Gewaltenteilung im Verfassungsstaat: Grenzüberschreitungen und Konfliktlösungen. Symposium zu Ehren von Klaus-Eckart Gebauer [1 ed.] 9783428542215, 9783428142217

Seit 1980 hat Klaus-Eckart Gebauer an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer gelehrt, wo er im Jahre 1995 z

141 43 920KB

German Pages 83 Year 2013

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Gewaltenteilung im Verfassungsstaat: Grenzüberschreitungen und Konfliktlösungen. Symposium zu Ehren von Klaus-Eckart Gebauer [1 ed.]
 9783428542215, 9783428142217

Citation preview

Schriftenreihe der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

Band 220

Gewaltenteilung im Verfassungsstaat Grenzüberschreitungen und Konfliktlösungen Symposium zu Ehren von Klaus-Eckart Gebauer

Herausgegeben von

Siegfried Magiera und Karl-Peter Sommermann

Duncker & Humblot · Berlin

SIEGFRIED MAGIERA/KARL-PETER SOMMERMANN (Hrsg.)

Gewaltenteilung im Verfassungsstaat

Schriftenreihe der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Band 220

Gewaltenteilung im Verfassungsstaat Grenzüberschreitungen und Konfliktlösungen Symposium zu Ehren von Klaus-Eckart Gebauer

Herausgegeben von Siegfried Magiera und Karl-Peter Sommermann

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 2197-2842 ISBN 978-3-428-14221-7 (Print) ISBN 978-3-428-54221-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-84221-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Seit 1980 hat Klaus-Eckart Gebauer an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer gelehrt, wo er im Jahre 1995 zum Honorarprofessor ernannt wurde. Die Speyerer Studierenden konnten so an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben, den er an den Schnittstellen von Recht und Politik sowie Gesetzgebung und Verwaltung, zuletzt in leitender Funktion in der Staatskanzlei und seit 2002 als Direktor beim Landtag in Rheinland-Pfalz gesammelt hatte. Anlässlich der Vollendung seines 70. Lebensjahres am 8. Dezember 2011 hat die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer am 12. Oktober 2012 zu Ehren von Klaus-Eckart Gebauer ein Symposium veranstaltet, das den Schwerpunkten seiner praktischen und wissenschaftlichen Tätigkeit entsprechend dem Thema „Gewaltenteilung im Verfassungsstaat – Grenzüberschreitungen und Konfliktlösungen“ gewidmet war. Der vorliegende Band enthält die schriftliche Fassung der Beiträge, die Grundlage einer lebhaften Diskussion waren. Die Herausgeber danken allen Referenten und Teilnehmern für ihre engagierte Mitwirkung, mit der sie zugleich ihre Verbundenheit mit Klaus-Eckart Gebauer zum Ausdruck gebracht haben. Dank für tatkräftige Unterstützung bei der Organisation der Veranstaltung und der Redaktion des vorliegenden Bandes gebührt Frau Dr. iur. Franziska Kruse und Frau Queenie Griebner. Speyer, im September 2013

Siegfried Magiera, Karl-Peter Sommermann

Inhaltsverzeichnis Karl-Peter Sommermann Begrüßung und Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Joachim Wieland Eröffnung des Symposiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Horst Risse Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Siegfried Broß Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Wolfgang Zeh Parlament und Regierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Göttrik Wewer Regierung und Parlament – fünfzehn Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Klaus König Rollenkonflikte des Regierens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Klaus-Eckart Gebauer Konsensfindung in und zwischen Verfassungsorganen im System parzellierter Staatsgewalt: Ein Erfahrungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Siegfried Magiera Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Lebenslauf von Klaus-Eckart Gebauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Verzeichnis der Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Begrüßung und Einführung Karl-Peter Sommermann Sehr geehrte Damen und Herren, zu unserem Symposium „Gewaltenteilung im Verfassungsstaat“ heiße ich Sie zugleich im Namen von Herrn Magiera sehr herzlich willkommen. Grüße darf ich Ihnen von unserem Rektor, Herrn Wieland, übermitteln, der wegen dringender Verpflichtungen heute Vormittag nicht bei uns sein kann, aber heute Nachmittag noch zu uns sprechen wird. Mit unserem Symposium ehren wir Herrn Gebauer, der im vergangenen Dezember sein 70. Lebensjahr vollendet hat. Ihm und seinen hier anwesenden Familienangehörigen gilt unser besonderer Willkommensgruß. Willkommen heiße ich auch die Referenten des heutigen Tages sowie alle Teilnehmer, für die ich stellvertretend Herrn Ministerpräsidenten Vogel begrüße. Wir freuen uns sehr, dass Sie gekommen sind. In Übereinstimmung mit dem Wunsch des Geehrten wollen wir unsere heutige Zusammenkunft nutzen, Fragen der Willensbildung und Entscheidung im gewaltenteilig gegliederten Verfassungsstaat zu diskutieren. Nicht nur die Referenten, denen wir für Ihre spontane Bereitschaft zur Mitwirkung an dem Symposium danken, sondern auch die anderen Teilnehmer des Symposiums haben in öffentlichen Funktionen unseres Gemeinwesens gewirkt oder diese wissenschaftlich analysiert. Das lässt anregende Gespräche erwarten. Durch Ihr Kommen bringen Sie zugleich Ihre persönliche Verbundenheit mit Herrn Gebauer zum Ausdruck, die in der Zusammenarbeit oder in bereichernden Begegnungen mit ihm gewachsen ist. Die hohe Wertschätzung, die Herr Gebauer bei allen, die mit ihm näher Kontakt haben, genießt, kam auch in den Briefen derjenigen zum Ausdruck, die wegen Terminkollisionen oder aus gesundheitlichen Gründen heute nicht dabei sein können. Dass wir heute in Anknüpfung an Ihre Leistungen und Verdienste, sehr verehrter Herr Gebauer, das Thema der Gewaltenteilung im Verfassungsstaat übergreifend diskutieren können, empfinden Herr Magiera und ich als einen Glücksfall. Die Grundfrage, wie das arbeitsteilige Zusammenwirken ausdifferenzierter Gewalten und Organstrukturen ohne Desintegration des Gemeinwesens gelingen und einheitsbildend wirken kann, ist für die Funktionsfähigkeit und Legitimation des demokratischen Verfassungsstaates elementar. Klaus-Eckart Gebauer hat in seinen Tätigkeitsfeldern, in den verschiedenen Ämtern und Funktionen, die er innehatte, stets darauf hingewirkt, dass die staatlichen Akteure, aber auch die sie jeweils tragenden politischen

10

Karl-Peter Sommermann

Kräfte nicht in einer dysfunktionalen, gleichsam autopoietischen Selbstreferentialität verharren. Die Suche nach Verständigung ist für ihn charakteristisch, und zwar nicht aus einem naiven Harmoniestreben heraus, sondern aus der Einsicht, dass die Funktionsfähigkeit des demokratischen Verfassungsstaates letztlich auf Kooperation auch in der Auseinandersetzung und auf einem Konsens in grundlegenden Fragen beruht. Die umsichtige Arbeit an den Schnittstellen, dort, wo die Verzahnung der Gewalten greifbar wird, war Herrn Gebauer auf den Leib geschnitten. Klaus-Eckart Gebauer, der nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg, Berlin und Münster im Jahr 1965 am OLG Hamm seine erste juristische Staatsprüfung mit Auszeichnung absolvierte, zeigte bereits früh sein besonderes Gespür für organisationsrechtliche und organisationssoziologische Zusammenhänge. Seine als Referendar im Speyer-Semester bei Fritz Morstein Marx verfasste Seminararbeit mit dem Titel „Sachverstand und Gesamtschau – zum Modell einer Stabsorganisation in der Verwaltung“ wurde 1968 im Verwaltungsarchiv veröffentlicht. Im Jahr 1969 legte er nicht nur seine zweite juristische Staatsprüfung ab, sondern promovierte er auch an der Universität Münster mit einer Dissertation zum Thema „Zuständigkeitsgrenzen und Völkerrechtserheblichkeit beim Abschluß von ,national-internen‘ Verträgen und Verwaltungsabkommen durch ein Bundesland“. Sein Berufsweg führte ihn zunächst in die Ministerialverwaltung des Bundes, wo er als Mitarbeiter der Verhandlungsdelegation zum Transitabkommen und bei der Vorbereitung des Grundlagenvertrages mit der DDR Erkenntnisse aus seiner Doktorarbeit fruchtbar machen konnte und rasch zum Regierungsdirektor aufstieg. 1976 erfolgte die Abordnung zum Bundesverfassungsgericht. Dort stand er dem damaligen Präsidenten Ernst Benda als Referent und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Seite. Durch die Begleitung des Präsidenten bei dessen Vorträgen und Lehrveranstaltungen in Speyer vertiefte sich der Kontakt zu unserer Hochschule, der später in sehr erfolgreiche eigene Lehrveranstaltungen und die Mitwirkung an zahlreichen Veranstaltungen der Führungsfortbildung in Speyer mündete. 1995 wurde Klaus-Eckart-Gebauer zum Honorarprofessor an der Hochschule ernannt, womit seine Verdienste in Lehre und Weiterbildung sowie sein mittlerweile durch viel beachtete Veröffentlichungen gewachsenes wissenschaftliches Werk gewürdigt wurden. Herr Gebauer hat sich seitdem an der Entwicklung unserer Hochschule auch als Senatsmitglied, Prüfer und Promotionsgutachter mit großem Engagement beteiligt. Dafür gebührt ihm großer Dank. Doch kehren wir zum außeruniversitären Werdegang von Klaus-Eckart Gebauer zurück. Nach über vierjähriger Abordnung an das Bundesverfassungsgericht, was als Auszeichnung gewertet werden darf, setzte er, mittlerweile Vater von drei Kindern, seine berufliche Laufbahn in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz fort, wo er Anfang 1988 von Ministerpräsident Vogel zum Abteilungsleiter berufen wurde. Als Leiter der sogenannten Kabinettsabteilung stand er drei weiteren Ministerpräsidenten zur Seite. Dass er diese Funktion nicht nur bei dem ihm parteipolitisch nahestehenden Ministerpräsidenten Wagner behielt, sondern auch unter den Ministerpräsidenten

Begrüßung und Einführung

11

Scharping und Beck, zeugt von der großen Wertschätzung, die seiner fachlichen Kompetenz und Leistung entgegengebracht wurde, aber auch von dem Vertrauen, das in seine Sachorientiertheit, Objektivität und Loyalität gesetzt wurde. Im Jahre 2002 wurde Herr Gebauer zum Direktor beim Landtag ernannt, dessen Arbeitsweise er schon früh als Parlamentsreferent in der Staatskanzlei und später als Leiter der für Gesetzgebung und Verwaltung zuständigen Kabinettsabteilung kennengelernt hatte. Seine neue Funktion nahm er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand Ende 2006 wahr. Die Skizze der äußeren Daten seines beruflichen und akademischen Werdegangs lässt die Vielfalt der Funktionen und Aufgaben, für die Klaus-Eckart Gebauer Verantwortung trug, nur erahnen. Seine ausgeprägte Fähigkeit zur erfolgreichen Vermittlung an Schnittstellen und Konfliktpunkten war stets gefragt. Dies gilt sowohl für seine Mitarbeit im Rahmen der Verhandlungen mit der DDR als auch für seine Tätigkeit in Mainz, wo er die Zusammenarbeit mit dem Bund und mit den Ländern, einschließlich der Konferenzen der Regierungschefs der Länder, koordinierte, an den von seiner Abteilung vorbereiteten Kabinettsitzungen und Staatssekretärskonferenzen teilnahm, den Chef der Staatskanzlei auf den Konferenzen der Staats- und Senatskanzleien vertrat und für die geschäftsmäßige Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Landtag mitverantwortlich war, um nur einige Beispiele zu nennen. Bereits in Ihrer im Verwaltungsarchiv erschienenen Veröffentlichung über die Stabsorganisation, als 26-Jähriger, haben Sie, lieber Herr Gebauer, die Qualifikationen eines von Ihnen als Generalisten bezeichneten idealen Beraters der Führungsspitze formuliert, Qualifikationen, die Sie selbst, so scheint es, angestrebt haben, um Sie später in vorzüglicher Weise in sich zu vereinen1: „Die Fülle überfordert die Führungsspitze, deren Aufgabe es … nicht sein kann, sich selbst die Stoffmassen aufzubereiten. Die Sichtung und Verbindung muß jemandem anvertraut werden, der das Talent hat, Zusammenhänge zu entdecken und seine Erkenntnisse präzise zu formulieren. Eine Begabung im Auffinden echter Probleme, gute Kontaktfähigkeit zu den oft empfindlichen Spezialisten und möglichst wissenschaftliche Arbeitsweise müssen hinzukommen“.

In den Kategorien von Aristoteles oder Goethe gesprochen, offenbart sich in diesen Postulaten des Referendars und seinem späteren Werdegang der Entelechiegedanke. Auch ein nur kurzer Blick auf den Lebenslauf von Herrn Gebauer bliebe unvollständig, wenn man nicht seine vielfältigen internationalen Aktivitäten erwähnte. Damit sind nicht nur die Befassung mit Europaangelegenheiten und die Betreuung der hochrangigen ausländischen Delegationen gemeint, die in den Aufgabenbereich seiner Abteilung in der Staatskanzlei fielen. Hervorzuheben ist insbesondere sein großes Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit, das ihn im Rahmen von Projekten der GTZ, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung 1 K.-E. Gebauer, Sachverstand und Gesamtschau. Zum Modell einer Stabsorganisation in der Verwaltung, Verwaltungsarchiv, Band 59 (1968), S. 267, 268 f.

12

Karl-Peter Sommermann

als Berater, Vortragender und Dozent immer wieder in andere Erdteile, insbesondere nach Lateinamerika und nach Asien, führte. Dankbar war ich auch, lieber Herr Gebauer, als Sie beispielsweise im Jahr 2008 während meiner Amtszeit als Rektor unsere Hochschule bei einer für die Zusammenarbeit wichtigen Veranstaltung der kasachischen Führungsakademie in Astana vertreten haben. Zur internationalen Sichtbarkeit der Hochschule, aber auch der Führungsebene der deutschen Öffentlichen Verwaltung haben Sie nicht zuletzt durch Ihre aktive Mitwirkung an Konferenzen des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften beigetragen. Lässt man Ihre vielfältigen Aktivitäten im In- und Ausland, in Praxis und Wissenschaft, auf der Ebene des Bundes und des Landes, beim Bundesverfassungsgericht und in der Staatskanzlei sowie zuletzt im Landtag Revue passieren, so tritt klar vor Augen, dass Sie sich – wenn ich den Titel Ihres Beitrags in der Festschrift für Carl Böhret aufgreifen darf2 – die „Grenzüberschreitung ,als Beruf‘“ gewählt und aufs Vortrefflichste ausgefüllt haben. Ich freue mich auf den weiteren Austausch mit Ihnen und wünsche Ihnen für die kommenden Jahre alles Gute, zunächst uns allen aber anregende Gespräche über Fragen der „Gewaltenteilung im Verfassungsstaat“.

2 K.-E. Gebauer, Grenzüberschreitung „als Beruf“ – Künftige Anforderungen an Verwaltung und Verwaltungswissenschaft, in: W. Jann/K. König/C. Landfried/P. Wordelmann (Hrsg.), Politik und Verwaltung auf dem Weg in die transindustrielle Gesellschaft. Carl Böhret zum 65. Geburtstag, 1998, S. 575 – 593, insbes. S. 589 f.

Eröffnung des Symposiums Joachim Wieland Sehr verehrter, lieber Herr Gebauer, als Rektor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer ist es mir eine große Freude, Ihnen Dank zu sagen, Dank für Ihre tatkräftige Unterstützung unserer Universität über Jahrzehnte hinweg. Ihr erster Kontakt mit Speyer reicht lange zurück. Im Wintersemester 1967/68 haben Sie Ihr Speyersemester absolviert und dabei offenbar Gefallen an der Hochschule gefunden. Jedenfalls haben Sie nach Stationen in der Ministerialverwaltung des Bundes und beim Bundesverfassungsgericht – wo wir uns nur um wenige Jahre verfehlt haben – nach Ihrem Wechsel in die Staatskanzlei in Mainz im Wintersemester 1980/81 Ihren ersten Lehrauftrag an der Hochschule übernommen. Sie haben in der Folgezeit nicht nur Lehrveranstaltungen zu den verschiedensten Themenkreisen aus Staatsrecht und Verwaltungswissenschaft angeboten, sondern auch zahlreiche Publikationen zur Regierungslehre, zur Ministerialverwaltung, zum Verfassungsrecht, zur Verwaltungsorganisation sowie zum Prozess der europäischen Integration vorgelegt. Sie waren beteiligt am ersten Europa-Seminar der Hochschule und seit 1991 am Führungskolleg und an den Speyerer Werkstattgesprächen zur Regierung. Als Honorarprofessor haben Sie sich auf zahlreichen internationalen Tagungen und in Beratungseinsätzen mit verfassungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Themen befasst, darunter im Jemen, in Griechenland, in China und in Kasachstan. Sie haben in den Jahren 2005 bis 2008 als Mitglied des Senats an wichtigen Entscheidungen des Senats mitgewirkt. Sie sind in dieser Zeit zum Doyen der nebenberuflich an der Hochschule tätigen Dozenten geworden. Besonders verdient gemacht haben Sie sich als Mitinitiator von Lehrbeauftragtentreffen. Die Hochschule war glücklich, Sie am 11. Oktober 1995 als Honorarprofessor dauerhaft an die Hochschule binden zu können. Auch als Direktor beim Landtag Rheinland-Pfalz haben Sie uns Ihr Wohlwollen erhalten. Nun sind schon mehr als fünf Jahre seit Ihrem Eintritt in den Ruhestand vergangen. Zu unserer großen Freude hat das Ihre Verbindung zur Universität nicht gelockert. Vielmehr können wir weiterhin stets auf Sie zählen. Ihr Einsatz für die Universität Speyer ist vorbildlich. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen!

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit* Horst Risse Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit: Fritz Ossenbühl hat dies ein ewiges, immer wieder neu zu diskutierendes Problem des modernen Verfassungsstaates genannt.1 Viel Kluges, aber auch manch Polemisches ist daher zu diesem Thema schon geschrieben und gesagt worden. Dabei ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Diskussion gerade in Deutschland so intensiv – und zum Teil stürmisch – geführt wurde und wird. Denn einmalig in der deutschen Geschichte, aber auch im internationalen Vergleich eine Rarität, steht uns mit dem Bundesverfassungsgericht eine Institution gegenüber, deren Kompetenzen so weit gefasst sind, dass ihre Einfügung in das Staatsgefüge einen massiven Einbruch in traditionell anderen Staats- und Rechtsorganen vorbehaltene Domänen darstellt.2 Vor diesem Einbruch blieb auch das Parlament nicht verschont. Eine Parlamentssouveränität nach britischem Muster kennt das Grundgesetz nicht. Es unterstellt alle staatliche Gewalt der Verfassung und gewährt damit deren autoritativen Interpreten Vorrang auch vor dem Parlament. I. Das Bundesverfassungsgericht im Institutionengefüge des Grundgesetzes Betrachtet man die Rolle des Bundesverfassungsgerichts im Institutionengefüge des Grundgesetzes, fällt seine Doppelnatur als Gericht im Sinne des Art. 92 GG einerseits und oberstes Verfassungsorgan andererseits ins Auge.3 Gerade dieser Umstand, Justiz- und Machtorgan in einem zu sein, macht es zu einer widerspruchsvollen Instanz und manchmal einem Fremdkörper im politischen System.4 So nimmt es denn auch nicht wunder, wenn seine Einordnung innerhalb des Systems der Gewaltenteilung höchst umstritten ist. Die Meinungen reichen von der Zurechnung zu dem * Der Verfasser ist Direktor beim Deutschen Bundestag. Die nachfolgenden Ausführungen geben ausschließlich seine persönlichen Auffassungen wieder. Der Verfasser dankt Herrn Regierungsdirektor Carsten Witt für seine Unterstützung bei der Vorbereitung des Vortrags. 1 F. Ossenbühl, in: P. Badura/R. Scholz (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit und Gesetzgebung – Symposion aus Anlass des 70. Geburtstages von Peter Lerche, 1998, S. 75, 76. 2 Vgl. J. Menzel, Sechzig Jahre Verfassungsrechtsprechung, in: ders./R. Müller-Terpitz (Hrsg.), Verfassungsrechtsprechung, 2. Aufl. 2011, S. 1, 20. 3 C. Degenhardt, Funktion und Stellung der Verfassungsgerichtsbarkeit, SächsVBl. 2003, S. 159. 4 M. Piazolo, „Ein politisch Lied! Pfui! Ein garstig Lied?“, in: R. van Ooyen/M. Möllers (Hrsg.), Das Bundesverfassungsgericht im politischen System, 2006, S. 293, 297.

16

Horst Risse

Bereich der rechtsprechenden Gewalt innerhalb des Gewaltenteilungssystems bis hin zur Annahme einer die Gewaltenteilung sprengenden selbständigen vierten Gewalt.5 Das Bundesverfassungsgericht selbst betont im hier vor allem interessierenden Verhältnis zum Parlament, dass der Grundsatz der Gewaltenteilung es jedenfalls ausschließe, „daß die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die von der Verfassung eindeutig dem Gesetzgeber übertragen worden sind“. Art. 20 Abs. 3 GG binde die Rechtsprechung an Gesetz und Recht. Damit wäre es unverträglich, wenn sich die Gerichte aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begäben, also objektiv betrachtet sich der Bindung an Gesetz und Recht entzögen.6 Gesetzgebung ist somit das ausschließliche Mandat der Legislative. Diese banale Erkenntnis vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass sich das Grundgesetz nun einmal dafür entschieden hat, das letztverbindliche Wort über die Verfassungsmäßigkeit staatlicher Akte – und damit auch der von Gesetzen – nicht einer politischen Instanz, sondern einem unabhängigen Gericht zu übertragen. Das Bundesverfassungsgericht hat dementsprechend häufig Fragen mit politischem Einschlag und von politischer Tragweite abschließend zu entscheiden, wobei die Entscheidungen ihrerseits eine erhebliche politische Wirkung entfalten können. Dabei können sie einer politischen Entscheidung umso näher kommen, als sie regelmäßig nur an Hand der typischerweise weiten und unbestimmten Maßstäbe des Grundgesetzes gewonnen werden können.7 II. Der Spielraum des Parlaments, oder: Wer zieht die Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit? Die Grenzziehung zwischen den Kompetenzen von Bundesverfassungsgericht und Parlament bleibt also diffus. Umso bedeutsamer ist, wer sie wie vornimmt. Auf der Suche nach der Grenze der beiden Reiche hat das Bundesverfassungsgericht selbst den Gedanken der richterlichen Selbstbeschränkung, des „judicial selfrestraint“, aufgegriffen und betont, es sei nicht an ihm, Politik zu treiben, „d. h. in den von der Verfassung geschaffenen und begrenzten Raum freier politischer Gestaltung einzugreifen“.8 Diese an sich erfreulich klare Selbstbeschreibung lässt den Betrachter allerdings etwas ratlos zurück, sind derartigen Formulierungen doch keine griffigen Kriterien dafür zu entnehmen, wo konkret der vom Gericht zu achtende Spielraum des Gesetzgebers aufhört und die verfassungsgerichtliche Kontrolle beginnt. Zu Recht weist Limbach darauf hin, dass die Maxime des judicial self-restraint weder dazu tauge, Grauzonen von Recht und Politik zu verorten, noch solche zu lichten. Weitere, in der Wissenschaft geführte Diskussionen über die Grenzen der Ver5

Vgl. zum Diskussionsstand H.-J. Jentsch, Karlsruhe oder Berlin: Die Rolle des Bundesverfassungsgerichts, ThürVBl. 2001, S. 1, 2 f. 6 BVerfGE 96, 375, 394. 7 K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 564. 8 BVerfGE 36, 1, 14.

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

17

fassungsgerichtsbarkeit, so verdienstvoll sie auch sein mögen, haben bislang ebenfalls keine befriedigenden Ergebnisse gebracht.9 Das Gericht selbst hat zwar Maßstäbe entwickelt, die von der bloßen Evidenzkontrolle über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen.10 Diese vermeintliche Differenzierung darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Bereichen fließend ist und die diesbezüglichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts daher nur bedingt vorhersehbar sind. Kritisch wird daher in der Literatur angemerkt, dass das Gericht eine klare und verallgemeinerungsfähige Aussage darüber vermissen lässt, nach welchen Kriterien es im jeweiligen Entscheidungsfall einen dieser Kontrollmodi anwendet und damit die praktizierte Kontrolldichte bestimmt.11 Das Problem verschärft sich dabei noch dadurch, dass das Verfassungsgericht seine Prüfungsfelder in den vergangenen Jahrzehnten massiv ausgeweitet hat. So hat allein, wie Ossenbühl treffend anmerkt, „die ,innere Expansion‘ der Grundrechte, verursacht durch ihre Ausstrahlungswirkung, ihre Radioaktivität als objektive Wertentscheidungen, […] das Bundesverfassungsgericht in eine selbst erzeugte permanente Überlast gebracht. Deshalb haben wir eine ständige Begleitdebatte über Kompetenz- und Kontrollbeschränkungen“.12 Hinzufügen könnte man in diesem Zusammenhang noch die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Lehre von den Schutzpflichten der Grundrechte13 oder die Transformation der Verfassungsbeschwerde in ein objektives Beanstandungsverfahren,14 namentlich bei auf Art. 38 GG gestützten Beschwerden. Ein weiterer verschärfender Faktor ist die zunehmende Detailfreude vieler Entscheidungen. Während frühe Leitentscheidungen des Gerichts15 gleichsam auf handgeschöpftem Bütten verewigt sind, scheint dem Gericht in seiner reifen Phase16 bisweilen eher Millimeterpapier als Arbeitsmittel zu dienen. Letztlich wird man sagen müssen, dass es in der Verantwortung des Gerichts selbst liegt, das selbst keinen Kontrolleur mehr über sich kennt, die von ihm selbst formulierte Kompetenzgrenze – 9 Zu den Aufgaben und Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit umfassend: K. Schlaich/ S. Korioth, Bundesverfassungsgericht, 9. Aufl. 2012, Rn. 505 ff. 10 BVerfGE 50, 290, 332 f. 11 R. Breuer, Staatliche Berufsregelung und Wirtschaftslenkung, in: in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 171 Rn. 26. 12 F. Ossenbühl (Fn. 1), S. 75, 93. 13 Hierzu E. Haas, Macht und Ohnmacht – Das Bundesverfassungsgericht und die Politik, in: H. P. Hestermeyer u. a. (Hrsg.), Liber Amicorum Rüdiger Wolfrum, Vol. II, 2012, S. 1959, 1971 f. 14 Hierzu O. Lepsius, Die maßstabsetzende Gewalt, in: M. Jestaedt/O. Lepsius/C. Möllers/ C. Schönberger, Das entgrenzte Gericht, 2011, S. 159, 183. 15 Z.B. das Elfes-Urteil (BVerfGE 6, 32), das Lüth-Urteil (BVerfGE 7, 198) oder das 1. Rundfunk-Urteil (BVerfGE 12, 205). 16 Z.B. das Lissabon-Urteil (BVerfGE 123, 267) oder das ESM-Urteil vom 12. 9. 2012 (2 BvR 1390/12, 2 BvR 1421/12 u. a.).

