Grundriß der Entwicklungsgeschichte des Menschen [2. Aufl.] 978-3-662-01506-3;978-3-662-01505-6

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Grundriß der Entwicklungsgeschichte des Menschen [2. Aufl.]
 978-3-662-01506-3;978-3-662-01505-6

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-V
Einleitung (Otto Grosser)....Pages 1-1
Progenese (Otto Grosser)....Pages 2-7
Die Blastogenese (Otto Grosser)....Pages 7-50
Die Organogenese (Otto Grosser)....Pages 51-136
Back Matter ....Pages 137-143

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GrundriB der

Entwidlungsgeschichte des Menschen Von

Professor Dr.

Otto Grosser

Direktor des Anatomischen lnstituts der Deutschen Karls-Universitat Prag

Zweite durchgesehene Auflage

Mit 160 Abbildungen

Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1945

Aile Remte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Spramen, vorbehalten. ISBN 978-3-662-01506-3 ISBN 978-3-662-01505-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-01505-6 Copyright 1944 by Springer-Verlag Berlin Heidelberg Originally published by SpringerfYerlag OHG. in Berlin in 1944.

Vorwort zur zweiten Auflage. In der neuen Auflage wurde zur Erleichterung der Arbeit des Setzers (zeitbedingt) von allen Abanderungen abgesehen, welche die Anordnung des Textes und der Abbildungen verandern; sie sind einer spateren Zeit vorbehalten. Deshalb konnten auch die von manchen Kollegen geauBerten Wiinsche leider diesmal nicht beriicksichtigt werden. Hoffentlich findet dasBuch auch diesmal dieselbe freundliche Aufnahme wie bei seinem Ersterscheinen. Prag, im Dezember 1944.

o. GROSSER.

Vorwort zur ersten Auflage. Eine Darstellung der Entwicklung des Menschen kann heute, von den allerersten Stamen abgesehen, auf Befunden an menschlichen Keimlingen aufgebaut werden; doch ist ein Verstandnis ffir diese Entwicklung nicht nur bei den j iingsten Stadien, sondern vielfach auch spater, bei der Organbildung, ohne Heranziehung von Befunden an andern Vertretern der Wirbeltiere nicht zu gewinnen. So erschien es uns unvermeidlich, selbst in einem kurzgefaBten GrundriB einerseits die Frage der Gastrulationund Keimblattbildung im Zusammenhang mit der Erscheinung des primaren und sekundaren Dottergehaltes der Eizelle zu erortern und andererseits auch etwa beim Urogenitalsystem, dem Herzen und dem Schadel auf vergleichend-anatomische Gesichtspunkte hinzuweisen. Das AusmaB solcher Hilfsangaben ist allerdings weitgehend VOn Neigung und Arbeitsrichtung des akademischen Lehrers abhangig; aber leider bleibt heute iiberhaupt jm Lehrplan des Mediziners sehr wenig Zeit ffir die vergleichende Anatomie, so sehr dies auch ffir den Arzt im Interesse der Gewinnung eines eigenen Standpunktes in grundlegenden Fragennaturwissenschaftlicher Bildung und besonders im Verhaltnis zur Deszendenztheorie wiinschenswert ware. FUr verstandnisvolles Eingehen auf meine Wiinsche und ffir die Herausbringung des Werkes unter besonders schwierigen Verhaltnissen bin ich dem Verlage zu groBem Danke verpflichtet. Prag, im Dezember 1943.

O.

GROSSER.

Inhaltsverzeichnis. Einleitung I. Die Pro genese. . . Die Geschlechtszellen . . . . Reifung der Geschlechtszellen . Die Befruchtung . . . . . . II. Die Blastogenese . . . . . . . . . ........... . Furcbung und Keimblattbildung bei kleinen und mittelgroBen Eiern Furchung und Keimblattbildung bei dotterreichen Eiern . . . . . . . Eihaute und Embryonalanhange . . . . . . . . . . . . . . . . . . Furchung, Keimblatter und Eihaute der Saugetiere und des Menschen Die Abkommlinge der Keimblatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung des Korpers; Ausbildung der auBeren Korperform; Altersbestimmung der Keimlinge beim Menschen . Die Placentation. . . . . . . . . . . Die Placentation beim Menschen . . . III. Die Organogenese. . . . . . . . . A. Die Organe des inneren Keimblattes Der Darm und seine Driisen. . . . LeibeshOhle und Zwerchfell Leber, Pankreas, Milz . . . . . . . . Kiemendarm und branchiogene Organe Zunge . . . . . . . . . . . . . . . Atmungsapparat . . . . . . . . . . B. Die Organe des auBeren Keimblattes . Gehirn und Riickenmark Das Riickenmark . . Das Gehirn . . . . . Rhombencephalon Mesencephalon Diencephalon. . Telencephalon . Die Rirnhaute. . . Die peripheren Nerven Sehorgan . . . . . . . . . . . Nasenhohle, Gesicht und Gaumen Kopfdarm . . . . . . . . . . Lippen, Zahne, Munddriisen . . GehOr- und Gleichgewichtsorgan Geschmacksorgan. . . . . . . Raut und Anhangsgebilde . . . C. Die Organe des mittleren Keimblattes 1. Epitheliale Organe; Urogenitalsystem Harnapparat . . . . . . . . . Vor-, Ur- und Nachniere . . . . Harnblase und Sinus urogenitalis Geschlechtsorgane • . . . . . . Keimdriisen . . . . . . . . Ableitende Geschlechtswege . . . . . Descensus und Bander der Keimdriisen AuBeres Genitale Nebenniere

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lnhaltsverzeichnis. 2. Endothelfiihrende Organe; GefaLIsystem Herz . . . . . . . . . GefaB. und Blutbildung. Arterien . . . . . . . . Venen . . . . . . . . . Der fetale Blutkreislauf . . . LymphgefaBe und Lymphknoten 3. Bildungen des Sklerotoms: Skeletsystem Wirbelsaule Thorax . . GliedmaBen Schadel. . 4. Bildungen des Myotoms: Die Skeletmuskulatur Sachverzeichnis

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Einleitung. Jedes mehrzellige Lebewesen beginnt sein Dasein als einfache Zelle; diese geht bei geschlechtlicher Fortpflanzung aus der Verschmelzung zweier Zellen, der Geschlechtszellen, hervor. Urn aber zu einer neuen Einheit, der be/ruchteten Eizelle, verschmelzen zu konnen, miissen diese Zellen eine Vorbereitung durchmachen, deren eine Aufgabe die Vermeidung einer Verdopplung der maBgebenden Zellorgane ist, wahrend eine zweite Aufgabe in der trbertragung der Erbeigenschaften von seiten beider Eltern gelegen ist. Die befruchtete Eizelle teilt sich, schafft durch fortgesetzte Teilungen zusammenhii.ngende epithelartige Zellschichten, die als Keimbliitter bezeichnet werden, und aus diesen entstehen die ersten Anlagen der Organe, die Primitivorgane, in charakteristischer gegenseitiger Lage. Wahrend die Primitivorgane nur aus einer einzigen Zellart bestehen und nur von einem Keimblatt gebildet werden, kommt es alsbald zu einer Differenzierung und gegenseitigen Durchdringung der Gewebe und Umwandlung der auBeren Form der Organe bis zur Erreichung des endgiiltigen Zustandes. So gelangt man zur Unterscheidung von drei Abschnitten der Entwicklung: I. Die Progenese oder Vorentwicklung umfaBt die Schicksale der beiden Stammzellen des neuen Organismus; sie besteht aus der Ausbildung der Geschlechtszellen als Individuen und aus der Vereinigung mit den erganzenden Geschlechtszellen und zerfallt dementsprechend in die beiden Hauptabschnitte Rei/ung der Geschlechtszellen und Be/ruchtung. II. Die Blastogenese (Keimesentwicklung) umfaBt die Entwicklung der befruchteten Eizelle bis zur Auspragung des allgemeinen Bauplanes der Wirbeltiere. Die Hauptabschnitte sind die Furchung, die Keimblattbildung, deren wichtigster Schritt die Gastrulation ist, und die Ausbildung der Primitivorgane (Zentralnervensystem, Chorda dorsalis, Darm, Ursegmente und Leibeshohle), dllrch deren gegenseitige Lagerung der Bauplan des Wirbeltierkorpers bestimmt wird. Auch die Sonderung der Eihiiute und die Ausbildung des besonderen Ernahrungsorganes des Keimlings, der Placenta, wird hierher gerechnet. III. Die Organogenese (Organentwicklung) umfaBt die Ausbildung der einzelnen Organe. Sie lii.Bt sich neuerlich unterteilen in die Morphogenese als Abgrenzung und Formbildung der einzelnen Organe und in die Histogenese, die Heranreifung der Gewebe. Nur der erste dieser drei Hauptabschnitte ist verhaltnismaBig scharf gegen den folgenden begrenzt ; zwischen zweitem und drittem Abschnitt sind die Grenzen vielfach unbestimmt und fiir die einzelnen Korperabschnitte verschieden. Der Keimling ist anfangs der fertigen Form noch sehr unahnlich, und seine einzelnen Korperabschnitte weichen nach Gestalt und GroBenverhaltnis weit von der endgiiltigen Form ab; man bezeichnet ihn als Embryo. 1m Laufe des zweiten Monats werden die menschlichen AuBenformen mehr und mehr ausgebildet; der Keimling heiBt dann Fetus, auch FOtus geschrieben. Die Entwicklung ist aber mit der Geburt nicht beendet; auf die fetale folgt die post/etale (postnatale) Entwicklung, an welche sich teils unmittelbar, teils nach einer Zeit voller Funktion eine Riickbildung, Involution, anschlieBt. Sie kann mit der Organreife zusammenhangen (Umstellung des fetalen Kreislaufes unmittelbar nach der Geburt, Ausfall der Milc'hzahne, Reduktion der Thymusdriise u. a.) oder in den Altersschwund, das Senium, iibergehen. Grosser, GrundriB der Entwicklnng des Menschen. 2. Anfl.

1

2

Progenese.

