Glasreflexlon und totaler Reflexion im Glase kann man am besten durch folgenden Bersuch anschaulich machen. Man stelle zwei rechtwinklige gleichseitige Glasprismen (siehe den folgenden Paragraph) fo zufammen, wie Fig 265 zeigt. Fällt nun von einem etwas entsernten Gegenstand, etwa von einer brennenden Kerze, ein Lichtstrahl V c rechtFig. 265. winklig aus die Bordersläche des Prismas A auf, fo wird er fast vollständig in die Glas^ maffe eintreten und bei b die Rückwand in einer Richtung treffen, welche einen Winkel von 45° mit dem Cinfallsloth von b macht. Ta nun aber der Gränzwinkel für Glas nahe 41° ist, fo kann der Strahl bei b nicht in Lust eintreten, er wird vollständig reslectirt und deshalb sieht ein in o' befindliches Auge ein 0 sehr lichtstarkes Bild der Kerze, während das Bild der Kerze, welches durch die Reflexion der Lichtstrahlen bei a auf der Borderstäche des Prismas B entsteht, uugleich lichtfchwächer ist, weil ein Theil der in der Richtung la einfallenden Strahlen in die Glasmafse eindringt und nur ein Theil derselben bei a gespiegelt wird.

134

Brechung des Lichtes in Prismen. Wenn ein Lichtstrahl aus einem Mittel A in B und aus B wieder in A übergeht, so ist der austretende Strahl n' V, Fig. 266, dem eintretenden n l parallel, wenn die beiden Granzslächen von B einander parallel sind; ist dies jedoch nicht der Fall, so wird die Richtung des austretenden Strahls mehr oder weniger von der des eintretenden abweichen, Fig. 267. Mit Hülse des Brechungsgesetzes ist es leicht, in jedem bestimmten Falle der Art den Weg des Lichtstrahls zu verfolgen. In der Optik nennt man nun ein von zwei gegen einander geneigten Flächen begränztes durchfichtiges Mittel ein Prisma. — Tie Kante des Prismas ist die Linie, in welcher sich die beiden Gränzstächen schneiden oder doch fchneiden würden, wenn sie hinreichend verlängert wären. — Tie Bafis eines Prismas ist irgend eine der brechenden Kante gegenüberliegende Flache,

Brechung de§ Sichten in Prismen.

251

mag sie nuu iu der Wirklichkeit vorhanden oder mag sie nnr gedacht sein. —

Der brechende Winkel ist der Winkel, welchen die brechenden 'Flächen [des Fig. 266 . Fig

. 267 .

Prismas mit einander machen. — Hanptschnitt nennt man den Durchschnitt des Prismas mit einer ausseinerKante rechtwinkligen Ebene. Gewöhnlich wendet man Prismen an, welche dnrch drei rechtwinklige Flächen abb'a',

bcb'c' nn

d cac'a', Fig

268. b'

t,

. 268 , begränz t sind . Wen

n da s

£icht durch frie Sllichen ab' nnd ac' hindurchgeht, so ist aa! die brechende Kaute uud die Fläche be' die Basis; b b' ist brechende Kante, wenn der Lichtstrahl dnrch die Flächen ba' und bc' geht n. s. w.

a

V

Der Hauptschnitt eines solchen P r i s m as is t eiu Dreieck, uu d j e nachdem

dieses Dreieck rechtwinklig, gleichschenklig oder gleichseitig ist, nennt man anch das P r i s m a selbst r e c h t w i n k l i g ,

gleichschenklig oder

gleichseitig.

So

z. B. zeigt Fig. 265 die Hauptschnitte zweier rechtwinkliger, gleichseitiger prismen, während Fig. 270 den Hanptschnitt eines gleichseitigen Prismas zeigt. Gewöhnlich befestig t m a n die P r i s m en an s einem messingenen S t a t i v , Fig. 269. Indem man das Stäbchen t in der Röhre, in der es steckt, ans- uud niederschiebt, kan n m a n d a s P r i s ma höhe r ode r tiefe r stellen, n n d mittelst des C h a r n i e rs be i g kan n m a n ih m jed e beliebig e S t e l l u n g geben . Wenn von irgend einem Gegenstande a, Fig. 270, etwa von einer brennenden Kerze ein Lichtstrahl in der Richtung a b auf ein Prisma fällt und in der Richtnng co austritt, so wird ein in o befindliches Auge die Flamme a nach der Richtung oa' sehen, der Gegenstand erscheint alfo durch das Prisma gesehen nach der Seite der brechenden Kante hin abgelenkt. Das abgelenkte Bild a' erscheint aber auch aus eine eigentümliche, später näher zu besprechende Weise g e s ä r b t .

252

Dioptrik. Wenn ei n Sonnenstrah l durc h ein e klein e Oeffnun g i n de r Richtnn g b d,

Fig. 271, in ein dnnkles Zimmer tritt, und man ihn durch ein «Prisma aus* Fig. 269. Fig. 270.

sängt, fo beobachtet man ebenfalls eine Ablenkung und eine Färbung. Statt des weissen Sonnenbildchens d, welches auf einer der Oeffnung b gegenüberstehenden weissen Wand entstehen würde, wenn das Prisma s nicht vorhanden wäre, werden die einfallenden Sonnenstrahlen nun fo abgelenkt, dass bei r v ein in die^j Länge gezogenes gefärbtes Sonnenbild, das Spectrum, entsteht. Die eben angedeuteten Farbenerfcheinungen werden wir später betrachten und uns vor der Hand nur mit der Ablenkung beschäftigen. Die Ablenkung der Lichtstrahlen, welche ein Prisma bewirkt, d. h. der Winkel, welchen der eintretende Strahl In, Fig 272, mit dem austretenden Strahl n'V macht, ist die Summe der Ablenkungen, welche er an der Eintritts- und an der Austrittsfläche Fig. 271.

erleidet. Bezeichnen wir alfo mit d die Ablenkung, welche der Strahl in n beim Eintritt, mit d' die Ablenkung, welche er in nf beim Austritt aus dem

Brechung de* Sichten in ^ri§mm.

253

"Prisma erleidet, fo ist die Totalablenknng D, welche das Prisma hervorbringt,

D = d + df. Ti e Totalablenkung D , welch e ei n Prisma hervorbringt, is t unter übrigens glei chenUmständen n m s o grösser, j e grösser der brechende Winkel ist . Betrag t dieser

Winkel 60°, so ist die Ablenkungstärker,als wenn er nur 45° betrüge. Eiu "Prisma, welches ans einer stärker brechenden Snbstauz besteht, leukt die Lichtstrahlenstärkerab, als ein ganz gleich geformtes Prisma einer schwächer brechenden Substanz. Für ein Wasserprisma ist die Ablenkung geringer als sür ein Glasprisma von gleichem brechenden Winkel. Für ein uud dasselbe "Prisma hängt die Grösse der Ablenkung noch von der Richtung ab, in welcher die Lichtstrahlen aus die erste Fläche treffen. Wenn man durch ein "Prisma einen Gegenstand betrachtet, fosiehtman, wie das Bild sich bald weiter von der Stelle des Gegenstandes entfernt, bald fich ihm wieder nähert, wenn man das Prisma umseineAxe dreht. Tie kleinste Ablenkung findet für den Fall Statt, dass die Strahlen das "Prisma symmetrisch dnrchlaufen, d. h..wenn der Strahl innerhalb des "Prismas gleiche Winkel mit der Eintritts- und mit der Austrittsfläche macht, wie dies z. B. für den Strahl Inop, Fig. 273, der Fall ist. Tie Ablenkung dieses Lichtstrahls ist kleiner als Fig. 272. Fig

. 273 .

Richtung o" p" austritt, und auch kleiner als die Ablenkung, welche der in der Richtung V n einfallende und in der Richtung o'p' austretende Strahl erleidet. Tas Minimum der Ablenkung, welche die Lichtstrahlen in einem Prisma erleiden, ist wichtig, weil man sich derselben znr Berechnung des Brechungsexponenten der Prismensubstanz bedient. Bezeichnen wir mit g den brechenden Winkel des "Prismas, mit D das Minimum der Ablenkung, welche es hervorbringt, so haben wir zur Bestimmung des Brechungsexponenten n der Prlsmensubstanz die Gleichung . D + g sm 2 n = 1)

254

Dioptrik.

Tie Ableitun g diese r Forme l finde t fic h im Supplementband . Wenn der brechende Winkel des Prismas klein ist, so bleibt die Grösse der Ablenkung sehr nahe dieselbe, weun auch die Richtuug des eiusalleuden Strahles sich ändert. Cs ist dies zumBerstäuduiss der Theorie der Liusen von Wichtigkeit. Um Prismen aus Flüssigkeiten zu bilden, wendet man Hohlprismen an, deren Seiteuwände durch geschlisseue Glasplatten gebildet sind. Cine eingehendere Besprechuug der Brechung des Lichtes in Prismen sindet man in den entsprechenden Paragraphen des Supplementbandes. 135

S p h ä r i s c h e L i n s e n . Linsen nennt man durchsichtige dnrch zwei krumme Oberstächen begränzte Körper, welche die Cigenschaft haben, ein Strahlenbitndel, welches sie trisft, mehr convergent oder mehr divergent zu machen. Wirbefchäftigen uns hie r nu r mi t sphärische n Linsen , d.h . mi t solchen, deren Gränzflächen Stücke von Kugeloberflächen siud, weil diese allein zu optischeu Instrumenten

verwende

t werden .

Man unterscheidet zwei Hauptarlen von Linsen, nämlich: 1) Sammellinsen, welche in der Mitte dicker sind als am Rande, nnd 2) Zerstrennngslinsen, bei welchen das Umgekehrte stattfindet. F i g. 2 7 4 stellt dre i verschiedene F o r m e n vo n S a m m e l l i n s ne oder , wi e m an si e anch n e n n t , vo n C o n v e x l i n s en d a r . R r . 1 is t ein e b i c o n v e x e , Rr. 2 eine planconvexe nnd Rr. 3 endlich eine concavconvexe Linse. F l g. 2 7 5 stellt dre i verschiedene F o r m e n de r Z e r s t r e n n n g -sode r C o n cavlinsen dar, nämlich Rr. 1 eine biconcave, Rr. 2 eine planconcave Fig. 274. Fig. 275 .

nnd Rr. 3 ein convex concave Linse. — Tie Formen Rr. 3 in Fig. 274 nnd Fig. 275 werden anch Menisken genannt. Tie Axe einer Linse ist die gerade Linie, welche die Mittelpunkte der beiden Kugeloberflächen verbindet, durch welche die Linse gebildet wird. Bei den planconvexen ttnd planconcaven Linsen ist die Axe das von dem Krümmungsmittelpunkle der gewölbten Fläche aus die ebene Fläche gesällte Perpendikel. 136

S a m m e l l i n s e n . Um die wichtigsten Sätze über die Wirkung der Sammellinsen abzuleiten, wollen wir von der Betrachtung des einfachsten Falles, nämlich der planconvexen Linsen, Fig. 274 Rr. 2, ausgehen. Auf die ebene Seite AB, Fig. 276, einer folchen Linse falle ein Licht-

Sammellinsen.

255

strahl ab parallel mit der Axe MNf so wird er ungebrochen in die Glasmasse eintreten nnd bei b austretend nach der Richtnng bF gebrachen werden. Wir Fig 276 .

wollen den Abstand des Punktes F, in welchem der austretende Strahl die Axe schneidet, von der Linse, also die Länge F e bestimmen. Ziehen wir den Krümmungshalbmesser b C, so ist x der Winkel, welchen der Strahl vor, y der Winkel, welchen er nach der Brechung in b mit der Richtung dieses Einsallslothes bC macht; wir haben aber siny = n sinx, wenn n den Brechungsexponenten der Linsensubstanz bezeichnet, und serner y = nx, so lange der Winkel x klein bleibt. Der Winkel v, welchen der austretende Strahl b F mit der Axe macht, ist nun offenbar gleich y — x. Rehmen wir n, den Brechnngsexponenten des 3 Glases, gleich / 2 , so ist

V = und v — y — x = 3/2 x — x = 1 /2 x, daraus solgt aber, dass Fe = 2cC, Wenn man die Dicke der Linse als nnbedentend vernachlässigt, kann man dieses Resnltat anch so aussprechen: dass der Pnnkt F doppelt so weit von der Linse entfernt ist, als der Krmmmuugsmittelpunkt a Bei dieser Entwicklung ist kein specieller Werth von x zu Grunde gelegt worden, die Lage des "Punktes F bleibt also dieselbe, wiesichx auch innerhalb der Granze ändern mag, bis zu welcher man ohne merllichen Fehler den Sinus mit dem zugehörigen Bogen verwechseln kann. Mit anderen Worten lautet das eben abgeleitete Resultat: Wenn aus eiue planconvexe Glaslinse, Fig. 277, ein Bündel Lichtstrahlen parallel mit der Axe einfällt, so werden sie in einem Fig. 277 .

256

Dioptrik.

Punkte F vereinigt, welcher nm den doppelten Krümmungshalbmesset det gewölbten Seite von dem Glase absteht. Eine biconvexe Linse kann als eine Eombination zweier planconvexen betrachtet werden, welche mit ihrenstachenSeiten an einander gelegt sind. Eine biconvexe Linse, deren beide Flächen den Krümmungshalbmesser r haben, wird aber die Lichtstrahlen doppelt so stark von ihrer Richtnng ablenken, als eine planconvexe Linse, deren gewölbte Seite denselben Krümmungshalbmesset r hat. Wenn also eine gleichgewölbte biconvexe Linse AB, Fig. 278, von einem Bündel Lichtstrahlen getrosten wird, welches parallel mit der LinsenFig. 278 . A

R axe einfällt, so werden sie in einem Punkte F vereinigt, welcher nur halb so weit vom Glase absteht, als im vorigen Fall, welcher also mit dem entsprechenden Krümmungsmittelpunkt der Linse zusammenfällt. Der Punkt F, in welchem dnrch eine Linse ein parallel mit der Axe anf dieselbesallen des Strahlenbündel vereinigt wird, heisst der Focns oder Brennpnnkt der Linse; der Abstand des Brennpunktes von der Linse heisst die Focaldistanz oder die Brennweite der Linse. Die obigen Bestimmnngen der Brennweite gelten nnr für Linsen, deren Snbstanz den Brechnngsexponenten 3/2 oder 1,5 hat. Der Brechnngsexponent der meisten Glassorlen ist aber etwas grösser, nämlich 1,52 bis 1,66, folglich wird anch die Brennweite der Glaslinsen etwas kleiner sein, als eben angegeben wnrde. Für eine Wasserlinse würde die Brennweite grösser, für eine Edelsteinlinse würde sie kleiner sein, als sür eine gleichgesormte Glaslinse. Der Satz, dass alle parallel mit der Axe ans die Linse fallenden Strahlen in einem Pnnkte vereinigt werden, ist nutet der Voraussetzung abgeleitet worden, dass die Krümmung der Linse von der Mitte bis b, also der Winkel x, Fig. 276, selbst sür die am Rand der Linse einfallenden Strahlen noch klein genug ist, um den Sinus derselben mit dem entsprechenden Bogen zu verwechseln. -3ft aber die Linfe fo stark gewölbt, dass diese Bedingung nicht mehr erfüllt ist, so werden die in der Nähe des Randes auffallenden Strahlen die Axe in Punkten schneiden, welche näher an der Linfe liegen als der Brennpunkt der centralen Strahlen, wie dies durch Fig. 279 erläutert wird. (Näheres darüber im Supplementband.) Diese Abweichung des Brennpunktes der centralen Strahlen von dem der Randstrahlen nennt man sphärische Aberration. Rur solche Linsen, welche so schwach gewölbt sind, dass sür sie die sphärische Aberration verschwindend klein ist, können reine Bilder geben und zu optischen Instrumenten verwendet werden.

Bereinigungsweite nich t paralleler Strahlen . 2 5

7

Durch die sphärische Aberration sehrstarkgewölbter Linsen entstehen Brennlinien in ähnlicher Weise, wie wir sie bei den stark gekrümmten Hohlspiegeln in § . 13 2 kenne n lernten . Fig. 279 .

Bestimmung der Vereinigungsweite nicht paralleler 137 Strahlen. -3st einmal der Brennpunkt einer Linse bekannt, so kann man anch bestimmen, in welchem "Punkte diejenigen Strahlen durch die Linse wieder ver= einigt werden, welche von irgend einem leuchtenden Punkte ansgehend auf dieselbe fallen. Zunächst wollen wir nnr solche lenchtende 'Punkte in Betracht ziehen, welche anf der Axe der Linse liegen. Ein mit der Axe parallel auf die Linse fallendes Strahlenbündel kann man betrachten, als käme es von einem anf der Axe liegenden, aber unendlich weit entfernten lenchtenden Punkte. — Rehmen wir nun an, der lenchtende Punkt fei der Linse näher gerückt, er befinde sich in S, Fig. 280 (a. f. S ) , fo findet man den Vereinignngspnukt der von S ans anf die Linse fallenden Strahlen, wenn man den Punkt R ermittelt, in welchem ein Randstrahl 8 A nach seinem Turchgang durch die Linse die Axe fchneidet. Wi e wi r i n § . 13 4 gesehen haben, änder t sich di e dttrc h ei n P r i s ma her -

vorgebrachte Ablenkung nicht mit der Richtung der einfallenden Strahlen, wenn der brechende Winkel des Prismas klein genug ist. Ties sindet nun auch feine Anwendung bei Linfen. Ter Randstrahl S A wird ebenfo stark durch die Brechung am Rande der Linse abgelenkt, wie der Strahl N A , welcher parallel mit der Axe einfällt. — NA wird aber nach dem Brennpunkt F gebrochen, der einfallende und austretende Strahl machen alfo einen Winkel N A F mit einander. Ebenfo gross muss der Winkel sein. Man findet alfo die Richtung des austretenden Strahles A B, wenn mau über A F einen Winkel x aufträgt, welcher ebenfo gross ist als der Winkel y (NAS), um welchen dereinfallende Strahl A S unter A N liegt. Aus dieser Eonstruction geht hervor, dass wenn der leuchtende Punkt S der Linse aus der Axe näher rückt, der Vereinigungspunkl E sich von der Linse entfernen müffe. Bei fortdauernder Annäherung des leuchtenden Punktes wird alfo auch einmal der Fall eintreten, wo der leuchtende Punkt S und der VereiniWüllet's ©rundrifc Der «Jtypflf. 17

258

Dioptrik.

gnngspnnkt E gleich weit von der £inse abstehen, wie Fig. 281. Für diesen Fall müssen der austretende Strahl A E und der eintretende gleiche Winkel mit der Axe machen, es muss Winkel SEA gleic h ESA

fern. Ta nun auch y = ESAvLxfox = y, so ist sermer-r gleich Winkel SEAf oder das Dreieck EAF ist ein gleichschenkliges nnd EF = FA, der Punkt E ist also um die doppelte Brennweite von der Linse entfernt. Wenn also der leuchtende 'Punkt um die doppelte Brennweite von der Linse entfernt ist, fo befindet fich der Vereinigungspunkt auf der anderen Seite in gleichem Abftandevon der Linse. o

00 CM

«0

Näherl fich der leuch-

tende 'Punkt der Linse noch mehr, fo muss fich der Vereinigungspunkt noch weiter entfernen; wäre E, Fig. 280, ein leuchtender Punkt, fo wäre S der entsprechende Vereinigungspunkt. Rückt der leuchtende Punkt in den Brennpunkt der Linse, so rückt der Bereinigungspuukl in unendliche Entfermtng. Tie von dem Brennpunkte F, Fig. 278, aus auf die Linse fallenden Strahlen werden durch die^ selbe in ein parallel mit der Axe austretendes Strahlenbündel verwandelt. Wenn der leuchtende "Punkt T f Fig. 282, der Linse fo nahe rückt, dass er noch innerhalb der Brennweite liegt, fo ist

H o h l l i n s e n. 2 5

9

der Strahlenkegel, welcher auf die Linse trifft, so stark divergirend, dass die Linse nicht mehr im Stande ist, die Strahlen convergent, oder auch nur parallel Fig. 282.

T-

zu machen, sie divergiren aber nach dem Durchgänge durch die Linse weniger als vorher, sie verbreiten sich also so, als ob sie von einem Punkte V herkämen, welcher weiter von der Linse absteht, als der leuchtende Punkt. Wie man sür eine gegebene Lage des leuchtenden Punktes die Lage des Vereinignngspunktes (oder in dem zuletzt besprochenen Fall des Zerstreuungspunktes) dnrch Rechnung sinden kann, ist im Supplementbande erörtert. HoMlinsen. Aehnliche Betrachtungen lassen sich anch sür Hohl- 138 linsen anstellen. Wen n di e einfallenden Strahlen mi t de r Ax e parallel sind , so divergiren die austretenden so, als kämen sie vom Hauptzerstreuungspunkte .F, Fig. 283; rückt aber Fig. 283 . der leuchtende Punkt näher, ist e r etwa i n B, F i g . 2 8 4 , sind also schon die anssal4 lenden Strahlen divergirend, so werden sie nach dem p _ Dnrchgange durch di e Linse noch stärker divergiren, al s



——

es sü r di e parallel eintre tenden Strahlen der Fall war, der Zerstrennngspnnll A rückt also um so mehr dem Glase näher, als der leuchtende Punkt näher kommt. Fig. 284.

Wir wolle n jetzt noc h den Fall betrachten , das s die anfallende n Strahle n Convergent sind. Man hat hier drei Fälle zn Unterscheiden: 16*

260

Dioptrik.

1. Wenn die einfallenden Strahlen gegen den Hauptzerstreuungspunkt F, Fig. 283, convergiren, fo bilden die austreteuden Strahlen ein mit der Axe der Linfe paralleles Strahlenbündel. 2. Wenn der Eonvergenzpunkt A, Fig. 284, der Linse näher liegt, als der Hanptzerstrenuugspuukt F, so convergiren die Strahlen nach ihrem Durchgang durch dieLiuse uach einem weiter von derselben abstehenden Punkte B.

3. Wenn der Eonvergenzpnnkt t weiter von der Linse entfernt ist als der Hanptzerstrennngspnnkt F, Fig . 285 , s o d i v e r g i r e n di e Strahle n nac h ihre m

Durchgang dnrc h di e Lins e so , a ls ob si e vo n einem jenseit s de r Lins e liegen-

rückt d au die Liuse heran. Die Betrachtung dieses letzten Falles ist für das Verständniss des Galiläi'schen Fernrohrs wichtig. 139

S e c u n d ä r e A x e n . Bisher haben wir nur folche leuchtende Punkte betrachtet, welche auf der Axe der Linfeselbstliegen; es bleibt jetzt noch zu zeigen, dass das Gesagte auch für folche Punkte gilt, welche nicht auf der Hauptaxe liegen, vorausgefetzt, dass die Reben ax en (secundäre Axen) nur einen kleinen Winkel mit der Hauptaxe machen. Mit dem Ramen der Reben axe bezeichnet man die Linie, welche man fich von einem nicht auf der Hauptaxe liegenden funkte durch die Mitte der Linse gezogen denken kann. In Fig. 286 sei H ein nicht ans der Hauptaxe liegender leuchtender Punkt, so werden alle von ihm ausgehenden Lichtstrahlen in einem Punkte H f

vereinigt werden, welcher aus der Rebenaxe Mf Nf eben so weit von der Linse absteht, wie der Vereinigungspunkt Tf der Strahlen, welche von einem Punkte T ausgehen, welcher, auf der Hauptaxe liegend, eben fo weit von der Linfe entfentt ist wie H.

Sinsenbilder.

261

Es ist dies leicht zu beweisen. Ter mittlere Strahl HM! geht ungebrochen dnrch die Linse hindurch; ferner ist, wenigstens sehr nahe, Hc = Tc und Winkel c TM = cHM'; da der Strahl Tc in c eben fo stark abgelenkt wird, wie Hc, so ist noch Winkel He H' — TcT', folglich ist das Treieck HcH' = Treiec k TcT', folglic h TT' = HH', H' is t alfo ebe n fo weit von der Linfe entfernt wie T Taffelbe ergiebt sich anch ans der Vergleichnng der Treiecke T d T ' und HdHf. Tas Feld einer Linfe ist der Winkel, welchen die äussersten Rebenaxen aus beideu Seiteu der Hauptaxe uoch mit eiuauder macheu köunen, ohne dass die Voraussetzungen unsere s Beweises merllic h unrichti g werden. L i n s e n b i l d e r. In Fig . 28 7 sei AB ei n Gegenstand , der sich auf der 14 0 eiueu Seite vou einer Sammellinse befindet, aber weiter von ihr absteht als der Fig. 287.

Brennpunkt F. Tie von A ausgeheudeu Strahlen werden in einem Pnnkte a auf der von A dnrch die Mitte o der Linfe gezogenen Rebenaxe vereinigt; a ist also das Bild von A; ebenso ist b das Bild von B, mithin ist anch ab das Bild des Gegenstandes AB\ das Bild ist in diesem Falle verkehrt nnd ist ein wahres Sammelbild. Von der Mitte der Linse ans gesehen, erscheinen Bild uud Gegeustand nnter gleiche m Winkel , den n de r Winkel boa is t de m Winkel BoA al s seinem Scheitelwinkel gleich; ob nuu das Bild oder der Gegeustand grösser ist, hängt demnach davon ab, ob Bild oder Gegenstand weiter vom Glase entfernt ist. Rehmen wir an, der Gegenstand liege um die doppelte Breuuweite von dem Glase entfernt , s o wird da s Bild au f de r andere n Seit e i n gleiche r Entfernun g entstehen; in diesem Falle ist also Bild nnd Gegenstand gleich gross. Rückt der Gegenstand dem Glase näher, so entfernt sich das Bild, es wird also grösser. Bon solchen Gegenständen also, die um mehr als die Brennweite, aber weniger als die doppelte Brennweite von dem Glase abstehen, erhält man verkehrte vergrosserte Bilder; s o is t i n unserer Figur da s Bil d ab grösser al s der Gegenstand A B. Wenn der Gegenstand weiter vom Glase entfernt ist als die doppelte Brennweite, fo liegt das Bild näher; von entfernten Gegenständen erhält man alfo verlehrte verkleinerte Bilder.

Wäre ab, Fig. 287, ein folcher Gegenstand,

262

Dioptrik.

der nm mehr als die doppelte Brennweite vom Glase absteht, fo würde man das verkleinerte Bil d AB erhalten .

Rennen wir g die Grösse des Gegenstandes, g' die des Bildes, b die Entferrnmg des Gegenstandes nnd m die Entfernnng des Bildes vom Glase, fo ist g : g' = b : m, d. h . Bil d und Gegenstand verhalten sic h wi e ihr e Entfernungen vo n der Linse . Bei einer Linf e von knrzer Brennweite liege n di e Bilder entfernter Gegenstände nähe r a m Glase , al s be i eine r folche n vo n grössere r Brennweite ; vo n

entfernten Gegenständen geben alfo die Linsen nm so kleinere Bilder, je kürzer ihre Brennweite ist; nmgekehrt ist für den Fall, dass die Linse vergrösserte Bilder kleiner Gegenstände giebt, welche sich in der Nähe ihres Brennpunktes besinden, bei gleicher Entfernnng des Bildes von der Linfe das Bild derjenigen Linsen das grössere, welche eine geringere Brennweite haben, weil bei dieser der Gegenstand näher an die Linse heranrückt. Fig. 288 zeigt, wie man die eben besprochenen Gesetze der dnrch Linsen-

gläser erzengten Sammelbilder dnrch den Versuch bestätigen kann. Fig. 288.

Von den Sammelbildern, welche durch Convexlinsen erzeugt werden, wird in der Camera obscura, der Laterna magica und dem Sonnenmikroskop Anwendung gemacht, und zwar sind es bei der Camera obscura die verkleinerten Bilder entfernterer Gegenstände, bei den beiden zuletzt genannten Apparaten die vergrößerten Bilder kleiner Gegenstände, welche dem Brennpunkt der Linfe nahe stehen. Wenn der Gegenstand sich innerhalb der Brennweite der Linfe befindet, so kann kein Sammelbild von ihm entstehen, weil die Strahlen, welche von einem leuchtenden Punkte ausgehen, der dem Glase näher liegt als der Brennpunkt, nach ihrem Durchgange durch die Linse immer noch divergiren. In Fig. 289 sei AB ein solcher innerhalb der Brennweite sich befindender Fig. 289 .

Tie Camera obscura.

263

Gegenstand, so divergiren die von A ausgehenden Strahlen nach ihrem Durchgauge durch die Liuse so, als ob sie von a kämen. Tie Entfernung des "Punktes a vom Glase kann man nach den oben angegebenen Constructionen leicht finden. Tie von B ausgehenden Strahlen divergiren nach dem Turchgauge durch die Liuse so, als ob sie vou b kämen; ab ist also das aufrechte vergrösserte Bild eines innerhalb der Brennweite befiudlichen Gegenstandes AB, und zwar ist dieses Bild ein virtuelles, welches nicht auf eiuem Schirm aufgefangen werden kann. Bon der Anwendung, welche man von Convexlinsen macht, um durch sie kleine, innerhalb der Brennweite gehaltene Gegenstände vergrösserl zu sehen, wird später noch die Rede seht. Cine zu diesem Zwecke verwendete Convexlinse wird eine Loupe genannt. Tie Hohllinsen geben keine Sammelbilder, sondern nur virtuelle Bilder. Ta uun eine Hohllinse die Strahlen, welche von einem Punkte ausgehen, noch divergenter macht, als ob sie von einem näher am Glase liegenden Puukte Fig. 290.

kämen, so ist klar, dass die Hohlgläser verkleinerte Bilder der Gegenstände zeigen, wie man leicht beim Anblicke der Fig. 290 übersehen wird, wo AB der Gegenstand, ab da s Bil d ist . D i e Camera obscura. Ti e vo n dem Reapolitane r Porta u m di e 141 Mitte des siebzehntenInhrchuudertserfundene Camera obscura besteht im Wefentlichen ans eiuer Sammellinse von etwas grasser Brennweite, durch welche ein Bild entfernter Gegenstände, etwa einer Landschaft, entworfen wird; um den Cffect dieses Bildes möglichst zu heben, muss von der Flache, auf welcher es aufgefaugeu wird, alles seitliche, nicht hierher gehörige Licht sorgsältig ausgeschlossen werden, d. h. es muss in einer duuklen Kammer aufgefangen

werden.

Setzt man di e Linse in de n Laden eine s dunklen Zimmers, s o wird man aus einem in gehöriger Cntfermtug der Linse gegenüberstehenden Schirme das Bild der ausserhalb befindlichen Gegenständ e erhalten. Tie s is t di e ursprüngliche Form der Camera obscura. Später wurde das Zimmer durch einen transportablen, innen geschwärzten

264

Dioptrik.

Kasten ersetzt. Fig. 291 zeigt den Apparat in der Form, wie er znm Photo5 graphiren angewandt wird. Anf der Vorderfeite des Kastens a ist eine messingene Fig. 291.

Hülse Ii besestigt, in welcher sich eine zweite, i mittelst eines Triebes, der durch den Kopf r bewegt wird, aus- und einschieben lässt. Diese Hülse i enthält die g .g

2 9 2

achromatisch

e L i n s e , welch e i h r e B i l d e r

ans einer ihr gegenüberstehenden matti\

geschlissene \ Glastafe

J j l mm

, M

J l l ^ H ^ n Figu

n Glastafel entwirft . Dies e l g is t i n eine m Schieber be -

festigt, welcher die Rückwand des in den Kasten a hineinpassenden, nach vorn hin offenen Kastens b bildet. Unsere

r zeigt den Schieber mi t der Glas-

tasel etwas in die Höhe gezogen. Je näher der Gegenstand rückt, dessen Bild man erhalten will, desto weiter muss man den Kasten b aus a herausziehen. ^ Die feinere Einstellung geschieht durch I Verschiebung der Linse mittelst des schon A g k ^ ^ H K M erwähnten Triebes r. ( i l l i l ^ K ^ig- 292 stellt eine ältere Form UHH^HM^L der Camera obscura dar; sie besteht aus IWBL J E » . einem ziemlich hohen Kasten, aus dessen fmmj Boden ein Blatt weisses Papier gelegt wird; durch die obere Fläche des Kastens geht eine Röhre, welche die Sammellinse enthält, über welcher sich dann ein in einem Winkel von 45° gegen die Verticale geneigter ebener Spiegel befindet. Die von dem Gegenstande kommenden Strahlen werden durch den Spiegel nach unten reflectirt, fo dass das

Taä Sonnenmikrofkop und die Laterna magica.

265

Bil d au f der Fläche de s Papiers entsteht;mau kan n alf o di e Eontoureu diefes Bildes leicht mi t Bleistif t nachfahren.

Das Sonnenmikroskop und die Laterna magica. Fig. 293 142

stellt ein Smmemnikrofkop zum Theil i m Turchfchuitt dar. Ti e Mefsiugrahre t ftia. 293 .

wird iu dieentsprechendeOeffuuug eiues Ladeus eiugefchraubt, durch deffeit Schliessung das Experimentirzimmer vollständig verfinstert worden ist. Vor der fraglichen Oeffnnng befindet fich ein Spiegel, welcher stets fo zn richten ist, dass er die Sonnenstrahlen in der Richtung der Axe des Rohres t anf die Linfe a wirst. Tie dnrch die Linfe a bereits convergent geinachten Strahlen fallen anf eine zweite Linfe 1), durch welche fie auf deu kleinen, gewöhnlich zwifchen zwei Glasplattelt bei n gefassten Gegenstand concentrirt werden. Von diefem stark erleuchteten Gegeaftande wird nun durch eine kleine Linfe o, welche an der bei h offenen Mefsiitghülfe angefchrattbt ist, auf einem im dunklen Zimmer aufgestellten Schirme ein verkehrtes vergrössertes Bild entworfen. Mit Hülfe des Triebes k kann man den Abstand der Linfe o von dem Objecte n fo regulireit, dass auf dem 10 bis 15 Fuss entfernten Schirm ein fcharses Bild entsteht. Flg. 294 stellt die Totalansicht eiues Sonnenmikrafkops dar. Tie Reigung des Spiegels M (welcher die Sonnenstrahlen reflectirl) gegen die Axe des Rohres Fig. 294.

266

Dioptrik.

kamt durc h Trehuug de s Knopses B mittels t eine r Schraube ohu e Cude regulir l

werden, während die Trehnng des Spiegels nm die Axe des Rohres dnrch die

Drehung de s Knopfe s A bewerkstelligt wird . Rehmen wi r an , di e Lins e o, Fig. 293 , se i gerade 1 Centimeter wei t vo m Objecte entfernt, wen n auf dem 2 Meter entfernten Schirm e ei n scharfes Bil d entsteht, s o sind di e linearen Dimensionen de s Bilde s 2 0 0 m al s o gross al s di e des Gegenstandes, un d wenn de r Gegenstand ein e Fläche vo n 1 Ouadratmillimeter bedeckt, s o wir d als o sein Bil d au s einen Flächenraum vo n 4 0 0 00 Ouadratmillimetern ausgebreitet sein . M a n begreif t demnach leicht , dass der Gegenstand sehr hell erleuchtet sei n muss, wenn das star k vergrößerte Bil d nich t z u lichtschwach sein soll . M i t derselben Lins e be i o kann ma n verschiedene Bergrösserungen erhalten , je nachdem ma n de n Abstand de s Schirmes verändert. Jeweite r de r Schir m entfern t wird , dest o nähe r mus s ma n die Lins e o dem Objecte bringen, un d dest o stärker wir d di e Bergrössermtg. Um be i gleiche m Abstande de s Schirmes stärkere Bergrasserungen z u erhalten, wir d ein e Combination vo n zwei oder vo n drei Linfe n be i o angefchraubt. M a n ha t auch ähnlich e Mikroskop e constntirl , i n denen da s Licht der Sonne durc h künstliche s Licht , etw a durc h da s Lich t eine s i m Knallgasgebläse glühend gemachte n Kalkstückchen s ( T r u m m o n d ' f c h e s Kalklicht) , ode r durc h elektrisches Licht , ode r endlic h auc h nu r durc h ein e intensiv leuchtende Lamp e ersetzt sind . Je schwäche r di e Lichtquell e ist , desto geringere Bergrössermtg kan n man anwenden. T i e Z a u b e r l a t e r ne (latern a rnagica) beruh t au s denselben Principien , nur sin d di e Gegenstände i n grösseren Dimensionen au s G l a s gemal t un d wer den durc h da s Lich t eine r Lamp e erleuchtet, di e höchstens ein e 15 - bi s 20sache Bergrösseruug erlaubt .

V i e r t e s Capitel. Die F a r b e n l e h r e .

Zerlegung des weissen Lichtes. Wen

n durc h ein e klein e

runde Oeffnung im Laden eines dunklen Zimmers ein Bündel Sonnenstrahlen bd, Fig. 295, in ein finsteres Zimmer eintritt, so entsteht bei d auf der der Fig. 295. Fig

. 296 .

Oeffnung gegenüberstehenden Wand ein runder weisser Fleck; fängt man aber das Strahlenbündel durch ein Prisma s auf, so erhält man, wie schon auf Seite 252 bemerkt wurde, das in die Länge gezogene gefärbte Bild r v .

Wenn

die brechende Kante des Prismas vertical steht, so bildet rv einen horizontalen Farbenstreifen. Dieses farbige in die Länge gezogene Sonnenbild wird das Spectrnm

genannt.

268

D i e Farbenlehre. Die Länge des Spectrnms ist unter sonst gleichen Umständen um so grö-

sser, je grösser der brechende Wiukel des Prismas ist. Auch vou der Substauz, aus welcher das Prisma besteht, häugt die Läuge des Spectrums ab.

Der oberste Farbeustreifeu der hiuteu augehäugteu Tafel stellt eiu vollstäu-

diges Spectrum dar. Mau uuterfcheidet iu demselbeu siebeu Hauptsarben iu folgender Orduuug: Roth, Orauge, Gelb, Grün, B l a u , Indigo und Violett. Diese Farben werden die Regenbogenfarben, prismatifche Farben oder auch einfache Farben genannt.

Streng genommen, giebt es

unzählig viele verschiedene Farben im Spectrum, da die Farben allmälig in einander übergehen, das Ange unterscheidet aber sieben Hanptnitancen. Das rathe Ende des Spectrnms ist jederzeit der Stelle zugekehrt, an welcher das runde weisse Sonnenbild d, Fig. 296, erscheinen würde, wenn das 'Prisma nicht da gewesen wäre; die rothen Strahlen haben also die geringste Ablenkung erfahren. Wenn die Oeffnung im Laden eine Spalte von 1 bis 2 Millimeter Breite ist, welche der Axe des Prismas parallel steht; wenn der brechende Winkel des Prismas 60° ist und man das Spectrum in einer Entfernung von 2 bis 3 Metern auffängt, fo erhält man fchon eine recht vollständige Trennung der Farben, d. h. das Spectrum wird überall lebhaft gefärbt erscheinen und kein Weiss mehr in der Mitte zeigen. Um das prismatifche Farbenbild zu sehen, ist es nicht nöthig, dass man durch ein Prisma ein Sonnenfpectrrnn auf einer weissen Wand hervorbringt; man braucht nur durch ein Prisma nach einem fchmalen hellen Gegenstande hinzusehen. Betrachtet man z. B. eine Kerzenslamme durch ein vertical gehaltenes Prisma, so erscheint sie bedeutend in die Breite gezogen und auf die erwähnte Weife gefärbt. Betrachtet man überhaupt irgend einen fchmalen weissen auf dunklem Grunde liegenden Streifen durch ein Prisma, deffen Kanten man parallel mit der Längsrichtung diefes Streifens hält, fo sieht man das Bild desselben prismatisch gefärbt.

144

Ungleiche

Brechbarkeit

der

verschiedenfarbigen

L i c h t s t r a h l e n . Dass verschiedenfarbige Strahlen ungleich brechbar sind, geht fchon daraus hervor, dass das weisse Licht durch ein Prisma in verschiedenfarbige Strahlen zerlegt wird; die rothen Strahlen bilden mit den violetten nach dem Durchgange dnrch das 'Prisma einen Winkel, sie divergiren, nnd zwar sind die violetten Strahlen mehr von ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt als die rothen. Die violetten Strahlen sind unter allen Lichtstrahlen die am stärksten brechbaren, die rothen sind es am wenigsten. Die grünen Strahlensindstärker brechbar als die rothen nnd weniger als die violetten, weil im Spectrum das Grün zwischen Roth und Violett liegt. Inde Farbe ist einfach, wennsiesichanf keine Weife weiter in andere Farben zerlegen lässt; wir wollen nnn zeigen, dass diese Eigenschast wirklich den prismatischen Farben zukommt.

3usammenfe!ung de§ weissen Sichten.

269

Wenn man ein Spectrum aus eiuer Wand aussäugt, an einer bestimmten Stelle derselben, etwa da, wo die blauen Strahlen aussalleu, eiuen Spalt macht. Fig 297, so werden alle Farben ansgesangen, und nur ein schmales Strahlenbündel geht durch die Oessnuug hindurch; dieses Strahlenbündel uun lässt sich aus keinerlei Weise weiter zerlegen; wenn man es auch durch ein zweites Prisma p gehen lässt, so bleibtseineFarbe doch unverändert.

Rach R e w t o n nenn t ma n da s einfach e Lich t auc h homogene s Licht . Fig. 297.

Fig. 298.

Zusammensetzung des weissen Lichtes. Wen

n ma n da s

Spectrum mit einer Linse l, Fig. 298, auffängt, fo werden die verfchiedenfarbi-

145

gen Strahlen durc h dieselbe i n eine m Punkte/vereinigt, un d wen n ma n hie r

das Sonnenbild auf einem Papierfchir'me aufsäugt, fo erfcheiut es wieder bleudend weiss, obgleich verschiedenfarbige Strahlen auf die Linse auffieleu. Hält man den Schirm nicht in den Puukt / , foudern weiter von der Linfe weg, fo erhält man wieder ein umgekehrtes Spectrmn, ein Beweis, dassfichdie verfchiedenfarbigen Strahlen in / kreuzten. Tass die prismatischen Farben zufammen weiss gebeu, geht aus dem sehr überraschenden, ebenfalls von Rewton angegebenen Berfrtche hervor, dass das

lange prismatifch e Farbenbild, durc h ei u zweite s Prism a gesehen, uute r de u

geeigneten Umständen wieder vollkommen weiss erfcheint. In Fig. 299 (a. st S.) fei rv ein Spectrum, welches, durch das Prisma A erzeugt, auf eiuer weissen Wand aufgefangen ist. Wenn nnn ein zweites Prisma B fo aufgestellt wird, dass es dasselbe Spectrum rv an derselben Stelle erzeuge« würde, wenn ein Sonnenstrahl in der Richtung on daraus fiele, so ist klar, dass auch die Strahleu, die vou dem Spectrmn r v aus dieses Prisma B sallen, sämmtlich in der Richtnng no austreten werden; ein in o befindliches Auge muss also in der Richtung ons ein weisses Bild des sarbigen Spectrums sehen. Tie Stellung, die man dem Prisma B geben muss, lässtfichleicht durch den Bersuch ausmittelu. Weun man eine kreisförmige Scheibe in sieben Sectoren theilt und diese mit Farben bemalt, die den prismatifchen möglichst ähnlich find, fo erfcheint die Scheibe bei rafcher Rotation nicht mehr farbig, fondern weisslich; fie würde voll-

2 70

D

ie Farbenlehre.

kommen weiss erscheinen, wenu die Sectoren mit den reinen prismatifchen Farben bemalt werden konnten, nnd wenn die Breite der einzelnen farbigen Sector reu geuau in demselben

Fig. 299.

Berhältniss zn einander ständen wie die Breiten der entsprechenden Theile des Spectrums. Um nach demselben 'Principe mit reinen prismatischen Farben operiren zu können, brachte M ü n chow das Prisma mi t

V

einem Uhrwerke in Verbindung, durch welches es in eine rasche oscillirende Bewegung versetzt wird. Turch diese

Bewegung des Prismas geht nnn auch das auf eiuem Schirme aufgefangene Spectrum rafc h hi u und her , un d da zeig t sich denn stat t des farbige n Spectrum s

eiu weisser Lichtstreifen, der nur au den Enden noch etwas farbig erscheint. Tas Ange empfängt nämlich von jedem Punkte des Schirmes rafch nach einander die Eindrücke aller einzelnen Farben, die einzelnen Eindrücke vermifchensichund bringen fo die Empfindung von Weiss hervor. Wenn man einen schmalen weissen Streifen dnrch ein Prisma betrachtet, dessen brechende Bante mit der Längsrichtung des Streifens parallel ist, fo erscheint er als eilt vollständiges Spectrum; betrachtet man aber denselben weissen Streifen ab, Flg. 300, durch ein Prisma, deffen brechende Bante rechtwinklig steht auf der Längsrichtung des Streifens, fo erscheint er als ein etwas verlängerter Streifen, welcher in der Mitte vollkommen weiss bleibt. Rur an den Enden ist er etwas gefärbt, und zwar roth bei a'f blau bei b'. Es lässt fich dies leicht erklären. Tenken wir uns eine Reihe kleiner weisser Ouadrätchen auf schwarzem Grunde so zusammengestellt, wie es unsere Figur zeigt, so wird jedes derselben, durch ein Prisma betrachtet, ein vollständiges Spectrum bilden. 3st die brechende Baute parallel mit der verticalen Baute der Ouadrätchen, so erscheint das oberste Ouadrat als Spectrum in r v , und jedes nach unten folgende giebt ein gleiches, nur gegen das obere etwas nach links verrücktes Spectrum, wie es unsere Figur zeigt. Tas unterste weisse Ouadrätchen giebt das Spectrum np. Tenken wir uns nun alle Ouadrätchen vertical in die Höhe geschoben, bis sie mit 1 einen horizontalen Streif bilden, welcher dem Streifen ab gleich ist, fo werden nun auch alle die Spectra über einander geschoben, welche den einzelnen weissen Ouadrätchen entsprechen. Auf das Indigo im Spectrum des ersten Ouadrates fällt das Violett aus dem Spectrum des zweiten. Auf das Blau im Spectrum des ersten Ouadrates fällt das Indigo aus dem Spectrum

Bon den complementaren Farben.

271

des zweiten, nnd das Violett ans dem Spectrum des dritten n. st w. In dem mittleren Theile fallen endlich alle Farben anf einander; so fällt z. B. anf das Fig. 300.

Roth des Spectrnms des ersten Quadrates das Orange ans dem Spectrum des zweiten, das Gelb aus dem Spectrnm des dritten, das Gritn, Blau, Indigo nnd Violett ans dem Spectrnm des vierten, fünften,sechstennnd siebenten Onadrates; hie r wi e i n de m ganze n mittlere n Theil e de s dnrc h Anfeinanderschiebe n

der einzelnen Spectra entstehenden Streifens muss alfo Weiss gebildet werden, welches, wie man ans dem Anblicke der Figur leicht ableiten kann, am einen Ende dnrc h Gel b i n R o t h , a m anderen durc h B l a u i u Violet t übergehen muss,

welche letztere Farbe aber meist wegen ihrer Lichtfchwäche kaum merllich ist.

Was hier von dem weissen Papierstreifen gefagt ist, gilt von jedem weissen Gegenstande vo n bedeutende r Ausdehnung, de n ma n durc h ei n 'Prisma betrachtet , er erscheint nu r a u de u Rändern gefärbt .

Ein breiter schwarzer Streifen anf weissem Gritnde bietet, dnrch ein Prisma betrachtet, gerade die umgekehrten Erscheinungen dar; das prismatifche Bild erscheint nämlich an dem E n d e , welches am wenigsten abgelenkt ist, mit einem

violetten nnd blauen Rande, am anderen Ende aber mit einem rothen nnd gelben. Um diese Umkehrimg zn erklären, braucht man nnr zu bedenken, dass die Farben nicht von dem schwarzen Streifen selbst, fondern von den weissen Ränmen herrühren, die ihn begränzen. Wenn der schwarze Streifen selbst sehr schmal ist, so verschwindet int Bilde das Schwarz in der Mitte vollständig.

Von den complementaren Farben. Da alle einfachen Far- 146

ben int richtigen Verhältnisse (d. h. in dem Verhältnisse, wie es das Spectrnm giebt) vereinigt weisses Licht bilden, fo reicht es hin, eine oder mehrere der einfachen Farben zn unterdrücken oder nnr ihr Verhältniss zn ändern, um aus Weiss irgend einen Farbenton zn machen. Unterdruckt man z. B. int weissen Lichte das Roth des Spectrnms, während alle anderen Farben nngeänderl bleiben, so wird man eine grünliche Färbung erhalten, der man nnr wieder Roth hinzufüge« darf, um das Weiss wieder herzustelleu. Zwei Farbentone, welche diese Bedingung erfüllen, d. h. welche zusammengenommen Weiss geben, heissen complementäreFarben. Jede Farbe hat anch ihre complementäre; denn wenn

272 Di

e Farbenlehre ,

sie nicht weiss ist, so sehlen ihr gewisse Strahlen, um Weiss zu bildeu, und diese

sehlenden Strahlen zusammengenommen machen die complementäre Farbe ans. Eine einfache Modification des iu Fig. 299 dargestellte« Verfuches erläutert vortrefflich die Lehre von den complementären Farben. Wenn man nämlich hinte r de m spectrumerzeugende n P r i s i n a A eine n S c h i r m aufstellte , welche r irgend etne n Thei l de s S p e c t r n ms rv auffängt , s o dass n nr ein Theil desselben übrig bleibt , s o wir d dieser , dnrc h d a s P r i s ma B betrachtet, vo r wi e nac h i n s erscheinen , aber nich t meh r weiss, sondern gefärbt.

Fängt ma n z . B . a m eine n End e des Spectrnms da s Rot h nn d Orang e auf, so dass uur uoc h Gelb , G r ü u , B l a u , Indigo nn d Violet t n . s. w. bleiben,

so wird das Bild bei s einen grünen Farbenton annehmen, welcher ans den eben genannten einfachen Farben znfammengefetzt ist.

Das ausgefangene Roth

und Orange bilde n znsammen eine n rothen Farbenton, welcher c o m p l e m e n t är

ist zn der grünen Färbnng, welche das Bild s zeigt, denn die Bestandtheile beider Farbentöne bilden das volle Spectrum, sie gebeu alfo vereinigt Weiss. Fäugt mau das rothe Eude des Spectrums vou der Mitte des Grüns an aaf, so dass von dem Spectrum rv, Fig. 299, uur uoch die Hälfte des Grüu, Blau, Indigo uud Violett bleibt, so wird das Bild s einen bläulichen Farbenton zeigen, welcher complementär zu dem gelblichen Farbenton ist, welchen es annimmt, wenn gerade die andere Hälste des Spectrnms aufgefangen wird, fo dass nnr Roth, Orange, Gelb nnd die Hälfte des Grün übrig bleiben. Diese Beispiele werden hinreichen, de n Begrif f de r complementären Farben zu erläutern. Wi r werde n später noc h öfter s Gelegenheit haben, vo n comple-

mentären Farben zn reden.

147

F r a u n h o f e r ' s c h e L i n i e n . Um das Spectrum möglichst schön zn erhalten, verfährt man in der Regel anf folgende Weife: Vor dem Laden, wel-

cher das Fenste r de s dnnkle n Zimmer s verschliesst , i n de m ma n experimentire n

will, ist ein Spiegel angebracht, welcher so gerichtet werden kann, dass er die Sonnenstrahlen i n horizontale r Richtuu g durc h eiu e Oeffuuu g de s Laden s in s

Z i m m er wirft . A l s O e f f n n n g dien t ein e vertical e S p a l t e vo n nngefähr 1 b i s 2 Zoll Höh e nn d 1 bi s 2 Millimete r Breite . D a s dnrc h diesen S p a lt einge -

drnngene Lichtbünde l wir d i n eine r E n t f e r n u n g vo n 4 b i s 6 Schritten dnrc h ein P r i s m a vo n F l i n t g l as ode r Schwefelkohlenstof f aufgefange n u n d i n de m W e ge de s durc h d a s P r i s ma abgelenkten S t r a h l e n b ü n d e ls i n geeigneter E n t f e r n u ng ei n S c h i rm vo n weissem P a p i e r aufgestellt . Das auf diese Weise erzeugte Spectrum zeigt jedoch die einzelnen Farben noch keineswegs vollkommen rein, denn die Sonne hat einen namhaften Durchmeffer, und jeder Verticalstreifen im Spiegelbilde der Sonne erzeugt fein eigenes Spectrum, und alle die den verschiedenen Partien der Sonne entsprechenden Farbenfpectra fallen in unserem Farbenbilde theilweise übereinander. Ein ganz reines Spectrum kann man dadurch erhalten, dass man unmittelbar vor das Prisma einen zweiten, mit dem ersten parallelen Spalt setzt, wie dies Fig. 301 angedeutet ist.

Frcmnhoser'sche Linien.

273

In einem so erzengten Speetrnm erscheint nnn eine Reihe von schwarzen Streifen, welche zur Längenrichtuug des Spectrrnns rechtwinklig sind, wie man in dem Spectrum Rr. 1 der Farbentafel sieht. Stellt man den Versuch auf die befchriebene Weise an, so erhält man immer nur ein lichtschwaches Spectrum, aus welchem die Streifen keineswegs fcharf hervortreten. Um das Spectrum auf dem Schirme lichtstarker und die Streifen schärfer zu erhalten, kann man verfahren wie in Fig. 302 angedeutet ist. Ter Schirm Fig. 301 . Fig

t

. 302 .

A a

;/

mit dem zweiten Spalte, der in Fig. 301 vor dem 'Prisma stand, wird entfernt uud dicht hinter das "Prisma eine Linfe von 3 bis 4 Fnss Brennweite anfgestellt, welche das von dem "Prisma divergirende Strahlenbundel auffängt. Stellt man nun den Schirm ab in solcher Entfernuug von der Linse anf, dass ein fcharfes Bild des Spaltes entstehen würde, wenn nur vollkommen homogenes Licht dnrch denselben eindränge, fo erhält man ein brillantes Spectrum mit scharsen Linien. Mau kann die Linfe l anch dicht vor das 'Prisma stellen. Um die Erscheinuug möglichst rein zu zeigeu, müsste der Spiegel vor dem Laden ein Metallspiegel und die Linse l eine achromatische Linse sein. Tie dnnklen Streisen im Spectrnm wurden zuerst von Wollaston beobachtet, später aber von Fraunhofer genauer uutersucht; nach letzterem werden die dnnklen Linien im Spectrum gewöhnlich die Fraunhofer'sehen genannt.

Linien

Fraunhofer beobachtete die dunklen Linien auf folgende Weise: In möglichster Entfernung von der Spalte, durch welche das Licht in das dunkele Zimmer eintritt, wird ein Theodolith aitfgestellt und das Fernrohr so weit ansgezogen, dass man den Spalt deutlich durch dasfelbesehenkann. Run wird vor SD*filler's ©cunDriss der ^hltff. 18

274

T i e Farbenlehre.

dem Fernrohre ein Prisma angebracht, wie Fig. 303 zeigt, nnd das Ganze in eine solche Stellung gebracht, dass die aus dem Prisma austretenden StrahFig. 303.

len nahezn rechtwinklig ans das Ob-

jectiv de s Fernrohre s fallen ; ma n sieh t

alsdann durch das Ocular i n das Fernrohr schauend das Farbenspectrum mit einer Meng e vo n Verticalstreifen durch-

schnitten. Bei etwas starler Bergrösserung

des Fernrohre s un d grosse m brechende n Winkel de s Prismas kan n man bei dieser Beobachtungsweise nicht das ganze Spectrum aus eiumal übersehen, dagegen erscheinen die dunklen Linien in grösserer

Anzahl itnd bei weitem schärfer, als man sie bei der objective« Tarstellung

auf dem Papierschirm beobachtet. Tie dunklen Linien sind unregelmässig Über das ganze Spectrnm verbreitet. Einige dieser Streifen sind sehr sein nnd erscheinen als isolirle, kaum sichtbare schwarze Liuien, andere hingegen liegen einander sehr nahe uud gleichen eher einem Schatten als getrennten Linien; endlich giebt es einige, welche bei etwas bedeutenderer Ausdehnung sehr schars und bestimmt erscheinen.

U m mitten in

dieser Berwirrung einige feste Punkte zu haben, hat Fraunhofer acht Streifen ausgewählt, die er mit A, B, C, I), E, F, G- und H bezeichnete, welche den

doppelten Borthei l bieten , das s fi e leicht zu erkennen nn d das s di e dnrch sie i m

Spectrum gemachten Abtheiluugen nicht gar zu ungleich sind. In dem oberen Spectrum der hinten angehängten Spectraltafel sind nur die mit den Buchsta-

ben A bis H bezeichneten Fraunhofer'schen Linien aufgetragen. M i t Prismen vo n Flintgla s ode r Schwefelkohlenstoff, di e eine n grosse n brechenden Winkel haben, kann man die stärkeren Streifen schon mit blossem

Ange sehen.

148

Brechungsexponenten der verschiedenen strahlen des Spectrums. T a die Strahlen verschiedener einfacher Farben ungleich brechbar sind, da sie für dieselbe Snbstauz verschiedene Brechungsexponenten haben, so ist klar, dass die Angabe der Brechungsexponenten, wie man sie ans Seite 249 sindet, nnr eine ungefähre sein kann. Wenn es sich nm genauere Angaben handelt, müssen die Brechungsexponenten derselben Substanz sür verschiedenfarbige Strahlen ermittelt werden; dazu aber sind die Fraunhofer'schen Linien ganz besonders geeignet, weil durch sie bestimmte Stellen des Spectrams sest markirt werden.

Achromatische Prismen nn d Sinsen. 2 7

5

Rach genanen Messungen haben die Brechnngsexponenten der F r a n n h o -

fer'schen H a n p t l i n i e n folgend e Werth e fü r einig e der wichtigsten Stoffe : B Wasser Alkohol (sp. ©w. 0,815) Crownglas Flintglas Faraday'sches ©las . Schweselkohlenstoss . .

G

B

E

F

G

H

Z

1,3378 1,3413 1,3442 0,0133 1,3696 1,3733 1,3761 0,0133 1,5360 1,5416 1,5466 0,0208 1,6483 1,6603 1,6711 0,0434 1,7050 1,7077 1,7148 1,7242 1,7325 1,7498 1,7651 0,0601 1,6182 1,6219 1,6308 1,6439 1,6555 1,6799 1,7020 0,0838

1,3309 1,3628 1,5258 1,6277

1,3317 1,3336 1,3358 1,3633 1,3654 1,3675 1,5268 1,5296 1,5330 1,6297 1,6350 1,6420

In Betreff der verschiedenen Glassorten sind noch einige Bemerkungen zu machen. Erownglas ist reines bleifreies Glas, während Flintglas einen bedeutenden Gehalt an Bleioxyd hat. Das Faraday'fche Glas besteht aus

104 Gewichtstheilen Bleioxyd , 2 4 Kiefelfäure un d 25 Borfäure. D a jedoch die Zufammenfetzung verschiedener Erownglasforten nich t gena n gleic h ist , s o stndenauc h klein e Variationen fü r di e Brechnngsexponente n statt . Ebenf o fin d die Brechnngsexponenten verschiedener Flintglassorten nich t imme r gan z gleic h den obe n angegebenen Werthen . Di e Trennung de r verschiedenfarbigen Strahlen dnrc h Brechung wir d mi t dem Ramen de r D i s p e r s i on de s Lichte s oder de r F a r b e n z e r s t r e u u gn bezeichnet. Ei n Stof f is t nm so stärker zerstreuend, j e grösser di e Differen z zwischen ihre n Brechnngsexponente n fü r r o t h es nn d v i o l e t t e s Lich t ist . Di e Differenzen der Brechnngsexponente n de r Linien H nnd B, wi e si e i n der letzten Eolnmne de r obige n Tabell e nnter Z gegeben sind , sin d als o ei n Maass fü r di e Farbenzerstrennn g de r Substanz. Unte r de n oben angeführten Substanzen komm t also de m W a s f e r di e schwächste (0,0133 ) de m Schwefelkohlenstoff di e stärkste(0,0838) Farbenzerstrennn g zn . Flintgla s ist , wi e man i n obiger Tabelle steht,stärker zerstrenend al s Erownglas. D a r a ns solg t nnn , dass , wen n ma n ei n Prisma vo n Flintgla s herstellt , welches di e rothen Strahlen ebe n s o stark ablenkt wi e ei n gegebenes Erownglasprisma di e violetten Strahlen, di e dnrch da s Flintglasprisma doc h stärker abgelenkt werden al s dnrch da s Erownglasprisma, ode r mi t anderen Worten , bei gleicher Ablenkung de r rothen Strahlen wir d da s Spectrum de s Flintglasprismas doc h mehr al s doppelt s o lan g sei n al s da s de s Erownglasprismas. Achromatische Prismen und Linsen. M a n nenn t Prismen 149 achromatisch, wen n si e die Eigenschaft haben , di e Lichtstrahlen abznleitken , ohne si e zugleich i n Farben z n zerlegen; achromatifche L i n f e n folche , für welche di e Brennpunkte de r verschiedenfarbigen Strahlen gena n zusammenfallen, welche also Bilde r geben, di e fre i vo n farbigen Rändern find . M a n hiel t lang e 18*

276

Die Farbenlehre.

Zeit de n A c h r o m a t i s m ns fü r unmöglich, d . h. man glanbte , das s da s Lich t ohne Zersetzung uicht abgelenkt werdeu köuute.

R e w t o u selbst hatte diese Au-

ficht, wei l er glaubte, dass di e Dispersion stet s der brechenden Kraf t de r Körpe r proportional sei . Run abe r habe n spätere genaue Versuche gezeigt , das s N e w t o n ' s Mei nung i n diesem 'Punkte irri g war ; s o ist z. B. der Brechungsexponentde r mitt leren (grünen ) Strahlen de s Spectrums sü r Erowngla s 1,533 , fü r Flintgla s aber is t er 1,642, als o nu r 1,06mal grosser, währen d di e Dispersion (di e Dis serenz zwischen dem Brechungsexpouente u de r violetten un d de r rothen Strahlen) für Flintglas, wi e wir im vorigen Paragraphen gesehen haben, doppel t s o gross ist als die des Crownglases. Ein «Prisma vo n Erownglas un d ei n solches vo n Flintgla s werde n als o gleich breit e Spectra geben, wen n de r brechende Winkel de s Erownglasprismas ungefähr doppelt s o gross is t als de r des Flintglasprismas. Wenn ma n alf o ei n Flintglasprisma B mi t eine m Crawnglasprisma A von doppelt so grossem brechenden Winkel in der Weise combinirt, wie Fig. 304

zeigt, so wird die Farbenzerstrennng des Crownglasprismas A dnrch die gleiche nnd entgegengesetzte des Flintglasprismas ausgehoben. Run is t aber di e Ablenkung, welche da s «Prisma B hervorbringt, nu r un gesähr hal b s o gross al s di e durc h da s «Prisma A hervorgebrachte, d a bei nahezu gleicher brechender Kraf t beide r Substanzen de r brechende Winke l de s Prismas B nur hal b s o gross is t als der des «Prismas A. Fig. 304 . Bei de r in Fig. 30 4 dargestellten PrismencombiuaA tion wir d als o da s «Prisma B nur ungefähr dieHälfr e der durc h A hervorgebrachten Ablenkun g anfhebe n können.

