Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit: Erscheinungsformen und deren rechtliche Qualifikation [1 ed.] 9783428586004, 9783428186006

In einem globalisierten und arbeitsteiligen Wirtschaftsleben werden traditionelle und zumeist starre Projektmethoden zun

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Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit: Erscheinungsformen und deren rechtliche Qualifikation [1 ed.]
 9783428586004, 9783428186006

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 371

Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit Erscheinungsformen und deren rechtliche Qualifikation

Von

Yannick Bähr

Duncker & Humblot · Berlin

YANNICK BÄHR

Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Matthias Jacobs, Hamburg Prof. Dr. Rüdiger Krause, Göttingen Prof. Dr. Sebastian Krebber, Freiburg Prof. Dr. Thomas Lobinger, Heidelberg Prof. Dr. Markus Stoffels, Heidelberg Prof. Dr. Raimund Waltermann, Bonn

Band 371

Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit Erscheinungsformen und deren rechtliche Qualifikation

Von

Yannick Bähr

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-18600-6 (Print) ISBN 978-3-428-58600-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2021/2022 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Januar 2022 berücksichtigt. Danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Clemens Höpfner, der diese Arbeit betreut und mir bei der Auswahl des Themas sowie bei dessen Ausarbeitung alle nötigen Freiheiten gelassen hat. Ebenso möchte ich Herrn Prof. Dr. Thomas Hoeren für die sehr zügige Erstellung des Zweitgutachtens danken. Den Herausgebern der Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht danke ich für die Aufnahme meiner Dissertation in diese Schriftenreihe. Danken möchte ich zudem den Kolleginnen und Kollegen am Institut für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht, Abt. II, die nicht nur zum Gelingen dieser Arbeit, sondern auch zu einer unvergesslichen Zeit am Institut beigetragen haben. Insbesondere danke ich Daniel Schmidt und Jakob Schneck für die vielen spannenden Diskussionen und Anregungen zu dieser Arbeit. Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern und Großeltern, die mich seit jeher und in jeder Hinsicht unterstützt haben. Ganz besonders danke ich Juliane, die mich stets auf meinem Weg begleitet hat und deren bedingungslose Unterstützung und Rückhalt maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Düsseldorf, im Februar 2022

Yannick Bähr

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 A. Die Diversifizierung der Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Agile Projektmethoden und Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 C. Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Kapitel 1 Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

33

A. Agiles Manifest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Scrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C. Extreme Programming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 D. Kanban . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 E. Gemeinsame Charakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 F. Wesentliche Unterschiede innerhalb der agilen Projektmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . 55 G. Wahl einer agilen Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 H. Agile Projektmethoden in der Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Kapitel 2 Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis und dessen rechtliche Qualifikation

64

A. Abgrenzung des zweigliedrigen vom dreigliedrigen Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . 64 B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes im zweigliedrigen Vertragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 D. Anwendbarkeit besonderer Regelungskomplexe im zweigliedrigen Rechtsverhältnis . 271

8

Inhaltsübersicht Kapitel 3 Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis und dessen rechtliche Qualifikation

312

A. Formen des Fremdpersonaleinsatzes im indirekten Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . 312 B. Der Rechtsformzwang im Rechtsverhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes im dreigliedrigen Vertragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Kapitel 4 Schlussbetrachtung

417

A. Handlungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 B. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 A. Die Diversifizierung der Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Agile Projektmethoden und Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 I.

Agile Projektmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Begriff des agilen Projektmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Ansatz der agilen Projektmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

II. Agile Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Rechtliche Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Betriebliche Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Individualrechtliche Rahmenbedingungen agiler Projektarbeit . . . . . . . . . . . . . 27 3. Weitere rechtliche Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 C. Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Kapitel 1 Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

33

A. Agiles Manifest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Scrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I.

Product Owner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

II. Scrum Master . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Entwicklungsteam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 IV. Entwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 C. Extreme Programming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 D. Kanban . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 E. Gemeinsame Charakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 F. Wesentliche Unterschiede innerhalb der agilen Projektmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . 55 G. Wahl einer agilen Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 H. Agile Projektmethoden in der Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Einheitliche Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 II. Rahmenvertrag und Teilprojektverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

10

Inhaltsverzeichnis Kapitel 2 Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis und dessen rechtliche Qualifikation

64

A. Abgrenzung des zweigliedrigen vom dreigliedrigen Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . 64 B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 I. Das zwingende Recht als dogmatischer Anknüpfungspunkt der Indisponibilität 66 II. Der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Die Privatautonomie als Grundlage der autonomen Qualifikationskompetenz 69 2. Das zwingende Recht als Schranke der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3. Der Rechtsformzwang als Absicherungsinstrumentarium des zwingenden Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Dogmatik des Rechtsformzwangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Grundlagen des Rechtsformzwangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 aa) Typizität und Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 cc) Reichweite des Rechtsformzwangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Intervention des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Autonome Qualifikation des Vertragsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Wahl einer arbeitsvertraglichen Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Wahl zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Relevanz des Parteiwillens bei typologischen Grenzfällen . . . . . . . . . . . . . . 88 C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes im zweigliedrigen Vertragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I.

Methodische Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Wahl der Rechtsanwendungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Wortlautgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Relevanz der Gesetzgebungsmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 4. Konkrete Normvorstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

II. Dogmatik der vertragstypologischen Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Prüfungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Bezugspunkt der Vertragstypeneinordnung bei Rahmenverträgen . . . . . . . . . . . 110 3. Beweisführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Arbeitsvertragliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Auslegung des § 611a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Genese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Privatrechtlicher Vertrag und „im Dienste eines anderen zur Leistung […] verpflichtet“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 c) Persönliche Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Die Stellung als Obermerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Inhaltsverzeichnis

11

bb) Die typologische Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (1) Abkehr von der typologischen Methode? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (2) Bezugspunkt der typologischen Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (3) Begriffsnatur des Arbeitnehmerbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 d) Weisungsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Relevanz der Weisungsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Wirkrichtung des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (1) Arbeitsbezogene Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (2) Erfolgsbezogene Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (3) Doppelfunktionale Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 cc) Das Verhältnis von Weisung und Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (1) Einschränkung aufgrund der Natur der Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . 152 (2) Wertung des erfolgsbezogenen Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . 154 dd) Souveränität hinsichtlich Inhalt und Durchführung der Tätigkeit . . . . . . 154 (1) Inhaltlich-fachliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (2) Atomisierung von Aufträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (3) Steuerungsinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 ee) Zeitliche Souveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 ff) Örtliche Souveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 e) Eingliederung als sichtbares Pendant der Weisungsgebundenheit . . . . . . . . . 167 f) Fremdbestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 g) Relevanz der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 aa) Einfallstor zur Bildung berufsspezifischer Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . 184 bb) Relevanz für die graduelle Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit 186 h) Gesamtbetrachtung nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Zusätzliche eigenständige Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Perpetuierung der Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 cc) Indizielle Berücksichtigung im Rahmen der Gesamtbetrachtung . . . . . . 191 (1) Die Aspekte der Weisungsgebundenheit sowie Leistung überwiegend in Räumen eines anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (2) Regelmäßige Nutzung von Mitteln eines anderen zur Erbringung der geschuldeten Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (3) Zusammenarbeit mit Personen, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (4) Zumindest überwiegende Tätigkeit für einen Auftraggeber . . . . . . 196 (5) Eigene Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (6) Keine konkrete Leistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (7) Keine Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (8) Wirtschaftliche Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (9) Fremdnützigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

12

Inhaltsverzeichnis (10) Persönliche Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (11) Ablehnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (12) Höhe der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 i) Keine Regelungslücke für die digitalisierte Arbeitswelt . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2. Der Arbeitnehmerbegriff im Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Autonomer Arbeitnehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 c) Auswirkungen des autonomen bzw. autonomisierten Arbeitnehmerbegriffs 214 3. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 a) Inhaltlich-fachliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 aa) Einstellen der User Stories in das Product Backlog . . . . . . . . . . . . . . . . 220 bb) Priorisierung der User Stories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 cc) Auswahl der konkreten User Story durch das Entwicklungsteam . . . . . 222 dd) Festlegung der Art und Weise der Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . 224 b) Zeitliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 aa) Beschränkung der zeitlichen Souveränität aufgrund des Einstellvorgangs in das Product Backlog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Beschränkung der zeitlichen Souveränität aufgrund der intensiven Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (1) Mitglieder des Entwicklungsteams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (2) Rollenbild des Product Owners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (3) Rollenbild des Scrum Masters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Örtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 aa) Mitglieder des Entwicklungsteams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 bb) Rollenbild des Product Owners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 cc) Rollenbild des Scrum Masters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 IV. Dienst- und werkvertragliche Dichotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 1. Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 2. Vertragstypische Pflicht des Fremdpersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 a) Vagheit der Erfolgsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Leistungserbringung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 3. Gegenleistungspflicht des Bestellers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Ausgestaltung der Gegenleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 b) Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 c) Höhe der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 4. Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 5. Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 6. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Inhaltsverzeichnis

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b) Leistungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 c) Gegenleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 d) Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 e) Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 V. Werklieferungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 1. Voraussetzungen des Werklieferungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 VI. Gesellschaftsvertragliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. Notwendige Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 D. Anwendbarkeit besonderer Regelungskomplexe im zweigliedrigen Rechtsverhältnis 271 I.

Arbeitnehmerähnliche Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Wirtschaftliche Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 a) Umstände im Rechtsverhältnis zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber 275 aa) Keine Leistung für den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 bb) Dauer und Umfang der Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 cc) Persönliche Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Persönliche Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 aa) Betriebsorganisation und Betriebskapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 bb) Überwiegende Tätigkeit für einen Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 cc) Überwiegendes Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2. Vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 a) Höhe des Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Höhe des Gesamtvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 c) Art der Auftragsvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 d) Innerbetriebliche Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 e) Art der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 f) Berufsgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 a) Wirtschaftliche Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 b) Vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

II. Heimarbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 1. Erwerbsmäßige Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 2. Selbstgewählte Arbeitsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 3. Allein oder mit seinen Familienangehörigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 4. Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 5. Beschaffung der Roh- und Hilfsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

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Inhaltsverzeichnis 6. Verwertung der Arbeitsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 7. Wirtschaftliche Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 8. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 9. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311

Kapitel 3 Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis und dessen rechtliche Qualifikation

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A. Formen des Fremdpersonaleinsatzes im indirekten Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . 312 B. Der Rechtsformzwang im Rechtsverhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 I. Wahl eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 II. Wahl zulasten eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes im dreigliedrigen Vertragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 I. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 1. Bereichsausnahme für das agile Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 2. Anwendbarkeit des AÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 3. Merkmale des § 1 Abs. 1 S. 1, 2 AÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 a) Arbeitnehmerüberlassungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 aa) Inhalt des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 bb) Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 (1) Gemeinschaftsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 (2) Gemeinschaftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 (3) Gemeinschaftsprojekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 b) Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher . . . . . . . . . . . . 329 aa) Bezugspunkt der Arbeitnehmereigenschaft beim drittbezogenen Einsatzvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 bb) Begriff des (Leih-)Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 cc) Selbständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 (1) Genossenschaftsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 (a) Die Idee des Genossenschaftsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 (b) Das Rechtsverhältnis der Genossenschaftsmitglieder . . . . . . . . 345 (2) Sonderfall Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 (a) Zwischengeschaltete Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 (b) „Selbstverleih“ des Gesellschafter-Geschäftsführers . . . . . . . . . 349 c) Überlassung des Arbeitnehmers an den Entleiher zur Arbeitsleistung . . . . . 353 aa) Weisungsbefugnis des Entleihers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 (1) Wirkrichtung der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

Inhaltsverzeichnis

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(2) Schutzzweckorientierte Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 (3) Zuordnung der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 (a) Brückenkopfmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 (b) Ticketsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 bb) Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 cc) Förderung eines fremden Betriebszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 d) Überlassung im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 4. Rechtsfolgen der illegalen Arbeitnehmerüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 a) Unwirksamkeitsgründe gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 1b AÜG . . . . . . . . . . . . . 373 aa) Folgen der fehlenden Überlassungserlaubnis, § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG . . . 374 (1) Rechtsfolgen für den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag . . . . . . . . . 375 (2) Rechtsfolge für das Leiharbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 bb) Folgen der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung, § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 (1) Rechtsfolgen für den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag . . . . . . . . . 381 (2) Rechtsfolge für das Leiharbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 cc) Folgen der Überschreitung der Leihfrist, § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG . . . . . 384 (1) Rechtsfolgen für den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag . . . . . . . . . 384 (2) Rechtsfolge für das Leiharbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 b) Fiktion eines Arbeitsverhältnisses, § 10 Abs. 1 AÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 5. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 a) Inhaltlich-fachliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 b) Zeitliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 c) Örtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 d) Förderung eines fremden Betriebszweckes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 II. Dienst- bzw. Werkverschaffungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 1. Interim Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 a) Angelsächsisches Modell als Vermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 b) Niederländisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 aa) Gestellung des Interim Managers als Leistungspflicht des Intermediärs 396 bb) Managementleistung als Leistungspflicht des Intermediärs . . . . . . . . . . 397 2. Contracting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 3. Anwendung auf die agilen Rollenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 III. Besonderheiten der dienst- und werkvertraglichen Dichotomie im indirekten Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 1. Einsatz einzelner Fremdpersonalkräfte in gemischten Projektteams . . . . . . . . . 402 2. Auftragnehmer stellt zumindest das Entwicklungsteam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

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Inhaltsverzeichnis IV. Besonderheiten der gesellschaftsvertraglichen Einordnung im indirekten Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 1. Gemeinschaftsunternehmen als Außengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 2. Gemeinschaftsbetrieb als Innengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 a) Gemeinsamer Betrieb im Sinne einer organisatorischen Einheit . . . . . . . . . . 408 aa) Der Betrieb im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 bb) Der virtuelle Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 b) Gemeinsamer Einsatz materieller und immaterieller Betriebsmittel . . . . . . . 412 c) Einheitlicher arbeitstechnischer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 d) Einheitliche Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten . . . . . . . 414 e) Einordnung der agilen Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416

Kapitel 4 Schlussbetrachtung

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A. Handlungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 I.

Risikovermeidungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 1. Praktische (Vertrags-)Vorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 2. Teaminternes Compliancesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 3. Statusfeststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

II. Rückforderung überbezahlter Honorare im Fall der Vertragstypenverfehlung . . . . 422 III. Freistellungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 B. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467

Einleitung A. Die Diversifizierung der Arbeitsverhältnisse Die Digitalisierung von Wirtschaft und Produktion ist kein neues Phänomen. Dennoch sind die Auswirkungen intensiver denn je zu spüren.1 Bereits in den 1980erJahren ließen sich aufgrund der zunehmenden Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien erste Auswirkungen auf das Arbeitsleben feststellen.2 Diese Entwicklung wurde in den 1990er-Jahren mit dem fortschreitenden Wandel hin zu einer Informationsgesellschaft verstärkt.3 Auch in jüngerer Zeit zeigen sich die mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft als Katalysator einer immer weitergehenden Diversifizierung der Arbeitswelt.4 Jüngst hat zudem die Covid-19-Pandemie, die zu einer raschen und erheblichen Zunahme des mobilen Arbeitens geführt hat,5 ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Digitalisierung der Arbeitswelt fügt sich dabei in ein vielschichtiges Gefüge verschiedener Veränderungen ein.6 Triebfeder des digitalen Wandels ist die sich rasch entwickelnde und weiter fortschreitende Informations- und Kommunikationstechnologie. Erst durch die zunehmende Leistungsfähigkeit der Mikroprozessoren, der Speichermöglichkeiten sowie der immer besseren Vernetzung, die einen weltweiten Informationsaustausch zulässt, wird die digitale Infrastruktur überhaupt ermöglicht. Diese ist es wiederum, die eine wichtige Rolle in der Globalisierung der Wirtschaft einnimmt. So sind es auch die modernen Formen der Informations- und Kommunikationstechnologien, die eine orts- und zeitübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen.7 Hiermit geht angesichts der zugleich fortschreitenden Globalisierung 1 Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B8 f.); daher griff auch der 71. Deutsche Juristentag im Jahr 2016 die „Digitalisierung der Arbeitswelt“ als Thema auf. 2 S. etwa die Enquete-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken“, BT-Drs. 9/2442, S. 97 – 115, der 1981 vom Bundestag die Aufgabe zugewiesen wurde, die Probleme der neuen Informationstechniken auch unter rechtlichen Aspekten darzustellen und Empfehlungen auszusprechen. Im Zuge dessen wurden auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt untersucht. 3 S. hierzu etwa den Schlussbericht der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“, in welchem auch die Auswirkungen auf die Arbeitswelt dargestellt wurden, BT-Drs. 13/11004, S. 48 – 61. 4 S. zum Ganzen Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B8 ff. m. w. N.). 5 Zu diesem Aspekt Hähnchen/Schrader/Weiler/Wischmeyer, JuS 2020, 625. 6 So Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B11). 7 Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B11 ff.).

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Einleitung

und den rapiden Entwicklungen einher, dass sowohl die Flexibilität als auch die Wandlungsfähigkeit der Unternehmen und Konzerne massiv an Bedeutung gewonnen haben.8 Neu ist nicht die Komplexität der Entscheidungen, sondern die nicht zuletzt auch durch sich rasant entwickelnde Start-ups steigende Veränderungsgeschwindigkeit, mit der sich die Unternehmen auseinandersetzen müssen. Der globale Wettbewerb wie auch rasante technologische und gesellschaftliche Entwicklungen erschweren zunehmend eine umfassende und nachhaltige Projektplanung. Eine langwierige und detaillierte Vorabplanung von Projekten ist angesichts schneller Innovationsschübe und disruptiver Entwicklungen oftmals kaum mehr möglich.9 Kurze Innovations-, Entwicklungs- und Produktionszyklen gewinnen in der Folge zunehmend an Bedeutung.10 Beispielhaft lässt sich hierzu etwa der Wettbewerb klassischer Automobilhersteller mit schnell wachsenden Konkurrenten wie Tesla anführen. Etwas pathetisch stellte Bill Gates fest: „Um heute erfolgreich zu sein, muss man anpassungsfähig sein und ständig neu denken, neu beleben, reagieren und neu erfinden wollen.“11 Zur Flexibilität und Wandlungsfähigkeit der Unternehmen sollen die sich wandelnden Formen der Arbeitsorganisationen beitragen. Im Zuge dieser Umgestaltung lässt sich nicht nur vermehrt eine Subjektivierung, sondern zugleich eine Flexibilisierung, Intensivierung sowie eine Entgrenzung der Arbeit feststellen.12 Die Subjektivierung meint dabei die Tendenz, den Beschäftigten nicht mehr mittels klassischer arbeitsbezogener Weisungen die einzelnen Arbeitsschritte, sondern nur abstrakt die Arbeitsergebnisse vorzugeben.13 Die Organisation der Tätigkeit bleibt dann dem Personal überlassen.14 Insofern soll die geförderte Autonomie bei der Aufgabenerledigung dazu führen, dass die Flexibilisierung zur engen und zeitnahen 8

Hoffmann/Roock, Agile Unternehmen, S. 1; Walzer, Der arbeitsrechtliche Schutz der Crowdworker, S. 24. 9 Bertermann/Römermann, AuA 2017, 154 (156); Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273; Hoffmann, in: IT-Projektmanagement, S. 5; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 27. 10 Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273; Hoffmann, in: IT-Projektmanagement, S. 5; vgl. zu den Gründen für die Anwendung agiler Methoden Komus, Status Quo Agile 2016/2017, S. 5; bitkom research, Etengo-Freelancer-Index VI, S. 27; Anderson/Uhlig, Das agile Unternehmen, S. 264 ff. 11 In englischer Fassung auch Olbert/Prodoehl/Worley, Agilität, S. 4. 12 So Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B17 f.), der zugleich unter Bezugnahme auf Waltermann, in: Verhandlungen des 68. DJT, 1. Band, Gutachten B, darauf hinweist, dass die Abkehr vom Normalarbeitsverhältnis durch die Zunahme atypischer Beschäftigungsformen wie Teilzeitarbeit, befristeter Arbeitsverhältnisse und Leiharbeit mit Ausnahme von Solo-Selbständigen in keinem spezifischen Zusammenhang mit der Digitalisierung stünden. Als Normalarbeitsverhältnis wird ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in Vollzeit verstanden, s. etwa Walzer, Der arbeitsrechtliche Schutz der Crowdworker, S. 23; zur Bedeutung der Begriffswahl s. Wank, RdA 2010, 193 ff. 13 Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B17). 14 S. hierzu Moldaschl/Voß, Subjektivierung von Arbeit, passim.

A. Die Diversifizierung der Arbeitsverhältnisse

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Koppelung an die Markterfordernisse und Kundenwünsche führt.15 Die Änderungen in der Arbeitsorganisation erfassen zudem ganze Organisationsstrukturen. So lässt sich vielfach die Abkehr von festen, hierarchisch gegliederten Strukturen feststellen. An deren Stelle treten dann flexible, projektbezogene Formen der Zusammenarbeit. Mit der Digitalisierung geht zugleich einher, dass die gleichzeitige physische Anwesenheit mehrerer an einem Prozess beteiligter Arbeitnehmer nicht mehr notwendig ist.16 Eine Ausprägung dieses Wandels stellt die „Agilisierung“ der Arbeitsund Organisationsformen dar.17 Die Veränderungen der Arbeitswelt werden darüber hinaus durch eine veränderte Priorisierung der Beschäftigten angetrieben.18 So zeigen Studien, dass nicht nur vermehrt Wert auf eine zeit- und ortsflexible Tätigkeit gelegt wird,19 sondern zugleich der sog. Work-Life-Balance eine größere Bedeutung zukommt, als dies noch in früheren Generationen der Fall war. Die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten, trägt im Zuge dessen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei.20 Vielfach verzichten hochqualifizierte Personen, insbesondere in der IT-Branche, zudem bewusst und im Gegensatz zu früher auf eine dauerhafte Beschäftigung bei einem Arbeitgeber. Hiervon versprechen sich die Experten Freiheit bei der Entscheidung, an welchen Projekten sie beteiligt sein wollen, eine selbstbestimmte Leistungserbringung sowie bessere Verdienstchancen.21 Zusammenfassend werden diese Entwicklungen im Allgemeinen mit den Schlagworten „Industrie 4.0“22, „Vierte industrielle Revolution“23, „Zweites Maschinenzeitalter“24 sowie „Arbeit 4.0“25 und „New Work“26 im Kontext der refor15

Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B18). Speziell im Kontext der agilen Arbeit Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273 f.; ähnlich Heise, NZA-Beilage 2019, 100 f.; Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 46; vgl. auch Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B19), der sich auf die Matrixstrukturen bezieht; Walzer, Der arbeitsrechtliche Schutz der Crowdworker, S. 24 f. 17 S. hierzu Einleitung B. I., II. 18 S. hierzu Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B20 f.). 19 Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B20). 20 Vgl. BMAS, Mobiles und entgrenztes Arbeiten, S. 17. 21 S. hierzu Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (157); ders., NZA 2017, 1571 (1572); Hennig, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 3 Rn. 4; Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 197 f. 22 So etwa Giesen/Junker/Rieble (Hrsg.), Industrie 4.0, passim; Günther/Böglmüller, NZA 2015, 1025 (1026); zur Entwicklung des Arbeitsrechts 4.0, s. Steffan, NZA 2015, 1409. 23 So etwa BMBF, Zukunftsprojekte der Hightech-Strategie, S. 52. 24 Brynjofsson/McAfee, The Second Machine Age, passim. 25 S. hierzu etwa BMAS, Weissbuch Arbeiten 4.0; Giesen/Kersten, Arbeit 4.0, passim; Walzer, Der arbeitsrechtliche Schutz der Crowdworker, S. 23, Krause, NZA-Beilage 2017, 53 ff.; Heise, NZA 2017, 1571. 26 Eufinger/Burbach, DB 2019, 1147; Heise, NZA-Beilage 2019, 100 ff.; Stück, ArbRAktuell 2018, 409 ff.; der Begriff geht auf Frithjof Bergmann zurück. Gemeint ist damit die neue 16

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Einleitung

mierten Arbeitswelt beschrieben. So prägnant diese Begriffe auch sein mögen, hinter ihnen stehen komplexe Veränderungen, die aus rechtlicher Perspektive viele Probleme aufwerfen.27 Losgelöst von der Frage, ob sich aus zeitlicher Distanz ein Epochenwechsel oder doch nur eine plakative Zuschreibung der mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen attestieren lässt, kann man jedenfalls festhalten, dass der Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft bereits zu tiefgreifenden Umbrüchen in der Arbeitswelt geführt hat und zu solchen auch weiterhin führen wird.28

B. Agile Projektmethoden und Organisationsformen Das Wort „Agilität“ bzw. „agil“ stammt vom lateinischen „agilis“ ab, was so viel wie beweglich oder wendig bedeutet. Agile Projektmethoden und Organisationsformen sind en vogue. Vielfach wird Agilität als ein neuer Hype verstanden, als „Zaubermittel“, um Unternehmen und die Mitarbeiter zukunfts- und anpassungsfähig aufzustellen.29 Nachdem sich die „Agilität“ zunächst maßgeblich auf Projektmethoden wie Scrum, Kanban und XP (eXtreme Programming) als moderne Arbeitsformen bezog,30 greift dieser Trend nunmehr auf die Transformation ganzer Arbeitsorganisationen über.31 Teilweise werden zudem bereits flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte – Stichwort Home- bzw. Mobile-Office – dem Begriff der Agilität subsumiert.32 Wenn auch agile Arbeitsformen oftmals mit einer digitalen, zeit- und ortsflexiblen Form der Leistungserbringung einhergehen, so zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass es sich beim agilen Arbeiten nicht nur um flexibles Arbeiten, sondern um eine eigenständige Arbeitsmethode handelt.33

Arbeitsweise, die als Konsequenz aus der Digitalisierung und der Globalisierung und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt resultiert. 27 In diesem Sinne auch Kurt, in: Arbeitsrecht im Zeitalter der Digitalisierung, S. 10. 28 Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B9); Heise, NZA 2017, 1571; vgl. zur vierten industriellen Revolution auch Günther/Böglmüller, NZA 2015, 1025 (1026). 29 Vgl. Bachner, in: FS 100 Jahre Betriebsverfassungsrecht, S. 17; Eufinger/Burbach, DB 2019, 1147: „[…] agiles Arbeiten als en vogue herausgestellt“; Heise, NZA-Beilage 2019, 100: „Agil ist in Mode“; Hexel, AuR 2019, 255: „,Agilität‘ ist eine der neuen Zaubervokabeln“; Steffan, ArbRB 2020, 79: „Agiles Arbeiten und agile Organisationen sind in aller Munde. Wer nicht agil ist, ist nicht ,hip‘“; vgl. auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. h. c. Thomas Sattelberger, Johannes Vogel (Olpe), Michael Theurer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP (BT-Drs. 19/9096), BT-Drs. 19/9724. 30 Zu den Projektmethoden im Einzelnen s. Kapitel 1. 31 Heise, NZA-Beilage 2019, 100. 32 So etwa Kania, in: Küttner, Personalhandbuch, Agiles Arbeiten Rn. 7; s. zur umfassenden Subsumtion bereits Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273 und Heise, NZA-Beilage 2019, 100 (101) hin. 33 Hierauf weist zutreffend bereits Sittard, NZA Editorial Heft 13/2019 hin.

B. Agile Projektmethoden und Organisationsformen

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I. Agile Projektmethoden Ein, wenn nicht das Kernelement der Agilisierung stellen die agilen Projektmethoden dar. Bei diesen handelt es sich um Arbeitsformen, die durch ein oder mehrere Teams einer Organisationseinheit angewendet werden. 1. Begriff des agilen Projektmanagements Die agilen Projektmethoden werden vielfach, insbesondere im juristischen Sprachgebrauch, unter dem Begriff des agilen Projekt- bzw. Produktmanagements erörtert.34 Indes handelt es sich bei diesen Ansätzen nicht um Projektmanagementmethoden im engeren Sinne.35 Ein Projekt zeichnet sich nach der DIN-Norm 69901 – 5 durch die Einmaligkeit der Bedingungen in seiner Gesamtheit sowie die klaren Ziele und die zeitlich und finanziell begrenzten Ressourcen aus.36 Demgegenüber ist die agile Arbeitsmethodik nicht auf die einmalige Lieferung eines Ergebnisses, sondern die kontinuierliche, inkrementelle und iterative Realisierung von Teilergebnissen angelegt. In der Praxis werden die agilen Methoden jedoch häufig mit dem Projektmanagement verknüpft. Dies kann etwa durch eine an den agilen Werten und Grundsätzen ausgerichtete Durchführung des eigentlichen Projektmanagements erfolgen.37 Zum Zwecke der Vereinheitlichung und unter Bezugnahme auf den juristischen Diskurs wird daher auch in dieser Untersuchung die Begrifflichkeit des agilen Projektmanagements verwendet. Zudem ist zu konstatieren, dass es angesichts der zunehmenden Verbreitung und der vielfach wenig stringenten Anwendung agiler Methoden zu einer begrifflichen Unschärfe gekommen ist.38 So werden die Methoden in der Praxis auch vermengt oder nur partiell angewandt.39 Zumeist dient das der Anpassung an die Betriebs- oder Unternehmenswirklichkeit, die teilweise eine modifizierte Anwendung erfordert.40 Trotz aller Unschärfen liegt den agilen Methoden im Kern jedoch stets das sog. Agile

34 So etwa Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (928); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Heise/Friedl, NZA 2015, 129; Frank, CR 2011, 138. 35 Komus, Status Quo Agile 2016/2017, S. 12; s. zum Projektbegriff im Kontext des agilen Projektmanagements auch Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 171 ff., der sich mit den unterschiedlichen Definitionsansätze auseinandersetzt. 36 Komus, Status Quo Agile 2016/2017, S. 12; Kursay-Merkle, Agiles Projektmanagement, S. 10. 37 Vgl. Komus, Status Quo Agile 2016/2017, S. 12. 38 CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 19; Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 9. 39 Kremer, ITRB 2010, 283; Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (418); Lingemann/Chakrabarti, in: Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, Kapitel 2 Rn. 113. 40 Eine solche Anpassung kann etwa durch eine Betriebsvereinbarung zur Home-OfficeArbeit determiniert sein.

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Einleitung

Manifest zugrunde. Der Untersuchung wird daher der Begriff in seiner genuinen, aus dem Agilen Manifest abgeleiteten, Bedeutung zugrunde gelegt.41 2. Ansatz der agilen Projektmethoden In der Praxis lassen sich, losgelöst von etwaigen Adaptionen bei der jeweiligen Durchführung, verschiedene Spielarten der agilen Projektmethoden feststellen.42 Allen ist gemein, dass sich die Anwender eine schnellere Reaktionsfähigkeit, kürzere Entwicklungszyklen und damit zugleich eine Kostenreduktion, mehr Variabilität und größere Freiräume für die Beteiligten versprechen.43 Es hat sich gezeigt, dass klassische Vorgehensmodelle des Projektmanagements, wie etwa das Wasserfall-44 oder das V-Modell45, angesichts rasanter Innovationsschübe und disruptiver Entwicklungen schnell an ihre Grenzen stoßen.46 Diese Modelle setzen zu Beginn des Projekts feststehende Projektanforderungen voraus,47 die dann in einem sequenziellen Ansatz starr nacheinander fertiggestellt werden.48 Anpassungen während der Realisierungsphase sind in diesem Fall infolge der umfassenden Vorabplanung erschwert. Insbesondere bei IT-Projekten hat sich herausgestellt, dass nur circa ein Drittel der Vorhaben erfolgreich abgeschlossen, das Projekt also rechtzeitig, ohne Kostenüberschreitung und mit dem zu Beginn vereinbarten Funktionsumfang fertiggestellt wurde.49 Auch wenn die Gründe für das Scheitern eines Projektes vielschichtig sind, so werden in diesem Kontext wiederholt fehlerhaftes Projektmanagement, speziell im Hinblick auf Kommunikation und 41

S. hierzu Kapitel 1 A. S. hierzu die Darstellung der verschiedenen Erscheinungsformen in Kapitel 1. 43 Bachner, in: FS 100 Jahre Betriebsverfassungsrecht, S. 17; Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (485); vgl. zu den Gründen für die Anwendung agiler Methoden Komus, Status Quo Agile 2016/2017, S. 27. 44 Bei diesem wird das Projekt in jeweils für sich abgeschlossene Projektphasen unterteilt, die dann, wasserfallartig einmalig und linear abgearbeitet werden; s. hierzu Hoeren/Wehkamp, CR 2018, 1 (3); Lutz/Bach, BB 2017, 3016; s. auch die Gegenüberstellung mit agilen Methoden bei Conrad/Schneider, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 11 Rn. 163; visualisiert darstellend Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273 (274). 45 Auch hier handelt es sich um ein lineares Modell. Das „V“ im Begriff soll den bildlichen Verlauf der Projektplanung und -durchführung symbolisieren. Der Spezifikation des Projekts und deren Aufteilung soll dabei die Realisierung und die Integration des Projektergebnisses gegenübergestellt werden; s. Hindel/Hörmann/Müller/Schmied, Basiswissen Software-Projektmanagement, S. 18; Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, Teil 1, A Rn. 13; Kuster et al., Handbuch Projektmanagement, S. 31; Lapp, ITRB 2018, 263 (264). 46 Sarre, CR 2018, 198 (199); vgl. hierzu die Ergebnisse zur Agilität als Wettbewerbsfaktor bei Frank, CR 2011, 138 m. w. N.; Olbert/Prodoehl/Worley, Agilität, S. 10. 47 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (428); Zdanowiecki, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 11. Teil, B. Rn. 11. 48 Borkert, in: Law as a Service, S. 927; Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199; Sarre, CR 2018, 198 (199). 49 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (928); Frank, CR 2011, 138. 42

B. Agile Projektmethoden und Organisationsformen

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Transparenz, mangelndes zeitliches Engagement des Auftraggebers, ein unzureichendes Pflichtenheft sowie sich verändernde Umstände und Vorgaben genannt.50 Hinzutritt, dass es dem Auftraggeber zu Beginn des Projektes, etwa mangels entsprechender Kompetenzen oder Erfahrungswerte, oftmals schwerfällt, präzise Anforderungen an das Projektergebnis zu stellen.51 Hieran anknüpfend liegt den agilen Projektmethoden der Ansatz zugrunde, von einer schrittweisen Konkretisierung im Zuge der Entwicklungsarbeit auszugehen. Die Festlegung einzelner konkreter Anforderungen erfolgt hier erst im Laufe des Projekts.52 Anstelle einer oftmals zeit- und kostspieligen abschließenden Beschreibung und Vorabplanung des Projektzieles werden die Produktanforderungen bzw. Produktvisionen anfangs nur skizziert.53 Diese vage Produktvision wird dann im Team und in enger Zusammenarbeit aller Beteiligten in einem iterativen, inkrementellen Prozess in sog. Sprints54 Schritt für Schritt konkretisiert und entwickelt. An die Stelle von starren Hierarchien und arbeitgeberseitigen Weisungen treten ein intensiver Austausch der Beteiligten und die selbstverantwortliche Aufgabenerledigung der Entwickler.55 Die in Aussicht gestellten Vorteile haben dazu geführt, dass die ursprünglich aus der IT-Branche stammenden agilen Projektmethoden zunehmend auch in anderen Branchenzweigen zum Einsatz kommen.56 Zu nennen sind etwa Unternehmensberatungen,57 das Banken- und Versicherungswesen,58 der Maschinenbau59 und die Automobilindustrie.60 Viele Unternehmen versprechen sich von der Anwendung agiler Projektmethoden, dem Veränderungsdruck standhalten zu können und die notwendige Anpas50 S. zu den Umständen etwa Opelt/Gloger/Pfarl/Mittermayr, Der agile Festpreis, S. 4 ff. m. w. N.; Frank, CR 2011, 138. 51 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (428); zur „Anforderungsunsicherheit“ s. auch Stiemerling, ITRB 2010, 289 (289 f.). 52 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (428); Sarre, CR 2018, 198 (199). 53 Borkert, in: Law as a Service, S. 927; Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 12; Kremer, ITRB 2010, 283 (286); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (485); Lutz/Bach, BB 2017, 3016; Sittard/Müller, ArbRB 2018, 381 (382). 54 S. hierzu Kapitel 1 B. IV. 55 Hamann, in: Schüren/Hamann, AÜG, § 1 Rn. 203; Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 40; Koch, BB 2017, 387. 56 BMAS, Weissbuch Arbeiten 4.0, S. 87; CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 58; Heise, NZA 2017, 1571; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757; Komus, Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 182; ders., Status Quo Agile 2016/2017, S. 4; Kühn/Wulff, CR 2018, 417; Kuster et al., Handbuch Projektmanagement, S. 18; Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 47; Winstel/Karsten, AuA 2017, 400. 57 Henssler, RdA 2017, 83 (90); Komus, Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 182. 58 Komus, Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 182. 59 Winstel/Karsten, AuA 2017, 400. 60 Koch, BB 2017, 387; Kühn/Wulff, CR 2018, 417; Komus, Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 182.

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sungsfähigkeit zu wahren.61 Verglichen mit solchen, die bislang nicht bzw. kaum auf Agilität setzten, zeigt sich, dass die agilsten Unternehmen durchschnittlich 2,7-mal erfolgreicher sind.62 Die Agilität verschafft also einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Dabei umfasst diese nicht nur die Anwendung agiler Projektmethoden, sondern die Fähigkeit einer Organisation im Ganzen, sich zeitnah, effektiv und nachhaltig zu verändern.63

II. Agile Organisationsformen Eine agile Organisation liegt nicht bereits dann vor, wenn agile Projektmethoden in einzelnen Teams angewendet werden, sondern erst, wenn die Organisationseinheit als solche, etwa hinsichtlich des Managements, der Prozesssteuerung und der Strukturen agil ist.64 Während agile Projektmethoden auf der Teamebene anzusiedeln sind, beziehen sich agile Organisationsformen auf die übergreifende organisatorische Einheit. Auch die agilen Organisationsformen stellen maßgeblich eine Reaktion auf die in einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft erforderliche Flexibilität, Effektivität und Wandlungsfähigkeit dar. Sowohl auf der Ebene der agilen Organisation als auch auf der Ebene der agilen Projektmethode soll der Abbau klassischer Hierarchiestrukturen und die geförderte Flexibilität dazu führen, schneller auf notwendige Änderungen reagieren zu können. Regelmäßig führt die Transformation zur agilen Organisation zu einer weitgehenden Auflösung klassischer Linienorganisationen. Hierarchische Strukturen, die sich vom Vorstand über den Bereichsleiter, den Abteilungsleiter bis zum einzelnen Mitarbeiter erstrecken, werden so aufgelöst.65 Im Gegensatz zu diesen trägt die neue, agile Organisationsform den agilen Besonderheiten Rechnung. Diese zeigen sich nicht nur in der Abkehr von hierarchischen Strukturen, sondern gleichermaßen in der Autonomie, die den Teammitgliedern hinsichtlich der Leistungserbringung anheimgestellt wird. Die kleinste Einheit in dieser Organisationsform bildet das jeweilige agile Team, welches in der Praxis teilweise als Squad bezeichnet wird. 61

Bertermann/Römermann, AuA 2017, 154 (156); BMAS, Weissbuch Arbeiten 4.0, S. 87; zu den Gründen im Einzelnen s. auch CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 48; zu Beispielen aus der Praxis Anderson/Uhlig, Das agile Unternehmen, passim. 62 Olbert/Prodoehl/Worley, Agilität, S. 10; kritisch ist insoweit anzumerken, dass die Auswahl der zugrundeliegenden Parameter, nämlich der Grad der Agilität eines Unternehmens, der Bezugspunkt der Agilität und deren finanzielle Leistungsfähigkeit nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt werden. 63 So Olbert/Prodoehl/Worley, Agilität, S. 6. 64 Zu den agilen Charakteristika s. Kapitel 1 E. 65 Sittard/Müller, ArbRB 2018, 381 (382); ähnlich auch Schulze/Volk, ArbRAktuell 2019, 404 (405); Steffan, ArbRB 2020, 79 (80); freilich können hierbei auch auf früheren Organisationsstrukturen basierende Schattenstrukturen entstehen.