18

Horst Risse

nämlich die Wahrung der Verfassung – zu überwachen und zu konkretisieren.17 Oder in den Worten des Bundesverfassungsrichters a. D. Mahrenholz: „notwendigerweise [kann] nur das Gericht bestimmen […], wo das politische Ermessen aufhört und die materielle Verfassungsfrage beginnt“.18 Umso mehr ist an die Worte eines weiteren ehemaligen Mitglieds des Bundesverfassungsgerichts zu erinnern, nämlich Frau Rupp-von Brünneck, die schon 1977 feststellte: „Es wird eine der wesentlichen Aufgaben der Rechtsprechung der Zukunft sein, die Zusammenhänge zwischen der Reichweite der Gesetzesprüfung und der Funktionsteilung zwischen den verschiedenen Gewalten deutlich zu machen und von daher Kriterien zu entwickeln, die trotz der Erweiterung des Prüfungsfeldes verhindern, dass das Bundesverfassungsgericht in die Rolle des Ersatzgesetzgebers gerät“.19 Gelöst ist diese Aufgabe bislang nicht. III. Einzelne Problemfelder Auf zwei Problemfeldern hat sich das in den letzten Jahren zumindest aus meiner Sicht besonders deutlich gezeigt. 1. Gesetzgeberische Rationalität? Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Steiner hat einmal geschrieben: „Das BVerfG zwingt den Gesetzgeber der Bundesrepublik im Übrigen zu hoher Rationalität, fordert ihm eine transparente Begründung ab. Das ist vielleicht die wichtigste Leistung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle von Gesetzen in Deutschland“.20 Diese Sichtweise mag etwas für sich haben. Aber andererseits: Gesetzgebung bedeutet Gestaltung der Lebensverhältnisse nach bestimmten, politisch gebildeten Zielen und Maßstäben. Am Verfahren sind zahlreiche, je für sich autonome Entscheider beteiligt, die sich je ihre eigenen Gedanken machen und je eigene fachpolitische Interessen repräsentieren.21 Der demokratische Prozess der Gesetzgebung ist so gesehen in aller Regel notwendigerweise ein Prozess der Kompromissbildung. Bryde stellt daher in seinem Sondervotum zum Nichtraucherschutz-Urteil des Verfassungsgerichts zu Recht heraus: „Kompromiss ist geradezu Wesensmerkmal demokratischer Politik. Das Bundesverfassungsgericht darf keine Folgerichtigkeit und Systemreinheit einfordern, die kein demokratischer Gesetzgeber leisten kann“.22 In der Politik gibt es nun einmal kein richtig und kein falsch. Ob eine be17 Vgl. W. Thierse, Der Deutsche Bundestag und das Bundesverfassungsgericht, in: U. Fölster/C. Stresemann (Hrsg.), in: Recht so, Jutta Limbach!, 2002, S. 157, 161. 18 E. G. Mahrenholz, in: P. Badura/R. Scholz (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit und Gesetzgebung – Symposion aus Anlass des 70. Geburtstages von Peter Lerche, 1998, S. 23, 33. 19 Zitiert wird die ehemalige Bundesverfassungsrichterin Wiltraut Rupp-von Brünneck bei W. Thierse (Fn. 17), S. 157, 161. 20 U. Steiner, Richter als Legislative – wohin geht die Justiz?, DVP 2004, S. 177, 180. 21 Vgl. F. Ossenbühl (Fn. 1), S. 75, 90. 22 BVerfGE 121, 317, 380 f.

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

19

stimmte Lösung sich durchsetzt, hängt von vielen Faktoren – und damit auch nicht zuletzt vom Zufall – ab. Mehrheiten wechseln, Stimmungen wechseln, die Vertreter einer bestimmten Auffassung sind mal einflussreicher und überzeugender, mal weniger, kurzum: es kann nie ausgeschlossen werden, dass eine zu einem bestimmten Zeitpunkt abgelehnte Lösung sich zu einem anderen Zeitpunkt in der Politik sehr wohl durchgesetzt hätte. In diesem Sinne – und nur in diesem – ist Politik irrational im Gegensatz zum Recht, wonach „richtig“ dasjenige ist, was als rational und kontrollierbar begründet werden kann. Es gibt also eine Logik der politischen Gestaltung und eine Logik der Rechtsprechung. Soweit das Bundesverfassungsgericht gegen ein Gesetz zulässigerweise angerufen wird und damit das letzte Wort hat, liegt es bei ihm, beiden den ihnen jeweils gebührenden Raum zu geben. Da die Logik der Rechtsprechung aber zugleich die Logik des Gerichts ist, entscheidet es gewissermaßen in eigener Sache – und trägt damit zumindest eine besonders gesteigerte Verantwortung. Vor diesem Hintergrund ist die seit dem Ende der 1990er Jahre einsetzende Neuausrichtung und Entwicklung eines verfassungsrechtlichen Konsistenzgebots in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts23 aus meiner Sicht problematisch. Es geht dabei um einen weitreichenden Bruch mit dem bisherigen Leitbild rationaler Gesetzgebung, da die Vorstellung, dass ein Mindestmaß an Rationalität zu gewährleisten sei, übermäßige Rationalisierungszwänge jedoch zu vermeiden seien, durch eine umfassende Pflicht zur rationalen und konsistenten Gesetzgebung ersetzt wird.24 Gesetze des Parlaments werden nunmehr unter den Stichworten der Widerspruchsfreiheit, Folgerichtigkeit etc. einer Prüfung anhand eines vermeintlichen allgemeinen Rationalitätserfordernisses unterzogen und verworfen – und zwar, ohne dass dabei die Rechtsgrundlage dieses Rationalitätsmaßstabes überzeugend dargelegt worden wäre.25 Wie Möllers analysiert, besteht die vom Gericht postulierte Rationalitätsprüfung aus zwei Elementen.26 Dabei geht es zum einen um die Verarbeitung von Fakten durch den Gesetzgeber, dessen Prognosespielraum nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts27 in verschiedener Weise – von der bloßen Evidenzkontrolle bis zur intensivierten inhaltlichen Kontrolle – der gerichtlichen Überprüfung unterworfen werden kann. Zum anderen geht es um die Folgerichtigkeit der gesetzgeberischen

23 Vgl. hierzu ausführlich und mit Beispielen C. Bumke, Die Pflicht zur konsistenten Gesetzgebung, Der Staat 2010, S. 77, 87 ff. 24 C. Bumke (Fn. 23), S. 77, 91. 25 So P. Dann, Verfassungsgerichtliche Kontrolle gesetzgeberischer Rationalität, Der Staat 2010, S. 630. 26 C. Möllers, Legalität, Legitimität und Legitimation des Bundesverfassungsgerichts, in: M. Jestaedt/O. Lepsius/C. Möllers/C. Schönberger, Das entgrenzte Gericht, 2011, S. 281, 396 ff. 27 BVerfGE 50, 290, 332 f.

20

Horst Risse

Entscheidungen.28 In beiden Fällen scheint der vom Gericht angelegte Maßstab aus dem Verwaltungsrecht zu kommen – und in der Tat fühlt man sich hier mehr an den Umgang eines Gerichts mit einer Verwaltungsbehörde als mit einem demokratischen Gesetzgeber erinnert.29 Anders als bei der gesetzesgebundenen Verwaltung, die ihre Entscheidungen durch Begründungen rationalisieren müsse, besteht aber, so Möllers zu Recht, „der Respekt vor der demokratischen Parlamentswahl auch in der Anerkennung eines voluntaristischen Elementes, das Widersprüchlichkeiten geradezu erfordert“.30 Schon die Feststellung von Sachverhalten ist in einer praktizierten Demokratie immer politisch geprägt, und erst recht macht die politische Willensbildung über die aus ihnen zu ziehenden Konsequenzen die Integration widerstreitender Interessen, also Kompromisse, erforderlich, die – gerade weil sie Kompromisse sind – in sich widersprüchlich sein können. Hiergegen bringt das Bundesverfassungsgericht ein rationalistisches Demokratieideal in Stellung.31 Dies kann aber nicht bruchlos funktionieren. Schauen wir uns als Beispiel aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Hartz IV-Urteil an.32 Das Gericht hatte hier bekanntlich zu prüfen, ob die Höhe der Regelleistungen für Erwachsene und Kinder nach dem Sozialgesetzbuch II und XII mit dem Grundgesetz vereinbar war. In seinem Urteil leitet das Gericht erstmals ausdrücklich aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsprinzip ein „Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ab“.33 Materiell-rechtlich umfasst dieser Anspruch dabei diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Darunter fällt die physische Existenz ebenso wie ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Der Umfang ist dabei durch den Gesetzgeber zu konkretisieren.34 Die materielle Kontrolle durch das Gericht beschränkte sich dabei darauf, ob die gesetzlichen Leistungen, die das Existenzminimum sichern sollen, evident unzureichend sind – was das Gericht verneinte.35 Allerdings forderte das Verfassungsgericht, dass zur Konkretisierung des Anspruchs der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht zu bemessen habe.36 Im Ergebnis kam das Verfassungsgericht zu

28

Vgl. Urteil zur Pendlerpauschale, BVerfGE 122, 210 ff. C. Möllers (Fn. 26), S. 281, 396 f. 30 C. Möllers (Fn. 26), S. 281, 398. 31 Vgl. C. Möllers (Fn. 26), S. 281, 399. 32 BVerfGE 125, 175 ff. 33 BVerfGE 125, 175, 222. 34 BVerfGE 125, 175, 223 f. 35 BVerfGE 125, 175, 225 f., 229, 231. 36 BVerfGE 125, 175, 225.

29

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

21

dem Schluss, dass diese prozeduralen Anforderungen vorliegend nicht eingehalten worden waren.37 Offensichtlich stand hier das Gericht vor dem Problem, dass sich aus dem Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs ableiten ließ.38 Im Ergebnis entwickelte das Bundesverfassungsgericht statt eines materiellen Maßstabs einen Verfahrensmaßstab und deutete so das Recht auf ein sozio-kulturelles Existenzminimum letztlich zu einem Recht auf ein rationales Gesetzgebungsverfahren um.39 Das so statuierte „Gebot einer prozeduralen Systemkonsistenz“40 unterliegt dabei der vollen Kontrolle des Gerichts, dessen Prüfungsdichte, wie Dann zu Recht feststellt, „eher an die Kontrolle der Verwaltung, nicht jedoch die des parlamentarischen Gesetzgebers erinnert“.41 Für den Gesetzgeber ist die hier zum Ausdruck kommende Aufgabe einer Selbstbeschränkung des Gerichts auf eine materielle Evidenzkontrolle und der Einstieg in eine intensive Verfahrenskontrolle naturgemäß höchst problematisch. Umso interessanter ist die Frage, wie sich ein prozedurales Rationalitätserfordernis dogmatisch begründen lässt. Dabei wird hier nicht in Abrede gestellt, dass die Erwägung, gesetzgeberische Abwägungs- und Prognoseentscheidungen zu rationalisieren, einiges für sich haben kann. Allerdings hat man auch stets in Rechnung zu stellen, dass Gesetzgebung als politischer Prozess eigenen Regeln, eigener Rationalität folgt. In diese fließen Erwägungen ein, die bei den Kriterien, die das Gericht für sachverhaltsrelevant hält, gerade keine Rolle spielen: Haushaltsbelastungen, Höhe der Lohnnebenkosten, Abstand zu im Niedriglohnbereich erzielbaren Arbeitseinkommen, wirtschaftliche Anreizwirkungen usw. Und: Der Gedanke an „Rationalitätsgewinne“ ist lediglich eine außerverfassungsrechtliche Überlegung. Wieso es hierfür ein verfassungsrechtliches Erfordernis geben sollte, ist nicht ersichtlich.42 Bestimmte rationalitätsgerichtete Verfahrenspflichten des Gesetzgebers sind jedenfalls nicht aus den Art. 76 ff. GG ableitbar; denn diese regeln lediglich das äußere Gesetzgebungsverfahren.43 Die Normenkontrolle darf den Gesetzgeber damit, in den Worten von Schlaich, „nicht einspannen in ein von Literatur und Rechtsprechung ersonnenes Gesetzgebungsverwaltungsverfahrensgesetz“.44 37

BVerfGE 125, 175, 238 ff. BVerfGE 125, 175, 225 f. 39 C. Möllers (Fn. 26), S. 281, 384 f; vgl. auch P. Dann (Fn. 25), S. 630, 636 f. 40 T. Kingreen, Schätzungen „ins Blaue hinein“: Zu den Auswirkungen des Hartz IV-Urteils des Bundesverfassungsgerichts auf das Asylbewerberleistungsgesetz, NVwZ 2010, S. 558, 560. 41 P. Dann (Fn. 25), S. 630, 637. 42 Vgl. T. Hebeler, Ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet, Gesetze zu begründen?, DÖV 2010, S. 754, 760. 43 Vgl. P. Dann (Fn. 25), S. 630, 637. 44 K. Schlaich, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, VVDStRL 39, 1981, S. 99, 109. 38

22

Horst Risse

Es spricht viel dafür, dass sich das Bundesverfassungsgericht auf eine materiellrechtliche Überprüfung der Gesetzgebung beschränken sollte. Dies kann durchaus eine nur begrenzte Prüfungsintensität zur Folge haben, wenn die materiell-rechtlichen Vorgaben der Verfassung nun einmal vergleichsweise unbestimmt sind.45 Das Verfassungsgericht hätte im vorliegenden Fall jedenfalls, so Möllers, durchaus die Option gehabt, den Gesetzgeber mangels Maßstab nicht zu beanstanden. Und so stellt er in diesem Zusammenhang zu Recht die Frage: „Wäre die schlichte Feststellung des Gerichts, dass die vorhandenen sozialrechtlichen Regelungen nicht in einer die Menschenwürde verletzenden Art und Weise existenzbedrohlich gewesen sind, wirklich weniger plausibel gewesen?“.46 2. Karlsruhe als Reparaturbetrieb der Politik? „Verfassungsgericht wird zum Reparaturbetrieb der Politik“ titelte – bezogen auf das für verfassungswidrig erklärte Wahlrecht – am 26. Juli 2012 die Berliner Morgenpost.47 Und in der Tat: In der Öffentlichkeit setzt sich immer stärker der Eindruck durch, das Bundesverfassungsgericht habe den „Pfusch“, den die Parlamentarier in Berlin anrichten, zu korrigieren. Dass allerdings diese Auffassung nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in Karlsruhe durchaus Verbreitung gefunden hat, zeigt nicht nur die Reaktion des Bundesverfassungsgerichts auf die – erfolglosen – Bemühungen des Gesetzgebers, das vom Gericht zuvor beanstandete Wahlrecht nunmehr verfassungsfest zu machen. Bereits vor über dreißig Jahren konstatierte Schlaich auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer: „Das Verhältnis des Richters zum Gesetzgeber gerät immer mehr unter den Gedanken der Kompensation. Der Tatbestand und die Notwendigkeit einiger seiner Konsequenzen sind nicht zu bestreiten: Der Wandel des Gesetzes zum Mittel auch zweckhaft sozialer Gestaltung, die große Nachfrage nach Recht, die Defizite, die das parlamentarische Verfahren läßt –, dies und anderes machen Richterrecht, machen Kompensation, Substitution, Korrektur, Entlastung, Gegengewicht durch Richterrecht notwendig. Auch das Bundesverfassungsgericht gerät in diesen Sog. […] Aber: um der verfassungsmäßigen Ordnung der Zuständigkeiten willen darf man sich bei dem Gedanken der Kompensation nicht einrichten“.48 Nun hat das Bundesverfassungsgericht bekanntlich dennoch der Versuchung nicht immer widerstehen können, es besser zu wissen, und dem Gesetzgeber zum Teil sogar detaillierte Vorgaben gemacht – und sich damit als „praeceptor legislato45

T. Hebeler (Fn. 42), S. 754, 762. C. Möllers (Fn. 26), S. 281, 386. 47 http://www.morgenpost.de/politik/inland/article108387755/Verfassungsgericht-wird-zumReparaturbetrieb-der-Politik.html, abgerufen am 12. 11. 2012. 48 K. Schlaich (Fn. 44), S. 99, 115 f; siehe auch H.-P. Schneider, Herr oder Hüter des Grundgesetzes ? Das Bundesverfassungsgericht als eigenständiger Akteur im Verfassungsleben, in: Festschrift für Michael Bothe zum 70. Geburtstag, 2008, S. 1019 ff., der dringend von „verfassungspädagogischen Ambitionen“ (S. 1033) abrät. 46

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

23

ris“49, oder in den Worten von Böckenförde: als fürsorglicher praeceptor50 geriert. Die klassischen Beispiele – zweites Abtreibungsurteil51, Vermögenssteuerbeschluss52, Diätenurteil53 (mit seinen, wie Mahrenholz bemerkt, „das Ridiküle streifenden Regulierungen von Einzelheiten“54) oder Familienbeschlüsse55 – sind schon oft genannt und besprochen worden; ich will sie hier daher nicht weiter vertiefen. Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass aber auf das eingangs erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Wahlrecht vom 25. Juli 201256 zu sprechen kommen, in dem das Gericht wie schon angedeutet unzufrieden auf den fehlgeschlagenen Reparaturversuch des Parlaments reagiert hat. Dieser Versuch hatte seine Ursache bekanntlich in einem früheren Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2008,57 wonach das Bundeswahlgesetz die Grundsätze der Gleichheit und der Unmittelbarkeit der Wahl verletze, soweit hierdurch ermöglicht werde, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an Sitzen einer Partei oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen dieser Partei führen könne. Es ging also um das negative Stimmgewicht, das zu beseitigen dem Gesetzgeber aufgegeben wurde, und zwar innerhalb eines in der Tat großzügig bemessenen Zeitraums. Nun ist der Effekt des negativen Stimmgewichts zweifelsohne absurd, und wer kann schon wollen, dass seine Stimmabgabe sich in ihr Gegenteil verkehrt? Dennoch sei mir die Frage erlaubt, ob es schon 2008 wirklich klug von Karlsruhe war, bei seinem Urteil den Umstand, dass das deutsche Wahlsystem zu den „weltweit komplexesten“58 gehört, mehr oder weniger beiseite zu schieben. Stattdessen gab man sich offenbar dem Glauben hin, dass sich der Effekt des negativen Stimmgewichts in der komplizierten Mechanik unseres Wahlsystems isolieren und dementsprechend folgenlos beheben lasse. Wenn nun also das Bundesverfassungsgericht mit dem jüngsten Urteil den daraus folgenden Reparaturversuch aus der Berliner Werkstatt mit einer vernichtenden Mängelrüge bedacht hat: War dies wirklich nur der „Unfähigkeit“ der Politik geschuldet, oder liegt das Problem nicht tiefer? Nämlich darin, dass unserem Wahlsystem in all seiner Komplexität gewisse Brüche einfach immanent sind und sich eine 49

F. Ossenbühl (Fn. 1), S. 75, 79. BVerfGE 93, 121, 152. 51 BVerfGE 88, 203 ff. 52 BVerfGE 93, 121 ff. 53 BVerfGE 40, 296 ff. 54 E. G. Mahrenholz (Fn. 18), S. 23, 35. 55 Hierzu die beißende Kritik bei H.-P. Schneider, Acht an der Macht! Das BVerfG als „Reparaturbetrieb“ des Parlamentarismus?, NJW 1999, S. 1303 ff. 56 BVerfG, Urteil vom 25. 7 2012 (2 BvF 3/11, 2 BvR 2670/11, 2 BvE 9/11), BVerfGE 131, 316 ff. 57 BVerfGE 121, 266 ff. 58 F. Grotz, Abschied von der personalisierten Verhältniswahl?, in: Einsichten und Perspektiven – Bayerische Zeitschrift für Politik und Geschichte 2009, S. 276, 277. 50

24

Horst Risse

„reine Lehre“ daher schlichtweg nicht verwirklichen lässt? Das deutsche Wahlrecht hat ohnehin manche „Beule“ aufzuweisen, ohne dass sich das Bundesverfassungsgericht daran stören würde: Die Fünfprozenthürde? Akzeptiert. Die Grundmandatsklausel? Kein Problem. Das Stimmensplitting? Hinnehmbar. Und dies, obwohl das Stimmensplitting – anders als das negative Stimmgewicht – nicht nur theoretisch vorkommen kann und im Übrigen fast immer unvorhersehbar ist, sondern tatsächlich massiv praktiziert wird und durchaus absehbare Folgen produziert. Und was die Überhangmandate betrifft, die im Übrigen im Urteil von 2008 vom Reparaturauftrag gar nicht explizit umfasst waren: Nun sollen es also etwa 15 sein, bevor der „Grundcharakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl“ aufgehoben ist. Wobei das Gericht in geradezu entwaffnender Offenheit zugibt: „Der Senat ist sich bewusst, dass die Zahl von 15 Überhangmandaten als Akt richterlicher Normkonkretisierung nicht vollständig begründet werden kann“.59 Ist das – von Fragen der technischen Umsetzbarkeit einer solchen Vorgabe mal ganz abgesehen – hilfreich? Reale Wahlsysteme sind komplexe Gebilde. Sie bestehen aus unterschiedlichen Elementen, die in nahezu beliebiger Weise kombiniert werden können, so dass es eine unübersehbar große Vielfalt an denkbaren Varianten gibt.60 Ist es dann gerechtfertigt, Wahlsysteme nur in Mehrheits- und Verhältniswahlsysteme einzuteilen, unser System als Verhältniswahlsystem zu qualifizieren und zu fordern, dass dieser „Grundcharakter“ erhalten bleiben müsse? Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil von 199761 auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hingewiesen, der nach Art. 38 Abs. 3 GG allein berufen ist, das Wahlsystem zu bestimmen und auszugestalten. Dazu zählt auch die Freiheit, beide Wahlsysteme miteinander zu kombinieren. Damit ist jedoch auch ein Mischsystem denkbar, das Elemente beider Systeme vereinigt. Ist dann der Gedanke so fernliegend, dass es sich hierbei um ein Wahlsystem eigener Art mit einem ganz eigenen Grundcharakter handelt? Was dem Postulat des Gerichts, „den Grundcharakter der Verhältniswahl“ zu sichern, den Boden entzöge! Teile der Politikwissenschaft sind hier übrigens schon weiter und akzeptieren durchaus, dass es neben Mehrheits- und Verhältniswahlsystemen auch Mischsysteme sui generis gibt.62 Ohnehin kann die Jurisprudenz hier vielleicht einiges von der Politikwissenschaft lernen, die Wahlsysteme anhand ihrer Zielfunktionen – Konzentration, Repräsentation und Personalisierung – misst und sich dabei durchaus bewusst ist, dass nicht alle diese Zielfunktionen gleichzeitig maximiert werden können. Die Frage ist nur, zu welchem Preis die Lösung eines Funktionsdefizits erkauft wird.63 Und ist es vor diesem Hintergrund tatsächlich der Untergang der Demokratie, 59

BVerfGE 131, 316, 370. Vgl. F. Grotz (Fn. 58), S. 276, 280. 61 BVerfGE 95, 335, 349. 62 F. U. Pappi/M. Herrmann, Überhangmandate ohne negatives Stimmgewicht: Machbarkeit, Wirkungen, Beurteilung, ZParl 2010, S. 260 ff. 63 F. Grotz (Fn. 58), S. 276, 285. 60

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

25

wenn unser System eines vielleicht nicht allzu fernen Tages Überhangmandate in einer solchen Menge produzieren sollte, dass diese über eine Regierungsmehrheit entscheiden? Es gibt Wahlsysteme – wie z. B. in Italien64 –, die ganz selbstverständlich derjenigen Partei, die eine relative Stimmenmehrheit erzielt hat, die absolute Parlamentsmehrheit im Sinne einer „Prämie“ verschafft. Für Deutschland soll ein derartiges System übrigens vom Bundesverfassungsrichter a. D. Paul Kirchhof präferiert worden sein.65 Damit wäre einfach der Zielfunktion der Konzentration, also der Mehrheitsbildung, innerhalb der verschiedenen Zielfunktionen der Vorrang eingeräumt. Ist das falsch? Man mag ja aus vielerlei Gründen gegen ein solches System sein. Aber letztlich ist dies doch wohl weniger eine rechtliche Frage als eine, die von der Politik entschieden werden muss. Dass der vom Bundesverfassungsgericht gern ins Feld geführte Grundsatz der Erfolgswertgleichheit womöglich leidet, ist natürlich nicht auszuschließen. Aber letztlich bestreitet eben auch das Gericht nicht, dass das Grundgesetz auch ein Mehrheitswahlrecht ermöglichen würde66 – und das, obwohl ein solches System nun eindeutig erfolgswertungleich ist. Erfolgswertgleichheit ist also nicht zwangsläufig das Maß aller Dinge. Nun liegt es mir fern, den Anteil des Bundestages an dem Zustand, den wir jetzt besichtigen können, zu leugnen oder auch nur kleinzureden. Bundestagspräsident Lammert hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Parlament hier gut beraten sei, selbstkritisch zu sein.67 Dennoch scheinen mir die jüngeren Wahlrechtsurteile des Bundesverfassungsgerichts ein gutes Beispiel dafür zu sein, dass sich das Gericht in seinem Bemühen, „Reparaturbetrieb“ zu sein, auch überheben kann. Dass wir nunmehr – und vielleicht unwiderruflich – vor den Trümmern unseres seit 60 Jahren funktionierenden Wahlsystems stehen, hat eben auch etwas mit diesem Bemühen zu tun. Womöglich gibt es aber auch einen inneren Zusammenhang zwischen der oben erörterten Forderung einer rationalen Gesetzgebung und der Neigung zur Reparatur (vermeintlicher) Fehlleistungen: Wenn sich das Bundesverfassungsgericht tatsächlich als Hüter einer spezifischen Rationalität der Gesetzgebung betrachten sollte, dann geriete es – gewollt oder ungewollt – in die Rolle eines geradezu pädagogischen Korrektors des nach einer anderen Rationalität agierenden Parlaments und seiner notwendigerweise imperfekten Ergebnisse.68

64

Hierzu F. Grotz (Fn. 58), S. 276, 287 mit Fn. 42. Siehe F Grotz (Fn. 58), S. 276, 287 Fn. 41: P. Kirchhof, Vortrag im Rahmen eines Panels zum Thema „Marktwirtschaft und Politik“, Europäisches Forum Alpbach, 27. 8. 2008. 66 BVerfGE 95, 335, 349. 67 Vgl. Pressemitteilung vom 25. 7. 2012, http://www.bundestag.de/presse/pressemitteilun gen/2012/pm_120725.html, abgerufen am 12. 11. 2012. 68 Vgl. J. Habermas, Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, 1998, S. 323, 336. 65

26

Horst Risse

IV. Schluss Das weite Feld des Verhältnisses von Verfassungsgericht und Gesetzgebung/Gesetzgeber ließe sich noch anhand weiterer Beispiele erörtern. Aktuell wäre die Rechtsprechung zur Euro-Rettung69 und damit zur Budgethoheit des Parlaments zu nennen. Dort – wie schon in der Rechtsprechung zum Dispositionsrahmen des Vermittlungsausschusses70 – finden sich bemerkenswerte Aussagen zum parlamentarischen Verfahren, die einer Betrachtung wert sind. In der Gesamtschau scheint eine Tendenz Karlsruhes greifbar, seine Kontrolltätigkeit immer tiefer in den Arkanbereich politischer Gestaltung durch das Parlament zu erstrecken. Das birgt die Gefahr, dass das Gericht seine ohnehin delikate Rolle im Verfassungsgefüge verfehlt. Die Konsequenzen, die eine Realisierung dieser Gefahr für das Ansehen und die Autorität des Gerichts71 einmal haben könnten, kann sich niemand wünschen.