I. Progenese. Die Geschlechtszellen. Die Geschlechtszellen treten in zwei Formen auf, als Samen- und Eizellen. Die letzteren nehmen Vorratsstoffe fUr die ersten Zeiten der Entwicklung auf und werden dadurch relativ groB und nicht aktiv beweglich; die Vorratsstoffe werden unter dem Namen Dotter, Vitellus (griechisch Lekithos) zusammengefaBt. Die Samenzellen sind befahigt die Eizellen aufzusuchen, um sich mit ihnen zu vereinigen; sie sind dementsprechend klein und mit einem eigenen Bewegungsapparat ausgestattet. Daher miissen sie eine ziemlich weitgehende Abanderung ihrer urspriingIichen Zellgestalt erfahren. Bei der Eizelle ist die UmgestaItung der Form unwesentlich; die Speicherung des Dottermateriales fiihrt aber zu einer VergroBerung, welche die Eizelle unter allen Umstanden zur groBten Zelle des Korpers macht und bei manchen Ordnungen der Wirbeltiere zu erstaunIichen Dimensionen fiihrt. Bei der Samenzelle (Spermium, Abb. 1) sind die wesentlichen Zellbestandteile folgendermaBen vertreten: Der Zellkern, der Haupttrager der Erbeigenschaften, wird zum Kopf; das Centrosom, der Sitz des Teilungsmechanismus, liefert den

Abb.1. Reifer Samenfaden des Menschen. Vergr. 3000 x. (Nach STIEVE 1930.)

Hals, in dem bei geeigneter Farbung (Abb.1) nochmals ein proximales und distales Stiick unterschieden werden kann, wahrend das Cytoplasma den Schwanz bildet. Dieser ist hauptsachlich Bewegungsapparat, enthalt aber in seinem etwas verdickten Anfangsstiick (dem "Mittelstiick" des Spermiums) auch die Mitochondrien, fadenformige Protoplasmadifferenzierungen, die bei der Befruchtung in das Ei ausgesat werden 1. Auf das Hauptstiick des Schwanzes folgt noch ein besonders diinnes und spitzes Endstiick. Die Lange des menschlichen Samenfadens betragt rund 60 p, oder 1/15 mm. Bei der Eizelle (Ovum, Abb.2) sind die spateren Entwicklungsvorgange von der GroBe der Zelle, die wiederum durch den Dotterreichtum bestimmt ist, weitgehend abhangig. VergroBerung der Zelle bedingt Abanderungen des Teilungsmechanismus, die erblich festgelegt werden, so daB sie auch dann noch nachwirken, wenn dieZeligroBe im Laufe der Stammesgeschichte wieder zuriickgehtein Fall, der sich in der Vorgeschichte der Saugetiere ereignet hat. Man kann die Eizellen der Wirbeltiere nach der GroBe und dem Dottergehalt in drei Klassen einteilen, in kleine oder oligolecithale Eier von etwa 1/10-1/4 mm Durchmesser, wie sie z. B. dem Lanzettfisch und den Saugetieren zukommen, in mittlere (mesolecithale) von etwa 1-2 mm Durchmesser, bei den Amphibien (Frosch und Salamander) und den meisten Fischen, und groBe, polylecithale Eier, mit Durchmessern von etwa 1 cm aufwarts, bis fast 25 cm, bei Reptilien und Vogeln und, etwas abseits stehend, den Knorpelfischen oder Selachiern (Haien und Rochen). Der Durchmesser der relien menschlichen Eizelle betragt etwa 130 bis 200 p, oder II 6~1 5 mm; ihr Volumen ist millionenmal groBer als das der Samenzelle. 1 Ihre Bedeutnng fiir die Vererbnng ist ungewill; Eigenschaften, die von ihnen abhangen, konnen nicht den MENDELSchen Regeln folgen.

3

Die Geschlechtszellen.

Sichergestellt ist, daB der K ern der Geschlechtszellen und in ihm die Chromosomen die Trager der nach den MENDELschen Regeln vererbbaren Eigenschaften sind. Das sind teils Eigenschaften, die innerhalb der in einer Art (im systematischen Sinn) vorkommenden Schwankungsbreite als Rassenmerkmale variieren, teils Mechanismen, welche die normale Ausbildung der Korperteile gewahrleisten, so daB ihre Storung zu erblichen MiBbildungen fuhrt. Unklar ist, wie die Grundeigenschaften des Korperbaues, die Entstehung und gesetzmaBige Lagerung der Organe, der Bauplan der groBen und kleineren Unterabteilungen des Systems der Lebewesen bis herunter zur systematischen Art in den Geschlechtszellen vertreten sind; denn die wichtigste Methode solcher Forschung, das Kreuzungsexperiment, ist Abb. 2. Eizelle vom Menschen mit Zona pellucida und hier nicht anwendbar, weil verschie- den Zellen der Corona radiata. Vergr. etwa 350 x . (Praparat von Prof. WATZKA.) dene Arten untereinander nicht fruchtbar gekreuzt werden konnen. Die Chromosomen (Abb. 3) werden am Beginn der Kernteilung sichtbar und treten immer wieder in konstanter, je nach der untersuchten Tierart wechselnder

a

Abb . 3a-c. Drei Kernteilungsfiguren a us dem Amnion junger menschlicher Keimlinge. a und b Asterstadium mit 47 bzw. 48 zahlbaren Chromosomen (im ersten das Y-Chromosom nicht anffindbar) ; c Langsspaltnng der Chromosomen. Vergr. 1000 x bzw. 1600 x .

Zahl und auch in immer wiederkehrenden Formen auf, so daB der SchluB gerechtfertigt ist, daB sie auch im Ruhekern in verdeckter Form erhalten sind {Konstanz

Ub (c:. t>U l.\- Uti c.c t) UI/ r.r. )) t( C\ rr "

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XY

T.

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XX

"",,\.LuvJJ Jh~J[,uv ~"CC 1111 ,,1fJH, .....U,c,JJlcSUUW" .. Abb. 4. Mannliche nnd weibliche diploide Chromosomengarnitur vom Menschen aus Reifungsteilungen der GeschlechtszeUeu. Vergr. 1000x. Bei XY und XXdie Geschlechtschromosomen (die XX·Chromosomen ver· mutungsweise bezeichnet, da nicht mit Sicherheit von Autochromosomen unterscheidbar). (Nach SHIWAGO und ANDRES 1932 bzw. ANDRES und VOGEL 1936; aus HEBERER 1940.)

der Chromosomen) und daB sie je nach ihrer Form fur die Vererbung verschiedene Bedeutung haben (Individualitiit der Chromosomen). Jedes typisch geformte Chromosom ist zweimal vertreten, so daB man die Gesamtzahl in zwei Reihen oder Chromosomengarnituren anordnen kann (Abb. 4). Von diesen Reihen ruhrt 1*

Progenese.

4

eine vom Vater, die andere von der Mutter des Individuums her. Beim Menschen sind 48 Chromosomen vorhanden, die zwei Garnituren von je 24 ergeben. Etwa 10 Paare sind mit ziemlicher Sicherheit nach Form und GroBe immer wieder zu erkennen, wahrend die restlichen, an GroBe abnehmend, in ihrer paarweisen Zusammenordnung unsicher bleiben. Eine Zuteilung bestimmter Erbeigenschaften an die einzelnen Chromosomen ist beim Menschen (und den Wirbeltieren iiberhaupt, im Gegensatz zu niederen Tieren) bisher nicht moglich (mit Ausnahme des X-Chromosoms, s. im folgenden) . Bei jeder Zellteilung werden Miinnlich

Weiblich

(J'.:::" ~ Vermchrungsperiode

Wachstumsperiode

®

Rcifungsperiode

I

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ d' ~ d' ~ Abb. 5. Allgemeines Schema der Ableitung der Geschlechtszellen aus den Geschlechtsmutterzellen bei Annahme von je zwei Paaren von Autochromosomen (statt 23 Paaren wie beim Menschen). Die Chromosomenkonjugation ist durch tJ"berkreuzung zum Ausdruck gebracht, der Faktorentausch nicht dargestellt. Die haploiden Kerne (mit der halben Normalzahl der Chromosomen bzw. der einfachen Chromosomengarnitnr) sind als Halbkreise gezeichnet. - Bei Annahme von nur 2 Autochromosomen sind 8 verschiedene Kombinationen in den Spermien miiglich, von dentm je 4 mannlich- bzw. weiblich bestimmend sind (durch

Abb.6. Schrittweise Umwandlung der reifen Samenzellen (Spermatiden) in Spermien Vergr. 1350 x . (Nach STIEVE 1930.)

und wir nehmen hauptsachlich auf Grund der Befunde an Wirbellosen (bei Saugetier und Mensch sind die Vorgange zwar angedeutet, aber schwer genau erfaBbar) an, daB wahrend dieser Zeit die yom Vater und der Mutter des Individuums stammenden gleichwertigen (homologen) Chromosomen sich aneinanderlegen (Chromosomenkonjugation, in unserem Schema durch Vberkreuzung dargestellt) und Stticke austauschen, so daB sie nach dem Tausch nicht mehr rein vaterlicher oder mtitterlicher Herkunft sind und daher auch die Erbeigenschaften gemischt enthalten (Falctorentausch, im Schema nicht angegeben). Dann kommt es zur Langsspaltung der gepaarten Chromosomen, so daB je vier Schleifen beisammen liegen (Tetradenbildung) , und hierauf treten zwei rasch aufeinanderfolgende Teilungen auf, die Reifungsteilungen, bei denen die Tetraden schlieBlich auf die entstehenden vier Tochterzellen aufgeteilt werden. Dadurch ist gewahrleistet, daB jede der vier Tochterzellen ein Teilsttick jeder Tetrade und somit jedes Individualchromosom enthalt, aber nicht mehr in doppelter, sondern nur in einfacher Anzahl; die Geschlechtszellen enthalten eine vollstandige ein/ache Chromosomengarnitur, somit beim Menschen 24 Chromosomen. Dabei sind aber die urspriinglich yom Vater oder der Mutter des Individuums stammenden 24 Chromosomen nicht beisammengeblieben, sondern nach dem Zufall auf die Garnituren aufgeteilt worden, und sie sind selbst nicht mehr unverandert tiber. nommen, sondern sie enthalten durch den Faktorentausch gemischte vaterliche und miitterliche Erbfaktoren, so daB eine unabsehbare Mannigfaltigkeit der Erbeigenschaften zustande kommt. Eine solche einfache Garnitur (und nach

6

Progenese.

