Geschichte des Alten Orients bis zur Zeit Alexanders des Großen
 9783666516856, 3525516851, 352551686X, 9783525516850

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Grundrisse zum Alten Testament 11

V&R

Grundrisse zum Alten Testament Das Alte Testament Deutsch · Ergänzungsreihe Herausgegeben von Walter Beyerlin, Reinhard G. Kratz und Hermann Spieckermann

Band 11 Geschichte des Alten Orients bis zur Zeit Alexanders des Großen

Vandenhoeck 8c Ruprecht in Göttingen

Geschichte des Alten Orients zur Zeit Alexanders des Großen

von Klaas R. Veenhof

Übersetzt von Helga Weippert

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Mit zehn Zeittafeln und sechs Karten

Umschlagabbildung der gebundenen Ausgabe Reliefaus schnitt des assyrischen Königs Assurbanipal (669-627 v. Chr.) zu Pferd bei der Löwenjagd. Britisches Museum, London.

Die Deutsche

Bibliothek

-

CIP-Einheitsaufnahme

Veenhof Klaas R.: Geschichte des alten Orients bis zur Zeit Alexanders des Großen: mit zehn Zeittafeln / von Klaas R. Veenhof. Ubers, von Helga Weippert. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2001 (Grundrisse zum Alten Testament; Bd. 11) Einheitssacht.: De wereld van de bijbel ISBN 3-525-51685-1 (kart.) ISBN 3-525-51686-X (geb.) © 2001 Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen Internet: http ://www.vandenhoeck-ruprecht.de Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Dörlemann Satz, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

Inhalt Vorwort

9

Abkürzungsverzeichnis

11

Allgemeines Literaturverzeichnis

13

I.

23

II.

III.

Einleitung 1. Rahmen und Quellen

23

2. Geschichtsschreibung im Alten Orient

28

Chronologie

35

1. Allgemeine Problemstellung

36

2. Ägypten

38

3. Mesopotamien und die Hethiter

42

4. Das 1. Jahrtausend v.Chr.

48

Das 3. Jahrtausend v. Chr

51

1. Ägypten

51

1.1 Die archaische Phase

51

1.2 Das Alte Reich

53

1.3 Die Erste Zwischenzeit

56

2. Mesopotamien bis zum Ende des 3. Jahrtausends v.Chr.

. .

57

2.1 DieUruk-Zeit

60

2.2 Die Frühdynastische Zeit

62

2.3 Die Akkad-Zeit

69

2.4 Die 3. Dynastie von Ur

73

3. Vorderasien ohne Mesopotamien

78

3.1 Elam

79

3.2 Kleinasien

80

3.3 Syrien und Palästina: Ebla und Byblos

81

6 IV.

Inhalt

Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

87

1. Ägypten während des Mittleren Reichs (12.-13. Dynastie) .

87

2. Ägypten während der Hyksoszeit oder der Zweiten Zwischenzeit (14.-1Z Dynastie)

91

3. Die Hurriter

97

4. Die Amoriter

100

5. Nomaden

104

6. Die altbabylonische Zeit im allgemeinen

108

7 Die altassyrische Zeit

112

8. Die „Isin-Larsa"-Zeit und Mari (ca. 2000-1800 v.Chr.)

. .

9. Hammurapi und seine Dynastie sowie die Ankunft der Kassiten (ca. 1800-1500 v.Chr.)

V.

117 123

10. Syrien und Palästina in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.

130

11. Das althethitische Großreich (bis ca. 1430 v. Chr.)

134

Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. v.Chr.)

139

1. Einleitung

139

2. Chronologische Probleme

140

3. Ägypten während des Neuen Reichs

142

4. Ägypten von Amenophis I. bis Amenophis III. (ca. 1500-1350 v.Chr.) 5. Die Amarnazeit (ca. 1355-1330 v.Chr.)

144 149

6. Echnaton und das Ende der 18. Dynastie (ca. 1350-1300 v.Chr.)

152

7. Die Hurriter und Mitanni (16.-13. Jh. v.Chr.)

157

8. Das hethitische „Neue Reich" (15.-13. Jh. v. Chr.)

164

9. Apiru und Schasu

170

10. Assyrer und Kassiten (Mesopotamien vom 15. bis zum 12. Jh. v.Chr.)

VI.

176

11. Ugarit (14.-13. Jh. v.Chr.)

183

12. Ägypten und das hethitische Reich (13. Jh. v. Chr.)

190

Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

199

1. Seevölker und Philister

199

2. Ägypten während der 20. Dynastie (ca. 1190-1070 v.Chr.) .

204

3. Assyrien und Babylonien (ca. 1150-900 v.Chr.)

206

4. Aramäer und Chaldäer

208

Inhalt

7

5. Syrien zwischen „Syro-Hethitern" und Aramäern (11.-9. Jh. v.Chr.)

VII.

212

6. Phönizien und Israel (11.-9. Jh. v.Chr.)

215

7. Ägypten während der 21. bis 23. Dynastie (11.-9. Jh. v.Chr.)

220

Der Vordere Orient und Ägypten zur Zeit des neuassyrischen Großreichs (9.-7. Jh. v.Chr.)

225

1. Die Quellen und die neuassyrische Politik

225

2. Assur und seine Nachbarn (9. Jh. v. Chr.)

234

3. Zwischen Adadnirari III. und Tiglatpileser III. (783-745 v.Chr.)

242

3.1 Assyrien

243

3.2 Urartu

244

3.3 Die Levante

245

3.3.1 Sam'al

245

3.3.2 Arpad

247

3.3.3 Hamath

248

3.3.4 Damaskus, Israel und Juda

248

4. Ägypten von der 23. bis zur 25. Dynastie (8. Jh. v.Chr.)

. . 249

5. Von Tiglatpileser III. bis Sargon II. (745-705 v.Chr.) . . . .

250

6. Ägypten in der Zeit von Schabako bis Psammetich I. (716-610 v.Chr.)

259

7. Assyrien, Babylonien und die Levante von Sanherib bis zum Untergang des assyrischen Großreichs (705-610 v. Chr.) . .

262

7.1 Sanherib (705-681 v. Chr.)

263

7.2 Asarhaddon (681-669 v.Chr.)

268

7.3 Assurbanipal (669-627 v.Chr.)

270

7.4 Assyriens Ende (627-609 v.Chr.)

275

VIII. Das neubabylonische Reich und seine Nachbarn (625-539 v.Chr.) 1. Nabopolassar (626-605 v.Chr.) und Nebukadnezar II. (605-562 v.Chr.)

278 278

2. Das Ende des neubabylonischen Reichs (562-539 v. Chr.) . . 284 IX.

Das persische Großreich der Achämeniden (550-330 v. Chr.) 1. Kyros II. und seine Politik (559-530 v.Chr.)

. 287 288

8

Inhalt

2. Kambyses II. (530-522 v. Chr.) und Dareios I. (522-486 v. Chr.)

291

3. Von Xerxes I. bis zum Untergang des persischen Reichs (485-330 v.Chr.)

299

Zeittafeln 1. Ägypten vom 3. Jahrtausend v. Chr. bis zum Ende des Mittleren Reichs

306

2. Mesopotamien im 3. Jahrtausend v. Chr. (nach der „mittleren Chronologie")

307

3. Mesopotamien zwischen 2000 und 1000 v.Chr.

308

4. Synchronismen in Mesopotamien während des 18. Jahrhunderts v.Chr.

309

5. Der Beginn der assyrischen Königsliste (bis 1400 v.Chr.) 6. Das „Dunkle Zeitalter" in Mesopotamien (1600-1400 v. Chr.) 7. Ägypten von der Zweiten bis zur Dritten Zwischenzeit

310 ..

311 312

8. Chronologie der internationalen Amarna-Korrespondenz (ca. 1355-1330 v.Chr.) 9. Die hethitischen Könige

313 314

10. Vorderasien und Ägypten zwischen etwa 1000 und 400 v. Chr. . . 315 Karten 1. Ägypten

317

2. Nubien

318

3. Mesopotamien bis etwa 1500 v. Chr

319

4. Die Levante mit den wichtigsten Wegen in der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr 5. Der Vordere Orient in neuassyrischer und neubabylonischer Zeit (ca. 1000-550 v.Chr.) 6. Der Vordere Orient in persischer Zeit (ca. 550-330 v. Chr.)

320 321 . . . 322

Register 1. Stellen

323

2. Namen

324

Vorwort Die folgende Darstellung der Geschichte des Alten Orients entstand ursprünglich für ein niederländisches Handbuch zur Bibel (A.S. van der Woude u . a . [Hg.], Bijbels Handboek 1: De wereld van de Bijbel, Kampen 1981, 278-441). Da der Band gesonderte Beiträge zur Geographie, Archäologie, Literatur und zu den Institutionen enthielt, mußten sich meine Ausführungen in knapper Form auf die politische Geschichte konzentrieren. Das Sammelwerk richtete sich an Theologiestudenten, denen es die grundlegenden Informationen zur Geschichte der „Welt der Bibel" vermitteln wollte. Für die nun zwanzig Jahre später vorgelegte separate Veröffentlichung meines Beitrags habe ich das anfängliche Konzept beibehalten; doch verlangte der Text eine gründliche Überarbeitung. Die Erforschung der Geschichte des Alten Orients hat sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Unser archäologisches und epigraphisches Wissen hat beträchtlich zugenommen, und auch auf dem Gebiet der Methode wurden Fortschritte erzielt. So vertiefte sich das Verständnis für historiographische Sachverhalte und für die Notwendigkeit, die politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und religiösen Facetten der Vergangenheit gemeinsam zu behandeln. Zu vielen übergreifenden und speziellen Themen, die früher nur in umfassenden Handbüchern oder in Artikeln zur Sprache kamen, liegen inzwischen Monographien vor. Diesen Entwicklungen im Hinblick auf den gesamten Alten Vorderen Orient gerecht zu werden, übersteigt die Möglichkeiten eines einzelnen Autors, der zudem nicht der Zunft der Historiker angehört, sondern ein auf die Erforschung von Keilschrifttexten spezialisierter Semitist mit historischen und biblischen Interessen ist. In der nun vorgelegten revidierten Fassung habe ich vor allem versucht, die wichtigsten neuen Fakten und Erkenntnisse aufzunehmen, die sich in der jüngeren Literatur finden. Ergänzungen und Korrekturen gegenüber dem ursprünglichen Text betreffen besonders die Chronologie, Ebla, Mari, die Hyksos, die Amarnazeit, Ugarit und Emar, das Ende des hethitischen Großreichs, die Aramäer und die Achämeniden. Für jene Bereiche und Perioden, mit denen ich, wie mit den Hethitern, Achämeniden oder mit Ägypten, weniger vertraut bin, erhielten meine eigenen Bemühungen Anleitung und Unterstütztung durch meine Kollegen Heleen Sancisi-Weerdenburg ( f ) , Philo Houwink ten Cate und Harco Willems, denen ich herzlich für ihre Hilfe danke. Den literarischen, gesellschaftlichen, religiösen und archäologischen Aspekten habe ich da, wo mir dies besonders wichtig erschien, mehr Aufmerksamkeit gewidmet; doch behielt die politische Geschichte ihre zentrale Stellung. Dies gilt auch für das alte Israel, bei dessen Behandlung der Schwerpunkt auf seinen Kontakten mit den Nachbarvölkern und -Staaten liegt. Aus-

10

Vorwort

drücklich sei der Leser hierzu auch auf H. Donners zweibändige Geschichte Israels verwiesen, die in derselben Reihe erschienen ist (H. Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, Grundrisse zum Alten Testament, ATD Ergänzungsreihe 4,1.2, Göttingen 3 2000/2001). Der Begriff der „Welt der Bibel" wurde von Anfang an sehr weit gefaßt, und dementsprechend beschränkte sich mein Überblick nicht auf Epochen, Länder und Völker, die mit dem alten Israel in direktem geographischen und chronologischem Kontakt standen. So bleiben etwa das dritte Jahrtausend v. Chr., der Iran und Kleinasien keineswegs ausgeklammert. Verständlicherweise erfahren bestimmte Gruppen und Völker wie Nomaden, Amoriter, Hyksos, Seevölker, Apiru und Schasu, Aramäer und Chaldäer sowie bestimmte Entwicklungen, die für das Verstehen der Bibel besonders relevant sind, mehr Aufmerksamkeit als dies sonst in knapp gehaltenen entsprechenden Geschichtsdarstellungen üblich ist. Nachdem gegen Ende 1996 die Textrevision im wesentlichen abgeschlossen war, konnten nur noch ausgewählte Ergänzungen und Korrekturen vorgenommen werden. Durchgängig habe ich mich aber bemüht, in den Bibliographien auch die jüngsten Neuerscheinungen aufzunehmen, auch wenn die in ihnen enthaltenen Informationen und Ergebnisse im Text keine Berücksichtigung mehr fanden. Diese Literaturhinweise sollen denjenigen unter den Lesern weiterhelfen, die sich auch zu Sachverhalten, in denen noch keine communis opinio erreicht ist, ein detaillierteres oder der neuen wissenschaftlichen Diskussion entsprechenderes Bild machen wollen, als es die hier vorgelegte „Skizze" nachzuzeichnen vermag. Schließlich danke ich Helga Weippert nicht nur für ihre sachkundige Ubersetzung des Manuskripts, sondern auch für stilistische und formale Verbesserungen sowie bibliographische und erläuternde Ergänzungen, ferner dem Herausgeber der Reihe, Walter Beyerlin, für hilfreiche kritische Hinweise. Entstanden ist schließlich eine gründlich überarbeitete, erweiterte und verbesserte Ausgabe, die, so hoffe ich, den Erfordernissen ihrer Benutzerinnen und Benutzer entgegenkommt. Leiden, im Januar 2001

Klaas R.Veenhof

Abkürzungsverzeichnis AAS OR ASOR ABL ADPV AAT AfO AJA AnBib ANET AOAT ARM ATD BA BAR BASOR BBVO BO BZAW CAH CANE EA

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[Briefe

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12 LÄ

Abkürzungsverzeichnis

W. H E L C K / E . O T T O (Hg.), Lexikon der Ägyptologie, 1, Wiesbaden 1975; W. H E L C K / E . W E S T E N D O R F (Hg.), Lexikon der Ägyptologie 2-7, Wiesbaden 1977-1992 MARI Mari Annales de Recherches Interdisciplinaires MDOG Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft NABU Nouvelles Assyriologiques Breves et Utilitaires ΝΕΑ Near Eastern Archaeology (Fortsetzung von BA) NS Neue Serie, New Series etc. OBO Orbis Biblicus et Orientalis OIP Oriental Institute Publications OLA Orientalia Lovaniensia Analecta OLZ Orientalische Literaturzeitung Or Orientalia RA Revue d'Assyriologie RAI Rencontre Assyriologique Internationale RB Revue Biblique RIMA The Royal Inscriptions of Mesopotamia, Assyrian Periods RIMB The Royal Inscriptions of Mesopotamia, Babylonian Periods RIME The Royal Inscriptions of Mesopotamia, Early Periods RLA E . E B E L I N G / B . M E I S S N E R (Hg.), Reallexikon der Assyriologie, 1-2, Berlin/Leipzig 1932-1938; E. W E I D N E R / W . V O N S O D E N u.a. (Hg.), Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, 3, Berlin/New York 1957-1971; D . O . E D Z A R D u. a. (Hg.), Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, 4-9,1-4, ebd. 1972-1999 RTAT W . B E Y E R L I N (Hg.), Religionsgeschichtliches Textbuch zum Alten Testament, Grundrisse zum Alten Testament, ATD Ergänzungsreihe 1, Göttingen 1975,21985 SAA State Archives of Assyria SBA Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde SBL Society of Biblical Literature SH(C)ANE Studies in the History (and Culture) of the Ancient Near East SS Supplement Series TA Tel Aviv TAVO Tübinger Atlas des Vorderen Orients TGI K. G A L L I N G , Textbuch zur Geschichte Israels, in Verbindung mit Ε. E D E L und R. B O R G E R , Tübingen 31979 TUAT O. K A I S E R (Hg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, 1-3, Gütersloh 1982-1994 UdK Universum der Kunst UF Ugarit-Forschungen VAB Vorderasiatische Bibliothek VT Vetus Testamentum WO Die Welt des Orients WZKM Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes ZA Zeitschrift der Assyriologie ZÄS Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde ZAW Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft ZDMG Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft ZDPV Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins

Allgemeines Literaturverzeichnis 1 1.

Literatur zur politische Geschichte, Kulturgeschichte, Kunstgeschichte und Archäologie

Religionsgeschichte,

1.1 Ubergreifende Darstellungen P. AMIET, Die Kunst des Alten Orients, Freiburg 1978. - J.P. ASMUSSEN/J. LAESSOE/ C. COLPE, Handbuch der Religionsgeschichte, 1, Göttingen 1971. - C.J. BLEEKER/ G. WIDENGREN (Hg.), Historia Religionum, 1: Religions of the Past, Leiden 1969. C. BURNEY, From Village to Empire. Introduction to Near Eastern Archaeology, Oxford 1977. - The Cambridge Ancient History, 1-3; Plates to volumes 1-2 and 3 (new edition), Cambridge 31970-1991 [= CAH], - C. CONTENAU, Manuel d'archeologie Orientale, 1-4, Paris 1927-1947 - I.M. DIAKONOFF (Hg.), Early Antiquity, Chicago/ London 1991. - R.W. EHRICH (Hg.), Chronologies in Old World Archaeology, 1, Chicago/London 31992, 1-243. - Fischer Weltgeschichte, 2-4 [= Die altorientalischen Reiche, 1-3], 5 [= Griechen und Perser], Frankfurt 1965-1967 - H. FRANKFORT, The Birth of Civilization in the Near East, London 1951. - Ders., Kingship and the Gods, Chicago 1948 [Nachdruck: 1978]. - Ders. u.a., The Intellectual Adventure of Ancient Man, Chicago 1946 [= Before Philosophy, Harmondsworth 1949], - Ders., The Art and Architecture of the Ancient Orient, Harmondsworth 41970. - P. GARELLI, Le Proche Orient asiatique, 1: Ders., Des origines aux invasions des peuples de la mer; 2: Ders./A. LEMAIRE, Les empires mesopotamiens, Israel, Paris 21997 - M. GIBSON/ R.D. BIGGS (Hg.), The Organization of Power. Aspects of Bureaucracy in the Ancient Near East, Chicago 198Z - W.W. HALLO/W.K. SIMPSON, The Ancient Near East. A History, Ford Worth 21998. - W. HELCK, Die Beziehungen Ägyptens und Vorderasiens zur Ägäis bis ins 7. Jahrhundert v.Chr., Erträge der Forschung, Darmstadt 21995. - Η. HODGES, Technology in the Ancient World, Harmondsworth 1971. B. HROUDA, Mesopotamien, Babylonien, Iran und Anatolien, HdA, Vorderasien I, München 1971. - Ders.u.a., Der Alte Orient. Geschichte und Kultur des alten Vorderasien, Gütersloh 1991. - H. KLENGEL, Zwischen Zelt und Palast. Die Begegnung von Nomaden und Seßhaften im alten Vorderasien, Leipzig 1972. - Ders. (Hg.) Kulturgeschichte des alten Vorderasien, Berlin 1989. - A. KUHRT, The Ancient Near East, c. 3000-330 BC, 1-2, Routledge History of the Ancient World, London/New York 1995. - M.T. LARSEN (Hg.), Power and Propaganda. A Symposium on Ancient Empires, Mesopotamica 7, Kopenhagen 1979. - Ε. LIPINSKI (Hg.), State and Temple Economy in the Ancient Near East, 1-2, OLA 5-6, Leuven 1979. - M. LIVERANI, Antico Oriente. Storia, societä, economica, Rom 1988. - P. MATTHIAE, Geschichte der Kunst im Alten Orient. Die Großreiche der Assyrer, Neubabylonier und Achämeniden, 1000-330 v.Chr., Stuttgart 1999. - K.R. MAXWELL-HYSLOP, Western Asiatic

1 Ergänzend zu den speziellen bibliographischen Angaben, die jeweils den einzelnen Abschnitten vorausgestellt sind, verweist das allgemeine Literaturverzeichnis auf eine Auswahl sachlich, räumlich und zeitlich übergreifender Werke, um die Einzelbibliographien zu entlasten.

14

Allgemeines Literaturverzeichnis

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1. Rahmen und Quellen Das Wort „Geschichte" steht im Titel des Buchs in der Einzahl. Das bedeutet, daß im folgenden ein mehr oder weniger zusammenhängendes Bild der historischen Entwicklungen im Alten Orient skizziert werden soll, das den geographischen, kulturellen und politischen Rahmen darstellt, in den die Geschichte Palästinas und Israels gehört. Zeitlich und räumlich dehnt sich der Alte Orient freilich weit aus, und er ist von großen landschaftlichen Unterschieden und stark differierenden kulturellen Entwicklungen geprägt. In zentralen Teilen, etwa in Mesopotamien und in Ägypten, vollzog sich der Ubergang von der Vorgeschichte zur Geschichte bereits um 3000 v.Chr.; damals setzten die ersten schriftlichen Quellen ein, und spätere historische Traditionen reichen bis in diese Zeit zurück. Der älteste Geschichtsabschnitt des gesamten Alten Orients darf aber

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Einleitung

keinesfalls losgelöst von der vorausgegangenen Vorgeschichte betrachtet werden. Die archäologischen Befunde behalten nämlich fast durchgängig ihre wichtige Rolle bei der Rekonstruktion der historischen Wirklichkeit, auch wenn ihnen für ältere Perioden und für Phasen und Zeitläufte, in denen die schriftlichen Quellen nur spärlich fließen, eine besonderes Gewicht zukommt. Gewöhnlich läßt man den Alten Orient als Geschichtsabschnitt mit dem Untergang des persischen Reichs und mit dem aufkommenden Einfluß aus dem Westen enden, der, personifiziert in Alexander dem Großen und schließlich in Gestalt des Hellenismus, einen immer breiteren Raum einnahm. Auch wir bleiben hier bei dieser Grenzziehung, obwohl sich staatliche und kulturelle Entwicklungen bekanntermaßen nicht an exakte chronologische Grenzlinien halten. Gerade in Bereichen wie Kult, Recht, Sprache und Schrift vollziehen sich Veränderungen gleitend und über einen Zeitraum von Jahrhunderten. Der Alte Orient erstreckt sich nach üblicher Auffassung von Kleinasien im Norden über den Iran im Osten und den Persischen Golf bis nach Ägypten im Süden. Das Mittelmeer gilt allgemein als seine westliche Grenze, hinter der die spätere „klassische" Welt beginnt; doch ist dies eine Grenze, die immer wieder und bisweilen massiv überschritten wurde, wie sich vor allem an den zahlreichen und vielseitigen kulturellen Verbindungen mit Zypern erweist. Auch bestanden seit weit zurückreichenden Zeiten Kontakte mit Kreta und mit der ägäischen Welt, die vor allem über die Phönizier mit ihren stark nach Westen ausgerichteten kommerziellen und kolonialen Unternehmungen liefen. Die punische Kultur Karthagos ist dafür das deutlichste Beispiel. Der Alte Orient zerfällt in vielerlei Landschaften. Am auffallendsten sind die großen Stromtäler von Nil, Euphrat und Tigris, die die alten mesopotamischen und ägyptischen Bewässerungskulturen hervorbrachten und die sich zur Entfaltung großer Imperien geradezu anboten. Es gab aber auch Landstriche, in denen Berge und Hügel überwogen, in denen sich eine üppige Vegetation von selbst entfaltete, und wo reichliche Niederschläge den Ackerbau begünstigten. Diese Gebiete eigneten sich eher für politische Zersplitterungen, auch wenn es dazu, wie das Hethitische Reich beweist, gewiß Ausnahmen gab. Ferner waren Küstenebenen mit ihrem schmalen, ansteigenden Hinterland vorhanden, etwa entlang der syrisch-palästinischen Küste und in Kilikien, wo Handel und Schiffahrt, also internationale Kontakte, gute Ausgangsbedingungen fanden. Im syrisch-arabischen Binnenland überwogen Wüsten- und Steppengebiete mit jährlichen Niederschlägen von nur 150 bis 300 mm, entlang deren Ränder nomadisierende Hirten und in Dörfern Ansässige nebeneinander lebten. Der Einfluß der unterschiedlichen natürlichen Umgebung auf die kulturelle Entwicklung und auf die politischen Konstellationen muß weit gegangen sein und trägt zur Erklärung der enormen Unterschiede innerhalb des gesamten Alten Orients bei.

Rahmen und Quellen

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In diesem Großraum lebte eine Vielzahl von Stämmen und Völkern, und während seiner langen Geschichte beherbergte er vielerlei Staaten und Imperien, von winzigen Stadtstaaten bis hin zu riesigen Reichen, von kurzlebigen Machtkonzentrationen bis hin zu Staaten mit sich jahrhundertelang behauptenden Dynastien, von tribal strukturierten Gruppen bis hin zu städtischen Milizen. Neben im Stammesverband lebenden Kleinviehnomaden und Bauerngesellschaften in ländlichen Dörfern gab es Städte oder Metropolen, die als Zentren der politischen Macht und des Kults mit Palästen und Tempeln ausgestattet waren. Der Alte Orient kennt vielerlei Sprachen und Schriften. In ältester Zeit dominierten die mesopotamische Keilschrift und die ägyptische Hieroglyphenschrift. Beide haben die kulturelle Entwicklung maßgeblich beeinflußt und damit zugleich die Art der Geschichtsquellen bestimmt. Dem Alten Orient verdanken wir das Alphabet, das seit dem ersten Jahrtausend v. Chr. über die phönizische Schrift und über davon abgeleitete Varianten, vor allem über die (unter anderem im persischen Großreich benutzte) kursive aramäische Schrift, großen Einfluß ausgeübt hat. Die unterschiedlichen Schrifttraditionen sind der Grund dafür, daß die historischen Quellen im Alten Orient recht verschiedenartige Formen annahmen und ungleichmäßig erhalten geblieben sind. Sprachunterschiede waren dabei weniger ausschlaggebend als vielmehr Unterschiede in den Schreibkonventionen und in den Textgattungen. In Ägypten handelt es sich vor allem um Inschriften auf den steinernen Wänden von Tempeln und Gräbern, ferner um zahlreiche Stelen und, sofern sie, etwa in Gräbern, die Zeit überdauerten, beschriebene Papyri und Ostraka. Neben nicht-literarischen Ostraka und Papyri sind besonders zeremonielle und literarische Texte historischer und religiöser Art reichlich vorhanden. Die Masse der für praktische Alltagszwecke beschriebenen Papyri ist dagegen verloren gegangen. In Mesopotamien besteht die überwiegende Mehrzahl der Hunderttausende von weniger vergänglichen Tontafeln aus Urkunden administrativer, wirtschaftlicher und juristischer Art sowie aus Briefen. Die Zahl literarischer und historischer Texte, vor allem Bau- und Prunkinschriften und Texte aus Schulen und Bibliotheken, ist wesentlich geringer; und innerhalb dieser an und für sich vielfältigen Gruppe sind Tempel-, Grabund Steleninschriften selten. Dieser nicht zu unterschätzende Unterschied erklärt, weshalb uns bestimmte historische und kulturelle Begebenheiten aus der ägyptischen Uberlieferung viel besser bekannt sind als aus der mesopotamischen und umgekehrt. Der erwähnte Unterschied in den Schreibkonventionen wirkte sich auch anderweitig aus. Wo sich, wie in Elam, bei den Hethitern, in Nordsyrien und in Palästina (besonders in der sogenannten Amarna-Zeit, um 1350 v.Chr.), der mesopotamische Einfluß durchsetzte 1 , finden sich Archive und manchmal auch

1 Der mesopotamische Einfluß verbreitete sich im 2. Jahrtausend v. Chr. vor allem durch babylonische Schulen im Ausland.

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Einleitung

ganze Bibliotheken mit Tontafeln. Diese sind entweder in Babylonisch beschrieben, der damaligen diplomatischen Verkehrssprache, oder in der Landessprache unter Verwendung der babylonischen Keilschrift (Texte aus Elam und der Hethiter) oder in einer eigenen Keilschrift (Texte im ugaritischen Keilschriftalphabet). Die dank des dauerhaften Schreibuntergrunds erhalten gebliebenen Texte liefern auch dem Historiker wichtige Informationen. Wo die ägyptische Tradition überwog, wie dies vor allem in Palästina und in Südsyrien der Fall war (etwa in einer Stadt wie Byblos), findet sich zwar oft eine begrenzte Anzahl zeremonieller Texte oder Weihinschriften; doch die gewiß in großer Zahl für Regierungs- und Verwaltungszwecke beschriebenen hieratischen Papyri sind wegen des ungünstigen Klimas zum größten Teil rettungslos verloren gegangen. Dies gilt wohl ebenso für die Papyri, die in Formen des sogenannten proto-kanaanäischen Alphabets beschrieben wurden. Historiker müssen in diesen Fällen mit äußerst kärglichen schriftlichen Quellen arbeiten. Im 1. Jahrtausend v.Chr. haben auch Phönizier, Israeliten, Aramäer und andere Völker die ägyptische Tradition fortgesetzt und zum Schreiben ihrer Dokumente das Alphabet, Papyrus, Schreibrohr und Tinte benutzt. Beinahe alle ihre Urkunden und Briefe haben die Zeiten nicht überdauert. Lediglich in Ägypten blieben einige Gruppen aramäischer Papyri erhalten; aus Mesopotamien kommen ein paar Dutzend aramäisch beschriebene Tontafeln hinzu. In solchen Fällen muß sich der Historiker bei seiner Geschichtsrekonstruktion mit den wenigen authentischen Zeremonialinschriften auf Stein (aus Gräbern, auf Stelen und Bauinschriften) behelfen, mit einigen Ostraka und Siegeln sowie mit Sachverhalten, die in historischen Texten fremder Großherrscher und Eroberer mitgeteilt sind, für Syrien und die Aramäer etwa in ägyptischen, assyrischen, hethitischen und hebräische Quellen. Hinzu kommen einige fragmentarische Uberlieferungen, die spätere klassische Autoren indirekt weitergaben, und die am Ort gemachten archäologischen Funde. Ein in ununterbrochener Kette überliefertes literarisches Werk, wie es das Alte Testament darstellt, fehlt für die anderen Völker. Man stelle sich eine Beschreibung von Israels Geschichte vor, die ausschließlich auf archäologischen Befunden und außerbiblischen Mitteilungen beruhte! Das Quellenmaterial für eine Geschichte des Alten Orients ist folglich lückenhaft. Die schriftliche Hinterlassenschaft aus den ältesten Perioden ist für die meisten Gebiete und Völker spärlich und in der Regel fragmentarisch und sehr kurz. Viele Fakten müssen jüngeren Geschichtsdarstellungen entnommen werden, über deren Verläßlichkeit die Meinungen auseinander gehen können. Überdies verteilen sich die Quellen, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, zeitlich, räumlich und kulturell ungleichmäßig. So ist der Historiker in hohem Maße vom Erfolg der Ausgräber und von Zufallsentdeckungen abhängig. Wären, um nur zwei Beispiele anzuführen, Mari mit seinen Palastarchiven nicht entdeckt und die Hunderte von Amarna-Briefen nicht gefunden worden, so würden uns viele auch für das Alte Testament

Rahmen und Quellen

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wichtige Informationen fehlen. Natürlich klaffen auch nun noch große Lücken in unserem Wissen. Wie tief und wie breit sie sind, werden uns erst künftige Entdeckungen zeigen. Die seit 1974 auf dem Teil Mardich (Ebla in Nordsyrien) gemachten Inschriftenfunde führen dies vor Augen. Weil von Ausgräbern im Feld und manchmal von Philologen in Museen auch künftig derartige Entdeckungen zu erwarten sind, werden sich Lücken schließen und Korrekturen nötig werden. Nicht selten dürften sich dadurch aber auch neue Probleme auftun. Dies verleiht der Geschichtsschreibung des Alten Orients eine starke Dynamik: Sie ist in Bewegung und gerade deshalb faszinierend und anspruchsvoll. Die Kunst des Schreibens hat sich im Alten Orient nicht gleichmäßig verbreitet. Viele Länder und Völker folgten Ägypten und Mesopotamien erst mit großem zeitlichen Abstand. Von Ausnahmen wie Ebla und Byblos abgesehen setzten Schriftzeugnisse in Anatolien und in Syrien-Palästina erst im 2. Jahrtausend v. Chr. ein, bei anderen Bevölkerungsgruppen, etwa bei den Israeliten, Aramäern und Südarabern, erst im 1. Jahrtausend v.Chr. Viele „neue" Völker, die aus den Randgebieten in den „Fruchtbaren Halbmond" eindrangen, kannten keine Schrift. Das gilt etwa für die Gutäer, Amoriter, Hyksos, Kassiten, die Seevölker, Aramäer, Nubier. Meist übernahmen sie nach einiger Zeit die Schrift, die (Schrift-)Sprache und bisweilen sogar die Schreiber aus ihrer neuen Umgebung; doch geschah dies stets in einem Prozeß, in dem sich die Neuankömmlinge so sehr der älteren und höheren Kultur anglichen, daß ihre eigene Identität und ihre typischen Merkmale verblaßten. Daß die Neuankömmlinge keine eigene literarische geschichtliche Uberlieferung besaßen, hatte zudem meist zur Folge, daß sie ihre eigene Vorgeschichte und die tiefgreifenden Veränderungen, die ihren Eintritt in die Geschichte begleitet hatten, nicht schriftlich festhielten. Ihre Ankunft ging nämlich oft mit politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen und mit der Zerstörung der herrschenden Ordnung einher, wobei auch die überkommene Verwaltung und die historische Dokumentation nicht verschont blieben. Die Geschichte des Alten Orients kennt dementsprechend auch mehrere solcher kritischen Übergangszeiten, die oft als „Zwischenzeit" (Intermediate Period; für Ägypten sind drei bekannt; doch wird der Ausdruck auch für Mesopotamien benutzt) oder als „Dunkles Zeitalter" bezeichnet werden {Dark Ages; im Mesopotamien für die Periode um 1500 v.Chr., ansonsten besonders für den Zeitraum um das 11. Jh. v.Chr.). Fehlende historische Informationen verursachen dabei oft Unsicherheiten hinsichtlich der Chronologie, die sich in wechselnden Zeitangaben niederschlagen.

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Einleitung

2. Geschichtsschreibung

im Alten

Orient

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Die verfügbaren Quellen, besonders die historiographischen, sind mit Umsicht und mit Rücksicht auf ihre Eigenart zu benutzen. Weiß man nichts über ihre Entstehung und Absicht und achtet nicht genau auf ihre literarische Form und ihren Stil (Aspekte, die gewöhnlich miteinander zusammenhängen), läuft man Gefahr, sie unkritisch und naiv auszulegen. Keine antike Geschichtsdarstellung verdankt ihr Dasein einem rein wissenschaftlichen Interesse oder dem Drang nach einer objektiven Berichterstattung. Sie sind keine Geschichtsdarstellungen im modernen Sinn des Wortes. In der neueren Forschung werden deshalb die Charakteristika altorientalischer Geschichtsschreibung untersucht und in Zusammenhang damit ihr „Sitz im Leben", ihre literarische Gattung, ihre politische Intention und ihr religiöser oder ideologischer Hintergrund. Besonders wichtig ist dies bei literarischen, von alten Zeiten und frühen Königen handelnden Texten. Ein gut bekanntes Beispiel dafür ist die Sammlung von Legenden, epischen Erzählungen und theologischen Werken, die sich um Sargon und Naramsin, die beiden berühmtesten Könige der Dynastie von Akkad, rankt, und die an hervorgehobenen Stellen auch einige sogenannte „historische Omina" enthält. Diese Texte belegen, daß das akkadische Königtum in jüngeren Zeiten als Vorbild und seine Könige als Beispiele aus der Geschichte dienten. Der historische Wert derartiger Uberlieferungen ist vermutlich für ihre Entstehungszeit größer als für die Ereignisse und Zeiten, über die sie angeblich berichten. Einige Texte, etwa „Der große Aufstand" (gegen Naramsin), enthalten einen „historischen Kern", der im genannten Beispiel auf eine noch in altbabylonischer Zeit kopierte Originalinschrift des Königs zurückgeht. Mehrheitlich besagen die Texte aber mehr über den politischen und ideologischen Kontext, dem sie entstammen, und über die Erwartungen und Enttäuschungen ihrer Autoren als über die Geschichte der Dynastie von Akkad. Die Zielsetzung vieler „offizieller" Texte ist politisch-ideologisch bestimmt. Die Sumerische Königsliste will die zuletzt aufgeführte Dynastie von Isin legitimieren; ein Abschnitt in der Assyrischen Königsliste soll die fremde Herkunft des Usurpators Schamschiadad I. vertuschen. Berichte über Feldzüge und Eroberungen dienen der Glorifizierung des als Sieger aus einer Schlacht hervorgegangenen Königs; historische Einzelheiten in den Prologen

Geschichtsschreibung im Alten Orient

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hethitischer Verträge sollen den Vasallen so an die frühere Geschichte erinnern, daß er durch Aufmunterung oder durch versteckte Drohung zu einem treuen Verbündeten wird. Die oft ausführliche Schilderung von ehemaliger Korruption und früheren Mißständen in Gesellschaft und Politik dient als dunkle Folie, von der sich die überaus segensreiche Regierung des jetzigen Throninhabers positiv abhebt. Bekannte „Reformer" wie Urukagina, Telepinu und Haremheb setzten dieses Mittel in ihren Erlassen ebenso ein wie Kilamuwa (ca. 825 v. Chr.) aus dem nordsyrischen Staat Sam'al. Was die Amarna-Briefe aus Palästina betrifft, dürfen wir niemals vergessen, daß sie geschrieben wurden, um den Pharao von der Treue und von den guten Absichten des Absenders sowie von der Notwendigkeit zu überzeugen, diesem militärische Unterstützung zukommen zu lassen. Derartige Beispiele ließen sich leicht noch vermehren. Wird in den Texten ein bestimmtes Ziel angepeilt, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, daß ihre historischen Informationen unrichtig oder falsch sein müssen, wohl aber, daß sie Begebenheiten in ein bestimmtes Licht rücken, interpretieren und auswählen, um ihre Absicht zu erreichen. Gewiß gab es „Mißstände", die durch die „Reformer" zu beseitigen waren, und Urukagina wurde vermutlich auch von dem Verlangen nach einer besseren Gesellschaft und von seinem Mitgefühl mit den Benachteiligten getrieben; doch ist es fraglich, ob die Vergangenheit so düster und die Gegenwart so hell waren, wie die Erlasse mit ihrer propagandistischen und politischen Tendenz uns weismachen wollen. Die unglaublich günstigen Marktpreise, die einigen mesopotamischen Herrschern zufolge unter ihrer Regierung gegolten haben sollen, vermitteln ein geschöntes Bild von dem von ihnen geschaffenen Wohlstand. Derartige Absichten kamen auch bei der Entstehung von Texten wie den „Gesetzen" des Königs Hammurapi zum Zug; mit seinen Bestimmungen will er aber auch künftige Generationen von seiner Weisheit und seinem Sinn für Gerechtigkeit überzeugen, um so sein eigenes Ansehen zu festigen. Im allgemeinen darf man davon ausgehen, daß Hofschreiber den König oft so schilderten, wie er selbst gesehen werden wollte. Das machen die zahlreichen mesopotamischen Königshymnen aus der Zeit um 2000 v. Chr. ebenso deutlich wie die ägyptische „Propaganda-Literatur", wie sie vor allem aus der 12. Dynastie bekannt ist, etwa „Die Prophetien des Neferti", „Die Lehre von Amenemhet" und Hymnen auf Sesostris III. Zu Recht wurde darauf hingewiesen, daß jüngere, besonders assyrische, Annalen und Prunkinschriften, die uns ein solches Bild vom siegreichen Eroberer übermitteln, wie er sich selbst gerne sah, an die Stelle der in Mesopotamien ausklingenden Königshymnen traten. Traditionelle Leistungen, in Mesopotamien etwa das Vordringen bis zum „oberen und unteren Meer", konnten in ihnen bisweilen ohne ausreichenden Grund von Herrschern beansprucht werden, die gerne bis dorthin vorstießen, „wohin noch kein Vorgänger seinen Fuß gesetzt hatte". In Ägypten wurden während des Neuen Reichs die langen Listen mit in Syrien, Palästina und andernorts von Vorgängern eroberten Orten kopiert.

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Einleitung

So sind die Tempelreliefs Ramses' III. in Medinet Habu, die den Kampf mit Nubiern, Hethitern und Syrern abbilden, von seinem Vorgänger Ramses II. übernommen, der tatsächlich mit ihnen Krieg führte. In den Inschriften über die Schlacht zwischen Ramses III. und den Seevölkern, bei der die Ägypter jetzt in der Defensive waren, entdeckte B. Cifola ein erzählerisches Muster. Der zentrale, von der erfolgreichen königlichen Aktion berichtende Teil wird jeweils mit einer Beschreibung der Vorgeschichte und des Aufmarsches beider Parteien in Ägypten eingeleitet. Auf den Hauptteil folgt die Schilderung der unglückliche Lage, in der sich die besiegten Feinde befinden, und der Freude, die der Erfolg in Ägypten auslöst. Umrahmt wird das Ganze von rhetorisch ausgefeilten, fast hymnischen Eröffnungs- und Schlußteilen. Andere Forscher haben nicht ausgeschlossen, daß man es hier mit einer narrativen Verdichtung eines länger dauernden Prozesses zu tun haben könnte 2 . Kleinere Gefechte und ihre Niederschlagung, wiederholte Attacken und mehrfache Versuche, ins Land einzufallen, seien in den Reliefszenen zu einem einzigen militärischen Ereignis zusammengezogen und erfüllten auf diese Weise einen ganz bestimmten propagandistischen Zweck. Für die in Palästina lokalisierten Schlachtszenen, die auf der Mauer eines Hofs im Amuntempel in Karnak neben den Text des Vertrags zwischen Ramses II. und den Hethitern gesetzt sind, haben sorgfältige Untersuchungen nachgewiesen, daß sie mit diesem König nichts zu tun haben. Unter den Kartuschen von Sethos II. und Amenmesse, mit denen die dargestellten Vorgänge auf diese Herrscher bezogen werden sollten, fanden sich Reste von Merenptahs Kartusche. Demnach ist nicht auszuschließen, daß sich eine der Szenen tatsächlich auf Merenptahs Auseinandersetzungen mit den Israeliten bezieht, von denen er auf seiner Stele berichtet (s.u. S. 198). Bevor man derartige Reliefs und Inschriften als historische Quellen ausschöpft, sollten sie peinlichst genau untersucht werden. Wie notwendig diese Regel ist, ergibt sich auch aus den Reliefs Sethos' I., die sich ebenfalls in Karnak befinden. Weil die neben den Bildszenen angebrachten, auf Afrika bezüglichen „Namensringe" 3 in Inhalt und Abfolge stereotyp sind, vermuten einige Wissenschaftler, daß sie von Vorgängern übernommen seien. Dagegen scheinen die „Namensringe" asiatischer Städte und Völker authentisch zu sein. Bilder und Reliefs von Kriegsszenen sind nicht nur historisch zu deuten, sondern auch und zuerst stilistisch zu untersuchen. Dies kann zu unterschiedlichen Meinungen über ihre Reihenfolge führen, und es können sich auch Zweifel daran einstellen, ob tatsächlich mit jedem Register ein neuer Feldzug beginnt.

2 Damit liegt eine Parallele zu der Annahme vor, die Schilderung der Eroberung Kanaans im Buche Josua, Kapitel 10-11, als zwei große Schlachten sei eine Reduktion oder auch Aufwertung verschiedener und sich über längere Zeit hinziehender Vorgänge. 3 Ortsnamen wurden in Ägypten seit früher Zeit innerhalb von (schützenden Mauer-)Ringen geschrieben. Sie sind nicht mit den sogenannten Kartuschen oder auch „Königsringen" zu verwechseln, in denen der Name eines Pharaos jeweils von einem verknoteten Strick umgeben ist, der ebenfalls schützende Funktion hat.

Geschichtsschreibung im Alten Orient

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Eine anderes geartete „Geschichtsklitterung" fällt in einem Feldzugsbericht des assyrischen Königs Tukultininurta I. auf (Ende des 13. Jh.s v. Chr.). Der König soll demnach bei der Verfolgung der Hethiter bis zum Euphrat vorgedrungen sein, soll ihn überschritten und 28000 Soldaten gefangen und deportiert haben. Diese Angaben sind nicht für bare Münze zu nehmen. Das zeigt sich, sobald man sich vor Augen hält, daß er offenkundig seinen Vorgänger, Salmanassar I., übertreffen wollte, der bei einer ähnlichen Unternehmung nicht über den Fluß setzte und „nur" 14000 Feinde gefangen nahm, also genau die Hälfte der Zahl, die sein Nachfolger für sich beansprucht. Ahnlich gelagerten Problemen stehen auch Alttestamentier gegenüber, wenn sie die Nachrichten über große Schlachten auswerten wollen. In mehreren Erzählungen, die von Heldentaten Josuas, der Richter und der Könige Israels und Judas berichten, gehen die Zahlenangaben bis in die Hunderttausende. Wie sehr die Realität entstellt werden konnte, zeigt sich immer dann, wenn uns die Beschreibungen beider an einem militärischen Konflikt beteiligten Parteien vorliegen. Dies gilt etwa für die Schlacht bei Qadesch am Orontes (ca. 1275 v.Chr., Ramses II. gegen die Hethiter) und für die Belagerung Jerusalems im Jahr 701 v. Chr. durch Sanherib, die im Alten Testament und in den assyrischen Annalen beschrieben ist. Niederlagen und fehlgeschlagene Operationen bleiben in der Berichterstattung ein äußerst sensibler Punkt, auch wenn es ab und zu, wie in hethitischen Quellen und in der Babylonischen Chronik, zu etwas mehr Objektivität kommt. Wo eine Kontrolle anhand von Parallelüberlieferungen unmöglich ist, ist Vorsicht geboten. Es ist begrüßenswert, daß sich gegenwärtig der wissenschaftliche Blick zunehmend auf die systematische Untersuchung der altorientalischen Geschichtsschreibung ausrichtet, und zwar sowohl auf ihre eher technischen und literarischen Aspekte als auch auf ihre ideologischen Hintergründe. Dabei werden Fragen über das Verhältnis von Geschichte und Mythos, über das Vorkommen geprägter Motive und Muster und das „Geschichtsbild" erörtert. E. Hornung machte auf das im Wesen „rituelle Geschichtsbild" im klassischen Ägypten aufmerksam, dem zufolge die Geschichte als nach mehr oder weniger festen Schemata verlaufende „Erneuerung der Urgeschichte" erfahren wird. B.A. Albrektson untersuchte die Vorstellung von „geschichtlichen Ereignissen als Manifestationen der Gottheit" im alten Vorderasien, um die alttestamentliche Gerichtsvorstellung mit der bei Israels Nachbarn zu vergleichen. Während er bei wesentlichen Punkten eine weitgehende Ubereinstimmung feststellte, hat W.G. Lambert zu Recht darauf hingewiesen, daß die mesopotamischen Texte nichts von einem „göttlichen Plan in der Geschichte" wissen und nichts von einem Ziel und Ende, auf das Gott in der Geschichte hin wirkt. M. Liverani hat gezeigt, daß die Geschichtsschreibung sowohl in eher autobiographischen Werken wie in für die Öffentlichkeit bestimmten Zeremonialtexten bisweilen mit vorgegebenen Schemata und Strukturen arbeitet, etwa mit „der Eroberung des Throns" (vor allem von Usurpatoren benutzt), mit „dem unschuldig Leidenden" (so Ribaddi von

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Einleitung

Byblos in seinen an den Pharao gerichteten Klagebriefen) und mit dem „Reformer", der die alte, göttlich sanktionierte Ordnung dadurch wieder herstellt, daß er aufgekommene Mißstände beseitigt. Besondere Bedeutung für das Alte Testament hat die neuere Untersuchung der hethitischen Geschichtsschreibung, die im Alten Orient einen eigenen Platz einnimmt, weil sie, um mit A. Goetze (1936) zu sprechen, in der Form eines wahrhaft historischen Berichts den Rahmen der trockenen Annalen durchbricht: „Mythos und Legende sind aus dem Bereich der Geschichtsschreibung verdrängt. Der hethitische historische Bericht versteht es in einer Weise, die erst in den Geschichtsberichten der Israeliten wieder erreicht wird, Ereignisse unter einheitlichen Gesichtspunkten rückschauend zusammenzufassen, Situationen eindrucksvoll darzustellen". Die große Bedeutung, die dem geschichtlichen Wissen in der hethitischen Welt zukam, belegen neben anderem die in mehreren literarischen Gattungen vorkommenden historischen Einsprengsel, etwa in „Gesetzen" („früher ... jetzt"), in Ritualen („Kultgeschichten") und in Mythen. Alttestamentler haben nicht zu Unrecht den historischen Einleitungen zu den hethitischen Vasallenverträgen viel Aufmerksamkeit zugewandt, da diese ja, ebenso wie die prophetischen Geschichtsdarstellungen im Alten Testament, das Bundesverhältnis und die Vertragsbestimmungen historisch begründen und die Vorgeschichte als pädagogisches Beispiel und als Basis für die gegenwärtige Beziehung benutzen. O b und in wie weit die alttestamentliche Geschichtsschreibung durch die hethitische beeinflußt wurde, bleibt eine schwierig zu beantwortende Frage. Wegen des zeitlichen Abstands von doch einigen Jahrhunderten und wegen der Unwahrscheinlichkeit direkter Kontakte sollte man eher an eine indirekte Vermittlung über die - freilich noch weitgehend unbekannte syrisch-kanaanäische Kultur denken, wozu selbstverständlich die eigene, durch den Glauben an den einen, sich in der Geschichte um sein Volk bemühenden Gott stimulierte Kreativität hinzukam. Abgesehen von der Frage nach Einflüssen und Ursprung ist ein Vergleich der eher formalen Aspekte in der alttestamentlichen und in der hethitischen Geschichtsschreibung faszinierend und erhellend, sind doch beide als „Handlungsdarstellung" gestaltet. Der Vergleich wirft Licht auf die Kompositionstechnik 4 , auf die Stilistik 5 und auf den „Gebrauch" von historischem Material in unterschiedlichem Kontext. Es gibt mehrere überzeugende Gründe dafür, daß die Geschichte des Alten Orients mit einigem Recht als eine Einheit betrachtet werden darf. Zwischen

4 Hierbei ist unter anderem zu denken an den Gebrauch der Vorgeschichte und von G e schichtsrückblicken, an die Z u s a m m e n f a s s u n g gleichzeitiger Ereignisse und an die Herstellung umfassender historischer Berichte als geschlossenen, von einem T h e m a zusammengehaltenen Einheiten. 5 In Betracht k o m m e n syntaktische Formen, logische Schemata für das Ausdrücken zeitlicher oder kausaler Zusammenhänge, Einführungen von Begleitumständen.

Geschichtsschreibung im Alten Orient

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den Gebieten, die zum „Fruchtbaren Halbmond" 6 gehören oder an ihn grenzen, besteht ein geographischer Zusammenhang. Er findet schon seit frühen Zeiten unter anderem in zahlreichen internationalen Kontakten seinen Ausdruck. Diese Beziehungen waren kommerzieller, kultureller, politischmilitärischer oder diplomatischer Art. Ihnen ist es zuzuschreiben, daß die kulturelle Entwicklung im Alten Orient - trotz aller Verschiedenheit, trotz Partikularismus und unterschiedlichem Tempo und Ausgangspunkt - deutlich übereinstimmende Züge und manchmal sogar Spuren gegenseitiger Beeinflussung aufweist, wodurch sich vielerlei literarische, religiöse, gesellschaftliche, technische und militärische Phänomene gewinnbringend miteinander vergleichen lassen. Speziell seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. nahmen auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet die Kontakte zu, in deren Verlauf Kriege ausgefochten, Verträge und Koalitionen geschlossen, und Handelswaren, Geschenke, Spezialisten sowie Prinzessinnen ausgetauscht wurden. Dies geschah innerhalb eines eindrücklichen Geflechts internationaler diplomatischer Beziehungen, das dank des Gebrauchs des Babylonischen als internationaler Verkehrssprache möglich geworden war, wie vor allem die Archive in Mari (erste Hälfte des 18. Jh.s v.Chr.) und el-Amarna (Mitte des 14. Jh.s v. Chr.) deutlich gemacht haben. Immer wieder beeinflußten Staaten gegenseitig ihre Geschichte. Als im 1. Jahrtausend v. Chr. die Reiche größer wurden und die militärischen Unternehmungen weiter ausgriffen, führte dies zusammen mit einem intensiven internationalen Handel dazu, daß sich die geographischen und politischen Zusammenhänge noch besser abzeichneten. Nach der gewaltigen Machtentfaltung des neuassyrischen und der des kurzlebigen neubabylonischen Reichs gelang es gegen Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. dem persischen Reich der Achämeniden, erstmals den gesamten Alten Orient unter einer Regierung und einer Verwaltung zusammenzufügen. Das Aramäische, das seit dem 8. Jahrhundert v.Chr. eine immer bedeutendere Rolle gespielt hatte, fungierte dabei als lingua franca (das sogenannte „Reichsaramäisch"). Die obigen Ausführungen bedeuten nicht, daß es in der Praxis einfach sei, die altorientalische Geschichte als Einheit zu behandeln. Trotz manchen Gemeinsamkeiten und gegenseitigen Beeinflussungen überwiegt dennoch durchgängig der Eindruck, man habe es mit einer Reihe von Völkern zu tun, von denen jedes seine eigene Gesellschaftsstruktur, seine Religion, seine Sprache, seine Literatur und seine Geschichte hatte. In besonderem Maße gilt dies für die „großen" Völker, die durch ihre geographische Lage, Macht oder kulturelle Überlegenheit ganz natürlich eigenständige Größen darstellten, wie etwa Ägypten, Mesopotamien und, in etwas geringerem Ausmaß,

6 Als „Fruchtbaren Halbmond" bezeichnet man das gebirgige Gebiet, das sich in Süd-Nordrichtung die östliche Mittelmeerküste entlangzieht und dann als ein Bogen nördlich von Euphrat und Tigris auf den Persischen Golf zuläuft. In diesem, einer auf ihren Spitzen stehenden Mondsichel ähnlichen Bereich fielen Niederschläge in ausreichender Menge, um eine ertragreiche Landwirtschaft auch ohne künstliche Bewässerung zu garantieren.

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Einleitung

die Hethiter. Die kleinen Staaten, besonders diejenigen im syrisch-palästinischen Gebiet, waren jahrhundertelang fremden Einflüssen ausgesetzt, wodurch ihre Geschichte nachhaltig von dem bestimmt wurde, was die Großmächte taten oder unterließen. Neben den eigenen Zügen belegen hier internationale Aspekte einen wichtigen Platz. Behandelt man die Geschichte des Alten Orients als die Geschichte von Israels Umwelt, ist ein guter Zugang eröffnet: Es ist dann ein Schwerpunkt gesetzt und als Ausgangspunkt die internationale Rolle dieses umstrittenen Gebiets gewählt. Verfehlt wäre es aber, das Material ausschließlich unter diesem Blickwinkel zu betrachten. Wollte man sich zu sehr auf Palästina konzentrieren, entstünde ein verzerrtes Geschichtsbild und wichtige Kontexte blieben ausgeklammert. Im Rahmen des vorliegenden Handbuchs wird es freilich notwendig sein, sich ausführlicher mit Phänomenen und Völkern wie den Amoritern, den Apiru und den Aramäern zu befassen, die in Israels Geschichte und Geschichtsdarstellungen einen wichtigen Platz einnehmen. Angesichts des enorm angewachsenen Materials und angesichts der zahlreichen historischen Probleme ist im folgenden eine strenge Beschränkung und Auswahl geboten. Die ältere Geschichte, meist eine formative Periode, und die Randgebiete (Elam, Urartu, Arabien) können in unserer Darstellung nur kurz und unzulänglich gestreift werden. Bei viel Material aus der Kulturgeschichte und aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kunsthistorischen sowie religiösen Bereichen müssen wir uns mit knappen Hinweisen begnügen. Durch entsprechende Literaturangaben läßt sich dies aber hoffentlich einigermaßen ausgleichen.

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Chronologie

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1. Allgemeine

Problemstellung

Kein historischer Abriß läßt sich ohne chronologisches Gerüst, d.h. ohne Jahreszahlen, herstellen. Freilich braucht man zu den Jahreszahlen in der altorientalischen Geschichte eine klare Gebrauchsanweisung. Nur so lassen sich sowohl ein ungrechtfertigtes Vertrauen in vermeintlich absolute Jahreszahlen als auch ein beliebiges Verschieben von Ereignissen und Königen über viele Jahrhunderte hinweg (I. Velikovsky, D. Röhl) vermeiden. Das vor allem durch die unterschiedlichen Datierungen Hammurapis von Babylon bekannte „chronologische Problem" hat seinen Hauptgrund darin, daß eine von einem festen Beginnpunkt ausgehende und fortlaufende Zeitrechnung, also eine Ära, fehlt. Es kam zwar im Verlauf der Jahrhunderte zu Ansätzen in diese Richtung; doch die erste tatsächliche Ära, die sogenannte seleukidische, setzt erst im Jahr 312 v.Chr. mit der Eroberung Babylons durch Seleukos I. ein. Wo eine kontinuierliche Jahreszählung fehlt, wirkt sich jede Lücke in Regierungsjahren oder jede sie betreffende Unsicherheit unvermeidlich auf die Chronologie der vorausgehenden Periode aus. Zwar gab es Hoffnungen, chronologische Probleme mit Hilfe moderner naturwissenschaftlicher Methoden lösen zu können, etwa mit der Radiokarbon- oder C-14-Methode, die bei organischen, Kohlestoff enthaltenden Resten anwendbar ist 1 , oder mit Untersuchungen der Thermoluminiszenz, die sich für gebrannte Tonware eignet. Doch beide Verfahren steuern mehr zu Datierungen in der Vorgeschichte bei, denn für geschichtliche Zeitabschnitte ist die Unsicherheitsspanne dieser Datierungshilfen zu weit, als daß man sich von ihnen Lösungen versprechen dürfte. Aus bislang noch unzureichend erklärten Gründen weichen die C-14-Datierungen 2 für die 1 Die M e t h o d e basiert auf d e m allmählichen A b b a u der in Kohlestoff vorhandenen C-14-Isotopen, deren Anzahl in etwa 5730 ( ± 40) Jahren halbiert wird („Halbwertzeit"). 2 Zur Zeit werden sie anhand von C-14-Datierungen von H o l z korrigiert, dessen absolute D a tierung durch die Zählung von Jahresringen in B ä u m e n , vor allen der pinus anstata, fest steht. M a n bezeichnet solche D a t e n als „kalibriert".

Allgemeine Problemstellung

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altägyptische Zeit ganz erheblich von den leidlich verläßlichen, auf „traditionelle" Weise errechneten Daten ab (vor dem 3. Jt. v.Chr. bis zu drei Jahrhunderten). Die dendrochronologischen Datierungen, die auf dem Zählen von Jahresringen in Bäumen beruhen, sind für die Rekonstruktion von Anatoliens Geschichte während der Bronze- und Eisenzeit von großer Bedeutung. Inzwischen liegt eine ununterbrochen fortlaufende Serie von Jahresringen vor, die den Zeitraum von 627 bis 2660 v. Chr. deckt (Befund Ende 1999). Die Materialproben sind zumeist von Wacholder-, Pinien- oder Zedernholz genommen, das zum Teil für Balken in Gebäuden verwendet worden war. Da in einigen dieser Gebäude, etwa in Kültepe/Kanisch und in Agemhöyük, datierte Texte entdeckt wurden, die Schamschiadad I. (um 1800 v.Chr.) und andere mesopotamische Herrscher erwähnen, werden Verbindungen mit der assyrischen Chronologie möglich. In zwei Schritten versuchen die Historiker des Alten Orients eine Chronologie zu erstellen, die der absoluten so nahe wie möglich kommt. Zunächst wird ausgehend von den „normalen" historischen Quellen, vor allem den epigraphischen, aber auch den archäologischen, ein allgemeines Gerüst entworfen, in das die datierten Gegebenheiten, wie Regierungszeiten von Königen oder bedeutende Schlachten, relativ (x Jahre vor oder nach y ) eingefügt werden. Zu diesem Zweck benutzt man Königslisten, Listen mit Zahlen oder Namen von Regierungsjahren, Eponymenlisten, Annalen, Chroniken, Bauinschriften („König Α restaurierte diesen Tempel χ Jahre, nachdem Β ihn erbaut hatte"), Angaben über die Laufbahn von Beamten oder Genealogien, ferner natürlich datierte Urkunden, bevorzugt solche, die Teil eines Archivs sind. Mit Hilfe von astronomischen Erscheinungen oder Synchronismen bemüht man sich sodann darum, einige absolute Daten zu erhalten. Damit läßt sich, auch wenn Lücken und Unsicherheiten bestehen bleiben, wenigstens exakt berechnen, wie viele Jahre zwischen zwei, oft weit auseinanderliegenden Ereignissen vergangen sein müssen. Das allgemeine chronologische Gerüst wird so stets zuverlässiger, die Möglichkeit für Fehler in den Zwischenzeiten dagegen immer kleiner. Das Ergebnis ist, daß die meisten Jahreszahlen für das 1. Jahrtausend v. Chr. als mehr oder weniger sicher betrachtet werden dürfen, auch wenn gerade Ägypten (22. bis 24. Dynastie) und das Alte Testament noch einige ungelöste Rätsel aufgeben. Die Unsicherheitsspanne für die zweite Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr. bewegt sich durchgängig zwischen fünf und zehn Jahren. Diese Unwägbarkeiten wirken sich freilich auf die älteren Perioden aus, wo die Schwankungsbreiten wegen der spärlichen Quellenlage beträchtlich zunehmen. Da es den Rahmen dieser Ubersicht sprengte, den status quaestionis in aller Breite darzulegen, begnüge ich mich mit einigen die Methoden und die Fakten betreffenden Hauptlinien. Weil Könige in der politischen Geschichte die Hauptrolle spielen, ist ihre Regierungsdauer für die Chronologie überaus wichtig. Zahlreiche Informationen über die Abfolge von Herrschern und über die Anzahl ihrer Regierungsjahre lassen sich zum Glück oftmals den Quellen entnehmen. Primäre

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Bedeutung kommt dabei den Königslisten zu, obwohl entsprechende Angaben auch aus einer Kombination der einzelnen Genealogien und Chroniken erschlossen werden können (so im Alten Testament und zum Teil bei den Hethitern). Reihen von Königsnamen ohne Nennung ihrer Regierungszeiten finden wir in ausführlichen Genealogien und besonders in für den Opferkult bestimmten Königslisten. Solche Listen sind aus Ebla, Bogazköy und Ugarit bekannt, doch gab es sie auch in Babylonien und Ägypten. Nachteilig wirkt sich allerdings aus, daß die historische Objektivität in ihnen nicht immer beachtet wurde. So überspringt zum Beispiel die Aufzählung von 75 Pharaonen im Totentempel Sethos' I. in Abydos einige Dynastien sowie einige seiner eher direkten Vorgänger, darunter auch die Amarna-Pharaonen. Am informationsreichsten sind die stärker historiographisch orientierten Listen, die die Regierungsjahre eines jeden Königs aufführen, und die oft nach Dynastien aufzählen. Allerdings ist zu beachten, daß solche Listen häufig lange tradiert und Zahlen und Namen dadurch entstellt wurden. Feststellbar ist dies stets dann, wenn mehrere Handschriften vorliegen und sich vergleichen lassen, wie dies etwa bei der Sumerischen Königsliste der Fall ist. Derartige Listen verdankten ihr Entstehen freilich, wie oben bereits erwähnt ist, keineswegs immer ausschließlich historischen Motiven. Politische Interessen und eine idealisierte Sicht der Vergangenheit führten, bisweilen gepaart mit mangelhaften Geschichtskenntnissen, immer wieder zur Vergewaltigung historischer Fakten, indem man etwa an der Fiktion festhielt, während einer bestimmten Zeit habe stets nur ein „rechtmäßiger" König regieren können. Konkurrierende und sich zum Teil überschneidende Dynastien konnten deshalb nacheinander angeordnet werden. Dies geschah z . B . mit dem Ende der altbabylonischen Dynastie und dem Beginn der Kassiten-Dynastie oder mit der 15. bis 17. D y nastie in Ägypten (ungefähr während der Hyksoszeit). Kleinere Details, wie zeitweilige Koregentschaften und die Doppelzählung des letzten und ersten Regierungsjahres zweier aufeinander folgender Könige, ziehen ebenfalls nicht unerhebliche Schwierigkeiten nach sich. Zudem sind die meisten Listen auch noch beschädigt. Lassen sich die vorhandenen Lücken nicht mit Hilfe von Duplikaten und Abschriften schließen, was in Ägypten häufig vorkommt, muß man auf Schätzungen ausweichen. Es ist dann vom durchschnittlichen Lebensalter auszugehen, von der Dauer einer Generation und von den höchsten, in Urkunden genannten Regierungsjahren eines Herrschers.

2. Ägypten Weil Listen beschädigt oder nicht immer vertrauenswürdig sind, und weil manchmal datierte Quellen nur in unzureichendem Umfang verfügbar sind, ist es nach wie vor schwierig, für Ägypten eine überzeugende absolute Chronologie zu erstellen. Zwar setzt sich für die Zeit nach 1500 v. Chr. inzwischen mehr und mehr ein Konsens durch; doch für die Zeit davor, also für das Mitt-

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lere Reich, die Erste Zwischenzeit und das Alte Reich, konkurrieren noch immer unterschiedliche Chronologien miteinander, wobei für die Periode des 3. Jahrtausends v. Chr. mit einer Unsicherheitsmarge von etwa fünfzig Jahren zu rechnen ist. Angaben für das Alte und Mittlere Reich enthält das fragmentarische, als „Turiner Königspapyrus" oder „Kanon von Turin" bekannte Manuskript aus der Ramessidenzeit, einer Epoche, für die ein ausgeprägtes Interesse an der Geschichte typisch ist. Der Text vermerkt die Regierungsjahre von Pharaonen und Dynastien 3 , und er reicht von Menes, dem ersten König der 1. Dynastie, bis zur 15. Dynastie. Außerdem verfügen wir über eine fragmentarische Inschrift auf dem sogenannten „Palermostein". Dieser während des Neuen Reichs kopierte annalistische Text zählt die Jahre von Regierungen und wichtigen Ereignissen seit vordynastischer Zeit bis zum Ende der 5. Dynastie auf. Ausgehend von diesen beiden Dokumenten setzt man gewöhnlich den Beginn der 1. Dynastie um 3000 v.Chr. oder wenig später an, den der 6. Dynastie zwischen 2350 und 2300 v.Chr. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, daß nicht alle Datumsangaben beider Texte korrekt sein müssen. So vermutet man etwa, daß für die beiden Pyramidenerbauer der 4. Dynastie, Cheops und Snofru, zu kurze Regierungszeiten angegeben sind. Auch über den Regierungsantritt von Mentuhotep II., dem „Vereiniger" Ober- und Unterägyptens und dem Begründer des Mittleren Reichs, gehen die Ansichten auseinander. Die Vorschläge reichen von ungefähr 2050 bis um 2000 v. Chr. Diskutiert wird ferner, ob das Mittlere Reich um 1800 oder um 1760 v. Chr. endete. Während D. Franke das niedrigere Datum befürwortet, setzt J . von Beckerath als Daten 2119-1794/3 v.Chr. an. Die Daten für das Neue Reich und für spätere Perioden werden allgemein der von Manetho überlieferten Königsliste entnommen. Manetho war ein Wissenschaftler, der im 3. Jahrhundert v. Chr. in Sebennytos im Delta wirkte. Seine Schriften sind auf Griechisch in Auszügen und in Zusammenfassungen etwa bei Africanus und Eusebius überliefert. Die übliche Verteilung der ägyptischen Pharaonen auf 30 (oder 31) Dynastien geht auf Manetho zurück. Seine Zahlenangaben haben sich leider nicht immer als verläßlich erwiesen und wurden deshalb korrigiert, was unterschiedliche Chronologien zur Folge hatte. Diese Korrekturen stützen sich auf Argumente unterschiedlicher Art, in erster Linie auf in Urkunden tatsächlich belegte höchste Regierungsjähre, aber auch auf Röntgenuntersuchungen von Mumien, mit denen sich geschätzte Lebenszeiten kontrollieren lassen, auf Untersuchungen der Angaben zu den Regierungsjubiläen von Pharaonen 4 und auf die Korrelation mit Jahreszahlen, die man aus Syrien und Mesopotamien vor allem für die Amarna- und die Ramessidenzeit besitzt, da damals internationale Kontakte häufig waren. Allgemein tendiert man neuerdings zu niedrigen Daten und setzt den Anfang des Neuen Die Abgrenzung der Dynastien stimmt nicht immer mit der bei Manetho überein. Das von Amenophis I. wiederbelebte und institutionalisierte Regierungsjubiläum, das W - F e s t , fand jeweils dreißig Jahre nach dem Regierungsantritt eines Pharaos statt. 3 4

beb-

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Reichs und den der Regierung des Ahmose um 1550/1530 v. Chr. an. Auch die Daten für die 21. Dynastie sind neu berechnet, wodurch sich für sie die Zeitspanne von etwa 1069-945 v. Chr. nahezu allgemein durchgesetzt hat. In der Diskussion um Ägyptens Chronologie haben astronomische Daten stets eine wichtige Rolle gespielt. Dabei sind zweierlei Arten von Himmelserscheinungen zu unterscheiden. Da sind als erstes die nicht seltenen Neumondbeobachtungen, die dann besonders hilfreich sind, wenn sie das erste Erscheinen der Mondsichel gleich über mehrere aufeinanderfolgende Monate eines Jahres hinweg registrieren 5 . Daraus legen sich als erstes Regierungsjahr für Tuthmosis III. und Ramses II. jeweils drei Alternativdaten nahe, und zwar 1504, 1490 sowie 1479 v. Chr. und 1304, 1290 sowie 1279 v. Chr. Gegenwärtig gibt man allgemein den niedrigsten Daten den Vorzug. An zweiter Stelle stehen Aufzeichnungen über den Frühaufgang des hellen Sothis-Sterns (Sirius) am Neujahrstag im Frühling, nachdem er zuvor in Konjunktion zur Sonne stand und deshalb unsichtbar war. Geht man von einem Kalenderjahr mit 365 Tagen und einem Sonnenjahr mit 365 1/4 Tagen aus, dann fällt dieser sogenannte heliakische Sothis-Aufgang erst nach ca. 1460 Jahren wieder auf einen Neujahrstag. Wir besitzen genaue Sothis-Datierungen für 139 n. Chr. und 238 v.Chr. (Ptolemäus III.), und außerdem liegen nun in bestimmte Regierungsjahre von Pharaonen datierte Aufzeichnungen über frühere Beobachtungen des Sothis-Sterns vor. Rechnet man von 139 n. Chr. zurück, dann gelangt man für sie zu absolute Daten. Die Ergebnisse dieser Rechnungen werden noch immer diskutiert, weil Unsicherheiten hinsichtlich des vorauszusetzenden Kalenders bestehen 6 . In vielen Fällen waren die alten Sothis-Beobachtungen zudem ungenau datiert: Der Name des Pharao fehlte, Zahlenangaben waren beschädigt, und es war unsicher, ob der Sothis-Aufgang bereits erfolgt war oder noch bevorstand. Auch ist man sich darüber uneins, wo die Beobachtungen gemacht und aufgezeichnet wurden. Memphis, Theben und Elephantine stehen zur Diskussion. O b die Observationen in Unteroder Oberägypten stattfanden, ist wesentlich: Eine Observation in Memphis ergibt im Vergleich mit einer in Elephantine eine chronologische Differenz von 24 Jahren (vier Jahre je Tag). Die sogenannte „Ära des Menophris", die, dem Astronom Theon (4. Jh. n.Chr.) zufolge, 1456 Jahre vor 139 n.Chr., also um 1316 v. Chr., hätte beginnen müssen, und die mit dem Pharao Merenptah, Sethos I. oder Ramses I. verbunden wird, hält der historischen Kritik nicht Stand. Wahrscheinlich hat Theon, ohne authentische Quellen aus dem Neuen Reich zu besitzen, von 139 n. Chr. aus lediglich zurückgerechnet. Die gegenwärtige Entwicklung geht dahin, derartigen Daten zu mißtrauen oder

5 Aus dem (späten) „Papyrus Carlsberg" ist bekannt, daß die Ägypter einen „Mondzyklus" kannten: 25 Jahre des bürgerlichen Kalenders umfassen fast genau 309 Mondmonate. Nach 25 Jahren beginnt eine Mondphase also wieder exakt am gleichen Kalendertag. 6 Diese Unsicherheiten ergeben sich aus Problemen der Interkalation, d. h. der Einfügung von Schalttagen, mit denen das Kalenderjahr mit dem natürlichen Jahr in Ubereinstimmung gebracht wurde.

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sie nur sekundär als Kontrolle von ausschließlich historisch erarbeiteten Ergebnissen einzusetzen. Einige Sothis-Daten haben aber dennoch ihren Platz in der chronologischen Diskussion behauptet, so vor allem eines für das siebente Regierungsjahr von Sesostris III. und eines für das neunte Jahr von Amenophis I., die nach neueren Vorschlägen in die Jahre 1855 oder 1830 sowie 1504 v. Chr. fallen. Diese Daten fungieren als entscheidende Eckpfeiler in der Diskussion über die Chronologie des Mittleren und Neuen Reichs. Daß die Abfolge von Regierungen (samt Regierungsjahren) und Synchronismen, so wie sie in zeitgenössischen Inschriften belegt sind, die richtige Basis für Ägyptens Chronologie bilden (so K.A. Kitchen 1987), findet mehr und mehr Zustimmung. Die bislang noch kursierenden unterschiedlichen Datierungsvorschläge rühren in erster Linie von Unsicherheiten über die Regierungsdauer einiger Pharaonen des Mittleren und Neuen Reichs her. Offen sind etwa noch folgende Fragen: War die Herrschaft Thutmosis' II. tatsächlich von nur ganz kurzer Dauer? Hat Semenchkare nur ein Jahr alleine regiert? Dauerte die Herrschaft von Sethos I. elf oder fünfzehn Jahre, die von Haremheb dreizehn oder siebzehn Jahre 7 ? Insgesamt drückt sich in den verschiedenen Antworten darauf die derzeitige Vorliebe für die niedrige oder auch kurze Chronologie aus. Immerhin ist aber darüber ein recht weitgehender Konsens erreicht, daß die Jahre 1479 und 1279 v. Chr. die mit Abstand wahrscheinlichsten Daten für die Thronbesteigung Thutmosis' III. und Ramses' II. sind. Angaben in Genealogien und Biographien von Beamten und Priestern, anhand derer sich Zahlen und Dauer von Generationen abschätzen lassen, sowie Aufzeichnungen über das Lebensalter heiliger Apisstiere tragen zur Verfeinerung der Chronologie bei, und zwar besonders für die späteren Perioden. Hilfreich sind auch Synchronismen mit Vorderasien; doch in der Zeit vor dem Neuen Reich sind sie in der Regel zu vage oder indirekt, um von großem Nutzen zu sein. Ausgrabungen in der Hyksos-Hauptstadt Avaris (Teil ed-Dab'a) im Deltagebiet haben aus neun Straten, die wohl an die 270 Jahre decken, bedeutende archäologische Befunde für das 18. bis 16. Jahrhundert v.Chr. erbracht. Die hier entdeckten Gräber, Tongefäße, Skarabäen, Siegel, Waffen und auch einige Skulpturen ermöglichen Verbindungen mit der Levante und der minoischen Kultur, die freilich mehr zu deren als zu Ägyptens Chronologie beizusteuern scheinen. Dementsprechend stellt der Äusgräber M. Bietak fest, daß nun erstmals eine fortlaufende Reihe datierter Objekte aus stratifizierten Kontexten vorliege, die zeigten, daß die Chronologie der Mittelbronzezeit Syrien-Palästinas an einigen Punkten zu korrigieren sei. Die davon ausgehende neu erstellte Chronologie fügt sich freilich nicht eben einfach mit der mittleren Chronologie Mesopotamiens zusammen, sondern würde besser zu der niedrigen bzw. kurzen passen 8 . 7 Für die Zeit nach dem dreizehnten Regierungsjahr Haremhebs gibt es lediglich einen einzigen Beleg, mit dem sich eine sehr viel längere Regierungszeit begründen lassen könnte. 8

S . u . S. 4 4 , A n m . 11 für einen indirekten Synchronismus zwischen Ägypten und Babylonien.

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Chronologie

Während des Neuen Reichs, besonders während der Amarna- und der anschließenden Ramessidenzeit, nehmen die Synchronismen zu. Freilich beziehen sie sich in der Regel nicht auf ein bestimmtes Regierungsjahr eines Königs, sondern betreffen allgemeiner Regierungen, die sich zum Teil überschneiden. Werden aber im Zusammenhang mit einem Ereignis mehrere Herrscher genannt, wobei an Könige Ägyptens, Babyloniens, Assyriens, Mitannis oder der Hethiter zu denken ist, dann engt sich der mögliche Zeitraum für einen Synchronismus ein. Der wichtigste und folgenreichste Synchronismus soll im nächsten Abschnitt zur Sprache kommen. Er ergab sich, als nach dem Tod eines Pharaos dessen Witwe einen hethitischen Prinzen heiraten wollte. Der Vorfall muß sich ungefähr im sechsten Regierungsjahr des Hethiterkönigs Suppiluliuma I. zugetragen haben. Weitere Synchronismen aus der Ramessidenzeit haben, sofern 1279 v. Chr. als Datum für die Thronbesteigung Ramses' II. akzeptiert wird, mehr Bedeutung für die hethitische und syrische Chronologie als für die Ägyptens (s.u. S. 141). Für die späteren Epochen ist K.A. Kitchens Untersuchung über die „Third Intermediate Period" (1100-650 v.Chr.) von großer Bedeutung, auch wenn in ihr nicht alle diesen Zeitraum und besonders die die 22. und 23. Dynastie betreffenden Meinungsunterschiede ausgeräumt werden. Im Bezug auf Syrien-Palästina ist festzuhalten, daß der Regierungsbeginn von Schoschenq I. (Sisak), der im fünften Jahr Rehabeams in Juda einfiel und der bereits während Salomos letzten Jahren an der Regierung war, mit einem Spielraum von etwa zwei Jahren um 945 v. Chr. angesetzt werden muß.

3. Mesopotamien und die Hethiter Die Situation in Mesopotamien weist deutliche Ubereinstimmungen mit der in Ägypten, aber auch Unterschiede dazu auf. Neben verschiedenen Königslisten gibt es objektive, administrative Listen mit Jahresnamen (Babylonien) und mit Eponymen (Assyrien). Obwohl die zuletzt im 19. Jahrhundert v. Chr. redaktionell bearbeitete Sumerische Königsliste durchaus interessante historische Informationen enthält, hat sie sich für die ältesten Perioden, genauer, für die Zeit von vor der Sintflut bis einschließlich der darauf folgenden ersten dreizehn Dynastien, als wenig brauchbar erwiesen. Die Könige von Lagasch (ca. 25. Jh. v.Chr.), die für die Chronologie der frühdynastischen Periode wichtig sind, werden in der Königsliste leider übergangen. Auch die interne Chronologie von der Akkad-Zeit (24. Jh. v. Chr.) bis zum Ende der altbabylonischen Zeit (um 1600 v. Chr.) ist bis auf den Zeitraum, in dem die Gutäer ihre Fremdherrschaft ausübten, recht gut dokumentiert. Alle Herrscher der Ur Iii-Periode, der Isin-Larsa-Zeit und der ersten Dynastie von Babylon (ca. 2100-1600 v.Chr.) sind durch nahezu vollständige Listen mit Jahresnamen bekannt. Der folgende Zeitraum gibt freilich wiederum Probleme auf, weil Datierungen und Regierungsjahre der älteren Könige der nachfolgenden Kassitendynastie wegen fehlender Inschriften und Beschädigungen der Kö-

Mesopotamien und die Hethiter

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nigsliste zwischen ca. 1600 und 1420 v. Chr. unsicher sind. Die Babylonische Königsliste, von der einige Redaktionen bis in seleukidische Zeit herabreichen, nennt nach der ersten Dynastie von Babylon eine Dynastie aus dem Süden („Meerland") mit elf Königen und 368 Jahren, danach die Dynastie der Kassiten mit 36 Herrschern und gut 576 Jahren. Diese zweite Dynastie endete nach neueren Berechnungen um 1155 v. Chr. Die in der Liste zwischen dem Ende der altbabylonischen und dem Ende der Kassiten-Zeit angegebenen 945 Jahre können folglich nicht zutreffen. Obwohl deutlich ist, daß das Ende der ersten Dynastie von Babylon und der Anfang der beiden folgenden Dynastien über weite Strecken parallel verlaufen, ist offen, für wie viele Jahre dies gilt. Präzise beantworten läßt sich diese Frage bis heute nicht, auch wenn es archäologische Indizien gibt (unter anderem aus der Kassiten-Hauptstadt Dur-Kurigalzu), Informationen aus Urkunden, Berechnungen von Generationen und Synchronismen mit der hethitischen Geschichte 9 sowie mit der Geschichte Syriens (besonders mit Alalach) und der Assyriens. Jetzt schlägt H . Gasche (1998) vor, das „Dunkle Zeitalter" zwischen 1600 und 1400 v.Chr. um fast hundert Jahre zu verkürzen, was die Diskussion wieder anfachen wird. Auch in der neueren wissenschaftlichen Diskussion findet die Assyrische Königsliste viel Beachtung. Sie beginnt am Ende des 3. Jahrtausends und reicht bis ins 7. Jahrhundert v. Chr. Untersuchungen haben ergeben, daß der Abschnitt, der sich auf die erste Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr. bezieht, äußerst vorsichtig benutzt werden muß, da in einigen Fällen die Zahlen für Regierungsjahre fehlen 10 oder unsicher sind, und weil zudem unklar ist, ob das Königshaus auch noch direkt nach der altassyrischen Periode kontinuierlich fortbestand. Als letzter und 40. König ist Ischmedagan I., der Sohn von Schamschiadad I., bekannt, der in Mari-Archiven belegt ist, und der ein Zeitgenosse Hammurapis von Babylon war. Das Hauptproblem der mesopotamischen Chronologie läßt sich an diesem Punkt leider nicht eindeutig klären. Die wechselnden Jahreszahlen, die neuere Geschichtsdarstellungen für Hammurapi bieten, beruhen nicht primär auf Rekonstruktionen und Interpretationen von Königslisten, obwohl sich ihnen pauschal entnehmen läßt, welchem Jahrhundert ein Herrscher angehört. Die genauen Datierungen sind auch in diesem Fall astronomisch begründet. Während der ersten acht Regierungsjahre Ammisaduqas, des vorletzten Königs der l.Dynastie von Babylon, wurde der Lauf des Planeten Venus am Himmel beobachtet. Man verfolgte, wann und wie lange er sichtbar, wann und wie lange er wegen seiner zweimal im Jahr erfolgenden Konjunktion mit der Sonne unsichtbar war.

' Das Ende der ersten Dynastie von Babylon wurde durch einen Überfall des hethitischen Königs Mursiii I. besiegelt. 10 Die Entdeckung der altassyrischen Eponymenliste im Jahr 1998 hat es mir ermöglicht, die meisten Zahlen der Regierungsjahre von Schamschiadads I. Vorgängern wieder herzustellen. Dabei ergab sich, daß der zeitliche Abstand zwischen König Nr. 34 (Erischum I.) und Schamschiadad I. (Nr. 36) ungefähr 200 Jahre beträgt, also wesentlich länger ist als bisher angenommen.

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Diese Beobachtungen wurden in die 63. Tafel des Enüma Anu. Enlil, der großen Serie astrologischer Omina, aufgenommen. Trotz einiger Text- und Berechnungsschwierigkeiten ließ sich feststellen, daß das erste Jahr von Ammisaduqa, in dem die Beobachtungen begannen, mit 1702, 1646 oder 1582 v.Chr. gleichzusetzen ist. Folglich ist die Regierungszeit Hammurapis entweder 1848-1806, 1792-1750 oder 1728-1686 v. Chr. anzusetzen. Von diesen drei Möglichkeiten leiten sich die Bezeichnungen „hohe", „mittlere" und „niedrige" Chronologie ab. Unter Zuhilfenahme aller verfügbaren Daten hat man versucht, die richtige unter den drei Chronologien herauszufinden. In Verlauf der Jahre fielen die Entscheidungen unterschiedlich aus. Lange Zeit und oft auch recht unkritisch folgte man der angeblich sicheren mittleren Chronologie, derzufolge Hammurapi um 1792-1750 v.Chr. anzusetzen ist. Die ausführlichste Darstellung und Argumentation dazu findet sich in der Cambridge Ancient History, 1/1, Kapitel 6. Aber auch die niedrige Chronologie hatte stets ihre Verfechter, und zwar besonders unter den Hethitologen. Angeschürt von neuen Erkenntnissen und einer kritischen Bestandsaufnahme der Fakten und ihrer gängigen Interpretationen flammte die Diskussion in den Achtziger Jahren erneut auf. Während die niedrige Chronologie etwas an Boden zu verlieren schien, erfuhr die lange Chronologie neue Unterstützung durch P.J. Huber. Er verglich die astronomisch berechnete Abweichung zwischen Monaten mit 29 und mit 30 Tagen für die Zeit zwischen etwa 2100 und 1600 v.Chr mit dem, was in datierten Dokumenten tatsächlich belegt ist. Von da aus gelangte er zu dem Schluß, die lange Chronologie stelle die beste Lösung dar. Seine Entscheidung untermauerte P.J. Huber mit dem Vorkommen von doppelten Mondfinsternissen, die während der 3. Dynastie von Ur bezeugt sind. Die meisten Assyriologen bleiben weiterhin bei der mittleren Chronologie, die fest in ihren Handbüchern verankert ist, aber 1998 schlug H. Gasche eine neue, ultrakurze Chronologie vor, derzufolge der Regierungsantritt Hammurapis im Jahr 1696 v. Chr. erfolgte. Äußere Indizien, die eine Entscheidung erleichtern könnten, gibt es nicht; denn es fehlen verläßliche Angaben, mit denen die altbabylonischen Herrscher mit den auf sehr viel festerem Boden stehenden Herrschern des M.Jahrhunderts verbunden werden könnten. Zwar gibt es einen indirekten Synchronismus zwischen Neferhotep I. (13. Dynastie) und Jantin von Byblos, Jantinchammu von Byblos und Zimrilim von Mari; doch setzt er voraus, daß Jantin und Jantinchammu identisch sind11, und zudem ist er zu vage. Viel Beachtung hat man den Grabungsergebnissen in der nordsyrischen Stadt Alalach gewidmet, da über sie Verbindungen nach Babylonien, Anatolien und Syrien liefen. Das Herrscherhaus von Alalach war bis zur Zerstörung von Alalach (Schicht VII) durch Hattusili I. von Hatti eng mit dem Herrscherhaus 11 Jantin und Neferhotep I. werden gemeinsam auf einem ägyptisch geschriebenen Reliefbruchstück aus Byblos genannt. In den Mari-Texten ist Jantinchammu von Byblos ein Zeitgenosse Zimrilims von Mari.

M e s o p o t a m i e n u n d die H e t h i t e r

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von Jamchad/Aleppo verbunden 12 , dessen Untergang etwa eine Generation später vom Nachfolger Hattusilis I., Mursiii I., herbeigeführt wurde. So wertvoll derartige historische Synchronismen auch sein mögen, so schwierig bleibt es doch, sie mit den mehr oder weniger absoluten Daten zu verbinden, die man für das 14. Jahrhundert v. Chr. errechnet hat. Da es für die frühesten hethitischen Könige keine Königsliste mit Angaben über ihre Regierungsjahre gibt, sind die für sie vorgeschlagenen Daten lediglich aus dem erschlossen, was wir aus einigen hethitischen Annalentexten und aus Synchronismen mit Babylonien und Syrien (unter anderem aus Alalach) wissen. Wie weit freilich die Schichten VII, V und IV von Alalach zeitlich auseinanderliegen, kann ebenfalls nur erschlossen werden, indem man sich auf die Abfolge der Keramik und auf geschätzte Zeiträume für die aufeinanderfolgenden Architekturphasen stützt und dies in Generationen umrechnet. So gehört nach Meinung der Archäologen Schicht VII von Alalach in einen späteren Abschnitt der Mittelbronze Ii-Zeit, und der letzte König von Alalach (Schicht VII) sollte drei oder vier Generationen nach Hammurapi von Babylon, das Ende von Babylon ungefähr eine weitere Generation später angesetzt werden. Derartige Argumente und Erwägungen lassen einen zu großen Spielraum frei, als daß man zu fundierten Entscheidungen gelangen könnte. Deutlich ist aber immerhin, daß die rein archäologischen Befunde sich kaum mit der langen Chronologie zusammenfügen, und daß es auch nicht eben leicht ist, sie mit der mittleren Chronologie in Einklang zu bringen. Zugunsten der mittleren Chronologie beruft man sich häufig auf Angaben in der Assyrischen Königsliste, die in verschiedenen Exemplaren überliefert ist. Aber auch hier gestalten sich die Dinge nicht einfach; denn in einigen wenigen Fällen sind Regierungsjahre von Königen unleserlich, und zwischen den verschiedenen Exemplaren kommt es zu Textvarianten: So schreibt ein Exemplar König Nr. 61 zehn Jahre weniger zu, ein anderes Exemplar führt für König Nr. 62 zehn Jahre mehr auf. Erschwerend kommt hinzu, daß es in der Geschichte Assyriens „Dunkle Zeitalter" gibt, neben anderen eines in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts v.Chr., als „sechs Könige, Söhne von Niemand, regierten". Die mittlere Chronologie kann sich aber auch auf Fixpunkte stützen, etwa auf die Herrschaft Assuruballits I. (ca. 1353-1318). Zwischen ihm und dem soeben erwähnten „Dunklen Zeitalter" müssen an die zwanzig Könige regiert haben. Aus der Mitte des 20. Jahrhunderts v. Chr. sind sodann Erischum I. und 126 Jahre nach ihm Schamschiadad I. bekannt. Schamschiadad I. war 33 Jahre an der Macht, und er starb, wie wir aus den Mari-Archiven wissen, im 17. Jahr Hammurapis. Nach der mittleren Chronologie müßte sein Tod demnach im Jahr 1776 v. Chr. erfolgt sein. Um den Zeitraum zu berechnen, der zwischen Assuruballit I. und Schamschiadad I. liegt, 12

Der erste Herrscher von Alalach war ein Bruder des Königs Abban (oder Abba'el) von Jamchad, der mit Samsuiluma von Babylon korrespondierte. Der Vater von Abban, Hammurapi von Jamchad, war ein jüngerer Zeitgenosse Zimrilims von Mari. Hammurapi I. von Jamchad bestieg im 11. Regierungsjahr Zimrilims den Thron.

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kann man Königsinschriften beiziehen, die vom Wiederaufbau von Tempeln in Assur berichten. Bei den Restaurationstätigkeiten wurden wohl Bauinschriften früherer Könige entdeckt. Einige Herrscher berufen sich darauf und geben in ihren Inschriften an, wer unter ihren Vorgängern diese Tempel bereits restauriert hatte, und sie führen zudem auf, vor wieviel Jahren dies geschah. Von Asarhaddon, Tiglatpileser I. und Salmanassar I. liegt je eine gut erhaltene Bauinschrift mit derartigen Angaben vor; doch stimmen diese leider nicht überein. Noch nicht einmal Asarhaddon bezieht sich zutreffend auf die Bauaktivitäten Salmanassars. Die Könige können ihre Informationen aber natürlich auch aus der oder aus einer Königsliste entnommen haben, sie mußten sich vielleicht bisweilen mit Schätzungen und globalen Zahlenangaben begnügen, und natürlich können ihnen auch Fehler unterlaufen sein. Unbeschadet von derartigen Unsicherheiten stellt sich jedoch der allgemeine Eindruck ein, daß die Zahlen insgesamt gut in das Schema der mittleren Chronologie passen. Dies gilt besonders für den Zeitraum von 701 Jahren, der zwischen der Restaurierung des Tempels des Anu-Adad durch Tiglatpileser I. (ungefähr in seinem 5. Regierungsjahr, ca. 1110 v. Chr.) und der durch Schamschiadad I. liegen soll. Demnach müßte Schamschiadad I. um 1810 v. Chr. auf den Thron gekommen sein, wie dies auch Berechnungen nach der mittleren Chronologie ergeben. Um jedoch eine klare Entscheidung für die eine oder andere Chronologie zu treffen, müssen erst noch weitere Indizien gesammelt werden. Sehr wichtig ist für die zweite Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. die Assyrische Königsliste. Nachdem J.Boese und G.Wilhelm die Zweideutigkeit in ihr beseitigt haben, die sich durch die unterschiedlichen Angaben zu den Regierungszeiten der Könige Nr. 61 und Nr. 62 ergab, liefert sie uns für die Herrschaft Assuruballits I. als sicheres Datum 1353-1318 v.Chr. Da dieses Datum in die Amarna-Zeit mit ihren zahlreichen internationalen Kontakten fällt, steht es in direktem Zusammenhang mit der Chronologie Babylons (Burnaburiasch II.), Anatoliens (Suppiluliuma I.) und Ägyptens (Echnaton, Tutanchamun). Auch wenn nicht alle Briefe, die damals zwischen den Herrscherhäusern hin- und hergingen, datiert sind, so setzt doch der Umstand, daß wir es gleich mit mehreren, zur selben Zeit regierenden Königen zu tun haben, dem Spielraum enge Grenzen. Nachdem die der Assyrischen Königsliste entnommenen Daten korrigiert waren, hat J.A. Brinkman die Regierungszeiten der parallel zu Assuruballit I. in Babylon herrschenden kassitischen Könige um zehn bis fünfzehn Jahre herabgesetzt (Burnaburiasch II., 1350-1323 v.Chr.). Die neu berechneten Daten der Assyrischen Königsliste betreffen auch die hethitische Chronologie, ganz besonders die Datierung Suppiluliumas I. von Hatti, der mit den ägyptischen Pharaonen der Amarna-Zeit Kontakte unterhielt. Die Witwe eines Pharaos (dahamunzu) ließ ihn wissen, daß es keinen Thronnachfolger gäbe, und sie bat deshalb den König von Hatti, ihr einen Prinzen zu schicken, damit er sie heirate und König von Ägypten werde. Die Angelegenheit wurde sorgfältig beratschlagt, und Suppiluliuma I. schickte sogar eine Gesandt-

Mesopotamien und die Hethiter

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schaft nach Ägypten, die Erkundigungen an Ort und Stelle einholen sollte. Schließlich kam Suppiluliuma I. der Bitte der Witwe nach und schickte einen Prinzen namens Zannaza. Unterwegs ereilte ihn freilich der Tod, vielleicht von Mörderhand. Die Episode wird in den sogenannten „Pestgebeten" Mursiiis II. (RTAT 191-196) erzählt. Ihnen zufolge wollte Suppiluliuma I. den Mord sühnen und unternahm deshalb einen Feldzug gegen ägyptisches Gebiet in Syrien (in die Landschaft Amqa). Die nach Hatti verbrachten gefangenen ägyptischen Soldaten schleppten die Pest ins Land, worin man eine göttliche Strafe für die Verletzung des Bündnisses mit Ägypten sah. Aus den „Taten des Suppiluliuma" geht hervor, daß dies alles wenige Jahre vor seinem Tod geschah. Sein Sohn Arnuwanda II. folgte ihm auf den Thron, starb aber sehr rasch, womöglich noch im selben Jahr. Vielleicht fiel auch er der Pest zum Opfer. Nach ihm wurde sein Bruder Mursiii II. König von Hatti. Für die chronologischen Fragen ist bei alledem die entscheidende Frage, wer die königliche Witwe war, die einen hethitischen Prinzen heiraten wollte. Unter Einbeziehung aller Nachrichten kommt dafür am ehesten die Witwe Tutanchamuns in Betracht. Als Tutanchamun starb, hatte er keinen Thronnachfolger hinterlassen, und dies erklärt, weshalb man mit seiner Beisetzung viele Monate wartete. Das 10. Regierungsjahr Tutanchamuns entspricht folglich einem Zeitpunkt, der wenige Jahre vor der Thronbesteigung Mursiiis II. liegt. Dies ist deshalb von großer Bedeutung, weil aus der Regierungszeit Mursiiis II. ein astronomisches Datum bekannt ist. In seinen Inschriften erwähnt der König nämlich eine Himmelserscheinung, die sich in seinem 10. Regierungsjahr ereignete. Er muß sich damit auf eine Sonnenfinsternis bezogen haben, und zwar auf die im Jahr 1312 v.Chr. (Magnitude 0.97); denn sie ist die einzige aus jener Zeit, die sich in die Synchronismen der Amarna-Zeit einfügt und mit dem allgemein akzeptierten Datum für die Thronbesteigung Ramses' II. im Jahr 1279 v. Chr. harmonisiert. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, um den Regierungsantritt Mursiiis II. im Jahr 1321 v. Chr. anzusetzen, das Ende von Suppiluliumas I. Herrschaft um 1324 v.Chr. und den Tod Tutanchamuns ein paar Jahre zuvor, wahrscheinlich ungefähr zwischen 1328 und 1324 v.Chr. Da wir keine hethitische Königsliste mit Angaben zu Regierungszeiten und zur Filiation haben, und da die Hethiter ihre Aufzeichnungen meist nicht nach Regierungsjahren datierten, liefern das festgestellte Datum für Mursiii II. und die Synchronismen aus der Amarna-Zeit wertvolle Ausgangspunkte für eine Rekonstruktion der hethitischen Chronologie 13 . Für die Zeit davor gibt es zwei „relative" Synchronismen: die Zerstörung von Alalach (Schicht VII) durch Hattusili I. und den Überfall auf Babylon durch Mursiii I., der das Ende der Dynastie Hammurapis herbeiführte. Neue Informationen über die

13 Eine Liste von „direkten Synchronismen" hethitischer Könige mit Fürsten anderer Staaten bietet H.Klengel, 1998, 388-390.

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Reihenfolge und Filiation der hethitischen Könige kommen aus Hattuscha, wo eine große Anzahl mit königlichen Siegeln gestempelte Bullen und einige, ebenfalls mit königlichen Siegeln versehene, Landschenkungsurkunden entdeckt wurden. Kombiniert man diese Angaben mit denen, die Opferlisten für verstorbene Könige enthalten, dann wird eine nahezu vollständige und verläßliche Rekonstruktion der Königsabfolge und damit auch ihrer Filiation möglich. Zwischen Mursiii I. und die Thronbesteigung Suppiluliumas II. sind neun Generationen einzufügen, zwischen Tudhalija I. (Ende des 15. Jh.s v.Chr.) und Suppiluliuma II. (bis etwa 1175 v.Chr.) wahrscheinlich acht Generationen. Setzt man den Regierungsbeginn Suppiluliumas II. um 1345 v. Chr. und die Zerstörung Babylons durch Mursiii I. entweder 1595 (so nach der mittleren Chronologie) oder 1531 v.Chr. (so nach der kurzen Chronologie) an, wären jeweils Generationen von etwa 27 oder 21 Jahren anzunehmen, was beides möglich ist. Eine auf festerem Grund stehende hethitische Chronologie ist auch für Nordsyrien hilfreich, da die meisten nordsyrischen Stadtstaaten in Folge des ersten oder zweiten Feldzugs Suppiluliumas I. nach Syrien zu Vasallen wurden. Dies gilt für Ugarit, von wo Hunderte die internationalen Kontakte betreffende Dokumente kommen, es gilt aber auch für Städte wie Karkemisch, Emar, Qadesch und Amurru, deren Herrscher in der internationalen Korrespondenz und in Vasallenverträgen vorkommen, die sie mit hethitischen Königen schlossen. Uber die für die Amarna-Zeit und für Mursiii II. festgesetzten Daten gelangt man auch zu annähernd verläßlichen Daten für viele syrische Herrscher während des 14. Jahrhunderts v.Chr., und diese lassen sich für das 13. Jahrhundert v.Chr. durch Synchronismen mit Assyrien und Ägypten ergänzen. Derartige Näherungswerte ermöglichen eine durchaus überzeugende Rekonstruktion des ugaritischen Königshauses und der Reihenfolge seiner Könige vom Beginn des 14. Jahrhunderts bis zur Zerstörung der Stadt durch die Seevölker um 1175 v.Chr.

4. Das 1. Jahrtausend v. Chr. Die Chronologie des 1. Jahrtausends v. Chr. gestaltet sich vor allem dank der Assyrischen Königsliste und der assyrischen Eponymenliste sehr viel einfacher. Die aus beiden abgeleitete und wegen zahlreicher historischer Querverbindungen auch für viele andere Länder maßgebliche Chronologie hat einen astronomischen Fixpunkt, weil die ausführlichere Version der Eponymenliste, die Eponymenchronik, für das Jahr 763 v. Chr. eine Sonnenfinsternis registriert. Ab dieser Zeit liegen auch klassische Uberlieferungen vor, an erster Stelle der Kanon des Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. Als Astronom benötigte Ptolemäus eine feste Chronologie und stellte zu diesem Zweck eine 747 v. Chr. mit Nabonassar einsetzende Liste babylonischer Könige zusammen. Auch in den Babyloniaca oder Chaldaica des Berossos (3. Jh. v.Chr.) ist derselben Einsatzpunkt gewählt. Das hängt damit zusam-

Das 1. Jahrtausend v.Chr.

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men, daß unter Nabonassar bedeutende, Tag für Tag durchgeführte astronomische Beobachtungen begonnen und in den sogenannten „astronomischen Tagebüchern" schriftlich festgehalten wurden. Auf diese Datensammlung geht letztendlich wohl auch die verläßliche Babylonische Chronik zurück, in der Nabonassar ebenfalls am Anfang steht. Der Kanon des Ptolemäus läßt sich mit der Assyrischen Königsliste verbinden, weil in seiner Aufzeichnung auch die assyrischen Könige vorkommen, die König von Babylon waren. In seinem Buch Almagest hat Ptolemäus für das Jahr 721 v. Chr. drei Mondfinsternisse während der Regierung des Μ α ρ δ ο κ ε μ π α δ ο ς (= Merodachbaladan) verzeichnet, die die babylonische Chronologie fixieren. Mit Hilfe astronomischer Berechnungen und unter Berücksichtigung der babylonischen Zeitrechnung und des babylonischen Kalenders14 kann man die Angaben in der Babylonischen Chronik und in anderen neubabylonischen Inschriften über die Tabellen von R.A. Parker/W.H. Dubberstein präzise in Daten entsprechend unserem Kalender umsetzen. Die imperialistische Politik des neuassyrischen Reichs (9.-7. Jh. v. Chr.) verschafft uns viele Synchronismen zu Ereignissen in der Geschichte Elams, Ägyptens, der Levante und Kleinasiens. Die entsprechenden neuassyrischen Inschriften erwähnen und datieren Feldzüge, Schlachten, die Eroberung von Städten, den Tod oder die Ersetzung von Königen, Unterwerfungen und Tributzahlungen. Für eine Chronologie ist dies natürlich überaus nützlich. So läßt sich zum Beispiel dank dieser Texte der Regierungsantritt des Begründers der 26. ägyptischen Dynastie, Psammetichs I., in das Jahr 664 v.Chr. datieren. Nicht weniger wichtig sind die neuassyrischen Inschriften für Palästina im 1. Jahrtausend v. Chr. Trotz der reichlich im Alten Testament enthaltenen chronologischen Angaben15 bereitet eine exakte Zeitberechnung hier noch viele Probleme. Das rührt unter anderem von einigen Fehlern her (die für Pekach angegebene Regierungsdauer ist z.B. zu lang), von der vermutlichen Doppelzählung des jeweils ersten und letzten Regierungsjahres, von der unzulänglichen Doppelrechnung von Doppelregentschaften zweier Könige (besonders injuda bei Amasja, Asarja, Jotham) und von dergleichem mehr. Exakte Synchronismen mit Assyrien liefern das chronologische Gerüst und Fixpunkte: Ahabs Kampf mit Salmanassar III. in Qarqar im Jahr 853 v.Chr., Jehus Tribut an denselben König im Jahr 841 v.Chr., Joas' Tribut an Adadnirari III. im Jahr 796 v.Chr. (?), Menahems Tribut an Tiglatpileser III. im Jahr 738 v.Chr., die Eroberung Samarias durch Sargon II. im Jahr 720 v.Chr. und Sanheribs Belagerung von Jerusalem im Jahr 701 v.Chr. Das genaue, in der Babylonischen Chronik verzeichnete Datum von Jerusalems erster Eroberung durch Nebukadnezar II. am 16. März 597 v.Chr. datiert 14 Seit dem 5. Jh. v.Chr. ist gewiß ein zwölf Mondmonate zählendes Jahr anzunehmen, das innerhalb von neunzehn Jahren sieben Schaltmonate umfaßte, und zwar im 1., 3., 6., 9., 12., 14. und 17. Jahr. 15 So sind die Regierungszeiten der einzelnen Könige angegeben, ebenso Synchronismen zwischen Israel und Juda, außerdem liegen Daten zu einzelnen Ereignissen vor.

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auch das Ende der judäischen Königsherrschaft ins Jahr 586 v. Chr. sowie das Kyros-Edikt ins Jahr 538 v. Chr. Für Syrien, also für die phönizischen, syro-hethitischen und aramäischen Staaten, gilt im selben Maße, daß ihre datierten Kontake mit Assyrien (und Babylonien) für die Chronologie sehr wichtig sind, wozu selbstverständlich Angaben aus dem Alten Testament hinzukommen können, sofern sie exakt datiert sind. Es ist deutlich, daß auf viele chronologische Fragen die Antworten noch ausstehen. Vor allem Datierungen des an internationalen Kontakten so reichen 2. Jahrtausends v. Chr. sind noch durch weitere Untersuchungen und neue Entdeckungen, besonders Schriftfunde, zu präzisieren. Die derzeitigen Unsicherheitsspannen sind aber auch wieder nicht so groß, daß sie eine historische Rekonstruktion unmöglich machten. Auf das Alte Testament und die Geschichte Israels wirken sich diese Schwankungen nur gering aus. Sichere Datierungen und exakte Synchronismen sind für das 10. Jahrhundert v.Chr. (Einfall Sisaks/Schoschenqs I. im 5. Jahr Rehabeams, ca. 925 v. Chr.) vorhanden, und die Chronologie der Königszeit steht auf soliden Füßen. Für die Zeit der Patriarchen und sogar für die der Richter sind Verschiebungen um ein oder mehrere Jahrzehnte nahezu irrelevant. Die Ereignisse aus diesen Zeiträumen lassen sich in jedem Fall nur sehr global datieren. Die Datierung des Auszugs aus Ägypten und der Einwanderung nach Kanaan ist schwierig, und ägyptische Daten zum Aufenthalt Israels in Ägypten fehlen. Aber auch eine absolute Chronologie für Ägypten könnte dieses Problem nicht lösen helfen, weil das Alte Testament im Zusammenhang mit Mose und Joseph keine Namen von Pharaonen erwähnt. Nur ein Zusammenwirken von archäologischen, historischen und literarischen Daten kann dazu beitragen, zu einer ungefähren Datierung zu gelangen.

III. Das 3. Jahrtausend v. Chr. 1.

Ägypten

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1.1 Die archaische Phase Nach einer langen Vorgeschichte, die mit der sogenannten Naqada-Kultur endete1, trat Ägypten um 3000 v.Chr. ins frühe Dämmerlicht der Geschichte. Ungefähr um diese Zeit tauchten die ersten Herrscher auf, die durch eigene Inschriften und spätere Uberlieferungen namentlich bekannt sind und die die archaische oder auch frühdynastische, die beiden ersten „Dynastien" umfassende Periode (ca. 3000-2680 v. Chr.) begründeten. Jene Könige müssen entscheidend zur Entstehung eines Großreichs beigetragen haben, in dem schon bald Ober- und Unterägypten vereint waren. Als sichtbares Zeichen der Reichseinigung tragen die Könige die Doppelkrone, die hohe weiße für Oberägypten, die flache rote für Unterägypten. Die Vereinigung beider Landesteile lösten vermutlich nomadisierende oberägyptische Stämme aus, als sie nach und nach in das von einer frühen Bauerngesellschaft bewohnte Deltagebiet einsickerten und es sich unterwarfen. Dieser Vorgang war von einer allmählichen Verschmelzung afrikanischer und asiatischer Elemente begleitet. Aus ihr ging die Kultur hervor, die schon früh Ägypten sein ganz

1 Die Naqada-Kultur wird in die Stufen I-III unterteilt, deren letzte auch als „Spät-Gerzeen" oder protodynastische Periode bezeichnet wird.

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einzigartiges Gepräge verlieh. Ihr auffallendstes Merkmal war, daß der Herrscher als irdische Verkörperung des Obergottes Horns eine göttliche Königsherrschaft ausübte und selbst an der Spitze der Verwaltung stand. Der König bildete den Mittelpunkt von Religion und Kunst, die beide rasch kanonische, rituelle Ausdrucksformen annahmen, zu denen unter anderem die Hieroglyphenschrift gehörte. Die bedeutendsten und bekanntesten Könige der Frühzeit sind in zeitlicher Reihenfolge und entsprechend ihrer „Horusnamen" 2 : „Skorpion", Narmer und Aha. Ihre Namen kommen auf für zeremonielle Zwecke verwendeten Keulenköpfen vor, auf geschnitzten Schminkpaletten aus Schist, auf Elfenbeingriffen von Messern und in Inschriften auf Tongefäßen. Bereits „Skorpion" wird mit der Doppelkrone dargestellt, und während seiner Regierung muß die Hieroglyphenschrift aufgekommen sein. „Skorpion" war auch der erste König, der bis ins Delta vordrang, das dann Narmer einschließlich des Bereichs im äußersten Nordwesten eroberte und unterwarf. An diesen Sieg erinnert vermutlich seine berühmte, aus Schist geschnitzte Palette aus Hierakonpolis. Aha verlegte schließlich das Verwaltungszentrum in den Norden und gilt als Gründer der frühen Hauptstadt Memphis. Er ist mit Menes (Meni) zu identifizieren, den spätere Traditionen, etwa die auf dem Palermostein, als ersten König der 1. ägyptischen „Dynastie" zählen. Die Könige dieser „Dynastie" werden auch als die „Thiniten" bezeichnet. Der Name leitet sich von dem Distrikt Thinis ab, in dem Abydos, das frühe, für die Verehrung des Horns bekannte Kultzentrum lag. Hier haben Archäologen die Königsgräber aus der Zeit der beiden ersten Dynastien entdeckt, und zwar große, flache Ziegelbauten (Mastabas), die von Gräbern für ihre Familienangehörigen und Höflinge umgeben sind. Bei den in Saqqara, unweit von Memphis gefundenen Gräbern, darunter auch dem des Aha, kann es sich um Kenotaphe handeln. Neben Horns erlangte rasch auch der Sonnengott Re große Bedeutung im offiziellen Kult. Sein Haupttempel befand sich in Heliopolis. Daß sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des frühen Reichs festigten, ergibt sich unter anderem aus extensiven Handelsbeziehungen mit den Nachbarländern. Gegenstände mit Namen von Pharaonen der 1. Dynastie und andere Objekte, die diesen Handel und möglicherweise auch eine Art ägyptischer Präsenz an strategisch bedeutsamen Orten dokumentieren, wurden in mehreren südpalästinischen (etwa auf dem Tel 'Erani [Teil esch-Schech Ahmed el-'Areini], Teil !Arad und in Έ η Besor) und nubischen Stätten entdeckt. Bereits während der 2. Dynastie (27. Jh. v.Chr.) bestanden Beziehungen mit Byblos, die durch die Chasechemui-Inschrift zweifelsfrei belegt sind.

2 „Horusnamen" sind eine aus vier Elementen zusammengesetzte frühe Schreibform von Königsnamen, in der der Herrscher als individuelle Manifestation des Horusfalken aufgefaßt ist. Die ausführlichere, aus fünf Teilen bestehende Königstitulatur kam erst später auf.

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1.2 Das Alte Reich Mit der etwa 70 Jahre dauernden 3. Dynastie begann das Alte Reich (ca. 2680-2200/2130 v.Chr.), das man wegen seiner bedeutendsten Bauwerke auch die Pyramidenzeit nennt. Diese von der 3. bis 6. Dynastie reichende Epoche zeichnet sich dadurch aus, daß nun die ägyptische Kultur auf politischem, religiösem und künstlerischem Gebiet ihre klassische Form annahm. Die hierarchische Reichsstruktur wurde vom göttlichen König dominiert, der das Land gemäß den Prinzipien Ordnung, Gerechtigkeit und Wahrheit (ma'at), als Souverän, Oberpriester und Sohn des Sonnengottes Re regierte, später auch als König, der mit seinem Sterben das Schicksal des Osiris wiederholte und deshalb auch Herrscher über das Jenseits war. Ihren monumentalen Ausdruck fand diese Königsideologie in den unvergänglichen, aus gehauenen Steinen errichteten Pyramiden, die ungeachtet ihres ursprünglichen religiösen Symbolgehalts - eine Form des Urhügels, eines Grabhügels oder der Brücke zur Sonne - als letzte Ruhestätte für den König und als sichtbares Zeichen seiner Macht dienten. Die Pyramiden verwiesen zudem himmelwärts zu Re, dem Sonnengott von Heliopolis, der in dieser Zeit eine zentrale Rolle zu spielen begann und von der 5. Dynastie an dann regelmäßig von den Pharaonen mit Sonnentempeln (vor allem in Abusir) bedacht wurde, in denen der Obelisk im Mittelpunkt stand. Die älteste, mehr oder weniger vollständig erhaltene Pyramidenanlage und das zugleich erste monumentale Grabmonument aus Stein ist die Stufenpyramide, die Djoser, der zweite König der 3. Dynastie, in Saqqara erbauen ließ. Die Pyramide ist 60 m hoch, der gesamte Komplex erstreckt sich einschließlich des Totentempels über eine Fläche von etwa 280 x 540 m. Das Bauwerk wird dem Architekten Imhotep zugeschrieben, der später als Weiser und Heilkundiger verehrt und vergöttlicht wurde. Aus dieser und aus der folgenden Dynastie sind außerdem Pyramiden in Medum, Dahschur und Giza bekannt, in der 5. Dynastie wurden Pyramiden in Saqqara (von Userkaf), Abusir (unter anderem von Sahure und Niuserre) erbaut und erneut in Saqqara (von Unas), wo sich auch die Pyramiden der 6. Dynastie befinden (von Teti und Phiops/Pepi I. und II.). Das gewaltige, vermutlich von Djoser und Imhotep neu entwickelte Konzept wurde durch die großen Pyramidenerbauer der 4. Dynastie (Cheops, Chephren und Mykerinos) modifiziert, nachdem bereits Snofru, der erste König dieser Dynastie, von dem drei große Pyramiden bekannt sind, ebenfalls Veränderungen vorgenommen hatte. Wichtig sind der Wegfall der „Scheinresidenz" und funktionale Veränderungen im Totentempel, die einen rituellen Hintergrund haben müssen. Außerdem versahen die Pharaonen ihre Pyramiden nun mit glatten Seitenwänden und übertrafen ihre Vorgänger hinsichtlich der Höhe, indem sie Pyramiden erbauen ließen, die mehr als 140 m hoch waren. Zur Standardanlage aus der 4. Dynastie gehörte neben der Pyramide ein doppelter Totentempel, in dem Opfer für den Toten und für die Verehrung des Gottkönigs dargebracht wurden. Zudem benutzte man den Tempel natürlich auch für das ausführliche

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Das 3. Jahrtausend ν. Chr.

Bestattungsritual. Der ummauerte Bezirk war über einen Prozessionsstraße mit einem kleineren Taltempel und einem Anlegeplatz für die Prozessionsschiffe verbunden. Neben der Cheops-Pyramide hat man diesen Teil des Komplexes noch entdeckt. Rings um die Anlage befanden sich als getreues Spiegelbild der Machtverhältnisse die rechteckigen, waagerecht abgedeckten Gräber (Mastabas) hoher Beamter. Neben der Chephren-Pyramide erhebt sich als Wächter gegen feindliche Mächte der königliche Sphinx, ein Löwe mit Menschenkopf. Diese Totenarchitektur 3 unterstreicht die alles dominierende Stellung des Königs und bezeugt die großen künstlerischen und technischen Fähigkeiten der damaligen Baumeister und Handwerker. Bauten, Reliefs, Skulpturen und Malerei verraten einen meisterlichen Umgang mit dem Material und einen ausgreiften, an strenge Konventionen gebundenen Stil. In späteren Jahrhunderten hatten diese Konventionen eine in vielerlei Hinsicht normative Funktion. Beachtung verdienen die zahlreichen, vor allem in den Mastabas angebrachten Reliefs mit Szenen aus dem Alltagsleben und die sie begleitenden Beamten-Inschriften, die wertvolle historische Informationen enthalten. In der Pyramide des Pharaos Unas aus dem Ende der 5. Dynastie (zweite Hälfte des 24. Jh.s v. Chr.) kommen erstmals als Wandreliefs die Sprüche vor, die unter der Bezeichnung Pyramidentexte bekannt sind. Wurden sie zuvor auf Papyri geschrieben, die uns nicht erhalten blieben? Es handelt sich um religiöse Texte, um Zaubersprüche, die das Wohlergehen des toten Königs garantieren und ihm helfen, den ihm zukommenden Platz unter den Göttern einzunehmen. Die Gattung lebt teilweise und in abgewandelter Form in den späteren, nun auch nicht-göttlichen Toten gewidmeten Sargtexten aus der Ersten Zwischenzeit weiter und in noch jüngerer Zeit, seit dem Neuen Reich, in Texten des Totenbuchs. Die großen Bauunternehmungen setzen eine zentral geleitete Verwaltung voraus, eine offizielle Ideologie und wirtschaftlichen Wohlstand. In der Verwaltung spielte der König die zentrale Rolle, ihm standen hohe Beamte zur Seite, die anfänglich aus der königlichen Familie rekrutiert wurden, später aber, als die Bürokratie zunahm, auch aus anderen Kreisen genommen wurden. Seit der 3. Dynastie ist der Wesir bezeugt, daneben auch die Nomarchen oder auch Gaufürsten der zahlreichen ägyptischen Nomen. In Oberägypten gab es von Elephantine bis nach Memphis im Idealfall 22 Gaue, in Unterägypten zunächst eine unbekannte Anzahl, später dann 20 Gaue. Im Verlauf der Zeit nahm die Macht der Gaufürsten zu, wie sich an ihren eigenen Dynastiebildungen (besonders nach der 5. Dynastie) und an ihrer unabhängigen Grabwahl ablesen läßt. Dies geschah zu Lasten der absoluten Macht des Königs, der in zunehmenden Maße mit dem Einfluß der Gaufürsten rechnen mußte, und der dadurch auf einem menschlicheren Niveau angesiedelt wurde.

3 Von den anderen Tempeln und Palästen, vor allem von denen in Memphis, blieb nur sehr wenig erhalten.

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Sein Verhältnis zu seinen Untertanen nahm dadurch eher persönliche und ethische Züge an. Der Wohlstand Ägyptens beruhte auf der Fruchtbarkeit des Niltals, und dementsprechend wichtig war der jährlich höchste Wasserstand des Nils, der für die ersten Dynastien auf dem Palermostein festgehalten ist. Die mittels überwiegend natürlicher Überflutung des Landes betriebene Ackerwirtschaft und die Viehzucht stellten die ökonomischen Säulen der ägyptischen Wirtschaft dar, so wie dies auch die Reliefs aus den Mastabas mit entsprechenden Szenen aus dem Bauernleben vor Augen führen. In der zentral und bürokratisch organisierten Wirtschaft nahmen Bauunternehmungen von gewaltigem Umfang einen wichtigen Platz ein. Für sie war sowohl in den Steinbrüchen wie auf den Bauplätzen der Einsatz von enorm viel menschlicher Arbeitskraft erforderlich. Vermutlich wurde die Bevölkerung zwischen den landwirtschaftlich Hauptsaisonen zur Ausführung großer Bauvorhaben beigezogen, und möglicherweise halfen dabei auch Kriegsgefangene. Zu bezahlen waren zudem hohe Beträge für die Verproviantierung, für Personal und Material (Holz, Granit und Diorit, Gold), das oft von weither herbeigeschafft werden mußte. Auch nach Bauabschluß übten die Monumente weiterhin ökonomischen Druck auf das Land aus; denn die großen Tempelanlagen und Pyramiden mit ihrem umfangreichen Personal und aufwendigen Kultapparat waren im Prinzip ein Zweig der „Staatswirtschaft", da sie im Rahmen einer zentral gesteuerten distributiven Ökonomie betrieben wurden. Zuwendungen erhielten sie in Form von Landschenkungen, Einkommenszuweisungen und Steuerbefreiungen. Durchführen ließ sich dies alles nur in friedlichen und wirtschaftlich florierenden Zeiten und im Rahmen einer gut organisierten Verwaltung, unter Bedingungen also, die während der Blütezeit des Alten Reichs gegeben waren. Inschriften, Gegenstände mit Königsnamen und andere Funde bezeugen ausländische Kontakte. Schiffe brachten Holz aus Byblos, aus den Bergwerken auf dem Sinai (Serabit el-Chadim) kamen Türkis und vermutlich Kupfer, aus Nubien bezog man Gold und hartes Gestein, und nachdem während der 6. Dynastie die Fahrrinne im ersten Nilkatarakt vertieft und damit schiffbar gemacht worden war, gestalteten sich die Kontakte einfacher. König Sahure (ca. 2490/40 v. Chr.) soll als erster das Weihrauchland Punt (die somalische Küste?) erreicht haben, und er schickte auch eine Handelsexpedition nach Syrien. Mit seiner Kartusche versehene Gegenstände wurden sogar in Troja gefunden. Vielleicht waren sie über den Handel mit Kreta in der Früh-Minoisch Ii-Zeit dorthin gekommen. Gefäße mit Inschriften der Pharaonen Chephren und Pepi I. wurden im Königspalast von Ebla entdeckt, und es ist nicht auszuschließen, daß sie ihren Weg über Byblos genommen hatten.

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Das 3. Jahrtausend ν. Chr.

1.3 Die Erste Zwischenzeit Gegen Ende der langen und stabilen Periode der 4. bis 6. Dynastie (ca. 2600-2180 ± 20 Jahre v. Chr.) zeichneten sich Zerfallserscheinungen ab, die nach der Ζ und 8. Dynastie4 bemerkenswert schnell zum Untergang des Alten Reichs führten. Auch wenn dabei Einfälle und Raubzüge von „Asiaten" im Delta und Uberfälle auf Handelskarawanen eine Rolle spielten, so waren die Ursachen für den Niedergang doch primär interner Art. Sie machten sich vor allem während der zweiten Hälfte der unwahrscheinlich langen Regierung von Phiops oder Pepi II. (einem spät geborenen Sohn von Phiops I., der etwa sechzig Jahre lang regierte) bemerkbar. Welchen Verlauf die Dinge schließlich nahmen, bestimmten mehrere Faktoren, die nicht losgelöst voneinander betrachtet werden dürfen. Ein ausschlaggebender Faktor für den Niedergang war die ökologische Krise, die wegen einer Folge von besonders niedrigen Nilüberströmungen während der zweiten Hälfte der 6. Dynastie einsetzte. Dies bedeutete einen starken Rückgang der landwirtschaftlichen Erträge, der sich in Nahrungsknappheit, Hungersnöten, einer hohen Sterblichkeitsrate und dadurch vermindertem Staatseinkommen ausdrückte. Da die Abgaben in Naturalien beglichen wurden, wirkte sich die Höhe der Nilüberströmungen direkt auf die Höhe der Staatseinnahmen aus. Weil Mittel und Arbeitskräfte fehlten und dies politische und soziale Unruhen in Form von Plünderungen, Machtstreitigkeiten und lokalem Partikularismus hervorrief, wurde die zentrale Verwaltung unterminiert, und das hierarchisch organisierte Staatswesen und das Königtum büßten so einen Teil ihrer Macht und ihres Ansehens ein. Der Machtverlust in Memphis brachte es mit sich, daß der König zunehmend auf die Unterstützung seiner mächtigen Diener angewiesen war, vor allem auf die der Gaufürsten, die eigene Dynastien gegründet hatten. Unter ihnen nahmen die Gaufürsten von Elephantine, Koptos und Abydos (mit denen Phiops/Pepi II. verschwägert war) eine herausragende Stellung ein. Die vielen Immunitäten (die von Koptos sind für die 7.-8. Dynastie bekannt), die den Gaufürsten verliehen wurden, legen ein beredtes Zeugnis davon ab, wie der „Staat" allmählich zerfiel. Davon konnte seine Wirtschaftskraft nicht unberührt bleiben. Die biographischen Inschriften hoher Beamter aus dieser Zeit erwähnen die Folgen dieser gefährlichen Entwicklung. Spürbar sind sie auch in der bemerkenswerten Literatur, die in dieser „Krisenzeit" und während der daran anschließenden Ersten Zwischenzeit aufkam, und die den Zerfall der alten, geheiligten Ordnung offenkundig als etwas tief Eingreifendes, als eine fin de siecle erfuhr. Zu dieser „pessimistischen Literatur", die Elend und Chaos beschreibt und daraus religiöse und soziale Schlüsse und Lektionen ziehen will (wobei ethische Fragen nicht ausgeklammert werden), gehören unter ande-

4 Die 7. und 8. Dynastie dauerten zusammen nur 20 Jahre; doch bestiegen in diesem kurzen Zeitraum fünfzehn Herrscher den Thron.

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rem „Das Gespräch eines Mannes mit seinem Ba", „Die Lehre für Merikare" (RTAT 70-72), „Die Lehre des Königs Amenemhet", „Die Prophetie des Neferti", „Die Klagen des Bauern" und wahrscheinlich auch „Das Harfnerlied". Das Aufblühen dieser Literatur, die eine neue geistige Dimension erschließt, sticht stark von den anderen Kunstgattungen ab, die in jener Zeit einen Niedergang erlebten. Nach dem Ende der 8. Dynastie (um 2130± 20 Jahre v. Chr.) eigneten sich neue, zunächst lokale Machthaber die Herrschaft an. Sie residierten nicht in Abydos, Koptos oder Elephantine, wo mächtige Nomarchen ansässig waren, sondern in neuen Zentren. Im Norden finden wir sie im 20. Gau, in Herakleopolis unweit von Memphis, nachdem sie durch die Unterwerfung und Entwicklung des Fayyum mächtig geworden waren. Die lokalen Herrscher beanspruchten rasch den Königstitel und sind, dank Manetho, als die 9. und 10. Dynastie bekannt (ca. 2145/30-2020/1980 v.Chr.). Als Konkurrent machte sich im Süden ungefähr zur selben Zeit Theben mit Antef II. bemerkbar, der als erster „König" der Dynastie gilt, die als die 11. verbucht wird. Nach einer Zeit politischer und militärischer Wirren, bei denen Theben mit der Unterstützung der Gaue Elephantine und Koptos rechnen konnte, setzten sich schließlich die südlichen, thebanischen Herrscher durch. Um 2050/2000 v. Chr. war es Mentuhotep II., „der Vereiniger", der das Werk seiner Vorgänger (Antef I.—III.) abrundete und seine nördlichen Rivalen, Merikare und dessen Nachfolger, ausschaltete und Herakleopolis eroberte. Nach einem Jahrhundert der Zwistigkeiten wurde ganz Ägypten im Prinzip wieder unter einem Szepter vereint. In der Prozession der Könige im Ramesseum erscheint Mentuhotep II. später (im Neuen Reich) zusammen mit den beiden anderen „Vereinigern" Ägyptens: Menes und Ahmose (der die Hyksos vertrieb). Mit ihm begann das Mittlere Reich.

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Die Geschichte Mesopotamiens im 3. Jahrtausend ν. Chr. ist schwieriger darzustellen als die Ägyptens. Authentische schriftliche Quellen sind in der Zeit vor ca. 2500 v.Chr. spärlich; die ältesten Tontafeln beschränken sich, sofern man sie lesen kann, ausschließlich auf wirtschaftliche Informationen lokaler Art. Eine Ausnahme stellen die Wörterlisten aus den ältesten Schulen dar, die unter anderem Berufs- und Ortsnamen aufzählen. Bau- und Grabinschriften fehlen ebenso wie Reliefs mit historischen Texten. Ungefähr gleichzeitig mit Schultexten sowie Archiven aus Fara (Schuruppak) und aus Abu Salabich tauchen erst um 2500 v. Chr. die frühesten, im strengen Sinne historischen Inschriften auf, und zwar Texte aus Lagasch über Urnansche und seine Nachfolger. Die in der Sumerischen Königsliste aufgenommenen Uberlieferungen bestehen aus einer Mischung historischer, legendärer und mythischer Elemente und sind deshalb für die Frühzeit nur von beschränkter Bedeutung. Die bekannteste Dynastie, die von Lagasch, wird in ihr noch nicht einmal erwähnt. Anders als in Ägypten gab es in Mesopotamien keine dominierende und sich auf Dauer behauptende Dynastie. Erst unter dem Königshaus von Akkad (ab etwa 2350 v. Chr.) wurde das Land politisch geeint. Um 3000 v. Chr. mag es

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zu einer Art Zusammenhalt und Integration im Zuge der sogenannten „Uruk-Expansion" gekommen sein. Diese verfolgte zwar in erster Linie wirtschaftliche Interessen, führte aber auch zu einer gewissen sumerischen Präsenz entlang dem mittleren Euphrat und in Obermesopotamien. Zu Beginn der frühdynastischen Periode I zeichnen sich unterschiedliche Entwicklungen im Süden (im Kerngebiet der Sumerer) und in Nordbabylonien in der Gegend nördlich von Isin und Larsa ab. Das Bild, das sich im Süden darbietet, ist von Rivalitäten zwischen Stadtstaaten geprägt. Sie wurden von sogenannten Ensis regiert, die als Statthalter der Stadtgötter agierten. Die diesen Stadtstaaten gemeinsame Kultur drückt sich in ihrer Sprache, ihren Traditionen und in ihrer Religion aus, vor allem in der Verehrung des Hauptgottes Enlil. Sein Kultzentrum befand sich in Nippur, und hier sollten die Götter und vielleicht auch die Herrscher der Stadtstaaten zur Ratsversammlung zusammenkommen. Im Norden - im nördlichen Babylonien und in den umliegenden Gebieten - gewannen allmählich die semitischen Landesbewohner die Oberhand. Die altehrwürdige Stadt Kisch wurde ihr politisches Machtzentrum; denn hier war der Sitz eines mächtigen, autoritären Königtums, wodurch der Titel „König von Kisch" einen besonderen Beiklang erhielt. Er wurde später auch im südlichen Mesopotamien als Gattungsbegriff verwendet. Der Unterschied zwischen dem Süden und dem Norden drückte sich auch darin aus, daß man zwei Sprachen sprach: Sumerisch im Süden, das semitische Akkadisch im Norden. Da freilich die meisten schriftlichen Quellen aus der Zeit vor etwa 2400 v. Chr. aus dem Süden stammen, sind sie überwiegend auf Sumerisch abgefaßt. In der späten Uruk-Zeit war das Sumerische zur ersten Schriftsprache geworden, die alle Schreiber erlernen und üben mußten. Als Unterrichtsmaterial benutzten sie Zeichen- und Wörterlisten, die um 3000 v.Chr. zusammengestellt und seitdem weitergegeben und ergänzt worden waren. Bereits um die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. begann man, mit diesem Zeichenrepertoire auch das semitische Akkadisch zu schreiben. Selbst im nordsyrischen Ebla wurde es um 2400 v. Chr. benutzt. Neben den Sumerern und Akkadern gab es vermutlich eine noch ältere, einheimische, präsumerische Bevölkerung, deren Existenz aus einigen alten Städtenamen, Berufsbezeichnungen und kulturellen Begriffen erschlossen wird. Da Mesopotamien aber keine scharf gezogenen natürlichen Grenzen besitzt, kamen im Verlauf der Zeit neue Bevölkerungsgruppen hinzu. In der Zeit nach 2500 v. Chr. tauchten die Hurriter und Amoriter auf. Während die Hurriter stets entlang der Peripherie des Landes lebten, drangen die aus der Syrisch-arabischen Wüste eingewanderten Amoriter immer tiefer ins Landesinnere vor und wurden während des 21. Jahrhunderts v.Chr. zu einer ernsten Bedrohung. Nach dem Untergang der 3. Dynastie von Ur gelang es schließlich mehreren amoritischen Herrschern, in einigen babylonischen Städten den Thron zu besteigen. Der berühmteste unter ihnen war Hammurapi von Babylon.

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2.1 Die Umk-Zeit Der Übergang von der Vorgeschichte zur Geschichte vollzog sich gegen Ende des 4. Jahrtausends v.Chr. während der sogenannten Späten Uruk-Zeit, die um 3500 v.Chr. begann (mit Schicht VI in Uruk). Die ältesten Tontafeln aus Schicht IV (um 3100 v.Chr.) markieren den Eintritt in die Geschichte. Sie sind eindeutig das Ergebnis einer kulturellen und ökonomischen Entwicklung, die die Existenz eines gut organisierten archaischen Staates voraussetzt. Ein solcher Staat benötigte operationale Mittel wie ein Schriftsystem und Siegel, um mit ihnen den Verkauf und die Lagerung von für den Konsum, die Redistribution und den Handel bestimmten Gütern in großen Mengen registrieren und kontrollieren zu können. In diesem vermutlich weitgehend theokratischen Staat gab es keinen separaten Palast. Das Staatswesen hatte sich vielmehr im Umfeld eindrücklicher Tempel entwickelt, bei denen zwei Typen zu unterscheiden sind: monumentale „Tieftempel" (bis zu 50 x 80 m), die in der Regel dreischiffig und mit einem T-förmigen Mittelraum angelegt waren, und kleine, auf Terrassen errichtete „Hochtempel", die Vorläufer der späteren Ziqqurats oder auch Turmtempel. Die Nischengliederung der Außenmauern, die Verkleidung von riesigen Pfeilern und Wandflächen mit geometrischen Stiftmosaiken aus (importiertem) Kalkstein und gefärbtem Ton sowie der dynamisch-naturalistische Stil der Skulpturen und Reliefs 5 verraten künstlerische Fähigkeiten, einen meisterlichen Umgang mit Materialien und organisatorisches Geschick. Archäologische Untersuchungen haben eine Zunahme landwirtschaftlicher Niederlassungen und damit eine wachsende Bevölkerung und eine gesteigerte Nahrungsproduktion nachgewiesen. Parallel dazu lassen die ältesten Berufslisten eine stark gegliederte Gesellschaft erkennen, an deren Spitze ein Führer als irdischer Repräsentant des Stadtgottes stand. Religiöse und politische Befugnisse und Pflichten können in seinem Amt vereint gewesen sein. Vermutlich ist jene Führergestalt als „der Mann im Netzrock" sowohl in friedlichen und kultischen (zusammen mit Tempelgebäuden, bei Opferdarbringungen, mit Herden) als auch in kriegerischen Szenen (Töten von gefangenen Feinden) auf frühen Siegeln dargestellt. Nach neueren archäologischen Studien spielte der Handel eine wichtige Rolle und führte eventuell zu einer Art wirtschaftlichen Expansion entlang von Euphrat und Tigris. Die Landwirtschaft, zu der die Viehzucht hinzukam, bildete die Grundlage der Wirtschaft. Der Ertrag aus dem Ackerbau hing von den Wassermengen ab, die Tigris und Euphrat im Frühjahr mit sich führten, und die man für die natürliche Bewässerung der fruchtbaren Alluvialebene nutzte. Erst als in späteren Zeiten der Wasserbedarf anstieg und weniger Wasser verfügbar war, hat man Kanäle angelegt und die Felder in zunehmenden Maße künstlich bewässert.