69 BVerfGE 129, 124 ff.; BVerfG, Urt. v. 28. 2. 2012 (2 BvE 8/11); Urteil v. 12. 9. 2012 (2 BvR 1390/12, 2 BvR 1421/12 u. a.). 70 Dazu O. Borowy, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Kompetenzen des Vermittlungsausschusse. Auswirkungen auf die parlamentarische Praxis und Reformüberlegungen, ZParl 2010, S. 874 ff. 71 Zum beachtlichen Ansehen des Gerichts in der Bevölkerung vgl. R. Köcher, FAZ v. 22. 8. 2012, S. 10.

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit Siegfried Broß I. Einführung Das Gesamtthema dieser Veranstaltung und das mir wie auch Herrn Ministerialdirektor beim Deutschen Bundestag Dr. Risse vorgegebene Thema „Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit“ bietet mir aus aktuellem Anlass – wobei ich nicht nur die Eröffnungsrede zum 69. Deutschen Juristentag und die abschließende Podiumsdiskussion im Auge habe – die willkommene Gelegenheit, etwas außerhalb der gewohnten Geleise das Verhältnis von Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit unter Gesichtspunkten zu erörtern, die mir aufgrund meiner Dienstzeit von etwas mehr als zwölf Jahren besonders am Herzen liegen. Ich nehme mir deshalb die Freiheit, das Thema um den Gesetzgeber zu erweitern. Das Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland ist – wie sein Name sagt und wie es die Verfassung auch meint – ein Gericht. Wegen seiner umfassenden Zuständigkeiten, wie sie die Verfassung niederlegt,1 steht es staatsorganisationsrechtlich mit den anderen Verfassungsorganen auf derselben Ebene. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht bezeichnet es deshalb als einen allen übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbstständigen und unabhängigen Gerichtshof des Bundes.2 Diese im Vergleich zu allen anderen Gerichten in Deutschland deutlich herausgehobene Stellung und die Einordnung unter die übrigen Verfassungsorgane bedingt, dass das Bundesverfassungsgericht in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen wird als die übrigen Gerichte, auch als die obersten Bundesgerichte. Häufig hat das Bundesverfassungsgericht in grundlegenden staatsleitenden Entscheidungen das letzte Wort, so bei der europäischen Integration, dem Schwangerschaftsabbruch, bei der Besteuerung, Auslandseinsätzen der Bundeswehr und z. B. bei der Datenerfassung wie auch im Wahlrecht. Aus diesem Grunde kann der Umgang mit dem Bundesverfassungsgericht durch die Politik, die Medien, die Wissenschaft und die Öffentlichkeit schwierig werden, weil nicht von vornherein erwartet werden kann, dass das Bundesverfassungsgericht bei den angesprochenen Fragestellungen und weiteren den neudeutsch so genannten mainstream trifft. Wäre das das Bestreben des Bundesverfassungsgerichts, würde es 1 2

Art. 93, Art. 100; wie auch z. B. Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG).

28

Siegfried Broß

allerdings auch seiner Aufgabe als Hüter der Verfassung nicht gerecht. Dieser Aufgabe ist von vornherein ein statisches Element innewohnend, weil die Verfassung gerade nicht augenblicklichen Stimmungen und Strömungen verpflichtet, sondern darauf ausgerichtet ist, eine verlässliche Rechts- und Gesellschaftsordnung nach innen und außen sicherzustellen.3 „Aufreger“ sind schlechte Ratgeber für verantwortungsbewusste Arbeit an und mit der Verfassung. Einige Anmerkungen zum Ansehen des Bundesverfassungsgerichts im Vergleich zu den anderen staatlichen Institutionen. Kaum eine staatliche Institution in Deutschland genießt ein so hohes Ansehen wie das Bundesverfassungsgericht – es ist das Rückgrat der Republik, ein Staatsorgan von tadellosem Ruf.4 Es liegt nach einer Untersuchung des sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr mit 53 % etwa vor dem Deutschen Bundestag (29 %), der Bundesregierung (25 %), aber auch vor der evangelischen Kirche (33 %) und der katholischen Kirche (29 %). Die Bundeswehr rangiert mit 52 % des in sie gesetzten Vertrauens etwa gleich mit dem Bundesverfassungsgericht, während die Polizei mit 61 % deutlich gegenüber den untersuchten 15 Institutionen an der Spitze liegt.5 Nebenbei bemerkt, den Spitzenrang nehmen Feuerwehrleute mit einem Wert von 97 % ein, während sich abgeschlagen auf den hinteren Rängen Manager (17 %) und Politiker (14 %) befinden.6 Auch wenn sich 2009 der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung nach einer Umfrage des Instituts Infratest Dimap auf 48 % und 45 % (von zuvor 37 % und 36 %) verbessert haben, hatte sich das Bundesverfassungsgericht von 71 % im Jahr 2007 auf 76 % im Jahre 2009 „vorgearbeitet“.7 So viele Menschen brachten in Deutschland dem Bundesverfassungsgericht „großes Vertrauen“ entgegen. Das Vertrauen in ein Verfassungsgericht hängt ganz maßgeblich davon ab, dass und wie es in der Bevölkerung wahrgenommen und darüber hinaus gleichsam verinnerlicht wird. Hierzu kann ein Verfassungsgericht selbst nur verhältnismäßig wenig beitragen. Es ist darauf angewiesen, dass es Multiplikatoren hat, die dem entsprechend verantwortungsvoll agieren. Das sind zunächst die anderen obersten Staatsorgane, die mit ihren öffentlichen Reaktionen auf Entscheidungen das Ansehen eines Verfassungsgerichts und damit seine Stellung im Staat befördern oder untergraben können. Hinzutreten müssen aber die Medien und die Fachwissenschaft. Es bedarf insoweit immer sachkundiger Begleiter der Verfassungsgerichtsbarkeit. Es bleibt nicht aus, dass es zu „Störungen“ des an sich im Großen und Ganzen ungetrübten Verhältnisses Bevölkerung – Bundesverfassungsgericht – Gesetzgeber kommen kann. Solche Entwicklungen können wir vor allem beobachten, wenn es sich um Entscheidungen zu Fragestellungen handelt, die von der Bevölkerung selbst in ihrer Komplexität empfunden werden können und von denen auch große Teile der 3

Vgl. nur z. B. Art. 79 Abs. 3 und Art. 146 GG. Deutsche Welle vom 16.3. 2010. 5 Die Welt vom 18.2. 2010. 6 Studie der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung von 2010. 7 Die Welt vom 19.3. 2009. 4

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

29

Bevölkerung direkt betroffen sind. So sank das Ansehen des Bundesverfassungsgerichts nach einer Untersuchung8 im Jahre 1975 auf 42 % und im Jahre 1978 nach einer „Erholung“ auf 50 % und 51 % in den Jahren dazwischen.9 Man kann diese Beobachtung unmittelbar an die Öffentlichkeit bewegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts „festmachen“, so die zum Schwangerschaftsabbruch I und zum sog. „Radikalenerlass“ (1975) wie zur Wehrdienstnovelle und zum Hochschulurteil (1978). Den bisher geringsten Wert an Zustimmung erzielte das Bundesverfassungsgericht mit 40 % 1995, als Entscheidungen ergingen „Soldaten sind Mörder“, Sitzblockaden und Kruzifix in Schulzimmern.10 II. Einzelne Beispiele aus der Praxis Nach dieser „Einstimmung“ möchte ich Ihr Augenmerk auf einige Beispiele aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lenken. 1. Kontrolle des Parlaments bei Entscheidungen in eigener Sache a) Bei dieser Konstellation ergeben sich wesentliche Unterschiede zu den Verfahren der Verfassungsbeschwerde, eines Organstreits oder eines Bund-Länder-Streits vor dem Bundesverfassungsgericht. In Verfahren der Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht augenscheinlich dazu berufen, die Geltung der Grundrechte – soweit erforderlich – durchzusetzen, damit die Betroffenen gegen Eingriffe der Staatsgewalt wirksam geschützt werden. Es ist also nicht nur allgemein Hüter der Verfassung. Bei Organ- und Bund-Länder-Streitigkeiten hat das Bundesverfassungsgericht als Staatsgerichtshof letztlich eine andere Aufgabe. Es ist Schiedsgericht zwischen Staatsorganen. Bei diesen Streitigkeiten ist es erforderlich, die Zuständigkeiten der obersten Staatsorgane zu bestimmen, festzulegen und gegeneinander abzugrenzen. Allerdings kann sich auch insoweit die Frage nach dem Schutz des Bürgers gegen staatliche Gewalt stellen. Überschreitet ein Staatsorgan die ihm vom Grundgesetz zugewiesene Zuständigkeit und Kompetenz, wird zugleich das vom Grundgesetz ausgeformte Gewaltenteilungsprinzip verletzt. Dieses findet neben Art. 20 GG auch im föderalistischen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland Ausdruck. Dass das Bundesverfassungsgericht im Verfassungsgefüge in Bezug auf die obersten Staatsorgane nicht als letztlich „Oberstaatsorganen“ gedacht ist, macht das Enumerationsprinzip des Grundgesetzes deutlich. b) Art. 48 GG fällt vor diesem Hintergrund und in diesem Gefüge der Zuständigkeiten des Bundesverfassungsgerichts aus dem Rahmen. Es geht um die materielle Ausgestaltung des Status des Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Die Verfas8

G. Schaal, Vertrauen, Verfassung und Demokratie, 2004, S. 114 ff. Ebd., S. 133. 10 Ebd. 9

30

Siegfried Broß

sung regelt in den einzelnen Absätzen des Art. 48 GG die Essentialia. Alles das, was zum Status eines Abgeordneten, zur Sicherung seiner Unabhängigkeit in materieller Hinsicht im Allgemeinen und im Finanziellen im Besonderen erforderlich ist, bestimmt schon das Grundgesetz selbst. Der Rahmen ist von der Verfassung abgesteckt. Dieser ist nicht durchnormiert. Der Maßstab ist weit und die einzelnen Gegenstände der Regelung sind nur in Umrissen angesprochen, in ihrem vom Grundgesetz beabsichtigten Gehalt aber eher vage. Das Grundgesetz hat diesen Weg zu Recht gewählt und den Maßstab für künftige Entwicklungen offen gehalten, um nicht selbst fortwährend einem Zwang zur Änderung der Verfassung ausgesetzt zu sein. Das ist die eine Seite. Die andere Seite sehe ich darin, dass es sich um Binnenrecht des Parlaments handelt. Aus diesem Grunde ist bei einer Kontrolle von gesetzlichen Bestimmungen (hier des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages – Abgeordnetengesetz) durch das Bundesverfassungsgericht Zurückhaltung geboten; denn das Parlament ist das einzige oberste Staatsorgan, das über eine Kompetenz-Kompetenz verfügt. Nur das Parlament vermag sich selbst und von anderen Staatsorganen unbeeinflusst zu organisieren. Es ist nicht von anderen obersten Staatsorganen abhängig, sondern allein vom Wähler. Dieser Befund verbietet es, das Parlament bei der Organisation seines Binnenbereichs umfassender verfassungsgerichtlicher Kontrolle zu unterwerfen, es sei denn, das Grundgesetz würde hierfür eine spezielle Regelung aufweisen. Eine solche fehlt. Der Katalog des Art. 93 GG ist für mich in diesem Zusammenhang keine spezielle Regelung in diesem Sinne, sondern eine allgemeine, vor allem auf Normenkontrollen, Bund-Länder-Streitigkeiten, Organstreitigkeiten und Verfassungsbeschwerden zugeschnitten. Eine spezifische Zuständigkeit für die Kontrolle des Binnenbereichs des Parlaments fehlt. Bei einem solchen Gesetz handelt es sich letztlich um ein Selbstorganisationsgesetz oder ein Selbstgestaltungsgesetz. Es bedeutete einen Widerspruch, wenn man die in Art. 48 GG eingeräumte Gesetzgebungskompetenz der gleichen oder sogar einer stärkeren Kontrolldichte wie allgemeine Gesetze gegenüber dem Bürger unterwerfen wollte. Wenn man vor diesem Hintergrund das erste Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 betrachtet,11 fällt auf, dass es seine Kontrolle nicht allein auf Vorschriften des organisationsrechtlichen Teils des Grundgesetzes stützt, sondern etwa auch den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG heranzieht. Bei der Beurteilung von verfassungsrechtlichem Binnenrecht, um das es bei der Ausgestaltung des Status der Abgeordneten des Deutschen Bundestages geht, können die Grundrechte kein Maßstab für die Gestaltung sein, weil diese das Verhältnis des Staates zu den seiner Gewalt unterworfenen Menschen konturieren. Zutreffend weicht deshalb die Entscheidung aus dem Jahre 198712 hiervon ab. Es handelt sich nicht um ein belangloses Spiel mit Worten. Vielmehr bekommt das Willkürver11 12

BVerfGE 40, 296. BVerfGE 76, 256 Leitsatz 5 b a. E.

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

31

bot, auf das in dieser Entscheidung Bezug genommen wird, einen anderen Inhalt als bei der Anwendung des allgemeinen Grundrechts auf Gleichbehandlung. Ob Willkür bei Gestaltung des Binnenbereichs anzunehmen ist, ergibt sich nur bei der Betrachtung des gesamten staatsorganisationsrechtlichen Gefüges und damit greifen andere Beurteilungsmaßstäbe als im Verhältnis Staat zu den Menschen. Zutreffend ist allerdings die Feststellung, dass Art. 48 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 GG gesetzliche Vorkehrungen dagegen verlangt, dass Abgeordnete Bezüge aus einem Angestelltenverhältnis, aus einem so genannten Beratervertrag oder ähnlichem, ohne die danach geschuldeten Dienste zu leisten, nur deshalb erhalten, weil von ihnen im Hinblick auf ihr Mandat erwartet wird, sie würden im Parlament die Interessen des zahlenden Arbeitgebers, Unternehmers oder der zahlenden Organisation vertreten und nach Möglichkeit durchzusetzen versuchen.13 Insoweit bestehen keine Bedenken gegen den vom Bundesverfassungsgericht angewandten Prüfungsmaßstab, weil Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG innerhalb des organisatorischen Teils des Grundgesetzes selbst den Kontrollmaßstab vorgibt: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Das hier niedergelegte freie Mandat ist eine von der Verfassung konturierte Ausprägung des Demokratieprinzips und deshalb ist das Bundesverfassungsgericht verpflichtet, auf entsprechende Klage hin eine genaue Prüfung angefochtener gesetzlicher Bestimmungen vorzunehmen. Demgemäß ist seine Schlussfolgerung, dass Einkünfte dieser Art mit dem unabhängigen Status der Abgeordneten und ihrem Anspruch auf gleichmäßige finanzielle Ausstattung mit ihrem Mandat unvereinbar sind, zwingend. c) Diese Linie wird fortgeführt in dem Urteil von 2007.14 Gegenstand der Prüfung waren Bestimmungen des Abgeordnetengesetzes, allerdings eingekleidet in einen Organstreit. Es ging darum, ob die getroffenen Neuregelungen über die Ausübung des Mandats des Bundestagsabgeordneten, über die Anzeige und Veröffentlichung von neben dem Mandat ausgeübten Tätigkeiten und erzielten Einkünften einschließlich der insoweit vom Präsidenten des Deutschen Bundestages erlassenen Ausführungsbestimmungen und der für den Fall der Nichtbeachtung vorgesehenen Sanktionen mit dem verfassungsrechtlichen Status des Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 3 und Art. 48 Abs. 2 GG, hilfsweise mit den Grundrechten auf informationelle Selbstbestimmung und Berufsfreiheit, vereinbar sind. Die Entscheidung ist lediglich mit Stimmengleichheit ergangen und trotzdem waren die Anträge deshalb zurückzuweisen, weil ein Verfassungsverstoß nicht festgestellt werden konnte.15 Die die Entscheidung tragenden Richterinnen und Richter, zu denen ich als Berichterstatter gehöre, argumentierten strikt auf der Grundlage der Bestimmungen des Grundgesetzes, die den Status des Abgeordneten des Deutschen Bundestages konturieren. Insoweit kommt dem Demokratieprinzip und der Funkti13

BVerfGE 40, 296, 297 (Leitsatz 5). BVerfGE 118, 277. 15 § 15 Abs. 4 S. 3 BVerfGG. 14

32

Siegfried Broß

onsfähigkeit und der Funktionstüchtigkeit des Parlaments als der Vertretung des gesamten Volkes und nicht der Interessen einzelner oder bestimmter Klassen, wie es im KPD-Verbotsurteil formuliert ist,16 überragende Bedeutung zu und das gebietet eine strikte Handhabung der organisationsrechtlichen Vorschriften des Grundgesetzes, die dies gewährleisten sollen. Den Älteren unter uns – und dazu gehören außer dem Jubilar, den wir heute mit diesem Symposium ehren, und mir noch einige weitere Anwesende – ist sicher noch aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts die finanzielle Einflussnahme auf Teile des Parlaments unter dem Stichwort „politische Landschaftspflege“, um eine bestimmte Steuergesetzgebung zu initiieren, in sehr schlechter Erinnerung. Im Gegensatz etwa zu der Frage der Höhe der Diäten der Abgeordneten, die sehr stark vom Binnenbereich konturiert ist, trifft dies für die „Verhaltensregeln“ für die Abgeordneten nicht zu. Sie geben der parlamentarischen Arbeit über die Ausgestaltung des Status des Abgeordneten, seinen Rechten und Pflichten in Ausübung des Mandats, die entscheidende Prägung und sind damit ein Herzstück der parlamentarischen Kultur und damit der rechtsstaatlichen Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Schon von daher wird deutlich, dass die Abgeordneten dem nichts an Rechtspositionen entgegenzusetzen vermögen, die sich nicht aus der Organisationsstruktur des Grundgesetzes ergeben. Vor allem können sie sich nicht auf die Grundrechte berufen, die der Individualsphäre angehören. Das Urteil von 1998 fasst die Problematik dahin zusammen: „Soweit der Antragsteller … die Verletzung seiner Grundrechte rügt, ist diese Rüge unzulässig. Ein Abgeordneter kann im Organstreit ausschließlich Rechte geltend machen, die sich aus seiner organschaftlichen Stellung im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben (vgl. BVerfGE 94, 351 [365])“.17 Diese Auffassung verdient uneingeschränkte Zustimmung, weil das Grundgesetz eine in sich stimmige Einheit der verfassungsrechtlichen Ordnung aufgerichtet hat. Man kann entsprechend neueren Überlegungen – im Zusammenhang mit Globalisierung und Europäisierung – etwa bezüglich des Grundrechtsabschnitts von einer Teilverfassung sprechen, ebenso in Bezug auf die Struktur der obersten Staatsorgane, hier des Parlaments.18 Insofern ist der Status des Abgeordneten umfassend, aber auch abschließend, in Abschnitt III „Der Bundestag“ des Grundgesetzes geregelt. Dieses stellt damit die Funktionsfähigkeit und die Funktionstüchtigkeit der Staatsorgane sicher. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Verfassungsgeber über die Grundrechte, die Individualrechtspositionen schützen, hier Relativierungen zulassen wollte. Für das Thema des heutigen Tages bedeutet dies, dass das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Organstreits, der gesetzliche Bestimmungen zum Gegenstand 16

BVerfGE 5, 85, 198. BVerfGE 99, 19, 29. 18 Vgl. hierzu allgemein T. Vesting/S. Korioth (Hrsg.), Der Eigenwert des Verfassungsrecht, 2011. 17

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

33

hat, nicht das für eine Normenkontrolle übliche Prüfungsschema zu Grunde legt. Die Grundrechte scheiden bei solchen Konstellationen von vornherein als Prüfungsmaßstab aus. Andererseits hat dies nicht zur Folge, dass die Kontrolldichte zurückgenommen würde. Lediglich der Kontrollumfang ist beschränkt. Trotz der Nähe zum Binnenrecht des Parlaments, bei dessen Prüfung das Bundesverfassungsgericht nicht gefordert ist (in Teilen des Geschäftsordnungsrechts etwa bezüglich des Ablaufs des innerparlamentarischen Betriebs wie Sitzordnung oder Gestaltung der Arbeit in den Ausschüssen), erfolgt hier ein Umschlag in das „Außenverhältnis“, das in der parlamentarischen Demokratie gegenüber den Menschen zentrale Bedeutung erlangt, und deshalb scheidet eine Rücknahme der Kontrolltätigkeit aus. d) Die Unterschiede der behandelten Konstellationen werden noch an einer weiteren deutlich, die auf den ersten Blick den Binnenbereich des Parlaments betrifft. Es geht um die Zusammensetzung des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat. Gemäß der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages werden die Sitzanteile der Fraktionen für die Sitze im Ältestenrat sowie in den Bundestagsausschüssen nach einem zu Beginn jeder Wahlperiode beschlossenen Verfahren zugeteilt.19 Nach der Bundestagswahl vom 22. September 2002 hatte der Bundestag am 30. Oktober 2002 ein „neues“ Verfahren für die Berechnung der Sitzanteile der Fraktionen bei der Besetzung der Ausschüsse und anderer Gremien festgelegt. Dieses begünstigte die stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag. Daraufhin entspann sich ein Organstreit vor dem Bundesverfassungsgericht, der im Kern aber eine Normenkontrolle zum Gegenstand hatte, weil er die Prüfung der genannten Vorschriften der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vor dem Hintergrund des Art. 77 Abs. 2 S. 1 GG betrifft. Auch wenn es zunächst um die Selbstorganisation des Deutschen Bundestages in Bezug auf den Vermittlungsausschuss geht, musste das Bundesverfassungsgericht eine eingehende „Normenkontrolle“ durchführen. Das ergibt sich daraus, dass der Vermittlungsausschuss nach Maßgabe des Art. 77 Abs. 2 S. 1 und 2 GG ein selbstständiges Organ im Gesetzgebungsverfahren ist, wenn der Bundesrat einen Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages nicht passieren lässt. In der Sache hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Mitglieder des Bundestages im Vermittlungsausschuss die politischen Stärkeverhältnisse im Plenum des Bundestages nach dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit repräsentieren müssen. Funktion und Aufgaben des Vermittlungsausschusses fordern aber keine zwingende Ausrichtung der Besetzung des Ausschusses am Mehrheitsprinzip in einem Umfang, dass der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit im Zweifel zu weichen hätte.20 Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass ein vorausgehender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hatte, weil das Bundesverfassungsgericht lediglich eine Abwägung der Folgen bei Erlass oder bei Ab19 20

§ 57 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 GOBT. BVerfGE 106, 265.

34

Siegfried Broß

lehnung vorgenommen hat.21 Hiergegen habe ich mich in meiner abweichenden Meinung energisch verwahrt, weil der Erfolg des Antrags in der Hauptsache offenkundig war, wie die Entscheidung bestätigt hat.22 2. Gesetzgebung – Verfassungsgerichtsbarkeit – Öffentlichkeit Nachfolgend möchte ich Ihnen Entscheidungen des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vorstellen, die Fragestellungen betreffen, die sich besonderer Aufmerksamkeit erfreuten oder noch erfreuen. Sie sind von Interesse, weil sich allmählich in der Zeit oder auch unmittelbar aus aktuellem Anlass ein Umfeld in der öffentlichen Meinung oder in der Politik herausgebildet hatte, das für die Akzeptanz der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht zu übersehende Hürden aufgerichtet hatte oder aber einen überraschenden Umgang mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Folge hatte. a) Zunächst ist in diesem Zusammenhang das Urteil vom 20. Dezember 2007 zu nennen23. Es betraf die Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II. Der Zweite Senat hatte mit fünf zu drei Stimmen befunden, dass diese Arbeitsgemeinschaften dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung widersprechen, der den zuständigen Verwaltungsträger verpflichtet, seine Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen. Im Hinblick darauf wurde § 44b SGB II mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 des Grundgesetzes für unvereinbar erklärt. Das Umfeld und die öffentliche Reaktion war vor allem deshalb bemerkenswert, weil – anders als es häufig der Fall ist, wenn Gesetze für mit der Verfassung nicht in Einklang stehend erklärt werden – kein Aufschrei des Entsetzens durch die Lande ging, von einem „Tadel“ für das Bundesverfassungsgericht ganz zu schweigen. Auf der politischen Ebene setzte vielmehr eine Diskussion ein, ob die Arbeitsgemeinschaften entsprechend diesem Urteil aufgelöst und die Kommunen wie auch die Bundesagentur für Arbeit getrennt für einzelne Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende tätig werden sollen. Die von der Bundesregierung und einem Teil der Länder angestrebte andere Lösung aufgrund dieses Urteils wurde in einer Änderung des Grundgesetzes gesehen, die schließlich in Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG umgesetzt wurde. An dieser Diskussion war mancherlei bemerkenswert. Zunächst muss man sich in Erinnerung rufen, dass die die Beschwerde führenden Landkreise gar nicht diese Arbeitsgemeinschaften und die Frage von deren Verfassungsgemäßheit im Visier hatten. Vielmehr ging es ihnen darum, dass sie für die Zuweisung der Zuständigkeit für einzelne Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen vollständigen Ausgleich erhalten. Dem ist das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht ge21

BVerfGE 106, 253, 261. BVerfGE 106, 265. 23 BVerfGE 119, 331. 22

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

35

folgt; denn die Verfassungsbeschwerden wurden insoweit zurückgewiesen. Es war von daher für die Beschwerdeführer noch fataler als ein Pyrrhus-Sieg. Sie bekamen zwar nicht den erstrebten finanziellen Ausgleich, liefen aber Gefahr, dass sie bei Auflösung der Arbeitsgemeinschaften möglicherweise mit den Belastungen aus dann leer stehenden Amtsgebäuden zurückbleiben könnten.24 Ob man mit der (knappen) Mehrheit des Senats die Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II als verfassungswidrige „Mischverwaltung“ beurteilen möchte,25 mag dahinstehen. Allerdings ist der „Umgang“ mit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts „denkwürdig“. Zunächst wurden die politischen Gefechte, die schon vor Erhebung der Verfassungsbeschwerden stattgefunden hatten, unreflektiert weitergeführt. Sodann wurden Überlegungen dahin angestellt, dass es doch am einfachsten sei, die Verfassung – weil störend – zu ändern. Der nächstliegende Schritt wurde nicht getan und auch von der Wissenschaft bemerkenswerterweise nicht diskutiert. Die abweichende Meinung weist nach, dass von einer verfassungswidrigen „Mischverwaltung“ schon deshalb keine Rede sein kann, weil die beanstandeten Regelungen und das darauf fußende Konstrukt der Arbeitsgemeinschaft nicht der verfassungsrechtlichen Ebene, sondern der darunter liegenden des einfachen Gesetzesrechts angehören.26 Des Weiteren ist in dieser abweichenden Meinung nachgewiesen, dass die Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft allein in der einheitlichen Durchführung der Aufgaben der Träger der Leistungen besteht. Die Arbeitsgemeinschaft wird dadurch nicht selbst Träger der Aufgaben; deren Erfüllung obliegt vielmehr weiterhin den nach § 6 SGB II zuständigen Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern. Diese verlieren durch die Wahrnehmung der Aufgaben in der Arbeitsgemeinschaft auch nicht ihre Eigenständigkeit als Träger der jeweiligen Aufgabenzuständigkeit.27 Vor diesem Hintergrund hätte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch wenige klarstellende Ergänzungen des § 44b SGB II Rechnung getragen werden können, ohne dass es eines Umwegs über eine Verfassungsänderung bedurft hätte, um die sachgerechte und der Problematik überaus angemessene Konstruktion von Arbeitsgemeinschaften auf der Verwaltungsebene – nicht auf der Verfassungsebene – zu regeln. Auffallend war in diesem Zusammenhang, dass auch die Wissenschaft diese nahe liegende Lösungsmöglichkeit nicht einmal andiskutiert hat. Von den Medien kann man solches nicht erwarten. Warum die Politik zunächst als hauptsächliche Option die Verfassungsänderung in den Blick genommen hat, bleibt – zumal vor dem Hintergrund des Umgangs mit Verfassungsgerichtsentscheidungen im Übrigen (z. B. Länderfinanzausgleich, Besteuerung der Renten, früher Gleichstellung von Mann und Frau und Gleichstellung der nichtehelichen Kinder und dergleichen mehr) – rätselhaft. Die Initiative der Bundesministerin für Arbeit und So24

BVerfGE 119, 331, 352. BVerfGE 119, 331, 361 ff. 26 Hierzu BVerfGE 18, 85. 27 BVerfGE 119, 331, 386 f.