Die Prismencombination Fig . 30 4 liefer t uns also ein e p r i s m a t i s c h e A b l e n k u ug ohn e F a r b e nzerstreuung,si e bilde t ei n achromatisches «Prism a. Aehnliche Betrachtungen lassen sich nun auc h sü r Linsen anstellen. Eine jed e einfache Linfe , au s welchem Stoff e si e auch gebilde t sei n mag, wird fü r jed e andere Strahlenart auc h einen anderen Brennpunkt haben, wei l di e Brechungsexponente n debrechbaren r verschiedenfarbige Strahlenlieg nicht de t gleic . De Brennpnnkt de r stärker violette nn Strahlen r Linfh sind e näher alsr der Brennpnnkt de r rothe n Strahlen. Fäll t alf o ei n Bündel weisse s Lich t pa rallel mi t de r Ax e auf eine Eonvexlinse a~b, Fig. 305 , s o werden di e violetten Strahlen i n V, die rothen i n B vereinigt. Fäng t ma n de n au s de r Lins e austretenden Strahlenkegel au s einem Schirm e aus , so sieht ma n eine n weissen Kreis mi t gelbem un d rothem Saume, wen n de r Schirm zwische n V und de m Glase etw a be i mn steht; de r hell e Krei s erscheint dagegen mi t eine m blaue n Saume umgeben, wen n de r Schirm sic h jenseits B, etw a i n rs, befindet, wei l vor V die rothen un d gelben , hinte r B di e blaue n un d violetten Strahlen die änsserste n de s ganzen Strahlenbündels sind .

Ti e natürlichen Farbe n de r Börper .

277

Ti e Ungleichheit de r Brennweite de r verschiedenfarbigen Strahlen, welch e man mi t dem Ramen de r chromatischen A b e r r a t i o n bezeichnet , ha t zu r Fig. 305.

Fig. 306.

Folge, dass die Bilder solcher Linsen mehr oder weniger nnrein, dasssiebald mehr oder weniger mit sarbigen Säumen eingefasst erfcheinen. Man kann sich

davon leich t überzeugen, wen n ma n dnrch ein e star k gewölbt e Lins e etw a die Lettern eine s Buches betrachtet, oder durch ein e solche Lins e da s Bil d entfernter Gegenstände auf einer matten Glastafel erzeugt; man wird alles mit farbigen Rändern umgebeu sehen. Weil nun aber dadnrch die Schärfe der Bilder in M i -

krofkopen fowohl als anc h in Fernrohren sehr leidet, f o war di e Entdeckung der Eon* struction achromatifcher Linsen fü r die praktifche Optik vo n de r grössten Wichtigkeit. D e r Achromatismns der Linfen bernht anf denselben 'Principien wie der Achromatismns der Prismen; achromatifche Linsen sind ans einfachen Linfen verschiedener Substanzen znfammengefetzt.

In de r Regel werden achromatifche Linsen durc h Eombination eine r E o n vexlinse vo n E r o w n g l a s mi t einer Z e r s t r e u u n g s l i n se v o n F l i n t g l a s hergestellt, Fig . 306, deren letztere ein e Zerstreuungsweit e hat , welch e nahe doppelt so gross ist als die Brennweite de r ersteren. In diese m Fall e kan n di e Flint glaslinse di e Convergenz de r aus der Crownglaslinse kommende n Strahle n zwar vermindern, aber nich t aufheben, während di e Farbenzerstreuun g vollständi g corrigirt wird , d a die zerstreuende Braf t de s Flintglafes doppelt f o gross ist al s die des Crownglases.

Solche Linfencombinationen werden achromatifche Linfe n genannt, wei l sie reine, vo n farbigen Säumen frei e Bilde r geben. Ausführlicheres übe r achromatifche Linse n finde t ma n i n de m entbrechenden 'Paragraphen de s Supplementbandes.

Die natürlichen Farben der Körper. Wen n ei n durchsichti- 150

ger vo n weissem Licht e getroffener Borper farbi g erfcheint, so lieg t de r Grund da von darin , dass er nur eine n Theil de r inde m auffallenden Lichte enthaltenen far bigen Strahle n durchlässt, di e anderen aber verfchluckt oder abforbirt . Ein r o t h e s G l a s z . B. lässt nn r rothe , vielleich t noc h wenig e orangene Strahlen durch ; es abforbirt aber Gelb , Grün , Blau , Indigo nn d Violet t voll ständig. Wen n ma n alf o zwifchen de n Spalt b und da s 'Prisma s , Fig . 29 5

278

T i e Farbenlehre.

Seite 267, ein rothes Glas bringt, fo dass nur durch dieses Glas gegangene Strahlen auf das 'Prisma fallen, so verschwindet das ganze Spectrum bis aus Roth und etwas Orange, wie das Spectrum Rr. 8 der Farbentasel zeigt. Für dunkler gefärbte rothe Gläser fällt auch das Orange noch ganz fort. Rr. 9 ist das Spectrum des durch eine Losung von saurem chromsaureu Kali gegangenen Lichtes. Untersucht man auf gleiche Weise die schöne blaue Farbe einer Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd-Ammoniak (die Flüssigkeit muss zwischen parallelen Glasplatten enthalten sein), so verschwindet das rathe Ende des Spectrums. Cs bleibt nur noch Grün,'Blau, Indigo und Violett, wie das Spectrum Rr. 2 der Farbentafel zeigt. Für concentrirlere Lösungen verschwindet noch das Grün und Violett. 3m gleichen Sinne stellt Rr. 3 jener Tafel das Spectrum des Lichtes dar, welches durch eine Lösung von Berliner B l a u gegangen ist; Rr. 4 stellt das Spectrum einer Indigolösung, Rr. 5 endlich stellt das Spectrum einer durch Kobalt blau gefärbten Glasplatte dar. Rr. 6 und 7 sind die Spectra zweier grüner Substanzen, nämlich einer Lösung von Chlorkupfer und eiuer ätherischen Lösung von Blattgrün (Chlorophyll). Man sieht aus diesen Darstellungen, dass keine der genannten Substanzen homogenes, d. h. einfarbiges Licht durchlässt, denn sonst müsstesichdas ganze Spectrmn auf eine einzige farbige Linie reduciren, wie dies in der That bei eintgen farbigen Flammen der Fall ist. Ein rothes Glas z. B. lässt alle Strahlen zwifchen den Fraunhofer'fchenLinien T> und A oder, wenn es dunkler ist, zwifchcn C und A durch, alfo Strahlen von sehr verschiedener Brechbarkeit. Tas blaue Licht, welches dnrch eine Lösung von schwefelsaurem Kupferoxydammouiak gegangen ist, besteht aus allen Strahlen zwifchen H und E. Eine interefsaute Erscheinung bietet die Indigolösnng, deren Spectrum aus zwei getrennten Theilen besteht, nämlich einem schmalen rathen Streifen, und dem blauen Ende des Spectritms. Aehnliche Erscheinungen bietet die Löfung von Chlorophyll und das Kobaltglas. Um die Farben undurchsichtiger Körper dnrch das Spectrinn zu unterfuchen, braucht mau sie nur bei rv, Fig. 295 Seite 267, statt des weissen Schirmes zu halten. Hält man an diese Stelle ein hochiathes Papier, so sieht man nur noch das rothe Cnde des Spectrums; da, wo gelbes, grünes, blaues Licht auffällt, ist das Papier ganz dunkel. Fängt man das Spectrmn dnrch ein mit Ultramarin gefärbtes Papier auf, so erscheint nur das Blau hell leuchtend, die anderen Farben mehr oder weniger dunkel. Tie Lichtabsorption durch farbiges Papier lässt sich am fchönsten zeigen, wenn man auf eilt weisses Papier einen geradlinig begrenzten Streifen farbigen •Papiers aufklebt und den fo gebildeten Schirm in der Art in das Spectrum hält, dass die obere Hälfte des Spectrums auf das weisse, die untere auf das farbige Papier fällt. Rr. 10 der Farbentafel zeigt die Crscheinnng, wie man fie beobachtet, wenn man auf die untere Hälfte des weissen Papiers einen rathen

Farbige Flammen. 2 7

9

Papierstreisen aufgeklebt hat . An f de m weissen Papier erscheint da s ganze Spectrnm, während an s de m rothen Papier alle s Violett , Indigo, Blan , G r ü n nn d fast alle s Gel b absorbirt ist . D a s Rot h de s Spectrnms wir d abe r gleic h gut vom weissen un d vo m rothen Papier zurückgeworfen (diffnndirt) . Farbige Flammen. Sehr interessante Resultate hat die Untersuchung 151 farbiger Flammen geliefert. Die Flamme des reinen Weingeistes ist nur schwach leuchtend; si e wir d abe r i n t e n s i v gel b gefärbt , wen n ma n Kochsal z anf de n Doch t strent. Durc h L i t h i u m - un d S t r o n t i a n s a l ze wir d di e Wein geiststamme r o t h , d n r c h B a r i n m s a l ze nn d durc h K u p f e r f a l ze wir d si e g r ü n

gesärbt.

Bringt man nnn vor eine so gesärbte Flamme einen Schirm mit einem schmalen Spalt nnd analysirt man das dnrch den Spalt hindurchgehende Licht mittelst eine s P r i s m a s, s o sindet man, das s das Spectrnm dieser Flammen sic h ans e i n z e l ne hell e S t r e i f en redncirt , welch e fü r jed e der genannten Snbstanzen ein e bestimmt e sest e Lag e haben . S o redncirt sic h da s S p e c t r nm d es K o c h s a l z es ode r andere r Natriumsalz e au f eine einzig e hell e Lini e i m G e l b, welch e an die Stell e de r F r a n n h o f e r ' s c h en Lini e D fällt , wi e man i n dem Spectralstreifen Nr . 1 1 de r Farbentafel sieht, welcher ausser de r gelben Natrinmlinie anc h noc h di e r o t he Lini e de s L i t h i n m -, di e g r ü ne Lini e des T h a l l i n m- nn d di e b l a ne Lini e de s Indiumspectrums zeigt . Die durch Ratrium gefärbte Flamme sendet also homogenes gelbes, die dnrch Lithinm gefärbte sendet homogenes rothes, die dnrch Thallinm

gefärbte sendet h o m o g e n es g r ü n e s Lich t ans . D as Spectrnm d e r S t r o n t i a n s a l z e , R .r 12 , is t charakterisirt durc h eine n hellen Streifen i m Orange, mehrere Streifen i m Roth nn d ein e feinere hell e Lini e im Blan . D a s Spectrum de r E a l c i u m s a l ze is t ansser mehreren schwächeren Streifen dnrc h zwe i heller e nn d breiter e Streife n ausgezeichnet, vo n denen der eine i m G r ü n, de r andere i m Orange liegt . Di e B a r i u m s a l ze gebe n ei n ganzes Gitte r helle r Streife n i m G r ün un d Gelb . B u n s en ha t di e Spectralanalyse vo n Flammen, welch e durc h di e chemisch zu untersuchenden Substanzen gesärbt werden, benutzt , u m mittels t de r charakleristischen helle n Linie n di e geringsten Mengen de r oben genannten un d anderer Metallsalze nachzuweisen, er benutzt als o gleichsam d a s P r i s ma zu r A u s f ü h r u ng q u a l i t a t i v e r chemifcher A n a l y s e n . Di e S p e c t r a l a n a l y se ha t bereit s zu r Entdeckung bi s dahi n unbekannter Metalle geführt . B u n s en selbst entdeckte i n der Mutterlauge einige r Salzfoolen das E ä f i u m un d R u b i d i u m , zwe i den Alkalimetalle n nah e stehende Snbstanzen. Be i de r Untersuchung de s Schlammes au s Schweselsäuresabriken , welch e Schwefelkiese verarbeiten, beobachtete ma n eine bi s dahin unbekannte g r ü n e Spectrallinie (di e grün e Lini e i n R r. 11) , welche , wi e sic h alsbald ergab, von einem auf diese Weise neuentdeckten, de m Ble i ähnliche n Metall , de m T h a l l i u m , herrührt . In gleiche r Weis e führt e di e Beobachtung de r b l a u e n Lini e

280

T i e Farbenlehre.

in R r . 1 1 zu r Entdeckung eine s i n Zinkblend e vorkommenden neue n silber weissen Metalls , welches Indinm genann t wnrde . riuorescenz und P h o s p h o r e s c e n t T i e meisten Börper reslectiren ode r zerstreuen nu r solch e sarbige Strahlen, welch e bereits i m anfallenden Lichte enthalten sind . S o verfchwindet z . B. das fchön e Roth eine r Siegellackstange,wen n si e nn r von de m gelben Lichte einer Weingeistlampe, an s deren Docht etwas Bochsalz gestrent ist , beleuchtet wird , ode r wen n ma n si e i n den grünen, blauen u.stw . Thei l de s Spectrums hält ; kur z die Siegellackstang e zeigt nur dan n ihr schönes Roth , wen n rothe s Lich t i n den ausfallenden Strahlen enthalten ist. Nun gieb t es aber einig e Börper, welch e Farben zeigen, di e i n dem ausfallenden Licht e nich t enthalten sind , welch e als o gewissermassen di e Farbe de s aus fallenden Lichte s z u verwandeln vermögen. Solch e Borper zeichne n sic h durc h ein eigentümliches Schiller n au f der Oberfläche ans, wi e man es z. B. bei einer Losun g vo n s c h w e f e l s a u rme E h i n i n , eine m alkoholische n Extrac t von S t e c h a p f e l f a m e ,neine m ätherifche n Auszu g a u s grünen Blätter n u . stw. beobachtet. Feste Borper, welch e diese Eigentümlichkeit besitzen, find : mi t U r a n g r ü n g e f ä r b t es G l a s ( E a n a r i e n g l a s) un d einig e Varietäten vo n F l u s s f p a t h, woher auc h de r Nam e F l u o r e f c e n z . Wenn ma n einig e Stückchen vo n de r Rind e de s gewohnlichen Ros s käst a n i e n b a u m es mi t Wasser übergiesst, s o wir d dieses schon nach einigen Secunden schön hellbla u schillernd. T e r S t e c h a p f e l e x t r a ct zeig t au f feiner Oberfläche einen grünlichen, da s B l a t t g r ü n (Chlorophyll ) eine n rothen Schimmer . Um diefe n Farbenfchimmer deutliche r z u sehen, concentrirt ma n mittelst einer Lins e vo n 1 bi s 2 Zol l Brennweit e ei n Bündel Sonnenstrahlen gege n den z u unterfuchenden Borper , wi e es Fig . 3 07 andeutet. T e r Theil des Strahlenlegels,welche r innerhal b de s fluorefcirenden Borper s liegt , erfchein t dann al s ein farbiger Strahlenbüfchel, welche r meisten s a n der Oberfläche am lebhaftesten gefärbt ist . Tiefe r Büfchel ist Roth . . Grünlich. . G r ün . . Hellblau . B l au . .

. . i m Blattgrünauszug, . i n der Stechapseltinctur, . i m Uranglas, . . i n der Chininlofun g un d i m Bastanienrindenanszug , . . i m Flussfpath.

Wenn ma n au f die angegebene Weis e de n grünen Lichtkegel i m Uranglas erzeugt un d nun eine Lofun g vo n fchwefelfaurem Bupferoxyd-Ammoniak dich t vor di e Linf e hält , f o dass nu r blaues Lich t auf das G l a s fällt , f o bleibt deffenungeachtetde r grün e Lichtkegel sichtbar; da s b l a u e Lich t alfo , welches durc h di e blaue Lofun g hindurchgegangen ist , erzeugt als o G r ü n i m Uranglas. Betrachtet ma n den grünen Büfche l de s Uranglases durc h dieselb e blau e Flüfstgkeit, f o verfchwindet er fast vollkommen . Wendet ma n stat t de r blauen ein e grün e Flüfstgkeit , etw a ein e Löfun g vo n

Fluoresced nnd Sßhosphorefcenj.

281

Chlorkupfer an, fo verfchwindet der grüne Büschel im Uranglas, wenn man sie vor die Linse hält; das auffallende grüue Licht kauu alfo deu grünen Büfchel nicht erzeugen; dagegen ist der grüne Büfchel durch die grüne Flüssigkeit sichtbar. Aehnliche Erfcheinungen beobachtet man bei anderen fluorefcirenden Körpern. Am auffallendsten zeigt sich die Wirkung der fluorefcirenden Körper, wenn man sie statt eines weissen Schirmes anwendet, um das Spectrum aufzufangen, wenn man sie also an die Stelle r v , Fig. 295 Seite 267, bringt. Bringt man an die Stelle des Papierschirms, auf welchem man das Spectrum Rr. I, Fig. 308, dargestellt hat, einen Streifen von Uranglas, fo erfcheint auf diesem der Spectralstreisen Nr. I I in Fig. 308, welcher seiner ganzen Ausdehnung nach die gleiche grüne Färbung zeigt. Roth, Orange, Gelb und Grün gehen ungeänderl durch die Glasplatte hindurch, da aber, wo die blauen und violetten Strahlen ausfallen, werden sie in zerstreutes grünes Licht verwandelt, Fig. 308

so dass sich die Fraunhofer 'sehen Linien F, G-,H auf grünem Grunde zeigen. Aber das grüne Fluoresceuzfpectrum geht noch weit über die violette Gränze des gewöhnlichen Spectrums hinaus, das Sonnenlicht enthält alfo noch eine ziemliche Menge ultravioletter, d. h. folcher Strahlen, welche, unmittelbar nichtsichtbar,noch brechbarer sind als die äussersten violetten Strahlen, und welche erst durch die Vermittlung fluorefcirender Substanzen zur Anschauung gebracht werden können. Bringt man eine Blattgrünlöfung in ein mit ebenen Glaswänden begränztes Gefäss, um so mit derselben das Spectrum aufzufangen, fo erfcheint die Vorderstäche der Flüffigkeit der ganzen Länge des Spectrums nach roth; alfo die gelben, grünen, blauen und violetten vom Prisma her auf die Blattgrünlöfung fallenden Strahlen bringen fämmtlich auf der Oberfläche der Blattgrünlöfuug rathes Licht hervor.

282

T i e Farbenlehre.

Verfährt ma n auf gleiche Weise mi t de r Chininlösung ode r de m Kastanienrindenansgnss , s o sieht man au s der Vordersläche de r Flüssigkeit eine n hellblaue n Streifen, welcher sic h von de r Stelle, w o di e blauen Strahlen ansfallen , bi s wei t Über di e violette Gränze de s Spectrums hinau s erstreckt . Di e rothen , gelbe n und grüne n Strahle n gehe n dnrc h dies e Flüssigkeiten hindnrch , ohn e an s de r Vorderstäche derselben ein e Farbeuerscheinnng z n veranlassen. In dem nltravioletten Theil des Flnorescenzspectrums zeigen sich dicht ge-

drängte Gruppen F r a n n h o s e r ' s c h er Linien , wi e zwischen H und F. Bemerkenswerth ist, dass es in den meisten Fallen nur die brechbareren

Strahlen, als o di e blauen, violette n un d di e fü r fic h unsichtbaren ultraviolette n Strahlen sind, welche die Erscheinung der Fluorescenz hervorbringen.

Wi r werde n an s diesen 'Punkt später noc h einmal zurückkommen, wen n vo n den chemischen Wirkungen des Lichtes die Rede sein wird.

In uahe r Beziehung zn r Fluorescenz steht di e ' P h o s p h o r e f c e n z. Scho n lange hatt e ma n di e Ersahrang gemacht, dass einig e Mineralien, z . B. Tiamant, manche Barietäten vo n Flussspath u . s. w. i m D u n k l en leuchten , wen n sie vorher de n Sonnenstrahlen ausgesetz t waren . M a n hat diese Erscheinun g p h o s p h o r e f c e nz genannt . Ungleich stärker al s alle natürlichen phosphoresciren di e sogenannte n künst lichen Leuchtsteine, welch e au s Schweselcalcium ode r au s Schweselbarium oder au s Schweselstrontium bestehen, un d zwar müsse n dies e Substanzen auf trocknem Weg e unter de m Einstuss höherer Temperatur dargestellt werden , wen n sie nach de r Infolation i m Dunklen leuchten sollen . Wenn ma n di e Leuchtsteine nich t mi t weissem, sonder n mi t farbige m Lich t bestrahlt, wen n m a n etwa di e Sonnenstrahlen durc h rothe , grün e ode r blau e Gläser au s dieselben falle n lässt, s o finde t man auc h hier , dass das Licht , welche s der Körpe r nachhe r i m Dunklen a u s s t r a h l t, nich t demjenigen gleic h ist , von welchem er b e s t r a htl wurde . S o leuchtet manches Präparat i m Dunklen mi t grünem, gelbem oder rothem Licht, nachdem e s vorher vo n blauem Lich t bestrahlt worden war . Hier wi e be i der Fluorescenz sind es vorzugsweise di e stärker b r e c h b a r e n b l a u en u n d v i o l e t t en S t r a h l e n , welch e di e Erscheinungen de r Phosphorescenz hervorzurufen i m Stande find . M a n kan n di e P h o s p h o r e f c e nz al s ein e F l u o r e f c e n z bezeichnen , welche noch einig e Zei t nac h de m Aufhören de r Bestrahlung fortdauert . Auch da s elektrifch e Lich t enthäl t viel e Fluorefcenz un d Phosphorefcenz erregende Strahlen .

F ü n f t es C a p i t e l . Vom Auge und de n optische n Instrumenten .

Das Gesichtsorgan. Di e Empfindung de s Lichte s und der Farb e rührt vo n der Affectio n eine s besonderen N e r v e n , de s optischen Nerve n oder de s S e h n e r v en her , dessen seine Ende n auf der Rückwand de s Auges zu einer Fläche, der Nervenhaut, Netzhaut, ausgebreitet sind. Die Empfin-

dung de s Dunklen rühr t vo n eine r vollkommenen Ruh e diese r Nervenhaut her , jeder Rei z derselben bring t abe r di e Empfindung vo n Helligkeit , vo n Licht , hervor; gan z vorzüglic h wir d diese r Rei z durc h di e Lichtstrahlen hervorgebracht , welche di e Körper de r Außenwelt durc h da s Auge auf die Netzhaut senden; doch is t auch di e Empfindung vo n Lich t un d Farb e durc h andere Ursachen ohn e Mitwirkun g de r von außen kommenden Lichtstrahle n möglich , z . B. durch de n Druck de s Blute s (Flimmer n vo r de n geschlossenen Augen). Ei n äußerer Druc k auf da s geschlosseue Auge , ein e elektrisch e Entladung u. s w . sind ebenfalls im Stande, Lichtempfindungen hervorzubringen. Z um Unterscheiden äusserer Gegenstände durc h da s Gesicht reich t es nicht hin, das s di e von einem Körpe r ausgehenden Lichtstrahle n au f die Rervenhaut fallen; e s sind l i c h t f o n d e r n d e Apparat e nöthig , welch e bewirken, dass di e vo n einem leuchtenden Punkt e ausgehenden Strahlen nu r ein e bestimmte Stell e der Rervenhaut treffen , und dass vo n dieser Stell e di e vo n anderen funkte n her kommenden Lichtstrahle n abgehalten werden ; au f diese Weise sin d di e verschiedenen Stelle n de r Retzhaut verschieden asficirt , un d dadurch wir d ein e Unterscheidung möglich . W o folche lichtfondernde Apparat e fehlen , wi e die s be i viele n niederen Thierclaffe n de r Fal l ist , d a kann kei n eigentliches Sehen, sondern nu r eine Unterfcheidung vo n Lich t un d Dunkel , vo n Ta g un d Racht stattfinden; doc h sind selbst sü r ein e solche Lichtempsindung noc h besondere Nervenapparate nöthig . Richt be i allen Thierclassen, be i denen ei n eigentliches Sehen stattfindet , sind di e zu r Osolirung de r Lichteindrücke bestimmten Apparat e auf dieselbe Weis e eingerichtet; m a n unterscheide t zwe i wesentlic h verschiedene Arte n vo n Augen, nämlich 1 . d i e musivisch z u s a m m e n g e s e t z t en Auge n de r Inseeten un d Erustaceen un d 2. di e m it S a m m e l l i n s en v e r s e h e n en A u g e n de r Wir belthiere.

284

Bom Auge und den optischen Instrumenten.

Tie Untersuchung der musivifch zusammengefetzten Augen ist mehr ein Gegeustand der Physiologie und vergleichenden Anatomie als der 'Physik; wir wenden uns deshalb sogleich zu den einfachen Augen mit Sammellinsen, mit

welchen die höheren Thierclassen und die Menschen versehen sind.

154

Einfache Angen mit Sammellinsen. Tie Construction des Anges ist der einer Camera obscura ganz analog. Fig. 309.

Ter ganze Augapfel ist von einer festen harten

Haut umgeben, welche nnr auf de r Vorderfeite durch sichtig ist ; diese r durchfich t tige Thei l wir d di e H o r n haut (cornea), der weisse uudurchfichtige Thei l di e harte H a u t (tunica sclerotica) genannt; die durchsichtige Hornhant ist stärker gewölbt als der Übrige Theil des Augapfels, wie man in F i g . 309 steht, welche einen

Durchschnitt de s Angapfels darstellt. Hinte r de r Horm hant lieg t di e sarbige R egenbogenhau t b b' (iris) , welche ebe n is t nn d die Wölbnng de r durchsichtigen Hornhan t gleichsa m vo n dem übrigen Theil e des Auges abschneidet. In de r Mitt e de r Regenbogenhautbe i ssf befindet sic h ein e kreisförmige Oeffuuug, welche von vorn gesehen vollkommen schwarz (das Schwarze i m Auge) erfcheint; dief e Oeffnnn g führ t de n Namen de r ' P u p i l l e . Hinter de r Jeis uu d der 'Pupille befinde t sich die B r y s t a l l l i n s e; sie besindet sich i n einer durchsichtigen Bapsel , durc h welch e si e auch an der äusseren Wan d des Auge s befestig t ist . Zwifche n de r Linse un d der Hornhant befinde t fic h eine klare , etwa s falzig e Flüffigkeit , di e w ä s s e r i ge Feuchtigkei t (humo r aqueus); de r gauze R a u m hinte r de r Lins e is t dagegen mi t eine r durchsichtigen gallertartigen Substanz , de r G l a s s e n c h t i g k eti ( h u m o r vitreus) , angesüllt . T i e Brystalllins e selbst is t vorn flacher al s hinten. Ueber de r Sclerotica is t i m Inneren de s Auges di e A d e r h a ut (tunic a choroidea) ausgebreitet, un d über diese r endlic h lieg t di e Netzhaut (retina) , welche nu r ein e Ausbreitung de s Sehnerven n ist . T i e Aderhaut, welch e die ganze inner e Höhlun g de s Auges bekleidet, is t mi t einem schwarzen "Pigmen t überzogen;dies e Schwärzung is t nöthig, dami t nicht durch Reflexionen i m Inneren des Auges di e Reinheit de r Bilde r gestört wird . Au s demselben Grund e werde n j a auc h di e Fernröhre inne n geschwärzt. T i e Lichtstrahlen, welch e au s das Aug e sallen, treffe n entweder au f den

Einfache Augen mit Sammellinsen. 285 vorderen Theil der Sclerotica, das Weisse im Auge, und werden unregelmässig nach alle n Seiten zerstrent, ode r si e dringen dnrc h di e Hornhaut i n das Aug e ein; di e änssereu de r durc h di e Hornhant eingedrungenen Strahlen falle n anf die

Jeis

nnd werden nach allen Seiten hin nnregelmässig zerstreut, wodurch die

Farbe de r Regenbogenhautsichtbar wird . Di e centralen Strahlen endlic h falle n durch di e Pupille auf die Lins e un d werden dnrc h dieselbe nac h de r Retin a hi n gebrochen, un d zwa r so , das s di e vo n eine m Punkte eine s äusseren Gegenstandes ausgehende n Strahlen, welch e durch di e Pupill e gehen, i n einem Pnnkt e auf der Retzhaut wiede r vereinig t werden , wi e die s Fig . 31 0 erläutert . S o entsteb t

denn au f der Retzhaut ei n v e r k e h r t es B i l d de r vor dem Aug e befindliche n Gegenständ e gan z i n gleicher Weif e wi e das Bil d au f de r Rückwand eine r Camera obscura.

M an kan n fic h leicht durc h de n Versuch a n einem etwa s grossen Thierauge, etwa a n einem Ochsenauge,vo n de r Existenz dieses Retzhautbildchens überzeugen; man braucht uu r oben be i b, Fig . 3 1 1 , ei n viereckiges Loc h i n die Sclerotic a gig. z u fchneiden un d alle s Undurchfichtig e wegzunehmen,u m durc h diese Oeffnung / ^ b vo n a he r auf die Netzhaut sehen,zu köni nen . Dami t da s Aug e möglichs t seine ^ 0 r m behalte, legt man es in die halb*

kugelförmige Höhlung eine s Stativs, wi e es di e Figu r zeigt . — Meis t quill t di e Glasfeuchtigkeit au s der Oeffnun g b hervor un d verhindert , wei l stenicht mi t ebener Fläch e begränz t ist , dass m an die Netzhautbildchen deutlic h sehe n kann . Diesen Uebelstand vermeidet ma n dadurch, dass man ei n Glasplättchen au f di e Oeff/ nun g b legt. — D a s Bil d de r Gegen^ stände, au f welche das Aug e gerichtet ist , feft sieht m a n be i diefem Versuche verkehr t auf de r Retzhaut. Leich t läss t sich auch das Bil d au s de r Retzhaut weissfüchtiger Thiere, z . B. weisser Kaninchen, zeigen, bei welchen de r schwarze Ueberzug de r Aderhaut fehlt , währen d zugleic h der hintere Thei l de r Sclerotica durchfichti g ist. A n solchen Auge n sieh t ma n di e Retzhautbilder ohn e weiter e Präparation.

286 155

Bom Auge und den optischen Instrumenten.

Accommodation, Kurzsichtigkeit und Fernsichtigkeit. W i r haben obe n schon gesehen, dass das Bil d eine r Sinf e seine Sage ändert, wen n der Gegenstand genähert ode r entfernt wird ; da s Bil d entfern t sic h nämlic h um so mehr vo n de r Linse, j e näher de r Gegeustand heranrückt . D a nun da s Aug e ganz s o wirk t wi e ein e Linse , d a wi r di e Gegenstände nu r dan n schar f sehen können, wen n an s der Retzhaut ei n scharfes Bil d derselben entsteht, so sollte ma n meinen, das s wi r nur in einer bestimmten Entfernun g di e Gegenstände deutlic h sehen könnten; doc h zeigt di e Erfahrung da s Gegentheil; ei n normales Auge kan n alle Gegenstände deutlic h sehen, di e mehr al s 9 bis 10 Zoll wei t entfernt find , das Ang e mns s alf o offenbar di e Fähigkeit haben, fic h de n vermiedenen Entfer nungen z u a c c o m m o d i r em M a n kan n die s auch durc h eine n gan z einfache n Berfuc h darlhun: M a n mache au f ein e durchsichtige Glastafe l eine n kleine n fchwarzen Flec k und halt e die Tafe l 9 bi s 10 Zol l wei t vo n dem (entweder normale n ode r durc h ein e Concavbrille norma l gemachten ) Auge , f o kann ma n willkürlic h de n Fleck oder durc h di e Glastafel hindurc h di e entfernteren Gegenstände deutlic h sehen. Sieht ma n di e entfernten Gegenstände deutlich , s o erfcheint de r Flec k nebli g un d unbestimmt: umgekehrt aber erfcheinen di e ferne n Gegenstände verwafchen, wen n man de n Flec k deutlic h sieht. M a n ha t das Accommodationsvermöge n de s Auges au s verschiedenen Urfachen herzuleiten verfucht ; z . B. aus einer Veränderlichkeit de r Krümmun g der Hornhaut, au s eine r Verschiebbarkeit de r Lins e u . s. w. In neueste r Zei t hat endlic h C r a m e r dies e wichtig e Frag e dnrc h Beobachtung de r Spiegelbild chen gelost, welch e di e Borderfläche un d die Hinterfläche der Linse vo n einer seitlich vo m Aug e aufgestellten Kerzenslamme geben . C s is t ih m gelungen, durch diese, Methode nachzuweisen, das s bei m R a h e s e h en di e vordere Fläche de r Krystalllinse g e w ö l b t e r nn d dass si e zn gleicher Zei t etwa s nac h v o r n g eschoben wird . Cs gieb t sü r ein jedes Aug e ei n M i n i m um de r E n t f e r n u n g, übe r welche hinau s m a n die Gegenstände nich t näher n darf , wen n fi e noch fchar f und deutlic h stchtbar fei n sollen. Dies e Entfernung nennt ma n di e W e i t e de s deutlichen S e h e n s ode r di e Sehweite. E s is t die s di e Entfernung, i n welche ma n eine n kleine n Gegenstand, etw a ei n klei n gedrucktes Buch , hält , um es mi t unbewaffnetem Aug e möglichst gu t sehen z u können. B e i einem norma len Aug e betragt di e Weit e de s deutlichen Sehens 8 bi s 10 Zoll. E i n Auge, dessen Sehweite geringer ist , nenn t ma n k u r z f i c h t i g , wen n si e aber grösser ist weitsichtig.

Di e Undeutlichkei t de s Sehens gan z nahe r Gegenstände rührt , wi e fcho n erwähnt wurde , daher, das s di e vo n eine m funkt e de s nahen Gegenstandes aus gehenden Strahle n f o stark divergiren, das s di e brechenden Medie n de s Auge s nicht i m Stande sind , si e hinlänglich convergent z u machen, u m ihre Bereinigung aus de r Retzhaut z u bewirken. Der vo n eine m z u nahe gelegenen Punkte i n das Aug e eintretende S t r a h lenkegel convergirt gege n eine n h i n t e r de r Retzhaut liegenden Punkt , e r wir d

Accommodation, Kurzsichtigkei t nn d Fernfichtigkeit.

287

alfo vo n der Netzhaut i n einem Kreis e geschnitten, welche n ma n als Z e r s t r e u u u g s k r esi bezeichuet. M au mach e mi t eine r Stecknadel ei n seines Loc h i n ein Kartenblatt uu d

halte es dicht vor das Auge, so wird mau durch dasselbe eiueu gauz uahe

gehalteuen kleine n Gegenstand, etw a ei n etwas grösseres mikrofkopifche s Object

(ein Flohpräparat z . B . ) , ziemlic h schars sehen, während ma n ih n nach Entser-

nuug de s Karteublattes nich t mehr z u uuterscheide n vermag. De r Grnnd lieg t

darin, dass von einem Pnnkte des ganz nahen Gegenstandes ans nur iu einer eiuzigeu Richtuug durch die seiue Oessuuug Strahleu ius Auge dringen kön -

neu, uud diese werdeu auch n ur in einem Puukte die Retzhaut tresseu, während

sich aus ih r ei u Zerstreuuugskreis bildet , weu u da s Karteublatt entfern t ist . Dnrch ein e seine Oeffnuug i u eiuem Karleublatte, welch e dich t vor s Aug e gehalteu wird, sieht man begreiflicherweise uahe uud serme Gegeustäude gleich

schars, ohue dass das Aug e uothi g hätte, sic h deu Eutseruuugeu z u accommodireu, da j a ohuehiu di e vo u eiuem Punkt e de s Gegenstandes ausgehende« Strahle n auch uu r i u eiue m Puukte di e Retzhaut tresseu.

Hierher gehör t auc h de r interessant e uu d lehrreich e Versuc h de s Pate r Scheiuer (oculus sive fundamentum opticum etc. 1652). Weuu mau iu

eiu Karteublatt zw? i seiu e Nadellöcher macht , dere u Entfernung vo u einander

kleiuer sei u mus s al s de r Durchmesse r de r Pupille , uu d di e Oessuuuge u dich t v or

das Auge hält, so sieht mau einen kleiuen Gegenstand, etwa eiue Steckuadel, die ma u iuuerhal b de r Sehweit e vo r di e Löche r hält , d o p p e l t . Vo

u de m

kleiueu Gegeustaude gelaugeu uämlich uur zwei gauz seiue Strahleubüudel durch

die beideu Löcher ius Auge; diese beiden Strahlen convergiren aber nach einem

Puukte, de r h i n t er de r Retzhaut liegt , si e tresseu als o di e Retzhaut i n z w ei

verschiedenen Puukteu; es stud dies zwei isolirte Puukle des Zerstreuuugs-

kreises, welche r au s der Retiu a eutsteheu würde , weu u ma u di e itbrige u Strah n len nich t durch da s Karteublatt aussiuge. Weuu mau deu kleiueu Gegeustaud mehr und mehr entfernt, so nähern sich die beiden Bilder, nm ganz zusammeuzusalleu, wenn man den Gegenstand

bis ans die Weite des deutlichen Sehens entsernt hat. Wird der Gegenstand noch über die Weite des dentlicheu Sehens hinaus eutserut, so bleibt das Bild eiusach, bis die Eutseruuug so gross gewordeu ist,

dass sic h da s Auge sü r dieselbe uich t meh r accommodire u kauu . Ein e solche änssere Gränz e de r Accommodationssähigkei t gieb t e s jedoch nn r sü r knrzsich tige, nich t sü r sernsichtige Angen . Ans de n S c h e in er'sehen Versuc h ha t ma n Instrumente gegründet , welch e zur Ermittelun g de r Sehweite diene n solle n un d den Namen O p t o m e t e r führen. (Rähere s übe r da s O p t o m e t er i m S u p p l e m e n t b a n d). Di e Kurzsichtigkei t (Myopie ) un d di e Weitsichtigkei t (Presbyopie ) sind Fehler, deren Grun d woh l a m richtigsten i n einem mangelhasten Accommo dationsvermöge n z n snchen ist , wa s besonders daraus hervorgeht, dass di e Gewöhnuug eine n grossen Einflus s aus diese Fehler ausübt; Kurzsichtigkei t entsteht ost dadnrch, das s da s Sehen i n der Ferne vernachlässigt wird , nn d Kinder , welch e

288

Bom Auge und den optischen

Instrumenten.

beim Lesen uud Schreiben das Gesicht zn dicht anf das Papier halten, werden in Folge dessen kurzsichtig. Auch dadurch, dass mau längere Zeit durch ein Mikroskop sieht, wird ein sonst gutes Auge vorübergehend kurzsichtig, ja dieser Zustand dauert ost mehrere Stunden lang. T a s einfachste M i t t e l , die Fernsichtigkeit und Kurzsichtigkeit zu verbessern, besteht, wie fchon bemerkt wurde, darin, dass man eine feine, etwa in ein Kartenblatt gemachte Oeffnung dicht vor das Auge hält. Turch diefes Mittel, welches fchon in dem bisher Gefagten feine Erklärung gefunden hat, wird die Schärfe des Bildes freilich auf Kosten der Helligkeit hergestellt. Ein zweites Mittel sind die Brillengläser, und zwar wendet man bei kurzsichtigen Augen Hohlgläser, bei fernfichtigen Convexgläfer an. Bei einem kurzsichtigen Auge sallen die Bilder serner Gegenstände vor die Retzhaut, und das Auge hat nicht das Bermögen, sich so zu accommodiren, dass sie auf die Retzhaut selbst gebracht würden; man verändert deshalb das Refractionsvermögen des Auges durch vorgefetzte Hohlgläfer in der Weife, dass die ins Auge gelangenden Strahlen stärker divergiren, und macht dadurch ihre Vereinigung aus der Retzhaut möglich. Bei fernfichtigen Augen fällt das Bild naher Gegenstände hinter die Retzhaut, ohne dass das Auge im Stande ist, sich diesem Refractionsvermögen zu accommodiren; man wendet deshalb Convexgläfer an, um die Strahlen im Auge convergenter zu machen und dadurch ihren Vereinigungspunkt auf die Retzhaut zu bringen. Je nachdem ein Auge mehr oder weniger kurzsichtig oder weitsichtig ist, muss man stärkere oder schwächere Linfen anwenden; man wählt die Gläfer fo, dass die Weite des deutlichen Sehens, welche entweder grösser oder kleiner ist, als bei einem ganz normalen Auge, durch Mitwirkung der Linsen ebenfalls 8 bis 10 Zoll, alfo ebenso gross wird als bei einem normalen Auge. Tie Kurzsichtigkeit kommt am häusigsten im mittleren Lebensalter, die Fernsichtigkeit aber im höheren Alter vor.

156

Beziehungen zwischen den Empfindungen des A u g e s und der Aussenwelt. Ter Act des Sehens beruht lediglich darauf, dass die Affectionen der Rervenhaut auf eine uns freilich unerklärliche Weife zum Bewusstfein kommen. Cigentlich nehmen wir alfo nur einen bestimmten Zustand, eine gewisse Affection der Retzhaut wahr; dass wir aber diese Wahrnehmung nach aussen verlegen, dass wir die Retzhautbilder gleichsam in Anschauungen der Aussenwelt verwandeln, ist Sache eines unmittelbaren Urlheils; in diesem Urtheile haben wir durch fortwährende übereinstimmende Erfahrungen eine solche Sicherheit erlangt, dass wir die Retzhaut gar nicht als wahrnehmendes Organ empfinden, dass wir die unmittelbaren Empfindungen mit dem verwechseln, was nach unserem Urtheile die Ursache derselben ist. Tie Substitution des Urtheils für die Empfindung geschieht ganz unwillkürlich, sie ist uns [so zu sagen zur anderen Natur geworden. T a wir überhaupt für die Empfindung auf der Retzhaut eine Vorstellung

Beziehungen zwifche n d . Empfindungen d . Auge§ u . d. Aussenwelt. 2 8 9 der Aussenwelt fetzen, so substituiren wir auch für jedes Retzhautbild einen Gegenstand ausser uns.

Tass wir den Gegenstand, welcher einem bestimmten Retz-

hantbildchen entspricht , nac h eine r bestimmte n Richtnn g hi n fnchen , is t abe r

sicherlich ebenso das Resultat forlgesetzter confeqnenter Erfahrung, wie das Rach^ Aussen-Wirken des Gefichtsfinnes überhaupt. Tenken wir uns deu Gegenstand und fein Retzhautbildcheu durch eine gerade Linie verbunden, fo ist dies die Richtung, nach welcher die Bilder nach aussen hin projiciren. Es ist oben gezeigt worden, dass von den äusseren Gegenständen auf der Retzhaut verkleinerte und verkehrte Bilder entstehen, und es ist deshalb die Frage aufgeworfen worden, warum wir nicht alle Tinge verkehrt sehen. Tiefe Frage findet nun in den eben angestellten Betrachtungen ihre genügende Antwort; dass überhaupt ein Retzhautbild existirl, dass ein Bildchen auf dem obern oder unterm Theile der Retzhaut liegt, dass es fich auf der rechten oder linken Seite derselben befindet, erfahren wir erst durch optifche und anatomische Untersuchungen; die Empfindung der Rervenhant kommt nicht als folche zum Bewusstsein, fondern fie wird unwillkürlich nach einer bestimmten Richtnng nach anssen hin projicul, und zwar in derjenigen Richtung, in welcher fich die Gegenstände befinden, welche die Retzhantbilder veranlassen. Nach dieser Richtung hin finden wir aber die Gegenstände anch dnrch andere sinnliche Wahrnehmungen, z. B . dnrch den Tastsinn; es besteht alfo zwifchen den verschiedenen finnlichen Wahrnehmungen in Beziehung anf die Ortsbestimmung die vollkommenste Harmonie; wir würden die Gegenstände verlehrt sehen, wenn diefe Übereinstimmung nicht stattfände. M i t der durch das Gesichtsorgan vermittelten Vorstellung der ausser uns befindlichen Tinge verbinden wir anch eine Vorstellung von ihrer Grösse und Entfernung. T i e Bildchen anf der Retzhaut liegen neben einander, und wenn wir die entsprechenden Gegenstände nicht als unmittelbar neben einander, sondern als h i n t e r einander befindlich erkennen, kurz, wenn wir uns von der flächenhaften Wahrnehmung zu einer Vorstellung der Tiefe des Raumes erheben, fo ist das nicht Sache der Empfindung, fondern des Verstandes. T a s Bind hat noch keine Vorstellung von den Entfernungen, es greift nach dem Monde, wie es nach Tingen in seiner Umgebung greift. Tie Vorstellung von der Tiefe des Sehraumes erhalten wir erst dadurch, dass wir uns im Raume bewegen, dass sich die Bilder bei dieser Bewegung ändern, und dass wir durch unsere eigene Ortsveränderung einen Begriff von der Entfernung der Gegenstände bekommen. T i e scheinbare Grösse der Gegenstände hängt von der Grösse des Retzhantbildchens ab. Tenken wir uns von den beiden Endpunkten eines Retzhautbildchens Linien nach den entsprechenden Endpunkten des Gegenstandes gezogen, so schneiden sich diese Linien unter einem Winkel, den man den S e h w i n k e l nennt; die Grösse dieses Winkels ist aber der Grösse des Retzhautbildes proportional, man kann deshalb auch sagen, dass die scheinbare Grösse der Gegenstände von der Grösse des Sehwinkels abhängt, unter welchem sie erscheinen. Zwei Gegenstände von verschiedener Grösse, wie AB und A'B', Fig. 312 (a. st S . ) ,

$>iül lev's ©nutfcrit f der ^hgfif . 1

9

290

B o m Auge und den optischen Instrumenten.

können gleiche scheinbare Grösse haben, wenn ihre Grösse ihrer Entfermmg vom Auge proportional ist; verschiedene Gegenstände also, deren Grösse sich verhält wie Fig. 312.

1

i

1 : 2 : 3 n . s . w. , werden i n einfacher, doppelter, dreifache r Entfernnn g nnte r gleich grosse m Gestchtswinke l erscheinen . Der 'Punkt im Auge, in welchem sich die Linien a A nnd bB schueiden, heisst de r K r e n z n n g s p n n k t , e r is t de r Scheitelpunkt des Sehwinkels.

Unser Urlhei l übe r di e wahr e

Grösse der Gegenstände nn d ihr e Entfernnng wir d erst dnrch sortgesetzte Ersahrnng erlangt nnd kann dnrch Uebnng einen bewundernswürdigen Grad von Sicherheit erreichen.

157

S e h e n m i t z w e i A u g e n . Wenn man mit beiden Augen einen nahen Gegenstand, etwa einen 1 Fuss weit vor das Gesicht gehaltenen Finger, sixirt, so sieht man alle entfernteren Gegenstände doppelt. Umgekehrt sieht man den nahe vor das Gesicht gehaltenen Finger doppelt, wenn man mit beiden Augen einen fernen Gegenstand sixirt. Das einfache Sehen mit zwei Augen ist nur dadurch möglich, dass jeder Stelle auf der Retzhaut des rechten Auges eine Stelle auf der Retzhaut des linken Auges in der Weife entspricht, dass die Reizungen dieser entsprechenden Stellen sich zu einem gemeinsamen Lichteindruck vereinigen. Zwei solche correspondirende Stellen sind die in den folgenden Figuren mim und m! bezeichneten, in welchen die Retzhaut von der Augen axe getroffen wird. Die Augenaxe aber ist diejenige Linie, welche die Mitte der Hornhaut mit dem Mittelpunkt der Linse verbindet. Andere entsprechende (correspondirende) funkte liegen ungefähr gleich weit rechts oder gleich weit links von m und nif, wie z. B . n und n', p und p', Fig. 313. Die funkte A, B und G werden einfach gesehen, weil ihre Bilder in beiden Augen auf entsprechende Stellen der RetzFig. 313. haut sallen; nämlich das Bild von A aus n und n'f das Bild von B aus m und m ' , das Bild von G aus p und p\ Wenn beide Augenaxen aus den nahen Gegenstand .,4, Fig. 314, gerichtet sind, so dass sein Bild aus die entsprechenden funkte m und m' fällt, fo steht man ihn einfach, während man den entfernteren Punkt B doppelt steht, weil fein Bild in beiden Augen nicht auf entsprechende Stellen der Retzhaut fällt, nämlich rechts von m im einen, links von m f im andern. Aus dem gleichen Grunde steht man den nahen Punkt A doppelt, wenn beide Augenaxen, wie in Fig. 3 1 5 , auf einen entfernten Gegenstand B gerichtet sind.

©rängen der Sichtbarkeit.

291

D as Sehen mi t zwe i Ange n träg t wesentlich zu r richtigeren Schätzung de r Entfernungen näherer Gegenstände bei. Wenn wi r eine n etwas näheren Gegenstand, etw a den Würfel TT 7, Fig. 315 , mit beiden Auge n betrachten, f o ist die Ansicht desselben sü r das link e Auge nich t ganz dieselbe, wi e f ür das rechte. D a s recht e Aug e nämlic h steht di e Vorder 314.

Fig. 315.

Fig. 316.

fläche des Würfel s un d die rechte Seit e deffelben, während fü r da s link e Aug e gleichfalls di e Vorderseite, ausserdem abe r noc h di e linke Fläch e de s Würfel s

stchtbarist.

Dieser Umstand aber , dass fü r nich t z u weit entfernte Objecte di e Ansichten beider Auge n nich t gleic h sind , is t vorzugsweise di e Ursache, dass wi r di e Gegenstände nich t slächenhaft, sondern wahrhaf t körperlich, plastifch, sehen. Es sei nnn vo n irgen d eine m Gegenstande ein e Zeichnung entworfen, wi e sie dem rechten, un d ein e zweite, wi e siedem linke n Aug e entfpricht , un d dan n diese Zeichnungen f o vo r die Augen gebracht, das s jede s Aug e n u r di e ih m angehörige Zeichnung sehen kann, f o müfsen sich di e Lichteindrücke beide r Auge n zu einer vollkomme n körperliche n Anfchauung combiniren , un d darauf beruhe n die überraschenden Effect e de s S t e r e o s k o p s, welche s i m ersten Bande meine s Lehrbuchs de r "Physi k ausführlicher befprocheu ist .

Gränzen der Sichtbarkeit. Wen n ei n Gegenstand noc h gesehen 158 werden soll , f o darf de r Gesichtswinkel, unte r welche m er erscheint, nich t unte r einer gewifse n Gränze liegen , di e sehr vo n de r Erleuchtung un d der Farbe de s Gegenstandes , de r Natu r de s Hintergrundes un d der Individualität de r Auge n abhängt. F ü r ein gewöhnliches Aug e is t bei mässiger Beleuchtung ei n Gegenstand noc h unte r eine m Sehwinkel vo n 3 0 Secunden sichtbar ; ei n sehr helle r Gegenstand,wi e ei n glänzender Silberdraht , wir d abe r au f dunklem Grund e noch unte r eine m Gesichtswinkel vo n 2 Secunden gesehen. Anc h dunkl e Körpe r können anf weissem Grunde feh r deutlic h gesehen werden , selbst wen n si e auch sehr sei n sind; ei n mittelmässiges Aug e kan n ei n Haupthaar vo r dem massig 16*

292

Bom Auge lind den optischen Sustrumenten.

hellen Himme l noc h i n einer Entfernun g vo n 4 bi s 6 Fus s deutlic h unter scheiden.

159

Dauer des Lichteindruckes. Wen n ma n mit eine r glühenden Kohle rasc h eine n Krei s beschreibt, s o kann ma n di e Kohl e selbst nich t unter scheiden, fondern ma n steht eine n feurigen Kreis. T e r Grun d diese r Erscheinung liegt darin , das s ein e durc h eine n Lichteindruck afficirl e Stelle de r Retina nich t augenblicklich wiede r zu r Ruh e kommt , wen n de r Lichteindruck selbst aufgehör t Fig. 317 . hat ; ans demselben Grund e kan n ma n auch di e Speichen eines schnel l laufende n Rade s nich t unterscheiden, un d di e obere Fläche eine s Kreisels, welche r mi t abwechselnd weissen und schwarzen Sectoren bemal t ist , wi e Fig . 3 1 7 , erscheint bei rascher Rotatio n gleichförmi g grau . Wen n abe r de r Kreisel, i m Dunkeln rotireitd , m o m e n t an erleuchte t wird , etwa durc h eine n Blit z ode r eine n elektrische n Funken , so kann ma n di e einzelnen Sectoren deutlic h unterscheiden. Ein rech t sinnreicher Apparat, welcher sich aus di e Tauer des Lichteindruckes gründet, is t die sogenannte W u n d e r s c h e i b e ( S t r o b o s k o p i s c h e S c h e i b e , . Ein e m gi 8 Phenakistoskop) * Scheib e vo n 2 0 bi s 25 Centimeter Durchmesse r kann u m ein e horizontal e Axe in eine rasche Rotationsbewegung versetz t werden : am Rand e diese r Scheib e befindet sic h ein e Reihe vo n Oessnungen , welch e i n gleichenAbständen auf einander folgen; i n de r Fig. 3 18 dargestellten Wunderscheib e befinden fic h 1 2 solcher Lö cher.Innerhalb de s durc h die 1 2 Löche r gebildete n Ringes is t nu n ein e kleinere bemalte Scheib e befestigt , auf welche r ei n und derselbe Gegettstand i n 12 auf einander folgenden Stellungen abgebildet ist , f o dass jedem Loche ein e andere Stellun g entspricht. In unsere r Figur is t ein ganz einfache r Gegenstand gewählt , näm lich ei n Pendel. Unte r de r

Farbige Nachbilder.

293

mit 1 bezeichneten Oeffnung ist das Pendel dargestellt, wi e es eben feine änsserste Stellung link s erreicht hat ; uute r de r Oeffuuug 2 fehen wi r da s "Pendel, wie es fic h der Gleichgewichtslage fcho n wieder genähert hat , be i 4 hat e s die Gleich gewichtslage erreich t n . f. w. Tiefe r Appara t wir d nu n f o vor eine n Spiegel gehalten, dass di e bemalte Fläche de m Spiegel zugekehrt is t und ma n dnrc h ein e Oeffnnng, etw a durc h di e oberste, da s Bil d de r bemalten Scheibe i m Spiegel sieht. Wenn nnn die Scheibe ratirt, fo geht eine Oeffnnng nach der andern

vor de m Aug e vorüber; während abe r dieZwifchenrännte vorde m Angehergehen, sieht man nichts.

Rehmen wir an, dass in einem bestimmten Momente die

Oeffnung 1 vor dem Ang e vorübergeht, s o erblickt m a n unter derfelbe n das Bild des Pendels in seiner grassten Ausweichung; der in diesem Momente ins Ange gelangende Lichteindruck bleibt nun, bis die zweite Oesfnuug vors Auge

kommt, uu d jetz t erscheint da s Pendel a n derselben Stelle , a n welcher ma n es eben ers t i n seiner grössten Ausweichung gesehen hatte, de r Gleichgewichtslage etwas genähert; da s Bil d dieser zweite n Lag e bleib t i m Auge, bi s di e dritte , da s Bil d de r dritte n Lag e bleibt , bi s di e viert e Oeffnun g vo r da s Aug e gelangt, un d nun sieht m a n das Pendel i n seiner Gleichgewichtslage it . s. w.; di e au s diese Weise de r Reih e nac h de m Ang e vorgeführten Stellungen de s "Pendels machen dann täufcheud de n Eindruck , al s ob das Pendel oscillire . S t a t t de s "Pendels kann ma n auc h ander e Gegenstände wählen, di e man de r Reih e nac h i n ebenso viel verschiedenen Stellungen dargestellt hat , al s Löcher vorhanden sind , s o dass jeder Oesfnuug ein e andere Stellun g entspricht. S e h r täuschend lassen sic h au f diese Weise Bewegungen vo n Menschen- un d Thiergestalten darstellen, di e ma n in de n verschiedenen auf einander folgenden Stellungen aufgezeichnet hat . T i e Rachwirkunge n au f der Retzhaut sind u m fo stärker un d dauern um so länger fort , j e intensiver un d andauernder di e primitiv e Einwirkun g war . Ebenfo wi e di e Gegenstände ein e gewisse Grösse haben müssen, u m durch das Aug e wahrnehmbar z u sein, ebenso muss auch der Lichteindruck eiu e namhafte Zeit andauern, um eiue Wirkuug auf die Retzhaut hervorzubringen; ans diesem

©runde wir d ei n sehr schnell sic h bewegender Börper , z . B. eine Kanonenkugel, nicht gesehen; da s Bild de r fliegenden Bngel beweg t fic h anf der Netzhaut mi t solcher Geschwindigkeit, dass es an keiner Stell e wahrgenommen werde n kann .

Farbige Nachbilder. Unse r Gesichtsorgan empfinde t os t Farben* 160 eindrücke, di e nich t unmittelbar dnrc h äussere Objecte hervorgebracht sind , sondern in eine m eigentümlic h gereizte n Zustand e de r Retzhaut ihre n Grun d haben . M a n nenn t solch e Farben s u b j e c t i v e ode r auc h physiologische. T i e sarbigen Rachbilder sowohl al s auch di e Farben, welch e durch Contraste hervorgebracht werden, gehören hierher . T i e Rachbilder sehr helle r Object e sind imme r meh r ode r wenige r gefärbt , und zwa r is t diese Färbung u m fo entschiedener , j e intensiver de r primitiv e Licht eindruck war , welche r di e Rachbilder veranlasste. M a n fixir e z. B. einige Zei t lang ei n Berzenlicht rech t fcharf , fchliess e dann di e Augen un d wende sie nach einer dunklen Stell e de s Zimmers, s o glaubt-man noc h imme r di e Flamme vo r

294

B o m Auge lind den optischen

Sustrumenten.

den Auge n z u haben, aber fi e verändert nac h un d nac h ihr e Farbe; fie wir d als bald gan z gelb , geh t dann durc h Orange i n Roth, vo n Rot h durc h Violet t i n grünliches Bla u über , welche s imme r dunkle r wird , bi s das Rachbild endlic h ganz verschwindet. Wenn man , während noc h da s farbig e Nachbild i m geschlossene n Aug e ist, das Aug e ösfne t un d auf eine weisse Wand richtet , s o erblickt ma n ei n Bil d au f dieser W a n d , welche s demjenige n complements ist , welche s ma n z u derselben Zeit be i geschlossene m Aug e wahrnimmt . 3 s t das Nachbild i m geschlosseneu Auge rot h geworden, s o erblickt ma n ei n grüne s Bild , wen n m a n das Auge öffnet uud auf eine weisse Fläche richtet . Wenn ma n länger e Zei t eine n farbigen Fleck au f weissem Grund e schar f fixir l un d dann da s Aug e seitwärts au f die weisse Fläche richtet , s o sieht ma n ein complements gefärbtes Nachbild; wa r der Flec k blau , f o ist das Rachbild gelb; wa r e r roth, s o ist es grltn u . st w. Dies e Erscheinung erklär t sic h da durch, das s di e Retzhaut fü r di e Farbe de s Objectes abgestumpft un d alf o fü r diejenigen i m weissen Licht e enthaltenen Farben empfindlicher wird , di e nich t in der Rüance de s di e Blendung veranlassenden Objectes enthalten sind. Dass die Retina dnrch das längere Betrachten eines stark erlenchteten sarbigen Gegenstandes allmälig gegen diese Farbe abgestumpft wird, geht auch dar-

aus hervor , dass fi e nach nn d nac h imme r matter un d unfcheinbarer wird . M an kann fic h davon a m leichtesten au s folgende Weise überzeugen. M a n fixir e län gere Zei t ei n farbiges, etw a ei n rothes Ouadrat, welche s fic h auf einem weissen ©runde befindet , un d wende dan n da s Aug e nu r etwa s seitwärts, s o dass da s complementäre Rachbil d zu m Thei l noc h au s da s sarbige Ouadrat sällt , wi e die s iu Fig . 31 9 angedeutet ist . D e r freie Theil de s Rachbildes erscheint jetz t grün , re Fig. 319 . f i gewordene Thei l de s Objectes, d . h. derjenige Theil, welche r fein e Strahlen jetz t auf Stelle n der Retzhaut sendet, di e vorher noc h nich t vo n de m rothe n Lichte getroffen waren, erscheint lebhast roth ; d a aber, wo beid e Ouadrate übe r einande r fallen , steht man ein wei t matteres Roth , den n di e von diesem Theil e des objectiven rothen Ouadrates ausgehenden Strahlen tresseu noc h imme r solch e Stellen de r Retzhaut, welch e gegen de n Eindruck de s rothen Lichte s schon mehr abgestumpft sind .

161

Contrastfarben. Ei n grauer Flec k erscheint au s einer weissen Fläch e dunkler, au s einer schwarzen heller , al s wenn di e ganze Fläch e mi t demselben grauen Ton e überzogen wäre . Ei n Versuch, welcher die s recht deutlich zeigt , ist folgender: M a n bring e eine n fchmalen undurchsichtigen Körper, etw a eine n Blei stist, zwischen ein e Kerzenstamme un d eine weiss e Fläche, s o wir d m a n einen dunklen Schatten au s helle m Grande sehen; bring t ma n nu n ein e zweit e Kerzenstammenebe n di e erstere, s o sieht ma n zwe i dunkl e Schatten au s dem helle n Grande; jede r diese r Schatte n is t aber jetz t durc h ein e Kerz e ebenso stark er* leuchtet, al s es vorher di e ganze Fläche- war, un d doc h hielt man vorher die Fläche

Die Soupe oder daä einfache Mikroskop.

295

für hel l nn d jetz t häl t ma n de n Schatten fü r duukel; diese r Versuch beweist de n bedeutende n Einslns s de s Eontrastes. Roch auffallender find die Eontrasterscheinnngen bei Betrachtungen farbiger Gegenstände, wobei man oft complementäre Farben (Ergänznngsfar-

b e n) steht, welch e objecti v ga r nich t vorhanden sind . Legt ma n eine n schmalen granen Papierfchnitzel anf ein lichtgrünes "Papier, so erscheint de r Streifen röthlich ; leg t ma n ih n au f ein blaues 'Papier , s o er scheint er gelb; kurz , e r erscheint imme r complementär zu r Farbe de s Grundes. S e hr deutlic h nimm t m a n die Erscheinung wahr , wen n ma n einen ungefäh r 1 m m breite n Streife n vo n weissem Papier au f ein e Tafel vo n farbigem Glas e klebt un d dan n durc h dafselbe nach einer weissen Fläche, etw a nac h eine m Blatt e weissen Papiers, sieht ; de r Streifen erfcheint dann complementär zu r Farb e de s Glases, alf o rot h auf einem grünen Glase, bla u auf einem gelben u . stw. W as di e Erklärung der farbigen Rebenbilder betrifft , so ist sie wohl dari n zu suchen, dass, wenn irgend ein Theil der Retzhaut durch farbiges Licht afficir t wird, diese directe Wirkung auch auf di e benachbarten Stellen der Retzhaut i n der Weif e reagirt, dass fie in einen dem primitiven Eindrucke complementären Zustand verfetzt werden. JedeZufammenstellun g vo n Farben, welch e complementär z u einander sind, mach t eine n angenehmen Eindruc k auf das Auge , jed e derselben erfchein t durch di e andere gehoben un d brillante r al s für fic h allein . E s ist dies leich t begreiflich, wen n ma n bedenkt, dass, wenn irgen d ei n Thei l de r Retzhaut direc t durch irgen d ein e Farbe afficir t wird , ste j a selbst ei n Bestreben zeigt , auf den benachbarte n Stelle n diesen Gegenfatz hervorzurufen. Dagege n kan n di e fchönste Farbe durc h unpassende Zusammenstellung unscheinbar gemacht werden.