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Im selben Stil sind auch die Darstellungen auf Rollsiegeln ausgeführt.

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Traditionell läßt man auf die Uruk-Periode um 3000 v.Chr. (in Uruk Schicht III) die Dschemdet-Nasr-Zeit folgen, deren Name sich vom ersten Fundort der für sie typischen Tonware ableitet. Es handelt sich um eine archäologisch schwer einzuordnende Periode, die vermutlich mit dem Ende der Uruk-Zeit überlappte. In Uruk wurden damals Veränderungen im Tempelbau vorgenommen, indem man nun erstmals Tempel auf hohen Terrassen errichtete. Auch in der Glyptik kamen ein neuer Stil und neue Techniken auf. Eine wichtige Rolle spielt dieser Zeitabschnitt in der Diskussion über das „Sumerische Problem", das heißt bei der Frage, woher und vor allem wann die möglicherweise nicht-autochthonen Sumerer in Südmesopotamien eingewandert sein könnten. Zwei Meinungen stehen sich hierbei gegenüber. Einige Wissenschaftler setzen die Ankunft der Sumerer nach der Uruk-Periode an und sehen in den Veränderungen während der Dschemdet-Nasr-Zeit Anzeichen für einen kulturellen Bruch. Diese Sicht der Dinge impliziert, daß die Sumerer die Keilschrift und die hohe Kultur von einer älteren einheimischen Substratbevölkerung übernommen hätten, daß also diese frühe Bevölkerung der Kultur des alten Mesopotamiens ihren unauslöschlichen Stempel aufgeprägt habe. Neben anderem stützt sich diese These darauf, daß nicht bewiesen wäre, daß die ältesten Texte auf Sumerisch geschrieben seien, und auf Indizien dafür, daß die Keilschrift in phonetischer Hinsicht nicht für das Sumerische entwickelt worden sei, und daß viele alte Ortsnamen und Berufsbezeichnungen nicht-sumerisch seien. Andere Wissenschaftler, die eine Kontinuität von Uruk, Schicht VIII/VI, bis Uruk, Schicht III, betonen und Veränderungen als interne Entwicklungen erklären, nehmen dagegen an, daß die Sumerer schon viel früher, etwa um 3500 v.Chr., zu Beginn der Späten Uruk-Zeit nach Mesopotamien gekommen und folglich sehr wohl die Träger der ältesten Hochkultur seien. Nachdem man Gruppen der ältesten, in Uruk entdeckten Keilinschriften untersucht und partiell verstanden hat, hat die zweite Meinung erheblich an Wahrscheinlichkeit gewonnen. Sie paßt zudem zu der gut fundierten Annahme, daß zwischen der Uruk-Periode und der Frühdynastischen Zeit ein großes Maß an kultureller Kontinuität besteht. Neuere archäologische Entdeckungen in Habuba Kabira und auf dem Dschebel Aruda an der westlichen Euphratbiegung haben außerdem ergeben, daß die Uruk-Kultur des südlichen Mesopotamiens sehr viel weiter nach Norden ausgriff, als bisher angenommen wurde. Vielleicht handelte es sich dabei um gezielte Versuche, die Handelskontakte mit solchen Gegenden auszuweiten und zu beschützen, die Güter liefern konnten, die in Mesopotamien fehlten. Daß allmählich immer mehr Spuren der Uruk-Kultur in Nordmesopotamien gefunden werden, scheint diese Sicht der Dinge zu bestätigen.

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2.2 Die Frühdynastische Zeit Um 2900 v.Chr. begann die frühdynastische Periode, die sich in folgende Phasen unterteilt: I ca. 2900-2750, II ca. 2750-2600, lila ca. 2600-2500 und schließlich Illb von etwa 2500 bis etwa 2350 v.Chr. In diesem langen Zeitraum nahm der „klassische" sumerische Stadtstaat mit seinem Tempel und, etwas später dann, auch mit seinem Palast allmählich historisch deutlichere Konturen an. Dieses Staatswesen baute sich auf einer in der Landwirtschaft verankerten Wirtschaft auf, die in zunehmendem Maße von der künstlichen Felderbewässerung abhängig wurde. Hinzu kamen die Viehzucht und Güter sowie Rohstoffe, die man über den internationalen Handel aus dem Ausland bezog. In mehreren Städten ist erkennbar, welch großen Umfang die Urbanisation nun erreichte. Manche Städte erstreckten sich über Flächen von einigen Quadratkilometern und beherbergten tausende Einwohner. Diese Städte fungierten als Zentren von Stadtstaaten, von denen jeder seinen eigenen Herrscher, seine Dynastie, seinen Tempel und sein Pantheon besaß. Die wichtigsten waren in Süd-Nord-Richtung: Eridu, Ur, Bad-Tibira, Uruk, Larsa, Lagasch, Umma, Schuruppak, Adab, Nippur, Isin, Akschak, Sippar, Kisch, Eschnunna und Mari. Allmählich verbessert sich die geschichtliche Quellenlage, und zusätzlich zu bedeutenden archäologischen Funden und Befunden aus mehreren dieser Städte (vor allem aus Ur mit seinen Königsgräbern, aus Lagasch, Nippur, Kisch, Eschnunna) beginnen nun die ersten Inschriften mit Königsnamen aufzutauchen. Größere Sammlungen von Verwaltungsurkunden stehen erst ab ungefähr 2500 v. Chr. zur Verfügung6, so vor allem aus Schuruppak und Abu Salabich (vermutlich das alte Eresch). Hier kommen sie zusammen mit Zeichen- und Wörterlisten vor, die in der Schreiberausbildung verwendet wurden, und mit einigen literarischen Texten (Tempelhymnen, Weisheits- und Beschwörungstexten). In begrenzter Zahl liegen auch Rechtsdokumente vor, namentlich solche, die die Ubereignung von Grundbesitz registrieren. Sie stehen am Beginn einer langen Tradition von Texten, die den Verkauf und andere Arten der Ubereignung für öffentliche Zwecke festhalten. Eine Gruppe ganz eigener Art bilden die sogenannten archaischen Kudurrus (wörtlich „Grenzsteine"), von denen die ersten aus den frühen Phasen der Frühdynastischen Zeit stammen. Inschriften auf diesen Steinen vermerken die Ubereignung von Feldern. Um 2500 v.Chr. erhielten die einzelnen Keilschriftzeichen ihre älteste Standardform, und schon bald wurden sie auch in der Reihenfolge geschrieben, in der sie zu lesen waren. Die Texte wurden dadurch leichter les- und verstehbar. Die tausende im nordsyrischen Ebla entdeckten Texte aus der Zeit um 2400 v.Chr. weisen dieselben Merkmale auf und sind auch darin den geringfügig älteren Quellen

6 Die einzige Ausnahme dazu ist, abgesehen von den von R.K. Englund, 1994, publizierten „Archaic Administrative Texts from Uruk", ein Archiv aus Ur, das aus der Zeit um 2600 v.Chr. stammt.

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aus Schuruppak und Abu Salabich vergleichbar, daß neben Wirtschaftsurkunden literarische und lexikalische Texte vorkommen. Die Frühdynastisch Ii-Zeit ist die Periode, in der man gewöhnlich die legendär-epischen Uberlieferungen von den halbgöttlichen frühen Fürsten von Uruk ansetzt, also von Gestalten wie Enmerkar, Lugalbanda und Gilgamesch. Die Könige jener von S.N. Kramer als „heroischen Periode" bezeichneten Zeit sind auch aus der Sumerischen Königsliste bekannt, und die Uberlieferung weiß sowohl von Enmerkar wie von Gilgamesch zu erzählen, sie hätten die Stadt Uruk und ihre Mauern errichtet. Die Listen und die Heldensagen stimmen darin überein, daß sich Uruk seine Vormachtstellung auf Kosten der nördlichen Stadt Kisch und seiner Dynastie erobert habe. Das nur 115 Zeilen lange Kurzepos „Gilgamesch und Agga" schildert, wie Gilgamesch entgegen dem Rat der Stadtältesten, aber in Einklang mit dem der Versammlung der rüstigen jungen Männer es ablehnt, sich Kisch zu unterwerfen und Frondienst zu leisten. Letztendlich besiegt Gilgamesch König Agga von Kisch, der zusammen mit seinen Truppen auf Booten stromabwärts gefahren war, um Uruk anzugreifen. Von einem von Aggas Vorgängern, von Enmebaragesi, stammt die älteste im Original bekannte Königsinschrift, die paläographisch möglicherweise um 2700 v.Chr. zu datieren ist. Der großen Macht, die das frühe Kisch genoß7, verdankte der Titel „König von Kisch" sein hohes Ansehen und seinen imperialen Klang, in dem die gewaltige Expansion nach Norden ihr Echo findet. Nach einer glanzvollen Herrschaft wurde Uruk 8 der Sumerischen Königsliste zufolge „mit den Waffen geschlagen; sein Königtum wurde nach Ur gebracht". Dies ist eine stereotype Formel, die eine - von der Geschichte nicht widerlegte - theologische Uberzeugung widerspiegelt. Der Verlust des (einzigen) „Königtums von Sumer", das stets nur in einer Stadt seinen Sitz haben konnte, geht demnach auf den Beschluß der Versammlung der großen Götter in Nippur zurück. Zugrunde lag das Axiom, daß keiner einzelnen Stadt ein ewiges Königtum zustand. Zu den Herrschern der neuen, rund um 2500 v. Chr. anzusetzenden Dynastie von Ur gehören die Könige Mesanepada und A'anepada, die beide in der Königsliste aufgeführt, aber auch durch Originalinschriften aus Ur und Mari bekannt sind. Damit stellen sie bislang noch Ausnahmen dar; denn viele ihrer ebenfalls in der Königsliste genannten oder in der Uberlieferung vorkommenden Zeitgenossen (etwa der berühmte König Mesalim von Kisch) haben keine Spuren hinterlassen. Andrerseits ist der nicht in der Königsliste vermerkte Meskalamdug von Ur aus den Königsgräbern in Ur bekannt, aus denen Gegenstände aus Gold (vor allem sein Goldhelm oder vielleicht auch seine Perücke) mit seinem Namen geborgen wurden. Einige jener berühmten frühen Herrscher werden auch in einer literarischen Chronik über die Baugeschichte des Tummal-Schreins bei Nippur erwähnt. Weil aber die ReihenKisch war der Sumerischen Königsliste zufolge nach der großen Flut Sitz der 1. Dynastie. Die frühen Traditionen Uruks wurden später von der Dynastie von U r III gepflegt, die ihre Wurzeln in Uruk hatte. 7 8

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Das 3. Jahrtausend ν. Chr.

folge der Könige in den verschiedenen literarischen Quellen nicht übereinstimmt, und weil Könige, die epischen Erzählungen zufolge gegeneinander Krieg führten, in der Königsliste um Generationen voneinander getrennt sein können, gestaltet sich eine von derartigen Quellen ausgehende Geschichtsrekonstruktion überaus mühsam. Ohne weitere zeitgenössische Inschriften und zusätzliche historische Informationen lassen sich die Daten und bisweilen noch nicht einmal die relative Abfolge jener frühen Herrscher und Dynastien erschließen. Die Darstellung in der Königsliste ist ideologisch voreingenommen. Sie ignoriert den Umstand, daß besonders während der letzten Phasen der Frühdynastischen Zeit gleichzeitige Dynastien um die Macht stritten, und sie vermischt verläßliche historische Angaben mit legendären Erzählungen. Das ist einer von mehreren Gründen, die es so schwer machen, die politische Geschichte des frühen Mesopotamien vor etwa 2500 v. Chr. zu schreiben. Mit den mythisch-legendären Uberlieferungen aus dieser Zeit muß man sehr vorsichtig umgehen; denn sie erzählen von mythischen Figuren (von Etana in Kisch und von Dumuzi in Uruk) und von märchenhaft langen Regierungszeiten (900 Jahre für Enmebaragesi). Sie berichten aber nichts über verläßlich bezeugte Fürsten wie den schon genannten Mesa(i)lim aus Kisch, dem seiner Macht und seines Ansehens wegen die Schiedsrichterrolle zwischen Lagasch und Umma zufiel. Dieses Schweigen erklären einige Wissenschaftler damit, daß diesen Herrschern der vom Zentralheiligtum in Nippur verliehene, kultisch bestimmte Status eines „Großkönigs" gefehlt habe. Der älteste, die Dynastien vor der großen Flut umfassende Teil der Sumerischen Königsliste (RTAT 113-115) ist für Geschichtsrekonstruktionen kaum brauchbar. Dasselbe gilt auch für die Notiz über die Flut selbst, die diesen Abschnitt beendet. Sie stellt einen ursprünglich eigenständigen Text dar, der erst später in die Liste eingefügt wurde. Es bereitet auch Schwierigkeiten, eine „Sintflut" zu Beginn des 3. Jahrtausends v.Chr. historisch und archäologisch anzusetzen. Die in verschiedenen Städten ausgemachten reinen Sedimentschichten, die einige Wissenschaftler damit in Zusammenhang bringen wollten, lassen sich chronologisch nicht auf einen Nenner bringen. Die primär literarische Sintfluttradition, die in Mythen und in der Königsliste widergespiegelt wird, ist eher mit der Uberlieferung von einem Ursturm und einer Flutwelle als Chaosgeschehen in ferner Vorzeit zu verbinden. In den Mythen, sowohl in der sumerischen „Fluterzählung" (RTAT 114 f.) wie im akkadischen „Atrachasis-Mythos" (RTAT 115-118), wurden diese Naturgewalten auf Grund von Erfahrungen, die die Bewohner der Ebene mit Uberschwemmungen im Verlauf der Jahrhunderten gesammelt hatten, realistisch nachgezeichnet. Den Umstand, daß die erste Dynastie „nach der Flut" aus einer Reihe von Herrschern mit überwiegend semitischen Namen in der Metropole Kisch besteht, darf man auch nicht dazu gebrauchen, „die Flut" als Metapher für das um diese Zeit umfangreiche Eindringen semitischer Bevölkerungsgruppen zu verstehen, die ihr Machtzentrum im Norden der Ebene gegründet hätten.

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Richtig ist an dieser These, daß es bereits früh im 3. Jahrtausend v.Chr. Semiten in Mesopotamien gab, und zwar nicht nur als halbnomadische Eindringlinge, sondern auch als ein Element, das sich rasch am Machtstreit zwischen den Stadtstaaten beteiligte und an deren Kultur partizipierte. Königin Puabi aus Ur (früher Schubad gelesen) trug bereits einen semitischen Namen, und semitische Namen hatte auch ein ansehnlich hoher Prozentsatz der gelehrten Schreiber, die um 2500 v. Chr. für die Schultexte von Abu Salabich verantwortlich waren. Das bedeutet, daß es alles andere als einfach ist, (ältere?) sumerische Kulturelement von (jüngeren?) akkadischen zu unterscheiden. Schon früh kam es zur Symbiose und zu einem zunehmenden Synkretismus, aus denen eine „mesopotamische" Kultur hervorging. Religiöse und literarische, auf Sumerisch geschriebene Texte und sogar sumerische Götternamen können nicht ohne weiteres ausschließlich als Beispiele der nichtsemitischen, sumerischen Kultur betrachtet werden. Auch wenn man die Bedeutung der sumerischen Komponente auf vielen Gebieten keinesfalls unterschätzen darf, war sie doch nicht der einzige Faktor von kulturellem Belang. Die späteren Phasen der Frühdynastischen Zeit sind dadurch gekennzeichnet, daß es in mehreren rivalisierenden Stadtstaaten zu Machtkonzentrationen kam, und daß sich auf diese Weise einige Stadtstaaten in kleine Territorialstaaten verwandelten. Die epische, „heroische" Überlieferung spiegelt die zwischen den Städten ausgefochtenen Kämpfe um die Macht wider, und die Königsliste bezeugt denselben Sachverhalt in der Erzählung vom (theoretisch) einzigen Königtum, das, nachdem es ursprünglich vom Himmel herabgekommen war, sich durch militärische Überlegenheit von Stadt zu Stadt verlagerte. Archäologische Entdeckungen, etwa die nachgewiesene Bevölkerungskonzentration in den von mächtigen Mauern eingefaßten und mit Palastbauten ausgestatteten Städten, bezeugen dies ebenso wie, wenig später, die ältesten historischen Inschriften aus dem Staat Lagasch. Aus diesem Territorialstaat, zu dem die Städte Girsu, Lagasch und Nina gehörten, ist seit etwa 2500 v. Chr. eine acht Herrscher (ca. sieben Generationen) zählende Dynastie bekannt, die mit Urnansche beginnt. Inschriften aus Lagasch 9 , die aus einem sich hinziehenden Konflikt mit dem nördlichen Nachbarstaat Umma hervorgegangen sind, stellen die ältesten historischen Quellen dar. Lagasch liefert somit den chronologischen Rahmen für die Frühdynastisch Illb-Zeit. In der Auseinandersetzung mit Umma war Lagasch anfänglich überlegen. Eannatum von Lagasch (ca. 2450 v. Chr.) konnte Umma eine Niederlage zufügen, und zudem beanspruchte er für sich Siege über Ur, Uruk, Kisch, Mari, Elam und Subartu. Stolz erklärt er in einer Inschrift, die Göttin Inanna habe ihm „das Königtum von Kisch" zu seiner Herrschaft über Lagasch hinzugegeben. Noch einmal gelang es Eannatum von Lagasch, Umma zu schlagen; doch danach kam Umma wieder zu Kräf-

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Zu diesen Inschriften gehört auch die berühmte „Geierstele" des Eannatum (um 2450 v. Chr.).

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ten, um schließlich gegen 2400 v. Chr. Lagasch auszuschalten. Gelungen ist dies dem Eroberer Lugalzagesi von Uruk und Umma, der vermutlich als erster gezielt und auch erfolgreich die Bildung eines Territorialstaates anstrebte. Nach seinem Sieg nannte er sich „König der vier Weltenden, König des Landes (= Sumer)". Der höchste Gott Enlil hatte ihm das Königtum geschenkt, er hatte „alle Länder in seinen Dienst gestellt und sie ihm von Osten bis Westen unterworfen". Es gelang Lugalzagesi, innerhalb kurzer Zeit ein mesopotamisches Reich zu gründen, in dem „Frieden herrschte" und in dem „die Wege vom untersten Meer (Persischer Golf) bis zum obersten Meer (Mittelmeer) sicher waren". Seine politischen Ideale haben die Könige von Akkad übernommen und weiter ausgebildet. Berühmter als der Eroberer ist freilich sein Opfer Urukagina (man liest auch Uruinimgina), der letzte Herrscher von Lagasch. Seinen Ruhm verdankt er seinen „Reformerlassen", die als die ältesten bekannten sozialen Reformen gelten. Aus jenen fragmentarischen und schwierigen Texten, die gewiß eine bedeutende Rolle in der nationalen Politik spielten und zudem Propagandazwecken dienten, geht hervor, daß der Herrscher unterschiedliche Absichten verfolgte. Das Machtverhältnis zwischen Tempel und Palast, das sich seit langem zu Gunsten des letzteren verschoben hatte (Annexion von Tempelländereien, Beschäftigung von Tempelpersonal) wurde korrigiert. Den Ubergriffen von Priestern und Beamten bei der Auferlegung von Steuern und Frondiensten sowie bei Zahlungen für Kulthandlungen wurden Grenzen gesetzt, soziale Mißstände wurden abgeschafft, um den Untertanen Gerechtigkeit und Wohlfahrt zu garantieren. Schließlich brauchte der Fürst ihre Unterstützung bei seinen militärischen Auseinandersetzungen! Gewiß kann man die Maßnahmen unterschiedlich beurteilen; doch darf man Urukagina soziale Motive und Reformbestrebungen sowie seinen Vorsatz nicht absprechen, die richtigen Zustände, so wie sie in der Vergangenheit gewesen sein sollten, wieder herzustellen. Mit seinen Dekreten hat er Schule gemacht. Ihr Einfluß ist im Prolog zu Urnammas späteren Gesetzen spürbar. Indem Urukagina sich selbst darstellte als „der Fürst, der mit [dem Stadtgott] Ningirsu einen Vertrag schloß, damit der Reiche und Mächtige dem Armen, der Witwe und der Waise kein Unrecht mehr antun solle", hat er das Ideal sozialer Gerechtigkeit für den gesamten Alten Orient (Ägypten eingeschlossen) auf seinen Kern gebracht und eindrücklich formuliert. In der Frühdynastischen Periode kam es zu wichtigen Entwicklungen auf politischem, sozialem und religiösem Gebiet. Allmählich nahm das Königsamt deutlichere Formen an, auch wenn der (nicht überall gleiche) Weg, auf dem dies geschah, nicht leicht zu rekonstruieren ist. Die Schwierigkeiten haben noch zugenommen, seitdem sich gezeigt hat, daß die epische Uberlieferung und die alten Königstitel (Titel wie en, ensi, lugal) weniger Anhalt bieten, als man angenommen hatte. Vermutlich verlief die Entwicklung von einem stärker religiös bestimmten Führungsamt mit priesterlichen Aufgaben (en) zu einem eher autokratischen, dynastischen Königtum mit einem aus faktischer Macht und Eroberungen abgeleiteten politisch-militärischem

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Aspekt (lugal), der vor allem von dem Machtstreit zwischen rivalisierenden Stadtstaaten herrührte. Parallel zu dieser Entwicklung nahm die gesellschaftliche Schichtung zu: Eine große Zahl abhängiger Personen, die gegen Naturalien („Rationen") für Tempel und Palast arbeiteten, wurde von einer Oberschicht dominiert, in deren Händen oft die Fäden der politischen und religiösen Macht zusammenliefen. Daneben gab es aber auch eine Klasse unabhängiger Grundbesitzer, von der wenig bekannt ist. T. Jacobsen nahm an, am Anfang dieser Entwicklung habe eine „primitive Demokratie" gestanden, in der eine Ratsversammlung oder eine Versammlung der Volksvertreter Befugnisse besessen habe. In Notsituationen habe sie einem militärischen Anführer [lugal) Vollmachten übertragen können. Wegen der zunehmenden militärischen Auseinandersetzungen sei diesem Anführer schließlich eine dynastische Machtposition zugefallen. Die Belege, auf denen diese Rekonstruktion beruht, sind weitgehend episch-mythischen Uberlieferungen entnommen. Das Spiegelbild der irdischen Verhältnisse sei in der Götterwelt zu finden, wo eine Götterversammlung unter Leitung von An oder Enlil Entscheidungsbefugnisse gehabt habe und im Falle von Krisen einem einzigen Gott weitgehende Vollmachten habe übertragen könne: Dem sogenannten Schöpfungsepos Enüma Elisch zufolge erhielt Marduk diese Vollmachten für seinen Kampf mit Tiamat, was ihm nach seinem Sieg die Oberherrschaft über die Götterwelt eintrug. Bei jedem Versuch, die Entstehung des Königtums zu erklären, ist zu beachten, daß es so gut wie keine Hinweise auf eine frühe Rivalität zwischen dem (älteren) Tempel und dem (jüngeren) Palast gibt. In den frühen Perioden begegnet man, etwa auf Siegelritzbildern aus der Uruk-Zeit, dem vermutlich einzigen Führer der Gemeinschaft in kultischen Situationen und als Tempelerbauer, zudem aber auch als Anführer im Krieg, der die Feinde tötet. Nachdem in der Folgezeit schriftliche Quellen zahlreicher werden, begegnet man in Texten dem dominierenden König {lugal, in Uruk auch als en bezeichnet) als dem von Gott eingesetzten politischem Oberhaupt der Stadt und neben ihm dem Tempelobersten (sanga). Die rein religiösen Aufgaben in Kult und Ritual sowie die Verwaltung des Tempels scheinen von den Pflichten des politischen Führers unterschieden gewesen zu sein. Palast und Tempel blieben aber in engem, manchmal auch durch familiäre Verbindungen zwischen den Spitzen beider Institutionen geknüpftem Kontakt. Offenkundig ist auch, daß sich der König verpflichtet fühlte, den Tempel zu bauen und die Götter mit Stiftungen und wertvollen Geschenken zu versorgen. Der Tempel war für den König eine öffentliche Einrichtung, die letztendlich seiner Macht untergeben war. In Notsituationen wird deutlich, daß der Besitz des nominell noch stets unabhängigen Tempels als eine der größten sozialen und ökonomischen Einheiten im Staat in letzter Instanz der herrscherlichen Verfügungsgewalt unterstand. Urukagina von Lagasch warf dem Palast und den Herrschern „Mißbräuche" vor: Unbefugt hätten sie in die Rechte des Tempels eingegriffen und hätten sich dessen beste Felder angeeignet. In seinen sogenannten Reformerlassen hat Urukagina jedoch derartige Übergriffe als „alte

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Bräuche" qualifiziert, die folglich beweisen, daß der Tempelbesitz seit alters in den Zuständigkeitsbereich des Königs gehörte! Möglicherweise richteten sich Urukaginas Maßnahmen gegen ein Ubermaß an direkter Kontrolle des Tempelbesitzes durch den Palast10, was als eine Verletzung der Titularrechte des Gottes angesehen werden konnte. Es ist freilich schwierig, aus Urukaginas Maßnahmen allgemeingültige Schlüsse zu ziehen, da er sie in einer Notsituation, kurz vor der Eroberung Lagaschs durch Umma, traf, und sie gewiß auch tendenziös gefärbt waren. Was die oben geschilderte himmlische Götterversammlung betrifft, so hat man auf eher nationaler Ebene eine vergleichbare Struktur im sogenannten „Sumer-Bund" entdeckt. Dabei handelt es sich um einen „Bund" sumerischer Stadtstaaten, der im Umkreis des Zentralheiligtums des Obergottes Enlil in Nippur entstanden war, und der bisweilen auch mit dem von W.W. Hallo eingeführten Ausdruck „Amphiktyonie" bezeichnet wird. Einen Nachhall davon findet man in der Ur Iii-Zeit, als die „Ratsversammlung" (puhrum), trotz der nahezu despotischen Macht der Könige, noch eine Rolle als Forum spielte, in dem gemeinsam beratschlagt und politische Beschlüsse getroffen wurden. Zu vergleichen ist auch das Alte Assyrien, wo sich das autokratische Königtum sehr viel später herausbildete, und die „Stadt(versammlung)" seit alters viele Befungnisse besaß. In wie weit der „Sumer-Bund" in der Frühdynastischen Periode nicht nur eine kultische, sondern auch eine politische Institution war, deren Amt des Vorsitzenden eventuell mit dem in der Königsliste erwähnten einzigen Königtum zu verbinden sein könnte, ist eine strittige Frage. Daß das Königtum seine religiöse Dimension behielt, zeigt sich am deutlichsten daran, daß in den reich ausgestatteten Königsgräbern von Ur (Ende des 26. Jh.s v. Chr.) die beigesetzten Herrscher selbst im Tod von oft Dutzenden ihrer Untertanen begleitet wurden. Der König verstand sich als von der Gottheit berufen und beauftragt und von ihr mit Macht und Weisheit begabt, damit es seiner Stadt und den Tempeln wohl ergehe, die er bauen und unterhalten mußte. Die „Theologie" dieses Königtums ist in Königsinschriften und vor allem in den zahlreichen Königshymnen aus der Ur Iii-Zeit und aus der frühen altbabylonischen Zeit in Worte gefaßt. In diesen Texten wird der König als der Sohn der Gottheit vorgestellt, der aus der Vereinigung zwischen dem König und der Oberpriesterin hervorgegangen ist. Viele dem hieros gamos gewidmete Texte beziehen sich auf diesen Umstand. Auch die Amme des Königs war dieser Tradition zufolge eine Göttin. Starb der König, dann „stieg er in den Himmel empor". So formuliert es ein Wirtschaftstext, in dem die Ausgaben für die Beisetzung und die Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen König Schulgi von Ur verzeichnet sind. Oft ist es schwierig zu un-

10 Diese Situation ergab sich eventuell dadurch, daß der direkte Vorgänger Urukaginas beide Ämter in seiner Person vereint hatte und sowohl die Aufgaben eines Herrschers (enst) wie die eines Tempelobersten (sanga) wahrnahm.

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terscheiden, wo die historische Realität theologischen Vorstellungen, dem Hofstil und einer traditionellen literarischen Gestaltung Platz macht. Die altsumerischen Fürsten und Städte erlebten ihre Zusammengehörigkeit besonders im politisch-religiösen Zentrum Nippur. Während der Himmelsgott An von Uruk dem Titel nach an der Spitze der Götterwelt stand, war Nippur die Stadt des tatsächlich höchsten Gottes Enlil, und hier befand sich sein Tempel Ekur, das „Berghaus". Nippur war zu keiner Zeit ein Machtzentrum mit eigenen Herrschern; doch kam es, wie Bauurkunden, Weihgaben und beschriftete Monumente vieler Könige beweisen, fast einer nationalen Pflicht gleich, für den Unterhalt des Gottesdienstes in jenem zentralen Heiligtum in Nippur zu sorgen. In Nippur kam die Ratsversammlung der Götter zusammen, die das Königtum verleihen und entziehen konnte und die damit Enlis Willen vollziehen mußte. Bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. bemühten sich neue Könige um ihre Legitimation durch eine Krönung in Nippur, wobei Enlils günstige Schicksalsentscheidung und sein Segen wesentliche Bedeutung hatten. Um den Beistand Enlils auch für ihre Stadt und für ihren König zu erlangen, reisten die Gottheiten verschiedener Städte ebenfalls von Zeit zu Zeit nach Nippur und erkannten damit Enlils Stellung und Macht an. Diese Konzeption lebte noch während der 3. Dynastie von Ur in einem System weiter, demzufolge die nun als Statthalter im Dienst des Königs von Ur stehenden Ensis der alten Städte der Reihe nach den Gottesdienst von Nippur mit allem Notwendigen versorgten. Dieser Brauch veranlaßte W.W. Hallo, den Ausdruck „Sumerische Amphiktyonie" einzuführen.

2.3 Die Akkad-Zeit Als Sargon von Akkad um 2350 v.Chr. an die Macht kam, nahm die Geschichte Mesopotamiens eine neue Wendung. Nach einer raschen Karriere am Hof von Kisch gründete Sargon sein eigenes Machtzentrum in Akkad. Der Ort ist noch nicht lokalisiert, lag aber vermutlich nicht weit von Bagdad entfernt. Von hier aus unterwarf Sargon in „34 Feldschlachten" seine Rivalen und vereinte, nachdem er Lugalzagesi von Uruk besiegt hatte, ganz Mesopotamien unter seiner Königsherrschaft. Einige große Feldzügen trugen ihm Siege in Syrien (Mari, Ebla, Libanon, ,,Silber"-Gebirge) und im Norden und Osten ein (im Gebiet zwischen Baiich und Habur, im Zagros und in der Susiana). In kurzer Zeit schuf Sargon ein riesiges Reich, einen Flächenstaat mit einer zentralen Regierung und einem mächtigen Monarchen an der Spitze. Die besiegten Städte wurden durch seine Garnisonen und durch Statthalter (Ensis) kontrolliert, die aus der akkadischen Oberschicht rekrutiert worden waren. Das Reich erlebte vor allem in ökonomischer Hinsicht eine Blütezeit: Die Feldzüge brachten Beute und lebensnotwendige Grundstoffe (Holz, Metalle, Steine) ins Land, die Handelswege wurden von strategischen Punkten aus überwacht, und reich beladene Schiffe ausländischer Kaufleute aus dem Bereich des Persischen Golfes und des Golfes von Oman legten am Kai von Akkad an.

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Die absolute Autorität, mit der etwa die Ensis angestellt wurden, die unbegrenzte Macht und die große Verantwortung in Verwaltungsangelegenheiten in „den vier Weitenden" erhoben das akkadische Königtum weit über das übliche Niveau. Mit seinem schöpferischen, ordnenden und herrschenden Auftreten erfüllte der König im Grunde göttliche Aufgaben. Daß er dementsprechend mit den zahlreichen Stadtgöttern konkurrierte, ist auch daran ablesbar, daß er nun erstmals in den Schwurformeln von Rechtsurkunden als Garant für die Aufrechterhaltung der Gerechtigkeit vorkommt. Dieser übermenschliche Status führte bei Sargons drittem Nachfolger, Naramsin, schon zu Lebzeiten und nicht erst postum zu einer Art Vergöttlichung, die an der Schreibweise seines Namens und an der Art, wie seine Person dargestellt wurde, erkennbar ist: Er ist mit der Hörnerkrone abgebildet, die normalerweise Gottheiten vorbehalten war. Eine Inschrift auf der vor kurzem entdeckten „Bassetki-Statue" legt dar, daß nach Naramsins Sieg über seine Feinde die Bürger der Hauptstadt Akkad alle großen Götter gebeten hätten, Naramsin als „Stadtgott" verehren zu dürfen. Danach hätten sie ihm sein „Haus" (Tempel) gebaut. Vom (erfolgreichen) König, der als Erhalter der Gerechtigkeit Frieden und Wohlfahrt garantierte, konnte in der Tat gesagt werden, daß er sein Land und sein Volk „wie ein Gott" leite und behüte. Noch in der altbabylonischen Zeit lebte diese Vorstellung in Selbstbezeichnungen des Königs als „Gott der Menschheit/seines Landes/der Könige" weiter. Die in literarischen Werken beschriebenen Spannungen, die das akkadische Königtum in Sumer oder Nippur hervorrief, sind auch in diesem Lichte zu sehen. Zwar war Sargon semitischer Herkunft und verlieh als erster dem semitischen Akkadischen den Status einer Schriftsprache für Königsinschriften und Verwaltungsurkunden; doch darf man den Konflikt nicht ethnisch oder nationalistisch als Zusammenstoß zwischen Sumerern und Semiten überfrachten. Abgesehen von der normalen Feindseligkeit gegen einen aufkommenden politischen Rivalen spielten das autoritäre Königtum und der Zentralstaat eine Rolle; denn daß diese sich über Städte, Stadtfürsten und lokale Pantheia stellten, fügte sich schlecht mit den Traditionen der „sumerischen Amphiktyonie" zusammen. Hinzu kam, daß die Verehrung der Inanna von Akkad unter Naramsin sehr wohl eine Bedrohung für den Kult des Enlil in Nippur darzustellen begann. Der dadurch in Gang gesetzten politisch-religiösen Gegenbewegung war kein Erfolg beschieden, aber sie brachte in der Dichtung „Fluch über Akkad" einen überaus bedeutsamen historiographischen Text hervor. Nippurs Entweihung durch Akkad wird darin als Sünde Naramsins beschrieben, die Ankunft der alles verwüstenden Gutäer als Strafe Enlils. Natürlich trifft diese Sicht der Dinge bestenfalls partiell die Wahrheit. Es gibt, unter anderen in der Ischtar-Hymne von Encheduanna, zusätzliche Hinweise auf den Konflikt, aber ebenso steht fest, daß sowohl Sargon wie Naramsin mit ihren Weihgaben und Monumenten Nippur ihre Ehrerbietung erwiesen, und daß die geschichtlichen Vorgänge eher auf die schematische, politisch-religiös interpretierende Weise dargestellt ist, mit der Naramsin auch in anderen Texten zu einem gottlosen Unglückskönig gemacht worden ist.

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Naramsin war das Gegenbild zum glücklichen, von Ischtar begünstigten Sargon, dessen hohes Ansehen noch in altbabylonischen Omina und in der postumen Verehrung seines Bildes nachklingt. Wie stark Sargons Person und Karriere die Phantasie angeregt haben, geht aus seiner Geburtslegende (RTAT 123 f.) hervor, derzufolge er als ungewünschtes Kind im Euphrat ausgesetzt wurde und als Findelkind an den Hof von Kisch gelangte. Bezeichnend ist auch seine Rolle in legendär-heroischen Texten, etwa im „König der Schlacht", die seine Gestalt bis nach Anatolien vordringen läßt. Zwei spätere assyrische Könige wählen seinen geradezu programmatischen Namen, und ein jüngerer Text zählt die 65 Länder und Städte seines unermeßlich großen Reiches auf. Fest steht, daß Sargon in seiner Hauptstadt Akkad ein Machtzentrum schuf, das das eher nördliche, semitische Element verkörperte und das in der Landesbezeichnung „Sumer und Akkad" ebenso weiterlebte wie in dem heute allgemein für sprachwissenschaftliche und kulturelle Phänomene gebrauchten Ausdruck „Akkadisch". Nach einer vielleicht etwa 40 Jahre langen Regierungszeit (die Königsliste gibt ihm 56 Jahre) folgten auf Sargon nacheinander Rimusch, Manischtuschu, Naramsin und Scharkalischarri. Der bedeutendste unter ihnen war Naramsin (ca. 2270-2235 v. Chr.), der in der Historiographie einen wichtigen Platz belegt. Geschichtliche Quellen sind zahlreiche Königsinschriften 11 und einige „Jahresnamen"12, die denkwürdige Ereignisse aus dem vergangenen Jahr festhalten. Derartige Jahresnamen waren bis ins 14. Jahrhundert v. Chr. üblich, dann gingen kassitische Könige dazu über, ihre Regierungsjahre zu zählen. Mit großem militärischem Einsatz mußte Akkad seine Stellung nach vielerlei Seiten verteidigen: gegen die oft aufständischen sumerischen Städte, gegen Bedrohungen aus dem Westen (Syrien: Ebla, Arman; später auch die „Amoriter"), aus den Norden (Subartu) und besonders aus dem Osten (Völker aus dem Zagros und aus Elam). Die hohen Zahlenangaben für Tote und Gefangene, die vor allem in Texten von Rimusch vorkommen (gut 54000 bei seinem Feldzug nach Sumer), beweisen, wie groß und heftig die Auseinandersetzungen waren. Heftig waren auch die Gefechte, die Naramsin gegen zwei Koalitionen im nördlichen und südlichen Sumer führte. An der Spitze der nördlichen Koalition stand die Stadt Kisch; der König von Uruk war der Anführer der Opposition im Süden. Mit Elam Schloß Naramsin schließlich einen Vertrag, und Akkad erhielt so mehr Bewegungsfreiheit in seinem Kampf gegen die Bergvölker der Lullubu, gegen die Gutäer im Zagros und gegen die erstmals von Scharkalischarri erwähnten „Amoriter" oder auch „Westerlinge". Es war in erster Linie der Druck aus dem Nordosten, der das Reich kurz nach 2200 v.Chr. zusammenbrechen ließ. Nach dem plötzlichen Tod von 11

Diese Inschriften sind mehrheitlich in Sammlungen altbabylonischer Kopien von Monumentalinschriften in Nippur erhalten. 12 Dabei handelt es sich um eine historische Textgattung, die bereits in der prä-akkadischen Zeit begann.

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Scharkalischarri kam Anarchie auf, was die Königsliste in die Worte faßt: „Wer war König? Wer war nicht König?". Immerhin gelang es aber den beiden letzten (Stadt-)Fürsten, Akkad noch etwa 30 Jahre lang zu erhalten. Eine Zeit der Wirren brach an, die nur unzureichend dokumentiert ist. Sie endete erst in den letzten Jahrzehnten des 22. Jahrhunderts v.Chr., als das neue Großreich von Ur III Gestalt annahm. Laut der Sumerischen Königsliste dominierten während der Krisenzeit „die Truppen von Gutium", die 91 Jahre lang herrschten, und von denen 21 Könige den Thron bestiegen. Möglicherweise begann die Gutäerherrschaft schon bald nach dem Tod Naramsins; denn die beiden letzten Könige von Akkad scheinen nur das Kerngebiet rund um die Hauptstadt kontrolliert zu haben. Die meisten Namen der gutäischen Könige sind nur aus der Königsliste bekannt, einige kommen auch in Datumsformeln folgenden Typs vor: „Als Jarlagan König von Gutium war". Der einzige König, über den wir dank der Kopie einer langen Inschrift 13 mehr wissen, ist Erridupizir. Zufällig ist gerade er in der Königsliste nicht aufgeführt, es sei denn, wir identifizieren ihn mit dem ersten „namenlosen" König der Gutäer. Erridupizir unternahm jener Inschrift zufolge östlich des Tigris Feldzüge gegen die Lullubu und gegen Simurrum und weihte dem Gott Enlil in Nippur eine Statue oder ein Monument. Insgesamt fällt auf, daß der Gutäerkönig mit seinen Titeln und Taten eng dem Beispiel Naramsins folgte, als solle die ungebrochene Kontinuität königlicher Tradition unterstrichen werden. Der Umstand, daß spätere Könige von Gutium oft semitische Namen tragen, wurde als Beweis für ihre Assimilation an die nordbabylonische Kultur erklärt. Während der zweiten Hälfte der Gutäerherrschaft tauchten in Südmesopotamien annähernd gleichzeitig zwei miteinander um die Macht wetteifernde Staaten auf, die durch die (nominelle?) Oberhoheit der Gutäer anscheinend wenig behindert wurden. Der erste ist Uruk unter einer Dynastie (Uruk IV), von der nur wenig bekannt ist, der zweite „Lagasch" 14 im Süden mit einer Dynastie von sechs Herrschern, die etwa 40 Jahre regierten (etwa 3 Generationen), und unter denen Gudea der berühmteste ist. Die Blütezeit von Lagasch ist in der zweiten Hälfte des 22. Jahrhunderts v. Chr. anzusetzen, und dauerte bis in die Regierungszeit des ersten Königs von Ur III, Urnamma. Weil Uruk schwach war und die Gutäer sich vor allem im Norden konzentrierten, blieb Lagasch, das auch Ur beherrschte, genügend Spielraum, um sich während einiger Jahrzehnte als eine reiche und gesunde politische Größe zu behaupten. Von ihr sind Bauwerke, Skulpturen, besonders Königsstatuen, und Texte überkommen. Einen hervorgehobenen Platz nimmt unter letzteren die Hymne des Gudea ein, die anläßlich der Wiedererrichtung des

13 Die Kopie war ein Jahrhundert lang verschollen, tauchte aber kürzlich in einer Antikensammlung in Israel wieder auf. 14 Die Bezeichnung Lagasch bezieht sich üblicherweise auf den Staat mit der Hauptstadt Tello = Girsu. Lagasch = el-Hibe ist die alte Residenz, die in der Königstitulatur weiterlebte und die die Archäologen in die Irre führte. Zum Staat gehörten auch Städte wie Nina und Urukug.

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Eninnu, des Tempels für den Gott Ningirsu, entstand. Die Hymne ist einer der bedeutendsten altsumerischen Texte15 und eine für sprachwissenschaftliche, literarische und religionsgeschichtliche Fragen informationsreiche Quelle. Der Wohlstand von Lagasch beruhte auf einer breiten ökonomischen Basis: Neben einer mithilfe künstlicher Bewässerung betriebenen Landwirtschaft unterhielt der Staat Handelsbeziehungen zu Land nach Osten (Elam) und nach Westen (Syrien, Libanon); Verbindungen zu Wasser liefen über die Schiffahrt im Persischen Golf nach Süden. Die Phase, in der sich Lagasch unabhängig entfaltete und wohlhabend war, und die auch mit dem mehr oder weniger glücklichen Begriff „sumerische Renaissance" umschrieben wird, neigte sich kurz vor 2100 v.Chr. ihrem Ende entgegen. Schuld daran waren nicht die Gutäer, sondern Entwicklungen in Sumer, wo Uruk einen Aufstieg erlebte, und Ur imperialistische Ziele verfolgte. Zunächst gelangte Uruk wieder zu Kräften, und sein König Utuchegal konnte in einer Inschrift als denkwürdiges Ereignis die Vertreibung der Gutäer und den Sieg über ihren letzten König, Tirigan, verbuchen und in epischer Breite ausmalen. Der „Befreier von Sumer", der das Königtum zurückholte und sich mit Naramsins Titel „König der vier Weltenden" schmückte, unterwarf Ur und setzte dort als Gouverneur seinen Bruder Urnamma ein. Utuchegals Erfolg war von kurzer Dauer; denn Urnamma gelang es rasch, sich unabhängig zu machen und Urs unaufhaltsamen Aufstieg einzuleiten. Utuchegal war ausgeschaltet, und Nammahani, der letzte Fürst von Lagasch wurde besiegt. Nun mußte Urnamma noch die übrigen, vorübergehend wieder selbständig gewordenen Städte von Sumer und Akkad, darunter auch Schuruppak, unterwerfen, um bereits um 2105 v.Chr. Alleinherrscher zu sein und sich den neuen Titel „König von Sumer und Akkad" zuzulegen. Der akkadische Norden und der sumerische Süden waren nun als gleichwertige Teile des Reichs unter seiner Herrschaft vereint.

2.4 Die 3. Dynastie von Ur

Die neue Dynastie, die gut hundert Jahre an der Regierung blieb (ca. 2112-2002 v.Chr.), war in Politik und Verwaltung äußerst erfolgreich. Es wurden eine effektive, stark zentralistische Regierung mit einer perfekten Bürokratie und ein schlagkräftiger Militärapparat geschaffen, an deren Spitze der nahezu absolute Herrscher stand. Ihm waren die Militärgouverneure (sagina) der entlang der Peripherie gelegenen Provinzen und die Gouverneure der Verwaltungsdistrikte unterstellt, die unter Beibehaltung des alten Titels der Stadtfürsten noch immer ensis genannt wurden. In diesen, das Kerngebiet des Reichs bildenden Distrikten lebten die alten Stadtstaaten als territoriale

15 Ursprünglich war die Hymne Gudeas auf drei große Tonzylinder geschrieben, vgl. RTAT 136 f.

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Das 3. Jahrtausend v.Chr.

Einheiten weiter, und die überkommenen Rechte ihrer Stadtgötter waren nominell anerkannt. Der niedrigere Verwaltungsapparat bestand aus verschiedenen Dienststellen. Es gab Büros für die Miliz und für den Frondienst sowie Gerätedepots für den Landbau, für die Bewässerung und für Bauunternehmungen. Hinzu kamen ferner große Lagerhäuser, in denen Getreide, Vieh und verschiedene Rohstoffe gespeichert und verteilt wurden. In fast industriell organisierten Werkstätten waren die Woll- und Textilverarbeitung, die Lederbearbeitung, das Flechtwerk und das Metallgewerbe untergebracht. Einige derartige Verwaltungszentren hat man ausgegraben und dabei die Reste einer umfangreichen Buchhaltung in Form von Zehntausenden von Tontafeln sichergestellt, die eine unerschöpfliche Informationsquelle für diese Periode darstellen. Die bedeutendsten Fundstätten sind Ur, Girsu, Umma und Puzrisch-Dagan, das moderne Drehern, das in Schulgis 39. Regierungsjahr als zentrales Viehdepot gegründet worden war. Aus Girsu kennen wir zudem ein Archiv des städtischen Gerichts, dem ein ensi vorstand. Es enthält Hunderte von Prozessurkunden (di.tila, „ergangener Urteilsspruch" genannt) und einige Vertragsprotokolle. Diese Dokumente tragen erheblich zu unserer Kenntnis von Recht und Rechtsprechung um 2000 v. Chr. bei. Urnamma und vor allem Schulgi setzten sich mit aller Kraft für die Schaffung einheitlicher Regierungsmaßnahmen auf den Gebieten Arbeit, Rechtsprechung, Miliz, Kalender, Maße und Gewichte ein. Obwohl das Reich riesig und seine Bevölkerung nicht homogen waren, und obwohl die alten städtischen Zentren ihre eigenen Traditionen bewahrten und auf Selbständigkeit aus waren, konnte diese zielstrebige Politik Erfolge verbuchen. Auch wenn nach dem Fall von Ur der Partikularismus wieder auflebte, war seitdem dennoch in den Bereichen der Regierung und besonders der Kultur (Sprache, Kult, Verwaltung, Recht) die Einheit in einem fortgeschrittenen Maße erreicht und bildete den Kern dessen, was später unter der Bezeichnung „Babylonisch" zusammengefaßt wurde. „Sumer und Akkad" verschmolzen in einer gelungenen Symbiose, in der die sumerischen und die akkadischen (semitischen) Anteile kaum auseinander zu halten sind. Dies zeigt sich an dem Umstand, daß Sumerisch und Akkadisch bereits um 2000 v.Chr., und zwar selbst in den Namen der Mitglieder der regierenden Dynastie, austauschbar waren. Als Umgangssprache setzte sich freilich das Akkadische durch. Das Ergebnis der kulturellen Symbiose, das uns unter dem Begriff „Mesopotamisch" geläufig ist, läßt sich fortan von anderen neuen Elementen, wie etwa dem „Amoritischen", abgrenzen. Dies verhinderte allerdings nicht, daß besonders in Randgebieten, etwa in Assur, Eschnunna und Mari, eigene Traditionen zusammen mit altakkadischen Elemente bewahrt blieben. Später sollte Hammurapi der kulturellen Einheit des spezifisch babylonischen Gebiets eine noch ausgeprägtere Gestalt geben; das politisch selbständige Assyrien ließ sich freilich kulturell niemals ganz assimilieren. Mit seinen Eroberungen und Bewässerungsprojekten, mit seinem Hafen am Persischen Golf und mit seinem Ausbau der Verwaltung im Inneren schuf Urnamma (ca. 2112-2095 v.Chr.) die Grundlagen für das Reich. Er entfaltete

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in vielen Städten eine große Bauaktivität (Tempel), besonders in Ur, wo der Turmtempel (Ziqqurrat) seine klassische Form mit drei Stockwerken erhielt, die das Bild, das man sich vom „Turm zu Babel" macht, bleibend geprägt hat. Berühmt ist der König auch als Verfasser des sogenannten „Kodex Urnamma", des bislang ältesten bekannten „Gesetzbuches". Der fragmentarisch erhaltene Text beginnt mit einer langen geschichtlichen und programmatischen Einleitung; es folgt, was von den Gesetzen übrig ist, gut dreißig Paragraphen. Der König präsentiert sich in dem Text als ein aktiver Herrscher, der sich mit allen Mitteln für das leibliche Wohlergehen seines Volkes eingesetzt habe und sich nun vom Sonnengott vor die Aufgabe gestellt sehe, „Gerechtigkeit im Lande" herzustellen. Dies geschah unter anderem dadurch, daß er die arbeitende Bevölkerung von drückenden Abgaben und Tributen befreite, daß er Maße und Gewichte vereinheitlichte, und daß er gerechte Gerichtsverfahren grantierte, damit Waise, Witwe und „der Mann von 1 Scheqel" nicht durch „den Mann von 1 Mine ( = 60 Scheqel)" um ihr Recht gebracht werden sollten. Die Rechtssprechung wird anhand einiger Dutzend beispielhafter Fälle konkret dargestellt. Die Fälle sind zum Teil dem Leben, zum Teil der Rechtsüberlieferung entnommen, zum Teil sind sie auch neu formuliert. Inhaltlich beziehen sie sich auf Gebiete wie Heirat, Körperverletzung, Falschaussage und Ackerbau. Die Gesetze bestehen jeweils aus einem konditionalen Vorsatz (Protasis), der einen Fall anführt, darauf folgt ein konstatierender Nachsatz (Apodosis), der das Urteil enthält. Damit liegt die sogenannte „kasuistische F o r m " vor, die seitdem für derartige Gesetzeskompendien als normativ galt und die auch außerhalb von Mesopotamien bekannt ist, etwa im Alten Testament, bei den Hethitern und bei den Römern. Urnamma, der seinerseits vermutlich durch Urukaginas Formulierungen und Ideale inspiriert war, hat der mesopotamischen Rechtstradition seinen Stempel aufgeprägt: Seine beispielhaften Fallbehandlungen haben spätere Sammlungen inhaltlich und formal beeinflußt. Urnamma starb plötzlich, vermutlich bei einem Feldzug gegen die Gutäer. Nach ihm bestieg sein schon früh zum Kronprinzen bestimmter Sohn Schulgi den Thron (ca. 2 0 9 4 - 2 0 4 7 v.Chr.). Er regierte das Reich als absoluter Herrscher mit imperialen Allüren. Später wurde er auch noch vergöttlicht, und man gründete für ihn Tempel und Kapellen mit eigenen Priestern und Festen. Das Land, dessen Einflußsphäre vom Mittelmeer (den Fürsten von Byblos bezeichnete er als seinen ensi) bis nach Elam (besonders in die Susiana) reichte, regierte Schulgi gemäß einer von ihm eingeführten Art pax sumenca, die unter seinen Nachfolgern fortdauerte. Etwa dreißig Hymnen, von denen einige in einem fast epischen Stil gehalten sind, besingen Schulgi als den idealen König: Er zeichne sich auch durch sportliche (Wettlauf), kulturelle (Musik, Sprachkenntnisse) und wissenschaftliche Qualitäten aus 16 .

16 Schließlich hatte Schulgi die Schule besucht, und die Gründung der „Akademie" von Nippur wird mit ihm in Zusammenhang gebracht.

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Die erste Hälfte seiner Regierung widmete Schulgi der internen Konsolidierung seines Reichs. Aus seinen späteren Jahren sind verschiedene, vor allem nach Osten gerichtete Feldzüge bekannt. Mit Elam wurde um 2064 v. Chr. ein Vergleich erreicht und durch eine diplomatische Heirat besiegelt, indem Schulgi eine seiner Töchter nach Elam verheiratete1? Der Kampf gegen die hurritischen Städte und Völker östlich des Tigris und am Fuße des Zagrosgebirges verlangte fortwährend einen großen Einsatz, wobei sich die Unterwerfung von Simurrum und Urbilum (Erbil), beide in der heutigen Provinz Kirkuk gelegen, und die der Lullubu anscheinend besonders schwierig gestaltete. Unter Schulgis Regierung machten sich aus dem Nordwesten als neue Bedrohung die Amoriter (akkadisch amurrü; sumerisch M A R . D U ) bemerkbar, mit denen sich Scharkalischarri bereits 200 Jahre zuvor hatte auseinandersetzen müssen. Wie ernst man die Bedrohung nahm, zeigt sich daran, daß auf Schulgis Veranlassung hin mit dem Bau einer 280 km langen „Mauer" oder Verteidigungslinie begonnen wurde. Die mit Festungen bewehrte Linie verlief von Nordosten nach Südwesten, vermutlich zwischen den Punkten, wo der Diyala den Dschebel Hamrin durchbricht und wo der Euphrat sich dem Habbaniya-See nähert. Was wir über diese gewaltige defensive Anstrengung wissen, verdanken wir den Abschriften von Briefen, die Schulgi und seine Nachfolger mit ihren hohen Verwaltungsbeamten vor Ort wechselten. Die Korrespondenz bezieht sich auf die Mannschaft, die Instandhaltung und Ausbesserungen dieser „Mauer, die die Tidnum-Nomaden abhält". Weil die Briefe historisch interessant waren, wurden sie später in Schulen als Übungstexte benutzt und abgeschrieben. Für den Historiker dokumentieren sie den Anfang eines Prozesses, der schließlich mit dem massiven Eindringen der Amoriter in Babylonien endete, wo es ihnen zu Beginn der altbabylonischen Zeit gelang, in vielen großen Städten den Thron zu besteigen. Nach Schulgis Tod (oder Ermordung?) behauptete sich das Reich unter seinen Nachfolgern Amarsin (früher Bursin gelesen) und Schusin in seinem vollem Umfang, wobei die Macht in nordwestlicher Richtung bis zum „Zederngebirge" und bis nach Ebla reichte. Im Osten, im zwischen dem Urmiasee und Chuzistan gelegenen Westteil Irans, anerkannten Zabschali, Schimaschki, Elam und Anschan die Oberhoheit Urs. Mehrere Herrscher wurden nach Feldzügen zu Vasallen gemacht18, wobei die Anbindung an Ur bisweilen durch diplomatische Heiraten und die Einrichtung von Garnisonen zusätzlich gefestigt wurde. Aufstände im Norden wurden niedergeschlagen, und Schusin verschleppte „als Beute" Bewohner des betroffenen Gebiets und siedelte sie in einem Ort „für Enlil und Ninlil an der Grenze von Nippur" an. Dieser Vorgang ist das älteste überlieferte Beispiel für eine Massendeportation, bei der die Gefangenen als Hörige einem Tempel übereignet wurden. Dieselbe Praxis ist für spätere Zeiten dann auch aus Ägypten bekannt. Damit begann die in der Folgezeit oft praktizierte Sitte diplomatischer Heiraten. Aus einer kürzlich veröffentlichten Inschrift geht hervor, daß auch Schusin derartige Feldzüge unternommen hat. 17

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Unter Schulgis drittem Nachfolger, Ibbisin, setzte der Zerfall ein. Bereits seit seinem dritten Regierungsjahr (ca. 2025 v. Chr.) mußte er mitansehen, wie ihm allmählich die Macht über die Randgebiete und bald darauf auch über mehrere zum Kern des Reichs gehörende Provinzen entglitt. Für uns ist dies daran ablesbar, daß in Städten wie Susa, Eschnunna, Umma, Girsu und Nippur Texte nicht mehr mit seinen Jahresnamen datiert wurden (3.-8. Regierungsjahr). Ausgelöst wurde dieser Zerfall durch mehrere Faktoren, vor allem durch den von Elam ausgeübten Druck, durch das Eindringen der Amoriter ins Land, durch einen wegen zurückgehender Ernten und ausbleibender Sendungen aus den Provinzen wirtschaftlichen Niedergang. Die Situation verschlimmerte sich noch dadurch, daß in zunehmenden Maße einige Gouverneure nach Unabhängigkeit strebten. Eine Schlüsselrolle spielte in diesem Prozeß der aus Mari stammende Ischbierra, der als Gouverneur von Isin amtierte. Ihm kam es zugute, daß Ibbisin mit wirtschaftlichen und militärischen Problemen zu kämpfen hatte, und daß sein Ansehen dadurch beschädigt war, daß er das Reich nicht zusammenhalten konnte. So gelang es Ischbierra, seine eigenen Machtansprüche in die Tat umzusetzen. Er nutzte vor allem die Unterstützung aus, die er von der Priesterschaft der angesehenen Tempelstadt Nippur erfuhr, und gab vor, der oberste Gott Enlil habe ihm in einem günstigen Orakel das Königtum von Sumer zugesagt. Uber diese faszinierenden Vorgänge informieren uns in erster Linie Abschriften der königlichen Korrespondenz zwischen Ibbisin und einigen seiner Gouverneure 19 . Ur gelang es irgendwie, die Krisenjahre von 2025 bis 2020 v. Chr. zu überstehen, und behauptete sich für weitere fünfzehn Jahre als ein großer Stadtstaat. Nachdem sich die Bedrohung durch die Amoriter vermindert und Ischbierra sich als König in Mittelbabylonien etabliert hatte, fiel die Stadt schließlich bei einem Angriff der Elamer. Anführer der elamischen Truppen war Kindattu, der König von Schimaschki 20 , der die Macht in Elam übernommen hatte. Ischbierra, der schon früher gegen die Elamer gekämpft hatte, konnte oder wollte nicht eingreifen. Nach der Eroberung Urs wurden Ibbisin und die Statue seines Stadtgottes, des Mondgottes Nanna, nach Elam verschleppt. Das schreckliche Schicksal der Bevölkerung und der Tempel ist in der berühmten „Klage über die Zerstörung von Ur" in grellen Farben nachgezeichnet (RTAT 140-142). Es handelt sich um eine, der Stadtgöttin Ningal in den Mund gelegte theologische Reflexion über den Fall dieser großen Stadt. Vermutlich wurde der Text später beim rituellen Wiederaufbau der Tempel rezitiert. Zur Textgattung gibt es viele jüngere Parallelen, darunter auch die Klagelieder Jeremias. Ur hatte, um mit den Worten der Sumerischen Königsliste zu sprechen, „das Königtum empfangen, aber eine ewige Herrschaft war ihm nicht beschert". Die Götterversammlung beschloß, der Vorherrschaft Urs ein Ende zu setzen. 19 Die Briefe wurden später in babylonischen Schulen als „klassische" sumerische Texte überliefert und für Studienzwecke benutzt. 20 Die traditionelle Deutung der „Su-Völker" hat sich als falsch erwiesen.

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Das 3. Jahrtausend v.Chr.

Das Königtum ging an die Stadt Isin über, w o Ischbierra herrschte. Sein früherer, von Nippur unterstützter Anspruch auf das Königtum, wurde gern akzeptiert, als es ihm gelang, die Elamer aus Ur zu verjagen. Mit Isins Vormachtstellung begann eine Ubergangsphase, die bisweilen als „Isin-Larsa-Zeit" oder als „Zweite Zwischenzeit" bezeichnet wird. Faktisch geht sie gleitend in die altbabylonische Periode über. Das ist die zwischen etwa 2000 und 1600 v. Chr. angesetzte Epoche, die ihren Namen zu Recht trägt, auch wenn die Stadt und Hauptstadt Babylon, die für diese Ära und schließlich auch für das gesamte südliche Mesopotamien namengebend werden sollte (Babylonien), erst ein gutes Jahrhundert später eine politische Rolle zu spielen begann.

3. Vorderasien ohne

Mesopotamien

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3.1 Elam Schon um 3000 v. Chr. trat im Osten Elam mit seiner proto- und altelamischen Kultur in das Licht der Geschichte, und bereits früh kam es hier zur Entwicklung einer eigenen Schrift (die sogenannte „Strichschrift"), zu Städtebau, zu Handel und Gewerbe. In Susa, Tepe Sialk und Tepe Yahya wurden die Belege dafür zutage gefördert. Elam, wie der Iran insgesamt, tauchte in der Geschichte mit einer begrenzten Zahl eigener, in Keilschrift geschriebener elamischer und akkadischer Inschriften 21 auf und kommt zudem auch in mesopotamischen Quellen vor. Zwischen Elam und Mesopotamien bestanden während des gesamten 3. Jahrtausends v.Chr. Wirtschaftsbeziehungen: Güter, vor allem Steine, Metalle und Holz, die in der mesopotamischen Alluvialebene fehlten, importierte man vornehmlich aus dem Osten und benutzte dazu entweder die südliche Route durch die Susiana oder den Karawanenweg entlang des Diyala, Kermanschah und Hamadan, von wo Verbindungen bis nach Belutschistan und Afghanistan bestanden. Auch politisch-militärisch hat man zusammengearbeitet, um die Handelswege und den Gütertransport zu beschützen und das eigene Gebiet vor Bedrohungen aus den Nachbarländern zu sichern. Bei all diesen Maßnahmen war die Susiana am meisten gefährdet, weil die Ebene geographisch nach Mesopotamien zu offen war und direkt an es anschloß. Wiederholt wurde die Susiana erobert, geplündert oder verlor ihre Unabhängigkeit; ihrerseits verstand sie es aber auch, Schläge auszuteilen. Es ist ihr sogar gelungen, um 2000 v. Chr. das Ende der 3. Dynastie von Ur herbeizuführen. Die weiter nördlich gelegenen Grenzgebiete, Kurdistan, der Zagros und Luristan, beherbergten einige Städte und Bergvölker, etwa die Gutäer und die Lullubu, und frühe Staaten wie Zabschali und Schimaschki, die für die Ebene stets eine potentielle Gefahr bedeuteten. Der Uberlieferung zufolge war schon Gilgamesch den Karun entlang gezogen, und hatte Enmebaragesi von Kisch gegen Elam gestritten, während Enmerkar von Ur mit der iranischen Stadt Aratta in Streit geraten war. Die Sumerische Königsliste berichtet, daß das elamische Awan um 2550 v. Chr. die Königsmacht von der 1. Dynastie von Ur übernommen habe. Festeren Grund bekommen wir in der altakkadischen Zeit unter die Füße. Um 2325 v. Chr. unterwarf Sargon Elam, das damals vom achten König der 2. Dynastie von Awan regiert wurde, welches seinerseits im Norden von Elam liegt. Inschriften belegen, daß mit Sargons Sieg für Elam eine Zeit zunehmender Akkadisierung anbrach. Rimusch erwähnte seine Kriege mit Ländern wie Barachsche (oder Marchaschi) und Anschan 22 , und er nannte auch die Beute, die er dort machte. Um unbehindert gegen andere Feinde vorgehen zu könDie eigene proto-elamische Schrift verschwand freilich rasch wieder. Anschan wird nun mit Tall i-Malyan westlich von Persepolis identifiziert. Die Stadt und ihr Gebiet spielten bis ins 6. Jahrhundert v.Chr. eine wichtige Rolle, als Kyros II. sich die Selbstbezeichnung „König von Anschan" zulegte. 21

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Das 3. Jahrtausend ν. Chr.

nen, schloß Naramsin mit König Hita (?) von Awan einen Vertrag. Der auf Altelamisch geschriebene ausführliche Vertragstext wurde in Susa im Tempel des Hauptgottes Inschuschinak („Herr von Susa") entdeckt. Der Text enthält erstmals die aus vielen späteren Verträgen bekannten Formel: „Naramsins Feind ist mein Feind, Naramsins Bundesgenosse ist mein Bundesgenosse." Der politische Zusammenschluß wurde durch eine Heirat besiegelt. Von Puzurinschuschinak, dem Gouverneur Naramsins in Susa, sind einige akkadische und elamische Inschriften bekannt, in denen er die akkadische Königstitulatur gebraucht und von Eroberungen und Kämpfen berichtet, unter anderen mit den Guta (den Gutäern?) und mit Schimaschki. Awans Oberherrschaft ging später an Schimaschki in Luristan über. In den folgenden Jahrhunderten übte die mesopotamische Oberherrschaft einen stets schwerer auf Elam lastenden Druck aus: Gudea erfocht militärische Siege bis nach Anschan. Später kam Elam unter die Macht der 3. Dynastie von Ur, obwohl das ferne Anschan sich eine gewisse Autonomie bewahren konnte. Schulgi baute in Susa einen Tempel für Inschuschinak. Schusin besiegte Zabschali und später auch Schimaschki, dessen Herrscher mit einer seiner Töchter verheiratet war. Die Kontakte mit Südmesopotamien waren zahlreich, was sich in einem intensiven Austausch von Boten und Gütern ausdrückte. Viele elamische Söldner standen im Dienst von Ur. Konzentriert war dies im Grenzgebiet von Lagasch der Fall, wo ihr Befehlshaber ein sukkalmab war, eine Bezeichnung, die später als ein fürstlicher elamischer Titel benutzt wurde. Als Urs Macht verblaßte, flammte in Elam Widerstand auf. Um 2020 v.Chr. gelang es Ibbisin noch, den Aufstand niederzuschlagen. Doch Elam machte sich rasch selbständig und wurde zu einer Urs Fortbestand gefährdenden Bedrohung. In der Tat wurde Ur schließlich um 2004 v. Chr. von König Kindattu von Schimaschki erobert, der zugleich die Königsherrschaft über Elam innehatte. Elam entledigte sich für immer der Oberherrschaft Mesopotamiens, das freilich mit seiner Kultur das Land bleibend geprägt hatte. 3.2

Kleinasien

Kleinasien befand sich während des 3. Jahrtausends noch in der schriftlosen Vorgeschichte, obwohl es dort bereits in der Frühen Bronze II- und HI-Zeit (ca. 27.-21. Jh. v.Chr.) bedeutende Städte gab, in denen sich die Macht und die wirtschaftliche Entwicklung konzentrierten. Dies gilt für Troja (Schichten I-IV), Ali§ar (Schichten 8-6), Alaga Hüyük, Kanisch (Kültepe), Mersin, Tarsus, Beygesultan und Tilmen Hüyük. Die Königsgräber von Alaga Hüyük (ca. 24. Jh. v. Chr.) bezeugen, wie angesehen und mächtig die Fürsten waren. Zusammen mit der Architektur lassen diese Gräber sehen, welchen Stand die Kultur erreicht hatte, in der das hoch qualifizierte Metallgewerbe mit seinen Erzeugnissen aus Kupfer, Bronze, Gold, Silber und Elektrum besonders auffällt. Daß Verbindungen nach Süden, und zwar bis nach Palästina,

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bestanden, kann man Handelsgütern entnehmen, unter denen die weit verbreitete Chirbet Kerak-Keramik an erster Stelle steht. Dabei handelt es sich um schwarz-rote, glänzend polierte Tongefäße mit Reliefverzierungen. Besonders Kilikien, die Amuqebene in Nordsyrien und der Euphrat boten sich als Durchgangsgebiete für den Verkehr an. Ebla unterhielt schon im 25. Jahrhundert v. Chr. Handelsbeziehungen mit Anatolien. Ein Jahrhundert später drangen die Könige von Akkad bis zum Taurus, dem „Silbergebirge", vor; und die Legende erzählt, wie Sargon mesopotamischen Kaufleuten im zentralanatolischen Buruschchanda zu Hilfe kam. Unter Naramsins Feinden findet man Könige aus Kanisch und Hatti. Die Bevölkerung dieses Gebiets bestand überwiegend aus (Proto-)Hattäern mit einer nicht-indoeuropäischen, agglutinierenden Sprache. Nach ihnen wurde dieses Gebiet später Hattum genannt, und davon leitet sich der Stadtname Hattusch/Hattuscha ab. Schon vor 2000 v.Chr. müssen die indoeuropäischen Hethiter, deren Herkunft strittig ist, in diesen Landstrich eingedrungen sein. Daß dabei die Stadt Nescha (Kanisch) eine zentrale Rolle spielte, ist daran erkennbar, daß die Hethiter selbst ihre Sprache als „Nesisch" (nesili) bezeichneten. Erst in der Mittleren Bronzezeit trat Anatolien um 1900 v. Chr. mit den ersten Schriftquellen ins Licht der Geschichte. Zu verdanken ist dies den Archiven altassyrischer Kaufleute, die sich in einigen anatolischen Städten niedergelassen hatten, unter denen Kanisch die wichtigste war. Auch die ältesten proto-hethitischen Uberlieferungen gehen bis in diese Zeit zurück.

3.3 Syrien und Palästina: Ebla und Byblos Sehr spärlich waren bis vor kurzem einheimische Inschriften aus den beiden Länder Syrien und Palästina, die man auch unter dem Oberbegriff „Levante" zusammenfaßt. Lediglich aus Ägypten und Mesopotamien lagen vereinzelte Informationen vor. Diese Situation hat sich grundlegend verändert, nachdem man im etwa 60 km südwestlich von Aleppo gelegenen Ebla (Teil Mardich) seit 1974 umfangreiche Schriftfunde gemacht hat. Die entdeckten annähernd 7000, zum Teil außergewöhnlich großen und gut erhaltenen Tontafeln helfen uns, die Kultur, Religion, Wirtschaft, Verwaltung und Politik Nordsyriens und der angrenzenden Gebiete um 2300 v.Chr. besser zu verstehen. Die Texte lassen eine hoch entwickelte Stadtkultur erkennen, deren materielle Seite uns schon seit längerem durch archäologische Entdeckungen aus der Frühbronze Iii-Zeit in Städten wie Ugarit, Byblos und Hama bekannt ist. Diese urbane Kultur mag frühere Vorläufer haben, etwa in der ausgedehnten städtischen Siedlung in Habuba Kabira und in dem ummauerten und mit einer Tempelanlage ausgestatteten Nachbarort auf dem Dschebel Aruda. Beide liegen am Euphrat, nördlich von Meskene, das schon um 3000 v. Chr., während der späten Uruk-Zeit, enge Kontakte mit Südmesopotamien gepflegt haben muß. Auch in Ebla gibt es den Ausgräbern zufolge Indizien für sehr weit zurückreichende Kultureinflüsse aus dem Süden.

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Ebla war die blühende Hauptstadt eines Flächenstaats. In ihrer Oberstadt oder auch Zitadelle von etwa 170 m Durchmesser nahm der Palast einen dominierenden Platz ein; die Oberstadt ihrerseits war von einer ummauerten Unterstadt umgeben. Das Gebiet, über das Ebla herrschte, kann durchaus 10000 km 2 groß gewesen sein und sich vom großen Euphratknie bis zur Ebene von Antiochia und südwärts in Richtung auf Hama am Orontes zu erstreckt haben. In jenem Gebiet gab es mehrere Städte, die „der Macht von Ebla" unterstanden; zu ihnen gehörte auch Karkemisch. Das Kernland war ringsum von einer Zone umgeben, auf die Ebla politischen Einfluß nahm. Mit den hier gelegenen, nominell unabhängigen Stadtstaaten, wie etwa Emar mit seinem eigenen Königshaus, unterhielt Ebla Kontakte, die durch diplomatische Beziehungen und Heiraten, durch Verträge 23 und Wirtschaftsbindungen ganz unterschiedlicher Art gefestigt wurden. Bei den Ausgrabungen im Palast von Ebla wurden umfangreiche Archive entdeckt, in denen die Beziehungen dokumentiert sind. In diesen Aufzeichnungen sind die Besuche von Vasallen und Bundesgenossen aufgeführt 24 , ebenso sind die gemachten Geschenke und die empfangenen Güter aufgelistet. Der Schwerpunkt von Eblas Außenbeziehungen scheinen eher der Osten und das Euphrattal als der Norden und Westen gewesen zu sein. Bedeutende alte Städte wie Byblos und Ugarit werden in den Texten nach allem, was wir bisher wissen, nicht erwähnt 25 . Gut bezeugt sind dagegen Verbindungen mit Städten wie Tuttul, Terqa und Mari am Euphrat, und vielleicht bestanden sogar Kontakte mit Kisch im nördlichen Babylonien. Wie weit diese Beziehungen in die Vergangenheit zurückreichen, ist schwer festzustellen. Viel diskutiert wird in diesem Zusammenhang der Brief, den ein gewisser Ennadagan, König von Mari, an den Herrscher von Ebla richtete und jenen, wohl um ihn mit Maris Macht und Ansehen zu beeindrucken, daran erinnert, daß frühere Könige von Mari große Bereiche am Euphratknie erobert oder beherrscht hätten. Auch Ebla, so führt er aus, habe Maris Oberhoheit anerkennen müssen. Maris Glanzleistungen sind mit dem König Iplulil verbunden. Er ist durch einige Originalinschriften aus Mari bekannt, und es waren wohl seine Heldentaten, die Mari seinen Platz in der Sumerischen Königsliste sicherten. Zu jener Zeit aber, in der Ennadagans Brief geschrieben wurde - mehrere Generationen nach Iplulil - hatte sich zwischen Ebla und Mari ein ungefähres Gleichgewicht eingestellt. Wir kennen zwar den Namen von Eblas Herrscher nicht, an den Ennadagan seinen Brief richtete, bekannt sind aber die Namen dreier Könige, die Ebla noch vor der Zerstörung des Palastes während der Jahre regierten, die

2 3 So gibt es etwa einen Vertrag zwischen Ebla und einer Stadt, deren Name vorläufig „Abarsal" gelesen wird. 2 4 Zu Besuch kamen lokale Herrscher, die bisweilen mit ihren Familien, ihren Wesiren und Altesten anreisten. 25 Möglicherweise kamen aus Byblos aber die in Ebla gefundenen ägyptischen Zeremonialgefäße, unter denen ein paar mit Inschriften von Pharaonen des Alten Reichs versehen sind (s.u. S. 84).

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durch die Archive gedeckt sind: Igrischhalam, Irkabdamu und Ischardamu. Eine der Quellen, denen sich diese Informationen entnehmen lassen, sind Listen und Aufzählungen toter Könige und ihrer Vorfahren. Die Texte wurden für ein Ritual zusammengestellt, das wahrscheinlich bei der Thronbesteigung eines neuen, als mälikum (sumerisches Logogramm: en) designierten Königs zur Aufführung kam. Jene Listen haben erwiesen, daß mehrere andere, in der Sekundärliteratur verschiedentlich ebenfalls als Könige gedeutete Personen Arullum (früher Arennum gelesen), Ebrium und Ibbizikir (früher Ibbisippisch gelesen) - das Königsamt nicht innehatten. Sie waren vielmehr als eine Art Wesire angestellt und amtierten gleichzeitig und in Verbindung mit den drei Königen, die in den soeben erwähnten Listen vorkommen. Jene Wesire hatten die größten Amtsbefugnisse unter dem Dutzend Magnaten (samt; sumerisches Logogramm: lugal). Sie waren dem König unterstellt, und ihnen oblag die Verwaltung verschiedener städtischer, staatlicher und sonstiger das öffentliche Leben betreffender Aufgaben. Mit der Deutung ihres Stands und Rangs haben sich manche Probleme erledigt, die die Königsabfolge und die Zeitdauer betreffen, über die sich die Archive erstrecken. Es ist gut möglich, daß die Archive nur während zweier oder dreier Generationen, vielleicht vierzig Jahre lang geführt wurden. Als falsch hat sich die frühere Annahme erwiesen, es habe in Ebla ein Wahlkönigtum gegeben, bei dem die Regierungszeit auf sieben Jahre beschränkt gewesen sei; danach sei der König wieder abgetreten. Die hier erwähnten Fälle sind zwar die wichtigsten, aber doch nur wenige aus einer ganzen Reihe von Interpretationen und Lösungsvorschlägen, die in früheren Publikationen über Ebla vorgetragen wurden, nun aber, wie sich zeigt, der Revision bedürfen. Derartige Korrekturen und Neuinterpretationen ergeben sich aus einer systematischen Analyse von Schriftsystem und Sprache, aus einem besseren Verständnis der Urkunden und aus prosopographischen Untersuchungen, die zur Datierung der Texte beitragen. Das Ende des frühen Ebla (Palast G) wird allgemein mit dem Aufkommen Akkads und seinen Feldzügen verbunden, von denen einige bis nach Ebla führten. So rühmt sich Naramsin, Ebla erreicht und zerstört zu haben. Demnach wäre die Zerstörung der Stadt ungefähr in der Mitte des 23. Jahrhunderts v. Chr. erfolgt, was ziemlich spät zu sein scheint. Freilich akzeptieren nicht alle Wissenschaftler diese Verknüpfung des archäologischen Befunds mit der politischen Geschichte. Es fehlen nämlich nicht nur Erwähnungen der akkadischen Könige in den eblaitischen Texten, auch ihre paläographischen Merkmale und Texteigenheiten scheinen, wenn man sie mit mesopotamischen Inschriften vergleicht, auf ein um etwa ein Jahrhundert früheres Datum hinzuweisen. In Naramsins Inschriften kommt Ebla zwar in den Aufzählungen militärischer Aktionen vor, faktisch machen sie detaillierte Angaben aber nur zu seiner Eroberung der Stadt Armanum 26 , an die sogar

2 6 Der Name des Herrschers von Armanum ist angegeben, auch werden die Festungsstadt und ihre Mauern beschrieben.

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ein eigenes Denkmal erinnerte. Sollte tatsächlich Akkad für die Zerstörung von Eblas Palast verantwortlich gewesen sein, dann käme als möglicher König auch Sargon in Betracht; denn er erklärt, daß er dem Gott Dagan in Tuttul gehuldigt habe, woraufhin ihm dieser „das obere Land, Mari, Jarmuti, Ebla, bis zum Zedernwald und zu den Silberbergen gegeben" habe. Andere Deutungen sind damit nicht ausgeschlossen, da verschiedene der damaligen Staaten die reiche Stadt in der nordsyrischen Ebene angegriffen haben können. Die Zerstörung ist jedenfalls nach dem Regierungsantritt von Pepi I. (dem dritten Pharao der 6. ägyptischen Dynastie) anzusetzen, weil in den Palastruinen der Deckel eines Alabastergefäßes mit der Kartusche dieses Pharaos gefunden wurde. Obwohl wir inzwischen viel über Ebla wissen, ist unsere Kenntnis des Gebiets insgesamt während des 3. Jahrtausends v.Chr. noch eng begrenzt. Die volle Bedeutung der Entdeckungen in Ebla wird sich erst allmählich im Verlauf geduldiger Forschungsarbeit entfalten. Fest steht inzwischen aber, daß Syrien bereits im 3. Jahrtausend v.Chr. eine hoch entwickelte urbane Kultur besaß, die über eine breite schriftliche Dokumentation verfügte. Als Schrift benutzte man in Ebla die mesopotamische Keilschrift aus der Zeit um 2300 v.Chr., und die Zeichen- und Wörterlisten, anhand derer man in Ebla das sumerische Schriftsystem erlernte, stehen analogen Texten aus Südmesopotamien nahe, die dort ungefähr in das 24. Jahrhundert v.Chr. gehören. Wollten die eblaitischen Schreiber etwas schriftlich festhalten, dann bedienten sie sich der sumerischen Wort- und Silbenschrift. Die meisten Texte sollten aber vermutlich in ihrer eigenen, „eblaitischen" Sprache gelesen werden, wie sich aus den zahlreichen lokalen Wörtern und eblaitischen morphologischen Elementen ergibt. I.J. Gelb hat aufgezeigt, daß die in jenen Texten vergegenwärtigte Schreibertradition an altakkadische Inschriften aus Mari sowie Akkad und allgemein an frühe Texte aus dem nördlichen Mesopotamien anknüpft. Er sieht darin einen Hinweis auf eine gemeinsame, nicht-sumerische Tradition, die von der alten Königsstadt Kisch ausgestrahlt haben könnte. Ihr Einfluß hat sich offenkundig sogar bis nach Mari und Nordsyrien erstreckt und ist jetzt auch in Texten aus Teil Beydar (im Haburdreieck; gleichzeitig mit Ebla) belegt. Schrieb man nicht-sumerische Texte, dann benutzte man zwar sumerische Wortzeichen und bekannte Verbalformen, bevorzugte aber in größerem Umfang Silbenzeichen, besonders für Präpositionen, Nomina und Namen. Eblas eigene Sprache, das „Eblaitische", ist eine alte nordsemitische Sprache, die mit späteren Sprachen wie dem Amoritischen und Ugaritischen verwandt, aber gewiß nicht ihr direkter oder hauptsächlicher Vorgänger ist. Besonders zum Altakkadischen weist das Eblaitische eine bemerkenswerte Affinität auf; und einige Forscher schlagen vor, es einfach als einen altakkadischen Dialekt einzustufen. Wir kennen die Sprache dank der zahlreichen eblaitischen Wörter und Sprachelementen, die in Verwaltungstexten vorkommen, dank einer begrenzten Anzahl von Texten, die überwiegend auf Eblaitisch geschrieben sind (Briefe, Kontrakte, Beschwörungen), und beson-

Vorderasien ohne Mesopotamien

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ders dank der vielen ausführlichen zweisprachigen Wörterlisten. Diese wurden ausgehend von vorhandenen, einsprachigen sumerischen Wörterlisten hergestellt, indem man Glossen hinzufügte, die Wort für Wort den entsprechenden eblaitische Begriff aufführen. Aus derartigen Listen kennen wir ungefähr tausend eblaitische Wörter einschließlich ihrer Vokalisation, da in der Keilschrift die Vokale stets angegeben sind. Neben den im Unterricht zum Erlernen der Keilschrift verwendeten Texten und Listen enthalten Eblas Archive zahlreiche Verwaltungsdokumente, und zwar Listen und Aufzeichnungen, die vielerlei Bereiche betreffen, etwa den Handel, das Gewerbe, Tribute, Steuern, Geschenke, Auszahlungen und das Personal. Jene Texte werden zu gegebener Zeit unsere Kenntnis der Geschichte und Wirtschaft des frühen Syrien erheblich bereichern, und sie werden sich für linguistische Untersuchungen semitischer Sprachen und des Sumerischen als überaus wichtig herausstellen. Die anfangs in der Berichterstattung über die eblaitischen Textfunde betonte Bedeutung für die Bibelwissenschaften war jedoch stark übertrieben. Im Wortschatz und bei Personennamen gibt es zwar, wie nicht anders zu erwarten, Ähnlichkeiten; doch ist das „Eblaitische" nicht einfach mit dem „Protokanaanäischen" gleichzusetzen. Der Beitrag, den die Texte zu unserem Verständnis alttestamentlicher Texte und speziell zu dem der Patriarchengeschichten leisten werden, dürfte nicht allzu groß ausfallen. Der zeitliche Abstand von mindestens 700 Jahren ist beträchtlich, und auch die Verhältnisse in Syrien lassen sich nicht ohne weiteres auf die in Palästina übertragen. Selbst wenn Harran, wo Abraham lebte und woher sein Clan vielleicht stammte, innerhalb Eblas politischem und kulturellem Horizont gelegen haben sollte, dürfen wir - von der zeitlichen Diskrepanz einmal ganz abgesehen - keine engen Beziehungen zwischen einem nomadisierenden Viehzüchter und einer hoch entwickelten Stadtkultur voraussetzen. Die Funde aus Ebla vermehren gewiß unsere Kenntnis der Sprache, der Religion, der materiellen Kultur und der Institutionen des frühen Syrien, und davon werden auch die Bibelwissenschaften profitieren, aber sensationelle Resultate sollte man besser nicht erwarten. Viel hängt von der Frage ab, wieviel kulturelle Kontinuität es in der Levante auf den Gebieten der Sprache, Institutionen, Literatur und Religion gab. Für einige später in Ugarit oder in Kanaan bezeugte Phänomene werden sich vielleicht eblaitische Vorläufer nachweisen lassen 27 ; doch ist dies in jedem Einzelfall sorgfältig zu rekonstruieren, nicht im Vorhinein zu postulieren. Sieht man von Informationen aus dem „Ausland" und nun auch aus Ebla ab, dann fehlen geschichtliche Quellen über Südsyrien und Palästina für das 3. Jahrtausend v.Chr. fast völlig. Die bedeutenden archäologischen Befunde aus der in hohem Maße Urbanen Frühbronzezeit lassen zwar vieles von der Kulturgeschichte erkennen; doch, da Schriftdokumente fehlen, ist es unmög2 7 Betreffen könnte dies unter anderem das Kultzentrum des Mondgottes Larugatu, das in eblaitischen Aufzeichnungen und dann wieder tausend Jahre später in Ugarit in einer Beschwörung gegen Schlangenbisse vorkommt.

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Das 3. Jahrtausend ν. Chr.

lieh, für den Zeitraum eine politische Geschichte zu schreiben. Lediglich über die Geschichte von Byblos sind wir durch die Ausgrabungen von M. Dunand und P. Montet und die dabei entdeckten ägyptischen Inschriften etwas besser informiert 28 . Die Beziehungen zwischen Ägypten und Byblos im „Land Negau" gestalteten sich zwar wechselhaft, waren aber insgesamt zwischen der 2. und 6. Dynastie eng. Das belegen Dutzende von in Byblos entdeckten Inschriften und ägyptischen Gegenständen 29 . Die Kontakte waren in erster Linie wirtschaftlicher Art: Ägypten bezog aus Byblos edle Hölzer und Harze, vor allem Zedern und andere Nadelbäume, in beschränkterem Umfang auch Kupfer. Ägypten exportierte nach Byblos Luxusgegenstände aus Metall und Stein, Getreide, Byssus, Papyrus, Elfenbein und Gold. Der Austausch erfolgte mit seetüchtigen Schiffen, die den Namen kpn.t, „ByblosSchiffe" trugen. Auch auf religiösem Gebiet waren Byblos und Ägypten seit früher Zeit miteinander verbunden. Der Sarkophag mit dem Leichnam des ermordeten Osiris soll vom Meer bis an die Küste von Byblos getragen und hier von einer jungen Zeder umwachsen worden sein. Als Isis dies entdeckte, fällte sie den Baum und brachte ihren Geliebten nach Ägypten zurück. Der Mythos berührt sich mit der Adonis-Legende, die ihren Haftort an einem kleinen Fluß wenig nördlich von Byblos hat. Die trauernde Geliebte ist in dieser Überlieferung Astarte, deren Verehrung im nur wenig von Byblos entfernt gelegenen Afqa ein Zentrum hatte. Die Stadt Byblos, die zu Beginn des 3. Jahrtausends v.Chr. bereits bestand, wurde um 2200 v.Chr. völlig zerstört.

2 8 Byblos erscheint in den Texten als Kpn, worin der spätere Namen Gebal/Gubla anklingt, der noch in der modernen Bezeichnung Dschubail erhalten ist. 2 9 Sie kommen vor allem aus zwei frühbronzezeitlichen Tempeln, aus dem der „Herrin von Byblos" und aus dem „L-förmigen Tempel", von dem Teile im späteren „Obeliskentempel" aufgingen.

IV. Die Mittelbronzezeit ( 2 0 . - 1 6 . J h . v . C h r . ) 1. Ägypten während des Mittleren Reichs (12.-13.

Dynastie)

J. VON BECKERATH, Die Chronologie der XII. Dynastie und das Problem der Behandlung gleichzeitiger Regierungen in der ägyptischen Überlieferung, Studien zur altägyptischen Kultur 4,1976, 45-57 - E. BLUMENTHAL, Untersuchungen zum ägyptischen Königtum des Mittleren Reiches, 1, Leipzig 1970. - D. FRANKE, Zur Chronologie des Mittleren Reiches (12.-18. Dynastie), 1-2, Or NS 57, 1988, 113-138 [Teil 1: Die 12. Dynastie].245-274 [Teil 2: Die sogenannte „Zweite Zwischenzeit" Altägyptens]. - L.D. MORENZ, Kanaanäisches Lokalkolorit in der Sinuhe-Erzählung und die Vereinfachung des Urtextes, ZDPV 113, 1997, 1-18. - K.S.B. RYHOLT, The Political Situation in Egypt during the Second Intermediate Period c. 1800-1550 B.C., Carsten Niebuhr Institute Publications 20, Kopenhagen 1997 [vgl. dazu D. BEN-TOR/ S.J. ALLEN/J.P. ALLEN, Seals and Kings, B A S O R 315, 1999, 4 7 - 7 4 ] . - H . E . WIN-

LOCK, The Rise and Fall of the Middle Kingdom in Thebes, New York 1947 U m 2000 v.Chr. wurde Ägypten von Mentuhotep II., einem Pharao der 11. Dynastie, vereint. Wie oben bereits dargelegt (s.o. II.2), ist es noch immer schwierig, dieses Ereignis und die Regierungszeiten der Könige der 11. und 12. Dynastie exakt zu datieren. Einige Zahlen im Turiner Königspapyrus sind beschädigt, und einige wurden wohl fehlerhaft abgeschrieben. Die Gesamtdauer von 213 Jahren, die die Königsliste für die 12. Dynastie berechnet, ist zu hoch, und die für einzelne Herrscher angegebenen Regierungszeiten, besonders die für Sesostris II. und III., müssen korrigiert werden. Nach allgemeiner Auffassung dauerte die 12. Dynastie, je nachdem, ob man eine zehnjährige Korregentschaft von Amenemhet I. und Sesostris I. annimmt, 170 oder 180 Jahre und umfaßte acht Könige. U m nicht unablässig alternative Daten angeben zu müssen, setze ich bei einem korrigierten Sothis-Datum für das Ζ Jahr Sesostris' III. ein, das annähernd mit dem Jahr 1830 v. Chr. gleichzusetzen ist. Demnach fällt der Beginn der 12. Dynastie in das Jahr 1938 v. Chr., ihr Ende in das Jahr 1759 v. Chr., und für die Herrschaft Mentuhoteps II., des „Vereinigers der beiden Länder", ergibt sich der Zeitraum um 2 0 0 0 v.Chr. Damit folge ich der von R.Krauss ( s . o . II.2) und D . Franke vorgeschlagenen Chronologie; die von W. Barta (s.o. III.l) und J . v. Beckerath angesetzten Daten liegen um 40 Jahre höher. Mentuhotep II. konnte auf der Grundlage weiterbauen, die seine drei Vorgänger, die zusammen etwa 70 Jahre regierenden Pharaonen Antef I.—III., gelegt hatten. Zwischen seinem 14. und 39. Regierungsjahr gelang es Mentuhotep II., Unter- und Oberägypten zu vereinigen und damit die lange und glückliche Periode in Ägyptens Geschichte einzuleiten, die wir als Mittleres Reich bezeichnen. Ägypten und die ägyptische Kultur erlebten damals eine

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

Blütezeit unter einer Reihe lang regierender und mächtiger Pharaonen, die für politische Stabilität, eine effektive und zentral geleitete Verwaltung und für wirtschaftliche Prosperität sorgten. Auch der Handel mit dem Ausland trug wesentlich zu dieser günstigen Entwicklung bei. Amenemhet I. (ca. 1938 bis 1909 v.Chr.), der erste König der 12. Dynastie, hatte die Amtsgeschäfte von Mentuhotep IV. noch in einer sozial und wirtschaftlich schwierigen Zeit übernommen; doch kündigten sich schon bald danach die eigenen Züge der 12. Dynastie an. Südlich des strategisch gelegenen Memphis entstand nahe beim heutigen el-Lischt, wo sich auch einige Königspyramiden der 12. Dynastie befinden, eine neue Residenz. Auch das System der Gaue und Gaufürsten wurde neu geordnet. Im Norden des Landes waren ihr Amt erblich und ihre Macht groß geworden, bis schließlich Sesostris III. (ca. 1872/36-1854/18 v. Chr.), der eindrücklichste Monarch der Dynastie, ihre Befugnisse drastisch reduzierte. Von nun an wurden die Nomen bzw. Gaue von drei Ministerien aus in der Palastverwaltung zentral regiert. Die Sitte der Mitregentschaft des Kronprinzen war bereits unter Amenemhet I. eingeführt worden. Die Nachfolge gestaltete sich dadurch problemloser, und der künftige Pharao konnte bereits vor Amtsantritt Erfahrungen sammeln, wodurch gewährleistet war, daß der Staat die Gesellschaft kontinuierlich und fest kontrollierte. Während der Krise der „Ersten Zwischenzeit" hatte die Monarchie neue Züge angenommen. Das nahezu übermenschliche, idealisierte Bild des Königs wurde damals vom Bewußtsein überschattet, daß der Monarch für die Verwaltung verantwortlich sei und für das Wohlergehen seiner Untertanen zu sorgen habe. Beides verlangte Stärke und unermüdlichen Einsatz. Diese neuen Einsichten spiegeln die Königsstatuen wider und auch die Literatur, in der nun ein apologetisches Element auftauchte. Auf geradezu programmatische Weise sind in der „Lehre des Königs Amenemhet" (aus der Zeit Sesostris' I., ca. 1919-1875 v.Chr.) die Pflichten des Königs aus der Sicht des ermordeten Amenemhet I. beschrieben. Mit seinem Tod setzt auch die „Geschichte des Sinuhe" ein. Sinuhe verletzte seine Pflicht, als er, erschrokken über die Wirren nach dem Königsmord, Hals über Kopf nach Palästina floh; schließlich wurde er aber von Sesostris I. wieder in Gnaden aufgenommen, nachdem dieser die kritische Lage im Lande gemeistert hatte. Die ihm noch verbleibenden Jahre verbrachte Sinuhe in Ägypten und erhielt hier ein standesgemäßes Begräbnis. Eine Ode, die Sesostris' Weisheit und seine Fähigkeit zu verzeihen preist, leitet den letzten Teil in der „Geschichte des Sinuhe" ein. Durch sie rückt die propagandistische Seite jenes Literaturgenres ins Licht, die in der „Prophetie des Neferti" und in der „Loyalistischen Lehre" ebenso vertreten ist. Mit der veränderten Wertbestimmung der Monarchie verband sich eine gesteigerte Bedeutung des Kults, die sich zum Beispiel in eindrücklichen Tempelbauprogrammen der Könige Ausdruck verschaffte, aber auch in den Statuen von Königen und hohen Beamten, die nun in immer größerer Zahl in den Tempeln aufgestellt wurden. Im Mittelpunkt der Verehrung stand eine Triade der großen, fast nationalen Götter: Amun mit seinem Tempel bei The-

Ägypten während des Mittleren Reichs

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ben, Ptah, dessen Bedeutung von seinem Schrein in Memphis aus zunahm, sowie Re, dessen Tempel in Heliopolis Sesostris I. besondere Aufmerksamkeit zuwandte. Neben dieser Triade behauptete Osiris in seinem Heiligtum in Abydos seinen hervorgehobenen Platz als Symbol für den Jenseitsglauben. Das bezeugen die von vielen Ägyptern errichteten Denksteine entlang der Straße zu dem Platz, auf dem alljährlich die „Mysterien" von Osiris' Tod und Auferstehung aufgeführt wurden. Landwirtschaft, Handwerk und Außenhandel waren die Säulen, auf denen Stabilität und Wohlstand ruhten. Für die Landwirtschaft bedeutete es einen großen Fortschritt, daß Teile des Fayyum erschlossen wurden. Mit der Kultivierung dieser riesigen, westlich des Nils in einer Senke der libyschen Wüste gelegenen Oase nahm die Verehrung des Krokodilgottes Sobek zu. Uber das Alltagsleben und über vielerlei Tätigkeiten informieren uns biographische Inschriften, Papyri aus Archiven (etwa aus dem vielseitigen Archiv von Illahun), Grabbilder und, seit der 11. Dynastie, auch Miniaturmodelle, die man den Toten anstelle der im Alten Reich üblichen detaillierten Grabreliefs beigab. Für die Grabbauten ganz allgemein und für die großen königlichen Bauvorhaben im besonderen mußten viel Arbeitskraft, Organisationstalent und Investitionen aufgebracht werden. Dazu liegen Angaben in den ReisnerPapyri vor, ebenso in Inschriften der Gaufürsten und der Leiter von Expeditionen in Steinbrüche, wobei wir besonders viel über die Unternehmungen im Wadi Hammamat, östlich von Theben, erfahren. Ein Text aus der Zeit Sesostris' I. erwähnt eine Expedition von 17000 Männern, die 60 Sphingen und 150 Statuen beschaffen sollte. Die Vorliebe für den Sphinx läßt zusammen mit den neu in el-Lischt und in Dahschur erbauten Pyramiden den Wunsch erkennen, an Traditionen des Alten Reichs anzuknüpfen. Die mit handwerklichem Geschick und viel Formempfinden gestalteten Werke bezeugen, daß die ägyptische Kunst während des Mittleren Reichs wiederum einen ihrer Höhepunkte erreichte. Handel und Expeditionen ins Ausland waren für die Wirtschaft unverzichtbar. Wichtig war in diesem Zusammenhang Nubien; denn von dort kamen Gold, Kupfer, Elfenbein, Edelsteine und Steine. Die Versuchung, Nubien zu annektieren, war deshalb groß. Daß der Anschluß Unternubiens an Ägypten tatsächlich erfolgte, belegen Grenzstelen am zweiten Nilkatarakt, die unter Sesostris III. aufgestellt wurden. Militärisch machte sich die ägyptische Oberherrschaft in gewaltigen Festungsbauten entlang der Grenzen und überall im Landesinneren bemerkbar. Am bekanntesten sind die Festungen Buhen, Mirgissa und Semna/Kumma. Der ägyptische Einfluß erstreckte sich im Süden bis nach Kerma, nahe beim dritten Katarakt, wo man mit dem Kusch genannten Volk in Kontakt kam. Während der 11. Dynastie werden auch wieder Handelsfahrten nach Punt erwähnt, womit vermutlich das Gebiet des heutigen Somalia gemeint ist. Die Geschehnisse während der Ersten Zwischenzeit und die Anwesenheit vieler „Asiaten", vor allem im Deltagebiet, machten die Ägypter gegenüber Kontakten mit dem Osten aufgeschlossener. Die Sinaihalbinsel, Palästina

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

und Südsyrien rückten ins Blickfeld, und die bereits während des Alten Reichs dorthin bestehenden Handelsbeziehungen wurden erneuert. Das Interesse an diesen Gegenden zeigt sich in der fesselnden „Geschichte des Sinuhe": Der aus Ägypten geflüchtete Sinuhe lebte unter Nomaden, stieg in den Rang eines Scheichs auf und bestand mancherlei Abenteuer. Trotz vermeintlichem Lokalkolorit ist die Erzählung freilich eher eine literarische Verarbeitung der Vorstellungen, die man sich in Ägypten von Retenu (Palästina) und seinen Bewohnern machte, als ein tatsächlich autobiographischer Augenzeugenbericht. Die bitteren Erfahrungen der Ersten Zwischenzeit machten den Ägyptern aber auch bewußt, daß von Osten her eine latente Gefahr drohte. Als Abwehrmaßnahme ließ Amenemhet I. die auch von Sinuhe erwähnte „Mauer des Herrschers" erbauen, eine Linie von Grenzfestungen, die, wiederum laut Sinuhe, die „Asiaten" abhalten und die „Sandbewohner" vernichten sollte. Die potentiellen Feinde sind hier als stty.w (Setyu, Asiaten) und als hry.ws' (Sandbewohner, Beduinen) benannt. Beide Begriffe bezeichnen zusammen mit dem oft gebrauchten „ c Amu" die Bewohner der östlichen Wüste, der Sinaihalbinsel und Palästinas, wobei die präzise Bedeutung nicht immer klar ist. Das Interesse am Osten war in erster Linie wirtschaftlicher und kommerzieller Art. Obwohl bisweilen kriegerische Unternehmungen erwähnt werden 1 , kam es nicht zur militärischen Unterwerfung oder zu einer ägyptischen Oberherrschaft. Nur auf der Sinaihalbinsel hatte die ägyptische Präsenz wegen der Türkis- und Kupferminen eher einen auf Dauer ausgerichteten Charakter, wie Inschriften und Reliefs in Serabit el-Chadim zeigen. Für die Kontakte Ägyptens mit Ugarit und Byblos in dieser Zeit liegen handfeste Beweise vor. In beiden Orten wurden beschriftete Gegenstände entdeckt, vor allem Statuetten und Königssphingen, die Pharaonen den Stadtfürsten und Tempeln geschenkt hatten. Von früh an spielten Ugarit und Byblos eine wichtige Rolle im ägyptischen Handel, etwa beim Holzimport aus dem Libanon. Auch von verschiedenen palästinischen Fundstätten, darunter Geser, Megiddo und Teil el-Ajjul, sind ägyptische Statuetten und Skarabäen aus diesem Zeitraum bekannt. Sie dürfen freilich nicht mehr als Indizien für eine ägyptische Oberherrschaft oder eine auf Dauer angelegte ägyptische Anwesenheit im Lande gelten, nachdem J. Weinstein und W. Helck (s.u. IV.2) nachgewiesen haben, daß jene Objekte vor allem während der folgenden Hyksoszeit über den Handel nach Palästina gelangten und deshalb bisweilen auch aus jüngeren archäologischen Kontexten geborgen wurden. Bei den auf jenen Aegyptiaca genannten Personen handelt es sich zumeist nicht um Armeeangehörige, Händler oder Diplomaten, die in Palästina gelebt hätten und hier gestorben wären, sondern um in Ägypten gebürtige und dort tätige Beamte.

1

Sesostris III. unternahm einen Feldzug nach Mittelpalästina, bei dem er bis nach Sichern (skmm) gelangte.

Ägypten während der Hyksoszeit

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Eine ägyptische Oberhoheit über Palästina darf auch nicht von den sogenannten Achtungstexten abgeleitet werden, einer weiteren wertvollen Geschichtsquelle für das Mittlere Reich. Es handelt sich bei ihnen um Gruppen von Inschriften verschiedener Herkunft, die auf tönerne Schalen und gefesselte Feinde darstellende Figuren geschrieben sind. Die Texte nennen zahlreiche Fürsten und Stammesanführer sowie ihre Städte. In einem Achtungsritual wurden die Gefäße und Statuetten zeremoniell zerschmettert, um so gleichsam auf magische Weise die Macht jener namentlich bezeichneten potentiellen Feinde zu brechen. Die Texte stammen aus dem Ende des 19. und aus dem Beginn des 18. Jahrhunderts v.Chr. Die genannten Personen und Städte2 stellten primär keine Bedrohung von Ägyptens vorausgesetzter Überlegenheit dar; sie waren vielmehr eine Gefahr für den Handel, der über die Via Maris und durch die Jesreelebene nach Syrien verlief. Nachdem Amenemhet III. (ca. 1817-1773 v.Chr.), Amenemhet IV. (ca. 1772-1763) und der erste (?) weibliche Pharao (Sobeknefru, ca. 1763-1760 v. Chr.) gestorben waren, endete die 12. Dynastie. Sie war eine Epoche, in der unter einer guten Regierung und bei ökonomisch günstigen Verhältnissen die Kunst, Literatur und Wissenschaft (z.B. Mathematik und Medizin) Höhepunkte erlebten.

2. Ägypten während der Hyksoszeit oder der Zweiten Zwischenzeit (14.-17. Dynastie) J . VON BECKERATH, Untersuchungen zur politischen Geschichte der Zweiten Zwischenzeit in Ägypten, Ägyptologische Forschungen 23, Glückstadt 1965. - M . BIETAK, Art. Hyksos, in: LÄ 3, 94-103. - Ders., Die Hauptstadt der Hyksos und die Ramsesstadt, Antike Welt 6, 1975, 2 8 - 4 3 . - Ders., Egypt and Canaan During the Middle Bronze Age, B A S O R 281, 1991, 27-72. - Ders., Avaris, The Capital of the Hyksos: Recent Excavations at Tell ed Dab'a, London 1996. - W . G . DEVER, Tell ed-Dab'a and Levantine Middle Bronze Age Chronology: A Rejoinder to Manfred Bietak, B A S O R 281, 1991, 73-79. - R . GIVEON, Hyksos Scarabs with Names of Kings and Officials from Canaan, Chronique d'Egypte 49,1974, 222-233. - W . HELCK, Die Beziehungen Ägyptens zu Vorderasien im 3. und 2. Jahrtausend v.Chr., Wiesbaden 1962. - Ders., Ägyptische Statuen im Ausland - ein chronologisches Problem, U F 8,1976,102-115. Ders., Das Hyksos-Problem, O r N S 6 2 , 1 9 9 3 , 6 0 - 6 7 - R. KRAUSS, Zur Chronologie des Mittleren Reiches, O L Z 89, 1994, 5-18. - W . M . F . PETRIE, Hyksos and Israelite Cities, B S A E 12, London 1906. - G. POSENER, Litterature et politique dans l'Egypte de la XII e dynastie, Paris 1956. - Ders., Princes et pays d'Asie et de Nubie, Paris 1960. A.F. RAINEY (Hg.), Egypt, Israel, Sinai. Archaeological and Historical Relations in the Biblical Period, Tel Aviv 1987 - D . B . REDFORD, The Hyksos Invasion in Tradition and History, O r N S 3 9 , 1 9 7 0 , 1 - 5 1 . - A . R . SCHULMAN, Chariots, Chariotry, and the Hyksos, Journal for the Study of Egyptian Antiquity 10, 1980, 105-153. - T.L.

2 Viele Städtenamen sind noch nicht identifiziert; doch sind belegt: Byblos, Ullaza, Apu (Damaskus und Umgebung), Hazor, Achsaph, Megiddo, Jerusalem, Askalon.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. J h . v . C h r . )

THOMPSON, The Historicity of the Patriarchal Narratives. The Quest for the Histo-

rical Abraham, BZAW 133, Berlin/New York 1974. - J. VAN SETERS, The Hyksos:

A New Investigation, New Haven 1966. - J . WEINSTEIN, Egyptian Relations with

Palestine in the Middle Kingdom, BASOR 217, 1975, 1-16 [vgl. auch BASOR 213, 1974, 4 9 - 5 7 ] ,

Die 13. Dynastie, für die offizielle Listen mehr als fünfzig Herrscher innerhalb einer Zeit von etwa 150 Jahren ansetzen 3 , bildet den Ubergang zur Zweiten Zwischenzeit, die auch Hyksoszeit genannt wird. Ein rascher Wechsel der machthabenden Könige und interne Schwierigkeiten schwächten nach und nach die Monarchie, und die Zentralregierung verlor an Macht. Zur selben Zeit drangen über das Deltagebiet zahlreiche „Asiaten" in Ägypten ein, da die „Mauer der Herrscher" ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen war. Auch im Süden verschob sich Ägyptens Grenze nordwärts bis zum ersten Nilkatarakt zurück (Elephantine). Als Stütze des Reichs erwiesen sich die Wesire, die ihr nahezu erbliches Amt kraftvoll ausübten. Dank ihrer konnten die Könige der 13. Dynastie von ihrer Residenz in el-Lischt aus ihre Macht anfänglich noch behaupten, wie aus Inschriften Neferhoteps I. 4 und Sebekhoteps III. hervorgeht. Die Entwicklungen im Deltagebiet freilich, wo sich gegen Ende der 13. Dynastie unabhängige Herrscher etablierten (14. D y nastie) und wo die ins Land strömenden „Asiaten" zunehmend an Einfluß gewannen 5 , schränkte die Macht der Dynastie ein, die nach 1700 v. Chr. in den Süden mit Theben als Zentrum abgedrängt wurde. Das historische Bild, das sich mit dem Namen der H y k s o s verbindet, begann im wesentlichen mit der 15. Dynastie und ihren sechs Königen Gestalt anzunehmen. U m 1640 v.Chr. usurpierten sie die Macht im Delta und in Memphis, wo sie 108 Jahre lang regierten (allerdings ist die Kombination der beiden Papyrusfragmente, auf denen diese Zahl beruht, nicht gesichert). Die wissenschaftliche Neugier hat sich immer wieder und aus verschiedenen Gründen den H y k s o s zugewandt: wegen ihrer geheimnisumwitterten Herkunft, wegen ihrer Verbindungen nach Palästina und wegen des Umstands, daß von vielen Forschern Josephs Aufstieg und die Ankunft der Jakobs söhne in Ägypten in die Hyksoszeit verlegt werden. Der N a m e „ H y k s o s " ist eine Nachbildung des ägyptischen hqyhpwt (hekau-chesut), „Herrscher der Fremdländer" 6 , einer Bezeichnung, die bereits während der 12. Dynastie für asiatische und nubische Fürsten und Stammesanführer (etwa im Turiner Königspapyrus), nun aber für die Herrscher gebraucht wurde, die aus dem

3 In Wirklichkeit war die 13. Dynastie kürzer, sie erstreckte sich vermutlich über den Zeitraum von ca. 1759-1640 v.Chr. 4 Neferhotep I. unterhielt Kontakte mit „Inten", der vermutlich mit dem in den Mari-Texten als Zeitgenosse Zimrilims erwähnten Jantinchammu von Byblos (s.u. IV.10.) zu identifizieren ist. 5 Der Aufstieg der „Asiaten" wurde bisweilen dadurch begünstigt, daß sie im Heer und in der Regierung einflußreiche Stellungen innehatten. 6 Manetho verstand die Bezeichnung als „Hirtenkönige", setzte also ägyptisches hq}w-spw voraus.

Ägypten während der Hyksoszeit

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Osten nach Ägypten gekommen waren und die Herrschaft in Memphis an sich gerissen hatten. Möglicherweise hängt der Name „Hyksos" auch mit der rätselhaften 14. Dynastie von „Chois" (hpww) zusammen, bei der offenkundig kein Verweis auf die gleichnamige Stadt (heute Sakha) intendiert ist. Eher ist aber anzunehmen, daß „Hyksos" eine von ägyptisch hjswt abgeleitete Bezeichnung ist, die impliziert, daß sie sich auf nicht-ägyptische Herrscher bezieht, vermutlich zumeist auf unabhängige asiatische Fürsten oder Vasallen der „großen" Hyksos, deren Vorgänger und Zeitgenossen sie waren. Einige der großen Hyksoskönige kennen wir von ihren eigenen Monumenten und Skarabäen. Die Namen der anderen hat Manetho überliefert. Die bekanntesten unter den Hyksoskönigen sind Salitis (Salek?), Chajen (Hajen?), Apophis (Apapa) und Chamudi. Wer die Hyksos waren und wie sie an die Macht gelangten, wird noch immer debattiert. In der wissenschaftlichen Diskussion stehen sich zwei Meinungen über ihre Identität gegenüber. Nach der einen, besonders von W. Helck vertretenen Ansicht waren die Hyksos kein „Volk", sondern eine „Herrenschicht". Da sie mit neueren und überlegenen Waffen ausgerüstet gewesen sei7 und weil sie neue militärische Taktiken angewandt habe, sei es jener „Herrenschicht" gelungen, die Macht über die syrischen und palästinischen Stämme und Städte zu gewinnen. Von dieser Position aus habe sie sodann das Deltagebiet überrannt und habe so um 1640 v. Chr. in Avaris eine neue Dynastie gründen können. Bei dieser Rekonstruktion wird ein Zusammenhang der Hyksos mit den semitische Namen tragenden Herrschern und Anführer abgelehnt, die seit dem Ende des Mittleren Reichs im Deltabereich operierten. Später hat W.Helck vorgeschlagen, in den Hyksos „Piraten" zu sehen, die aus zyprischem und südanatolischem Gebiet gekommen seien. Auch bei dieser Variante wird ein semitischer Hintergrund der Hyksos abgelehnt, und sie werden von der Masse der „Asiaten" unterschieden, die sich seit dem Ende der 12. Dynastie im östlichen Deltagebiet angesiedelt hatten. Nach der anderen, vor allem von J.van Seters propagierten Meinung sollen die Hyksos Gruppen amoritischer Eindringlinge gewesen sein, die der hoch urbanisierten phönizisch-palästinischen Kultur angehört hätten (Mittelbronze IIB-C-Zeit). Unterstützt von Teilen der im Deltagebiet lebenden semitischen Bevölkerung hätten die Hyksos schließlich hier die Macht an sich reißen können. Die zweite Erklärung hat nicht nur mehr Anhänger gefunden, sondern hat auch durch die Ausgrabungen M. Bietaks auf dem Teil ed-Dab'a, der alten Hyksoshauptstadt Avaris, eine gewisse archäologische Bestätigung erfahren. Hurritische Elemente sind im Onomastikon der Hyksoszeit nur mühsam auszumachen, während Namen mit eindeutig semitischer Etymologie gut vertreten sind, darunter, vor allem auf Skarabäen, solche des Typs Ya'qub-

7 Dabei ist vor allem an den Streitwagen und den zusammengesetzten Bogen zu denken. Siehe hierzu auch unten S. 96.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. ν. Chr.)

Addu. Sie gehören in das linguistische Milieu, das für Palästina gut hundert Jahre zuvor in den Achtungstexten dokumentiert ist. Außerdem haben Archäologen kulturelle Verbindungen zwischen Siedlungen der Hyksos im Delta und denen in Syrien-Palästina während der Mittelbronze IIB/C-Zeit aufgedeckt. Die Gemeinsamkeiten sind bei Gräbern, Waffen und Tongefäßen besonders auffällig. Allgemein kann man sagen, daß es allenfalls eine begrenzte hurritische Infiltration aus Syrien nach Palästina gab, die erst nach der Hyksoszeit erfolgte, und daß das Land niemals wirklich von Hurritern bewohnt oder dominiert wurde. Darüber, wie die Hyksos an die Macht gelangten, herrscht Unsicherheit. W. Helcks These einer militärischen Invasion, die sich mit Manethos Bericht verknüpfen läßt, steht im Gegensatz zu J.van Seters „amoritischem coup d'etat", der, unterstützt von asiatischen Elementen im Delta und von Gruppen unzufriedener Ägypter 8 stattgefunden haben soll. Die durch den Zerfall der zentralen Autorität und durch das Eindringen von „Asiaten" bewirkten internen Entwicklungen im Deltagebiet haben den Hyksos zweifellos den Weg geebnet und ihre Übernahme der Macht sehr wahrscheinlich gefördert. Der Machtwechsel geschah aber nicht ohne militärische Gewalt, bei der auch Kräfte aus dem Osten mitgemischt haben können. Das legen jedenfalls Zerstörungsschichten in einigen Städten im östlichen Deltagebiet nahe. Avaris, die Hauptstadt der Hyksoskönige der 15. Dynastie, ist inzwischen mit dem Teil ed-Dab c a bei Qantir identifiziert. Frühere Gleichsetzungsvorschläge mit dem nördlichen Tanis oder dem südlicher gelegenen Bubastis haben sich als falsch erwiesen. Die von M. Bietak auf dem Teil ed-Dab e a geleiteten Ausgrabungen haben für die Zeit von etwa 1800 bis 1500 v. Chr. eine kontinuierliche Besiedlung nachgewiesen 9 . Deutlich wurde dabei, daß Avaris trotz ägyptischer Elemente eine im Prinzip nicht-ägyptische Stadt war, in der vorwiegend „Asiaten" und Menschen zypriotischer Herkunft lebten. M. Bietak klassifiziert die Kultur als „ägyptisierende Mittelbronze I I B - C " . Diese mittelbronze ΙΙ-zeitliche Kultur stehe der der urbanisierten Levante jener Zeit sehr nahe, wie eindeutig aus der Architektur, den Tongefäßen, vor allem der sogenannten Teil el-Yehudiye-Keramik 10 , den Gräbern und Waffen hervorgehe. M. Bietak bezeichnet sogar das neue, kurz vor 1700 v.Chr. in Avaris errichtete Heiligtum als kanaanäischen Tempel, er macht auf die zahlreichen „kanaanäischen Vorratskrüge" aufmerksam und weist auf die nicht seltenen Eselsbestattungen als Indizien für nicht-ägyptische Sitten hin. Die materielle Hinterlassenschaft am Ort verweist M. Bietak zufolge nicht nur auf den „asiatischen" Hintergrund seiner Bewohner, sondern deutet auch auf

8 Die Unzufriedenheit unter Ägyptern soll daher rühren, daß sie durch Zentralisierungsmaßnahmen der Regierung der 12. Dynastie ihre Macht eingebüßt hätten. 9 Im 13. Jh. v.Chr. wurde am Ort dann die Nachfolgesiedlung Pi-Ramesse erbaut. 10 Bei den nach ihrem ersten Fundort benannten Tongefäßen handelt es sich überwiegend um kleine Krüge, auf deren dunkelbraun oder schwarz polierter Oberfläche sich eingestochene und inkrustierte Musterfelder befinden.

Ägypten während der Hyksoszeit

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einen regen Handel mit der Levante, vor allem mit Phönizien hin. Er nimmt deshalb an, daß sich unter den Einwohnern viele „phönizische" Händler befanden, und daß die Stadt eventuell ein phönizischer Handelsplatz gewesen sein könnte. Dadurch erkläre sich auch, weshalb die deutlichsten Verbindungslinien eher zur syrisch-phönizischen Kultur als zu der Südpalästinas verliefen. Als die 13. Dynastie ihre nominelle Macht über das Deltagebiet verlor und sich hier verschiedene Herrscher und Herrscherhäuser etablierten, muß auch Avaris unabhängig geworden sein. Vielleicht war die Stadt sogar die Residenz einer jener Königsfamilien, die man der 14. Dynastie zurechnet. So ließe sich das Vorkommen von Gegenständen auf dem Teil ed-Dab'a erklären, auf die der Name des Königs Nehesy geschrieben ist. Der Ausgräber verzeichnet um 1700 v. Chr. aber auch einen erneuten kräftigen Zustrom kanaanäischer Elemente und damit verbunden eine völlig neue Bauphase auf dem Teil, zu der auch der schon erwähnte „kanaanäische Tempel" gehörte. Man darf diesen materiellen Befund vielleicht zudem als Beweis für die Ankunft und den Aufstieg der „echten" Hyksos werten, die ab etwa 1640 v. Chr. mit sechs Königen als 15. Dynastie gezählt werden. Dieser Dynastie gelang es, ihre Macht über das gesamte Deltagebiet aufzurichten und südwärts über Memphis hinaus sogar bis nach Gebelein bei Theben auszudehnen. Wie sich die Hyksosherrschaft in Oberägypten jedoch faktisch und effektiv gestaltete, läßt sich allerdings nur schwer ausmachen. Die Thebais scheint sich jedenfalls eine zumindest nominelle Unabhängigkeit unter einer eigenen Dynastie bewahrt zu haben, die Manetho als 17. Dynastie mit etwa hundert Jahren veranschlagt. Auch wenn in Details Fragen offen bleiben, so ist doch insgesamt deutlich geworden, daß es keinen Grund gibt, in den echten Hyksos einfach nach Ägypten eindringende asiatische Nomaden zu sehen. Derartige Vorstellungen haben früher dazu geführt, die Hyksos mit einem bestimmten Typ von Befestigungen in Zusammenhang zu bringen, von dem man annahm, daß er sich als „Nomadenlager" und für die Unterbringung von Pferden und Streitwagen besonders gut geeignet habe. Es handelt sich dabei um die gewaltigen, mit schräg abfallendem Glacis versehenen Erdwälle, die in der Regel annähernd quadratische Flächen umgeben. Es hat sich im Laufe der Zeit freilich herausgestellt, daß jene angeblichen „Lagerplätze" in Wirklichkeit riesige, befestigte Unterstädte waren, die dicht bebaut und ebenso dicht bewohnt waren. Die Erdwälle sind ein wohlbekanntes Charakteristikum der hoch entwickelten syrisch-palästinischen Stadtkultur während der Mittelbronze Ii-Zeit, das aus Städten wie Ebla, Qatna, Dan, Hazor und Geser bekannt ist. Außerdem gingen diese Erdwälle den Hyksos zeitlich voraus. Daß die engen Verbindungen zwischen Südpalästina und dem östlichen Deltagebiet, in dem sich die asiatischen Eindringlinge und die Hyksos niedergelassen hatten, natürlich zu einem Zustrom „asiatischer" Menschen und Kultur nach Ägypten führten, ist nicht erstaunlich. Die Grabungen auf dem Teil ed-Dab'a haben dies ebenso bewiesen wie die schon sehr viel früher von W.M. Flinders Petrie auf dem Teil el-Yehudiye gemachten Entdeckungen. Die wichtigste Route,

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die das Delta mit Südpalästina verband, verlief von Qantir und el-Qatara über el-Arisch und Rapha nach Gaza und darüber hinaus. Als „Horusweg" war dieselbe Straße dann während des Neuen Reichs bekannt. Es kann durchaus sein, daß der israelitische Clan Jakobs und seiner Söhne irgendwann während der Hyksoszeit über diesen Weg nach Ägypten zog; doch ist es überaus schwierig, den Vorgang zeitlich und räumlich präziser zu bestimmen. Der Turiner Königspapyrus vermeidet für die sechs Fürsten der 15. oder auch Hyksosdynastie die übliche Königskartusche und bezeichnet sie als „Fremde". Die in Unter- und Mittelägypten regierenden Herrscher, die bisweilen mit der vollständigen Königstitulatur aufgeführt sind, werden in der Geschichtsschreibung als die „kleinen Hyksos" der 16. Dynastie bezeichnet. Ein Teil von ihnen war semitischer Herkunft, und vermutlich handelte es sich bei ihnen um Lokalfürsten und Vasallen der Hyksos. Dasselbe gilt für die Herrscher der 14. Dynastie von Chois, und auch die einheimische 17. Dynastie von Theben mußte nominell die Oberhoheit der Hyksos anerkennen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (Chajen [ = Iannas?], Apophis) läßt sich über die Hyksoskönige selbst historisch wenig in Erfahrung bringen, da in der Regel entsprechende Quellen fehlen. Daß die spätere, den Hyksos feindlich gegenüberstehende ägyptische Tradition (besonders Hatschepsut) sie als Barbaren und Tempelschänder schildert, kann nicht erstaunen. Tatsächlich hatten sich die Hyksoskönige aber recht gut ägyptischen Konventionen angepaßt, wie etwa ihre mit dem Namen des Sonnengotts Re zusammengesetzte Thronnamen belegen. Auch Innovationen werden mit den Hyksos zusammengebracht. So sollen sie den Streitwagen und sein Zugtier, das Pferd, in Ägypten eingeführt haben, was möglich, aber nicht bewiesen ist 11 . Auch die für das Töpferhandwerk wichtige schnell drehende Scheibe und der zusammengesetzte Bogen werden bisweilen den Hyksos zugeschrieben. In den Hyksosfürsten kam Ägypten mit einer für sie neuen Art von „Asiaten" in Berührung. Sie waren keine Scheichs, keine Stammesanführer oder Lokalherrscher, sondern militärisch potente Repräsentanten der hochentwickelten Stadtkultur der ausgehenden levantinischen Mittleren Bronzezeit. Der Kontakt mit den Hyksos machte Ägypten für kulturelle Einflüsse aus Syrien und Palästina empfänglicher. Zugleich wuchs in Ägypten aber auch die Erkenntnis, daß es zur Verteidigung der Grenze im Osten und zur Kontrolle Palästinas und Syriens einer agressiveren militärischen „Asienpolitik" bedurfte. Dies sollte sich später nachhaltig auf die militärischen Anstrengungen des Neuen Reichs auswirken. Die einheimischen thebanischen Könige der 1Z Dynastie versuchten ab etwa 1550 v.Chr., ihren Einflußbereich zu Lasten des Hyksoskönigs Apophis auszudehnen. Die entsprechenden Bemühungen Sekenenres II. schlugen freilich fehl. Wie die Untersuchung seiner Mumie ergab, ist er vermutlich im

11 Die früheste Erwähnung von Pferd und Streitwagen in Ägypten datiert aus der direkt auf die Hyksoszeit folgende Phase.

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K a m p f gefallen. Später wurde eine Erzählung über seinen Disput mit A p o phis verfaßt. Seinem Nachfolger K a m o s e war im K a m p f gegen die H y k s o s mehr Erfolg beschieden. Auf zwei Stelen im Amun-Tempel findet sich ein Bericht über seine Heldentaten, die Erzählung des „Befreiungskrieges". D e m nach hatte sich K a m o s e gegen die Oberherrschaft der H y k s o s aufgelehnt und eroberte ihre Bollwerke südlich des Deltas, etwa H e r m o p o l i s . Es gelang ihm aber nicht, Avaris einzunehmen. Dies führte erst sein Bruder A h m o s e aus, der nach einem zehn Jahre langen Krieg (um 1530 v. Chr.) der Herrschaft des letzten H y k s o s k ö n i g s C h a m u d i ein Ende bereitete und die letzten H y k s o s vertrieb, die daraufhin in Palästina Zuflucht suchten. Die palästinische Festungsstadt Scharuhen konnte erst nach einer dreijährigen Belagerung eingen o m m e n werden 1 2 . N a c h d e m Nubien, das mit den H y k s o s gute Beziehungen unterhalten und ihre Oberhoheit nominell anerkannt hatte, unterworfen war, war die Grundlage für eine erneute Entfaltung ägyptischer Macht geschaffen, wie es dann während des mit A h m o s e beginnenden Neuen Reichs geschah.

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12 Die lange Dauer der Belagerung ist sowohl ein Hinweis auf die Stärke der Hyksosfestungen als auch darauf, daß die Taktik, Städte zu erobern, noch nicht weit entwickelt war.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. ν. Chr.)

Völker und Bevölkerangsgruppen, die schon jahrhundertelang im Vorderen Orient lebten, nahmen seit ungefähr 2000 v. Chr. in der Geschichte und in den Quellen ein deutlicheres Profil an. Dabei handelte es sich um die Hurriter, Amoriter und Nomaden. Die Hurriter sind deutlich an ihrer agglutinierenden Sprache erkennbar, die weder zu den indo-europäischen noch zu den semitischen Sprachen gehört. Hurriter gab es in Nordmesopotamien bereits im 23. Jahrhundert v. Chr., und einige von ihnen gelangten von dort aus in den Süden. Wir kennen sie aus kurzen Inschriften und von ihren Personennamen. Über ihre Vorgeschichte ist nichts bekannt; doch wird allgemein angenommen, daß sie aus dem Nordosten, aus dem Bereich des Kaukasus, kamen. Einige möchten sie mit den „Subaräern" identifizieren, die in dieser frühen Zeit im nördlichen Mesopotamien bezeugt sind. Diese Gleichsetzung ist freilich nicht unproblematisch, weil der Begriff „Subaräer" Schwierigkeiten in sich birgt. Er leitet sich von der frühen, vermutlich geographischen Bezeichnung subir, subur, subartu ab, die sich ursprünglich auf den Nordteil des Gebiets östlich des Tigris bezieht, also annähernd auf das Kerngebiet des späteren Assyriens. Daneben wird der Name ab etwa 2200 v. Chr. (Naramsin von Akkad) auch als Bezeichnung für ganz Nordmesopotamien zwischen Tigris und Baiich benutzt. Dies hat dazu geführt, daß einige Wissenschaftler „Subaräer" als Bezeichnung für ein frühes ethnisches Element in Nordmesopotamien verwenden, das an Namen erkennbar sei, die weder Akkadisch noch Sumerisch sind. Der Umstand, daß die spätere hurritische Sprache als die „Sprache von Subir" bezeichnet wurde und daß die frühesten Hurriter tatsächlich in Nordmesopotamien bezeugt sind, das im 2. Jahrtausend v. Chr. Subartu hieß, hat die Gleichsetzung der Hurriter mit den „Subaräern" begünstigt. Solange der Nachweis einer linguistischen und ethnischen Identität aber schwierig zu erbringen ist, bleibt es wahrscheinlicher, daß frühe mesopotamische Schreiber deshalb „Subaräer" für ein Volk oder für einen Staat gebrauchten, weil es oder er in dem traditionell als Subir bekannten Gebiet auftauchte 13 . Die Eigenart der alten „subaräischen" Sprache ist erst noch zu definieren, und dies besonders deshalb, weil sich inzwischen herausgestellt hat, daß die Sprache einer kleinen Gruppe von alten, als „subaräisch" bezeichneten Beschwörungen deutliche Affinitäten zur elamischen, aber nicht zur hurritischen Sprache besitzt. Daß sich Hurriter schon während der späteren Phasen der altakkadischen Zeit im nördlichen und östlichen Mesopotamien aufhielten, steht fest, da dort entsprechende Personennamen vorkommen. Aus dieser Zeit liegt auch eine Bronzetafel mit der Inschrift eines unabhängigen hurritischen Herrschers namens Ataischen vor 14 . Er war „König von Urkisch und Nawar", und das Zentrum seiner Macht befand sich im Norden des Haburgebiets. Etwas 13 Zu vergleichen ist die Bezeichnung „Amoriter" (s.u. IV.4), die auf Amurru, wohl ebenfalls einen ursprünglich geographischen Begriff, zurückgeht. 14 Der Text erwähnt die Errichtung eines Tempels für den Gott Nergal.

Die Hurriter

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früher ist vermutlich „Tupkisch, der König ( e n d a n ) von Urkisch" anzusetzen, dessen Siegelinschrift in seiner Residenz (heute Teil Mozzan) gefunden wurde. Wie sich die Hurriter in jener frühen Zeit selbst nannten, ist unbekannt. In den ältesten Inschriften bezeichnen sich hurritische Herrscher lediglich als König ( l u g a l ; hurritisch endan) einer Stadt und geben keine Nationalität an. Der geläufige Name geht auf die Wurzel hur- zurück, die nicht vor etwa 1500 v.Chr. vorkommt. Idrimi von Alalach sprach vom König der sähe Hurri, „der Truppen der Hurru", und auch die Ägypter gingen zu dieser Bezeichnung über, die dann im Alten Testament als Ιροή erscheint. Wahrscheinlich haben die Hurriter, als sie in Nordmesopotamien ankamen, Elemente der älteren einheimischen und vielleicht auch der subaräischen Kultur assimiliert. Dies könnte erklären, weshalb bereits auf den Tafeln von Ebla „hurritische" Elemente, etwa Götternamen, belegt sind, obwohl wirklich hurritische Personennamen dort noch nicht erscheinen. Schon vor 2000 v.Chr. wurden die Hurriter im nördlichen und östlichen Mesopotamien, vom Zagros bis zum Habur, zu einem bedeutenden Machtfaktor, den die Könige von Ur III nicht einfach ignorieren konnten. Namentlich bekannt ist ein Herrscher namens Tischatal, der über Urkisch und Nawar, Ninive und Qarqar regierte. Mit Städten und Stadtstaaten, die von Ost nach West Karchar, Kimasch, Schaschrum, Urbilum (Erbil), Simurrum, Ninive, Simanum und Mardaman hießen, bauten die Könige von Ur III Beziehungen auf und unternahmen gegen sie auch zahlreiche Feldzüge. Die Hurriter ihrerseits drangen von diesen Städten und Stadtstaaten aus nach Süden und Westen vor, so daß man sie in altbabylonischer Zeit etwa in Dilbat und Mari findet; ihr Kerngebiet blieb jedoch Nordmesopotamien. Aus der Zeit der Mari-Archive sind mindestens zwanzig Städte mit Fürsten mit hurritischen Namen bekannt. Auch die Turukkü im Osten bei Schuscharra waren wahrscheinlich Hurriter. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts v.Chr., als die politische Macht Jamchads und Maris erloschen war, begannen sich die Hurriter nach Nordsyrien auszubreiten, wo sie in Städten wie Urschum, Haschschum und Aleppo eine wichtige Rolle spielten. Der Infiltrationsprozeß läßt sich deutlich an Personennamen in Alalach ablesen. In Schicht VII (17 Jh. v. Chr.) waren hurritische Namen bereits recht gut vertreten, aber in Schicht IV (15. Jh. v. Chr.) machten sie dann einen dominierenden Teil in der Bevölkerung aus. Ab etwa 1550 v. Chr. entstand parallel zu diesen Vorgängen in Syrien in Nordmesopotamien ein hurritischer Staat, der Mitanni hieß, bisweilen aber auch Hanigalbat genannt wurde. Er stellte eine Macht von internationaler Bedeutung dar und erstreckte sich im 15. Jahrhundert v.Chr. von Nuzi östlich des Tigris bis nach Syrien, wo Alalach eine mitannische Vasallenstadt war. Im 14. Jahrhundert v. Chr. lebten zahlreiche Hurriter in Ugarit, wo hurritische Texte, darunter auch eine lexikalische Liste, entdeckt wurden. Im südlicheren Syrien und sogar in Palästina sind an verschiedenen Orten Fürsten mit hurritischen Namen belegt. Sie gehörten freilich lediglich einer mit der Verwal-

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tung und dem Militär befaßten Oberschicht an; eine durchgehende „Hurritisierung" des Landes fand nicht statt. Die alte westsemitische Bevölkerung blieb stets dominant. Das ist einer der Gründe, weshalb die Identifizierung der H y k s o s mit den Hurritern unwahrscheinlich ist. Im 15. Jahrhundert v.Chr. nahm auch der hurritische Einfluß auf das hethitische Reich zu. Er ging vor allem von Südostanatolien aus, wo Kizzuwatna und Isuwa besonders stark von den Hurritern beeinflußt wurden. Eine „Hurritisierung" bezeugen sowohl die hethitischen Königsnamen als auch viele literarische Texte, vor allem Rituale, die in Bogazköy entdeckt wurden. Hier, aber auch andernorts ist deutlich, welch wichtige Rolle die Hurriter in der Kultur und Geschichte des Hethiterreichs spielten. Dabei steuerten sie nicht nur ihren eigenen Beitrag bei, sondern leisteten auch Vermittlerdienste zwischen Mesopotamien und seinen Nachbarn im Norden und im Westen, indem sie vor allem Traditionen der Schrift, Literatur und Religion weitergaben 15 . An mehreren Orten, darunter Mari, Ugarit und Emar, wurden hurritische Textsammlungen wissenschaftlichen und religiösen Inhalts entdeckt. Derartige Funde kommen sogar aus Gebieten, in denen vermutlich kein Hurritisch gesprochen wurde, und aus Zeiten, in denen die Macht Mitannis bereits im Abklingen war.

