Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung [1 ed.] 9783428583386, 9783428183388

Das BVerfG hat Ende 2017 die Anforderungen für eine staatliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft konkretisiert. D

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Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung [1 ed.]
 9783428583386, 9783428183388

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 182

Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung Von

Moritz Lehnert

Duncker & Humblot · Berlin

MORITZ LEHNERT

Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 182

Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung Von

Moritz Lehnert

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18338-8 (Print) ISBN 978-3-428-58338-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/2021 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum 10. Februar 2021 Berücksichtigung finden. Allen voran danke ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt, LL.M., herzlich für die Betreuung, den bereichernden fachlichen Austausch und seine stete Unterstützung. Ferner danke ich den Herren Professoren Dr. Holger Fleischer, LL.M., und Dr. Gerald Spindler für die Aufnahme meiner Arbeit in ihre Schriftenreihe. Zudem möchte ich Herrn Prof. Dr. Paal, LL.M., für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens danken. Daneben möchte ich Herrn Dr. Daniel A. Widmann, Herrn Nikita Alymov und Frau Laura Huber für die Durchsicht meines Manuskripts und ihre konstruktiven Anmerkungen danken. Der größte Dank gebührt meinen Eltern, Elke und Wolfgang Lehnert, meinen Großeltern, Gudrun und Emanuel Kübler, sowie meiner Freundin Laura Huber. Ohne deren bedingungslose Unterstützung, insbesondere ihren Rat, ihre Geduld und Rücksicht hätte ich nicht die Möglichkeit erhalten, überhaupt promovieren zu können. Deshalb widme ich diese Arbeit meiner Familie. München, im März 2021

Moritz Lehnert

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Kapitel 1 Die Beteiligung der öffentlichen Hand

24

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 I. Begriffsverständnis im Zusammenhang mit staatlichen Beteiligungen . . . . . . . . . 24 1. Öffentliches Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Gemischtwirtschaftliches Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Gemischtöffentliches Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4. Eigengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5. Mehrheits- und Minderheitsbeteiligung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Verfassungsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Grenze: Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 a) Grundrechtsbindung der Eigengesellschaft und eines Unternehmens mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 b) Grundrechtsbindung eines Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Rechtsstaatsprinzip, Art. 20, 28 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 a) Zulässigkeit des erwerbswirtschaftlichen Tätigwerdens des Staates . . . . . . . 29 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Legitimationserfordernisse aus dem Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 a) Organisatorisch-personelle Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 b) Sachlich-inhaltliche Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 c) Eigengesellschaft und Mehrheitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 aa) Organisatorisch-personelle Legitimation im Falle der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung am Beispiel der AG . . . . . . . . 33 bb) Sachlich-inhaltliche Legitimation im Falle der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung am Beispiel der AG . . . . . . . . . . . 34

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Inhaltsverzeichnis d) Demokratischer Legitimationszusammenhang bei der staatlichen Minderheitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 aa) „Rettung“ der Deutschen Lufthansa AG als Beispiel für die demokratischen Legitimationserfordernisse bei der staatlichen Minderheitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4. Garantie kommunaler Selbstverwaltung, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG . . . . . . . . . . . 39 5. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle als Konsequenz der verfassungsrechtlichen Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 III. Bundesgesetzliche Voraussetzungen für eine staatliche Beteiligung gemäß § 65 BHO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Wichtiges Interesse des Bundes und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Haftungsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Angemessener Einfluss auf das Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Vorrangige Einflussnahme über den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 aa) Historie: § 48 RHO, § 16 RBG und Erfahrungen der Weimarer Republik 43 bb) Ökonomische Erwägungen: Prinzipal-Agent-Theorie und REM-Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 c) Vorrang der GmbH gegenüber der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. Besondere Anforderungen an Jahresabschluss und Lagebericht . . . . . . . . . . . . 50 IV. Landesrechtliche Voraussetzungen für eine staatliche Beteiligung . . . . . . . . . . . . 50 1. Voraussetzungen für eine staatliche Beteiligung gemäß § 103 GemO BW . . . . 51 2. Vorrang der GmbH, § 103 Abs. 2 GemO BW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

B. Geltung des Gesellschaftsrechts bei der Betätigung des Staates in privatrechtlichen Unternehmensformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. These vom Verwaltungsgesellschaftsrecht (Modifikation des Gesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Konkrete Modifikationen des Gesellschaftsrechts infolge des Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Modifikation des Gesellschaftsrechts durch landesrechtliche Bestimmungen

55

3. Kritik an der These des Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. These vom Vorrang des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 IV. Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Grundsätzlich keine Modifikation des Gesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Salomonische Lösung: Vorrang des Gesellschaftsrechts, gleichwohl verfassungskonforme Auslegung im Ausnahmefall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Inhaltsverzeichnis

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C. Fehlerhafte Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Pflicht der öffentlichen Hand zur Korrektur der Einwirkungsbefugnisse . . . . . . . . 62 1. Nachträgliche Korrektur der Einwirkungsbefugnisse bei der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Mehrheitsbeteiligung ohne qualifizierte Beschlussmehrheit und Minderheitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 II. Ergebnis im Falle der fehlerhaften Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Kapitel 2 Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

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A. Die Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds einer AG . . . . . . . . . . . . . . . 65 I. Gesetzliche Grundlagen der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 1. § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Zweck der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Vertrauliche Angaben und Geschäftsgeheimnisse, § 116 S. 1 AktG . . . . . . . 66 2. Klarstellungsfunktion des § 116 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Umfang der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 II. Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Deutscher Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Public Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3. Hinweise für gute Beteiligungsführung bei Bundesunternehmen . . . . . . . . . . . 71 B. Grundlagen der §§ 394, 395 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 I. Informationsasymmetrie in der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 II. §§ 53, 54 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Erweiterte Abschlussprüfung, § 53 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Ausgestaltung der Satzung zur unmittelbaren Unterrichtung der Rechnungsprüfungsbehörde, § 54 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 III. Grundlagen von § 394 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 IV. Zusammenspiel der §§ 394, 395 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht auf Berichtsadressaten gemäß § 395 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Mitteilungen im dienstlichen Verkehr, § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . 76 3. Veröffentlichungsverbot, § 395 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

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Inhaltsverzeichnis Kapitel 3 Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

78

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 I. Zweck der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 II. Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Räumlicher Anwendungsbereich, Art. 52 EUV, 355 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Portfolioinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 c) Grenzüberschreitender Bezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 d) Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 e) Spannungsverhältnis zwischen der Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4. Einordnung der §§ 394, 395 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 III. Beschränkung des Kapitalverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Beschränkung i.e.S. des Kapitalverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Beschränkungsbegriff im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nach dem EuGH . . . . . . . . . . . . . 86 c) Der Meinungsstand zur Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die §§ 394, 395 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 d) Rspr. des EuGH zu staatlichem Sonderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3. Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die §§ 394, 395 AktG . . . . . . 93 IV. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Keine gemeinschaftliche Harmonisierungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. Art.65 Abs.1 b) AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Maßnahmen zur Vermeidung von Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Der Meinungsstand zur Qualifikation der Haushaltskontrolle als zwingenden Grund des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Die Haushaltskontrolle als zwingender Grund des Allgemeininteresses . . . . 101 c) Rspr. des EuGH zu zwingenden Gründen des Allgemeinwohls . . . . . . . . . . 103 4. Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Abstrakter Prüfungsmaßstab für staatliches Sonderrecht . . . . . . . . . . . . 105

Inhaltsverzeichnis

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bb) Überprüfung der §§ 394, 395 AktG anhand des Prüfungsmaßstabs des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 cc) Weniger einschneidende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 B. Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Räumlicher und persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Kapitel 4 Voraussetzungen zur Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

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A. Beteiligung einer Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Der Meinungsstand zur Beteiligungshöhe der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . 112 II. Untersuchung, ob § 394 AktG eine bestimmte Beteiligungshöhe verlangt . . . . . . 114 1. Wortlaut des § 394 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Historie zu § 394 AktG hinsichtlich einer etwaigen Beteiligungshöhe . . . . . . . 114 3. Systematische Erwägungen bezüglich einer etwaigen Beteiligungshöhe . . . . . 116 a) Beteiligungsbegriff des § 271 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Erfordernis einer Mehrheitsbeteiligung/„Ins Gewicht“ fallende Beteiligung wegen § 65 BHO und § 53 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 c) Rückgriff auf die Beteiligungsschwellen des WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 d) Rückgriff auf die Definition der „Beteiligung“ im PCGK für § 394 AktG 119 4. Telos des § 394 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Veranlassung bei unmittelbarer Beteiligung der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . 122 1. Entsendung, § 101 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Wahl, § 101 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Veranlassung der Wahl bei unmittelbarer Beteiligung ohne Stimmmehrheit 122 b) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II. Veranlassung bei gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Historische Perspektive: § 111 Abs. 1 Nr. 2 RHO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Unabhängigkeit der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Vermutungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

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Inhaltsverzeichnis III. Veranlassung bei mittelbarer Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1. Der Meinungsstand zur Veranlassung bei der mittelbaren Beteiligung der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Anforderungen an die Veranlassung bei der mittelbaren Beteiligung . . . . . . . . 129 a) Vergleich mit unmittelbarer Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Keine Mehrheitsbeteiligung erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 c) Veranlassungsbegriff im Konzern- und Beamtenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 d) Rückgriff auf Vermutungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 e) Offenlegung der Einflussnahme durch die öffentliche Hand . . . . . . . . . . . . . 132 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

C. Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Berichtspflicht aus Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Berichtspflicht gemäß Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III. Berichtsplicht aus einem Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Parteien des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Grenzen des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Praxishinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 IV. Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Grundsätzliche Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds einer AG . . . . . . . 137 2. Rspr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Meinungsspektrum im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4. Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds einer AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) Historie: § 70 DGO 1935 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Systematik: Weisungsfreiheit im Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Folgen aus dem Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 d) Verfassungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 6 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 142 e) Praxiserwägungen: Konsultations- und Verständigungspflichten . . . . . . . . . 144 f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 5. Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Der Meinungsstand zur Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Konflikt zwischen der Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds und der Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung . . . . . . . . . . . . . 146 c) Anforderung des § 394 S. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 d) Vorrang des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 e) Fehlende Notwendigkeit einer Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Inhaltsverzeichnis

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D. Berichtsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Gewährleistung der Vertraulichkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 394 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 II. Parallele zu Arbeitnehmervertretern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Reichweite der Gewährleistung der Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 IV. Berichtsadressaten auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Bundesrechnungshof als Berichtsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Ausschüsse und Gremium des Bundestages als Berichtsadressat . . . . . . . . . . . 152 a) Der Meinungsstand, ob Abgeordnete als „Prüfpersonen“ i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG gelten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 b) Abgeordnete als „Prüfpersonen“ i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . 154 c) Tatsächliche Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit . . . . . . . 154 3. Bundestag als Berichtsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Der Meinungsstand im Schrifttum zur Frage, ob der Bundestag tauglicher Berichtsadressat sein kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Entscheidung des BVerfG vom 07. 11. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 aa) Parlamentarisches Frage- und Informationsrecht gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. 2 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Grenze: Fiskalisches Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs-)Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 cc) Mildere Mittel zum Ausgleich des Geheimhaltungsinteresses und dem parlamentarischen Informationsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 dd) Reaktionen im Schrifttum auf das Urteil des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . 163 c) Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Kein absolutes Verbot der Weitergabe von vertraulichen Informationen mehr vertretbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Zulässigkeit der Weitergabe von vertraulichen Informationen bei hinreichenden Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit . . . . . . . . . . 166 cc) Konkrete Vorkehrungen für die Gewähr der Vertraulichkeit . . . . . . . . . . 167 dd) Das Aufsichtsratsmitglied beurteilt das Maß der notwendigen Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 ff) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG . . . . . . . . . . . . 170 d) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG bei der Eigengesellschaft des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 aa) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Zulässigkeit der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG anhand der Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 cc) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 dd) Ergebnis für die Eigengesellschaft des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

16

Inhaltsverzeichnis e) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG bei der Mehrheitsbeteiligung des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 cc) Ergebnis für die Mehrheitsbeteiligung des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 f) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG bei der Minderheitsbeteiligung des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 cc) Ergebnis für die Minderheitsbeteiligung des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . 183 V. Berichtsadressaten auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Gewähr der Vertraulichkeit bei Auskunftsverlangen nach den landesrechtlichen Informationsgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Ausschüsse und Gremien als Berichtsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3. Landtag als Berichtsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Gewährleistung der Vertraulichkeit im Falle des parlamentarischen Fragerechts auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Beschränkung des AktG durch die Landesverfassung . . . . . . . . . . . . . . 186 bb) Fragerecht eines Landtagsabgeordneten und Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG . . . 187 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 VI. Berichtsadressaten auf kommunaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Rechnungsprüfungsamt als Berichtsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. Oberbürgermeister als Berichtsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Gemeinderat als Berichtsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Keine Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch das Kommunalrecht . . . 191 c) Einzelfallentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 4. Ausschüsse und Ratsfraktionen als Berichtsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Kapitel 5 Rechtsfolge des § 394 AktG

194

A. Beschränkte Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 I. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse i.S.d. § 394 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 II. Zweck der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1. Beurteilung zweier Aspekte im Rahmen des § 394 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

Inhaltsverzeichnis

17

2. Beurteilung des Umfangs der weiterzugebenden vertraulichen Information . . . 196 a) Der Meinungsstand zur Frage, wer den Umfang der weiterzugebenden vertraulichen Information zu beurteilen hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Beurteilung durch das Aufsichtsratsmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Beurteilungs-/Ermessensspielraum des Aufsichtsratsmitglieds, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordert 197 a) Der Meinungsstand zum Beurteilungs-/Ermessensspielraum des Aufsichtsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) Das Aufsichtsratsmitglied hat keinen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 B. Weitergabe vertraulicher Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 I. Zulässigkeit der Weitergabe von vertraulichen Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 II. Weitergabe des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 1. Der Meinungsstand zu den Voraussetzungen der Weitergabe des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Die Voraussetzungen für die Weitergabe des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Kapitel 6 Verstöße gegen die §§ 394, 395 AktG

202

A. Verstöße gegen § 394 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Strafrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Zivilrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Haftung des Aufsichtsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Regressanspruch des Beamten gemäß § 102 BBG gegen die Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Haftungsfolgen und Nachteilsausgleich im Falle einer verfassungskonformen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Abberufung, § 103 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Haftung der vertretenen Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 a) Keine Haftung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Haftung als Beteiligter, § 830 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 c) Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 d) Haftung aus § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 B. Verstöße gegen § 395 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Straf- und disziplinarrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 II. Zivilrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

18

Inhaltsverzeichnis Kapitel 7 Schlussbetrachtung

209

A. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. AEUV a.F. AG AktG BaFin BaWü BayVerfGH BBG Beschl. BGH BHO BiRiLiG BMF BMJ BRHG BSchuWG BT-Geheimschutzordnung BVerfG BVerwG bzw. ca. DCGK DGO 1935 EG EuGH FMStBG Fn. FStFG GemO BW GemO NRW GemO RLP GeschGehG GG GmbH GmbHG GO-LT BW HbgVerfG HGB

andere Auffassung Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft Aktiengesetz Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Baden-Württemberg Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bundesbeamtengesetz Beschluss Bundesgerichtshof Bundeshaushaltsordnung Bilanzrichtlinien-Gesetz Bundesfinanzministerium Bundesministerium der Justiz Bundesrechnungshofgesetz Gesetz zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht beziehungsweise circa Deutscher Corporate Governance Kodex Deutsche Gemeindeordnung 1935 Europäische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz Fußnote Finanzmarktstablisierungsfondsgesetz Gemeindeordnung (Baden-Württemberg) Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen Gemeindeordnung (Rheinland-Pfalz) Geschäftsgeheimnisgesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg Hamburgisches Verfassungsgericht Handelsgesetzbuch

20 HGrG h.L. h.M. Hs. i.e.S. IFG i.H.v. i.S.d. i.V.m. LBG BaWü LHO BW LV Bayern LV BW Mio. Mrd. PCGK RBG RBO RHO Rspr. S. sog. StFG Urt. v. WSF WStBG WStFG

Abkürzungsverzeichnis Haushaltsgrundsätzegesetz herrschende Lehre herrschende Meinung Halbsatz im engeren Sinne Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes in Höhe von im Sinne des in Verbindung mit Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg Verfassung des Freistaates Bayern Verfassung des Landes Baden-Württemberg Millionen Milliarden Public Corporate Governance Kodex Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 Reichsbesoldungsordnung vom 16. Dezember 1927 Reichshaushaltsordnung vom 31. Dezember 1922 Rechtsprechung Satz sogenannt Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarkt- und eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Stabilisierungsfondsgesetz) Urteil vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabiliserungsfondsgesetz)

Einführung I. Einleitung Der Beteiligung des Staates an Unternehmen privater Rechtsform ist im Zuge der „Rettung“ der Deutschen Lufthansa AG besondere Aufmerksamkeit zuteil geworden.1 Der Öffentlichkeit ist vor allem die 100 % Beteiligung des Bundes an der Deutschen Bahn AG bekannt. Der Ruf nach einer „Verstaatlichung“ eines Unternehmens wird stets in Krisenzeiten laut. Dies zeigt sich nicht nur anhand der aktuellen „Corona-Krise“, sondern auch rückblickend in Bezug auf die Finanzkrise im Jahr 2008. Im Zuge dessen beteiligte sich der Bund unter anderem an der Commerzbank AG.2 Gleichwohl treten staatliche Beteiligungen nicht nur in Krisenzeiten auf. Dies zeigt der Beteiligungsbericht 2019, welcher sämtliche Beteiligungen des Bundes an Unternehmen aufführt. Danach war der Bund im Jahr 2018 an 104 Unternehmen unmittelbar und an 433 Unternehmen mittelbar beteiligt.3 Die Gründe, die den Staat zu einer solchen Beteiligung bewegen, sind vielfältig und können sich im Laufe der Beteiligung auch verändern.4 Allerdings ist sämtlichen staatlichen Beteiligungen an Unternehmen in Privatrechtsform gemeinsam, dass der Staat grundsätzlich gesetzlich verpflichtet ist, sich in den Unternehmen angemessene Einflussmöglichkeiten, insbesondere im Aufsichtsrat, zu sichern.5 Diesen Einfluss sichert sich der Staat üblicherweise, indem er sich die Entsenderechte für einzelne Aufsichtsratsmandate einräumen lässt. Dies wird veranschaulicht durch die Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa AG, der Bundesrepublik Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds betreffend die Beteiligung an der Deutschen Lufthansa AG.6 Der Staat erhält durch seinen Vertreter im Aufsichtsrat einen besseren Zugang zu Informationen des jeweiligen Unternehmens. 1

„14 deutsche Unternehmen wollen eine Staatsbeteiligung“, Artikel v. 10. 08. 2020 auf Handelsblatt. com von Moritz Koch, Link: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/co ronakrise-14-deutsche-unternehmen-wollen-eine-staatsbeteiligung/26080594.html. 2 „Commerzbank wird teilverstaatlicht“, Artikel v. 08. 01. 2009 auf ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, Link: https://www.zeit.de/online/2009/03/commerzbank-teilverstaatlicht. 3 Beteiligungsbericht des Bundes 2019, S. 10. 4 Beteiligungsbericht des Bundes 2019, S. 10. 5 Auf Bundesebene: § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO, auf Landesebene u. a.: § 103 Abs. 1 Nr. 3 GemO BW, § 87 Abs. 1 Nr. 3 GemO RLP. 6 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa AG, der Bundesrepublik Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 14 f.

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Einführung

Ob das Aufsichtsratsmitglied diese Informationen an die Gebietskörperschaft weiterleiten darf oder seine Verschwiegenheitspflicht dem entgegensteht, liegt im Spannungsfeld zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem öffentlichem Recht. Zur Lösung dieses Konflikts wurden die §§ 394, 395 AktG geschaffen. Die §§ 394, 395 AktG regeln eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht zugunsten der öffentlichen Hand. Gleichwohl ist der Umfang dieser Befreiung nicht abschließend geklärt. Fraglich ist insbesondere, ob die beamtenrechtliche Weisung gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied zu einer Ausnahme von dessen Verschwiegenheitspflicht führen kann. Ferner ist umstritten, für welche Informationsempfänger eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht möglich ist. Zudem ist die Vereinbarkeit der §§ 394, 395 AktG mit Unionsrecht bislang ungeklärt. Die §§ 394, 395 AktG haben durch eine Entscheidung des BVerfG vom 07. 11. 2017 neue Brisanz gewonnen, da anhand dieser Vorschriften das Verhältnis zwischen dem Gesellschaftsrecht und öffentlichem Recht näher beleuchtet wurde.7 Ziel dieser Dissertation ist, die vielfältigen Probleme innerhalb der §§ 394, 395 zu untersuchen und etwaige Lösungswege aufzuzeigen.

II. Gang der Darstellung Das erste Kapitel der Dissertation wird sich mit der Betätigung der öffentlichen Hand in Privatrechtsformen im Allgemeinen beschäftigen. Hierbei wird im Wesentlichen die sog. „Eingangskontrolle“8 samt ihrer Grundlagen im Verfassungsrecht thematisiert. Ferner werden die Voraussetzungen für eine Beteiligung des Bundes an einer Privatrechtsform näher beleuchtet. Hierbei wird insbesondere untersucht, warum das § 65 BHO einen Einfluss im Aufsichtsrat fordert. Sodann wird darauf eingegangen, ob im Falle der Betätigung der öffentlichen Hand in Privatrechtsformen das Gesellschaftsrecht ausschließlich oder mit Modifikation anzuwenden ist. Im zweiten Kapitel werden zunächst die Grundlagen der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG dargestellt, um auf die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht eines Aufsichtsratsmitglieds aufgrund des staatlichen Sonderrechts in Form der §§ 394, 395 AktG überzuleiten. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG. Hierbei wird vor allem die Vereinbarkeit der §§ 394, 395 AktG mit der Kapitalverkehrsfreiheit unter Rückgriff auf die Golden Shares-Rspr. des EuGH überprüft. Im Anschluss daran werden im vierten Kapitel die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 394 AktG näher untersucht, da diese teilweise umstritten sind. Ein Schwerpunkt liegt in der Frage, ob ein Aufsichtsratsmitglied überhaupt weisungsgebunden sein kann. Zum anderen wird untersucht, wer als Adressat für die vom 7 8

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229. Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2b.

Einführung

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Aufsichtsratsmitglied zu erstattenden Berichte gemäß den §§ 394, 395 AktG in Frage kommt. Hierbei ist insbesondere das Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 relevant. Zum Zwecke der Untersuchung wird zwischen den Berichtsempfängern Bund, Länder und Gemeinden und zum anderen anhand der Beteiligungshöhe der öffentlichen Hand differenziert. Im fünften Kapitel werden die Rechtsfolgen des § 394 AktG näher untersucht. Schwerpunktmäßig wird darauf eingegangen, ob dem Aufsichtsratsmitglied, welches auf Veranlassung der Gebietskörperschaft bestellt wurde, ein Ermessens- und Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Informationsweitergabe zukommt. Sodann werden die Rechtsfolgen im Falle eines Verstoßes gegen die §§ 394, 395 AktG behandelt. Abschließend erfolgt eine Schlussbetrachtung unter Zusammenfassung der erarbeiteten Ergebnisse.

Kapitel 1

Die Beteiligung der öffentlichen Hand A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle Sobald die öffentliche Hand ihre Aufgaben mittels privater Unternehmensformen erfüllen will oder eine Kooperation mit Privaten anstrebt, stellt sich die Frage, ob und in welcher Rechtsform dies erfolgen kann. Grundsätzlich kann der Staat frei wählen, ob er in öffentlicher oder privater Rechtsform seiner Aufgabenerfüllung nachkommt.1 Dies wird auch mit dem Begriff „Formenwahlfreiheit der Verwaltung“ umschrieben.2 Nur so werde man der „Aufgabenvielfalt des Staates“ trotz der wenigen Rechtsformen im öffentlichen Recht gerecht.3 Im Unterschied zu privaten Anteilseignern ist die öffentliche Hand allerdings an die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG gebunden und dem öffentlichen Interesse verpflichtet.4 Dieser Pflichtenbindung darf sich die öffentliche Hand nicht durch eine „Flucht ins Privatrecht“ entziehen.5

I. Begriffsverständnis im Zusammenhang mit staatlichen Beteiligungen Als Ausgangspunkt für die weitere Untersuchung werden zunächst die Begriffe, die üblicherweise im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung des Staates und Unternehmen privater Rechtsform vorkommen, näher erläutert. Das Gesetz bietet keine einheitlichen Termini für Unternehmen, die teilweise oder vollständig vom Staat gehalten werden. Vielmehr wird die Aufgabenwahrnehmung mittels privater Unternehmensformen und die Kooperation mit Privaten durch unterschiedliche Begriffe umschrieben.6 Gleichwohl haben sich gewisse Begriffe in der Literatur und der Rspr. verfestigt. 1 BGH, Urt. v. 05. 04. 1984 – III ZR 12/83, NJW 1985, 197, 200; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 1. 2 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 1. 3 Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, 1973, S. 167. 4 Spannowsky, ZGR 1996, 400, 404; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 17. 5 Maurer/Waldhoff, Allg. VerwR, 19. Aufl. 2017, § 3 Rn. 26. 6 Zu den einzelnen gesetzlichen Termini: Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 5 ff.

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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1. Öffentliches Unternehmen Soweit der Staat auf ein Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, wird von einem öffentlichen Unternehmen gesprochen.7 Hierbei ist es unerheblich, ob das Unternehmen in einer öffentlich-rechtlichen Form wie der eines Regie- oder Eigenbetriebs bzw. einer rechtsfähigen Anstalt oder mittels einer juristischen Person des Privatrechts betrieben wird.8 2. Gemischtwirtschaftliches Unternehmen Wenn neben dem Staat weitere private natürliche oder juristische Personen beteiligt sind, wird das Unternehmen als gemischtwirtschaftliches Unternehmen beschrieben.9 3. Gemischtöffentliches Unternehmen Wenn mehrere Träger der öffentlichen Gewalt Anteile an einem Unternehmen in Privatrechtsform halten, wird der Terminus „gemischtöffentliches Unternehmen“ verwendet.10 4. Eigengesellschaft Falls ein Träger der öffentlichen Gewalt (Bund, Land oder Kommune) der alleinige Anteilseigner eines Unternehmens in Privatrechtsform ist, liegt eine Eigengesellschaft vor.11 5. Mehrheits- und Minderheitsbeteiligung des Staates Die Mehrheitsbeteiligung des Staates erfasst eine Beteiligung, die einen Anteilsbesitz von mehr als 50 % aufweist.12 Bei einer solchen Beteiligungshöhe liegt grundsätzlich eine Beherrschung des Unternehmens durch die öffentliche Hand 7 Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 48; Rogall, in: KK-OWiG, 5. Aufl. 2018, § 130 Rn. 30; mittelbar auch BVerfG, Beschl. v. 19. 07. 2016 – 2 BvR 470/08, NJW 2016, 3153, Rn. 25. 8 Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.1, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 275. 9 Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.1, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 279; Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 73; Muckel, JA 2011, 557; Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 49. 10 Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 70. 11 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 12; Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2013, Art. 19 III Rn. 73; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.1, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 277. 12 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

vor.13 Daher ist ein Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung ebenfalls ein öffentliches Unternehmen. Demgegenüber hält der Staat im Falle der staatlichen Minderheitsbeteiligung, eine Beteiligung von weniger als 50 %.

II. Verfassungsrechtliche Anforderungen Die Voraussetzungen für eine Beteiligung an einer privaten Unternehmensform unterscheiden sich auf verfassungsrechtlicher, bundesrechtlicher sowie landesrechtlicher Ebene. In einem ersten Schritt sind die verfassungsrechtlichen Anforderungen zu untersuchen. Nach überwiegender Auffassung ist der Staat grundsätzlich in seiner Entscheidung, ob und wie er in der Wirtschaft agieren will, aus verfassungsrechtlicher Sicht frei.14 Soweit der Staat jedenfalls auch ein öffentliches Ziel verfolgt, ist eine Beteiligung des Staates an einem Unternehmen oder die Gründung eines solchen regelmäßig verfassungsrechtlich zulässig.15 Dies wird damit begründet, dass das GG grundsätzlich „wirtschaftspolitisch neutral“ sei.16 Diese wirtschaftspolitische Neutralität meint nach dem BVerfG, dass sich der Verfassungsgeber nicht für ein einzelnes Wirtschaftssystem entschieden habe.17 Dies soll vielmehr der Ausgestaltung des Gesetzgebers in den Grenzen der Verfassung obliegen.18 Aus dem GG ergeben sich lediglich für die Privatisierung in den Bereichen Post und Telekommunikation gemäß Art. 87 f., Art. 143 b GG, Eisenbahn gemäß Art. 143 a GG und Fluglotsen gemäß Art. 143 b Abs. 2 Satz 2 GG Sonderregelungen.19 1. Grenze: Grundrechte In der Rechtswissenschaft besteht Einigkeit, dass die öffentliche Hand auch bei der Aufgabenerfüllung mittels Rechtsformen des Privatrechts an die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG gebunden ist.20 Aus den Grundrechten ergeben sich aber für die Wirtschaftstätigkeit des Staates keine engen Schranken. Grenzen ergeben sich beispielsweise aus Art. 12 Abs. 1 GG. Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt aber grund13

BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 53. v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 1. 15 v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 1; Ehlers, Jura 1999, 212, 214. 16 BVerfG, Urt. v. 20. 07. 1954 – 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/ 53, 96, 114/54, NJW 1954, 1235, 1236. 17 BVerfG, Urt. v. 20. 07. 1954 – 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/ 53, 96, 114/54, NJW 1954, 1235, 1236. 18 BVerfG, Urt. v. 20. 07. 1954 – 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/ 53, 96, 114/54, NJW 1954, 1235, 1236. 19 v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 1. 20 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 17. 14

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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sätzlich keinen Konkurrenzschutz.21 Dieser Grundsatz wird durchbrochen, soweit durch den Staat die Konkurrenz durch Private faktisch unmöglich ist oder unzumutbar eingeschränkt wird oder der Staat sich eine Monopolstellung verschafft.22 Ähnliches gilt für Art. 14 Abs. 1 GG.23 Danach schützt der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb unter anderem den jeweiligen Kundenstamm.24 Allerdings schützt Art. 14 GG nicht vor neuer Konkurrenz, außer dieser erhält durch eine staatliche Maßnahme eine Monopolstellung.25 Daneben muss der Staat das Willkürverbot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG achten, sodass die wirtschaftliche Tätigkeit des Staates durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt sein muss.26 a) Grundrechtsbindung der Eigengesellschaft und eines Unternehmens mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung Nach dem BVerfG sind Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die vom Staat beherrscht werden, selbst grundrechtsgebunden.27 Eine Beherrschung liegt grundsätzlich vor, wenn der Staat mehr als 50 % der Anteile hält.28 Laut dem BVerfG handelt sich bei diesen Unternehmen nicht um „private Aktivitäten unter Beteiligung des Staates“ sondern vielmehr um „staatliche Aktivitäten unter Beteiligung von Privaten“, sodass „die allgemeinen Bindungen staatlicher Aufgabenwahrnehmung“ greifen.29 Folglich sind Eigengesellschaften und Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung bei der Ausführung ihrer Aktivitäten an die Grundrechte gebunden. Somit können sich Eigengesellschaften und Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung nicht gegenüber Bürgern auf Grundrechte berufen, da sie nicht gleichzeitig grundrechtsgebunden und grundrechtsberechtigt sein können (Konfusionsargument).30 Im Falle der staatlichen Mehrheitsbeteiligung führt dies nach dem BVerfG auch nicht zu einer ungerechtfertigten Einbuße der übrigen privaten Aktionäre.31 Denn diesen stehe es frei, sich an öffentlichen Unternehmen zu beteiligen.32 Auch wenn der Staat erst nachträglich Mehrheitsgesellschafter werde, kann der private Aktionär jederzeit seine Beteiligung 21

Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, Hdb. des Staatsrechts III, 1988, § 84 Rn. 35. BVerwG, Beschl. v. 21. 05. 1995 – 1 B 211/94, NJW 1995, 2938. 23 Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, Hdb. des Staatsrechts III, 1988, § 84 Rn. 36. 24 BGH, Urt. v. 28. 01. 1957 – III ZR 141/55, NJW 1957, 630, 631. 25 BVerwG, Urt. v. 19. 12. 1963 – BVerwG I C 77/60, NJW 1964, 2075, 2078; BVerwG, Beschl. v. 01. 03. 1978 – 7 B 144/76, NJW 1978, 1539, 1540. 26 Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, Hdb. des Staatsrechts III, 1988, § 84 Rn. 37. 27 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 49 ff. 28 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 53. 29 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 54. 30 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 54; Beschl v. 02. 05. 1967 – 1 BvR 578/63, NJW 1967, 1411, 1412. 31 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 55. 32 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 55. 22

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

aufgeben. Soweit sich private Aktionäre für eine solche Beteiligung entscheiden, nehmen sie in gleichem Maße an den „Chancen und Risiken“ der besonderen öffentlichen Bindungen von öffentlichen Unternehmen teil.33 Gleichwohl kann sich der einzelne Aktionär weiterhin gegenüber dem Staat auf seine Grundrechte wie Art. 14 Abs. 1 GG berufen.34 b) Grundrechtsbindung eines Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung Nach dem BVerfG können sich Unternehmen, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden, nicht auf die Grundrechte berufen.35 Von einer Beherrschung geht das BVerfG aus, wenn mehr als 50 % der Anteile vom Staat gehalten werden.36 Das BVerfG erachtet das Anteilsverhältnis als maßgebendes Kriterium, ob das Unternehmen selbst an die Grundrechte gebunden ist.37 Im Umkehrschluss ist also ein Unternehmen, an dem der Staat zu weniger als 50 % beteiligt ist, nicht an die Grundrechte gebunden.38 In diesem Fall liegen private Aktivitäten unter staatlicher Beteiligung vor.39 Somit kann sich das Unternehmen im Falle der staatlichen Minderheitsbeteiligung selbst auf die Grundrechte berufen. Deshalb unterliegt das Unternehmen mit staatlicher Minderheitsbeteiligung selbst keiner Grundrechtsbindung.40 2. Rechtsstaatsprinzip, Art. 20, 28 GG Aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20, 28 GG wird abgeleitet, dass staatliches Handeln gemeinwohlorientiert sein muss.41 Das heißt, es soll stets einem bestimmten Zweck dienen, welcher der Allgemeinheit zugute kommt.42 Ferner folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip, dass der Staat auch bei der Aufgabenwahrnehmung mittels privater Rechtsformen sowie der Kooperation mit Privaten keine „kontroll33

BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 55. BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 55. 35 BVerfG, Urt. v. 22. 2. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 53. 36 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 241; Urt. v. 06. 12. 2016 – 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12, 1 BvR 1456/12, NJW 2017, 217 Rn. 190; Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 53. 37 BVerfG, Urt. v. 6. 12. 2016 – 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12, 1 BvR 1456/12, NJW 2017, 217 Rn. 190; Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 53. 38 So auch Schockenhoff, NZG 2018, 521, 524. 39 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 53. 40 So auch Schockenhoff, NZG 2018, 521, 524. 41 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 80. 42 Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, Hdb. des Staatsrechts III, 1988, § 84 Rn. 39; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl. 1985, S. 128; Schulz, BayVBl. 1996, 97; Kämper/Heßhaus, NWVBl. 1996, 377, 378; Biedenkopf/Säcker, ZFA 1971, 211, 235 f. 34

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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freien Räume“ schaffen darf.43 Im Falle von Eigengesellschaften und staatlichen Mehrheitsbeteiligungen muss daher ein Gemeinwohlzweck verfolgt werden. Auch Minderheitsbeteiligungen müssen einem Gemeinwohlzweck dienen, da gemäß dem Rechtsstaatsprinzip jedes staatliche Handeln gemeinwohlorientiert sein muss.44 Teilweise wird zudem aus dem Vorbehalt des Gesetzes, als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips, abgeleitet, dass sowohl die Gründung als auch die Beteiligung an einer Privatrechtsform der gesetzlichen Grundlage bedürfen.45 Ob sich dieses Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage tatsächlich aus der Verfassung ergibt, kann zumeist dahinstehen, da hier wegen § 65 BHO auf Bundesebene und beispielsweise mit § 103 GemO BW auch auf Landesebene entsprechende Regelungen existieren. a) Zulässigkeit des erwerbswirtschaftlichen Tätigwerdens des Staates Unter Verweis auf das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte ist umstritten, ob eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand auch zulässig ist, soweit nur mittelbar ein Gemeinwohlzweck verfolgt wird. Teilweise wird vertreten, dass eine erwerbswirtschaftliche Betätigung nur verfassungsrechtlich zulässig sei, soweit damit unmittelbar ein Gemeinwohlzweck verfolgt werde.46 Dies ergebe sich aus der objektiv-rechtlichen Bedeutung der Grundrechte und des Rechtsstaatsprinzips.47 Ein bloß mittelbarer Nutzen für das Gemeinwohl reiche nicht aus.48 Ansonsten sei das Handeln des Staates nicht mehr überprüfbar und könne vom eigennützigen Verhalten Privater nicht mehr abgegrenzt werden.49 Zudem ergebe sich die Unzulässigkeit rein erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit des Staates aus der Finanzverfassung.50 Denn Staatsaufgaben sollen vor allem durch Steuern finanziert werden.51 Soweit der Staat sich beliebig neue Einkommensquellen schaffen könne, würde das vorgenannte Prinzip ausgehebelt werden.52 Auch könne der Staat nicht ohne Grund in Konkurrenz mit privaten Anbietern treten.53 43

Spannowsky, ZGR 1996, 400, 413. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 80 f.; Grünewald, in: Theobald/ Kühling, 107 EL. 2020, B. 200 Rn. 59, 62a. 45 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 74 ff.; a.A. Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, Hdb. des Staatsrechts III, 1988, § 84 Rn. 38. 46 Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 420 ff.; Ehlers, Jura 1999, 212, 214; Stober, BB 1989, 716, 719 f. 47 Ehlers, Jura 1999, 212, 214. 48 Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 420; Ehlers, Jura 1999, 212, 214. 49 Ehlers, Jura 1999, 212, 214; Stober, BB 1989, 716, 720. 50 Ehlers, Jura 1999, 212, 214; Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 423; Stober, BB 1989, 716, 719. 51 BVerfG, Beschl. v. 07. 11. 1995 – 2 BvR 413/88, NVwZ 1996, 469, 470. 52 Stober, BB 1989, 716, 719; Ehlers, Jura 1999, 212, 214. 53 Ehlers, Jura 1999, 212, 214. 44

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

Andere Stimmen in der Literatur kritisieren diese Auslegung als zu eng. Eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand sei vielmehr auch dann verfassungsrechtlich zulässig, wenn zumindest mittelbar ein Gemeinwohlzweck verfolgt wird.54 Der Grundsatz, dass Steuern die zentrale Einkommensquelle des Staates sind und bleiben, werde durch ein rein erwerbswirtschaftliches Tätigwerden des Staates nicht untergraben.55 Dafür spreche auch Art. 105 Abs. 1 GG, der dem Staat die Einnahmen aus Finanzmonopolen zuweist.56 Finanzmonopole, die keine Steuern sind, wiesen allein einem Träger öffentlicher Gewalt eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit zum Zwecke der Einnahmeerzielung zu.57 Somit erkenne das Grundgesetz neben den Steuern auch noch andere Einkommensquellen als zulässig an.58 Daneben beschränke das GG den Staat nicht auf die unmittelbare Erfüllung seiner Aufgaben, wie beispielsweise die Einstellung von Staatsbediensteten und die Beschaffung von Verwaltungsmaterial zeigen.59 Denn diese Tätigkeiten seien auch nur mittelbare Tätigkeiten zugunsten des Gemeinwohls.60 Diese Diskussion ist vor allem theoretischer Natur. In der Praxis wird es dem Staat aufgrund seiner Aufgabenvielfalt stets möglich sein, einen öffentlichen Zweck als zentrales Motiv für seine wirtschaftliche Betätigung anzuführen.61 Zudem wird die objektive Bewertung, ob diese Betätigung unmittelbar oder lediglich mittelbar einem öffentlichen Zweck dient, meist nicht eindeutig ausfallen. Denn welche Tätigkeit nun als unmittelbar oder mittelbar dem Gemeinwohl dienend bewertet werden kann, ist eine Wertungsfrage. Das Argument, dass Art. 105 GG systematisch für die Zulässigkeit des rein erwerbswirtschaftlichen Tätigwerdens des Staates spricht, überzeugt nicht. Denn in der Praxis besteht lediglich noch das Branntweinmonopol als einziges Finanzmonopol i.S.d. Art. 105 Abs. 1 GG, wodurch die Aussagekraft des Arguments gering ist.62 Zudem ist die Zulässigkeit etwaiger Monopole vor dem Hintergrund der Berufswahlfreiheit aus Art. 12 GG und Unionsrecht problematisch.63 Gleichwohl sprechen die tatsächlichem Umstände dafür, dass ein Gemeinwohlzweck lediglich mittelbar verfolgt werden muss. Denn das Prinzip des Steuerstaates wird in nächster Zeit wohl nicht durch eine erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates gefährdet. Im Jahr 2018 beliefen sich die Steuereinnahmen des Bundes auf ca. EUR 322,4 Mrd.64, 54

Jarass, DÖV 2002, 489, 490. Jarass, DÖV 2002, 489, 490. 56 Jarass, DÖV 2002, 489, 490. 57 Jarass, DÖV 2002, 489, 490. 58 Jarass, DÖV 2002, 489, 490. 59 Jarass, DÖV 2002, 498, 490 f. 60 Jarass, DÖV 2002, 498, 490. 61 So auch Mannsen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Bonner GG, Bd.1, 4. Aufl. 1999, Art. 12 Rn. 79. 62 Epping/Hillgruber, in: BeckOK GG, 45. Edition, 2020, Art. 105 Rn. 32. 63 Siekmann, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 105 Rn. 17. 64 Website des Statistischen Bundesamts, Link: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/ Steuern/Steuereinnahmen/Tabellen/steuerhaushalt-kassenmaessige-steuereinnahmen-nach-steu 55

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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während die Unternehmensbeteiligungen des Bundes im Jahr 2018 Zuwendungen i.H.v. EUR 7,5 Mrd. erhielten und insgesamt kein Gewinn erwirtschaftet wurde.65 Zudem ist das Erfordernis der Verfolgung eines unmittelbaren Gemeinwohlzwecks zu absolut und lässt kaum Raum für eine einzelfallgerechte Entscheidung. Soweit man dem Staat zubilligt, auch lediglich mittelbar einen Gemeinwohlzweck zu verfolgen, eröffnet man diesem einen Gestaltungsspielraum, in dem er seine Entscheidung zur wirtschaftlichen Betätigung ausloten kann. Dies entspricht der wirtschaftspolitischen Neutralität des GG, der dem Staat genau diesen Gestaltungsspielraum einräumt.66 Aus dem GG kann weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik geschlossen werden, dass stets das Gemeinwohl als unmittelbarer Zweck verfolgt werden muss. Der Schutz des Gemeinwohls dient der Allgemeinheit. Wenn der Staat wirtschaftlich erfolgreich agiert, profitiert damit mittelbar die Allgemeinheit. b) Ergebnis Folglich ist staatliches Handeln in Privatrechtsformen oder die Kooperation mit Privaten nach dem Rechtsstaatsprinzip zulässig, wenn dies zumindest mittelbar dem Gemeinwohl dient. 3. Legitimationserfordernisse aus dem Demokratieprinzip Soweit sich der Staat Formen des Privatrechts zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient, ist hierbei das Demokratieprinzip als Staatsstrukturprinzip zu beachten.67 Alle Staatsgewalt geht gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG vom Volke aus. Eine Ausübung von Staatsgewalt ist jedes amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter.68 a) Organisatorisch-personelle Legitimation Das GG sieht eine repräsentative Demokratie vor.69 Die Amtswalter und Organe, welche mit Staatsaufgaben betraut sind, müssen demnach demokratisch legitimiert sein.70 Dies ist der Fall, wenn ihre Bestellung auf einer ununterbrochenen Legiti-

erverteilung.html;jsessionid=C3AD85B7C3D4001380C2325714258E82.internet8731, Abruf am: 12. 11. 2020, 16:44 Uhr. 65 Beteiligungsbericht des Bundes 2019, S. 14. 66 v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 1. 67 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 55 ff. 68 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 218. 69 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 56. 70 von Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 606.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

mationskette, mithin auf dem Willen des Volkes, beruht.71 Jegliches staatliche Handeln muss auf eine demokratische Legitimationskette zurückzuführen sein (organisatorisch-personelle Legitimation).72 Diese Legitimation muss nicht durch eine unmittelbare Wahl des Volkes erfolgen, sondern es genügt, wenn die Legitimation mittelbar auf dem Willen des Volkes beruht.73 b) Sachlich-inhaltliche Legitimation Daneben folgt aus dem Demokratieprinzip die sachlich-inhaltliche Legitimation, nach der die Ausübung von Staatsgewalt gesetzeskonform zu erfolgen hat und eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Volk bestehen muss.74 Diese Verantwortung führt zu einer Rechenschafts- und Einstandspflicht des Staates gegenüber dem Volk.75 Die öffentliche Hand wird dieser Verantwortung nur gerecht, wenn bei der Aufgabenwahrnehmung effektive Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten bestehen, die eine Rückbindung an die demokratische Legitimation, mithin eine wirksame parlamentarische Kontrolle sichern.76 Der Staat hat bei der staatlichen Aufgabenerfüllung mittels privater Rechtsformen sowohl die organisatorisch-personelle als auch die sachlich-inhaltliche Legitimation zu wahren.77 Das Maß der erforderlichen demokratischen Legitimation hängt davon ab, ob eine Eigengesellschaft, eine staatliche Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung vorliegt.78 c) Eigengesellschaft und Mehrheitsbeteiligung Das BVerfG hat sich in seiner Entscheidung vom 07. 11. 2017 ausdrücklich zur demokratischen Legitimation bei der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung geäußert.79 Danach hat der Staat im Falle der Eigengesellschaft sowie der staatlichen Mehrheitsbeteiligung vollumfänglich den demokratischen Legitimationszusammenhang zu beachten.80 Die öffentliche Hand kann sich diesem 71

BVerfG, Urt. v. 31. 10. 1990 – 2 BvF 3/89, NJW 1991, 159, 160; BVerfGE, Beschl. v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86, NJW 1988, 890, 891; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 56 f. 72 Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 508 ff.; Becker, ZögU 24 (2001), 1, 4 ff.; Raiser, ZGR 1996, 458, 476; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform 1984, S. 124; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 55 ff. 73 BVerfGE, Beschl. v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86, NJW 1988, 890, 891. 74 BVerfG, Urt. v. 27. 04. 1959 – 2 BvF 2/58, NJW 1959, 1171; Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/ 11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 198; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 66. 75 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 66; Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 91. 76 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 66. 77 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 56 ff., S. 66 ff. 78 Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Demokratie) Rn. 133 ff. 79 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219 ff. 80 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219.

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Legitimationserfordernis nicht durch Einschaltung einer privaten Unternehmensform entziehen.81 Soweit der Staat seine Aufgaben mittels eines Unternehmens in Privatrechtsform erfüllt, an welchem er sämtliche Anteile oder die Anteilsmehrheit hält, ist die Unternehmenstätigkeit amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter.82 Der Staat hat daher gegenüber dem Volk diese Unternehmensbeteiligungen zu verantworten.83 Daraus folgt die Pflicht des Staates, die jeweilige Unternehmensführung besonders zu überwachen.84 Diese Verantwortlichkeit der Staates ist nicht auf die gesetzlichen Einwirkungs- und Kontrollrechte beschränkt. Deshalb ist der Staat aufgrund des Demokratieprinzips verpflichtet, sich hinreichende Einwirkungsrechte zu sichern.85 Ein zu geringes Maß an organisatorisch-personeller Legitimation kann durch eine umso effektivere sachlich-inhaltliche Legitimation ausgeglichen werden.86 Gleiches gilt im umgekehrten Fall.87 Die Art der Einwirkungsrechte ist nicht verfassungsrechtlich vorgegeben.88 Allerdings müsse der Staat ein hinreichendes Maß an demokratischer Legitimation wahren.89 Das BVerfG hat die konkreten Anforderungen an die organisatorisch-personelle sowie sachlich-inhaltliche Legitimation bei Eigengesellschaften und staatlichen Mehrheitsbeteiligungen näher dargelegt.90 aa) Organisatorisch-personelle Legitimation im Falle der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung am Beispiel der AG Der Staat wahrt den organisatorisch-personellen Legitimationszusammenhang, indem die Vertreter des Staates im Aufsichtsorgan durch die demokratisch legitimierten Amtsträger bestellt werden.91 Im Falle der AG übt der Staat sein regelmäßig durch die Satzung verliehenes Entsenderecht oder seine Stimmrechtsmehrheit in der Hauptversammlung aus, um nach seinem Willen Vertreter in den Aufsichtsrat zu bestellen, § 103 AktG. Infolgedessen wird der Aufsichtsrat im Falle der Eigengesellschaft vollständig oder im Falle der Mehrheitsbeteiligung überwiegend aus Mitgliedern bestehen, die auf Veranlassung des Staates bestellt wurden. Die Mitglieder des Vorstands werden wiederum von den Mitgliedern des Aufsichtsrats bestellt, § 84 AktG. Somit sind die jeweiligen Mitglieder des Vorstands mittelbar 81

Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform 1984, S. 125; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 59. 82 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 218 f. 83 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219. 84 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219. 85 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 221. 86 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 67. 87 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 67. 88 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 222. 89 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 222. 90 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219 ff. 91 Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Demokratie) Rn. 133.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

demokratisch legitimiert, was den Erfordernissen der organisatorisch-personellen Legitimation genügt. Der organisatorisch-personelle Legitimationszusammenhang erfordert zudem, dass das sog. „Prinzip der doppelten Mehrheit“ eingehalten wird.92 Danach muss nicht nur die Mehrheit des Vorstands demokratisch legitimiert sein, sondern die jeweilige Unternehmensentscheidung muss auch von der Mehrheit dieser demokratisch legitimierten Mitglieder getragen werden.93 Die personell-organisatorische Legitimation wird vor allem deutlich, wenn hohe Regierungsbeamte in den Aufsichtsrat bestellt werden.94 Denn in diesem Fall ist offenkundig, dass die Aufsichtsratsmitglieder auf Veranlassung des Staates bestellt wurden. bb) Sachlich-inhaltliche Legitimation im Falle der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung am Beispiel der AG Zur Wahrung der sachlich-inhaltlichen Legitimation muss einem demokratisch legitimierten Vertreter des Staates das sog. „Letztentscheidungsrecht“ in wichtigen Angelegenheiten zukommen, damit eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Parlament gesichert ist.95 Dies ist bei Eigengesellschaften und Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung grundsätzlich erfüllt. Denn der Vorstand wird, wie bereits ausgeführt, vom Aufsichtsrat bestellt, der selbst zumindest mehrheitlich durch den Staat bestellt wurde. Das Demokratieprinzip bestimmt keine konkreten Kontroll- und Einwirkungsrechte.96 Für die sachlich-inhaltliche Legitimation ist nicht erforderlich, dass die öffentliche Hand Einfluss auf die konkrete Geschäftstätigkeit nehmen kann.97 Es genügt die mittelbare Einwirkungsmöglichkeit über den Aufsichtsrat.98 Die sachlich-inhaltliche Legitimation ist unter anderem abhängig von den Berichtspflichten und der Weisungsgebundenheit der entsandten Vertreter.99 Im Falle einer AG hat die Hauptversammlung jedenfalls einen mittelbaren Einfluss auf den Aufsichtsrat, indem sie die von ihr gewählten Aufsichtsratsmitglieder mit qualifizierter Mehrheit abberufen kann, § 103 AktG.100 Allerdings sind die Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich nicht weisungsgebunden, sodass für eine hinreichende sachlich-inhaltliche Legitimation andere Instrumentarien zu wählen 92

BVerfG, Beschl. v. 24. 05. 1995 – 2 BvF 1/92, NVwZ 1996, 574, 576; Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219. 93 BVerfG, Beschl. v. 24. 05. 1995 – 2 BvF 1/92, NVwZ 1996, 574, 576; Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219. 94 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 224. 95 Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Demokratie) Rn. 133; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 66. 96 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 222. 97 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 264. 98 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 264. 99 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 223. 100 Brenner, AöR 127 (2002), 222, 241.

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sind.101 In Betracht kommen hierbei umfassende Berichtspflichten des Aufsichtsratsmitglieds.102 Zudem wird der Einfluss des Staates üblicherweise durch entsprechende Satzungsregelungen gesichert. Regelmäßig wird in der Satzung die Gemeinwohlbindung unter Einschränkung der Gewinnerzielungsabsicht fixiert.103 Der staatliche Einfluss kann insbesondere durch Satzungsregelungen ausgeweitet werden, die der Hauptversammlung und damit dem Staat als Allein- oder Mehrheitsaktionär Zustimmungsvorbehalte in den Grenzen des § 119 AktG einräumen.104 Daneben können weitreichende Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats in der Satzung geregelt werden, § 111 Abs. 4 S. 2 AktG. Darüber hinaus kann die öffentliche Hand ihren Einfluss unmittelbar in der Hauptversammlung ausüben.105 Üblicherweise entsendet die jeweilige Gebietskörperschaft hierzu Vertreter zu den Hauptversammlungen.106 Diese Vertreter sind in den Hauptversammlungen an die Weisungen der Gebietskörperschaft gebunden.107 Allerdings kann sich die öffentliche Hand grundsätzlich keine Weisungsrechte gegenüber dem Vorstand einräumen lassen, da dies mit der Unabhängigkeit des Vorstands unvereinbar ist, § 76 Abs. 1 AktG.108 Allerdings wird der Vorstand tatsächlich kaum Handlungen vornehmen, die den Interessen des staatlichen Allein- oder Mehrheitsaktionärs widersprechen. Bei entsprechendem Anteilsbesitz kommt zudem der Abschluss eines Beherrschungsvertrags in Betracht, infolgedessen sich der Staat Weisungsrechte einräumen lassen kann.109 Allerdings weigert sich der Bund grundsätzlich Beherrschungsverträge mit Unternehmen abzuschließen, an denen er beteiligt ist.110 Daneben besteht die Möglichkeit Stimmbindungsverträge in den Grenzen des § 136 AktG mit anderen Aktionären zu schließen. d) Demokratischer Legitimationszusammenhang bei der staatlichen Minderheitsbeteiligung Fraglich ist, ob auch für die staatliche Minderheitsbeteiligung der demokratische Legitimationszusammenhang zu wahren ist. Dies hängt davon ab, ob auch im Falle 101 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225; zur Weisungsunabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds: BGH, Urt. v. 18. 09. 2006 – II ZR 137/05, NJW-RR 2007, 1179 Rn. 18; Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 111 Rn. 160; ob der Aufsichtsrat in Ausnahmefällen an Weisungen des staatlichen Anteilseigners gebunden ist, wird auf den S. 137 ff. untersucht. 102 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 223. 103 BT-Drs. 17/5839 S. 2; Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Demokratie) Rn. 133. 104 Brenner, AöR 127 (2002), 222, 243 f. 105 Brenner, AöR 127 (2002), 222, 240. 106 Brenner, AöR 127 (2002), 222, 240. 107 Brenner, AöR 127 (2002), 222, 240. 108 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 69. 109 BT-Drs. 17/5839, S. 2. 110 BT-Drs. 17/5839, S. 4.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

der staatlichen Minderheitsbeteiligung die Unternehmenstätigkeit als amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter zu werten ist. Das Schrifttum qualifiziert im Falle der Minderheitsbeteiligung allein die Entscheidung über die Beteiligung („Ob“) und die Ausübung der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Befugnisse durch den Staat als amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter.111 Nur diese Tätigkeiten bedürfen der demokratischen Legitimation. Dagegen sind die Tätigkeiten des Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung weiterhin privat und unterliegen daher selbst nicht den Anforderungen der demokratischen Legitimation.112 Somit sind die Bindungen des Staates infolge der demokratischen Legitimation bei der staatlichen Minderheitsbeteiligung im Vergleich zur staatlichen Mehrheitsbeteiligung und Eigengesellschaft schwächer. Das BVerfG hat im Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip ausgeführt, dass im Falle der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung das Vertretungsorgan des Unternehmens „besonderer Beobachtung“ durch den Staat unterliegt.113 Aus diesen Ausführungen des BVerfG kann entweder geschlossen werden, dass der Staat bei Minderheitsbeteiligungen keiner Beobachtung und damit keiner Bindung an das Demokratieprinzip unterliegt oder es lediglich einer Beobachtung geringerer Intensität bedarf. Der Rückschluss, dass keine Bindung an das Demokratieprinzip besteht, ist abzulehnen. Es wäre sinnwidrig die Anforderungen des Demokratieprinzips bei einer staatlichen Minderheitsbeteiligung vollkommen zu missachten. Ansonsten könnte sich der Staat der demokratischen Kontrolle entziehen und in der Konsequenz ins Privatrecht flüchten. Deshalb sind die Ausführungen des BVerfG dahingehend zu interpretieren, dass im Falle der staatlichen Minderheitsbeteiligung lediglich eine Beobachtung geringerer Intensität notwendig ist. Deshalb gelten auch bei der staatlichen Minderheitsbeteiligung die demokratischen Legitimationserfordernisse, allerdings in einem geringeren Maße. Bei der staatlichen Minderheitsbeteiligung ist die Einräumung besonderer Einwirkungs- und Kontrollrechte nach dem Beteiligungserwerb regelmäßig wegen der fehlenden Mehrheit nur schwer umzusetzen. Das BVerfG hat sich zu einem solchen Fall bislang nicht geäußert. Nach Auffassung des Schrifttums hat der Staat im Vorfeld des Beteiligungserwerbs aufgrund einer „überwirkenden demokratischen Legitimationsverantwortung“ sicherzustellen, dass ihm hinreichende Einwirkungs- und Kontrollrechte eingeräumt werden.114 Diese „Vorfeldsicherung“ hinsichtlich der späteren Einwirkungsrechte schütze die staatlichen Interessen hinsichtlich der künftigen Unternehmenstätigkeit und wahre damit die Legitimationsverantwortung 111

Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, S. 101; Dreier, in: Dreier GG, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Demokratie) Rn. 135. 112 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 20 Rn. 99. 113 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219. 114 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, S. 101; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 20 Rn. 100.

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des Staates.115 Der Umfang der zu sichernden späteren Einwirkungsrechte bemesse sich anhand der Bedeutung der Beteiligung.116 Je unbedeutender der Zweck der Beteiligung an einem privaten Unternehmen für das Gemeinwohl sei, desto geringere Anforderungen seien an die demokratische Legitimation zu stellen.117 Die überragende Bedeutung des Demokratieprinzips spricht dafür, den Staat zu verpflichten, im Falle von Minderheitsbeteiligungen seine Einwirkungsrechte im Vorfeld der Beteiligung zu sichern. Auch scheint der Gesetzgeber dieser Auslegung zu folgen. Denn gemäß § 65 BHO hat sich der Bund unabhängig von der Höhe der Beteiligung stets einen angemessenen Einfluss im Unternehmen zu sichern.118 Somit ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass auch im Falle der staatlichen Minderheitsbeteiligung der Bund Einflussmöglichkeiten benötigt. Im Falle von Minderheitsbeteiligungen muss die Sicherung eines solchen Einflusses gerade im Vorfeld der Beteiligung erfolgen, da im Nachhinein aufgrund fehlender Mehrheit deren Durchsetzung erschwert sein wird. Somit hat die öffentliche Hand im Vorfeld einer staatlichen Minderheitsbeteiligung sicherzustellen, dass ihr hinreichende Einwirkungsrechte zukommen. Der Umfang der Einwirkungsrechte bemisst sich anhand der Bedeutung der Beteiligung. aa) „Rettung“ der Deutschen Lufthansa AG als Beispiel für die demokratischen Legitimationserfordernisse bei der staatlichen Minderheitsbeteiligung Der Bund scheint die oben aufgestellten Grundsätze für die demokratischen Legitimationserfordernisse im Falle einer staatlichen Minderheitsbeteiligung zu beachten. Dies zeigt sich anhand der „Rettung“ der Deutschen Lufthansa AG. Die Deutsche Lufthansa AG ist infolge der Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wodurch sie staatliche Hilfe benötigte. Der Bund hat den WSF zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise geschaffen und dazu das WStFG erlassen. Gemäß Art. 1 WStFG wurde das im Jahr 2008 erlassene FStFG geändert und in StFG umbenannt. Der WSF ist ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen gemäß den §§ 15, 17 StFG.119 Zudem wurde nach Art. 2 WStFG das FMStBG von 2008 in WStBG umbenannt. Das WStBG enthält Regelungen zur vereinfachten Beschlussfassung sowie Durchführung von Kapitalmaßnahmen, damit sich der WSF an Unternehmen beteiligen kann.120

115

Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 20 Rn. 100. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 20 Rn. 100, 227 ff. 117 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 20 Rn. 222; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 186. 118 Auf die genauen Anforderungen gemäß § 65 BHO wird auf den S. 40 ff. eingegangen. 119 Rubner/Leuering, NJW-Spezial 2020, 399. 120 Rubner/Leuering, NJW-Spezial 2020, 399. 116

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

Die Bundesrepublik Deutschland, der WSF und die Lufthansa AG haben eine Rahmenvereinbarung geschlossen. Danach wird der WSF unter anderem eine Kapitalbeteiligung i.H.v. 20 % des Grundkapitals, also eine Minderheitsbeteiligung erhalten und eine stille Einlage i.H.v. ca. EUR 5,7 Mrd. leisten.121 Eine Beteiligung des WSF erfordert gemäß § 22 Abs. 2 S. 2 WStFG grundsätzlich ein wichtiges Interesse des Bundes an der Stabilisierung des Unternehmens. Zudem darf der vom Bund angestrebte Zweck nicht wirtschaftlicher auf andere Weise erreicht werden können, § 22 Abs. 2 S. 2 WStFG. Ein angemessener Einfluss auf das jeweilige Unternehmen, an dem die Beteiligung erfolgen soll, wird nicht verlangt. Generalklauselartig ist lediglich in § 25 WStFG geregelt, dass die Stabilisierungsmaßnahme an weitere Anforderungen geknüpft werden kann. Gleichwohl bestehen in der Rahmenvereinbarung erhebliche Einwirkungs- und Kontrollrechte des Bundes auf die Unternehmenstätigkeit der Deutschen Lufthansa AG. Diese Rechte dienen unter anderem der Kontrolle der eingesetzten öffentlichen Gelder sowie deren zweckgerichteten Verwendung. Damit kommt der Bund seiner Rechenschafts- und Einstandspflicht gegenüber dem Volk vor dem Hintergrund der sachlich-inhaltlichen Legitimation nach. Beispielsweise soll die künftige Geschäftspolitik nachhaltiger werden.122 Zudem werden der Deutschen Lufthansa AG umfassende Berichtspflichten auferlegt. Innerhalb von zwölf Monaten soll ein Rückzahlungsplan erstellt werden, über dessen Fortschritt jährlich Bericht zu erstatten ist.123 Darüber hinaus hat die Deutsche Lufthansa AG dem WSF regelmäßig (monatlich, quartalsweise oder jährlich je nach Berichtsgegenstand) über die Geschäftspolitik und die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu berichten.124 Zudem soll die Deutsche Lufthansa AG sämtliche Unterlagen, welche den Mitgliedern des Aufsichtsrats zur Verfügung gestellt werden, soweit zulässig, auch dem WSF übergeben.125 Diese Informations- und Einsichtsrechte ermöglichen im Ergebnis eine wirksame parlamentarische Kontrolle. Neben umfangreichen Informations- und Einsichtsrechten soll der WSF zwei Aufsichtsratsmitglieder bestimmen können.126 Dies ist eine Ausprägung des organisatorisch-personellen Legitimationszusammenhangs. Im Übrigen werden dem WSF umfassende Zustimmungsvorbehalte hinsichtlich noch zu definierender 121 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 9. 122 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 12. 123 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 14. 124 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 18. 125 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 14, 18. 126 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 14, 18.

AG, der Bundesrepublik AG, der Bundesrepublik AG, der Bundesrepublik AG, der Bundesrepublik AG, der Bundesrepublik AG, der Bundesrepublik

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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wichtiger Geschäftsvorfälle eingeräumt.127 Überdies darf sämtlichen Organmitgliedern im Lufthansa-Konzern lediglich die Grundvergütung gewährt werden.128 Dies lässt sich als Ausdruck der Rechenschaftspflicht des Bundes deuten. Denn in Zeiten der Krise sind variable Vergütungsbestandteile wie Boni besonders unpopulär. In einer Gesamtschau hat sich der Bund im Vorfeld der Beteiligung durch den WSF umfassende Einwirkungs- und Kontrollrechte gesichert. In Anbetracht der Einlage i.H.v. ca. EUR 5,7 und der Bedeutung der Deutschen Lufthansa AG für die Bundesrepublik Deutschland kann ein derartiges Ausmaß an Einwirkungs- und Kontrollrechten mit den Anforderungen des Demokratieprinzips begründet werden. bb) Ergebnis Im Vorfeld der Entscheidung über den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung hat der Staat aufgrund des Demokratieprinzips sicherzustellen, dass ihm künftig ausreichende Kontroll- und Einwirkungsrechte eingeräumt werden. Je bedeutender die Beteiligung ist, desto umfangreicher müssen die künftigen staatlichen Kontroll- und Einwirkungsrechte sein. 4. Garantie kommunaler Selbstverwaltung, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG Aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG wird abgeleitet, dass auch die Kommunen sich zu ihrer Aufgabenerfüllung Rechtsformen des Privatrechts bedienen dürfen.129 Die Ausführungen zum Rechtsstaats- und Demokratieprinzip gelten über Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG auch für die Kommunen.130 5. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle als Konsequenz der verfassungsrechtlichen Anforderungen Aus den aufgeführten verfassungsrechtlichen Anforderungen wird abgeleitet, dass der Staat verpflichtet ist, sich nur einer Rechtsform zu bedienen, die ihr einen hinreichenden Einfluss gewährt.131 Die Pflicht zur Sicherstellung der dafür notwendigen Kontroll- und Einwirkungsrechte wird mit dem Begriff „Ingerenzpflich127 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa AG, der Bundesrepublik Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 15. 128 Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Lufthansa AG, der Bundesrepublik Deutschland und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, S. 16 f. 129 Brenner, AöR 127 (2002), 222, 229. 130 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 2002, S. 88. 131 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 17 f; BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225; BVerwG, Urt. v. 31. 08. 2011 – 8 C 16/10; NZG 2011, 1381 Rn. 29; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2b; Püttner, DVBl. 1975, 353, 356; Ossenbühl, Erweiterte Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, 1972, S. 55 ff.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

ten“ umschrieben.132 Diesen Ingerenzpflichten hat der Staat grundsätzlich im Vorfeld seiner Beteiligung nachzukommen.133 Diese Vorfeldsicherung wird als sog. „Eingangskontrolle“ bezeichnet.134 Der Staat hat daher im Vorfeld seiner Beteiligung sicherzustellen, dass ihm ausreichende Kontroll- und Einwirkungsrechte zur Wahrung der Ingerenzpflichten eingeräumt werden.135 Dies gilt aufgrund der Anforderungen des Demokratieprinzips für sämtliche Beteiligungen des Staates, unabhängig ob eine staatliche Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligung oder eine Eigengesellschaft gegeben ist.

III. Bundesgesetzliche Voraussetzungen für eine staatliche Beteiligung gemäß § 65 BHO Auf Ebene des Bundes regelt § 65 BHO die Voraussetzungen für die Gründung sowie die Beteiligung an einem privatrechtlich organisierten Unternehmen. § 65 BHO dient der effektiven Verfolgung eines öffentlichen Zwecks und der Kontrolle der Geschäftstätigkeit.136 Die Regelung des § 65 BHO ist zurückzuführen auf § 48 RHO vom 31. Dezember 1922.137 § 48 RHO regelte die Voraussetzungen für eine Beteiligung des Reichs an wirtschaftlichen Unternehmen.138 § 48 RHO ist zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag geschaffen worden.139 Deutschland musste die für kriegerische Zwecke geschaffenen Unternehmen als auch die übrigen Heeresvorräte wirtschaftlich verwerten, um die Forderungen aus dem Versailler Vertrag begleichen zu können.140 1. Wichtiges Interesse des Bundes und Subsidiarität Die Gründung eines privatrechtlich organisierten Unternehmens oder die Beteiligung an einem solchen setzt gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 1 BHO ein wichtiges In132 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 17; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 17 f.; Traut, Corporate Governance, 2013, S. 11 ff. 133 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2b; ders., in: ZHR 183 (2019), 7, 16; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 63; Schmolke, WM 2018, 1923, 1914 f. 134 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2b; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020 § 395 AktG Rn. 17. 135 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2b; BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225; VGH Kassel, Urt. v. 09. 02. 2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35, 38. 136 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 13; Schön, ZGR 1996, 429, 434 f. 137 Kautzsch, in Heuer/Scheller, Haushaltsrecht, 2018, § 65 BHO Rn. 1. 138 Schulze/Wagner, RHO, 3. Aufl. 1934, S. 561 f. 139 Schulze/Wagner, RHO, 3. Aufl. 1934, S. 561. 140 Schulze/Wagner, RHO, 3. Aufl. 1934, S. 561.

