Grundlagen und Ausführung von Schutzgasglühungen einschließlich der Verhältnisse für das kohlende Glühen von Eisen [Reprint 2021 ed.] 9783112530702, 9783112530696

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Grundlagen und Ausführung von Schutzgasglühungen einschließlich der Verhältnisse für das kohlende Glühen von Eisen [Reprint 2021 ed.]
 9783112530702, 9783112530696

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Grundlagen und Ausführung von Schutzgasglühungen einschließlich der Verhältnisse für das kohlende Glühen von Eisen

Dr.-Ing habil W A L T E R B A U K L O H Professor für theoretische H ü t t e n k u n d e , Berlin

1949

A K A D E M I E - V E R L A G • B E R L I N

Vorabdruck aus dem im gleichen Verlag demnächst erscheinenden B u c h WERKSTOFF UND

SCHWEISSUNG

herausgegeben von Prof. Dr.-Jng. üabil. F. Erdmann-Jesnitzer

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin N W 7, Schiffbauerdamm 19 Lizenz-Nr. 156 • 4 9 0 2 / 4 9 - 6 7 6 3 / 4 9 Druck: ( D 0 1 ) Sachsenverlag, Druckerei- und Verlags-Gesellschaft mbH, Dresden N 23, Riesaer Straße 32, 12861 Bestell- und Verlagsnummer: 5028

V O R W O R T Das Schutzgasglühen von metallischen Werkstoffen ist keine technische Errungenschaft der neuesten Zeit. M a n verstand es schon frühzeitig, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um unerwünschte Umsetzungen der Glühatmosphäre mit dem zu glühenden Werkstück auszuschalten oder zu mindern. Erst wesentlich später ging man jedoch bei Verfahren dieser A r t von einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise aus, nachdem auch die metallurgische Praxis sich anschickte, aus den Erkenntnissen der physikalischen Chemie technischen Nutzen zu ziehen. Diese Entwicklung erscheint vordringlich, da sowohl die Wirtschaftlichkeit derartiger Verfahren als auch die Vielzahl der heute üblichen Legierungen eine vertiefte Kenntnis vom Verhalten der metallischen Werkstoffe gegenüber technischen Glühatmosphären erfordern. Die Aufgabe des vorliegenden Bändchens bestand daher in erster Linie darin, leichtverständlich aber dennoch in ausreichendem M a ß e das Verständnis für die physikalisch-chemischen Grundlagen zu wecken, durch die das Wesen des Schutzgaszustandes eines einheitlichen Gases oder eines Gasgemisches gegenüber einem metallischen Werkstoff gekennzeichnet wird. Im Besitze dieser Kenntnisse wird jeder Ingenieur in der Praxis in der Lage sein, für die Lösung neuer Aufgaben diestr A r t gangbare und sinnvolle Wege im vorhinein aufzuzeigen. Es bleibt ihm die Durchführung vieler kostspieliger und aus grundsätzlichen Überlegungen zur Aussichtslosigkeit verurteilter Tastversuche erspart, die um so umfangreicher sein werden, je mannigfaltiger die zu erwartenden Reaktionsmöglichkeiten sind. W e n n es dem Verfasser mit diesem Büchlein gelingt, hier belehrend und aufklärend zu wirken, so ist ein wesentlicher Teil der gestellten Aufgabe erfüllt. Die rein verfahrenstechnischen Vorkehrungen zur Erzeugung von Schutzgasen und die Glühprozesse selbst werden nach Maßgabe der technischen Entwicklung laufenden Wandlungen unterlegen sein. Die örtlichen Verhältnisse dürften daneben in vielen Fällen ebenfalls ausschlaggebend sein. Aus diesen Überlegungen wird im verfahrenstechnischen Teil des vorliegenden Bändchens kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Die dort angezogenen Verfahren sollen im wesentlichen nur Beispiele darstellen, welche zu neuen Anregungen aus der Praxis führen werden. Der Umstand, daß die theoretische Diskussion der für das Schutzgasglühen zuständigen Reaktionen auch die Grundlage für das kohlende Glühen von Eisen (Gaseinsatzhärtung) abgibt, veranlaßte den Verfasser, dieses technisch recht interessante Problem in die gestellte Aufgabe einzubeziehen. Es dürfte keine besondere Belastung des Stoffes damit verbunden sein, vielleicht aber eine Vertiefung des Gesamtproblems der Umsetzung zwischen Gasen und Metallen erreicht werden.