ihr auch die reife Geschlechtszelle) heiBt haploid (haplos = einfach), die aus der Vereinigung zweier solcher Zellen entstandene (befruchtete) Zelle mit der doppelten Anzahl der Chromosomen heiBt diploid (diplos = doppelt). Der ReifungsprozeB verlauft aber bei beiden Geschlechtern verschieden. Die Vermehrungsperiode der Samenzellen dauert von der Pubertat bis zum Greisenalter. Die chromosomiale Reifung erfolgt im Hodenkanalchen; die Zellen verbleiben dort auch wahrend der Umwandlung in die spezifische Spermienform (Abb. 6) und bleiben b a dann noch einige Zeit gespeichert im Nebenhoden liegen, so daB von der letzten Reifeteilung bis zur Verwendungsreife eine auf etwa 2-3 W ochen zu schatzende Zeitspanne vergeht. Von den Geschlechtschromosomen der mannlichenUrgeschlechtszelle (X + Y), die gleichfalls der Lange nach geteilt wurden, werden die Teilstucke auf die d e vier Enkelzellen aufgeteilt, so daB zwei Arten von Spermien entstehen, zwei mit einem X-, und zwei mit einem Y-Chromosom (Abb. 5). Fur die Eizellen liegt die Vermehrungsperiode beim Menschen in der Fetalzeit, so daB das neugeborene Madchen (spatestens der weibliche Saugling) bereits samtliche spater im Leben abreifende Eizellen als getrennte Zellen in Primare follikeln enthalt. Die Wachstumsperiode setzt immer nur fUr einzelne Zellen unter Ausbildung von Blaschenfollikeln ein, und die Reifung betrifft normalerweise jeweilig nur die Eizelle eines einzigen zwischen zwei Menstruationen zur Ruptur gelangenden Follikels. Ganz allgemein in der Tierwelt und daher auch beim Menschen g h wird bei den Eizellen durch die zwei Abb.7a-h. Schema der Eireifung und Befruchtung bei Annahme von 2 Autochromosomen. a erste ReiReifungsteilungen der Dotter nur einer fungsteilung des Eies; b zweite Reifungsteilung, der vier so entstehenden Zellen zuTeilung der crsten PolzeIle, Eindringen des Spermiums; c Abstollung der zweiten Polzelle, Ausbildung geteilt, der reifen Eizelle, wahrend die des reifen Eikernes, des Spermazentrums und der Spermastrahlung; . d Teilung des Spermazentrums, drei andern Zellen zwar den gleichen Ausbildung des Kerngeriistes in Ei- und Spermakern; Kernbestand erhalten, aber keinen e und f Befruchtung (Einreihung der Ei- und Spermachromosomen in eine einzige Teilungsfigur) und erste Dotter mitbekommen. Sie heiBen PolFurchungsteilung bei Eindringen eines mannlich bestimmenden Spermiums (mit Y-Chromosom); g und h zellen, wei! sie am sog. animalen Pol bei einem weiblich bestimmenden Spermium des Eies, oberhalb der Hauptmasse (mit X-Chromosom). des Dotters und in der Nahe der normalen Lage des Zellkerns, ausgestoBen werden und dadurch diesen Pol kennzeichnen, oder auch RichtungslWrperchen, weil sie fur die Richtung der ersten Teilungsebene des befruchteten Eies, die durch den animalen Pol geht, einen

Befruchtung.

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Anhaltspunkt geben. Beide Namen, die besonders auf dotterreiche Eier passen, sind fiir die kleinen Eier der Saugetiere wenig bezeichnend. Die erste Reifungsteilung wird im reifenden Follikel kurz vor der Ruptur durchge£iihrt und das erste Polkorperchen, das sich nochmals teilen kann, gebildet (Abb. 7 a); die zweite Reifungsteilung setzt unmittelbar danach ein, wird aber erst unter dem Reiz eines eindringenden Spermiums (Abb.7b und c) zu Ende ge£iihrt und mit der AusstoBung des zweiten Polkorperchens abgeschlossen; erfolgt die Befruchtung nicht, so geht die Eizelle wenige Stunden nach der Follikelruptur zugrunde, ohne die zweite Teilung zu Ende zu fiihren. Das Ei ist daher nur kurze Zeit (hochstens einige Stunden) nach der Follikelruptur befruchtungsfahig. 1m Fall der Befruchtung aber rekonstruiert sich nach AbstoBung der zweiten Polzelle der reduzierte reife Eikern voriibergehend zu einem richtigen Zellkern (Abb.7d), dem weiblichen Vorkern, mit Kerngeriist und Kernmembran. Die reife Eizelle, aber auch jede Polzelle bekommt eine volle haploide Chromosomengarnitur mit 23 Autochromosomen und einem (groBen) Geschlechtschromosom, einem X-Chromosom, so daB auch die Polzellen den fiir die normale Entwicklung notwendigen Chromosomenbestand aufweisen, aber wegen Mangels des Dotters nicht entwicklungsfahig sind. Ob es ganz ausnahmsweise auch zu einer Befruchtung und Entwicklung von Polzellen kommen kann, muB dahingestellt bleiben, vielleicht konnen unvollstandige DoppelmiBbildungen (sog. parasitare Zwillinge) aus ihnen hervorgehen. Da die reifen Eizellen stets ein X-Chromosom enthalten, gibt es (im Gegensatz zu den Spermien) nur eine Art reifer Eizellen (Abb.5).

Die Befruchtuug. Bei der Befruchtung dringt (bei kleinen Eiern, wie denen der Saugetiere) immer nur ein Spermium in die Eizelle ein; diese schiitzt sich gegen weiteres Eindringen durch Ausbildung einer eigenen Grenzhaut, die nach Eintritt des ersten Spermiums schlagartig auftritt. Der Spermakopf quillt zu einem richtigen Zellkern (dem mannlichen Vorkern) auf (Abb. 7 d) und legt sich neben den weiblichen Vorkern; das Centrosom des Spermiums erzeugt eine Strahlung im Eiplasma und teilt sich; die Teilstiicke fassen die Vorkerne zwischen sich, wahrend das Centrosom der Eizelle zugrunde geht. Die beiden Vorkerne bilden ihre Chromosomen aus, diese lagern sich in eine einzige Ebene, die Teilungsebene des befruchteten Eies, und damit ist die Befruchtung vollzogen. Mit der Langsspaltung der Chromosomen, behufs ihrer Aufteilung auf die beiden Tochterzellen, beginnt die Individualentwicklung (Abb.7f und h). Das Geschlecht des neuen Individuums wird durch das eindringende Spermium bestimmt. Ein Spermium mit einem Y-Chromosom ergibt einen mannlichen Organismus (23 Y des Spermiums und 23 X des Eies ergeben 46 XY, Abb. 7e und f), wahrend ein Spermium mit einem X-Chromosom einen weiblichen Organismus erzeugt (23 X des Spermiums und 23 X des Eies ergeben 46 + 2X, Abb. 7g und h). tiber Ort und Zeit der Befruchtung beim Menschen wird auf S. 44 berichtet.

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II. Die Blastogenese. (Fnrchnng nnd Keimblattbildnng.) Die wiederholte Teilung der befruchteten Eizelle heiBt Furchung; der Name paBt nur auf meso- und polylecithale Eier (S. 2), bei denen die Tochterzellen sich an der Oberflache durch Furchen gegeneinander abgrenzen (Abb. 13 und 17), wahrend bei den oligolecithalen Eiern (Abb. 8) und besonders bei den Saugetieren

8

Die Blastogenese.

(Abb. 29) die Zellen sich weitgehend abrunden und nur punktformig beriihren. Die Furchungszellen werden auch als Blastomeren bezeichnet (Blastos = Keirn, Meros = Teil). Das Ergebnis der Furchung ist ein Zellhaufen, die Morula (nach der Ahnlichkeit mit einer Maulbeere genannt, Abb. 8 und 13). Auch dieser Name paBt auf die Saugetiereier nur wenig. Die Art der Furchung ist von dem Dotterreichtum des Eies maBgebend bestimmt; bei kleinen und mittelgroBen Eiern kann der Zellteilungsmechanismus die ganze Dottermasse bewaltigen, und die Eier zeigen eine totaleFurchung, wahrend bei den groBen (polylecithalen) Eiern nur die Umgebung des (befruchteten) Eikernes in Zellen zerlegt wird (partielle Furchung, Abb. 17). Die Hauptmasse des Dotters wird nicht cellular organisiert; solche Eier entwickeln spater meist besondere Einrichtungen zur Verarbeitung der ungefurcht gebliebenen Dottermasse (Dotterblatt, S. 15). Die totale Furchung zerfallt nochmals in zwei Untertypen, die adiiquale bei oligolecithalen Eiern (Amphioxus, Abb. 8, und Saugetiere, Abb. 29) mit nahezu

Abb. 8. Furchung des Eies von Amphioxus. a-f: 2, 4, 8, 16, 32, 64 ZeJ1en; g Durchschnitt durch die Blastula (Nach HATSCHEK.)

gleichgroBen Teilstiicken und die iniiquale bei mesolecithalen Eiern (Abb. 13), bei denen die Zellen an dem Eipol, dem urspriinglich der Eikern nahe lag, (dem anima len Eipol), deutlich kleiner sind und sich rascher teilen als die dotterreicheren Zellen des gegeniiberliegendflll vegetativen Poles. Hierfiir ist besonders das Froschei ein Beispiel; doch ist ein Unterschied auch an den oligolecit.halen Eiern des Amphioxus erkennbar (Abb. 8).

Furchung und Keimblattbildung bei kleinen und mittelgroJ3en Eiern. FUr die weitere Entwicklung bietet zunachst der Amphioxus l das Paradigma. Die Morula (Abb. 8), die infolge der Abrundung der Zellen von Anfang an einen zentralen Hohlraum besitzt, wandelt sich durch ZusammenschluB der Zellen in eine einschichtige Zellblase, die Blastula, urn. Die Furchungszellen geben ihre Selbstandigkeit auf und bilden einen epithelartigen Verband; solche Verbande heiBen in der Entwicklungslehre Keimblatter. Zur Zeit der Blastula besteht der ganze Keirn aus einem einzigen Keirnblatt. Dann stiilpt sich die untere, durch etwas groBere und dotterreichere Zellen gekennzeichnete Halfte der Blase in 1 Der Amphioxus oder Lanzettfisch (auch Branchiostonia genannt) ist das niederste Wirbeltier; er hat keine gegliederte Wirbelsaule, sondern an ihrer Stelle nur einen einheitlichen elastischen Stab, die Chorda dorsalis. Die Segmentierung des K6rpers betrifft hauptsachlich die Muskulatur.

Furchung und Keimblattbildung bei kleinen und mittelgroBen Eiern.