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teresse des Bundes voraus. Zudem darf der vom Bund angestrebte Zweck sich nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lassen. Das wichtige Interesse liegt vor, wenn ein öffentlicher Zweck verfolgt wird, der über reine Erwerbsinteressen hinausgeht.141 Beispiele hierfür sind die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen, eine funktionierende Entsorgung, soziale Motive, Sicherung der Stabilität eines Preisniveaus, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, die Stärkung des Exports und der Wirtschaftskraft.142 Eine Unternehmensbeteiligung ist unzulässig, wenn der Erwerb der Gesellschaft allein der Informationsbeschaffung dient.143 Denn in der Regel lässt sich das Informationsbedürfnis besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen.144 2. Haftungsbegrenzung Gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 2 BHO muss die Einzahlungsverpflichtung des Bundes auf einen bestimmten Betrag begrenzt sein. Dies dient der Haftungsbegrenzung der öffentlichen Hand und damit dem Schutz der eingesetzten öffentlichen Gelder.145 Aufgrund dieser geforderten Haftungsbegrenzung kommen allein Kapitalgesellschaften zur Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Hand in Betracht.146 Die Beteiligung an Personen- und Personenhandelsgesellschaften ist daher aufgrund von § 65 Abs. 1 Nr. 2 BHO auf Bundesebene unzulässig.147 3. Angemessener Einfluss auf das Unternehmen Nach § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO soll der Bund einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan erhalten. Diese Regelung ist Folge der verfassungsrechtlichen Ingerenzpflichten.148 Angemessen ist der Einfluss, soweit er sowohl den mit der Beteiligung verfolgten Zweck als auch der Höhe sowie der Bedeutung der Beteiligung Rechnung trägt.149

141 Hermesmeier, Staatliche Beteiligungsverwaltung, 2011, S. 575; v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 6; BVerwG, Urt. v. 22. 02. 1972 – BVerwG I C 24.69, BVerwGE 39, 329, 334. 142 Ehlers, Jura 1999, 212. 143 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 5; v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 6. 144 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 7; Tappe/Wernsmann, ÖffFinR, 2. Aufl. 2019, Rn. 692. 145 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 8. 146 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 8. 147 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 8. 148 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 54 mit Verweis auf Rn. 17. 149 Tappe/Wernsmann, ÖffFinR, 2. Aufl. 2019, Rn. 694; Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 9.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

Teilweise wird vertreten, dass mit dem Begriff „angemessener Einfluss“ grundsätzlich das Hinwirken auf eine Mehrheitsbeteiligung hin zur Beherrschung gemeint ist.150 Ein derartiges Verständnis lässt sich jedoch weder dem Gesetzgeberwille noch dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO entnehmen. Soweit beispielsweise die Satzung Stimmrechtsbeschränkungen vorsieht oder die Minderheitsbeteiligung stets die faktische Hauptversammlungsmehrheit darstellt, kann auch eine Minderheitsbeteiligung einen angemessenen Einfluss vermitteln.151 Darüber hinaus hat der Gesetzgeber bereits zur Vorgängervorschrift des § 66 BHO in der Fassung vom 1. Januar 1970 klargestellt, dass mit einem „angemessenen Einfluss“ keine bestimmte Höhe der Beteiligung einhergehen muss.152 Mittels des „angemessenen Einflusses“ soll sichergestellt werden, dass der öffentliche Zweck auch tatsächlich verfolgt wird.153 Zudem soll neben dem angemessenen Einfluss des Bundes im Aufsichtsrat eine Ausweitung des Einflusses des Aufsichtsrats im Unternehmen selbst angestrebt werden.154 Dies ist im Falle der AG mittels der Einrichtung umfangreicher Zustimmungsvorbehalte i.S.d. § 111 Abs. 4 AktG möglich.155 Die staatliche Anteilseigner kann dem Vorstand aufgrund dessen Unabhängigkeit gemäß § 76 Abs. 1 AktG keine Weisungen erteilen. Gleichwohl hat der Staat über den Aufsichtsrat mittelbar erheblichen Einfluss auf den Vorstand, da er dessen Mitglieder gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 AktG bestellt und nach § 84 Abs. 3 S. 1 AktG abberufen kann. Aufgrund der Verwendung von „insbesondere“ in § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO ist nicht zwingend, dass die Einflussnahme allein durch Befugnisse im Aufsichtsrat gesichert werden soll. Ein angemessener Einfluss kann auch durch besondere Satzungsbestimmungen zugunsten der Hauptversammlung oder durch Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erreicht werden.156 Gleichwohl wird durch die gesetzliche Formulierung deutlich, dass vorrangig der Einfluss des Bundes durch die Entsendung eigener Aufsichtsratsmitglieder und die Schaffung geeigneter Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten gesichert werden soll. a) Vorrangige Einflussnahme über den Aufsichtsrat Fraglich ist, warum § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO ausdrücklich einen Einfluss im Aufsichtsrat als Überwachungsorgan und nicht etwa einen unmittelbaren Einfluss im Leitungsorgan fordert. 150 Tappe/Wernsmann, ÖffFinR, 2. Aufl. 2019, Rn. 694; v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 10; a.A.: Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 9. 151 Ruthig/Storr, ÖffWiR, 5. Aufl. 2020, Rn. 665 f. 152 BT-Drs. V/3040, Rn. 64. 153 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 9; v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 9. 154 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 9. 155 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 9. 156 BT-Drs. 17/8989, S. 27.

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aa) Historie: § 48 RHO, § 16 RBG und Erfahrungen der Weimarer Republik Die geforderte vorrangige Einflussnahme über den Aufsichtsrat ist möglicherweise auf historische Erwägungen zurückzuführen. Wie bereits ausgeführt, beruht die Regelung des § 65 BHO auf § 48 RHO.157 § 48 Abs. 2 S. 1 RHO verlangte bei der Gründung eines Unternehmens durch das Deutsche Reich, dass dieses sich „durch geeignete Abmachungen den erforderlichen Einfluss auf das Unternehmen“ sichert und sich „soweit es der vom Reiche mit der Beteiligung verfolgte Zweck gestattet, das Recht zur Bestellung eines oder mehrerer Aufsichtsratsmitglieder“ ausbedingen soll.158 Diesen Einfluss sollte sich das Reich mittels der in den privaten Unternehmensformen zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten verschaffen.159 Am effektivsten erschien die Bestellung von Vertretern des Reiches zu Aufsichtsratsmitgliedern.160 Dadurch sollte der entsandte Vertreter als Aufsichtsratsmitglied die Interessen des Reichs verfolgen und eine ordnungsgemäße, den Interessen des Reichs weitestgehend entsprechende, Geschäftsführung sicherstellen.161 Gleichwohl war das Aufsichtsratsmitglied gleichzeitig auch dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet.162 Soweit die Interessen des Reiches und der Gesellschaft im Widerspruch standen, hatten grundsätzlich die Interessen der Gesellschaft Vorrang.163 Denn gemäß § 249 HGB a.F. hatte das Aufsichtsratsmitglied im Rahmen seiner Tätigkeit die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu wahren.164 Der § 249 HGB a.F. wurde als lex specialis in Bezug auf die Förderung der Gesellschaft gegenüber der allgemeinen Amtspflicht des Beamten angesehen.165 Der Gedanke, einen Reichsbeamten zum Vorstand einer AG zu bestellen, wurde verworfen, da sich die Eigenschaften eines Vorstands wegen § 16 RBG166 nicht mit denen einen Reichsbeamten vertrugen.167 § 16 RBG regelte die Voraussetzungen für eine Leitungstätigkeit eines Beamten in einer Privatrechtsform. Der Gesetzeswortlaut von § 16 RBG lautete: „(1) Kein Reichsbeamter darf ohne vorgängige Genehmigung der obersten Reichsbehörde ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung, mit welcher eine fortlaufende Remuneration verbunden ist, übernehmen oder ein Gewerbe betreiben. Dieselbe Genehmigung ist zu dem Eintritt eines Reichsbeamten in den Vorstand, Verwaltungs- oder Aufsichtsrat einer jeden 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167

Vgl. Kap. 1 A. III. RGBl. 1923 II, S. 23. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233. In der Fassung v. 31. März 1873. Schulze/Wagner, RHO, 2. Aufl. 1926, S. 233.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand auf Erwerb errichteten Gesellschaft erforderlich. Sie darf jedoch nicht erteilt werden, sofern die Stelle mittelbar oder unmittelbar mit einer Remuneration verbunden ist. (2) Die erteilte Genehmigung ist jederzeit widerruflich. (3) Auf Wahlkonsuln und einstweilen in den Ruhestand versetzte Beamte finden diese Bestimmungen keine Anwendung.“168

§ 16 RBG galt in den Fällen, in denen der Reichsbeamte aus eigenem Antrieb Vorstand oder Geschäftsführer werden wollte.169 Die Tätigkeit als Leitungsorgan bedurfte der Genehmigung, § 16 Abs. 1 S. 2 RBG. Diese Genehmigung durfte allerdings grundsätzlich nicht erteilt werden, soweit mit dieser Tätigkeit eine Vergütung einherging. Somit schied die Bestellung eines Reichsbeamten zum Vorstand grundsätzlich aus, soweit dieser eine Vergütung erhalten sollte und er aus eigenem Antrieb eine solche Position übernehmen wollte. Für den Fall, dass der Reichsbeamte auf Weisung seiner vorgesetzten Dienstbehörde eine derartige Leitungsposition antreten sollte, galt der § 16 RBG nicht.170 Gleichwohl musste ein solcher Reichsbeamter aufgrund des § 15 RBO vom 16. Dezember 1927 seine zusätzliche Vergütung an das Reich abgeben.171 Es ist naheliegend, dass dieser Wegfall der zusätzlichen Vergütung den Beamten nicht zur Wahrnehmung der Leitungsaufgaben motiviert hat. Zudem erlaubten die beamtenrechtlichen Vorschriften lediglich eine Nebentätigkeit. Die Tätigkeit als Leitungsorgan wird jedoch regelmäßig den Umfang einer Haupttätigkeit haben, wohingegen die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied grundsätzlich ein Nebenamt ist.172 Nicht nur die beamtenrechtlichen Regelungen sprachen gegen eine Bestellung eines Beamten zum Leitungsorgan. Auch die Praxis zeigte, dass Beamte sich nicht als Leitungsorgane eigneten.173 Das Reich hat mit den früheren Staatsbetrieben vor allem im Bereich der Bergwerke wirtschaftliche Misserfolge erlitten.174 In der Folge wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Großteil der durch Beamte verwalteten Betriebe in privatrechtliche Unternehmensformen umgewandelt.175 Daraufhin kaufte sich der Staat Sachverstand ein, indem er Personen aus der Privatwirtschaft als Leitungsorgane dieser Unternehmen verpflichtete.176 Das Interesse der angestellten Leitungspersonen am wirtschaftlichen Erfolg des öffentlichen Unternehmens sollte mittels hoher Gehälter und Gewinnausschüttungen geweckt werden.177 Daher sollte die staatliche Einflussnahme vorrangig im Aufsichtsrat stattfinden. § 48 RHO wurde 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177

Perels/Spilling, Reichsbeamtengesetz, 2. Aufl. 1906, S. 54. Arndt, RBG, 4. Aufl. 1931, § 16 Rn. 9. Arndt, RBG, 4. Aufl. 1931, § 16 Rn. 9. Arndt, RBG, 4. Aufl. 1931, § 16 Rn. 9; RGBL. I, S. 352. Merkt, ZHR 159 (1995), 423, 432; Ulmer, NJW 1980, 1603, 1604. Knollmann, Der Staat als Unternehmer in der Nachkriegszeit, 1931, S. 23 ff. Knollmann, Der Staat als Unternehmer in der Nachkriegszeit, 1931, S. 23 ff. Knollmann, Der Staat als Unternehmer in der Nachkriegszeit, 1931, S. 23 ff. Knollmann, Der Staat als Unternehmer in der Nachkriegszeit, 1931, S. 23 ff. Knollmann, Der Staat als Unternehmer in der Nachkriegszeit, 1931, S. 23 ff.

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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mehrfach geändert, allerdings blieb es bei der Intention des Gesetzgebers, dass die Einflussnahme des Reiches weiterhin vorrangig über den Aufsichtsrat zu erfolgen hat.178 § 48 RHO wurde 1968 durch § 66 BHO a.F. abgelöst.179 § 66 BHO a.F. verlangte übereinstimmend mit dem heutigen Wortlaut in § 65 BHO lediglich einen „angemessenen Einfluss“, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan. Die Gesetzesbegründung zu § 66 BHO a.F. erwähnt lediglich, dass die Einflussnahme nicht notwendigerweise nur über das Überwachungsorgan zu erfolgen hat.180 Gleichwohl wird aus dem Gesetzeswortlaut des § 66 BHO a.F. deutlich, dass der Gesetzgeber eine Einflussnahme über den Aufsichtsrat favorisiert. bb) Ökonomische Erwägungen: Prinzipal-Agent-Theorie und REM-Hypothese Möglicherweise sprechen neben den historischen Erwägungen auch ökonomische Gesichtspunkte gegen eine unmittelbare Einflussnahme auf das Leitungsorgan. Die Ökonomie geht im Zusammenhang mit der Unternehmensführung auf die sog. „Prinzipal-Agent-Theorie“ ein.181 Diese Theorie nimmt an, dass in der Wirtschaft ein Auftraggeber (Prinzipal) und ein Auftragnehmer (Agent) bestehen.182 Der Prinzipal erteilt dem Agenten einen Auftrag, den der Agent im Namen des Prinzipals erfüllen soll. Hierbei räumt der Prinzipal dem Agenten eine bestimmte Entscheidungskompetenz ein.183 Infolge der Ausführung des Auftrags entsteht eine Informationsasymmetrie.184 Denn die Ausführung des Auftrags durch den Agenten kann vom Prinzipal nicht vollständig überwacht werden und der Agent erlangt infolge der Sachnähe Informationen, welche dem Prinzipal unbekannt sind.185 Gemäß der REMHypothese wird der Agent sein Wissen egoistisch, also zu seinem eigenen Nutzen, einsetzen.186 Nach der REM-Hypothese verfolgt jeder Mensch seine egoistischen Interessen und geht dabei rational vor.187 Daher ist grundsätzlich eine Überwachung des Agenten angezeigt. Eine umfassende Überwachung des Agenten wäre für den Prinzipal jedoch zu kostspielig.188 Fraglich ist daher, auf welche Weise der Agent 178 Schulze/Wagner, RHO, 3. Aufl. 1934, S. 567; Vialon, Haushaltsrecht, 1. Aufl. 1953, § 48 RHO Rn. 9; zu den einzelnen Änderungen: RGBl. 1930 II S. 699 (Gesetz von 14. April 1930) und RGBl. 1933 II S. 1009 (Gesetz v. 13. Dezember 1933). 179 BT-Drs. V/3040, S. 64. 180 BT-Drs. V/3040, S. 64. 181 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 173 f., 179 ff. 182 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 173 f. 183 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 173 f. 184 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 173 f. 185 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 173 f. 186 Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, S. 58 ff. 187 Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, S. 58 ff. 188 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 173 f.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

kontrolliert und motiviert werden kann, um den größtmöglichen Nutzen für den Prinzipal zu erwirtschaften.189 Bei Kapitalgesellschaften sind die Anteilsinhaber der Prinzipal, während die Leitungsorgane die Agenten sind.190 Gerade bei größeren Kapitalgesellschaften wird keine Personenidentität zwischen den beiden bestehen, sodass das Problem der Kontrolle und Motivation des Agenten auftritt. Die Ökonomie geht davon aus, dass die Leitungsorgane als Agenten verschiedenen Kontrollmechanismen, zusammengefasst als „Disziplinierungen“, bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unterliegen.191 Die Disziplinierungen sollen den Agenten dazu anhalten, den größtmöglichen Nutzen für den Prinzipal zu erreichen.192 Dies erfolgt regelmäßig über ein erfolgsabhängiges Vergütungssystem des Agenten.193 Daneben ist auch der Wettbewerb Teil der Disziplinierung.194 Bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens im Vergleich zur Konkurrenz hat das privatrechtlich angestellte Leitungsorgan eine Kündigung zu befürchten.195 Diese Sorge diszipliniert das betroffene Leitungsorgan zur Erbringung seiner Arbeitsleitung.196 Die Prinzipal-Agent-Theorie kann auch auf öffentliche Unternehmen übertragen werden.197 Allerdings ist die Rollenverteilung von Prinzipal und Agent grundsätzlich eine andere als bei rein privaten Kapitalgesellschaften. In öffentlichen Unternehmen werden die Gewinne in den Haushalt eingestellt und verringern damit mittelbar die Steuerlast des Volkes.198 Daher ist nicht der Staat selbst als Anteilseigner der Prinzipal, sondern das Volk.199 Die Politiker, welche das Unternehmen kontrollieren, sind wie die Leitungsorgane des Unternehmens lediglich Agenten des Volkes.200 Somit erhält keine natürliche Person unmittelbar die Gewinne der öffentlichen Unternehmen.201 Folglich ist der Anreiz zur Überwachung der Agenten bei öffentlichen Unternehmen im Gegensatz zu privaten Kapitalgesellschaften schwächer.202 189

Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 173 f. Traut, Corporate Governance, 2013, S. 167. 191 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, S. 430 ff.; Traut, Corporate Governance, 2013, S. 162. 192 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 160 f. 193 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 163. 194 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 164; Fama, The Journal of Political Economy, Vol. 88 (1980), 288, 291 f. 195 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 164; Fama, The Journal of Political Economy, Vol. 88 (1980), 288, 291 f.; Goldeng/Grünfeld/Benito, Journal of Management Studies 2008, 1244, 1249. 196 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 164; Fama, The Journal of Political Economy, Vol. 88 (1980), 288, 291 f. 197 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 166 ff. 198 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 167. 199 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 167. 200 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 167. 201 Traut, Corporate Governance, 2013, S. 167. 190

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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Falls sich der Staat einen Einfluss auf das Unternehmen mittels Bestellung eines Beamten zum Leitungsorgan sichern wollte, besteht ein geringerer Anreiz des Beamten im Vergleich zu einem privatrechtlich angestellten Leitungsorgan, den größtmöglichen Gewinn für den Prinzipal zu erreichen. Zunächst ist die Sorge um den Arbeitsplatz als Teil der Disziplinierung beim Beamten regelmäßig nur schwach ausgeprägt. Denn Beamte können nicht gekündigt, sondern lediglich unter besonderen Voraussetzungen gemäß § 30 BBG entlassen werden. Ist die öffentliche Hand als Anteilsinhaber unzufrieden mit der Leistung ihres eingesetzten Beamten, so bleibt in der Regel lediglich die Versetzung, Abordnung oder die Zuweisung an eine andere Stelle, §§ 27, 28, 29 BBG. Auch der monetäre Anreiz des Beamten ist im Vergleich zu privatrechtlich angestellten Leitungspersonen zumeist geringer. Der Beamte kann wegen des Alimentationsgrundsatzes trotz der Ausübung von Leitungsaufgaben nur eine begrenzte Besoldung erlangen. Der Alimentationsgrundsatz gehört zu den Grundsätzen des Berufsbeamtentums, welche in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert sind.203 Aus dem Alimentationsgrundsatz folgt, dass mit der Alimentation die Erfüllung sämtlicher Pflichten des Beamten im öffentlichen und gleichgestellten Dienst innerhalb der regelmäßigen Wochenarbeitszeit abgegolten ist.204 Vor dem Hintergrund der REM-Hypothese ist davon auszugehen, dass man grundsätzlich den höchstmöglichen monetären Verdienst unter Einsatz des geringsten Aufwandes begehrt. Falls die Höhe der Alimentation im Vergleich zur Höhe der Vergütung von privatrechtlich angestellten Leitungsorgane geringer ausfällt, ist das der Motivation des Beamten abträglich. Zudem wird die Alimentationshöhe regelmäßig unabhängig vom Unternehmenserfolg sein. Auch die Schaffung von erfolgsbezogenen Vergütungselementen hilft diesem Problem nicht ab, da die Besoldungshöhe bei Beamten durch den Alimentationsgrundsatz begrenzt ist. Das daraus folgende Motivationsdefizit kann zu einem geringeren Arbeitseinsatz des Beamten führen. Dies wird sich regelmäßig wirtschaftlich negativ auf das öffentliche Unternehmen auswirken. Auch eine Disziplinierung durch eine etwaige Haftung in Schadensfällen wird bei einem Beamten als Leitungsorgan kaum effektiv sein. Soweit Bundesbeamte aus einer auf Veranlassung des Dienstherrn übernommenen Tätigkeit als Leitungsorgan haftbar gemacht werden, können sie gemäß § 102 S. 1 BBG grundsätzlich Regress für den Ihnen entstandenen Schaden verlangen. Vergleichbare Vorschriften bestehen auch für Landesbeamte.205

202

Traut, Corporate Governance, 2013, S. 167. BVerwG, Urt. v. 23. 09. 1975 – II C 19.71, BeckRS 1975, 30442554. 204 BVerwG, Urt. v. 23. 09. 1975 – II C 19.71, BeckRS 1975, 30442554; VG Koblenz, Urt. v. 09. 06. 2006 – 6 K 1021/05, NVwZ-RR 2007, 188, 189. 205 Vgl. beispielsweise § 85 LBG BaWü. 203

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

Es zeigt sich daher anhand der Prinzipal-Agent-Theorie sowie der REM-Hypothese, dass die öffentliche Hand sich nicht einen unmittelbaren Einfluss im Leitungsorgan des Unternehmens mittels Bestellung eines Beamten sichern sollte. Darüber hinaus spricht gegen eine Bestellung eines Beamten zum Leitungsorgan, dass öffentliche Unternehmen aufgrund ihrer Anteilsstruktur besonders anfällig für politische Einflussnahmen sind. Es besteht die Gefahr, dass Politiker öffentliche Unternehmen als Vehikel für ihre persönliche Interessen gebrauchen.206 Die Unabhängigkeit des Leitungsorgans kann dieser Gefahr effektiv entgegenwirken. Ein Beamter wird aufgrund seiner Bindung zur öffentlichen Hand regelmäßig weniger unabhängig von dieser sein, als eine Person aus der Privatwirtschaft. Diese Sichtweise teilt auch die OECD. Die OECD hat Leitsätze zur Corporate Governance für Unternehmen, die sich mehrheitlich oder vollständig in staatlicher Hand befinden, veröffentlicht. Danach sollen die Regierungen „den staatseigenen Unternehmen völlige operative Autonomie zur Verwirklichung der gesetzten Ziele gewähren und sich nicht in die Betriebsführung einmischen.“207 Daneben soll der Staat „die Boards staatseigener Unternehmen ihre Aufgaben wahrnehmen lassen und ihre Unabhängigkeit respektieren.“208 b) Ergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass keine unmittelbare Einflussnahme der öffentlichen Hand auf das Leitungsorgan erfolgen sollte. Vielmehr hat die öffentliche Hand vorrangig über den Aufsichtsrat als Überwachungsorgan des Unternehmens Einfluss zu nehmen. c) Vorrang der GmbH gegenüber der AG Umstritten ist, ob aus § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO folgt, dass der Staat sich vorrangig an einer GmbH und nicht an einer AG zu beteiligen hat.209 Teilweise wird der Vorrang der GmbH gegenüber der AG aus dem Demokratieprinzip abgeleitet.210 Daraus folge, dass die unternehmerische Betätigung des Staates der demokratischen Legitimation bedürfe und deshalb parlamentarisch verantwortbar und daher effektiv steuerbar sein müsse.211 Infolgedessen sei die 206

Traut, Corporate Governance, 2013, S. 168 f. OECD-Leitsa¨ tze zu Corporate Governance in staatseigenen Unternehmen, 2015, II. B. 208 OECD-Leitsa¨ tze zu Corporate Governance in staatseigenen Unternehmen, 2015, II. C. 209 Für einen Vorrang der GmbH: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 34; im Ergebnis auch für einen derartigen Vorrang: Kautzsch, in: Heuer/Scheller, Haushaltsrecht, 2018, § 65 Rn. 26; gegen einen Vorrang der GmbH: Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 11. 210 Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 444 Fn. 129; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 34. 211 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 21. 207

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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GmbH gegenüber der AG aufgrund der Einflussmöglichkeiten der öffentlichen Hand vorrangig.212 Die Gebietskörperschaft könne der Geschäftsführung der GmbH im Unterschied zum Vorstand der AG unproblematisch Weisungen nach § 37 GmbHG erteilen.213 Ferner bestehe nach § 51a GmbHG ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht der Gesellschafter, welches nicht durch eine bestimmte Beteiligungshöhe bedingt sei und alle die Unternehmensführung betreffenden Tatsachen erfasse.214 Darüber hinaus könne im Gesellschaftsvertrag der GmbH ein Weisungsrecht der Gebietskörperschaft gegenüber dem fakultativen Aufsichtsrat gemäß § 52 GmbHG statuiert werden.215 Selbst wenn kein derartiges gesellschaftsvertragliches Weisungsrecht eingerichtet wurde, so ergebe sich dieses eventuell im Wege der Auslegung.216 Eine solche Auslegung kann sich insbesondere daraus ergeben, dass landesrechtliche Regelungen etwaige Weisungsrechte, wie beispielsweise in § 113 GemO NRW, statuieren.217 Die Gegenansicht lehnt einen Vorrang der GmbH gegenüber der AG ab.218 Der Wortlaut des § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO verlange lediglich, dass der Bund einen „angemessenen Einfluss“ erhält.219 Soweit dieser Einfluss gesichert sei und den Anforderungen des Demokratieprinzips genügt werde, bestehe kein Vorrang der GmbH gegenüber der AG.220 Soweit diese Einflussmöglichkeiten in der AG nicht gegeben sind, sei die Wahl dieser Rechtsform nicht nachrangig, sondern vielmehr unzulässig.221 Vertretern des Vorrangs der GmbH ist zuzugestehen, dass die die GmbH im Vergleich zur AG grundsätzlich mehr Steuerungsmöglichkeiten durch ihren Anteilsinhaber zulässt. Gleichwohl ergibt sich aus dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO kein Vorrang der GmbH gegenüber der AG. Auch in Verbindung mit dem Demokratieprinzip resultiert aus § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO kein derartiger Vorrang, da aus der Verfassung keine derart konkrete Vorgabe folgt. Der Begriff „angemessener Einfluss“ ist abstrakt und eröffnet dem Bund einen weiten Spielraum, inwieweit er sich Steuerungsmöglichkeiten in einer privaten Unternehmensform einräumt. Dieser Spielraum würde beschnitten, soweit man den Bund stets auf die GmbH verweist. Obwohl bereits mehrere Kommunalordnungen die Subsidiarität der AG geregelt 212

Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 34. Schmidt, ZGR 1996, 345, 358. 214 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 33. 215 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 33. 216 BVerwG, Urt. v. 31. 08. 2011 – 8 C 16/10; NZG 2011, 1381; Altmeppen, NJW 2011, 3735; 3737; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 33. 217 BVerwG, Urt. v. 31. 08. 2011 – 8 C 16/10; NZG 2011, 1381, Rn. 28. 218 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 11, Kautzsch, in: Heuer/Scheller, Haushaltsrecht, 2018, § 65 Rn. 26. 219 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 11. 220 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 11. 221 Wernsmann, in: Gröpl, BHO, 2. Aufl. 2019, § 65 Rn. 11. 213

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

haben, ist der Bundesgesetzgeber dahingehend bislang untätig geblieben.222 Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber keinen Vorrang der GmbH normieren will. Vielmehr soll der Bund in jedem Einzelfall in den Grenzen des § 65 BHO frei entscheiden, welche Rechtsform er favorisiert. Die nach dem Demokratieprinzip notwendigen Kontroll- und Einwirkungsrechte können auch bei der AG gewahrt werden. Beispielsweise kann mittels etwaiger Zustimmungsvorbehalte, der Besetzung der jeweiligen Organe und umfangreicher Berichtspflichten der Aufsichtsratsmitglieder angemessen auf die Unternehmenstätigkeit einer AG Einfluss genommen werden. Soweit der Bund einen angemessenen Einfluss erlangt, gibt es keinen Grund für einen Vorrang der GmbH, da der Zweck der effektiven Verfolgung des öffentlichen Zwecks auch bei einer AG hinreichend gewahrt wird. 4. Besondere Anforderungen an Jahresabschluss und Lagebericht Schließlich muss nach § 65 Abs. 1 Nr. 4 BHO grundsätzlich gewährleistet sein, dass der Jahresabschluss einschließlich eines Lageberichts entsprechend den §§ 264 ff. HGB aufgestellt wird und gemäß §§ 316 ff. HGB geprüft werden kann.223

IV. Landesrechtliche Voraussetzungen für eine staatliche Beteiligung Auf landesrechtlicher Ebene bestehen dem § 65 BHO entsprechende Vorgaben für die Gründung eines privatrechtlichen Unternehmen sowie die Beteiligung an einem solchen.224 Die dem § 65 BHO entsprechenden Landesvorschriften225 beruhen im Wesentlichen auf der Vorschrift des § 67 Abs. 1 DGO vom 30. Januar 1935.226 § 67 Abs. 1 DGO regelte die Voraussetzungen für eine Errichtung eines wirtschaftlichen Unternehmens durch die Gemeinde. Diese Vorschrift hatte folgenden Wortlaut: „(1) Die Gemeinde darf wirtschaftliche Unternehmen nur errichten oder wesentlich erweitern, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt, 222 Kommunalordnungen, welche die Subsidiarität der AG geregelt haben: § 103 Abs. 2 GemO BW; § 122 Abs. 3 HGO; § 108 Abs. 4 GemO NRW, § 87 Abs. 2 GemO RhPf, § 96 Abs. 2 SächsGemO. 223 v. Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 65 Rn. 11. 224 Vgl. beispielsweise § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GemO BW. 225 Beispielsweise § 102 GemO. 226 Hennecke, in: Krautscheid, Die Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von europäischem Wettbewerb und Gemeinwohl, 2009, S. 20 f.; BVerfG, Beschl. v. 08. 07. 1982 – 2 BvR 1187/80, NJW 1982, 2173, 2175).

A. Ingerenzpflichten und Eingangskontrolle

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das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht, der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.“

Diese Vorschrift wurde aufgrund der Erfahrungen der kommunalen Wirtschaftstätigkeit in der Weimarer Republik geschaffen.227 Denn die rein erwerbswirtschaftliche Betätigung der Kommunen verlief während der Weimarer Republik aufgrund fehlender Kompetenz oft erfolglos, sodass der Gesetzgeber Handlungsbedarf sah und in der Folge den § 67 DGO schuf.228 1. Voraussetzungen für eine staatliche Beteiligung gemäß § 103 GemO BW Die landesrechtlichen Vorgaben sind im Vergleich zu § 65 BHO teilweise strenger. Während § 65 Abs. 1 BHO eine Soll-Vorschrift ist, ist der Wortlaut des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 5 GemO BW verpflichtend. Gemäß § 103 Abs. 1 muss die Gemeinde fünf Voraussetzungen erfüllen, um sich an einem Unternehmen in einer Rechtsform des Privatrechts zu beteiligen oder ein solches zu errichten. Erstens muss das anvisierte Unternehmen im Stande sein, seine Aufwendungen nachhaltig zu mindestens 25 % mit Umsatzerlösen zu decken, § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO BW. Zweitens muss im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung sichergestellt sein, dass der öffentliche Zweck des Unternehmens erfüllt wird, § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GemO BW. Dies ist eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips. Drittens bedarf es auch hier eines angemessenen Einflusses der Gemeinde, insbesondere im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens, § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GemO BW. Viertens muss die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt sein, § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GemO BW. Schließlich muss die Gemeinde bei Beteiligungen von mehr als 50 % sicherstellen, dass den besonderen Rechnungslegungsanforderungen gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GemO BW entsprochen wird. Darüber hinaus normiert § 103 Abs. 3 GemO BW bei Beteiligungen der Kommune mit einem Anteil von über 50 %, dass die Gemeinde dieses Unternehmen so zu steuern und zu überwachen hat, dass der öffentliche Zweck nachhaltig erfüllt und das Unternehmen wirtschaftlich geführt wird. Bei geringeren Beteiligungen hat die Gemeinde lediglich auf die vorgenannten Ziele hinzuwirken. Aus § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Abs. 3 GemO BW wird bei Beteiligungen von über 50 % infolge der umfassenden Transparenz- und Prüfungspflichten die starke Regulierung von Beteiligungen der Kommunen an privatrechtlichen Unternehmen 227

Hennecke, in: Krautscheid, Die Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von europäischem Wettbewerb und Gemeinwohl, 2009, S. 20 f. 228 Hennecke, in: Krautscheid, Die Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von europäischem Wettbewerb und Gemeinwohl, 2009, S. 20 f.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

deutlich. Zusammenfassend legt der Landesgesetzgeber den Gemeinden umso mehr Pflichten auf, je höher deren Beteiligung ist. Dies lässt sich mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen aus dem Demokratieprinzip begründen.229 2. Vorrang der GmbH, § 103 Abs. 2 GemO BW Die Gründung einer AG sowie die Beteiligung an dieser ist nach § 103 Abs. 2 GemO BW nur zulässig, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erfüllt werden kann. Aufgrund dieser Subsidiarität der AG und der notwendigen Haftungsbegrenzung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GemO BW wird in der Praxis auf Landesebene zumeist die Rechtsform der GmbH gewählt.230 Dies entspricht auch dem Willen des Landesgesetzgebers ausweislich der Gesetzesbegründung.231 Grund für diese Subsidiarität ist die fehlende Dispositionsbefugnis über die einzelnen Kompetenzen von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung gemäß § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG.232 Nach Auffassung des Landesgesetzgebers seien daher die Möglichkeiten der Gemeinde, den öffentlichen Zweck effektiv zu verfolgen, begrenzt.233 Insgesamt bestehen also auf landesrechtlicher Ebene im Vergleich zu § 65 BHO strengere Vorgaben für eine Beteiligung an einem privatrechtlichen Unternehmen

V. Ergebnis Zusammenfassend hat der Staat im Vorfeld seiner Beteiligung durch die Eingangskontrolle sicherzustellen, dass ihm hinreichende Kontroll- und Einwirkungsrechte eingeräumt werden. Ansonsten verletzt er seine verfassungsrechtlichen Ingerenzpflichten. Das erforderliche Maß an Kontroll- und Einwirkungsrechten wird durch die bundesgesetzlichen und landesrechtlichen Vorschriften teilweise präzisiert. Danach ist insbesondere ein ausreichender Einfluss des Staates auf den Aufsichtsrat entscheidend. Zudem folgt aus den landesrechtlichen Regelungen vereinzelt ein Vorrang der GmbH gegenüber der AG.

229 230

Rn. 3. 231

Vgl. Kap. 1 A. II. 3. Müller, in: BeckOK KommR BW, Dietlein/Pautsch, 6. Edition 2019, § 103 GemO

LT-Drs. 12/4055, S. 29. Müller, in: BeckOK KommR BW, Dietlein/Pautsch, 6. Edition 2019, § 103 GemO Rn. 27. 233 LT-Drs. 12/4055, S. 29. 232

B. Betätigung des Staates in privatrechtlichen Unternehmensformen

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B. Geltung des Gesellschaftsrechts bei der Betätigung des Staates in privatrechtlichen Unternehmensformen Soweit sich der Staat der privatrechtlichen Unternehmensformen bedient, ist fraglich, ob für diese unternehmerische Betätigung allein das Gesellschaftsrecht gilt oder vielmehr eine Modifikation des Gesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht stattzufinden hat. Diese Frage kommt vor allem im Zusammenhang mit staatlichem Sonderrecht im Gesellschaftsrecht auf. Durch das Sonderrecht schafft sich der Staat beispielsweise im Gesellschaftsrecht besondere einseitige Vorteile. Die §§ 394, 395 AktG stellen staatliches Sonderrecht dar.234 Daneben sind vor allem die sog. „Golden Shares“, welchen im Zuge des „VW-Gesetzes“ große Aufmerksamkeit zuteil wurde, bekanntes staatliches Sonderrecht.235 Die Diskussion um eine Modifikation des Gesellschaftsrechts flammt dann auf, wenn Gesellschaftsrecht zugunsten des Staates aufgrund öffentlich-rechtlicher Wertungen geändert werden soll. Diese Diskussion hat infolge eines Urteils des BVerfG vom 07. 11. 2017 an Aktualität gewonnen, da in dieser Entscheidung auf das Verhältnis zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem öffentlichen Recht eingegangen wurde.236

I. These vom Verwaltungsgesellschaftsrecht (Modifikation des Gesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht) In der öffentlich-rechtlichen Literatur wird teilweise die These vom „Verwaltungsgesellschaftsrecht“ vertreten.237 In der frühesten und auch extremsten Variante wurde vertreten, dass die AG durch die „öffentliche Indienstnahme“238 und die „öffentliche Widmung“239 zu einer staatlichen Institution werde und allein dem öffentlichen Recht unterliege.240 Diese extreme Ansicht wird nicht mehr vertreten. Nunmehr soll lediglich das Gesellschaftsrecht durch das öffentliche Recht modifi-

234

Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C 112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942. 236 Vgl. Katz, NVwZ 2018, 1091, 1092; Schmolke, WM 2018, 1923, 1915; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 14 ff. 237 Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 253; v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 622. 238 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 18. 239 Ballerstedt, DÖV 1951, 449, 452. 240 Ipsen, JZ 1955, 593, 598; Ballerstedt, DÖV 1951, 449, 452; Quack, DVBl. 1965, 345, 348. 235

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

ziert werden.241 Denn das Gesellschaftsrecht sei aufgrund der verfassungsrechtlichen Ingerenzpflichten gerade in Fällen der staatlichen Mehrheitsbeteiligung und Eigengesellschaft verfassungskonform auszulegen.242 Es könne nicht sein, dass das Gesellschaftsrecht zur „unantastbaren Rechtsordnung“ erklärt werde und dadurch die „verfassungsrechtlichen Bindungen“ nicht mehr zu berücksichtigen seien.243 Das Verwaltungsgesellschaftsrecht „konkretisiere“244 insoweit das anerkannte Verwaltungsprivatrecht im Bereich des Gesellschaftsrechts.245 Im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts ist die Rspr. sich einig, dass soweit die öffentliche Hand sich zur Aufgabenwahrnehmung privater Rechtsformen bedient, die Normen des Privatrechts durch das öffentliche Recht „ergänzt, überlagert und modifiziert“ werden.246 Dies gelte auch für das Verwaltungsgesellschaftsrecht.247 Auch spräche die Entstehung des AktG 1965 für das Verwaltungsgesellschaftsrecht.248 Denn aus den Beratungen zum AktG 1965 werde deutlich, dass die aktienrechtlichen Regelungen nur im Falle der Minderheitsbeteiligung des Staates mit erwerbswirtschaftlichem Zweck als abschließend angesehen wurden.249 Dies ergebe sich daraus, dass der Vertreter des BMJ in den Beratungen zu Protokoll gab, dass die verlangten Sonderrechte für den Staat erheblich über das Recht der Aktionärsminderheit hinausgingen, eine Sonderprüfung zu beantragen und sich daher solche Sonderrechte nur bei einer Mehrheitsbeteiligung des Staates vertreten lassen.250 Deshalb treffe das AktG keine Regelung hinsichtlich der Mehrheitsbeteiligung bzw. der Eigengesellschaft des Staates.251 1. Konkrete Modifikationen des Gesellschaftsrechts infolge des Verwaltungsgesellschaftsrechts Um den verfassungsrechtlichen Ingerenzpflichten in Form der Kontroll- und Einwirkungspflichten gerecht zu werden, solle beispielsweise im Falle der Eigengesellschaft die Weisung der Gebietskörperschaft gegenüber dem Vorstand und dem 241 Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 252; v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 620 ff.; Haverkate, VVDStRL Bd. 46 (1988), 217, 226 ff.; Stober, NJW 1984, 449, 455; Schuppert, ZGR 1992, 454, 468; Ossenbühl, ZGR 1996, 516 ff. 242 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 18. 243 Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 253. 244 Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 253. 245 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 617; Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 253. 246 BGH, Urt. v. 05. 04. 1984 – III ZR 12/83, NJW 1985, 197, 200. 247 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 617; Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 253. 248 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 618 f. 249 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 618. 250 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 618. 251 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 618 f.

B. Betätigung des Staates in privatrechtlichen Unternehmensformen

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entsandten Aufsichtsratsmitglied zulässig sein.252 Zusätzlich soll eine Berichtspflicht der jeweiligen entsandten Aufsichtsratsmitglieder aus den Ingerenzpflichten des Staates resultieren, da nur auf ausreichender Informationsgrundlage eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung möglich sei.253 Unabhängig von etwaigen Regelungen im GmbHG und dem AktG soll zudem kraft öffentlichem Recht die jederzeitige Abberufung der Leitungsorgane möglich sein.254 Daneben seien die Mitbestimmungsregelungen bezüglich der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat in Fällen der Eigengesellschaften nicht anzuwenden.255 Dies wird damit begründet, dass die Arbeitnehmervertreter nicht personell demokratisch legitimiert seien. Deshalb verletze die Anwendung der Mitbestimmungsregelungen bei Eigengesellschaften das Demokratiegebot.256 2. Modifikation des Gesellschaftsrechts durch landesrechtliche Bestimmungen Auch landesrechtliche Bestimmungen sollen aufgrund des Ingerenzprinzips zu einer Modifikation des Gesellschaftsrechts führen.257 Art. 31 GG stehe dem nicht entgegen.258 Denn es bestünde kein Konflikt zwischen Bundes- und Landesrecht sondern zwischen dem Zivilrecht und dem öffentlichen Recht.259 Dieser Konflikt habe seine Grundlage nicht in der Normenhierarchie, sondern vielmehr darin, dass zivilrechtliche Regelungen (Mitbestimmungsregelungen) in einem Bereich angewendet werden, für welchen sie nicht geschaffen wurden.260 3. Kritik an der These des Verwaltungsgesellschaftsrechts Gegen die These des Verwaltungsgesellschaftsrechts lässt sich anführen, dass die öffentliche Hand ihren verfassungsrechtlichen Bindungen bereits im Rahmen der Eingangskontrolle hinreichend nachkommen kann.261 Eine Überlagerung des Gesellschaftsrechts ist daher grundsätzlich nicht notwendig. Eine Modifikation des Gesellschaftsrechts würde zudem zu einer Schlechterstellung der privaten Anleger 252 Huber/Fröhlich, FS Coester-Waltjen, 2015, 1127, 1133; v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 625 ff.; Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982, S. 252. 253 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 624 f. 254 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 624 f. 255 Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 516; Becker, ZögU 24 (2001), 1, 18. 256 So Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 516. 257 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 616 ff.; Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463, 466; ders., GS Tettinger 2007, 295, 301; Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 512 f. 258 Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 512. 259 Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 512 f.; v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 616. 260 Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 513. 261 So auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 63.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

führen, da die öffentlich-rechtlichen Wertungen regelmäßig zugunsten der Gebietskörperschaft greifen würden.262 Der BGH hat jedoch entschieden, dass außerhalb des normierten Sonderrechts eine Sonderbehandlung des Staates als Aktionär wegen der daraus folgenden Schlechterstellung abzulehnen sei.263 Das BVerfG hat klargestellt, dass man aus der Verfassung, also insbesondere dem Demokratie- und dem Rechtsstaatsprinzip, keine bestimmten Einwirkungsrechte ableiten könne.264 Konkrete Modifikationen wie eine Weisungsbefugnis der Gebietskörperschaft können daher nicht auf die Verfassung gestützt werden.265 Gegen die These des Verwaltungsgesellschaftsrecht spricht auch der Gesetzgeberwille. Die These des Verwaltungsgesellschaftsrechts wurde bereits 1982 ausführlich von Kraft dargestellt.266 Dennoch hat der Gesetzgeber keine der vorgeschlagenen Modifikationen des Verwaltungsgesellschaftsrechts, wie beispielsweise die Weisung der Gebietskörperschaft gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied oder die Nichtanwendung der Mitbestimmungsregelungen auf bundesgesetzlicher Ebene umgesetzt. Auch systematisch überzeugt die Konstruktion des Verwaltungsgesellschaftsrechts als Konkretisierung des Verwaltungsprivatrechts nicht. Denn während das Verwaltungsprivatrecht das Außenverhältnis zwischen dem Staat und den einzelnen Grundrechtsträgern betrifft, soll das Verwaltungsgesellschaftsrecht das Innenrecht der einzelnen privatrechtlichen Unternehmensformen modifizieren.267 Soweit man der These des Verwaltungsgesellschaftsrechts folgt, entstehen zudem Unklarheiten über den Umfang dieser Modifikation. Beispielsweise könnte man in Fällen, in denen der öffentlichen Hand für einen bestimmten Zweck nicht die passende private Rechtsform zur Verfügung steht, einen Anspruch der Gebietskörperschaft auf Schaffung einer solchen Rechtsform diskutieren. Ein solcher Anspruch ist aber gesetzlich nicht vorgesehen.268 Überdies hinkt das historische Argument der Vertreter des Verwaltungsgesellschaftsrechts, dass der Gesetzgeber des AktG 1965 lediglich die Minderheitsbeteiligung der öffentlichen Hand vor Augen hatte.269 Als Begründung für diese These wird lediglich das Kurzprotokoll von Herrn Prof. Dr. Geßler angeführt.270 Falls der Gesetzgeber allein die Minderheitsbeteiligung der öffentlichen Hand regeln wollte, 262

So auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 64. BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, NJW 1978, 104, 105; zustimmend VGH Kassel, Urt. v. 09. 02. 2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35, 37. 264 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 222. 265 So bereits Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 19. 266 Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982. 267 So auch Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 461, 478; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 20. 268 So auch Püttner, DVBl. 1986, 748, 751 für die Gemeinde. 269 So aber v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 618. 270 v. Danwitz, AöR Bd. 120 (1995), 595, 618. 263

B. Betätigung des Staates in privatrechtlichen Unternehmensformen

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so hätte er dies in dem Gesetzeswortlaut der Sondervorschriften oder in den Beratungen ausdrücklich kundgetan. Die Überschrift der Sondervorschriften §§ 394, 395 AktG spricht jedoch abstrakt von „Beteiligung“, was sowohl die Minderheitsals die Mehrheitsbeteiligung umfasst. Auch finden sich hinsichtlich einer Einschränkung auf die Minderheitsbeteiligung keine Anhaltspunkte im Ausschussbericht zu den §§ 394, 395 AktG.271 Zudem erscheint es fernliegend, dass die Mehrheitsbeteiligung oder gar die Eigengesellschaft des Staates nicht von den §§ 394, 395 AktG erfasst sein sollte, da deren Anwendungsbereich ansonsten nur die Minderheitsbeteiligung umfassen würde. Auch die Argumentation, dass Art. 31 GG im Falle der Kollision von Kommunalund Gesellschaftsrecht keine Wirkung entfalten würde, überzeugt nicht. Das bundesgesetzliche Gesellschaftsrecht bricht das Kommunalrecht gemäß Art. 31 GG.272 Soweit die Vertreter des Verwaltungsgesellschaftsrechts Art. 31 GG außer Betracht lassen wollen, da es um Wertungen des Zivilrechts und des öffentlichen Rechts gehe,273 liegt darin ein Verstoß gegen die Normenhierarchie.

II. These vom Vorrang des Gesellschaftsrechts Die gesellschaftsrechtliche Literatur lehnt die These des Verwaltungsgesellschaftsrecht ab und geht überwiegend von einem Vorrang des Gesellschaftsrechts aus.274 Demnach werde das Gesellschaftsrecht nicht durch öffentliches Recht modifiziert, sondern gelte isoliert.275 Auch auf der Ebene der Bundesgesetze komme dem Gesellschaftsrecht gegenüber dem öffentlichen Recht alleinige Geltung zu.276 Denn sofern sich die öffentliche Hand der Formen des Gesellschaftsrechts bediene, sei sie auch umfassend an deren gesetzliche Regelungen gebunden.277 Beispielsweise gelten bei einer hoheitlichen Beteiligung an einer AG somit uneingeschränkt die Vorschriften des AktG. Die von Gebietskörperschaften entsandten Aufsichtsratsmitglieder haben vorrangig die Interessen der Gesellschaft und nicht das öffentliche 271

Vgl. Ausschußbericht zu §§ 394, 395, Kropff, AktG 1965, S. 496. So auch Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2a; Engellandt, Die Einflußnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, 1995, S. 23. 273 Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 512. 274 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 62 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2a ff.; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 17 ff.; Kiethe, NZG 2006, 45, 48. 275 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 62 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 2a ff.; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 17 ff.; Kiethe, NZG 2006, 45, 48. 276 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 63; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 17. 277 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 63; Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, 2000, S. 260. 272

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

Interesse zu wahren.278 Die staatlichen Einwirkungs- und Kontrollrechte bestimmen sich allein nach dem Gesellschaftsrecht.279 Etwaige Sonderrechte der öffentlichen Hand müssen dieser kraft gesellschaftsrechtlicher Regelung oder entsprechender Satzungsregelung zugewiesen werden.280 Soweit die verfassungsrechtlich gebotenen Kontroll- und Einwirkungsrechte nicht bestünden, müsse die öffentliche Hand sich einer anderen privaten Rechtsform bedienen.281

III. Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 Das BVerfG hat sich im Urteil vom 07. 11. 2017 zum Verhältnis zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem öffentlichen Recht geäußert. In der Entscheidung ging es um ein Organstreitverfahren zwischen der Bundesregierung (Antragsgegner) und einzelnen Abgeordneten sowie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen (Antragsteller). Streitgegenstand war, dass die Bundesregierung unter anderem unter Verweis auf die §§ 116, 395 AktG die Antwort auf parlamentarische Fragen zu der Deutschen Bahn AG verweigert hatte.282 Die Fragen bezogen sich auf ein Gutachten zum Projekt „Stuttgart 21“, auf Zugverspätungen sowie deren Ursachen und etwaiger Vereinbarungen zu Investitionen betreffend der Schieneninfrastruktur.283 Die Antragsteller sahen das Recht des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten auf erschöpfende und öffentliche Anfragen aus Art. 38 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG durch die Antwortverweigerung der Bundesregierung verletzt.284 Für die vorliegende Arbeit sind vor allem zwei Aussagen des BVerfG von Bedeutung. Zum einen hat das BVerfG entschieden, dass die einfachgesetzlichen Verschwiegenheitspflichten des Aktienrechts nicht das verfassungsrechtlich garantierte parlamentarische Frage- und Informationsrecht aus Art. 38 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG beschränken können.285 Das Verfassungsrecht gelte also vorrangig gegenüber dem Gesellschaftsrecht. Zum anderen hat sich das BVerfG zu den Ingerenzpflichten in Fällen der Eigengesellschaften und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung geäußert. Nach dem BVerfG richten sich die Anforderungen an die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation bei öffentlichen Unternehmen unter anderem nach der Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder, die vom Staat entsandt wurden.286 Die 278 279 280 281 282 283 284 285 286

BGH, Urt. v. 29. 01. 1962 – II ZR 1/61, NJW 1962, 864, 866. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, 2000, S. 261. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, 2000, S. 261. Püttner, DVBl. 1986, 748, 751. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 20. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 1, 17. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 47. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 213. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 223.

B. Betätigung des Staates in privatrechtlichen Unternehmensformen

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Aufsichtsratsmitglieder einer AG sind jedoch auch in öffentlichen Unternehmen weiterhin dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet und grundsätzlich nicht weisungsgebunden.287 Somit kann die Aufgabenwahrnehmung mittels privater Unternehmensformen ein „Kontroll-, Steuerungs- und Legitimationsdefizit“ zur Folge haben.288 Das BVerfG stellt fest, dass auch in Fällen dieser Defizite das Gesellschaftsrecht nicht an die Steuerungserfordernisse des Staates anzupassen sei.289 Daher habe die öffentliche Hand die private Unternehmensform zu wählen, welche ihr hinreichende Kontroll- und Einwirkungsbefugnisse ermöglicht.290 Somit lässt das BVerfG einerseits das Gesellschaftsrecht aufgrund vorrangigen Verfassungsrechts außer Acht und es stellt andererseits fest, dass das Gesellschaftsrecht nicht an die Steuerungsbedürfnisse des Staates anzupassen sei.

IV. Lösungsansatz Die Deutungen der Entscheidung des BVerfG unterscheiden sich erheblich. Teilweise wird das Urteil als Bestätigung des Vorrangs des Gesellschaftsrechts verstanden.291 Andererseits wird das Urteil als Bestätigung der These der Modifikation des Gesellschaftsrechts durch das Verfassungsrecht gesehen.292 Somit bedarf es der Klärung, welche Rückschlüsse sich aus dem Urteil für die hier geführte Diskussion ergeben und ob ein Lösungsansatz erarbeitet werden kann. 1. Grundsätzlich keine Modifikation des Gesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht Nach dem BVerfG findet keine Anpassung des Gesellschaftsrechts aufgrund öffentlich-rechtlicher Steuerungsbedürfnisse statt.293 Den Staat trifft also eine umfassende Eingangskontrolle zur Sicherstellung der notwendigen Kontroll- und Einwirkungsrechte aufgrund seiner Ingerenzpflicht.294 Die Begründung des BVerfG für die notwendigen Kontroll- und Einwirkungsrechte unter Verweis auf das Demokratieprinzip deckt sich mit der Begründung der Vertreter, die eine Modifizierung des Gesellschaftsrechts aufgrund des Verfas-

287 288 289 290 291 292 293 294

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. Kersting, WPg 2018, 392, 394; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 16. Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. In diesem Sinne auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 16.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

sungsrechts fordern.295 Zudem führt das BVerfG aus, dass sich die Regierung ihrer Verantwortung nicht unter Verweis auf unzureichende Einwirkungsbefugnisse entziehen kann.296 Darüber hinaus finden die §§ 394, 395 AktG aufgrund des verfassungsrechtlich statuierten parlamentarischen Frage- und Informationsrechts keine Anwendung.297 Diese Ausführungen werden teilweise als Bestätigung der These, dass das öffentliche Recht das Gesellschaftsrecht modifizieren müsse, verstanden.298 Dennoch sind diese Ausführungen des BVerfG keine Hinwendung zu einer Modifikation des Gesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht.299 Das BVerfG hat mittels des Demokratieprinzips lediglich die Ingerenzpflichten näher dargelegt und damit die Bedeutung der Eingangskontrolle verdeutlicht. Die Feststellung des BVerfG, dass die Regierung sich nicht unter Verweis auf unzureichende Einwirkungsbefugnisse ihrer Verantwortung entziehen kann, zeigt lediglich, dass der Staat zur Korrektur unzureichender Kontroll- und Einwirkungsbefugnisse verpflichtet ist.300 Auch die Ausführung des BVerfG, dass sich die Bundesregierung nicht auf die einfachgesetzlichen §§ 394, 395 AktG zur Antwortverweigerung berufen könne, da das parlamentarische Frage- und Informationsrecht aus Art. 20 Abs. 2 S. 2 und Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG folge, hat keine Modifikation des Gesellschaftsrechts zur Folge.301 Das BVerfG adressiert damit allein die Bundesregierung. Diese Ausführung des BVerfG betrifft daher nicht unmittelbar die Pflichten des staatlichen Vertreters im Aufsichtsrat einer AG.302 Somit modifiziert das BVerfG in der Entscheidung nicht das Gesellschaftsrecht, sondern behandelt lediglich die verfassungsrechtlichen Pflichten der Bundesregierung unter Verweis auf die Normenhierarchie.303 2. Salomonische Lösung: Vorrang des Gesellschaftsrechts, gleichwohl verfassungskonforme Auslegung im Ausnahmefall In einer Gesamtschau versucht das BVerfG eine salomonische Lösung zu schaffen. Einerseits legt das BVerfG der öffentlichen Hand eine umfassende Eingangskontrolle auf, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen. Andererseits betont das BVerfG entsprechend der These des Vorrangs des Gesellschaftsrechts, dass das Gesellschaftsrecht auch bei „Kontroll-, Steuerungs- und 295

Vgl. Huber/Fröhlich, FS Coester-Waltjen, 2015, 1127, 1132 ff.; BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219 ff. 296 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. 297 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 213. 298 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1092; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527; Mann, AG 2018, 57, 63. 299 So auch Kersting, WPg 2019, 392, 394; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 15 ff. 300 So auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 17. 301 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 213. 302 So auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 16; Kersting, WPg 2019, 392, 394; Lutter/Krieger/ Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 7. Aufl. 2020, § 20 Rn. 1434. 303 So auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 16.

B. Betätigung des Staates in privatrechtlichen Unternehmensformen

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Legitimationsdefiziten“ nicht an die „Steuerungsbedürfnisse des Staates als Anteilseigner“ anzupassen sei.304 Im Ergebnis obliegt es allein der öffentlichen Hand, für entsprechende Einwirkungs- und Kontrollrechte mittels der gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien zu sorgen.305 Damit folgt das BVerfG grundsätzlich der These des Vorrangs des Gesellschaftsrechts. Gleichwohl ist aus den Ausführungen des BVerfG zu schließen, dass eine verfassungskonforme Auslegung einzelner gesellschaftsrechtlicher Vorschriften nicht ausgeschlossen ist.306 Das BVerfG hat ausdrücklich offengelassen, ob möglicherweise eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG notwendig sei.307 Soweit das BVerfG schon im Grunde eine verfassungskonforme Auslegung des Gesellschaftsrecht ablehnen würde, hätte es dies kundgetan. Zudem ist kein Grund ersichtlich, warum das Gesellschaftsrecht einer verfassungskonformen Auslegung absolut verschlossen sein sollte, da auch gegenüber dem Gesellschaftsrecht der Vorrang der Verfassung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gilt.308 Das BVerfG wollte mit seiner Aussage, dass das Gesellschaftsrecht nicht an die Bedürfnisse des staatlichen Anteilseigners anzupassen ist, daher nicht das Aktienrecht von jeglichen Einflüssen des Verfassungsrechts freistellen. Für diesen Lösungsansatz spricht insbesondere, dass das BVerfG die Bedeutung der Kontrollfunktion des Parlaments für das Demokratieprinzip und den Gewaltenteilungsgrundsatz betont und eine Einschränkung durch die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten abgelehnt hat.309 Es spricht daher mehr dafür, dass das BVerfG im Falle einer Kollision der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten mit der parlamentarischen Kontrollfunktion zu einer verfassungskonformen Auslegung des Aktienrechts neigt. Die verfassungskonforme Auslegung beruht auf der Vermutung, dass ein Gesetz grundsätzlich verfassungsgemäß ist.310 Daher ist ein Gesetz im Zweifel so auszulegen, dass es mit dem Grundgesetz vereinbar ist.311 Die verfassungskonforme Auslegung ist nur möglich, wenn die Norm zumindest nach einer der Auslegungsmethoden, also nach ihrem Wortlaut, ihrer Historie, dem Gesamtzusammenhang

304

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. So auch: Koch, ZHR 183 (2019), 7, 16 f. 306 So auch Kersting, WPg, 2018, 392, 396; Schall, in: BeckOGK, Stand: 01. 07. 2020, § 394 Fußnote 15. 307 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 296. 308 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 20. 309 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 196 f.; 214. 310 BVerfG, Beschl. v. 07. 05. 1953 – 1 BvL 104/52 – BVerfGE 2, 266, 282; Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 60 f. 311 BVerfG, Beschl. v. 07. 05. 1953 – 1 BvL 104/52 – BVerfGE 2, 266, 282; Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 60 f.; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400; Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Einführung Rn. 52. 305

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

oder dem Telos mit den GG vereinbar ist.312 Das Ergebnis der Auslegung darf nicht dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers widersprechen.313 Das verfolgte gesetzgeberische Ziel darf nicht „verfehlt“ oder „verfälscht“ werden.314 Die verfassungskonforme Auslegung ist restriktiv anzuwenden.315 Das heißt, dass die verfassungskonforme Auslegung des Gesellschaftsrechts nur in Ausnahmefällen erfolgen darf. Der Staat muss sich also weiterhin im Rahmen der Eingangskontrolle hinreichende Kontroll- und Einwirkungsbefugnisse sichern. Eine fehlerhafte Eingangskontrolle soll grundsätzlich nicht nachträglich durch eine verfassungskonforme Auslegung korrigiert werden können. Folglich gilt grundsätzlich der Vorrang des Gesellschaftsrechts. Lediglich in Ausnahmefällen kommt eine verfassungskonforme Auslegung der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in Betracht. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn die gesellschaftsrechtliche Norm ansonsten nicht mit der Verfassung vereinbar wäre.

C. Fehlerhafte Eingangskontrolle Sofern der Staat im Vorfeld seiner Beteiligung der Eingangskontrolle nicht hinreichend nachgekommen ist und damit nur unzureichende Einwirkungs- und Kontrollbefugnisse bestehen, sind die daraus folgenden Konsequenzen unklar.

I. Pflicht der öffentlichen Hand zur Korrektur der Einwirkungsbefugnisse 1. Nachträgliche Korrektur der Einwirkungsbefugnisse bei der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung In Fällen der Eigengesellschaft und der staatlichen Mehrheitsbeteiligung hat das BVerfG festgestellt, dass sich der Staat nicht seiner Verantwortung entziehen kann, indem er auf die fehlenden Einflussmöglichkeiten hinweist316 Daraus kann im Umkehrschluss gezogen werden, dass der Staat nachträglich zur Korrektur seiner Kontroll- und Einwirkungsrechte verpflichtet ist, um das jeweilige Defizit zu be-

312 BVerfG, Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 61; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 313 BVerfG, Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 61; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 314 BVerfG, Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 315 Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Einführung Rn. 55. 316 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225.

C. Fehlerhafte Eingangskontrolle

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seitigen.317 Das BVerfG betont, dass beispielsweise in einer AG aufgrund der Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats Steuerungsdefizite eintreten können. Soweit der Staat alleiniger Anteilsinhaber ist oder eine Mehrheitsbeteiligung hält, die ihm eine Dreiviertelmehrheit auf der Hauptversammlung i.S.d. § 179 Abs. 2 AktG ermöglicht, kann er unproblematisch entsprechende Satzungsänderungen anstrengen. Anzuraten ist die Schaffung eines umfangreichen Zustimmungskatalogs für die Hauptversammlung als auch für den Aufsichtsrat in der Satzung, §§ 111 Abs. 4, S. 2, 119 Abs. 1 AktG. Ferner sind ausführliche Berichtspflichten der Gesellschaftsorgane zugunsten der öffentlichen Hand in der Satzung zu regeln. Möglich ist auch eine Umwandlung in eine Rechtsform, welche eine ausreichende Einflussnahme ermöglicht. Hierzu bietet sich die GmbH an, welche ein Weisungsrecht wegen § 37 GmbHG unproblematisch zulässt. 2. Mehrheitsbeteiligung ohne qualifizierte Beschlussmehrheit und Minderheitsbeteiligung Die nachträgliche Korrektur der Einwirkungsbefugnisse wird jedoch schwer umzusetzen sein, soweit die öffentliche Hand nicht das notwendige qualifizierte Beschlussquorum für entsprechende Satzungsänderungen erreicht. Dies Fall wird insbesondere bei Minderheitsbeteiligungen eintreten. Wie bereits oben erwähnt, ist das Demokratiegebot auch bei der Minderheitsbeteiligung zu beachten.318 In der Folge muss der Staat bei einer Minderheitsbeteiligung ebenfalls Kontroll- und Einwirkungsrechte vorweisen können, wenn auch in geringerem Maße. Nach dem BVerfG liegt es im alleinigen Verantwortungsbereich des Staates, für entsprechende Kontrollinstrumente zu sorgen.319 Somit kann sich der Staat im Falle nicht ausreichender Einwirkungsbefugnisse nicht auf eine etwaige fehlende Beschlussmehrheit berufen. Fraglich ist, wie der Staat die zusätzlichen Befugnisse gegenüber etwaigen anderen Anteilsinhabern in einem solchen Fall durchsetzen kann. In Betracht kommt, dass sich der Staat gegenüber den übrigen Anteilseignern auf seine verfassungsrechtliche Pflicht beruft. Eine Pflicht des Unternehmens bzw. der anderen Anteilsinhaber an der Schaffung dieser staatlichen Einwirkungsrechte mitzuwirken, hat das BVerfG nicht aufgestellt. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die übrigen Anteilseigner zur Mitwirkung an der nachträglichen Korrektur der Einwirkungsbefugnisse gezwungen werden sollten. Die öffentliche Hand kann nicht ihre fehlenden Einwirkungs- und Kontrollrechte als Instrument gebrauchen, um sich unter Durchbrechung des Gesellschaftsrechts zu Lasten der privaten Anteilseigner nachträglich besondere Befugnisse einzuräumen. Denn laut dem BVerfG trifft 317 318 319

So auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 17. Vgl. Kap. 1 A. II. 3 d). BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225.

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Kap. 1: Die Beteiligung der öffentlichen Hand

die Verantwortlichkeit für ausreichende Einwirkungsbefugnisse allein den Staat.320 Der Staat muss sich der gesellschaftsrechtlichen vorgesehenen Instrumente bedienen, um die geforderten Einwirkungsbefugnisse zu schaffen. Soweit der Staat mittels dieser Instrumente die erforderlichen Einwirkungs- und Kontrollrechte nicht schaffen kann, hat dieser seine Beteiligung aufzugeben. Denn der Staat hat stets den Anforderungen des Demokratieprinzips zu genügen. Soweit ihm dies nicht möglich ist, hat er alles Erforderliche zu tun, um diesen Zustand zu beseitigen. In der Praxis ist der öffentlichen Hand in diesen Fällen anzuraten, die Aufgabe der Beteiligung anzukündigen, soweit die übrigen privaten Aktionäre die Schaffung der notwendigen Einwirkungs- und Kontrollrechte nicht unterstützen. Dies kann einen wirtschaftlichen Druck erzeugen, welcher die übrigen privaten Anteilseigner möglicherweise zur Kooperation bewegt.

II. Ergebnis im Falle der fehlerhaften Eingangskontrolle Zusammenfassend muss der Staat im Falle der fehlerhaften Eingangskontrolle sämtliche Möglichkeiten zur nachträglichen Schaffung der notwendigen Einwirkung- und Kontrollrechte nutzen. Private Mitaktionäre sind nicht verpflichtet, die Schaffung solcher Rechte zu unterstützen. Soweit der Staat daran scheitert, die notwendigen Einwirkung- und Kontrollrechte zu schaffen, hat er als Ultima Ratio seine Beteiligung aufzugeben. Denn ein dauerhafter Zustand der defizitären demokratischen Legitimation ist nicht hinzunehmen. Der öffentlichen Hand ist in diesen Fällen anzuraten, diese Konsequenz den übrigen Anteilseignern anzukündigen, um durch die Schaffung eines eventuellen wirtschaftlichen Drucks die übrigen privaten Anteilseigner zur Kooperation zu bewegen.

320

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225.

Kapitel 2

Grundlagen der §§ 394, 395 AktG A. Die Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds einer AG I. Gesetzliche Grundlagen der Verschwiegenheitspflicht 1. § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Das Aufsichtsratsmitglied einer AG hat über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, die ihm durch seine Tätigkeit bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren, § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG. Die Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds ist eine Ausprägung der organschaftlichen Treuepflicht.1 Die Verschwiegenheitspflicht gilt für sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, unabhängig davon, ob diese durch eine Gebietskörperschaft, durch die Arbeitnehmer oder auf andere Weise entsendet oder bestellt wurden.2 a) Zweck der Verschwiegenheitspflicht Die Verschwiegenheitspflicht dient vor allem dem Schutz der Gesellschaft vor nachteiligen wirtschaftlichen Folgen infolge der Preisgabe von Geheimnissen oder vertraulichen Angaben der Gesellschaft.3 Zum anderen soll die Vertraulichkeit zwischen dem Aufsichtsrat und dem Vorstand gewahrt werden.4 Der Vorstand ist zur umfassenden Informationsweitergabe gemäß § 90 AktG gegenüber dem Aufsichtsrat verpflichtet.5 Die Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats ist das notwendige Gegenstück der Berichtspflicht des Vorstands.6 Die Verschwiegenheitspflicht sichert das erforderliche Vertrauen für die 1 BGH, Urt. v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, NJW 1975, 1412; Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 52; Reichard, GWR 2017, 72; Belcke/Mehrhoff, GmbHR 2016, 576. 2 Belcke/Mehrhoff, GmbHR 2016, 576; BGH, Urt. v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, NJW 1975, 1412; Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 58. 3 Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 52. 4 Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 52. 5 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 90 Rn. 1. 6 Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 52; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 116 Rn. 9.