B. Agile Projektmethoden und Organisationsformen

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Mehrere Squads mit gleichartigen Zielen können in einem sog. Tribe zusammengefasst werden. Sog. Leader oder auch Anführer repräsentieren die jeweilige Einheit gegenüber anderen. Einzelne Mitglieder verschiedener Squads, die eine gleiche Funktion ausüben, werden übergreifend in sog. Chapters zusammengefasst.66 Diese können sich themenspezifisch und gruppenübergreifend austauschen. Der vage Begriff der agilen Organisationsform umfasst ferner die sog. agilen Scaling Frameworks. Bei diesen handelt es sich um ein Rahmenwerk, mittels dessen, unter Rückgriff auf agile Praktiken und Werte aus dem agilen Projektmanagement, ganze Organisationen und deren jeweilige einzelnen agilen Projekte abgedeckt und harmonisiert werden sollen.67 Das Framework soll einen Rahmen für einheitliche agile Organisations- und Arbeitsmuster bereitstellen, sodass die Zusammenarbeit mehrerer vereinzelter agiler Projekte abgestimmt werden kann. Das agile Projektmanagement wird von der Projektebene auf die Unternehmens- bzw. Organisationsebene hochskaliert. Wie bei den agilen Projektmethoden gibt es auch hier verschiedene Erscheinungsformen. Neben Eigenentwicklungen weisen die Modelle SAFe,68 Scrum-of-Scrums69, das Spotify Model70 und LeSS71 die größte Verbreitung auf.72

III. Rechtliche Relevanz Über die ohnehin schon seit langem diskutierten Auswirkungen der Digitalisierung und Diversifizierung der Arbeitswelt hinaus geht mit der „Agilität“ im Speziellen ein bunter Strauß an rechtlichen Fragestellungen einher. Die agile Arbeit als Teil der sog. New Work trifft dabei auf das klassische Arbeitsrecht. Die rechtliche Erfassung der agilen Arbeit steckt, trotz einer zunehmenden Zahl an entsprechenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen und ersten gerichtlichen Entscheidungen73 noch immer in den Kinderschuhen.74 66

Vgl. etwa Bachner, in: FS 100 Jahre Betriebsverfassungsrecht, S. 17 (20) mit visueller Aufbereitung; Perkin, Agile Transformation, S. 200 f.; Schulze/Volk, ArbRAktuell 2019, 404 (405); Steffan, ArbRB 2020, 79 (80). 67 Mathis, SAFe – Das Scaled Agile Framework, S. 2 ff. 68 S. hierzu die umfassende Darstellung bei Mathis, SAFe – Das Scaled Agile Framework, passim; s. auch die Prinzipien unter https://www.scaledagileframework.com/safe-lean-agileprinciples/, zuletzt abgerufen am 05. 12. 2020. 69 https://www.agilest.org/scaled-agile/scrum-of-scrums/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 70 VersionOne, The 15th StateOfAgile Report, S. 14. 71 S. hierzu die Darstellung unter https://less.works/less/principles/index.html, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 72 Komus, Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 4, 100; Sittard, NZA Editorial Heft 13/ 2019; VersionOne, The 14th StateOfAgile Report, S. 14; dies., The 15th StateOfAgile Report, S. 16. 73 Vgl. zur Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstvertrag OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100; ArbG Lübeck v. 22. 01. 2020 – 4 Ca 2222/19, BeckRS

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1. Betriebliche Mitbestimmung In mitbestimmten Betrieben müssen bei der Ein- und Durchführung agiler Organisations- und Arbeitsformen zum einen die Rechte des Betriebsrates gewahrt werden.75 Dabei sind nicht nur die Informations- und Unterrichtungsrechte nach §§ 80 Abs. 2, 90 BetrVG, sondern auch die Mitbestimmungsrechte zu beachten. Solche stehen dem Betriebsrat etwa bei der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten zu. Nach den Umständen des Einzelfalls kann sich die Mitbestimmung etwa auf die Lage und Verteilung der Arbeitszeit gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG, die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen im Zuge der nötigen ITInfrastruktur gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, den Gesundheitsschutz nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, die Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG oder die Gruppenarbeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG beziehen. Ferner können die Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten tangiert sein. Insoweit können die Mitbestimmungsrechte bei der Personalplanung nach §§ 92 ff. BetrVG, der Qualifizierung und Weiterbildung nach §§ 96 ff. BetrVG sowie bei personellen Einzelmaßnahmen i. S. d. § 99 BetrVG, etwa infolge einer Versetzung nach § 95 Abs. 3 BetrVG, relevant werden. Im Fall des Fremdpersonaleinsatzes kann zudem § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG infolge einer Einstellung einschlägig sein. Zudem kann eine Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses nach § 106 Abs. 2 BetrVG geboten sein. Schließlich kann die Einführung agiler Arbeits- und Organisationsformen zu einer grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation i. S. d. § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG sowie nach § 111 S. 3 Nr. 5 BetrVG zur Betriebsänderung infolge der Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden führen. Insoweit ist auch die Pflicht zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und ggf. die Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans zu beachten, § 112 BetrVG.76

2020, 4554 zur Frage eines einheitlichen Arbeitszeugnisses aufgrund der Besonderheiten agiler Teamarbeit. 74 So ausdrücklich Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629. 75 Zu den Rechten des Betriebsrates s. Bachner, in: FS 100 Jahre Betriebsverfassungsrecht, S. 17 ff.; Eufinger/Burbach, DB 2019, 1147 (1151); Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (420 ff.); Heise, in: Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, C.15 Rn. 50 ff.; Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757 (2758 ff.); Krause, Agile Arbeit und Betriebsverfassung, passim; Schulze/Volk, ArbRAktuell 2019, 404 (405 ff.); dies. ArbRAktuell 2019, 553 ff.; Schreiner/Meyer, in: CLI/ Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 110 ff.; Sittard/Müller, ArbRB 2018, 381 ff.; Steffan, ArbRB 2020, 79 (82); Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 69 ff.; zur agilen Mitbestimmung des Betriebsrates s. auch Bierod-Bähre, AuA 2020, 336 ff.; Hexel, AuR 2019, 255 ff.; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 102 ff.; zu Strategien und Handlungsfelder der Mitbestimmung s. auch Baukrowitz/Hageni, Agiles Arbeiten mitgestalten, passim, die zugleich Gestaltungsmöglichkeiten durch Betriebsvereinbarungen aufzeigen. 76 S. auch Röder/Gebert, NZA 2017, 1289 ff. zum Qualifizierungssozialplan infolge des technologischen Wandels und der Industrie 4.0.

B. Agile Projektmethoden und Organisationsformen

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2. Individualrechtliche Rahmenbedingungen agiler Projektarbeit Neben den vorgenannten Rechten des Betriebsrates sind die individualvertraglichen Rahmenbedingungen zu beachten.77 Hierbei müssen Unternehmen nicht nur die arbeitsrechtlichen Hürden im Rahmen der individualvertraglichen Änderung der Rolle von Führungskräften im Zuge der Enthierarchisierung,78 der Zunahme weisungsfreien Arbeitens79 oder der Zuweisung agiler Arbeit,80 sondern zugleich die Hürden, die mit dem Einsatz externer Fachkräfte einhergehen, im Blick behalten. Zwar kann das agile Projektmanagement auch rein unternehmensintern ausgestaltet sein,81 doch ist der Fremdpersonaleinsatz in der Praxis vielfach noch immer die Regel.82 Dem Einsatz von hoch qualifiziertem Fremdpersonal kommt nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels eine große Bedeutung zu.83 Hierzu trägt wesentlich das Erfordernis eines bedarfsorientierten Einsatzes entsprechender Fachkenntnisse bei.84 Ein solcher temporärer Bedarf wird im Projektgeschäft insbesondere dann virulent, wenn es für Unternehmen aus ökonomischer Sicht keinen Sinn ergibt, permanent eigenes Personal für die anfallenden Aufgaben vorzuhalten. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Expertise nicht dauerhaft benötigt wird.85 Zum vermehrten Einsatz solcher externen Spezialisten trägt zudem deren Selbstverständnis bei. Häufig verstehen sich diese Experten, die hoch qualifiziert sind und deren Gehälter86 weit über denjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer liegen, selbst als 77

S. hierzu etwa Eufinger/Burbach, DB 2019, 1147; Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273 (275 ff.); Kania, in: Küttner Personalhandbuch, Agile Arbeit Rn. 5 – 12: Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484; Schreiner/Schüttauf, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 134 ff.; Steffan, ArbRB 2020, 79 (81 f.). 78 Vgl. Sittard/Müller, ArbRB 2018, 381 (382), s. auch Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 39 ff. 79 S. hierzu umfassend Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 170 ff. 80 S. hierzu etwa Kania, in: Küttner Personalhandbuch, Agile Arbeit Rn. 5. 81 S. hierzu die Beispiele aus der Praxis bei Wolf, Agile Projekte, passim; hierauf weisen auch Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 199 und Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 28 zutreffend hin. 82 Vgl. Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (135); Göpfert/Meyerhans, in: Baker McKenzie, Arbeitswelt 4.0, S. 143; Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (418); Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 197; s. jedoch auch Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 28, die zu Recht anmerkt, dass auch die unternehmensinterne Anwendung mittlerweile in vielen Unternehmen Realität ist. 83 Häusling/Kahl-Schatz, in: Häusling, Agile Organisationen, S. 23 f.; Hofmann/Nostdal/ Giordano, Einsatz und Bedeutung externer Spezialisten, S. 4; Uffmann, NZA 2018, 265 m. w. N.; auch die Studie IDG Business Media, IT-Freiberufler, S. 7 zeigt, dass zwei Drittel der Unternehmen den Anteil an Externen IT-Fachkräften erhöhen möchte. Bereits jetzt sind mit etwa 54 % mehr Externe als Interne, 46 % tätig. 84 Heise, NZA 2017, 1571 f.; Uffmann, NZA 2018, 265. 85 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (157); Maschmann, NZA 2013, 1305 f.; Uffmann, NZA 2018, 265. 86 So lag einer Studie zufolge im Jahr 2017 der durchschnittlich erzielte Stundensatz eines Freiberuflers in der IT-Branche bei 88,41 E, vgl. hierzu die Studie von Gajo, GmbHR 2018,

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Selbständige.87 Die Eingehung eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses bzw. eines Arbeitsverhältnisses wird von ihnen nicht selten abgelehnt,88 was nicht zuletzt an einer festzustellenden Individualisierung der Gesellschaft und einer damit einhergehenden Abkehr vom ursprünglichen Ideal des lebenslangen Normalarbeitsverhältnisses liegt.89 Hinzukommt, dass es im Fall einer zur Absicherung betriebenen Zwischenschaltung eines Zeitarbeitunternehmens zu Einkommenseinbußen kommt.90 Ein regelmäßiger Wechsel des beruflichen Umfelds scheint vielfach gewollt, weshalb in der besonders von agiler Projektarbeit geprägten IT-Branche bereits von „digitalen Nomaden“ gesprochen wird.91 In einem globalisierten und arbeitsteiligen Wirtschaftsleben stellen die eingesetzten Spezialisten daher ein wesentliches Element der flexiblen betrieblichen Wertschöpfungskette dar.92 Der Einsatz von hochqualifiziertem externem Fremdpersonal trägt somit maßgeblich zur Innovationsfähigkeit und zur Flexibilität der Unternehmen bei. Gleichwohl stellt der Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit, nicht zuletzt aufgrund der mannigfaltigen Erscheinungsformen, eine besondere Herausforderung für die Beteiligten dar. Dies gilt insbesondere für die Schwierigkeiten, die bei der Abgrenzung und Qualifizierung der Vertragstypen und Regelungskomplexe der Arbeitnehmerähnlichen und Heimarbeiter auftreten. Dadurch wird die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben beim Einsatz des Fremdpersonals erschwert.93 Qualifikationsschwierigkeiten bestehen indes nicht nur im in Bezug auf die arbeitsrechtliche Vereinbarkeit, sondern auch bei anderen vertragstypologischen Formen des Fremdpersonaleinsatzes. Dabei werden nicht nur einzelne Experten als Fremdpersonal eingesetzt, sondern teilweise ganze Leistungsbereiche wie die Entwicklungsabteilung fremdvergeben. Nicht selten schwebt über solchen Vertragsdeklarationen das Damoklesschwert der Scheinwerk- oder Scheindienstverträge oder der illegalen Arbeitnehmerüberlassung. Hierzu trägt maßgeblich der Umstand bei, dass es in der Praxis leicht zu R 188 (189); 2020 und 2021 waren es durchschnittlich ca. 94 E, vgl. Freelancermap, Freelancer Kompass 2021, S. 6. 87 Heise, NZA 2017, 1571 (1572); Hennig, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 3 Rn. 4 ff.; Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757 (2761); Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 197 f. 88 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (157); Hennig, in: Böhm/ Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 3 Rn. 4; Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 197 f. 89 Vgl. hierzu Heise, NZA 2017, 1571 (1572). 90 Hierauf weisen auch die Fragesteller einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung hin, BT-Drs. 19/6936 S. 2. 91 Heise, NZA 2017, 1571 (1572). 92 So Uffmann, NZA 2018, 265; vgl. auch BT-Drs. 18/9232, 14; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (484 f.). 93 Dies gilt sowohl im zweigliedrigen als auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis, vgl. hierzu Heise/Friedl, NZA 2015, 129 ff.; Henssler, RdA 2017, 83 (90); Meyer, NZA 2020, 1273 (1277 ff.); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487 ff.).

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einer „Projektsünde“, also einem Auseinanderfallen von Vertrag und tatsächlicher Durchführung kommen kann.94 Zudem zeichnen sich die agilen Projektmethoden durch eine kaum überschaubare Bandbreite unterschiedlicher Ausgestaltungen aus.95 Für die Vertragsparteien stellt die richtige Vertragsdeklaration und Vertragswahl daher nicht selten ein Vabanquespiel dar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsfolgen, die mit einer Einordnung als Scheinwerk- oder Scheindienstvertrag oder der illegalen Arbeitnehmerüberlassung einhergehen. So besteht aus Unternehmenssicht zum einen die Gefahr, ungewollt in einem Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis zum vermeintlichen Fremdpersonal zu stehen. Während dem Unternehmen in einem solchen Fall die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 28e Abs. 1 SGB IV und im Fall der Scheinselbständigkeit die Haftung für die Lohnsteuer gem. § 42d EStG droht, sehen sich die relevanten Personen auf Seite des Unternehmens einer strafrechtlichen, § 266a StGB,96 § 370 AO97 bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktion nach § 16 AÜG ausgesetzt. Handelt es sich beim potenziellen Ver- oder Entleiher nicht um eine natürliche Person, so kann sich die Ahndung gem. §§ 9, 29, 30 OWiG auch auf juristische Personen und Personenvereinigungen beziehen.98 Angesichts dieser gravierenden Folgen und der aus ihrer Sicht bestehenden Rechtsunsicherheit haben 15 deutsche Großunternehmen im Juli 2018 einen Brief an den Bundesarbeitsminister geschrieben. Die Unternehmen fürchten aufgrund der Besonderheiten99 der agilen Projektmethoden eine erhebliche Gefahr der Scheinselbständigkeit bzw. der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung100 und halten die Umsetzung von Projekten mit agilen Methoden unter Einbeziehung externer Spezialisten als kaum mit dem Arbeits- und Sozialrecht vereinbar.101 Spiegelbildlich sehen 32 % der freien Mitarbeiter in der drohenden Scheinselbständigkeit eine der größten Herausforderungen für ihre Selbständigkeit.102 In diesem Zusammenhang 94

Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 (631). Hierauf wies bereits die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion der FDP hin, BT-Drs. 19/9724. 96 Zum Vorsatzerfordernis s. Bettinghause/Wiemers, BB 2020, 2356 (2358); Fuhlrott/ Bodendieck, ArbRAktuell 2020, 639 (640); Fuhlrott, GWR 183. 97 S. hierzu etwa auch Zieglmeier, DStR 2016, 2858 (2860). 98 So Diepenbrock, in: Schüren/Hamann, § 16 AÜG Rn. 26. 99 Auf diese wird in der nachfolgenden Darstellung der Erscheinungsformen agiler Projektmethoden eingegangen, s. Kapitel 1. 100 Vgl. daher auch Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 ff.; Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 ff.; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 ff.; Henssler, RdA 2017, 83 (90); Kühn/Wulff, CR 2018, 417 ff.; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484; Steffan, ArbRB 2020, 79 (81). 101 S. hierzu BT-Drs. 19/15957, S. 2 f.; der Inhalt des Briefes, den unter anderem die BMW AG, die Daimler AG, die BASF SE, die Deutsche Telekom AG, die Commerzbank AG und viele andere unterzeichneten, ist zusammengefasst abzurufen unter https://www.vgsd.de/diesenbrief-schrieben-vorstaende-von-15-grossen-deutschen-unternehmen-an-arbeitsminister-heil/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 102 Freelancermap, Freelancer Kompass 2021, S. 27. 95

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wurde bereits die Frage aufgeworfen, ob die angesichts der flexiblen und agilen Zusammenarbeit hohen Hürden für die rechtskonforme Durchführung agiler Projekte das Ende von Scrum als Teil der agilen Projektmethoden darstellen.103 Letztlich steht die arbeitsrechtliche Zulässigkeit solcher Gestaltungsformen in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Grundsatz der Privatautonomie und den unabdingbaren schützenden Vorschriften.104 Allein die Statusqualifikation des Rechtsverhältnisses bestimmt über den Geltungsanspruch der schützenden Regelungskomplexe. Die klassischen Abgrenzungskriterien scheinen, jedenfalls auf den ersten Blick, aufgrund der neuartigen Arbeitsformen und der Entgrenzung der Arbeit mehr und mehr an Trennschärfe zu verlieren. 3. Weitere rechtliche Herausforderungen Beim Einsatz agiler Projektmethoden stellt sich nicht nur die Frage, ob die konkrete Gestaltung arbeitsrechtlich zulässig ist, sondern damit korrespondierend, ob das jeweilige Rechtsverhältnis als sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis anzusehen ist.105 Ferner gehen mit den datenschutzrechtlichen Vorgaben Herausforderungen einher. Diese zeigen sich etwa beim unternehmensübergreifenden Personaleinsatz, bei welchem es zum Datenaustausch kommt,106 aber auch bei der Umsetzung datenschutzrechtlicher Vorgaben im Rahmen eines agilen Vorgehens.107 Schließlich stellt sich die Frage, welcher Partei im Fall der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit die entstehenden Schutzrechte zustehen.108

C. Gegenstand und Gang der Untersuchung Wenngleich mit der Agilität eine Vielzahl an rechtlichen Fragestellungen einhergeht,109 so soll sich die vorliegende Untersuchung allein auf die Erscheinungs103

Heise/Friedl, NZA 2015, 129. Vgl. Henssler, RdA 2017, 83 (86 f.); Uffmann, NZA 2018, 265 (266). 105 S. hierzu Heise, NZA 2017, 1571 ff.; ders., NZA-Beilage 2019, 100; Zieglmeier, in: KassKomm, § 7 SGB IV Rn. 205; vgl. auch Brose, NZS 2017, 7 ff. zur Reichweite der Sozialversicherungspflicht in der digitalen Arbeitswelt. 106 Kühn/Weaver, BB 2019, 2485 ff.; Kuß/Hoppe, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 118 ff.; Schneider, ITRB 2020, 194 (196); Weber, ITRB 2020, 89 (90). 107 Bierekoven, in: DGRI Jahrbuch 2018, S. 61 (86 ff.); Kühn/Weaver, BB 2019, 2485 ff. 108 Bertermann/Römermann, AuA 2017, 154 ff.; Dorndorf/Laoutoumai/Saling, in: CLI/ Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 128 ff.; Gennen, in: Projektmanagement und Vorgehensmodelle 2017, S. 157 (166 ff.); Hoeren/Pinelli, MMR 2019, 779 ff.; Keye, ITRB 2020, 75 f.; Koch, BB 2017, 387 ff.; Schneider, ITRB 2020, 194 (197); Weber, ITRB 2020, 89 ff.; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 306 ff. 109 S. hierzu bereits die Darstellung der rechtlichen Relevanz. 104

C. Gegenstand und Gang der Untersuchung

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formen des Fremdpersonaleinsatzes im Rahmen agiler Projektmethoden und deren rechtliche Qualifikation beschränken. Ausgehend von den aus dem Agilen Manifest abgeleiteten Projektmethoden und unter Berücksichtigung typischer, praxisnaher Erscheinungsformen soll dargelegt werden, anhand welcher Maßstäbe die Einordnung der jeweiligen Rechtsverhältnisse in der Praxis vorzunehmen ist. Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst die Erscheinungsformen der agilen Projektmethoden dargestellt. Ausgehend hiervon werden sowohl deren gemeinsame Charakteristika als auch deren Unterschiede herausgearbeitet. Dieses Verständnis der agilen Projektmethoden wird sodann im weiteren Verlauf der Untersuchung zugrunde gelegt. Zudem wird dargelegt, für welche Projekte sich die agile Projektmethodik überhaupt eignet und wie eine entsprechende Vertragsgestaltung typischerweise aussehen kann. Im zweiten Teil der Arbeit wird den verschiedenen Formen des Fremdpersonaleinsatzes im Zwei-Personen-Verhältnis und deren Einordnung nachgegangen. Nachdem zunächst die Formen des direkten Fremdpersonaleinsatzes von denjenigen im indirekten Drei-Personen-Verhältnis abgegrenzt werden, wird sodann die Bedeutung des zwingenden Rechts für die Qualifikation der Rechtsverhältnisse dargestellt. Ergänzt werden die Ausführungen durch eine methodische und dogmatische Grundlegung, auf welcher die nachfolgende Vertragstypenabgrenzung aufbaut. Beginnend mit der arbeitsvertraglichen Qualifikation sollen zunächst die zur Einordnung notwendigen Maßstäbe des jeweiligen Vertragstypus unter dem besonderen Blickwinkel typischer organisatorischer Besonderheiten der agilen Projektmethoden beleuchtet werden. Hieran werden sodann die phänotypischen Erscheinungsformen der verschiedenen Rollenbilder eines agilen Projektteams gemessen. Als Prämisse wird, sofern nicht abweichend deutlich gemacht, stets eine gewählte vertragliche Selbständigkeit des Fremdpersonals zugrunde gelegt. Neben der arbeitsvertraglichen Einordnung wird die dienst-, die werk- und werklieferungsvertragliche sowie die gesellschaftsvertragliche Qualifikation erörtert. Anschließend wird die Anwendbarkeit der besonderen Regelungskomplexe der arbeitnehmerähnlichen Personen sowie der Heimarbeitsverhältnisse auf die Rechtsbeziehung zwischen Fremdpersonal und Auftraggeber dargestellt. Den Schwerpunkt der Begutachtung stellt angesichts der in der Praxis vorherrschenden Sorge vor der Scheinselbständigkeit die Erörterung der arbeitsvertraglichen Einordnung dar. Im Kern geht es dabei um die Frage, welche Anforderungen sich aus dem im Jahr 2017 eingefügten § 611a BGB für die Qualifikation der Rechtsverhältnisse ergeben. Da nicht zuletzt aufgrund der höchst unterschiedlichen Ausgestaltungen der agilen Projektmethoden eine pauschale Aussage zur Einordnung nicht möglich ist, wird eine typisierende Betrachtung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der agilen Projektmethoden vorgenommen. Im dritten Kapitel werden zunächst die Formen des Fremdpersonaleinsatzes im Drei-Personen-Verhältnis und der in diesem Verhältnis ebenso wichtige Rechtsformzwang dargestellt. Hieran schließt sich die vertragstypologische Betrachtung

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Einleitung

an. Dabei sollen die für das Zwei-Personen-Verhältnis herausgearbeiteten Erkenntnisse, sofern übertragbar, der Einordnung im Drei-Personen-Verhältnis zugrunde gelegt werden. Einen Schwerpunkt der Darstellung bilden die Ausführungen zur Qualifikation als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Lässt sich das Rechtsverhältnis abweichend vom Vertrag als (illegale) Arbeitnehmerüberlassung qualifizieren, so gehen damit erhebliche Rechtsfolgen einher. Insbesondere die Fiktion des § 10 AÜG sowie die hiermit korrespondierende Strafandrohung des § 266a StGB sind besonders relevant. Nachfolgend wird die Einordnung als Dienstverschaffungsvertrag, als Dienst- bzw. Werkvertrag sowie als gesellschaftsvertragliche Erscheinungsform erörtert. Schließlich werden im vierten Kapitel die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst und Handlungsoptionen für die Praxis aufgezeigt.

Kapitel 1

Erscheinungsformen agiler Projektmethoden Bereits zum Ende der 1990er-Jahre entstanden verschiedene Erscheinungsformen des agilen Projektmanagements.1 Zu diesen zählen etwa Scrum, Extreme Programming (XP) und Feature Driven Development.2 Die meistverbreitete Erscheinungsform stellt heutzutage Scrum dar.3 Studien gehen davon aus, dass Scrum bzw. auf Scrum basierende Methoden in etwa 70 %4 bis 85 %5 der agilen Projekte angewandt werden.6 Damit stellt Scrum in der Praxis den Standard innerhalb der agilen Methoden dar.7 Freilich kommen vielfach mehrere agile Ansätze parallel zur Anwendung. Neben Scrum wird häufig auch Kanban, dem je nach Statistik ein Verbreitungsgrad von bis zu 52,88 % in den Unternehmen zugeschrieben wird, zu den gängigsten Methoden gezählt.8 Agile Projektmethoden sind in der Praxis mittlerweile weit verbreitet. Hierzu hat wesentlich das sog. Agile Manifest (auch Manifesto for Agile Software Development)9 beigetragen.10 Zwar ist bei der Betrachtung von Studien zur agilen Arbeit zu 1 Zu Scrum s. etwa Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide 2013, S. 3; s. auch Oestereich, in: Hoffmann/Mörike, IT-Projektmanagement, S. 18; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 28. 2 S. hierzu umfassend Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (930); Conrad/Schneider, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 11 Rn. 146; eine Übersicht zu geläufigen Modellen findet sich bei Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, Teil 1, A Rn. 19 ff. 3 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (930); Bortz, MMR 2018, 287; Heise, NZA 2017, 1571; Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139; Liesegang, CR 2015, 541 (542); Sarre, CR 2018, 198 (199); Sittard/Müller, ArbRB 2018, 381 (382). 4 VersionOne, The 12th StateOfAgile Report, S. 9. 5 Komus, Status Quo Agile 2016/2017, S. 4; nahezu identisch jüngst ders., Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 3 (84 %). 6 S. auch den Ergebnisbericht von bitkom research, Etengo-Freelancer-Index VI, S. 6. 7 So auch Opelt/Gloger/Pfarl/Mittermayr, Der agile Festpreis, S. 12; Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 136. 8 CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 11 ff., wobei die Statistik nicht zwischen den verschiedenen Ansätzen differenziert. Zudem lag der Umfrage eine Fokussierung auf die ITund Dienstleistungsbranche zugrunde. Gerade im Dienstleistungssektor kommt Kanban, einschließlich des agilen Kanbans, eine große Bedeutung zu. Dies sollte bei der Betrachtung der Umfrage berücksichtigt werden; zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Komus, Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 52. 9 http://agilemanifesto.org, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 10 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199; Hoffmann, in: IT-Projektmanagement, S. 5; zum Agilen Manifest s. sogleich.

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

beachten, dass diesen kein konsistentes Verständnis agiler Projektmethoden zugrunde liegt. Dennoch lassen die Erfassungen trotz ihrer Unschärfe auf eine verbreitete Anwendung schließen. Nach einer zuletzt veröffentlichten Studie aus dem Jahr 2020, deren Teilnehmer überwiegend aus Deutschland kamen und die im Schwerpunkt in der IT-, Automobil-, Banken- und Versicherungsbranche sowie der Unternehmensberatung tätig sind, nutzen 91 % der befragten Mitarbeiter zumindest agile Ansätze.11 In einer Studie aus dem Jahr 2019 sagten die 5.000 berufstätigen Studienteilnehmer eine stark wachsende Bedeutung des agilen Projektmanagements in den nächsten drei bis fünf Jahren voraus.12 Ein ähnliches Bild zeichnet eine Studie aus dem Jahr 2018, in welcher nicht einzelne Mitarbeiter aus bestimmten Branchen, sondern die Unternehmen befragt wurden. In dieser Studie, in der die Verbreitung agiler Projektmethoden bei mehr als 300 deutschen Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern untersucht wurde, stellte sich heraus, dass bereits bei etwa der Hälfte agile Projektmethoden zur Anwendung kommen. 15 % gaben an, dass sie zwar derzeit noch keine agilen Projektmethoden nutzen, jedoch in den nächsten zwölf Monaten planen, diese einzusetzen. Weitere 18 % der Unternehmen gaben an, den Einsatz agiler Projektmethoden zumindest zu diskutieren.13 Auch eine weitere Studie aus dem Jahr 2018 verdeutlicht die Bedeutung des agilen Projektmanagements. So hielten in dieser Studie 83,65 % der befragten Unternehmen agile Arbeitsweisen für unverzichtbar. Weitere 13,46 % gaben an, die Bedeutung agiler Projektmethoden noch nicht abschließend einschätzen zu können.14 In der gleichen Studie schätzten die Studienteilnehmer aus großen Unternehmen mit einem Jahresumsatz über einer Milliarde Euro, dass die agile Arbeit innerhalb der nächsten fünf Jahre, gerechnet ab Ende 2018, ein enormes Wachstum erfahren wird. In zehn Jahren soll nach der Schätzung von etwa 60 % der Unternehmen der Anteil der Arbeit, die mittels agiler Methoden erledigt wird, bei 61 – 80 % liegen. Studienteilnehmer aus kleineren Unternehmen gehen demgegenüber von einer langsameren, dafür aber breiteren Zunahme der agilen Arbeit aus.15 Die Agilität im Allgemeinen und die agilen Projektmethoden im Besonderen sind aufgrund der in Aussicht gestellten Vorteile und der enormen Verbreitung wohl nicht nur als bloße Modeerscheinung oder Marketinghype anzusehen.16 Ob mit dem Wandel von klassischer zu agiler Projektmethodik jedoch gar ein Paradigmenwechsel einhergeht,17 wird erst die Zukunft zeigen. Eine rechtliche Betrachtung der agilen Arbeit setzt voraus, dass die zu untersuchenden Erscheinungsformen eindeutig bestimmt werden. Zu diesem Zweck wird 11

Komus, Status Quo (Scaled) Agile 2019/20, S. 13. Accenture Strategy/Xing/Statista, Digitale Trends und die neue Arbeitswelt, S. 8. Auf einer Skala von 1 (überhaupt keine Relevanz) bis 5 (sehr relevant) schätzten die Teilnehmer die Relevanz der agilen Projektmethoden im Schnitt auf 3,4. 13 bitkom research, Etengo-Freelancer-Index VI, S. 21. 14 CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 82 f. 15 CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 86 f. 16 So Olbert/Prodoehl/Worley, Agilität, S. 8. 17 Diese Frage wirft Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 ff. auf. 12

A. Agiles Manifest

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zunächst das Agile Manifest in seinen Einzelheiten skizziert. Hieran anknüpfend, werden mit Scrum, Extreme Programming (XP) und Kanban drei der verbreitetsten Methoden eingehender dargestellt, um sodann die durch das Agile Manifest determinierten gemeinsamen Charakteristika der agilen Methoden und deren Heterogenität zu eruieren.

A. Agiles Manifest Das Agile Manifest wurde im Jahre 2001 von 17 erfahrenen Softwareentwicklern veröffentlicht.18 Ziel der Verfasser war es, eine gemeinsame Grundlage zu finden, um der immer komplexer werdenden Entwicklung von Software zu begegnen.19 Als Antwort auf die wachsende Kritik an klassischen Projektmanagementmethoden einigte man sich auf vier Grundwerte im Sinne eines Axioms und zwölf Prinzipien.20 Diese wurden für die erfolgreiche Realisierung von Projekten als wichtig angesehen. Das Agile Manifest ist in seiner Ausgestaltung daher stark auf Werte und Prinzipien fokussiert. Es stellt als kleinster gemeinsamer Nenner die gemeinsame Grundlage aller agilen Projektmethoden dar. Zwar ist im Agilen Manifest explizit von Softwareentwicklung die Rede, doch hat sich gezeigt, dass agile Werte, Prinzipien und Methoden gleichermaßen auch außerhalb der Softwareentwicklung fruchtbar gemacht werden können. Die vier Grundannahmen des Agilen Manifestes lauten: „Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt: Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.“21

Somit werden etwa die Individuen und die Interaktionen höher gewichtet als starre Prozesse und Werkzeuge. 18

Namentlich Kent Beck, Mike Beedle, Arie van Bennekum, Alistair Cockburn, Ward Cunningham, Martin Fowler, James Grenning, Jim Highsmith, Andrew Hunt, Ron Jeffries, Jon Kern, Brian Marick, Robert C. Martin, Steve Mellor, Ken Schwaber, Jeff Sutherland und Dave Thomas. 19 CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 19. 20 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (928 f.); Conrad/Schneider, in: Auer-Reinsdorff/ Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 11 Rn. 146. 21 http://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; Hervorhebung durch den Verfasser.

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

Die Prinzipien des Agilen Manifests lauten: 1.

„Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen.

2.

Heiße Anforderungsänderungen selbst spät in der Entwicklung willkommen. Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.

3.

Liefere funktionierende Software regelmäßig innerhalb weniger Wochen oder Monate und bevorzuge dabei die kürzere Zeitspanne.

4.

Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.

5.

Errichte Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen und vertraue darauf, dass sie die Aufgabe erledigen.

6.

Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht.

7.

Funktionierende Software ist das wichtigste Fortschrittsmaß.

8.

Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, Entwickler und Benutzer sollten ein gleichmäßiges Tempo auf unbegrenzte Zeit halten können.

9.

Ständiges Augenmerk auf technische Exzellenz und gutes Design fördert Agilität.

10. Einfachheit – die Kunst, die Menge nichtgetaner Arbeit zu maximieren – ist essenziell. 11. Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams. 12. In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver werden kann und passt sein Verhalten entsprechend an.“22

B. Scrum Scrum23 ist ein Rahmenwerk,24 das der Entwicklung, Auslieferung und Erhaltung komplexer Produkte dient und hilft adaptive Lösungen für komplexe Probleme zu generieren.25 Scrum kommt innerhalb der agilen Projektmethoden die größte Bedeutung zu, stellt es doch den Standard der agilen Projektmethoden dar. Wie alle agilen Methoden wird Scrum nicht nur im Rahmen der Softwareentwicklung, sondern auch in anderen Branchen eingesetzt.26 22

http://agilemanifesto.org/iso/de/principles.html, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. Teilweise wird Scrum auch als Swarm bezeichnet, s. zur begrifflichen Verwirrung Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 104 (107 m. w. N.). 24 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 3; s. hierzu auch Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (930) „Framework“; Liesegang, CR 2015, 541 (542); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 54. 25 So Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 3. 26 Kühn/Wulff, CR 2018, 417. 23

B. Scrum

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Das Wort Scrum stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „Gedränge“. Hiermit wird zugleich eine Situation beim Rugby bezeichnet, welcher gewisse Analogien zu dieser Projektmethode zugeschrieben werden.27 Dabei bilden Spieler nach Anordnung durch den Schiedsrichter eine Formation, indem sie eng und Kopf an Kopf stehen und versuchen, den Ball, der innerhalb der Ansammlung liegt, zu ergreifen. Die grundlegenden Ideen, auf denen die Scrum-Methode basiert, wurden bereits 1986 von Hirotaka Takeuchi und Ikujiro Nonaka publiziert.28 Maßgeblichen Anteil an der Verbreitung der Methode hatten indes Jeff Sutherland und Ken Schwaber, welche die Methode verfeinert und im sog. Scrum Guide29, einem Leitfaden, beschrieben und definiert haben.30 Wie bei allen agilen Methoden spiegeln sich die zentralen Aspekte im Agilen Manifest wider.31 Im Kern basiert Scrum auf der Erfahrung, dass moderne Projekte und die daraus resultierenden Produkte vielfach zu komplex sind, um im Voraus durchgängig hinreichend präzise geplant und beschrieben zu werden. Nicht selten verändern sich zudem die Anforderungen während des nachfolgenden Entwicklungsprozesses. Scrum berücksichtigt daher den sog. Moving Target Effekt, indem der Arbeitsprozess, ebenso wie die inhaltliche Ausrichtung des Projekts jeweils nach dem gewünschten Ergebnis ausgerichtet werden.32 Die zu Beginn oft noch vage Produktvision wird nach und nach konkretisiert und ggf. abgeändert.33 Die jeweiligen Produktanforderungen werden in sog. User Stories, einer Art Einzelbaustein des Gesamtprodukts,34 umrissen.35 Eine solche User Story kann wie folgt ausgestaltet sein: „Als ein Nutzer möchte ich das Feature X, sodass ich den Vorteil Y habe.“36 Die eigentliche Entwicklungstätigkeit wird dann von einem oder mehreren Entwicklungsteams geleistet.37 Solche Entwicklungsteams können sowohl rein unternehmensintern als auch mit externen Spezialisten, mitunter sogar aus verschiedenen

27 Übertragen auf die Scrum-Methode steht der Begriff insb. für den Zusammenhalt des Scrum-Teams und die disziplinierte Einhaltung von Regeln, s. hierzu Gloger, Scrum, S. 6; Liesegang, CR 2015, 541 (542). 28 S. hierzu Takeuchi/Nonaka, HBR 1986, S. 137 ff.; s. zur Entwicklung auch Sarre, CR 2018. 198 (199). 29 Vgl. Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, passim. http://www.scrumguides.org/docs/ scrumguide/v1/Scrum-Guide-DE.pdf, zuletzt abgerufen am 05. 12. 2020. 30 Liesegang, CR 2015, 541 (542); Sarre, CR 2018, 198 (199). 31 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (928). 32 Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (418); Sarre, CR 2018, 198 (201). 33 Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (418). 34 So Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130). 35 Winstel/Karsten, AuA 2017, 400. 36 So wörtlich Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201). 37 Kühn/Wulff, CR 2018, 417.