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die obere Halfte ein, es entsteht die zweischichtige Magenlarve oder Gastrula, deren auBere Schichte als auBeres Keimblatt oder Ektoderm bezeichnet wird,

a

b

\ Dorsa lc Urmundl! ppe Urmund Vcntral e Urmundl!ppc Entoderm Ektoderm Polzolle d Abb. 9 a-d. Gastrulation und Sprossung bei Amphioxus. Liingsschnitte der Larven. Der schriige Strich bei d bezeichnet die ungefiihre Grenze zwischen dem durch die Gastrulation und dem nachtriiglich durch Sprossung entstandenen Korperabschnitt. (Bilder nach CERFONTAINE.)

wahrend das innere Blatt Entoderm (inneres Keimblatt) heiBt. Der Hohlraum bildet den Urdarm, der Zugang zu demselben den Urmund. Durch die Einstillpung der etwas groBeren Zellen des vegetativen Poles wird der Schwerpunkt der Gastrula so verlagert, daB sie sich dreht (Abb. 9), bis der Urmund nach hinten oben gerichtet ist. Nun streckt sich die Larve unter Verkleinerung des Urmundes durch caudal gerichtetes Auswachsen der Gastrula (Abb. 10) (e~nhVor)gangd' Bde~ wirb anIs hStproRs~ungk 1 ~te- M. zelC nen so, a elne a ge ac e. uc ensel e einer konvexen Bauchseite gegeniibersteht; die Korperachse bildet nun mit der Eiachse einen Winkel von ungefahr 45°, und der Urmund wird an das caudale Korperende verschoben, wo er zum After wird, wahrend der bleibende Mund aus einem Durchbruch am vorderen Korperende hervorgeht. Die Stelle ist in Abb. 10 mit M bezeichnet. So wie Amphioxus sind aIle Wirbeltiere sog. DeuteroAbb. 10. Weitere Auswirkung der Sprossung stomia mit sekundarem Mund (Stoma = bei Amphioxus. Links von dem schriigen Strich der priichordale. rechts der chordale Mund) , wahrend Z. B. der groBe Kreis der Korperabschnitt. Abbildung nach CERFONWiirmer mit den von ihnen ableitbaren TAINE. M _ Stelle der spiiteren Mundbildung. 1 Es ist nicht unwahrscheinlich, aber bisher nicht streng bewiesen, daB der Sprossungsvorgang nicht auf gleichmaBigem Wachstum beider Keimblatter, sondern auf besonderem Wachstum des auBeren Keimblattes unter Einrollung des neu gebildeten Materiales urn den Urmundrand herum beruht, 'so daB das innere Keimblatt fortlaufend Zuschusse aus dem auBeren erhalt und besonders die dorsalen Gebiete, aus denen alsbald Chorda und Mesoderm hervorgehen (s. im folgenden), bei Amphioxus ebenso anfangs im AuBenblatt liegen wie· bei den Amphibien (s. dasefbst).

Die Blastogenese.

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Gruppen (darunter Krebse und Insekten) den Urmund selbst in den Mund umbilden (Protostomia). Die Bedeutung der Sprossung liegt aber darin, daB nur der durch sie entstehende Korperabschnitt die Wirbeltiermerkmale erwirbt (unter denen die Chorda dorsalis eines der wichtigsten ist), wahrend der unmittelbar aus der Gastrula hervorgehende vorderste Abschnitt als Erbstiick Np

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a b c Abb . 11 a- IV P lexus chorloldeu8 ventriculi quart!; R • Recessus eplphyscos; R i Recessus Isthmi; R in! Recessus Infundlbull; Rim Recessus InlramammlUarls; Ro Recessus optlcu.; R BP Recessus supraplnealls; T i Tuberculum I.thml; Zh ZwLschenhlrndach. Vergr. 5,6 X • ( ach HOCHSTET'I'ER 1919.)

- - ----. C c

Nervenkernen von der dorsalen an die laterale Seite der motorischen Kerne gerat. Dabei tritt eine Segmentierung des Hirnrohres auf (Neuromerie, Abb. 82 und llO); die Segmente geben den Kiemenbogennerven (V, VII, IX, X) den Ursprung, entsprechen ihnen aber nicht ganz, da auch fiir den 8. Hirnnerven ein Segment abgegrenzt wird, ohne daB ein entsprechender Kiemenbogen vorhanden ware. So bleibt die Bedeutung der Neuromereri unklar, zumal auch kranial davon eine undeutliche Gliederung auftritt. - Die Briickenkriimmung bedingt ein starkes seitliches Ausladen des Hohlraumes (des 4. Ventrikels; aus den seitlichen Ecken gehen spater die Recessus laterales des Ventrikels hervor) und eine tiefe Querfurche am Ventrikelboden(Abb. 84 und 85), die aber spater durch die Entwicklung der Briickenkerne und der durchwachsenden langen Bahnen wieder ausgeglichen wird. In der epithelialen Decke macht sich schon friihzeitig (bei rund 20 mm Lange) in der Mittellinie ein Auseinanderweichen der Epithelzellen als Anlage der Apertura mediana des Ventrikels bemerkbar.

74

Die Organe des au/3eren Keimblattes.

Der caudale Abschnitt des Rhombencephalon liefert als Myelencephalon die Medulla oblongata, deren Bau noch verhaltnismiiBig einfach und auf das Riickenmark beziehbar ist. Der rostrale Abschnitt, das Metencephalon, liefert Kleinhirn und Briicke. Das Kleinhirn entsteht aus einer zuerst unscheinbaren bilateral symmetrischen Anlage (Abb. 82), der Kleinhirnplatte, die sich anfangs in den Ventrikel hinein vorwolbt (Abb. 84 und 85), dann aber sich nach auBen entwickelt (Abb. 86). Die Seitenteile der Platte riicken in der Mitte zusammen, verschmelzen und bilden den (phylogenetisch alteren) Wurm, in dem bald die ersten Furchen auftreten; die Hemispharen folgen nacho 1m Inneren derselben entstehen voriibergehend durch Zellverfliissigung Hohlraume, die spater wieder verschwinden. Die Zellen der Kleinhirnkerne und der Rinde wandern von der Ventrikelseite der Anlage aus. Ihre auswachsenden N ervenfasern bilden die Kleinhirnstiele. 1m ventralen Abschnitt des Nachhirns entstehen aus ausgewanderten Neuroblasten die Brilckenkerne, und die aus ihnen gekreuzt gegen das Kleinhirn vor· wachsenden Neuriten bilden hauptsachlich den Querwulst der Briicke und die Briickenarme (Abb. 83-86). Mesencephalon. Das Mittelhirn macht verhaltnismaBig geringe Umwandlungen durch. Der Ventrikelraum verengt sich zum Aquadukt; die lange Zeit einheitliche dorsale Zone gliedert sich relativ spat in die Vierhiigelplatte, wahrend die ventrale Zone, welche die Kerne zweier Augenmuskelnerven enthalt (III und IV), durch die hindurchwachsenden Langsfasern (die Hauptmasse der zentralen Leitungsbahnen) verdickt wird und die Crura (Pedunculi) cerebri bildet. Nucleus niger und ruber sind ausgewandertes (peripheres) Grau (S. 72). Diencephalon. Das Zwischenhirn verengt sein Lumen zum spaltformigen 3. Ventrikel (s. auch Abb. 87); dessen Seitenwand bildet in der dorsalen Halfte der Thalamus, in der ventralen der Hypothalamus .. Durch letzteren wachst die Hauptmasse der Fasern, welche auf- und absteigend 'das Telencephalon mit den caudalen Partien des Nervensystems verbinden; dadurch wird die Verbindung mit dem Telencephalon immer breiter und dicker, bis sie die ganze Seitenflache des Diencephalons in Anspruch nimmt und als hinterer Schenkel der inneren Kapsel den Hauptteil der Langsfasermassen des Hypothalamus weiter leitet. Dadurch kommt es zum Verschwinden der lateralen Wand des Diencephalons und zur Einlagerung des Zwischenhirns zwischen die Hemispharen (S.72, Anm. 1). Besondere Differenzierungen entstehen aus der dorsalen und ventralen Wand. Wahrend der groBte Teil der dorsalen Wand sich epithelial verdiinnt und die Tela chorioidea ventriculi tertii mit dem paarigen Plexus chorioideus aus sich hervorgehen laBt, wird im caudalen Bereich die Epiphyse (Glandula pinealis) als hohle Ausstiilpung angelegt (Abb.62, 84 und 86); der Hohlraum verschwindet spater bis auf den kurzen Anfangsteil, den Recessus pinealis. Hinter ihm bilden Fasern, die von Zellen am Boden des Aquadukts kommen, die Oommissura caudalis unbekannter Funktion. Am Boden des 3. Ventrikels tritt friihzeitig (Abb. 62, 82, 84 und 86) der Recessus infundibuli auf, dessen Wand zum Hinterlappen der Hypophyse, dem Hypophysenstiel und dem Tuber cinereum wird (S. 88); davor verdickt sich ein Teil der Bodenplatte durch die hindurchwachsenden sich kreuzenden Anteile der Opticusfasern zur Ohiasmaplatte (Abb. 62, nicht bezeichnet, und 86). Kranial davon liegt die Lamina terminalis (die diinne Stelle vor der Chiasmaplatte in Abb.62, nicht bezeichnet, und 86), in deren Bereich der Neuroporus anterior

Das Gehirn.

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verlegt wird. Zu beiden Seiten del: Chiasrnaplatte aHnet sich bei jungen Keirnlingen der Hohlraum der primaren Augenblase (der Ventriculu8opticu8), der auch nach Ausbildung des Sehnerven noch einige Zeit den Opticus als Kanal durchsetzt (Abb.84), aber spater (irn dritten Monat) restlos riickgebildet wird. Telencephalon. Das Endhirn oder sekundare Vorderhirn ist anfangs ein sehr kleiner, unpaarer, vor den prirnaren Augenblasen gelegener Hirnabschnitt (Abb. 96 und 97). Er wachst aber sehr lebhaft (Abb. 62, 83-85, 98) und buchtet

Rdb

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In/

Abb.87. Hemispharen und Zwischenhirn eines Keimlings von 19,5 mm Lange im Schragschnitt. Der Schnitt geht durch das Foramen Interventriculare. Co str Corpus striatum; Ggi V Ganglion trigemini; In! Infundibulum; O·Hyp Orohypophyse; PlchPlexus chorioideuslateralis; RdbRandbogen; Th Thalamus; Vlat, Vimp , VUrt Ventriculus lateralis, impar, t ertius . Vergr. 15 x .

sich nach beiden Seiten zu den halbkugeligen Hemi8phiirenbla8en aus, die sich durch eine scharf einschneidende Rinne, die Fi88ura telodiencephalica, gegen das Zwischenhirn und bald auch vorn gegen einen rnedianen Teil des Telencephalons abgrenzen. So wird auch der Hohlraum des Telencephalons (Abb. 87) in die beiden Seitenventrikel (I und II) und den rnedianen Ventriculus impar telencephali unterteilt; die drei Abteilungen stehen durch die Eingii.nge in die Hemispharenblasen, die anfanglich relativ sehr weiten Foramina interventricularia MONROI, in Verbindung, und der unpaare Teil ist gegen den 3. Ventrikel zuerst durch den Anfang der oben genannten Fissur abgegrenzt, verliert aber spater diese deutliche Begrenzung und wird zum 3. Ventrikel dazugeschlagen. Die Hemisphiirenblase wachst nach vorn, oben und hinten aus (Abb.84) und kriimmt sich um ihren Stiel an der Hirnbasis auch von riickwarts nach unten (Abb. 85), so daB sie diesen Stiel hufeisenfarmig umfaBt; die Kriimmung um den Stiel wird von einer ganzen Reihe von Bildungen, die spater zur Sprache kommen (Nucleus caudatus, Fissura chorioidea, Fornix, Randbogen) mitgemacht, in erster Reihe vom Seitenventrikel, der hierdurch ein Unterhorn (Pars temporalis)