Das vorliegende Bändchen ist ein V o r a b d r u c k eines vom Verfasser geschriebenen Kapitels im Buch Werkstoff u n d Schweißung, das demnächst im gleichen Verlag erscheinen wird. D a die Fragen des Schutzgasglühens von metallischen Werkstoffen erfahrungsgemäß über den Leserkreis des genannten Buches hinaus von Interesse sind, erschien eine gesonderte Herausgabe gerechtfertigt. D e m Akademie-Verlag danke ich f ü r die großzügige u n d verständnisvolle Unterstützung, die er der Drucklegung des vorliegenden Bändchens zuteil werden ließ. Berlin 1949

W. Baukloh

INHALTSVERZEICHNIS

Seite

Vorwort

3

Technische Bedeutung

7

Physikalisch-chemische Grundlagen Berechnung von Schutzgasatmosphären Technische Durchführung von Schutzgasglühungen

' 9 19 • 21

Die verschiedenen Schutzgase und ihre Herstellung . . 21 Wasserstoff

21

Stickstoff

22

Wasserstoff-Stickstoff-Gemische

22

Teilweise verbrannte Heizgasgemische

23

Das Schutzgasglühen von Metallen Schrifttum

29 36

Technische Bedeutung Die Wärmebehandlung von Metallen und Metallegierungen in technischen Heizgasen ist vielfach der Grund für die Bildung von Oxydhäuten auf der Werkstoffoberfläche. Diese Oxydhäute müssen vor der Weiterverarbeitung des Werkstoffes durch Beizen oder sonstige Behandlungen entfernt werden, wenn bei einer weiteren Kaltverformung eine saubere und gleichmäßige Oberfläche erzielt werden soll. Handelt es sich z. B. um die Glühung von Kohlenstoffstählen, so kann neben der oberflächlichen Oxydation des Metalles auch eine empfindliche Entkohlung eintreten, welche die Werkstoffeigenschaften ungünstig beeinflußt. Dies gilt insbesondere f ü r die Glühbehandlung von Werkzeugstählen sowie Chrom- und Schnelldrehstählen. Ebenso unerwünscht kann eine Kohlenstoffaufnahme sein, wenn es sich z. B. um die Glühung von Eisenblechen handelt, die über eine hohe Tiefziehfähigkeit verfügen sollen. Andererseits werden in einem späteren Kapitel Beispiele herangezogen, wo sowohl die Entkohlung als auch die Aufkohlung einem technischen Bedürfnis entsprechen. Es sei ferner daraufhingewiesen, daß das Plattieren von Blechen in steigendem Maße Anwendung findet. Z u r Erzielung einer guten Schweißung müssen die Werkstoffoberflächen vollkommen zunderfrei sein. Das gleiche gilt für die Hartlötung. Die Schaffung geeigneter Schutzgasatmosphär^n war verständlicherweise zunächst dort am dringendsten, wo es sich um Werkstoffe handelt, deren Eigenschaften durch die Glühatmosphäre am empfindlichsten beeinflußt werden, und wo es sich um hohe Erzeugungsmengen handelt. Das dürften in erster Linie Eisen und Stahl sein, bei denen sich sowohl Verzunderungs- als auch Kohlungsreaktionen abspielen können, während für ein Metall wie Kupfer, das keine Löslichkeit für Kohlenstoff besitzt, praktisch allein Verzunderungsreaktionen von Bedeutung werden können, wenn man von der sog. „Wasserstoffkrankheit" absieht. Daneben bietet die Verwendung von Schutzgas auch für die Hartlötung und Schweißung von Metallen technische Vorteile, die inzwischen auch in diesem Fertigungszweig ein besonderes Interesse für die Probleme der Schutzgasglühung erweckt haben. Es ist verständlich, daß die Herstellung geeigneter Schutzgase um so umständlicher wird, je mannigfaltiger die Rea ^ tions möglich Reiten zwischen den Bestandteilen der Gasphase und dem Werkstoff sind. Das ist der Grund dafür, daß die Erzeugung von Schutzgasen für das Glühen von Eisen und Stahl auf besondere Schwierigkeiten stößt, da hier eine verhältnismäßig hohe Zahl von Reaktionsmöglichkeiten zu berücksichtigen ist. Anders liegen die Verhältnisse beispielsweise für Kupfer, wie das oben schon angedeutet wurde, wobei noch die gegenüber Eisen geringere Sauerstoffaffinität des Kup-