25

36

Siegfried Broß

ziales mit ihrem Entwurf „Eckpunktepapier Neuorganisation der Aufgabenwahrnehmung im SGB II“ vom 11. Dezember 2009 wurde ohne Grundgesetzänderung entsprechend den Erläuterungen in der abweichenden Meinung den Vorgaben der Verfassungsgerichtsentscheidung vollen Umfangs gerecht. Dieser Vorschlag wurde bedauerlicherweise aus nicht einleuchtenden Gründen wiederum zerredet. Wird die Verfassung aber immer dann geändert, wenn sie – auch nur vermeintlich – stört, selbst wenn ein Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegt, ist Aufmerksamkeit gegenüber den handelnden Akteuren geboten. Eine Verfassung bedarf pfleglicher Behandlung. Dynamik ist insoweit keine vernünftige Lösung. b) Als weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang möchte ich das Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juni 2009 zum Vertrag von Lissabon nennen.28 Die vorstehenden Überlegungen lassen sich anhand des Umfelds dieser Entscheidung und der damit im Zusammenhang stehenden europäischen Integration weiterführen. Es kommt mir also heute nicht auf Einzelheiten dieser Entscheidung, sondern nur auf das Umfeld an. Seit Jahren wurde der europäische Integrationsprozess von der Politik stetig vorangetrieben und Wissenschaft und Medien haben ihn großenteils mit einhelligem Beifall begleitet. Die Losung lautete „Finalität Europas“ sowie „unumkehrbarer dynamischer Prozess“, der sich heute die Schlagworte von der „Alternativlosigkeit“ oder „stirbt der Euro, stirbt Europa“ beigesellen. Welche nationalen Verfassungsvoraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssten, war und scheint nach Äußerungen von offizieller Seite auf dem 69. Deutschen Juristentag weiterhin Nebensache zu sein bzw. hat zu bleiben. Die Reichweite von Art. 23 GG wurde nicht reflektiert und eine mögliche Sperrwirkung des Art. 79 Abs. 3 GG ausgeblendet. Das Thema „europäische Integration“ wurde gleichsam in dem Sinne mit einem „Tabu“ belegt, dass kritische – wenn gleichwohl aufgeschlossene – Stimmen nicht zur Kenntnis genommen, sondern bestenfalls schlicht übergangen, wenn nicht als „europafeindlich“ diffamiert wurden.29 Nur so erklärt sich auch die konzertierte Aufgeregtheit von Politik, Wissenschaft und großen Teilen der Medien, die nach Verkündung des Urteils an den Tag gelegt und für einige Zeit gepflegt wurde. Dieses konsentierte Klima und die Anfeindungen gegen das Bundesverfassungsgericht und vor allem gegen dessen Zweiten Senat konnte nicht einmal die Beobachtung eklatanter Fehlentwicklungen im europäischen Integrationsprozess trüben und Nüchternheit erzeugen. Fehlentwicklungen hinsichtlich des nie greifbar definierten Integrationsziels waren unschwer auch schon damals zu erkennen, etwa durch die Aufnahme von Staaten, denen mangels Zuverlässigkeit schon sehr bald Zuschüsse aus der EU-Kasse gesperrt wurden, oder anderen Staaten, deren Haushalts- und Fi28

BVerfGE 123, 267. Beispielhaft nur S. Broß, Überlegungen zum gegenwärtigen Stand des europäischen Einigungsprozesses – Probleme, Risiken und Chancen, EuGRZ 2002, 574 ff.; ders., Grundrechte und Grundwerte in Europa, JZ 2003, 429 ff.; ders., Überlegungen zur europäischen Staatswerdung, JZ 2008, 227 ff., und öfter. 29

Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit

37

nanzgebaren den Euro-Raum und die gesamte Gemeinschaft bis heute erschüttern und infrage stellen könnten. Bedrückende Fehlentwicklungen beim Europäischen Haftbefehl und das progressive Fortschreiten der Armut in Deutschland, wie schon damals selbst die EU-Kommission wie im Übrigen auch die OECD festgestellt haben – für die EU rechnet man inzwischen mit 115 Millionen Menschen an oder unterhalb der Armutsgrenze –, müssten vor dem Hintergrund des Strukturprinzips „Sozialstaat“ in Art. 20 Abs. 1 GG zumindest zum vertieften Nachdenken und zu weiser Zurückhaltung im Umgang mit diesem Urteil – und den nachfolgenden – gemahnen. Stattdessen wurde ziemlich rasch aus politischer Sicht die Lösung des Problems „Bundesverfassungsgericht“ überlegt, ob man dessen Zuständigkeiten nicht mit dem Ziel einer Reduzierung überprüfen sollte. Was für ein Verfassungsverständnis wird hier wach? Wie kann es unter der Geltung des Grundgesetzes und der dort niedergelegten und zudem unabänderbaren Strukturprinzipien gemäß Art. 79 Abs. 3 GG und mit dem obersten Wert der Menschenwürde in Art. 1 GG dazu kommen, dass man sich durch die Integration in eine überstaatliche Gemeinschaft anschickt, die Verfassung mit ihren „ehernen“ Grundprinzipien beiseitezuschieben und sich ihrer Bindungen zu entledigen? Trotz der erstrebenswerten und uneingeschränkt zu begrüßenden europäischen Integration wird eine nationale Verfassung dadurch nicht zur leeren Hülse, die diesem politischen Ziel unterzuordnen wäre, sondern das politische Ziel darf in einer rechtsstaatlichen Demokratie nur in dem von der Verfassung gesteckten Rahmen umgesetzt werden, es sei denn, man beschreitet den bisher allgemein vehement abgelehnten Weg des Art. 146 GG. c) Die hier erörterte Problematik soll mit einigen Hinweisen auf das seinerzeit im Jahre 2003 gescheiterte NPD-Verbotsverfahren30 abgeschlossen werden. Es handelt sich zunächst nicht um das Verhältnis Gesetzgebung – Verfassungsgerichtsbarkeit, allerdings möglicherweise nachfolgender Gesetzgebung. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dieser Entscheidung wurden Überlegungen laut, ob es nicht vorzugswürdig sei, die Zuständigkeit für Parteiverbotsverfahren auf den Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts zu übertragen. Dazu hätte es einer Gesetzesänderung bedurft; denn die Zuständigkeit der Senate ist in § 14 in Verbindung mit § 13 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes geregelt. Des Weiteren wurde überlegt, zu welchem Zeitpunkt die drei Mitglieder, die die Einstellung des Verfahrens erzwungen hatten, aus dem Senat ausscheiden werden und deshalb für einen erneuten Verbotsantrag „bessere Zeiten“ anbrechen würden. Das Bundesministerium der Justiz vergab einen Forschungsauftrag, dessen maßgebliche Zielrichtung es war, zu erkunden, ob die Regelungen über das Parteiverbotsverfahren anhand der Akten über das soeben gescheiterte so „hergerichtet“ werden könnten, dass unter anderem dergleichen Misshelligkeiten nicht mehr zu befürchten seien. Letzteres Vorhaben scheiterte zu Recht schon weit im Vorfeld, weil nicht nur hier, sondern auch anderwärts der Blick für den rechtsstaatlichen Kern des Parteiver30

BVerfGE 107, 339.

38

Siegfried Broß

botsverfahrens und sein Scheitern im konkreten Fall verstellt war. Es ist zu begrüßen, dass es hier zu keinerlei Gesetzgebung gekommen ist. Die Gefährdung der rechtsstaatlichen Demokratie bei Änderung der bestehenden Vorschriften ist mit Händen greifbar. Überdies ist die Ausgestaltung des Parteiverbotsverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland Vorbild für zahlreiche Transformationsstaaten, wie ich bei meinen zahlreichen Reisen „um die Welt“ erfahren durfte. III. Zusammenfassung und Ausblick Im Rahmen des Themas kam es mir darauf an, aus der Innensicht Wirkmechanismen und Hintergründe für eine Entscheidungsfindung aufzuzeigen, die nicht gefasst werden können, gleichwohl aber Einfluss ausüben. Vielleicht kann dieser Beitrag für konfliktbeladene Konstellationen in der Zukunft helfen, Entscheidungsprozesse distanziert und unaufgeregt zu führen.

Parlament und Regierung Wolfgang Zeh Vor Ihnen, lieber Herr Gebauer, über Parlament und Regierung zu sprechen, ist naheliegend, wenn nicht geboten. Sie haben beiden Institutionen gedient, haben beide von innen gesehen, und dies in der Rolle des höchstrangigen Beamten und Beraters. Das bedeutet, dass Ihr Blick ein umfassender war, der quer durch alle Aufgaben, Möglichkeiten und Schwierigkeiten ging. Und Ihr Blick hat die wissenschaftliche Reflexion mit einbezogen. Sie haben im Handeln zugleich analysieren und die Analyse am Handeln überprüfen können. Sie werden uns am Ende des Symposions über Ihre Erfahrungen berichten. Ich freue mich darauf und bin neugierig, ob darin etwas von dem wiederkehrt, was ich nun – ebenfalls aus einer Mischung von praktischen und wissenschaftlichen Beobachtungen – zum Besten geben darf. I. Gewaltenteilung Zu den gefestigten Erkenntnissen über das Verhältnis von Parlament und Regierung gehören die Vorstellung und die Forderung, dass zwischen der ersten und der zweiten Gewalt – und erst recht zwischen diesen und der dritten Gewalt, der Justiz – die Machtbefugnisse des Staates aufgeteilt sein müssen. Kein Staatsorgan soll die ganze Macht bei sich versammeln, vielmehr sollen die aufgeteilten Befugnisse sich gegenseitig hemmen und kontrollieren, auf dass die staatliche Macht insgesamt gezügelt werde zugunsten der Handels- und Handlungsfreiheit der Bürger. Das Konzept stammt aus der Epoche des Absolutismus und öffnete den Weg zu dem, was im 19. Jahrhundert konstitutionelle Monarchie wurde, nämlich eine durch die geschriebene Staatsverfassung geteilte, zurückgenommene und limitierte Machtposition der Staatsleitung. Wahrscheinlich hat Montesquieu 40 Jahre vor der französischen Revolution im „Geist der Gesetze“ mehr die Gewaltenteilung zwischen der absoluten Machtfülle des königlichen Hofes und den Handlungsmöglichkeiten des mittleren Adels im Sinn gehabt; schließlich war der Baron Mitglied, zeitweise Vorsitzender des „parlement“ von Bordeaux, welches eine gerichtsähnliche Funktion in den Auseinandersetzungen der regionalen Herren hatte. Jedenfalls hat seine Idee beide Forderungen nach der Abgabe zentraler Staatsgewalt befruchtet: die in Richtung des „parlement“ als Gerichtshof und diejenige in Richtung des daraus sich entwickelnden Parlaments als Volksvertretung.

40

Wolfgang Zeh

II. Gewaltenvereinigung 1. Es fragt sich aber, was davon übrig ist nach dem Übergang zum strikt parlamentarischen Regierungssystem, wie das Grundgesetz es 1949 für Deutschland eingerichtet hat. Danach gilt als Folge der ausschließlich zum Bundestag stattfindenden allgemeinen Wahlen: The winner takes it all. Die Mehrheit des Bundestages bringt die Regierung hervor: Sie wählt den Regierungschef und duldet (zumindest) die vom Bundeskanzler nominierten weiteren Regierungsmitglieder, die in der Regel Abgeordnete sind und dies auch als Minister bleiben. Sodann stimmt die „Regierungsmehrheit“ der Regierungserklärung zu Beginn der Wahlperiode zu. Der Bundestag wählt den Bundespräsidenten mit einer Mehrheit, die er zusammen mit einer gleichen Zahl von Delegierten der Landtage in der Bundesversammlung zu bilden hat. Er wählt (indirekt durch den Wahlausschuss mit Mehrheit von zwei Dritteln der zwölf Mitglieder) die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichts. Er wählt den Präsidenten des Bundesrechnungshofs, den Wehrbeauftragten und den Datenschutzbeauftragten. Er beschließt sämtliche Gesetze und Haushalte, ferner auch über seine Geschäftsordnung und gegebenenfalls über das Bestehen oder Nichtbestehen von Mandaten im Verfahren der Wahlprüfung. Die aufgrund des Wahlergebnisses gebildete Mehrheit, in der Regel eine Koalition aus zwei – vielleicht in Zukunft mehr – Parteien, verfügt also über die Bildung der Regierung (inklusive ihrer möglichen Ersetzung durch Wahl eines anderen Kanzlers), ihr Personal, ihr Programm, die Gesetzgebung und den jährlichen Etat. Wie wird unter diesen Umständen die Staatsgewalt geteilt, die Macht begrenzt, die Regierung kontrolliert? Offensichtlich verläuft die Teilungslinie, wenn es sie gibt, nicht (mehr) zwischen der Regierung und „dem“ Parlament, welches nur mit Mehrheit beschließen kann und dessen Mehrheit seit der und durch die Bestellung der Regierung mit dieser zusammenwirkt. Das herkömmliche Konzept der Gewaltenteilung beruht darauf, dass die Regierung von anderswo kommt oder immer schon vorhanden ist: vom Monarchen oder von einem seinerseits vom Volk gewählten Präsidenten. Von daher stammt die Forderung, dieser Exekutive müssten die Hoheitsbefugnisse teilweise entwunden, mit „dem“ Parlament geteilt und zwischen erster und zweiter Gewalt eine „Machtbalance“ hergestellt werden. Deshalb gelten die USA noch immer als Hort eigentlicher und echter Gewaltenteilung, wenn auch das heute fast totale „party-voting“ im Kongress eine andere Sprache spricht. Im parlamentarischen System dagegen ist die Regierung „Fleisch vom Fleische des Parlaments“ (Radbruch). 2. Nicht selten wird gefolgert, damit sei die frühere Gegenmacht des Parlaments als Ganzem eben auf die Opposition übergegangen, ihr komme die höchstrangige Aufgabe der Überwachung und Kontrolle des Regierungshandelns nun alleine zu. Hier schwingt gelegentlich ein resignativer Unterton mit; schließlich könne die Opposition per definitionem ohne Mehrheitschance im Parlament nicht wirklich eingreifen, während die Mehrheit wegen politischer Identität mit ihrer Regierung kontrollunwillig sei. Die Gewaltenteilung werde überspielt in einer „Verfassungswirk-

Parlament und Regierung

41

lichkeit“, die zudem von der Übermacht der politischen Parteien bestimmt sei. Dem wird wiederum entgegengehalten, parlamentarische Kontrolle werde nicht nur von der Opposition, sondern – mit dem Ziel der Mitsteuerung und erfolgssichernden Korrektur – auch von der Parlamentsmehrheit ausgeübt. Auch unabhängig von mehrheitsabhängigen Befugnissen werde sie wirkungsvoll unterstützt durch andere, ihrerseits legitimierte Inhaber von potentieller Gegenmacht und Vetopositionen wie Bundesverfassungsgericht und Verwaltungsjustiz, Bundesrat, Ländern und Gemeinden, sowie durch Medien der öffentlichen Meinung nebst unzähligen Organisationen und Interessenten aller Art. III. Gewaltausübung Das ist alles nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Das liegt daran, dass die Diskussion über Gewaltenteilung seit langem diesen Ausdruck weiterverwendet, ohne einmal zu überprüfen, was da eigentlich geteilt, begrenzt und balanciert sein soll. Wie gewaltig sind die Gewalten, die „gesetzgebende“ und die „vollziehende“? Wie „gewaltunterworfen“ sind die Bürger heute, wie stellen sich die „Gewaltverhältnisse“ dar? „Doch ein Begriff muss bei dem Worte sein“, wie der Schüler gegenüber Mephisto beharrt. Beim Wort „Gewaltenteilung“ ist er nur noch schwer zu finden. Er kann aber nach dem Inhalt dessen aktualisiert werden, was die „besonderen Organe“ des Artikels 20 Abs. 2 GG konkret tun, und daraus kann sich ergeben, was da inwieweit geteilt ist, zu welchem Zweck und mit welchen Folgen. 1. „Den“ Gesetzgeber, der die Gesetze „gibt“, gibt es nicht (sprachlich verweist das „Geben“ auf das 19. Jahrhundert, der Monarch gibt etwas, von oben herab, z. B. „eine Konstitution“, der Untertan nimmt es entgegen). Zwar spricht Art. 20 Abs. 2 GG von der „Gesetzgebung“, die – wie die anderen Teilgewalten – durch „besondere Organe“ ausgeübt wird. Daraus ergibt sich jedoch nicht, spätestens im parlamentarischen Regierungssystem nicht mehr, dass das Parlament der singuläre „Gesetzgeber“ ist. Der Bundestag beschließt die Gesetze, wie es in Art. 77 Abs. 1 GG korrekt heißt. Damit ist von Verfassungs wegen nicht zugleich vorgeschrieben, dass er ihren Inhalt plant, erdenkt und entwirft. Tatsächlich tut er das auch nicht, oder nur in geringem Maße. Die Gesetzentwürfe werden ihm von der Regierung vorgelegt: Über zwei Drittel der Vorlagen, an denen er arbeitet, stammen von der Regierung, und über 90 Prozent derjenigen, die er am Ende beschließt. Gesetzentwürfe „aus der Mitte des Bundestages“ (Art. 76 Abs. 1 GG) kommen vor, entweder als paragraphenförmige Alternativprogramme oder Änderungsanträge von Oppositionsfraktionen zu bestimmten Regierungsvorlagen, oder ausnahmsweise als Vorlagen der Mehrheitsfraktionen, wenn der zeitraubende Weg des ersten Durchgangs einer Regierungsvorlage beim Bundesrat eingespart werden soll (Art. 76 Abs. 2 GG). Solche Vorlagen von Koalitionsabgeordneten werden angenommen, zumal die Entwurfsarbeit meist seitens der Regierung erledigt wird, die Oppositionsvorlagen in aller Regel nicht.

42

Wolfgang Zeh

2. Der Inhalt der vom Bundestag beschlossenen Gesetze wird also weit überwiegend von der Regierung erarbeitet und „vorgelegt“. Das wird teilweise beklagt auf Grundlage einer überkommenen Vorstellung von parlamentarischer Repräsentation. Danach wäre es Sache der „Volksvertreter“ selbst, den Inhalt der Gesetze zu entwickeln, die „Initiative“ zu ergreifen und schließlich um die Beschlussmehrheit zu ringen. Dass sie das nicht können und auch früher nie gekonnt haben, spielt keine Rolle. Das Ölgemälde von den deliberierenden Volksvertretern ist einfach schön, oder schön einfach. Es kommt gerade in einer i-Pad-Version auf den Markt, als „liquid democracy“. In Wahrheit haben die Parlamentarier schon im Reichstag dessen immer wieder einmal gefeierte Kodifikationen – BGB, HGB, StGB, Sozialgesetze – nicht selbst entworfen, sondern natürlich von Sachverständigenkommissionen vorbereiten lassen. Nur heute soll, folgt man z. B. einem ehemaligen Bundespräsidenten und einem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, die Arbeit von EnqueteKommissionen, Sachverständigenräten und Gutachtern eine verfassungswidrige Entmachtung des Parlaments und einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung oder -balance anzeigen. In Wahrheit ist seit der Geltung des Grundgesetzes von einem erweiterten Begriff der Repräsentation auszugehen: Die von der Parlamentsmehrheit hervorgebrachte Regierung ist Teil der Volksvertretung, indem sie den in allgemeinen Wahlen mehrheitlich ausgedrückten Willen des Volkes widerspiegelt. Sie ist ihrerseits mittelbar vom Volk gewählt, das übrigens mit eben dieser Vorstellung auch wählt. 3. Ist also nunmehr die Regierung der wirkliche Gesetzgeber? Das auch nicht. Was sie dem Bundestag vorlegt, hat auch sie nicht erfunden und sich ausgedacht. Es ist vielmehr die Konkretisierung von Vorhaben, die aus dem Regierungsprogramm am Beginn der Wahlperiode stammen. Das ist heutzutage eine ausführliche Aufzählung und Begründung von Regelungsabsichten in recht detaillierter Form. Sie stellt ihrerseits eine Weiterentwicklung dessen dar, was im Koalitionsvertrag aus den bereits im Wahlkampf vorgestellten Programmen der Parteien übernommen wurde, deren Fraktionen nun die Mehrheit im Bundestag bilden. Diesem Koalitionsprogramm hat der Bundestag zugestimmt, indem er den Bundeskanzler wählte. Es handelt sich um eine Liste von Vorhaben, welche die Parlamentsmehrheit und die von ihr installierte Regierung als gemeinsames Projekt verwirklichen wollen, vor allem im Wege der Gesetzgebung, wie das die Verfassung bei allen „wesentlichen“ Regelungen befiehlt. Dieses gemeinsame Startprogramm beruht also auf Entscheidungen, an denen die Abgeordneten von Anfang an und in mehreren Stationen politisch-inhaltlich beteiligt sind. Diejenigen der Mehrheit haben sich für die betreffenden Optionen entschieden und argumentieren für sie. Diejenigen der Opposition haben sich gegen sie entschieden und argumentieren gegen sie. Der Diskurs findet statt, und zwar permanent. Er beginnt nicht erst in der Plenarversammlung und auch nicht zum ersten Mal in den Ausschüssen des Parlaments. In der Plenarversammlung endet er mit dem jeweiligen

Parlament und Regierung

43

Beschluss, dem eine nochmalige zusammenfassende Begründung des von weither kommenden Entscheidungsprozesses vorangeht, wie das 1871 schon und sogar Heinrich v. Treitschke, wahrhaftig kein Freund des Parlamentarismus, erfasst hatte: Die Verhandlungen des Plenums „sollen das Haus vor der öffentlichen Meinung rechtfertigen, ihr den dialektischen Proceß erklären, der die Beschlüsse des Parlaments entschieden hat …“. Das Startprogramm muss im weiteren Verlauf der Wahlperiode angepasst werden an veränderte Bedingungen, neue Anforderungen und auftretende Schwierigkeiten. Daran wird in Koalitionsgesprächen gearbeitet. An ihnen nehmen auch die wichtigsten Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen teil. Was sie dort mitentscheiden, müssen sie vor ihren Fraktionen rechtfertigen. Das gilt ebenso für den Regierungschef und die je zuständigen Minister, deren Anwesenheit dort gefordert ist. Sie erfahren dabei, was geht und was nicht. Von Adenauer stammt das Wort, die wöchentliche Sitzung seiner Fraktion sei für ihn immer „das Fegefeuer“ gewesen. 4. Ist es also doch so, dass das Parlament über den Inhalt der Gesetze zumindest auch entscheidet, nicht nur sie beschließt, weil die Regierungsentwürfe gleichsam im Auftrag des Parlaments – seiner Mehrheit – vorgelegt werden, als Umsetzung der gemeinsamen Programmatik? Aber erweist sich damit nicht, dass diese Umsetzung nur als Vollzug der letztlich von den jeweiligen Mehrheitsparteien stammenden Vorentscheidungen gelten kann? Auch das trifft es nicht ganz. Um hier genau zu sortieren, müssen die eigentlichen Impulse zur Gesetzgebung einbezogen werden. Der vorhandene oder erkannte Bedarf an gesetzlichen Regelungen wird nämlich nicht in erster Linie auf der Ebene des Staates und nicht von den staatlichen Akteuren der Gesetzgebung erzeugt. Der Regelungsbedarf wird vor allem in der Gesellschaft selbst hervorgebracht und aus ihr heraus artikuliert. Dabei spielen die Massenmedien, heute ergänzt von den elektronischen, eine entscheidende Rolle, nicht etwa nur der Vermittlung, sondern auch der Erzeugung. Kein Tag vergeht, an dem nicht „der Gesetzgeber gefordert“ ist, um unerhörten Missständen ein Ende zu bereiten. Wo und wodurch all die Missstände entstehen, ist unterschiedlich. Vorhandene Gesetze werden unterschiedlich vollzogen, führen zu gegensätzlichen Gerichtsurteilen oder werden vom Verfassungsgericht aufgehoben; Richtlinien der EU verlangen Gesetze zur innerstaatlichen Umsetzung; Interessengruppen beklagen die Benachteiligung ihrer Klientel; fachwissenschaftliche Untersuchungen offenbaren unhaltbare Zustände und überfällige Maßnahmen der Besserung; Behörden der Länder und Gemeinden wünschen sich endlich vernünftigere Vorgaben und mehr Geld; Rundfunkmagazine und Zeitungsartikel führen uns traurige Einzelschicksale vor Augen und setzen sich für Abhilfe ein („BILD kämpft für Sie!“); bei Demonstrationen werden Plakate hochgehalten und Forderungen skandiert; Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verweisen auf ihre weltumspannenden Erfahrungen und die fortschrittlichen Lösungen, die man in anderen Ländern gefunden hat. Immer gilt: „Die Politik“ muss „endlich handeln“,

44

Wolfgang Zeh

was in der Regel darauf hinausläuft, dass eine gewünschte Regelung erlassen werden soll. Zusammengenommen handelt es sich um den Kampf der Interessen und Vorstellungen, die unter den Voraussetzungen von Freiheit und Pluralismus aus der organisatorisch tief gegliederten Gesellschaft an den Staat herangetragen werden. Die politischen Parteien haben dabei keine inhaltlich führende Rolle, sondern die der Aufnahme, Verarbeitung, Bündelung und Zuspitzung, entlang den Linien ihrer programmatischen Positionen. Auch sie sind weit davon entfernt, der Gesellschaft – und auf diesem Umweg der Gesetzgebung – Bedürfnisse und Interessen oktroyieren zu können. Was in ihre Auseinandersetzungen, Parteitagsbeschlüsse und Wahlprogramme eingeht, ist weithin orientiert an dem Profil dessen, was in der gesellschaftlichen Interessenartikulation dominiert. 5. Auch in den Parteien nebst ihren Parlamentsfraktionen findet sich daher nicht der originale materielle Gesetzgeber hinter den Koalitionsverträgen, Regierungserklärungen und Gesetzgebungsprogrammen. Sie liefern nur ein von ihnen verarbeitetes und freilich auch mitgestaltetes Produkt von anderswoher kommenden Impulsen. Ist dann vielleicht die „Lobby“ der heimliche und wahre Gesetzgeber, der Einfluss der Interessengruppen, Firmen, Verbände und von ihnen finanzierten Heerscharen von Sachverständigen, Fachpublizisten, Beratungsagenturen, Stiftungen und so fort? Aber auch sie leisten nur Teilbeiträge, auch sie sind zwar querschnittsartig überall zu finden, wie die Parteien, wie die Medien und wie die allgegenwärtigen „Experten“, aber sie können die Willensbildungsschritte nicht selbständig steuern, an deren Ende ein Gesetz steht. Skandalisierte Einzelfälle von Gesetzentwürfen aus der Hand einer Anwaltsfirma oder eines Verbandes bestätigen nur die Regel. Es führt nichts an der Erkenntnis vorbei, dass der Normsetzungsprozess ein außerordentlich komplexes Gebilde mit einer sogar im Einzelfall kaum überschaubaren Zahl von Beteiligten und ihren Beiträgen ist – und diese Beiträge sind in ihrer gegenseitigen Bedingtheit, Beeinflussung und Wechselwirkung höchstens rudimentär zu erfassen. IV. Gewaltverschiebung 1. Was bleibt nach alledem substanziell für die „gesetzgebende Gewalt“ als staatliche Hoheitsbefugnis? Zunächst einmal das Eingeständnis, dass sie weit von einer autonomen Gestaltungsmacht über die Gesetzesmaterien entfernt ist. Das gilt umso mehr, wenn man sie vornehmlich im Bundestag verkörpert sieht. Die Redeweise vom „motorisierten Gesetzgeber“ und seiner „Regelungswut“ geht weit an der Realität vorbei. Der Bundestag treibt in der Normenproduktion nicht an, sondern ist der Getriebene. Angesichts der skizzierten Umstände wäre es nicht nur aussichtslos und vermessen, wollten die Abgeordneten sich von diesen Bedingungen befreien und ein von ihnen eigenständig entworfenes und ausgearbeitetes Gesetzesprogramm verabschieden. Genau besehen wären sie dazu nicht einmal befugt.