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Kap. 2: Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

Informationsweitergabe zwischen Vorstand und Aufsichtsrat.7 Der Gesetzgeber sieht die Wahrung der Vertraulichkeit zwischen dem Aufsichtsrat und dem Vorstand als unerlässlich für eine effektive Überwachung des Vorstands an.8 Hintergrund ist, dass der Aufsichtsrat den Vorstand nur dann effektiv überwachen und beraten kann, soweit er vollständige Kenntnis über die gesellschaftlichen Angelegenheiten hat.9 Eine offene Diskussion zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat dient dem Informationsgefüge innerhalb der Gesellschaft und damit auch der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats.10 In der Praxis hat sich bei Zweifeln an der Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht gezeigt, dass dieses Informationsgefüge gestört wird, indem der Vorstand Informationen nur eingeschränkt mündlich oder lediglich an den Aufsichtsratsvorsitzenden weitergibt.11 Auf lange Sicht führt dies dazu, dass der Aufsichtsrat seiner Kontrollaufgabe nicht nachkommen kann.12 b) Vertrauliche Angaben und Geschäftsgeheimnisse, § 116 S. 1 AktG Die Verschwiegenheitspflicht gilt gemäß § 116 S. 1 AktG für vertrauliche Angaben und Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft, welche den Aufsichtsratsmitgliedern im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werden.13 Eine vertrauliche Angabe ist eine Information, die der Mitteilende als geheimhaltungsbedürftig ansieht und deren Offenbarung dem Gesellschaftsinteresse widerspricht.14 Ein Geheimnis ist eine Tatsache im Zusammenhang mit der Gesellschaft, welche nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist und bei verständiger Würdigung davon auszugehen ist, dass die Offenbarung dieser Tatsache dem Gesellschaftsinteresse widerspricht.15 Die Begriffe „vertrauliche Angabe“ und „Geheimnis“ sind nicht eindeutig zu differenzieren, da sich deren Sinngehalt überschneidet.16 Maßgebend ist in beiden Fällen das Vorliegen einer Geheimhaltungsbedürftigkeit.17 Die Geheimhaltungsbedürftigkeit ist jeweils objektiv anhand des Gesellschaftsinteresses zu bestimmen.18 7

Spindler, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 116 Rn. 99. Begr. BT-Drs. 14/8769 S. 18. 9 Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 52. 10 Buck-Heeb, WM 2016, 1469, 1471; Spindler, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 116 Rn. 99. 11 Begr. BT-Drs. 14/8769 S. 18. 12 Begr. BT-Drs. 14/8769 S. 18. 13 Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 3. 14 Hölters, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 93 Rn 137; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 47; Wessing/Hölters DB 1976, 1671, 1674; van Kann/ Keiluweit, DB 2009, 2251. 15 BGH, Urt. v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, NJW 1975, 1412, 1413; OLG Stuttgart, NZG 2007, 72, 74; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 47; Hölters, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 93 Rn 135; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 5. Aufl. 2021, § 93 AktG Rn. 12. 16 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 47. 17 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 47. 8

A. Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds einer AG

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Im Jahr 2019 hat der Gesetzgeber im Bereich des Wettbewerbsrechts das sog. GeschGehG geschaffen.19 In § 2 Nr. 1 GeschGehG wird der Begriff des Geschäftsgeheimnisses legal definiert. Danach liegt ein Geschäftsgeheimnis unter anderem nur dann vor, wenn es Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist. Fraglich ist, ob diese Legaldefinition auf das AktG ausstrahlt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass die Definition in § 2 GeschGehG lediglich für dieses Gesetz gilt.20 Dies allein spricht schon gegen eine Erstreckung des Begriffs auf das AktG. Darüber hinaus passt § 2 GeschGehG nicht zur aktienrechtlichen Wertung. Im AktG soll die Geheimhaltungsbedürftigkeit objektiv anhand des Gesellschaftsinteresses ermittelt werden, wohingegen im Rahmen des § 2 Nr. 1 GeschGehG auch die konkreten Geheimhaltungsmaßnahmen entscheidend sind. Damit kann ein Geschäftsleiter das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses maßgeblich beeinflussen.21 Dies widerspricht der rein objektiven Betrachtung des AktG. Daher hat die Legaldefinition in § 2 Nr. 1 GeschGehG keine Auswirkung auf die Definition des Geschäftsgeheimnisses nach dem AktG.22 Somit beeinflusst das GeschG nicht die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht. 2. Klarstellungsfunktion des § 116 S. 2 AktG Gemäß § 116 S. 2 AktG sind die Aufsichtsratsmitglieder ausdrücklich zur Verschwiegenheit über vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. § 116 S. 2 AktG wurde eingefügt, um die Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG klarzustellen.23 Der Umfang der Verschwiegenheitspflicht ist nicht abschließend in § 116 S. 2 AktG geregelt, wie aus dem Wortlaut „insbesondere“ deutlich wird.24 Bis zu dessen Einfügung kam es vermehrt zu erheblichen Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht durch verschiedene Aufsichtsratsmitglieder, wodurch der Gesetzgeber Handlungsbedarf sah.25 Der Gesetzgeber meint mit „vertrauliche Berichte“ die Berichte des Vorstands, 18 BGH, Urt. v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, NJW 1975, 1412, 1413; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 47; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 12. 19 Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. 2020, Vorb. GeschGehG Rn. 1, 3. 20 BT-Drs. 19/4724 S. 24. 21 Fleischer, in: BeckOGK, Stand: 15. 01. 2020, § 93 Rn. 198; Ries/Haimerl, NZG 2018, 621, 622 f. 22 Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1326 f.; Fleischer, in: BeckOGK, Stand: 15. 01. 2020, § 93 Rn. 198; Höfer, GmbHR 2018, 1195, 1197, Ries/Haimerl, NZG 2018, 621, 622 f.; offenlassend: Oetker, in: ErfK, 21. Aufl. 2021, § 116 AktG Rn. 6a. 23 BT-Drs. 14/8769 S. 18. 24 BT-Drs. 14/8769 S. 18. 25 Spindler, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 116 Rn. 100.

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Kap. 2: Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

die wesentlich für die Informationsgrundlage des Aufsichtsrats sind.26 Hingegen erfassen „vertrauliche Beratungen“ die internen Beratungen des Aufsichtsrats, die ebenfalls nicht nach außen dringen sollen, soweit diese geheimhaltungsbedürftig sind.27 Auch in diesen Fällen beurteilt sich die Geheimhaltungsbedürftigkeit allein objektiv am Gesellschaftsinteresse.28 3. Umfang der Verschwiegenheitspflicht Die Verschwiegenheitspflicht umfasst alle Informationen bezüglich der Gesellschaft, welche nur von einem bestimmten Empfänger zur Kenntnis genommen werden sollen und deren Offenlegung einen Schaden der Gesellschaft zur Folge haben kann.29 Von der Verschwiegenheitspflicht ist auch das Beratungsgeheimnis umfasst, sodass keine Informationen weitergegeben werden dürfen, die einen Rückschluss auf die Beratungen, das Abstimmungsverhalten und die Entscheidungsfindung im Vorstand oder Aufsichtsrat ermöglichen.30 Sämtliche der Verschwiegenheitspflicht unterfallenden Informationen werden im Folgenden unter dem Begriff „vertrauliche Informationen“ zusammengefasst. Das Aufsichtsratsmitglied darf grundsätzlich keine vertrauliche Informationen gegenüber Arbeitnehmern, dem Betriebsrat, den Aktionären, dem Kapitalmarkt und sonstigen Dritten offenbaren.31 Als Verlautbarungsempfänger kommen in der Regel lediglich die Organmitglieder der Gesellschaft in Betracht.32 Allein der Vorstand entscheidet als sog. „Herr der Geschäftsgeheimisse“ über die Informationsweitergabe.33 Nach dem BGH kann die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht nicht beschränkt oder erweitert werden, da der Gesetzgeber die Verschwiegenheitspflicht als Ausprägung der organschaftlichen Treuepflicht abschließend geregelt habe.34 Folglich kann die Verschwiegenheitspflicht nicht mittels Satzungsregelungen oder der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats modifiziert werden.

26

BT-Drs. 14/8769 S. 18. BT-Drs. 14/8769 S. 18. 28 BT-Drs. 14/8769 S. 18. 29 Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 116 Rn. 30. 30 Schwintowski, NJW 1990, 1009, 1012; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 47; Bäcker, in: FS Schwark 2009, 101, 116 f. 31 Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 59. 32 BGH, Urt. v. 24. 06. 2016 – XI ZR 108/15, NJW 2016, 2569, 2570; Habersack, in: MüKoAktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 59. 33 BGH, Urt. v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, NJW 1975, 1412, 1413; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 116 Rn. 10. 34 BGH, Urt. v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, NJW 1975, 1412. 27

A. Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds einer AG

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II. Empfehlungen 1. Deutscher Corporate Governance Kodex Die Verschwiegenheitspflicht findet sich mittelbar auch im DCGK.35 Der DCGK beschreibt geltendes Gesetzesrecht und enthält Empfehlungen und Anregungen für die Unternehmensführungen in deutschen börsennotierten Unternehmen. Auch nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen wird ausdrücklich die Einhaltung des Kodex empfohlen.36 Gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 AktG hat der Vorstand und der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft jährlich zu erklären, welchem Empfehlungen des DCGK entsprochen wurde und welchen Empfehlungen nicht entsprochen wurde und wird (Entsprechenserklärung). Die Nichtbefolgung einer Empfehlung des DCGK ist gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 AktG zu begründen („comply or explain“).37 Dagegen ist eine Abweichung von einer Anregung des DCGK weder zu veröffentlichen noch zu begründen.38 Durch die Veröffentlichung der Befolgung/Nichtbefolgung der Empfehlungen soll der DCGK Beachtung im Markt finden.39 Gleichzeitig führt die Entsprechenserklärung nach § 161 Abs. 1 S. 1 AktG zu einer jährlichen Selbstkontrolle der Unternehmensführung, ob den Empfehlungen des DCGK entsprochen wurde.40 Durch die Entsprechenserklärung wird der Kapitalmarkt über die jeweilige Unternehmensverfassung informiert.41 Daneben soll der DCGK die deutsche Unternehmensführung für ausländische Investoren zusammenfassen.42 Der DCGK ist eine neue Art von Rechtsquelle, da er nicht als Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung, Gewohnheitsrecht oder Handelsbrauch qualifiziert werden kann.43 Teilweise wird daher der DCGK als „soft law“ bezeichnet.44 Die Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG wird im DCGK lediglich mittelbar angesprochen, indem Grundsatz 13 betont, dass eine offene Diskussion zwischen dem Aufsichtsrat und dem Vorstand die Wahrung der Vertraulichkeit voraussetzt.45 Diese Vertraulichkeit erfordert die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht.

35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

Rn. 4. 45

DCGK 2019. D. Grundsatz 13. DCGK 2019, Präambel. DCGK 2019, Präambel. DCGK 2019, Präambel. Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 161 Rn. 1. So auch Bayer/Scholz, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 161 Rn. 3. Ederle, NZG 2010, 655, 656. BT-Drs. 14/8769, S. 21. Vetter, in: Henssler/Strohn, 5. Aufl. 2021, § 161 AktG Rn. 4. Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 161; Vetter, in: Henssler/Strohn, 5. Aufl. 2021, § 161 AktG DCGK 2019, Grundsatz 13.

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Kap. 2: Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

2. Public Corporate Governance Kodex Auch nach dem PCGK für Beteiligungen des Bundes, welcher die Grundsätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung beschreibt, ist die Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats von grundlegender Bedeutung.46 Neben dem PCGK für den Bund existieren auch auf Landes- und Gemeindeebene entsprechende Kodizes.47 Aus Gründen der Übersichtlichkeit beschränkt sich die nachfolgende Darstellung auf den PCGK für Beteiligungen des Bundes. Zweck des PCGK ist die Optimierung der Unternehmensführung wie auch die erfolgreiche Verwirklichung des öffentlichen Auftrags durch die Beteiligungen.48 Der PCGK soll unter anderem „durch mehr Transparenz, Verantwortungsbewusstsein und Kontrolle das öffentliche Vertrauen in Unternehmen mit Bundesbeteiligung und in den Bund als Anteilseigner stärken.“49 Der PCGK orientiert sich am DCGK und enthält ebenfalls Empfehlungen, Anregungen und Beschreibungen der geltenden Gesetzeslage.50 Adressat des PCGK ist einerseits der Bund als Anteilseigner, sodass die Regelungen des PCGK als „verbindliche interne Verhaltensanweisungen“ gegenüber dem Bund gelten sollen.51 Zudem richtet sich der PCGK aber auch an die Organe des öffentlichen Unternehmens, allerdings ohne unmittelbare Bindungswirkung.52 Ebenso wie beim DCGK haben die Geschäftsleitung und das Überwachungsorgan der Gesellschaft jährlich zu erklären, ob sie den Vorgaben des PCGK entsprochen haben.53 Gleichwohl ist die Abgabe dieser Erklärung im Unterschied zum DCGK nicht wie in § 161 Abs. 1 S. 1 AktG gesetzlich normiert. Zudem verdrängt der DCGK den PCGK, da der PCGK nicht für deutsche börsennotierte Unternehmen gilt, auf welche bereits der DCGK Anwendung findet.54 Nach dem PCGK haben alle Organmitglieder die Vertraulichkeit zu wahren.55 Dafür ist die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht notwendig.56 Im Unterschied zum DCGK führt der PCGK als Sonderfall zum Grundsatz zur Wahrung der Vertraulichkeit ausdrücklich den § 394 AktG auf.57

46

PCGK 2009, Teil A Rn. 3.2.1. Beispielsweise PCGK-Frankfurt und Modell-PCGK-NRW. 48 PCGK 2009, Teil A Rn. 1.1; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 36. 49 PCGK 2009, Teil A Rn. 1.1. 50 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 10. 51 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 13; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 49. 52 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 13. 53 PCGK 2009, Teil A Rn. 1.4; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 13; Caruso, NZG 2009, 1419. 54 PCGK 2009, Teil A Rn. 1.3. 55 PCGK 2009, Teil A Rn. 3.2.1. 56 PCGK 2009, Teil A Rn. 3.2.1. 57 PCGK 2009, Teil A Rn. 3.2.1. 47

B. Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

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3. Hinweise für gute Beteiligungsführung bei Bundesunternehmen Der Bund hat neben dem PCGK auch Hinweise für gute Beteiligungsführung bei Bundesunternehmen veröffentlicht. Diese Hinweise gelten für alle Beteiligungen des Bundes.58 Erfasst sind sowohl unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen an Unternehmen des Privatrechts.59 Auch in diesen Hinweisen wird ausdrücklich die Wahrung der Vertraulichkeit als elementarer Bestandteil guter Beteiligungsführung hervorgehoben.60 Gleichwohl wird hierbei wie beim PCGK einschränkend auf den § 394 AktG und die damit einhergehende Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht als Sonderfall zum Grundsatz der Wahrung der Vertraulichkeit hingewiesen.61

B. Grundlagen der §§ 394, 395 AktG Aufgrund der aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Einwirkungs- und Kontrollrechte, wurden die §§ 394, 395 AktG und die §§ 53, 54 HGrG geschaffen.62 Sowohl die §§ 394, 395 AktG als auch die §§ 53, 54 HGrG stellen staatliches Sonderrecht dar.63 Denn sie räumen lediglich dem staatlichen Anteilsinhaber besondere Rechte ein. Die §§ 394, 395 AktG wurden erstmals 1965 in das AktG eingefügt.64 Bei deren Schaffung hat man sich nicht an einer Vorschrift im AktG 1937 orientiert.65 Die §§ 394, 395 AktG wurden im Zusammenhang mit haushaltsrechtlichen Vorschriften geschaffen.66 Daher sind die §§ 394, 395 AktG im Kontext mit den haushaltrechtlichen Vorschriften in Form der §§ 53, 53 HGrG zu betrachten. Die §§ 394, 395 AktG sowie die §§ 53, 53 HGrG ermöglichen dem Staat einen besseren Informationszugang, um die erforderliche öffentliche Kontrolle und eine effektive staatliche Beteiligungsverwaltung zu ermöglichen.67 Hierzu befreien die §§ 394, 395 AktG das vom Staat entsandte Aufsichtsratsmitglied teilweise von seiner Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem staatlichen Aktionär. Daneben normieren die §§ 53, 54 HGrG umfangreiche Informationsrechte des Staates.

58

PCGK 2009, Teil B Rn. 1. PCGK 2009, Teil B Rn. 1. 60 PCGK 2009, Teil B Rn. 3.2. 61 PCGK 2009, Teil B Rn. 3.2. 62 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 17 f. 63 Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 2. 64 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 6. 65 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 6. 66 Zu näheren Ausführungen der Historie: Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 6 ff. 67 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 29. 59

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Kap. 2: Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

I. Informationsasymmetrie in der AG Die Motive für die Schaffung des Sonderrechts in Form der §§ 394, 395 AktG und §§ 53, 54 HGrG liegen in der Informationsasymmetrie innerhalb der AG.68 Diese Informationsasymmetrie ist darin begründet, dass der Vorstand weisungsfrei die Geschicke des Unternehmens lenkt, während die Aktionäre nur eingeschränkt Auskunftsrechte haben.69 Der Aktionär kann die wirtschaftliche Situation der AG mittels der Rechnungslegungsvorschriften nur teilweise nachvollziehen. Soweit die AG nicht börsennotiert ist, und daher nicht die damit in Zusammenhang stehenden Publizitätsvorschriften wie der Ad-Hoc-Pflicht greifen, verbleibt dem Aktionär lediglich das Auskunftsrecht aus § 131 AktG. Gemäß § 131 Abs. 1 AktG kann der Aktionär Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen. Dieses Auskunftsrecht ist allerdings in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Denn das Auskunftsrecht (i) kann nur in der Hauptversammlung ausgeübt werden, (ii) muss einen Tagesordnungspunkt betreffen und (iii) muss zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich sein, § 131 Abs. 1 AktG. Darüber hinaus kann der Vorstand die Auskunft in den Fällen des § 131 Abs. 3 AktG verweigern, u. a. wenn die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Auch tatsächlich ist es aufgrund der Größe einer Hauptversammlung regelmäßig schwierig, umfassend und detailliert auf einzelne Fragen einzugehen.70 Gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG kann der Aktionär auch Auskünfte verlangen, welche nicht zur sachgemäßen Beurteilung des Tagesordnungspunkts erforderlich sind, soweit einem anderen Aktionär außerhalb der Hauptversammlung, eine solche Auskunft erteilt worden ist. § 131 Abs. 4 AktG ist eine Ausprägung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebots aus § 53a AktG.71 Gleichwohl besitzt § 131 Abs. 4 kaum praktische Relevanz, da der Aktionär die Darlegungslast für die Voraussetzungen des § 131 Abs. 4 AktG trägt.72 Zudem wird die begehrte Auskunft dann erst bei der nächsten Hauptversammlung erteilt, § 131 Abs. 4 S. 1 AktG. Bis dahin wird das Interesse des Aktionärs an dieser Information eventuell nicht mehr bestehen.73 Die §§ 394, 395 AktG sowie die §§ 53, 54 HGrG wirken zugunsten des staatlichen Anteilseigners dieser Informationsasymmetrie entgegen.

68 69 70 71 72 73

Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 29. Allgemein zur Informationsasymmetrie innerhalb der AG: Koch, ZGR 2020, 183, 190 ff. Koch, ZGR 2020, 183, 195. Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 131 Rn. 95. Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 131 Rn. 95. Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 131 Rn. 95.

B. Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

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II. §§ 53, 54 HGrG In Fällen der staatlichen Mehrheitsbeteiligung werden der öffentlichen Hand Sonderrechte in Form zusätzlicher Informationsrechte gemäß §§ 53, 54 HGrG verschafft. Die §§ 53, 54 HGrG finden keine Anwendung auf staatliche Minderheitsbeteiligungen. Sie gelten sowohl für den Bund als auch für die Länder, § 49 HGrG. 1. Erweiterte Abschlussprüfung, § 53 HGrG Soweit der Staat mehr als 50 % der Anteile an einem Unternehmen hält, kann er von diesem besondere Informationsrechte einfordern, § 53 Abs. 1 HGrG. Die durch §§ 53, HGrG vermittelten Informationsrechte sind umfassender, als die Rechte, welche das HGB einräumt.74 Die besonderen Informationsrechte führen zu einer erweiterten Abschlussprüfung des betroffenen Unternehmens. Der Wortlaut des § 53 HGrG „kann […] verlangen“ zeigt, dass es sich um eine Ermessensnorm handelt. Gleichwohl ist der Bund verpflichtet, eine solche erweiterte Abschlussprüfung vom Unternehmen zu verlangen. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss des § 68 Abs. 2 BHO, nach dem ein Verzicht auf die Rechte des § 53 HGrG besonderer Anforderungen bedarf.75 Entsprechende Regelungen bestehen auch auf Landesebene.76 Hinsichtlich der Beteiligungshöhe genügt es, wenn mehrere Gebietskörperschaften gemeinsam mehr als 50 % der Anteile halten, soweit zumindest eine Gebietskörperschaft mehr als 25 % hält, § 53 Abs. 1 HGrG. Die in § 53 HGrG geregelten Informationsrechte beziehen sich allein auf die Abschlussprüfung. Daher kann § 53 HGrG nur zur Anwendung kommen, wenn auch eine Abschlussprüfung durchgeführt wird. Eine Pflicht zur Durchführung einer Abschlussprüfung kann sich aus § 316 HGB oder der Satzung ergeben. § 316 HGB schreibt für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 HGB eine solche Abschlussprüfung vor.77 Möglich ist aber auch eine freiwillige Abschlussprüfung.78 Die besonderen Informationsrechte gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 – 3 HGrG sind (i) die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, (ii) umfassendere Berichte zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und (iii) die unverzügliche Übermittlung des erstellten Prüfungsberichts. Gemäß der Anlage zu VV Nr. 2 zu § 68 BHO bestimmt sich die „Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung“ nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 1 GmbHG. Die Berichte zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens müssen insbesondere die verlustbringenden Geschäfte und deren Ursachen darstellen. Falls ein Jahresfehlbetrag besteht, sind auch dessen Ursachen 74

v. Lewinski/Burbat, HGrG, 2013, § 53 Rn. 1. v. Lewinski/Burbat, HGrG, 2013, § 53 Rn. 7. 76 Vgl. § 68 LHO BW. 77 Merkt, in: Baumbach/Hopt, 40. Aufl. 2021, § 316 Rn. 1; Ruhnke/Schmidt, in: Baetge/ Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, 2002, § 316 HGB Rn. 9. 78 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 28. 75

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Kap. 2: Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

darzustellen, § 53 Abs. 1 Nr. 2 c) HGrG. Die unverzügliche Übermittlung des Prüfungsberichts gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 HGrG stellt eine Abweichung zu § 131 Abs. 4 AktG dar. Denn anders als § 131 Abs. 4 AktG muss keinem anderen Aktionär die entsprechende Auskunft bereits erteilt worden sein und der Anspruch nach § 53 HGrG kann auch außerhalb der Hauptversammlung geltend gemacht werden.79 2. Ausgestaltung der Satzung zur unmittelbaren Unterrichtung der Rechnungsprüfungsbehörde, § 54 HGrG Gemäß § 54 HGrG kann in der Satzung bestimmt werden, dass die Rechnungsprüfungsbehörde der jeweiligen Gebietskörperschaft sich zur Überprüfung der Tätigkeit des Staates unmittelbar bei dem Unternehmen unterrichten kann. Dies stellt eine Modifikation des Gesellschaftsrechts dar.80 Dazu kann die Rechnungsprüfungsbehörde den Betrieb, die Handelsbücher und die Schriften des Unternehmens einsehen, § 54 Abs. 1 HGrG. Inhalt der Norm ist nicht das Recht auf unmittelbare Unterrichtung, da dieses lediglich per Satzungsbestimmungen gewährt werden kann.81 § 54 Abs. 1 HGrG ermöglicht lediglich, dass eine solche Satzungsbestimmung geschaffen werden kann. Denn aufgrund § 53 HGrG findet das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre gemäß § 53a AktG in diesem Fall keine Anwendung.82 Andernfalls würde die Unterrichtungsbefugnis der Gebietskörperschaft dem Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre widersprechen. Grund für diese Ungleichbehandlung sind die öffentlichen Interessen, denen die Gebietskörperschaft verpflichtet ist.83 § 54 Abs. 1 HGrG erfordert, dass die öffentliche Hand wie bei § 53 HGrG eine Mehrheitsbeteiligung hält. Daneben bedarf der Beschluss zur Schaffung dieser Satzungsbestimmung einer Dreiviertelmehrheit des auf der Hauptversammlung vertretenen Kapitals.84

III. Grundlagen von § 394 AktG Der staatliche Anteilsinhaber sichert sich seinen Einfluss unter anderem durch die Einräumung von Aufsichtsratsmandaten.85 Aufsichtsratsmitglieder haben im Vergleich zu Aktionären einen wesentlich besseren Informationszugang, da der Vorstand ihnen gegenüber zu umfassenden Berichten verpflichtet ist, § 90 AktG. Diesen In79

v. Lewinski/Burbat, HGrG, 2013, § 53 Rn. 13. v. Lewinski/Burbat, HGrG, 2013, § 54 Rn. 1. 81 v. Lewinski/Burbat, HGrG, 2013, § 54 Rn. 2. 82 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 12. 83 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 16. 84 v. Lewinski/Burbat, HGrG, 2013, § 54 Rn. 4. 85 Vgl. Kap. 1 A. III. 3. a). 80

B. Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

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formationszugang will sich der Staat zunutze machen.86 Allerdings sind Aufsichtsratsmitglieder auch gegenüber den Aktionären zur Verschwiegenheit verpflichtet, § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG.87 Deshalb befreit § 394 S. 1 AktG die Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung der Gebietskörperschaft bestellt wurden, von der Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich der gegenüber der Gebietskörperschaft zu erstattenden Berichte. Auf diese Weise erhält der Staat umfassenden Zugang zu den Informationen des jeweiligen Unternehmens. § 394 AktG bezweckt die Lösung des Konflikts zwischen den öffentlich-rechtlichen Berichtspflichten und der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats.88 Die öffentlichrechtlichen Berichtspflichten des Aufsichtsrats dienen dabei dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Beteiligungsverwaltung des Staates.89 Zum Schutz der Geheimhaltungsinteressen dürfen daher die zu erstattenden Berichte nur dann Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten, wenn diese Angaben für die Zwecke des Berichts von Bedeutung sind, § 394 S. 2 AktG. Die Berichtspflicht der Aufsichtsratsmitglieder resultiert nicht aus § 394 S. 1 AktG.90 Vielmehr kann sich eine solche Berichtspflicht gemäß § 394 S. 3 AktG aus dem Gesetz, der Satzung oder aus einem dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteilten Rechtsgeschäft ergeben.

IV. Zusammenspiel der §§ 394, 395 AktG § 394 AktG wird durch § 395 AktG ergänzt.91 Daher kann der volle Regelungsgehalt des § 394 AktG nur im Zusammenhang mit § 395 AktG erfasst werden. 1. Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht auf Berichtsadressaten gemäß § 395 Abs. 1 AktG § 395 Abs. 1 AktG erstreckt die Verschwiegenheitspflicht auf die Personen, welche durch die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 S. 1 AktG von vertraulichen Informationen Kenntnis erlangt haben.92 Dies sind Personen, die damit betraut sind, (i) die Beteiligungen der Gebietskörperschaft zu verwalten oder (ii) für eine Gebietskörperschaft die Gesellschaft, (iii) die Betätigung der Gebietskörperschaft als Aktionär oder (iv) die Tätigkeit der auf Veranlassung der 86

Vgl. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 1 f. Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 59. 88 Ausschußbericht zu §§ 394, 395, Kropff, AktG 1965, S. 496; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 9; vgl. Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 368; vgl. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 1. 89 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 18. 90 Schockenhoff, NZG 2018, 521, 526. 91 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 1. 92 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 2. 87

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Kap. 2: Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder zu prüfen, § 395 Abs. 1 AktG. In der Praxis sind dies beispielsweise die jeweiligen Rechnungsprüfungsbehörden und Bedienstete, die mit der Beteiligungsverwaltung betraut sind.93 Nicht betraut sind grundsätzlich Personen, die sich die Informationen rechtswidrig verschafft oder diese per Zufall erlangt haben.94 Die Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht mittels § 395 AktG dient dazu, die infolge des § 394 AktG erlittenen Eingriffe in die Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft abzumildern.95 Zweck des § 395 AktG ist daher der Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft.96 Der Umfang der Verschwiegenheitspflicht richtet sich nach den §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 2 AktG.97 2. Mitteilungen im dienstlichen Verkehr, § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG Eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht nach § 395 Abs. 1 AktG gilt nach Abs. 1 Hs. 2 AktG für „Mitteilungen im dienstlichen Verkehr“. Diese dürfen ungeachtet der Verschwiegenheitspflicht weitergegeben werden. Der Begriff „Mitteilungen im dienstlichen Verkehr“ entstammt dem Beamtenrecht.98 Gemäß § 67 Abs. 2 Nr. 1 BBG gilt die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht nach § 67 Abs. 1 BBG nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr. Davon sind Auskünfte und die Weitergabe von Unterlagen zwischen den für die Beteiligungsverwaltung und -prüfung zuständigen Amtswaltern umfasst.99 Diese Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht ist notwendig, damit eine Kommunikation zwischen den zuständigen Amtswaltern ermöglicht wird. Ansonsten könnten die Amtsgeschäfte nicht effektiv wahrgenommen werden.100 Eine Informationsweitergabe ist nur zwischen den Amtswaltern möglich, die mit den Aufgaben gemäß § 395 Abs. 1 betraut sind.101 Die Mitteilungen können also nur gegenüber solchen Personen erfolgen, die jeweils selbst der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 Abs. 1 AktG unterliegen.102 Hierbei muss die Vertraulichkeit der Information beim Empfänger

93 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 2; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 192. 94 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 191. 95 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 2. 96 Statt vieler: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 1. 97 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 197. 98 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 203. 99 Battis, in: Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 67 Rn. 8; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 203. 100 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 8. 101 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 8. 102 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 203.

B. Grundlagen der §§ 394, 395 AktG

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sichergestellt sein.103 Damit werden die Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft hinreichend gewahrt.104 Eine Informationsweitergabe an Amtswalter, die nicht mit der Beteiligungsverwaltung und -prüfung betraut sind, wie beispielsweise Aufsichtsbehörden, Finanzbehörden und Staatsanwaltschaften, ist daher nicht zulässig.105 Zusammenfassend wahrt die interne Weitergabe von Informationen nach § 395 Abs. 2 Hs. 2 AktG zum einen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht und zum anderen die effektive Beteiligungsverwaltung und -prüfung.106 3. Veröffentlichungsverbot, § 395 Abs. 2 AktG § 395 Abs. 2 AktG verbietet im Rahmen von Veröffentlichungen von Prüfungsergebnissen die Preisgabe von geheimhaltungsbedürftigen Informationen. § 395 Abs. 2 AktG hat vorrangig klarstellenden Charakter.107 Denn grundsätzlich könnte man diesen Fall bereits als von § 395 Abs. 1 AktG erfasst sehen.108 Mit „Prüfungsergebnisse“ sind die Ergebnisse der Rechnungsprüfungsbehörden gemeint, die gemäß Art. 114 Abs. 2 S. 2 GG, § 46 HRG, § 97 BHO109 den Legislativen erstattet werden.110 Diese Prüfungsergebnisse sind infolge ihrer Veröffentlichung als Parlamentsdrucksachen öffentlich zugänglich, sodass ohne den § 395 AktG das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft empfindlich betroffen wäre.111 In der Praxis werden zur Wahrung des § 395 AktG die Unternehmensdaten anonymisiert.112 Soweit trotz Anonymisierung ersichtlich ist, welches Unternehmen konkret betroffen ist, findet hier keine Abwägung i.S.d. praktischer Konkordanz zwischen den Berichtspflichten und den Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft statt.113 Vielmehr unterbleibt in diesem Fall eine Veröffentlichung.114

103

Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 8. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 8. 105 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 204; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 7. 106 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 203; vgl. Leppek, in: BeckOK BeamtenR Bund, 16. Ed. 2019, BBG § 67 Rn. 12. 107 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 15; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 8. 108 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 15. 109 Entsprechende Regelungen auf Landesebene im § 97 LHO. 110 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 15; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 8. 111 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 16. 112 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 16. 113 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 208; für eine Abwägung: Schäfer, FS Geiger, 1974, 623, 634; Karehnke, DÖV 1972, 809, 814. 114 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 208; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 16. 104

Kapitel 3

Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG Umstritten ist, ob die §§ 394, 395 AktG unionskonform sind. Der Streit entzündet sich daran, dass potentielle Investoren durch die staatlichen Sonderrechte eventuell von einer Beteiligung absehen.1 Der EuGH sieht ausweislich seiner Rspr. zu den „Golden Shares“2 und dem „VW-Gesetz“3 Sonderrechte des Staates grundsätzlich kritisch. Der Begriff „Golden Shares“ ist ein Oberbegriff für Aktien, welche dem Inhaber besondere Befugnisse einräumen, wie beispielsweise ein besonderes Entsenderecht eines Aufsichtsratsmitglieds, oder ein Vorrang/Nachrang bei der Verteilung der Dividende.4 Die Golden Shares dienen dazu, bei der Privatisierung von Staatsunternehmen dem Staat Sonderrechte einzuräumen.5 Bislang hat sich der EuGH noch nicht mit der Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG beschäftigt, sodass diese im Folgenden zu untersuchen ist.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV Zunächst wird geprüft, ob die §§ 394, 395 AktG mit der Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 63 Abs. 1 AEUV vereinbar sind. Gemäß Art. 63 Abs. 1 AEUV sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten untereinander und gegenüber Drittstaaten verboten.

1

Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527. EuGH, Urt. v. 11. 11. 2010 – C-543/08 (Kommision/Portugal), EuZW 2011, 17; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), EuZW 2002, 429; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536. 3 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), EuZW 2007, 697. 4 Schlitt, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 33 WpÜG Rn. 283. 5 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663; Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1747. 2

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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I. Zweck der Kapitalverkehrsfreiheit Die Kapitalverkehrsfreiheit ist eine europäische Grundfreiheit und dient vor allem dem Schutz des Produktionsfaktors Kapital, das innerhalb der Europäischen Union zu Investitionszwecken eingesetzt wird.6 Vor dem Hintergrund des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb gemäß Art. 119 Abs. 1 AEUV ermöglicht die Kapitalverkehrsfreiheit, dass das Kapital als Produktionsfaktor im Gemeinschaftsgebiet nach Belieben angelegt werden kann (Liberalisierungsgedanke).7 Dadurch sollen die jeweiligen Standortfaktoren optimal genutzt werden, um einen Wettbewerb zwischen den Märkten und eine Verflechtung der Finanzmärkte zu schaffen.8

II. Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit Fraglich ist, ob im Zusammenhang mit den §§ 394, 395 AktG der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit eröffnet ist. 1. Räumlicher Anwendungsbereich, Art. 52 EUV, 355 AEUV Der räumliche Anwendungsbereich des Kapitalverkehrsfreiheit entspricht dem räumlichen Geltungsbereich der Verträge gemäß Art. 52 EUV, 355 AEUV.9 Somit ist grundsätzlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vom räumlichen Anwendungsbereich umfasst. 2. Persönlicher Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ist nicht von persönlichen Kriterien abhängig.10 Alle natürlichen und juristischen Personen, die ihren Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat oder einem Drittstaat haben, können sich auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen.11 Denn Art. 63 Abs. 1 AEUV stellt nicht auf die Staatsangehörigkeit des Einzelnen ab, sondern verbietet lediglich „Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitglied6 Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, 6. Aufl. 2017, Art. 63 AEUV Rn. 3; Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 11. 7 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 11; Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 26; Glaesner, in: Schwarze, 4. Aufl. 2019, Art. 63 AEUV Rn. 1. 8 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 11. 9 Glaesner, in: Schwarze, 4. Aufl. 2019, Art. 63 AEUV Rn. 7; Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 23. 10 Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 24. 11 Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 10.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

staaten und dritten Ländern“.12 Anknüpfungspunkt ist allein der Kapitalverkehr, der im Zusammenhang mit einem Mitgliedstaat stehen muss.13 3. Sachlicher Anwendungsbereich Die §§ 394, 395 AktG halten möglicherweise potentielle Investoren von dem Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen mit staatlicher Beteiligung ab. Fraglich ist, ob der Beteiligungserwerb vom sachlichen Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit umfasst ist. Art. 65 Abs. 1 AEUV schützt den Kapitalverkehr. Der Begriff „Kapitalverkehr“ wurde bislang weder durch den europäischen Gesetzgeber noch durch die Rspr. abschließend definiert.14 Im Primärrecht wird mit Art. 64 AEUV klargestellt, dass Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, und Geld- und Sachkapitalübertragungen im Zusammenhang mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten vom Begriff des Kapitalverkehrs erfasst sind.15 Aus dem Sekundärrecht wird mittels der Nomenklatur in Anhang I der RL 88/361/ EWG der Begriff des Kapitalverkehrs näher umrissen. Die Nomenklatur definiert den Begriff des Kapitalverkehrs allerdings nicht abschließend.16 Das Sekundärrecht kann nicht den Regelungsinhalt von Primärrecht bestimmen.17 Daher hat die Nomenklatur lediglich „Hinweischarakter“ zur Auslegung des Begriffs „Kapitalverkehr“.18 Gleichwohl zieht auch der EuGH die Nomenklatur zur Bestimmung des Begriffs des Kapitalverkehrs heran, sodass sie von erheblicher praktischer Bedeutung ist.19 Unter Berücksichtigung der Nomenklatur meint der Kapitalverkehr nach dem EuGH jede grenzüberschreitende Übertragung von Geld- und Sachkapital, die vorrangig Investitionszwecken dienen soll.20 12

Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 10; a.A. Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 63 Rn. 7 f. 13 Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 10. 14 Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 63 Rn. 10; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 1; Gramlich, in: Pechstein/Nowak/ Häde, Frankfurter Kommentar, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 16. 15 Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 2. 16 EuGH, Urt. v. 16. 03. 1999 – C-222/97 (Trummer und Mayer), BeckRS 2004, 75206 Rn. 21 ff.; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 3. 17 Schön, GS-Knobbe-Keuk, 1997, 743, 747; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 63 Rn. 14; Nettesheim, EuR 2006, 737, 746. 18 EuGH, Urt. v. 14. 12. 1995 – C-163/94 (Sanz de Lera), BeckRS 2004, 74584, Rn. 34; Urt. v. 16. 03. 1999 – C-222/97 (Trummer und Mayer), BeckRS 2004, 75206. Rn. 21 ff. 19 EuGH, Urt. v. 14. 12. 1995 – C-163/94 (Sanz de Lera), BeckRS 2004, 74584 Rn. 34; Urt. v. 16. 03. 1999 – C-222/97 (Trummer und Mayer), BeckRS 2004, 75206 Rn. 21 ff. 20 Vgl. EuGH, Urt. v. 26. 09. 2000 – C-478/98 (Kommission/Belgien), BeckRS 2004, 77440 Rn. 15 ff.; Urt. v. 01. 07. 2010 – C-233/09 (Gerhard Dijkman, Maria Dijkman-Lavaleije/Bel-

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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a) Direktinvestitionen Die Nomenklatur in Anhang I der RL 88/361/EG sieht „Direktinvestitionen“ gemäß den Begriffsbestimmungen ausdrücklich als vom Begriff des Kapitalverkehrs erfasst an. Dies sind „Investitionen jeder Art durch natürliche Personen, Handels-, Industrie- oder Finanzunternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmern oder Unternehmen, für die die Mittel zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind“.21 Eine solche Investition liegt gemäß Rubrik I Nr. 2 der Nomenklatur bei der „Beteiligung an neuen oder bereits bestehenden Unternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen“ vor.22 Im Falle einer Beteiligung an einer AG liegt eine Direktinvestition erst dann vor, wenn der Aktienanteil „entweder nach den bestehenden nationalen Rechtsvorschriften für Aktiengesellschaften oder aus anderen Gründen den Aktieninhabern die Möglichkeit gibt, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligen“.23 Entscheidend sind daher die konkreten Beteiligungsverhältnisse und Satzungsbestimmungen, die maßgebend für die Verwaltung und Kontrolle der Gesellschaft sind. Nach dem EuGH liegt bei einer Beteiligung von weniger als 10 % grundsätzlich keine Direktinvestition vor, da bei dieser Anteilshöhe ein hinreichendes Maß an Verwaltung und Kontrolle der Gesellschaft regelmäßig nicht erreicht wird.24 b) Portfolioinvestitionen Neben den Direktinvestitionen fallen auch sog. „Portfolioinvestitionen“ unter die Kapitalverkehrsfreiheit. Portfolioinvestitionen sind Erwerbe von Wertpapieren, die lediglich der Geldanlage dienen und nicht auf Teilhabe an der Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens gerichtet sind.25 Beteiligungen an einer AG von weniger als 10 % fallen daher als sog. Portfolioinvestitionen unter die Kapitalverkehrsfreiheit.

gischer Staat), IStR 2010, 622 Rn. 31; Urt. v. 22. 01. 2009 – C-377/07 (Finanzamt SpeyerGermersheim/STEKO Industriemontage GmbH), IStR 2009, 133 Rn. 23; Urt. v. 31. 03. 2011 – C-450/09 (Schröder), DStR 2011, 664 Rn. 25, 26; Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 25; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 63 Rn. 10. 21 Nomenklatur in Anhang I der RL 88/361/EG, Begriffsbestimmungen. 22 Nomenklatur in Anhang I der RL 88/361/EG, Direktinvestitionen. 23 Nomenklatur in Anhang I der RL 88/361/EG, Begriffsbestimmungen. 24 EuGH, Urt. v. 10. 02. 2011, C-436/08 und C-437/08 (Haribo), BeckRS 2011, 80119 Rn. 137. 25 EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006 – C-282/04 (Kommission/Niederlande), EuZW 2006, 722 Rn. 19; Urt. v. 17. 09. 2009 – C-182/08 (Glaxo Wellcome), DStRE 2009, 1370, Rn. 40; Urt. v. 08. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701, Rn. 49.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

c) Grenzüberschreitender Bezug Art. 63 Abs. 1 AEUV verbietet Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten als auch zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten. Demnach muss für die Anwendung des Art. 63 Abs. 1 AEUV stets eine mitgliedsstaatliche Grenzüberschreitung vorliegen.26 d) Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit Die Beteiligung an einer Gesellschaft wird regelmäßig auch durch die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV geschützt. Die Niederlassungsfreiheit schützt die Möglichkeit, in einem anderen Mitgliedsstaat als dem Herkunftsstaat am Wirtschaftsleben „in stabiler und kontinuierlicher Weise“ zu partizipieren und „daraus Nutzen zu ziehen“.27 Allerdings ist der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit erst dann eröffnet, wenn die Beteiligung dem Anteilsinhaber „ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen“.28 e) Spannungsverhältnis zwischen der Kapitalverkehrsund Niederlassungsfreiheit Ob eine nationale Regelung unter die Kapitalverkehrs- oder die Niederlassungsfreiheit fällt, entscheidet sich nach „dem Gegenstand der betreffenden nationalen Regelung“.29 Der EuGH hat die Golden Shares-Fälle als staatliches Sonderrecht vorrangig anhand der Kapitalverkehrsfreiheit und nicht der Niederlassungsfreiheit überprüft.30 Auf die Niederlassungsfreiheit ging der EuGH nicht weiter ein, da jeweils bereits eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit gegeben war.31 In seiner neueren Rspr. hat der EuGH festgestellt, dass allein der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit bei Beteiligungen, die einen sicheren Einfluss auf die 26

Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 21; Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 35. 27 EuGH, Urt. v. 14. 09. 2006 – C-386/04 (Centro di Musicologia), NJW 2006, 3765 Rn. 18. 28 Vgl. EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006 – C-196/04 (Cadbury-Schweppes), NZG 2006, 835 Rn. 31; so auch Urt. v. 13. 04. 2000 – Rs C-251/98 (Baars), NZG 2000, 731 Rn. 22. 29 EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – C-35/11, (Test Claimants in the FII Group Litigation), DStRE 2013, 596 Rn. 90. 30 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission der Europa¨ ischen Gemeinschaften/ Vereinigtes Ko¨ nigreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433. 31 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission der Europa¨ ischen Gemeinschaften/ Vereinigtes Ko¨ nigreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536 Rn. 52; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 86; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 56.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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Entscheidungen der Gesellschaft vermitteln, eröffnet ist.32 Insofern wird regelmäßig erst bei einer gewissen Beteiligungshöhe das notwendige Maß an sicherem Einfluss vorliegen. Erst ab dieser Schwelle greift der Schutz der Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV. Portfolioinvestitionen werden daher nicht von der Niederlassungsfreiheit geschützt, da diese allein der Geldanlage dienen.33 Zudem gilt die Niederlassungsfreiheit nach dem Wortlaut des Art. 49 AEUV nicht in Fällen mit Bezug zu Drittstaaten.34 Im Ergebnis erfasst damit die Kapitalverkehrsfreiheit Direktinvestition mit Bezug zu Drittstaaten und Portfolioinvestitionen, während die Niederlassungsfreiheit die Direktinvestitionen im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten, die einen sicheren Einfluss auf das Unternehmen vermitteln, schützt.35 Soweit eine nationale Regelung sowohl eine Beteiligung, die einen sicheren Einfluss ermöglicht als auch eine Beteiligung, die lediglich Anlagezwecken dient, erfasst, ist nach dem EuGH auf die tatsächlichen Gegebenheiten im konkreten Fall abzustellen.36 4. Einordnung der §§ 394, 395 AktG Die §§ 394, 395 AktG räumen dem Staat bei dessen Beteiligungen Sonderrechte ein, indem dessen Vertreter im jeweiligen Aufsichtsrat von der Verschwiegenheitspflicht teilweise befreit werden. Die §§ 394, 395 AktG verlangen nach ihrem Gesetzeswortlaut keine bestimmte Beteiligungshöhe für die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht, sodass diese bei jeder staatlichen Beteiligung Anwendung finden.37 Die Beteiligungen Privater an einem Unternehmen mit staatlicher Beteiligung sind daher von den §§ 394, 395 AktG betroffen, unabhängig davon, ob die Beteiligung mit einem Einfluss in der Verwaltung und Kontrollmöglichkeiten einhergeht oder der Geldanlage dienen soll. Somit bleibt festzuhalten, dass die unionsrechtliche Zulässigkeit der §§ 394, 395 AktG nicht nur anhand der Kapitalverkehrsfreiheit, sondern auch anhand der Niederlassungsfreiheit zu beurteilen ist.38 Den größeren Anwendungsbereich wird die Portfolioinvestition haben, da hier keine

32 EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – C-35/11, (Test Claimants in the FII Group Litigation), DStRE 2013, 596 Rn. 91; Urt. v. 10. 6. 2015 – C-686/13 (X/Skatteverket), EuZW 2015, 846 Rn. 18. 33 Glaesner, in: Schwarze, 4. Aufl. 2019, Art. 63 AEUV Rn. 16. 34 Glaesner, in: Schwarze, 4. Aufl. 2019, Art. 63 AEUV Rn. 15; EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – C-35/11, (Test Claimants in the FII Group Litigation), DStRE 2013, 596 Rn. 97. 35 Vgl. Sedlaczek/Züge in: Streinz, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 35. 36 EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – C-35/11, (Test Claimants in the FII Group Litigation), DStRE 2013, 596 Rn. 93 f. 37 Vgl. Kap. 4 A. zur Diskussion, ob § 394 AktG eine bestimmte Beteiligungshöhe erfordert, wird auf den S. vertieft. 38 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 101 prüft die Unionskonformität allerdings allein anhand der Kapitalverkehrsfreiheit.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

bestimmte Anteilshöhe bzw. Maß an Einfluss gefordert wird.39 Dies spricht für eine vorrangige Überprüfung anhand der Kapitalverkehrsfreiheit. Auch der EuGH hat staatliches Sonderrecht stets zuerst anhand der Kapitalverkehrsfreiheit überprüft.40 Diese Vorgehensweise lässt sich auch auf die Vorbehaltsregelung in Art. 49 Abs. 2 AEUV stützen. Gemäß Art. 49 Abs. 2 AEUV umfasst die Niederlassungsfreiheit nur vorbehaltlich der Vorschriften über den Kapitalverkehr die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen. Deshalb wird im Folgenden die Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG zunächst anhand der Kapitalverkehrsfreiheit beurteilt.

III. Beschränkung des Kapitalverkehrs Möglicherweise beschränken die §§ 394, 395 AktG den Kapitalverkehr i.S.d. Art. 63 Abs. 1 AEUV. Gemäß Art. 63 Abs. 1 AEUV sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern verboten. Von Art. 63 Abs. 1 AEUV nicht erfasst sind daher innerstaatliche Beschränkungen des Kapitalverkehrs.41 Der Begriff „Beschränkung“ wird im Primärrecht, also insbesondere dem AEUV, nicht näher definiert. Gleichwohl ist man sich einig, dass der Wortlaut „Beschränkungen“ in Art. 63 Abs. 1 AEUV sowohl Diskriminierungen sowie Beschränkungen i.e.S. erfasst.42 Dies ergibt sich aus einem Erst-recht-Schluss. Denn falls Beschränkungen von Art. 63 Abs. 1 AEUV erfasst sind, dann gilt dies erst recht für Diskriminierungen, welche einen intensiveren Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit darstellen.43 1. Diskriminierungsverbot Eine Diskriminierung ist gegeben, wenn „unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewandt werden oder […] dieselbe Vorschrift auf un39

Vgl. Kap. 3 A. II. 3. b). EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339; Urt. v. 08. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701; Urt. v. 4. 06. 2002 – Rs. C505/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/ 99 (Kommission/Französische Republik), NJW 2002, 2305; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommssion der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437; Urt. v. 23. 10. 2007 – C 112/ 05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536. 41 So auch Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 63 Rn. 48. 42 Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 27; Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 72; Ego, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Bd. 7, B 4. Kap. Rn. 706 f. 43 Vgl. Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 27. 40

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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terschiedliche Situationen angewandt wird“.44 Damit sind Benachteiligungen einer grenzüberschreitenden Kapitalübertragung im Verhältnis zu einer vergleichbaren innerstaatlichen Kapitalübertragung verboten.45 Ebenso müssen zwei vergleichbare grenzüberschreitende Kapitalübertragungen gleich behandelt werden.46 Die §§ 394, 395 AktG knüpfen die Befreiung der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern nicht daran, ob eine innerstaatliche oder grenzüberschreitende Transaktion zur Beteiligung führt. Eine Schlechterstellung von Aktionären, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, ist durch die §§ 394, 395 AktG nicht gegeben und auch nicht intendiert. Daher liegt keine Diskriminierung durch die §§ 394, 395 AktG vor. 2. Beschränkung i.e.S. des Kapitalverkehrs Möglicherweise ist eine Beschränkung i.e.S. des Kapitalverkehrs gegeben. Die Bestimmung des Begriffs der Beschränkung i.e.S. ist in Rspr. und Schrifttum nicht einheitlich. a) Beschränkungsbegriff im Schrifttum Das Schrifttum vertritt ein weites Verständnis des Beschränkungsbegriffs.47 Zur Bestimmung des Begriffs „Beschränkung“ sei auf die Dassonville-Formel48 zurückzugreifen.49 Die Dassonville-Formel wurde vom EuGH in Bezug auf die Warenverkehrsfreiheit geschaffen und besagt, dass eine Beeinträchtigung mit jeder Handelsregelung vorliegt, „die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“.50 Die Dassonville-Formel sei auf die Kapitalverkehrsfreiheit zu übertragen, da insbesondere der Wortlaut von Art. 63 AEUV und Art. 34, 35 AEUV jeweils „alle“ Beschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung verbietet.51 Zudem sehen in syste44

EuGH, Urt. v. 14. 02. 1995 – Rs. C–279/93 (Schumacker), DStR 1995, 326 Rn. 30; Urt. v. 06. 12. 2007 – C-298/05 (Columbus Container Services BVBA & Co/FA Bielefeld), EuZW 2008, 157 Rn. 40 f., 54, 56. 45 Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 72; Hindelang, JZ 2009, 829, 834. 46 Lübke, in: Müller-Graff, EnzEuR, Bd. 4, 2015, § 5 Rn. 72; Hindelang, JZ 2009, 829, 834. 47 Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 63 Rn. 48; Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 158. 48 EuGH, Urt. v. 11. 07. 1974 – 8/74 (Staatsanwaltschaft/Dassonville), EuZW-Sonderausgabe 2017, 8. 49 Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 63 Rn. 48; Kotzur, in: Geiger/ Khan/Kotzur, 6. Aufl. 2017, Art. 63 AEUV Rn. 7; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/ Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 15. 50 EuGH, Urt. v. 11. 07. 1974 – 8/74 (Staatsanwaltschaft/Dassonville), EuZW-Sonderausgabe 2017, 8. 51 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 158; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 15.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

matischer Hinsicht Art. 36 AEUV und Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV jeweils Ausnahmen von der entsprechenden Grundfreiheit vor, „die aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt sind“.52 Diese Ausnahmen kommen jeweils gemäß den Art. 36, 65 Abs. 3 AEUV nur in Betracht, soweit diese weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung der entsprechenden Grundfreiheit sind.53 Auch die Rspr. des EuGH spreche für eine Übertragbarkeit der Beschränkungsbestimmung der Warenverkehrsfreiheit auf die Kapitalverkehrsfreiheit.54 Denn der EuGH habe festgestellt, dass die Kapitalverkehrsfreiheit ebenso wie die Warenverkehrsfreiheit infolge zwingender Gründe des Allgemeininteresses beschränkt werden kann.55 Aufgrund dieser Vergleichbarkeit liege eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor, wenn eine Maßnahme zu unmittelbaren oder mittelbaren, aktuellen oder potenziellen Behinderungen, Begrenzungen oder Untersagungen für den Zufluss, Abfluss oder Durchfluss von Kapital führt.56 b) Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nach dem EuGH Der EuGH nimmt eine Beschränkung an, wenn nationale Maßnahmen dazu „geeignet sind, den Erwerb von Aktien der betreffenden Unternehmen zu verhindern oder zu beschränken oder aber Investoren anderer Mitgliedstaaten davon abzuhalten, in das Kapital dieser Unternehmen zu investieren.“57 Nationale Maßnahmen können auch Gesetze sein, denn die Ausübung der Gesetzgebungskompetenz durch die zuständigen nationalen Organe ist staatliche Gewalt.58 Daraus wird deutlich, dass nach dem EuGH die Bestimmung der Beschränkung aus Sicht eines potentiellen Investors zu erfolgen hat. Die Bestimmung des Beschränkungsbegriffs des EuGH ist 52 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 158; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 15. 53 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 158. 54 Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 15. 55 EuGH, Urt. v. 03. 02. 1993 – C-148/91, (Vereniging Veronica Omroep Organisatie/ Commissariat voor de Media), NVwZ 1993, 875 Rn. 10 ff. 56 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 63 AEUV Rn. 158; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 14. 57 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), EuZW 2007, 697, Rn. 19; Urt. v. 19. 05. 2009 – C-531/06 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 415 Rn. 46; Urt. v. 06. 12. 2007 – C-463/04 (Federconsumatori u. a./Comune di Milano), EuZW 2008, 51 Rn. 21; EuGH, Urt. v. 24. 02. 2015 – C-559/13 (FA Dortmund-Unna ./. Josef Grünewald), ZEV 2015, 593 Rn. 19; Urt. v. 22. 10. 2013 @ C-105/12; C-106/12; C-107/12 (Essent), EnWZ 2013, 550 Rn. 41; Urt. v. 9. 10. 2014 – C-326/12 (van Caster und van Caster/Finanzamt Essen-Süd), EuZW 2014, 938 Rn. 25; Urt. v. 13. 03. 2014 – C-375/12 (Margaretha Bouanich/ Directeur des services fiscaux de la Drôme), DStRE 2014, 1115 Rn. 43; Urt. v. 10. 05. 2012 – C-338/11 bis C-347/11 (FIM Santander) IStR 2012, 432 Rn. 15. 58 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 26 f.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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im Vergleich zum Verständnis im Schrifttum enger, da konkret an den Erwerb von Aktien und die Investition in das Kapital von Unternehmen durch Anleger aus anderen Staaten angeknüpft wird. Demgegenüber ist der Beschränkungsbegriff im Schrifttum wegen der Orientierung an der Dassonville-Formel sehr weit formuliert. Soweit also nach dem engeren Verständnis des EuGH eine Beschränkung gegeben ist, so liegen auch die Voraussetzungen des Beschränkungsbegriffs des Schrifttums vor. Eine Beschränkung ist lediglich in Fällen denkbar, in denen auch private Anleger Anteile am Unternehmen halten. Eine Beschränkung ist daher bei Eigengesellschaften ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der Begriffsbestimmungen des Schrifttums und der Rspr. ist das Meinungsspektrum zwiegespalten, ob die §§ 394, 395 AktG die Kapitalverkehrsfreiheit beschränken. c) Der Meinungsstand zur Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die §§ 394, 395 AktG Teilweise wird vertreten, dass mit den §§ 394, 395 AktG keine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gegeben ist.59 Denn dieses Sonderrecht führe nicht zu einem bestimmenden Einfluss des staatlichen Anteilseigners.60 Die Informationsweitergabe führe nur zu Beeinträchtigungen geringer Intensität.61 Diese Beeinträchtigungen seien nicht mit den Golden Shares-Fällen vergleichbar, in denen der EuGH jeweils eine Beschränkung angenommen hat.62 Das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft sei hinreichend gewahrt, da § 395 AktG die Informationsweitergabe auch gegenüber dem Berichtsempfänger beschränke.63 Daneben diene die durch die §§ 394, 395 AktG bezweckte Kontrolle durch die Rechnungshöfe auch den privaten Anlegern.64 Gleichwohl stellen die Vertreter dieser Ansicht klar, dass von keiner geringen Eingriffsintensität mehr auszugehen ist, sobald ein privater Anleger erwarte, dass auch die Pflicht zur Geheimhaltung nach § 395 AktG nicht mehr erfüllt werde.65

59 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7; Schall, in: BeckOGK, Stand: 01. 07. 2020, § 394 Rn. 17; Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7. 60 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37. 61 Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 16; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7; Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10. 62 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7. 63 Vgl. Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 16. 64 Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10. 65 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7; Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

Die Gegenansicht vertritt, dass mit dem Informationsprivileg des Staates nach den §§ 394, 395 AktG eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliege.66 Gerade unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 07. 11. 201767 sei in Fällen der staatlichen Mehrheitsbeteiligung nicht mehr von einer ausreichenden Absicherung des Geheimnisschutzes auszugehen.68 Denn nunmehr müssten Anleger stets befürchten, dass vertrauliche Informationen an das Bundesparlament in öffentlicher Sitzung offenbart werden.69 Die Vertreter dieser Ansicht räumen ein, dass der Eingriff durch die §§ 394, 395 AktG weniger intensiv als in den vom EuGH entschiedenen Golden Shares-Fällen sei.70 Gleichwohl genüge für die Annahme einer Beschränkung bereits eine Verringerung des Interesses am Erwerb einer Beteiligung.71 Denn potentielle Investoren haben bei einer staatlichen Beteiligung stets zu befürchten, dass sensible Informationen nicht nur im Gesellschaftsinteresse sondern auch aufgrund der öffentlichen Zweckbindung zur Förderung politischer Ziele oder öffentlicher Zwecke offenbart werden.72 Diese Befürchtung könne das Interesse potentieller Investoren verringern, sodass diese von einer Beteiligung absehen.73 Zudem erhalte der Staat durch die §§ 394, 395 AktG einen größeren Einfluss als die übrigen privaten Aktionäre, der unabhängig von deren Beteiligungshöhe ist.74 Denn die §§ 394, 395 AktG normieren nach ihrem Wortlaut keine Beteiligungsschwelle für die Befreiung der Verschwiegenheitspflicht.75 Für eine Beschränkung spreche auch Art. 46 der Kapitalrichtlinie (2012/30/EU) sowie Art. 4 der Aktionärsrechterichtlinie (2007/37/EG), welche die Mitgliedsstaaten in diesen Regelungsbereichen zu einer Gleichbehandlung aller Gesellschafter verpflichtet.76 Der EuGH habe zwar entschieden, dass sich aus diesen Richtlinien kein allgemeiner Rechtsgrundsatz ergebe, allerdings beziehe sich diese Entscheidung nur auf das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern.77 Einem Gebot an den nationalen Gesetzgeber zur Gleichbehandlung aller Aktionäre stehe dies aber nicht entgegen.78 Denn aus den Entscheidungen des EuGH werde deutlich, dass ein besonderer Einfluss des Staates, der

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Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229. 68 Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527 f. 69 Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527 f. 70 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. 71 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. 72 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. 73 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. 74 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. 75 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. 76 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 103. 77 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 103 verweist insoweit auf EuGH, Urt. v. 15. 10. 2009 – C-101/08 (Audiolux SA u. a./Groupe Bruxelles Lambert SA), EuZW 2009, 894 Rn. 32 ff. 78 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 103. 67

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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abgekoppelt von der Beteiligungshöhe ist, kritisch zu sehen sei.79 Rechtspolitisch sei das Sonderrecht ohnehin problematisch, sodass man den Staat zu einer Rechtfertigung anhalten solle.80 Die genannten Ansichten führen jeweils die Golden Shares-Fälle einschließlich der Entscheidung zum VW-Gesetz als Begründung an. Daher ist auf die Golden Shares-Fälle näher einzugehen. d) Rspr. des EuGH zu staatlichem Sonderrecht Der EuGH hat sich bereits wegen den sog. Golden Shares mit staatlichem Sonderrecht beschäftigt.81 Die Zulässigkeit der Golden Shares wurde zumeist anhand der Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 63 AEUV beurteilt.82 (1) Die Kommission der EG führte unter anderem gegen Belgien aufgrund der Schaffung von Sonderaktien ein Verfahren.83 Diese Aktien waren mit Sonderrechten dahingehend verbunden, dass jede Übertragung, Verwendung als Sicherheit oder Änderung des Verwendungszwecks von Leitungen, die der Infrastruktur von Energieerzeugnissen dienten, dem zuständigen Minister vorab zu melden war und diesem ein Widerspruchsrecht einräumten.84 Dieses Widerspruchsrecht konnte ausgeübt werden, wenn nach Auffassung des Ministers die nationalen Energieinteressen beeinträchtigt waren.85 Der EuGH hat diese Sonderrechte unproblematisch als Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit qualifiziert.86 79

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 103. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 103. 81 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C 112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942; Urt. v. 08. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), NJW 2002, 2305; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommssion der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536. 82 EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339; Urt. v. 8. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C503/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/ 99 (Kommission/Französische Republik), NJW 2002, 2305; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommssion der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437; Urt. v. 23. 10. 2007 – C 112/ 05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536. 83 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303. 84 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303. 85 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303. 80

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

(2) In einem Verfahren der Kommission der EG gegen Frankreich wurde eine Regelung, die zur Schaffung einer Sonderaktie des Staates führte, als mit der Kapitalverkehrsfreiheit für unvereinbar angesehen.87 Die Aktie führte dazu, dass jede Überschreitung bestimmter Schwellenwerte der vorherigen Genehmigung des französischen Wirtschaftsministers bedurfte und Frankreich ein Widerspruchsrecht gegen die Abtretung bestimmter Aktiva des Unternehmens hatte.88 Der EuGH sah diese Sonderrechte als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit an.89 (3) Die Kommission der EG führte gegen Portugal ein Verfahren, da es Regelungen geschaffen hat, die einen Grenzwert von ausländischen Beteiligungen bei bestimmten Unternehmen vorsahen und Erwerbe von Beteiligungen in bestimmter Höhe von der vorherigen Genehmigung Portugals abhängig machten.90 Die Schaffung eines Grenzwerts von ausländischen Beteiligungen hat der EuGH unproblematisch als Ungleichbehandlung und damit als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit qualifiziert.91 Auch das Erfordernis der vorherigen Genehmigung für Beteiligungserwerbe in bestimmter Höhe stelle eine Beschränkung dar, da sie den Erwerb von Anteilen verhindern und Investoren anderer Mitgliedstaaten abhalten könne, Beteiligungen zu erwerben.92 (4) Gegen Spanien kam es zu einem Verfahren wegen Regelungen, die vorsahen, dass Grundlagenbeschlüsse der Gesellschaft von der vorherigen behördlichen Genehmigung abhängig sind, soweit die staatliche Beteiligung um mehr als 10 % verringert und damit 50 % des Gesamtkapitals unterschreitet oder die staatliche Beteiligung insgesamt auf weniger als 15 % verringert wird.93 Diese Regelungen hat der EuGH als Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit qualifiziert.94 (5) In einem Verfahren gegen Großbritannien entschied der EuGH, dass eine Satzungsregelung eines Unternehmens, das mehrere Flughäfen in Großbritannien 86 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303 Rn. 40. 87 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 54. 88 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 1. 89 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 42. 90 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 12 ff. 91 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 40. 92 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 45 f. 93 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529. 94 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 62.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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besaß, die Kapitalverkehrsfreiheit beschränkte.95 Diese Satzungsregelung verhinderte, dass ein Anteilseigner eine Beteiligung erwerben oder halten konnte, die mehr als 15 % der Stimmrechte vermittelte.96 Zudem wurde die Wirksamkeit verschiedener Beschlüsse an die Zustimmung des staatlichen Anteilsinhabers geknüpft.97 Diese Satzungsregelung sei geeignet, Anleger aus anderen Mitgliedstaaten von Investitionen abzuhalten und damit deren Marktzugang zu verhindern.98 (6) Gegen Italien wurde ein Verfahren angestrengt, da eine Regelung die automatische Aussetzung der Stimmrechte für Aktienanteile von mehr als 2 % des Gesellschaftskapitals von Unternehmen, welche im Bereich Erdgas und Elektrizität tätig sind, bestimmte.99 Diese Regelung wurde als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit qualifiziert, da diese Regelung verhindert, dass entsprechend der Beteiligungshöhe eine Mitverwaltung und Kontrolle durch den Anteilsinhaber stattfinden kann.100 Dies schrecke Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten ab, in Unternehmen im Erdgas- und Elektrizitätssektor zu investieren.101 (7) In einem weiteren Verfahren gegen Italien hat die Kommission eine Regelung beanstandet, die Einspruchsrechte des Staates gegen den Beteiligungserwerb und den Abschluss von Aktionärsverträgen, die einen gewissen Anteil an Stimmrechten vermittelten, vorsah.102 Dies wertete der EuGH aus denselben Gründen wie in der Entscheidung gegen Großbritannien als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit.103 Zudem beinhaltete die Regelung ein Vetorecht des Staates gegen bestimmte Entscheidungen des Unternehmens.104 Dieser Teil der Regelung verstieß nach Ansicht des EuGH gegen die Niederlassungsfreiheit, was als unvermeidliche Konsequenz auch zu einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit führte.105 (8) In anderen Verfahren gegen die Niederlande und Portugal ging es entsprechend den bisher aufgeführten Fällen um ähnlich gelagerte Sonderrechte wie Zustimmungsrechte, Genehmigungserfordernisse bei bestimmten Übertragungen, 95 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536 Rn. 41, 44. 96 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536 Rn. 11. 97 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536 Rn. 8 ff. 98 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536 Rn. 47. 99 EuGH, Urt. v. 02. 06. 2005 – C 174/04 (Kommission/Italien), NZG 2005, 631. 100 EuGH, Urt. v. 02. 06. 2005 – C 174/04 (Kommission/Italien), NZG 2005, 631 Rn. 30 f. 101 EuGH, Urt. v. 02. 06. 2005 – C 174/04 (Kommission/Italien), NZG 2005, 631 Rn. 30. 102 EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458. 103 EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458 Rn. 38, 40. 104 EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458. 105 EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458 Rn 39.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

Stimmrechtsbeschränkungen und Vetorechte.106 In sämtlichen Fällen lag mit diesen Sonderrechten eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor.107 (9) Der EuGH hat sich zu staatlichem Sonderrecht in Deutschland bislang nur im Zusammenhang mit dem VW-Gesetz geäußert.108 Das VW-Gesetz weist die Besonderheit auf, dass es nicht wie die Golden Shares in den zuvor genannten Fällen unmittelbar infolge der Privatisierung eines öffentlichen Unternehmens geschaffen wurde.109 Anlass für die Entscheidung des EuGH war, dass die Kommission der EG ein Verfahren gegen Deutschland wegen der Sonderregelungen im VW-Gesetz führte. Das VW-Gesetz sah eine Stimmrechtsbeschränkung der Aktionäre von 20 % vor, auch wenn ein Aktionär mehr als 20 % des Grundkapitals hielt.110 Daneben wurde der Bundesrepublik Deutschland und dem Bundesland Niedersachsen jeweils ein Entsenderecht für zwei Aufsichtsratsmitglieder eingeräumt, dass unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligungen war.111 Ferner sah das VW-Gesetz vor, dass für Beschlüsse, welche nach dem AktG der 75 %-Mehrheit bedürfen, eine Beschlussmehrheit von mehr als 80 % erforderlich war.112 Nach Ansicht des EuGH beschränkte das Höchststimmrecht der Aktionäre und die Beschlussmehrheit von mehr als 80 % die Kapitalverkehrsfreiheit.113 Dies begründete der EuGH damit, dass das Land Niedersachsen halte eine Beteiligung von 20 %, sodass der Staat eine Sperrminorität bei allen Hauptversammlungsbeschlüssen habe.114 Dies weiche von den allgemeinen Regelungen des Gesellschaftsrechts ab, die eine höhere Beteiligungsschwelle für eine Sperrminorität (mehr als 25 %) vor-

106 EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006 – C-282/04 (Kommission/Niederlande), EuZW 2006, 722; Urt. v. 08. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701; Urt. v. 11. 11. 2010 – C-543/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2011, 17; Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339. 107 EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006 – C-282/04 (Kommission/Niederlande), EuZW 2006, 722 Rn. 21; EuGH, Urt. v. 8. 7. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701 Rn. 62; EuGH, Urt. v. 11. 11. 2010 – C-543/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2011, 17 Rn. 58, 62; EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339 Rn. 59 ff. 108 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942; Urt. v. 22. 10. 2013 – C-95/12 (Kommission/Deutschland), EuZW 2013, 946. 109 Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 36. 110 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942. 111 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942. 112 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942. 113 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 56. 114 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 49 f.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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sehen.115 Dieser Umstand sei geeignet, Anleger aus anderen Mitgliedstaaten von einer Investition abzuhalten.116 Auch das Entsenderecht des Bundes und Niedersachsen wertete der EuGH als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit.117 Denn gemäß § 101 Abs. 2 S. 4 AktG bestand zum Zeitpunkt der Entscheidung lediglich ein Entsenderecht für Aktionäre höchstens für ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder.118 Dies entsprach drei Aufsichtsratsmitgliedern.119 Indem laut VW-Gesetz das Entsenderecht für vier Aufsichtsratsmitglieder bestehe, liege eine Abweichung vom allgemeinen Gesellschaftsrecht vor, welche allein den Staat begünstige.120 Damit werde die Möglichkeit für andere Aktionäre beschränkt, sich an der Gesellschaft zu beteiligen, um dauerhafte Wirtschaftsbeziehungen zu schaffen oder aufrechtzuerhalten, die es ihr ermöglichen, effektiv an ihrer Verwaltung und ihrer Kontrolle teilzuhaben.121 Als Reaktion auf diese Entscheidung hat Deutschland das Höchststimmrecht und das Entsenderecht des Bundes und des Landes Niedersachen für jeweils zwei Aufsichtsratssitze gestrichen.122 Dies wurde vom EuGH als ausreichend bewertet.123 3. Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die §§ 394, 395 AktG In einer Gesamtschau der Entscheidungen des EuGH wird deutlich, dass sämtliches Sonderrecht des Staates bislang als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit qualifiziert wurde. Dies lässt erwarten, dass der EuGH die §§ 394, 395 AktG als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit qualifizieren könnte. Diese These ist anhand des Prüfungsmaßstabs des EuGH für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit zu untersuchen.