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Grundlagen u n d A u s f ü h r u n g von Schutzgasglühungen

fers von Bedeutung ist. Als erstes Blankglühverfahren ist daher wohl auch das Glühen von Kupfer in überhitztem reinem Wasserdampf anzusprechen. Die Umsetzungen zwischen Glühgut und Gasatmosphäre werden durch die viel angewendete Kistenglühung auf ein Kleinstmaß herabgesetzt. Bei diesem Glühverfahren entweicht die in der Glühkiste befindliche Luft zum größten Teil während der Aufheizung. Es bleiben jedoch Reste zurück, deren Sauerstoffgehalt eine schwache Zunderschicht erzeugt, welche bei kohlenstoffhaltigen Werkstoffen allerdings bei höheren Temperaturen durch den Kohlenstoff des Glühgutes wieder reduziert wird. Dadurch wird der gebildete Zunder zwar zwischenzeitlich entfernt und das Blech vorübergehend blank. Der Vorgang wird jedoch beim Abheizen wieder rückgängig gemacht, da von neuem Luft in die Glühkiste nachdringt. Bei höher gekohlten Stählen beobachtet man daneben noch eine oberflächliche Entkohlung, welche durch Einbetten des Glühgutes in Sand oder Eisenspänen weitgehend zurückgedrängt werden kann, während die Bildung dünner Oxydschichten praktisch kaum zu vermeiden ist. So lag frühzeitig ein Bedürfnis zur Schaffung geeigneter Schutzgasatmosphären vor, welche es ermöglichten, die schädliche Luft bereits bei Beginn des Aufheizens aus dem Glühraum zu entfernen und sie durch eine Atmosphäre zu ersetzen, welche sich gegenüber dem Glühgut neutral verhält. Wenn die Praxis erst verhältnismäßig spät dazu übergegangen ist, Schutzgasglühungen auf breiterer technischer Grundlage zu betreiben, so hat das neben technischen Fragen des Ofenbaues seinen Grund darin, daß sich die Praxis mit den physikalisch-chemischen Grundlagen für das Reaktionsvermögen zwischen den metallischen Werkstoffen und den in der Technik gebräuchlichen Gasgemischen erst in neuerer Zeit gründlicher vertraut machte. Im größeren Umfange wurde die Entwicklung von Glühgasen zum Blankglühen erstmalig in Amerika auf rein erfahrungsmäßiger Grundlage vorangetrieben. Es entstand der Begriff ,,Controlled Atmosphere". Die wissenschaftliche Beschreibung der sich dabei abspielenden Umsetzungen und die Ableitung der Voraussetzungen für ihre Verhinderung folgten erst nach und nach, wobei es gelang, viele zunächst ungewöhnlich erscheinende Vorgänge zu klären. Von den chemischen Umsetzungen zwischen Glühatmosphäre und Werkstück werden im Bereich der technisch üblichen Glühtemperaturen und Glühzeiten naturgemäß nur die Oberßäche und die maximal nach wenigen Millimetern zählenden Schichten unter ihr erfaßt. Es ist daher verständlich, daß eine Schutzgasglühung vorwiegend nur für Prozesse von technischer Bedeutung sein kann, bei denen es auf die Erzielung einer blanken Oberfläche ankommt, wie beim Löten und Schweißen. Die Sicherung der Werkstoffzusammensetzung während des Glühprozesses (z. B. Stähle mit höherem Kohlenstoffgehalt) oder die Verhinderung eines empfindlichen Querschnittverlustes durch oberflächliche Oxydation wird aus naheliegenden Erwägungen nur dann eine Schutzgasglühung erforderlich machen, wenn das Verhältnis von Oberfläche zum Werkstückquerschnitt relativ groß ist, wie z. B. bei dünnen Blechen usw. Es darf weiterhin nicht vergessen werden, daß die kinetische Seite der Reaktionen, auf die in der vorliegenden Abhandlung nicht näher eingegangen werden soll, in manchen Fällen Operationen gestattet, die insbesondere dann von Bedeutung sind, wenn die Verwendung gesteuerter Gasatmosphären technisch und wirtschaftlich untragbar ist. So kann gelegentlich die Entkohlung dünnwandiger Eisenwerkstoffe mit Erfolg herabgesetzt werden, wenn man die Bildung einer dünnen Oxydhaut zuläßt, wodurch die Umsetzung zwischen Gasphase und Kohlenstoff gehemmt wird. Der Querschnittsverlust durch eine geringe Oberflächenoxydation ist hier nach den Erfahrungen der Praxis eher zu ertragen als der Festigkeitsverlust durch Verminderung des Kohlenstoffgehaltes.