38

Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

Disziplinen, besetzt sein.38 Im Idealfall, der im Einklang mit dem Scrum Guide und dem Agilen Manifest steht, organisieren sich die Teams weitgehend selbständig.39 Hierarchische Strukturen sollen bei Anwendung von Scrum möglichst aufgelöst werden.40 Dies kann auf das ganze Unternehmen gemünzt zugleich mit der Erosion von klassischen Linienorganisationen, also hierarchisch gegliederten Organisationssystemen, einhergehen. Trotz dessen laufen die Unternehmen Gefahr, dass die tradierten Linienstrukturen in Form einer Schattenorganisation zumindest partiell weitergeführt werden. Dies kann dazu führen, dass entgegen der agilen Methodik dennoch Weisungen durch die vormaligen Vorgesetzten erteilt werden. Die Realisierung bzw. die Entwicklung des Produkts erfolgt bei Scrum inkrementell und iterativ.41 Komplexe Prozesse werden in kleine Einheiten, sog. Sprints aufgeteilt.42 Entsprechend der Deskription des Scrum Guides stellt Scrum weder einen Prozess noch eine Technik zur Erstellung von Produkten dar. Vielmehr ist Scrum ein Rahmenwerk, das im Wesentlichen auf festgelegten Projektrollen des Scrum-Teams, Prozessabläufen bzw. Scrum-Ereignissen sowie auf Scrum-Artefakten wie dem sog. Product Backlog und Regeln basiert.43 Das Scrum-Team, auch Squad genannt, umfasst die Rollen des Product Owners, des Scrum Masters und des Entwicklungsteams.44

I. Product Owner Jedes Scrum-Team verfügt über einen sog. Product Owner.45 Diesem kommt nach dem Scrum Guide eine zentrale Rolle zu.46 Der Product Owner verantwortet insbesondere die strategische Produktentwicklung.47 Für den Erfolg oder Misserfolg des 38 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Kühn/Wulff, CR 2018, 417; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). 39 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 7; s. auch Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 131. 40 Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273 (275); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130 f.); Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757; Klösel, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 10. 41 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (930); Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 132. 42 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130). 43 Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 136; Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 131. 44 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 5; s. auch Gloger, Scrum, S. 59 ff. 45 Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 141; s. hierzu auch Gloger, Scrum, S. 77 ff.; das Rollenbild kann auch bei anderen agilen Arbeitsmethoden vorkommen. Verallgemeinernd kann dann vom „Process Master“ gesprochen werden, s. hierzu Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 180 f. 46 S. zur Rollenbeschreibung Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 5. 47 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 68.

B. Scrum

39

Projekts hat der Product Owner dagegen nicht einzustehen. Für die konkrete Realisierung bleibt das umsetzende Entwicklungsteam zuständig.48 Seine Aufgabe besteht darin, die Anforderungen und Produktvisionen des Auftraggebers an das Entwicklerteam weiterzugeben.49 Der Product Owner stellt innerhalb des Prozessablaufs einen Repräsentanten des Kunden dar.50 In seltenen Fällen kann es zu einer Personenidentität zwischen Auftraggeber und Product Owner kommen. Dem Product Owner obliegt es ferner, das Product Backlog, eine Art Auftragsliste der noch zu entwickelnden User Stories, zu erstellen, zu ordnen und zu verwalten.51 Die Backlog Einträge, also die Produktanforderungen, müssen hinreichend klar formuliert werden, sodass sichergestellt ist, dass das Entwicklungsteam diese in erforderlichem Umfang verstehen kann.52 Die Leistung des Entwicklungsteams soll so durch den Product Owner optimiert werden. Trotz der hervorgehobenen Stellung des Product Owners innerhalb des Teams verfügt dieser jedoch nicht über Eingriffsbefugnisse gegenüber dem Entwicklungsteam.53 Das Entwicklungsteam organisiert sich autonom. So werden die noch zu erledigenden Aufgaben von den Entwicklungsteams selbstverantwortlich dem Product Backlog entnommen und in den sog. Sprints bearbeitet.54 Fachliche Weisungen durch eine persönliche Ansprache sollen so insbesondere gegenüber etwaigen Fremdpersonalkräften vermieden werden.55 Entsprechend der Grundkonzeption der agilen Methoden, auch späte Veränderungen willkommen zu heißen,56 obliegt es dem Product Owner, die sich wandelnden Kundenanforderungen permanent zu priorisieren und dies Anforderungen ggf. zu revidieren.57 Darüber hinaus entscheidet der Product Owner, ob ein Backlog Eintrag fertiggestellt wurde, ob also die am Ende eines Sprints gelieferte Funktionalität akzeptabel ist.58 Die Tätigkeit des Product Owners entspricht daher im Wesentlichen der eines Projektleiters,59 wobei in Abweichung zum klassischen Verständnis keine 48

Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 180. Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Litschen/ Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). 50 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 179. 51 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). 52 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 6. 53 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130). 54 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170 f.); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). 55 So Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); s. hierzu ausführlich Kapitel 2 C. III. 1. d), 3. a). 56 Vgl. hierzu das vierte Axiom des Agilen Manifests sowie das zweite Leitprinzip. 57 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). 58 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). 59 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Heise, in: Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, C.15 Rn. 54; ähnlich auch Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareent49

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

arbeitsvertragliche Weisungsbefugnis mit dieser Rolle einhergeht.60 Für die erfolgreiche Erfüllung seiner Aufgaben ist für den Product Owner ein regelmäßiger und intensiver Austausch mit internen und externen Stakeholdern, also Personen oder Unternehmen die ein berechtigtes Interesse am Verlauf und Ergebnis eines Projektes haben, auf der einen als auch dem Projektteam auf der anderen Seite notwendig.61 Dies führt dazu, dass der Product Owner in der Praxis oftmals eng in die Organisation des Auftraggebers eingebunden bzw. eingegliedert ist.62 Das alleinige Stellen des Product Owner auf Seite eines Auftragnehmers würde zudem zu einem Konfliktpotenzial führen, da diesem im Entwicklungsprozess in der Konsequenz sowohl die Priorisierung der Backlog Einträge,63 als auch die Entscheidung darüber, ob ein Backlog Eintrag fertiggestellt wurde, obliegen würde. Aus diesen Gründen wird der Product Owner regelmäßig vom Auftraggeber gestellt. Eine Einbindung des Fremdpersonals in dieser Funktion ist in der Praxis kaum gewünscht.64 Angesichts der dargestellten Vielzahl und Relevanz der durch den Product Owner zu erledigenden Aufgaben ist es von besonderer Bedeutung, auf dessen notwendige Qualifikation im Umgang mit Scrum-Projekten zu achten.65 Verfügt der Auftraggeber nicht über geeignetes Personal, so kann es jedenfalls sinnvoll sein, einen zweiten, externen Product Owner zu installieren, der den unerfahrenen Product Owner des Auftraggebers bei seiner Aufgabenerfüllung unterstützen kann.66 Teilweise wird in der Praxis prophylaktisch ein zweiter Product Owner auf Seiten des Auftragnehmers installiert. Im Hintergrund steht die Sorge, dass es andernfalls leicht zu Weisungen durch den Product Owner des Auftraggebers kommen könnte.67 Daraus könnten sich in rechtlicher Hinsicht Folgen mit Blick auf die Frage des Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitnehmerüberlassung ergeben.

wicklung im Scrum-Verfahren, S. 69, der darauf hinweist, dass die Rolle häufig durch Abteilungsleiter, Produktmanager oder Projektleiter ausgeübt wird. 60 Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 179. 61 Bortz, MMR 2018, 287 (290); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). 62 Vgl. hierzu Bortz, MMR 2018, 287 (290); zur Eingliederung s. Kapitel 2 C. III. 1. e). 63 Vgl. hierzu Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (145). 64 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Kühn/ Ehlenz, CR 2018, 139 (144); Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 36; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 23; s. auch Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 210, der es gar als zwingend ansieht, dass der Product Owner vom Auftraggeber gestellt wird. 65 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). 66 Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (145); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 69. 67 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); s. zum sog. River-Bridge-Modell, Kapitel 3 C. I. 3. c) aa) (3).

B. Scrum

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II. Scrum Master Das Agile Manifest beschreibt den Scrum Master als sog. Servant Leader für das gesamte Scrum-Team.68 Seine exponierte Rolle lässt sich mit der eines Moderators vergleichen.69 Der Scrum Master ist für die Einhaltung des Rahmenwerks zuständig. Ihm obliegt es als Servant Leader, durch Hilfestellung zur Umsetzung des ScrumRahmenwerks beizutragen und mögliche Hindernisse, die eine reibungslose Durchführung des Projekts verhindern könnten, zu beseitigen.70 Gleichfalls hat der Scrum Master die Ereignisse und Besprechungen während des Entwicklungsprozesses zu organisieren und diese zu moderieren.71 Während die Tätigkeit des Product Owners auf die ergebnisbezogene Produktentwicklung gerichtet ist, ist der Scrum Master für die konkrete Durchführung verantwortlich.72 Auch der Scrum Master vermag weder arbeitgeberseitige Weisungen auszusprechen noch disziplinarische Befugnisse, wie etwa Abmahnungen, wahrzunehmen.73 Vielmehr hat er auf die Einhaltung der Regeln zu achten und darauf hinzuwirken, dass dem Fremdpersonal von Dritten keine Weisungen erteilt werden.74 Da im Scrum Guide keine Eskalationsoder Konfliktlösung vorgesehen ist, kommt dem Scrum Master in seiner Rolle zudem eine besondere Bedeutung für das Sozialgefüge eines Scrum-Teams zu. Der Scrum Master kann sowohl vom Auftraggeber, also rein unternehmensintern, aber auch von Seiten eines möglichen Auftragnehmers oder von Dritten, wie etwa Unternehmensberatungen gestellt werden.75 Angesichts seiner lediglich moderierenden und dienenden Stellung droht im Gegensatz zum Product Owner kein entsprechender Interessenkonflikt.

III. Entwicklungsteam Das Entwicklungsteam stellt das ausführende Organ im Rahmenwerk dar.76 Ihm obliegt die Realisierung der im Product Backlog niedergelegten Einträge.77 Zum 68 So noch im detaillierteren Scrum Guide von Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide 2013, S. 6; s. hierzu auch Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 38. 69 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 72. 70 Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 136; Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 38; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 72. 71 Vgl. hierzu Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 7; Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (146). 72 Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 42. 73 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). 74 So auch Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). 75 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (146). 76 So Bortz, MMR 2018, 287 (290); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131).

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

Ende des jeweiligen Sprints soll das Entwicklungsteam ein in sich fertiges Teilprodukt abliefern. Dieses wird Inkrement genannt.78 Mit dem Ziel, möglichst viele Lösungsansätze zu verfolgen, kann das Scrum-Team aus mehreren Entwicklungsteams bestehen.79 Neben ausschließlich unternehmensintern besetzten Entwicklungsteams finden sich in der Praxis zudem Projekte, in denen das Entwicklungsteam durch einen oder mehrere externe Auftragnehmer bereitgestellt wird. Ferner sind heterogene Zusammensetzungen anzutreffen, in denen eine Durchmischung von internem und externem Personal erfolgt.80 Die Entwicklungsteams werden häufig auch interdisziplinär mit Spezialisten besetzt.81 Für das Gelingen eines Projekts mittels der agilen Methodik ist es von entscheidender Bedeutung, dass das Entwicklungsteam in jedem Fall über die notwendige Kompetenz verfügt, sowohl hinsichtlich der agilen Methodik selbst als auch hinsichtlich der für die Produktentwicklung notwendigen Kompetenzen.82 Ein wesentliches Merkmal der Scrum-Methode stellt die möglichst weitreichende Weisungsfreiheit der Mitglieder des Entwicklungsteams, insbesondere hinsichtlich der Art und Weise der Entwicklungsarbeit dar.83 Dies geht so weit, dass die Teams autonom entscheiden können, ob mehrere Tage von zu Hause gearbeitet wird.84 Obwohl das Entwicklungsteam nach außen hin eine eigene Leitung wählen kann,85 ist es elementar, dass sich das Entwicklungsteam selbst organisiert.86 Der Aufsicht kommt keine Weisungsbefugnis zu. Dem liegt das elfte Prinzip des Agilen Manifests zugrunde, dessen Prämisse es ist, dass die besten Produkte durch selbstorganisierte

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Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Lutz/Bach, BB 2017, 3016 (3017). 79 Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 143. 80 Vgl. hierzu Bortz, MMR 2018, 287 (290); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Kühn/ Ehlenz, CR 2018, 139 (145); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 72. 81 Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Kühn/Wulff, CR 2018, 417; Kuster et al., Handbuch Projektmanagement, S. 347; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 183; Sittard/Müller, ArbRB 2018, 381 (382); Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 37. 82 Gloger, Scrum, S. 50; Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Hoffmann/Roock, Agile Unternehmen, S. 56; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). 83 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Heise, NZA 2017, 1571 (1575); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Hoffmann/Roock, Agile Unternehmen, S. 51; Litschen/ Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 182 f.; Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 37; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 70. 84 Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 161. 85 Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). 86 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 7; vgl. hierzu auch Gloger, Scrum, S. 49 f.; Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 14; Kuster et al., Handbuch Projektmanagement, S. 370 ff., die dennoch auf die Vereinbarkeit mit verschiedenen Führungsstilen eingehen. 78

B. Scrum

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Teams entstehen. Die Umsetzung der User Stories erfolgt daher autonom durch das Entwicklungsteam. Die Mitglieder unterstützen sich dabei gegenseitig.87 Nach der Methodik ist die enge Abstimmung zwischen den Beteiligten von enormer Bedeutung für das Gelingen des Projektes.88 Das Agile Manifest wie auch das Rahmenwerk Scrum setzen auf einen kommunikationsintensiven Ansatz. Die enorme Bedeutung, die der intensiven Zusammenarbeit beigemessen wird, lässt sich bereits auf das erste sowie das dritte Axiom des Agilen Manifests zurückführen. Dort wird einerseits der Stellenwert der Interaktion zwischen den Beteiligten und andererseits die Zusammenarbeit mit dem Kunden hervorgehoben. Die besondere Bedeutung der Zusammenarbeit kommt zudem in den Prinzipien des agilen Manifestes zum Ausdruck. So misst das vierte Prinzip etwa der täglichen Zusammenarbeit der Experten besonderes Gewicht bei, während das sechste die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht hervorhebt. Aus diesem Grund wird regelmäßig eine intensive Mitwirkungspflicht des Auftraggebers vereinbart. Relevant wird eine solche insbesondere bei nachfolgenden Leistungskonkretisierungen.89 Das zwölfte Prinzip sieht ferner eine kontinuierliche Reflexion des Teams vor. Diese sehr grundlegenden Anforderungen werden durch den Scrum Guide konkretisiert. Insbesondere die im Entwicklungsprozess vorgesehenen Spint-Ereignisse90 stellen Bestandteile des Rahmenwerks dar,91 die eine umfassende Zusammenarbeit voraussetzen. Aufgrund dieser intensiven Zusammenarbeit und des notwendigen Austausches zwischen den Teammitgliedern wird beim Fremdpersonaleinsatz auf eine Nähe zur Arbeitnehmerüberlassung geschlossen.92

IV. Entwicklungsprozess Im Scrum Guide sind nicht nur die einzelnen Rollenbilder des Scrum-Teams definiert, sondern auch der formalisierte Entwicklungsprozess. Die dort niedergelegten Sprint Ereignisse sorgen für eine Regelmäßigkeit innerhalb des Prozessablaufs. Bei den Sprint-Ereignissen handelt es sich um das Sprint Planning, den Daily

87 Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 183; dies führte angesichts des kooperativen Charakters zu der gerichtlich zu klärenden Frage, ob die Mitglieder eines agilen Projektteams Anspruch auf ein identisches Arbeitszeugnis haben, s. ArbG Lübeck v. 22. 01. 2020 – 4 Ca 2222/19, BeckRS 2020, 4554. 88 Vgl. Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (931); Conrad/Schneider, in: Auer/Reinsdorff/ Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 11 Rn. 155; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136); Jähnichen, in: DGRI Jahrbuch 2011, S. 122; Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (143); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (485). 89 Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 13. 90 S. dazu sogleich unter Kapitel 1 B. IV. 91 Vgl. hierzu Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131). 92 So Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203 zur Arbeitnehmerüberlassung.

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

Scrum, das Sprint Review sowie die Sprint-Retrospektive.93 Andere, nicht in Scrum definierte Besprechungen sollen dagegen möglichst vermieden werden. Alle im Scrum Guide vorgesehenen Ereignisse sind zeitlich befristet.94 Mit Ausnahme der eigentlichen Entwicklungstätigkeit dienen die Sprint-Ereignisse während des Sprints als „Container für alle Ereignisse“95 der Prüfung und Anpassung der Produktentwicklung. Nur so kann der gegenwärtige Stand der Produktvision erfasst und ggf. auf gewandelte Bedingungen reagiert werden.96 Wie sich bereits dem sprachlichen Ursprung der agilen Projektmethoden entnehmen lässt, kommt der hierdurch entstehenden Flexibilität im Hinblick auf die sich wandelnden Umstände eine wesentliche Bedeutung für die erfolgreiche Projektdurchführung zu. Eine für den Entwicklungsprozess essenzielle Grundlage stellt das Artefakt des Product Backlogs97 dar. Das Product Backlog stellt eine Art Auftragsliste dar, in welcher der Product Owner als Repräsentant des Auftraggebers dessen geforderte Produktanforderungen, die sog. User Stories, zusammenträgt.98 Funktional zusammenhängende User Stories werden in sog. Epics zusammengefasst.99 Dabei werden zu Beginn des Projekts die Produktanforderungen lediglich skizziert, um entsprechend der agilen Methodik auf etwaige Veränderungen hinsichtlich der Anforderungsstruktur flexibel reagieren zu können.100 Ohnehin können die Anforderungen zu Beginn des Projekts nicht immer konkretisiert werden.101 Das Product Backlog samt der darin enthaltenen User Stories unterscheidet sich daher grundlegend vom im klassischen Projektmanagement üblichen Lasten- und Pflichtenheft, in welchem vorab die Anforderungen detailliert und umfassend beschrieben werden.102 Entsprechend der im Scrum Guide sowie grundlegend im Agilen Manifest beschriebenen Methodik, wird das Product Backlog samt User Stories im Laufe des Projekts kontinuierlich angepasst.103 Im Idealfall findet also keine zeit- und kostenintensive Aufgliederung des Projektes in eine Planungs- und eine sich hieran anschließende

93 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 8 ff.; s. hierzu auch Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 144. 94 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 7. 95 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 8. 96 Vgl. hierzu Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 8. 97 S. hierzu Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 11 f. 98 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 23; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 61 f. 99 Jacobs, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 619 (622); Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (141). 100 Winstel/Karsten, AuA 2017, 400; s. hierzu auch Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 56 f. 101 Sarre, CR 2018, 198 (201); Schneider, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 33; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 61. 102 So Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 23. 103 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Sarre, CR 2018, 198 (199).

B. Scrum

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Realisierungsphase statt.104 Vielmehr werden die Planung und die Spezifikation der Anforderungen in den Realisierungsprozess integriert.105 Die jeweiligen User Stories werden dann, je nach Umfang, auf einzelne handhabbare Aufgaben heruntergebrochen, die sodann, ggf. über ein Ticketsystem,106 an das Entwicklungsteam weitergegeben werden.107 Das Product Backlog stellt damit die Grundlage für den eigentlichen Entwicklungsprozess dar. Der Sprint, ein kurzer, iterativer Zeitraum von zwei bis vier Wochen108 stellt das Kernstück des Entwicklungsprozesses dar.109 Innerhalb dieses Zeitraums soll stets ein Teilprodukt des komplexen Gesamtwerks verwirklicht werden.110 Mit dem Ende eines Sprints beginnt jeweils sogleich ein neuer.111 Jeder Sprint und damit zugleich der Entwicklungsprozess als solcher beginnt mit einem dreiteiligen Sprint Planning.112 Hierbei handelt es sich um ein Team Meeting, dessen Ziel es ist, die Arbeit für den kommenden Sprint zu planen.113 An den ersten beiden Teilen des Sprint Plannings nimmt das gesamte ScrumTeam teil. Der Product Owner schlägt im ersten Schritt vor, wie das Produkt in dem aktuellen Sprintzyklus seinen Wert und Nutzen steigern könnte.114 Hierdurch soll dem Team verdeutlicht werden, warum der konkrete Sprint für den Entwicklungsprozess und somit die Stakeholder wertvoll ist. Die Auswahl der zu realisierenden Einträge aus dem Product Backlog ist hingegen dem zweiten Teil des Sprint Plannings vorbehalten. In diesem Teil soll unter Beteiligung des Product Owners und unter Rückgriff auf die im Product Backlog priorisierten User Stories festgelegt werden, welche Anforderungen im nächsten

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Schneider, ITRB 2010, 18; Winstel/Karsten, AuA 2017, 400. Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 113. 106 S. hierzu Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203, 205; Heise/Friedl, NZA 2015, 129; Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 24; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (488); Schneider, ITRB 2020, 194 (195); zum Ticketsystem s. Kapitel 3 C. I. 3. c) aa) (3) (b). 107 S. hierzu etwa Ferme/Schütt/Staneff, SPA 2019, 53; Hamann, in: Schüren/Hamann, AÜG, § 1 Rn. 203. 108 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (930); Günther/Böglmüller, NZA 2019, 273 (275); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201). 109 S. hierzu Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 8. 110 Jaehnichen, in: Redeker/Hoppen, DGRI Jahrbuch 2011, S. 123. 111 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (931). 112 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 9.; zum zweischrittigen Sprint Planning des Scrum Guides von 2013 s. auch Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im ScrumVerfahren, S. 65 f. 113 Vgl. hierzu Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 10; Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201); Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 145. 114 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 9. 105

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

Sprint umgesetzt werden.115 Im Zuge dessen wird die sog. Definition-of-Done116 festgelegt, eine Art Checkliste, die Fertigstellungskriterien des im jeweiligen Sprint bzw. der jeweiligen Iteration fertigzustellenden Inkrements definiert,117 und die vom ganzen Team akzeptierte Kriterien enthält.118 Im dritten Teil des Sprint Plannings entscheidet das Entwicklungsteam selbstständig über die Arbeitsorganisation während des Sprints, also über die Art und Weise, in der die zuvor ausgewählte Arbeit erledigt wird.119 Die zuvor festgelegten Ziele werden anschließend im sog. Sprint Backlog festgehalten.120 Dieses stellt ebenso wie das Product Backlog eine Auftragsliste dar. In diesem werden die für den Sprint ausgewählten User Stories in individuelle Arbeitsaufgaben aufgeteilt und ein Umsetzungsplan festgelegt.121 Am Ende des Sprint Plannings soll es dem Entwicklungsteam möglich sein, dem Product Owner und dem Scrum Master zu erklären, wie es selbstorganisiert das Sprint-Ziel erreichen möchte.122 Innerhalb eines jeden Sprints beginnt der jeweilige Entwicklungstag mit einem sog. Daily Scrum, einem kurzen, etwa 15-minütigen Treffen des Entwicklungsteams, in welchem der jeweilige Stand der Arbeit erörtert und Informationen ausgetauscht werden.123 Hierdurch sollen die Mitglieder des Entwicklungsteams alle Informationen erhalten, die zur Herstellung der jeweiligen Inkremente erforderlich sind.124 Um den Prozess möglichst einfach zu halten, soll das Daily Scrum an jedem Tag zur gleichen Uhrzeit und am gleichen Ort abgehalten werden.125 Das Ereignis ist grundsätzlich ein rein internes Ereignis für das Entwicklungsteam. Nehmen jedoch andere Personen wie der Product Owner teil, so ist es Aufgabe des Scrum Masters, Störungen zu verhindern.126 115 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 9; s. hierzu auch Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201); Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 145; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 65 f. 116 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 13. 117 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201); Sarre, CR 2018, 198 (200); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 66. 118 Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 137. 119 Vgl. hierzu Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 9; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 66. 120 Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 67. 121 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201). 122 So noch im detaillierteren Scrum Guide von Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide 2013, S. 10. 123 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 10 f.; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131); Sarre, CR 2018, 198 (200); Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 167. 124 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131). 125 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 11. 126 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 7.

C. Extreme Programming

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Der jeweilige Sprint endet mit dem Sprint Review. Das Entwicklungsteam präsentiert dem Scrum-Team, insbesondere dem Product Owner, sowie möglichen Stakeholdern seine Ergebnisse und erörtert den Fortschritt während des letzten Sprints.127 Sinn dieses Scrum-Ereignisses ist es, das Produkt bzw. das Inkrement zu überprüfen und bei Bedarf das Product Backlog entsprechend anzupassen. Unter Rückgriff auf die Definition-of-Done klärt der Product Owner als Stellvertreter des Auftraggebers, ob die Anforderungen umgesetzt wurden. Auf Grundlage des Sprint Reviews stellt der Product Owner sodann den aktuellen Stand des Product Backlogs dar.128 Das Ergebnis des Sprint Reviews stellt ein überarbeitetes Product Backlog dar, das den kommenden Sprints zugrunde gelegt wird.129 Für einen einmonatigen Sprint ist eine Zeitobergrenze von vier Stunden angesetzt.130 Den Abschluss eines jeweiligen Sprints bildet die Sprint Retrospektive, welche nach dem Sprint Review und vor dem nächsten Sprint Planning stattfindet. Sinn und Zweck dieses Scrum-Ereignisses ist es, dem gesamten Scrum-Team die Möglichkeit zur Selbstreflexion zu bieten und einen Austausch über positive und negative Erfahrungen zu ermöglichen.131 Für einen einmonatigen Sprint wird eine zeitliche Obergrenze von drei Stunden angesetzt.132 In diesem Schema wiederholt sich der dargestellte Prozess. Der Abschied von einer stringenten, vorausschauenden sowie starren Planung trägt dabei entsprechend des vierten Axioms bzw. des zweiten Prinzips dazu bei, späte Anforderungsänderungen berücksichtigen zu können.

C. Extreme Programming Eine weitere, wenngleich nicht im gleichen Umfang wie Scrum verbreitete agile Projektmethode stellt XP, ein Akronym für eXtreme Programming, dar.133 Wie auch bei Scrum handelt es sich hierbei um eine Methode, die ursprünglich der Softwareentwicklung entstammt, gleichwohl jedoch auf andere Bereiche übertragbar ist. Maßgeblich entwickelt und geprägt wurde die Methode von Kent Beck,134 der bereits

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Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 10. Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 11 f. 129 So Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (131). 130 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 12. 131 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 12. 132 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 12. 133 Zur Verbreitung s. Komus, Status Quo Agile Langfassung, S. 50 ff.; VersionOne, The 12th StateOfAgile Report, S. 9; vgl. auch Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, SoftwareErstellungsverträge, C Rn. 128, wonach XP 2014 „die wohl bekannteste und meist verbreitete agile Methodik“ gewesen sei. 134 Zur Entstehung der Methode s. Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 1 ff. 128

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

1999 sein erstes Buch dazu lancierte.135 Kent Beck gehört auch zu den Softwareentwicklern, die 2001 das Agile Manifest veröffentlichten. Auf Grundlage der zwischenzeitlichen Erfahrungen wurde 2004, also etwa drei Jahre nach Veröffentlichung des Agilen Manifests, die XP-Methode in einer überarbeiteten Fassung von Kent Beck und Cynthia Andres veröffentlicht. Diese prägt die bis heute praktizierte Form von XP. Ziel der Methode ist es, dem Projektteam eine möglichst flexible Projektdurchführung zu ermöglichen, um so aktuellen Anforderungen gerecht zu werden und damit die Änderungskosten senken zu können.136 Auch hier ist keine Aufspaltung in eine Entwurfs- und Umsetzungsphase vorgesehen. Stattdessen werden die Funktionalitätsanforderungen in Form von User Stories in den einzelnen Iterationen realisiert.137 Der Auftraggeber wird dabei umfassend einbezogen und gibt als Bestandteil des Teams Anforderungen an dieses weiter. In etwa zweiwöchigen Zyklen teilt der Auftraggeber dem Team mit, welche Funktion während des anstehenden Zyklus, bei Scrum Sprint genannt, umgesetzt werden soll. Vorgaben zur konkreten Leistungserbringung werden jedoch nicht erteilt. Nur so bleibt genügend Freiraum, um flexibel reagieren zu können.138 Regelmäßig werden jedoch sog. StandupMeetings, die der sog. Daily Communication dienen und vergleichbar mit Daily Scrums sind, vorausgesetzt.139 Zudem können Retrospektiven als zusätzliche Techniken etabliert werden.140 Im Gegensatz zu Scrum miss XP einem formalisierten Ablauf eine etwas geringere Bedeutung zu.141 Dem Sprint Planning oder dem Sprint Review vergleichbare Ereignisse sind nicht vorgesehen. Wie auch bei Scrum werden bei XP bestimmte Werte in den Vordergrund gestellt. Diese umfassen Kommunikation, Einfachheit, Rückmeldung und Mut.142 Aus diesen Grundwerten werden wiederum 15 Prinzipien abgeleitet, die bei jedem Projekt berücksichtigt werden sollen.143 Diese umfassen unmittelbares Feedback, das Erstreben einfacher Lösungen, inkrementelle Veränderungen, Veränderungen zu wollen und diese zuzulassen, das Erstellen von Qualitätsmaßstäben, aus Erfahrungen zu lernen, Anfangsinvestitionen gering zu halten, Dinge positiv anzugehen, gezielte Experimente, offene und 135 Im Original Beck, Extreme Programming Explained. Embrace Change; s. hierzu Jaehnichen, in: Redeker/Hoppen, DGRI Jahrbuch 2011, S. 121. 136 Sarre, in: Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 1 Rn. 46. 137 Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 20; Koch, ITRB 2010, 114 (115); Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 128. 138 Sarre, in: Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 1 Rn. 47 ff. 139 Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 20. 140 Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 10. 141 Vgl. hierzu Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 128 ff.; Wolf, Agile Projekte, S. 94. 142 Beck, Extreme Programming, S. 29; Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 20. 143 S. hierzu Beck, Extreme Programming, S. 37 ff. sowie Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 6, die jeweils fünfzehn Prinzipien anführen. Demgegenüber leitet Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 20 vierzehn Prinzipien ab.

C. Extreme Programming

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aufrichtige Kommunikation, die Instinkte innerhalb des Teams zu nutzen, Verantwortung zu übernehmen und nicht aufzubürden, Anpassen an örtlichen Gegebenheiten, für Veränderungen stets offen zu sein sowie Ergebnisse ehrlich zu reflektieren, sodass keine in Wirklichkeit nicht existente Sicherheit suggeriert wird.144 XP basiert im Wesentlichen auf der Synthese 14 bewährter Techniken, auch Best Practices genannt.145 Bei diesen handelt es sich um Techniken, die sich isoliert betrachtet bereits im Projektmanagement bewiesen haben. Diese werden entsprechend der vorgezeichneten Grundwerte und Prinzipien umgesetzt. Die jeweiligen Techniken können grundlegend in Managementtechniken, Teamtechniken und Programmiertechniken bzw. Arbeitstechniken unterteilt werden.146 Zu den Managementtechniken zählt die intensive Einbindung des Kunden als Auftraggeber bzw. des Anwenders. Diese geben lediglich die groben Anforderungen vor, während die konkrete Umsetzung den Entwicklern obliegt. Eine detaillierte Vorabplanung findet daher nicht statt. Angesichts des gleichfalls iterativen und inkrementellen Verlaufs von XP-Projekten findet vor jeder Auswahl des nächsten Inkrements eine Anpassung der zu priorisierenden Anforderungen statt. Der Ablauf ähnelt insoweit zumindest partiell dem formalisierten Entwicklungsprozess bei Scrum. Entsprechend den Daily Scrums erfolgt im Rahmen von XP ein kurzes Meeting. In diesen Standup-Meetings findet ein Austausch über den Projektverlauf statt. Zudem soll auch hier schnell ein Ergebnis präsentiert werden, welches für den Anwender bzw. den Auftraggeber nutzbar ist. Eine entsprechende Entwicklung soll mit Hilfe von Retrospektiven, also Reflexionen der bisherigen Arbeit und den hieraus resultierenden Erfahrungen erreicht werden.147 Ferner sind die teambezogenen Techniken zu beleuchten. Auch bei XP werden bestimmte Projektrollen besetzt. So gibt es neben dem Programmierer148 als Mitglied des Entwicklungsteams insbesondere auch den sog. Verfolger, engl. Tracker.149 Dieser soll die Funktion des „Gewissens“ des Teams einnehmen, den Entwicklungsprozess beobachten und auf etwaige Probleme hinweisen.150 Die Rolle des Verfolgers ähnelt damit derjenigen eines Scrum Masters. Verbreitet wird zudem auch auf einen Projektleiter zurückgegriffen. Zwar war diese Rolle im ursprünglichen 144 Vgl. hierzu Beck, Extreme Programming, S. 37 ff.; Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 6 ff. 145 Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 129; Sarre, in: Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 1 Rn. 46; Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 20; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 76. 146 Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 12 ff. 147 Vgl. zu den hier angeführten Managementtechniken, Beck, Extreme Programming, S. 63 ff.; Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 20; Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 12 f. 148 Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 167 f. 149 Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 169 f. 150 Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 169.

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

Ansatz nicht vorgesehen, doch hat die praktische Durchführung gezeigt, dass ein Bedürfnis für dieses Rollenbild besteht. Er ist der zentrale Ansprechpartner für die nicht-fachlichen Fragen der Realisierung.151 Den Entwicklern soll mit Hilfe von einigen wenigen, klar definierten Ideen eine Richtlinie für die Entwicklungsarbeit an die Hand gegeben werden. Die auf einer fortlaufenden Integration von Änderungen basierende Arbeitsweise ist darauf gerichtet, dass das Team gesamtverantwortlich das vom Anwender bzw. Auftraggeber gewünschte Ergebnis realisiert. Die Entwicklungstätigkeit soll mit einem nachhaltigen Tempo erfolgen, sodass Kreativität und Engagement erhalten bleiben.152 Damit geht einher, dass die Kundenanforderungen, auch hier User Stories genannt,153 nicht zugewiesen werden, sondern von den jeweiligen Beteiligten übernommen werden und die Verantwortung und Aufgabenverteilung daher autonom beim Entwicklungsteam bleibt.154 Zuletzt sind die Arbeitstechniken herauszuarbeiten. XP basiert auf dem Gedanken, Fehler frühzeitig aufzudecken. Hierzu sind ständige Tests des Produktes unerlässlich. Fällt ein Problem auf, so ist dieses sofort zu beheben, wobei darauf zu achten ist, dass nach jedem iterativen Schritt ein möglichst funktionales Produkt existiert.155 Stets sollte zudem ein möglichst einfaches und damit weniger fehleranfälliges Produkt angestrebt werden. Nach dem originären XP-Modell soll die tatsächliche Entwicklungsarbeit ferner durch eine Entwicklungstätigkeit in Paaren (Programming in Pairs) erreicht werden.156 Hier teilen sich zwei Mitglieder des Entwicklungsteam eine Aufgabe. Während das eine maßgeblich der Entwicklungstätigkeit selbst nachkommt, prüft das andere gleichzeitig den Ansatz.157 Hierin spiegelt sich wiederum der hohe Stellenwert einer intensiven Zusammenarbeit innerhalb der agilen Methoden wider.

151

Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 170 f. Vgl. hierzu die Darstellung von Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 14, die sich auf die IT-Branche beziehen. 153 Vgl. hierzu Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 130. 154 Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 9; vgl. hierzu auch Wolf, Agile Projekte, S. 94. 155 Vgl. insoweit die Ausführungen zu Scrum, Kapitel 1 B. IV. 156 Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 20; Sarre, in: Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 1 Rn. 50; Wolf/Roock/Lippert, eXtreme Programming, S. 14 f. 157 Sarre, in: Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 1 Rn. 50, der sich auf die Programmiertätigkeit bezieht. 152

D. Kanban

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D. Kanban Der Begriff Kanban entstammt ursprünglich dem Japanischen und bedeutet sinngemäß „Signalkarte“.158 Bekannt wurde die Kanban-Methode durch das von Taiichi Ohno entwickelte Toyota Production System.159 Das Metaziel der KanbanMethode in seiner originären Form besteht darin, einen kontinuierlichen Arbeitsfluss sicherzustellen. Die Methode basiert maßgeblich auf dem Gedanken, den Produktionsablauf bzw. den Entwicklungsprozess nach dem sog. Pull-Prinzip zu steuern160 und so den Prozessfluss zu optimieren. Gemeint ist damit, dass die Aufträge und Aufgaben von den Beteiligten selbstständig an sich gezogen werden, sobald hierzu die Kapazität besteht.161 Um die Effizienz zu erhöhen, werden zudem sog. Work-in-Progress-Limits gesetzt, also eine Begrenzung der gleichzeitig zu bearbeitenden Aufgaben.162 Ist eine Aufgabe fertig bearbeitet, widmet sich der jeweilige Entwickler einer neuen Aufgabe, die er dem Product Backlog entnimmt. Insofern handelt es sich auch hier um einen iterativen Ansatz. Kanban beruht auf sechs Praktiken. Durch diese sollen die Arbeit und die Prozessregeln sichtbar gemacht, die parallelen Aufgaben begrenzt, der Arbeitsfluss sichergestellt, Feedback implementiert und Verbesserungen gemeinschaftlich durchgeführt werden.163 Entsprechend der Begriffsbedeutung werden die Aufgaben mit Hilfe von sog. Kanban-Karten visualisiert und mittels eines Task Boards, auch Kanban-Board genannt, organisiert.164 Dabei werden zunächst verschiedene Spalten eingerichtet, denen jeweils der Entwickler bzw. das Entwicklungsteam und der Entwicklungsfortschritt zugeordnet sind. Regelmäßig orientiert sich das Kanban-Board an den Unterteilungen in „To-Do“, „in progress“ und „done“. Die Kanban-Karten, auf denen die jeweiligen Aufgaben niedergelegt sind, werden im Verlauf des Entwicklungs158 Der Begriff setzt sich aus den beiden Begriffen „kan“ (Signal) und „ban“ (Karte) zusammen, s. Leopold, Kanban in der Praxis, S. 18; Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 154; Rau/Reus, BB 2020, 1397 (1401). 159 S. zur Entwicklung der Methode Leopold, Kanban in der Praxis, S. 2 f.; 18; Rau/Reus, BB 2020, 1397 (1401); Wisskirchen/Bissels/Domke, BB 2008, 890; vgl. zu weiteren Einflüssen auch Kusay-Merkle, Agiles Projektmanagement, S. 42. 160 Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 155; Wisskirchen/Bissels/Domke, BB 2008, 890. 161 Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 155, vgl. zum Produktionsprozess auch Wisskirchen/Bissels/Domke, BB 2008, 890 m. w. N. 162 Burrows, Kanban, S. 13 ff.; Kniberg/Skarin, Scrum and Kanban, S. 19 f.; Leopold, Kanban in der Praxis, S. 21; Patzak/Rattay, Projektmangement, S. 645; Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 155 f. 163 Burrows, Kanban, S. 1; Kusay-Merkle, Agiles Projektmanagement, S. 43; Kuster et al., Handbuch Projektmanagement, S. 22; Leopold, Kanban in der Praxis, S. 21. 164 Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 155; Rau/Reus, BB 2020, 1397 (1401).

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

prozesses den entsprechenden Spalten zugewiesen und dort aufgeklebt. Die jeweilige Kanban-Karte „wandert“ sodann von der Auftragsliste, dem Product Backlog, Schritt für Schritt weiter, bis die Aufgabe als fertiggestellt vermerkt werden kann. Eine digitale Form des Kanban-Boards ist ebenfalls möglich.165 Mittels der Darstellung des Arbeitsaufkommens auf einem Kanban-Board lassen sich der Entwicklungsbzw. Produktionsprozess auf etwaige Engpässe hin analysieren und diese eliminieren. Ebenso wie die bereits dargestellten originären agilen Formen der Projektarbeit verlangt die Kanban-Methode einen steten Austausch der Beteiligten. Hierzu eignen sich dem Daily Scrum und Retrospektiven entsprechende Meetings.166 Kanban stellt daher anders als die originären agilen Projektmethoden keine eigene Arbeitsform, sondern lediglich eine Methode zur Modifizierung bestehender Arbeitsweisen sowie der Visualisierung der Steuerung von Prozessen dar. Trotz ihres Ursprungs in der Lean Production bzw. dem Lean Manufacturing167 wird Kanban häufig als agile Methode verstanden.168 Dem liegt im Wesentlichen zugrunde, dass Kanban in den letzten Jahren mehr und mehr für die Durchführung agiler Projekte adaptiert wurde.169 Daher wird Kanban vielfach mit agilen Projektmethoden im engeren Sinne, insbesondere mit Scrum, kombiniert, sodass Prozesse und Rollen der agilen Methoden angewandt werden, zugleich jedoch die Steuerung der Aufgaben, etwa im Product Backlog, mittels Kanban visualisiert wird. Es entsteht insofern eine agile Kanban-Methode,170 bei der die im Agilen Manifest niedergelegten agilen Elemente mit Kanban verknüpft werden. So können die Vorteile beider Methoden vereint werden. Dieses Verständnis von Kanban wird im weiteren Gang der Untersuchung zugrunde gelegt.