115 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 44 ff. 116 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 52. 117 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 68. 118 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 60. 119 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 60. 120 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 61. 121 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942 Rn. 66. 122 EuGH, Urt. v. 22. 10. 2013 – C-95/12 (Kommission/Deutschland), EuZW 2013, 946; Entscheidungsbesprechung in Merkt, WuB 2014, 79 ff. 123 EuGH, Urt. v. 22. 10. 2013 – C-95/12 (Kommission/Deutschland), EuZW 2013, 946; Entscheidungsbesprechung in Merkt, WuB 2014, 79 ff.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

Der EuGH prüft das Vorliegen der Beschränkung daran, ob die nationale Maßnahme dazu geeignet ist, den Erwerb von Aktien des betreffenden Unternehmens zu verhindern, zu beschränken oder Investoren anderer Mitgliedstaaten davon abzuhalten, in das Kapital dieser Unternehmen zu investieren.124 Unter Zugrundelegung dieser Definition kann eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die §§ 394, 395 AktG keinen bestimmenden Einfluss vermitteln würden.125 Denn das Kriterium des bestimmenden Einflusses ist für das Vorliegen einer Beschränkung nach der Rspr. des EuGH nicht entscheidend. Aus demselben Grund verfängt das Argument nicht, dass eine Beschränkung wegen fehlender Eingriffsintensität abzulehnen ist.126 Die Intensität der Verhinderung des Aktienerwerbs oder des Abhaltens von der Investition in anderen Mitgliedstaaten, ließ der EuGH bislang bei der Bestimmung der Beschränkung außer Betracht. Daraus lässt sich schließen, dass das Wertungskriterium der Eingriffsintensität nach dem EuGH auf der Ebene der Beschränkung unbeachtlich ist. Selbst wenn man entgegen der Auffassung des EuGH die Intensität bereits im Rahmen der Beschränkung berücksichtigen würde, ist fraglich, ob mittels der §§ 394, 395 AktG ein im Vergleich zu den vom EuGH entschiedenen Fällen weniger intensiver Eingriff vorliegt. Die vom EuGH entschiedenen Fälle zum staatlichen Sonderrecht betrafen grundsätzlich Einwirkungs- und Mitverwaltungsrechte, wohingegen die §§ 394, 395 AktG lediglich die Informationsbeschaffung des Staates begünstigen. Gleichwohl kann mittels der §§ 394, 395 AktG, abhängig von der Bedeutung der weitergegebenen Informationen aus Sicht des Unternehmens, ein sehr intensiver Eingriff vorliegen. Im Einzelfall kann dies ein intensiverer Eingriff als beispielsweise Genehmigungspflichten für bestimmte Anteilsübertragungen sein. Pauschal von einem weniger intensiven Eingriff mittels der §§ 394, 395 AktG auszugehen, ist daher verfehlt. Sogar die Vertreter, die lediglich einen geringen Eingriff durch die §§ 394, 395 AktG annehmen, schränken ihre These teilweise dahingehend ein, dass ein intensiven Eingriff vorliege, sofern der potentielle Anleger die Weitergabe von vertraulichen Informationen zu befürchten hat.127 Diese Befürchtung könnte durch das Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 nun eingetreten sein, da in diesem Fall die Verschwiegenheitsregelungen der §§ 116, 395 AktG aufgrund der Normenhierarchie 124

EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), EuZW 2007, 697 Rn. 19; Urt. v. 19. 05. 2009 – C-531/06 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 415 Rn. 46; Urt. v. 06. 12. 2007 – C-463/04 (Federconsumatori u. a./Comune di Milano), EuZW 2008, 51 Rn. 21. 125 So aber Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37. 126 So aber Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7; Schall, in: BeckOGK, Stand: 01. 07. 2020, § 394 Rn. 17; Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7. 127 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7; Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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nicht angewendet wurden. Der potentielle Anleger kann bei einer Investition in ein Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung nicht absehen, ob wegen verfassungsrechtlicher Erwägungen eine Weitergabe von vertraulichen Informationen trotz fehlender Wahrung der Vertraulichkeit stattfindet. Aus Sicht eines Investors aus einem anderen Mitgliedstaat ist dies ein besonderer Umstand, den er bei seiner Investitionsentscheidung zu berücksichtigen hat. Denn aus Sicht des Anlegers macht es keinen Unterschied, aus welchem Grund die Informationsweitergabe entgegen § 395 AktG stattfindet. Maßgebend ist allein, dass eine Informationsweitergabe entgegen des § 395 AktG erfolgen kann. Pauschal kann daher nicht von einem weniger intensiven Eingriff ausgegangen werden. Das Argument, dass die Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 AktG auf Berichtsempfänger eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit entfallen lässt, verfängt nicht. Denn diese Argumentation setzt zu spät an. § 395 AktG betrifft den Berichtsempfänger und damit die „zweite Stufe“ der §§ 394, 395 AktG. Das Sonderrecht des Staates beginnt bereits mit der Befreiung des Vertreters der Gebietskörperschaft von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG („erste Stufe“). Sobald dieser Vertreter infolge der Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht Unternehmensinterna an den Berichtsempfänger weitergibt, erweitert sich infolge der Sonderregelung des § 394 AktG der Kreis von Geheimnisträgern. Diese Erweiterung des Kreises von Geheimnisträgern wird das Interesse eines Investors aus einem anderen Mitgliedstaat berühren. Denn es liegt im Interesse des Investors, dass für Unternehmenszwecke geheimhaltungsbedürftige Informationen nur einem kleinen Personenkreis preisgegeben werden. Auch die Argumentation der Vertreter, die eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit annehmen, überzeugt nicht restlos. Insbesondere die Ableitung eines Gebots an den nationalen Gesetzgeber zur Gleichbehandlung aller Aktionäre aus Art. 46 der Kapitalrichtlinie (2012/30/EU) sowie aus Art. 4 der Aktionärsrechterichtlinie (2007/37/EG) wirkt weit hergeholt.128 Soweit der europäische Gesetzgeber ein solches Gebot normieren wollte, so hätte er dies bereits getan und kommuniziert. Ferner hat das deutsche AktG bereits mit § 53a AktG die Gleichbehandlung aller Aktionäre normiert. Diese Gleichbehandlung hat der deutsche Gesetzgeber zugunsten der öffentlichen Hand mit der Schaffung der §§ 394, 395 AktG bewusst begrenzt.129 Gleichwohl ist aus rechtspolitischer Sicht die Inkonsequenz bei der Gleichbehandlung aller Aktionäre bedenklich.130 Auch der Vorschlag, dass staatliches Sonderrecht stets als Beschränkung zu werten sei, um den Staat zur Rechtfertigung anzuhalten, ist lediglich rechtspolitisch nachvollziehbar.

128 129 130

So aber Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 103. Götze, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 53a AktG Rn. 18. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 103.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

Überzeugend ist allerdings, dass der Investor infolge der §§ 394, 395 AktG erwarten muss, dass Unternehmensinterna nicht nur für Unternehmenszwecke, sondern auch für öffentliche oder politische Zwecke verwendet werden.131 Eine Erweiterung des Kreises von Geheimnisträgern erhöht zudem stets das Risiko der ungewollten Offenlegung. Dies schmälert das Interesse des Investors. Daneben wird das Investoreninteresse durch die Komplexität des § 394 AktG beeinträchtigt. Denn § 394 S. 1 AktG befreit das Aufsichtsratsmitglied von seiner Verschwiegenheitspflicht lediglich in Fällen einer Berichtspflicht. In § 394 S. 3 AktG wird dann erläutert, dass sich diese Berichtspflicht aus dem Gesetz, der Satzung oder auf dem Aufsichtsrat mitgeteiltem Rechtsgeschäft ergeben kann. Aus Sicht eines Investors aus einem anderen Staat ist auf Grundlage des § 394 AktG nicht erkennbar, wann eine solche Berichtspflicht besteht. Vielmehr wird infolge der Aufzählung in § 394 S. 3 AktG nur deutlich, dass eine solche Berichtspflicht aus unterschiedlichen Rechtsgrundlagen resultieren kann. Aus Sicht eines Investors ist aus den §§ 394, 395 AktG nicht eindeutig abzusehen, wer möglicher Berichtsempfänger ist. Dies wirkt gegenüber potentiellen Investoren abschreckend. Zusammenfassend sind die §§ 394, 395 AktG daher geeignet, potentielle Investoren von einer Investition abzuhalten. Diese Schmälerung des Interesses des Investors genügt vor dem Hintergrund des Prüfungsmaßstabs des EuGH für die Annahme einer Beschränkung.132 Folglich liegt mit den §§ 394, 395 AktG eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor.

IV. Rechtfertigung Möglicherweise ist die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit jedoch gerechtfertigt. Eine Beschränkung des Kapitalverkehrs durch eine nationale Maßnahme kann nur aus Gründen des Art. 65 Abs. 1 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, soweit keine gemeinschaftliche Harmonisierungsregelung vorliegt, die bereits den Schutz der durch die nationale Regelung verfolgten Interessen gewährleistet.133 Zudem muss die nationale Maßnahme verhältnismäßig sein.134 Die Maßnahme ist verhältnismäßig, soweit die 131

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. So auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 102. 133 EuGH, Urt. v. 06. 12. 2007 – C-463/04 (Federconsumatori u. a./Comune di Milano), EuZW 2008, 51 Rn. 39 f.; Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458 Rn. 41; Urt. v. 23. 10. 2007 – C-112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), EuZW 2007, 697 Rn. 72. 134 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 68; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437, 440 Rn. 49. 132

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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nationale Maßnahme geeignet ist, das verfolgte Ziel zu verwirklichen, und zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.135 1. Keine gemeinschaftliche Harmonisierungsregelung Teilweise wird vertreten, dass die durch die §§ 394, 395 AktG verfolgten Interessen rein finanzieller Art sind.136 Diese Interessen seien durch ausreichende Information mittels der Publikationspflichten und des Fragerechts der Aktionäre bereits durch eine Harmonisierung hinreichend geschützt.137 Dies resultiere aus der Publizitätsrichtlinie138, der Transparenzrichtlinie139 und der Aktionärsrechterichtlinie140. Diese Ansicht überzeugt nicht. Hierbei kann die Frage dahinstehen, ob die §§ 394, 395 AktG tatsächlich nur den finanziellen Interessen des Staates dienen. Denn der Unionsgesetzgeber hat die finanziellen Interessen der Aktionäre mittels der Informationsmöglichkeiten nicht bereits unter Verzicht auf staatliche Sonderrechte umfassend im Wege der Harmonisierung geregelt. Die angeführten Richtlinien, wie die Publizitäts-, die Transparenzrichtlinie als auch die Aktionärsrichtlinie haben teilweise Informationsrechte von Aktionären zum Gegenstand. Jedoch proklamiert keine dieser Richtlinien für sich, dass sie eine abschließende Harmonisierung der Informationsrechte der Aktionäre sei. Zudem wird in keiner der genannten Richtlinien staatliches Sonderrecht thematisiert. Daraus wird deutlich, dass der Unionsgesetzgeber sich dazu nicht äußern wollte. Gegen eine abschließende Harmonisierung spricht insbesondere, dass es aufgrund dieser Richtlinien nicht zu einem Streit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kommission über die Wirksamkeit der §§ 394, 395 AktG gekommen ist. Gegen die abschließende Harmonisierung spricht auch der Erlass von weiteren Richtlinien, wie beispielsweise ARUG II141, im Zusammenhang mit Informationsrechten der Aktionäre. Folglich besteht keine gemeinschaftliche Harmonisierungsregelung, die den Schutz der hinter den §§ 394, 395 AktG verfolgten Interessen gewährleistet. 2. Art. 65 Abs. 1 b) AEUV Möglicherweise kann die Beschränkung durch einen der Gründe in Art. 65 AEUV gerechtfertigt werden. Von den in Art. 65 Abs. 1 AEUVaufgeführten 135

EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 68; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437, 440 Rn. 49; vgl. Urt. v. 14. 12. 1995, C-163/94, C-165/94 und C-250/94 (Sanz de Lera), BeckRS 2004, 74584 Rn. 23. 136 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 104. 137 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 104. 138 Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16. 09. 2009. 139 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15. 12. 2004. 140 Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 11. 07. 2007. 141 Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17. 05. 2017.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

Gründen kommt allein Art. 65 Abs. 1 b) AEUV in Betracht. Danach berührt Art. 63 AEUV nicht das Recht des Mitgliedstaats die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu verhindern oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind. a) Maßnahmen zur Vermeidung von Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften sollen laut Art. 65 Abs. 1 b) AEUV insbesondere im Bereich des Steuerrechts und der Finanzaufsicht verhindert werden. Diese Aufzählung ist, wie aus dem Begriff „insbesondere“ deutlich wird, nicht abschließend.142 Soweit dieser Regelungsgehalt auf andere Rechtsgebiete erstreckt werden soll, müssen diese Gebiete einen vergleichbaren Stellenwert für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit besitzen.143 Als Beispiele nennt der EuGH Vorschriften gegen Steuerhinterziehung, Drogenhandel, Geldwäsche und Terrorismus.144 Die §§ 394, 395 AktG dienen der demokratischen Kontrolle staatlichen Handelns.145 Soweit staatliche Finanzmittel für die Betätigung der öffentlichen Hand in der Form der AG verwendet werden, führt dies zu einer Schwächung der Haushaltskontrolle.146 Die Schwächung liegt darin, dass das Haushaltsrecht grundsätzlich nur für die Beteiligung des Staates verwaltende Behörde gilt und nicht für das Beteiligungsunternehmen selbst.147 Zudem sind die Besonderheiten der jeweiligen Rechtsform zu beachten. Die öffentliche Hand will das potentielle Informationsdefizit bei der AG durch die §§ 394, 395 AktG verhindern und so die für die Haushaltskontrolle notwendige Informationsgrundlage schaffen.148 Die Haushaltskontrolle ist nicht vergleichbar mit dem Kampf gegen die Steuerhinterziehung, den Drogenhandel oder den Terrorismus. Somit sind die §§ 394, 395 AktG keine unerlässlichen Maßnahmen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu verhindern.

142 So auch Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 65 AEUV Rn. 30. 143 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 65 AEUV Rn. 32. 144 EuGH, Urt. v. 23. 02. 1995 – C-358/93 (Bordessa), BeckRS 2004, 76713 Rn. 19. 145 Statt vieler: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37. 146 Kirchhof, NVwZ 1983, 505, 514. 147 Kirchhof, NVwZ 1983, 507, 514. 148 Vgl. Kap. 2 B. I. und III.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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b) Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit Eventuell sind die §§ 394, 395 AktG aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt. Es wurde bisher vom EuGH nicht thematisiert, ob die Haushaltskontrolle Teil der öffentlichen Ordnung oder öffentlichen Sicherheit i.S.d. Unionsrechts ist. Die Begriffe „öffentliche Ordnung“ und „öffentliche Sicherheit“ sind nicht mit den Begriffen im deutschen öffentlichen Recht gleichzusetzen.149 Vielmehr sind dies unionsrechtliche Begriffe, die durch das Unionsrecht ihre Prägung erhalten.150 Es ist zu beachten, dass Art. 65 AEUV eine Ausnahmeregelung zu Art. 63 AEUV ist, sodass die Ausnahmetatbestände des Art. 65 AEUV eng auszulegen sind.151 Der EuGH sieht in der öffentlichen Ordnung hoheitlich festgelegte Grundregeln, die ein Grundinteresse der Gesellschaft betreffen.152 Rein wirtschaftliche Interessen sind davon nicht erfasst.153 Eine Rechtfertigung von staatlichem Sonderrecht durch Gründe der öffentlichen Ordnung wurde bislang nicht angenommen. Die Haushaltskontrolle als eine Grundregel zu qualifizieren, die gesellschaftliche Grundinteressen berührt, liegt auch fern. Daher ist die Haushaltskontrolle nicht Teil der öffentlichen Sicherheit. Möglicherweise könnte die Haushaltskontrolle als Teil der öffentlichen Sicherheit qualifiziert werden. Die öffentliche Sicherheit schützt die grundlegenden staatlichen Interessen, wie die Aufrechterhaltung wesentlicher öffentlicher Dienstleistungen oder das sichere und wirksame Funktionieren des Staates.154 Auch die öffentliche Sicherheit schützt keine rein wirtschaftlichen Interessen.155 Der EuGH hat klargestellt, dass der Begriff der öffentlichen Sicherheit eng auszulegen ist.156 In seinen Entscheidungen zu den Golden Shares hat der EuGH die Versorgung mit Erdölerzeugnissen, Telekommunikation und Elektrizität und die Sicherstellung der Erbringung derartiger Dienstleistungen im Krisen-, Kriegs- und Terrorfall als Teil der 149

Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 65 AEUV Rn. 52. Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 65 AEUV Rn. 52. 151 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 65 AEUV Rn. 52. 152 EuGH, Urt. v. 27. 10. 1977 – 30/77, (Pierre Bouchereau), BeckRS 2004, 73063 Rn. 33/ 35; vgl. Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 65 AEUV Rn. 53; vgl. Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 65 AEUV Rn. 19. 153 EuGH, Urt. v. 07. 06. 2012 – C-39/11(VBV – Vorsorgekasse AG), BeckRS 2012, 81170 Rn. 29; Urt. v. 14. 03. 2000 – C-54/99 (Association Église de scientologie de Paris, Scientology International Reserves Trust / Premier ministre), IStR 2000, 287 Rn. 17; Urt. v. 28. 10. 1975 – 36/75, (Rutili), BeckRS 2004, 70976 Rn. 29/31. 154 EuGH, Urt. v. 10. 07. 1984 C-72/83 (Campus Oil) BeckRS 2004, 73601 Rn. 23, 34. 155 EuGH, Urt. v. 07. 06. 2012 – C-39/11(VBV – Vorsorgekasse AG), BeckRS 2012, 81170 Rn. 29; Urt. v. 14. 03. 2000 – C-54/99 (Association Église de scientologie de Paris, Scientology International Reserves Trust / Premier ministre), IStR 2000, 287 Rn. 17; Urt. v. 28. 10. 1975 – 36/75, (Rutili), BeckRS 2004, 70976 Rn. 29/31. 156 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 72. 150

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

öffentlichen Sicherheit eingestuft.157 Die angeführten Güter Erdöl, Telekommunikation und Elektrizität sind unzweifelhaft notwendig für die Versorgung der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, die Haushaltskontrolle als ein ebenso grundlegendes staatliches Interesse zu qualifizieren. Denn die Haushaltskontrolle dient nicht im gleichen Maße der Aufrechterhaltung wesentlicher öffentlicher Dienstleistungen im Krisenfall. Zwar kann man eine effektive Haushaltskontrolle als Bestandteil eines wirksamen Funktionierens des Staates ansehen, doch scheint es überzogen, die Haushaltskontrolle der Versorgung mit wichtigen Gütern im Krisenfall gleichzusetzen. Denn das Bedürfnis des Volkes nach einer sicheren Versorgung mit wichtigen Gütern ist größer als dessen Bedürfnis nach einer Haushaltskontrolle. Die Haushaltskontrolle hat daher nicht den gleichen Stellenwert wie die Grundversorgung der Bevölkerung mit wichtigen Gütern im Krisenfall. Folglich ist die Haushaltskontrolle weder Teil der öffentlichen Ordnung noch der öffentlichen Sicherheit i.S.d. Unionsrechts. Eine Rechtfertigung der Beschränkung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemäß Art. 65 Abs. 1 b) AEUV scheidet damit aus. 3. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses Möglicherweise kommt eine Rechtfertigung der Beschränkung des Kapitalverkehrs durch die §§ 394, 395 AktG aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses in Betracht.158 Auch im Rahmen der zwingenden Gründe des Allgemeininteresses vertritt der EuGH die Auffassung, dass rein finanzielle Interessen nicht als Rechtfertigung genügen.159 Teilweise wird im Schrifttum vertreten, dass grundsätzlich jeder Gemeinwohlbelang einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen kann, solange dieser Belang nicht rein wirtschaftliche Zielsetzungen hat.160 Vor diesem Hintergrund gehen die Ansichten auseinander, ob die durch §§ 394, 395 AktG bezweckte Haushaltskontrolle ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist. Der EuGH hat sich dazu bislang noch nicht geäußert.

157

EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 71; Urt. v. 11. 11. 2010 – C-543/08 (Kommision/Portugal), EuZW 2011, 17 Rn. 84. 158 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 68; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 49. 159 EuGH, Urt. v. 06. 06. 2000 – C-35/98 (Staatssecretaris van Financiën/B. G. M. Verkooijen), IStR 2000, 432 Rn. 48. 160 Sedlaczek/Züger, in: Streinz, 3. Aufl. 2018, Art. 65 AEUV Rn. 31.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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a) Der Meinungsstand zur Qualifikation der Haushaltskontrolle als zwingenden Grund des Allgemeininteresses Eine Auffassung lehnt die Haushaltskontrolle als Rechtfertigungsgrund ab. Denn die allgemeinen finanziellen Interessen des Staates können nach dem EuGH nicht als Rechtfertigung herangezogen werden.161 Die öffentliche Haushaltskontrolle decke sich mit den allgemeinen finanziellen Interessen des Mitgliedsstaates.162 Es sei nicht nachvollziehbar, warum das finanzielle Interesse des staatlichen Anteilseigners bedeutender sein sollte als das privater Anteilseigner.163 Die Gegenauffassung in der Literatur nimmt dagegen eine Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses an.164 Denn die §§ 394, 395 AktG dienen der Haushaltskontrolle und damit zumindest auch der verfassungsrechtlich gebotenen demokratischen Kontrolle staatlichen Handelns (Art. 4 Abs. 2 S. 1, 10 EUV).165 b) Die Haushaltskontrolle als zwingender Grund des Allgemeininteresses Im Folgenden wird untersucht, ob die Haushaltskontrolle ein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein kann. Hierfür darf die Haushaltskontrolle ausweislich des EuGH nicht lediglich rein finanziellen Interessen dienen.166 Dies wäre nicht der Fall, wenn die §§ 394, 395 AktG auch der verfassungsrechtlich gebotenen demokratischen Kontrolle staatlichen Handelns dienen und damit von Art. 4 Abs. 2 S. 1, Art. 10 EUV geschützt werden.167 Gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 1 EUV hat die Union die nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten. Der Begriff der „nationalen Identität“ ist zwar unionsrechtlich. Gleichwohl resultiert der Inhalt dieses Begriffs aus dem einzelnen Selbstverständnis der Mitgliedstaaten.168 Dieses Selbstverständnis wird durch das jeweilige nationale Verfassungsrecht umrissen.169 Zur Interpretation der jeweiligen verfassungsrechtlichen Grundlagen ist auf die Rspr. der 161

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 104. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 104. 163 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 104. 164 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 16; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 6. 165 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37. 166 EuGH, Urt. v. 06. 06. 2000 – C-35/98 (Staatssecretaris van Financiën/B. G. M. Verkooijen), IStR 2000, 432 Rn. 48. 167 So Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37; für die Haushaltskontrolle als zwingenden Grund des Allgemeinwohls: Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 7. 168 Streinz, in: Streinz, 3. Aufl. 2018, Art. 4 EUV Rn. 14; Schill/Krenn, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 4 EUV Rn. 24. 169 Streinz, in: Streinz, 3. Aufl. 2018, Art. 4 EUV Rn. 14; Schill/Krenn, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 4 EUV Rn. 24. 162

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

nationalen Höchst- und Verfassungsgerichte zu rekurrieren.170 Nach dem BVerfG gehören die Grundsätze des Demokratieprinzips aus Art. 20 Abs. 1 und 2 GG zur Verfassungsidentität.171 Ausdrücklich hat das BVerfG die Haushaltsverantwortung des Bundestages als elementaren Bestandteil der Verfassung angesehen.172 Die Haushaltsverantwortung selbst ist bedingt durch ausreichende Befugnisse des Bundestages zur Haushaltskontrolle. Somit lässt sich vertreten, dass die Haushaltskontrolle auf Bundesebene Teil der deutschen Verfassungsidentität ist. Für die Landes- und Gemeindeebene kann bislang nicht auf eine derartige Rspr. rekurriert werden. Gleichwohl gelten auch auf diesen Ebenen die Erwägungen des Demokratieprinzips und damit die notwendige Kontrolle des staatlichen Handelns. Mithin lässt sich anhand von Art. 4 Abs. 2 S. 1 EUV begründen, dass die Haushaltskontrolle ein zwingender Grund des Allgemeinwohls ist. Art. 10 EUV normiert das Demokratieprinzip auf Unionsebene.173 Die Mitgliedstaaten werden gemäß Art. 10 Abs. 2 UAbs. 2 EUV im Europäischen Rat durch ihre Regierungschefs und im Rat der Europäischen Union durch die jeweilige Regierung vertreten. Die Regierungschefs und die Regierung allgemein haben selbst in demokratischer Weise gegenüber ihren Parlamenten Rechenschaft abzulegen. Zweck des Art. 10 Abs. 2 EUV ist die Darstellung der demokratischen Legitimation der europäischen Institutionen wie dem Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Rat über die Mitgliedstaaten.174 Daher soll aus Art. 10 EUV auch die demokratische Kontrolle staatlichen Handelns folgen.175 Dem ist zuzustimmen, denn die demokratische Legitimation bedingt eine Verantwortung i.S.d. Rechenschaft gegenüber den Unionsbürgern. Diese Rechenschaft kann nur effektiv erfolgen, wenn die Verwendung der europäischen Mittel auch kontrolliert wird. Dies setzt notwendigerweise eine Haushaltskontrolle voraus, da es ansonsten nicht möglich ist, gegenüber den Unionsbürgern hinreichend bestimmt Rechenschaft abzulegen. Folglich lässt sich die Haushaltskontrolle als Teil der demokratischen Kontrolle auf die Art. 4 Abs. 2 S. 1, Art. 10 EUV stützen.176 Somit dient die öffentliche Haushaltskontrolle nicht lediglich den allgemeinen finanziellen Interessen eines Mitgliedstaates.177 Vielmehr ist die Haushaltskontrolle notwendiger Bestandteil für die Rechenschaftspflicht des Staates gegenüber dem 170

Streinz, in: Streinz, 3. Aufl. 2018, Art. 4 EUV Rn. 14; Schill/Krenn, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 4 EUV Rn. 25. 171 BVerfG, Urt. v. 07. 09. 2011 @ 2 BvR 987/10, EuZW 2011, 920 Rn. 120. 172 BVerfG, Urt. v. 07. 09. 2011 @ 2 BvR 987/10, EuZW 2011, 920 Rn. 120 ff. 173 Ruffert, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, EUV, Art. 10 Rn. 1 ff. 174 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 10 EUV Rn. 55; Huber in: Streinz, 3. Aufl. 2018, Art. 10 EUV Rn. 33. 175 Huber, in: Streinz, 3. Aufl. 2018, Art. 10 EUV Rn. 8. 176 So auch Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 37. 177 So aber Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 104.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

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Volk. Dies spricht für die Einordnung der Haushaltskontrolle als zwingenden Grund des Allgemeininteresses. c) Rspr. des EuGH zu zwingenden Gründen des Allgemeinwohls Eventuell kann auch aus der Rspr. des EuGH abgeleitet werden, dass die Haushaltskontrolle ein zwingender Grund des Allgemeinwohls ist. Hierfür ist in einer Gesamtschau der Entscheidungen des EuGH zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses im Zusammenhang mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu bestimmen, ob auch die Haushaltskontrolle erfasst ist. Der EuGH hat insbesondere die Stabilität und die Sicherheit des Vermögens, welches in betrieblichen Vorsorgekassen eingezahlt wurde, als einen zwingenden Grund des Allgemeinwohls angesehen.178 Insoweit lässt sich argumentieren, dass auch die Haushaltskontrolle mittelbar dem Schutz des Vermögens des Einzelnen dient. Denn die öffentlichen Gelder setzen sich hauptsächlich aus den gezahlten Steuern zusammen.179 Die Haushaltskontrolle soll gewährleisten, dass die öffentlichen Finanzmittel zweckmäßig eingesetzt werden, wie beispielsweise für die innere und äußere Sicherheit oder die Gesundheits- und Sozialpolitik.180 Es ist im Interesse der Allgemeinheit, dass öffentliche Gelder nicht zweckwidrig verwendet werden sollen.181 Ferner hat der EuGH im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit entschieden, dass die Bekämpfung und die Verhinderung von Missbrauch von Sozialleistungen zum Schutz des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist.182 Auch die Haushaltskontrolle dient der Verhütung des Missbrauchs öffentlicher Gelder. Vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2018 die Bundesbeteiligungen Zuwendungen i.H.v. 7,5 Mrd. E erhielten, ist es von besonderem Interesse der Allgemeinheit etwaigen Missbräuchen in diesem Bereich vorzubeugen.183 Folglich spricht die Rspr. des EuGH dafür, die Haushaltskontrolle als einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses zu qualifizieren, welche eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit rechtfertigen kann.

178 EuGH, Urt. v. 07. 06. 2012 – C-39/11 (VBV-Vorsorgekasse AG/FMA), BeckRS 2012, 81170 Rn. 31. 179 Kirchhof, NVwZ 1983, 505, 507. 180 Kirchhof, NVwZ 1983, 505, 506. 181 Kirchhof, NVwZ 1983, 505, 514. 182 EuGH, Urt. v. 19. 12. 2012 – C-577/10 (Kommission/Belgien), EuZW 2013, 234 Rn. 45. 183 Beteiligungsbericht des Bundes 2019, S. 14.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

4. Verhältnismäßigkeit Die §§ 394, 395 AktG müssen zudem verhältnismäßig sein.184 Dazu muss die nationale Maßnahme geeignet sein, das verfolgte Ziel zu verwirklichen und zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sein.185 a) Geeignetheit Ziel der §§ 394, 395 AktG ist die Lösung des Konflikts zwischen der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht und öffentlich-rechtlicher Berichtspflicht, um eine effektive Haushaltskontrolle zu ermöglichen.186 Indem die von der Gebietskörperschaft entsandten Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 394 AktG von der Verschwiegenheitspflicht befreit werden, können sie ihrer Berichtspflicht umfassend nachkommen. § 394 AktG sichert den Informationsfluss zugunsten der öffentlichen Hand, sodass eine effektive Beteiligungsverwaltung auf Grundlage angemessener Information möglich ist.187 Gleichwohl soll mittels § 395 AktG das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft hinreichend geschützt werden, indem die Verschwiegenheitspflicht auf die Amtswalter, denen infolge von § 394 AktG vertrauliche Informationen bekanntgegeben wurden, erstreckt wird. Damit sind die §§ 394, 395 AktG grundsätzlich geeignet, eine effektive öffentliche Kontrolle durch ausreichende Information der öffentlichen Hand, unter gleichzeitiger Wahrung des Geheimnisschutzes, zu erreichen. b) Erforderlichkeit Fraglich ist, ob die §§ 394, 395 AktG auch zur Verwirklichung des vorgenannten Ziels erforderlich sind. Dies ist der Fall, wenn die §§ 394, 395 AktG nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist, sodass sie dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit entsprechen.188 Es dürfen also nicht weniger restriktive Mittel zur Zweckerreichung bestehen.189

184

EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 68; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 49. 185 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 68; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 49; Urt. v. 14. 12. 1995, C-163/94, C-165/94 und C-250/94 (Sanz de Lera), BeckRS 2004, 74584 Rn. 23. 186 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 9. 187 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, §§ 394, 395 Rn. 18. 188 EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 68; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 45.

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aa) Abstrakter Prüfungsmaßstab für staatliches Sonderrecht Der EuGH hat im Rahmen der Golden Shares-Fälle bestimmte Kriterien für die Prüfung der Erforderlichkeit von staatlichem Sonderrecht geschaffen.190 Das in diesen Fällen behandelte Sonderrecht sah unter anderem ein System vorheriger behördlicher Genehmigung für einen Beteiligungserwerb vor.191 Ein derartiges System ist nur zulässig, wenn das verfolgte nicht auch durch weniger restriktive Mittel, wie beispielsweise nachträgliche Anmeldungen, erreicht werden kann.192 Das System muss auf objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien beruhen, die dem betroffenen Unternehmen im Vorfeld bekannt sind.193 Darüber hinaus muss jedem Betroffenen der Rechtsweg offen stehen.194 In einem anderen Golden Shares-Fall, in dem ein Minister ein Widerspruchsrecht hinsichtlich der Übertragung von Unternehmensanteilen hatte, führte der EuGH aus, dass die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden dürfe.195 Das Widerspruchsrecht des Ministers beeinträchtige diese Entscheidungsfreiheit nicht, soweit keine vorherige Genehmigung für diese Tätigkeiten des Unternehmens notwendig sei und das Widerspruchsrecht strengen Fristen unterliege.196 Auch in diesem Fall verlangte der EuGH, dass das staatliche Sonderrecht auf objektiven Kriterien beruht und einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unter-

189

EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), NJW 2003, 2663 Rn. 69; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 46. 190 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 46; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), EuZW 2002, 429 Rn 51. 191 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 46; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 50; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 69. 192 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 46; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 50; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 69. 193 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 46; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 50; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 69. 194 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 46; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommission der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 50; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 69. 195 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), EuZW 2002, 429 Rn 49. 196 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), EuZW 2002, 429 Rn 49.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

liegt.197 In anderen Fällen staatlichen Sonderrechts hat der EuGH ebenfalls verlangt, dass die Regelung an objektive Kriterien anknüpfen muss.198 Diesem Erfordernis genügen keine Regelungen, die allgemeine und ungenaue Kriterien aufstellen.199 Denn der Einzelne kann im Falle von ungenauen Kriterien nicht absehen, unter welchen Umständen er betroffen ist bzw. sein wird.200 Je weiter der Ermessensspielraum der öffentlichen Hand bei der Ausübung der Sonderbefugnisse ist, desto weniger kann der Einzelne deren Anwendungsbereich erfassen.201 Der aufgeführte Prüfungsmaßstab des EuGH lässt sich auf andere Konstellationen des staatlichen Sonderrechts übertragen. Allgemein muss das staatliche Sonderrecht an objektive Kriterien anknüpfen. Denn ein potentieller Investor muss im Vorfeld absehen können, wann das Sonderrecht des Staates gilt. Ansonsten ist die Regelung zu unbestimmt und verstößt gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.202 Auch das Kriterium der gerichtlichen Kontrolle der Sonderregelung kann für die Überprüfung anderen staatlichen Sonderrechts Geltung beanspruchen. Denn die Möglichkeit der Kontrolle hoheitlicher Regelungen durch die Judikative ist Teil des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 2 EUV.203 Ferner kann das Kriterium, dass die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens nicht durch das staatliche Sonderrecht beeinträchtigt werden soll, auf andere Fälle des staatlichen Sonderrechts übertragen werden. Auf diese Weise wird verhindert, dass staatliches Sonderrecht zu einer Lähmung der Unternehmenstätigkeiten führt und damit in der Folge nicht mehr wettbewerbsfähig ist. bb) Überprüfung der §§ 394, 395 AktG anhand des Prüfungsmaßstabs des EuGH Fraglich ist, ob die §§ 394, 395 AktG dem oben aufgeführten Prüfungsmaßstab entsprechen. Die §§ 394, 395 AktG können durch die Judikative überprüft werden. Eine Einschränkung des Rechtswegs ist nicht gegeben. Auch die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens ist nicht durch die §§ 394, 395 AktG beeinträchtigt, da hier kein System vorheriger Genehmigungen für bestimmte Unternehmenstätig197 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-503/99 (Kommission/Königreich Belgien), EuZW 2002, 429 Rn 51 f. 198 EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458 Rn. 51, 66; Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339 Rn. 89. 199 EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458 Rn. 51, 66; Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339 Rn. 89. 200 EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009 – C-326/07 (Kommission/Italien), EuZW 2009, 458 Rn. 51, 66; Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339 Rn. 89. 201 EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011 @ C-212/09 (Kommission/Portugal), NZG 2011, 1339 Rn. 89 f. 202 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), EuZW 2002, 433 Rn. 50; Urt. v. 14. 03. 2000 – C-54/99 (Association Église de scientologie de Paris, Scientology International Reserves Trust / Premier ministre), IStR 2000, 287 Rn. 22. 203 Calliess, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, EUV, Art. 2 Rn. 26.

A. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 Abs. 1 AEUV

107

keiten geregelt wird. Fraglich ist, ob § 394 S. 1 AktG die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht an objektive Kriterien knüpft, sodass dessen Anwendungsbereich absehbar ist. Aus der Überschrift der §§ 394, 395 AktG „Sondervorschriften bei Beteiligung von Gebietskörperschaften“ wird deutlich, dass die Anwendung des § 394 S. 1 AktG eine Beteiligung der Gebietskörperschaft voraussetzt. Darüber hinaus muss das Aufsichtsratsmitglied auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sein. Des Weiteren bedarf es einer Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds. Das Beteiligungserfordernis und die Entsendung oder Wahl des Aufsichtsratsmitglieds auf Veranlassung durch den Staat sind unproblematisch objektiv, da sie hinreichend bestimmt die Anwendungsvoraussetzungen normieren. Auch ein potentieller Investor aus einem anderen Mitgliedstaat kann insoweit die Geltung des § 394 AktG absehen. Das dritte Kriterium in Form der Berichtspflicht ist dagegen problematisch. Denn die Berichtspflicht selbst ergibt sich nicht aus den §§ 394, 395 AktG.204 Lediglich aus § 394 S. 3 AktG kann der potentielle Investor entnehmen, dass eine Berichtspflicht auf einem Gesetz, auf einer Satzung oder auf einem dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteiltem Rechtsgeschäft beruhen kann. Somit kann der potentielle Investor nur im Zusammenspiel mit dem die Berichtspflicht zugrundeliegenden Tatbestand den Anwendungsbereich des § 394 AktG bestimmen. Auch der Umfang der Informationsweitergabe lässt sich nur aus dem jeweiligen Berichtstatbestand absehen. Damit könnte das Kriterium der Berichtspflicht als zu unbestimmt gewertet werden. Allerdings besitzt die öffentliche Hand durch § 394 S. 3 AktG einen weitreichenden Gestaltungsspielraum zur Schaffung einer Berichtspflicht, da bereits ein Rechtsgeschäft eine Berichtspflicht statuieren kann. Der potentielle Investor muss daher bei einer öffentlichen Beteiligung stets damit rechnen, dass eine Berichtspflicht zugunsten der öffentlichen Hand besteht. Dieser Umstand kann gegen die Unbestimmtheit des § 394 S. 1 AktG angeführt werden. Denn der potentielle Investor muss erwarten, dass die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 S. 1 AktG jedenfalls nicht am Bestehen der Berichtspflicht scheitern wird. Soweit man diese Erwartung beim potentiellen Investor zugrunde legt, sind die Kriterien des § 394 S. 1 AktG hinreichend objektiv. Aufgrund der vielfältigen Berichtszwecke ist der öffentlichen Hand eine Flexibilität bei der Schaffung von Berichtspflichten zuzugestehen. Vom Gesetzgeber zu verlangen, sämtliche möglichen Berichtstatbestände in den § 394 AktG aufzunehmen, würde den Handlungsspielraum der öffentlichen Hand empfindlich beeinträchtigen. Zudem könnte § 394 AktG überfrachtet werden. Daher ist die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 S. 1 AktG an objektive Kriterien geknüpft. Daneben ist auch der Regelungsgehalt des § 395 AktG hinreichend objektiv ausgestaltet, zumal der Regelungsgehalt mit der Erstreckung der Verschwiegenheit auf die Amtswalter im Interesse der potentiellen Investoren liegt. Folglich sind die §§ 394, 395 AktG ge-

204

Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 27.

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

richtlich überprüfbar und basieren auf objektiven Kriterien, die potentiell Betroffenen im Vorfeld bekannt sein können. cc) Weniger einschneidende Maßnahmen Fraglich ist, ob zur Verwirklichung des durch die §§ 394, 395 AktG verfolgten Ziels, also der effektiven öffentlichen Kontrolle auf hinreichender Informationsgrundlage, weniger einschneidende Maßnahmen bestehen. Weniger einschneidend wäre eine Maßnahme, die nicht so intensiv in die Geheimhaltungsinteressen des betroffenen Unternehmens eingreift. Vor dem Hintergrund, dass vertrauliche Informationen nur dann gemäß § 394 S. 2 AktG weitergegeben werden können, wenn sie für die Berichtszwecke von Bedeutung sind, könnte die Schaffung einer vorgelagerten Aufklärungs- und Abstimmungspflicht innerhalb des Aufsichtsrats angedacht werden. Das Aufsichtsratsmitglied könnte dazu verpflichtet werden, die übrigen Aufsichtsratsmitglieder oder den Aufsichtsratsvorsitzenden über den Umfang der Informationsweitergabe aufzuklären und in Zweifelsfällen darüber abstimmen zu lassen, ob die Weitergabe von vertraulichen Angaben für die Berichtszwecke erforderlich ist. Ähnliche Mechanismen finden sich auch in den Geschäftsordnungen verschiedener börsennotierter Unternehmen mit staatlicher Beteiligung. Insbesondere Aufsichtsratsmitglieder der Commerzbank AG oder der Volkswagen AG haben Interessenkonflikte gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden offenzulegen.205 Im Falle der Commerzbank AG hat der Aufsichtsratsvorsitzende dann über weitere Maßnahmen zu entscheiden.206 Eine etwaige Aufklärungs- und Abstimmungspflicht müsste der Berichterstattung des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds vorgelagert sein. Eine solche Regelung ist jedoch dazu geeignet, die Effektivität des Informationsflusses zu beeinträchtigen. Denn es steht zu erwarten, dass im Falle einer Abstimmung über die Informationsweitergabe die übrigen Aufsichtsratsmitglieder stets zugunsten der Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft entscheiden werden. Bereits aus Haftungsgründen wäre den übrigen, nicht von einer Gebietskörperschaft entsandten, Aufsichtsratsmitgliedern anzuraten, im Zweifel dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft den Vorzug zu geben. Die Aufklärungs- und Abstimmungspflicht führt damit zu einem potentiellen Informationsdefizit auf Seiten der öffentlichen Hand. Die Kollision zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft und den öffentlichrechtlichen Berichtspflichten wird dadurch nur auf eine vorgelagerte Stufe, nämlich der internen Abstimmung des Aufsichtsrats, verschoben. Eine vorgelagerte interne Abstimmung im Aufsichtsrat über den Umfang der weiterzuleitenden Informationen ist damit abzulehnen. 205

§ 3 Abs. 6 Geschäftsordnung des Aufsichtsratsrats der Commerzbank AG v. 10. 06. 2020; V. Nr. 1 Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der Volkswagen AG v. 28. 02. 2020. 206 § 3 Abs. 6 Geschäftsordnung des Aufsichtsratsrats der Commerzbank AG v. 10. 06. 2020.

B. Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV

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Als ein Minus zur Abstimmungspflicht könnte auch die bloße Informationspflicht über den Inhalt der weiterzugebenden Informationen des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds gegenüber den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern oder dem Aufsichtsratsvorsitzenden angedacht werden. Eine solche Regelung könnte allerdings der Vertraulichkeit innerhalb des Aufsichtsrats abträglich sein. Sobald die übrigen Aufsichtsratsmitglieder erfahren, welche Informationen das vom Staat entsandte Aufsichtsratsmitglied weitergibt, ist zu befürchten, dass sie aus Angst vor der Offenlegung vertraulicher Angaben zukünftig relevante Informationen zurückhalten. Dieses Filtern von Informationen ist geeignet, die Effizienz des gesamten Aufsichtsrats und damit des Unternehmens im Ganzen zu schmälern. Eine derartige vorgelagerte Informationspflicht gegenüber den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern mittels Gesetz zu schaffen, ist daher nicht zweckmäßig. Gleichwohl steht es den jeweiligen Unternehmen frei, derartige Pflichten in der Satzung oder der Geschäftsordnung zu regeln. Folglich bestehen keine weniger einschneidenden Maßnahmen, um das durch die §§ 394, 395 AktG verfolgte Ziel zu verwirklichen. Die derzeit geltende Fassung der §§ 394, 395 AktG bietet daher einen praktikablen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen. § 394 AktG regelt zugunsten des Staates die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht. Demgegenüber erstreckt § 395 AktG zugunsten der Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens die Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich auf alle Personen, die infolge des § 394 AktG unternehmensrelevante Informationen erhalten. Daher sind die §§ 394, 395 AktG erforderlich. 5. Ergebnis Folglich sind die §§ 394, 395 AktG geeignet, das verfolgte Ziel zu verwirklichen und zur Erreichung dieses Ziels erforderlich. Demnach sind die § 394, 395 AktG verhältnismäßig. Im Ergebnis sind die §§ 394, 395 AktG daher mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar.

B. Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV Möglicherweise verletzen die §§ 394, 395 AktG die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV.

I. Anwendungsbereich 1. Räumlicher und persönlicher Anwendungsbereich Der räumliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit umfasst den räumlichen Geltungsbereich der Verträge, also das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten

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Kap: 3: Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG

gemäß Art. 52 EUV, 355 AEUV.207 Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und juristische Personen, welche nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden und deren Sitz, Hauptverwaltung bzw. Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat liegt.208 2. Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit schützt nach dem Wortlaut die freie Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet. Der Begriff „Niederlassung“ ist weit auszulegen und meint die Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates in stabiler und kontinuierlicher Weise.209 Eine Investition fällt unter den Niederlassungsbegriff, wenn diese einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ermöglicht oder der Schaffung einer dauerhaften Verbindung dient.210 In Abgrenzung zur Kapitalverkehrsfreiheit schützt die Niederlassungsfreiheit Direktinvestitionen im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten, die einen sicheren Einfluss auf das Unternehmen vermitteln.211 Die §§ 394, 395 AktG knüpfen jedoch nicht an eine bestimmte Beteiligungshöhe oder besondere Kontrollbefugnisse an. Somit ist eine Überprüfung der §§ 394, 395 AktG am Maßstab der Niederlassungsfreiheit durch den EuGH nur denkbar, wenn im konkreten Fall eine private Beteiligung vorliegt, die hinreichende Kontrollbefugnisse vermittelt. Soweit diese Direktinvestition lediglich im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten getätigt wurde, wird der EuGH die Niederlassungsfreiheit heranziehen. Dies wird auch durch die Golden Shares-Rspr. des EuGH gestützt, da in diesen Fällen neben der Kapitalverkehrsfreiheit stets in einem zweiten Schritt die Niederlassungsfreiheit geprüft wurde.212 Folglich ist der sachliche Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit im Zusammenhang mit den §§ 394, 395 AktG dann eröffnet, wenn der konkrete Fall eine Direktinvestition zwischen zwei Mitgliedstaaten betrifft.

207

Korte, in: Calliess/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV, Art. 49 Rn. 38. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, 71. EL. August 2020, Art. 49 AEUV Rn. 10 ff. 209 Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 49 AEUV Rn. 1; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, 6. Aufl. 2017, Art. 49 AEUV Rn. 1. 210 Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. 2015, Art. 49 AEUV Rn. 31; vgl. Kap. 3 A. II. 3. e). 211 Vgl. Kap. 3 A. II. 3. e). 212 EuGH, Urt. v. 08. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-505/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), NJW 2002, 2305; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommssion der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437; Urt. v. 23. 10. 2007 – C 112/05 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NZG 2007, 942.; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536. 208

B. Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV

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II. Beschränkung Eine Diskriminierung ist durch die §§ 394, 395 AktG nicht gegeben, da keine Schlechterstellung von Aktionären, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, durch die §§ 394, 395 AktG gegeben ist. In Betracht kommt lediglich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Der EuGH hat in den Golden Shares-Fällen, in denen er eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit bejahte, eine gesonderte Prüfung der Niederlassungsfreiheit für entbehrlich erachtet.213 Hierbei hat der EuGH stets die Auffassung vertreten, dass soweit das staatliche Sonderrecht die Niederlassungsfreiheit beschränkt, dies unmittelbare Folge der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit ist.214 In einem anderen Fall, in dem der EuGH die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch staatliches Sonderrecht als gerechtfertigt ansah, wurde das Vorliegen einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit offengelassen.215 Dies begründete der EuGH damit, dass selbst wenn eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gegeben sei, so wäre diese aus den gleichen Gründen wie bei der Kapitalverkehrsfreiheit gerechtfertigt.216 Im Rückschluss aus dieser Rspr. wird deutlich, dass die gleichen Argumente für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit auch für eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit herangezogen werden können. Zudem ist eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus den gleichen Gründen wie im Falle der Kapitalverkehrsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Eine gesonderte Prüfung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und deren Rechtfertigung würde daher nur zu einer Wiederholung der bereits an vorheriger Stelle aufgeführten Begründungen führen. Folglich sind die §§ 394, 395 AktG mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar.

213

EuGH, Urt. v. 08. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701 Rn. 80; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), NJW 2002, 2305 Rn. 56; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommssion der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 56; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 86; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536 Rn. 52. 214 EuGH, Urt. v. 08. 07. 2010 – C-171/08 (Kommission/Portugal), EuZW 2010, 701 Rn. 80; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-483/99 (Kommission/Französische Republik), NJW 2002, 2305 Rn. 56; Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-367/98 (Kommssion der EG/Portugiesische Republik), EuZW 2002, 437 Rn. 56; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-463/00 (Kommission/Königreich Spanien), EuZW 2003, 529 Rn. 86; Urt. v. 13. 05. 2003 – Rs. C-98/01 (Kommission/ Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), EuZW 2003, 536 Rn. 52. 215 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-505/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303 Rn. 59. 216 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – Rs. C-505/99 (Kommission/Königreich Belgien), NJW 2002, 2303 Rn. 59.

Kapitel 4

Voraussetzungen zur Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG Im Folgenden werden die Voraussetzungen für die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 S. 1 AktG dargelegt. § 394 AktG gilt gemäß seinem Wortlaut für die Aufsichtsratsmitglieder einer AG, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft gewählt oder entsandt worden sind.1

A. Beteiligung einer Gebietskörperschaft Der Begriff der Gebietskörperschaft umfasst den Bund, die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände.2 Für die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht nach § 394 S. 1 AktG ist eine Beteiligung der Gebietskörperschaft an der AG erforderlich.3 Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 394 AktG. Gleichwohl ist dieses Beteiligungserfordernis in der Literatur einhellig anerkannt.4 Denn systematisch befinde sich § 394 AktG im ersten Teil des vierten Buchs des AktG, welcher mit „Sondervorschriften bei Beteiligung von Gebietskörperschaften“ umschrieben wird. Daraus werde deutlich, dass eine Beteiligung der Gebietskörperschaft Tatbestandsvoraussetzung sein soll.5

I. Der Meinungsstand zur Beteiligungshöhe der Gebietskörperschaft Im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Beteiligung der Gebietskörperschaft ist umstritten, ob § 394 S. 1 AktG eine bestimmte Beteiligungshöhe erfordert. 1 Gasteyer, in: Semler/v. Schenk, Der Aufsichtsrat, 2015, § 394 Rn. 10; Gadow/Heinichen/ Schmidt/Weipert/Fischer, 3. Aufl. 1975, § 394 AktG, Anm. 1. 2 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 Vor §§ 394, 395 Rn. 2; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 33. 3 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 12. 4 Statt vieler: Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 5; Kersting, in: KKAktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 110. 5 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 33; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 110; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 12.

A. Beteiligung einer Gebietskörperschaft

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Nach der h.L. genügt jede Beteiligung unabhängig von deren Höhe für die Anwendbarkeit des § 394 AktG.6 Maßgeblich sei allein die Veranlassung der Wahl oder der Entsendung des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds durch die Gebietskörperschaft.7 Eine bestimmte Beteiligungshöhe sehe der Gesetzeswortlaut nämlich nicht vor.8 Gleichwohl werden im Schrifttum teilweise Mindesthöhen der Beteiligung gefordert, wie beispielsweise das Erfordernis einer Mehrheitsbeteiligung oder einer „ins Gewicht fallenden“9 Beteiligung.10 Ein solches Erfordernis wird mit dem systematischen Zusammenhang des § 394 AktG mit den haushaltsrechtlichen Vorschriften begründet, welche in der Regel eine Mehrheitsbeteiligung voraussetzen.11 Konkret sei dies aus § 65 Abs. 3 BHO und § 53 HGrG abzuleiten.12 Demgegenüber will Kersting den Begriff „Beteiligung“ aus historischen Gründen anhand des § 271 HGB auslegen.13 Nach § 271 Abs. 1 S. 1 HGB sind Beteiligungen Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenem Unternehmen zu dienen. Entsprechend der Kommentarliteratur zu § 271 HGB liege daher erst mit einer Beteiligung von mindestens 5 % grundsätzlich eine ausreichende Beteiligungshöhe vor.14 Dagegen sei bei Beteiligungen von unter 3 % nicht mehr davon auszugehen, dass die Beteiligung zur „Herstellung einer dauernden Verbindung“ i.S.d. § 271 HGB diene. Die 3 %-Schwelle ergebe sich aus § 21 Abs. 1 WpHG in der Fassung von 2017 (Aktuell: § 33 Abs. 1 WpHG).15 Allerdings könne aufgrund des Schutzes des staatlichen Haushalts auch eine geringere Beteiligungshöhe in Ein-

6

Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 19 f.; MüllerMichaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 17; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 33; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 13; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020 § 395 AktG Rn. 17; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 7. Aufl. 2020, § 20 Rn. 1431; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, 2016, S. 120; Eibelshäuser, FSLüder, 2000, 693, 706 f. 7 Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 17; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 12; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, § 395 AktG Rn. 17. 8 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 19. 9 Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 7. 10 Für eine Mehrheitsbeteiligung: Martens, AG 1984, 29, 36; Schmidt, ZGR 1996, 345, 352; mit Einschränkungen auch Koch, VerwArch 102 (2011), 1, 15, 17. 11 Martens, AG 1984, 29, 36. 12 Martens, AG 1984, 29, 36. 13 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 111; auch Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 12 will § 271 HGB heranziehen; demgegenüber will Kropff lediglich § 271 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 u. 4 AktG anwenden, Kropff, in: Geßler/ Hefermehl, AktG 1993, §§ 394, 395 Rn. 7. 14 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 115. 15 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 115.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

zelfällen genügen, soweit die Beteiligung von hohem finanziellem Wert ist.16 Dem Telos des § 271 HGB würde nur gerecht, wenn eine „ins Gewicht fallende Beteiligung“ vorliege.17 Ansonsten fehle der legitime Grund, den Gebietskörperschaften das Informationsprivileg aus § 394 AktG einzuräumen.18

II. Untersuchung, ob § 394 AktG eine bestimmte Beteiligungshöhe verlangt Im Folgenden soll untersucht werden, ob § 394 S. 1 AktG eine bestimmte Beteiligungshöhe erfordert. 1. Wortlaut des § 394 AktG Eine etwaige Beteiligungshöhe als Voraussetzung für die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 394 AktG noch aus dem des § 395 AktG. Folglich spricht der Wortlaut der §§ 394, 395 AktG gegen das Erfordernis einer bestimmten Beteiligungshöhe. 2. Historie zu § 394 AktG hinsichtlich einer etwaigen Beteiligungshöhe Eventuell ergibt sich eine bestimmte Beteiligungshöhe aus der historischen Auslegung. Kersting führt an, dass die allgemeine Beteiligungsdefinition des § 271 AktG dem Aktiengesetz 1965 „unterlegt“ worden sei und damit auch für § 394 AktG gelte.19 Denn § 131 Abs. 1 Aktiengesetz 1937 unter A.II.6 sowie §§ 151 Abs. 1 II. B.1., 152 Abs. 2 Aktiengesetz 1965 regelten eine Beteiligungsvermutung ab 25 % und damit auch einen Beteiligungsbegriff.20 § 271 HGB habe durch das BiLiRiG 1985 die §§ 151, 152 Aktiengesetz 1965 ersetzt.21 Dies wird mit einer Fundstelle begründet, die zur Bestimmung der Beteiligung i.S.d. § 152 Abs. 2 Aktiengesetz 1965 auf den Kommissionsentwurf der 4. EGRichtlinie rekurrieren wollte.22 Die 4. EG-Richtlinie diente später als Grundlage für 16

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 115. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 113. 18 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 113. 19 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 112. 20 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 112; vgl. Kropff, in: Geßler/ Hefermehl, AktG 1973, § 152 Rn. 16. 21 Art. 2 Nr. 22, 23 BiRiLiG, BGBl. I 1985, S. 2391; Regierungsbegründung BiRiLiG, BTDrs.10/317, S. 61; Rechtsausschuss BiRiLiG, BT-Drs. 10/4268 S. 106; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 112. 22 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Fn. 222 mit Verweis auf: Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1973, § 152 Rn. 16, Vorb. vor § 148 Rn. 32. 17

A. Beteiligung einer Gebietskörperschaft

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die Schaffung des § 271 HGB.23 Art. 17 der 4. EG-Richtlinie nimmt eine Beteiligung an, wenn sie dazu bestimmt ist, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenem Unternehmen zu dienen.24 Der Rückgriff auf den Kommissionsentwurf der 4. EG-Richtlinie zur Begriffsbestimmung der Beteiligung i.S.d. § 152 Abs. 2 Aktiengesetz 1965 war allerdings lediglich ein Vorschlag von Kropff und wohl nicht gesicherte Rechtspraxis gewesen. Denn die Richtlinie wurde erst im Jahr 1978 erlassen und betraf ausweislich der Überschrift lediglich den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen.25 Eine Erstreckung des Beteiligungsbegriffs aus Art. 17 der 4. EG-Richtlinie auf § 152 Aktiengesetz 1965 wurde ansonsten nicht diskutiert. Insbesondere findet sich in der Gesetzesbegründung zum Umsetzungsgesetz in Gestalt des BiLiRiG kein derartiger Hinweis. Daher ist der Behauptung zu widersprechen, dass die allgemeine Beteiligungsdefinition aus § 271 HGB dem Aktiengesetz 1965 „unterlegt“ worden sei.26 Auch der Auffassung von Kersting, dass der Gesetzgeber die §§ 151, 152 Aktiengesetz 1965 durch § 271 HGB ersetzt habe,27 ist so nicht zu folgen. Der Regelungsgehalt der §§ 151, 152 Aktiengesetz 1965 wurde zwar unter Berücksichtigung 4. EG-Richtlinie in das Dritte Buch des HGB überführt.28 Aus den von Kersting angeführten Belegen ist allerdings nicht ersichtlich, dass der Sinngehalt der §§ 151, 152 Aktiengesetz 1965 explizit auf § 271 AktG übertragen werden sollte.29 Die §§ 151, 152 Aktiengesetz 1965 regelten die Gliederung der Jahresbilanz der AG einschließlich der Erläuterung zu einzelnen Posten in der Jahresbilanz. Demgegenüber dient der § 271 HGB der Begriffsbestimmung von Beteiligungen und verbundenen Unternehmen. Es besteht eine Übereinstimmung zwischen § 271 HGB und § 152 Aktiengesetz 1965 dahingehend, dass beide eine Beteiligungsvermutung vorsehen. Gleichwohl unterscheiden sich diese Beteiligungsvermutungen. § 271 HGB nimmt eine Beteiligung bereits ab 20 % an, während § 152 Aktiengesetz 1965 eine Beteiligungshöhe von 25 % forderte. In der Gesetzesbegründung zum BiLiRiG wurde diese Diskrepanz nicht thematisiert.30 Dies liegt wohl daran, dass die Beteiligungsvermutung des § 271 HGB nicht aus § 152 Aktiengesetz 1965, sondern 23

BT-Drs.10/317, S. 1. Vierte Richtlinie des Rates v. 25. 07. 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78/660/ EWG). 25 Vierte Richtlinie des Rates v. 25. 07. 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78/660/ EWG). 26 So aber Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 112. 27 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 112. 28 Regierungsbegründung BiRiLiG, BT-Drs.10/317, S. 103. 29 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Fn. 223 mit Verweis auf: Art. 2 Nr. 22, 23 BiRiLiG, BGBl. I 1985, S. 2391; Regierungsbegründung BiRiLiG, BT-Drs.10/317, S. 61; Rechtsausschuss BiRiLiG, BT-Drs. 10/4268, S. 106. 30 BT-Drs.10/317. 24

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

aus der Umsetzung des Artikel 17 der 4. EG-Richtlinie entstammt.31 Somit kann von einem „Ersetzen“ der §§ 151, 152 Aktiengesetz 1965 durch § 271 HGB nicht die Rede sein.32 Mit der Historie kann die Heranziehung des Beteiligungsbegriffs des § 271 HGB für § 394 AktG daher nicht begründet werden. Daneben spricht auch der historische Gesetzgeberwille gegen eine bestimmte Beteiligungshöhe im Rahmen des § 394 AktG. Dies resultiert aus der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats zur Aktienrechtsnovelle 2012.33 Darin wurde ausdrücklich der Vorschlag des Bundesrates abgelehnt, eine Mehrheitsbeteiligung bei mittelbarer Beteiligung vorauszusetzen.34 Die Bundesregierung hat hierbei festgehalten, dass bislang keine Mindesthöhen oder Mehrheitsbeteiligungen für § 394 AktG erforderlich sind.35 Das Scheitern der Aktienrechtsnovelle 2012 hat auf diese Feststellungen keine Auswirkungen, da die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung lediglich den Status Quo wiedergegeben hat. Zusammenfassend spricht die historische Auslegung gegen eine bestimmte Beteiligungshöhe als Tatbestandsvoraussetzung des § 394 S. 1 AktG. 3. Systematische Erwägungen bezüglich einer etwaigen Beteiligungshöhe a) Beteiligungsbegriff des § 271 HGB Möglicherweise kann die Bezugnahme auf den Beteiligungsbegriff des § 271 HGB systematisch begründet werden. Teilweise wird der Rückgriff auf § 271 HGB aufgrund der verschiedenen Zweckrichtungen des § 394 AktG und des § 271 HGB kritisiert.36 § 271 HGB ist Teil der Vorschriften des ersten Unterabschnitts des zweiten Abschnitts des dritten Buchs des HGB, welcher die Bilanzierung bei Kapitalgesellschaften näher regelt. Somit könnte man annehmen, dass der Beteiligungsbegriff des § 271 HGB auch im Rahmen des Kapitalgesellschaftsrechts wie dem AktG Anwendung finde. Gleichwohl stellt das handelsrechtliche Schrifttum fest, dass der Beteiligungsbegriff des § 271 HGB lediglich für die Bilanzierungszwecke der §§ 238 ff. HGB gilt.37 Die Definitionen in § 271 HGB seien „eigenständige Begriffsbestimmungen für Zwecke des Rechnungslegungsrechts“.38 Der Zweck des § 394 AktG betrifft nicht das Rechnungslegungsrecht. Folglich sind die 31

BT-Drs.10/317, S. 1; Vierte Richtlinie des Rates v. 25. 07. 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78/660/EWG). 32 So aber Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 112. 33 So auch Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 13. 34 BT-Drs. 17/8989, S. 27. 35 BT-Drs. 17/8989, S. 27. 36 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 33. 37 Hüttemann/Meyer, in: Staub GK-HGB, 5. Aufl. 2014, § 271 Rn. 1; Ruppelt, in: BeckOK HGB, 31. Ed. 15. 1. 2021 § 271 Rn. 4. 38 Hüttemann/Meyer, in: Staub GK-HGB, 5. Aufl. 2014, § 271 Rn. 1.

A. Beteiligung einer Gebietskörperschaft

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Zweckrichtungen des § 271 HGB und des § 394 AktG verschieden, sodass systematisch ein Rückgriff auf die Beteiligungsdefinition des § 271 HGB abzulehnen ist. b) Erfordernis einer Mehrheitsbeteiligung/„Ins Gewicht“ fallende Beteiligung wegen § 65 BHO und § 53 HGrG Die Vertreter der Ansicht, die eine Mehrheitsbeteiligung oder zumindest eine ins Gewicht fallende Beteiligung unter Verweis auf die haushaltsrechtlichen Vorschriften fordern,39 überdehnen deren Zusammenhang mit § 394 AktG. Soweit der Gesetzgeber die Voraussetzungen aus § 53 HGrG oder § 65 BHO auf § 394 AktG ausdehnen wollte, so hätte er dies bereits vollzogen. Nur aufgrund des Zusammenspiels von Haushaltsrecht und § 394 AktG die Voraussetzungen von öffentlichrechtlichen Vorschriften auf eine gesellschaftsrechtliche Norm zu übertragen, scheint überzogen. Daneben ist unklar, was mit einer „ins Gewicht fallenden Beteiligung“40 überhaupt gemeint ist. Überdies hinkt auch das Argument von Martens, dass aus dem Sinn und Zweck des § 65 BHO das Mehrheitserfordernis der öffentlichen Hand abzuleiten sei.41 Denn aus § 65 BHO selbst ergibt sich kein Erfordernis einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung.42 Somit kann sich aus einem etwaigen Zusammenhang mit § 65 BHO schon kein Mehrheitserfordernis ergeben. Somit folgt weder aus § 65 BHO noch aus § 53 HGrG das Erfordernis einer Mehrheitsbeteiligung noch einer ins Gewicht fallenden Beteiligung c) Rückgriff auf die Beteiligungsschwellen des WpHG Kersting bemüht den § 21 Abs. 1 WpHG a.F., um eine 3 %-Schwelle als eine mögliche Mindesthöhe für die Anwendung des § 394 AktG zu begründen.43 Das Heranziehen des WpHG bedarf näherer Untersuchung. Im Zuge des zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit eine neue Nummerierung des WpHG durchgeführt.44 Im Zuge dessen ist § 21 WpHG a.F. nunmehr § 33 WpHG. Hierdurch kam es nicht zu inhaltlichen Änderungen des § 21 WpHG a.F.45 Gemäß § 33 WpHG besteht eine Meldepflicht gegenüber dem jeweiligen Emittenten und der BaFin, soweit durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % der Stimmrechtsanteile erreicht, überschritten oder unterschritten wurden. Zweck des § 33 WpHG ist die Schaffung von Transparenz hinsichtlich der Beteiligungen an 39 Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 7; Martens, AG 1984, 29, 36; Schmidt, ZGR 1996, 345, 352. 40 Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 7. 41 Martens, AG 1984, 29, 36. 42 Vgl. Kap. 1 A. III. 3. 43 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 115. 44 Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, 7. Aufl. 2019, Vor § 33 Rn. 12. 45 BT-Drs. 18/11775, S. 89.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

börsennotierten Unternehmen.46 Aktuelle und künftige Aktionäre können dadurch die wesentlichen Beteiligungsverhältnisse nachvollziehen und dies bei ihrer Investitionsentscheidung berücksichtigen.47 Somit ist § 33 WpHG insoweit mit § 394 AktG vergleichbar, als beide Informationsinteressen dienen. Gleichwohl unterscheiden sich § 33 WpHG und § 394 AktG erheblich. § 33 WpHG ist Kapitalmarktaufsichtsrecht und damit grundsätzlich öffentlich-rechtlicher Natur, wohingegen § 394 AktG Gesellschaftsrecht und somit Teil des Privatrechts ist.48 Darüber hinaus ist der jeweilige Begünstigte von § 33 WpHG und § 394 AktG verschieden. Während § 394 AktG dem Informationsinteresse des Staates und mittelbar dem Informationsinteresse des Volkes dient, bezweckt § 33 WpHG eine Informationsgrundlage für die Kapitalmarktteilnehmer. Der Gesetzgeber hat die Schaffung der 3 %-Schwelle des § 33 WpHG damit begründet, dass ein „unbemerktes Anschleichen“ eines Investors früher erkannt werden soll.49 Denn in der Praxis habe sich gezeigt, dass bereits Aktionäre mit weniger als 5 % Anteilsbesitz einen erheblichen Einfluss auf die Emittenten hatten.50 § 394 AktG verfolgt nicht derartige Schutzinteressen zugunsten des Kapitalmarkts. Die Zweckrichtungen des § 33 Abs. 1 WpHG und § 394 AktG sind daher so verschieden, dass die 3 %-Schwelle des § 33 Abs. 1 WpHG nicht für eine eventuelle Beteiligungshöhe im Rahmen des § 394 AktG herangezogen werden kann. Sofern man sich am WpHG für eine bestimmte Beteiligungshöhe für das Informationsprivileg des § 394 AktG orientieren will, so kommt auch die Heranziehung des § 43 WpHG in Betracht. Wenn nämlich das Informationsprivileg der öffentlichen Hand an eine bestimmte Beteiligungshöhe gekoppelt werden soll, so kann man im Unterschied zu § 33 WpHG auch den gesetzlichen Begriff einer wesentlichen Beteiligung anknüpfen.51 § 43 Abs. 1 S. 1 WpHG normiert eine Meldepflicht, sobald ein Meldepflichtiger i.S.d. § 33 WpHG eine wesentliche Beteiligung an einem börsennotierten Unternehmen erwirbt. § 43 Abs. 1 S. 1 WpHG nimmt eine wesentliche Beteiligung ab 10 % der Stimmrechte an. Gemäß § 43 Abs. 1 S. 2, 3 WpHG hat der Meldepflichtige ab dieser Beteiligungshöhe mitzuteilen, welche Ziele und Strategien er im Hinblick auf sein Investment verfolgt. Daneben hat er nach § 43 Abs. 1 S. 4 WpHG die Herkunft der für das Investment verwendeten Mittel anzu46 Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, 7. Aufl. 2019, Vor § 33 Rn. 21 ff.; Hirte, in: KK-WpHG, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 3; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, Vor §§ 21 – 30 Rn. 1. 47 Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, 7. Aufl. 2019, § 33 Rn. 3; Hirte, in: KK-WpHG, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 3; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, Vor §§ 21 – 30 Rn. 1. 48 Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Aufl. 2016, Vor §§ 21 – 30 Rn. 3; Hirte, in: KKWpHG, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 5. 49 BT-Drs. 16/2498, S. 28. 50 BT-Drs. 16/2498, S. 28. 51 Entsprechend der Forderung von Kersting, dass Informationsprivileg des § 394 AktG an eine bestimmte Beteiligungshöhe zu knüpfen, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 112.