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Physikalisch-chemische Grundlagen

Physikalisch - chemische

Grundlagen

Die Erzeugung von Schutzgasatmosphären wäre kein technisch-wissenschaftliches Problem, wenn der Praxis in beliebigem Umfange und zu wirtschaftlich tragbaren Preisen Gase zur Verfügung ständen, die keine chemischen Umsetzungen mit den metallischen Werkstoffen eingehen können, wie das z. B. für die bekannten Edelgase der Fall ist. Diese besitzen von Natur aus die Eigenschaft eines Schutzgases und könnten ohne besondere Vorbereitung für alle Metalle und Temperaturbereiche verwendet werden. Wenn die Praxis von diesen Gasen im großen keinen Gebrauch macht, so hat das seinen Grund in ihrem Preis und ihrer geringen Verfügbarkeit. Man könnte hier auch an die Verwendung von technischem Stickstoff denken, was jedoch insofern Schwierigkeiten bereitet, als der technische Stickstoff stets durch geringe Sauerstoffmengen verunreinigt ist, die nur umständlich zu entfernen sind. Reiner Wasserstoff gilt in diesem Zusammenhange nur dann als Schutzgas, wenn es sich um das Glühen von kohlenstoffarmen Werkstoffen handelt. Unter außergewöhnlichen Verhältnissen kann eine bestimmte Umsetzung des Wasserstoffs mit dem Werkstoff allerdings auch erwünscht sein, wie später noch gezeigt wird. Seine Schutzgaseigenschaft würde sich dann auf die Verhütung unerwünschter Nebenreaktionen beziehen. Für die Praxis muß man mit Rücksicht auf die oben angestellten Überlegungen nach Schutzgasen suchen, die ohne Aufwendung umfangreicher technischer und wirtschaftlicher Mittel von der Praxis erstellt werden können. Man ist daher im großen auf die technischen Heizgase angewiesen, bei denen es sich im wesentlichen um Gasgemische mit wechselnden Anteilen an N 2 , CO, CO a , C x Hy, H 2 , H a O und gelegentlich auch Spuren von H 2 S und SO a handelt. Das sind aber chemische Körper, die bis auf Stickstoff unter gewissen Voraussetzungen Reaktionen mit dem metallischen Werkstoff eingehen können. Gelegentlich findet selbst eine Umsetzung zwischen Stickstoff und dem Werkstoff statt, sofern er zur Nitritbildung neigende Legierungselemente enthält. Um solchen Gasgemischen den Charakter eines Schutzgases zu verleihen, muß das Verhältnis der fraglichen Gasbestatidteile so gewählt werden, daß praktisch keine Reaktionsmöglichkeit mit dem Glühgut besteht. Gekennzeichnet ist dieser Zustand durch die Gleichgewichtslage der in Frage kommenden chemischen Reaktionen. Man unterscheidet daher zweckmäßig zwischen inerten und neutralen Gasen. Inerte Gase sind die Edelgase und gegebenenfalls auch Stickstoff, die praktisch in keinem Zustand Reaktionen mit dem Werkstoff eingehen. Neutrale Gase befinden sich mit dem Werkstoff im chemischen Gleichgewicht, das, wie weiter unten gezeigt wird, durch die Gaszusammensetzung, Glühtemperatur, Art des Werkstoffes und gegebenenfalls auch durch den äußeren Druck bestimmt wird. Veränderungen eines dieser Faktoren können das Gleichgewicht stören und erneut chemische Umsetzungen veranlassen. Daraus erkennt man, daß es keine neutrale Schutzgasatmosphäre gibt, welche für alle Werkstoffe und für jeden Temperaturbereich uneingeschränkt verwendet werden kann. Die Praxis übernimmt die Kennzeichnung für eine „oxydierende", „reduzierende" oder „neutrale" Atmosphäre vielfach von der Feuerungstechnik. Hier wird eine Atmosphäre schlechthin als oxydierend bezeichnet, wenn der Brennstoff mit einem Uberschuß an Luft verbrannt wird. Reduzierend nennt man hier eine Atmosphäre, die einen Überschuß an nichtverbrannten Gasen, wie CO, CH 4 oder H 2 , hat. Dementsprechend bezeichnet man eine Atmosphäre, welche weder einen Überschuß an Sauerstoff noch an unverbrannten Bestandteilen enthält, als neutral. Nach dieser Definition müßte es relativ leicht sein, zu einer neutralen Gasatmosphäre zu gelangen. Sie entspricht jedoch nicht dem wahren chemischen Charakter des betreffenden Gas-

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Grundlagen u n d A u s f ü h r u n g von Schutzgasglühungen

Wie oben schon angedeutet wurde, dürfen Schutzgasglühungen mit Gasgemischen, deren Bestandteile chemische Umsetzungen mit dem Werkstoff eingehen können, nur durchgeführt werden, wenn sich das Gasgemisch mit ihm im Gleichgewicht befindet. Die Bedingungen für das Bestehen eines solchen chemischen Gleichgewichtes sind durch das Massenwirkungsgesetz gekennzeichnet. Für den Fall, daß es sich um eine Reaktion handelt, welche nur in einer Phase, beispielsweise nur zwischen gasförmigen Komponenten abläuft, so nimmt dieses Gesetz eine einfache Form an. Lautet die Gasreaktion 3A +