Die Loupe oder das einfache Mikroskop. Wi r habe n obe n 162 gesehen,das s di e scheinbare Grösse eine s Gegenstandes vo n de r Grosse des Seh winkels abhängt, unte r welche m e r erscheint; de r Sehwinkel wir d abe r u m s o grösser, j e mehr de r Gegenstand de m Aug e genähert wird ; nu n abe r können wi r ihn nu r bis z u einer gewisse n Gränze, de r Weit e de s deutlichen Sehens, de m unbewaffneten Aug e nähern, wen n noc h ein e fcharf e Unterscheidung de r Gränzen und de r einzelnen Theil e möglic h fei n foll , un d dadurch is t auch eine r weiter n Vergrösserung de s Sehwinkels ein e Gränze gesetzt. Ei n jede s Instrument, wel chesein e weiter e Vergrösserung sü r den Sehwinkel kleine r nahe r Gegenstände möglich macht , al s es bei unbewaffnetem Aug e de r Fal l ist , wir d ei n M i k r o skop genannt. Rac h dieser Erklärun g is t auch di e klein e Oesfnung i m Karlenblatte, welch e i n § . 1 55 besprochen wurde , ei n Mikroskop, un d zwa r ein einfaches; doch bezeichnet ma n mi t de m Ramen de s einfachen M i k r o f k o p e s i n der Re gel nu r Eollectivlinfe n vo n geringe r Brennweite. Um z u begreifen, wi e ein e einfache Sammellinse al s Mikroskop dienen kann, braucht ma n nu r eine n Blic k au s Fig . 3 2 0 (a . st S .) zu wersen. E s sei AB ein Gegenstand, de r sich innerhalb de r Brennweit e de r Lins e befindet, s o divergiren all e vo n eine m 'Punkte de s Gegenstandes A B ausgehenden Strahlen nac h ihrem Durchgange durch die Linf e gerade fo, als ob stevon dem entsprechende n 'Punkte

296

Bom Auge lind den optischen Sustrumenten.

des Bilde s ab herkämen, wi e dies scho n obe n gezeig t wurde ; ei n hinter der Linse bestndliches Aug e wir d abe r de n Gegenstand durc h di e Linse deutlic h sehen

h

können, wen n sic h das Bil d ab i n der Weit e de s deutlichen Sehens befindet ; in diesem Fall e abe r lieg t de r Gegenstand selbst de m Aug e wei t näher ; ohn e die Linse würd e ma n ih n als o nich t mehr deutlic h sehen können. T i e vergrassernde Kraft de r Sinse is t also i m Wesentlichen dari n z n snchen, das s si e es möglic h macht, de n Gegenstand de m Ang e sehr nah e z n bringen, wodurc h bernt natürlic h anch der Sehwinkel vergrasserl wird.

Um di e dnrch di e Lonp e hervorgebrachte Bergrassernng z n bestimmen,i|tüs sen wi r die Grösse de s Sehwinkels, nnte r welchem da s Bil d ab dem Ang e erscheint, wen n e s sich i n der Entfernung de s deutlichen Sehens befindet , mi t de r Grösse de s Sehwinkels vergleichen, unte r welchem de r Gegenstand selbs t erscheineu würde , wen n e r eben soweit vo m Aug e entfernt wäre . Genau läss t sic h de r Winkel , unte r welche m da s Bild ab erscheint, nur dann ermitteln , wen n di e Cntfermtng de s Glases vo m Kreuzungspunkte i m Auge bekannt ist ; da man aber da s Auge dich t hinte r di e Linse häl t un d die Ticke derselben selbs t unbedeutend ist , s o kann ma n ohne grossen Fehle r den Kreuzungspunkt al s mi t de m Mittelpunkt e o der Lins e zusammenfallend anneh men; unte r dieser Voraussetzung is t nun di e Bergrössermtg leich t z u berechnen. Bon o aus gesehen erscheint de r Gegenstand AB un d da s Bil d ab unter gleichem Gesichtswinkel; wi r sinden alf o di e Bergrössermtg, wen n wi r de n Ge fichtswinkel, unter welchem A B erscheint, mi t demjenigen vergleichen, unter wel chemderselbe Gegenstand erscheine n würde , wen n e r bis i n die Weit e de s deut lichen Sehens vo n o entfernt, wen n e r alfo an die Stell e de s Bilde s ab gefetzt wäre. D a di e fcheutbare Gröss e eine s Gegenstandes seiner Cntfermtn g vom Auge umgekehrt proportional ist , f o verhalten fic h der Gesichtswinkel AoB un d der Winkel , unte r welche m AB vo n o aus betrachtet erfcheinen würde , wen n dieser Gegenstand bi s ab fortgerückt wäre, umgekehrt wi e di e Entfernungen de s Gegenstande s AB un d de s Bilde s ab vo n o. Bezeichne n wi r di e Entfernung des Bilde s vo n o mi t d, di e Entfernung de s Gegenstandes AB vo n o mi t x, so ist die Vergrößerung — , w o für d die Weit e de s deutlichen Sehens z u setzenist. x

Rehmen wi r an , da s Bil d befände fic h i n der Weit e de s deutlichen Sehens, der Gegenstand abe r i m Brennpunkte de r Linse , f o wäre di e Vergrössentng

zusammengefegte Mikroskop.

297

wenn / die Brennweite der Linse darstellt. Tieser Ansdrnck — giebt uns nnn

freilich nich t de n genauen Wert h de r Vergrössentng a n, er macht aber ei n annähernd richtige s Urthei l übe r di e Vergrössentng de r Lonp e möglich . Wenn da s Bil d ab i n de r Entfernung d entstehen soll , s o muss sich der Gegenstand innerhal b de r Brennweite befinden , x is t also jedenfalls kleiner als / , de r wahr e Wert h de r Vergrasserung is t alfo jedenfalls noch etwas grösser als y . Wenn z. B. die Weite des deutlichen Sehens 10 Zoll, die Brennweite der

Linse 2 Zol l ist , s o wird di e Vergrössentng noc h etwas mehr al s h etwas meh r al s 5 betragen.

. noch

Jekleine r de r Wert h vo n / wird , d . h. j e geringer di e Brennweite der Linse ist , desto kleine r wir d auc h de r Wert h vo n x, dest o grasser de r Wert h vo n — , desto stärker is t also di e Vergrasserung. Ein e Loup e vo n kurzer Brennweit e x vergrössertals o stärker al s eine solche vo n grösserer Brennweite.

Das zusammengesetzte Mikroskop. Ti e ^rutcipien, au s 163

welchen di e Eonstruction aller , wen n auc h i n ihrer sonstigen Einrichtun g noc h so sehr von einander abweichenden Mikra skope beruht, sind folgende: 1. T i e Gegenstände , welch e man dem Versuche unterwerfen will , befinden sich nahe be i einer Sammellinse ab vo n k u r z er B r e n n w e i t e (Fig . 3 2 1 ) , und zwa r etwa s jenseit s de s Brenn punktes. Ties e Linse , sie mag nu n ein sach oder zusammengesetz t sein , wir d die O b j e c t i v l i n se ode r da s O b j e c t i v des Mikroskopes genannt. 2. Turc h da s Objectiv ab wir d nu n von dem kleinen Gegenstande rs ei n ver kehrles tergrösserles Bil d R S entworfen und dieses Bil d gleichsam durch eine zweite Linse def da s A u g e n g l as ode r das Ocular,betrachtet,welches hier als Loupe r stat t des E ' dient , s o dass de r Beobachte ersten Bilde s RS da s Bil d R' S' sieht . T i e vo n r ausgehenden Strahle n divergiren als o nac h ihre m Durchgang e dnrch da s Instrument so , a ls ob si e von R', die von s ausgehenden so, a l s ob sie von S' herkämen.

298

B o m Auge lind den optischen

Sustrumenten.

So ist denn jedes dioptrische Mikroskop im Wesentlichen ans einem Objective nnd einem Oeulare zusammengesetzt, nnd die Vergrössernng des Mikroskopes ist das "Product der Vergrösserungen, welche jedes dieser Gläser hervorbringt. Wenn z. B. das Objectiv im Durchmesser 5mal, das Ocular aber 10mal ver-

grösserte, s o würde ei u solches Mikrosko p de n Durchmesser de r Gegenstände 5 0mal, di e Oberfläche als o 2500mal vergrößern. Um rein e un d fcharfe Bilder z u erhalteu, mns s di e O b j e c t i v l i n fe des Mikroskopes ein e achromatische sein ; fü r etwas stärkere Vergrösserungen abe r ist da s Objectiv dnrc h ein e Eombinatio n mehrere r fchwächeren achromatifchen Linsen gebildet, welche wie eine einzige stärkere Linse wirken, aber ein von den Fehlern der fphärifchen Aberration (§. 136) freieres Bild geben.

Anch das Ocnlar des Mikrofkops

besteht in der Regel ans einer Eombination vo n zwe i Linsen.

Fig. 322 erläutert di e äussere Ein richtnng des Mikrofkopes; das Objectiv o ist an das untere Ende einer Mefstng-

röhre angefchranbt, i n welche obe n bei

n ei n knrzes, da s Ocnlar enthaltende s

Rohr eingeschoben wird.

Das Object

wird an f den Tifc h p gelegt nn d dnrch den Spiegel s vo n nnten erleuchtet. Um das Objectiv o iu folche Entfernnng vom Objecte bringen zn können, dass man ein deutliches Bild defselbeu steht,ist di e Mikroskopröhre i n der Mes-

stnghülseh sanft verfchiebbar; di e feinere Einstellung gefchieht mittelst des Schranbenkopfes bei ~k. D as Mikrosko p ha t nicht nu r zu den bedeutendsten wissenfchaftlichen Ent deckungeu geführt , sonder n e s is t auch für das praktifche Lebe n wichti g gewor den, inde m e s das zweckmässigste M i t tel bietet, u m Verfälschungen vo n Rahrungsmitteln nachzuweisen , Wollen- , Leinen- un d Baumwollfaferm z u unterfcheiden u. st w. 1 64 D i o p t r i s c h e F e r n r ö h r e . Auc h di e F e r n r o h r e, dere n Zweck es ist, entferntere Gegenstände vergrössert z u zeigen, bestehen aus einem dem Gegenstande zugekehrten O b j e c t i v , d . h. einer Lins e vo n grösserem D u r c h m e f f e r und grösserer B r e n n w e i t e , welch e w o möglich achromatifc h sei n soll , und einem O c u l a r , durc h welches de r Beobachter hindurchschaut. Di e verschiedenen

Dioptrifche Fernrohre.

299

Arten der dioptrifchen Fernröhre nnterfcheiden sich nur dnrch die vermiedene Einrichtung de s Ocnlars. Be

i de m G a l i l ä i ' f c h en Fernrohr e besteht da s Ocnla r ans einer einfache n Zerstreuuugsliuse; da s Ocula r des a s t r o u o m i f c h eu Ferurohres ha t eiu e ode r zwei Sammelliufeu, da s Ocula r de s E r d f e r n r o h r e s endlich ha t deren vier . Di e Einrichtuu g de s h o l l ä u d i f c h e u ode r G a l i l ä i ' f c h en Ferurohre s is t Fig . 3 2 3 dargestellt.

oo ist das Objectiv, welches iu ab eiu verkehrtes Bil d de s Gegeustaudes AB eutwerfe u w ü r d e , weun di e Strahlen nich t fcho n vorhe r di e als Ocnlar dienende Zerstrennngslinfe vv träfen.

Rnn

aber wir d die s Ocnla r f o gestellt, das s di e E n t -

fernuug des Bildes ab vou demfelbeu etwas grösser ist als seiue Zerstreuuugsweite, folglich werdeu alle uach eiuem Puukte des Bildes ab couvergireudeu Strahleu so gebrochen, dass sie uach ihrem Durchgauge durch die Zerstreuuugsliufe fo divergireu, als ob sie vou eiuem Punkte vor derselben herkämen. (Vergleiche den Schlnss de s §. 138.) In uufere r Figu r kau n ma n den Lauf des Strahlenbündels verfolgeu , welches, vo n dem obersten «Punkte A de s eutferuten Gegeustaudes ausgeheud , durch das Objectiv oo uach a hiu couvergireud gemacht wird, uud desseu Strahlen endlich, aus dem

tfp

Ocular austreteud, sic h i u eiuer Richtuug fortpflanzen, n wären . a ls o b sie von o! ansgegange Di e durc h die s Ferurahr hervorgebrachte Ver grasseruug is t leich t z u berechueu , weu u ma u di e

Breuuweite des Objectivs uud die Zerstreuuugsweite des Oculars keuut. D e r Wiukel AcB,

uuter welchem

der Gegenstand ohn e Fernrohr erscheinen würde , is t gleich de m Winkel bca-, denken wi r u us u uu da s Auge iu deu Mittelpuukt m des Oculars versetzt, so erscheint, durch da s Ferurohr gefeheu, der Gegenstand uuter de m Winkel a!mb', welcher de m Winke l bma gleich ist ; u m zu bestimmeu, wi e vielmal da s Fern rahr vergrössert, haben wi r alf o nu r z u ermittelu, wi e vielmal de r Wiukel bma grösser is t als der Wiukel bca.

Die Eutferuuu g de s Bildes ab vo m Objectiv ist gleic h de r Breuuweite / desselben, wenn de r Gegenstand sehr wei t entfernt ist ; di e Entfernung de s Bildes ab vo m Ocnlar is t aber n n r unmerklich grasse r als die Zerstreuungsweit e /' dieses Glases, un d wi r können

300

Bom

Auge

lind

d e n optischen

Sustrumenten.

sie ohne merklichen Fehler gleic h f setzen . R n n abe r verhalte n sic h di e Winke l bca u n d bma s e h r n a h e n m g e k e h r l w i e d i e s e E n t f e r r n t u g e n , a l s o : bca

: bma

— f

:/,

oder: bma bca

/ ~

T

7

Setzen wir den Winkel bca, nnter welchem der Gegenstand ohn e Fernroh r erscheint , = 1 , s o is t de r Winkel, nnte r welche m e r dnrc h da s Fernroh r gesehe n wird, bma

=

/

d. h. man findet die Vergrössermtg, wenn man die Brennweite de s Objectiv s dnrc h di e Zerstreuungs weite des Oculars dividirt; die Vergrössermtg ist also um so bedeutender, je grösser die Brennweite des Objectivs und je kleiner die Zerstreuuugsweite des O c u l a rs ist . T i e Entfermtn g de r beide n Gläfe r is t offenba r sehr n a h e gleich / — / ' ; w e n n m a n also verschiedene O c u l a r e m i t demselben Objectiv verbindet, so wird die Entfernung de r beiden Gläser u m s o grösser sei n m ü s s e n, j e k ü r z er d i e Z e r s t r e n n n g s w e iet d e s O c u l a r s, j e s t ä r k e r a l s o d i e B e r g r ö s s e r mgt i s t . F i g . 3 2 4 e r l ä u t e rt d i e g e w ö h n l i c h s te F o r m d e r holländischen Fentröhre, nämlic h da s T h e a t er p e r s p e c t i v . T i e Röhre c, welche das O c n l a r enthält, Fig. 324 . rl

kann nach Belieben ans- nnd eingeschoben werden, bis man ei n scharfe s B i l d de r z n betrachtende n Gegen stände sieht. Je mehr man sich dem Gegenstande nähert, dest o meh r mns s di e Ocnlarröhr e ausgezoge n werden. T i e Construction der holländischen Fernröhre wird nnr zn schwachen Bergrassermngen angewendet, w e i l si e b e i e t w a s s t a r k e r B e r g r ö s s e r m t g scho n e i n sehr kleines Gesichtsfeld giebt.

Tioptrifche Fernrohre. 301 Bei dem astronomischen Fernrohre komm t da s Bil d de s Objectivs wirklich zu Stande, und es wird durch eine einfache oder zufammengefetzte Lonpe betrachtet, wie man es in Fig. 325 steht; ab ist das durch das Objectiv oo entworfene verkehrte Bild des Gegenstandes AB, welches, durch die Loupe vv betrachtet, in ab vergrössert erfcheint. Unsere Figur zeigt den Lanf des von der Spitze de s Gegenstandes ansgehenden Strahlenbündels, welche s durc h da s Insirument hindurchgeht. Tie Vergrössentng eines selchen Fernrohres ist leicht zu berechnen, wenn man die Brennweite des Objectivs nnd die des Oculars keunt; denn der Sehwinkel, unter welchem der Gegenstand dem blossen Ange erfcheint, ist gleich dem Winkel AcB, alfo anch gleich acb; dnrch das Fernrohr erfcheint er aber nnter dem Winkel a'mb', welcher gleich amb ist; der eine dieser Winkel verhält fich aber znm andern nmgekehrt wie die Entfernung des Bildes ab vom Objectiv zu der Entfermtug deffelbeu vom Ocular; uuu aber steht das Bild vom Objectiv nahe nm die Brennweite / deffelben, vom Ocular aber um die Eutferituug / ' ab, wenn wir mit f die Brennweite des Oculars bezeichnen; die dnrch das Fernrohr hervorgebrachte Vergrössentng ist alfo •—• . Tie Länge des Fernrohres ist / + / ' , d. h. sie ist gleich der Snmme der Brennweiten der beiden Gläser. In der Regel wendet man keine einfache Linse als Ocular an, wie wir dies bis jetzt angenommen haben, sondern eine Eombination von zwei Linsen. Tass man dnrch ein astronomisches Fernrohr die Gegenstände verlehrt sieht, ist klar; denn dnrch das Objectiv wird ein verkehrtes Bild des entfernten Gegen* standes entworfen, und dieses Bild wird dadurch, dass man es durch eine Loupe betrachtet, nicht umgekehrt. Tie Helligkeit des Bildes hängt von der Grösse des Objectivs, die Grösse des Gesichtsfeldes von dem Ocular ab. Wenn da s astronomische Fernroh r z u Meffungen dienen foll , s o wird es mit eine m F a d e n k r e u ze versehen; e s befindet fic h dafselbe genau an.der Stelle, an welcher durch das Objectiv das Bild des zu betrachtenden Gegenstandes entsteht. Fig. 326 (a. st S . ) erläutert die äussere Einrichtung des astronomifchen Fernrohres. An dem vorderen Ende h eines Rohres von entsprechender Länge ist das Objectiv eingefchraubt. Hinten ist dieses Rohr mit einem engeren Anfatze versehen, in welchem die das Ocular o tragende Röhre t aus- nnd eingefchoben werden kann, was in der Regel mittelst eines Triebes r gefchieht. Solche Fernröhre sind, wenn sie nicht an Messinstrumenten angebracht werden, meist von etwas grösseren Dimensionen und auf besonderen Stativen aufgestellt ( S t a n d f e r n r ö h r e ) , wie Fig. 327 erläutert. Beim Betrachten irdische r Gegenstände is t es unangenehm . Alle s verkehr t zu fehen, wa s be i astronomifchen Beobachtungen, sowi e auc h be i Vermeffuugen gleichgültig ist . U m nun be i starker Vergrössentng di e Gegenstände doc h noc h aufrecht fehen zu können, ha t man da s Ocula r de s astronomischen Fernrohre s

302

Bom Auge lind den optischen Sustrumenten.

dnrch ein e Röhre ersetzt, welch e i n de r Regel vie r Eonvexlinfe n enthält, un d s o erhält ma n da s E r d f e r n r o h r . Di e vie r Linse n i n de r Ocularröhre bilde n Fig.

Fig.

326.

Fig.

327.

328.

gewissermaße n ei n nich t ga r star k vergrössentdes zu sammengesetzte s Mikroskop , durc h welche s ma n da s verkehrte Bil d wiede r umgekehrt, als o i n ausrechter s T \ Stellun g sieht . Fig. 3 2 8 erläuter t di e gewöhnlich e Einrichtun g M \ de s terrestrischen Fernrohres, o o is t di e mi t vie r n versehene Ocularröhre. D a di e terrestrischen • J Linse Fernrohre häusiger vo n einem Ort e zu m andern ge tragen un d au s Reisen mitgenommen werden, s o wer den si e i n de r Regel au s mehreren i n einander schiebbaren Röhren zusammengesetzt,di e m a n , u m da s Instrument kur z z u machen, zusammenschiebt , wen n ma n e s nich t gebraucht, di e man abe r bi s zu r gehörigen Länge auszieht, wen n ma n dnrc h da s Fernrohr beobachten will . Di e Vergrösserung de s G a l i l ä i ' s c h e n un d de s astronomischen Fern rohres lässt sich , wi e wi r gesehen haben , au s de r Brennweit e de r Gläser leich t berechnen;d a abe r dies e Brennweiten selbs t ers t durc h eine n Versuch ermittel t werden müssen, s o is t e s vorzuziehen, di e Vergrösserung de r Fernröhre unmittel -

Spiegelteleskope.

303

bar durch den Bersuch zu bestimmen. Ganz einfach geschieht dies bei nicht zn

starker Vergrassernng au f folgend e Weife: M a n stell e i n einiger Cntfermtn g vom Fernrohre eine n getheilten S t a b, etw a ein e Latte, wi e man fie znm Feld s messen braucht , au f und betrachte denfelben gleichzeiti g mi t dem einen Aug e direct, mi t de m andern dnrc h da s Fernrohr; ma n sieht auf diefe Weife, wi e vie l Abtheilungen de s mit blossem Aug e gefehenen Massstabes an s eine durc h das Fernrohr, vergrößerte Abtheilun g sallen , un d erhält s o unmittelbar de n Wert h der Vergrössermtg. M a n kan n z u dem ebe n angegebenen Versahre n anc h di e Ziegelreihen eine s Taches anwenden. Spiegelteleskope. Bevo r ma n achromatische Objectivlinsen machen 165 konnte, wa r de r Umstand, das s de r Brennpunkt eine r einfache n Lins e nich t fü r alle farbige n Strahle n derselb e ist , für die Reinheit und Schärfe de r Bilder sehr nachtheilig . M a n sncht e dies dadnrch z n vermeiden,das s ma n da s erste Bil d de r entfernten Gegenstände nich t durch Linsen, sonder n dnrc h m e t a l l e n e H o h l s p i e g el erzengte, nn d s o entstanden di e S p i e g e l t e l e s k o p e. Fig. 32 9 stell t ei n R e w t o n ' f c h es S p i e g e l t e l e s k op dar . T e r Hohlspiegel SS würde vo n de m entfernten Gegenstande ei n Bil d i n a entwerfen; ehe Fig. 329.

jedoch di e Strahlen hierhe r gelangen, werde n fi e vo n einem Planspiegeln, de r 45° gegen di e Ax e des Rohres geneigt ist , seitwärts reflectirt , f o dass da s Bil b wirklich i n b entsteht. Diese s Bil d wir d nn n dnrc h da s Ocular o betrachtet. Beim Gregory'schen Telefkope , Fig . 330 , is t der Objectivfpiegel i n der Fig. 330.

Mitt e durchbohr t un d hinter diese r Oeffnnn g da s Ocnlar angebracht. Di e einfallenden Strahlen werde n f o reslectirt, dass i n a ei n verkehrtes Sammelbil d des fernen Gegenstande s entsteht; dieses Bil d nn n befindet fich nahe dem Brenn pnnkte des kleine n Hohlspiegels V, dnrch welchen vo r de m Ocnlare ei n aufrechtes

304

B o m Auge lind den optischen Sustrumenten.

Bil d b des verkehrten Bilde s a eutworfeu wird . Diese s Bil d b wir d nu u eud lich durc h di e Ocularliuf e o betrachtet.

In Folge der Erfiuduug achramatifcher Objective sind die Spiegelteleskope sehr ausser Gebrauch gekommen. R u r bei der Eonstructiou gauz grosser Instru-

meute bieteu di e Hohlspiegel eiue u Vorthei l vo r deu achromatischen Objective« , weil be i letzteren di e Vergrößerung de s Durchmessers übe r gewiss e Gränze n uuüberwiudliche Schwierigkei t bietet . D i e grössten achromatischen Objective , welche ma n bi s jetzt z n Stande brachte , haben 1 4 Zoll Durchmesser, währeu d der Spiegel de s grossen 40süssigeu Teleskops vo u Herschel, desse u Leistunge n noch nicht dnrch dioptrische Fernrohre überlrosseu wordeu stud, 4 Fuss im Durch-

messer hat . R o s s e coustruirt e i u neuerer Zei t ei n 53sitssiges Spiegelteleskop, dessen Spiegel über 6 Fnss i m Durchmesse r hat. Bei diese u grossen Spiegelteleskopen, dere n Einrichtun g durc h Fig . 3 3 1 erläutert wird , is t kein zweite r Spiegel angebracht. D a s durch de n Objectiv Fig. 331.

spiegel S S , welcher etwa s schräg gegeu di e Ax e des Instrumentes steht , erzeugte Bil d a wir d unmittelba r durc h da s am Eingange de s Rohres angebracht e Ocular o betrachtet. Be i dieser Beobachtungsweise komm t freilich de r Kop s de s Beobachters zwischen da s Object un d den Spiegel, wa s aber be i dem grossen Durchmesserde s letzteren nich t schadet. Herschel nenn t dies e Instrumente Front view telescops, wa s man etw a durch V o r n schau-Teleskope übersetzen könnte. Es versteh t sic h vo n selbst, dass bei den Spiegelteleskopen ebe n so wie bei dioptrischen Fernrohre n statt de r einfachen Ocularlinsen, wi e sie die Fignren 329, 3 3 0 un d 33 1 zeigen , zusammengesetzt e Ocular e i n Anwendung kommen .

S e c h s t es Capitel .

Interferenzerscheinungen .

Hypothesen über das Wesen des Lichtes.

Um die

Lichterscheinunge n z u erklären, sind zwei verschiedene Hypothesen aufgestellt worden, die E m i s s i o n s - ode r E m a n a t i o n s t h e o r ie un d di e V i b r a t i o n s - ode r U n d u l a t i o n s t h e o r i .e

Ti e E m i f f i o n s t h e o r i e nimm t a n , dass e s ein e eigentümlich e Licht * materle gebe, un d dass ein leuchtender Börpe r uac h alle n Seite n hi n Theilche n dieser feine n Materie mi t f o ungeheuerer Gefchwindigkeit aussende, dass ei n solches Lichttheilchen i u 8 Minute n nn d 1 3 Secnnden vo n der Sonne zn r Erd e gelangt. Ties e Lichtmaterl e mus s ma n natürlic h al s äusserst fei n uu d de n Wirkaugen de r Schwere nich t nnterworfen, alf o al s i m p o n d e r a b leannehmen. Ti e Verschiedenheit de r Farben rühr t vo n eine r Verschiedenheit i n der Geschwind digkeit her ; di e Reflexion is t nach dieser Ansich t de m Abprallen elastischer Börper analog. U m nac h dieser Theorie" die Brechung z u erklären, müsst e ma n annehmen: 1 ) dass sich i n den durchsichtigen Börperu hinreichend grosse Zwischenräume befinden, n m den Lichttheilchen de n Tnrchgang z u gestatten, nn d 2) dass die wägbaren Molekül e auf die Lichttheilchen ein e anziehende Braf t ausüben, welch e combinirt mi t de r einma l erlangten Gefchwindigkei t de r Lichttheilchen ihr e Ab * lenknug bewirkt.

Ti e V i b r a t i o n s t h e o ne nimm t an , dass sich das Lich t durch dieSchwin * gnngen der Theilchen eine s unwägbaren Stoffe s fortpflanzt, welcher de n Rainen A e t h er führt . Nac h dieser Theori e is t das Lich t etwas de m Schalle Aehnliches; der Schall wir d aber dnrc h di e Schwingungen de r wägbaren Materie , da s Lich t dnrch di e Schwingungen eine s Aethers fortgepflanzt . T e r A e t h e r erfüll t de n ganzen Weltraum, da das Licht alle Räume des Himmels durchdringt. Ter Aether ist aber nicht bloss in den sonst leeren Räumen verbreitet, welche die

Gestirne trennen, e r durchdringt all e Börper un d füll t di e zwifchen den wägbaren Atomen befindlichen Räume aus . ÜMfiller's

W n i u f c r i ü der i U n u i f ,

20

306

Snterferenzerscheimmgen. Wo der Aether in Ruhe ist, herrfcht vollkommene Finstermiss; an einer

Stelle gleichsam erschüttert, pstanzen sic h di e Lichtwellen nac h alle n Seiten hi n fort, wie fich die Schwingungen einer Saite in einer rnhigen Atmosphäre weithin

verbreiten. Das Licht, welches erst dnrch eine Bewegung entsteht, ist also wohl von dem Aether selbst zu uuterscheideu, wie die Vibratiousbeweguug,

welche deu Schall hervorbringt , vo u de u oscillireudeu Theilchen de r wägbaren Materie unterschieden wird . Lange Zei t hindurc h zählten beid e Theorien Anhänger unte r de n Physikern. N e w t on hatt e di e Emanationstheorie ausgestellt , H u y g h e n s is t als Schöpser der Undulationstheori e z n betrachten. D a s gründliche Stndin m derjenige n Lichterscheinnngen , welch e i n den folgenden Paragraphen besprochen werden, hat der Undulationstheorie eine n entschiedeneu Sieg verschasst, denn diese Erscheinungen lassen sic h sehr einfac h durc h di e Annahme vo n Lichtwellen, nich t abe r dnrc h die Emifstonstheorie erklären .

167

Elemente der Vibrationstheorie. Di

e Theilchen eine s lench-

tenden Körpers vibrire n an f ähnliche Weise, wi e die s be i den schallenden Körper n der Fal l ist , nn r sin d di e Lichtvibrationen ungleic h schneller al s die Schallschwingungen, dan n abe r werde n ste auc h nich t durc h di e wägbare Materi e selbst , sondern durc h de n Lichtäther fortgepflanzt. Wenn sic h ei n Lichtstrahl i n der Richtun g vo n A nach B, Fig . 332 , sort Fig. 332 .

A *

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*

C •

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**v.

•••••

*

as Gegentheil: jedes Stuck ist wieder ein vollständiger Magnet, welche r sein e Mittellini e un d sein e Pol e hat , wi e die s

Fig. 349 anschaulich macht.

179

Magnetische Polarität. Tie Fig. 350 stellt einen Magnetstab dar, welcher, in einer Hülse von Papier oder Metall

liegend, horizonta l ausgehange n ist . Wen n ma n nu n denselbe n Fig. 350-

$

P o l eines anderen Magnets den Polen n un d s nähert,

so findet man , dass der eine, etwa n, angezogen, s aber abgestosse n wird . M a n

nennt nu n di e Pole n und s u n g l e i c h n a m i g, wei l si e

fich verschieden gegen denselben ihne n genäherten Pol

^ ^ verhalten. Wenn man nun J ^ r de n Magnet, de n man in der Hand halt, umkehrt, um seiueu audereu P o l dem ausgehäugten z u nähern, so wird das Umgekehrte stattfinden: n wird abgestossen nnd s ange-

zogen. T i e beiden Pole des bei diesem Versuche in derHaud gehaltenen Magnets find also auch verschiedener Natur, sie sind anch ungleichnamig. Cbenso lässt sich zeigen, dass die b e i d e n P o l e e i n e s jeden M a g n e t s u n g l e i c h n a m i g sind. Nähert mau dem aufgehängten Magnet nach einander zwei verschiedene Magnete, so wird es leicht sein, an jedem derselben denjenigen P o l zu finden, welcher den P o l n des aufgehängten Magnets anzieht, s aber abstösst. B e zeichnen wir diesen P o l des ersten Magnets mit 8, den P o l des zweiten M a g nets aber, welcher eben fo wirkt, mit S', fo find 8 und 8f die g e i c h n a m i g e n Pole dieser beiden Magnete. Cbenfo sind die beiden anderen Pole N und N1 dieser beiden Magnete g l e i c h n a m i g . Hängt man jetzt den Magnet, dessen Pole wir mit 8 und -^bezeichnet haben, so aus, wie Fig. 350 zeigt, dass er fich in einer horizontalen Ebene srei drehen kann,0 nähert man ihm den anderen, so findet m a n , dass sich die Pole Sund/S' abstossen; dasselbe Verhalten findet zwischen den Polen NvmbHF Statt, die g l e i c h n a m i g e n P o l e stossen sich also ab. Tagegen ziehen fich die ungleichnamigen Pole S und N', N und 8' einander an. In den beiden Hälsten also, in welche ein Magnet durch die Mittellinie zerlegt wird, wirken also zwei Kräfte, welche anfangs ganz gleichartig scheinen, weil sie auf gleiche Weife auf das Cifen wirken, die aber in der That zwei ganz entgegengesetzte Kräfte find. T i e Mittellinie ist also die Gränze zweier entgegengefetzter Kräfte, fie bildet den Uebergang von der einen zur anderen, und darin liegt auch die Ursache ihrer neutralen Befchaffenheit.

Mugnetifche Flnida. 33

3

Aus Grituden, di e wi r weite r unten kennen lernen, nennt ma u de u eiueu "Pol des Magnets den R o r d p o l , den anderen den S ü d p o l .

Magnetisirung des Eisens durch Magnete. Wen « ei n 18 0

ungefähr 2 Linie n dicke s Eifenstäbchen durc h ei n paffendes Stativ s o i n verlig. 351.

caler Stellung festgehalten wird, wie es Fig. 351 zeigt, und man den *Pol eines

kräftigen Magnets darüber hält (ohne jedoch das Eisen* stäbchen zn berühren, was man am besten dadurch verhindert, das s ma n ei n ^3apierblatt zwischen den Mag*

net und den Eisenstab hält),

so wird das Eisenstäbchen selbst zum Maguet, wi e sich

daraus ergiebt, dass a u seinem nntere u Eud e Eiseu *

feile, selbst kleine Rägel hängen bleiben. Tass dies nicht etwa eine uumittel* bare Fernewirkung des darüber gehaltenen M a g nets ist, geht daraus hervor,

Fig. 352.

dass die Eisenfeilspäne an dem Stäbchen nicht hängen bleiben, wenn es nicht von Eisen, wenn es etwa von Messing oder von Holz ist. Sobald ma n de n mag netisirenden Pol langsam entfernt, verliert sich anch der Magnetismu s de s Eifenstäbchen s wieder , di e

bis dahin ^getragenen Feil-

späne fallen herab.

Ta also ein an einem Magnelpol angehängtes Eifenstäbchen felbst zn einem Magnet wird, fo kann es ein zweites tragend an

das zweit e kamt man ei n dritte s uu d f o for t ein e grössere oder kleinere Bette an hängen, wi e Fig . 35 2 erläutert .

Magnetische Fluida. Um die

vermiedenen Erfcheinnngen des

Magnetismus zn erklären, nimmt man an, dass es zwei verfchiedene nnwäg-

181

334

B o m Magnetismus.

bare ( i m p o n d e r a b e l e ) magnetische Flüssigkeiten gebe, welche in einer sogleich näher zu betrachtende« Weise iu eiuem Maguete vertheilt sind; die Theilcheu eiuer jedeu Flüssigkeit stossen einander ab, sie ziehen aber die Theilchen der ent-

gegengesetzten am

M a n denkt sich nnu, dass jedes Eiseutheilcheu beide Flüssigkeiteu iu gleicher

Meuge euthält, dass sie aber schou geschiedeustud,so dass jedes Eifenmolekül ein- sür allemal eiueu kleiueu Maguet bildet. — S o lauge eiu Eiseustab uicht maguetifch ist, liegeu diefe Molekularmaguete regellos durch eiuauder, fo dass etwa der Rordpol des eiueu uach derselbeu Seite gerichtet ist, wie der Südpol

des beuachbarteu, dass also, was die Wirkung iu die Ferue betrifft, der eiue Molekularmaguet die Wirkuug des audereu aufhebt.

Sobald uu u aber eiu e maguetisireude Kraf t au f deu Eiseustab wirkt , f o hat diese eiu Bestreben, die Molekularmaguetcheu fo zu stellen, dass in allen die gleichnamigen Pole nach der gleichen Seite gerichtet sind. Rach dieser Hypothese nnn stell t Fig . 3 5 3 eine n v o l l s t ä n d i g magnetisirten Stahl - ode r Eisenstab dar. Dnrc h dies e Vorstellnngsweise is t nn n di e Polarität de s Magnets erklärt , uud mau begreift zugleich, wie es kommt, dass, weuu mau eiueu Maguet iu

Theile zerbricht, alsdann jedes Stück wieder für sich ein vollständiger Magnet sein mnss.

Fig. 353.

©©©©©©©©©©©©©©©©© ©©©©©©©© ©©©©©©©©© ©©©©©©©© ©©©©©©©©© ©©©©©©©©©©©©©©©©© Wenn also ein Stück Eisen dnrch den Einfluss eiues Maguets maguetistrt wird, so geht kern maguetisches Fluidum vom Maguet aus das Eiseu über, souderm di e Rähe de s Maguets veranlasst bloss, dass all e Molekularmaguete gleich -

gerichtet werdeu.

Das Eiseu behält uur so lauge seiue maguetischen Eigenschaften, als die Rähe eines Maguets die Molekularmaguete gleich gerichtet erhält; sobald der Maguet eutferut wird, kehreu die Molekularmagnetchen wieder in ihre vorige regellose Lage, das Eisen kehrt in seinen natürlichen Znstand zurück. Der Stahl widersteht dem maguetisireudeu Eiuslusse eiues Maguets weit stärker als Eiseu, d. h. durch Annäherung eiues Maguets wird eiu Stahlstück, namentlich, wen n e s etwa s gros s ist , nich t gleic h s o star k maguetifch wi e ei u Eiseustück.

Wiederholt mau deu durch Fig. 351 dargestellte« Versuch, uachdem

mau das Eiseustäbcheu durch eiu gehärtetes Stahlstäbcheu vou gleicher Grösse ersetzt hat, so werdeu kaum eiuige Feilspäucheu a« dem uutereu Eude des Stahl-

stäbcheus häugeu bleibeu, während sich uuter gleiche« Umstanden a« das Eise«-

Verschiedene Formen künstlicher Magnete. stäbchen ein ganzes Bündel Eisenfeile anhing.

335

Um einen Stahlstab einiger-

maasse n stark z n magnetisiren, mns s man ih n längere Zei t mi t dem Magnet i n Berührung lassen, oder er mnss mit demselben mehrmals in geeigneter Weise ges

strichen werden; wenn aber der Stahl einmal magnetisch ist, so verliert er diese Eigenschaft anc h s o leich t nich t wieder; ma n kan n als o vo n S t a hl bleibend e Magnete machen, aber , nicht vo n Eisen.

Wenn man von der obigen Theorie des Magnetismus ansgeht, muss man also annehnfttf, das s sich i m weiche n E i s e n di e Molekularmagnetchen leich t

drehen lassen und leicht einer von anssen her wirkenden magnetisirenden Krast folgen, dass sie jedoch in Folge ihrer gegenseitigen Einwirkung auf einander in

ihre ursprüngliche neutrale Lage zurückkehreu, wenn die änssere magnetisirende Kraft zu wirken aufhört. Anders bei m g e h ä r t e t en S t a h l : hie r mach t sic h ei n Widerstand gegen

jede Drehnng der Moleknlarmagnetchen, die E o e r c i t i v k r a f t , geltend, welche einerseits der Magnetistrung durch äussere Kräfte eutgegenwirkt, wenn aber einmal eine solche erfolgt ist, die Rückkehr der Moleknlarmagnetchen in ihre neutrale Stellung hindert. Am schwersten lässt sich vollkommen gehärteter Stahl magnetisiren; er ver-

lierl abe r anch , wen n e r einma l magnetisch ist , dies e Eigenschaft nich t leich t wieder. Wen n ma n de m gehärtete n Stahl e dnrc h Anlasse n sein e Härt e meh r nnd mehr nimmt, so nähert er sich in seinem Verhalten gegen den Magnetismus mehr und mehr dem weichen Eisen.

WeissglÜhende s Eise n wir d vo n eine m Magnet nich t meh r angezogen,

wohl aber rothglühendes.

Magnetismus vollständig.

Ein Stahlmagnet verliert durch Glühen seinen

Ausser Eisen können anch Rickel nnd Kobalt magnetisch werden.

Verschiedene Formen künstlicher Magnete. Je nach 182

den verschiedenen Zwecken giebt man den Stahlmagneten verschiedene Formen, nämlich die von M a g n e t n a d e l n , welche in §. 184 näher besprochen werden, von S t ä b e n oder endlich, wenn es sich um grosse Tragkraft handelt, von

Hufeisen. Fig. 354 (a.s.S.) stellt ernen zusammengesetzten Hufeisenmagnet dar .

Er besteht ans mehreren einfachen hufeisenförmig gebogenen magnetisirten Stahl-

platten, welche mit ihren gleichnamigen Polen auf eiuander gelegt und dnrch Schrauben zusammengehalten werden. Eine an beide Pole angelegte Platte mm

von weichem Eisen bilde t den A n k e r , a n welchen man mittels t einer Wagschale weitere Gewichte anhängen kann.

Die- T r a g kr a st eines zusammengesetzten Magnets ist keineswegs der S n m m e der Tragkräfte der eiuzelneu Lamellen gleich, ans denen er zusammengesetzt ist, souderu sie ist weit geringer. D e r Grund davon ist leicht einzusehen. Legt man zwei gleich geformte Stahlmagnete mit ihren gleichnamigen Polen auf einander, so strebt jeder die Polarität des anderen umzukehren, was nothwendig eine gegenseitige Schwächung der magnetischen Krast zur Folge hat. S o kommt

336

B o m Magnetismus.

es denn auch, dass die Tragkraft der Hufeisenmagnete in weit geringerem Verhältniffe wächst wie ihre Masse. Ein gnter 4löthiger Hufeisenmagnet kann das 25sache, ein 100pfündiger kann nicht einmal das 3fache feines eigenen Gewichtes tragen. Tagegen ist die Gefammttragkraft eines Hnfeifenmagnets weit grösser als die S n m m e der Tragkräfte der einzelnen Pole. Während z. B . ein Hufeisenmagnet 1 2 Pfnnd trug, wenn der Anker mit beiden "Polen in Berührung war, wie in Fig. 3 5 4 , konnte der einzelne "Pol nur 2 "Pfund tragen. Es läss t fic h dies leich t erklären. Wen n

der Anker, wie in Fig. 3 5 4 , mit beiden "Polen des Hnfeifenmagnets in Berührnng ist, so wird er natürlich weit kräftiger magnetifirl, als wenn er nnr mit dem einen P o l in Berührnng stände; denn der in n durch den Magnetpol S erzengte Rordpol wird durch den magnetisirenden Einfluss verstärkt, welchen der P o l N anf den Anker ausübt. Ebenfo wird in s ein Südpol erzengt, nicht allein durch den Einfluss des ^ßoles N , sondern auch durch den von S. Durch die Vermittelnng des Ankers wirkt alfo der P o l N auch verstärkend aus S nnd umgekehrt S ans N . Dadurch erklärt es sich auch, dass die Trag* kraft von Hufeisenmagneten, welche durch einen Anker längere Zeit geschlossen bleiben, oft noch zunimmt, während umgekehrt ein Abreissen des Ankers meist eine Schwächung der magnetischen Brast znr Folge hat. Legt man an die beiden "Polslächen eines n a t ü r l i c h e n M a g n e t s die Eisenplatten l und V (die F l ü g e l ) , Fig. 3 5 5 und 3 5 6 , welche in den Füssen p und p> endigen, so werden in p und p' ungleichnamige magnetische "Pole erzeugt, an welche man einen Anker anlegen kann, wie an die Pole eines Huseiseumagnets. Eine solche an einem natürlichen oder auch an einem künstlichen Magnet angebrachteEisensassung wird a l s A r m a t u r des M a g n e t s bezeichnet. Um den Magnetismus in M a g n e t s t ä b e n ungeschwächt zu erhalten, legt man sie «in der Weise parallel neben einander (Fig. 3 5 7 ) , dass der Rordpol des einen und der Südpol des andereu nach derselben Seite gerichtet sind, und sügt alsdann die Eisenstücke ab und cd so an, dass dadurch eilt geschlossenes Rechteck gebildet wird. T i e Wirkung der Eisenplattelt ab und cd ist hier ganz dieselbe wie die des Ankers beim Hufeisenmagnet. Um mehrere einfache Magnetstäbe zu einem m a g n e t i s c h e n M a g a z i n zu verbinden, werden einerseits alleRordpole, andererseits alle Südpole in einem eisernen Schuh befestigt, wie Fig. 3 5 8 zeigt.

337

Die magnetische Declination.

Magnetisiruhg von Stahlnadeln und Stahlstäben. Um 183

einen Stahlstab z n magnetisiren, mns s nia n ih n wiederhol t a n den Polen eine s kräftigen Magnets streichen, und zwar tf€ es am zweckmässigen, die eine Hälfte des Stabes (ode r de n einen Schenkel der hnfeifenför- gi ß 357 migen Lamelle), deren Ende ein Rordpol werden soll, an de m Südpol, di e andere Hälft e de s Stabes abe r l » (oder de n anderen Schenkel de r hufeisenförmigen La melle) am Rordpol des magnetistrenden Magnets zu Fig 355.

Fig. 356.

Pl

Fig. 358 .

streichen.

M a n verfährt dabei in der Weife, dass man den .zu maguetisirenden

S t ab imme r mi t feine r Mitt e anf den Magnetpol anffetz t nnd di e entsprechende

Hälfte des Stabes über den P o l wegzieht.

Di e magnetisirende Kraf t de s stärksten Stahlmagnets is t aber z n gering , nm an f diese Weise etwa s grösser e nn d gut gehärtete Stahlstäbe eiuigermassen stark zn magnetistren. Man hat deshalb verschiedene complicirlere Streichmethoden inAnwendnng gebracht, welche jedoch dnrch die Erfindung der Elektrom a g n e te entbehrlic h wurden, d a di e Pol e derselben ein e hinlängliche magneti sirende Kras t besitzen, u m nac h de m ebeu augegebeueu Versahreu auc h grosse un d wohl gehärtete Stahlstäbe kräftig zn magnetisiren.

Die magnetische Declination. E i n Magnetstab, welcher anfgehängt ist, wie Fig. 350, S . 332 zeigt, oder eine M a g n e t n a d e l , wie sie Fig. 3 5 9 ( a . s . S .) darstellt , i n deten Mitt e ei n Hütchen vo n Acha t ode r S t a h l

angebracht ist, welches anf einer Stahlfpitze spielt, kann sich nnr in horizontaler

2Nfiller's tfinmdrifjDer $ht)sif. 2

2

184

338

Bom Magnetismus.

Cbene frei drehen, weil der Schwerpunkt der Vorrichtung u n t e r dem Aufhänger

punkte liegt. — Cine solche Radel oder ein solcher Stab zeigt nun stets ein Bestreben, eine bestimmte Lage anzunehmen, d. h. immer uach eiuem bestimmten Punkte des Horizontes hinzuzeigen. Bringt mau die Magnetnadel, iu horizontaler Cbene sie drehend, aus dieser Gleichgewichtslage heraus, so wird sie uach einigen Oscillationen stets wiede r i u dieselbe zurückkehren, weuu di e störendeUr-

sache zu wirleu ausgehört hat.

In Teutschland uud deu beuachbarteu Läudent zeigt der eiue Pol der hori-

359

zoutaleu Magnetnadel nach einem Puukte des Horizoutes hiu, welcher etwas westlich vom Rordpuukte liegt uud dieser Pol der Radel wird deshalb ihr R o r d p o l geuauut,

" v

während der andere, uach eiuem östlich

vom Südpuukt des Horizonts weisende Pol als S ü d p o l der Radel bezeichnet wird. Fig. 360 erläutert die obeu besprocheue Stelluug der horizoutaleu Maguetuadel. Teuke

u wi r uu s durc h

die beideu Pole der iu ihrer Gleichgewichtslage besiudlicheu horizoutaleu Maguetuadel eiue Berticalebeue gelegt, so ist

/

dies der magnetische M e r i d i a n . In

„»im»/ *

Sig- 360 stellt also ab die Horizoutalprajectiou des maguetischeu, ns die des astronomischen Meridians dar. T e r Winkel, welchen der magnetische Meridian mit

dem astronomischen macht, wird die magnetische Abweichung oder Decli-

nation genannt; man bezeichnet sie als westliche oder östliche, je nachdem das

Rordende de r Magnetnadelwestlic h oder östlich vom astronomischen Meridian liegt . JederApparat , welcher dazu dient, di e Declination z u messen,heisst ein e D e c l i n a t i o n s b u s s o l.eFig . 36 1 stellt eiu e solche Bussole ziemlic h einfacher Art vor . Ti e Spitze , an s welche di e Radel aufgesetzt ist , bildet deu Mittelpunkt Fig. 860 . Fig . 361 .

Die magnetifche Declination.

339

eines getheilten Horizontalkreises, welcher nm eine verticaleAxe in seiner eigenen Ebene umgedreht werden kann. An der. Seite des Gehäuses ist ein Fernrohr angebracht, desse n Axe mi t derjenige n Lini e paralle l länst , welch e ma n sich vom

Nullpunkte de s getheilten Kreise s übe r seinen Mittelpunk t zn m Theilstriche 180 ° gezogen deuke u kanu . Je nachde m ma u den Horlzontalkreis i u seiner Eben e umdreht, wir d di e Spitze de r Magnetnadel a n andereTheilstriche z u stehen kom men. Wen n ma n de n Appara t s o stellt, das s di e Nadel gerad e auf den Null puukl de r Theilun g zeigt , f o ist die Ax e de s Fernrohres mi t de r Nadel parallel , sie fäll t mi t de m magnetischen Meridia n zusammen; be i jeder anderen Stellun g aber zeig t di e Nadel auf denjenigen Theilstric h de s Kreises, welche r angiebt, wi e viel Grad e de r Wiuke l betragt, welchen di e Richtung de r Nadel mi t de r Ax e de s Fernrohres (ode r vielmehr mi t de r Horizontalprojection de r Fernrohraxe) macht ; wenn ma n als o da s Fernrohr gena u i n den astronomischen Meridia n bringt , so kann ma n au f den? Theilkreif e ablesen, wi e gross der Winke l zwifche n dem mag netifchen Meridia n un d de m astronomischen ist . Dieses Instrument kan n nu n überhaupt al s Winkelmessinstrument dienen , weil ma n mi t Hülf e defselben jederzeit de n Winke l bestimmen kann , welchen di e Visirlini e de s Fernrohres (ode r vielmehr ihr e Horizontalprojection) mi t de m magnetifchen Meridian e macht . Di e Declutationsbuffole, deren fic h di e Seefahrer bedienen, is t unter de m Namen de s C o m p a s f es bekannt . W as nu n di e Grösse de r magnetifchen Declination betrifft , f o ändert sichdieselbe vo n eine m O rt de r Erdoberfläche zn m anderen. S o beträgt z. B. gegenwärtig die westliche D e c l i n a t i o n sü r M ü n c h en 15 ° 35,5' ; westlic h vo n Münche n nimmt si e zu , östlic h vo n München nimm t si e ab ; si e wir d N u l l i m U r a l g eb i r g e, u m i n S i b i r i en i n eine östlich e Declination überzugehen.Au f den Verlauf de r L i n i e n gleiche r D e c l i n a t i o n werde n wi r i m 6. Buche zurückkommen. Di e Erscheinungen de r magnetischen Declinatio n beweisen, dass der ganz e Erdkörper fic h wi e ei n grasser Magnet verhält , un d zwa r lasten stesich der Ar t nach au s der Vorstellung ableiten , das s i m Inneren de r Erde ei n mächtiger Magnetstab A B, Fig. 3 62 ( a . f . S . ), enthalten sei,defsenAxe nich t mit der Umdrehungsaxe NS de r Erd e zusammenfällt. Denke n wi r uns di e Ax e des hypothetischen Erdmaguets verlängert, f o triff t stedie Erdoberfläche i n den beiden Punkten MN un d MS, welch e di e magnetischen P o l e de r Erd e sind . Der Magnetismus de s Pol s A is t gleichnamig mi t de m des Südpols, de r Magnetismus vo u B ist gleichnamig mi t dem des Nordpols unserer Magnetnadeln. Denken wi r un s nu n i n irgend eine m Punkte de r Erdoberfläche, etw a i n a (oder i n ~b, c, d... g) eine Declinationsnadel aufgestellt, s o muss stesich noth wendig i n die durch a (oder b, c, d . . . g) und di e Ax e des Erdmagnets gelegte Ebene einstellen; de r durc h a (oder b ,c,d...g) un d die magnetischen Erdpole MN und MS gelegt e grasste Krei s is t also de r magnetische Meridia n de s Punktes a (oder b, c, d ... g) un d dieser macht eine n Winke l mi t de m durc h ein e punktirl e Lini e angedeuteten astronomischen Meridian Na S (oder Nb S . .. Ng S) . Auf de r ganzen vordere n Hälft e der i n Fig. 362 dargestellten Erdkugel ist 22*

340

B o m Magnetismus.

die Declination eine westliche. Ans dem grössten Kreise N O S W , welcher dnrch die Umdrehnngsaxe NS der Erde unb ihre magnetische Axe gelegt ist, fällt der magnetische Meridian

mit dem

astronomischen zusammeu, hier ist

also die Declination gleich R n l l , während sie auf de r hinteren , de m Beschauer der Fig. 362 abgewen-

deten Hälfte der Erdkugel eiu e öst liche seiu muss. So gieb t un s als o di e durch Fig. 3 6 2 veranschaulichte Hypo these wenigsten s ei n ungefähres Bil d de r Wirkungen de s Erd magnetismus au f die horizontale Magnetnadel.

185

Magnetische

Incli-

nation. Di e Magnetnadeln,

welche wi r bisher betrachtet haben, fin d i n einer Weise aufgehängt,dass stefich nur in eine r horizontalen Ebene, alf o um eine verlicaleAxe drehen können. Sowoh l bei de r i n Fig. 3 50 al s auc h be i der i n Fig. 359 dargestellten Aufhängung is t die horizontale Stellun g dadurc h gesichert, das s de r Schwerpunkt de r Radel u n t e r dem Aufhängepunkte liegt . Sobal d ma n abe r ein e Magnetnadeli n ihrem Schwerpunkte selbst aufhängt, f o bleib t stenicht mehr wagerecht stehen, sondern siemacht einen Winke l mi t de r Horizontalen, welche r denRamen de r Inclination führt. Der Fig . 3 6 3 abgebildet e Appara t is t sehr geeignet, di e Inclination de r Magnetnadel z n zeigen. In eine m Rahme n vo n Messing , welche r an einem Faden aufgehängt ist , befindet sic h ein e sehr leich t bewegliche horizontale Ax e ab, welche durc h de n Schwerpunkt eine r Magnetnadel geht . M a n steht, dass ein e fo aufgehängte Magnetnadel fic h um eine verticale un d u m ein e horizontale Ax e drehen un d alf o dem richtenden Einstufst de r Erd e gan z fre i folgen kann. Di e Radel stellt fic h nunfo, dass ihre Längenaxe i n den magnetifchen Meridian fällt : bei uns, wi e in ganz Europa, fenk t fic h aber d a s N o r d e n de de r Inclinationsnadel. Wenn di e Inclinationsnadel i n einem getheilten Verlicalkreife, deffe n Ebene mit de r Umdrehuugsebene de r Radel zusammenfällt, angebracht ist , wi e Fig. 364, fo kann ma n auf diesem Kreis e di e Grösse der Inclination ablesen , wen n ma n dafür sorgt, dass di e Ebene de s Verticalkreifes genau i n den magnetischen Meri dian fällt .

Solche Apparate, welch e dazu dienen, di e Inclination z u messen, heisse n Inclinatorienode r Inclinationsbuffolem F ür M ü n c h e n beträg t gegenwärtig di e magnetifche Inclination ungefäh r 64° 40' . Vo n hier a u s nimmt di e Inclination nac h Rorden hi n z u und au f dem magnetifchen Rordpol de r Erd e mus s fic h di e Inclinationsnadel gan z senkrecht stellen, di e Inclination mus s 90 ° werden. Eapitä n Ros s ha t de n magne-

Tie magnetische

Inclination.

341

tischen Rordpo l de r Crde selbst erreicht ; e r sand ih n unter 7 0 ° 5 ' nördlicher Breite (als o fas t 20o vo m Rordpol de r Crd e entfernt) un d 2 6 3 ° 14 ' ostlic h vo n Greenwich, au f de r Insel M e l v i l l e i m Rorde n vo n Amerika . Fig. 363.

Fig. 364.

/ In höherett Breiten wird die Inclination so bedentend und in Folge dessen der horizontale Theil des Crdmagnetismns so gering, dass der Compass für die Seefahrer seine Brauchbarkeit verliert . Geht man von Teutfchland aus nach Süden, fo nimmt die

Inclination

mehr und mehr ab, uud in der Aeqnatorialzone kommt man zu eiuem Punkte, wo die Inclination Rull ist, wo alfo die Inclinationsnadel vollkommen wagerecht steht. Geht man noch weiter nach Süden, so beobachtet man abermals eine Inclination, aber eiue entgegengefetzte; es ist nun das nach Süden gekehrte Cnde, welches fich tiefer stellt. Tiefe Inclination nimmt nun ebenfalls mit der füdlichen Breite zu. In der Rähe des Südpols der Crde giebt es demuach eiuen zweiten Punkt, an welchem fich die Inclinationsnadel völlig vertical stellt, und

dies ist der magnetifche Südpol der Crde. In welcher geographifchen Länge man auch die Aequatorialzone pafstren mag, fo wird man doch immer einen Puukt finden, wo die Inclinationsnadel wagerecht steht. Tiefe O r t e o h n e Inclination bilden um die gauze Crde eine Cnrve, welche man den m a g n e t i f c h e n A e q n a t o r nennt. Ti e durc h Fig . 3 6 2 , S . 34 0 erläuterte Hypothese eine s Crdmagnets er -

klärt anch wenigstens der Art nach die Erscheinungen der magnetifchen

Incli-

nation. An einem Orte T der Erdoberfläche, welche gleich weit von A und B entfernt ist, muss sich die Inclinationsnadel horizontal stellen, weil beide Pole

342

B o m Magnetismus.

des Erdmagnets gleic h stark au s si e wirken , T is t als o ei n Punkt des magnetischen Aequators. Je meh r ma n sic h vo n T a u s de m magnetischen Erdpol BIN nähert, desto mehr überwiegt di e Wirkun g de s Poles A au f die Radel, desto mehr wir d sich alf o ih r Rordende fenke n müfsen, wi e die s be i u und v angedeutet ist , wäh rend sic h südlich vo m magnetischen Aequator, etw a i n s und r, das Südende de r Radel senken muss, wei l hie r di e Wirkun g de s Pole s B überwiegt .

186

Varitionen der Declination und Inclination. Ti e Te-

dination is t ebenso weni g wi e die Inclination unveränderlich; i m Jahre 1 5 80 war di e T e c l i n a t i on z u P a r is 11 ° 30 ' östlich ; si e nahm nu n a b und wa r im Jahre1 6 6 3 gleic h Rull ; vo n dieser Zeit a n wurde di e Teclination westlic h un d wuchs beständi g bi s zum Jahre 1 8 1 4 , w o sie ihr westliches Maximu m von 2 2° 3 4 ' erreichte, u m alsdann wiede r kleine r z u werden. T i e Inclination de r Magnetnadel ha t z u P a r is vo m Jahre 1671 , w o sie ungefähr 75 ° betrug, fortwährend abgenommen, f o dass si e gegenwärtig daselbst ungefähr 66 ° 4 0 ' beträgt. Diese gan z allmälige n Beränderungen de r Teclination un d Inclination, welche di e Folg e eine r langfame n Ortsveranderung de r magnetifchen Pol e de r Erde sind , nennt ma n s e c u l a r e B a r i a t i o n e n ; e s sind die s jedoc h nich t di e einzigen Veränderungen, welche n di e Richtung de r Teclinationstiadel unter worsen ist. Wenn ma n di e Teclinationsnadel aufmerkfa m beobachtet, f o findet man , dass fi e fortwährend klein e Ofcillationen macht, inde m fi e fic h bal d östlich , bal d westlich vo n ihre r mittlere n Lag e entfernt; dief e Schwankungen sind bal d meh r regelmässig un d periodifch, bal d meh r zufälli g un d plötzlich. Erster e sin d die t ä g l i c h en V a r i a t i o n e n , letzter e nennt ma n S t ö r u n g e n . 3 m Allgemeine n beweg t sic h da s Rordende de r Radel vo m Sonnenaufgange a n nach Westen un d beginnt dan n vo n 5 Uhr Abend s a n seinen Rückweg. T i e A m p l i t u d e de r täglichen Variationen, d.h . de r Kinke l zwischen de m östlichsten un d westlichsten Stande, is t veränderlich; si e is t manchmal nu r 5 bi s 6 Minuten , manchmal abe r betragt si e auch sast V 2 G r a^ Auch di e Inclination is t solchen täglichen Variationen unterworfen . Sehr starke unregelmässige Schwankungen, di e oft mehr al s einen Gra d betragen, macht di e Teclinationsnadel,wen n sich ein R o r d l i c ht a m Himmel zeigt. Erdbeben un d vulcanische Eruptionen scheine n auc h auf die Magnetnadel zu wirken , un d manchmal haben fi e ein e bleibende Veränderung ihre r Lag e zu r Folge.

187

Intensität des Erdmagnetismus. Wen n ein e Inclinationsnadel au s ihre r Gleichgewichtslage herausgebracht wird , f o strebt de r Erdmagnetismus, si e wieder i n dieselbe zurückzuführen; wen n ma n abe r di e Radel gan z und ga r sich selbst überlässt, s o kommt si e erst nach einer Reih e vo n Schwin gungen zu r Ruhe. T i e Zeit , welch e zu einer jeden dieser Schwingungen nöthi g ist, hängt a b von de r Masse de r Radel, vo n de r Stärk e de s i n ihr entwickelten Magnetismus un d von der Stärke de s Erdmagnetismus.Ein e un d diefelb e

Einfluss de s Erdmagnetismus au f d as © f em 3 4

3

Rädel wir d alf o fchueller ofcilliren , wen n de r Erdmagnetismus stärker an s sie einwirkt.

So ha t man denn ei n Mittel , di e Stärke de s Erdmagnetismus a n verfchiedenen Orten de r Erd e mi t einander z n vergleichen; ma n hat nnr z u beobachten, wi e viel Ofcillatione n i n einer bestimmten Zeit , etw a i n 5 Minuten , eine nn d dieselbe Inclinationsnadel a n vermiedenen Orte n macht , un d kann fo nach dieser Beobachtung leich t berechnen, wi e fich di e Stärke de s Erdmagnetismns a n dem einen Ort e z n der a m anderen Orte verhält ; den n di e Intensitäten des Erdmagnetismus verhalten sich wi e di e Ouadrate de r i n gleichen Zeite n ge machten Schwingungszahlen. Ti e Beobachtung de r Ofcillationen eine r Inclinationsnadel kan n nie sehrgenaue Refultate geben, un d deshalb fin d di e Schwingungsverfuch e mi t ho r i z o n t a l en Radel n ode r Stäbe n vorzuziehen. T i e B r a f t , welch e di e Tecli nationsnadelofcillire n macht, is t nur ei n Theil un d zwar di e horizontale Seitenkraft der ganzen, i n der Richtung der Inclinationsnadel wirkende n maguetifchen Erdkrast; wen n abe r di e horizontale Intensität un d di e Grösse de r Inclination bekannt ist , f o kann ma n leich t di e totale Intenfität berechnen . 3G5> E s stelle nämlich ab di e Grösse un d Richtun g der ganzen maguetifchen Erdkraf t dar , di e wir mi t I bezeichnen wolle n un d welche eine n Winke l i mi t der Horizontalen macht , f o ist ihre horizontale Seitenkraft ac, welche wi r mi t Ih bezeichnen wollen : Ih =

I.cosi.