165

Vgl. hierzu auch etwa Boes/Kämpf/Langes/Lühr, Lean und agil im Büro, S. 24. Leopold, Kanban in der Praxis, S. 23. 167 S. hierzu Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 154; Wisskirchen/Bissels/Domke, BB 2008, 890; eine Gegenüberstellung von Lean- und agilen Methoden findet sich bei Komus/ Kamlowski, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Lean Management und agilen Methoden, S. 24 ff.; s. hierzu auch Boes/Kämpf/Langes/Lühr, Lean und agil im Büro, S. 30, die Scrum im Bereich der Wissensarbeit als „anschlussfähig“ an Lean-Konzepte ansehen. 168 S. etwa Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (928); Preußig, Agiles Projektmanagement, S. 154; Wolf, Agile Projekte, S. 12 ff.; vgl. hierzu auch Kusay-Merkle, Agiles Projektmanagement, S. 18; Leopold, Kanban in der Praxis, S. 1; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 75. 169 Vgl. hierzu Patzak/Rattay, Projektmangement, S. 645; Wirdemann/Mainusch, Scrum mit User Stories, S. 163; Wolf, Agile Projekte, S. 99 ff.; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 75. 170 Hierzu etwa Burrows, Kanban, S. 109, 116 f.; Kniberg/Skarin, Scrum and Kanban, S. 10; Wolf, Agile Projekte, S. 99 ff. 166

E. Gemeinsame Charakteristika

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E. Gemeinsame Charakteristika Trotz der Unschärfen die aufgrund der vielfach auftretenden Mischformen und Adaptionen entstehen, soll versucht werden, die gemeinsamen Charakteristika und Unterschiede der agilen Methoden darzustellen. Als Prämisse wird von agilen Projektmethoden, einschließlich des agilen Kanban, ausgegangen, die den Werten und Prinzipien des agilen Manifests entsprechen. Zwar wurden einige der agilen Methoden zeitlich vor dem Agilen Manifest entwickelt, doch vereint das Agile Manifest gleichwohl die gemeinsamen Werte in Form seiner Axiome und Prinzipien.171 Das Manifest stellt sozusagen den kleinsten gemeinsamen Nenner der agilen Projektmethoden dar.172 Wirft man also einen Blick auf die vier Axiome als Grundannahmen sowie die zwölf Prinzipien des Agilen Manifests, so lassen sich grundlegende gemeinsame Charakteristika der agilen Projektmethoden feststellen. Zunächst zeigt sich bei allen agilen Methoden, dass möglichst schnell eine lauffähige Software bzw. ein nutzbares Produkt, das den Anforderungen des Kunden gerecht wird, erstellt werden soll.173 Diese Vorgabe lässt sich insbesondere dem zweiten Axiom sowie den Prinzipien 1, 3 und 7 des Agilen Manifests entnehmen. Dieses Axiom misst einer funktionierenden Software größere Bedeutung zu als einer umfassenden Dokumentation während der Planungs- und Entwicklungsphase. Dies soll insbesondere erreicht werden, indem umfangreiche und zeitintensive Planungen und Dokumentationen sowohl im Rahmen der Pflichtenhefterstellung als auch im Rahmen der Vertragsgestaltung möglichst auf das Nötigste reduziert werden.174 Eine Zergliederung des Projektes in eine Planungs- und Realisierungsphase findet im Idealfall nicht statt.175 Vielmehr werden die Planung und die Spezifizierung der Anforderungen unmittelbar in den Realisierungsprozess integriert.176 Alle agilen Projektmethoden setzen zudem die Bereitschaft voraus, Veränderungen zu späten Zeitpunkten innerhalb des Projekts anzunehmen und diese zu begrüßen. Dies zeigt sich insbesondere an dem vierten Axiom sowie dem zweiten Prinzip des Agilen Manifests. Hiernach wird dem Reagieren auf Veränderungen gegenüber dem Befolgen eines starren Plans eine größere Bedeutung beigemessen. Dies spiegelt sich auch im iterativen Ansatz wider. Vor jeder Iteration werden die 171 Vgl. hierzu Küchler, in: Bräutigam, IT-Outsourcing, A Rn. 19; Patzak/Rattay, Projektmanagement, S. 645. 172 So Redmann, Agiles Arbeiten, S. 33, dies., Agile Arbeit rechtssicher gestalten, S. 33. 173 Vgl. Conrad/Schneider, in: Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 11 Rn. 143; Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199. 174 Bortz, MMR 2018, 287; Conrad/Schneider, in: Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch ITund Datenschutzrecht, § 11 Rn. 143; Redeker, IT-Recht, Rn. 307. 175 Redeker, IT-Recht, Rn. 307; Schneider, ITRB 2010, 18; Winstel/Karsten, AuA 2017, 400. 176 Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 113.

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

User Stories und das Product Backlog angepasst. Auch Kanban enthält angesichts des wiederholenden Charakters und der Unterteilung der Anforderungen in handhabbare Aufgaben einen iterativen und inkrementellen Charakter. Auch wenn Veränderungen und sich wandelnde Anforderungen dem agilen Ansatz immanent sind, so darf aus diesem Umstand doch nicht der Rückschluss gezogen werden, dass es dem Auftraggeber im Verhältnis zum Auftragnehmer bis zum Abschluss des Projektes gestattet sei, beliebig das Anforderungsspektrum zu oktroyieren.177 Nicht alle agilen Projektmethoden messen einer starren Rollenverteilung die gleiche Bedeutung bei. Dennoch hat sich gezeigt, dass vergleichbare Rollenbilder die tatsächliche Durchführung prägen. Neben Mitgliedern des Entwicklungsteams sehen insbesondere Scrum und XP explizit eine moderierende Rolle vor, die nicht an der Realisierung der Produktvision unmittelbar beteiligt ist. Der Rolle kommt jedoch die Funktion zu, mögliche Hindernisse zu erkennen und diesen entgegenzuwirken. In aller Regel ist zudem ein Projektleiter als zentraler Ansprechpartner der Beteiligten vorgesehen. Angesichts der herausragenden Praxisrelevanz von Scrum wird im Folgenden die Terminologie der entsprechenden Projektrollen aufgegriffen und zugrunde gelegt. Die Ausführungen lassen sich jedoch aufgrund der vergleichbaren Tätigkeit jedoch auch auf die entsprechenden Rollenbilder anderer agiler Methoden übertragen. Auch die Entwicklungsarbeit selbst ist von gemeinsamen Besonderheiten geprägt. Die intensive Zusammenarbeit und Interaktion der Beteiligten ist daher abstrahierungsfähig. Nicht nur hinsichtlich der jeweiligen Teammitglieder, sondern auch im Verhältnis zum Auftraggeber wird eine enge Integration und Kommunikation vorausgesetzt. Diesen wird gar Vorrang vor Vertragsverhandlungen und deren Ergebnissen eingeräumt. Insoweit bedarf es einer intensiven Mitarbeit des Auftraggebers. Dies lässt sich insbesondere den Axiomen 1 und 3 sowie dem vierten, sechsten und zwölften Prinzip entnehmen, nach welchen die Interaktion der Beteiligten für besonders wichtig erachtet wird. Zudem ist den dargestellten agilen Projektmethoden oftmals ein vergleichbarer Entwicklungsprozess immanent. Zwar kommt einem formalisierten Entwicklungsprozess bei Scrum im Vergleich zu XP und dem agilen Kanban die größte Bedeutung zu. Dennoch hat sich gezeigt, dass auch XP mit den Standup-Meetings und den Retrospektiven ähnliche Ereignisse wie Scrum vorsieht. Da zudem auch das agile Kanban stets auf agilen Projektmethoden aufbaut, finden auch dort entsprechende Teammeetings statt. Wenngleich Scrum mit dem dreiteiligen Sprint Planning, dem Daily Scrum dem Sprint Review und der Sprint Retrospektive am stärksten auf formalisierte Ereignisse setzt, so nähern sich XP und das agile Kanban, insbesondere aufgrund der ebenfalls täglich stattfindenden täglichen Meetings zumindest stark Scrum an. Charakteristisch ist ferner die weitreichende Weisungsfreiheit der Teammitglieder. Den jeweiligen agilen Ansätzen ist es gemein, dass die Mitglieder des Ent177 Vgl. hierzu jedoch die Ausführungen zum vertragsgegenstandsbezogenen Weisungsrecht des Auftraggebers in Kapitel 2 C. III. 1. d) bb).

F. Wesentliche Unterschiede innerhalb der agilen Projektmethoden

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wicklungsteams weitgehend autonom ihre Aufgaben erledigen und somit ihre Arbeitsweise maßgeblich selbst gestalten können.178 Nicht selten handelt es sich bei dem eingesetzten Fremdpersonal ohnehin um Spezialisten. Die Erteilung fachlicher Weisungen erscheint insoweit nur bedingt sinnvoll. Dies gilt erst recht, wenn das fehlende Knowhow im Unternehmen den Grund für die Einbeziehung der Spezialisten darstellt. Die Weisungsfreiheit lässt sich auf das erste Axiom sowie auf das fünfte, elfte und zwölfte Prinzip des Agilen Manifests zurückführen. Diese heben maßgeblich die Bedeutung der Individuen und deren selbstorganisierte Arbeitsweise hervor. Aus dieser Form der Zusammenarbeit ergibt sich zugleich, dass die agilen Einheiten bzw. Squads die Verantwortung für ihre Arbeit als Gesamtheit übernehmen.179 Die Tätigkeit des Entwicklungsteams ist daher von weitreichenden Entscheidungsfreiräumen geprägt.

F. Wesentliche Unterschiede innerhalb der agilen Projektmethoden Neben den zuvor dargestellten Gemeinsamkeiten lassen sich zugleich Unterschiede zwischen den jeweiligen Methoden ausmachen. Während das Rahmenwerk Scrum ein festes Rollenbild der Beteiligten zeichnet und einen formalisierten Ablauf vorgibt, messen XP und Kanban diesen Aspekten geringere Bedeutung zu.180 Zwar sieht XP ebenso einen regelmäßigen Austausch und eine intensive Interaktion der Beteiligten vor, doch erfolgt dort im Unterschied zu Scrum keine Zuweisung von Teamrollen. Auch Kanban ist in seiner originären Form eine derartige Rollenzuweisung fremd.181 Dennoch trifft man in der Praxis, trotz bestehender methodischer Divergenzen, aufgrund adaptierter und an die bestehende Teamstruktur angepasster Formen der agilen Arbeit oftmals auch bei anderen agilen Methoden auf eine vergleichbare Rollenverteilung und einen ähnlichen Ablauf des Entwicklungsprozesses. Ein wesentlicher Unterschied liegt ferner in der methodischen Grundkonzeption. Während Scrum und XP maßgeblich auf eine größtmögliche Flexibilität und Wandlungsfähigkeit abzielen, um so möglichst schnell auf sich wandelnde Umstände reagieren zu können, zielt Kanban primär auf die Optimierung des Prozessflusses ab. Freilich ist nicht zu verkennen, dass dies im Ergebnis ebenso zu schnelleren Entwicklungszyklen und damit zu mehr Flexibilität führt. Insofern nä178

Vgl. hierzu etwa die Gegenüberstellung von Scrum und Kanban in Kniberg/Skarin, Kanban and Scrum, S.49; s. auch Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (418, 421); Heise/ Friedl, NZA 2015, 129 (133). 179 So Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757. 180 Vgl. hierzu Hindel/Hörmann/Müller/Schmied, Basiswissen Software-Projektmanagement, S. 25; Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 128 ff.; Wolf, Agile Projekte, S. 94. 181 S. hierzu etwa Kniberg/Skarin, Kanban and Scrum, S. 11, s. zu den Unterschieden im Verfahrensablauf zwischen Scrum und Kanban a. a. O., S. 50.

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

hern sich die Formen einander deutlich an. Handelt es sich um eine agile KanbanVariante, so hat man es ohnehin mit einer agilen Grundkonzeption zu tun.

G. Wahl einer agilen Methode Bereits in der Phase der Projektplanung muss sich der Anwender zwischen dem Einsatz einer agilen und einer klassischen Projektmethode entscheiden. Hierbei stellt sich die Frage, welche Methode von Vorteil ist. Allgemeingültige Kriterien bestehen hierfür nicht.182 Orientiert man sich jedoch an den methodischen Ansätzen der agilen Methoden, so lassen sich einige Leitlinien aufstellen, die für die Wahl zwischen den klassischen und den agilen Methoden fruchtbar gemacht werden können.183 Agile Projektmethoden versprechen kürzere Entwicklungszeiten, auch „time to market“ genannt.184 Müssen Ergebnisse besonders schnell geliefert werden, beispielsweise bei der Einführung neuer, innovativer Produkte oder Angebote, so spricht dies für die Anwendung einer agilen Methode.185 Einen weiteren, den agilen Methoden zugeschriebenen Vorteil bildet die Reaktionsfähigkeit auf sich wandelnde Bedingungen. Sind demnach für das Produkt relevante Veränderungen zu erwarten, so liegt die Anwendung einer agilen Methode nahe.186 Indikator für die Anwendung agiler Methoden kann die mangelnde Spezifizierbarkeit der Anforderungen und des Projektergebnisses sein. Gerade dann, wenn zu Beginn des Projekts eine hinreichend detaillierte Beschreibung der Projektanforderungen nicht möglich ist, bedarf es einer iterativen Konkretisierung, wie sie die agilen Methoden vorsehen.187 Auch die Fähigkeit und der Wille des Auftraggebers, selbst intensiv an dem Projekt mitzuarbeiten, wirkt sich maßgeblich auf die Wahl der Projektmethode aus. Kann oder will der Auftraggeber keine derartige Zusammenarbeit gewährleisten, etwa aus Sorge vor einer Verschiebung der werkvertraglichen Erfolgsverantwortlichkeit,188 so spricht dies als Kontra-Indikation189 für die Anwendung einer klassischen Methode.190 Bei einer Abwägung sollte aus Unternehmenssicht zudem be182 Sarre, CR 2018, 198 (201); s. zur Vielzahl der für die Wahl einer Projektmethode relevanten Faktoren, Kuster et al., Handbuch Projektmanagement, S. 34 ff. 183 Vgl. hierzu Sarre, CR 2018, 198 (201); Schneider, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 33 ff. 184 VersionOne, The 13th StateOfAgile Report, S. 8. 185 Sarre, CR 2018, 198 (202); Schneider, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 33. 186 Sarre, CR 2018, 198 (201); Schneider, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 33; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 85. 187 Sarre, CR 2018, 198 (201); Schneider, in: Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 33. 188 Hierzu etwa Sarre, CR 2018, 198 (202). 189 Vgl. hierzu Schneider, in: Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 35. 190 Vgl. Sarre, CR 2018, 198 (201); Schneider, in: Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 33; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 85.

H. Agile Projektmethoden in der Vertragsgestaltung

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dacht werden, dass eine eventuelle, dem Projekt nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung angesichts der vielfach noch bestehenden Unwägbarkeiten risikointensiver ist. Angesichts der zuweilen möglichst geringgehaltenen Vorabplanung innerhalb der agilen Projektmethoden fällt insbesondere bei einer Deklaration als Werkvertrag die Abnahme des Werkes mitunter schwer. Ein Soll-/Ist-Vergleich ist mangels spezifizierter Anforderungen jedenfalls erschwert.191 Zudem können sich die Größe und der Umfang des Projektes auf die Methodenwahl auswirken. Zum einen hat man es bei Großprojekten häufig mit einer Vielzahl an nachträglichen Anforderungsänderungen zu tun. Dies spricht grundsätzlich für die Anwendung agiler Projektmethoden. Da sich die Änderungen bestimmter Anforderungen jedoch zugleich auf andere Anforderungen auswirken können, besteht die Gefahr, dass eine hinreichende Abstimmung erschwert wird.192 So können sich etwa spätere Änderungen auf bereits zu Projektbeginn realisierte Inkremente auswirken.193 Regelmäßig eignen sich agile Projektmethoden zudem nicht bei repetitiven und standardisierten Dienstleistungen.194 In diesem Fall kommen die Vorteile der agilen Arbeit nicht zum Tragen. Angesichts ihrer Besonderheiten bieten sich die agilen Projektmethoden regelmäßig besonders bei solchen Projekten an, die den Einsatz hochqualifizierten Personals erfordern.195

H. Agile Projektmethoden in der Vertragsgestaltung Bereits heute finden die Besonderheiten der agilen Projektmethoden in der Vertragsgestaltung Berücksichtigung.196 So wird regelmäßig nicht nur die Anwendung einer agilen Projektmethode, sondern zugleich die weitgehende Weisungsfreiheit des Entwicklungsteams vereinbart. Selbiges gilt für die im Agilen Manifest vorausgesetzte besonders intensive Zusammenarbeit. Exemplarisch sollen auszugsweise einige gängige Vertragsentwürfe dargestellt werden. Die nachstehenden Klauseln können ebenso außerhalb der IT-Branche fruchtbar gemacht werden. Dabei ist bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die zitierten Musterprojektverträge bzw. deren Klauseln lediglich allgemeiner Natur sind. Wie sich noch zeigen wird,197 liegt es hinsichtlich der geschuldeten Leis191

S. hierzu Schneider, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 35. Sarre, CR 2018, 198 (201 f.). 193 Sarre, CR 2018, 198 (201 f.). 194 Hierzu Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 25. 195 Vgl. hierzu Henssler, RdA 2017, 83 (89); Trepper, Agil-systemisches Software Projektmanagement, S. 107. 196 Zur Vertragsgestaltung im Ganzen s. Imhof, in: Weitnauer/Mueller-Stöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 306 – 331 sowie Pieper/Roock, Agile Verträge, passim. 197 S. hierzu die Ausführungen zur dienst- und werkvertraglichen Dichotomie in Kapitel 2 C. IV. sowie Kapitel 3 C. II. 192

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

tungspflicht nahe, zum einen zwischen zwei- und dreigliedrigen Rechtsverhältnissen und zum anderen zwischen den unterschiedlichen Rollenbildern zu differenzieren. Angesichts der mannigfaltigen Möglichkeiten ist es an dieser Stelle nicht möglich, für jede der in Betracht kommenden Vertragstypologien eine entsprechende Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Bei der Darstellung wird dabei zwischen einheitlichen Projektverträgen und rahmenvertraglichen, durch Teilprojektverträge konkretisierten,198 Vereinbarungen unterschieden.

I. Einheitliche Vertragsgestaltung Als Musterbeispiel für einen einheitlichen Projektvertrag dient der Entwurf von Imhof: „Präambel Die Leistungen des Auftragnehmers werden im Rahmen eines agilen Projektmanagements organisiert. Die Erstellung der Software ist dabei gekennzeichnet durch die Komplexität der Software und in der Folge durch eine geringe Planbarkeit der zu erbringenden Leistungen sowie des Fertigstellungstermins und der anfallenden Kosten. Ziel eines agilen Projektmanagements ist die Beherrschung der Komplexität der Softwareerstellung durch eine weitgehende Selbstorganisation des Entwicklerteams ohne eine konkrete Vorgabe der zu erbringenden Leistungen und deren Kosten durch den Auftraggeber. In einer Vielzahl überschaubarer Entwicklungsschritte wird im Projektverlauf in Abstimmung der Vertragsparteien, die zu Projektbeginn nur grob definierte Software erstellt. Die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer erfolgt für das hier geregelte SoftwareProjekt nach den im Folgenden näher definierten Scrum-Prinzipien.199 § 1 Vertragsgegenstand Gegenstand dieses Vertrages ist die entgeltliche Erstellung von Software durch den Auftragnehmer zur dauerhaften Überlassung an den Auftraggeber im Wege des agilen Projektmanagements.200 [….] § 4 Leistungen Der Auftragnehmer wird im Rahmen dieses Vertrages folgende Leistungen erbringen: a) Die Vorbereitung des Projekts gemeinsam mit dem Auftraggeber, insb. die Entwicklung einer Product Vision, die nach Erstellung Bestandteil des Vertrages wird.

198

S. hierzu von dem Bussche/Schelinski, MAH-IT-Recht, Teil 2.3.3. Rn. 42a – 50; Pieper/ Roock, Agile Verträge, S. 79; von Schenck, MMR 2019, 139. 199 Imhof, in: Weitnauer/Mueller-Stöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 306 f.; s. zur Vertragsgestaltung bei Wahl agiler Methoden auch Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (144). 200 Imhof, in: Weitnauer/Mueller-Stöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 307.

H. Agile Projektmethoden in der Vertragsgestaltung

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b) die Erstellung des Produkts201 [….] § 7 Entwicklungsteam (1) Die Mitglieder des Entwicklungsteams arbeiten selbstorganisiert und weisungsunabhängig.202 [….] § 17 Nutzungsrechte (1) Der Auftragnehmer räumt dem Auftraggeber am Produkt, auch für alle zukünftigen Nutzungsarten, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkte und übertragbare ausschließliche Nutzungsrechte ein.203 [….] § 21 Sach- und Rechtsmängelhaftung (1) Die Software und die Benutzerdokumentation haben die nach den Backlogs vereinbarte Beschaffenheit, im Übrigen die für die gewöhnliche Verwendung geeignete, die bei Leistungen der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann. (2) [….] (5) Der Auftragnehmer haftet nicht in den Fällen, in denen der Auftraggeber Änderungen an den vom Auftragnehmer erbrachten Leistungen vorgenommen hat, es sei denn, dass diese Änderungen ohne Einfluss auf die Entstehung des Mangels waren.204 [….]“

Ähnlich liest sich auch der Entwurf von Pieper/Roock: „Leistung: Der Auftragnehmer erstellt für den Auftraggeber eine funktionstüchtige Software iterativ mit agiler Methodik. Die Software und der Entwicklungsfortschritt orientieren sich dabei an den in der Anlage zum Vertrag beschriebenen User Stories.205 [….]

201 Imhof, in: Weitnauer/Mueller-Stöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 310; ähnlich von Schenck, MMR 2019, 139 (140), welche jedoch bereits in der Präambel auf die Prinzipien und die Methodik hinweist. 202 Imhof, in: Weitnauer/Mueller-Stöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 312; von Schenck, MMR 2019, 139 (140). 203 Imhof, in: Weitnauer/Mueller-Stöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 317; ähnlich Schenck, MMR 2019, 139 (142). 204 Imhof, in: Weitnauer/Mueller-Stöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 320 f. 205 Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 72.

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden Agile Methodik: Die Parteien sind sich einig, das Projekt nach den Prinzipien von Scrum durchzuführen, wie sie im Scrum Guide (http://www.scrumguides.org/docs/scrumguide/v1/Scrum-Guide-DE. pdf) beschrieben sind. Rollen, Ereignisse, Artefakte und Regeln, die sie miteinander verbinden, werden in der dort beschriebenen Form Teil des Vertrags.206 [….] Kooperation Der Auftragnehmer und der Auftraggeber kooperieren kontinuierlich bei der Durchführung dieses Vertrags. Dies beinhaltet insb. die schnelle gegenseitige Zurverfügungstellung notwendiger Informationen und Daten für die Entwicklung und Herstellung der Software.207 [….] Mitwirkung (1) Der Auftragnehmer ist während der Programmierung auf die Mitwirkung des Auftraggebers angewiesen. Der Auftraggeber ist deshalb verpflichtet, insb. die folgenden Mitwirkungsleistungen zu erbringen: [Beschreibung der einzelnen Mitwirkungspflichten, insb.: - Zugang zu Räumlichkeiten und Systemen - Zugang zu Informationen und Unterlagen - Zurverfügungstellung von funktionierenden Schnittstellen208] [….]“

II. Rahmenvertrag und Teilprojektverträge Neben der Vertragsgestaltung als einheitlichem Vertrag wird zum Teil auch auf die Möglichkeit hingewiesen, eine Aufteilung in Rahmenvertrag und Teilprojektverträge vorzunehmen. Der Rahmenvertrag soll die Grundlage der Zusammenarbeit regeln und primär die Methodenwahl, die Mitwirkungspflichten, die Dokumentationspflicht und Regelungen zur Verfahrensdurchführung enthalten.209 Insoweit kann auf die Entwürfe zum einheitlichen Projektvertrag verwiesen werden. Die einzelnen Teilprojektverträge entsprechen dann regelmäßig weitgehend bekannten werkver206

Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 72; ähnlich Meßmer, in: Nägele/Apel, Beck’sche Online-Formulare IT- und Datenrecht, 1.4 § 9 des Entwurfs, der auf eine Anlage mit den Rollen, Gremien und Verantwortlichkeiten verweist. 207 Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 73. 208 Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 74; ähnlich Meßmer, in: Nägele/Apel, Beck’sche Online-Formulare IT- und Datenrecht, 1.4 § 8 des Entwurfs. 209 von dem Bussche/Schelinski, MAH-IT-Recht, Teil 2.3.3. Rn. 44 – 48; s. hierzu auch Frank, CR 2011, 138 (141 ff.); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 190 f.

H. Agile Projektmethoden in der Vertragsgestaltung

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traglichen Mustern. Die Definition-of-Done ermöglicht es, Kriterien für die Abnahme i. S. d. § 640 BGB zu vereinbaren.210 Für den Fall, dass eine werkvertragliche Gestaltung anvisiert ist, ist es zweckmäßig, den anvisierten Erfolg im Rahmenvertrag bereits zumindest in seinen Grundzügen zu beschreiben. Andernfalls droht die Gefahr, dass die nachfolgenden Konkretisierungen überhaupt erst den Inhalt der Tätigkeit bestimmen und sich so „versteckte“ arbeitsbezogene Weisungen einschleichen.211 Zudem wäre es andernfalls kaum möglich, die Abnahmefähigkeit der realisierten Produktvision festzustellen. In den Teilprojektverträgen sollte hierauf aufbauend die Umsetzung der einzelnen Inkremente vereinbart werden. Um eine werkvertragliche Abnahme i. S. d. § 640 BGB nach Abschluss des Sprints zu ermöglichen, sollten die umzusetzenden User Stories und die Anforderungen des Sprint Backlogs präzise definiert werden.212 Im Zuge dessen sollte auch festgelegt werden, welche Bedeutung den Reviews für die Abnahme zukommt.213 Aus Auftraggebersicht bietet es sich zudem an, über die Teilabnahme der Teilprojektverträge hinaus zusätzlich eine Gesamtabnahme nach Beendigung des Projekts zu vereinbaren.214 Indes ist stets zu beachten, dass sich nicht jeder iterative Fortschritt für eine Teilabnahme eignet. Eine Teilabnahmevereinbarung ist nur dann empfehlenswert, wenn es sich bei dem Gesamtprojekt um eine modulare Kombination einzeln nutzbarer Produkte handelt. Ist das Produkt nicht separat nutzbar, so liegt es nahe, statt Teilabnahmen lediglich Zwischenüberprüfungen zu vereinbaren. Diesen kommt jedoch nicht die Bedeutung einer Abnahme zu. Teilabnahmen ist stets das Risiko asynchroner Verjährungsfristen für Mängel immanent. Eine Teilabnahme sollte daher nur vereinbart werden, wenn das Produkt isoliert nutzbar ist und der Auftraggeber ein entsprechendes Interesse daran hat.215 In diesem Fall sollte zudem an eine entsprechende Zahlungsvereinbarung im Fall der Abnahme gedacht werden.216 Während der Rahmenvertrag in diesen Fällen in der Praxis regelmäßig dem Dienstvertragsrecht zugeordnet wird, werden die Parteiinteressen bei den Teilpro-

210

Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d) dd), 3. a). 212 von dem Bussche/Schelinski, MAH-IT-Recht, Teil 2.3.3. Rn. 46 f., 50. 213 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200). 214 von dem Bussche/Schelinski, MAH-IT-Recht, Teil 2.3.3. Rn. 50; Koch/Kunzmann/ Müller, MMR 2020, 8 (11); Kremer, ITRB 2010, 283 (288); Schneider, ITRB 2010, 18 (21); vgl. hierzu auch die Entscheidung des OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100. Dort wurde gerade keine förmliche Abnahmeregelung getroffen, sodass in der Billigung der bisherigen Sprintergebnisse zugleich eine konkludente Abnahme gesehen wurde. 215 S. in diesem Zusammenhang speziell zu Softwareverträgen Müglich, in: Taeger/Pohle, Computerrechts-Handbuch, Teil 19 (191) Rn. 132; kritisch gegenüber der Vereinbarung einer Teilabnahme Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). 216 Pieper/Roock, Agile Verträge, S. 79. 211

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Kap. 1: Erscheinungsformen agiler Projektmethoden

jektverträgen hingegen regelmäßig auf eine werkvertragliche Einordnung gerichtet sein.217 Teilweise wird jedoch die Befürchtung geäußert, die rahmenvertragliche Gestaltung laufe Gefahr, sich von der agilen Methodik zu entfernen.218 Der Einwand überzeugt indes nur bedingt. Zwar werden durch die rahmenvertragliche Gestaltung die für das klassische Projektmanagement typische Trennung von Planungs- und Realisierungsphase entgegen der agilen Methodik perpetuiert,219 doch erfordert die präzise Beschreibung eines einzelnen Inkrements ungleich weniger zeitlichen Aufwand als die umfassende Beschreibung einer ganzheitlichen Produktvision. Insofern kann eine solche rahmenvertragliche Gestaltung aus Unternehmenssicht einen Kompromiss darstellen. Trotz der aufgrund des Rahmenvertrages nach wie vor gegebenen Flexibilität stehen dem Auftraggeber im Fall der werkvertraglichen Teilprojektvergabe die entsprechenden Gewährleistungsrechte zu. Freilich ist eine solche Trennung in einzelne Entwicklungsschritte nicht immer möglich. Dies gilt insbesondere bei agilen Projektmethoden wie XP, die einem formalisierten Ablauf weniger Bedeutung beimessen.220 Häufig ist zudem eine echte Trennbarkeit der Teilleistungen nach einzelnen Entwicklungsschritten kaum möglich. Die einzelnen Inkremente werden sich als Teilleistungen oftmals nicht vollständig voneinander trennen lassen. In diesem Fall ist eine isolierte Abnahme des jeweiligen Teilproduktes angesichts der stetigen Veränderungen und deren Auswirkungen auf andere Teilprodukte für den Auftraggeber kaum sinnvoll.221 Eine Abnahmeklausel im Rahmen einer rahmenvertraglichen Gestaltung kann unter Beachtung der angeführten Aspekte etwa wie folgt aussehen: „Teilabnahmen der Product Increments (1) Der Auftraggeber führt nach jedem Sprint Review Meeting eine Prüfung der Funktionalität der Product Increments anhand der Product Backlog Items nach Maßgabe der entsprechenden Definitions of Done durch. Der Auftraggeber erstellt unverzüglich nach der Prüfung ein Teilabnahmeprotokoll und eine Liste etwaiger Mängel. (2) Jedes Product Increment gilt als abgenommen, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb von zehn Tagen nach Aufforderung durch den Auftragnehmer in Textform Mängel meldet. 217

von dem Bussche/Schelinski, MAH-IT-Recht, Teil 1 Rn. 440; Frank, CR 2011, 138 (141); von Schenck, MMR 2019, 139; Welkenbach, CR 2017, 639 (644); zwar sind auch konkretisierende Dienstverträge denkbar, diese werden bei einer Anwendung von Teilprojektverträgen jedoch keine Rolle spielen, da ihre Verwendung gerade dazu dient, den Erfolg zu konkretisieren und ein abnahmefähiges Werk zu definieren. 218 Hengstler, ITRB 2012, 113 (114); Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); kritisch auch Witte, ITRB 2010, 44 ff., der die Frage aufwirft, ob es sich nicht um einen Werklieferungsvertrag handele. 219 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); Hengstler, ITRB 2012, 113 (114). 220 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). 221 Vgl. etwa auch Witte, ITRB 2010, 44 (46).

H. Agile Projektmethoden in der Vertragsgestaltung

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(3) Die Entscheidung des Product Owners, dass ein geliefertes Product Increment in den Produktivbetrieb übernommen werden soll, ohne dass gemäß Absatz 2 Mängel gemeldet worden sind, gilt ebenfalls als Teilabnahme dieses Product Increments. Endabnahme des Gesamtsystems (1) Nach der Teilabnahme des letzten Sprints nimmt der Auftraggeber die Prüfung der Abnahmefähigkeit des gesamten Produkts vor und protokolliert diese. (2) Die Endabnahme betrifft die noch zu überprüfenden integrativen Teile des Produkts, d. h. Funktionen, die erst durch die Gesamtintegration überprüft werden können, sowie dessen Leistungsfähigkeit. Bereits erfolgte Teilabnahmen bleiben hiervon unberührt. (3) Wegen unwesentlicher Mängel darf der Auftraggeber die Abnahme nicht verweigern. Diese steht jedoch unter dem Vorbehalt der unverzüglichen Beseitigung der Mängel durch den Auftragnehmer. Diese Mängel sind im Abnahmeprotokoll einzeln aufzuführen.“222

222 So Heydn, MMR 2020, 284 (288); s. dort auch zu weiteren Klauseln hinsichtlich der Vergütung, der Beendigung des Projekts und der Evaluierung.

Kapitel 2

Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis und dessen rechtliche Qualifikation A. Abgrenzung des zweigliedrigen vom dreigliedrigen Rechtsverhältnis Vielfach wird bei agilen Projekten auf Fremdpersonal zurückgegriffen. Externe Spezialisten können sowohl zur Unterstützung des Entwicklungsteams als auch als Manager des Projektteams eingesetzt werden.1 Bei den Erscheinungsformen des Fremdpersonaleinsatzes und deren Qualifikation muss grundlegend zwischen Erscheinungsformen im Zwei-Personen-Verhältnis und denen im Drei-Personen-Verhältnis unterschieden werden. Ein Zwei-Personen-Verhältnis liegt vor, wenn zwischen dem leistungsempfangenden Auftraggeber und dem leistenden Fremdpersonal eine direkte vertragliche Rechtsbeziehung besteht. Insoweit kann vom direkten Modell des Fremdpersonaleinsatzes gesprochen werden.2 Zu einem direkten Rechtsverhältnis führt zugleich die Vermittlung des Fremdpersonals durch einen sog. Intermediär oder Provider.3 Dies wird auch als angelsächsisches Modell bezeichnet.4 Demgegenüber stellt der Fremdpersonaleinsatz im Fall einer vertraglich zwischengeschalteten Gesellschaft, zumeist einer GmbH,5 keinen Fall eines zweigliedrigen Rechtsverhältnisses dar.6 Angesichts der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft handelt es sich um eine vertragliche Dreiecksbeziehung.7 Diese ist charakteristisch für das Drei-PersonenVerhältnis. Im Fall des dreigliedrigen Fremdpersonaleinsatzes steht der Auftraggeber als Leistungsempfänger daher in keiner Rechtsbeziehung zum Fremdpersonal. Eine Vertragsbeziehung besteht jeweils ausschließlich zum zwischengeschalteten 1

Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (130); Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (420). Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (418, 420 f.); Uffmann, Interim Management, S. 6; dies., RdA 2019, 360 (362); dies., NZA 2018, 265 (266). 3 Uffmann, NZA 2018, 265 (266). 4 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Kraus, DB 2017, 1387 (1390); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 5; Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573 ff.; Wulf, Interim Management, S. 62. 5 S. etwa BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40. 6 Anders jedoch Uffmann, NZA 2018, 265 (266), die auch die vertragliche Zwischenschaltung einer Gesellschaft unter dem direkten Modell verortet. 7 Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (422); Uffmann, NZA 2016, 265 (266). 2

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie

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Intermediär bzw. Provider.8 Diese Konstellation wird in Kapitel 3 erörtert. Während aus Unternehmenssicht beim direkten Modell eine Scheinselbständigkeit des Fremdpersonales droht, besteht beim indirekten Modell die Gefahr der illegalen Arbeitnehmerüberlassung.9 Handelt es sich nach diesen Maßstäben um ein Zwei-Personen-Verhältnis, so kann die Leistungserbringung sowohl durch interne Leistungserbringer als auch durch externe Leistungserbringer erfolgen. Jedenfalls die interne Leistungserbringung erfolgt dabei auf arbeitsvertraglicher Grundlage. Wird hingegen, wie dieser Arbeit als Prämisse zugrunde gelegt, jedenfalls nach der äußerlichen Vertragsgestaltung auf Fremdpersonal zurückgegriffen, so stellt sich die Frage, ob es sich bei der gelebten Rechtsbeziehung nicht doch um einen Arbeitsvertrag i. S. d. § 611a BGB handelt. Ist dies nicht der Fall, so kommt eine Qualifikation als Dienst-, Werk- bzw. Werklieferungs- oder Gesellschaftsvertrag in Betracht. Zudem kann es sich bei dem Fremdpersonal um arbeitnehmerähnliche Personen und Heimarbeiter handeln. Ausgehend von den Erscheinungsformen im zweigliedrigen Rechtsverhältnis werden zunächst die dogmatischen Hintergründe der Statusqualifikation im Allgemeinen beleuchtet. Hierauf aufbauend soll in einem zweiten Schritt auf die Schwierigkeiten der Einordnung des Fremdpersonaleinsatzes unter Beachtung der jeweiligen phänotypischen Erscheinungsformen und Projektrollen eingegangen werden. Insoweit stellt sich auch die Frage, ob die tradierten Kriterien, die bislang als prägend für die Qualifikation der Vertragstypen angesehen werden, auch bei modernen Formen der Projektarbeit eine taugliche Abgrenzungsgrundlage darstellen. Dabei ist zu beachten, dass angesichts der vielfältigen Erscheinungsformen in der Praxis kein konkreter Fall der agilen Arbeit behandelt werden kann. Stattdessen wird abstrahierend auf die typischen Erscheinungsformen und deren praxisrelevante Abweichungen vom Idealbild der agilen Arbeit eingegangen.