B FeO + H2

ausgedrückt werden durch die Beziehung (2) ' Pn"° /'FeO * Pn. Die Größen pFe und pFe0 sind nun für eine gegebene Temperatur konstant und unabhängig von der Menge des an der Reaktion beteiligten Eisens bzw. Eisenoxyduls. Sie können daher in die Konstante einbezogen werden, wodurch sich die Definition des G leichgewichtszustandes vereinfacht. Er wird somit gekennzeichnet durch die Beziehung (3) (2)

Kp =

(3)

Kp'

Pve

=

Der Partialdruck p eines Gasbestandteiles errechnet sich aus dem Gesamtdruck P — px p2 -)- • • • der Gasmischung nach folgendem Beispiel: Es handele sich u m eine Gasmischung, bestehend auszO Vol.% C O , 3 0 Vol.% C O a , £0 Vol.% N 2 . Das Gemisch stehe unter einem äußeren D r u c k P = 1,5 at, dann ist: PC0 P=

= 0,2 • 1,5 = 0,3 at. f

C O i

= 0 , 3 . 1 , 5 = 0,45 at. pN at

¿CO + PCO + p N, = 1.5 -

= 0,5 • 1,5 = 0,75 at.

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Physikalisch-chemische Grundlagen

D i e Veranschaulichung dieser Beziehung, insbesondere unter Berücksichtigung der technisch wichtigen Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtslage, erfolgt zweckmäßig in Form eines Schaubildes. Es kann dabei so vorgegangen werden, daß m a n Kp' — also das Mischungsverhältnis der beiden zueinander gehörenden gasförmigen Reaktionsteilnehmer im Gleichgewichtszustand — der T e m p e r a t u r gegenüberstellt oder die Summe der f ü r die betreffende Reaktion in Frage k o m m e n d e n gasförmigen Reaktionsteilnehmer gleich h u n d e r t setzt u n d in d e m Schaubild jeweils den auf die Grundreaktion bezogenen Anteil des fraglichen Gasbestandteiles angibt. Im Z u sammenhang mit der Erörterung von Schutzgasfragen wird vorzugsweise die erste A n o r d n u n g gewählt, die auch in den vorliegenden A u s f ü h r u n g e n bis auf eine A u s n a h m e (Bild 6) herangezogen werden soll. D u r c h die Gleichgewichtskurve wird ein solches Schaubild in zwei oder m e h r f ü r die chemische Betrachtung wichtige Zustandsfeider geteilt. Eines davon ist das Existenzfeld des blanken MeFe *HS0 ^ FeO * K p = talls, die anderen grenzen die Fe *C03 ~ FeO * CO • Kp = P„, Existenzfelder der im System 0,8 möglichenVerbindungen bzw. Kp Verbindungsgemische ab. Als Beispiel sind in den Bildern 0,6 FeO 1 u n d 2 die GleichgewichtsverFe3 0« hältnisse f ü r die Reaktionen des Eisens mit C O - C O a - bzw. 0.4 r H 2 - H 2 0 - G e m i s c h e n wieder/ gegeben, die bekanntlich im Rahmen des Schutzgasglühens 0,2 Fe von Eisen u n d Stahl von Interesse sind. H i e r interessiert 0 200 400 600 800 ''200 400 600 800°C vor allem das Existenzgebiet [50>6/ 10' V '(A Das Blankglühen von Kupfer, wel\ ches eine relativ geringe Sauerstoff- l h o 5 l\ \ V > affinität besitzt, gelingt bereits in ' V V \ \V sauerstofffreiem C 0 2 oder H a O. Metalle mit hoher Sauerstoffaffinii tät werden daher schon durch ges N, s ringste Anteile an freiem Sauerstoff 10 oder eines Sauerstoffträgers (auch 1 2S Sn CO) im Schutzgas oberflächlich H jSnö 0.1 oxydiert. So können hochlegierte — — Ni Chromstähle praktisch selbst nicht 0.01 NiO mehr in CO-haltigen Atmosphären 0,001 ohne oberflächlichen Angriff ge- Ii0I6/I./3 800 1000'C 1200 200 400 600 glüht werden. Hier kommen dann Bild 3. Gleichgewichtsdrücke von H 2 -H 2 0-Mischungen praktisch nur noch Gasgemische aus mit Metalloxyden in Abhängigkeit von der Temperatur. x — T e m p e r a t u r in 0 C C = Schutzgas N 2 und H 2 in Frage, auf deren Ergespaltenes A m m o n i a k aus L e u c h t g a s - L u f t 1:2, zeugung noch eingegangen wird. B = auf 0°C g e k ü h l t auf 18° C g e k ü h l t Die gleichen Verhältnisse liegen bei den Metallen Aluminium und Magnesium vor. Entsprechend ihrer hohen Sauerstoffaffinität vermögen sie Kohlenoxyd oder Wasserdampf praktisch lOOprozentig zu reduzieren. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, daß die Oxyde dieser Metalle durch reduzierende Gase bei den üblichen Glühtemperaturen nicht reduziert werden können. Eine Lötung dieser Metalle unter Schutzgas würde keinen Sinn haben, sie kann praktisch nur in Gegenwart eines geeigneten Oxydlösungsmittels erfolgen. Die Bilder 3 bis 5 geben die Unterlagen für die Reaktionsgleichgewichte verschiedener Metalle in H 2 -H 2 0-, C 0 - C 0 2 - und H 2 -H 2 S-Gemischen wieder. Auf die in ihnen vermerkten Angaben über gewisse Schutzgaszusammensetzungen wird weiter unten eingegangen. Jede dieser Gleichgewichtskurven teilt das Schaubild in zwei Felder, wobei die chemische Bezeichnung der fraglichen Stoffe so angeordnet ist, daß das reine Metall in das Gebiet fällt, in dem kein Angriff zu erwarten ist, während die entsprechende chemische Verbindung das Feld des Angriffes durch die Gasphase angibt. So wird beispielsweise