A. Beteiligung einer Gebietskörperschaft

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geben. § 43 WpHG dient der Transparenz des Kapitalmarkts, dem Anlegerschutz und den Interessen der betroffenen Arbeitnehmer.52 Somit unterscheiden sich die Zwecke des § 43 WpHG und des § 394 AktG derart, dass ein Rekurrieren auf die Begriffsbestimmung des § 43 WpHG fernliegend ist. Somit scheidet auch eine Übertragung der Beteiligungsschwelle aus § 43 WpHG auf § 394 AktG aus. d) Rückgriff auf die Definition der „Beteiligung“ im PCGK für § 394 AktG Eventuell kann aus dem Beteiligungsbegriff des PCGK ein Rückschluss auf eine etwaige Beteiligungshöhe bei § 394 HGB gezogen werden53. Der PCGK wurde vorrangig vom BMF erarbeitet und am 1. 07. 2009 von der Bundesregierung beschlossen.54 Der PCGK ist ebenso wie der DCGK kein Gesetz.55 Der PCGK richtet sich vorrangig an den Bund im Rahmen seiner Beteiligungsverwaltung. Deshalb gelten die Regelungen des PCGK als „verbindliche interne Verhaltensanweisungen“ gegenüber dem Bund.56 Gemäß dem PCGK ist eine Beteiligung „jede kapitalmäßige, mitgliedschaftliche und ähnliche Beteiligung des Bundes, (…) die eine Dauerbeziehung zu dem Unternehmen begru¨ nden soll.“57 Hierfür ist kein Mindestanteil erforderlich.58 Der PCGK soll gerade im Rahmen der staatlichen Beteiligungsverwaltung wirken. Für diesen Bereich ist § 394 AktG geschaffen worden. Die Regelungen im PCGK stehen daher mit § 394 AktG in einem engeren Zusammenhang als beispielsweise § 271 HGB oder §§ 33, 43 WpHG. Die Beteiligungsdefinition im PCGK deckt sich zudem mit dem Beteiligungsbegriff des § 65 BHO. Die Beteiligungsdefinition für § 65 Abs. 1 BHO ergibt sich aus der zugehörigen Verwaltungsvorschrift Nr. 1.2 zu § 65 BHO. Diese Definition kann zwar nicht aus den Vorschriften der BHO auf die Vorschriften des AktG übertragen werden. Denn, wie bereits ausgeführt, unterwirft sich die öffentliche Hand den Vorschriften des Gesellschaftsrechts, sobald diese sich privater Rechtsformen zwecks ihrer Aufgabenerfüllung bedient.59 Allerdings kann aus der Verwaltungsvorschrift Nr. 1.2 zu § 65 BHO der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber im Rahmen der öf-

52

Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, 7. Aufl. 2019, § 43 Rn. 1. Näheres zu PCGK, vgl. Kap. 2. A, II. 2. 54 Website des Bundesfinanzministeriums, Link: https://web.archive.org/web/2019052021 3837/https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Bundesvermoegen/Privatisie rungs_und_Beteiligungspolitik/Beteiligungspolitik/Grundsaetze-guter-Unternehmensfuehrung/ grundsaetze-guter-unternehmensfuehrung.html Abruf am 10. 11. 2020, 12:27 Uhr. 55 Burgi, CCZ 2010, 41, 43. 56 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 13; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 49. 57 PCGK 2009, Rn. 1.3. 58 PCGK 2009, Rn. 1.3. 59 Vgl. Kap. 1 B. IV 1. 53

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

fentlichen Beteiligungsverwaltung und damit auch für § 394 AktG keine Mindesthöhe der Beteiligung verlangt. 4. Telos des § 394 AktG Mit dem Telos des § 394 AktG, also der Schaffung eines Informationsprivilegs zugunsten der öffentlichen Hand durch Aufweichung der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, verträgt sich kein Erfordernis einer bestimmten Beteiligungshöhe. Denn eine Mindesthöhe verengt den Anwendungsbereich des § 394 AktG zulasten der öffentlichen Hand. Rechtspolitisch ist die Forderung nach einer Mindesthöhe durchaus nachvollziehbar, da die öffentliche Hand sich mit § 394 AktG ein Privileg geschaffen hat, das unabhängig von deren Beteiligungshöhe ist. Gleichwohl ist zu akzeptieren, dass der Gesetzgeber sich mittels des § 394 AktG ein möglichst umfassendes Privileg schaffen wollte. Der Anwendungsbereichs von § 394 S. 1 AktG ist hinreichend durch das Merkmal der Veranlassung begrenzt.60 Denn sofern die Gebietskörperschaft eine geringe Minderheitsbeteiligung hält, wird sie nur unter Hinzutreten weiterer Umstände die Wahl bzw. Entsendung des Aufsichtsratsmitglieds veranlasst haben können.61 Selbst wenn der Gesetzgeber sich zur Schaffung einer Mindesthöhe durchringen würde, ist deren Umsetzung fraglich. Das AktG stellt für die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte grundsätzlich auf die Beteiligung der Aktionäre im Verhältnis zum Gesamtnennbetrag ab.62 In Ausnahme zu dieser Regel bemisst das AktG in Fällen des Minderheitenschutzes gemäß den §§ 122 Abs. 2 S. 1, 148 Abs. 1 AktG das notwendige Quorum neben der prozentualen Beteiligung auch anhand absoluter Zahlen (500.000 E und 100.000 E). Ein Fall des Minderheitenschutzes liegt im Fall des § 394 AktG nicht vor. Somit müsste aus Sicht des AktG eine etwaige Mindesthöhe als prozentuale Beteiligung im Verhältnis zum Grundkapital festgelegt werden. Allerdings wäre eine feste prozentuale Mindesthöhe nicht zweckmäßig, sondern müsste im Einzelfall aufgeweicht werden. Denn abhängig von der Größe des Unternehmens kann auch eine 5 %-Beteiligung einen höheren Wert, als eine Mehrheitsbeteiligung an kleineren Unternehmen aufweisen.63 Insbesondere vor dem Hintergrund des Haushaltsrechts und dessen bezweckten Schutzes des öffentlichen Haushalts sollte daher auch ein Richtwert in Form einer absoluten Zahl eingefügt werden. Eine solcher Richtwert wäre allerdings systemfremd im AktG und ist daher ebenso wie eine prozentuale Mindestbeteiligung abzulehnen. Im Ergebnis würde dem Gesetzgeber nur die Wahl bleiben, eine offene Formulierung wie „bei einer Beteiligung von erheblichem Wert“ zu wählen. Infolgedessen würde allerdings ein 60

So auch: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 21. So auch: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 21. 62 Vgl. §§ 60 Abs. 1; 93 Abs. 4 S. 3, 122 Abs. 1, 2, 148 Abs. 1, 186 Abs. 1, 271 Abs. 2, 309 Abs. 3 S. 1 AktG. 63 Ebenso Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 115. 61

B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft

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Streit darüber entfacht werden, ab wann nun ein erheblicher Wert vorliegt. Ein Mehr an Rechtsklarheit würde damit also nicht zwangsläufig erreicht werden. In einer Gesamtschau sind daher etwaige Beschränkungen des Anwendungsbereichs des § 394 AktG auf Ebene der Beteiligung abzulehnen.

III. Ergebnis Eine Beteiligung i.S.d. § 394 AktG liegt daher bei jeder kapitalmäßigen, mitgliedschaftlichen und ähnlichen Beteiligung der Gebietskörperschaft vor. Ein Mindestanteil ist nicht erforderlich.

B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 394 AktG ist, dass die Wahl oder die Entsendung des Aufsichtsratsmitglieds von der Gebietskörperschaft veranlasst wurde. Der Begriff der Veranlassung ist nicht eindeutig.64 Aufgrund der haftungsund strafrechtlichen Folgen bei einem Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht gilt es, den Veranlassungsbegriff zu konkretisieren.65 Hierbei wird regelmäßig zwischen der Veranlassung bei der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung unterschieden.66 Grundsätzlich erfordert eine Veranlassung nach dem Wortsinn zumindest eine kausale Einflussnahme auf die Entsendung oder die Wahl des Aufsichtsratsmitglieds. Einigkeit besteht dahingehend, dass die Einflussnahme der Gebietskörperschaft im Außenverhältnis, also zwischen der Gebietskörperschaft und der AG, stattfinden muss.67 Zudem soll für die Annahme der Veranlassung das Aufsichtsratsmitglied nach außen als Repräsentant der Gebietskörperschaft erscheinen.68

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Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 23. Insoweit Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 34, der auf diese Rechtsunsicherheit hinweist. 66 Statt vieler: Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 14 ff. 67 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 34; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 117; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 15. 68 Will, VerwArch 2003, 248, 252; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 15; Koch, VerwArch, 2011, 1, 14; ders., in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 34; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 7; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 117; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, 2016, S. 120. 65

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

I. Veranlassung bei unmittelbarer Beteiligung der Gebietskörperschaft Soweit die Gebietskörperschaft unmittelbar an der AG beteiligt ist, kann eine Veranlassung sowohl im Falle der Entsendung als auch im Falle der Wahl durch die Hauptversammlung vorliegen. 1. Entsendung, § 101 Abs. 2 AktG Die kausale Einflussnahme liegt bei einer Entsendung vor, wenn die Gebietskörperschaft ihr satzungsmäßiges Entsendungsrecht nach § 101 Abs. 2 AktG ausübt.69 Grundsätzlich sichert sich der Bund das Entsendungsrecht für eine der Beteiligungshöhe entsprechende Anzahl von Aufsichtsratsmitgliedern.70 2. Wahl, § 101 Abs. 1 AktG Im Falle der Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds durch die Wahl der Hauptversammlung gemäß § 101 Abs. 1 AktG ist eine Veranlassung unproblematisch anzunehmen, soweit die Gebietskörperschaft die Hauptversammlungsmehrheit stellt und mittels Mehrheitsbeschlusses die Wahl des Aufsichtsratsmitglieds erreicht.71 a) Veranlassung der Wahl bei unmittelbarer Beteiligung ohne Stimmmehrheit Die Veranlassung ist problematisch, soweit die Ursächlichkeit der Gebietskörperschaft für die Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds aufgrund der Beteiligungsverhältnisse nicht eindeutig feststeht. Denkbar ist dies bei der Wahl gemäß § 101 Abs. 1 AktG im Falle einer unmittelbaren Beteiligung der Gebietskörperschaft, bei der diese nicht die Stimmenmehrheit hat. In diesem Fall bedarf die Wahl des Aufsichtsratsmitglieds noch der Stimmen eines weiteren Aktionärs. Nach h.M. genügt die Abgabe eines Wahlvorschlags der Gebietskörperschaft allein nicht für eine Veranlassung.72 Es finden sich verschiedene Auffassungen in der Literatur, unter welchen Umständen in einem solchen Fall eine Veranlassung anzunehmen ist.

69

Will, VerwArch 2003, 248, 252; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 116; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 13. 70 Kautzsch, in: Heuer/Scheller, Haushaltsrecht, 2018, § 65 BHO Rn. 27. 71 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 13. 72 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 24; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 117; Martens, AG 1984, 29, 32; Zöllner, in: KKAktG, 1. Aufl. 1985, § 394 Rn. 3; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 16; a.A. einzig Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 3, der allerdings seine Ansicht nicht näher begründet.

B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft

123

Vereinzelt wird eine enge Auslegung des Veranlassungsbegriffs im Zusammenhang mit der Wahl des Aufsichtsratsmitglieds gefordert.73 Danach soll keine Veranlassung vorliegen, soweit das Aufsichtsratsmitglied „nicht aus Gründen der Beteiligungsverwaltung, sondern unter allgemein politischen Aspekten“ gewählt worden sei.74 Es bestehe keine kausale Einflussnahme der Gebietskörperschaft, soweit die übrigen Aktionäre ihre Wahlentscheidung „autonom“ getroffen haben.75 Nach einer weiten Auslegung sei eine Veranlassung bereits dann anzunehmen, wenn die Stimmen der Gebietskörperschaft lediglich mitursächlich waren.76 Dies genüge, falls eine wirksame Wahl des Aufsichtsratsmitglieds ohne die Stimmabgabe der Gebietskörperschaft nicht möglich gewesen wäre.77 Gemäß einer vermittelnden Auffassung bedarf es einer nach außen erkennbaren ursächlichen Absprache mit den übrigen Aktionären.78 Zudem könne sich verschiedener Vermutungsregelungen bedient werden, um das jeweilige Aufsichtsratsmitglied rechtssicher als Repräsentanten der Gebietskörperschaft einzuordnen.79 Soweit beispielsweise das gewählte Aufsichtsratsmitglied ein Beamter, Angestellter oder Organmitglied der beteiligten Gebietskörperschaft ist, ist die Repräsentanteneigenschaft und damit die Veranlassung gegeben.80 b) Würdigung Die unterschiedlichen Ansichten erfordern eine Stellungnahme. Die enge Auslegung überzeugt nicht, da sich keine derart einschränkenden Kriterien aus dem Gesetz ergeben.81 Insbesondere ist das Kriterium „aus allgemeinen politischen Aspekten“ zu unbestimmt.82 Auch die Vertreter dieser engen Auslegung präzisieren dieses Kriterium nicht näher. Daneben ist das Kriterium der „autonomen Entscheidung“ der übrigen Aktionäre nicht weiterführend. Ob eine autonome Entscheidung vorliegt, richtet sich nämlich nach den inneren Motiven der Beteiligten. Diese Motive können in der Praxis regelmäßig mangels Offenkundigkeit kaum 73

Vgl. Martens, AG 1984, 29, 31 f. Martens, AG 1984, 29, 31. 75 Martens, AG 1984, 29, 32. 76 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 118. 77 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 118. 78 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 24; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 18; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 16. 79 Für Vermutungsregelungen auch Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 34; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 18. 80 Insoweit Übertragung der Vermutungsregeln von Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 18 auf den dargestellten Fall. 81 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 13; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 15; Koch, VerwArch, 2011, 1, 14. 82 So auch Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, §§ 394, 395 Rn. 13. 74

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

bestimmt werden. Im Rahmen des Veranlassungsbegriffs wird grundsätzlich auf das Außenverhältnis abgestellt, wie das Erfordernis der Repräsentanteneigenschaft des Aufsichtsratsmitglieds zeigt. Es ist daher widersprüchlich, auf innere Motive abzustellen. Der weiten Auslegung ist vorzuhalten, dass deren Veranlassungsbegriff uferlos ist. Entsprechend der herrschenden Ansicht bedarf es daher einer nach außen erkennbaren Abrede mit den übrigen Aktionären. Zudem bietet die Anwendung der Vermutungsregelungen eine nach außen hinreichend rechtssichere Handhabung des Veranlassungsbegriffs. Dadurch wird das Vorliegen der Veranlassung an objektive Kriterien geknüpft und damit zweckmäßig begrenzt. Die Diskussion über die Reichweite des Veranlassungsbegriffs ist vor allem theoretischer Natur. Denn sowohl dem betroffenen Aufsichtsratsmitglied als auch der Gebietskörperschaft ist es jederzeit möglich, die Ursächlichkeit nach außen kundzutun, um etwaige Zweifel hinsichtlich der Anwendung des § 394 AktG auszuräumen.

II. Veranlassung bei gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitgliedern Umstritten ist, unter welchen Umständen bei einer gerichtlichen Bestellung gemäß § 104 AktG eine Veranlassung i.S.d. § 394 AktG vorliegt. Gemäß § 104 Abs. 1 AktG kommt eine gerichtliche Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds in Betracht, wenn dem Aufsichtsrat nicht die zur Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern angehört. In diesem Fall kann der Vorstand, ein Aufsichtsratsmitglied oder ein Aktionär einen Antrag auf Ergänzung des Aufsichtsrats stellen. Aufgrund des Wortlauts von § 394 AktG wird teilweise vertreten, dass dieser keine Anwendung auf gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglieder finde.83 Denn § 394 AktG erwähnt lediglich Aufsichtsratsmitglieder, die „gewählt oder entsandt worden sind“. Damit erfasse § 394 S. 1 AktG keine gerichtliche Bestellung.84 Zudem stehe die Unabhängigkeit der Gerichte einer etwaigen Veranlassung durch eine Gebietskörperschaft entgegen.85 Ein bloßer Vorschlag oder Antrag der Gebietskörperschaft genüge wie bei der Wahl gemäß § 101 AktG nicht für eine Veranlassung, vielmehr müssten weitere Umstände hinzutreten.86 Als weiterer Umstand gelte beispielsweise, wenn das gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglied ein Aufsichtsratsmitglied ersetzt, das ursprünglich von der Gebietskörperschaft gewählt oder entsandt wurde.87 83 84 85 86 87

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 119. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 119. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 119. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 119. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 119.

B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft

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Demgegenüber vertritt die überwiegende Literatur, dass im Falle einer gerichtlichen Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 104 AktG ebenfalls eine Veranlassung anzunehmen sei, soweit die Gebietskörperschaft die Bestellung beantragt habe oder das Gericht den personellen Vorschlag der Gebietskörperschaft befolgt habe.88 Denn der Begriff der „Veranlassung“ sei weit auszulegen.89 Im Folgenden wird untersucht, ob eine Veranlassung i.S.d. § 394 AktG auch im Falle der gerichtlichen Bestellung gegeben ist. Der Wortlaut des § 394 S. 1 AktG erfasst lediglich die Wahl und die Entsendung des Aufsichtsratsmitglieds. 1. Historische Perspektive: § 111 Abs. 1 Nr. 2 RHO Jedoch kann möglicherweise historisch begründet werden, dass auch die gerichtliche Bestellung von § 394 S. 1 AktG erfasst ist. Vorgängervorschrift des § 394 AktG war der § 111 Abs. 1 Nr. 2 RHO.90 Danach hatte der zuständige Reichsminister die Betätigung des Reichs als Aktionär „aufgrund der Berichte, welche die auf seinen Vorschlag gewählten oder bestellten Aufsichtsratsmitglieder“ zu erstatten haben, zu prüfen. Unter „die auf Vorschlag der Gebietskörperschaft bestellten Aufsichtsratsmitglieder“ lässt sich dem Wortlaut nach auch die gerichtliche Bestellung fassen, soweit die Gebietskörperschaft einen entsprechenden Vorschlag abgegeben hat. Somit war der Wortlaut des § 111 RHO weiter als der Wortlaut des § 394 AktG. Auch findet sich in den Kommentaren zu § 111 RHO kein Hinweis, dass gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglieder nicht erfasst gewesen sind.91 Die §§ 394, 395 AktG wurden geschaffen, da im Rahmen des § 111 Abs. 2 Nr. 2 RHO ein Konflikt zwischen der Berichtspflicht und der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder gesehen wurde.92 Eine Beschränkung der Normadressaten sollte durch die Änderung des Wortlauts nicht erfolgen. Der Gesetzgeber hat den Begriff „Vorschlag“ mit „Veranlassung“ ersetzt, da der Begriff „Vorschlag“ im Aktienrecht mit einem formellen Vorschlag i.S.d. § 124 Abs. 3 AktG konnotiert war.93 Durch den Begriff „Veranlassung“ konnten daher Missverständnisse vermieden werden.94 Die Historie spricht demnach dafür, dass auch die gerichtliche Bestellung von dem Veranlassungsbegriffs des § 394 S. 1 AktG erfasst ist. Für diese Auslegung spricht zudem, dass der Gesetzgeber ansonsten selbst sein Informationsprivileg beschnitten hätte, ohne dass dafür Anlass bestand. Gegen dieses 88

Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 4; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 14; Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 3; Kropff, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2006, §§ 394, 395 Rn. 14. 89 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 14. 90 Ausschußbericht des Bundestages zu §§ 394, 395, Kropff, AktG 1965, S. 496. 91 Vialon, Haushaltsrecht, 2. Aufl. 1959, § 111 RHO Rn. 5; Schulze/Wagner, RHO, 3. Aufl. 1934, S. 817 ff. 92 Ausschußbericht des Bundestages zu §§ 394, 395, Kropff, AktG 1965, S. 496. 93 Kropff, in: FS Hefermehl 1976, 327, 329. 94 Kropff, in: FS Hefermehl 1976, 327, 329.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

historische Argument kann auch nicht eingewendet werden, dass dem Gesetzgeber die gerichtliche Bestellung i.S.d. § 104 AktG zum Zeitpunkt der Geltung des § 111 RHO nicht bekannt war. Denn die Vorgängervorschrift des § 104 AktG in Gestalt des § 89 AktG a.F., die den gleichen Regelungsgehalt hatte, wurde bereits 1937 in das AktG aufgenommen.95 2. Unabhängigkeit der Gerichte Das Argument, dass eine Veranlassung durch die Gebietskörperschaft und die Unabhängigkeit der Gerichte sich widersprechen,96 bedarf näherer Untersuchung. Eine Veranlassung ist gegeben, soweit das Interesse der Gebietskörperschaft an der Bestellung nach außen deutlich wird und eine ursächliche Einflussnahme vorliegt, sodass das Aufsichtsratsmitglied als Repräsentant der Gebietskörperschaft erscheint.97 Einer Veranlassung würde die Auswahlentscheidung des Gerichts gemäß § 104 AktG entgegenstehen, wenn diese eine ursächliche Einflussnahme der Gebietskörperschaft ausschließt. Das Gericht entscheidet im Rahmen des § 104 AktG nach freier Überzeugung und ist nicht an Anträge gebunden.98 Im Rahmen des § 104 AktG ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller einen Vorschlag hinsichtlich des zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieds abgibt.99 Gleichwohl ist dies in der Praxis üblich.100 Eine Veranlassung i.S.d. § 394 AktG erfordert nicht, dass die Gebietskörperschaft die Auswahlentscheidung derart beeinflussen muss, dass die Bestellung eines bestimmten Aufsichtsratsmitglieds zwingend ist. Notwendig ist lediglich eine ursächliche Einflussnahme und die Erkennbarkeit nach außen. Die Gebietskörperschaft kann im Rahmen des § 104 Abs. 1 AktG die Entscheidung des Gerichts nicht weiter beeinflussen, als durch Antragstellung und Vorschlag des Aufsichtsratsmitglieds. Daher können auch keine höheren Anforderungen an die Gebietskörperschaft gestellt werden. Andernfalls würden die Anforderungen an eine kausale Einflussnahme im Rahmen des § 104 AktG überspannt. Deshalb ist eine kausale Einflussnahme bereits dann gegeben, wenn durch den Vorschlag der Gebietskörperschaft das potentielle Aufsichtsratsmitglied dem Gericht bekannt gemacht wird und infolgedessen das Gericht dieses auch bestellt. Die Unabhängigkeit der Gerichte steht daher einer Veranlassung durch die Gebietskörperschaft nicht entgegen. 95

Begründung RegE zu § 104 AktG, Kropff, AktG 1965, S. 144. So aber Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 119. 97 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 23; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 117; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 7; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 14 f. 98 BayObLG, Beschl. v. 20. 08. 1997 – 3 Z BR 193/97, NZG 1998, 69, 70; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 08. 09. 2014 – 20 W 148/14, NZG 2015, 1154, 1155; Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 104 Rn. 31. 99 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 104 Rn. 5. 100 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 104 Rn. 5. 96

B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft

127

3. Vermutungsregelungen Für die Veranlassung im Rahmen der gerichtlichen Bestellung kann erneut auf die widerlegliche Vermutung zurückgegriffen werden, dass bei einer Bestellung eines Beamten, Angestellten oder eines Organmitglieds der beteiligten Gebietskörperschaft eine Veranlassung gegeben ist.101 Entgegen teilweise geäußerter Ansicht ist es nicht maßgebend, ob das gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglied einen anderen Vertreter des Staates im Aufsichtsrat ersetzt.102 Ansonsten würde ein gerichtlich bestelltes Aufsichtsratsmitglied nur in diesem Fall als Vertreter des Staates gelten. Eine derartige Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 394 AktG scheint nicht gewollt. Vielmehr sollte dies lediglich als weitere Vermutungsregelung herangezogen werden. Soweit also das ursprüngliche Aufsichtsratsmitglied auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählt oder entsandt worden ist, spricht dies dafür, dass auch das neue Aufsichtsratsmitglied auf diesem Wege bestellt wurde. 4. Ergebnis Folglich ist der Gebietskörperschaft im Falle des § 104 Abs. 1 AktG anzuraten, den Antrag auf Ergänzung zu stellen, das potentielle Aufsichtsratsmitglied vorzuschlagen und diesen Vorschlag nach außen deutlich zu machen. Dadurch wird die Kausalkette, die zur Bestellung des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds geführt hat, und das Interesse der Gebietskörperschaft nach außen hin bekannt. Zudem kann sich auch im Rahmen der gerichtlichen Bestellung verschiedener Vermutungsregelungen für die Veranlassung bedient werden.

III. Veranlassung bei mittelbarer Beteiligung Unter welchen Umständen eine Veranlassung i.S.d. § 394 AktG bei mittelbarer Beteiligung vorliegt, ist nicht ebenfalls nicht geklärt.103 Eine mittelbare Beteiligung ist gegeben, wenn die Gebietskörperschaft die Anteile nicht unmittelbar, sondern über eine andere Gesellschaft hält.104 Die Problematik folgt daraus, dass bei Tochteroder Enkelgesellschaften der Gebietskörperschaft die Geschäftsleiter der jeweiligen Muttergesellschaft und nicht die Gebietskörperschaft die Stimmrechte für die Aufsichtsratswahl innehaben. Soweit es sich bei dieser Muttergesellschaft um eine AG handelt, üben deren Geschäftsleiter ihr Stimmrecht gemäß § 76 Abs. 1 AktG unabhängig aus.105 Lediglich in den besonderen Fällen der Mitbestimmung nach § 15 101

So auch Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 18. So aber Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 119. 103 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 120. 104 Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 21. 105 Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, §§ 394, 395 Rn. 14; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 14. 102

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Abs. 1 MitbestErgG und § 32 Abs. 1 MitbestG ist der Vorstand der Tochtergesellschaft an die Entscheidung der Anteilseignervertreter in der Muttergesellschaft gebunden.106 Die Sonderkonstellationen nach § 15 Abs. 1 MitbestErgG und § 32 Abs. 1 MitbestG bleiben für die vorliegende Untersuchung außer Betracht. Umstritten ist, welche Anforderungen an die Einflussnahme der Gebietskörperschaft zu stellen sind, um von einer Veranlassung i.S.d. § 394 AktG bei einer mittelbaren Beteiligung auszugehen.107

1. Der Meinungsstand zur Veranlassung bei der mittelbaren Beteiligung der Gebietskörperschaft Eine Veranlassung im Falle der mittelbaren Beteiligung wird teilweise abgelehnt, soweit die Gebietskörperschaft gegenüber dem Vorstand der unmittelbaren Beteiligungsgesellschaft eine bloße Bitte abgegeben hat und die vorgeschlagene Person zum Aufsichtsratsmitglied bestellt wurde.108 Es sei ein Mehr an Einflussnahme notwendig, um dem Kausalitätserfordernis des Veranlassungsbegriffs gerecht zu werden.109 Ansonsten gelten für die Veranlassung bei der unmittelbaren Beteiligung strengere Voraussetzungen als für die Veranlassung bei der mittelbaren Beteiligung.110 Denn soweit bei der unmittelbaren Beteiligung ein satzungsmäßiges Entsendungsrecht bzw. eine Stimmenmehrheit erforderlich ist, sei es nicht nachvollziehbar, warum bei der mittelbaren Beteiligung schon die bloße Bitte genügen solle.111 Deshalb sei in Fällen, in denen die Kausalität sich nicht aus weiteren Umständen ergebe, eine Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft an der unmittelbaren Beteiligungsgesellschaft notwendig.112 Dies diene der Rechtssicherheit.113 Nach der wohl h.L. soll die bloße Bitte der Gebietskörperschaft gegenüber dem Vorstand der Tochter-/Enkelgesellschaft, ein bestimmtes Aufsichtsratsmitglied zu bestellen, für eine Veranlassung genügen, soweit dieser Bitte nachgekommen worden ist.114 Schürnbrand lässt beispielsweise einen „Wahlvorschlag“ der Gebietskörperschaft und entsprechende „politische Unterstützungshandlungen“ ausrei106 Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 8; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 14. 107 Vgl. Überblick in Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 120. 108 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 121; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 35. 109 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 121. 110 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 35; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 121. 111 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 121. 112 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 35. 113 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 35. 114 Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 8; Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, §§ 394, 395 Rn. 15; Kropff, in: FS Hefermehl 1976, 327, 330; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder, 2005, S. 79.

B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft

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chen.115 Es bestehe zudem eine Vermutung für die Veranlassung in derartigen Fällen, wenn tatsächlich Repräsentanten in den Aufsichtsrat der Untergesellschaften gewählt würden.116 Die Auslegung der Veranlassung habe sich am öffentlichen Haushaltsrecht zu orientieren und sei daher weit auszulegen.117 2. Anforderungen an die Veranlassung bei der mittelbaren Beteiligung Die Ansichten und jeweiligen Begründungen zu den Anforderungen an die Veranlassung bei mittelbarer Beteiligung der Gebietskörperschaft sind vielfältig, sodass diese im Folgenden untersucht werden. a) Vergleich mit unmittelbarer Beteiligung Verschiedene Autoren kritisieren, dass die Kausalitätsanforderungen im Falle der mittelbaren Beteiligung im Vergleich zur unmittelbaren Beteiligung geringer sind.118 Dies berücksichtigt nicht hinreichend die Unterschiede zwischen der unmittelbaren und der mittelbaren Beteiligung. Die Gebietskörperschaft kann bei einer unmittelbaren Beteiligung grundsätzlich auf direkterem Wege als bei einer mittelbaren Beteiligung in die Geschicke der Gesellschaft eingreifen. Gerade im Falle einer Beteiligung an einer Tochter- oder Enkelgesellschaft erschwert die Unabhängigkeit des Vorstands einer AG als Obergesellschaft gemäß § 76 AktG eine Einflussnahme der Gebietskörperschaft. Wenn die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten bei einer mittelbaren Beteiligung geringer ausfallen, so sollten auch die Anforderungen an die Veranlassung i.S.d. § 394 AktG gesenkt werden. b) Keine Mehrheitsbeteiligung erforderlich Koch und Kersting fordern für eine Veranlassung bei mittelbarer Beteiligung eine Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft an der unmittelbar an der AG beteiligten Gesellschaft.119 Denn im Falle einer Mehrheitsbeteiligung sei davon auszugehen, dass die Geschäftsleiter der unmittelbar an der AG beteiligten Gesellschaft sich nach dem Mehrheitsgesellschafter richten.120 Soweit die Ursächlichkeit der Bestellung nicht aus anderen Umständen erkennbar sei, erfordere die Rechtssi115

Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 18. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 18; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 14. 117 Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, §§ 394, 395 Rn. 16; ders., in: FS Hefermehl 1976, 327, 329; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 7. 118 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 121; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 35. 119 Koch, VerwArch 102 (2011), 1, 15 ff.; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 122. 120 Koch, VerwArch 102 (2011), 1, 15 ff. 116

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

cherheit das Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung.121 Neben der Rechtssicherheit sei das Mehrheitserfordernis aus dem Beteiligungserfordernis der §§ 394, 395 AktG abzuleiten.122 Das Beteiligungserfordernis erfordere, dass die Beteiligung einer anderen Person der Gebietskörperschaft zugerechnet werde.123 Denn nur im Falle der Zurechnung werde eine mittelbare Beteiligung der unmittelbaren Beteiligung gleichgestellt.124 Hierbei sei auf die Zurechnungsregelungen gemäß § 271 Abs. 1 S. 4 HGB, § 16 Abs. 4 AktG zurückzugreifen.125 Für eine Zurechnung müsse die unmittelbar an der AG beteiligte Gesellschaft von der Gebietskörperschaft abhängig sein, § 16 Abs. 2, 17 Abs. 1 AktG. Eine Abhängigkeit wird nach § 17 Abs. 2 AktG vermutet, soweit das Unternehmen im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens steht. Gegen diese Argumentation spricht, dass die Bundesregierung im Jahr 2012 ausdrücklich den Vorschlag des Bundesrates abgelehnt hat, im Rahmen des § 394 AktG eine Mehrheitsbeteiligung bei mittelbaren Beteiligungen vorauszusetzen.126 Daraus wird zum einen deutlich, dass auch mittelbare Beteiligungen von § 394 S. 1 AktG umfasst sein sollen und zum anderen, dass kein Mehrheitserfordernis besteht. Folglich ist das Erfordernis einer Mehrheitsbeteiligung für eine Veranlassung der Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds im Falle einer mittelbaren Beteiligung der Gebietskörperschaft abzulehnen. c) Veranlassungsbegriff im Konzern- und Beamtenrecht Entscheidend für die Frage einer Veranlassung im Falle einer mittelbaren Beteiligung ist das Verständnis des Veranlassungsbegriffs. Insbesondere Schürnbrand greift für die Bestimmung des Veranlassungsbegriffs auf das Konzernrecht zurück.127 Gemäß § 311 Abs. 1 AktG darf im Falle eines fehlenden Beherrschungsvertrages ein herrschendes Unternehmen die abhängige AG nicht zu einem nachteiligen Rechtsgeschäft veranlassen, ohne ihre Nachteile auszugleichen. Eine Veranlassung i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG erfordert, dass die herrschende Gesellschaft mittels der gesellschaftsrechtlichen Instrumentarien das Verhalten der abhängigen AG versucht, zu bestimmen.128 Hierfür reicht jede Art von Einflussnahme aus, unabhängig davon, ob dies eine Weisung, ein Ratschlag, eine Anregung oder die Vorgabe einer allgemeinen

121 122 123 124 125 126 127 128

Koch, VerwArch 102 (2011), 1, 15 ff. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 122. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 122. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 122. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 122. BT-Drs. 17/8989, S. 27. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 17. Habersack, in: Emmerich/Habersack, KonzernR, 9. Aufl. 2019, § 311 AktG Rn. 22.

B. Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft

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Richtlinie ist.129 Maßgeblich ist, dass infolge dieser Einflussnahme die abhängige AG zum gewünschten Verhalten bestimmt wird.130 Demgegenüber will Kropff zur Begriffsbestimmung den beamtenrechtlichen Veranlassungsbegriff heranziehen.131 Denn dieser sei das Vorbild bei der Schaffung des § 394 AktG gewesen.132 Der beamtenrechtliche Veranlassungsbegriff schließe als Oberbegriff die Begriffe „Vorschlag“ und „auf Verlangen“ mit ein.133 Eine Veranlassung i.S.d. Beamtenrechts liegt vor, wenn die Bestellung im Interesse des Dienstherrn liegt und sein rechtlicher oder tatsächlicher Einfluss kausal für die Bestellung als Aufsichtsratsmitglied war.134 Folglich gilt im Beamtenrecht sowie im Konzernrecht eine weite Auslegung des Veranlassungsbegriffs. Die §§ 64, 67, 68, 69 BBG in der Fassung vom 14. Juli 1953 enthielten bereits den Veranlassungsbegriff. Ob der historische Gesetzgeber der §§ 394, 395 AktG tatsächlich den Veranlassungsbegriff aus dem Beamtenrecht entnommen hat, lässt sich nicht abschließend klären. Gleichwohl wird aus einer Zusammenschau des konzern- wie auch konzernrechtlichen Veranlassungsbegriffs deutlich, dass eine Veranlassung grundsätzlich weit verstanden wird. Ein derartiges Verständnis des Veranlassungsbegriffs liegt aufgrund des damit verbundenen größeren Anwendungsbereichs des § 394 AktG auch im Interesse des Gesetzgebers. Legt man dieses Verständnis der Definition der Veranlassung im Rahmen des § 394 AktG zugrunde, so genügt jede Einflussnahme der Gebietskörperschaft, soweit diese ursächlich für die Bestellung ist. Daneben muss das Interesse der Gebietskörperschaft an der Bestellung erkennbar sein, sodass das Aufsichtsratsmitglied als Repräsentant der Gebietskörperschaft erscheint. Danach genügt auch die bloße Bitte der Gebietskörperschaft gegenüber dem Vorstand der Obergesellschaft, falls dadurch das gewünschte Aufsichtsratsmitglied bestellt wird und nach außen deutlich wird, dass ein Vertreter der Gebietskörperschaft berufen wurde.

129 Habersack, in: Emmerich/Habersack, KonzernR, 9. Aufl. 2019, § 311 AktG Rn. 23; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 311 Rn. 13; Müller, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 311 Rn. 12; LG Bonn, Urt. v. 27. 04. 2005 – 16 O 13/04, NZG 2005, 856, 858. 130 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 311 Rn. 13; Müller, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 311 Rn. 12; LG Bonn, Urt. v. 27. 04. 2005 – 16 O 13/04, NZG 2005, 856, 858. 131 Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, § 394 Rn. 16. 132 Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, § 394 Rn. 16. 133 Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, § 394 Rn. 16; Geis, in: Fürst GKÖD, 2019, K § 67 Rn. 8. 134 Kropff, in: Geßler/Hefermehl, AktG 1993, §§ 394, 395 Rn. 16; Bayer. VGH, Urt. v. 23. 09. 1966 Nr. 93 III 65, Bayerische Verwaltungsblätter 1967, 101; Geis, in: Fürst GKÖD, 2019, K § 67 Rn. 8.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

d) Rückgriff auf Vermutungsregelungen Aufgrund der Vielfältigkeit der möglichen Konstellationen ist stets auf den Einzelfall abzustellen.135 Zweckmäßig ist hierbei der Rückgriff auf Vermutungsregelungen.136 Danach kann aus der ex-post-Perspektive näher bestimmt werden, ob die Bestellung tatsächlich auf eine Einflussnahme der Gebietskörperschaft zurückzuführen ist. Beispielsweise kann eine Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft für deren Einflussnahme sprechen, da die Geschäftsleiter sich in der Regel nach dem Willen des Mehrheitsgesellschafters richten werden.137 Daneben ist die Repräsentanteneigenschaft zu vermuten, soweit das bestellte Aufsichtsratsmitglied Beamter, Angestellter oder ein Organmitglied der beteiligten Gebietskörperschaft ist oder einen früheren Vertreter des Staates im Aufsichtsrat ersetzt.138 e) Offenlegung der Einflussnahme durch die öffentliche Hand Die öffentliche Hand kann bei Zweifeln über die Repräsentanteneigenschaft ihre konkrete Einflussnahme, wie beispielsweise die Abgabe eines Vorschlags oder die Absprache mit anderen Aktionären veröffentlichen. Auf Bundesebene hat der Repräsentant im Aufsichtsrat in der Regel die Erklärung für Mitglieder von Überwachungsorganen zu unterschreiben. Ein Muster für eine solche Erklärung befindet sich im Anschluss an die Berufungsrichtlinien im PCGK. In dieser Erklärung hat das jeweilige Aufsichtsratsmitglied zu bekennen, dass es auf Veranlassung der Gebietskörperschaft bestellt worden ist. Eine solche unterschriebene Erklärung räumt etwaige Zweifel hinsichtlich der Veranlassung aus.139 Diese Offenlegung ist auch im Interesse der öffentlichen Hand, da sie hierdurch ihr Informationsprivileg gemäß § 394 AktG sicherstellt. 3. Ergebnis Folglich reicht die bloße Bitte der Gebietskörperschaft gegenüber dem Vorstand der Obergesellschaft für die Veranlassung aus, falls dadurch das gewünschte Aufsichtsratsmitglied bestellt wird und nach außen deutlich wird, dass ein Repräsentant der Gebietskörperschaft berufen wurde. Hierbei ist auch auf Vermutungsregelungen 135

So im Ergebnis auch: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 25, nach dem sich jede schematische Lösung verbietet. 136 So auch: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 25; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 18; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 18. 137 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 25. 138 So teilweise auch: Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, 2016, S. 121. 139 Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, 2016, S. 122.

C. Berichtspflicht

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zurückzugreifen. Darüber hinaus kann die öffentliche die konkrete Art der Einflussnahme offenlegen, um die Veranlassung aufzuzeigen.

C. Berichtspflicht Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht nach § 394 AktG setzt eine Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds voraus.140 Die Berichtspflicht resultiert allerdings nicht aus § 394 AktG selbst, wie durch § 394 S. 3 AktG klargestellt wird. Vielmehr kann sich nach § 394 S. 3 AktG eine solche Berichtspflicht aus einem Gesetz, einer Satzungsregelung oder aus einem dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteilten Rechtsgeschäft ergeben. § 394 S. 3 AktG ist durch die Aktienrechtsnovelle 2016 eingefügt worden.141

I. Berichtspflicht aus Gesetz Der Begriff „Gesetz“ in § 394 S. 3 AktG meint jede Rechtsnorm gemäß Art. 2 EGBGB.142 Erfasst sind davon sowohl Rechtsverordnungen als auch gesetzliche Berichtspflichten in den jeweiligen Gemeindeordnungen wie beispielsweise in § 113 Abs. 5 GemO NRW.143 Vor der Aktienrechtsnovelle 2016 wurde darüber gestritten, ob im Falle der Berichtspflicht aus Gesetz, die jeweilige gesetzliche Regelung sich auf § 394 AktG beziehen muss.144 Die ganz h.M. nimmt aufgrund des weiten Verständnisses in der Gesetzesbegründung an, dass kein besonderer Bezug notwendig ist.145 Die Relevanz dieses Streits ist gering, da bislang keine konkreten gesetzlichen Regelungen in Streit stehen und eine Berichtspflicht nunmehr auch durch Rechtsgeschäfte begründet werden kann.146

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Jaeger, in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Rn. 9.315. Zur Entwicklung des § 394 S. 3 AktG vgl. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 6 ff., 11. 142 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 125. 143 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 22. 144 Vgl. zum Streitstand, Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 127. 145 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 38; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 22; a.A.: Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 127. 146 Hinsichtlich der geringen Praxisrelevanz aufgrund einer Berichtspflicht durch Rechtsgeschäft auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 127. 141

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

II. Berichtspflicht gemäß Satzung Mit dem Begriff „Satzung“ in § 394 S. 3 AktG ist ausweislich der Regierungsbegründung lediglich die „Gesellschaftssatzung“ gemeint.147 Soweit also nicht bereits bei Gründung der Gesellschaft eine entsprechende Berichtspflicht kodifiziert wird, ist eine nachträgliche Ergänzung mittels Satzungsänderung möglich. Die Schaffung einer derartigen Berichtspflicht bedarf einer satzungsändernden 3/4-Hauptversammlungsmehrheit gemäß § 179 Abs. 2 AktG. Die Schaffung einer Berichtspflicht per Satzung ist vorzugswürdig. Im Gegensatz zur Berichtspflicht kraft Gesetzes wird auf Ebene der Gesellschaft über eine Berichtspflicht entschieden. Hierbei werden die Geheimhaltungsinteressen regelmäßig eher beachtet als bei einer Berichtspflicht kraft Gesetzes. Zudem hat die Berichtspflicht kraft Satzung den Vorteil größerer Transparenz, da durch das Handelsregister die Einsicht in die Satzung möglich ist.148 Ferner wird die Berichtspflicht kraft Satzung im Unterschied zur Berichtspflicht aus einem Rechtsgeschäft eher eine einheitliche Regelung schaffen.149 Diese Punkte erhöhen zumeist die Akzeptanz der übrigen privaten Akteure, sodass die Berichtspflicht kraft Satzung am ehesten einen Interessenausgleich aller Beteiligten ermöglicht. Unternehmen mit staatlicher Beteiligung ist daher anzuraten, eine Berichtspflicht mittels der Satzung zu schaffen.

III. Berichtsplicht aus einem Rechtsgeschäft Ferner kann eine Berichtspflicht auf einem Rechtsgeschäft beruhen. Ausweislich der Regierungsbegründung zu § 394 S. 3 AktG ist der Begriff „Rechtsgeschäft“ weit zu verstehen und umfasst jede „vertragliche Vereinbarung, Auftrag oder eine Nebenabrede mit der Gebietskörperschaft“.150 Im Falle der durch Rechtsgeschäft begründeten Berichtspflicht ist diese dem Aufsichtsrat in Textform gemäß § 394 S. 3 AktG mitzuteilen. Unklar ist, ob das Rechtsgeschäft selbst oder lediglich der Abschluss des Rechtsgeschäfts mitgeteilt werden muss.151 Die h.M. verlangt lediglich die Mitteilung über den Abschluss des Rechtsgeschäfts.152 Hierfür spricht die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz.153 Gerade vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff 147

BT-Drs. 18/4349, S. 33. So auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 130. 149 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 130. 150 BT-Drs. 18/4349, S. 33. 151 Lediglich Mitteilung in Textform: Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 38; Harbarth/v. Plettenberg, AG 2016, 145, 154; für ein Formerfordernis des Rechtsgeschäfts selbst: Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 143; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 25 f. 152 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 38. 153 BT-Drs. 18/6681, S. 12 f. 148

C. Berichtspflicht

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„Rechtsgeschäft“ „alle denkbaren Varianten“ erfassen wollte, ist nicht davon auszugehen, dass ein Formerfordernis für das Rechtsgeschäft selbst statuiert werden sollte.154 Daher genügt die Mitteilung über den Abschluss des Rechtsgeschäfts. 1. Parteien des Rechtsgeschäfts Aus dem § 394 AktG ergeben keine näheren Anforderungen an den Inhalt des Rechtsgeschäfts. Fraglich ist daher, wer Partei des Rechtsgeschäfts sein muss. Laut der Gesetzesbegründung muss in jedem Fall die Gebietskörperschaft Partei des Rechtsgeschäfts sein.155 Ob jedoch die andere Partei das jeweilige Aufsichtsratsmitglied, der Aufsichtsrat im Ganzen oder die Gesellschaft selbst sein muss, ist unklar. Aus dem Wortlaut des § 394 AktG ergeben sich hierzu keine weiteren Anhaltspunkte. Gleichwohl adressiert der § 394 AktG nur das Aufsichtsratsmitglied, welches die jeweilige Gebietskörperschaft vertritt. Aus systematischen Gründen liegt es daher nahe, dass lediglich das jeweilige Aufsichtsratsmitglied die andere Partei des Rechtsgeschäfts sein muss. Auch der Telos des § 394 AktG spricht für eine derartige Auslegung. Die öffentliche Hand will mittels der §§ 394, 395 AktG den größtmöglichen Informationszufluss erreichen. Dieses Ziel würde konterkariert, wenn der gesamte Aufsichtsrat oder die Gesellschaft Vertragspartner sein müsste, da diese den Geheimhaltungsinteressen grundsätzlich eine hohe Bedeutung zumessen werden. Zudem würde der Weg hin zu einer Berichtspflicht kraft Rechtsgeschäfts verlangsamt. Denn die Verhandlungen und der Vertragsschluss würden mehr Zeit in Anspruch nehmen, wenn nicht nur ein Aufsichtsratsmitglied, sondern der gesamte Aufsichtsrat bzw. die Gesellschaft selbst Vertragspartner wäre. Somit meint § 394 S. 3 AktG das Rechtsgeschäft zwischen der Gebietskörperschaft und dem jeweiligen Aufsichtsratsmitglied.156 § 394 S. 3 AktG ist rechtspolitisch fragwürdig, da die Gesellschaft sich darauf verlassen muss, dass das jeweilige Aufsichtsratsmitglied die gesellschaftlichen Interessen hinreichend würdigt. Dennoch ist dieser Umstand als gesetzgeberische Entscheidung hinzunehmen. 2. Grenzen des Rechtsgeschäfts Laut Gesetzesbegründung ist mit dem Begriff „Rechtsgeschäft“ eine „vertragliche Vereinbarung“, ein „Auftrag“ oder eine „Nebenabrede“ gemeint.157 Etwaige Grenzen des Rechtsgeschäfts thematisiert die Gesetzesbegründung nicht. Gleichwohl müssen gewisse Grenzen hinsichtlich des Inhalts des Rechtsgeschäfts beachtet werden. Wenn die Gesellschaft selbst schon nicht Vertragspartei des die Berichts154

BT-Drs. 18/4349, S. 33. BT-Drs. 18/4349, S. 33. 156 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 136; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 25. 157 BT-Drs. 18/4349, S. 33. 155

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

pflicht begründenden Rechtsgeschäfts sein muss, so müssen dessen Interessen in irgendeiner Weise gewahrt werden. Ansonsten droht ein Vertrag zu Lasten Dritter.158 Die Interessen der Gesellschaft hat das jeweilige Aufsichtsratsmitglied zu wahren. Denn auch das auf Veranlassung der Gebietskörperschaft bestellte Aufsichtsratsmitglied ist dem Unternehmensinteresse verpflichtet.159 Das Aufsichtsratsmitglied hat daher insbesondere bei Vertragsschluss das Unternehmensinteresse zu berücksichtigen. Soweit es diese Interessen missachtet und auf Grundlage des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts Informationen weitergibt, liegt ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vor. Das Unternehmensinteresse wird im DCGK näher präzisiert. Danach bestimmt sich das Unternehmensinteresse nach den Belangen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verpflichteten Gruppen (Stakeholder) mit dem Ziel der nachhaltigen Wertschöpfung.160 Stakeholder sind beispielsweise auch die Gläubiger der Gesellschaft.161 Das Interesse der Aktionärsmehrheit beeinflusst erheblich das Unternehmensinteresse.162 Soweit eine Eigengesellschaft vorliegt, wird das Interesse der Gebietskörperschaft und das Unternehmensinteresse größtenteils übereinstimmen. Gleichwohl werden im Falle der staatlichen Mehrheitsbeteiligung die privaten Aktionäre ein Interesse an der Geheimhaltung der vertraulichen Informationen des betroffenen Unternehmens haben. Dieses Geheimhaltungsinteresse wird das Unternehmensinteresse prägen. Somit hat das Aufsichtsratsmitglied grundsätzlich die Geheimhaltungsinteressen des betroffenen Unternehmens im Rahmen des Abschlusses des Rechtsgeschäftes zu berücksichtigen. Das Maß des zu berücksichtigenden Geheimhaltungsinteresses orientiert sich regelmäßig an der Höhe des Anteils der privaten Mitaktionäre. 3. Praxishinweis Vor dem Hintergrund des Haftungsrisikos ist dem Aufsichtsratsmitglied anzuraten, jede mündliche Absprache schriftlich festzuhalten. Allerdings wird bei Eigengesellschaften regelmäßig kein Haftungsrisiko bestehen, da die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs durch die Gebietskörperschaft widersprüchlich wäre. Denn die Gebietskörperschaft würde das Aufsichtsratsmitglied für eine Handlung in Anspruch nehmen, welche zugunsten der Gebietskörperschaft erbracht wurde. Im Falle einer Mehrheits- bzw. Minderheitsbeteiligung des Staates kann aufgrund der übrigen Aktionäre ein Haftungsrisiko nicht ausgeschlossen werden. Das Haftungsrisiko liegt im Falle eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht allein beim Aufsichtsratsmitglied. Die Gebietskörperschaft unterliegt als Aktionär eben158

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 140. So bereits Vialon, Haushaltsrecht, 2. Aufl. 1959, § 48 RHO Rn. 31; Kersting, in: KKAktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 140. 160 DCGK 2019, Präambel. 161 Mann, AG 2018, 57, 59. 162 Vgl. Spindler, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 76 Rn. 67 ff.; DCGK 2019, Präambel. 159

C. Berichtspflicht

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falls einer gewissen Treuebindung gegenüber der AG, jedoch ist diese gerade im Falle der Ausübung eigennütziger Rechte nur gering ausgeprägt.163 Die Aufforderung seitens der Gebietskörperschaft gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied einen entsprechenden Bericht zu erstatten, ist ein den Informationsinteressen der Gebietskörperschaft dienendes eigennütziges Recht. Die Gebietskörperschaft hat also schon kein wirkliches Interesse daran, die Berichtspflicht des Aufsichtsrats zu begrenzen. Dies obliegt damit allein dem Aufsichtsratsmitglied. Dieser sollte auf eine hinreichende Bestimmung der Fälle, in denen eine Berichtspflicht normiert werden soll, achten. Daneben sollte, wie oben beschrieben, festgehalten werden, dass der Berichtsumfang sich nach dem Berichtszweck richtet. Auch sollte ein Passus aufgenommen werden, dass keine Informationen unter Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht weitergegeben werden. Dies beugt in Streitfällen etwaigen Vorwürfen der Gesellschaft hinsichtlich einer unzureichenden Begrenzung der Berichtspflichten vor. Auch aus Gründen der Beweisbarkeit ist eine rein mündliche Abrede nicht zweckmäßig. Soweit ein Haftungsfall in Streit steht, bleibt dem Aufsichtsratsmitglied in Fällen der mündlichen Abrede lediglich der Zeugenbeweis in Gestalt eines Vertreters der Gebietskörperschaft, mit dem eine mündliche Abrede geschlossen wurde. Aufgrund etwaiger Erinnerungslücken durch Zeitablauf oder schlicht fehlender juristischer Kenntnis, ist nicht davon auszugehen, dass dieser den vorgenannten Rahmen der Berichtspflicht bezeugen kann.

IV. Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung Bereits vor der Aktienrechtsnovelle 2016 war umstritten, ob auch aus der beamtenrechtlichen Weisungsbindung des Aufsichtsrats einer AG eine Berichtspflicht resultieren kann.164 Diese Diskussion ist durch die Ergänzung des § 394 S. 3 AktG infolge der Aktienrechtsnovelle 2016 nicht beendet worden. Das Spannungsverhältnis zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem öffentlichen Recht wird im Rahmen dieser Diskussion besonders deutlich, da die beamtenrechtliche Weisungsbindung mit der aktienrechtlichen Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats kollidiert. 1. Grundsätzliche Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds einer AG Bevor auf die Frage einer etwaigen Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung eingegangen wird, ist zunächst zu klären, ob ein Aufsichtsratsmitglied überhaupt weisungsgebunden sein kann. Nach dem Aktienrecht üben Aufsichtsratsmitglieder einer AG ihr Amt grundsätzlich frei von Weisungen aus und 163 164

Vgl. Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 53a Rn. 17. Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 36.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

sind lediglich dem Unternehmensinteresse verpflichtet.165 Dies resultiert aus dem Grundsatz der höchstpersönlichen Amtswahrnehmung gemäß § 111 Abs. 6 AktG.166 Dies gilt für alle Aufsichtsratsmitglieder, unabhängig davon, ob diese gewählt, entsandt, Anteilseigner- oder Arbeitnehmervertreter sind.167 Allerdings sind die in den Aufsichtsrat entsandten Vertreter der Gebietskörperschaft oftmals Beamte. Im Beamtenrecht finden sich unter anderem in § 62 Abs. 1 BBG Regelungen, die eine Weisungsgebundenheit der Beamten vorsehen. Auf Ebene des Kommunalrechts existieren trotz § 111 Abs. 6 AktG einzelne Regelungen, nach denen die Gemeinden ihren Vertretern im Aufsichtsrat Weisungen erteilen können.168 Andere Gemeindeordnungen normieren ausdrücklich eine Weisungsbindung für Aufsichtsratsmitglieder, deren Bestellung auf Veranlassung der Gebietskörperschaft beruht.169 Fraglich ist, wie sich diese beamten- und kommunalrechtlichen Regelungen auf die aktienrechtliche Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder auswirken. 2. Rspr. Zur Weisungsgebundenheit von Aufsichtsratsmitgliedern in Gesellschaften mit staatlicher Beteiligung sind bereits mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen. Der BGH hat mehrfach entschieden, dass von der öffentlichen Hand entsandte Aufsichtsratsmitglieder nicht an Weisungen der Anteilseigner gebunden sind und die Gesellschaftsinteressen stets vorrangig gegenüber den Interessen der Anteilseigner sind.170 Das BVerwG hat sich der Auffassung des BGH angeschlossen.171 Ferner hat es festgestellt, dass die Weisungsunabhängigkeit des Aufsichtsrats lediglich aus § 111 Abs. 6 AktG, und nicht aus einem weitergehenden gesellschaftsrechtlichen Grundsatz resultiert.172 Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 07. 11. 2017 klargestellt, dass Aufsichtsratsmitglieder, welche auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft berufen wurden, grundsätzlich nicht weisungsgebunden sind.173 Hierbei verweist es auf die 165

BGH, Urt. v. 18. 09. 2006 – II ZR 137/05, NJW-RR 2007, 1179 Rn. 18. BGH, Urt. v. 18. 09. 2006 – II ZR 137/05, NJW-RR 2007, 1179 Rn. 18; Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 111 Rn. 160. 167 BGH, Urt. v. 18. 09. 2006 – II ZR 137/05, NJW-RR 2007, 1179 Rn. 18. 168 § 88 Abs. 1 S. 5 GemO RLP; § 104 Abs. 1 S. 3 GemO BW; § 131 LSA. 169 § 113 Abs. 1 S. 2 GemO, § 101 Abs. 1 S. 2 NGO. 170 BGH, Urt. v. 29. 01. 1962 – II ZR 1/61, NJW 1962, 864, 866; Urt. v. 18. 09. 2006 – II ZR 137/05, NJW-RR 2007, 1179, 1181 Rn. 18. 171 BVerwG, Urt. v. 31. 08. 2011 @ 8 C 16/10, NJW 2011, 3735, 3736 Rn. 20. 172 BVerwG, Urt. v. 31. 08. 2011 @ 8 C 16/10, NJW 2011, 3735, 3736 Rn. 21. 173 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. 166

C. Berichtspflicht

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oben angeführten Urteile des BGH.174 Das BVerfG hat festgestellt, dass das Gesellschaftsrecht nicht an die staatlichen Bedürfnisse anzupassen ist, sondern die öffentliche Hand sich der privaten Rechtsformen zu bedienen hat, die hinreichende Kontroll- und Einwirkungsbefugnisse garantieren.175 3. Meinungsspektrum im Schrifttum Im Rahmen der Beteiligung der öffentlichen Hand an einer AG vertritt die h.M. im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum, dass die Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder aus § 111 Abs. 6 AktG zwingend ist.176 Die kommunalrechtlichen Regelungen werden als Landesrecht durch die bundesgesetzliche aktienrechtliche Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder einer AG gemäß Art. 31 GG durchbrochen.177 Es gelte der Vorrang des Gesellschaftsrechts gegenüber etwaigen beamtenrechtlichen Weisungsrechten.178 Andere Stimmen in der Literatur bejahen eine beamtenrechtliche Weisungsbindung, soweit sie nicht zu nachteiligen Maßnahmen für das Unternehmen führe.179 Denn falls die Weisung im Unternehmensinteresse liege, sprächen keine Gründe gegen die Verbindlichkeit der Weisung.180 Vor dem Hintergrund der Einheit der Rechtsordnung würde damit auch den Wertungen des Beamtenrechts Genüge getan.181 Nach einer anderen Auffassung gelte die Weisungsfreiheit lediglich im Außenverhältnis, womit das Aufsichtsratsmitglied im beamtenrechtlichen Innenverhältnis weiterhin an Weisungen der Gebietskörperschaft gebunden sei.182 4. Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds einer AG Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Auffassungen im Schrifttum und der Äußerung des BVerfG, dass Aufsichtsratsmitglieder „im Grundsatz“183 nicht weisungsgebunden sind, bedarf die Weisungsfreiheit des Aufsichtsrat einer AG näherer 174

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. 176 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 45; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 29 f.; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 82 ff. 177 Statt vieler: Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 30. 178 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 45. 179 Kropff, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2006, Vor §§ 394, 395 Rn. 114; Schwintowski, NJW 1990, 1009, 1013, 1015; derselbe, NJW 1995, 1316, 1321; Heidel, NZG 2012, 48, 53 ff. 180 Kropff, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2006, Vor §§ 394, 395 Rn. 114. 181 Heidel, NZG 2012, 48, 54. 182 Hettlage, FS Schmidt-Rimpler, 1957, 279, 295; Püttner, JA 1980, 218; Schneider, ZGR 1977, 335, 339 ff. 183 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. 175

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Untersuchung. Der Wortlaut des § 111 Abs. 6 AktG ist eher kryptisch. Selbst die Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder ergibt sich nicht ausdrücklich aus § 111 Abs. 6 AktG. Es findet sich im Wortlaut kein Hinweis darauf, ob die Weisungsfreiheit möglicherweise eingeschränkt werden kann. a) Historie: § 70 DGO 1935 Möglicherweise gibt eine historische Betrachtung darüber Aufschluss, ob die aktienrechtliche Weisungsfreiheit durch öffentlich-rechtliche Normen beschränkt werden kann. Gemäß § 70 DGO 1935 waren die durch die Gemeinde bestellten Aufsichtsratsmitglieder an Weisungen des Bürgermeisters gebunden. § 70 DGO 1935 war Vorbild für die Schaffung entsprechender Regelungen in den jeweiligen Gemeindeordnungen.184 § 70 DGO 1935 wurde jedoch massiv kritisiert, da darin eine Verletzung der aktienrechtlichen Grundstrukturen infolge der Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder gesehen wurde.185 Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes hatte der Bund gemäß Art. 70 GG nur noch in ausdrücklich geregelten Fällen die Gesetzgebungsbefugnis. Das Kommunalrecht war nunmehr Sache der Länder. Deshalb galt § 70 Abs. 2 DGO 1935 nur noch als Landesrecht fort und konnte wegen des Vorrangs des Bundesrechts aus Art. 31 GG keine Wirkung mehr gegenüber dem AktG entfalten.186 Der Gesetzgeber hat auf Bundesebene bislang keine dem § 70 DGO 1935 entsprechende Vorschrift geschaffen. Dies spricht gegen einen Willen des Gesetzgebers, die Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats einer AG einzuschränken. b) Systematik: Weisungsfreiheit im Konzernrecht Die Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats einer AG wird auch durch systematische Erwägungen gestützt. Dies zeigt ein Vergleich mit dem Konzernrecht. Gemäß dem BGH kann der Bund ein herrschendes Unternehmen i.S.d. § 17 AktG sein.187 Auch im Konzernrecht ist anerkannt, dass der Aufsichtsrat einer AG nicht an Weisungen der Konzernmutter gebunden ist.188 Es gibt keine überzeugenden Gründe dafür, dass dies bei einer staatlichen Beteiligung anders beurteilt werden sollte. Deshalb besteht die Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats auch ungeachtet etwaiger Beteiligungshöhen der öffentlichen Hand. Soweit auch private Aktionäre vorhanden sind, würde eine Weisungsgebundenheit zudem zu einer Schlechterstellung dieser privaten Anleger im Vergleich zu Aktionären eines rein privaten Unternehmens führen. Eine derartige Schlechterstellung der privaten Anleger billigte der BGH schon im Zusammenhang 184

BGH, Urt. v. 29. 01. 1962 – II ZR 1/61, NJW 1962, 864, 866. Ballerstedt, DÖV 1951, 449, 452. 186 Fischer, AG 1982, 85, 89 f. 187 BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, NJW 1978, 104. 188 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 46; Habersack, in: MüKoAktG, 5. Aufl. 2019, § 111 Rn. 137. 185

C. Berichtspflicht

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mit konzernrechtlichen Vorschriften nicht.189 Daher ist nicht zu erwarten, dass der BGH eine Schlechterstellung der privaten Aktionäre bei einer staatlichen Beteiligung infolge einer Weisungsbindung eines Aufsichtsratsmitglieds zulassen würde. c) Folgen aus dem Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 Das BVerfG macht mittels Verweises auf die Urteile des BGH deutlich, dass der Aufsichtsrat einer AG nicht weisungsgebunden ist, § 111 Abs. 6 AktG. Dies gilt auch für Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung der Gebietskörperschaft bestellt wurden.190 Die kommunalrechtlichen Vorschriften können schon aufgrund des Vorrangs des Bundesrechts nicht die bundesgesetzlich geregelte Weisungsungebundenheit des Aufsichtsrats einer AG beeinträchtigen, Art. 31 GG. Demgegenüber ist das Verhältnis der aktienrechtlichen Weisungsungebundenheit zu den bundesgesetzlichen Vorschriften des Beamtenrechts wie § 62 Abs. 1 BBG komplizierter. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Gesellschaftsrecht nicht an die Steuerungsbedürfnisse des staatlichen Anteilseigners anzupassen sei.191 Danach können die bundesgesetzlichen Vorschriften des Beamtenrechts nicht das Gesellschaftsrecht modifizieren. Die öffentliche Hand ist vielmehr dazu verpflichtet, sich mittels des Gesellschaftsrechts hinreichende Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten zu sichern. In Betracht kommen hierbei spezielle Satzungsregelungen oder auch einzelvertragliche Abreden mit den jeweiligen Aufsichtsratsmitgliedern. Soweit diese Kontroll- und Einwirkungsbefugnisse nicht sichergestellt sind, geht dies allein zu Lasten der Gebietskörperschaft. Der Staat kann nicht unter Verweis auf seine unzureichenden Befugnisse den entsandten Aufsichtsratsmitgliedern eine Weisungsbindung auferlegen. Das BVerfG setzt sich nicht mit den Ansichten auseinander, die eine Weisungsbindung aus dem Beamtenrecht ableiten wollen. Dies ist stringent. Denn Differenzierungen danach, ob Weisungen bindend sind, soweit sie dem Unternehmensinteresse entsprechen, sind lediglich eine unzulässige Modifizierung der gesellschaftsrechtlichen Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds durch das Beamtenrecht. Eine Unterscheidung zwischen dem Innenverhältnis und dem Außenverhältnis des Aufsichtsratsmitglieds für die Bestimmung einer Weisungsbindung ist aus den gleichen Gründen abzulehnen.192 Sobald das Aufsichtsratsmitglied bestellt wird, kann es nicht mehr seinen beamtenrechtlichen Pflichten nachkommen, soweit diese im Widerspruch zu den aktienrechtlichen Bestimmungen stehen. Andernfalls macht sich das Aufsichtsratsmitglied strafbar gemäß § 404 AktG und schadensersatzpflichtig nach den §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 i.V.m. § 116 S. 2, 93 Abs. 1 S. 3 AktG. Dem 189

BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, NJW 1978, 104, 105. BGH, Urt. v. 18. 9. 2006 – II ZR 137/05, NJW-RR 2007, 1179 Rn. 18. 191 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. 192 Für eine derartige Unterscheidung: Hettlage, FS Schmidt-Rimpler, 1957, 279, 295; Püttner, JA 1980, 218; Schneider, ZGR 1977, 335, 339 ff. 190

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Aufsichtsratsmitglied können nicht gleichzeitig die beamtenrechtlichen wie auch die aktienrechtlichen Pflichten auferlegt werden. Andernfalls wäre das Aufsichtsratsmitglied „Diener zweier Herren“193, was potentiell zu einer Zerrissenheit des Aufsichtsratsmitglieds führt und eine Entscheidungsfindung erschwert.194 d) Verfassungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 6 AktG Vor dem Hintergrund der Rspr. des BVerfG ist damit eine Einschränkung der Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 111 Abs. 6 AktG nur im Falle einer verfassungskonformen Auslegung möglich.195 Nach der verfassungskonformen Auslegung ist ein Gesetz so auszulegen, dass es mit dem Grundgesetz vereinbar ist.196 Die verfassungskonforme Auslegung ist nur möglich, wenn die Norm zumindest nach einem der anerkannten Auslegungsmethoden mit den GG vereinbar ist.197 Der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und der Gesetzeszweck begrenzen die verfassungskonforme Auslegung.198 Die Deutung des Gesetzes darf nicht dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers widersprechen.199 Das verfolgte gesetzgeberische Ziel darf nicht „verfehlt“ oder „verfälscht“ werden.200 Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 6 AktG müsste die Weisungsbindung des Aufsichtsratsmitglieds aus der Verfassung abzuleiten sein. Soweit das jeweilige Aufsichtsratsmitglied gleichzeitig Beamter ist, lässt sich eine Weisungsbindung eventuell aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG ableiten. Als ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums gilt die Pflicht des Beamten zu Treue und Gehorsam gegenüber seinem Dienstherrn.201 Danach ist ein Beamter verpflichtet, den dienstlichen Anordnungen seines Dienstherren zu gehorchen und diese umzusetzen.202 Die „Weisungsbefugnis“ des Dienstherren in den einfachrechtlichen Vorschriften wie § 62 193

Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 29. In diesem Sinne auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 85. 195 Vgl. Kap. 1 B. IV. 2. zur Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung. 196 BVerfG, Beschl. v. 07. 05. 1953 – 1 BvL 104/52 – BverfGE 2, 266, 282; Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 60 f.; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400; Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Einführung Rn. 52. 197 Vgl. Kap. 1 B. IV. 2. 198 BVerfG, Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 60 f.; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 199 BVerfG, Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 60 f.; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 200 BVerfG, Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 201 BVerfG, Urt. v. 27. 04. 1959 – 2 BvF 2/58, NJW 1959, 1171, 1172; BVerwG, Urt. v. 29. 06. 1999 – 1 D 104/97, NJW 2000, 88, 89; BVerwG, Urt. v. 27. 11. 2014 – 2 C 24/13, NVwZ 2015, 1061 Rn. 30. 202 BVerwG, Urt. v. 27. 11. 2014 – 2 C 24/13, NVwZ 2015, 1061 Rn. 30. 194

C. Berichtspflicht

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Abs. 1 S. 2 BBG „konkretisiert“ und „steuert“ diese Gehorsamspflicht des Beamten.203 Der Dienstherr ist zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben darauf angewiesen, dass der Beamte den Anordnungen Folge leistet.204 Diese Weisungsbefugnis sei für die Aufrechterhaltung der demokratischen Legitimationskette unabdinglich.205 Denn die demokratische Legitimation wird vom Dienstherrn abwärts hin zum untergeordneten Beamten durch die ununterbrochene Weisungsabhängigkeit vermittelt.206 Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben werden durch die Beamtengesetze konkretisiert.207 Die beamtenrechtliche Weisungsbindung hat somit ihren Grund in der Gehorsamspflicht, welche Teil der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG ist. Diese verfassungsrechtliche Gehorsamspflicht gilt allerdings lediglich für das beamtenrechtliche Verhältnis. Davon zu trennen ist die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Daher kann die Gehorsamspflicht des Beamten nicht auf die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied durchschlagen. Daher ist eine Weisungsbindung des Aufsichtsratsmitglieds nicht aus der Verfassung abzuleiten. Ferner lässt keine der anerkannten Auslegungsmethoden eine Auslegung des § 111 Abs. 6 AktG dahingehend zu, dass Aufsichtsratsmitglieder einer AG weisungsgebunden sein können. Aus dem Wortlaut ist derartiges nicht ersichtlich. Wie bereits aufgezeigt, sprechen sowohl die Historie als auch die Systematik gegen eine derartige Auslegung. Der Telos des § 111 Abs. 6 AktG ist, dass die Aufsichtsratsmitglieder ihr Mandat höchstpersönlich wahrzunehmen haben. Dazu gehört die Pflicht, selbständig Entscheidungen zu treffen, ohne an Weisungen gebunden zu sein.208 Darüber hinaus scheitert eine verfassungskonforme Auslegung auch am Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des AktG mit den §§ 394, 395 AktG staatliches Sonderrecht geschaffen. Soweit man mittels der verfassungskonformen Auslegung annehmen würde, dass Aufsichtsratsmitglieder, die gleichzeitig Beamte sind, weisungsgebunden sind, stellt dies weiteres staatliches Sonderrecht dar. Der Gesetzgeber hat sich jedoch dazu entschieden, in diesem Bereich kein staatliches Sonderrecht zu schaffen. Denn die Diskussion zur Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder wird bereits seit längerer Zeit geführt, ohne dass der Gesetzgeber tätig geworden ist. Folglich scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 6 AktG hin zu einer Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft gewählt oder entsandt worden sind, aus.