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie Das zwingende Recht stellt die Ursache für die Indisponibilität der Statusqualifikation dar. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Einordnung auf einen kodifizierten Vertragstypus oder lediglich auf einen auf den zugrundeliegenden Vertragstypus einwirkenden Regelungskomplex, wie etwa den der arbeitnehmerähnlichen Personen oder der Heimarbeit, bezieht. Wäre den Vertragsparteien die Statusqualifikation kraft vertraglicher Abrede anheimgestellt, so könnten sie nach Belieben über die Einordnung des Rechtsverhältnisses disponieren. Jedenfalls bei strukturell unterlegenen Schutzbedürftigen bestünde die Gefahr, dass der durch das 8 9

Uffmann, NZA 2016, 265 (266). Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (422); Uffmann, Interim Management, S. 7.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Arbeitsrecht vermittelte Schutz leerlaufen würde. In ständiger Rechtsprechung stellt das BAG daher fest, dass sich der jeweilige Vertragstyp aus dem wirklichen Geschäftsinhalt ergibt. Dieser sei den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, sei letztere maßgebend.10

I. Das zwingende Recht als dogmatischer Anknüpfungspunkt der Indisponibilität Wie sich noch zeigen wird, werden im zweigliedrigen Rechtsverhältnis die Vertragstypenabgrenzung und damit der Geltungsanspruch des Arbeitsrechts durch den Rechtsformzwang als „Erscheinungsform des zwingenden Rechts“11 determiniert. Der Rechtsformzwang wird im direkten Rechtsverhältnis bei der von anderen Vertragstypen abgrenzenden Einordnung als Arbeitsvertrag bzw. im indirekten Rechtsverhältnis bei der abgrenzenden Einordnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag virulent. Vergleichbar verhält es sich beim Geltungsgrund, welcher die Anwendung der Regelungskomplexe der arbeitnehmerähnlichen Personen und der Heimarbeiter absichert. Auch in diesem Fall sichert das zwingende Recht die Statusqualifikation ab. Allerdings werden die Vertragsparteien nicht auf einen anderen Vertragstyp verwiesen. Den Regelungskomplexen der arbeitnehmerähnlichen Personen sowie der Heimarbeiter liegt nämlich stets die vertragliche Einordnung als Selbständigenvertrag zugrunde. Kommt das zwingende Recht des jeweiligen Regelungskomplexes zur Geltung, so ändert dies nichts an der grundsätzlichen Vertragstypeneinordnung. Der besondere Regelungskomplex knüpft daher nicht an das zwingende Recht eines bestimmten, schutzintensiven Vertragstypus, sondern an die besonders hervorgehobene Schutzbedürftigkeit als solche an. Die Regelungskomplexe der Arbeitnehmerähnlichkeit sowie der Heimarbeit wirken als zwingendes Recht also nicht auf die Vertragstypeneinordnung als solche ein, sondern überlagern lediglich die vorgenommene Einordnung mittels der zwingenden Rechtsvorschriften. Während sich die Anwendbarkeit zwingender Rechtsvorschriften aus der jeweiligen Norm selbst ergibt und daher keiner näheren Betrachtung bedarf, wird der Rechtsformzwang näher zu beleuchten sein. Dem liegt zugrunde, dass die Vertragstypeneinordnung die Anwendbarkeit des mit der Qualifikation einhergehenden zwingenden Rechts bedingt und dieser mithin vorgelagert ist. Könnten die Parteien beliebig über die Einordnung des Vertragstypus autonom disponieren, so ginge damit zugleich eine Entscheidung über die Anwendbarkeit der nachfolgenden zwingenden Rechtsvorschriften einher. 10 So etwa BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193, Rn. 17; v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 15. 11 Uffmann, ZfA 2012, 1 (27) m. Verw. a. Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (623).

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie

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II. Der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang Das Erfordernis einer von der Rechtsordnung gebilligten Einordnung des Rechtsverhältnisses ergibt sich aus dem arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang.12 Ohne ihn wäre jeder Fremdpersonalkraft kraft vertraglicher Abrede der Arbeitnehmerstatus entzogen.13 Es soll verhindert werden, dass der strukturell überlegene Unternehmer als potenzieller Arbeitgeber dem (Fremd-)Personal die Vertragsbedingungen oktroyieren und somit den Arbeitnehmerschutz umgehen kann.14 Der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang lässt sich als rechtlicher Zwang gegenüber den Vertragsparteien definieren, typologische Arbeitsleistung nur auf Grundlage eines Arbeitsvertrages durchführen zu dürfen.15 Damit geht zugleich die Unabdingbarkeit des arbeitsrechtlichen Geltungsbereichs einher.16 Da dieser seinerseits maßgeblich von der Arbeitnehmereigenschaft abhängt, stellt der Arbeitnehmerbegriff das Einfallstor in das weitgehend zwingende Arbeitnehmerschutzrecht dar.17 Dieser Statusbegriff bestimmt sich im nationalen Recht grundsätzlich nach § 611a Abs. 1 BGB. Davon ist die unionsrechtliche Qualifikation als Arbeitnehmer zu 12

Zum Rechtsformzwang allgemein Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S. 46 – 75; zum arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang s. Beuthien, in: FS 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 1 (5 ff.); Busemann, ZTR 2018, 440 ff.; Edenfeld, in: Erman, § 611 BGB Rn. 9; Fenn, in: FS Bosch, S. 171 (176 ff.); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 144 ff.; Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 21 ff.; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (613 ff.); Kramer, Die Scheinselbständigkeit, S. 105 ff.; Schwarze, RdA 2020, 38 (41 ff.); Stoffels, NZA 2000, 690; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige S. 102 ff.; st. Rspr., BAG v. 08. 06. 1967 – 5 AZR 461/66, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 6; jüngst v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129; differenzierend Uffmann, Interim Management, S. 248 ff.; kritisch Lieb, RdA 1975, 49 ff.; Martens, RdA 1979, 347 (348); Preis, Grundfragen, S. 380 ff.; vgl. hierzu die Kritik von Preis, wonach es missverständlich sei, die Klassifizierung von Arbeitsverhältnissen als Anwendungsfall des Rechtsformzwangs anzusehen; ders., in: ErfK, § 611a BGB Rn. 23; Riesenhuber, RdA 2020, 226 (228 f.); kritisch zur Begrifflichkeit Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 119 ff.; s. auch Dilenge, DB 2015, 2271 (2273), der unter Bezugnahme auf Uffmann, a. a. O. einen Rechtsformzwang gänzlich ablehnt; ähnlich Söllner, in: FS Zöllner, Band II, S. 949 (958 f.), der sich indes lediglich auf die mangelnde Relevanz der Bezeichnung bezieht und zugleich die grundsätzliche Qualifikationsmöglichkeit der Vertragsparteien ablehnt. 13 Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 21. 14 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 141; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 23; vgl. hierzu Stoffels, NZA 2000, 690 (694), der die Hauptaufgabe des Arbeitsrechts in der Kompensation eines vermuteten Ungleichgewichts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sieht. 15 Boemke, ZfA 1998, 285 (295); Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 26; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (614); dies gilt auch für die Fälle, in denen das zwischen dem externen Spezialisten und dem Einsatzunternehmen zustande gekommene Rechtsverhältnis durch einen Intermediär oder Provider vermittelt wurden, Uffmann, NZA 2018, 265 (266). 16 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 171. 17 In diesem Sinne Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 17, der vom „Gatekeeper“ spricht; Richardi ZfA 1974, 3 (23) der vom „Schutzschild“ des Arbeitsrechts für den Arbeitnehmer spricht; Vogel/Pötters/Christensen, Richterrecht, S. 17; Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 23 f.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

unterscheiden, die ihrerseits den Geltungsbereich der unionsrechtlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften absteckt. Aufgrund der Eigenständigkeit des nationalen Arbeitnehmerbegriffs folgt aus der Feststellung der unionsrechtlich determinierten Arbeitnehmereigenschaft allerdings nicht zugleich die Anwendbarkeit ganzer Rechtsregime. Vielmehr wird lediglich über die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften entschieden. Der Rechtsformzwang greift nur dort, wo der Arbeitnehmerstatus nach dem nationalen Verständnis, ob bewusst oder unbewusst, abbedungen wird. Dabei geht mit dem Rechtsformzwang, also dem Zwang, typologische Arbeitsleistung nur auf Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erbringen, auf Rechtsfolgenseite zugleich ein Rechtsfolgenzwang einher.18 Ist das Rechtsverhältnis als Arbeitsvertrag zu qualifizieren, so kommen die arbeitnehmerschützenden Vorschriften zur Anwendung, unabhängig von einem etwaig abweichenden Willen der Vertragsparteien.19 Das Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutzrecht verweist die Parteien im Falle einer Leistungserbringung, die ihren Merkmalen nach einer arbeitsvertraglichen Tätigkeit entspricht, in die hierfür vorgesehene Rechtsform des Arbeitsvertrages.20 Entsprechend seinem induktiven Ursprung, tritt der Rechtsformzwang stets im Zusammenhang mit zwingendem Recht auf.21 Dies gilt nicht nur im Bereich des Arbeits-, sondern ebenso im Sachen-22, Familien-23 und Erbrecht24 sowie im Gesellschaftsrecht.25 Der Begriff des Rechtsformzwangs ist zwar nicht gesetzlich kodifiziert, durch Rechtsprechung26 und Literatur27 aber hinreichend geprägt und konkretisiert.28 18 Kreuder, AuR 1996, 386 (388); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 220; in diesem Sinne auch Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2. 19 Boemke, ZfA 1998, 285 (297) weist in diesem Kontext zutreffend darauf hin, dass der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang keine Abgrenzungskriterien liefere, sondern diese voraussetze. 20 BAG v. 23. 04. 1980 – 5 AZR 426/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34, aus den Gründen I.3.; Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 26; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 221. 21 S. hierzu allgemein Greiner, AcP 211 (2011), 221 (245); Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (622). 22 Vgl. zum Typenzwang im Sachenrecht etwa Gaier, in: MüKo BGB, Einleitung zum Sachenrecht Rn. 11 ff.; Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S. 53 m. w. N.; vgl. auch Mot. III, 3 = Mugdan III, 2. 23 Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (596) m. w. N. 24 Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (596) m. w. N. 25 Zum Gesellschaftsrecht s. etwa Battes, AcP 174 (1974), 429 – 464. 26 BAG v. 08. 06. 1967 – 5 AZR 461/66, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 6; jüngst v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129. 27 Edenfeld, in: Erman, § 611 BGB Rn. 9; Fenn, in: FS Bosch, S. 171 (176 ff.); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 144 ff.; Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 21; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (613 ff.); Stoffels, NZA 2000, 690; kritisch Martens, RdA 1979, 347 (348); Preis, Grundfragen, S. 380 ff.; Weber, Rotkreuzschwester, S. 114 ff.

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie

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Überdies wurde er mit der Einfügung des § 611a BGB auch durch den Gesetzgeber anerkannt und bekräftigt.29 Möchte man die Wirkweise des Rechtsformzwangs und somit dessen Bedeutung für die Vertragstypenabgrenzung – auch im Kontext der agilen Projektarbeit – näher betrachten, so bedarf es zunächst eines Blickes auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Rechtsformzwangs. Eine möglichst präzise Vertragstypenabgrenzung kann im konkreten Einzelfall überhaupt nur dann erfolgen, wenn zuvor abstrakt geklärt wurde, in welchen Fällen der Rechtsformzwang überhaupt zum Tragen kommt. 1. Die Privatautonomie als Grundlage der autonomen Qualifikationskompetenz Den Ausgangspunkt der Vertragstypenqualifikation stellt die Privatautonomie dar. Diese schützt als zivilrechtlicher Entsprechungsbegriff der Handlungsfreiheit die Freiheit des Einzelnen, als „homo oeconomicus“ selbst und eigenverantwortlich seine Rechtsverhältnisse nach eigenem Willen gestalten zu können.30 Dies gilt auch im Bereich der beruflichen Vertragsbeziehungen. Dort tritt die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Vertragsfreiheit hinter der im beruflichen Bereich durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Privatautonomie zurück.31 Dabei obliegt es den Parteien im Sinne eines möglichst umfassenden Grundrechtsschutzes nicht nur, zwischen den von der Rechtsordnung anerkannten Formen der Leistungserbringung zu wählen,32 sondern auch die Einordnung unter die Vertragstypen vorzunehmen. Dies kann i. S. d. § 311 Abs. 1 BGB auch zu gemischten Vertragstypen führen. Die autonome Qualifikation ist eine Ausprägung der Privatautonomie.33 Auch wenn der Staat die privatautonom getroffenen Regelungen grundsätzlich zu respektieren hat,34 so unterliegt die Privatautonomie dennoch Schranken.35 28

Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 169; Preis, Grundfragen, S. 380 m. w. N. S. hierzu sogleich. 30 So ausdrücklich Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 109. 31 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12 Rn. 10; Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, Rn. 17; s. zum Maßstab des Art. 12 GG, BVerfG v. 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84, Rn. 45 ff.; jüngst v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14, Rn. 38. 32 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 221; anders wohl Hilger, RdA 1989, 1 (6 f.) die jedenfalls in Fällen, in denen tatbestandlich sowohl eine selbständige Tätigkeit als auch ein Arbeitsverhältnis in Betracht kommen, keine Wahl der Selbständigkeit zulassen will. 33 S. hierzu Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 332; Greiner, AcP 211 (2011), 221 (247) unter Bezugnahme auf BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323; Lieb, RdA 1975, 49 (50 f.); Stoffels, NZA 2000, 690 (695); a. A. Huber, JurA 1970, 784 (786); Flume, AT des Bürgerlichen Rechts, S. 1 ff.; Söllner, in: FS Zöllner, Band II, S. 949 (959); ähnlich Canaris, in: Staub (Begr.), Bankvertragsrecht Rn. 1626; dagegen Stoffels, NZA 2000, 690 (691 f.); ablehnend auch Gernhuber, Das Schuldverhältnis, S. 153; kritisch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 225. 34 BVerfG v. 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84, AP GG Art. 12 Nr. 65, aus den Gründen C.I.2. 35 BVerfG v. 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84, AP GG Art. 12 Nr. 65, aus den Gründen C.I.3. 29

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

2. Das zwingende Recht als Schranke der Privatautonomie Die Privatautonomie im beruflichen Bereich unterliegt gem. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG einem einfachen Gesetzesvorbehalt.36 Insbesondere in Fällen eines fehlenden Kräftegleichgewichts und damit einer gestörten Vertragsparität kann den Staat aufgrund der grundrechtlichen Schutzpflicht die Pflicht treffen, sei es als Gesetzgeber oder als Rechtsanwender, eine Fremdbestimmung des Schwächeren zu verhindern.37 Dieser Schutzpflicht kommt der Staat mit der Setzung des zwingenden Arbeitnehmerschutzrechtes und der entsprechenden Judikatur nach. Die Privatautonomie fußt zugleich auf dem Prinzip der Selbstbestimmung.38 Diese kann nur dann vorliegen, wenn die Bedingungen freier Selbstbestimmung tatsächlich gegeben sind. Herrscht zwischen den Vertragspartnern ein solches Ungleichgewicht vor, dass dies für einen Vertragsteil zur Fremdbestimmung führen würde, so hat der Staat ausgleichend einzugreifen und den Grundrechtsschutz zu sichern. Entsprechende gesetzliche Vorschriften, die dem sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewicht entgegenwirken, beschränken daher nicht nur die Privatautonomie, sondern dienen zugleich der Verwirklichung der grundrechtlichen Werteordnung und damit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG. Da sich der Verfassung nicht entnehmen lässt, wann ein solches Ungleichgewicht vorliegen soll, kommt dem Gesetzgeber ein besonders weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu.39 3. Der Rechtsformzwang als Absicherungsinstrumentarium des zwingenden Rechts Das zwingende Arbeitnehmerschutzrecht wird durch den Rechtsformzwang abgesichert. Da das zwingende (Arbeitnehmerschutz-)Recht erst dann eingreift, wenn feststeht, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis handelt, sichert der Rechtsformzwang einschließlich des Rechtsfolgenzwangs die Wirkung des zwingenden Rechts ab. Das Arbeitnehmerschutzrecht würde leerlaufen, wenn nicht der Rechtsformzwang bereits auf der Ebene der Vertragstypeneinordnung eingreifen würde.

36 37 38

C.I.3.

Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 322 ff. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 107. S. hierzu BVerfG v. 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84, AP GG Art. 12 Nr. 65, aus den Gründen

39 BVerfG v. 07. 02. 1990 – 1 BvR 26/84, AP GG Art. 12 Nr. 65, aus den Gründen C.I.3.; v. 03. 04. 2001 – 1 BvR 1681/94; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 168.

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie

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Der Rechtsformzwang stellt daher eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung dar.40 Dies führt jedoch nicht zu einer Verletzung der Privatautonomie.41 Der aus den zwingenden Arbeitnehmerschutzvorschriften resultierende Vertragsinhaltsschutz greift daher in Form des Rechtsformzwanges schon auf die objektive und angemessene Rechtsformwahl vor.42 Sowohl die damit einhergehende unmittelbare Beeinträchtigung der Privatautonomie durch das zwingende Arbeitnehmerschutzrecht als auch die mittelbare Beeinträchtigung durch den durchgreifenden Rechtsformzwang sind jedoch gerechtfertigt. Der Gesetzgeber darf die grundrechtlich geschützten Positionen begrenzen, um so dem sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewicht entgegenzuwirken.43 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gesamtheit der arbeitnehmerschützenden Vorschriften und damit mittelbar gegen den Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang bestehen nicht.44 Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den ihm zustehenden weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum überschritten hat. Unbedenklich ist insoweit die absolute Wirkung der zwingenden Arbeitnehmerschutzvorschriften, die selbst dann besteht, wenn die Parteien den Schutz im Einzelfall nicht brauchen. Der Gesetzgeber ist vielmehr regelmäßig gezwungen, Massenphänomene, wie sie in der Arbeitswirklichkeit auftreten, pauschalisierend und insoweit teilweise „überschießend“ zu regulieren.45 Insofern handelt es sich um eine Form des Rechtspaternalismus.46 Im Fall der anheimgestellten Qualifikationsbefugnis der Vertragsparteien bestünde sonst wiederum eine Missbrauchsgefahr.

40 Fenn, in: FS Bosch, S. 171 (177); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 144; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (598); Stoffels, NZA 2000, 690 (692 f.); Uffmann, ZfA 2012, 1 (27); Wank, Arbeitnehmer und Selbständige S. 102; in diesem Sinne Löwisch, in: FS Hromadka, S. 229 (229 f.); zum gesellschaftsrechtlichen Rechtsformzwang Battes, AcP 174 (1974), 429 (433); a. A. Huber, JurA 1970, 784 (786); so im Ergebnis auch Flume, AT des Bürgerlichen Rechts, S. 1 ff. wonach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, die mit zwingenden Normen erfüllten Vertragstypen vorgeordnet seien. Die Einordnung als rechtliche Wertung der Parteien soll nicht von der Vertragsfreiheit erfasst sei. Die Rechtsordnung stelle daher ein Korrelat zur Vertragsfreiheit dar; Riesenhuber, RdA 2020, S. 226 (228); Söllner, in: FS Zöllner, Band II, S. 949 (959); ähnlich Canaris, in: Staub (Begr.), Bankvertragsrecht Rn. 1626 wonach die Privatautonomie zwar die Freiheit zur Wahl des Vertragstypen schützen würde, nicht aber die Freiheit zu dessen beliebiger Qualifikation; hierauf erwidernd Stoffels, NZA 2000, 690 (691 f.), der auf den nach grundrechtstheorethischen Vorstellungen im Zweifel weit abgesteckten Schutzumfang und die Motive zum Werklieferungsvertrag (Mot. II, 475 = Mugdan II, 264 f.) verweist. 41 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 23 f.; so bereits BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen II.4.a., wenngleich hier angesichts des Verweises auf Flume unklar bleibt, ob der Schutzbereich der Vertragsfreiheit überhaupt eröffnet sein soll. 42 Martens, RdA 1979, 347 (348). 43 S. hierzu jüngst BVerfG v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14, Rn. 42. 44 So bereits Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (598) m. w. N. 45 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 237. 46 S. etwa zum Rechtspaternalismus Kirste, JZ 2011, 805 ff.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Wie bereits unter Kapitel 2 B. II. festgestellt, bedarf es zur möglichst präzisen Vertragstypenabgrenzung zunächst eines Blickes auf die Wirkweise und Tragweite des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs. Um zu verdeutlichen, wann und unter welchen Umständen der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang zum Tragen kommt, ist es erhellend, zunächst auf die Dogmatik und die wesentlichen Züge des Rechtsformzwangs einzugehen. a) Dogmatik des Rechtsformzwangs Die dogmatische Einordnung des Rechtsform- und Rechtsfolgenzwangs ist umstritten. Während Teile der Literatur den Rechtsformzwang als Rechtsinstitut ansehen,47 lehnen andere Teile der Literatur48 dies unter Verweis auf die vermeintlich mangelnden tatbestandlichen Voraussetzungen ab. Möchte man den Rechtsformzwang insoweit als methodisch begründeten Rechtssatz verstehen, so ließe sich dieser aus der Konkretisierung eines allgemeineren Rechtsprinzips49 ableiten.50 Dabei sind Rechtsprinzipien selbst nur teilweise oder auch überhaupt nicht gesetzlich normiert.51 Sie werden induktiv, also durch einen Schluss vom Besondere auf das Allgemeine hergeleitet.52 Den abgeleiteten Prinzipien kommt normative Geltung zu, allerdings nur insoweit, wie die Normen, aus denen die Prinzipien induktiv hergeleitet werden, normative Reichweite ent47 So etwa Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 21, 26; Krebber, Unternehmensübergreifende Arbeitsabläufe, S. 134, 189, der den Rechtsformzwang ebenfalls als Rechtsinstitut bezeichnet. Soweit Krebber in diesem Kontext darauf hinweist, dass der Rechtsformzwang kein allgemeines Institut zur Sicherung der Anwendung des Arbeitsrechts und insb. kein Mittel zur Durchsetzung eines arbeitsvertraglichen Kontrahierungszwangs sei, so ist hiermit wohl lediglich die Konstellation des arbeitsvertraglichen Kontrahierungszwangs gemeint; Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S. 47; zum Rechtsinstitut als Rechtssatz s. Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 14; der Rechtsformzwang darf nicht mit den Grundsätzen der falsa demonstratio non nocet verwechselt werden. Haben die Parteien das Rechtsverhältnis nur falsch bezeichnet, so handelt es um keinen Fall des Rechtsformzwangs, sondern lediglich um eine unbeachtliche falsa demonstratio non nocet, s. hierzu etwa Kramer, Die Scheinselbständigkeit, S. 105 f. 48 Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern, S. 192, die meint, es fehle insoweit an „präzisen faßbaren und subsumtionsfähigen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen“; so Kramer, Die Scheinselbständigkeit, S. 105. 49 Grundlegend zum Rechtsprinzip Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 11 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 756 ff. 50 S. zur Konkretisierung von Rechtsprinzipien zum Rechtsinstitut, Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 23 ff.; kritisch zur uneinheitlichen Verwendung der Begriffe des Rechtsprinzips oder synonym des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 11; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 756. 51 Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 91; Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 13. 52 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 98 f.; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 92; Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 18.

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falten.53 Ein solches Rechtsprinzip ist auch der Arbeitnehmerschutz, der sich aus der Gesamtschau aller zwingenden arbeitnehmerschützenden Vorschriften herleiten lässt. Dabei wird im Wege der systematischen Auslegung aller zwingenden arbeitnehmerschützenden Vorschriften deren Gemeinsamkeit herausgearbeitet.54 Dahinter steht die Erkenntnis, dass Prinzipien Bestandteil des inneren Systems der Rechtsordnung sind.55 Das Arbeitsrecht, das zu großen Teilen als Arbeitnehmerschutzrecht ausgestaltet ist, basiert auf der Vermutung einer strukturellen Unterlegenheit des Arbeitnehmers. Diesem strukturellen Ungleichgewicht soll durch die zugunsten des Arbeitnehmers einseitig zwingenden arbeitsrechtlichen Vorschriften entgegengewirkt werden.56 Gleichwohl bedürfen allgemeine Rechtsprinzipien wie der Arbeitnehmerschutz einer Konkretisierung, um auf den konkreten Fall anwendbar zu sein.57 Dies hat durch Deduktion, also den Schluss vom Allgemeinen auf das zu erfolgen.58 Eine solche hinreichende Konkretisierung zum Rechtsinstitut des Rechtsformzwangs hat das Arbeitnehmerschutzrecht bereits vor der Kodifikation des § 611a BGB erfahren. Dabei zeigt sich, dass sich der Rechtsformzwang, vergleichbar zum Kontrahierungszwang,59 bereits aus der Privatautonomie selbst begründen und konkretisieren lässt. Auf den ersten Blick mag dies überraschen, scheinen sich doch Rechtsformzwang und Privatautonomie diametral entgegenzustehen. Jedoch steht hinter der Privatautonomie eine „konditionierte Freiheit, die auf die Verwirklichung beiderseitiger Interessen angelegt ist“.60 Da das Selbstbestimmungsprinzip für beide Vertragsparteien gilt und daher zugleich einen Schutz vor Fremdbestimmung umfasst,61 kann es geboten sein, unter bestimmten Voraussetzungen die Privatautonomie zu beschränken und die Parteien in ein entsprechendes Vertragsverhältnis zu verweisen.62 In diesem Fall gebietet es der Schutz des strukturell unterlegenen Ar53 Zur normativen Geltung Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 13; s. hierzu auch Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 94 f., der zutreffend darauf hinweist, dass dies jedenfalls insoweit nicht gelten könne, als es sich um ein aus „der Rechtsidee“ abgeleitetes Prinzip handele. Eine objektive Rechtsidee besteht nämlich gerade nicht. 54 S. zur systematischen Betrachtung zur Feststellung gemeinsamer Grundgedanken Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 756a. 55 S. hierzu Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 91. 56 S. etwa BVerfG v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14, AP TzBfG § 14 Nr. 170, Rn. 41 ff.; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (615); Thüsing, in: HWK, Vorbem. § 611a BGB Rn. 2; Weber, Rotkreuzschwester, S. 114; so bereits Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 25 ff.; Nikisch, Arbeitsrecht, 1. Auflage, S. 23. 57 Allgemein zum Rechtsinstitut als Rechtssatz, Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 14, 23 f. 58 S. hierzu Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 23 ff., der zudem auf die Konkretisierung durch Abwägung verweist. 59 S. hierzu Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 51 ff. 60 So ausdrücklich Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 51. 61 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 44. 62 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 9 Rn. 51; zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung s. Kapitel 2 B. II.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

beitnehmers, die Privatautonomie der Vertragsparteien zu beschränken. Andernfalls würde der Geltungsbereich des zwingenden Arbeitnehmerschutzrechtes wiederum den Parteien und damit weitgehend der Disposition der strukturell stärkeren Partei, also regelmäßig dem Arbeitgeber anheimgestellt. Da der Rechtsformzwang induktiv aus den arbeitnehmerschützenden Vorschriften abgeleitet wird, die wiederum an die Arbeitnehmerstellung anknüpfen, greift der Rechtsformzwang nur dann, wenn unter Beachtung der prägenden Merkmale und abweichend von der Vertragstypeneinordnung ein typologisches Arbeitsverhältnis vorliegt.63 Insoweit kann von einer ausreichenden Konkretisierung ausgegangen werden. In diesem Sinn hätte man den Rechtsformzwang bereits vor der Kodifikation des § 611a Abs. 1 BGB als ein Rechtsinstitut im dargelegten Sinne ansehen können.64 Fraglich ist aber, ob es der dogmatischen Konstruktion eines Rechtsinstituts überhaupt bedarf. Denkbar erscheint nämlich, das „Wirkinstrument“ bereits unmittelbar durch Auslegung herzuleiten. Bereits vor der Kodifikation des § 611a Abs. 1 S. 5, 6 BGB konnte man der Gesamtheit der arbeitnehmerschützenden Vorschriften induktiv entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung der zwingenden arbeitnehmerschützenden Rechtsvorschriften den Schutz des strukturell unterlegenen Arbeitnehmers intendierte. Aus der zugunsten des Arbeitnehmers zwingenden Wirkung des Arbeitsrechts lässt sich insoweit schließen, dass die Disposition über den damit geschaffenen Schutz gerade nicht dem strukturell unterlegenen Arbeitnehmer anheimgestellt werden sollte. Der Arbeitnehmer soll somit gewissermaßen vor sich selbst geschützt werden. Der zwingende Charakter ergibt sich jedoch erst aus einer Gesamtschau der an den Arbeitnehmerstatus anknüpfenden arbeitsrechtlichen Schutznormen.65 Eine zwingende Anordnung des Schutzes wäre jedoch obsolet, wenn der Arbeitnehmer wiederum über die vertragliche Einordnung des Rechtsverhältnisses disponieren und sich somit einer Missbrauchsgefahr aussetzen könnte. Jedenfalls aber seit der Kodifizierung des § 611a Abs. 1 S. 5 und 6 BGB lässt sich die vom Gesetzgeber angestrebte Rechtsfolge auch an einer bestimmten Norm festmachen. Indem sich der Gesetzgeber in den Materialien nämlich auf die zum „Wirkinstrument“ des Rechtsformzwangs ergangene gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung bezieht,66 bekräftigte er dieses normativ. Auch wenn der Rechtsformzwang als Verbot, typologisch arbeitsvertragliche Arbeit nicht auf arbeitsvertraglicher Grundlage durchzuführen, der Gesamtbetrachtung nach Satz 5 und dem Verweis nach Satz 6 des § 611a Abs. 1 BGB logisch vorgeordnet ist, so kann man den Rechtsformzwang als „Wirkinstrument“ losgelöst davon, ob man ihn als Rechtsinstitut versteht oder im Wege der Auslegung aus einer Gesamtschau aller arbeitnehmerschützenden Vorschriften entnimmt, jedenfalls als durch § 611a Abs. 1 S. 5, 6 BGB vom Gesetzgeber gebilligten Mechanismus an63 64 65 66

Zu den Voraussetzungen s. Kapitel 2 C. III. 1. In diesem Sinne wohl Greiner, AcP 211 (2011), 221 (245). In diesem Sinne auch Schwarze, RdA 2020, 38 (41 f.). BT-Drs. 18/9232, S. 32.

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sehen. Ohnehin sind sich die dogmatischen Ansätze insoweit sehr ähnlich, als auch die dogmatische Herleitung des Rechtsformzwangs als Rechtsinstitut sich maßgeblich auf die induktive Herleitung der aus der Gesamtheit der Normen gefundenen Rechtsprinzipien stützt. Dies ist im Ergebnis nichts anderes als eine systematische Auslegung. Der Umweg über eine induktive Herleitung von Prinzipien und deren deduktive Konkretisierung erscheint daher überflüssig. Es erscheint daher dogmatisch vorzugswürdiger, den Rechtsformzwang als Wirkinstrument induktiv durch Auslegung der Gesamtheit der arbeitnehmerschützenden Vorschriften herzuleiten. Im Ergebnis weitgehend ähnlich,67 wenngleich mit anderem dogmatischem Ansatz, gehen Teile des Schrifttums68 davon aus, die zutreffende Vertragseinordnung sei als Problem der Inhaltskontrolle zu verstehen. Unklar bleibt allerdings, ob dieser Ansatz als Alternative zum Rechtsformzwang zu verstehen69 oder innerhalb der Frage nach der Qualifikationskompetenz70 zu verorten ist. Dies kann für die Zwecke der vorliegenden Arbeit dahinstehen. Die Vertreter dieser Auffassung plädieren im Rahmen der Vertragstypenqualifikation für eine an die Vertragstypenzuordnung anknüpfende AGB-Kontrolle im Sinne der §§ 305 ff. BGB.71 Im Ergebnis könne hierdurch die konkrete Schutzbedürftigkeit des potenziellen Arbeitnehmers mehr in den Fokus gerückt werden.72 Gerade in Fällen wie den hiesigen, in denen es um die Vertragsqualifikation hochqualifizierter Spezialisten geht, wird nicht immer ein typisches Machtgefälle vorliegen. Dem hochqualifizierten Fremdpersonal kommt im Vergleich zu sonstigen Arbeitnehmern eine weitaus stärkere Einflussnahmemöglichkeit hinsichtlich der Vertragsbedingungen zu.73 Werden diese nicht oktroyiert, sondern individuell ausgehandelt, so liegen nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB schon keine AGB vor. Insoweit sind Fälle denkbar, in denen die AGB nicht einseitig im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB vom Einsatzunternehmer gestellt werden und es somit interessengerecht erscheint, den Parteien die Rechtsformwahl zu überlassen.74

67 Zu Unterschieden kommt es nur bei Verträgen, denen keine Paritätsstörung zugrunde liegt, da diese nach Preis unter bestimmten Bedingungen nicht der Inhaltskontrolle unterlägen, s. hierzu Preis, Grundfragen, S. 381 ff. 68 So Preis, Grundfragen, S. 380; ders., in: ErfK, § 611a BGB Rn. 22 ff.; s. Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 186; Reinecke, NZA-RR 2016, 393 (399); ders., AuR 2019, 56 (59); ähnlich Löwisch, in: FS Hromadka, S. 229 (231), der jedenfalls die Unklarheitenregel des § 305 Abs. 2 BGB im Rahmen der Auslegung des Parteiwillens heranziehen möchte; Weber, Rotkreuzschwester, S. 114 ff., 232. 69 Hierauf deutet die Überschrift in Preis, Grundfragen, S. 381 hin, wo von „Rechtsformzwang oder Inhaltskontrolle“ die Rede ist; hierauf weist bereits Fischels, Arbeitnehmerbegriff, S. 194 hin. 70 In diesem Sinne Maschmann, Arbeitsverträge, S. 231. 71 Vgl. hierzu insb. Preis, Grundfragen, S. 381 ff.; ders., in: ErfK, § 611a BGB Rn. 22 ff., 31. 72 Preis, Grundfragen, S. 381 ff. 73 Fischels, Arbeitnehmerbegriff, S. 196. 74 Fischels, Arbeitnehmerbegriff, S. 195 f.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Zwar ist zuzugeben, dass eine solche Betrachtung gerade die konkrete Schutzbedürftigkeit in den Fokus rückt und damit einer schematischen Begriffsbildung hinsichtlich der Arbeitnehmereigenschaft vorbeugt,75 doch vermag die Begründung de lege lata dennoch nicht vollständig zu überzeugen. Insoweit wird auch zu Recht kritisiert, eine Inhaltskontrolle i. S. d. §§ 305 ff. BGB käme nur dann in Betracht, wenn die Arbeitnehmerschutzvorschriften und damit mittelbar die Arbeitnehmereigenschaft dispositiv wäre.76 Ausweislich des § 307 Abs. 3 BGB findet die AGBKontrolle nur in den Fällen statt, in denen von dispositiven Rechtsvorschriften abgewichen oder diese ergänzt werden. Dies ist bei zwingendem Gesetzesrecht jedoch nicht möglich. Daher könne sich der zwingende Charakter einer Norm nicht nach der konkreten Schutzbedürftigkeit richten.77 Angesichts der Tatsache, dass die AGB-Kontrolle erst dann erfolgen kann, wenn von dispositiven Regelungen des konkreten Vertragstypus abgewichen wird, müsse zudem festgestellt werden, dass die Wahl eines Vertragstyp dem gerade vorgeschaltet sei. Die AGB-Kontrolle müsste daher im Sinne einer „Vertragszuordnungskontrolle“ den Prüfungsumfang der § 305 ff. BGB auf Bereiche erweitern, auf die die §§ 305 ff. BGB nicht zugeschnitten seien.78 Ausweislich dieser zutreffenden Kritik vermag der Ansatz einer Inhaltskontrolle de lege lata nicht vollständig zu überzeugen. Vorzugswürdig ist es, den Rechtsformzwang durch Auslegung des zwingenden Arbeitnehmerschutzrechtes herzuleiten. Insofern kann auch die Frage, ob sich der Begründungsansatz auf das dreigliedrige Vertragsverhältnis übertragen ließe, dahinstehen.79 b) Grundlagen des Rechtsformzwangs In Anbetracht der vom Gesetzgeber nunmehr i. R. d. § 611a BGB aufgegriffenen80 und normativ bekräftigten Rechtsprechung wird es erhellend sein, die zugrundeliegende Rechtsprechung näher zu betrachten. Diese ist es schließlich, die der Gesetzgeber im Sinne einer 1:1-Kodifikation aufgegriffen hat. In ständiger Rechtsprechung stellt das BAG fest, dass sich der jeweilige Vertragstyp aus dem wirklichen Geschäftsinhalt ergebe. Der insoweit objektive Ge75

Vgl. hierzu Fischels, Arbeitnehmerbegriff, S. 195 m. w. N. Uffmann, ZfA 2012, 1 (34). 77 So Uffmann, ZfA 2012, 1 (34). 78 Vgl. hierzu Maschmann, Arbeitsverträge, S. 231 ff.; zustimmend Fischels, Arbeitnehmerbegriff, S. 197; hierauf weist Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 186 hin, der gleichwohl in Anlehnung an Preis jedenfalls der Sache nach eine, wenn auch nicht „klassische“ Inhaltskontrolle befürwortet. 79 Auch die Interessen Dritter können im Rahmen des § 307 BGB jedenfalls dann zu beachten sind, wenn diese aus dem Vertrag unmittelbar berechtigt werden oder Rechte hieraus ableiten können, vgl. Peterhänsel, in: NK-GA, § 307 BGB, Rn. 31; BAG v. 27. 03. 2007 – 3 AZR 299/06, NZA-RR 2008, 82 ff. Rn. 66. 80 BT-Drs. 18/9232, S. 32. 76

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schäftsinhalt lasse sich den ausdrücklich getroffenen vertraglichen Regelungen und der praktischen Durchführung entnehmen. Widersprechen sich diese, so sei die tatsächliche Durchführung maßgeblich. Aus der praktischen Handhabung ließen sich am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragspartner ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben.81 Auch wenn die Ausführungen des BAG vager Natur bleiben, so lassen sie doch erkennen, dass das BAG von einem rechtsgeschäftlichen Ansatz auszugehen scheint.82 Das BAG weist nämlich darauf hin, dass sich der objektive Geschäftsinhalt den ausdrücklich getroffenen vertraglichen Regelungen und der praktischen Durchführung entnehmen lasse. Gerade vor dem Hintergrund der möglichst weitreichenden Privatautonomie liegt es nahe, nicht nur die im Vertrag niedergelegten Bestimmungen unter die ausdrücklich getroffenen vertraglichen Regelungen zu subsumieren, sondern im Ausgangspunkt auch etwaige ausdrückliche Qualifikationsabreden der Vertragsparteien. Entspricht jedoch die tatsächliche Durchführung tatbestandlich einem Arbeitsverhältnis, so ist die Einordnung anhand dieser maßgeblich. Gerade die praktische Durchführung lasse am ehesten Rückschlüsse darauf zu, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen seien und welche vertragstypologische Einordnung sie damit wirklich gewollt haben. Ein etwaiger abweichender Qualifikationswille ist in diesem Fall aufgrund des Rechtsformzwangs unbeachtlich. Der Konflikt zwischen der Einordnung anhand des tatbestandlich gewollten und der Einordnung anhand der gewünschten Rechtsfolgen ist daher jedenfalls dann zugunsten der tatbestandlichen Variante aufzulösen, wenn durch die abweichende Qualifikation der zwingende Arbeitnehmerschutz, ob bewusst oder unbewusst, abbedungen würde. aa) Typizität und Zurechenbarkeit Im Sinne des rechtsgeschäftlichen Ansatzes kann indes nicht jede arbeitsrechtliche Weisung, die tatbestandlich auf ein Arbeitsverhältnis schließen lässt, ad hoc zu einer arbeitsvertraglichen Qualifikation des konkreten Rechtsverhältnisses führen. Die wenigsten Rechtsformverfehlungen resultieren aus einer gezielten Umgehung des Arbeitnehmerschutzes. Vielmehr wird der Rechtsformverfehlung regelmäßig eine dem Vertrag enteilende Vertragspraxis zugrunde liegen, die mehr und mehr der eines typologischen Arbeitsverhältnisses entspricht.83 Korrespondierend zur grundsätzlich privatautonomen Vertragsqualifikation kann eine solche abweichende Vertragspraxis nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung,84 die in der 81 BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 16; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 28 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 82 So Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1526); zu § 611a Abs. 1 S. 6 BGB, s. Schwarze, RdA 2020, 38 ff. 83 Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524. 84 Zur vergleichbaren Frage im dreigliedrigen Rechtsverhältnis BAG v. 30. 01. 1991 @ AZR 497/89, AP AÜG § 10 Nr. 8, aus den Gründen IV.2.; v. 18. 01. 2012 @ 7 AZR 723/10, AP AÜG

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Literatur zu Recht Zustimmung erhalten hat,85 indes nur dann relevant werden, wenn die typologisch arbeitsvertragliche Vertragsdurchführung eine gewisse Typizität erreicht hat. Es darf sich bei der typologisch arbeitsvertraglichen Durchführung nicht um untypische Einzelfälle handeln. Vielmehr muss es sich um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handeln. Entscheidend ist jedoch nicht die Häufigkeit, sondern das Gewicht und die Bedeutung der Vertragsabweichung.86 Nur wenn eine solche Typizität vorliegt, die, wie vom BAG hervorgehoben,87 maßgeblich auf den wirklichen vertragstypologischen Willen der Vertragsparteien schließen lässt, ist es gerechtfertigt, von der grundsätzlich vorrangigen Vertragstypenqualifikation abzuweichen. Mit dem rechtsgeschäftlichen Ansatz steht auch die Einschränkung des Rechtsformzwangs im Einklang, wonach eine abweichende Vertragspraxis den Vertragsschließenden zurechenbar sein muss.88 Dies lässt sich weder im Zwei-PersonenVerhältnis unmittelbar dem Wortlaut des § 611a Abs. 1 S. 6 BGB noch im DreiPersonen-Verhältnis dem § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG entnehmen. Gleichwohl geht das BAG in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass sich aus der praktischen Handhabung Rückschlüsse auf den wirklichen Willen der Vertragsparteien ziehen lassen.89 Grundsätzlich müssen daher die zum Vertragsschluss berechtigten Personen die abweichende Handhabung gekannt und diese zumindest gebilligt haben.90 Da die Kodifikation des § 611a Abs. 1 S. 6 BGB die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung ohne Änderung der Rechtslage aufgreift, ist diese einschränkende Voraussetzung weiterhin als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal heranzuziehen.91 Haben die Vertragsparteien keine positive Kenntnis, so kann für die Zurechnung auf die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht abgestellt werden.92 Die § 9 Nr. 10, Rn. 28; v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 33; jüngst v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 29. 85 Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 ff.; Greiner, NZA 2013, 697 (698); Reinfelder, RdA 2016, 87 (88). 86 BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 29; v. 09. 11. 1994 – 7 AZR 217/94, aus den Gründen III.2.b. 87 BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 29 f. 88 S. hierzu Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1526); vgl. auch Schwarze, RdA 2020, 38 (44) unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. 89 BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, APAÜG § 1 Nr. 39, Rn. 45; v. 15. 04. 2014 – 3 AZR 395/11, AP BetrAVG § 1 Nr. 71, Rn. 21; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/07, AP AÜG § 10 Nr. 19, Rn. 15. 90 BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 30; v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 45; v. 20. 07. 1994 –5 AZR 628/93, BeckRS 1994, 30750193, aus den Gründen IV.2.b. 91 Vgl. zum dreigliedrigen Rechtsverhältnis Höpfner, in: HWK, § 12 AÜG Rn. 6; Ulrici, in: Ulrici, § 12 AÜG Rn. 19. 92 BAG v. 06. 08. 1997 – 7 AZR 663/96, BeckRS 1997, 30770062, aus den Gründen B.I.; v. 20. 07. 1994 – 5 AZR 628/93, BeckRS 1994, 30750193, aus den Gründen B.IV.; LAG BerlinBrandenburg v. 18. 03. 2015 – 15 Sa 1946/14, BeckRS 2016, 68308, Rn. 36; Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1526).