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Grundlagen und A u s f ü h r u n g von Schutzgasglühungen

Nickel, wie das aus Bild 5 hervorgeht, bei 400° C durch ein Gasgemisch, in dem das Verhältnis H 2 : H 2 S größer als etwa 10 ist, nicht angegriffen. Nimmt das Verhältnis kleinere Werte an, so ist ein Angriff durch H 2 S unter Bildung von NiS zu erwarten. Aus der Lage der Gleichgewichtskurven für die Umsetzungen von Mangan, Chrom und Zink mit C 0 - C 0 2 - bzw. H 2 -H a O-Gemischen erkennt man, daß eine Glühung praktisch nicht in Gegenwart von analytisch nachweisbaren Mengen CO a bzw. H a O ohne oberflächliche Oxydation desWerkstükkes vorgenommen werden kann. Ähnlich ungünstig liegen dieVerhältW nisse für H 2 S-haltige Gase. Nennenswerte Mengen an C 0 2 und H a O neben entsprechenden Mengen an CO und H 2 sind, wie die Bilder 3 bis 4 erkennen lassen, ohne die Gefahr eines Angriffes nur bei Glühungen der reinen Metalle Eisen, Kupfer, Nickel, Molybdän, Z i n n und Wolfram im Schutzgas erlaubt. Die meisten 1000 C anderen Gebrauchsmetalle verlangen Bild 4. Gleichgewichtsdrücke von C 0 - C 0 2 - G e m i s c h e n eine praktisch völlige Reinigung der mit Metalloxyden und C in Abhängigkeit von der Temperatur. Glühgase von C 0 2 und H 2 0 . x = T e m p e r a t u r in ° C A = S c h u t z g a s aus L e u c h t g a s - L u f t 1 : 2 B = S c h u t z g a s aus L e u c h t g a s - L u f t 1 : 3,8

10" 10'

\

10' 107 1.10°

\

v\

' 1(f 104 10 102 10 1 0.1

0,01

150/6/f/5|

200

400

600

800

1000X

Man vermißt in den Bildern 3 und 4 zunächst entsprechende Angaben über Kupfer. Die Sauerstoffaffinität des Kupfers ist jedoch so gering, daß die Gleichgewichtsisobaren für die Umsetzung zwischen Kupfer und C 0 - C 0 2 - bzw. H 2 - H 2 0 - G e m i s c h e n nahezu in die Abszisse der Schaubilder fallen. Das g bedeutet für die Praxis des Schutzgasglühens, daß Kupfer durch reinen WasQ serdampf und reines Kohlendioxyd im Temperaturbereich technischer Glühungen nicht angegriffen wird. Anders liegen die Verhältnisse für die Umsetzungen mit schwefelhaltigen Gasen, wie Bild 5 erkennen läßt. Die relativ hohe Schwefelaffinität der MetalleEisen, Kupfer und Nickel machen eine gründliche Entschwefelung des Schutzgases erforderlich.