Wenn i — 0 , f o fäll t di e Richtung de r erdmaguetifchen Brase i n ein e horizontale Ebene; e s is t dies bekanntlic h au s dem maguetifchen Aequator der Fall; hie r is t di e horizontale Intensität de r ganzen Intensitätgleich . Ueberchaup t wir d de r horizontale Antheil de r maguetifchen E r d h a f t u m f o grosser, j e mehr ma n sich dem maguetifchen Aequator nähert ; a n den magnetifchen Pole n der Erde , w o di e Inclinationsnadel vertica l steht, is t der horizontale Antheil der maguetifchen Erdkrast gleic h Rull . Wenn ma n die Refultate de r Intenfitätsbestimmungen zufammenstellt , welche an verschiedene n Orle n de r Erdoberfläche gemacht worde n find , f o ergiebt sich da s allgemeine Resultat , das s di e t o t a le Intensität i n de r Rähe des magnetischen Aequators a m kleinsten ist , und dass si e vo n da gegen di e Pole hi n wächst. In de r Nähe de r magnetischen "Pol e is t sieungefähr 1, 5 mal so gross als a m Aequator. A u einem un d demselben Ort e is t aber di e Intensität anc h veränderlich un d wi e die Declination uu d Inclination tägliche n Variatione n unterworfen.

Einfluss des Erdmagnetismus auf das Eisen. Wen n man 188

eine Stang e vo n weichem Eisen , welch e 2 bi s 3 Fuss lan g ist , i n die Richtung der Inclinationsnadel hält , f o wird sie dnrch den Einflns s des Erdmagnetismus

344 B o m Magnetismus, selbst magnetisch, uud zwar wird il)r unteres Ende ein Rordpol, ihr oberes ein Sudpol, wie man leicht sehen kann, wenn man eine kleine empstndliche Magnet-

nadel bal d de m oberen, bal d de m nntere n End e de r Stange nähert . Kehr t man de n S t ab nm , so sind sogleich anch seine Pol e umgekehrt, da s untere End e ist wieder ein Rordpol, das obere wieder ein Südpol. Dieselbe Wirkung , uu r etwa s schwächer, bring t anc h de r Erdmagnetismus auf eiue vertical hängende Eifenstange hervor, überhaupt auf jede Eifeustange, welchen Winke l si e auch mi t de r Richtung de r Inclinationsnadel macht ; nu r is t die Wirkung nm fo geringer, je mehr ste fich von der Richtnng der Inclinations-

nadel entfernt. Denselben Einfluss äussert der Erdmagnetismus auch mehr oder weniger anf alle Eifenmafsen; alles weiche Eisen mnss also nnter dem Einflnffe des Erdmagnetismus einen polaren Magnetismus annehmen, der fich je nach den Umständen deutlicher oder weuiger deutlich nachweisen lässt. Wenn ein e Stange vo n Eise n dnrc h de n verlheilenden Einflns s de s Erd magnetismns selbst znm Magneten gemacht ist, fo reichen einige Schläge mit

dem Hammer hin, um den Magnetismus zu fixiren und die Stange zu einem bleibenden Magneten zu machen; durch das Schlagen wird also dem Eisen eine Eoercitivkraft ertheilt, welche hindert, dass die durch den Einfluss der Erde im Eisen erzeugte magnetifche Polarität sich wieder verliert. Dadurch erklärt sich auch, dass fast alle Werkzeuge in der Werkstatt eines Schloffers Magnete find. Es fcheint , das s anc h chemifche Veränderungen ähnlic h wirke n wi e mechanische Erschütterungen, u m den durch di e Erde erzeugten Magnetismu s des Eisens z u fixiren; denn ma n findet , dass Eifenstangen, welch e längere Zeit verti cal standen un d i n dieser Stellung rosteten, eine n bleibenden Magnetismus erhalten haben. Wenn man einen Hufeisenmagnet in Eisenfeile taucht, so hängt sichzwifchen den Polen ein Bündel derselben an; wenn man sie nun mit etwas Wasser befeuchtet und dann mittelst der Löthrohrstamme zum Glühen erhitzt, während ste noch immer dem verlheilenden Einflnffe des Magnets ausgesetzt sind, so geht eine theilweise Oxydation des Eisens vor sich; man erhält eine ziemlich compacte Mafse, deren Zusammensetzung der der natürlichen Magnete ähnlich ist und welche ebenfalls bleibenden Magnetismus zeigt.

189

Abnahme £er magnetischen Effecte mit der Entfer-

nung. Rachde m wi r di e magnetifche Wirkun g de r Erde kennen gelernt haben, können wi r nu n auc h unterfuchen, nac h welche m Gefetze di e Stärke de r magnetifchen Anziehungen un d Abfassungen mi t wachsender Entfernung abnimmt. E s lässt fic h woh l vo n vornherein vermuthen, das s di e magnetifchen Wirkungen, wi e alle anderen vo n einem Punkte ausgehenden Wirkungen , i m umgekehrten Ver hältniffe des Ouadrates de r Entfernung stehen, d . h. dass i n 2-, 3- , 4mal grö ssererEntfernung di e Wirkung eine s einzelnen Magnetpoles 4mal , 9mal , 16ma l kleiner ist . Bezeichne n wi r mit c die Wirkung, welch e ei n Magnetpol auf die Entfernung 1 ausübt, f o ist demnach di e Wirkun g v, welch e er auf die Entfer nung r ausübt:

Abnahme de r magnetifchen Effect e mi t de r Entfernung. 3 4

5

c oder anch

vr2 =

c,

d. h. für einen uud deufelbeu Maguetpol ist das «Product vr2 eiue coustaute Grösse.

Weuu mau dies Gesetz durch deu Versuch prüfeu will, fo begeguet mau der Schwierigkeit, dass ebeu jeder Maguet zwei Pole hat, dass alfo die Wirkung eiues jedeu Poles durch die des auderu modificirt wird.

U m diefeu Uebelstaud

möglichst zu beseitigen, muss mau mit Maguetstäbeu experimentiren, die so lang sind, dass die Wirkung des zweiten «Pols anf einen in der Rähe des ersten befindlichen Pnnkt fast unmerklich ist. Am einfachsten lässt sich der Versuch in folgender Weise anstellen: Aus die Mitte eines getheilten Stabes von 1 4 bis 2 0 Decimeter Länge, welcher rechtwinklig zum magnetischen Meridian liegt, wird eine kleine Bussole ausgesetzt, deren Nadel sich aus den Rullpunkt der Bussolentheilung einstellt, so lauge nur der Erdmagnetismus aus dieselbe einwirkt. Nähert man nun aber von der Seite her der Bussole einen langen dünnen Magnetstab ab, Fig. 3 6 6 , so erfolgt eine Ablenkung der Radel, welche aber, wenn Fig. 366.

i Ij



il

1

Ii ' T U

g g

Ii

1,1

Ii'

IT

Ii'

ii'1

>

der Magnet ab m i n d e s t e n s 1 Meter lang ist, n u r von dem genäherten Pole a herrührt, weil die Einwirkung des Poles b auf die Radel fast unmerklich ist. E i n Mass für die Wirkung v des Magnetpols a ist aber die Tangente des Ablenkungswinkels u, d. h. es ist v = tangu. Für den Magnet ab wurde ein 1 Meter langer, 1 7 2 Millimeter dicker, normal magnetisirter Stahldraht benutzt. E r wurde so gelegt, dass der Reihe nach die Ablenkung u gerade 2, 4, 8 Grad betrug und sür jede dieser Ablenkungen die entsprechende Entfernung r des M a g netpols a von der Mitte der Radel gemessen. Folgendes sind die zusammengehörigen Werlhe von v und r, welche der Versuch ergab u

v = tangu

r

vr2

2° 0,034 9 3,1 2 Decimeter 0,33 9 4o 0,069 9 2,2 1„ 0,34 1 8° 0,140 5 1,5 4„ 0,33 2 2 Diese Werlhe des «Praductes vr sind aber so nahe gleich, dass diese Versuche in der That eine Bestätigung des oben ausgesprochenen Gesetzes liefern. W e b e r hat diesen Satz aus indirectem Wege bewiesen, indem er nicht die Wirkung eines einzelnen «Poles, sondern die Wirkung des ganzen M a g n e t s in grösserer Entfernung untersuchte. E r hat gezeigt, dass wenn ein Magnetstab klein ist im Vergleiche mit der Entfernung, auf welche er wirkt, die Totalwirkung desselben im umgekehrten Verhältnisse der dritten P o t e n z der Entfernung ab-

346

B o m Magnetismus.

nehmen mnss, wenn die Wirkung eiues eiuzeluen "Poles wirklich im umgekehrten Verhältnisse de s Onadrate s de r Entfernun g steht.

In Fig . 36 7 fe i NS ei n Magnetstab vo n 1 Decimeter Länge , desse n Mitt e 1 0 Decimeter westlic h vo m Mittelpunkte de r kleine n Magnetnadel ns ent serut ist . T i e Magnetnadel fe i f o klein , dass di e Länge Ss nich t merklic h grösser ist, al s di e Entfernung vo n S bi s znr Mitt e de r Radel, f o ist Ss — 9,5 367 Decimete r nn d Ns is t 10,5 Decimeter . n Bezeichnet ma n mit 1 di e Kraft, mi t welcher fic h di e Pole S nnd s i n der Entfernnng vo n 1 Decimeter abstossen, f o ist jetzt di e abstoßende Kraft = ^ wenn di e Wirlan g de s Poles in t nmgekehrten Berhältniff e de s Onadrates der Entfernung steht. A n s derselben Voraussetzung ergieb t fic h fü r di e anziehende

Wirkung zwifche n de n Polen N un d s der Wert = h

*

;

talwirkung, welch e de r Magnet NS au f s ausübt, is t alfo 1



20

di e T o *

9950

Bringt ma n de n Magnet i n die doppelte Entfernung vo n de r Radel, d . h . legt ma n ih n so , dass Ss = 19, 5 un d Ns — 20, 5 ist , s o muss nn n di e Totalwirkung de s Magnets N S anf den Po l s fein : _1 1 __ 1 1 4 0 19,5 2 ~ ~ 20,5

2—

380,2

5 420,2

5 — 159800

*

W^nn ma n alf o di e Mitt e de s Magnetstabes an s de r Entfernung vo n 10 Decimeter i n die Entfernung vo n 2 0 Decimeter bringt , f o muss fein e Wirkun g

20

40

im Verhältnisse vo n —— : z u abnehmen y y ou i o i / o u u 20 9950

40 :

. C s ist aber

_

15980

159800 ~

1990

_ —

'

in de r doppelten Cntsernung is t als o di e Totalwirkung de s Magnets 8ma l schwächer, 8 aber is t die dritte Potenz vo n 2. W as hie r a n einem speciellen Beispiel e gezeigt wurde , läss t fich auch allgemein beweisen; e s lässt sic h allgemein darlhun, dass di e T o t a l w i r k u ng eine s Magnets i m umgekehrte« Verhältnisse de r d r i t t e n P o t e n z de r C n t s e r n u n g stehen muss, wenn di e Wirkun g de r einzelnen Pol e i m umgekehrten Verhältnisse des Onadrates de r Cntsernung steht , vorausgesetzt, das s di e Dimensionen des Stabes un d de r Radel klei n genug sin d i m Vergleich z u ihrer gegenseitigen Cut sernung. Bezeichnen wi r als o mi t y di e Wirkun g eine s kurzen Magnetstabes au s di e Cntsernung 1 , so ist seine Wirkun g < p aus di e Cntsernung r:

Abnahme der magnetischen Effecte mit der Entfernung. cp =

y

•—, alfo anch tpr5

347

=

d. h. für einen nnd denselben Magnetstab ist cpr3 eine constante Grösse (vorausgesetzt, dass r gross ist gegen die Länge des Magnetstabes). Zur experimentellen Bestätigung dieses Satzes kamt man die schon aus S. 345 besprochene Vorrichtung gebrauchen, wenn man statt des magnetischen Drahtes ab ein kurzes Magnetstäbcheitws, Fig. 368, östlich oder westlich von der Fig. 368.

I 'i-i'iL'Ji'i l I i b*

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Bussole auf den getheilten Stab auflegt. M i t einem 1 Decimeter langen, 1 Eentimeter dicken und ebenfo breiten Magnetstab wurden folgende zufammengehörige Werche von r (Entfernung der Mitte des Magnetstabes von der Mitte der Buffole) und u (Ablenkung der Buffolennadel) beobachtet: cp =z tangu u r (prz 2,1° 0,0367 6 ®eciineter 7,93 0,0664 3,8° 8,05 5 „ 0,1263 7,2° 8,08 4 „ Das oben abgeleitete Gefetz über die Totalwirkung eines Magnetstabes in die Ferne findet alfo durch diese Verfnche seine volle Bestätigung. (

Z w e i t es C a p i t e l .

Von d er R e i b u n g s e l e k t r i c i t ä t.

Erregung der Elektricität durch Reiben. Wenn man

mit Wollen- oder Seidenzeug einen Glasstab, eine Porzellanröhre, eine Stange Schwefel oder Siegellack, ein Stück Bernstein, Gutta-Percha u. s. w. reibt, so erlangen diese Körper sogleich die merkwürdige Eigenschaft, leichte Gegenstände, wie Papierschnitzel, Kügelchen von Hollundermark u. s. w., anzuziehen. Wenn man Bügelchen von Hollnndermark ans einen Tisch oder noch besser anf eine Metallplatte legt nnd dann eine geriebene Glass oder Harzstange dar-

über hält, so sieht m a n , wie die Bügelchen nach derselben hinfliegen, Fig. 3 6 9 , Fig. 369.

und, nachdemsiedie Stange

berührt haben, wieder von derselben abgestossen werden. T i e Braft, welche diefe Erfcheinnng bewirkt, wird mit dem Ramen der Elektricität bezeichnet. Roch empfindlicher zn r

Rachweisung der elektrifchen

Wirkungen geriebener Börper, als das eben befchriebene Verfahren, ist das elektrifche "Pendel, Fig. 370, welches im Wefentlichen a n s einem an einem l e i n e n e n Faden aufgehängten Bügelchen von Hollnndermark oder Sonnenhlnmenmark besteht; wenn man diesem Bügelchen eine geriebene G l a s - oder Harzstange nähert, so zeigt sich die Anziehung schon anf ziemliche Entfernung.

M i t Hülfe des elektrifchen "Pendels lässt sich zeigen, dass alle oben schon genannten Substanzen dnrch Reiben stark elektrifch werden; Edelsteine, Holz,

Seiter unb Nichtleiter.

349

Kohle geben feiten Spuren von Anziehung; Metalle endlich scheinen auf den ersten Anblick duxch Reiben gar nicht elektrisch gemacht werden zu liftmen, denn man mag einen Metöllstab, 370 d?n matt in den Händen hält, noch so stark reiben, so erhält man au diesem Apparate auch nicht die mindesten Spuren von Anziehung. M a n zerfäljte danach alle Körper in zwei grosse Elasten: in solche, welche durch Reihen elektrisch werden, und solche, welche diese Eigenschaft nicht haben. Erstere nannte man i d i o e l e k t r i f c h e , letztere anelektrische Körper. Diese Eiutheiluug beruht jedoch aus einer irrigen Ansieht; denn man hett gefuuden, dass a l l e Körper, selbst Metalle, durch Reiben elektrisch gemacht werden köttneu, und wenn man bei vielen durch Reiben keine S p u r von Elektricität erhalten kann, so liegt die Urfache davon in anderen Umständen, die wir bald näher werden kennen lernen. Leiter und Nichtleiter. Ein englischer Physiker, G r a y , sand 191 im Jahre 1 7 2 7 , dass auch Metalle den elektrischen Zustand annehmen können, und zwar auf folgende Weise. D a s eine Ende einer osfenen Glasröhre war mit einem Korke verstopft und in diesem steckte ein Metallstäbchen; wurde nun die Rohre gerieben, so zeigte sich alsbald auch das Metallstäbchen elektrisch: ein Beweis, dass es die Elektricität a u f z u n e h m e n und f o r t z u p f l a n z e n vermag. Dieselbe Eigenschast haben aber alle anelektrischen Korper; man nannte sie deshalb L e i t e r der Elektricität. D i e idioelektrischen Korper dagegen sind keine Leiter; denn wenn man z. B . einen Glasstab durch Reiben an einem Ende elektrifch macht, so zeigt das andere Ende keine Anziehung. M a n kann diese Fuudameutalwahrcheit sehr gut mit Hülfe der Elektrisirmaschiue nachweisen, welche wir, ohne noch ihre Einrichtung zu kennen, doch vor der Hand schon als Mittel anwenden können, um Elektricität zu entwickeln. Der Eonductor der Maschine ist ein metallischer Körper, welcher elektrisch gemacht wird. Wenn man mit dem in den elektrischen Zustand versetzten Eonductor einen an Seidenschnüren ausgehängten oder einen durch einen Glassuss getragenen Metallkörper in Berührung bringt, so wird das Metall seiner gan-

350

Bon der 9?eibungselektricitat.

zen Ausdehnung nach elektrisch; fobald man es aber durch irgend einen guten

Leiter mit dem Boden i n Verfönöffng sefcf, verschwindet alle Ekftricität-augen-

blicklich.

E s geht daraus auch'hervor, dass die Seidenfäden-sowohl wie der Glasstab Richtleiter der Elektrlcität, dass sie S s o l a t o r e n jind. Ein Leiter der Elek* tricität kann also nur so lauge elektrisdf'bleibeu, als er i s o l i r t , d. h. vou lauter Richtleitetn umgeben .ist. Auch die Lust ist ein Isolator, denn sonst würde die Elektricitat von dem Metalle augenblicklich durch die Lust abgeführt werden. Wafser nnd Wafferdampf find gnte Leiter, deshalb verliert sich die Elektricität, welche auf eiuem ifolirteu Leiter bri trackner Luft lange hastet, sehr schnell, wenn die Luft feucht ist. Aüch der menschliche Borper ist ein guter Leiter. Weun man, auf dem Boden stehend, den Eonductor der Elektrisirmafchine anfasst, fo wird alle Elektricität, welche dnrch das Drehen derselben erzeugt wird, fogleich abgeführt; weuu man aber anf einem schlechten Leiter, etwa anf einem Harzknchen oder auf einem sogenannten Ö s o l i r s c h e m e l , Fig. 3 7 1 , d. h. anf einem dnrch Glasfüsse getragenen Brette, steht, fo wird der ganze Börper elektrlfch. M a nstehtjetzt anch ein, warum eine M e tallstange, die man in der Hand hält, dnrch Reiben nicht elektrisch wird; alle Elekmcität nämlich, welche man dnrch das Reiben anf dem Metalle erzeugt, wird fogleich durch den menschlichen Börper wieder abgeführt. Die besten Ssolatoren werden Leiter, wenn sich Wasserdampf ans ihuen niederschlägt. E s ist deshalb sür den Ersolg elektrischer Versuche von def grössten Wichtigkeit, Glasssüsse, Harzstangen n. s. w., welche eiueu Leiter isolireu sollen, durch Erwärmen und Reiben gehörig trocken zu machen. Statt die Börper in Leiter und Richtleiter einzutheilen, müsste man sie, um genauer zu redeu, gute oder schlechte Leiter nennen, denn absolute Richtleiter giebt es nicht. Schellack, überhaupt Harze, Seide und G l a s sind die schlechtesten Leiter, die es giebt; die Metalle hingegen sind die besten Leiter.

Die beiden Arten der Elektricitat.

Rähert man einem

einfachen elektrischen "Pendel, Fig. 3 6 8 , dessen Bügelchen an einem S e i d e n s a d e n aufgehängt ist, eine geriebene Glas- oder Schellackstange, so wird das HoUundermarkkügelchen angezogen, wenn auch bei Weitem nicht so stark, als wenn es au einem l e i n e n e n Faden hinge. "Rachdem es aber mit dem elektrischen Börper in Berührung gekommen ist, wird es von demselben hastig abgestossen. Diese Repulsion rührt von der Eleltricität her, welche dem Bügelchen dnrch die Berührnug mit der Stange mitgetheilt worden ist;, deun wenn man es mil der Hand berührt nnd es dadurch wieder aus seinen natürlichen Zustand zurllcksührt, wird es von Renem angezogen und nach der Berührung abermals abgestossen. D a | das abgestossene Bügelchen wirklich elektrisch ist.

Elektrische Fluitö . 3 5 1 geht auch daraus hervor, dass es selbst von Leitern, die stch im natürlichen Zu* stande befinden, angezogen wird. Wenn das isolirt aufgehängte Korkkügelchen dnrch Berührung mit der Glasstange elektrifch gemacht worden ist und von der Gfasstange abgegossen wird, so wird e s von der Harzstange a n g e z o g e n und umgekehrt. Sehr schön lässt sich die gegenseitige Abstossung gleichnamig elektrisirler Körper mittelst zweier Streifen von P y r o x ' y l i n p a p i e r zeigen. Wenn dieselben aufgehängt find, wie Fig 3 7 2 zeigt, und man ste dann nur ein paar mal zwischen den Fingerit durchzieht, fo werden gig. 372. sie so elektrisch, dass sie stark divergiren. E i n einzelner Streifen der Art, welchen man zwifchen den Fingern durchgezogen und dadurch elektrisch gemacht hat, ist ein vortreffliches Elektrofkop; er wird von einer geriebenen Siegellackstange fowie von allen negativ elektrischen Körpern abge* stossen, das durch Reibung mit den Fingern elektrisch gemachte Pyropapier ist also negativ elektrisch.

Die beiden Elektricitäten hat man mit dem Ramen der G l a s elektricität und der Harzelekt r i c i t ä t bezeichnet. Die Glaselektricität wird auch die posit i v e , di e Harzelektricitä t di e ne -

gative genannt. Die Entdeckung der beiden verschiedenen Elektricitäten wurde von D u f a y im Inhre 1 7 7 3 gemacht. Rach dieser Bezeichnung lässt sich nun die obige Thatsache in folgender Weise aussprechen: Zwischen einem positiv elektrischen und einem n e g a tiv elektrischen K ö r p e r findet A n z i e h u n g statt; zwei gleichartig elektrifche K ö r p e r dagegen stossen fich g e g e n s e i t i g ab.

Elektrische Fluida. W a s eigentlich das Agens sei, welches die 193 elektrischen Anziehungs- und Abstossungscrscheinungen hervorbringt, ist uns vor der Hand noch unbekannt. Um aber eine klare Uebersicht der elektrischen Erscheinungen und ihres Zusammenhanges geben zu können, ist es unumgänglich nothwendig, sich irgend eine Hypothese über das Wesen der Elektricität zu bilden. Die zweckmässige, fast allgemein angenommene elektrische Hypothese ist nun die, dass es zwei verschiedene elektrische i m p o u d e r a b e l e F l u i d a gebe (positiv elektrisches Fluidum und negativ elektrisches Fluidum), welche ein

352

B o n dler Steibungseleftricitat.

ähnliches Verhalten gegen einander zeigen, wie wir es bei den hypothetischen

magnetischen Flujftgkeften kennen lernten, d. h. T h e i l c h e n g l e i c h n a m i g e r elektrischer F l ü s s i g k e i t stossen e i n a n d e r ab, u n g l e i c h n a m i g e F l u i d a ziehen einander a m Cin Körper befindet sich im natürlichen, elektrisch neutralen Zustande, wenn gleiche Ouantitäten beider Fluida gleichförmig Über feine ganze Maffe verbreitet find, wenn fich alfo die beiden elektrifchen Fluida, welche der Körper enthält, gegenfeitig nentralifiren. Cin Körper ist elektrisch, wenn er einen Ueberschuss an positivem oder negativem Flnidum enthält. Zwischen den elektrischen und magnetifchen Flüffigkeiten findet jedoch ein wesentlicher Unterfchied statt: die elektrifchen Fluida können nämlich von einem Körper znm andern übergehen, während die magnetifchen Flnida a l s an die einzelnen Eisenpartikelchen gebunden zu betrachten sind und nicht von einem Eisenstabe zn einem andern, oder nnr von einem Eifentheilchen zu einem benachbarten übergehen können. Wenn durch Reiben zweier Körper an einander überhaupt Elektricität entwickelt wird, fo werden beide Elektricitäten in gleichem Masse frei. W e n n der g e r i e b e n e K ö r p e r p o f i t l v elektrisch l o i r d , f o w i r d d a s R e i b z e n g n e g a t i v und umgekehrt. M a n kann dies am einfachsten dadurch zeigen, dass man einen Glasstab mit einer Platte von etwas dickem vulcanisirten Kautfchuk reibt, wie dies in Fig. 3 7 3 angedeutet wird; nähert man die geriebene Seite der Kautschukplatte einem Fig. 373. negativ elektrifchen Streifen von "Pyropapier, fo wird derselbe abgestossen, die Kautschukplatte ist also ne* gativ elektrisch, während der Glasstab sich als stark positiv elektrisch erweist. D a ein Körper in seinem natürlichen Zustande die beiden E in gleichem Masse enthält, so giebt es keinen Grund anzunehmen, dass er besonders geeignet sei, vorzugsweise die eine auszunehmen und zurückzuhalten; er kann also auch durch Reiben bald bald — elektrifch werden, je nachdem man ein anderes Reibzeug wählt. G l a s z. B . wird, mit Wolle oder Seide gerieben, positiv, mit einem Katzenpelze gerieben, negativ elektrifch. U m die Elektricität genau zu bezeichnen, muss man alfo sagen: die + E ist diejenige, welche das G l a s durch Reiben mit Wolle oder

Elektrische Vertheilung. 35

3

Seide annimmt, di e — E hingegen diejenige, welche das Har z annimmt, wen n man e s mi t einem Katzenfelle oder mi t Woll e reibt .

Elektrische Vertheilung. Wi r haben gesehen, dass Jede der elektrifchen Flüssigkeiten di e gleichnamige abstösst nn d di e nugleichuamige auzieht . Diefe Auziehuug un d Abstossuug äussert sich aber uicht alle m au f di e fchou zersetzteu Flüfsigkeiteu, fouderu auch auf die noch verbuudeueu, uud daher kommt es, das s di e verbuudeueu Elektricitäte u eiue s Leiters, de r sic h i m uatürliche u Zustande befindet, durch di e Auuäheruug eiues elektrische« Körpers vo u eiuauder getreuut, dass alf o der Körpe r durc h V e r t h e i l u ug elektrifc h wird . Es läss t fic h dies dadurch nachweisen, das s mau eiueu ifolirte u Leiter ab, Fig. 374, i u der Rähe eiues ifolirte u Leiters R (etw a des Couductors der ElekFig. 374.

tristrmaschiue) aufstell t uud dann diesem Leite r R ein e elektrische Laduug ertheilt . •3st R mi t positive r Elektricitä t geladeu, f o wir d di e Elektricität au f ab i n der Weise vertheilt, dass sich die von R angezogene negative Elektricität vorzugsweise bei a auhäuft, während die abgestossene positive Elektricität auf die vom R abgeweudete Seite getrieben uud vorzugsweise bei b augehäust wird. Um di e bei a uud b durch di e vertheilende Wirkun g de s elektrischen Körpers R frei werdende Elektricität nachzuweisen bringt man nahe an den beiden Enden des isolirten Leiters elektrische Doppelpendel an (an leinenen Faden hängende Holluudermarkkügelcheu) , welch e augenblicklic h divergireu , sobal d R elektrisc h gemacht wird . Das s i n de r Rähe vo n a negativ e Elektricitä t angehäuft is t (vorausgesetzt , das s ma n R mi t positive r Elektricität geladen hat), geh t daraus hervor, dass das divergirende "Pendelpaar be i a vo n einer geriebenen Harzstange abgestosse n wird , während da s be i b aufgehängte Pendelpaar vo n derselben Harzstangeangezogen wird . Wenn man den ifolirte u Leiter ab ableitend berührt, während de r elektrifche Körper R i n de r Nähe bleibt , s o sallen di e Pendel bei b zufammen, wei l all e Soulier's ©rrnidrifc der Physik. 23

194

354

B o n der 9teibung£elektricitat.

abgestossene Elektricität entweicht, die Divergenz der Pendel bei a hört aber nich t auf , den n di e vo n B angezogene Elektricitä t kan n nich t abgeleitet werden, wei l fi e dnrc h di e anziehende Wirkung , welch e B au f dieselbe ausübt, bei a gleichsam g e b u n d e n ist.

Cntfermt ma n nn n znnächst di e ableitende Berührun g nn d alsdann de n verlheilenden Körpe r B , ode r entzieh t ma n ih m seine Ladung, s o kann sic h nn n die bis dahin bei a gebunden gewesene Clektricität frei über den ganzen Seiter ab verbreiten.

T i e anf einem Leiter durch V e r t h eilung frei gewordene Clektricität wird

nach Riess auch als Influenzelektricität bezeichnet.

195 uns eiDas Elektrometer. T a s Princi p de r elektrischen Verlheilnn g liefer t n treffliche s Clektraskop. — Wen n an t unteren Cnd e eines isolirte n Me tallstabes ein P a a r elektrische Pendel hängen, so divergiren sie, wenn man von

oben eine n elektrischen Körpe r nähert . U m au s einer solchen Vorrichtun g ei n branchbare s Clektroskop z u machen, müssen di e Pendel zu r Abhaltung vo u Luft stramunge n i n ein Glasgesäs s eingeschlossen , und dann muss das leitende System sorgfältig isolirlsein. D a s Metallstäbchen stecktdeshal b i n einem gefirnissten Glasröhrchem Di e Pendel können aus Strohhalmen oder Metallblättchen u.f r w. bestehen. Fig. 37 5 stell t ei n G o l d b l a t t e l e k t r o s k op dar . Wir d ei n solches Instrmnent mi t eine m Gradbogen versehen, welche r gestattet, di e Divergen z de r Pendel z u messen, s o erhält ma n ei n C l e k t r o m e t e r . Fig . 37 6 stell t ei n S t r o h h a l m e l e k t r o m e t e r dar . Wenn ma n eine m Clektraskope vo n obe n eine n elektrischen Korper , etw a eine geriebene Harzstange r , Fig . 3 7 5 , nähert, s o divergiren di e Pendel, wei l die vo n r abgestossene Clektricitä t i n di e Pendel herabgetrieben, di e vo n r ange zogette aber i n di e platt e de s Cleklroskops heraufgezogen wird . Wenn ma n nu n di e Platte de s Elektroskops ableiten d berührt, s o falle n die Pendel zusammen, wei l di e vo n r abgeflossene Elektricität entweicht, di e vo n r angezogene Elektricität dagegen wir d i n de r Platte de s Elektroskops gebunden. Entfernt ma n nu n zunächst di e ableitende Berührung un d dan n de n elektrischen Körper r, s o d i v e r g i r e n di e P e n d el a u s s R e u e , d a s E l e k t r o s k o p is t n un g e l a d e n un d zwa r mi t der dem Verlheiler r entgegengesetzte n Elektricität . Ein s o geladenes Elektroskop dient dazu, u m z u untersuchen, vo n welcher Ratur di e Clektricitä t irgen d eine s elektrischen Körpers ist . Wen n ma n näm lich denselben vo n obe n he r de r platt e de s geladenen Cleklroskop s nähert , s o fallen di e Pendel zusammen, wen n di e Clektricitä t de s genäherten Körper s un d diejenige, mi t welche r da s Clektrasko p gelade n ist , ungleichnamig sind . Int entgegengesetzte n Fall e nimm t di e Divergenz de r Pendel zu . Wenn ma n eine m geladenen Clektroskop e eine n nich t elektrische n Leite r nähert, s o nimm t di e Divergenz de r Pendel ebenfalls ab. C s ergieb t sich dies leicht al s nothwendige Folg e de r Gefetze der elektrifchen Verlheilung. Di e i n § . 19 0 beschriebenen Anziehungserfcheinungen finden durc h di e Gefetze de r elektrifchen Bertheilun g nu n auc h ihr e Crllärung . Wen n eine m

Der elektrische Funken.

355

Körper, der sic h i m naturlichen Zustande befindet, ei n elektrischer genähert wird , so werden sein e Elektricitäten zerlegt . Die s is t nu u auc h be i de u Korlkügel chendes einfachen elektrifchen Pendels de r Fall . 3s t e s a u eine m Seiden Fig. 375. Fig . 376.

J [Jj ! fade A 7 stosseu

wJfiRBBk

n aufgehängt, s o kann di e abgee E uich t au s de m Kügelchen

entweichen, ste wird anf die hintere

Seite de s Kiigelchens getrieben, wäh-

rend sich die angezogene anf der V o r *

/\

beiseit

e anhänst. Wei l aber di e an j gezogene E de m Körper, vo n welchem e J j | |L . . wf-TWmL.. d^ Wirkun g ansgeht, näher ist , so ist \; • ^ ^ j ^ j j B | | di e Anziehun g stärke r al s di e Ab stossung;die Kraft, welche das Kügelchengege n de n elektrische n Körpe r hintreibt, ist der Differenz dieser beiden entgegengesetzte n Kräft e gleich ; daru m wir d auc h hie r ers t be i sehr geringer Entfernung de s elektrischen Körper s ein e Anziehung erfolgen . Wei t energischer ist di e Wirkung, wen n das Kügelchen a n einem leitenden Fade n ausgehängt ist , weil alsdann di e abgestossen e E entweichen , kan n un d durc h si e di e Anziehung nicht geschwächt wird . Ein Kügelchen vo n Schellack wir d bei Annäherung eines elektrischen Kör pers nich t angezogen, wei l de r genäherte Körper nu r seh r schwer Verlheilun g in demselben hervorbringen kann.

Der elektrische Funken. Wen n mat t eine m isolulen, mi t po - 19H sitiver oder negativer Elektricitä t geladenen Leiter einen anderen nich t elektrischen Leiter nähert, s o geht i n dem letzteren, wi e wi r gesehen haben, ein e elektrische

356

B o n der ReibungSelektricität.

Vertheilung vo r sich, deren Stärk e mi t de r Annäherun g zuuimmt . E s se i z. B . der isolirt e Leite r A, Fig . 3 7 7 , mi t positive r Elektricitä t geladen worde n un d man nähere ihm eine metal877 • lisch e Bugel s o wir d sic h

^

~ ~ f ~\ R

dieselbe nnr mit negativer

Elektricitä t laden, wen n si e ^ mi t de m Bode n i n lei tende Verbindung gesetzt ist. T i e be i grösserer Annähe rung zwischen A nnd B immer wachsende Anhäusung der entgegengesetzten Elektricitäten an s den ein auder zugekehrten Stellen

der beiden Leiter bewirkt, dass die Anziehung dieser entgegengesetzten Elektricitäten endlich so stark wird, dass eine theilweife Vereinigung derselben schon vor sich geht, ehe noch A und B i n unmittelbar e Berührun g kommen , inde m di e isolirend e Lustschicht, welche si e noch trennt , durchbrochen wird . Ei n solche r Uebergang de r entgegengesetzte n Elektricitäte n vo n einem Börpe r zu m anderen is t dann stet s mi t eine r Lichterscheinung , de m elektrischen F u n k e n , begleitet, wahrend sic h zugleich ei n mehr ode r minder starkes Bnacken hören lässt. Ti e Erscheinung de s elektrischen Funkens wir d weite r unten noc h näher besprochen werden. 1 97 D a s Elektrophor is t einer de r wichtigsten elektrischen Apparate un d kann i n viele n Fälle n selbst di e Elektrisirmaschine ersetzen. E s besteht au s einem Harzkuchen , welcher i n ein e metallene Form , gleichsam einen Telle r vo n Metall , gegosse n ist , oder, wi e Fig . 37 8 zeigt , au s eine m Harzkuchen a , de n man nu r

aus etn e etwa s grössere Metallplatt e ode r ei u mi t Stanniol überzogenes Bret t c auflegt. E s is t feh r wesentlich, dass di e Oberfläche des Harzkuchens möglichst eben sei. Au s diesen Harzkuchen, dessen Oberfläche durch Schlagen mi t einem Fuchsschwan z ode r einem Batzenpelze negativ elektrisch gemacht wird , setz t ma n einen durch isolirende seideneSchnüre getragenen Teckel b von Metal l plat t aus.

Die Elektrisirmaschine. 35

7

Die — E des Harzknchens wirkt vertheilend anf die bis dahin noch verbnndenen Elektricitäten i m Deckel; di e + E wir d angezogen,di e — E aber abge-

stossen; di e 4- E wir d sic h deshalb i m unteren, di e — E i m oberen Theil e

des Deckels anhänfen, wie Fig. 379 andentet. Nähert man dem Deckel einen , so springt ein Fuu3 79 Finger ken über, und wenn man den Deckel mit dem Finger berührt, so wir d all e — E sich entfernen nnd der

Deckel bleibt mi t + E ge laden, welche durch die — E des Harzkuchens gebuudeu ist, so lauge der Deckel auf demselben liegeu bleibt. Hebt mau aber deu Deckel vou de m Kuche n mittels t der isolireudeu Schnüre ab, so wird diefe + E frei, uud mau kann nun aus dem Deckel eiueu Fuukeu positiver Elektricität ziehen. Auch vou Gutta-Percha , uud uameutlich aus Hart- ode r Horugummi , der Masse, au s welcher di e Kautschukkämm e verfertigt werdeu, lassen fic h gute Elektrophorplatteu macheu. Eiu gute s Elektropho r erhäl t ma n auch , weu u ma u statt des Harzkucheus etwa ei u Dutzen d aufeiuauder gelegter Boge u Pyropapier i u Anwendung

briugt und das oberste Blat t mi t wolleuem Zeuge reibt .

D i e E l e k t r i s i r c n a s c l i i ne besteht aus eiuem reibenden Körper, einem 19 8 Reibzenge uud eiuem ifolirteu Leiter. Der reibeude Körper is t gewöhulich ei u mi t Amalgam Überzogeues Leder. Der geriebeue Körper is t eiue Glasscheibe oder ei n Glascyliuder. Der Eouductor besteht aus Hohlkugelu oder Hohlcyliuderu vou Messingblech, welche durch Glasfüsse getrageu werdeu. Mau hat der Elektrisirmaschiue mancherlei verschiedene Einrichtuugeu gegebeu; eiue sehr zweckmässige ist die in Fig. 380 (a. s.S.) abgebildete. Die Umdrehnngsaxe i der Scheibe ist von Glas; sie wird anf der einen Seite durch den Glasfuss s, auf der anderen durch eine hölzerne Stütze getragen. Die Reibzeuge stecken in einem durch den Glassuss h getragenen Holzgestell. In dem Eouductor a steckt die Saugvorrichtung sie besteht hier aus zwei Holzringen, zwischen welchen stch die Scheibe hindurchbewegt. Aus der der Scheibe zugewandten Seite ist jeder der Holzringe mit einer Rinne versehen, welche mit Stanniol ausgelegt und aus deren Boden eine Reihe von Metallspitzen ausgesetzt ist, die gegen die Scheibe gerichtet sind. Ein Stanniolstreisen muss die Rinnen leitend mit dem Eouductor a verbinden. — Auch das Gestell des Reibzeuges ist mit einem kleinen messingenen Eouductor o versehen.

358

B o n der 9teibungöelektrkitat.

Wird die Glasscheibe gedreht, so wird sie durch die Reibung am amalgamitten Leder + elektrisch; an der Saugvorrichtung augekommen, wirkt die + E der Scheibe verlheilend aus den Conductor; die — E wird angezogen uud strömt Fig. 380.

von den Spitzen ans die Scheibe über, um sie wieder in den natürlichen Znstaud zu versetzen, d. h. ihre + E mehr oder weniger vollständig zn neutralisiren. Aus dem Conductor a bleibt -j- E zurück. Damit sich aus dem Wege von dem Reibzeuge bis zu den Saugringen die Clektricität des Glases nicht so leicht in die Lust verliere, ist hier die Scheibe

aus beiden Seiten mit Stücken von Wachstasset bedeckt. Wenn die Maschine kraftig wirkeu soll, so muss mau unmittelbar vor dem Gebrauche die Glasfüsse und die Scheibe mit warmen wollenen Lappen oder mit gewärmtem, recht trocknem Löschpapier reiben.

Ter Conductor o des Reibzeuges muss mit dem Boden in leitender Berbinduug stehen, damit die — E des Reibzenges srei abstiessen kann. Die dnrch Reiben freigewordenen Clektricitäten müssen nämlich von der Stelle, wo sie srei wnrdeu, weggeführt werdeu, weun an derselben Stelle dnrch ferneres Reiben von Reuem Clektricität erregt werdeu soll. W e u u man den Conductor des Reibzeuges isolirl, dagegen den Condnctor

a mit dem Boden in leitende Verbindung bringt, so häuft sich auf dem Conductor des Reibzeuges uegative Clektricität an, und man kann aus ihm negativ

elektrische Fuuken ziehen.

Statt der Glasscheiben wendet man auch Glascylinder znr Constrnction

T i e Elektrifirmafchine . 35

0

von Elektrisirmafchinen am Fig. 381stelleeine Cylindermafchine dar, welche wohl ohne weitere Erläuterung verständlich sein wird. Fig. 381.

Um über den Grad der Ladnng des Eondnctors eutigermassen ein Urlheil

zn haben, setzt man das O n a d r a n t e n e l e k t r o m e t e r auf deufelben anf, deffen Einrichtung fcho n an s de r Figu r 38 2 (a . f . S .) kla r wird . Je stärker

di e

Ladung wird, desto stärker wird das an einem Strohhalm steckende Borlkügelchen d abgestossen, desto mehr steigt es. An einem getheilten Halbkreise, den nnfere Fignr von der Rückfeite zeigt, kann man fehen, nm wie viel Grade fich der Strohhalm cd vonseinerGleichgewichtslage entfernt hat. Mit Hülse der Elektrifirmafchine lasten fich die elektrifchen Auziehungsund Abstossnngserfcheinnngen in mannigfachen Abänderungen zeigen.

Steckt

man z. B. das Metallstäbchen, Fig. 383 , welches oben ein Scheibchen trägt, von dem fchmale Papierstreifen herabhängen, anf den Conductor, fo werden fich dieselben schirmartig ausbreiten, wenn die Maschine gedreht wird. — Fig. 384 stellt eiueu Glascyliuder vou 5 bis 6 Zoll Turchmesser dar, welcher oben uud uuteu mit eiuer Metallplatte eudigt; auf der unteren, welche gut abgeleitet ist, liegen einige Hollundermarkkügelchen, die obere ist durch eine Metallkette mit dem Conductor der Elektrisirmafchine verbunden. Sobald die Mafchine

360

B o n der 9teibung£elektricitat.

gedreht wird, tanzen die Kügelchen*«zwischen dem oberen und nnteren Deckel hin

nnd her .

Leicht entzündliche Gegeustände werden durch deu elektrischen Fnnken entzündet. Schon der einfache Fnuke des Elektrophors oder uochsichererder Funke der Elektrisirmaschine entzündet Knallgas, d. h. ein Gemisch von Sanerstosfgas nnd Wasserstosfgas. (Die elektrische Pistole, Fig. 386; das Endiometer.) Fig. 382.

Fig. 383.

Fig. 385.

Fig. 386.

Fig. 384.

4Ä Fig. 385 erläutert die zweckmässige Art, mit Hülfe des elektrifchen Fnnkens Weingeist oder Aether anzuzünden. Man lässt von der mit dem Eondiictor der Elektrisirmaschine verbundenen Kngel l zu der mit dem Bodeu in leitender Verbindung stehenden Kugel h, welche sich etwas unter der Oberfläche des Aethers befindet, einen kräftigen Funken überschlagen.

T i e Tampfelektrisirmaschine. 3 6

1

Die Dampfelektrisirmaschine. In England war zufällig die Entdeckung gemacht worden, dass ein Tampfkeffel, aus welchem durch eine kleine Oeffnnng Tampf mit Gewalt hervordrang, stark elektrisch war; durch weiteres Verfolgen dieser Entdeckung gelangte man dahin, aus einem Tampfkeffel eine Elektrifirmafchine z n machen , dere n Wirkun g all e bi s dahi n bekannte n Elektrisir Fig. 387 .

mafchinen weit hinter fich liess. Fig. 387 stellt eine Mafchine der Art von mittlerer Grösse dar. Ter Tampfkeffel, welcher 44 Centimeter im Durchmeffer

199

362

B o n der 3teibung§elektricitat.

hat und 96 Eentimeter lang ist, ruht auf vier Glasfüssen. Die Heiznng ist inwendig in der Weise wie bei den Dampfkefseln auf Dampffchifsen angebracht. Oben anf dem Dampfkessel befindet sich ein Hnt, auf welchem ein kurzes, durch einen Hahn verschliessbares Messingrohr befestigt ist; auf dieses kurze Rohr können dann die Ausströmungsösfnungen aufgeschraubt werden, die alsbald näher befchrieben werden sollen. Vor dem Hute sieht man ein Sicherheitsventil, dessen Gewicht verschiebbar ist, und welches so weit herausgerückt werden kann, dass der Damps einen Druck von 90 Pfund anf den Ouadratzoll ausüben muss, um das Ventil zu heben. In Flg. 388 ist der Apparat mit den Ausströmungsösfnungen abgebildet, welcher auf den Dampfkefsel ausgeschraubt wird, und zwar von oben gesehen. Zuuächst tritt der Dampf in das gnsseiferne Rohr bc und strömt dann durch sechs horizontale Röhren dd aus, welche in einem Kasten F von Meffingblech stecken, der mit kaltem Wasser gefüllt wird, um eiuen Theil des dnrch die Röhren strömenden Dampfes zn condenstren, was die Wirkung sehr verstärkt.

Auf eiue Oeffnnng o im oberen Deckel des Kastens F wird ein Mefsingrohr anfgesetzt, welches in den Schornstein führt und durch welches die im Kasten F gebildeten Dämpfe entweichen. Fig. 389 stellt eine der Ansströmungsöffnungen im Durchschnitt und zwar in Y2 der natürlichen Grösse dar. An das Ende des Rohres wird ein Messingstück MN eingeschraubt, in welFig. 388. Fig. 389.

Alkohohl . . . . 100 r> Wafser 157 n Terpentinöl . . . 350 n Onecksilber.... D ä m p f e i m l u f t e r f ü l l t e n R a u m . 3n einem lusterfüllten 268 Raum kann fich eben so viel Damps irgend einer Flüssigkeit bilden, wie bei gleicherTemperatur in einem gleich grossen lustleerem Dieser wichtige Satz lässt sich am einfachsten mit dem in Fig. 521 (a. st S.) dargestellten, vonBabo construirten Apparate nachweisen. Eine mit Aether gefüllte dünnwandige Glaskugel (1 bis V/ 2 Eentimeter Durchmeffer), welche in einer feinen, nach der OR ü l l e r' s ©rundriss der $ht)ftf.

32

408

Bermtderitng de§ Aggregatzustandes.

Füllung zugeschmolzenen Spitze anslänft, wird in ein ungefähr 10cm hohes Opodeldokglas A gebracht, defsenHals mit einem wohlschliessendenKorl verschlossen ist. Tas Innere des Glases A ist dnrch ein kurzes in dem Kork steckendes Glasröhrchen nnd einen KaUtfchUkfchlaUch 521. mit eine m Manometer i n Verbindun g

gebracht.

In

den beiden Schenkeln des

Manometers steht anfänglich das Dneckstlber gleich hoch, weil die Lnft in A gleiche Tichtigkeit mit der äusseren Lnft hat. Sobald mau aber durch heftiges Schütteln des Glases A (was wegen der Länge des Kautschukschlauches leicht ausführbar .ist) das Glaskügelchen zerbricht, bilden sich alsbald Aetherdämpfe in A, deren Spannkraft noch zu der Spannkraft der in A enthaltenen Luft hinzukommt, wie man daraus steht, dass das Oueckfilber im inneren Scheukel des Manometers sinkt, im äusseren aber steigt. Die Höhendifferenz der beiden Oueckstlberluppen ist das Mass für die Spannkraft der Aetherdämpfe in A Das Sinken des Oueckfilbers im einen und das Steigen im anderen Schenkel des Manometers findet aber nicht rafch, fondermziemlich langfam statt; erst nach einigen Stunden hat die Höhe der manometrifchen Ouecksilberfäule ihr Maximum erreicht, und sie zeigt nun eine Spannkraft an, welche gleich ist der Spannkraft, welche der Aetherdampf bei gleicher Temperatur im luftleeren Raum zeigt; bei einer Temperatur von 20° wird dieser Spannmtgsüberfchuss auf 434,8mrasteigen(Seite 479). Aus dem allmäligen Steigen des Oueckfilbers im Manometerrohre ergiebt fich aber, dass die Gegenwart der Luft in A die Bildung der Aetherdämpfe verzögert. Was hier von den Aetherdämpfen gesagt ist, gilt auch für andere, alfo auch für Wafferdämpfe. 269

L a t e n t e W ä r m e d e r D ä m p f e . Wenn eine Flüssigkeit verdampft, fo muss fie Wärme abforbiren; diefe beim Berdampfen abforbule Wärme ist für das Gefühl und für das Thermometer ebenfo verfchwundeu wie die Wärme, welche beim Schmelzen gebunden wird. Dass bei der Dampfbildung Wärme gebunden wird, geht fchon daraus hervor, dass die Temperatur einer Flüssigkeit während des Kochens unverändert bleibt. Tie Temperatur des fiedenden Waffers bleibt 100°, wiesehrwir auch das Feuer verstärken mögen; alle Wärme, welche man dem siedenden Wasser

Latente Warme der Tämpfe.

499

zuführt, dient nnr dazu, das Waffer von 1000 in Dampf von 1000 zu ver, wandeln. W i e gross die l a t e n t e W ä r m e des Wafferdampfes ist, d. h. welche Wärmeqnantität nöthig ist, nm 1 Enbikcentimeter Wasser zn verdampfen, kann

man annähernd anf folgende Weise ermitteln.

In einem Glaskolben a, Fig. 522, wird Wafser mittelst einer Weingeist, lampe im Kochen erhalten nnd die in a sich bildenden Wasserdämpse dnrch eilt Fig. 522.

Glasrohr b in ein cylindrisches Gefäss c geleitet, welches mit kaltem Wafser gefüllt ist. Hier werden nun die Tämpfe wieder verdichtet, die Wärme alfo,' welche bei der Bildnng der Tämpfe in a gebnnden wurde, mnss in c wieder frei werden, das kalte Waffer in c wird alfo allmälig erwärmt, und ans der hier hervorgebrachten Temperatnrerhöhnng kann man anf die Grösse der latenten Wärme der Tämpfe schliessen. Nehmen wir an, das Kochen im Gefässe a habe fchon einige Zeit gedanert, so dass alle Lnft ans dem Gefässe ausgetrieben ist, und nuu erst tauche man das Ende des gekrümmten Rohres in das kalte Wasser des Cylinders c, so werden alle Tampfblafen alsbald verdichtet, fo wie fie mit dem kalten Wasser in Berührnng kommen. In dem Masse aber, als das Wasser in c wärmer wird, werden die Tampfblafen grösser, bis endlich, wenn anch das Waffer in c znr Siedhitze erwärmt ist, die Tampsblasen nnverdichtet dnrch die ganze Flüfsigkeüsmaffe aufsteigen, alfo in cselbstein förmliches Kochen stattfindet. In dem Augenblicke, in welchem das Kochen in c beginnt, wird der Versuch unterbrachen, indent man das Gefäss a entfernt. Gefetzt lullt, in c hätten fich zn Anfange des Versuchs 11 Cnbikzoll Wasser von 0° befunden, fo wird der Cylinder c jetzt, nach Beendigung des Ver32*

500

Veränderung de§ Slggregatiustandes.

suches, 13,1 Eubikzoll Wasser von 100° enthalten; es sind alfo 2,1 Eubikzoll Wafser hinzugekommen. Diefe 2,1 Eubikzoll Wafser find imGefässea verdampft uud im Eylinder c verdichtet worden; die latente Wärme, welche iu a gebuudeu wurde, ist iu c wieder srei geworden uud hat hier die 11 Eubikzoll Wasser vou 0° auf 100° erwärmt; dieselbe Wärmemeuge also, welche bei der Verdampfung von 2,1 Enbikzoll Wafser abforbirt wird, reicht hin, nm die Temperatur von 11 Eubikzoll Wafser (also von einer 5,2mal so grossen Wassermasse) von 0° bis 100° zu erhöhen. Wir haben oben angeführt, dass man als Einheit der Wärmemengen diejenige Wärmequantität annimmt, welche erforderlich ist, um die Temperatur von 1 Gramm Wasser um 1° zu erhöhen; um die Temperatur von 5,2 Gramm Wafser um 1° zu erhöhen, sind also 5,2, und um die Temperatur dieser Wassermasse um 100° zu erhöhen, wären demnach 520 solcher Wärmeeinheiten nöthig. Die latente Wärme von 1 Gramm Wasserdampf ist demnach gleich 520. Der eben angeführte Verfuch ist nun nicht geeignet, die latente Wärme des Wasserdampfes genau zu bestimmen, er wird immer mehr oder weniger ungeuane Resnltate geben; er ist aber sehr geeignet, den Znfammenhang der Sache recht anschaulich zu machen. Was die Refultate dieses Verfuches befonders nngenau macht, ist der Umstand, dass bei der hohen Temperatur, zu welcher man das Wasser im Eylinder c erheben muss, ein bedeutender Wärmeverlust an die Umgebung stattfindet; dann aber wird anch eine nicht unbedeutende Ouantität Wafferdampf schon im Rohr b verdichtet, giebt hier schon seine frei werdende Wärme an die Luft ab, und kommt als Wafser im Eylinder c an; man begreift also leicht, dass, bis das Wafser in c ins Kochen kommt, mehr Wasser aus dem Gefässe a herübergekommen sein wird, als es der Fall sein würde, wenn diese beiden Fehlerquellen nicht vorhanden wären; diefer Versuch wird also in der Regel einen zu kleinen Werth für die latente Wärme des Wafserdämpses geben. Wir können hier die genaueren Methoden zur Bestimmung diefer Grösse nicht näher auseinandersetzen. Bei de r Destillation werde n di e i n irgend einem Gesässe dnrch Erwärmnng gebildeten Dämpf e a n einen O r t geleitet , welcher dnrch kalte s Wasser be -

ständig abgekühlt wird, wodnrch dann die Dämpse wieder condenstrt, d. h. in tropfbare Flüfstgkeit verwandelt werden. Eine der einfachsten Vorrichtungen znr Destillation ist die in Fig. 523 abgebildete. Die durch irgend welchefremde,weniger flüchtige Substanzen verunreinigte Flüssigkeit, welche durch Destillation gereinigt werden soll, wird in der Retorte a erwärmt, deren Hals in der Vorlage b steckt. Diese Vorlage wird dadurch kühl gehalten, dass sie in einer Schale mit kaltem Wasser liegt. Der besseren Abkühlung wegen wird auch Löschpapier oder ein Leinwandlappen auf die Vorlage gelegt und auf diesen fortwährend kaltes Wasser getröpfelt. Die in der Retorte a gebildeten Dämpse werden theils fchon in dem Halse der Retorte, theils in der Vorlageselbstverdichtet und sammeln sich in der letzteren. Fig. 524 stellt einen Apparat dar, wie er zu Destillationen in grösserem Massstabe gebraucht wird. Das Gemifch, aus welchem eine Flüfstgkeit durch

Satente Warme der Dampfe.

501

Destillation gewonnen werden soll, befindet fich in der meist aus Kupferblech verfertigten B l a f e B. Auf dieser fitzt der Helm Af welcher mit- einem in das Fig. 523.

Kühlrohr D mündenden Rohre C versehen ist. Das fchranbenförnüg gewnndene Kühlrohr befindet fich in einem mit kaltem Waffer gefüllten Bottich. Die Fig. 524.

dnrch Condenfation der Dämpfe im Kühlrohre gebildete Flüffigkeit fliesst bei 0 ans demselben in ein nutergestelltes Gefäss ab. Bei der Condenfation der Dämpfe wird ihre bis dahin gebunden gewesene latente Wärme wieder frei, und diese freigewordene Wärme geht in das Kühlwaffer über, woher es kommt, dass dasselbe sehr fchnell erwärmt wird. Weil aber die Condenfation der Dämpfe im Kühlrohre um fo vollständiger erfolgt, je kälter das Kühlwaffer ist, fo mnss dafür geforgt werden, dass in dem Kühlfaffe durch ein befonderes Rohr unten stets kaltes Wasser einströmt, während in gleichem Masse oben das bereits erwärmte Wasser abstiesst. Man könnte nun mit jedem Destillirapparate deu Werth der latenten Wärme der Däntpse bestimmen, wenn es möglich wäre, jederzeit genau zu er-

502

Veränderung de* Aggregatzuftaudcs.

mitteln, wie viel Tampf in einer gegebenen Zeit verdichtet worden ist nnd wie viel Wärme er an das Kühlwaffer abgegeben hat; nm die latente Wärme der Tämpfe genan zn bestimmen, hat man alfo nnr einen Testillirapparat so einzurichten, dassstchdiefe Grössen mit Genauigkeit ermitteln lassen. Rach diesem 'Principe ist in der That die latente Wärme der Tänlpfe vermiedener Flüffigkeiten ermittelt worden. Es ist die latente Wärme für den Tampf von Wafser 540

Alkohol

214

Schwefeläther.... 90, d. h. nm 1 Gramm dieser Flüffigkeiten bei dent Drucke eiuer Atmosphäre in Dampf zn verwandeln, wird 540-, 214-, 90mal fo viel Wärme gebunden, als uöthig ist, um die Temperatur von 1 Gramm Wasser nm 1° zu erhöhen. Tie latente Wärme der Tämpfe ist nicht für alle Temperaturen diefelbe; fie ist grasser für uiedrige, geringer für hohe Temperaturen.

270

Erzeugung von Kälte durch Verdampfung.

Wenn eine

Flüfstgkeit an freier Luft kocht, fo behält fie eine constante Temperatur, weil sie von dem Feuer durch die Wände des Gefässes stets fo viel Wärme empfängt, als durch die Tantpfbildung abforbirt wird. Wenn das Kochen aber unter demRe= cipienten der Luftpumpe vor fich geht, fo finkt die Temperatur fortwährend, weil alsdann der Tampf die zu feiner Bildung nöthige latente Wärme aus der Flüssigkeit selbst und aus den umgebenden Körpern nehmen muss. Giesst man etwas Weingeist oder noch besser Schwefeläther auf die Hand, fo fühlt man eine merkliche Erkaltung, weil die Flüfstgkeit die zu ihrer Berdunstung nöthige Wärme aus der Hand nimmt. — Wenn wir an heissen Tagen in Zugluft treten, fo fühlen wir alsbald eine erfrifchende Kühle. Es ist dies keinesweges die Folge davon, dass uns der Zug kalte Luft zuführt; die an uns vorüberstreichende Luft mag, wie wir uns durch das .Thermometer überzeugen können,sehrwarm fein, der Zug bringt uns doch diefe Abkühlung, weil er eine lebhafte Verdunstung auf der Haut erhält. — Wir haben das Gefühl einer drückenden Schwüle, wenn wir uns in einer mit Feuchtigkeit gefättigten windstillen Atmosphäre befinden, in welcher keine Verdunstung an unserem Körper stattsinden kann. Wenn man die Kugel eines Thermometers mit Baumwolle umwickelt, dieselbe mit Schwefeläther befeuchtet und dann rafch das Thermometer hin und her fchwenkt, fo finkt es noch einige Grade unter den Gefrierpunkt. Unter den vermiedenen Methoden, durch rafche Verdampfung von Aether oder Schwefelkohlenstoff Waffer zum Gefrieren zu bringen, ist die folgende die einfachste: Man bringe einige Tropfen Waffer auf ein Brettchen, Fig. 525, setze darauf ein dünnwandiges Schälchen von Kupferblech und giesse etwas Aether oder Schwefelkohlenstoff hinein. Bewirkt man alsdann dadurch eine rafche Verdampfung dieserflüchtigenFlüfstgkeit, dass man mit einem gewöhnlichen Küchenblafebalge darauf bläst, fo gefriert alsbald das Wafser unter dem Schälchen, so dass dieses mit dem Brette nun fest zufammenhängt.

Erzeugung von Kalte dnrch Berdanipfung.

503

In Wollaston's Kryophor gefriert das Wafser dnrch seine eigene Verdampfung. Zwei Glaskugeln A uud B, Fig. 526, stud durch eiue möglichst Fig. 525.

weite Röhre verbuudeu.

Fig. 526.

Aus dem Inueru des Apparates, welcher eiue ent-

sprechende Meuge Wafser euthält, muss alle Lust ausgetrieben seiu, was dadurch

erreicht wird, dass mau das Wasser iu der Kugel B iu lebhaftem Kocheu erhält, während die Dämpfe aus der freieu, uoch uicht zugeschmolzenen Spitze von A entweichen. Rachdem das Kochen einige Zeit fortgedauert hat und dadurch alle Luft ausgetrieben worden ist, wird dann die feine Oeffnung von A vor dem Löthrohre zugeblafen. Wenn man nun in dem so hergestellten Apparate alles Wasser in einer Kugel B zusammenlaufen lässt und dann die andere Kugel A in eine Kältemifchung taucht, fo wird durch die fortwährend in A erfolgende Verdichtung der Wafserdämpfe in der Kugel B eine so rasche Verdunstung hervorgerufen, dass das Wafser gefriert. Die durch Verdampfung einer Flüfstgkeit hervorgebrachte Temperaturermedrigung ist um fo bedeutender, je niedriger ihr Siedepunkt liegt und je grasser die latente Wärme ihres Dampfes ist. Die bedeutendsten Temperaturerniedrigungen werden durch Verdampfen folcher Flüfstgkeiten erzeugt, deren Siedepunkt noch unter 0° liegt; fo kann man z. B. durch rasches Verdampfen von schwefliger Säure, deren Siedepunkt — 10° ist, selbst Oueckstlber zum Gefrieren bringen. Kohlenfäure kann durch starke Eomprefston in einem schmiedeeisernen Recipienten flüssig gemacht werden. Wenn man nun die flüfsige Kohlensäure aus einer feinen Oeffnung ausströmen lässt, so ist die bei ihrer raschen Verdampsung stattfindende Temperatnrerniedrignng so stark, dass ein Theil der ansströinenden Kohlenfäure fest wird nnd in einem entsprechenden Gefässe als schneeartige Maffe gesammelt werden kann, deren Temperatur 90° E. nnter dem Gefrierpunkte des Wassers liegt.

D r i t t e s Kapitel. Specifische Wärme der K ö r p e r .

Begriff der specifischen Wärme.

Wenn man

1

Pfund

Wasser von 10° mit 1 Pfund Wasser von 60° rasch mischt, so wird die Mi, schung nahezu die mittlere Temperatur von 35° haben. Dieselbe Wärmemenge, welche das eine Pfund Wasser abgab, um von 60 auf 35°, also um 25° zu erkalten, hat auch gerade hingereicht, um die Temperatur des anderen Pfundes Wasser um eben so viel Grade, nämlich von 10 ans 35°, zu erhöhen. Anders verhält sich die Sache, wenn wir 1 Pfund Wafser mit 1 Pfund irgend einer anderen Substanz mengen. Giesst man z. B. 1 Pfnnd Wafser von 100 lind 1 Pfund Terpentinöl von 60° zufammen, fo wird die wohl dnrch eins ander gerüttelte Mengnllg nur eine Temperatur von ungefähr 24° zeigen. Die Wärmemenge, welche 1 Pfuud Terpentinöl bei einer Temperatureruiedriguug vou 36°C. abgegeben hat, genügte alfo nur, um die Temperatur von 1 Pfund Wafser um 14° C. zu erhöhen. Um also die Temperatur des Terpentinöls um eine bestimmte Anzahl von Graden zu erhöhen, bedarf es nur 14 — oder ungefähr 0,4 von der Wärmemenge, welche nöthig ist, um in einer Oo gleichen Masse Wasser die gleiche Temperaturerhöhung hervorzubringen. Aehnlich mit anderen Stoffen. Um gleiche Massen Wasser und Oueckstlber um gleich viel Grade'zu erwärmen, bedarf man für Onecksilber nur 0,033 der Wärmemenge, welche für Wafser erforderlich ist. Um gleiche Temperaturerhöhung zu bewirken, muss man dem Wasser 30mal fo viel Wärme zuführen, als einer gleichen Mafse Oueckstlber. Unter der specifischen Wärme eines Körpers versteht man die Z a h l der Wärmeeinheiten (Caloriett) (Seite 465), welche nöthig find, um die Temperatur von 1 G r a m m der Substanz um 1° C. zu

erhohen.