4. Die Amoriter G. BUCCELATTI, The Amorites of the Ur ΠΙ Period, Neapel 1966 [vgl. dazu C. WILCKE, W O 5, 1969, 1 - 3 1 ] . - D . C H A R P I N / J . - M . D U R A N D , „ F i l s d e S i m ' a l " : L e s origines

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15 So wurden etwa hurritische Übersetzungen babylonischer Werke entdeckt, darunter z . B . auch die des Gilgamesch Epos.

Die Amoriter

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„Amoriter" tauchen erstmals in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. in Texten aus Mesopotamien auf, vor allem in solchen aus der Akkad-Zeit (24. Jh. v. Chr.). Die „Amoriter" sind Personen und später Gruppen, die mit dem sumerischen Logogramm m a r . d u bezeichnet werden, dessen akkadische Wiedergabe Amurrum lautet. Davon leitet sich das Gentilizium „Amoriter" ab, das im Alten Testament vokalisiert als 'emon erscheint. Amurrüm, das vermutlich ursprünglich „Westen/westlich" bedeutet, bezog sich zunächst auf ein Volk oder auf eine Stammesgruppe samt deren Lebensbereich. Dieser Bereich ist westlich des Euphrat in der Syrischen Steppe zwischen dem Orontes und dem mittleren Euphrat zu lokalisieren, wobei sich das Zentrum beim Dschebel Bischri (früher Basar) und Tadmor/Palmyra befand. Bereits Gudea nannte dieses Gebiet „MAR.DU-Berge", und hier besiegte Scharkalischarri kurz vor 2200 v.Chr. Amoriter. In der Folgezeit kommen die Amoriter immer öfter in Texten vor, besonders während und nach der Ur IIIZeit, weil damals über Gesandte und über den Handel Kontakte mit ihrem Gebiet bestanden. Auch werden die Amoriter mehrfach deshalb erwähnt, weil sie nach Mittel- und Südbabylonien eindrangen. Die Texte sprechen von einzelnen Amoritern, die Dienste leisten, und von Stammesgruppen, die zwischen den Städten in der Steppe lebten. Sie kommen in Rationenlisten als Lieferanten und Käufer von Vieh und Lederprodukten vor. Diese Amoriter, die größtenteils nicht-akkadische Namen trugen und anfangs durch das zum Namen hinzugefügte Logogramm m a r . d u identifiziert wurden, empfand man als Fremde. Bezeichnend ist dafür, daß es „amoritische Übersetzer" gab. Sofern die Amoriter als Nomaden in Stammesgruppen lebten, fielen sie durch ihre Sitten und Bräuche auf, die in einigen sumerischen literarischen Texten von oben herab und fast feindselig geschildert werden: Sie leben in Zelten, kennen kein Zuhause, keine Städte und keinen Ackerbau, sie bestatten ihre Toten nicht, sind gewalttätig und benehmen sich wie Tiere. Ur III erlebte den starken amoritischen Zustrom zunehmend als Bedrohung, und Schulgi und Schusin erbauten die „Amoriter-Mauer", um die Eindringlinge abzuhalten (s.o. III.2.4). Als Ur III zusammenbrach, begannen vor allem Personen mit amoritischen Namen, die zuvor Generäle und Beamte von Ur III und bisweilen auch Stammeshäuptlinge waren, sich in verschiedenen Städten den Thron anzueignen. Dies geschah in Isin und Larsa, später dann auch in Eschnunna, Babylon, Uruk und Mari. Die Usurpatoren trugen Namen wie Sumuabum, Naplanum und Jaggidlim. Antike Quellen und moderne Historiker sprechen deshalb gleichermaßen von „amoritischen Dynastien", obwohl sich jene Fürsten rasch der babylonischen Kultur anpaßten, indem sie sich entsprechende Namen zulegten16, die höfischen Sitten und die akkadische Schriftsprache übernahmen. Amoritische Texte gibt es keine, obwohl die Mari-Texte einige dutzend amoritische Wörter enthalten, speziell

16 So trug Hammurapis Vater einen akkadischen Namen, während er selbst einen „amoritischen" hatte.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

solche, die mit Stammesstrukturen und Viehhaltung zu tun haben. Es ist sogar schwierig, amoritische Elemente in der zeitgenössischen babylonischen Kultur ausfindig zu machen. Als ein solches Element hat man das ius talionis im Kodex Hammurapi gedeutet; die Verehrung des Gottes Amurru freilich ist für die „Amoriter" nicht typisch. Das Bewußtsein aber, amoritischer Herkunft zu sein, hielt sich lange, wie die „Genealogie der Dynastie Hammurapis" ebenso belegt wie einige aus mehreren Elementen zusammengesetzte Königstitel. Daß „amoritische" Herrscher an die Macht kamen, komplizierte die Situation in den mesopotamischen Stadtstaaten. Solche Staaten setzten sich aus einem seßhaften, städtischen und überwiegend akkadischen Bevölkerungsanteil und aus solchen Gruppen zusammen, denen die neuen Herrscher entstammten. Diese Gruppen lebten noch im tribalen und zum Teil auch nomadischen Milieu. M.B. Rowton (s.u. IV.5) prägte für diese Art zusammengesetzter Gesellschaft den Begriff „dimorpher Staat". Beispiele dafür findet er in Eschnunna, Larsa (Jamutbal), Uruk und vor allem in Mari. Ihre Herrscher bezeichneten sich nicht nur als „König" der jeweiligen Stadt, sondern auch als Anführer ( a b u , rabiänum) eines Stammes oder einer Stammesgruppe. Für letzteres kann ein eher allgemeiner Name stehen wie „Amoriter" in Eschnunna, er kann aber auch spezifischer sein wie Jamutbal in Larsa, Hanäer 17 in Mari und in Nordmesopotamien ganz allgemein oder wie Amnanum-Jachrurum in Uruk. Stadt und Stamm bildeten gemeinsam einen einzigen Staat. Kulturell, gesellschaftlich und in ihren politischen und wirtschaftlichen Interessen verfolgten beide Bevölkerungsteile nicht immer dieselben Ziele; doch konnten sie sich auch gegenseitig ergänzen. Nur ganz langsam und nur zum Teil vollzog sich zwischen beiden Gruppen eine Annäherung. Mit der Frage, ob Zimrilim von Mari lieber auf einem Pferd reiten oder auf einem von Maultieren gezogenen Wagen fahren wolle, wurde er daran erinnert, daß er nicht nur König der Hanäer, sondern auch König der Akkader war. Letzteres legte es nahe, daß sich der König für die zweite beider Möglichkeiten entschied ( a r m 6,76). Noch in Ammisaduqas Edikt (um 1640 v. Chr.) ist nominell zwischen Akkadern und Amoritern unterschieden, obwohl die Gegensätze allmählich verblaßten. Zu jener Zeit wurden die Amoriter nicht mehr durch das zu ihrem Namen hinzugefügte Logogramm m a r . d u kenntlich gemacht, wie dies um 2000 v.Chr. noch üblich war. Oft waren sie nur an ihren nicht-akkadischen Namen erkennbar. Diese Möglichkeit entfiel freilich, wenn sich Amoriter akkadische Namen zugelegt hatten, was in manchen Dynastien schon recht früh geschah. Amoriter drangen von der Steppe aus nicht nur in Mesopotamien, sondern auch in Syrien ein. Da für den Vorgang schriftliche Quellen fehlen, ist er aber schwer zu rekonstruieren. Durch Mari-Texte, durch Belege aus Aleppo, Ala-

17 Zu den Hanäern gehörten sowohl die Banu-Yamtn, Sim'al, „die Söhne des Nordens".

„die Söhne des Südens" wie die Banu-

Die Amoriter

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lach, Ebla, Byblos und Hazor und auch durch die ägyptischen Ächtungstexte sind aus dem Zeitraum zwischen dem 19. und dem 17. Jahrhundert v. Chr. mehr Herrschernamen bekannt. Trotzdem lassen sich aber keine zwei linguistische Gruppen auseinanderhalten, auf die die Namen der einheimischen westsemitischen Fürsten und die der „amoritischen" Neuankömmlinge zu verteilen wären. Das hängt vielleicht damit zusammen, daß die „amoritische" Infiltration nach Syrien damals bereits zu einer festen Tatsache geworden war. Daß keine Unterschiede feststellbar sind, weist darauf hin, daß in diesem Bereich der sprachliche und wahrscheinlich auch der ethnische Abstand zwischen der einheimischen und der neuen Bevölkerung sehr viel geringer war als in Mesopotamien. Nicht auszuschließen ist, daß die „Amoriter" in Syrien früher seßhaft wurden und sich im 19. Jahrhundert v. Chr. nicht mehr deutlich von der Landesbevölkerung abhoben. B.Landsberger, der von „Ostund Westkanaanäern" sprach, unterschied die „Amoriter" Mesopotamiens von den Bewohnern Syrien-Palästinas. Die von ihm gewählte Terminologie geht aber ebenfalls von einer Beziehung zwischen beiden aus, da B.Landsberger auch die Meinung vertrat, daß zwei sprachlich verwandte Dialekte im Spiel gewesen seien. Es ist sehr gut vorstellbar, daß eine frühere „amoritische" Infiltration von Syrien-Palästina erfolgte; doch ist sie derzeit weder archäologisch noch sprachlich noch historisch beweisbar. Zu Recht wurde in der Diskussion betont, daß in Syrien auch mit der Anwesenheit eines alten, nicht-semitischen Bevölkerungsanteils zu rechnen sei. Schon zu einem frühen Zeitpunkt vermischte sich dieses Element mit den (West-) Semiten, wie inzwischen die religiöse Uberlieferung und die sprachlich nicht einheitlichen Königsnamen aus dem alten Ebla belegen (um 2300 v. Chr.). Daß im eigentlichen Palästina derartige nicht-semitische Elemente fehlen, und daß es unmöglich ist, die vielleicht jüngeren „amoritischen" Eindringlinge sprachlich von den einheimischen „Proto-Kanaanäern" zu unterscheiden, sind auffallende Tatbestände. Sie haben dazu geführt, daß einige Wissenschaftler in diesem Gebiet die Wiege der westsemitischen Bevölkerung ansetzen, die keineswegs notwendig ihren Ursprung in der Syrisch-arabischen Wüste genommen haben müsse. In diesem Fall wären die „Amoriter" sprachlich und ethnisch mit dieser alten Bevölkerung verwandt, obwohl sich für jüngere Zeiten und jüngere „amoritische" Gruppen nicht ausschließen ließe, daß sie sich mit ihrer Geschichte und ihrer Sprache von der ansässigen Bevölkerung unterschieden. Viele Wissenschaftler schreiben einer dieser jüngeren Gruppen nomadischer und im Stammesmilieu lebender „Amoriter" eine wichtige Rolle in der Geschichte Palästinas zu. Eine derartige Gruppe markierte, so lautet ihre These, den Ubergang von der hoch urbanisierten Frühbronze Iii-Zeit (bis ca. 2300 v.Chr.) zur folgenden Mittelbronzezeit (ab ca. 2100 v.Chr.). Legt man diese Geschichtsrekonstruktion zugrunde, dann hätte eine „amoritische Invasion" die Zerstörung der frühbronzezeitlichen Städte ausgelöst, und die großen, neu angelegten „Friedhöfe", die kaum zu den nahe gelegenen städtischen Siedlungen gehörten, enthielten dann die materielle Hinterlassenschaft

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. ν. Chr.)

der „amoritischen Eindringlinge". Nach und nach seien diese zur Seßhaftigkeit übergegangen und schließlich zu den Trägern der Stadtkultur der Mittelbronze IIB-C-Zeit geworden (ab. ca. 1800 v.Chr.). Aus dem Kreis der Eindringlinge seien auch die alttestamentlichen Patriarchen gekommen. Diese Deutung der Befunde sieht sich inzwischen freilich vielen Fragen ausgesetzt. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist es nicht möglich, jene „Amoriter" linguistisch zu identifizieren. Auch archäologisch ist die Lage keineswegs so eindeutig, wie bisweilen vorgegeben wird. So ist die materielle Hinterlassenschaft der nicht-urbanen Eindringlinge nicht einheitlich, und es mehren sich die Indizien dafür, daß der Ubergang von der Frühen zur Mittleren Bronzezeit gleitend erfolgte, und daß die Einwohner der frühbronzezeitlichen Städte nicht einfach verschwanden. Merkwürdig mutet es auch an, daß in Syrien eine vergleichbar zerstörerische Invasion archäologisch schwierig nachzuweisen ist. Ganz allgemein ist deshalb eine wachsende Zurückhaltung gegenüber der These zu konstatieren, mordende und plündernde Gruppen seien in großem Umfang in Palästina eingefallen. Statt dessen gewinnt die Meinung an Boden, man habe es hier mit einem Prozeß nomadischer Einwanderung und Seßhaftwerdung zu tun. Jene Nomaden hätten den Zusammenbruch der städtischen Zentren und das dadurch entstandene Machtvakuum genutzt und seien allmählich ins Land eingesickert. Auseinandersetzungen mit der alteingesessenen Bevölkerung sind damit nicht generell ausgeschlossen. Eine historisch-ethnische Gleichsetzung jener nach Palästina vordringenden Nomaden mit den aus der Syrischen Steppe kommenden und von den einheimischen, städtischen Kanaanäern unterschiedenen „Amoritern" ist nicht unmöglich, aber schwierig zu beweisen. Wenn man, wie oben dargelegt, die Möglichkeit offen halten will, es habe in Palästina „Amoriter" als Teil der älteren einheimischen Bevölkerung gegeben, dann darf man auch damit rechnen, daß hinter dem Ubergang von der Frühen zur Mittleren Bronzezeit interne Entwicklungen standen. Es ist Aufgabe der palästinischen Archäologie, durch sorgfältige Untersuchungen die historischen Abläufe aufzuhellen. Beim gegenwärigen Wissensstand ist es jedenfalls ratsam, ethnisch und geschichtlich festgelegte Bezeichnungen und Folgerungen zu vermeiden.

5. Nomaden M. ANBAR, Les tribus amourrites de Mari, Göttingen 1991. - O . BAR-YOSEF/ A . KHAZANOV, Pastoralism in the Levant. Archaeological Materials and Anthropological Perspectives, Madison 1992. - P. BRIANT, Etat et pasteurs, Cambridge 1982. C . H . J , DE GEUS, The Tribes of Israel, Assen 1976 [bes. Kapitel 3]. - J . HENNINGER, Uber Lebensraum und Lebensformen der Frühsemiten, Köln/Opladen 1968. H . KLENGEL, Zwischen Zelt und Palast: Die Begegnung von Nomaden und Seßhaften im Alten Vorderasien, Leipzig 1972. - J . - R . KUPPER, Les nomades en Mesopotamie au temps des rois de Mari, Paris 1957 - J.T. LUKE, Pastoralism and Politics in the Mari Period, Diss., Michigan 1965. - A . MALAMAT, Mari and the Early Israelite Experience, Oxford 1992. - V . H . MATTHEWS, Pastoral Nomadism in the Mari King-

Nomaden

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Die Nomaden waren eine weitere Bevölkerungsgruppe, die es im Vorderen Orient bereits seit Tausenden von Jahren gab, die aber erst mit Beginn des 2. Jahrtausends v.Chr. deutlichere Züge in der Geschichte annahm. Erst dann liegen Informationen zu den „amoritischen" Dynastien in Babylonien und Angaben zu verschiedenen Aspekten des Nomadendaseins in den Archiven von Mari vor, und Mari war immerhin eine Stadt mit einer „dimorphen" Gesellschaft und Politik am Rande der Syrischen Wüste. Die Texte rücken das Nomadentum zwar ins Licht der Geschichte; doch spielt es in ihnen meist nur eine untergeordnete Rolle. Mehr ist bei Quellen, die aus städtischen Gesellschaften kommen, in der Regel auch nicht zu erwarten. Man muß sich stets bewußt sein, daß die Nomaden in dieser Zeit und in diesem Gebiet eine Reihe eigentümlicher Merkmale aufwiesen. Das Kamel war damals noch nicht domestiziert, und das Nomadenland war keine Wüstenlandschaft mit Oasen, sondern die zum Teil zwischen Ackerland gelegene Steppe, die auf der einen Seite von Flüssen und auf der anderen Seite von der Wüste begrenzt war. Wir haben es folglich nicht mit den „klassischen" Kamelnomaden der Sahara, der Arabischen Halbinsel oder Zentralasiens zu tun. Diese Nomaden waren in geringerem Maße von der Wasserversorgung und Weideplätzen abhängig; sie konnten sich deshalb mit ihren großen Herden viel ungehinderter über weite Bereiche hinweg bewegen und sich so eine größere gesellschaftliche und politische Unabhängigkeit bewahren. Demgegenüber hatten die Nomaden des Alten Vorderen Orients Kleinviehherden und waren von Steppen und Weidegebieten abhängig, die jährlich 150-250 mm Niederschläge erhielten. Diese Gegenden, auch das ist zu beachten, waren damals sehr viel mehr begrünt als heute. Die hier lebenden Nomaden zogen im jahreszeitlichen Wechsel von Weidegebiet zu Weidegebiet, wobei sie im Herbst und Frühjahr nur wenige hunderte Kilometer zwischen ihrer Winter- und Sommerweide zurücklegten. Dementsprechend unterhielten sie zahlreiche Kontakte mit den Bewohnern des kultivierten Landes. Diese Nomaden lebten in Stämmen und Clans, denen Scheichs oder Alteste vorstanden; die nomadische Lebensformen waren jedoch überaus vielfältig. Neben „reinen", in Zelten und in der Steppe lebenden Nomaden gab es solche, die sich im Umfeld des bebauten Landes, etwa zwischen den babylonischen Städten, niedergelassen hatten („enclosed nomadism"), und es gab auch Stämme, von denen ein Teil noch nomadisierte, während der andere Teil bereits seßhaft geworden war, in Dörfern lebte und Landwirtschaft betrieb. Derartige Unterschiede wirkten sich auch auf die gesellschaftliche und politische Ebene aus. Neben autonomen Stämmen und Stammesverbänden, die

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D i e M i t t e l b r o n z e z e i t ( 2 0 . - 1 6 . J h . ν. Chr.)

einen wichtigen militärischen Faktor darstellen konnten, kamen Stämme vor, die, wie etwa die Sim'aliten in Mari, in einen Staat integriert waren. Ihre Wanderbewegungen wurden kontrolliert, und sie mußten Abgaben und Militärdienste leisten. Wo derartige Verhältnisse herrschten, konnte der König einer Stadt zugleich auch der Scheich einer Stammesgruppe sein. Es gibt aber auch Fälle, in denen ein mehr oder weniger autonomer Stamm der Kontrolle königlicher Beamter 18 unterstand. Sie hatten ihren Sitz im Kerngebiet des Stammes, zumeist in der Stadt oder in dem Dorf, in dem sich ein Teil des Stammes niedergelassen hatte. Hier zentrierte sich die Macht um den Stammeshäuptling, der bisweilen auch „König" hieß. Bestanden zwischen einer Stadt und einem Stamm politische Beziehungen, dann wurden diese manchmal durch Verträge oder Eide besiegelt. Daraus ergab sich eine Art Vasallenverhältnis, das oft durch Heiraten oder Geiselnahme abgesichert wurde. Je nach dem, wie sehr Stadt und Stamm für eine gelungene Symbiose aufeinander angewiesen waren, und je nach dem, wie eng die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Stadt und Stamm empfunden wurden, kam es zu Zwischenformen des Zusammenlebens. In den Mari-Texten sind vor allem die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der Stadt mit Stämmen und Stammesgruppen gut dokumentiert. Aus den Texten geht hervor, welche administrativen Probleme der König von Mari und seine Gouverneure mit dem tribalen Bevölkerungsanteil hatten. Das Spektrum nomadischer Existenz reichte von den eher seßhaften und politisch stärker integrierten „nördlichen Hanäern" bis zu den eher nomadischen und viehhaltenden „südlichen Hanäern". Der nördliche Zweig der Hanäer hielt sich anfänglich vor allem im Haburdreieck in einem Gebiet auf, wo Regenfeldbau möglich war, der südliche Zweig lebte zu beiden Seiten des Euphrat und war zur Zeit des Weidewechsels viel in Bewegung. Die Texte erwähnen die Namen vieler Stämme und Clans sowie die einiger größerer Stammesverbände. Die Hanäer umfaßten sowohl die „Söhne des Nordens" oder auch Sim'aliten („jene auf der linken Seite"), zu denen auch die in Mari regierende Lim-Dynastie gehörte, als auch die „Söhne des Südens" oder auch Jaminiten („jene auf der rechten Seite"). Die Bezeichnung Hanäer konnte, wie vermutlich im offiziellen Titel Zimrilims „König von Mari und des Landes der Hanäer", beide Stammesgruppen einschließen, aber auch als Gegenbegriff zu den eher nomadischen und unabhängigen Jaminiten und als generelle Bezeichnung für Nomaden benutzt werden. Zum großen Stammesverband der Jaminiten gehörten die Ubrabü, die Jahurru oder auch Jahruru, die Amnänu, die Jarihü und die Ja'ilänü. Viele Stämme legten weite Wanderwege zurück. Jahrhundertelang sind die kraftvollen und gewalttätigen Sutu bezeugt, die wegen ihrer Raubzüge gefürchtet waren und die den fast sprichwörtlichen Schrecken verkörperten,

18 Jene Beamten wurden als fyazannu und merfaü (= mer'u) bezeichnet; dabei oblag es vor allem dem merfyü, die Transhumanz und die Gebiete der Sommerweide (nawäm) zu überwachen.

Nomaden

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den Seßhafte gegenüber Nomaden verspürten. Belegt ist, daß sich jene Sutü zwischen Nordsyrien und Südmesopotamien bewegten, die Hanäer zwischen Syrien und Assyrien. Stammesgruppen der Jaminiten, wie etwa die Amnän-Jahrur 19 findet man im Norden wie in Babylonien zwischen Sippar und Uruk 2 0 . Aus nomadischer Sicht war Sippar eine besonders bedeutende Stadt. Sie lag strategisch günstig da am Euphrat, wo sich Euphrat und Tigris recht eng einander annähern. Im Zuge des Weidewechsels bot es sich deshalb an, hier die Flüsse zu überqueren. Es wird hinzugekommen sein, daß die Nomaden auch vom Kult des Sonnengotts in der Stadt, von Handel und Markt angezogen wurden. Die beiden zusammengesetzten Namen SipparAmnänum (heute Teil ed-Der) und Sippar-Jachrurum (heute Abu Habba) für die Doppelstadt spiegeln diese Bedeutung wider; auch wenn wir nicht genau wissen, wie diese Bezeichnungen entstanden sind. Die Jamutbal sind im nördlichen Mesopotamien, aber auch in Babylonien zu beiden Seiten des Tigris bezeugt. Der Stamm und sein Name verbanden sich hier mit dem Staat von Larsa, wobei Jamutbal dann auch ein bestimmtes (vielleicht ursprüngliches Stammes-)Gebiet nordöstlich von Nippur mit Maschkanschapir als seiner Hauptstadt bezeichnete. Die Mari-Texte liefern uns wertvolle Informationen aller Art über die gesellschaftlichen Strukturen jener Stammesgruppen, über ihre Lebensformen, religiösen Sitten und über ihre Sprache. Letztere ist uns vor allem durch Namen bekannt. Sie gehört zur westsemitischen Gruppe und wird üblicherweise als „Amoritisch" bezeichnet. Es ist nicht möglich, allein von der linguistischen Grundlage ausgehend zwischen den Gliedern der verschiedenen Stammesgruppen zu unterscheiden. Die Mari-Texte enthalten auch Wörter, die aus der Sprache der Stämme entnommen sind und sich vor allem auf die Gesellschaftsstrukturen und die Viehhaltung beziehen: gäyum, „Clan" (vgl. hebr. göy); bibrum, „Stammesgruppe" (vgl. hebr. beber); nawüm, eine Bezeichnung für eine im Weidewechsel in der Steppe begriffene Gruppe und zugleich ein Kollektivbegriff für Herden und Lagerstätten (vgl. hebr. näwe); sugägum, „Scheich"; q/kasum, „Steppe"; hamqum, „Tal" (vgl. hebr. 'emeq); basarum, „Hürde, Lager" (vgl. hebr. baser)·, bayämm, „Eselsfohlen" (vgl. hebr. 'ayir); biglum, „Kalb" (vgl. hebr. 'egel); bazzum, „Ziege" (vgl. hebr. 'ez); bebrum, „(Elite-)Soldat" (vgl. hebr. bäbür); nabälum , „erben" (vgl. hebr. näbal); usw. In diesem Zusammenhang läßt sich die oft gestellte Frage nicht umgehen, ob das Alte Israel ein nomadisches Leben führte, bevor es nach Kanaan gelangte. Oft wird diese Frage bejaht, und es wird dann auf Abrahams lange Reisen von Ur nach Harran, Palästina und Ägypten verwiesen, auf seine

Entsprechende Doppelnamen k o m m e n häufiger als Stammesbezeichnungen vor. Ein von U r u k nach Babylon gesandter Brief eines Königs enthält die Beteuerung, daß beide Staaten „ein H a u s " bildeten, da beide „amoritische" Dynastien gleichermaßen amnanitischer Herkunft seien. 19

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

Wanderungen21, seinen großen Besitz an Vieh und sein Wohnen in Zelten. Zudem hat auch Israels „nomadischer" Aufenthalt auf der Sinaihalbinsel seinen Platz in dieser Argumentation. Neuere Untersuchungen haben uns freilich gelehrt, daß wir im Umgang mit Israels „nomadischer Vorgeschichte" vorsichtig sein müssen. Wenn es eine nomadische Zeit in Israels Geschichte gegeben haben sollte, dann in den ältesten Abschnitten der Patriarchenzeit und in dem oben beschriebenen historischen und geographischen Rahmen. In Palästina selbst läßt sich sodann feststellen, daß die Patriarchen in zunehmendem Maße Kontakte mit der seßhaften Bevölkerung pflegten, daß sie bei ihrem Weidewechsel (Gen. 37,12) immer wieder zu festen Weideplätzen zurückkehrten und sogar zu landwirtschaftlichen Tätigkeiten übergingen, wie Gen. 26 bezeichnenderweise von Isaak berichtet. Daß die Israeliten bei ihrem Aufenthalt in Ägypten ein nomadisches Leben geführt hätten, stimmt nicht mit den Erzählungen in der Genesis überein. Deshalb ist es gewiß unzulässig, den tiefgreifenden Wandel, den Israel nach seiner Ankunft in Kanaan durchmachte, dem Ubergang von einer nomadischen zu einer seßhaften Lebensweise zuzuschreiben. Richtig ist freilich, daß in Israels Frühgeschichte die Viehhaltung samt Weidewechsel sowie Hirtendasein und die Stammesstrukturen eine wichtige Rolle spielten, und daß terminologische Ähnlichkeiten zwischen dem Hebräischen und der in den Mari-Texten belegte Sprache der Stämme gerade auf diesen Sachgebieten besonders ausgeprägt sind. Diese Phänomene verweisen aber nicht notwendig auf ein ursprünglich nomadisches Dasein Israels; sie sind in den Mari-Texten ebenso für politisch integrierte und bisweilen auch seßhafte Stammesgruppen bezeugt.

6. Die altbabylonische

Zeit im

allgemeinen

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Nach 2000 v. Chr. vollzogen sich in Mesopotamien tiefgreifende Veränderungen. Als Frucht der während der Ur HI-Zeit ausgereiften Symbiose zwischen sumerischen und akkadischen Elementen entstand im mittleren und südlichen Babylonien eine recht einheitliche „mesopotamische" Kultur. Das Sumerische verschwand als gesprochene und bald darauf auch als geschriebene Sprache. Es lebte lediglich als Sprache der Wissenschaft, Tradition, Magie und des Kultes weiter. Der Schulbetrieb war darauf ausgerichtet, die Kenntnis des Sumerischen unter Schreibern und für Unterrichtszwecke zu erhalten, und aus historischen Interessen überlieferten die Schulen Teile des literarischen Erbes. Wichtig waren in dieser Hinsicht vor allem die Schulen von Nippur, Ur und Sippar. Als allgemeine Schriftsprache setzte sich bis nach Susa, Eschnunna, Mari und sogar bis nach Aleppo, Qatna und Hazor das Altbabylonische durch. Die lokalen Tempel und Pantheia bewahrten zwar ihre Traditionen und übten weiterhin einen starken Einfluß aus; doch entwickelte sich eine überregionale Religion mit entsprechenden Bräuchen, einige Gottheiten stiegen in fast nationalen Rang auf (Schamasch, Sin, Nabu, Aya, Adad, Ischtar und später Marduk), und die religiöse Literatur wuchs stetig an. Sie umfaßte neben Gebeten und Hymnen auch mythisch-epische Texte, wie den Atrachasis-Mythos (RTAT 115-118) und das GilgameschEpos (RTAT 118-122), außerdem Beschwörungen. In jener Zeit begann die Divination einen wichtigeren Platz einzunehmen, besonders die mithilfe der Leberschau praktizierte Orakeleinholung. Das zeigt sich daran, daß die Bedeutung des baru (Orakeleinholers) wuchs, und daß seine Weisungen und besonders die systematisch zusammengestellten Sammlungen von Omina zahlenmäßig zunahmen. Die Beziehung zur Gottheit gestaltete sich persönlicher. Dies machte sich in neuen Gebetsgattungen bemerkbar, zu denen nun auch Bußpsalmen und Gebete in Briefform hinzukamen, in bestimmten Personennamen, die Vertrauen, Hoffnungen, Dankbarkeit, aber auch Fragen und Klagen zum Ausdruck brachten, und in der Rolle, die nun „niedrigere Gottheiten" und speziell der „persönliche Gott" erhielten. Jede Familie hatte ihren eigenen Gott, der fürbittend für sie bei den großen Gottheiten eintrat, und der mehr in das Leben seiner Verehrer einbezogen war als die Hauptgötter. Die Vorstellungen, die man sich von den Göttern machte, ließen Fragen nach der Ursache des Leidens, nach dem oft unbekannten göttlichen Willen und nach möglichen menschlichen Sünden aufkommen. Zudem liegen gerade aus dem persönlichen Bereich eindringliche Bitten und Vertrauensäußerungen vor, die von der Uberzeugung getragen sind, daß der Gott als Vater am Schicksal der Menschen Anteil nimmt. Die im Vergleich mit der vorausgegangenen Ur III-Dynastie schwächere und weniger zentralistische Verwaltung der neuen Staaten führte zusammen mit dem Niedergang der Tempel als Wirtschaftsfaktor dazu, daß Privatpersonen und Familien stärker in den Vordergrund traten. Wir lernen sie samt ihren Berufen, ihrem Stand und Besitz, ihren Rechten und Pflichten sowie ihrer schriftlichen Hinterlassenschaft in Texten kennen; denn aus dieser Zeit gibt es aus Privatarchiven Tausende von Briefen, Kontrakte und andere Rechts-

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

urkunden, die so gut wie keinen Aspekt des Privatlebens unberührt lassen. Sie beziehen sich auf die Familie (Heirat, Adoption, Erbschaft), auf den Besitz (Häuser, Felder, Rinder und Sklaven, die durch Kauf, Tausch oder Erbe erworben wurden), auf die Arbeit (Viehzucht, Landwirtschaft, Außen- und Binnenhandel, Handwerk, Beamtentum, Dienstleistungen) und auf die Gesellschaft (im bürgerlichen, militärischen und religiösen Kontext samt allen Rechten und Pflichten). Diese Dokumente vermitteln uns einen einzigartigen Einblick in das facettenreiche Leben, sie informieren uns besonders über wirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse und über das Gewohnheitsrecht. Begünstigt durch ortsübergreifende Kontakte und durch eine sich zunehmend vereinheitlichende Verwaltung, die unter Hammurapi ihren Höhepunkt erlebte, bildete sich allmählich eine, freilich niemals völlig erreichte, Einheitlichkeit heraus. Während sich die ökonomische Bedeutung der Tempel abschwächte, entstanden zwischen der privaten Wirtschaft und dem Palast mehr Geschäftsbeziehungen. Zur Erfüllung seiner Aufgaben auf den Gebieten von Verwaltung, Miliz, Bewässerung, Landwirtschaft, Handwerk und Handel sowie der Textilproduktion verfügte der Staat über eine gut organisierte und gut geführte Gruppe von Beamten, Pächtern, mit Haus und Hof ausgestatteten Dienstpflichtigen und anderen Arbeitskräften und Abhängigen. Ihre Rechte und Pflichten unterstanden dem königlichen Schutz, wie wir Briefen und Inschriften entnehmen können. Privates Leben und Geschäft florierten aber auch, was viele Vertragsurkunden belegen. Die Rechte der Bürger wurden von örtlichen Gerichtshöfen garantiert; doch bestand darüber hinaus die Möglichkeit, an den Palast zu appellieren. Dieser betrachtete die Aufrechterhaltung des Rechts als seine Aufgabe und erweiterte allmählich seinen Einfluß auf die lokale Gerichtsbarkeit. Verschiedene Gesetzessammlungen, zahlreiche Gerichtsurkunden und amtliche Briefe lassen erkennen, wie das Recht aufrechterhalten wurde. Die Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs bildeten Landwirtschaft, Rinderzucht, Handel und Handwerk, wobei das Textilgewerbe und die Bearbeitung von Leder und Metall einen besonderen Stellenwert hatten. Die in stetig ansteigendem Maße von der künstlichen Bewässerung abhängige Landwirtschaft verlangte den unablässigen Einsatz, um bestehende Kanäle instand zu halten und neue anzulegen. Letzteres waren wichtige Ereignisse, an die mit entsprechenden Jahresnamen erinnert wurde. Dank der Kanäle war es möglich, neues Land urbar zu machen, das Wasser gerecht und kontrolliert zu verteilen und zu speichern, was vor allem in der Zeit nach der Frühjahrsflut nötig war. Es liegen eindeutige Indizien dafür vor, daß die verfügbare Wassermenge seit dem Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. abnahm. Dies machte einen sparsameren Umgang mit dem Wasser erforderlich, wobei das natürliche Gefälle der Flüsse und die Regeln der Schwerkraft berücksichtigt und genutzt wurden. Die Masse der Bevölkerung konzentrierte sich in größeren und kleineren Städten entlang der wichtigsten Wasserläufe. Reichliche Bewässerung führte in Verbindung mit hohen Temperaturen und unzureichenden Abfluß-

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möglichkeiten zu einer gewissen Versalzung der Böden. Betroffen war davon in erster Linie der seit langem bebaute Ackergrund im Südostteil des Landes, w o deshalb jahrhundertealte Städte verschwanden oder ihre Bedeutung einbüßten. Generell erfolgte eine allmähliche Verschiebung nach Westen entlang der wichtigeren Euphratarme. Der Handel zwischen Städten und Stadtstaaten und mit fremden Ländern im Bereich des Persischen Golfs, im Iran, in Anatolien und Syrien gestaltete sich erfolgreich. Z u verdanken war dies der Eigeninitiative von Händlern, die mit dem Schiff oder mit Eselskarawanen jene Gebiete bereisten. Aber auch der Palast unternahm Anstrengungen in dieser Richtung, und in geringerem Maße taten dies auch die Tempel. Beide verpflichteten Händler (-Gruppen) vertraglich dazu, ihnen ihre Uberschüsse gegen Silber zu verkaufen oder sie gegen Rohstoffe umzutauschen, die sie benötigten. Mit diplomatischen A k tivitäten unterstützte der Palast unternehmungsfreudige Händler und bahnte ihnen den Weg im Ausland. Die Händler genossen einen besonderen, geschützten Status und konnten sich in fremden Ländern in sogenannten „Kais" oder Handelsvierteln (babylonisch: kämm) niederlassen, die wichtigen Städten angeschlossen waren. Die Bewirtschaftung der palasteigenen Felder 22 , Dattelhaine und Rinderherden war nach ähnlichen Prinzipien organisiert. Uber eine Art Manager oder Mittelsmänner wurden Ländereien und Herden auf vertraglicher Basis Dritten anvertraut oder an sie verpachtet. Dem Palast blieben so viel Mühe und Aufwand erspart, und er konnte mit gleichbleibenden, wenn auch geringfügig verminderten Erträgen rechnen. Als Vergütung erhielten die Manager vom Erwirtschafteten das, was den Anteil überstieg, den sie vereinbarungsgemäß dem Palast abliefern mußten 23 . Der so angehäufte Privatbesitz machte sie zu wohlhabenden Bürgern und stellte zudem auch einen gewissen Rückhalt dar, auf den sie in solchen Jahren zurückgreifen konnten, in denen es schwierig war, den vertraglichen Bestimmungen nachzukommen. Die auf ihr menschliches Maß reduzierten Monarchen erwiesen sich als gewissenhafte Verwalter, die sich für Sicherheit, Wohlstand und Rechtseinhaltung einsetzten. Die umfangreichen Briefarchive Schamschiadads I. von Assyrien, Hammurapis von Babylon und Zimrilims von Mari belegen das. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die Rivalität zwischen den Städten sowie zwischen Städten und nomadischen Stammesgruppen und die Kontrolle des Wassers verlangten Wachsamkeit. Das militärische Potential vor allem der prominenteren Könige war beträchtlich, wie wir aus Briefen wissen. Nicht selten kam es zu Bewegungen von zehntausenden Soldaten über erhebliche Abstände hinweg. Auch die Techniken, ummauerte Städte einzunehmen, hatten große Fortschritte gemacht. Mit Belagerungswällen, 22

Angebaut wurde Getreide, vor allem Gerste und Sesam. Gewinn machten die Manager oder Mittelsmänner dann, wenn etwa die Zahl neu geborener Tiere in einer Herde größer und die Zahl gestorbener Tiere kleiner war als das vertraglich für den Palast festgesetzte Kontingent. 23

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

Rammböcken, Angriffstürmen und Tunnels ging man gegen feindliche Städte vor. Bei zwischenstaatlichen Machtstreitigkeiten nahm die Bedeutung der Diplomatie zu. Einflußreich waren dabei, wie wir vor allem den MariBriefen entnehmen können, der Einsatz von Hilfstruppen, die Stiftung diplomatischer Ehen, die Tätigkeit von Gesandten und Spionen und diplomatisch vorbereitete, mit feierlichen Eiden und aufwendigen Zeremonien besiegelte Vertragsabschlüsse. Den Königen war bewußt, welche Verantwortung sie als Richter, Landbesitzer und Arbeitgeber gegenüber den vom Palast abhängigen Menschen trugen. Im hier behandelten Zeitraum versuchten die Könige, den Benachteiligten zu helfen, die trotz allem drohten, Opfer der schwankenden Wirtschaftslage, der sozialen Ungleichheit, der zu rigiden Schuldgesetze oder von Naturkatastrophen zu werden. In gewissen Abständen verfügten die Könige durch Edikte, daß überfällige Zinsen, ausstehende Steuern und private, nicht kommerzielle Schulden gegenüber Regierungen, Landbesitzern und Geldverleihern zu erlassen und deren Folgen (Verkauf von Besitz und Familienmitgliedern) zu beheben seien. Auch die Tempel, speziell die des Schamasch, des Gottes der Gerechtigkeit, leisteten in Form von zinslosen Krediten Bedrängten Hilfestellungen. Was die Herrscher mit ihrer Unterstützung bezwecken wollten, bezeichneten sie mit Ausdrücken wie „Freiheit 24 schaffen" und „Gerechtigkeit üben". Ihre Maßnahmen erfolgten freilich ad hoc. Sie beseitigten nicht die Ursachen, sondern die Folgen von Mißständen, boten also rückwirkende Lösungen an, die immer dann unvermeidbar waren, wenn kritische Situationen eintraten, die auch für den Palast selbst gefährlich werden konnten. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die Macht von Kreditgebern und Geldverleihern wurden im Prinzip aber nicht verändert. Dies geschah noch nicht einmal durch die sogenannten „Gesetze", die eher einer Festschreibung von Rechtsprechung und königlichem Idealismus als tatsächlichen Reformen gleichkamen, deren Ausführung der Staat durchgesetzt hätte.

7. Die altassyrische

Zeit

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24 „Freiheit" (andurärum, davon abgeleitet hebräisch dsrör) meint in diesem Kontext primär die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, also die Freilassung und Heimkehr von in Schuldsklaverei geratenen Personen und die Rückgabe von enteignetem Besitz.

Die altassyrische Zeit

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penhagen 1976. - K . R . VEENHOF, Kanesh: An Assyrian Colony in Anatolia, in: C A N E 2, 859-871. - Ders., The Old Assyrian List of Eponyms from Karum Kanish and its Chronological Implications, Ankara [im Druck].

Obwohl die oben (IV.6) beschriebenen Entwicklungen an Assyrien nicht einfach vorbeigingen, hatte Assur zwischen dem 20. und 18. Jahrhundert v. Chr. sein eigenes politisches und kulturelles Gepräge. Es ist unklar, ob dies eine Folge seiner Frühgeschichte war, da man über sie nur wenig weiß. Bekannt ist jedoch, daß während der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v.Chr. der Einfluß aus dem Süden stark war, wie etwa die Beterstatuetten aus dem „archaischen Ischtar-Tempel" in Assur belegen (25.-24. Jh. v. Chr.). Zudem besitzen wir von den Königen von Akkad einige Inschriften, die beweisen, daß sie die Oberherrschaft über dieses Gebiet innehatten. Von Belang ist schließlich auch, wie man die ältesten, in der Assyrischen Königsliste enthaltenen Uberlieferungen historisch deutet. Die Namen der ersten Gruppe von „siebzehn Königen, die in Zelten wohnten", sind denen sehr ähnlich, die die Liste der Vorfahren der Hammurapi-Dynastie aufführt 25 . Das legt die Vermutung nahe, daß die Liste jene Tradition über die Vorgeschichte verarbeitet hat, die auch der Assyrischen Königsliste zugrunde lag. Ihren Haftpunkt besaß diese Tradition vielleicht in der Gestalt des amoritischen Usurpators Schamschiadad I. Bei den als Könige 18-26 gezählten und als „Vorfahren" aufgeführten Personen handelt es sich in Wirklichkeit um die Vorfahren des Usurpators, der sich mithilfe der Königsliste eine Legitimation verschaffen wollte. Die Stadt Assur 26 verdankte ihre frühe Bedeutung, auch als regionales Kultzentrum, ihrer strategisch günstigen Lage. Hier liefen, nahe beim Übergang über den Tigris, mehrere, aus verschiedenen Richtungen kommende Karawanenwege zusammen. Dieser Umstand machte die Stadt zum idealen Umschlagplatz und internationalen Marktort, was man seit dem Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. und vielleicht schon viel früher nutzte. Nach der Akkad-Zeit war Assur für einige Zeit unabhängig. Die aus der Geschichtsüberlieferung bekannten Herrscher Uschpia, „der Erbauer des Assur-Tempels", und Kikkia, der die Stadtmauer errichten ließ, sind vermutlich in diesem Abschnitt der Stadtgeschichte anzusetzen. Danach unterstand Assur der Gerichtsbarkeit von Ur III und wurde von einem Militärgouverneur regiert (sagina/sakkanakku). Beim Untergang Urs erlangte Assur um 2025 v. Chr. seine Autonomie zurück. In den Jahrzehnten bis etwa 1975 v. Chr. folgten nacheinander die in der Königsliste aufgezählten Herrscher Puzurassur I., Schalimachum und Iluschuma. Vor allem unter Uuschuma begannen sich Assurs Größe und Wohlstand zu entfalten. Tempel und Stadtmauer wur-

25 Diese Liste ist Teil eines Textes, in dem die Mitglieder und Vorfahren der Dynastie Hammurapis aufgezählt und eingeladen werden, zu kommen und die Opfergaben für die Toten zu essen und zu trinken. 2 6 Die Stadt Assur trug denselben Namen wie ihr Stadtgott. Ursprünglich war er vermutlich die Deifizierung des gleichnamigen Berges am Ort.

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den ausgebaut, und die Regierungspolitik strebte gezielt danach, die Rolle der Stadt im internationalen Handel auszuweiten. Laut Angaben in seinen Inschriften senkte Iluschuma vermutlich die Steuern und schuf Monopole ab, um Händler aus Babylonien und aus der Gegend östlich des Tigris nach Assur zu locken. Damit war die Grundlage für die wichtige wirtschaftliche Funktion geschaffen, die Assur im folgenden Jahrhundert unter Iluschumas Nachfolgern Erischum I., Ikunum, Sargon I., Puzurassur II. und Naramsin (zusammen regierten sie von etwa 1975 bis 1835 v.Chr.) 2 7 auszufüllen begann. Wir sind darüber durch die Archive unterrichtet, die im zentralanatolischen Kanisch (heute Kültepe) entdeckt wurden. Kanisch war damals das Verwaltungszentrum eines Netzes altassyrischer Handelsstädte in diesem Gebiet. Darüber, wie der Handel verlief, informieren uns etwa 20000 Texte, die in Häusern von Händlern im kämm, dem Geschäftsviertel in der Unterstadt von Kanisch entdeckt wurden 28 . Erstmals begegnet man hier Händlern in großer Zahl, die sich in Handelskolonien im Ausland niedergelassen hatten. Ihre Handelsaktivitäten bestanden in erster Linie in der Einfuhr von zur Bronzeherstellung benötigtem Zinn und von wollenen Textilien aus Assur und Babylonien nach Anatolien und in der Ausfuhr von Silber und Gold aus Anatolien. Diese Tätigkeiten erfolgten nicht im Rahmen einer militärischen Oberherrschaft Assurs über dieses Gebiet. Der Handel war vielmehr möglich, weil ihn Verträge („Eide") sicherten, die die assyrische Regierung mit anatolischen Stadtfürsten ausgehandelt hatte. Assur war dabei durch die „Gesandten der Stadt (Assur)" und die Verwaltung der Zentralkolonie in Kanisch in Anatolien repräsentiert. In den Verträgen waren die Rechte und Pflichten beider Parteien festgesetzt. Ausländischen Händlern war es erlaubt, in bestimmten, bisweilen außerhalb der Stadtmauern gelegenen Vierteln zu wohnen und zu arbeiten. Gegen Einfuhrzölle, die für Textilien etwa 5 % und für Zinn etwa 3 % betrugen, und gegen ein Vorkaufsrecht der Paläste am Ort waren den Händlern Schutz und Reisefreiheit garantiert. Der Handel gestaltete sich überaus vielseitig und war derart von kommerziellem und juristischem Sachverstand geprägt, daß er in manchen Punkten verblüffende Ähnlichkeit mit dem modernen Handel aufweist. Es gab ein ausgeklügeltes System von Steuern, "Wegegeld, Zollvorschriften für Importe und für Zahlungen aus dem Ausland sowie (übertragbare) Schuldscheine. Im „kärumHaus" unterhielten die Händler Konten, die sie auch als Depots nutzen konnten, womit jene Institution fast wie eine Handelsbank funktionierte. Auch die Rechtsregeln, die die Beziehungen zwischen Aktionären, Händlern, Agenten und Kommissionären bestimmten, und die ökonomische und juri-

2 7 Dies geht aus der jüngst vom Verfasser entdeckten Liste der altassyrischen Jahreseponymen hervor, die es ermöglicht, die in der Königsliste zertörten Regierungsjahre der Könige Ikunum (14 Jahre), Sargon I. (40 Jahre), Puzurassur II. (8 Jahre) und Naramsin (mehr als 30 Jahre) wieder herzustellen. 2 8 Publiziert ist inzwischen von den geborgenen Texten nur etwa ein Viertel.

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dische Verfügungsgewalt der Versammlung der Händler 29 zeigen, wie weit dieses Handels- und Geschäftssystem entwickelt war. Auf diese Weise entfaltete sich Assur im Zeitraum von etwa 1940 bis 1835 v.Chr., parallel zu Schicht II in Kanisch/Kültepe, als internationaler Stapelplatz und blühender Handelsstadt, in der viele reiche Händler und Geldverleiher lebten. Vermutlich war dieser Wohlstand die Ursache dafür, daß sich die Regierungseinrichtungen der Stadt von denen im Süden des Landes unterschieden. Der „König" war kein absoluter Herrscher, sondern zuallererst Priester und Stellvertreter des Gottes Assur, der der eigentliche Regent der Stadt war. Der irdische Herrscher wurde sein „Verwalter" (issiakkum) genannt, und man sprach ihn als „Herr" (belum) oder „Herrscher" (rubä'um, „der Große" als primus inter pares) an, während er sich selbst im Umgang mit seinen Untertanen als „Aufseher" (waklum) bezeichnete. Seine Macht mußte er mit der autonomen Stadt(-Versammlung) teilen, deren Beschlüsse er auszuführen hatte, und die ihm vermutlich im Bedarfsfall militärische Autorität verlieh. Zudem fand seine Macht im Eponymenamt des limum ein Gegengewicht. Nach den alljährlich durch ein Losverfahren unter den Aristokraten der Stadt bestimmten Eponymen wurden die Jahre benannt. Der limum mag auch religiöse Aufgaben wahrgenommen haben, ist uns aber am besten an der Spitze der „Stadthalle" oder auch des „limumKontors" bekannt, das die Finanzen kontrollierte und für die Besteuerung und vielleicht auch für die Lizenzvergabe im Handel zuständig war. Uber Assurs Außenpolitik ist wenig bekannt, aber wir müssen uns stets vor Augen halten, daß wir es mit einem Stadtstaat zu tun haben 30 , der weit ausgreifende kommerzielle und politische Beziehungen pflegte. Als in Anatolien interne Unruhen ausbrachen, muß das wohlhabende Assur einen Rückschlag erlitten haben. Um 1835 v. Chr. wurde die Handelskolonie und Stadt Kanisch zerstört. In Assurs engerem Umfeld nahm sowohl die Macht von Eschnunna (unter Ipiqadad II.) als auch die der Herrscher von Ekallatum am Tigris, nördlich von Assur, zu. Dies und die zwischen beiden Städten ausgetragenen Konflikte 31 müssen Assur geschwächt haben, wenn auch Erischum II. vorläufig den Thron behalten konnte. Im Jahr 1808 v.Chr. eroberte Schamschiadad I., der König von Ekallatum, die Stadt und legte den Grund für eine neue Ära in Assyriens Geschichte. Schamschiadad I. war der Sohn von Ilakabkabu(hu), des amoritischen Herrschers von Ekallatum 32 , der wegen seiner territorialen Ambitionen bereits früher (um 1850 v. Chr.) mit Mari in Konflikt geraten war. Schamschiadad I. muß seinem Vater oder Bruder Aminum um 1830 v. Chr. auf dem Thron nachgefolgt sein, mußte sich aber später (um 1820 v.Chr.?) nach Babylonien

2 9 Dabei konnte es sich um die Plenarversammlung handeln, derer Statuten in fragmentarischem Erhaltungszustand entdeckt wurden. 30 31 32

Ninive gehörte damals noch nicht dem Staat Assur an. Ein in Mari entdeckter Chroniktext enthält einige Hinweise auf diese Auseinandersetzungen. Ekallatum ist vielleicht mit Teil Akra, 2 0 km östlich von Assur zu identifizieren.

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flüchten, als der Druck des erstarkten Eschnunna zu groß wurde. Einige Jahre später kehrte er wieder zurück, brachte Ekallatum um 1811 v. Chr. wieder unter seine Herrschaft, und drei Jahre später gelang es ihm, den Thron von Assur zu usurpieren, wo er, wie in der Assyrischen Königsliste angegeben, 33 Jahre lang regierte (ca. 1808-1776 v. Chr.). Als Regent Assurs fügte er seine königlichen Vorfahren in die Königsliste ein, wo sie als die Könige Nr. 17-26 erscheinen und locker mit den frühesten Reihen „nomadischer" Herrscher der Stadt verknüpft sind, also mit jenen „Königen, die in Zelten wohnten". Schamschiadad I. war ein sehr begabter und energischer Herrscher, dessen Ziel es war, einen großen, vom Tigris bis zum Euphrat reichenden nordmesopotamischen Territorialstaat zu gründen. Beim Versuch, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, stieß er mit Jachdunlim von Mari zusammen, der nicht nur über das obere Euphrattal herrschen wollte, sondern auch über die als „Obere Länder" bezeichneten Gebiete am Habur und am Baiich. Es kam zu einem heftigen Kampf, aus dem Schamschiadad I. um 1800 v. Chr. als Sieger hervorging, und der es ihm ermöglichte, nach einigen Jahren auch Mari einzunehmen. Seinen ältesten Sohn und potentiellen Nachfolger Ischmedagan setzte er als Vizekönig über den Ostteil seines Reiches mit Ekallatum als Hauptstadt ein, seinen jüngeren Sohn Jasmachaddu als Vizekönig über den von Mari aus regierten Westteil. Schamschiadad I. selbst hatte seine Residenz in Assur und bevorzugt in seiner neuen „Hauptstadt" Schubat-Enlil im Haburdreieck 33 . Uber Schamschiadad I. wissen wir viel; er hat neben einigen Inschriften eine recht bedeutende Korrespondenz hinterlassen, die in Mari und Schuscharra entdeckt wurde. Schuscharra war ein Vorposten im Osten des Königreichs am Kleinen Zab, nördlich von Kirkuk, und der dortige Herrscher war ein paar Jahre lang ein Vasall von Schamschiadad I. Schamschiadads I. ehrgeizige Politik verhalf Assur zu neuem Reichtum. Freilich spricht man von nun an besser von Assyrien als von Assur; denn Schamschiadad I. hatte aus dem Stadtstaat einen Flächenstaat gemacht. Der König erwies sich als leidenschaftlicher Bauherr, der Assur, Ninive, Schubat-Enlil, Terqa und Mari mit Palästen und Tempeln ausstatten ließ. Möglich war ihm dies auf dem Hintergrund seiner militärischen Erfolge, die ihm Beute und Tribute aus vielen Ländern eintrugen. Zusammen mit der Wiederbelebung des Handels mit Anatolien wurden so die Voraussetzungen für eine ausgezeichnete Wirtschaftslage geschaffen. Als „Beweis" dafür verwies der König in seiner Bauinschrift des Enlil-Tempels 34 auf die überaus günstigen Preise für Gerste, Wolle und Öl auf dem Markt von Assur.

3 3 Schubat-Enlil wird jetzt mit den von amerikanischen Ausgräbern freigelegten Ruinen auf dem Teil Leilan, der ursprünglichen Stadt Schechna, identifiziert. 3 4 W u r d e unter babylonischem Einfluß eventuell der G o t t Enlil mit dem Gott Assur gleichgesetzt?

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Die neue Politik bedeutete auch einen Bruch mit Assurs überkommenen demokratischen Institutionen. Schamschiadad I. zögerte nicht, sich den Titel „König", ja sogar den „König des Universums" zuzulegen; doch blieben daneben auch die traditionellen Bezeichnungen „Statthalter Assurs" (und „Beauftragter Enlils") in Gebrauch. Auch führte der König eine stärker autokratische, zentralistische Verwaltung ein. Seinen Sohn und Nachfolger bestimmte er selbst zum Eponymen, und den Handel bekam er dadurch fester in die eigene Hand, daß er einen „Aufseher über die Händler" einsetzte. Der mit Schamschiadad I. aufkommende südliche Einfluß ist an seiner Verehrung des Gottes Enlil erkennbar, des Oberhaupts des sumerischen Pantheons, und daran, daß in der könglichen Kanzlei nun die babylonische Sprache verwendet wurde. Kurz nach 1800 v. Chr. war Schamschiadad I. zum mächtigsten Herrscher im alten Mesopotamien aufgestiegen. Sein und auch Assyriens Verhängnis bestand freilich darin, daß sie nicht allein auf weiter Flur waren. Neben Eschnunna, dessen Macht niemals völlig gebrochen worden war, kamen neue Rivalen auf. Im Osten begann Elam mehr und mehr in Mesopotamiens Geschichte mitzumischen, und im fernen Westen war der seit langem mit der „Lim-Dynastie" von Mari verbundene Staat Jamchad mit seiner Hauptstadt Chalap/Aleppo mächtig und ehrgeizig. In Babylon wurde 1792 v.Chr. Hammurapi König anstelle seines Vaters. Welche Ambitionen der neue König hegte, sollten alle soeben genannten Herrscher und auch der potentielle Nachfolger Schamschiadads I., Ischmedagan, sowie Zimrilim, der spätere Usurpator des Throns von Mari, früher oder später erfahren.

8. Die „Isin-Larsa"-Zeit und Mari (ca. 2000-1800 v. Chr.) D. ARNAUD, Art. Larsa, in: RLA 6, Berlin 1983, 496-506. - D. CHARPIN, Donnees nouvelles sur l'histoire de Larsa, in: J . - L . Η υ ο τ (Hg.), Larsa, travaux de 1985, Paris 1989, 191-195. - Ders./J.-M. DURAND, La prise du pouvoir par Zimrilim, MARI 4, 1985, 293-344. - Dies., „Fils de Sim'al": Les origines tribales des rois de Mari, R A 80, 1986, 141-183. - J . - M . DURAND, La situation historique des Sakkanakku, MARI 4, 1985, 147-172. - Ders., Documents epistolaires du Palais de Mari, I-III, Litteratures anciennes du Proche-Orient 16-18, Paris 1997-2000. - D . O . EDZARD, Die „Zweite Zwischenzeit" Babyloniens, Wiesbaden 1957. - J.J. FINKELSTEIN, The Genealogy of the Hammurapi Dynasty, JCS 20, 1966, 95-118. - D . R . FRAYNE, A Struggle for Water: A case study from the historical records of the cities Isin and Larsa (1900-1800 B.C.), Bulletin of the Canadian Society for Mesopotamian Studies 17, 1989, 17-28. Ders., The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Early Periods, 4: Old Babylonian Period (2003-1595 BC), Toronto 1990. - M. VAN DE MIEROOP, The Reign of Rim-Sin, R A 87, 1993, 47-69. - W.H.PH. RÖMER, Sumerische „Königshymnen" der Isin-Zeit, Leiden 1965. - R. YARON, The Laws of Eshnunna, Jerusalem/Leiden 1988.

Kurz vor 2000 v. Chr. erklärte sich Isin unter Ischbierra zum legitimen Nachfolger von Ur. Die Formen und Traditionen Urs wurden beibehalten. Weiterhin wurden die überkommenen Königstitel und Königshymnen verwendet,

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die alten Zeremonien des hieros gamos und der Krönung in Nippur ausgeführt, Bau- und Bewässerungswesen führte man fort, und noch immer wurden sumerische Zeremonialinschriften wie die „Gesetze des Lipitischtar" verfaßt, die in Fragmenten erhalten blieben. Obwohl sein Staatsgebiet begrenzt war, gelang es Isin unter Iddindagan (ca. 1960 v. Chr.), Ischmedagan (ca. 1940 v. Chr.) und Lipitischtar (ca. 1930 v. Chr.) 35 seine Oberhoheit mindestens bis zum letzten Viertel des 20. Jahrhunderts v. Chr. aufrecht zu erhalten. Danach wurde das konkurrierende Larsa im südlichen Babylonien36 während der Regierungszeit Gungunums (ca. 1932-1906 v.Chr.) zu einer ernsten Bedrohung. Larsas Wohlhabenheit beruhte auf seinen Bewässerungsprojekten und seinem Handel zu See im Persischen Golf, der unbehelligt verlief, nachdem Gungunum Ur erobert hatte. Sein Nachfolger Abisare besiegte um 1900 v.Chr. Urninurta von Isin. Ein sich lange Zeit hinschleppender Machtkampf war die Folge. Isin versuchte, seinen Anspruch auf das „Königtum von Sumer und Akkad" durch eine letzte Bearbeitung der Sumerischen Königsliste zu untermauern, die in der uns vorliegenden Fassung mit der Dynastie von Isin endet. Zankapfel waren in den langen Streitigkeiten die östlichen Euphratarme und ihr Wasser. Das Wasser war für die künstliche Felderbewässerung unverzichtbar, und zudem stellten die Euphratarme die vitalen Verkehrs- und Kommunikationsadern dar. Mit den Auseinandersetzungen begann ein Jahrhundert, in dem die politische Zersplitterung und der Kampf zwischen rivalisierenden Stadtstaaten auf der Tagesordnung standen. Vor allem im nördlichen und mittleren Babylonien etablierten sich in dem militärischen und politisch-ideologischem Machtvakuum zahlreiche kleine Stadtstaaten, die überwiegend von Königen mit amoritischen Namen regiert wurden. Erwähnenswert sind Uruk, Kisurra, Der, Tutub, Kisch, Marad, Kazallu, Malgium und Sippar. Im Nordosten war Eschnunna bereits um 2020 v. Chr. unabhängig geworden. Von diesem Zeitpunkt an bis zum Ende des 19. Jahrhunderts v. Chr. sind etwa zwanzig Herrscher dieses Staates namentlich bekannt. Anfangs vermieden sie für sich den Königstitel, der dem Stadtgott Tischpak, dem „König von (/des Landes) Warum" vorbehalten blieb. Sie bezeichneten sich vielmehr als „Statthalter (ensi) von Eschnunna", und lediglich der erste Herrscher, Schuilija, machte eine Ausnahme, folgte dem Beispiel der Könige von Ur III und nannte sich „König". Durchgesetzt hat sich der Königstitel allgemein aber erst mit Ipiqadad II. (ca. 1860-1820 v. Chr.), einem bedeutenden Regenten, der das Gebiet und die Macht des Staates vergrößerte. Historische Angaben sind für die gesamte Periode spärlich. Bei amerikanischen Ausgrabungen am Ort wurden so gut wie keine historischen Inschriften von einiger Länge zutage gefördert, und die Archiv-Texte sind noch nahezu unveröffentlicht; nur ein paar Dutzend Briefe sind publiziert. Sie enthalten Angaben zu 35

Alle drei Herrscher von Isin sind durch Inschriften, Jahresnamen und Königshymnen belegt. Babylonien hatte seiner Königsliste zufolge kurz vor 2000 v. Chr. unter dem Amoriter Naplanum seine Unabhängigkeit erlangt. 36

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einigen frühen Herrschern, und auch den Jahresnamen lassen sich Informationen entnehmen. Die Anfangsjahre Eschnunnas gestalteten sich recht schwierig. Der erste König, Schuilija, verlor Amt und Würde vermutlich bei einer Eroberung der Stadt durch die „Subaräer". Dank der Unterstützung durch den mächtigen Ischbierra von Isin, der auch die „Subaräer" besiegte, wurde Nurachum kurz danach Herrscher der Stadt (ca. 2010 v. Chr.). Eschnunna mußte offenkundig darauf bedacht sein, seine Unabhängigkeit in einem Balanceakt zwischen amoritischen Stämmen auf der einen und Elam auf der anderen Seite zu bewahren. Nurachum verheiratete eine seiner Töchter mit dem Sohn des amoritischen Scheichs Abda'el, aber trotzdem 37 flammten hin und wieder Konflikte auf. Der vierte Herrscher, Bilalama, gab seine Tochter Tanruchuratir, dem König von Elam (um 1970 v. Chr.), zur Frau. Ab etwa 1920 v. Chr. nahm Eschnunnas Macht ab. Ablesbar ist dies daran, daß sich einige kleinere Städte in Eschnunnas Gebiet selbständig machten. Aus einem Archiv im Tempel des Mondgottes in der Stadt Chafadschi kennen wir ihre, amoritische Namen tragenden Herrscher und die von ihnen verwendeten Jahresnahmen. Ab etwa 1850 v. Chr. erstarkte Eschnunna wieder. In diesem Abschnitt der Geschichte gehören die Herrscher Ipiqadad II. (bis nach 1820 v.Chr.), Naramsin (ab ca. 1815 v.Chr.) und Daduscha (bis 1780 v.Chr.), die sich nun als „Könige" bezeichneten. Ipiqadad II. führte zu beiden Seiten des Tigris viele Schlachten, unter anderem auch mit den Vorgängern Schamschiadads I. Naramsin stieß im Süden bis nach Rapiqum am Euphrat vor, im Norden bis ins Haburgebiet, wo er diplomatische Beziehungen mit Jachdunlim von Mari anknüpfte. Seine Machtentfaltung muß Schamschiadad I. dazu veranlaßt haben (wie die Assyrische Königsliste erwähnt), um 1815 v.Chr. nach Babylonien auszuweichen. Die sogenannten „Gesetze von Eschnunna" wurden höchstwahrscheinlich während der Regierungszeit von Daduscha zusammengestellt. Eine Abschrift davon wurde auf zwei Tontafeln auf dem Teil Harmal 38 entdeckt. Der auf Akkadisch geschriebene Text enthält eine Reihe von Tarifen und Gesetzesbestimmungen, insgesamt 60 Paragraphen. Die Gesetze stellen einen um etwa eine Generation älteren Vorläufer des Kodex Hammurapi dar, mit dem sie stellenweise in der Sache übereinstimmen. Ibalpi'el II. von Eschnunna (ca. 1780-1765 v. Chr.) war ein Zeitgenosse von Zimrilim von Mari und Hammurapi von Babylon. Kurz nach 1900 v. Chr. trat Babylon 39 als selbständiger Staat auf der Bühne der Geschichte auf. Aus der Zeit bis etwa 1800 v. Chr. ist freilich deshalb nicht viel über die Geschichte der Stadt und ihres Staates bekannt, weil vor allem

37 Nurachums Schwiegersohn bekannte ihm gegenüber sogar: „Ich bin dein Sohn, ich bin dein Fleisch und dein Blut." 38 Der Teil Harmal in einem Vorort Bagdads wird mit dem alten Schaduppum identifiziert, einem regionalen Verwaltungszentrum des Staates von Eschnunna. 39 Der babylonische Ortsname bäb-ilim, „Göttertor", stellt eine hochgreifende Volksetymologie eines Namens dar, der während der Ur III-Zeit als Papila erscheint.

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Königsinschriften fehlen 40 . Die wichtigsten Quellen stellen die Jahresnamen dar, die im wesentlichen vollständig vorliegen. Aus ihnen geht hervor, daß Babylons stufenweiser Aufstieg unter seinem zweiten Herrscher, Sumula'el (ca. 1881-1845 v.Chr. 41 ), erfolgte, den seine Nachfolger auf dem Thron für den Gründer der Dynastie hielten. Dank verschiedener militärischer Erfolge und vorsichtigen Manövrierens konnte Babylon bis etwa 1800 v. Chr. seine Macht nach und nach über weite Teile Nordbabyloniens ausbreiten. Städte wie Dilbat, Kutha, Sippar, Kisch und Kazallu, die bis dahin eigene und bisweilen auch fremde Herrscher hatten, wurden erobert. Sabium (ca. 1845-1831 v.Chr.) und Apilsin (ca. 1830-1813 v.Chr.) erweiterten die Grenzen des Königreichs, und Sinmuballit (ca. 1812-1793 v.Chr.) sicherte die Gebietsgewinne durch den Bau von Festungen. Seine Versuche, die Grenzen im Süden weiter vorzuschieben, schlugen allerdings fehl. Eine von ihm, Isin und Uruk gebildete Koalition wurde von Rimsin von Larsa besiegt, und einer Eroberung von Isin war kein dauerhafter Erfolg beschieden. So wie die Dinge standen, war Babylon gezwungen, die Oberhoheit Larsas anzuerkennen. Im Süden gelang es Uruk, sich um 1900 v. Chr. aus der Abhängigkeit von Larsa zu lösen, und unter Sinkaschid (ca. 1860-1830 v.Chr.), einem Angehörigen der Stammesgruppe der Amnanu, stieg Uruk zu einer nicht unbedeutenden Macht auf, besaß aber nur ein eng begrenztes Territorium. Bis 1802 v.Chr. konnte Uruk dem von Larsa ausgeübten Druck Widerstand entgegensetzen; doch dann wurde die Stadt erobert. Uruk erhielt oft Unterstützung von Babylon, da beide Stadtstaaten „einem Haus" angehörten, wie König „Anam" Sinmuballit in einem Brief versicherte. Diese Formulierung weist darauf hin, daß beide Königshäuser genealogisch mit derselben amoritischen Stammesgruppe verbunden und, seit Sinkaschids Vermählung mit der Tochter Sumula'els, zusätzlich miteinander verschwägert waren. In der Mitte Babyloniens hatten sich bis dahin die alten Rivalen Larsa und Isin gegenseitig mehr oder weniger das Gleichgewicht gehalten, und das vor allem deshalb, weil Larsa unter Nuradad (ca. 1865-1850 v. Chr.) eine militärische und wirtschaftliche Krise durchmachte. Keiner der beiden Städte gelang ein wesentlicher Fortschritt. Bezeichnend für diese Lage ist, daß das Kultzentrum Nippur damals in nur zwei Jahrzehnten gleich sechsmal den Besitzer wechselte. Ein nachhaltiger Durchbruch zur Macht erfolgte um 1835 v.Chr. In jener Zeit eroberte der vermutlich amoritische Stammeshäuptling mit dem elamischen Namen Kudurmabuk die Stadt Larsa samt ihrem Jamutbal genannten Gebiet. Sein Sohn Waradsin kam auf den Thron und herrschte bis etwa 1823 v. Chr. Während der langen Regierungszeit von Waradsins Bruder und Nachfolger, Rimsin (ca. 1822-1763 v. Chr.), erlebte die Stadt einen Aufstieg. Der Handel florierte, neues Land wurde urbar gemacht, und am Bewässerungssystem wurden Änderungen vorgenommen. Letzteres 40 Dieser Mangel rührt daher, daß die altbabylonischen Schichten der Stadt Babylon an einem Nebenarm des Euphrat unterhalb des Wasserspiegels liegen. 41 Sein Vorgänger war Sumuabum, ca. 1894-1881 v.Chr.

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war nötig, weil sich der Wasserstand im östlichen Euphratarm verändert hatte, und weil Teile des seit langem bebauten Landes versalzt waren. Im Jahr 1794 v. Chr. eroberte Rimsin Isin. Er maß dem Ereignis so große Bedeutung bei, daß er für die folgenden dreißig Jahre seiner Herrschaft Jahresnamen wählte, die sich auf diesen Sieg bezogen42. Im Osten konnte Susa schon vor 2000 v. Chr. aus Urs Oberherrschaft ausbrechen. Das elamische Königreich, dessen genaue Grenzen nicht bekannt sind, wurde von einer Dynastie regiert, die sich von den Simasch ableitete. Die Herrscher bezeichneten sich als sukkalmah, „Großwesir", behielten also den offiziellen Titel des Vizekönigs aus der Spätphase der Ur Iii-Zeit bei. Weitere Würdenträger waren der „Wesir von Elam und Simasch", ein vom jüngeren Bruder des Herrschers besetztes Amt, und der sukkalvon Susa, ein Posten, den der Sohn des Herrschers innehatte. Die Familie besaß offenkundig eine fratriarchale Struktur; denn die Nachfolge des Herrschers trat jeweils sein Bruder an. Wir kennen die Herrscher dieser Dynastie und die ihrer Nachfolgerin (ca. 1850 v.Chr.) aus einer Reihe kurzer akkadischer Votivinschriften. Zusammen mit vielen Rechtsurkunden und Briefen bezeugen sie, wie weit der mesopotamische Einfluß die Sprache und das Rechtssystem durchdrungen hatte. Es sollte Jahrhunderte dauern, bis man wieder Elamisch, und zwar in Keilschrift, schrieb. In dieser Periode baute sich Elam eine Machtposition auf, von der aus sich der elamische Einfluß bisweilen bis ins nördliche Mesopotamien erstreckte, wie die Mari-Archive und Texte aus Schuscharra belegen. Im Westen entwickelte sich Mari zu einem bedeutenden politischen Zentrum. Die Stadt, deren Anfänge bis ins 3. Jahrtausend v.Chr. zurückreichen, erlangte im Verlauf des 23. Jahrhunderts v. Chr. wieder ihre Unabhängigkeit, als das altakkadische Großreich schwächer wurde. Aus der Aufzählung in einer etwas fragmentarischen Liste und zum Teil auch aus Inschriften von Statuen und Rollsiegeln ist die lange Reihe von Königen bekannt, die Mari zwischen dem 23. und 19. Jahrhundert v.Chr. regierten. Sie benutzten für sich den Titel sakkanakkum, was wörtlich übersetzt „der Designierte" heißt. Diese Amtsbezeichnung impliziert die Abhängigkeit von einem Oberherrn, der die Herrscher mit ihrem Mandat beauftragte. Dabei konnte es sich nicht um einen mesopotamischen König handeln43; vielmehr mußte ein Gott gemeint sein, der als „König des Landes" galt. Bisweilen wurde angenommen, daß dies der große Gott Dagan gewesen sei, der in Tuttul und Terqa am Euphrat Kultzentren hatte. Dagan war ja der Gott, von dem Sargon von Akkad bereits gesagt hatte, er habe ihm das „Obere Land" einschließlich Mari, Ebla und des „Zederngebirges" gegeben. Außerdem spielt für diese Hypothese eine Rolle, daß der Gott Dagan in Texten aus Mari als „König des Landes" 4 2 Uns ist damit freilich die Möglichkeit entzogen, den Jahresnamen die historischen Informationen zu entnehmen, die sie sonst enthalten. 4 3 Maris Herrscher waren nicht den Königen von Ur III unterstellt. Apilken verheiratete seine Tochter um 2100 v. Chr. mit Urnamma von Ur.

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vorkommt. Wahrscheinlicher ist aber, daß sich die Herrscher der politischen Ideologie des altakkadischen Großreichs anschlossen und die höchste mesopotamische Gottheit Enlil als ihren Oberherrn betrachteten. So bezeichnet sich denn auch etwas später Schamschiadad I. in einer in Mari entdeckten Inschrift als „der von Enlil Designierte". Der lokale wests emitische Hintergrund der sakkanakku-Herrscher Maris kommt in ihren N a m e n z u m Vorschein, in denen hauptsächlich westliche Gottheiten wie A d d u , Dagan, El, Ischtar und Mer vertreten sind. Uber Maris Geschichte in jener Zeit ist leider nur sehr wenig bekannt. Als Jachdunlim u m 1815 v. Chr. Mari eroberte, muß die sakkanakku-Dynastie ihre Macht verloren haben. Fortan regierten in der Stadt Herrscher, die einen amoritischen Hintergrund hatten. Sie werden auch als die „Lim-Dynastie" bezeichnet, weil der N a m e des Gottes L i m Bestandteil ihrer N a m e n ist, wie etwa in Jaggidlim und Zimrilim. Die neuen Regenten Maris waren Angehörige des großen Stammesverbandes der Hanäer, genauer der Stammesgruppe der Banu-Sim'al oder auch Sim'aliten ( s . o . IV.5), deren Kerngebiet vermutlich im Haburdreieck lag. Von dort waren sie in das fruchtbare und strategisch bedeutende Euphrattal vorgedrungen. Jachdunlim (ca. 1815-1800 v.Chr.) war ein tatkräftiger Herrscher, der seine Macht von Mari bis nach Tuttul am Zusammenfluß von Baiich und Euphrat über das Euphrattal ausdehnte. Zwei wichtige Inschriften halten seine Feldzüge fest, die bis z u m „Zederngebirge" und zum „Großen Meer" führten, also z u m A m a nusgebirge und z u m Mittelmeer. Vorrangiges Ziel dieser Aktionen war es, die zum Teil seßhaft gewordenen viehzüchtenden N o m a d e n in den Tälern des Euphrat, des Habur und des Baiich unter Jachdunlims Kontrolle zu bringen. Seine Bemühungen richteten sich vor allem gegen andere Stammesgruppen der Hanäer, gegen die sogenannten Banu Jamin oder auch Jaminiten („jene auf der rechten Seite", d . h . jene im Süden). Maris Reichtum nahm zu, nachdem es das strategisch wichtige Euphrattal kontrollierte, durch das die Schiffe und Karawanen der Händler zogen, und nachdem Verbesserungen im Ackerbau durchgeführt worden waren. Diese bestanden darin, daß Jachdunlim parallel zum Euphrat große Bewässerungskanäle anlegen ließ, wodurch „er die Schöpfeimer zum Verschwinden brachte" und die bebaubaren Flächen vergrößerte. A m Zusammenfluß von Euphrat und Habur ließ er die Festung Dur-Jachdunlim errichten, u m dieses für den Staat lebensnotwendige Gebiet zu schützen. Die hochgesteckten Pläne dieses tatendurstigen Herrschers, der sich „König von (/der Stadt) Mari und des Landes der (Stammesföderation der) H a n ä e r " nannte, stießen mit denen zweier mächtiger Rivalen zusammen: mit denen des Königs von Aleppo (und des Staates Jamchad) im Nordwesten und mit denen Schamschiadads I. von Assyrien im Osten. Letzterer hatte u m 1808 v.Chr. seine Position gestärkt, als er den Thron von Assur eroberte. N u n strebte er die Bildung eines nordmesopotamischen Großreichs „zwischen Tigris und Euphrat" an. N a c h jahrelangen Auseinandersetzungen gelang es Schamschiadad I., kurz nach 1800 v. Chr. Jachdunlim zu besiegen und

Hammurapi und seine Dynastie

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wenige Jahre danach Mari zu erobern 44 . Wiederum wenige Jahre später machte er seinen jüngeren Sohn Jasmachaddu zum Herrscher über den Westteil seines Großreichs mit Mari als Hauptstadt. Seinen älteren Sohn und potentiellen Nachfolger auf dem Thron von Assur, Ischmedagan, ernannte er zum Herrscher über den Ostteil mit Ekallatum als seiner Residenz. Jasmachaddu heiratete die Tochter des Königs von Qatna in Syrien und baute so seine Macht aus. Bis um 1776 v. Chr. konnte er sich auf dem Thron von Mari halten, wobei ihm sein Vater beratend zur Seite stand, wie wir aus einem interessanten Briefwechsel zwischen beiden wissen. Danach gelang es einem jüngeren Abkömmling der Lim-Dynastie, Zimrilim 45 , Mari zu erobern. Vermutlich half ihm dabei sein späterer Schwiegervater Jarimlim I., der König von Aleppo. Zimrilim nutzte wahrscheinlich Mißerfolge Schamschiadads I. während eines Feldzugs gegen Aleppo (Jamchad) aus, um nach heftigen Kämpfen Herr von Mari zu werden. Das noch unveröffentlichte „Zimrilim Epos" hält die Erinnerung an diesen Sieg fest. Später erinnerte der Prophet (äpilum) des großen Wettergottes von Aleppo, Adad, Zimrilim daran, daß er ihn (während seines Exils in Aleppo?) großgezogen und ihm den Thron seines Vaters zurückgegeben hat.

9. Hammurapi und seine Dynastie sowie die Ankunft der Kassiten (ca. 1800-1500 v. Chr.) J . A . BRINKMAN, Materials and Studies for Kassite History, I, Chicago 1976. D . CHARPIN, Donnees nouvelles sur l'histoire de Larsa, in: J . Η υ ο τ (Hg.), Larsa. Travaux de 1985, Paris 1989, 191-195. - Ders., Une alliance contre Elam et le rituel du lipit napistim, in: F. VALLAT (Hg.), Contribution Ä l'histoire de l'Iran: Melanges o f f e r t s Ä J e a n P e r r o t , Paris 1990, 1 0 9 - 1 1 8 . - D e r s . / F . J O A N N E S / J . - R . K U P P E R / J . E I -

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Hier hatte vorübergehend ein gewisser Sumujamam die Regierung übernommen. Zimrilim war, wie aus einer frühen Siegelinschrift bekannt ist, kein Sohn von Jachdunlim, obwohl er sich in seinen offiziellen Inschriften stets so präsentiert. 44

45

124

Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

liste und „dunkles Zeitalter", J C S 8, 1954, 3 1 - 7 3 . 1 0 6 - 1 3 3 . - W.F. LEEMANS, King H a m m u r a p i as J u d g e , i n : J . Α . A N K U M / R . FEENSTRA/W. LEEMANS ( H g . ) , S y m b o -

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Zu Beginn des 18. Jahrhunderts v.Chr. war das Kräfteverhältnis in Mesopotamien ausgeglichen. Die im vorhergehenden Abschnitt (IV.8) besprochenen Staaten bestimmten die politische Szene; jeder hatte seine Vasallen, und jeder verfügte über eine große Armee. Diese Situation ist in einem an Zimrilim von Mari gerichteten Brief auf den Punkt gebracht: „Kein König ist durch eigene Kraft mächtig; zehn bis zwanzig Könige folgen Hammurapi von Babylon, ebenso viele Rimsin von Larsa, ebenso viele Ibalpi'el von Eschnunna, ebenso viele Amutpi'el von Qatna, und zwanzig folgen Jarimlim von Jamchad (Aleppo)." In diese Aufzählung fügte sich auch Zimrilim gut ein, der von seinem prächtigen Palast 46 in Mari aus über ein Königreich herrschte, das sich nordwärts bis in das Becken des Baiich und Habur erstreckte. Ein Wandbild im Innenhof vor dem Thronraum stellt die Investitur Zimrilims durch die Göttin Ischtar dar. Die im Palast entdeckten Archive sind unsere wichtigste Quelle für die politische Geschichte Mesopotamiens zwischen etwa 1800 und 1760 v. Chr. In einem in Mari entdeckten Brief wird die Macht Jarimlims I. von Jamchad hervorgehoben. Er rühmt sich selbst in diesem Dokument, Babylonien mit einem Feldzug geholfen und zugleich den Thron des Königs von Der 47 gerettet zu haben. Auf diese Weise konnte er die Macht Eschnunnas und vielleicht auch die Larsas schmälern. Assur fehlte im Kreis der Mächtigen. Aus Maribriefen wissen wir, daß dieser Staat nach dem Tod von Schamschiadad I. (ca. 1776 v. Chr.) viel von seiner Macht eingebüßt hatte. In der Assyrischen Königsliste ist aber überliefert, daß sich sein Nachfolger Ischmedagan I. trotz der von Eschnunna ausgehenden Bedrohung und trotz der Eroberungen Hammurapis auf dem Thron behauptete. Obwohl im Süden Larsa und Babylon anfangs gemeinsame Sache machten 48 , wurden sie zu Rivalen, als der Kampf darüber ausbrach, wem die Kontrolle über „Sumer und Akkad" zukomme. In diesem Kampf bewährte sich Mari als treuer Verbündeter Babylons, nicht nur im Krieg gegen Eschnunna, das bisweilen von Elam Unterstützung erfuhr, sondern auch als Hammurapi die Entscheidungsschlacht gegen Jamutbal und Larsa führte und beide eroberte. Die Korrespondenz, die im Palast von Mari entdeckt wurde, liefert immer noch ein faszinierendes Bild von der politischen Situation, obwohl Hammurapis Schreiber nach der Eroberung der Stadt die Masse der zwischen Zimrilim und anderen „Großkönigen" gewechselten Briefe entfernten, die Ham-

46 Der mehr als 260 Räume zählende Palast war schon unter den Zeitgenossen Zimrilims berühmt. 47 Der lag östlich des Tigris etwa 1000 km von Mari entfernt. 48 Beide, Larsa und Babylon, anerkannten erstaunlicherweise den König von Elam als ihren Oberherrn an.

H a m m u r a p i und seine D y n a s t i e

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murapi mit anderen Königen wechselte. In dem Jahrzehnt, das Hammurapis schließlicher Oberherrschaft (1760 v. Chr.) vorausging, liefen die diplomatischen Aktivitäten auf Hochtouren. Mit Karawanen oder gesondert und von einer bewaffneten Eskorte begleitet waren Boten und königliche Gesandte, Briefe und Geschenke im Gebiet zwischen Susa im Osten und Aleppo und Hazor im Westen unterwegs, wo sie von Hof zu Hof zogen. Die „großen Könige" hatten in den Städten ihrer Vasallen offizielle „Vertreter", die zu königlichen Audienzen und Ratssitzungen zugelassen waren, und sie entsandten Botschafter an die Höfe ihrer Verbündeten. Den Verbündeten stellten sie im Bedarfsfall Hilfstruppen zur Verfügung 49 , und deren Kommandeure schickten Lageberichte nach Hause, für die sie auch die Dienste von Deserteuren, Informanten und Spionen in Anspruch nahmen. Bachdilim, der Gouverneur von Mari, stellte seinem vorübergehend abwesenden König brieflich etwa folgende Fragen: „Durchreisende Gesandte aus Babylon, Eschnunna, Ekallatum, Karana, Qabra und Arrapcha, die auf dem Weg nach Jamchad (Aleppo), Qatna, Hazor und Karkemisch sind, sind hier angekommen. Soll ich sie durchziehen lassen oder hier festhalten? Und wenn Gesandte aus Jamchad, Qatna, Hazor und Karkemisch auf dem Weg nach Babylon, Eschnunna, Qabra, Arrapcha, Ekallatum und Karana hier ankommen, soll ich sie durchziehen lassen oder hier festhalten?" (ARM 6 Nr. 23). Derartige Gesandte brachten Geschenke mit sich, handelten Verträge aus und knüpften Handelskontakte 50 , sie regten Militäraktionen oder diplomatische Heiraten an und trugen Anfragen und Beschwerden vor. Aus Briefen, die Maris Generäle, Gesandte und Botschafter nach Hause schickten, lassen sich hochinteressante Details entnehmen. Sie teilten mit, was an fremden Höfen gemeldet und besprochen wurde, sie gaben Informationen weiter, die sie bisweilen bei privaten Zusammenkünften erhalten hatten, öfter gelangten sie aber zu ihrem Wissen, wenn sie dabei sein durften, wenn Gesandte anderer Könige vortrugen, Botschaften verlasen oder Angelegenheiten besprachen. In einigen Briefen ist sogar wörtlich zitiert, was einzelne Könige und Gesandte sagten. Uns liegt zum Beispiel die lebhafte Schilderung eines Gesprächs vor, das Maris Gesandter in Babylon und Hammurapi miteinander führten. Es ging darum, wem einige Landstädte im Grenzgebiet entlang des Euphrat gehörten, und die Diskussion konzentrierte sich auf die Stadt Hit, die für ihr Roherdöl (Naphta) bekannt war. Zimrilim beanspruchte die Stadt als sein Eigentum, weil sie ihm vom König von Elam (!) zugeteilt worden sei. Hammurapi lehnte es ab, die von seinen Soldaten besetzte Stadt wieder abzutreten und begründete dies damit: „Die Stärke deines Landes sind Esel und Wagen, die des meinen sind Boote! Das ist der Grund weshalb ich Hit brau4 9 So schickte Mari eine 10000 Mann starke Armee nach Babylon, um es in seinem letzten Kampf gegen Larsa zu unterstützen. 50 Mari schickte etwa Gesandte nach Susa, um den Zinnimport zu sichern, der dann weiter bis nach Hazor und sogar bis Zypern verfrachtet wurde.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

che51. Warum sollte ich es sonst brauchen?" Die Angelegenheit hatte sich bereits vier Jahre lang hingezogen, und solange sie nicht geklärt war, konnte zwischen beiden Königen kein Vertragstext aufgesetzt werden. Der Zwist mag zur Entfremdung zwischen den Königen beigetragen haben, und Hammurapi entschloß sich schließlich, seinen alten Verbündeten Mari anzugreifen. Er siegte und gewann so die Kontrolle über das gesamte Euphrattal. Andere Berichte informieren uns darüber, welche Verhandlungen und Zeremonien nötig waren, bevor ein formeller politische Vertrag geschlossen werden konnte. Uber die einzelnen Punkte, die in den endgültigen Text aufgenommen werden sollten, wurden zunächst Gespräche geführt und Briefe ausgetauscht. Beide Parteien entwarfen sodann jeweils den Text einer sogenannten „kleinen Tafel", der eine Liste der anzurufenden Götter und die einzelnen Vertragsklauseln enthielt. In Gegenwart von Repräsentanten beider Parteien mußte jeder der beiden am Vertrag beteiligten Könige gleichzeitig die „kleine Tafel" des anderen akzeptieren. Dies geschah durch einen rituellen, „Berühren der Kehle" (lipit napistim, symbolische Bezeichnung für „sein Leben aufs Spiel setzen") genannten Akt, an den sich ein formeller Eid („Handerhebung") beim Gott Schamasch und das Verstreuen von zweierlei Arten von Mehl anschlossen. War dies erfolgt, dann tauschten beide Könige die sogenannte „große Tafel" aus. Sie begann mit einer langen Liste aller in einem formellen Eid anzurufenden Götter ( n i s i l i m ) , dann kamen die eigentlichen Vertragsklauseln und eine Reihe von Flüchen, die den Partner im Falle des Eidbruches treffen sollten. In Maris Archiven fanden sich lediglich Fragmente derartiger „großer Tafeln", aber auf dem Teil Leilan (Schubat-Enlil/ Schechna) wurden einige beschädigte Kopien ausgegraben, die belegen, daß die Vertragstexte etwa 500 Schriftzeilen umfaßten. Der Vertragsinhalt im strengeren Sinne konnte in unterschiedlichen Klauseln die wechselseitige Kooperation beider Parteien festlegen, er konnte aber auch in dem schlichten Satz ausgedrückt sein: „Mein Feind soll dein Feind sein, und mein Verbündeter soll dein Verbündeter sein." Der Vertrag zwischen Zimrilim und Hammurapi sollte etwa sicherstellen, daß keine der beiden Parteien ohne die andere mit dem König von Elam Frieden schließe, und daß Elam der Feind beider bleiben solle. Hammurapi konnte erst gegen Ende seiner Herrschaft politische Erfolge verbuchen. Die militärischen Operationen, die er zwischen seinem siebten und elften Regierungsjahr unternahm, zeigten zwar, in welche Richtung seine Pläne gingen; doch brachten sie ihm nur wenig ein. Zwischen seinem neunundzwanzigsten und siebenunddreißigstem Jahr gewann er die Oberherrschaft über ganz Mesopotamien. Unterstützt von Mari und Eschnunna eroberte Hammurapi in seinem einunddreißigsten Regierungsjahr Larsa und setzte Rimsin ab. In der Folgezeit zog Hammurapi skrupellos gegen seine ehemaligen Verbündeten zu Felde: in seinem zweiunddreißigsten Jahr gegen

51

Roherdöl bzw. Naphta wurde im Schiffsbau zur Abdichtung verwendet.

Hammurapi und seine Dynastie

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Eschnunna, Assur und das Gutium genannte Gebiet östlich des Tigris, in seinem dreiunddreißigsten Jahr gegen Mari. Im selben Jahr stieß er weit nach Norden vor, und zwei Jahre später wurde dann Mari so nachhaltig zerstört, daß es nie wieder aufgebaut werden sollte. Einige Zeit danach führte er die blutige Entscheidungsschlacht gegen Eschnunna, Assur (als Subartu bezeichnet) und gegen die Turukkü. Nach allen diesen Siegen konnte Hammurapi zu Recht für sich beanspruchen, Sumer und Akkad unter seiner Herrschaft vereint zu haben. Die Eroberung von Städten wie Mari und Malgium berechtigten ihn außerdem dazu, sich als „König aller Amoriter" bezeichnen zu lassen. Der berühmte „Kodex Hammurapi" stammt wahrscheinlich aus dem neununddreißigsten Regierungsjahr des Königs. Seine darin zusammengestellten „Gesetze", die er selbst als „gerechte Urteile" bezeichnete, sind in modernen Textausgaben auf 282 Paragraphen verteilt. Ihnen geht ein Prolog voraus, und ein Epilog schließt das Werk ab. Im Prolog letzter Fassung zählt der König alle Städte auf und nennt ihre Tempel und Gottheiten, denen er im Zuge seiner vielen Eroberungen seine Ehrerbietung dargebracht hatte. Prolog, Gesetze und Epilog stellen Hammurapi gleichermaßen als Idealkönig dar, der „wie die Sonne (/der Sonnengott) über dem Volk aufgeht und das Land beleuchtet", der wie der „Gott der Könige" mit seinen weisen, „gerechten Urteilen" die „Gerechtigkeit des Landes" zugunsten seiner Untertanen garantieren möchte, besonders zugunsten der Schwachen und Benachteiligten. In seinen Briefen lernen wir Hammurapi als vorbildlichen Herrscher kennen, der Gerechtigkeit, Sicherheit und Wohlstand fördert und bewahrt. Seine Hauptstadt Babylon wurde zum Zentrum der Regierung, der Zeremonien und allmählich auch der Religion im Lande, dessen Kultur von nun an zunehmend die Bezeichnung „babylonisch" verdient. Marduk, der anfänglich unbedeutende Stadtgott Babylons, nahm an Einfluß zu und wurde zu einem fast nationalen Gott. Sein Aufstieg wurde wenige Jahrhunderte später im sogenannten Schöpfungsepos Enuma elisch („Als droben ...") literarisch besiegelt (RTAT 106-110). In diesem Werk bändigt Marduk die Chaosmächte und gewinnt so die Königsherrschaft über die Götter. „Genealogisch" wurde Marduks neue Stellung dadurch begründet, daß man ihn mit Asalluchi gleichsetzte, dem Gott der Reinigung und des Exorzismus, der ein Sohn des großen Gottes Enki von Eridu war. Bald nach Hammurapis Tod zerfiel das von ihm geschaffene Großreich. Die Auflösung setzte bereits unter seinem Sohn und Nachfolger Samsuiluna (ca. 1750-1712 v.Chr.) ein, als Aufstände im Inneren ausbrachen und die Bedrohungen von außen zunahmen. Im achten Regierungsjahr Samsuilunas rebellierte der Süden. Ein sich selbst als Rimsin (II.) bezeichnender Usurpator behauptete sich zwei Jahre lang auf dem Thron und kontrollierte vorübergehend Uruk, Larsa, Nippur und Ur, bis ihn der König dann endlich bei Kisch, nur 25 km östlich von Babylon, schlagen konnte. Im Norden rebellierte Eschnunna, und im Westen mußte in späteren Jahren die Grenzlinie entlang des Euphrat verstärkt werden. Samsuiluna unternahm zwar vielerlei

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militärische Anstrengungen, an die die den neunten bis fünfzehnten Regierungsjahren gegebenen Namen erinnern; doch gelang es dem König nicht, den Süden zu halten. Dieser ging endgültig an die „Dynastie des Meerlandes" verloren, die kurz nach Hammurapis Tod unter Iliman an die Macht gekommen war. Diese Dynastie nahm eine anti-babylonische, südliche Traditionen favorisierende Haltung ein und brachte, wie die Namen ihrer späteren Herrscher belegen, den sumerischen Uberlieferungen Hochachtung entgegen. Ein Zentrum des Aufruhrs war offenkundig Isin 52 , das deshalb von Samsuiluna unschädlich gemacht wurde. Obwohl Samsuiluna und sein Nachfolger Abieschuch (ca. 1712-1684 v.Chr.) mehrfach Feldzüge gegen den Süden unternahmen, konnte sich die dort etablierte Dynastie in ihrer Residenz Urukug behaupten 53 . Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts v.Chr. herrschten hier ein Dutzend Könige; danach konnten die Kassiten ihre Macht auf den Süden ausdehnen. Samsuiluna war keineswegs ein schwacher König; das zeigen seine langen Inschriften und die vielsagenden Jahresnamen. In seinem zweiundzwanzigsten und achtundzwanzigsten Jahr unternahm er Feldzüge in die Gegend des Habur und entlang des Euphrat. Bei seinem Vorstoß in Richtung auf den Habur eroberte er die früher Schubat-Enlil genannte Hauptstadt Schechna, von der aus Jakunaschar das Land Apum regierte. Bei seinem Feldzug entlang des Euphrat besiegte Samsuiluna hanäische Könige. Die Namen der im Verlauf beider Feldzüge unterworfenen Herrscher kommen interessanterweise auf Inschriften vor, die auf dem Teil Leilan und in Terqa ausgegraben wurden. In Samsuilunas achtem Regierungsjahr ist erstmals von einer Auseinandersetzung mit den Kassiten die Rede. Dies ist die älteste Erwähnung eines neuen Bevölkerungselements, das Hammurapis Dynastie ablösen und für etwa viereinhalb Jahrhunderte nominell die Oberherrschaft über Babylonien ausüben sollte. Die historischen Anfänge der Kassiten verlieren sich für uns im dunkeln. Aus den Königslisten kennen wir lediglich die Namen ihrer frühesten Herrscher, die mit Gandasch, Agum I. und Kaschtiliasch I. beginnen. Wo sich in jener Frühzeit das Zentrum kassitischer Macht befand, ist noch nicht geklärt. Üblicherweise verbindet man die Kassiten mit dem Zagros im Nordosten Babyloniens und mit dem Gebiet östlich des Tigris, wo sich Hammurapi bei seinem letzten Feldzug auf regelrechte Schlachten einlassen mußte, aber dennoch keinen entscheidenden Sieg erringen konnte. Wahrscheinlich darf man die Kassiten aber auch mit der Gegend um Terqa in Beziehung setzen, mit dem Land Hana am mittleren Euphrat. Hier soll einigen Dokumenten zufolge um 1740 v. Chr. eine einheimische Dynastie aufgekommen sein. Ihre Herrscher trugen amoritische Namen, nur einer wich mit seinem kassitischen Namen Kaschtiliasch (I.) von dieser Regel ab. Freilich ist ungewiß, ob er ein Vorfahre des dritten Kassitenkönigs war oder ein unab-

52

Der dritte Herrscher der Dynastie hatte sich denselben Namen wie Isins letzter König zuge-

legt. 53

Die genaue Lage von Urukug ist unbekannt.

Hammurapi und seine Dynastie

129

hängiger Stammeshäuptling, dem es gelang, einen lokalen Thron einzunehmen. Nach dem Tod von Abieschuch sollten noch neunzig Jahre vergehen, bis der letzte Nachkomme Hammurapis, Samsuditana (ca. 1625-1595 v.Chr.) 5 4 , den Thron verlor, als der hethitische König Mursiii I. einen Uberfall auf Babylonien unternahm. Die Kassitendynastie, für die die Königsliste 576 Jahre veranschlagt, setzte vermutlich mehr als ein Jahrhundert vor dem Fall Babylons ein. In der Babylonischen Königsliste ist deshalb zwischen dem kassitischen und dem babylonischen Königshaus eine beträchtliche Überlappung anzunehmen. Wie lange beide Dynastien nebeneinander bestanden, läßt sich nicht genau bestimmen, da über die ersten fünfzehn kassitischen Könige nur wenig bekannt ist. Zudem sind in der Liste die meisten Regierungszeiten nicht erhalten. Unklar ist etwa, wie man in der Reihe kassitischer Herrscher einen König namens Agum II. (Kakrime) unterbringen soll. Eine spätere, von einer „Marduk-Prophezeiung" unterstützte Inschrift führt aus, daß Agum II. (um 1570 v.Chr.?) die Statue des Marduk zurückgebracht habe, die die Hethiter vierundzwanzig Jahre zuvor verschleppt hätten. Aus den Jahresnamen der letzten babylonischen Könige geht hervor, daß sich ihr Reichsgebiet verkleinerte. Städte wie Babylon, Sippar, Kisch und Borsippa gehörten zu dem Land von jetzt bescheidenem Umfang, dem nur zeitweilig territoriale Ausdehnungen gelangen. Von militärischen Unternehmungen ist kaum mehr die Rede; statt dessen beziehen sich die Jahresnamen auf fromme Taten wie die Weihung von Tempeln, Kultobjekten sowie Bildern von Gottheiten und Königen. Die verfügbaren Texte lassen erkennen, daß der Palast, Beamte und Privatpersonen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in reduziertem Umfang fortsetzten. Was zunahm, war vor allem die Bürokratie. Viele königlichen Beamte konnten ihre Position ausbauen und ihr Amt bisweilen sogar erblich machen. An den überkommenen Bräuchen hielt man fest, und so wurden etwa in regelmäßigen Abständen königliche Erlasse proklamiert, die die Lasten des Volkes verminderten, und traditionelle Rechtsregeln ergänzende oder spezifizierende Satzungen (simdätum) erlassen 55 . Auch die in den Schulen konzentrierte literarische Arbeit ging weiter. Klassische sumerische und akkadische Texte wurden kopiert, darunter auch der sogenannte Atrachasis-Mythos (RTAT 115-118). Dieser von der Schöpfung und der Sintflut erzählende Mythos liegt uns in einer besonders schönen Abschrift auf drei großen Tafeln vor, die aus der Mitte von Ammisaduqas Regierung stammen. Aus der Zeit dieses Königs kommt auch die einzige nahezu intakte Kopie eines königlichen Erlasses von der oben beschriebenen Art. Im Jahr 1595 v. Chr. erfolgte Babylons Zusammenbruch. Es gibt freilich keine zeitgenössischen Texte, die diesen Vorgang als epochales Ereignis beschrieben, wie dies vierhundert Jahre früher geschah, als Ur unterging. Baby-

54 55

Samsuditana war der direkte Nachfolger Ammisaduqas (ca. 1647-1625 v.Chr.). Hammurapis Gesetze erfuhren keine vergleichbare Bearbeitung.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. ν. Chr.)

Ions Fall bedeutete aber keineswegs, daß die Stadt politisch und kulturell völlig verschwunden wäre 56 . So wie sich uns die Dinge derzeit darstellen, begann jedoch ein „dunkles Zeitalter"; denn über die Geschichte der beiden folgenden Jahrhunderte ist nur wenig bekannt. Die Fortsetzung der Geschichte Assyriens nach Schamschiadads I. Tod (1776 v.Chr.) und Ischmedagans I. Verschwinden (ca. 1760 v.Chr.?) läßt sich noch nicht schreiben. Aus der Königsliste kennen wir lediglich die Namen der als Nr. 41-60 gezählten Könige, wobei die Uberlieferung zu den Königen Nr. 41-53 uneinheitlich ist. Ein rätselhafter Text von Puzursin, eines Königs, der nicht in die Königsliste aufgenommen wurde, berichtet, er habe die Dynastie Schamschiadads I. unter dessen Enkel vertrieben. In diesem Text wird Schamschiadad I. als Usurpator nicht-assyrischer Herkunft geschildert. Von König Adasi an, den die Königsliste unter der Nr. 57 aufführt, liegt uns in der „Synchronistischen Chronik" eine weitere Quelle vor, die in ihrem Anfangsteil leider nur sehr fragmentarisch erhalten ist. In diesem, einer Chronik ähnlichen Text sind die Beziehungen zwischen den Königen Assurs und Babyloniens in zeitlicher Reihenfolge beschrieben, und es ist nicht auszuschließen, daß mit diesen Darstellungen ein Freundschaftspakt eingeleitet werden sollte. Sodann verfügen wir auch über einige Texte aus der Zeit Puzurassurs III. (König Nr. 61, um 1500 v.Chr.); doch handelt es sich dabei lediglich um kurze Bauinschriften, die nicht viel zur Geschichtsrekonstruktion beisteuern. Die Könige Nr. 63-68 sind uns sodann überhaupt nur mit ihren in der Königsliste erhaltenen Namen bekannt. Diese Herrscher müssen in dem Zeitraum des 15. Jahrhunderts v.Chr. angesetzt werden, in dem Assur von Mitanni beherrscht wurde und in dem die assyrischen Könige vermutlich Vasallen waren.

10. Syrien und Palästina in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. M. BONECHI, Relations amicales Syro-Palestiniennes: Mari et Hasor au XVIII e siecle av. J . - C . , in: J . - M . DURAND (Hg.), Florilegium marianum. Recueil d'etudes en l'honneur de Michel Fleury, Memoires de N A B U 1, Paris 1992, 9 - 2 2 . - J . - M . D u RAND/J. MARGUERON (Hg.), MARI, Annales de recherches interdisciplinaires Iff., Paris 1982ff. - J. EIDEM, The Tell Leilan Archives 1987, R A 85, 1991, 109-135. P. GERSTENBLITH, The Levant at the Beginning of the Middle Bronze Age, A S O R Dissertation Series 5, Cambridge, Mass. 1984. - R. GIVEON, The XHIth Dynasty in Asia, Revue d'Egyptologie 3 0 , 1 9 7 8 , 1 6 3 - 1 6 7 - W. HOROWITZ/N. WASSERMAN, An Old Babylonian Letter from Hazor with Mention of Mari and Ekalättum, IEJ 50, 2000, 169-174. - N . JIDEJIAN, Byblos through the Ages, Beirut 1968. - A. KEMPINSKI, Syrien und Palästina (Kanaan) in der letzten Phase der Mittelbronze IIB-Zeit (1650-1570 v.Chr.), ÄAT 4, Wiesbaden 1983. - K.A. KITCHEN, The King List of

5 6 Eine annähernd gleichzeitige Gruppe von Urkunden vom Teil Muhammad (bei Bagdad) enthält sogar Datierungen, in denen lokale Jahresnamen kombiniert werden mit Angaben der Art „x Jahre nach der (Wieder)besiedlung Babylons" (wobei χ zwischen 36 und 41 variiert).

Syrien und Palästina in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr.

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Ugarit, U F 9, 1977, 131-142. - H . KLENGEL, Geschichte Syriens im 2. Jahrtausend v.u.Z., 1-3, Berlin 1965-1970. - J . M . WEINSTEIN, The Egyptian Empire in Palestine: A Reassessment, B A S O R 241,1981, 1-28. - C . L . WOOLLEY, A Forgotten Kingdom, Pelican A 261, London 1953. - M. YON, La cite d'Ougarit sur le tell de Ras Shamra, Paris 1997.

Was wir über Syrien und Palästina aus der Zeit von etwa 2000 bis 1500 v. Chr. wissen, ist recht wenig. Die schriftlichen Quellen fließen spärlich und werden erst nach 1500 v. Chr. ergiebiger und für historische Zwecke verwendbar. Neben Dokumenten aus den Nachbarländern - aus Mari, Bogazköy und Ägypten 57 - liegen uns bislang lediglich die Keilschrifttexte aus Schicht VII von Alalach vor (Ende des 18. - Mitte des 17. Jh.s v. Chr.). Alalach war eine Stadt am Oberlauf des Orontes in der Amuqebene. Der von Sir Leonard Woolley ausgegrabene Ruinenhügel, der heute Teil Atschana heißt, war damals das Zentrum eines Stadtstaates mit eigenen Herrschern. Zudem unterstand Alalach aber auch der Oberhoheit des „Großkönigs" des Staates Jamchad, der in Aleppo (Chalap) residierte. Hier hatte der Kult des bedeutenden Wettergottes „Adad (Haddu) von Aleppo" seinen Mittelpunkt, den die Hethiter als Hypostase des Teschub verehrten. Im 19. Jahrhundert v. Chr. begann Jamchad unter Sumuepuch zu einer wichtigen politischen Macht aufzusteigen, die ihren Höhepunkt unter seinem Sohn Jarimlim I. erlebte (ca. 1780-1765 v.Chr.). Der genaue Grenzverlauf von Jarimlims Königreich ist schwierig zu bestimmen. In südlicher Richtung erstreckte es sich jedenfalls bis zum Gebiet von Qatna in der Ebene vom Höms, im Osten bis Karkemisch und im Südosten bis zum Territorium von Mari. Auch unterhielt Jarimlim Beziehungen mit Ugarit an der Mittelmeerküste. Unklar ist, welchen Status in jener Zeit Städte wie Ebla und Emar hatten. Während der Regierung von Schamschiadad I. von Assur durchlief Jamchad eine schwierige Phase. Es wurde von Assur und Mari und von den Herrschern von Karkemisch, Urschum sowie Haschschum bedroht 58 . Nachdem Schamschiadad I. gestorben und in Mari der mit Jamchad alliierte König Zimrilim auf den Thron gekommen war, verbesserte sich Jamchads Lage, und Jarimlim I. erschien jetzt unter Babylons Verbündeten. Die Beziehungen mit den anderen syrischen Staaten normalisierten sich, darunter auch die mit Karkemisch unter Aplachanda und Jatarami, und Mari übernahm es, zwischen Jamchad und Qatna zu vermitteln. Obwohl Hammurapi von Babylon seinen Machtbereich nach der Eroberung Maris um 1760 v.Chr. bis weit ins nördliche Mesopotamien ausdehnte, konnte sich Jamchad unter seinen Herrschern Hammurapi I., Abban, Jarimlim II., Niqmepuch und anderen behaupten. Jamchads Könige Hammurapi und Abban nutzten das Machtvakuum aus, das entstanden war, als Mari unterging, Assur und Eschnunna geschwächt waren und die babylonische Kontrolle nach Hammurapis Tod

57 58

Dabei handelt es sich um die oben (IV.l) besprochenen Ächtungstexte. Die Fürsten von Urschum und Haschschum trugen hurritische Namen.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. ν. Chr.)

(1750 ν. Chr.) abnahm. Unter diesen Voraussetzungen konnte Jamchad seinen Einfluß bis nach Nordmesopotamien geltend machen. Könige, Truppen und Gesandte von Jamchad entfalteten im Land im östlichen Haburgebiet eine rege Tätigkeit, wie die auf dem Teil Leilan59 entdeckten Archive deutlich gemacht haben. Damit sind freilich lokale politische Aktivitäten der Herrscher von Schechna nicht ausgeschlossen. Einer von ihnen ging mit Assur einen Vertrag ein, um die gemeinsamen Handelsbeziehungen zu regeln. Ob Samsuilunas Eroberung von Schechna, an die ein Jahresname erinnert, an dieser Sachlage tatsächlich etwas veränderte oder ob es sich nur um eine Art militärischen Uberfall handelte, ist unklar, weil durch dieses Ereignis die schriftliche Dokumentation in Schechnas Palast abbrach. Es ist unwahrscheinlich, daß die babylonischen Herrscher in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts v. Chr. in dieser Gegend irgendeinen Einfluß ausübten. Weil Assur schwach war, dürfte Jamchad weiterhin eine dominierende Rolle in der Region gespielt haben. Alalach (Teil Atschana) liegt etwa 100 km westlich von Aleppo am Oberlauf des Orontes. Als C.L. Woolley die Stadt ausgrub, entdeckte er ihre Palastarchive aus dem 18./17. und 15. Jahrhundert v.Chr. Unter Abban von Jamchad, einem Zeitgenossen Samsuilunas von Babylon, erwarb sich das unter Jamchads Schirmherrschaft stehende Alalach ein großes Maß an Selbständigkeit. Es besaß eine eigene, mit der von Jamchad verbundene Dynastie, deren bedeutendste Regenten Jarimlim und Ammitaqum waren. Ammitaqums Testament blieb erhalten, und so wissen wir, daß es von dessen „Herrn" (belum), dem König von Jamchad, beglaubigt worden war. Militärische Operationen der ersten althethitischen Könige Hattusili I. und Mursiii I. setzten nach etwa 1640 v. Chr. der Macht des „großen Königtums" von Jamchad ein Ende. Im Verlauf dieser Vorgänge wurde Aleppo erobert, und viele andere alte nordsyrische Städte, darunter auch Ebla, erlitten dasselbe Schicksal. Uber die anderen Stadtstaaten wissen wir sogar noch weniger. Einige Informationen lassen sich der Mari-Korrespondenz entnehmen; denn aus ihr ergibt sich, daß zahlreiche Kuriere zwischen dem Osten und dem Westen unterwegs waren. Uber sie unterhielten Mari und Mesopotamien Kontakte mit Syrien und Palästina. Die Boten folgten entweder der Route entlang des Euphrat über Emar und Aleppo, oder sie nahmen den Weg durch die Wüste, der vom Euphrat über Tadmor (Palmyra) nach Qatna verlief. Entschied man sich für die Reise durch die Wüste, dann mußten jaminitische Führer und Wasserbehälter mitgenommen werden. Qatna spielte bei diesen Beziehungen eine wichtige Rolle. Jamchad gegenüber versuchte dieser Staat, seine Unabhängigkeit zu bewahren, und Schloß deshalb zunächst eine Koalition mit Assur, später dann eine mit Mari60, das als Vermittler mit Jamchad fungierte. 59 Der Ruinenhügel Teil Leilan ist mit der antiken Stadt Schechna identisch, die während der Regierung Schamschiadads I. Schubat-Enlil hieß. 60 Ischchiadad von Qatna verheiratete seine Tochter mit Jasmachaddu von Mari.

Syrien und Palästina in der ersten H ä l f t e des 2. J a h r t a u s e n d s v. Chr.

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Aus den Mari-Texten geht hervor, daß das Gebiet südlich von Q a t n a Amurru hieß und mindestens vier Herrscher hatte. Südlich davon schloß sich das Territorium von A p u m an, dessen Hauptstadt D a m a s k u s war 61 . Maris Kontakte nach Süden reichten freilich über diese Gebiete hinaus bis nach H a z o r (Hasura) im nördlichen Palästina, und während des mittleren Abschnitts von Zimrilims Regierung waren diese Beziehungen besonders intensiv. Es gibt aus diesem Zeitraum an die zwanzig Belege für Boten aus H a zor und für Geschenke, die der König von Mari mit Ibniaddu, dem Herrscher von Hazor, austauschte. Entsprechend der unter Königen üblichen Bräuche handelte es sich bei diesen Geschenken etwa u m wertvolle Kleidungsstücke, Decken, Gegenstände aus Gold, Halsschmuck, Zinn, Wein und sogar Musikantinnen. Der Austausch fand zu einem Teil in Nordsyrien statt; die Texte erwähnen in diesem Zusammenhang Ugarit und Aleppo. Inzwischen steht fest, daß H a z o r die südlichste Stadt war, die in den Mari-Texten vorkommt. Ägypten ist in ihnen nicht belegt, und in den Archiven wird auch keine weitere palästinische Stadt genannt 6 2 . Mehrheitlich verliefen die Kontakte zwischen H a z o r und Mari über das mittelsyrische Q a t n a am Orontes, dessen König Amutpi'el ein Verbündeter Maris war. Maris Kontakte mit H a z o r waren im wesentlichen diplomatischer Art. Die Könige tauschten Geschenke aus und bewiesen so, daß sie freundliche politische Beziehungen pflegten. Daß Mari und H a z o r direkt miteinander Handel betrieben hätten, dafür gibt es keine Hinweise, obwohl der Geschenkaustausch natürlich stets auch dazu diente, die geschäftliche Zusammenarbeit zu fördern. Hazor, eine Königsstadt und ein Handelszentrum von Bedeutung, lag an der Straße, die Südpalästina und Ägypten mit Syrien verband. H a z o r unterhielt kommerzielle Kontakte mit dem über das Mittelmeer mit Ägypten verbundene Byblos, mit Q a t n a und Aleppo. Unter den Geschenken, die H a z o r nach Mari schickte, befanden sich Teppiche oder Decken „byblitischer Machart" ( g u b l ä j u m ) , womit vermutlich eine bestimmte, in Byblos übliche Art von Stickerei gemeint ist. Ein interessanter Brief berichtet 63 , daß ein Goldschmied aus H a z o r bis nach Mari geflohen sei und Silber, Gold und Edelsteine mit sich genommen habe. Als Reaktion darauf schrieb der König von Aleppo an Zimrilim von Mari: „Die Leute von H a z o r halten Esel und Menschen fest, die nach Norden reisen, u m Handel zu treiben." Dies ist eine der seltenen Mitteilungen, die wir über politische und geschäftliche Affären erhalten, die sich in Nordpalästina ereigneten. Weitere Informationen, die auch für die Bibelwissenschaften von großem Interesse sein könnten, müssen die noch nicht entdeckten Archive von Q a t n a und H a z o r selbst enthalten. In H a zor wurden während der vergangenen Jahre zwar einige wenige Keilschrift-

In den Texten kommt freilich der N a m e „ D a m a s k u s " nicht vor. In der älteren Literatur wurde das Vorkommen von Laisch auf den Teil el-Qadi (Dan) im Norden Palästinas bezogen; doch weiß man inzwischen, daß damit eine Stadt Lajasch in Nordsyrien gemeint ist. « Der Brief ist in M A R I 6, S. 63, veröffentlicht. 61

62

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. ν. Chr.)

tafeln aus dieser und der geringfügig späteren altbabylonischen Zeit entdeckt; doch die Palastarchive wurden noch immer nicht gefunden. Von derartigen Entdeckungen darf man sich zusätzliche Informationen auch über Zypern (Alaschia) und Kreta (Kaptara) erhoffen, mit denen Mari ebenfalls Geschenke austauschte, also diplomatische Beziehungen unterhielt. In den Mari-Texten kommen auch einige der bekannten syrischen Küstenstädte vor, etwa Ugarit und Byblos. Beide waren allem Anschein nach autonom und wurden von ihren eigenen „amoritischen" Dynastien regiert. Weil diese Gebiete durch Gebirge vom Hinterland abgetrennt waren, richteten sich ihre Handelsinteressen vermutlich eher auch auf die Mittelmeerländer und auf Ägypten aus. Der Einfluß Ägyptens auf die Küstenorte ist unverkennbar; denn in ihnen wurden zahlreiche, bisweilen beschriftete ägyptische Gegenstände ausgegraben, vor allem solche aus der 12. Dynastie (bis ca. 1780 v.Chr.). In Ugarit regierte eine Dynastie, die auf Jaqarum, den Sohn Niqmaddus I., zurückging, dessen Siegel auch noch in späteren Zeiten als dynastisches Siegel benutzt wurde. Dem Königshaus gehörten Herrscher wie Niqmaddu II. und III. und Ammurapi bzw. Hammurapi an. Ihre Namen kommen auf einer Liste vor, in der die nach ihrem Tod vergöttlichten Könige Ugarits zusammengestellt sind. Im weiter südlich gelegenen und seit langem mit Ägypten verbundenen Byblos herrschten Könige wie Abischemuabi, Abischemu und später Jantinchammu, der wahrscheinlich mit dem byblitischen Herrscher identisch ist, den ägyptische Texte als Inten ( = J a n tin) aufführen. Die Belege für die Namen der Könige und für ihre Kontakte mit Ägypten zur Zeit der Pharaonen Amenemhet II.-IV. kommen aus den Gräbern der königlichen Nekropole, vor allem aus den Gräbern 1 - 4 , und aus dem „Obelisken-Tempel". In diesem, nach den vielen, in ihm aufgestellten Obelisken benannten Heiligtum wurden zahlreiche Weihgaben vergraben: Zeremonialwaffen, anthropomorphe und theriomorphe Statuetten aus Gold, Kupfer, Stein und Fayence. Große Anziehungskraft übte in Byblos auch der Kult der „Herrin von Byblos" aus, die die Ägypter als eine Erscheinungsform der Hathor verehrten. Der ägyptische Einfluß auf Ugarit und Byblos überdauerte die Krise der Hyksoszeit, und vom Ende des 16. Jahrhunderts v. Chr. an finden sich wieder Belege für Kontakte mit Ägypten und für die Anwesenheit von Ägyptern 64 .

11. Das althethitische Großreich (bis ca. 1430 v. Chr.) G. BECKMAN, Inheritance and Royal Succession Among the Hittites, in: H . A . HOFFNER Jr./G.R. BECKMANN (Hg.) Kaniäsuwar: Α Tribut to Hans G. Güterbock, Assyriological Studies 23, Chicago 1986,13-31. - P. GARELLI, Le Proche-Orient asiatique, Paris 31997, 303ff. - H . G . GÜTERBOCK, Hittite Historiography: A Survey, in Η . TADMOR/M. WEINFELD (Hg.), History, Historiography and Interpretation,

64

Z u m Beispiel in Inschriften Amenophis' II. und Thutmosis' III.

Das althethitische Großreich

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Jerusalem 1984, 21-36. - I. HOFFMANN, Der Erlaß Telepinus, Heidelberg 1984. H.A. HOFFNER, Histories and Historians of the Ancient Near East: The Hittites, Or N S 49, 1980, 2 8 3 - 3 3 2 . - H . M .

KÜMMEL, Hethitische historisch-chronologische

Texte, in: TUAT 1, 455-470. - J.G. MACQUEEN, The History of Anatolia and of the Hittite Empire: An Overview, in: CANE 2, 1085-1105. - H. OTTEN, Der Weg des hethitischen Staates zum Großreich, Saeculum 15, 1964, 115-124. - K.K. RIEMSCHNEIDER, Die Thronfolge im althethitischen Reich, in: H. KLENGEL (Hg.), Beiträge zur sozialen Struktur des Alten Vorderasien, Berlin 1971, 79-102. - F. STARKE, Halmashuit im Anitta-Text und die hethitische Ideologie vom Königtum, ZA 69,1979, 47-120. - A. ÜNAL, The Power of Narrative in Hittite Literatur, BA 52, 1989, 130-142.

U m 1650 v. Chr. trat das althethitische Reich mit eigenen historischen Texten ins Licht der Geschichte. Seine Anfänge verlieren sich noch immer im Dunkeln, aber mit großer Wahrscheinlichkeit ging das Reich aus länger anhaltenden Konkurrenzstreitigkeiten hervor, die verschiedene zentralanatolische Städte und Territorialstaaten untereinander ausfochten. Wir wissen aus altassyrischen, in der Unterstadt von Kanisch oder auch Nescha entdeckten Texten, daß es damals in Anatolien mehrere Könige oder Großkönige gab, von denen jeder seine eigenen Vasallen hatte. Der erste uns greifbare „Großkönig" ist der Herrscher von Buruschchanda 6 5 , einer alten, bedeutenden Stadt. Er wird in einer Erzählung erwähnt, die über Schwierigkeiten berichtet, die altakkadische Könige in Anatolien meistern mußten. Den Status des Großkönigs übernahm zu Beginn des 18. Jahrhunderts v.Chr. Anitta, der Sohn des Pithanas und Herrschers von Kussara. Er kommt in jüngeren altassyrischen, in Kanisch entdeckten Texten vor und ist die Hauptfigur des sogenannten „Anitta-Textes", eines Geschichtsdokuments, das in den Archiven der späteren hethitischen Hauptstadt Hattuscha erhalten blieb. Der Text berichtet über den Aufstieg und die politische Bedeutung der Stadt Nescha (Kanisch) unter seiner Königsherrschaft und über ihre Auseinandersetzung mit Hattuscha. Der Machtkampf, in den noch weitere Städte und Regenten verwickelt waren, mag der Grund für die Zerstörung gewesen sein, die Kanisch um 1740 v.Chr. (?) traf. Es gibt freilich keine direkte Verbindung zwischen der Stadt Nescha 6 6 oder des Königshauses Anittas und dem mehrere Generationen nach ihm entstehenden ersten hethitischen Großreich. O b wohl Anittas Annalen in Hattuscha aufbewahrt wurden, ist von ihm niemals als Gründer der hethitischen Dynastie die Rede. Diese Rolle blieb einem König vorbehalten, von dem wir aus der Uberlieferung allein seinen Namen Labarna und seine Herkunft aus Kussara kennen. In jüngeren Zeiten wurde der Name Labarna dann auch als eine Art Königstitel gebraucht.

6 5 Buruschchanda ist vielleicht mit dem modernen A^emhöyük zu identifizieren, das südlich des Salzsees in der Nähe von Akfaray liegt. 6 6 Die Hethiter bezeichneten ihre eigene Sprache als „Neschitisch", verwendeten dafür also eine von der Stadt Nescha abgeleitete Bezeichnung.

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Die Gründung und erste Expansion des althethitischen Reichs ist mit dem König Hattusili I. verbunden. Ihm gelang es offenkundig, seinen Machtbereich von Kussara aus über das anatolische Kerngebiet hinaus zu erweitern und Hattuscha zu seiner Hauptstadt zu machen, woran der von ihm gewählte Name Hattusili erinnert. Mit seiner Entscheidung für Hattuscha als Hauptstadt, ignorierte Hattusili I. einen Fluch, der dem Anitta-Text zufolge demjenigen zugedacht war, der die Stadt wiederaufbauen sollte, nachdem sie zerstört und über ihren Ruinen Unkraut gesät worden war. Nachdem Hattusili I. und sein Nachfolger Mursiii I. (ca. 1620-1590 v.Chr.) die Herrschaft über Anatolien und Kilikien gefestigt hatten, drangen sie bis nach Nordsyrien vor, dessen reiche und strategisch günstig gelegenen Städte ein verlokkendes Ziel darstellten. Auch wenn sich dies nicht ohne Rückschläge und Auseinandersetzungen mit den Hurritern südöstlich des hethitischen Gebiets bewerkstelligen ließ, erwiesen sich die Feldzüge beider Könige insgesamt als recht erfolgreich. Uber ihre militärischen Leistungen liegen uns lebendige Schilderungen vor, in denen auch erstmals der „klassische" Streitwagen eine Rolle spielt. Im Verlauf mehrerer Jahre konnte Hattusili I. die meisten wichtigen Städte Nordsyriens einnehmen: Alalach (Schicht VII), Ebla, Karkemisch, Haschschum, Urschum und Hachchum. Die schließliche Eroberung der traditionsreichen Stadt Chalap (Aleppo), der Hauptstadt der „Großkönige" von Jamchad, deren Dynastie wir über zwei Jahrhunderte zurückverfolgen können, war Hattusili I. allerdings nicht mehr beschieden. Dies blieb seinem Nachfolger Mursiii I. überlassen, der die Stadt um 1600 v. Chr. „zerstörte", womit die Beseitigung des letzten Königs von Jamchads Dynastie, Hammurapis II., ein Faktum war. Danach zog Mursiii I. den Euphrat entlang und eroberte Babylon. Damit war das Ende eines weiteren berühmten Königshauses besiegelt, das fast vierhundert Jahre lang regiert hatte und seine Bekanntheit einem ebenfalls Hammurapi heißenden Regenten verdankte. Was man, abgesehen von Beute und Prestige, durch diesen Feldzug eigentlich gewinnen wollte, ist unklar. Resultate von Dauer dürfte er nur in geringem Umfang erbracht haben. Auf die eine oder andere Weise mag der Feldzug aber auch dazu gedient haben, die Hurriter zu testen und zu beeindrucken; denn diese waren der neue politische Konkurrent und Feind der Hethiter. Viele nordsyrische Städte waren anscheinend mit den Hurritern verbündet und hatten von ihnen Unterstützung in ihrem Kampf gegen die Hethiter erhalten. Die Eroberung Nordsyriens bedeutete deshalb den Beginn einer Rivalität zwischen Hurritern und Hethitern, die sich im Verlauf der Zeit zu einem permanenten Faktor in der politischen Geschichte des Hethiterreiches entwickeln sollte. Daß es schon früh in Nordsyrien zwischen beiden zum Konflikt kam, kann durchaus zur Entstehung eines mächtigen hurritischen Staates beigetragen haben. Er hieß Mitanni, lag in Nordmesopotamien östlich des Euphrat, und seine Hauptstadt Wassukanni ist noch nicht identifiziert. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts v.Chr. sollte Mitanni seine Macht und seinen Einfluß bis nach Nordsyrien hinein ausdehnen.

D a s althethitische G r o ß r e i c h

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Bis etwa 1500 v.Chr. regierten in Hattuscha die Könige Hantiii I., Zidanta I., Amuna, Huzzija I. und Telepinu. Wiederholte Streitigkeiten über die Thronnachfolge bestimmten die damalige Epoche, und als Folge davon wurde das Königreich immer kleiner, und war schließlich auf sein Kerngebiet beschränkt. Als zusätzlicher Faktor kam von außen noch hinzu, daß die Macht der Hurriter zunahm und in Nordmesopotamien ihr Königreich Mitanni entstand. Die Hurriter übten einen starken Einfluß auf Südostanatolien aus, wo sich die Staaten Kizzuwatna und Isuwa bildeten 6 ? Ihre Beziehungen mit dem hethitischen Staat waren in einigen der ältesten paritätischen Verträge geregelt68. Einen solchen Pakt waren etwa Telepinu und Ischputachschu von Kizzuwatna gegen Ende des 16. Jahrhunderts v. Chr. eingegangen, dann auch Zidanta II. und Pillija von Kizzuwatna. In dieser Zeit konnte sich Nordsyrien der hethitischen Oberherrschaft entledigen und sich der Machtsphäre Mitannis anschließen, wie wir aus Keilschrifttexten wissen, die in Schicht V von Alalach entdeckt wurden. Diese Texte belegen auch, daß es damals in Alalach einen beträchtlichen hurritischen Bevölkerungsanteil gab. Über die älteste hethitische Geschichte informieren uns mehrere bemerkenswerte Texte. Uns liegen historische und legendarische Werke über die Frühzeit vor, darunter der bereits erwähnte Anitta-Text und die Erzählung über die Stadt Zalpa am Schwarzen Meer. Diese Erzählung enthält eine Legende, die sich mit den Beziehungen zwischen den Städten Zalpa, Hattuscha und Nescha beschäftigt. Von Hattusili I. besitzen wir als Bilinguen sein an seinen Nachfolger Mursiii I. gerichtetes „Politisches Testament" und seine 1957 entdeckten Annalen. Neben einer interessanten Palast-Chronik und einer Reihe alter Landschenkungsurkunden 69 verdient besonders der sogenannte „Erlaß des Telepinu" Beachtung. In ihm ist die Thronnachfolge der Könige festgesetzt, die anfänglich vielleicht weniger absolutistisch regierten als dies sonst damals im Alten Vorderen Orient üblich war; denn sie mußten in verschiedenen Fällen bei einer panku genannten Versammlung Rat einholen. Der „Erlaß" beginnt mit einem Rückblick auf die guten, alten Zeiten, in denen Hattusili I. „als König" herrschte, „und auch dessen Söhne, seine Brüder, seine Schwäger, die Leute aus seiner Sippe und seine Soldaten waren (in Einigkeit) gesammelt (um ihn). Wohin er auch zu Felde zog, da hielt auch er das Land der Feinde mit (seinem starken) Arm besiegt" (TUATI, 465). Erzählt wird sodann von Streitigkeiten und blutigen Auseinandersetzungen in der Königsfamilie und am Hof, denen der Erlaß des Telepinu dadurch ein Ende bereitet, indem er verfügt: „König soll nur ein Königssohn ersten Ranges, ein Sohn werden" (ebd., 468). Sollte ein Königssohn ersten Ranges nicht

67 Kizzuwatna lag im Kerngebiet Kilikiens zwischen den Flüssen Ceyhan und Seyhan, Isuwa in der Gegend von Elazig. 68 Diese Verträge sind die ersten Belege für eine Gattung, die eine lange Geschichte haben sollte. 69 Die Tafeln, auf die diese Landschenkungsurkunden geschrieben sind, wurden mit dem Siegel des Königs gestempelt.

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Die Mittelbronzezeit (20.-16. Jh. v.Chr.)

vorhanden sein, tritt ein Sohn zweiten Ranges die Erbfolge an, ist auch ein solcher Sohn nicht verfügbar, fällt der Thron an den Schwiegersohn des Königs, der mit einer Tochter ersten Ranges verheiratet ist. Danach regelt der Text, wie die Ratsversammlung mit denjenigen verfahren soll, die „Böses tun": Sie müssen persönlich für ihre Verbrechen büßen, ihr Haus aber, ihre Frau und ihre Kinder müssen unangetastet bleiben. Diese Texte veranschaulichen die Eigenart und die Aufgabe, die der hethitischen Geschichtsschreibung in dieser Frühzeit zufiel, und dabei, das ist hervozuheben, handelt es sich um eine Historiographie, die innerhalb der literarischen Uberlieferung des Alten Vorderen Orients einen besonderen Platz belegt. In der wissenschaftlichen Diskussion gehen die Meinungen darüber auseinander, in wie weit Form und Stil jener Texte von Babylonien oder Syrien beeinflußt sein könnten, und wie groß in ihnen der genuin hethitische Anteil zu bemessen sei, der seinen Anfang möglicherweise schon zu Anittas Zeit nahm. Auch die älteste Fassung der „Hethitischen Gesetze" geht auf jene Frühzeit zurück, in der Traditionen und Strukturen ihre Gestalt anzunehmen begannen.

V. Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. v.Chr.) 1.

Einleitung

Seit der Mitte des 2. Jahrtausends v.Chr. setzten bedeutsame historische Entwicklungen ein. Im Zuge der zuerst von Ägypten, später dann auch von anderen Ländern verfolgten imperialistischen Ziele weitete sich das politische und militärische Betätigungsfeld aus. Zu den Großmächten jener Zeit gehörte seit etwa 1500 v.Chr. auch das nordmesopotamische Königreich Mitanni, später folgten das Hethiterreich, Bahylonien und Assyrien. Es konnte nicht ausbleiben, daß die Interessen aufeinander prallten. Es kam zu erheblichen militärischen Auseinandersetzungen, bei denen von nun an der von Pferden gezogene Streitwagen eine wichtige Rolle spielte. Es wurden aber auch intensive diplomatische Kontakte geknüpft und in deren Gefolge internationale Verträge geschlossen, politischen Ehen gestiftet, Geschenke und Spezialisten ausgetauscht, wobei vor allem Vertreter des medizinischen Fachs gefragt waren, und natürlich förderte dies alles auch den Handel. Erleichtert wurden die Kontakte durch zweierlei. Zum einen erfaßte und kontrollierte die Verwaltung nun große Bereiche, und zum anderen verbreitete sich das Babylonische als lingua franca von Anatolien bis nach Ägypten. Vielerorts wurde Babylonisch an Schulen unterrichtet, und Babylonisch war die Sprache, in der die diplomatische Korrespondenz abgefaßt wurde. Das belegen die Archive von Teil el-Amarna, Ugarit und Bogazköy. Daß das Babylonische, vor allem in Syrien und Palästina, auch für interne Zwecke verwendet wurde, wirkte sich zudem positiv auf die historische Quellenlage aus. Bei all diesen Vorgängen fiel Syrien eine entscheidende Rolle zu; denn hier stießen die Mächte und die Interessen aufeinander, und hier wurden die entscheidenden Schlachten ausgefochten, etwa die zwischen den Ägyptern und Hethitern bei Qadesch am Orontes. Bei diesen Auseinandersetzungen wurden die Einflußsphären abgesteckt, und es wurde über das Schicksal der syrischen Kleinstaaten entschieden, die einmal als Vasallen an die eine, einmal als Vasallen an die andere Großmacht fielen. Bisweilen bewirkten die Kämpfe aber auch grundlegende Veränderungen. So förderte die Liquidierung von Mitanni den Aufstieg des Hethiterreiches, und sie ermöglichte es Assyrien, im 14. Jahrhundert v. Chr. wieder zu Kräften zu kommen und in die politische Arena zurückzukehren. Als im 13. Jahrhundert v.Chr. vorübergehend ein status quo erreicht war, wurde das Gleichgewicht schon nach kurzer Zeit wieder durch von außen hinzukommende Faktoren gestört. Im zunehmenden Maße drangen aramäische Stämme aus der Syrisch-arabischen Steppe in die zivilisierte Welt Syriens und Mesopotamiens ein. Einige Jahrzehnte später trugen die Seevölker zum politischen Zusammenbruch bei, speziell zu dem

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. ν. Chr.)