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Vertretungsmacht derjenigen Person, deren Wissen bzw. Billigung zugerechnet werden soll, muss so weit reichen, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu einem Rechtsformwechsel führen können.93 Handelt es sich demnach um eine typische Abweichung und haben die Vertragsparteien Kenntnis von den Vorgängen bzw. ist ihnen eine solche zuzurechnen, so ist ein von der tatsächlichen Durchführung abweichender Qualifikationswille zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung unerheblich. bb) Rechtsfolge Lässt sich eine Divergenz zwischen der vertragstypologischen Einordnung und dem objektiven Geschäftsinhalt feststellen, so liegt eine sog. Rechtsform-94 bzw. Vertragstypenverfehlung95 vor. Das gilt unabhängig davon, ob die Vertragsparteien bewusst oder unbewusst die für die ausgeübte Tätigkeit gebotene Rechtsform verfehlen, also eine vom objektiven Recht nicht zugelassene Rechtsformwahl getroffen haben.96 In diesem Fall werden die Vertragsparteien auf den gesetzlich vorgesehenen Vertragstyp verwiesen. Dabei kann dahinstehen, ob man in der Kodifizierung des § 611a Abs. 1 S. 6 BGB eine eigenständige Rechtsfolgenanordnung sieht97 oder ob sich die Rechtsfolge bereits durch Auslegung der arbeitnehmerschützenden Vorschriften ergibt.98 Im Ergebnis besteht jedenfalls Einigkeit, dass die Vertragsparteien im Falle der Rechtsformverfehlung zulasten der arbeitsvertraglichen Einordnung auf

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Boemke, in: FS v. Hoyningen-Huene, S. 43 (49). So Exner, Verkennung, S. 102 ff.; Fenn, in: FS Bosch, S. 171 (171 ff.); Fischels, Arbeitnehmerbegriff, S. 144; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (598); Kramer, Die Scheinselbständigkeit, S. 125 ff.; Lieb, RdA 1975, 49 (50); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 239; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 131. 95 So Uffmann, NZA 2018, 2265 (266). 96 So bereits Lieb, RdA 1975, 49; ähnlich auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 239, der eine Divergenz von objektiver Rechtsform und subjektiver Parteivorstellung hierunter versteht. 97 So Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 199, 202, der dies aufgrund des § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnisses annimmt; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 43, der von einer gesetzlichen Anordnung spricht; in diesem Sinne auch Busemann, ZTR 2018, 440 (447) der aus § 611a Abs. 1 S. 6 BGB eine angeordnete Rechtsfolge herauslesen möchte; kritisch, wenngleich im Ergebnis wohl übereinstimmend Schwarze, RdA 2020, 38 (41); ders., RdA 2020, 231, der auf die Unbestimmtheit der Rechtsfolge verweist, die nicht die Geltung einer bestimmten materiellen Rechtsfolge anordnen würde, sondern nur die Nichtgeltung des abweichenden ausdrücklich Vereinbarten; ablehnend Riesenhuber, JuS 2018, 103 (107 f.), der unter Bezugnahme auf die 1:1-Kodifizierung und die damit intendierte Beibehaltung der Rechtslage einen deklaratorischen Charakter befürwortet; zu den vor § 611a Abs. 1 S. 6 BGB vertretenen Auffassungen s. auch die umfassende Darstellung bei Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 159 – 199, jeweils m. w. N.; Exner, Verkennung, S. 102 ff. 98 S. hierzu bereits die Ausführungen zur Dogmatik des Rechtsformzwangs, Kapitel 2 B. II. 3. a). 94

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

die arbeitsvertragliche Durchführung verwiesen werden.99 § 611a Abs. 1 S. 6 BGB wurde nämlich ohnehin der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nachgebildet.100 Besondere praktische Relevanz kommt dem Rechtsfolgenzwang bzw. der Rechtsfolgenanordnung, je nachdem wie man dies einordnen möchte, in denjenigen Fällen zu, in denen das Rechtsverhältnis erst durch die zeitlich der Vertragsbezeichnung nachfolgende, gelebte Praxis typologisch einem Arbeitsverhältnis entspricht, also ein „Hineinwachsen in das Arbeitsverhältnis“101 vorliegt.102 In diesem Fall greift der Rechtsfolgenzwang und verweist die Parteien zwingend in die arbeitsvertragliche Einordnung. Im umgekehrten Fall, dem Hinauswachsen aus einem Arbeitsverhältnis, müssen sich die Parteien jedoch mangels Eingreifens des Rechtsformzwangs und somit auch des konnexen Rechtsfolgenzwangs an der ursprünglichen Wahl eines Arbeitsverhältnisses festhalten lassen.103 Die durch § 611a Abs. 1 S. 6 BGB zumindest normativ bekräftigte Rechtsfolge greift auch im Fall einer anfänglichen Diskrepanz zwischen dem Vertrag und dem vorgesehenen Inhalt des Rechtsverhältnisses.104 Zwar bezieht sich der Wortlaut der Norm nur auf den Fall des nachträglichen Widerspruchs zwischen Vertragsbezeichnung und tatsächlicher Durchführung, doch zeigt die systematische Stellung des § 611a Abs. 1 S. 6 BGB, der in einer Gesamtschau mit Satz 5 zu sehen ist, dass zur Feststellung, ob eine Divergenz im Sinne des S. 6 vorliegt, eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen ist. Im Rahmen dieser kann der anfängliche Widerspruch berücksichtigt werden.105 99 Somit kann eine umfassende Erörterung der bislang vertretenen Ansichten, die von den Grundsätzen der falsa demonstratio über das Umgehungsgeschäft, bis hin zur Teilnichtigkeit im Sinne des § 139 BGB oder dem Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB reichen, für die Zwecke der vorliegenden Arbeit dahinstehen; s. umfassend zu den vor der Kodifikation des § 611a Abs. 1 S. 6 BGB diskutierten Grundlagen im zweigliedrigen Rechtsverhältnis Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 159 – 199, jeweils m. w. N.; Exner, Verkennung, S. 102 ff. 100 BT-Drs. 18/9232, S. 32, unter Verweis auf BAG v. 14. 07. 1983 – 2 AZR 549/81, juris; v. 12. 09. 1996 – 5 AZR 1066/94, AP BGB § 611 Freier Mitarbeiter Nr. 1; v. 26. 05.1999 – 5 AZR 469/98, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104; v. 29. 8. 2012 – 10 AZR 499/11, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 124. 101 So etwa Wank, AuR 2017, 140 (150). 102 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 200; Wank, AuR 2017, 140 (150). 103 BAG v. 25. 1. 2007 – 5 AZB 49/06, NZA 2007, 580, Rn. 12; Deinert, RdA 2017, 65 (67); Wank, AuR 2017, 140 (150); dies gilt jedenfalls im Arbeitsrecht; anders kann dies im öffentlichen Recht sein. 104 Vgl. hierzu etwa Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 45, der auch Aspekte der Vertragsgestaltung, also Umstände, die bereits zu Beginn des Rechtsverhältnisses vorliegen, zur Beurteilung der tatsächlichen Vertragsdurchführung heranziehen möchte; s. auch Wank, AuR 2017, 140 (150), der feststellt, dass die Diskrepanz bereits bei Vertragsschluss vorliegen kann. 105 So Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 200; unzutreffend ist dessen Verweis auf Wank, AuR 2017, 140 (150), in dem diesem unterstellt wird, den Fall der anfänglichen Divergenz unter § 611a Abs. 1 S. 5 BGB zu fassen. Bei dessen Ausführungen zu „§ 611a Abs. 1 S. 5 BGB“ handelt es sich der Sache nach um den heutigen S. 6 der Vorschrift; vgl. zur systematischen

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Anders als teilweise vertreten, bedurfte es der Normierung von § 611a Abs. 1 S. 5, 6 BGB nicht bereits wegen § 311 Abs. 1 Hs. 2 BGB.106 Nach § 311 Abs. 1 Hs. 2 BGB bedarf es sowohl zur Begründung als auch zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses jedenfalls dann eines Vertrages zwischen den Beteiligten, wenn nicht das Gesetz etwas anderes vorschreibt. Losgelöst davon, ob man die Rechtsfolge der Umqualifikation bereits durch Auslegung den arbeitnehmerschützenden Normen entnimmt107 oder aber in § 611a Abs. 1 S. 6 BGB eine eigenständige Rechtsfolgenanordnung sieht, so hat man es stets mit einem Gesetz i. S. d. § 311 Abs. 1 Hs. 2 BGB zu tun. cc) Reichweite des Rechtsformzwangs Der Rechtsformzwang gebietet den Vertragsparteien, eine typologisch arbeitsvertragliche Tätigkeit nur auf Grundlage eines Arbeitsvertrages durchzuführen. Entgegen der Ansicht von Hilger108 geht damit in Zweifelsfällen, in denen ebenso viel für eine abhängige wie für eine selbständige Tätigkeit spricht, kein tatbestandlicher Kontrahierungszwang zugunsten des Arbeitsvertrages einher. Hilger verweist dabei auf den Umstand, dass andernfalls das zwingende Arbeitsrecht zur Disposition der Parteien stünde. Für die strukturell unterlegene Partei gebe es gerade keine echte Wahlmöglichkeit. Vielmehr laute die Frage dann: „selbständig oder gar nicht?“.109 Zutreffend merkt Uffmann insoweit an, dass ein solcher Kontrahierungszwang kaum zu legitimieren ist.110 So stünden die in Betracht kommenden Vertragstypen auf gleichrangiger Stufe, ein Vorrangverhältnis zwischen Arbeitsverhältnis und freien Dienst-, oder Werkverträgen gebe es gerade nicht. Vielmehr gehöre es in einem arbeitsteiligen Wirtschaftsleben gerade zur verfassungsrechtlich Stellung des S. 5 und 6 des § 611a Abs. 1 BGB, Busemann, ZTR 2018, 440 (447), der aus S. 6 ableiten möchte, dass die Berücksichtigung eines divergierenden Willens im Rahmen von S. 5 ausgeschlossen sei. Dies ist jedoch weder der Sache nach erforderlich noch lassen sich für ein solches Verständnis entsprechende Anhaltspunkte festmachen. Vielmehr ist die Wahl der Vertragsparteien angesichts der Privatautonomie durchaus zu berücksichtigen. Im Übrigen kann für die, in der Praxis wohl seltenen, Fälle der Divergenz eines noch nicht in Vollzug gesetzten Rechtsverhältnisses auf den Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, wie etwa die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, die Grundsätze der falsa demonstratio und das Scheingeschäft nach § 117 BGB verwiesen werden. S. zu den denkbaren Konstellationen sowie den in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen umfassend Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 159 – 202, jew. m. w. N. Angesichts der Vielzahl möglicher Sachverhaltskonstellationen und mangels Entscheidungserheblichkeit wird hier keine eingehendere Erörterung vorgenommen. Unabhängig von der dogmatischen Konstruktion besteht im Ergebnis Einigkeit, dass sich die arbeitnehmerschützenden Vorschriften bei entsprechender Rechtsformverfehlung unabhängig von einer etwaigen Kenntnis der Vertragsparteien durchsetzen müssen. 106 S. hierzu im Einzelnen Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 200 f. 107 S. hierzu bereits die Ausführungen zur Dogmatik in Kapitel 2 B. II. 3. a). 108 Hilger, RdA 1989, 1 (6 f.); ablehnend Uffmann, ZfA 2012, 1 (29 ff.). 109 Hilger, RdA 1989, 1 (6). 110 Uffmann, ZfA 2012, 1 (29 ff.).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

geschützten Unternehmerfreiheit, auf werk- oder dienstvertragliche Gestaltungen zurückzugreifen.111 Dem ist zuzustimmen. Die eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen obliegt grundsätzlich den Vertragsparteien.112 Dem Rechtsformzwang ist daher kein tatbestandlicher Kontrahierungszwang zugunsten einer arbeitsvertraglichen Beschäftigung immanent. 4. Intervention des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs Unter Zugrundelegung der zuvor dargestellten Grundsätze lässt sich feststellen, in welchen Fällen der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang interveniert. Mitunter wird diese Frage unter dem Begriff der Qualifikationskompetenz diskutiert.113 Angesichts des weitgehend zwingenden Arbeitnehmerschutzrechts und des damit einhergehenden Rechtsform- bzw. Rechtsfolgenzwang mutet die Frage nach der Qualifikationskompetenz zunächst seltsam an. Der Geltungsanspruch des Arbeitsrechts soll durch den Rechtsformzwang abgesichert werden, sodass es prima facie wenig einleuchtend erscheint, über die Frage der Qualifikationskompetenz den Parteien den Anwendungsbereich des weitgehend zwingenden Arbeitnehmerschutzrechts zur Disposition zu stellen. Der Rechtsformzwang greift jedoch erst dann, wenn feststeht, dass es sich (tatbestandlich) um ein Arbeitsverhältnis handelt.114 a) Autonome Qualifikation des Vertragsverhältnisses Im Ausgangspunkt ist als Ausprägung der Privatautonomie von einer autonomen Qualifikation des Rechtsverhältnisses durch die Vertragsparteien auszugehen.115 Den Vertragsparteien obliegt nicht nur die Entscheidung wie sie ihr Rechtsverhältnis 111 Uffmann, ZfA 2012, 1 (29 ff.) m. Verw. a. BAG v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90, aus den Gründen II.2.; ob das für die Fleischindustrie verabschiedete Verbot von Werkverträgen einer rechtlichen Prüfung standhält, darf daher bezweifelt werden. 112 S. hierzu Kapitel 2 B. II. 1. 113 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 220 ff. 114 Boemke, ZfA 1998, 285 (297), weist in diesem Kontext ferner zutreffend darauf hin, dass der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang keine Abgrenzungskriterien liefere, sondern diese voraussetze; s. auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 221; Uffmann, ZfA 2012, 1 (31, 33). 115 S. hierzu Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 332; Lieb, RdA 1975, 49 (50 f.); Stoffels, NZA 2000, 690 (695); s. auch Greiner, AcP 211 (2011), 221 (247) unter Bezugnahme auf BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323; ablehnend jedoch Gernhuber, Das Schuldverhältnis, S. 153; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 225, der eine heteronome Qualifikation im Ausgangspunkt befürwortet, was jedoch der grundsätzlichen Privatautonomie entgegensteht. Im Ergebnis unterscheiden sich die Ansichten indes dann nicht, wenn eine vom tatsächlichen Bild abweichende Qualifikation zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung erfolgt, da jedenfalls die Kontrolle mittels der Gesamtbetrachtung heteronom zu erfolgen hat. Liegt demnach ein Arbeitsverhältnis vor, so greift letztlich der Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang. Damit kommt man zum gleichen Ergebnis wie bei einer heteronomen Qualifikationskompetenz.

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durchführen wollen, sondern auch dessen Qualifikation. Teile des Schrifttums116 differenzieren insofern nach dem Charakter der Parteierklärung. So kann der Parteierklärung eine bloße Wissenserklärung innewohnen, die bei unzutreffender Annahme als Falschbezeichnung unerheblich sei. Möglich sei jedoch auch eine rechtlich bedeutsame Qualifikation für den Fall, dass beide Parteien das Rechtsverhältnis einem bestimmten Vertragstypus und dessen Maximen unterordnen wollen. Die Abgrenzung dieser beiden Alternativen erfolgt durch Auslegung.117 Das non liquet der Auslegung geht dabei zulasten desjenigen, der Rechte aus einer bestimmten Erklärung herleitet. Zwar gibt es hinsichtlich der (normativen) Auslegung keine Beweislast, doch geht die Nichterweisbarkeit der zu seinen Gunsten vorgetragenen Umstände gleichwohl zu dessen Lasten.118 Soweit in dieser Arbeit von einer Vertragstypenqualifikation durch die Parteien die Rede ist, wird, sofern nicht abweichend kenntlich gemacht, von einer rechtlich bedeutsamen Einordnung im Sinne einer echten Vertragstypenqualifikation ausgegangen. Jedoch sind der privatautonomen Qualifikation Grenzen gesetzt. Insofern sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: zum einen eine autonome Wahl einer arbeitsvertraglichen Einordnung, zum anderen die Abbedingung des arbeitsrechtlichen Geltungsbereichs. aa) Wahl einer arbeitsvertraglichen Einordnung Zunächst ist die erstgenannte Variante zu untersuchen, in der eine arbeitsvertragliche Einordnung gewählt wird. Zutreffend betont das BAG in ständiger Rechtsprechung,119 dass der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzes nicht durch Parteivereinbarung eingeschränkt und die Bewertung als Arbeitsverhältnis abbedungen werden kann. Ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ergebe sich vielmehr anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls. Der maßgebliche objektive Geschäftsinhalt sei den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich diese, sei die praktische Durchführung entscheidend. Diese Grundsätze würden auch nach der Kodifikation des § 611a BGB gelten.120 Würde man diese Grundsätze konsequent anwenden, so wäre den Vertragsparteien die autonome Qualifikation des Rechtsverhältnisses per se entzogen. Daher soll dies einschränkend nur dann gelten, wenn die Vertragsparteien ihr Rechtsverhältnis 116

Mayer-Maly, Rangordnung der Gesetze, S. 125; Stoffels, NZA 2000, 690 (691). Stoffels, NZA 2000, 690 (693) m. w. N. 118 Flume, AT des Bürgerlichen Rechts, S. 316, 338 ff. 119 S. etwa BAG v. 21. 11. 2016 – 9 AZR 117/17, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194, Rn. 23; v. 08. 09. 2015 – 9 AZB 21/15, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 74, Rn. 13; v. 12. 09. 1996 – 5 AZR 1066/94, AP BGB § 611 Freier Mitarbeiter Nr. 1, aus den Gründen II.2. 120 BAG v. 21. 11. 2017 – 9 AZR 117/17, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194, Rn. 23; v. 17. 10. 2017 – 9 AZR 792/16, juris, Rn. 12; v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193, Rn. 17. 117

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gerade nicht als Arbeitsverhältnis qualifiziert haben. Haben die Parteien demgegenüber ihr Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis qualifiziert, so sei es regelmäßig als solches einzuordnen.121 Dies ist überzeugend. Wirft man einen Blick auf die zuvor aufgezeigte Systematik, so zeigt sich, dass der Privatautonomie der Parteien im Sinne eines umfassenden Grundrechtsschutzes möglichst weitgehend Geltung zu verschaffen ist.122 Wird wie im Falle einer arbeitsvertraglichen Einordnung kein zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht abbedungen, so greift schon nicht der Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang. Eine Einschränkung der Privatautonomie ist dann nicht zu rechtfertigen. Den Vertragsparteien muss es also mangels vorgreifendem Rechtsformzwangs unbenommen bleiben, die Rechtsformwahl zugunsten eines Arbeitsverhältnisses zu treffen.123 Hierbei handelt es sich nicht bloß um eine privatautonome Erstreckung der arbeitnehmerschützenden Vorschriften auf Rechtsfolgenebene. Vielmehr bleibt es den Vertragsparteien auf Grund der Privatautonomie insoweit unbenommen, bereits über die Einordnung zu entscheiden.124 An diesem Ergebnis vermag auch eine etwaige Nichtausübung des Weisungsrechts nichts zu ändern.125 Für die vertragstypologische Einordnung sind im Ausgangspunkt die vertraglichen Regelungen entscheidend. Deutlich wird dies insbesondere bei noch nicht in Vollzug gesetzten Rechtsverhältnissen, deren Rechtsnatur ebenfalls bestimmbar sein muss. Wird ein arbeitsvertragliches Rechtsverhältnis weisungsfrei durchgeführt, so vermag dies angesichts des § 623 BGB nichts an der Einordnung zu ändern.126 Gleichwohl kann dies nur dann gelten, wenn selbst kein zwingendes Gesetzesrecht entgegensteht. Insoweit ist etwa an das Tarifvertragsrecht oder das Betriebsverfassungsrecht zu denken. Dort hat der Gesetzgeber positiv geregelt, welcher Personenkreis dem Geltungsbereich unterfallen sollen.127 Die Entscheidung über die Einordnung ist insoweit der Dispositionsbefugnis der Parteien entzogen. Überdies muss überhaupt die Bereitschaft zur einvernehmlichen arbeitsvertraglichen Quali121

BAG v. 22. 11. 2016 – 9 AZB 41/16, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 105, Rn. 17; v. 08. 09. 2015 – 9 AZB 21/15, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 74, Rn. 13; v. 18. 03. 2014 – 9 AZR 694/12, AP TzBfG § 4 Nr. 25, Rn. 19; v. 12. 09. 1996 – 5 AZR 1066/94, AP BGB § 611 Freier Mitarbeiter Nr. 1, aus den Gründen II.2.; abweichend LAG Baden-Württemberg v. 28. 01. 2010 – 3 Sa 47/ 09, juris, Rn. 57; s. auch Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 175; Reinecke, NZA-RR 2016, 393 (398); Spinner, in: MüKo BGB, § 611a Rn. 90; Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 67; anders jedoch Schneider, in: MünchArbR, 4. Auflage, § 18 Rn. 41, die auch in den Fällen, in denen die Vertragsparteien ein Arbeitsverhältnis vereinbart haben auf die tatsächliche Vertragsdurchführung abstellen möchte. 122 S. hierzu Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 104. 123 Anders Schneider, in: MünchArbR, 4. Auflage, § 18 Rn. 41. 124 S. zum Schutzbereich der Privatautonomie bereits Kapitel 2 B. II. 1. 125 Fischels, Der Arbeitsnehmerbegriff, S. 279 m. w. N.; Hromadka, NZA 1997, 569 (576); Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 39. 126 Fischels, Der Arbeitsnehmerbegriff, S. 279. 127 Vgl. etwa § 12a TVG bzw. § 5 BetrVG; s. hierzu Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 20.

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fikation vorliegen. Zwar wird oftmals, sowohl durch die Unternehmen als auch durch die Spezialisten eine arbeitsvertragliche Tätigkeit grundsätzlich abgelehnt, dennoch kann dies im Einzelfall eine Alternative zur vermeintlich selbständigen Tätigkeit des Spezialisten darstellen. So kann bei erstmaliger Beschäftigung des Spezialisten eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG erfolgen. Stehen indes Folgeeinsätze an, ist auf das Vorbeschäftigungsverbot nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG hinzuweisen. Vorsicht ist bei der Projektbefristung nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TzBfG geboten. Ein Projekt im Sinne dessen ist nur dann anzunehmen, wenn es sich bei der zu erledigenden Tätigkeit um eine zusätzliche Aufgabe handelt, die zeitlich begrenzt ist und keine Daueraufgaben des Arbeitgebers darstellt. Allein die Aufgliederung der Arbeit in Projekte kann noch keine Projektbefristung rechtfertigen.128 Liegt ein solcher Fall vor, so ließe sich eine Befristung mit der vielfach von den Experten präferierten Unabhängigkeit, insbesondere hinsichtlich einer Weisungsgebundenheit, aber auch in Bezug auf die oftmals abgelehnte dauerhafte Beschäftigung beim selben Arbeitgeber rechtskonform vereinbaren. bb) Wahl zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung Demgegenüber ist es den Vertragsparteien verwehrt, ihr Rechtsverhältnis abweichend von der tatsächlichen Durchführung zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung zu qualifizieren.129 Eine entsprechende wirksame Qualifikation wäre nämlich nur dann denkbar, wenn kein zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht und damit kein Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang entgegenstünde. In der Vergangenheit wurde nur vereinzelt vertreten, dass eine autonome Qualifikation zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung möglich sei.130 Dies wurde maßgeblich auf die funktionale Äquivalenz gestützt, die jedenfalls im Verhältnis zwischen dem Recht der Handelsvertreter und dem Arbeitnehmerschutzrecht vorherrsche. Jedenfalls im hier relevanten Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmerschutzrecht und dem Recht der selbständigen Verträge kann eine solche Gleichwertigkeit nicht angenommen werden.131 Dies wird durch die stetige Erweiterung des Arbeitnehmerschutzrechtes perpetuiert. Auch aus Gründen der Rechtssicherheit kann nichts anderes gelten.132 128

Eufinger/Burbach, DB 2019, 1147 (1149). S. Maschmann, Arbeitsverträge, S. 222 ff. 130 Dahingehend etwa Stolterfoht, Handelsvertreter, S. 215 ff., der eine funktionale Äquivalenz des Rechts der Handelsvertreter annimmt und daher eine autonome Einordnung zulassen möchte; ähnlich Grunsky, AuR 1978, 126 (128), der in Einzelfällen, in denen die Schutzbedürftigkeit fehlt, eine autonome Qualifikation zulassen will; in diese Richtung tendiert de lege ferenda wohl Heinze, in: Arbeitsrecht und Beschäftigungskrise, S. 103 (109 ff.); kritisch Fenn, in: FS Bosch, S. 171 (180 f.); Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 52, der zudem eine Gleichwertigkeit hinsichtlich schützenswerter Interessen Dritter fordert; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (617); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 226; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige S. 84 ff. 131 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 226; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige S. 84 ff. 132 In diesem Sinne aber Stolterfoht, Handelsvertreter, S. 232 f. 129

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Auch wenn eine unbegrenzte autonome Qualifizierung mit einer Zunahme an Rechtssicherheit einherginge, so greift diese Sicht dennoch zu kurz. Über die Anwendbarkeit von zwingendem Gesetzesrecht können die Parteien auch übereinstimmend nicht disponieren.133 Dies gilt erst recht seit der Kodifikation des § 611a Abs. 1 S. 6 BGB.134 Mit der Bekräftigung des Rechtsformzwangs i. S. d. § 611a Abs. 1 S. 5, 6 BGB wäre es nicht vereinbar, eine vorbehaltslose autonome Qualifikation zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung zuzulassen. Dem stehen auch nicht die unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG vorzufindende Aussage entgegen, wonach sich die rechtliche Qualifikation der von den Vertragsparteien getroffenen Abreden deren Belieben entziehe.135 Zwar findet sich in der zitierten Rechtsprechung eben jene Formulierung, einschließlich der Feststellung, dass die Zuordnung nach objektiven Kriterien zu erfolgen habe.136 Jedoch bezieht sich dies stets auf eine fehlerhafte Qualifikation zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung. In diesem Fall kann sich auch nach dem hiesigen Verständnis die autonome Qualifikation nicht durchsetzen. Wie bereits die Ausführungen zur Vertragstypenqualifikation zugunsten einer arbeitsvertraglichen Einordnung gezeigt haben, ist das Rechtsverhältnis auch dann als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, wenn die Parteien eine entsprechende Einordnung vorgenommen haben.137 Dies zeigt, dass die Argumentation, wonach die Qualifikation den Vertragsparteien entzogen ist, nicht in beiderlei Richtung verfängt.138 Richtigerweise ist daher entsprechend der möglichst umfassenden Privatautonomie von einer Qualifikationskompetenz der Vertragsparteien auszugehen, die jedoch durch den Rechtsformzwang in eine Richtung eingeschränkt wird.139 Überdies scheinen auch diejenigen von einer im Grundsatz autonomen Qualifikation auszugehen, die die Vertragstypenzuordnung als eine Frage der Vertragsinhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB sehen.140 Andernfalls wäre diesem Ansatz bereits der Boden entzogen. Könnten die Vertragsparteien im Ausgangspunkt nicht

133

S. hierzu Maschmann, Arbeitsverträge, S. 227, der zugleich treffend einen im Voraus geschlossenen Erlassvertrag ablehnt und allenfalls auf die Möglichkeit des nachträglichen Verzichts verweist. 134 In diesem Sinne Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 611a BGB Rn. 32. 135 So Boemke, ZfA 1998, 285 (295); Hromadka, NZA 1997, 1249 (1256); Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 25, m. V. a. BAG v. 15. 12. 1999 – 5 AZR 3/99, AP HGB § 92 Nr. 5, aus den Gründen II.1. 136 BAG v. 15. 12. 1999 – 5 AZR 3/99, AP HGB § 92 Nr. 5, aus den Gründen II.1. 137 S. bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 B. II. 4. a) aa). 138 Zur Rechtsprechung des BAG, Löwisch, in: FS Hromadka, S. 229. 139 So im Ergebnis auch Martens, RdA 1979, 347 (348), der bei einer Diskrepanz von subjektiver und objektiver Qualifikation zulasten des zwingenden Arbeitnehmerschutzes eine Korrektur fordert. Dies lasse sich jedoch nur mit den arbeitsrechtlichen Besonderheiten in Form des zwingenden Arbeitnehmerschutzes rechtfertigen. Andernfalls könne den Parteien als Urheber ihrer Vertragsabsprache keine Vertragsbeziehung heteronom oktroyiert werden. 140 S. hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 3. a).

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autonom das Rechtsverhältnis einem Vertragstypus zuordnen, so bedürfte es keiner Überprüfung des Einzelfalls anhand der §§ 305 ff. BGB. Dass sich die abweichende autonome Qualifikation zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung im Ergebnis nicht durchsetzen kann, ist und war sowohl in Rechtsprechung141 als auch in weiten Teilen der Literatur142 bereits anerkannt.143 Soweit teilweise vertreten wird, dass allenfalls in besonderen Ausnahmekonstellationen eine autonome Vertragsqualifikation zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung von der Rechtsprechung gebilligt worden sei,144 verkennt dieser, dass den zu entscheidenden Fällen jeweils eine anfängliche tatbestandliche Selbständigkeit und damit korrespondierend eine entsprechende Einordnung des Rechtsverhältnis zugrunde lag. In den Fällen, in denen später die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses trotz typologisch arbeitsvertraglicher Tätigkeit abgelehnt wurde, lag dem stets ein widersprüchliches Verhalten bzw. eine unzulässige Rechtsausübung durch den potentiellen Arbeitnehmer zugrunde.145 Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich ein „Hineinwachsen“ in ein Arbeitsverhältnis feststellen lässt und der Dienstverpflichtete sich nachträglich auf seine Arbeitnehmerstellung beruft, obwohl er als freier Mitarbeiter tätig sein wollte und sich jahrelang dem Versuch des Dienstgebers widersetzt hat, förmlich ein Arbeitsverhältnis zu begründen.146 Aus diesem Grund blieb es bei der ursprünglich ohnehin autonomen Qualifikation zugunsten eines Selbständigenvertrages, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der intendierten Durchführung des Rechtsverhältnisses entsprach. Aufgrund der unzulässigen Rechtsausübung bzw. dem widersprüchlichen Verhalten wurde später lediglich die Berufung auf die mittlerweile typologische Arbeitnehmereigenschaft verwehrt, womit es bei der ursprünglichen, ohnehin autonomen Qualifikation blieb. Entsprechend den vorangehenden Grundsätzen ist daher in Einklang mit dem Grundsatz der Privatautonomie von einer autonomen Qualifikation des Rechtsver-

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Ständige Rechtsprechung, so bereits BAG v. 14. 02. 1974 – 5 AZR 298/73, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 12, aus den Gründen II.1.; BAG v. 08. 09. 2015 – 9 AZB 21/15, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 74 Rn. 13; BAG v. 15. 02. 2012 – 10 AZR 111/11, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 122, Rn. 14. 142 Fenn, in: FS Bosch, S. 171 (177, 188); Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 50 ff.; Hromadka, NZA 1997, 569 (577); Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 (618); im Ergebnis übereinstimmend Preis, Grundfragen, S. 380 ff.; ders., in: ErfK, § 611a BGB Rn. 24 ff. 143 S. hierzu etwa Maschmann, Arbeitsverträge, S. 225 m. w. N., der entgegen der hiesigen Prämisse jedoch von einer grundsätzlich heteronomen Qualifikation ausgeht. 144 So etwa Maschmann, Arbeitsverträge, S. 224. 145 Vgl. hierzu etwa BAG v. 12. 08. 1999 – 2 AZR 632/98, AP BGB § 242 Unzulässige Rechtsausübung-Verwirkung Nr. 41; v. 11. 12. 1996 – 5 AZR 708/95, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 37; v. 11. 12. 1996 – 5 AZR 855/95, AP BGB § 242 Unzulässige Rechtsausübung-Verwirkung Nr. 35. 146 BAG v. 11. 12. 1996 – 5 AZR 708/95, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 37; s. hierzu Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 180.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

hältnisses auszugehen.147 Losgelöst davon, ob eine explizite autonome Einordnung vorgenommen wurde, wird das konkret zu beurteilende Rechtsverhältnis im Konfliktfall vom Richter als Rechtsanwender an einer Gesamtbetrachtung gemessen. Stellt dieser abweichend von der Vertragstypenwahl ein tatbestandliches Arbeitsverhältnis fest, so geht damit angesichts des Rechtsfolgenzwangs eine entsprechende Einordnung des konkreten Rechtsverhältnisses einher. Insofern kann von einer heteronomen Gesamtbetrachtung gesprochen werden, die als Korrelat einer autonomen Qualifikationskompetenz dient. Im Einklang mit § 611a Abs. 1 S. 6 BGB kann in diesem Fall der von den Parteien vorgenommenen autonomen Qualifikation keine Bedeutung beigemessen werden. Anders ist dies jedoch, wenn sich bei der heteronomen Gesamtbetrachtung nicht positiv infolge einer abweichenden Qualifikation eine Abbedingung arbeitnehmerschützender Vorschriften feststellen lässt. In diesem Fall bleibt es bei der autonomen Qualifikation. Keinen Einfluss auf die Dispositionsbefugnis und damit die Qualifikationskompetenz haben schützenswerte Interessen Dritter.148 Zwar könnte man etwa, bei unterstellter und stetiger Fehlqualifikation der Rechtsverhältnisse aufgrund der Unterschreitung des Schwellenwerts des § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG an eine damit einhergehender Entwertung des arbeitsrechtlichen Schutzes denken,149 doch ist dem entgegenzuhalten, dass der Dritte kein schützenswertes Recht auf eine bestimmte, mit der Geltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften einhergehenden Betriebsgröße hat.150 b) Relevanz des Parteiwillens bei typologischen Grenzfällen Die Relevanz des Parteiwillens zeigt sich insbesondere in den Grenzfällen einer typologischen Dichotomie.151 Hierunter sind diejenigen Fälle zu fassen, in denen sowohl Umstände auf eine tatbestandliche arbeitsvertragliche Einordnung hindeuten als auch andere Umstände auf einen Selbständigenvertrag. Auch wenn das BAG im Rahmen der Vertragstypenzuordnung immer wieder maßgeblich auf den Parteiwillen zugunsten eines Nicht-Arbeitsverhältnisses rekurrierte, so scheint. dennoch nicht hinreichend geklärt, wann und in welchem

147 S. jedoch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 225, der die autonome Qualifikation allgemein ablehnt. Insoweit ist Maschmann die Reichweite der Privatautonomie sowie die Schrankensystematik entgegenzuhalten, die oben bereits aufgezeigt wurde. 148 Vgl. hierzu Beuthien, in: FS 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 1 (6); Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 52 ff.; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 129 ff. 149 S. hierzu Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 130. 150 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 226. 151 Auch Greiner, AcP 211 (2011), 221 (238) und Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (233) sprechen von der Dichotomie im Kontext der Dienst- und Werkverträge; ausführlich zu den Fällen typologischer Dichotomie und der Berücksichtigung des Parteiwillens, Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 325 ff.; kursorisch Busemann, ZTR 2018, 449 ff.