76

Die Organe des iiuJ3eren Keimhlattes.

bekommt, wahrend das spater erscheinende Hinterhorn (Pars occipitalis) dem (spateren) Vorwachsen der Hemisphare nach hinten seine Entstehung verdankt. Der Ventrikel ist in der ersten Zeit sehr weit, die Wand der Hemispharenblase sehr dunn (Abb. 87) . Die Blase hat sich hoch uber den unpaaren Teil des Telencephalon erhoben und dabei eine konvexe laterale und platte mediale Wand ausgebildet, die an einer Kante (Mantelkante) ineinander ubergehen. (Als Hirnmantel wird die Rinde der Hemispharen bezeichnet, weil sie als oberflachliche Bedeckung der Hemispharen die andern Teile des Gehirns uberlagert.) Wahrend des Wachstums der Hemispharen verdickt sich der basale Teil des Telencephalons, der Hemispharenstiel, zu einem in den Ventrikel hineinragenden Korper, dem Ganglienhiigel (Abb. 87), der die Anlage des CorpU8 striatum darstellt. Ursprunglich noch durch eine spater verschwindende Langsrinne an der Ventrikelseite unterteilt, grenzt sich der Hugel durch den Sulcus terminalis gegen den Thalamus ab . In ihm treten vorubergehend (wie in der Kleinhirnanlage) Lucken auf, die sich spater wieder schlieBen. Durch Fasern des Stabkranzes, die durch den Hugel hindurchwachsen und die Capsula interna bilden, wird der Hugel in Nucleus caudatus und Putamen des Nucleus lentiformis unterteilt (das Pallidum leitet sich yom Zwischenhirn ab). Da diese Unterteilung nicht vollstandig durchgefuhrt wird, bleiben streifenformige Verbindungen aus grauer Substanz bestehen, die dem ganzen Ganglienhugel den Namen des Corpus striatum einAbb. 88. Linke Hernisphiire eines 35 crn langen weiblichen Fetus. Die Insel wird eben von den Opercula getragen haben. insulae iiberwOlbt (und spater bedeckt). '/. nat. Grolle. (Nach RETZIUS 1896.) Die seitliche Ausladung der Hemisphare (ihr Breitenwachstum) bleibt im Bereich des Ganglienhugels geringer als in dessen Umgebung; dadurch sinkt dieser Teil der Oberflache scheinbar ein (Bildung der Fossa lateralis SYLVIl, Abb. 85) und wird zur Insel, wahrend die Umgebung sich zuerst wallartig erhebt (Abb.88) und schlieBlich die Insel als Operculum insulae frontale, parietale und temporale uberlagert. Die Opercula wachsen einander entgegen, bis sie sich beriihren und die Fossa in die Fissura lateralis cerebri umwandeln. Vor dem Ganglienhugel tritt am Boden der Hemispharenblase eine nach vorn gerichtete Ausstiilpung auf, der zuerst hohle Lobus olfactorius (Abb. 84 und 85), der bei den vierfuBigen makrosmatischen Saugern und im dritten Monat der Entwicklung immerhin auch beim Menschen ansehnlich ist, aber zum Bulbus und Tractus olfactorius reduziert wird. Die Bildung der Hirnrinde geht von der Ventrikelseite der Hemispharenblasen aus (Abb. 87). Von hier wandern Zellen an die auBere Oberflache und bilden zuerst eine zweischichtige Lage, die sich weiter in die einzelnen Rindenfelder differenziert (bis jetzt sind rund 200 solcher Felder unterscheidbar). Der allmahliche Ausbau dieser Felder, besonders die Markreifung der Nervenfasern, reicht aber weit in das extrauterine Leben und gelangt vielleicht erst mit dem 40. Lebensjahr, wenn uberhaupt vollig, zum AbschluB. Eine Hirnrinde wird erst bei den Landwirbeltieren gebildet und steht zuerst nur im Dienst des Rieehapparates (Archipallium). Auch dieses ist hei Amphibien noch hochst unvollkommen, wiihrend hei Reptilien hereits ein deutlicher Gyrus dentatus und in Anfiingen ein Gyrus hippocampi zu erkennen ist. Bei den Reptilien tritt auch zum erstenmal ein vom Riechapparat unahhiingiger Teil der Rinde, ein Neopallium, auf, das aber erst bei den Siiugetieren deutlich ausgebildet ist und heim Menschen auf den hochsten Stand der Ent-

Das Gehirn.

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wicklung gebracht wird. Archi- und Neopallium sind auch im histologischen Bau der Rinde durchaus verschieden, das letztere viel hi.iher organisiert.

Durch verschieden starkes Wachstum einzelner Rindenteile entstehen erst in der zweiten Halfte der Schwangerschaft (Abb.88) die Hirnwindungen, zwischen denen andere Stellen als Furchen zuriickbleiben; somit sind die Windungen das Primare, obwohl die Furchen den Eindruck des selbstandigen Auftretens machen. Der ProzeB ist aber im Grunde derselbe wie der, welcher die Fissura lateralis cerebri bildet. Nur an drei Stellen fUhrt das Wachstum der Hemisphare auch zur Vorwolbung einer Furche nach innen, gegen den Ventrikel; es sind dies der Sulcus hippocampi, calcarinus und collateralis. Sie erzeugen den Pes hippocampi, das Calcar avis und die Eminentia collateralis. Noch einige andere Furchen sind schon am Beginn der Furchenbildung immer vorhanden: Der Sulcus corporis callosi, cinguli, adolfactorius posterior, parietooccipitalis und centralis. Sie werden als Primarfurchen bezeichnet; ihnen stehen die spater auftretenden auch sonst regelmaBig gebildeten Furchen als Sekundarfurchen gegeniiber (es sind die noch mit eigenen Namen bezeichneten); die zuletzt erscheinenden sehr variablen Furchen, die dem Gehirn den individuellen Charakter geben, heiBen Tertiarfurchen. Aber alle Furchen werden noch in der Fetalzeit gebildet. An der medialen Seite der Hemisphare wuchert die epithelial verdiinnte Wand in den Ventrikel hinein zur Bildung des voriibergehend sehr voluminosen Plexus chorioideus ventriculi lateralis (Abb.87 stellt nicht das Maximum der Entfaltung des Plexus dar). Diese Wucherung, anfangs auf ein sehr kleines Gebiet der medialen Wand beschrankt, erstreckt sich mit zunehmender VergroBerung und Kriimmung der Hemispharenblase bogenformig an der Grenze von Zwischen- und Endhirn immer weiter gegen das Unterhorn und umgreift mit ihrer Ursprungslinie als Fissura chorioidea den Hemispharenstiel. Der auBen angrenzende Hemispharenrand wird als Randbogen bezeichnet und durch die Bildung der Commissuren des Endhirnes in einen inneren und auBeren Randbogen unterteilt. Die Commissuren entstehen dorsal-rostral von der Lamina terminalis des Zwischenhirns in einer Verdickung der medianen Hirnwand (Commissurenplatte, Abb.86, in Abb. 62 bereits angedeutet), in der zuerst die Querfasern der Commissura rostralis auftreten. Dorsal von ihr bildet eine zweite Fasergruppe die zuerst sehr kleine Anlage des (fUr die Saugetiere charakteristischEm) Corpus callosum. Angrenzend an die Fissura chorioidea treten am Hemispharenrand (Abb.87) langsverlaufende Fasern auf, die Anlage des Fornix, die an der Ventrikelseite der Commissurenplatte weiter vordringen bis in das Zwischenhirn, wo sie im Corpus mammillare enden. Die Fornixfaserung bildet nun den inneren Randbogen (Abb. 89). Die Balkenanlage verlangert sich peripher (dorsal) yom Fornix durch standige Zunahme ihrer Faserzahl caudalwarts iiber das Zwischenhirndach hinweg und trennt dadurch den noch von Rinde bedeckten Randstreifen der Hemisphare, den aufJeren Randbogen, von dem nur von Fasern gebildeten inneren Bogen; yom Splenium angefangen nach unten (und, im Unterhorn, nach vorn) bleiben beide Randbogen aneinander gelagert und werden in Fortsetzung des Sulcus corporis callosi durch die Fissura (Sulcus) hippocampi nach auBen begrenzt. Der auBereRandbogen bleibt beim Menschen in der Entwicklung bald zuriick; aus ihm gehen im Bereich des Unterhorns der Gyrus dentatus (Fascia dentata), ober dem Balken die Striae longitudinales mit dem Induseum griseum corporis callosi hervor. Durch die Stria olfactoria medialis (die zum Gyrus subcallosus verlauft) und die Stria olfactoria lateralis mit dem Uncusbandchen (zum Gyrus dentatus) wird der auBere Randbogen zum Ring urn den Hemispharenstiel geschlossen. In dem Gebiet zwischen Balken und Fornix

78

Die Organe des auBeren Keimblattes.

treten Lucken auf, die zum Cavum septi pellucidi zusammenflieBen; dessen Seitenwande verdunnen sich zum Septum pellucidum.

Die Hirnhiiute. Die Hirnhaute entstehen aus dem Mesenchym in der Umgebung der Hirnanlage (Abb.87). Durch besondere Verdichtung des Bindegewebes wird die Dura mit ihren in den Schadelraum eingreifenden Fortsetzungen, Falx und Tentorium, gebildet. Durch entsprechende Auflockerungen werden Arachnoidea und Pia differenziert und das Cavum subdurale und leptomeningicum gebildet. Gyru s cinguli

Illduscum corp. eall .

. Fasciola. cinerea

I sthmus _. I!l)'ri fornicati Area adolfactoria .Gyrus subeallosus .-- C~~:;;;~~~ BUlbus olf. .' ol0:;""~'Y6" Comm issorostra lis -=---. n\'"",r. .1. Stria olfactori n mcd .Rostru m corporis callosi .. Stria olfactoria lat.

--.. Fiss. hippocampi

,

ncus : Sulcus tcnl porali s in!. Uncusbiindchcn (Giacomini) Abb. 89. Schematische Darstellung des auBeren und inneren Randbogens einer erwachsenen rechten Hemisphare. Gun Cuneus; Gfrontsup Gyrusfrontalis superior; Go-templat, med Gyrus occipito·temporalis lateralis, medialis; G p-cent Gyrus paracentralis; G temp inl Gyrus temporalis inferior; Pc Praecuneus; S p Septum pellucidum. Durch Kreise bezeichnet Gyrus fornicatus. Etwa ' /, nat. GroBe.