Syriens und Anatoliens. Der genaue Verlauf der Vorgänge ist freilich noch immer nicht völlig geklärt. Das von den Seevölkern verursachte Machtvakuum nutzten in Anatolien vor allem die Phryger aus, die möglicherweise den Fall des hethitischen Großreichs mitverschuldet haben. In Syrien und im nördlichen Mesopotamien konnten sich die Aramäer trotz des heftigen und zunächst auch erfolgreichen assyrischen Widerstands in weiten Gebieten zu beiden Seiten des Euphrat ansiedeln. In jener Ubergangsphase gegen Ende der Spätbronzezeit kamen vermutlich auch die Stämme Israels nach Kanaan, wo sich um eben diese Zeit die zu den Seevölkern gehörenden Philister, die Edomiter, Moabiter und Ammoniter niederließen oder konsolidierten. Zwischen ihnen und Israel kam es verschiedentlich zu Zusammenstößen; doch arrangierte man sich auch nachbarschaftlich miteinander. Nur die phönizischen Stadtstaaten Tyrus, Sidon und Byblos 1 sowie die kleinen sogenannten neuhethitischen Staaten Nordsyriens und Südanatoliens überlebten die tiefgreifenden Veränderungen, die archäologisch den Ubergang von der Spätbronze- zur Eisenzeit markieren. 2. Chronologische J.

BOESE/G.

Probleme

W I L H E L M , A ä ä u r - d a n I., N i n u r t a - a p i l - E k u r u n d die mittelassyrische

Chronologie, W Z K M 71, 1979, 19-38. - M . CHAVALAS (Hg.), E m a r : The History, Religion, and Culture of a Syrian Town in the Late Bronze Age, Bethesda 1996. E. HORNUNG/E.

S T A E H E L I N , S t u d i e n z u m S e d f e s t , B a s e l 1974. - Κ . A .

KITCHEN,

Suppiluliuma and the Amarna Pharaohs, Liverpool 1962 [vgl. dazu die Besprechung v o n P H . H . J . HOUWINK TEN CATE, B O 2 0 , 1 9 6 3 , 2 7 0 - 2 7 6 ] . - C . K Ü H N E , D i e C h r o -

nologie der internationalen Korrespondenz von El-Amarna, Kevelaer/NeukirchenVluyn 1973. - Weitere Literatur s . o . II.

Wie bereits oben, in Kapitel II, ausgeführt, lassen sich noch nicht alle die Spätbronzezeit betreffenden chronologischen Probleme lösen. Die Unsicherheitsmarge für Daten des 16. Jahrhunderts v.Chr. beträgt möglicherweise zehn bis fünfzehn Jahre, die für die ausgehende Spätbronzezeit ein bis zwei Jahre. Daß die Umwälzungen, die kurz nach 1200 v. Chr. das Ende der Spätbronzezeit und den Beginn einer der „dunklen Perioden" einleiteten, es schwierig machen, für die letzten Herrscher und Ereignisse exakte Daten anzugeben, versteht sich von selbst; denn die Unruhen führten unweigerlich auch zum Abbruch jeder konsequent geführten schriftlichen Dokumentation. Exakte Daten sind für die Spätbronzezeit noch wichtiger als für die früheren Epochen, da nun die politischen Kontakte, besonders seit dem Ende des 15. Jahrhunderts v.Chr. erheblich zunahmen. In einer Zeit, in der die militärischen und politischen Aktivitäten eines Landes oder eines Königs sich unmittelbar auf die anderer Länder und anderer Könige auswirkten, weil sie

1

Ugarit ging in den Wirren dieser Zeit unter u n d wurde niemals wieder aufgebaut.

Chronologische Probleme

141

alle durch ein dichtes Geflecht von Verträgen, Bündnissen und Rivalitäten untereinander verbunden waren, ermöglichen allein genaue Daten eine Rekonstruktion von Ursache und Wirkung und damit des geschichtlichen Prozesses. Die ägyptische Königsliste Manethos ist nicht ohne Fehler, die Königsliste des kassitischen Babyloniens weist für den Beginn der Spätbronzezeit mehrere Probleme auf, und für das hethitische Großreich fehlt eine Königsliste überhaupt. So fällt der Assyrischen Königsliste eine Schlüsselrolle zu, zumal nachdem es J . Boese und G. Wilhelm gelungen ist, die Hauptschwierigkeit auszuräumen, die zwei Könige des 15. Jahrhunderts v.Chr. betrifft. Ausgehend von der Assyrischen Königsliste lassen sich die in großer Zahl verfügbaren Synchronismen verwenden. Sie sind während der Amarnazeit (ca. 1355-1330 v.Chr.) und während des 13. Jahrhunderts v.Chr. besonders zahlreich und entstammen der regen internationalen Korrespondenz, vor allem dem Amarna-Archiv und dem Briefwechsel zwischen den ramessidischen Pharaonen und den hethitischen Königen. Zudem kam es vor allem im nordwestlichen Mesopotamien und in Syrien immer wieder zu militärischen Zusammenstößen zwischen Hethitern, Hurritern und Assyrern. Viele jener Synchronismen sind leider zu allgemein, als daß sie sich einem bestimmten Regierungsjahr eines der beiden jeweils beteiligten Könige zuweisen ließen. Es gibt aber ein paar chronologische Fixpunkte, etwa eine Sonnenfinsternis im zehnten Jahr Mursiiis II. (1312 v. Chr.) und die Schlacht bei Qadesch am Orontes, die im Jahr 1275 v.Chr. zwischen den Hethitern unter König Muwatalli II. (ca. 1297-1273 v. Chr.) und den Ägyptern unter Pharao Ramses II. 2 von Ägypten ausgetragen wurde. Auf Muwatalli II. folgte zunächst sein illegitimer Sohn Urchiteschub/Mursili III., der sieben Jahre lang regierte (bis ca. 1267 v. Chr.), dann sein Bruder Hattusili III., der bis etwa 1240 v. Chr. den Thron innehatte. Er war mit der bekannten Puduchepa verheiratet, unterhielt einen intensiven Briefwechsel mit Ramses II., und seine Regierung überschnitt sich noch ein bis zwei Jahre lang mit der des Assyrerkönigs Adadnirari I. (bis ca. 1263 v.Chr.). Der folgende hethitische König, Tudhalija IV. (ca. 1239-1209) 3 , stand mit dem assyrischen König Salmanassar I. in Briefkontakt, dessen Regierungszeit jetzt von etwa 1263 bis 1233 v. Chr. angesetzt wird. Ausgehend von derartigen Daten ist es möglich geworden, einen kohärenten und überzeugenden Ablauf der Ereignisse zu rekonstruieren, auch wenn einige Unsicherheiten bestehen bleiben.

1 Die Thronbesteigung Ramses' II. wird nun allgemein im Jahr 1279 v. Chr. angesetzt. Zu den Synchronismen der Amarnazeit s.u. V.5. 3 Bisweilen wird Tudhalija III. auch mit Tudhalija IV. identifiziert, der durch seine imposante Bautätigkeit in der Oberstadt von Hattuscha bekannt ist.

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. ν. Chr.)

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Mit Ahmose, dem ersten Pharao der 18. Dynastie, begann das Neue Reich und damit eine glanzvolle Periode in Ägyptens Geschichte. Im 15. Jahrhundert v. Chr., und zwar vor allem unter Thutmosis III., erlangte das Großreich dann seinen größten Umfang. Möglicherweise gehörten auch Ober- und Unternubien bis zum vierten Katarakt (Wawat und Kusch) zum Reich, das sich in Asien bis nach Mittelsyrien erstreckte, wo Ugarit, Amurru und Qadesch die Grenze markierten. Die darstellende Kunst und das Handwerk erreichten ein hohes Niveau. Beispielhaft sind dafür etwa die Skulpturen, Wandmalereien und künstlerisch gestalteten Gegenstände ganz unterschiedlicher Art, die aus Tutanchamuns Grab zutage gefördert wurden. Die Architektur des Neuen Reichs kennen wir von Echnatons neuer Hauptstadt Achetaton, von der Ramessiden-Residenz Pi-Ramesse im Delta 4 , von in Nubien erbauten Festungen, allen voran der Festung Buhen, und von mehreren Tempeln. Die größte Bautätigkeit entfaltete sich am Reichstempel des Gottes Amuns in Karnak, wo immer wieder neue, von Säulen flankierte Hallen und Pylone gebaut sowie Obelisken aufgestellt wurden. Weitere wichtige Tempel entstanden in Luxor, Soleb und Abu Simbel. Für sich selbst ließen die Könige Totentempel errichten, unter denen der der Hatschepsut in Deir el-Bahri am bekanntesten ist. Vom Tempel Amenophis' III. in Theben blieben im Grunde genommen nur die Memnonskolosse 5 erhalten. Jene Totentempel waren deutlich von den Felskammergräbern geschieden. Letztere befanden sich in

4 P i - R a m e s s e ( „ H a u s des R a m s e s " ) , im Alten Testament Raamses, ist mit den Ruinen des heutigen O r t s Q a n t i r identisch. 5 Die Bezeichnung „ M e m n o n s k o l o s s e " bezieht sich auf ein Statuenpaar von beträchtlichen Ausmaßen u n d Gewicht. Beide Statuen hatten ihren Standplatz am Eingang des Totentempels A m e n o p h i s ' III.

Ägypten während des Neuen Reichs

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einem abgelegenen Tal, dem „Tal der Könige", wo sie für immer und ewig verschlossen und verborgen bleiben sollten; doch blieb diese Hoffnung offenbar unerfüllt. Von allergrößter Bedeutung waren die Veränderungen auf religiösem Gebiet, die durch den von Amenophis IV. (Echnaton) geförderten Aton-Kult ausgelöst wurden. Wichtig war aber auch, daß das Totenbuch seine klassische Form erhielt, und auf Papyrus oder Leder geschriebene und oft auch illustrierte Exemplare davon den Toten mit ins Grab gegeben wurden. Viele Rituale nahmen nun ihre spezifische Form an. Die „Schrift des Verborgenen Raumes" (Amduat) erschien und erlangte zunehmend Modellcharakter für die sogenannten „Jenseitsführer", die überaus populär waren. So war neben anderen Texten das „Buch der Tore" weit verbreitet, das die nächtliche Fahrt der Sonne durch die Unterwelt und ihr Wiedererscheinen am Himmel behandelt. Die Sonne bzw. der als Re-Harachte, Re-Atum oder Amun-Re bezeichnete Sonnengott genoß hohe Verehrung, die sich in zahlreichen, seine hervorgehobene Rolle im Kult widerspiegelnden Sonnenhymnen ausdrückte, aber auch in den Vorstellungen, die man sich vom Tod, vom Leben im Jenseits und von der Welt machte. Unter Amenophis IV. erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt, indem die Sonnenscheibe schließlich als einzige Manifestation des Göttlichen überhaupt galt. Parallel zu diesem in klassischem Mittelägyptisch abgefaßten Schrifttum erlebte vor allem während der Ramessidenzeit die profane Literatur einen Aufschwung. Es entstanden neben anderem Liebeslieder und Erzählungen, die in der spätägyptischen Umgangssprache geschrieben wurden. Ein so großes Königreich, wie es Ägypten während des Neuen Reichs darstellte, war auf eine effiziente Regierung angewiesen. Diese hatte ihr Zentrum in Theben, wo die nach dem Pharao wichtigste Person, der Wesir, seinen Sitz hatte. Hier residierten auch der einflußreiche Hohepriester des Amun-Re, der ranghöchste Verwalter des reichsten Tempels im Land, und zahlreiche niedrigere Beamte, denen die Aufsicht über die Finanzen, Getreide, Bauaktivitäten und dergleichen oblag. Uber Nubien herrschte ein Vizekönig, der den Titel „Königssohn von Kusch" trug. Die Beamtengräber in Theben und Saqqara vermitteln einen Eindruck davon, wie wohlhabend, bedeutend und loyal jene dem König oft eng verbundenen Staatsdiener waren. Obwohl die ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse vom Palast und von den als Staatseinrichtungen funktionierenden großen Tempeln dominiert wurden, vergrößerte sich der Spielraum für Privatinitiativen, wie Gräber und literarische Werke gleichermaßen erkennen lassen. Während des Neuen Reichs nahm nicht nur die Macht der mit den Regierungsgeschäften befaßten Klasse zu, sondern auch die des Militärs. Letzteres konzentrierte sich im Süden gegen Nubien und im Norden, wo Memphis zum Sitz des militärischen Hauptquartiers wurde. Hier lernten Prinzen den Umgang mit Waffen und wurden der Textüberlieferung zufolge mit „der Arbeit des (Kriegsgottes) Montu" vertraut gemacht. Die Heiligtümer dieses Gottes in Medamud und Tod erfuhren vor allem seit Thutmosis III. beson-

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dere Aufmerksamkeit. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr. bestieg mit Haremheb ein General den Thron, dem mit Ramses I. wahrscheinlich sein ehemaliger Adjutant nachfolgte. D a ß sich Ägypten mehr und mehr fremden Einflüssen gegenüber aufgeschlossen zeigte, ist nicht erstaunlich; denn der Umfang des Großreichs war riesig und die internationalen Beziehungen nahmen zu. Ausländische Waren, Militärs, Gesandte und Fürsten strömten in großer Zahl nach Ägypten. Kriegsgefangene, darunter auch Gruppen von Äpiru, wurden aus Palästina verschleppt und in Ägypten Tempeln übereignet; doch gelang es Asiaten auch, hohe Beamtenposten zu bekleiden. Das Interesse an fremden Ländern wuchs an und drückte sich graphisch etwa in den Wandbildern in Hatschepsuts Totentempel aus, die Handelsexpeditionen ins ferne Punt (Somalia) wiedergeben. Unverkennbar sind auch die ausländischen Einflüsse auf die ägyptische Religion. So wurden zahlreiche syrisch-palästinische Gottheiten in Ägypten verehrt: Ba'al, den man bereits während der Hyksoszeit mit Seth gleichgesetzt hatte, Astarte/Anat, die in erster Linie als kriegerische Göttin galt, Reschef, der unter Amenophis II. zuerst als Kriegsgott, später dann zusammen mit Qadschu vor allem als Gott der Heilkunde verehrt wurde, Horon, den man seines Namens wegen mit dem großen Sphinx im Kult des Harmachis-Horon zusammenbrachte, Koschar, der mit Ptah von Memphis identifizierte Gott der Künste, die Qadschu genannte und als Fruchtbarkeitsgöttin verehrte Aschera und Ischtar (von Ninive). Quellen für diese Zeit sind die vielen Stelen von Königen und Beamten, die auf Tempelwände geschriebenen und illustrierten „Annalen" 6 , Wandmalereien und Texte in Gräbern hoher Beamter und Militärs sowie auf Papyrus erhaltene Briefe, Berichte und Auflistungen. Hinzu kommen die auf Tontafeln geschriebenen Amarna-Briefe, die internationale Korrespondenz der Pharaonen Amenophis III. und IV. sowie Tutanchamuns. Uber das Alltagsleben, über die gesellschaftlichen, ökonomischen und juristischen Verhältnisse erfahren wir viel aus den Ostraka und Papyri, die man in Deir el-Medine gefunden hat. In diesem Dorf, das Theben gegenüber auf der Westseite des Nils lag, lebten Handwerker und Künstler, die von der 18. bis zur 20. Dynastie für die Errichtung und den Erhalt der Gräber in Thebens Nekropole zuständig waren.

4. Ägypten von Amenophis I. bis Amenophis III. (ca. 1500-1350 v. Chr.) B.M. BRYAN, The Reign of Thutmose IV, Baltimore 1991. - D. O'CONNOR/ E . H . CLINE, Amenhotep III: Perspectives in his Reign, Ann Arbor 1997. - P.F. DOR-

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6 In erster Linie ist hierbei an den Amuntempel in Karnak mit seinen beschriebenen und mit Bildwerken versehenen Wänden und Pylonen zu denken.

Ä g y p t e n von A m e n o p h i s I. bis A m e n o p h i s III.

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Auf Ahmose, der das Neue Reich begründet und die Grenzen im Süden (Nubien) und Osten (Sinai, Südpalästina) gefestigt hatte, folgte um 1514 v. Chr. Amenophis I. Er war bereits sechs Jahre lang als Ahmoses Koregent an der Regierungsführung beteiligt gewesen und sollte noch mehr als zwanzig Jahre den Thron als Alleinherrscher innehaben (ca. 1514-1493 v.Chr.). Während seiner Herrschaft wurde Nubien bis zum zweiten Nilkatarakt unterworfen und der Grenzverlauf durch die Festungen Semna, Kumna und Uronarti gesichert. Die Baumaßnahmen, die Amenophis I. am Amuntempel in Karnak durchführen ließ, und seine Entscheidung, sich in einem Felskammergrab in der Nähe von Theben beisetzen zu lassen, waren für die gesamte 18. Dynastie wegweisend. Amenophis' I. Regierung gestaltete sich überwiegend friedlich, und damit waren günstige Voraussetzungen für ein Aufblühen der Kultur gegeben^ Um 1493 v. Chr. kam der von einer Seitenlinie der Königsfamilie abstammende Thutmosis I. auf den Thron, dessen Regierungszeit unübersehbar durch die militärische Expansion Ägyptens geprägt wurde. Im Süden stieß Thutmosis I. bis zum vierten Nilkatarakt vor, im Osten und Norden durchzog seine Expeditionsarmee Palästina und Syrien und erreichte den Euphrat bei Karkemisch, wo der König seine Stele errichten ließ. Nun begann die Konfrontation mit dem Nordsyrien beherrschenden Mitannireich. Thutmosis I. war der erste Pharao, der sich sein Felskammergrab im berühmten „Tal der Könige" bei Theben anlegen ließ, das in der Folgezeit dem Schutz des vergöttlichten Amenophis I. unterstellt wurde. Nach einer zwölfjährigen (?) Herrschaft wurde Thutmosis I. von Thutmosis II. abgelöst. Dieser hatte seine Ausbildung im militärischen Hauptquartier von Memphis erhalten und verfolgte dieselben expansionistischen Ambitionen wie sein Vater; doch stieß er in Syrien nicht so weit wie dieser vor. Als Thutmosis II. nur wenige Jahre nach seinem Regierungsantritt starb, war sein von einer Nebenfrau geborener Sohn Thutmosis III. noch zu jung, um die Krone tragen zu können. Die Schwestergemahlin Thutmosis' II., die berühmte Königin Hatschepsut, übernahm deshalb die Regentschaft (1479 bis 1457 v.Chr.). Auch sie war eine Tochter Thutmosis' I. und eine bemerkenswerte Herrscherin, die mit den von ihr entfalteten Aktivitäten beispielhaft für die einflußreiche Rolle ist, die Königinnen und Königsmütter während des Neuen Reichs zu spielen begannen. Hatschepsut begnügte sich nicht mit dem Status der Regentin, sondern präsentierte sich nach einigen Jahren als Pharao. Eine Frau trug nun Ägyptens Doppelkrone, benutzte männliche Namen und Titel und führte symbolische Handlungen aus, die allesamt auf Männer zu7 Ein beredtes Zeugnis legt dafür etwa der nach seinem Erstbesitzer und Herausgeber G.M. Ebers benannte große medizinische Papyrus Ebers ab.

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geschnitten waren. Ihr weibliches Geschlecht hat Hatschepsut aber weder in Darstellungen ihrer Person noch in den von ihr verwendeten Epitheta verleugnet: Sie war der „weibliche Horns" und der männliche Sphinx in einem. Unter ihren Günstlingen setzte sich Hatschepsut vor allem für zwei Würdenträger des Amuntempels ein, besonders für Senenmut, der auch ihre privaten Ländereien verwaltete. Während Hatschepsuts friedlicher Regierungszeit kam ein neues, den Abstand zu den Traditionen der Hyksos betonendes nationales Bewußtsein auf, und die materielle Kultur verfeinerte sich, was zum Teil auf fruchtbare Kontakte mit Asien und mit dem spätminoischen Kreta zurückzuführen ist. Das bedeutendste Denkmal hat sich die Königin freilich in ihrem Totentempel in Deir el-Bahri setzen lassen. Höhepunkt in diesem recht gut erhaltenen Bauwerk ist die sogenannte „Punt-Halle", in der Reliefs eine Handelsexpedition nach Punt, also an die exotische Küste Somalias festhalten. Hier wie in der „Geburtshalle" ließ Hatschepsut ihre göttliche Abstammung und Geburt hervorheben, um sich so als legitime Nachfolgerin auf dem Thron auszuweisen. Nachdem Hatschepsut etwa fünfzehn Jahre lang regiert hatte, begann ihr Einfluß abzunehmen. Bald nach ihrem Tod wurde Thutmosis III., der zweiundzwanzig Jahre lang Koregent gewesen war, zum Alleinherrscher (1479-1425 v. Chr.), und allmählich setzte eine Distanzierung von Hatschepsut ein, eine damnatio memoriae des weiblichen Pharaos. Ihre Bilder, Statuen und ihr Name auf Denkmälern wurden beschädigt oder entfernt. Auch in späteren Monumenten wurde Hatschepsut in den Listen und Bildern mit der traditionellen Abfolge der Könige übergangen. Lange Zeit hat man vermutet, daß sich in alledem der persönliche Hass Thutmosis' III. gegen seine Vorgängerin, Stief- und Schwiegermutter niedergeschlagen habe; doch haben neuere Untersuchungen dies unwahrscheinlich gemacht, da die Beschädigungen von Hatschepsuts Denkmälern und die Tilgung ihrer Person aus Ägyptens Geschichte erst in den späteren Jahren von Thutmosis III. erfolgten. Daß die vorderasiatischen Teile des ägyptischen Großreichs während Hatschepsuts Regierung vernachlässigt worden waren, hatte ernste Folgen; denn Mitanni hatte die Stunde genutzt und seine Macht in Syrien ausgebreitet. Vermutlich erkannten viele prominente nordsyrische Stadtfürsten Mitannis Oberherrschaft an, so die Herrscher von Qadesch, Qatna, Tunip 8 , Nuchaschsche 9 , Mukisch und Alalach. In ägyptischen Quellen erschien dieses gesamte Gebiet fortan als Hurra, womit man auf die hurritischen Infiltrationen Bezug nahm. Später bezeichnete Hurra Syrien und Palästina insgesamt, und das früher verwendete „Retenu" kam außer Gebrauch. Auch die südpalästinischen Städte hatten das ägyptische Joch abgeschüttelt. Als Thutmosis III. nach Hatschepsuts Tod zum Alleinherrscher geworden war, unterTunip lag östlich vom Orontes in Richtung auf den Libanon hin. Nuchaschsche war ein östlicher Nachbarstaat von Ugarit. In zwei zum Amarna-Archiv gehörenden Briefen, von denen einer aus Nuchaschsche und einer aus Tunip stammt (EA 51 und 59), wird an das Eingreifen Thutmosis' III. in Nordsyrien erinnert. 8 9

Ägypten von Amenophis I. bis Amenophis III.

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nahm er deshalb unverzüglich einen bedeutenden Feldzug nach Palästina und schlug bei Megiddo eine große, von Qadesch angeführte Koalition. Megiddo selbst wurde sieben Monate lang belagert und dann, ebenso wie andere Städte in der weiteren Umgebung, eingenommen. In den Annalen, die auf die Wände im Tempel von Karnak geschrieben sind, finden sich die Namen der am Geschehen Beteiligten, die Kriegsgefangenen und die Beute sind ebenso vermerkt wie detaillierte Schlachtberichte. Die Namen der eroberten Städte sind dagegen auf dem sechsten und siebenten Pylon im Tempel aufgelistet. Ägyptens Stellung als überlegene Großmacht baute Thutmosis III. vor allem während seiner fünften bis achten Feldzüge aus, die etwa im Zeitraum von 1450 bis 1445 v. Chr. zwischen seinem neunundzwanzigsten und dreiunddreißigsten Regierungsjahr stattfanden. Diese Feldzüge führten ihn bis nach Nordsyrien, wo er bei Aleppo mit Mitanni kämpfte. Er setzte dem geschlagenen Gegner über den Euphrat hinweg nach und gelangte so bis ins Innerste des Naharin(a) 10 genannten Mitannireiches. Obwohl Thutmosis III. über Karkemisch und Emar den Euphrat entlang weiterzog, wich ihm Mitanni aus, vermied eine Entscheidungsschlacht und blieb so unbesiegt. Auf seinem Rückmarsch nahm Thutmosis III. Qadesch samt seinem Gebiet Tachschi in der Biqa c ein. Ägypten hatte seine Stellung nun gefestigt und seine internationale Anerkennung durchgesetzt, wie aus Hattuscha, Assyrien und Babylon kommende Delegationen belegen. Auch konnte Ägypten für sich umfangreiche Beute und Tribute verbuchen; aber trotz allem blieb Syrien jenseits von Qadesch ein unsicherer Besitz. In den folgenden Jahren mußten hier regelmäßig Aufstände niedergeschlagen werden, und später konnte sogar eine mitannische Garnison nach Qadesch verlegt werden. Ägypten hielt seine Oberherrschaft durch vielerlei Einrichtungen und Maßnahmen aufrecht. Mit der Verwaltung des eroberten Gebiets war ein „Aufseher über die nördlichen Fremdländer" beauftragt. Militärische Stützpunkte, Versorgungsbasen sowie Garnisonen und Häfen entlang der Küste 11 wurden angelegt, um Material und Truppen ungefährdet ins Land bringen zu können. Aus Königsfamilien wurden Geiseln genommen und nach Ägypten verbracht. Man sah in ihnen zugleich auch die potentiellen künftigen Thronanwärter, deren „Ägyptisierung" vielversprechend war. Durch Treueschwüre wurden Vasallen auf Ägypten verpflichtet, und Strafexpeditionen gegen Aufständische verfehlten ihre abschreckende Wirkung nicht. Amuns Tempel in Karnak profitierte von den ägyptischen Erfolgen; denn ihm wurden ausländische Ländereien vermacht und Schenkungen in Form von Beute und Sklaven zugeteilt. Im Süden konnte Thutmosis III. seine Herrschaft bis in das Gebiet von Napata beim vierten Nilkatarakt ausdehnen.

10 Der Name Naharin(a) lebte im Alten Testament in der Form Aram-Naharaim weiter, später dann auch in der Bezeichnung „Mesopotamien". Der Begriff bezieht sich auf das Gebiet innerhalb und jenseits des großen Euphratknies. 11 Besonders die Hafenstadt Byblos wurde ausgebaut, in der Thutmosis III. für Ba'alat einen Hathor-Tempel errichten ließ.

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Amenophis II. (ca. 1425-1400 v. Chr.), der bereits einige Jahre lang als Koregent amtiert hatte, erwies sich als würdiger Nachfolger seines Vaters. Bereits in seinem ersten Regierungsjahr zog er nach Syrien, wohin er auch später noch Feldzüge unternahm. Seine Hauptziele waren die Städte Qadesch, Nija und Tunip, in denen nach dem Tod seines Vaters Aufstände ausgebrochen waren. Der militärisch ausgerichtete und bei seinen Maßnahmen und Vergeltungsaktionen strenge König, mußte freilich einsehen, daß Nordsyrien und der Euphrat wegen des mächtigen Mitannireichs und wegen des tatkräftigen Hethiterkönigs Tudhalija I. außerhalb seiner Reichweite lagen. Ägyptens Nordgrenze konsolidierte sich auf einer von Ugarit bis zum Mittellauf des Orontes führenden Linie. Innerhalb dieses Bereichs setzte Amenophis II. seine Autorität mit harter Hand durch, wie die vielen deportierten Kriegsgefangenen, darunter auch Maryannu und Apiru, und die öffentlichen Hinrichtungen syrischer Aufständischer belegen. Während der Regierung von Thutmosis IV. (ca. 1400-1391 v. Chr.) begannen sich die politischen Fronten zu verschieben. Die Beziehungen zwischen Ägypten und dem Mitannireich entspannten sich allmählich, weil für beide die Bedrohung durch die Hethiter zunahm, und weil man sich in Ägypten wie in Mitanni bewußt wurde, daß die Grenzen der Macht erreicht waren. Die veränderte Stimmung äußerte sich darin, daß der Mitannikönig Artatama I. eine seiner Töchter dem ägyptischen Pharao zur Frau gab, wie Tuschratta in einem Brief an Amenophis III. (EA 24) erwähnt. Rückblickende Passagen in Amarnabriefen zeigen außerdem, daß Ägypten unter Thutmosis IV. auch schon diplomatischen Kontakt mit Babylonien (König Karaindasch, EA 10) und Assyrien (König Assurnadinachche) unterhielt. In Syrien-Palästina - in Geser und Sidon - machte der Pharao seinen Einfluß zwar noch spürbar geltend; doch insgesamt gestaltete sich die Herrschaft Thutmosis' IV. recht friedlich. Geprägt war diese Zeit vom Weiterbau am Tempel in Karnak, wo Thutmosis IV. den monumentalen Obelisken aufstellen ließ, der dann später nach Rom überführt wurde. Auf Thutmosis IV. folgte Amenophis III. „der Herrliche", der den Thron mehr als achtunddreißig Jahre innehatte (1391-1353 v. Chr.). Er herrschte mit orientalischer Prunkentfaltung, was seine eindrücklichen und manchmal auch kolossalen Bauwerke 12 ebenso belegen wie seine in Serien und massenhaft hergestellten Skarabäen, auf denen er denkwürdige Ereignisse festhalten ließ. Auch sein Harem war groß; in ihm lebten viele Prinzessinnen, darunter zwei Töchter der beiden Mitannikönige Schuttarna II. und Tuschratta. Erstere hatte in den Harem ein Gefolge von dreihundert Personen mitgebracht. Kunst und Handel florierten. Das zeigen die Gräber hoher Beamter, etwa die von Ramose und Cheruef, und vor allem der Totentempel (!), den sich der gelehrte Architekt Amenophis errichten ließ. Er war der Sohn eines Mannes

12 Unter den Bauwerken Amenophis' III. ragen die Tempel in Karnak, Soleb und Luxor besonders hervor.

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Die Amarnazeit

namens Hapu, nahm unter den Günstlingen des Königs den Spitzenplatz ein und wurde später als Gott der Weisheit verehrt. Militärische Unternehmungen fanden nur im fünften und sechsten Jahr Amenophis' III. in Nubien statt. Mit ihnen sollte in erster Linie sichergestellt werden, daß der überwiegend in Form von Gold entrichtete Tribut weiterhin ins Land strömte, da dieses Edelmetall bei den internationalen diplomatischen Beziehungen mit vielen Ländern und Höfen eine wichtige Rolle spielte. Die Aufrechterhaltung guter Beziehungen, bisweilen auch die gegenseitige Unterstützung und die Sicherung des Friedens wurden nämlich in einem sich fast rituell abwickelnden Austausch von Geschenken, Briefen, Gesandtschaften und Haremsprinzessinnen erkauft. Die zahlreichen sowohl wirtschaftlichen als auch politischen Kontakte - mit Babylonien unter Kurigalzu I. und Kadaschmanenlil I., mit Assyrien unter Assurnadinachche, mit Mitanni unter Schuttarna II. und Tuschratta - sind in der internationalen Korrespondenz bestens dokumentiert; Hinweise auf sie liefern auch die Ortsnamen, die auf Statuensockeln Amenophis' III. aufgeführt sind. Darunter finden sich Namen wie Assur, Babylon, Karkemisch, Damaskus, Knossos (auf Keftiu = Kreta), Mykene, Nauplia und Kytheria 13 . In Syrien-Palästina geriet Ägyptens Autorität freilich ins Wanken; denn jegliche militärische Aktion von Seiten Ägyptens unterblieb, der Pharao ließ sich hier niemals blicken, und die Hethiter konnten ihre Kraft unbehindert sammeln. Unterminiert wurde die ägyptische Oberherrschaft zudem durch interne Vorgänge in Syrien-Palästina selbst. Einige Vasallen unternahmen eigenmächtige Aktionen, so besonders Amurru, das unterstützt von den Apiru seine eigene Machtpolitik betrieb.

5. Die Amarnazeit (ca. 1355-1330

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13 Die drei letztgenannten Städte - M y k e n e , N a u p l i a u n d Kythera - sind als Tanayu = D a n a o i (?) klassifiziert.

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. v.Chr.)

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Daneben gab es etwa dreißig „Schultexte". Es handelt sich um die Briefe E A 1 - 4 4 . Die sechzig Briefe aus Byblos stammen alle aus der Regierungszeit Ribaddis.

Die Amarnazeit

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es Abschriften von Briefen, die die Pharaonen ihren Verbündeten und Vasallen schickten17. Merkwürdigerweise sind solche Antwortschreiben, auf die die Absender ihren eigenen Briefen zufolge manchmal lange Zeit vergeblich warteten, seltener als man erwarten sollte, und so bleibt der Befund in dieser Hinsicht bislang enttäuschend. Neuere Ausgrabungen wie die auf dem Teil Nebi Mend oder in Qatna können hier möglicherweise Abhilfe schaffen. Die einzigen tatsächlichen, außerhalb Ägyptens gefundenen Amarnabriefe kommen vom Kamid el-Loz im Libanon, dem ehemaligen Kumidi am Ostrand der Biqa\ Vom Teil el-Hesi in Südkanaan ist ein an einen ägyptischen Beamten gerichteter Brief bekannt, der in die Amarnazeit gehört, und der sich mit Aktivitäten der Herrscher von Lachis befaßt, die auch in den Amarnabriefen vorkommen. Älter (15. Jh. v. Chr.?) sind die dreizehn in Thaanach entdeckten Keilschrifttexte, und die beiden wahrscheinlich ins 14. Jahrhundert v. Chr. zu datierenden Keilschrifttexte aus Sichern weisen keine substantiellen Berührungspunkte mit der Amarnakorrespondenz auf. Die ägyptische Herrschaft über diese Gebiete stützte sich auf drei Zentren: Der Süden und die phönizische Küste wurden von Gaza aus verwaltet, der Nordwesten, das Gebiet von Amurru, von Sumur und die Upe genannte Umgebung von Damaskus von Kumidi aus. In diesen Zentren residierten die räbisu oder sökinu betitelten „Kommissare", die die hazannu oder „Mann von . . . " genannten Stadtfürsten beaufsichtigten. Herumreisende, öfters mit militärischen Titeln versehene ägyptische Staatsbeamte („königliche Gesandte in die Fremdländer") und kleine Garnisonen sorgten für die Aufrechterhaltung der ägyptischen Autorität. Ihre Aufgabe bestand darin, Steuern einzutreiben, Leute zu verhaften, pharaonische Urteile auszuführen und lokale Konflikte beizulegen. War es erforderlich, dann kam ihnen ein Expeditionskorps zur Hilfe. Entlang der Küste und in den phönizischen Städten war der ägyptische Einfluß besonders stark, aber auch in der Jesreelebene, wo sich in Megiddo, Thaanach und Beth-Sean Festungen befanden. In den Briefen sind Anzeichen für die Auflösung des Großreichs erkennbar. Nach und nach verlor Ägypten an Boden, so daß schließlich nördlich von Palästina nur noch die phönizischen Städte und Damaskus die ägyptische Oberhoheit anerkannten. Hier und weiter südlich kam es in einer von Verschwörungen und Mißtrauen geprägten Atmosphäre zu internen Rivalitäten, bei denen irreguläre Elemente wie die Apiru eine wichtige Rolle übernahmen (dazu s.u. V.9), etwa wenn sie Lokalfürsten bei deren nationalistischen, anti-ägyptischen Bestrebungen unterstützten. In den Briefen ist von Überraschungsangriffen, Mordfällen und Unsicherheit auf den Karawanenwegen die Rede; doch die Bitten der Betroffenen um militärische Hilfe von Ägypten, die sich manchmal auf ein paar Dutzend (!) Soldaten beschränkte, blieb oft unbeantwortet. Obwohl das Vasallensystem nominell fortbestand, waren Klagen

17 Es handelt sich um die Briefe E A 1 und 5 (nach Babylonien), 31 (nach Arzawa, in hethitischer Sprache), 162-163 (an Aziru von Amurru), 190, 367 und 369-370.

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über Aufstände, Verrat und Feindseligkeit gegen den Pharao ebenso an der Tagesordnung wie bewegende Treuebeteuerungen dem Pharao gegenüber18. Im Norden stellte besonders Amurru unter Abdiaschirta und Aziru einen Unruheherd dar. Dank der Unterstützung durch die Apiru gelang es Abdiaschirta, seine Macht über den gesamten Küstenstreifen zwischen Ugarit und Byblos auszubreiten, und zeitweilig hielt er sogar Byblos besetzt. Später wechselte Aziru ins hethitische Lager über und wurde ein Vasall Suppiluliumas I., der seinen Einflußbereich Schritt für Schritt zum Libanon hin vorschob. Dasselbe Schicksal erlitt auch der mit Ägypten verbündeten Stadtstaat Qatna, wobei sich besonders Qadesch unter Aitagama für die hethitische Sache stark machte. Weiter im Süden verfolgte der Herrscher von Hazor, der es als einziger unter den Vasallen wagte, den Königstitel sarru zu führen, hochstrebende Pläne. Er plante Gebietserweiterungen, die Tyrus und Sidon bedrohten. Im zentralen palästinischen Bergland war Sichern unter Labaja ein Zentrum antiägyptischer Umtriebe. Mit Hilfe der Apiru konnte Labaja sogar Megiddo angreifen, während er im Süden, unterstützt von Geser, Druck auf Jerusalem ausübte, wo damals Abdihepa herrschte. Jerusalem und Schuwardatta (von Hebron?) erhielten von Akko und Achsaph Unterstützung, um die Apiru in Schach halten zu können. In der Regel konnte man sich nicht auf Hilfe aus Ägypten verlassen; denn, sofern sie überhaupt kam, dauerte es zu lange, bis sie vor Ort war. Dies galt vor allem während der Regierung Amenophis' IV., als sich alle Aufmerksamkeit auf innerägyptische Angelegenheiten konzentrierte.

6. Echnaton und das Ende der 18. Dynastie (ca. 1350-1300 v. Chr.) C. ALDRED, Akhenaten, Pharaoh of Egypt: A New Study, London 1968. - Ders., Akhenaten and Nefertari, New York 1973. - T.R. BRYCE, The Death of Niphuruiya and its Aftermath, J E A 76,1990, 97-105. - CH. DESROCHES-NOBLECOURT, Tutankhamen: Life and Death of a Pharaoh, New York 1963. - R. KRAUSS, Das Ende der Amarnazeit, Hildesheim 1978. - Ders., Akhetaten: A Portrait in Art of an Ancient Egyptian Capital, in: C A N E 2, 749-762. - A. MALAMAT, Campaigns of Amenophis II and Thutmose IV to Canaan, Scripta Hierosolymitana 8, Jerusalem 1961, 218-231. C.F. NIMS, Thebes of the Pharaohs: Pattern for Every City, London 1965. D.B. REDFORD, History and Chronology of the Eighteenth Dynasty of Egypt, Toronto 1967. - Ders., Akhenaten, the Heretic King, Princeton 1984. - H . A . SCHLÖGL, Echnaton-Tutanchamun. Fakten und Texte, Wiesbaden 2 1985. - A.P. THOMAS, Akhenaten's Egypt, Aylesbury 1988.

Als Amenophis III. schwer erkrankte, ließ er sich als medizinische Hilfe eine Ischtarstatue aus Mitanni schicken. Der Pharao starb trotzdem, und Nachfolger wurde sein Zweitältester Sohn Amenophis IV., den die beeindruckende

18 Typisch sind hierfür die Briefe des Stadtfürsten Ribaddi von Byblos, der schwere Zeiten mitmachte und sich selbst als „unschuldig Leidenden" darstellte.

Echnaton und das Ende der 18. Dynastie

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Königin Teje geboren hatte19. Amenophis IV. regierte von 1353 bis 1336 v. Chr. als Alleinherrscher 20 . Seine Regierungszeit verband sich mit einem radikalen Wechsel in Ägyptens Religionsgeschichte. Vom traditionellen ägyptischen Standpunkt aus gesehen war der Umbruch so tiefgehend, daß er dem Pharao den Titel „häretischer König" eintrug. Amenophis IV. änderte die überkommene Verehrung des nationalen Sonnengottes Amun-Re oder Re-Harachte dahingehend, daß er einem spezifischen Aspekt Res in Kult und Theologie eine zentrale Stellung einräumte: Im Mittelpunkt stand nun die Sonnenscheibe (Aton) mit ihrem Licht, ihrer Wärme und ihren lebensweckenden und lebenserhaltenden Strahlen, wie sie oft auf Reliefs des Pharaos in Karnak und el-Amarna dargestellt ist. Seinen Geburtsnamen änderte Amenophis IV. in Echnaton, in Karnak erbaute er für Aton einen Tempel, und in seinem sechsten Regierungsjahr ließ er auf jungfräulichem Boden eine völlig neue Residenz errichten. Diese halbwegs zwischen Theben und Memphis gelegene Neugründung hieß Achetaton; doch ist sie unter ihrem modernen Namen el-Amarna besser bekannt21. Mit den am Ort ausgegrabenen Bauten und Denkmälern sowie der Ausstattung der in der Nähe entdeckten Felskammergräber hoher Beamter Echnatons sind optimale Voraussetzungen gegeben, um das Reformwerk des Pharaos zu entschlüsseln. Hintergrund und Motive des revolutionären, von Echnaton verfolgten Programms sind unbekannt. Man hat erwogen, ob Echnaton dabei von seiner Mutter Teje oder seiner Gemahlin Nofretete beeinflußt gewesen sein könnte; doch läßt sich dies schwerlich beweisen. Immerhin sieht es aber so aus, als habe Echnaton zweierlei Motive für seine Reform gehabt, und zwar sowohl religiöse als auch politische. Erkennbar ist zum einen der Drang, einen einzigen Schöpfer des Universums zu verehren, den man als guten, das Leben spendenden und erhaltenden Gott erfuhr. Ein solches Gottesbild vermitteln die Gebete, und auf dieselbe Weise ist Aton auch in den Hymnen beschrieben, die in Gräbern erhalten geblieben sind22. Zum anderen waren bei Echnatons Reform aber auch politische Erwägungen mit im Spiel; denn der traditionelle Kult des Amun hatte sich zu einem eher säkularisierten religiösen, politischen und wirtschaftlichen Gebilde entwickelt, das die Monarchie möglicherweise hätte in den Schatten stellen können. Daß überall, sogar in Nubien, Amuns Name von Denkmälern getilgt wurde, zeigt, welch scharfer Gegensatz zwischen der alten und der neuen Religion bestand. Als später eine teilweise Restauration des Amunkultes erfolgte, richtete sich die Zerstörungswut vor allem auf den von Echnaton in Karnak für Aton erbauten Tem-

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Vor einiger Zeit konnte ihre Mumie identifiziert werden. Eine Koregentschaft ist im Falle Amenophis' III. überaus zweifelhaft. 21 El-Amarna ist der Name eines Dorfes, in dessen Umgebung die Ruinen von Achetaton ausgegraben wurden. Der Dorfname seinerseits gehört wohl mit dem Namen des Stammes der Bene 'Amrän zusammen, der in der Umgebung lebt. 22 Zwischen diesen Hymnen und einigen Davidspsalmen (ζ. B. Ps. 104) kommt es mehrfach zu sachlichen Berührungspunkten. 20

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D i e S p ä t b r o n z e z e i t (16.-12. J h . ν. Chr.)

pel 23 . Tausende seiner mit Reliefs geschmückten Kalksteinblöcke entdeckte man in Grundmauern von Bauten, die einer seiner späteren Nachfolger, Haremheb, hatte errichten lassen. Als Haremheb im Amuntempel von Karnak drei Pylone erbauen ließ, wurden besonders viele dieser Reliefblöcke als Steinkern für den zweiten Pylon verwendet. Auf den in mühsamer Kleinarbeit restaurierten Reliefs lassen sich theologische Aspekte des Atonkultes ablesen. Dem einzigen Gott Aton entspricht demnach eine einzige Gestalt, die ikonographisch als „Strahlenaton" festgelegt ist, das heißt als kreisförmige Sonnenscheibe mit von ihr ausgehenden Strahlen, die in segnenden Händen enden. Die königliche Familie ist auf unterschiedliche Weise zu diesem Gottesbild in Beziehung gesetzt: Der König, seine Frau und seine Tochter können verehrend in seinem Strahlenglanz stehen, während die göttlichen Strahlenhände sie segnen. Echnaton und Nofretete können aber auch zusammen mit Aton Gegenstand der Anbetung und Verehrung sein, was bedeutet, daß sie über ihre Vermittlerrolle hinausgehend gottähnlich geworden waren. Einige der Reliefs und die Form, in der Nofretetes Atonname geschrieben wurde, lassen eine spezielle Beziehung der Königin zur Sonnenscheibe erkennen: Nur Nofretete richtete Gebete an sie. Auch erscheint die Königin in der sonst dem Pharao vorbehaltenen Rolle als der die Feinde niederwerfende Gott-König, an den vier Ecken des Sarkophags Echnatons nimmt ihr Bild den üblicherweise von Schutzgöttinnen besetzten Platz ein, und bei Ejes Sarkophag finden sich in analoger Plazierung drei Göttinnen sowie ein Bildnis Nofretetes. In der Kunst spiegelt sich deutlich die mit der Amarnazeit angebrochene Erneuerung wider. Die für Aton erbauten Tempel weichen vom überkommenen Bauschema ab, indem sie keinen geschlossenen Kultraum besaßen, in dem Priester für das Wohlergehen der Götterstatuen sorgten. Die neuen Tempel waren offen und fingen die Sonnenstrahlen ein. In ihrer Mitte befand sich ein hoher, von vielen Opfertischen umgebener Altar. Auf den Reliefs wurde das Privatleben der königlichen Familie in idyllischen Szenen nachgezeichnet, und vielleicht sollte damit bewußt ein Leben umgeben von Atons Wärme und Liebe vor Augen geführt werden. Die Porträts vermeiden jegliche Idealisierung, sie sind in einem expressionistischen und übertrieben realistischen Stil gehalten, in dem sich auch die Eigentümlichkeiten einzelner Künstler ausdrückten 24 . Der König wurde ganz unterschiedlich wiedergegeben. Bisweilen erscheint er wie verzerrt, dann mit weiblichen Zügen ausgestattet, fast zweigeschlechtlich oder auch übermäßig ausdrucksvoll. Ausgehend von diesen Darstellungsweisen hat man versucht, die Person des Königs zu analysieren; doch die recht unterschiedlich ausgefallenen Ergebnisse dürf-

23 Auch Echnatons neugegründete Residenz Achetaton wurde kurz nach seinem Tod aufgegeben, und seine Nachfolger auf dem Thron holten aus den Ruinen Baumaterial für verschiedene Zwecke. 2 4 Einige Künstler sind namentlich bekannt, und in ihren Werkstätten fanden sich auch Studien und Vorarbeiten, die sie angefertigt hatten.

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ten zu weit gehen, wenn man bedenkt, daß sich auch die schöne Nofretete im selben Stil abbilden ließ. Einige Wissenschaftler sehen in dem so dargestellten König den Gott Hapi der Fruchtbarkeit und wegen der androgynen Züge „Vater und Mutter" des Volkes. Dies alles muß hypothetisch bleiben; deutlich ist aber, daß ein König, der einen derart tiefen Bruch mit der überkommenen Religion nicht nur herbeiführen, sondern auch organisieren und durchführen konnte, kein Schwächling, sondern eine starke und kreative Persönlichkeit gewesen sein muß. Welchen Verlauf die Ereignisse in Echnatons späteren Jahren und direkt nach seinem Tod nahmen, läßt sich nicht in allen Einzelheiten feststellen. Die Quellen sind unvollständig, weil kurz nach Echnatons Tod Amarna aufgegeben und die meisten seiner Denkmäler hier wie überall in Ägypten entweiht und zerstört wurden. Erschwerend kommt hinzu, daß auch die Verwandtschaftsverhältnisse in der Königsfamilie kompliziert waren und sich nicht immer leicht rekonstruieren lassen. Neben anderem hängt dies auch damit zusammen, daß es schwierig ist, beschädigte Mumien und Gräber zu identifizieren, deren Ausstattung nicht intakt erhalten blieb, weil Teile davon, etwa Sarkophage und Kanopengefäße 25 , wiederverwendet wurden. Die größte Wahrscheinlichkeit hat die Rekonstruktion für sich, derzufolge in Echnatons vierzehnten oder fünfzehnten Regierungsjahr sein Schwiegersohn Semenchkare 26 zum Koregenten bestimmt wurde, nachdem er mit Echnatons ältester Tochter Meretaton die Ehe eingegangen war. Meretaton war die Thronprinzessin und inzwischen erwachsen genug, um die Rolle der Königin zu übernehmen. Zur selben Zeit und wohl kaum unabhängig von diesen Vorgängen wurde die vom König betriebene Religionspolitik zurückhaltender. Auch die traditionellen Kulte und die überkommene Theologie erfuhren nun mehr Aufmerksamkeit, so daß schließlich neben Aton auch Amun wieder verehrt wurde. Man mag darin ein gewisses Nachgeben Echnatons gegenüber dem Widerstand sehen, den seine bisherige Politik provoziert hatte. Als Echnaton nach siebzehnjähriger Herrschaft starb (ca. 1336 v.Chr.), überlebte ihn sein Koregent und Nachfolger Semenchkare nur gut zwei Jahre 2 ? Der Thron ging nun an Tutanchaton über, vermutlich einen jüngeren Sohn Echnatons und Kijas. Er war mit Echnatons und Nofretetes dritter Tochter, Anchesenpaaton, verheiratet. Als Tutanchaton seinem Bruder (?) im Königsamt nachfolgte, war er erst acht oder neun Jahre alt und sollte nur zehn Jahre lang regieren (ca. 1334-1324 v.Chr.). Weil Tutanchaton für die

25 Kanopen sind Gefäße oder Kästen, in denen die bei der Mumifizierung der Leiche entnommenen Eingeweide gesondert vom Körper bestattet wurden. 26 Semenchkare war vermutlich ein Sohn von Echnatons zweiter Gemahlin Kija. 27 Semenchkare starb vermutlich unerwartet früh. Das legt jedenfalls der Befund in Grab Nr. 55 im „Tal der Könige" bei Theben nahe, sofern es sich dabei tatsächlich um Semenchkares letzte Ruhestätte handelt. Die Grabausstattung macht jedenfalls einen rasch zusammengestellten, etwas improvisierten Eindruck.

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Regierungsführung noch zu jung war, wurde ein Regent ernannt. Nach einer Auffassung könnte dies Tutanchatons Wesir Eje gewesen sein, nach einer anderen Hypothese hätte die alte Königin Nofretete diese Aufgabe übernommen. In jedem Falle haben aber diejenigen, die den jungen König leiteten, dafür gesorgt, daß in dessen drittem Jahr Echnatons „Häresie" zurückgenommen wurde. Man mußte zur Einsicht gekommen sein, daß dieser Schritt nicht nur religiöser Uberzeugungen wegen unumgänglich war, sondern auch deshalb, weil Probleme in Wirtschaft und Verwaltung Unzufriedenheit aufkommen ließen. Der König und sein Hof verließen Achetaton und nahmen ihre Residenz in Memphis. Der Name des Königs wurde in Tutanchamun, der der Königin in Anchesenamun umgewandelt und Amuns Kult und der der anderen Götter in vollem Umfang wieder hergestellt. Im Amuntempel in Karnak wurde die sogenannte „Restaurations-Stele" aufgestellt, deren Text unumwunden zugibt, die Götter und ihre Schreine seien vernachlässigt worden, ihre Tempel lägen in Ruinen und das Land befinde sich deshalb in einem schlimmen Zustand. Auf dieses Bekenntnis früher begangener Sünden folgt das königliche Versprechen, Götterbilder herzustellen, ihre Schreine und Tempel zu restaurieren und dafür zu sorgen, daß sie Einkünfte, Besitz und sie bedienendes Personal erhielten. Tutanchamun blieben nur sieben Jahre, um dieses Programm auszuführen; denn er starb bereits nach zehnjähriger Regierungszeit. Daß die Erinnerung an diesen Pharao bis heute fortlebt, hängt weniger mit seiner Wiederherstellung des traditionellen Kultes als vielmehr damit zusammen, daß sein Grab im „Tal der Könige" bei Theben im Jahr 1922 nahezu unversehrt entdeckt wurde. Obwohl das Grab unermeßliche Reichtümer enthielt 28 , war es wohl ursprünglich nicht für Tutanchamun bestimmt. Als der König unerwartet starb, behalf man sich mit einem bereits angelegten Felskammergrab. Das damals noch unvollendete, für Tutanchamun eigentlich vorgesehene Grab übernahm schließlich sein Nachfolger Eje. Eje war ein Bruder von Echnatons Mutter, der Königin Teje, und er regierte nur vier Jahre lang. Bereits unter Echnaton hatte er wichtige Aufgaben wahrgenommen, und unter Tutanchamun diente er dann als Wesir. Nach Ejes Tod ging der Thron an seinen Stellvertreter und Oberbefehlshaber der Armee Haremheb über, der während der Herrschaft Tutanchamuns in hohe Ämter aufgestiegen war. Schon damals hatte er eine Expedition nach Qadesch sowie einen Feldzug nach Nubien unternommen, und nach seiner Thronübernahme stellte er Ägyptens militärisches Ansehen wenigstens zum Teil wieder her. In der Anfangszeit von Haremhebs Regierung zog ein ägyptisches Heer zweimal nach Südsyrien. Dabei ging es weniger darum, die von Suppiluliumas I. Nachfolger Mursiii II. ausgebauten hethitischen Stellungen anzugreifen, vielmehr sollte Ägyptens Oberherrschaft über sein eigenes Ter-

28 Das Grab stellt eine wichtige, Bestattungspraktiken und die Kunst betreffende Informationsquelle dar.

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ritorium wieder zur Geltung gebracht werden. Haremheb, der achtundzwanzig Jahre lang regierte (ca. 1320-1293 v.Chr.), trug ebenfalls zur friedlichen Wiederherstellung der religiösen Verhältnisse bei, indem er etwa im Amuntempel in Karnak drei neue Pylone und eine Kolonnade errichten ließ. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Nekropolis von Theben 29 , nachdem er das monumentale Grab, das ihm in Saqqara vorbereitet war, aufgegeben hatte 30 . Noch vor seinem Tod bestimmte er Paramessu zu seinem Nachfolger. Dieser bekleidete ein hochrangiges militärisches Amt, war Wesir und „Stellvertreter seiner Majestät in Ober- und Unterägypten". Er herrschte unter dem Namen Ramses I. nur zwei Jahre lang und war der Begründer der 19. Dynastie.

7. Die Hurriter und Mitanni (16.-13. Jh. v. Chr.) W . BEYER (Hg.), Meskene-Emar. Dix ans de travaux 1972-1982, Paris 1982. M . D I E T R I C H / H . KLENGEL, Die Inschrift der Statue des Königs Idrimi von Alalah, UF

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In dem Gebiet, in dem Mesopotamiens, Nordsyriens und Anatoliens Grenzen sich berühren, entwickelte sich das hurritische Bevölkerungselement seit dem 16. Jahrhundert v. Chr. allmählich zu einem Machtfaktor. Nach dem Tod Mursiiis I. stießen die Hurriter weiter nach Anatolien vor und setzten sich vor allem in den Ländern Kizzuwatna und Isuwa fest. Auch in Nordsyrien tauchten Hurriter auf; doch kennt man aus dieser Zeit noch kein städtisches

2 9 Das „Tal der Könige" bei Theben wurde noch einige Jahrhunderte lang weiter belegt, obwohl die Königsresidenz nach Memphis übergesiedelt war. 3 0 Während der Amarnazeit wurden Würdenträger in der Nekropole von Saqqara beigesetzt.

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Zentrum, das sich mit ihnen verbinden ließe. Erst ab 1500 v. Chr. nahm der Mitannistaat im nördlichen Mesopotamien Gestalt an, und sein Einfluß strahlte nach Norden und Westen aus. Wir wissen bislang nur sehr wenig über die früheste Geschichte dieses Staates, aber dank Siegellegenden, juristischen und administrativen Texten und einigen wenigen historischen Inschriften sind wenigstens die Namen mehrerer Könige aus jener Anfangszeit bekannt. Die üblichen Vorschläge zu ihrer absoluten Datierung und Reihenfolge sind allerdings zu revidieren, nachdem Diana Stein erhebliche Bedenken gegen sie vorgebracht hat. So gehen diese Rekonstruktionen von irrigen Vorstellungen über den Umgang mit königlichen und dynastischen Siegeln31 aus, sie beruhen sodann auf unsicheren Annahmen über die Datierung von Zerstörungsschichten und über das Aufkommen bestimmter Keramiktypen (Nuziware 32 ), und schließlich benutzen sie auch noch unkoordinierte Daten von verschiedenen Orten für Generationen von Herrschern und Schreibern. Der erste belegte König (um 1500 v.Chr.?) ist demnach wahrscheinlich „Schuttarna, Sohn des Kirta". Mit seinem dynastischen Siegel sind zwei Tontafeln aus Alalach gestempelt, die den König Niqmepa von Alalach betreffende königliche Entscheidungen enthalten. Niqmepa darf in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts v.Chr. angesetzt werden (vielleicht 1440/1430 v.Chr.), da er der Nachfolger des berühmten Idrimi von Alalach war, der durch seine Statue mit autobiographischer Inschrift bekannt ist. Idrimi war ein Vasall des Königs Parattarna (ca. 1470 v.Chr.?), „des mächtigen Königs der hurritischen Truppen", mit dem er einen Vertrag geschlossen hatte. Auf Parattarna folgte vermutlich Parsasatar, der Vater Sauschtatars, der den Titel „König von Mitanni" trug. Sauschtatar eroberte die Stadt Assur und wurde in Syrien als oberster Lehnsherr anerkannt. Sein Siegel findet sich auf einem Brief, den er an den König der zum Land Arrapcha gehörenden Stadt Nuzi sandte. Es kommt aber gleicherweise auf in Teil Brak gefundenen Urkunden des Königs Tuschratta vor, der mit Suppiluliuma I. von Hatti kämpfte und schließlich ermordet wurde, wohl um 1330 v.Chr., nicht allzu lange vor der Zerstörung Nuzis (s.u. V.8). Dies zeigt, daß derartige Siegel auch als eine Art königliches Emblem auf späteren Dokumenten gebraucht werden konnten, die dem König vorgelegt wurden. Für das hurritische Reich gab es unterschiedliche Namen, was leicht Verwirrung stiften kann. Die Könige benutzten für sich selbst den Titel „König von Mitanni" 33 , während die Quellen aus Syrien und Bogazköy anfangs nur von

31 Man spricht dann von „dynastischen" Siegeln, wenn Könige die Siegel ihrer Vorgänger weiterbenutzen, eine Praxis, die etwa auch aus Alalach, Ugarit und Amurru bekannt ist. 3 2 Als Nuziware bezeichnet man v o m 15.-13. Jh. v . C h r . verbreitete Tongefäße, die erstmals in Nuzi und Alalach (Schicht IV) auftauchten. Häufig sind unter ihnen schlanke Becher mit kleinem Fuß, deren weißes geometrisches oder naturalistisches D e k o r auf einen dunklen Grund aufgemalt ist. 33

Offen ist, ob sich Mitanni im Königstitel auf das Volk oder auf das Land bezieht.

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„Hurritern" oder „hurritischen Truppen" sprechen. Für das Staatsgebiet gebrauchten Mitannis Rivalen meist den Namen Hanigalbat, und diese Bezeichnung war später auch in Assur üblich und dann wieder im 13. Jahrhundert v. Chr. unter den Assyrern und Hethitern, als das mitannische Königreich bereits zu einem machtlosen Vasallenstaat herabgesunken war. Geläufig war der N a m e Mitanni dagegen seit dem Ende des 15. Jahrhunderts v. Chr. besonders in Syrien und in Hattuscha, und man bezog sich damit auf das Königreich, das damals seine Blütezeit erlebte 34 . Für die Ägypter hieß das Gebiet östlich des Euphrat in der Regel Naharin(a), also „Mesopotamien" in etwas weiterer Bedeutung, bezogen auf das Gebiet innerhalb und östlich des großen Euphratknies. Ausgehend vom linguistischen Charakter vieler, übrigens auch in Nuzi vorkommender Namen von Personen, Göttern 3 5 und Orten läßt sich der Begriff „Hurritisch" auf Mitanni anwenden. Die in Mitanni geschriebene und gesprochene Sprache war Hurritisch, wie aus den Amarnabriefen und zahlreichen hurritischen Ausdrücken in akkadischen Texten aus Nuzi hervorgeht. Ein „indoarisches" Königreich und eine Einwanderung von „Indoariern" im großen Stil nach Nordmesopotamien hat es niemals gegeben, auch wenn manchmal in älteren Geschichtsdarstellungen solche Thesen vertreten wurden. Die Sprache von Mitanni enthielt jedoch einige indoarische Elemente, die Beziehungen zum Vedischen aufweisen. So wurden in den Flüchen des Vertrags zwischen Schattiwaza und Suppiluliuma I. „die zu Mitra, Varuna und Indra gehörenden Götter" sowie die Nasatya angerufen. Indoarisch waren zudem die Namen einiger mitannischer Herrscher, wofür auf Schuttarna, Parsasatar, Artatama und Tuschratta verwiesen werden kann. Entsprechende Namen kamen auch in den Gebieten vor, in die die Hurriter vordrangen. Beispiele dafür sind Aitagama von Karkemisch, Birjawaza von Damaskus, Indaruta von Achsaph und Biridja von Megiddo. Schließlich waren auch einige mit dem Streitwagen und dem Pferdetraining zusammenhängende Begriffe, etwa manjannina (Streitwagenkämpfer), indoarisch. Alle diese Elemente sind jedoch in einen geschichtlich und kulturell hurritischen Kontext eingebunden, und so haben auch die Namen der oben erwähnten Gottheiten grammatikalisch hurritische Endungen. A m einfachsten lassen sich diese Beobachtungen damit erklären, daß in einem frühen Stadium die Hurriter mit einer Gruppe indoarischer „Adliger" in Berührung kamen. Vermutlich geschah dies in der Umgebung des Kaukasus, und jene „Adligen" mußten damals bereits Erfahrungen im Umgang mit dem Streitwagen gesammelt habe. Sie schlossen sich den Hurritern an und gingen in ihnen auf, bewahrten sich aber dennoch hinsichtlich Namengebung und Pantheon ihre eigenen Traditionen. Ihre Herkunft und ihre Qualitäten befähigten diese indoarischen „Adligen" dazu, hier und da unter den Hurritern eine tonangebende Rolle zu übernehmen. Gelegentlich kam auch noch die Bezeichnung „Land der Hurriter/von Mitanni" vor. Die Namen wichtigerer Gottheiten sind Nubadig, Teschub, Schauschka, Kuschuch, Hepat, Adammu, Kumarbi, Kubaba, Aschtabi und Schimegi. 34

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Unser Wissen über den Staat von Mitanni hat vor allem deshalb enge Grenzen, weil seine Hauptstadt Wassukanni und damit eigene mitannische Archive noch nicht entdeckt wurden 36 . Informationen zu Mitannis Geschichte lassen sich aber verschiedenen Quellen entnehmen: den in el-Amarna gefundenen Briefen aus Mitanni, hethitischen Dokumenten, besonders den Prologen jüngerer Verträge, einigen ägyptischen Texten und Inschriften aus Syrien. Letztere stammen mehrheitlich aus Alalach, das im 15. Jahrhundert v.Chr. mitannischer Oberhoheit unterstand. Aus Alalach kennen wir den Herrscher Idrimi, der den Thron um 1480 v.Chr. erobert haben muß, als der politische Einfluß Mitannis noch gering war. Er erkannte den Mitannikönig Parattarna an; doch hinderte dies ihn nicht daran, eigenständig einen Vertrag mit Kizzuwatna abzuschließen und hethitische Städte zu überfallen. Idrimi ist vor allem durch seine historisch interessante und literarisch bemerkenswerte Autobiographie bekannt. Diese ist auf eine große, jetzt im Britischen Museum aufbewahrte Statue des Königs geschrieben, die ihn auf einem Hocker sitzend darstellt. Der über das lange Gewand der Sitzfigur laufende Text berichtet, daß Idrimi als jüngster Sohn des Königs Ilimilimma I.37 von Aleppo geboren wurde. Zusammen mit seinen Brüdern mußte er wegen eines Aufstands38 aus Aleppo nach Emar fliehen. Hier entschloß sich Idrimi zu einem Leben als Freibeuter, knüpfte in der Steppe Kontakte mit den Sutü-Nomaden und gelangte schließlich in die Stadt Ammia in Kanaan (Kin'änum). Zusammen mit Flüchtlingen aus dem Land Mukisch, aus Aleppo und aus anderen Städten, bildete er eine Kommandoeinheit und lebte mit ihr zusammen sieben Jahre lang unter den Apiru. Mit Schiffen machten er und seine Leute sich schließlich auf, um ins Land Mukisch zurückzukehren. Nachdem sie nahe beim Möns Casius an der Küste gelandet waren, gelang es Idrimi, Mukisch und die Stadt Alalach zu erobern und nach „sieben Jahren" vom mitannischen Herrscher als König anerkannt zu werden. Nun festigte er seine Position, indem er sich einen Palast erbauen ließ und die Nomaden unter seiner Kontrolle hielt. Gegen Ende der Inschrift sind als seine beiden Thronerben Niqmepa und Ilimilimma II. erwähnt. Mit ihrer Nachzeichnung des Schicksals Idrimis ist diese Inschrift ein einzigartiges Dokument, schildert sie doch die Aufstiegsversuche, die ein legitimes Königskind unternahm, um auf den Thron zu gelangen. Die Darstellung verrät darüberhinaus aber auch eine beachtliche literarische Kreativität in Syrien, die möglicherweise die hethitische Geschichtsschreibung beeinflußte. Nicht zuletzt führt Idrimis Inschrift auch die recht instabile politische Situation in Syrien vor Augen, die sich erst später durch die mitannische Oberherrschaft und durch die Feldzüge verändern sollte, die Thutmosis III. dorthin unternahm.

36 37 38

Man nimmt an, daß die mitannische Hauptstadt Wassukanni im Haburgebiet lag. Ilimilimma ist ein semitischer Name. Man kann sich fragen, ob der Aufstand in Aleppo von Mitanni aus angezettelt worden war.

Die Hurriter und Mitanni

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Das Bild, das wir uns von der hurritischen Gesellschaft machen, beruht auf dem umfangreichen Textmaterial, das in Nuzi gefunden wurde 39 . Nuzi war eine kleine, östlich des Tigris in der Nähe des modernen Kirkuk gelegene Stadt. Der Ort gehörte im 15. Jahrhundert v. Chr. zum Königreich Arrapcha (modern Kirkuk), das seinerseits der mitannischen Oberhoheit unterstand. Die in Nuzi gefundenen Inschriften sind auf Akkadisch geschrieben und stammen aus einem gut fünf Generationen umfassenden Zeitraum. An der zeitlichen Verteilung der Dokumente läßt sich ablesen, wie hurritische Begriffe einen zunehmend Raum in den Texten beanspruchten. Die Tontafeln dokumentieren Familienrecht (Heirat, Adoption, Erbteilung, Testament), Ackerbau, Grundbesitz, Feudalsystem, Dienstpflicht, Handel, Gewerbe, Palastverwaltung und Rechtssprechung. Der hurritische Charakter dieser eher „feudal" strukturierten Gesellschaft erweist sich auch an den überwiegend hurritischen Personennamen. Trotzdem wirkten aber auch noch babylonische Einflüsse nach, was sich etwa bei der Formulierung von Verträgen und beim Gewohnheitsrecht bemerkbar macht. Man hat die Nuzitexte auf eine oft unkritische Weise mit den alttestamentlichen Patriarchenerzählungen in Parallele gesetzt, hat sie zur Illustration von dort beschriebenen Bräuchen verwendet und versuchte, Elemente der Genesisüberlieferungen mit Hilfe der Inschriften aus Nuzi zu datieren. Die Ähnlichkeiten sind jedoch nur von sehr bedingter Art und lassen sich nicht mit der Gleichzeitigkeit beider Quellen oder gar damit erklären, die Patriarchen hätten das hurritische Gewohnheitsrecht übernommen 40 . Im 2. Jahrtausend v.Chr. waren viele Sitten und Rechtsbräuche, nicht zuletzt dank der weit verbreiteten mesopotamischen Traditionen, vorderorientalisches Gemeingut, das sich unabhängig voneinander sowohl in den Nuzitexten wie in den Genesiserzählungen niederschlagen konnte und dementsprechend je für sich zu werten ist. Zwischen 1458 und 1438 v.Chr. unternahm Thutmosis III. Feldzüge nach Nordsyrien, die ihn bis nach Qadesch, Karkemisch und Tunip führten 41 ; doch scheint dies das Mitannireich nicht beeinträchtigt zu haben, denn es behauptete sich weiterhin als Großmacht. Während der letzten zehn Regierungsjahre des Pharaos kam es zu keiner weiteren Auseinandersetzung, und auch unter seinem Nachfolger Amenophis II., der in nördlicher Richtung nicht über Ugarit und Qadesch hinaus vordrang, unterblieben Zusammenstöße mit Mitanni. Sauschtatars Nachfolger Artatama I. und der ägyptische Pharao Thutmosis IV. gingen sogar kurz nach 1400 v. Chr. ein Bündnis ein, das durch eine diplomatische Heirat besiegelt wurde. Artatamas I. Sohn und Thronerbe Schuttarna II. wurde um 1370 v. Chr. ermordet, und anstelle des

39 Ergänzend kommen zu den Funden aus Nuzi die Inschriften aus Kurruchanni (Teil el-Fachar) hinzu, aus einem Ort, der in derselben Gegend liegt. 40 Diese Meinung haben vor allem C.H. Gordon und E.A. Speiser vertreten; doch finden sich die Gegenargumente bei Th.L. Thompson. 41 In den Amarnabriefen EA 51 und 59 wird erwähnt, daß Tunip und Nuchaschsche von Thutmosis III. unterworfen wurden.

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. v.Chr.)

Kronprinzen Artatama II. übernahm sein jüngerer Bruder Tuschratta das Königsamt. Artatama II. wandte sich darauf Unterstützung suchend an die Hethiter. Der Amarnakorrespondenz nach zu schließen hielt Tuschratta die diplomatischen Beziehungen mit Amenophis III. und IV. aufrecht (ca. 1350-1340 v. Chr.) 42 , wobei das beide zusammenhaltende Element der mächtige Suppiluliuma I. von Hatti war, den Mitanni wie die Ägypter nicht zu Unrecht als Bedrohung fürchteten. In der Tat führten nach Tuschrattas Tod Suppiluliumas I. Feldzüge und später auch Assyriens Wiedererstarken im Osten zum Zusammenbruch des Mitannireichs. Es wurde immer schwächer und um 1330 v. Chr. aufgeteilt. Der von Schattiwaza, einem Vasallen und Schwiegersohn Suppiluliumas I. regierte Westen sank in Wirklichkeit zu einem hethitischen Protektorat ab, während der Osten zunehmend unter assyrischen Einfluß geriet. Am besten ist der Verlauf der Entwicklung im Westen in den Palastarchiven von Ugarit dokumentiert, doch kann er jetzt auch am Beispiel des kleinen Staates von Aschtata verfolgt werden. Er lag im Euphrattal westlich des Baiich an der Stelle, wo sich der von Norden kommende Euphrat nach Osten wendet. Aschtatas Hauptstadt war das in der Nähe des modernen Meskene auf dem rechten Euphratufer gelegene Emar. Schon Texte aus Ebla (ca. 2300 v.Chr.) und Mari (beginnendes 18. Jh. v.Chr.) sprechen von Emar als einem bedeutenden Handelszentrum und Flußhafen, bei dem die Karawanenroute in Richtung Aleppo und Ugarit mit dem von Norden (Karkemisch) und Süden (Mari, Babylon) her kommenden Schiffsverkehr auf dem Euphrat zusammentraf. Im 15. Jahrhundert v. Chr. muß Emar unter mitannische Kontrolle gekommen sein 43 . Gegen Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr. zwangen die Verhältnisse Emar dann dazu, sich unter die hethitische Oberhoheit zu beugen: Mursiii II. nahm Emar ein und ließ in der Nähe eine Festung erbauen 44 . Die überwiegend von Westsemiten bewohnte Stadt konnte zwar ihre eigene Dynastie behalten; doch die „Könige" - Ba'alkabar, Zuaschtarti, Pilsudagan, Elli - unterstanden als Vasallen dem hethitischen Vizekönig von Karkemisch. Die Siegelabdrücke von zweien dieser Vizekönige - Schachurunuwa und Initeschub - fanden sich auf Rechts- und Gerichtsurkunden in Emar. Da historische Inschriften und politisches Quellenmaterial fehlen, ist über Details aus der Geschichte dieses Vasallenstaates am äußersten Rand des hethitischen Großreichs wenig bekannt, aber es steht fest, daß hier nicht nur friedliche Zeiten herrschten. Ein Rechtstext und eine Votivinschrift aus der Regierungszeit Pilsudagans erwähnen übereinstimmend eine Belagerung Emars durch „hurritische Truppen", und in anderen Dokumenten ist von Phasen „schwerer Zeiten" die Rede, in denen die Stadt belagert wurde und

42 So ist zum Beispiel Brief EA 24 mit nahezu 500 Zeilen Länge das umfangreichste hurritische Dokument, das wir besitzen. 43 In diesem Kontext ist daran zu erinnern, daß Idrimi von Alalach sich nach seiner Flucht aus Aleppo zunächst einige Zeit in Emar aufhielt. 44 Vermutlich ist diese Festung mit dem Teil Faq'us identisch, der 10 km östlich von Emar liegt.

Die Hurriter und Mitanni

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die Preise in die Höhe schössen. Wichtiger als diese Momentaufnahmen aus dem politischen Geschehen dürfte aber der Umstand sein, daß sich Emar während des 13. Jahrhunderts v.Chr. als ein Zentrum sowohl babylonischer als auch hurritischer Gelehrsamkeit erwiesen hat. In diesem Sinne darf man die Hunderte von literarischen und wissenschaftlichen Texte werten, die aus den Tempeln und Bibliotheken der Stadt geborgen wurden. Sie fügen sich nahtlos in das Bild ein, das man sich von der Rolle hurritischer Schreiber und Gelehrter macht; denn diese gaben ihr Wissen offensichtlich in zwei Sprachen sowohl an die Syrer als auch an die Hethiter weiter. Aus hethitischen Quellen wissen wir, in welch hohem Ansehen die Gutachten von Orakeleinholern von Aschtata standen, und wie sehr die Orakel aus dem Tempel von Emar geschätzt wurden. Auch wenn aus Emar keine Belege für assyrische Versuche vorliegen, Nordmesopotamien im 13. Jahrhundert v.Chr. zu kontrollieren oder gelegentlich bis an den Euphrat vorzustoßen, kann es dennoch keinem Zweifel unterliegen, daß die Rivalität zwischen Assyrien und Hatti damals den entscheidenden Faktor in der Geschichte dieser Region darstellte. Er sollte auch noch das letzte Jahrhundert in Mitannis Geschichte bestimmen. Wie die Regierung Schattiwazas um 1300 v.Chr. ihr Ende fand, ist unbekannt. Der Thron ging an Schattuara I. und seinen Sohn Wasaschatta45 über. Sie regierten von der Stadt Taide (Teil el-Hamidija?) aus, wo schon Schuttarna III., der Sohn Artatamas II., seine Residenz hatte. Wahrscheinlich hat Mitanni unter der Herrschaft Mursiiis II. einen Teil seiner Unabhängigkeit und Macht zurückgewonnen, aber unglücklicherweise enthalten die hethitischen Quellen des 13. Jahrhunderts v.Chr. keinerlei Angaben zur mitannischen Geschichte. Das wiedererstarkte und nach der Herrschaft über Nordmesopotamien strebende Assyrien wurde nun zum entscheidenden Faktor für Mitannis politisches Schicksal. Vermutlich veranlaßte die assyrische Bedrohung die Herrscher von Mitanni dazu, die Freundschaft und Unterstützung der Hethiter zu suchen und dies, obwohl Schattuara I. von König Adadnirari I. (1295-1263 v.Chr.) besiegt, gefangen und nach Assur gebracht worden war und dem assyrischen König den Treueid hatte leisten müssen. Jedenfalls finden wir in der Schlacht von Qadesch am Orontes im Jahr 1275 v. Chr. ägyptischen Quellen zufolge Mitanni, das sie Naharina nennen, unter den Verbündeten der Hethiter. Dies könnte zur Zeit Wasaschattas gewesen sein, von dem die assyrischen Annalen berichten, er habe „sich gegen Assur erhoben, habe Feindseligkeiten begangen und habe im Lande Hatti um Hilfe nachgesucht". Dieses Hilfegesuch blieb aber ergebnislos, und so konnte der assyrische König die Mitannihauptstadt Taide erobern und den fruchtbaren Ostteil des Haburdreiecks annektieren. Nachdem Ägypten und Hatti 1259 v. Chr. einen „ewigen Frieden" geschlossen hatten, gestaltete sich die hethitische Unterstützung Mitannis gegen ihren nun gemeinsamen Feind Assyrien effektiver; doch konnte dies den assyri-

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Der Name Wasaschatta ist die Umkehrung von Schattiwaza.

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. v.Chr.)

sehen Vormarsch unter Salmanassar I. (1263-1233 v.Chr.) nicht aufhalten. Salmanassar I. erwähnt stolz, er habe Schattuara II. von Mitanni samt seinen hethitischen und aramäischen (Achlamü) Verbündeten besiegt, habe neun befestigte Städte eingenommen und weitere hundertachtzig zerstört, und er habe Tausende von Gefangenen deportiert 46 . Obwohl dies nicht Mitannis völliges Ende bedeutete und obwohl Schattuara II. nach Westen auf hethitisches Gebiet fliehen konnte, war das Land nun in seiner Größe und Macht erheblich reduziert. Salmanassar I. gelangte sogar bis zum Euphrat nahe bei Karkemisch, und er kann von hier aus durchaus Malatija bedroht haben. Der von Mitanni/Hanigalbat verbliebene Rest zerfiel allmählich unter den wiederholten Angriffen Tukultininurtas I. von Assur (1233-1197 v. Chr.) und während der Wirren, die durch die Bevölkerungsbewegungen ausgelöst wurden, die die Phryger oder Muschki nach Kleinasien brachten. Was von den Hurritern übrig blieb, trat fortan unter neuen Namen auf, etwa als Land von Alze und Amadanu, wo jetzt „Subaräer" lebten.

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Mit der Angabe von 4 χ 3 6 0 0 Gefangenen ist eine runde Zahl gemeint.

Das hethitische „Neue Reich"

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erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts v.Chr. unter Tudhalija I. (etwa 1425-1410 v. Chr.) ein. Er erweiterte seinen Machtbereich bis weit in den Westen Kleinasiens 47 und in östlicher Richtung bis zum Oberlauf des Euphrat 4 8 . Hier und in dem von ihm annektierten Kizzuwatna 4 9 stieß er mit den Hurritern, den Verbündeten Mitannis, zusammen. In jener Zeit gewann der Südosten Anatoliens an Bedeutung. Wie wichtig die aus dieser Region kommenden hurritischen Einflüsse waren, spiegelt sich in den Königsnamen und in der kulturellen Vermittlung wider, die zwischen Mesopotamien und Hatti erfolgte. Der luwische Einfluß ist an Personennamen der Bevölkerung und an vielen luwischen Ritualen erkennbar. Aufschluß über internationale Beziehungen geben die in den Ritualen aufgezählten fremden Länder und Städte, deren Götter „vom Land Hatti angezogen wurden". Diese Blütezeit war nur von kurzer Dauer. Unter Arnuwanda I. (etwa 1400-1380 v.Chr.) brachen überall Aufstände aus. Feinde bedrängten das Reich, und sogar die Hauptstadt Hattuscha wurde in Brand gesteckt; doch blieb das „hesti-Yiaus", vielleicht ein Mausoleum, vom Feuer verschont. Ihren Höhepunkt erreichte die Krise direkt vor Suppiluliumas I. Thronbesteigung. Wir wissen jetzt mehr über diesen Geschichtsabschnitt, nachdem man eine früher in die letzten Jahrzehnte (Ende des 13. Jh.s v.Chr.) des hethitischen Großreichs datierte Textgruppe auf Grund linguistischer, philologischer und historischer Erwägungen in die Zeit um 1400 v. Chr. angesetzt hat. Diese Texte erwähnen Könige, die Tudhalija, Arnuwanda und Suppiluliuma heißen. D a mehrere hethitische Könige des Neuen Reichs diese Namen trugen, helfen derartige Königsnamen allein nicht weiter, um für die entsprechenden Dokumente ihren genauen Platz im Geschichtsablauf zu finden. Die ersten zwanzigjahre von Suppiluliumas I. Regierung (etwa 1350-1324 v.Chr.?) waren damit ausgefüllt, die anatolischen Feinde zurückzudrängen, das Reich zu konsolidieren und die Armee aufzubauen. Der Geschichtsablauf läßt sich anhand der „Taten des Suppiluliuma (I.)" rekonstruieren, einem fragmentarisch erhaltenen Werk seines späteren Nachfolgers Mursiii II. Außerdem enthalten die Geschichtsrückblicke in den Prologen jüngerer Vasallenverträge Informationen über diese Periode. In Kizzuwatna im Süden und in Isuwa im Osten kam es zum Zusammenstoß zwischen Suppiluliuma I. und dem Mitannikönig Tuschratta. Stolz berichtet Tuschratta in einem an Amenophis III. gerichteten „Amarnabrief" davon, wie er Suppiluliuma I. in einer Schlacht östlich des Euphrat in der Nähe von Isuwa besiegt habe. Diese Konfrontation war der Auftakt zu einer bitteren Auseinandersetzung um die Hegemonie in Nordsyrien, aus der Suppiluliuma I. schließlich als Sieger hervorging. Nachdem er Isuwa eingenommen hatte, überquerte Suppiluliuma I.

4 7 So gehörten hier etwa die Lukkaländer, die später auf Griechisch Lykaonien genannte Landschaft, und das Land Arzawa zum Reich. 4 8 Zu nennen sind etwa der Ort Malatija, das Gebiet von Isuwa sowie Suhma. 4 9 Das Zentrum von Kizzuwatna war Kummanni; das Land Kizzuwatna entspricht in etwa dem späteren Kilikien.

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von Osten kommend den Euphrat und fiel in Syrien ein, wo sich ihm Aleppo und das Land Mukisch 50 unterwerfen mußten. In Alalach mußten sich ihm weitere kleine Königreiche wie Nuchaschsche und Nii, die ebenfalls Vasallen Mitannis waren, ergeben. Auch das von Ammischtamru I. und danach von Niqmaddu II. regierte Ugarit, das bis dahin mit Ägypten verbündet war, entging diesem Schicksal nicht. Ugarit wurde zum hethitischen Vasallen, genoß aber einen bevorzugten Status, weil sich die Stadt unter Niqmaddu II. nicht der anti-hethitischen Koalition angeschlossen hatte. Ebenso wurden Tunip, Qatna in der Ebene von Höms und Qadesch (Kinza), die allesamt im ägyptischen Einflußbereich lagen, zur Unterwerfung gezwungen. In Qadesch wurde der anti-hethitisch eingestellte König abgesetzt und durch seinen Sohn Aitagama ersetzt. Westlich von Qadesch blieb Amurru mit seinem König Aziru vorläufig noch nominell ein Vasall Ägyptens. Bei einem zweiten, von ägyptischen und mitannischen Scharmützeln provozierten Feldzug nahm Suppiluliuma I. die mitannische Festung von Karkemisch ein. Landgewinn machte er auch im Süden, wo Aziru von Amurru nun die Zahl hethitischer Vasallen vergrößerte. In Ugarit wurde die Abschrift (?) eines interessanten Briefes entdeckt, den ein hethitischer Kommandant geschrieben hat. Darin sind die militärische Situation am Rande von Amurru und der dort zwischen Ägyptern und Hethitern ausgetragene Kampf anschaulich geschildert. Gegen Ende von Suppiluliumas I. Regierung hatte das hethitische Großreich seine Südgrenze bis zum Libanon vorgeschoben. Bald danach wurde Mitannis Kraft durch interne Vorgänge gebrochen. Tuschratta starb von Mörderhand, und um die Thronnachfolge brachen Streitigkeiten aus, in deren Verlauf Tuschrattas Sohn Schattiwaza fliehen mußte. Der Thron fiel an Tuschrattas Bruder Artatama II. und ging danach an dessen Sohn Schuttarna III. über. Als Mitanni unter den Einfluß Assurs geriet, unterstützte der Hethiterkönig Suppiluliuma I. Schattiwaza und half ihm, den Thron von Karkemisch wiederzugewinnen. Durch einen Vertrag, einen Treueeid und durch die Verheiratung mit einer seiner Töchter band Suppiluliuma I. Schattiwaza eng an das hethitische Großreich an. Das in seinem Umfang reduzierte und von den Hethitern überwachte Mitannireich war fortan nicht mehr als ein Pufferstaat zwischen Hatti und Assur. Gegen Ende seiner Regierung war Suppiluliuma I. Herrscher über ein riesiges Großreich. Seine Vasallen waren Teil eines mehr oder weniger föderalistisch organisierten Imperiums, in dem sie zwar ein gewisses Maß an Unabhänigkeit behielten, aber persönlich dem hethitischen Staat und König als „Vasallenkönige" verbunden waren. Auf diese Weise wurden nicht nur diejenigen behandelt, die sich freiwillig unterworfen hatten; diesen Status erhielten auch eroberte Städte, nachdem ein pro-hethitisches Mitglied der einheimischen Königsfamilie auf den Thron gehoben worden war. Durch diese Politik ließ sich das zersplitterte Syrien in Schranken halten, und für die Be-

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Das Land Mukisch lag samt seinem städtischen Zentrum Alalach in der Amuqebene.

D a s hethitische „ N e u e R e i c h "

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völkerung des hochentwickelten und stark hurritisch geprägten Syriens war die hethitische Oberherrschaft offenkundig leichter und akzeptabler, wenn sie von einheimischen Königen regiert wurde. Auch daß die Könige von Karkemisch, die von den Hethitern mit der Aufsicht über die syrischen Vasallen beauftragt waren, oft hurritische Thronnamen annahmen, deutet in diese Richtung. Letztendlich kam es Hattis eigenen Interessen zugute, wenn die syrischen Handelsstädte, allen voran Ugarit, über einen gewissen Freiraum verfügten; denn so konnten sie weiterhin ihre wichtigen Wirtschaftsfunktionen erfüllen. Dabei ging es vorrangig darum, die Kontakte mit Ägypten und Zypern aufrechtzuerhalten, woran auch dem hethitischen Großreich gelegen sein mußte. Die den Vasallen zugestandene Freiheit war schließlich für Hatti auch insofern gewinnbringend, als sie sich in Form höherer Tributleistungen auszahlte. Jeder Vasallenvertrag begann mit einer Präambel, in der der „Großkönig" von Hatti, „die Sonne" sich selbst vorstellte. Es folgte ein paränetisch gemeinter Geschichtsrückblick über die früheren Beziehungen beider Bündnispartner, erst danach kamen die eigentlichen Vertragsklauseln. Der Vertrag wurde mit ausführlichen Flüchen für den Fall seines Bruchs und mit kürzeren Segensformeln für den Fall seiner Einhaltung feierlich beschworen. Derartige „Treueschwüre" waren nichts Neues; sie waren vielmehr schon in altbabylonischer Zeit gebräuchlich, wie aus Texten aus Mari und vom Teil Leilan hervorgeht. Wie wir aus Alalach wissen, haben auch die Könige von Mitanni sie in Nordsyrien angewandt. Die ungefähr vierzig uns vorliegenden hethitischen Verträge sind umfänglicher, und sie sind auch besser erhalten. Die Hethiter benutzten derartige Verträge ganz systematisch, um ihr Großreich zusammenzuhalten und aufzubauen, und dementsprechend greifen spätere Vertragstexte auf frühere zurück. Der Großkönig war der Feudalherr, der seinen Vasallen mit Stadt und Land belehnte und der deshalb auch - unvorhersehbare Umstände ausgeschlossen - die Vererbung der Königswürde garantierte. Fand ein Herrscherwechsel statt, dann wurde der bestehende Vertrag entweder wieder in Kraft gesetzt oder ein neuer aufgesetzt. Der Text wurde üblicherweise in allen Details zweisprachig angefertigt, und zwar auf Hethitisch und Akkadisch 51 , der damaligen Diplomatensprache. Bisweilen wurden Ubersetzungen für den lokalen Gebrauch hergestellt, etwa in Ugarit. Weshalb es derartiger Ubersetzungen in die Sprache der Vasallen bedurfte, erhellt aus der Klausel über die regelmäßig stattzufindende öffentliche Verlesung des Vertrags. Beide Bündnispartner erhielten eine Kopie, weitere Exemplare wurden in Tempeln bestimmter Gottheiten deponiert. Dies geschah nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch weil man in diesen Göttern die Garanten der beschworenen Ubereinkunft sah. Nahezu alle bekannten Vertragstexte sind auf Tontafeln geschrieben, aber in einigen Berichten ist davon die Rede, daß für offizielle Kopien ein dauerhafterer Schreibuntergrund

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Im 13. Jh. v. Chr. geschah dies nur für syrische Vasallen.

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D i e S p ä t b r o n z e z e i t (16.-12. J h . ν. Chr.)

gewählt wurde. Solche Exemplare wurden auf Platten aus Eisen, Bronze, Silber und sogar Gold eingepunzt. Der Vertrag, in dem Hattusili III. und Ramses II. ihren „ewigen Frieden" schlossen, wurde auf zwei Silbertafeln geschrieben, von denen jeder der beiden Könige je eine erhielt. 1986 wurde in Hattuscha eine ausgezeichnet erhaltene, in einer Grube vergrabene Bronzetafel aufgefunden, deren beidseitig in je zwei Kolumnen angeordneter Text den Vertrag zwischen Tudhalija IV. und Kurunta von Tarhuntaschscha darbietet (s.u. V.12). Im letzten Paragraphen ist erwähnt, daß sieben Kopien hergestellt worden waren 52 , sechs für verschiedene Gottheiten 53 und eine für Kurunta. In den unteren Ecken der Tafel befinden sich zwei Löcher, durch die zwei Bronzeketten durchgezogen waren. Gewiß sollte damit die 5 kg schwere Platte an einem bestimmten Platz fest angebracht werden, indem man sie aufhängte oder anderweitig befestigte. Der Schlußparagraph des Vertrags erwähnt zwei Siegel, mit denen das siebente Exemplar gesiegelt wurde, und zwar mit dem der Sonnengöttin von Arinna und dem des Wettergottes von Hatti. Für diese beiden Hauptgottheiten war jeweils auch eine Kopie vorgesehen. Die Siegel (auf Tonbullen) dürften ebenfalls an den Bronzeketten angebracht gewesen sein, und konnten so sicherstellen, daß die Platte unverrückbar an ihrem Bestimmungsort verblieb. Trotzdem muß sie aber von dort entfernt und als Beweis für die Beendigung von Kuruntas Vasallenschaft in der Grube vergraben worden sein, in der man sie bei den Ausgrabungen vorfand. Dies dürfte wahrscheinlich geschehen sein, als Kurunta kurzfristig den Thron von Hattuscha eroberte. Der Vertrag, den Kurunta dann später mit seinem Nachfolger in Tarhuntaschscha schloß, wurde auf eiserne Tafeln geschrieben. Das deutet möglicherweise darauf hin, daß es vom Status der Parteien eines Vertrags abhing, welches Material für die Tafeln zu verwenden war. Der Großkönig garantierte den Status seines Vasallen und bot ihm Schutz und Hilfe. Alle weiteren Klauseln, und das waren die meisten, betrafen die Pflichten des Vasallen, seine Treueleistungen gegenüber dem Großkönig, die Tributzahlungen und die militärische Unterstützung, die er zu leisten hatte. Der Vasall mußte auf unabhängige militärische Beziehungen nach außen verzichten: Haitis Feind war auch sein Feind, Hattis Freund war auch sein Freund. Rebellion und Widerstand waren zu melden und niederzuschlagen. Flüchtlinge und Feinde waren auszuliefern. Ein einmal geschlossener Vertrag behielt seine Gültigkeit, aber in Details (Tributhöhe, Grenzziehung) konnte er veränderten Umständen angepaßt werden, wenn sich dies etwa nach Kriegen, Aufständen oder territorialen Verschiebungen nahelegte. Die relative Freiheit der Vasallen wurde durch die wirksame Kontrolle ausgeglichen, die der Suzerän über sie ausübte. Bei der Durchführung dieser Aufsicht wirkten reisende Beamte und vor allem der bereits erwähnte König von Karkemisch mit, der als eine Art Vizekönig von Hatti amtierte. Von Kar52 Der Text besagt nichts darüber, ob alle sieben Kopien oder nur die zwei Exemplare für die beiden Bündnispartner aus Bronze waren. 53 Die letztgenannte Gottheit Zitharija hatte ihre Residenz vermutlich im Palast von Hattuscha.

Das hethitische „Neue Reich"

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kemisch aus konnte die hethitische Regierung, wann immer es ihr nötig erschien, in gegenseitige Beziehungen und interne Angelegenheiten eingreifen. D a ß dies so vonstatten ging, bezeugen Berichte und Erlasse über Grenzkonflikte, über dynastische Verbindungen, militärische Pflichten, Thronnachfolgeregelungen und geschäftliche Angelegenheiten. Auch Aleppo, die altehrwürdige Königsstadt und das Kultzentrum des bedeutenden „Wettergottes von Syrien", war Sitz eines hethitischen Fürsten. Es paßte durchaus zum Charakter Aleppos, wenn der hier residierende hethitische Herrscher damit beauftragt gewesen wäre, die ideologische Grundlage zu liefern, auf der sich das Großreich aufbaute. Nach dem Tod Suppiluliumas I. (ca. 1324 v. Chr.) war für kurze Zeit Arnuwanda II. sein Nachfolger auf dem Thron. Bald nach Regierungsantritt starb er, vermutlich an der von hethitischen Truppen aus Syrien eingeschleppten Pest. Diese Seuche ist in Mursiiis II. „Pestgebeten" als eine göttliche Strafe dafür aufgefaßt, daß Mursiiis II. Vater, Tudhalija III., mit hethitischen Truppen ägyptisches Territorium in Amqa 5 4 verletzte. Als Mursiii II. (ca. 1321-1298 v.Chr.) die Regierungsgeschäfte übernahm, sah er sich von allen Seiten von Aufruhr umgeben, und seinen Annalen zufolge benötigte er zehn Jahre, um die Ruhe im Lande wiederherzustellen. Im Westen Kleinasiens mußten die Verhältnisse im Land Arzawa, im Südosten die im Land Kizzuwatna wieder in Ordnung gebracht werden, die Stämme der Kaschkäer waren zu bestrafen, und aus dem Osten konnte Mursiii II. von Triumphen über Azzi-Hajasa berichten. Im Süden, wo Mitanni schwächer, die Assyrer unter Adadnirari I. aber stärker und gelegentlich sogar zur Bedrohung geworden waren, verstärkte Mursiii II. die Front entlang des Euphrat. Karkemisch, wo der Fürst Pijaschschili 55 residierte, blieb der wichtigste Stützpunkt für Hatti, aber daneben behielt auch Aleppo, wo Talmischarruma auf den Thron kam, seine Bedeutung für das Großreich. Das von Aitagama regierte Qadesch und Nuchaschsche unter Tete wurden unterworfen. Ugarit hatte während der Regierung Archalbas 56 eine anti-hethitische Haltung eingenommen. Mursiii II. setzte deshalb Niqmepa, den Sohn Niqmaddus II., als König ein und zwang Ugarit zur Vertragstreue. Daß sich Aziru von Amurru und sein ihm bald nachfolgender Sohn Duppiteschub loyal verhielten, stärkte die hethitische Position Ägypten gegenüber. Das war deshalb von Bedeutung, weil der ägyptische Pharao Haremheb zweimal mit seinen Truppen bis nach Südsyrien marschierte; doch stellte er den status quo nicht in Frage. Da sich Assyrien mit den Babyloniern im Süden auseinandersetzen mußte und seine Kraft dadurch gebunden war, sah sich Hatti von dieser Seite keiner aktuellen Bedrohung ausgesetzt und konnte so seinen Zugriff auf das westliche Mitanni verstärken.

5 4 Die Bezeichnung Amqa bezieht sich auf das zwischen Libanon und Anti-Libanos gelegene Hochtal, das heute Biqa' heißt. 55 Sein hurritischer Name war Scharrikuschuch. 56 Es ist möglich, daß Archalba nicht dem ugaritischen Königshaus entstammte, sondern ein Usurpator war.

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. v.Chr.)

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Während des 2. Jahrtausends v. Chr. waren Apiru von Kleinasien bis nach Ägypten überall im Vorderen Orient anzutreffen. Die Versuche, sie mit den im Alten Testament vorkommenden Hebräern ('ibrim) zu identifizieren, setzten schon früh ein; denn phonetisch stehen sich die Namen Apiru und 'ibrim recht nahe, und den Amarnatexten zufolge spielten die Apiru im 14. Jahrhundert v. Chr. eine wichtige Rolle in Palästina. Alles zusammen genommen führte in der wissenschaftlichen Diskussion dazu, die Apiru mit der Einwanderung der israelitischen Stämme nach Kanaan zu verbinden. Den babylonischen Äquivalenten saggäsum oder S A . G A Z und habbätum nach zu schließen hatte der ursprünglich vielleicht amoritische Begriff Apiru die Bedeutung „Räuber, Wegelagerer" oder bezeichnet nicht an ihrem Heimatort lebende und deshalb außerhalb der Rechtsordnung stehende Personen, was sich am ehesten mit den englischen Ausdrücken „displaced per-

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sons" oder „outlaws" wiedergeben läßt. Die Etymologie von Apiru ist unsicher; keine der vorgeschlagenen Ableitungen läßt sich eindeutig beweisen, weder die von den Wurzeln 'br, „überqueren", oder 'pr, „plündern", noch die von 'äßr.; „Staub/staubig". Die ugaritischen Schreibweisen stellen sicher, daß 'apiru die orthographisch korrekte Form darstellt, die durch das babylonische hapiru annähernd wiedergegeben wird. Bereits früh diente das Wort offenbar als eine Art terminus tecbnicus, von dem im Akkadischen das Verbum hpr, „Apiru werden" abgeleitet wurde, das sich auf flüchtige Schuldner oder Sklaven bezieht. Der Begriff Apiru hatte allem Anschein nach ursprünglich keine ethnische oder tribale Bedeutung, war also kein Ethnikon. Vielmehr handelt es sich um ein gesellschaftliches Appellativum mit abschätziger Konnotation. Menschen wurden zu Apiru, wenn sie aus der Gemeinschaft ihrer angestammten seßhaften (Dörfer, Städte) oder nomadischen (Stämme) Gesellschaft herausfielen, wenn Einzelne oder Gruppen aus politischen oder sozialen Gründen ausgestoßen wurden oder fliehen mußten. Die Ursachen dafür konnten wechseln: Verbrechen, Verfolgung, Schulden, Armut, Sklaverei oder H u n gersnot konnten die Desintegration auslösen. Die Entwurzelten versuchten, sich entweder an den Rändern der zivilisierten Welt oder innerhalb der seßhaften Gesellschaft eine neue Existenz zu schaffen. Man trifft sie als Unabhängige, als Räuberbanden oder Guerillas 57 oder auch als Söldner in königlichem Dienst 58 . U m 1900 v.Chr. war ein hapiru, mit gut akkadischem Namen, so fest in der Gesellschaft integriert, daß er in Assur als Jahreseponym amtierte. Wieder andere verdingten sich individuell als Diener oder als Hörige. Bildeten die Apiru Gruppen, dann konnten sie eine beachtliche Macht darstellen. In Palästina, das in zahlreiche Stadtstaaten zersplittert war, gefährdeten die Apiru leicht den status quo, wenn sie nationale oder rebellische Bewegungen unterstützten. Daraus konnten sich bewaffnete Konflikte ergeben, und gelegentlich kam es in solchen Fällen sogar zu Vertragsabschlüssen mit Gruppen von Apiru. Wie sich Apiru und 'Um zueinander verhalten, ist eine strittige Frage, weil sie nicht losgelöst von den Vorstellungen zu beantworten ist, die man sich von Israels Vorgeschichte und der Entstehung eines Buches wie der Genesis macht, in der Abram 'ihn genannt wird. Im Alten Testament, und hier besonders in den Samuelbüchern, hat 'Um überwiegend eine ethnische Bedeutung. Mit dieser, vor allem Nicht-Israeliten in den Mund gelegten Bezeichnung wurden die Israeliten von anderen ethnischen Größen unterschieden. Zugleich scheint 'Um bisweilen aber auch gesellschaftliche Elemente zu implizieren, was vor allem in Gesetzestexten der Fall ist. Neuere Untersuchun57 Das Bandendasein wurde dadurch begünstigt, daß Syrien-Palästina damals wesentlich dichter bewaldet waren als heute. 58 In der Amarnazeit verfügte etwa der König von Damaskus über Apiru- und Sutü-Truppen. Gruppen von f^abbätum („Räubern") begegnen wir schon in altbabylonischer Zeit als Söldnern; vgl. J.Eidem, The Tell Leilan Archives 1987, RA 85, 1991, 109-135, hier 126-131.

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gen haben den Nachweis erbracht, daß sich die ethnische und die gesellschaftliche Bedeutung nicht notwendig gegenseitig ausschließen. M.B. Rowton hat auf mehrere Beispiele aus der Geschichte hingewiesen, bei denen gesellschaftliche Appellativa zu Namen von Stämmen und Völkern wurden und vice versa, so etwa bei Kassake/Kossake, Mawali, Türke. Historisch ist auszuschließen, daß der Aufenthalt in Ägypten die Stämme Israels in 'ibnm verwandelt habe. In Ägypten wurde man nicht zum Apiru. Im Gegenteil, Apiru wurden etwa als Kriegsgefangene und bisweilen in großen Mengen aus Syrien-Palästina nach Ägypten verbracht. Auch darf man die 'ibnm. nicht infach generell mit den Apiru gleichsetzen; denn räumlich und zeitlich waren die Apiru weit verbreitet. Ebensowenig läßt sich nachweisen, daß sich Apiru zusammenschlossen, um einen Stamm oder ein Volk zu bilden. Wenn es einen Zusammenhang zwischen 'ibriund Apiru gab, dann muß er in einer ganz bestimmten historischen und gesellschaftlichen Situation und wahrscheinlich auch in einem spezifischen Gebiet gesucht werden. Dafür bieten sich praktisch zwei Möglichkeiten an. Man kann entweder an die späte Mittelbronzezeit mit ihrem „amoritischen" Patriarchenmilieu denken oder an die späteren Entwicklungen in Kanaan, die sich im 14. und 13. Jahrhundert v. Chr. vollzogen. Es war vor allem W.F. Albright, der sich ausgehend von der Genesis, wo Abram 'ibri genannt wird, für die Mittelbronzezeit aussprach. Diese Klassifizierung des Patriarchen erschien ihm deshalb passend, weil Abram einen Clan repräsentiere, der sich von seinem Stamm in Harran getrennt und sich in Kanaan einen neuen Lebensbereich gesucht habe. Deshalb seien seine Nachkommen automatisch zu 'ibnm geworden. Im Kontext dieser Argumentation erhält Abrams zusammen mit Verbündeten geleistetes militärisches Engagement in Genesis 14 große Bedeutung, da es den Aktivitäten der Apiru als Räuber oder Söldner vergleichbar sei. In seiner letzten Veröffentlichung zum Thema zeichnete W.F. Albright Abram als einen mit Eselskarawanen durchs Land ziehenden Händler, dessen Benennung als 'ihn vermutlich mit dem abschätzig gemeinten Begriff „Staubiger" zu tun habe, der auf derartige fahrende Händler angewandt worden sei. Dieser Vorschlag fand nur wenig Zustimmung, was unter anderem damit zusammenhängt, daß die Ableitung von 'ώή von 'äfär, „Staub/staubig" wenig überzeugt 5 9 . Nimmt man das 14. und 13. Jahrhundert v. Chr. als Ausgangspunkt, dann fällt den Informationen aus der Amarnazeit große Bedeutung zu. Zweifellos waren die in den Texten jener Zeit genannten Apiru nicht primär ein von außen nach Palästina eindringendes und hier fremdes Bevölkerungselement; vielmehr waren sie Teil der im Lande wohnenden Bevölkerung, und sogar Stadtfürsten konnten den Apiru angehören. Typisch war für sie sodann eine anti-ägyptische, lokale Interessen verfolgende Einstellung, mit der sie leicht

5 9 Zusammengefaßt ist W.F. Albrights These bei M.Weippert 1971, wo auch die Argumente gegen diese These zusammengestellt sind.

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den Frieden stören konnten. Behält man dies im Blick, dann ist es kaum möglich, die aus Ägypten nach Kanaan eingewanderten Stämme Israels den Apiru zuzurechnen. Apiru und 'ibnm lassen sich nur zusammenbringen, wenn die Stämme Israels in den Kontext der einheimischen Bevölkerung Kanaans gehörten. Gewöhnlich löst man dieses Problem mit Hilfe der Annahme, daß nicht alle israelitischen Stämme nach Ägypten gezogen seien. Bei der Einwanderung nach Kanaan hätten sich die rückkehrenden Stämme mit ihren autochthonen, seit der Mittelbronzezeit im „amoritischen" Milieu als Ackerbauern und Viehzüchter auf dem Lande lebenden Verwandten wiedervereinigt. N u r die in Kanaan Verbliebenen seien aus nicht mehr genau erhellbaren Gründen Apiru genannt worden, doch sei diese Bezeichnung schließlich auf alle Stämme übertragen worden. Offen ist, wie gesagt, wie es zu der Bezeichnung Apiru kam. N a c h einer Auffassung waren die einheimischen „Israeliten" ein Teil oder der Kern der gegen Ägypten gerichteten, nationalen Bewegung. Es lasse sich nicht ausschließen, daß diese Gruppierung von aus Ägypten geflüchteten Stammesverwandten unterstützt und verstärkt worden sei. Diese Flüchtlinge sollen von der Obrigkeit und von den den Ägyptern gegenüber loyal eingestellten Bevölkerungsteilen als „outlaws" bezeichnet worden sein. Im Rahmen dieser Argumentation bildet der nationale Widerstand das auslösende Moment dafür, daß sich die Bezeichnung „Rebell", „outlaw" in ein Ethnikon ( e ibrt) verwandelte. N a c h einer anderen, vor allem von G . E . Mendenhall vertretenen Richtung sind diese politisch-nationalen Thesen ebenso abzulehnen wie die Annahme, bei der Entstehung Israels habe die Seßhaftwerdung von N o m a d e n eine Rolle gespielt. Stattgefunden habe vielmehr eine von der ländlichen Bevölkerung, von Bauern und Hirten, getragene Revolution gegen die sie ausbeutenden feudalen Stadtstaaten und deren Vertreter. Diese Revolution sei gleichermaßen gegen die kanaanäischen wie gegen die ägyptischen Kräfte gerichtet gewesen. Ermöglicht wurde dieser „Bauernaufstand" nach G . E . Mendenhall durch die spätbronzezeitliche Krise, die den Einfluß der Stadtstaaten vermindert habe. Den zündenden Funken hätten aber erst nach Ägypten geflohene, ursprünglich kanaanäische Gruppen ausgelöst, als sie angeführt von Mose die Rebellion vom Ostjordanland aus entfacht und hier die Königreiche H e s b o n und Basan überrannt hätten. Diese Gruppen hätten dem Aufstand seine religiöse Grundlage in Gestalt eines Jahwe-Bundes gegeben, dessen Kernforderungen soziale Gerechtigkeit und Brüderlichkeit gewesen seien. M. Weippert hat dagegen angeführt, daß eine derartige Sicht der Dinge mit dem von den Amarnabriefen vermittelten Bild von den Apiru unvereinbar sei. Z u d e m sei die generelle Gleichsetzung der 'ibnm mit den Israeliten deshalb schwierig, weil die Israeliten in den alttestamentlichen Berichten vom Auszug aus Ägypten und von der Landnahme die zentrale Rolle spielten, während von den 'ibnm nur in bestimmten Kontexten die Rede sei. In der von M . B . Rowton vorgelegten Rekonstruktion haben die Apiru, die ihre ursprüngliche Stammeszugehörigkeit verloren haben, einen besonderen

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Stellenwert. Derartige Apiru meint er in Nordmesopotamien ausfindig machen zu können, wo in den Maribriefen oft von Apiru die Rede ist. Hier haben M.B. Rowton zufolge Apiru mit tribalem Hintergrund den Kern von Gruppen gebildet, denen sich dann auch städtische Apiru angeschlossen haben sollen. Durchgesetzt hätten sich in solchen Kreisen allmählich die tribalen Strukturen; es seien also neue Stämme entstanden. Eine parallele Entwicklung soll sich bei der Entstehung Israels vollzogen haben. Die 'ibnm, die sich selbst ohne jeden Zweifel als Teil Israels verstanden und dargestellt hätten60, hätten wahrscheinlich ebenfalls den Kern eines neuen Stammes gebildet. Da sich seine Mitglieder vor allem aus ehemaligen Stammesangehörigen eines einzigen Volkes, nämlich Israels, rekrutiert hätten, habe die Bezeichnung 'ibrim ethnische Bedeutung annehmen können. Es ist so gut wie ausgeschlossen, sich für einen dieser Vorschläge zu entscheiden. Gewiß besteht zwischen Apiru und 'ibnm ein Zusammenhang, der gerade linguistisch und soziologisch unbestreitbar ist. Das impliziert aber nicht, daß sich exakte Identifikationen vornehmen lassen. Weder ist es möglich, die 'ibnm einfach mit den Apiru gleichzusetzen, die im Ägypten der Ramessidenzeit (Mitte des 13. Jh.s v.Chr.) Frondienste leisteten, noch darf man sie mit den im 14. Jahrhundert v. Chr. in Kanaan bezeugten Apiru identifizieren, die etwa mit Labaja von Sichern gemeinsame Sache machten. Noch immer ist unsere Kenntnis der frühen Stammesgeschichte Israels recht schmal, während die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen im Verlauf der Spätbronzezeit sich als überaus komplex und kompliziert darstellen. Erschwerend kommt hinzu, daß die Informationen über eine „Randerscheinung", wie sie die Apiru nun einmal darstellen, über vielerlei Quellen verstreut und fragmentarisch sind. Insgesamt ist über Israels Anfänge wenig bekannt, und so ist es auch nicht erstaunlich, daß die Meinungen über Israels Vor- und Frühgeschichte sowie darüber, wie man sich die Entstehung der Stämme vorstellen soll, stark divergieren. Außerdem ist nicht auszuschließen, daß auch weniger bekannte Gruppen wie die Schasu in dieser frühen Geschichte ihren Platz gehabt haben könnten. In jenem Zeitraum tauchten auch besagte Schasu auf. Ägyptische Quellen vom 15. bis 12. Jahrhundert v.Chr. schildern sie als einen Teil der Bevölkerung Syrien-Palästinas, der von Aleppo im Norden bis in den Negev und auf die Sinaihalbinsel im Süden anzutreffen war. Außerhalb von Städten begegnete man ihnen in vielen Gebieten, im Libanon ebenso wie im Ostjordanland, in Palästina ebenso wie auf der Sinaihalbinsel. Die Ägypter sahen in den Schasu wie in den Apiru ein feindliches und störendes Element, das die Handelsrouten und Ägyptens Ostgrenze bedrohte61. Mehrfach haben die Ägypter deshalb die Schasu verfolgt, haben sie bekämpft und ihnen Niederlagen 60 Hauptargument dafür ist bei B.M. Rowton, daß „Jahwe, der Gott der 'ibnm" mit „Jahwe, dem Gott Israels" austauschbar sei. 61 Man empfand die Schasu auch als eine Gefährdung der wichtigen Bergbauminen im Wadi Araba (Timna) und auf der Sinaihalbinsel.

Apiru und Schasu

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zugefügt, und manchmal haben sie Schasu gefangen genommen und nach Ägypten deportiert. Auch bei der Schlacht von Qadesch am Orontes waren Schasu beteiligt, wo sie die hethitischen Truppen unterstützten. In Südpalästina lebten die Schasu vornehmlich an Plätzen, wo Wasser verfügbar war. Hier führten sie das Dasein nomadischer Zeltbewohner, besaßen kleine Herden, bildeten Stämme und wurden von Stammeshäuptlingen angeführt. Für Syrien sind eine „Schasu-Quelle" und ein „Schasu-Gebiet" belegt, und zur Zeit Ramses' II. und Ramses' III. waren Schasu besonders stark in Sei'r und in Edom vertreten, wo sie gewissermaßen Ägyptens unmittelbare Nachbarn im Osten waren. Ebenso wie Apiru bezeichnete der Begriff Schasu offenkundig weit verstreut lebende Gruppen, vor allem solche nomadischen Charakters. Das Wort dürfte deshalb nicht (mehr?) der Name eines Stammes oder Volkes gewesen sein, sondern ein gesellschaftliches Appellativum, das sich auf die nicht-städtische, aus Kleinbauern und viehzüchtenden Nomaden bestehende Bevölkerung bezog. Von daher ist es kaum möglich, die Schasu losgelöst von den Sutu zu betrachten. Sutü war der Name einer nicht unbedeutenden nomadischen Bevölkerung, die entlang des gesamten mittleren Euphrat verbreitet war, und die noch bis in das 1. Jahrtausend v. Chr. hinein in den Quellen belegt ist (s.o. IV.5). Bisweilen stehen in Texten Sutü und Apiru auf eine Weise nebeneinander, die nahelegt, daß es sich bei beiden um vergleichbare Größen handelte. So versicherte der König von Damaskus dem Pharao, er werde die ägyptische Armee mit allen seinen Truppen, einschließlich „meiner Apiru und meiner Sutu" verstärken, und als sich ein palästinischer Stadtfürst hilfesuchend an den Pharao wandte, bat er diesen, ihn aus der Übermacht der „Apiru, Räuber (habbätu) und Sutü" zu retten. Beidemale sind offensichtlich Nomaden gemeint, die sich entweder als Söldner verdingt hatten oder die als Feinde agierten. Als Idrimi fliehen mußte (s.o. V. 7), lebte er eine Zeitlang in Ostsyrien unter den Sutü, und nachdem er König von Alalach geworden war, unterstellte er diese nicht-städtische, nomadische Bevölkerung seiner Regierung. Ähnliche Gruppen, die die Ägypter Schasu nannten, gab es auch in Palästina. Fernab der von Kanaanäern bewohnten zentralen Landesteilen, lebten sie vor allem in den Randgebieten, wohin sich die Macht der Stadtfürsten, der ägyptischen Verwaltung und Garnisonen nicht erstreckte, und wo sich auch die ersten Siedlungsgebiete der Israeliten befanden. Angesichts dieser gesellschaftlichen und räumlichen Überlappung von Israeliten und Schasu stellt sich unweigerlich die Frage, ob es zwischen beiden einen Zusammenhang gab, und welcher Art dieser gegebenenfalls sein mochte. Betrachtet man die Angaben in den Quellen, dann haben die Ägypter wahrscheinlich, wenn sie von Schasu sprachen, die Israeliten miteingeschlossen, die sich im 13. und 12. Jahrhundert v. Chr. im Negev sowie in Süd- und Mittelpalästina aufhielten und noch nicht die seßhafte und urbane Lebensweise Kanaans angenommen hatten. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß es alttestamentlichen Überlieferungen zufolge weit in der Ge-

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schichte zurückreichende Verbindungen zwischen Edom und Se'ir - einem ausgesprochen Schasu-Gebiet - sowie Israel gab: Edom ist Israels Brudervolk, und Israel ist sich bewußt, daß „Jahwe von Se'ir kommt". Endgültige Identifikationen lassen sich für diesen Zeitabschnitt, in dem spezifische Völkernamen wie Israel, Moab und Edom in den Quellen so gut wie ganz fehlen, kaum aufstellen. Zudem sollten bei der Suche nach damaligen ethnischen Größen „Völker" wie die Keniter, Midianiter und Amalekiter nicht vergessen werden.

10. Assyrer und Kassiten (Mesopotamien vom 15. bis zum 12. Jh. v. Chr.) K. BALKAN, Kassitenstudien, 1, Die Sprache der Kassiten, New Haven 1954. J. BOESE, Burnaburias II., Melisipak und die mittelbabylonische Chronologie, U F 14, 1982, 15-26. - J.B. BRINKMAN, Materials and Studies for Kassite History, I, Chicago 1976. - Ders., Art. Kassiten, in: R L A 4, 464-473. - G. CARDASCIA, Les lois assyriennes, Paris 1969. - A.K. GRAYSON, Assyrian and Babylonian Chronicles, Locust Valley 1975. - Ders., Assyrian Rulers of the Third and Second Millennia B.C., RIMA 1, Toronto 1987. - A. HARRAK, Assyrien und Hanigalbat, Hildesheim 1987 - S. HEINHOLD-KRAMER, Zu Salmanassars I. Eroberungen im Hurritergebiet, AfO 35, 1988, 79-104. - C. KÜHNE, Die Chronologie der internationalen Korrespondenz von ElAmarna, Neukirchen 1973. - W . G . LAMBERT, Babylonian Wisdom Literature, Oxford 1960. - Η . LIMET, Les legendes des sceaux cassites, Brüssel, 1971. - U . SEIDL, Die babylonischen Kudurru-Reliefs. Symbole mesopotamischer Gottheiten, O B O 87, Fribourg/Göttingen 1989. - F . X . STEINMETZER, Die babylonischen Kudurru (Grenzsteine) als Urkundenform untersucht, Paderborn 1922.

Von der Geschichte Mesopotamiens im 15. Jahrhundert v. Chr. ist nur wenig bekannt, da Quellen spärlich sind. Assur war damals starkem Druck von Mitanni ausgesetzt, konnte aber der Königsliste zufolge seine eigenen Herrscher beibehalten 62 . Namen, Reihenfolge und Regierungsdauer der in der Königsliste als Nr. 11-14 gezählten kassitischen Herrscher sind umstritten. Mehr Klarheit herrscht hinsichtlich der Verhältnisse gegen Ende des 15. Jahrhunderts v.Chr., weil dann die Quellen wieder reichlicher fließen. Assurs Wiedererstarken läßt sich an der seit Assurbelnischeschu (König Nr. 69) zunehmenden Bautätigkeit ablesen, der um 1405 v.Chr „die große Mauer der neuen Stadt erbaut". Kurz nach 1400 v.Chr. gründete der Kassitenkönig Kurigalzu I. die neue Hauptstadt Dur-Kurigalzu, die etwa 20 km westlich von Bagdad lag und mit der imposanten Ruinenstätte Aqarquf identisch ist, die lange Zeit als die Überbleibsel des „Turms von Babel" galt. Kurigalzu und sein Vorgänger Karaindasch unterhielten schon diplomatische Kontakte mit Ägypten (Amenophis II. und Thutmosis IV.). Assur und Babylonien stie-

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D a ß diese Herrscher zeitweilig Vasallen Mitannis waren, läßt sich nicht völlig ausschließen.

Assyrer u n d Kassiten

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ßen nun auch vor allem östlich des Tigris militärisch aufeinander, was um 1400 v.Chr. dazu führte, daß Assurbelnischeschu und Karaindasch den Grenzverlauf neu regelten. Mit diesen Kontakten begann eine Rivalität, die zwei Jahrhunderte dauern sollte, und in der sich Assur oft als der Stärkere erwies. Das legen jedenfalls entsprechende Ausführungen in Chroniken nahe, in der „Synchronistischen Geschichte" und in von beiden Seiten verfaßten epischen Geschichtswerken über den Streit. Aus Assur kennen wir eine Erzählung über Adadnirari I. (ca. 1295-1263 v.Chr.) und vor allem das umfangreiche „Tukultininurta-Epos". Aus Babylonien stammen die Fragmente eines „Kurigalzu (II.) Epos" und epische Erzählungen über Adadschumusur (ca. 1200 v.Chr) und Nebukadnezar I. (Ende des 12. Jh.s v. Chr.). Aus diesen Werken spricht deutlich eine politische und religiöse Ideologie. In den babylonischen Texten steht der Gott Marduk im Mittelpunkt: Er ist der oberste aller Götter, und jeden König, der seinen Kult vernachlässigen sollte, wird Marduks Fluch treffen. Ausgehend davon nimmt man an, diese Texte seien unter Nebukadnezar I. entstanden, in einer Zeit, die nach W.G. Lambert einen Wendepunkt in der mesopotamischen Religionsgeschichte darstellte, weil damals die Vorrangstellung Marduks durch seine offizielle Anerkennung als „König der Götter" zu ihrem Abschluß gekommen sei. Aus den Amarnabriefen geht hervor, daß der babylonische König Kadaschmanenlil I. (ca. 1365[?]-1350 v.Chr.) mit Amenophis III. (Nifb]muwaria) diplomatische Kontakte unterhielt. Uber weitere Unternehmungen Kadaschmanenlils I. läßt sich bislang erst wenig ausmachen, da es noch nicht gelungen ist, seine Bauinschriften von denen zu unterscheiden, die sein etwa hundert Jahre später regierender Namensvetter hinterlassen hat 63 . Auf Kadaschmanenlil I. folgte sein Sohn Burnaburiasch II. (ca. 1350-1323 v.Chr.), dessen Berühmtheit auf seine zahlreichen, in vielen südmesopotamischen Städten 64 entdeckten Bauinschriften zurückgeht, in denen er sich als König von „Sumer und Akkad" bezeichnet. Auch er pflegte diplomatische Beziehungen mit Ägypten und stand vielleicht mit Amenophis III., gewiß aber mit Amenophis IV. {Naphura/uria) in Briefkontakt. Nun stellte sich aber auch Assur als neue Großmacht dar. Nach dem Tod des Mitannikönigs Tuschratta befreite sich Assyrien unter Assuruballit I. (ca. 1353-1318 v. Chr.) vom mitannischen Joch, und es gelang ihm, Artatama I. tributpflichtig zu machen und Teile seines Reiches zu annektieren. Nach dem Amarnabrief Nr. 16 nahm der selbstbewußte assyrische König diplomatische Beziehungen mit Ägypten auf und berief sich dafür auf frühere, zu Zeiten seines Großvaters bestehende Kontakte. Die Art, mit der sich Assuruballit I. als „Großkönig" und „Bruder" des Pharaos einführte, rief die entrüstete Reaktion von Burnaburiasch II. von Babylon hervor, der sich laut Amarnabrief Nr. 9 noch immer als Ägyp63 Dieses Problem stellt sich bei mehreren Kassitenkönigen, und es ist besonders virulent bei Kurigalzu I. und Kurigalzu II. 64 Fundstätten sind etwa Ur, Larsa, Uruk und Nippur.

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tens mesopotamischer Ansprechpartner betrachtete und die Assyrer als „seine Untertanen"(!) bezeichnete. Schon bald mußte er freilich den Tatsachen ins Gesicht sehen und Assyriens Ansprüche anerkennen. Das tat er, indem er sich mit dem assyrischen Königshaus verschwägerte und so versuchte, freundschaftliche Beziehungen anzuknüpfen. Wurden derartige diplomatische Kontakte geschlossen, dann beinhaltete dies die Entsendung von Botschaftern, den fast nach Protokoll ablaufenden Austausch von wertvollen Geschenken, wie Gold, Streitwagen, Pferden, Edelsteinen, Zierat sowie Waffen, und den Austausch von Prinzessinnen, die vom einen in das andere Königshaus verheiratet wurden. Manchmal lieh man sich auch gegenseitig Spezialisten, vor allem Arzte, aus. Die Umstände, unter denen diplomatische Hochzeiten zustande kamen, sind in Begleitbriefen ausführlich dokumentiert. Schriftlich vereinbarte man den beträchtlichen Brautpreis und Brautschatz und legte fest, wie bei eventuell auftretenden Schwierigkeiten zu verfahren sei. So wurden Vorkehrungen für den Fall getroffen, daß eine Prinzessin vernachlässigt wurde; das Erbe im Falle der Witwenschaft wurde ebenso festgesetzt wie die Folgen im Falle von Untreue. Nicht nur unter den Vertretern von Großmächten 65 waren derartige Vereinbarungen üblich, sondern auch unter ihren weniger mächtigen Vasallen wie etwa Ugarit und Amurru. Diese Art von Heiratspolitik setzte voraus, daß die Königshöfe Harems besaßen, in denen die vielen Frauen und Nebenfrauen Platz fanden. Daß es die Institution des Harems tatsächlich gab, bestätigt eine aus Assyrien überkommene Sammlung von „Hof- und Haremsedikten", die unter Assuruballit I. und seinen Nachfolgern entstanden ist 66 . In diesen Edikten setzen genaue Vorschriften das Verhalten und die Behandlung von Höflingen, Haremsfrauen und Eunuchen fest. Sollten die Bestimmungen nicht eingehalten werden, dann drohten neben anderen Strafen Züchtigungen und Verstümmelungen. Entsprechende Verordnungen können sehr wohl auch andernorts in Kraft gewesen sein; doch sind die in den Edikten vorgesehenen grausamen Strafen ein typisch assyrischer Zug, wie man ihm auch in den mittelassyrischen Gesetzen begegnet, die ebenfalls in diesem Jahrhundert entstanden sein müssen. Wie mächtig Assur tatsächlich war, zeigte sich erst, als in Babylon der Sohn und Nachfolger Burnaburiaschs II. ermordet wurde. Der assyrische König Assuruballit I. nahm dies zum Anlaß, militärisch im Nachbarland einzugreifen. Er setzte den Usurpator Nazibugasch ab und verhalf einem anderen Sohn Burnaburiaschs II., der zugleich sein eigener Enkel war, auf den Thron: Kurigalzu II. (ca. 1322-1298 v.Chr.). Er gehört zu den bekannteren

6 5 Burnaburiasch II. verschwägerte sich mit Assuruballit I. und gab eine seiner Töchter in den Harem des Pharao. Auch zwischen Ägyptern, Hethitern und Mitanni kam es zu zahlreichen Heiraten. 6 6 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, daß Harems bereits für das 18. Jh. v. Chr. in Mari bezeugt sind.

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kassitischen Königen, da er viele Bauwerke errichten ließ und auch militärische Erfolge verbuchen konnte. Trotz seiner halbassyrischen Abstammung nahm Kurigalzu II. den Kampf gegen Assur auf und ging aus den Gefechten, die unweit des assyrischen Kernlandes bei Sugaga am Tigris und bei Arbela (Erbil) stattfanden, keineswegs als der Unterlegene hervor. Im Süden war er gegen Elam erfolgreich, das sich nach Jahrhunderten wieder auf der politischen Bühne zurückmeldete. Mit den assyrisch-babylonischen Auseinandersetzungen brach ein Jahrhundert an, in dem sich beide Nachbarstaaten nahezu ununterbrochen bekämpften, sofern nicht jede Partei gegen andere Feinde zu Felde ziehen mußte. Assur sah sich wiederholt genötigt, gegen feindliche Bergstämme im Norden und Osten, im Zagrosgebirge und in Südostanatolien6^ vorzugehen, und es mußte zudem im Gebiet zwischen Habur und Euphrat militärisch aktiv werden. Babylonien war zunehmend mit Elam beschäftigt und mußte auch vor den nomadischen Sutu am mittleren Euphrat auf der Hut sein, wo nun zudem die ersten aramäischen Gruppen in Gestalt der Achlamu-Aramu auftauchten. Nachdem Adadnirari I. (ca. 1295-1263 v. Chr.) auf den Thron gekommen war, übernahm Assur wieder die Initiative. Wir sind über den Verlauf der Entwicklungen seit Adadniraris I. Regierung deshalb recht gut unterrichtet, weil nun erstmals ausführlichere annalistische res gestae des Königs vorliegen, eine Literaturgattung, die möglicherweise angeregt von der hethitischen Historiographie entstanden ist. Mitanni (Hanigalbat) mußte Assur Tribut entrichten, und die assyrischen Truppen drangen bis zum Euphrat bei Karkemisch vor, was die Hethiter in Unruhe versetzte. Im Süden besiegte Adadnirari I. bei Kirkuk Nazimaruttasch von Babylonien (um 1290 v.Chr.), und beide Parteien vereinbarten einen neuen Grenzverlauf, der vom Dschebel Hamrin nach Nordosten verlief. Babylonien wurde nicht nur von Assyrien, sondern auch von Elam bedroht. Susa fiel nun endgültig an Elam, und der elamische König Untaschnapirischa (ca. 1250 v.Chr.) drang bis nach Eschnunna vor. Assurs Macht nahm noch mehr zu, als Salmanassar I. (ca. 1263-1233 v.Chr.), „der Eroberer der Länder der Subaru, der Lullubu und der Qutü", an der Regierung war. Was hier auf traditionelle Weise formuliert ist, bezieht sich auf militärische Erfolge, die Salmanassar I. gegen die (nord-)östlich von Assyrien lebenden Bergstämme, gegen das Land Urartu (Uruatn) und gegen Mitanni unter König Schattuara II. erzielte68. Salmanassar I. eroberte die mitannische Hauptstadt Taide, wie sein Vorgänger stieß er bei Karkemisch bis zum Euphrat vor und drohte sogar, bis in die Gegend von Malatija auf hethitischem Gebiet weiterzuziehen (s.o. V.7). Ihren Höhepunkt erreichte Assyriens Machtenfaltung während der Regierungszeit von Tukultininurta I. (ca. 1233-1197 v.Chr.). Er befriedete die 67 Hier tauchten alte Namen wie die Turukkü und die Gutäer wieder auf, und auch von Urartu ist nun erstmals die Rede. 68 Schattuara II. erhielt in seinem Kampf gegen Assur Unterstützung von den Hethitern und den aramäischen Achlamü.

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Nordostflanke seines Reichs, indem er die Zagrosvölker unterwarf und durch Massenhinrichtungen einschüchterte 69 . In Inschriften von Königen, die sich selbst als „der in Feldschlachten erfahrene Held" vorstellen, „der die Feinde zerschmettert, der im Kampf mit den Feinden sein Kriegsgeschrei ertönen läßt, dessen Angriff flammengleich emporschießt und dessen Waffen wie ein erbarmungsloses, todbringendes Szepter (Variante: Falle) zuschlägt" (Salmanassar I., „Assur-Tafel"), kam Assurs Militarismus nun unverhüllt zum Vorschein. Zwei Eigentümlichkeiten fallen hierbei auf: zum einen das gnadenlose, mit einschüchternder Grausamkeit gepaarte assyrische Auftreten, zum anderen die Gier nach Beute in Form von Rohstoffen, Gebrauchsgegenständen, Pferden und dergleichen. Beide Elemente bestimmten auch in den folgenden Jahrhunderten Assurs militärisches Agieren, auch wenn nicht alle Könige gleichermaßen hart vorgingen. Das erste Merkmal, die ausgeprägte Grausamkeit 70 , hat unterschiedliche Erklärungen gefunden. Zu beachten ist dabei, daß Assur die es umgebenden feindlichen Stämme und Völker zwar besiegen, jedoch nicht dauerhaft durch eine militärische Besatzung unterwerfen konnte. Militärische Einschüchterungen sollten deshalb verhindern, daß immer wieder Aufstände ausbrachen. So erklärt sich auch, weshalb man gerade Aufständischen gegenüber besonders gnadenlos vorging. Später hat vermutlich der Kampf gegen die schwer faßbaren aramäischen Stämme die Brutalität im assyrischen Auftreten noch verstärkt. Der ökonomische Vorteil, den Assyrien aus dem Krieg zog, war für das kleine, an Rohstoffen und Arbeitskräften nicht gerade reiche Land von vitaler Bedeutung. Als im Verlauf der Jahrhunderte die militärischen Anstrengungen und die Bauvorhaben zunahmen, wuchs parallel dazu auch der Zwang, im Krieg Beute zu machen. Die Deportationen besiegter Völker sind nicht zuletzt auch in diesem Licht zu sehen; denn sie sollten nicht nur den Widerstand der Unterworfenen brechen, sondern auch die Zahl der im Lande lebenden Menschen, Soldaten, Handwerker und Zwangsarbeiter konstant halten und gegebenfalls erhöhen. Bezeichnend dafür ist, daß schon Salmanassar I. seinen Truppen eine „Auswahl aus den jungen Männern" von Urartu einverleibte. Im Norden wandte sich die assyrische Kriegsmaschine gegen die Gebiete im Tur-Abdin 71 und gegen das Königreich Alsche/Alzi nördlich von Diyarbakir. Weiter im Osten fanden heftige Kämpfe mit den Nairi-Ländern statt, einer Reihe von kleinen, rings um den Vansee herum gelegenen Königreichen. Hier und im Westen müssen die Assyrer auf hethitisches Territorium übergegriffen oder zumindest hethitische Interessen verletzt haben. Unter Tukultininurta I.

69 Die entsprechenden Berichte führen aus, daß er „Täler mit Leichen füllte", daß „er das Leben der Truppen wie Wasser ausgoß", daß „er Heere wie Schafe abschlachtete", und „Gefangene blendete". 70 Die für unser Empfinden maßlose assyrische Grausamkeit war für die damalige Zeit nichts außergewöhnliches, auch wenn anzumerken ist, daß sich die Hethiter bei ihren militärischen Aktionen weniger hart erwiesen. 71 Die Gebiete werden auf Assyrisch als Kaschiarigebirge bezeichnet.