203 204 205 206 207 208

BVerwG, Urt. v. 27. 11. 2014 – 2 C 24/13, NVwZ 2015, 1061 Rn. 30. BVerwG, Urt. v. 27. 11. 2014 – 2 C 24/13, NVwZ 2015, 1061 Rn. 30. BVerwG, Urt. v. 27. 11. 2014 – 2 C 24/13, NVwZ 2015, 1061 Rn. 31. BVerwG, Urt. v. 27. 11. 2014 – 2 C 24/13, NVwZ 2015, 1061 Rn. 31. BVerwG, Urt. v. 27. 11. 2014 – 2 C 24/13, NVwZ 2015, 1061 Rn. 31. Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 111 Rn. 82.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

e) Praxiserwägungen: Konsultations- und Verständigungspflichten Der Ablehnung einer Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder stehen auch keine Praxiserwägungen entgegen. Der Gebietskörperschaft ist es jederzeit möglich, ihre Wünsche in Form von Ratschlägen gegenüber ihren Repräsentanten im Aufsichtsrat zu äußern. Ferner können in der jeweiligen Satzung Konsultations- und Verständigungspflichten geregelt werden, die einer Entscheidung des Aufsichtsrats vorgelagert sind.209 Diese Konsultations- und Verständigungspflichten sind zulässig, soweit sie nicht die freie Willensbildung des Aufsichtsratsmitglied beeinträchtigen.210 Diese Konsultationen und Verständigungen werden faktisch dazu führen, dass der Repräsentant wohl stets entsprechend den Wünschen der Gebietskörperschaft handeln wird. Denn der Repräsentant verdankt seine Aufsichtsratsposition der Gebietskörperschaft. Gleichwohl muss einziger Maßstab für die Entscheidungsfindung des Aufsichtsratsmitglieds das Unternehmensinteresse sein. Gerade bei Eigengesellschaften werden sich die Interessen der repräsentierten Gebietskörperschaft und die Gesellschaftsinteressen größtenteils decken, sodass es zu keinem Konflikt kommen wird. Dagegen können bei staatlichen Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen diese Interessen auseinanderfallen, sodass der Repräsentant die Wünsche der Gebietskörperschaft stets am Gesellschaftsinteresse messen muss. Soweit sich der Repräsentant nicht in der Lage sieht, einen etwaigen Widerspruch des Gesellschaftsinteresses und den Interessen der Gebietskörperschaft zu Gunsten des Gesellschaftsinteresses zu lösen, so kann ihm nur angeraten werden, den Konflikt offenzulegen und als ultima ratio sein Amt niederzulegen.211 f) Ergebnis Folglich ist festzuhalten, dass ein Aufsichtsratsmitglied einer AG weisungsfrei ist. Dies gilt auch bei staatlicher Beteiligung, unabhängig davon, ob eine Minderheits-, Mehrheitsbeteiligung oder eine Eigengesellschaft der öffentlichen Hand vorliegt. Ebenso unerheblich für die Weisungsfreiheit ist die Beamteneigenschaft des Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat der AG. Der Staat hat sich im Vorfeld seiner wirtschaftlichen Betätigung etwaige Einwirkungsrechte mit den Instrumentarien des Gesellschaftsrechts zu sichern. Dem Staat ist dies auch unzweifelhaft zumutbar, da die Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats in der AG kein überraschender Umstand ist.

209 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 32; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 48; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 86. 210 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 86; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 48. 211 Auf diese Konsequenz bereits hinweisend: Vialon, Haushaltsrecht, 2. Aufl. 1959, § 48 RHO Rn. 31.

C. Berichtspflicht

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5. Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung Nach Klärung der Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder ist auf die Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung einzugehen. Im ersten Moment verwundert, dass bei Annahme der allgemeinen Weisungsfreiheit nunmehr eine Berichtspflicht aus der beamtenrechtlichen Weisungsbindung resultieren soll. Gleichwohl nehmen viele Vertreter, die eine allgemeine Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats bejahen, dennoch eine Berichtspflicht aus beamtenrechtlicher Weisungsbindung an.212 Auf diesen scheinbaren Widerspruch ist näher einzugehen. a) Der Meinungsstand zur Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung Nach der bislang h.M. genügt die beamtenrechtliche Weisungsbindung für eine Berichtspflicht.213 Dies ergebe sich aus einem Erst-recht-Schluss. Soweit bereits ein Rechtsgeschäft als Grundlage für die Berichtspflicht ausreichen soll, genüge das beamtenrechtliche Schuldverhältnis erst recht.214 Die beamtenrechtliche Weisungsbindung resultiere aus § 36 BeamtStG und § 62 BBG und beruhe damit auf einer gesetzlichen Grundlage.215 Teilweise wird eine Nebenpflicht aus dem Beamtenverhältnis als Rechtsgeschäft i.S.d. § 394 S. 3 AktG qualifiziert.216 Auch der Regierungsentwurf zur Aktienrechtsnovelle 2012 sei von der Berichtspflicht aufgrund der beamtenrechtlichen Weisungsbindung ausgegangen.217 Zudem werde das betreffende Aufsichtsratsmitglied wegen seiner Amtsstellung berufen, wodurch dessen Aufgabenwahrnehmung seinem Amtskreis zuzurechnen seien.218 Die grundsätzliche Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds gelte aufgrund der Wertung des § 394 AktG in diesem Fall nicht.219 Demgegenüber wird teilweise vertreten, dass für eine Berichtspflicht nicht auf die beamtenrechtliche Weisungsbindung abgestellt werden könne.220 Denn die Ver212 Statt vieler: Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 40. 213 Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 10; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23; Koch, BOARD 2016, 251, 253; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 397; Martens, AG 1984, 29, 33; Will, VerwArch 2003, 248, 262; Koch, in: Hüffer/ Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 40. 214 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23. 215 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 40. 216 Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 25. 217 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23 mit Verweis auf BT-Drs. 17/ 8989, S. 21. 218 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 40. 219 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23. 220 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 128; Zöllner, AG 1984, 147, 148; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 19.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

schwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder gemäß §§ 93, 116 AktG sei diesbezüglich spezieller und damit vorrangig.221 Aufsichtsratsmitglieder einer AG seien gerade nicht weisungsgebunden, sodass die beamtenrechtliche Weisungsbindung auch keine Berichtspflicht auslösen könne.222 Insbesondere können etwaige landesrechtliche Regelungen keine Weisungsbindung aufgrund des Vorrang des Bundesrechts gemäß Art. 31 GG statuieren.223 b) Konflikt zwischen der Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds und der Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung Soweit die h.M. argumentiert, dass die Berichtspflicht aufgrund beamtenrechtlicher Weisungsbindung auf § 62 Abs. 1 BBG und § 35 BeamtStG beruhe, ist dem zu widersprechen. § 62 Abs. 1 BBG und § 35 BeamtStG normieren allgemein die Weisungsbindung von Bundes- und Landesbeamten. Es ist fraglich, ob die Berichtspflicht von dieser allgemeinen Weisungsbindung erfasst ist. Der Gesetzgeber scheint dies anzunehmen, da er in der gescheiterten Aktienrechtsnovelle 2012 ausdrücklich erwähnt hat, dass eine gesetzliche Berichtspflicht „als Nebenpflicht aus einem Beamtenverhältnis resultieren“ kann.224 Dies überzeugt nicht, da wie bereits oben erwähnt, die Beamten als Vertreter der Gebietskörperschaften im Aufsichtsrat weisungsfrei sind, § 111 Abs. 6 AktG. Eine Berichtspflicht aufgrund beamtenrechtlicher Weisungsbindung erfordert denklogisch eine Weisungsgebundenheit. Dieser Konflikt zwischen der Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds und einer etwaigen Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung kann nicht mittels einer unbestimmten beamtenrechtlichen Nebenpflicht schlüssig aufgelöst werden. Ansonsten würde das Aktienrecht durch das Beamtenrecht modifiziert werden. Dem steht der Vorrang des Gesellschaftsrechts entgegen. Es bedarf daher zumindest einer speziellen gesetzlichen Regelung, die ausdrücklich die Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds normiert.225 c) Anforderung des § 394 S. 3 AktG Die h.M. begründet die Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung mit einem Erst-recht-Schluss. Wenn schon ein Rechtsgeschäft für eine Berichtspflicht ausreichen soll, dann genüge erst recht das beamtenrechtliche Schuldverhältnis.226 Dies überzeugt ebenfalls nicht. Denn es wird außer Acht gelassen, dass § 394 S. 3 AktG die Benachrichtigung der AG von der Berichtspflicht vorsieht. Aus § 394 S. 3 AktG wird deutlich, dass die AG Kenntnis von den Be221 222 223 224 225 226

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 128. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 82 ff., 128. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 82 ff. BT-Drs. 17/8989, S. 21. So auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 128. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23.

C. Berichtspflicht

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richtspflichten haben soll. Im Falle einer Berichtspflicht kraft Gesetz oder Satzung ist dies unproblematisch möglich. In Falle der Berichtspflicht kraft Rechtsgeschäft erfolgt dies durch Mitteilung an den Aufsichtsrat. Diese Anforderung aus § 394 S. 3 AktG würde in den Fällen einer Berichtspflicht kraft beamtenrechtlichen Schuldverhältnisses unterlaufen. Denn eine Mitteilung gegenüber dem Aufsichtsrat über das Bestehen einer solchen Berichtspflicht wäre nicht erforderlich. Vielmehr wird von der AG verlangt, bei einem Beamten als Aufsichtsratsmitglied zu antizipieren, dass stets eine umfassende Berichtspflicht vorliegt. Dies ist unangemessen. Wenn man dagegen, wie teilweise vertreten, das beamtenrechtliche Schuldverhältnis als Rechtsgeschäft i.S.d. § 394 S. 3 AktG qualifiziert, dann hat auch eine Mitteilung gegenüber dem Aufsichtsrat gemäß § 394 S. 3 AktG zu erfolgen.227 Gleichwohl wird auch hier durch eine nicht näher konkretisierte Nebenpflicht aus dem beamtenrechtlichen Schuldverhältnis die aktienrechtliche Weisungsfreiheit durchbrochen. Dies steht im Widerspruch zum Vorrang des Gesellschaftsrechts. d) Vorrang des Gesellschaftsrechts Auch die weitere Argumentation der h.M. missachtet den Vorrang des Gesellschaftsrechts. Die Begründung, dass die Aufgabenwahrnehmung des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds dem beamtenrechtlichen Amtskreis zuzurechnen sei, da er wegen seiner Amtsstellung berufen wurde, überzeugt nicht.228 Selbstverständlich wird die Beamteneigenschaft des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds mitursächlich für dessen Bestellung gewesen sein. Denn die Gebietskörperschaft wird vor allem ihr eng verbundene Personen für eine Aufsichtsratsposition auswählen, um sich einen indirekten Einfluss auf die Gesellschaft zu sichern. Gleichwohl folgt daraus nicht, dass die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied einer AG dem Amtskreis des Beamten zuzurechnen ist. Denn die öffentliche Hand unterwirft sich den Regeln des Aktienrechts, soweit sie sich der Rechtsform einer AG bedient. Folgerichtig unterwirft sich damit auch ein Beamter mit der Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied einer AG den aktienrechtlichen Vorschriften. Die aktienrechtlichen Vorschriften normieren die Weisungsfreiheit, § 111 Abs. 6 AktG. Diese sind nicht an beamtenrechtliche Bedürfnisse anzupassen. Welches Motiv die Beteiligten für die Berufung des Aufsichtsratsmitglieds hatten, ist daher unbeachtlich.229

227

Für die Einordnung des beamtenrechtlichen Schuldverhältnisses als Rechtsgeschäft i.S.d. § 394 S. 3 AktG: Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017, § 394 Rn. 25. 228 So aber Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 40; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 23. 229 A.A. wohl Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 40.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

e) Fehlende Notwendigkeit einer Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung Eine Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung ist zudem nicht erforderlich. Es ist der öffentlichen Hand zumutbar, bei Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für eine Berichtspflicht auf eine entsprechende Satzungsänderung oder den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken. Bei Eigengesellschaften ist die Satzungsänderung aufgrund der 3/4-Hauptversammlungsmehrheit unproblematisch möglich. Selbst wenn eine Satzungsänderung an der fehlenden Stimmenmehrheit und/oder am Widerstand etwaiger private Aktionäre scheitert, besteht die zumutbare Alternative, ein Rechtsgeschäft für eine Berichtspflicht mit dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied abzuschließen.230 Dadurch kann hinreichend bestimmt eine Berichtspflicht statuiert werden, ohne in Widerspruch mit der Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds zu geraten. 6. Ergebnis Im Ergebnis ist daher eine Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung abzulehnen.

D. Berichtsadressat § 394 AktG nennt keine Berichtsadressaten. Vielmehr bestimmt sich der Berichtsadressat nach der jeweiligen Rechtsgrundlage der Berichtspflicht.231 Gemäß § 395 AktG erstreckt sich die Verschwiegenheitspflicht nur auf Personen, die mit der Beteiligungsverwaltung oder den in § 395 Abs. 1 AktG beschriebenen Prüfungsaufgaben betraut sind. Nach der ganz h.M. ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 395 AktG, dass § 394 AktG nur dann von der Verschwiegenheitspflicht befreit, wenn der Berichtsempfänger selbst nach § 395 AktG der Verschwiegenheitspflicht unterliegt.232 Folglich kann Berichtsadressat grundsätzlich nur derjenige sein, der mit der Beteiligungsverwaltung oder den Prüfungsaufgaben i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG betraut ist. Damit ist jede Person gemeint, die sich mit der Beteiligungsverwaltung oder den Prüfungsaufgaben gemäß § 395 AktG befasst.233 Daher unterliegt jeder unmittelbare als auch mittelbare Be230

In diesem Sinne auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 128. Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 39. 232 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 2, 36; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 41; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 42. 233 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 50; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 2; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 395 Rn. 2; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 190. 231

D. Berichtsadressat

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richtsempfänger der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 Abs. 1 AktG.234 Die dienstrechtliche Stellung des Berichtsempfängers sowie die Rechtsform der Befassung ist dabei unerheblich, sodass Beamte, Angestellte oder Mandatsträger in gleicher Weise der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 Abs. 1 AktG unterliegen.235 Die Prüfungsaufgaben können nach § 395 Abs. 1 AktG die Gesellschaft selbst, die Tätigkeit der Gebietskörperschaft als Aktionär oder die Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds, das aufgrund der Veranlassung der Gebietskörperschaft berufen wurde, betreffen. Daher unterliegen beispielsweise die Bediensteten der Rechnungsprüfungsbehörden, welche die Betätigung der Gebietskörperschaft als Aktionär gemäß § 44 HGrG und § 92 BHO überprüfen, der Verschwiegenheitspflicht nach § 395 Abs. 1 AktG.236

I. Gewährleistung der Vertraulichkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 394 S. 1 AktG Die Gewährleistung der Vertraulichkeit der nach § 394 S. 1 AktG weitergegebenen Informationen wird durch die Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht auf die Berichtsempfänger nach § 395 Abs. 1 sichergestellt. Dies erfordert, dass der Berichtsadressat tatsächlich die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 AktG gewährleisten kann. Aufgrund dieses Zusammenhangs zwischen den §§ 394, 395 AktG verlangt § 394 S. 1 AktG als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, dass Berichtsadressat nur sein kann, bei dem die Gewährleistung der Vertraulichkeit in tatsächlicher Hinsicht sichergestellt ist.237

II. Parallele zu Arbeitnehmervertretern Die Vertreter des Staates im Aufsichtsrat einer AG unterliegen oftmals einem Interessenskonflikt, wenn die Interessen des Staates und die Interessen der AG nicht übereinstimmen. In diesen Fällen besteht immer das Risiko einer zu weitreichenden Informationsweitergabe zugunsten des Staates und zu Lasten der betroffenen Gesellschaft. Dieses Risiko ist nicht nur bei Vertretern des staatlichen Anteilseigners 234

Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 1; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 190. 235 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 50; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 2; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 395 Rn. 2; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 190. 236 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 36; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 2; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 395 Rn. 2. 237 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 177 ff.; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 39; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 9; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 17 f.; Schmolke, AG 2018, 1913, 1917; Kritisch: Wilting, AG 2012, 529, 541.

150

Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

gegeben, sondern auch bei Arbeitnehmervertretern in mitbestimmten Aufsichtsräten.238 Die Arbeitnehmervertreter sollen grundsätzlich die Interessen der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten.239 Daher treten Interessenskonflikte beispielweise bei Tarifstreitigkeiten auf, wenn die Arbeitnehmer- und die Unternehmensinteressen kollidieren.240 Während einer solchen Streitigkeit wird ein Arbeitnehmervertreter stets versucht sein, relevante vertrauliche Unternehmensinformationen an die Arbeitnehmer weiterzugeben. Fraglich ist, ob sich das Problem der Gewähr der Vertraulichkeit auf Seiten des Informationsempfängers auch bei der Weitergabe von vertraulichen Informationen durch Arbeitnehmervertreter stellt. Dazu müssten die Arbeitnehmervertreter Informationen in bestimmten Fällen weitergeben dürfen. Teilweise werden Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht für die Informationsweitergabe an den Betriebsrat, die Belegschaft oder Gewerkschaften diskutiert.241 Allerdings werden derartige Ausnahmen von der ganz h.M. abgelehnt.242 Aufgrund der organschaftlichen Treuepflicht könne die Verschwiegenheitspflicht der Arbeitnehmervertreter nicht durchbrochen werden.243 Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aufsichtsratsmitglieder verbiete eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht zugunsten einzelner Aufsichtsratsmitglieder.244 Die Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nach den mitbestimmungsrechtlichen Regelungen bezwecke nicht, dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer nachzukommen.245 Der Arbeitnehmervertreter habe wie die übrigen Aufsichtsratsmitglieder zu gewährleisten, dass vertrauliche Information der Gesellschaft nicht offenbart werden.246 Die h.M. entspricht wohl dem Willen des Gesetzgebers, da dieser bislang keine Regelung geschaffen hat, nach der zu Gunsten von Arbeitnehmern eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht nach §§ 116, 93 AktG besteht. Daraus ist zu schließen, dass die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder einer AG nur im Falle des § 394 AktG eine Durchbrechung erfährt.

238 Hopt/Wiedemann, in: GK-AktG, Bd. 5, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 211 ff.; Schiessl, AG 2002, 593, 596. 239 Spindler, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 116 Rn. 94. 240 Keilich/Brummer, BB 2012, 897. 241 Spieker, NJW 1965, 1937, 1941; Kittner, ZHR 136 (1972), 208, 218 f.; Hopt/Wiedemann, in: GK-AktG, Bd. 5, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 211 ff. 242 BAG, Beschl. v. 23. 10. 2008 – 2 ABR 59/07, NZG 2009, 669 Rn. 22; Hopt/Wiedemann, in: GK-AktG, Bd. 5, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 211 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, Rn. 615 ff. 243 Keilich/Brummer, BB 2012, 897, 899. 244 Hopt/Wiedemann, in: GK-AktG, Bd. 5, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 211. 245 Veil, ZHR 172 (2008), 239, 271. 246 BAG, Beschl. v. 23. 10. 2008 – 2 ABR 59/07, NZG 2009, 669 Rn. 22; Hopt/Wiedemann, in: GK-AktG, Bd. 5, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 211.

D. Berichtsadressat

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Aufgrund dieser absoluten Geltung der Verschwiegenheitspflicht für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat stellt sich das Problem der Gewährleistung der Vertraulichkeit in diesem Zusammenhang nicht. Denn erst wenn eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht möglich ist, ist im nächsten Schritt zu prüfen, wie der Informationsempfänger die Vertraulichkeit gewährleisten kann. Demgegenüber hat der Gesetzgeber mit den §§ 394, 395 AktG eine gesetzliche Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht für die Vertreter einer Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat geschaffen. Daher wird das Problem der Gewährleistung der Vertraulichkeit lediglich im Zusammenhang mit den §§ 394, 395 AktG diskutiert.

III. Reichweite der Gewährleistung der Vertraulichkeit Die aus der Gewährleistung der Vertraulichkeit folgenden Einschränkungen gelten für die unmittelbare Berichterstattung zwischen dem Aufsichtsratsmitglied und dem Berichtsadressaten.247 Darüber hinaus ist die Gewährleistung der Vertraulichkeit auch sicherzustellen, wenn Verwaltungsmitarbeiter die erhaltenen Informationen als Mitteilungen im dienstlichen Verkehr an andere Amtsträger gemäß § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG weitergeben wollen.248 Die Gewähr der Vertraulichkeit hat also nicht nur im Verhältnis zwischen Aufsichtsratsmitglied und Gebietskörperschaft Bedeutung. Dies zeigt sich auch am Beispiel des IFG. Ein Auskunftsanspruch nach dem IFG kann vertrauliche Informationen betreffen, die unter die Verschwiegenheitspflicht gemäß §§ 93, 116 AktG fallen. In diesem Fall ist anerkannt, dass sich die Gewährleistung der Vertraulichkeit durchsetzt.249 Gemäß § 3 Nr. 4 IFG besteht kein Anspruch auf Informationszugang, soweit die Information einer gesetzlich geregelten Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht unterliegt. Eine solche gesetzliche Regelung ist der § 395 AktG.250 Aufgrund der Gewährleistung der Vertraulichkeit scheidet daher eine Informationsweitergabe nach dem IFG aus. Die Gewähr der Vertraulichkeit ist damit sowohl bei einer direkten als auch einer indirekten Informationsweitergabe sicherzustellen. Teilweise ist für manche Berichtsempfänger schon kraft gesetzlicher Regelungen die Vertraulichkeit sichergestellt. Bei anderen Berichtsempfängern sind diese Voraussetzungen erst herauszuarbeiten. Im Folgenden werden die Voraussetzungen für die Gewährleistung der Vertraulichkeit anhand der Beteiligung des Bundes, der Länder und den Gemeinden jeweils an einer AG dargestellt.

247

Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 38. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 38. 249 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 29; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 43a. 250 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 29. 248

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

IV. Berichtsadressaten auf Bundesebene 1. Bundesrechnungshof als Berichtsadressat Typischer Berichtsadressat zur Überprüfung der Beteiligungsverwaltung sind die Rechnungshöfe.251 Auf Bundesebene überprüft der Bundesrechnungshof die Betätigung des Bundes in Form einer AG, § 44 HGrG, § 92 Abs. 1 BHO. Daher erlangt der Bundesrechnungshof regelmäßig Kenntnis von den Berichten der Vertreter des Staates im Aufsichtsrat. Die Mitglieder des Bundesrechnungshofs unterliegen dabei gemäß § 395 Abs. 1 AktG selbst der Verschwiegenheitspflicht.252 Das Ergebnis der Prüfung wird in den Bemerkungen zusammengefasst, welche dem Bundestag, Bundesrat und der Bundesregierung zugeleitet werden, Art. 114 Abs. 2 GG, § 46 HGrG, § 97 BHO. Dies wird als Bundestags- und Bundesratsdrucksache veröffentlicht.253 Der Bundesrechnungshof darf in seinem Prüfungsergebnis gemäß § 395 Abs. 2 AktG keine vertraulichen Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft veröffentlichen.254 Dazu werden die Daten im Prüfungsergebnis teilweise anonymisiert.255 Die gesetzgebenden Körperschaften entscheiden auf Grundlage dieser Prüfungsergebnisse über die Entlastung der Bundesregierung, § 47 HGrG, § 97 BHO. Bemerkungen zu geheimhaltungsbedürftigen Informationen sind lediglich den Präsidenten des Bundestags und Bundesrats, dem Bundeskanzler und Bundesfinanzministerium mitzuteilen gemäß § 97 Abs. 4 BHO. Im Falle des Bundesrechnungshofs als Berichtsadressat werden die vertraulichen Informationen damit nur einem begrenzten Personenkreis offenbart und im Falle der Veröffentlichung anonymisiert. Daher bestehen beim Bundesrechnungshof als Berichtsadressat ausreichende Vorkehrungen zur Gewähr der Vertraulichkeit. 2. Ausschüsse und Gremium des Bundestages als Berichtsadressat Unter welchen Voraussetzungen ein Ausschuss bzw. ein Gremium des Bundestages Berichtsadressat sein kann, ist nicht abschließend geklärt. Die Begriffe „Ausschuss“ und „Gremium“ sind teilweise synonym, sodass im Folgenden hauptsächlich die Bezeichnung „Ausschuss“ verwendet wird.256 Ein Ausschuss kann nur dann Berichtsadressat sein, wenn dessen Mitglieder, also die Bundestagsabge251

Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 4. Vgl. Kap. 4 D. 253 Wilting, AG 2012, 529, 535. 254 Wilting, AG 2012, 529, 535. 255 Wilting, AG 2012, 529, 535. 256 Unterschiede zwischen einem Gremium und einem Ausschuss des Bundestages bestehen insbesondere darin, dass die GO-BT mit ihrem Abschnitt zu Regelungen für Ausschüsse nicht für Gremien gilt, vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 45d Rn. 24; BTDrs. 16/12412, S. 5. 252

D. Berichtsadressat

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ordneten selbst als Berichtsadressaten in Betracht kommen. Dies wäre der Fall, wenn die Abgeordneten als Prüfpersonen i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG qualifiziert werden können. Dazu müssten die Abgeordneten in den Ausschüssen mit Prüfungsaufgaben im Zusammenhang mit der Beteiligung der Gebietskörperschaft betraut sein. Ob die Abgeordneten derartige Prüfpersonen sein können, ist umstritten. a) Der Meinungsstand, ob Abgeordnete als „Prüfpersonen“ i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG gelten Teilweise wird eine enge Auslegung des § 395 Abs. 1 AktG vertreten, wonach Abgeordnete keine Prüfpersonen sein können.257 Begründet wird dies wird mit dem Wortlaut des § 395 Abs. 1 AktG, wonach die Personen damit betraut sein müssen „für“ die Gebietskörperschaft Prüfungen zu tätigen.258 Eine derartige Aufgabe obliege aber nicht den Abgeordneten, sondern den Rechnungsprüfungsbehörden.259 Ferner spreche § 395 Abs. 1 AktG von Personen, die vertrauliche Informationen „aus“ Berichten nach § 394 AktG erhalten. Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses erhielten beispielsweise aber grundsätzlich nicht unmittelbar die Berichte der Aufsichtsratsmitglieder, sondern nur die Informationen, die der Bundesrechnungshof in seine Berichte und Bemerkungen übernommen hat.260 Zudem spreche die Entstehungsgeschichte des § 395 AktG gegen die Einordnung von Abgeordneten als Prüfpersonen.261 Denn nach dem Bericht des Rechtsausschusses von 1962 betreffe die Verschwiegenheitspflicht lediglich die „Schweigepflicht der Verwaltungen“, sodass Abgeordnete nicht umfasst seien.262 Nach der vorherrschenden weiten Auslegung können auch Abgeordnete Prüfpersonen i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG sein, wenn sie Mitglieder in Ausschüssen zur Kontrolle der Beteiligungsverwaltung sind.263 Denn in diesem Fall überprüfen die Abgeordneten die staatliche Beteiligungsverwaltung und sind demnach mit etwaigen Prüfungsaufgaben i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG betraut.264

257

van Kann/Keiluweit, DB 2009, 2251, 2253 für Abgeordnete in Gemeindeparlamente; Wilting, AG 2012, 529, 535 f.; Eibelshäuser, FS-Lüder, 2000, 693, 708. 258 Wilting, AG 2012, 529, 535 f. 259 Wilting, AG 2012, 529, 535 f. 260 Wilting, AG 2012, 529, 536; Eibelshäuser, FS-Lüder, 2000, 693, 708. 261 Eibelshäuser, FS-Lüder, 2000, 693, 708. 262 BT-Drs. IV/3296, Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, S. 53. 263 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 2; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 196; Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 2: Huber/ Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 4; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 50. 264 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 2; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 4.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

b) Abgeordnete als „Prüfpersonen“ i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG Die Entstehungsgeschichte des § 395 AktG steht der Qualifikation der Abgeordneten als Prüfpersonen nicht entgegen. Der Bericht des Rechtsausschusses von 1962 spricht zwar von der „Schweigepflicht der Verwaltungen“.265 Jedoch ist es überzogen, aufgrund dieses Passus Abgeordnete als Prüfpersonen i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG kategorisch auszuschließen. Gegen eine enge Auslegung des § 395 AktG aufgrund des Passus des Berichts von 1962 spricht insbesondere, dass bis heute keine gesetzgeberische Klarstellung erfolgt ist, dass Abgeordnete nicht in den Anwendungsbereich des § 395 AktG fallen sollten. Aus dem Wortlaut des § 395 Abs. 1 AktG wird deutlich, dass die Abgeordneten mit der Beteiligungsverwaltung oder mit Prüfungsaufgaben im Zusammenhang mit den Beteiligungen der Gebietskörperschaft betraut sein müssen, um als Berichtsadressat in Frage zu kommen. Auch Ausschüsse können die staatliche Beteiligungsverwaltung überprüfen. In diesem Fall erfolgt die Überprüfung der staatlichen Beteiligungen durch die Abgeordneten als Mitglieder dieser Ausschüsse. Als Beispiel für einen solchen Ausschuss kann der Rechnungsprüfungsausschuss herangezogen werden.266 In diesen Fällen sind Abgeordnete mit Prüfungsaufgaben betraut und damit Prüfpersonen i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG. Ansonsten würden Ausschüsse als Berichtsadressaten ausscheiden, womit die parlamentarische Kontrolle staatlichen Handelns geschwächt werden würde. Dies kann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, der gerade durch die §§ 394, 395 AktG eine effektive Haushaltskontrolle ermöglichen wollte. Folglich können auch Abgeordnete Prüfpersonen i.S.d. § 395 Abs. 1 S. 1 AktG sein, wenn sie Mitglieder in parlamentarischen Ausschüssen sind, die der Kontrolle der staatlichen Beteiligungsverwaltung dienen.267 c) Tatsächliche Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit Eine Berichterstattung gegenüber einem Ausschuss wird als zulässig erachtet, soweit ausreichende Vorkehrungen für die Gewähr der Vertraulichkeit getroffen werden.268 Hierfür kommen Vorkehrungen in Betracht, welche die Anzahl der Berichtsempfänger reduzieren. Gemäß § 69 Abs. 1 GO BT sind die Beratungen der Ausschüsse des Bundestages grundsätzlich nicht öffentlich. Daneben kann das Zutrittsrecht auf die ordentlichen Mitglieder oder deren namentlich benannten Stellvertreter beschränkt werden, § 69 Abs. 2 S. 1 GO BT.269 Durch diese Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass lediglich die Mitglieder des Ausschusses 265

BT-Drs. IV/3296, Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, S. 53. Land/Hallermayer, AG 2011, 114, 119. 267 So auch Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 2; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 196; Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 2: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 4. 268 Land/Hallermayer, AG 2011, 114, 119; Wilting, AG 2012, 529, 540. 269 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 43. 266

D. Berichtsadressat

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Kenntnis von den weitergegebenen vertraulichen Informationen erlangen. Allgemein werden Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit solche Mittel sein, die den Ausschluss der Öffentlichkeit bezwecken. Fraglich ist, bis zu welcher Personenzahl eine Berichterstattung vor dem Hintergrund der Gewährleistung der Vertraulichkeit möglich ist. Im Unterschied zum Bundestag mit aktuell 709 Mitgliedern haben Ausschüsse sowie Gremien weniger Mitglieder. Beispielsweise besteht das parlamentarische Kontrollgremium der Geheimdienste aus elf Mitgliedern, während der Haushaltsausschuss 44 Mitglieder umfasst.270 Eine allgemeine Obergrenze an Mitgliedern für eine noch zulässige Berichterstattung hat sich bisher nicht herausgebildet. Teilweise wird als Obergrenze eine Anzahl von 21 Ausschussmitgliedern zur Wahrung der Vertraulichkeit vertreten.271 Denn § 95 AktG sehe 21 Aufsichtsratsmitglieder vor, soweit die AG ein Grundkapital von über EUR 10 Mio. hat.272 Daraus folge, dass der Gesetzgeber bei 21 Personen noch von einer Wahrung der Vertraulichkeit ausgehe.273 Nach der Gesetzesbegründung und Stimmen in der Literatur zu § 95 AktG könne bei einer höheren Anzahl die sachgemäße Aufgabenwahrnehmung nicht sichergestellt werden und eine Behandlung von komplexen Fragestellungen sei kaum möglich.274 Die Obergrenze in § 95 AktG dient also der Sicherung einer effektiven Aufgabenwahrnehmung des Aufsichtsrats. Je mehr Aufsichtsratsmitglieder bestehen, desto schwieriger ist eine schnelle und sachliche Klärung der Aufgaben. Die Gewährleistung der Vertraulichkeit wird bislang nicht ausdrücklich als Zweck für diese Obergrenze angeführt. Allerdings ist die Wahrung der Vertraulichkeit für die Zusammenarbeit zwischen dem Vorstand und Aufsichtsrat unerlässlich.275 Bei Zweifeln an der Vertraulichkeit hat sich gezeigt, dass der Vorstand Informationen nur eingeschränkt an den Aufsichtsrat weitergibt.276 In einem solchen Fall kann der Aufsichtsrat seinen Aufgaben nicht sachgerecht nachkommen. Demnach ist die Gewährleistung der Vertraulichkeit notwendig, um eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung des Aufsichtsrats sicherzustellen. Daher kann man die Wahrung der Vertraulichkeit als vom Schutzzwecks des § 95 AktG umfasst ansehen. Somit kann die Obergrenze des § 95 AktG auf den möglichen Kreis der Berichtsadressaten im Rahmen der §§ 394, 395 AktG übertragen werden. Systematisch findet dadurch ein Rückgriff auf eine aktienrechtliche Norm statt, die sich ausdrücklich auf den Aufsichtsrat einer AG bezieht. Darüber hinaus scheint rein faktisch bei einer Mitglie270 BVerfG, Urt. v. 28. 02. 2012 @ 2 BvE 8/11, NVwZ 2012, 495, 501 f.; Datenhandbuch des Deutschen Bundestages, Kapitel 8.4, Mitgliederzahl der Ausschüsse, Stand: 31. 10. 2018 S. 8. 271 Mann, AG 2018, 57, 62. 272 Mann, AG 2018, 57, 62. 273 Mann, AG 2018, 57, 62. 274 Mann, AG 2018, 57, 62; BT-Drs. 4/171, S. 133; Spieker, DB 1963, 821, 823. 275 Vgl. Kap. 2 A. I. a). 276 Vgl. Kap. 2 A. I. a).

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

deranzahl von bis zu 21 Personen eine Wahrung der Vertraulichkeit noch möglich. Diese Höchstzahl lässt sich auch mit den Bedürfnissen der Praxis vereinbaren. So hat in der 19. Wahlperiode beispielsweise der Rechnungsprüfungsausschuss 19 Mitglieder.277 Dieser Ausschuss erhält unter anderem Informationen aus den Berichten der Aufsichtsratsmitglieder im Zusammenhang mit den §§ 394, 395 AktG.278 Unter Rückgriff auf § 95 AktG sollte die Obergrenze der Ausschussmitglieder daher bei 21 Abgeordneten liegen.279 Diese Obergrenze sollte lediglich in Ausnahmefällen überschritten werden, sofern ansonsten hinreichende Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit getroffen wurden. Darüber hinaus können die Abgeordneten neben § 395 AktG auch gemäß § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB einer weiteren strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht unterliegen.280 Eine weitere Verschwiegenheitspflicht schreckt noch intensiver vor einer Offenlegung vertraulicher Informationen ab. Als Beispiel für einen Ausschuss, dessen Mitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, kann auf den Ausschuss zur Kontrolle der Bundesbeteiligungen gemäß § 69a Abs. 2 S. 1 BHO verwiesen werden.281 Nach § 69a Abs. 1 BHO unterliegen die Beteiligungen des Bundes der parlamentarischen Kontrolle. Hierzu soll die Bundesregierung grundsätzlich lediglich ein Gremium unterrichten, § 69a Abs. 2 S. 1 BHO, § 3 BSchuWG. Die Mitglieder dieses Gremiums sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, § 69a Abs. 2 S. 1 BHO, § 3 Abs. 3 BSchuWG. Bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht besteht eine Strafbarkeit gemäß § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB. Zusammenfassend ist demnach eine Berichterstattung gegenüber einem Ausschuss grundsätzlich zulässig, soweit dessen Mitgliederzahl regelmäßig nicht mehr als 21 Personen umfasst und nur den Mitgliedern bzw. Stellvertretern der Zutritt erlaubt ist. Grundsätzlich muss sich Mitteln zum Ausschluss der Öffentlichkeit bedient werden. Es darf sich daher nicht um eine öffentliche Sitzung handeln. Eine neben § 395 AktG tretende Verschwiegenheitspflicht verstärkt die Gewährleistung der Vertraulichkeit auch in tatsächlicher Hinsicht. 3. Bundestag als Berichtsadressat Neben einer Überprüfung durch einen Ausschuss kann auch eine Überprüfung der Betätigung des Bundes als Aktionär i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG durch das Parlament in Betracht kommen.282 Im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit ist es höchst umstritten, ob das Bundesparlament Berichtsadressat 277 Website des Deutschen Bundestages; Link: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a08/ a08_rpa, Abruf am: 22. 09. 2020. 278 Wilting, AG 2012, 529, 536. 279 Mann, AG 2018, 57, 62. 280 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 180. 281 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 40; Wilting, AG 2012, 529, 540. 282 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 5.

D. Berichtsadressat

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sein kann.283 Der aktuelle Bundestag umfasst 709 Abgeordnete. In tatsächlicher Hinsicht kann die Gewährleistung der Vertraulichkeit bei einer Anzahl von 709 Abgeordneten nicht sichergestellt werden. Hieran entzündet sich der Streit über den Bundestag als Berichtsadressaten. a) Der Meinungsstand im Schrifttum zur Frage, ob der Bundestag tauglicher Berichtsadressat sein kann Der Meinungsstand im Schrifttum zu diesem Problem ist vielfältig. Die vorherrschende Ansicht in der gesellschaftsrechtlichen Literatur vertritt, dass eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Bundesparlament nicht zulässig sei.284 Denn aufgrund der Größe sowie der Zusammensetzung des Bundestages sei eine Gewährleistung der Vertraulichkeit faktisch nicht möglich.285 Die Gewährleistung der Vertraulichkeit stehe sowohl einer direkten als auch einer indirekten Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Parlament entgegen.286 Falls die Abgeordneten des Parlaments dennoch unzulässigerweise die Berichte erhalten, unterliegen die Abgeordneten der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 AktG.287 Begründet wird dies mit einer weiten Auslegung des § 395 AktG, wonach die Abgeordneten sich in diesen Fällen selbst mit der Verwaltung der Beteiligung oder deren Betätigungsprüfung betraut haben.288 Vielfach vertreten wird eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Berichterstattung gegenüber Parlamenten, soweit entsprechende organisatorische Sicherungsmaßnahmen den Vertraulichkeitsschutz gewährleisten.289 Solche organisatorischen Sicherungsmaßnahmen seien beispielsweise der Ausschluss der Öffentlichkeit oder die Unterrichtung lediglich bestimmter Personen.290 Teilweise werden die vorgenannten Auffassungen als ein Ausdruck des Vorrangs der Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft vor dem Grundsatz der Öffentlichkeit parlamentarischer Kontrolle interpretiert.291 Dies laufe dem Zweck der §§ 394, 283

Statt vieler: Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 41 f. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 37, 38; Koch, in: FS SchmidtPreuß 2018, 367, 369 f.; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 32; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 179. 285 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 24. 286 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 38. 287 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 5; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 191; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 2. 288 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 5; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 191. 289 Koch, in: FS Schmidt-Preuß, 2018, 367, 370; ders., in: ZHR 183 (2019), 7, 23; Land/ Hallermeyer, AG 2011, 114, 119 f.; Schmolke, WM 2018, 1913, 1917. 290 Vgl. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 40. 291 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 44; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 14. 284

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

395 AktG zuwider.292 Deren Zweck sei nämlich vorrangig die demokratische Kontrolle der erwerbswirtschaftlichen Beteiligung der Gebietskörperschaft sicherzustellen.293 Deshalb bedürfe es stets einer Abwägung im Einzelfall nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zwischen dem aktienrechtlichen Geheimnisschutz und den demokratischen Kontrollanforderungen.294 Soweit die demokratischen Kontrollanforderungen überwiegen, stehe das Tatbestandsmerkmal der Gewährleistung der Vertraulichkeit beim Berichtsadressaten der Weitergabe von vertraulichen Informationen nicht entgegen.295 b) Entscheidung des BVerfG vom 07. 11. 2017 Das BVerfG hat am 07. 11. 2017 über die Reichweite und den Umfang des parlamentarischen Informationsrechts bei hoheitlich beherrschten Unternehmen entschieden.296 Die Opposition im Bundestag verlangte von der Bundesregierung gemäß dem verfassungsrechtlich geregelten parlamentarischen Frage- und Informationsrecht Auskunft über Gespräche mit der Deutschen Bahn AG betreffend Stuttgart 21, Zugverspätungen und künftige Investitionen. Die Bundesregierung lehnte eine Antwort unter Berufung auf die §§ 116, 395 AktG ab.297 Das BVerfG entschied, dass die Bundesregierung die Antwort nicht verweigern durfte. Insbesondere die §§ 394, 395 AktG und damit die Gewähr der Vertraulichkeit rechtfertigen nach Auffassung des BVerfG keine Antwortverweigerung.298 aa) Parlamentarisches Frage- und Informationsrecht gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. 2 S. 2 GG Das BVerfG begründete seine Entscheidung damit, dass aus Art. 38 Abs. 1 GG, 20 Abs. 2 S. 2 GG ein umfassendes Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung resultiere.299 Denn die Antwort der Bundesregierung auf Fragen des Parlaments ermögliche eine effektive Arbeit des Parlaments.300 Daneben diene das Frage- und Informationsrecht der Kontrollfunktion des Parlaments, welche den Grundsatz der Gewaltenteilung realisiere.301 Daher kann sich das parlamentarische Frage- und Informationsrecht lediglich auf Angelegen292

Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 44; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 14. 293 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 44. 294 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 45. 295 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 45. 296 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229. 297 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229. 298 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 213. 299 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 195. 300 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 195. 301 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 196.

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heiten beziehen, die im Verantwortungsbereich der Bundesregierung liegen.302 Nach dem BVerfG unterfallen dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung „die Tätigkeit der ihr unmittelbar nachgeordneten Behörden einschließlich der diesen von Dritten zur Verfügung gestellten Informationen, wenn und soweit sie für Entscheidungen oder sonstige Verwaltungsvorgänge relevant sind“.303 Nach dem BVerfG unterfallen auch die Tätigkeiten von Eigengesellschaften des Bundes sowie Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung.304 Dies ergebe daraus, dass auch die erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates der demokratischen Legitimation i.S.d. Art. 20 Abs. 2 GG bedürfe.305 Das parlamentarische Frage- und Informationsrecht diene der Schaffung von demokratischer Legitimation.306 Deshalb sei der Begriff der Verantwortlichkeit der Bundesregierung vor dem Hintergrund der demokratischen Legitimation zu interpretieren.307 Nach dem BVerfG bedarf alles amtliche Handeln der demokratischen Legitimation, Art. 20 Abs. 2 GG.308 Dieser demokratischen Legitimation bedarf es auch, wenn der Staat seine Aufgaben mittels eines Unternehmens in Privatrechtsform, an welchem er vollständig oder mehrheitlich beteiligt ist, wahrnimmt.309 Denn die Tätigkeiten von Unternehmen, die vollständig oder mehrheitlich vom Staat gehalten werden, sind als „staatliche Aktivitäten“ zu qualifizieren.310 Daher unterfallen auch die Tätigkeiten der Deutschen Bahn AG, die zu 100 % im Eigentum des Bundes steht, dem Verantwortungsbereich des Bundes.311 bb) Grenze: Fiskalisches Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs-)Unternehmen Das Frage- und Informationsrecht könne zwar einfachgesetzlich begrenzt werden, jedoch lediglich soweit diese Grenze im Verfassungsrecht begründet sei.312 Die Deutsche Bahn AG kann für ihre Geheimhaltungsinteressen keine Grundrechte anführen, da der Bund ihr Alleinaktionär ist, und sie damit selbst grundrechtsver-

302

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 214. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 215. 304 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 216. 305 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 217. 306 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 217. 307 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 217. 308 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 218. 309 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 219. 310 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 243. 311 Website des Bundesfinanzministerium, Link: https://www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Standardartikel/Themen/Bundesvermoegen/Privatisierungs_und_Beteiligungspoli tik/Beteiligungspolitik/deutsche-bahn-ag.html, Abruf am: 26. 09. 2020; BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 261. 312 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 212. 303

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

pflichtet ist.313 Die Bundesregierung könne sich nicht auf die Verschwiegenheitspflichten aus §§ 116, 395 AktG berufen, da diese aufgrund der Normenhierarchie das verfassungsrechtliche Frage- und Informationsrecht aus Art. 38 Abs. 1, Art. 22 Abs. 2 GG nicht begrenzen können.314 Allerdings könne das Frage- und Informationsrecht des Bundestages durch das Staatswohl, also das Wohl des Bundes oder eines Landes begrenzt werden.315 Ein solcher verfassungsrechtlicher Staatswohlbelang sei das fiskalische Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs-)Unternehmen.316 Der einfachgesetzliche Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse könne nach dem BVerfG das verfassungsrechtliche Frage- und Informationsrecht lediglich mittelbar begrenzen, soweit dieser dem Schutz von verfassungsrechtlich anerkannten öffentlichen Belangen diene.317 Hinter dem Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von öffentlichen Unternehmen stehe ein solch verfassungsrechtlich anerkennenswertes öffentliches Interesse.318 Denn die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen öffentlicher Unternehmen kann den Wert der Anteile und/oder das Geschäftsergebnis mindern.319 Dies führe zu einer geringeren Gewinnabschöpfung und teilweise dazu, dass weitere Mittel aus dem öffentlichen Haushalt dem Unternehmen zugeführt werden müssen.320 Das fiskalische Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen könne nach dem BVerfG nur dann ein Staatswohlbelang sein, wenn die öffentliche Hand alle oder die Mehrheit der Anteile hält.321 Allerdings sei das Staatswohl erst im Falle „einer Bedrohung der Sicherheit oder gar des Bestandes des Bundes oder eines Landes“ betroffen.322 Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass das BVerfG eine Antwortverweigerung erst im Falle einer solchen Bedrohung als gerechtfertigt angesehen hätte. Das in Rede stehende fiskalische Interesse des Staates sei jedoch nicht so erheblich, dass die Sicherheit noch der Bestand des Bundes oder eines Landes bedroht wäre.323 Deshalb waren die Geheimhaltungsinteressen der Bundesregierung in dem zugrundeliegenden Fall nicht gewichtig genug, das parlamentarische Frage- und Informationsrecht zu begrenzen.324 Folglich konnte die Bundesregierung nach dem BVerfG seine Ant313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 238. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 213. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 246. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 281. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 282. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 282. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 282. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 282. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 282, 325. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 284. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 284. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 282.

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wortverweigerung nicht auf den Schutz vor Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Deutsche Bahn AG stützen.325 cc) Mildere Mittel zum Ausgleich des Geheimhaltungsinteresses und dem parlamentarischen Informationsinteresse Das BVerfG schlägt als mildere Mittel gegenüber der vollständigen Antwortverweigerung andere „Formen der Informationsvermittlung“ vor, die einen Ausgleich zwischen den Geheimhaltungsinteressen und dem parlamentarischen Informationsinteresse schaffen.326 Konkret wird der Ausschluss der Öffentlichkeit zur Wahrung von Geheimhaltungsinteressen unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der parlamentarischen Arbeit angeführt.327 Dies ergebe sich systematisch aus den Art. 42 Abs. 1 S. 2, Art. 44 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 45a Abs. 3 GG und Art. 53a GG.328 Im Einzelnen könnten zum Ausschluss der Öffentlichkeit beispielsweise statt dem Bundestagsplenum lediglich geheim tagende Unterausschüsse informiert werden.329 Auf diese Maßnahme soll nach dem BVerfG allerdings nur in Ausnahmefällen zurückgegriffen werden.330 Denn der Deutsche Bundestag nimmt seine Repräsentationsfunktion grundsätzlich durch alle seine Mitglieder wahr.331 Ein Ausschluss der Abgeordneten bei der parlamentarischen Entscheidungsfindung im Falle der Aufgabenübertragung auf einen Ausschuss sei daher nur zum Schutz anderer Verfassungsgüter unter Achtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich.332 Ein solcher Fall liege beispielsweise im Falle der Beratung über die Wirtschaftspläne der Geheimdienste des Bundes vor.333 Denn aus diesen Wirtschaftsplänen ergäben sich Informationen, die einzelne Operationen des Geheimdienstes aufdecken und damit eine Gefährdung von Personen zur Folge haben können.334 Als milderes Mittel gegenüber der Übernahme von Aufgaben durch geheim tagende Ausschüsse schlägt das BVerfG die Beantwortung parlamentarischer Anfragen unter Anwendung der Geheimschutzordnung zum Schutz der Betriebs- und

325

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 282. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 202. 327 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 208. 328 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 208. 329 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 203. 330 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 203; Urt. v. 28. 02. 2012 @ 2 BvE 8/11, NVwZ 2012, 495 Rn. 143 f. 331 BVerfG, Beschl. v. 10. 05. 1977 – 2 BvR 705/75, NJW 1977, 1767, 1768; Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 204. 332 BVerfG, Beschl. v. 19. 06. 2012 @ 2 BvC 2/10, NVwZ 2012, 967 Rn. 13; Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 204. 333 BVerfG, Urt. v. 14. 01. 1986 – 2 BvE 14/83, 2 BvE 4/84, NJW 1986, 907, 909. 334 BVerfG, Urt. v. 14. 01. 1986 – 2 BvE 14/83, 2 BvE 4/84, NJW 1986, 907, 910. 326

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Geschäftsgeheimnisse vor.335 Die Geheimschutzordnung diene dem Ausgleich zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Exekutive und dem Informationsinteresse des Bundestages.336 Denn das Gesetzgebungsrecht, das Haushaltsrecht und das parlamentarische Kontrollrecht des Bundestages erfordern eine Teilhabe an geheimen Informationen der Bundesregierung.337 Durch die Anwendung der Geheimschutzordnung werde verhindert, dass die danach erlangten Informationen in den öffentlichen Meinungsbildungsprozess gelangen.338 Gleichzeitig stellt das BVerfG fest, dass die Anwendung der Geheimschutzordnung mit der Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments kollidiert.339 Denn die öffentliche Beratung des Parlaments ist für dessen Entscheidungsfindung grundsätzlich unerlässlich gemäß Art. 42 Abs. 1 GG.340 Darüber hinaus können die Informationen infolge der Anwendung der Geheimschutzordnung nicht gegenüber dem Volk preisgegeben werden.341 Damit kann das Volk dieses politische Handeln nicht bewerten und damit auch nicht in seiner Wahlentscheidung, als bedeutenden Teil der demokratischen Legitimation, berücksichtigen.342 Daneben schwächt die Anwendung der Geheimschutzordnung die Kontrollfunktion des Parlaments.343 Denn die Öffentlichkeit ist wesentlicher Bestandteil dieser Kontrollfunktion.344 Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass das BVerfG auch für die Anwendung der Geheimschutzordnung eine gewisse Erheblichkeit der Geheimhaltungsinteressen verlangt. Ansonsten können die Geheimhaltungsinteressen die Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments nicht derart einschränken. Nach der Geheimschutzordnung dürfen sog. Verschlusssachen nur eingeschränkt an andere Abgeordnete, Fraktionsangestellte und Mitarbeiter von Abgeordneten bekannt gegeben werden, § 4 BT-Geheimschutzordnung. Verschlusssachen sind Angelegenheiten aller Art, die durch besondere Sicherheitsmaßnahmen gegen die Kenntnis durch Unbefugte zu schützen sind, § 1 Abs. 2 BT-Geheimschutzordnung. Eine Verschlusssache wird je nach ihrer Schutzbedürftigkeit in verschiedene Geheimhaltungsgrade eingestuft, § 2 BT-Geheimschutzordnung. Die Einstufung des Geheimhaltungsgrades für die Verschlusssache obliegt der herausgebenden Stelle, § 3 Abs. 2 BT-Geheimschutzordnung. Herausgebende Stelle für Verschlusssachen, die innerhalb des Bundestages entstehen, sind der Bundestagspräsident, die Vorsitzenden der Ausschüsse und weitere vom Bundestagspräsidenten ermächtigte 335

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 207. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 207. 337 BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, 2274; Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 207. 338 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 209. 339 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 208. 340 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 208. 341 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 209. 342 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 209. 343 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 210. 344 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 210. 336

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Stellen, § 3 Abs. 3 BT-Geheimschutzordnung. Der Empfänger von geheimhaltungsbedürftigen Informationen sowie die Teilnehmer von Sitzungen/Besprechungen über solche Informationen sind im Vorfeld förmlich zur Verschwiegenheit und zur Geheimhaltung zu verpflichten sowie über die Strafbarkeit einer Geheimnisverletzung aufzuklären, § 13 BT-Geheimschutzordnung i.V.m. § 2 Abs. 5 Ausführungsbestimmung zur BT-Geheimschutzordnung. dd) Reaktionen im Schrifttum auf das Urteil des BVerfG Die Auswirkungen dieses höchstrichterlichen Urteils auf das Kriterium der Gewährleistung der Vertraulichkeit sind umstritten. Der Streit entzündet sich an der Frage, ob nunmehr das Aufsichtsratsmitglied trotz fehlender Gewährleistung der Vertraulichkeit vertrauliche Informationen im Rahmen des § 394 S. 1 AktG an die Gebietskörperschaft weitergegeben muss, wenn zu erwarten ist, dass die vertraulichen Informationen Gegenstand des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts werden. Teilweise wird das Urteil dahingehend interpretiert, dass ein Aufsichtsratsmitglied weiterhin, entsprechend der h.M. im Schrifttum, keine Geschäftsgeheimnisse offenbaren darf, wenn zu erwarten ist, dass das Parlament diese Informationen erhält.345 Lediglich, wenn hinreichende Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit getroffen wurden, kann eine Informationsweitergabe erfolgen.346 Eine verfassungsrechtliche Überlagerung des Tatbestandsmerkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit beim Berichtsempfänger sei nicht gewollt.347 Das BVerfG habe lediglich aufgezeigt, dass eine Antwortverweigerung der Bundesregierung auf das verfassungsrechtliche Frage- und Informationsrecht nicht auf die einfachgesetzliche Verschwiegenheitspflicht aus §§ 116, 395 AktG gestützt werden könne.348 Damit habe das BVerfG lediglich der Bundesregierung aufgezeigt, dass die aktienrechtlichen Vorschriften die Bundesregierung nicht von ihren Ingerenzpflichten befreie.349 Das BVerfG habe aber nicht die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder selbst neu geregelt.350 Das Problem sei dadurch zu lösen, dass der Vorstand als „Herr der Geschäftsgeheimnisse“ den Aufsichtsratsmitgliedern die Befugnis erteilen kann, vertrauliche Informationen an den staatlichen Anteilseigner weiterzugeben.351 Damit verbleibe die Kompetenz zur Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen beim Vorstand.352 345 346 347 348 349 350 351 352

Koch, ZHR 183 (2019), 7, 26 f.; Kersting, WPg, 2018, 392, 395 f. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 27. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 26. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 10. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 10; Kersting, WPg, 2018, 392, 395 f. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 27. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 27. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 28.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Andere ziehen aus dem Urteil den Rückschluss, dass im Falle entgegenstehenden Verfassungsrechts eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Bundesparlament bei Eigengesellschaften und staatlichen Mehrheitsbeteiligungen trotz fehlender Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit erfolgen soll.353 Denn die §§ 394, 395 AktG sowie die dahinter stehenden verfassungsrechtlichen Interessen können das verfassungsrechtlich verankerte parlamentarische Frage- und Informationsrecht regelmäßig nicht derart begrenzen.354 Gleichwohl soll stets eine Abwägung der widerstreitenden Interessen stattfinden, ob eine Informationsvermittlung möglich ist, die die Geheimhaltungsinteressen der AG wahrt.355 Diese Abwägung, welches Maß an Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit erforderlich ist, obliege nicht mehr dem Aufsichtsratsmitglied, sondern der Gebietskörperschaft als Berichtsadressat.356 Die Gebietskörperschaft selbst habe sicherzustellen, dass diese Vorkehrungen hinreichende Gewähr für die Vertraulichkeit bieten.357 Denn im Falle einer Mehrheitsbeteiligung könne sich das Aufsichtsratsmitglied darauf verlassen, dass die Gebietskörperschaft die Geheimhaltungsinteressen der betroffenen AG wahrt.358 Dies ergebe sich aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht der Gebietskörperschaft gegenüber der AG.359 Im Falle der Eigengesellschaft bestehe indes keine Treuepflicht der Gebietskörperschaft gegenüber der AG.360 Die Geheimhaltungsinteressen der Gläubiger der Eigengesellschaft seien durch § 311 AktG ausreichend geschützt.361 Allerdings sei die Weitergabe vertraulicher Informationen an das herrschende Unternehmen keine nachteilige Maßnahme gemäß § 311 Abs. 1 AktG, soweit dies der Erfüllung konzernrelevanter Veröffentlichungspflichten diene.362 Ansonsten liege eine nachteilige Maßnahme vor, die auszugleichen sei.363 Daher könne das Aufsichtsratsmitglied vertrauliche Informationen an die Gebietskörperschaft weitergeben, soweit die Gebietskörper-

353 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527; Mann, AG 2018, 57, 63; Werner, NVwZ 2019, 449, 451. 354 Werner, NVwZ 2019, 449, 451; Schmolke, WM 2018, 1913, 1919; Mann, AG 2018, 57, 63. 355 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919 f.; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527; Werner, NVwZ 2019, 449, 451. 356 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527; Werner, NVwZ 2019, 449, 451. 357 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527. 358 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 359 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 360 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 361 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 362 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 363 Schmolke, WM 2018, 1913, 1919 unter Verweis auf Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 311 Rn. 36c.