Bild 5. Gleichgewichtsdrücke von H 2 -H 2 S-Gemischen über Metallsulfiden in Abhängigkeit von d e r T e m p . x = T e m p e r a t u r in ° C A = Schutzgas Leuchtgas - Luft 1 : 2 B = S c h u t z g a s P r o p a n - L u f t 1 : 15 C = Schutzgas Leuchtgas - Luft 1 : 2

Handelt es sich um das Löten oder Verschweißen von Metallpaaren, so wird die Zusammensetzung der Schutzgasatmosphäre durch das chemisch un-

Physikalisch-chemische Grundlagen

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edlere Metall bestimmt. Dies gilt z. B. f ü r das Kupfer-Lötverfahren, welches in steigend e m M a ß e in Schutzgasatmosphären d u r c h g e f ü h r t wird. Finden hier Chromstähle mit m e h r als 3 % C h r o m Verwendung, wie z. B. beim Auflöten von Hartmetall, so m u ß die Schutzgaszusammensetzung auf die chemisch unedlen Chromstähle abgestellt werden. D a h e r empfiehlt sich f ü r diesen Fall die Verwendung eines völlig trockenen u n d oxydfreien Gases, weil die Lötung sonst durch die Bildung d ü n n e r Oxydhäute stark behindert wird. D a n e b e n m u ß auch die Möglichkeit der Kohlenstoffabscheidung aus der Gasphase u n t e r b u n d e n werden. Die physikalisch-chemischen Überlegungen bezogen sich bislang nur auf die G l ü h u n g von reinen Metallen, während m a n es in der Praxis in vielen Fällen mit Legierungen zu t u n hat. Es ist verständlich, daß sich die Gleichgewichtszusammensetzung der Gasphase mit A r t u n d M e n g e des Legierungsbestandteiles ändert. Im Schrifttum finden sich nur wenig Angaben, aus denen diese Z u s a m m e n h ä n g e f ü r die üblichen Metallegierungen zu entnehmen wären. Genauere Unterlagen besitzt m a n heute im wesentlichen nur über die Gleichgewichtsverhältnisse zwischen kohlenstoffhaltigen unlegierten Stählen u n d kohlenstoffhaltigen Gasen. M a n kann die Schutzgaszusammensetzung f ü r das Glühen von Legierungen, falls entsprechende U n t e r lagen fehlen, auf den unedleren Legierungsbestandteil abstellen. Bei einem C h r o m stahl z. B. würde man die Schutzgaszusam'mensetzung f ü r reines metallisches C h r o m wählen. Die so gewählte Gasphase ist zwar eine Schutzgasatmosphäre f ü r jede EisenChrom-Legierung, sie entspricht jedoch den f ü r die Praxis ungünstigsten Verhältnissen, nämlich der Blankglühung von reinem Chrom. In Wirklichkeit ändert sich die Sauerstoffaffinität von Legierungen u n d damit auch das f ü r ein Blankglühen erlaubte Mindestmaß an oxydierenden Bestandteilen in der Gasphase nach ganz bestimmten Verhältnissen, die durch das Zustandsschaubild der betreffenden Legierungen widergespiegelt werden. Handelt es sich u m eine Legierung, die im festen Z u s t a n d homogene Mischkristalle über alle Konzentrationsbereiche bildet, so wird sich die Sauerstoffaffinität u n d damit auch die Schutzgaszusammensetzung mit Bezug auf die Sauerstoffträger der Gasphase mit verändertem Legierungsgehalt stetig ändern. Ein Legierungstyp mit einer Mischungslücke im festen Z u s t a n d erfährt im Konzentrationsbereich dieser Lücke ke^e Ä n d e r u n g der Sauerstoffaffinität, so daß auch die Schutzgaszusammensetzung in diesem Konzentrationsbereich unverändert bleiben kann. Die T a t sache, da-ß die meisten technischen Legierungen z u m Teil recht komplizierte Zustandsschaubilder besitzen, ist der G r u n d dafür, daß die Kenntnisse von den Gleichgewichtsverhältnissen f ü r Gasreaktionen mit technischen Legierungen noch recht lückenhaft sind *). Eingehendere Unterlagen über die Beziehungen zwischen Legierungsgehalt u n d Zusammensetzung der Gasphase liegen, wie oben schon angedeutet, vornehmlich f ü r die Reaktionen im System Fe-C-O vor. Sie sind f ü r eine Reihe technisch interessanter Prozesse von großer praktischer Bedeutung geworden. D a auch das Schutzgasglühen vorzugsweise an Eisenwerkstoffen vorgenommen wird, so soll auf die Verhältnisse in diesem System näher eingegangen werden. Bild 6 gibt den für das Schutzgasglühen von Eisen und Stahl interessierenden Ausschnitt des Systems Fe-C-O wieder. Gleichzeitig enthält es die Gleichgewichtskurve f ü r die Umsetzung des Eisens mit methanhaltigen Gasgemischen. D u r c h die Gleichgewichtskurve f ü r die Umsetzung FeO + C O - Gleichgewichtskurve f ü r die U m s e t z u n g 3 Fe + C H 4 Fe 3 C + 2 H 2 gekennzeichnet. Wie Bild 6 erkennen läßt, liegen die Verhältnisse hier insofern anders, als die kohlende T e n d e n z eines gegebenen CH 4 -H 2 -Gemisches (Punkt b) im Gegensatz zu C O - C O a haltigen Gemischen mit steigender T e m p e r a t u r größer wird u n d umgekehrt, so d a ß bei höheren Glühtemperaturen schon geringe CH 4 -Gehalte genügen, u m eine A u f kohlung des Eisens zu bewirken. M i t einem Gasgemisch, bestehend aus 8 0 Vol. % H 2 u n d 20 Vol. % C H 4 gelangt man mit fallender T e m p e r a t u r bei b 2 bereits in das Gebiet der Entkohlung. In gleicher Weise wirken steigende H 2 -Gehalte, wie das aus der Veränderung der Gaszusammensetzung in Richtung b—>-bj zu ersehen ist. A u f G r u n d der Kohlenstofflöslichkeit des Eisens im Austenitgebiet ist auch hier ein entsprechendes Feld f ü r die Gleichgewichte zwischen Austenit und der Gasphase zu erwarten. Die oben angestellten Überlegungen gelten in gleicher Weise auch f ü r Gasgemische aus einer größeren Anzahl von Gasbestandteilen, bei denen, wie im obigen Beispiel, das Verhältnis C O a : C O = 0 , 1 1 beträgt, wenn sich die übrigen Gasbestandteile an der Reaktion nicht beteiligen, wie z. B. Stickstoff, oder aber zu einem anderen Gleichgewicht f ü h r e n . Bild 7 enthält neben einer Zusammenstellung der Reduktions-Oxydations-Gleichgewichte auch die Kohlungsgleichgewichte in C 0 2 - C 0 - u n d CH 4 -H 2 -haltigen Gasgemischen. Z u r besseren H a n d h a b u n g f ü r den Schutzgasfachmann sind auf der Abszisse hier wiederum die Kp'-Werte aufgetragen. D a sich die Kohlungsgleichgewichte mit d e m Kohlenstoffgehalt des Stahles ändern, so sind hier der Einfachheit halber die Verhältnisse f ü r mit Kohlenstoff gesättigten Stahl wiedergegeben. Die Kohlenstoffkonzentration in den äußersten Schichten des Werkstückes d ü r f t e bei der Einsatzhärtung praktisch in der N ä h e der Kohlenstoffsättigung liegen, so daß die in Bild 7 wiedergegebenen Unterlagen auch f ü r die Vorgänge bei der Einsatzhärtung zu benutzen sind. Die Gebiete f ü r die verschiedenen Reaktionstendenzen der Gasgemische sind durch entsprechende Hinweise neben den Gleichgewichtskurven gekennzeichnet.