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erreichten assyrische Truppen wie schon einmal zur Zeit seines Vorgängers Salmanassars I. den Euphrat. Stolz berichtet der assyrische König, daß er Tausende von Hethitern gefangen genommen und deportiert habe. Die genannte Zahl von 8 x 3600 Kriegsgefangenen ist freilich genau doppelt so hoch wie die von seinem Vorgänger angegebene (s.o. V.7). Das weckt Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Berichts, mit dem gewiß demonstriert werden sollte, in welch großem Maße Tukultininurta I. Salmanassar I. überlegen war. Dank seiner militärischen Aktionen kontrollierte Assyrien nun wichtige, nach Westen und auf die iranische Hochebene führende Handelswege, und es hatte überdies Zugang zu den reichen Kupferminen von Ergani Maden. Um 1200 v.Chr. brach zwischen Assyrien und Babylonien Krieg aus. In der Entscheidungsschlacht wurde der babylonische König Kaschtiliasch IV., der bis Kirkuk vorgestoßen war, besiegt. Er wurde gefangen genommen, die assyrischen Truppen eroberten Babylon und schleiften die Mauern der Stadt. Zusammen mit der Mardukstatue mußten viele Einwohner den Weg ins Exil antreten. Als Tukultininurta I. den Euphrat entlangzog und bis nach Mari gelangte, konnte er sich jetzt zu Recht rühmen, „Sumer und Akkad" zu beherrschen und das „Untere Meer" zur Grenze seines Reiches gemacht zu haben. Den Ruhm des Königs besang das „Tukultininurta-Epos" in nationalistischen Tönen, und er selbst verewigte sein Andenken, indem er gegenüber von Assur Kar-Tukultininurta als seine neue Residenz erbauen ließ. Den assyrischen Erfolgen war freilich keine Dauer beschieden. Im zeitweilig von assyrischen Gouverneuren verwalteten Babylonien kam eine Gegenbewegung auf, die Adadschumusur auf den Thron hob. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch elamische Überfälle, da diese ebenfalls die Autorität Assurs untergruben. Kurz nach 1200 v. Chr. mußten die Assyrer aus Babylonien abziehen und in ihre Heimat zurückkehren. Aber auch hier hatte sich der Widerstand gegen den eigensinnigen König formiert, und an der Spitze der Opposition stand der Sohn des Königs, der schließlich den Königs- und Vatermord an Tukultininurta I. ausführte. Innerhalb von fünfzehn Jahren bestiegen nun drei Könige in raschem Wechsel Assurs Thron, und das verschaffte Babylonien die Gelegenheit, sich zu erholen. Erst unter Ninurtaapalekur (ca. 1180 v.Chr.) stabilisierten sich die Verhältnisse in Assyrien wieder. Vermutlich waren dabei Einflüsse aus dem Süden mit im Spiel; denn der Königsliste zufolge eroberte sich der neue Herrscher „von Karduniasch", das heißt von Babylonien aus den Thron. Die Konsolidierung setzte sich unter Assurdan I. (ca. 1169-1134 v.Chr.) fort; doch außergewöhnliche Ereignisse sind in den Quellen auch für seine Regierungszeit nicht verzeichnet. Babylonien erlebte unter Adadschumusur, Melischipak (ca. 1180-1167 v. Chr.) und Mardukapaliddina I. (ca. 1166-1154 v. Chr.) ruhige Zeiten. An mehreren Tempeln wurden Bauarbeiten vorgenommen, und den zahlreichen Landschenkungsurkunden (Kudurrus) zufolge verlief die Verwaltung in geordneten Bahnen. Recht unvermittelt trat um 1155 v.Chr. eine Krise auf. Von seiner Hauptstadt Susa aus hatte der elamische König Schutruknahhunte I., gestützt auf eine nationalistische und zentralistische Politik, seine Macht aus-

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gebaut. Gereizt von einer militärischen Aktion Assurdans I. unternahm Schutruknahhunte I. in eben jenem Jahr 1155 v.Chr. einen Feldzug gegen Babylonien, bei dem er viele Städte eroberte, Beute machte und Tribut auferlegte, wie uns aus Stelenfragmenten überliefert ist. Die Elamer eroberten Babylon, und der Königsohn Kuttirnahhunte wurde hier als Gouverneur eingesetzt. Der plötzliche Tod des elamischen Königs verhinderte, daß dieser sein Werk vollenden konnte. Auf der Stele mit Hammurapis Gesetzen, die Schutruknahhunte I. nach Susa hatte verschleppen lassen 72 , ist ein Teil des ursprünglichen Textes entfernt. An dieser Stelle sollte die Siegesinschrift Schutruknahhuntes I. angebracht werden; doch dazu kam es nicht mehr. Seinem als Gouverneur in Babylon eingesetzten Sohn gelang es, den dort aufgeflammten Widerstand innerhalb von drei Jahren zu ersticken. Schließlich wurde Babylon aber verwüstet, und mit Enlilnadinahhe endete um 1155 v.Chr. die Kassitendynastie. Begleitet von vielen Babyloniern mußten die Statuen Marduks und Nanajas ins Exil ziehen. Insgesamt ist über die Zeit der Kassitenherrschaft nur wenig bekannt. Aus ihren früheren Phasen liegen nur wenige Dokumente vor; viel, vor allem aus Nippur 7 3 stammendes Textmaterial aus späteren Jahrhunderten, steht noch zur Veröffentlichung an und kann erst danach ausgeweitet werden. Den Urkunden läßt sich entnehmen, daß die Kassiten die überkommenen Verwaltungsstrukturen beibehielten, was sich etwa an den Rechtsformen, an Bewässerungsmaßnahmen und an der Ackerwirtschaft zeigt. Auffallend sind die zu Dutzenden entdeckten Kudurrus oder auch Landschenkungsurkunden, die seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. vorkommen. Es handelt sich dabei um meist quaderförmige oder nach oben abgerundete Steinstelen mit eingemeißelten offiziellen Inschriften, mit denen Könige ihren Günstlingen und hohen Beamten oft beachtliche und mit unterschiedlichen Immunitäten ausgestattete Ländereien vermachten. Am Schluß der ausführlichen Schenkungstexte steht jeweils eine ganze Reihe von Fluchformeln. Da die Symbole der in den Flüchen angerufenen Gottheiten im oberen Stelenteil abgebildet sind, leisten die Kudurrus auch einen wichtigen ikonographischen Beitrag. Aus den Texten geht hervor, daß der Staat und der Grundbesitz eine eher feudale Struktur hatten, in der auf Familien- oder Clanverbände verteilte Besitzungen und Dörfer 74 eine wichtige Rolle spielten. Die Kassiten paßten sich rasch der überlegenen babylonischen Kultur an, was vermutlich dadurch gefördert wurde, daß man den Beamtenapparat einschließlich der Schreiber übernahm. Kassitische Namen waren aber noch einige Jahrhunderte lang in Gebrauch. Da wir eine zweisprachige Wörterliste

72 Die Stele mit dem Kodex H a m m u r a p i ist nur eines von vielen mesoptamischen Denkmälern, die in Susa entdeckt wurden. Weitere bekannte Stücke, die als Beutegut nach Susa gelangten, sind ein Bild Manischtuschus aus Eschnunna und die Siegesstele Naramsins aus Sippar. 73 N i p p u r war zur Zeit der Kassitenherrschaft eine bedeutende Stadt. Sie wurde von einem guenna genannten Gouverneur verwaltet, dessen A m t erblich war. 74 Die Texte verwenden hierfür den Terminus bitum, „Haus".

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besitzen, in der siebzig Namen von Personen sowie Göttern und Sachbezeichnungen „übersetzt" sind, ist die Bedeutung einiger Namen bekannt. Viel weiter geht unsere Kenntnis der kassitischen Sprache aber nicht, da, abgesehen von einigen „Pferdetexten", Quellen fehlen. Die Könige betätigten sich als eifrige Bauherren, sie ließen bestehende Tempel renovieren und neue errichten und legten davon auf traditionelle Weise Zeugnis ab, indem sie Bauinschriften hinterließen, deren Text meist auf Ziegelsteinen angebracht und oft noch auf Sumerisch abgefaßt wurde. Sucht man nach originellen kassitischen Zügen, dann bieten sich dafür die Rollsiegel an, aber auch der Palastund Tempelkomplex in Dur-Kurigalzu oder die Ziegelfriese des Inannatempels in Uruk, die unter Karaindasch um 1400 v. Chr. entstanden sind. Trotz eines ausgeprägten Traditionsbewußtseins bedeutete die kassitische Zeit in intellektueller Hinsicht keinen Stillstand; Schreiber und Gelehrte entfalteten vielmehr eine rege Tätigkeit. Die babylonische Literatur erhielt damals ihre „kanonische" Form; denn die Gelehrten trafen eine für künftige Generationen fast normativ zu nennende Auswahl aus der Uberlieferung, wozu oftmals auch ein revidierter textus receptus gehörte. Einige Schreiberfamilien, die zum Teil seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. auf diesem Gebiet tätig waren, setzten sich dafür ein, daß das Überkommene bewahrt, gepflegt und bearbeitet wurde. Die von Sinleqeunninni besorgte Standardversion des Gilgamesch-Epos ist nur eines von mehreren Werken, die damals ihre maßgebliche Form erhielten. Für die Bearbeitung überkommener Texte wie für das Schaffen neuer Texte wurde eine Literatursprache entwickelt, die man als „literarisches Standardbabylonisch" bezeichnet. Zu den Neuschöpfungen aus der Kassitenzeit zählen wichtige Götterhymnen wie etwa der große Schamasch-Hymnus. Auch kennen wir zahlreiche Segenswünsche und Gebete von kassitischen Rollsiegeln. Zudem entstanden damals einige Werke, die sich mit menschlichen Leid und Schuld und mit der göttlichen Gerechtigkeit befassen. Unter ihnen sind das Ludlul bei nemeqi („Ich will den Herrn der Weisheit preisen", RTAT 160-163) und die „Babylonische Theodizee" die bekanntesten. Wieviel Aufmerksamkeit man dem Sumerischen schenkte, ist an bilinguen Werken und zweisprachigen Wörterlisten ablesbar. Die Mühen, die sich die Schreiber mit dem Sumerischen machten, verleiht ihrer Tätigkeit freilich bisweilen den Anschein (gesuchter) Gelehrsamkeit. In mancherlei Hinsicht bildete die kassitische Zeit somit einen in seiner Bedeutung kaum zu überschätzenden Ubergang von der altbabylonischen Zeit zu den jüngeren Perioden. Allerdings wurden an kommende Generationen nicht nur alte Überlieferungen vermittelt, sondern auch neue Impulse weitergegeben.

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. ν. Chr.)

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In unserem Zusammenhang verdient Ugarit besondere Beachtung, weil durch umfangreiche Ausgrabungen und durch die dabei entdeckten Archive viel über die Stadt bekannt ist. Mit ihrer Geschichte, ihrer Regierung und ihrer Verwaltung hat Ugarit - natürlich mit den nötigen Abstrichen - Modellcharakter für andere syrisch-palästinische Stadt- und Vasallenstaaten während jener bewegten Jahrhunderte der Spätbronzezeit. Aus Ugarit stammen zudem wichtige literarische und religiöse, vor allem mythologische Texte, die Kult und Glaubensvorstellungen beleuchten und für Syrien-Palästina in diesem Zeitraum einzigartig sind. Aus der Stadtgeschichte vor 1350 v. Chr. wissen wir nur wenig, weil dafür Archivmaterial fehlt. C.F.-A. Schaeffer, der erste Ausgräber Ugarits, meinte, dies mit dem Erdbeben und Palastbrand erklären zu können, die in einem Amarnabrief (EA 151) des Königs von Tyrus erwähnt sind. Diese Katastrophen dürften aber gewiß nicht der Hauptgrund für den Mangel an frühen Dokumenten sein; vielmehr ist zu hoffen, daß bei künftigen Ausgrabungen am Ort auch Schriftzeugnisse aus der Zeit vor 1350 v. Chr. entdeckt werden. Der erste uns bekannte Stadtkönig Ugarits war Ammischtamru I., der bis etwa 1350 v.Chr. regierte und ein Vasall Ägyptens war, wie wir aus seinem nach Amarna geschickten Brief wissen (EA 45). Sein Sohn und Nachfolger, Niqmaddu II. 75 , setzte zunächst die von seinem Vater betriebene Politik fort 76 , 75 Der Vorgänger gleichen Namens auf dem Thron, Niqmaddu I., ist durch ein altes dynastisches Siegel bezeugt. 76 Das stellt Niqmaddus II. Amarnabrief E A 48 ebenso sicher wie in Ugarit gefundenen Gefäße ägyptischer Provenienz. Auf einem Exemplar sind vermutlich der König und seine Gemahlin, eine ägyptische Prinzessin, dargestellt.

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wechselte aber um 1330 v.Chr., als Suppiluliuma I. seinen ersten Feldzug nach Syrien unternahm, ins hethitische Lager über. Als später in Syrien ein Aufstand ausbrach, bewahrte Niqmaddu II. dem Hethiterkönig gegenüber die Treue. Nach der kurzen Regierung des vielleicht pro-mitannischen Usurpators Arhalba (um 1315 v. Chr.) kam im neunten Jahr des hethitischen Königs Mursiii II. Niqmepa (ca. 1313-1265 v.Chr.) auf den Thron. Bei der Schlacht von Qadesch am Orontes unterstützte Ugarit dann die Hethiter und profitierte danach von den ruhigen Zeiten, die nach Abschluß des ägyptischhethitischen Friedensvertrags anbrachen. Ungefähr zu den Zeitpunkt, zu dem Hattusili III. den hethitischen Thron bestieg, folgte auf Niqmepa Ammischtamru II. (ca. 1265-1220 v.Chr.?). Nach den kurzen Regierungszeiten von Ibiranu (um 1215 v.Chr.) und Niqmaddu III. (um 1205 v.Chr.) endete Ugarits Geschichte mit Ammurapi (bis um 1175 v.Chr.). Lange Zeit hat man gemeint, dank eines besonders reichen Textfundes über Ammurapis Herrschaft am besten informiert zu sein. Es handelt sich dabei um etwa siebzig Schrifttafeln, die angeblich gerade in einem Ofen gebrannt werden sollten, als der Palast plötzlich zerstört wurde. Auch wenn durch die neuen Grabungen von M. Yon in Ugarit die Fundumstände und damit auch die Datierung der Dokumente zu modifizieren sind 77 behalten die Texte dennoch ihre Bedeutung für die Rekonstruktion der Stadtgeschichte. Die zwischen Ugarit und dem noch immer Suppiluliuma II. von Hatti unterstehenden Zypern ausgetauschten Briefe tragen ganz wesentlich zu unserem Verständnis der kurz nach 1200 v. Chr. eingetretenen Katastrophe bei, die den Untergang Ugarits und des hethitischen Großreichs auslöste. Der Herrscher von Alaschia 78 berichtete von Feinden auf Schiffen, die Überraschungsangriffe ausführten und nur schwer zu lokalisieren seien. Ugarit müsse sich gegen sie mit seinen Truppen, Streitwagen und Festungsbauten zur Wehr setzen. Die Warnung war vergeblich. Wir besitzen von Ammurapi einen Brief, den er an den König von Alaschia sandte und der wie ein letzter verzweifelter Hilferuf klingt: „Mein Vater, jetzt kommen die Schiffe des Feindes (heran). Meine Städte hat er [schon] mit Feuer verbrannt und Unheil inmitten des Landes angerichtet. Weiß [denn] mein Vater nicht, daß alle Soldaten des Herrn, meines Vaters, im Lande Hattu sich aufhalten und alle meine Schiffe im Lande Lukku 79 sich aufhalten?" (TUAT I, 511). Kurz danach fiel Ugarit, vermutlich durch die Attacken von Seevölkern, auf die obiges Briefzitat verweist. Ägyptischen Überlieferungen zufolge geschah dies im achten Regierungsjahr Ramses' III. (um 1175 v.Chr.).

7 7 Vermutlich stammen die Tontafeln aus einem Archiv, das im oberen Stockwerk des Palastes untergebracht war. Als der Palast zerstört wurde, gelangten sie zusammen mit den einstürzenden Mauern und Decken an ihren Fundort. Das bedeutet, daß die Texte sich nicht notwendig und wohl keinesfalls ausschließlich auf die Schlußphase in Ugarits Geschichte beziehen. 7 8 Diskutiert wird, ob sich der N a m e Alaschia auf Gesamtzypern oder nur auf einen Teil der Insel bezieht. 79

Lukku bzw. Lukka ist die später Lykien genannte Landschaft an der Südküste Kleinasiens.

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Ugarit war eine kosmopolitische Handelsstadt mit Beziehungen in alle Himmelsrichtungen. Ihre Geschäftskontakte mit Ägypten führte sie selbst dann noch weiter, nachdem sie um 1330 v. Chr. ins hethitische Lager übergewechselt war. Unter der Stadtbevölkerung gab es neben Semiten auch eine starke hurritische Komponente; zudem hatte eine ägäisch-mykenische Handelskolonie hier ihren Sitz, wie Funde in der Nekropole und in Ugarits Hafen, Minet el-Beida 80 , wahrscheinlich machen. Ugarits Politik war darauf ausgerichtet, günstige Voraussetzungen für einen florierenden Handel zu schaffen. Das bedeutete, daß Kriege nach Möglichkeit zu vermeiden waren, obwohl die Stadt durchaus eine Truppe einschließlich eines Streitwagenkontingents und eine Flotte besaß, die sich die Hethiter gelegentlich ausliehen. Wie man Kriege umging, zeigt die Vereinbarung, die Ugarit und Tudhalija IV. nach 1240 v. Chr. trafen, als die Hethiter mit Assyrien im Krieg lagen: Für die Summe von 50 Minen Gold konnte sich die Stadt von einer Kriegsbeteiligung freikaufen. In den in Ugarit entdeckten Texten nimmt der Handel einen prominenten Platz ein; einige Dokumente beziehen sich etwa auf die Probleme, die sich durch die Ermordung und Plünderung von Händlern ergaben. Uberkommen ist auch ein zwischen Ugarit und Hattusili III. geschlossener Vertrag, der die Handelsrechte von Kaufleuten aus der bedeutenden hethitischen Hafenstadt Ura (in Kilikien) in Ugarit regelt. Nachdem der ugaritische König den Hethiterkönig Suppiluliuma I. als Oberherrn anerkannt hatte, mußte er einen Vasallenvertrag akzeptieren, in dem neben anderem auch die beachtliche Tributleistung festgesetzt wurde. Als das kurze Zwischenspiel des Usurpators Archalba auf Ugarits Thron abgelaufen war, erneuerte Mursiii II. den Vertrag: Ugarit mußte Gebiets Verluste im Süden hinnehmen 81 , aber auch die Höhe des Tributs wurde entsprechend gesenkt. In der Praxis verliefen die Kontakte mit den Hethitern über die in Karkemisch residierenden hethitischen Vizekönige, die im 13. Jahrhundert v. Chr. eine dominierende Stellung einzunehmen begannen. So begegnen die Könige Initeschub und Talmiteschub von Karkemisch häufig in Urkunden und Akten Ugarits, die sich auf militärische und nicht-militärische Angelegenheiten beziehen, etwa auf Streitigkeiten zwischen Vasallen. Der internationalen Korrespondenz nach zu schließen, die vor allem in den „östlichen Archiven" des Palastviertels entdeckt wurden 82 , unterhielt Ugarit mit vielen Nachbarstädten und mit Zypern Kontakte. Eng waren vor allem die Beziehungen zum Königreich Amurru, das wenig südlich von Ugarit an der Küste lag. Niqmepa war mit einer Tochter des Königs Ahatmilku von Amurru verheiratet, und sein Sohn Ammischtamru II. folgte dem väterlichen

80 Minet el-Beida, griech. Leukos Limen, liegt weniger als einen Kilometer von Ugarit entfernt und ist vom Tempelbereich auf der Akropolis aus zu sehen. 81 Abegtrennt wurden Gebiete, die dem Königreich Sijannu, Ugarits südlichem Nachbarn, zugeschlagen wurden. 82 Im Palastbereich unterscheidet man nach ihrer Fundstelle insgesamt sechs unterschiedliche Archive.

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Beispiel und nahm eine Tochter des Königs Benteschina zur Frau. Sie soll eine „große Sünde" begangen haben, aus der sich allerlei politische Schwierigkeiten und Zwistigkeiten ergaben. Zunächst versuchte der hethitische Vizekönig von Karkemisch, in diesem Fall zu vermitteln, schließlich griff aber der hethitische Großkönig selbst ein und schlichtete die Streitigkeiten, wie wir aus einem umfangreichen Dossier über den Vorgang erfahren. Als nomineller Eigentümer des Staatsgebiets und als Oberhaupt der nach Berufen und Dienstleistungen erfaßten und organisierten „Männer des Königs" (bunu.su. malki) hatte der König von Ugarit die Bevölkerung seines Staates fest im Griff. Die „Männer des Königs" waren in der Landwirtschaft, im Handwerk, Handel, in der Regierung und in der Armee tätig. Je nach ihrem Rang erhielten sie Naturalien und Silber aus der königlichen Schatzkammer. Viele hatten im Tausch gegen Dienstverpflichtungen (pilku; unussu) und Abgaben Krongüter erhalten. Derartige Rechte nahm der König auch Dorfgemeinschaften gegenüber wahr, deren Mitglieder Militärdienste leisten mußten und Abgaben in Silber und in Naturalien zu entrichten hatten. In dieser mehr oder weniger feudal strukturierten Gesellschaft genossen die direkt dem König unterstellten Diener, wie der Wesir (säkinu), die „Freunde des Königs" (mudu sarri) und die auf Landgütern lebenden Streitwagenkämpfer (marijannu), spezielle Vorrechte in Gestalt von Immunitäten und Rechten auf lokale Abgaben. Das unterste Ende der sozialen Leiter nahmen die hupsuzl und die Sklaven ein. Da der König an der Spitze der Palastverwaltung stand, war es ihm ein Leichtes, direkt in die gesellschaftlichen Verhältnisse einzugreifen. Er wachte darüber, welche Art von Dienstpflichten seine Untertanen übernehmen mußten, er konnte Land zuweisen und enteignen, Transaktionen von Immobilien kontrollierte er ebenso wie die Vererbung von Grund und Boden 84 . Der König war der oberste Befehlshaber der zentral organisierten Armee, die sich aus Dörfern rekrutierte und um Söldner und die Elitetruppe der manjannu ergänzt wurde. Auch das höchste Richteramt hatte der König inne, und in dieser Rolle - als Beschützer von Waise und Witwe und als der, der vor dem Tor auf der Tenne Recht spricht - tritt er auch in den legendär-mythologischen Epen Aqht und Krt auf (RTAT 240-242). In diesen literarischen Werken sind die Könige als heroische, übermenschliche Gestalten gezeichnet, die den Göttern nahestehen, und deren Wohlergehen sich auf die Fruchtbarkeit des Landes auswirkt. Eine völlig andere Sprache sprechen die Dokumente aus den Verwaltungsarchiven. So gut wie nichts deutet in ihnen auf derartige Aspekte des Königtums hin, und so stellt das überhöhte Bild vom König wohl eher die in literarische Form gegossene Erinnerung an eine heroisch-mythische Vergangenheit dar als eine Widerspieglung der erlebten 83

Die bupsu gehörten zur Unterschicht, vielleicht waren sie freigelassene (Schuld-)Sklaven; vgl. hebr. bofli. 84 Wechselten Immobilien oder Grund und Boden ihren Besitzer, dann waren Abgaberechte und Dienstpflichten auf den neuen Eigentümer zu übertragen.

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Gegenwart. Ritualtexten läßt sich zwar entnehmen, daß der König als Oberhaupt der Gemeinschaft im Kult mitwirkte, etwa bei einer Bußliturgie und bei Opfern, die auch die Fruchtbarkeit des Bodens bewirken sollten; doch waren Ugarits Herrscher keine „vergöttlichten" Könige. Das gilt, obwohl es eine Liste „vergöttlichter" (verstorbener) Könige aus Ugarit gibt, und obwohl man die königlichen Vorfahren verehrte und ihren „Schatten" Opfer darbrachte. In der täglichen Realität war von den dem Königtum anhaftenden sakralen Zügen wenig zu spüren, hier war der Regent das Oberhaupt eines Kleinstaates und der Vasall eines Herrschers, der sich als „Sonne(ngott)" darstellte. Bei den Ausgrabungen in Ugarit wurden Schriftzeugnisse in großen Mengen zutage gefördert. Ihnen ist es zu verdanken, daß wir so viel über die Geschichte dieses levantinischen Stadtstaates und seiner kosmopolitischen Kultur wissen. Die Dokumente entstammen mehreren öffentlichen und privaten Archiven, sie kommen aus Bibliotheken und aus Schulen. Unter den Archiven enthielten vor allem die sechs Palastarchive Briefe der internationalen und der innerhalb Ugarits geführten Korrespondenz; hier fanden sich zudem Rechtsurkunden unterschiedlicher Art 85 sowie die Masse der Texte, die sich auf die Verwaltung und auf die Wirtschaft beziehen. Die aus Bibliotheken und Schulen geborgenen Textfunde geben Einblicke in die Literatur, die religiöse Uberlieferung sowie in Wissenschaft und Bildungswesen. Anhand der Schultexte wird deutlich, wie die babylonische Sprache und Literatur untersucht und im Unterricht vermittelt wurden. Man folgte der in babylonischen Schulen entwickelten Methode und begann mit elementaren Zeichen- und verschiedenen Wörterlisten und behandelte schließlich episch-mythische Texte und Werke der Weisheitsliteratur. Die entdeckten Schriftzeugnisse sind in vier Sprachen abgefaßt. Hethitisch ist nur selten belegt, obwohl dies die Landessprache des Staates war, zu dem Ugarit in einem Vasallenverhältnis stand. Häufiger sind hurritische Texte. Ein Teil der Einwohner Ugarits sprach ja Hurritisch, das damals in Nordmesopotamien und in Syrien weit verbreitet war. Hurritisch war auch die Unterrichtssprache, in der mesopotamische Traditionen weitergegeben wurden. In Ugarits eigener, frühkanaanäischer Sprache sind mehrere hunderte Texte geschrieben; doch üblicherweise bediente man sich des Babylonischen, das in jenen Jahrhunderten 86 die gängige internationale Diplomatensprache war. In Ugarit wurde dieses Babylonisch auch für die eigene Verwaltung benutzt. Gewiß ergaben sich dadurch, daß mehrere Sprachen nebeneinander in Gebrauch waren, im Alltag Probleme; doch für Gelehrte und Schreiber bedeutete diese Situation auch eine Herausforderung. Uns liegt aus Ugarit eine

85 Der internationale Briefwechsel, darunter auch Vertragstexte, wurde vor allem im sogenannten „Südarchiv" des Palastes entdeckt; im „Zentralarchiv" fand sich die Masse juristischer Texte, die sich auf Vorgänge innerhalb von Ugarit beziehen (Privatverträge, Kaufurkunden, königliche Beschlüsse). 8 6 Nicht nur während der „Amarnazeit", sondern auch davor und danach hatte das Babylonische den Rang einer lingua franca.

Ugarit

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viersprachige Zeichen- und Wörterliste vor, deren Grundlage das in babylonischen Schulen verwendete sogenannte „Syllabar A" ist, in dem neben sumerische Wörterzeichen ihre babylonischen Entsprechungen gestellt sind. Ugaritische Gelehrte haben dieses zweisprachige Vokabular um zwei Kolumnen ergänzt, um auch die hurritischen und ugaritischen Äquivalente aufnehmen zu können. In Ugarit waren zwei Schriften in Gebrauch. Mehrheitlich wurde die babylonische Keilschrift verwendet; doch gibt es auch Hunderte von Texten, die in der sogenannten „ugaritischen Alphabetschrift" geschrieben sind. Das ugaritische Alphabet umfaßt dreißig Buchstabenzeichen, von denen siebenundzwanzig Konsonanten wiedergeben und drei für die Vokale a, i und u in Verbindung mit Aleph stehen. Die Grundlage des ugaritischen Alphabets war die traditionelle Keilschrift. Angeregt von den Formen der Zeichen, die im älteren piktographischen/linearen „kanaanäischen" Alphabet für Buchstaben stehen, wurden die keilschriftlichen Basiselemente aber vereinfacht und neu kombiniert. Möglicherweise entstand das ugaritische Alphabet im frühen 14. Jahrhundert v.Chr. und wurde ebenso für die Tag für Tag anfallenden Schreibarbeiten (Briefe, Listen, Kontrakte) wie für literarische und kultische Texte verwendet. Es liegen eindeutige Anzeichen dafür vor, daß wichtige akkadische Dokumente, die nach Ugarit gesandt oder aus Ugarit versandt wurden, für den Gebrauch am Ort übersetzt wurden. Unter mehreren derartigen Übertragungen ins Ugaritische gibt es etwa auch den Text eines mit den Hethitern geschlossenen Vertrags. Kurz nachdem im Jahr 1929 die Ausgrabungen in Ugarit begonnen hatten, wurde die inzwischen als „Bibliothek des Hohenpriesters" bezeichnete Sammlung literarischer Werke entdeckt, die in ugaritischer Sprache und Schrift abgefaßt sind. Zur Fundgruppe gehören mehrere mythologische, epische und kultische Texte, denen wir unsere Kenntnis der Mythen von Göttern wie El, Ba'al, Dagan, Mot, Jam, Schapsch, Aschera, Astarte, Choron und Koschar verdanken, und die uns in legendenhafter Ausschmückung von frühen Gestalten des Königshauses wie Keret 87 und Aqhat erzählen. Im weiteren Verlauf der Grabungen 88 wurden auch liturgische Texte, Rituale, Gebete, Beschwörungen und Hymnen entdeckt. Der Schreiber Iii— malku, der sich selbst als „Schüler des Opferschauers Atta/enu, Vorsteher der Priester, Vorsteher der Hirten, Minister (?) Niqmaddus (II.?), des Königs von Ugarit, des Fürsten von Yrgb, des Herrn von Trmn" bezeichnet, hat während der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts v. Chr. einige der bedeutendsten der episch-mythologischen Werke schriftlich festgehalten. Diese mythologischen, epischen und kultischen Überlieferungen (vgl. RTAT 205-243) sind für die Kenntnis der levantinischen Religion und Literatur während der Spätbronzezeit von unschätzbarem Wert und liefern damit auch einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des alttestamentlichen HinterKeret ist die traditionelle Vokalisation des Namens Krt. Seit 1977 erstrecken sich die Grabungen auch auf den Palast, der 5 km südwestlich von Ugarit auf dem Kap Ras Ibn Hani entdeckt wurde. 87 88

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grunds. Letzteres gilt freilich nur mit zwei Einschränkungen: Ugarit gehörte nicht zu Kanaan, sondern lag nördlich davon, und Ugarits Sprache und Literatur ist deshalb nicht einfach mit dem „Kanaanäischen" gleichzusetzen.

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Mit Ramses I. (ca. 1292-1290 v.Chr.) und Sethos I. (ca. 1290-1279 v.Chr.) begann die 19. Dynastie und damit eine neue Ära in Ägypten. Der politische Schwerpunkt verschob sich ins Deltagebiet, was sich angesichts der Interessenausrichtung des asiatischen Imperiums und angesichts der von Hatti, von Libyen und vom Mittelmeer ausgehenden Bedrohungen nahelegte. Die königliche Residenz wurde schon bald von Memphis nach Pi-Ramesse verlegt, das von nun an als Hauptstadt fungierte 89 . Gleich zu Beginn seiner Regierung organisierte Sethos I. einen Feldzug nach Syrien und Palästina, an dem er selbst teilnahm. Seine Ziele im Norden waren Qadesch und Amurru. In Palästina bekämpfte der Pharao die Schasu sowie Beduinen und verstärkte nach Ausweis zweier in Beth-Sean gefundener Stelen die ägyptische Präsenz in der strategisch wichtigen Jesreelebene. Auch in Akko und Tyrus festigte Sethos I. seine Autorität. Der Rückmarsch erfolgte östlich des Jordan über den Hauran, wo Pella bestraft und auf dem Teil es-Sihab eine Stele aufgestellt wurden. Im Süden behauptete der Pharao die ägyptischen Rechte an den Kupferminen bei Timna und ließ im örtlichen Hathorheiligtum, ebenso wie dann später Ramses III., demonstrativ seine Kartusche anbringen. In Ägypten selbst nahmen die asiatischen Einflüsse zu, besonders auf religiösem Gebiet. Dem wurde dadurch Vorschub geleistet, daß nun viele der im Delta lebenden Asiaten Aufnahme im Heer und in der Verwaltung fanden. Der bereits in der Hyksoszeit mit Ba'al gleichgesetzte Gott Seth stieg erneut zu Ehren auf; nach ihm und nach den drei Hauptgottheiten Amun, Re und Ptah wurden die Divisionen der Armee benannt. In Abydos ließ sich Sethos I. einen aufwendigen Kenotaph errichten, bestatten ließ er sich aber in seinem Felskammergrab in Theben. In der Zwischenzeit wurde im hethitischen Großreich Mursiii II. von Muwatalli II. (ca. 1297-1273 v. Chr.) abgelöst, über dessen Regierung wenig bekannt ist. Die wichtigste Quelle für seine Herrschaft ist die gewiß nicht immer unvoreingenommene „Apologie", die Hattusili III. verfaßte, der jüngste Bruder Muwatallis II. und sein späterer Nachfolger auf dem Thron. Zunächst mußte Muwatalli II. gegen ernste Bedrohungen aus dem Norden, vor allem gegen die Kaschkäer vorgehen, die das Hatti-Land so sehr in Gefahr brachten, daß der König sogar die Hauptstadt Hattuscha aufgab und fortan im südlicher gelegenen Tarhuntaschscha residierte. Als dann auch noch in den Ländern Kizzuwatna und Arzawa die Ordnung wiederhergestellt war, konnte Muwatalli II. seine Aufmerksamkeit unbeschränkt Syrien zuwenden. Obwohl Sethos I. und Muwatalli II. einen Vertrag geschlossen hatten, der das Gleichgewicht zwischen den ägyptischen und hethitischen Interessen in Syrien-Palästina garantieren sollte, nahmen hier Ägyptens Macht und Einfluß unter Ramses II. (ca. 1279-1213 v.Chr.) zu. Davon beeindruckt wechselte Benteschina von Amurru von der hethitischen auf die ägyptische Seite über,

8 9 Pi-Ramesse, am pelusischen Nilarm, nahe beim alten Avaris gelegen, ist mit den Ruinen von Qantir identisch.

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und für das hethitische Großreich ergab sich die Gefahr, dadurch auch noch Qadesch am Orontes zu verlieren. Im fünften Jahr Ramses' II. (1275 v.Chr.) entluden sich die ägyptisch-hethitischen Spannungen in der berühmten Schlacht bei Qadesch am Orontes. Uber die Vorgänge liegen Informationen vor allem von ägyptischer Seite vor; denn Ramses II. ließ auf Tempelwänden und Pylonen Bildreliefs und Berichte darüber anbringen. Ramses II., der irrtümlich davon ausging, daß sich die Hethiter noch bei Aleppo aufhielten, eilte mit nur einer Division seiner Armee voraus und wurde bei Qadesch von Muwatallis II. übermächtig großem Heer 90 überrascht und beinahe geschlagen. In einer heldenhaften Aktion gelang es dem Pharao jedoch, die drohende Niederlage abzuwenden und aus der Umzingelung auszubrechen. Die Schlacht endete unentschieden; doch daß in der Folge Amurru wieder den Hethitern unterstellt wurde und Qadesch beim hethitischen Großreich verblieb, weist eher auf einen Erfolg Muwatallis II. hin. Expeditionen, die Ramses II. in seinem achten und zehnten Regierungsjahr unternahm, konnten an dieser Sachlage nichts ändern. Im von Gaza aus verwalteten Kanaan behielt Ägypten allerdings die Oberhoheit, und als im Jahr 1269 v. Chr. in Askalon ein Aufstand ausbrach, konnte er rasch niedergeschlagen werden. Asdod, Jaffa und Beth-Sean blieben, auch nach Ausweis der am Ort entdeckten Inschriften, weiterhin Stützpunkte der ägyptischen Macht. In Hattuscha war inzwischen um 1272 v.Chr. Urchiteschub, ein illegitimer Sohn Mursiiis II., Muwatalli II. auf dem Thron nachgefolgt. Nach siebenjähriger Regierung mußte Urchiteschub seinem Onkel, dem starken Hattusili III., weichen, der sich nach anfänglicher Loyalität nicht mehr mit einer Nebenrolle begnügte, sondern selbst auf den Thron wollte. Nachdem er dies erreicht hatte, schickte er Urchiteschub nach Syrien in die Verbannung. Die von Hattusili III. (ca. 1266-1240 v.Chr.) betriebene Politik ist gleichsam als Antwort auf die assyrische Expansion zu verstehen, bei der Mitanni unterging und Assur seine Grenzen allmählich immer weiter auf den Euphrat zu schieben konnte. Formell pflegte Hattusili III. weiterhin den Kontakt mit Assyrien und tauschte mit Adadnirari I. und Salmanassar I. Briefe aus, zugleich knüpfte er aber auch freundschaftliche Beziehungen mit Babylonien (Kadaschmanturgu, ca. 1260 v. Chr.) und vor allem mit Ägypten an. Dies, und vielleicht auch der bedrohliche Eindruck, den Salmanassars I. Auftreten machte, führte im Jahr 1259 v.Chr. dazu, daß Hattusili III. und Ramses II. miteinander einen Vertrag schlossen, der als „Bündnis ewigen Friedens" bekannt ist. Der Vertragstext blieb in Kopien auf Tontafeln in Bogazköy erhalten, ägyptische Ubersetzungen sind von Stelen im Tempel von Karnak und im Ramesseum 91 bekannt. Der Vertrag sollte „ewige Bruderschaft und Frieden zwischen Ägypten und Hatti" stiften, indem sich die Verbündeten verpflichteten, künftig keinerlei feindliche

90 Ramses II. sah sich 3 5 0 0 0 Soldaten und 3 5 0 0 Streitwagen gegenüber; denn Muwatalli II. hatte Kontingente aus allen Teilen seines Großreichs, u.a. aus Mitanni, Ugarit, Lukka und Dardana, aufgeboten. 91 Als Ramesseum bezeichnet man den Totentempel Ramses' II. in der thebanischen Nekropole.

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Aktionen gegeneinander zu unternehmen und sich statt dessen gegenseitig zu unterstützen. Sodann garantierte der Vertrag die legitime Thronnachfolge und sah die Auslieferung von Flüchtlingen vor. Grenzen wurden nicht eigens festgesetzt, aber der status quo wurde aufrecht erhalten: Die ägyptische und hethitische Einflußsphären berührten einander entlang einer Linie, die vom Nordabfall des Anti-Libanos im Osten bis zur Mittelmeerküste wenig nördlich von Byblos im Westen verlief. Amurru, wo noch immer der von Hattusili III. begnadigte König Benteschina regierte, und Qadesch blieben für Ägypten verloren. Die ägyptischen Besitzungen auf asiatischem Boden umfaßten nun Kanaan (Palästina samt dem phönizischen Küstenstreifen) und das Gebiet von Damaskus, also das Land Upe. Im Jahr 1245 v. Chr. wurde der Pakt auch noch durch eine glanzvoll gefeierte Hochzeit zwischen Ramses II. und einer hethitischen Prinzessin besiegelt. Wir sind in die Vorgänge gut eingeweiht, weil ägyptische Steleninschriften darüber berichten, und weil Ramses II. mit seinem Hof und Hattusili III. mit seiner Gemahlin Puduchepa in dieser Angelegenheit Briefe wechselten, die uns erhalten sind. Freilich beschäftigt sich diese Korrespondenz nicht nur mit der Festsetzung des Ehekontraktes, sondern auch mit dem Friedensschluß und damit, daß ägyptische Medikamente und Arzte nach Hattuscha geschickt werden sollten. Nachdem Ramses II. dann auch noch das Deltagebiet durch Festungsbauten gegen die Libyer abgesichert hatte, konnte er sich internen Angelegenheiten zuwenden, allem voran seinen ehrgeizigen Bauvorhaben, die fast überall in Ägypten ihre Spuren hinterlassen haben: Man findet sie von Abu-Simbel in Nubien bis hin zu seiner neuen Residenzstadt Pi-Ramesse im östlichen Delta. Die von M. Bietak geleiteten österreichischen Ausgrabungen in der Ruinenstätte von Qantir haben den Nachweis erbracht, daß hier Pi-Ramesse anzusetzen ist. Der Umfang der Stadt wurde bestimmt, Wohnviertel, Tempel und ein großer Palast wurden freigelegt. Zum Palast gehörte ein als Anlegeplatz genutzter „Palastsee", der durch einen Kanal mit dem pelusischen Nilarm verbunden war. Die ausgegrabene Stadt ist mit dem biblischen Raamses zu identifizieren, bei dessen Erbauung auch „israelitische" Zwangsarbeiter mitwirkten. Diese strategisch günstig gelegene Stadt bietet sich geradezu als Ausgangspunkt für einen „ E x o d u s " entlang des wichtigsten Verbindungswegs nach Südpalästina, entlang der Via Mans, an. Die schon lange vertretene These, der Auszug der Israeliten unter Mose habe zur Zeit Ramses' II. stattgefunden, hat dadurch neue Unterstützung erhalten. Identifiziert man Ramses mit den Ruinen von Qantir 9 2 , dann hat das auch Konsequenzen für den vermutlichen Verlauf der Auszugsroute. M. Bietak zufolge verlief der Weg zunächst entlang des pelusischen Nilarms bis nach Defenne 9 3 , schlug dann,

92 Aufzugeben sind dann die früheren Vorschläge, denen zufolge entweder das weiter im N o r den gelegene Tanis oder das weiter im Süden gelegene Bubastis als geeignete Kandidaten für eine Identifizierung mit Raamses gelten. 93 Defenne ist mit Ba'al Zephon zu identifizieren, wofür neben anderem auch ein aramäischer Brief spricht, in dem Ba'al Zephon und D a p h n e miteinander verbunden sind.

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um die Grenzfestung Sile zu umgehen, eine südöstliche Richtung ein und überquerte nördlich von Ismailia das Ballah-Meer, das mit dem sogenannten „Schilfmeer" gleichzusetzen sei. Nach 1240 v. Chr. folgte Tudhalija IV. seinem Vater Hattusili III. auf dem Thron nach. Der neue König (ca. 1239-1209 v.Chr.) erwies sich als tatkräftiger Herrscher. Das zeigen auch die in Hattuscha vorgenommen Ausgrabungen, die sich seit 1978 auf die südlich oberhalb der Altstadt gelegene Oberstadt konzentrieren, wahrscheinlich eine Gründung Tudhalijas IV. Bei dem Neubauviertel handelte es sich um einen Kult- und Tempelbezirk, der sich über fast einen Quadratkilometer erstreckte. Die Oberstadt besaß einen doppelten Befestigungsgürtel mit fünf Toren, im Stadtinneren reihte sich Tempel an Tempel. Mit der Schaffung des neuen Stadtbereichs verfolgte Tudhalija IV. kultische und ideologische Absichten; denn offensichtlich lag ihm viel daran, sein Königtum religiös zu legitimieren. Er hatte sich den angesehenen mesopotamischen Titel sar kissati, „König der Welt", „Kosmokrator", zugelegt und betonte stärker als seine Vorgänger seine enge Verbindung mit den Göttern. Im Temenos eines der neuen Tempel hatte sich Tudhalija IV. sogar eine Kapelle errichten lassen, die ausschließlich für seine eigene kultische Verehrung bestimmt war. Es ist durchaus berechtigt, von einer „Kultreform" Tudhalijas IV. zu sprechen, die in der neu geschaffenen Oberstadt ihren materiellen Ausdruck fand. Dem König ging es darum, die bislang über das gesamte Reich verteilte Verehrung zahlreicher Gottheiten in der Oberstadt von Hattuscha zu konzentrieren, und zu diesem Zweck ließ er mindestens dreißig neue Kultbauten errichten und vorzüglich ausstatten. Ausgehend von der sorgfältig geplanten Verteilung von Tempeln und Toren nimmt der Ausgräber, P. Neve, an, daß es eine „Heilige Straße" für Prozessionen gab, bei denen man die Stadt durch das Königstor 94 im Südosten verließ, dann auf einem Pflasterweg entlang dem Fuß der Stadtmauer zunächst bis zum Sphinxtor im Süden zog und schließlich durch das Löwentor im Südwesten wieder in die Stadt zurückkehrte. Auch das nordöstlich der Stadt gelegene offene Felsheiligtum von Yazilikaya erhielt seine letzte Gestalt zur Zeit Tudhalijas IV. Die Regierung Tudhalijas IV. war nicht frei von Problemen. Während sich die Beziehungen mit Ägypten weiterhin friedlich gestalteten 95 , blieben die mit Assyrien angespannt und waren von Rivalität geprägt. Tukultininurta I. nahm die Feldzüge ins Kaschiarigebirge und dessen Umgebung wieder auf, wo sich früher das Königreich Mitanni befunden hatte. Er stieß bis zum Euphrat vor, überschritt ihn und rühmte sich, „Tausende von Hethitern" von „jenseits des Euphrat" deportiert zu haben. Die Proteste des hethitischen Königs zeitigten keine Wirkung, vielmehr versicherte der Assyrer, er habe nichts vom hethitischen Königreich entwendet, „noch nicht einmal ein Stück Holz". Bewußt vermieden die Hethiter den offenen Krieg; doch taten sie,

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Die Bezeichnungen der Tore leiten sich von ihrem Reliefschmuck ab. Tudhalija IV. setzte den Briefwechsel mit Ramses II. fort.

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was sie konnten, um den Assyrern wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, und so blockierten sie die assyrischen Handelskontakte nach Syrien und zum Mittelmeer. Bezeichnend ist dafür ein Vertrag zwischen Tudhalija IV. und Sauschgamuwa von Amurru. Amurrus Herrscher mußte vertraglich anerkennen, daß der assyrische König auch sein Feind sei, daß er Amurrus Händlern nicht gestatte, nach Assyrien zu gehen, und daß er assyrischen Händlern verbiete, nach Amurru zu kommen oder sein Land zu durchreisen. Zusätzlich zur ständigen Bedrohung durch die Kaschkäer hatte Tudhalija IV. mit verschiedenen Schwierigkeiten innerhalb des hethitischen Großreichs zu kämpfen. Für eines dieser Probleme liegen archäologische Indizien aus Hattuscha vor. Hier wurde die bereits erwähnte (s.o. V.8) unversehrt erhaltene, große Bronzetafel (35 x 24 cm) entdeckt, die kaum 30 m vom Sphinxtor entfernt unter den Steinplatten des Prozessionswegs im Boden vergraben war. Die beidseitig beschriebene Tafel enthält den Text eines zwischen Tudhalija IV. und Kurunta von Tarhuntaschscha 96 geschlossenen Vertrags, der das freundschaftliche Verhältnis zwischen beiden absichern sollte, die Landesgrenzen von Tarhuntaschscha festsetzte und die Rechte und Pflichten Kuruntas bestimmte. Mit diesem Vertrag wurde ein zuvor zwischen Kurunta und Tudhalijas IV. Vater, Hattusili III. geschlossener Vertrag erneuert und gerinfügig modifiziert. Hattusili III. hatte damals versucht, einen potentiellen Rivalen im Streit um den Thron von Hattuscha abzufinden. Kurunta war nämlich ein Bruder des Königs Mursiii IIL/Urchiteschub, der vom Usurpator Hattusili III. entthront worden war. Während nun der ältere wie der jüngere Vertragstext vermuten lassen, Kurunta habe auf seinen legitimen Anspruch auf den Thron in der Hauptstadt verzichtet und sich in seine untergeordnete Position als Vasallenkönig und Verbündeter des Großkönigs gefügt, ergibt sich aus anderen archäologischen Funden, daß dem vermutlich nicht so war. In einem Archiv in Hattuscha tauchten zwei großkönigliche Siegelbullen mit dem Namen Kuruntas auf, zudem wurden an anderer Stelle der Stadt Fragmente von tönernen Gefäßverschlüssen gefunden, die ebenfalls mit dem Siegel des Großkönigs Kurunta gestempelt sind. Kurunta muß es demnach gelungen sein, sich irgendwann des Throns von Hattuscha zu bemächtigen. Das hat ihm vielleicht auch die willkommene Gelegenheit geboten, die bronzene Vertragstafel von ihrem offiziellen Platz im Tempel abzuhängen, die an ihr angebrachten Göttersiegel 97 zu entfernen und die Platte im Boden zu vergraben. Kurunta konnte sich gewiß nicht lange auf Hattuschas Thron halten: Denn verglichen mit den in Massen gefundenen großköniglichen Siegelabdrücken anderer hethitischer Herrscher stellen die Kuruntas ausgesprochene Raritäten dar. Das weist darauf hin, daß Kuruntas Zeit als Großkönig nur von kurzer Dauer war. Daß er überhaupt Erfolg hatte, ist ohne Bürgerkrieg nicht vorstellbar, und auch für diese Annahme lassen sich archäologische Indizien Das Königreich Tarhuntaschscha lag südwestlich von Hattuscha. Die Göttersiegel könnten gut an den Ketten befestigt gewesen sein, mit der die Tafel an ihrem offiziellen Platz im Tempel aufgehängt war. 96 97

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beibringen; denn die der letzten Bauphase in Hattuschas Oberstadt vorausgehenden Zerstörungsspuren darf man mit großer Wahrscheinlichkeit auf diese Vorgänge beziehen. Darüber, wie sich die letzten Jahrzehnte des hethitischen Großreichs gestalteten, sind wir nur ausgesprochen lückenhaft informiert, da aus der Spätzeit Tudhalijas IV. und von seinen Söhnen und Nachfolgern, dem jung verstorbenen Arnuwanda III. und dem an die dreißig Jahre lang regierenden Suppiluliuma II., kaum schriftliche Dokumente überkommen sind. Das liegt auch daran, daß viele der üblicherweise in die letzte Hälfte des 13. Jahrhunderts v.Chr. datierten Texte neueren Erkenntnissen zufolge dem ausgehenden 15. Jahrhundert v.Chr. angehören, als in Hattuscha Könige regierten, die ebenfalls Tudhalija (I.—III.), Arnuwanda (I.-II.) und Suppiluliuma (I.) hießen. Trotz der insgesamt schlechten Quellenlage ist aber festzuhalten, daß es keine deutlichen Anzeichen dafür gibt, dem Untergang des hethitischen Großreichs um 1180 v.Chr. sei eine Phase zunehmender Schwäche und des Zerfalls vorausgegangen. Tudhalija IV. hat möglicherweise sogar Zypern erobert, und sein Sohn Suppiluliuma II. siegte in einer Seeschlacht gegen „die Feinde von Alaschia (= Zypern)", womit ein Zusammenstoß mit den Seevölkern gemeint sein dürfte. Für stabile Verhältnisse im hethitischen Großreich spricht auch die ungefähr dreißigjährige Regierungszeit Suppiluliumas II. Bei den jüngsten Ausgrabungen in Hattuscha wurden Bauten entdeckt, die während der Regierungszeit dieses Königs entstanden. Darunter befinden sich auch zwei gemauerte Kammern in der sogenannten „Südburg". In einer ist ein Relief angebracht, das Suppiluliuma II. in Kampfausrüstung darstellt, und zudem findet sich hier eine hethitische Hieroglypheninschrift, die über militärische Großtaten des Königs berichtet, etwa über seinen Feldzug nach Tarhuntaschscha. Was genau den Fall Hattuschas und des hethitischen Reichs auslöste, ist schwierig auszumachen. Monokausale Erklärungen 98 konkurrieren mit komplizierten Rekonstruktionsversuchen, die allesamt darauf abzielen, einen Zusammenhang mit dem Seevölkereinfall herzustellen. Vermutet wird, daß entweder bestimmte Seevölkergruppen bis ins Innerste Anatoliens vorgestoßen seien, oder daß die Völkerwanderungen in der Agäis und in Kleinasien, die die Seevölkerbewegung verursachten, Nachwirkungen bis nach Zentralanatolien hinein gehabt hätten. Dadurch sei das Hethiterreich geschwächt worden, und die Phryger" hätten die Gunst der Stunde genutzt. Daß der Untergang des hethitisches Reichs tatsächlich auf die eine oder andere Weise mit Aktionen der Seevölker zusammenhing, geht eindeutig aus den zwischen Ugarit und Alaschia (= Zypern, s.o. V . l l ) gewechselten Briefen hervor, in denen von feindlichen Schiffen und deren Landung an der nordsyrischen Kü-

98 Einige - so etwa C.F.-A. Schaeffer - sehen die Ursache in dem Erdbeben, das auch Ugarit zerstörte, andere denken an die Eroberung des Reichs durch die Phryger, und wieder andere rechnen mit ausschließlich internen Problemen, die damals zum Ausbruch gekommen seien. 99 Möglicherweise sind die Phryger mit dem aus anderen Quellen bekannten Volk zu identifizieren, das dort als Muschki oder Moschoi bezeichnet wird.

Ägypten und das Hethitische Reich

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ste die Rede ist. Ungewiß ist aber, wie tief die Seevölker bis nach Anatolien vorstießen. Der Fall Hattuschas sowie das Ende anderer anatolischer Orte ist jedenfalls an Zerstörungsschichten ablesbar, die ein Datum kurz nach 1180 v. Chr. nahelegen. Dabei hatte die hethitische Oberschicht, wie man in jüngster Zeit annimmt, Hattuscha aufgegeben und rechtzeitig verlassen. Der Untergang Hattuschas brachte das Ende einer bedeutenden, mehr als vierhundert Jahre langen Ära in Anatoliens Geschichte, während der der hethitische Staat eine wichtige Rolle auf der internationalen Bühne spielte, obwohl es in diesem langen Zeitraum natürlich Höhe- wie Tiefpunkte gab. Mit der Zerstörung der Hauptstadt Hattuscha und dem Wegfall einer zentralen Macht kehrte das Land zur politischen Zersplitterung zurück. Das Verschwinden der Keilschrift schreibenden, städtischen hethitischen Oberschicht erklärt auch, weshalb in der Folgezeit die luwische Landessprache und die Hieroglyphenschrift dominierten. Einiges von dem, was die Hethiter auf kulturellem und politisch-ideologischem Gebiet geleistet hatten, ging aber nicht mit dem Staat unter, sondern überdauerte noch einige Jahrhunderte lang. Die Könige von Karkemisch, Kuziteschub und seine Nachfolger, eigneten sich sehr rasch den jetzt herrenlosen Titel „Großkönig, Held" an und gaben vor, sie seien über Talmiteschub mit der hethitischen Königsfamilie verwandt. Anscheinend gelang es ihnen sogar, ihre Macht in nördliche Richtung bis nach Malatija (Melid) auszudehnen, dessen Herrscher noch gegen Ende des 11. Jahrhunderts v.Chr. behaupteten, vom hethitischen Königshaus abzustammen. Ihren Anspruch untermauerten sie damit, daß sie die traditionellen hethitischen Königsnamen wie etwa Arnuwanda führten. Daß das hethitische Kulturerbe weiterlebte, ist vor allem in Südanatolien und Nordsyrien spürbar, wo die Reliefkunst und - jetzt allerdings keine hethitischen, sondern luwische - Hieroglypheninschriften auf zahlreichen Denkmälern und Stelen bis ins 8. Jahrhundert v.Chr. hinein „Hattis" noch stets fortdauernden Einfluß bezeugen. So ist es auch keineswegs erstaunlich, daß die assyrischen Könige, als sie dieses Gebiet im 9. und 8. Jahrhundert v.Chr. eroberten, vom „Hatti-Land" sprachen und diesen Namen sogar für Palästina, einschließlich der Staaten Israel und Juda, gebrauchten (s.u. VI.5). In Ägypten kam nach der langen Regierung Ramses' II. im Jahr 1213 v. Chr. Merenptah auf den Thron und herrschte zehn Jahre lang. Unter ihm kam es um 1208 v. Chr. zum Zusammenstoß mit libyschen, vom Fürsten Meri angeführten Stämmen, die sich mit Gruppen der Scherden, Schek(e)lesch, Turscha, Eqwesch und Lukka verbündet hatten. Bis auf die beiden letztgenannten sollten diese Namen später, zur Zeit Ramses' III., unter den „Seevölkern" wieder auftauchen. Merenptah bereitete den libyschen Feinden und ihren Alliierten eine verherrende Niederlage. Auch auf anderen Gebieten hatte der Pharao die Situation fest im Griff: Die asiatischen Kontakte gingen weiter, Ägypten unterstützte Hatti mit Schiffsladungen von Getreide, die ägyptische Ostgrenze wurde mit Hilfe befestigter Grenzstationen kontrolliert, wie dies im Papyrus Anastasi III-V erwähnt ist, und Ägyptens Oberherrschaft über Palästina wurde aufrecht erhalten.

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Die Spätbronzezeit (16.-12. Jh. v.Chr.)

Was Merenptahs militärisches Vorgehen in Kanaan bewirkte, ist in den letzten Zeilen der sogenannten „Israel-Stele" beschrieben, einer Stele, die im wesentlichen aus einem Siegeslied besteht, das den König als Sieger über die Libyer preist. Der hymnische Stil bringt es mit sich, daß historische und strategische Details in der Darstellung eher vernachlässigt werden, um das heroische Bild des Pharaos um so mehr ausschmücken zu können. Das macht den Text natürlich zu einer Quelle, die mit Vorsicht zu benutzen ist. Was freilich Merenptahs Palästinafeldzug betrifft, so haben neuere Untersuchungen nachgewiesen, daß die namentlich in diesem Zusammenhang auf der Stele genannten Städte auch auf einer Serie von Schlachtenreliefs dargestellt sind, die im Amuntempel in Karnak an einer Hofwand angebracht sind, bislang aber nicht Merenptah, sondern Ramses II. zugeschrieben wurden. Daß Merenptah die Libyer bezwang und in Hatti erfolgreich war, wurde im Hymnus der Israel-Stele dazu benutzt, den Pharao prahlerisch als Friedensgaranten für ganz Palästina zu beschreiben: „Nun ist Tehenu (= die Libyer) zerstört; Hatti ist befriedet; Kanaan ist geplündert ...; Askalon ist weggeführt; Geser ist gefangen; Yenoam ist zerstört; Israel ist verwüstet, es hat kein Saatgut; Hurru ist für Ägypten zur Witwe geworden. Alle Länder sind befriedet" (vgl. auch TGI Nr. 15). Die Ausführungen auf der Israel-Stele und das auf einer anderen Stele auf Merenptah angewandte Epitheton „Unterwerfer von Geser" bilden zusammen mit den erwähnten Reliefs im Amuntempel in Karnak eine solide Grundlage für die Annahme, daß Merenptahs Palästinafeldzug tatsächlich stattfand. Zugleich findet durch die Israel-Stele auch die Hypothese eine Unterstützung, der Auszug der Israeliten aus Ägypten sei vor Merenptahs Regierung, aller Wahrscheinlichkeit nach unter Ramses II. erfolgt (s. o.). Daß im Text der Stele allein Israel nicht mit dem Determinativ für Land, sondern mit dem für Völker und Stämme üblichen geschrieben wurde, kann, sofern diese Schreibform bewußt gewählt wurde, als Hinweis darauf gelten, daß die Israeliten damals noch nicht der seßhaften Bevölkerung Kanaans zugerechnet wurden. Nach Merenptah endete die 19. Dynastie mit Königen, deren kurze Regierungszeiten sich zum Teil überlappten: Sethos II., der gleichzeitig mit Amenmesse herrschte, Siptah und die Königin Tewosre, die Gemahlin Sethos' II. Diese bemerkenswerte Frau übernahm die Regierungsführung für Sethos' II. Nachfolger, wurde dann aber selbst Pharao. Ein auf dem Tell Deir Alia im Ostjordanland geborgenes Votivgefäß trägt etwa den Abdruck ihrer Kartusche und gehört somit zu den Belegen dafür, daß die ägyptisch-kanaanäischen Beziehungen selbst gegen Ende der Spätbronzezeit noch fortdauerten.

VI. Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

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Der Vordere Orient und Ägypten ( 1 2 . - 9 . Jh. v. Chr.)

1180 v. Chr.). Ramses III. gelang es, die in Massen vorrückenden Peleset, Tjeker, Schekelesch, Denjen und Weschesch vernichtend zu schlagen und abzudrängen. Der eindrückliche Bericht über diese Schlacht findet sich auf den Wänden des bei amerikanischen Ausgrabungen freigelegten Totentempels der Königin in Medinet-Habu bei Theben. Da die Stätte in späterer Zeit zunächst als Festung und dann als koptische Kirche weiterbenutzt wurde, sind die Reliefs und Inschriften besser erhalten als dies sonst der Fall gewesen wäre. Die auf mehrere Szenen verteilte Darstellung ist von kurzen Beischriften und längeren zusammenfassenden Texten begleitet. Eine Schilderung der Vorkommnisse enthält auch der berühmte, fast 40 m lange Papyrus Harris1. Die Reliefs geben das Schlachtengetümmel zwischen Seevölkern und Ägyptern wieder, deren Truppen sich von Schiffen aus bekämpften, und sie zeigen auch, wie die ins Land einströmenden Neuankömmlinge samt ihren Familien auf Ochsenkarren sitzend angefahren kommen. Man kann die einzelnen Seevölkergruppen anhand ihrer Haartracht bzw. ihrer Kopfbedeckung unterscheiden. So fallen besonders die Scherden durch ihre Hörnerhelme auf, andere, wie zum Beispiel die Peleset, durch ihr von einem Stirnband hochgehaltenen Haar2. Mit dieser Invasion im achten Jahr Ramses' III. erreichte eine Völkerwanderung ihren Höhepunkt, die schon einige Jahrzehnte lang andauerte. Wir wissen, daß sich Scherden bereits seit einiger Zeit in Ägypten aufhielten, und noch während der Regierung Merenptahs waren ungefähr im Jahr 1208 v. Chr. Seevölker und Libyer gemeinsam in Ägypten eingefallen. Im Anschluß an Texte, die von Feinden aus nördlichen Ländern und von einer „Verschwörung auf ihren Inseln" sprechen, nimmt man allgemein an, die Seevölker seien aus dem nordöstlichen Mittelmeerbereich gekommen, von den ägäischen Inseln und aus dem westlichen Kleinasien. Jene Gebiete waren den Ägyptern nicht unbekannt, wie die topographische Liste Amenophis' III. zeigt, in der Städte von Keftiu (Kreta) und Tanaja/u (Danaoi)3 aufgeführt sind. Als Auslöser der Völkerbewegungen wird entweder die Krise betrachtet, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts v.Chr. die spätmykenische Welt erschütterte, oder man denkt an den Verlust der hethitischen Hegemonie über den Westen Kleinasiens4, an die sich anschließenden Machtstreitigkeiten und an die hier und da ausbrechenden langen Hungersnöte. Andere ziehen noch weiter entfernte Ursachen in Betracht, etwa die dorische Invasion Griechenlands oder die Ankunft der aus dem Balkan nach Kleinasien einwandernden

1 Der Papyrus verzeichnet alle Landschenkungen, die Ramses III. Tempeln, allen voran dem Amuntempel in Theben, zukommen ließ. Zum Schluß folgen historische Informationen, darunter auch die zur Seevölker-Schlacht. 2 Einige Wissenschaftler wollen hierin allerdings eine „Federkrone" erkennen. 3 An Städten werden etwa Mykene, Nauplia und Kytheria genannt. Einige Wissenschaftler beziehen Tanaja auf Zypern und bringen es mit dem späteren Jadnana in Verbindung. 4 Hier lebten neben anderen Gruppen die von den Eqwesch/Aqaj(a)wesch und Achäern nicht zu trennenden Achchijawa und die Lukka.

Seevölker und Philister

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Phryger, Vorgänge, in denen wieder andere eher die Folgen des Machtvakuums sehen, das dort durch die Abwanderung der Seevölker eintrat. Selbst wenn man eine Entscheidung zwischen diesen Möglichkeiten offen läßt, ist dennoch deutlich, daß die „Seevölker", die Namen wie Lukka, Aqaj(a)wesch, Scherden, Peleset, Tjeker, Meschwesch, Weschesch, Schekelesch, Turscha und Denjen trugen, ein zum größten Teil neues Bevölkerungselement darstellten, das allenfalls im Westen Kleinasiens schon länger verwurzelt gewesen sein könnte. Einige dieser Völker, so nimmt man an, hätten - ebenso wie die Peleset, die für Philistäa/Palästina namengebend wurden - ihre Namen im Verlauf ihrer Wanderungen in ethnischen und geographischen Bezeichnungen zurückgelassen, so die Scherden/Schardana in Sardinien, die Turscha in den Etruskern und die Schekelesch in Sizilien. Diese Identifizierungen können freilich nicht in jedem Fall überzeugen. Die zwischen 1210 und 1180 v. Chr. in Massen in den Vorderen Orient und in Ägypten einströmenden Neuankömmlinge stellen aber nicht in jeder Hinsicht ein Novum dar. Mehrfach tauchen einige jener „Völker" bereits im 14. Jahrhundert v. Chr. in den Amarnabriefen, in ugaritischen Texten und hethitischen Quellen auf. Dies gilt für die Lukka, Scherden und Danuna ( = Denjen, in Kilikien). Bei der Schlacht von Qadesch am Orontes (1275 v. Chr.) trifft man Angehörige der Lukka und Schekelesch im hethitischen Lager, während Scherden auf ägyptischer Seite mitkämpften. Auf die eine oder andere Weise müssen die Großreiche derartige Gruppen integriert haben. Sie können, vor allem nach der Zerstörung mykenischer Städte, als Einwanderer aus dem Westen gekommen sein, sie können als unterworfene oder gefangengenommene Feinde zu Militärkontingenten zusammengefaßt worden sein, oder sie wurden als Söldner aus der Bevölkerung annektierter Gebiete rekrutiert, wobei vor allem an Syrien und Südwestanatolien zu denken wäre. Es ist auch nicht auszuschließen, daß man solche Gruppen in Militärkolonien oder Garnisonen an strategisch wichtigen Punkten der Großreiche in Dienst nahm. In den großen Schlachten zwischen Ramses III. und den Seevölkern, an denen vor allem die Peleset, Tjeker, Schekelesch, Denjen und Weschesch teilnahmen, sind unter den Gegnern Ägyptens deutlich zweierlei Gruppen zu unterscheiden. Die einen hatten Ägypten offensichtlich über den Seeweg auf Schiffen erreicht und mußten nun auf den Nilarmen vom Wasser aus bekämpft werden. Die anderen waren auf dem Landweg samt ihren Familien und ihrem Hab und Gut auf Karren an der Ostseite des Deltas angekommen und mußten hier an der „Grenze in/bei Djahi" abgewehrt werden. Im Papyrus Harris ist ausgeführt, daß diese „Feinde aus dem Norden" zunächst Gebiete in Südanatolien, Syrien und Zypern überfallen 5 und danach ihr Lager in Amor aufgeschlagen hatten, womit das nördlich von Byblos gelegene Amurru gemeint ist. Von dort aus müssen die Eindringlinge zu Land und zu Wasser die Küste entlang in südlicher Richtung bis nach Ägypten weitergezogen

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Genannt werden Hatti, Qadi, Karkemisch, Arzawa und Alaschia.

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Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

sein, wobei sie unterwegs vermutlich aus Zypern und Kreta Verstärkung erhielten. Es liegen archäologische und historische Hinweise dafür vor, daß die Seevölker auf beiden Inseln landeten und sie wahrscheinlich vorübergehend als Basen für ihre Aktionen benutzten. Im Alten Testament (Am. 9,7; Jer. 47,3) ist die Erinnerung daran bewahrt geblieben, daß die Philister aus Kaphtor kamen 6 , und Texte aus Ugarit berichten von Seegefechten bei Zypern. Es wurden auf Zypern archäologische Spuren der Philister entdeckt, vielleicht von Gruppen, die in einer späteren Phase von Syrien aus auf die Insel übersetzten. Diese Spuren datieren mehrheitlich in die Zeit nach 1200 v. Chr. und markieren den Ubergang von der spätzyprischen IIC-Epoche zu IIIA/B. Entdeckt wurden Zerstörungsschichten, wiederaufgebaute Ruinen, und auf den Gebieten von Architektur, Waffen und Keramik finden sich neue kulturelle Merkmale. So ist vor allem bei den Tongefäßen der ägäische Einfluß unübersehbar. Nach Palästina konnten Seevölkergruppen auf unterschiedlichen Routen und Weisen gelangen. Nahmen sie den Landweg, dann erreichten sie Palästina von Norden her kommend. Landeten sie mit Schiffen an der palästinischen Küste, dann mußte ihr Weg aus der Ägäis über Kreta und Zypern verlaufen sein. Schon im 13. Jahrhundert v.Chr. und auch noch später konnten Seevölker zu Lande wie zu Wasser aber auch aus dem Süden nach Palästina gezogen sein, nachdem die Ägypter sie aus dem Delta vertrieben hatten. Auch auf dem Hintergrund der ägyptischen Militärorganisation läßt sich die Anwesenheit von Sevölkern in Palästina erklären, die dann als von Ägypten entsandte Kolonisten oder Besatzungssoldaten zu verstehen wären. Die Scherden wurden schon im 13. Jahrhundert v. Chr. von den Ägyptern eingesetzt, um gemeinsam mit Ramses III. gegen die Seevölker zu kämpfen. Dieser Pharao hat selbst Gefangene aus dem Kreis der Seevölker zwangsweise in Militärdienst genommen und in Festungen im Deltagebiet stationiert. Reliefs zufolge kämpften Soldaten mit „philistäischer" Haartracht auf ägyptischer Seite gegen die Nubier. Als das ägyptische Großreich nach 1150 v.Chr. zusammenbrach, erlangten Angehörige der Seevölker, die in der ägyptischen Provinz Kanaan Militärdienste geleistet hatten, zusammen mit den Seevölkergruppen, die sich schon früher in Palästina angesiedelt hatten, ihre Unabhängigkeit. Diese „Philister" und die in der Umgebung von Dor ansässigen Tjeker konzentrierten sich in den ehemaligen Hochburgen ägyptischer Macht. So lebten sie in der Schephela vor allem in Gaza, Asdod, Askalon, Gath und Ekron, im südlichen Bergland in Lachis und Scharuhen und in der strategischen Jesreelebene in Beth-Sean. In den meisten dieser Orte verbindet sich die literarisch oder archäologisch bezeugte Anwesenheit von Seevölkergruppen mit eindeutig ägyptischen Kultureigentümlichkeiten, in Beth-Sean etwa mit Stelen der Pharaonen Sethos I., Ramses II. und Ramses III., in Askalon mit dem Ptah-Tem-

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Mit Kaphtor ist vielleicht Zypern gemeint, oder es ist mit Keftiu = Kreta zu verbinden.

Seevölker und Philister

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pel (vgl. auch 1. Sam. 31,10). Als Hauptindiz für eine philistäische Präsenz berufen sich viele Wissenschaftler auf eine bestimmte, zweifarbig bemalte Tonware, in deren Dekor zyprisch-mykenische und einheimische kanaanäische Motive miteinander kombiniert sind. Die Vorläufer dieser Keramik sind als Gefäße im Stil Mykenisch I I I C : l b bekannt, die allmählich insofern modifiziert wurden, als Töpfer sie in einem internationale und lokale Motive vereinenden Mischstil bemalten. Daraus entwickelte sich die typische, sogenannte „philistäische" Zweifarbenware des frühen 12. Jahrhunderts v.Chr. Als weitere philistäische Eigentümlichkeit gelten in ägyptischem Stil gehaltene Tonsarkophage, auf denen im Relief ein Gesicht mit einer „philistäisch" anmutenden Haartracht dargestellt ist? Freilich fällt es bisweilen schwer, philistäische, lokale kanaanäische und ägyptische Stilmerkmale sauber auseinanderzuhalten. In vielerlei Hinsicht paßten sich die Philister ihrer kanaanäischen Umgebung an. Nicht nur die Namen ihrer Könige waren im 1. Jahrtausend v.Chr. semitisch 8 ; folgt man dem Alten Testament, dann war auch ihr Hauptgott Dagon eine alte westsemitische Gottheit. Uber die Sprache und Schrift der Philister wissen wir nicht viel, da bislang erst wenige Inschriften gefunden wurden, die hauptsächlich aus dem 7 Jahrhundert v. Chr. stammen, also aus einer Zeit, in der die philistäische Akkulturation bereits weit fortgeschritten war. Für die Annahme, daß die wenigen im Heiligtum von Tell Deir Alla im Ostjordanland gefundenen Tontafeln philistäisch seien, steht der Beweis noch aus. Sie gehören in das beginnende 12. Jahrhundert v. Chr. und sind mit einer unbekannten, dem Zypriotischen und der Linear B-Schrift ähnlichen Schrift beschrieben. Die Philister waren entlang der Küste und in der Jesreelebene in strategisch günstigen Gebieten angesiedelt und kontrollierten die Via Maris, eine wichtige Handelsroute. Da die Philister seekundig waren und etwa in Gaza, Askalon, Asdod und, nördlich von Tel Aviv, beim Teil Qasile gute Häfen besaßen, stellten sie gewiß eine nicht zu unterschätzende Handelsmacht dar, was den phönizischen Küstenstädten möglicherweise zum Nachteil gereichte. Mit dem den Philistern militärisch unterlegenen und ins gebirgige Hinterland abgedrängten Israel entstand ein Krieg auf Leben und Tod, den erst David und Salomo wenigstens provisorisch beenden konnten. Trotzdem behaupteten sich die Philister weiterhin auf der politischen Bühne, auf der sie vom 8. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. eine wichtige Rolle in den assyrisch-palästinischen Beziehungen und bei der Opposition gegen Sargon II., Sanherib und Nebukadnezar II. spielten.

7 Seit der Entdeckung entsprechender Sarkophage in der rein ägyptischen Nekropole von Deir el-Balah, südlich von Gaza, kann man erwägen, ob anstelle einer „philistäischen" Haartracht nicht das typisch ägyptische Kopftuch dargestellt sein soll. 8 Ausnahmen machen der inschriftlich belegte Fürst Ikausu von Ekron und der im Alten Testament bezeugte König Achis von Gath.

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Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

2. Ägypten während der 20. Dynastie (ca. 1190-1070 v. Chr.) M . BIERBRIER, T h e Tomb-builders of the Pharaohs, L o n d o n 1978. - Η .

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Ramses III. (ca. 1185-1155 v.Chr.) war der bedeutendste Herrscher der 20. Dynastie. Dank der militärischen Erfolge während seiner ersten Regierungsjahre erlebte Ägypten noch einmal eine kurze Blütezeit, die von einer großen, sich von Soleb in Nubien bis ins Deltagebiet erstreckenden Bautätigkeit geprägt war. In Thebens Nekropole wurden neue Gräber angelegt, und Expeditionen zogen wieder in die Steinbrüche im Wadi Hammamat. Bis etwa 1150 v. Chr. konnte Ägypten fraglos seinen Einfluß und ein gewisses Maß an Macht in Kanaan und auf der Sinaihalbinsel aufrechterhalten, wie die Stele Ramses' III. in Beth-Sean, eine Königsstatue in Megiddo, eine Kartusche Ramses' III. in Lachis, Angaben über den Amuntempel im Süden Palästinas während der Regierung Ramses IV. (ca. 1155-1150 v. Chr.) und Inschriften in den Kupferminen von Timna und in den Türkisminen von Serabit el-Chadim bezeugen. In einigen Texten wird auch noch Ramses VI. erwähnt; doch nach ihm endete die ägyptische Oberherrschaft über Kanaan definitiv. Die Handelsbeziehungen gingen freilich weiter: zu Land über die durch die Küstenebene verlaufende Via Maris, zu See mit Schiffen, die entlang der palästinischen und phönizischen Küste verkehrten. Was den Süden betrifft, so gelang es allen Herrschern der 20. Dynastie, Ägyptens Einfluß auf Nubien zu erhalten. Korruption, Amtswillkür von Beamten, Rivalitäten und Machtstreitigkeiten zwischen den Großen des Reichs und zwischen Thronanwärtern, steigende Kriminalität und schlechter werdende wirtschaftliche Verhältnisse 9 führten um die Mitte des 12. Jahrhunderts v. Chr. dazu, daß die innenpolitischen Schwierigkeiten zunahmen. Es ist bemerkenswert, daß gerade aus dieser Periode viele Schriftzeugnisse, Papyri und Ostraka, erhalten blieben, die uns ein Bild von der Situation vermitteln. Neben dem bereits erwähnten Papyrus Harris ist hier etwa der Papyrus Wilbour zu nennen, der auf einzigar-

9 Niedrige Nilüberschwemmungen zogen enorme Preissteigerungen und Hungersnöte nach sich.

Ägypten während der 20. Dynastie

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tige Weise über Grundbesitz, Ernteerträge und Steuern in einem mittelägyptischen Distrikt informiert. Aus Deir el-Medine, dem Dorf, in dem die Nekropolenarbeiter lebten, liegen zudem viele Texte vor. Sie beschäftigen sich mit Dingen des Alltaglebens, der Rechtsprechung und Religiosität, behandeln aber auch die ökonomischen Krisen, die Preissteigerungen und das Ausbleiben von Löhnen und Sachleistungen, was Protestdemonstrationen hervorrief (ca. 1155 und 1100 v.Chr.). Das Ende Ramses' III. hatte freilich andere Gründe. Er wurde das Opfer einer Palastverschwörung, bei der die Königin Teje ihre Hände mit ihm Spiel hatte. Ihr Plan, ihren eigenen Sohn auf den Thron zu bringen, ging aber dennoch nicht auf; denn es gelang dem rechtmäßigen Nachfolger, Ramses IV., den Thron zu besteigen und die Verschwörer zu richten. Nicht weniger informationsreich als die Prozeßprotokolle über die Ermordung Ramses' III. sind auch die kurz nach 1100 v.Chr. entstandenen sogenannten Grabräuberpapyri, die sich mit der gerichtlichen Untersuchung und Verurteilung der Räuber befassen, die die königliche Nekropole ausgeplündert hatten. Die Macht der Pharaonen nahm immer mehr ab, woran vor allem zwei miteinander konkurrierende „Reichsgrößen" schuld waren: der „Vizekönig von Nubien" und der mächtige Hohepriester des Gottes Amun in Theben, dessen Amt fast erblich geworden war. Kurz nach 1100 v.Chr., in einer Zeit voller Unruhen und Hungersnöten, kam es in Theben zur Krise. Pinhas, der Vizekönig von Nubien, fiel mit seinem Heer in Oberägypten ein und konnte sich hier einige Jahre lang behaupten. Als allerdings Herihor das Amt des Hohenpriesters des Amun übernahm, mußte Pinhas das Feld räumen. Mit Herihor begann eine neue Ära, eine Art „Renaissance". Er trat als „Generalissimus des Heeres von Ober- und Unterägypten" auf, als Verwalter von Nubien und gab sich mit seinen Titeln und Kartuschen faktisch als König aus, obwohl der lange regierende Ramses XI. (ca. 1098-1070 v.Chr.) nominell das Königsamt innehatte. Auch im Norden mußte sich dieser Pharao mit einer untergeordneten Position zufriedengeben: Nachdem Smendes den Thron des in Tanis herrschenden Fürstenhauses von Djede(/Mendes) bestiegen hatte, war er de facto der Herrscher im Deltagebiet und übernahm um 1070 v. Chr. von Ramses XI. die Doppelkrone. Auf welchen Tiefstand die ägyptische Autorität in Kanaan gesunken war, läßt sich der „Erzählung des Wenamun" entnehmen. Dabei handelt es sich um den Bericht eines Beamten, der im Auftrag des Amuntempels in Theben und mit Zustimmung von Smendes in Tanis nach Byblos reiste, um hier Holz für die Prozessionsbarke des Gottes Amun zu beschaffen (ca. 1080 v.Chr.). Was Wenamun in Dor und Byblos10 erlebte, wirft auf die Zustände in Kanaan und auf die hier schwache Position Ägyptens ein bezeichnendes Licht.

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In Byblos regierte zu dieser Zeit der König Zakarba'al. Wenamun berichtet auch vom Auftritt eines Propheten am Königshof von Byblos.

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Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

3. Assynen und Babylonien (ca. 1150-900 v. Chr.) J . A . BRINKMAN, A Political History of Post-Kassite Babylonia 1158-722 B.C., Rom 1968. - A.K. GRAYSON, Assyrian Royal Inscriptions, 2, Wiesbaden 1976, 46-80.

In Babylonien kam um 1150 v.Chr. die „2. Dynastie von Isin" an die Macht. Ihre Herrscher behaupteten sich ein Jahrhundert lang auf dem Thron, der schon bald von Isin nach Babylon verbracht wurde. Die ersten Jahrzehnte unter der neuen Dynastie verliefen wenig spektakulär. Mit Assyrien, wo sich als Nachfolger von Assurdan I. Assurreschischi (ca. 1133-1116 v.Chr.) durchsetzen konnte, gab es immer wieder Grenzgefechte, und zudem litt Babylonien unter den mehrfach ins Land einfallenden Elamern 11 . Auf Ninurtanadinschumi, der in kriegerische Auseinandersetzungen mit Assyrien verwickelt war, folgte um 1125 v.Chr. mit Nebukadnezar I. der bekannteste König der Dynastie. Die spätere Uberlieferung sah in ihm eine heroische Gestalt, und sein für ein Programm stehender Name sollte fünfhundert Jahre später durch Nebukadnezar II. an Bedeutung noch hinzugewinnen. Nebukadnezar I. befreite Babylonien vom elamischen Druck, indem er die Elamer definitiv am Ufer des Eulaeus besiegte. Der Bericht über die Schlacht findet sich in einer Landschenkungsurkunde, mit der Nebukadnezar I. seinen Kavalerieoffizier Sittimarduk dafür belohnte, daß er ihm das Leben gerettet hatte. Nach dem Sieg wurde die Mardukstatue aus Elam zurückgeholt, und dies gab vermutlich Anlaß dazu, Marduk nun offiziell zum Oberhaupt des Pantheons auszurufen. Nebukadnezar I. ließ viele Bauwerke errichten, und während seiner Regierung florierte die Literatur. Sein Reich erstreckte sich von Elam bis zum Diyala und zum mittleren Euphrat bei Hit, wo einige Grenzstreitigkeiten mit Assyrien auszufechten waren. Generell behelligten sich beide Länder aber gegenseitig nicht. Erst unter Nebukadnezars I. zweitem Nachfolger, Marduknadinachche, brach der Streit zwischen beiden in vollem Umfang aus. Die Babylonier drangen zunächst zwar bis zum unteren Zab vor, waren letztendlich aber den assyrischen Wagentruppen unterlegen. Babylon wurde eingenommen und sein Palast niedergebrannt. Das unter Nebukadnezar I. ausgedehnte Reich schrumpfte wieder auf das babylonische Kernland zusammen. Die assyrischen Erfolge konnte sich der energische König Tiglatpileser I. (ca. 1114-1076 v.Chr.) zugute schreiben. Uber seine Regierung wissen wir dank zahlreichen Inschriften, darunter auch seine inzwischen vollständig bekannten Annalen, recht gut Bescheid. Behandelt werden in diesen Annalen und in denen seiner Nachfolger verschiedene Themen, so die Bemühungen des Königs um den Wiederaufbau und das Wohlergehen seines Landes, die Angliederung neuer Gebiete und Völker an Assyrien, die Erweiterung der 11 Unter König Schilhakinschuschinak erlebte Elam eine zeitlich begrenzte Blüteperiode, während der Schilhakinschuschinak die gesamte östliche Peripherie Mesopotamiens beherrschte und Uberfälle ins Landesinnere, auch nach Assyrien, unternahm.

Assyrien und Babylonien

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landwirtschaftlich genutzten Flächen und die Einfuhr exotischer Bäume, das, auch zu Jagdzwecken unternommene, Sammeln von Rudeln und Herden wilder Tiere und die Vermehrung von Streitwagen und Pferden. Bis vor kurzem schrieb man Tiglatpileser I. auch die Einrichtung einer Bibliothek zu, die literarische und magische Texte sowie die Schlußeditionen der sogenannten „Mittelassyrischen Gesetze" und der „Hof- und Haremsedikte" enthielt. Es hat sich freilich herausgestellt, daß diese Sammlung während der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts v. Chr. von einer Schreiberfamilie kopiert und zusammengestellt worden war, deren Arbeit aber durchaus von der Anteilnahme und von Anregungen aus Palastkreisen profitiert haben mag. Tiglatpileser I. entfaltete in Ninive und Assur eine große Bautätigkeit. Neben anderen Bauwerken entstanden unter ihm der Anu-Adad-Tempel in Assur, und in seiner Residenz Ninive sein eigener Palast und, wahrscheinlich eher der Not als dem Verlangen nach Prestige gehorchend, die Stadtmauer. Tiglatpileser I. regierte in kritischen Zeiten, und seine große Energie hat Assyrien womöglich vor dem Untergang bewahrt. Im Osten unternahm er einige Feldzüge gegen die Völker im Zagrosgebirge und im Norden gegen Südostanatolien, unter anderem gegen die „Nairi-Länder". Erfolge konnte er vor allem gegen die gefährlichen Muschki verbuchen, die auf den Spuren der Phryger Anatolien durchquert und sich nördlich von Assyrien in Katmuchu an der Südostküste des Vansees niedergelassen hatten. Tiglatpileser I. besiegte die Muschki und konnte so Katmuchu und den Oberlauf des Tigris seinem Herrschaftsbereich einverleiben. Eine noch größere Bedrohung stellten die von Westen und Südwesten vorrückenden „Achlamu-Aramäer" dar. Tiglatpileser I. bekämpfte sie mit aller Macht und setzte ihnen oft bis über den Euphrat hinweg nach. In nicht weniger als achtundzwanzig Feldzügen, von denen manchmal gleich zwei in einem Jahr stattfanden, versuchte der König, diese Gefahr von Assyrien abzuwenden. Zunächst war er auch insofern erfolgreich, als eine weitere aramäische Infiltration ins Land verhindert werden konnte. Bei einem seiner Feldzüge stieß Tiglatpileser I. sogar bis zum Mittelmeer vor und nahm in Arwad Tribute von Byblos und Sidon entgegen. Schauplatz der Kämpfe mit den Aramäern war der mittlere Euphrat, von Rapiqu über Anat in Suchu und Tadmor (Palmyra) bis nach Karkemisch. Doch die Aramäer, die in kleineren Gruppen Uberfälle ausführten, waren schwer zu fassen und konnten nicht ein für allemal besiegt werden. Als in Assyrien Schwierigkeiten auftraten, weil sich nach etwa 1085 v. Chr. Dürren und Mißernten häuften und die ländlichen Gebiete entvölkert wurden, rückten die Aramäer unaufhaltsam vor. Die Straßen wurden unsicher, die Landbevölkerung floh, der König mußte sich nach Katmuchu im Norden zurückziehen, und die Eindringlinge erschienen vor Ninives Mauern. Assyrien hat diese Krise aber überstanden. Unter Assurbelkala (ca. 1073-1056 v. Chr.) kam es aus der Defensive wieder heraus und ergriff die Initiative. Der König schloß mit dem babylonischen König Mardukschapikzeri ein Bündnis und schuf sich so die nötige Bewegungsfreiheit, um die Ära-

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mäer im Kaschiarigebirge und im Haburgebiet anzugreifen 12 . Obwohl sich die Kampfhandlungen bisweilen bis zum Euphrat erstreckten, fand der eigentliche Krieg in unmittelbarer Nähe der assyrischen Grenzen statt. An dieser Situation änderte sich auch nichts unter den Nachfolgern Assurbelkalas, von denen nur wenig Inschriften überkommen sind: Assurnasirpal I. (ca. 1049-1031 v.Chr.) 13 , Salmanassar II. (ca. 1030-1019 v.Chr.), Assurrabi II. (ca. 1012-972 v.Chr.) und Tiglatpileser II. (ca. 966-935 v.Chr.). Späteren Zeugnissen zufolge eroberten die Aramäer unter Assurrabi II. Städte wie Nasibina und Guzana im Haburgebiet und setzten sich in ihnen fest. Eine Veränderung trat erst während der Regierung Assurdans II. (ca. 934-912 v. Chr.) ein, als Assur stärker und im Norden und Osten militärisch wieder aktiver wurde. Von den Aramäern besetztes Land konnte zurückgewonnen und mit heimkehrenden assyrischen Flüchtlingen besiedelt werden. 4. Aramäer

und

Chaldäer

M . DIETRICH, Die Aramäer Südbabyloniens in der Sargonidenzeit (700-684), A O A T 7, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1970 [vgl. dazu die kritische Besprechung von J . A . BRINKMAN, Notes on Aramaeans and Chaldaeans in Southern Babylonia in the Early Seventh Century B . C . , O r N S 46,1977, 304-325]. - P.-E. DION, Les Arameens ä l'äge du Fer, Histoire politique et structures sociales, Etudes Bibliques, nouvelle serie 34, Paris 1997 - A .

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Zu Beginn des 10. Jahrhunderts v. Chr. konsolidierten sich die Aramäer. Sie gründeten eine Reihe von Kleistaaten mit relativ fest abgegrenzten Territorien und schlossen sich in politischen Allianzen zusammen. In Obermesopotamien sind aus dem Bereich zwischen Euphrat und Tigris folgende politische Einheiten bekannt: Bit-Zamäni mit der Hauptstadt Amidi (bei Diyarbakir) am Oberlauf des Tigris, südlich davon Bit-Bahiani mit der Hauptstadt Guzana/Gozan 1 4 am Oberlauf des Habur, weiter im Süden, am Unterlauf des Habur Bit-Halupe, bei der Haburmündung in den Euphrat Laqe, südlich der Haburmündung in der Umgebung von Mari Hindänu, östlich davon Su-

12 D i e s e R e k o n s t r u k t i o n der Vorgänge folgt d e m Text des A s s u r b e l k a l a zugeschriebenen „ Z e r brochenen O b e l i s k e n " . 13 Von A s s u r n a s i r p a l I. s t a m m t vermutlich der „Weiße O b e l i s k " . 14 G u z a n a / G o z a n ist mit d e m Teil H a l a f identisch, w o die D y n a s t i e des K a p a r a ihren Sitz hatte.

Aramäer und Chaldäer

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chu am mittleren Euphrat, wo seit alters die Sutü lebten, im Nordwesten am Oberlauf des Euphrat, nördlich vom großen Euphratknie das Herz von „Aram Naharaim", Blt-Adini mit der Hauptstadt Til Barsip15. Am weitesten nach Osten vorgeschoben war Nasibina (Nisibis), das von einem eigenen, als „Temanit" bezeichneten Fürsten regiert wurde. Das in vielen dieser Namen vorkommende Element bit, „Haus", weist darauf hin, daß sich diese Staaten als Abkömmlinge von Stämmen verstanden, deren Ahnen oder Anführer für den Staat namengebend geworden waren 16 . U m 900 v. Chr. begannen die Assyrer ihren im Verlauf der Zeit immer heftiger werdenden Kampf gegen die aramäischen Staaten, zuerst am Euphrat, dann in Syrien. Im Jahr 732 v. Chr. endete dieser Prozeß mit der Eroberung von Damaskus durch Tiglatpileser III. Aram hatte seine politische und militärische Rolle nun zwar verloren; doch wuchs seine kulturelle Bedeutung. Mit den aramäischen Eindringlingen und den von Assyrern deportierten Landesbevölkerungen, Soldaten, Handwerkern und Angehörigen von Königshäusern gelangten aramäische Kulturgüter nach Assyrien. Vor allem die aramäische Sprache verbreitete sich rasch und stellte für das einheimische Assyrische im 7. Jahrhundert v. Chr. eine beachtliche Konkurrenz dar. Da in Assyrien keine aramäischen Papyri die Zeiten überdauert haben, liefern den Beweis dafür zahlreiche aramäische Lehnwörter, Personennamen, aramäische Einflüsse auf die assyrische Grammatik, einige Dutzende aramäische Ostraka und Tontafeln, aramäische Randnotizen auf Keilschrifttafeln und Darstellungen von königlichen Schreibern, von denen die einen mit Stylus und Tontafel, die anderen mit Feder und Papyrusrolle ihrer Arbeit nachgehen. Die auch andernorts (vgl. 2.Kön.l8,26) bedeutende Rolle der aramäischen Sprache verhalf ihr dann später im Achämenidenreich, in den Rang einer lingua franca aufzusteigen. Das belegen aramäische Texte aus Persepolis, die ElephantinePapyri aus Ägypten, die aramäischen Urkunden im Esrabuch und aramäische Inschriften in Kleinasien. Auch Elemente aramäischer Kunst und Religion fanden Aufnahme im Vorderen Orient. So ist es bezeichnend, daß der Aramäer Achikar Asarhaddons weiser Kanzler und Ratgeber war. Wer waren diese Aramäer? Woher kamen sie? Wie gestaltete sich ihr Anfang in der Geschichte? Es fällt nicht leicht, Antworten auf diese Fragen zu finden, weil die Aramäer keine Uberlieferungen über ihre Vorgeschichte hinterlassen haben und weil, abgesehen von wenigen Ausnahmen, aramäische Inschriften nicht vor dem 9. Jahrhundert v. Chr. und anfangs auch nur in eng begrenzter Zahl einsetzten 1 ? So sind wir auf Informationen von Nachbarn

15

Zu Bit-Adini/Beth-Eden vgl. Am. 1,5. - Auch Harran gehörte zum Gebiet von Bit-Adini. Dieselbe Vorstellung steht hinter der assyrischen Bezeichnung Bit-Humri, „Haus Omris", für Israel/Samaria, derzufolge der Staat Israel als Gründung Omris aufgefaßt wurde. Die Einwohner und der Herrscher eines so bezeichneten Kleinstaates wurden, unter Weglassung von bit, mär Humri, „Sohn Omris" genannt, was, bezogen auf den Fürsten, mit „Omride", bezogen auf die Landesbevölkerung mit „Einwohner von Bit-Humri" zu übersetzen ist. 17 Eine Ausnahme stellt eine Inschrift vom Teil Halaf (= Guzana) aus dem 10. Jh. v. Chr. dar. 16

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und Feinden der Aramäer angewiesen, in erster Linie auf Angaben in assyrischen und israelitischen Quellen. Die Bezeichnung „Aramäer" (Aramu, mät Arime, Arfajmäja) kommt vor 1100 v.Chr. nur selten vor18. Von ausschlaggebender Bedeutung ist, wie man das Verhältnis zwischen den Achlamü und den Aramäern deutet; denn beide kommen in Texten Tiglatpilesers I. in der Kombination „AhlamüAr(a)mäyä" vor. Die Achlamü sind als Gruppe bereits im 14. Jahrhundert v. Chr. etwa im Amarnabrief EA 200 und als Einzelpersonen in verschiedenen mittelbabylonischen Texten belegt. Ihnen wird angelastet, daß um 1250 v. Chr. der Botenaustausch im Bereich des großen Euphratknies zwischen Hethitern und Babyloniern abbrach, und in Hanigalbat kämpften sie auf hethitischer Seite gegen Salmanassar I. Einige Jahrzehnte später zog Tukultininurta I. siegreich den mittleren Euphrat entlang und durch die „Berge der A/plamü" (sadän ahlämi). Einige Wissenschaftler verstehen die Kombination „Ahlamü-Ar(a)mäja" als Hinweis darauf, daß sich zwei nomadische Gruppen oder Stämme zusammengeschlossen hätten19, ohne jedoch identisch zu sein. Nach anderer Auffassung sollen sich beide Bezeichnungen stark überlappt haben, wobei Ahlamü schon früh pejorativ konnotiert und zu einem Appellativum für (einen bestimmten Typ von) Nomaden geworden sei. In der Tat könnte dies schon früh geschehen sein, da ein um 1800 v. Chr. anzusetzender babylonischer Text aus Uruk sich mit der Formulierung „ahlamäyu-Boten" durchaus auf Boten beziehen kann, die aus nomadischem Milieu stammten. Auffällig ist auch, daß zum Doppelbegriff „AfplamüAr(a)mäja" nur einmal und nur zum zweiten Bestandteil die Determinative für „Land" und „Volk" sowie für den Plural hinzukommen, wodurch Ar(a)mäja als genuines Gentilizium ausgewiesen ist. Die Ubersetzung des Doppelbegriffs lautet dementsprechend „aramäische Achlamü". Der zeitliche und geographische Bereich, in dem Aramäer und Achlamü auftraten, sind weitgehend identisch, so daß zwischen beiden Gruppen eine enge Verbindung anzunehmen ist. In jüngeren, neuassyrischen Texten wurde Achlamü als eine Art Gentilizium mit der Bedeutung „Aramäer/aramäisch" als Stämmebezeichnung und zur Identifizierung aramäischer Wörter in lexikalischen Listen verwendet. So wurde Achikar als Achlamü bezeichnet, und in noch jüngerer Zeit wurde in die Hände von Sklaven der Namen ihrer Besitzer auf Akkadisch und auf „Achlamitisch" geschrieben. Zuzugeben ist, daß unklar bleibt, weshalb schon zur Zeit Tiglatpilesers I. das einfache Aramu/mät Arime mit der Doppelbezeichnung abwechselt; doch berechtigt dies nicht dazu, Achlamü und Aramu als zwei verschiedene Größen zu betrachten. Die Aramäer drangen offensichtlich aus der Syrisch-arabischen Wüste ins Kulturland ein, sowohl in nordwestlicher Richtung nach Nordsyrien als in nordöstlicher nach Mesopotamien. Mesopotamien infiltrierten sie über den 18 Personennamen wie Aram(u) lassen sich kaum beiziehen. In Ugarit werden bn.army .Felder von a-ra-mi-me" erwähnt. 19 Analog zu früheren Verbindungen wie etwa der der Amnän-Jahrur, s.o. IV.4.

und

Aramäer und Chaldäer

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mittleren Euphrat von Karkemisch bis Rapiqu. Dementsprechend war auch Nordbabylonien von dieser Infiltration betroffen; doch sind die Verhältnisse hier weniger durchschaubar. Vom 11. bis zum 10. Jahrhundert v. Chr. kam es wiederholt zu Einfällen von Aramäern und Sutu-Nomaden, zwei in jener Zeit nicht ohne weiteres auseinanderzuhaltenden Gruppen. Die bereits aus altbabylonischer Zeit bekannten Sutü sind ebenfalls am mittleren Euphrat zu lokalisieren und in ihrem Auftreten, ihren Lebensbereichen und ihrer Sprache nicht deutlich von den Aramäern zu unterscheiden. Trotzdem ginge es zu weit, beide einfach gleichzusetzen. König Adadaplaiddina, der um 1069 v. Chr. in Babylon den Thron bestieg und zweiundzwanzig Jahre lang regierte, wurde später als „aramäischer Usurpator" bezeichnet. Sein Staatsstreich hing vielleicht mit den oben bereits erwähnten Mißernten und Hungersnöten zusammen, die die Aramäer zwangen, (samt ihren Herden) ins Kulturland einzudringen. Beweise dafür, daß sich die Neuankömmlinge schon damals in Babylonien niederließen, fehlen freilich. Dies gilt ebenso für das 10. Jahrhundert v. Chr., obwohl für diese Zeit eine gemeinsame babylonisch-aramäische Militäraktion gegen Assyrien belegt ist, die bei Suchu am mittleren Euphrat stattfand. Erst seit ungefähr 900 v.Chr. liegen Anzeichen dafür vor, daß sich aramäische Gruppen in Babylonien ansiedelten. Dieser Prozeß scheint im 8. Jahrhundert v.Chr. zu seinem Abschluß gekommen zu sein; denn damals fand Tiglatpileser III. in Südostbabylonien eine große Zahl verschiedener aramäischer Stammesgruppen vor, die er bekämpfte. Noch immer bereitet es Schwierigkeiten, eine aramäische Präsenz von so großem Umfang zu erklären. Nach J.A. Brinkman kommen drei Möglichkeiten dafür in Betracht: 1. Die Aramäer könnten späte Abkömmlinge der Amoriter gewesen sein, da sie im selben Bereich wie diese verbreitet waren und da zwischen aramäischen und amoritischen Namen eine gewisse Verwandtschaft besteht. 2. Die Aramäer könnten, auch wenn sich deutliche Beweise hierfür nicht erbringen lassen, bereits während der Krisenzeit des 11. und 10. Jahrhunderts v.Chr. nach Mesopotamien eingewandert sein. 3. Denkbar ist auch, daß die Aramäer aus Nordbabylonien erst um 800 v. Chr. in südöstlicher Richtung vordrangen; denn allein der Stamm I/Utu' ist schon früher in Nordbabylonien bezeugt. Die größte Wahrscheinlichkeit hat eine Kombination der zweiten und dritten Möglichkeit für sich. Was Babylonien betrifft stellt schließlich auch noch das Verhältnis zwischen Aramäern und Chaldäern ein Problem dar. Chaldäische Stämme gab es bereits im 9. Jahrhundert v. Chr. in Babylonien, und in jener Zeit kommt in assyrischen Inschriften auch der Ausdruck mät Kaldu, „Land der Chaldäer" vor. Drei große Chaldäerstämme treten besonders hervor: die Jakin im äußersten Süden bei der Großen Lagune, also in dem bisweilen als „südliches Meerland" bezeichneten Gebiet, nordwestlich davon die Amukanu, die sich ungefähr zwischen Uruk und Isin aufhielten, und schließlich die Dakuru südlich von Babylon. Man darf die Chaldäer nicht pauschal als Nomaden einstufen; denn bisweilen lebten sie in Städten und Dörfern. Sie betrieben Akkerbau und pflanzten (neben anderem) Datteln an, sie betätigten sich als

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Viehzüchter und trieben Handel, auch mit exotischen Produkten, die aus dem Bereich des Persischen Golfs und aus Arabien kamen. Die Chaldäer bewohnten eine strategisch wichtige Zone entlang des Euphrat und waren faktisch von den babylonischen Königen unabhängig. Manchmal unterstützten sie aber die Babylonier in deren Kampf gegen die Assyrer. Im 8. Jahrhundert v.Chr. gelang es einigen chaldäischen Fürsten, auf den Thron von Babylon zu kommen: Der erste war Mardukaplausur (ca. 775 v. Chr.), der bekannteste Mardukapaliddina II. (seit 722 v. Chr.), der im Alten Testament als Merodachbaladan erscheint. Allmählich näherten sich die babylonischen und die städtischen chaldäischen Elemente immer mehr einander an, während sich parallel dazu auch die Unterschiede zwischen Aramäern und Chaldäern verringerten. Als gegen Ende des 7 Jahrhunderts v. Chr. mit Nabopolassar und seinem Sohn Nebukadnezar II. eine „chaldäische" Dynastie die Regierung in Babylon übernahm und sich als Exponent des babylonischen Nationalismus gebärdete, waren die alten Gegensätze zum größten Teil aufgehoben. In früheren Zeiten gab es gewiß eine ganze Reihe von Unterschieden. So wird in den Quellen deutlich zwischen chaldäischem und aramäischem Gebiet unterschieden: Das aramäische lag in Tigrisnähe eher östlich von Babylon, das chaldäische erstreckte sich am Unterlauf des Euphrat im sogenannten „Meerland". Während der Regierung Tiglatpilesers III. standen den wenigen chaldäischen Stämmen nicht weniger als sechsunddreißig aramäische Stämme und Gruppen gegenüber, unter denen nur die entlang des Unterlaufs des Tigris lebenden Gambulu und Puqudu größer waren. Bei den Aramäern hießen die Stammesanführer nasiku (nasih), bei den Chaldäern ra'sänu, „(Ober-)Häupter". Einige Inschriften auf Ziegeln, Tongefäßen und Tafeln, die mit einer Schrift beschrieben sind, die vom Altsüdarabischen abgeleitet zu sein scheint, werden mit den Chaldäern in Verbindung gesetzt. Zwischen der aramäischen und chaldäischen Sprache bestand gewiß eine Verwandtschaft, auch wenn es angesichts der wenigen überkommenen Namen schwierig ist, eindeutige Schlüsse zu ziehen. Viele Chaldäer paßten sich schon früh ihrer babylonischen Umgebung an und trugen babylonische Namen.

5. Syrien zwischen „Syro-Hethitern " und Aramäern (11. -9. Jh. v. Chr.) 'Ä.ÄBÜ 'ASSÄF, Der Tempel von 'Ain Därä, Damaszener Forschungen 3, Mainz 1990. G. BUCCELLATI, Cities and Nations of Ancient Syria, Studi Semitici 16, Roma 1967. J . D . HAWKINS, Assyrians and Hittites, Iraq 36, 1974, 67-83. - Ders., The NeoHittite States in Syria and Anatolia, in: C A H III/l, 372-441. - Ders., Karkamish and Karatepe: Neo-Hittite City-States in North Syria, in: C A N E 2, 1295-1307 B. LANDSBERGER, Sam'al, Studien zur Entdeckung der Ruinenstätte Karatepe, Veröffentlichungen der Türkischen Historischen Gesellschaft VII, 16, Ankara 1948. M. VON OPPENHEIM, Teil Halaf. Eine neue Kultur im ältesten Mesopotamien, Leipzig 1931. - Ders., Teil Halaf, I-IV, Berlin 1943, 1950, 1955, 1962. - W . ORTHMANN, Untersuchungen zur späthethitischen Kunst, SBA 8, Bonn 1971.

Syrien zwischen „Syro-Hethitern" und Aramäern

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Die Seevölkerinvasion veränderte auch das Gesicht Syrien-Palästinas. Der Wegfall der ägyptischen und hethitischen Oberherrschaft führte zu neuen politischen Entwicklungen, die aber alles andere als einheitlich verliefen. Zwischen Syrien und dem daran anschließenden Südanatolien einerseits und der phönizischen Küste und Palästina andrerseits muß unterschieden werden. Sieht man vom phönizischen Küstenstreifen ab, wo sich die alten Handelsstädte behaupteten, so entstanden im gesamten übrigen Gebiet neue Kleinstaaten, die überwiegend dem Typ der Stadtstaaten entsprachen, sich bisweilen, wie etwa Aram-Damaskus, aber auch zu größeren Flächenstaaten und in selteneren Fällen zu Nationalstaaten entwickelten, was beispielsweise in Israel der Fall war. Die bedeutendsten politischen Einheiten waren von Norden nach Süden: Tabal, ein Konglomerat von Fürstentümern zwischen Halys und Anti-Tauros (Kappadokien); Hilakka im Gebiet südwestlich des Mittellaufs des Seyhan; Melid in der Umgebung von Malatija; Gurgum, das Gebiet rings um Mara§; Qu'e (Hume) in Cilicia Campestris mit Adana und Tarsus; Sam'al oder Ja'dija (Ja'udi) südlich von Gurgum im Gebiet rund um Zincirli; Kummuchu südlich von Malatija in der Kommagene; Karkemisch am Euphrat; südlich davon, zu beiden Seiten des Euphrat Bit-Adini mit Til Barsip als Hauptstadt; Unqi ('mq) oder Patina (früher als Hattina gelesen) am Unterlauf des Orontes in der Amuqebene, wozu neben anderen die Stadt Kinalua/Kullani/Kalne gehörte (vgl. Am. 6,2); bei Arpad (Teil Refad) direkt nördlich von Aleppo, das Gebiet von Bit-Agusi; nördlich von Hamath Lu'asch oder Luchuti mit der Hauptstadt Had/zrak oder Hatarikka; Hamath am Orontes; Aram-Damaskus; die phönizischen Handelsstädte Arwad, Byblos, Sidon und Tyrus; Israel mit seinen Nachbarstaaten Ammon, Moab, Edom und der philistäischen Pentapolis in Südwestpalästina. Die älteren Staaten wie Amurru, Nuchaschsche und Ugarit mit so bedeutenden Städten wie Alalach und Ugarit waren untergegangen. Im nördlichen Teil dieses Bereichs, vor allem in den Staaten Tabal, Melid, Kummuch, Gurgum, Karkemisch und Unqi blieb als Substrat und Vermächtnis der hethitischen Oberherrschaft ein starker anatolischer Einfluß erhalten. Auch in Qu'e, Sam'al und Hamath machte er sich bemerkbar, hier allerdings vermischt mit semitischen und vor allem aramäischen Elementen. Daß dem so war, belegen zahlreiche, mit hethitischen Hieroglyphen beschriebene Denkmäler, deren Texte auf Luwisch abgefaßt sind, ferner die in der Regel nicht-semitischen Königsnamen, bei denen bisweilen die Vorliebe für die alten hethitischen Herrschernamen, wie Muwatalli, Arnuwanda, Suppiluliuma und Labarna, zum Vorschein kommt. Auch auf dem Gebiet der Religion und Kunst finden sich anatolische Formen und Motive, bisweilen beeinflußt von phönizischen, aramäischen oder nordmesopotamischen Eigentümlichkeiten. Die Quelle hierfür sind Reliefs auf Steinplatten, die in Palästen und Tempeln entlang der Mauern und Wände aufgestellt waren, monumentale Torlöwen und Bildstelen, wie man sie an den Stätten Teil Halaf, Zincirli, Karatepe, Malatija, Karkemisch und Ain Dara gefunden hat. Aus dieser Perspektive betrachtet wird es leicht verständlich, daß Nordsyrien und das südliche Anato-

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Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

lien in ihren Nachbarländern unter dem Begriff „Hatti-Land" zusammengefaßt wurden. Dieser Sprachgebrauch mag auch dadurch begünstigt worden sein, daß Tiglatpileser I. um 1100 v.Chr. seinen ersten Kontakt in dieser Gegend mit Initeschub, dem Herrscher von Karkemisch, hatte. Initeschub gehörte einer Dynastie an, die kurz nach dem Fall von Hattuscha mit dem Anspruch aufgetreten war, von der hethitischen Königsfamilie abzustammen, und die deshalb den Titel „Großkönig, König von Hatti" führte 20 . Von Karkemisch aus wurde der Name Hatti sodann auf ganz Nordsyrien übertragen und später sogar auf gesamt Syrien-Palästina angewandt21. Der Deutlichkeit halber geben moderne Historiker freilich dem Begriff „syro-hethitisch" den Vorzug. Uber die Geschichte jener Kleinstaaten liegen aus der Zeit vor dem 9. Jahrhundert v. Chr., also vor dem Auftreten Assyriens in der Region, nur spärliche Informationen vor. Bekannt sind einige Königsnamen, aber eine fortlaufende Königsreihe kennen wir im Prinzip nur aus Karkemisch, wo vor allen die Dynastie des Suchis während des 10. Jahrhunderts v. Chr. gut dokumentiert ist. Der aramäische Einfluß in Syrien nahm seit dem Ende des 11. Jahrhunderts v. Chr. stark zu. Assyrische Quellen berichten, daß die Aramäer unter Assurrabi II. (ca. 1000 v. Chr.) bis an den Habur vordrangen, wo der Staat Bit-Bahiani (Teil Halaf, Guzana) und das Fürstentum Nisibis entstanden. Die Expansion nach Westen führte dazu, daß Sam'al und Arpad noch vor 900 v. Chr. zu aramäischen Staaten wurden und zusammen mit dem bereits älteren Bit-Adini den Euphrat säumten. Lange Zeit blieb Hamath am Orontes der südlichste syro-hethitische Stützpunkt; doch um 800 v.Chr. wurde auch dieser Staat aramäisch. Folgenreich war die aramäische Expansion nach Südsyrien, über die uns alttestamentliche Uberlieferungen informieren (2. Sam. 8; 10; 1. Chron. 18). Das Gebiet westlich und nördlich von Damaskus unterstand demnach um 1000 v. Chr. Hadadeser (I.), dem Herrscher von Zoba, der späteren assyrischen Provinz Subatu, nordöstlich des Anti-Libanos und von Beth-Rehob südwestlich des Libanon. Als die Ammoniter in ihrem Kampf gegen Israel Hadadeser (I.) um Hilfe riefen, unterstützte er sie mit Vasallen und Bundesgenossen, wie Maacha und Tob, die beide im nördlichen Ostjordanland auf dem Basan lagen, mit Hilfstruppen aus dem Euphratgebiet, wohin er folglich noch stets Verbindungen besaß, und mit Truppen der Aramäer von Damaskus, für die die Texte keinen König erwähnen. In einer Reihe von Schlachten wurde Hadadeser (I.) besiegt, wobei David offenbar Damaskus eroberte und seine Macht in nördliche Richtung ausdehnen konnte, wo er gute Beziehungen mit dem anti-aramäischen König Thoi von Hamath (2. Sam. 8,9f.) unterhielt. Salomos Gebiet soll sich der Uberliefe20 Dazu s.o. V.12. - Der Ausdruck „Groß-Hatti" wurde nicht gebraucht, obwohl man dies ausgehend von einer falschen Lesung angenommen hatte. 21 Damit vergleichbar ist die Verwendung der Bezeichnung Hurru durch die Ägypter während der Amarnazeit.

Phönizien und Israel

215

rung zufolge sogar bis nach Tadmor (Palmyra) und Lebo-Hamath nördlich des Libanon erstreckt haben. Nachdem sich Hadadeser (I.) in der Auseinandersetzung mit David als der Unterlegene erwiesen hatte, fielen seine einstmaligen Vasallen an Israel und mußten nun David Tribut entrichten. Noch vor dem Ende von Salomos Regierung erschien ein neuer aramäischer Staat auf der Bühne: Aram-Damaskus, dem es unter Rezin 22 , einem ehemaligen Vasallen und Offizier Hadadesers (I.) gelungen war, sich unabhängig zu machen. Damaskus stieg rasch zum bedeutendsten aramäischen Staat in Südsyrien auf. Im Alten Testament und auch in aramäischen Inschriften, etwa in der Zak(k)urs von Hamath, lautet der Name des Staats schlicht „Aram". In 1. Kön. 15,18 f. wird berichtet, daß Tabrimmon 23 , der Sohn Hazjäns I., als König von Damaskus mit Abia von Juda (um 910 v. Chr.) einen Bund Schloß; sein Sohn und Nachfolger Benhadad (I.) (aram. Barhadad) setzte das gute Verhältnis mit Juda fort, indem er seinen Bund mit Baesa brach, um einen mit Asa einzugehen. Es ist nicht auszuschließen, daß der Dynastiegründer Rezin (ca. 940 v. Chr.) mit dem bereits erwähnten Hazjän I. identisch ist 24 . Aram-Damaskus wuchs zu einem mächtigen Staat und einer großen Bedrohung für Israel heran, wenigstens insoweit, als die „(assyrische) Gefahr aus dem Norden" den Kleinstaaten in diesem Bereich einen Spielraum für eine eigenständige Militärpolitik ließen.

6. Phönizien und Israel (11.-9. Jh. v. Chr.) D . ARNAUD, Les ports de la Phenicie Ä la fin de l'äge du Bronze recent d'apres les textes cuneiformes de Syrie, Studi Micenei ed Egeo-Anatolici 30, 1992, 179-194. H . W . ATTRIDGE/R.A. ODED, Philo of Byblos: The Phoenician History, Washington 1981. - F. BRIQUEL-CHATONNET, Les relations entre les cites de la cote phenicienne et les royaumes d'Israel et de Juda, O L A 46, Leuven 1992. - W . DIETRICH, Die frühe Königszeit in Israel: 10. Jahrhundert v.Chr., Biblische Enzyklopädie 3, Stuttgart 199Z - I. FINKELSTEIN, State Formation in Israel and Judah: A Contrast in Context, A Contrast in Trajectory, Ν Ε Α 62, 1999, 3 5 - 5 2 . - D e r s . / N . NA'AMAN (Hg.), From Nomadism to Monarchy. Archaeological and Historical Aspects of Early Israel, Jerusalem 1994. - K. GALLING, Der Weg der Phöniker nach Tarsis in literarischer und archäologischer Sicht, 2 D P V 88, 1972, 1-18.140-181. - U . GEHRIG/ H . G . NIEMEYER, Die Phöniker im Zeitalter Homers, Hannover 1990. - L . K . HANDY (Hg.), The Age of Solomon. Scholarship at the Turn of the Millennium, S H A N E 11, Leiden/New York/Köln 1997. - H . J . KATZENSTEIN, The History of Tyre, Jerusalem 1973. - T. ISHIDA (Hg.), Studies in the Period of David and Salomon, Tokyo 1982. - E.LIPINSKI (Hg.), Phoenicia and the Bible, O L A 44, Leuven 1991. A . MALAMAT, Aspects of the Foreign Policies of David and Solomon, J N E S 2 2 , 1 9 6 3 ,

Aram. Radjän; auch der letzte, um 730 ν. Chr. regierende König von Damaskus hieß Radjän. Aram. Tabrammän; Rammän ist ein Name für den Wettergott Hadad. 2 4 Daß Tabrimmon und Hesjon in einer altaramäischen Inschrift, in der sogenannten „Barhadad-lnschrift", K A I Nr. 201, vorkommen, beruht auf einer unsicheren Konjektur. 22

23

216

Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

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Unter den Seevölkern haben archäologischen Spuren nach zu schließen auch die phönizischen Handelsstädte gelitten; doch müssen sie sich rasch wieder erholt haben, auch wenn aus dem 12. Jahrhundert v. Chr. kaum Belege verfügbar sind, die dies bezeugen könnten. Um 1100 v.Chr. florierten Byblos, Sidon und Tyrus jedenfalls wieder. Als Tiglatpileser I. bei Arwad, der nördlichsten phönizischen Hafenstadt, das Mittelmeer erreichte, nahm er hier den Tribut von Byblos und Sidon entgegen. Wenamun erwähnt in seinem Reisebericht alle drei Städte, und aus seinen Angaben erhellt, daß hier große Geschäfte getätigt wurden, was nicht zuletzt das Verdienst der Flotten von Byblos und Sidon war. Man unterhielt Handelsbeziehungen mit Ägypten unter Smendes (ca. 1060 v.Chr.). In Byblos regierte der König Zakarba'al, und auch Sidon besaß eine eigene Dynastie. Durch den Untergang von Hafenstädten wie Ugarit und dem kilikischen Ura hatten die Phönizier zwar Konkurrenten verloren; doch waren ihnen, wie Wenamuns Mitteilungen ebenfalls deutlich machen, in den neuen philistäischen Städten wie Gaza und Askalon in Südpalästina und in dem etwas nördlicher gelegenen Dor neue seekundige Konkurrenten erwachsen, mit denen sie rechnen mußten. In Sidon lagen Schiffe vor Anker, die als „Kompanie" (hbr) mit Wrktr, vielleicht einem Philister, Handel trieben. B. Mazar hat vorgeschlagen, das Wiederaufblühen Phöniziens seit 1000 v. Chr. als Folge der allmählichen Machteinbuße zu verstehen, die die Philister wegen Davids und Salomos Auftreten hinnehmen mußten, auch wenn ihnen die Kontrolle der Via Maris in der Küstenebene verblieb. Schließt man sich B. Mazar an, dann verfolgte der Vertrag zwischen Hiram I. von Tyrus und David und Salomo in erster Linie kommerzielle und anti-philistäischen Ziele. Wie sich die Beziehungen der phönizischen Städte untereinander gestalteten, bleibt verschwommen. Nach jüngeren Uberlieferungen wurde Tyrus im 12. Jahrhundert v. Chr. von Einwohnern aus Sidon wiedergegründet. Daraus, daß Gen. 10,15 Sidon als Kanaans Erstgeborenen kennt, daß Tiglatpileser I. bei seinem Feldzug nach Westen Tyrus nicht erwähnt, und daß „Sidonier" sowohl im Alten Testament (l.Kön. 11,5) wie bei Homer gleichbedeutend mit „Phönizier" ist, hat man eine anfängliche sidonische Oberherrschaft erschlossen. Die dafür angeführten Argumente sind aber nicht mehr unbedingt

Phönizien und Israel

217

stichhaltig; denn Tiglatpileser I. stieß gar nicht so weit in südlicher Richtung vor, daß er den Bereich von Tyrus hätte berühren können, und im verallgemeinernden Gebrauch von „Sidoniern" kann sich auch die Situation des 9. Jahrhunderts v. Chr. widerspiegeln, als Tyrus in der Tat Sidon den Rang ablief und der tyrische König Ittoba'al I. „König der Sidonier" genannt wurde (2. Kön. 16,31). Er war übrigens der Vater der aus dem Alten Testament bekannten Isebel, der Gemahlin Ahabs (ca. 870 v.Chr.). Aus Tyrus fehlen Inschriften fast völlig, und die ältesten aus Sidon stammen erst aus dem Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. Jede Geschichtsrekonstruktion muß sich deshalb auf anderweitige Informationen stützen, auf das, was sich den mesopotamischen Quellen, dem Alten Testament und den bei klassischen Autoren überkommenen Angaben entnehmen läßt. Von besonderer Bedeutung ist dabei vor allem, was sich über die „königlichen Annalen" von Tyrus in Erfahrung bringen läßt. Die Hauptquelle hierfür ist das Werk Contra Apionem des jüdischen Geschichtsschreibers Flavius Josephus. Sein Informant war vermutlich Alexander Polyhistor (1. Jh. v.Chr.), der seinerseits von der „Geschichte Phöniziens" von Dios und von der griechischen Ubersetzung der tyrischen Annalen abhängig war, die Menander von Ephesus in seine „Griechen- und Barbarengeschichte" aufgenommen hatte. Daß ein phönizischer Stadtstaat bereits in einer so frühen Zeit Annalen führte, ließe sich angesichts des hohen Alters des phönizischen Alphabets begreifen. Schon um 1000 v. Chr. hatte das Alphabet in Phönizien seine definitive Standardform angenommen und verbreitete sich in den folgenden Jahrhunderten in ganz Syrien und Palästina25. Es ist auch gut vorstellbar, daß zu Zeiten Davids und Salomos die tyrische Annalistik die beginnende israelitische Geschichtsschreibung beeinflußte; denn in jenem Jahrhundert, das lehrt uns der Bericht über Salomos Tempelbau, war in Israel der phönizische Einfluß auf den Gebieten von Kultur und Technik recht groß. Obwohl sich Tyrus und Israel im nördlichen Kanaan anfänglich als Rivalen gegenüberstanden, wurde das theoretisch zu Kanaan gerechnete, faktisch aber zu Phönizien gehörende Gebiet niemals von Israel erobert. Die in der Nachbarschaft lebenden israelitischen Stämme, etwa Ascher und Dan, verdingten sich gegen Lohn bei Tyrus und wurden später laut Gen. 49,13; Ri. 1,31; 5,16 f. sogar noch weiter zurückgedrängt. Unter David entwickelte sich sodann eine enge Zusammenarbeit zwischen Israel und Tyrus, die schließlich zu einem Bundschluß zwischen Hiram I. und David sowie Salomo führte und durch Salomos Verheiratung mit „sidonischen Prinzessinnen" besiegelt wurde (l.Kön. 11,1). Beide Nationen waren sich ebenbürtig, und der territoriale Besitz eines jeden wurde nicht angetastet, so auch der Küstenstreifen nördlich des Karmel, die sogenannte „Tyrische Leiter", die weiterhin in phönizischer Hand verblieb. Zur Kooporation kam es nicht nur beim Tempelbau in Jerusalem, sondern auch beim Handel. Gemeinsam

25

Einer Legende zufolge soll freilich Kadmos das Alphabet in Griechenland eingeführt haben.

218

D e r Vordere Orient und Ägypten ( 1 2 . - 9 . J h . v . C h r . )

unterhielten Tyrer und Israeliten zur Zeit Salomos eine Flotte „seetüchtiger Handelsschiffe", die sogenannten „Tarsisschiffe", die von Elath aus in See stachen, um Gold und andere exotische Produkte aus Ophir zu holen, womit vermutlich die somalische Küste, das „Punt" der Ägypter gemeint war. Auch bei anderen Geschäften kann Tyrus seine Hand mit im Spiel gehabt haben, so bei Salomos Einfuhr von Streitwagen aus Ägypten und dafür geeigneten Zugpferden, die die Uberlieferung aus Musn (! „Ägypten"?) und aus Qu'e in Kilikien kommen läßt ( l . K ö n . 10,28 f.). In wirtschaftlicher Hinsicht ergänzten sich beide Partner vorzüglich, da Israel die großen Uberlandrouten kontrollierte und Tyrus eine Flotte im Mittelmeer besaß. Israels militärische Stärke, die in Salomos „Wagenstädten" ihren Ausdruck fand, war für Tyrus im Hinblick auf die Konkurrenz mit Philistern und Aram-Damaskus belangreich. Nach der Überlieferung und der Deutung von Angaben bei Flavius Josephus soll die phönizische Kolonisation im Mittelmeerraum unter Hiram I. von Tyrus begonnen haben, der den Beinamen „der Große" trägt, und dem die Annalen eine vierunddreißigjährige Regierungszeit zuschreiben (ca. 970-936 v.Chr.). Folgt man den klassischen Autoren, dann wäre Utica bei Karthago eine der ersten, bereits um 1100 v.Chr. entstandenen phönizischen Kolonien, und die Gründung von Gades in Spanien wäre achtzig Jahre nach Trojas Fall anzusetzen. Einige Historiker nehmen an, daß schon zu Beginn des 10. Jahrhunderts v. Chr. in Kition (Larnaka) an Zyperns Ostküste eine tyrische Niederlassung bestand. Zwei frühe Inschriften aus dem Ende (?) des 9. Jahrhunderts v.Chr., von denen die eine aus Kition 26 kommt und die andere unbekannter Herkunft ist, können als Indiz dafür gelten, daß die phönizische Besiedlung Zyperns um die Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr. ein Faktum war; Spuren für eine frühere Kolonisation fehlen aber. Nun berichtet Josephus von einer tyrischen Expedition, die Hiram I. in der Absicht unternommen habe, einen widerspenstigen Vasallen zur Einhaltung seiner Pflichten und Tributleistung zu zwingen. Sollte diese Mitteilung überhaupt historisch fundiert sein, dann impliziert sie trotzdem keine Kolonisation zu einem so frühen Datum. Man muß sich auch vor Augen halten, daß die frühesten phönizischen Siedler auf Zypern und im östlichen Mittelmeerraum wohl kaum die ersten kommerziellen Abenteurer waren. Sie dürften in Syrern und Griechen Vorläufer, womöglich an denselben Orten, gehabt haben. So ist nicht auszuschließen, daß einige frühe phönizische Inschriften anderen Gruppen zuzuschreiben sind, die ebenfalls der semitischen Sprachenfamilie angehörten, und die das phönizische Alphabet und die phönizische Sprache als lingua franca benutzten, wie dies auch für Syrien, etwa durch die KilamuwaInschrift vom Sam'al, belegt ist. Die archäologischen und epigraphischen Indizien für die phönizische Expansion nach Westen datieren unterschiedslos aus der Zeit nach 800 v.Chr.,

26

In Kition wurde auch ein großer, der Astarte geweihter Tempel ausgegraben.

Phönizien und Israel

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man denke nur an die „Nora-Inschrift" 27 aus Sardinien oder an die nördlich von Limassol entdeckte Bronzeschale mit Inschrift 28 . Damit gelangt man in einen Zeitraum, der nicht allzu weit vom traditionellen Gründungsdatum Karthagos („Neue Stadt") in der von Timaios und Vergil überlieferten Legende über die tyrische Prinzession Dido bzw. Elissa entfernt liegt. Die Prinzessin soll vor ihrem königlichen Bruder Pygmalion (Pmjtn) über Zypern nach Nordafrika geflüchtet sein und hier Karthago gegründet haben. Die klassische Uberlieferung setzt diese Gründung der „Neuen Stadt" achtunddreißig Jahre vor der ersten Olympiade an, also im Jahr 814/3 v. Chr., aber dafür gibt es weder eine epigraphische noch eine archäologische Bestätigung. Nach der Uberlieferung in den Annalen folgten auf Hiram I. zunächst Ba'alazor I. (ca. 935-919 v. Chr.), danach vier weitere Könige, von denen der letzte Phelles hieß. Er war auf den Thron gelangt, nachdem er seinen königlichen Bruder ermordet hatte; doch innerhalb nur eines Jahres ereilte ihn dasselbe Schicksal. Sein Mörder und Nachfolger auf dem Thron war Ittoba'al (I.), der ebenfalls königlicher Abstammung und zugleich Priester der Astarte war. Mit Ittoba'al I. übernahm eine neue Dynastie die Regierung. Die Annalen berichten, daß Ittoba'al I. zweiunddreißig Jahre lang die Königsherrschaft innehatte (ca. 887-856 v.Chr.), während der Tyrus einen so großen Aufschwung nahm, daß es selbst Sidon überflügelte. Ittoba'al I. knüpfte gute Beziehungen mit Israel, seinem südlichen Nachbarn, an. U m 875 v. Chr. gab er seine Tochter Isebel dem israelitischen König Ahab zur Frau und besiegelte so das enge Verhältnis zwischen beiden Königreichen. Uber die Geschichte von Byblos im 10. Jahrhundert v. Chr. wissen wir etwas besser Bescheid, da aus dieser Zeit fünf Königsinschriften vorliegen. Es handelt sich dabei um Grab-, Bau- und Weihinschriften (KAI Nr. 1.4-7; T U A T I I / 4 , 582 ff.), die die Namen der damals regierenden Herrscher enthalten. Um 1000 v. Chr. war demnach Ahiram Throninhaber, dessen Namen in korrekter Form Ahiröm lautet und in Hiram eine Kurzform besitzt. Auf Ahiram folgte um 975 v. Chr. Ittoba'al. Er ließ für seinen Vater Ahiram einen Steinsarkophag herstellen, auf dessen Deckel sich die älteste phönizische Monumentalinschrift befindet (KAI Nr. I) 2 9 . Nach Ittoba'al bestiegen nacheinander Jehimilk (ca. 950 v.Chr.), Abiba'al (ca. 935 v.Chr.), Eliba'al, ein Sohn des Jehimilks (ca. 910 v. Chr.), und dessen Sohn Schipitba'al (ca. 900 v. Chr.) den Thron von Byblos. In historischer Hinsicht liefern die Inschriften nur wenige Informationen; doch geht aus ihnen hervor, daß die Stadt ein autonomes Königreich war, und daß dieses auch noch im 10. Jahrhundert v. Chr. die schon um 1075 v. Chr. durch Wenamun bezeugte wichtige wirtschaftliche Rolle weiterspielte. Von großer Bedeutung waren auch jetzt noch die Beziehungen mit Ägypten. So ist es bezeichnend, daß die Abiba'al27 28

KAI Nr. 46. Die Inschrift berichtet von der Errichtung eines Tempels für den Gott Pjm. Die Inschrift erwähnt Hiram (II.) von Tyrus, den „Ba'al des Libanon" und die Existenz einer

Qarthadast, „Neustadt" (Karthago). 29

Der Sarkophag wurde 1923 im 5. Grab der Königsnekropole von Byblos entdeckt.

220

Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v.Chr.)

Inschrift (KAI Nr. 5) auf dem Sockel einer Statue Schoschenqs I. (ca. 945-916 v.Chr.) angebracht ist, die Abiba'al aus Ägypten „heraufgeholt" hatte, während sich die Eliba'al-Inschrift (KAI Nr. 6) auf einer Statue von Schoschenqs I. Nachfolger, Osorkon I. (ca. 916-904 v.Chr.), befindet. In beiden Denkmälern kommt möglicherweise die Verehrung der Ba'alat Gebal, „der Herrin von Byblos" durch ägyptische Pharaonen, gewiß aber der ägyptische Wunsch zum Ausdruck, gute Geschäftsbeziehungen mit Byblos zu unterhalten. In der Jehimilk-Inschrift (KAI Nr. 4) aus der Mitte des 10. Jahrhunderts v.Chr. taucht neben der „Herrin von Byblos" erstmals auch Ba'alsamem, der tyrische „Herr des Himmels" auf, dessen Aufstieg zum höchsten Gott damals begann. In Palästina selbst bedeuteten die Herrschaft der Richter und das Königtum Sauls eine kritische Periode, während der sich die philistäische Macht entfalten konnte; mit Davids Thronbesteigung aber und mit seinen militärischen, anfangs auch noch von Salomo fortgesetzten Aktionen, wurde eine beachtliche Verbesserung der Verhältnisse erreicht. David errang Siege gegen die Aramäer, Ammon, Moab und Edom, die ihm Tribut entrichteten und zum Teil durch Besatzungstruppen unter Kontrolle gehalten wurden. Erfolge konnte David auch in der Auseinandersetzung mit den Philistern verbuchen. Es gelang ihm, ihre militärische Macht zu reduzieren, indem er ihre nördlichen Stützpunkte Dor und Beth-Sean eroberte. Die Pentapolis aber, das philistäische Kernland, vermochte er nicht einzunehmen. Die israelitisch-philistäischen Kämpfe wurden entlang Judas südwestlicher Grenze ausgetragen, und jener Bereich blieb sensibel. Pharao Siamun konnte hier um 965 v.Chr. noch die Stadt Geser (von den Philistern?) erobern. Gaza war dann später der Ausgangspunkt für Schoschenqs I. Feldzug gegen Israel. Unter Salomos und Rehabeams Regierung veränderte sich die Situation zunächst zum Besseren. Die Philister wurden zurückgedrängt, das israelitische Heer wurde mit Streitwagenkontingenten ausgerüstet, und Festungen sicherten Israels Grenzen: Hazor im Norden gegen Aram, Megiddo in der strategischen Jesreelebene, Geser gegen Philistäa, Tamar im Südosten gegen Edom. Als es freilich um 925 v. Chr. zur ersten großen militärischen Konfrontation mit Schoschenq I. (Sisak) kam, erwiesen sich diese Schutzmaßnahmen als unzureichend.

7. Ägypten während der 21. bis 23. Dynastie (11.-9. Jh. v. Chr.) G . W . AHLSTRÖM, Pharaoh Shoshenqs Campaign to Palestine, in: A. LEMAIRE/ Β. OTZEN (Hg.), History and Traditions of Early Israel, Leiden 1993, 1-16. K . A . KITCHEN, The Third Intermediate Period in Egypt (1100-650 B.C.), Warminster 2 1986. - J . LECLANT, Les Relations entre l'Egypte et la Phenicie du voyage d'Ounamon Ä L'expedition d'Alexandre, in: W . W . WARD (Hg.), The Role of the Phoenicians in the Interaction of Mediterranean Civilizations, Beirut 1968, 3-17 A. MALAMAT, A Political Look at the Kingdom of David and Solomon and Its Relation with Egypt, in: T. ISHIDA (Hg.), Studies in the Period of David and Solomon and Other Essays, Tokyo 1982, 189-204. - P. MONTET, Tanis, douze annees de fouilles

Ägypten während der 21. bis 23. Dynastie

221

dans une capitale oubliee du delta egyptienne, Paris 1942. - D . B . REDFORD, Studies in Relations Between Palestine and Egypt During the First Millennium B . C . , II. The Twenty-second Dynasty, J A O S 9 3 , 1 9 7 3 , 3-17. - B . U . SCHIPPER, Israel und Ägypten in der Königszeit. Die kulturellen Kontakte von Salomo bis zum Fall Jerusalems, O B O 170, Fribourg/Göttingen 1999.