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie

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Ausmaß der Parteiwille zu berücksichtigen ist.152 In der Rechtsprechung lassen sich durchaus mehrdeutige und unterschiedliche Entscheidungstendenzen wahrnehmen.153 So findet sich etwa in einer älteren Entscheidung des BAG vom 08. 06. 1967 noch die Formulierung, wonach es dann „auch auf den etwa ausdrücklich erklärten Parteiwillen ankommt“, wenn „einzelne Momente für die Annahme eines echten Arbeitsverhältnisses, andere für die eines reinen Mitarbeiterverhältnisses sprechen“.154 Versteht man dies dergestalt, dass gleich viel für die eine wie auch die andere Einordnung sprechen muss, sich die Kriterien also die Waage halten, so spricht die Formulierung, wonach es „auch“ auf den Parteiwillen ankomme, für eine Berücksichtigung des Parteiwillens im Rahmen der Gesamtbetrachtung.155 In einer späteren Entscheidung vom 28. 06. 1973 stellte das BAG fest, dass dem Parteiwille nur in zweifelhaften Fällen Vorrang zukomme.156 Nicht hinreichend deutlich wird hierbei, ob dem Parteiwillen lediglich im Rahmen der Gesamtbetrachtung oder bereits auf Qualifikationsebene Bedeutung zukommen soll.157 In seiner prominenten Kontrabassisten-Entscheidung vom 14. 02. 1974 führte das BAG aus, dass in Grenzfällen, in denen nach den objektiven Gegebenheiten ein Arbeitsverhältnis für die Rechtsbeziehungen der Parteien ebenso geeignet erscheint wie ein Rechtsverhältnis als freier Mitarbeiter, die Wahl zwischen beiden Möglichkeiten der subjektiven Gestaltung offen stehe.158 Je nach Interessenlage auf der einen und der anderen Seite könne daher die Entscheidung in beide Richtungen ausfallen. Um von einem solchen Grenzfall ausgehen zu können, müssen sich die objektiven Gegebenheiten, die sich für und wider eine arbeitsvertragliche Einordnung anführen lassen, die Waage halten.159 Auch diese Ausführungen erwecken den Eindruck, als sei der Parteiwille bereits vorrangig im Rahmen der Vertragsqualifikation maßgeblich. Hierfür spricht die vom BAG ergänzend angestellte Missbrauchskontrolle im Sinne einer Ausübungskontrolle. Hiernach sei die Wahl eines freien Dienstvertrages dann missbräuchlich, wenn diese nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei.160 Ein solches Sachgrunderfordernis konnte sich in der nachfolgenden Rechtsprechung richtigerweise jedoch nicht durchsetzen.161 Die Wahl eines 152

Reinecke, NZA-RR 2016, 393 (398 f.). Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 325. 154 BAG v. 08. 06. 1967 – 5 AZR 461/66, NJW 1967, 1982. 155 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 327. 156 BAG v. 28. 06. 1973 – 5 AZR 19/73, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 10. 157 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 327 vermutet eine Verortung auf der Ebene der Qualifikation. 158 BAG v. 14. 02. 1974 – 5 AZR 298/73, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 12, aus den Gründen III.1. 159 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 328. 160 BAG v. 14. 02. 1974 – 5 AZR 298/73, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 12. 161 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 328; Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 29 f.; Reinecke, NZA-RR 2016, 393 (399); a. A. wohl Busemann, ZTR 2018, 440 (453) m. Verw. a. Richardi, in: Richardi BetrVG, § 5 Rn. 44, der darauf verweist, dass zur 153

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

von der Rechtsordnung anerkannten Vertragstyp bleibt den Vertragsparteien grundsätzlich unbenommen. Ein solches Sachgrunderfordernis ist weder nötig noch zu rechtfertigen.162 Selbst das BAG hat, wenngleich in einem etwas anderen Zusammenhang, festgestellt, dass es in einem arbeitsteiligen Wirtschaftsleben zur Unternehmerfreiheit gehöre, Arbeiten nicht durch eigene Arbeitnehmer, sondern durch Dritte auf werk- oder dienstvertraglicher Grundlage durchführen zu lassen.163 Ein solches Sachgrunderfordernis und damit ein Vorrangverhältnis des Arbeitsvertrages gegenüber dem freien Dienstvertrag und dem Werkvertrag ist der Rechtsordnung fremd und stünde der Unternehmerfreiheit diametral entgegen.164 In der neueren Rechtsprechung des BAG lässt sich hingegen vermehrt die Formulierung finden, wonach die Entscheidung der Vertragspartner für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung dann zu berücksichtigen sei, wenn die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig erbracht werden kann.165 Zwar lassen sich bei bestimmten Berufsgruppen, wie etwa im Bereich des Rundfunks, Tendenzen zugunsten einer Arbeitnehmereigenschaft feststellen.166 Dennoch kann hierin – dies sieht selbst das BAG so – keine pauschale, verbindliche Festlegung der Arbeitnehmereigenschaft dieser Berufsgruppen gesehen werden. Vielmehr ist hierin lediglich ein Hinweis auf die Erfahrungswerte zu sehen.167 Die zugrunde liegende Rechtsprechung muss dabei so verstanden werden, dass von einer typologischen Dichotomie dann gesprochen werden kann, wenn anhand einer Betrachtung des objektiven Erscheinungsbildes nicht auf den dem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden Vertragstypus geschlossen werden kann.168 Erst dann soll der Parteiwille berücksichtigt werden. Rechtfertigung die gleichen Maßstäbe anzulegen seien wie bei der freiwilligen Befristung i. S. d. § 14 TzBfG, die als Sachgrund heranzuziehen sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Parteien im vorliegenden Fall nicht über den Geltungsanspruch des Arbeitsrechts als solchem, auch nicht einvernehmlich, disponieren können. 162 In diese Richtung Holling, Arbeitsrechtlicher Rechtsformzwang, S. 29 f., der gar eine Ausweitung zum Kontrahierungszwang zugunsten des Arbeitsvertrages befürchtet. 163 BAG v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90, aus den Gründen B.II.a.; hierzu Uffmann, Interim Management, S. 259, Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 185; Greiner, NZA 2013, 697 (698); vgl. zur Fremdvergabe auch Maschmann, NZA 2013, 1305 (1308). 164 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 234; Rüthers, DB 1982, 1869 (1870); Uffmann, Interim Management, S. 259; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 328 m. w. N.; kritisch jedoch Hilger, RdA 1989, 1 (6 f.). 165 BAG v. 09. 06. 2010 – 5 AZR 332/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121, Rn. 20; v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128; v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193, Rn. 24. 166 S. hierzu Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 329 ff. m. w. N. aus der Rechtsprechung zu den Berufsgruppen der Copiloten, der studentischen Hilfspfleger und der Lehrer an Abendgymnasien. 167 BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125. 168 Dies deutet auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 331 an.

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie

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Unter Rekurs auf die verfassungsrechtlichen Ausführungen ist es demgegenüber naheliegend, den Parteiwillen nicht nur nachrangig im Rahmen der Gesamtbetrachtung heranzuziehen, sondern bereits in der der Gesamtbetrachtung vorgeordneten Prüfung der Vertragsqualifikation. Im Ausgangspunkt ist nämlich auch die Vertragsqualifikation von der Privatautonomie gedeckt, die selbst wiederum nur durch den Rechtsformzwang beschränkt wird. Dieser greift samt dem Rechtsfolgenzwang aber nur und erst dann, wenn feststeht, dass entgegen der Vertragsqualifikation durch die Parteien tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Führt eine Gesamtbetrachtung unter Ausschluss des Parteiwillens im Sinne eines non liquet169 zur Nichtfeststellbarkeit des objektiven Erscheinungsbildes eines Arbeitsverhältnisses, so greift der Rechtsformzwang schon nicht ein. Somit bleibt es bei der grundsätzlich vorrangig zu prüfenden Qualifikation durch die Parteien.170 Diese kann dann mangels Eingreifens des Rechtsformzwangs wirksam auch zulasten einer arbeitsvertraglichen Einordnung erfolgen.171 Dabei können wiederum Indizien zur Feststellung des Parteiwillens herangezogen werden. Richtigerweise kann man diesbezüglich auch auf äußere Umstände abstellen, aus denen sich Rückschlüsse auf den Qualifikationswillen der Vertragsparteien ziehen lassen.172 Da derartige Hilfstatsachen grundsätzlich beliebig manipulierbar bzw. beeinflussbar sind und nicht zuletzt maßgeblich vom Auftraggeber abhängen, können indes nur solche Umstände berücksichtigt werden, die zugunsten eines Arbeitsverhältnisses sprechen.173 Gewährt der Auftraggeber etwa Urlaub, leistet Entgeltfortzahlung oder führt Steuern und Sozialabgaben ab, lässt sich daraus indiziell auf einen arbeitsvertraglichen Qualifikationswillen schließen.174 Insoweit kann also bereits im Rahmen der Vertragsqualifikation eine Gesamtbetrachtung, wie sie im Rahmen des § 611a Abs. 1 S. 5 BGB anzustellen ist, geboten sein. Im Fall einer unbedingten Berücksichtigung des Parteiwillens im Rahmen der Gesamtbetrachtung würde demgegenüber eine Verdoppelung der Berücksichtigung 169 Diese Terminologie nutzend Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 152; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 110; s. hierzu im Allgemeinen auch Prütting, in: MüKo ZPO, § 286 Rn. 96 f.; Saenger, in: ZPO, § 286 Rn. 34. 170 Ähnlich Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 332; s. auch Berger-Delhey/Alfmeier, NZA 1991, 257 (260), welche den Parteiwillen als vorrangig ansehen. 171 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 335; so im Ergebnis jedenfalls auch Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 106 f., der zusätzlich eine mangelnde Schutzbedürftigkeit im Einzelfall einfordert. Dies vermag nicht zu überzeugen, da zum einen die pauschalisierte Schutzbedürftigkeit nur Motiv und nicht Tatbestandsmerkmal für die Arbeitnehmerschutzvorschriften ist und eine Zuordnung des Zwecks teilweise schwierig erscheint, vgl. hierzu Reuter, in: FS, Dieterich, S. 473 (482 ff.). 172 Vgl. hierzu jedoch die Ausführungen zur Berücksichtigung äußerer Umstände im Rahmen der Eingliederung, Kapitel 2 C. III. 1. e). 173 I. d. S. Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 45 zur Feststellung der persönlichen Abhängigkeit; so auch Berger-Delhey/Alfmeier, NZA 1991, 257 (259 f.) Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 321 f. 174 S. zu den Indizien Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 45, 47.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

drohen. Daher muss in einem der Gesamtbetrachtung logisch vorgelagerten Schritt zunächst die autonome Qualifikation durch die Parteien geprüft werden, um diese sodann unter dem Blickwinkel des Rechtsformzwangs auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Im Ausgangspunkt obliegt daher den Parteien, jedenfalls solange die Entscheidung tatsächlich auf einem freien Willensentschluss beruht,175 die autonome Qualifikation ihres Rechtsverhältnisses. Nur dann, wenn der Rechtsformzwang greift, setzt sich die gesetzliche Einordnung durch. Handelt es sich um einen Grenzfall im Sinne einer typologischen Dichotomie, sprechen also ebenso viele Gründe für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses wie auch für eine selbständige Tätigkeit, so verbleibt es bei der grundsätzlichen autonomen Qualifikation. Zu diesem Ergebnis kommen auch die Rechtsprechung176 und Teile der Literatur.177 Ohnehin ginge mit der erst nachrangigen Berücksichtigung des Parteiwillens nach erfolgter Feststellung einer typologischen Dichotomie kein Mehrwert einher. Da auch zur Feststellung eines solchen „Patts“178 im Rahmen der Gesamtbetrachtung stets eine Gewichtung der einzelnen Aspekte erfolgen muss, bestünde gleichfalls Raum für subjektive Wertungen des Rechtsanwenders.179 Eine trennscharfe Feststellung eines solchen Grenzfalls wäre kaum möglich.180 Das eigentliche Problem der zutreffenden Einordnung wäre nicht gelöst, sondern lediglich auf eine andere Ebene verschoben.181 175 Vgl. hierzu etwa Reinfelder, RdA 2016, 87 (88); Wank, AuR 2017, 140 (150); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 41. 176 BAG v. 14. 02. 1974 – 5 AZR 298/73, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 12, aus den Gründen III.1.; vgl. hierzu auch BAG v. 03. 06. 1998 – 5 AZR 656/97, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 97, aus den Gründen III.1., 2.; LAG Hamm v. 10. 05. 2017 – 2 Ta 497/16, juris; LAG Nürnberg v. 01. 10. 2007 – 7 Ta 191/08, juris; LAG Hamm v. 07. 03. 2002 – 17 Sa 1590/01, juris; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 06. 10. 1997 – 5 Sa 326/96; so auch BSG v. 13. 07. 1978 – 12 RK 14/78 zur Frage der abhängigen Beschäftigung; in diese Richtung auch BSG v. 28. 05. 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 16 ff. 177 Stoffels, NZA 2000, 690 (695); Wank, Arbeitnehmer und Selbständige S. 106 f.; kritisch dagegen Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 151 f.; Beuthien, in: FS 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 1 (8 f.); abweichend jedoch Uffmann, NZA 2018, 265 (269), die von einer Nachrangigkeit des Parteiwillens im Fall des non liquet ausgeht. Dies verkennt die grundsätzliche autonome Qualifikationskompetenz. 178 Kritisch insoweit Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 152, der auf den Zwang zur am Telos orientierten Gewichtung verweist, die nicht zu einem „Patt“ führen könne. 179 Vgl. hierzu jedoch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, passim, der sich dem Versuch gewidmet hat, die persönliche Abhängigkeit zu metrisieren. Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 152 merkt dagegen an, dass die Gewichtung im Rahmen der Gesamtbetrachtung sich stets am Telos auszurichten müsse. Stets habe eine Zuordnung durch den Richter zu erfolgen. Andernfalls gleiche dies einer Rechtsanwendungsverweigerung; vgl. zum Rechtsverweigerungsverbot etwa Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 7 Rn. 314; Möllers, Methodenlehre, § 1 Rn. 52. Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass nach dem hiesigen Verständnis sehr wohl eine Entscheidung des Richters getroffen würde, diese würde im hypothetischen Grenzfall indes durch den Parteiwillen determiniert. Eine Rechtsanwendungsverweigerung wäre darin nicht zu sehen. 180 Vgl. hierzu Maschmann, Arbeitsverträge, S. 233. 181 S. hierzu Maschmann, Arbeitsverträge, S. 233.

B. Zwingendes Recht als Schranke der Privatautonomie

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Nicht zu überzeugen vermag daher die Kritik Maschmanns. Dieser mahnt an, es gebe keinen vernünftigen Grund, in Grenzfällen eine autonome Qualifikation zuzulassen.182 Die Schutzbedürftigkeit sei in unklaren Fällen nicht geringer als in Fällen eindeutiger Vertragsqualifikationen. Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass der Rechtsformzwang eben nur dann greift, wenn überhaupt feststeht, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Ist dies, wie in einem Grenzfall, nicht der Fall, bleibt es bei der allgemeinen Feststellung, wonach es zunächst auf die Qualifikation durch die Parteien ankommt. Hierin spiegelt sich gerade deren Privatautonomie im beruflichen Bereich wider. Lassen sich in den gerichtlich zu klärenden Fällen der Parteiwille oder dem nachrangig die objektiven, den Vertragstypus prägenden Merkmale nicht nachweisen, so hat sich die Entscheidung nach den allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislastverteilung zu richten.183 Bezüglich derjenigen Umstände, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen,184 ist also derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der die daraus günstige Rechtsfolge herleiten will. Da diese Umstände regelmäßig außerhalb des Wahrnehmungsbereichs des vermeintlichen Arbeitnehmers liegen und ihm daher eine eklatante Darlegungs- und Beweisnot droht, kommen dem vermeintlichen Arbeitnehmer die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zugute.185 Dem vermeintlichen Arbeitnehmer ist daher die Möglichkeit einzuräumen, sich zunächst auf die Darlegung und den Beweis der Umstände zu beschränken, die seiner Wahrnehmung zugänglich sind und die für eine Arbeitnehmertätigkeit sprechen. Im Übrigen ist es dann Sache des Auftraggebers, die für das Gegenteil sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen.186 Im Grundsatz bleibt es daher bei einer autonomen Qualifikation durch die Parteien. Lässt sich der Parteiwille nicht erkennen oder weicht dieser von einer arbeitsvertraglichen Qualifikation ab, so schließt sich dem eine heteronome Gesamtbetrachtung an. Dies deckt sich im Ergebnis weitgehend mit Wanks Ansatz,187 der im Grundsatz zutreffend auf den Parteiwillen und die Grenzen der Privatautonomie abstellt. Indes soll eine autonome Qualifikation nach Wank nur dann in Betracht kommen, wenn

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Maschmann, Arbeitsverträge, S. 233 f. S. zur Lösung über die Darlegungs- und Beweislastverteilung, Maschmann, Arbeitsverträge, S. 238. 184 Gleiches gilt im dreigliedrigen Vertragsverhältnis hinsichtlich der Arbeitnehmerüberlassung. 185 Vgl. zur Lage im dreigliedrigen Rechtsverhältnis LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen II.1.h); s. hierzu Francken, NZA 2013, 985 (986 f.); Greiner, NZA 2013, 697 (702 f.); vgl. Timmermann, BB 2012, 1729 (1733). 186 Vgl. zum dreigliedrigen Vertragsverhältnis LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen II.1.h); Francken, NZA 2013, 985 (986 f.); Greiner, NZA 2013, 697 (702); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (133). 187 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 104 ff. 183

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

keine Schutzbedürftigkeit vorliegt.188 Die mangelnde Schutzbedürftigkeit ergebe sich aus dem Schutzzweck des Gesetzesrechts.189 Wank bezieht sich dabei auf Fälle, in denen nach dem objektiven Erscheinungsbild sowohl eine Qualifikation als Arbeitsvertrag als auch als Selbständigenvertrag in Betracht käme.190 Gleichwohl dürfen an die Schutzbedürftigkeit keine über die Erfordernisse zur freien Willensbildung hinausgehen Anforderungen gestellt werden.191 Kommt es also zum Streit – und nur diese Fälle sind in der Praxis von Bedeutung –, so lassen sich die Grenzfälle mit Hilfe der allgemeinen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast lösen. Anzumerken ist dabei schließlich, dass es kein Prinzip gibt, nach dem im Zweifel für die Arbeitnehmereigenschaft192 oder zugunsten der Arbeitnehmerüberlassung zu entscheiden ist.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes im zweigliedrigen Vertragsverhältnis Nachdem der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang als Ausgangspunkt der Vertragsabgrenzung erörtert wurde, können nun die möglichen Vertragsgestaltungen und deren Qualifikation eingehend beleuchtet werden. Dazu soll zunächst die Rechtslage im zweigliedrigen Rechtsverhältnis erörtert werden. In Kapitel 3 wird hieran anknüpfend auf die Besonderheiten im dreigliedrigen Rechtsverhältnis eingegangen. In der Praxis kommt dem Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit eine große Bedeutung zu. Angesichts der mannigfaltigen tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen an den Fremdpersonaleinsatz hat sich eine Vielzahl an potenziellen Gestaltungsmöglichkeiten herauskristallisiert. Neben den „klassischen“ 188 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 105 ff.; kritisch etwa Maschmann, Arbeitsverträge, S. 231, der jedoch verkennt, dass auch Wank nicht per se eine Abweichung von zwingendem Recht befürwortet, sondern den Parteiwillen bereits auf der Ebene der vorgeordneten Vertragsqualifikation berücksichtigt. Soweit Wank eine Dispositivität annimmt, hält er die Normen aufgrund teleologischer Erwägungen schon nicht für anwendbar. 189 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 110; kritisch Reuter, in: FS Dieterich, S. 473 (482 ff.), der eine Zuordnung der Zwecke als schwierig erachtet. 190 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 106 f. Bei dem von Wank überdies geschilderten Fall in dem Wank einzelne Regelungen trotz eines nach objektiven Merkmalen typologischen Arbeitsverhältnis bei mangelnder Schutzbedürftigkeit im Einzelfall dispositiv sein sollen, geht es indes nicht um die Qualifikationskompetenz, sondern um teleologische Erwägungen bei der Anwendung entsprechender Normen. 191 Das sieht im Ergebnis wohl auch Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 107 so, der zur Bestimmung der mangelnden Schutzbedürftigkeit jedoch auf ein Indizienbündel zurückgreifen möchte. 192 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 105 m. w. N.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Beschäftigungsformen aufgrund von Arbeits-, Werk- bzw. Werklieferungs- oder Dienstverträgen, ist im zweigliedrigen Vertragsverhältnis ferner an Tätigkeiten im Rahmen einer zu bildenden Gesellschaft zu denken. Zudem kann sich die Frage stellen, ob die Regelungskomplexe der arbeitnehmerähnlichen Personen sowie der Heimarbeit zur Anwendung gelangen. Die Fülle an denkbaren Gestaltungsformen und damit einhergehend an Qualifikationsmöglichkeiten hat dazu geführt, dass die Einordnung eines konkreten Rechtsverhältnisses nicht selten einem „Lotteriespiel“193 gleicht. Verstärkt wurde dieses Problem durch neue Arbeitsformen, wie sie auch die agilen Arbeitsmethoden darstellen.194 Zunehmend entfernen sich arbeitsvertragliche Erscheinungsformen vom klassischen Normalarbeitsverhältnis, was eine Abgrenzung zu anderen Vertragstypen nicht selten erschwert. Stets ist dabei zwischen der theoretischen Abgrenzung der Vertragstypologien und der konkreten Qualifizierung eines Rechtsverhältnisses im Einzelfall zu unterscheiden. Während die theoretische Abgrenzung losgelöst vom Einzelfall erfolgt, bedarf es im Rahmen der Identifizierung und Zuordnung des Rechtsverhältnisses stets eines Blickes auf die konkreten Umstände des Einzelfalles. Insoweit sind auch die Besonderheiten der agilen Projektmethoden zu berücksichtigen. Dabei ist es weniger die abstrakte Abgrenzung der Vertragstypen, sondern vielmehr die zutreffende Qualifikation eines Rechtsverhältnisses, die in der praktischen Rechtsanwendung Schwierigkeiten bereitet.195 Hinzu kommt, dass eine vertragliche Einordnung des agilen Arbeitens angesichts der Unschärfen und potenziellen Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis schon nicht möglich ist. Vielmehr ist die konkrete Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses in den Blick zu nehmen. Der Untersuchung wird im Folgenden, soweit nicht anders kenntlich gemacht, die idealtypische, mit dem Agilen Manifest im Einklang stehende,196 agile Arbeitsweise zugrunde gelegt. Gleichwohl soll in gebotenem Umfang unter Kenntlichmachung der Abweichung auf die praxistypischen Abweichungen von der agilen Methodik eingegangen werden.

I. Methodische Grundlegung Das methodische Verständnis ist von grundlegender Bedeutung für die weitere Untersuchung. Zum einen kann das methodische Vorgehen sich wesentlich auf die Ergebnisfindung im Rahmen dieser Untersuchung auswirken. Zum anderen fördert die methodische Grundlegung die Nachvollziehbarkeit der Argumentation im Rahmen dieser Untersuchung. Daher soll das „Gerüst“ dieser Untersuchung – auch zum Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen und zur besseren Nachvoll193

So Böhm, NZA 2016, 528 (529) im Rahmen der parallelen Diskussion im dreigliedrigen Vertragsverhältnis. 194 S. hierzu etwa Söbbing, ITRB 2019, 48 (49). 195 Vgl. auch Maschmann, NZA 2013, 1305 (1306) zur Abgrenzung im dreigliedrigen Vertragsverhältnis. 196 S. hierzu bereits. Kapitel 1 A.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

ziehbarkeit – der rechtlichen Qualifikation der Rechtsverhältnisse vorangestellt werden. 1. Wahl der Rechtsanwendungsmethode Bevor auf die Erscheinungsformen des Fremdpersonaleinsatzes im Rahmen agiler Projektarbeit und deren konkrete Qualifikation eingegangen wird, muss zunächst die der Arbeit zugrunde gelegte Auslegungsmethode begründet werden. Schließlich kann die Wahl der Auslegungsmethode über den Ausgang eines Rechtsstreites entscheiden.197 Neben dem Aspekt der Hermeneutik,198 also dem Verstehen von Text und Sprache, ist insbesondere die kompetenzielle Problematik der Methodenlehre in den Blick zu nehmen.199 Rüthers hat in diesem Kontext den Ausspruch geprägt, wonach Methodenfragen Verfassungsfragen und als solche zugleich Machtfragen seien.200 Die Methodenwahl kann sich auf die Kompetenzverteilung zwischen Legislative und Judikative auswirken201 und bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Argument im Rahmen einer juristischen Entscheidung von Relevanz sein kann.202 Im Kern geht es dabei um den „Dauerbrenner“ der juristischen Methodenlehre,203 den Streitstand zwischen der sog. subjektiven und der sog. objektiven Theorie.204 Vielfach bestimmt nicht die Methode das Ergebnis der Rechtsfindung, sondern das vom Gericht intendierte Ergebnis die Methodenwahl.205 Dies spiegelt sich nicht nur in einer bislang methodisch uneinheitlichen Rechtsprechung,206 sondern auch in der Aussage Hassemers207 wider, wonach in Ermangelung eines klaren Regelwerkes zur Anwendung der Auslegungslehren am Ende eine „Freiheit der Methodenwahl“ bestünde.208 Indes wird zu fragen sein, ob nicht aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben etwas anderes gilt. Zwar existiert in

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Höpfner, RdA 2018, 321. S. zur Rolle der juristischen Hermeneutik Gadamer, Wahrheit und Methode, S. 330 ff. 199 Höpfner, RdA 2018, 321. 200 So ausdrücklich Rüthers, ZRP 2008, 48 (49). 201 Höpfner, RdA 2018, 321. 202 So Höpfner, RdA 2018, 321 m. Verw. a. Wischmeyer, Zwecke im Recht des Verfassungsstaates, S. 357. 203 So Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 60. 204 S. zur Vagheit der Begrifflichkeiten etwa Rüthers, ZRP 2008, 48 (50); Rüthers/Fischer/ Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 796. 205 Rüthers, ZRP 2008, 48 (50). 206 Auf die methodische Inkonsequenz in der Rechtsprechung weisen etwa Höpfner, DÖV 2006, 820 und Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 62 hin. 207 Hassemer, ZRP 2007, 213 (216 f.), war von April 2002 bis Mai 2008 Vizepräsident des BVerfG. 208 S. zum fehlenden Methodengesetz und zur vermeintlichen Freiheit der Methodenwahl Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 704 m. w. N. 198

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Deutschland, anders als in Österreich209 und der Schweiz210, keine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Methode der Gesetzesauslegung.211 Dennoch können aus dem Verfassungsrecht Vorgaben abgeleitet werden.212 Den Ausgangspunkt der Überlegungen stellen die methodischen Grundlagen der objektiven Theorie dar. Vertreter dieser Auslegungsmethode213 gehen davon aus, dass sich das Gesetz mit der Veröffentlichung gewissermaßen vom Gesetzgeber verselbständige und der Wille des historischen Gesetzgebers daher seiner Bedeutung zumindest teilweise beraubt werde.214 Ziel der Auslegung sei es also nicht, den Willen des Gesetzgebers zu ermitteln, sondern gewissermaßen den „Willen des Gesetzes“.215 Teilweise wurde gar postuliert, dass „das Gesetz klüger als sein Gesetzgeber“ sei.216 Dem wird zu Recht entgegengehalten, dass das Gesetz keine eigene Intelligenz besitzen kann217 und diese These lediglich der Tarnung richterlicher Normsetzung unter dem Deckmantel scheinbar wissenschaftlicher Auslegungsmethoden218 dient. Zudem entscheidet in einer Demokratie nicht der Klügere, sondern der demokratisch legitimierte Gesetzgeber.219 Die Behauptung eines eigenen Willens des Gesetzes ist vielmehr ein juristisches Märchen.220 Die objektive Auslegung stellt 209 Art. 6 ABGB: „Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer Verstand beygelegt werden, als welcher aus der eigenthümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.“; s. auch Art. 7 ABGB. 210 Art. 1 ZGB: „Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde. Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung“. 211 Kritisch im Hinblick auf die begrenzte Aussagekraft Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 79 f. 212 Höpfner, RdA 2018, 321; s. hierzu umfassend Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 704 ff. 213 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 428 ff., 436; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 332; s. zu den Begründern der Theorie und ihren historischen Hauptvertretern Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 797. 214 Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 135; Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 69; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 797; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 32, 67 ff.; ders., AuR 2017, 140 (141). 215 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 69; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 797; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 32. 216 So schon Thöl, Einleitung in das deutsche Privatrecht, S. 150; Binding, Handbuch des Strafrechts, S. 454; in diesem Sinne auch Hirsch, ZRP 2006, 161; ders., ZIP 2002, 501; Radbruch, Rechtsphilosophie, 8. Auflage, S. 207; vgl. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 316 ff. 217 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 73; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 797. 218 Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1 (7); Höpfner, DÖV 2006, 820 (821). 219 Neuner, Die Rechtsfindung contra legem, S. 110. 220 So Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1 (7); Rüthers, ZRP 2008, 48 (51).

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daher die Suche nach etwas nicht Vorhandenem, einem Phantom dar.221 Da der objektive Wille des Gesetzes durch den jeweiligen Interpreten bestimmt wird,222 würde aus objektiver Auslegung schlichtweg subjektive „Einlegung“.223 Rüthers stellt in diesem Kontext unter Verweis auf Karl Doehring fest, dass somit die letztinstanzlichen Gerichte zu „Obergesetzgebern“ würden.224 Demgegenüber erforschen die Vertreter der subjektiven Theorie im Ausgangspunkt den Regelungswillen des Gesetzgebers.225 Hierzu ist eine historische Gebotsund Normzweckforschung anzustellen.226 Es ist also der entstehungszeitliche Zweck zu ermitteln. Im Rahmen der Rechtsanwendung ist dieser sodann in einem zweiten Schritt daraufhin zu überprüfen, ob er im Anwendungszeitpunkt noch Verbindlichkeit beansprucht.227 Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Normzweck, soweit er synonym zum Willen des Gesetzgebers verstanden wird, nicht nur das rechtspolitische Regelungsziel, sondern auch die Mittel zur Realisierung insoweit umfasst, als der Gesetzgeber diese verbindlich festgelegt hat.228 Der Normzweck umfasst nicht nur den Zweck im engeren Sinne, sondern zugleich auch den Norminhalt bzw. die konkrete Normvorstellung229 des Gesetzgebers.230 Angesichts dieses mehrschrittigen Vorgehens geht die Kritik an der subjektiven Methode fehl, die dieser vorwirft, angesichts der historischen Betrachtung zur Versteinerung des Gesetzes beizutragen.231 Ergibt eine Überprüfung des Normzwecks, dass dieser im Anwendungszeitpunkt nicht mehr verbindlich ist, so wird nach der hier vertretenen Auffassung lediglich die Grenze von der Auslegung zur Rechtsfortbildung überschritten.232 Der Gesetzestext enthalte und transportiere hiernach ausschließlich den Regelungswillen des Gesetzgebers als Normsetzer.233 Philipp Heck zeichnet insoweit treffend das Bild vom Richter als „Diener des Gesetzes“.234

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Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 797. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 797. 223 So Rüthers, ZRP 2008, 48 (50); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 797. 224 Rüthers, ZRP 2008, 48 (50). 225 So schon v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, S. 213; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, S. 56 f.; Heck, AcP 112 (1914), 1, 59 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 730c; Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1 (7). 226 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 796. 227 Höpfner, RdA 2018, 321 (328 f.). 228 Höpfner, RdA 2018, 321 (327); ders., NZA 2011, 893 (897). 229 So Höpfner, RdA 2018, 321 (329). 230 Zur Terminologie kritisch Höpfner/Schneck, AL 2020, 201 (204). 231 S. zur Kritik an der subjektiven Methode etwa Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6 Rn. 66 m. w. N. 232 S. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 730d. 233 Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1 (7). 222

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Die Anwendung der subjektiven Auslegungsmethode liegt insbesondere aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben nahe. Wie sich bereits gezeigt hat, existiert in Deutschland keine ausdrückliche Vorgabe zur Methode der Gesetzesauslegung. Dennoch lassen sich der Verfassung in Form des Demokratieprinzips, des Rechtsstaatsprinzips, der Gewaltenteilung sowie der Gesetzesbindung zentrale Vorgaben entnehmen, welche für die Methodenwahl von entscheidender Bedeutung sind.235 Den Ausgangspunkt dieser Überlegung stellt Art. 20 Abs. 2 GG dar, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Die richterliche Unabhängigkeit, Art. 97 Abs. 1 GG, lässt sich nur mit dem Demokratieprinzip vereinbaren, weil der Richter zugleich „dem Gesetze unterworfen“ ist, also dem Rechtsetzungsakt der einzig unmittelbar demokratisch legitimierten Staatsgewalt.236 Vergleichbar verhält es sich mit dem Gewaltenteilungsprinzip, welches eine Zuständigkeitsverteilung zwischen den drei Staatsgewalten verlangt, die wiederum die gegenseitige Unabhängigkeit237 und Bindung238 miteinander verknüpft.239 Die richterliche Gesetzesbindung ist daher unerlässlich für die Gewaltenteilung und das Demokratieprinzip.240 Dennoch stellt sich zugleich die Frage, wie die Gesetzesbindung zu präzisieren ist.241 Denn während das Grundgesetz die Gerichte in Art. 20 Abs. 3 GG an „Gesetz und Recht“ bindet, gilt dies nach Art. 97 Abs. 1 GG zumindest terminologisch lediglich für die Bindung an das „Gesetz“. Um mithin verstehen zu können, was der Verfassungsgeber mit den unterschiedlichen Formulierungen gemeint hat, muss der Rechtsanwender „eine Methode anwenden, deren verfassungsrechtlichen Kerngehalt er gerade sucht“.242 Hierzu können auch die historischen Erwägungen zur Vorläufervorschrift fruchtbar gemacht werden.243 Ein Blick in die Materialien belegt, dass es sich bei der Änderung der Formulierung „Gesetz“ hin zu „Gesetz und Recht“ um eine bloße redaktionelle 234 Heck, AcP 112 (1914), 1 (20). Vgl. jedoch auch das Bild, das der frühere Präsident des BGH Günter Hirsch, ZRP 2006, 161 zeichnet: „Im Konfliktfall hat der Richter seine Entscheidung am (überpositiven) Recht auszurichten, der Positivismus als bedingungsloser Gehorsam gegenüber dem Gesetz ist überwunden. Deshalb entspricht das Bild vom Herrn und Diener nicht mehr unserer Verfassungswirklichkeit. Sucht man ein Bild, so passt meines Erachtens am ehesten das des Pianisten und Komponisten für das Verhältnis des Richters zum Gesetzgeber. Er interpretiert die Vorgaben, mehr oder weniger virtuos, er hat Spielräume, darf aber das Stück nicht verfälschen.“ 235 Höpfner, RdA 2018, 321; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 707 f. 236 So Höpfner, RdA 2018, 321 (322); Voßkuhle/Osterloh/Di Fabio, abw. Meinung zum Urteil v. 15. 01. 2009 – 2 BvR 2044/07, NJW 2009, 1469. 237 S. Art. 38 Abs. 1 S. 2, 97 Abs. 1 GG. 238 S. Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG, § 31 BVerfGG. 239 Höpfner, RdA 2018, 321 (322). 240 Voßkuhle/Osterloh/Di Fabio, abw. Meinung zum Urteil v. 15. 01. 2009 – 2 BvR 2044/07, NJW 2009, 1469; Höpfner, RdA 2018, 321 (322). 241 Höpfner, RdA 2018, 321 (322); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 710. 242 So ausdrücklich Höpfner, RdA 2018, 321 (322); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 710 f. 243 S. hierzu Höpfner, RdA 2018, 321 (322).

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Änderung handelt, die keinen sachlichen Unterschied bezwecken sollte.244 Die Formel „Gesetz und Recht“ ist mithin eine Tautologie.245 Es bleibt dabei, dass der Richter an das „Gesetz“ gebunden ist. Möchte man daher kompetenzrechtlich den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht werden, so muss der Wille des Gesetzgebers in den Fokus gerückt werden. Dies deckt sich im Übrigen auch mit der teilweise vertretenen Ansicht, der Existenzgrund einer Norm sei nicht im Rechtstext, sondern im Normsetzungsakt als historischer Handlung zu sehen.246 Daher müsse der Rechtsanwender die Normsetzung als Handlung rekonstruieren, um so Rückschlüsse auf den Willen des Normgebers ziehen zu können.247 Auch wenn sich die Rechtsprechung in methodischer Hinsicht nicht gerade eines konsistenten methodischen Ansatzes berühmen kann, so scheint sich dennoch eine akzentuierte Verschiebung zugunsten der subjektiven Theorie abzuzeichnen.248 Der Beginn dieser methodischen Verschiebung ist in dem Sondervotum der Senatsmitglieder des Zweiten Senats Voßkuhle, Osterloh und Di Fabio249 zu sehen.250 Dort heißt es: „Im Zusammenwirken zwischen Legislative und Judikative gebührt dem demokratischen, unmittelbar legitimierten Gesetzgeber vielmehr der Vorrang.251 […] Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, so darf der Richter diese nicht auf Grund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen, die so im Parlament nicht erreichbar gewesen wäre.“252 Diese Auffassung fand in der Folgezeit in beiden Senaten Anklang. Auch der Erste Senat rekurrierte in seinem Beschluss vom 25. 01. 2011253 auf den Willen des Gesetzgebers und übernahm Ausführungen aus dem Sondervotum teilweise

244 Schmid, in: Parlamentarischer Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses, 1948/49, S. 41, 46; v. Mangoldt, in: Parlamentarischer Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses, 1948/ 49, S. 47; s. auch Hillgruber, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 97 Rn. 32 ff.; ders., JZ 2008, 745 (746 f.). 245 Hillgruber, JZ 2008, 745 (747); Höpfner, RdA 2018, 321 (322). 246 Michl, Unionsgrundrechte aus der Hand des Gesetzgebers, S. 31 ff. 247 Michl, Unionsgrundrechte aus der Hand des Gesetzgebers, S. 31 f. 248 S. hierzu umfassend Höpfner, RdA 2018, 321 (322 ff.), der eine Neuausrichtung des BVerfG in Methodenfragen ausmacht; ähnlich auch Wank, Anmerkung zu BVerfG v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14, AP TzBfG § 14 Nr. 170; jedenfalls einen Positionswechsel unter Aufwertung des gesetzgeberischen Willens sieht Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 86 ff. 249 Voßkuhle/Osterloh/Di Fabio, abw. Meinung zum Urteil v. 15. 01. 2009 – 2 BvR 2044/07, NJW 2009, 1469. 250 Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 87; Höpfner, RdA 2018, 321 (322 ff.). 251 Voßkuhle/Osterloh/Di Fabio, abw. Meinung zum Urteil v. 15. 01. 2009 – 2 BvR 2044/07, NJW 2009, 1469, Rn. 96. 252 Voßkuhle/Osterloh/Di Fabio, abw. Meinung zum Urteil v. 15. 01. 2009 – 2 BvR 2044/07, NJW 2009, 1469, Rn. 97; s. hierzu auch Höpfner, RdA 2018, 321 (323), der dies als Entgegnung auf die Aussagen des vormaligen Präsidenten des BGH Günter Hirsch auffasst. 253 BVerfG, Beschl. v. 25. 01. 2011 – 1 BvR 918/10, NJW 2011, 836.