Parlament und Regierung

45

Die Parteien, denen sie angehören und zu deren Programmatik sie sich mit dem Zusammenschluss zu entsprechenden Fraktionen bekennen, sind nämlich nicht in der Erwartung gewählt, dass die Abgeordneten sich alsbald von den Wahlaussagen verabschieden und neue Regelungen ersinnen, für die sie dann im Wege gegenseitiger Überzeugung um wechselnde Mehrheiten ringen. Vielmehr stehen hinter dem Wahlergebnis Erwartungen dahin, dass angekündigte Gestaltungs- und Regelungsabsichten im Laufe der Wahlperiode verwirklicht werden oder dass das jedenfalls versucht wird. Entsprechendes gilt für oppositionelle Positionen, deren weitere Vertretung in der parlamentarischen Auseinandersetzung ebenfalls vorausgesetzt wird. Im allgemeinen Polittalk heißt das „Versprechungen“, die gehalten werden müssen. Wo das nicht gelingt, haben wir es mit „Wählertäuschung“ nebst „Rentenlüge“, „Steuerlüge“, „Umweltlüge“, „Bildungslüge“ usw. zu tun und müssen sehr politikverdrossen sein. 2. Was das Parlament tun kann und tut, lässt sich vielleicht mit naturwissenschaftlichen Metaphern anschaulicher darstellen. Das Bild vom Parlament als „Transmissionsriemen“ zwischen gesellschaftlicher und staatlicher Willensbildung ist ja in der Fachdiskussion etabliert. Jenseits der Welt des frühen Maschinenbaus wird das Bild womöglich noch treffender. Der Bundestag kann gleichsam wie ein Labor gesehen werden, in dem die zahllosen um einander kreisenden, einander abstoßenden und anziehenden Teilchen und Konglomerate der politischen Interessenartikulation zu einer endgültigen Reaktion gebracht werden, die einen neuen, festeren Aggregatzustand herstellt. Einige der Ingredienzien sind in mehrstufigen Filtern hängengeblieben, andere haben sich gegenseitig neutralisiert, andere sich verbunden zu energiereichen Substanzen. Wie die Mischung der Elemente zustande kommt, prägt Erscheinungsbild und Bindungskraft des Gesetzes. Dem Bundestag bleibt ja unter allen Umständen der Gesetzesbeschluss. Den kann ihm niemand abnehmen, keine Talkshow, kein kraftvoller Kommentar, keine Kommission und keine NGO. Es will ihm auch niemand diesen Beschluss abnehmen, übrigens selten genug auch nur mittragen. Denn er umfasst eine Verantwortung, welche die vielen anderen Akteure nicht tragen und nicht tragen dürfen. Sie ist das Alleinstellungsmerkmal des Parlaments. Sie wird konkret geltend gemacht in den fortdauernden politischen Auseinandersetzungen, in der öffentlichen Kritik und bei den jeweils nächsten Wahlen. Der Bundestag – seine Mehrheit und insbesondere deren Abgeordnete – haben nicht nur dafür geradezustehen, ob ein Gesetz als gut oder schlecht empfunden wird, ob es normierte Ziele erreicht oder nicht, sondern für mehr: Weil (in der Regel) die beschließende Mehrheit eben jene ist, die auch den Regierungschef gewählt hat, die Regierung vertritt und mitsteuernd kontrolliert, trägt der Bundestag über das einzelne Gesetz hinaus die Verantwortung dafür, wie das Land regiert wird. Nur die Abgeordneten sind für den Bürger direkt erreichbar in allgemeinen Wahlen, nur über sie legitimiert sich die Regierung. Deshalb haften die Abgeordneten für Erfolg und Misserfolg, unabhängig davon, was sie als Einzelne beigetragen haben.

46

Wolfgang Zeh

3. Nachdem Politik wesentlich mit Gesetzen gemacht wird und Gesetze aggregierte Politik darstellen, arbeitet der Bundestag vor allem an jenen Filtern und Reaktionsprozessen, welche über ihre Akzeptanz mitbestimmen. Er kann die Vorlagen der Regierung nicht einfach mehrheitlich „absegnen“, wie manchmal behauptet wird. Vielmehr prüfen die Bundestagsausschüsse die Vorlagen auf ihre politische und gesellschaftliche Verträglichkeit und bringen Änderungen an. Nach dem „Struck’schen Gesetz“ verlässt kein Entwurf den Ausschuss so, wie er hineingegeben worden ist. Hinter diesem Bonmot des damaligen Fraktionsvorsitzenden der SPD steht eine Untersuchung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, der zufolge zwei Drittel der Gesetzentwürfe in den Ausschüssen geändert werden, und zwar von der Regierungsmehrheit, die sich ja in der Ausschussbesetzung widerspiegelt. Die typische Ausschussempfehlung für die abschließende Beratung im Plenum enthält eine Gegenüberstellung des ursprünglichen Entwurfstextes und der vom Ausschuss beschlossenen Fassung, und nur noch die letztere wird jetzt zugrundegelegt. Noch vor den Ausschüssen haben die Fraktionen in eigenen Arbeitskreisen über die Vorlage beraten; in denen der Koalitionsfraktionen werden die Vorstellungen der Regierung hinterfragt und die zuständigen Minister nicht selten scharf kritisiert. Bei alledem geht es nicht um ein besseres Fachwissen der Parlamentarier, sondern um die politische Abstimmung, Kompromissbildung und Balance aus der parlamentarischrepräsentativen Sicht. Der Bundestag bildet insgesamt den Resonanzboden des gesamtgesellschaftlich Verträglichen. Nur er kann eine pluralistische, in Werten, Wünschen und Erwartungen widersprüchliche Gesellschaft mit der staatlichen Willensbildung in wenigstens grundsätzlicher Übereinstimmung halten – und vor allem im friedlichen Verkehr mit sich selbst. Der größte Vorzug der parlamentarischen Demokratie ist nicht allein, dass man eine legitime Regierung hat, sondern dass man sie auch wieder loswerden kann „ohne dass ein Schuss fällt“ (Karl Popper). Insgesamt erweist sich, dass für die verfassungssystematische Verortung von Parlament und Regierung nicht mehr der Begriff der Gewaltenteilung maßgeblich ist. Auch der einer Funktionenteilung beschreibt ihr Verhältnis nicht umfassend, sondern nur hinsichtlich bestimmter formeller Kompetenzen innerhalb der Verfahrensordnungen (vor allem Grundgesetz sowie GOBT und GGO II BReg). Herstellung und Anwendung rationaler und zugleich hinnehmbarer Regelungen für die gesamte Gesellschaft sind unendlich viel differenzierter geworden als in der Zeit, da eine „gesetzgebende“ und eine „vollziehende“ Gewalt getrennten Staatsorganen zugeordnet werden konnte. Den aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten entspricht nunmehr das parlamentarische Regierungssystem, in dem Parlament und Regierung gemeinsam mit verteilten Rollen, aber mit jeweils übereinstimmendem Auftrag den Souverän repräsentieren.

Regierung und Parlament – fünfzehn Thesen* Göttrik Wewer 1. Deutschland hat, wie Winfried Steffani immer betont hat, ein parlamentarisches Regierungssystem. Regierung und Parlament stehen sich nicht als Ganzes gegenüber, sondern die Regierung wird von der Mehrheit im Parlament getragen. Verliert die Regierung ihre Mehrheit, sind Neuwahlen über kurz oder lang unausweichlich. Minderheitsregierungen hat es in der Bundesrepublik Deutschland relativ selten gegeben und sie haben meist nicht lange funktioniert (wie in Sachsen-Anhalt). Wer sich im Parlament „tolerieren“ lassen muss, ist leicht erpressbar und stellt keine kraftvolle Regierung dar. Als Experiment für eine begrenzte Zeit, um einen unvollendeten Machtwechsel dann mit Neuwahlen zu vollenden (siehe Nordrhein-Westfalen), kann das aber in bestimmten Situationen eine politische Option sein. Wer sich seiner Mehrheit nicht mehr sicher ist, kann die Vertrauensfrage stellen; wer eine neue Mehrheit zu haben glaubt, kann ein konstruktives Misstrauensvotum versuchen. 2. Dass die Mehrheit im Parlament die Regierung trägt, heißt nicht, dass das Verhältnis von Legislative und Exekutive spannungsfrei sein muss. Wenn es um die Rechte des Parlaments als solchem oder um die Rechte des einzelnen Abgeordneten geht, kann es sogar sein, dass sich alle Fraktionen in der Missbilligung der Regierung einig sind. Die Fraktionen, die die Regierung tragen, dürften das dann nur etwas moderater artikulieren. Abgeordnete, auch aus dem eigenen Lager, finden in solchen Fällen bisweilen deutliche Worte. Die Rollenwechsel zwischen Regierung und Opposition, mit dem Abgeordnete immer rechnen müssen, und das Selbstverständnis des Parlaments sorgen dafür, dass die Exekutive in der Regel nicht übertreibt. Eine kluge Regierung macht das ohnehin nicht. Besonders nervös werden Abgeordnete, wenn die Regierung mit ihrer Politik ihre Wiederwahlchancen zu beeinträchtigen droht. 3. Auch die Opposition hat gegenüber der Regierung gewisse Rechte. Das „Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition“ zählt das Bundesverfassungsgericht zu den grundlegenden Merkmalen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Änderungen der Verfassung und Abweichungen von der Geschäftsordnung oder von der Öffentlichkeit der Plenarberatungen sind nur mit hohen Quoren zulässig, für die auch die Opposition zustimmen muss. Sie kann in bestimmten Fällen gegen einen Beschluss des Bundestages in Karlsruhe vorstellig werden. Eine qualifizierte Minderheit (ein Viertel der Abgeordneten) hat das Recht, zwin* Die Vortragsform wurde beibehalten; deshalb wurden auch keine Literaturangaben beigefügt. Ich danke den Teilnehmern des Symposiums für wertvolle Anregungen und Hinweise.

48

Göttrik Wewer

gend einen Untersuchungsausschuss zu verlangen (Art. 44 GG). Allen Gruppierungen, die Fraktionsstärke erreichen (fünf Prozent der Mandate), stehen im parlamentarischen Verfahren eine Reihe wichtiger Rechte zu. Sie reichen von der Sitzverteilung in den Ausschüssen bis zum Verlangen nach namentlicher Abstimmung. Auch eine einseitige Information nur der eigenen Fraktion(en) durch die Regierung wäre nicht zulässig. Alle Abgeordneten haben die gleichen Rechte und Pflichten. Die eigenen Leute erwarten zwar, dass sie etwas früher und etwas besser informiert werden als die andere Seite, aber dabei muss man diskret vorgehen. Eine offenkundige Bevorzugung der eigenen Fraktion(en) durch die Regierung wäre problematisch. 4. Diese Rechte zu ignorieren, wäre nicht nur schlechter Stil, sondern auch unklug. Eine Opposition, die sich unfair behandelt fühlt, könnte sich im Ältestenrat beschweren, eine öffentliche Debatte darüber anzetteln und auch in Karlsruhe klagen. Und sie könnte versuchen, mit gleicher Münze zurückzuzahlen, also möglichst viel Sand ins parlamentarische Getriebe zu werfen. Eine kluge Regierung provoziert die Opposition nicht unnötig. Harter Schlagabtausch in der Sache ja, aber sich an die Spielregeln halten, also sich formal möglichst nicht angreifbar machen. Schon nach der nächsten Wahl kann man sich selbst in der Opposition befinden. 5. Die Koordination zwischen Regierung und der Mehrheit im Parlament findet auf vielen Ebenen statt: Bei Koalitionsrunden sind in der Regel nicht nur die Fraktions-, sondern auch die Parteivorsitzenden dabei; was beim Frühstück vor der Kabinettssitzung zwischen den Koalitionspartnern besprochen wird, erfahren natürlich auch die Fraktionsspitzen. Und das sind nur zwei Beispiele. Regieren ist permanente Koordination und Abstimmung untereinander (Hans Peter Bull). Regierungen sind keine homogenen Gebilde, sondern Zweckgemeinschaften auf Zeit, nicht nur in Koalitionen. Persönliche und politische Rivalitäten müssen so eingefangen werden, dass der Gesamteindruck, den die Regierung hinterlässt, positiv ist. 6. Was im Kabinett besprochen und entschieden werden soll, wissen in der Regel auch die Fraktionsvorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer. Sie sollen dafür sorgen, dass die Vorlagen der Regierung im Parlament eine Mehrheit finden; von ihnen wird erwartet, dass sie rechtzeitig Signal geben, wenn Widerstände in den eigenen Reihen die Mehrheit gefährden könnten. Das können sie nur tun, wenn sie die Vorlagen kennen, die auf das Parlament zukommen. Die Einbindung der Fraktionsführung kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Bei wichtigen Beratungen – beispielsweise Haushaltsaufstellung – sitzen die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen sogar mit am Kabinettstisch. 7. Die Tagesordnungen der Plenarsitzungen werden im Ältestenrat festgelegt. Als Gast kann daran ein Vertreter der Regierungszentrale teilnehmen, um das Prozedere zu vereinbaren. Er kann dabei aber nur Wünsche und Bitten äußern und ist auf das Wohlwollen der Parlamentarier angewiesen. In manchen Parlamenten folgt der Ältestenrat einer Bitte der Regierung, einen bestimmten Punkt nicht an einem bestimmten Tag im Plenum zu behandeln, zum Beispiel weil der zuständige Minister eine andere wichtige Verpflichtung hat (obwohl die Sitzungswochen im Kalender aus der

Regierung und Parlament – fünfzehn Thesen

49

Sicht des Parlaments praktisch „heilig“ sind). In anderen Parlamenten werden Minister ausdrücklich herbeizitiert, selbst wenn sie die Interessen ihres Landes gerade auf einer parallelen Ministerkonferenz vertreten. Die politische Kultur in Bund und Ländern kann, was derartige Absprachen zwischen Regierung und Parlament angeht, sehr unterschiedlich sein. 8. Die Ausschüsse des Parlaments werden vom zuständigen Minister bzw. dessen Staatssekretär(in) und deren Mitarbeitern aus der Verwaltung bedient. Hier steht die Exekutive der Legislative Rede und Antwort, hier berichtet sie über das, was sie tut, hier wirbt sie um Unterstützung, hier muss sie sich kritisieren lassen. Wenn sie nicht grobe Fehler macht, kann sie sich auf ihre Mehrheit verlassen. Unterschätzen darf man die Ausschüsse dennoch nicht. Wer als Vertreter der Regierung nicht gut vorbereitet ist, nicht nahezu alle Fragen sofort beantworten und die eigene Position nicht gut begründen kann – also keine gute Performance hinlegt –, macht einen schlechten Eindruck, der auf das politische Vorhaben abfärben kann. Das merken nicht nur die Presse und die Opposition, sondern auch die eigenen Leute. Wer Themen nicht beim ersten Auftritt „abräumt“, muss häufig nacharbeiten, wird also möglicherweise mehrfach vorgeladen. Dass sich Parlamentarier an einem Thema „festbeißen“, sollte man tunlichst vermeiden. Wenn man ausnahmsweise eine Frage nicht beantworten kann, dann sollte man das besser eingestehen und eine schriftliche Beantwortung anbieten, statt zu versuchen, mit Floskeln irgendwie über die Runden zu kommen. Die ehrliche Auskunft, eine bestimmte Frage jetzt nicht sofort beantworten zu können, ist im Zweifel besser als eine Antwort, die sich im Nachhinein als nicht ganz korrekt herausstellt. Aber nicht antworten zu können, sollte die absolute Ausnahme bleiben. 9. Manche Ausschüsse demonstrieren gerne ihre Macht, indem sie den Minister und seinen Tross mit ihren Aktenkoffern vor der Tür warten lassen. Besonders berüchtigt ist dafür der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Lerne Demut, ist die Botschaft: Wir sind es, die das Geld bewilligen, das du dann ausgeben darfst. Es ist nicht dein Geld, sondern dieses Geld ist vom Parlament bereitgestellt worden. Vergiss’ das nicht! Es kommt vor, dass man nach stundenlangem Warten in fünf Minuten abgefertigt wird. Wenn das Ergebnis stimmt, wird man das hinnehmen. Ändern kann man es ohnehin nicht, ändern könnte sich nur der Ausschuss. Der denkt aber gar nicht daran, sondern bittet vielleicht noch um eine kleine Spende des Ministers für die abendliche Ausschussfeier. Auch Untersuchungsausschüsse lassen (vor-)geladene Personen gerne lange warten, um sie vor der eigentlichen Befragung schon ein bisschen mürbe zu machen. 10. Dort, wo es Parlamentarische Staatssekretäre in den Ministerien gibt, übernehmen diese überwiegend die laufende Abstimmung mit den Fachsprechern der Fraktionen, den Vorsitzenden der Arbeitskreise und den Obleuten in den Ausschüssen. Ansonsten übernehmen das die beamteten Staatssekretäre, gelegentlich auch Abteilungsleiter. Manche Staatssekretäre kommen aus dem Parlament, andere aus der Verwaltung. Üblicherweise nehmen sie – wenn der Minister verhindert ist – an den Sit-

50

Göttrik Wewer

zungen „ihrer“ Fraktion teil, um bei Bedarf Auskünfte geben zu können und Vorhaben zu erläutern, aber auch, um Stimmungen aufzunehmen und Wünsche zu transportieren. In Bremen dürfen die beamteten Staatsräte selbst im Plenum der Bürgerschaft reden und nicht nur der Senator, in den meisten anderen Landtagen und im Deutschen Bundestag dürfen für die Regierung nur Minister oder Parlamentarische Staatssekretäre sprechen. Im Bundesrat dürfen notfalls auch beamtete Staatssekretäre die Bundesregierung zu bestimmten Tagesordnungspunkten vertreten. 11. Minister, Staatssekretär und die fachlich zuständigen Abgeordneten der eigenen Fraktion(en) sollen im Laufe der Legislaturperiode vertrauensvoll zusammenarbeiten. Meist gelingt das, manchmal nicht. Manche Abgeordneten haben andere Vorstellungen als die Regierung, wie ein Problem am besten zu lösen wäre; andere wären vielleicht selbst gern Minister. Die einen sind eher „Generalisten“, die sich im Wesentlichen auf die Regierung verlassen; die anderen möchten gerne bei jedem kleinen Detail mitreden. Ernst genommen und besonders „gepflegt“ werden wollen sie alle. Und ganz, ganz früh und umfassend informiert über alles, was die Regierung plant. Von ihr, also aus der Ministerialverwaltung, stammen die weitaus meisten Entwürfe, die im Parlament beraten werden. Um das Verfahren zu beschleunigen, können Gesetzentwürfe auch aus der Mitte des Parlaments eingebracht werden. Für die eigene(n) Fraktion(en) leistet die Regierung in diesen Fällen zumeist eine „Formulierungshilfe“, indem sie den Parlamentariern einen ausformulierten Entwurf überlässt. 12. Minister und Staatssekretär müssen ein Gespür dafür entwickeln, wem sie was wann sagen und wen sie frühzeitig ins Vertrauen ziehen können. Nicht wenige Parlamentarier geben das, was sie gerade erfahren haben, unter der Hand rasch an Journalisten weiter – nicht nur um zu zeigen, wie gut gerade sie informiert sind, sondern auch in der Hoffnung auf wohlwollende Behandlung in späteren Artikeln oder Sendungen. Politiker „dealen“ mit Informationen. Das ohnehin anspruchsvolle Regieren wird jedoch zusätzlich erschwert, wenn Überlegungen, die noch nicht endgültig mit dem Koalitionspartner oder im Kabinett abgestimmt sind, schon in der Zeitung stehen. Hin und wieder sind es auch andere Ressorts, die den Medien oder ihnen zugeneigten Abgeordneten vertrauliche Unterlagen zuspielen, um eigene Interessen über das Kabinett oder durch das Parlament durchzusetzen oder Vorhaben zu torpedieren. 13. Umgekehrt mögen es Parlamentarier nicht, wenn der Minister etwas öffentlich verkündet, das sie noch nicht kennen, oder wenn sie eine Regierungsvorlage, von der sie vorher noch nichts gehört haben, nur noch „abnicken“ sollen. Sie müssen nicht nur das, was die Regierung treibt, in ihrem Wahlkreis erklären können, sondern sie wollen auch Politik mitgestalten und nicht einfach durchwinken müssen, was die Regierung ihnen vorlegt. Im Zweifel gilt das „Struck’sche Gesetz“: Dass keine Vorlage das Parlament so verlässt, wie sie in das Parlament gekommen ist. Je weniger die Fachpolitiker in der Fraktion vorher eingebunden sind, desto eher droht die Gefahr, dass sie diese Formel mit Leben zu füllen trachten.

Regierung und Parlament – fünfzehn Thesen

51

14. Zwischen der Notwendigkeit, die Parlamentarier einzubinden, und dem Risiko, dass zu früh geredet wird, bewegt sich die Regierung auf einem schmalen Grat. Persönliches Vertrauen und eine realistische Einschätzung, was man wem in welcher Dosierung und zu welchem Zeitpunkt mitteilen kann, ohne Flurschäden anzurichten, helfen dabei, Tritt zu behalten. Abgeordnete, die als schwierig und eigenwillig gelten, müssen bisweilen besonders betreut werden. Ihnen zu vermitteln, dass sie wichtig sind, und ihnen den einen oder anderen Punkt zu gönnen, gehört auch zur Kunst des Regierens. 15. Das Parlament fühlt sich von der Regierung grundsätzlich unzureichend informiert. Dieses Gefühl lässt sich mildern, aber nicht beseitigen. Die Exekutive ist es, die Gesetzentwürfe, Berichte und sonstige Vorlagen schreibt; sie ist es, die agiert und entscheidet. Die Parlamentarier sollen die Regierung kontrollieren, also das, was sie macht, politisch bewerten, wollen aber auch inhaltlich mitreden und der Regierung die politische Richtung vorgeben. Deshalb wollen sie möglichst alles möglichst früh wissen. Eine zu breite Beteiligung birgt aber das Risiko, dass Vorhaben von Anfang an zerredet werden. Zudem ist es für den einzelnen Abgeordneten und auch für die Fraktionen schwer, alles im Blick zu behalten, was die „großen Walzen“ des Verwaltungsapparates (Andreas von Bülow) tagtäglich hervorbringen. Dieser Grundkonflikt ist nicht auflösbar. Die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland hat aber gezeigt, dass man mit diesem Konflikt durchaus leben kann.