D. Berichtsadressat

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schaft zugesagt habe, dass eine Informationsweitergabe an das Parlament nur insoweit erfolge, wie es verfassungsrechtlich geboten sei.364 c) Lösungsansatz Die Reaktionen im Schrifttum auf das Urteil des BVerfG unterscheiden sich erheblich. Daher soll im Folgenden anhand des Urteils des BVerfG unter Berücksichtigung der Reaktionen im Schrifttum ein Lösungsansatz für das Tatbestandsmerkmal der Gewährleistung der Vertraulichkeit erarbeitet werden. aa) Kein absolutes Verbot der Weitergabe von vertraulichen Informationen mehr vertretbar Aus dem Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 wird deutlich, dass ein kategorischer Ausschluss der Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Parlament nicht möglich ist.365 Das BVerfG hat entschieden, dass die Bundesregierung die Antworten auf parlamentarische Fragen nicht unter Verweis auf die einfachgesetzliche Verschwiegenheitspflicht gemäß §§ 116, 395 AktG verweigern kann.366 Damit stellt das BVerfG mittelbar fest, dass das verfassungsrechtliche Frage- und Informationsrecht des Parlaments zumindest bei Eigengesellschaften grundsätzlich Vorrang vor den Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Gesellschaft hat. Diese Wertung ist auf die Auslegung der §§ 394, 395 AktG aus den folgenden Gründen zu übertragen. Ohne eine Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Erwägungen innerhalb der §§ 394, 395 AktG bestünde eine paradoxe Situation. Denn falls Angelegenheiten einer Eigengesellschaft Gegenstand des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts sind, ist die Bundesregierung grundsätzlich zur Antwort verpflichtet. Die für die Antwort notwendigen Informationen könnte das jeweilige Aufsichtsratsmitglied der Eigengesellschaft aber nach der bislang h.L. wegen fehlender Gewährleistung der Vertraulichkeit i.S.d. §§ 394, 395 AktG zurückhalten. Im Ergebnis könnte die Bundesregierung ihrer Antwortpflicht gegenüber dem Bundestag nicht nachkommen, da ihr die notwendigen Informationen fehlen. Manche Stimmen in der Literatur akzeptieren diese Situation und verweisen die öffentliche Hand in diesem Fall auf ihre Ingerenzpflichten.367 Denn die öffentliche Hand hätte im Vorfeld ihrer Beteiligung eine Rechtsform wie die GmbH wählen können, die einen besseren Informationsfluss zugunsten der öffentlichen Hand ermöglicht.368 Eine deratige Auslegung verkennt allerdings die Relevanz des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts. Der parlamentarischen Kontrollfunk364 365 366 367 368

Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. So auch Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 30. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 296. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 27 f. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 27 f.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

tion kommt eine herausragende Bedeutung zu. Dieser Umstand muss sich in der Handhabung der Gewähr der Vertraulichkeit gemäß der §§ 394, 395 AktG wiederspiegeln. Ein kategorisches Verbot der Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Parlament entwertet das verfassungsrechtlich verankerte parlamentarische Frage- und Informationsrecht zugunsten der §§ 394, 395 AktG. Laut den Ausführungen des BVerfG zum Stellenwert der Antwortpflicht der Bundesregierung für die Kontrollfunktion des Parlaments, welche den Gewaltenteilungsgrundsatz verwirklicht, ist eine solche Entwertung des verfassungsrechtlich verbürgten Rechts nicht gewollt.369 Zudem spricht die besondere Stellung von Eigengesellschaften und Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung für die Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Belange im Rahmen der §§ 394, 395 AktG. Denn Handlungen dieser Unternehmen sind keine privaten, sondern vielmehr staatliche Tätigkeiten.370 In diesen Fällen unterliegen die Unternehmen den „allgemeinen Bindungen staatlicher Aufgabenwahrnehmung“.371 Damit gelten insbesondere die Anforderungen des Demokratieprinzips und der Gewaltenteilung.372 Die Sicherung der parlamentarischen Kontrolle obliegt daher auch den Eigengesellschaften und Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung. Dies muss gleichzeitig auch die Pflichten ihrer Organe, insbesondere die des Aufsichtsrats beeinflussen. Ein kategorisches Verbot der Weitergabe von vertraulichen Informationen widerspricht daher den Wertungen der Verfassung. Folglich kann kein absolutes Verbot der Weitergabe von vertraulichen Informationen im Rahmen der §§ 394, 395 AktG gegenüber dem Bundestag bestehen. bb) Zulässigkeit der Weitergabe von vertraulichen Informationen bei hinreichenden Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit Gleichwohl folgt daraus nicht, dass eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Parlament nunmehr stets zulässig ist. Denn auch das BVerfG lässt die Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens nicht unberücksichtigt. Im Falle der Eigengesellschaft kann das Frage- und Informationsrecht des Bundestages durch das Staatswohl begrenzt werden.373 Ein solcher verfassungsrechtlicher Staatswohlbelang ist das fiskalische Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner Eigengesellschaften und Unternehmen, die von ihm beherrscht werden.374 Zum Schutze dieser vertraulichen Informationen hat das BVerfG die Ge-

369

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 195 f. BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 49 ff. 371 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 54. 372 Insoweit auch Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 45. 373 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 246 ff. 374 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 246, 281. 370

D. Berichtsadressat

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heimschutzordnung und den Ausschluss der Öffentlichkeit angeführt.375 Diese vom BVerfG vorgeschlagenen Maßnahmen dienen ebenso wie das Tatbestandmerkmal der Gewährleistung der Vertraulichkeit den Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft. Deshalb können die Erwägungen des BVerfG zum Schutz vor Offenlegung geheimhaltungsbedürftiger Informationen auf den Umgang mit den §§ 394, 395 AktG übertragen werden.376 Daher sind die vom BVerfG vorgeschlagenen Formen der Informationsvermittlung wie die Anwendung der Geheimschutzordnung als hinreichende Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit i.S.d. §§ 394, 395 AktG zu werten.377 cc) Konkrete Vorkehrungen für die Gewähr der Vertraulichkeit Hinreichende Vorkehrungen für die Gewähr der Vertraulichkeit sind demnach grundsätzlich Mittel zum Ausschluss der Öffentlichkeit.378 Statt dem Bundestagsplenum können danach lediglich geheim tagende Unterausschüsse informiert werden.379 Diese Maßnahme ist allerdings nur in Ausnahmefällen zulässig, da an einen Ausschluss der Abgeordneten bei der parlamentarischen Entscheidungsfindung hohe Anforderungen gestellt werden.380 Denn der Deutsche Bundestag nimmt seine Repräsentationsfunktion grundsätzlich durch alle seine Mitglieder wahr.381 Als milderes Mittel gegenüber der Unterrichtung geheim tagender Unterausschüsse kommt die Anwendung der Geheimschutzordnung in Betracht.382 Die Geheimschutzordnung dient dem Ausgleich zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Exekutive und dem Informationsinteresse des Bundestages.383 Allerdings beeinträchtigt die Geheimschutzordnung die Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments.384 Daher muss die Anwendung der Geheimschutzordnung durch hinter den Geheimhaltungsinteressen stehende erhebliche verfassungsrechtliche Belange gerechtfertigt sein. Die Geheimschutzordnung führt zu einer regelmäßig ausreichenden zahlenmäßigen Beschränkung der Berichtsadressaten und dazu, dass die jeweiligen Informationsempfänger selbst einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht unterliegen, 375

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 207 ff. Insoweit auch Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 377 Zu den v. BVerfG vorgeschlagenen Lösungswegen: BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 202 ff. 378 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 208. 379 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 203. 380 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 203, 204; Urt. v. 28. 02. 2012 @ 2 BvE 8/11, NVwZ 2012, 495 Rn. 143 f.; Beschl. v. 19. 06. 2012 @ 2 BvC 2/10, NVwZ 2012, 967 Rn. 13. 381 BVerfG, Beschl. v. 10. 05. 1977 – 2 BvR 705/75, NJW 1977, 1767, 1768; Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 204. 382 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 207. 383 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 207. 384 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 208 ff. 376

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

§ 13 BT-Geheimschutzordnung i.V.m. § 2 Abs. 5 Ausführungsbestimmung zur BTGeheimschutzordnung. Ungeachtet der Verschwiegenheitspflicht nach der Geheimschutzordnung unterliegen die Angeordneten stets der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 AktG, wenn sie die Berichte nach § 394 AktG erhalten.385 Denn in diesem Fall befassen sich die Abgeordneten mit den Prüfungsaufgaben im Sinne des § 395 Abs. 1 AktG.386 Der durch die §§ 394, 395 AktG verfolgte Zweck, eine Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft unter möglichst weitreichendem Geheimnisschutz zu ermöglichen, gebietet eine derartige Auslegung des Begriffs „betraut“ in § 395 Abs. 1 AktG. dd) Das Aufsichtsratsmitglied beurteilt das Maß der notwendigen Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit Die Deutung des Urteils des BVerfG, dass nicht das Aufsichtsratsmitglied, sondern die Gebietskörperschaft das Maß der verfassungsrechtlich gebotenen Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit zu beurteilen hätte, ist abzulehnen.387 Hieran ändert auch die im Falle der staatlichen Mehrheitsbeteiligung angeführte Treuepflicht der Gebietskörperschaft gegenüber der AG nichts.388 Freilich besteht im Falle der staatlichen Mehrheitsbeteiligung eine derartige Treupflicht der Gebietskörperschaft gegenüber der AG.389 Gleichwohl reicht dies nicht aus, nunmehr den Schutz der Geheimhaltungsinteressen im Falle der staatlichen Mehrheitsbeteiligung allein der Gebietskörperschaft anzuvertrauen. Das Aufsichtsratsmitglied selbst ist gemäß den §§ 116, 93 AktG zur umfassenden Wahrung der Vertraulichkeit verpflichtet. Diese aktienrechtliche Wertung ist nicht zu unterlaufen. Im Falle der Eigengesellschaft in Form der AG hat der Staat als Alleinaktionär nach h.M. keine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft.390 Das Unternehmensinteresse und das Interesse der Gebietskörperschaft werden grundsätzlich übereinstimmen, da das Unternehmensinteresse maßgeblich durch das Interesse der Anteilsinhaber bestimmt wird. Gleichwohl ist dies nicht zwingend, da auch die Interessen der Arbeitnehmer und der Gesellschaftsgläubiger das Unternehmensinteresse

385

Vgl. Kap.4 D. Vgl. Kap.4 D. 387 Ähnlich Koch, ZHR 183 (2019), 7, 28. 388 So aber: Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 389 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 53a Rn. 14. 390 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 53a Rn. 40; Henze/Notz, in: GK-AktG, Bd. 2, 4. Aufl. 2008 Anh. § 53a Rn. 42; Drygala, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2011, § 53a Rn. 89; anders bei der Einpersonen-GmbH: Merkt, in: MüKo-GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 13 Rn. 105 ff. 386

D. Berichtsadressat

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beeinflussen.391 Somit kann ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse auch bei Eigengesellschaften bestehen. Fraglich ist, ob § 311 AktG die Interessen der Gläubiger einer Eigengesellschaft hinreichend wahrt.392 Die Anwendung des Konzernrechts auf hoheitlich beherrschte Gesellschaften ist höchstrichterlich geklärt.393 Ein herrschendes Unternehmen darf gemäß § 311 Abs. 1 AktG seinen Einfluss nicht dazu nutzen, das beherrschte Unternehmen zu einer nachteiligen Maßnahme zu bewegen, außer es gleicht dessen Nachteile aus. Die Weiterleitung vertraulicher Informationen an das herrschende Unternehmen ist keine nachteilige Maßnahme i.S.d. § 311 AktG, soweit diese Informationen zur Erfüllung konzernrelevanter Publizitätsvorschriften gebraucht werden.394 Falls die Informationen nicht allein zu Zwecken von konzernrelevanten Publizitätspflichten genutzt werden, liegt eine ausgleichspflichtige nachteilige Maßnahme gemäß § 311 AktG vor.395 Grundsätzlich kann eine Anwendung von § 311 AktG zum Schutz der Gläubiger einer Eigengesellschaft in Betracht kommen. Soweit man die Wertung, dass eine Informationsweitergabe zur Erfüllung konzernrelevanten Publizitätspflichten zulässig ist, auf die Informationsweitergabe wegen parlamentarischer Informationsinteressen überträgt, geht dies allerdings zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger. Denn falls eine Weitergabe von vertraulichen Informationen entgegen den §§ 394, 395 AktG verfassungsrechtlich geboten ist, läge bei konsequenter Anwendung des § 311 Abs. 1 AktG keine nachteilige Maßnahme vor. In diesem Fall bestünde demnach keine Ausgleichspflicht. Die Gläubiger einer Eigengesellschaft wären daher durch eine Anwendung des § 311 AktG nicht ausreichend geschützt. Unabhängig davon, kann der Rückgriff auf § 311 AktG nicht dazu führen, dass aktienrechtlich nicht mehr das Aufsichtsratsmitglied, sondern die Gebietskörperschaft die erforderlichen Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit zu beurteilen hätte. Eine solche Übertragung der Pflicht des Aufsichtsratsmitglieds auf die Gebietskörperschaft setzt vielmehr das Handeln des Gesetzgebers voraus. Ferner spricht gegen eine Abwägung durch die Gebietskörperschaft, dass dies deren umfassende vorherige Unterrichtung durch das Aufsichtsratsmitglied voraussetzt. Ansonsten kann die Gebietskörperschaft keine konkrete Abwägung der widerstreitenden verfassungsrechtlichen Interessen durchführen. Das Aufsichtsratsmitglied müsste danach auch die vertraulichen Informationen an die Gebietskörperschaft weitergeben, ungeachtet etwaiger Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit. Erst auf Ebene der Gebietskörperschaft hat dann die Abwägung 391

DCGK 2019, Präambel. In diesem Sinne: Schmolke, WM 2018, 1913, 1919. 393 BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, NJW 1978, 104. 394 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 311 Rn. 36c; Habersack, in: Emmerich/Habersack, KonzernR, 9. Aufl. 2019, § 311 AktG Rn. 51a. 395 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 311 Rn. 36b f.; Habersack, in: Emmerich/ Habersack, KonzernR, 9. Aufl. 2019, § 311 AktG Rn. 51a. 392

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

zwischen den Geheimhaltungsinteressen und dem parlamentarischen Informationsinteresse stattzufinden. Demzufolge entledigt sich das Aufsichtsratsmitglied sämtlicher Steuerungsmöglichkeiten zum Schutz vor Offenlegung der vertraulichen Informationen. Das Aufsichtsratsmitglied muss darauf vertrauen, dass die Gebietskörperschaft die Geheimhaltungsinteressen angemessen berücksichtigt. Dazu ist die Gebietskörperschaft aber ungeeignet. Denn die Gebietskörperschaft wird regelmäßig den öffentlichen Interessen den Vorrang gegenüber den Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft einräumen. Dem Aufsichtsratsmitglied ist diese Abwägung der verfassungsrechtlichen Belange zumutbar, da dessen Pflichten dadurch nicht überspannt werden. Soweit ein Repräsentant des Staates zum Aufsichtsratsmitglied bestellt wird, weiß dieser um seine Sonderstellung. Diese Sonderstellung geht mit einer besonderen Verantwortung einher. Soweit das Aufsichtsratsmitglied sich nicht in der Lage sieht, eine korrekte Abwägung zu treffen, hat es rechtlichen Rat einzuholen. Im Falle der Überforderung bleibt ihm zudem jederzeit die Möglichkeit der Amtsniederlegung. Folglich hat weiterhin das Aufsichtsratsmitglied selbst zu beurteilen, ob ausreichende Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit bestehen. ee) Zwischenergebnis In einem Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass das Parlament grundsätzlich Berichtsadressat sein kann, soweit hinreichende Vorkehrungen zur Gewähr der Vertraulichkeit getroffen wurden.396 Das Aufsichtsratsmitglied hat das Maß der erforderlichen Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit zu beurteilen. ff) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG Fraglich ist, ob Fälle bestehen, in denen die Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens wegen entgegenstehendem Verfassungsrecht keine Beschränkung der Weitergabe von vertraulichen Informationen zu Lasten des Parlaments rechtfertigen. Dies würde im Ergebnis eine Durchbrechung der Gewährleistung der Vertraulichkeit bedeuten. Wie bereits ausgeführt, kann das Gesellschaftsrecht bei entgegenstehendem Verfassungsrecht verfassungskonform ausgelegt werden.397 Bei Kollisionen zwischen dem Geheimnisschutz des betroffenen Unternehmens mit entgegenstehendem Verfassungsrecht im Rahmen der §§ 394, 395 AktG kann daher auf die verfas-

396

So auch Schmolke, WM 2018, 1913, 1919; Mann, AG 2018, 57, 63; Koch, in: FS Schmidt-Preuß, 2018, 367, 370; ders., in: ZHR 183 (2019), 7, 23; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 119 f. 397 Vgl. Kap. 1 B. IV. 2.

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sungskonforme Auslegung zurückgegriffen werden.398 Eine verfassungskonforme Auslegung kommt nur in Konstellationen in Betracht, in denen fraglich ist, ob die §§ 394, 395 AktG mit der Verfassung vereinbar sind.399 Hierfür bedarf es einer Differenzierung anhand der Beteiligungshöhe des Staates, da beispielsweise bei einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung im Unterschied zur Eigengesellschaft auch die Grundrechte privater Mitaktionäre zu beachten sind.400 Daher sind im Folgenden die Eigengesellschaft, die staatliche Mehrheitsbeteiligung und die staatliche Minderheitsbeteiligung isoliert zu betrachten. d) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG bei der Eigengesellschaft des Bundes Eventuell könnte bei Eigengesellschaften des Bundes eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG geboten sein, wonach eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Parlament auch bei fehlenden Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit zulässig ist. aa) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht Möglicherweise ist es nicht mit der Verfassung vereinbar, dass die §§ 394, 394 AktG im Falle der Eigengesellschaft nur eine Unterrichtung eines eng begrenzten Kreises von Abgeordneten zulassen. Konkret könnte dieser Beschränkung der Informationsweitergabe das parlamentarische Frage- und Informationsrecht aus Art. 38 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. 2 S. 2 GG entgegenstehen. Fraglich ist, in welchem Fall es zu einer solchen Kollision kommen kann. Das parlamentarische Frage- und Informationsrecht richtet sich gegen die Bundesregierung.401 Innerhalb ihrer Verantwortlichkeit ist die Bundesregierung dem Parlament zur Auskunft verpflichtet.402 Hierunter fällt auch die Verantwortlichkeit für die Eigengesellschaften des Bundes.403 Das Aufsichtsratsmitglied einer Eigengesellschaft des Bundes erstattet seinen Bericht zumeist an eine Stelle des Bundes. Diese Stelle leitet die erhaltenen Informationen dann im Wege der dienstlichen Mitteilungen gemäß § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG an die Bundesregierung weiter.404 Auch im Falle einer solchen indirekten Informationsweitergabe ist auf Ebene jedes Be398 Ähnlich Schmolke, WM 2018, 1913, 1919; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527; Mann, AG 2018, 57, 63. 399 Vgl. Kap. 1 B. IV. 2. 400 In diese Richtung auch Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 45. 401 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 195. 402 Butzer, in: BeckOK GG, 45. Edition, 2020, Art. 38 Rn. 147. 403 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 263. 404 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 38.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

richtsempfängers die Vertraulichkeit zu gewährleisten, §§ 394, 395 AktG.405 Somit kollidieren die §§ 394, 395 AktG mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht, wenn die Bundesregierung gegenüber dem Parlament Auskunft über Inhalte geben muss, die vertrauliche Informationen aus den Berichten des jeweiligen Aufsichtsratsmitglied betreffen. Gemäß dem BVerfG kann das parlamentarische Frage- und Informationsrecht durch den Gewaltenteilungsgrundsatz, das Staatswohl und die Grundrechte Dritter begrenzt werden.406 Die Eigengesellschaft kann sich nicht auf eigene Grundrechte berufen, dass sie selbst grundrechtsgebunden ist.407 Für die Geheimhaltungsinteressen können regelmäßig keine Grundrechte Dritter angeführt werden, da bei der Eigengesellschaft keine privaten Aktionäre existieren. Einzig Grundrechte etwaiger Gesellschaftsgläubiger kommen in Betracht. Die Geheimhaltungsinteressen können daher grundsätzlich lediglich als Teil des Staatswohls das parlamentarische Frageund Informationsrecht begrenzen.408 Das fiskalische Interesse des Staates am Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist ein verfassungsrechtlicher Staatswohlbelang.409 Nach dem BVerfG sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse „alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge […], die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können“.410 Allerdings ist das Staatswohl erst im Falle einer Bedrohung der Sicherheit oder gar des Bestandes des Bundes oder eines Landes betroffen.411 Eine solche Bedrohung wird infolge der Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen von Eigengesellschaft wohl nur in extremen Ausnahmefällen gegeben sein. Insoweit ist die Schutzbedürftigkeit der Geheimhaltungsinteressen regelmäßig nur schwach ausgeprägt.

405

Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 38. BVerfG, Urt. v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, NVwZ 2014, 1652 Rn. 134 ff. 407 BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 49 ff. 408 Vgl. Kap. 4 D. IV. 3. b), bb). 409 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 281. 410 BVerfG, Beschl. v 14. 03. 2006 – 1 BvR 2087/03, NVwZ 2006, 1041 Rn. 87. 411 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 284; Burgi, NVwZ 2018, 601, 605. 406

D. Berichtsadressat

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Demgegenüber misst das BVerfG dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht überragende Bedeutung zu, da dieses Recht der Kontrollfunktion des Parlaments und damit dem Demokratieprinzip und der Gewaltenteilung dient.412 Für die Kontrollfunktion ist gerade die Öffentlichkeit wesentlich.413 Dies zeigt sich insbesondere auch daran, dass der Bundestag grundsätzlich öffentlich verhandelt gemäß Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG. Eine Informationsvermittlung mittels Anwendung der Geheimschutzordnung oder die Information lediglich geheim tagender Ausschüsse führt zu einem erheblichen Defizit der öffentlichen Kontrollfunktion. Dieses Defizit kann regelmäßig nicht durch die nur schwachen Belange des Geheimnisschutzes unter Berufung auf das Staatswohl gerechtfertigt werden. Folglich sind die §§ 394, 395 AktG grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar, soweit sie bei Eigengesellschaften den Informationsfluss zugunsten des Parlaments aufgrund von Geheimhaltungsinteressen begrenzen. bb) Zulässigkeit der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG anhand der Auslegungsmethoden Fraglich ist, ob die Auslegung der §§ 394, 395 AktG, dass eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Bundesparlament trotz fehlender Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit im Falle der Eigengesellschaft erfolgen kann, zulässig ist. Die verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG setzt voraus, dass die Normen zumindest nach einer der Auslegungsmethoden, also nach ihrem Wortlaut, ihrer Historie, dem Gesamtzusammenhang oder dem Telos mit den GG vereinbar sind.414 Das Ergebnis der Auslegung darf nicht dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers widersprechen.415 Das verfolgte gesetzgeberische Ziel darf nicht „verfehlt“ oder „verfälscht“ werden.416 Der Wortlaut der §§ 394, 395 AktG schränkt die Informationsweitergabe nicht dahingehend ein, dass Parlamente keine Berichtsadressaten sein könnten. Zudem ergibt sich das Tatbestandsmerkmal der Gewährleistung der Vertraulichkeit selbst nicht aus dem Wortlaut, sondern erst aus der Systematik und dem Zweck der §§ 394, 395 AktG. Aus der Entstehungsgeschichte wird ebenfalls nicht deutlich, dass die Gewährleistung der Vertraulichkeit unter keinen Umständen eingeschränkt werden kann. Die Systematik der §§ 394, 395 AktG spricht für die Gewährleistung der 412

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 195 ff. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 210. 414 BVerfG, Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 60 f.; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 415 BVerfG, Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39, 60 f.; Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 416 BVerfG, Urt. v. 04. 05. 2011 – 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 –, BVerfGE 128, 326, 400. 413

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Vertraulichkeit, jedoch ergibt sich hieraus kein Verbot, im Falle entgegenstehenden Verfassungsrechts Ausnahmen zuzulassen. Der Zweck der §§ 394, 395 ist es, der öffentlichen Hand die erforderliche öffentliche Kontrolle und eine effektive staatliche Beteiligungsverwaltung zu ermöglichen.417 Gleichzeitig sollen dabei die Geheimhaltungsinteressen der betroffenen AG gewahrt werden. Die verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG führt zu einer begrenzten Durchbrechung der Gewährleistung der Vertraulichkeit zugunsten der öffentlichen Kontrolle im Falle der Eigengesellschaft. Somit bewegt sich die verfassungskonforme Auslegung durchaus noch im Rahmen des Telos der § 394, 395 AktG. Der Eingriff in die Geheimhaltungsinteressen ist nur punktuell. Zudem lassen sich im Falle der Eigengesellschaft Einschränkungen der öffentlichen Kontrolle regelmäßig nicht durch die Geheimhaltungsinteressen rechtfertigen. Vorrangiges Ziel des Gesetzgebers bei der Schaffung der §§ 394, 395 AktG war die Verbesserung der Informationsbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand. Der Gesetzgeber hat sich nicht dazu geäußert, dass ein weitergehender Eingriff in die Geheimhaltungsinteressen absolut ausgeschlossen sei. Vielmehr steht zu erwarten, dass der Gesetzgeber sich im Zweifel für die öffentlichen Kontrollinteressen und gegen die Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens aussprechen würde. Das Ziel der verbesserten Informationsbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand wird durch die verfassungskonforme Auslegung auch nicht verfehlt, sondern vielmehr gestärkt. Folglich sind bei der Eigengesellschaft des Bundes die §§ 394, 395 AktG im Falle der Kollision mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrechts grundsätzlich verfassungskonform auszulegen, sodass trotz fehlender Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Bundesparlament zulässig ist. cc) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Darüber hinaus kommt bei Eigengesellschaften des Bundes eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG im Zusammenhang mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Betracht. Grundsätzlich ist eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an einen Untersuchungsausschuss wie bei anderen Ausschüssen zulässig, soweit der Adressatenkreis grundsätzlich nicht mehr als 21 Personen umfasst und sich Mittel zum Ausschluss der Öffentlichkeit bedient wurde. Eine weitere neben § 395 AktG verstärkt die Gewährleistung der Vertraulichkeit.418 Möglicherweise ergibt eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG, dass dieser Grundsatz im Falle des Beweiserhebungsrechts des parlamentarischen Untersuchungsausschusses bei Eigengesellschaften des Bundes zu 417 418

Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, Vor §§ 394, 395 Rn. 29. Vgl. Kap. 4 D. IV. 2. c).

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durchbrechen ist. Dies wäre der Fall, wenn die absolute Geltung der Gewährleistung der Vertraulichkeit §§ 394, 395 AktG bei Eigengesellschaften im Hinblick auf Art. 44 Abs. 1 GG nicht mit der Verfassung vereinbar wäre. Der Bundestag hat unmittelbar aus Art. 44 Abs. 1 GG das Recht, parlamentarische Untersuchungsausschüsse mit der Befugnis zur Beweiserhebung einzusetzen.419 Der Untersuchungsausschuss hat unmittelbar aus Art. 44 Abs. 1 GG die Befugnis, Beweise zu erheben, die er selbst für erforderlich erachtet.420 Dieses Beweiserhebungsrecht umfasst abhängig vom Umfang des Untersuchungsauftrages beispielsweise auch das Recht auf Vorlage von Akten der zu kontrollierenden Bundesregierung.421 Das Beweiserhebungsrecht aus Art. 44 Abs. 1 GG ist laut dem BVerfG von erheblicher Bedeutung für die Kontrollfunktion des Parlaments und damit für die Gewaltenteilung.422 Die gleichen Erwägungen hat das BVerfG für das parlamentarischen Frage- und Informationsrechts in seiner Entscheidung vom 07. 11. 2017 angestellt.423 Somit ist das Beweiserhebungsrecht aus Art. 44 Abs. 1 GG für die Kontrollfunktion des Parlaments von besonderem Gewicht. Das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses unterliegt wie das parlamentarische Frage- und Informationsrecht den Schranken in Form der Gewaltenteilung, des Staatswohls und der Grundrechte.424 Im Fall der Eigengesellschaft kann, wie bereits ausgeführt, für die Geheimhaltungsinteressen regelmäßig lediglich das staatliche fiskalische Interesse am Schutz der vertraulichen Informationen angeführt werden.425 Der Schutz der Geheimhaltungsinteressen ist also nur schwach ausgeprägt. Ferner ist die Eingriffsintensität in die Geheimhaltungsinteressen im Falle des Untersuchungsausschusses geringer als bei einer Weitergabe von vertraulichen Informationen an das gesamte Parlament. Denn ein Untersuchungsausschuss besteht gegenüber dem Bundestag aus weit weniger Mitgliedern. Regelmäßig sind die Geheimhaltungsinteressen im Zusammenhang mit Eigengesellschaften nicht derart erheblich, dass sie das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses beschränken können. Somit wird sich das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses aus Art. 44 Abs. 1 GG gegen die Geheimhaltungsinteressen der Bundesregierung hinsichtlich ihrer Eigengesellschaft durchsetzen. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob als milderes Mittel Formen der Informationsvermittlung zu wählen sind, welche die Geheimhaltungsinteressen hinreichend wahren.

419 420 421 422 423 424 425

BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 195 ff. BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271. Vgl. Kap. 4 D. IV. 3. b), bb).

2272. 2272. 2272. 2273.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Folglich kann die Weitergabe von vertraulichen Informationen aber nicht stets davon abhängig sein, dass ausreichende Sicherungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit bestehen. Daher ist die absolute Geltung der Gewährleistung der Vertraulichkeit der §§ 394, 395 AktG auch im Hinblick auf das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses nicht mit der Verfassung vereinbar. Wie bereits im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht erläutert, lassen die §§ 394, 395 AktG eine Auslegung zugunsten der öffentlichen Kontrolle dahingehend zu, dass auch ohne hinreichende Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit eine Weitergabe von vertraulichen Informationen möglich ist. Aufgrund der Vergleichbarkeit der hinter dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht und dem Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses stehenden Erwägungen kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.426 Folglich sind die §§ 394, 395 AktG verfassungskonform auszulegen, sodass im Falle von Eigengesellschaften des Bundes trotz fehlender Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgrund dessen Beweiserhebungsrechts zulässig ist. dd) Ergebnis für die Eigengesellschaft des Bundes Die §§ 394, 395 AktG sind dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass im Falle von Eigengesellschaften des Bundes trotz fehlender Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit regelmäßig eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an das Parlament im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Frageund Informationsrecht zulässig ist. Das Gleiche gilt bei der Weitergabe von vertraulichen Informationen an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit dessen Beweiserhebungsrecht. Damit wird die Gewährleistung der Vertraulichkeit infolge der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG im Falle der Eigengesellschaften des Bundes teilweise durchbrochen. e) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG bei der Mehrheitsbeteiligung des Bundes Fraglich ist, ob das Tatbestandsmerkmal der Gewähr der Vertraulichkeit aufgrund der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG auch im Falle einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes zu durchbrechen ist.

426

Vgl. Kap. 4 D. IV. 3. d), bb).

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aa) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht Das BVerfG hat seine Ausführungen im Urteil vom 07. 11. 2017 neben Eigengesellschaften ausdrücklich auch auf staatliche Mehrheitsbeteiligungen bezogen.427 Deshalb wird eine Durchbrechung der Gewähr der Vertraulichkeit im Wege der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG auch hier in Frage kommen, wenn eine Informationsweitergabe aufgrund des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts aus Art. 38 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. 2 S. 2 GG in Rede steht. Fraglich ist, ob es mit der Verfassung vereinbar ist, dass die §§ 394, 395 AktG bei der staatlichen Mehrheitsbeteiligung auch im Falle des parlamentarischen Frageund Informationsrechts eine Weitergabe von vertraulichen Informationen nur bei Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit zulassen. Entscheidend ist, inwieweit das parlamentarische Frage- und Informationsrecht begrenzt werden kann. Wie bereits ausgeführt, kann das parlamentarische Frage- und Informationsrecht durch den Gewaltenteilungsgrundsatz, das Staatswohl und die Grundrechte Dritter begrenzt werden.428 Wie im Falle der Eigengesellschaft kann sich das betroffene Unternehmen bei einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung nicht auf eigene Grundrechte berufen, da es selbst an die Grundrechte gebunden ist.429 Für die Geheimhaltungsinteressen kann erneut das fiskalische Interesse des Staates am Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als Teil des Staatswohls angeführt werden. Im Unterschied zur Eigengesellschaft sind bei der staatlichen Mehrheitsbeteiligung die Grundrechte der Minderheitsaktionäre zu berücksichtigen. Diese können das parlamentarische Frage- und Informationsrecht begrenzen.430 Die betroffenen Grundrechte der Minderheitsaktionäre sind in einen Ausgleich mit dem parlamentarischen Informationsinteresse zu bringen. Der Eingriff in die Grundrechte privater Mitaktionäre wird durch die Offenlegung von vertraulichen Informationen von gewisser Intensität sein. Das Ergebnis des Ausgleichs der widerstreitenden Interessen ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Gleichwohl wird ein solcher Ausgleich zwischen den kollidierenden Interessen zumeist in einer Informationsvermittlung liegen, die eine hinreichende Geheimhaltung sichert.431 Im Ausnahmefall können die parlamentarischen Informationsinteressen aber so erheblich sein, dass deren Einschränkung infolge der Geheimhaltungsinteressen nicht zu rechtfertigen ist. In diesem Ausnahmefall sind die §§ 394, 395 AktG wie im Falle der Eigengesellschaft verfassungskonform auszulegen. Damit ist das Erfordernis der hinreichenden Vorkehrungen zur Ge427

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 216, 219, 238, 241, 243, 282. 428 BVerfG, Urt. v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, NVwZ 2014, 1652 Rn. 134 ff. 429 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 238. 430 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 233 ff. 431 Schockenhoff, NZG 2018, 521, 523; BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 202.

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währleistung der Vertraulichkeit im Falle der staatlichen Mehrheitsbeteiligung grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar. Eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG scheidet damit regelmäßig aus. bb) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Ferner kommt eine Durchbrechung der Gewähr der Vertraulichkeit im Wege der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG in Fällen des Beweiserhebungsrechts von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen nach Art. 44 Abs. 1 GG in Betracht. Hinsichtlich der Bedeutung des Beweiserhebungsrechts des parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist auf die Ausführungen im Rahmen der Eigengesellschaft zu verweisen.432 Auf Seiten der Geheimhaltungsinteressen sind erneut bei der Abwägung der kollidierenden Verfassungsgüter die Grundrechte der privaten Mitaktionäre zu berücksichtigen. Das BVerfG hat sich in einer Entscheidung vom 17. 07. 1984 zur Abwägung zwischen dem Beweiserhebungsrecht, speziell dem Aktenherausgabeanspruch, und etwaigen entgegenstehenden Grundrechte Privater geäußert.433 Danach ist wegen der Bedeutung der parlamentarischen Kontrollfunktion grundsätzlich keine Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs zugunsten des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes und des Eigentumsschutzes Privater zulässig, soweit Vorkehrungen zum Geheimschutz getroffen wurden, die eine effektive Zusammenarbeit ermöglichen und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren.434 Eine Verkürzung des Aktenherausgabeverlangens ist lediglich ausnahmsweise im Fall der Unzumutbarkeit für den Betroffenen zulässig.435 Eine solche Unzumutbarkeit ist nur bei Informationen mit streng persönlichem Charakter anzunehmen.436 Soweit man diese Erwägungen auf die staatliche Mehrheitsbeteiligung überträgt, rechtfertigen die Grundrechte der privaten Minderheitsaktionäre keine Verweigerung der Weitergabe von vertraulichen Informationen. Vielmehr erfolgt die Sicherung der Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens durch die Wahl der Informationsvermittlung, die eine Geheimhaltung im verfassungsrechtlich gebotenen Maße gewährleistet. Hierzu können erneut die Geheimschutzordnung oder andere Mittel zum Ausschluss der Öffentlichkeit herangezogen werden. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Lediglich in Ausnahmefällen ist denkbar, dass die Geheimhaltungsinteressen keine Einschränkung des Beweiserhebungsrechts rechtfertigen. In diesen Fällen kommt eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG in Betracht. 432 433 434 435 436

Vgl. Kap. 4 D. IV. 3. d), bb). BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271. BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, 2276. BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, 2276. BVerfG, Urt. v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, NJW 1984, 2271, 2276.

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Danach wäre eine Weitergabe von vertraulichen Informationen auch ohne ausreichende Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit zulässig. Im Ergebnis ist bei der staatlichen Mehrheitsbeteiligung das Erfordernis der hinreichenden Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit im Rahmen der §§ 394, 395 AktG grundsätzlich verfassungsgemäß. Demnach ist auch im Zusammenhang mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG regelmäßig abzulehnen. cc) Ergebnis für die Mehrheitsbeteiligung des Bundes Zusammenfassend darf im Falle der Mehrheitsbeteiligung des Bundes das Aufsichtsratsmitglied grundsätzlich keine vertraulichen Informationen weitergeben, soweit nicht entsprechende organisatorischen Sicherungsmaßnahmen den Vertraulichkeitsschutz gewährleisten, §§ 394, 395 AktG. Eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG kommt ausnahmsweise in Betracht, soweit die öffentlichen Interessen von solch erheblicher Bedeutung sind, dass die Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens keine Beschränkung der Informationsweitergabe rechtfertigen. In diesem Fall hat eine Weitergabe der vertraulichen Informationen auch bei nicht hinreichenden Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit stattzufinden. f) Verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG bei der Minderheitsbeteiligung des Bundes Das BVerfG hat sich in seinem Urteil vom 07. 11. 2017 lediglich zu Fällen der Mehrheitsbeteiligung und der Eigengesellschaft geäußert. Unklar ist daher, wie bei Unternehmen mit Minderheitsbeteiligung des Bundes zu verfahren ist. aa) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht Eventuell kommt auch bei einer staatlichen Minderheitsbeteiligung in Ausnahmefällen eine Durchbrechung der Gewähr der Vertraulichkeit aufgrund der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG in Betracht. Dies ist zunächst im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht zu untersuchen. Das parlamentarische Frage- und Informationsrecht kann sich lediglich auf Angelegenheiten beziehen, die im Verantwortungsbereich der Bundesregierung liegen.437 Nach dem BVerfG fallen Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes und Eigengesellschaften des Bundes in den Verantwortungsbereich der 437

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 214.

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Bundesregierung, da diese der demokratischen Legitimation bedürfen.438 Denn das Handeln eines Unternehmens, das sich mehrheitlich oder vollständig in öffentlicher Hand befindet, ist amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter. Ein solches Handeln ist Staatsgewalt i.S.d. Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG und damit demokratisch legitimationsbedürftig.439 Im Umkehrschluss ist das Handeln eines Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung kein staatliches, sondern vielmehr privates Handeln. Privates Handeln bedarf keiner demokratischen Legitimation. Daher fallen die Tätigkeiten von Unternehmen mit staatlicher Minderheitsbeteiligung nicht in den Verantwortungsbereich des Bundes.440 In Fällen der staatlichen Minderheitsbeteiligung fällt lediglich die Entscheidung über das „Ob“ der staatlichen Beteiligung und die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse als Anteilsinhaber in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung.441 Damit kann sich das parlamentarische Frage- und Informationsrecht grundsätzlich nicht unmittelbar auf die Tätigkeiten eines Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung beziehen. Eine Kollision des parlamentarischen Frage- und Informationsrecht mit den Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens scheidet damit regelmäßig aus.442 Selbst bei einer Kollision würden die Grundrechte der privaten Mitaktionäre grundsätzlich nur eine Informationsvermittlung erlauben, die den Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens gerecht wird. Denn wenn die Grundrechte der Mitaktionäre bereits bei der staatlichen Mehrheitsbeteiligung nur eine eingeschränkte Informationsvermittlung erlauben, so gilt dies erst recht, wenn die privaten Aktionäre die Anteilsmehrheit halten. Zudem sind Unternehmen mit staatlicher Minderheitsbeteiligung selbst grundrechtsberechtigt, sodass deren Grundrechte ebenfalls zu berücksichtigen sind.443 Diese Grundrechte streiten ebenfalls für eine Informationsvermittlung, welche die Geheimhaltungsinteressen des betroffenen Unternehmens wahrt. Im Einzelnen kann sich das Unternehmen bezüglich des Schutzes der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auf die Art. 12 GG und Art. 14 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG berufen.444 Soweit der Staat Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenlegt oder deren Offenlegung fordert, ist der Schutzbereich von Art. 12 GG betroffen.445 Die Berufsausübung des Unternehmens kann durch eine den Wettbewerb beeinflussende staatliche Maßnahme beeinträchtigt werden.446 Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse können 438

BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 216 ff. BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 216 ff. 440 So auch Schmolke, WM 2018, 1913, 1918; Kerst, GWR 2017, 474. 441 Vgl. Kap 1 A. II. 3. d). 442 So auch Schmolke, WM 2018, 1913, 1918. 443 Vgl. Kap 1 A. II. 1. b). 444 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 234, 270; Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532, 533/77, 419/78, 1 BvL 21/78, NJW 1979, 699, 707. 445 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 270. 446 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 235. 439

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im Falle ihrer Offenlegung nicht mehr ausschließlich für den eigenen Erwerb eingesetzt werden.447 Soweit Konkurrenten von diesem wettbewerbserheblichen Wissen erfahren, kann eventuell die eigene unternehmerische Tätigkeit nicht mehr profitabel ausgeübt werden.448 Die Offenlegung derartigen Wissens kann beschlossene Strategien zerstören und die Motivation zur Schaffung von Innovationen beeinträchtigen.449 Denn die Investitionskosten für die Forschung können möglicherweise nicht erwirtschaftet werden, wenn Konkurrenten die geschaffenen Innovationen für die eigene Berufsausübung nutzen, ohne selbst derartige Kosten aufgebracht zu haben.450 Neben Art. 12 GG kann das Unternehmen auch Art. 14 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG für den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen anführen.451 Das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG bietet aber im Vergleich zur Berufsfreiheit keinen weitergehenden Schutz vor staatlichen informationellen Maßnahmen, sodass hierauf nicht näher einzugehen ist.452 Zudem kann sich das Unternehmen auf die informationelle Selbstbestimmung berufen, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG.453 Dies gilt allerdings nur, wenn eine informationelle Maßnahme das betroffene Unternehmen in seiner Freiheitsausübung gefährdet.454 Ob ein solcher Fall bereits mit der unbeschränkten Informationsweitergabe an das Parlament vorliegt, ist fraglich. Dies kann jedoch dahinstehen, da die Grundrechte der privaten Aktionäre und des Unternehmens, insbesondere gemäß Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG, bereits lediglich eine Informationsvermittlung zulassen, welche die Vertraulichkeit gewährleistet. Folglich scheidet bei der Minderheitsbeteiligung des Bundes eine Durchbrechung der Gewähr der Vertraulichkeit infolge einer verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG aufgrund des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts aus.

447 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 235; 14. 03. 2006 – 1 BvR 2087/03, NVwZ 2006, 1041 Rn. 84. 448 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 235; 14. 03. 2006 – 1 BvR 2087/03, NVwZ 2006, 1041 Rn. 85. 449 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 235; 14. 03. 2006 – 1 BvR 2087/03, NVwZ 2006, 1041 Rn. 85. 450 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 235; 14. 03. 2006 – 1 BvR 2087/03, NVwZ 2006, 1041, Rn. 85. 451 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 270. 452 BVerfG, Urt. v. 24. 11. 2010 – 1 BvF 2/05, NVwZ 2011, 94 Rn. 208. 453 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 237. 454 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 237.

Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

bb) Kollision der §§ 394, 395 AktG mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Fraglich ist, wie im Falle der staatlichen Minderheitsbeteiligung im Zusammenhang mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses aus Art. 44 Abs. 1 GG zu verfahren ist. Für eine Kollision mit dem Beweiserhebungsrecht aus Art. 44 Abs. 1 GG müssten die Angelegenheiten des Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung tauglicher Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein. Die Untersuchung von staatlichem Handeln ist unproblematisch möglich. Die Tätigkeiten eines Unternehmens mit einer staatlichen Minderheitsbeteiligung sind jedoch privates Handeln.455 Eine parlamentarische Untersuchung privater, also nicht staatlicher Sachverhalte, wird in der Literatur kritisch betrachtet.456 Gleichwohl kann der Untersuchungsgegenstand nach dem BVerfG unter bestimmten Voraussetzungen auch im Bereich privater Unternehmen liegen.457 Dazu muss ein erhebliches öffentliches Interesse gegeben sein, das eine parlamentarische Beratung und Beschlussfassung rechtfertigt.458 Ein solches erhebliches öffentliches Interesse besteht an der Aufklärung möglicher Verfehlungen von privaten Unternehmen, „die aufgrund gemeinwirtschaftlicher Zielsetzung ihrer Tätigkeit in erheblichem Umfang aus staatlichen Mitteln gefördert oder steuerlich begünstigt werden und besonderen gesetzlichen Bindungen unterliegen“.459 Daher können auch Tätigkeiten eines Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein. In diesem Fall kann es zu einer Kollision zwischen den Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens und dem Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses aus Art. 44 Abs. 1 GG kommen. Im Falle einer derartigen Kollision scheidet eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG aus, denn auch hier sind die Grundrechte des Unternehmens selbst sowie die der privaten Anteilsinhaber zu beachten. Im Falle der staatlichen Minderheitsbeteiligung finden die Interessen der privaten Anteilseigner besondere Berücksichtigung, da sie die Mehrheit der Anteile halten. Damit überwiegen grundsätzlich die Geheimhaltungsinteressen gegenüber den öffentlichen Interessen. Eine Einschränkung der Gewährleistung der Vertraulichkeit im Zusammenhang mit der staatlichen Minderheitsbeteiligung aufgrund verfassungsrechtlicher Erwägungen ist damit abzulehnen.

455 456 457 458 459

Vgl. Kap. 1 II. 3 d). Klein, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 44 Rn. 110. BVerfG, Beschl. v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86, NJW 1988, 890, 892. BVerfG, Beschl. v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86, NJW 1988, 890, 892. BVerfG, Beschl. v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86, NJW 1988, 890, 892.

D. Berichtsadressat

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cc) Ergebnis für die Minderheitsbeteiligung des Bundes Im Falle der Minderheitsbeteiligung des Bundes darf das Aufsichtsratsmitglied folglich keine vertraulichen Informationen an das Parlament weitergeben, soweit keine entsprechenden organisatorischen Sicherungsmaßnahmen den Vertraulichkeitsschutz gewährleisten.460 Eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG ist grundsätzlich abzulehnen.

V. Berichtsadressaten auf Landesebene Auf Landesebene ist wie auf Bundesebene das Tatbestandsmerkmal der Gewährleistung der Vertraulichkeit auf Seiten des Berichtsempfängers zu beachten.461 Dies ergibt sich aus den §§ 394, 395 AktG, die abstrakt eine Beteiligung einer Gebietskörperschaft betreffen. Auch auf Landesebene prüft der Rechnungshof die jeweiligen Beteiligungen des Landes, § 44 HGrG. Hierbei bestehen ebenso wie auf Bundesebene ähnliche Vorschriften zur Sicherung der Gewähr der Vertraulichkeit, sodass auf diese nicht gesondert eingegangen wird.462 1. Gewähr der Vertraulichkeit bei Auskunftsverlangen nach den landesrechtlichen Informationsgesetzen Im Unterschied zu bundesgesetzlichen Berichtspflichten gilt bei landesgesetzlichen Berichtspflichten der Vorrang von Bundesrecht gegenüber Landesrecht gemäß Art. 31 GG. Somit können landesgesetzliche Berichtspflichten grundsätzlich nicht die bundesrechtlichen §§ 394, 395 AktG beschränken. Konkret zeigt sich dies, wenn auf Grundlage eines Landesinformationsgesetzes Informationen offengelegt werden sollen, die vertrauliche Informationen von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung enthalten. Hierzu hat das OVG Koblenz entschieden, dass solche landesrechtlichen Informationsansprüche wegen Art. 31 GG nicht die §§ 394, 395 AktG beschränken können.463 Denn der Landesgesetzgeber könne nicht das bundesgesetzliche Gesellschaftsrecht abändern, da er lediglich für das Kommunalrecht zuständig sei.464 Die öffentliche Hand habe das Gesellschaftsrecht so hinzunehmen, wie es ausgestaltet ist.465 Wenn also einem Auskunftsbegehren nach den Landesinformationsgesetzen die §§ 394, 395 AktG 460

So auch Schockenhoff, NZG 2018, 521, 524; Schmolke, WM 2018, 1913, 1918. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 41. 462 Hierzu: Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 180; § 97 LHO BW, § 97 LHO Bayern. 463 OVG Koblenz, Urt. v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 50. 464 OVG Koblenz, Urt. v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 50. 465 OVG Koblenz, Urt. v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 50. 461

184

Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

entgegenstehen, kann die Antwort unter Verweis auf die aktienrechtlichen Regelungen verweigert werden. Der Gesetzgeber löst diese Konfliktfälle, indem er die Geltung der landesrechtlichen Regelungen unter den Vorbehalt stellt, dass diese nicht dem Bundesrecht widersprechen dürfen.466 Damit wird im Falle der Weitergabe von vertraulichen Informationen der Konflikt mit der Gewährleistung der Vertraulichkeit aus §§ 394, 395 AktG und damit Art. 31 GG vermieden.467 Als Beispiel für einen solchen gesetzlich geregelten Vorbehalt kann § 113 Abs. 5 GemO NRW herangezogen werden. Dieser statuiert eine Unterrichtungspflicht der Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat gegenüber dem Gemeinderat. Eine solche Unterrichtungspflicht soll nur bestehen, „soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist“, § 113 Abs. 5 S. 2 GemO NRW. 2. Ausschüsse und Gremien als Berichtsempfänger Hinsichtlich der Berichtsweitergabe an Ausschüsse kann auf die Ausführungen zur Gewähr der Vertraulichkeit auf Bundesebene verwiesen werden, da auf Landesebene die gleiche Problematik besteht.468 Eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an Ausschüsse ist demnach zulässig, wenn diese nicht mehr als 21 Personen umfassen, da so auch in tatsächlicher Hinsicht die Wahrung der Vertraulichkeit sichergestellt werden kann. Ferner muss sich Mitteln zum Ausschluss der Öffentlichkeit bedient werden. In Betracht kommt beispielsweise die Begrenzung des Zutrittsrecht auf die Mitglieder des jeweiligen Ausschusses. In BaWü sind die Beratungen der Ausschüsse gemäß § 32 Abs. 1 GO-LT BW grundsätzlich nicht öffentlich. Grundsätzlich öffentliche Anhörungen können durch eine Mehrheitsentscheidung der Ausschussmitglieder nicht öffentlich durchgeführt werden, § 32 Abs. 2 GO-LT BW. Es bestehen also auf Landesebene, am Beispiel von BaWü, Möglichkeiten zur Wahrung der Vertraulichkeit. Diese Höchstzahl von 21 Mitgliedern kann im Einzelfall überschritten werden, soweit ansonsten noch weitere Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit bestehen. Beispielsweise kann eine neben § 395 AktG bestehende Verschwiegenheitspflicht infolge ihres abschreckenden Effekts als weitere Vorkehrung zur Gewährleistung der Vertraulichkeit in tatsächlicher Hinsicht gewertet werden.469 3. Landtag als Berichtsempfänger Hinsichtlich einer Weitergabe von vertraulichen Informationen an Landtage stellt sich das gleiche Problem wie beim Bundestag. Auch auf Landesebene wird eine 466 467 468 469

Koch, ZHR 183 (2019), 7, 42. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 42. Vgl. Kap. 4 D. IV. 2. c). Vgl. Kap. 4 D. IV. 2. c).

D. Berichtsadressat

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Überprüfung der Beteiligungsverwaltung durch das Parlament in Frage kommen.470 Infolge der zahlreichen Mitglieder der Landesparlamente scheint eine Wahrung der Vertraulichkeit faktisch nicht möglich.471 Fraglich ist, ob dennoch eine Weitergabe von vertraulichen Informationen im Rahmen der §§ 394, 395 AktG an den Landtag erfolgen kann oder sogar muss. Die Landtagsabgeordneten unterliegen in jedem Fall der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 Abs. 1 AktG, wenn sie Berichte im Wege des § 394 AktG erhalten.472 Wie auf Bundesebene gilt auch hier der Grundsatz, dass das Landesparlament nur Berichtsadressat sein kann, soweit entsprechende Vorkehrungen zur Sicherung der Vertraulichkeit getroffen wurden. Vor dem Hintergrund des Urteils des BVerfG vom 07. 11. 2017 ist eine solche Vorkehrung beispielsweise die Information des Parlaments unter Anwendung der Geheimschutzordnung. Maßgebend ist, dass sich Mittel zum Ausschluss der Öffentlichkeit bedient wird. Auf Ebene der Länder bestehen teilweise der Geheimschutzordnung des Bundes entsprechende Regelungen.473 Soweit in manchen Bundesländern bislang keine entsprechende Geheimschutzordnung geschaffen worden ist, ist die Schaffung einer solchen anzuraten.474 Denn eine Geheimschutzordnung ist mittels der umfassenden Regelungen zum Umgang mit vertraulichen Informationen ein passendes Instrument zur Schaffung eines Ausgleichs zwischen dem parlamentarischen Informationsinteresse und etwaigen Geheimhaltungsinteressen. Der Kreis der Informationsempfänger kann im Falle der Geheimschutzordnung nämlich hinreichend begrenzt werden. Regelmäßig entscheidet allein der Landtagspräsident, die Vorsitzenden der Landtagsausschüsse oder die vom Landtagspräsidenten ermächtigten Stellen darüber, ob eine Angelegenheit eine der Geheimschutzordnung unterliegende Verschlusssache ist.475 Von den übrigen Mitteln zum Ausschluss der Öffentlichkeit, wie beispielsweise lediglich geheim tagende Gremien zu informieren, kann dagegen nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen Gebrauch gemacht werden.476 Eine Geheimschutzordnung vereinfacht daher den Umgang mit geheimhaltungsbedürftigen Informationen innerhalb des Landtags und damit auch den 470

Vgl. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 41. Schürnbrand weist korrekt daraufhin, dass die Gewähr der Vertraulichkeit für jedes Land gesondert zu prüfen ist, Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 41. Aus Gründen der Übersichtlichkeit verbleibt es hier bei allgemeinen Ausführungen auf Landesebene. 472 Vgl. Kap. 4 D. 473 Beispielsweise Geheimschutzordnung Bayern; Geheimschutzordnung RLP; in BW: Geheimhaltungsrichtlinien gemäß § 32 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Landtags. 474 Beispielsweise in Niedersachsen und Hamburg bestehen bislang keine Geheimschutzordnungen. 475 § 4 Abs. 2, 4 Geheimhaltungsrichtlinien Landtag BW; § 6 Abs. 1, 2 Geheimschutzordnung Landtag Bayern; in RLP ist nur der Landtagspräsident und weitere von ihm ermächtigte Stellen zur Bestimmung des Geheimhaltungsgrads ermächtigt, § 4 Abs. 4, 6 Geheimschutzordnung RLP. 476 Ein solcher Fall ist beispielsweise beim parlamentarischen Kontrollgremium des Landes BaWü in Sachen des Verfassungsschutzes gegeben, LT-BaWü-Drs. 15/4660, S. 9. 471

186

Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Informationsfluss zwischen Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, und dem Land selbst. a) Gewährleistung der Vertraulichkeit im Falle des parlamentarischen Fragerechts auf Landesebene Wie auf Bundesebene ist eine Kollision der Geheimhaltungsinteressen von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung mit dem Informationsinteresse des Landtags im Falle des parlamentarischen Fragerechts denkbar. Ein solches Fragerecht soll sich teilweise mittelbar aus dem freien Mandat eines Landtagsabgeordneten ergeben, welches grundsätzlich in den jeweiligen Landesverfassungen geregelt ist.477 aa) Beschränkung des AktG durch die Landesverfassung Fraglich ist, ob Regelungen einer Landesverfassung die §§ 394, 395 AktG, also das bundesgesetzliche Aktiengesetz, beschränken können. Der BayVerfGH vertritt, dass das aus der Landesverfassung resultierende Fragerecht durch bundesgesetzlich geregelte Geheimhaltungspflichten nicht zwingend „überlagert“ werde.478 Art. 31 GG komme nicht zur Anwendung, da die Verfassungsräume von Bund und Ländern regelmäßig nebeneinander stehen.479 Zudem werde das Erfordernis parlamentarischer Kontrolle auf Ebene der Landtage über Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG auch durch das Bundesrecht vorausgesetzt.480 Deshalb habe eine Abwägung i.S.d. praktischen Konkordanz zwischen den Geheimhaltungsinteressen und den parlamentarischen Informationsinteressen stattzufinden.481 Demgegenüber hat das HbgVerfG den Vorrang des Bundesrechts auch gegenüber des Landesverfassungsrechts bejaht.482 Das HbgVerfG hat diesen Vorrang des Bundesrechts gegenüber der Landesverfassung jedoch nicht näher begründet. Die gegenteiligen Auffassungen sind anhand des Art. 31 GG zu beurteilen. Gemäß Art. 31 GG bricht Bundesrecht das Landesrecht. Bundesrecht sind insbesondere das Grundgesetz, die Bundesgesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen, welche der Bundesgesetzgeber erlassen hat.483 Landesrecht ist jedes Recht, welches von gesetzgebenden Landesorganen erlassen wird.484 Die Landesverfassungen 477 Art. 13 Abs. 2 LV Bayern; BayVerfGH, Entscheidung v. 26. 07. 2006 – Vf. 11-IVa/05, NVwZ 2007, 204, 205. 478 BayVerfGH, Entscheidung v. 26. 07. 2006 – Vf. 11- IVa/05, NVwZ 2007, 204, 207. 479 BayVerfGH, Entscheidung v. 26. 07. 2006 – Vf. 11- IVa/05, NVwZ 2007, 204, 207. 480 BayVerfGH, Entscheidung v. 26. 07. 2006 – Vf. 11- IVa/05, NVwZ 2007, 204, 207. 481 BayVerfGH, Entscheidung v. 26. 07. 2006 – Vf. 11- IVa/05, NVwZ 2007, 204, 208. 482 HbgVerfG, Urt. v. 21. 12. 2010 – HVerfG 1/10, NVwZ 2011, 425, 426. 483 Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 31 Rn. 19; Huber, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 31 Rn. 10. 484 Huber, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 31 Rn. 13.

D. Berichtsadressat

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werden jeweils von den gesetzgebenden Landesorganen erlassen. Somit sind auch die Landesverfassungen Landesrecht i.S.d. Art. 31 GG.485 Daher gilt Art. 31 GG nach Auffassung der h.L. und dem BVerfG auch im Verhältnis zwischen Bundesrecht und Landesverfassungsrecht.486 Somit findet entgegen der Auffassung des BayVerfGH Art. 31 GG auch Anwendung zwischen Bundesrecht und der Landesverfassung. Demnach können die Regelungen einer Landesverfassung nicht das bundesgesetzliche Aktiengesetz beschränken. bb) Fragerecht eines Landtagsabgeordneten und Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG Möglicherweise kommt eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG in Betracht, wenn das Fragerecht eines Landtagsabgeordneten nicht aus der jeweiligen Landesverfassung, sondern unmittelbar aus Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG abzuleiten wäre. In diesem Fall wäre Art. 31 GG unbeachtlich, da keine Kollision zwischen Landes- und Bundesrecht bestünde. Soweit das Fragerecht eines Landtagsabgeordneten auf Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG gestützt werden könnte, ist die Gewähr der Vertraulichkeit möglicherweise einzuschränken. Gemäß Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG muss die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates i.S.d. GG entsprechen. Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG normiert nach h.M. die Pflichten eines Landes im Rahmen der Ausgestaltung seiner verfassungsmäßigen Ordnung („Homogenitätsgebot“487).488 Das Fragerecht des einzelnen Landtagesabgeordneten dient der Kontrollfunktion des Landtags gegenüber der Landesregierung.489 Diese parlamentarische Kontrolle ist von wesentlicher Bedeutung für die Gewaltenteilung, welche wiederum selbst Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ist. Das Fragerecht von Landtagsabgeordneten kann also mittelbar auf das Rechtsstaatsprinzip gestützt werden. Aufgrund dessen hat das Fragerecht des Landtagsabgeordneten aber nicht den Rang eines Bundesverfassungsgesetzes. Der Regelungsgehalt des Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG würde überspannt, wenn jede potentielle Ausprägung der verfassungsmäßigen Ordnung der Länder nunmehr den Rang von Bundesverfassungsrecht hätte. Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG soll schließlich lediglich die Pflichten des Landes zur 485 Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, 92 EL. 2020, Art. 28 Abs. 2 Rn. 29; Huber, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 31 Rn. 14. 486 BVerfG, Beschl. v. 15. 10. 1997 – 2 BvN 1 – 95, NJW 1998, 1296, 1299; Huber, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 31 Rn. 14; Hellermann, in: BeckOK GG, 45. Edition, 2020, Art. 31 Rn. 14.2. 487 Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. 488 Nierhaus/Engels, in: Sachs, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 28 Rn. 31; Mehde, in: Maunz/ Dürig, GG, 92. EL. 2020, Art. 28 Abs. 1 Rn. 30. 489 Wiebauer, GewArch 2017, 413, 417.

188

Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

Ausgestaltung dessen verfassungsmäßiger Ordnung festlegen.490 Demnach ergibt sich das Fragerecht eines Landtagsabgeordneten nicht unmittelbar aus Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG.491 Das Fragerecht des Landtagsabgeordneten resultiert damit unmittelbar lediglich aus den landesverfassungsrechtlichen Regelungen. Daher scheidet auch eine Beschränkung der Gewähr der Vertraulichkeit im Rahmen der §§ 394, 395 AktG infolge des Fragerechts des Landtagsabgeordneten aus.492 b) Ergebnis Im Ergebnis erfährt die Gewährleistung der Vertraulichkeit gemäß den §§ 394, 395 AktG bei der Informationsweitergabe an das Landesparlament wegen dem parlamentarischen Fragerecht keine Einschränkung.

VI. Berichtsadressaten auf kommunaler Ebene Die Gemeinden in Deutschland bedienen sich ebenfalls zu ihrer Aufgabenwahrnehmung teilweise der Formen des Privatrechts. Soweit diese für ihre Aufgabenwahrnehmung die Privatrechtsform der AG wählen und Vertreter in den jeweiligen Aufsichtsrat entsenden, stellt sich auch hier das Problem der Gewähr der Vertraulichkeit. 1. Rechnungsprüfungsamt als Berichtsadressat Nach den jeweiligen Gemeindeordnungen haben die Gemeinden teilweise ein Rechnungsprüfungsamt einzurichten. Vorliegend soll näher auf die Rechtslage in BaWü eingegangen werden. In BaWü sind Stadtkreise und Große Kreisstädte verpflichtet, ein solches Rechnungsprüfungsamt einzurichten, soweit sie sich nicht eines anderen kommunalen Rechnungsprüfungsamtes bedienen, § 109 Abs. 1 S. 1 GemO BW. Alle übrigen Gemeinden steht es frei, ebenfalls ein solches Amt zu schaffen oder sich anderen kommunalen Rechnungsprüfungsämtern zu bedienen, § 109 Abs. 1 S. 1 GemO BW. Die Rechnungsprüfer selbst sind gemäß § 395 Abs. 1 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet, da sie die Betätigung der Gemeinde als Aktionär überprüfen. Ferner gelten besondere Anforderungen für die Rechnungsprüfer gemäß § 109 Abs. 5 GemO BW. Danach dürfen die Rechnungsprüfer in keinem die Befangenheit begründeten Verhältnis zum Bürgermeister, zu Beigeordneten, zum stellvertretenden Bürgermeister, zum Fachbediensteten für das Finanzwesen, zum Kassenverwalter, zu dessen Stellvertreter und zu anderen Bediensteten der Gemeindekasse stehen. Die Rechnungsprüfer dürfen nur dann eine 490 491 492

So auch Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. So auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41. So im Ergebnis auch Schwill, NVwZ 2019, 109, 113.

D. Berichtsadressat

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andere Stellung in der Gemeinde innehaben, soweit diese mit der Unabhängigkeit und den Aufgaben des Rechnungsprüfungsamts vereinbar ist, § 109 Abs. 5 S. 2 GemO BW. Auf diese Weise wird in tatsächlicher Hinsicht der Berichtsadressatenkreis wirksam begrenzt. Daher ist eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an diese Rechnungsprüfer zulässig, §§ 394, 395 AktG. 2. Oberbürgermeister als Berichtsadressat Fraglich ist, ob daneben auch der Oberbürgermeister Berichtsadressat sein kann. Dies wäre der Fall, wenn der Oberbürgermeister die Beteiligung der Gemeinde zu verwalten hätte, oder die Betätigung der Gemeinde als Aktionär bzw. des Vertreters im Aufsichtsrat zu prüfen hätte, § 395 Abs. 1 AktG. Dies soll am Beispiel der GemO BW erörtert werden. Der Oberbürgermeister leitet die Gemeindeverwaltung, § 42 Abs. 1 S. 1 GemO BW. Er ist für die sachgemäße Erledigung der örtlichen Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltung verantwortlich, § 42 Abs. 1 S. 2 GemO BW. Der Oberbürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen, § 42 Abs. 1 S. 2 GemO BW. Der Bürgermeister übt daher als Vertreter der Gemeinde deren Aktionärsrechte aus. Als Leiter der Gemeindeverwaltung muss er zwangsläufig auch über die Verwaltung der Beteiligungen der Gemeinde entscheiden.493 Somit ist der Bürgermeister mit der Beteiligungsverwaltung i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG betraut. Deshalb ist die Verschwiegenheitspflicht nach § 395 Abs. 1 AktG auch auf den Oberbürgermeister zu erstrecken. Damit ist die Gewährleistung der Vertraulichkeit im Falle der Berichterstattung gegenüber dem Bürgermeister sichergestellt. Die Vertreter im Aufsichtsrat können daher dem Oberbürgermeister gemäß §§ 394, 395 AktG auch vertrauliche Informationen weitergeben. 3. Gemeinderat als Berichtsadressat Das Problem der Gewährleistung der Vertraulichkeit stellt sich insbesondere, wenn vertrauliche Informationen im Wege der §§ 394, 395 AktG an den Gemeinderat weitergegeben werden sollen. Dem Gemeinderat wird grundsätzlich auch die Kompetenz zukommen, die Betätigung der Kommune zu überprüfen.494

493 Insoweit auch Altmann, Verschwiegenheitspflicht, 2015, S. 127 f. für den Oberbürgermeister nach der Bayerischen Gemeindeordnung. 494 Vgl. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 42.

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Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

a) Meinungsstand im Schrifttum In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass der Gemeinderat nicht pauschal als Berichtsadressat ausscheide.495 Vielmehr seien stets im Wege der praktischen Konkordanz die öffentlichen Interessen mit den Geheimhaltungsinteressen des betroffenen Unternehmens abzuwägen.496 Unter Bezugnahme auf das Urteils des BVerfG vom 07. 11. 2017 wird nunmehr behauptet, dass das Gesellschaftsrecht und damit auch die aus §§ 394, 395 AktG abzuleitende Gewähr der Vertraulichkeit durch das Kommunalrecht überlagert werde.497 Denn die Ausführungen des BVerfG dahingehend, dass der Bundestag eine hinreichende Informationsgrundlage für eine angemessene Kontrollfunktion haben muss, seien auf den Gemeinderat zu übertragen.498 Im Unterschied zu den Bundes- und den Landesparlamenten wähle der Gemeinderat nicht die Spitzen anderer Staatsorgane und habe weniger legislative Aufgaben.499 Gleichwohl nehme der Gemeinderat wichtige Kontroll- und Überwachungsaufgaben wahr.500 Zudem habe er über bedeutende Exekutivaufgaben zu bestimmen.501 Für die Erfüllung der vorgenannten Aufgaben sei eine hinreichende Informationsgrundlage unabdingbar und von Art. 28 sowie Art. 20 GG geschützt.502 Denn das Kommunalrecht konkretisiere die Art. 20, 28 GG.503 Insbesondere habe das BVerfG mit seinen Ausführungen zur parlamentarischen Kontrollfunktion auch den verfassungsunmittelbaren Informationsanspruch des Gemeinderats gegenüber dem jeweiligen Bürgermeister anerkannt.504 Nach der bislang h.M. kann der Gemeinderat kein Berichtsadressat sein, da die Gewährleistung der Vertraulichkeit nicht sichergestellt sei.505 Auch hier gelte der Grundsatz der Öffentlichkeit für die Beratungen des Gemeinderats.506 Aufgrund der Anzahl der Gemeinderatsmitglieder sei die Sicherstellung der Vertraulichkeit faktisch nicht zu erreichen.507 Auch das Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 habe an 495

160. 496

Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 14; Zieglmeier, ZGR 2007, 144,

Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 14. Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093. 498 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094. 499 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094. 500 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094. 501 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094. 502 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094. 503 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094. 504 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1095. 505 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 42; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 38, 42; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 181; Grundlach/Frenzel/Schmidt, LKV 2001, 246, 251. 506 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 41. 507 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 181; Schürnbrand, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 42. 497

D. Berichtsadressat

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dieser Wertung auf Kommunalebene keine Änderungen mit sich gebracht.508 Die Begründung, dass das Gesellschaftsrecht vom Kommunalrecht überlagert werde, da letzteres die Art. 20, 28 GG konkretisiere, widerspreche Art. 31 GG.509 Aus Art. 20, 28 GG können keine unmittelbaren Informationsansprüche des Gemeinderats resultieren, welche dem Gesellschaftsrecht im Falle der Kollision vorgehen.510 Solche konkreten Informationsansprüche folgen nicht aus den Art. 20, 28 GG, da diese lediglich einen Gestaltungsauftrag statuieren.511 b) Keine Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch das Kommunalrecht Zuzugestehen ist, dass der Gemeinderat einer hinreichenden Informationsgrundlage für die Erfüllung seiner Kontroll-, Überwachungs- und Exekutivaufgaben bedarf. Daraus folgt aber nicht, dass das Kommunalrecht nunmehr das Gesellschaftsrecht im Rahmen der §§ 394, 395 AktG überlagert. Eine eventuelle Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch das Kommunalrecht kann nicht auf Art. 20, 28 GG gestützt werden. Insoweit ist Koch zuzustimmen, der den Art. 20, 28 GG lediglich einen Gestaltungsauftrag gegenüber den Ländern und Gemeinden entnimmt.512 Die einzelnen Ausprägungen dieses Gestaltungsauftrages sind nicht verfassungsrechtlich vorbestimmt.513 Die Begründung, dass das Kommunalrecht das Gesellschaftsrecht überlagere, da es die Verfassung konkretisiere, führt zu einem uferlosen Geltungsvorrang des Kommunalrechts gegenüber dem Gesellschaftsrecht. Dies widerspricht Art. 31 GG. Die Normenhierarchie kann nicht dadurch umgangen werden, indem landesrechtliche Regelungen nunmehr unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. Einen derartigen Vorrang des Kommunalrechts zu statuieren, obliegt allein dem Gesetzgeber. Eine derartige Intention des Gesetzgebers ist bislang jedenfalls nicht zu erkennen. Auch das BVerfG selbst hat ausgeführt, dass das Gesellschaftsrecht nicht an die Steuerungsbedürfnisse der öffentlichen Hand anzupassen sei.514 Eine etwaige Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch das Kommunalrecht, würde die vorgenannte Aussage des BVerfG ad absurdum führen.515 Ferner überzeugt die Behauptung nicht, dass auf Grundlage des Urteils des BVerfG nunmehr der verfassungsunmittelbare Informationsanspruch des Gemeinderats anerkannt sei.516 Ob aus Art. 20 Abs. 2 GG ein verfassungsunmittelbarer In508

Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41. 510 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41. 511 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41. 512 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41. 513 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, Vor § 394 Rn. 19; Spannowsky, ZGR 1996, 400, 423. 514 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 225. 515 So ansatzweise auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41. 516 Insoweit aber Katz, NVwZ 2018, 1091, 1095. 509

192

Kap. 4: Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 394 AktG

formationsanspruch des Gemeinderats gegenüber dem jeweiligen Bürgermeister resultiert, ist hoch umstritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt.517 Das BVerfG hat sich an keiner Stelle zu einem solchen Anspruch geäußert. Zudem sind die Informationsrechte des Gemeinderats zumeist einfachgesetzlich geregelt, sodass ihre unmittelbare Anspruchsgrundlage nicht Art. 20 Abs. 2 GG, sondern die jeweilige Landesvorschrift ist.518 In diesem Fall muss Art. 31 GG konsequent Anwendung finden. Das BVerfG hat seine Ausführungen auf die parlamentarische Kontrolle durch den Bundestag beschränkt.519 Es wurde an keiner Stelle auf die Kontrollerfordernisse auf kommunaler Ebene eingegangen. Aus dem Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 ergibt sich daher nicht, dass dessen Erwägungen nunmehr auch auf kommunaler Ebene anzuwenden seien. c) Einzelfallentscheidung Somit findet keine Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch das Kommunalrecht statt. Der Gemeinderat kann nur dann Berichtsadressat sein, wenn hinreichende Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit getroffen wurden. Soweit die Gemeinderatsmitglieder Kenntnis von den Berichten gemäß § 394 AktG erlangen, sind sie mit den Prüfungsaufgaben i.S.d. § 395 AktG betraut.520 Somit unterliegen die Gemeinderatsmitglieder in diesen Fällen der Verschwiegenheitspflicht. Die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht in tatsächlicher Hinsicht erfordert in jedem Fall einen Ausschluss der Öffentlichkeit. In BaWü beispielsweise tagt der Gemeinderat gemäß § 35 Abs. 1 GemO grundsätzlich öffentlich. Nicht öffentlich sind die Sitzungen nur, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Eine nicht öffentliche Sitzung genügt allein aber nicht für eine hinreichende Vorkehrung. Der Adressatenkreis der Berichtsempfänger darf unter Rückgriff auf § 95 AktG die Obergrenze von 21 Personen grundsätzlich nicht überschreiten. Die Anzahl der Gemeinderatsmitglieder bemisst sich gemäß § 25 GemO anhand der Einwohnerzahl. Im Ergebnis entscheiden die im konkreten Fall angewandten Mittel zum Ausschluss der Öffentlichkeit und die Anzahl der Gemeinderatsmitglieder darüber, ob eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an den Gemeinderat erfolgen kann. 4. Ausschüsse und Ratsfraktionen als Berichtsadressat Hinsichtlich der Berichterstattung gegenüber Ausschüssen auf Gemeindeebene kann auf die Ausführungen zu den Ausschüssen auf Bundes- und Landesebene 517

VGH München, Beschl. v. 11. 02. 2014 – 4 ZB 13.2225, NVwZ-RR 2014, 566 Rn. 13. Beispielsweise für BaWü: § 24 Abs. 3, 4 GemO BW. 519 BVerfG, Urt. v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BeckRS 2017, 130229 Rn. 195 ff. 520 Vgl. Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 395 Rn. 5; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 191. 518

D. Berichtsadressat

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verwiesen werden.521 Entscheidend sind die konkreten Regelungen zur Wahrung der Vertraulichkeit, welche sich je nach Gemeinde unterscheiden können. Im Schrifttum werden teilweise auch Ratsfraktionen als Berichtsadressaten diskutiert.522 Hier ergeben sich jedoch im Vergleich zu Ausschüssen als Berichtsadressaten keine Besonderheiten, da bei Ratsfraktionen kein Grund für eine Ausnahme von der Gewährleistung der Vertraulichkeit besteht. Daher sind die bereits für die Ausschüsse entwickelten Grundsätze anzuwenden.523

521

Vgl. Kap. 4 D. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 42; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 42; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 182; Zieglmaier, ZGR 2007, 144, 162. 523 Vgl. Kap. 4 IV. 2. und V. 2. 522

Kapitel 5

Rechtsfolge des § 394 AktG A. Beschränkte Berichterstattung Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 394 S. 1 AktG hat das jeweilige Aufsichtsratsmitglied der Gebietskörperschaft Bericht zu erstatten. Dieser Bericht kann sämtliche Informationen umfassen, welche ansonsten der Verschwiegenheitspflicht nach § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG und § 116 S. 2 AktG unterliegen.1 Der Umfang des Berichts wird durch die Grundlage der Berichtspflicht und § 394 S. 2 AktG begrenzt.2 Nach § 394 S. 2 AktG darf der Bericht nur dann Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten, wenn diese Angaben für die Zwecke des Berichts von Bedeutung sind. Inhalt der Berichte können alle Informationen sein, die im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Risiken und Chancen der Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung sind oder die Entlastung der Organträger betreffen.3

I. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse i.S.d. § 394 S. 2 AktG Die Begriffe „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ in § 394 S. 2 AktG sollen nach der vorherrschenden Ansicht in der Literatur den Begriffen „vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft“ nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG entsprechen.4 Denn § 93 Abs. 1 S. 3 AktG präzisiert die Begriffe „vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft“ dahingehend, dass ausdrücklich auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse erfasst sind. § 394 S. 2 AktG erfasst auch die vertraulichen Berichte und vertrauliche Beratungen i.S.d. § 116 S. 2 AktG, da § 394 AktG sämtliche Ausprägungen der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht umfasst.5 Daher dürfen auch vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen nur dann Gegenstand der Berichte sein, wenn sie für deren Zweck von Bedeutung sind, § 394 S. 2 AktG.