Begriff der specififchen Warme.

505

Ten oben gemachten Angaben znfolgewäre alfo 0,033 die speeififche Wärme

des Oueckstlbers un d 0, 4 di e des Terpentinöls.

Gleichbedeutend mit „specistscher Wärme" wird auch der Ausdruck Wärmecapacität gebraucht. Ein Verfnch, welcher sehr geeignet ist, nm die Ungleichheit der fpecistfchen Wärme verschiedener Snbstanzen anschaulich zu machen, ist folgender: Auf eine Wachsfcheibe von 12 bis 14 Eentimeter Dnrchmeffer nnd 4 m m Dicke, welche

von einem Metallring getragen ist, wie F i g . 5 2 7 zeigt, wird eine ungefähr Fig. 527.

250 Gramm schwere Kupserkugel und eine ebenso schwere -Bleikugel gelegt, welche beide in einem mit kochendem Wasser gestillten Gesäss gelegen haben. Die Kupserkugel wird in kurzer Zeit die Wachsplatte durchschmolzen haben und herabsallen, während die von der Bleikugel

abgegebene Wärme die Wachsplatte nicht

ganz z u durchfchmelze n vermag .

U m den Werth der fpecistfchen Wärme

für vermiedene Körper zu ermittelu, hat man hanptfächlich drei Methoden in Anwendung gebracht.

Nach der Methode des Eisfchmelzens wird der Körper, deffen fpecifische Wärme bestimmt werden soll, gewogen nnd bis zu einer bestimmten Temperatur erwärmt in ein mit Eisstücken gefülltes Gefäss gebracht. Indem er nun erkaltet, wird ein Theil des Eises geschmolzen; aus der Menge des gefchmolzenen Eifes ergiebtstchdann die Ouantität der Wärme, welche der Körper verlor, und daraus dann auch feine fpecisifche Wärme. Die Erkaltungsmethode gründet sich auf folgendes 'Princip. Wenn ein erwärmter Körper in einen Raum gebracht wird, in welchem er nur durch Strahlung erlalten kann, fo wird er unter übrigens gleichen Umständen um so langsamer erkalten, je grösser seine specisische Wärme ist. Tie genauesten Resultate liefert die Mischungsmethode. Diese Methode besteht im Wesentlichen darin, dass man eine gewogene Menge des zu unterfuchenden Körpers bis auf eine bestimmte Temperatur erwärmt und dann in ein Gefäss mit Wafser eintaucht, deffen Temperatur durch Abkühlung jenes Körpers erhöht wird; kennt man die Ouantität des Kühlwassers und hat man ermittelt, welche Temperaturerhöhung es durch die Abkühlung des eingetauchten Körpers erleidet, fo lässt stch daraus die fpecififche Wärme dieses Körpers berechnen. Wenn eine 200 Gramm schwere, bis auf 100° erwärmte sPlatinkugel in eine 15° warme Wafsermaffe von 105 Grammen eingetaucht wird, fo findet man, dass nach vollständiger Ausgleichung fowohl die Temperatur des Waffers als die der Kugel 20° betragt. Tie Temperatur der Kugel ist alfo um 80° erniedrigt, die des Waffers um 5° erhöht worden. Tie Wärmemenge, welche in diesem Falle dem Wafser zugeführt wurde, ist 105.5 Wärmeeinheiten, und wenn wir mit s die Wärmemenge bezeichnen, welche nöthig ist, um die Tempe-

506

epecifische Warme der itorper. s

ratnr von 1 Gramm Platin um 1° zu erhöhen, die Wärmentenge also, welche jedes Gramm Platin bei einer Temperatnrermedrignng von 1° abgiebt, so ist die gesammte Wärmemenge, welche die Platinkugel bei der obigen Operation abgegeben hat, 200.80.S; wir haben also: 200. 80 .s =

105.5

oder:

525 l6Ö0Ö = °'0328; das 'Platin bedarf also, um eiue gleiche Temperaturerhöhuug zu erfahren, einer 3 =

0,0328mal fo grossen Wärmemenge als das Waffer, oder, mit anderen Worten, die fpecififche Wärme des Platins ist 0,0328. Bezeichnen wir mit m das Gewicht uud mit t die Temperaturerhöhuug des Kühlwaffers (in dem eben berechneten Beispiele 105 Gramm und 5°), mit m! und t' das Gewicht nnd die Temperatureruiedriguug des abgekühlten Körpers (in unserem Beispiele 200 Gramm Platin uud 80°), so ergiebt fich aus der eben für einen concrete« Fall durchgeführten Betrachtungsweife für die Berechnung der fpecififchen Wärme s des abgekühlten Körpers folgende Formel: s

=

m.t

1 }.

das heisst in Worten: man findet die fpecififche Wärme des abgekühlten Körpers, wenn man fein Gewicht mit feiner Temperatnrermedrignng mnltiplicirt und mit diesem Prodncte in das 'Product dividirl, welches man erhält, wenn das Gewicht

des Kühlwaffers mit feiner Temperaturerhöhung multiplicirl wird.

272

Resultate der Versuche über die specifische Wärme.

Die Bestimmnng der fpecififchen Wärme erhielt dnrch die Arbeiten von Dnlong lind Petit eiue grosse Wichtigkeit fitr die Chemie, indem fie fanden, dass das 'Product, welches man erhält, wenn man die fpecififche Wärme eines starren Clementes mit feinem Atomgewichte mnltiplicirt, stets fehr nahe denfelben Werth habe, wie man ans folgender Tabelle ersteht, in welcher die fpecififche Wärme uud das Atomgewicht für einige feste Clemente znfammengestellt find.

Specisische Wärme der ®ase. Specisische Wärme

P

Atomwarme ps

0,114

56

6,37

0,095

65,2

6,23

0,095

63,4

6,02

Atomgewicht

s Cisen Sink Kupser . . . . Vlei Silber Platin Schwesel.... Sod

0,031

207

6,50

0,057

108

6,16

0,032

1,97

6,40

0,178

32

5,68

0,054

127

6,87

Dieses Gesetz, dessen Richtigkeit durch die neneren Unterstichnngen Reg-

n a u l t ' s ausser Zweisel gestellt worden ist, macht es möglich, das Atomgewicht eines Körpers aus seiner specistschen Wärme zu berechnen, also auch die auf anderem Wege gefundenen Werthe des Atomgewichtes zu controliren. 3m Mittel haben wir also für feste Elemente

s .p =

6,3.

Die Atomwärme (dasProductps) ist alfo sür alle festen Elemente nahezu dieselbe. Für zusammengesetzte Körper gilt das Gesetz

PS — nps + n'p's', wenn P das Atomgewicht und S die specisische Wärme des zusammengesetzten Körpers, jpg, p's' u. st w. die Atomwärme der einzelnen Elemente und endlich n und n' die Anzahl der Atome bezeichnet, mit welchen ste in die Verbindnng eingehen. So besteht z.B. Knpserglanz aus 2 AtomenKnpser (also n = 2) und 1 Atom Schwesel, wir haben also sür Knpserglanz P.S = 2.6,02 + 5,68 = 17,72, während der Versnch sür Schweselknpser PS = 19,1 ergiebt. Für die specisische Wärme einiger Flüssigkeiten sand Regnanlt folgende Werthe: Terpentinöl

Alkohol,specif.Gew. 0,807 Schwef elkohlenstost

0,423

.

.

.

0,602 0,2 1 8.

S p e c i f i s c l i e W ä r m e d e r Gase. Für den Fall, dass die Gase 273 bei der Erwärmung sich srei ausdehnen können, ihre Spannkrast also unge? ändert bleibt, ergaben sich folgende Werthe für diespecififcheWärme einiger Gase:

508

Specififche Wärme der Korper. Sauerstoss Stickstoss. . Wasserstoff .

0,218

. . . .

Ehlor Atmosphärische Lust Kohlenfäure. . . Wafserdampf . . Aetherdampf

.

.

. 0,244 . 3,405 . .

0,121 0,238

. 0,248

. 0,475

.

0,481

Wenn aber ein Gas fo eingefchlofsen ist, dass es sich bei seiner Erwärmnng nicht ansdehnen kann, dass also sein Volumen constant bleibt, währeud seiue Spauukraft (Druck) wächst, so ist die specififche Wärme der Gase geriuger als im vorigen Falle, d. h. um 1 Pfuud Luft um 1° zu erwärmen, ist weniger Wärme nöthig, wenn sie in einem Ranme von unveränderlicher Grösse eingefchlossen bleibt, als weuu ste bei unverändertem Drucke sich ausdehnen kann. Bezeichnen wir mit s die specififche Wärme eines Gases bei constantem Druck, mit s' seine specisische Wärme bei constantem Volumen, so ist Fig. 528.

7 =

Mi.

Daraus folgt nun aber auch, dass jede Verdünnung eines Gases von einer Wärmebindung begleitet ist und dass Wärme frei werden mnss, wenn man ein Gas comprimirt, wie dies namentlich dnrch das pnenmatische Fenerzeng erläutert werden kann. Dieser Apparat besteht aus einer gläsernen oder messingenen unten geschlossenen Röhre, Fig. 528, in welcher sich ein aus Lederscheiben gebildeter, lustdicht anschliessender Kolben leicht aus- und abschieben lässt. Das untere Ende des Kolbens ist etwas ausgehöhlt. Rachdem in diese Höhlung etwas Zunder eingelegt worden ist, wird der Kolben oben in das Rohr eingesteckt, dann durch einen kräftigen Schlag fast bis aus den Boden des Rohres hinabgetrieben und rasch wieder herausgezogen. Man findet nach dieser Operation, dass der Feuerschwamm in der Höhlung des Kolbens brennt; es muss also durch die starke Eompresston der in der Röhre eingeschlossenen Lnst eine bedeutende Menge Wärme srei geworden sein.

Viertes Capitel . Fortpflanzungder Wärme.

Strahlende Wärme. DiestrahlendeWärme durchdringt manche Körper in derselben Weise, wie das Licht durch die durchsichtigen Körper hindurchgeht; die Sonnenstrahlen z. B. treffen unsere Erde, nachdem sie die ganze Atmosphäre durchdrungen haben, sie erwärmen die Erdoberfläche, während die höheren Regionen der Lust kalt bleiben; die Wärmestrahlen gehen also größtentheils durch die Atmosphäre hindurch, ohne von ihr absorbirt zu werden. Wenn man sich dem Feuer eines Heerdes nähert, so empfindet man eine brennende Hitze, und doch ist die Lust zwischen uns und dem Feuer nicht bis zu einem solchen Grade erwärmt; denn wenn man einen Schirm vorhält, verschwindet diese Hitze augenblicklich, was unmöglich wäre, wenn wirklich die ganze uns umgebende Luftmasse eine so hohe Temperatur hätte. Heiße Körper können also nach allen Seiten hin Wärme aussenden, welche durch die Luft hindurchgeht wie die Lichtstrahlen durch durchsichtige Körper; man spricht deshalb von strahlender Wärme und von Wärmestrahlen, wie man von Lichtstrahlen spricht. Wenn man zwei grosse sphärische oder parabolifche Hohlspiegel von polirtem Mefstngblech, Fig. 529 (a. f. S ) , 5 bis 6 Meter von einander entfernt fo aufstellt, dass die Axen heider Spiegel in eine Linie zufammenfallen, wenn man alsdann in den Brennpunkt des einen Spiegels ein Stück Zunder, in den Brennpunkt des anderen aber eine fast weissglühende Eifenkugel oder glühende Kohlen bringt, deren Verbrennung man durch einen Blafebalg lebhaft unterhält, so wird sich der Zunder alsbald entzünden, als ob er mit dem Feuer in Berührung wäre. Dieser Versuch zeigt, dass der glühende Körper Wärmestrahlen aussendet; denn es ist klar, dass der Zunder nicht etwa dadurch angezündet wurde, dass die zwifchenliegenden Luftfchichten allmälig fo stark erhitzt worden sind. Bringt man den Zunder aus dem Brennpunkte weg, fo wird er nicht mehr entzündet, wenn man ihn auch dem glühenden Körper weit näher bringt.

510

Fortpflanzung der Warme.

Bringt man an die Stelle der glühenden Kugel eiue Kugel vou 300° uud au die Stelle des Zunders eiu gewöhuliches Thermometer, so wird das Thermometer rasch steigen; also anch die Kugel vou 300° sendet Wärmestrahleit ans. ftig. 529.

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1

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1

Wenn man die 300° heisse Kugel mit eiuem Gefässe voll kochenden Wafsers

oder mit Waffer von 90°, 80° oder 70° vertauscht, so beobachtet man vielleicht gar keine Temperatnrerhöhuug mehr am Thermometer; dies beweist aber noch nicht, dass die Wände des Gefässes bei dieser Temperatur keiue W ä r m e mehr ausstrahle«, sondern nur, dass hier das gewöhnliche Thermometer nicht empsind-

lich genng ist. Man muss deshalb empfindlichere Instrumente zu Hülfe nehmen, etwa Rum ford's oder Leslie's Tifferentialthermometer oder M e l l o n i ' s Thermomultiplicator. Rnmford's Tifferentialthermometer, Fig. 530, besteht ans zwei Glasfngeln, a nnd b, welche dnrch eine gebogene Glasröhre, deren horizontaler Theil 3 bis 5 Decimeter lang ist, verbunden sind. In dieser Röhre befindet sich ein Index von gefärbter Flüssigkeit, ans welchen von beiden Seiten die Luft der Kitgel drückt; er wird alfo uur dann an einer bestimmten Stelle stehen bleibelt, wenn der Track vou beideu Seitelt gleich ist. Wird die eiue Kugel mehr erwärmt als die andere, fo wird der Index* gegen die kältere Kugel hingetrieben. Leslie's Tifferentialthermometer, Fig. 531, ist anf ähnliche Weife constrmrl, uur stud feilte Kiigelu iu der Regel etwas kleiner, die verticalen Arme der fie verbindenden Röhre find länger nndsteheneinander näher. M e l l o n i ' s Thermomultiplicator besteht aus eiuer thermo-clektrifchen Sänle, Fig. 532, wie fie fchon früher befchrieben wnrde, nnd ans einem sehr empfindlichen Mnltiplicator. Tie Sänle ist forgfältig an beiden Enden mit Russ geschwärzt und mit ihrer Faffimg p, Fig. 533, auf ein Stativ gebracht; die Hülselt a nnd b dienen dazn, die Luftströmungen nnd die Scitenftrahlungen

Strahlende Wörme.

511

von der Sänle abzuhalten; da die Hülse b, welche in unserer Figur durch eiueu Deckel verschlosseu erscheint, conisch ist, so dient ste auch, um, wenn es uöthig ist, vou dieser Seite her die Wärmestrahleu mehr zu couceutrireu. Der KupferFig. 531.

Fig. 530. r

Fig. 532.

i 1

Fig. 533.

draht, welcher das Galvanometer M bildet, ist 7 bis 8 Meter laug und ist mit ungefähr 40 Windungen auf eiueu Metallrahmen aufgewunden. 3m Uebrigen ist die Einrichtung des Multiplicators bereits bekannt.

512

Fortpflanzung der Warme.

Um die Verbindung zwifchen der thermo-elektrischen Sänle nnd dem Mnltiplicator herzustellen, dienen die leicht ausdehnbaren Drahtfpiralen g nnd h, Fig. 533, welche bei x und y mit deu beiden Enden der thermo-elektrifchen Säule in leitender Verbindung stehen. Die geringste Temperaturdisserenz zwischeu den beiden gefchwärzten Enden der Säule bewirkt nun schon eine Ablenknng der Radel, die man aus dem getheilten Kreise ablesen kann. 275

Wärmestrahlungsvermögen der Körper. Das Vermögen der Körper, die Wärme auszustrahlen, ist sehr ungleich und hängt wesentlich von dem Zustande der Oberstächen afr, im Allgemeinen strahlen die Oberstächen der weniger dichten Körper unter sonst gleichen Umständen mehr Wärme aus als die Oberstächen dichter Körper. Um die Ungleichheit des Strahlungsvermögens vermiedener Oberflächen nachzuweisen, wendet man als Wärmequelle den aus Meffingblech verfertigten Leslie'schen Hohlwürfel H Fig. 533 von 15 bis 18 Eentimeter Seitenlänge an, deffen Seitenflächen auf vermiedene Weise präparirl sind. Während die eine rein metallifch und gnt polirt ist, ist eine zweite mit Rnss, eine dritte mit Bleiweiss und die vierte mit Tufch überzogen. Dieser Hohlwürfel wird etwa zur Hälfte mit heissem Waffer gefüllt, welches durch eine untergefetzte Weingeistlampe auf constanter Temperatur erhalten wird. Je nachdem die eine oder die andere Seitenstäche der Thermofänle zugekehrt ist, sind die Ablenkungen der Radel sehr ungleich; aus den beobachteten Ablenkungen ergiebt sich dann ohne Weiteres das Verhältnis in welchem die Emifstonsfähigkeit der verschiedenen Flächen zu einander steht. Aus diefe Weife wurde das Ausstrahlnngsvermögen folgender Körper bestimmt: Kienruss . . . . Bleiweiss . . . .

100 100

Tufch . . . . 85 Metallfläche . . 12

Wenn man alfo mit 100 das Ansstrahlungsvermögen des Kienrmsses bezeichnet, so ist das Ausstrahlnngsvermögen einer polirten Metallsläche gleich 12, also nur 12 'Procent von dem der Kiettrnssstäche.

276

Absorption der Wärmestrahlen. Die Wärmestrahlen, welche einen Körper treffen, können entweder 1) in feine Maffe eindringen oder 2) an feiner Oberstäche zurückgeworfen werden. Die in einen Körper eindringenden Strahlen können nun aber entweder von demselben abforbirt und in fühlbare Wärme verwandelt werden, oder fie können, ohne eine Erwärmung in demselben zu bewirken, durch denselben hindurchgehen, wie die Sichtstrahlen durch durchfichtige Körper. Ein Beweis für die Abforption der Wärmeftrahlen wird fchon durch den auf Seite 509 besprochenen Verfuch mit den Hohlspiegeln geliefert; die Temperaturerhöhung des in den Brennpunkt des einen Hohlfpiegels gebrachten Körpers ist lediglich die Folge davon, dass er die auf ihm concentrirlen Strahlen abforbirt. Tass dies Abforptionsvermögen mehr oder weniger allen festen und

9teflerion unb Diffusion der Warmestrahlen.

513

flüssigen Körpern zukommt, geht fchon daraus hervor, dass alle, den Sonnenstrahlen ausgefetzt, eine Temperatur annehmen, welche höher ist als die Temperatur der umgebenden Luft. Das Abforptionsvermögen ist nicht für alle Körper gleich, was fchon daraus hervorgeht, dass sie nicht gleiches Emifstonsvermögen haben; denn eine Oberfläche, welche leicht Wärmestrahlen aussendet, mnss umgekehrt auch die Fähigkeit haben, diese Strahlen einzusaugen. Die Ungleichheit des Absorptionsvermögens lässt sich schon durch einen einfachen Verfuch zeigen: Man setze nur ein Thermometer, dessen Kugel geschwärzt ist, den Sonnenstrahlen ans, so wird es weit höhersteigenals ein anderes, dessen Kugel nicht geschwärzt ist; die geschwärzte Oberfläche der einen Thermometerkugel absorbirt also offenbar mehr Wärme; strahlen als die glänzende Oberstäche der anderen. Die von einem Körper absorbirten Wärmestrahlen sind es also, welche ihn erwärmen; wenn demnach ein Körper durch Wärmestrahlung möglichst stark erwärmt werden soll, so muss man ihn mit einem Ueberzuge versehen, welcher die Wärmestrahlen stark absorbirt; man überzieht deshalb auch alleThermoskope, welche dazu dienen sollen, die Wirlungen der Wärmestrahlung recht merklich zu machen, die Kugeln der Differentialthermometer, die beiden Enden der thermoelektrifchen Säule u. st w. mit Russ, weil dieser unter allen bekannten Körpern das stärkste Abforptionsvermögen hat. Wir haben oben gesehen, dass glänzende Metallflächen nur einsehrgeringes Emissionsvermögen besitzen, und daraus folgt, dass ste die Wärmestrahlen auch nur in einem sehr geringen Masse einzufaugen im Stande sind.

Reflexion und Diffusion der Warmestrahlen. Diejenigen 277 Wärmestrahlen, welche nicht i n die Mafse eines Korpers eindringen (welche also weder absorbirt noch durchgelassen werden), werden an seiner Oberstäche entweder regelmässig r e f l e c t i r t oder unregelmässig zerstreut (diffundirt). Die Reflexion der Wärmestrahlen erfolgt nach denselben Gesetzen wie die der Lichtstrahlen, d.h. der Reflexionswinkel ist dem Einfallswinkel gleich; dies geht fchon aus den Verfuchen mit den Hohlspiegeln hervor, da ja die Brennpunkte für die Wärniestrahlen mit denelt der Lichtstrahlen zufammenfallen. Je vollständiger die Oberstäche eines Körpers die Wärmestrahlen reflectirt, desto weniger Strahlen kann er abforbiren. Bei dem in Fig. 529 dargestellten Verfnch wird der Fenerfchwamm entzündet, weil die Oberstäche der Hohlspiegel den grössten Theil der ste treffenden Wärmestrahlen regelmässig reflectirt, weshalb denn anch die Hohlspiegel selbst keine merkliche Temperaturerhöhung erfahren. — Wäreli dagegen die Hohlspiegel mit Rnss überzogen, so würden alle ste treffenden Strahlen absorbirt werden, alle Reflexion würde anfhören nnd der anf Seite 510 beschriebene Verfnch würde nicht mehr gelingen. Sowie an der Oberfläche eines nicht ganz vollständig polirten Körpers Lichtstrahlen nach allen Seiten nnregelmässig zerstreut werden, so erleiden auch ütt filler's (Grundriss Ter »phöfif-

3o

514

Fortpflanzung der Warme.

die Wärmestrahlen an der Oberfläche der meisten Körper eine Diffusion. Man kann stch davon ' durc h folgende n Versuc h überzeugen . M a n lass e durc h ein e

Oesfnnng in dem Laden eines dunklen Zimmers Sonnenstrahlen ans eine der

Oeffnnng gegenüberliegende Wand fallen, so wird der erleuchtete Fleck derfelben, welcher vou allen Seiten her sichtbar ist, weil er das Sonnenlicht nach allen Seiten hin zerstreut, auch die Wärmestrahlen unregelmässig zerstreuen, also nach allen Seiten hin Wärmestrahlen aussenden, als ob er selbst eine Wärmequelle wäre. Diese Diffusion der Wärnuestrahlen wird sichtbar, wenn man dein hellen Flecke die thermo-elektrifche Säule zukehrt; man erhält einen Ausfchlag der Radel, an welcher Stelle des Zimmers man auch das Instrument ausstellen mag; die Wirkung kann alfo nicht von einer regelmässigen Reflexion herrühren; dass sie aber auch nicht die Folge einer Erwärmung der von den Sonnenstrahlen beschienenen Stelle der Wand ist, geht daraus hervor, dass die Nadel aus der Stelle wieder auf den Rullpunkt der Theilung zurückgeht, sobald man die Oessnuug im Laden verschliesst.

278

Fähigkeit der Körper, Wärmestrahlen durchzulassen. Dass feste Körper Wärmestrahlen in derselben Weise durchlassen können wie durchsichtige Körper die Lichtstrahlen, geht schon daraus hervor, dass man im Stande ist, brennbare Korper zu entzünden, wenn man ste in den Brennpunkt einer den Sonnenstrahlen ausgesetzten Linse hält. Genauere Untersuchungen darüber wurden erst durch die thermo-elektrische Säule möglich, und M e l l o n i hat mit Hülse derselben eine Reihe höchst wichtiger Resultate über den Durchgang der Wärmestrahlen durch verschiedene Körper erhalten. Diejenigen Körper, welche die Wärmestrahlen aufhalten, wie die undurchsichtigen Körper die Lichtstrahlen, nennt M e l l o n i atherman; solche Körper hingegen, welche sich gegen die Wärmestrahlen verhalten wie die durchsichtigen Körper gegen die Lichtstrahlen, nennt er diatherman. Die Luft ist alfo ein sehr diathermaner Korper, und wir werden sogleich sehen, dass auch sehr viele seste und flüssige Korper, wenn auch nur in sehr ungleichem Masse, diatherman sind. Die Versuche werden in folgender Weise angestellt. Die Wärmequelle, etwa eine kleine Oellampe, oder ein mit heissem Wasser gefüllter Hohlwürsel von Mefstngblech, an welchem eine Seite berusst ist, damit ste die Wärme besser ausstrahlt, wird so gestellt, dass das durch die Oessnung des Schirmes s, Fig. 534, aus die Thermosäule fallende Strahlenbündel eine Ablenkung der Radel von 30° hervorbringt; werden nun die Wärmestrahlen durch eine bei r ausgestellte Platte des zu untersuchenden Korpers ausgesangen, so geht die Nadel bald mehr, bald weniger zurück, und so ergiebt stch, dass gleich dicke und gleich durchsichtige Platten verschiedener Stosse nicht gleiche Mengen strahlender Wärme durchlassen. Bewirkt z. B. die freie Strahlung der Wärmequelle eine Ablenkung von 30°, so wird die Radel ans 28° zurückgehen, wenn man eine 3 bis 4 Millimeter dicke Steinsalzplatte bei r ausstellt, während eine gleich dicke Ouarzplatte die Radel ans 15 bis 16° zurückgehen macht; das Steinsalz lässt

Fähigkeit der Körper, Wärmeftrahlen durchzulesen.

51 f>

alfo die Wärmestrahlen bei Weitem besser durch als der Bergkrystall. Manche weniger durchsichtige Körper lassen sogar die Wärmestrahlen besser durch als Fig. 534.

andere, die ganz durchsichtig stud. Während z. B. eine ganz durchsichtige Alaunplatte die Ablenkung der Nadel von 30° aus 3 bis 4° reducirl, bringt eine noch weit dickere ^Platte von Rauchtopas die Nadel nur aus 1 4 bis 1 5 °

zurück. 3a manche sast ganz undurchsichtige Körper, wie schwarzes Glas und schwarzer Glimmer, lassen noch ziemlich viele Wärmestrahlen durch. Lässt man die Wärmestrahlen, welche durch eine Glasplatte gegangen sind, ans eine Alaunplatte fallen, so werden sie gänzlich absorbirl, während doch eine Alannplatte fast alle Wärmestrahlen dnrchlässt, welche zuvor durch eine blatte von Citranenfäure gegangen find. Tiefe Erscheinung hat die grasste Aehnlichkeit mit dem Durchgange des Lichtes durch gesärbte Mittel; Lichtstrahlen, welche durch ein grünes Glas gegangen sind, werden bekanntlich von anderen grünen Gläsern leicht durchgelassen, sie werden aber absorbirl, wenn man sie auf ein rothes Glas fallen lässt; die Unterschiede zwifchen den Wärmestrahlen sind alfo den Verschiedenheiten der Farben beim Lichte ganz analog. Aehnliches hat man auch in Beziehung auf das Emiffionsvermögen und Absorptionsvermögen der Körper bemerkt.

Die Wärmestrahlen sin d brechbar wi e di e Lichtstrahlen, wa s sic h a m be-

sten mit Hülfe eines Prismas von Steinsalz nachweisen lässt. Anch 'Polaris satio'nserfcheinnngen hat man bei den Wärmestrahlen nachgewiesen. 31*

516 279

Fortpflanzung der Warme.

W ä r m e v e r h ä 1 t n i s s e d e s S o n n e n s p e e t r u m s . Das Sicht der Sonnenstrahlen ist von chemifchen und thermischeu Effecteu begleitet. Wir habeu bereits obeu Seite 328 gefeheu, dass die blaueu uud violetteu Strahleu des SpectrumS die kräftigstenchemifcheuWirlaugen hervorbriugeu, ja dassstchdie chemische« Essecte uoch über die violette Gräuze des Spectrums hiuaus erstreckeu, d. h. dass es Strahleu giebt, welche uoch brechbarer stud, die also uoch rascher vibrireu als die äussersteu sichtbaren violetten Strahlen; die chemischen Wirkungen des ratheu uud gelbeu Lichtes stud dagegen sehr uubedeuteud. Deu Gegeusatz zu diesem Verhältnisse zeigeudie thermische« Wirkungen im Sonnenspectrum. Die wärmende Kraft der blauen und violetten Strahlen ist äusserst gering, die der rothen und gelben dagegen sehr bedeutend. Wie die chemifcheu Wirkungen stch uoch über die violette, fo erstrecken stch auch die thermischen uoch über die rathe Granze des Spectrnms hinaus, d. h. es giebt Strahlen, welche weniger brechbar als die rothen vom Auge nicht wahrgenommen werden, welche aber doch erwärmende Eigenschaften haben, und welche wir als dunkle Wärmestrahlen bezeichnen können. Die Wärmestrahlen, welche ein geheizter eiserner Ofen ausstrahlt, sind folche dnnkle Wärmestrahlen; ihre Vibrationsgefchwindigkeit ist dem Gefagten zufolge noch geringer, ihre Wellenlänge also noch grasser als die der äussersteu rothen Strahlen. In dem Spectrum eines Steinsalzprismas liegt das Maximnm des Wärmeessecte s nich t i m sichtbare n T h e i l e , sondern i n der U l t r a r o t h e n Verlängeritng.

Die leuchtenden Wärmestrahlen werden von allen sarblos-durchstchtigen Körpern, also z. B. von Steinsalz, Ouarz, Alaun, Glas u. s. w., ganz gleich gut durchgelassen; die ungleiche Diathermanität dieser Stosse, welche im vorigen Paragraphen besprachen wurde, kann also nur in einem ungleichen Verhalten derselben gegen dunkle Wärmestrahlen ihren Grund haben. Schwarzes Glas und schwarzer Glimmer lassen noch dunkle Wärmestrahlen durch, während sie alle leuchtenden Wärmestrahlen absorbiren. In Fig. 535 stellt die Curve I dieIntensttätsverhältnissedes Wärmespectrruns, 11 die des Lichtspectrrnus und I I I die deschemischenSpectrmns dar. Fig. 535.

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Man ersteht aus dieser Figur, wie da* Maximum des thermischen Effectes noch jenseits der rothen Granze des sichtbaren Spectrmns liegt. Die größte

Verbreitung der Wcirme durch Leitung.

517

Lichtstärke des Spectriims findet sich im Gelb, inderRähederFrauuhofer'schelt Liuie D. Das Maximum deschemischenEffectes endlich liegt im Indigo, zwifchen den Fraunhofer'sehen Linien G nnd H. Während die Wellenlänge der violetten Strahlen ungefähr 0,0004mm, die mm der äusserste u rothe n ungefäh r 0,0007 beträgt , is t nac h E f f e l b a c h ' s Messungen die Wellenlänge der änsserstenchemischenStrahlen 0,0003 m m , nnd nach meinen Versuchen die Wellenlänge der änssersten dnnklen Wärme-

strahlen 0 , 0 0 1 8 m m .

Die Gesammtheit der Sonnenstrahlen umfasst demnach nahezu 21/2 Octaven, von welchen nicht ganz eine Octave (von 0,0004 bis 0,0007 Millimeter) anf das fichtbare Spectrnm fällt.

Verbreitung der Wärme durch Leitung. Richt allein dnrch 280 Strahlung, sondern anch bei unmittelbarer Berührung kann die Wärme von einem Körper zum anderen übergehen uud sich alsdanu durch seine ganze Masse hindurch verbreiten; doch findet in Beziehung auf die Leichtigkeit, mit welcher die Wärme in einen Körper übergeht nnd fich dnrch feine Masse verbreitet, eine grosse Ungleichheit zwischen verschiedenen Stossen Statt; in manchen verbreitet sich die Wärme ausserordentlich leicht, während in anderen dieselbe weniger leicht von einem Theilchen znm anderen übergeht. Ein Schweselhölzchen, welches an einem Ende brennt, kann man am anderen Ende noch zwischen den Fingern halten, ohne nnr eine Temperaturerhöhung des Holzes zn fühlen; die hohe Temperatur des brennenden Endes theilt fich also nicht so leicht der übrigen Masse des Holzes mit, das Holz ist ein schlechterWärmeleiter; einen gleichlangen Metalldraht aber, den man an dem einen Ende glühend gemacht hat, kann man am anderen Ende nicht ansassen, ohne sich zu verbrennen, die Wärme verbreitet sich also leicht von dem glühenden Ende aus durch das ganze Stäbchen, das Metall ist also ein guter Wärmeleiter. Ein Stück Eisen und ein Stück wollenes Tuch, welche eine kalte Winternacht hindurch im Freien lagen, haben gewiss eine gleich niedrige Temperatur, uud doch siihlt sich das Eisen ungleich kälter an, weil es der Hand die Wärme ungleich rascher entzieht als die Wolle. Um zu zeigen, wie ungleich die Fähigkeit verschiedener Körper ist, die Wärme fortzuleiten, kann man den in Fig. 536 dargestellten, von Ingenhouss angegebenen Apparat anwenden. In die eine Seitenwand eines Kastens von Fig. 536. Blech sind mehrere, ans den zn vergleichenden Substanzen verfertigte Stäbchen eingesteckt, welche fämmtlich gleichen Durchmesser haben müssen nnd sämmtlich mit einer Schicht von Wachs überzogen sind; wenn man nun kochendes Wasser oder heisses Oel in den Kasten giesst, so wird die Wärme auch mehr oder weniger weit in die Stäbchen vordringen nnd den Wachsüberzng schmelzen.

Rehmen wir an.

518

Fortpflanzung der Warme.

das eine Stäbchen sei von Kupfer, eines von Eisen, ein drittes von Blei, das vierte von Glas, das letzte von Holz, so wird die Wachsfchicht des Kupferstäbchens fchon vollständig bis ans Ende gefchmolzensein,während bei allen anderen Stäbchen die Schmelzung des Wachses noch nicht fo weit vorgeschritten ist; das Kupfer ist also unter diesen fünf Körperm der beste Wärmeleiter. Für das Eifenstäbchen schreitet die Schmelzung des Wachses rascher voran als sür das Bleistäbchen, und während das Wachs ans dem Kupferstabe ganz weggeschmolzen ist, ist die Wachsfchicht auf dem Glasstabe nnr anf eine sehr nnbedentende Strecke geschmolzen, an dem Holzstäbchen ist aber kaum ein Anfang des Schmelzens wahrzitnehmen, das Holz ist alfo in der That unter diesen Körpern der schlechtest e Wärmeleiter. Unter allen Körpern sind die Metalle die besten, Afche, Seide, Haare, Strah, Wolle u. f. w., überhaupt die lockeren organifchen Gebilde, die schlechtesten Wärmeleiter. 3 m praktische n Lebe n mache n wi r vo n de r gute n ode r schlechte n Wärme -

leitungsfähigkeit vermiedener Körper zahlreiche Anwendnngen. Gegenstände, die man vor der Erkaltnng schützen will, nmgiebt man mit schlechten Wärmeleitern; man umwickelt Bäume und Stränche des Winters mit Stroh, um sie vor dem Erfrieren zu fchützen; unsere Kleider halten warm, weil sie aus fchlechten Wärmeleitern verfertig t sind . In eine m kupfernen Gefässe bring t ma n nnter sonst gleichen Umständen eine Flüfstgkeit weit eher ins Kochen als in einem 'Porzellangesässe von derselben Wanddicke. Man bekleidet die Wände des Eiskellers mit Stroh, um die Wärme des Bodens von dem Eise abznhalten.

281

Wärmeleitungsfähigkeit der Flüssigkeiten und Gase. In den Flüfstgkeiten verbreitetstchdie Wärme meistens dnrch Strömungen, welche dadurch entstehen, dass die erwärmten Theilchen wegen ihrer geringeren Dichtigkeit immer in die Höhe steigen. Man kann diefe Strömungen leichtstchtbarmachen, wenn man Sägefpäne in Waffer wirft, welchesstchin einem Glasgefässe befindet, un d dan n vo n unten her langsam erwärmt, Fig . 537. Ma n sieht, wi e die Strömung in der Mitte auswärts, an der Seite abwärts gerichtet ist. Wenn man die Flüfstgkeit von oben her erwärmt, fo dass das hydrostatische Gleichgewicht nicht gestört wird, so kannstchdie Wärme nnr in derselben Weise dnrch die Mafse der Flüfstgkeit verbreiten, wie dies bei festen Körperm der Fall ist, nämlich durch Leitung, inde m di e Wärme vo n einer Schicht zn r anderen übergeht. In solchen Fällen verbreitet sich die Wärme aber nnr sehr langsam dnrch die Masse der Flüssigkeit, die Flüssigkeiten sind also sehr schlechte Wärmeleiter. Um stch von der schlechten Leitungsfähigkeit des Waffers zn überzeugen, kann man den in Fig. 538 abgebildeten Versuch anstellen. In die Seitenwand eines aus dünnem Blech verfertigten Gesässes wird mittelst eines Korkes ans der Seite ein Thermometer eingesetzt "und dann das Gefäss fo weit voll Waffer gegossen, dasssichdie Thermometerkugel ungefähr 2 Millimeter unter dem Wafser-

Warmeleitnngsfahigkeit der Flüssigkeiten und Gase. 519 spiegel befindet. Giesst man nun heisses Oel aus das Wasser, oder etwas Weingeist, den man anzündet, so wird es doch eine geraume Zeit dauern, ehe Fig. 537.

Fig. 538.

das Thermometer eine merkliche Temperaturerhöhung Jeigt. Wenn man in ein mit kaltem Wasser gefülltes Reagenzrahrchen ein Stückchen Eis wirst, welches mit etwas Draht umwickelt ist, damit es zu Boden sinkt, s o kan n ma n i n de r obere n Hälst e de s schräg gehaltenen Röhrchens, Fig. 539, das Wasser mittelst einer Weingeistlampe ins Kochen bringen, ohne dass unten ein merkliches Wegschmelzen des Eises stattfindet. Fig. 539.

Despretz hat die Leitnngssähigkeit des Wassers bestimmt, indem er Wassersänlen von 1 Meter Höhe nnd Q,2 bis 0,4 Meter Dnrchntesser von oben her dnrch beständige Ernenerttng von heissem Wasser erwärmte.

Cs danerte nnge*

520

Fortpflanzung der Warme.

fähr 30 Standen, bis die Temperatur der Waffersäule au alleu Stelleu stabil wurde. Aus diefeu Versuchen folgt, dass die Wärmeleitnngsfähigkeit des Wafsers ungefähr 96mal geringer ist als die des Kupfers. Tie Lnft uud die Gafe überhaupt stud ebenfallssehrfchlechte Wärmeleiter, doch lässt fich ihr Wärmeleitnngsvermögen dnrch Thermometer, die man etwa in verschiedenen Schichten der zn nnterstlchenden Lnftluafse anbringen wollte, wegen der Wärmestrahlung nicht ermitteln. Tass jedoch die Gase überhaupt und die Lnft insbesondere fchlechte Wärmeleiter find, geht daraus hervor, dass Körper, welche von allen Seiten von Luftfchichten umgeben find, nur sehr langsam erwärmt und erkaltet werden können, wenn nur der Wechsel der Luftfchichten verhindert wird. Dadurch erklärt fich die Wirksamkeit der doppelten Fenster und der doppelten Thüren, um ein Zimmer warm zu halten. Tas schlechte Leitungsvermögen lockerer Körper, wie Stroh, Wolle u. s. w., rührt grösstentheils daher, dass die zahllosen Zwischenräume mit Lust ausgefüllt find. Solche Körper, von denen wir sagen, dass sie warm halten, wie z. B. unsere Kleider, Stroh, stnd nicht selbst warm, ihre Wirkung beruht nur auf ihrer schlechten Wärmeleitnngsfähigkeit; wenn man Eis in folche Körper einhüllt, fo verhindern fie das Schmelzen deffelbelt, weil sie die äussere Wärme abhalten.

F ü n f t e s Capitel. Quellen

der

Wärme.

Wärmeerzeugung durch chemische Verbindungen. Nach der Sonne find für aus diechemischenVerbindungen die wichtigsten Wärmequellen. Fast jederchemischeProcess ist von einer Wärmeentwickelung begleitet. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die Entwicklung der Wärme, welche durch Verbrennung, also durch eine rasche Verbindung der Körper mit Sauerstoff, entwickelt wird. Um die dnrch Verbrennung entwickelte Wärme zn bestimmen, bediente sich Rnmsord des in Fig. 540 abgebildeten Apparates; der Kasten A ist mit Wasser gefüllt, dnrch welches ein Schlangemahr hindurchzieht. Der Eiugaug iu das Schlangenrohr ist dnrch einen Trichter gebildet, nnter welchen die zu cvjq 54() verbrennenden Körper gebracht werden. Mit Oel und Alkohol ist der Versuch leicht anzustellen; man füllt sie nämlich

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in eine kleine Lampe, die man zu Artsang und zu Ende des Versuches wägt, um die Meuge des verbrannten Materials zu ersahren. Die Flamme und die Praducte der Verbrennung ziehen durch das Schlangenrohr hindurch und erwärmen das Wasser des Apparates. Aus der Temperaturerhöhung, welche das Wasser mit dem ganzen Apparate erfährt, lässt stch dann die Wärmemenge, welche durch die Verbrennung erzeugt wurde, berechnen; doch darf man dabei die Wärme nicht unberücksichtigt

522

Duellen der Warme.

lassen, mit welcher die gasförmigen 'Praducte der Verbrennung aus dem Schlaugenrahre austreten. Durch folche Vtrfuche ergab sich, dass durch die Wärme, welche entwickelt wird bei

Wafserstoffgas . . Oelbildendem Gas

die Temperatur von 1 Kilogramm Wasser erhöht werden kann um 36,400 12,20

Absolutem Alkohol Kohle Wachs

6,96 7,29 10,50

der Verbrennung von 1 ©ramm

Rübol

Talg

283

9,31 8,37

T h i e r i s c h e W ä r m e . Die Temperatur der Blutwärme aller Thiere ist sast immer von der Temperatur des Mittels verschieden, in welchem sie leben; der thierifche Korper hat alfo feine eigentümliche Wärme, er muss fie alfo auch fortwährend erzeugen köuuen. Tie innere Wärme des Menfchen fcheint für alle Organe dieselbe und zwar derjenigen gleich zu seiu, auf welche ein kleines Thermometer steigt, wenn man die Kugel unter die Zunge bringt uud den Muud fchliesst, bis es nicht mehr steigt; diese Temperatur ist 37°E. Alter und Klima, Gesundheit oder Krankheit können diese Temperatur uur unbedeutend ändern. Die Blutwärme der Vögel is t grösser al s be i alle n anderen Thieren, si e betragt im Durchfchuitt 42°; die Blutwärme der Säugethiere ist der des Meufchen sehr nahe gleich. Bei den Vögeln und Säugethieren ist die Blutwärme vou der Temperatur der Umgebung uuabhäugig; bei deu übrigen Thierclassen aber, den Amphibien, Fischen u. f. w., ist die Temperatur des Körpers nur wenig von der Temperatur der Umgebung verschieden. Welches ist nun die Onelle der thierifchen Wärme ? Die Luft, welche wir einathmen, wird in derselben Weise verändert wie die Lnst, welche znr Verbren-

nung gedient hat: statt des eingeathmeten Sauerstoffs haucheu wir Kohlensäure aus, es findet also im Körper eine formliche Verbrennung Statt. Seit La* voifier diese Entdeckung gemacht hatte, war die Onelle der thierifchen Wärme kein Geheimniss mehr. Dnrch die Speisen wird dem Blute der Kohlenstoff zugeführt, welcher stch vorzugsweise in den captflaren Verzweigungen der Adern mit dem Sauerstoff der eingeathmeten Luft verbindet; durch die Oxydation des Kohlenstoffs im Thierlörper muss aber nothwendig dieselbe Wärmemenge erzeugt werden, als ob der Kohlenstoff durch schnelle Verbrennung in Kohlensäure verwandelt worden wäre. In einer kalten Umgebung verliert der Mensch und das Thier stets mehr Wärme, als in wärmerer; da aber die Blutwärme bei den Säugethieren und Vögeln von der Temperatur der Luft unabhängig ist, fo ist klar, dass im Kör-

Die mechanische Warmetheorie.

523

per mehr Wärme erzengt werden mnss, wenn ihm in jedem Augenblicke eine grössere Wärmemenge entzogen wird, wenn er alfo in kalter Lnft lebt, als wenn

er in wärmerer Umgebuug nnr wenig Wärme nach anssen hin abgiebt. U m aber in gleichen Zeiten mehr Wärme erzengen zu köunen, muss dem Korper mehr Kohlenstoff zugeführt werden, dnrch dessen Oxydation die Wärme erzeugt wird, wie man ja anch bei kaltem Wetter mehr Brennmaterial im Ofen verbrenuen mnss, um ein Zimmer anf einer bestimmten constanten Temperatur zu erhalten, als bei gelinder Kälte. Dadnrch erklärt sich nnn, warnm der Nordländer mehr Speisen und besonders mehr kohlenstosshaltige Speisen zn sich nehmen mnss als

der Bewohner der heissen Zone.

Wärmeentwickelung durch mechanische Mittel. Wir 284 haben bereits in Paragraph 273 ein Beispiel der Wärmeentwickelnng ans mechanischem Wege kennen gelernt, nämlich das Freiwerden von Wärme dnrch Eompression der Lnst. In gleicher Weise ist die Compression eines jeden Körpers von einer mehr oder minder bedeutenden Wärmeentwickelnng begleitet. Wie dieZusantmendrücknng eines Körpers, so ist aber anch jede Reibnng von einer Wärmeentwickelnng begleitet, nnd in der That ist die Reibnng dasjenige Mittel, dnrch welches sich der Mensch in weitaus deu meisten Fällen Feuer zu verschassen weiss. Durch eine zweckmässige Reibung von Holzstitcken macht der Indianer sein Fener an. Das Fenerschlagen mit Stahl nnd Stein beruht lediglich aus der Wärmeentwickelung durch Reibung, und eine geringe Reibung ist es auch, durch welche wir unsere Zündhölzchen zum Brennen bringen. Die durch Reiben entwickelte Wärme kann unter Umständen sehr bedeutend werden. Ein eiserner Radschuh erhitzt sich oft so, dass er zischt, wenn er mit Wasser in Berührimg kommt, ja an einem rasch lausenden Schleissteine von grossem Durchmesser soll ein eiserner Nagel glühend werden.

Die mechanische Wärmetheorie. Wir haben nun die wich- 285 tigsten Gesetze der Wärmeerscheinungen kennen gelernt, ohne dass die Rede davon gewesen wäre, was denn eigentlich die Wärme sei. In dieser Beziehung ist also die Wärmelehre ganz so behandelt worden, wie der erste Theil der Lehre vom Lichte, wo auch die empirischen Gefetze der Spiegelung und Brechung entwickelt wurden, ohne weiter nach dem Wesen des Lichtes zu sragen. Die Ausstellung einer Theorie, aus welcher sich alle Wärmeerscheinungen nicht nur der Arl, sondern auch der Grösse nach so vollständig ableiten lassen, wie die Lichtphänomene ans der Wellentheorie, ist gerade gegenwärtig das Ziel der Bestrebnngen vieler Physiker. Früher stellte man sich die Wärme als einen imponderabelen Stoff vor, welcher die Körper durchdringt; diefe Vorstellung passt sich mancher Erscheinung, wie z. B. der Wärmebindung, der Wärmecapacität, ganz gut an, ste giebt nns für diese Erscheinnngen ein ganz gntes Bild, ja die Ausdrücke sind anch mit Zugrundelegung dieser Ansicht geschassen. Wenn sich aber auch die Erscheinungen der Wärmecapacität, der latenten Wärme, die Wärmeleitung ganz gut mit

524

Duellen der Warme.

der Vorstellung des Wärmestoffes vertragen, fo ist doch dem jetzigen S t a n d -

puukt unserer physikalischen Kenntnisse gegenüber diese Ansicht völlig unhaltbar geworden. Tie Gesetze der strahlenden Wärme find denen der Lichtstrahlung fo ähnlich, da$ die 3dee nahe liegt, anch die Wärmestrahlung dnrch Aethervibrationen zu erklären. Wenn aber die strahlende Wärme durch Vibrationen des Aethers sich fortpflanzt, so müsste die fühlbare Wärme durch Vibrationen der materiellen Theile der Körper felbst hervorgebracht werden. Tiefe Ansicht wird aber durch die Thatsache unterstützt, dass durch mechanische Mittel, durch Reibung, durch Compression u. st w., Wärme erzeugt wird, wassichaus keinerlei Weise durch die ruhende Gegenwart eines imponderabelen Wärmestosss, sondern nur dadurch erklären lässt, dass man die Wärme als das Resultat von Molekularbewegung betrachtet, dass man sie also aus mechanische sPrincipien zurückführt. Wenn man die Wärmephänomene auf eine Molekularbewegmtg zurückführen will, fo muss man die Production von Wärme durch mechanifche Kräfte als eine Umwandlung von Mafsenbewegung in Molekularbewegung betrachten, während umgekehrt die Leistung mechanischer Arbeit durch Wärme eine Umwandlung der Molekularbewegung in Massenbewegung ist. Taraus solgt aber ferner, dass zwischen der erzeugten Wärme und der zu diesem Zweck consumirteu mechanischen Arbeit ein unveränderliches Grössenverhältniss bestehen, dass es ein mechanisches Aequivalent der Wärme geben müsse. Mayer hat dieseJeeezuerst ausgesprochen, eiue genaue Bestimmung dieses Aequivalents ist aber nach verschiedeneu Methoden namentlich durch 3oule und Hirn ausgeführt worden. Als Mittel aus den besten hierher gehörigen Versuchen ergiebt sich das mechanische Aequivalent der Wärme, oder genauer ausgedrückt das Arbeitsäquivalent der Wärmeeinheit gleich 424 Meterkilogramm, d. h. man muss eine mechanische Arbeit von 424 Meterkilogrammen anwenden, um eine Wärmeeinheit, d. h. so viel Wärme zu produciren als nöthig ist, um die Temperatur von 1 Kilogramm Wasser um 1°C. zu erhöhen. Wenn man aber durch mechanische Arbeit Wärme erzeugen kann, so muss auch umgekehrt die Wärme im Stande sein mechanische Cssecte hervorzubringen, und zwar muss eine Wärmeeinheit im Stande sein eine Arbeit von 424 Meterkilogrammen zu leisten, wie dies gleichfalls durch Verfuche bestätigt worden ist. Räheres darüber im Supplementband. Tie Lehre vom mechanischen Aequivalent der Wärme bildet den Ausgangspuukt sür die Cutwickelung der mechanischen Wärmetheorie, um welche sich namentlich Elans ins, Thomsen und Andere verdient gemacht haben. Tie Art und Weise, wie mau sich die thermische Molekularbewegung zu denken habe, ist noch nicht ganz festgestellt; nach Claus ins kann man sich davon ungefähr folgende Vorstellung machen: Tie im Verhältniss zu den

Die mechanische Wärmetheorie.

525

Zwischenräumen verschwindend kleinen Moleküle der Gase und Dämpse bewegen sich in gerader Linie mit constanter Geschwindigkeit, bis sie gegen andere Gasmoleküle oder eine sürsieundurchdringlicheWand stossen. Der Drnck des Gases gegeu eiue seste Wand hat dann seinen Gnrnd darin, dass die Moleküle fortwährend in grosser Zahl gegen die Wand stiegen und von ihr abprallen. Bei den sesten Körpern oscilliren die Moleküle um einesesteGleichgewichtslage; bei den flüssigen sindet eine solche Gleichgewichtslage zwar nicht mehr Statt, allein die Moleküle stnd doch trotz ihrer beständigen und mannigsakigen Bewegungen an bestimmte Abstände gebunden, sie können nicht frei auseinander fahren, wie bei den Gasen. Die strahlende Wärme wird, vollkommen identisch mit den Lichtstrahlen, durch eine Vibrationsbewegung des Aethers fortgepflanzt, während die Bewegung der ponderabeln Körperatome die Ouelle der fühlbaren Wärme ist .

Wie man sich auch die thermische Molekularbewegung denken mag, so ist doch die Temperatur proportional der lebendigen Krast der einzelneu Moleküle, also proportional dem Ouadrat der Geschwindigkeit, mit welcher sie stch bewegen. Der absolute Rullpunkt der Temperatur wird also da liegen, wo die Molekularbewegung aushört Mit der Molekularbewegung verschwindet aber auch die Spannkrast der Gase. Rennen wir p die Spannkrast einer abgesperrten Lustmasse bei 0°C., so ist ihre Spannkraft bei t° gleich p(l + 0,00365 £);stewird also gleich 0, wenn 1 + 0,00365* = 0, d. h. wenn t = — 273° E. Der absolute N u l l punkt der Temperatur liegt also 273 Grad Celsius unter dem Gefrierpunkt des Walsers. Wenn einem Körper Wärme zugeführt wird, fo kommt dieselbe keineswegs der Temperaturerhöhung allein zu gut. Die Temperaturerhöhung ist nämlich stets von einer Ausdehnung der Korper begleitet, welche nicht vorstchgehen kann, ohne dass zweierlei Widerstände überwunden werden. 1) Muss der Abstand der Körperatome von einander vergrössert werden und dem wirkt die Molekularattraction entgegen. Die Ueberwindung dieses Widerstandes wird als innere Arbeit bezeichnet. 2) Indem eiu Körper sich ausdehnt, hat er den aus ihm lastenden Druck (gewöhnlich den Druck der Atmosphäre) zu überwinden; die dazu erforderliche Arbeit wird äussere Arbeit genannt. Bei den festen und flüssigen Körperm ist die Ausdehnung so gering, dass die bei ihrer Erwärmung zu leistende äussere Arbeit verschwindend klein ist. Bei den Gasen dagegen ist der Abstand der Atome bereits so grass, dass die Attraction der Moleküle, also anch die bei ihrer Temperaturerhöhung zu leistende innere Arbeit gleich Rull ist. Wenn also eine Lustmasse so eingeschlossen ist, dassstesich nicht ausdehnen kann, so wird alle ihr zugesührle Wärme lediglich zu ihrer Erwärmung, d. h. zur Beschleunigung der Molekularbewegung verwendet. Es sei a die Wärme-

526

Duellen

der Warme.

menge, welche der gegebenen Luftmasse zugeführt werden muss, um dieselbe bei constantem Volnmen um t Grade zu erwärmen. W i r d aber dieselbe Lnftmaffe erwärmt, während sie sich unter constantem

Drnck srei ausdehnen kann, so sind, wie wir ans Seite 508 gesehen haben, 1,4a Wärmeeinheiten nothig, um die gleiche Temperaturerhöhuug zn bewirken, von dieser Wärmemenge sind aber 0,4 Wärmeeinheiten sür die äussere Arbeit verwendet worden, welche geleistet werden muss, wenn sich die Lust in entsprechender Weise ausdehnen soll. Die Wärme, welche bei der Schmelzung sester und bei der Verdampfung flüssiger Körper gebunden wird, also der Temperaturerhöhung nicht zu Gute kommt, ist zu Ueberwindung des Zusammenhangs der Theilchen, also zur Leistung innerer Arbeit erforderlich.

Sechstes

Buch.

M e t e o r o l o g i e .

E r s t es C a p i t e l . Bertheilung der Wärme auf der

Erdoberfläche.

Die Erwärmung der Erdoberfläche durch die Sonnenstrahlen. T i e Erwärmung der Erdoberfläche und der Atmosphäre, durch welche allein das Gedeihen der Pflanzen- und Thierwelt möglich ist, haben wir nur den Strahlen der Sonne zu danken, welche somit als die Quelle alles Lebens ans unserem Planeten betrachtet werden muß. — Indem die Sonnenstrahlen die Atmosphäre durchwandern, erleiden fie eine verhältnissmässig geringe Abforption, weil die Lnft ein fehr diathermaner Körper ist; jedenfalls ist die directe Erwärmung der Lnst dnrch absvrbirte Sonnenstrahlen eiue sehr uubedeuteude. Erst wenn die Sonueustrahleu die Erdoberstäche felbst tresfeu, werden fie abforbirt und in fühlbare Wärme verwandelt. Turch den erwärmten Boden wird die Lusthülle der Erde von unten her erwärmt. Tie Erwärmnng des Bodens hängt von der Richtung ab, in welcher die Sonnenstrahlen ihn treffen, und da diefe Richtung eine nach bestimmten Gesetzen regelmässig wechselnde ist, so ist klar, dass der Erwärmungszustand der Erdoberstäche und der unteren Schichten der Atmosphäre periodifche Variationen erleiden muss, und zwar haben wir eine tägliche und eine jährliche Periode im Gange der Lufttemperatur (der Temperatur der unteren Luftfchichten) zu unterfcheiden. Während der Erde durch die Sonnenstrahlen Wärme zugeführt wird, verliert fie dagegen Wärme durch Ausstrahlung gegen die kälteren Himmelsräume. 3m Allgemeinen halten fich Ein- und Ausstrahlung das Gleichgewicht, d. h. die Summe der Wärme, welche der Erde durch die Sonnenstrahlen zugeführt wird, ist derjenigen gleich, welche sie durch Ausstrahlung verliert. Tabei ist aber die Wärme über die Erdoberfläche weder gleichförmig noch unveränderlich vertheilt. Tie höchste Erwärmung der Erdoberstäche und der unteren Luftfchichten finden wir in den Aequatorialgegenden, während es um fo kälter wird, ÜNfiller's©ruudriB der »JJhyfif. 34

530

Bertheilnng der Wärme ans der Erdoberfläche.

je meh r wi r un s de n $ole n nähern . Fasse n wi r abe r di e Temperatu r irgen d

eines bestimmten Ortes aus der Erdoberfläche ius Auge, so zeigt sich, dass sie beständigen Schwankungen unterworfen ist, indem in Folge der veränderlichen Stellung der Sonne gegen die Erdoberfläche bald die Einstrahlung, bald die Ausstrahlung das Uebergewicht gewinnt. Da nun aber die Veränderungen, welche die Stellung der Sonne gegen die Erdoberfläche erfährt, an zwei Perioden, eine tägliche und eine jährliche, gebunden ist, so ist klar, dass auch die Variationen der Temperatur an irgend einem Orte der Erdoberfläche eine tägliche und eine jährliche Periode befolgen müfsen.

287

Die fünf Zonen. Für verschiedene Gegenden der Erdoberfläche find dieInsolationsverhältnisseäusserst ungleich. Innerhalb der Wendekreise, wo Tag und Nacht das ganze Jahr hindurch sast gleich sind, wo die Sonne bei ihrem höchsten Mittagsstande das Zenith passirt, und wo die niedrigste Mittagshöhe mindestens 44° (die niedrigste Mittagshöhe der Sonne ist sür die Wendekreise 43° 42', sür denAequator 66° 320 beträgt, wo also täglich die Sonnenstrahlen eine kräftige Wirkung ausüben können, muss auch stets eine hohe Susttemperatur herrschen. Jener zwischen den Wendekreisen gelegene Aequatorialgürlel wird deshalb auch die he isse Zone genannt. Sie ist der Schauplatz des reichsten Thier- und Pstanzenlebens. Den Gegensatz der heissen Zone bilden die Umgebungen der "Pole. Innerhalb der beiden von den 'Polarkreisen (66° 32' nördlicher und südlicher Breite) begränzten Kugelabschnitte kommt die Sonne Tage, Wochen, Monate lang gar nicht über den Horizont, und auch dann nur, um ihre Strahlen in sehr schräger Richtung aus den Boden zu senden; hier also kann nur eme geringe Wärmeentwickelung stattstnden, und hier starrt deshalb auch sast das ganze Jahr hindurch die Natur in Schnee und Eis. Der von dem nördlichen "Polarkreise eingeschlossene Raum wird die nordliche, der von dem südlichen Polarkreise eingeschlossene Raum wird die süd^ liche kalte Zone genannt. Der Gürlel zwischen dem nördlichen Wendekreise und dem nördlichen Polarkreise bildet die nördliche gemässigte Zone, gleichwie die südliche gemässigte Zone sich vom südlichen Wendekreise bis zum südlichen Polarkreise erstreckt. Je mehr man in diesen gemässigten Zonen gegen die Polarkreise vordringt, desto mehr nähernstchdie Temperaturverhältnisse denen der kalten Zonen. 3m Allgemeinen also sind die Temperaturverhältnisse eines Ortes eine FunctionseinesAbstandes vom Aequator, also seiner geographischen Breite, und wenn sie nur von denInsolationsverhältnissenbedingt wären, wenn nicht andere Factoren modistcirend einwirkten, so müsste die mittlere Lusttemperatur gleich sein sür alle Orte gleicher geographischer Breite. Wir werden bald sehen, dass und warum dies nicht der Fall ist.

Die taglichen Variationen der Sufttemperatur.

531

Die täglichen Variationen der Lufttemperatur. Wenn 288 die Sonne, nachdemsteam Östlichen Himmel aufgegangen ist, höher und höher Über den Horizont sich erhebt, so muss die immer kräftiger wirkende Insolation ein Steigen der Lusttemperatur zur Folge haben. Wenn die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat, so ist jedoch die Temperatur der Erdoberfläche noch keineswegs so hoch gestiegen, dasssteeben so viel Wärme gegen den Himmelsranm ausstrahlen konnte, als ste dnrch die Sonnenstrahlen empfängt. Deshalb danert das Steigen der Temperatur noch über Mittag fort, und erst in 1 bis 2

Stnnden nach der Cnlmination der Sonne, wenn ihre Hohe schon merklich ab-

genommen hat, tritt ein momentaner Gleichgewichtsznstand zwifchen Ein- und Ausstrahlung ein, das Maximum der täglichen Temperatnr findet alfo erst nm 1 bis 2 Uhr Rachmittags Statt. Von da an aber gewinnt bei immer mehr sinkender Sonne die Ausstrahlung das Uebergewicht, die Temperatur sinkt anfangs langfam, dann rafcher in den Abendstunden. Während der Racht, wo gar keine Einstrahlung stattstndet, dauert das Sinken der Temperatur mit abnehmender Schnelligkeit fort, bis sie zur Zeit des Sonnenaufganges ihr M i n i m u m erreicht hat. Da im Sommer die Sonnenhohen im Laufe des Tages zwifchen weiteren Gränzen variiren (zwifchen 0 und 63° für das mittlere Dentfchland), als im Winter (zwifchen 0 und 17° für den 50. Breitegrad), fo ist klar, dass die Gränzen, zwischen welchen die Temperatur im Laufe eines Tages fchwankt, im Sommer weiter aus einander liegen als im Winter. In der That beträgt z. B. für München die Differenz zwifchen der höchsten und niedrigsten Temperatur des Tages im Monate Januar im Durchfchnitt nur 2° E., während im Inli das tägliche Maximum durchfchnittlich 6,2° hoher ist als das tägliche Minimum. Aus ähnlichen Gründen müssen nun auch die täglichen Temperaturfchwankungen in den Aequatorialgegenden viel bedeutender sein als in höheren Breiten. Auch dies wird durch die Erfahrung bestätigt; so beobachtete z. B. Barth auf feiner Reife in das Innere von Afrika vom Aufgang der Sonne bis zum Rachmittage oft ein Steigen von 6 bis 30, ja von 8 bis 43° Eelstus. Inn Allgemeinen bestätigt die Erfahrung allerdings die Refultate unserer obigen Raifonnements über den täglichen Gang der Wärme; fobald wir aber einzelne Tage herausgreifen,stndenwir häustg folche Störungen des normalen Ganges, dass das Gefetz vollständig verwischt erscheint. Von der Natur diefer Störungen und ihren Urfachen wird weiter unten die Rede sein.