Die Geschichte Ägyptens während der 21. Dynastie, die 1080 v.Chr. mit der „Renaissance-Ära" begann, läßt sich nur mühsam rekonstruieren, da verläßliche Quellen spärlich sind. Das Land war damals voll und ganz mit innenpolitischen Problemen beschäftigt. Kanaan und Nubien waren verlorengegangen und Ägypten auf seine alten Grenzen zurückverwiesen. Im Land herrschten faktisch zwei Fürstenhäuser nebeneinander: In Tanis im Deltagebiet residierten die offiziellen Könige, und in Theben traten die Hohenpriester Amuns wie Herrscher auf; einige von ihnen, etwa Penudjem I. (ca. 1060 v. Chr.) schmückten sich mit königlichen Titeln. Im Süden des Deltas hatten überdies seit Beginn der 21. Dynastie libysche Großfürsten in Bubastis ihren Sitz. Sie trugen den Titel „großes Oberhaupt der Me(SweS)", gewannen zunehmend an Einfluß, verschwägerten sich mit der herrschenden Dynastie und mit dem mächtigen Hohenpriester des Ptah in Memphis und übernahmen schließlich als Könige der 22. Dynastie die Macht. Trotz dieser komplizierten Konstellation brach kein Bürgerkrieg aus; nur kam es immer wieder zu politischer Rivalität, die sich freilich beheben ließ, da die herrschenden Familien untereinander verschwägert waren und Ämter und Pfründen unter sich verteilten. Dabei spielte die Hierarchie von Priestern und Angestellten des auch ökonomisch bedeutenden Amuntempels in Theben eine entscheidende Rolle. An der Spitze des Tempelpersonals stand der Hohepriester Amuns, ihm folgten der „zweite bis vierte Prophet", und wichtig war auch die Stellung der „Gottesgemahlin Amuns", die durch Adoption vergeben wurde, wobei Prinzessinnen aus dem unterägyptischen Königshaus bevorzugt wurden. Jene Praxis der Heiraten untereinander trug wesentlich dazu bei, den Zusammenhalt des Landes zu festigen und ein Auseinanderfallen Ober- und Unterägyptens zu verhindern. Wegen der wichtigen Funktion, die Amun und sein Hoherpriester innehatten, wurden aus Theben und Oberägypten eine Art Gottesstaat, in dem das Orakel Amuns bei juristischen und politischen Entscheidungen maßgeblich war 30 . Parallel zu diesem offiziellen Kult der Oberschicht entwickelte sich eine eher volkstümliche und persönliche Religiosität, deren Grund bereits in der Ramessidenzeit gelegt worden war. Sie äußerte sich neben anderem in Gebeten, aus denen eine tiefe individuelle Frömmigkeit spricht. Die wichtigsten Könige der 21. Dynastie waren Smendes (ca. 1069-1043 v.Chr.), Psusennes I. (ca. 1039-991 v.Chr.), Siamun (ca. 978-959 v.Chr.) und Psusennes II. (ca. 959-945 v.Chr.), der vielleicht mit dem thebanischen

30

Das Orakel wurde eingeholt, indem die Amunstatue bewegt wurde, und man diese Bewe-

gungen als göttliche Antworten deutete.

222

Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

Hohenpriester Psusennes „III." identisch war31. Memphis bewahrte sich zwar als Verwaltungszentrum Unterägyptens noch stets seine Bedeutung, und die Könige bauten an dem dortigen Ptahtempel; doch Residenzstadt war die Hafenstadt Tanis, die sich mit ihrer Lage im östlichen Delta als günstiger Ausgangspunkt für den Handel mit Kanaan anbot, und in dieser Funktion auch um 1060 v.Chr. von Wenamun in seinem Reisebericht erwähnt wird. Als königliche Bauherren betätigten sich in Tanis hauptsächlich Psusennes I. und Siamun, etwa im Bezirk des großen Amuntempels, wo 1939 P.Montet die Königsgräber entdeckte. Für die Bauarbeiten verwendete man viele Steine und Ziegel aus den weiter südlich gelegenen Orten Avaris und Pi-Ramesse, was zu der falschen Identifizierung von Tanis mit der alten Hyksoshauptstadt verleitete. Die mächtigen Hohenpriester in Theben kümmerten sich in zunehmenden Maße um die Wiederbestattung der großen Pharaonen des Neuen Reichs, deren Gräber von Räubern geöffnet und geschändet worden waren. Die königlichen Mumien wurden schließlich in zwei großen Gruppen in geheimen Gräbern gesammelt. Die Mumien der Pharaonen Amenophis II., Ramses I., Ramses II. und Sethos I. erhielten letztendlich im Grab Penudjems II. (ca. 980 v. Chr.) ihre Nachbestattung, während Penudjem II. sich selbst im modifizierten Sarkophag Thutmosis' I. beisetzen ließ. Siamun richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Kanaan. Er nahm den vor David geflüchteten edomitischen Kronprinzen an seinem Hof auf, wo dieser eine ägyptische Prinzessin heiratete. Siamun unternahm auch einen Überraschungsangriff auf Philistäa und stieß dabei sogar bis zu dem nur 30 km westlich von Jerusalem gelegenen Geser vor und eroberte die Stadt. Vielleicht wollte Siamun auf diese Weise versuchen, die Stärke des jungen israelitischen Königtums zu testen, und er kann bei dieser Probe durchaus zu der Einsicht gelangt sein, daß es ratsam sei, mit dem neuen Königshaus eine politische Allianz einzugehen. Man kann dies aus dem Umstand erschließen, daß Salomo wenig später eine ägyptische Prinzessin heiratete und mit der Braut gleichsam als deren Mitgift die Stadt Geser vom Pharao erhielt (l.Kön. 9,16). Mit dieser territorialen Konzession wurde ein Vertrag besiegelt, der die gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit eröffnen sollte. Im Hintergrund standen gewiß politische und wirtschaftliche Absichten Ägyptens: Ägypten war darauf bedacht, seine einträglichen Handelsbeziehungen mit Phönizien abzusichern, die die militanten Philister entlang der Via Maris und von ihren Hafenstädten aus vermutlich bedrohten oder zumindest erschwerten. So war es nur folgerichtig, daß sich Siamun mit Israel, dem mächtigen östlichen Nachbarn der Philister verbündete, zumal Israel seinerseits mit Tyrus alliiert war. Mit einer Unsicherheitsmarge von etwa zwei Jahren läßt sich der Beginn der 22. oder auch libyschen Dynastie um 945 v. Chr. ansetzen. Damals be-

31

Alle Daten sind der von K.A. Kitchen vorgeschlagenen Chronologie entnommen.

Ä g y p t e n w ä h r e n d der 21. bis 2 3 . D y n a s t i e

223

stieg Schoschenq I. 32 , der Sohn des libyschen Fürsten von Bubastis den Thron. Hinter ihm lag eine glanzvolle Karriere unter Pharao Psusennes II., der selbst keinen Sohn hatte und seine Tochter Schoschenq zur Frau gab. Schoschenq I. war ein Herrscher mit großem Durchsetzungsvermögen, der sich selbst als neuer Smendes darstellte, eine neue Ära begann und nach einigen Jahren seine Macht sogar bis nach Theben ausdehnen konnte. Die ägyptische Autorität schob sich in südliche Richtung noch weiter vor und reichte bis nach Nubien. Auch die ökonomischen Verbindungen mit Byblos wurden enger geknüpft. Schoschenq I. überließ Abiba'al von Byblos eine Statue, die ihn selbst darstellte, und die Abiba'al der „Herrin von Byblos" weihte (s.o. VI.6). Die größte Militäraktion Schoschenqs I. war sein großer Feldzug nach Palästina, der im fünften Jahr des judäischen Königs Rehabeam stattfand (ca. 925 v. Chr.). Der erst vor kurzem erfolgte Zerfall des davidischsalomonischen Reichs in die Staaten Juda und Israel und deren situationsbedingte Schwäche boten sich Schoschenq I. als zu günstige Gelegenheit an, als daß er sich einen Angriff zu diesem Zeitpunkt hätte entgehen lassen können. So vergaß er seine früheren Kontakte mit Jerobeam I. von Israel, dem er zu Zeiten Salomos noch in Ägypten Asyl gewährt hatte, und nahm einen Grenzkonflikt zum Anlaß, um mit seinen libyschen und nubischen Hilfstruppen über Gaza in Palästina einzumarschieren. Erobernd und plündernd durchzog er das Land und verwüstete weite Teile Judas und Israels. Bis zu einem gewissen Grad läßt sich der Verlauf des Feldzugs anhand der ausführlichen topographischen Liste im Tempel von Karnak nachvollziehen, und hier befindet sich auch ein Reliefbild, das den über seine palästinischen Feinde triumphierenden Pharao zeigt 33 . In Megiddo wurde das Fragment einer Monumentalstatue Schoschenqs I. entdeckt, die wahrscheinlich anläßlich seines Palästinafeldzugs hier aufgestellt worden war. Von der verkehrsgünstigen Jesreelebene aus zog Schoschenq I. weiter ins Ostjordanland bis nach Pniel, und kehrte schließlich mit reicher Beute nach Ägypten zurück. Hier widmete er sich, vor allem in Karnak, umfangreichen Bauvorhaben. Schoschenq I. starb um 916 v.Chr., nachdem er noch sein Regierungsjubiläum hatte feiern können. Sein Nachfolger war sein Sohn Osorkon I. (ca. 916-904 v.Chr.). Er setzte die Politik seines Vaters fort, wie eine in Byblos entdeckte Statue des Pharaos zeigt. Der dritte Herrscher der 22. Dynastie war Takelothis I. (ca. 904-890 v. Chr.), über den so gut wie nichts bekannt ist. Der Nubier Zera, der um 897 v. Chr. Juda zur Zeit Asas angriff, war möglicherweise ein nubischer General Takelothis' I. Folgt man der Chronologie von A. Baer und E.F. Wente, dann kam als nächster Pharao Osorkon II. auf den Thron, der sich als Bauherr in Tanis, Bubastis und Theben einen Namen machte. In Theben sah er sich frei32 Die Aussprache des N a m e n s leitet sich von seiner babylonischen Wiedergabe SuSinqu ab. Im Alten Testament lautet der N a m e des Pharaos Sisak. 33 Interessanterweise benutzte man für Palästina in Ägypten noch stets Bezeichnungen wie Retenu und Hurru.

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Der Vordere Orient und Ägypten (12.-9. Jh. v. Chr.)

lieh mit einem wachsenden Unabhängigkeitsverlangen des Südens konfrontiert, das in dem selbst nach Königswürden strebenden Hohenpriesters des Amun-Re, Harsiese, Gestalt angenommen hatte. Osorkon II. war geschickt genug, um, unter anderem durch die Ernennung seines eigenen Sohns in Theben, die Zentralregierung zu erhalten, aber die Konflikte ließen sich nicht beheben und führten nach internen Streitigkeiten zwischen 845 und 835 v. Chr. schließlich zum Schisma. Theben entschied sich für die neue Dynastie von Leontopolis, die Pedubastis I. um 828 v. Chr. gegründet hatte und die als die 2 3 · & ik · Osorkon II. hielt die Beziehungen mit Kanaan aufrecht: Eine Statue von ihm wurde in Byblos gefunden, und eine in Samarias Ruinen entdeckte Albastervase trägt seinen Namen. Darf man in diesem Gefäß ein Zeichen politischer Verbundenheit sehen? Und enthielt es vielleicht Öl für eine Zeremonie, wie sie in Hos. 12,1 beschrieben ist? Ähnliche kostbare Behälter gelangten (später?) als Beutegut über Phönizien nach Assur und über den phönizischen Handel sogar bis Almunecar in Spanien. Während der Regierung Osorkons II. setzte die für chronologische Zwecke so wichtige Serie datierter und mumifizierter Apisstiere ein, deren Stelen im Serapeum in Memphis entdeckt wurden. Auf ihnen ist das Jahr angegeben, in dem der Apisstier eingesetzt wurde, ebenso sein Alter und sein Todesdatum. In ungefähr jenem Zeitraum begann die assyrische Expansion bedrohliche Formen anzunehmen. Die Ägypter mit ihren weit in der Geschichte zurückreichenden Interessen in Syrien konnten davor die Augen nicht verschließen. Takelothis II. (ca. 850-835 v.Chr.) wußte die Zeichen der Zeit sehr wohl zu deuten. So erklärt sich auch, weshalb er mit einem tausend Mann starken Heer die „Koalition" unterstützte, die bei Qarqar am Orontes im Jahr 853 v. Chr. gegen Salmanassar III. von Assur zum Kampf antrat. Auf seinem Schwarzen Obelisken erwähnt dieser assyrische König für das Jahr 841 v. Chr. ein von ihm als „Tribut" bezeichnetes Geschenk exotischer Tiere, das eigentlich nur von Takelothis II. stammen kann. Auf Takelothis II. folgte Schoschenq II. (ca. 835-783 v. Chr.) in einer Zeit, in der Ägypten zunehmend unter inneren Spannungen litt. Während seiner Regierung etablierte sich die schon erwähnte 23. Dynastie in Leontopolis, eine mit der 22. Dynastie konkurrierende Nebenlinie.

VII. Der Vordere Orient und Ägypten zur Zeit des neuassyrischen Großreichs (9.-7. Jh. v. Chr.) 1. Die Quellen und die neuassyrische

Politik

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Der Vordere Orient und Ägypten (9.-7 Jh. v. Chr.)

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D i e Q u e l l e n u n d die neuassyrische Politik

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chigen Raum aber meist unter dem Begriff „Prunkinschriften" aufgeführt werden. Die Texte zählen besiegte Städte und Herrscher auf, manchmal in geographischer Reihenfolge. Kürzere Inschriften auf Statuen, Stelen und Thronsockeln bieten ausgewählte Informationen zu mehreren, bisweilen auch nur zu einem einzigen Geschehen, etwa zur Einweihung von Kalchu. Auch Auszüge aus umfangreicheren Texten sind überkommen. Ganz wichtig sind die Bauinschriften, vor allem die in den Grundmauern von Tempeln und Palästen deponierten assyrischen Prismen. Dem eigentlichen Baubericht ist jeweils eine ausführliche Geschichtsdarstellung 1 voraus gestellt, deren Thema die militärischen Erfolge des Königs sind. Die Feldzüge sind nach Regierungsjahren (palü), später dann nach Feldzügen {genu) angeordnet. Wie die Annalen so nahmen auch diese Geschichtsberichte alljährlich an Umfang zu. Da nun von einigen Königen, etwa von Assurbanipal, eine fortlaufende Reihe von Prismen bekannt ist, läßt sich feststellen, daß auch bei diesen Texten auf dieselbe Weise wie in den Annalen redaktionell gekürzt und kombiniert wurde. Zudem besitzen wir aus den königlichen Kanzleien mehrere Berichte, Briefe und vielerlei Listen, etwa Steuer- und Tributlisten, vor allem aus Kalchu und Ninive (8.-7 Jh. v.Chr.). Verwahrt wurden in den Kanzleien aber auch Orakelanfragen (und Antworten) sowie Prophetenworte, die aus dem Tempel der Ischtar von Arbela, der assyrischen Kriegsgöttin, stammen, und mit denen die Könige sowohl „beauftragt" als auch ermutigt wurden. Entdeckt wurden in Kanzleien ferner Fragmente von Vasallenverträgen, die die besiegten Herrscher von Arpad (ca. 740 v. Chr.), Tyrus (ca. 676 v. Chr.) und medische Fürsten (672 v.Chr) hatten akzeptieren müssen, und die zum Teil den „Treueschwüren" 2 entsprechen, die vom Hofstaat und hohen Beamten zu leisten waren. Briefe und Berichte vermitteln Einblicke in ganz unterschiedliche Lebensbereiche; denn sie enthalten Informationen zum assyrischen Geheimdienst, zum Botenaustausch, zur Provinzverwaltung, zum Steuerwesen, zur Militärdienstpflicht sowie zum Heer und zu vielen religiöse Angelegenheiten betreffenden Themen. Eine weitere wichtige Gattung sind die „Gottesbriefe", detaillierte und literarisch überaus ausgefeilte Berichte über den jährlichen(?) Feldzug. Sie sind an den Gott Assur und an seine Stadt (Bevölkerung) gerichtet und stellen gleichsam die Rückmeldung des Königs beim Reichsgott dar, der den Regenten beauftragt hatte, das Reichsgebiet zu vergrößern. Gewiß wurden die „Gottesbriefe" öffentlich bei einer Zeremonie verlesen, bei der man auch Beute und Gefangene verteilte. Kopien derartiger Berichte liegen von Sargon II. 3 , Sanherib 4 , Asarhaddon und Assurbanipal vor. Eine Art fortlaufend

1 Diese Geschichtsdarstellungen haben sich aus einem temporalen Nebensatz entwickelt, der ursprünglich den Baubericht eröffnete: „Als ich ..., dann baute ich ...". 2 Für „Treueschwur" wurde das aram. Lehnwort ade verwendet; vgl hebr. 'edö/üt; 'dym in Jes. 33,8. 3 Der 430 Zeilen lange Text ist vollständig erhalten; er berichtet über den Feldzug gegen Urartu im Jahr 714 v. Chr.

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D e r Vordere O r i e n t u n d Ä g y p t e n ( 9 . - 7 J h . v. C h r . )

datierte Auflistung der wichtigsten Feldzüge enthält die Eponymenchronik, eine ausführlichere Version der Eponymenliste, die in einer eigenen Kolumne kurze Angaben über militärische Aktionen enthält. Solche Angaben fehlen nur, wenn in einem Jahr kein Feldzug stattfand und statt dessen Eintragungen wie „Aufstand" (z.B. 826-820 und 762-759 v.Chr.), „Epidemie" (802, 765, 759 v.Chr.) oder „(der König blieb) im Land" (810, 760, 764, 757-6, 753-750 v. Chr. usw.) in der Kolumne erscheinen. Hinweise auf kriegerische Unternehmen fehlen auch dann, wenn der Platz in der Kolumne für die Erwähnung andererer Ereignisse, etwa einer Tempeleinweihung, einer Sonnenfinsternis (763 v.Chr.), der Akzession von Königen (745 und 727 v.Chr.) oder Bauunternehmungen (706 und 700 v. Chr.) benötigt wurde. In späteren Jahren, besonders in der Zeit von 713 bis 700 v. Chr. wurden verschiedene Ereignisse miteinander kombiniert. Die militärischen Notizen, die bis auf den Zeitraum von 840 bis 700 v. Chr. erhalten sind, geben in der Regel nur das Ziel des jährlichen Feldzugs an („gegen die Stadt/das Land x"), sind aber bisweilen und vor allem für die jüngere Zeit etwas ausführlicher. So wird etwa für das Jahr 743 v.Chr. vermerkt: „Urartu wurde in Arpad besiegt". Wenn gelegentlich die Ortsangabe „im Ort/im Land x" angegeben ist, dann kann sich dies auf den Ort beziehen, an dem sich der König und die Armee zu Jahresbeginn aufhielten, als der Eponym (limmu) ernannt wurde. Neben diesen Texten gibt es weitere Chroniken unterschiedlicher Art, die in der Ausgabe von A.K. Grayson leicht zugänglich sind. In der Regel bieten sie ein selektives und ein sowohl politisch als auch ideologisch gefärbtes Bild des Geschichtsablaufs. Repräsentativ sind dafür etwa die pro-assyrische „Synchronistische Geschichte", in der Ereignisse in Assyrien und Babylonien nebeneinander gestellt sind, oder auch die Chronik Asarhaddons. Für die Zeit ab 747 v. Chr. ist die weniger parteiische „Babylonische Chronik" verfügbar, die zum Teil auf Angaben in astronomischen Tagebüchern beruht. In ihr ist etwa auch der Untergang Assyriens und der Aufstieg des neubabylonischen Reichs Nabopolassars und Nebukadnezars II. beschrieben. Zum epigraphischen Material, das zum Teil nur auszugsweise und unzureichend publiziert vorliegt, kommt seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. ikonographisches Material aus assyrischen Palästen hinzu. Anfänglich waren die Paläste wahrscheinlich überwiegend mit gemaltem Bildschmuck versehen, obwohl auch für die damalige Zeit schon einige aus Stein geschnittene Monumente bezeugt sind, zu deren Motivrepertoire seit dem 11. Jahrhundert v. Chr. gewiß auch Szenen aus der Geschichte gehörten. Hierfür ist vor allem an die assyrischen „Obelisken" von Assurbelkala (Mitte des 11. Jahrhunderts v. Chr.) bis Salmanassar III. (2. Hälfte des 9. Jh.s v. Chr.) zu erinnern. Neben die weiterhin gebräuchlichen und etwa in Til Barsip belegten Fresken traten seit der Regierung Assurnasirpals II. als neue Bildträger reliefierte Steinplatten, Stierkolosse und andere Denkmalformen hinzu. Offen-

4

Der fragmentarisch erhaltene Text berichtet über den Palästina-Feldzug im Jahr 701 v . C h r .

D i e Q u e l l e n u n d die n e u a s s y r i s c h e Politik

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sichtlich wirkten sich hierbei Einflüsse aus der syro-hethitischen Welt aus, in der bereits im 10. Jahrhundert v. Chr. Relieforthostaten in der Palast- und Tempelarchitektur ebenso ihren Platz hatten wie die Eingänge flankierenden Statuen von Stieren, Löwen, Sphingen und anderen Mischwesen. Beispiele dafür finden sich etwa auf dem Teil Halaf, in Karkemisch und Ain Dara. Diese Art des Architekturdekors wurde zusammen mit der dazugehörenden Konzeption des Palasteingangs - einem breiten, von Säulen getragenen und von Statuen des erwähnten Typs flankierten Portikus 5 - von den Assyrern unter Assurnasirpal II. zu eben dem Zeitpunkt übernommen, an dem der von uns als Großreich bezeichnete Staat seine volle Wirkung zu entfalten begann. Dies kann kaum ein Zufall sein, da die Reliefs mit ihren gründlich durchdachten und in Bildern umgesetzten historischen Erzählungen die Aufgabe hatten, den Einsatz militärischer Gewalt und den Erwerb ausgedehnter neuer Länder zu legitimieren. Mit assyrischen Reliefplatten geschmückte Korridore und bestimmte Räume gab es in Kalchu in den Palästen Assurnasirpals II. und Tiglatpilesers III., in Dur-Scharrukin (Chorsabad) in der neuen Residenz Sargons II. und in Ninive in den Palästen Sanheribs, Asarhaddons und Assurbanipals. Die Motive für die Reliefs wurden unterschiedlichen Lebensbereichen entnommen. Es finden sich Szenen aus dem Hofleben, Darstellungen religiösen und magisch-symbolischen Inhalts, Wiedergaben von der Errichtung von Bauwerken, etwa der Transport von Stierkolossen, und Jagdbilder. In vielen „historischen" Reliefs sind Situationen aus den königlichen Feldzügen festgehalten: das Heerlager, die marschierende Armee, später auch Schlachten und besonders Angriffe, Eroberungen, Plünderungen, Deportationen und die Zerstörung von Städten. Oft begleiten kurze, identifizierende Beischriften die Bilder. Inhaltlich folgen die Reliefs, etwa die in Assurnasirpals II. Thronraum in Kalchu (Nimrud), einem sorgfältig ausgewählten und überlegt umgesetzten Programm. Bildschmuck und Begleittexte sind aufeinander abgestimmt und analog angeordnet, und beide verfolgen dieselbe ideologische Absicht. Die Ausgangssituation für die Erforschung und Interpretation der Reliefs ist alles andere als ideal. Die Ursachen hierfür liegen unterschiedlich weit zurück. Sie beginnen gegen Ende des Ζ Jahrhunderts v.Chr., als die assyrischen Paläste zerstört wurden. Aber auch bei der Ausgrabung und Bergung der Reliefs um die Mitte des 19. Jahrhunderts unterliefen nicht wiedergutzumachende Fehler. So erfolgte die Freilegung wenig sachkundig und unvollständig, danach wurden die Blöcke auf Flößen auf dem Tigris und von Bombay aus dann zu Schiff transportiert, wobei Unglücke und Verluste nicht ausblieben. Zusammengehörige Stücke wurden zwischen verschiedenen Institutionen und Museen aufgeteilt, einzelne Exemplare wurden für den Transport zersägt, und auch die Veröffentlichung war mitunter unzulänglich. Auf diese Weise ist vieles verloren gegangen, und meist ist es nicht mehr oder nur noch mit Mü-

5

Gebäude mit derartigem Portikus wurden als bit hiläni

bezeichnet.

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Der Vordere Orient und Ägypten ( 9 . - 7 Jh. v. Chr.)

hen möglich, umfangreiche zusammengehörige Serien von Reliefs zu bestimmen und festzustellen, wo Stücke ursprünglich aufgestellt waren und was ihre ursprüngliche Funktion war. Zu derartigen Schwierigkeiten haben aber auch die Assyrer selbst schon beigetragen. Die Reliefs von Tiglatpilesers III. unvollendet gebliebenem Palast in Kalchu hat man wieder abgenommen, um sie an anderer Stelle für Asarhaddons Palast zu verwenden; doch auch dieses Vorhaben wurde nicht abgeschlossen. Was freilich von den Reliefs erhalten blieb - und sei es, wie zum Teil, nur in guten alten Zeichnungen - ist in künstlerischer und historischer Hinsicht von großer Bedeutung, und dies unter anderem auch deshalb, weil der Aktionsradius der assyrischen Operationen weit aus griff und sich von Elam bis nach Südanatolien und Südpalästina erstreckte. In der südöstlich von Kalchu gelegenen Stadt Imgur-Enlil (Balawat) wurden 1877 und 1956 die Bronzebeschläge dreier Palast- bzw. Tempeltore entdeckt, von denen zwei unter Assurnasirpal II. und eines unter Salmanassar III. entstanden sind. Die Beschläge bestanden aus langen, mit Reliefdarstellungen versehenen Bronzebändern, die ursprünglich auf den hölzernen Türflügeln angebracht waren. Gut erhalten sind vor allem sechzehn 2,25 m lange und in zwei horizontale Register unterteilte Bänder aus der Zeit Salmanassars III., und diese sind auch von besonderer Bedeutung, weil von diesem König, abgesehen von seinem prächtigen Thronsockel in Kalchu, keine Steinreliefs bekannt sind. Die Darstellungen auf den Reliefs und Bronzebeschlägen vermitteln einen Eindruck von den militärischen, politischen und ökonomischen Zielen Assyriens und von der Strategie, die angewandt wurde, um diese Ziele zu erreichen. Zu den Fortschritten auf militärischem Gebiet gehörte demnach ein verbessertes Streitwagenmodell, das für den Ausgang vieler Schlachten entscheidend war. Für dieses Gefährt waren die zahlreich und immer wieder in Tributlisten aufgeführten Pferde unverzichtbar. Auch die Kunst, Städte einzunehmen, wurde perfektioniert. Hatte man seit der Zeit Adadniraris II. Städte mit Belagerungswällen bzw. -palisaden eingeschlossen und ausgehungert, was natürlich viel Zeit verlangte, so wurden nun die Mittel und Taktiken zur rascheren Erstürmung von Mauern verbessert. Mit Rammböcken oder auch Sturmwiddern, die über Belagerungsdämme bis an den Fuß der Mauern gefahren wurden, ließen sich Breschen schlagen; man unterminierte auch Mauern und versuchte mit Sturmleitern, die Mauerkrone zu erreichen. Für diese gut ausgerüstete Militärmaschinerie stellten selbst Stadtgräben kein unüberwindbares Hindernis mehr dar. Seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. setzte man diese Techniken und Taktiken bei langen Feldzügen in feindlichem Gebiet ein. Die Länder wurden geplündert, und die besiegten oder eingeschüchterten einheimischen Herrscher kamen, um sich mit „Geschenken" selbst zu unterwerfen. Danach wurden sie zu Vasallen gemacht und zu Tributleistungen verpflichtet. Städte wurden aber auch ganz systematisch belagert und eingenommen, um mit dem eroberten Territorium das assyrische Staatsgebiet zu vergrößern. Schon im 9. Jahrhundert v. Chr. gelang es Assyrien, unter

Die Quellen und die neuassyrische Politik

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Einsatz der neuen Strategien seine Grenzen bis an den Euphrat vorzuschieben. Salmanassar III. eroberte hier die Hauptstadt von Bit-Adini und verwandelte die Ruinenstätte Til Barsip in Kar-Schulmanuaschared. Besonders seit der Thronbesteigung Tiglatpilesers III. im Jahr 745 v. Chr. wurde von den Assyrern weiteres Gebiet erobert und annektiert. In vielen Fällen brach dieser König mit dem Vasallensystem und machte, wie dann auch seine Nachfolger, eroberte Gebiete zu assyrischen Provinzen, an deren Regierungsspitze ein assyrischer Gouverneur stand. Er konnte sich bei seiner Arbeit auf die Unterstützung durch Besatzungstruppen, einen effizienten Botenaustausch und einen professionellen Geheimdienst verlassen. Ausnahmen stellten fast immer die phönizischen Städte Tyrus und Sidon sowie Juda und die Philisterstädte dar. Dafür dürften ökonomische Erwägungen ausschlaggebend gewesen sein; denn die Küstenstädte dienten auch dem assyrischen Großreich als Hafen- und Handelsstädte, und dazu mußte ihnen ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit belassen werden. So begnügten sich die Assyrer in ihrem eigenen Interesse damit, von diesen Städten Steuern zu erheben und den Einund Aus gang von Gütern zu kontrollieren 6 . Hinter der assyrischen Expansion standen in erster Linie ökonomische Motive. Schon Adadnirari II. erklärte, daß er von den großen Göttern zum König auserwählt worden sei, „um die Besitztümer der Länder zu plündern". Das Beschaffen von Beute und der Empfang von Tributen und Geschenken nahmen einen nahezu institutionellen Charakter an und wurden oft in Texten erwähnt und auf Reliefs dargestellt. Nicht damit zu verwechseln sind der jährlich festgesetzte Tribut, den Vasallen entrichten mußten (mandattu) und die oft sehr viel wertvolleren „spektakulären Geschenke" (tämartu oder nämurtu), mit denen Feinde ihre Unterwerfung anboten oder Assurs Gunst erkauften, wenn die assyrische Armee anrückte. Auf diese Weise wurde das Heer zu einer allüberall Güter einsammelnden Karawane, die schließlich mit reicher Beute schwer beladen nach Hause zurückkehrte. Der Handelsverkehr mußte mehr und mehr einem mit militärischer Macht erzwungenem Verkehr weichen, der nur in eine Richtung verlief und dessen Zielort Assyrien war. Zum von der Armee angeschleppten Beutegut gehörten Rinder, Kleinvieh, Esel, Pferde, alle Sorten von Metall (Kupfer, Bronze, Eisen, Gold und Silber), Steine, Holz, Wolle, Textilien sowie eine Vielzahl von Gebrauchs- und Luxusgegenständen. Alle diese Produkte und Rohstoffe dienten dem Zweck, das begrenzte ökonomische Potential Assyriens zu verstärken. Indem die Beute den militärischen Einsatz erst ermöglichte und ihn zugleich stimulierte, bewegte sich die assyrische Militärstrategie in einem circulus vitiosus. In zunehmenden Maße kamen zu den erbeuteten Dingen auch deportierte Menschen aus den unterworfenen Völkern hinzu. In dieser Hinsicht war vor allem Tiglatpileser III. aktiv, der mehr als eine halbe Million Menschen ver-

6 Die Kontrolle betraf sogar die Verschiffung von Holz, das von der phönizischen Küste aus an Feinde Assyriens verschickt wurde.

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D e r Vordere O r i e n t und Ä g y p t e n (9.-7. J h . v. C h r . )

schleppte. Die Neuankömmlinge sollten als Soldaten, Bauern, Handwerker, Arbeiter und, besonders in neu gegründeten Städten und Residenzen, als Stadtbewohner die menschliche Arbeitskraft im assyrischen Kernland auffüllen oder sollten dort, wo Deportationen Lücken gerissen hatten, diese wieder schließen. Im Kielwasser der neu nach Assyrien Verpflanzten strömten vielerlei und vor allem syrisch-palästinische Kultureinflüsse ins Land, wo die Deportierten trotz ihrer teilweisen Adaption an das assyrische Leben, die assyrische Kultur von innen heraus veränderten. Eine um sich greifende „Aramaisierung" ist besonders bemerkenswert; denn seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. bildete sie die Grundlage für den zunehmenden Gebrauch der aramäischen Sprache. Obwohl dies für die assyrische Sprache eine Herausforderung bedeutete, setzte sich Aramäisch als internationales Medium durch und wurde im Achämenidenreich schließlich zum „Reichsaramäischen", zur lingua franca des gesamten Vorderen Orients. Aber auch die Kehrseite der Medaille ist nicht zu vergessen. Durch die Deportationen babylonisch-chaldäischer und elamischer Bevölkerungen und ihrer Umsiedlung nach Westen und durch die assyrische Herrschaft fanden fremde Einflüsse auch Eingang im Westen. Um ihre hochgesteckten Ziele zu erreichen, beließen es die Assyrer nicht bei militärischen Aktionen und Deportationen; vielmehr setzten sie mehr und mehr auch Grausamkeit und Einschüchterung als Mittel der, modern gesprochen, psychologischen Kriegsführung ein. Inschriften und Darstellungen dokumentieren nicht nur, wie die assyrischen Soldaten Ernten, Baumgärten und Bewässerungsanlagen vernichteten und brandschatzend Länder durchzogen, sie zeigen auch, wie abgehackte Köpfe skrupellos zu Pyramiden aufgeschichtet wurden, wie besiegte Feinde gepfählt, gehäutet und verstümmelt wurden. Auf diese Weise ging man vor allem gegen aufständische Rebellen vor. Auch wenn jene Brutalität von den damaligen Zeitgenossen weniger grausam als von uns heute empfunden wurde, fällt dennoch auf, daß die Beschreibungen und Darstellungen außerordentlich detailliert gestaltet sind. Mit ihrem Vorgehen und dessen Wiedergabe in Text und Bild verfolgten die Assyrer eine ganz bestimmte Absicht: Sie wollten die Tendenz zu Revolten abschwächen, und künftig zu besiegende Feinde sollten so, noch bevor es überhaupt zu Kampfhandlungen kam, „durch den Schreckensglanz von Assurs Waffe niedergeworfen" und dazu gebracht werden, sich selbst kampflos zu unterwerfen, indem sie ihre reichen „Geschenke" brachten. Trotzdem konnten der assyrische Imperialismus und die assyrische Grausamkeit nicht verhindern, daß immer wieder Aufstände ausbrachen; man kann noch nicht einmal ausschließen, daß das assyrische Verhalten sie sogar entfachte. Das Bild, das sich die Zeitgenossen von Assur machten, war nachhaltig von jener Brutalität bestimmt, wie etwa aus Jes. 10,13f.; 14,16f. und aus der jüngeren Geschichtsschreibung hervorgeht. Die assyrische Härte hat die Hoffnungen auf ein Friedensreich verstärkt, das die israelitischen Propheten zu eben dem Zeitpunkt verkündeten, als assyrische Soldaten plündernd, deportierend und mordend den Vordem Orient durchzogen. Die Ansprache,

Die Quellen und die neuassyrische Politik

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die Rabsake 7 an die belagerten Jerusalemer richtete, enthält eine idyllisch ausgemalte Schilderung der pax assyriaca (2.Kön. 18,31-35), die freilich nicht die Sehnsüchte stillen konnte, die das von den Propheten entworfenen Ideal geweckt hatte. In einem berühmten, an König Assurbanipal gerichteten Brief findet sich folgende Passage 8 : „... Die großen Götter des gesamten Kosmos sorgten während der Herrschaft Eurer Majestät für eine glückliche Regierung mit Tagen und Jahren voller Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit. Der Regen fällt reichlich, das Wasser steht hoch in den Flüssen, die Preise sind günstig, und die Götter sind versöhnt; die Frömmigkeit ist groß, und die Tempel der Götter sind gut versorgt. Alte Männer tanzen freudig, junge Männer singen glückliche Lieder, Frauen und junge Mädchen lernen zufrieden, was Sache der Frauen ist: Sie werden schwanger und gebären Knaben und Mädchen, und die Geburten sind leicht. ... Zum Tode Verurteilte hat Eure Majestät begnadigt, während vielen Jahren Eingekerkerte habt Ihr befreit; wer lange Zeit krank war, wurde gesund, wer Hunger litt, wurde mit Nahrung gesättigt, wer mit Runzeln übersät war, wurde eingeölt, wer nackt war, wurde mit kostbaren Gewändern bekleidet . . . " . Aber diese idyllischen, fast „messianisch" anmutenden Verhältnisse, die dieser Bittbrief gewiß nicht ohne schmeichlerische Absicht skizziert, mögen im Ζ Jahrhundert v. Chr. vielleicht für eine bestimmte Bevölkerungsschicht innerhalb Assyriens Wirklichkeit gewesen sein. Die Nationen aber, die durch Assurs Arm niedergeworfen worden waren, dürften sich damit nicht zufriedengegeben haben. Ihre Sehnsucht nach einem wahren Frieden und einer echten Unabhängigkeit blieb weiterhin bestehen. Die assyrischen Könige wurden von ihrem Gott Assur ernannt und waren dem Krönungsritual zufolge dazu bestimmt, Assurs Gebiet zu vergrößern. Assur beauftragte sie auch, Feldzüge zu unternehmen und unterstützte sie dabei mit Orakeln, Prophezeiungen und Omina. Trotzdem betrieben die Könige aber keinen religiösen Imperialismus. Da freilich zwischen Gott, Stadt/ Staat und Volk eine Scheidung nicht möglich ist, anerkannten die zu Vasallen gemachten besiegten Herrscher mit der assyrischen Oberhoheit auch die Macht und, als göttliches Symbol, die „Waffe des Gottes Assur". Dies bedeutete aber keineswegs, daß der Kult ihrer eigenen Götter in irgendeiner Weise unterdrückt worden wäre. Das assyrische Vorgehen wurde durchaus theologisch gedeutet und gerechtfertigt. So nahm man an, daß die Götter der Besiegten ihre Stadt und ihr Volk verlassen und sie in Assurs Macht ausgeliefert hätten. Man meinte sogar, daß diese Götter selbst Assur beauftragt hätten,

7 Rabsake (räb säqe) ist kein Eigenname, sondern der Titel des „Obermundschenks". Sein Träger nahm in der Hierarchie der Hofbeamten eine Spitzenposition ein und war ein enger Vertrauter des Königs. 8 Bei dem Brief handelt es sich um eine Petition, die ein gewisser Adadschumufusur] für sich und Uradgula dem König vorträgt. Zu der Veröffentlichung in ABL 2 vgl. jetzt Parpola 1993, 177 f. Nr. 226.

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ihr eigenes Volk zu bestrafen. Diese Art der theologischen Geschichtsdeutung findet sich im Alten Testament nicht nur im Mund des assyrischen Befehlshabers Rabsake (2.Kön. 18,25), sie wird auch von Jesaja vertreten (Jes 10,5 ff.), selbst wenn der Prophet ausführt, daß Assur mit seinem Stolz und seiner Brutalität zu weit gegangen sei. Diese Vorstellung wurde dadurch in die Tat umgesetzt, daß man die Götter der unterworfenen Völker, und das bedeutete konkret ihre Bilder, nach Assyrien verbrachte. Hatten sie sich hier dem Gott Assur unterworfen, dann konnten sie wieder in ihre Stadt oder ihr Land zurückkehren. In den zwischen Assur und den entmachteten Königen geschlossenen Vasallenverträgen oder in den von den Vasallen zu leistenden Treueschwüren (ade), mußten die Besiegten auch bei ihren eigenen Göttern schwören. Brachen sie den Vertrag, dann trafen sie folglich auch die Flüche ihrer eigenen Götter. Das erklärt, weshalb in Inschriften das harte assyrische Vorgehen gegen aufständische Vasallen als deren eigene Schuld ausgelegt wird. Schließlich trafen sie ja, wie in den Vasallenverträgen vorgesehen, auch die Flüche ihrer eigenen Götter. Diese in den assyrischen Annalen auch in der Form von Frage und Antwort: „Warum ist dies alles eingetreten? Weil ..." ausgedrückte Geschichtsauffassung wird auch vom Alten Testament geteilt, wie aus dem Deuteronomium und vor allem aus Ez. 17,12-21 hervorgeht, wo Jahwe in Vers 19 von „meinem Fluch/Vertrag" spricht, den er über den Untreuen bringt.

2. Assur und seine Nachbarn (9. Jh. v. Chr.) A. BIRAN/J. NAVEH, An Aramaic Stele Fragment from Tel Dan, IEJ 43, 1993, 81-98. - Dies., The Tel Dan Inscription: A New Fragment, IEJ 45, 1995, 1-18. J. BLENKINSOPP, Ahab of Israel andjehoshaphat of Judah: The Syro-Palestinian Corridor in the Ninth Century, in: C A N E 2, 1309-1319. - J.A. BRINKMAN, Babylonia c. 1 0 0 0 - 7 4 8 B . C . , in: C A H I I I / l , 2 8 2 - 3 1 3 . - M . S . B . DAMERJI, G r ä b e r assyrischer

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Assur und seine Nachbarn

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Die Grundlage für die neue assyrische Expansion unter Assurnasirpal II. (883-859 v.Chr.) haben Assurdan II. (934-912 v.Chr.), Adadnirari II. (911-891 v.Chr.) und Tukultininurta II. (890-884 v.Chr.) gelegt. Sie haben dafür gesorgt, daß sich Assyrien von innen heraus kräftigte, daß sich seine Grenzen vorsichtig vorschoben und daß sich vor allen durch die immer zahlreicher ins Land strömenden Tribute und „Geschenke" die wirtschaftliche Basis des Großreichs verbreiterte. Alle Sorten von Metallen, Herden, Esel, Pferde und Streitwagen gelangten auf diese Weise massenhaft ins Land. Die Bemühungen der Assyrerkönige richteten sich anfänglich besonders nach Norden und Osten, das heißt in den Bogen zwischen dem Zagrosgebirge und dem Oberlauf des Tigris. Seit der Regierung Adadniraris II. verlagerte sich das Interesse auch nach Westen, nach Südanatolien und in das Haburgebiet, in dem einst die Mitannikönige geherrscht hatten, und das noch immer Hanigalbat hieß. Zu den eroberten, geplünderten und gebrandschatzten Gegenden gehörten Katmuchi, Alzi und Nairi. Im Westen begann die Offensive gegen die Aramäer. Nach langen und heftigen Kämpfen fielen zuerst Nisibis (Nasibina) und Guzana (Bit-Bachiani unter Abisalamu), dann wurde Ammeba'al von Bit-Zamani unterworfen. Tukultininurta II. erreichte auf einem langen Feldzug wieder den Euphrat. Sein Weg führte durch das Wadi Tharthar, in das Gebiet östlich des Tigris, wo die aramäischen Utu lebten, nach Nordbabylonien (Dur-Kurigalzu, Sippar, Rapiqu), Hit, Suchu und schließlich den Habur entlang. Babylon stellte den Assyrern kein Hindernis in den Weg. Zur Zeit Adadniraris II. war es noch um 900 v. Chr. zu militärischen Auseinandersetzungen mit dem babylonischen König Schamaschmudammiq gekommen; doch unter seinem Nachfolger Nabuschumukin (ca. 899-888 v. Chr.), der die Assyrer nach Arrapcha (Kirkuk) zurückzudrängen vermochte, war im Jahr 891 v. Chr. eine durch eine Hochzeit besiegelte Friedensübereinkunft getroffen worden. Unter Assurnasirpal II. (883-859 v.Chr.), einem selbstbewußten, harten und grausamen Herrscher, nahm Assyriens Macht zu. Im Osten drang der König beim Oberlauf des Unteren Zab (Zamua, Babite), auf dem Weg in den Iran, tiefer in den Kurdistan vor. Im Norden zog er bis zu den Tigrisquellen (Bit-Zamani) und ließ in den Berg Subnat neben den Felsreliefs seiner mittelassyrischen Vorgänger sein eigenes Felsrelief einmeißeln. Hier annektierte er die Stadt Tuschcha und machte sie zu einem vorgeschobenen Militärposten. Im Gebiet zwischen dem mittleren Euphrat (Suchu, Hindänu, Laqe) und dem Habur ging Assurnasirpal II. mit harter Hand gegen die Aramäer vor. Ungefähr im zehnten Regierungsjahr des Königs unterwarfen sich ihm Ahuni von Bit-Adini und Sangara von Karkemisch mit Geschenken, ihre Länder wurden aber nicht erobert. In seinen späteren Regierungsjahren unternahm

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der König sogar einen Marsch ins Libanongebirge und bis ans Mittelmeer ins „Land Amurru". Viele Fürsten erwiesen ihm hier mit „Geschenken" ihre Ehrerbietung: Lubarna von Kunulua 9 in Patina, die Herrscher von Luchata (Lu'asch), Tyrus, Sidon, Byblos und Arwad. Nachdem Assurnasirpal II. „seine Waffen im Großen Meer gewaschen" und Zedern im Amanusgebirge gefällt und damit die traditionellen Pflichtübungen eines Herrschers ausgeführt und die Höhepunkte einer Expedition nach Westen erlebt hatte, trat die Armee mit Geiseln und unermeßlicher Beute den Rückmarsch an. Das assyrische Verlangen nach Syriens Reichtümern war durch dieses Unternehmen ein für allemal geweckt. Assyrien sollte sie sich künftig erobernd und Tribute kassierend aneignen; im Moment mußte es sich aber mit „Geschenken" begnügen; denn noch war die Macht großer Städte wie Karkemisch, Sam'al, Hamath und Damaskus nicht gebrochen. Handelsinteressen und die Absicht ökonomischer Unterwanderung bestimmten den assyrischen Drang nach Westen: Als Gegenstück zum anatolischen Tuschcha annektierten die Assyrer Aribua in Patina/Unqi und verwandelten es in einen assyrischen Vorposten. Vom Reichtum Assurnasirpals II., dieses „gekrönten Räubers", profitierte nicht nur das Militär, er kam auch den gewaltigen königlichen Bauvorhaben zugute. Vorrangig ging es um die Errichtung der neuen Residenz Kalchu, in die Assurnasirpal II. seit seinem fünften Regierungsjahr nach und nach überzusiedeln begann und die um 865 v.Chr. festlich eingeweiht wurde. Zu diesem Anlaß lud der König zu einem Bankett ein, an dem 7 0 0 0 0 Personen teilnahmen. Unter den Geladenen befanden sich die Gesandten aller unterworfener und befreundeter Völker sowie die 16000 künftigen Einwohner der neuen Stadt, die „aus den Ländern, über die ich (Assurnasirpal II.) mir die Herrschaft erworben hatte," herbeigebracht worden waren. Bis etwa 720 v. Chr. blieb Kalchu Residenz, die mit ihrer aus allen Himmelsrichtungen stammende Bevölkerung und mit ihrem botanischen Garten voller „Bäume und Samen aus den Ländern und von den Gebirgen, die ich (Assurnasirpal II.) durchzog," den kosmopolitischen und imperialistischen Charakter Assyriens repräsentierte, der dann später noch deutlichere Konturen annehmen sollte. Die Ruinen von Kalchu liegen unter dem Schutthügel Nimrud begraben, wo A . H . Layard bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals den Spaten ansetzte und M.E.L.Mallowan dann seit 1950 die Ausgrabungstätigkeit fortsetzte. Große Teile der neuassyrischen Stadt wurden freigelegt, so auch der von Assurnasirpal II. erbaute „Nordwest-Palast", der mit seinen weiten Hallen, gewaltigen Stierkolossen und monumentalen Reliefs ein Ausdruck der neuen Kraft und des frischen Schwungs ist, die Assyrien damals vorantrieben. Während der Regierungszeit Salmanassars III. (858-824 v.Chr.) begann die Auseinandersetzung mit Syrien und Südanatolien, die zur Unterwerfung

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Kunulua ist der im Alten Testament Kalne genannte Ort.

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beider führte. Gleich in seinem ersten Jahr zog der König über eine nördliche Route durch die Kommagene (Kummuch) und Gurgum (Mara§), die sich ihm ergaben. Bei Lutibu stieß er auf die Truppen einer nordsyrischen Koalition. Ahuni von Bit-Adini, Chaja(ni) von Sam'al, Sapalulme von Patina und Sangara von Karmekisch hatten sich gegen die Assyrer zusammengetan, mußten aber trotzdem eine Niederlage einstecken und wurden später noch einmal, diesmal einschließlich von Qu'e (Cilicia Campestris), geschlagen. Der Assyrerkönig zog weiter bis ins Amanusgebirge und bis ans Mittelmeer. Hier hatte sich inzwischen aber der Widerstand formiert, und die Fürsten der phönizischen Städte eilten jetzt nicht mehr herbei, um dem Eroberer zu huldigen. Hier kamen die Assyrer ohne zusätzliches militärisches Eingreifen nicht weiter; dazu mußten sie aber zuerst noch das Hinterland unterwerfen. Erst nach einem drei Jahre langen Krieg konnte der hartnäckige Ahuni von Bit-Adini gezwungen werden, sich zu ergeben. Seine ehemalige Hauptstadt Til Barsip wurde in „Festung Salmanassars" umbenannt und zum assyrischen Vorposten am Euphrat gemacht; das Gebiet östlich des Euphrat wurde annektiert. Der Fall von Bit-Adini hatte einen doppelten Effekt. Als das assyrische Heer in Jahr 853 v.Chr. erneut nach Nordwesten zog, unterwarfen sich die nordsyrischen und anatolischen Herrscher und entrichteten Tribut: Kommagene, Melid (Malatija), Karkemisch, Sam'al (unter Chajani), Patina, Gurgum und Aleppo (Halman). Nun entstand allerdings im Süden eine antiassyrische Koalition, an deren Spitze die besonders bedrohten Fürsten Irhuleni von Hamath und Barhadad (II.) 10 von Damaskus standen. Große Unterstützung erhielt diese Koalition von „Ahab, dem Israeliten" (Ahabbu Sir'iläya), außerdem hatten ihr Qu'e sowie, wohl wegen ihrer Handelsinteressen in Syrien, Ägypten und Arabien Kontingente zur Verfügung gestellt. Auch nordphönizische Städte, darunter Arwad, schlossen sich der Koalition an. Die in den assyrischen Quellen angegebenen Ziffern für die Truppen, die diese Koalition den Assyrern entgegenstellte, sind wohl etwas übertrieben. Sie soll 45 000 Infanteristen, 4000 Streitwagen, davon 2000 allein von Ahab, und 3000 Reitersoldaten, darunter 1000 Kamelreiter, aufgebracht haben. Ahab und Barhadad II. drängten angesichts der assyrischen Bedrohung sogar ihre Streitigkeiten um Gilead, die noch vor 853 v. Chr. zum Kampf zwischen beiden bei Ramoth in Gilead geführt hatte, in den Hintergrund. Vermutlich beruhte der Erfolg der Koalition darauf, daß sie mehr Streitwagen als die Assyrer in den Kampf schicken konnte. Die Assyrer wurden bei Qarqar am Orontes gestoppt, und als Salmanassar III. nach vier Jahren (849/848 v. Chr.) und dann wieder im Jahr 845 v.Chr. zurückkehrte, erwies sich die Koalition noch immer als schlagkräftig. In den assyrischen Inschriften wird lediglich von der Einnahme ländlicher Gebiete berichtet; davon, daß eine Invasion in den Süden stattgefunden habe, ist nicht die Rede. Bis ins Jahr 841 v. Chr. blieb den Assyrern ein

10 Die Assyrer verwendeten für ihn anstelle des Namens Barhadad den Namen Adadidri (Hadadeser).

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Der Vordere Orient und Ägypten ( 9 . - 7 Jh. v. Chr.)

Erfolg versagt; doch dann begann Hamaths Widerstandskraft zu schwinden und die Streitigkeiten zwischen Damaskus und Israel flammten wieder auf. Auf Barhadad II. folgte der Usurpator Hasael. Er war um 842 v.Chr. durch einen Staatstreich in Damaskus auf den Thron gekommen (vgl. 2. Kön. 8,7 ff.) und wurde rasch für Israel zu einer erheblichen Bedrohung. Israel war damals auch deshalb geschwächt, weil ihm der Moabiterkönig Mescha seine Besitzungen in Moab abgenommen hatte11. Die Verluste, die Damaskus Israel nun noch zufügte, sind auf einer aramäischen Siegesstele festgehalten, von der kürzlich Fragmente im nordisraelitischen Dan (Teil el-Qadi) entdeckt wurden. Der Name des aramäischen Königs, der die Stele herstellen und in Dan aufstellen ließ, ist auf den Bruchstücken nicht erhalten. Man wird aber kaum fehlgehen, wenn man ihn mit Hasael identifiziert. Der Aramäerkönig erzählt im Stelentext, daß es zwischen seinem Vater und Israel (unter Ahab?) zum Krieg und zu anschließenden Gebietsverlusten gekommen sei. Mit Hilfe des Gottes „Hadad, der vor mir herzog", sei es ihm aber gelungen, „[.. den Sohn von [...], den König von Israel, und [,..]jhw, den Sohn von [...], den König des Hauses Davids, zu töten". Wenn die Datierung der Stele um 840 v.Chr. zutrifft 12 , dann müssen die geschilderten Vorgänge kurz vor Jehus Putsch in Samaria stattgefunden haben. Der Aramäerkönig hätte dann gegen eine Koalition von Joram von Israel und Ahasja von Juda gekämpft. Der israelitische und der judäische König hätten in diesem Fall ihre in 1. Kön. 22 und 2. Kön. 3 erwähnte Kooperation fortgesetzt. Hasaels Sieg muß ihm Gebietsgewinne in Nordisrael eingetragen haben. Auch Dan, wo die Bruchstücke der Stele gefunden wurden, hätte um die Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr. folglich zu Aram gehört. Später müssen die Israeliten Dan zurückerobert und die Stele zerstört haben; denn man fand ihre Bruchstücke auf dem weiten Platz vor Dans Südtor, wo sie als Pflastersteine verwendet worden waren. Im Jahr 841 v. Chr. fand Jehus blutiger Aufstand in Israel statt, bei dem Joram von Israel ermordet und Jehu sein Nachfolger wurde. In seinem ersten Regierungsjahr leistete Jehu Salmanassar III. Tribut. Auf dem „Schwarzen Obelisken" ist der Vorgang im Bild festgehalten, und in der Beischrift ist der Überbringer als Ja-u-a mär Humri tituliert, was die Wiedergabe von ,,Ja[w]hu[a] von Bit Omri" ist. Vermutlich erhoffte sich Jehu von seiner Unterwerfung unter den Assyrerkönig, daß dieser sich als der „Helfer" erweise, „der Israel aus der Gewalt der Aramäer befreien werde". Der israelitische König Joahas hat sich jedenfalls später von dieser Hoffnung leiten lassen (vgl. 2. Kön. 13,5). Der Aramäerkönig Hasael war nun in seinem Kampf gegen die Assyrer allein und wurde im belagerten Damaskus eingeschlossen, während sein Land verwüstet und geplündert wurde. Danach zog Salmanassar III. über den Hauran, wahrscheinlich auch durch Gilead, und dann durch Nord-

11 12

Mescha berichtet davon in der von ihm errichteten Stele, RTAT 253-257; TUAT I, 646f. Für eine Datierung um 840 v.Chr. sprechen auch paläographische Gründe.

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israel bis zur Mittelmeerküste bei Tyrus und sammelte hier den Tribut der phönizischen Städte ein. Bis 833 v. Chr. erschien der assyrische König regelmäßig im Westen, wo er das an Metallen reiche Q u ' e (Kilikien) immer fester in seinen Griff bekam. Mit der nordphönizischen Hafenstadt Arwad, wo Mattinba'al regierte, unterhielt Salmanassar III. freundschaftliche Beziehungen, und auch von anderen Herrschern in der Umgebung erhielt er „Geschenke". Damaskus freilich hielt stand und gab selbst nach dem Jahr 833 v. Chr. nicht auf, in dem der General (turtanu) Dajjanassur die Feldzüge an Stelle des Königs zu leiten begann. Zusätzlich zu den üblichen Aktivitäten im Norden und Osten griff Salmanassar III. auch in Babylonien ein. Nach Nabuapalidinna (888-855 v.Chr.), der die Sutü energisch aus dem Land vertrieben hatte, hatte hier Mardukzakirschumi I. (854-819 v.Chr.) den Thron bestiegen. Kurz danach führten Streitigkeiten zwischen ihm und seinem Bruder zum Bürgerkrieg. Der zur Hilfe gerufene Salmanassar III. unterstützte den König, und anschließend schlossen beide miteinander einen Vertrag. Im großen Palast in Kalchu, der allgemein unter dem Namen „Festung Salmanassars" ein Begriff ist, blieb der reich mit szenischen Darstellungen geschmückte Thronsockel aus Stein erhalten. Eine Szene gibt den assyrisch-babylonischen Vertragsabschluß wieder, indem sie zeigt, wie sich Salmanassar III. und Mardukzakirschumi I. die Hand reichen. Der Assyrerkönig verehrte die babylonischen Götter von Babylon, Kutha und Borsippa, wie dies dann auch viele seiner späteren Nachfolger taten, und er griff im Südosten Babyloniens die Chaldäerstämme der Amukanu, Dakuru und Jakin an, die sich hier festgesetzt hatten. Wie schon die anderen Feldzügen trug ihm auch dies reiche Beute ein. Einen guten Eindruck vom unvorstellbaren Reichtum, der im Zuge der Feldzüge nach Assur strömte, vermitteln die Funde aus dem bereits genannten großen Palast13 in Kalchu. Besonders reizvoll und vielfältig sind die zahlreichen hier entdeckten geschnitzten und meist als Möbelintarsien verwendeten Elfenbeine, in deren unterschiedlichen Stilrichtungen sich der weite Radius der militärischen Unternehmungen widerspiegelt. In Salmanassars III. letzten Regierungsjahren fanden keine Feldzüge mehr statt. Seit 827 v.Chr. war Assur mit Machtstreitigkeiten in seinem Inneren beschäftigt. Vermutlich hatte sich der Gegensatz zwischen dem alteingesessenen „Adel", der traditionsreichen Aristokratie in den Städten des assyrischen Kernlandes, und der neuen, den assyrischen Imperialismus repräsentierenden Schicht der Militärs und Gouverneure in den Grenzprovinzen zugespitzt. Der Streit endete schließlich zugunsten der homines novi; doch zur Ruhe kam das Land erst wieder, nachdem Schamschiadad V. (823-811 v.Chr.) seinen (Halb-?)Bruder aus dem Weg geräumt hatte. Unterstützt wurde Schamschiadad V. dabei vom babylonischen König Mardukzakirschumi I., der sich auf diese Weise dafür erkenntlich zeigen konnte, daß ihm Salmanassar III. in

13

Der Palast grenzte direkt an das militärische Hauptquartier an.

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D e r V o r d e r e O r i e n t u n d Ä g y p t e n ( 9 . - 7 J h . v. C h r . )

einer ähnlichen Situation geholfen hatte. An Feldzüge in den Westen konnten die Assyrer unter diesen Umständen nicht denken, obwohl sie sich nahegelegt hätten. Unterließen es doch die syrischen Vasallen, dem neuen König auf Assurs Thron ihre Huldigung und damit ihre Botmäßigkeit zu erweisen. Den Assyrern waren aber durch Kriege in der näheren Umgebung die Hände gebunden; sie kämpften nördlich und südlich des Urmiasees. Zum ersten Mal werden in diesem Zusammenhang die Mannäer (Manai) und die Meder (Matal) erwähnt. Im Jahr 814 v.Chr. wurden die Beziehungen mit Babylonien in die alten Bahnen zurückgelenkt: Es kam zum Krieg. Die Assyrer besiegten Mardukbalassuiqbi (818-810 v.Chr.) samt seinem aus Chaldäern, Elamern, Kassiten (!) und Aramäern zusammengewürfelten Söldnerheer, im folgenden Jahr wurde der König sogar gefangen genommen. Plündernd zog Schamschiadad V. durch Nordbabylonien, nannte sich „König von Sumer und Akkad" und verehrte die Gottheiten der großen Kultzentren. Für Babylonien begann eine Zeit der Wirren, die ungefähr vierzig Jahre lang dauern sollte. In jener Periode verlagerte sich der politische Schwerpunkt allmählich nach Süden, ins „Meerland", wo die durch Handelsgeschäfte reich gewordenen chaldäischen Stämme zu einem bedeutenden politischen Machtfaktor aufgestiegen waren. Schamschiadad V. starb im Jahr 811 v.Chr. Den Thron bestieg nun der noch sehr junge Adadnirari III., der anfänglich im Schatten der Königsmutter Sammuramat stand. Sie ist besser unter unter der Bezeichnung Königin Semiramis bekannt, die ihr die legendäre Uberlieferung gegeben hat; doch hat sie in Wirklichkeit niemals das Amt der Königin oder Regentin innegehabt 14 . Assyrien erholte sich und konnte es wagen, den im Westen entstandenen Schaden zu reparieren. In Syrien hatten die meisten Vasallen das assyrische Joch abgeschüttelt und ihre Tributzahlungen eingestellt. Im Norden war Arpad während der Regierung Athtarschumkis zu einer eindrücklichen Macht angewachsen. In Hamath hatte sich kurz vor 805 v. Chr. eine aramäische Dynastie etabliert; hier herrschte nun Zak(k)ur, und zu seinem Reich gehörten auch Lu'asch und Hatarikka (Hazrak). Von der Freiheit hatten nicht zuletzt auch die phönizischen Städte profitiert; denn der Handel florierte, und die Küstenorte dienten auch Damaskus und Hamath als Hafenstädte. Unter ihnen errang sich Tyrus unter Ba'alazor II. seine Vorherrschaft zurück, auf den 830 v.Chr. Mattan folgte. Nach jüngerer Überlieferung brachen in Tyrus Unruhen aus, als Pygmalion (Pumjaton, ca. 820-774 v. Chr.) die Herrschaft antrat. Die im Kampf um den Thron unterlegene Partei floh angeführt von seiner Schwester Elissa (Dido), deren Gatte, der Hohepriester des Melqart, ermordet worden war. Über Zypern, wo Idalion eine tyrische Kolonie war, soll Elissa (Dido) und ihr Gefolge Nordafrikas Küste erreicht und 814 v. Chr. Karthago („Neu14 Die Rolle, die die Frauen der Königsfamilie, insbesondere die Königinmutter, spielten, ist neu zu überdenken, nachdem in Kalchu (Nimrud) kürzlich die „Gräber der Königinnen" entdeckt wurden, welche eine erstaunliche Fülle von Schätzen und Juwelen enthielten.

Assur und seine Nachbarn

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Stadt"; Qartbadast) gegründet haben. Auch Damaskus hatte sich inzwischen vom Krieg mit den Assyrern wieder erholt und eine Machtposition ausgebaut, was vor allem zu Lasten Israels geschah, wo damals Joahas regierte (ca. 814-799 v.Chr.). Der Aramäerkönig Hasael (ca. 842-810 v.Chr.) reduzierte Israel bis auf den Stadtstaat Samaria (2. Kön. 13,1-7), während aramäische Truppen sogar bis nach Gath vordrangen und Jerusalem zur Zeit Joas' bedrohten. Ein Angriff der judäischen Hauptstadt konnte aber durch reiche Geschenke verhindert werden (2. Kön. 12,17f.). In dieser Situation zog Adadnirari III. (810-783 v. Chr.) im Jahr 805 v. Chr. nach Syrien, wohin er bis ins Jahr 796 v. Chr. noch zweimal zurückkehren sollte. Der assyrische König wandte sich zuerst nach Norden und bekämpfte hier eine Koalition von acht „Königen von Hatti", zu der auf jeden Fall die Herrscher von Arpad, Unqi und Gurgum im Gebiet von Mara§ gehörten. Dank einer vor nicht allzu langer Zeit in der Gegend entdeckten Stele wissen wir, daß Adadnirari III. als Sieger aus der Schlacht hervorging und danach die Grenzen zwischen Gurgum und Kummuch zugunsten des letzteren Staates neu festsetzte. Auch während der folgenden Jahre erschien der assyrische König in Syrien, um im Jahr 802 v. Chr. mit einem Zug zum Mittelmeer 15 seine Dominanz zu demonstrieren. Damals erhielt er von verschiedenen Herrschern Tribute und Unterwerfungsbezeugungen. Auch Athtarschumki von Arpad muß damals Adadnirari III. als seinen Oberherrn anerkannt haben. Das Vorgehen der Assyrer weckte vermutlich in dem von Aram schwerbedrängten Samaria Hoffnungen, daß nun die Befreiung nahe sei. In der Tat konnte der israelitische König Joahas in dieser Zeit einen Teil des an die Aramäer verlorenen Gebiets zurückerobern (2. Kön. 13,5.22-25). Einige Jahre nachdem die Assyrer ihren Rückzug angetreten hatten, ungefähr im Jahr 797 v.Chr., brachte Damaskus unter Barhadad III. eine antiassyrische Koalition zustande. Das ist der Hintergrund der berühmten Inschrift des Königs Zakkur von Hamath und Lu'asch, einem Staat am Oberlauf des Orontes. In seiner Inschrift beschreibt Zakkur, wie eine von „Barhadad (III.), dem Sohn des Hasael, dem König von Aram" angeführte Koalition von sechzehn Königen seine Hauptstadt Hazrak (Hatarikka) belagerte 16 , vielleicht um ihn zum Anschluß an das antiassyrische Bündnis zu zwingen. Zakkur hielt aber Stand, weil ihm sein Gott Ba'alsamem, der „Herr des Himmels", beistand und ihm half, nachdem er ihn durch Seher und Propheten ermutigt hatte. In der Inschrift sind auch die Worte mitgeteilt, mit denen die Seher und Propheten dem König Mut machten: „Fürchte dich nicht; denn [ich] habe [dich] zum Köni[g] gemacht, [und ich] [werde] dir [beiste]hen, und ich werde dich befreien von all [diesen Königen, die] eine Belagerung gegen dich eröffnet haben 1 ?" 15

Damals errichtete Adadnirari III. in A r w a d eine Stele und fällte Zedern auf dem Libanon.

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Der Koalition gehörten unter anderem an Bargusch, Q u ' e , Unqi, Gurgum, Sam'al und Melid.

17 Eine Übersetzung des Textes der Inschrift findet sich in RTAT, 2 4 7 - 2 5 0 ; T U A T I, 6 2 6 - 6 2 8 , das Zitat ist ebd., S. 6 2 7 entnommen.

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Der Vordere Orient und Ägypten (9.-7. Jh. v. Chr.)

Die Folge war, daß Adadnirari III. - von Zakkur zu Hilfe gerufen? - im Jahr 796 v. Chr. nach Syrien zurückkehrte und in südlicher Richtung bis in die Biqa'-Ebene und zur Stadt Mansuate vorstieß. Die assyrische Militärintervention schwächte Damaskus 1 8 und bedeutete deshalb für Zakkur von Hammath und Lu'asch eine Befreiung, zugleich aber auch eine Abhängigkeit von Assyrien. Es wiederholte sich also für den König die Erfahrung, die ein paar Jahre zuvor Joahas von Israel gemacht hatte. U m diese Zeit regelte der assyrische König zusammen mit seinem befehlshabenden Kommandanten Schamschiilu den Grenzverlauf zwischen „Zakkur vom Lande Hamath" und Athtarschumki, dem Sohn von Adramu, dem Herrscher von Arpad, was nach M. Weippert de facto die Aufteilung des Territoriums von Patina/Unqi bedeutete. Berichtet wird darüber in einer Stele Adadniraris III., die vor nicht allzu langer Zeit etwas westlich von Antakya am Orontes entdeckt wurde. Im selben Jahr haben vermutlich die Herrscher von Tyrus und Sidon, „Joas, der Mann von Samaria" (Ja'ästt Samennä'a) und die Könige von Edom und Philistäa (Palastu) mit Geschenken und Tributen ihre Unterwerfung unter den Assyrerkönig angeboten, wie es in einer Prunkinschrift Adadniraris III. beschrieben ist. Die Vorschläge, Ja 'äsu. mit Joahas gleichzusetzen Und diesen Vorgang vor 802 v.Chr. zu datieren, sind ebenso unwahrscheinlich wie die Erwägungen, das Ereignis mit einem in der Eponymenchronik für 773/2 v. Chr. erwähnten Feldzug gegen Damaskus während der Regierung Salmanassars IV. zu verbinden.

3. Zwischen Adadnirari III. und Tiglatpileser III. (783-745 v. Chr.) V . DONBAZ, TWO N e o - A s s y r i a n Stelae in the A n t a k y a and K a h r a m a n m a r a s Mus e u m s , Annual Revue of the R o y a l Inscriptions of M e s o p o t a m i a Project 8, 1990, 5 - 2 4 . - J . C . L . GIBSON, Textbook of Syrian Semitic Inscriptions, II. A r a m a i c Inscriptions, O x f o r d 1975. - A . K . GRAYSON, Assyrian Officials and Power in the N i n t h and Eighth Centuries, S A A , Bulletin 7, 1993, 19-52. - D e r s . , T h e Struggle for Power in A s s y r i a . Challenge to A b s o l u t e Monarchy in the N i n t h and Eighth Centuries B . C . , in: K . WATANABE ( H g . ) , Priests and Officials in the Ancient N e a r E a s t . Papers of the Sec o n d C o l l o q u i u m o n the Ancient N e a r East - The C i t y and its Life H e l d at the Middle Eastern Culture Center in J a p a n (Mitaka, T o k y o ) , March 2 2 - 2 4 , 1996, Heidelberg 1999, 2 5 3 - 2 7 0 . - V . HAAS ( H g . ) , D a s Reich U r a r t u , X e n i a 17, K o n s t a n z 1984. A . L E M A I R E / J . - M . DURAND, L e s inscriptions arameenes de Sfire et l'Assyrie de Shamshi-ilu, Genf 1984. - M . N . VAN LOON, Urartian A r t , Istanbul 1966. - M . E . L . MALLOWAN, N i m r u d and Its Reimains, I.II, L o n d o n 1966. - N . NA'AMAN, Sennacherib's „Letter to G o d " and H i s C a m p a i g n to J u d a h , B A S O R 214, 1974, 2 5 - 3 9 . M . NOTH, D e r historische Hintergrund der Inschriften von Sefire, Z D P V 77, 1961, 118-172. - B . B . PIOTROVSKII, U r a r t u : The K i n g d o m of Van and Its Art, L o n d o n 1967. - M . SALVINI, Geschichte und Kultur der Urartäer, D a r m s t a d t 1995. - H . TAD-

18

D e n damals in D a m a s k u s regierenden K ö n i g B a r h a d a d III. nannten die A s s y r e r Mari',

Herr".

„mein

Zwischen Adadnirari III. und Tiglatpileser III.

243

MOR, The Inscriptions of Tiglath-Pileser III, King of Assyria, Jerusalem 1994. - R . - B . WARTKE, Urartu - Das Reich am Ararat, Kulturgeschichte der Antiken Welt 59, Mainz 1993. - P.E. ZIMANSKI, Ecology and Empire. The Structure of the Urartian State, Chicago 1985. - Weitere Literatur s.o. VII.1-2.

3.1 Assyrien Vorläufig war Adadniraris III. Sieg im Jahr 796 v.Chr. der letzte große militärische Erfolg der Assyrer im Westen. Während der nächsten fünfzig Jahre war Assyrien gerade in der Lage, sich selbst zu behaupten. Die in der Eponymenchronik für die Zeit zwischen 773 und 754 v. Chr. erwähnten Expeditionen nach Damaskus, Hazrak und Arpad waren vermutlich kaum mehr als militärische Raubzüge und hatten keine bleibende Wirkung. Syrien und Palästina konnten nun endlich zur Ruhe kommen. Innenpolitische Kämpfe, Epidemien, die in der Eponymenchronik für die Jahre 765 und 759 v. Chr. vermerkt sind, und die Bedrohung durch die Urartäer schwächten Assyrien. Adadnirari III. war es gelungen, die Beziehungen mit Babylonien zufriedenstellend zu regeln. Nachdem es beim osttigrischen Der zu Gefechten gekommen war, wurde anschließend eine Vereinbarung über den Grenzverlauf getroffen. Der assyrische König verehrte die großen Götter von Babylon, Kutha und Borsippa, darunter natürlich auch den damals überaus populären Gott Nabu, und er erlaubte babylonischen Gefangenen die Rückkehr in ihre Heimat. Zu erwähnen sind lediglich Auseinandersetzungen mit den chaldäischen Stämmen und mit den aramäischen U/Itu'. Nach Adadnirari III. übernahmen nacheinander seine drei Söhne die Regierung, erst Salmanassar IV. (782-773 v.Chr.), dann Assurdan III. (772-755 v.Chr.) und schließlich Assurnirari V. (754-745 v.Chr.). Von diesen Königen liegen keine Annalen vor, und die bescheidene historische Quellenlage deutet auf innere Schwierigkeiten hin, wie sie auch von der Eponymenchronik bestätigt werden. Auf innenpolitischer Ebene gab es Probleme mit den mächtigen und ehrgeizigen hohen Beamten, die als Militär- oder Provinzgouverneure und bisweilen auch durch Ämterhäufung viel Macht hatten ansammeln können. Jene Reichsgrößen benahmen sich wie Könige, residierten in eigenen Palästen, betätigten sich als große Bauherren für eigene Projekte und ließen Prunkinschriften anfertigen. Daß junge Könige an der Regierung waren, eröffnete diesen Aufsteigern eine Chance, so etwa dem Gouverneur von Rasappa und dem Generalissimus Schamschiilu, der in Kar-Schulmanuaschared residierte und dreimal das Eponymenamt übernahm. Für den Zeitraum von 762 bis 759 v.Chr. verzeichnet die Eponymenchronik Aufstände in Assur, Arrapcha und Guzana. So waren der König und seine Armee gezwungen, im Lande zu bleiben. Von außen waren Assyriens Grenzen besonders im Osten und Norden bedroht. Schon Adadnirari III. hatte zwischen 800 und 788 v. Chr. sechs Feldzüge gegen die Meder südöstlich des Urmiasees unternehmen müssen.

244 3.2

Der Vordere Orient und Ägypten (9.-7. Jh. v. Chr.)

Urartu

Salmanassar IV. ( 7 8 2 - 7 7 3 v. Chr.) berichtete als erster von schweren militärischen Auseinandersetzungen mit dem urartäischen Staat, einer neuen Macht nördlich von Assur. Urartu tauchte im Verlauf des 9. Jahrhunderts v. Chr. im Gebiet um den Vansee, etwa 150 km südlich des Berges Ararat, auf, und der urartäische König Sarduri I. machte hier um 840 v. Chr. Van, das auf Urartäisch Tuschpa hieß, zu seiner Hauptstadt. Im 8. Jahrhundert v.Chr. dehnte sich Urartus Machtbereich sowohl nach Westen wie nach Südosten aus. Die westliche Expansion erstreckte sich durch Südanatolien sogar bis jenseits des Euphrat, die südöstliche erfolgte im Gebiet südlich des Vansees bis in den Nordwesten des Iran hinein, wo die Urartäer sich das Territorium der Mannäer aneigneten. Möglich waren diese Gebietserweiterungen nur, weil Assyrien schwach war. Das erstarkte und vergrößerte Urartu wurde im 8. Jahrhundert v.Chr. zum gefährlichsten Rivalen Assyriens, und diese Situation änderte sich erst, als Tiglatpileser III. besonders im Westen und dann Sargon II. im Osten die militärische Stärke der Urartäer brachen. Der in der Form Uruatri schon in assyrischen Inschriften aus der Mitte des 13. Jahrhunderts v. Chr. (Salmanassar I.) vorkommende Name Urartu dürfte ursprünglich ein mit der Bezeichnung des Berges Ararat zusammenhängendes Toponym gewesen sein. Sich selbst und ihr Land nannten die Urartäer Biaini(li), und dieser Name lebt vermutlich in der Bezeichnung „Van(see)" weiter. Die urartäischen Könige verwendeten für sich den urartäischen Titel „König(e) des Landes Biaini(li)", was sie auf Assyrisch als „König(e) des Landes Nairi" wiedergaben. Die assyrische Version des Titels greift eine geographische oder ethnische Bezeichnung auf, die schon im ausgehenden 13. Jahrhundert v. Chr. zur Zeit Tukultininurtas I. belegt ist. Urartu verfügte über natürliche Ressourcen, die Urartäer entwickelten O r ganisationstalent und waren auf technischem Gebiet ausgezeichnet. Nimmt man die strategisch günstige Lage des Landes zwischen Transkaukasien, Nordsyrien, der Tigrisebene und Nordpersien und die sich daraus ergebenden Vorzüge für einen florierenden Handel hinzu, dann erklärt sich Urartus Aufstieg zu einem mächtigen Staat. Die Landwirtschaft, Felderbewässerung, Metallbearbeitung, der Festungsbau, die Waffenproduktion und Pferdezucht hatten ein hohes Niveau. Die auf militärischen Erfolgen und einem geschickt ausgebreiteten Netzwerk von Festungsstädten beruhende urartäische Expansion verlief auf ganz ähnliche Weise wie der Aufbau des assyrischen Großreichs : Es wurden gut verwaltete Provinzen eingerichtet, die von Garnisonen in strategisch piazierten Festungen aus kontrolliert wurden, und die Herrscher eroberter Gebiete wurden zu Vasallen gemacht und durch Treueschwüre an Urartu gebunden. Ihre Leistungen und Siege ließen die urartäischen Könige im 9. Jahrhundert v.Chr. in öffentlichen Inschriften auf steinernen Wänden und Stelen festhalten. Zuerst verwendete man dafür die assyrische Sprache und Schrift, aber schon seit etwa 800 v. Chr. entstanden

Zwischen Adadnirari III. und Tiglatpileser III.

245

auch Texte in einer von der assyrischen Keilschrift entlehnten Form, die auf Urartäisch abgefaßt waren, einer Sprache, die entfernt mit dem Hurritischen verwandt ist. Fortschritte machte die Expansion hauptsächlich unter Menua (810-781 v.Chr.), Argisti I. (780-756 v.Chr.) und Sarduri II. (755-735 v. Chr.). Im Norden annektierten die Urartäer das fruchtbare Tal des Araxus, im Süden drangen sie bis in die Umgebung des Urmiasees vor und kamen hier mit Medern und Persern (Parsua) in Kontakt. Im Westen erstreckte sich die Gebietserweiterung bis zum großen Euphratknie und schloß Malatija und Kummuch mit ein. Für die Assyrer ergab sich dadurch vor allem am Oberlauf von Euphrat und Tigris eine kritische Situation; denn Assyrien drohte eingekreist zu werden, falls das mit Arpad und vielleicht auch mit Karkemisch verbündete Urartu militärische Ansprüche in Nordsyrien geltend machen sollte. Assyrien war völlig in die Defensive abgedrängt worden, auch wenn es im Osten gegen die Meder und Namri kämpfte. Zum Glück bereiteten die Beziehungen mit Babylonien weniger Sorgen. Allgemein läßt sich sagen, daß in diesem Verhältnis der status quo bewahrt blieb, obwohl einige Schwierigkeiten auftauchten, nachdem der Chaldäer Eribamarduk von den Jakin im Jahr 769 v. Chr. mit Gewalt in Babylon auf den Thron gekommen war. In jener Zeit brachen ständig zwischen aramäischen Stämmen und babylonischen Städten Konflikte aus, bei denen die chaldäischen Könige zu vermitteln versuchten. Die Assyrer verfolgten jene Vorgänge im Nachbarland mit großer Aufmerksamkeit und nicht ohne Mißtrauen.

3.3 Die Levante Daß sich die Assyrer kaum in der Levante sehen ließen, bot dieser Region die Möglichkeit, sich zu erholen, die Wirtschaft zu fördern und die eigenen politischen Interessen zu verfolgen. Was der Levante zum Vorteil gereichte, wirkt sich für die nachträgliche Geschichtsrekonstruktion freilich nachteilig aus; denn dieser fehlen die entsprechenden Mitteilungen, die sonst in den assyrischen Annalen enthalten sind. Der Geschichtsablauf ist deshalb aus verschiedenen Quellen zu erschließen, aus Königsstelen, Verträgen und Eintragungen in der Eponymenchronik, aber auch aus einheimischen syrischen Inschriften, aus dem Alten Testament und aus dem Bild, das Tiglatpileser III. entwarf, als er 743 v. Chr. in die Levante zurückkehrte.

3.3.1 Sam'al Etwas breiter ist die Informationsbasis für den als J'dj (Ja 'udii) bezeichneten Staat mit der Hauptstadt Sam'al, die heute Zincirli heißt. Wir besitzen aus der Zeit zwischen 825 und 730 v. Chr. mehrere auf Statuen und Orthostaten angebrachte monumentale Votiv- und Bauinschriften der in Sam'al regierenden Herrscher. Die älteste Inschrift, die des Königs Kilamuwa, des Sohns

246

Der Vordere Orient und Ägypten ( 9 . - 7 Jh. v. Chr.)

von Chaja, ist auf Phönizisch, der damals üblichen Schriftsprache, abgefaßt (TUAT I, 638-640). Die folgenden Inschriften entstanden während der Regierungen der Könige Panammu (I.), dem Sohn von Qr/und Panammu II., dem Sohn von Barsur. Sie sind in der bisweilen als „Ja'uditisch" bezeichneten Landessprache geschrieben, die mit dem Aramäischen verwandt ist. Für die letzten, von Barrakkab nach 730 v. Chr. hinterlassenen Inschriften wurde das Altaramäische verwandt. Diese Inschriften beleuchten die Verhältnisse, wie sie in Syrien in der Zeit zwischen Adadnirari III. und Tiglatpileser III. herrschten. Das sich daraus ergebende Bild ist nicht weit von dem entfernt, das sich uns aus dem Alten Testament vom Staat Samaria ergibt. Es war eine Periode relativer Unabhängigkeit, die durch einige assyrische Feldzüge in den Jahren 775, 765, 755/4 und 733/2 v.Chr. unterbrochen wurde. Anti- oder proassyrische Koalitionen entstanden und lösten sich wieder auf, und es kam zu Thronstreitigkeiten, bei denen auch Blut flöß. Mit Panammu I., der vermutlich als Usurpator den Thron in Sam'al bestieg, begann eine neue Dynastie, deren Reihenfolge sich den Inschriften nach folgendermaßen darstellt: (Qrl), Panammu I., Barsur, Panammu II. und Barrakkab. Panammu I. berichtet in der Inschrift auf seiner jetzt in Berlin aufbewahrten Monumentalstatue, wie er sich mit Hilfe der Götter Hadad, El, Reschef sowie dem Dynastiegott Rakkab'el das „Szepter der Macht" erwarb und dem Land zum Wohlergehen verhalf. Künftige Könige sollten sein Grab und die ritusgemäße Versorgung seiner Seele nicht vernachlässigen, damit sie auch weiterhin „mit Hadad esse und trinke". Der Enkel von Panammu I., Panammu II., bestieg kurz vor 740 v.Chr. mit assyrischer Hilfe den Thron, als Tiglatpileser III. einen Feldzug nach Syrien unternahm. Nachdem sein Vater und Vorgänger Barsur bei einem antiassyrischen Aufstand ermordet worden war, unterwarf sich Panammu II. Assyrien und wurde ein ergebener Vasall. Seine Treue kostete ihn letztendlich aber auch das Leben; denn er starb bei einem vermutlich 733-732 v. Chr. von den Assyrern unternommenen Feldzug gegen Damaskus, als er seiner Vasallenpflicht nachkam und „am Rade seines Herrn Tiglatpileser (III.)" einherlief. Der Gang der Dinge ist inschriftlich auf der Statue nacherzählt, die Panammus II. Sohn und Nachfolger Barrakkab als Denkmal am Grab seines Vaters aufstellen ließ. In der Inschrift erhalten die Ereignisse auch eine theologische Deutung, wenn es heißt: „Wegen der [Gerechtigkeit seines Vaters haben die Götter von J'DJ ihn vor seiner Ausrottung gerettet, welche im Hause seines Vaters stattfand. Aber der Gott Hadad stand auf . . . " (TUAT I, 628-630, Zitate S. 629 und 628). Eine Bauinschrift Barrakkabs enthält eine Selbstvorstellung des Königs, in der sich die unbeschönigt wiedergegebene politische Realität mit dem theologischen Bewußtsein verbindet, vom Dynastiegott Rakkab'el ins Königsamt eingesetzt worden zu sein: „Wegen der Loyalität meines Vaters und wegen meiner Loyalität haben mein Herr Rakib'el und mein Herr Tiglatpileser (III.) mich auf den Thron meines Vaters gesetzt" (TUAT I, 630f., Zitat auf S. 631).

Zwischen Adadnirari III. und Tiglatpileser III.

247

3.3.2 Arpad In Nordsyrien erwarb sich Arpad eine zunehmend dominierende Position. Diese Entwicklung wurde aber im Jahr 754 v.Chr. jäh abgebrochen, als Assurnirari V. Arpads Herrscher Mati'ilu vertraglich als Vasallen an sich band. Der Vasall war verpflichtet, seinem Oberherrn bei dessen Feldzügen mit Streitwagen und Truppen beizustehen. Die Treueschwüre wurden bei zahlreichen Gottheiten geleistet, und der im Falle des Vertragsbruch wirksam werdende Fluch wurde auf symbolisch-magische Weise dadurch aktualisiert, daß man ein Lamm aus der Herde nahm und ihm den Kopf abschlug. Dazu sprach man die Worte: „Dieser Kopf ist nicht der Kopf des Lammes, er ist der Kopf Mati'ilus; wenn er diesen Vertrag brechen sollte, wird er auf dieselbe Weise ... (etc.)". Die Wirksamkeit dieses feierlichen Eides hielt aber nicht lange vor; denn schon wenige Jahre später ging Mati'ilu ein neues Bündnis ein, diesmal mit einem aramäischen Herrscher, der laut seinen eigenen Angaben ein br, „Sohn" (Abkömmling), des G'jh und König von Ktk war (RTAT 272-282). Mit Ktk muß eine unbekannte Stadt oder ein unbekanntes Land gemeint sein, vielleicht Til Barsip am Euphrat. Nach einer neueren Deutung soll jener aramäische Herrscher mit dem assyrischen General (turtänu) Schamschiilu identisch sein, der von einer älteren einheimischen Dynastie abstammte, die sich, nachdem sie zum assyrischen Vasallen geworden war, assyrische Namen zugelegt hatte. Möglicherweise stand hinter diesem Bündnis der Einfluß Urartus, dessen Truppen in Nordsyrien einsickerten und laut einer Notiz in der assyrischen Eponymenchronik in Arpad stationiert waren. Der Vertrag zwischen Mati'ilu und dem unbekannten Herrscher von Ktk wurde auf Aramäisch abgefaßt. Im 22 km südöstlich von Aleppo gelegenen Sefire wurde der Text auf den Bruchstücken dreier Basaltstelen entdeckt19. Sowohl in literarischer wie in politischer Hinsicht ist der Vertrag ein wichtiges Dokument, aus dem erhellt, wie weit die Konzeption und literarische Gattung der Treueschwüre und Vasallenverträge damals verbreitet waren. Ihre aramäische Bezeichnung ade wurde ins Assyrische übernommen und fand ihren Niederschlag auch im hebräischen 'edöt/üt. Um die Struktur des Deuteronomiums und seiner Vertragsklauseln verstehen zu können, sind die aramäischen und assyrischen Vertragstexte unverzichtbar, und speziell bei der Abfolge der Fluchformeln und der reichlich eingesetzten Bildsprache ist die literarische Abhängigkeit eindeutig.

19 Es ist unsicher, ob es sich um den Text eines oder mehrerer Verträge handelt. Zur Inschrift siehe KAI Nr. 222-224.

248

D e r Vordere O r i e n t u n d Ä g y p t e n (9.-7. J h . v. C h r . )

3.3.3 Hamath Nachdem sich das weiter im Süden gelegene Hamath nach 780 v. Chr. der assyrischen Oberherrschaft hatte entledigen können, war es wiederholt assyrischen Attacken ausgesetzt, die sich in der Regel gegen die Stadt Hatarikka richteten (772, 765 und 755 v.Chr.). Die Südgrenze Hamaths verlief beim nördlich des Libanon gelegenen Lebwe (Lebo'Hamät), bis zu demjerobeam II. angeblich vorgedrungen sein will, nachdem Israel während seiner Regierung wieder zu Kräften gekommen war. Als aber Eni'il in der Zeit kurz nach 750 v. Chr. den Thron von Hamath bestiegen hatte, konnte die Stadt ihre Position so festigen, daß sie um 740 v. Chr. bis hin zur Mittelmeerküste mehrere Städte kontrollierte. Daß sich auch Karkemisch erholte, ist an der großen Bautätigkeit ersichtlich, mit der die Namen ihrer Könige Jariris und Kamanis verbunden sind. Die phönizischen Städte nutzten die Gelegenheit und versuchten, ihre Handelsgeschäfte von assyrischen Kriegen und auferzwungenen Embargos unbehindert auszuweiten. Vor allem Tyrus eroberte sich eine unangefochtene Position und herrschte auch über die Stadt Sidon, für die während dieses Zeitraums keine eigenen Könige bezeugt sind.

3.3.4 Damaskus, Israel und Juda Damaskus, das sich allmählich von den von Adadnirari III. ausgeteilten Schlägen erholte, ließen die Assyrer in der Folgezeit nicht völlig unbehelligt. Die Eponymenchronik verzeichnet im Jahr 773 v. Chr. einen Feldzug gegen die Stadt, der auch auf der Stele von Kizkapanh (die sogenannte PazarcikStele) erwähnt wird. König Salmanassar IV. und sein General Schamschiilu brüsten sich im Text damit, daß sie vom Nachfolger Barhadads III., von Hazjän (II.) 2 0 , „dem Mann von Damaskus", reichen Tribut erhalten haben. Damaskus selbst wurde aber nicht eingenommen. Die Ausdehnung von Aram-Damaskus in südliche Richtung wurde von Israel behindert, das unter Jerobeam II. (ca. 785-745 v.Chr.) seine letzte Blütezeit erlebte und seine Nordgrenze bis in die Nähe von Damaskus und an die Südgrenze von Hamath vorschieben konnte (2.Kön. 14,28; Am. 6,13f.). Israel kontrollierte damals auch das Ostjordanland und den Golf von Aqaba. Auch in Juda standen die Dinge nicht schlecht. Amasja berichtet, daß er die Edomiter besiegte (ca. 790 v. Chr.), doch mußte er danach selbst eine Niederlage einstecken, die ihm Israel, sein überlegener Nachbar im Norden, zufügte. Unter König Asarja oder Ussia 21 ist von Siegen über die Philister, die „Araber" und die

2 0 Sein früherer Namensvetter Hazjän (I.) war ein Zeitgenosse Salomos und der Großvater Barhadads I. Im Alten Testament ist der Name Hazjän als Hezjön wiedergegeben, vgl. 1. Kön. 15,18. 21 Den Angaben im Alten Testament zufolge hätte der König mehr als fünfzig Jahre lang regiert; doch hat sein Sohn Jotham für seinen an Lepra erkrankten Vater noch vor 750 v. Chr. die Regierungsgeschäfte übernommen.

Ägypten von der 23. bis zur 25. Dynastie

249

Meuniter die Rede (2. Chr. 26,7f.). Vorläufig blieb Juda außerhalb des assyrischen Einflußbereichs. Ein rätselhafter Vermerk in einem Text aus der Zeit Tiglatpilesers III., wonach nach dem Fall von Arpad im Jahr 740 v.Chr. ein König Azrijä'u Anführer einer antiassyrischen Koalition in Nordsyrien war, darf man nicht auf König Asarja von Juda beziehen, vielmehr ist er mit einem uns unbekannten syrischen König zu verbinden.

4. Ägypten von der 23. bis zur 25. Dynastie (8. Jh. v. Chr.) M. EL AT, The Economic Relations of the Neo-Assyrian Empire with Egypt, J AOS

98, 1978, 20-34. - H . GOEDICKE, Pi(ankh)y in Egypte. A Study of the Pi(ankh)y

Stela, Baltimore 1998. - W.B. EMERY, Egypt in Nubia, London 1965. - D. KESSLER, Zu den Feldzügen der Tafnakhte, Namlot und Piye, Studien zur altägyptischen Kultur

9, 1981, 227-252. - K.A. KITCHEN, The Third Intermediate Period in Egypt (1100-650 B.C.), Warminster 2 1986. - L. TÖRÖK, The Birth of an Ancient African

Kingdom. Kush and her Myth of the State in the First Millennium B.C., Lille 1995.

Die 23. Dynastie begann um 828 unter Pedubastis I. (ca. 8 2 8 - 8 0 3 v.Chr.) in Leontopolis zu regieren und wurde kurz danach auch von Theben anerkannt. Neben der älteren, in Bubastis residierenden 22. oder auch libyschen Dynastie behauptete sich die 23. Dynastie bis 715 v.Chr. im Deltagebiet. Die politische Zersplitterung, die in dem konkurrierenden Nebeneinander beider Dynastien zum Ausdruck kommt, nahm im Verlauf des 8. Jahrhunderts v. Chr. sogar noch zu, und die Dynastien von Leontopolis und Bubastis blieben nicht allein. Im Westdelta herrschten die „großen Oberhäupter der Libu", es gab zudem das Fürstentum von Sais und einige „Oberhäupter der M a " , die ihre Residenzen in Mendes, Busiris und Sebennytos hatten, und schließlich entstand auch noch ein mehr oder weniger unabhängiges Fürstentum von Athribis-Heliopolis. Weiter im Süden war es den Herrschern von Herakleopolis und Hermopolis gelungen, sich unabhängig zu machen, so daß sie als „Könige" auftreten konnten. Nach 750 v. Chr. beschleunigte sich der Gang der Dinge. Im Delta breitete das später als 24. Dynastie gezählte Königshaus von Sais (So in 2. Kön. 17,4) unter Osorkon „ C " 2 2 und seinem Nachfolger Tefnacht (ca. 7 4 0 - 7 2 0 v. Chr.) seinen Machtbereich über das westliche Delta aus. Memphis anerkannte die „24." Dynastie, und mit Hermopolis gingen die Fürsten von Sais ein Bündnis ein. Beides verhalf Sais dazu, seinen Einfluß auch auf Unterägypten vorzuschieben. Hier wurde Herakleopolis belagert, und ein Durchstoß nach Theben schien in greifbarer Nähe zu liegen. In diesem Moment erfolgte jedoch die kraftvolle Reaktion aus dem nubischen Süden.

22 Die Bezeichnung „A", „B", „ C " etc. geht auf K.A. Kitchen zurück, der damit Herrscher desselben Namens unterscheidet, die nicht oder noch nicht einer der offiziellen ägyptischen Dynastien angehörten und deshalb von ihm nicht mit römischen Ziffern voneinander unterschieden werden.

250

Der Vordere Orient und Ägypten ( 9 . - Z Jh. v. Chr.)

In Nubien hatte sich seit dem Beginn des 8. Jahrhunderts v. Chr. ein unabhängiges Fürstentum entwickelt, das um 760 v.Chr. unter Kaschta seinen Einflußbereich nach Norden ausdehnte. Sein Nachfolger, König Piye, dessen Namen man früher als „Pianchi" las, wurde Tefnachts größter Rivale. Piye regierte ungefähr von 747 bis 716 v.Chr. und war der Gründer der 25. oder auch nubischen Dynastie. Zunächst erhielt er von Theben die nominelle Anerkennung, wo seine Tochter zur „göttlichen Gemahlin Amuns" geweiht wurde. Als Piye im Jahr 735 v. Chr. eine Expedition in den Norden leitete, mit der Tefnachts ehrgeizige Pläne zunichte gemacht werden sollten, kamen die Herrscher aller im Deltagebiet etablierten Dynastien und erklärten ihm ihre Unterwerfung. Selbst Tefnacht mußte Piyes Oberhoheit anerkennen, nachdem er aus Oberägypten vertrieben worden war. In seiner nördlichen Residenz Sais konnte sich Tefnacht aber ohne größeren Machtverlust behaupten; und nachdem die nubische Armee wieder in den Süden zurückgekehrt war, präsentierte er sich als der mächtigste König im Deltagebiet, als der Pharao, der den Grund für die 24. Dynastie legte. Diese Dynastie zählte freilich nur zwei Herrscher, Tefnacht und Bakenranef, der ihn um 720 v. Chr. ablöste und bis 715 v. Chr. in Sais regierte und auch Memphis kontrollierte. Bei Manetho heißt der König Bakenranef „Bocchoris", und laut Diodor war er ein großer Gesetzgeber. Zeitgleich mit dem Königshaus von Sais übten die letzten Regenten der ebenfalls unabhängigen Dynastie von Tanis-Bubastis die Herrschaft aus, Schoschenq V. und Osorkon IV. (ca. 735-715 v. Chr.) 2 3 , und daneben gab es auch noch die Herrscher von Leontopolis. Als freilich im Jahr 716 v. Chr. auf Piye sein energischer Bruder Schabako folgte, änderten sich die Dinge sehr rasch. Bald zog Schabako mit seiner Armee nach Norden, beseitigte die Machtansprüche aller anderen Dynastien und gewann so für die 25. oder auch nubischen Dynastie die absolute Souveränität.

5. Von Tiglatpileser III. bis Sargon II. (745-705 v. Chr.) B. BECKING, The Fall of Samaria. An Historical and Archaeological Study, SHANE 2, Leiden/New York/Köln 1992. - J.A. BRINKMAN, A Political History of Post-Kassite Babylonia 1158-722 B.C., Analecta Orientalia 43, Rom 1968. - Ders., MerodachBaladan II, in: R.D. BIGGS/J.A. BRINKMAN (Hg.), From the Workshop of the Chicago Assyrian Dictionary: Studies Presented to A. Leo Oppenheim, Chicago 1964, 6-53. - Ders., Elamite Military Aid to Merodach-BaladanJNES 24, 1965, 161-166. M. COGAN, Tyre and Tiglath-Pileser III, J C S 25, 1973, 9 6 - 9 9 . - S. DALLEY, Foreign

Chariotry and Cavalry in the Armies of Tiglath-Pileser III and Sargon II, Iraq 47,1985, 31-48. - M. ELAT, The Economic Relations of the Neo-Assyrian Empire with Egypt, JAOS 98, 1978, 20-34. - G. FRAME, The Inscription of Sargon II at Tangi Var, Or NS 68, 1999, 31-57. - J. GOLDBERG, TWO Assyrian Campaigns against Hezekiah and

23

Sie sind mit den Schilkanni in den Inschriften des assyrischen Königs Sargon II. gemeint.

Von Tiglatpileser III. bis Sargon II.

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Mit der Thronbesteigung Tiglatpilesers III. (745-727 v. Chr.) bahnten sich wichtige politische Veränderungen im Vorderen Orient an. Die zielstrebige Militärpolitik dieses Königs und die sie begleitende Neuordnung der Verwaltung schufen die Grundlage für das neuassyrische Großreich des 7 Jahrhunderts v.Chr. Der Name Tiglatpileser 24 verbreitete ringsum Angst und Schrecken und machte auch vor Israels und Judas Grenzen nicht Halt, da sich beide Staaten nun direkt mit der assyrischen Bedrohung konfrontiert sahen. In Babylonien, im Osten (gegen Meder und Urartäer), in Südanatolien und in weiten Teilen Syrien-Palästinas stellte Tiglatpileser III. Assyriens Macht und Einfluß wieder her. Mehr und mehr rückte Tiglatpileser III. davon ab, in eroberten, nominell aber unabhängigen Ländern Angehörige der einheimischen Dynastien durch Treueeide an sich zu binden und auf dem Thron zu belassen oder zu inthronisieren. Eroberte oder aufständische Städte und Gebiete wurden nun in der Regel in Provinzen des assyrischen Großreichs umgewandelt und von den Assyrern direkt regiert. Zu diesem System gehörten die stets größere Bevölkerungsteile umfassenden Deportationen großen Umfangs. So schätzt man, daß allein während Tiglatpilesers III. Regierung bei an die vierzig verschiedenen Anlässen mehr als eine halbe Million Menschen deportiert wurden. Diese Deportationen hatten auch den Zweck, den nationalen Widerstand zu brechen und entvölkerte Städte neu zu besiedeln. Beispielhaft dafür, wie man mit einer aufständischen Stadt nach ihrer Unterwerfung verfuhr, ist das Schicksal, das Samaria im Jahr 720 v.Chr. erlitt. Von Sargon II. liegt darüber folgende Beschreibung vor: „Ich baute die Stadt Samaria wieder auf und machte sie größer als je zuvor, und Bewohner von

2 4 In der jüngeren Überlieferung und im Alten Testament kann anstelle des N a m e n s Tiglatpileser auch das in seiner Bedeutung und Funktion unbekannte Pulu stehen.

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Ländern, die meine Hand erobert hatte, ließ ich darin einziehen. Meinen Beamten setzte ich als Statthalter über sie ein, ich auferlegte ihnen Abgaben und Tribute als wären sie Assyrer [Variante: ich gliederte sie der Bevölkerung Assyriens ein] und zeigte ihnen, wie sie sich zu verhalten hatten" (vgl. T G I , 60 f. Nr. 50). Orte, deren Fürsten sich wie Panammu II. von Sam'al widerstandslos ergaben, oder die wie Ahas von Juda die Assyrer zur Hilfe riefen, konnten meist ihre eigenen Herrscher behalten, die allerdings durch Treueeide auf den assyrischen Großkönig verpflichtet wurden. Analog verfuhr man auch mit Gebieten entlang der Grenzen des Großreichs, etwa in jüngerer Zeit dann mit Juda. Auch Städte, an denen die Assyrer besondere politische oder wirtschaftliche Interessen hatten, wurden so behandelt. Dies betraf in erster Linie die phönizischen Handels- und Hafenstädte, denen für das Betreiben ihrer Geschäfte ein gewisser Freiraum eingeräumt werden mußte, auch wenn sie natürlich der assyrischen Kontrolle unterstanden und Steuern entrichten mußten. Wie sich die Situation für die unterworfenen Herrscher gestaltete, ist in der Inschrift geschildert, die Barrakkab von Sam'al auf der zum Gedenken an seinen Vater Panammu II. errichteten Statue anbringen ließ. Barrakkab berichtet über seinen Vater: „Auf Grund seiner Weisheit und auf Grund seiner Loyalität ergriff er den Gewandsaum seines Herrn, des Königs von Assyrien, ... [... und er lief] am Rade seines Herrn Tiglatpileser (III.), des Königs von Assyrien, (inmitten der) Heeresformationen .. vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang und [von ...] den vier Weltgegenden" ( T G I Nr. 215, Zitat S. 224, Z Z . 11-13). Gleich in seinem ersten Regierungsjahr, 745 v. Chr., ordnete Tiglatpileser III. die Verhältnisse in Babylonien: Der babylonische König Nabonassar 2 5 erhielt Unterstützung, und es fand ein Feldzug gegen aramäische und chaldäische Stammesgruppen statt, bei dem die Assyrer sogar bis zum Persischen Golf vorstießen. Den Inschriften zufolge wurden zahlreiche Stammesangehörige gefangengenommen und zu Tausenden nach Assyrien deportiert. Nachdem Tiglatpileser III. dann im Jahr 744 v.Chr. auch noch gegen Meder und Perser vorgegangen war und so die Ostflanke seines Reiches gesichert hatte, konnte er sich im Jahr 743 v. Chr. dem Westen zuwenden. Seine Aktionen richteten sich zuerst gegen die Verbündeten Urartus in Südanatolien und in Nordsyrien. In diesem Jahr siegten die Assyrer über eine vom Urartäerkönig Sarduri II. angeführte nördliche Koalition, der Arpad, Melid, Gurgum und Kummuch angehörten. Arpad, das nordsyrische Widerstandszentrum, kapitulierte nach drei Jahren (741 v.Chr.), und danach konnte dieses Gebiet befriedigt werden (vgl. 2. Kön. 18,34). Unklar ist, in welchem Ausmaß andere nordsyrische Staaten in jener Phase in die Feindseligkeiten gegen Assyrien verwickelt waren. Im Jahr 739 v. Chr. unternahm Tiglatpileser III. einen Feldzug nach Osten, im Jahr darauf, 738 v.Chr., rückte die assyrische Armee erneut gegen Syrien

25 Nabonassar ist vor allem deshalb bekannt, weil mit ihm die Babylonische Chronik und der Kanon des Ptolemäus beginnen.

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vor, wo sich eine antiassyrische Koalition gebildet hatte, an deren Spitze jetzt Eni'il von Hamath und ein gewisser Azriya'u standen, der kaum mit Asarja von Juda zu identifizieren ist. Die Assyrer eroberten große Teile des neunzehn Distrikte umfassenden Hamath, außerdem Kullani(a)/Kilanna (Kalne in Am. 6 , 2 ) , die Hauptstadt von Unqi. Nordsyrien wurde in drei assyrische Provinzen aufgeteilt, deren Zentren Kullani, Hazrak und Simirra waren. Weder Hamath noch Karkemisch, wo Pisiris regierte, konnten unterworfen werden. Zusammen mit den Fürsten südanatolischer Städte, Panammu II. von Sam'al und Urik/Awariku von Qu'e, kamen die Herrscher dieser Gebiete und entrichteten Tiglatpileser III. ihren Tribut. Ihrem Beispiel folgten der König von Byblos, Tubail (Ittoba'al II.) von Tyrus, Rah/qianu/Radjän II. von Damaskus, der im Alten Testament Rezin genannt wird, und Menahem von Israel ( M i n i h i m m u mMSamerinäya). Alle Tributbringer sind namentlich in jüngeren Annalen aufgezählt, sie erscheinen auch auf einer im Iran entdeckten Stele, die Tiglatpileser III. bei seinen Feldzügen gegen die Meder (737-736 v.Chr.) hatte errichten lassen. Damals drangen die Assyrer weit nach Osten vor und erreichten wahrscheinlich den Elburs. Ein im Jahr 735 v. Chr. unternommener Versuch, das urartäische Kernland beim Vansee und die Urartäerhauptstadt Tuschpa anzugreifen, schlug allerdings fehl. Im Westen konnte sich inzwischen der Widerstand ausbreiten. Die wichtigsten Impulse dazu kamen von Radjän von Aram, der von Pekach von Israel ( P a - q a - h a von Bit-Humri) und von Edom Unterstützung erhielt. Gemeinsam versuchten die Aramäer und Israeliten im sogenannten Syroephraimitischen Krieg, auch Ahas von Juda zu einer Beteiligung an der antiassyrischen Koalition zu zwingen. Der judäische König Ahas war aber weder dazu zu bewegen noch beherzigte er die Warnungen Jesajas (7,1-8,8). Er verhielt sich nicht still, sondern rief die Assyrer zur Hilfe und bot sich ihnen mit reichen Geschenken als Vasall an. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Zwischen 734 und 732 v. Chr. unternahm Tiglatpileser III. Feldzüge entlang der philistäischen Küste (mät Pilista) und ließ, vielleicht um Hilfe aus Ägypten unmöglich zu machen, seine Truppen bis ins südliche Gaza marschieren. Auf dem Heimweg griff er Israel an, das große Gebietsverluste hinnehmen mußte. Viele Israeliten wurden deportiert (2. Kön. 15,29), und Pekach wurde das Opfer eines Staatsstreichs, durch den der proassyrische Hosea (A-u-si-i = Hawsi) auf den Thron kam. Tiglatpileser III. ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, gleich auch noch Damaskus einzunehmen (732 v. Chr.), das damit von der politischen Landkarte so gut wie verschwunden war. Nun beeilten sich alle Städte und Staaten des Südens, Assurs Überlegenheit anzuerkennen und Tribut zu bezahlen: Ammon (Bit-Amman), Moab ( M a ' a b ) , Askalon, Edom ( U d u m unter dem König Qausmalaka), Gaza (.Hazat unter dem König Hanunu) und Juda (unter Ahas: Ya-u-ha-zi26 m3tYa-u-da-a-a). Juda war damit noch einmal davongekommen, aber alle

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Es ist die vollständige Namensform mit dem theophoren Element Jau gewählt.

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Pufferstaaten, die ihm bislang vor den Assyrern einen gewissen Schutz boten, waren nun verschwunden. Noch während der Belagerung von Damaskus brachen in Babylonien Unruhen aus: Der Nachfolger Nabonassars wurde in einem Bürgerkrieg ermordet, und Mukinzeri, ein chaldäischer Fürst des Stammes der Amukanu, bemächtigte sich des Throns in Babylon. Im Jahr 731 v. Chr. erschienen die assyrischen Truppen im politisch gespaltenen Nachbarland. Durch Militäraktionen, Verhandlungen und diplomatischen Bemühungen gelang es den Assyrern, Mukinzeri zu isolieren. Er konnte im Jahr 729 v. Chr. endgültig besiegt werden, und Tiglatpileser III. ließ sich nun mit Hilfe proassyrischer Elemente zum König von Babylonien proklamieren. Die Eponymenchronik faßt den Vorgang in die Worte: „Er ergriff die Hände (des Gottes) Bei (Marduk)." Der schon früher benutzte Prestigetitel „König von Sumer und Akkad" erhielt nun durch die Personalunion zwischen Assur und Babylonien seine inhaltliche Füllung. Babylonien blieb es auf diese Weise erspart, den Status einer Provinz annehmen zu müssen. Salmanassar V. (727-722 v.Chr.) regierte bis zu seinem plötzlichen Tod nur wenige Jahre; doch war er in dieser kurzen Zeit politisch und militärisch überaus aktiv und erfolgreich. Insgesamt sind wir über sein Agieren schlecht informiert, da Annalen und Bauinschriften fehlen. Möglicherweise ist dies darauf zurückzuführen, daß den König eine damnatio memoriae traf, weil er sich nicht scheute, fiskalische und kultische Maßnahmen sogar gegen die Hauptstadt Assur zu ergreifen. Salmanassar V. wurde unter dem Namen Ululäja auch zum König von Babylon gekrönt. Direkt nach seinem Regierungsantritt sah er sich hier mit Unabhängigkeitsbewegungen und Aufständen konfrontiert, die nicht von ungefähr nach Tiglatpilesers III. Tod, also in der Situation aufgeflammt waren, von der es im Jesajabuch (14,29) heißt, daß „der Stock zerbrochen war, der dich schlug". Salmanassar V. reagierte unverzüglich. Schon „zu Beginn seiner Regierung" (727 v.Chr.), und das heißt nach assyrischem Sprachgebrauch, während seiner Anfangsmonate, die noch dem ersten, voll gezählten Regierungsjahr vorausgingen, zog er nach Westen und Osten. Gegen Hilakka (Kilikien) und Tabal, das Land südlich des Halys, unternahm er erfolgreiche Feldzüge, denen er einen Feldzug nach Syrien anschloß. Hier wurde Sam'al zerstört, das unter Barrakkab abtrünnig geworden war. Um 725 oder 724 v.Chr. wandte sich Salmanassar V. nach Samaria (Samara iri), das bereits unter Tiglatpileser III. schwer gelitten hatte; denn dieser hatte die nördlichen und östlichen Landesteile abgetrennt und in die drei neuen assyrischen Provinzen Megiddo, Dor und Gilead umgewandelt. Der, vielleicht auch von Pharao Piye 27 der mächtigen 25. Dynastie in Ägypten mitangeregte Versuch des israelitischen Königs Hosea, das assyrische Joch abzuschütteln, mißlang. Hosea wurde zu Beginn des Aufstands festge-

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2. Kön. 17,4 gibt den Namen des Pharaos mit So' wieder, da die Kurzform des Titels nsw als Eigenname mißverstanden wurde.

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nommen, und im Jahr 723 oder 722 v. Chr. fiel Samaria schließlich. Das ist übrigens der einzige Sieg, den die Babylonische Chronik von Salmanassar V. erwähnt. Samaria wurde „gebrochen", und das impliziert, daß die Stadt geplündert und bestraft wurde, daß ihr die Assyrer hohen Tribut auferlegten und vielleicht Einwohner deportierten. Sargon II. (722-705 v. Chr.), dessen Name für ein Programm stand 28 , war ein ehrgeiziger Herrscher, der die Politik Tiglatpilesers III. konsequent fortführte, indem er dem Großreich neue Provinzen hinzufügte und so dessen Grenzen erweiterte. Sargon II. legte den Grund für die sogenannte „Sargonidenzeit" (ca. 720-630 v. Chr.), während der Assyrien seine größten Erfolge verbuchen konnte. In seiner neuen, monumentalen Hauptstadt Dur-Scharrukin nahmen die ehrgeizigen Pläne Sargons II. konkrete Gestalt an 29 . Die Stadt erstreckte sich über eine Fläche von etwa 3 qkm, besaß eine eindrückliche Zitadelle und war mit Tempeln und einem Palast ausgestattet, aus dem die berühmten Reliefs Sargons II. mit historischen Szenen stammen. Wegen des plötzlichen Tods des Königs blieb die Stadt unvollendet, und sein Nachfolger verließ sie, um wieder in die alte Residenzstadt Ninive überzusiedeln. Die ersten Jahre seiner Regierung benötigte Sargon II., um seine Position zu festigen. Das war unumgänglich, weil sich innerhalb Assyriens eine gewichtige Opposition formiert hatte und weil in der Gestalt des elamischen Herrschers Humbanigasch/Ummanigasch Gefahr aus dem Süden drohte. Der Elamerfürst hatte seine Truppen mit denen des berühmten Chaldäerfürsten Merodachbaladan vereint, der im selben Jahr 722 v. Chr. wie Sargon II. den Thron von Bit-Jakin bestiegen hatte. Mit einer ersten, bestenfalls unentschiedenen Schlacht bei Der östlich des Tigris stoppten die Assyrer wenigstens vorläufig den Vormarsch der Feinde aus dem Süden. Damit hatte Sargon II. den Rücken frei, um im Jahr 720 v.Chr. nach Syrien aufzubrechen. Bei Qarqar am Orontes besiegte er eine Koalition aufständischer Provinzen, darunter Arpad, Simirra und Damaskus 3 0 . König Ilubi'di oder auch Jaubi'di von Hamath unterstützte die Koalition. Nach einer erfolgreichen Schlacht und Belagerung nahmen die Assyrer Hamath ein. König Ilubi'di wurde hingerichtet und Hamath Assyrien einverleibt. In Samaria war kurz nach dem Tod Salmanassars V. ein Aufstand ausgebrochen. Die Ermutigung zu diesem Schritt kam möglicherweise von Hanun(u) von Gaza, der eine ähnliche Aktion gewagt hatte, und von Ägypten, das Samaria seine Unterstützung zugesagt hatte. Die Rebellion brachte Samaria freilich nicht die erhoffte Unabhängigkeit; vielmehr wurde die Stadt noch im selben Jahr 720 v. Chr. das nächste Opfer Sargons II. Die ältere Auf-

28 S.o. III.2 zu Sargon I., der um 2350 v.Chr. an die Macht kam, ganz Mesopotamien unter seine Herrschaft brachte und Siege in Syrien, im Norden und im Osten errang und so einen riesigen, zentral regierten Flächenstaat gründen konnte. 29 Die sogenannte „Festung Sargons" liegt 16 km nordöstlich von Ninive und trägt heute den Namen Chorsabad. 30 Vgl. Sach. 9,1, das einige Ausleger auf dieses Ereignis beziehen.

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fassung, die die Notiz über eine dreijährige Belagerung Samarias in 2 . K ö n . 17,5 damit zu erklären versuchte, daß Salmanassar V. noch kurz vor seinem Tod in seinem letzten Regierungsjahr (722 v. Chr.) die Belagerung begonnen und Sargon II. sie nach einer kurzen Unterbrechung zu Ende geführt habe, läßt sich nicht mehr aufrecht erhalten, da sie, wie oben ausgeführt, in den assyrischen Quellen keine Unterstützung findet. Zu einem Teil ging dieses Mißverständnis auch auf offizielle, jüngere Inschriften Sargons II. zurück, die vertuschen wollten, daß für die beiden ersten Regierungsjahre Sargons II. keine militärischen Erfolge zu verbuchen waren. In diesen Texten ist deshalb die Eroberung Samarias mit Sargons II. erstem palü verbunden, das hier freilich nicht für „Regierungsjahr", sondern für „Feldzug" steht. Welches Schicksal Samaria erlitt, ist ausführlich in Sargons II. Annalen beschrieben 3 1 : „Die Samarier, die aus Haß gegen meinen königlichen [Vorgänger (?)] die Untertänigkeitsbezeugung und das Senden von Tribut [ . . . ] eingestellt hatten und Krieg führten - in der Kraft der großen Götter, meiner Herren, kämpfte ich mit ihnen; 2 7 2 8 0 Leute samt ihren Kriegswagen und den Göttern, auf die sie vertrauten, erbeutete ich. 200 Wagen nahm ich in meine königliche Garde auf. Die Übrigen siedelte ich in Assyrien an. Samaria machte ich indes größer als zuvor, und Bewohner von Ländern, die meine Hand erobert hatte, ließ ich darin einziehen. Generäle stellte ich als Statthalter ein, und ich gliederte sie dem Lande Assyrien ein" ( T G I Nr. 30, Zitat S. 60). Das samarische Gebiet wurde zur assyrischen Provinz und damit zugleich für Juda (unter Hiskia) eine Warnung, daß es nicht leicht sei, der assyrischen Knechtschaft zu entrinnen. D a ß Samarias Streitwagenbestand in das Herzstück der assyrischen Armee, in die Garde, eingegliedert wurde, war eine bemerkenswerte Maßnahme; denn an ihr zeigt sich, welch hohen Wert diese seit langem 32 in Israel eingebürgerten Kampfeinheiten hatten, die vermutlich mit Pferden aus Ägypten ausgestattet waren (vgl. Jer. 31,1). In einem in Kalchu entdeckten Verwaltungsdokument aus der Zeit um 710 v. Chr. ist eine Einheit von dreizehn Streitwagenlenkern aus Samaria (Samirm) bezeugt. In Samaria wurden Deportierte aus Babylon, Kutha, Avva und Hamath angesiedelt, zu denen 716/715 v.Chr. Gruppen von Arabern und unter Asarhaddon und Assurbanipal (Esr. 4 , 9 ) noch weitere Babylonier und Elamer hinzukamen. Sargon II. ließ sich von Eluläus von Tyrus und Sidon und auch von Hiskia von Juda als Oberherr huldigen, und er ließ seine Siegesstelen aufstellen, von denen in Samaria ein Fragment entdeckt wurde. Gaza wurde erobert, und die ägyptische Armee, die der Stadt Hilfe leisten wollte, wurde nahe bei Ägyptens Grenze geschlagen. Pharao Tefnacht von Sais (s.o. VII.4), der hinter dieser Aktion stand, mußte mitansehen, wie seine Grenzfestung Rafia zerstört wurde und wie die assyrische Macht bis an Ägyptens

31 Es versteht sich von selbst, daß König Hosea dabei nicht mehr erwähnt ist; denn die Assyrer hatten ihn ja bereits 725/724 v. Chr. beseitigt. 3 2 Vgl. 1. Kön. 10,26 ff. und die angeblich 2000 Streitwagen, die Ahab in die Schlacht bei Qarqar geschickt haben soll, dazu s . o . VII.2.

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Grenze heranreichte. In den kommenden fünfzig Jahren sollten die Assyrer dann noch tief in Ägypten eindringen. Auch zwischen 717 und 712 v.Chr. mußten die Assyrer im Westen Anstrengungen auf sich nehmen. Karkemisch, das unter seinem Herrscher Pisiris und unterstützt vom Phrygerfürsten Midas (Mita der Muschki) rebelliert hatte, wurde erobert und annektiert. Im folgenden Jahr fiel die assyrische Armee in Südpalästina ein. Juda und Philistäa anerkannten Assurs Vorherrschaft und ließen die Assyrer ungehindert durch ihr Gebiet bis zur ägyptischen Grenze marschieren. Nahe beim „Bach von Ägypten" (Wadi el-Arisch) ließen sich assyrische Kolonisten mit in erster Linie wirtschaftlichen Absichten nieder. Inschriftlich ist der Vorgang von Sargon II. folgendermaßen dargestellt: „Ich öffnete den versiegelten Hafen Ägyptens, vermengte Assyrer und Ägypter und ließ sie miteinander Handel treiben." Pharao Schilkani (= Osorkon IV.), der im Delta über Tanis und Bubastis herrschte, „begrüßte" die Assyrer mit einem aus zwölf Pferden bestehenden Geschenk. Kurz danach mußte er ebenso wie Bocchoris (Bakenranef), der in Sais Tefnacht nachgefolgt war, das Feld räumen; denn Schabako, der Nachfolger Piyes („Pianchi"), von der 25. oder auch nubischen Dynastie brachte zu Beginn seiner Regierung (713 v. Chr.) das gesamte Delta unter seine Herrschaft (s.o. VII.4). Mit ägyptischer Hilfe flammte in Palästina vermutlich schon 714 v.Chr. erneut der Widerstand auf. Zentrum des Aufstands war Asdod, wo nach einem von den Assyrern erzwungenen Thronwechsel 33 Jamani die Herrschaft gewaltsam an sich riß. Die palästinische Rebellion gefährdete Assyriens Position im Westen; denn Jamani fand Unterstützung in Edom, Moab, Zypern (?) und zunächst wohl auch in Juda, wo damals Hiskia regierte. Der judäische König beherzigte freilich die Warnung des Propheten Jesaja und zog sich noch rechtzeitig zurück. Die assyrische Reaktion erfolgte im Jahr 712 v. Chr. Sargon II. sandte seinen General, den turtanu, nach Südpalästina, wo Gibbethon, Gath, Asdod und Asdods Hafen, Asdod-Jam, erobert und in eine assyrische Provinz verwandelt wurden. Bei Ausgrabungen in Asdod tauchte ein Bruchstück der Siegesstele auf, die Sargon II. bei diesem Anlaß hier zurückgelassen hatte. Juda entrichtete den Assyrern Tribut, während der nach Ägypten geflohene Jamani von Asdod später an die Assyrer ausgeliefert wurde. Damit hatten die Assyrer den Widerstand in Südpalästina so gut wie erstickt und ihre Beziehungen mit Ägypten verbessert. Es sollte zehn Jahre dauern, bis die assyrische Macht in diesem Bereich wieder eingriff. Das militärische Auftreten Sargons II. hinterließ in der Zwischenzeit vor allem in Juda einen tiefen Eindruck, der auch im Buch Jesaja seinen Niederschlag fand (vgl. Jes. 20). Die Regierungszeit Sargons II. war voller Kämpfe an vielerlei Fronten. Nachdem im Süden die erste Begegnung mit Merodachbaladan und Elam im

33

Die Assyrer hatten Azuri abgesetzt und Ahimeti zum neuen König gemacht.

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Jahr 722 v. Chr. bei Der stattgefunden hatte, mußte Sargon II. Babylonien für zehn Jahre sich selbst überlassen. 710 v. Chr. wurde dann die bis dahin offene Rechnung beglichen. Elam, wo inzwischen Schutruknahhunte II. (711-699 v.Chr.) die Regierung übernommen hatte, wurde besiegt, und Merodachbaladan flüchtete zuerst in den Süden, und als er hier aus der Festung Dur-Atchara vertrieben wurde, setzte er seine Flucht nach Elam fort. Im Jahr 709 v. Chr. erklärte sich Sargon II. offiziell zum König von Babylon. Eine erneute Aktion Merodachbaladans in seinem Stammland („Meerland") scheiterte. Die Assyrer eroberten Dur-Jakin die Stadt seiner Vorfahren, und Merodachbaladan floh unter Mitnahme der Götter und der Gebeine seiner Ahnen erneut zur elamischen Grenze, wo er auf seine Stunde wartete, die 703 v.Chr. kommen sollte. Auch den Ostteil des Großreichs konnten die Assyrer weiterhin nicht aus den Augen lassen. Nachdem Tiglatpileser III. seine Hand nach dem Zagrosgebirge ausgestreckt hatte, mußte Sargon II. hier nun fester zupacken, da sich lokaler Widerstand regte und die Urartäer dabei waren, in das Gebiet vorzudringen. Seit 719 v. Chr. fanden in dieser Gegend viele Kämpfe statt, in denen die Assyrer die Oberhand behielten. In dem strategisch wichtigen Gebiet, durch das die große Chorasan-Straße verlief und aus dem viele Pferde kamen, mußte der assyrische Einfluß aufrecht erhalten werden. Ihren Höhepunkt erreichten die Auseinandersetzungen bei Sargons II. achtem Feldzug im Jahr 714 v.Chr. 34 , als er bis ins Innerste des Zagrosgebirges vordrang und seine Autorität in Parsua nördlich von Kermanschah, Mannea südlich des Urmiasees und über die Meder wieder herstellte, und der Mederfürst Deioces deportiert wurde. Auch die urartäische Bedrohung zur Zeit Rusas I. (ca. 735-713 v. Chr.) konnte gebannt werden. Bei diesem Feldzug gelangte Sargon II. bis in das Gebiet westlich des Urmiasees, und auf dem Rückmarsch eroberte er die nördlich von Ravanduz gelegene Stadt Musäsir, wo er den Tempel des urartäischen Hauptgottes Haldi plünderte 35 . Auch im südlichen und südöstlichen Anatolien wurden heftige Kämpfe ausgefochten; denn hier bereiteten, neben anderen, die Phryger unter ihrem König Midas (Mita der Muschki) den Assyrern Probleme, und hier bestand Urartus Macht ungebrochen fort. Die Assyrer machten hier Tabal, Kummuch und Qu'e zu assyrischen Provinzen und eroberten Melid und Gurgum. Unruhe herrschte hier auch wegen der Invasion der (aus dem Kaukasus kommenden?) Kimmerier. Dies veranlaßte Midas, im Jahr 709 v. Chr. Frieden mit den Assyrern zu suchen. Im Jahr 707 v. Chr. unterlag Argisti II. von Urartu (713-685 v.Chr.), der Nachfolger Rusas I., den Kimmeriern. Im Jahr 705 v.Chr. ereilte Sargon II. dasselbe Schicksal: Er fiel auf einem Feldzug in Tabal, als „Espai, der Kulummäer", wahrscheinlich ein Kimmerier, überraschend die assyrische Armee angriff. Der gewaltsame Tod des Assyrerkönigs, 34

Darüber liegt in Sargons Π. berühmten Brief an den Gott Assur eine detaillierte Beschreibung vor. Ausgehend vom Namen des Gottes Haldi wurde Urartu früher bisweilen fälschlich als Haidia/ Chaldia bezeichnet. 35

Ägypten in der Zeit von Schabako bis Psammetich I.

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dessen Leichnam noch nicht einmal geborgen werden konnte, erschütterte seinen Nachfolger Sanherib so sehr, daß er eine Götterbefragung durchführte. Er wollte in Erfahrung bringen, welche „Sünde Sargons" dessen schreckliches Ende herbeigeführt habe. Nicht nur in Assyrien hinterließ das Ende, das Sargon II. nahm, einen tiefen Eindruck (vgl. Jes. 14,4ff.).

6. Ägypten in der Zeit von Schabako bis Psammetich I. (716-610 v. Chr.) M.F. GYLES, Pharaonic Policies and Administration 6 6 3 - 3 2 3 B.C., Chapel Hill, 1959. - F . K . KIENITZ, Die politische Geschichte Ägyptens vom 7 bis zum 4. Jahrhun-

dert vor der Zeitwende, Berlin 1953. - H . DE MEULENAERE, Herodotus over de 26e dynastie, Leuven 1951. - D.B. REDFORD, A Note on the Chronology of Dynasty 25 and the Inscription of Sargon, Or N S 68,1999, 58-60. - A. SPALINGER, Assurbanipal and Egypt, J A O S 94,1974, 316-328. - Ders., Esarhaddon and Egypt, Or NS 43,1974, 295-326. Weitere Literatur s.o. VII.4.

Als Schabako im Jahr 713 v. Chr. ins Delta vorrückte und seine nubische Residenz Napata zugunsten von Tanis aufgab, bedeutete dies das nominelle Ende der 23. und 24. Dynastie unter Osorkon IV. und Bocchoris. Die zahlreichen lokalen Fürstentümer im Delta und in Unterägypten blieben aber weiterhin bestehen, wie sich etwa an ihrer Aufzählung zeigt, die Assurbanipal vornahm, als er Ägypten eroberte. Die Dynastie von Sais und später Memphis spielte im Delta noch immer eine wichtige Rolle. Im Süden fand Schabako Anerkennung in Theben, wo seine Schwester „Gottesgemahlin" und sein Sohn Hoherpriester des Gottes Amun wurden. Im Jahr 712 v. Chr. sah sich Schabako der assyrischen Aggression gegenüber: Nachdem Sargons II. Armee Südpalästina unterworfen hatte, erschien sie an der Grenze zu „Ägypten, das zu Meluchcha (Kusch) gehört". Einem assyrisch-ägyptischen Zusammentstoß kam Schabako zuvor, indem er den nach Ägypten geflüchteten Jamani von Asdod an die Assyrer auslieferte. Ägypten und Ässyrien setzten vermutlich ihre diplomatischen Beziehungen fort, wofür eine Tonbulle des Pharaos spricht, die in Ninive entdeckt wurde. Noch vor 706 v.Chr. übernahm Schabakos Nachfolger Schebitku die Regierung (706[?]-690 v. Chr.) 3 6 und ließ unverzüglich seine Brüder ins Delta kommen. Später ernannte er einen von ihnen, Taharka, zum Thronfolger, der damals bereits um die zwanzig Jahre alt sein mußte 3 ? Daß Schebitku gleich nach seinem Regierungsantritt seine Brüder kommen ließ, hatte wohl einen

3 6 Eine neue Inschrift von Sargon II. (dazu Frame 1999, s . o . VII. 5) bezeugt, daß Schebitku spätestens seit 706 v.Chr., vielleicht schon früher, Herrscher über ganz Ägypten war. Der Inschrift zufolge hat Schebitku Jamani von Asdod an die Assyrer ausgeliefert. 3 7 Das ergibt sich aus seinen Stelen, die er im Amuntempel im zwischen dem dritten und vierten Katarakt gelegenen Kawa aufstellen ließ.

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doppelten Grund. Der Pharao wollte die nubische Macht im Delta verstärken und der assyrischen Bedrohung gegenüber gut gerüstet sein. Unterstützt von Ägypten waren in Juda und Philistäa Aufstände gegen den neuen Assyrerkönig Sanherib ausgebrochen, die dieser gewiß nicht einfach hinnehmen würde. Als Sanherib in der Tat 701 v.Chr. in Südpalästina erschien, rückte angeführt von Taharka eine nubische Armee in Juda ein, die bei Eltheke von den Assyrern geschlagen wurde. Für das ägyptische Königshaus blieb diese Niederlage aber ohne Folgen; denn Assur gelang es nicht, Jerusalem einzunehmen, und Sanherib hatte zu jener Zeit andere Sorgen. Die nubische Dynastie erlebte unter Taharka ihren Höhepunkt. Der Pharao ließ viele Bauwerke errichten und betätigte sich vor allem in den Amun-Tempeln in Theben (Karnak) und Napata als Bauherr. Auffallend ist das dabei zu Tage tretende Interesse an altägyptischen Formen und Traditionen, eine Tendenz, die sich auch unter den letzten drei Herrschern der Dynastie fortsetzte, die für sich Vornamen berühmter Vorgänger auswählten. Im Jahr 677 v. Chr. rebellierte Sidon, was möglicherweise mit Unterstützung durch Taharka geschah. Die Assyrer warfen den Aufstand freilich blutig nieder. 674 v. Chr. marschierte Asarhaddon mit seinem Heer bis nach Arsa (el-Arisch) an der ägyptischen Grenze, wo die assyrische Armee Taharka im Kampf unterlag. 671 v. Chr. kehrten die Assyrer zurück, besiegten dieses Mal Taharka und eroberten Memphis. Asarhaddon, der Eroberer von „Musur, Paturisiund Kusu', also der Eroberer von Unterägypten, Oberägypten (Patros im Alten Testament) und Nubien, akzeptierte die Unterwerfung von etwa zwanzig namentlich genannten Herrschern, die er als Vasallen auf ihren Thronen beließ (vgl. T U A T I , 398f.). Taharka erschien allerdings rasch wieder auf dem Schauplatz und eroberte sich Memphis zurück. Als Asarhaddon daraufhin erneut nach Ägypten eilte, starb er unterwegs. Assurbanipal führte 667 v.Chr. zu Ende, was sein Vater Asarhaddon begonnen hatte: Taharka wurde besiegt und Theben ( M ; No-Ammon im Alten Testament) eingenommen. Die ägyptischen Fürsten, die sich am „Aufstand" der Nubier nicht beteiligt hatten, konnten in Amt und Würde bleiben. Als aber kurze Zeit später erneut eine Rebellion gegen die Assyrer ausbrach, statuierte Assurbanipal ein Exempel: Er ließ die Fürsten, darunter auch die von Sais und Tanis demütigen und nach Assur bringen, außerdem ordnete er für Einwohner der aufständischen Orte öffentliche Hinrichtungen an. Es dauerte aber nicht lange, bis Necho I. von Sais und Memphis (Niku von Saa und Mempi) begnadigt, durch einen Treueid auf die Assyrer verpflichtet und feierlich als Großfürst über das Delta inthronisiert wurde. Geschickt schufen sich die Assyrer mit diesem Schachzug einen wertvollen, antinubischen Verbündeten. Allerdings kontrollierten assyrische Besatzungstruppen und Verwalter das Land. Im südlichen Theben herrschte zuerst als nubischer Statthalter, dann als im Grunde genommen unabhängiger assyrischer Vasall Monthemhet (Mantimanbe), „der vierte Prophet Amuns", unter dem Theben eine letzte Blütezeit erlebte. Das aufwendige Grab, das Monthemhet für sich selbst anlegen ließ, legt dafür ein eindrückliches Zeugnis ab.

Ägypten in der Zeit von Schabako bis Psammetich I.