Die peripheren Nerven. Aus der Reihe der Hirnnerven scheidet der Opticus aus; er ist der anfangs hohle Stiel eines vorgeschobenen embryonalen Hirnlappens, der Retina, differenziert sich aus der Hirnwand und hat den Bau einer zentralen Bahn (daher Fasciculus opticus), denn er besteht aus Fasern ohne Neurilemm (und ist daher nicht regenerationsfahig). Eine besondere SteHung haben auch die Nervi oltactorii, marklos bleibende Auslaufer der Neuroepithelzellen der Regio olfactoria (die zugleich Epithel- und Ganglienzellen sind). Die ubrigen Hirnnerven zerfallen in somatische und branchiale (S. 72). Die ersteren haben ihre sensiblen Anteile verloren (der XII. erst im Laufe der Ontogenese, S. 72); die letzteren sind gemischt, die sensiblen Anteile stammen aus der Kopfganglienleiste. Die Branchialnerven teilen sich in einen Hauptast fur den zugehorigen Kiemenbogen, der hinter einer Kiemenspalte verlauft (Ramus posttrematicus) , und einen schwacheren Ast vor der Spalte (R. praetrematicus). Zu den letzteren gehoren der N. maxillaris des Trigeminus, wobei die Mundspalte wie eine Kiemenspalte erscheint, die Chorda tympani und der N. petrosus superfic. maior des Facialis, der N. tympanicus des Glossopharyngicus und vieHeicht der R. auricularis des Vagus; der erste Ast des Trigeminus hat eine nicht geklarte Sonderstellung. Die Rami posttrematici sind der N.mandibularis fur den ersten, der Facialis

Die peripheren Nerven.

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fur den zweiten, der Glossopharyngicus fur den dritten, der Vagus fur den vierten und die folgenden Bogen (Abb.72). Die Rilckenmarksnerven, durchwegs gemischt und aus einer dorsalen und ventralen Wurzel hervorgegangen, teilen sich im Ramus dorsalis, ventralis und visceralis. An der Stelle, an der die Extremitatenknospen gebildet werden ~. abduoens Ganglion n. trigem. Ganglion. Reust. Kleinhlrnplntte : HBrbHlllchcn Oangl.lntrncr:m. n. glOl!sophnr.

cxtraeran. •~~~~~~~~~~~~O='U~lgl.Gang!. jugu!. IX u. vagi

X.oculoroot. N. trochl.

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Magendarmknnnl

)tamus later. lis Ramu s ventralis Gongl. lumb. I Urnlcrc I' n. ilco·ing. u. ·hypogastr.

Abb.90. Rekonstruktion des cerebrospinalen N ervensystems eines 10 mm langen menschlichen Keimlings. Vergr. 10 x. (Nach STREETER.)

(betrachtlich weiter kranial als die spatere Lage der Extremitaten), entstehen aus den ventralen Asten die Extremitatenplexus (Abb.90 und 153), die in das dichte Mesenchym der Extremitatenanlage einwachsen und sich dort verzweigen. Langs der Rami viscerales wandern Sympathicoblasten und die Anlagen der Paraganglien aus. Die Sympathicoblasten, die anfangs neben den inneren Organen ungemein zahlreich erscheinen, bilden die Kette der Grenzstrangganglien (primare Sympathicusganglien), dann die pravertebrale Reihe (sekundare Ganglien), von der hauptsachlich das Ganglion coeliacum erhalten bleibt, und schlieBlich die Organganglien (tertiare Ganglien). Auch die Paraganglien erscheinen im Lauf der Entwicklung zuerst ungemein massig, um schrittweise noch im fetalen Leben

80

Die Organe des auBeren Keimblattes.

und in der Kindheit wieder bis auf das Mark der Nebenniere (S.109) riickgebildet zu werden. Von den in der Kindheit noch nachweisbaren Paraganglien ist das P. aorticum supracardiale und aorticum abdominale zu nenneui das Glomus caroticum ist wahrscheinlich wie das suprakardiale Paraganglion ein (in der Hauptsache nicht chromierbares) Gebilde, das dem Parasympathicus, einer anatomisch vom IX und X bzw. den Kopfnerven iiberhaupt noch nicht recht abgrenzbaren Formation, zugehorig ist.

Sehorgan.

Col

Das Auge wird bereits vor dem SchluB der Neuralrinne an einer vorher konvex gestalteten Stelle als Vertiefung, als (paarige) Augengrube oder Sehgrube, im vordersten Teil der Hirnanlage angelegt (vgl. Abb. 42, noch ohne Abb.91. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Keimlings von 3,6 mm Lange, mit 28 UrsegmentSehgrube, mit 80 und 81). Nach Verpaaren. Pros Proseucephalon; pr Abl primare Augenblasen. Vergr. 100 x . einigung der Rander der Hirnanlage, aber noch vor dem SchluB des vorderen Neuroporus bildet die Augenanlage eine fast ganz terminal gelegene relativ groBe seitliche Ausstiilpung des Prosencephalons, die primiire A ugenblase (Abb.82 und 91). Dort, wo sie mit ihrer Seitenwand das auBere Keimblatt beriihrt, verdickt sich dieses und stellt als Anlage der Augenlinse die Linsenplatte dar (Abb. 99). Primare Augenblase und Linsenanlage sind nun im Lauf der weiteren Entwicklung eng miteinander in Beziehung. An derAugenblase, die dem Gehirn gegeniiber im Wachstum stark zuriickbleibt (vgl. Abb. 91 mit 92 und -=iiiM--'-- A. Vellt 82 mit 83 und 93), stiilpt sich die laterale Wand in L·Gr die mediale HaIfte ein, so daB aus der einfachen Opt primaren die doppelwandige sekundiire Augenblase, der Augenbecher, entsteht (Abb. 92, 93); das innere Abb.92. Querschnitt durch Vorderkopf und sekundare Augenblasen eines Keimlings von 5,8 mm Lange. A-Vellt Ventrikel der Blatt derselben wird dick Augenblase; Col Colobom; L-G. Linsengriibchen; Opt Hohlraum des Fasciculus opticus; III 3. Ventrikel. Vergr. 50 x. und mehrschichtig und liefert den Hauptteil der Retina (Sinnesepithelschicht und Gehirnschicht), wahrend das auBere Blatt sich verdiinnt und zum Pigmentepithel der Retina wird (Abb. 95); Pigment tritt darin friihzeitig (am Beginn des zweiten Monats) auf. Der Hohlraum der primaren Augenblase (der Sehventrikel, Ventriculus opticus) wird zu einem capillaren Spalt reduziert, der aber zeitlebens erhalten bleibt; das innere Blatt der Retina ist mit seiner Stab chen- und Zapfenschicht dem Pigmentepithel nur angelagert, nicht mit ihm verwachsen. Der urspriinglich hohle Stiel der Augenblase (Abb.93-95 und 84) verliert sein Lumen mit dem Auswachsen der Sehnervenfasern und wird zum Fasciculus opticus (S.78).

Sehorgan.

81

Aus dieser Entwicklung erklart sich die yom Lichteinfall abgewandte und dem Pigmentepithel zugekehrte Lage des Sinnesepithels der Retina. Denn die auf dem Stadium der Neuralplatte nach auBen gekehrte, freie Seite der Platte (Abb. 80 und 81) wird beim SchluB des Hirnrohres nach innen, gegen den Ventrikel, gewendet und biIdet chvcutrlkcl daher auch im Sehventrikel die Innenseite. Durch die Einstiilpung der sekundaren Augenblase wird die urspriinglich konkave Innenflache wieder konvex, nach auBen gewendet, und dem Pigmentepithel angelagert. Funktionell hat diese Lage den VorteiI, daB das Sinnesepithel den GefaBen der Choriocapillaris, der Nahrstoffquelle, zugewendet ist. Ware die Einstiilpung der lateralen Co! n V Illi Halfte der Augenblase Sohvcntrikel in ihrem ganzen Umfang gleichmaBig erfolgt, so waren die auswachsenden Opticusfasern gezwungen, iiber den Rand des Augenbechershinwegdem Ge- L i hirn zuzuwachsen. Dies wird vermieden durch Cor -'-_~ die Bildung der fetalen ~. . ., ,; Augenspalte, des (physiologischen) Coloboms (Abb. 83 und 94). Es besteht darin, daB an der ventralen Seite auch die auBere Wand des Bechers derart mit einb V hll gestiilpt wird, daB ein Abb. 93a und b. Zwei Schnitte durch die Augenanlage eines 8 mm langen Spalt in den Augen- K eimlings; a durch den Rest des physiologischeu Coloboms (Col), b durch des Sehventrikels mit dem 3. Ventrikel. Cor Cornea; becher hineinfiihrt; er die Verbindung -:Li Linse ; V hy Vasa hyaloidea. Vergr. 100 x . setzt sich eine Strecke weit auf den Augenblasenstiel als Rinne fort. Diese Rinne und den Spalt benutzen GefaBe, die Vasa hyaloidea (Abb. 93-95), um, von wenig Mesoderm begleitet, in den Augenbecher einzuwachsen; die aus der Retina auswachsenden Sehnervenfasern treten am Grunde des Spaltes in den Sehnerven iiber. Der Spalt verwachst nun mit Ausnahme des GefaBeintrittes vollig, und die beiden Blatter des Augenbechers losen sich im Spaltbereich voneinander (ahnlich wie das Neuralrohr yom Ektoderm), so daB normalerweise auBer der Stelle des GefaBeintrittes keine Spur des Coloboms zuriickbleibt. Grosser, Grundrill der Entwicklung des Menschen. 2. Auf).

6

82

Cor Ilea

Die Organe des auBeren Keimblattes.