Die Jahreszeiten. Die Sonne theilt nicht allein mit dem ganzen 289 Himmelsgewölbe die tägliche Umdrehung, sondern sie legt im Laufe eines Jahres am Himmelsgewölbe eine Bahn zurück, welche zur Hälfte nördlich, zur anderen Hälfte füdlich von dem Himmelsäquator liegt. Eine Folge davon ist, dass wenigstens in den gemässigten Zonen Tagesdauer und Mittagshohe der Sonne ein halbes Jahr lang zunehmen, um dann in der folgenden Jahreshälfte in 31*

532

Bertheilung der Warme auf der Erdoberfläche,

gleicher Weife wieder abzunehmen. Dies hat dann den regelmässigen Wechsel der Inh res zeit en zur Folge, dereu Verlauf wir zunächst sür die geographische Breite des mittleren Deutschland betrachten wollen.

Am 21. März passirt die Sonne den Himmelsäqnator, nm von der sitd-

lichen anf die nördliche Himmelskngel überzngehen. Tag nnd Racht sind gleich lang, nnd die Mittagshöhe, zn welcher die Sonne ansteigt, beträgt 40°. Rnn aber findet eine rasche Znnahme der Mittagshöhe der Sonne sowohl wie anch der Tagesdaner Statt; bei immer krästiger werdender Insolation bleibt der Boden nnn länger nnd länger dem erwärmenden Cinslnsse der Sonnenstrahlen ausgesetzt, die Lnfttemperatnr mnss also steigen. Allmälig wird die Zunahme der Tagesdauer uud der Mittagshöhe laugfamer, bis endlich am 21. Inni die Sonne ihre grösste nördliche Breite erreicht, nnd somit anch der längste Tag von 16 Stnnden nnd die grösste Mittagshöhe der S o n n e vo n 6 3 l / 2 G r a d e n eintritt .

Ans demselben Grnnde, warnm das tägliche Maximum der Temperatur nicht ans die Mittagsstunde sällt, tritt auch das jährliche Temperaturmaximum nicht mit dem längsten Tage ein, sondern später, so dass im Turchfchnitt der Inli der heisseste Monat ist. Rach dem längsten Tage nimmt die Tagesdauer und die Mittagshöhe der Sonne erst langsam, dann rascher ab, und mit der rascheren Abnahme beider stellt fich dann auch ein Sinken der Lustwärme ein. Am 22. September, dem Herbstäquinoctium, passirt die Sonne abermals den Himmelsäquator, um auf die südliche Hemisphäre der Himmelskugel überzugehen. Run werden die Rächte länger als der Tag, die Mittagshöhe der Sonne nimmt mehr und mehr ab, bis sie am 21. December, als am kürzesten Tage (von 8 Stunden), ihr Minimum von 17 Grad erreicht. Unter diesen Umständen, da die Wirkung der ohnehin sehr schräg ausfallenden Sonnenstrahlen nur aus wenige Stunden beschränkt bleibt, und der Boden die lange Racht hindurch Wärme durch Ausstrahlung verliert, muss die Lusttemperatur bedeutendsinken;doch tritt das Minimum der Jahrestemperatur in der Regel erst gegen die Mitte des Januars ein, da unmittelbar nach dem kürzesten Tage die Zunahme der Tageslänge und der Mittagshöhe der Sonne noch zu unbedeutend ist, um ein Steigen der Temperatur bewirken zu können. So ist denn im Allgemeinen der Gang der Lusttemperatur im Lause des Jahres sür Teutschland folgender: Von der Mitte Januar an steigt die Tentperatur bis gegen die Mitte Inli, um von da allmälig bis zur Mitte Januar wieder abzunehmen. Das Steigen und Fallen der Temperatur ist am langsamsten vor und nach der Zeit des jährlichen Maximums und Minimums, am raschesten um die Zeit der Aequinoctien. Die drei heissesten Monate, Inni, Inli und August, bilden den Sommer, die Zeit, in welcher die kräftigste Entwicklung der Vegetation vor sich geht. Den Winter bilden die drei kältesten Monate, December, Januar und Februar, während welcher die Vegetation sast gänzlich ruht. Während des Frühlings, März, April und Mai, findet ein allmäliges Erwachen, während des Herbstes,

Tie Jahreszeiten.

533

September, October und Rovember, ein allmäliges Absterben der "Pflanzenwelt Statt. Tie Tisferenz zwifchen der mittleren Temperatur des heissesten und des kältesten Monats beträgt für Teutschland im Durchschnitt 16° R. Der eben beschriebene Wechsel der Jahreszeiten bezieht sich aus Länder mittlerer geographifcher Breite; in höheren wie in niederen Breiten gestaltet stch die Sache wesentlich anders. Unter höheren Breiten wird die Daner des kürzesten Tages immer geringer, die Sonnenhöhe immer unbedeutender, die Winterkälte muss alfo gegen die Pole hin immer zunehmen; zugleich aber nimmt die Dauer des Winters zu, denn während der Aequinoctialperiode ist die Wirkung der Sonnenstrahlen in jenen Ländern noch viel zu gering, um Eis und Schnee zu fchmelzeu oder das Gefrieren des Wassers zu verhindern, der Winter erstreckt sich also noch über einen Theil der Monate; welche bei uns den Frühling und den Herbst ausmachen. Int Sommer aber wird die im Vergleich zu unseren Gegenden geringere Mittagshohe der Sonne (unter dem 60. Breitengrade z. B., welcher ungesähr über Petersburg und Stockholm geht, ist der längste Tag I8V2 Stunden, die höchste Mittagshöhe der Sonne 53y2°) durch die längere Tauer der Sommerlage nahezu wieder ausgeglichen, so dass die Sommerhitze immer noch eine sehr bedeutende werden kann. In jenen Gegenden herrscht also ein langer kalter Winter, welcher rasch in einen heissen kurzen Sommer übergeht, so dass dieUebergangs-Jahreszeiten, Frühling und Herbst, mehr und mehr verschwinden. Innerhalb der 'Polarkreise sallen endlich die Sonnenstrahlenselbstzur Zeit der grössten Sonnenhöhe noch so schräg aus, dass sie trotz der langen Tagesdauer keine kräftige Erwärmung hervorbringen können; statt des Sommers tritt nur eine mehr oder weniger bedeutende Unterbrechung in der Strenge der Winterkälte ein. Wenden wir uns von Deutfchland ans zu füdlicheren Ländern, so muss dort aus zweierlei Gründen der Winter immer milder werden, denn einmal erreicht die Sonne felbst zur Zeit des Winterfolstitiums noch eine ziemlich bedentende Mittagshöhe (unter dem 30. Breitengrade z. B. noch 36% während zugleich die Dauer der Winterlage grasser ist als bei uns (für den 30. Breitengrad z. B. ist die Dauer des kürzesten Tages 10 Stunden 4 Minuten). Während fo die Winterwärme steigt, wächst die Sommerwärme nicht in gleichem Masse, denn die Wirkung der grosseren Sonnenhohe wird dadurch zum Theil neutralists, dass die Sommertage nicht fo lang find als bei uns. Tie Differenz zwifchen Sommer- und Wintertemperatur muss alfo um fo mehr abnehmen, je mehr wir uns von den Polen aus den Wendekreisen nähern. Innerhalb der Wendekreise aber verfchwindet derEharakter unserer Jahreszeiten fast ganz. Auf dem Aequator paffirt die Sonne zweimal, im März und September, das Zenith, während die niedrigste Mittagshohe der Sonne (Ende Inni und December) noch 66 V20 beträgt. Bedenkt man ferner, dass auf dem Aequator das ganze Jahr hindurch Tag und Racht gleich find, fo begreift man

534

Bertheilnng

der Wärme ans der Erdoberfläche.

leicht, dass die jährlichen Temperaturvariatioueu für die Aequatorialgegeuden nur fehr unbedeuten d fei n können . Vom Aequator au s gegen di e Wendekreis e hi n wir d allmäli g de r Charakter unserer Jahreszeiten wiede r merklich , währen d e r ers t i n de n gemässigte n Zone n entschieden zu r Geltun g kommt .

In der südlichen gemässigten Zone wechseln dieJahreszeitenwie bei uns, nur ist begreistich dort Winter, wenn wir Sommer haben nnd umgekehrt. 9m Allgemeiuen bestätigt die Ersahrnng die Resultate der obigen Betrachtnng. So beträgt z. B. die Differenz zwischen der mittleren Temperatnr des heissesten nnd des kältesten Monats für Ouito . . Havannah Mexico . Palermo . Rom . .

290

.. . . ,. ,.

. 1,4° R. . 4,5 . 6,3 . 11,1 . 13,7

München . $rag . . Moskan.. Jekntzk . Jakntzk. .

. . 15,6° R. . . 18,6 . . 23,5 . . . 30,3 . . 50,8

Modiflcationen normaler Temperaturverhältnisse. Di e dnrch die Attraction der S o n n e vorgeschriebene B a h n eines jeden 'Planeten wird

dnrch den störenden Einstnss der übrigen kanm alterirl, die Störungen spielen hier nnr eine untergeordnete Rolle. Anders ist es mit den klimatischen Verhältnissen. Allerdings ist der Erwärmungszustand der unteren Lufrschichten eine Function derInsolationsverhältnisse,aber eine Fnnction, in welcher mehrere mannigfach wechselnde Factoren eintreten, so dass die Störungen den regelmässigen Gang oft gänzlich maskiren. Wäre die Ratur der Erdoberfläche überall dieselbe (d. h. sehlte die Abwechselung zwischen Wasser und Land, zwischen Berg und Thal, zwischen bewaldetem und pslanzenleerem Boden), würde die Wirkung der Insolation nicht durch wechselnde Bewölkung des Himmels modistcirt, und würde die Wärme nicht durch Lust und Meeresströmungen von einem Orte zum anderen fortgeführt, so müssten nicht allein alle Orte gleicher geographifcher Breite gleiche klimatifche Verhältnisse haben, sondern es müssten anch die täglichen nn d jährliche n Variatione n de r Lnsttemperatn r vollkomme n regelmässi g verlansen.

Dem ist aber in der That nicht so. — So hat z. B. Reapel eine mittlere Jahreswärme von 12,25°, während bei gleicher nördlicher Breite Rewyorl nnr eine mittlere Jahreswärme von 8 , 7 ° hat.

Ehristiania und Onebec haben sast

gleiche mittlereJahreswärme(4,2 nnd 4,4) nnd doch liegt Onebec nm mehr

als 13 Breitengrade südlicher als Ehristiania. Ebenso ist an einem nnd demselben Orte der Gang der Wärme von einem Jahr zum anderen sehr verschieden, und demselbenJahrestageentspricht keineswegs stets dieselbe Temperatur, wie es sein müsste, wenn die Lustwärme allein vom Sonnenstande abhinge. So war z. B. zu Franksurt am Main — 14° R. die mittlere Temperatur des 22. Januar 1850, + 8,5° R. die desselben Tages im Jahre 1846. — In Jahre 1846 war zu Franksurl am Main der 22. Januar um 2° wärmer als der

Mittlere Temperatur der Tage, der Monate und de3 3ahre3. 535 14. Mai. Ebendaselbst siel im Inhre 1841 der heisseste Tag aus den 24. M a i (mit 200 R.), im Jahre 1842 aber anf den 19. Angnst (mit 21° R.). Solche Anomalien zeigen deutlich, wie sehr die Lnstwärme ausser den Insolationsverhältniste n noc h vo n anderen mächtig instuirende n nn d veränderlichen Factoren bedingt werde. Wen n a m 22 . Jannar 1 8 4 6 z u Frankfurt a m M a i n

eine Wärme von 8V20 R. herrschte, so konnte diese hohe Temperatur unmöglich direct durch die Sonnenstrahlen hervorgerufen sein, nnd zwar nm so weniger, als jener Tag ein dnrchans bewölkter Regentag war; die damals herrschenden Südwestwinde hatten die Wärme offenbar aus füdlichereu Gegenden zugeführt; ebenso wie die verhältnissmässig niedrige Temperatur des 14. M a i nur das Refultat rauher Nordostwinde war. Aus alle dem geht hervor, dass man die Temperaturverhältnisse eines Ortes nicht aus theoretifchen Betrachtungen ableiten, fondern dass man ste nur durch längere Zeit fortgesetzte Beobachtungen ermitteln kann.

Mittlere Temperatur der Tage, der Monate und des 291 J a h r e s . Wenn man von einer Mitternacht bis zur nächsten alle Stunden ein zweckmässig ausgestelltes Thermometer beobachtet und aus den 24 Beobachtungen das Mittel nimmt, so erhält man die mittlere Temperatur des T a g e s. Solche stündliche Beobachtungen einige Zeit lang mit ununterbrochener Regelmässigkeit anzustellen, ist ungemein mühsam, selbst wenn sich mehrere Personen in das Geschäst theilen. Man hat deshalb andere Methoden in Vorschlag gebracht, um die mittlere Temperatur eines Tages zu stnden. Man erhält dieselbe z. B. sehr nahe richtig, wenn man um 7 Uhr Morgens, um 2 Uhr Nachmittags und um 9 Uhr Abends die Lusttemperatur beobachtet und aus diesen drei Beobachtungen das Mittel zieht. Andere ganz passende Beobachtung^ stunden, deren Mittel gleichfalls das Tagesmittel repräfentiren, find 7 Uhr Morgens und 7 Uhr Abends. Endlich findet man auch das Tagesmittel, wenn man aus dem innerhalb 24 Stunden beobachteten Maximum und Minimum der Temperatur das Mittel nimmt. Um die höchste und niedrigste Temperatur zu erfahren, welche innerhalb 24 Stunden geherrfcht hat, ohne dass man deshalb gerade zur Zeit des Maxinutms und des Minimums das Thermometer zu beobachten braucht, kann man den Fig. 541 abgebildeten Thermometrographen anwenden; er besteht Fig. 541.

536

Bertheilnng der Wärme ans der Erdoberfläche.

aus zwei Thermometern, deren Röhren wagerecht liegen, und von denen das eine ein Oneckfilberthermometer, das andere ein Weingeiftthermometer ist. In der Röhre des Oueckfilberthermometers liegt ein Stahlstistchen, welches durch die Oneckfilberfänle fortgefchoben wird, wennsichdas Oueckfilber in der Kugel diefes Thermometers ausdehnt; wenn nnn aber das Thermometer erkaltet, fo zieht fich die Oueckstlberfäule wieder zurück, das Stahlstäbchen aber bleibt an der Stelle liegen, bis zn welcher es bei dem höchsten Stande des Thermometers gefchoben worden war; ein folches Thermometer giebt alfo das Maximum der Temperatur an, welches innerhalb einer gewiffen 'Periode geherrfcht hat. In der Röhre des Weingeistthermometers liegt ein ganz feines Glasstäbchen, welches an beiden Enden etwas dicker ist, wie man Fig. 541 deutlich steht; das Glasstäbchen liegt uoch in dem Weiugeistfäulcheu, und wenn der Weingeist in der Kugel erkaltet und fich die Weingeistfäule in der Röhre bis an das erste Knöpfchen des Glasstäbchens zurückgezogen hat, fo wird bei fernerem Sinken der Temperatur das Glasstäbchen in Folge der Adhäston zwifchen Weingeist und Glas von der noch weiter fich zurückziehenden Weingeistfäule mitgenommen; wenn aber die Flüfstgkeit in der Kugel wieder wärmer wird, fo geht beim Steigen des Thermometers die Flüfstgkeit an dem Stäbchen vorbei, ohne es fortzufchieben; das Stäbchen, welches von dunkelfarbigem Glase gemacht fein muss, damit man es deutlich fehen kann, bleibt alfo an der Stelle liegen, welche dem Minimum der Temperatur entspricht, die innerhalb eines gewiffen Zeitraumes herrfchte. Während die Kugel des einen Thermometers auf der rechten Seite liegt, liegt die des anderen links; wenn man nun den ganzen Apparat etwas nach der linken Seite neigt und leise daran stösst, fo fällt das Stahlstäbchen durch fein Gewicht bis auf die Oueckstlberfäule, das Glasstäbchen aber bis an das Ende der Weingeistfäule. Wenn man das fo vorgerichteteInstrumentstehen lässt, fo wird bei jedem Steigen der Temperatur das Stahlstäbchen sortgeschoben, das Glasstäbchen aber bei jedem Sinken der Temperatur zurückgezogen. Dieses Instrument ist befonders geeignet, um das Maximum und Minimunt der täglichen Temperatur anzugeben. Wenn man es etwa jeden Abend in Stand fetzt, fo kann man den folgenden Abend ablesen, welches die höchste und welches die niedrigste Temperatur während der letzten 24 Stunden war. Hat man auf die eine oder andere Weife die mittlere Temperatur aller Tage eines Monates ermittelt, fo erhält man die mittlere Temperatur des Monates, wenn man aus den 30 oder 31 Tagesmitteln wieder das Mittel nimmt.

Tie aus den 12 Monatsmitteln gezogene Mittelzahl giebt dann die mittlere Temperatur des ganzen Inhres am So ergeben fich z. B. aus den zu Berlin angestellten Beobachtungen folgende Mittelwerthe für die Temperatur der einzelnen Monate und des ganzen Jahres volt 1829 bis 1834:

sahresisothermen. 1829

1830

1831

1832

537 1833

1834

D

Januar

. . . .



4,66 —

6,11 —

3,71 —

1,13 — 2,69 —

Februar

. . . .



2,88 —

3,40

0,60

0,97

3,01

1,16

März

1,38

3,88

3,14

3,16

1,77

3,74

2,74

April

7,19

8,41

9,00

7,20

5,06

6,20

6,88

Mai

9,49

11,22

9,98

9,49

14,38

12,74

10,92

Juni

14,56

14,01

12,60

13,61

15,27

15,17

13,94

Juli

15,43

15,39

15,40

12,64

14,59

18,69

15,04

August

13,85

14,17

14,63

14,65

11,31

16,77

14,43

.

11,59

11,18

10,53

10,53

11,27

12,49

11,75

. . . .

6,35

7,28

9,74

7,62

7,04

7,69

7,97

0,71

4,72

2,71

2,62

3,39

3,81

3,25

6,93 — 0,47

1,43

1,08

3,80

1,68

1,32

5,50

7,16

6,86

7,35

8,58

' 7,18

September October

. .

November

.

.

.

December

.

.

.

Jahr



6,77

2 , 8 3 — 1,90 — 0,15

Hat man sür einen Ort die mittlere Temperatur der einzelnen Monate

und des ganzen Jahres während eines längeren Zeitraumes ermittelt, so ergiebt

sich das allgemeine Monatsmittel, wenn man die Mitteltemperatnren desselben Monates, wie man sie in den einzelnen Jahren erhalten hat, addirl nnd die erhaltene Summe durch die Zahl der Beobachtungsjahre dividirt. Auf diese Weise haben sich aus einer Reihe von 24 Beobachtungsjahren die allgenteinen Monatsmittel sür Berlin ergeben, wie man sie in der letzten Colmnne obiger Tabelle unter D sindet. A n f gleiche Weise ergiebt sich das allgemeine

Jahresmittel,

welches

sür Berli n 7,18o R. ist. Je länger die Beobachtungsreihen sortgesetzt sind, desto richtiger werden die aus ihuen berechneten allgemeinen M o n a t s - und Jahresmittel. J a h r e s i s o t h e r m e n . Um den normalen Gang der Wärme sür irgend 292 einen Ort zu ermitteln, mnss man durch möglichst lange fortgefetzte Beobachtungen das allgemeine Mittel der einzelnen Monate bestimmen, und nm ein

wahres Bil d de r Vertheilnn g de r Wärm e an f de r Crdoberstäche z u erhalten ,

mnss man die Beobachtnngsresultate der verschiedeusteu Weltgegeuden zusammenstellen. Tie Zahlen der folgenden Tabelle sind dem reichen Material entnommen, welches Dove gesammelt nnd in den Abhandlungen der Berliner Akademie veröffentlicht hat.

538

Bertheilnng der Wärme ans der Erdoberfläche. Mittlere

Temperatur

geographische Breite. des Sahres.

Singapore • .

. V .

Guinea Paramaribo

. . . .

Batavia Kouka Domingo

. . . . .

Calcutta Rio Janeiro

. . . .

des heissesten

des kältesten

Monats.

Monats.

1017'

21,6

22,4

20,6

5 30

21,9

23,0

20,0 20,4

5 45

21,5

22,9

6

9

20,6

21,3

19,1

13 10

22,9

26,8

17,7 20,0

18 29

21,9

24,0

22 38

22,4

25,9

16,6

22

18,6

21,4

15,6

54S

Havannah

23

9

20,1

22,0

17,5

Cairo

30

2

17,8

23,9

10,7

Bermudas

32 30

15,7

19,9

11,0

FUnchal

32 38

15,8

18,6

13,8 11,4

Kapstadt

33

56S

15,3

19,5

Adelaide

34

35S

16,2

23,3

9,9

(Gibraltar

36

7

15,7

21,1

11,4

3 6 47

14,3

19,8

9,3

39 54

10,1

22,0

— 3,0

Algier

.

.

.

.

.

.

Peking Rew-$orf

. . . . .

40 43

8,7

18,3

— 3,4

. . . . . .

40 52

12,2

19,0

6,5

Rom

41 5 4

12,66

19,5

5,8

Albany

42 39

7,2

17,8

— 3,6 3,6

Reapel

§obart-Town

. .

.

42 53 S

9,1

13,8

Sebastopol

44 36

9,3

17,4

1,0

Halifax

44 39

3,6

16,9

— 6,2

44 50

11,1

18,3

4,0

46 21

8,2

20,3

— 8,6

46 48

4,4

18,4

— 8,6

48 37

8,8

15,1

2,7

Paris

48 50

8,6

15,0

Carlsruhe

49

1

8,3

Bordeaux

. . .

Astrachan Quebec Fort Vancouver .

.

.

Frankfurt a. M . Brilffel

. .

15,8

-

5

8,1

5 0 10

7,8

15,1

50 51

8,3

14,4

50

Prag

1,5 -

Breslau

51

3

6,6

14,8

DUffeldorf

5 1 14

8,8

15,3

0,14

0,24 1,5

-

1,8 1,4

JuhreSifothermm.

539

Mittlere

Temperatur

geographische Vreite.

London .

Falklands-Juseln

.

Srkufck Amsterdam Verlin

. . . . . .

des Jahres.

des heissesten

des kältesten

Monats.

Monats.

2,2

51°30'

8,3

14,0

52

0

6,8

10,6

2,4

5 2 17

0,3

14,6

— 15,7 0,5

52 23

7,9

14,8

52 30

7/2

15,0

-

0,3

15,8

— 16,7

1,9

Varnaul

53 24

Dublin

53 21

7,6

12,7

Moskau

55 45

3,6

15,3

Cdinburg

55 58

6,6

12,8

6,0

11,5

1,0

1,7

4,6

-13,8



Sitcha

57

ftain

57 10

Petersburg

59 56

3,4

14,1

Vergen

60 24

6,6

12,6

saint!

62

9teikiavik Archangel

64 . . . . .

3

1

-



8

64 32

16,3

-34,4 —

0,68

12,8

— 11

13,1

-12,7

66 24



0,42

69 59

-12,6

Ustjansk

70 58

— 12,4

ftordcap

7 1 10

Tornea Voothia Felix

Melville-Jujel

. . . .

. .

.

74 47

8;4 1,34

10,7

6,6

. .



8,25



.

8,2 2,4

3,3

6 5 12

F o r t Franklin

2,9 —

0,11 -13,7

1,0

6,4

-

4,6

— 28,1

4,4

Die Temperaturangaben dieser Tabelle beziehen sich anf Reanmnr'sche Grade, weil diefe Scala für Witternngsbeobachtnngen die verbreiterte ist. Eine füdliche Breite ist in dieser Tabelle durch S bezeichnet, wo dagegen keine weitere Bezeichnung beigefügt ist, ist von einer nördlichen Breite die Rede. Eine klare Uebersicht über die Vertheilnng der Wärme ans der Erde hat zuerst Humboldt durch sehte ifothermifchen Linien möglich gemacht, durch welche er alle folche Orte derselben Hemifphäre verband, welche gleiche mittlere Jahreswärme

haben.

Denken wir uns z. B . , dass ein Reifender, von P a r i s ausgehend, eine Reise nm die Erde in der Weife macht, dass er alle Orte der nördlichen Halbkugel be-

sticht, welche dieselbe mittlereJahreswärmehaben wie Pans, nämlich 10,8° E. oder 8,6°R., fo wird der Weg, den er auf diese Weise zurücklegt, eine Linie gleicher mittlerer Inhreswärme, also eine ifotherme Linie sein; diefe

540 Bertheilun

g de r Warm e au s de r Erdoberslache .

Linie sällt aber nicht mit dem Breitengrade von 'Paris zusammen, sie ist unregelmässig gekrümmt, d. h. sie geht durch Orte, welche eine ganzandereBreite haben al s Paris .

ÖD

Tie Karle Fig. 542 stellt die Erdoberstäche iu Aequatorial-^rojection mit den 3sothermen von 4 zn 4°R. dar; ausserdem befinden sich noch innerhalb des

gfotheren und Ssochimenen.

54 1

Gürtels, für welchen die mittlereInhreswärme20° R. übersteigt, die Cnrven

von 2 1 und 22 ° mittlere r Inhreswärme.

Die Anschauung dieser Karte erspart uns eine weitere Beschreibung des Laufes der isothermen. Man sieht, dass ihre Krümmungen in der nördlichen Halbkugel um so bedeutender werden, je weiter man sich vomAeqnator entfernt; die isotherme von 0° z. B. steigt von dem füdlichen Cnde der Küste von ?abrador über Island nach dem Rordcap, um sich im Innern von Asien wieder

bedeutend zu fenken. Da, wosichdie isothermen am weitesten nach Süden herabsenken, bilden fie einen concaven, da, wosieam höchsten nach Rordensteigen,bilden sie einen convexen Gipfel. Die füdlichen Wendepunkte der ifothermen liegen im östlichen Rordamerika und im Innern von Asien, die nördlichen Wendepunkte dagegen liegen an den Westküsten von Europa und Amerika. Die Temperaturverhältnisse der füdlichen Hemisphäre find uns bei Weitem nicht fo vollständig bekannt wie die der nördlichen, doch ist es wohl als ausgemacht zu betrachten, dass die südliche Halbkugel kälter ist als die nördliche; dieser Unterschied möchte aber wohl geringer fein, als man vielfach anzunehmen geneigt ist. Was vielleicht dazu beigetragen hat, die füdliche Halbkugel für fo bedeutend kälter zu halten als dte nördliche, ist wohl der Umstand, dass man die Temperaturverhältniffe der füdlichsten Theile von Amerika mit den Temperaturverchältnissen gleicher nördlicher Breiten in Europa verglichen hat, wo ja die isothermen fo ausserordentlich weit nach Rorden in die Höhesteigen;die Sache stellt sich ganz anders, wenn man die Gegenden von Südamerika mit folchen vergleicht, welche gleich weit vom Aeqnator an der Ostküste von Rordamerika liegen. Tass die füdliche Halbkugel etwas kälter ist als die nördliche, rührt wohl daher, dass auf der nördlichen das Land, auf der füdlichen hingegen das Meer vorherrfcht. Das feste Land erwärmt sich durch die Abforption der Sonnenstrahlen weit mehr als das Meer, welches einen grossen Theil dieser Strahlen reflectirl. Isotkeren und Isochimenen. Tass nicht alle Orte, welche auf 293 demselben 'Parallelkreise liegen, gleiches Klima haben, ist bereits angeführt worden, es fragt fich aber nun, ob denn alle Orte, welche auf derselben ifotherme liegen, alle Orte alfo, für welche die mittlere iahreswärme gleich ist, auch fonst gleiche klimatifche Verhältniffe haben. Man braucht nur die Tabelle auf Seite 538 und 539 anzusehen, um fich zu überzeugen, dass dies nicht der Fall ist. Edinburg und Breslau haben gleiche mittlere iahreswärme von 6,6°, in Edinbürg ist aber die mittlere Temperatur des kältesten Monats 2,4°, in Breslau — 1,8°; Breslau hat alfo einen weit kälteren Winter als Edinburg, dagegen ist die mittlere Sommerlemperatur für Breslau 14,8, für Edinburg nur 12,8°. Bei gleicher mittlerer iahrestemperatur hat alfo Edinburg einen gelinderen Winter und einen kühleren Sommer als Breslau. Um die Wärmeverhältniffe eines Landes zu kennen, reicht es alfo nicht hin, dass man weiss, welches seine mittlere iahrestemperatur ist, man muss auch wiffen, wie die Wärme auf die vermiedenenJahreszeitenverlheilt ist. Tiefe

542

Bertheilung der Warme auf der Erdoberfläche.

Vertheilnng kann man auf einer Ssothermenkarte dadurch zeigen, dass man, nach Humboldt's Beispiele, an den verschiedenen Stellen einer und derselben 3sotherme die mittlere Sommer- und Wintertemperatur beischreibt, was in nnserer Isothermenkarte wegen ihrer Kleinheit nicht möglich war; man sieht alsdann bald, dass gerade in der Nähe derti)nve*enGipfel der isothermen anch dieDifferenzen zwifchen der mittleren Sommer* und Wintertemperatur am geringsten

sind; dieselben Ursachen also, welche machen, dass die isothermen an den Westküsten von Enropa nnd Amerika so hoch nach Nordensteigen,machen anch die Differenz zwifchen der Sommer- nnd Wintertemperatnr geringer. Eine sehr gnte Uebersicht in Beziehung anf die Vertheilnng der Wärme zwischen Winter

und Sommer gewährt eine Karte, in welcher man alle Orte dnrch Enrven ver-

bindet, welche gleiche mittlere Wintertemperatnr, und diejenigen, welche gleiche mittlere Sommertemperatn r haben. Di

e Linie n gleicher mittlere r Wintertempe-

ratnr heissen isochimenen, die Linien gleicher mittlerer Sommertemperatnr heissen isotheren. Fig. 543stelltein Kärtchen von Enropa mit den 3sotheren nnd isochimenen von 4 zn 4 Grad Reanmnr dar. Fig. 543.

Die ausgezogenen Enrven sind die 3Jochimenen, die puuklirtensinddie isotheren. Mau sieht aus dieser Karte leicht, dass die Westküste des südlicheu Theiles von Rorwegen, Dänemark, ein Theil von Böhmen nnd Ungarn, Siebenbürgen, Bessarabien nnd die Südspitze der Halbinsel Krim gleiche mittlere Wintertemperatur von 0° haben. Böhmen hat aber einen gleichen Sommer mit dem Ausflnfse der Garonne, iind in der Krim ist der Sommer noch weit wärmer. Dnblin hat gleiche mittlere Wintertemperatnr, nämlich 4°, mit Rantes,

543

£and= nnd Seeklima.

Oberitalien und Constautinopel, und gleiche mittlere Sommerwärme mit Drontheim und Finnland. Die 3sothere von 16* geht von dem Aussluffe der Garanne nngesähr über Strassbnrg nnd Würzbnrg nach Böhmen, der Üfraine, dem Lande der Donischen Kosacken nnd geht etwas nordlich vom Kaspischen Meere vorbei; wie ungleich ist aber die mittlere Wintertemperatur an verschiedenen Orten diefer 3sothere! An der Westküste von Frankreich ist fie 4°, in Böhmen 0°, in der Ukraine — 4° und etwas nöifdlich vom Kaspischen Meere gar — 8°. Land- und Seeklima. Die Betrachtuug der letzten Karte und der 294 Tabelle aus Seite 538 und 539 sührt uns zn der wichtigen Unterscheidung zwischen Land- und Seeklima oder, wie man es auch ausdrückt, zwifchen Eontinental- und Küstenklima. Die Differenzen zwifchen der Sommer- und Wintertemperatnr wachsen mit der Entfernung vom Meere; an den Meeresküsten herrfchen kühle Sommer und milde Winter, im Innern des Landes heisse Sommer un d kalt e Winter . Dief e Differenze n trete n sehr lebhast hervor , wen n ma n

die Temperatnrverhältnisse der Westküsten von Europa mit denen des nördlichen

Asiens vergleicht . U m da s Verhältnis s de r mittlere n Jahreswärme z u de r Ver -

theiluug der 2Öärme leicht übersehen zu können, ist in den folgenden, der Tabelle S. 538 entnommenen Beispielen die mittlereJahreswärmevor, die mittlere Wärme des heissesten Monats über, die mittlere Temperatur des kältesten Monats unter einen Horizontalstrich gesetzt.

Sontinentatklirna:

Küstenklima:

Iß Q

64

Nordcap . . . . 0,1 37—; SKeikiatoif 3,3

-

1,0

Srkufcf...

0,3

SKogfau . .

3,6 - i ^ ' - 8, 2 Welchen Einfluss solche klimatifche Verfchiedenheiten auf die Vegetation aus-

üben müfsen, ist klar. An mehreren Orten Sibiriens, inJakntzkz. B., wo die mittlere Jahrestemperatur— r 8,2° R. ist , di e mittler e Januartemperatur abe r — 34,4 ° R. beträgt , wir d währen d de s kurzen , abe r heisse n Sommers Gerst e und Rogge n an f eine m Bode n gebaut , welche r i n eine r Tief e vo n 3 Fus s be-

ständig gefroren bleibt; dagegegen ist auf der Insel Inland bei ungleich höherer Jahrestemperatur und bei einer unbedeutenden Winterkälte an den Bau von Eerealien nicht mehr zu denken, weil die niedrige Sommertemperatur nicht hin-

reicht sie zur Reise zu bringen.

3m nordöstlichenInland,wo im Winter kaum Eis friert, in gleicher Breite mit Königsberg, gedeiht die Myrthe so kräftig wie in Portugal; auf den Küsten von Devonfhire

überwintert die C a m e l i a j a p o n i c a

und die F u c h s i a

coccinea

i m F r e i e n ; der W i n t e r ist i n "Plymouth nicht kälter a l s i n F l o r e n z nnd M o n t pellier: der W e i n b a u gedeiht aber nicht i n E n g l a n d ,

weil

die R e b e

wohl

eine

544

Bertheilung der Warme auf der Erdoberfläche.

ziemlichstarkeWinterkälte vertragen kann, aber eines heissen Scanners,bedarf, wenn die Trauben reifen nnd einen trinkbaren Wein liefern follen. Diese Unterschiede rühren daher, dass das feste Sand, die Wärmestrahlen leichter absorbirend nnd ausstrahlend, sich schneller erwärmt und leichter wieder erkaltet, als das Meer, welches, überall von gleichförmiger Ratnr, wegen seiner Durchsichtigkeit und wegen der bedeuteudeu fpecisifchen Wärme des Wassers nicht fo schnell erwärmt wird, die einmal erlaugte Wärme aber auch nicht so schnell abgiebt. Die Temperatur der Meeresoberfläche ist deshalb weit gleichförmiger-, sowohl die täglichen als anch die jährlichen Temperatnrfchwaukungeu sind ungleich geringer als in der Mitte der grossen Eontinente, und dadurch ist gerade der fchon oben erwähnte Unterfchied zwischen Land- und Seeklima bedingt, welcher dadurch noch grosser wird, dass an den Küsten der nordlich gelegenen Länder der Himmel meistens bedeckt ist, was sowohl den wärmenden Einstuss der Sonnenstrahlen im Sommer mässigt als anch diestarkeErkaltung des Bodens durch Wärmestrahlung im Winter hindert.

295

Ursachen der Biegung der Isothermen. Die wichtigsten

Ursachen, welche bewirken, dass die isothermen an den Westküsten von Europa und Amerika sostarknach Rorden sich biegen, sind im Wesentlichen folgende. In .der nördlichen gemässigten Zone sind die Südwest- und Rordostwinde die vorherrschenden. Der Südwestwind kommt aus den Aequatorialgegenden und sührt die Wärme der Tropen zum Theil nach den kälteren Ländern; dieser erwärmende Einfluss der Südwestwinde wird aber in solchen Ländern vorzugsweise merllich werden, welche der südwestlichen Lustströmung am meisten ausgesetzt sind, und somit erklärt sich, dass die Westküsten der grossen Eontinente wärmer sind als die Ostküsten, dass die isothermen in Europa, welches eigentlich nur eine halbinselsormige Verlängerung des asiatischen Eontinents ist, und an den Westküsten von Nordamerika weiter nach Rorden steigen als im Innern von Asten und an den Ostküsten von Rordamerika. Ein zweiter Umstand, welchem Europa sein verhältnissmässig warmes Klima verdankt, ist der, dass sich im Süden von Europa, in der Aequatorlalzone, nicht ein Meer, sondern ein ausgebreitetes Land, nämlich Afrika, bestndet, dessen grassentheils kahler und fandiger Boden unter dem Einfluffe dersenkrechtauffallenden Sonnenstrahlen ausserordentlich heiss wird. Ein warmer Luftstrom steigt beständig von den glühenden Sandwüsten in die Hohe, um sich dann in Europa wieder herabzufenken. Endlich tragt eine unter dem Namen des Golfstromes bekannte Meeresstramungsehrzur Milderung des eurapäifchen Klimas bei. Der Ursprung dieses Stromes ist im mexikanifchen Meerbusen zu fuchen, wo das Meerwaffer bis zu einer Temperatur von 24° R. erwärmt wird. Zwifchen Euba und Florida aus dem mexikanifchen Meerbusen heraustretend, folgt der Strom anfangs den amerikanifchen Küsten, umstchdann mit stets zunehmender Breite und abnehmender Temperatur östlich nach Europa hinzuwenden. Wenn auch der Golfstromselbstnicht bis an die Küsten von Europa reicht, fo verbreitetstchdoch

Ursachen der Biegung der isothermem

545

sein warmes Wasser, namentlich nnter dem Einslusse der vorherrschenden S u d westwinde, in den europäischen Gewässern, was schon daraus hervorgeht, dass man

an den westlichen Küsten vonInlandund an den Küsten von Rorwegen Früchte von Bäumen findet, die in der heissen Zone Amerikas wachsen; die West- und Südwestwinde bleiben alfo lange mit einem Meerwaffer in Berührnug, dessen Temperatur zwischen dem 45. und 50. Breitengrade selbst imJanuarnicht unter 7 bis 8°R. sinkt. Unter dem Einstnss dieses Golsstromes ist das nördliche Europa durch ein eisfreies Meer von dem Gürtel des Polarkreises getrennt; selbst in der kältestenJahreszeiterreicht die Gränze des Polareifes nicht die enrapäischeu Küsten. Während so alle Umstände znfammeuwirken, um die Temperatur in Europa zu erhöhen, wirken im nördlichen Afien mehrere Urfachen zustimmen, nm die isothermen bedeuteud herabzufenken. i m Süden von Afien liegen zwifchen den Wendekreisen keine bedeutenden Ländermafsem, nur eiuige astatifche Halbinseln ragen in die heisse Zone hinein; das Meer aber erwärmt fich nicht fostarkwie dieafrikanischenWüsten, theils weil das Wasser die Wärmestrahlen ungleich weniger abforbul, theils aber auch, weil bei der fortwährenden Berdampfung von Waffer auf der Oberfläche des Meeres sehr viel Wärme gebunden wird. Tie warmen Luftströme, welche, aus dem Becken des indifchen Oceans aufsteigend, die Wärme der Tropen dem inneren und nördlichen Asten zuführen könnten, werden aber durch die ungeheuren Gebirgsketten im Süden von Afien aufgehalten, während das nach Rorden hin allmälig fich verflachende Land den Rord- und den Rordoftwinden preisgegeben ist. Während fich Europa nicht weit nach Rorden erstreckt, ragt Asien weit in das nördliche Eismeer hinein, welches hier, allen wärmenden Einflüssen entzogen, durch welche die Temperatur der europäifchen Meere erhöht wird, fast immer mit Eis bedeckt ist. Ueberall reichen die Rordküsten von Asien bis an die Wintergranze des polareifes, und die Sommergränze diefes Eises entfernt fich nur auf kurze 3eü an einigen Stellen von den Küsten; dass aber dieser Umstand die Temperatur bedeutend erniedrigen muss, ist klar, wenn man bedenkt, wie viel Wärme bei der Schmelzung folcher Eismaffen gebunden wird. Tie bedeutende Senkung der ifothermen im innern und an den Ostküsten von Rordamerika rührt zum Theil daher, dass die Südwestwinde hier nicht mehr Seewinde, fonderm Landwindefind,und deshalb hier nicht mehr den mildernden Einfluss ausüben können wie auf den Westküsten. Während die europäifchen Küsten vom wärmeren Waffer bespült find, ziehen fich an den Ostküsten von Rordamerika kalte Meeresströmungen von Rorden nach Süden. Eine folche Strömung, von Spitzbergen herkommend, geht zwifchen island und Granland hindurch und vereinigt fich dann mit den aus der Hudfons- und Baffinsbai kommenden Strömungen, um an der Küste von Labrador herab, bei Reufoundland vorbeizutreiben und fich unter dem 44. Breitegrade unter den Golfstrom zu ergiessen. Tiefe arllifche Strömung tragt die Kälte der Polarregionen theils durch die niedrige Temperatur des Wassers, grösstenteils aber durch die fchwimmenden Eisberge in die füdlicheren Gegenden, und fo ist diese Strömung ^filler's (flrundrife der «phuftf.

35

546

Bertheilung der Wiirme auf der Erdoberflache.

ein Hauptgrund der bedeutenden Senkung der isothermen an den Ostküsten von Amerika.

296

Teniperatur des Bodens. Wir hatten bisher immer nnr die Temperatnr der Lnft, aber nicht die Temperatur der oberen Bodenschichten besprochen, welche je nach der Natur der Bodeufläche oft bedeutend vou der Lufttemperatnr verschieden sein kann; ein nackter, des Pstanzenwnchses beraubter steiniger oder fandiger Boden wird durch die Absorption der Sonnenstrahlen weit heisser, ein mit Pflanzen bedeckter Boden, z. B. ein Wiesengrnnd, wird dnrch die nächtliche Strahlung weit kälter als die Lnft, deren Temperatur fchon durch die fortwährenden Luftströmungen mehr ausgeglichen wird, i n den afrikanischen Wüstensteigtdie Hitze des Sandes ost ans 40 bis 48° R. Ein mit Pflanzen bedeckter Boden bleibt kühler, weil die Sonnenstrahlen ihn nicht direct treffen können; die Pflanzenselbstbinden gewifsermassen eine bedeutende Wärmemenge, indem durch die Vegetation eine Menge Wasser verdunstet;steerkalten aber auch, wie wir bald näher sehen werden, wenn wir die Thaubildung betrachten, bei ihrem grossen Emissionsvermögen durch Ausstrahlung der Wärme sostark,dass die Temperatur des Grases ost 6 bis 9 Grad unter die Temperatur der Lust sinkt, i m Innern der Wälder ist die Lust beständig kühl, weil die dichte Laubdecke aus dieselbe Weise abkühlend wirkt wie eine Grasdecke, und weil die an den Gipfeln der Bäume abgekühlte Luft fich niedersenkl. Wegen des unvollkommenen Wärmeleitungsvermögens kann die Wärme der obersten Bodenschichten nnr nach nnd nach in das Innere eindringen; wenn die

Oberfläche aber erkaltet, fo verlieren die tieferen Bodenschichten weniger schnell ihre Wärme; in einer geringen Tiefe werden deshalb die Temperatnrschwanknngen weit geringer sein als an der Oberstäche selbst, i n Deutschland verschwinden bei einer Tiese von 6 Decimetern die täglichen Temperatnrschwankuugeu, und in einer Tiese von 24 Metern verschwinden sogar die jährlichen Variationeu, so dass hier beständig eine Temperatur herrscht, welche nur wegig von der mittleren Temperatur des Ortes abweicht. Obgleich alle Wärme aus der Oberfläche der Erde nur von der Sonne kommt, so hat doch die Erde auch ihre eigentümliche Wärme, wie aus der Temperaturzunahme solgt, welche man in grossen Tiesen beobachtet hat. Wenn die Wärme nach dem Mittelpunkte der Erde hin auch in grosserer Tiese noch in dem Masse zunähme, welches uns diese Beobachtungen zeigen, so müsste schon in einer Tiese von 10 000 Fuss die Temperatur des siedenden Wassers herrscheu, im Mittelpunkte der Erde aber müssten alle Korper glühend sein und im geschmolzenen Zustande sich befinden. Dass wir von dieser ungeheuern Hitze im Innern der Erde anf der Oberfläche nichts merken, lässt fich dnrch das schlechte Leitungsvermögen der erkalteten Erdkruste erklären, welche diesen glühenden Kern einschließ. Die meisten wasserreichen Onellen haben eine Temperatnr, welche sich in den verschiedenenJahreszeitennnr sehr wenig ändert; in nnserer Hemisphäre

Abnahme der Temperatur in den höheren Luftregionen.

547

erreichen fie meistens ihre höchste Temperatur im September, die niedrigste im März, die Differenz ihrer höchsten und ihrer niedrigsten Temperatur beträgt in der Regel nur 1 bis 2°. Ouellen, welche aus grösseren Tiefen kommen, haben eine weit höhere Temperatur, wie dies bei vielen Salzquellen und fonstigen Mineralquellen der Fall ist. Das Wasser mancher Ouellen hat fast die Temperatur des Siedpunktes. Abnahme der Temperatur in den höheren Luftregio- 297 nen. Die Erwärmung der Luft hat zwei Ursachen; zunächst abforbirt fie einen Theil der von der Sonne kommenden Wärmeftrahlen; weil aber die Luft die Wärmestrahlen ungleich weniger abforbirt als die Erdoberfläche, fo ist auch die Erwärmung der Luft durch die Absorption der Wärmestrahlen ungleich geringer als die Erwärmung des Bodens; den bedeutendsten Antheil ihrer Wärme erhält die Atmosphäre von unten her. Wäre die Luft keine elastifche Flüfstgkeit, bliebe die Tichtigkeit der Atmofphäre für alle Höhen diefelbe, fo würden die am Boden erwärmten Luftfchichten bis an die Gränze der Atmosphäresteigen,die obersten Schichten des Luftmeeres, welches unsere Erde einhüllt, würden auch die wärmsten fein. Weilstchaber die warmen Luftfchichten bei ihrem Aufsteigen ausdehnen, fo wird bei dieser Ausdehnung Wärme gebunden, ihre Temperatur muss finken, und fo kommt es, dass die höheren Luftfchichten kältersindals die tieferen. Dass eine folche Abnahme der Temperatur in den höheren Luftregionen wirklichstattfindet,davon überzeugt man fich, wenn man zu diesen höheren Regiolten aufsteigt, mag man sich nun in einem Luftballon erheben oder den Gipfel hoher Berge besteigen. In den Alpen entspricht im Turchfchmtt eine Erhebung von 180 Metern einer Temperaturerniedrigung von 1°. Eine Folge der mit der Höhe abnehmenden Temperatur ist, dass die Gipsel hoher Berge stets mit Schnee bedeckt sind. Die Gränze des ewigen Schnees liegt natürlich um fo höher, je mehr man fich der heissen Zone nähert. Tie Höhe der Schneegränze ist für die Küste von Rorwegen . . 720 Meter . 936 „ island 2708 „ Alpen 2905 „ Aetna 4500 „ Himalaya . 4500 „ Mexiko . 4800 „ Ouito Fig. 544 (a. f.S.) stellt die Höhenverhältnisse der Schneegränze in verschiedenen Gegenden dar, und zwar sind Rra. 1, 2 und 3 der Illimani, der 35*

548

Bertheilung der Warme auf der Erdoberfläche.

Aconcagna nnd der Ehimborazzo in Südamerika; 4, 5 und 6 der Schamalari, der Dhawalagiri uud der Kaukasus in Asten. Rr. 7 stellt die Pyrenäen und 8 die Alpen dar, Rr. 9 den Sulitelma in Rorwegen uud Rr. 10 die Insel Magero. Fig. 544.

3000(1'

Die aus der rechten Seite der Fig. 544 beigesetzten Zahlen geben die entsprechende n Höhen i n "Pariser Fnss an.

Z w e i t es C a p i t e l . Die Atmosphäre, ihr Druck? und ihre Strömungen.

Die Lufthülle der Erde. Die feste, zum Theil mit Wasser bedeckte

Erdkugel ist mit einer gasförmigen Hülle umgeben, welche man mit dem Namen der Atmosphäre bezeichnet. Das Gasgemenge, aus welchem die Atmosphäre besteht, nennt man die Luft. Die Hanptbestandtheile der atmosphärischen Lnst sind Sanerstoffgas

nnd Stickgas, deren Gemisch noch verhältnissmässig geringe Quantitäten von Kohlensäure uud Wafserdampf beigemengt sind. In 100 Raumtheilen Lust sind 79 Raumtheile Stickgas und 21 Ranmtheile Sanerstoffgas enthalten. Dieses Verhältniss ist fast ganz constant. Der Gehalt an Kohlensäure ist an und für sich sehr gering, unterliegt aber verhältnissmässig grösseren Schwankungen als Sauerstoss uud Stickstoff, indem 10 000 Ranmtheile Lnft zwifchen 3,3 und 5,3 Raumtheile Kohlenfäure enthalten. Roch veränderlicher ist der Gehalt an Wafserdampf, wovon im folgenden Capitel ausführlicher gehandelt werden foll. Die Lnft ist, wie wir früher fchon gesehen haben, der Schwere eben fo unterworfen, wie die festen und tropfbar-flüffigen Körper. Die Lnfttheilchen werden alfo von der Maffe des Erdkörpers angezogen und dadurch anch verhindert, sich von der Erde aus in den Weltraum zu zerstreuen. Dnrch ihre Schwere wir d di e Atmosphäre z u eine m integrirenden Theil e de r Erde , sie

nimmt Theil fowohl an ihrer jährlichen wie an ihrer täglichen Bewegung. Weil die Lnft expanfibel ist und das Volumen, welches eine gegebene Luft^ menge einnimmt, von dem Drucke abhängt, welchemsieausgesetzt ist, fo ist klar, dass die Atmosphäre nicht überall gleiche Dichtigkeit haben kann, dass dieselbe vielmehr von unten nach oben fortwährend abnehmen muss.

Dass die tieferen Luftfchichten wirklich einen stärkeren Druck auszuhalten

550

Tie Atmofphöre, ihr Druck und ihre Strömungen.

haben, das beweisen nns die in vermiedenen Höhen angestellten Barometerbeobachtnngen. Am Meeresnser ist die Höhe der Barametersäule im Mittel 760 Millimeter; sobald man sich aber über den Meeresspiegel erhebt, finkt das

Barometer nm so mehr, je höher man steigt; zn *Potosi, in einer Höhe von

13 220 Fuss, ist der mittler e Barometerstan d nu r noc h 47 1 Millimete r (17, 4

Zoll); in jener Höhe ist also der Luftdruck nur noch 0,62 von demjenigen, welcher am Ufer des Meeres stattfindet. i n Fig. 544 anf Seite 548 ist durch eine puuktirle Linie die Höhe angedeutet, in welcher der Luftdruck nnr noch halb fo gross ist als am Spiegel des Meeres. Tiefe Linie streift den Gipfel des Kaukasus. T a mit der Erhebung über den Meeresspiegel der Luftdruck abnimmt und das Barometer finkt, fo kann das Barometer dienen, um Höheumefsttngen anszuführen. Näheres über diefeu Gegenstand in §. 14, S . 44 des Supplementbandes.

Mit Hülfe der für barometrische Höhenmessungen constrmrlen Formeln kann man berechnen, wie gross der Luftdruck einer jeden beliebigen Höhe über dem Meere ist; für eine Höhe von 160 000 Fuss oder 8 geographischen Meilen ergiebt sich aus diese Weise ein Lustdruck, welcher so gering ist, dass er nur noch einer Oueckstlberfäule von 1mm das Gleichgewicht halten kann; in jener Höhe ist alfo die Tichtigkeit der Luft nur noch Vtc .o von der anf der Oberfläche des Meeres beobachteten, i n einer Höhe von 10 bis 12 geographischen Meilen ist demnach die Lust schon so verdünnt, dass ihr Truck selbst sür die empfindlichsten phystkalifchenInstrumentekaum bemerkbar ist. Was von Lnft über die Höhe von 10 bis 12 geographischen Meilen hinausgeht, ist jedenfalls ein verschwindend kleiner Brmchtheil der übrigen Atmosphäre, und deshalb nimmt man in der Regel an, dass die Atmosphäre eine Höhe von 10 bis 12 geographischen Meilen habe.

Eben weil die Lnft expansibel ist, kann sie nicht eine scharfe obere Gränze haben wie die Gewässer, welche die Erdoberstäche bedecken. Es findet eben in den höheren Luftregiouen ein allmäliger Uebergang zur unendlichen Berdünnnng Statt, und deshalb ist auch die Höhe der Atmosphäre keine absolut gegebene und präcis bestimmbare; man kann höchstens fagen, in welcher Höhe die Tichtigkeit der Luft unmerklich wird. Rehmen wir in diesem Sinne die Höhe der Atmosphäre zu 10 bis 12 geographischen Meilen an, fo fehen wir, dass diefe Höhe sehr gering ist im Vergleich zum Durchmesser der Erde, welcher nahe 17 000 geographische Meilen beträgt. Um sich ein klares Bild von dem Verhältnisse der Erdkugel zu ihrer Atmosphäre zu machen, denke man sich eine Kugel von 1 Fuss Durchmesser, welche von einer nicht ganz 1 Linie dicken lustigen Hülle umgeben ist. Aber weit unter der angegebenen Gränze verschwindet die letzte Spur des organischen Lebens, welches weder eine solche Lustverdünnung, noch eine so niedrige Temperatur ertragen kann, wie sie in jenen Höhen herrscht, und welches schwerlich bis aus die Gipfel der höchsten Berge hinaufsteigt.

Variationen de* Barometerstandes.

551

Variationen des Barometerstandes. Wir haben fchon oben 299 gesehen, dass der Luftdruck dnrch das Barometer gemessen wird. Rnn aber beobachtet man beständige Schwankungen an diesem Instrumente, was eine bestän-

dige Ab- uud Zunahme des Luftdruckes andeutet. Die Variationen des Barometers sind entweder periodifche oder zufällige. Die periodifchen Schwankungen treten in den Tropen sehr entschieden aus; das Barometer fällt von 10 Uhr Morgens bis 4 Uhr Rachmittags, steigt danu bis 11 Uhr Nachts, sällt wieder bis 4 Uhr Morgens und steigt abermals bis 10 Uhr Morgens. Der Barometerstand zeigt alfo zwei tägliche Maxima um 10 Uhr Morgens und um 11 Uhr Rachts, und zwei Minima um 4 Uhr Morgeus und um 4 Uhr Abends. Die Grösse diefer täglichen Schwankungen betragt ungefähr 2 Millimeter. Auch eine jährliche Perlode der Barometerschwankungen zeigtstchin den Tropen gauz entfchieden. Das Barometer sinkt nördlich vom Aequator vom Januar bis zum Infi und steigt dann wieder vom Infi bis zum Januar. 3m Infi ist der mittlere Barometerstand 2 bis 4 Millimeter niedriger als im Januar.

In höheren Breiten sind die zufälligen Schwankungen des Barometers so bedeutend, dass durch sie die hier sehr geringen periodifchen Schwankungen ganz maskirt werden. Um entscheiden zu können, ob mitten iu den beständig stattfindenden zufälligen Schwankungen des Barometers fich nicht auch ein periodic sches Steigen und Fallen geltend mache, muss man die Mittelzahlen einer grossen Reihe von Barometerbeobachtungen mit einander vergleichen, welche regelmässig zu bestimmten Stunden des Tages angestellt worden sind. Wenn man mehrere Monate lang das Barometer an mehreren bestimmten Stunden des Tages beobachtet und das Mittel aus allen zu derselben Stunde gemachten Beobachtungen nimmt, so reicht dies hin, um die Existenz einer täglichen Periode der Barometerschwankungen auch sür unsere Gegenden zu beweisen. Solche Beobachtungen haben nun gezeigt, dass allerdings auch bei uns periodische Schwankungen stattfinden. Um 9 Uhr Morgens steht in unseren Gegende n da s Barometer i m Durchschnitt u m 0, 7 Millimete r höhe r al s u m

2 Uhr Rachmittags; auch ist der mittlere Barometerstand des Sommers etwas niedriger als der des Winters. Ursachen der Barorneterschwankungen. Die Ursache aller 300 Barameterfchwankungen ist in der ungleichen und stets sich ändernden Wärme? vertheilung auf der Erde zu suchen. Da sich die Wärmevertheiluug auf der Erde beständig ändert, so wird auch das Gleichgewicht der Atmosphäre in jedem Augenblicke gestört, es entstehen Luftströmungen, welche das gestörte Gleichgewicht wieder herzustellen streben, nnd so ist denn die Lnft in beständiger Bewegnng, bald mehr erwärmt uud deshalb leichter, bald wieder erkaltet und deshalb dichter; bald mehr, bald weniger Wasserdampf enthaltend, wird auch der Druck der Luftfäule fortwährenden Veränderungen unterworfen fein, welche uns das Barometer anzeigt.

552

Tie

Atmofphöre, ihr Druck und ihre Strömungen.

Dass wirklich Temperaturveräuderungen die Ursache der Barometerschwaukungen sind, geht schon daraus hervor, dass ste in den Tropen, wo die Tempe-

ratur so wenig veränderlich ist, anch am nnbedeutendsten sind; in höheren Breiten dagegen, wo die Variationen der Temperatur immer bedeutender werdeu, da

ist auch die Amplitude der zufälligen Barometerschwankungen sehr gross, ja selbst im Sommer, wo die Temperatnr im Allgemeinen weniger veränderlich ist, sind

die Ofcillationen des Barometers kleiner als im Winter. Obgleich man im Allgemeinen nachweifen kann, dass die ungleiche und stets sich ändernde Erwärmung der Luft beständige Veränderungen in der Grösse des Luftdrucks zur Folge haben muss, fo find wir doch noch weit davon entfernt, alle concreto Fälle stets genügend ableiten zu können. Wenn an irgend einem Orte die Luft bedeutend erwärmt wird, fo dehnt fie fich aus, die Luftfäule erhebt fich über die Luftmafse, welche aus den kälteren Umgebungen ruht, die in die Höhe gestiegene Lust wird also oben nach den Seiten hin abstiessen, der Druck der Luft muss alfo an dem wärmeren Orte abnehmen, das Barometer wird daselbst sinken müssen; in den kälteren Umgebungen aber muss das Barometer steigen, weil sich in den oberen Regionen der erwärmten Gegenden seitwärts abstiessende Luft über die Atmosphäre der kälteren Gegenden verbreitet. Dadurch erklärt fich auch, warum in unseren Gegenden im Durchfchnitte bei Südwestwinden das Barometer am tiefsten, bei Rordostwinden am höchsten steht: die Südwestwinde bringen uns warme Luft, während uns die Rordostwinde kältere Luft zuführen; da, wo ein warmer Luftstrom weht, müsste die Atmosphäre eine grössere Höhe haben als da, wo der kalte Wind weht, wenn der Druck der ganzen Luftfäule an beiden Orlen derselbe sein follte; wäre dies aber auch wirklich der Fall, fo würde die Luft des warmen Stromes oben abfliessen, das Barometer alfo unter dem warmen Luftstrome sinken, unter dem kalten dagegen steigen. i n Europa find im Durchfchnitt die Südwestwinde auch die Regenwinde, weil ste, von wärmeren Meeren kommend, mit Wafferdampf gefättigt find, welcher sich nach und nach verdichtet und als Regen niederfällt, wenn der Wind zu immer kälteren Gegenden gelangt, i n dieser Eondenfation des Wafserdanipfes ist ein zweiter Grund zu suchen, warum das Barometer bei Südwestwinden niedrig steht. So lange nämlich der Wasserdanips als förmliches Gas einen Bestandteil der Atmosphäre ausmacht, ist ihm ein Theil des atmosphärifcheu Druckes zuzufchreiben, ein Theil der Quecksilbersäule im Barometer wird durch den Wafserdampf getragen; das Barometer muss alfostnken,wenn der Wafserdampf aus der Atmosphäre durch Verdichtung ausgefchieden wird. Da die Südwestwinde, welche in unseren Gegenden ein Sinken des Barometers bewirken, uns auch eine feuchte Luft zuführen und regnerifches Wetter bringen, während das Barometer steigt, wenn Rordostwinde wehen, welche die Luft trocken und den Himmel heiter machen, fo kann man allerdings fagen, dass im Allgemeinen ein hoher Barometerstand fchönes Wetter, ein tiefer aber fchlechtes Wetter anzeigt. Dies ist aber, wie gefagt, nur eine Durchfchnitts*

Entstehung der Winde.

553

regel, denn bei Rordostwind ist der Himmel auch öfters bewölkt, bei Sudwestwind anch manchmal heiter; sie ist jedoch in derselben Ausdehnung wahr wie

die, dass bei Rordostwind das Barometer hoch, bei Südwestwind dagegen tief steht; dies ist anch nicht immer, sondern nur im Durchfchnitt wahr. Wir können uus von solchen Anomalien nicht immer genügende Rechenschaft geben, weil uns die mannigfachen Elemente nicht genügend bekannt sind, welche den Gleichgewichtszustand der Atmosphäre bedingen.

Dass ein hoher Barometerstand im Allgemeinen heiteres Wetter, ein tiefer

aber trübes Wetter anzeigt, ist auch nur sür folche Orte wahr, an welchen die

warmen Winde zugleich die Regen bringenden sind.