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Taharka starb 664 v.Chr in Napata und wurde in seinem Pyramidengrab in Nuri beigesetzt38. Taharkas Nachfolger auf dem Thron war Tanwetamani (Tantamani), der unverzüglich nach seinem Regierungsantritt eine antiassyrische Offensive startete. Er eroberte Theben und Heliopolis (On) und belagerte Memphis. Necho I. von Sais (674-664 v.Chr.) stellte sich Tanwetamani entgegen, fiel aber im Kampf. Assurbanipal kehrte daraufhin erneut nach Ägypten zurück und besiegte Tanwetamani. Unterstützung erhielt der assyrische König aus Sais, wo inzwischen Psammetich I. seinem gefallenen Vater auf dem Thron nachgefolgt war. Theben wurde erobert und geplündert (Nah. 3, 8-10), aber Monthemhet behielt seinen „Thron". Daß Ägypten nun fest in assyrischer Hand war, war zu einem Teil dem treu zu seinem Oberherrn stehenden Psammetich I., dem Herrscher über das Deltagebiet, zu verdanken, der hier faktisch wie ein Vizekönig Assurs agierte. In den folgenden Jahren mußten sich die Assyrer mit innenpolitischen Problemen befassen, mit Babylonien und mit dem Krieg gegen Elam. Psammetich I. nutzte diese Gelegenheit und löste sich mehr und mehr aus der Abhängigkeit von den Assyrern. Zugleich gelang es ihm auch durch den Einsatz jonischer und karischer Söldner („ehernen Männern"), seine Hegemonie über weite Teile Ägyptens auszubreiten. Nachdem sich die Stadt Herakleopolis auf die Seite Psammetichs I. gestellt hatte, war Theben sein nächstes Ziel. Er ging sehr umsichtig zu Werk, erlangte so die Anerkennung durch Theben und erreichte es, daß seine Tochter Nitokris als künftige „Gottesgemahlin des Amun" von der damaligen Amtsinhaberin adoptiert wurde. Nach und nach konnte Psammetich I. wichtige Ämter mit Familienangehörigen besetzen. Auf diese Weise gelang es ihm, bis 658 v. Chr. ganz Ägypten unter seine Herrschaft zu bringen, obwohl er nominell noch stets ein assyrischer Vasall war. Dank dieser zielstrebigen Politik entstand unter Psammetich I. (664-610 v. Chr.) die 26. oder auch Saitische Dynastie. Nun vollzog Psammetich I. auch seine formelle Loslösung von Assyrien, indem er die Tributzahlungen einstellte und mit Gyges von Lydien einen Vertrag schloß. Die Beziehungen mit Assyrien normalisierten sich; doch ist ungewiß, ob Psammetich I. nicht eine möglicherweise als antiassyrisch deutbare Operation ausführte, als er Asdod über lange Zeit hinweg belagerte und schließlich auch eroberte; denn für die Ägypter lag Asdod am Weg nach Syrien. Um 610 v. Chr. benutzten die Ägypter in der Tat diese Route, um Assyrien kurz vor seinem Untergang Hilfe zu leisten. Der Versuch blieb zwar vergeblich; doch konnten die Ägypter mit dieser Aktion zugleich auch demonstrieren, daß sie der Erbe des syrisch-palästinischen Teils des assyrischen Großreichs seien. Psammetichs I. militärische Stärke war in hohem Maße von ausländischen Söldnern abhängig, die aus Griechenland, Karien, Lydien, Libyen, Nubien, Juda und Phönizien kamen. Es gab Garnisonen und Kolonien im Land deren Besatzung beziehungsweise Bevölkerung sich ausschließlich aus Ausländern

38

Die Pyramidengräber früherer Herrscher der 25. Dynastie befinden sich in Kuru.

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zusammensetzte, so unter anderem in Daphne/Tachpanches im östlichen Delta, in Syene und Elephantine (feb) bei Assuan, einem gegen Nubien eingerichteten Vorposten beim ersten Nilkatarakt. Im Rahmen dieser Maßnahmen entstand vermutlich auch die jüdische Kolonie in Elephantine, über die wir während des 5. Jahrhunderts v.Chr. durch umfangreiche Papyrusfunde gut informiert sind. Die angeheuerten Ausländer, unter denen sich ebenso griechische Marineeinheiten wie Händler aus dem Mittelmeerbereich befanden, schufen vor allem im Delta eine kosmopolitische Atmosphäre. Rasch entwickelte sich Naukratis zu einem Zentrum griechischen Handels und griechischer Kultur. Für die ägyptische Seite ist während der Saitischen Dynastie freilich ein ausgeprägtes Interesse am landeseigenen Kulturerbe typisch, das sich vor allem auf die Traditionen des Alten Reichs ausrichtete und das so stark war, daß man bisweilen von einer „Saitischen Renaissance" spricht. Der Rückgriff auf das Überkommene drückte sich auf dem Gebiet der Kunst in zahlreichen polierten, freistehenden Statuen und vorzüglichen anthropomorphen und theriomorphen Bronzefiguren aus, die bisweilen als Weihgaben in Tempel gelangten. In religiöser Hinsicht ist bemerkenswert, daß Amun und Theben, die ihre politische Rolle ausgespielt hatten, an Bedeutung verloren, während die Verehrung der „Osiris-Familie" (Osiris, Isis, Horns) immer mehr in den Vordergrund rückte. Unter der Regierung Psammetichs I. waren die demotische Schrift und Sprache auf dem Vormarsch. Sie wurden nun öfter in der königlichen Kanzlei und bei der Abfassung von Rechtsurkunden benutzt, aus denen hervorgeht, daß im ägyptischen Rechtswesen neue Elemente aufgekommen waren. Im Ζ Jahrhundert v. Chr. wurden die Nubier endgültig aus Ägypten vertrieben; doch konnte sich die nubische Dynastie auf ihrem eigenen Territorium und in ihrer alten Residenz Napata behaupten. Erst als Psammetich II. (591 v. Chr.) und Kambyses II. (kurz nach 525 v. Chr.) Feldzüge nach Nubien unternahmen, mußte das „Königreich von Kusch" Napata aufgeben und sich viel weiter im Süden, zwischen dem fünften und sechsten Katarakt, in Meroe ein neues Zentrum schaffen. Als um 295 v. Chr. auch die Königsgräber hierher verlegt wurden, wurde Meroe definitiv zum Mittelpunkt des meroitischen Königreichs, das ebenso wie die meoritische Kultur bis ins 4. Jahrundert n. Chr. fortbestand.

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Assyrien, Babylonien und die Levante von Sanherib

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7.1 Sanherib (705-681 v. Chr.) Als Sanherib seinem Vater Sargon II. nachfolgte, regte sich unter den von den Assyrern unterworfenen Völkern der Widerstand, wie dies bei solchen Gelegenheiten stets der Fall war. Diesmal äußerte sich die antiassyrische Einstel-

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Der Vordere Orient und Ägypten (9.-7 Jh. v. Chr.)

lung aber in einer sich verändernden Gesamtsituation: In vielen Gebieten traten die assyrische Autorität und militärische Überlegenheit so offenkundig hervor, daß die Rebellionen begrenzter und sporadischer als sonst erfolgten. Der fast schon institutionelle, alljährliche Feldzug erübrigte sich. So unternahm Sanherib während seiner vierundzwanzigjährigen Regierung insgesamt nur zehn Feldzüge, von denen die meisten den Süden zum Ziel hatten. Hier verlangte Babylonien den Großteil von Assurs Aufmerksamkeit, ein Umstand, der dann im Jahr 689 v. Chr. eine dramatische Wende herbeiführte. Die assyrische Politik gegenüber Babylonien war von zwei unterschiedlichen Strömungen geprägt. So fühlten sich die Assyrer auf der einen Seite mit den babylonischen Göttern und der babylonischen Kultur eng verbunden, zollten beiden hohen Respekt, und in Assyrien selbst waren viele Elemente aus der babylonischen Religion und Kultur heimisch geworden. Auf der anderen Seite stand aber der feste politische Wille, dieses wichtige Gebiet mit seinem Reichtum und seinen Verbindungen nach allen Seiten unter militärischer Kontrolle zu halten. Letzteres war deshalb schwierig durchzuführen, weil die babylonische Gesellschaft in sich uneins war. So gab es unter den babylonischen Städten einige, die durchaus proassyrisch eingestellt waren, daneben gab es aber auch die chaldäischen Stammesoberhäupter und die aramäischen Stämme, die sich allem Anschein nach leicht in einer antiassyrischen Haltung zusammenfanden. Chaldäer wie Merodachbaladan wurden in dieser Konstellation zu Vorreitern eines babylonischen Nationalismus. Das Problem spitzte sich zu, als Elam wiedererstarkte; denn Elam unterstützte mit aller Kraft antiassyrische Tendenzen und lenkte so die Geschichte in eine neue Richtung. Der von Sargon II. vertriebene Merodachbaladan (s.o. VII.5) kehrte aus Elam nach Babylon zurück, eroberte sich den Thron und regierte neun Monate lang in der Stadt. Diese erste Revolte mit Merodachbaladan an der Spitze schlug Sanherib im Jahr 703 v. Chr. nieder. Wieder mußte Merodachbaladan in sein Stammland im Süden flüchten, und Belibni, ein Schützling Assurs, wurde auf Babylons Thron gehoben. 700 v. Chr. erschien der Chaldäer erneut, diesmal mit elamischer Unterstützung. Sanherib jagte ihm bis in sein Heimatland Bit Jakin im „Meerland" nach, und als sich Merodachbaladan auch noch nach Elam absetzte, war seine Karriere beendet. Auf den Thron in Babylon wurde nun Sanheribs Sohn Assurnadinschumi gesetzt, und bis 694 v.Chr. konnte er sich in dieser Position halten. Dann brach aber erneut ein Aufstand aus, hinter dem diesmal der neue König von Elam Halluschu-Inschuschinak (699-693 v.Chr.) stand. Während Sanherib mit seiner Armee und seiner von Phöniziern aufgebauten und mit Seeleuten aus dem Westen bemannten Flotte tief in den Süden vorstieß, fielen die Elamer in den Norden Babyloniens ein. Babylonische Nationalisten nahmen hier Sanheribs Sohn gefangen und lieferten ihn dem Elamerkönig aus. Im folgenden Jahr rechnete Sanherib mit seinen Widersachern ab, konnte aber nicht verhindern, daß Muschezibmarduk 39 sich

39

Als Schuzubu tauchte Muschezibmarduk schon 700 v. Chr. als Gegner Sanheribs auf.

A s s y r i e n , Babylonien und die Levante von Sanherib

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vorübergehend den Thron erkämpfte und eine aus Babyloniern, Chaldäern, Aramäern und Elamern bestehende antiassyrische Koalition um sich scharte. U m seine Aktionen zu finanzieren, bediente sich Muschezibmarduk aus der Schatzkammer des Marduktempels. Zur Armee, über die diese Koalition verfügte, gehörten neben anderen auch Truppen aus Parsua und Anschan, deren Anführer Hachamanisch ( = Achaimenes) angeblich der Stammvater der Achämenidenkönige sein soll (s.u. IX). Den militärischen Oberbefehl hatte der Elamer Humbannimena (693-689 v.Chr.) inne, der sich erst kurz zuvor des Thrones bemächtigt hatte. Bei Halule am Tigris stießen die Truppen der Verbündeten auf die Assyrer; doch die Schlacht endete unentschieden (691 v. Chr.). Im Jahr 690 v. Chr. zogen die Assyrer aber direkt gegen Babylon ins Feld. Eine mehr als anderthalbjährige Belagerung war nötig, bevor sich die Stadt ergab (689 v. Chr.). Sanherib rächte sich grausam an ihr, ließ sie plündern und niederreißen. Noch nicht einmal der Marduktempel blieb verschont, und Marduks Kultstatue wurde ins „Exil" nach Assur abtransportiert. Schließlich leiteten die Assyrer auch noch die Euphratwasser so um, daß sie die Ruinen Babylons überfluteten. Die Inschriften Asarhaddons lassen erahnen, welche Mühen es später bereitete, Sanheribs gnadenlose Zerstörung der Stadt zu erklären. Die Texte schildern Babylons Untergang als ein durch Himmelszeichen bereits im voraus angekündigtes Gottesurteil, bei dem der Euphratarm Arachtu, an dem die Stadt lag, sintflutartig über sie hereingebrochen sei. Geschehen sei dies alles, weil Babylon „Marduks Zorn durch ihre große Ungerechtigkeit und kultische Mißbräuche hervorgerufen hatte". Nach dem vernichtenden Schlag gegen Babylon mußten die Assyrer im Norden und Osten militärisch aktiv werden, und so fanden Sanheribs zweiter und fünfter und die beiden 696-695 v. Chr. von Generälen geleiteten Feldzüge statt. Sie zogen Kämpfe im Zagros gegen die Meder 40 , die Mannäer und die „Kassiten" nach sich, während in Anatolien die Verhältnisse in Kommagene, Melid und Q u ' e neu geordnet werden mußten. Noch mehr Aufmerksamkeit verlangte freilich die Levante, was vor allem beim großen Feldzug Sanheribs im Jahr 701 v. Chr. galt. Geschürt von einer Gesandtschaft Merodachbaladans (2.Kön. 20,12-19) und moralisch von Ägypten unterstützt war um 703 v. Chr. im Westen ein Aufstand ausgebrochen. Als Sanherib dort erschien, ergaben sich viele Staaten und Städte sofort, obwohl einige von ihnen möglicherweise die Revolte mitgetragen hatten. Byblos, Asdod, Amnion, Moab und Edom gehörten zu denen, die sich direkt unterwarfen; auch der sowohl Sidon wie Tyrus umfassende Stadtstaat von Sidon gab auf, nachdem Eluläus (Lullu) über das Meer (nach Zypern?) geflüchtet war. Alle zu seinem Reich gehörenden Städte bis hin nach Akko ergaben sich widerstandslos. Als uneinnehmbar erwies sich die Insel- und Hafenstadt Tyrus, aber die ihr gegenüber auf dem Festland gelegene Stadt Usu konnten die Assyrer erobern. Diese Ereignisse spiegelt vielleicht Jes. 23,1-14 wider. Si-

40

Regiert wurden die Meder damals von Kyaxares I. =

Uwaksatar.

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Der Vordere Orient und Ägypten (9.-7. Jh. v. Chr.)

don wurde nun unter dem als assyrischem Vasall verpflichteten König Tubalu (Ittoba'al I.) wieder ein eigenständiger Staat, während Eluläus nominell die Regierung über Tyrus behielt, um später von Balu nochgefolgt oder auch ersetzt zu werden. Es ist nicht auszuschließen, daß damals auch Hiskia von Juda, der zu den Anführern des Aufstands gehört hatte, seine „Sünde" eingestand, also zugab, seinen Sargon II. geschworenen Treueid gebrochen zu haben (vgl. 2. Kön. 18,14-16), und sich Sanherib mit Geschenken und Tributzahlungen unterwarf. In Palästina bestraften die Assyrer zuerst die Philisterstädte: Das von Sidqa regierte Askalon und seine Städte Jaffa, Azor (Hazor), Bit-Dagan und Banaibarqa wurden eingenommen und Teile der Bevölkerung deportiert. Danach belagerte das assyrische Heer Ekron, das seinen proassyrischen König Padi an Hiskia ausgeliefert hatte. Aus der Küstenebene rückte Sanherib schließlich gegen das judäische Hügelland vor, wo Aseka und Gath, beides ehemals philistäische, aber von Hiskia eroberte und befestigte Orte, die nächsten Opfer waren, wie aus Sanheribs „Brief an die Götter" hervorgeht (N. Na'aman). Vermutlich erschienen um diesen Zeitpunkt unter dem Prinzen Taharka ägyptische Hilfstruppen und zwangen die Assyrer, ihre Belagerung von Jerusalem und Lachis zu unterbrechen. In der Küstenebene, nördlich von Asdod in der Nähe von Eltheke unterlagen die Ägypter den Assyrern. Wieder einmal hatte sich Ägypten damit als das „geknickte Schilfrohr" erwiesen, „das einem jeden, der sich darauf stützt, in die Hand dringt und sie durchbohrt" (Jes. 3 6 , 6 ; 2 . K ö n . 18,21; Ez. 29,6). Nun konnten die Assyrer unbehindert Ekron und Lachis einnehmen. Die Eroberung von Lachis, der nach Jerusalem mächtigsten Stadt Judas, ist anschaulich auf einem Relief in Ninive wiedergegeben. Dargestellt sind darauf die Erstürmung der Stadt, ihre Plünderung und die Bevölkerung, wie sie sich für den Zug ins Exil bereit macht. Bei den Ausgrabungen auf dem Teil ed-Duweir, der Ruinenstätte des antiken Lachis, entdeckte man viele und eindrückliche Spuren, die die Assyrer bei ihrer Belagerung, Erstürmung und Zerstörung der Stadt zurückgelassen haben. So fanden sich zahlreiche Schleudersteine, eiserne Pfeilspitzen, bronzene Schuppen von Panzern und sogar ein Helmschmuck; auch die Reste der gewaltigen, etwa 60 m breiten und 16 m hohen Belagerungsrampe, die die Assyrer gegen die Südwestecke der Umfassungsmauer hochgebaut hatten, konnten freigelegt werden. Gefunden haben die Ausgräber zudem Skelettreste von etwa 1500 Opfern. Sie stammen von Männern und Frauen aller Altersgruppen, und allem Anschein nach haben die Uberlebenden die Leichen hastig und notdürftig in einigen Höhlen bestattet. Lachis war nur eine von sechsundvierzig Städten, die Sanherib seinen eigenen Angaben zufolge erobert haben will, und die Einwohner von Lachis teilten das Schicksal der Deportation mit Tausenden von Judäern. Die Gesamtzahl der Deportierten gibt Sanherib mit 200150 an; doch ist dies eine überhöhte Ziffer, die sich angesichts jüngst vorgenommener Schätzungen der Einwohnerzahl Judas nicht halten läßt. Hiskia (Hazaqyahu.) wurde vom assyrischen Heer in seiner Hauptstadt Ursalimmu „wie ein Vogel in einem Käfig" eingeschlossen.

Assyrien, Babylonien und die Levante von Sanherib

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Mit allen ihm zur Verfügung stehenden technischen Mitteln und mit Ansprachen, die Jerusalems Einwohner demoralisieren sollten, versuchte Sanheribs General, den Widerstand der Stadt zu brechen (vgl. Jes. 36-37). Die Stadt blieb durch ein Wunder verschont, und Sanherib mußte die zur Belagerung eingesetzten Truppen unverrichteter Dinge wieder abziehen. So blieb es auch Ägypten erspart, die vollen Konsequenzen aus seiner Niederlage bei Eltheke tragen zu müssen. Die Version, die Sanherib selbst über die Vorgänge gibt, berichtet, Hiskia habe später schweren Tribut nach Ninive gesandt. Westliche Teile des judäischen Staatsgebiets teilten die Assyrer ihren philistäischen Vasallen Asdod, Ekron (unter Padi) und Gaza zu, da sich diese am Aufstand nicht beteiligt hatten, sondern loyal geblieben waren. Die assyrische Politik folgte dabei dem bewährten Prinzip des divide et impera. Der Widerstand in Syrien-Palästina war nun endgültig gebrochen; nur noch sporadisch und vor allem in Phönizien kam es zu Revolten, denen aber allesamt kein Erfolg beschieden war. Sanheribs Feldzug gegen Juda im Jahr 701 v. Chr. stellt einen chronologischen Eckpfeiler in der judäischen Geschichte dar. Er hat noch an Bedeutung gewonnen, nachdem ägyptische Quellen belegen, daß Taharka damals bereits alt genug war, um den Posten eines Generals zu bekleiden (s.o. VII.6). Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, daß es keinerlei Hinweis auf einen späteren, zweiten Feldzug Assurs gegen Juda gibt. Für die im Alten Testament vorausgesetzte Chronologie hat dies freilich Konsequenzen. Denn wenn Hiskia im dritten Jahr Hoseas seine Regentschaft antrat (2. Kön. 18,9, ca. 728 v. Chr.), dann muß er nach einer Regierung von neunundzwanzig Jahren um 700 v. Chr. gestorben sein (2. Kön. 18,2). Sein Tod erfolgte kurz nach Sanheribs Rückzug, der deshalb nicht wie in 2. Kön. 18,23 vorausgesetzt in seinem vierzehnten Regierungsjahr stattgefunden haben kann. Nach einem kurzen Interregnum folgte um 697 v. Chr. auf Hiskia der junge Manasse, der ein assyrischer Vasall war und blieb. Der ehrgeizige und begabte Sanherib hatte 701 v.Chr. Ninive zu seiner Residenz gemacht, wo er einen riesigen, mit Stierkolossen und Reliefs reich geschmückten Palast besaß. Um Ninive gut mit Wasser zu versorgen, hatte Sanherib einen Fluß über einen großen Aquädukt umleiten lassen, und diese Installation wurde auch benutzt, um die Baumwollsträucher zu bewässern, die der König importiert und in Gärten hatte anpflanzen lassen. Im Jahr 681 v. Chr. wurde Sanherib von seinem Sohn Ardamulissi ermordet41.

41 Jes. 37,38 spricht von zwei Söhnen, von denen einer Adrammelech genannt wird. Dabei handelt es sich um eine zurechtgestutzte Wiedergabe des ungewöhnlichen Namens, den der assyrische Prinz trug und für den erst seit kurzem ein inschriftlicher Beleg vorliegt.

268 7.2 Asarbaddon

Der Vordere Orient und Ägypten (9.-7. Jh. v. Chr.)

(681-669

v.Chr.)

Es folgten einige Monate Bürgerkrieg, bevor Sanheribs Sohn Asarhaddon den Thron besteigen konnte. Orakel hatten ihn zum König bestimmt, und gewiß hatte auch seine Mutter, die aramäische Prinzessin Zakütu/Naqia, das Ihrige dazu beigetragen, um ihren Sohn auf den Thron zu bringen. Solange Asarhaddon regierte, war die assyrische Herrschaft nicht mehr ernsthaft gefährdet, auch wenn sich hier und da Probleme einstellten. Die Beziehungen mit Elam, mit den mächtigen aramäischen Gambulu und mit den arabischen Stämmen gestalteten sich alles in allem friedlich. Unter ihrem König H u m banhaltasch II. machten die Elamer einen Uberfall auf Nordbabylonien, den die Assyrer aber zurückschlugen. Nachdem in Elam Urtak die Herrschaft übernommen hatte, wurden die freundschaftlichen Beziehungen mit Assyrien wieder aufgenommen und durch einen Friedensvertrag ( t ü b u u sulummu) besiegelt. Was Babylonien betraf, so brach Asarhaddon vollständig mit der antibabylonischen Politik seines Vaters, die in der Zerstörung Babylons ihren Gipfel gefunden hatte. Es war Asarhaddons erklärte Absicht, die Stadt Babylon als politisches und wirtschaftliches Zentrum wiedererstehen zu lassen. Darüberhinaus war es sein Ziel, normale und ruhige Zustände in Babylonien herbeizuführen, damit Assyrien in Frieden mit seinem südlichen Nachbarn leben konnte. Asarhaddons Vorhaben barg einige Risiken in sich, und stieß offenkundig auch in Assyrien nicht überall auf Zustimmung; dafür mußte der Boden erst noch vorbereitet werden. Das tat Asarhaddon in seinen Bauinschriften, in denen er Gründe für den Wiederaufbau Babylons nannte: Marduk habe Mitleid mit seiner Stadt, und in seiner Barmherzigkeit habe er die beiden Zahlzeichen, mit denen die Dauer von Babylons Verwüstung auf 70 (60 + 10) Jahre festgesetzt sei, umgedreht, womit sich die Zahl 11 (10 + 1) ergebe. Beim Wiederaufbau der Stadt spielten aber auch noch andere Faktoren mit: Es ergingen entsprechende Omina, der Eindruck, den Sanheribs gewaltsamer Tod hinterlassen hatte, spielte eine Rolle, und zudem gab es in Assyrien eine probabylonische Partei, die Asarhaddons Projekt unterstützte 42 . Auch der allgemeine Respekt, den man in Assyrien Babylon als kulturellem und religiösem Zentrum entgegenbrachte, ist in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen. Eine gattungsmäßig einzigartige Inschrift berichtet, daß Asarhaddon mit seiner Entscheidung, Babylon wiedererstehen zu lassen, den letzten Willen seines Vaters Sanherib vollstrecke. Sanheribs Geist sei ihm in einer Traumvision erschienen und habe ihm den entsprechenden Auftrag gegeben. In dem Text wird auch vor assyrischen Astrologen gewarnt, die sich dem Vorhaben in den Weg stellen, und es wird als warnendes Beispiel auf die „Sünde Sargons (II.)" verwiesen, der einen bei Marduk

42 Diese Partei hat möglicherweise auch schon mitgeholfen, Asarhaddon auf den Thron zu heben und die Verhältnisse zu Beginn seiner Regierung zu stablisieren.

Assyrien, Babylonien und die Levante von Sanherib

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geschworenen Eid gebrochen und (deshalb) ein gewaltsames Ende genommen habe. Nachdem Asarhaddon seine Macht gefestigt hatte, ging er tatkräftig an die Verwirklichung seines Vorhabens. Der Euphrat wurde in sein altes Flußbett zurückgeleitet, und die Stadt Babylon und ihre Tempel wurden wieder aufgebaut. Die nach Assyrien und Elam deportierten Götterstatuen kehrten in ihre Stadt zurück, und eine neue Mardukstatue wurde geweiht. Auch die Exilierten durften nun wieder in ihre Stadt einziehen, wurden mit dem Lebensnotwendigen versehen, erhielten ihre Bürgerrechte zurück, und der Handel wurde stimuliert. Die Verhältnisse im Land blieben trotzdem instabil, aber immerhin kam es zu keinen größeren militärischen Auseinandersetzungen. Asarhaddons Politik war nicht in allen babylonischen Städten und Stämmen willkommen; denn es bestanden durchaus regionale Rivalitäten. Die politische Zersplitterung Babyloniens war daran schuld, daß auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet stets Konkurrenz herrschte, die dadurch noch zusätzlich verstärkt wurde, daß einzelne Gruppen und Orte unterschiedlich und schwankend auf die Macht und den Einfluß reagierten, den die Assyrer im Lande ausübten. So waren die chaldäischen Stämme grundsätzlich antiassyrisch eingestellt, auch wenn es manchmal vorkam, daß einzelne Stammesoberhäupter mit den Assyrern zusammenarbeiteten. Eine proassyrische Haltung nahmen dagegen einige alte Städte wie Nippur und Ur ein. Im tiefen Süden, im „Meerland", erlöschte im chaldäischen Bit-Jakin niemals der Wunsch, sich vom assyrischen Joch zu befreien. Während Asarhaddons Regierung hatte dieser Wunsch im „König" von Bit-Jakin, einem Sohn Merodachbaladans, Gestalt angenommen, und wie gewöhnlich konnte dieser Wunsch mit der Unterstützung Elams rechnen. Insgesamt mußten die assyrischen Truppen zwischen 680 und 674 v. Chr. viermal militärisch in Babylonien eingreifen, weil lokale Konflikte, besonders in der Umgebung von Ur, Uruk und Nippur, sich nur mit Waffengewalt lösen ließen. Auch den Osten durften die Assyrer nicht aus den Augen lassen. Im Zagros tauchten die Skythen {A/Ischguzai) auf und leisteten zusammen mit Medern und Mannäern den Assyrern um 673 v. Chr. Widerstand. Im Norden regten sich die von den Skythen so gut wie nicht unterscheidbaren und bisweilen als „Westskythen" bezeichneten Kimmerier, nachdem sie die Urartäerkönige Rusa I. und Argisti II. geschlagen (707 v. Chr.) und nach dem Tod des Königs Midas um 695 v. Chr. die Auflösung des phrygischen Reichs verursacht hatten. Im Jahr 677 v. Chr. besiegte Asarhaddon die Kimmerier unter ihrem König Teuschpa. Noch im selben Jahr zog das assyrische Heer in die Levante und rückte bis nach Philistäa und bis zur ägyptischen Grenze vor. Trotzdem rebellierte kurz danach Sidon unter Abdimilkutti, wobei es von Taharka aus Ägypten (moralische) Unterstützung erhielt. Den Aufstand, der sich gegen die assyrische Einmischung in Sidons Handel richtete, schlugen die Assyrer brutal nieder, und damit war das Ende Sidons als unabhängigem Staat gekommen. Die zu ihm gehörenden Städte im Norden wurden Tyrus zugeteilt, das restliche Ter-

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ritorium in eine assyrische Provinz umgewandelt. Das neu gegründete Verwaltungszentrum in der Provinz wurde die Hafenstadt Kar-Äsarhaddon, die es den Assyrern ermöglichte, nun die Handelsgeschäfte in eigener Regie zu führen. Die Stadt entstand sehr rasch; denn „die zweiundzwanzig Könige von Hatti", die Assurs Oberherrschaft anerkannten, mußten für die Errichtung von Kar-Asarhaddon Zwangsarbeiter zur Verfügung stellen. Die Assyrer nahmen die Dienste von zehn Fürsten von Zypern (Jadnana) in Anspruch, die meist griechische Namen hatten und unter anderem Idalion, Salamis, Thamassos und Karthago vertraten. Hinzu kamen die Dienste von zwölf Königen des Festlandes, an deren Spitze Ba'lu I. von Tyrus und Manasse (Me-na-si-i) von Juda standen, es folgten die Herrscher von Ammon, Moab, Edom, Byblos und von den Philisterstädte. Um 676 v.Chr. Schloß Asarhaddon einen Vasallenvertrag mit Ba'lu I. von Tyrus (SAA II, 24-27 Nr. 5; TUAT I, 158 f.), in dem Schiffahrts- und Handelsangelegenheiten geregelt wurden. Dabei ging es zum einen um das assyrische Recht auf gestrandete Schiffe und zum anderen um das Recht Tyrus', Wege und Hafeneinrichtungen im Süden bis nach Akko und Dor sowie im Philisterland und im Norden entlang der phönizischen Küste nutzen zu dürfen. Der Vertrag wurde mit feierlichen Eiden besiegelt, wobei auch die tyrischen Gottheiten Ba'aläamem, Ba'almalage, Ba'al-Sapön, Melqart, Eschmun und Astarte angerufen wurden. Daß die Assyrer den Handel von Tyrus kontrollierten und ein gegen Ägypten gerichtetes Embargo erzwangen, rief die Opposition auf den Plan. Nach den Ereignissen des Jahres 674 v. Chr., als Asarhaddon nahe bei Ägyptens Grenze eine Schlacht gegen Taharka verloren hatte, brach in Tyrus ein Aufstand aus, der von Ägypten unterstützt wurde. Erst 671 v.Chr. ging Asarhaddon dann gegen das aufständische Tyrus vor und begann, die Stadt zu belagern. Uber Askalon zog er weiter nach Ägypten, wo er diesmal Taharka besiegte. Tyrus, das bislang der Belagerung standgehalten hatte, hatte nun, nachdem Assur auch noch Ägypten beherrschte, allen Grund, die Belagerung durch seine Unterwerfung zu beenden. Ba'lu I. bat um Gnade, und diese wurde ihm bewilligt. Die Stadt mußte aber ihr Gebiet auf dem Festland abtreten, das dann später Assurbanipal in eine assyrische Provinz umwandelte. Als Taharka ein Jahr nach Asarhaddons Sieg rebellierte, brach der assyrische König erneut nach Ägypten auf, starb aber unterwegs (669 v.Chr.).

7.3 Assurbanipal (669-627 v. Chr.) Asarhaddons Sohn Assurbanipal konnte ohne Probleme die Nachfolge seines Vaters antreten. Da Asarhaddon aus eigener Erfahrung wußte, wie schwierig sich der Thronwechsel vollziehen konnte, hatte er vorgesorgt. Schon zu einem frühen Zeitpunkt hatte er verfügt, daß sein Sohn Assurbanipal auf den Thron Assurs und sein anderer Sohn Schamaschschumukin auf den Thron Babylons kommen sollte. Die Ernennung Assurbanipals zum Kronprinzen wurde offiziell vollzogen, indem Fürsten, der Hofstaat, hohe Beamte und Va-

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sallen mit ausführlichen und feierlichen Treueiden (ade) auf ihn verpflichtet wurden 43 . In aller Breite ist dies auch in den 672 v. Chr. mit einigen, vielleicht als königliche Gardeoffiziere in Ninive lebenden, medischen Fürsten geschlossenen sogenannten „Vasallenverträgen" Asarhaddons belegt, die in Kalchu entdeckt wurden. Der gesamte Text ist darauf ausgerichtet, die Treue des Vasallen gegenüber dem König und dem designierten Kronprinzen zu sichern, dessen Thronbesteigung der Vasall auf jede nur denkbare Weise fördern und unterstützen mußte (RTAT 153-155; TUAT I, 160-177; SAA II, 28-58 Nr. 6). Die besondere Zielsetzung dieser „Verträge" bringt es mit sich, daß man Vorsicht walten lassen muß, wenn man sie als Modell für „den" assyrischen Vasallenvertrag benutzen will. Als solcher bietet sich der bereits erwähnte (s.o. VII. 72), leider schwer beschädigte Vertrag mit dem König von Tyrus sehr viel eher an. In der Einleitung zu der neuen Ausgabe aller „Vertragstexte" in SAA II, xv-lv, wird dargelegt, daß die Gruppe der „Treueide" und die der eigentlichen „Verträge" aus verschiedenen Typen von Vereinbarungen bestehen, die unter verschiedenen Umständen und für verschiedene Zwecke getroffen wurden. So sind etwa bilaterale und uniliterale Verträge zu unterscheiden, ebenso Bündnispakte, Verträge mit exilierten ausländischen Fürsten und solche mit unterworfenen Feinden. Die Assyrer waren sehr geschickt, indem sie diese vielseitige Gattung als ein mannigfaltig einsetzbares politisches Instrument zur Sicherung offizieller Beziehungen gebrauchten. Gleich nach seiner Thronbesteigung ging Assurbanipal daran, die unterbrochene Eroberung Ägyptens zu Ende zu führen. Zwischen 667 und 664 v. Chr. konnte er die assyrische Oberherrschaft bis nach Theben durchsetzen (vgl. die Reminiszenz in Nah. 3 , 8 ff.), womit sein Reich seine größte Ausdehnung erreichte. Um 660 v. Chr. begann freilich die assyrische Macht in Ägypten zu schwinden, und um 658 v.Chr. konnte Psammetich I. die formelle Ablösung von Assur vollziehen (s.o. VII.6). In der Levante sah sich Assurbanipal nur wenigen Problemen gegenüber, da sein Vater Asarhaddon dieses Gebiet befriedet hatte. Nur der unruhige Ba'lu I. von Tyrus versuchte zu rebellieren (668/7 v. Chr.); doch fiel der Aufstand rasch in sich zusammen, als die Assyrer Tyrus belagerten. Assur behielt auch Juda während der langen Regierungszeit Manasses 44 (697-642 v. Chr.) fest im Griff. Die Loyalität des judäischen Königs war durch einen Vasallenvertrag abgesichert, und zusätzlich hielten sich assyrische Soldaten, Beamte und Spitzel im Land auf. Zu derartigen „Leuten mit fremder Zunge" ([es. 28,11; 33,19) gehörten zweifellos auch Kaufleute, die aus den friedlichen Beziehungen mit Ägypten Profit schlugen. 2. Chr. 33,10-13 enthält den Bericht über eine merkwürdige Episode aus Manasses Regierung: Die Heerführer des assyrischen Königs seien gekommen, hätten Manasse mit Haken gefangen, in eherne Fesseln gelegt und nach Babylon (!) gebracht, wo 4 3 Vgl. den Treueid, den die Königin Zakütu, die Gemahlin Sanheribs und Mutter Asarhaddons, zugunsten ihres Enkels Assurbanipal schwören lies, SAA II, 6 2 - 6 4 Nr. 8. 4 4 In assyrischen Inschriften kommt Manasse sowohl als Me-na-si-i wie auch als Mi-in-se-e vor.

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sich der judäische König zu Gott bekehrt habe, woraufhin Manasse nach Jerusalem habe zurückkehren dürfen. Da weder die assyrischen Quellen noch weitere alttestamentliche Texte über den Vorfall etwas verlauten lassen, läßt sich für ihn kein Datum angeben. Manche Ausleger wollen eine Verbindung mit der Rebellion in Tyrus herstellen, die Juda unterstützt habe, andere vermuten einen Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg, der von 652 bis 648 v.Chr. zwischen Assyrern und Babyloniern ausgefochten wurde 45 ; doch läßt sich weder die eine noch die andere These beweisen. Das im 2. Königsbuch (Kap. 21) von Manasse entworfene Bild weist mit nichts darauf hin, daß der König eine wechselhafte Politik betrieben oder sich bekehrt habe, und so sind Zweifel an der historischen Glaubwürdigkeit des in 2. Chr. 33,10-13 Berichteten angebracht. Im Norden und Osten entwickelten sich die Verhältnisse für Assur günstiger. In diesem Bereich spielten die Skythen und Meder eine wichtige Rolle, einen nicht zu unterschätzenden Faktor stellten außerdem die Kimmerier dar. Nachdem die Assyrer zunächst gegen die Skythen vorgegangen waren, schlossen sich beide um 670 v. Chr. zusammen, was auch bedeutete, daß den von Medern und Mannäern südlich des Urmiasees verfolgten Zielen erst einmal ein Riegel vorgeschoben war. Im Jahr 653 v. Chr. schlugen die Assyrer die Meder. Diese hatten sich unter ihrem König Phraortes (Kascbtarite, ca. 675-653 v.Chr.) mit den Kimmeriern verbündet; doch fiel Phraortes im Kampf gegen die Assyrer. Die Perser, die damals von Kyros I. aus dem Geschlecht der Achämeniden regiert wurden, waren die Nutznießer dieser Entwicklung und konnten sich bis 625 v. Chr. die Herrschaft über Medien aneignen. In diesem Jahr befreite Kyaxares II. 4 6 sein Land, was für Assur noch unheilvolle Folgen nach sich ziehen sollte. Als die Kimmerier in Kleinasien aktiv wurden, sah sich Gyges von Lydien um 664 v.Chr. gezwungen, die Assyrer um Hilfe zu bitten, wie dies später dann auch Rusa III. von Urartu (ca. 660-645 v.Chr.) tun sollte. Als freilich Gyges um 658 v.Chr. das Bündnis mit den Assyrern aufkündigte, um mit den Ägyptern gemeinsame Sache zu machen, und als dann auch noch die Kimmerier und Assyrer einen Nichtangriffspakt schlossen, wurde die Situation für Lydien kritisch. Um 645 v. Chr. wurde Sardes von den Kimmeriern unter Tugdamme (Lygdamis) erobert, und Gyges fiel in der Schlacht. Die Kimmerier drangen nun bis nach Ephesus vor. Später kam es erneut zum Zusammenstoß mit den Assyrern, die inzwischen in Gyges' Sohn einen Verbündeten gefunden hatten. Um 640 v. Chr. bereitete Assurbanipal der Bedrohung durch die Kimmerier ein für allemal ein Ende. In diesem Jahr bat sogar Sandahschatru, Tugdammes Sohn, die Assyrer um Hilfe, und Sarduri III. von Urartu (644-625 ν. Chr.) folgte seinem Beispiel. Kurz nach 640 v.Chr. sah es so aus, als seien für die Assyrer alle Probleme im Norden und Osten gelöst.

2. Chr. 3,11 gibt als Ort, an den Manasse verschleppt wurde, Babylon (!) an. In assyrischen Inschriften erscheint der Name Kyaxares als Uwakischtar. Ein Vorgänger gleichen Namens war ein Zeitgenosse der assyrischen Könige Sargon II. und Sanherib. 45

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Im Süden, in Elam und in Babylonien, hatte Assurbanipal mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen. Der 674 v. Chr. mit Elam geschlossene Frieden hielt nur zehn Jahre lang. Danach, im Jahr 664 v.Chr., fiel der Elamerkönig Urtak von den Gambulu unterstützt in Babylonien ein. Er wurde zwar besiegt; doch sein antiassyrisch eingestellter Nachfolger Te'umman bedeutete wiederum eine Gefahr. Die assyrische Reaktion ließ zehn Jahre lang auf sich warten. 653 v. Chr. stießen die Assyrer bis nach Elam vor und töteten Te'umman. Assurbanipals Annalen enthalten einen Bericht über die Ereignisse, und bildlich sind sie mit vielen Details in einer berühmten Serie von Palastreliefs festgehalten. Te'umman wurde durch einen der elamischen Prinzen ersetzt, die am assyrischen Hof Zuflucht gefunden hatten. Nachdem Assurbanipal die Meder und Elamer unterworfen hatte, schien die assyrische Oberherrschaft im Süden gesichert; doch nun brach in Babylonien ein Bürgerkrieg aus. Auf Babylons Thron saß Schamaschschumukin, Assurbanipals (älterer?) Bruder, und er entfachte im Jahr 652 v.Chr. die Rebellion gegen Assyrien. Seine untergeordnete Position mißfiel ihm; denn er war durch einen Treueid seinem Bruder unterstellt, und in militärischen und außenpolitischen Angelegenheiten hatte er keine Entscheidungsbefugnis, sondern war an Weisungen aus Assur gebunden. Gewiß empfand er auch die assyrische Einmischung in lokale politische und religiöse Dinge als Schmälerung seiner Macht. Diese Unzufriedenheit des Königs fügte sich mit der im Lande verbreiteten antiassyrischen Stimmung zu einem explosiven Gemisch zusamen, das „den großen Aufstand" auslöste. Die meisten Städte in Mittelsowie Nordbabylonien, die Mehrzahl der aramäischen und chaldäischen Stämme, Elam und einige arabische Stämme47 unterstützten Schamaschschumukin. Die Assyrer reagierten rasch und wirksam. Nach heftigen Kämpfen in Nordbabylonien 48 konnten sich die Aufständischen schon bald nur noch in einigen wenigen großen Städten halten (Borsippa, Kutha, Sippar und Babylon), die dann 650 v. Chr. belagert wurden. Im Süden mußten sich die Assyrer hauptsächlich mit den chaldäischen Stämmen auseinandersetzen, deren Angehörige sich zum Teil in Städten niedergelassen hatten. Das Hauptproblem stellten für die Assyrer die Stämme im „Meerland" dar49, die stets mit Unterstützung aus Elam rechnen konnten und die in Elam auch einen stets für sie offenen Zufluchtsort besaßen. Es kam zum heftigen Kampf, und einige proassyrische Städte wie Uruk und Ur durchlebten schwere Zeiten. Seit 650 v. Chr. gewannen die Assyrer nach und nach die Kontrolle zurück, da einige der Chaldäerstämme die Fronten wechselten50, wodurch der Chaldäer-

47 Der Stamm Kedar allerdings, dessen König Abijate' kurz zuvor einen Vasallenvertrag (SAA II, 68 f. Nr. 10) mit Assyrien eingegangen war, schloß sich der Rebellion nicht an. 48 Bereits im Jahr 651 v.Chr. wurde Nippur erobert. 49 Besonders aktiv war der Stamm Blt-Jakin, dessen Oberhaupt Nabubelschumate ein Enkel Merodachbaladans war. 50 Einer der Verträge, die Assurbanipal damals mit ihnen schloß, ist in SAA II, 64-68 Nr. 9, veröffentlicht.

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fürst Nabubelschumate in die Isolation geriet. Im Frühherbst des Jahres 648 v. Chr. nahmen die Assyrer Babylon ein, und Schamaschschumukin kam in den Flammen der brennenden Stadt um. Damit hatte der assyrisch-babylonische Bürgerkrieg sein Ende gefunden. Die vollständige Kontrolle über den Süden konnten die Assyrer 646 v. Chr. herstellen, als Nabubelschumate starb und die assyrische Armee bis nach Elam vorstieß. Sie eroberte und plünderte die Hauptstadt Susa, nachdem der hier regierende König Humbanhaltasch III. geflohen war. Die iranischen Fürsten der umliegenden Länder erwiesen nun dem assyrischen Eroberer ihre Ehrerbietung. Zu ihnen gehörte auch ein gewisser „Kurasch, König von Parsumasch", das im zentralen Zagrosgebirge in der Gegend von Kermanschah lag. König Kurasch sandte seinen Tribut zusammen mit seinem Sohn Arukku nach Ninive. Schon seit längerer Zeit identifizierte man Kurasch von Parsumasch mit seinem Namensvetter, dem König von Anschan, der ein Sohn des Teispes und der Großvater des berühten Perserkönigs Kyros II. war, der Babylon eroberte. Diese Gleichsetzung wurde inzwischen zwar als unwahrscheinlich aufgegeben; doch die Eroberung und Plünderung Susas durch die Assyrer hatte dennoch weitreichende Folgen für die künftige politische Entwicklung in Chuzistan und in Fars im Südwesten des Irans, worauf später noch zurückzukommen ist. Der vakante Thron in Babylon wurde durch Kandalanu (647-627 v. Chr.) besetzt, über dessen Herkunft und politische Laufbahn nichts bekannt ist. Man hat in ihm oft Assurbanipal selbst vermutet, da er und Kandalanu anscheinend im selben Jahr starben. Assurbanipal hätte dieser These zufolge Kandalanu für sich als babylonischen Thronnamen gewählt; wahrscheinlicher ist aber, daß die Assyrer einen Vasallenkönig ernannten. Unter Kandalanus Regierung erholte sich Babylonien allmählich wieder von den Kriegsschäden. Zu Assurbanipals späteren Jahren bis 627 v. Chr. liegen kaum schriftliche Quellen vor. Da die Archive für die Jahre nach 645 v. Chr. nicht entdeckt wurden, fehlen für diesen Zeitabschnitt Annalen, und auch der Eponymenkanon bricht 648 v.Chr. ab. Den Ruhm Assurbanipals schmälert dies aber keineswegs; denn er beruht weniger auf seinen politischen Fähigkeiten oder seinen militärischen Siegen als vielmehr auf seinen Leistungen auf kulturellem Gebiet. Sein Name bleibt für alle Zeiten mit der „Bibliothek Assurbanipals" verbunden, einer umfangreichen, aus tausenden literarischen, wissenschaftlichen und historischen Texten bestehenden Sammlung, die seit 1849 bei den Ausgrabungen in Ninive entdeckt wurde. Was wir über die spätere, „kanonische" Literatur Babyloniens wissen, verdanken wir in erster Linie dieser Bibliothek, und sie lieferte auch den Schlüssel zur Entzifferung der Keilschrift und zur Entdeckung der mesopotamischen Kultur. Der Kernbestand der Bibliothek wurde im Nordwestpalast in Ninive entdeckt, der früher als „Palast der Nachfolge" genutzt wurde, in dem die Kronprinzen residierten. Assurbanipal ließ das Bauwerk restaurieren, und im Jahr 645 v. Chr. fand seine feierliche Einweihung statt. Die hier gefundenen Tausende von Keil-

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schrifttafeln mit literarischen und wissenschaftlichen Texten sind ein Teil des „Stroms der Tradition"; die Bibliothek enthielt aber auch Dokumente aus früheren königlichen Kanzleien, darunter Briefe, Verwaltungs- und Gesetzesdokumente, Schenkungsurkunden und Erlasse, die ihrer dokumentarischen Bedeutung wegen hier aufbewahrt wurden. Der König, der sich damit brüstete, daß er die Keilschrift lesen und schreiben könne und dessen historische Inschriften sich durch ihre literarische Qualität auszeichnen, hatte ganz bewußt versucht, eine repräsentative Auswahl aus der schriftlichen Uberlieferung zu treffen. In seine Sammlung nahm er auch einige ältere Palast- und Tempelbibliotheken auf, und er sandte seine Schreiber aus, damit sie alles, was wichtig war, auffinden und kopieren konnten. Auch nach der Eroberung Babylons konfiszierte er umfangreiche Bestände. Aufstellungen, in denen diese letzten Erwerbungen für die Bibliothek detailliert verbucht sind, geben auch an, woher die Schrifttafeln stammen. Aus diesen Aufzeichnungen geht zudem hervor, daß die Bibliothek Hunderte von „Kodizes" umfaßte, das heißt mit Wachs überzogene Klapptafeln, die mehrfach beschrieben werden konnten und die le'u, „Brett", genannt wurden. Leider hat von ihnen kein Exemplar die Zeiten überdauert. Die „Bibliothek Assurbanipals" wurde nach ihrer Bergung ins Britische Museum nach London gebracht und ist hier ein Teil der sogenannten „K(uyunjik)-Collection", deren Name sich von der modernen Bezeichnung des Fundorts ableitet. Die Sammlung im Britischen Museum enthält auch Bibliotheks- und Kanzleitexte, die an anderen Stellen in Ninive ausgegraben wurden, im Südwestpalast oder auch Palast Sanheribs und im Nabutempel. Berühmt ist Assurbanipal auch wegen seiner Reliefs. Sie schmückten sowohl den „Palast Sanheribs", in dem der König wohnte, bis sein eigener Palast fertiggestellt war, als auch den Nordwestpalast. Auf den Reliefs sind Szenen aus Assurbanipals Feldzügen festgehalten, etwa seine Kämpfe mit den Elamern oder Schlachten in Ägypten. Auch das schreckliche Schicksal der Besiegten haben die Künstler auf ihren Reliefs wiedergegeben. Gewiß sollten damit ausländische Herrscher und Gesandte beeindruckt werden; denn wenn sie den Thronsaal betraten, um sich vor dem König zu zeigen, konnten sie gerade diese Szenen nicht übersehen. Einen Reliefschmuck eigener Art besaß der Nordpalast, dessen Thema die königliche Löwenjagd war. Die Reliefs sind mit viel Gespür für den dramatischen Moment gestaltet, und sie dokumentieren die genaue Beobachtungsgabe der Künstler ebenso wie ihr Geschick, mit dem sie ihre Nachzeichnungen in den Stein meißelten.

7.4 Assyriens Ende (627-609 v. Chr.) Nach Assurbanipals Tod brach zwischen den Prinzen Assuretililani sowie Sinscharischkun und dem mächtigen General Sinschumlischir der Kampf um die Nachfolge aus. Bislang ist noch kein Konsens darüber erreicht, wie dieser Bürgerkrieg sachlich und zeitlich ablief. Er fand mit wechselnden Fronten vor

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allem in Babylonien statt, wo assyrische Garnisonen und Generäle einmal für die eine, einmal für die andere Seite Partei ergriffen. Auch der Chaldäer Nabopolassar war stark in die Auseinandersetzungen involviert. Fest steht, daß Nabopolassar im Jahr 626 v. Chr. in Babylon zum König gekrönt wurde 51 , und sicher ist auch, daß nach dem Tod seiner Konkurrenten (ca. 623 v. Chr.) Sinscharischkun als einziger König in Assyrien übrig blieb (623-612 v.Chr.). Die Kampfhandlungen rund um die zeitweilig proassyrisch eingestellten Städte Uruk und Nippur, in denen assyrische Truppen stationiert waren, weiteten sich zum Machtkampf zwischen Nabopolassar und Sinscharischkun aus. Der Kriegserfolg wechselte mehrfach die Seite; doch um 620 v. Chr. erlangten die Babylonier die Oberhand. Wie sich der Krieg auf die daran beteiligten Städte auswirkte, läßt sich beispielhaft Urkunden aus Nippur entnehmen. Sie sind in die Zeit datiert, „als das Stadttor geschlossen war", und zeichnen ein anschauliches Bild von der Not, die in der belagerten Stadt herrschte. Der Verlauf des Krieges läßt sich zusätzlich zu Dokumenten, die nach Königen datiert sind, besonders gut mit Hilfe der Babylonischen Chronik verfolgen. Allerdings enthält diese Quelle vom vierten bis neunten Regierungsjahr Nabopolassars eine Lücke. Der Text setzt im Jahr 616 v.Chr. wieder ein, als Nabopolassar ganz Babylonien unter seine Herrschaft gebracht hatte und den Kampf gegen Assyrien begann. Trotz mancher Anfangserfolge der Babylonier wurde ihr Vormarsch entlang des Euphrat im Jahr 616 v. Chr. erst einmal von einer von Assyrern und Ägyptern gemeinsam durchgeführten Aktion gestoppt. Im Jahr 615 v.Chr. konnte Nabopolassar aber von Osten her kommend über Kirkuk bis zur Stadt Assur vordringen, wurde hier aber zurückgedrängt. Assurs Schicksal wurde dennoch in diesem Jahr besiegelt; denn nun tauchten auch noch die von Kyaxares II. (Uwakischtar; Uwarkhascbatra) angeführten Meder auf, die sich um 625 v. Chr. vom skythischen Joch befreit hatten. 614 v.Chr. eroberten die Meder Assur, und die zu spät gekommenen Babylonier verbündeten sich mit den Medern. Danach, im Jahr 612 v. Chr., fiel Ninive bei einem von Medern und Babyloniern gemeinsam unternommenen Angriff nach schweren Kämpfen. Ninive wurde verwüstet und sollte fortan in der Geschichte keine Rolle mehr spielen. Sinscharischkun wurde getötet, aber der geflohene Assuruballit II. (612-609 v. Chr.) konnte sich noch einige Jahre lang in Harran behaupten. Es nützte nichts, daß Ägypten Assur unterstützte; die babylonischen und medischen Truppen nahmen 610 v. Chr. die Stadt ein und erstickten im darauffolgenden Jahr deren letzte Abwehrversuche. Damit war ein großes Imperium ausgelöscht. Während der letzten Jahrhunderte seines Bestehens, die oft auch als die Zeit der pax assyriaca bezeichnet werden, hielten sich politische sowie militärische Erfolge und die kultu-

51 Einen Bericht über die Krönungsfeierlichkeiten enthält das fragmentarische sogenannte ,Nabopolassar-Epos".

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relle Entwicklung die Waage. Zugleich förderte die assyrische Politik eine stetig fortschreitende Aramaisierung. Auf dem Gebiet der Religion ist neben einem sich ausweitenden Synkretismus auch Unsicherheit zu spüren, die sich besonders bei einigen assyrischen Königen zeigte, allen voran bei Asarhaddon. Die Herrscher suchten nach göttlicher Leitung und Beistand, sie fürchteten sich vor unheilvollen Mächten und Einflüssen, sie waren abergläubisch und fragten besorgt, was ihnen die Zukunft bringen werde. Seinen Niederschlag fand dies alles zum einen in einer nicht enden wollenden Flut alarmierender oder beruhigender Informationen über alle möglichen, meist am Himmel erscheinende Vorzeichen, von denen Gelehrte den Hof in Kenntnis setzten, und zum anderen in den entsprechenden Maßnahmen, denen sich die Herrscher in oft langwierigen, rituell-magischen Prozeduren unterziehen mußten. Dabei konnte es sich um apotropäische Zeremonien handeln, um umständliche Reinigungsriten (bit nmki), um Praktiken der weißen Magie und um Beschwörungsgebete. Die Institution des Ersatzkönigs (sar puhi) nahm unter allen diesen Mitteln einen Spitzenplatz ein: Fand eine totale Mondfinsternis statt, dann übernahm ein Ersatzkönig den Thron, während der König hundert Tage lang inkognito verbrachte, um so mögliches Unheil von sich auf den Ersatzkönig zu lenken. Bekannt sind außerdem zahlreiche, hauptsächlich an den Gott Schamasch gerichtete Orakelanfragen („queries to the Sungod"), ferner Gebete, verschiedene astrologische Berichte und Prophezeiungen, die mehrheitlich von Propheten und Prophetinnen übermittelt wurden, die im Dienst der assyrischen Kriegsgöttin Ischtar von Arbela standen. Unter Einsatz aller dieser Mittel versuchten sich die Könige Sicherheit, Ermutigung und Trost zu verschaffen. Genährt wurden die königlichen Zweifel etwa dann, wenn sie sich Verfehlungen bewußt waren und deshalb ein Schicksal auf sich zukommen sahen, wie es die Könige Sargon II. und Sanherib getroffen hatte. Natürlich lebten die Herrscher auch in der ständigen Angst vor Intrigen und vor Verschwörungen, wie noch 670 v. Chr. eine gegen Asarhaddon stattgefunden hatte, und außerdem drohten stets und überall im Großreich Aufstände auszubrechen. Der Hof, der in Fragen der Thronnachfolge und der Babylon gegenüber zu führenden Politik oft gespalten war, erfuhr derartige Dinge vom königlichen Geheimdienst („den Augen des Königs), von Beamten und Vasallen, die sich durch ihre Treueide feierlich zu solchen Informationsdiensten verpflichtet hatten 52 . Auch wenn entlang der Grenzen des Großreichs unbekannte und schwer unter Kontrolle zu bringende Völker wie die Skythen, Kimmerier und Meder auftauchten, dürfte dies die Unsicherheit verstärkt haben. Die Texte, die von dieser Geisteshaltung Zeugnis ablegen, gehören zu ihrem wesentlichen Teil in die sogenannte „Sargonidenzeit".

5 2 In den zur Zeit Asarhaddons geschlossenen Vasallenverträgen ist die Informationspflicht des Vasallen ausdrücklich erwähnt.

VIII. Das neubabylonische Reich und seine Nachbarn ( 6 2 5 - 5 3 9 v.Chr.) W. BAUMGARTNER, Herodots babylonische und assyrische Nachrichten, in: Ders., Zum Alten Testament und seiner Umwelt, Leiden 1959, 282-331. - P.A. BEAULIEU, The Reign of Nabonidus, King of Babylon 556-539 B.C., Yale Near Eastern Researches 10, New Haven/London 1989. - P.R. BERGER, Die neubabylonischen Königsinschriften, AOAT 4/1, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1973. - C.J. GADD, The Harran Inscriptions of Nabonidus, Anatolian Studies 7, 1958, 35-92. - A.R. GEORGE, Babylonian Topographical Texts, Leuven 1992. - A.K. GRAYSON, Assyrian and Babylonian Chronicles, Texts from Cuneiform Sources 5, Locust Valley 1975. - Ders., Babylonian Historical-Literary Texts, Toronto 1975. - G.F. HASEL, The First and Third Year of Belshazzar (Dan. 7:1; 8:1), Andrews University Seminary Studies 15,1977,153-168. M. HENZE, The Madness of King Nebuchadnezzar: The Ancient Near Eastern Origins and Early History of Interpretation of Daniel 4, Supplements to the Journal for the Study of Judaism 61, Leiden 1999. - R. KOLDEWEY, Das wieder erstehende Babylon. Die bisherigen Ergebnisse der deutschen Ausgrabungen, Leipzig 41925. S.H. LANGDON, Die neubabylonischen Königsinschriften, VAB 4, Leipzig 1912. J. MARZAHN, Das Ktar-Tor von Babylon. Die Prozessionsstraße. Das babylonische Neujahrsfest, Berlin 1992. - B. PORTEN, The Identity of King Adon, BA 44, 1981, 36-52. - S.SMITH, Babylonian Historical Texts Relating to the Capture and Downfall of Babylon, London 1924 [Nachdruck: 1975], - Κ. VAN DER TOORN, Het Babylonische Nieuwjaarsfeest, Phoenix 36, 1990, 10-20. - C. UEHLINGER, Weltreich und „eine Rede". Eine neue Deutung der sogenannten Turmbauerzählung (Gen 11,1-9), O B O 101, Fribourg/Göttingen 1990. - E. UNGER, Babylon. Die heilige Stadt nach der Beschreibung der Babylonier, Berlin/Leipzig 1931 [revidierte Ausgabe: 1970]. D.S. VANDERHOOFT, The Neo-Babylonian Empire and Babylon in the Later Prophets, Harvard Semitic Monographs 59, Atlanta 1999. - D.J. WISEMAN, Nebuchadrezzar and Babylon, Oxford 1985.

1. Nabopolassar (626-605 v. Chr.) und Nebukadnezar II. (605-562 v. Chr.) Nabopolassar überlebte seine im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Siege nur um wenige Jahre. Zusammen mit seinem Sohn und späteren Nachfolger unternahm er Feldzüge, bei denen er die Grenzen seines Reichs im Norden (Urartu) und Westen (mittlerer Euphrat) konsolidierte. Nabopolassar starb, als Ägypten, sein Rivale im Westen, entscheidend zurückgeschlagen worden war. Uber Nabopolassars sonstige Unternehmungen ist wenig bekannt, da von ihm lediglich einige Bauinschriften aus Babylon, Borsippa und Sippar überliefert sind. Das hängt mit einem für das gesamte neubabylonische Königshaus typischen Umstand zusammen: Offenkundig führten

Nabopolassar und Nebukadnezar II.

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die Babylonier keine offiziellen Annalen und empfanden auch kein Bedürfnis danach, historische und politische Angelegenheiten in ihre zahlreichen und ausführlichen Bauinschriften aufzunehmen. Hierin unterschieden sie sich von ihren assyrischen Vorgängern ebenso wie darin, daß sie ihre Paläste nicht mit historischen Reliefs schmückten. Da aus der Zeit der neubabylonischen Herrschaft auch keine königliche Korrespondenz überkommen ist, beruht die Rekonstruktion der neubabylonischen Herrschaft zu großen Teilen auf einer begrenzten Zahl fragmentarischer Quellen, unter denen die auf astronomische Tagebücher zurückgehenden Angaben in der Babylonischen Chronik die wichtigsten sind. Von einigen Herrschern, in erster Linie von Nabonid, liegen einzigartige, historisch bedeutsame Texte vor; ansonsten hängt unser Geschichtsbild aber von fremden Quellen wie dem Alten Testament, Herodot und anderen klassischen Autoren ab. Von Nabopolassar besitzen wir das Bruchstück einer Tafel, deren Text als „Nabopolassar Epos" bezeichnet wird. Auf der Vorderseite findet sich die Beschreibung einer Schlacht zwischen den Assyrern und Babyloniern bei Kutha, auf der Rückseite ist eine Zeremonie beschrieben, bei der „die Fürsten des Landes versammelt sind und Nabopolassar in sein Königsamt einsetzen". Der Gott Bei garantierte dem neuen König Nabopolassar seiner Herrschermacht mit den Worten: „Ich werde immerfort [deine] Feinde schlagen, und ich werde [deinen] Thron in Babylon aufstellen!" Es folgt eine Beschreibung der Krönungsfeierlichkeiten, daran schließt sich der Segenswunsch der Reichsgrößen an: „Oh Herr, oh König, mögest du ewig leben! [Mögest du] das Land [deiner] Feinde [erobern]! Möge Marduk, der König der Götter, sich an dir erfreuen ... Mögest du Akkad rächen!" Aus neubabylonischer Zeit liegt noch ein Fragment eines epischen Texts vor, der von Ewilmerodach handelt. Die Auflösung des assyrischen Großreichs eröffnete nicht nur Babylonien und den Medern im Zagros neue Möglichkeiten. Dasselbe galt auch für Syrien-Palästina, wo Assurs Macht, die bis etwa 630 v. Chr. voll wirksam war1, zu schwinden begann. Davon müssen Juda unter Josia (vgl. 2. Chr. 34,6), die phönizischen Städte, Damaskus, Hamath und andere profitiert haben. Schon bald meldete sich freilich im ägyptischen Pharao Psammetich I. ein neuer Kandidat, der bereit war, die Oberherrschaft zu übernehmen. Schon um 635 v.Chr. war die ägyptische Position durch die Eroberung Asdods gestärkt worden. Vermutlich kurz nach 620 v. Chr. setzte sich die ägyptische Armee dann in Richtung Syrien in Bewegung, und die Ägypter machten hier Ribla, Hamath und Karkemisch zu ihren Stützpunkten. Im Jahr 616 v.Chr. kämpften die Ägypter als getreue Verbündete Seite an Seite mit den Assyrern am Euphrat. Der Text einer im Jahr 612 v.Chr. errichteten Stele weist daraufhin, daß die Phönizier ihre alten Handelsbeziehungen mit Ägypten wieder aufnahmen, nachdem die Assyrer diese unterbrochen hatten. Herodot zufolge 1 Das geht aus den in Geser und Samaria entdeckten Dokumenten hervor, die aus dem Zeitraum 650-649 v. Chr. stammen. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, daß der Gouverneur dieser Provinz noch 646-645 v. Chr. Eponym war.

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gab es damals in Memphis ein „Lager der Tyrer", womit wahrscheinlich eine Handelskolonie gemeint ist. Vor allem um 610 v.Chr., also während der letzten Jahre des assyrischen Großreichs, entfalteten die Ägypter eine rege Aktivität in Syrien, nachdem sie zuvor die Bedrohung durch die Skythen an der Ostgrenze erfolgreich abgewehrt hatten. 609 v. Chr. brach Pharao Necho II. (609-594 v. Chr.) kurz nach seinem Herrschaftsantritt nach Norden auf, um den Assyrern bei der Verteidigung Harrans beizustehen. In erster Linie wollte Necho II. aber gewiß die Gelegenheit nutzen, sich als Erbe des Westteils des assyrischen Reichs zu präsentieren. Josia von Juda versuchte, Necho II. aufzuhalten2; doch dies mißlang. Bei Megiddo3 unterlag Josia den Ägyptern, und er selbst wurde getötet. Zwischen 608 und 605 v.Chr. tobten entlang dem Euphrat heftige Kämpfe. Die von ihrer Basis in Karkemisch aus operierenden ägyptischen Truppen konnten anfänglich noch Erfolge verbuchen, und so mußten sich die Babylonier 606 v.Chr. bei Kimuchu zurückziehen. Im Jahr 605 v.Chr. besiegte Nebukadnezar II. (NabA-kudurri-usur; 605-562 v.Chr.) aber die Ägypter endgültig und setzte ihnen bis nach Hamath nach. Nachdem die Entscheidung gefallen war, unterwarfen sich die Fürsten „Hattis" dem siegreichen Nebukadnezar II. (vgl. Jer. 46,2). Noch im selben Jahr starb Nabopolassar, und sein Sohn stattete Babylon einen kurzen Besuch ab, um den Thron zu übernehmen. In den folgenden Jahren festigte Nebukadnezar II. seinen Griff auf Syrien-Palästina, als er es „triumphierend durchzog". Die babylonischen Truppen nahmen Askalon (und Gaza?) ein, womit Necho II. seine hochgesteckten Ziele vergessen konnte (vgl. 2.Kön. 24,7). Juda, wo Necho II. 609 v. Chr. Joahas abgesetzt und statt dessen den proägyptischen Eljakim/Jojakim auf den Thron gesetzt hatte, wurde 604 v. Chr. oder wenig später zu einem babylonischen Vasallenstaat. Im Jahr 601 v.Chr. rückten die Babylonier gegen Ägypten vor. Daß ihnen Berichte über ihre nahe Ankunft vorauseilten, wissen wir aus einem aramäischen, in Saqqara entdeckten Brief. In ihm informierte ein König namens Adon, vermutlich der König von Ekron 4 , den Pharao, daß die Babylonier Aphek bereits erreicht hätten (KAI Nr. 266). In diese Umbruchszeit gehört auch Jer. 46,13 mit dem Prophetenspruch, „daß Nebukadnezar, der König von Babel, kommen werde, das Land Ägypten zu schlagen". An der ägyptischen Grenze mußte Nebukadnezar II. freilich eine Niederlage einstecken, und es dauerte mehr als ein Jahr, bis sich die babylonische Truppe von diesem Schlag wieder erholt hatte. In jener Zeit muß in Juda ein Aufstand ausgebrochen sein. 598 v.Chr. rückte Nebukadne-

2 Josias Vorgehen leuchtet ohne weiteres ein, wenn man bedenkt, daß er eine Vergrößerung Judas plante und die ehemalige assyrische Provinz Samaria seinem Reich einverleiben wollte. Ob es Josia tatsächlich gelang, Gebiete nördlich von Juda zu annektieren, ist freilich nicht nachgewiesen. 3 Möglicherweise war Megiddo ein Stützpunkt Nechos II.; vgl. bet milhamtim 2. Chr. 35,21. 4 Lange Zeit war ungewiß, ob der Brief von einem phönizischen oder philistäischen Herrscher stammte; erst dank der Entzifferung der demotischen Beischrift durch B.Porten wurde wahrscheinlich gemacht, daß der Absender der König von Ekron war.

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zar II. gegen „die Stadt von Juda" (älJahudu) vor, die am 16. März 597 v. Chr. fiel. Jojachin, der erst drei Monate zuvor Jojakim auf dem Thron in Jerusalem abgelöst hatte, mußte nun die Konsequenzen aus der von seinem Vater betriebenen Politik tragen: Nach dem Fall der Stadt wurde er zusammen mit der Oberschicht und Fachleuten (vgl. Jer. 29,2), insgesamt einigen tausend Menschen (2.Kön. 24,14-16; Jer. 52,28), ins babylonische Exil verbracht 5 . Erst siebenundreißig Jahre nach seiner Deponierung, im Jahr 561 v.Chr., wurde der Status des Königs geändert, indem Ewilmerodach den bis dahin Gefangenen anläßlich seines Herrschaftsantritt begnadigte (vgl. 2.Kön. 25,27-30). Als Nachfolger Jojachins auf dem Thron in Jerusalem entschied sich Nebukadnezar II. für einen Bruder Jojakims namens Mattanja, der bei seiner Thronbesteigung den Namen Zedekia annahm. Psammetich II. (594-588 v. Chr.) machte Nebukadnezar II. die Macht über Palästina nicht streitig; der Pharao war vielmehr im Süden beschäftigt, wo er gegen Nubien vorging. Sein Feldzug führte bis über den dritten Nilkatarakt hinaus, wo die griechischen, phönizischen und jüdischen Söldner der von General Amasis angeführten Armee ihre Namen in die Felsen von Abu Simbel meißelten. Die Situation änderte sich, als Apries (588-568 v.Chr.) - oder Hophra, wie er im Alten Testament heißt - Pharao wurde. Das geht aus den wenigen uns verfügbaren Nachrichten hervor, wobei unsere Hauptquelle Herodot ist, zu dem einige Informationen aus Ägypten selbst, aus dem Alten Testament und aus Werken klassischer Autoren hinzukommen. Sais, wo die Herrscher der 26. Dynastie residierten, wo sie ihre Nekropole hatten und wo sich zwei Tempel der Göttin Neith befanden, wurde niemals systematisch erforscht, und so fehlen für diesen Geschichtsabschnitt Königsinschriften fast völlig. Immerhin ist aber bekannt, daß Apries bereits 588 v. Chr. mit seiner von Griechen und Phöniziern erbauten Flotte eine Expedition nach Sidon und Tyrus unternahm. Parallel dazu machten sich ägyptische Truppen auf dem Landweg von Süden her auf den Weg nach Phönizien. Diese Vorgänge haben offenbar Zedekia veranlaßt, seinen den Babyloniern auch bei Jahwe geschworenen Vasalleneid zu mißachten (2. Chr. 36,13; Ez. 17,16f.) und den Aufstand zu wagen. Rege diplomatische Tätigkeiten setzten ein, und laut Jer. 27,3 hielten sich damals zur Beratung mehrere ausländische Gesandtschaften in Jerusalem auf. Nebukadnezar II. reagierte rasch, und bereits am 15. Januar 588 v.Chr. begannen die Babylonier mit der Belagerung Jerusalems. Apries versuchte zwar, militärisch zu intervenieren und die Stadt zu retten; doch gelang ihm nur eine zeitweilige Unterbrechung der Belagerung (Jer. 37,5; Ez. 17,17). Im Juli 586 v.Chr. ergab sich die Stadt den babylonischen Generälen Nergalscharusur und Nabuschezibanni. Zedekia floh, wurde aber gefaßt und vor Nebukadnezar II. nach Ribla gebracht, wo die Babylonier, wie früher schon Necho II., ihr Hauptquartier aufgeschlagen hat5 Zu den damals aus Jerusalem Exilierten gehörte auch der Prophet Ezechiel. - Jojachin kommt zusammen mit palästinischen und philistäischen Fürsten, mit denen er das Schicksal des babylonischen Exils teilte, in einem Dokument aus dem Jahr 593/592 v. Chr. vor.

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ten. Zwischen dem 14. und 17. August 586 v. Chr. wurde Jerusalem systematisch geplündert und zerstört, und tausende Judäer mußten den Weg in die Verbannung antreten. Im Jahr darauf belagerten die Babylonier Tyrus, das nach dreizehnjähriger Belagerung kapitulierte (vgl. Ez. 26,1-28,19). Ittoba'al III. (ca. 590-572 v. Chr.) wurde abgesetzt und Ba'lu II. zum König von Tyrus gemacht. Im Jahr 564 v. Chr. wurde das Gebiet aber direkt der babylonischen Verwaltung unterstellt und von „Richtern" regiert, womit die tyrische Monarchie ihr vorläufiges Ende fand. 582/581 v.Chr. mußten die Babylonier erneut einen Feldzug gegen Juda unternehmen; denn dort hatte sich die Situation nicht beruhigt. Fanatiker hatten den von Nebukadnezar II. mit der Ordnung der Verhältnisse betrauten Judäer Gedalja ermordet, woraufhin ein Teil der Bevölkerung nach Ägypten ausgewandert war. Nebuzaradan (Nabüzenddin) führte die Strafaktion gegen Juda durch und deportierte noch einmal einige tausend Judäer (Jer. 52,30). Im Jahr 568 v.Chr. nutzte Nebukadnezar II. Unruhen in Ägypten aus, wo meuternde Truppen Apries abgesetzt und dessen General Amasis auf den Thron gehoben hatten (570-526 v.Chr.). Bei seinem Feldzug gelang es Nebukadnezar II., Ägypten zu unterwerfen; doch da die darauf bezüglichen Texte beschädigt sind, läßt sich nicht sagen, wie tief die babylonischen Truppen in Ägypten eindrangen (vgl. auch Jer. 43,8-13; Ez 29,19). Fest steht aber, daß die Babylonier Ägypten nur vorübergehend unter Kontrolle halten konnten. Amasis behauptete sich nämlich auf dem Thron, und er bewältigte als geschickter Taktiker auch die Probleme, die sich aus seinem mißlungenen Versuch ergaben, sein Herrschaftsgebiet auszuweiten, als seine Expedition nach Libyen scheiterte. Da er die mächtige griechische Kolonie von Kyrene, die das Ziel seines libyschen Feldzugs hätte sein sollen, nicht besiegen konnte, ging er schließlich mit ihr ein Bündnis ein. Amasis fand auch eine Lösung für die für die Ägypter zweischneidigen Beziehungen mit den Griechen und mit der griechischen Kultur: Naukratis wies er griechischen Kolonisten und Händlern im Delta zu, und mit Griechenland selbst knüpfte er gute politische und kulturelle Kontakte, woran Amasis schon deshalb gelegen sein mußte, weil er aus Griechenland unersetzliche Söldner bezog. In Ägypten selbst bewährte sich Amasis als tatkräftiger Bauherr und Reformer. Er ließ zahlreiche Tempel restaurieren und neu erbauen, und in Verwaltung und Recht führte er Refomen durch. Nach der mehr als vierzigjährigen Regierungszeit Amasis' verlor Ägypten vorerst seine Autonomie. In der Zwischenzeit ernteten die Babylonier die Früchte, die ihnen ihre Oberherrschaft über den Westen eintrug: Sie erhielten Tribute, kassierten Steuern und verdienten am Handel. Dank dieses Reichtums konnte Nebukadnezar II. eine umfangreiche Bautätigkeit entfalten, die sich vor allem auf Babylon und Borsippa konzentrierte. Borsippa war die Stadt des Gottes Nabu, und hier hatte der Tempel Ezida seinen Standort, der im 1. Jahrtausend v. Chr. eine wichtige Rolle spielte. Die alte Stadt Babylon, die schon Sitz der altbabylonischen Dynastie Hammurabis war (s. ο. IV.9), erlebte ihre Blütezeit unter Nebukadnezar II., der sie mit gewaltigen Bauten ausstatten ließ.

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Die etwa 200 ha große Altstadt auf der Ostseite eines Euphratarms wurde um eine Neustadt auf der Westseite des Flusses erweitert. Beide Stadtteile waren über den Fluß hinweg von einer doppelten Mauer und einem Stadtgraben umgeben. Auf dem Ostufer verlief zusätzlich in einigem Abstand zur Altstadt eine „Außere Mauer" über eine Länge von 18 km im Norden, Osten und Süden und Schloß auch den Sommerpalast Babil ein, der im Norden weit außerhalb der Altstadt lag. Nördlich und östlich der Stadt waren laut Herodots Stadtbeschreibung zu ihrem Schutz eine Mauer und eine Art Wasserlinie angelegt. Im Norden der Altstadt selbst befanden sich nahe der inneren Mauer das Stadtschloß bzw. die sogenannte „Südburg", eine riesige Palastanlage, die sich über eine Fläche von fast 6 ha erstreckte, ferner die „Hauptburg" und die festungsartige „Nordburg" 6 . Ostlich davon erhob sich das gewaltige Ischtartor und die dazu gehörige Prozessionsstraße (Ayibursabu), deren Fassaden einheitlich mit Glasurziegeln verkleidet waren: Auf blauem Untergrund waren Tiere und Fabelwesen in Ockertönen dargestellt, hinzu kamen stilisierte Bäume und Schmuckbänder unterschiedlicher Art. Wenn der Gott Bel/Marduk beim mehrere Tage dauernden Neujahrsfest im Monat Nissan (März/April) den Götterzug anführte, bewegte sich die Prozession auf dieser Straße. Die Götter wurden aus dem Haupttempel Marduks Esagila („Haus, das das Haupt erhebt") 7 zur jetzt zerstörten Ziqqurrat Etemenanki („Haus, das das Fundament von Himmel und Erde ist") 8 , dann zum AkituHaus, dem Neujahrsfesthaus, vor der Stadt getragen. Hier wurde Marduks Sieg über Tiamat symbolisch aufgeführt, und man rezitierte vor Marduks Statue und ihm zu Ehren das Schöpfungsepos Enüma elis, das Marduks Sieg und die Ordnung des Kosmos beschreibt. An der Spitze der Prozesion kehrten Marduk und die anderen Götter durch das Ischtartor wieder in die Stadt zurück, wo Marduk schließlich seinen angestammten Sitz in seinem Tempel Esagila nahm. Wie Babylon aussah, läßt sich nicht nur dank der Ausgrabungen rekonstruieren, die noch immer einen guten Eindruck von der „großen Stadt Babylon" vermitteln. Es liegt auch eine Serie von fünf Tontafeln mit einem detaillierten babylonischen Text, der sogenannten „Stadtbeschreibung von Babylon", vor, und zudem finden sich bei Herodot ausführliche Angaben zur Stadt. Demnach besaß Babylon dreiundfünfzig Tempel und nahezu tausend Kapellen, und in den geräumigen und systematisch angelegten Wohnvierteln gab es außerdem zahlreiche Straßenaltäre.

6 Die berühmten, von Herodot erwähnten „hängenden Gärten" wurden weder von den Ausgräbern noch in Texten gefunden. Vielleicht bezieht sich Herodots Beschreibung auf Sanheribs Garten in Ninive, von dem in seinen Inschriften die Rede ist. 7 Mittelpunkt des Marduktempels war die „Cella" der Schicksalsentscheide. 8 Die Ziqqurrat, biblisch gesprochen der „(Stufen-)Turm von Babel", bedeckte mit seinem Untergeschoß eine Fläche von 92 x 92 m 2 .

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2. Das Ende des neubabylonischen Reichs (562-539 v. Chr.) Auf Nebukadnezar II. folgten für jeweils nur kurze Zeit erst sein Sohn Ewilmerodach (Awil-Marduk; 562-560 v.Chr.), dann der General Neriglissar (559-556 v.Chr.), ein Schwiegersohn Nebukadnezars II. Letzterer unternahm unter anderem auch einen Feldzug nach Kilikien, um den babylonischen Einfluß in dieser strategischen und an Erzen reichen Region wiederherzustellen. Damit war die Grenze des babylonischen Einflußbereichs erreicht; denn hier stieß sie an die Territorien neuer Mächte. Die Lyder unter Alyattes und die Meder unter Kyaxares II. hatten in diesem Gebiet das Sagen, nachdem sie die Urartäer und Kimmerier besiegt hatten. Nach anfänglichen Konflikten hatten Lyder und Meder im Jahr 585 v.Chr. miteinander Frieden geschlossen, wobei sie auch babylonische Vermittlung (Labynetos = Nebukadnezar II.?) in Anspruch nahmen und den Halys als die Ostgrenze Lydiens festsetzten. Nachdem Astyages (Istewegu; Arstivaiga) König von Medien geworden war, konnte er schon bald seine Kontrolle über große Teile Nordmesopotamiens einschließlich Assyriens und der Provinz Harran ausdehnen; doch um 550 v.Chr. mußten sich die Meder dann den Persern beugen. Nach dem Tod Neriglissars trat sein Sohn und Kronprinz Labaschimarduk die Herrschaft an; doch wurde er bereits drei Monate später ermordet. Die Thronfolge war damit unterbrochen, und an die Macht kam nun als letzter König Babylons Nabonid (Nabüna'id; 5 5 6 - 5 3 9 v.Chr.), der Sohn eines Statthalters und Fürsten sowie einer Priesterin des Gottes Sin. Nabonids Regierung verlief während der ersten drei Jahre mit Feldzügen nach Kilikien (Hume), Syrien (Hamath) und sogar nach Edom in den gewohnten Bahnen. Im Jahr 552 v. Chr. unternahm der König aber unvermittelt einen Zug nach Nordarabien, wo er bis nach Dedan und Jathrib, das spätere Medina, vorstieß, um schließlich die innerarabische Oase Tema für viele Jahre zu seiner Residenz zu machen. Nabonids zehnjähriger Arabienaufenthalt zog zwei Konsequenzen nach sich: In Babylon konnten die Neujahrsfeierlichkeiten Marduks nicht mehr durchgeführt werden, weil Nabonid bei der Prozession „die Hand Bels nicht ergriff", und der Kronprinz Belsazar (Belsarrusur) mußte sich stellvertretend für seinen Vater um die Verwaltung und das Militär kümmern. Erst im Jahr 543 v.Chr. kehrte Nabonid nach Babylon zurück, wozu ihn vermutlich die drohende Ankunft der Perser veranlaßt hatte. Nabonid nahm seine königlichen Aufgaben wieder auf, und Belsazar wird in den administrativen Texten nicht mehr erwähnt. Hinter diesen Vorgängen verbirgt sich ein drastischer und folgenschwerer Wechsel in der Einstellung des Königs gegenüber Religion und Kult. Aus der schriftlichen Überlieferung, darunter aus Qumran ein fragmentarisch erhaltenes aramäisches Gebet Nabonids, in dem Tema erwähnt wird, geht hervor, daß man die Ereignisse auch in der Antike schon so gedeutet hat. Angenommen haben moderne Exegeten zudem, daß die in Dan. 4 mit

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Nebukdanezar II. verbundenen Vorgänge sich ursprünglich auf Nabonid bezogen hätten, was im Lichte der häufiger vertretenen These, im Buch Daniel hätte sich das Bild beider Könige ineinandergeschoben, nicht auszuschließen ist 9 . Auch aus Babylonien selbst überkommene Inschriften beleuchten das merkwürdig anmutende Verhalten Nabonids. So wurden in Harran zwei Stelen entdeckt, eine von Nabonid, die andere von seiner aramäischen Mutter, die eine glühende Verehrerin des Mondgottes Sin von Harran war. Diesen Stelen zufolge war der König vor allem seit einer Traumvision anläßlich seiner Thronbesteigung stark von der Verehrung des Mondgottes Sin eingenommen und entschlossen, dessen Tempel und Kult wiederherzustellen, die bei der Eroberung Harrans im Jahr 610 v. Chr. sehr gelitten hatten. Nabonids Einsatz für Sin ging so weit, daß der Marduk gewidmete Staatskult darunter zu leiden begann. Verständlicherweise erregte dies bei den Marduk-Priestern größtes Mißfallen, und es entstand ein ernsthafter Streit zwischen Königshaus und Tempel. In diesem Kontext ist das babylonische „Schmähgedicht" auf Nabonid (ANET, 312-315) zu verstehen, und dieser Zwist erklärt auch, weshalb Kyros II. von der Bevölkerung, wie er behauptet, begeistert empfangen wurde, als er 539 v.Chr. als Sieger in Babylon einzog. Kyros II. war klug genug, um sogleich deutlich zu machen, daß sich durch seine Eroberung Babylons „keine Unterbrechung des Kults im Esagil" ergäbe. Nach seiner Rückkehr aus Arabien hatte Nabonid zwar wieder den Handergreifungsritus beim Neujahrsfest ausführen und die Prozession veranstalten können; doch damals waren Babylons Tage schon gezählt, das Menetekel 10 von Dan. 5 war bereits auf der Wand erschienen. Anfang Oktober besiegte Kyros II. die babylonischen Truppen bei der Stadt Opis am Tigris gegenüber den späteren Seleukia. Um Babylon einnehmen zu können, machte Kyros II. am 12. Oktober, so berichtet Herodot 11 , die nördlich der Stadt verlaufende Schutz- und Wasserlinie unwirksam, indem er das die Stadt durchfließende Euphratwasser dorthin umleiten ließ. Das zwischen der Alt- und Neustadt verlaufende Bett des Euphratarms war damit trockengelegt, und bot sich den von Ugbaru 12 angeführten persischen Truppen als leicht zugängliches Einfallstor an. Nachdem die Stadt sicher in persischer Hand war, hielt Kyros II. am 29. Oktober 539 v.Chr. seinen triumphalen Einzug, „um freundlich zur Bevölkerung zu sprechen, während in der Stadt Frieden herrschte". Nabonid, der zuerst geflüchtet war, kehrte zurück, wurde gefangen genommen und nach Carmania ins Exil geschickt, weil „Kyros gnädig mit ihm ver-

Dazu ausführlicher P.R. Berger (s.u. IX). Zeichnungen oder symbolische Darstellungen von Gewichten, die als wurzelverwandte Verben und Namen gedeutet wurden. 11 Zum Bericht über die Eroberung Babylons in der Babylonischen Chronik s.u. IX. 12 Ugbaru dürfte kaum mit Gubaru/Gobryas identisch sein, den Kyros II. später als Statthalter einsetzte. 9

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fuhr" (Berossos). Das wegen seiner Macht, seines Reichtums und seiner Gewalt ebenso berühmte wie berüchtigte „große Babylon" war gefallen (vgl. Jer. 50f.). Durch das Neue Testament blieb der Name „Babylon" aber als Symbol lebendig, und die Stadt und ihr bis in den Himmel ragender Turm (Gen. 11,1-9) gelten noch immer als Sinnbilder ungezügelten Machtstrebens und der negativen Seiten urbaner Kultur, für die Babylon in der Tat einen passenden Prototyp abgibt.

IX. Das persische Großreich der Achämeniden (550-330 v.Chr.)

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1. Kyros II. und seine Politik (559-530 v. Chr.) Für Kyros II. ( K u r u s ) bedeutete die Einnahme Babylons den Höhepunkt seiner groß angelegten Eroberungspolitik. Nachdem er auch noch das Szepter des neubabylonischen Imperiums in seinen Händen hielt, war er zum mächtigsten Herrscher seiner Zeit aufgestiegen. Daß er einer Dynastie entstammte, die sich auf Teispes ( f a i s p i s ) zurückführte, geht aus dem Text auf dem babylonischen „Kyros-Zylinder" hervor (TUAT I, 407-410). Teispes hatte wenige Jahre, nachdem Assurbanipal das elamische Königreich gestürmt und dessen Hauptstadt Susa geplündert hatte (646 v.Chr.), seine unabhängige Herrschaft über das Gebiet der heutigen iranischen Provinz Fars (Parsa, Persis) errichtet. In den vorausgegangenen Jahrhunderten waren iranische Stämme vom Zagros aus, wo Parsua zu lokalisieren ist, nach Fars eingesickert und füllten mit dem von ihnen gegründeten „persischen Königtum" das dort bestehende Machtvakuum aus. Die persischen Herrscher übernahmen den alten elamischen Titel „König von Anschan" und stellten sich damit als die lokalen Nachfolger der elamischen Könige dar. Ihr Machtzentrum war die wenig westlich von Pasargadae und später Persepolis gelegene alte Königsstadt von Anschan, die mit der modernen Ruinenstätte Tall i-Malyan gleichzusetzen ist. Traditionell bezeichnet man die Angehörigen des neuen Königshauses als Achämeniden und bezieht sich damit auf Achaimenes, von dem Dareios I. angibt, daß er der Vater Teispes' gewesen sei. Ob Achaimenes aber tatsächlich dem Bereich der Geschichte und nicht eher dem der Legende angehört, ist ungewiß. Dareios I. kam als Usurpator auf den Thron und war kein Abkömmling der Königslinie, sondern entstammte einer anderen persischen Familie. Das erklärt, weshalb er seine dynastischen Ansprüche und sein Recht auf den Thron mit einer zum Teil fiktiven Genealogie zu „beweisen" versucht und angibt, er stamme nicht nur von Teispes ab, sondern auch noch von einem gemeinsamen Vorfahren namens Achaimenes. Kyros II. war nach seinem Großvater Kyros I. benannt, der um 600 v. Chr. geherrscht haben muß. Mit dem Siegel Kyros' I. gestempelte Tafeln wurden in Persepolis entdeckt, wo das Siegel noch hundert Jahre nach dem Tod Kyros' I. benutzt worden war. Die Siegellegende bezeichnet ihn als „KuraS, den Anschaniten, den Sohn Teispes'". Der Vater Kyros' II. war Kambyses I. (.Kanbujiya), seine Mutter laut Herodot Mandane, eine Tochter des letzten medischen Königs Astyages ( I s t e w e g u ) , die Kambyses I. um 585 v.Chr. geheiratet hatte. Nur kurze Zeit nachdem Kyros II. im Jahr 559 v. Chr. in

Kyros II. und seine Politik

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Pasargadae die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte, begann er einen Aufstand gegen seinen medischen Großvater, dessen Vasall er nominell noch war. Nachdem sich die von Harpagus angeführte medische Armee auf die Seite von Kyros II. geschlagen hatte, konnte er Ekbatana (Agmatana in der Nähe von Hamadan) einnehmen, womit die Rebellion ihren Höhepunkt erreicht hatte. Mit gleichen Rechten gegenüber der Regierung sowie auf militärischem Gebiet bildeten fortan Perser und Meder den Kern des Reichs. Schon bald erfolgte die Unterwerfung der medischen Provinzen. Die Babylonische Chronik berichtet, daß Kyros II. bereits 547 v.Chr. den Tigris überquerte und Kleinasien unterwarf. Noch im selben Jahr besiegte er Krösus von Lydien und nahm nach kurzer Belagerung die Stadt Sardis ein1. Es dauerte nur kurze Zeit, bis die griechischen Handelsstädte an der kleinasiatischen Westküste - freiwillig wie Milet oder unfreiwillig wie die meisten anderen - die persische Oberhoheit anerkennen mußten. Die Eroberung Babylons im Jahr 539 v. Chr. ging überraschend schnell vonstatten (s.o. VIII). Die Babylonische Chronik enthält darüber folgenden Bericht: „Im Monat Tischri hat Kyros (II.), nachdem er bei Opis (Upija) am Tigris den Truppen von Akkad Schlacht geliefert hatte, ..., Beute gemacht und Leute getötet. Am 14. fiel Sippar ohne Kampf. Nabonid flüchtete. Am 16. zogen Ugbaru, der Statthalter von Gutium 2 , und die Truppen des Kyros (II.) ohne Kampf in Babel ein. ... Am 3. Marcheschvan hielt Kyros (II.) in Babel Einzug . . . " (TGI, 81 f. Nr. 49). Kyros II. zog weiter ostwärts zum Oxus und Indus und unterwarf hier Gandara, Sogdia und Chorasmia. Als er 530 v. Chr. gegen die Massageten oder Saken im fernen Osten vorging, fiel er im Kampf. Der zu früh verstorbene König wurde in seiner Residenz Pasargadae beigesetzt. Hier halten die Reste zweier Paläste, eines Torbaus, eines Parks (paradeisos) und seine monumentale Grabanlage die Erinnerung an Kyros II. wach. Die schillernde Gestalt Kyros' II. und seine Art der Regierungsführung haben immer wieder die Neugier auf sich gezogen und auch die Phantasie angeregt. Man sah in diesem König einen Herrscher, der Toleranz praktizierte und der von einer tiefen Religiosität erfüllt war. Beide Eigenschaften galten für die Haltung der Achämeniden gegenüber eroberten Völker und deren Kulte als typisch. Ganz wesentlich hat zu diesem Bild der Erlaß Kyros' II. beigetragen, mit dem er den Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels durch den judäischen Fürsten (?) Scheschbazzar (babylonisch: Sassabausur) ermöglichte und die Rückgabe der Tempelgeräte verfügte (Esra 6 , 3 - 5 ) . Der Prophet Deuterojesaja sah in seinen Visionen Kyros II. als Jahwes Gesalbten ([es. 45,1), den Gott beauftragt hatte, Jerusalem und seinen Tempel wieder aufzubauen und die Gefangenen Babylons zu befreien. Neueren Untersu1 Für Krösus erwies es sich als verhängnisvoll, daß er gegen Herbstende seine Armee zu früh ins Winterquartier entlassen hatte. 2 Die Bezeichnungen Gutium und Gutäer benutzten die Babylonier üblicherweise für das Zagrosgebiet und für die von dort kommenden Fremden.

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Das persische Großreich ( 5 5 0 - 3 3 0 v. Chr.)

chungen zufolge ist es aber unsachgemäß, in dieser „Toleranz" und „Frömmigkeit" und in dem schonenden Umgang mit religiös-nationalen Gefühlen eine speziell für die Achämeniden typische Eigenart zu sehen. Es liegen keine deutlichen Anzeichen dafür vor, daß Kyros II. dem israelitischen „Gott des Himmels", wie Jahwe in den aramäischen Urkunden im Esrabuch meistens genannt wird (z.B. Esra 1,2), eine besondere Verehrung entgegengebracht hätte, als deren Ausgangspunkt man sich etwa eine gewisse Wesensverwandtschaft zwischen Jahwe und dem persischen Obergott Ahuramazda vorstellen könnte. Es läßt sich auch kaum ausmachen, ob zoroastrisches Gedankengut einen Einfluß auf Entscheidungen Kyros' II. in diesen Angelegenheiten ausübte; denn es kann ja nicht einmal als gesichert gelten, daß schon die frühen Achämeniden Zarathustra und dessen Lehre anhingen. In den meisten Fällen läßt sich der Umgang der Achämeniden mit den von ihnen unterworfenen Völkern auch aus politischen oder theologischen Motiven heraus verstehen; denn natürlich war es ratsam, die Unterworfenen in religiösen Angelegenheiten frei entscheiden zu lassen 3 und ihre national-religiösen Gefühle zu respektieren. Unnötige Konflikte ließen sich so vermeiden. Fest steht aber auch, daß die Achämeniden die Wirtschaftsmacht der großen Tempel in mehreren Ländern beschnitten: Die Tempel erhielten nun keine Unterstützung mehr aus dem Staatsschatz, sondern mußten oftmals Steuern und Naturalabgaben entrichten. Auch zu Dienstleistungen waren sie verpflichtet, und ein königlicher Kommissar kontrollierte die Tempel. Was freilich den Jerusalemer Tempel betrifft, so befand er sich in einer überaus günstigen Lage. Nicht nur sein Wiederaufbau wurde aus der königlichen Schatzkammer bezahlt, auch der Opferkult (Esra 6 , 9 f . ; 7,20-28) und sein Unterhalt wurden aus dieser Quelle bestritten, während die Priester Steuerfreiheit genossen (Esra 7,24). An vielen Maßnahmen der Achämeniden ist das Interesse erkennbar, Konflikte in ihrem riesigen, ethnisch und national überaus vielfältigen Reich erst gar nicht entstehen zu lassen. So wurden Babylonien und Ägypten nach ihrer Eroberung nicht einfach annektiert; statt dessen ließ sich der persische König entsprechend den örtlichen Traditionen und unter Verwendung der einheimischen Titel zum König dieser Länder krönen. Anfänglich vermied man, so weit dies ging, Eingriffe in die örtlichen Regierungen. Der Statthalter der Provinz Babylonien blieb noch jahrelang nach der Eroberung durch die Perser in seinem Amt und auch andernorts ließ man die lokalen Selbstverwaltungen in den meisten Fällen bestehen. Religionspolitisch paßten sich Kyros II. und seine Nachfolger an die Verhältnisse an, die sie jeweils vorfanden, und nutzten sie für ihre eigenen Zwecke. So schildert der „Kyros-Zylinder" aus Babylon (TUAT I, 407-410) Kyros II. als den von Marduk erwählten Herrscher, der die Stadt Babylon und ihre Bewohner von der Unterdrückung (durch Nabonid) befreite, der bei ihrer Eroberung Plünderungen von Tempeln und die Unterbrechung des Kults in ihnen vermied und Marduks Segen

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Nach dieser weisen Einsicht waren auch schon die Assyrer verfahren!

Kambyses II. und Dareios I.

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erhielt, und dessen Ankunft die Bevölkerung fast begrüßte. Kyros II. erlaubte den Götterstatuen, die Nabonid aus vielen Städten nach Babylon verschleppt hatte, zusammen mit ihrem Kultpersonal die Heimkehr4. Hatte Nabonid aus Gründen der Sicherheit und möglicherweise auch in der Absicht gehandelt, mit der Verbringung der Kultbilder nach Babylon die Loyalität der Provinzzentren und deren Priesterschaft zu erzwingen, dann wollte Kyros II. damit, daß er die Kulte der Untertanenvölker intakt ließ, sicherstellen, daß die Priester unaufhörlich für ihn und für den Kronprinzen bei ihren Göttern Fürbitte leisteten, etwa die Priester Babylons bei Marduk und Nabu. Diese Zweckausrichtung war in der von Kyros II. betriebenen „Religionspolitik" ein wichtiges Motiv, das in Esra 6,10 auch im Bezug auf die Unterstützung des Jerusalemer Tempels durch die Perser unverhüllt ausgesprochen wird: „Damit sie dem Gott des Himmels duftende Opfer darbringen und für das Leben des Königs und seiner Söhne beten." Als die Juden von Elephantine um 410 v.Chr. ein Bittgesuch an Bagoas, den persischen Statthalter der Provinz Juda, richteten, um den zerstörten Jahutempel in ihrer Kolonie wiederaufbauen zu dürfen, führten sie dasselbe Argument an (TGI, 84-87 Nr. 51, hier S. 87 ZZ. 25f.; Cowley Nr. 30).

2. Kambyses II. (530-522 v. Chr.) und Dareios I. (522-486 v. Chr.) Erhellend ist in dieser Hinsicht der Verlauf, den die Dinge in Ägypten nahmen. Kambyses II. (530-522 v.Chr.), dem Nachfolger Kyros' II., gelang es, die persische Oberhoheit auf Syrien (Phönizien) und Palästina auszudehnen. Unterstützt von Polykrates von Samos griff er im Jahr 525 v. Chr. erfolgreich Ägypten an, wo gerade Psammetich III. die Nachfolge des verstorbenen Pharaos Amasis angetreten hatte. Nachdem Kambyses II. die Schlacht bei Pelusium gewonnen hatte, Memphis gefallen und der ägyptische Widerstand gebrochen war, wurde er König von Ägypten. Als wichtiger Wegbereiter auf den ägyptischen Thron erwies sich ihm der ägyptische General Udjahorresnet. Er schlug sich auf die Seite des Perserkönigs, half ihm, die Stadt Sais zu gewinnen, und präsentierte ihn später mit der gesamten ägyptischen Königstitulatur als Ägyptens neuen Pharao. Als nach einem mißglückten Nubienfeldzug Kambyses' II. in Ägypten ein Aufstand ausbrach, unterdrückten ihn die Perser mit aller Härte. Ziel der Strafaktionen waren vor allem die Tempel; denn die Perser fürchteten sie zu Recht sowohl als Zentren antipersischer Agitation wie auch als Zentren wirtschaftlicher Macht. Was griechische Historiker auch in diesem Punkt über das angebliche Terrorregime Kambyses' II. berichten5, 4 Ebenso war Assurbanipal mit babylonischen und Nabopolassar mit elamischen Götterstatuen, die die Assyrer nach Uruk verschleppt hatten, verfahren. 5 So wurde etwa entgegen der griechischen Uberlieferung der heilige Apisstier nicht getötet; vielmehr starb er im 6. Regierungsjahr Kambyses' II. (525 v. Chr.) und wurde im Serapäum in einem prächtigen, vom König gestifteten Sarkophag bestattet.

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D a s persische Großreich ( 5 5 0 - 3 3 0 v. Chr.)

ist zwar übertrieben; doch wurden damals gewiß Tempel zerstört und Tempeleigentum konfisziert. Auch die üblichen Geschenke der Pharaonen an die Tempel unterblieben nun. Statt dessen mußten die Tempel künftig selbst ihre eigenen Steuern erheben, und der persische Satrap Aryandes wachte darüber, wie die klerikalen Amter besetzt wurden. Drei wichtige Tempel, darunter die in Memphis und Hermopolis, behielten ihre Einkünfte, und der Tempel der Neith in Sais wurde zum Dank für die politische Hilfe, die Udjahorresnet den Persern geleistet hatte, sogar bevorzugt behandelt. Politisch motiviert war auch die schonende Haltung der Perser hinsichtlich des Jahutempels in Elephantine. Die jüdische Militärkolonie von Elephantine war bereits um die Mitte des Ζ oder zu Beginn des 6. Jahrhunderts v.Chr. entstanden, und die hier stationierten Söldner hatten schon unter Apries und Amasis gedient. Offenkundig übernahmen die Perser die Kolonie als eine verläßliche, nichtägyptische Garnison an der strategisch wichtigen Grenze mit Nubien. In dem bereits erwähnten Bittgesuch an Bagoas, mit dem die Juden von Elephantine versuchten, die Wiedererrichtung ihres Jahutempels durchzusetzen, findet sich auch folgende Situationsschilderung: „... als Kambyses II. nach Ägypten kam, fand er jenen Tempel erbaut vor. Die Tempel der Götter Ägyptens riß man ohne Ausnahme nieder, aber keiner tat jenem Tempel einen Schaden an" (TGI, 84-87 Nr. 51, hier S. 86 ZZ. 13f.; Cowley Nr. 30). 522 v. Chr. geriet das persische Großreich in eine Krise, die dadurch noch verstärkt wurde, daß Kambyses II. unvermutet starb, als er in aller Eile von Ägypten nach Persien unterwegs war. Der „offizielle" Bericht über die Ereignisse, den Dareios I. in altpersischer, elamischer und babylonischer Keilschrift in die Felswand von Behistun meißeln ließ (TUAT I, 419-450), stellt den Verlauf der Dinge so dar, als habe der „Magier" Gaumata, ein Angehöriger der alten medischen Kaste der magi6, einen Aufstand ausgelöst und sich den Thron erobert. Gaumata soll als sozialer Wohltäter aufgetreten sein, soll Freistellungen vom Militärdienst und von Steuern verfügt, die Privilegien der persischen Adelsfamilien eingeschränkt und sich so Anhänger erworben haben. Seinen Anspruch auf den Thron habe er dadurch untermauert, daß er sich als Bardya ausgab, als den jüngeren Bruder Kambyses' II. In der Felsinschrift Dareios' I. wird Gaumata deshalb als der „falsche Bardya (Smerdis)" bezeichnet. Den „echten" Bardya habe Kambyses II. im Jahr 526 v. Chr. heimlich töten lassen, weil er ihn einer Verschwörung verdächtigte. D a der Inhalt der Inschrift von Behistun nicht über alle Zweifel erhaben ist, hat man auch vermutet, Gaumata sei in der Tat Bardya und damit der legitime Nachfolger Kambyses' II. gewesen. Er habe die Abwesenheit seines königlichen Bruders in Ägypten benutzt, um sich des Thrones zu bemächtigen, wozu er in Pasargadae und Susa Unterstützung gefunden habe. Trifft dies zu, dann wären in den res gestae Dareios' I. die Fakten aus propagandistischen Zwek-

6 Dabei handelt es sich um eine Klasse von Spezialisten, die in rituellen und magischen Praktiken bewandert war.

Kambyses II. und Dareios I.

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ken auf den Kopf gestellt; denn der wirkliche Usurpator Dareios I. bezichtigte dann den legitimen Thronerben Bardya der Usurpation. Da keine weiteren Indizien vorliegen, fällt es schwer zu entscheiden, auf welcher der beiden Seiten die Wahrheit liegt. Das die Felsinschrift begleitende Reliefbild zeigt jedenfalls, wie Dareios I. als Sieger im Kampf um den Thron Gaumata den Fuß auf die Brust setzt. Nachdem sich Dareios I. im Jahr 522 v. Chr. den Thron erobert hatte, brachen in verschiedenen Teilen des Großreichs Aufstände aus: In Medien beanspruchte ein gewisser Phraortes die Königsmacht, wobei ihn Parthien und Hyrkanien, später dann auch Armenien unterstützen. In Babylonien rissen vorübergehend 7 Usurpatoren, die sich programmatisch Nebukadnezar III. und Nebukadnezar IV. nannten, die Macht an sich. Viele Satrapien 8 , darunter die von Ägypten und Lydien, begannen autonome Aktivitäten zu entfalten. In dieser Zeit der Wirren gelang es Dareios I. (522-486 v.Chr.; Darajavausch), mit Gewalt auf den Thron zu kommen und das Imperium wieder zu konsolidieren. Dareios I. war der Inschrift von Behistun zufolge der Sohn von Hystaspes (Vischtaspa), der vermutlich Statthalter von Parthien und Hyrkanien und ein Angehöriger einer Adelsfamilie war, aber nicht der Königs- sondern einer Nebenlinie entstammte. Trotzdem leitet sich Dareios I. in seiner Inschrift auch von Teispes ab, und zwar über seinen Großvater Arsames und seinen Urgroßvater Ariaramnes, die ein Sohn beziehungsweise Enkel des Teispes gewesen seien. Zusammen mit sechs weiteren Adligen ermordete Dareios I. Gaumata bereits im Jahr 522 v. Chr. in der alten medischen Hauptstadt Ekbatana und wurde danach zum König proklamiert. Es grenzte an ein Wunder, daß er nur mit Hilfe seines Vaters, seiner Leibgarde und kleinen Truppenverbänden innerhalb weniger Jahre die meisten Aufstände ersticken und seine Souveränität durchsetzen konnte. Im Jahr 518 v. Chr. erkannten auch die Satrapien Lydien und Ägypten Dareios I. als König der Könige an. Bei einer Expedition nach Ägypten durchzog das persische Heer 519-518 v.Chr. auchjuda. Hier hatte Scheschbazzar zwar damit begonnen, den zerstörten Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen; doch nach kurzer Zeit stockten die Bauarbeiten. Diese kamen im Jahr 520 v. Chr. wieder in Gang, als Serubbabel, ein Enkel Jojachins, zusammen mit Tausenden von Heimkehrern aus dem Exil in Jerusalem ankam (Esra 2). Serubbabel war vermutlich von Dareios I. beauftragt, den Wiederaufbau weiterzuführen; denn der persische König war an guten Beziehungen mit Jerusalem interessiert, lag doch Juda strategisch nahe bei Ägypten. Ängefeuert vom Propheten Haggai (Esra 5) nahmen die Judäer die Arbeiten am Tempel in Angriff. Wirkungslos blieb eine Beschwerdeschrift der Samarier, die Enwände gegen den Tempelneubau vorbrachten. Der Satrap Tatnai übermittelte das Schreiben zwar an

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Dies geschah vom Oktober bis Dezember 522 und vom August bis November 521 v. Chr. Satrapie leitet sich von persisch khsatrapävan, „Satrap", ab; dazu s.u. S. 298.

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D a s persische Großreich (550-330 v. Chr.)

Dareios I.; doch der alte Erlaß Kyros' II. hinsichtlich des Wiederaufbaus des Jerusalemer Tempels und die von Dareios I. verfolgten politischen Ziele machten die Einwände hinfällig. Als die Arbeiten am Tempel 515 v.Chr. abgeschlossen waren, kehrte Serubbabel wahrscheinlich wieder nach Babylonien zurück. Unter Dareios I., der ein außergewöhnlich geschickter Herrscher und General war und deshalb auch als Dareios „der Große" bezeichnet wird, wurden die Grenzen konsolidiert und die Verwaltung verbessert, wodurch der Reichtum im Großreich zunahm. Das Imperium bestand nun aus den von Kyros II. eroberten Ländern, zu denen Kambyses II. Ägypten, Kyrene, Libyen und Zypern hinzugewonnen hatte, während unter Dareios I. noch vor 512 v. Chr. der Nordwesten Indiens, Thrakien und Makedonien hinzukamen. Die Eroberung Makedoniens erfolgte während des berühmten Feldzugs gegen die Skythen, bei dem eine Schiffsbrücke über den Hellespont geschlagen wurde und die persischen Truppen bis zur Donau vorstießen, womit auch noch das Schwarze Meer in den perischen Einflußbereich geriet. Im gesamten Großreich herrschten Wohlstand und alles in allem friedliche Zustände. Während des zweiten Teils der Regierung Dareios' I. kam es im fernen Westen zur ersten Auseinandersetzung mit den Griechen. Sie begann gleichsam als Vorspiel zu den Perserkriegen mit dem jonischen Aufstand (500-494 v. Chr.), der mit der Eroberung und Plünderung Milets endete. Am Anfang der Perserkriege selbst stand dann im Jahr 490 v. Chr. die Schlacht bei Marathon, bei der die persischen Invasionstruppen ihren athenischen Gegnern unterlagen, die mit Erfolg eine von Miltiades entworfene Strategie anwandten. Der unvergeßliche Name, den sich Dareios I. in der Geschichte erwarb, hängt mit seiner berühmten dreisprachigen Felsinschrift von Behistun zusammen, die die Entzifferung der Keilschrift ermöglichte, aber auch mit der von ihm gegründeten Haupt- und Residenzstadt Persepolis, der „Stadt von Parsa", die Dareios I. östlich des alten Anschan errichten ließ. Dareios I. war Großkönig eines vom ersten Nilkatarakt bis Westkleinasien und bis zum Indus reichenden und zahlreiche Völker und ethnische Gruppen umfassenden Weltreichs, das man zu Recht als „Commonwealth" bezeichnet hat. Im streng rechtwinklig angelegten Persepolis mit seinen zahlreichen, mit Säulen und Skulpturen überreich ausgestatteten Palästen und Repräsentationsbauten fand dieses Weltreich nun seinen symbolischen Ausdruck. So sind auf der Fassade des ebenso monumentalen wie prächtigen Treppenaufgangs zum größten Repräsentationsbau, zum Apadana, die Delegationen von dreiundzwanzig Völkerschaften dargestellt, die angeführt von persischen und medischen Herolden dem Großkönig als Gaben die jeweils typischen Erzeugnisse ihrer Länder darbringen. In der Architektur und Skulptur der Stadt sind ägyptische, assyrische und griechische Einflüsse erkennbar 9 . Die achämeni9 In Susa wurde eine große, in Ägypten angefertigte Statue des Königs in vollem Ornat entdeckt, auf deren Sockel die vierundzwanzig von ihm beherrschten Völker bzw. Länder in Hieroglyphenschrift in Kartuschen aufgeführt sind.

Kambyses II. und Dareios I.

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dischen Künstler gingen eklektisch vor; doch fügten sie die ausgewählten Motive überlegt derart zusammen, daß sie sich zu einem ideologischen, das persische Königtum legitimierenden Programm zusammenfügten. Uber die Geschichte des Achämenidenreichs ist weniger bekannt als man sich wünschen würde. Die bis jetzt noch nicht voll ausgeschöpften einheimischen Quellen sind inhaltlich begrenzt und meist nur von lokalem Interesse. Für alles weitere ist man von Angaben abhängig, die besonders von griechischen Schriftstellern wie Herodot, Thukydides und Ktesias überliefert wurden. Eine adäquate Beschreibung aus innerpersischem Blickwinkel fehlt. Einer der bedeutendsten Texte ist zwischen 520 und 518 v. Chr. sukzessive als Begleitinschrift zu dem großen, Dareios I. als Sieger über Gaumata und die acht „Lügenkönige" darstellenden Felsrelief von Behistun entstanden (TUAT I, 419-450) 1 0 . Die Inschrift wurde zunächst auf Elamisch in vier Spalten rechts des Reliefbildes in den Felsen gemeißelt. Später wurde links davon die babylonische Ubersetzung nachgetragen und schließlich die altpersische Fassung unterhalb des Bildwerks angebracht, die gegenüber dem ersten elamischen Text Änderungen und Auslassungen aufweist. Als Dareios I. 518 v. Chr. das Reliefbild um den von ihm besiegten Skythenkönig Skuncha erweitern ließ, mußte die altpersische Version kopiert und von rechts nach links verschoben werden. Im Text berichtet Dareios I. von seinem Sieg über den „falschen Smerdis" und über die „Lügenkönige". Das unter großem Aufwand und Mühen kopierte Monument lieferte dank seiner Dreisprachigkeit den Schlüssel zur Entzifferung der Keilschrift, und es ist zudem mit seinem dritten Textteil auch die älteste Inschrift in der syllabischen altpersischen Keilschrift, die (vermutlich) Dareios I. um 520 v.Chr. entworfen hatte und danach vor allem für Prunkinschriften auf Bauten, Gräbern und Felswänden verwenden ließ. Im Kernbereich des Imperiums, in Chuzistan und Fars, war seit alters das Elamische als Schriftsprache in Gebrauch. So hat man im Zeughaus von Susa aus der Zeit ab etwa 650 v. Chr. Hunderte von Verwaltungstexten entdeckt, die auf Elamisch abgefaßt sind. Von großer Bedeutung sind ferner die mehr als hundert Tafeln mit persischen Texten aus dem Schatzhaus in Persepolis und die in die Tausende gehenden Texte, die aus den Umfassungsmauern dieser Stadt geborgen wurden („fortification tablets"), von denen bislang aber erst 2000 publiziert sind. Diese Dokumente informieren uns über Regierungsangelegenheiten unterschiedlichster Art, außerdem lassen sich ihnen die Namen und Titel zahlreicher Beamter entnehmen. Aus Babylonien kommt eine große Anzahl akkadischer Texte: einige Zeremonialtexte und Geschichtsdarstellungen wie auf dem Kyros-Zylinder, späte Königslisten und die Babylonische Chronik. Entdeckt wurden ferner tausende Verwaltungs- und Rechtsurkunden aus jenen Jahrhunderten; sie enthalten Angaben zur lokalen Regierung, zu Formen des Landbesitzes, zu Steuern und Abgaben sowie zum Handel und Geldwesen. Besonders infor-

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Behistun/Bisutun liegt 33 km östlich von Kermanschah.

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Das persische Großreich ( 5 5 0 - 3 3 0 v. Chr.)

mativ sind in dieser Hinsicht die Archive aus dem Handelshaus Muraschü und aus dem Bankhaus Egibi, die zumindest für einen Teil des Großreichs auch Einblicke in die sozialen Verhältnisse, in das Wirtschaftsleben und bisweilen auch in die Politik gewähren. Uberkommen sind schließlich auch aramäische Inschriften. Sie sind in der Sprache abgefaßt, die die assyrische Administration schon seit längerem im Westen als „Verwaltungssprache" benutzt hatte und die nun vor allem durch die Verwaltungsreformen Dareios' I. auch im Osten eingeführt wurde. Das hatte den Vorteil, daß die Kanzleien im gesamten Imperium in einer Sprache miteinander korrespondieren konnten. Die Beamten in den Verwaltungszentren versandten offizielle, im sogenannten „Reichsaramäisch" geschriebene Dokumente in alle Teile des persischen Reichs. Ein Beispiel für diese Praxis sind etwa die im Esrabuch überlieferten aramäischen Erlasse und Briefe. Neben dem Aramäischen blieb allerdings in vielen Reichsteilen auch die Landessprache in Gebrauch, so in Persepolis das Elamische (bis etwa 460 v. Chr.), in Phönizien das Phönizische und in Ägypten das Demotische. Dementsprechend waren viele Beamte und „Schreiber" zweisprachig, und zahlreiche Dokumente mußten übersetzt werden. Bei den aramäischen Schriftfunden aus Persepolis handelt es sich überwiegend um Inschriften, die auf für zeremoniale Zwecke bestimmten Tongefäßen angebracht sind. In vielen Teilen des Imperiums wurde Aramäisch für Inschriften auf Gräbern, Stelen und Grenzsteinen benutzt, und aramäische Dokumente auf vergänglichem Schreibuntergrund wie Leder oder Papyrus haben klimabedingt vor allem in Ägypten die Zeiten überdauert. Zur letztgenannten Kategorie gehören auch die über hundert aramäischen Papyri aus der jüdischen Militärkolonie in Elephantine, die sich über das gesamte 5. Jahrhundert v. Chr. verteilen. Ihnen sind einige in Hermopolis entdeckte aramäische Briefe an die Seite zu stellen, die in der aramäischen Kolonie in Syene (Assuan) geschrieben und nach Hermopolis geschickt wurden, ferner Dokumente die aus der Kanzlei des persischen Satrapen von Ägypten, Arsames, kommen oder an sie gerichtet waren. Sie gehören in die Zeit um 410 v.Chr., als sich Arsames vorübergehend in Susa aufhielt. Daß es im Gesamtreich eine gemeinsame Verkehrssprache gab, hat sowohl den inneren Zusammenhalt als auch den Kontakt gefördert. Wichtig waren in dieser Hinsicht aber auch gute Verkehrsverbindungen, die entlang der berühmten (Post-)Wege verliefen, etwa die Straße von Sardes in Lydien, die durch Kleinasien nach Babylon und von hier nach Susa und Persepolis führte, ferner die Karawanenroute, die Babylon und Ekbatana mit Baktrien verband und bis zu Indiens Grenzen weiterlief. Diese Wege waren auch für das Militär von Bedeutung und brachten gewiß auch dem (internationalen) Handel Vorteile. Freilich erfahren wir darüber wenig, und das dürfte wohl weniger damit zusammenhängen, daß die griechischen literati am Handel wenig Interesse zeigten, sondern eher damit, daß die Wirtschaft im persischen Großreich zum Großteil auf der Landwirtschaft beruhte, während die Masse der vom Staat benötigten fremden Güter weniger über den Handel als in Form von

K a m b y s e s II. u n d Dareios I.

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„Geschenken" und Tributen einging. Bei dem bereits von Pharao Necho II. begonnenen und von Dareios I. dann vollendeten Bau des berühmten Kanals zwischen dem Nil und Suez, der das Mittelmeer mit dem Roten Meer verband, handelte es sich kaum um ein ausschließlich auf praktische Zwecke ausgerichtetes, sondern auch um ein Prestigeprojekt11. Wie dem auch sei, so steht jedenfalls fest, daß der interregionale wie der internationale Handel davon profitierte, daß die wichtigsten Staaten des Ostens nun einer einzigen Regierung unterstanden, die den Karawanen- und Schiffsverkehr überwachte und schützte. In diesen Zusammenhang gehört auch die Entwicklung des Geld- und Münzwesens, das laut Herodot seinen Anfang bereits in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts v.Chr. mit der von lydischen Königen eingeführten Münzprägung genommen hatte. Griechen und Phönizier übernahmen sodann diese Errungenschaft, die später im Westteil des persischen Imperiums weiterentwickelt wurde. 517 v. Chr. führte Dareios I. als offizielle Währung Gold-Dareiken mit einem Gewicht von 8,4 Gramm und Silber-Schekel mit einem Gewicht von 5,6 Gramm ein, deren Wert auf V20 des Dareikos festgesetzt war. Neben diesem „Reichsgeld" prägte man vielerorts weiterhin eigenes Münzgeld, und auch viele Satrapien hatten ihre eigenen Münzen. Den größten Nutzen aus den Fortschritten auf wirtschaftlichem Gebiet zogen die phönizischen Handelsstädte, die sich allem Anschein nach problemlos in der durch die persische Oberherrschaft veränderten Situation eingerichtet hatten. Bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. hinein hielten sie den persischen Großkönigen die Treue und konnten sich im Austausch gegen Tribut- und Steuerentrichtungen sowie gegen die Bereitstellung ihrer Flotteneinheiten ihre lokalen Regierungen und wirtschaftlichen Freiheiten bewahren. Daß sie für die Kriege mit Ägypten und Griechenland ihre Flotte zur Verfügung stellten, erwies sich als ein entscheidender Machtfaktor, zudem waren die Schiffe und Seeleute bei der Vorbereitung von Invasionen von Bedeutung. In jener Zeit regierten in Tyrus, Sidon und Byblos wieder eigene Könige, von denen uns einige ihre Namen in Bau-, Grab- und Statueninschriften hinterlassen haben (TUAT 2, 589ff.). Sidon scheint für die Perser die wichtigste Rolle gespielt zu haben. Unter den vielen uns namentlich bekannten Königen des 5. Jahrhunderts v. Chr. nimmt Eschmunazar II. von Sidon einen Spitzenplatz ein. In der Inschrift auf seinem Sarkophag ist von Gebietserweiterungen in Richtung Süden die Rede, die ihm der Perserkönig zum Dank für erwiesene Hilfe gewährte: „Und dazu gab uns der Herr der Könige Dor und Jaffa, die prächtigen Kornländer der Flur von SRN, für die gewaltigen Taten, die ich tat" (KAI Nr. 14). Das persische Regierungssystem beruhte auf einer Einteilung des Reichs in große Provinzen, deren Umfang oft dem ehemaliger nationaler oder politi11 Auf den Stelen des Kanals bezeichnet sich der König in pharaonischem Stil als „geboren von (der Göttin) Neith, der Herrin von Sais", die ihm „ebenso wie ihrem Sohn Re den Bogen" gegeben habe, „damit er seine Feinde alle Tage zurückschlage".

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Das persische Großreich ( 5 5 0 - 3 3 0 v. Chr.)

scher Einheiten entsprach. In den Aufzählungen der Königsinschriften erscheinen jene Provinzen dementsprechend als „Länder" oder auch „Völker". Sie wurden aber auch „Satrapien" genannt, was sich von der Bezeichnung ihres Verwalters ableitete, dessen Titel auf Altpersisch kbsatrapävan, auf Aramäisch 'bsdrpn, „Satrap", lautete. Ursprünglich gab es, wie etwa aus der Felsinschrift Dareios' I. von Behistun hervorgeht, ungefähr zwanzig solcher Länder; doch schwankte ihre Zahl je nach dem Stand der Eroberungen oder neuer Untergliederungen von Provinzen12. So schuf Kyros II. im Jahr 535 v. Chr. eine Satrapie, zu der Babylonien und seine ehemaligen Gebiete in Syrien und Palästina gehörten. Regiert wurde diese riesige Satrapie von Gubaru/Gobryas, dem 525 v. Chr. Uschtani nachfolgte. Unter dem Eindruck der Krise, mit der Dareios I. zu Beginn seiner Herrschaft zu kämpfen hatte, begann er Änderungen durchzuführen und die Provinzgrenzen neu zu ziehen. So trennte er vom eigentlichen Babylonien das Gebiet westlich des Euphrat als eine Satrapie Ebirnän, „Jenseits des Flusses"/„Transeuphrat", ab. Regiert wurde sie von Tatnai, der seinerseits Uschtani unterstellt war. Den Satrapen waren zahlreiche Beamte zu- und untergeordnet; so gab es den Kanzleichef (den bei temi), den Schatzwart (ganzabara), dem es oblag, Tribute und Abgaben einzuziehen und Zahlungen vorzunehmen, den Herold (azdäkara), Inquisitoren (frasaka; aramäisch 'prstk'), Buchhalter (bamarakara) und Schreiber. In den aramäischen Teilen des Esrabuches kommen die meisten dieser Ämter vor. An der Spitze kleinerer, zu einer Satrapie gehörenden Provinz, wie etwa Samaria, stand ein Statthalter mit dem Titel pebä; doch wurde dieser Titel bisweilen auch für Satrapen verwendet. Da pebä ebenso wie der babylonische Titel pa/ifyatu und satrapes auch für höhere, im Rang aber unter Satrapen und Statthaltern stehende Verwaltungsbeamte gebraucht wurde, ist nicht immer deutlich erkennbar, welche Gebiete tatsächlich echte, einem Satrapen zugeordnete Provinzen waren. Dieses Problem besteht auch im Hinblick auf den Status, den Juda und Jerusalem einnahmen; denn obwohl bereits für Scheschbazzar der Titel pebä gebraucht wurde, wurde Juda beziehungsweise Jehud erst später im 5. Jahrhundert v.Chr., mit Sicherheit zur Zeit Nehemias, eine unabhängige Provinz. Derartige Provinzen genossen bisweilen ein beachtliches Maß an Freiheit; denn sie konnten sich selbst verwalten und hatten an ihrer Spitze manchmal einen Angehörigen des eigenen Königshauses oder einen Verwalter, den die Perser aus der einheimischen Bevölkerung rekrutiert hatten. So verhielt es sich etwa mit Nehemia, und dank Münzen aus der Provinz Jehud und Krugstempeln aus Ramat Rahel ist bekannt, daß es sich mit den Jehud regierenden Gouverneuren aus der Zeit nach 400 v. Chr. nicht anders verhielt13. Ein weiteres Beispiel für diese Praxis ist Belschunu, der bei Xenophon Belesys heißt. Er war zunächst unter dem Satrapen Gobryas von Transeuphrat „Distriktsgouverneur" (pibatü) von Baby-

Die von Herodot, Historien, III 8 9 - 9 4 , angegebene Liste weicht davon geringfügig ab. Eine Ausnahme zu dieser Regel stellt vermutlich Bagoas dar, der gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. über Juda eingesetzt war. 12

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Von Xerxes I. bis zum Untergang des persischen Reichs

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Ion (ca. 520-513 v. Chr.), unter Dareios II. und Artaxerxes II. stieg er sodann zum Satrapen von Babylonien auf. Die von Dareios I. durchgeführten Verwaltungsreformen betrafen eine Vielzahl von Gebieten. So sahen die neuen Bestimmungen unter anderem vor, die Satrapen künftig vorzugsweise aus dem persischen Adel zu wählen, die Zuständigkeitsbereiche von Verwaltung und Militär zu trennen und Amterhäufungen zu vermeiden. Gewiß zielte die letztgenannte Regelung darauf ab, dem politischen Ehrgeiz von Satrapen Einhalt zu bieten, was in der Folgezeit allerdings deshalb nicht immer gelang, weil man die neuen Verordnungen zu lax handhabte. Die Uberlieferung berichtet von mehreren Satrapenaufständen, darunter vor allem vom mißglückten Versuch Kyros' des Jüngeren, seinen Bruder Artaxerxes II. zu entthronen. Kyros operierte, wie Xenophon berichtet, von seiner Basis in Kleinasien aus und wurde von seinen 10 000 Griechen unterstützt. Im Rahmen der Neuordnung, die das Heer, Abgaben, Steuern und noch vieles mehr betraf, wurde auch eine neue Fassung der Gesetze vorgelegt. Gelehrte erforschten die Gesetze und Rechtssysteme verschiedener Völker und kodifizierten sie bisweilen auch. So verfuhr man etwa mit dem ägyptischen Recht, das ägyptische Gelehrte in der Form, in der es bis zum Tod des Pharaos Amasis in Kraft war, im Jahr 495 v. Chr. nach Susa gebracht hatten und das dann hier kodifiziert wurde. Es ist zweifelhaft, ob auch der Versuch unternommen wurde, neben und über dem jeweils örtlich geltenden Recht ein überfassendes und allgemeines Gesetz zu schaffen, auf das sich die Bezeichnung „das Recht (data) des Königs" bezieht. Natürlich gab es eine Art „Königsrecht"; denn die in höchster königlicher Autorität ergangenen Gerichtsentscheide und Erlasse waren für die zentrale Verwaltung14 normativ. Auf dem Gebiet des Privatrechts war das assyrisch-babylonische Gewohnheitsrecht vor allem im Westen, auch in seiner aramaisierten Form15, noch stets bei der Erstellung von Kontrakten und den oft gebrauchten Klauseln von großer Bedeutung. In diesem allgemeinen Kontext ist auch das Amt Esras als „Schreiber des Gesetzes des Himmelsgottes" (Esra 7,12.21; vgl. Esra 7,6) zu sehen. Esra war Priester und Rechtsgelehrter und beauftragt, die Gesetze in der Satrapie Transeuphrat neu zu ordnen und zu kodifizieren (Esra 7,25f.).

3. Von Xerxes I. bis zum Untergang des persischen Reichs (485-330 v. Chr.) Nachfolger von Dareios I. war Xerxes I. (485-465 v.Chr.). Er mußte zuerst die im Zusammenhang mit seiner Thronbesteigung zwischen 486 und 484 v. Chr. in Ägypten und Babylonien ausgebrochenen Aufstände nieder14

In der zentralen Verwaltung nahmen neben den lokalen Gremien (der Versammlung des Volkes oder der Altesten oder auch Tempel) königliche Richter und Satrapen einen wichtigen Platz ein. 15 Die aramaisierte Form der assyrisch-babylonischen Rechtsformeln ist in den Rechtsurkunden aus Elephantine belegt.

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Das persische Großreich ( 5 5 0 - 3 3 0 v. Chr.)

schlagen, bevor er sich dem Feldzug zuwenden konnte, mit dem die persische Niederlage bei Marathon wiedergutgemacht und das griechische Festland erobert werden sollten. Nach ausführlichen Vorbereitungen, die auch ein Bündnis mit Karthago einschlossen, um die Griechen von Westen aus unter Kontrolle zu halten, brach die Armee aus Sardes auf. Begleitet wurde sie von einer großen Flotte, die neben Persern auch mit Joniern, Phöniziern und Ägyptern bemannt war. Nach dem persischen Sieg in der Schlacht bei den Thermopylen und der Eroberung Athens, erlitten die Perser 480 v.Chr. in der Seeschlacht von Salamis eine schwere Niederlage, auf die 479 v. Chr. auch noch die Niederlage des Generals Mardonios bei Platää zu Land folgte. Immerhin konnte sich aber Artabazus mit einem großen Teil des persischen Heers nach Kleinasien zurückziehen. In den meisten Geschichtsbüchern wird von Xerxes I. ein recht unsympathisches Bild gezeichnet, dessen Charakterzüge den entsprechenden Schilderungen griechischer Autoren, in erster Linie Herodot (Historien, V I - X ) , entlehnt sind. Unter der Herrschaft eines Königs zweifelhaften Charakters, eines orientalischen Despoten, der hochmütig, einmal aufbrausend, dann wieder träge gewesen sei, habe der Niedergang des unter Kyros II. und Dareios I. jugendlichen und kraftvollen Imperiums begonnen, während sich Xerxes I. nach seinem verhängnisvollen griechischen Abenteuer nur noch mit Bauprojekten und Frauen abgegeben habe. Vieles an diesem Bild geht auf das helleno-zentristische Vorurteil griechischer Schriftsteller zurück, das sich auch manche moderne Kollegen zu eigen gemacht haben. In den zugestandenermaßen spärlichen einheimischen Quellen findet sich nichts, das zu einer derartigen Charakterisierung Xerxes' I. berechtigen könnte. Das Verhältnis Xerxes' I. und auch das der anderen persischen Könige ganz allgemein zu Frauen war nicht nur ein bei Griechen beliebtes Thema, es bildete auch den Hintergrund des Estherbuches. Es ist nach wie vor schwierig, herauszufinden, ob das Bild von Xerxes I., das die griechischen Geschichtsdarstellungen darbieten, der Wahrheit nähersteht als das, das sich aus den formelhaften und mit traditionellen Stereotypen arbeitenden persischen Inschriften ergibt, die natürlich die Königsideologie widerspiegeln. Fest steht, daß Xerxes I. ein begeisterter Bauherr war: Vieles von dem, was heute noch in Persepolis 16 zu sehen ist, wurde von ihm vollendet, gebaut oder begonnen. Das gilt für den prächtigen Apadana-Palast mit seinem üppigem Reliefschmuck ebenso wie für den sogenannten „Harem", den E. Herzfeld in Ubereinstimmung mit den einschlägigen griechischen Erzählungen als solchen identifiztierte und benannte, der wahrscheinlich aber ein Nebenbau des „Schatzhauses" war. 465 v.Chr. wurde Xexes I. während einer Palastverschwörung in Susa ermordet, der auch sein ältester Sohn, Dareios, zum Opfer fiel. Vielleicht wurde in der nun folgenden Zeit der Wirren am Königshof das Bildnis von Xerxes I., das ursprünglich einen hervorgehobenen Platz unter den Reliefs

16

In Persepolis wurden auch die „Daiva-Inschrift" und die „Harems-Inschrift" Xerxes' I. entdeckt.

Von Xerxes I. bis zum Untergang des persischen Reichs

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des Apadana einnahm, abgenommen und zum „Schatzhaus" verbracht. Nachfolger von Xerxes I. wurde schließlich Artaxerxes I. (465-424 v.Chr.). Artaxerxes I. war lange Zeit mit einem gefährlichen Aufstand in Ägypten beschäftigt, den er erst 455 v.Chr. beenden konnte, da die Ägypter Hilfe aus Griechenland erhielten. Auch in Syrien fand der Perserkönig eine schwierige Situation vor; denn hier ließ sich der mächtige Feldherr und Satrap von Transeuphrat, Megabyzos, nur mit Mühe im Zaum halten. Die Beschwerde gegen den Mauerbau in Jerusalem, die der Befehlshaber Rechum für die Samarier brieflich beim Großkönig einreichte (Esra 4,8-16), stieß wohl deshalb am persischen Hof auf offene Ohren. Im Antwortschreiben wurde der Fortgang der Arbeiten an der Stadtmauer mit der Begründung untersagt, daß Jerusalem seit jeher eine Stätte des Aufruhrs und der Empörung gewesen sei (Esra 4,17-22) 17 . Die Arbeiten an der Mauer ruhten daraufhin ungefähr fünf Jahre lang, bis im Jahr 445 v. Chr. Nehemia aus Susa in Jerusalem eintraf. Nehemia, ein deportierter Judäer, war im Perserreich zum Mundschenk des Königs aufgestiegen und kehrte jetzt vorübergehend als Bevollmächtiger des Königs und als Gouverneur der inzwischen autonomen Provinz Juda beziehungsweise Jehud18 nach Jerusalem zurück. Trotz Protesten aus Samaria, wo inzwischen Sanballat I. (Sinuballit) Rechum abgelöst hatte, konnte während Nehemias bis 433 v.Chr. dauerndem Aufenthalt in der Stadt der Mauerbau abgeschlossen werden. Im Jahr 424 v.Chr. starb Artaxerxes I. und wurde in einem Felskammergrab mit prächtiger Fassade in Naqs-i Rustam unweit von Persepolis beigesetzt. Die Erinnerung an diesen König haftet an seinem Grab, und sie ist zudem mit der großartigen Thronhalle verbunden, die auch als „Hundert Säulen-Saal" bezeichnet wird; denn die Bauinschrift dieses Gebäudes vermerkt, daß Xerxes I. den Bau begonnen und Artaxerxes I. ihn beendet habe. Der Sohn und Nachfolger Artaxerxes' I., Xerxes II., wurde bereits kurz nach seinem Regierungsantritt im Jahr 424 v. Chr. ermordet. Als nach ihm Dareios II. (423-404 v.Chr.) den Thron übernahm, verbrauchte Griechenland seine Kräfte im Peleponnesischen Krieg. In der Provinz Juda hatte inzwischen der Perser Bagoas Nehemia (in direkter Nachfolge?) abgelöst. In Elephantine verschlechterten sich die gespannten Beziehungen zwischen den jüdischen Kolonen und der ägyptischen Priesterschaft des Widdergottes Chnum, dessen Tempel an die jüdische Kolonie angrenzte. Die im jüdischen Jahutempel dargebrachten blutigen Opfer von Kleintieren, speziell die von Widdern, waren für die ägyptischen Nachbarn gewiß eine Provokation. Die Situation spitzte sich mit der Ankunft Hananjas 19 im Jahr 419 v. Chr. weiter

17 Eine frühere Beschwerde der Samarier in dieser Angelegenheit, auf die sich Esra 4 , 7 bezieht, war erfolglos geblieben. 18 In späterer Zeit begegnet der Provinznamen Jehud dann auch auf Münzen und offiziellen Stempeln. 19 Daß es sich bei ihm um den gleichnamigen Bruder Nehemias (Neh. 1 , 2 ; 7,2) handelte, läßt sich nicht beweisen; aus C o w l e y Nr. 3 8 , 7 geht nur hervor, daß Hananja 419 v . C h r . an den Hof des Satrapen Arsames gekommen war.