Wahrend der Ausbildung des Augenbechers hat sich die Linsenplatte zu einem Linsengriibchen (Abb.92) eingesenkt, das sich zu einem Linsenbliischen schlieBt und yom Ektoderm ablOst (Abb.93). Es versenkt sich in den Augenbecher und wird allmahlich von dessen Randern umfaBt (Abb. 94). Die mediale Wand des Blaschens wird hochprismatisch (Abb. 95) und bildetdie Linsenfasern, wodurch allmahlich das Lumen des Blaschens verloren geht; die laterale (vordere) Wand ,.. Linse wird zum kubischen Linsenepithel. Die Linse wachst dadurch, daB in ihren Randteilen Labium immer neue Zellen durch Teilung gebildet, ". pupi!inre cupu lae zu Linsenfasern umgewandelt und auf die optica vorhandenen aufgelagert werden. So bel:ltebt ,, die Linse aus schalenartigen Zonen gleich, alter Fasern. Da die Teilungen aber am Rand Embr yonalc AugClIspaitc Augcllbccher der Linse in radiarer Richtung fortschreiten, Abb. 94. Moden der Augenanlage eines so liegen die nacheinander aus den gleichen 12,5 mm langen Keimlings von lateral und ventral her gesehen. Vergr. 66 x . Stammzellen entstandenen Fasern in radiaren (N ach DEDEKIND-HOCHSTETTER.) Reihel!. An cler AuBenseite der Linse entsteht als Basalmembran die Linsenkapsel; sie tritt mit der Retina durch die von der letzteren gebildeten Aufhangefasern der Linse in Verbindung. Der Glaskorper ist gleichfalls hauptsachlich ein Produkt der basalen Seite der Retina. Er wird von einem Kanal durchzogen, durch welchen die Art. hyaloidea (oben S. 81) zur Linse zieht. Hier lost sich die Arterie in ein GefaBnetz auf ( Membrana vasculosa lentis), das die Linse Pars caeca retinae Vasa hyalOide~ rings umgibt und ernahrt. Dieses Netz Pigmentel'lthel . schwihdet mIt der Art. hyaloidea zuerst an der Innenseite der Linse; einige W ochen vor der Geburt schwindet dann auch der auBere Abschnitt, der bis dahin auch von Ciliararterien gespeist und als Membrana pupillaris bezeichnet wird. Von den Vasa hyaloidea bleiben nur die fur das innere Blatt der Retina bestimmten Zweige mit dem Anfangsstiick des Stammes als Art. centralis retinae und ·deren Begleitvene erhalten. Die Linse wachst rascher als der Rand des Augenbechers, der dadurch die Linse von auBen uberlagert. Er bildet sich in die Pars caeca retinae um (Abb. 95), die sich dann in Pars ciliaris und iridica differenziert. Abb.95. Schnitt durch das linke Auge eines Aus dem Au Ben blatt der letzteren geht der 10 mm langen Keimlings, im Bereich des Eintrittes des Vasa hyaloidea. Vergr.lOOx . Musc. dilatator pupillae hervor, aus dem Rand des Augenbechers der M. sphincter pupillae, der von dort in das mesodermale Irisstroma einwachst. Von den glatten Muskeln des Auges sind somit zwei ektodermaler Herkunft; der M. ciliaris aber stammt .wie andere glatte Muskeln aus dem Mesoderm. Aus dem Mesoderm stammen auch die auBere und mittlere Augenhaut, die entlang des Fasciculus opticus mit der Dura und Leptomeninx zusammenhangen. Die Sklera erscheint fruhzeitig als Zellverdichtung, wahrend die Ohorioideaanlage bald durch ihren GefaBreichtum auffallt. Das Bindegewebe, welches zwischen Oberflachenepithel (Ektoderm) und Augenbecher bzw. Linse

Nasenhohle, Gesicht und Gaumen.

83

eindringt (Abb. 95), fiigt sich zuerst zum Hornhaut.endothel und der DEscEMETschen Membran zusammen, wahrend das Oberflachenepithel das Cornealepithel liefert; erst. nachtraglich dringt Mesoderm zwischen Epithel und Endothel ein zur Bildung der Corneallamellen. Einwarts von der Hornhaut entsteht durch Abhebung der Hornhaut von der Linse die vordere Kammer, welche

Rpl

Abb. 96. Telencephalon (Tel) und Riechplatte (Rpl) eines 5,8 mm langen Keimlings. Vergr. 35 x.

Abb. 97. Riechgriibchen eines 7,8 mm langenKeimlings. Beginn der Hemispharenbildung am Telencephalon. Vergr. 25 x.

durch seitliche Ausdehnung die Iris von der Hornhaut weiter abspaltet. Die hintere Kammer entsteht durch Abhebung der Iris vom Aufhangeband der Linse und tritt verhaltnismaBig spat, durch den Schwund der Pupillarmembran, in offene Verbindung mit der Vorderkammer. Die A ugenlider entstehen im zweiten Monat als Hautfalten (Abb. 102); sie verkleben epithelial mit dem Bulbus und im dritten Monat - 'W:-:-auch mit ihren freien Randern untereinander, so daB der menschliche Fetus intrauterin voriibergehend "blind" ist wie pr NIl viele Sauger bei der Geburt (Abb. 103). Die Lasung erfolgt im siebten oder achten Monat. Das Epithel an der Innenflache der Lider spaltet sich dabei in Conjunctiva palEp·M ., v·G·R pebrarum und bulbi. - Die Abb.98. Primitive Nasenhohlc (pr Nh) eines 10,3 mm langen Triinendruse geht aus mehKeimlings. A·Nr Augcn·Nasenrinne; Ep·M Epithelmauer zwischen den Gesichtsfortsatzen; Hem Hemispharenbildnng; reren zapfenformigen WucheN·G·R Nasen·Gaumenrinne. rungen des Epithels am Fornix conjunctivae hervor. Die ableitenden Triinenwege (Tranenrohrchen, Tranensack und Tranennasengang) entstehen aus Epithelsprossen, welche friihzeitig (zweiter Monat, Abb. 105 und 106) von der Augen-Nasenfurche frei durch das Mesoderm auf die N asenhahle zuwachsen.

Nasenhohle, Gesicht und Gaumen. Aus dem Ektoderm entstehen als plattenformige Verdickungen die Anlagen zweier groBer Sinnesorgane, des Geruchs- und Gehororganes, und ein wichtiger 6*

Hem

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Die Organe des auBeren Keimblattes.

Bestandteil des Auges, die Linse. Es ist moglich, daB diese drei Bildungen iiber die formale Ahnlichkeit der ersten Anlage hinaus im Bauplan des Wirbeltieres durch irgendeine seriale Aufeinanderfolge, vergleichbar der Metamerie, miteinander verwandt sind und zu rudimen taren, an den auBeren Riechplatte ----Kiemenfurchen auftretenden Sinnesorganen, den Placoden Linsenplatte -- - Stirnfortsatz (aus denenZellenauswandern, __ .. Oberkiefer- urn sich den Ganglien der fortsatz Branchialnerven anzuschlie- •. Unterkiefer Ben) in Beziehung stehen. Man spricht daher auch von Ryoidbogen der Riech- und Linsenplacode. Die Riechplacode erscheint bei sehr jungen Embryonen (von 4-5 mm) zu beiden Abb.99. Vorderkopf und Gesicht eiues 4,9 mm langen Keimlings Seiten des Vorderkopfes als nach dem Modell'yon PETER. H Schnittfliiche des Herzens. Vergr. 30 x. Riechplatte (Abb. 96 und 99) und senkt sich alsbald zum Riechgriibchen (Abb. 48b und 97) ein. Zwischen den Riechgriibchen bleibt ein gut begrenzter Teil des spateren Gesichts als Stirnfortsatz (mittlerer Nasenfortsatz) stehen (Abb. 99 und 100). Das Griibchen dringt weiter in das Mesoderm

Nasenloeh Seitllcher Nasenfortsau Stlrnfortsntz

, Mittlerer Nasenfortsatz

Augen-Nasenrinne Nasen-Gaumenrinne

OberkieferCortsntz Nasen-Gaumenrlnne Unterklefer

1. :'uilere Kiemcn[urehe llyoldbogen

Abb.100. Vorderkopf und Gesicht eines 10,3 mm langen Keimlings nach dem Modell Yon PETER. Vergr.15 x.

vor als Riechsiickchen. Vom caudalen Rand des Einganges in dasselbe angefangen legen sich die Rander des Griibchens aneinander und verschmelzen mit ihren Epithelflachen, so daB das immer besser sich abgrenzendeRiechsackchen durch eine auf der freien Oberflache senkrecht stehende Epithelplatte (Epithel-

Nasenhohle, Gesicht und Gaumen.

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mauer, Abb. 98) mit dieser Oberflache in Verbindung bleibt. Dem Ansatz der Platte entspricht auBen eine Rinne, welche von der erhalten bleibenden Offnung des Riechsackchens, dem spateren aufJeren Nasenloch, in den Mund verlauft und

Abb.101. Der Anteil der Gesichtsfortsatze an der Gesichtsbildung. Nach

INOUYE

etwas verandert.

als Nasen-Gaumenrinne bezeichnet wird (Abb. 98und 100). Am Ende dieser Rinne, am Dach der MundhOhle, legt sich das Riechsackchen dem Epithel der MundhOhle unter Ausbreitung der Epithelmauer flachenhaft an; die so entstandene doppelte

Abb. 102. Ansicht eines Keimlings von 21 mm Lange von yom. Augen noch schrag seitwarts Ilerichtet, Kiefergegend schnauzenfOrmig. N asenloch epithelial verschlossen. Obere Extremitiiten proniert, untere noch nicht. Vergr. 3 x .

Abb.103. Gesicht eines 52 mm langcn Keimlings von vom. Augen geschlossen, Kiefer stark vorspringend, Nasenloch frontal gestellt, epithelial verschlossen. Vergr. 2 x.

Epithelmem bran (Membrana bucconasalis) reiBt ein, und die Offnung stellt die primitive Choane dar (Abb. 104). Schon vorher wird auch die Epithelmauer unter dem Riechsackchen von Mesoderm durchwachsen und zerstort, so daB die primitive Nasenhohle jetzt einen Epithelschlauch darstellt, der von der Vorderflache des Kopfes in die primitive MundhOhle leitet.

Die Organe des auBeren Keimblattes.

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Der seitlich von der Nasen-Gaumenrinne gelegene Teil des Gesichtes wird durch eine von der Augenanlage medialwarts verlaufenden Rinne, die A ugennasenrinne (falschlich Tranenrinne), in zwei Abschnitte, den seitlichen Nasenfortsatz und den Oberkieferfortsatz, unterteilt (Abb.48b, 99 und 100), womit auch die Bestandteile des Gesichtsaufbaues, die Gesichts/ortsiitze (mittlerer und seitlicher Nasenfortsatz, Oberkieferfortsatz und der paarige Unterkieferfortsatz) gegeben sind. prM

z

u~~:e:,..-T- II "tTL

Die oben dargestellte Entwicklung der Nasenhohle, die fur aIle Saugetiere gilt, ist eine abgeanderte. Bei niederen Wirbeltieren sind die Gesichtsfortsatze freie Fortsatze, zwischen denendie primareNasenhOhle als Rinne auftritt und durch Verwachsung der Fortsatze uberder Rinne unter Frei· lassung der vorderen und hinteren Offnung geschlossen wird.