An dem Ausflufse des La-

Plata-Stromes z. B. sind die kalten Südostwinde, welche vom Meere her wehen und das Barometer steigen machen, die Regenwinde, die warmen Rordwestwinde aber, bei welchen das Barometer sinkt, sind trockne Landwinde und bringen heiteres Wetter. Dem Umstande, dass hier der Regen durch kalte Winde gebracht wird, ist die geringere Regenmenge dieser Gegenden zuzuschreiben, während

nnter gleicher Breite an den Westküsten von Südamerika sehr viel Regen fällt, indem hier der warnte Rordwestwind zugleich ein Seewind ist. Entstehung der Winde. Wie bei dem auf S. 463 beschriebenen 301 Berfnch im Kleinen die ungleiche Erwärmung der beiden Räume Luftströmungen veranlasst, so ist auch die ungleiche stets wechselnde Erwärmung der Erdoberstäche und des über ihr schwebenden Luftmeeres die Ursache der Luftströmungen, die wir Winde nennen. Auch im Grossen steht man die Luft iu den stärker erwärmten Gegenden aufsteigen und in der Höhe nach den kälteren absliessen, während unten die Luft von den kälteren Gegenden den wärmeren zuströmt. Ein einfaches Beispiel geben uns die Land- und Seewinde, welche man häufig an den Meeresküsten, namentlich aber auf denInselnwahrnimmt. Einige Stunden nach Sonnenaufgang erhebt fich ein von dem Meere nach der Küste gerichteter Wind, der Seewind, weil das feste Land unter dem Einflüsse der Sonnenstrahlen stärker erwärmt wird als das Meer; über dem Lande steigt die Luft in die Höhe und fliesst oben nach dem Meere hin ab, während unten die Luft vom Meere gegen die Küsten strömt. Tiefer Seewind ist anfangs fchwach und nur an den Küsten felbst fühlbar,späternimmt er zu und zeigt fich dann auch auf dem Meere fchon in grösserer Entfernung von der Küste; zwifchen 2 und 3 Uhr Rachnüttags wird er amstärksten,nimmt dann wieder ab, und gegen Untergang der Sonne tritt eine Windstille ein. Run erkalten Land und Meer durch die Wärmestrahlung gegen den Himmelsraum, das Land erkaltet aber rafcher als das Meer, und nun strömt die Luft in den unteren Regionen vom Lande nach dem Meere, während in den oberen Luftregionen eine entgegengefetzte Strömung stattfindet. Zu den Ursachen, welche Luftströmungen, ja die heftigsten Stürme erzeugen können, ist auch eine fchnelle Condenfation des atmosphärischen Wafferdampfes zu zählen. Wenn man bedenkt, welch eine ungeheure Waffermaffe während eines Platzregens in wenigen Minuten zur Crde fällt, welch ungeheures Bolu?

554

Tie Atmosphäre, ihr Druck und ihre Strömungen,

men dieses Waffer eingenommen haben muss, als es noch in Dampfgestalt in der Atmofphäre schwebte, so ist klar, dass durch die rasche Eoudensation dieser

Wasserdämpse eine bedeutende Lustverdünnung bewirkt wird und dass die Lnst von allen Seiten her mit Gewalt in den verdünnten Rannt eindringen muss, um so mehr, als da, wo die Eoudensation der Wasserdämpsestattfindet,die Temperatur der Lust durch die freiwerdende Wärme erhöht und dadurch ein kräftig aufsteigender Suststrom erzengt wird. Oftstehtman die Wolken in anderer Richtnng ziehen, als die ist, welche die Windfahnen zeigen, und oft ziehen die höheren Wolken in anderer Richtnng als die tiefer schwebenden, woraus hervorgeht, dass in verschiedenen Höhen Lnftstramungen nach vermiedener Richtnng stattfinden. 302

Passatwinde und Moussons. Als Columbus auf feiner Entdeckungsreife nach Amerika feine Schiffe dnrch einen beständigen Ostwind sort* getrieben sah, wnrden seine Gesährlen mit Schrecken erfüllt, weil sie fürchteten, nimmer nach Europa zurückkehren zn können. Tiefer in den Tropen beständig von Osten nach Westen wehende Wind, welcher sosehrdas Erstannen der ersten Seefahrer des 15. Jahrhunderls erregte, ist der -ßassatwind. Tie Schisser benutzen diesen Wind, um von Enropa nach Amerika zu segeln,indemsie von Madeira aus südlich bis in die Rähe des Wendekreisessteuern1,wo sie dann dnrch den 'Passat nach Westen getrieben werden. Diese Reise ist so sicher nnd die Arbeit der Matrosen dabei so gering, dass die spanischen Seelente diesen Theil des atlantischen Oceans den Frauengols (e1 golfo de las Darnas) nannten. Auch in der Südsee weht dieser Wind; die spanischen Schisser Hessen sich dnrch ihn in gerader Linie von Acapnlco nach Manilla treiben. i m atlantischen Ocean erstreckt sich der "Passatwiud bis zum 29., im grossen Ocean nur bis zum 25. Grade nördlicher Breite. In der nördlichen Halste der heissen Zone ist die Richtnng des 'Passatwindes eine nordöstliche; je mehr er sich aber dem Aeqnator nähert, desto mehr wird seine Richtnng rein östlich. Tie Gränze des 'Passats ist in der südlichen Halbkugel weniger genan bestimmt, dort aber hat der "Passat eine südöstliche Richtnng, die mehr uud mehr östlich wird, je weiter er gegen den Aeqnator vordringt. Diese Winde wehen rnnd nm die ganze Erde, doch sind sie in der Regel erst 50 Meilen weit vom festen Lande entfchieden merklich. Da, wo der Rordostpasfat der nördlichen und der Südostpasfat der südlichen Hemisphäre zufammentreffen, combiniren fie fich zn einem rein östlichen Winde, der aber unmerklich wird, weil die horizontale Bewegung der durch die Intenfität der Sonnenstrahlen stark erwärmten und deshalb mächtig aufsteigenden Luft eben durch diese verticale Bewegung neutralists wird. Es würde in diesen Gegenden eine sast vollkommene Windstille herrschen, wenn nicht die hestigert Stürme, welche die sast täglich unter Donner und Blitz stattfindenden Regengüfse begleiten, die Ruhe der Atmofphäre störten und das Wehen sanfter regelmässiger Winde unmöglich machten.

^afsatwinde und Monffons.

555

Diese Zone, welche die Paffatwinde der beiden Hemisphären trennt, ist die R e g i o n de r C a l m e n . D a s Kärtchen Fig. 5 4 5 dient dazu, die Gegenden zu zeigen, i n welchen die passatwinde herrschen. Di e M i t t e de r Region de r Calmen, welch e i m DurchO tl °

— O

=Sl

schnitt eine Breite von 6 ° hat, sällt nicht, wie man wohl erwarten sollte, mit dem Aequator zusammen, sondern sie liegt nördlich von demselben. Während

556

Tie

Atmofphöre, ihr Druck und ihre Strömungen.

unserer Sommermonat e is t be r Gürte l de r Ealme n breiter , und sein e nördlich e

Granze entfernt sich mehr vom Aequator, während die südliche Gränzestchnur wenig ändert.

Die Urfache davon, dass die Region der Ealmen anf der nördlichen Hemifphäre liegt, ist wohl in der Eonsiguration der Eontinente zu suchen. Die Passatwinde lassenstchleicht erklären. Die Luft, welche in den Aequatorialgegenden stark erwärmt iu die Höhe steigt, erhebt sich über die kälteren Lustmassen zu beiden Seiten undströmtoben nach den Polen hin ab, während nnten die Lust von den "Polen her dem Aequator zusliesst.

Wenn die Erde keine

Axendrehung hätte, so würde der ^ßassatwind anf der nordlichen Halbkugel gerade von Rorden nach Süden, auf der südlichen Hemisphäre aber in entgegengesetzter Richtnng wehen. Run aber dreht sich die Erde von Westen nach Osten,

nnd das Luftmeer, welches sie umgiebt, theilt die Rotationsbewegung. Je nähe r ei n O r t de r Erdoberfläche den Polen liegt , desto langsamer wir d

er sich in dem während 24 Stunden zu beschreibenden Kreise fortbewegen, weil diefer Kreis um fo kleiner ist, je weiter manstchvom Aequator entfernt. Demnach ist anch die Rotationsgeschwindigkeit der über der Erde rnhenden Sustmasse in der Rähe der Pole geringer als am Aequator; wenn nnn eine Luftmafse aus höheren Breiten dem Aequator zugeführt wird, so langtstemit geringerer Rotationsgefchwindigkeit über Ländern an, welchestchfchneller von Westen nach Osten bewegen; in Beziehung anf diefen unter ihr stch forlbewegenden Boden hatstealfo eine Bewegung von Osten nach Westen. Diese Bewegung combinirt sich mit der gegen den Aequator hin fortschreitenden Bewegung auf der nördlichen Halbkugel zu einem Rord-, auf der südlichen aber zu einem Südostwinde. Die in den Aeqnatorialgegenden aufsteigende Luftfliesstin der Höhe nach beiden Seiten hin ab, um stch nach den Polen hin zu ergiessen.

Die Richtung

tiefes oberen Paffats ist natürlich der des unteren gerade entgegengesetzt, sie ist in der nördlichen Halbkugel eine südwestliche, in der südlichen Halbkugel eine nordwestliche.

Dass iu den oberen Lustregionen wirklich ein "Passat weht, welcher dem unteren entgegengesetzt ist, lässt sich durch Thatsachen beweisen; so wurde z. B. am 25. Februar 1835 bei einem Ausbruche des Vulcans von Cosiguina im Staate Guatemala die Asche bis in die Hohe des oberen Passats geschleudert, der sie in südwestlicher Richtung fortführte, fo dass ste auf der Insel Jamaica niederste!, obgleich in den unteren Regionen der Rordostpafsat herrschte. In grösserer Entfernung vom Aequatorsenktfich der obere Passat mehr und mehr gegen die Erdoberstäche. Auf dem Gipfel des Piks von Teneriffa herrschen sast immer Westwinde, während am Meeresspiegel der untere "Passat weht. InindischenOcean ist die Regelmässigkeit der Passatwinde durch die Eonfiguration der Ländermaffett, welche dieses Meer umgeben, namentlich aber durch den afiatifchen Continent, gestört. In füdlicheu Theile des indischen Oceans, zwischen Reuholland und Madagaskar, herrscht noch das ganze Jahr hindurch der Südostpassat, in dem nördlichen Theile dieses Meeres aber weht während der einen Hälfte des Jahres ein beständiger Südwest-, während der anderen

Winde in höheren Breiten.

Hälfte des Jahres ein beständiger Rordostwind.

557

Diese regelmässig abwech-

selnden Winde werden Moussons genannt.

Der Südwestwind weht vom April bis zum October, während der Übrigen Monate desJahresweht der Rordostwind. Während i n de n Wintermonate n de r asiatische Continent erkaltet, di e Sonne

aber in den südlicheren Gegenden eine grossere Wärme erzeugt, muss natürlich ein

Nordostpassat von dem kälteren Asien nach den heisseren Gegenden wehen.

In

dieser Zeit ist anch im indischen Ocean der Nordostpassat von dem Südostpassat

durch di e Region de r Calmen getrennt.

Während des Sommers wird das Wehen des SÜdostpassates zwischen Renholland nnd Madagaskar nicht gestört, in den nördlichen Theilen des indischen Oceans aber, in welchen im Winter ein Rordostwind geherrscht hatte, wird dieser in einen Südwestwind verwandelt, weil sich nun der asiatische Continent sehr stark erwärmt nnd also eine Luftströmung nach Rorden hin veranlasst, welche durch die Rotation der Erde in einen Südwestwind verwandelt wird. Winde in höheren Breiten. Der obere Passat, welcher die Luft 303 von den Aequatorialgegenden zurückführt, senkt sich, wie fchon erwähnt wurde, immer mehr und erreicht endlich als Südwestwind den Boden; ausserhalb der Region der Passatwinde gehen daher die beiden Luftströmungen, welche die Lnft von den Polen znm Aequator und vom Aequator zurück nach den Polen führen, nicht mehr über einander, sondern neben einander her,stestreben einander gegenseitig zn verdrängen; bald erlangt der Südwest, bald der Nordost die Oberhand, und bei dem Uebergange ans einer dieser Windrichtungen in eine andere sehen wir die Zwischenwinde nach allen Richtungen der Windrose wehen. Obgleich auch in höheren Breiten Südwest nud Rordost die herrschenden Winde sind, sostndetzwischen ihnen doch keine so regelmässige periodische Abwechselnng Statt wie bei den Monssons im indischen Oceane. Die folgende Tabelle giebt die Hänsigkeit der Winde in verschiedenen Län-

dern an; sie giebt nämlich an, wie oft im Durchschnitt unter je 1000 Tagen ein jeder der acht Hauptwinde weht.

R.

Länder.

England

. . . .

91.D.

©.

S.D.

S.

S.W.

W.

N.W.

82

111

99

81

111

225

171

120

140

84

76

117

192

155

110

.

.

.

126

Deutschland.

.

.

84

98

119

87

97

185

198

131

Dänemark

.

.

65

98

100

129

92

198

161

156

Schweden

. . . .

102

104

80

110

128

210

159

106

Russland

. . . .

99

191

81

130

98

143

166

192

96

116

49

108

123

197

101

210

Frankreich

.

Nordamerika

. .

558

304

Tie

Atmofphöre, ihr Druck und ihre Strömungen.

Gesetz der Winddrehung. Obgleic h be i eine r oberflächlichen Betrachtung in unseren Gegenden die Aenderungen tn der Windrichtuug ganz regellos zu fein fcheinen, fo haben doch aufmerkfamere Beobachter fchon lange die Bemerkung gemacht, dass die Winde in der Regel in folgender Ordnung anf einander folgen:

S, SW, W, NWi N, NO, 0, SO, S.

Am regelmässigen lässt sich diefe Drehung des Windes während des Winters beobachten; die mit diesem Umfchlagen znfammenhängenden Veränderungen des Barometers nnd des Thermometers hat Dove sehr fchon mit folgenden Worten gefchildert: „Wenn der Südwest, immer heftiger wehend, endlich vollkommen dnrchgedrungen ist, erhöht er die Temperatnr über den Gefrierpunkt, es kann daher nicht mehr fchneien, fondern es regnet, während das Barometer feinen niedrigsten Stand erreicht.

Rnn dreht sich der Wind nach West, nnd der dichte

Flockenfchnee beweist ebenfo gnt den einfallenden kälteren Wind als das rafch steigende Barometer, die Windfahne nnd das Thermometer. M i t Rord heitert

der Himmel sich anf, mit Rord ost tritt das Maximnm der Kälte nnd des Barometers ein. Aber allmälig beginnt dieses zn fallen, nnd feine Eirri zeigen dnrch die Richtnng ihres Entstehens den oben eingetretenen fitdlicheren Wind, den das Barometer fchon bemerkt, wenn anch die Windfahne nichts davon weiss nnd noch ruhig Ost zeigt. Doch immer bestimmter verdrängt der füdliche Wind den Ost von oben herab, bei entfchiedenem Fallen des Oneckstlbers wird die Windfahne SO, der Himmel bezieht fich allmälig immer mehr, und mit steigender Wärme verwandelt sich der bei SO nnd S fallende Schnee bei SW wieder in Regen. Rnn geht es von Neuem an, nnd höchstcharakteristifchist der Niederfchlag anf der Ostseite von dem anf der Westfeite gewohnlich dnrch eine knrze Anfhellnng getrennt."

Nicht immer lässt fich die Drehnng des Windes fo rein beobachten, wie es

eben angeführt wurde, indem hänfig ein Znrückfpringen des Windes stattfindet; ein folches Znrückfpringen wird aber weit hänsiger ans der Westfeite der Wind* rose beobachtet als anf der Ostfeite. Eine vollständige Umdrehung des Windes in entgegengefetzter Richtnng, nämlich von S nach 0, N, W, wird in Enropa höchstseltenbeobachtet. Die Erklärung dieses Gesetzes ergiebt fich durch die Verallgemeinerung der Erklärung der Pafsatwinde. Wird die Lust durch irgend eine Ursache von den Polen nach dem Aequator getrieben, so kommtstevon Orten, deren Rotationsgeschwindigkeit geringer ist, an andere Orte, welche eine grossere Rotationsgeschwindigkeit besitzen; ihre Bewegung erhält dadurch eine ostliche Richtung, wie wir schon beim Passatwinde gesehen haben. Auf der nordlichen Halbkugel gehen deshalb die Winde, welche als Rordwinde entstehen, bei ihrem allmäligen Fortrücken durch NO in 0 über, ist auf diefe Weife ein Ostwind entstanden, fo wird dieser, wenn die Urfache fortdauert, welche die Luft nach dem Aequator hintreibt, hemmend auf den Po-

Stürme.

559

larstrom wirken, die Lnst wird die Rotationsgefchwindigkeit des Ortes annehmen, über welchem sie sich befindet, und wenn nnn die Tendenz, nach dem Aeqnator

zuströmen,immer noch fortdauert, so springt der Wind nach Rorden zurück und dieselbe Reihe von Crscheinnngen wiederholt sich. Wenn aber, nachdem die 'Polarströme eine Zeitlang geherrscht haben und

die Windrichtung östlich geworden ist, Aequatorialstrame eintreten, so wird der Ostwind durch Südost nach Süd umschlagen. Wenn die Luft von Süden nach Rorden fortströmt, so gelangt sie mit der grösseren Rotationsgeschwindigkeit derjenigen 'Parallelkreise, welche dem Aeqnator näher liegen, an Orte, welche eine geringe Rotationsgeschwindigkeit haben; sie wird also der von Westen nach3 Osten rotirenden Erdoberfläche mit noch grösserer Rotationsgeschwindigkeit gleich

sam voraneilen, die südliche Windrichtung wird allmälig südwestlich und dann ganz westlich werden müssen. Bei sortdauernder Tendenz der Lnst, nach dem Pole zu strömen, wird der Wind alsbald' wieder nach Süd zurückspringen, gerade so, wie der Ost nach Rorden zurückspringt; wenn aber die Aequatorialstramung durch eine Polarströmung verdrangt wird, so schlägt der Westwind dnrch Nord* west nach Norden um. Auf der füdlichen Halbkugel muss der Wind in entgegengesetzter Richtung umschlagen. Wo in den Tropen die Passatwinde wehen, giebt es an der Erdoberfläche selbst gar keine vollständige Drehung, die Richtung des Passats wird nur bei seinem Bordringen immer mehr östlich. In der Region der Moussons findet im Lause eines ganzenJahresnur eine einzige Drehung Statt. Man sieht also, dass die Windverhältnisse der Tropen der einfachste Fall des Drehungsgesetzes sind. Stürme. Die Stürme sind Folgen einer bedeutenden Störung im Gleich- 305 gewichte der Atmosphäre, und höchst wahrfcheinlich rührt diese Störung von einer raschen Eondensation der Wasserdämpfe her, wie dies schon oben angedeutet wurde. Reuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Stürme meistens als grosse fortschreitende Wirbel zu betrachten sind. In den Tropen wüthen die Stürme ungleich heftiger als in höheren Breiten; die Zerstörungen der Orkane, welche man in Amerika mit dem Ramen der Tornados bezeichnet,sindwahrhast fürchterlich. So wurden z. B. durch den Sturm, welcher am 26. Inli 1825 Guadalupe verwüstete, folid gebaute Häuser umgeriffen; Kanonen wurden bis zur Brüstung der Batterie, auf welcher fie standen, sortgefchleuderl, ein Brett von ungefähr 3 Fuss Länge, 8 Zoll Breite und 10 Linien Ticke wurde mit solcher Geschwindigkeit durch die Luft gejagt, dass es den Stamm eines Palmbaumes, welcher ungefähr 17 Zoll im Durchmefser hatte, durch und durch bohrte. Oftsiehtman bei ruhigem Wetter, wie Sand und Staub durch den Wind in wirbelnder Bewegung fortgeführt werden. Bei herannahenden Gewittern sieht man fchon grössere Luftwirbel der Art, welche Staub, Blätter, Stroh u. fr w. mit in die Höhe nehmen. Die Tromben sind nichts anderes als folche Wir-

560

Tie Atmofphäre, ihr Truck und ihre Strömungen.

bel in grösserem Massstabe; sie werden in der Regel durch den Kampf zweier

in den oberen Lnftregionen in entgegengesetzter Richtnng wehender Winde er-

zengt.

Sie bilden gewöhnlich einen Doppelkegel; der obere Theil deffelben,

deffen Spitze herabgesenkt ist, besteht aus einer Wolkenmasse, während der nntere

Kegel, dessen Spitze nach oben gerichtet ist, ans Wasser besteht, wenn das Meteor anf dem Meere oder über Seen und Flüffen fich bildet, oder aus Saud und

sonstigen festen Körpern, wenn die Trombe über das Land herzieht. Tromben Fig. 546.

sind im Stande, Bäume zu entwurzeln, Hänfer abzudecken, Balken mehrere

hundert Schritte weit fortzuschleudern u. st w. Tie Wasserlromben find unter dem Namen der Wasserhosen bekannt. Fig. 546 stellt eine im Jahre 1858 in der Rähe von Königswinter beobachtete Wasserhose dar.

Drittes Capitel

.

Von der atmosphärischen Feuchtigkeit.

Verbreitung des Wasserdampfes in der Luft. Wenn man an einem heißen Sommertage eine mit Wasser gefüllte Schale ins Freie stellt, so sieht man die Quantität des Wassers rasch abnehmen, es verdunstet, das heißt

es geht in Dampfgestalt über und verbreitet sich in der Luft. Der Wasserdampf ist wie jedes andere farblose durchsichtige G a s für unsere Blicke unsichtbar, das Wasser scheint, indem es verdunstet, gänzlich verschwunden zu fein. Das in der Lnft verbreitete Wafser wird erst wieder sichtbar, wenn es, in

seinenstüfstgenZustand zurückkehrend. Rebel oder Wolken, Than oder Reif bildet.

Wenn man sich von der Existenz des Wasserdampfes in der Lnft überzengeu will, muss mau ihu auf irgend eiue Weife verdichte.

Gauz unmittelbar erhält mau die Meuge des iu eiuem bestimmten Voln-

men Luft euthalteueu Wasserdampfes, weuu mau die Luft durch eiu mit hygra-

fkopifchen Substauzeu gefülltes Rohr saugt. Um ein regelmässiges Dnrchstreichen der Lnft dnrch das Absorptionsrohr zn bewirken, wendet man einen A s p i -

rat or an.

Es ist dies im Wesentlichen ein bis anf zwei Oeffnnngen ver-

fchloffenes mit Wafser gefülltes Gefäss; ans der einen Oeffnnng fliesst dnrch ein Rohr beständig Waster ab; die andere Oeffnnug ist mit dem Absorptionsrohre

in Verbindung, fo dass hier eine dem ansfliessenden Wafser gleiche Menge getrockneter Luft eintritt. Wie viel Wafferdampf in der durch das Abforptionsrahr gesaugten Luftmenge enthalten war, ergiebt fich, wenn man dies Rohr vor und nach dem Versuche wägt. Diese Bestimmungsweise des Wassergehaltes der Luft mit dem Aspirator, dem man verschiedene, bald mehr, bald weniger zweckmässige Formen gegeben hat, ist allerdings etwas umständlich und giebt auch nicht den Wassergehalt der Lust in einem bestimmten Momente, sondern den mittleren Wassergehalt während der ganzen Dauer des Versuches; man hat deshalb kleinere, leichter transW liner's Mnrndrii! der ^Irnfif.

3(5

562

Bon der atmosphärischen Feuchtigkeit,

portable Apparate constrnirt, welche nnter dem Ramen der Hygrometer bekannt sind.

Es ist bekannt, dass viele organische Körper die Eigenschaft haben, Wasserdampf zu abforbiren und sich dabei verhältnissmässig zn verlängern. Unter an-

deren sind anch Haare, Fifchbein u. f. w. folche hygrofkopifche Körper, nnd man benutzte sie deshalb znr Construction von Hygrometern. Das beste instrument der Art ist das von Saussure angegebene Haarhygrometer, welches Fig.

547 abgebildet ist. Fig. 547.

Das Haar ist mit seinem oberen Ende an einem Zängelchen d befestigt, das andere Ende aber ist nm eine

mit zwei Rinnen versehene Rolle gefchlnngen, während

in der anderen Rinne um die Rolle ein Seidenfaden gefchlnngen ist, an welchem ein kleines Gewicht p hängt, dnrch welches das Haar beständig gespannt erhalten wird.

An der Axe der Rolle ist ein Zeiger befestigt, welcher

an einem Gradbogen hin- und hergeht, wenn die Rolle

durch die Verlängerung oder Verkürzung des Haares gedreht wird .

Wenn fich dasInstrumentin senchter Lust befindet, fo abforbirt das Haar viel Wafferdampf nnd wird dadurch länger, in trockener Lnft aber verkürzt es fich, wodurch natürlich der Zeiger bald nach der einen, bald nach der anderen Seite gedreht wird.

Die Gradnirung desInstrumenteswird anf folgende Weife bewerkstelligt. Znerst bringt man das Instrument uuter eine Glocke, deren innerer Raum dnrch Ehlorcalcium oder durch Schwefelfäure ausgetrocknet wird. Die Stelle der Scala, anf welcher fich der Zeiger unter diesen Verhältniffen feststellt, ist der ^unkt der grüssten Trockenheit, er wird mit 0 bezeichnet. Run bringt man das instrument unter eine Glocke, deren Wände mit Wasser befeuchtet find,' während auch auf dem Boden, auf welchem die Glocke steht, Wafser ausgebreitet ist. Ter Raum unter der Glocke fättigt sich bald mit Wafferdampf, und der Zeiger geht nach dem anderen Ende der Scala hin. Der Punkt, wo er fich jetzt feststellt, ist der $unkt der grassten Feuchtigkeit, er wird mit 100 bezeichnet. Der Zwifchenranm zwifchen diesen beiden "Punkten wird in 100 gleiche Theile getheilt, welche man Feuchtigkeitsgrade nennt. Die Beziehungen zwifchen diefen Graden auf den Waffergehalt der Luft müffen an jedemInstrumentedurch Verfuche ermittelt werden, die wir nicht näher betrachten können. 307

Daniell's Hygrometer ist Fig. 548 dargestellt; es besteht aus einer gekrümmten Röhre, welche mit zwei Kugeln endigt; die eine, a, ist entweder vergoldet oder mit einer ganz dünnen glänzenden Platinschicht überzogen, die andere

Danielle Hygrometer.

563

ist mit einem Läppchen seiner Leinwand umwickelt. Die Kugel a ist zur Hälfte mit Aether gefüllt und enthält ein kleines Thermometer, deffen Theilnng in die 548

'

Q

Röhre t hineinragt. De r Appara t is t

vollkommen luftleer. Wenn mau nun Aether auf die Kugel b tröpfelt, fo wird fie durch die Berdampfung des Aethers erkaltet, im Innern derfelben werden Aetherdämpfe condenfirt und dadurch eine Verdampfung des Aethers in der Kugel a bewirkt, indem gewiffermassen der Aether aus der wärmeren Kugel a in die kältere b überdestillirt. Bei der Dampfbildung in der Kugel a wird aber ebenfalls Wärme gebunden, fie erkaltet und befchlägt fich endlich mit einem zarten Thau. Die Cntstehung dieses Thaues lässt fich leicht erklären. Wir haben fchon oben gesehen, dass im leeren Raume die Spannkraft des Wafferdampfes für eine

bestimmte Temperatur eine gewisse Gränze nicht übersteigen kann, dass aber das

Maximum der Spannkraft mit der Temperatur steigt. Für eine Temperatur von 20° z. B. ist das Maximnm der Spannkraft des Wafferdampfes 17,4

Millimeter und die entsprechende Dichtigkeit des Wafserdampfes 0,0000173; in einem lnftleeren Raunte von 1 Cubikmeter können alfo bei einer Temperatnr von 20° höchstens 17,3 Gramm Wasser als Tampf enthalten fem. Wir haben ferner gesehen, dass in einem lnfterfüllten Ranme gerade ebenfo viel Wafserdampf enthalten fein kann als in einem gleich grossen luftleeren Raume, uud dass fich in diesem Falle die Spannkraft der Lnft und die Spannkraft des in ihr verbreiteten Wafserdampfes fnmmiren. Bei einer Temperatnr von 20° können alfo in einem Cnbikmeter Luft ebenfalls 17,3 Gramm Waffer als Tampf enthalten fein. Die Luft ist mit Wasserdampf gefättigt, wenn der in ihr verbreitete Wafserdampf das ihrer Temperatnr entsprechende Maximnm der Spannkraft

und Tichtigkeit erreicht hat.

Bringt man in eine mit Feuchtigkeit gefättigte Luft einen kälteren Körper, fo wird diefer die nächsten Luftfchichten erkalten, ein Theil des in ihnen enthal-

tenen Wafferdampfes wird fich verdichten müfsen und fetzt fich in Form von feinen Tröpfchen an den kalten Körper an. Auf diese Weife bildet fich der Befchlag an den Fensterscheiben in einem bewohnten erwärmten Zimmer, wenn die Temperatur der äusseren Lnft niedrig genug ist, um die Fensterfcheiben hinlänglich zu erkalten. Selten ist die Lnft mit Feuchtigkeit gefättigt, d. h. meist ist in dersclben nicht ganz fo viel Wafserdampf enthalten, als fie bei ihrer Temperatur 36*

564

Bon der atmosphärischen Feuchtigkeit,

aufnehmen könnte. Rehmen wir z. B. an, jedes Enbikmeter Lnft enthielte bei

einer Temperatnr von 20° nnr 13 Gramm Wasserdampf, so ist ste nicht ge--

fättigt; denn bei dieser Temperatnr könnte ja jedes Enbikmeter Lnft 17,3 Gramm Wafserdampf enthalten.

Die Temperatnr, für welche eben die Verdichtung des Wasserdampfes beginnt, die Temperatur alfo, für welche die Luft gerade mit Wafserdampf gefättigt ist, heisst der Thanpunkt. Der Thanpunk t is t e s nuu , welche n ma n a m Danielrsche n Hygromete r

beobachtet; sobald nämlich die Kngel a bis zur Temperatnr des Thanpnnktes erkaltet ist, fängt die Kugel an fich zn beschlagen, die Temperatnr des Thanpunkles liest man unmittelbar an dem in die Flüssigkeit der Kngel a hineinragenden Thermometer ab. Wenn man nnn eine Tabelle znr Hand nimmt, in welcher man das Maximnm des Wassergehaltes in einem Rannte von 1 Enbikmeter für jeden einzelnen Temperaturgrad angegeben findet, so kann man in einer solchen Tabelle sogleich finden, welches der dem beobachteten Thaupnnkt entsprechende Wassergehalt der Lnft ist. 308

A u g u s t ' s P s y c h r o m e t e r ist Fig. 549 dargestellt; es besteht ans zwei an einem nnd demselben Gestelle befestigten Thermometern; die Kugel des einen ist mit einem feinen LeinwandläppFig. 549 . chen umgeben, während die Kugel des auderen frei bleibt; wenn man dieHiilleder einen Thermometerkugel mit Wafser befeuchtet, fo wird das Wasser verdunsten, und zwar wird die Verdunstung um so

rascher vor sich gehen, je weiter die Lnft von ihrem Sättigungspunkte entfernt ist. Die Verdnnstnng des Wassers ist aber von einer Wärmebindnlig begleitet, in Folge deren das umwickelte Thermometer sinkt. Wenn die Lnst vollkommen mit Feuchtigkeit gesättigt ist, so wird kein Wasser verdampfen können, die beiden Thermometer stehen alsdann gleich hoch; ist aber die Lnft nicht mit Wafserdampf gesättigt, so wird das umwickelte Therniometer sinken, nnd zwar um so tiefer, je weiter die Llift von ihrem Sättigungs* piinkte entfernt ist. Ans der Temperatur* difsereuz der beiden Thermometer kann man anf den Fenchtigkeitsznstand der Luft schliesseii.

Tägliche und jährliche Variationen im Wassergehalte der Lust.

565

Tägliche und jährliche Variationen im Wassergehalte 309 der Luft. Da bei hoher Temperatur mehr Wasserdampf in der Luft verbreitet sein kann, da mitsteigenderWärme das Wasser an der Oberstäche der Gewässer und vom feuchten Boden mehr und mehr verdunstet, so lässt sich wohl erwarten, dass der Wafsergehalt der Lust im Lause eiues Tages ab- und zunehmen wird. Durch Versuche mit den oben beschriebenenInstrumentenhat man ermittelt, dassstchim Allgemeinen die Menge des Wasserdampfes in der Lnft ver-

mehrt, wenn von Sonnenaufgang an die Temperatursteigt;jedoch danerl dies nnr bis 9 Uhr, wo ein dnrch die starke Erwärmung des Bodens veranlasster aufwärtssteigender Luftstram die Dämpfe mit in die Höhe nimmt, fo dass der Wafsergehalt der unteren Lustschichten geringer wird, obgleich bei immer zunehmender Wärme die Bildung der Dämpsefortdauert.Diese Abnahme dauert bis gegen 4 Uhr; jetzt nimmt der Wassergehalt der unteren Lustschichten wieder zu, weil nun die nach oben gerichtete Luftströmung aufhört denstchbildenden Wafferdampf wegzuführen; jedoch dauert diese Zunahme nur bis gegen 9 Uhr Abends, weil nun die immer mehrstnkendeTemperatur der Luft der ferneren Dampfbildung eine Gränze setzt. 3m Winter, wo die Wirkung der Sonne weniger intensiv ist, verhält sich die Sache anders; im Januar beobachtete man nur ein Maximum des Wassergehaltes der Lust um 2 Uhr Rachmittags und ein Minimum zur Zeit des Sonnenausgangs. Wir sagen: „die Lust ist trocken," wenn das Wasser rasch verdunstet und wenn befeuchtete Gegenstände durch dieses rasche Verdunsten schnell trocken werden; dagegen sagen wir: „die Lust ist seucht," wenn befeuchtete Gegenstände an der Lust nur langsam oder gar nicht trocknen, wenn die geringste TemperatureruiedriguugfruchteRiederschläge bewirkt, und wenn etwas kältere Gegenstände sich mit Feuchtigkeit überziehen. Wir nennen also die Lust trocken, wenn sie weit von ihrem Sättigungspunkte entfernt ist, seucht dagegen, wenn der Thaupunkt der Temperatur der Lust sehr nahe liegt; mit diesem Urlheile über die Trockenheit oder Feuchtigkeit der Lust verbinden wir also durchaus kein Urlheil über den absoluten Wassergehalt der Lust. Wenn an einem heissen Sommertage bei einer Temperatur von! 25° E. jedes Cubikmeter Lust 13 Gramm Wasserdampf enthält, so sagen wir, die Lust sei sehr trocken; denn bei dieser Temperatur könnte jedes Cubikmeter Lust 22,5 Gramm Wasserdamps enthalten, oder die Lnst müsste bis aus 15° erkaltet werden, um bei unverändertem Wassergehalte gesättigt zu sein. Wenn dagegen im Winter bei einer Temperatur von + 2 ° jedes Cubikmeter Lust nur 6 Gramm Wasserdamps enthäft, so ist die Lust sehr seucht, weil die Lust für die herrschende Temperatur beinahe vollständig mit Wasserdamps gesättigt ist und die geringste Temperaturermedrigung schon einen Riederschlag zur Folge hat. In diesem Sinne können wir sagen, dass zur Zeit des Sonnenaufgangs die Luft am feuchtesten ist, obgleich der absolute Wassergehalt geringer ist als

566

Bon der atmosphärischen Feuchtigkeit,

zn jeder anderen Tageszeit. Gegen 3 Uhr Rachmittags ist im Sommer die Lnft am trockensten.

Der absolnte Wassergehalt der Lnst ist wie die mittlere Lnsttemperatnr int

Januar ein Minimum; er nimmt bis zum Inli zu, wo er sein Maximum erreicht, dann aber nimmt er wieder ab bis zum Ende des Jahres. Obgleich nun der Wassergehalt der Luft im Sommer grösser ist als im Winter, so sagt man doch, die Lust sei im Sommer trockener, weil sie im Sommer durchfchnittlich weiter von ihrem Sättigungspunkte entfernt ist. 310

Feuchtigkeit der Luft in verschiedenen Gegenden. Die Bildung des Wafferdampfes ist vorzugsweise von zwei Bedingungen abhängig, nämlich von der Temperatur und von der Gegenwart von Waffer. Bei einem unbegränzten Wafservorrathe werden sich um so mehr Wasserdämpfe bilden, je höher die Temperatur ist; bei gleicher Temperatur aber werden sich in wasserreichen Gegenden mehr Dämpfe bilden können als in wasserarmen. Daraus folgt nun, dass der absolute Wassergehalt der Lust unter sonst gleichen Umständen von dem ^equator nach den Polen hin abnehmen muss, und dass sie im inneren der grossen Eontinente trockener, d. h. weiter von ihrem Sättigungspunkte entfernt ist, als auf dem Meere und an den Meeresküsten. Wiesehrdie Trockenheit der Lust mit der Entfernung vom Meere zunimmt, beweist schon die Heiterkeit des Himmels der Binnenländer.

311

Der Thau. Es ist oben, auf Seite 563, bemerkt worden, wie der seine Thau auf der glänzenden Kugel des Taniell'fchen Hygrometers entsteht, wenn diese Kugel erkaltet wird. Ebenfo erklärt sich die Thaubildung im Grossen. Wenn im Sommer nach Sonnenuntergang der Himmel heiter und die Luft ruhig bleibt, fo werden die vermiedenen Gegenstände auf der Erdoberfläche durch die nächtliche Strahlung gegen'den Himmelsraum mehr und mehr erkalten, ihre Temperatur finkt um 2, 3, ja manchmal um 7 bis 8° unter die Temperatur der Luft herab, die kalten Körper erniedrigen auch die Temperatur der sie zunächst umgebenden Luftschichten; und wenn diese bis zum Thaupunkte erkaltet sind, so wird sich ein Theil des in ihnen enthaltenen Wafserdampfes in Form von feinen Tröpfchen an die kalten Körper ansetzen. Da nicht alle Körper gleiches Wärmestrahlungsvermögen haben, fo erkalten auch einigestärkerals andere, und so kommt es, dass manche Körper stark mit Thau überzogen sind, während andere fast ganz trocken bleiben. Gras und Blätter erkalten befonders stark durch die nächtliche Strahlung, theils weil sie ein sehrstarkesStrahlungsvermögen besitzen, theils aber auch, weil sie srei in die Luft hineinragen, fo dass ihnen vom Boden aus nur wenig Wärme zugeleitet werden kann; man findet fie deshalb stärker bethaut als Steine und den nackten Boden. Eine Wolkendecke, welche den Himmel überzieht, hindert die Thaubildung, weil sie die nächtliche Strahlung hindert. Auch wenn ein nur etwas lebhafter Wind weht, thaut es nicht, weil er beständig von Reuem warme Luft mit den

Nebel und Wolken.

567

festen Körpern in Berührung bringt, wodurch diesen fortwährend Wärme zugeführt wird und die Luft an ihnen vorbeistreicht, ehe sie bis zum Thaupunkte erkaltet werden kann. Der Reif ist nichts Anderes als gefrorner Than. Wenn der Körper, an welchem fich der condenfirte Wafferdampf abfetzt, unter 0° erkaltet ist, so kann er sich nicht mehr in flüssiger Gestalt, sondern in Form von Eisnadeln absetzen. Nebel und Wolken. Wenn die Wasserdämpse, ans einem Topse 312 mit kochendem Wasser aussteigend, sich in der kälteren Lnst verbreiten, so werden sie alsbald verdichtet, es entsteht der Schwaden, welcher ans einer Menge kleiner hohler Wasserbläschen besteht, die in der Lnft schweben. Man nennt diese Schwaden anch öfters Tampf, doch ist es kein eigentlicher Tampf mehr, wenigstens kein Tampf im phystkalifchen Sinne des Wortes, denn es ist ja ein verdichtetes Waffergas. Wenn die Verdichtung der Wafferdämpfe nicht durch Berührung mit kalten festen Körpern, fondern durch die ganze Maffe der Luft hindurch vor stch geht, fo entstehen Rebel, welche im Grossen daffelbe find wie der Schwaden, den wir über kochendem Waffer fehen. Rebel entstehen jederzeit, wenn die mit Wafferdämpfen gesättigte Lust aus irgend eine Weise durch ihre ganze Masse hindurch nnter ihren Thaupunkt erkaltet wird, wenn also die mit Wasserdämpsen gesättigte Luft durch Windstromungen an kältere Orte hingeführt, oder wenn fie mit kälteren Luftwaffen gemengt wird.

Tie Wolken find nichts Anderes als Rebel, welche in den höheren Luftregionen fchweben, fowie denn Nebel nichts find als Wolken, welche auf dem Boden aufliegen. Oftstehtman die Gipfel der Berge in Wolken eingehüllt, während die Wanderer auf diesen Bergfpitzen fich mitten im Rebel bestnden. Auf den ersten Anblick fcheint es unbegreistich, wie die Wolken in der Luft fchweben können, da fie doch aus Bläschen bestehen, welche offenbar fchwerer find als die umgebende Luft. Ta das Gewicht diefer kleinen Wafserbläschen im Vergleich zu ihrer Oberstäche sehr gering ist, fo muss die Luft ihrem Falle einen bedeutenden Widerstand entgegenfetzen; fie können fich jedenfalls nur sehr langfam herabfenken, wie ja auch eine Seifenblase, welche überhaupt mit nnsereu Dunstbläschen eine grosse Aehnlichkeit hat, in ruhiger Lust nur langsam fällt. Somit müffen aber doch die Dunstbläschen, wenn auch noch fo langfam, sinken, und man sollte demnach meinen, dass bei ruhigem Wetter sich die Wolken doch endlich bis aus den Boden herabsenken müssten. Die bei ruhigem Wetter allerdings herabsinkenden Dunstbläschen können aber den Boden nicht erreichen, weil sie bald in wärmere, nicht mit Dämpfen gefättigte Luftfchichten gelangen, in welchen fie fich wieder in Dampf austöfen und dem Blicke entfchwinden; während fich aber unten die Dunstbläschen auflösen, werden an der oberen Gränze neue gebildet, und fo fcheint die Wolke nnbeweglich in der Luft zu fchweben. Wir haben eben die Dunstbläschen in ganz ruhiger Luft betrachtet, i n

568

Bon der atmosphärischen Feuchtigkeit,

bewegter Luft werden ste der Richtung der Luftströmung folgen müssen; ein Wind, welcherstchin horizontaler Richtung sortbewegt, wird die Wolken auch in horizontaler Richtung fortführen, und ein aufsteigender Luftstrom wird sie mit in die Höhe nehmen, sobald seine Geschwindigkeit grasser ist als die Geschwindigkeit, mit welcher die Dampsbläschen in ruhiger Lust herabfallen würden. Sehen wir ja doch auch, wie die Seifenblasen durch den Wind fortgeführt und über Häuser hinweggetragen werden. So erklärt sich denn auch durch die aussteigenden Lustströme das Steigen des Nebels. Das Ansehen der Wolken ist, je nachdem sie höher oder tieser schweben, je nachdem ste mehr oder weniger dicht, aus diese oder jene Weise beleuchtet sind u. st w., gar mannigfaltig. Howard hat unter den verschiedenen Wolken folgende Hauptarten unterschieden: 1 ) Die Federwolke, c i r r u s , besteht aussehrzarten, bald mehr streifigen, bald mehr locken- oder federarligen Fasern, welche nach schönem Wetter zuerst am Himmel erscheinen. In unserer Fig. 550 sieht manstein dem Eck oben rechts bis herunter, wo die zwei Vögel schweben. Bei trockenem Wetter sind die Federwolken mehr streifig, bei feuchtem mehr verwafchen. Fig. 550.

2) Die Haufenwolke, c u m u l u s , welche in unserer Figur gerade unter der Federwolke gezeichnet ist, bildet grosse halbkugelförnüge Masten, welche auf

Nebel und Wolken. horizontaler Basis zu ruhen scheinen.

569

Diese Wolken erscheinen vorzugsweise

im Sommer; manchmal thiirmen sich Haufenwolken zn malerischen Gruppen

zusammen und bieten dann, von der Sonne beschienen, den Anblick former Schnee-

gebirge. 3)

Die

unserer F i g n r

Schichtwolken,

stratus,

nnter den c u m u l u s ) ,

welche

sind

horizontale

Wolkenstreifen

(in

vorzugsweise bei S o n n e n u n t e r g a n g

mit ausserordentlicher Farbeupracht erscheinen. Diese

Howard

Grundformen

gehen

anf

hat diese U m g a n g s f o r m e n

mannigfaltige

Weife

durch die R a m e n

in

einander

cirro-cumulus,

Über; cirro-

s t r a t u s , c u m u l o - s t r a t u s n n d n i m b u s bezeichnet.

Die fedrige Haufenwolke, c i r r o - c u m u l u s , ist derUebergang der Federwolke zur Haufenwolke; es find die kleinen, weissen, runden Wölkchen, welche unter dem Ramen Schäfchen allgemein bekannt sind. Wenn die Federwolken nicht einzeln zerstreut, sondern zu Streisen von bedeutender Ausdehnung verbunden sind, so bilden ste die sedrigen Schichtwolken, c i r r o - s t r a t u s , welche, wenn sie nahe am Horizonte stehen, den Anblick ausgedehnter Schichten bieten; oft überziehen die c i r r o - s t r a t u s den ganzen Himmel mit einem Schleier. Wenn die Hausenwolken dichter werden, so gehen sie in die streifigen Haufenwolken, cumulo-stratus, über, welche oft den ganzen Horizont mit einem blaufchwarzen Farbentone überziehen, und endlich in die eigentliche Regenwolke, nimbus (in unserer Figur links), übergehen. Wenn man bedenkt, wie ausserordentlich mannigfaltig an Gestalt sowohl als auch an Farbe die verschiedenen Wolken sein können, so begreift man wohl, dass es ost schwierig ist zu unterscheiden, ob das Ansehen einer Wolke sich mehr dem einen oder dem anderen Typus nähert. Unter allen Wolkenarten sind die Federwolken die höchsten, denn aus hohen Bergen bieten sie noch denselben Anblick wie im Thale. Kämtz hat zu Halle ihre Höhe annähernd zu 20,000 Fuss bestimmt. Es ist höchst wahrscheinlich, dass die c i r r u s nicht aus Rebelbläschen, sondern aus Eisnädelchen bestehen. Die Haufenwolken bilden sich gewöhnlich, wenn durch den aufsteigenden Luftstrom die Wafferdämpfe in die Höhe geführt und dort, wegen der geringeren Temperatur, verdichtet werden. Daher kommt es, dass fich oft gegen Mittag Wolken bilden, während die Sonne am heiteren Himmel aufgegangen ist, und gegen Abend der Himmel wieder heiter wird, weil die Wolken sich wieder senken, wenn der aussteigende Strom aufhört; in tieferen, wärmeren Regionen attgekommen, lösen sich dann die Wolken wieder auf, wenn die Luft nicht mit Dämpfen gefättigt ist. Wenn aber der Südwestwind mehr und mehr Wasserdämpse herbeiführt, wenn die Luft mit Dämpfen gefättigt ist, fo können die fich senkenden Wolken nicht wieder aufgelöst werden,stewerden dichter und dunkler, während oft hoch über den unteren Wolken eine Schicht von Federwolken fchwebt. Die unteren Hausenwolken gehen dann mehr und mehr in cumulo-stratus über, und man hat alsdann Regen zu erwarten. Wenn durch fortwährende Condensation von Wasferdämpfen die einzelnen

570

Bon der atmosphärischen Feuchtigkeit,

Dunstbläschen grösse r un d schwere r werden , wen n endlic h einzeln e Bläsche n sich

nähern lind znsammenstiessen, so bilden sich förmliche Wassertropfen, welche nnn als Regen herabfallen. In der Höhe find die Regentrapfen nochsehrklein, fie werden aber während des Fallens grosser, weil fie wegen ihrer geringeren Temperatnr die Wafferdämpfe der Luftfchichten verdichten, durch welche sie herabfallen. R e g e n m e n g e . Die Menge des Regens, welcher an irgend einem Orte

der Erde im Laufe eiues Inhres fällt, ist fur die Meteorologie ein höchst wichtiges Element. DieInstrumente,deren man sich zu diesem Zwecke bedient, werden R'egenmeffer, Ombrometer oder Udometer genannt. Die Fig. 551 stellt einen Regenmesser dar, wie er anf den fchweizerifchen und badifchen Fig. 551. Fig. 552.

meteorologifchen Stationen gebraucht wird. Der Regen fällt in ein Blechgefäss deffen obere freie Oeffnnng einen Flächeninhalt von 500 Onadratcentimeter hat. Aus A fällt das Waffer durch eine Oeffnnng von 1 Centimeter Dnrchnteffer in das Reservoir B, auf welches das Gefäss .4. fo aufgesetzt ist, dass es leicht abgenommen werden kann. Das in B gefammelte Waffer wird jeden Tag nm 2 Uhr Rachmittags dnrch den Hahn h abgelaffen uud in dem graduirten Glascylinder der Fig. 552 aufgefangen, der fo getheilt ist, dass das Waffer, welches den Zwifchenraum zwifchen zwei auf einander folgenden Theilstrichen ansfüllt, auf eiuer Fläche von 500[_]cm ausgebreitet, dieselbe mit einer Vio Millimeter hohen Wafferschicht bedecken wurde. Wenn alfo die in einer bestimmten Zeit gefallene Regenmenge den Cylinder bis znm wten Theilstrich (von nnten an gezählt) füllt, fo ist in dieser Zeit fo viel Regen gefallen, dass er den Boden bis fi

zn einer Höhe von — Millimeter mit Waffer bedeckt haben würde, wenn kein Waffer in den Boden eingedrnngen, oder abgeflossen oder verdunstet wäre. In diesem Sinne beträgt (in Pariser Zollen ausgedrückt) die jährliche Regenmenge zu

571

Segen zwifchen den Wendekreisen

Liffabon . . Dover. . . London . . Paris. . . Regensburg.

. . . . .

. . . . .

25 Par. Zoll 44 „ 23 „ 21 21

Bergen . . Stockholm . Petersburg . C5enua . . Rom. . .

. . . . .

. . . . .

83 par. Zoll 19 „ 17 „ 44 „ 29 „

Die Regenmenge ist jedoch nicht gleichförmig über das ganze Jahr ver-

theilt; in dieser Beziehung lässt fich Europa in drei Provinzen theilen. i n England, anf den Westküsten von Frankreich, in den Riederlanden nnd Rorwegen find die Herbstregen vorhersehend. i n Dentfchland, den westrheinischen Gegenden, Dänemarl und Schweden herrfchen die Sommerregen vor. Die Sommerregen fehlen im füdöftlichen Frankreich, italien, dem füdlichen "Portugal, überhaupt dem Theile Europas, welcher Afrika zunächst liegt, fast ganz. Die Anzahl der Regentage während eines Jahres nimmt in Europa im Allgemeinen von Süden nach Norden zu. i m Durchfchnitte kommen auf das Jahr

im füdlichen Europa

120 Regentage

„ mittleren



146



„ nördlichen



180



Dass die Regenmenge nicht allein von der Zahl der Regentage abhängen kann, ist klar; denn es kommt ja nicht allein daranf an, an wie vielen Tagen es regnet, fondern anch wie viel es regnet. Wenn in nördlicheren Gegenden die Zahl der Regentage znnimmt, fo nimmt dagegen die intenfität des Regens im Allgemeinen ab, nnd fo erklärt esstchz. B, dass in Petersburg die Zahl der Regentage zwar grösser, die Regenmenge aber geringer ist als in Rom.

Mit der Entfernung der Meere nimmt fowohl die Regenmenge als auch

die Zahl der Regentage ab; fo kommen z. B. im Dnrchfchnitt 168 in Petersburg „ Kafan „ iakntz k 6

90 0

Regentage anf das ganze Jahr. So wie nnter fonst gleichen Umständen der Regen in wärmeren Gegenden intensiver ist als in kälteren, fo ist er auch in der warmen iahreszeit intensiver als in der kalten, i m Durchschnitt kommen in Deutschland aus den Winter 38, ans den Sommer 42 Regentage; die Zahl der Regentage ist alfo im Sommer kanm etwas bedeutender als im Winter, und doch ist die Regenmenge im Som-

mer ungefähr doppelt fo gross als im Winter, i n den Sommermonaten fällt oft bei einem einzigen Gewitter mehr Regen als fonst in mehreren Wochen. Regen zwischen den Wendekreisen. Da, wo die Passatwinde 314 mit grosser Regelmässigkeit wehen, ist der Himmel meistens heiter, und es regnet selten, namentlich wenn die Sonne auf der anderen Hemisphäresteht.Aus den Eontinenten aber wird die Regelmässigkeit des "Passates durch dieIntensitätdes aufsteigenden Luftstromes gestört, sobald sich die Sonne dem Zenith nähert; um

572

B o n der atmosphärischen Feuchtigkeit,

diese Zeit stellt stch auch ein mehrere Mouate andauerndes heftiges Regenwetter

eiu, während die andere Hälfte des Jahres hindnrch der Himmel heiter nnd die

Lnft trocken ist. Hnmboldt hat uns die Eitfcheinnngen der naffenJahreszeitim nördlichen Theile von Südamerika beschrieben. Vom December bis znm Februar ist die Lust trocken nnd der Himmel heiter.

In

M ä r z wird die Lnft fenchter, der

Himmel weniger rein, der Passatwind weht wenigerstark,undost ist die Lust gauz ruhig. Mit Eude März begiuueu die Gewitter; sie bildeu sich des Rachmittags, weuu die Hitze am grössten ist, uudstudvou heftigen Regengüssen be-

gleitet. Gegen Ende Aprils sängt eigentlich die nasseJahreszeitan; der Himmel überzieht sich mit einem gleichförmigen G r a n , nnd es regnet täglich von 9 Uhr

Morgens bis 4 Uhr Nachmittags; des Rachts ist der Himmel meistens rein. Der Regen wird am heftigsten, wenn die Sonne im Zenith steht. Allmälig wird die Zeit des Tages, in welcher es regnet, immer kürzer und gegen Ende der Regenzeit regnet es nur Nachmittags. Die Dauer der Regenzeit ist in vermiedenen Gegenden nicht dieselbe, sie beträgt 3 bis 5 Monate. In Ostindien, wo die Regelmässigkeit der Passatwinde durch örtliche Verhältnisse gestört ist und wo statt ihrer die Moussons wehen,findenwir auch anormale Regenverchältnisse; an dersteilenWestküste von Vorderindien sällt die Regenzeit mit der Zeit unseres Sommers zusammen, sie sällt nämlich in die Zeit, zu welcher die Südwestmoussons wehen und, mit Feuchtigkeit beladen, an die hohen Gebirge anstossen. Während es aus der Küste Malabar regnet, ist aus der Ostküste Eoramandel der Himmel heiter; hierstelltsich die Regenzeit mit dem Rordostpassat, also gerade zu der Zeit ein, zu welcher aus der Westküste die trockeneJahreszeitherrscht. In der Region der Ealmen findet man diefe periodischen Regen nicht, es finden hier fast täglich heftige Regengüsse Statt. Der aussteigende Luststram führt eine Mafse von Wasserdämpsen in die Höhe, welche sich in den kälteren Regionen wieder verdichten. Die Sonne geht fast immer bei heiterem Himmel aus, gegen Mittag bilden sich einzelne Wolken, welche dichter und dichter werden, bis ihnen endlich, meist unter heftigen Windstößen und elektrischen Entladungen, eine ungeheure Regenmenge entströmt. Gegen Abend zerstreutstchdas Gewölk, und die Sonne geht wieder bei heiterem Himmel unter. Die jährliche Regenmenge ist im Allgemeinen in den Tropen sehr gross; ste betragt z. B. in Bombay 73,5, in Kandy 68,9 in Sierra Leone 80,9, zu Rio Janeiro 55,6, auf St. Domingo 100,9, zu Havanna 85,7 und in Granada 105 Pariser Zoll. Bedenkt man nun, dass der Regen meist nur aus wenige Monate verlheilt ist und dass es nur an wenigen Stunden des Tages regnet, so ist klar, dass der Regen sehr stark sein muss. In Bombay siel an einem Tage 6 Zoll, zu Eayenne in 10 Stunden 10 Zoll Regen. Die Regentrapsen sind sehr gross und fallen mit solcher Geschwindigkeit nieder, dass sie aus der nackten Haut ein schmerzhaftes Gefühl erzeugen.

Schnee und Hagel.

573

Schnee und Hagel. Ueber die Bildung des Schnees weiss man bis 315

jetzt noch sehr wenig.

Wahrscheinlich bestehen die.Wolken, in denen sich die

Schneestocken zuerst bilden, nicht aus Dunstbläschen, sondern ausseinenEiskryställchen, welche durch fortwährende Eondensation von Wasserdämpsen grösser werden und fo Schneeflocken bilden, welcheselbstnoch beim Herabfallen dnrch die unteren Luftfchichten wachsen. Sind die unteren Luftregionen zu warm, so schmelzen die Schneestocken, ehe sie den Boden erreichen, es regnet unten, während es oben schneit. Aus die regelmässige Gestalt der Schneestocken, welche man am besten beobachten kann, wenn man sie aus einem dunklen, unter 0° erkalteten Körper aussängt, hat schon Kepler aufmerksam gemacht. Fig. 553 nnd Fig. 554 zeigen einige Schneefiguren, welche ich im schneereichen Februar 1855 beobachtet habe. Fig. 554.

Schon eine oberflächliche Betrachtung dieser Figuren zeigt, dass sich alle diese Gestalten im Wesentlichen auf einen regelmässigensechsseitigenStern zurückführen lasten, wonach denn die Schneeflocken dem hexagonalen Krystallsysteme (dem Krystallfysteme des Bergkrystalls) angehören. Der Graupelregen, den man gewöhnlich im März und im April beobachtet, entsteht auf ähnliche Art wie der Schnee; die Graupelkönter bestehen aus ziemlich fest zusammengeballten Eisnädelchen. Der Hagel ist eine der furchtbarsten Geisseln für denLandmann und eines der schwierigsten Phänomene sür den Meteorologen. Die gewöhnliche Grösse der Hagelkörner ist die einer Haselnuss; sehr hausig fallen kleinere,stewerden aber als weniger gefährlich nicht sonderlich beachtet, ost sind sie aber auch noch weit grosser und zerschmettern dann Alles, wasstetressen. Glaubhaste Naturforscher haben Hagelkörner beobachtet, welche 24 bis 26 Loth wogen.

574

Bon der atmosphärischen Feuchtigkeit,

Tie Form der Hagelkörner ist sehr verschieden. In der Regel sind sie

abgerundet, manchmal aber auch abgeplattet oder eckig. In der Mitte der Hagelkörner befindet sich in der Regel einundurchsichtigerKern, welcher den Graupelköntern gleicht; dieser Kern ist mit einer durchsichtigen Eismasse umgeben, in welcher stch manchmal einzelne concentrische Schichten unterscheiden lassen; bisweilen beobachtet man abwechselnd durchsichtige und undurchsichtige Eisfchichten, endlich hat man auch schon Hagelkörner mitstrahligerStruetur beobachtet. Pouillet sand, dass die Temperatur der Hagelkörner — 0,5 bis — 4° beträgt. Der Hagel geht gewöhnlich den Gewitterregen voran, oder er begleitet sie. Rie, oder wenigstens sast nie, folgt der Hagel anf den Regen, namentlich wenn der Regen einige Zeit gedauert hat. Das Hagelwetter dauert meistens nur einige Minuten, selten dauert es y4 Stunde lang. Die Menge des Eises, welches in fo kurzer Zeit den Wolken entströmt, ist ungehener, die Erde ist manchmal zollhoch damit bedeckt. Der Hagel fällt häustger bei Tag als bei Racht. Tie Wolken, welche ihn bringen, fcheinen eine bedeutende Ausdehnung und eine bedeutende Tiefe zu haben, denn sie verbreiten in der Regel eine grosse Tunkelheit. Man glaubt bemerkt zu haben, dass sie eine eigentümlich graurothliche Farbe besitzen, dass an ihrer unteren Gränze grosse Wolkenmassen herabhängen und dass ihre Ränder vielfach zerrissen erscheinen. Die Hagelwolken scheinen meist sehr niedrig zn schweben. Die Bergbewohner sehen östers unter stch Wolken, welche die Thäler mit Hagel überschütten. Einige Augenblicke vor dem Beginne des Hagelwetters hört man ein eigenthümliches, rasselndes Geräufch. Endlich ist der Hagel stets von elektrischen Erscheinungen begleitet. Ueber die Erklärung des Hagels sind die Ratursorfcher noch keineswegs einig. Volta's Theorie, nach welcher die ursprünglich kleinen Hagelkörner zwifchen entgegengefetzt elektrifchen Wolken fo lange hin und her tanzen sollen, bis sie endlich herabfallen, wenn fie zu fchwer geworden find, ist ziemlich allgemein als unwahrfcheinlich aufgegeben worden. Viel wahrfcheinlicher ist dagegen die sast gleichzeitig (1849) von* Fr. Vogel und von Carl Rollner aufgestellte Hageltheorie. Rach dieser Theorie kann der Bläschendamps, welcher die Wolken bildet, ebenfalls weit unter den normalen Gefrierpunkt des Waffers erkalten, ohne dass ein Erstarren eintritt, wie man dies beim tropfbar-stüffigen Waffer beobachtet (Seite 468). Wenn nun aus einer höheren Wolkenfchicht Graupelkörner durch eine in diesem Zustande bestndliche Wolke herabfallen, fo muss fich auf ihnen Wafser niederfchlagen, welches augenblicklich erstarrt. Bei der niedrigen Temperatur der Wolke kann auf diese Art in ganz kurzer Zeit eine maffenhaste Eisbildung stattfinden. Mohr fncht die Hagelbildung auf das Hereinbrechen kalter Luftmaffen aus höheren Regionen in tiefere mit Wafferdampf gefättigte Luftfchichten zurückzuführen.

V i e r t e s

Capitel.

Optische Erscheinungen der Atmosphäre.

Farbe des Himmels. Der

heiter e Himmel erschein t un s blau , un d

zwar ist dieses Blau, je nach dem Zustande der Atmosphäre, bald heller und

weißlicher, bald dunkler; aus hohen Bergen erscheint der Himmel sehr dunkelblau, ja fast schwarz. Es ist dies leicht zu erklären; wenn die Lust absolut durchsichtig wäre, wenn die einzelnen Lufttheilchen gar kein Licht reflectirten oder vielmehr zerstreuten, so müßte uns der Himmel vollkommen schwarz erscheinen, die Sonne, der Mond, die Sterne würden glänzend ans dem schwarzen Grunde stehen; nun aber reflectiren die Lufttheilchen das Licht, und so kommt es,daßbei Tage der ganze Himmel hell erscheint, weil dievonder Sonne erleuchteten Lufttheilchen das Licht nach allen Seiten hin zerstreuen. Diese Erleuchtung der Atmosphäre durch die Sonnenstrahlen ist die Ursache, dass wir die Sterne bei Tage nicht sehen können. Die Lufttheilchen reflectiren vorzugsweise das blaue Licht, und deshalb scheint uns der an und für sich dunkle Himmelsraum mit Blau überzogen. Je höher wir uns in die Atmosphäre erheben, desto dünner wird dieser blaue Ueberzug und desto dunkler wird uns also auch der Himmel erscheinen; so erscheint auch im Zenith der Himmel stets am dunkelsten blau und gegen den Horizont mehr weißlich. Das reine Blau des Himmels wird besonders durch die in der Lust schwebenden condensirten Wasserdämpse gebleicht, dnrch seine Rebel, welche ost den Himmel mit einem leichten Schleier überziehen, ohne doch schon dicht genng zu sein, nm als Wolken zu erscheinen. Die Erscheinungen der Abend- und Morgenröthe wurden dadurch erklärt, dass man sagte, die Lnst lasse vorzugsweise die rathen und gelben Strahlen durch, sie restectire aber die blauen; des Abendsunddes Morgens haben aber die Sonnenstrahlen einen sehr weiten Weg durch die Atmosphäre zurückzulegen, daher die rothe Färbung der durchgelassenen Strahlen, welche besonders brillant ist, wenn Wolken dnrch diese Strahlen beleuchtet werden.

576

Optische Erscheinungen der Atmosphäre.