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Berechnung von Schutzgasatmosphären

D i e beiden C O a - C O - K u r v e n umgrenzen das Feld, in d e m der Stahl durch C 0 2 - C 0 Gasgemische zwar entkohlt wird, aber zunderfrei geglüht werden kann. D i e beiden K u r v e n schneiden sich b e i m maximal zulässigen C O a - A n t e i l in der Gasphase. D i e voraufgegangenen Ü b e r l e g u n g e n bestätigten den schon eingangs gegebenen Hinweis, daß die Schaffung einer Schutzgasatmosphäre aus Gasgemischen mit einer größeren A n z a h l von K o m p o n e n t e n , welche sich in j e d e m A u g e n b l i c k mit d e m Glühg u t im Gleichgewicht befinden müssen, praktisch überaus schwierig ist. W i r d der Gleichgewichtszustand f ü r eine °c T e m p e r a t u r erreicht, so m u ß er 1100 a u f G r u n d der T e m p e r a t u r a b 1 hängigkeit der Gleichgewichte 0 .0 in der A u f - oder A b h e i z p e r i o d e 1000 wieder z u einem Ungleich

A >

.-V

0 *

1 SIHl/1/U l

Bild 12. Schematische Darstellung einer Anlage zur Schutzgas* erzeugung (nach F. Eisenstecken, u. E. Schauff). 1 2 3 4

= = = =

Verbrennunfjskammer Dampfkessel Rieselturm Laugcnwaschtürme

5 6 7 8

= = = =

Rieselkammer Wasserabscheider Trockentürme Kupferköntaktofen

*

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