Die Gesichtsfortsatze verwachsen nun untereinander unter Verschwinden prN der auBeren Trennungsfurchen derart (Abb. 101), daB aus dem Stirnfortsatz Nasenriicken, Nasen~O-Nil scheidewand und der Mittelteil der Oberlippe mit a--:-,,--__ Ed. demPhiltrumhervorgehen, aus dem seitlichen NasenNa fortsatz der Nasenfliigel und aus dem OberkieferN fortsatz der seitliche Anteil derOberlippe, wahrend die Unterkieferfortsatze in der Mitte sich vereinigen 4ile Un aucllt·R und die Unterlippe bilden. Abb. 104. Etwas lateral von der Medianebene gefiihrter SagittalDie Augennasenrinne verschnitt durch einen Keimling von 13,3 mm Lange. Der Schnitt geht durch die primitive Nasen- und MundhOhle. A itc Art'. ilica schwindet spater spurlos. comm., A vert Art. vertebralis; Kd. Keimdriise; Lu Lunge; N Niere; No Nabelschleife; Nn Nebenniere; Le Leber; Geschl.-H GeZur Ausbildung des schlechtshOcker; pr M, pr N primitive Mund- und Nasenhohle; menschlichen Gesichtes, das Rh Rhombencephalon; Sp-G Spinalganglion; Un Urniere; Z Zunge. Vergr. 12 x. im wesentlichen einer frontal eingestelltenEbene entspricht, ist nun noch eine Reihe von Verschiebungen der Teile notwendig. Denn die Augen sind zuerst rein seitwarts gerichtet (Abb. 48 und 100), die spiitere Ohroffnung, die aus der Gegend der ersten iiuBeren Kiemenfurche hervorgeht, liegt caudal von der Mundoffnung am IbIs (Abb. 48) und die Nasenoffnungen sind frontal gestellt (Abb. 100, 102, 48b und c). Wiihrend das Auge allmiihlich nach vorn (Abb. 48e und f, 102 und 103) und das iiuBere Ohr nach aufwarts wandert, hinter die Mundspalte (Abb.48e, 103), grenzt sich der Nasenriicken durch eine quere Nasenfurche (Abb.48e, f, 103) von der StiXngegend abo 1m Zusammenhang mit der Anlage der Ziihne wiichst die Kiefergegend schnauzenartig vor (Abb. 48e, 102, 103) und das am Ende der Schnauze frontalstehende Nasenloch wird epithelial verschlossen (Abb. 48d, e und 103). Erst allmiihlich treten die Kiefer 'mit dem Wachstum des Gehirnes und der Lu

__

Nasenhohle, Gesicht und Gaumen.

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Stirnregion des Gesichtes wieder in die GesichtsfHi,che zuriick, wahrend die auBere Nase frei vorwachst und das Nasenloch nach unten wendet.

- Tr-Nq

Z

- G-L

7"'---'~L M Kn

- Uk

Abb.105. Frontalschnitt durch den Vorderkopf eines 22,2 mm Iangen Keimlings. GaumenIeisten in Ausgangsstellung. G-L GaumenIeisten; JOro (Abb.106) JACOBsoNsches Organ; M Kn MECKELscher KnorpeI; Ok Oberkieferknochen; Tr-No Triinen-Nasengang; Uk knocherner Unterkiefer (Dentale); Z Zahnanlage. Vergr. 15 x.

Vom Mundeingang bis zur primitiven Choane erstreckt sich der primitive Gaumen (Abb. 104 und 107), der nach der Art seiner Entstehung unpaar und median gelegen ist und die mundwarts gewendete Flache des Stirnfortsatzes

G-L

Ok

MKn

Uk

Abb.106. Frontalschnitt durch den Vorderkopf eines 30,3 mm Iangen Keimlings. GaumenIeisten umgeIegt. Bezeichnungen wie bei Abb. 105. Vergr. 15 x .

darstellt. Hinter der primitiven Choane aber reicht die primitive MundhOhle dorsalwarts bisan die Schiidelbasis, der auch die Zunge anliegt (Abb.62, 104 und 107). Die primitive Mundhohle muB nun in die sekundiire MundhOhle und die sekundare N asenh6hle geteilt werden. Dies wird eingeleitet durch Vorwachsen

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Die Organe des auBeren Keimblattes.

des Nasenseptums von der Schadelbasis hinter der primitiven Choane gegen die Zunge, wodurch die Nasenhohle iiber die primitive Choane hinaus rinnenartig caudalwarts fortgesetzt wird (Abb. 105); vollendet wird der Vorgang aber durch die Bildung des sekuruliiren Gaumens. Dieser entsteht aus den paarigen Gaumenleisten (Abb. 105), die von der Gegend der primitiven Choanen angefangen zu beiden Seiten der Zunge fast senkrecht nach abwarts wachsen und dabei die Zunge zwischen sich fassen. In und unter der Zunge differenziert sich die eigene quergestreifte Muskulatur (Abb. 105). Sobald nun die Zungen- und Mundbodenmuskulatur geniige~d weit ausgebildet ist (bei etwa 24 mm Lange des Keimlings), wird die Zunge bei Offnungsbewegungen des Mundes zwischen den Gaumenleisten herausgezogen; diese werden dabei horizontal umgeklappt (Abb. 106) und an das Septum angelegt, mit dem sie ebenso wie untereinander verwachsen. ~.~"'-IIIt.--,,-;;---r ~:;

Unterbleibt die Verwachsung, so kommt es zur GaumenspdUe. Unterbleibt (schon vorher) die Verwachsung zwischen mittlerem N asenfortsatz einerseits und seitlichem N asenpr G -!--~---+=.-fortsatz und Oberkieferfortsatz andererseits, so entsteht bei bloB oberflachlicher Storung der Verwachsung die Lippenspalte (Hasenscharte) , bei tiefer greifender Storung die KieferspaUe; sie liegt ungefahr zwischen Oberund Zwischenkieferknochen, aber nicht ganz genau, weil die Knochengrenzen mit denen Uk MKn der Gesichtsfortsatze nicht vollig iibereinAbb. 107. Paramedianer Sagittalschnitt durch die stimmen; der Zwischenkiefer reicht etwas Mundhohle eines 24 mm langen Keimlings. Zunge weiter seitlich. (Auch die Zahnleiste und die noch an der Schadelbasis, vor Umlagerung der Zahnanlagen sind nicht genau nach den GeGaumenleisten. pr G primitiver Gaumen; 8ch-Bas Schadelbasis. Andere Bezeichnungen wie bei sichtsfortsatzen orientiert, so daB die SpaltAbb.105. Vergr. 15 x . bildungen zwar meist zwischen 2. und 3. Zahn liegen, aber auch weiter medialliegen konnen oder iiberzahlige Zahne hervorrufen.) Eine Kieferspalte ist immer auch mit totaler Gaumenspalte verbunden; man spricht dann von Wolfsrachen.

Kopfdarm. Der Kopfdarm geht aus der ektodermalen Mundbucht und der entodermalen vorderen Darmbucht hervor (vgl. auch S. 36); die Grenze, die Rachenhaut, reiBt schon bei Keimlingen von 21/2 mm Lange ein und verschwindet bald vollig, so daB eine Keimblattgrenze spater nicht mehr sicher angebbar ist. Sie ist nur dadurch einigermaBen bestimmbar, daB Hypophyse, Nasenhohle, Zahne und Speicheldriisen ektodermaler, Ohrtrompete, Gaumenmandel und Zungengrund mit der Schilddriisenanlage entodermaler Abkunft sind; die Grenze geht somit yom Rachendach durch den weichen Gaumen und quer iiber die Zunge, bildet aber keine Ebene, sondern eine kompliziert gebogene Flache. Unmittelbar vor der Rachenhaut entsteht an der Schadelbasis eine dorsalwarts gerichtete Ausstiilpung, die Hypophysentasche (RATHKEsche Tasche, Abb. 60 bis 62), aus welcher die Oro- oder Adenohypophyse (der Vorderlappen) hervorgeht (Abb. 108). Sie zerfallt in Epithelballen und -strange. Ihr wachst yom Zwischenhirn aus der Infundibularfortsatz als Anlage der Neurohypophyse (des Hinterlappens) entgegen (Abb. 62 und 82). Beide legen sich aneinander (Abb. 86); an der Beriihrungsstelle entsteht aus der caudalen Wand der Hypophysentasche der Zwischenlappen, wahrend das Lumen obliteriert. Das Anfangsstiick der Hypophysentasche schrumpft zu einem Strang (Hypophysenstiel) zusammen, der im Bereich der Schadelbasis sehr bald unterbrochen wird; das Abgangsstiick am Rachendach erzeugt die Racherulachhypophyse, die beim Neugeborenen regelmaBig nachweisbar ist, spater aber verschwindet_

Lippen, Zahne, Munddriisen.

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Lippen, Zlthne, Munddrusen. Der Eingang in den friihembryonalen Mund ist vom Stirnfortsatz, den Oberkieferfortsatzen und dem Unterkiefer umrahmt (Abb. 100) und von ektodermalem Rl-cessus InfundJbuli

Dorsum sellae -'f.fP:~~~~Y~ ] nfundib ulum --,,,,",,ii->'~'+.'~

Vorderseite

H ypophy en· _~:.:.::..;,~~~"*._ tasche ~...~_ _w:;

Ansat z des HypophysenstieJes

K eUbeln Abb.108. Hypophyse eines 30,4 mm langen Keimlings im Sagittalschnitt. Vergr. 50 x. (Nach HOCHSTETTER. Oberkiefer

Zahopapille

Llppendriise -+~""'i~';;'

Oberlippe

Llppeofurche

ZahnJelste

Gaumen

Abb.109. Zahn- und Lippenanlage eines Keimlings von 80 mm Lange (2. Milchmolar). Vergr. 40 x

Epithel bekleidet. In diesem Epithel entsteht nach Verwachsung der Gesichtsfortsatze mundhohlenwarts eine Furche, die Zahn/urche, der eine in das Bindegewebe sich einsenkende Epithelleiste, die Zahnlei8te (Abb. 105, 106, 109)

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Die Organe des auBeren Keimblattes.

entspricht. Lateral von ihr tritt eine zweite Epithelleiste auf, die Lippen- Wangenleiste oder Vorhofslf!iste, welche Lippen und Wangen von den Alveolarfortsatzen trennt und durch Aufspal;, ,I, i, tung des Epithels zur Vor, , " I, hofsfurche (Sulcus alveololabialis) wird. Die Mundoffnung verkleinert sich durch Verwachsung der Lippen an den Mundwinkeln, wodurch mindestens ein Teil der Wangen gebildet wird. Die Zahnleiste verlauft - PII'I entlang dem Alveolarfortsatz; an ihrer labialen Seite -·mt entstehen im zweiten Monat - · Pm, fast gleichzeitig in jeder El