Diese Meinung kann nicht ganz richtig sein,indemdas Blan des Himmels dnrchans nicht die complementäre Farbe des Abendrathes ist. Das Abendroth rührt wahrscheinlich von dem in der Lust enthaltenen theilweise schon wieder condensirlen Wasserdampse her. Wenn die Sonne am westlichen Horizonte verschwunden ist, so tritt nicht plötzlich die Dunkelheit ein, sondern eine Dämmerung, welche nach Umständen bald längere, bald kürzere Zeit dauert. Diese Dämmerung rührt daher, dass die Lust am westlichen Himmel und die in ihr schwebenden Wassertheilchen noch von der Sonne beschienen werden, nachdemfieunseren Blicken schon verschwunden ist, und dass diese erleuchteten Lust- und Wassertheilchen uns noch ein allmälig mehr und mehr abnehmendes Licht zusenden. In unseren Gegenden dauert die Dämmerung ungefähr, bis die Sonne 18° unter dem Horizonte ist. Die längere Dauer der Dämmerung in höheren Breiten rührt besonders daher, dass die Sonnenbahn hier stark gegen den Horizont geneigt ist, dass es also lange dauert, bis sie 18° unter dem Horizonte steht. Je mehr wir uns dem Aequa* tor nähern, desto weniger schräg ist die Sonnenbahn gegen den Horizont; uuter dem Aequator selbst macht sie einen rechten Winkel mit demselben; in den heissen Ländern ist deshalb die Dämmerung von kürzerer Dauer. In Inalien ist ste kürzer als bei uns, in Ehili dauert sie nur Stunde, in Eumana nur einige Minuten. Diese kurze Dauer der Dämmerung läsststchjedoch nicht allein durch die Richtung der Sonnenbahn gegen den Horizont erklären, sie hat zum Theil auch in der ausserordentlichen Reinheit des Himmels ihren Grund; denn in unseren Gegenden tragen die zarten, hoch in der Lust schwebenden Rebel, welche bei Tage den Himmel mit einem Schleier überziehen, die Lichtstrahlen aber stark reslectiren, sehr zur Verlängerung der Dämmerung bei. 317

Der Regenbogen. Es ist allgemein bekannt, dass man einen Regenbogensteht,wenn man eine Fig. 555. regnende Wolke vor sich und die Sonne im Rücken hat. Der Regenbogen bildet gleichsam die Basis eines S Kegels, dessen Spitze das Auge ist und dessen Axe mit der geraden Linie zusammensällt, welche man durch die Sonne und das Auge legen kann. Unter den eben angegebenen Bedingungen erscheint auch der Regenbogen in dem Staubregen der Wasserfälle und Springbrunnen.

Der Regenbogen.

577

Um den Regenbogen zn erklären, muss man den Weg der Sonnenstrahlen durch die Regentrapsen verfolgen. Wenn ein Sonnenstrahl S./1, Fig. 555, einen Regentropfen trifft, so wird er gebrochen, und es ist leicht, die Richtuug des gebrochenen Strahles AB zu berechnen oder zu construireu. 'Der gebrochene Strahl AB wird in B an der Rückwand des Tropfens nach G gespiegelt uud tritt daun nach einer zweiten Brechung in der Richtung GO aus.

Der austretende Strahl C O macht mit

dem einfallenden einen Winkel 8 N 0. Es fallen aber parallel mit SA noch viele andere Sonnenstrahlen auf den Tropfen, und wenn man fitr einige derselben den Weg durch den Tropfen berechnet oder conftruirt, wie dies in unserer Figur noch für einen zweiten gefchehen ist, so ergiebt sich, dass die austretenden Strahlen nicht untereinander parallel sind.

Während alfo ein paralleles Lichtbitndel auf den Tropfen trifft, tritt ein stark divergirendes Strahlenbündel ans dem Tropfen ans. Es ist begreiflich, dass durch diefe Tivergenz der ans dem Trapsen kommenden Strahlen die Stärke des Lichteindrttckes, den fie hervorbringen, ganz ausserordentlich gefchwächt wird, nameutlich wenn die Tropfen in einer nur etwas bedeutenden Entfernung vom Auge fich befinden. Unter allen aus dem Tropfen nach zweimaliger Brechung und einmaliger Spiegelung ins Auge kommenden Strahlen können demnach nur diejenigen einen merklichen Lichteindruck machen, fitr welche diese Divergenz ein Minimum ist, oder mitanderenWorten, nur diejenigen, welche fehr nahe parallel austreten. Bei genauerer Untersuchung ergiebtsich,dass eine ziemliche Menge parallel einfallender Strahlen den Tropfen in nahe gleicher Richtung verlässt, und zwar sür rothes Licht diejenigen, für welche der Winkel SNO nahe 42° 30' ist; diefe Strahlen werden unter allen aus dem Tropfen kommenden allein einen merllichen Lichteindruck hervorbringen können. Denkt man fich durch die Sonne und das Auge des Beobachters eine Fig. 556 .

gerade Linie OP, Fig. 556, gezogen und durch dieselbe Verticalebene gelegt; zieht man ferner durch 0 eine Linie OFfo, dass der Winkel PO F=42°30', fuller's ©rrnidrifc der fif.

37

578 Optische Erscheinungen der Atmosphäre, so werden nach dieser Richtnng hin sich befindende Regentropfen nach einmaliger innerer Spiegelnng wirksame Strahlen ins Auge senden. Aber nicht allein in dieser Richtung empfängt das Auge wirkfame Strahlen, sondern, wie leicht begreiflich, von allen Regentropfen, die in der Kegeloberfläche liegen, welche dnrch Umdrehnng der Linie 0 V nm die Axe 0.Pentsteht;das Auge wird also eiuen lichten rothen Kreis sehen, dessen Mittelpuukt aus der vou der Sonne

durch das A u g e gezogenen Geraden liegt nnd dessen Halbmesser nnter

einem

Winkel von 4 2 o 3 0 ' erscheint.

In der erwähnten Richtungstehtman einen Kreis, der als ein rother Ring von 30' Breite erscheint, weil die Sonne nicht ein Punkt, sondern eine Scheibe ist, die den scheinbaren Dnrchmesser von 30' hat. Die wirksamen violetten Strahlen treten aber nach einer Richtung aus, welche eiuen Winkel von 40° 30' mit den einfallenden Strahlen macht, das Auge erblickt also eiuen violetten Ring von 30' Breite, bessert Radins nur 40° 30' beträgt. Zwischen diesen äussersteu Bogen erscheinen die der übrigen prismatischen Farben, und so bildet

also gewissermassen der Regenbogen ein zn einem kreisförmigen Bogen ausgedehntes Spectriim. D i e ganze Breite des Regenbogens beträgt uugesähr 2°, da ja der Halbmesser des rothen Bogens um 2° grösser ist als der des violetten.

Was die Ausdehnung des farbigen Bogens betrifft, fo hängtsteostenbar

von de r Höhe de r Sonn e übe r de m Horizont e ab . Wen n di e Sonn e ebe n nnter *

geht, erfcheint der Regenbogen im Osten, der Mittelpuukt des Bogeus liegt dann gerade i m Horizonte, weil die durch die Sonne-nnd das Auge gezogene

Linie eine horizontale ist; wenn der Beobachter in der Ebene steht, fo bildet der Regenbogen gerade einen Halbkreis, er kann aber mehr als eiuen Halbkreis

übersehen, wenn er ans enter isolirten Bergspitze von geringer Breitesteht.Bei Sonnenaufgang erscheint der Regenbogen im Westen. Je höher die Sonne steht, desto tiefer liegt der Mittelpunkt des farbigen Bogens unter dem Horizonte, desto kleiner ist alfo das dem AugestchtbareBogenstück. Weuu die Souue 42° 30' hochsteht,ist für eiueu in der EbenestehendenBeobachter gar kein Regenbogen mehr sichtbar, weil alsdann der Gipfel desselben gerade in den Horizont, der ganze Bogen also unter den Horizont sallen würde. Von den Masten der Schisse sieht man ost Regenbogen, welche einen ganzen Kreis bilden; solche ganz kreisförmige Regenbogenstehtman auch oft an Wasserfällen und Springbrunnen. Ausser dem eben besprochenen Regenbogenstehtman gewöhnlich noch einen zweiten grösseren, mit dem ersten concentrifchen, bei welchem die Ordnung der Farben die umgekehrte ist; beim äusseren Regenbogen ist nämlich das Roth innen, das Violett aussen. Der äussere Regenbogen ist weit weniger lichtstark als der innere, er erscheint weit blasser. Man hatte früher die irrige Ansicht, der zweite Regenbogen fei gleichsam ein Spiegelbild des ersten. Die Entstehung des äusseren Regenbogens beruht aus denselben Prineipien wie die des inneren; er entsteht durch Sonnenstrahlen, welche in den Regentropfen eine zweimalige Brechung uud eiue zweimalige innere Reflexion erlitten haben.

579

Hofe und Nebenfonnen.

In Fig. 557 ist der Gang eines Lichtstrahles dargestellt, welchen derfelbe

im Regentropfen nimmt, nm ihn nach zweimaliger innerer Spiegelung zu verFig. 557.

0

lafsen. S A ist der einfallende Sonnenstrahl, welcher nach AB gebrochen, dann in B und C gespiegelt wird und bei D in der Richtung D 0 wieder austritt. In diesem Falle schneiden sich der einfallende und der austretende Strahl und bilden einen Winkel d mit einander, dese sen Grösse veränderlich ist. Je nachdem der einfallende Strahl den Tropfen an einer anderen Stelle, alfo unter einem anderen Einfallswinkel trifft.

In diesem Falle machen die wirkfam austretenden rothen Strahlen einen

Winkel von 50°, die wirkfam austretenden violetten Strahlen machen einen Winkel von 5372° mit den einfallenden; das Ange erblickt alfo eine Reihe concentrlfcher farbiger Ringe, deren innerster roth ist und 50° Halbmesser hat, während der änsserste violette Ring einen Halbmesser von 53y2° hat. Ter änssere Regenbogen ist blasser, weil er dnrch Strahlen gebildet wird, welche eine zweimalige innere Spiegelung erlitten haben, da das Licht bei jeder Spiegelung eiue Schwächung erleidet. Man würde noch einen dritten und einen vierten Regenbogen sehen können, welche durch Strahlen gebildet werden, die eine dreimalige und eine viermalige innere Spiegelung erlitten haben, wenn diefe Strahlen nicht zu lichtfchwach wären. Höfe« und Nebensonnen. Oftstehtman, wenn der Himmel mit 318 einem leichten Wolkenfchleier überzogen ist, dicht nm die Sonne und den Mond farbige Ringe. Sehr hänstgstehtman diese Ringe nicht vollständig, sondern nurstückweife.Wenn man die Mondhöfe häufiger beobachtet als die Sonnenhöfe, fo liegt der Grund darin, dass das Licht der Sonne zu blendend ist; man sieht aber diese auch, sobald mau das Bild der Sonne in ruhigem Wasser oder in einem auf der Rückfeite gefchwärzten Spiegel betrachtet. Tiefe Höfe haben die grösste Aehnlichkeit mit der Glorie, welche man um eine Kerzenflammesteht,wenn man fie durch eine mit semen lycopodii bestreute Glasplatte betrachtet, und sicherlich sind die Höfe ebenfo wie dieses Phänomen zu denInterferenzerscheinungenzu zählen; die Tunstbläschen vertreten die Stelle der seinen Staubtheilchem Bisweilen sieht man auch noch zwei grössere lichte Kreise um die Sonne und den Mond, welche mit den Höfen nicht zu verwechseln find; der Halbmesser des kleineren dieser hellen Ringe erscheint unter einem Winkel von 22 bis 23°; der des grösseren aber unter einem Winkel von 46 bis 47°; das Roth tst bei denselben nach innen gekehrt, der innere Rand ist fchärfer, der äussere mehr verfchwommen und weniger deutlich gefärbt. Selten erscheinen die beiden Kreise zu gleicher Zeit. Fig. 558 (a.stS.) stellt die Erscheinung dar, wie man fie wohl am 36*

580

Optische Erscheinungen der Atmosphäre,

häustgsten zu beobachte« die Gelegenheit hat; es ist nämlich der kleinere Ring

von 22 bis 23° Radins; er ist dnrch einen horizontalen lichten Streifen dnrch« schnitten, welcher sich ose bis zur Sonne selbst erstreckt. Da, wo dieser Streifen den Lichtring durchschneidet, ist er am hellsten; diese helleu Stelleu, welche mau Fig. 558.

zu beideu Seiten der Sonne am äusseren Umfange des Ringes sieht, sind die Rebensonnen; bisweilen erscheint eine solche Nebensonne auch vertical über der Sonne im Gipfel des Ringes; oft erscheint hier aber auch ein Berührungsbogen, wie er in Fig. 558 dargestellt ist.

Ost steht man die Nebensonnen anch ohne

die Ringe, oder die Ringe ohne die Rebensonnen. Die Ringe nnd die Reben-

sonnen erscheine n ebenfall s ni e bei ganz heitere m Himmel , sonder n nn r wen n derselbe mit einem Schleier überzogen ist. Man hat die erwähnten Ringe dnrch eine Brechnng des Lichtes in den in

der Lnft schwebenden Eisnadeln erklärt. Da die Eisnadeln sechsseitige Sänlen sind, so bilden immer je zwei nicht parallele nnd nicht znsammenstossende Sänlenslächen einen Winkel von 60° mit einander, die Eisnadeln bilden also

gewissermassen gleichseitige, dreiseitige "Prismen, sür welche das Minimum der

Ablenkung nngesäh r 23° beträgt. Solch e Strahlen nnn, welche i n den Eisnadeln

das Minimnm der Ablenkung erlitten haben, sind den wirksamen Strahlen des Regenbogens analog, weil viele Strahlen sehr nahe in derselben Richtnng austreten. Diese Hypothese erklärt also zugleich dieBildnng des Ringes,seineGrösse nnd die Anordnung der Farben.

Der Ring von 46° erklärt fich dnrch die Annahme, dass die Axe der Pris-

Irrlichter.

581

men in der Weise schief steht, dass der rechte Winkel, welchen die Seitenflächen

der Sänle mit der Basis bilden, der brechende Winkel des Prismas wird. Für ein Eisprisma, defsen brechender Winkel 90° beträgt, ist in der That das Minimum der Ablenkung 46°.

Den Rebensonnenstreifen erklärt man durch die Restexwn der Sonnen-

strahlen an den verticalen Flächen der Eisnadeln; er ist da am hellsten, wo er

den Ring von 23° durchfchneidet, weil hier zwei Urfachen stärkerer Erleuchtung zufammenwirken.

Irrlichter nennt man gewöhnlich kleine Flämmchen, welche in fumpst- 319 gen Gegenden, Mooren, Kirchhöfen n. st w., knrz an Orlen, wo Fäuluiss und

Verwesung vor sich gehen, nicht hoch über dem Boden zum Vorschein kommen,

eine hüpsende uuruhige Bewegung zeigen und bald wieder verschwinden. Während man gewöhnlich von denJerlichtermals von einer ganz bekannten und erklärten

Erscheinung redet, so herrscht doch über dieses Phänomen noch grosse Ungewissheit, indem nicht einmal das Tatsächlicheselbstgenügend ermittelt ist, was eines* theils daher rührt, dass dieJerlichtersehr selten sind, und dass die meisten personen, welche solche sahen, nicht immer im Stande waren, genau zu beobachten

und das Gesehene vorurtheilssrei zu erzählen.

Volta meinte, dieJerlichterbeständen ans Sumpfgas (Kohlenwafserstoffgas), welches durch einen elektrischen Funken entzündet würde. Aber woher soll der elektrische Funken kommen? Andere meinen, esseiphosphorwasserstofsgas, welches sichentzündet,sobald es mit der atmosphärischen Lnft in Berührung kommt; alsdann aber würde man einen momentanen, von einer Verpnfsnng begleiteten Lichtblitz uud nicht ein länger anhaltendes mattes Licht beobachten. Di e wahrscheinlichste Ansicht is t noch die , dass di e Jerlichter durc h ei n phosphor-

haltiges Wasserstoffgas erzeugt werden, welches nicht eigentlich als Flamme verbrennt, sondern nur schwach phosphorescirt.

Sternschnuppen, Feuerkugeln und Meteorsteine. Eine 320 allgemein bekannte Erscheinung, welche deshalb auch keiuer weitereu Beschreibung

bedarf, sind die Sternschnuppen. Durch correspondirende Beobachtungen hat man ermittelt, dass die Höhe der Sternschnuppen bis zu 35 Meilen betragt, und dass sie sich mit einer Geschwindigkeit von 4 bis 8 Meilen in der Secunde bewegen. Eine höchst merkwürdige Erscheinung sind die periodisch wiederkehrenden Sternschnuppenschwärme, welche man in der Zeit vom 12. bis 14. Rovember und am 10. August (dem Feste des heiligen Laurentius) beobachtet; das letztere Phänomen wird schon in einem alten englischen Kirchenkalender, unter dem Ramen der feurigen Thränen des heiligen Laurentius, als eine wiederkehrende Erscheinung erwähnt. Einer der bedeutendsten Sternschnuppenschwärme wurde den 12. bis 13. November 1833 in Nordamerika beobachtet, wo die Sternschnuppen fast wie Schneeflocken zusammengedrängt erschienen, fo dass innerhalb 9 Stunden 240 000 fielen.

582

Optische Erscheinungen der Atmosphäre. Die Feuerkugelu scheinen mit den Sternschnuppen gleicheu Ursprungs

uud gleicher Ratur z u fei n und sic h uur durch die Grösse der Erfcheiuung von ihnen zu unterscheiden. Bei den grossen Sternschnnppenschwärmen sah man Feuerkugelu unter den Sternschuuppeu. Die Feuerkugelu zerplatzen nnter grossem Getöse nnd lassen dann Steinntassen herabfallen, welche nnter demRamen der Meteorsteine oder der Aerolit hen bekannt sind. Anch bei Tage hat man solche Meteorsteine ans kleinen granlichen Wolken ebenfalls nnterstarkemGetöse herabfallen fehen. Die frifch gefallenen Meteorsteine sind noch heiss nnd in Folge der Geschwindigkeit des Fallens mehr oder minder ties in den Boden eingedrungen. Gegen Ende des vorigenJahrhundertswar mansehrgeneigt, das Herabfallen von Steinmafsen ans der Snst für ein Mährchen zn erklären; seitdem aber haben fich Meteorsteinsälle ereignet, welche von mehreren Personen beobachtet nnd dnrch sachkundige Männer gehörig constatirt wnrden. Dahin gehört befonders der Meteorsteinsall am 26. April 1803 bei Aigle im Departement de l'Orne, welchen Biot nntersnchte, nnd der am 22. Mai 1808 zn Stannent in Mähren. Am 13. November 1835 (alfo znr Zeit der Sternfchnnppenperiode) wnrde im Departement Ain dnrch einen Aerolithen ein Hans angezündet. Die Meteorsteine haben eine eigenthümliche Physiognomie, wodnrch sie sich von allen irdifchen Fossilien nnterfcheiden, dennoch aber find sie nnter einander wieder so verfchieden, dass Ehladni, welchersichfo viel mit diesem Gegenstande beschäftigte, es für fchwierig hielt, einen allgemeinen Eharakter anzngeben; besonderscharakteristischist aber doch wohl der Gehalt an gediegenem Eisen, nnd eine pechartig glänzende, znweilen geäderte Rinde, welche fast nie sehlt. Eine weitere Beschreibung würde nns zn tief in mineralogifche Details führen. Man hat an vermiedenen Orten Steinmafsen ans dem Boden gefunden, welche dem Gebirgsfystem jener Gegenden ganz sremd sind, aber mit notorifchen Meteorsteinen die grösste Aehnlichkeit haben, und ist deshalb berechtigt, anch diese für Aerolithen zn halten. Die Masse der Meteorsteine ist oft fehr gross; man hat deren gefnnden, welche mehrere Pfunde bis 400 Centner wogen. Cs ist kanm mehr zn bezweifeln, dass die Sternfchnnppen, Feuerkugeln nnd Meteorstein e kosmischen Ursprungs, dass siehöchstwahrscheinlich Massen sind, welche wie die Planeten nm die Sonne kreisen nnd, in die Anziehnngsfphäre der Erde gerathend, herabfallen. Die Fener- nnd Sichterfcheinnng erklärtsicham einfachsten dnrch die Annahme, dass diese kleinen Weltkörper mit einer Atmosphäre brennbarer Gase nmgebensind,welchesichbeim Eintritte in die fanerstosshaltige Atmosphäre der Erde entzündet. Wenn man annimmt, dass ansser nnzähligen, einzeln nm die Sonne kreisenden Massen der Art ganze Schwärme derselben einen Ring nm die Sonne bilden, dass ein solcher Ring an einer bestimmten Stelle die Erdbahn schneidet, so erklären sich dadnrch die periodischen Sternfchnnppenfälle.

Fünftes Capitel. Von der atmosphärischen Elektricität und dem

Erdmagnetismus.

Atmosphärische Elektricität. Als Wall zum ersten Male an einem großen geriebenen Harzcylinder einen etwas lebhaften Funken und ein

stärkeres Geräusch wahrnahm,spracher alsbald die Idee aus, daß dieser Funken

und dieses Knacken den Blitz und den Donner darzustellen schienen. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Analogie hat aber erst Franklin geliefert, welcher vorherschonmehrere elektrische Entdeckungen, besonders über die Leydener Flasche

und das Vermögen der Spitzen gemacht hatte. Er kam auf den glücklichen Ge-

danken, die Elektricität in den Gewitterwolkenselbstaufzusuchen; er schloß näm-

lich, daß Metallspitzen, auf hohen Gebäuden aufgestellt, die Elektricität der Wolken aufsaugen müßten. Da sich in Philadelphia damals kein für seine Zwecke paffender Thurm befand, so machte Franklin seine ersten Versuche mit einem Drachen, den ersteigenließ, als sich Wolken am Himmel zeigten, von denen sich elektrische Effecte hoffen ließen. Anfangs zogen mehrere Wolken wirkungslos vorüber; endlich singen die Fasern der Schnur an, sich aufzustellen, und es ließ sich ein Geräusch hören. Dadurch ermuthigt, hielt Franklin den Finger gegen das Ende der Schnur, und siehe da, ein Funken sprang über, dem bald noch mehrere andere folgten. Franklin hat seinen Versuch imJahre1752 angestellt, er wurde überall mit demselben Erfolge wiederholt. De Romas zu Rerac war, durch den erften Gedanken Franklin's geleitet, ebenfalls auf die Jeee gekommen, einen Drachen statt der hochgestellten Spitzen anzuwenden. Ohne von Franklin's Refultaten Kunde zu haben, erhielt er im Inni 1753 fehr kräftige Zeichen von Elektricität, weil er die glücklicheJeeehatte, in der Schnur ihrer ganzen Länge nach einen feinen Metalldraht anzubringen. 3m Jahre 1757 wiederholte de RomasseineVerfnche und erhielt Funken von überraschender Grösse.

584

Atmosphärische Elektricität nnd Erdmagneti!mn§.

Diese Versuche beweisen vollständig, dass der Blitz nnr ein elektrischer Funken ist.

322

Elektricität während der Gewitter. Wenn man den elekirischen Zustand der Wolken untersucht, welche nach uud uach über den Drachen

hinziehen, so erkennt man, dassstebald mit positiver oder negativer Elektricität geladen sind, bald sich aber auch im natürlichen Zustande befinden. Obgleich wir über di e Vertheilnn g de r Elektricitä t i n de n Wolke n nicht s wissen, s o is t doch

wohl die Anziehung uud Abstossnng der ungleich oder gleich elektristrten Wolken die Ursache der anssergewöhnlichen Bewegungen, welche man während der Gewitter am Himmel beobachtet. Während dieser allgemeinen Bewegung der Atmo-

sphärestehtman Blitze den Himmel dnrchzuckeu und hört den Donner rollen. Diese beiden Erscheinungen wollen wir nun näher betrachten. Manchmalstehtman den Blitz aus einer Wolke hervorbrechen und den Himmel weithin durchfurchen. Wenn man von hohen Bergen herab diefe Erscheinung zuseinenFüssen beobachtet, fo kann man ihre Ausdehnung bester schätzen; alle Beobachterstimmendarin überein, dasssteunter folchenUmständen Blitze gesehen haben, welche wenigstens eine Meile lang waren. Man weiss auch, dass aus derfelben Wolke nach einander mehrere Blitze hervorsprühem Endlich ist bekannt, dass die Blitze meistens einen Zickzack bilden; diese Form ist dem Blitze und dem elektrischen Fnnken gemein. Um die Länge des Blitzes zu erklären, muss man demnach wohl annehmen, dass aus dem Wege, welchen der Blitz nimmt, die Dampftheilchen schon durch Vertheilung elektristrt find, und dass endlich, wenn der Blitz erscheint, fich das gestörte Gleichgewicht von Schicht zu Schicht wieder herstellt, dass gewissermassen nur Funken von Theilchen zu Theilchen überspringen, dass aber die elektrische Flüssigkeit nicht den ganzen Weg zwischen den weit entfernten Wolken durchläuft. Der Donner entsteht dnrch die Vibrationen der gewaltfam erschütterten Lnft. Manstehtdas Licht gleichzeitig auf der ganzen Bahn des Blitzes, und aus der ganzen Strecke entsteht auch gleichzeitig der Knall; da sich aber der Schall langsamer verbreitet als das Licht, da er in einer Secuude nur 1000 Fuss zurücklegt, so sieht man den Blitz eher als man den Donner hört; ein Beobachter, welcher fich nahe an dem einen Ende der Bahn des Blitzes befindet, wird den in allen ^Pnnkten gleichzeitig entstehenden Ton nicht gleichzeitig hören. Rehmen wir an , de r Blit z se i 1 0 0 00 Fns s lan g und de r Beobachter bestnde sic h i n de r

Verlängerung seiner Bahn, so wird der Schall von dem entfernteren Ende des Blitzes um 10 Secunden später ankommen, als von dem zunächst gelegenen Ende. Da demnach der Schall von den verschiedenen Stellen des Blitzes nur nach und nach zum Ohre des Beobachters gelangt, so hört er alfo nicht einen momentanen Knall, sondern, je nach der Länge des Blitzes nnd seiner Stellnng gegen die Bahn desselben, ein länger oder kürzer dauerndes Rollen des Donners, welches wohl noch dnrch ein Echo in den Wolken verstärkt wird. Nicht allein bei Gewitterwolken, sondern anch bei heiterem Himmel kann

Wirkungen des BlileS auf der Erde.

585

man mit Hülfe gnter Eleftroskope die Existenz- einer elektrischen Spannnng in

der Atmosphäre nachweisen.

Ueber den Ursprung de r atmosphärische n Elektricität wisse n wi r so nichts Sicheres, obgleich schon mancherlei Hypothesen über diesen Gegenstand aufgestellt worden find.

Wirkungen des Blitzes auf der Erde. Wenn eine elektrifche 323

Wolke Über dem Erdboden schwebt, so wird sie verlheilend anf denselben wirken;

die der Wolke gleichnamige Elektricität wird abgeflossen, die nngleichnamige aber

wird angezogen nnd vorzugsweise in allen Leitern nnd Halbleitern angehäuft

werden, "bie sich mehr oder weniger hoch über den Boden erheben.

Eine allmälige Entladung der elektrischen Wolke oder ein Weiterziehen der-

selben hat zur Folge, dass auch die durch Verkeilung angehäuft gewesene Elektricität sich allmälig verliert, während eine plötzliche Ausgleichung, ein Rückschlag, erfolgt, wenn die elektrifche Wolke plötzlich, etwa durch Ueberschlagen eines Blitzes, auf eine andere Wolke entladen wird. Wenn aber die elektrische Wolke nahe und die durch sie bewirkte elektrische Ladung irgend eines unter ihr aus der Erdoberfläche befindlichen Gegenstandes stark genug geworden ist, fo fchlägt der Blitz direct zwifchen ihnen über. Alles, was fich über die Ebene erhebt, ist vorzugsweise demBlitzfchlage ausgefetzt; daher kommt es, dass fo oft Thiere mitten im Felde erschlagen werden; unter fonst gleichen Umständen ist man jedoch auf einem nichtleitenden Bodenstchererals auf einem gut leitenden. Bäume find fchon durch die Säfte, welche in ihnen circuliren, gute Leiter; wenn eine Gewitterwolke über ihnen hinzieht, sofindetin den Bäumen eine starke Anhäufung von Elektricität Statt, und deshalb sagt man mit Recht, dass Bäume den Blitz anziehen; man dars deshalb während eines Gewitters unter Bäumen, namentlich unter einsam stehenden Bäumen, ja selbst' unter einsam in der EbenestehendenSträuchen keinen Schutz suchen. Warnende Beispiele bietet unter anderen ein Gewitter, welches am 10. Inli 1855 zwischen 7 und 9 Uhr Morgens die ganze badische Rheinebene und einen Theil des Schwarzwaldes überzog. Während desselben erschlug der Blitz bei Thunsel oberhalb Freiburg einen Ackerknecht sammt seinen beiden Pferden auf dem Heimwege; im Amte Durlach fuchten vier Personen unter einem 40 Fuss hohen Birnbaume Schutz vor dem Regen; ein Blitzfchlag, welcher den Baum traf, tödtete zwei derselben, während die beiden anderen gelähmt wurden. In derRähe vonBrmchfal endlich fchlug der Blitz in eine Torfhütte, in welche fich mehrere Torfgräber gestüchtet hatten, und tödtete zwei derselben. Gebäude find in der Regel aus Metall, Steinen und Holz zufammengesetzt. Wegen der ungleichen Leitungsfähigkeit diefer Substanzen ist auch die Wirkung der Gewitterwolken auf diefelben fehr verfchieden. Wenn der Blitz einschlägt, so trifft er vorzugsweise die besseren Leiter, mögenstenun frei oder durch fchlechtere Leiter eingehüllt fein; die vertheilende Kraft der atmofphärifchen

586

Atmosphärische Elektricität

nnd Erdmagneti!mn§.

Elektricität wirkt aus deu iu die Waud eingeschlagenen Nagel eben fo gut, wie aus die srei iu die Lust ragende Windfahne. Die mechanischen Wirkungen des Blitzes sind in der Regel sehr hestig. Wenn der Blitz in ein Zimmer einschlägt, so werden die Möbeln umgestürzt uud zertrümmert, Metallstücke werdeu aus der Waud gerissen nnd fortgeschlendert. Bänme werden vom Blitz gespalten nnd zersplittert, gewöhnlich aber kann mau vom Gipfel bis zum Bodeu eiue mehrere Eeutimeter breite und tiefe Furche verfolgen, die abgeschälte Rinde nnd die ausgerissenen Späne sindet man weit weggeschleudert, uud am Fusse des Baumes sieht mau ost eiu Loch, durch welches das elektrische Fluidum sich iu deu Bodeu verbreitete. Die physikalische« Wirkungen des Blitzes beweisen eine mehr oder minder bedentende Temperaturerhöhung. Wenn der Blitz ein Strohdach, trockenes Holz, ja grüne Bänme trisst, so sindet eine Verkohlnng, meistens sogar eine Entzündung Statt; bei Bäumenstndetman jedoch seltener Spnren von Verkohlnng. Metalle werden dnrch den Blitz stark erhitzt, geschmolzen oder verflüchtigt. Wiederholte Blitzschläge bringen anf hohen BergensichtbareSpnren von Schmelzung an den Felsen hervor. 324

Die Blitzableiter bestehen ans einer zugespitzten Metallstange, welche in die Lnft hineinragt, uud eiuem guteu weiter, welcher die Stange mit dem Boden verbindet. Folgende Bedingungen müfsen erfüllt sein, wenn sie ihrem Zweck entsprechen sollen: 1) Die Stange mnss in eine seine Spitze zulaufen. 2) Die Verbindnng mit dem Boden mnss vollkommen leitend sein, von der Spitze bis znm unteren Ende der Leitnng darf keine Unterbrechung stattsinden. 3) Alle Theile des Apparates müssen die gehörigen Dimensionen haben. Wenn eine Gewitterwolke über dem Blitzableiter schwebt, so werden die verbundenen Elektricitäten des Stabes nnd der Leitnng zerlegt, diejenige Elektricität wird abgestossen, welche mit der der Wolke gleichnamig ist, nndsiekann sich frei im Boden verbreiten; die entgegengesetzte Elektricität aber wird nach der Spitze gezogen, wo sie srei in die 2nst ausströmen kaum Anf diese Weife ist keine Anhäufung von Elektricität im Blitzableiter möglich. Während so der Blitzableiter i n Thätigkeit ist, während ihn die entgegengesetzten Elektricitäten in entgegengesetzter Richtnng dnrchströmen, kann man sich ihm ohne Gesahr nähern, man kann ihn ohne Gesahr ..berühren; denn wo keine elektrische Spannnng vorhanden ist, ist anch kein Schlag zn befürchten. Rehmen wir nnn an, eine der drei znerst genannten Bedingungen sei nicht erfüllt, die Spitze fei stumps, die Leitung zum Boden sei unvollkommen oder unterbrachen, so ist klar, dass eine Anhäufung von Elektricität int Blitzableiter nicht allein möglich, fondern auch, dasssieunvermeidlich ist; er bildet dann einen geladenen Eondnctor, in welchem eine ungeheuere Menge von Elektricität angehäuft fein kann; man kann bald fchwächere, baldstärkereFunken ans ihm ziehen.

Tie Bli^ableiter.

587

Weun nur die Spitze stumpf ist, fo kann der Blitz leichter einfchlagen, allein er wird der Leitung folgen, ohne dem Gebäude zu schaden. Wenn die Leituug unterbrochen oder die Verbindung mit dem Boden uu* 'vollkommen ist, so» kann der Blitz ebenfalls einfchlagen, er wird sich aber auch seitwärts aus andere Leiter verbreiten und eben folche Zerstörungen anrichten, als ob gar kein Blitzableiter vorhanden wäre. Roch mehr: ein Blitzableiter, welcher diesen Fehler hat, ist,sehr gefährlich, c Fig. 559. fStelle lbst ^enn ker die nicht einfchlägt; denn wenn an irgend ner derLeitnng Elektricität hinlänglich angehänst ist, fo ei kann

ein Fnnken feitwärts Überschlagen, welcher benachbarte Gegenstände zertrümmern oder entzünden kann. Fig. 559 stellt die Spitze eines Blitzableiters dar, wie sie nach Gay-Lnsfac's Vorfchrift in Frankreich meistens ausgeführt werden. Anf einer ungefähr 20 bis 24 Fuss hohen Eifenstange ist ein 2 Fuss langer, etwas conifcher Messtngstab aufgefchraubt, in welchen oben mittels t Silbe r ein e nngefähr 1y 2 Zol l lange Platinnadel eingelöthet ist. i n Dentfchland ist die eiserne Stangeselbstzugespitzt, die Spitze ist aber vergoldet, damit sie nicht durch Oxydation abgestnmpst werde. Die oben zugespitzte Saugstange des Blitzableiters mnss Über der höchsten Stelle des zu fchützenden Gebäudes aufgerichtet werden. Mit dem Boden wird sie dnrch eiserne Stangen oder dnrch hinlänglich dicken Kupserdraht (am zweckmässigsten ist es, zwei oder drei 1 Linie bicke Knpserdrähte zn einem Drahtfeile zn vereinigen) in leitende Verbindung gefetzt. Es ist wesentlich, dass diese Ableitung möglichst vollständig sei. Wen n irgen d ei n Brunne n i n de r Näh e ist , s o wird die metallische Leitnng bis in das Wafser desselben geführt; wenn aber kein Waffer in der Rähe ist, fo sollte die Leitstange wenigstens dnrch einen langen, mit Kohlenpnlver gefüllten Eanal zu einer möglichst feuchten Stelle des Bodens geführt werden. Wiesehr derBlitzfchlag gutenLeituugen solgt, hatte man z.B. bei einem heftigen Gewitter am 9. Inni 1849 zn Basel zu beob= achten Gelegenheit. Der Blitz schlng in den Blitzableiter eines Wohnhaufes, verfolgte die Leitung deffelben bis in den Boden, fprang aber alsdann auf eine nahe liegende gusseiserne Brunnenleitung über; auf mehr als 1 / i Stnnde Wegs wnrden alle gnsseifernen Röhrenstücke da, wo sie in einander gesteckt nnd mit Pech gedichtet waren, zerfchmetterl, fo dass alle durch diefe Leitnng gefpeifeten Brunnen zu lausen anfhörten. Die Elektricität, 'welche in reichlichem Masse durch die Spitze ausströmt, wird dnrch die Gewitterwolke angezogen, und nentralisirt, daselbst angekommen, einen Theil der ursprünglichen Elektricität dieser Wolke. Wenn alfo eine Gewitterwolke dem Blitzableiter nahe genug ist, um verlheilend wirken zu können.

588

Atmosphärische Elektricität nnd Erdmagneti!mn§.

so wird auch sogleich ihre elektrische Kraft durch das Zuströmen der entgegen-

gesetzten Elektricität aus der Spitze geschwächt. Je mehr stch die Wolke uähert,

desto stärker wirkt ihre verteilende Kraft, desto mehr wird fie aber auch durch das Zuströmen der entgegengesetzten Elektricität nentralistrt Es versteht sich von selbst, dass die Spitze des Blitzableiters, wenn derselbe wirksam sein soll , nich t vo n benachbarte n Leiter n überragt werden darf. Ferne r

müssen alle bedeutenden Metallmassen der zn schützenden Gebände mit dem Blitzableiter i n leitende Verbindung gebracht werden. Die Ersahrnng zeigt , das s ei n mi t alle n Vorsichtsmassregel n angelegter Blitzableiter von den angegebenen Dimensionen einen Umkreis von ungefähr

80 Fuss Radius fchützt.

Da es also vou der grossteu Wichtigkeit ist, dass die metallische Leitung

von der Spitze des Ableiters bis zum Boden uuuuterbrocheu sei, so ist es wüuscheuswerlh,stchdavon überzeugen zu köuueu, dass diese Bedingung erfüllt sei. In neuerer Zeit hat man dazu den galvanischen Strom angewandt. Führt man nämlich von dem einen ^pole einer galvanischen Kette einen Kupferdraht zum oberen, vom anderen Ende einen solchen zum imteren Ende des Blitzableiters, so ist derselbe in den Schliessnngsbogen der Kette eingeschaltet.

Ein an passender Stelle in diesen Schliessnngsbogen eingeschaltetes Galvanometer

muss unter diesen Umständen den Strom anzeigen, wenn die Leitnng nicht nnter* brochen ist.

325

D i e magnetischen C u r v e n . . Rach dem, was bereits in Paragraph 184 besprochen wurde, verhält sich die ganze Erdkugel wie ein grasser Magnet. An jedem einzelnen Orte der Erdoberfläche ist die magnetische Wirkung des Erdmagnetismus durch die Declination, die Inclination nnd die magnetische Intensität charakterisirt. Rachdem nun diese Grössen sür viele möglichst weit von einander entfernte Orte bestimmt worden find, erhält man ein Bild von der Verlheilung des Magnetismus auf der Erde, wenn man nach Art der isothermen magnetische Eurvett aus Erdkarten oder aus Erdgloben austrägt. Man unterscheidet dreierlei Arten magnetischer Eurven, nämlich: 1) die isogonischen Linien, Linien gleicher magnetischer Declination, und

2) die isoclinischen Linien, Linien gleicher magnetischer Inclination,

3) die isodynamischen Linien, Linien gleicher magnetischer Intensität. Die Fig. 560 ist eine Declinationskarte, d. h. sie stellt den Verlaus der isogonischen Linien dar und zwar zwischen dem 80. Grade nördlicher und dem 60. Grade südlicher Breite. Die ausgezogenen Eurven entsprechen westlicher, die punktirten aber östlicher Declination. Aus den mit 0 bezeichneten Curveu zeigt die horizontale Magnetnadel genau nach Norden. Fig. 561 (a. fr S.) stellt den Verlaus der isoclinischen Linien dar.

Die magnetischen Enrven.

589

Der mit 0 bezeichnete magnetische A e q u a t o r in Fig. 5 6 1 ist etwas

stärker gezogen nnd dadurch vor den übrigen isoclinischen Enrven ausgezeichnet. Rördlich von demselbensenktsich das Rordende, südlich das Südende der Inclinationsnadel. Die magnetischen Pole der Erde sind diejenigen Punkte, für welche sich die Inclinationsnadel senkrecht stellt. Der magnetische Rordpol, welchen Eapitain Ross auf der Insel Melville wirklich erreichte, findet sich anf den Karten

590

Atmosphärische Elektricität

nnd Erdmagneti!mn§.

Fig. 560 und 561. Der magnetische Südpol, dessen Lage nnr ans dem Verlauf der magnetischen Curven auf der Südhälfte der Erde erschlaffen werden kann,stndetsich nicht mehr auf diesen Karten. Wäre der Erdmagnetismus regelmässig vertheilt, fo müsste der magnetische Aequator einen grössten Kreis bilden, ähnlich wie die Ekliptik am Himmelsgewölbe, und die beiden magnetischen Pole der Erde müssten einander diametral gegenüber stehen. Aus Fig. 561 erkennt man den unregelmässigen Verlaus des

Das Nordlicht.

591

magnetifchen Aequators, woraus sich denn auch die unregelmässige Verkeilung des Erdmagnetismus ergiebt, in Folge deren denn anch die beiden magnetischen

Pole der Erde keineswegs einander diametral gegenüberstehen. Rach dem, was bereits in Paragraph 186 über die secularen Variationen des Erdmagnetismus gesagt wurde, ist klar, dass der Verlauf der magnetischen Cnrvensichallmälig ändern müfse, und in der That zeigen die magnetifchen Karten vom Anfang des vorigenJahrhundertsein ganz anderes Bild als die obigen Karlen, welche für das Jahr 1860 constrmrt sind. Aus der allmäligen Veränderung in der Lage der magnetischen Cnrven ergiebt sich auch, dass die magnetischen Pole der Crde nach und nach ihre Stelle ändern müssen. Die Ouelle des Crdmagnetismus ist höchst wahrscheinlich in thermoelektrischen Strömen zu suchen, welche durch die Cinwirkung der Sonne aus die Crdoberfläche erregt werden. Das Nordlicht. Wir haben bereits in Paragraph 186 gefehen, dass 326 unter den Ursachen, welche unregelmässige Schwankungen, Störungen, der Magnetnadel bewirken, das Rordlicht eine wesentliche Stelle einnimmt. In unseren Gegenden ist das Rordlicht eine ziemlich seltene Erscheinung; in höheren breiten aber, in den nördlichen Theilen von Europa, Asien und Amerika, sind die Rordlichter nicht allein weit häustger, sondern auch weit prächtiger. Fig. 562 stellt das Rordlicht dar, wie es bei uns gewöhnlich wahrgenontmen wird, wenn es seine volle Ausbildung erreicht; ein aus lichten Streifen Fig. 562.

592

Atmosphärische Elektricität nnd Erdmagneti!mn§.

gebildeter Bogen, dessen Ränder verwaschen erscheinen und dessen Enden aus dem Horizont ansznstehen scheinen. Der Gipsel dieses Bogens steht immer nahe in der Richtnng des magnetischen Meridians. In

seinem Glanze zeigt der Bogen eine nndnlatorische Bewegung, d. h.

der Glanz der Strahlen wächst der Reihe nach von einem Fuss zum anderen und zwar meist in der Richtung von West nach Ost. In höheren Breiten steigen die Nordlichter schon hoch über den Horizont heraus, ja ste erreichen das Zenith und gehen selbst über dasselbe hinaus. Manchmal verlässt dann einer der Füsse, oder auch beide, den Horizont, und es bildet sich dann die sogenaunte Krone. In hohen Rorden erscheint der Lichtbogen ost als ein langes Strahlenband, Fig. 563, welchesstchwindet und biegt Fig. 563.

wie eine Schlange oder eine vom Winde bewegte Fahne; die Strahlen, welche nun eine grosse Lichtstärke erlangt haben, särben sich an der Basis roth, in der Mitte grün, während der übrige Theil ein blassgelbes Licht behält. Die Krone verschwindet in der Regel schon nach einigen Minuten. Richt immer bildet sich dasRordlicht vollständig, sondern ost nur theilweise aus, indem bald die Krane, bald die Bogen unvollständig sind und die Regele mässigkeit der Erscheinung in mannigfacher Weise durch Wolken gestört wird. Ost bemerkt man gegen Rorden hin die Spuren eines Rorölichts als einen ungewöhnlichen verschwommenen Lichtschimmer. Aehnliche Erscheinungen sind von den Seefahrern auch in den Polargegenden der füdlichen Hemisphäre beobachtet worden; man kann sie Südlichter nennen und das Phänomen der beiden Hemisphären unter dem Ramen des "Polarlichtes zusammenfassen.

Das Nordlicht.

593

Der Umstand, dass die Nordlichter stets in der Richtung des magnetischen Meridians gesehen werden, dass bei ihrem Erscheinen die Declinationsnadel in ungewöhnlich starkes Schwanken geräth, deutet darauf hin, dass das Rordlicht mit dem Erdmagnetismns und den um die Erde kreisenden elektrischen Strömen in Beziehnng steht; weshalb ste denn anch Hnmboldt sehr treffend als magnetische Gewitter bezeichnete. Die Erscheinung der Polarlichter ist offenbar einer in der Nähe der magnetischen Polestattfindendenelektrischen Ausströmung dnrch die höheren verdünnten Luftregionen znzufchreiben.

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SSer^ältuif des ueuereu fraujöjtsckjeu 2fta$fystem$ gu audereu 3)taj?ftstemen. In

diesem Werke find fast durchgängig alle Massangaben in dem nen-

französtfchen Systeme ausgedrückt, theils weil nach demselben eine so ansseror-

dentlich einfache Beziehung zwischen Mass uud Gewicht besteht, welche man bei anderen Masssystemen nicht sindet, eine Einfachheit, welche manche den Gang der physikalischen Betrachtung foust sehr störenden Rechnungsoperationen unnöthig macht; theils aber auch, weil bei uaturwisseuschaftlichen Unterfuchungen

das metrische Mass- nnd Gewichtssystem sast allgemein angenommen ist, so dass sich sast alle Physiker uud Chemiker desselben bedieuen, uud es gewiss nicht wohl rathlich ist, die nach dem metrischen Systeme gemachten Messungen und Wägungen aus andere Masse zu reducirem Run aber sind doch Manche mit dem metrischen Systeme nicht genug bekannt, um in den nach demselben gemachten Massangaben sich leicht zurechtzufinden. Um eine, solche Orientirmtg zu erleichtern, soll die folgende Vergleichung der neufranzöfifchen Masse und Gewichte mitanderendienen. Tie wichtigsten Rotizen über das Metermass find fchon früher gegeben worden. Cs wurde dort bereits mitgetheilt, auf welche Weife die Länge des Meters ermittelt wurde, und dass jSteter

, jQ^ccimctcv

• j QQdentimetcr

^ QQQ^inimetev

Die folgende Tabelle dient zur leichteren Reduction von Längenangaben, nach metrischem Systeme in altfranzöfifches und rheiuläudisches Mass. 38*

Anhang.

596

T a b e l le zu r V e r w a n d l u n g de s M e t e r m a s s e s i n r h e i n l ä n d i s c h e s und altfranzösische s Mass .

Nheinlandisches oder preußisches Mass.

Meterrnass.

Irarn .

.

2 3 4 5 6 7 8 9

. . . . . . . .

. . . . . . . .

lern

. .

2 3 4 5 6

. . . . . . . . . .

7 8 9

0,459'" 0,918 1,376 1,835 2,294 2,753 3,212 3,671 4,129

. . . . . . .

. .

. . • ,

1" 1 1 2 2 3 3

Idra 2 3 4 5 6 7 8 9

. . . . . . . .

. . . . . . . .

1m

.

2 3 4 5 6 7 8

. . . . . . .

9 10

9,176 . 1,764 . 6,353 . 10,941 . 3,529 . 8,117 . 0,705 . 5,294

. 3 . 7 . 10 . 2 . 6

9,882'" 7,763 5,646 . 3,527 . 1,408 . 11,290 . 9,172 . 7,054

. . . • . . . . .

. . .

. . .

. . . . . .

. . . . , .

2

. . .

2

. 10



4,935

.

. . .

3'

.

2"

.

2,817"' .

. . . . . . .

.

6

. .

4 6

. .

. 8 . 11 . 1 . 3 . 5 . 8 . 10

. . . . . . .

. . . .

. . .

12

. . .

19

. . . 25 . . .28

5,634 8,451 11,268 2,085 4,902 7,719 10,536 1,353 4,170

. . . . . . . . .

. .

. . . . . . . . . .

. . .

. *

Altfranzösisches Mass.

1"

.

V

. . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . .

6 9 12

2

0,887 1,330

. 1,299 . 5,732 • 10,165 . 2,604 . 7,031 . 11,462 .

3,897

.

8,330'"

.

4,659

. .

5 9

. 0,989 . 9,318 . 5,648 . 2,038 . 10,307 . 6,637 . 2,966

.

0"

. 11,296"'

• . . . . .

1 2 3 4 5 6

. 10,592 . 9,888 • 9,184

. .

8 9

. 2 . 6 . 10 . 1

. 7

. .

8,480 7,776

. . .

7,072 6,368 5,664

.

4,950

Berhaltniss des neueren sransostfchen Masssystema tc. 597 Nach dem Gesetze vom Jahre 1868 soll das Metermass mit veränderten

Ramen anch im norddeutschen Buude eingeführt werden und zwar soll sein 1 Stab = 1 Meter 1 1 1 1

Reuzoll = 1 Centimeter Strich = i Millimeter Kette = 10 Meter Reumeile = 7500 Meter

Aus den Verhältnissen der Längenntasse ergeben stch die Verhältnisse der

entsprechenden Flächen- und Körpermasse. Reusranz. Rheinl, 1 Quadratmeter 10,05187 Ouadratfuss

Altfranz. 9,476817 Ouadratfuss

1 Ouadratdecimeter.... 14,619

Ouadratzoll

13,947 Ouadratzoll

1 Cubikdecimeter 1 Cubikcentimeter

Cubikzoll Cubikliuien

50,412 Cubikzoll 87,112 Cubiklinien.

1 Ouadratcentimeter . . . 21,051 Ouadratlinien 18,650 Ouadratlinien 32,34587 Cnbiksttss 29,17385 Cnbikfuss 1 Cnbikmeter 55,894

96,584

Das Hohlmass sowohl wie das Gewicht ist bei dem neufrauzöstschen Mass-

fystem unmittelbar vom Körpermasse abgeleitet, was bei den älteren Mass-

systemen nicht der Fall ist; und darin liegt ganz besonders ein grosser Vorzug des metrischen Systems, welchen jedoch auch einige andere neuere Mass- und Gewichtsfysteme bieten, welche auf das Meterfystem bastrl sind. Tie Einheit des sranzösifchen Hohlmasses ist der Ranm, welchen 1 Cnbikdecimeter a n s f ü l l t nnd welcher den R a m e n L i t e r führt.

1 Liter = 0,87338 6 prenss. Quart.

Nach dem nenen Massfystem des norddeutfchen Bundes ist die Einheit

der Hohlmasse

1 Siter = 2 Schoppen 1 Kanne = 1 Fass = 100 Liter. Ebenfo ist, wie fchon früher bemerkt wnrde, die Einheit des Gewichtes beim metrischen Masssysteme von dem Längenmasse abgeleitet. 1 Gramm ist

das Gewicht eines Cnbikcentimeters Wasser. Da nnn 1 Cnbikdecimeter =

1 0 0 0 Cubikcentimeter, so ist klar, dass

1 Liter Wasser 1 0 0 0 Gramm oder, was dasselbe ist, 1 Kilogramm wiegt. T i e U n t e r a b t h e i l u n g e n des G r a m m e s sind:

das Tecigramm = 7i0grdas Centigramm = 7i00gr' das Milligram m = 7iooo gr'

Int norddeutfchen Bunde, in Baden, Hessen und der Schweiz ist fchon seit längerer Zeit das metrifche Pfund (72 Kilogramm oder 500 Gramm) als Landesgewicht angenommen.

598

Anhang. 3m norddeutschen Bunde ist 1 ruck derselben 65 — Elasticität derselben 65 — Schwere derselben 64 Snftballon 117 Suftbilder 243 Suftpiimpe 107 Suftwellen, stehende 190

2». Magazin, magnetisches 33 Magdeburger Halbkugeln Iii Magnete, künstliche * 331 — natürliche 331 Magneteisenstein 331 Magnet-induction 437 Magnetische Armaturen 336 — Eurven 588 — Flüssigkeiten 333 — Polarität 332 — Wirkungen des Stromes . . . 403 Magnetismus 331 Magnetnadel 337 Magneto -elektrische Rotationsmaschine . 438 Manometer 1.15

638

Alphabetizes Snhalteverzeichniss. Seite

Mariotte'sches ©esefc 104 Objectiv des Mikroskops — ©efäsz 153 Oboe Masse 4, 7 Octave Masseutheilcheu 12 Ocular, astronomisches . des Fernrohrs • Membranöfe Bungen 210 des Mikroskops Menisken 254 terrestrisches . . Meridian, magnetischer 338 Mefacentrum 76 Ohm'sches ©esefe . . . Optik Metallklang 217 Meteorsteine 581 Optometer Meter 6 Ordinärer Strahl . . . Meterkilogramm 144 Orgelpfeifen Mikroskop, einfaches 295 Ojon — jusammengesefctes 297 Mikrometerschraube 42 Minimum der prismatischen Ablenkung . 253 Molekül 12 Molekularkraste 15 Papinianischer Topf — fester Korper 55 Parallelogramm der Kraste Moment, statisches 29 Paffatwind Monochord 205 Pendel, einfaches — elektrisches Morse's Drucktelegraph 421 — Susammengesefctes . . . Motoren, elektromagnetische 420 Mousfons 557 pendelgesefce Multiplicator 406 Pendeluhr Mundharmonika 209 permanente @ase Musikalische Tone 197 Perpetuum mobile, elektrisches • Muskelstrom 448 phenakistoskop Myopie 287 Phosphorescenj Photographie Photometer 91. Physharmonika Nachbilder 293 Physik Naturgeschichte 1 Pistole, elektrische Naturgesek 1,3 Pneumatisches Feuerzeug . . Naturlehre 1 Poggendorffs Spiegelapparat Naturtone 216 Polarisation des Sichtes . . . Nebel 567 — galvanische . . . . Nebeuarcn 260 Polarisationsapparat . . . . Nebensonnen 579 Polarisationsebene Nebenspirale 431 Polarisationswinkel . . . . Nebenstrom 431 Polarität, magnetische . . . Negative Elektricitat 351 Polarlicht Nero, akustischer 220 pole, magnetische — optischer 283 — der E r d e . . . . Nefchaut -283 — der Volta'fchen Säule Newton'sche Ringe 313 Poncelet'sche Räder . . . . Nicholson's Aräometer 78 Porosität Nicol'sches Prisma 324 Posaune Nieterdruckmaschine 487 Positive Elektricität . . . . Nobili'sche Farbenringe 397 Presbyopie Nordlicht 591 Presse, hydraulische . . . . Nordpol, magnetischer 333 — Rcal'sche Prisma, Nicol'sches . . . . Prismatische Ablenkung . . . — Farben Oberflache, freie, der Flüssigkeiten . . . 69 Prismen Oberfchlachtige Rader 162 — achromatische . . . . Obertone 196, 217 Procent-Aräometer Objectiv des Fernrohrs 298 Psychrometer

%

Alphabetischem Seite

Gumpen «Pyropapier, Elektricitat desselben . .

100 .351

£1. Quadranten = Elektrometer Quart Quellentemperatur Quint

359 198 546 198

91. Raderwerke 35 Reactionsräder 164 Reflexion der Warmestrahlen . . . . 5 1 3 — des Sichtes 231 — des Schalles 189 — totale 250 Reflexionsebene 232 Reflexionsgoniometer 235 Reflexionswinkel 232 Regen 570 Regenbogen 576 268 Regenbogenfarben Regenmesser 570 Regulator d*r Dampfmaschinen . . . . 487 — für ©eblase 172 148 Reibung, gleitende — wagende 150 — Nitren und Anwendung ders. 150 Reibungscoefsicient 148 Reibungselektricitat 348 Resonanj 214 Resonanzboden ' 214 Resultirende 20 Retina 284 384 Rheomotoren Rheotom 433 Ringe, Newton'sche 313 Nobili'sche 397 Rolle 24 Rostpendel 457 Rotation, elektromagnetische 429 Rotationsmaschine, magneto-elektrische . 438 Rückschlag, elektrischer 585 Ruhmkorff's Snductionsapparat. . - . 4 3 6 Rumford's photometer 230

Saccharometer Säule, Bequerel'sche — Bunsen'schc — constante — Daniell'sche — ©rove'sche — trockne — Volta'sche Sauren Saiten

324 388 388 386 388 388 384 382 400 202, 205

Inhaltsverzeichnis

639

Seite Sammelbilder der Eoncav.spiegel . .. . 242 der Eonvexlinsen . . . 2 6 1 — Sammellinsen 254 237 Sammelspiegel Saugen durch ausströmende Flüssigkeiten 174 — durch ausströmende Oase . . . 1 7 4 Saugpumpe 100 Saugrohr 10 0 Scalenaraometer 8 0 Schallgeschwindigkeit 188 Schallwellen 184 Statten 223 Scheinbilder 242 Schiefe Ebene 37 Schmelzpunkt 464 Schmeljungswarme 465 Schnee 574 Schneegranje 549 Schnellwage 31 Schottische Turbine 164 Schraube 39 Schraubengang 40 Schraubenmutter 40 Schraubenpresse 4 1 Schraubenspindel 40 Schraubenwinde 41 Schwere 4 — allgemeine 5 — der £uft 64 Schwerpunkt 43 Schwimmen 76 Schwingungen, stehende 177 Schwingungsebene 320 Scbwingungsknoten 194, 203 Schwingungspunkt 140 Schwingungszahl musikalischer Töne . . 200 134 Schwungkraft Schwungmafchine 135 Secundare Aren 260 — Action 396 Seewind < . 553 Segner's Wasserrad 158 Sehweite 286 Sehwinkel 289 Seilwellen 182 Seitendruck 73 — bewegter Flüssigkeiten . . . 1 5 9 — — ©ase 173 Seitenkräfte 20 Sicherheitsröhre . . . . . . . . . .116 Sicherheitsventil. 116 Siedepunkt des Thermometers . . . . 453 Siedepunkte mehrerer Flüssigkeiten . . . 497 — Abhängigkeit vom Druck • . • 495 Sinsteden'« 3nductionsapparat . . . . 436 Solenoid 426 Sonnenmikroskop 265 Spannkraft der Dämpfe 474 — der £uft 95 Specisisches ©ewicht 8

()3f)

Alphabetisches önhaltsverzeichniss.

5eite . 504 Specisische Wärme Spectralanalyse . 279 Spectrum . 267 . 328 - chemisches . 516 — thermisches Sphärische Aberration der Hohlspiegel . 239 — — der Linsen . . . . 256 . 238 — Hohlspiegel . 254 Linsen — Spiegel, ebene — gekrümmte . 237 sphärische und parabolische . . 237 — Spiegelapparat, ^oggendorff's . . . . 235 Spiegelmetall . 237 Spiegelsexlant . 235 Spiegelteleskop Spiegelungsgesefc Spifcen, elektrische Wirkung derselben . 366 Sprachrohr Sprifcflaschc Sprodigkcit . 56 . 47 Stabilität Standsernrohr . 301 Statik . 19 Statisches Moment . 29 Stechheber Stehende Luftwellen • 190 — Schwingungen . 177 Steigung der schiefen Ebene . . . . . 39 Stereoskop • 291 Sternschnuppen - 484 Steuerung der Dampfmaschinen . Stimmbänder . 218 Stimmgabel 207,211 Stimm organ Störungen, magnetische Stösje, akustische Strahlende Wärme Strahlungsvermögen . 512 Streichinstrumente Strohhalmelektrometer Stromwender -

. 354 . 425

hydroelektrische tbermoelektrisebe

, 444 Stürme Südpol, magnetischer der Erde . • . . 338 Syrinr .

XabeUe specisischer (Gewichte Tangentenbussole Tangentialgeschwindigkeit Tartini'sche Tone Telegraphic, elektrische Temperatur — musikalische Terrestrisch Fernrohre

. . . . .

10

199 302

©fite Theaterperspcctiv Theilbarkeit . , Theorie, elektrochemische . . • . . . — atomistische — der Constanten Ketten . . . . Thermoclektricität Thermoelcktrische Elemente . . • . . - - Säulen . , — Strome Thermometer Thermometerscalen Thermomultiplicator Tbierische Elektricität — Wärme Thotijellcn Tonhöhe Tonleiter Toricelli's Leere — Theorem Tornados Torsionselasticität Totale Reflexion

12 39v» 402 444 444

. . 522 . . 387

. .

Tralle's Alkoholometer Trieb Trockene Säule Trogapparat

. . . . . 151

. . . . . . • 82 . . . 385

Tropfenbildimg Tnrmalinplatten u. uebersefcung Undulationgthcoric undurchdringlichkeit unterbrcchimgsrad unterschlächtige Sftäder . . . . ss. Variationen, magnetische . . . Ventillustpumpen Verbrennungswärme Verdampfungswärme Verdunstung Vergoldung, galvanische . • . Versilberung, galvanische . • . . . . 399 Verkeilung, elektrische . . . . Verticale 5 VibrationSthcori? 305

641

Alphabetisches;

eette

eeite

Virtuelle Bilder 242 — — der Sammelspiegel . . 244 — — der Eonvexspiegel . . 245 — — der Sammellinsen . « 263 — der Hohllinsen . . . 263 Vocale 219 Voltameter 392 Volta's ftundamentalvctsuch 379 — Säule 382 — Element 382 Volumeter 80

SS. Wage —

49 hydrostatische

78

Wasferwellen Wasserjersefcung, galvanische Weitsichtigkeit Wellen, fortschreitende Wellenlänge der Sichtstrahlen der Tone Windbüchsc Winddrehung Winde — Entstehung derselben — in höheren Breiten Windkessel Winkelspiegel. Wolken Wollaston's Batterie Wunderscheibe Wurfbewegung

Wagende Reibung 150 Wärme 449 — gebundene oder latente . . . . 465 Wärmeäquivalent . . . 524 3. Wärmecapacität . . . . . . . . . . 505 Wärmeeinheit . . . . . . .. . 4 6 5 3amboni's Saufe Wärmeentwicfclung tfurch (Sasabfotption 119 3aubetlaterne — durch Reibung . . . . . . . 5 2 2 ßerbrechen . . — durchchemisebe$ r o c c s s e . . . . 521 ßerdriicfen — durch Eomprcssiou 522 Verlegung der Kräfte — durch den elektrischen Strom . . 390 3eneißen Wärmeleitung 517 ßerstreuungslinsen Wärmequellen 520 äetstreuungespiegel Wärmestoff 523 Zitteraal Wärmestrahlung 509 Zitterrochen . Wärmestrahlungsvermögen 512 3onen, klimatische Wärmetheorie, mechanische 523 3ugkrastmesset Wasserdämpfc 474 3ündmaschine, $)öbereinct's Wassergehalt der Lust 567 3ungen, membranofe Wasserhosen 562 3ungenpfeifen Wasserräder, horizontale 163 3ufammendrückbarkeit — verticale • . . 159 3usamtnensefrung des wetszen Sichtes . . 164 3usammenjiehung des ausfließenden Wassersäulenmaschine Wasferwage 68 Strahle«

41

179 391 287 178 182 313 187 112 558 553 553 557 114 236 567 386 292 130

385 266 58 58 37 58 254 237 446 446 530 57 120 210 209 12 269 155