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Das persische Großreich ( 5 5 0 - 3 3 0 v. Chr.)

zu. Er überbrachte dem Satrapen Arsames ein königliches Edikt, dessen Wortlaut nicht erhalten ist, das aber möglicherweise dazu aufforderte, die jüdische Garnison unbehelligt zu lassen. Es folgt eine Anweisung für die Juden, wann und wie das Pesach (Passa) zu feiern sei (Cowley Nr. 21; RTAT 270f.). 410 v. Chr. entluden sich die ägyptisch-jüdischen Spannungen, und die Ägypter zerstörten, unterstützt vom persischen Präfekten (frataraka) Widranga, den Jahutempel. Obwohl die Täter später bestraft wurden, dauerte es lange, bis die Juden eine Genehmigung für den Wiederaufbau ihres Gotteshauses erhielten. Dazu waren mehrere Bittschriften erforderlich, von denen sich eine im Archiv Jedonjas fand20, der Priester und Anführer der jüdischen Gemeinschaft von Elephantine war. Das Schreiben richtete sich an Bagoas, den Statthalter von Juda (Cowley Nr. 30; TGI Nr. 51). Erwähnt wird in dieser Petition auch, daß in derselben Angelegenheit bereits eine Anfrage an Delaja und Selemja, die Söhne und Nachfolger Sanballats I., ergangen war. Das bedeutet, daß sich Jedonja mit seiner Bitte sowohl nach Jerusalem wie nach Samaria wandte. Das Schreiben Jedonjas ist in vielerlei Hinsicht aufschlußreich, etwa mit dem Hinweis auf eine früher an den jüdischen Hohenpriester Johanan und den Anführer des jüdischen „Adels" Ostanes gerichtete Anfrage um Unterstützung, auf die aber keine Antwort erfolgt sei. Unklar ist, ob bei dieser Art von Ablehnung politische Erwägungen der Perser im Spiel waren, oder ob blutige Opfer außerhalb von Jerusalem der Jerusalemer Priesterschaft unerwünscht waren. Bagoas bewilligte schließlich die Bitte Jedonjas entweder noch gegen Ende der Regierungszeit Dareios' II. oder erst unter Artaxerxes II. Die Zustimmung erfolgte möglicherweise in der Absicht, sich die Unterstützung der jüdischen Garnison zu bewahren; denn die Situation in Ägypten, wo ein Aufstand ausgebrochen war, verschlechterte sich für die Perser zunehmend. Die (königliche?) Bewilligung des Wiederaufbaus des Tempels und der Restitution des Kults erfolgte in der Form eines von Bagoas und Delaja gemeinsam verfaßten Memorandums (Cowley Nr. 32; TGI Nr. 52), das für den Satrapen Arsames bestimmt war. Blutige Tieropfer wurden darin den Juden allerdings nicht zugestanden, worin sich eine Rücksicht auf die Proteste der ägyptischen Priester des Gottes Chnum oder die schon erwähnten Bedenken der Jerusalemer Priesterschaft gegen Tieropfer außerhalb von Jerusalem ausdrücken können. Ob der Jahutempel in Elephantine tatsächlich wiederaufgebaut wurde, ist sehr fraglich; denn den von Amyrtaeus angeführten ägyptischen Aufständischen gelang es im Jahr 400 v. Chr., die Perser zu vertreiben. Mit dem Ende der persischen Oberhoheit über Ägypten dürfte aber auch das Schicksal der jüdischen Kolonie in Elephantine besiegelt gewesen sein. Ungewiß ist, wann Esra aus Babylon nach Jerusalem kam. Das könnte unter dem Nachfolger des Dareios II., Artaxerxes II. (404-359 v. Chr.) gewesen

2 0 Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Text um die Vorlage für die Reinschrift, die nach Jerusalem gesandt wurde.

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sein, sofern sich das in Esra 7,8 genannte Datum im „siebten Jahr" auf die Regierungszeit dieses Königs bezieht. Übernimmt man diese „Spätdatierung" der Mission Esras, dann lassen sich die nach Nehemia, unter Bagoas, auftretenden Mißstände aller Art leichter erklären. Eine Datierung von Esras Besuch in Jerusalem während der Regierungszeit Artaxerxes' II. wäre über alle Zweifel erhaben, wenn es sich erstens bei jenem „Johanan, dem Sohn Eljasibs", der im Tempel einen Raum hatte (Esra 10,6), um den Hohenpriester Johanan handelte, der ein Enkel Eljasibs war 21 , und wenn zweitens eben dieser Hohepriester Johanan mit dem Johanan identisch wäre, der dem Elephantine-Brief an Bagoas (Cowley Nr. 30; T G I Nr. 51) zufolge um 407 v.Chr. in Jerusalem als Hoherpriester amtierte. Neben dieser „Spätdatierung" vertreten einige auch eine „Hochdatierung", die Esras Ankunft bereits unter Artaxerxes I. im Jahr 458 v.Chr. ansetzt. Schwierigkeiten bereitet dabei allerdings, daß Esra, der allem Anschein nach eine konkrete und zeitlich beschränkte Mission hatte, dann mindestens dreizehn Jahre später noch mit Nehemia zusammengearbeitet hätte (Neh. 8). Uber die weitere Geschichte Judas und Samarias im Perserreich des 4. Jahrhunderts v. Chr. ist nur wenig in Erfahrung zu bringen, obwohl die Namen einiger Statthalter beider Provinzen bekannt sind. Aus diesen ergibt sich immerhin, daß die Statthalter mit großer Wahrscheinlichkeit aus der einheimischen Bevölkerung rekrutiert wurden. Uneins ist man sich freilich darin, in welcher zeitlichen Reihenfolge die Namen judäischer Statthalter anzuordnen sind, da sie isoliert in Legenden von Münzen, Krugstempeln, Bullen und Siegeln überkommen sind. N.Avigad läßt Elnathan, Jehoeser und Achsai Nehemia vorausgehen und rechnet damit, daß Juda bereits vor dem 6. Jahrhundert v. Chr. den Status einer autonomen persischen Provinz besaß. Dank der sogenannten „Samaria-Papyri" 22 herrscht mehr Gewißheit über die Abfolge der Statthalter in Samaria: Auf Sanballats I. Sohn Delaja folgten nacheinander (sein Sohn?) Sanballat II. (ca. 375 v.Chr.), Hananja (ca. 355 v.Chr.) und Sanballat III. (ca. 335 v.Chr.). Beide Provinzen litten gewiß unter den politischen Entwicklungen im Perserreich, die sich in Syrien-Palästina in der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. besonders turbulent auswirkten. Während der etwa sechzig Jahre von der 28. bis zur 30. Dynastie (bis 342 v.Chr.) konnte Ägypten unter Königen wie Nepherites (398-393 v.Chr.), Achoris (390-378 v. Chr.), Nektanebos I. (378-360 v. Chr.) und Nektanebos II. (359-342 v. Chr.) seine Unabhängigkeit behaupten. Die Ägypter mischten kräftig in der antipersischen Politik im östlichen Mittelmeerbereich mit und unterhielten dazu vielerlei Kontakte mit Sparta, Athen, Zypern und den Wi-

21 Die Reihenfolge der Hohenpriester ergibt sich aus einer Kombination von Neh.12,10 und Neh. 12,22: Eljasib, Jojada, Johanan. 22 Die Bezeichnung bezieht sich auf etwa 40 Papyri in unterschiedlichem Erhaltungszustand, die in einer Höhle im Wadi ed-Dalije (nördlich von Jericho im Jordangraben) entdeckt wurden. Es handelt sich bei ihnen um Urkunden privatrechtlichen Charakters, die zwischen 334 und 331 v. Chr. in Samaria ausgestellt wurden.

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Das persische Großreich ( 5 5 0 - 3 3 0 v. Chr.)

derstandsbewegungen in Syrien und Palästina. Gefährlich wurden diese Aktivitäten für Ägypten, nachdem der Perserkönig mit dem Spartaner Antalkidas 386 v.Chr. den großen „Königsfrieden" vereinbart und damit Ruhe an der griechischen Front hergestellt hatte. Das von Pharnabazos angeführte und von Athen unterstützte persische Heer unternahm im Jahr 373 v. Chr. von Pelusium aus einen massiven Angriff auf Ägypten. Nektanebos I., der erste Pharao der 30. Dynastie, setzte gegen die Perser eine starke Verteidigungslinie, Wasseranlagen und die Überflutungswasser des Nils ein, und konnte damit den persischen Vormarsch stoppen. Daß Nektanebos I. und nach ihm sein Sohn und Nachfolger Teos die Aufstände in Syrien unterstützten, erwies sich letztendlich für Ägypten als fatal. Nektanebos II., der 351 v. Chr. eine Attacke Artaxerxes' III. Ochus (359-338 v. Chr.) abgewehrt hatte, unterstützte den danach in Phönizien aufflammenden Aufstand mit viel Energie und viertausend griechischen Söldnern. Über den Ausbruch und Verlauf des Aufstands in Sidon unter seinem König Tennes liegt ein Bericht bei Diodor vor. Auch Tripolis beteiligte sich an der Rebellion, die zudem aus Zypern Unterstützung erhielt. Nachdem Artaxerxes III. mit Sidon 23 und den anderen phönizischen Städten im Jahr 343 v. Chr. abgerechnet hatte, konzentrierte er seine Kräfte auf Ägypten. Verrat verhalf dem persischen General Bagoas dazu, daß er von Pelusium aus die ägyptischen Verteidigungsformationen bei Mendes im Delta durchbrechen konnte, woraufhin Nektanebos II. nach Nubien floh. Ägypten hatte seine Unabhängigkeit verloren, nachdem es während der 30. Dynastie noch einmal eine kurze Blütezeit erlebt hatte, wie sich an den Resten von Bauten und Statuen aus der Zeit der Pharaonen Nektanebos I. und Nektanebos II. zeigt. Gut zehn Jahre lang mußte das Land nun während der 31. Dynastie ein strenges persisches Regime erdulden, bevor im Jahr 332 v. Chr. Alexander der Große seinen Fuß auf ägyptischen Boden setzte. Ehrerbietig machte er den ägyptischen Tempeln und dem AmunOrakel in der Oase Siwa seine Aufwartung, und die Ägypter erkannten und anerkannten in ihm ihren Befreier und Herrscher. Artaxerxes III. wurde 338 v. Chr. von seinem Wesir und Eunuchen Bagoas ermordet. Nach der kurzen Regierung Arses' bestieg Dareios III. Kodomannos (336-330 v. Chr.) als letzter persischer König den Thron. Er sah sich der schwierigen Aufgabe gegenüber, das geschwächte Imperium zusammenzuhalten und zugleich der neuen, in Alexander von Makedonien personifizierten Bedrohung seines Reichs die Stirn zu bieten. Was den ersten Teil dieser Aufgabe betrifft, konnte Dareios III. anfangs vor allem im Osten noch Erfolge verbuchen. Bei der Bewältigung des zweiten Teils der Aufgabe versagte der König aber; denn ihm stand der größte General seiner Zeit gegenüber, und dagegen vermochte Dareios III. nichts auszurichten. Nach der Schlacht am Granikos im Jahr 334 v. Chr., in der Alexander die Perser geschlagen und sich Kleinasien gesichert hatte, standen sich beide Herrscher 333 v.Chr. bei

23

Sidon wurde an die Perser verraten und zerstört.

Von Xerxes I. bis z u m Untergang des persischen Reichs

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Issos am Golf von Iskenderum erstmals mit ihren Armeen gegenüber, wobei die Makedonen die Perser vernichtend schlugen. Danach zog Alexander die Küste entlang nach Süden. Sein Weg führte ihn durch Syrien, Phönizien, wo Tyrus nach sieben Monaten kapitulieren mußte 24 , und durch Palästina, wo sich ihm Samaria25 und Jerusalem unterwarfen. Noch im Jahr 332 v.Chr. eroberte Alexander ohne viel Mühe Ägypten und gründete hier die Stadt Alexandria, in der sein Name bis heute weiterlebt26. Bald brach er wieder in nördliche Richtung auf, um eine dritte von Dareios III. gemusterte Armee im Oktober 333 v. Chr. östlich des Tigris bei Gaugamela, in der Nähe von Erbil, zu schlagen. Damit war der Weg ins Innere des persischen Reiches für Alexander frei. Babylon, Susa und Persepolis wurden eingenommen, und, der Uberlieferung nach, warf Alexander der Große, zur Vergeltung für die in den Perserkriegen entweihten griechischen Tempel, in Persepolis eigenhändig die Brandfackel in den von Xerxes II. erbauten Palast. Dareios III. floh aus Ekbatana nach Osten und geriet hier in die Hände des Satrapen von Baktrien, Bessos, der ihn schließlich tötete, damit er nicht lebend in die Gewalt der Makedonen falle (330 v.Chr.). Nach mehr als zweihundert Jahren hatte das persische Reich sein Ende gefunden. Das Andenken an dieses Reich hielten griechische Historiker in ihren Erzählungen wach, und die Erinnerung an es haftet auch an den achämenidischen Monumenten, die der Zeit trotzten. Sie verband sich mit dem schon von Alexander dem Großen bewunderten Grab Kyros' II. in Pasargadae, mit den Königsgräbern von Naqs-i Rustam mit ihren aus dem Felsen gehauenen Prunkfassaden und ganz besonders mit der Hauptstadt Persepolis, wo die achämenidische Architektur und Skulptur sich am glanzvollsten entfalteten und wo viele hundert Jahre später dann auch die Entdeckung der Achämeniden einsetzen sollte.

24

Möglich wurde dies erst dadurch, daß Alexander die Inselstadt durch einen Damm mit dem Festland verbinden ließ. 25 Aus dieser Zeit stammen die sogenannten „Samaria-Papyri" (s.o. S. 303 Anm. 22), deren Eigentümer, Mitglieder der Familie des persischen Statthalters Sanballat III., vermutlich vor der anrückenden Armee Alexanders aus Samaria geflohen waren. 26 Alexandria ist nur eine von vielen nach Alexander benannten Neugründungen.

Zeittafeln 1. Ägypten vom 3. Jahrtausend v. Chr. bis zum Ende des Mittleren Reichs Die Unsicherheitsmarge bis zum Mittleren Reich beträgt ca. 50 Jahre, alle Daten in der letzten Kolumne haben also eine Schwankungsbreite von ± 25 Jahren. Die Alternativen folgen den von J. v. Beckerath, 1997, (s. II.2.) und W.J. Murname, The History of Ancient Egypt: An Overwiev, in: CANE 2, 691-717, vorgeschlagenen, wobei der letztere meist niedrigere Zahlen bietet, wegen der Regierungsdauer von Pepi II. aber nicht für die 6. Dynastie bzw. das Alte Reich. Epochen, Dynastien, Könige

Anzahl der Dynastien und Könige

Prädynastische Zeit „Skorpion", Narmer

Dauer in Jahren (von Epochen, Dynastien und Regierungszeiten von Königen)

Absolute Daten (für Epochen, Dynastien und Könige)

ca. 150 Jahre

ca. 3200-3000

Frühzeit 1. Dynastie 1. Menes (Horas, Aha) 2. Dynastie

1.-2. Dynastie 8 Könige

ca. 300 Jahre ca. 180 Jahre

ca. 3000-2680 ca. 3000-2820

8 Könige

ca. 120 Jahre

ca.2820-2680

Altes Reich 3. Dynastie 2. Djoser 4. Dynastie 1. Snofru 2. Cheops 4. Chepnren 6. Mykerinos i. Dynastie 1. Userkaf 2. Sahure 6. Niuserre 9. Unas 6. Dynastie 3. Pepi I. 5. Pepi II. 7 Nitokris 8. Dynastie

3.-8. Dynastie 6 Könige

ca. 480/540 Jahre ca. 70/50 Jahre 20 Jahre ca. 135/125 Jahre 35/45 Jahre 24 Jahre 27 Jahre 28 Jahre ca. 160/150 Jahre 9 Jahre 14 Jahre 32 Jahre 20 Jahre ca. 130/180 Jahre 40/50 Jahre (?) 60 Jahre (?) 2 Jahre ca. 45/40 Jahre

ca. 2680-2200/2130 ca. 2680-2625/10

1. Zwischenzeit

9.-10. Dynastie 18 Könige

ca. 120/150 Jahre

ca. 2145/30-2020/1980

Mittleres Reich 11. Dynastie 3. Antef II. 5. Mentuhotep II. 12. Dynastie 1. Amenemhet I. 2. Sesostris I. 3. Amenemhet II. 5. Sesostris III. 6. Amenemhet III. 13. Dynastie

11.-12. Dynastie 7 Könige

ca. 325 Jahre ca. 140 Jahre 50 Jahre 50 Jahre ca. 170/180 Jahre 30 Jahre 45 Jahre 35 Jahre 19 Jahre 46 Jahre ca. 150/130 Jahre

ca. 2120/2080-1795/60 ca. 2120/2080-1975/40

8 Könige

9 Könige

7 Könige

17 Könige

8 Könige

50 „Könige" (?)

ca. 2615/10-2500/2475

ca. 2500/2485-2350/25

ca. 2350/25-2190/70

ca. 2190/70-2145/30

ca. ca. ca. ca. ca. ca. ca. ca.

2045/10-1995/60 1976/38-1794/59 1976/38-1947/09 1956/19-1911/1875 1914/1877-1879/43 1872/36-1854/18 1853/17-1806/1773 1794/59-1645/30

307

Zeittafeln

2. Mesopotamien im 3. Jahrtausend, v. Chr. (nach der „mittleren Chronologie") Ab der Dynastie von Akkad folgen die Angaben der Sumerischen Königsliste. Dort nicht vorkommende Dynastien/Könige stehen in runden Klammern; in Inschriften erwähnte Könige sind unterstrichen; Könige, die (auch) in historischen Überlieferungen vorkommen stehen in Kursivschrift. Epochen und Dynastien

Könige und sie betreffende Daten

Absolute Epochendaten

Späte Uruk und „DschemdetNasr-Zeit"

Uruk IV-III

ca. 3200-2900

Frühdynastisch I

ca. 2900-2750

Frühdynastisch II 1. Dynastie von Kisch 1. Dynastie von Uruk

(En)mebaragesi, Agga Enmerkar, Gilgamesch

Frühdynastisch lila 1. Dynastie von Ur (Dynastie von Kisch

(Meskalamdug), Mesanepada, Meskiagnunna, Mesalim) ca. 2530

Frühdynastisch Illb 2. Dynastie von Ur 2. Dynastie von Uruk 1. Dynastie von Adab 1. Dynastie von Mari (1. Dynastie von Lagasch

3. Dynastie von Uruk

Nanne, Meskiagnanna Lugal-kiginnedudu, Lugal-kisalsi, Enschakuschana* Lugal-anemundu Ilsu, Bazi, Zizi 9 Könige ca. 125 Jahre), ca. 2500-2375 (Urnansche) ca. 2500 (Eannatum) ca. 2460 (Enannatum) ca. 2430 (Enmetena) ca. 2400 (Urukagina)* ca. 2380 Lugalzagesi* 25 Jahre, ca. 2375-2350

ca. 2600-2500

ca. 2500-2350

Dynastie von Akkad

7 Könige Sargon* Rimusch Manischtuschu Naramsin Scharkalischarri

Gutäer-Zeit

21 Könige 91 Jahre (Erridupizir), Si'um, La'erab, Jarlagab, Tirigan Utuchegal 7 Jahre, ca. 2120-2112 8 Könige 40 Jahre [ ?], ca. 2140-2100 Urningirsu, Urbau, Gudea, Nammahani

ca. 2210-2120

5 Könige Urnamma Schulgi Amarsin Schusin Ibbisin

ca. 2112-2002

4. Dynastie von Uruk (2. Dynastie von Lagasch 3. Dynastie von Ur

Isin-Larsa Zeit

181 Jahre 56 Jahre (?) 9 Jahre 15 Jahre 37 Jahre 25 Jahre

ca. 2750-2600

110 Jahre 2112-2095 2094-2047 2046-2038 2037-2029 2028-2002

ca. 2350-2170

ab ca. 2015

* Enschakuschana von Uruk II, vermutlich ein älterer Zeitgenosse von Sargon von Akkad und Lugalzagesi von Uruk III, der Lagasch unter Urukagina schlug, wurde von Sargon wohl erst um die Mitte seiner (zu lang angesetzten?) Regierungszeit besiegt.

308

Zeittafeln

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^ 3 (Λ 2 ·
• Bit-Humri „Haus Omris" -*• Israel -»• Samaria 238 Bitterseen Karte 1 Bit-Zamani 208. 235

Bogazköy-Hattuscha 38.100.131.139. 158. 192 Borsippa 129. 239. 243. 273. 278. 282. Karten 3. 5 Bubastis 94. 193. 221. 223. 249f. 257 Karte 1 Buhen 89. 142. Karte 2 Buruschchanda-*-A9emhöyük(?) 81.135 Busiris 249. Karten 1. 6 Buto Karte 1 Byblos -*• Gebal -*· Gubla Dschubail - Kpn 26f. 32. 44. 52. 55. 75. 81 f. 86. 90-92. 103. 133 f. 140. 147 150. 152. 193. 201. 205. 207 213. 216. 219f. 223f. 236. 253. 265. 270. 297 Karten 5f. Carmania 285 Ceyhan 137 Karten 4 f. Chafadschi 119 Chalap - Aleppo - Halman 117 131.136 „Chaldia" - „Haidia" - Urartu 258 Charga, el- Karten 1. 6 ChirbetKerak 81 Choga Misch Karte 3 Choga Zanbil Karten 3. 5 Chois, modern -·• Sakha 93. 96. Zeittafel 7. Karte 1 Chorasan-Straße 258 Chorasmia 289 Chorsabad Dur-Scharrukin 229. 255 Chuzistan 76. 274. 295 Cilicia Campestris 213. 237 Dahschur 53. 89. Karte 1 Damaskus 91. 133. 149-151. 159. 171. 175.193. 209. 214f. 236-243. 246. 248. 253-255. 279. Zeittafel 10. Karten 4-6 Damietta Karte 1 Dan - Teil el-Qadi 95. 133. 238. Karte 5 Danaoi -·• Tanaja/u -»· Zypern (?) 149. 200 Daphnai/Daphne -*• Defenne -»• Ba'al Zephon -»· Tachpanches 193. 262. Karte 6 Dardana 192 Daskylium Karte 6 Dedan 284. Karte 6 Defenne ->• Daphnai/Daphne -»• Ba'al Zephon 193

Namen Deir el-Bahri 142. 146. Karte 1 Deir el-Balah 203 Deir el-Medine 144. 205 Dendera Karte 1 Der 118. 124. 243. 255. 258. Karten 3. 5 Dilbat 99. 120. Karten 3. 5 Diyala 76. 79. 206. Karten 3. 5 Diyarbakir 180. 208 Djahi 201 D j e d e - M e n d e s 205 Donau 294 Dor 202. 205. 216. 220. 254. 270. 297 Karten 4 f. Drehern Puzrisch-Dagan 74 Dschebel Aruda 61. 81 Dschebel Bischri -*· Basar 101 Dschebel Hamrin 76. 179 Dschemdet-Nasr 61. Zeittafel 2. Karte 3 Dschubail -*· Byblos -* Gebal Gubla - Kpn 86 Duma Karte 6 Dur-Assur Karte 5 Dur-Atchara 258 Dur-Jachdunlim 122. Karte 3 Dur-Jakin 258 Dur-Katlimmu Karte 5 Dur-Kurigalzu, modern -»· Aqarquf 43. 176. 183. 235. Karten 3. 5 Dur-Scharrukin „Festung Sargons", modern -»• Chorsabad 229. 255. Karte 5 Ebirnäri ->• „Jenseits des Flusses" Transeuphrat 298 Ebla, modern - Teil Mardich 27 38. 55. 59. 62. 69. 71. 81-85. 95. 99. 103. 121. 131 f. 136. 162. Karte 4 Edfu Karten 1. 6 Edom 174. 176. 213. 220. 242. 253. 257 265. 270. 284. Karte 6 Ekallatum, modern - Teil Akra (?) 115 f. 123. 125. Karte 3 Ekbatana — Agmatana 289. 293. 296. 305. Karten 5f. Ekron 202 f. 266 f. 280 Elam 25f. 34. 49. 65. 71. 73. 75. 77 79f. 117 119. 121. 124-126. 179. 206. 230. 255. 257f. 261. 264. 268 f. 273. 288. Karten 3. 5f.

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Elath 218 Elazig 137 Elburs 253 Elephantine Jeb 40. 54. 56f. 92. 209. 262. 291 f. 296. 299. 301 f. Karten 1 f. Elkab Karte 1 Ellipi Karte 5 Eltheke 260. 266 f. Emar 48. 100. 131 f. 147. 160. 162f. Zeittafel 3. Karten 3 f. Έ η Besor 52 Ephesus 217. 272. Karte 6 Erbil - Arbela - Urbilum 76. 99. 179. 305 Eresch -»• Abu Salabich (?) 62 Ergani Maden 181 Eridu 62. 127. Karte 3 Eschnunna 62. 74. 77 101 f. 109.115-119. 124-127 131. 179. 182. Zeittafeln 3f. Karte 3 Esna Karte 1 Eulaeus 206 Euphrat 24. 31. 33. 59-61. 71. 76. 81 f. 101. 106 f. 111. 116. 118-122. 125-128. 132. 136. 140. 145. 147 f. 159. 162-166. 169. 175. 179. 181. 192. 194. 206-214. 231.235. 237 244f. 247 265. 269.278f. 283. 285. 298. Karten 3-6 Eziongeber Karte 1 Fara Schuruppak 58 Fars - Parsa - Persis 274. 288. 295 Fayyum, el- 57 89. Karte 1 „Festung Salmanassars" -*· Kar-Schulmanuaschared, modern -*· Til Barsip 237 „Festung Salmanassars"/„Fort Shalmaneser", Palast in -*· Kalchu/Nimrud 239 „Festung Sargons" -*• Dur-Scharrukin, modern ->· Chorsabad 255 „Fruchtbarer Halbmond" 33 Gabae Karte 6 Gades 218 Gandara 289 Gath 202 f. 241. 257. 266 Gaugamela 305. Karte 6

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Register

Gaza 96. 151. 192. 202f. 216. 220. 223. 253. 255f. 267 280. Karten 1. 4-6 Gebal -*• Gubla ->- Dschubail -»• Byblos -Kpn 86 Gebel Barkai Karte 2 Gebelein 95. Karte 1 Geser 90. 95. 148. 150. 152. 198. 220. 222. 279. Karte 4 Gibbethon 257 Gilead 237f. 254 Girsu - Tello 65. 72. 74. 77 Karte 3 Giza 53. Karte 1 Godin Tepe Karte 3 Gordion Karte 6 Gozan -»• Guzana, modern ->- Teil Halaf 208 Granikos 304 Griechenland 200. 217. 261. 282. 297 „Großes Meer" -»- Mittelmeer 122. 236 Gubla ->- Byblos -»· Dschubail -*• Gebal - Kpn 86 Gurgum Mara§ 213.237 241.252.258. Karte 5 Gutium ->• Zagrosgebiet 72. 127. 289. Karte 3 Guzana -»• Gozan, modern -* Teil Halaf 208. 214. 235. 243. Karte 3

Hasanlu Karten 3. 5 Haschschu(m) 99. 131. 136 Hassuna Karte 3 Hasura -*· Hazor 133 Hatarikka Hadrak ->• Hazrak 213. 240 f. 248 Hatti - Hattu(m) 44. 46f. 81. 158. 162f. 165-169.185.191 f. 197f. 201. 214. 241. 270. 280 „Hattina" -"· Patina ->• Unqi 213 Hattu(m) 81. 185 Hattusch(a) -»• Bogazköy 81.135-137141. 150. 165. 168. 191 f. 194-197. 214 Hauran 191.238 „Haus Omris" -"· Bit-Omri Bit-Humri ->· Israel -*· Samaria 209. 238 Hazor - Hasura 91. 95. 103. 109. 125. 133. 150. 152. 220. Karte 4 Hazor ->· Azor 266 Hazrak -»· Hadrak -"· Hatarikka 213. 240 f. 243. 253 Hebron 152 Heliopolis - On 52 f. 249. 261. Karten 1. 6 Hellespont 294 Helwan Karte 1 Herakleopolis 57. 249. 261. Karte 1 Hermon Karte 4 Habbaniya-See 76 Hermopolis 97. 249. 292. 296. Karten 1. 6 Habuba Kabira 61. 81 Hesbon 173 Habur 69. 98f. 116. 119. 122. 124. 128. Hethiterreich, hethitisches (Groß-)Reich 132. 160. 179. 208. 214. 235. Karte 3 24. 32.100.134-141.162.164-169.185. Haburdreieck 84. 106. 116. 122. 163 190-198. Zeittafel 9 Hachchum 136 Hibe, el- -*· Lagasch 72. Karte 1 Hadrak -»· Hazrak -*• Hatarikka 213 Hierakonpolis Karte 1 „Haidia" - „Chaldia" - Urartu 258 Hilakka - Kilikien 213. 254 Halman -»• Aleppo -*• Chalap 237 Karte 5 Hindänu 208. 235. Karte 5 Halule 265 Hit 125. 206. 235. Karten 3. 5 Höms, Ebene von 131. 166 Halys 213. 254. 284. Karte 6 „Horusweg" 96 Hama 81 f. Hubischna Karte 4 Hamadan 79. 289 Hume - Q u e 213. 284 Hamath 213-215. 236-238. 240-242. Hurru 146. 198. 214. 223 248. 253. 255f. 279f. 284. Zeittafel 10. Huzirina Karte 5 Karten 4-6 Hyrkanien 293 Hana 128 Hanigalbat - Mitanni 99. 159. 164. 179. Idalion 240. 270 210. 235 Idamaras Karte 3 Harran 85. 107 172. 209. 276. 280. 284f. Illahun 89 Karten 3-6

Namen Imgur-Enlil -*• Balawat 230 Indien 294. 296 Indus 289. 294 Iran 24. 76. 79. 111. 181. 226. 235. 244. 253. 274 Isin 28. 42. 59. 62. 77f. 101. 117-121. 128. 208. 211. Zeittafeln 2 f. Karte 3 Iskenderum, Golf von 305 Ismailia 194 Israel -*· Bit-Humri -·• Bit-Omri „Haus Omris" - Samaria 23. 26. 31. 34. 49f. 107 f. 140. 150. 171. 173 f. 176. 197 f. 203. 209. 213-220. 222f. 238. 241 f. 248f. 251. 253. 256. Zeittafeln 3. 10 Israel, Nordisrael 238 f. Issos 305. Karte 6 Isuwa 100. 13Z 157. 165 Jablija Karte 3 Jadnana -»• Zypern 200. 270 Jaffa 192. 266. 297 Karten 4 f. Jamchad 45. 99. 117 122-125. 131 f. 136. Zeittafel 4. Karte 4 Jamutbal 120. 124 Jarmuti 84 Jathrib Medina 284 J'dj/Ja'dija/Ja'udi 213. 245 f. Jeb ->• Elephantine 262. Karte 6 J e h u d - J u d a 298. 301 Jenoam -*· Yenoam 198 „Jenseits des Flusses" -*• Transeuphrat — Ebirnäri 298 Jericho 303 Jerusalem -*· Ursalimmu 31. 49. 91. 150. 152. 217.222. 241. 260. 264f. 272. 281 f. 289f. 291. 293f. 298. 301-303. 305. Zeittafel 10. Karten 4 - 6 Jesreelebene 91. 151. 202f. 220. 223 Jonien Karte 6 Jordan 191. 303. Karten 4f. Juda - Jehud 31. 49. 197 215. 220. 223. 231. 238. 248f. 251-253. 256f. 260f. 266f. 270f. 272. 279-282. 291. 293. 298. 301-303. Zeittafel 10. Karten 5 f. Kachat Karten 3. 5 Kairo Karte 1

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Kalchu - Nimrud 227 229 f. 236. 239 f. 271. Karte 5 Kalne -* Kinalua -*· Kilanna ->• Kullani(a) - Kunulua 213. 236. 253. Karte 5 Kamid el-Loz Kumidi 151 Kanaan 32. 50. 85. 107f. 140. 150f. 160. 170.172-175.190.192f. 198.202. 204f. 216 f. 221 f. 224. Karte 4 Kanisch -» Nescha, modern Kültepe 37. 80f. 114f. 135 Kanopus Karte 1 Kaphtor - Zypern (?) - Kreta (?) 202 Kappadokien 213. Karte 6 Kaptara Kreta 134 Karana 125. Karte 3 Kar-Asarhaddon 270 Karatepe 213 Karchar 99 Karduniasch ->· Babylonien 181 Karien 261. Karte 6 Karkemisch 48. 82. 125. 131. 136. 145. 147 149. 159. 161 f. 164. 166-169. 179. 186 f. 197 201. 207 211. 213 f. 229. 235-237 245. 248. 253. 257 279f. Zeittafel 10. Karten 3 - 5 Karmel 217 Karnak 30. 142. 144f. 147f. 153f. 156f. 192. 198. 223. 260. Karte 1 Kar-Schulmanuaschared -*· „Festung Salmanassars", modern -*• Til Barsip 231. 243 Karthago — „Neustadt"/„Neue Stadt" -»• Qart badast 24. 218 f. 240. 270. 300 Kar-Tukultininurta 181 Karun 79. Karten 3. 5 Kaschiarigebirge — Tur-Abdin 180. 194. 208 Kaspisches Meer Karten 5 f. Katmuchu 207 235 Kaukasus 98. 159. 258 Kawa 259. Karte 2 Kazallu 118. 120. Karte 3 Keftiu - Kreta - Kaphtor (?) 149.200.202 Kena Karte 1 Kerma 89. Karte 2 Kermanschah 79. 258. 274 Kilanna -*· Kullani(a) -·• Kalne Kunulua ->- Kinalua 253

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Register

Kilikien -*• Hilakka 24. 81.136f. 165.186. 201. 218. 239. 254. 284. Karte 6 Kimasch 99 Kimuchu 280 Kinalua ->· Kalne -*• Kilanna Kullani(a) -*· Kunulua 213 Kinza -»• Qadesch 166 Kirkuk - Arrapcha 76. 116. 161. 179. 181. 235. 276 Kisch 59. 62-65. 69. 71. 79. 82. 84. 118. 120. 127. 129. Zeittafel 2. Karten 3. 5 Kisurra 118 Kition -»· Larnaka 218. Karte 6 Kizkapanli -»· Pazarcik 248 Kizzuwatna 100. 137 157 160. 165. 169. 191. Karte 4 Kleinasien 24. 49. 80f. 164f. 169f. 185. 196. 200f. 209. 272. 289. 294. 296. 299 f. 304 Knossos 149 Kommagene 213. 237. 265. Karte 6 Kom Ombo Karten 1 f. Koptos 56 f. Karten 1. 6 Kpn Byblos 86 Kreta -·• Kaptara -*· Keftiu -»· Kaphtor (?) 24. 134. 146. 149. 200. 202. 212 Ktesiphon Karte 6 Ktk — Til Barsip (?) 247 Kültepe - Kanisch 37 80. 114 f. Kullani(a) -*· Kalne -·• Kilanna -»· Kinalua 213. 253 Kumidi -*• Kamid el-Loz 150 f. Karte 4 Kummanni 165 Kumme Karte 2 Kummuch(u) 213. 237 241. 245. 252. 258. Karte 5 Kumna 89. 145 Kunulua -·• Kalne -*• Kilanna -·• Kinalua Kullani(a) 236 Kurbail Karte 5 Kurda Karte 3 Kurdistan 79. 235 Kurruchanni, modern Teil el-Fachar 161 Kuru 261 Kusch - Meluchcha 89. 142f. 259. 262. Karte 2 Kussara 135 f.

Kutha 120. 239. 243. 256. 273. 279. Karten 3. 5 Kuyunjik ->- Ninive 275 Kyrene 282. 294 Kytheria 149.200 Lachis, modern Teil ed-Duweir 150f. 202. 204. 266. Karten 4 f. Lagasch, modern Hibe, el 42. 58. 62. 64-68. 72f. 80. Zeittafel 2. Karte 3 Lahun, el- Karte 1 Laisch/Lajasch 133 „Land der Chaldäer" 211 Laqe 208. 235. Karte 5 Larak Karten 3. 5 Larnaka -*· Kition 218 Larsa 42. 59. 62. 78. 101 f. 107 117f. 120. 124-127. 177 Zeittafeln 2-4. Karten 3. 5 f. Lebo-Hamath/Lebwe 215. 248 Leontopolis 224. 249 f. Lesbos Karte 6 Levante 41. 49. 85. 94f. 245-249. 262. 265. 269. 271 Zeittafel 3. Karte 4 Libanon 69. 73. 90. 146. 150. 166. 169. 174. 214f. 241. 248. Karten 4f. Libyen 191.261.282.294 Libysche Wüste 89 Limassol 219 Lischt, el- 88f. 92. Karte 1 Litani Karte 4 Lu'asch -»• Luchata Luchuti 213. 236. 240-242. Karte 5 Lubda Karte 5 Luchata -*• Lu'asch -*· Luchuti 236 Luchuti -*• Luchata Lu'asch 213 Lukka(-Länder)/Lukku -»• Lykaonien/ Lykien 165. 185. 192 Luristan 79 f. Lutibu 237 Luxor 142. 148. Karte 1 Lydien 185. 261. 272. 293. 296. Karte 6 Lykaonien/Lykien ->- Lukka(-Länder)/ Lukku 165. Karte 6 Maacha 214 Magnesia Karte 6 Magrisu Karte 5

Namen Makedonien 294. 304 Malatija 164f. 179. 197 213. 237 245. Karte 5 Malgium 118. 127 Mankisum Karte 3 Mannea 258. Karte 5 Mansuate 242 Marachschi -*• Barachsche 79 Marad 118. Karten 3. 5 Mara§ 213. 237 241. Karten 4f. Marathon 294. 300. Zeittafel 10 Mardaman 99 Mardin Karte 5 „MAR.DU-Berge" 101

Mari 26. 33. 43-45. 62f. 65. 69. 74. 77 82. 84. 92. 99-102. 105-109. 111. 115-117. 119. 121-127 131-134. 162. 167. 174. 178. 181. 208. Zeittafeln 2-4. Karte 3 Maschkanschapir 107 Karte 3 „Mauer des/der Herrscher/s" 90. 92 Medamud 143 Medien 272. 284. 293. Karte 6 Medina - J a t h r i b 284 Medinet Habu 30. 200 Medum 53. Karte 1 Meerland 43. 211 f. 240. 258. 264. 269. 273. Zeittafel 6 Megiddo 90f. 147 150-152. 159. 204. 220. 223. 254. 280. Karten 4f.

Melid 197 213. 237. 241. 252. 258. 265.

Karten 5 f. Meluchcha - Kusch 259 Memphis 40. 52. 54. 56f. 88f. 92f. 95. 143-145. 153. 156f. 191. 221 f. 224. 249 f. 259-261. 280. 291 f. Karten 1. 6 Mendes - Djede 205. 249. 304 Merimde Karte 1 Meroe 262. Karte 2 Mersin 80 Meskene 81. 162 Mesopotamien 23. 25-27 29. 33. 39. 41-48. 57-79. 81. 100-130. 132. 139f. 141.147 157-159.165.176-183.206-208. 210 f. 255. Zeittafeln 2-6. Karte 3 Mesopotamien, Nordmesopotamien 61. 84. 98f. 102.107 121 f. 131 f. 136f. 158f. 163. 174. 188. 284

331

Mesopotamien, Südmesopotamien 59. 61. 72. 78. 80f. 84. 107 Metuma Karte 5 Me-Turan Karte 3 Milet 289. 294. Karte 6 Minet el-Beida 186 Mirgissa 89 Mitanni Hanigalbat 42. 99 f. 130. 136 f. 139. 145-150. 152. 157-167 169. 176. 178 f. 192. 194. 235. Zeittafel 8. Karte 4 Mittelmeer 24. 66. 75. 122. 133 f. 191. 195. 200. 207 216. 218. 236f. 241. 262. 297. 303. Karten 1. 4-6 Mittelmeerküste 33. 131. 193. 239. 248 Moab 176. 213. 220. 238. 253. 257 265. 270. Karten 5 f. Möns Casius 160 Mukisch 146. 160. 166. Karte 4 Musäsir 258. Karte 5 Musri -*• Ägypten 218 Mykene 149. 200 Mytilene Karte 6 Nabata Karte 2 Nag Hammadi Karte 1 Nagar Karte 3 Naharin(a), ägyptische Bezeichnung für -»• Mitanni -»· Aram-Naharaim 147 159. 163 Nairi(-Länder) -*• Biaini(li) -*• Urartu 180. 207 235. 244. Karte 5 Namri Karte 5 Napata 147. 259 f. 261 f. Naqada 51. Karte 1 Naqä-i Rustam 301. 305 Nasibina - Nisibis 209. 235 Naukratis 262. 282. Karte 1 Nauplia 149.200 Nawar 9 8 f. Negau 86 Negev 174 f. Nescha -*• Kanisch, modern Kültepe 135. 137 Neuassyrisches (Groß-)Reich 33. 225-249. 262-277 Neubabylonisches (Groß-)Reich 33. 228. 278-286

332

Register

„Neustadt"/,,Neue Stadt" -*· Karthago - Qart hadast 219. 240 f. Ni N o - A m m o n ->• Theben 260 Nii/Nija 166. Karte 4 Nil 24. 55. 89. 144. 191. 201. 204. 304. Karten 1 f. 6 (Nil-)Delta 41. 51 f. 56. 89. 92-97 142. 191. 193. 199. 201 f. 204f. 221 f. 249f. 257 259-262. 282. 304. Zeittafel 7 Nil, Katarakte 55f. 89. 92. 142. 145. 147. 193. 259. 262. 281. 294. 297 Karten 1 f. Nimrud - Kalchu 229. 236. 240 Nina 65. 72 Ninive, modern -*· Kuyunjik 99. 115 f. 144. 207. 227 229. 255. 259. 266f. 271. 274-276. 283. Zeittafel 10. Karten 3. 5f. Nippur 59. 62-64. 68-72. 75-78. 107 109. 118. 120. 127. 177 182. 269. 273. 276. Karten 3. 5f. Nisibis - Nasibina 209. 214. 235. Karte 5 N o - A m m o n ->· Ni Theben 260 Nora 219 Nubien 52. 55. 89. 97 142 f. 145. 149. 153. 156. 193. 204f. 221. 223. 249f. 260-262. 281. 291 f. 304. Karte 2 Nuchaschsche 146. 161. 166. 169. 213. Karte 4 Nuri 261. Karte 2 Nuzi/Gasur 99. 158 f. 161. Karte 3 „Oberes Land"/,,Obere Länder" 84. 116. 121 „Oberes/Oberstes Meer" -*· Mittelmeer 29. 66 Oman, Golf von 69 On Heliopolis 261 Ophir ->- Punt -*• Somalische Küste 218 Opis, mesopotamisch Upi(ja), später - Seleukia 285. 289. Karten 5f. Orontes 31. 82. 101. 131-133. 139. 141. 146. 148. 163. 175. 185. 192. 201. 213f. 224. 237. 241 f. 255. Karten 4f. Zeittafel 9 Ostjordanland 173 f. 198. 214. 248 Oxus 289 Oxyrhynchus Karte 1

Palästina - Retenu 23. 25f. 29f. 34. 52. 80-86. 88-92. 94-97 99. 103 f. 107f. 130-134. 139. 144-147 151. 170-172. 174f. 191. 193. 197f. 201 f. 204. 213. 216f. 220. 223. 228. 230. 243. 257 259f. 266. 281. 291. 298. 304f. Palmyra - Tadmor 101. 132. 207 215. Karten 5 f. Pamphylien Karte 6 Papila Babylon 119 Parsa - Fars - Persis 288. 294 Parsua 245. 258. 265. 284f. 288. Karte 5 Parsumasch 274 Parthien 293 Pasargadae - Persepolis 288 f. 292. 305. Karte 6 Patina - „Hattina" ^ Unqi 213. 236f. 242 Patros -»• Oberägypten 260 Pazarcik Kizkapanli 248 Peleponnes 301 Pella 191. Karte 4 Pelusium 291. 304. Karten 1. 6 Pentapolis -»• Philistäa 220 Persepolis - Pasargadae 79. 209. 288. 294. 296. 300f. 305. Karte 6 Perserreich/persisches (Groß-)Reich/ Persien -»• Achämenidenreich 24 f. 33. 244. 287-305. Zeittafel 10 Karte 6 Persis ->- Fars -*• Parsa 288 Persischer Golf 24. 33. 66. 69. 73. 111. 118. 212. 252. Karten 5 f. Petra Karte 4 Philae Karten 1 f. Philistäa/Philisterstädte/philistäische Küste - Pentapolis 201. 213. 220. 222. 231. 242. 253. 257. 260. 266. 269f. 291 Phönizien 95. 215-220. 222. 237 239f. 252. 261. 267 281. 296. 304f. Karte 6. Zeittafel 10 Phönizische Küste 193. 203. 213. 231. 270 Phrygien Karte 6 Pi-Ramesse, im Alten Testament Raamses, modern Qantir 94. 142. 191. 193. 221 Platää 300 Pniel 223 Pteria Karte 6

Namen Punt -*· Ophir -*• Somalische Küste 55. 89. 144. 146. 218 Puzrisch-Dagan, modern Drehern 74 Qabra 125 Qadesch -»• Kinza — Tell Nebi Mend 31. 48. 139. 141 f. 146-148. 150. 152. 156. 161. 163. 166. 169. 175. 185. 191-193. 201. Karte 4. Zeittafel 9 Qadi 201 Qantir -* Pi-Ramesse 94. 96.142.191.193 Qarqar 49. 99. 224. 237. 255 f. Karten 4f. Qart hadast „Neustadt"/„Neue Stadt" - K a r t h a g o 219 Qantara, el- 96 Qatna 95. 109. 123-125. 131-133. 146. 150-152. 166. Karte 4. Zeittafel 4 Qattunan Karte 3 Qau el-Kebir Karte 1 Q u e - H u m e 213. 218. 237 239. 241. 253. 258. 265 Q u m r a n 284 Q u p e Karte 5 Raamses -*· Pi-Ramesse 142. 193 Rafia 256. Karte 1 Ramat Rahel 298 Ramoth 237 Rapha 96 Rapiqum 119. 207 211. 235. Karten 3. 5 Rasappa Karte 5 Ras Ibn Hani 189 Ravanduz 258 Retenu -*· ägyptische Bezeichnung für - Palästina 90. 146. 223 Rhagae Karte 6 Rhodos Karte 6 Ribla 279. 281. Karte 5 Rom 148 Rosetta Karte 1 Rotes Meer 297. Karte 1. 6 Saggaratum Karte 3 Sahara 105 Safon Karte 4 Sais - So 249 f. 256 f. 259 f. 261. 281. 291 f. 297 Karten 1. 6 Sakha Chois 93

333

Salamis 270. 300. Zeittafel 10. Karte 6 Sam'al 29. 213 f. 218. 236 f. 241. 245 f. 252-254. Karte 5 Samaria -*• Bit-Humri -»• Bit-Omri -»• „Haus Omris" - Israel 49. 209. 224. 238.241 f. 246.251 f. 254-256.279f. 298. 301. 303. 305. Zeittafel 10. Karten 5f. Samos 291. Karte 6 Samsat Karten 4 f. Saqqara 52f. 143. 157. 280. Karte 1 Sardes 272. 289. 296. 300. Karte 6 Sardinien 201. 219 Schadikanni Karte 5 Schaduppum, modern -*· Tell Harmal 119 Scharuhen 97. 202. Karte 1 Schaschrum 99 „Schasu- Gebiet" 175 „Schasu-Quelle" 175 Schechna -*• Schubat-Enlil, modern Teil Leilan 116. 126. 128. 132 Schephela 202 „Schilfmeer" - Ballah-Meer 194 Schimaschki 76 f. 79 f. Schubat-Enlil -»• Schechna, modern -*· Teil Leilan 116. 126. 128. 132. Karte 3 Schubria Karte 5 Schuruppak -»• Fara 58. 62f. 73. Karte 3 Schuscharra 99. 116. 121. Karte 3 Schwarzes Meer 137 294 Sebennytos 249 Sefire 247 Se'fr 175 f. Seleukia, früher -»• Opis 285. Karte 6 Semna 89. 145. Karte 2 Serabit el-Chadim 55. 90. 204 Seyhan 137. 213. Karten 4f. Sichern 90. 150-152. 174 Karte 4 Sidon 140.148.150.152.207 213.216f. 219. 231. 236. 242. 248. 256. 260. 265. 269. 281. 297 304. Zeittafel 10. Karten 4-6 Sijannu 186 „Silber-Gebirge/„Silberberge" — Taurus 69. 81. 84 Sile 194 Silsile Karte 1 Simanum 99 Simasch 121 Simirra 253. 255. Karte 5

334

Register

Simurrum 72. 76. 99 Sinai(-Halbinsel) 55. 89f. 108. 145. 174. 204. Karten 1. 6 Sippar 62. 107. 109. 118. 120. 129. 182. 235. 237 278. 289. Karten 3. 5f. Sippar-Amnänum, modern -* Tell ed-Der 107 Sippar-Jachrurum 107 Siwa 304 Sizilien 201 So - Sais 249 Sogdia 289 Soleb 142. 148. 204 Soli Karte 6 Somalische Küste ->- Punt -*· Ophir 55. 89. 144. 146. 218 Spanien 218. 224 Sparta 303 SRN 297 Subartu - Assur 65. 71. 98. 127 Subatu Zoba 214. Karte 5 Subir -»• Subartu 98 Subnat 235 Suchu 207-209. 211. 235. Karte 5 Suez 297 Suez, Golf von Karte 1 Sugaga 179 Suhma 165 Sumer 63. 66. 68. 70f. 73-75. 118. 124. 127 177. 181. 240. 254. Karte 3 Sumur 151. Karte 4 Susa 77 79f. 109. 121. 125. 179. 181 f. 274. 288. 292. 294-296. 299. 301. 305. Karten 3. 5f. Susiana 69. 75. 79 Syene -»· Assuan 262. 296. Karte 6 Syrien 26. 29. 32. 39. 43-45. 47f. 50. 55. 69. 71. 73. 81-86. 91. 94. 96. 99. 103. 107 111. 123. 130-134. 138-141. 145-148. 158. 160. 166 f. 169. 175. 185. 188.191 f. 195.201 f. 209.212-215.217 f. 224. 236f. 240-243. 246. 252. 254f. 261. 279. 284. 291. 298. 301. 304f. Syrien, Mittelsyrien 142. Zeittafel 4 Syrien, Nordsyrien 25. 27 48. 81. 84. 99. 107 133. 136 f. 140. 145-148. 157. 161. 165. 167. 196f. 210. 213 f. 244f. 247 252 f. Zeittafel 4

Syrien, Südsyrien 26. 85.90.156.169.214f. Syrien-Palästina 24. 27. 41 f. 94. 103. 148f. 171 f. 174.184.191. 213 f. 251. 267 279 f. 303 Syrisch-arabische Steppe/Wüste 59. 103. 105. 139. 210 Syrische Steppe/Wüste 101. 104 Tabal 213. 254. 258. Karte 5 Tachpanches Daphnai/Daphne 262. Karte 6 Tachschi 147 Tadmor - Palmyra 101. 132. 207 215. Karten 3-6 Taide - Teil el-Hamidija (?) 163. 179 „Tal der Könige" 143. 145. 155-157 Tall i-Malyan - Anschan 79. 288 Tamar 220 Tanaja/u -*• Danaoi -»· Zypern (?) 149. 200 Tanis 94. 193. 205. 221-223. 250. 257 259 f. Karten 1. 6 Tarbisu Karte 5 Tarhuntaschscha 168. 191. 195 f. Tarsis 218 Tarsus 80. 213. Karten 4-6 Taurus 81 Tekrit Karte 5 Tel 'Erani -*· Teil esch-Schech Ahmed el-'Areni 52 Tel Aviv 203 Teil Akra - Ekallatum (?) 115 Teil 'Arad 52 Teil Atschana — Alalach 131 f. Teil Beydar 84 Teil Brak 158 Tell Deir'Alia 198 Tell ed-Dab'a - Avaris 41. 93-95 Tell ed-Der -*• Sippar-Amnänum 107 Teil ed-Duweir -»• Lachis 266 Teil el-Ajjul 90 Teil el-Amarna -*· Amarna ->· Achetaton 139 Teil el-Fachar Kurruchanni 161 Teil el-Hamidija - Taide (?) 163 Teil el-Hesi 151 Teil el-Qadi - Dan 133. 238 Teil el-Yehudiye 94f. Teil esch-Schech Ahmed el-'Areni -*· Tel 'Erani 52

Namen Tell es-Sihab 191 Tell Faq'us 162 Tell Halaf Gozan -»• Guzana 208 f. 213 f. 229 Tell Harmal -*• Schaduppum 119. Karte 3 Tell Leilan -*• Schubat-Enlil -»• Schechna 116. 126. 128. 132. 167 Tell Mardich - Ebla 27. 81 Tell Mozzan — Urkisch 99 Tell Muhammad 130 Tell Nebi Mend - Qadesch 151 Tell Qasile 203 Tell Refad — Arpad 213 Tello -*• Girsu 72 Tema 284. Karte 6 Tepe Sialk 79 Tepe Yahya 79 Terqa 82. 116. 121. 128. Karte 3 Thaanach 151 Thamassos 270 Thapsakus Karte 6 Thebais 95 Theben - Ni - No-Ammon 40. 57 88 f. 95f. 142-145. 153. 155-157. 191 f. 200. 204f. 221-224. 249f. 259-262. 271. Zeittafel 7. Karte 6 Thermopylen 300 Thinis 52 Thrakien 294 Tigris 24. 33. 60. 72. 76.98.107 113-116. 119. 122. 124. 127 f. 161. 177. 179. 207 f. 212.229.235.244f. 255.265. 285.289. 305. Karten 3. 5f. Til Barsip -*· Kar-Schulmanuaschared -·• „Festung Salmanassars" 209. 213. 228. 231. 237. 247 Karte 5 Tilgarimmu Karte 5 TilmenHüyük 80 Timna 174. 191. 204. Karten 1. 4 Tob 214 Tod 143 Totes Meer Karte 4 Transeuphrat ->· Ebimäri -*· „Jenseits des Flusses" 298 f. 301. Karte 6 Transkaukasien 244 Tripolis 304. Karten 4. 6 Trmn 189 Troja 55. 80. 218

335

Tunip 146. 148. 161. 166. Karte 4 Tur-Abdin -*· Kaschiarigebirge 180 Tuschcha(n) 235 f. Karte 5 Tuschpa -*· Van 244. 253. Karte 5 Tuttul 82. 84. 121 f. Karten 3 f. Tutub 118. Karte 3 „Tyrische Leiter" 217 Tyrus 140. 150. 152. 184. 191. 213. 216-219. 222. 227 231. 236. 238. 240. 242. 248. 253. 256. 265f. 269-272. 281 f. 297 305. Zeittafel 10. Karten 4 - 6 Ubaid, el- Karte 3 Ugarit 38. 48. 81 f. 85. 90. 99f. 131.133 f. 139 f. 142.146.148.150.152.158.161 f. 166f. 169. 178. 183-190. 192. 196. 202. 210. 213. 216. Zeittafel 3. Karte 4 Ullaza 91 Umma 62. 64-66. 68. 74. 77 Karte 3 Unqi Patina „Hattina" 213. 236. 241 f. 253. Karte 5 „Unteres/Unterstes Meer" -*- Persischer Golf 29. 66. 181 Upe - Ape 151. 193. Karte 4 Upi(ja) -·• Opis, später ->• Seleukia 289. Karte 3 Ur 42. 44. 59. 62f. 65. 68f. 72-80. 99. 101. 107 109. 113. 117-119. 121. 127 129. 177. 269. 273. Zeittafel 2. Karten 3. 5f. Ura 186.216 Urartu -*• Uruatri Biaini(li) „Chaldia" - „Haidia" 34. 179f. 227f. 244f. 247 252f. 258. 272. 278. Karten 5f. Urbilum - Erbil 76. 99 Urkisch - Teil Mozzan 98 f. Karte 3 Urmiasee 76. 240. 243. 245. 258. 272. Karten 3. 5f. Uronarti 145 Ursalimmu -*• Jerusalem 266 Urschu(m) 99. 131. 136 Uruatri - Urartu 179. 244 Uruk 59-67. 69. 71-73. 81.101 f. 107 118. 120. 127. 177. 210f. 269. 273. 276. 291 Zeittafel 2. Karten 3. 5f. Urukug 72. 128 Usu 265 Utica 218

336

Register

Van, urämisch Tuschpa 244 Vansee 207. 244. 253. Karten 5f. Via Maris 91. 193. 203f. 216. 222. Karte 4 WadiAraba 174 Wadi ed-Dalije 303 Wadi el-Arisch -*• „Bach von Ägypten" 257. Karte 1 Wadi Hammamat 89. 204. Karte 1 Wadi Tharthar 235 Warum 118 Wassukanni 136. 160 Wawat 142 Xanthus Karte 6 Yazilikaya 194 Yenoam -*· Jenoam 198 Yrgb 189 Zab, Großer Karten 3. 5 Zab, Kleiner/Unterer 116. 206. 235. Karten 3. 5 Zabschali 76. 79f. Zagros/Zagrosgebirge Gutium 69. 71. 76. 79. 99. 128. 179f. 207 235. 258. 265. 269. 274. 279. 288 f. Karte 3 Zalmaqum Karte 3 Zalpa 137. Karte 3 Zamua 235 „Zederngebirge" Amanusgebirge 76. 121. 122

„Zedernwald" 84 Zincirli ->• Sam'al 213. 245 Zoba ->• Subatu 214 Zypern -» Alaschia -*• Jadnana 24. 93. 125. 134. 150. 167. 185 f. 196. 200-202. 218 f. 240. 257 265. 270. 294. 303 f. Karten 4-6 b) Namen von Menschen, und Dynastien

Familien

A'anepada, früher König von Ur, 1. Dynastie 63 Abazu, Nr. 13 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5

Abba'el /Abban, König von Jamchad, ca. 1740 v.Chr. 45. 131 f. Zeittafel 4 Abda'el, amoritischer Scheich 119 Abdiaschirta, König von Amurru, ca. 1375 v.Chr. 152 Abdihepa, König von Jerusalem, 14. Jh.v. Chr. 152 Abdimilkutti, König von Sidon, ca. 680 v.Chr. 269 Abia, König von Juda, ca. 915 v. Chr. 215 Abiba'al, König von Byblos, ca. 935 v.Chr. 219f. 223 Abieschuch, König von Babylonien, ca. 1712-1684 v.Chr. 128f. Zeittafeln 3.6 Abijate', König des arabischen Stammes Kedar, ca. 650 v.Chr. 273 Abisalamu, König von Bit-Bachiani, ca. 900 v.Chr. 235 Abisare, König von Larsa, ca. 1900 v.Chr. 118 Abischemu, König von Ugarit, ca. 1800 v.Chr. 134 Abischemuabi, König von Byblos, ca. 1780 v. Chr. 134 Abra(ha)m, Stammvater Israels 85. 107 171 f. Achämeniden, von -»• Teispes abgeleitet Dynastie 33. 265. 272. 287-305 Achaimenes ->- Hachamanisch, Anführer der Truppen von Parsua und Anschan, ca. 690 v. Chr. 265. 288 Achikar, aramäischer Weiser, ca. 670 v.Chr. 209f. Achis, König von Gath 203 Achoris, König von Ägypten, 29. Dynastie, ca. 390-378 v.Chr. 303 Achsai, Statthalter der persischen Provinz Jehud, 5. Jh.v. Chr. 303 Adadaplaidinna, König von Babylonien, ca. 1050 v.Chr. 211 Adadidri -»· Barhadad II. — Benhadad II. ->· Hadadeser, König von AramDamaskus, ca. 880-843 v.Chr. 237 Adadnirari I., König von Assyrien, ca. 1295-1263 v.Chr. 141. 163. 169. 177 179. 192. Zeittafel 3

Namen Adadnirari II., König von Assyrien, ca. 911-891 v.Chr. 226. 230f. 235. Zeittafel 10 Adadnirari III., König von Assyrien, ca. 810-783 v. Chr. 49.240. 242f. 246. 248. Zeittafel 10 Adadschumusur, König von Babylon, ca. 1200 v.Chr. 177 181 Adadschumu[-usur], Bittsteller bei Assurbanipal 233 Adamu, Nr. 2 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Adasi, König von Assyrien, Nr. 57 in der assyrischen Königsliste, 16. Jh.v.Chr. 130 Adon, König von Ekron (?), ca. 600 v.Chr. 280 Adrammelech -*• Ardamulissi, assyrischer Prinz, Sohn Sanheribs, ca. 680 v. Chr. 267 Adramu, König von Arpad 242 Africanus (Julius Africanus), klassischer Autor 39 Agga, König von Kisch, 1. Dynastie 63. Zeittafel 2 Agum I., König der Kassitendynastie, 17. Jh.v.Chr. 128. Zeittafel 6 Agum II. -*• Kakrime, König der Kassitendynastie, 16.Jh.v.Chr. (?) 129 Aha -*· Menes/Meni, König von Ägypten, 1. Dynastie 52. Zeittafel 1 Ahab, König von Israel, ca. 872-853 v.Chr. 49. 217. 219. 237f. 256. Zeittafel 10 Ahas, König von Juda, ca. 742-728 v. Chr. 252 f. Zeittafel 10 Ahasja, König von Juda, ca. 842841 v.Chr. 238 Ahatmilku, König von Amurru, 14. Jh.v. Chr. 186 Ahimeti, König von Asdod, Ende des 8.Jh.s v.Chr. 257 Ahiram/Ahiröm -»- Hiram, König von Byblos, ca. 1000 v.Chr. 219 Ahmose, König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1540-1515 v. Chr. 40. 57 97 142. 145. Zeittafel 7

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Ahuni, König von Bit-Adini, ca. 880-850 v.Chr. 235.237 Aitagama, König von Qadesch, 14. Jh.v. Chr. 152. 159. 166. 169 Akia, Nr. 29 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Alexander der Große 24. 304 f. Alexander Polyhistor, griechischer Autor 217 Alluwamna, König der Hethiter, ca. 1500 v.Chr. Zeittafel 9 Alyattes, König von Lydien, ca. 570 v.Chr. 284 Amarsin, frühere Lesung -»• Bursin, König von Ur, 3. Dynastie, ca. 20462038 v.Chr. 76. Zeittafel 2 Amasis, König von Ägypten, 26. Dynastie ca., 570-526 v. Chr. 281. 291 f. 299. Zeittafel 10 Amasja, König von Juda, ca. 801773 v.Chr. 49. 248. Zeittafel 10 Amenemhet I., König von Ägypten, 12. Dynastie, ca. 1938-1909 v.Chr. 29. 57. 87f. 90. Zeittafel 1 Amenemhet II., König von Ägypten, 12. Dynastie, ca. 1914/18771879/43 v.Chr. 134. Zeittafel 1 Amenemhet III., König von Ägypten, 12. Dynastie, ca. 1853/171806/1773 v.Chr. 134. Zeittafel 1 Amenemhet IV., König von Ägypten, 12. Dynastie 134 Amenmesse, König von Ägypten, 19. Dynastie, ca. 1203-1200 v.Chr. 30. 198. Zeittafel 7 Amenophis, ägyptischer Architekt 148 Amenophis I., König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1514-1493 v. Chr. 39. 41. 144 f. Zeittafel 7 Amenophis II., König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1425-1400 v. Chr. 134. 148. 161. 222. Zeittafeln 6-8 Amenophis III., König von Ägypten, 18. Dynastie, 1391-1353 v.Chr. 142. 144.148-150.152f. 162.165. 176f. 200. Zeittafeln 3.7f. Amenophis IV. -»· Echnaton, König von Ägypten, 18. Dynastie, 1353-

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Register

1336 v.Chr. 143f. 150. 152f. 162. 177 Zeittafeln 3.8f. Aminu(m), Nr. 26 in der assyrischen Königsliste 115. Zeittafel 5 Ammeba'al, König von Bit-Zamani, ca. 900 v.Chr. 235 Ammiditana, König von Babylonien, ca. 1683-1647 v.Chr. Zeittafeln 3. 6 Ammisaduqa, König von Babylonien, ca. 1647-1625 v.Chr. 43f. 102. 129. Zeittafeln 3. 6 Ammischtamru I., König von Ugarit, ca. 1350 v.Chr. 166. 184 Ammischtamru II., König von Ugarit, ca. 1265-1220 (?) 185f. Ammitaqum, König von Alalach, ca. 1700 v.Chr. 132 Amon, König von Juda, ca. 642-640 v.Chr. Zeittafel 10 „Amoritische Dynastie" 101. 105 Amuna, König der Hethiter, ca. 1550-1530 v.Chr. 137 Zeittafel 9 Ammurapi -*· Hammurapi, König von Ugarit, bis ca. 1175 v.Chr. 134. 185 Amutpi'el, König von Qatna, 18. Jh.v. Chr. 124. 133. Zeittafel 4 Amyrtaeus, Anführer ägyptischer Aufständischer, ca. 400 v. Chr. 302 „Anam", König von Uruk, 19. Jh.v. Chr. 120 Anchesenamun/Anchesenpaaton, ägyptische Prinzessin, 18. Dynastie 155 f. Anitta, vor-hethitischer König, 18. Jh.v. Chr. 135-138 Antalkidas, spartanischer Nauarch, ca. 385 v.Chr. 304 Antef I. König von Ägypten, 11. Dynastie 57 87 Antef II. König von Ägypten, 11. Dynastie 57 87. Zeittafel 1 Antef III. König von Ägypten, 11. Dynastie 57 87 Antef V.-VII., Könige von Ägypten, 17. Dynastie Zeittafel 7 Apachnas, König von Ägypten, 15. Dynastie Zeittafel 7 Apapa -*· Apophis 93

Apiaschal, Nr. 17 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Apilken, König von Mari 121 Apilsin, König von Babylon, ca. 1830-1813 v.Chr. 120. Zeittafel 3 Aplachanda, König von Karkemisch, 18. Jh.v. Chr. 131 Apophis -*· Apapa, König von Ägypten, 15. Dynastie, ca. 1560 v.Chr. 93. 96f. Zeittafel 7 Apries, im Alten Testament -*• Hophra, König von Ägypten, 26. Dynastie, ca. 588-568 v.Chr. 281 f. 292. Zeittafel 10 A q h a t M ^ i , König der Vorzeit von Ugarit 187. 189 Archalba, König von Ugarit, ca. 1315 v.Chr. 169. 185f. Ardamulissi -*· Adrammelech, assyrischer Prinz, Sohn von Sanherib, ca. 680 v.Chr. 267 Arennum, frühere Lesung für -*• Arullum, Wesir in Ebla 83 Argisti I., König von Urartu, ca. 780-756 v.Chr. 245 Argisti II., König von Urartu, ca. 713-685 v.Chr. 258. 269 Ariaramnes, Urgroßvater von ->Dareios I. 293 Arikdenili, König von Assyrien, ca. 1308-1296 v.Chr. Zeittafel 3 Arnuwanda I., König der Hethiter, ca. 1400-1380 v.Chr. 165. 196f. Zeittafeln 3.8 f. Arnuwanda II., König der Hethiter, ca. 1323-1322 v.Chr. 47. 165. 169. 196 f. Zeittafeln 8 f. Arnuwanda III., König der Hethiter, ca. 1209-1205 v.Chr. 165. 196f. Zeittafel 9 Arsames, Großvater von -*• Dareios I. 293 Arsames, Statthalter der persischen Satrapie Ägypten, ca. 420 v. Chr. 296. 301 f. Arses, König von Persien 304 Artabazus, persischer General 300 Artatama I., König von Mitanni, ca. 1400 v. Chr. 148.159.161.177 Zeittafel 8

Namen Artatama II., König von Mitanni, ca. 1330 v.Chr. 159. 162f. 166. Zeittafel 8 Artaxerxes I., König von Persien, ca. 465-424 v.Chr. 301. 303. Zeittafel 10 Artaxerxes II., König von Persien, ca. 404-359 v.Chr. 299. 302f. Zeittafel 10 Artaxerxes III. Ochus, König von Persien, ca. 359-338 v.Chr. 304 Arukku, Prinz von Parsumasch, ca. 650 v.Chr. 274 Arullum, frühere Lesung -·• Arennum, Wesir in Ebla 83 Aryandes, Stathalter der persischen Satrapie Ägypten, ca. 525 v. Chr. 292 Asa, König vonjuda, ca. 905-874 v.Chr. 215. 223. Zeittafel 10 Asarhaddon, König von Assyrien, ca. 681-669 v.Chr. 46. 209. 227f. 229 f. 256. 260. 265. 268-271. 277. Zeittafel 10 Asarja -*• Ussia, König von Juda, ab ca. 773 v. Chr. 49.248f. 253. Zeittafel 10 Assurbanipal, König von Assyrien, ca. 669-627 v.Chr. 227.229.233. 256. 259f. 261. 270-275. 288. 291. Zeittafel 10 Assurbelkala, König von Assyrien, ca. 1073-1056 v.Chr. 207f. 228 Assurbelnischeschu, König von Assyrien, Nr. 69 in der assyrischen Königsliste, ca. 1405 v.Chr. 176f. Zeittafeln 3. 5 f. 8 Assurdan I. König von Assyrien, ca. 1169-1134 v.Chr. 181 f. 206. Zeittafel 3 Assurdan II. König von Assyrien, ca. 934-912 v.Chr. 208.235 Assurdan III. König von Assyrien, ca. 772-755 v.Chr. 243. Zeittafel 10 Assurdugul, Nr. 41 in der assyrischen Königsliste Zeittafeln 5 f. Assuretililani, assyrischer Prinz, Sohn von -*· Assurbanipal, ca. 625 v. Chr. 275 Assurnadinachche, König von Assyrien, ca. 1393-1384 v.Chr. 148f. Zeittafel 8

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Assurnadinschumi, König von Babylon, ca. 699-694 v.Chr. 264 Assurnasirpal I., König von Assyrien, ca. 1049-1031 v.Chr. 208 Assurnasirpal II., König von Assyrien, ca. 883-859 v.Chr. 228-230. 235f. Zeittafel 10 Assurnirari I., Nr. 60 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 6 Assurnirari II., König von Assyrien, Nr. 68 in der assyrischen Königsliste, ca. 1415-1409 v.Chr. Zeittafeln 3. 6 Assurnirari V., König von Asyrien, ca. 754-745 v.Chr. 243.247 Assurrabi I., Nr. 65 in der assyrischen Königsliste, ca. 1440 v. Chr. Zeittafeln 3. 5 Assurrabi II., König von Assyrien, ca. 1012-972 v.Chr. 208. 214. Zeittafel 10 Assurremnischeschu, König von Assyrien, ca. 1400 v. Chr. Zeittafel 8 Assurreschischi, König von Assyrien, ca. 1133-1116 v.Chr. 206 Assuruballit I., König von Assyrien, ca. 1353-1318 v.Chr. 45f. 177f. Zeittafeln 3. 8 Assuruballit II., König von Assyrien, ca. 612-609 v.Chr. 276 Astyages -*- Istewegu, König von Medien 284. 288 Ataischen, früher hurritischer König 98 Athtarschumki, König von Arpad, ca. 800 v.Chr. 240.242 Atrachasis, babylonischer Sintflutheld 64. 109. 129 Atta/enu, Vorsteher der Priester in Ugarit 189 Awariku Urik, König von Qu'e, ca. 735 v.Chr. 253 Awil-Marduk Ewilmerodach, König von Babylonien, ca. 562-560 v. Chr. 284 Azarah, Nr. 15 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Aziru, König von Amurru, ca. 1350 v.Chr. 151 f. 166. 169 Azrijä'u, unbekannter syrischer König 249. 253 Azuri, König von Asdod 257

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Ba'alazor I., König von Tyrus, ca. 935-919 v. Chr. 219 Ba'alazor II., König von Tyrus, ca. 845 v.Chr. 240 Ba'alkabar, König von Emar, 14. Jh.v. Chr. 162

Bachdilim, Gouverneur von Mari, 18. Jh.v. Chr. 125 Baesa, König von Israel, ca. 902886 v.Chr. 215. Zeittafel 10 Bagoas, persischer General 292 Bagoas, Statthalter der persischen Provinz Jehud, ca. 400 v.Chr. 302. 304 Bagoas, Eunuch und Wesir von -* Artaxerxes III. 291. 298. 301. 303 f. Bakenranef ->- Bocchoris, König von Ägypten, 24. Dynastie, ca. 715 v.Chr 250. 257 Ba'lu I., König von Tyrus, ca. 671 v. Chr. 266. 270 f. Zeittafel 10 Ba'lu II., König von Tyrus, ca. 570 v. Chr. 282

Bardya -*• Gaumata (?) Smerdis, persischer Prinz, Bruder von -*• Kambyses II., ca. 525 v.Chr. 292f. Bargusch, kein Eigenname, Bezeichnung des Königs von Bit-Agusi 241 Barhadad I. Benhadad I., König von Aram-Damaskus, ca. 900 v.Chr. 215. 248. Zeittafel 10 Barhadad II. -»· Benhadad II. -»· Adadidri ->• Hadadeser, König von AramDamaskus, ca. 880-843 v.Chr. 237f. Zeittafel 10 Barhadad III., assyrisch mißverstanden ->• Mari', König von Aram-Damaskus, ca. 790 v.Chr. 242. 248. Zeittafel 10 Barrakkab, König von Sam'al, ca. 800 v.Chr. 246. 252. 254 Barsur, König von Sam'al, ca. 750 v.Chr. 246 Bazi, König von Mari Zeittafel 2 Belbani, Nr. 48 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Belesys -»• Belschunu, Statthalter der persischen Satrapie Babylonien 298 f. Belibni, König von Babylonien, ca. 702-700 v.Chr. 264

Belsazar/ Belsarrusur, babylonischer Kronprinz, Sohn -»· Nabonids 284 Belschunu -*· Belesys, Statthalter der persischen Satrapie Babylonien, ca. 500 v.Chr. 298f. Belu, Nr. 14 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Benhadad I. -*· Barhadad I., König von Aram-Damaskus, ca. 900 v.Chr. 215 Benteschina, König von Amurru, 14. Jh.v. Chr. 187. 191. 193 Beon, König von Ägypten, 15. Dynastie Zeittafel 7 Berossos, griechischer Autor 48. 286 Bessos, Statthalter der persischen Satrapie Baktrien, ca. 340 v.Chr. 305 Bilalama, König von Eschnunna, 20. Jh.v. Chr. 119. Zeittafel 3 Biridja, König von Megiddo, 14. Jh.v. Chr. 159 Birjawaza, König von Damaskus, 14. Jh.v. Chr. 159 Bocchoris -*• Bakenranef, König von Ägypten, 24. Dynastie 250. 257 259 Burnaburiasch I., König von Babylonien, Kassitendynastie, ca. 1500 v. Chr. 250. 257. 259. Zeittafeln 3. 6 Burnaburiasch II. König von Babylonien, Kassitendynastie, ca. 1350-1323 v. Chr. 46. 177f. Zeittafeln 3. 8f. Bursin, frühere Lesung für -»• Amarsin, König von Ur 76 Bursin, König von Isin, 1895-1874 v.Chr. Zeittafel 3 ζαίίρίί-*• Teispes, Stammvater der -»• Achämeniden 288 Chaja(ni), König von Sam'al, Vater von -»· Kilamuwa, ca. 850 v.Chr. 237. 246 Chajen ->• Hajen (?) Iannas (?), König von Ägypten, 15. Dynastie 93. 96. Zeittafel 7 Chamudi, König von Ägypten, 15. Dynastie 93. 97 Zeittafel 7 Chasechemui, König von Ägypten, 2. Dynastie 52 Cheops, König von Ägypten, 4. Dynastie 39. 53. Zeittafel 1

Namen Chephren, König von Ägypten, 4. Dynastie 53- 55. Zeittafel 1 Cheruef, ägyptischer Beamter 148 Chois, Dynastie von 93. 96. Zeittafel 7 Daduscha, König von Eschnunna, ca. 1795-1780 v. Chr. 119. Zeittafeln 3f. Dajjanassur, assyrischer General 239 Damiqilischu, König von Isin, ca. 1816-1794 v.Chr. Zeittafel 3 Damiqilischu, König der Meerlanddynastie, ca. 1700 v. Chr. Zeittafeln 3. 6 Darajawausch -*• Dareios I., König von Persien, ca. 522-486 v.Chr. 293 Dareios, persischer Prinz, Sohn von Xerxes I. 300 Dareios I. -·• Darajawausch, König von Persien, ca. 522-486 v.Chr. 288. 291-300. Zeittafel 10 Dareios II., König von Persien, ca. 423404 v.Chr. 299. 301 f. Zeittafel 10 Dareios III. Kodomannos, König von Persien, ca. 336-330 v.Chr. 304f. David, König von Juda und Israel, ca. 1000-970 v. Chr. 153.203.214-217 220. 222. 238. Zeittafel 10 Deioces, König von Medien, ca. 720 v.Chr. 258 Delaja, Statthalter der persischen Provinz Samaria, ca. 400 v. Chr. 302 f. Deuterojesaja, judäischer Prophet 289 Didanu, Nr. 9 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Dido -·· Elissa, tyrische Prinzessin 219. 240 Diodor, klassischer Autor 250. 304 Dios, griechischer Autor 217 Djoser, König von Ägypten, 3. Dynastie 53. Zeittafel 1 Dumuzi, legendärer König von Uruk 64 Duppiteschup, König von Amurru, 14. Jh. v.Chr. 169 Eagamil, König der Meerlanddynastie, ca. 1500 v.Chr. Zeittafeln 3. 6 Eannatum, König von Lagasch, 1. Dynastie, ca. 2460 v.Chr. 65. Zeittafel 2 Ebrium, Wesir in Ebla 83

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Echnaton -*· Amenophis IV., König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1353-1337 v. Chr. 46. 142 f. 152-157. Zeittafel 9 Egibi, Bankiersfamilie in Babylonien, 6.-5. Jh.v. Chr. 296 Eje, König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1323-1320 v.Chr. 154. 156. Zeittafel 7 Eliba'al, König von Byblos, ca. 915 v.Chr. 219f. Elissa -»• Dido, tyrische Prinzessin 219. 240 Eljakim -»· Jojakim, König von Juda, ca. 600 v.Chr. 280 Eljasib, judäischer Hoherpriester, Großvater des Hohenpriesters -»· Johanan 303 Eljasib, Judäer, Vater von -·• Johanan 303 Elli, König von Emar, ca. 1300 v. Chr. 162 Elnathan, Statthalter der persischen Provinz Jehud 303 Eluläus ->• Lullu, König von Tyrus und Sidon, ca. 700 v.Chr. 265f. Enannatum, König von Lagasch, 1. Dynastie, ca. 2430 v.Chr. Zeittafel2 Encheduanna, Tochter des Königs -*• Sargon von Akkad 70 Eni'il, König von Hamath, ca. 740 v. Chr. 248. 253 Enlilbani, König von Isin, ca. 18601837 v.Chr. Zeittafel 3 Enlilnadinahhe, König von Babylonien, ca. 1155 v.Chr. 182 Enlilnasir I., Nr. 62 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Enlilnasir II., Nr. 67 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 f. Enlilnirari, König von Assyrien, ca. 1317-1309 v.Chr. Zeittafel 8 Enmebaragesi, König von Kisch, 1. Dynastie 63 f. 79. Zeittafel 2 Enmerkar, König von Ur, 1. Dynastie 63. 79. Zeittafel 2 Enmetena, König von Lagasch, 1. Dynastie, ca. 2400 v.Chr. Zeittafel 2 Ennadagan, König von Mari, ca. 2400 v.Chr. 82

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Register

Enschakuschana, König von Uruk, 2. Dynastie Zeittafel 2 Eribaadad I., König von Assyrien, ca. 1383-1354 v.Chr. Zeittafeln 3. 8 Eribamarduk, König von Babylonien, ca. 770 v.Chr. 245 Erischum I., König von Assyrien, Nr. 33 in der assyrischen Königsliste, ca. 1975-1935 v.Chr. 43. 45. 114. Zeittafeln 3. 5 Erischum II., König von Assyrien, Nr. 38 in der assyrischen Königsliste, ca. 1820 v.Chr. 115. Zeittafeln 3. 5 Erischum III., König von Assur, Nr. 56 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 6 Erridupizir, König von Gutium, ca. 22. Jh.v.Chr. 72. Zeittafel 2 Eschmunazar II., König von Sidon 297 Espai, „der Kulummäer" -»• Kimmerier (?), ca. 705 v.Chr. 258 Esra, judäischer Priester und Schriftgelehrter 299. 302 f. Etana, legendärer König von Kisch 64 Eusebius, griechischer Autor 39 Ewilmerodach -»• Awil-Marduk, König von Babylonien, ca. 562-560 v. Chr. 279-281. 284 Ezechiel, judäischer Prophet, ca. 590 v.Chr. 281 Flavius Josephus, jüdischer Autor 217f. Gandasch, König der Kassitendynastie, ca. 1700 v.Chr. 128. Zeittafel 6 Gaumata -·• Bardya (?), persischer Prinz, ca. 525 v.Chr. 292f. 295 Gedalja, Gouverneur von Juda, ca. 585 v. Chr. 282 Gilgamesch, König von Uruk, 1. Dynastie 63. 79. 100. 109. 183. Zeittafel 2 (Br) G'jh, aramäischer König von Ktk, ca. 750 v.Chr. 247 Gobryas/Gubaru, Statthalter der persischen Satrapie Babylonien einschließlich Syrien-Palästina, ca. 530 v.Chr. 285.298

Gudea, König von Lagasch, ca. 2100 v.Chr., 2. Dynastie 72f. 80. 101. Zeittafel 2 Gulkischar, König der Meerlanddynastie, ca. 1650 v.Chr. Zeittafeln 3. 6 Gungunum, König von Larsa, 19321906 v.Chr. 118. Zeittafel 3 Gyges, König von Lydien, ca. 640 v. Chr. 261. 272 Hachamanisch -·• Achaimenes, ca. 690 v.Chr. 265 Hadadeser (I.), König von Zoba, ca. 1000 v.Chr. 214f. Hadadeser -*• Barhadad II. -*- Benhadad II. -*• Adadidri, König von AramDamaskus, ca. 880-843 v.Chr. 237 Haggai, judäischer Prophet, ca. 520 v.Chr. 293 Hajani, Nr. 20 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Hajen -»• Chajen (?), Hyksoskönig in Ägypten 93 Haie, Nr. 18 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Halluschu-Inschuschinak, König von Elam, ca. 699-693 v.Chr. 264 Hammurapi, König von Babylonien, ca. 1792-1750 v. Chr. 29. 36.43-45.47 59. 74. 101 f. 110 f. 113. 117 119. 123-129. 131. 136. 182. 282. Zeittafeln 3f. 6 Hammurapi I., König von Jamchad, seit ca. 1765 v.Chr. 45. 131. Zeittafel 4 Hammurapi II., König von Jamchad 136 Hammurapi Ammurapi, König von Ugarit, ca. 1200 v.Chr. 134 Hananja, Judäer, persischer Beamter, ca. 420 v.Chr. 301 Hananja, Statthalter der persischen Provinz Samaria, ca. 355 v. Chr. 303 Hantiii I., König der Hethiter, ca. 1590-1560 v.Chr. 137. Zeittafel 9 Hantiii II., König der Hethiter, ca. 1500-1425 v.Chr. Zeittafel 9 Hanu, Nr. 10 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Hanun(u), König von Gaza, ca. 735 v.Chr. 253.255

Namen Hapu, Ägypter 149 Harcharu, Nr. 5 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Haremheb, König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1320-1293 v.Chr. 29. 41. 144. 154. 156f. 169. Zeittafeln 3. 7f. Harpagus, medischer General 289 Harsiese, Hoherpriester des Gottes Amun in Theben 224 Harsu, Nr. 8 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Hasael, König von Aram-Damaskus, ca. 842-810 v.Chr. 238. Zeittafel 10 Hatschepsut, Königin von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1479/3-1457 v.Chr. 96. 142. 144-146. Zeittafel 7 Hattusili I. -*• Labarna (II.), König der Hethiter, ca. 1650-1620 v.Chr. 44f. 47 132. 136 f. Zeittafel 9 Hattusili II., König der Hethiter, ca. 1410-1400 v.Chr. Zeittafeln 3. 9 Hattusili III., König der Hethiter, ca. 1266-1240 v.Chr. 141. 168. 185f. 191-195. Zeittafeln 3. 9 Hazaqyahu -*• Hiskia, König von Juda, ca. 728-701/0 v.Chr. 266 Hazjän I. HesjonIHezjön, König von Aram- Damaskus, ca. 940 v. Chr. 215. 248 Hazjan/Hazjän II., König von AramDamaskus, ca. 750 v.Chr. 248. Zeittafel 10 Herihor, Hoherpriester des Gottes Amun in Theben 205 Herodot, griechischer Autor 279. 281. 283. 285. 288. 295. 297f. 300 Hesjon/Hezjön Hazjän I., König von Aram-Damaskus, ca. 940 v.Chr. 215. 248 Hiram, Kurzform von Ahiram 219 Hiram I., König von Tyrus, ca. 970 v.Chr. 216-219 Hiram II., König von Tyrus, ca. 740 v.Chr. 219 Hiskia -*• Hazaqyahu, König von Juda, ca. 728-701/0 v.Chr. 256f. 266f. Zeittafel 10 Hita (?), König von Awan 80

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Homer, griechischer Autor 216 Hophra, alttestamentliche Bezeichnung für -*• Apries, König von Ägypten, 26. Dynastie, ca. 588-568 v.Chr. 281 Horns, König von Ägypten, 1. Dynastie Zeittafel 1 Hosea, König von Israel, ca. 732722 v.Chr. 253f. 256. 267 Zeittafel 10 Humbanhaltasch II., König von Elam, ca. 680 v.Chr. 268 Humbanhaltasch III., König von Elam, ca. 650 v.Chr. 274 Humbanigasch Ummanigasch, König von Elam, ca. 720 v. Chr. 255 Humbannimena, König von Elam, ca. 693-689 v.Chr. 265 Huzzija I., König der Hethiter, ca. 1530-1525 v.Chr. 137 Zeittafel 9 Huzzija II., König der Hethiter, ca. 1425 v.Chr. Zeittafel 9 Hystapes -·· Vischtaspa, persischer Adliger, Statthalter der persischen Provinz Parthien und Hyrkanien, Vater von ->• Dareios I., ca. 540 v.Chr. 293 Iannas Chajen (?) -·• Hajen (?), König von Ägypten, 15. Dynastie 96 Ibalpi'el I., König von Eschnunna, ca. 1850 v. Chr. Zeittafel 3 Ibalpiel Π., König von Eschnunna, ca. 1779-1765 v. Chr. 119.124. Zeittafeln 3 f. Ibbisin, König von Ur, 3. Dynastie, ca. 2028-2002 v. Chr. 76. 80. Zeittafel 2 Ibbisippisch, frühere Lesung Ibbizikir, Wesir in Ebla 83 Ibiranu, König von Ugarit, ca. 1215 v. Chr. 185 Ibniaddu, König von Hazor, 18. Jh.v. Chr. 133 Iddindagan, König von Isin, ca. 19741954 v.Chr. 118. Zeittafel 3 Idrimi, König von Alalach, ca. 1450 v.Chr. 99. 158. 160. 162. 175 Igrischhalam, König von Ebla 83 Ikausu, König von Ekron 203 Ikunum, König von Assur, Nr. 34 in der assyrischen Königsliste, ca. 1925 v.Chr. 144. Zeittafel 5

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Ilakabkabu(hu), König von Ekallatum 115 Ilimalku, Schreiber in Ugarit 189 Iliman, König der Meerlanddynastie, ca. 1725 v.Chr. 128. Zeittafeln 3. 6 Ilimilimma I., König von Aleppo, ca. 1520 v. Chr. 160 Ilimilimma II., König von Alalach, ca. 1425 v.Chr. 160 Ilsu, König von Mari, 1. Dynastie Zeittafel 2 Ilubi'di -*· Jaubi'di, König von Hamath, ca. 725 v.Chr. 255 Ilukabkabi, Nr. 25 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Ilumer, Nr. 21 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Iluschuma, König von Assur, Nr. 32 in der assyrischen Königsliste, ca. 1980 113f. Zeittafeln 3. 5 Imhotep, ägyptischer Architekt 53 Imsu, Nr. 7 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Indaruta, König von Achsaph, 14. Jh.v. Chr. 159 Initeschub, Vizekönig der Hethiter in Karkemisch, ca. 1300 v. Chr. 162.186. 214 Inten -*· Jantin -*· Jantinchammu, König von Byblos, ca. 1770 v.Chr. 92. 134 Ipiqadad II., König von Eschnunna, ca. 1860-1820 v.Chr. 115. 118f. Zeittafel 3 Iplulil, früher König von Mari 82 Irhuleni, König von Hamath, ca. 850 v. Chr. 237 Irkabdamu, König von Ebla 83 Isaak, Stammvater Israels 108 Ischardamu, König von Ebla 83 Ischbierra, König von Isin, ca. 20171985 v.Chr. 77f. 117. 119. Zeittafel 3 Ischchiadad, König von Qatna, ca. 1800 v.Chr. 132. Zeittafel 4 Ischmedagan (I.), König von Assur, Nr. 40 in der assyrischen Königsliste, ca. 1776-1760 v. Chr. 43. 116f. 123f. 130. Zeittafeln 3-6 Ischmedagan II., König von Assur, Nr. 58 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 6

Ischmedagan, König von Isin, ca. 1940 v.Chr. 118 Ischputachschu, König von Kizzuwatna, ca. 1510 v.Chr. 137 Isebel, Tochter von ->- Ittoba'al I., Gemahlin von - Ahab 217. 219 Istewegu Astyages, König von Medien 284. 288 Ittoba'al, König von Byblos, ca. 960 v.Chr. 219 Ittoba'al I., König von Tyrus, ca. 887— 856 v.Chr. 217.219 Ittoba'al II. -·- Tubail, König von Tyrus, ca. 735 v.Chr. 253 Ittoba'al III., König von Tyrus, ca. 590572 v.Chr. 282 Ittoba'al Tuba'lu, König von Sidon, ca. 700 v.Chr. 266 Ja'äsu -*· Joas, König von Israel, ca. 799785 v.Chr. 242 Jachdunlim, König von Mari, ca. 1815-1800 v.Chr. 116. 119. 122f. Zeittafel 4 Jaggidlim, König von Mari, ca. 1840 v.Chr. 122 Jakmeni, Nr. 23 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Jakmesi, Nr. 22 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Jakob, Stammvater Israels 96 Jakobsöhne 92. 96 Jakunaschar, König von Apum, ca. 1740 v.Chr. 128 Jamani, König von Asdod, ca. 710 v. Chr. 257. 259 Jangi, Nr. 3 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Jantin -»• Inten (->· Jantinchammu?), König von Byblos, ca. 1770 v.Chr. 44. 134 Jantinchammu (->· Jantin -* Inten?), König von Byblos, ca. 1770 v. Chr. 44. 92. 134 Jaqarum, früher König von Ugarit 134 Jarimlim, König von Alalach 132 Jarimlim I., König von Jamchad, ca. 1780-1765 v.Chr. 123f. 131 f. Zeittafel 4

Namen Jarimlim II., König von Jamchad, ca. 1710 v. Chr. 131 Jariris, König von Karkemisch, ca. 825 v.Chr. 248 Jarlagab, König von Gutium, ca. 2200 v.Chr. Zeittafel 2 Jarlagan, König von Gutium, ca. 2200 v. Chr. 72 Jasmachad(du), König von Mari und Vizekönig der Assyrer im Westteil ihres Reiches, ca. 1795-1776 v.Chr. 116. 123. 132. Zeittafel 4 Jatarami, König von Karkemisch, 18. Jh.v. Chr. 131 Jaubi'di -*· Ilubi'di, König von Hamath, ca. 725 v.Chr. 255 Jazkur'el, Nr. 24 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Jedonja, Priester in der jüdischen Kolonie von Elephantine 302 Jehimilk, König von Byblos, ca. 950 v.Chr. 219f. Jehoeser, Statthalter der persischen Provinz Jehud 303 Jehu, König von Israel, ca. 841814 v.Chr. 49. 238. Zeittafel 10 Jeremia, judäischer Prophet 77 Jerobeam I., König von Israel, ca. 930-908 v.Chr. 223. Zeittafel 10 Jerobeam II., König von Israel, ca. 785-745 v.Chr. 248. Zeittafel 10 Jesaja, judäischer Prophet, ca. 700 v. Chr. 234. 257 Joahas, König von Israel, ca. 814799 v.Chr. 238. 242. Zeittafel 10 Joahas, König von Juda, ca. 609 v.Chr. 280 Joas, König von Juda, ca. 836-797 v. Chr. 49. Zeittafel 10 Joas Ja'äsu, König von Israel, ca. 799-785 v.Chr. 242. Zeittafel 10 Johanan, Hoherpriester des Gottes Jahwe in Jerusalem 302 f. Johanan, Judäer, Sohn von -·• Eljasib 303 Jojachin, König von Juda, ca. 598 v.Chr. 281. 293 Jojada, Hoherpriester des Gottes Jahwe in Jerusalem 303

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Jojakim Eljakim, König von Juda, ca. 600 v.Chr. 280f. Joram, König von Israel, ca. 853842 v.Chr. 238 Joram, König von Juda, ca. 849843 v.Chr. Zeittafel 10 Josaphat, König von Juda, ca. 873849 v. Chr. Zeittafel 10 Joseph, Stammvater Israels 50. 92 Josia, König von Juda, ca. 639609 v.Chr. 279f. Zeittafel 10 Josua, früher Heerführer Israels 31 Jotham, König von Juda, ca. 756742 (?) v.Chr. 49. 248. Zeittafel 10 Kadaschmanenlil I., König von Babylonien, ca. 1365(?)-1350 v. Chr. 149. 177 Zeittafeln 3. 8 Kadaschmanharbe, König von Babylonien, ca. 1400 v.Chr. Zeittafel 8 Kadaschmanturgu, König von Babylonien, ca. 1260 v. Chr. 192. Zeittafel 9 Kadmos, Heros der griechischen Uberlieferung 217 Kakrime -*· Agum II., König der Kassitendynastie, 16. Jh.v. Chr. 129 Kamanis, König von Karkemisch, ca. 800 v.Chr. 248 Kambyses I. -*• Kanbujiya, König von Persien 288 Kambyses II., König von Persien, ca. 530-522 v.Chr. 262. 291 f. 294. Zeittafel 10 Kamose, König von Ägypten, 17 Dynastie, ca. 1550-1530 v.Chr. 97. Zeittafel 7 Kanbujiya -*· Kambyses I., König von Persien 288 Kandalanu, König von Babylonien, ca. 647-627 v.Chr. 274 Kapara, Dynastie des 208 Karaindasch, König von Babylon, Kassitendynastie, ca. 1420 148. 176f. 183. Zeittafeln 3. 6. 8 Kaschta, König von Nubien, 8. Jh.v. Chr. 250 Kaschtarite Phraortes, König von Medien 272

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Kaschtiliasch I., König von Babylonien, Kassitendynastie, 19. Jh.v. Chr. 128. Zeittafel 6 Kaschtiliasch IV., König von Babylonien, ca. 1220 v.Chr. 181. Zeittafel 3 Kassitendynastie 38. 42f. 71. 129. 176-183. Zeittafel 3. 6 Keret -· Phiops, König von Ägypten, 6. Dynastie 53. 56. Zeittafel 1 Pharnabazos, persischer General, ca. 375 v.Chr. 304 Phelles, König von Tyrus, ca. 888 v.Chr. 219 Phiops I. Pepi I., König von Ägypten, 6. Dynastie 53 Phiops II. -*· Pepi II., König von Ägypten, 6. Dynastie 53. 56 Phraortes, Thronprätendent in Medien 293

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Phraortes -*• Kaschtarite, König von Medien, ca. 675-653 v. Chr. 272 „Pianchi" -»· Piye ->· So', König von Ägypten, 25./nubische Dynastie, ca. 747-716 v.Chr. 250. 254. 257 Pijaschschili, hurritisch -·• Scharrikuschuch, König von Karkemisch, ca. 1340 v.Chr. 169 Pillija, König von Kizzuwatna, ca. 1450 v.Chr. 137 Pilsudagan, König von Emar, 13. Jh.v.Chr. 162 Pinhas, Vizekönig von Nubien 205 Pisiris, König von Karkemisch, bis ca. 717 v.Chr. 253.257 Pithana, prähethitischer König von Kussara, ca. 1800 v. Chr. 135 Piye ->- „Pianchi" -»· So', König von Nubien, 25./nubische Dynastie, ca. 747716 v.Chr. 250. 254. 257 Zeittafel 10 Pmjtn -*• Pumjaton -*- Pygmalion, König von Tyrus, ca. 820-774 v.Chr. 219 Polykrates, König von Samos, ca. 525 v.Chr. 291 Psammetich I., König von Ägypten, 26. Dynastie, ca. 664-610 v.Chr. 49. 259. 261 f. 271. 279. Zeittafel 10 Psammetich II., König von Ägypten, 26. Dynastie, ca. 594-588 v. Chr. 262. 281. Zeittafel 10 Psammetich III., König von Ägypten, 26. Dynastie, ca. 526-525 v. Chr. 291. Zeittafel 10 Psusennes I., König von Ägypten, 21. Dynastie, ca. 1039-991 v.Chr. 221 f. Zeittafel 7 Psusennes II. , vielleicht identisch mit -* Psusennes „III.", König von Ägypten, 21. Dynastie, ca. 959-945 v.Chr. 221-223. Zeittafel 7 Psusennes „III.", vielleicht identisch mit -*• Psusennes II., Hoherpriester des Gottes Amun in Theben 221-223 Ptolemäus, klassischer Astronom 48 f. 252 Ptolemäus III. Euergetes, König von Ägypten, ca. 246-222 v.Chr. 40

Puabi, früher Schubad gelesen, frühe Königin von Ur 65 Puducheba, Gemahlin des Hethiterkönigs -*· Hattusili III., ca.1250 v.Chr. 141. 193 Pulu -*• Tiglatpileser III., König von Assyrien, ca. 745-727 v. Chr. 251 Pumjaton Pmjtn -*· Pygmalion, König von Tyrus, ca. 820-774 v.Chr. 240 Puzurassur I., König von Assur, Nr. 30 in der assyrischen Königsliste, ca. 2000 v.Chr. 113. Zeittafel 5 Puzurassur II., König von Assur, Nr. 36 in der assyrischen Königsliste, ca. 1870 v.Chr. 114. Zeittafeln 3. 5 Puzurassur III., König von Assyrien, Nr. 61 in der assyrischen Königsliste, ca. 1490 v.Chr. 130. Zeittafeln 3. 6 Puzurinschuschinak, Gouverneur von Susa, ca. 2250 v.Chr. 80 Puzursin, König von Assyrien, ca. 1700 v. Chr. 130. Zeittafel 6 Pygmalion Pmjtn -*• Pumjaton, König von Tyrus, ca. 820-774 v.Chr. 219.240 Qauämalaka, König von Edom, ca. 730 v.Chr. 253 Qrl, König von Sam'al, ca. 800 v. Chr. 246 Rabsake, kein Personenname, sondern Titel (Obermundschenk) 233 Radjan I. Rezin, König von AramDamaskus, ca. 940 v.Chr. 215. Zeittafel 10 Radjan/Radjän II./Rah/qianu Rezin, König von Aram-Damaskus, ca. 750 v.Chr. 253. Zeittafel 10 Ramessiden, ägyptisches Königshaus 39. 42. 141 f. 174. 221. Ramose, ägyptischer Beamter 148 Ramses I., König von Ägypten, 19. Dynastie, ca. 1292-1290 40. 144. 157 191. 222. Zeittafel 7 Ramses Π., König von Ägypten, 19. Dynastie, ca. 1279-1213 v.Chr. 30f. 40-42. 47. 141. 168. 175. 191-194. 197f. 202. 222. Zeittafeln 3. 7 9

Namen Ramses III., König von Ägypten, 20. Dynastie, ca. 1185-1155 30. 175. Zeittafeln 3. 7 Ramses IV., König von Ägypten, 20. Dynastie, ca. 1155-1150 v.Chr. 204 f. Zeittafel 7 Ramses V., König von Ägypten, 20. Dynastie, ca. 1150-1145 v.Chr. Zeittafel 7 Ramses VI., König von Ägypten, 20. Dynastie, ca. 1145-1137 v.Chr. Zeittafel 7 Ramses IX., König von Ägypten, 20. Dynastie, ca. 1125-1107 v.Chr. Zeittafel 7 Ramses XI., König von Ägypten, 20. Dynastie, ca. 1098-1070 v.Chr. 205. Zeittafel 7 Rechum, persischer Befehlshaber in Samaria, ca. 460 v. Chr. 301 Rehabeam, König von Juda, ca. 930912 v.Chr. 42. 50. 220. 223. Zeittafel 10 Rezin -»• Radjan/Radjän I., König von Aram-Damaskus, ca. 940 v.Chr. 215 Rezin -*· Radjan/Radjän II./Rah/qianu, König von Aram-Damaskus, ca. 750 v. Chr. 253 Ribaddi, König von Byblos, ca. 1350 v.Chr. 31. 150. 152 Rimsin (I.), König von Larsa, ca. 1822-1763 v.Chr. 120f. 124. 126. Zeittafeln 3 f. Rimsin (II.), Usurpator und König von Larsa, ca. 1740 v. Chr. 127. Zeittafel 4 Rimusch, König von Akkad, ca. 2300 v.Chr. 71. 79. Zeittafel 2 Rusa I., König von Urartu, ca. 735713 v.Chr. 258.269 Rusa III., König von Urartu, ca. 660645 v.Chr. 272 Sabium, König von Babylonien, ca. 1845-1831 v.Chr. 120. Zeittafel 3 Sahure, König von Ägypten, 5. Dynastie 53. 55. Zeittafel 1 Saiten, ägyptisches Königshaus 261. Zeittafel 10

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Salek/Salitis (?), König von Ägypten, 15. Dynastie 93. Zeittafel 7 Salmanassar I., König von Assyrien, ca. 1263-1233 v.Chr. 31. 46. 141. 164. 179-181. 192. 210. Zeittafel 3 Salmanassar II., König von Assyrien, ca. 1030-1019 v.Chr. 208 Salmanassar III., König von Assyrien, ca. 858-824 v.Chr. 49. 224. 228. 230 f. 236-239. Zeittafel 10 Salmanassar IV., König von Assyrien, ca. 782-773 v.Chr. 242-244.248. Zeittafel 10 Salmanassar V. -»• Ululäja, König von Assyrien, ca. 727-722 v. Chr. 254-256. Zeittafel 10 Salomo, König von Juda und Israel, ca. 970-930 v.Chr. 42. 203. 215-218. 220. 222f. 248. Zeittafel 10 Samani, Nr. 19 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Samium, König von Larsa, ca. 19761942 v.Chr. Zeittafel 3 Sammuramat ->- Semiramis, Mutter des assyrischen Königs -·• Adadnirari III., ca. 815 v.Chr. 240 Samsuditana, König von Babylonien, ca. 1625-1595 v.Chr. 129. Zeittafeln 3. 6. 9 Samsuiluna, König von Babylonien, ca. 1750-1712 v.Chr. 45. 127f. 132. Zeittafeln 3 f. 6 Sanballat I. -*· Sinuballit, Statthalter der persischen Provinz Samaria, ca. 440 v.Chr. 301 f. Sanballat II., Statthalter der persischen Provinz Samaria, ca. 375 v.Chr. 303 Sanballat III., Statthalter der persischen Provinz Samaria, ca. 335 v.Chr. 303. 305 Sandahschatru, König der Kimmerier, ca. 640 v.Chr. 272 Sangara, König von Karkemisch, ca. 875-850 v.Chr. 235.237 Sanherib, König von Assyrien, ca. 705681 v.Chr. 31. 49. 203. 227 229. 259f. 262-267 271 f. 275. 277. 283. Zeittafel 10

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Register

Sapalulme, König von Patina, ca. 850 v.Chr. 237 Sarduri I., König von Urartu, ca. 840 v.Chr. 244 Sarduri II., König von Urartu, ca. 755735 v.Chr. 245.252 Sarduri III., König von Urartu, ca. 644625 v.Chr. 272 Sargon, König von Akkad, ca. 2350 v.Chr. 28. 69-71. 79. 81. 84. 121. Zeittafel 2 Sargon I., König von Assur, Nr. 35 in der assyrischen Königsliste, ca. 19201880 v.Chr. 114. 255. Zeittafeln 3. 5 Sargon II., König von Assyrien, ca. 722-705 v.Chr. 49. 203. 229. 250. 255-259. 263 f. 266. 268. 272. 277 Zeittafel 10 Sargoniden, assyrisches Königshaus 277 Sassabausur ->· Scheschbazzar, judäischer Fürst, ca. 535 v. Chr. 289 Saul, König von Israel, ca. 1000 v. Chr. 220 Sauschgamuwa, König von Amurru, ca. 1240 v.Chr. 195 Sauschtatar, König von Mitanni, ca. 1430 v.Chr. 158. 161. Zeittafel 8 Schabako, König von Ägypten, 25./ nubische Dynastie, ca. 716-707 v.Chr. 250. 257. 259. Zeittafel 10 Schachurunuwa, Vizekönig der Hethiter in Karkemisch, ca. 1330 v.Chr. 162 Schalimachum, König von Assur, Nr. 31 in der assyrischen Königsliste, ca. 2000 v. Chr. 113. Zeittafel 5 Schamaschmudammiq, König von Babylonien, ca. 925 v. Chr. 235 Schamaschschumukin, König von Babylonien, ca. 650 v.Chr. 270. 273f. Schamschiadad I., König von Assur, Nr. 39 in der assyrischen Königsliste, ca. 1808-1776 v.Chr. 28. 37 43. 45f. 111. 113. 115-117. 119. 122-124. 130-132. Zeittafeln 3-6 Schamschiadad II., König von Assur, Nr. 57 in der assyrischen Königsliste, ca. 1520 v. Chr. Zeittafel 6 Schamschiadad III., König von Assur,

Nr. 59 in der assyrischen Königsliste, ca. 1510 v. Chr. Zeittafel 6 Schamschiadad V., König von Assyrien, ca. 823-811 v.Chr. 239f. Zeittafel 10 Schamschiilu, assyrischer Kommandant 242 f. 247 f. Scharkalischarri, König von Akkad, ca. 2230 v.Chr. 71 f. 101. Zeittafel 2 Sarrikuschuch -» Pijaschschili, König von Karkemisch, ca. 1340 v. Chr. 169 Schattiwaza, König von Mitanni, bis ca. 1300 v.Chr. 159. 162f. 166. Zeittafel 8 Schattuara I., König von Mitanni, ca. 1290 v.Chr. 163f. Schattuara II., König von Mitanni, ca. 1250 v.Chr. 179 Schebitku, König von Ägypten, 25./ nubische Dynastie, ca. 706-690 v.Chr. 259. Zeittafel 10 Scheschbazzar -*• Sassabausur, judäischer Fürst, ca. 535 v.Chr. 289. 293. 298 Schilhakinschuschinak, König von Elam, ca. 1130 v.Chr. 206 Schilkanni -»· Osorkon IV. oder -»• Schoschenq V., Könige der Dynastie von Tanis-Bubastis 250. 257 Schipitba'al, König von Byblos, ca. 900 v.Chr. 219 Schoschenq I., im Alten Testament -*· Sisak, babylonisch -*· SuSinqu, König von Ägypten, 22. Dynastie, ca. 945-916 v.Chr. 42. 50. 220. 223. Zeittafel 10 Schoschenq, II., König von Ägypten, 22. Dynastie, ca. 835-783 224. Zeittafel 10 Schoschenq III., König von Ägypten, 22. Dynastie, ca. 825-783 v.Chr. Zeittafel 10 Schoschenq V. -»· Schilkanni, König von Ägypten, 22. Dynastie, ca. 767730 v.Chr. 250. Zeittafel 10 Schubad, frühere Lesung für Puabi, frühe Königin von Ur 65 Schuilija, König von Eschnunna, ca. 2000 v.Chr. 118f. Zeittafel 3 Schulgi, König von Ur, 3. Dynastie,

Namen ca. 2094-2047 v.Chr. 68. 74-77 80. 101. Zeittafel 2 Schusin, König von Ur, 3. Dynastie, ca. 2037-2029 v.Chr. 76. 80. 101. Zeittafel 2 Schutruknahhunte I., König von Elam, ca. 1155 v.Chr. 181 f. Schutruknahhunte II., König von Elam, ca. 711-699 v.Chr. 258 Schuttarna (I.), König von Mitanni, ca. 1500 v.Chr. (?) 158f. Schuttarna II., König von Mitanni, ca. 1380 v.Chr. 148f. 159. 161. Zeittafel 8 Schuttarna III., König von Mitanni, ca. 1410 v.Chr. 159.163.166 Schuwardatta, König von Hebron (?), ca. 1350 v.Chr. 152 Schuzubu -»• Muschezibmarduk, König von Babylon, ca. 690 v. Chr. 264 Sebekhotep III., König von Ägypten, 13. Dynastie 92. Zeittafel 7 Sekenenre II., König von Ägypten, 17. Dynastie, bis ca. 1550 v.Chr. 96. Zeittafel 7 Selemja, Statthalter der persischen Provinz Samaria, ca. 400 v. Chr. 302 Seleukos I., Gründer des Seleukidenreichs, ca. 312-281 v.Chr. 36 Semenchkare, König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1336-1334 v.Chr. 41. 155. Zeittafel 7 Semenenre, König von Ägypten, 17. Dynastie Zeittafel 7 Semiramis -*· Sammuramat, Mutter des assyrischen Königs Adadnirari III., ca. 815 v.Chr. 240 Senenmut, ägyptischer Beamter 146 Serubbabel, Enkel des judäischen Königs -Jojachin, ca. 520 v.Chr. 293f. Sesostris I., König von Ägypten, 12. Dynastie, ca. 1956/19-1911/1875 v. Chr. 87-89. Zeittafel 1 Sesostris II., König von Ägypten, 12. Dynastie 87 Sesostris III., König von Ägypten, 12. Dynastie, ca. 1872/36-1854/18 v.Chr. 29. 41. 87-90. Zeittafel 1 Sethnacht, König von Ägypten,

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20. Dynastie, ca. 1189-1186 v.Chr. Zeittafel 7 Sethos I., König von Ägypten, 19. Dynastie, ca. 1290-1279 v.Chr. 30. 38. 40f. 191. 202. 222. Zeittafeln 3. 7 Sethos II., König von Ägypten, 19. Dynastie, ca. 1203-1198 v.Chr. 30. 198. Zeittafel 7 Siamun, König von Ägypten, 21. Dynastie, ca. 978-959 v.Chr. 220-222. Zeittafeln 7 10 Sidqa, König von Askalon, ca. 700 v. Chr. 266 Sinkaschid, König von Uruk, ca. 18601830 v.Chr. 120 Sinleqeunninni, babylonischer Schreiber und Gelehrter 183 Sinmagir, König von Isin, ca. 18271817 v.Chr. Zeittafel 3 Sinmuballit, König von Babylonien, ca. 1812-1793 v.Chr. 120. Zeittafeln 3f. Sinscharischkun, König von Assyrien, ca. 623-612 v.Chr. 275f. Zeittafel 10 Sinschumlischir, assyrischer General, ca. 620 v.Chr. 275 Sinuballit -*· Sanballat I., Statthalter der persischen Provinz Samaria 301 Sinuhe, ägyptischer Beamter 88. 90 Siptah, König von Ägypten, 19. Dynastie, ca. 1198-1193 v.Chr. 198. Zeittafel 7 Sisak Schoschenq I., babylonisch -*• Susinqu, König von Ägypten, 22. Dynastie 220 Sittimarduk, babylonischer Offizier 206 Si'um, König von Gutium Zeittafel 2 „Skorpion", prädynastischer König von Ägypten 52. Zeittafel 1 Skuncha, König der Skythen 295 Smendes, König von Ägypten, 21. Dynastie, ca. 1069-1043 v.Chr. 205. 216. 221. 223. Zeittafel 7 Smerdis ->- Bardya, persischer Prinz, Bruder von Kambyses II., ca. 525 v.Chr. 292. 295 Snofru, König von Ägypten, 4. Dynastie 39. 53. Zeittafel 1 So' -·" Piye -*· „Pianchi", König von

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Ägypten, 25,/nubische Dynastie, ca. 747-716 v.Chr. 254 Suchis, Dynastie des, in Karkemisch, 10.Jh.v.Chr. 214 Suchlamu, Nr. 4 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Sulili, Nr. 27 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Sumuabum, König von Babylon, ca. 1894-1881 v.Chr. 101. 120. Zeittafel 3 Sumu'el, König von Larsa, ca. 18941866 v.Chr. Zeittafel 3 Sumuepuch, König von Jamchad, ca. 1800-1780 v.Chr. 131. Zeittafel 4 Sumujamam, König von Mari, ca. 1800 v.Chr. 123 Sumula'el, König von Babylonien, ca. 1881-1845 v.Chr. 120. Zeittafel 3 Suppiluliuma I., König der Hethiter, ca. 1350-1324 v.Chr. 42. 46-48. 152. 156. 158 f. 162. 165 f. 169. 185 f. 196. Zeittafeln 3. 8f. Suppiluliuma II., König der Hethiter, ca. 1205-1175 v.Chr. 48. 165. 185. 196. Zeittafeln 3. 9 Susinqu Schoschenq I. -»· Sisak, König von Ägypten, 22. Dynastie 223 Tabrammän/Tabrimmon, König von Damaskus, ca. 900 v.Chr. 215 Taharka, König von Ägypten, 25./ nubische Dynastie, ca. 690-664 v.Chr. 259-261. 266f. 269f. Zeittafel 10 Tahurwaili, König der Hethiter, ca. 1500 v.Chr. Zeittafel 9 Takelothis I., König von Ägypten, 22. Dynastie, ca. 904-890 v. Chr. 223. Zeittafel 10 Takelothis II., König von Ägypten, 22. Dynastie, ca. 850-835 v.Chr. 224 Talmischarruma, König von Aleppo 169 Talmiteschub, Vizekönig der Hethiter in Karkemisch, ca. 1240 v.Chr. 186. 197 Tanruchuratir, Prinzesin von Eschnunna 119 Tantamani/Tanwetamani, König von Ägypten, 25. Dynastie, ca. 660 v.Chr. 261

Tatnai, Statthalter der persischen Satrapie Transeuphrat, ca. 515 v.Chr. 293. 298 Tefnacht, König von Ägypten, 24. Dynastie, ca. 740-720 v.Chr. 249f. 256f. Teispes -*· ζαιίρίί, Stammvater der Achämeniden 274. 288. 293 Teje, ägyptische Königin, Mutter von -*• Amenophis IV., ca. 1380 v.Chr. 153. 156. 205 Telepinu, König der Hethiter, ca. 1525-1500 v.Chr. 29. 137 164. Zeittafel 9 Tennes, König von Sidon, ca. 345 v.Chr. 304 Teos, König von Ägypten, 30. Dynastie, ca. 335 v.Chr. 304 Tete, König von Nuhaschsche, ca. 1325 v.Chr. 169 Teti, König von Ägypten, 6. Dynastie 53 Te'umman, König von Elam, ca. 650 v.Chr. 273 Teuschpa, König der Kimmerier, ca. 680 v.Chr. 269 Tewosre, ägyptische Königin, Gemahlin -*- von Sethos II., 19. Dynastie, ca. 1194-1190 v.Chr. 198. Zeittafel 7 Theon, klassischer Astronom 40 Thiniten, Bezeichnung für Könige der 1. Dynastie in Ägypten 52 Thoi, König von Hamath, ca. 960 v.Chr. 214 Thukydides, griechischer Autor 295 Thutmosis I., König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1493-1482 v.Chr. 145. 222. Zeittafel 7 Thutmosis II., König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1482-1479 v.Chr. 41. 145. Zeittafel 7 Thutmosis III., König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1479-1425 v.Chr. 40f. 134. 141. 143. 145-147. 160f. Zeittafel 7 Thutmosis IV., König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 1400-1391 v.Chr. 148. 176. Zeittafeln 3. 7f. Tiglatpileser I., König von Assyrien, ca. 1114-1076 v.Chr. 46. 206f. 210. 214. 216 f. Zeittafel 3

Namen Tiglatpileser II., König von Assyrien, ca. 966-935 v.Chr. 208. Zeittafel 10 Tiglatpileser III. Pulu, König von Assyrien, ca. 745-727 v. Chr. 49. 209. 212. 229-231. 242. 244-246. 249-255. 258. Zeittafel 10 Timaios, griechischer Autor 219 Tirigan, König von Gutium, ca. 2130 v.Chr. 73. Zeittafel 2 Tischatal, hurritischer König 99 Tubail Ittoba'al II., König von Tyrus, ca. 735 v.Chr. 253 Tubalu Ittoba'al, König von Sidon, ca. 700 v.Chr. 266 Tudhalija I., König der Hethiter, ca. 1425-1410 v.Chr. 48. 148. 165. 196. Zeittafeln 8 f. Tudhalija II., König der Hethiter, ca. 1380-1360 v.Chr. 165. 196. Zeittafeln 8 f. Tudhalija III. König der Hethiter, ca. 1360-1330 v.Chr. 141. 165. 169. 196. Zeittafel 9 Tudhalija IV., König der Hethiter, ca. 1239-1209 v.Chr. 141. 165. 168. 186. 194-196. Zeittafeln 3. 9 Tudia, Nr. 1 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Tugdamme -*• Lygdamis, König der Kimmerier, ca. 650 v.Chr. 272 Tukultininurta I., König von Assyrien, ca. 1233-1197 v.Chr. 31. 164. 177 179-181. 194. 210. 244. Zeittafel 3 Tukultininurta II., König von Assyrien, ca. 890-884 v.Chr. 235. Zeittafel 10 Tupkisch, hurritischer König von Urkisch 99 Tuschratta, König von Mitanni, ca. 1360-1330 v.Chr. 148-150. 158f. 162. 165 f. 177 Zeittafel 8 Tutanchamun Tutanchaton, König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 13341324 v.Chr. 46f. 142. 144. 150. 156. Zeittafeln 7 f. Tutanchaton Tutanchamun, König von Ägypten, 18. Dynastie, ca. 13341324 v.Chr. 155f.

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Udjahorresnet, ägyptischer General, ca. 525 v.Chr. 291 f. Ugbaru, persischer General, ca. 540 v. Chr. 285. 289 Ulamburiasch, König der Kassitendynastie, 15. Jh.v.Chr. Zeittafel 6 Ululäja Salmanassar V., König von Assyrien, ca. 727-722 v. Chr. 254 Ummanigasch -*• Humbanigasch, König von Elam 255 Unas, König von Ägypten, 5. Dynastie 53 f. Zeittafel 1 Untaschnapirischa, König von Elam, ca. 1250 v.Chr. 179 Uradgula, Bittsteller bei -*• Assurbanipal 233 Urbau, König von Lagasch, 2. Dynastie Zeittafel 2 Urchiteschup Mursiii III., König der Hethiter, ca. 1272-1267 v.Chr. 141. 192. 195 Urik -»• Awariku, König von Qu'e, ca. 735 v.Chr. 253 Urnamma, König von Ur, 3. Dynastie, ca. 2112-2095 v.Chr. 66. 72-75. 121. Zeittafel 2 Urnansche, König von Lagasch, 1. Dynastie, ca. 2500 v. Chr. 58. 65. Zeittafel 2 Urningirsu, König von Lagasch, 2. Dynastie Zeittafel 2 Urninmar, König von Eschnunna Zeittafel 3 Urninurta, König von Isin, ca. 1900 v.Chr. 118 Uruinimgina ->• Urukagina, König von Lagasch, 1. Dynastie, ca. 2380 v.Chr. 66 Urtak, König von Elam, ca. 670 v. Chr. 268. 273 Urukagina Uruinimgina, König von Lagasch, 1. Dynastie, ca. 2380 v.Chr. 29. 66-68. 75. Zeittafel 2 Uschpia, König von Assur, Nr. 16 in der assyrischen Königsliste 113. Zeittafel 5 Uschtani, Statthalter der persischen Satrapie Babylonien und SyrienPalästina, ca. 525 v. Chr. 298

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Userkaf, König von Ägypten, 5. Dynastie 53. Zeittafel 1 Ussia -*• Asarja, König von Juda, ca. 773 v.Chr. 248 Usurwassu, König von Eschnunna, 20. Jh.v. Chr. Zeittafel 3 Utuchegal, König von Uruk, 4. Dynastie, ca. 2120-2112 v.Chr. 73. Zeittafel 2 UwakischtarKyaxares I. (ca. 620 v. Chr.) und II. (ca. 580 v.Chr.), Könige von Medien 272. 276 Uwarkhaschatra Kyaxares II., König von Medien, ca. 580 v. Chr. 276 Uwaksatar~>· Kyaxares I., König von Medien, ca. 620 v. Chr. 265

Zera, nubischer General 223 Zidanta I., König der Hethiter, ca. 1560-1550 v.Chr. 13Z Zeittafel 9 Zidanta II., König der Hethiter, ca. 1425 v.Chr. 137. Zeittafel 9 Zimrilim, König von Mari, ca. 17761762 v.Chr. 44f. 92.102.106.111.117. 119. 122-125. 131. 133. Zeittafel 4 Zizi, König von Mari, 1. Dynastie Zeittafel 2 Zuabu, Nr. 11 in der assyrischen Königsliste Zeittafel 5 Zuaschtarti, König von Emar, 14. Jh. v.Chr. (?) 162

Vergil, lateinischer Autor 219 Vischtaspa -*• Hystapes, persischer Adliger 293

c) Namen von Menschengruppen

Waradsin, König von Larsa, ca. 1834-1823 v.Chr. 120. Zeittafel 3 Wasaschatta, König von Mitanni, ca. 1375 v.Chr 163 Wenamun, ägyptischer Beamter, ca. 1075 v. Chr. 205. 216. 219. 222 Widranga, Präfekt der Perser in Ägypten, ca. 410 v.Chr. 302 Wrktr, vielleicht ein Philister 216 Xenophon, griechischer Autor 299 Xerxes I., König von Persien, ca. 485465 v.Chr. 299-301. Zeittafel 10 Xerxes II., König von Persien, ca. 424 v.Chr. 301.305 Zakarba'al, König von Byblos, ca. 1060 v.Chr. 205. 216 Zak(k)ur, König von Hamath und Lu'asch, ca. 800 v.Chr. 215. 240. 242 Zakutu Naqia, Gemahlin Sanheribs, ca. 700 v.Chr. 268.271 Zannaza, hethitischer Prinz, ca. 1330 v.Chr. 47 Zarathustra, persischer Religionsstifter 290 Zedekia -»• Mattanja, König von Juda, ca. 597-586 v.Chr. 281

Achäer -»• Aqaj(a)wesch -»• Eqwesch 200 Achchijawa 200 Achlamü, Ahlamü 164. 179. 210 Ägypter 30. 40. 89f. 94. 99.139. 141. 159. 162. 166. 173-175. 178. 199-202. 214. 218. 257 261. 266. 272. 276. 279f. 292. 300. 304 Ahlamü-Ar(a)mäja -*• Achlamü-Aramu - Achlamü-Aramäer 179. 207 210 Akkader 59. 102 Amalekiter 176 Ammoniter 140. 214 Amnän-Jachrur, Amnanum-Jachrurum 102. 107. 210 Amnanu, Amnänu 106. 120 Amoriter -» akkadisch Amurrum -*• „Westerlinge" 27 34. 59. 71. 76f. 93. 98. 100-104. 118f. 12Z 211 ,,'Amu" 90 Amukanu 211. 239. 254 Amurrü(m), akkadische Bezeichnung der Amoriter 101 Anschaniter 288 Apiru 34. 144. 148f. 151 f. 160. 170-175 Aqaj(a)wesch -*• Eqwesch ->- Achäer 200 f. Araber, arabische Stämme 248. 256. 268. 273 Aramäer/aramäische Stämme/ Ar(a)mäja/Aramu 26f. 34. 139f.

Namen 207-212. 214. 220. 226. 235. 238. 240f. 243. 252f. 264f. 273. Zeittafel 3 Ascher 217 Aschguzai Ischguzai -*• Skythen 269 Asiaten 56. 89f. 92-95. 144. 191 Assyrer 141. 159. 169. 176-183. 194 f. 209. 212. 229-232. 235-237. 240-246. 248. 252-261. 264-266. 268-274. 276. 279 f. 290 f. Athener 294 Babylonier 169. 182. 206. 212. 256. 265. 272. 276. 279-282. 289 Banu-J/Yamin -*• Jaminiten 102.122 Banu-Sim'al Sim'aliten 102. 122 Beduinen 90. 191 Bene 'Amrän 153 Biaini(li) -*· Urartäer 244 Bit-Jakin 273 Chaldäer, chaldäische Stämme 208. 211 f. 239f. 243. 245. 252. 254. 264f. 269. 273. 276 Dakuru 211. 239 Dan 217 Danuna/Denjen 200 f. Edomiter 140. 248. 253 Elamer 77f. 206. 240. 256. 265. 273. 275 Eqwesch -*· Aqaj(a)wesch -* Achäer 197 Etrusker 201 Gambulu Griechen Gutäer 75. 79.

212. 268. 273. Karte 5 218. 281 f. 294. 297. 300 Gutium (Guti) 27. 42. 71-73. 179. 289

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Hyksos 27 38. 41. 57 90-97 100. 144. 146. 191. 221 Iranische Stämme 288 Ischguzai -*· Aschguzai -*- Skythen 269 Israeliten/Israelitische Stämme 26 f. 30. 140. 170-175. 193. 198. 218. 237f. 253 I t u ' - U t u ' 211. 243 Ja'ilänü 106 Jahruru -»· Jahurru(m) 106 Jahurrü -*· Jahrurü 106 Jakin 211. 239. 245 Jaminiten -*• „Söhne des Südens" 106f. Jamutbal 102. 107 Jarihü 106 Jerusalemer 233. 302 Jonier 261. 294. 300 Judäer 266. 282. 293 Juden 292. 302 Kanaanäer 104. 175 Karier 261 Kaschkäer 164. 169. 195 Kassiten 27 128f. 176-183. 240. 265 Kedar 273 Keniter 176 Kimmerier/Kulummäer -* „Westskythen" 258. 269. 272. 277 284. Karte 6 Libu 249 Libyer - Tehenu 193. 197-200. 221 Lukka 197. 200 f. Lullubu 71 f. 76. 79. 179 Lyder 284. 297

Ma 249 Makedonen 305 Manai/Mannäer 240. 244. 265. 269. 272 M A R . D U -»· Amoriter 76. 101 f. Hanäer 102. 106 f. 122. 128 Maryannu 148 Hebräer 170 Massageten 289 Hethiter 25f. 30f. 34. 38. 42. 75. 81.129. 136. 139. 141. 148 f. 159. 162 f. 166 f. Matai/Meder 227 240. 243. 245. 251 f. 178-181. 185 f. 189. 192. 194. 197. 201. 258. 265. 269. 272f. 276f. 279. 284. Zeittafeln 3. 8 f. 289. Karte 5 Hurriter — Hurru — Turukkü 59. 76. 94. Meschwesch 201. 221 Meuniter 249 97-100. 136 f. 141. 157-165. 167. 186 Midianiter 176 Hurru -»• Hurriter 99

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Register

Moabiter 140 Moschoi/Muschki -* Phryger (?) 164. 196. 207. 257 f. Namri 245 Nomaden 25. 90. 95. 98. 104-108. 160. 173. 175. 210f. Nubier 27. 30. 202. 223. 260 „Ostkanaanäer" 103 Peleset 200 f. Perser 245. 252. 272. 289-292. 294. 297 300. 302. 304f. Philister 140. 199. 202f. 216. 218. 220. 222. 248 Phönizier - „Sidonier" 24. 26. 216. 237. 279. 281. 297 300 Phryger Moschoi (?) -*· Muschki (?) 140. 164. 196. 201. 207 257 f. (Proto-)Hattäer 81 „Proto-Kanaanäer" 103 Puqudu 212 Qutü 179 Römer 75 Saken 289 Samarier 256. 293. 301 „Sandbewohner" 90 Schardana -·• Scherden 201 Schasu 170. 174-176. 191 Schek(e)lesch 197. 200 f. Scherden - Schardana 197. 199-202 Seevölker 27. 30. 48. 139f. 196f. 199-203. 213. 216. Zeittafeln 3. 9 Semiten 59. 64 f. 186 Setyu, ägyptische Bezeichnung für -»• „Asiaten" 90 „Sidonier" -* Phönizier 216f. Sim'aliten -»· „Söhne des Nordens" 106. 122

Simasch 121 Skythen 269. 272. 277 280. 294 Spartaner 304 „Söhne des Nordens" -»• Sim'aliten 102. 106

„Söhne des Südens" -»-Jaminiten 102. 106 „Subaräer" 98. 119. 164 Subaru 179 Südaraber 27 Sumerer 59. 61 Sutü 106f. 160. 171. 175. 179. 209. 211. 239. Karte 3 „Su-Völker" 77 Syrer 30. 163. 218 „Syro-Hethiter" 212 Tehenu -»· Libyer 198 Tidnum-Nomaden 76 Tjeker 200-202 Turscha 197 199. 201 Turukkü - Hurriter (?) 99. 127. 179 Tyrer 218. 280 Ubrabü 106 Urartäer - Biaini(li) 243-245. 251. 258. 269. 284 U t u ' - I t u 211. 235. 243 Weschesch 199-201 „Westerlinge" -*• Amoriter 71 „Westkanaanäer" 103 (West-)Semiten 162 „Westskythen" Kimmerier 269 d) Namen von Göttern und

Göttinnen

Adad - Haddu 109. 123. 131 Adammu 159 Addu 122 Adonis 86 Ahuramazda 290 Amun 30. 88. 97. 142. 144-147. 153-156. 191. 198. 200. 204f. 221 f. 250. 259-262. 304 Amun-Re 143. 153. 224 Amurru 102 An 67. 69 Anat 144 Anu-Adad 46. 207 Asalluchi 127 Aschera 144. 189

Namen Aschtabi 159 Assur 113. 115-117 227. 231-234. 258 Astarte 86. 144. 189. 218f. 270 Aton 143. 153-155 Aya 109 Ba al 144. 189. 191 „Ba'al des Libanon" 219 Ba'alat 147 Ba'alat Gebal -*• „Herrin von Byblos" 220

Inschuschinak 80 Ischtar 70f. 109. 113. 122. 124. 144. 152. 227. 277 283 Isis 262 Jahu - Jahwe - Jau 291 f. 301 f. Jahwe — Jahu — Jau — Gott des Himmels - Himmelsgott 173-175. 281. 289f. Jam 189 Jau -»• Jahu -*· Jahwe 253

Ba'almalage 270 Ba alSamem 216. 220. 241. 270 Ba'al-Sapön 270 Bei - Marduk 279. 283 f.

Koschar 144. 189 Kubaba 159 Kumarbi 159 Kuschuch 159

Chnum 301 f. Choron 189

Larugattu 85 Lim 122

Dagan - Dagon 84. 121 f. 189 Dagon -*• Dagan 203

Marduk 67 109. 127 129. 177 181 f. 206. 265. 268 f. 279. 283-285. 290 f. Melqart 240. 270 Mer 122 Mitra 159 Montu 143 Mot 189

El 122. 189. 246 Enki 127 Enlil 59. 66f. 69f. 72. 76f. 116f. 122 Eschmun 270 „Gott des Himmels" — Himmelsgott - J a h w e 290f. Hadad - Rammln 215. 238. 246 Haddu-Adad 131 Haldi 258 Hapi 155 Harmachis-Horon 144 Hathor 134. 147. 191 Hepat 159 „Herr des Himmels" — Ba'alSamem 220. 241 „Herrin von Byblos" -·• Ba'alat Gebal 86. 134. 220. 223 Himmelsgott -*· Gott des Himmels - J a h w e 299 Horon 144 Horas 52. 146. 262 Inanna 65. 70. 183 Indra 159

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Nabu 109. 243. 275. 282. 291 Nanaja 182 Nanna 76 Nasatya 159 Neith 281. 292. 297 Nergal 98 Ningal 77 Ningirsu 66. 73 Ninlil 76 Nubadig 159 Osiris 53. 86. 89. 262 Pjm 219

Ptah 89. 144. 191. 202. 221 f. Qadschu 144 Rakib'el/Rakkab'el 246 Rammln — Hadad 215

360 Re 52f. 89. 96. 153. 191. 297 Re-Atum 143 Re-Harachte 143. 153 Reschef 144. 246 Schamasch 109. 112. 126. 183. 277 Schapsch 189 Schauschka 159 Schimegi 159 Seth 144. 191

Register Sin 109. 284 f. Sobek 89 Teschub 131. 159 Tiamat 67 Tischpak 118 Tummal 63 Varuna 159 Zitharija 168