Rollenkonflikte des Regierens1 Klaus König I. Referenzen Bei Gericht kann man beobachten, wie ein Geschäftsmann in einer für ihn aussichtslosen Streitsache Prozessverschleppung betreibt. Rollenkonform wird man erwarten, dass er während des Verfahrens auch bei Einrechnung dessen Kosten mehr Gewinn macht als nach dem Ende. Bei einer Podiumsdiskussion kann man hören, wie ein Mitglied des Europäischen Parlaments einen Bundesverfassungsrichter auffordert, die demokratische Qualität dieser Volksvertretung höher zu bewerten. Der Richter hält dem entgegen, dass es eben um Rechtsprechung gehe. Wir scheinen also in einer autopoietischen Welt der Selbstreferenzen zu leben: Dem Geschäftsmann geht es um Geld, dem Richter um Recht, dem Parlamentarier um Macht. Das Regieren entbehrt von vornherein des Scheines zirkulärer Selbstbezüglichkeit, obwohl zuweilen der Vorwurf der Abgehobenheit, des „Elfenbeinernen Turms“ erhoben wird. Die Regierung kommuniziert mit Macht, Recht, Geld und weiteren generalisierten Medien. Charakteristisch dafür ist der Kabinettsvermerk. In seinem Kern steht die sachpolitische Bewertung. Aber es geht auch um Macht: um parlamentarische Mehrheiten, die Haltung der Opposition, die Verhältnisse im Bundesrat usw. Die rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bewertung pflegt von hohem Niveau zu sein. Das ist in einer legalistischen Kultur strukturell gewährleistet, selbst wenn der zeichnende Beamte von Hause aus Altphilologe ist. Spätestens seit Ende der 1960er Jahre mit Keynesianismus und Globalsteuerung hat auch die volkswirtschaftliche Beurteilung einen guten Stand. Anders steht es wohl nach wie vor mit der betriebswirtschaftlichen Seite. Sonst wäre wohl ein Normenkontrollrat nicht nötig. Angesichts der Referenzen der Regierung im Verhältnis zum politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen System, kann man vermuten, dass auch die Regierenden neben ihrer Rolle als Regierungschef, Minister, Staatssekretär, leitender Beamter weitere Erwartungen zu erfüllen haben, und sei es auch nur in Nebenrollen. Anforderungen verschiedener Rollen an einen Akteur können zu Rollenkonflikten führen. Man kann bei den Superstrukturen des Regierungssystems anknüpfen, um solche Probleme zu identifizieren. 1 Literatur: H.-H. Hartwich/G. Wewer (Hrsg.), Regieren in der Bundesrepublik, Bd. I bis V, 1990 – 1993; W. Jann/K. König (Hrsg.), Regieren zu Beginn des 21. Jahrhunderts, 2008; K. König, Verwaltete Regierung, 2002.

54

Klaus König

II. Parteiendemokratie Deutschland nennt man eine Parteiendemokratie. Es sind die politischen Parteien, denen hier ein wesentlicher Einfluss auch auf die gouvernementale Willensbildungsund Entscheidungsprozesse zukommt. Exekutivpolitiker pflegen hohe parteipolitische Positionen einzunehmen. Dem Regierungschef wird empfohlen, auch Parteichef zu werden, wenn er es nicht schon ist. Kein Kanzler, Ministerpräsident, Minister kann erfüllen, was von ihm als Parteiführer erwartet wird. Dem steht schon der Umstand entgegen, dass in Deutschland Regierungen in der Regel Koalitionsregierungen sind. Überdies leuchtet der kalte Stern der Knappheit zu hell über den Regierungsgeschäften. Das ist der Großkonflikt zwischen beiden Rollen, der unterhalb der Schwelle von Sanktionen auszuhalten ist. Es gibt aber auch die vielen alltäglichen Kleinkonflikte, denen insbesondere der Regierungschef als Parteiführer ausgesetzt ist. Das beginnt mit der Örtlichkeit von Koalitionsgesprächen. Eine neue parteipolitische Mehrheit zieht Parteizentralen, Landesvertretungen, Kongresshotels in Betracht. Der in Wahlen bestätigte alte Regierungschef wird, obwohl Koalitionsverhandlungen als Parteigeschäft gelten, die Gespräche in der Regierungszentrale führen, in der ihm ein geeigneter Apparat zur Verfügung steht. Der Regierungs- und Parteichef wird Sitzungen des Parteipräsidiums in der Parteizentrale durchführen. Aber wegen kleiner Parteigeschäfte, etwa des Besuches eines befreundeten ausländischen Parteiführers ohne Regierungsamt, kann er schon aus Gründen des Zeitdrucks nicht jedes Mal den Ort wechseln. Steht ein Regierungschef zur Wiederwahl als Parteiführer an, muss er sich vor dem Parteikongress vor allem aus Regierungserfolgen legitimieren. Entsprechend wird seine Parteitagsrede sich auch aus sachpolitischen Beiträgen zusammensetzen. Diese kann keine Parteizentrale liefern. Die Regierungszentrale kommt ins Spiel. Den Linienbeamten, der sich nun für Parteigeschäfte in Anspruch genommen sieht, kann man darauf verweisen, dass sein Fachbeitrag sich daraus legitimiert, dass die Regierungsgeschäfte sich nun einmal auf Macht stützen und diese durch Parteien generiert wird. Anders ist es, wenn ein beamteter Redenschreiber den Entwurf einer Parteitagsrede anfertigt. So ließen sich auf der Seite der Exekutivpolitik wie der der Ministerialbürokratie viele alltägliche Rollenkonflikte der Parteiendemokratie bezeichnen. Alleine die Differenzierung zwischen A-Ländern und B-Ländern mit ihrer parteipolitischen Ausrichtung schlägt auf die Beamtenschaft durch. Man bewegt sich zumindest zunächst in einer Konfliktlage unterhalb der Schwelle von Sanktionen. Schaden für die Karriere nach Regierungswechsel lässt sich indessen nicht ausschließen. III. Gewaltenteilung Das Grundgesetz verteilt die staatliche Herrschaft auf verschiedene Organe. Gleichwohl pflegen Exekutivpolitiker – Regierungschefs, Minister, Parlamentarische Staatssekretäre – gleichzeitig Abgeordnete zu sein. Sie sind damit doppelten Rollenerwartungen ausgesetzt. Konflikte entstehen daraus aber nicht. Denn es be-

Rollenkonflikte des Regierens

55

steht heute eine komplexe Funktionsaufteilung und Funktionsverflechtung der Staatsleitung, in der die Regierung und die sie tragenden Fraktionen auf der einen Seite, die Opposition auf der anderen Seite einander gegenüberstehen. Charakteristisch sind Regeln in Koalitionsverträgen, in denen nicht nur Kabinettsmitglieder, sondern auch Parlamentsmitglieder der Regierungsfraktion auf eine Linie des Abstimmungsverhaltens gebracht werden. Bemerkenswert ist, dass Entscheidungen in Fragen des Gewissens den Abgeordneten freigestellt werden. IV. Legalistische Kultur Deutschland ist von einer legalistischen Kultur geprägt, die auch das Politische durchdringt. Institutionell wird das durch eine Verfassungslehre verfestigt, wonach wesentliche staatliche Maßnahmen von der Exekutive nicht aus eigener Machtvollkommenheit ins Werk gesetzt werden dürfen, sondern einer vom Parlament zu beschließenden gesetzlichen Grundlage bedürfen. Damit sind Demokratie und Volksvertretung gemeint. Da aber Gesetze den Zugriff von Gerichten und anderen Instanzen der Rechtspflege erleichtern, kommt es zu einer starken Juridifizierung öffentlicher Angelegenheiten. Der als Jurist sozialisierte Politiker wird so als Kabinettsmitglied interessant. Wird er Verteidigungsminister, zählt zu den einschlägigen Rollenerwartungen, dass er jenseits der Rhetorik des Meinungsdenkens das Management einer Großorganisation beherrscht. Wird er Justizminister, kann er in Rollenkonflikte geraten. Er kann sich über das erlernte juristische Denken hinwegsetzen und das Recht politisch instrumentalisieren. Man kann aber auch Justizminister beobachten, bei denen Rechtsbedenken ständig mitschwingen. Es zeigt sich ein Intra-Rollenkonflikt, also nicht ein Rollenkonflikt zwischen zwei Rollen – Inter-Rollenkonflikt –, sondern im Spannungsfeld einer Rolle, hier also zwischen Recht und Politik. Wird der juristische Rat eher zurückhaltend zur Geltung gebracht, wird man im Kabinett zur politischen Tagesordnung übergehen. V. Wohlfahrtsstaatlicher Kapitalismus Deutschland ist ein Land des wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus, formuliert als Sozialstaat und soziale Marktwirtschaft. Kapitalisten sieht man aber kaum in Regierungsämtern. Wirtschaftsführer, Unternehmer oder Manager, streben nicht in solche Funktionen. Sie müssten auch hier bei jedem Interessen- und Rollenkonflikt mit Skandalisierung rechnen. Man muss also den Blick ins Ausland richten, und hier liefern die USA gleichsam Schulbeispiele. Kapitalisten bringen es dort in höchste Staatsämter. Und viele meinen, dass der Markt per se die höhere Problemlösungskapazität habe als der Staat. So gehören zur Regierung die am Markt Erfolgreichen. Gewisse Trennungsregeln, dann aber Ideologien räumen Rollenkonflikte scheinbar aus, selbst wenn es der Manager einer Großbank zum Finanzminister bringt.

56

Klaus König

VI. Verbändestaat Die Bundesrepublik nennt man einen Verbändestaat, also einen Staat, in dem organisierte Interessen eine so starke Stellung in der Politik, in Wirtschaft und Gesellschaft einnehmen, dass sie ein essentieller Partner des Regierens sind. Wie weit der Einfluss der Verbände überschätzt, die Macht der Regierung unterschätzt wird, mag dahinstehen. Jedenfalls ist die Aufgabenpolitik in Deutschland vielfach durch Sonderinteressen fragmentiert. Das lässt nach der Rolle von Verbandsfunktionären und -mitgliedern in der Regierung fragen. Anschauungsfälle betreffen insbesondere Gewerkschaftsführer, aber etwa auch Landwirtschaftsfunktionäre. Als Exekutivpolitiker gibt man Leitungsfunktionen in Verbänden auf, aber man bleibt Mitglied. Diese bestehende Doppelmitgliedschaft kann zu einem Inter-Rollenkonflikt führen, etwa wenn der Landwirtschaftsminister aus seinem Verband zu mehr Interessenwahrnehmung aufgefordert wird. Man wird aber auch Intra-Rollenkonflikte vermerken, wenn der Arbeitsminister nach einer langen Gewerkschaftskarriere es zu einer exekutivpolitischen Position gebracht hat. Anzumerken bleibt, dass es auch auf der Arbeitsebene entsprechende Rollenkonflikte geben kann, wenn nämlich Akteure aus der Verbandsbürokratie in die Ministerialbürokratie wechseln. VII. Mediengesellschaft Regieren in Deutschland ist Regieren in einer Mediengesellschaft, also einer Gesellschaft, die in ihren Verhaltensweisen in Inhalt und Form stark von Massenmedien geprägt ist. Presse- und Medienarbeit sind eine wichtige Regierungsfunktion und organisatorisch formal oder informal an die Regierungsspitze angebunden. Eine herausragende Stellung nehmen Regierungssprecher ein, vor allem der der Gesamtregierung. Zwei Rollenerwartungen geraten in einen Widerstreit, die der Loyalität gegenüber der Regierung und die der Professionalität gegenüber dem Journalismus. Insbesondere in Großbritannien hat man es mit unterschiedlichen personellen Qualitäten versucht. Mit der Möglichkeit, Außenseiter als Special Advisors zu rekrutieren, öffnete sich der Weg, Positionen in der Regierungskommunikation mit Personen zu besetzen, die über mediale Professionalität verfügen. So wurde etwa ein Außenseiter Pressesprecher der Regierung, der sein Amt nicht als neutraler Beamter, sondern als parteipolitisch orientierter Sonderberater betrieb. Das diente dem gouvernementalen Ansehen nicht. Ein Beamter wurde zum Regierungssprecher berufen. An seiner Loyalität gegenüber der Regierung war nicht zu zweifeln. Jedoch war sein kommunikatives Verhalten gegenüber den Medien zu zurückhaltend. Damit ist der Intra-Rollenkonflikt des Pressesprechers der Regierung bezeichnet. Vom Regierungssprecher wird ein hohes Maß der Identifikation mit Regierungschef und Regierung verlangt. Auf der anderen Seite müssen ihn Journalisten annehmen. Solidarität können sie nicht von ihm verlangen. Denn er steht auf der Seite der Regierung. Aber auf ihre Akzeptanz ist er angewiesen, will er für die Regierung nützlich

Rollenkonflikte des Regierens

57

sein. Zugleich besteht ein hohes Sanktionspotential bei der Enttäuschung von Rollenerwartungen. Das Wohlwollen der Medien ist schnell verloren. Und der Status eines politischen Beamten ermöglicht es, schnelle Abschiede von Regierungsgeschäften einzuleiten. Wenn Exekutivpolitiker ihre auf Machtgenerierung ausgerichtete Rolle wahrnehmen, versuchen sie, die Medien zu Diensten der Politik zu nutzen. Der Titel eines „Medienkanzlers“ bedeutet nicht, dass sich der Regierungschef in eine spezifische journalistische Rolle begeben hat, sondern dass es ihm gelungen ist, sich ein Wohlwollen der Medien zu Nutze zu machen. Anders ist es, wenn ein Exekutivpolitiker beginnt, sich etwa mit der Boulevardpresse zu identifizieren, sich jenseits der Tagespolitik zum Medienereignis zu stilisieren und gleichsam ein Doppelleben zwischen Gouvernative und Medien zu führen. Dann kann der Eindruck entstehen, dass es die medialen Rollenerwartungen sind, die ihm vorschreiben, was er als Minister zu tun hat. Die Politik hat dem oft wenig entgegenzusetzen, da sie vermutet, dass der mediale Erfolg auch Wählerstimmen bringt. Anders liegt es bei den Massenmedien selbst. Insbesondere bei der Wechselhaftigkeit des Boulevards kann man damit rechnen, dass mediale Fahrstühle nach oben wie nach unten transportieren. VIII. Verwaltungsstaat Deutschland ist ein Verwaltungsstaat mit einem modernen Verwaltungsapparat und einer umfassenden Daseinsvorsorge für Bürger und Gesellschaft. Die Ministerialbürokratie als der Exekutivpolitik nächster Dienst ist Bestand des Verwaltungsstaates. Im Falle der Bundesrepublik stehen einige Dutzende von Exekutivpolitikern – Regierungschef, Minister, Parlamentarische Staatssekretäre – Tausenden von Mitarbeitern der Ministerialverwaltung gegenüber. Eine schmale Schicht von politischen Beamten – Staatssekretäre und Ministerialdirektoren – nehmen die Scharnierfunktion zwischen Exekutivpolitik und Linienbeamtentum wahr. Anders als in den USA mit ihren mehreren Tausend „political appointees“, die bis zu sieben Schichten die Ministerialbürokratie überlappen, arbeitet die politische Spitze des Ministeriums unmittelbar mit einem Beamtenapparat zusammen. Als Ergebnis spricht die Regierungslehre von der „Staatsaffinität der Exekutivpolitik der Bundesrepublik“, „von der Bedeutung der Bürokratie als Sozialisationsfeld“. Die Vertretungsregeln verdeutlichen die Rollen des Ministers. Im Kabinett kann ein Bundesminister nur durch einen anderen Bundesminister vertreten werden. Seine Rolle ist politisch definiert. Im Ressort wird der Minister durch seinen beamteten Staatssekretär vertreten. Diese Rolle ist mithin politisch-administrativ bestimmt. Der Minister ist Exekutivpolitiker und Amtschef im Ressort. Zwei Anschauungsfälle mögen die hieraus resultierenden Rollenerwartungen und Rollenkonflikte verdeutlichen. In dem einen Falle geht es um einen Finanzminister, der die Angewohnheit hatte, im Kabinett seine Bemerkungen zu einem Regierungs-

58

Klaus König

vorhaben mit den Worten einzuleiten: „Die Herren meines Hauses sagen mir …“. Mit den Herren waren die leitenden Beamten des Finanzministeriums gemeint, aber eben Beamte. Das Kabinett ist indessen der genuine Ort des politischen Wortes und der politischen Entscheidung. Für Beamtenmeinungen ist hier kein Platz. Auch die sachkundigen Abteilungsleiter des Bundeskanzleramtes, die im Kabinett zugegen sind, haben auf jeden Fall zu schweigen. Die genannte Einleitungsfloskel ist also im Kabinett deplatziert, irritiert insbesondere den Regierungschef. Freilich muss ein etablierter Finanzminister noch am wenigsten mit Sanktionen für enttäuschte Rollenerwartungen rechnen. Der andere Fall betrifft einen Innenminister, der als gelernter liberaler Rechtsphilosoph nur begrenzte Staatsaffinität zeigte und schon gar nicht disponiert war, die Bürokratie als ein Sozialisationsfeld zu akzeptieren. Das Ministerium betrachtete er nicht als sein Haus, wohl eher als eine gegnerische Festung. Er selbst umgab sich mit einer Schar junger Mitarbeiter nach Art klassischer Assistenz und richtete seine Räume mit Büchern wie eine Seminarbibliothek ein. Die Ironie wollte es, dass die Regierung von ihm ein Programm zur Beamtenrechtsreform erwartete. Einschlägige Entwürfe seiner Dienstrechtsabteilung hatte er schon mehr als ein Dutzend Mal zurückgeschickt. Am Vorabend eines Beamtenkongresses traf er den Professor, der es unternommen hatte, ihn in Fragen des Öffentlichen Dienstes zu beraten. Er gab diesem Berater zwei Redemanuskripte mit der Bemerkung, die Entwürfe seien von den Beamten des Ministeriums verfasst, wobei der eine für den Beamtenkongress, der andere für einen Vortrag bestimmt sei, den er anschließend vor Hörern der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer halten wollte. Der Minister bat den Professor um eine Bewertung. Dieser war von beiden Redeentwürfen beeindruckt. Der eine Entwurf traf affirmativ die Erwartungen der Beamten in den 1970er Jahren und sicherte Beifall, selbst wenn kein bestimmtes Versprechen zur Besoldungserhöhung erfolgen sollte. Der andere Entwurf war progressiv gehalten und traf die Zukunftserwartungen, die Referendare damals hatten, wenn sie in den Öffentlichen Dienst strebten. Trotz entsprechender wissenschaftlicher Bewertung erklärte der Minister, dass er den Speyerer Vortrag auch auf dem Beamtenkongress halten wolle. So geschah es mit den absehbaren Folgen. Groß war die Enttäuschung im Innenministerium selbst. Aus der Dienstrechtsreform ist nichts geworden. IX. Wissenschaftliche Zivilisation Regieren in Deutschland ist Regieren in einer wissenschaftlichen Zivilisation. Dazu gehört, dass Exekutivpolitiker oft und leitende Beamte prinzipiell ein wissenschaftliches Studium absolviert haben. Entsprechend trifft man Absolventen der Speyerer Aus- und Weiterbildung in Positionen der Exekutivpolitik wie der Ministerialverwaltung. Hinzu kommt die wissenschaftliche Beratung. Wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule und des Forschungsinstituts haben es bis zu Spitzenrän-

Rollenkonflikte des Regierens

59

gen in Bundes- und Landesministerien gebracht. Die Professorenschaft kann auf den exzeptionellen Fall eines Bundespräsidenten verweisen. Aber Positionen in der Exekutivpolitik und im politischen Beamtentum findet man auch sonst in einschlägigen Biografien. Wendet man sich allgemein der Rolle des Professors in der Exekutivpolitik zu, so ist in der Regel festzustellen, dass die Nachwirkungen des Wissenschaftlerlebens alsbald dem Primat der Politik unterworfen werden. Es fällt in die Gründungszeit der Bundesrepublik, dass von einem professoralen Konzept her eine soziale Marktwirtschaft institutionalisiert werden konnte. In einer politischen Wende konnte ein anderer Ökonom, der vom Keynesianismus inspiriert war, die Globalsteuerung etablieren. Und es war die Aufbauphase der Umweltpolitik als eigenständiges Aufgabenfeld, die es einem weiteren Professor ermöglichte, ein wissenschaftlich fundiertes Profil dieser Sachpolitik zu zeichnen. Allerdings konnte man insbesondere im letzteren Fall die Rollenkonflikte des Regierens bald beobachten. Das jüngste Unternehmen, im klassischen Feld der Steuerpolitik auf wissenschaftlicher Grundlage „klare Kante“ zu zeigen, war leicht politisch auszuhebeln. In der Welt politischer Kompromisse ist für wissenschaftliche Stringenz heute wenig Platz. Für den Professor, den es als Außenseiter in den beamteten Regierungsapparat verschlägt, mag der Primat der Politik nicht so durchschlagend sein. Als politischem Beamten wird von ihm vor allem sachpolitische Leistung erwartet. Machtpolitik muss er nur soweit mitbetreiben, wie es für die Sache erforderlich ist, es sei denn, er verfolgt weitere politische Karriereziele. Mehr als auf Rollenkonflikte muss er sich auf eine Kumulation von Rollenerwartungen einstellen, nämlich die, die mit der Kompetenz des Wissenschaftlers, und die, die mit der Kompetenz des leitenden Beamten verbunden sind. Wendet man sich hiernach dem Regierungspraktiker in der Wissenschaft zu, so sind in Speyer einschlägige Rollenkonflikte selten offenkundig geworden. Ein Fall betraf ein Habilitationsvorhaben. Der Verfasser der Habilitationsschrift war leitender Ministerialbeamter und er hatte in der Schrift das Konzept einer Verwaltungsreform seines Landes abgehandelt. Nachdem der vorgesetzte Staatssekretär erklären musste, dass er selbstverständlich Einfluss auf das Konzept genommen habe, ließen sich Zweifel an der Selbständigkeit der Arbeit nicht ausräumen. In einer anderen Angelegenheit war ein Behördenchef und politischer Beamter gebeten worden, auf einer Speyerer Tagung zur Verwaltungsreform über die Pläne zur Abschaffung seiner Behörde zu referieren. Da er als Kritiker gleicher Farbe dieses Vorhabens galt, wurde ihm von höchster Regierungsinstanz ein Auftritt in Speyer verboten. Unter Berufung auf den wissenschaftlichen Freiraum einer Hochschule hielt er sein Referat dennoch. Bei den Regierungspraktikern, die an der Speyerer Hochschule – jetzt Universität – vortragen, muss man zwei Gruppen unterscheiden. Zum einem diejenigen, die punktuell im akademischen Raum auftreten. Zu diesen gehören insbesondere Exekutivpolitiker. Die Vorträge von Ministern geben vom Inhalt her in der Regel die Qualität ihres beamteten Hauses wieder, in dem der Redeentwurf angefertigt worden ist.

60

Klaus König

Freilich gibt es auch Exekutivpolitiker, besonders politische Schwergewichte, die sich als Gast der akademischen Welt vom politischen Alltagsverständnis lösen und weiter ausholen. Verfügen sie über eine bestimmte Intellektualität, mögen sie Aussagen vortragen, die einem wissenschaftlichen Pragmatismus entsprechen. Ein Sonderfall ist dabei der Minister, der gelernter Professor ist. Rollenkonflikte geht dabei aber kein Exekutivpolitiker ein. Zu der anderen Gruppe zählen diejenigen, die sich als Lehrbeauftragte in der Ausbildung oder durch kontinuierliches Engagement in der Weiterbildung an die Universität binden. Hier gelingt es immer wieder, auch Ministerialbeamte in verantwortlicher Position als Lehrer und Vortragende zu gewinnen. Von Praktikern wird erwartet, dass sie ihre Zuhörer an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Gelehrsamkeit soll nicht substituiert werden. Eine gewisse Reflexion nach Art wissenschaftlich distanzierter Beobachtung ist erwünscht, aber nicht immer geboten. Anders verhält es sich bei Honorarprofessoren. Die Honorarprofessur ist in Deutschland nach wie vor eine Ehrung, idealerweise für die berufene Person wie für die berufende Institution. Erwartungen freundschaftlicher Beziehung und Förderung damit zu verbinden, mag riskant sein. Hingegen erweist sich die Hauptfunktion der Honorarprofessur, nämlich externe Persönlichkeiten mit ihrer Kompetenz in das akademische Leistungsgeschehen einzugliedern, zumindest in Speyer in aller Regel als gelungen. Der Vorlauf einer Tätigkeit als Lehrbeauftragter sichert die jeweiligen Erwartungen. Mit dem heutigen Symposium ehren wir Klaus-Eckart Gebauer. Dieser Beitrag zu den Rollenkonflikten des Regierens bezieht sich dabei auf seine langjährige Tätigkeit in Schlüsselpositionen einer Staatskanzlei, in der er die breiten operativen Regierungsgeschäfte der Landespolitik mitzuverantworten hatte. Zu seinen Zuständigkeiten gehörte aber auch die Mehrebenenpolitik, insbesondere die Geschäfte des Bundesrates. Er galt im Amt als Kenner nicht nur der politischen Inhalte, sondern auch der Modi ihrer Bearbeitung im kooperativen Föderalismus. Trotz hoher hauptamtlicher Belastung ist Klaus-Eckart Gebauer Speyer über viele Jahre als Honorarprofessor verbunden geblieben. Er hat Vorbildliches geleistet, indem er eine reiche, für Speyer besonders relevante Berufserfahrung in die wissenschaftliche Lehre transformiert hat. Von wissenschaftlicher Lehre ist deswegen zu sprechen, weil sich mit der Honorarprofessur die Erwartung verbindet, über die Erfahrungswelt hinaus Anteil an wissenschaftlichen Erkenntnissen zu nehmen. Zeichen dafür ist, dass im Berufungsverfahren die Frage nach den Publikationen des Kandidaten gestellt wird. Klaus-Eckart Gebauer hat dazu eine stattliche Liste vorzulegen. Erst jüngst hat er wieder mit einem Beitrag zum Ressortzuschnitt von Regierungen die Einsichten der Regierungslehre erweitert. In der autopoietischen Systemtheorie ist Macht der Code des politischen Systems, Wahrheit das generalisierte Kommunikationsmedium des wissenschaftlichen Systems. Man muss einer solchen Theorie nicht folgen. Aber die Wahrheit ist nicht

Rollenkonflikte des Regierens

61

das, was die Regierung vor allem anderen kommuniziert. Sonst brauchte man nicht die vielfachen Kontrollen durch Opposition, Massenmedien, Rechnungshöfe, Gerichte. Wahrheit ist indessen essentiell für die Wissenschaft. Ist sie gefährdet, haben Ethikkommissionen Konjunktur. Die Frage ist, wie man im Hauptamt in der politischen Welt der Regierung und im Nebenamt in der wissenschaftlichen Welt der Hochschule verschiedene Rollen wahrnehmen kann, ohne sich in Konflikten zu verlieren. Hohe Kompetenz und Loyalität im Amt sichern zunächst die Anerkennung in der Regierungspraxis. Grundlage für den beruflichen Sachverstand ist das personale Substrat des rationalen Staates, nämlich die praktische Vernunft des Beamten, und zwar auf dem Fundament der Professionalisierung durch wissenschaftliche Ausbildung. Damit ist aber auch die Annäherung an die Wissenschaft ermöglicht. Hinzukommen muss die Fähigkeit, vom konkreten Erleben zu abstrahieren, das Allgemeine in der alltäglichen Erfahrung zu finden. Das distanziert von den Anforderungen praktischer Regierungsgeschäfte und schafft Anschluss an eine vom wissenschaftlichen Pragmatismus geprägte Regierungslehre. Zu erinnern ist hier an ein in Speyer veranstaltetes Planspiel, das zusammen mit Klaus-Eckart Gebauer durchgeführt wurde. Es hatte ein konkretes Vorhaben der Bundesregierung zum Gegenstand, welches der Zustimmung durch den Bundesrat bedurfte. Dabei ging es nicht einfach nur darum, die Erfahrungen des Einzelfalles den Teilnehmern zu vermitteln. Die Komplexität des formalen wie informalen Regelwerks eines kooperativen Föderalismus sollte im Kontext von Bundesregierung und Landesregierungen erkannt werden. Diese Explikation von Rollenkonflikten des Regierens endet hiernach mit der Aussage, dass sie in kaum vermeidbarer Vielfalt bestehen, dass aber Persönlichkeiten wie Klaus-Eckart Gebauer zeigen, wie sie fruchtbar gestaltet werden können.