1

Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 29. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 164. 3 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 31; Belcke/Mehrhoff, GmbHR 2016, 576, 579. 4 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 47. 5 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 30; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 27; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 169. 2

A. Beschränkte Berichterstattung

195

II. Zweck der Berichterstattung Gemäß § 394 S. 2 AktG ist eine Berichterstattung über vertrauliche Informationen nur zulässig, soweit der Zweck der Berichterstattung dies erfordert. Der Umfang der Berichtspflicht wird also durch den jeweiligen Zweck der konkreten Berichtsgrundlage bestimmt.6 Maßgebend ist regelmäßig, ob die Kenntnis dieser vertraulichen Informationen für die Beteiligungsverwaltung notwendig ist und die haushaltsrechtliche Prüfung der staatlichen Betätigung nach § 44 HGrG durch den Rechnungshof ermöglicht.7 Bei der Beurteilung, welchen Berichtsumfang der Zweck der Berichterstattung erfordert, sind sowohl die Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft und als auch die hinter der Berichtspflicht stehenden öffentlichen Informationsinteressen zu berücksichtigen.8 Dazu wird in der Praxis zumeist der Berichtsadressat seine haushaltsrechtlichen Berichtserfordernisse gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied deutlich gemacht haben.9 1. Beurteilung zweier Aspekte im Rahmen des § 394 AktG Im Rahmen der Informationsweitergabe nach § 394 AktG sind zwei Aspekte zu beurteilen. Zunächst hat das Aufsichtsratsmitglied zu bestimmen, ob ein Umstand der Verschwiegenheitspflicht unterliegt, §§ 93, 116 AktG. Daraufhin ist zu ermitteln, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordert.10 Hinsichtlich des ersten Aspekts, also der Frage, ob ein Umstand der Verschwiegenheitspflicht unterliegt, besteht zwischen der h.L. und der Rspr. Einigkeit, dass dem Aufsichtsrat kein eigenständiger Beurteilungs- und Ermessensspielraum zukommt.11 Denn diese Entscheidung hat allein anhand des objektiven Unternehmensinteresses zu erfolgen, sodass eine vollständige gerichtliche Überprüfbarkeit gewährleistet ist.12

6

Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988, Sonderbeilage 13, 1, 9. Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 28; Kropff, in: Geßler/ Hefermehl, AktG 1993, §§ 394, 395 Rn. 33. 8 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 185; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 51. 9 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 32. 10 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 44; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 32. 11 OLG Stuttgart NZG 2007, 72, 74; Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 116 Rn. 11; Habersack, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 56; Spindler, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 116 Rn. 107; Hopt/Wiedemann, in: GK-AktG, Bd. 5, 5. Aufl. 2019, § 116 Rn. 230; a.A. Mertens/Cahn, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2013, § 116 Rn. 50. 12 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 116 Rn. 11. 7

196

Kap. 5: Rechtsfolge des § 394 AktG

2. Beurteilung des Umfangs der weiterzugebenden vertraulichen Information Demgegenüber herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Gebietskörperschaft oder das Aufsichtsratsmitglied den Umfang der weiterzugebenden vertraulichen Informationen zu beurteilen hat. a) Der Meinungsstand zur Frage, wer den Umfang der weiterzugebenden vertraulichen Information zu beurteilen hat Teilweise wird vertreten, dass die Beurteilung, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordert, nicht durch das Aufsichtsratsmitglied, sondern durch die Stelle zu erfolgen habe, die das Informationsrecht hat.13 Danach würde die Beurteilung der Erforderlichkeit der Gebietskörperschaft obliegen. So könne eine umfassende und zügige Information der öffentlichen Hand erreicht werden, die Grundlage für eine effektive Beteiligungsverwaltung und Betätigungsprüfung sei.14 Das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds sei im Falle einer Berichtspflicht zu durchbrechen.15 Nach der vorherrschenden Auffassung hat das Aufsichtsratsmitglied und nicht die Gebietskörperschaft darüber zu entscheiden, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordert.16 b) Beurteilung durch das Aufsichtsratsmitglied Aus dem Wortlaut des § 394 AktG wird nicht deutlich, dass eine andere Stelle als das Aufsichtsratsmitglied die Entscheidung über den Umfang der weiterzugebenden vertraulichen Informationen zu treffen habe. § 394 S. 1 AktG adressiert allein das Aufsichtsratsmitglied und nicht die öffentliche Hand. Daher spricht der Wortlaut für eine Beurteilung durch das Aufsichtsratsmitglied. Auch der Zweck des § 394 AktG spricht für eine derartige Auslegung. § 394 AktG dient den Informationsinteressen des öffentlichen Anteilseigners. Gleichwohl sollen die Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens effektiv geschützt werden. Soweit die Gebietskörperschaft selbst entscheiden würde, welche vertraulichen Informationen weiterzugeben sind, setzt dies deren vorherige Unterrichtung voraus. Eine solche vorherige Unterrichtung der Gebietskörperschaft über Unternehmensinterna entwertet die Verschwiegenheits13

Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 52. Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 52. 15 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 52. 16 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 44; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 32; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 32; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 13; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 526 f. 14

A. Beschränkte Berichterstattung

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pflicht und die durch sie geschützten Geheimhaltungsinteressen. Dies widerspricht klar dem Zweck der §§ 394, 395 AktG. Zudem lässt sich eine Durchbrechung des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit nicht allein mit einer effektiven Beteiligungskontrolle rechtfertigen. Denn auch soweit die Entscheidungszuständigkeit beim Aufsichtsrat selbst verbleibt, obstruiert dies nicht zwangsläufig die Beteiligungskontrolle. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber gerade für diesen Informationsweg entschieden, indem er den § 394 AktG geschaffen hat. Soweit er beabsichtigt hätte, dass die Gebietskörperschaft über die Erforderlichkeit der Weitergabe von vertraulichen Informationen entscheiden sollte, so hätte er sich dahingehend geäußert. Folglich entscheidet allein das Aufsichtsratsmitglied darüber, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordert. 3. Beurteilungs-/Ermessensspielraum des Aufsichtsratsmitglieds, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordert Des Weiteren herrscht im Rahmen des § 394 S. 2 AktG darüber Streit, ob dem Aufsichtsratsmitglied bei seiner Entscheidung über den Umfang der weiterzugebenden vertraulichen Informationen ein Beurteilungs-/Ermessensspielraum zukommt.17 a) Der Meinungsstand zum Beurteilungs-/Ermessensspielraum des Aufsichtsratsmitglieds Teilweise wird vertreten, dass das Aufsichtsratsmitglied die Erforderlichkeit der Berichterstattung nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen habe.18 Es wird argumentiert, dass das Aufsichtsratsmitglied bereits hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 394 S. 1 AktG das gesamte Subsumtionsrisiko trägt.19 Daher soll es nunmehr im Rahmen des § 394 S. 2 AktG dahingehend entlastet werden, dass die Gesellschaft selbst darlegen müsse, ob die Rückausnahme zur Befreiung der Verschwiegenheitspflicht vorliege.20 Somit soll dem Aufsichtsratsmitglied ein Beurteilungsspielraum bei der Bestimmung eingeräumt werden, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe der vertraulichen Informationen erfordert.21 17 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 44; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 32. 18 Für Ermmesensspielraum: Müller-Michaels, in: Hölters, 3. Aufl. 2017 § 394 Rn. 32; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 394 Rn. 28; Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 11; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 187. 19 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 187. 20 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 187. 21 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 187.

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Kap. 5: Rechtsfolge des § 394 AktG

Nach der gegenteiligen Auffassung kommt dem Aufsichtsratsmitglied bei der Bestimmung der Erforderlichkeit kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zu.22 Als Begründung wird angeführt, dass das Aufsichtsratsmitglied nur einen unbestimmten Rechtsbegriff auslege.23 Argumentiert wird mit einem systematischen Vergleich zu § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG.24 Gemäß § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG steht dem Vorstand einer AG ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn die Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Im Rahmen der Beurteilung dieser Eignung bestehe ebenfalls kein Beurteilungs-/Ermessenspielraum des Vorstands.25 Es handele sich um eine gerichtlich vollständig überprüfbare Entscheidung.26 b) Das Aufsichtsratsmitglied hat keinen Beurteilungsoder Ermessensspielraum Die Einräumung eines Beurteilungs- und Ermessensspielraums schränkt die gerichtliche Kontrolle erheblich ein. Eine umfassende gerichtliche Überprüfbarkeit hält das Aufsichtsratsmitglied gerade vor dem Hintergrund von straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen an, detailliert zu prüfen, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe der vertraulichen Informationen erfordert. Somit dient die volle gerichtliche Überprüfbarkeit den Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft. Das Argument, dass das Aufsichtsratsmitglied mittels der Einräumung eines Beurteilungs-/Ermessenspielraums entlastet werden soll, da es ansonsten das volle Subsumtionsrisiko im Rahmen des § 394 AktG treffe,27 überzeugt nicht. Dieses Subsumtionsrisiko allein rechtfertigt keine Entlastung des Aufsichtsratsmitglieds. Etwaige Subsumtionsfehler können zivilrechtlich im Rahmen des Verschuldens und strafrechtlich mittels der Irrtumsregelungen ausreichend berücksichtigt werden.28 Zudem ist es dem Aufsichtsrat zuzumuten, rechtliche Beratung einzuholen. Auch bietet der Wortlaut des § 394 AktG keine Stütze für die Annahme eines Beurteilungsoder Ermessensspielraum. Demnach hat das Aufsichtsratsmitglied bei der Beurteilung, ob der Zweck der Berichterstattung die Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordert, keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum.

22 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 44; Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 32; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 32; Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 13; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527. 23 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 32. 24 Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 13. 25 Schall, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 394 Rn. 13. 26 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 32; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Aufl. 2020, §§ 394, 395 Rn. 32. 27 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 187. 28 So auch Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 394 Rn. 44.

B. Weitergabe vertraulicher Unterlagen

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B. Weitergabe vertraulicher Unterlagen I. Zulässigkeit der Weitergabe von vertraulichen Unterlagen Gemäß § 69 S. 1 Nr. 2 BHO sind dem Bundesrechnungshof alle Berichte der Aufsichtsratsmitglieder, welche auf Veranlassung des Bundes bestellt wurden, einschließlich alle den Aufsichtsratsmitgliedern zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen. Demgegenüber erfasst der Wortlaut von § 394 AktG nicht ausdrücklich die Weitergabe vertraulicher Unterlagen. Gleichwohl ist auch die Weitergabe vertraulicher Dokumente von § 394 AktG umfasst.29 Dies ergibt sich aus der Historie.30 Gemäß dem früheren § 111 Abs. 1 RHO waren ebenfalls vertrauliche Dokumente weiterzugeben.31 Der historische Gesetzgeber wollte dies durch die Einführung der §§ 394, 395 AktG nicht ändern.32 Daneben spricht die Systematik für diese Auslegung.33 Denn § 69 S. 1 Nr. 2 BHO nimmt offensichtlich auf § 394 AktG Bezug, sodass es sinnwidrig wäre, falls § 394 AktG entgegen § 69 BHO eine Weitergabe von vertraulichen Unterlagen untersagen würde.34 Auch der Zweck der Norm spricht für die Zulässigkeit der Weitergabe von vertraulichen Unterlagen. Ohne die Vorlage von vertraulichen Unterlagen wäre der Informationsfluss zugunsten der öffentlichen Hand massiv eingeschränkt.35 Sofern man den Regelungsgehalt von § 69 S. 1 Nr. 2 BHO auf § 394 AktG überträgt, muss dies auch für dessen Grenzen gelten.36 Gemäß § 69 S. 1 Nr. 2 BHO sind nur Unterlagen weiterzugeben, die den Aufsichtsratsmitgliedern zur Verfügung stehen. Soweit das Aufsichtsratsmitglied also nicht über die Unterlagen verfügt, ist er auch nicht zur Beschaffung und Beifügung dieser verpflichtet.37 Auch die Weitergabe von vertraulichen Unterlagen ist gemäß § 394 S. 2 AktG nur insoweit zulässig, als es der Zweck der Berichte erfordert.

29 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 33 ff.; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 53. 30 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 33. 31 Ausschußbericht zu §§ 394, 395, Kropff, AktG 1965, S. 496. 32 Ausschußbericht zu §§ 394, 395, Kropff, AktG 1965, S. 496. 33 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 33 ff.; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 53. 34 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 53. 35 So auch Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 33; Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 53. 36 So auch Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 34; Kersting, in: KKAktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 167. 37 So auch Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 34.

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Kap. 5: Rechtsfolge des § 394 AktG

II. Weitergabe des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers Gemäß § 170 Abs. 3 AktG ist den Aufsichtsratsmitgliedern auch der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers zu übersenden. Ob das Aufsichtsratsmitglied im Rahmen der Weitergabe der vertraulichen Unterlagen an die Gebietskörperschaft auch den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers übergeben darf, ist wegen § 53 HGrG umstritten. Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 HGrG kann die Gebietskörperschaft den Prüfungsbericht nur verlangen, soweit sie eine Mehrheitsbeteiligung hält. 1. Der Meinungsstand zu den Voraussetzungen der Weitergabe des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers soll nach teilweise vertretener Auffassung nur an die Gebietskörperschaft weitergegeben werden, soweit die Voraussetzungen des § 53 HGrG erfüllt sind.38 Ansonsten würden die Anforderungen des § 53 HGrG unterlaufen werden.39 Nach bislang h.M. darf das Aufsichtsratsmitglied im Rahmen der Weitergabe von vertraulichen Unterlagen auch den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers beifügen.40 Denn § 53 HGrG soll § 394 AktG nicht begrenzen, sondern lediglich ergänzen.41 Zudem vermittele § 53 HGrG der öffentlichen Hand noch weitere Sonderrechte, sodass dieser auch neben § 394 AktG noch einen eigenständigen Regelungsgehalt aufweise.42 Ferner werde durch diese Auslegung auch bei Minderheitsbeteiligungen eine effektive Beteiligungsverwaltung sichergestellt, da eben gerade kein Mehrheitsbeteiligungserfordernis verlangt wird.43 Der Aufsichtsrat dürfe den Prüfungsbericht weitergeben, da er auch im Rahmen des § 394 S. 1 AktG über dessen Inhalt Bericht erstatten darf.44 2. Die Voraussetzungen für die Weitergabe des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber mittels § 53 HGrG den Umfang der weiterzugebenden Informationen im Rahmen des § 394 AktG zu Lasten der 38

Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 30. Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 394 Rn. 30. 40 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 35; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 54; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 167; Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10. 41 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 394 Rn. 54. 42 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 35. 43 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 35. 44 Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 35; Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10. 39

B. Weitergabe vertraulicher Unterlagen

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öffentlichen Hand beschränken wollte. Der Gesetzgeber wird aufgrund der effektiven Beteiligungsverwaltung die umfassende Informationsvermittlung zugunsten der Gebietskörperschaft präferieren. Zudem kommt, wie die h.M. hervorhebt, dem § 53 HGrG auch dann noch eigenständige Bedeutung zu, soweit man die Weitergabe des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers befürwortet, da dieser noch weitere Sonderrechte vorsieht.45 Die h.M. überzeugt, da sie auf die ansonsten widersprüchlichen Folgen hinweist. Soweit man dem Aufsichtsratsmitglied untersagen würde, den Abschlussbericht im Rahmen seiner Berichterstattung beizufügen, so müsste ihm konsequenterweise auch untersagt werden, über dessen Inhalt zu berichten.46 Dies würde die Berichterstattung des Aufsichtsratsmitglieds massiv beschränken, was nicht im Sinne einer effektiven Beteiligungsverwaltung ist. Daher ist der h.M. zu folgen, wonach das Aufsichtsratsmitglied auch den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers im Rahmen des § 394 AktG weitergeben darf.

45

Vgl. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 35. Vgl. Schürnbrand, in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 35; Pelz, in: Bürgers/ Körber, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 10. 46

Kapitel 6

Verstöße gegen die §§ 394, 395 AktG A. Verstöße gegen § 394 AktG Soweit das Aufsichtsratsmitglied entgegen den Voraussetzungen des § 394 AktG Informationen an die Gebietskörperschaft weiterleitet, verletzt das Aufsichtsratsmitglied seine Verschwiegenheitspflicht.

I. Strafrechtliche Folgen Aus strafrechtlicher Perspektive greift im Falle des Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht § 404 AktG. Nach § 404 Abs. 1 AktG droht dem Aufsichtsratsmitglied, der ein Geheimnis der Gesellschaft, das ihm in seiner Eigenschaft als Organmitglied der Gesellschaft bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart, eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Als Aufsichtsratsmitglied einer börsennotierten Gesellschaft drohen bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe gemäß § 404 Abs. 1 AktG. Soweit das Aufsichtsratsmitglied gegen Entgelt oder mit Schädigungs- bzw. Bereicherungsabsicht handelt, drohen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

II. Zivilrechtliche Folgen Die zivilrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht können in die Haftung des Aufsichtsratsmitglieds, dessen Abberufung und die Haftung der Gebietskörperschaft unterteilt werden. 1. Haftung des Aufsichtsratsmitglieds Aufsichtsratsmitglieder, die Informationen gegenüber der Gebietskörperschaft offenbaren, obwohl die Voraussetzungen des § 394 AktG nicht vorliegen, haften der Gesellschaft gegenüber nach §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 i.V.m. § 116 S. 2, 93 Abs. 1 S. 3 AktG auf Schadensersatz.1 Ferner ist eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 404 AktG möglich.2 1

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 211.

A. Verstöße gegen § 394 AktG

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a) Regressanspruch des Beamten gemäß § 102 BBG gegen die Gebietskörperschaft Die zivilrechtliche Haftung büßt ihre abschreckende Wirkung größtenteils ein, soweit ein Beamter auf Anordnung seines Dienstherrn ein Aufsichtsratsmandat übernommen hat. Denn gemäß § 102 S. 1 BBG können Bundesbeamte, die auf Anordnung Aufsichtsratsmitglied wurden und nun im Rahmen dieser Tätigkeit einer Haftung ausgesetzt sind, Regress für den Ihnen entstandenen Schaden verlangen. Soweit der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde, besteht der Regressanspruch nur, wenn der Bundesbeamte auf Verlangen des Vorgesetzten gehandelt hat. Vergleichbare Vorschriften bestehen auch auf Landesebene wie beispielsweise § 85 LBG BaWü zeigt. Dies ist Ausdruck einer Interessenabwägung. Wenn ein Beamter auf Veranlassung seines Dienstherrn eine Nebentätigkeit ausübt, darf ihm dies grundsätzlich nicht zum Nachteil gereichen. b) Haftungsfolgen und Nachteilsausgleich im Falle einer verfassungskonformen Auslegung Bislang unklar ist die Haftung des Aufsichtsratsmitglieds, falls es aufgrund der verfassungskonformen Auslegung vertrauliche Informationen trotz fehlender Gewährleistung der Vertraulichkeit an den Berichtsadressaten weitergibt. Zudem ist fraglich, ob ein etwaiger Nachteilsausgleich durch die öffentliche Hand zu erfolgen hat. Soweit das Aufsichtsratsmitglied aufgrund der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG vertrauliche Informationen weitergibt, liegt kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vor. Denn sofern die Weitergabe von vertraulichen Informationen nach der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG zulässig ist, kann dies keinen haftungsrelevanten Verstoß nach sich ziehen. Ansonsten bestünde eine Haftung des Aufsichtsratsmitglieds für eine Tätigkeit, die verfassungsrechtlich zulässig und geboten ist. Dies wäre widersprüchlich. Gleichwohl ist fraglich, ob die öffentliche Hand für die zu Lasten der Geheimhaltungsinteressen erfolgte Weitergabe von vertraulichen Informationen ausgleichspflichtig ist. Kersting schlägt vor, diesen Nachteil durch eine analoge Anwendung des § 317 AktG auszugleichen.3 Allerdings vertieft Kersting seine These nicht weiter, sodass zunächst die Analogievoraussetzungen zu prüfen sind. Für eine analoge Anwendung des § 317 AktG müsste eine planwidrige Regelungslücke vorliegen. Ein etwaiger Ausgleich der Offenlegung von vertraulichen Informationen im Wege der §§ 394, 395 AktG infolge einer verfassungskonformen Auslegung wurde bislang nicht geregelt. Erst im Zuge des Urteils des BVerfG vom 07. 11. 2017 ist diese Diskussion neu entbrannt. Der Gesetzgeber hat sich diesbe2 3

Spindler, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 404 Rn. 10. Kersting, WPg 2018, 392, 395.

204

Kap. 6: Verstöße gegen die §§ 394, 395 AktG

züglich noch nicht geäußert. Folglich liegt eine Regelungslücke vor. Die Planwidrigkeit dieser Regelungslücke ist ebenfalls gegeben, da der Gesetzgeber die Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG nicht gesehen hat. Fraglich ist, ob eine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Gemäß § 317 Abs. 1 S. 1 AktG hat ein abhängiges Unternehmen gegen das herrschende Unternehmen einen Ersatzanspruch, soweit es durch das herrschende Unternehmen zur Vornahme einer nachteiligen Maßnahme veranlasst wurde, ohne diesen Nachteil auszugleichen. § 317 AktG dient dazu, Verstöße gegen § 311 AktG zu ahnden.4 § 317 AktG soll Verstöße gegen die Treuepflicht, welche aus dem gesetzlichen Sonderrechtsverhältnisses zwischen dem herrschenden und dem abhängigen Unternehmen resultiert, sanktionieren.5 Das Konzernrecht findet nach höchstrichterlicher Rspr. auch bei öffentlichen Unternehmen Anwendung.6 Eine nachteilige Maßnahme i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG kann auch in der Informationsweitergabe an das herrschende Unternehmen liegen.7 Deshalb könnte auch die Informationsweitergabe des Aufsichtsratsmitglieds an das Bundesparlament aufgrund der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG eine nachteilige Maßnahme i.S.d. 317 AktG sein.8 Es ist eine Wertungsfrage, ob man § 317 AktG analog auf Fälle der Weitergabe von vertraulichen Informationen aufgrund der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG anwendet. Man kann vertreten, dass im Falle der verfassungskonformen Auslegung gerade keine Ausgleichspflicht bestehe. Es sei widersprüchlich, gesellschaftsrechtlich Nachteile auszugleichen, die aus dem Vorrang der Verfassung resultieren. Zudem seien sich etwaige private Minderheitsgesellschafter und Gläubiger von öffentlichen Unternehmen der Beteiligungsstruktur regelmäßig bewusst.9 Von ihnen könne daher erwartet werden, dass sie Kenntnis von den besonderen Bindungen der öffentlichen Hand haben. Ein etwaiger durch Verfassungsrecht verursachter Nachteil sei daher entschädigungslos hinzunehmen. Demgegenüber lassen sich auch für die analoge Anwendung des § 317 AktG überzeugende Argumente anführen. Die öffentliche Hand wird durch die verfassungskonforme Auslegung begünstigt. Das betroffene Unternehmen, die privaten Minderheitsgesellschafter sowie die Gesellschaftsgläubiger können empfindliche Einbußen durch die Offenlegung von vertraulichen Unternehmensinformationen 4 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 317 Rn. 1; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 317 Rn. 3. 5 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 317 Rn. 1. 6 BGH, Urt. v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, NJW 1978, 104. 7 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 311 Rn. 72; Habersack, in: Emmerich/Habersack, KonzernR, 9. Aufl. 2019, § 311 AktG Rn. 51a. 8 So auch Kersting, WPg 2018, 392, 395. 9 In diesem Sinne auch BVerfG, Urt. v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 55.

A. Verstöße gegen § 394 AktG

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erleiden. Diese Parteien werden das Risiko der verfassungskonformen Auslegung grundsätzlich nicht vorausgesehen haben. Durch die analoge Anwendung von § 317 AktG kann eine gerechte Lastenverteilung erreicht werden. Die öffentliche Hand kann ihren verfassungsrechtlichen Pflichten zu Lasten der Geheimhaltungsinteressen der betroffenen AG nachkommen. Gleichwohl werden die so entstandenen Nachteile ausgeglichen. Die analoge Anwendung des § 317 AktG führt damit zu einem ausgewogenen Interessenausgleich. Daher sollte in den Fällen der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG, die zu Lasten der Geheimhaltungsinteressen der AG erfolgt, eine Haftung der Gebietskörperschaft analog § 317 AktG bestehen. 2. Abberufung, § 103 Abs. 3 AktG Im Falle eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht kann das Aufsichtsratsmitglied gemäß § 103 Abs. 3 S. 1 AktG abberufen werden. Denn der Verstoß gegen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht ist grundsätzlich ein wichtiger Grund i.S.d. § 103 Abs. 3 S. 1 AktG.10 3. Haftung der vertretenen Gebietskörperschaft Fraglich ist, ob auch eine Haftung der Gebietskörperschaft besteht, falls ihr Vertreter im Aufsichtsrat gegen die Verschwiegenheitspflicht verstößt. a) Keine Haftung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG Teilweise wird hier eine Haftung aus Art. 34 GG ohne nähere Begründung angenommen.11 Eine Haftung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG scheitert allerdings daran, dass die Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich keine drittgerichtete Amtspflicht ist.12 Denn die Verschwiegenheitspflicht knüpft nicht an die Eigenschaft des Beamten an, sondern ist mit dem Aufsichtsratsmandat verbunden.13 Bereits die Kommentarliteratur zu § 48 RHO hat angenommen, dass ein Beamter nicht als „Träger der Obrigkeit“, sondern als Vertreter eines Gesellschafters im Aufsichtsrat tätig wird.14

10 11 12 13 14

BAG, Beschl. v. 23. 10. 2008 – 2 ABR 59/07, NZG 2009, 669, 671. Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 394 Rn. 12. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 212. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 212. Vialon, Haushaltsrecht, 2. Aufl. 1959, § 48 RHO Rn. 31.

206

Kap. 6: Verstöße gegen die §§ 394, 395 AktG

b) Haftung als Beteiligter, § 830 BGB Möglich ist demgegenüber eine Haftung der Gebietskörperschaft, soweit sie das Aufsichtsratsmitglied zur Verletzung der Verschwiegenheitspflicht anstiftet. In diesem Fall haftet das Aufsichtsratsmitglied gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 404 AktG. Die Gebietskörperschaft haftet als Teilnehmer gemäß § 830 Abs. 2 BGB für den entstandenen Schaden. c) Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht Soweit die Gebietskörperschaft ihren Vertreter im Aufsichtsrat anweist oder auf sonstige Weise unrechtmäßig unter Druck setzt, vertrauliche Informationen entgegen seiner Verschwiegenheitspflicht zu offenbaren, kann eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht vorliegen.15 Die Treuepflicht gegenüber der AG resultiert aus der Treuepflicht zwischen den Aktionären.16 Daher hat die Gebietskörperschaft im Falle der Eigengesellschaft keine Treuepflicht gegenüber der AG.17 Demgegenüber trifft die Gebietskörperschaft im Falle der Mehrheits- und Minderheitsbeteiligung eine Treuepflicht.18 In Fällen der Verletzung der aktienrechtlichen Treuepflicht ist selbstverständlich das Aufsichtsratsmitglied gehalten, etwaigen Weisungen nicht nachzukommen. Im Falle einer Verletzung der Treuepflicht kommt ein Schadensersatzanspruch der AG gegen die Gebietskörperschaft gemäß § 280 BGB in Betracht. d) Haftung aus § 117 AktG Ferner kann eine Haftung der Gebietskörperschaft gemäß § 117 AktG in Frage kommen.19 Dazu muss die Gebietskörperschaft vorsätzlich unter Gebrauch ihres Einflusses das jeweilige Aufsichtsratsmitglied dazu bestimmt haben, zum Schaden der AG oder der deren Aktionäre zu handeln, § 117 Abs. 1 S. 1 AktG. Hierfür genügt jedweder Einfluss, unabhängig von Ausmaß, Art und Weise.20 Ein solcher Fall besteht, wenn die Gebietskörperschaft ihren Einfluss vorsätzlich dazu gebraucht, das Aufsichtsratsmitglied zu einer Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht zu bewegen. Infolgedessen muss ein Schaden der AG entstanden sein. Soweit die übrigen Aktionäre neben dem Schaden, der ihnen durch die Schädigung der Gesellschaft 15

So auch Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 214. Henze/Notz, in: GK-AktG, Bd. 2, 4. Aufl. 2008 Anh. § 53a Rn. 43; Drygala, in: KKAktG, 3. Aufl. 2011, § 53a Rn. 89. 17 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, 4. Aufl. 2019, AktG § 53a Rn. 40; Henze/Notz, in: GK-AktG, Bd. 2, 4. Aufl. 2008 Anh. § 53a Rn. 42; Drygala, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2011, § 53a Rn. 89. 18 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 53a Rn. 14. 19 Kropff, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2006, § 394 Rn. 78; Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 214. 20 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 117 Rn. 3. 16

B. Verstöße gegen § 395 AktG

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zugefügt worden ist, einen weiteren Schaden erlitten haben, haftet die Gebietskörperschaft den Aktionären auch für diesen weiteren Schaden gemäß § 117 Abs. 1 S. 1 AktG. Das bedeutet, dass Aktionäre nicht den Schaden geltend machen können, die sie durch die Wertminderung ihrer Aktie erlitten haben.21 Diesen Anspruch hat die AG selbst mittels § 117 Abs. 1 S. 1 AktG durchzusetzen.22 Der weitere Schaden muss ein anderer sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Aktionär zugleich Lieferant oder Abnehmer bestimmter Waren der AG ist und er durch die Offenlegung von vertraulichen Informationen wirtschaftliche Nachteile erleidet.23

B. Verstöße gegen § 395 AktG Falls der Berichtsempfänger gegen die ihm gemäß § 395 AktG auferlegte Verschwiegenheitspflicht verstößt, hat dies straf-, disziplinar- und zivilrechtliche Konsequenzen.

I. Straf- und disziplinarrechtliche Folgen Im Falle eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht aus § 395 AktG kommt eine Strafbarkeit gemäß §§ 203 Abs. 2 Nr. 1, 204, 353b StGB in Frage.24 Es besteht keine Strafbarkeit gemäß § 404 Abs. 1 AktG.25 Denkbar ist allerdings eine Strafbarkeit gemäß § 404 Abs. 2 S. 2, soweit der Informationsempfänger ein Geheimnis unbefugt verwertet, das ihm durch das Aufsichtsratsmitglied unter den Voraussetzungen des § 404 Abs. 1 StGB offenbart wurde.26 Eine Verwertung i.S.d. § 404 Abs. 2 AktG erfordert die Nutzung des Geheimnisses zur Gewinnerzielung.27 Nicht erfasst ist damit die Verwendung des Geheimnisses zu Zwecken der Beteiligungsverwaltung und Betätigungsprüfung.28 Ferner hat der Berichtsempfänger zumeist mit disziplinarrechtlichen Folgen rechnen.29 Denn ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht ist ein Dienstvergehen gemäß § 77 BBG, § 47 BeamtStG.30 21

Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 117 Rn. 9. Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 117 Rn. 9. 23 Koch, in: Hüffer/Koch, 14. Aufl. 2020, § 117 Rn. 9. 24 Pelz, in: Bürgers/Körber, 4. Aufl. 2017, § 395 Rn. 7. 25 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 395 Rn. 9. 26 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 218. 27 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 404 Rn. 10. 28 Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 218. 29 Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020 § 395 Rn. 9; Huber/Fröhlich, in: GKAktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 20. 30 Huber/Fröhlich, in: GK-AktG, 40. Lieferung, 4. Aufl. 2015, § 395 Rn. 20. 22

208

Kap. 6: Verstöße gegen die §§ 394, 395 AktG

II. Zivilrechtliche Haftung Die aus § 395 AktG folgende Verschwiegenheitspflicht ist eine Amtspflicht der betrauten Person, die dem Schutz der AG dient.31 Deshalb ist die Verschwiegenheitspflicht aus § 395 AktG eine drittschützende Amtspflicht. Daher besteht bei einem Verstoß gegen § 395 AktG grundsätzlich ein Amtshaftungsanspruch gemäß Art. 34 S. 1 GG i.V.m. § 839 Abs. 1 BGB gegen die Gebietskörperschaft.32

31 32

Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 216. Kersting, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2016, §§ 394, 395 Rn. 217.

Kapitel 7

Schlussbetrachtung A. Ergebnisse Die Untersuchung hat gezeigt, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Betätigung der öffentlichen Hand in Privatrechtsformen durch die Rspr. des BVerfG spezifiziert worden sind. Hervorzuheben ist, dass die Tätigkeiten von Eigengesellschaften und Unternehmen mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung als staatliche Tätigkeiten qualifiziert werden und damit selbst grundrechtsgebunden sind. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Unternehmen mit staatlicher Minderheitsbeteiligung sich zu Ihrem Schutz auf die Grundrechte berufen können. Daneben sind die Anforderungen aus dem Demokratieprinzip durch das Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 für die Betätigung der öffentlichen Hand mittels Privatrechtsformen konkretisiert worden. Der Staat hat die demokratische Legitimation sowohl in seiner organisatorisch-personellen als auch in seiner sachlich-inhaltlichen Ausprägung zu gewährleisten. Das Maß der notwendigen demokratischen Legitimation hängt von der Bedeutung der Beteiligung sowie der Beteiligungshöhe der öffentlichen Hand ab. Auch im Falle der staatlichen Minderheitsbeteiligung hat der Staat die demokratische Legitimation zu beachten. Dies äußert sich darin, dass der Staat im Rahmen seiner Entscheidung über das „Ob“ der Beteiligung sicherzustellen hat, dass ihm hinreichende Einwirkungs- und Kontrollerfordernisse im Hinblick auf die späteren Tätigkeiten des Unternehmens eingeräumt werden. Als Praxisbeispiel für ein derartiges Vorgehen kann auf die „Rettung“ der Deutschen Lufthansa AG verwiesen werden. In einer Gesamtschau folgt aus den verfassungsrechtlichen Anforderungen für die Betätigung der öffentlichen Hand in Privatrechtsformen die Pflicht des Staates zur umfassenden Eingangskontrolle. Die öffentliche Hand muss gewährleisten, dass ihr ausreichende Kontroll- und Einwirkungsrechte zur Erfüllung ihrer Ingerenzpflichten im Rahmen ihrer Betätigung mittels einer Privatrechtsform zukommen. Das erforderliche Maß der Kontroll- und Einwirkungsrechte richtet sich nach der Beteiligungshöhe der Gebietskörperschaft und der Bedeutung der jeweiligen Tätigkeit. § 65 BHO konkretisiert diese verfassungsrechtlich vorgegebenen Einwirkungsund Kontrollerfordernisse teilweise für die Beteiligungen des Bundes. § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO verlangt einen angemessenen Einfluss des Bundes, insbesondere im Aufsichtsrat. Die Untersuchung hat ergeben, dass der Einfluss über den Aufsichtsrat

210

Kap. 7: Schlussbetrachtung

und nicht unmittelbar auf das jeweilige Leitungsorgan ausgeübt werden sollte. Dafür sprechen historische, systematische als auch ökonomische Gründe. Insbesondere ist anerkannt, dass der Staat die Unabhängigkeit der Leitungsorgane achten sollte, da andernfalls ein erfolgreiches Wirtschaften der betroffenen Unternehmen erschwert wird. Zudem wurde festgestellt, dass der Bund gemäß § 65 BHO nicht verpflichtet ist, sich anstatt der AG vorrangig der GmbH zu bedienen. Gleichwohl wird ein solcher Vorrang der GmbH teilweise in den landesrechtlichen Vorschriften ausdrücklich festgelegt. Die Diskussion, ob im Falle der Betätigung der öffentlichen Hand mittels Privatrechtsformen das Gesellschaftsrecht ausschließlich gilt oder durch das öffentliche Recht zu modifizieren ist, hat infolge des Urteils des BVerfG neue Relevanz erlangt. Im Ergebnis gilt grundsätzlich allein das Gesellschaftsrecht, da das BVerfG etwaigen Modifikationen durch das öffentliche Recht eine Absage erteilt hat. Gleichwohl hat das BVerfG offen gelassen, ob das Gesellschaftsrecht in Einzelfällen möglicherweise verfassungskonform ausgelegt werden muss. Die Untersuchung ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche verfassungskonforme Anwendung in Fällen des zwingenden Verfassungsrechts notwendig ist. Ein solcher Fall liegt vor, wenn eine gesellschaftsrechtliche Norm ansonsten nicht mit der Verfassung vereinbar wäre. Von der Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung ist nur restriktiv Gebrauch zu machen. Die verfassungskonforme Auslegung kann nicht dazu dienen, im Nachhinein nicht ausreichende Kontroll- und Einwirkungsbefugnisse der Gebietskörperschaft zu korrigieren. Ferner kann festgehalten werden, dass die öffentliche Hand in Fällen der fehlerhaften Eingangskontrolle, also bei nicht ausreichenden Kontroll- und Einwirkungsbefugnissen, eine Pflicht zur Korrektur trifft. Der Staat hat sich sämtlicher gesellschaftsrechtlicher Instrumente zu bedienen, um nachträglich hinreichende Kontroll- und Einwirkungsrechte zu schaffen. Soweit ihm dies nicht gelingt, hat er seine Beteiligung aufzugeben. Der Staat sollte diese Konsequenz ankündigen, um die übrigen Aktionäre durch Schaffung eines etwaigen wirtschaftlichen Drucks zur Kooperation zu bewegen. Die §§ 394, 395 AktG sind mit dem Unionsrecht vereinbar, da sie weder die Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 63 AEUV noch die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV verletzen. Die Unionskonformität wurde vorrangig anhand der Kapitalverkehrsfreiheit überprüft. Dies ergibt sich insbesondere aus der Rspr. des EuGH, da dieser staatliches Sonderrecht ebenfalls grundsätzlich anhand der Kapitalverkehrsfreiheit gemessen hat. Zudem sind im Zusammenhang mit den §§ 394, 395 AktG mehr Sachverhalte denkbar, die unter den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit fallen. Denn Portfolioinvestitionen, also Investitionen, die lediglich einer Geldanlage und nicht der Teilhabe an der Kontrolle des Unternehmens dienen, fallen in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit. Auch Direktinvestitionen, also Investitionen, die eine Beteiligung an der Verwaltung des Unternehmens oder an deren Kontrolle ermöglichen, die mit Bezug zu Drittstaaten

A. Ergebnisse

211

erfolgen, fallen unter die Kapitalverkehrsfreiheit. Lediglich Direktinvestitionen, die im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten erfolgen, sind vom Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit umfasst. Ein Vergleich mit der Golden Shares-Rspr. des EuGH zeigt, dass die §§ 394, 395 AktG eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellen. Denn die §§ 394, 395 AktG sind geeignet, potentielle Investoren von einer Investition abzuhalten. Dies ist insbesondere darin begründet, dass die Weitergabe von vertraulichen Informationen einen empfindlichen Eingriff darstellen kann. Dies gilt umso mehr, als der Investor nicht absehen kann, ob nicht möglicherweise im Wege der verfassungskonformen Auslegung vertrauliche Informationen trotz fehlender Wahrung der Vertraulichkeit weitergereicht werden. Zudem kann ein potentieller Investor nicht absehen, in welchen Fällen eine Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds zugunsten der jeweiligen Gebietskörperschaft besteht. Damit schmälern die §§ 394, 395 AktG das Interesse an einem Investment in Unternehmen mit staatlicher Beteiligung. Dies genügt für die Annahme einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Die §§ 394, 395 AktG beschränken daher die Kapitalverkehrsfreiheit. Die Beschränkung durch die §§ 394, 395 AktG ist jedoch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt, da diese der effektiven Haushaltskontrolle dienen. Die effektive Haushaltskontrolle ist ein zwingender Grund des Allgemeininteresses. Diese bezweckt die demokratische Kontrolle staatlichen Handels gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 1, 10 EUV. Für diese Auslegung spricht die Rspr. des EuGH. Denn dieser sieht insbesondere die Verhütung des Missbrauchs öffentlicher Gelder als einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses an. Die Haushaltskontrolle dient ebenfalls einer solchen Vereitelung. Die §§ 394, 395 AktG sind verhältnismäßig, da diese geeignet sind, eine effektive Haushaltskontrolle unter Wahrung des Geheimnisschutzes zu ermöglichen und zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sind. Der EuGH prüft die Erforderlichkeit von staatlichem Sonderrecht anhand bestimmter Kriterien. Danach muss das staatliche Sonderrecht an objektive Kriterien anknüpfen, sodass ein potentieller Investor dessen Anwendungsbereich absehen kann. Ferner muss die gerichtliche Überprüfung des staatlichen Sonderrechts möglich sein. Darüber hinaus darf die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden. Die §§ 394, 395 AktG knüpfen an objektive Kriterien an. Gleichwohl ist die Bestimmtheit des Kriteriums der Berichtspflicht problematisch, da diese Pflicht selbst nicht den §§ 394, 395 AktG entspringt. Soweit man allerdings die Annahme zugrunde legt, dass die Anwendung der §§ 394, 395 AktG in der Praxis an der Berichtspflicht nicht scheitern wird, ist von einer hinreichenden Bestimmtheit auszugehen. Aufgrund der Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG ist fraglich, ob eine hinreichende Bestimmtheit noch gegeben ist. Denn ein Investor kann aus den §§ 394, 395 AktG nicht ersehen, unter welchen Umständen eine Informationsweitergabe zu Lasten der Geheimhaltungsinteressen erfolgen kann. Gleichwohl ist die Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung ein verfassungsrechtliches Grundprinzip der

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Kap. 7: Schlussbetrachtung

deutschen Rechtsordnung. Zudem sind die Voraussetzungen für eine verfassungskonforme Auslegung hinreichend bestimmt und können nicht einseitig durch die öffentliche Hand festgelegt werden. Die Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung ist ferner selbst gerichtlich überprüfbar. Daher führt die verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG nicht dazu, dass diese nicht mehr an objektive Kriterien gebunden wären. Die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens wird nicht beeinträchtigt, da die §§ 394, 395 AktG kein System vorheriger Genehmigung für einzelne Unternehmensentscheidungen vorsehen. Weniger einschneidende, ebenso effektive Maßnahmen zur Verwirklichung der durch die §§ 394, 395 AktG verfolgten Ziele sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist eine der Berichterstattung vorgelagerte Aufklärungs- und Abstimmungspflicht über den Umfang der weiterzugebenden Informationen innerhalb des Aufsichtsrats nicht ebenso effektiv. Hinsichtlich der Vereinbarkeit der §§ 394, 395 AktG mit der Niederlassungsfreiheit kann auf die Prüfung anhand der Kapitalverkehrsfreiheit verwiesen werden. Denn eine etwaige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ist aus den gleichen Gründen wie im Falle der Kapitalverkehrsfreiheit gerechtfertigt. Auch der EuGH hat staatliches Sonderrecht stets vorrangig anhand der Kapitalverkehrsfreiheit gemessen und eine weitere Überprüfung im Zusammenhang mit der Niederlassungsfreiheit abgelehnt, da dies nur zu Wiederholungen der bereits angeführten Begründungen führen würde. In Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 394 AktG kann festgehalten werden, dass jede unmittelbare oder mittelbare Beteiligung der Gebietskörperschaft, unabhängig von deren Höhe, für die Anwendbarkeit des § 394 AktG genügt. Etwaige Rückgriffe zur Definition der Beteiligung auf § 271 HGB oder dem WpHG scheitern an den unterschiedlichen Zweckrichtungen. Die Gebietskörperschaft muss gemäß § 394 S. 1 AktG die Wahl oder die Entsendung des Aufsichtsratsmitglieds veranlasst haben. Eine Veranlassung liegt vor, soweit eine kausale Einflussnahme der Gebietskörperschaft nach außen deutlich wird, sodass das Aufsichtsratsmitglied als deren Repräsentant erscheint. Auch im Falle einer gerichtlichen Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 104 Abs. 1 AktG liegt eine Veranlassung i.S.d. § 394 S. 1 AktG vor, soweit die Gebietskörperschaft das bestellte Mitglied vorgeschlagen hat und dies nach außen deutlich geworden ist. Dies resultiert aus der Historie zu § 103 AktG. Auch im Falle der mittelbaren Beteiligung der Gebietskörperschaft genügt für eine Veranlassung i.S.d. § 394 S. 1 AktG, dass das bestellte Aufsichtsratsmitglied nach außen als Repräsentant der Gebietskörperschaft erscheint. Eine Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft ist nicht erforderlich, da die Bundesregierung im Jahr 2012 ein derartiges Erfordernis ausdrücklich abgelehnt hat. Vielmehr ist der Veranlassungsbegriff entsprechend dem Beamten- und Konzernrecht weit auszulegen. Danach reicht jede kausale Einflussnahme für eine Veranlassung aus. Hierbei kann insbesondere auf Vermutungsregelungen zurückgegriffen werden. Solche Vermutungs-

A. Ergebnisse

213

regelungen greifen, wenn beispielsweise eine Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft vorliegt oder das bestellte Aufsichtsratsmitglied Beamter, Angestellter oder Organmitglied der beteiligten Gebietskörperschaft ist. In Zweifelsfällen ist der Gebietskörperschaft anzuraten, die Art und Weise ihrer Einflussnahme offenzulegen, um zu ihren Gunsten eine Anwendung des § 394 S. 1 AktG zu ermöglichen. § 394 S. 1 AktG setzt eine Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds voraus. Die Berichtspflicht kann sich aus Gesetz, Gesellschaftssatzung oder aus einem Rechtsgeschäft ergeben. Das Rechtsgeschäft muss zwischen der Gebietskörperschaft und dem Aufsichtsrat geschlossen werden. Lediglich der Abschluss des Rechtsgeschäfts muss dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteilt werden. Entgegen der h.M. ergibt sich aus der beamtenrechtlichen Weisungsbindung keine Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds einer AG. Denn eine derartige Berichtspflicht setzt notwendigerweise voraus, dass ein Aufsichtsratsmitglied einer AG überhaupt weisungsgebunden sein kann. Gemäß § 111 Abs. 6 AktG ist das Aufsichtsratsmitglied aber weisungsunabhängig. Das BVerfG hat klargestellt, dass das Gesellschaftsrecht nicht an die Bedürfnisse des öffentlichen Rechts anzupassen ist. Eine Weisungsbindung kann daher auch nicht aus dem Beamtenrecht resultieren. Eine Weisungsbindung kann nur dann in Betracht kommen, wenn sich diese aus einer verfassungskonformen Auslegung ergeben würde. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 6 AktG scheidet jedoch aus. Aufgrund des Vorrangs des Gesellschaftsrechts kann sich daher auch keine Berichtspflicht auf die beamtenrechtliche Weisungsbindung stützen. Zudem besteht für eine Weisungsbindung auch kein Bedürfnis in der Praxis. Die Gebietskörperschaft kann ihre Wünsche jederzeit in Form von Anregungen und Ratschlägen gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied äußern. Diese Konsultationen und Verständigungen führen faktisch dazu, dass das Aufsichtsratsmitglied dementsprechend agieren wird. Denn das Aufsichtsratsmitglied wird sich bewusst sein, dass es seine Stellung der Gebietskörperschaft verdankt. Adressat der Berichte gemäß § 394 AktG kann nur sein, wer mit der Beteiligungsverwaltung oder mit den in § 395 Abs. 1 AktG aufgeführten Prüfungsaufgaben betraut ist. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel der §§ 394, 395 AktG. Während § 394 AktG zugunsten der Gebietskörperschaft die Verschwiegenheitspflicht lockert, soll § 395 AktG den Eingriff in die Geheimhaltungsinteressen der AG mittels der Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht auf die Berichtsempfänger ausgleichen. Jede Person, die sich mit der Beteiligungsverwaltung oder Prüfungsaufgaben i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG befasst, unterliegt der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 395 Abs. 1 AktG. Auf Seiten der Berichtsempfänger muss die Gewährleistung der Vertraulichkeit in tatsächlicher Hinsicht sichergestellt sein. Adressaten der Berichte sind beispielsweise die Rechnungsprüfungsbehörden, welche die Betätigung der Gebietskörperschaft als Aktionär zu überprüfen haben und bei denen ausreichende Vorkehrungen zu Wahrung der Vertraulichkeit bestehen. Im Falle von Beteiligungen des Bundes kommen neben den aufgeführten Adressaten insbesondere Ausschüsse und Gremien des Bundestages in Betracht.

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Kap. 7: Schlussbetrachtung

Soweit diese Ausschüsse und Gremien der Kontrolle der Beteiligungsverwaltung dienen, unterliegen die Abgeordneten als Mitglieder dieser Ausschüsse und Gremien der Verschwiegenheitspflicht aus § 395 AktG. Denn in diesem Fall sind die Abgeordneten entgegen teilweise geäußerter Ansicht mit der Überprüfung der staatlichen Beteiligungsverwaltung betraut und damit Prüfpersonen i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG. Eine Berichterstattung an Ausschüsse und Gremien ist allerdings nur zulässig, soweit ausreichende Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit getroffen wurden. Dies erfordert eine Begrenzung des Adressatenkreises. Danach ist eine Berichterstattung an einen Ausschuss oder ein Gremium möglich, wenn nicht mehr als 21 Teilnehmer vorhanden sind. Diese Obergrenze ergibt sich aus einem Rückgriff auf § 95 AktG. Allgemein muss sich der Mittel zum Ausschluss der Öffentlichkeit bedient werden. Eine öffentliche Sitzung scheidet daher aus. Als weitere Vorkehrung zur Gewährleistung der Vertraulichkeit kann eine neben § 395 AktG bestehende Verschwiegenheitspflicht gelten. Denn eine weitere strafbewehrte Verschwiegenheitspflicht schreckt noch intensiver vor einer Offenlegung der vertraulichen Informationen ab. Eine Weitergabe vertraulicher Informationen an den Bundestag scheitert grundsätzlich an der fehlenden Gewährleistung der Vertraulichkeit in tatsächlicher Hinsicht, da der aktuelle Bundestag 709 Abgeordnete umfasst. Die Weitergabe von vertraulichen Informationen ist vor dem Hintergrund des Urteils des BVerfG vom 07. 11. 2017 nur zulässig, wenn hinreichende Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit getroffen wurden. Die Abgeordneten unterliegen bei Erhalt der Berichte gemäß § 395 Abs. 1 AktG der Verschwiegenheitspflicht. Denn soweit sich die Abgeordneten mit den Aufgaben i.S.d. § 395 Abs. 1 AktG befassen, gelten sie als mit diesen Aufgaben gemäß § 395 Abs. 1 AktG betraut. Die Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit können sein, dass lediglich eine Information gegenüber geheim tagenden Unterausschüssen stattfindet oder die parlamentarischen Fragen nur unter Anwendung der Geheimschutzordnung beantwortet werden. Eine Information geheim tagender Unterausschüsse ist nur in Ausnahmefällen zum Schutz anderer Verfassungsgüter möglich, da der Bundestag grundsätzlich durch sämtliche Mitglieder seine Repräsentationsfunktion wahrnimmt. Die Beurteilung, welches Maß an Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit erforderlich ist, obliegt dem Aufsichtsratsmitglied. Diese Abwägung ist nicht der Gebietskörperschaft zu überantworten, da ansonsten die Wertung des AktG missachtet werden würde. Denn nach dem AktG ist das Aufsichtsratsmitglied zur umfassenden Wahrung der Vertraulichkeit verpflichtet. Die Gebietskörperschaft ist für diese Beurteilung nicht geeignet, da regelmäßig eine Abwägung zugunsten der öffentlichen Belange zu erwarten ist. In Fällen zwingenden Verfassungsrechts kann eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an den Bundestag geboten sein, obwohl keine hinreichenden Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit bestehen. Dies ergibt sich mittelbar aus den Ausführungen des Urteils des BVerfG vom 07. 11. 2017. Das BVerfG

A. Ergebnisse

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hat die Bedeutung des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts für das Demokratieprinzip und den Gewaltenteilungsgrundsatz derart betont, dass eine Einschränkung dieses Rechts nur gerechtfertigt werden kann, wenn für die Geheimhaltungsinteressen der AG gewichtige Verfassungsgüter streiten. Insbesondere im Falle einer Eigengesellschaft finden die Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft lediglich über das Staatswohl in Form des fiskalischen Interesses des Staates am Schutz vertraulicher Informationen Berücksichtigung. Dieser verfassungsrechtliche Belang wird regelmäßig nicht erheblich genug sein, um das so wesentliche parlamentarische Frage- und Informationsrecht zu begrenzen. Daher sind in Einzelfällen die §§ 394, 395 AktG verfassungskonform auszulegen, sodass aufgrund verfassungsrechtlicher Erwägungen eine Weitergabe von vertraulichen Informationen auch bei nicht hinreichenden Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit erfolgen muss. In welchen Fällen eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG zu erfolgen hat, hängt insbesondere von der Beteiligungshöhe der Gebietskörperschaft ab. Die Untersuchung hat ergeben, dass die §§ 394, 395 AktG im Falle von Eigengesellschaften des Bundes im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Frageund Informationsrecht verfassungskonform auszulegen sind, sodass eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an den Bundestag trotz fehlender Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit zulässig ist. Auf Seiten des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts ist die besondere Bedeutung für das Demokratieprinzip und den Gewaltenteilungsgrundsatz zu berücksichtigen, während auf Seiten der Geheimhaltungsinteressen lediglich das Staatswohl angeführt werden kann. Die fiskalischen Interessen des Staates am Schutz vertraulicher Informationen als Teil des Staatswohls rechtfertigen regelmäßig keine Einschränkung des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts. Ein weiterer Fall der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG liegt im Fall von Eigengesellschaften im Zusammenhang mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses gemäß Art. 44 Abs. 1 GG vor. Denn zugunsten des Beweiserhebungsrechts streiten wie im Falle des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts das Demokratieprinzip und die Gewaltenteilung. Dagegen kann auf Seiten der Geheimhaltungsinteressen erneut nur das fiskalische Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen herangezogen werden. Dies allein rechtfertigt grundsätzlich keine Einschränkung des Beweiserhebungsrechts. Bei Mehrheitsbeteiligungen des Bundes sind im Unterschied zu Eigengesellschaften die Grundrechte der privaten Mitaktionäre zu berücksichtigen. Diese Grundrechte werden als Abwehrrechte der Mitaktionäre zumeist eine Beschränkung der Weitergabe von vertraulichen Informationen erfordern. Somit verbleibt es im Falle von Mehrheitsbeteiligungen des Bundes grundsätzlich bei der These, dass eine Weitergabe von vertraulichen Informationen nur bei hinreichenden Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit zulässig ist. Gleichwohl sind bei staatlichen

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Kap. 7: Schlussbetrachtung

Mehrheitsbeteiligungen Fälle denkbar, in denen auch die Grundrechte privater Mitaktionäre keine Einschränkung der Informationsweitergabe rechtfertigen. In diesen Ausnahmefällen sind die §§ 394, 395 AktG wie im Falle der Eigengesellschaft des Bundes verfassungskonform auszulegen, sodass auch hier eine Weitergabe von vertraulichen Informationen trotz fehlender ausreichender Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit zu erfolgen hat. Dagegen kommt bei Minderheitsbeteiligungen des Bundes keine verfassungskonforme Auslegung in Betracht. Eine Kollision der Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht scheidet regelmäßig aus, da das parlamentarische Frage- und Informationsrecht nicht die Tätigkeiten des Unternehmens mit staatlicher Minderheitsbeteiligung betreffen kann. Denn diese Tätigkeiten sind privates Handeln und fallen daher nicht in den Verantwortungsbereich des Bundes. Anders ist dies im Zusammenhang mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Denn der Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses kann auch im Bereich privater Unternehmen liegen. Aber auch bei der Kollision der Geheimhaltungsinteressen mit dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist regelmäßig eine Einschränkung des Beweiserhebungsrechts gerechtfertigt. Denn für die Geheimhaltungsinteressen streiten sowohl die Grundrechte des Unternehmens selbst als auch die der privaten Aktionärsmehrheit. Folglich darf das Aufsichtsratsmitglied im Falle der Minderheitsbeteiligung des Bundes keine vertraulichen Informationen an das Parlament weitergeben, soweit keine entsprechenden organisatorischen Sicherungsmaßnahmen den Vertraulichkeitsschutz gewährleisten. Auf Ebene der Länder gilt das Tatbestandsmerkmal der Gewährleistung der Vertraulichkeit uneingeschränkt. Landesrechtliche Berichtspflichten können die §§ 394, 395 AktG samt der darin geregelten Gewährleistung der Vertraulichkeit gemäß Art. 31 GG nicht beschränken. Dies gilt auch für Regelungen der Landesverfassungen, da diese als Landesrecht i.S.d. Art. 31 GG gelten. Danach ist eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an die Landesparlamente nur möglich, soweit ausreichende Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit vorliegen. Eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Denn etwaige Auskunftsrechte auf Ebene der Länder, wie beispielsweise das Fragerecht des Landtagsabgeordneten können nicht unmittelbar auf Art. 28 Abs. 1 GG gestützt werden. Auf Ebene der Gemeinden gilt das Gleiche wie auf Ebene der Länder. Eine etwaige Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch das Kommunalrecht ist vor dem Hintergrund des Urteils des BVerfG, trotz teilweise geäußerter Ansicht, klar abzulehnen. Denn das Gesellschaftsrecht wird gerade nicht an die Bedürfnisse des Kommunalrechts angepasst. Eine verfassungskonforme Auslegung scheidet aus, da Informationsansprüche der Gemeinde nicht unmittelbar auf die Art. 20, 28 GG gestützt werden können.

A. Ergebnisse

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Soweit die Tatbestandsmerkmale des § 394 AktG erfüllt sind, hat das Aufsichtsratsmitglied der Gebietskörperschaft Bericht zu erstatten. Diese Berichte dürfen vertrauliche Informationen nur dann enthalten, wenn sie für die Berichterstattung erforderlich sind. Daher hat das Aufsichtsratsmitglied zunächst zu beurteilen, ob ein Umstand der Verschwiegenheitspflicht unterfällt. Hierbei kommt ihm kein selbständiger Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu, da eine am objektiven Unternehmensinteresse ausgerichtete Entscheidung stattzufinden hat. In einem zweiten Schritt hat das Aufsichtsratsmitglied den Umfang der weiterzugebenden vertraulichen Informationen anhand des Berichtszwecks zu beurteilen. Diese Entscheidung obliegt nicht der Gebietskörperschaft. Denn § 394 AktG adressiert lediglich das Aufsichtsratsmitglied und nicht die Gebietskörperschaft. Soweit diese Beurteilung der Gebietskörperschaft zukommen würde, wäre eine umfassende vorherige Unterrichtung durch das Aufsichtsratsmitglied notwendig. Dies widerspricht dem hinter der Verschwiegenheitspflicht liegenden Zweck. Im Rahmen dieser Beurteilung kommt dem Aufsichtsratsmitglied ebenfalls kein Beurteilungsoder Ermessensspielraum zu. Nur so wird zugunsten der Geheimhaltungsinteressen eine umfassende gerichtliche Kontrolle ermöglicht. Diese gerichtliche Überprüfbarkeit hält das Aufsichtsratsmitglied dazu an, seine Entscheidung korrekt am objektiven Unternehmensinteresse auszurichten. Das Aufsichtsratsmitglied wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt. Es ist dem Aufsichtsratsmitglied zumutbar, sich in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen. Im Rahmen des § 394 AktG hat das Aufsichtsratsmitglied auch vertrauliche Unterlagen weiterzugeben. Dies ergibt sich historisch aus § 111 Abs. 1 RHO und systematisch aus dem Zusammenhang mit § 69 S. 1 Nr. 2 BHO. Diese vertraulichen Unterlagen können auch den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers enthalten. Dazu bedarf es keiner Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 53 HGrG. Soweit eine Informationsweitergabe entgegen den Voraussetzungen des § 394 AktG stattfindet, drohen dem Aufsichtsratsmitglied straf- und zivilrechtliche Konsequenzen. Besonderheiten gelten im Fall der Weitergabe von vertraulichen Informationen aufgrund der verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG. In diesem Fall scheiden eine Strafbarkeit und eine zivilrechtliche Haftung des Aufsichtsratsmitglieds aus. Ansonsten bestünde ein Widerspruch, da das Aufsichtsratsmitglied für etwas haften würde, was verfassungsrechtlich zulässig und geboten ist. Die verfassungskonforme Auslegung erfolgt zu Lasten der Geheimhaltungsinteressen der betroffenen AG. Dieser Nachteil sollte durch eine Haftung der Gebietskörperschaft analog § 317 AktG ausgeglichen werden. Dies ermöglicht einen gerechten Interessenausgleich.

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Kap. 7: Schlussbetrachtung

B. Ausblick Staatliche Beteiligungen werden auch in Zukunft eine große Rolle spielen, da es in Krisenzeiten immer wieder zu Rufen nach staatlicher Hilfe kommen wird. In diesen Fällen wird der Staat im Vorfeld seiner Beteiligungen eine umfassende Eingangskontrolle durchführen. Denn der Staat kann sich nicht unter Verweis auf etwaig unzureichende Einwirkungsrechte seiner Verantwortung entziehen. Die Betätigung der öffentlichen Hand in Privatrechtsformen wird künftig weitere Konturierungen erfahren. Denn die Kollision zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem öffentlichen Recht führt immer wieder zu Diskussionen. Wie die Untersuchung gezeigt hat, ist das Gesellschaftsrecht nicht völlig vom öffentlichen Recht losgelöst. Die verfassungskonforme Auslegung ist hierbei das Einfallstor im Gesellschaftsrecht für das öffentliche Recht. Daher werden künftig neben der in der Untersuchung behandelten verfassungskonformen Auslegung der §§ 394, 395 AktG wohl weitere verfassungskonforme Auslegungen von gesellschaftsrechtlichen Regelungen diskutiert. Die verfassungskonforme Auslegung der §§ 394, 395 AktG führt zu einer gewissen Rechtsunsicherheit. Dies liegt insbesondere daran, dass die Abwägung zwischen den konfligierenden Interessen in Form der öffentlichen Interessen und den unternehmerischen Geheimhaltungsinteressen regelmäßig nicht eindeutig sein wird. Es ist dem Gesetzgeber daher anzuraten, im Rahmen der §§ 394, 395 AktG für Klarstellung zu sorgen. Beispielsweise könnte sich der Gesetzgeber dazu äußern, in welchen Fällen von einem Vorrang der öffentlichen Informationsinteressen auszugehen ist. Hierbei sollte, wie vorstehende Ausführungen zeigen, zwischen der Eigengesellschaft sowie der staatlichen Mehrheits- und Minderheitsbeteiligung unterschieden werden. Unabhängig davon ist jedoch zu erwarten, dass Aufsichtsratsmitglieder in öffentlichen Unternehmen bei der Weitergabe von vertraulichen Informationen sensibler agieren werden. Es steht zu erwarten, dass die Aufsichtsratsmitglieder sich zum Umfang der Informationsweitergabe verstärkt Rechtsrat einholen werden.

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Stichwortverzeichnis Abschlussprüfung 73 f. Ausblick 218 ff. Ausschüsse des Bundestages 152 ff. Ausschüsse des Landtages 184 Berichtsadressat 148 ff. Berichtsadressaten auf Bundesebene 152 ff. Berichtsadressaten auf kommunaler Ebene 188 ff. Berichtsadressaten auf Landesebene 183 ff. Berichtspflicht aus Gesetz 133 Berichtspflicht aus Satzung 134 Berichtspflicht kraft beamtenrechtlicher Weisungsbindung 137 ff. Berichtspflicht kraft Rechtsgeschäft 134 ff. Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit 84 ff. Bestellung auf Veranlassung 121 ff. Beteiligung einer Gebietskörperschaft 112 ff. Beteiligungsbegriff des § 271 HGB 116 f. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 75, 160 ff., 172 f., 177, 180 f., 194 Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses 174 ff., 178 f., 182 f. Bundesgesetzliche Anforderungen für staatliche Beteiligung 40 ff. Bundesrechnungshof 152, 199 Bundestag 102, 152 ff., 156 ff. DCGK 69 Demokratischer Legitimationszusammenhang 31 ff. Deutsche Lufthansa AG 21, 37 ff. Direktinvestition 80 ff., 110 Diskriminierungsverbot 84 f. Eigengesellschaft 25, 27 f., 32 ff., 58 f., 62 f., 165 ff., 171 ff. Eingangskontrolle 24 ff., 39 f., 59 ff., 62 ff.

Entsendung 42, 113, 121 f. Ermessens-/Beurteilungsspielraum 195 ff., 197 ff. Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht auf Berichtsadressaten 75 f., 149, 213 Erwerbswirtschaftliches Tätigwerden des Staates 29 ff. Fehlerhafte Eingangskontrolle 62 ff. Fiskalisches Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs-)Unternehmen 159 ff., 166, 172, 177 Fragerecht eines Landtagsabgeordneten 187 f. Garantie kommunaler Selbstverwaltung 39 Geheimschutzordnung 161 ff., 167 f., 173, 178, 185 Gemischtöffentliches Unternehmen 25 Gemischtwirtschaftliches Unternehmen 25 Gewährleistung der Vertraulichkeit 149 ff. Golden Shares 53, 78, 82 f., 87 ff., 105 ff., 111 Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit 99 f. Grundrechte 26 ff. Grundrechtsbindung von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung 27 ff. Haftung der Gebietskörperschaft 203, 205 ff. Haftung des Aufsichtsratsmitglieds 202 ff. Harmonisierung 97 Haushaltskontrolle 98 f., 100 ff. Hinweise für gute Beteiligungsführung bei Bundesunternehmen 71 Ingerenzpflichten

24 ff., 39 f.

Kapitalverkehrsfreiheit

78 ff.

Stichwortverzeichnis Landesrechtliche Anforderungen für staatliche Beteiligung 50 ff. Landtag 184 ff. Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand 25, 27 f., 32 ff., 42, 62 ff., 73 ff., 176 ff. Minderheitsbeteiligung der öffentlichen Hand 25, 28, 35 ff., 63 f., 179 ff. Mitteilungen im dienstlichen Verkehr 76 f., 151 Modifikation des Gesellschaftsrechts 53 ff. Niederlassungsfreiheit

82 ff., 109 ff.

Oberbürgermeister 189 Öffentliches Unternehmen 25 Organisatorisch-personelle Legitimation 31 f., 33 f. Parlamentarisches Frage- und Informationsrecht 158 ff., 186 ff. PCGK 70, 119 f. Portfolioinvestition 81, 83 Prinzipal-Agent-Theorie 45 ff. Prüfpersonen i.S.d. § 395 AktG 153 f. Rechnungsprüfungsamt 188 f. Rechtfertigung einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit 96 ff. Rechtsstaatsprinzip 28 ff., 106, 187 REM-Hypothese 45 ff.

Sachlich-inhaltliche Legitimation 34 f., 58 f.

233 32 f.,

Unionskonformität der §§ 394, 395 AktG 78 ff. Veranlassung bei gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitgliedern 124 ff. Veranlassung bei mittelbarer Beteiligung 127 ff. Veranlassung bei unmittelbarer Beteiligung 122 ff. Verfassungskonforme Auslegung 60 ff., 142 f., 170 ff., 187 f., 203 ff. Verfassungsrechtliche Anforderungen für staatliche Beteiligung 26 ff. Vermutungsregelungen 127, 132 Veröffentlichungsverbot 77 Vertrauliche Angaben und Geschäftsgeheimnisse 66 f., 194 Verwaltungsgesellschaftsrecht 53 ff. Vorrang der GmbH 48 ff. Vorrang des Gesellschaftsrechts 57 ff., 139, 146 f. Weisungsfreiheit des Aufsichtsrats 137 ff. Weitergabe vertraulicher Unterlagen 199 ff. Wichtiges Interesse des Bundes 40 f. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses 100 ff.