Konsensfindung in und zwischen Verfassungsorganen im System parzellierter Staatsgewalt: Ein Erfahrungsbericht Klaus-Eckart Gebauer I. Bei meinem Weg durch die Bannmeilen aller drei Gewalten war ich mit unterschiedlichen Aufgaben betraut. Aber Koordinierung und Konsensfindung bildeten durchgehend ein erfahrungs- und erlebnisreiches Kapitel meines Berufslebens. In Fortsetzung der Referate dieses Nachmittags will ich an die Mainzer Jahre in Staatskanzlei und Landtag anknüpfen. Ich werde versuchen, das Thema aus meiner Sicht dem System der Gewaltenteilung zuzuordnen, um dann einige Kategorien und weiterführende Fragen zu den Instrumenten der Konsensfindung aufzuzeigen. Dass ich Gelegenheit habe, in dieser Form zurückzublicken, verdanke ich der Initiative der wissenschaftlichen Leiter, Herrn Sommermann und Herrn Magiera, sowie der Unterstützung des Rektors, Herrn Wieland. Ich weiß diese Ehrung zu schätzen und bedanke mich herzlich. Besonders danke ich auch den Referenten, deren Person und deren Themen ich mich seit langem verbunden fühle. Und ich betrachte es als Ausdruck solcher Verbundenheit mit Tagungsleitern, Referenten und auch mit dem heutigen Anlass, dass Sie alle an unserem Symposium teilnehmen. II. 1. Bei meinem Wechsel von Karlsruhe zur Staatskanzlei im Mai 1980 übernahm ich das Referat für die Zusammenarbeit mit dem Innenressort und dem Landtag. Kernaufgaben waren Ressortskoordinierung und Kabinettsvorbereitung. Einige Jahre später übertrug mir Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel die Abteilungsleitung. Staatliche Gewalt ist im Kern Entscheidungsgewalt. Gewaltenteilung ist im Kern Zuteilung von Entscheidungsgewalt. Auch Regieren heißt vor allem: Entscheiden. Aber schon die Verfassung selbst unterteilt diese Entscheidungsgewalt in Richtlinienkompetenz, Kabinettsprinzip und Ressortverantwortung als Teilgewalten. Das erfordert Konsensfindung in 17 Regierungen – bei der Entscheidungsvorbereitung und -nachbereitung jeweils unterstützt von Staatssekretären, Abteilungsleitern und Refe-

64

Klaus-Eckart Gebauer

renten, die – oft nach langwieriger Abstimmung mit Ressortskollegen – an der Konkretisierung von Regierungsgewalt teilhaben. In den Ministerpräsidentenkonferenzen treffen mehrfach im Jahr die Länderchefs und ihre Stäbe zusammen, und praktisch allmonatlich haben die Landeskabinette über das Stimmverhalten im Bundesrat zu entscheiden. Die Bundesratsvorbereitung ist die Hohe Schule der Koordination, schon wegen der kaum noch überschaubaren Anzahl der am Entscheidungsprozess beteiligten Akteure in Ausschüssen, Landesvertretungen, innerhalb der Regierung, im Ständigen Beirat, im Plenum. Als Direktor beim Landtag – ab 2002 – wurde mir dann die Vielzahl von Entscheidungsträgern in unseren 17 Parlamenten bewusst. Oder ich erinnere mich an die Föderalismuskommission als ein Gremium, das staatliche Gewalten aus Bund und Ländern auf dem Weg zu einer Verfassungsänderung in einer neuen Dimension zusammenführte. Beim Rückblick auf diese zahlreichen Akteure tauchte bei mir unvermittelt die Frage auf: Was bedeutet eigentlich Regierungsgewalt, was staatliche Gewalt, Gewaltenteilung? Wenn wir neben Regierung und Parlament für einen Moment auch die zahllosen Verwaltungsbehörden und die Instanzen der Gerichtsbarkeit in den Blick nehmen, zeigt sich die abstrakt so bezeichnete „Staatsgewalt“ dann nicht durchgehend als – wie ich es nennen möchte – „vielfach parzellierte Entscheidungsgewalt“,1 die im demokratischen und föderalen Rechtsstaat durch eine Flut von Entscheidern und Mitentscheidern immer wieder neu kreiert und legitimiert werden muss? Erleben wir nicht, so betrachtet, Gewaltenteilung in der Realität als vielfach parzellierte Kompetenzzuteilung mit verfassungsrechtlich autorisierten Teilgewalten und vielen anderen Akteuren schon bis zur Konkretisierung der staatlichen Entscheidung und mit einem Kaleidoskop staatlicher Institutionen auf den verschiedenen Ebenen? 2. Und doch wird das alles – wie wir empfinden – auch in seiner Vielfalt irgendwie zusammengehalten. Aber wodurch? Nun wäre es eine faustische Frage, nach dem zu suchen, was diese gewaltenparzellierte Welt im Innersten zusammenhält. Da geht es sehr grundsätzlich um Integrationskraft von Grundkonsens und Rechtsstaatlichkeit, um politischen Führungswillen im demokratischen Parteienstaat, um Amtsethos, auch um die Bereitschaft einer engagierten Bürgergesellschaft, Entscheidungen zu akzeptieren, die im Rahmen unserer Verfassungsordnung getroffen wurden. Dem lohnt es vertieft nachzugehen, aber an anderer Stelle. Ich will mich hier – bei der Suche nach Schnittstellen zwischen Verfassungsrecht und Verwaltungswissenschaft – auf einen funktionalen Ansatz beschränken: So reduziere ich die Untersuchung auf die Phase bis zur Konkretisierung der staatlichen Entscheidungsgewalt und spitze sie dahin zu, ob und wieweit gerade dem Instrumentarium zur Konsens1

Dies auch in Abgrenzung zum Parzellierungsbegriff etwa bei E.-W. Böckenförde, Regierungsfähigkeit zwischen Verfassung und politischer Verantwortung, in: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Demokratie neu denken, 1998, S. 85, oder auch P. Kirchhof, Mittel staatlichen Handelns, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 99 Rdnr. 78.

Konsensfindung in und zwischen Verfassungsorganen

65

findung eine Wissen und Willen bündelnde wie eine ausgleichende Funktion zukommt, zumal in und zwischen Regierung und Parlament. Ist somit unser Thema im System des gewaltenteilenden Staates verortet, bleibt die begriffliche Verständigung. Konsens bedeutet danach – so schlage ich vor – nicht allseitige Zustimmung in der Sache. Konsens bedeutet Übereinstimmung, dass ein Ergebnis als Abschluss eines bestimmten Entscheidungsprozesses akzeptiert wird. Dabei denkt man naheliegend zuerst an den verhandelten Konsens. In der Praxis zeigt sich aber, dass es eine völlige Überforderung des Systems wäre, alles von Grund auf auszuhandeln. Man muss auf Konsens zurückgreifen, der schon vorher gefunden wurde – ich nenne das die Kategorie des vorgefundenen Konsenses. Der klassische Fall eines vorgefundenen Konsenses ist die Geschäftsordnung. Sie ist geronnene Konsensfindungserfahrung. Auch Verfassungen, Gesetze und sonstige Rechtsvorschriften oder frühere Vereinbarungen fallen in diese Kategorie. Wer vertieft analysieren will, der kann innerhalb des vorgefundenen Konsenses weiter differenzieren: – in konsensschaffende Normen, etwa Verfassungsregeln zur klaren Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern oder zwischen Verfassungsorganen, – in konsenserleichternde, verfahrensleitende Normen, etwa zum Vermittlungsausschuss, Vorschriften zu Organisationsstrukturen und -abläufen oder zu Quoren im Abstimmungsprozess, – schließlich in bewusst oder unfreiwillig konsensbedürftige Normen, wie Art. 106 Abs. 3 GG zur Aufteilung der Umsatzsteuer oder jede in der Auslegung umstrittene Rechtsnorm. Und es gibt Konstellationen – die dritte Hauptkategorie –, wo ein auszuhandelnder Konsens oder eine gemeinsame Auslegung nicht zustande kommen; aber man beugt sich einem Richterspruch. Ich spreche vom auferlegten Konsens. Ein reizvolles Erkenntnisinteresse dürfte darauf abzielen, Wechselwirkungen zwischen den Kategorien herauszuarbeiten. 3. Beim verhandelten Konsens – unserer speziellen Zielgruppe – kann ich aus meiner Erfahrung ein Instrumentarium anführen, das man wohl verallgemeinern kann. So protokollierte ich im Frühjahr 1987 die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP – ein Konsens vieler Akteure. Sie mündete nach Kabinettsberatung in die Regierungserklärung, Richtschnur für die Ressortskoordinierung. In der Regierungszentrale lernte ich den Wert klar strukturierter Gremien schätzen. Das galt für das Kabinett und die vorgeschaltete Staatssekretärskonferenz und deren Protokoll, auch für die Runde der Bundesratsreferenten. In die beliebte Kritik an der sog. Gremienflut der Ministerialverwaltung kann ich nicht einstimmen, zumal solche Strukturen heute durch Internet oder Telefonkonferenz schnell und ohne Reiseaufwand aktiviert werden können, wobei auch ansonsten – das sei angemerkt –

66

Klaus-Eckart Gebauer

eine breite Einbeziehung des im politisch-administrativen System abrufbaren Fachund Erfahrungswissens mehr Vor- als Nachteile bietet, sofern zielführend koordiniert wird. Zu frühe Reduktion von Komplexität verkompliziert die Spätfolgen. Auch externen Beratern kommt vor allem bei intra- oder interinstitutionell relevanten Themen Bedeutung zu. Ich erinnere mich an die Wirkung der „Kommission Wettbewerb und Beschäftigung“, die zu Ansätzen eines Programmhaushalts führte oder an die seit 1985 tätige Bioethikkommission. Ein erstes Schlüsselerlebnis war für mich der unter der Regie von Carl Böhret durchgespielte Praxistest zum Entwurf eines Brand- und Katastrophenschutzgesetzes. Anfang der 1990er Jahre hat ein von Siegfried Magiera erstelltes Gutachten zur Rolle des Interregionalen Parlamentarierrats Konsens zwischen Landesregierung und Landtag hergestellt. Bei der Bundesratsvorbereitung treten neben die Vielzahl der Akteure noch Informationsflut und Zeitdruck. Diese hochgradige Wissens- und Willenskoordinierung wäre ohne professionelle Zusammenarbeit, standardisierte Verfahren, ohne Delegation und gegenseitiges Grundvertrauen nicht vorstellbar. In EU-Angelegenheiten scheint allerdings zuweilen eine Grenze machbarer Informationsverarbeitung erreicht. Erfahrungs- und Erlebnishöhepunkte waren die Konferenzen der Chefs der Staatskanzleien und der Ministerpräsidenten – für mich verbunden mit Gesprächen bei Kommissionspräsident Delors, bei Bundeskanzler Kohl und in Berlin beim Chef des Kanzleramtes, Frank-Walter Steinmeier. Bei den großen Beratungskomplexen EU und deutsche Einheit zeigte sich die Bedeutung durchlässiger Konsensstrukturen; so war es förderlich, dass trotz der formellen Trennung zwischen Bundesratsund MPK-Angelegenheiten der Personenkreis der verhandelnden Politiker und ihrer Stäbe weitgehend identisch war. In der systematischen Auflistung von Konsensinstrumenten mögen informelle Strukturen – etwa Vieraugengespräche, Telefonate, E-Mails oder SMS-Kontakte – eher am Ende auftauchen; in der Praxis der Kommunikation in und zwischen Verfassungsorganen sind sie nicht wegzudenken. Dieses wie auch die psychologischen Aspekte der Konsensfindung im politiknahen Raum sind ein Kapitel für sich, wären aber eines Forschungsvorhabens wert. 4. Auch wenn zur Regelung der Abläufe innerhalb von Parlamenten weitgehend auf vorgefundenen Konsens, also Verfassung und Geschäftsordnung, zurückgegriffen wird, so bleibt für aktuell auszuhandelnden Konsens hinreichend Raum. Die Rolle der Akteure in Präsidium, Ältestenrat, Ausschüssen und Fraktionen – zumal ihrer Parlamentarischen Geschäftsführer – ist oft beschrieben worden; hinzu kommt unterstützend die Landtagsverwaltung. Zur Konsensfindung zwischen den beiden Verfassungsorganen will ich – was den verhandelten Konsens angeht – aus eigener Erinnerung und mit freundlicher Unterstützung insbesondere des Wissenschaftlichen Dienstes hier Folgendes anmerken:

Konsensfindung in und zwischen Verfassungsorganen

67

Häufigstes Instrument verhandelter (und dokumentierter) Konsensfindung war nach einer ersten Aktendurchsicht der Schriftwechsel zwischen Ministerpräsidenten, Landtagspräsidenten, Chef der Staatkanzlei, Landtagsdirektor, Beauftragtem der Regierung im Untersuchungsausschuss, Staatskanzlei und Landtagsverwaltung; in Einzelfällen wurden Ministerrat und Ältestenrat zwischengeschaltet. Zu den Inhalten hier nur drei Stichworte: Verfahrensfragen in Untersuchungsausschüssen, Umgang mit Serienanfragen oder Mündlichen Anfragen, gegenseitige Teilnahme an Informationsreisen. Eine systematische Aufarbeitung wäre eine reizvolle Forschungsaufgabe. Die Koalitionsvereinbarung aus 2011 sieht vor, das Rechtssetzungsverfahren „unter Einbeziehung des Landtags auf der Basis elektronischer Dokumente“ weiterzuentwickeln („medienbruchfrei“). In § 139 der Geschäftsordnung des Landtags ist zur „Fortentwicklung der Öffentlichkeitsfunktion des Landtags“ eine sog. Experimentierklausel eingefügt worden. Im Zusammenhang mit den neuen Medien könnte es daher möglicherweise Anlass für einen weiteren Briefwechsel oder eine ausdrückliche Vereinbarung geben. Auch dafür gibt es Vorbilder – so zur Besetzung der Rheinland-Pfalz im Ausschuss der Regionen zufallenden Sitze oder das Abkommen zwischen der Regierung und den im Landtag vertretenen Fraktionen und Parteien zu Behördenbesuchen in der Vorwahlzeit. Herausragendes Beispiel bleibt die Vereinbarung zu Art. 89b der Landesverfassung über die Unterrichtung des Landtags aus dem Jahre 2000 – Fortentwicklung eines frühen Briefwechsels. Es wäre lohnend, diese richtungweisende Regelung vertieft zu analysieren. Einzigartig sind schon die Anwendungs- und Auslegungsregelungen bis hin zu einem Konsensgespräch vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung – vielleicht ein Stichwort zur „Streitkultur“ zwischen Verfassungsorganen? Dabei ist zu Recht die Ausfüllung des Verfassungsauftrages durch Vereinbarung statt durch Gesetz vorgezogen worden, um das interorganfreundliche Zusammenwirken zur Geltung zu bringen. In 2010 gab es eine Fortschreibung im Hinblick auf die Abläufe in EU-Angelegenheiten. Bis Oktober 2012 zählen wir 511 Unterrichtungsfälle. Auch im Parlamentsbereich spielen flexibel arbeitende Gremien eine Rolle bei der Konsensfindung, auch außerhalb der klassischen Beratungsabläufe. Ich nenne etwa die Präsidenten- und Direktorenkonferenzen; beim Lübecker Konvent zur Föderalismusreform wurden in 2003 weitere Abgeordnete, die Sprecher der Fraktionsvorsitzendenkonferenzen, Bundespräsident Johannes Rau und Ole von Beust als Vertreter der Ministerpräsidentenkonferenz eingeladen. Und in der Arbeitsgruppe des Ältestenrates war der Chef der Staatskanzlei ständiger Teilnehmer. Das Management der Föderalismuskommissionen erbrachte den Nachweis für den kurzfristigen Einsatz eines solchen Instruments zur Konsensfindung zwischen einer kaum noch zu überschauenden Anzahl von Akteuren. Diese Vorarbeiten waren maßgeblich für die nachfolgenden Verfassungsänderungen.

68

Klaus-Eckart Gebauer

5. Betrachte ich rückschauend das Spektrum von Gestaltungsmöglichkeiten bei der auszuhandelnden Konsensfindung, so kann man mit Stand vom Dezember 2006, also dem Ende meiner Amtszeit, Folgendes festhalten: Das Instrumentarium hat sich als flexibel und lernfähig erwiesen. Es ist – zumal in Verbindung mit den vorgefundenen und auferlegten Konsensformen – seiner Bündelungs- und Ausgleichsfunktion zwischen den Akteuren grundsätzlich gerecht geworden. Regierung und Parlament müssen sich inzwischen vermehrt damit auseinandersetzen, wie sie mit dem Einfluss externer Akteure auf ihren Kommunikations- und Entscheidungsprozess umgehen – Stichworte: Stuttgart 21 und Netzaktivitäten. Das gilt auch im Blick auf die europäische Finanzkrise. Gerät durch Einfluss neuer Akteure und Anstieg der Informationsflut das Verhältnis zwischen Gewaltenparzellierung und verfügbaren Konsensinstrumenten außer Balance, können Irritationen in und zwischen Verfassungsorganen entstehen. In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach – zuletzt am 12. September 2012 (Ratifikation von ESM-Vertrag und Fiskalpakt) – die Ausgestaltung von Informations- und Beteiligungsstrukturen angesprochen und damit die unmittelbare Relevanz unseres Themas für das Verfassungsrecht deutlich gemacht. Bemerkenswert bei dieser Entscheidung ist übrigens auch der souveräne Umgang mit dem Faktor Zeit: Entschleunigung als Instrument nachhaltiger Konsensfindung. III. Ich fasse zusammen: Gewaltenteilung im Verfassungsstaat zeigt sich in der Realität als parzellierte Kompetenzzuteilung an eine Vielzahl von Akteuren. Die hochgradige Ausdifferenzierung staatlicher Gewalt erfordert Integrations- und Bündelungskräfte. Diese sind in erster Linie grundsätzlicher Art. Aber auch ein breitgefächertes Instrumentarium zur Konsensbildung in und zwischen Regierung und Parlament ist unverzichtbar. Zu unterscheiden sind vorgefundene, verhandelte und auferlegte Konsensformen. Zumal das Instrumentarium für den verhandelten Konsens ist phantasievoll und flexibel. Es hat im Berichtszeitraum grundsätzlich mit der Ausweitung von Akteuren und Informationen Schritt gehalten. Neue Herausforderungen sind durch angepasste Nutzung oder behutsame Fortentwicklung aufzufangen. Vielleicht wird sich ja der eine oder andere aus unserem Kreis – in Wissenschaft und Praxis – daran beteiligen?

Schlusswort Siegfried Magiera Zum Abschluss unseres Symposiums möchte ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, zugleich im Namen von Herrn Sommermann, herzlich dafür danken, dass Sie als Referenten und als Gesprächsteilnehmer diesen Tag gemeinsam mit uns gestaltet haben. Unser Dank gilt insbesondere auch dem Rektor unserer Universität, Magnifizenz Wieland, für seine tatkräftige Unterstützung und Mitwirkung sowie Ihnen, sehr verehrter Herr Gebauer, dass Sie uns die Gelegenheit gegeben haben, dieses wissenschaftliche Symposium zu Ihren Ehren auszurichten. Der ausführlichen Würdigung Ihrer Person, lieber Herr Gebauer, durch Herrn Sommermann am heutigen Morgen möchte ich einige wenige Anmerkungen aus meiner persönlichen Erinnerung anfügen. Kennengelernt haben wir uns als Vertreter der politischen Praxis und der Rechtswissenschaft in der Umbruchzeit am Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre, als es galt, die deutsche Wiedervereinigung zu vollenden und zugleich die Europäische Union voranzubringen. Unsere Zusammenarbeit erstreckte sich vor allem auf zwei Bereiche, die uns aufgrund unserer akademischen Ausbildung und beruflichen Tätigkeit stets intensiv beschäftigt haben, nämlich die internationalen Beziehungen zwischen Staaten, insbesondere auch der deutschen Länder, und das Verhältnis zwischen Parlament und Regierung unter der Kontrolle der Verfassungsgerichtsbarkeit. Beide Bereiche sind von existentieller Bedeutung für ein demokratisch-rechtsstaatliches Gemeinwesen, wenn es sich in der Staatenwelt erfolgreich behaupten und eine verantwortliche Rolle in der europäischen Integration einnehmen will. Das heutige Symposium hat sich auf den zweiten Bereich konzentriert, der in letzter Zeit in Wissenschaft und Praxis wiederum eine stark gewachsene Bedeutung erlangt hat. Auslöser dafür sind sachliche Problemlagen, vor allem die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die europäische Währungskrise, aber auch – und aus meiner Sicht vorrangig – die weit verbreitete Unzufriedenheit mit unserem demokratisch-rechtsstaatlichen, in erster Linie repräsentativen, Regierungssystem. Die heutigen Referate und Diskussionsbeiträge haben dazu sorgfältig durchdachte und wegweisende Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Sie, lieber Herr Gebauer, haben insbesondere das Konsenserfordernis hervorgehoben. Konsensfindung und Ausbau der dazu erforderlichen und geeigneten Instrumente erscheinen mir als das unabdingbare Fundament eines jeden demokratischrechtsstaatlichen Gemeinwesens für eine friedliche und allseits akzeptable Entschei-

70

Siegfried Magiera

dungsbildung und Entscheidungsbefolgung. Die Qualifizierung „demokratischrechtsstaatlich“ muss insoweit stets als untrennbares Ganzes in Bezug genommen werden, wenn Demokratie – wie nicht selten – schlicht als Mehrheitsherrschaft aufgefasst und damit Rechtsstaatlichkeit für den Minderheitsschutz unentbehrlich wird. Die Balance zwischen Mehrheitsentscheidung und Minderheitsschutz kann letztlich wohl nur durch eine funktionierende Gerichtsbarkeit gewährleistet werden, muss aber schon zuvor im politischen Prozess der Konsensfindung angestrebt werden. Voraussetzung dafür sind nicht nur persönliche Rücksichtnahme und Toleranz im Meinungsstreit, sondern auch verfahrensrechtliche Vorkehrungen, wie sie sich in der von Herrn Gebauer veranschaulichten Praxis herausgebildet haben und kontinuierlich zu optimieren sind. Als Beispiel lassen sich die Sperrklauseln im Parlamentswahlrecht anführen, die eine Kompromissbereitschaft voraussetzen, die wiederum für die zwischenparteiliche Konsensbildung förderlich sein kann.

Lebenslauf von Klaus-Eckart Gebauer 8.12. 1941

In Bochum geboren; katholisch

1952-1961

Städtisches Ratsgymnasium Münster

1961-1965

Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Freiburg i. B., Berlin und Münster

August 1965

Erste Juristische Staatsprüfung (Justizprüfungsamt OLG Hamm)

WS 1967/68

Ergänzungsstudium an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

11.2. 1969

Promotion zum Dr. jur. an der Universität Münster (Thema der Dissertation: Zuständigkeitsgrenzen und Völkerrechtserheblichkeit beim Abschluss von „national-internen“ Verträgen und Verwaltungsabkommen durch ein Bundesland)

Mai 1969

Zweite Juristische Staatsprüfung (Landesjustizprüfungsamt Düsseldorf)

Seit 1969

Verheiratet mit Dr. med. Doris Gebauer, geb. Burgsmüller; drei Kinder: Jochen (1970), Bernt (1971), Birgit (1978)

Juni 1969

Ministerialverwaltung des Bundes (Ministerium für innerdeutsche Beziehungen; Bundesakademie für öffentliche Verwaltung im Bundesministerium des Innern; Dezember 1973 Ernennung zum Regierungsdirektor durch Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher)

August 1974

Mitglied der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften (IIAS – Brüssel); zwischen 1988 und 2011 Teilnahme an internationalen Konferenzen des IIAS; seit Oktober 2002 Mitglied des Vorstands der Deutschen Sektion

Februar 1976

Abordnung vom Bundesministerium des Innern zum Bundesverfassungsgericht (Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent von Präsident Ernst Benda)

September 1979 Versetzung in das Land Rheinland-Pfalz; Ernennung zum Ministerialrat; erneute Abordnung zum Bundesverfassungsgericht Mai 1980

Referatsleiter in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz (Spiegelreferent Ministerium des Innern und für Sport; Landtagsreferent)

Oktober 1980

Erster Lehrauftrag durch den Rektor der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

72

Juni 1983

Lebenslauf von Klaus-Eckart Gebauer

Leitung der Arbeitsgruppe Grundsatzfragen; Leitender Ministerialrat

September 1986 Gemeinsam mit Prof. Dr. Carl Böhret Leitung einer Klausurtagung der Programmbeauftragten der Landesregierung mit Wissenschaftlern des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung („Ministerialverwaltung und Wissenschaft“); in den Folgejahren Entwicklung einer vertieften Zusammenarbeit mit Professoren der Hochschule (Fortbildungsseminare und Führungskolleg sowie Publikationen, Workshops und Fachkonferenzen auch mit internationalem Bezug), insbesondere mit Prof. Dr. Dr. Klaus König; 1990 – 2009 Projektarbeitsgemeinschaften zu verfassungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Themen (insbesondere zu Schnittstellen von Recht, Politik und Management);Mitwirkung an Magisterprüfungen und Promotionsverfahren Januar 1988

Bestellung zum Abteilungsleiter (Kernaufgaben der Abteilung: Kabinett, Ressortskoordination, Landtag, Bundesrat, Ministerpräsidentenkonferenzen)

Dezember 1988 Ernennung zum Ministerialdirigenten durch Ministerpräsident Bernhard Vogel. Jeweils Bestätigung in der Abteilungsleitung durch die Ministerpräsidenten Carl-Ludwig Wagner, Rudolf Scharping, Kurt Beck (bis 07/2002) 1993 – 2009

Mitwirkung an Beratungs- und Fortbildungsprojekten der internationalen Verwaltungszusammenarbeit, u. a. Russland, Bolivien, Jemen, Mongolei, Ukraine

11.10. 1995

Honorarprofessor an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

August 2002

Direktor beim Landtag Rheinland-Pfalz; Ständiger Vertreter des Präsidenten Christoph Grimm in der Landtagsverwaltung

2005-2008

Mitglied des Senats der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

Dezember 2006 Verabschiedung als Landtagsdirektor durch Landtagspräsident Joachim Mertes und Ministerpräsident Kurt Beck Dezember 2012 Erneute Wahl in den Beirat des Instituts für Rechtspolitik e.V. an der Universität Trier

Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer Selbständige Veröffentlichungen Zuständigkeitsgrenzen und Völkerrechtserheblichkeit beim Abschluß von „national-internen“ Verträgen und Verwaltungsabkommen durch ein Bundesland (Dissertation; Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster), Münster 1969. Eckart Klein in Verbindung mit Klaus-Eckart Gebauer/Karl Kreuzer/Gerhard Robbers/Hartmut Schiedermair/Albrecht Weber (Hrsg.), Grundrechte, soziale Ordnung und Verfassungsgerichtsbarkeit, Festschrift für Ernst Benda zum 70. Geburtstag, Heidelberg 1995. Gerhard Robbers/Dieter Umbach/Klaus-Eckart Gebauer (Hrsg.), Innere Sicherheit, Menschenwürde, Gentechnologie, Rechtspolitisches Symposium, Band 4, Frankfurt am Main, 2005.

Zeitschriftenaufsätze sowie Beiträge zu Kommentaren und Sammelwerken Sachverstand und Gesamtschau – Zum Modell einer Stabsorganisation in der Verwaltung, in: Verwaltungsarchiv 59 (1968), S. 267 – 274. Gesetzgebungswissenschaft – ein neuer Fortbildungsbereich?, in: Verwaltung und Fortbildung 1976, S. 3 – 23. Zwischen Entscheidungszwang und Selbstbeschränkung – Zum 25-jährigen Bestehen des Bundesverfassungsgerichts, in: Kommunalwirtschaft 1976, S. 245 – 249. Grundwerte in verfassungsrechtlicher Sicht, in: Gottlieb Brunner (Hrsg.), Was uns miteinander leben lässt – Grundwerte unserer Gesellschaft, Freiburg 1978, S. 188 – 192. Sozialrecht – Soziale Marktwirtschaft. Verfassungsrechtliche Bezugspunkte der 10. Bitburger Gespräche, in: Europäische GRUNDRECHTE-Zeitschrift (EuGRZ) 1980, S. 146 – 147. „Small is beautiful“ und „Do it yourself“: Vor einem Trend zur „Kleinen Einheit“?, in: Klaus Weigelt (Hrsg.), Heimat, Tradition, Geschichtsbewusstsein, Mainz 1986, S. 333 – 353. Innovative Reaktionen der Verwaltung auf wissenschaftliche Herausforderungen – am Beispiel der Fortpflanzungsmedizin, in: Carl Böhret/Helmut Klages/Heinrich Reinermann/Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Herausforderungen an die Innovationskraft der Verwaltung, Opladen 1987, S. 123 – 129. Nachdenken als Verfassungsauftrag – Über Notwendigkeit und Not staatlicher Planung, in: Walter Fürst/Roman Herzog/Dieter C. Umbach (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Zeidler, Berlin 1987, S. 1139 – 1156.

74

Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer

Nachdenken als Verfassungsauftrag und Verfassungsvoraussetzung – vor einer neuen Stunde des vorpolitischen Raums?, in: Akademische Monatsblätter 1988, S. 8 – 11. Dezentralisierung ohne Desintegration, in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 1990, Heft 1, S. 50 – 61. Vor dem Ende der Länderblindheit? Länder und Regionen im europäischen Integrationsprozess, in: Hans-Hermann Hartwich/Göttrik Wewer (Hrsg.), Regieren in der Bundesrepublik, Band V, Souveränität, Integration, Interdependenz – Staatliches Handeln in der Außen- und Europapolitik, Opladen 1993, S. 193 – 209. Ministerialverwaltung und Wissenschaft – aus der Sicht einer Staatskanzlei, in: Axel Murswieck (Hrsg.), Regieren und Politikberatung, Opladen 1994, S. 131 – 156. Zur Optimierung von Koordination und Planung in einer Regierungszentrale. Reduktion, Aushalten und Öffnen von Komplexität, in: Verwaltungsarchiv 85 (1994), S. 485 – 521. Interessenregelung im föderalistischen System, in: Eckart Klein in Verbindung mit KlausEckart Gebauer/Karl Kreuzer/Gerhard Robbers/Hartmut Schiedermair/Albrecht Weber (Hrsg.), Grundrechte, soziale Ordnung, Verfassungsgerichtsbarkeit, Festschrift für Ernst Benda zum 70. Geburtstag, Heidelberg 1995, S. 67 – 90. Anforderungen an ein Regierungs-Informationssystem. Politische, fachliche und Steuerungskomponenten, in: Verwaltung und Management 1995, S. 101 – 105. Planung in Regierung und Verwaltung, in: Klaus König/Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung in Deutschland, Baden-Baden 1996, S. 377 – 394. Englischsprachige Fassung: Planning in Government and Administration, in: dies.(Hrsg.), Public Administration in Germany, Baden-Baden 2001, S. 312 – 335. Koordinierung in einem dezentralisierten Regierungssystem, in: Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Öffnung und Kooperation, I. Chinesisch-deutsches Verwaltungskolloquium, Baden-Baden 1997, S. 66 – 76. Zur Rolle von Ministerpräsidentenkonferenz und Bundesrat – Länderinteressen und ihre Vertretung im föderalistischen System der Bundesrepublik Deutschland, in: Johannes C. Traut u. a. (Hrsg.), Die Rolle der deutschen Länder und der US-Bundesstaaten in den internationalen Beziehungen, Atlantische Texte, Band 4, Kaiserslautern 1997, S. 157 – 170. Regierungskommunikation, in: Otfried Jarren/Ulrich Sarcinelli/Ulrich Saxer (Hrsg.), Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1997, S. 464 – 472. Strukturierung einer systematischen Zusammenarbeit in der bolivianischen Ministerialverwaltung – Beratungs- und Fortbildungsansätze eines aktuellen GTZ-Projektes, in: Rainer Pitschas (Hrsg.), Personelle Zusammenarbeit in der Verwaltungspartnerschaft mit dem Süden, Berlin 1998, S. 229 – 232. Interessenmanagement bei staatlicher Dezentralisierung, in: Verwaltung und Management 1998, S. 276 – 280. Grenzüberschreitung „als Beruf“ – Künftige Anforderungen an Verwaltung und Verwaltungswissenschaft, in: Christine Landfried/Klaus König/Werner Jann/Peter Wordelmann (Hrsg.), Politik und Verwaltung auf dem Weg in die transindustrielle Gesellschaft, Carl Böhret zum 65. Geburtstag, Baden-Baden 1998, S. 575 – 593.

Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer

75

Prüfkriterien bei der Einführung staatlicher Dezentralisierung?, in: Klaus Bodemer (Hrsg.), Subsidiaritätsprinzip, Dezentralisierung und local government – Konzeptionelle Fragen und Fallbeispiele aus drei Kontinenten, Institut für Iberoamerika-Kunde, Hamburg 2000, S. 68 – 79. Kommentierung zum Unterabschnitt „Landesregierung“ – Artikel 98, 99, 104, 105, 106, in: Christoph Grimm/Peter Caesar (Hrsg.),Verfassung von Rheinland-Pfalz, Kommentar, Baden-Baden 2001; S. 609 – 626, 659 – 678. Reinventing Institutions and Values. Rückschau auf den XXV. IIAS-Kongress in Athen, in: Die Öffentliche Verwaltung 2001, S. 52 – 59; auch in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2001, Heft 1/2, S. 52 – 55. IIAS-Konferenz Neu Delhi: Abschied vom politikfreien Raum?, in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2002, S. 53 – 54. Interessenregelung im föderalen Staat: Grundzüge des deutschen Mehrebenensystems, in: Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Zehn Jahre Deutsch-Französische Verwaltungskolloquien zwischen der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und der Ecole Nationale d’Administration Straßburg/Paris. Speyerer Arbeitshefte Nr. 163, 2003, S. 37 – 52. Verwaltungswissenschaften und Parlamente, in: Die Öffentliche Verwaltung 2003, S. 854. Dezentralisierungsstrategien in Deutschland, in: The Journal of Democratic Civic Education, Vol. 8, Seoul 2003, S. 159 – 177. Verfassungsergänzende Vereinbarungen zwischen Parlament und Regierung, in: Arthur Benz/ Heinrich Siedentopf/Karl-Peter Sommermann (Hrsg.), Institutionenwandel in Regierung und Verwaltung. Festschrift für Klaus König zum 70. Geburtstag, Berlin 2004, S. 341 – 353. Landesregierungen, in: Herbert Schneider/Hans-Georg Wehling (Hrsg.), Landespolitik. Grundlagen – Strukturen – Arbeitsfelder, Wiesbaden 2006, S. 130 – 147. Das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen stärken. Bericht von der 3. regionalen internationalen Konferenz des IIAS (Mexiko), in: Die Öffentliche Verwaltung 2007, S. 115 – 117; auch in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2006, Heft 3/4, S. 44 – 46. Globaler Wettbewerb – aber ohne globale Blaupause. Bericht vom 27. Internationalen Kongress für Verwaltungswissenschaften in Abu Dhabi, in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2007, Heft 3/4, S. 48 – 49. Good and Global Governance – Folgen und Nebenwirkungen für die Parlamente, in: Siegfried Magiera/Karl-Peter Sommermann/Jacques Ziller (Hrsg.), Verwaltungswissenschaft und Verwaltungspraxis in nationaler und internationaler Perspektive. Festschrift für Heinrich Siedentopf zum 70. Geburtstag, Berlin 2008, S. 39 – 58. Staatkanzleien in Deutschland – Aufgabenspektrum und Organisation, in: Schweizerische Staatsschreiberkonferenz und Staatskanzlei Aargau (Hrsg.), Perspektive Staat. Herausforderungen für staatliche Führungskräfte, Zürich 2008, S. 128 – 138. Ankara 2008: IIAS – Reformansätze/Good Enough Governance/Rolle der Parlamente, in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2008, Heft 3/4, S. 45 – 46. Verfassungsergänzende Verfahrensregelungen als Instrumente des Regierens, in: Werner Jann/ Klaus König (Hrsg.), Regieren zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Tübingen 2008, S. 345 – 375.

76

Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer

Kriterien und praktische Beispiele für den Ressortszuschnitt von Regierungen – Erfahrungsbericht aus deutscher Sicht, in: GTZ (Hrsg.), Reform der öffentlichen Verwaltung in der Ukraine, Projektdokument 27, Kiew 2009, S. 5 – 50. IIAS – Konferenz Helsinki 2009: Nation, Staat, Institutionen – Zur Rolle der öffentlichen Verwaltung bei ihrer Entstehung und Fortentwicklung, in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2009, Heft 3/4, S. 50 – 52. Landesparlamentarismus, Föderalismus, Föderalismusreform, in: Ulrich Sarcinelli/Jürgen W. Falter/Gerd Mielke/Bodo Benzner (Hrsg.), Politik in Rheinland-Pfalz. Gesellschaft, Staat und Demokratie, Wiesbaden 2010, S. 254 – 268. Bericht über den 28. IIAS-Kongress vom 12. bis 17. Juli 2010 in Bali, Indonesien. Balancing: Rule of law and rule of virtue/rationality and humanity/soft and hard governance, in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2010, Heft 3/4, S. 43 – 46. Verfassungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Rationalitätskriterien für den Ressortszuschnitt von Regierungen, in: Veith Mehde/Ulrich Ramsauer/Margrit Seckelmann (Hrsg.), Staat, Verwaltung, Information. Festschrift für Hans Peter Bull zum 75. Geburtstag, Berlin 2011, S. 119 – 136. Bericht über den IIAS – Kongress vom 4. bis 9. Juli 2011 in Lausanne. Global Problems and National Regulations: Challenges to Regulatory Strategies, in: Verwaltungswissenschaftliche Informationen 2011, Heft 3/4, S. 44 – 46.

Entscheidungsbearbeitungen BVerfG v. 16.10. 1979 – Morgengebet in der Klasse bei Widerspruch eines Schülers, in: EuGRZ 1980, S. 13. BVerfG v. 15.7. 1980 – Beitragspflicht von „Außenseitern“ zu tarifrechtlichen Urlaubskassen, in: EuGRZ 1980, S. 619. BVerfG v. 25.11. 1980 – Nachprüfbarkeit einer Sorgerechtsentscheidung, in: EuGRZ 1981, S. 49. BVerfG v. 25.11. 1980 – Hinreichende Bestimmtheit einer landesrechtlichen Norm zur Einschränkung von Nebentätigkeitsvergütung, in: EuGRZ 1981, S. 152. BVerfG v. 1.10. 1981 – Unzulässigkeit einer Bewährungsauflage, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, in: EuGRZ 1981, S. 585. BVerfG v. 20.10. 1981 – Tariffähigkeit eines Verbandes, in: EuGRZ 1982, S. 188. BVerfG v. 24.11. 1981 – Leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, in: EuGRZ 1982, S. 191. BVerfG v. 17. 2.1981 – Trennung eines Kleinkindes von der Familie, in: EuGRZ 1982, S. 464. BVerfG v. 28. 6.1983 – Hafturlaub bei lebenslanger Freiheitsstrafe, in: EuGRZ 1983, S. 26. NdsStGH v. 5.6. 1985 – Wirksamer Mandatsverzicht trotz Verfassungswidrigkeit des Rotationsprinzips/hier: „Die Grünen“ in Niedersachsen, in: EuGRZ 1985, S. 428. BVerfG v. 24.4. 1986 – Weitere Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitstrafe bei Hochbetagten, in: EuGRZ 1986, S. 616.

Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer

77

Buchbesprechungen Werner Thieme, Verwaltungslehre, Köln u. a. 1967, in: Das Parlament, Nr. 32 – 33 v. 8.8. 1970, S. 20. Gerhard Bender, Probleme des Rechtsdenkens, Frankfurt 1969, in: Das Parlament, Nr. 42 v. 17.10. 1970, S. 11. Karl Kaiser, Friedensforschung in der Bundesrepublik, Göttingen 1970, in: Das Parlament, Nr. 45 v. 7.11. 1970, S. 12. Peter Schneider, Recht und Macht, Mainz 1970, in: Das Parlament, Nr. 8 v. 20.2. 1971, S. 15. Werner Thieme, Föderalismus im Wandel, Köln u. a. o. J., in: Das Parlament, Nr. 15 v. 10.4. 1971, S. 15. Werner Thieme, Mängel im Verhältnis von Bürger und Staat, Köln u. a. 1970, in: Das Parlament, Nr. 23 v. 5.6. 1971, S. 13. Otto Kimminich, Die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, Hamburg 1970, in: Das Parlament, Nr. 30 v 24.7. 1971, S. 10. Wolf-Dieter Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, Berlin 1968; Helmut Kramer, Fraktionsbildungen in den deutschen Volksvertretungen 1819 – 1849, Berlin 1968, in: Das Parlament, Nr. 33 v. 14.8. 1971, S. 3. Niklas Luhmann, Politische Planung, Opladen 1971, in: Das Parlament, Nr. 36 v 4.9. 1971, S. 11. Rolf Peter Magen, Staatsrecht, 4. Aufl., Bonn-Bad Godesberg 1970, in: Das Parlament, Nr. 47 v. 20.11. 1971, S. 12. Frank. E. Manuel, Wunschtraum und Experiment. Vom Nutzen und Nachteil utopischen Denkens, aus dem Amerikanischen übersetzt von Otto Kimminich, Freiburg 1970, in: Das Parlament, Nr. 4 v. 22.1. 1972, S. 16. Karl Streithaupt, Geheimformeln der Verwaltungsreform?, Bonn-Bad Godesberg 1970; Modernes Management im öffentlichen Dienst am Beispiel technischer Sonderverwaltungen. Mit Beiträgen von Günter Hartkopf, Josef Stingl, Heinz Maria Oeftering, Kurt Gscheidle, Erich Süssenberger, Karl-Berthold Suhle, Stuttgart 1971, in: Das Parlament, Nr. 11 v. 11.3. 1972, S. 15. Gerhard Leibholz/Hans Justus Rinck, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar an Hand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 4. Aufl., Köln 1971; Andreas Hamann/Helmut Lenz, Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, 3. Aufl., Neuwied 1970; Friedrich Giese/Egon Schunck, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, 8. Aufl., Frankfurt 1970, in: Das Parlament, Nr. 28 v. 8.7. 1972, S. 12. Klaus Jürgen Philippi, Tatsachenfeststellungen des Bundesverfassungsgerichts, Köln u. a. 1971, in: Das Parlament, Nr. 30 v. 22.7. 1972, S. 7. Reinhold Zippelius, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., München 1971, in: Das Parlament, Nr. 32 v. 5.8. 1972, S. 12. Josef Pütz, Allgemeines Staatsrecht und Bundesstaatsrecht, Berlin u. a. 1971, in: Das Parlament, Nr. 34 v. 19.8. 1972, S. 11.

78

Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer

Werner Weber, Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, 3. Aufl., Berlin/ München 1970, in: Das Parlament, Nr. 46 – 47 v. 11.11. 1972, S. 14. Klaus Kröger, Die Ministerverantwortlichkeit in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt 1971, in: Das Parlament, Nr. 15 v. 14.4. 1973, S. 8. Hermann Kahn, Angriff auf die Zukunft, Wien/München 1972, in: Das Parlament, Nr. 21 v. 26.5. 1973, S. 14. Hermann Marcus, Die faule Gesellschaft – Wie die Deutschen arbeiten, Düsseldorf 1973; Paul Morell, Was kostet die Verwaltung – was darf sie kosten?, Bad Harzburg 1973, in: Das Parlament, Nr. 24 v. 15.6. 1973, S. 8. Aktuelle Probleme der Ministerialorganisation. Referate und Diskussionsbeiträge der internationalen verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 1971, Berlin 1972, in: Archiv des öffentlichen Rechts 99 (1974), S. 166 – 170. Ulrich Lohmar, Das Hohe Haus, Stuttgart 1975, in: Das Parlament, Nr. 17 v. 24.4. 1975, S. 15. Martin Kriele, Einführung in die Staatslehre, Reinbeck 1975, in: Das Parlament, Nr. 44 v. 1.11. 1975, S. 12. Helmut Willke, Stand und Kritik der neuen Grundrechtstheorie, Berlin 1975, in: Das Parlament, Nr. 50 v. 13.12. 1975, S. 14. Peter Menke-Glückert, Bürgeranwälte – Beamte von morgen?, Stuttgart 1975; Prodromos Dagtoglou/Roman Herzog/Kurt Sontheimer, Verfassungspolitische Probleme einer Reform des öffentliche Dienstrechts, Baden-Baden 1973; Heinrich Siedentopf, Funktion und allgemeine Rechtsstellung – Analyse der Funktion des öffentlichen Dienstes; Thomas Ellwein/Ralf Zoll, Zur Entwicklung der öffentlichen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, BadenBaden 1973, in: Das Parlament, Nr. 26 v. 26.6. 1976, S. 13. Axel Murswieck, Regierungsreform durch Planungsorganisation, Opladen 1975, in: Das Parlament, Nr. 2 v. 15.1. 1977, S. 15. Herbert König, Dynamische Verwaltung, Stuttgart 1977, in: Das Parlament, Nr. 49 v. 10.12. 1977, S. 13. Oskar Reck, Brauchen wir eine neue Bundesverfassung?, Bern 1978, in: Das Parlament, Nr. 24 v. 17.6. 1978, S. 15. Tilman Evers (Hrsg.), Chancen des Föderalismus in Deutschland und Europa, Baden-Baden 1994, in: Neue Justiz 1995, S. 26. Hermann-Josef Blanke/Wito Schwanegel (Hrsg.), Zustand und Perspektiven des deutschen Bundesstaates, Tübingen 2005, in: Die Öffentliche Verwaltung 2006, S. 443. Bernd Mertens, Gesetzgebungskunst im Zeitalter der Kodifikationen, Tübingen 2004, in: Zeitschrift für Gesetzgebung 2007, S. 204 – 206. Ulrich Karpen, Gesetzgebungslehre – neu evaluiert/Legistics – freshly evaluated, Baden-Baden 2006, in: Die Öffentliche Verwaltung 2007, S. 666. Konrad Reuter, Praxishandbuch Bundesrat – Verfassungsrechtliche Grundlagen, Kommentar zur Geschäftsordnung, Praxis des Bundesrates, Heidelberg 2006, in: Die Öffentliche Verwaltung 2008, S. 127 – 128.

Schriftenverzeichnis von Klaus-Eckart Gebauer

79

Falk Schöning, Föderale Intervention als Instrument zur Bewahrung des Bundesstaates. Rechtsvergleichende Analyse und völkerrechtliche Legitimation, Baden-Baden 2008, in: Die Öffentliche Verwaltung 2009, S. 34 – 35. Ulrich Karpen, Gesetzgebungslehre – neu evaluiert/Legistics – freshly evaluated, 2. Aufl., Baden-Baden 2008, in: Die Öffentliche Verwaltung 2009, S. 954 – 955. Andreas Hoffjan/Annehild Bramann/Stefan Kentrup, Folgekosten von Gesetzen – Beispiel AGG-Controlling und Management, Band 35, Frankfurt 2008, in: Zeitschrift für Gesetzgebung 2010, S. 97 – 98. Michael Kloepfer ( Hrsg.), Gesetzgebungsoutsourcing. Gesetzgebung durch Rechtsanwälte? Schriftenreihe Gesetzgebung und Verfassung, Band 1, Baden-Baden 2011, in: Zeitschrift für Gesetzgebung 2012, S. 410 – 413.

Buchanzeigen Archiv für Kommunalwissenschaften, 8. Jg. 1969, II. Halbjahresband (Kommunale Verwaltungsreform), in: Das Parlament, Nr. 44 v. 30.10. 1970, S. 11. Ingo v. Münch, Leitsätze zum Staatsrecht, Stuttgart u. a. 1970, in: Das Parlament, Nr. 30 v. 24.7. 1971, S. 10. Winfried Fiedler, Sozialer Wandel, Verfassungswandel, Rechtsprechung, Freiburg/München 1972, in: Das Parlament, Nr. 8 v. 24.2. 1973, S. 14. Rudolf Dolzer, Die staatstheoretische und staatsrechtliche Stellung des Bundesverfassungsgerichts, Berlin 1972, in: Archiv des öffentlichen Rechts 98 (1973), S. 309 – 310. Heinrich Aigner, Plädoyer für einen Europäischen Rechnungshof, Dokumentensammlung des Europäischen Parlaments, Luxemburg 1973, in: Das Parlament, Nr. 29 v. 20.7. 1974, S. 7.

Varia Stichwortverzeichnis: Ernst Benda/Werner Maihofer/Hans-Jochen Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts, Berlin/New York 1983, S. X, XI, 1417 – 1448. Editorial (Verwaltungswissenschaft und Parlamente), in: Verwaltung und Management 2003, S. 169. Diskussionsbeitrag in: Jan Ziekow (Hrsg.), Verwaltungswissenschaften und Verwaltungswissenschaft, Forschungssymposium anlässlich der Emeritierung von Univ.-Prof. Dr. Dr. Klaus König, Berlin 2003, S. 138 – 139. Grußwort für das Internationale Institut für Verwaltungswissenschaften: New Enough Public Management?, in: Joachim Beck/Fabrice Larat (Hrsg.), Reform von Staat und Verwaltung in Europa – Jenseits von New Public Management?, Zürich/St. Gallen/Baden-Baden 2011, S. XXIX–XXXI.

Verzeichnis der Teilnehmer Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim, Deutsche Universität fürVerwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Willi Blümel, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Carl Böhret, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Dr. h.c. Siegfried Broß, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D., Marxzell Dr. Rudolf Büllesbach, Leitender Ministerialrat, Stellvertretender Leiter der Abteilung Landtag und Ressortkoordination, Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Mainz Dr. Volker Busse, Ministerialdirigent a.D., vormals Bundeskanzleramt, Bonn Dr. Birgit Eberbach-Born, Direktorin beim Thüringer Landtag, Erfurt Prof. Dr. Rudolf Fisch, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Dr. Rainer Frank, Leiter der Zentralabteilung, Protokoll, Außenbeziehungen, Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Mainz Prof. Dr. Ricardo García Macho, Universidad Jaume I, Castellón (Spanien) Dr. Bernt Gebauer, Technische Universität Darmstadt, Institut für Politikwissenschaft Dr. Birgit Gebauer, Nanosystems Initiative Munich, Universität München Dr. Doris Gebauer, Mainz Dr. Jochen Gebauer, Bundeskanzleramt, Berlin Dr. Katharina Gebauer, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin Prof. Dr. Klaus-Eckart Gebauer, Direktor beim Landtag Rheinland-Pfalz a.D., Mainz Prof. Dr. Jürgen Held, Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Koblenz Prof. Dr. Hans H. Klein, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D., Universität Göttingen Prof. Dr. Christian Koch, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Dr. Klaus König, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Dr. Franziska Kruse, Assessorin iur., Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Siegfried Magiera, M.A. (Political Science), Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Mario Martini, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Dr. Detlef Merten, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Karl-Friedrich Meyer, Präsident des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz i.R., Koblenz

82

Verzeichnis der Teilnehmer

Prof. Georg Berndt Oschatz, Direktor des Bundesrates a.D. Prof. Dr. Dr. h.c. Rainer Pitschas, Dipl.-Verwaltungswirt, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Heinrich Reinermann, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Dr. Horst Risse, Staatssekretär, Direktor beim Deutschen Bundestag, Berlin Prof. Dr. Waldemar Schreckenberger, Staatssekretär a.D., Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Dr. Wito Schwanengel, Mag. rer. publ., Wiss. Mitarbeiter, Universität Erfurt Dr. Margrit Seckelmann, M.A., Geschäftsführerin, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer Dr. Thorsten Siegel, Privatdozent, Assessor, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer Prof. Dr. Dr. h.c. Karl-Peter Sommermann, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Martin Stadelmaier, Staatssekretär, Chef der Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz, Mainz Dr. Andrej Stuchlik, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Peter von Unruh, Direktor beim Hessischen Landtag, Wiesbaden Prof. Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident a.D. des Landes Rheinland-Pfalz sowie des Freistaates Thüringen, Ehrenvorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Sankt Augustin Dr. Göttrik Wewer, Staatssekretär a.D., Deutsche Post Consult GmbH, Bonn Prof. Dr. Joachim Wieland, Rektor, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Prof. Dr. Wolfgang Zeh, Direktor beim Deutschen Bundestag a.D., Dotternhausen