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wörtlich.254 Selbiges galt für die „Macrotron“-Entscheidung255 des Ersten Senats vom 11. 07. 2012.256 Mit Entscheidungen vom 26. 09. 2011,257 vom 19. 03. 2013258 und vom 19. 05. 2015259 fügte sich der Zweite Senat in die methodisch jedenfalls neu akzentuierte Linie ein.260 Zwar heißt es in der Entscheidung vom 19. 03. 2013, dass für die Auslegung von Gesetzen „der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers“, was zwar terminologisch nicht prima facie, in der Sache jedoch gleichwohl einer objektiven Betrachtung nahekommt, maßgeblich sei,261 doch wird zugleich darauf verwiesen, dass es die Aufgabe des Richters sei, die „intendierte Regelungskonzeption“ des Gesetzgebers auch unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen. Den Gesetzgebungsmaterialien und der Systematik kommen nach Ansicht des BVerfG eine nicht unerhebliche Indizwirkung zur Feststellung des gesetzgeberischen Regelungskonzeptes zu.262 Die bislang letzten Entscheidungen in dieser Deutlichkeit stellen der Vorbeschäftigungsbeschluss des BVerfG vom 06. 06. 2018263 und die Entscheidung zur Aufwandspauschale bei der Prüfung von Krankenhausabrechnungen vom 26. 11. 2018264 dar. Dort heißt es explizit: „Die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) Rechnung. Das Gesetz bezieht seine Geltungskraft aus der demokratischen Legitimation des Gesetzgebers, dessen artikulierter Wille den Inhalt des Gesetzes daher mitbestimmt. Jedenfalls darf der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht übergangen oder verfälscht werden. So verwirklicht sich auch die in Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 97 Abs. 1 GG vorgegebene Bindung der Gerichte an das ,Gesetz‘, denn dies ist eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck ge-

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Höpfner, RdA 2018, 321 (323 f.); Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 87. BVerfG v. 11. 07. 2012 @ 1 BvR 3142/07 u. a.; so zur Methodik später auch BVerfG v. 23. 05. 2016 – 1 BvR 2230/15 u. a., NJW-RR 2016, 1366. 256 Höpfner, RdA 2018, 321 (324). 257 BVerfG v. 26. 09. 2011 @ 2 BvR 2216/06 u. a., NJW 2012, 669 (2. Kammer des Zweiten Senats). 258 BVerfG v. 19. 03. 2013 – 2 BvR 2628/10 u. a., NJW 2013, 1058; s. hierzu Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 87. 259 BVerfG v. 19. 05. 2015 – 2 BvR 1170/14, BeckRS 2015, 13474 (3. Kammer des Zweiten Senats). 260 S. hierzu Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 87; Höpfner, RdA 2018, 321 (324); Würdinger, JuS 2016, 1 (4). 261 BVerfG v. 19. 03. 2013 – 2 BvR 2628/10 u. a., NJW 2013, 1058, Rn. 66. 262 BVerfG v. 19. 03. 2013 – 2 BvR 2628/10 u. a., NJW 2013, 1058, Rn. 66. 263 BVerfG v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14 u. a., NZA 2018, 774; s. hierzu umfassend Höpfner, RdA 2018, 321 (324 ff.). 264 BVerfG v. 26. 11. 2018 – 1 BvR 318/17 u. a., NJW 2019, 351. 255

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brachte demokratische Entscheidung des Gesetzgebers, dessen Erwägungen zumindest teilweise in den Materialien dokumentiert sind.“265 Durchbrochen wird diese methodische Neuausrichtung jedoch durch die Entscheidung des Zweiten Senats vom 30. 07. 2019 zur Europäischen Bankenunion.266 Losgelöst von den teleologischen Erwägungen267 wird dort der historischen Auslegung nicht nur wenig Aussagekraft beigemessen, sondern lapidar festgestellt, dass die historische Auslegung dem gefundenen Ergebnis nicht widerspreche.268 Richtigerweise ist im Hinblick auf die teleologischen Erwägungen bereits zwischen den Auslegungsmitteln und dem Auslegungsziel zu differenzieren.269 Die Ermittlung und Verwirklichung des Normzwecks270 („Telos“) ist gerade das Ziel der Auslegung. Als Auslegungsmittel kann dieser daher nicht dienen.271 Andernfalls läge eine zirkuläre Auslegung vor, die als Einfallstor für die „Einlegung“ des Rechtsanwenders dienen könnte.272 Dabei handelt es sich bei den vom BVerfG angestellten teleologischen Erwägungen auch nicht um eine, auf dem inneren System basierende Argumentation, die sich teilweise hinter vermeintlich teleologischen Erwägungen verbirgt.273 Angesichts der jüngsten Entscheidung bleibt daher abzuwarten, ob sich tatsächlich eine konsistente methodische Neuausrichtung des BVerfG attestieren lässt. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei den Entscheidungen, die auf eine engere Gesetzesbindung haben schließen lassen, lediglich um ein „Strohfeuer“ gehandelt hat oder ob die Entscheidung zur Bankenunion als Rückfall in vergangene Muster verstanden werden muss. Aufgrund der vorgezeichneten verfassungsrechtlichen Vorgaben wird der Arbeit aufgrund der vorgenannten Argumente die subjektive Auslegungsmethode zugrunde gelegt.

265 BVerfG v. 26. 11. 2018 – 1 BvR 318/17 u. a., NJW 2019, 351, Rn. 31; v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14 u. a., NZA 2018, 774, Rn. 75; jüngst auch BGH v. 31. 03. 2020 – XI ZR 198/19, WM 2020, 838, Rn. 11. 266 BVerfG v. 30. 7. 2019 – 2 BvR 1685/14 u. a., NJW 2019, 3204. 267 BVerfG v. 30. 7. 2019 – 2 BvR 1685/14 u. a., NJW 2019, 3204, Rn. 169. 268 S. BVerfG v. 30. 7. 2019 – 2 BvR 1685/14 u. a., NJW 2019, 3204, Rn. 170. 269 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 725 ff. 270 Zum Normzweck als gesetzlichem Bewertungsmaßstab s. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 4 Rn. 136. 271 Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1 (7); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 725 ff. 272 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 726, 730a. 273 Zu diesem Aspekt s. Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1 (7 f.).

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2. Wortlautgrenze In engem Zusammenhang damit steht die Frage nach der Wortlautgrenze bei der Auslegung.274 Teilweise wird im Sinne der Andeutungstheorie275 vertreten, dass bei unklarem oder mehrdeutigem Wortlaut einer Norm nur solche Auslegungsergebnisse zulässig seien, die im Wortlaut zumindest ihre Andeutung finden.276 Dies wird heutzutage kaum noch vertreten, da ein solcher Buchstabengehorsam des Richters nicht nur aufgrund von Redaktionsversehen kaum der Rechtsfindung zuträglich wäre.277 Nicht nur in seinem Vorbeschäftigungsbeschluss vom 06. 06. 2018 hat das BVerfG zur Wortlautgrenze Stellung bezogen. So heißt es seitens des BVerfG etwa: „Dabei umreißt die Auffassung, ein Richter verletze seine Gesetzesbindung gem. Art. 20 Abs. 3 GG durch jede Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben ist, die Aufgabe der Rechtsprechung zu eng. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte, ,nach Gesetz und Recht‘ zu entscheiden. Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung nicht vor. Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze. Zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gehört auch die teleologische Reduktion.“278 Auch im Vorbeschäftigungsbeschluss vom 06. 06. 2018 und dem Beschluss vom 26. 11. 2018 wird die Bedeutung des Wortlauts relativiert. Diesem kommt neben der Systematik und dem Gesetzeswortlaut lediglich eine Indizwirkung zur Feststellung des gesetzgeberischen Regelungskonzeptes zu.279 Soweit von der „Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte demokratische Entscheidung des Gesetzgebers“ gesprochen wird, steckt hierin kein Verweis auf die Andeutungstheorie, da zugleich die Präzisierung nachfolgt, wonach die Entscheidung des Gesetzgebers „zumindest teilweise in den Materialien dokumentiert“ sein muss.280 Ohnehin ist anzumerken, dass selbst Vertreter der Andeutungstheorie diese nur noch eingeschränkt aufrechterhalten. Auch danach stellt der Normtext keine zwingende Grenze der Rechtsanwendung dar, sondern nur die Grenze der Auslegung.281 Jenseits des Wortlauts kommt hiernach eine Rechtsfortbildung in Betracht, mit der man indes zum gleichen Ergebnis kommt wie die Gegner der Andeutungstheorie im Wege der Auslegung. Eine strenge Andeutungstheorie, die gar eine solche Rechtsfortbildung 274

S. hierzu etwa Höpfner, RdA 2018, 321 (324 f.); relevant wird die Wortlautgrenze etwa bei der Frage, ob über den Wortlaut hinaus eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Heimarbeiter gefordert werden muss, s. hierzu Kapitel 2 D. II. 7. 275 S. hierzu Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 734 ff. 276 S. etwa die Nachweise bei Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 734. 277 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 735. 278 BVerfG v. 23. 5. 2016 – 1 BvR 2230/15 u. a., NJW-RR 2016, 1366, Rn. 50 m. w. N.; v. 26. 09. 2011 @ 2 BvR 2216/06, NJW 2012, 669, Rn. 57. 279 BVerfG v. 26. 11. 2018 – 1 BvR 318/17 u. a., NJW 2019, 351; v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/ 14 u. a., NZA 2018, 774, Rn. 74; s. zur Wortlautgrenze Höpfner, RdA 2018, 321 (325). 280 BVerfG v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14 u. a., NZA 2018, 774, Rn. 75; s. hierzu Höpfner, RdA 2018, 321 (325). 281 Höpfner, RdA 2018, 321 (325); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 736.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

für unzulässig halten würde, wird heute nicht mehr vertreten.282 Die Kontroverse bleibt damit für das Ergebnis ohne Belang. In Übereinstimmung mit dem Senatsbeschluss vom 06. 06. 2018 ist zudem nicht von der Wortlautgrenze als Grenze der Rechtsfortbildung auszugehen. Während bislang in der Rechtsprechung noch Wortlaut und Wille des Gesetzgebers kumulativ die Grenze der Rechtsfortbildung bildeten, relativierte der Erste Senat die Funktion des Normtextes dergestalt, dass diesem lediglich eine Indizwirkung zur Feststellung des bindenden gesetzgeberischen Regelungskonzepts zukommt.283 Überdies ist eine Abweichung vom Gesetzeswortlaut bereits dann mittels teleologischer Reduktion möglich, wenn sich diese „auf den Willen des Gesetzgebers stützt“284.285 Überzeugend ist insoweit auch die Verortung der teleologischen Reduktion im Rahmen der Auslegung und nicht bei der Rechtsfortbildung, da es sich bei dieser lediglich um eine Korrektur des Normtextes in Übereinstimmung mit dem Normzweck und nicht um eine Korrektur des Gesetzes oder die Ausfüllung einer Lücke handelt.286 Der Richter als Rechtsanwender korrigiert also lediglich unter Wahrung der gesetzgeberischen Regelungsabsicht den misslungenen Normtext.287 3. Relevanz der Gesetzgebungsmaterialien Besonders erhellend für die Ermittlung des historischen Normzwecks kann die historische Auslegung in Gestalt der Gesetzgebungsmaterialien sein. Zwar stammen die Begründungen nicht von „dem“ Gesetzgeber, sondern von Ministerialbeamten.288 Dennoch können der Begründung des Regierungsentwurfes gewichtige Indizien entnommen werden, welche auf den gesetzgeberischen Willen schließen lassen. Dies gilt ebenso für Berichte und Beschlussempfehlungen der Ausschüsse.289 Im Sinne der Paktentheorie290 kann dem Organ der Gesetzgebung der normative Wille, welchen die Verfasser dieser Materialien haben erkennen lassen,

282

Höpfner, RdA 2018, 321 (325). BVerfG v. 06. 06. 2018 – 1 BvL 7/14 u. a., NZA 2018, 774, Rn. 74; s. hierzu Höpfner, RdA 2018, 321 (325). 284 BVerfG v. 26. 09. 2011 – 2 BvR 2216/06, NJW 2012, 669 Rn. 57; in diesem Sinne BVerfG v. 23. 05. 2016 – 1 BvR 2230/15 u. a., NJW-RR 2016, 1366 Rn. 50. 285 Höpfner, RdA 2018, 321 (328). 286 Höpfner, RdA 2018, 321 (328); zur teleologischen Reduktion im Lückenbereich s. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 23 Rn. 902. 287 Höpfner, RdA 2018, 321 (328); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 903. 288 S. hierzu Seibert, in: Fleischer, Mysterium „Gesetzesmaterialien“, S. 111 (124). 289 Höpfner, RdA 2018, 321 (327) m. Verw. a. Seibert, in: Fleischer, Mysterium „Gesetzesmaterialien“, S. 111 (124), wonach die Ministerialbeamten häufig auch den Ausschussbericht vorbereiten. 290 Zum Meinungsstand s. Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 51 ff. m. w. N. 283

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zugerechnet werden.291 Das Parlament als Organ, das bei der Beratung und Beschlussfassung keinen eigenen natürlichen „Willen“ bilden kann, billigt durch die Verabschiedung des Gesetzes den in den Materialien zum Ausdruck kommenden Willen der Verfasser.292 Dies legitimiert wiederum die Zurechnung zum Organ „Gesetzgeber“.293 Sofern der Zurechnung teilweise entgegengehalten wird, es handele sich bei den Verfassern des Gesetzestextes oder den Mitgliedern der beratenden Kommissionen und Ausschüsse nicht um „den Gesetzgeber“ und es fehle insoweit an der Willensübereinstimmung der letztlich entscheidenden Gesetzgebungsorgane mit der konkreten Vorstellung der sonst Beteiligten,294 so lässt sich dem entgegenhalten, dass es sich bei einem Gesetzgebungsverfahren um einen arbeitsteiligen Prozess handelt. Schon deshalb kann es nicht auf die Kenntnis einzelner Beteiligter ankommen. Gegenstand des Abstimmungsprozesses ist vielmehr das konkrete Gesetz in seiner im Gesetzgebungsverfahren herausgebildeten Form, die durch die Gesetzgebungsmaterialien erläutert wird. Wie Frieling zutreffend feststellt, bezieht sich hierauf maßgeblich der Erklärungswert der Abstimmung.295 Auch der Einwand, dass nur der Gesetzeswortlaut, nicht aber die Materialien in Gesetzeskraft erwachsen, kann nicht überzeugen. Die historische Analyse unter Heranziehung der Paktentheorie stellt nämlich – neben Wortlaut und Systematik des Gesetzes – lediglich ein Mittel zur Erforschung des Norminhalts dar. Eine Bindung des Rechtsanwenders an die Materialien als solche geht damit noch nicht einher.296 4. Konkrete Normvorstellung Beim Rückgriff auf die Gesetzgebungsmaterialien stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit konkrete Normvorstellungen zu berücksichtigen sind. Gemeint sind damit Äußerungen des Gesetzgebers zur konkreten Bedeutung einzelner Wörter oder Formulierungen der auszulegenden Regelung. Anhand dieser Äußerungen lässt sich erkennen, welche konkrete Bedeutung der Gesetzesverfasser dem Wortlaut beimisst.297 Vereinzelt wird dies in Rechtsprechung298 und Literatur299 kritisch beäugt.300 291 Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 431 f.; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 142; Fleischer, AcP 211 (2011), 317 (330); Höpfner, RdA 2018, 321 (327); s. auch Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 167 f., der auf ein zweiteiliges Zurechnungserfordernis verweist; kritisch dagegen Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 329. 292 So Fleischer, AcP 211 (2011), 317 (330) m. w. N.; differenzierend Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 328 ff. 293 Zu diesem Ergebnis kommt man letztlich auch, wenn man wie Michl, Unionsgrundrechte aus der Hand des Gesetzgebers, S. 31 ff. eine Handlungsrekonstruktion des Normsetzungsaktes vornimmt und den Existenzgrund der Norm in der historischen Handlung sieht. 294 So etwa Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 329. 295 Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 147, 152. 296 Zu dem Einwand und dessen Entkräftung s. Höpfner, RdA 2018, 321 (327) m. w. N. 297 So ausdrücklich Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 106. 298 BSG v. 17. 08. 2000 – B 10 LW 12/99 R, BeckRS 2001, 40461, Rn. 31. 299 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 329 ff., 387.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

So merkt das BSG in einer Entscheidung vom 17. 08. 2000 unter Bezugnahme auf die ebenfalls kritischen Ausführungen von Larenz an, dass die in den Materialien dargestellte konkrete Normvorstellung der Verfasser des Gesetzestextes bzw. der Ausschuss- oder Kommissionsmitglieder weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit von dem Gesetzgeber stamme. Ihre Vorstellungen seien wichtig, stellten aber keine bindende Richtschnur für die Auslegung dar. Die Rechtsprechung gehe vielmehr davon aus, dass für die Auslegung der in der Gesetzesbestimmung zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend sei, so wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergebe. Nicht entscheidend sei die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe.301 Ähnlich sieht dies Larenz302 und verweist darauf, dass als „Wille des Gesetzgebers“ lediglich die zutage tretende Grundabsicht des Gesetzgebers und diejenigen Vorstellungen, die in den Beratungen der beschließenden gesetzlichen Körperschaft oder ihrer zuständigen Ausschüsse zum Ausdruck gebracht und ohne Widerspruch blieben, zu berücksichtigen seien. Konkrete Normvorstellungen im obigen Sinn könne man zwar am ehesten bei den Verfassern des Gesetzestextes sowie den Mitgliedern der beratenden Kommissionen erwarten. Diese seien jedoch weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit als der Gesetzgeber anzusehen. Einschränkend weist Larenz darauf hin, dass auch ihre Meinung von erheblichem Wert für die Auslegung sei, da davon auszugehen sei, dass die Mitglieder sich Gedanken über die konkrete Ausgestaltung gemacht hätten, um so der Regelungsabsicht des Gesetzgebers möglichst nahe zu kommen.303 Diese Zeugnisse seien wiederum selbst zu interpretieren. Dies habe vor dem Hintergrund des damaligen Sprachverständnisses und der damaligen Lehre und Rechtsprechung zu erfolgen, soweit die Verfasser des Gesetzes diese ausdrücklich übernehmen wollten oder von dieser maßgeblich beeinflusst wurden.304 In der Sache ist auch die Relevanz konkreter Normvorstellungen mit der Frage verknüpft, ob als Auslegungsziel der „objektivierte Wille des Gesetzgebers“, also nichts anderes als ein objektiver Wille des Gesetzes, oder aber im Sinne der subjektiven Theorie der „Wille des Gesetzgebers“ unter Rückgriff auf die Paktentheorie erforscht wird. Da dies bereits positiv zugunsten letzterem bejaht wurde, kann zur Erforschung des historischen Gesetzgeberwillens auch positiv auf die konkrete Normvorstellung der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten zurückgegriffen werden.305 Die in den Materialien getätigten konkreten Normvorstellungen können daher aufzeigen, welche Bedeutung den einzelnen Bestandteilen des Normtextes im

300 301 302 303 304 305

S. hierzu Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 106 ff., 152, 169, 213. BSG v. 17. 08. 2000 – B 10 LW 12/99 R, BeckRS 2001, 40461, Rn. 31. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 329 ff., 387. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 329. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 330. Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 152, 213.

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Gesetzgebungsverfahren und damit letztlich auch durch den Gesetzgeber beigemessen wurde.306

II. Dogmatik der vertragstypologischen Einordnung Neben der methodischen Grundlegung ist ferner die Dogmatik der vertragstypologischen Einordnung in den Blick zu nehmen. Auch die Dogmatik wirkt sich auf die vertragstypologische Einordnung aus. Ein nachvollziehbares Ergebnis kann nur dann erreicht werden, wenn der Qualifikationsvorgang auf ein rationales dogmatisches Vorgehen gestützt wird. 1. Prüfungsstruktur In der Literatur307 hat sich weitgehend ein dreistufiges Abgrenzungsschema etabliert. Nach diesem klassischen Ansatz wird auf der ersten Stufe zunächst ein privatrechtlicher Vertrag308 verlangt. Auf der zweiten Stufe erfolgt die Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstvertrag. Wird ein Werkvertrag bejaht, so kommt ein Arbeitsvertrag nicht mehr in Betracht.309 Wird demgegenüber ein Dienstvertrag angenommen, so schließt sich auf der dritten Stufe die Frage an, ob zudem eine persönliche Abhängigkeit und somit ein Arbeitsvertrag als Unterfall des Dienstvertrages310 vorliegt. Auch wenn eine entsprechende Abgrenzung auf den ersten Blick logisch und nachvollziehbar erscheint, so zeigt sich doch, dass ein solches Vorgehen nur im Rahmen der abstrakten Vertragstypenabgrenzung geeignet ist. Auf der Ebene der konkreten Vertragstypeneinordnung führt gerade dieser Dreischritt zu erheblichen Qualifikationsschwierigkeiten. Während die erste Stufe, die Qualifikation anhand des privatrechtlichen Vertrages, noch keine Probleme aufwirft, zeigen sich diese bereits auf zweiter Stufe. Die Identifikation von Werk- und Dienstvertrag richtet sich maßgeblich nach dem Ver306

Frieling, Gesetzesmaterialien, S. 213. Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht Rn. 39 ff.; Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 118; Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, Rn. 534 ff.; Kreuder, AuR 1996, 386 (390); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 113; Riesenhuber, JuS 2018, 103 (104); Uffmann, NZA-Beilage 2016, 5 (11); Waltermann, Arbeitsrecht, Rn. 57; differenzierend Preis/Temming, Individualarbeitsrecht, Rn. 153, die nachrangig wiederum die persönliche Abhängigkeit in Abgrenzung zum Werkund Dienstvertrag prüfen wollen; anders hingegen Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 203 ff.; so wohl auch Weber, Rotkreuzschwester, S. 27 – 64. 308 S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. b). 309 Kreuder, AuR 1996, 386 (390); wohl auch Riesenhuber, JuS 2018, 103 (104); anders wohl Preis/Temming, Individualarbeitsrecht, Rn. 153. 310 S. etwa Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht Rn. 49; Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, Rn. 534; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 134 f.; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 112 m. w. N. 307

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

sprechen eines Erfolges.311 Beim Werkvertrag wird ein „Werk“, beim Dienstvertrag ein „Wirken“ geschuldet.312 Schon die Terminologie suggeriert jedoch, dass mit dem „Wirken“ eine „Wirkung“ und damit ein „Werk“ einhergeht.313 Wie sich § 631 Abs. 2 BGB entnehmen lässt, kann der Gegenstand des Werkvertrages zudem sowohl in der Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch in einem anderen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg zu sehen sein. Hier zeigt sich wiederum die Nähe zum Dienstvertrag, denn auch der Gläubiger eines Dienstvertrages bezweckt mit dem Abschluss eines solchen stets die Erreichung eines zumeist wirtschaftlichen Erfolges.314 Insoweit kann der Dienstvertrag auch als „erfolgsgerichtet“ oder „erfolgsorientiert“ bezeichnet werden.315 Teilweise wird insoweit mit Blick auf erfolgsbezogene Vergütungsmodelle gar von der „Werkvertraglichung“ des Dienstvertrages gesprochen.316 Mit jedem Erfolg geht spiegelbildlich ein vorangehendes Wirken durch Arbeit oder Dienstleistung einher, sodass eine besondere Nähe des Werkvertrages zum Dienstvertrag im Allgemeinen und zum Arbeitsvertrag im Besonderen besteht. Zu Qualifikationsschwierigkeiten kommt es insbesondere in den Fällen, in denen sich das konkrete Resultat der Dienstverpflichtung erst durch eine oder mehrere zeitlich nachfolgende Konkretisierungen einstellt. Zu denken sei etwa an eine Aneinanderreihung mehrerer „atomisierter“317 Klein- und Kleinstprojekte auf Werkvertragsbasis, durch welche nicht zuletzt kritische Weisungen vermieden werden sollen.318 In diesem Kontext können zudem projektbezogene Weisungen nach § 645 Abs. 1 BGB, wie sie nicht nur bei Werk-, sondern auch bei Dienstverträgen anerkannt sind, von Bedeutung sein. Sichtbar wird dies bei agilen Projektmethoden wie Scrum, die im Rahmen der Sprints auf einen iterativen und inkrementellen Ansatz setzen. Gerade eine Qualifikation entsprechend der Abgrenzung auf sekundärer Ebene, die sich maßgeblich nach dem noch zu konkretisierenden Werkerfolg richten würde, führt zu erheblichen Schwierigkeiten, da von außen betrachtet kaum sichtbar wird, ob ein über die bloße Tätigkeit hinausgehender Erfolg geschuldet wird. Dies ist nicht zuletzt auf die Nähe zur personenbezogenen, arbeitsrechtlichen Weisungsgebun311

Tillmanns, Strukturfragen, S. 15 m. w. N. So schon von Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 591 f.; s. hierzu Maschmann, Arbeitsverträge, S. 117. 313 Tillmanns, Strukturfragen, S. 15; in diesem Sinne schon Nikisch, Grundformen des Arbeitsvertrages, S. 52; Weber, Die Unterscheidung von Dienstvertrag und Werkvertrag, S. 43 ff. 314 Greiner, AcP 211 (2011), 221 (224). 315 Tillmanns, Strukturfragen, S. 44 m. w. N.; s. auch von Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 591, der von „zweckbestimmt“ spricht. 316 Hanau, in: FS Konzen, S. 233 (262). 317 So Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 20; Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 252; ders., in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 210; ders., NZA-Beilage 2014, 3 (8); Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 62; Timmermann, BB 2012, 1729 (1731). 318 Hamann, NZA-Beilage 2014, 3 (8). 312

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denheit zurückzuführen, die als Abgrenzungskriterium des Arbeitsvertrages von Bedeutung ist. Mit zunehmender Aneinanderreihung von nachfolgenden Konkretisierungen könnte zugleich eine Einflussnahme auf die Durchführung der konkreten Tätigkeit drohen.319 Hinzu kommt, dass sich werk- und dienstvertragliche Gestaltungen maßgeblich durch das Risiko des Erfolgseintritts unterscheiden. Derjenige, der persönlich abhängig ist, kann nicht für den Erfolg einstehen, da er zugleich vom Auftraggeber abhängig ist.320 Ein gewichtiges Argument, das gegen eine dreischrittige Prüfungsreihenfolge spricht, ist daneben im arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang zu sehen. Teilweise werden die Abgrenzung und damit zugleich die Einordnung von Dienst- und Werkverträgen ganz wesentlich als „Frage der schlichten Konvention“321 angesehen. Problematisch ist die vorrangige Abgrenzung von Werk- und Dienstvertrag insbesondere unter dem Aspekt, dass in diesem Verhältnis ein weitgehend dispositives Recht vorherrscht, ein Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang also nicht greift. Vielmehr ist es den Parteien hier unbenommen, im Sinne der Privatautonomie autonom ein die Anwendbarkeit eines Regelungskomplexes zu vereinbaren und eine entsprechende Einordnung vorzunehmen.322 Mithin wäre eine privatautonome Entscheidung der Parteien zugunsten einer werkvertraglichen Einordnung nicht zu beanstanden. Hiermit ginge jedoch nach überwiegender Ansicht zugleich eine Absage an eine arbeitsvertragliche Einordnung einher. Daher ist eine dem klassischen dreigliedrigen Abgrenzungsschema entsprechende Prüfungsstruktur im Rahmen der Vertragstypeneinordnung abzulehnen.323 Dies deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung,324 die den Werkvertrag dem Arbeitsvertrag gleichrangig gegenüberstellt. Ein dogmatischer Begründungsaufwand wird jedoch nicht geleistet. Richtigerweise muss man im Rahmen der Vertragstypenqualifikation einen parallelen Blick auf die in Betracht kommenden Vertragstypen werfen. Ein Vorrangverhältnis des Arbeitsverhältnisses gegenüber freien Dienst- oder Werkverträgen gibt es nicht.325 Die Einordnung unter einen bestimmten Vertragstypus hat stets positiv zu erfolgen. Insbesondere ergibt sich die 319

S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d) bb) (2), cc). Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 102. 321 So Peters, in: Staudinger, Vorbem. § 631 BGB Rn. 29; Tillmanns, Strukturfragen, S. 15 m. w. N. 322 Vgl. hierzu die Ausführungen zum Rechtsformzwang in Kapitel 2 B. II. 323 In diesem Sinne Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 204; s. auch Weber, Rotkreuzschwester, S. 27 – 64. 324 S. hierzu etwa BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 16: „Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines Werkunternehmers zudem maßgeblich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit.“, „[E]in abhängig beschäftigter Arbeitnehmer wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer“; vgl. auch schon BAG v. 23. 04. 1980 – 5 AZR 426/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34; BGH v. 25. 6. 2002 – X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, aus den Gründen I.2.b.aa. 325 Uffmann, ZfA 2012, 1 (29 ff.) m. w. N. 320

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arbeitsvertragliche Einordnung nicht bereits aus der Negation des Werk- oder Dienstvertrages.326 2. Bezugspunkt der Vertragstypeneinordnung bei Rahmenverträgen Wurde im Zuge der Vertragsgestaltung ein Rahmenvertrag geschlossen, der durch nachfolgende Teilprojektverträge und den Inhalt der entsprechenden Sprint Backlogs konkretisiert werden muss, so stellt sich die Frage, welches Vertragsverhältnis im Rahmen der Vertragstypenabgrenzung maßgeblich ist. Ein Rahmenvertrag stellt ein in der Praxis vielfach anzutreffendes Instrument zur Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen dar.327 Gleichwohl ist zu konstatieren, dass gerade solche Gestaltungsformen die Vertragstypenabgrenzung erschweren. Insbesondere fragt es sich hier, ob in den einzelnen Teilprojektverträgen eine rechtliche Zäsur zu sehen ist oder ob, anknüpfend an den Rahmenvertrag, eine Gesamtschau vorzunehmen ist. Entscheidend ist, ob der Rahmenvertrag zum einen überhaupt eine Leistungspflicht begründet. Zum anderen kommt es darauf an, letztlich auch eine Weisungsbindung innerhalb des Rechtsverhältnisses vorliegt. Möglich sind sowohl Rahmenverträge, die keine Leistungspflicht begründen, als auch solche, denen eine Leistungspflicht immanent ist. Ein Rahmenvertrag, der keine Leistungspflicht vorsieht, kann dabei schon keine Arbeitspflicht begründen und damit einen Arbeitsvertrag darstellen.328 Möglich sind jedoch auch Gestaltungsformen, bei denen sich bereits dem Rahmenvertrag Leistungspflichten entnehmen und weitergehend auch ein Weisungsrecht entnehmen lassen. Dies kann sich auf mehreren Wegen zeigen. Kann etwa die eine Partei nicht frei über die Annahme künftiger Einzelverträge entscheiden, so kann die andere Partei einseitig und verbindlich die zu erbringende Leistung festlegen.329 Ein Weisungsrecht und damit zugleich eine Leistungspflicht kann sich zudem auch dadurch zeigen, dass im Rahmen der dauerhaften Rechtsbeziehung – egal ob rahmenvertraglich vorgesehen oder nicht – arbeitsbezogene Weisungen erteilt werden.330 Dabei können auch einzelne im Rahmen der Einzelaufträge bzw. Teilprojektverträge erteilte und für sich genommen unschädliche Weisungen zusammengefasst werden, wenn die einzelnen Verträge einen einheitlichen Projektbezug aufweisen 326

S. etwa Greiner, NZA 2013, 697 (698); Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307). Muhl/Lüthge, GWR 2016, 26; s. hierzu auch BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 26; vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur Vertragsgestaltung in Kapitel 1 H. 328 BAG v. 16. 05. 2012 – 5 AZR 268/11, AP BGB § 138 Nr. 66; v. 15. 02. 2012 – 10 AZR 111/11, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 122, Rn. 15; Pacha, Crowdwork, S. 160 f.; Walzer, Der arbeitsrechtliche Schutz der Crowdworker, S. 139 f. 329 BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 26. 330 Vgl. BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 26; s. auch zum Verhältnis von Weisung und vertraglicher Vereinbarung Kapitel 2 C. III. 1. d) cc). 327

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und diese der Konkretisierung der rahmenvertraglichen Verpflichtung wie etwa der Instandhaltung der EDV dienen.331 In diesem Fall ist eine einheitliche Betrachtung der einzelnen Aufträge vorzunehmen. Es findet also eine „Verklammerung“ der Einzelaufträge statt.332 Eine andere Betrachtung liefe auf eine künstliche Zergliederung eines einheitlichen Lebenssachverhalts hinaus.333 Dies gilt selbst im Fall der Ablehnungsmöglichkeit weiterer Einzelaufträge.334 Ist demgegenüber kein Zusammenhang der Einzelverträge festzustellen, so liegt eine rechtliche Zäsur vor. Die Abgrenzung muss dann ausgehend vom jeweiligen Einzelvertrag erfolgen. Dies deckt sich mit der Rechtsprechung des BAG.335 Dies zeigt auch die Entscheidung zum Selbstverleih eines GmbH-Geschäftsführers. In diesem Fall wurde maßgeblich auf den Rahmenvertrag abgestellt, da ein einheitlicher Bezug vorlag und die einzelnen Einsätze gerade der Erfüllung des Rahmenvertrages und der Einzelverträge dienten.336 Auch die Rahmenvereinbarung zwischen einem Crowdworker und dem Betreiber einer Crowdsourcing Plattform kann daher im Einzelfall als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sein.337 Einen solchen Projektbezug kann man bei den agil durchgeführten Rechtsverhältnissen in aller Regel feststellen. Gerade die Umsetzung der Inkremente bzw. User Stories während der jeweiligen Iteration dient der Realisierung, der mit dem Rahmenvertrag angestrebten Produktvision. Bereits der Rahmenvertrag sieht typischerweise und ungeachtet einer Ablehnungsmöglichkeit hinsichtlich (weiterer) nachfolgender Einzelaufträge Leistungspflichten vor, die unmittelbar auf die Realisierung der zumindest vagen Produktvision gerichtet sind. Obwohl das konkrete Resultat zu Beginn des Projekts noch recht vage zu sein scheint, so liegt dennoch

331 S. hierzu etwa zur vergleichbaren Frage im dreigliedrigen Rechtsverhältnis Hamann., in: Schüren/Hamann, AÜG § 1 Rn. 160 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 332 So BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 52. 333 Vgl. hierzu auch BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, wo das BAG auf ein „verknüpfendes Band“ abstellt; s. auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 311; in diesem Sinne auch Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 230 ff. zu dem vergleichbaren Problem im dreigliedrigen Rechtsverhältnis. 334 So grds. auch BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 42 f. 335 Vgl. hierzu auch BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40; v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26. 336 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40; aus der Instanzrechtsprechung s. auch LAG Thüringen v. 03. 11. 2016 – 6 Sa 283/15, BeckRS 2016, 111694, Rn. 32 ff.; dem steht auch nicht die Entscheidung des LSG v. 15. 12. 2015 – L 9 KR 82/13 entgegen, nach dem nicht auf den Rahmenvertrag abgestellt werden könne, da sich hieraus noch keine Verpflichtung ergebe. Dies vermag, wie in dem entschiedenen Fall, allenfalls dann gelten, wenn der Rahmenvertrag keinen Projektbezug aufweist und keine Pflichten begründet werden. 337 S. den Leitsatz des BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, differenzierter indes BAG, a. a. O., Rn. 42; anders jedoch Walzer, Der arbeitsrechtliche Schutz der Crowdworker, S. 139 f., die mangels konkreter Pflicht zum Tätigwerden aufgrund des Rahmenvertrages auf die Einzelaufträge abstellt.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

regelmäßig zumindest eine grobe Beschreibung des Resultats vor.338 Noch nicht beantwortet ist damit jedoch die Frage, ob die Einzelverträge zu einer arbeitsrechtlichen Weisungen gleichzusetzenden Konkretisierung führen. Dies wird an späterer Stelle erörtert.339 3. Beweisführung Die Einordnung eines Rechtsverhältnisses muss positiv erfolgen. Daher reicht auch die bloße Negation eines Dienst- oder Werkvertrages noch nicht, um eine arbeitsvertragliche Einordnung zu begründen. Der an die richterliche Überzeugungsbildung anzulegende Maßstab ist dabei den Grundsätzen des § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO zu entnehmen. Hiernach ist es für die Überzeugung ausreichend, wenn „ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erreicht ist, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen.“340 Der Beweis kann sowohl durch einen unmittelbaren, direkten Beweis der Tatsache als auch durch einen mittelbaren, indirekten Beweis als Indizienbeweis geführt werden. Der unmittelbare Beweis ist auf die Beweisführung einer tatsächlichen Behauptung gerichtet, die unmittelbar auf ein Tatbestandsmerkmal der konkreten Norm bezogen ist.341 Ist die Arbeitnehmereigenschaft streitig, so bezieht sich dies etwa auf die persönliche Abhängigkeit als Tatbestandsmerkmal.342 Möglich ist jedoch zugleich die mittelbare Beweisführung durch einen Indizienbeweis. Dieser bezieht sich auf den Nachweis tatbestandsfremder Behauptungen, die den Schluss auf das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals selbst rechtfertigen.343 Soll ein Indizienbeweis eine Behauptung beweisen, so hat das Gericht zu prüfen, ob die vorgetragenen Indizien, bei unterstellter Richtigkeit, von der Wahrheit der zu beweisenden Haupttatsache überzeugen können. Hiervon ist auszugehen, wenn die Indizientatsachen nicht ernstlich andere Schlüsse zulassen.344 Auf die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft übertragen, müssen die jeweiligen Indizien mittelbar den Schluss auf die persönliche Abhängigkeit zulassen. Stets sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu beleuchten und danach zu untersuchen, für welche Zuordnung der jeweilige Umstand positiv herangezogen werden kann. Berücksichtigungsfähig sind stets nur die Umstände, die Rückschlüsse auf die prägenden Merkmale des Vertragstypus zulassen. Angesichts des arbeits-

338

S. hierzu Kapitel 1 H. II. S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d) bb), cc). 340 S. etwa BAG v. 26. 06. 2018 – 1 ABR 37/16, AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 10, Rn. 78. 341 S. Prütting, in: MüKo ZPO, § 284 Rn. 24 f. 342 Zur Bedeutung dieser Merkmale s. Kapitel 2 C. III. 1. c). 343 BAG v. 25. 04. 2018 – 2 AZR 611/17, AP BGB § 626 Nr. 269; Saenger, in: ZPO, § 284 Rn. 26. 344 BGH v. 14. 01. 1993 – IX ZR 238/91; Saenger, in: ZPO, § 284 Rn. 26. 339

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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rechtlichen Rechtsformzwangs ist es angebracht, zunächst die Umstände zu beleuchten, die zugunsten einer arbeitsvertraglichen Einordnung sprechen.345

III. Arbeitsvertragliche Qualifikation In Anbetracht des Rechtsformzwangs bedarf gerade die arbeitsvertragliche Qualifikation einer besonders eingehenden Betrachtung. Ohnehin kommt ihr eine ganz besondere Bedeutung zu. Denn mit der Arbeitnehmereigenschaft wird zugleich über den Anwendungsbereich des weitgehend zwingenden und umfassenden Arbeitnehmerschutzrechts entschieden.346 Insoweit handelt es sich beim Arbeitnehmerbegriff um einen Statusbegriff, da mehrere Gesetze ihre Rechtsfolgen von der Erfüllung der Arbeitnehmerdefinition abhängig machen.347 In der Praxis wird das Auftragsunternehmen vielfach auf eine werkvertragliche Vertragsgestaltung im Rahmen des agilen Projektvertrages hinwirken.348 Denkbar erscheint ferner eine dienstvertragliche Vertragsgestaltung.349 Teilweise führt die Sorge vor einer arbeitsvertraglichen Einordnung zu dem Versuch der Auftraggeber, mittels vermeintlich werkvertraglicher Regelungen eine Einbindung in den Betrieb zu verbieten. Hierdurch sollen die arbeits- und sozialrechtlichen Bedenken, die sich aus der notwendig intensiven Zusammenarbeit ergeben, vermieden werden. Dies führt jedoch zu einer künstlichen Aufspaltung des Projektteams.350 Gleichwohl wird sich angesichts des Rechtsformzwangs die Frage stellen, ob derartige Vertragsgestaltungen rechtskonform umgesetzt werden können oder ob es sich insoweit nur um Scheindienst- bzw. Scheinwerkverträge handelt.

345 In diesem Sinne Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 207 f. der maßgeblich auf die persönliche Abhängigkeit abstellt; s. auch Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307), der bei der vergleichbaren Problematik im dreigliedrigen Rechtsverhältnis aus der Perspektive des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages abgrenzt. 346 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 17; Richardi, ZfA 1974, 3 (23); Vogel/Pötters/ Christensen, Richterrecht, S. 17; Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 23 f. 347 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 138; Maties, in: FS Wank, S. 323 (325); Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 23; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 37; kritisch merken Richardi/Fischinger, in: Staudinger, Vorbem. § 611 BGB Rn. 46 indes an, dass das Arbeitsrecht kein Statusrecht sei, da es weder an das Recht einer Klasse noch eines Standes anknüpfe. 348 Vgl. hierzu OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100, die über eine Softwareerstellung nach der Scrum-Methode zu entscheiden hatten; zur Vertragsqualifikation bei agiler Softwareentwicklung s. auch Redeker, IT-Recht, Rn. 312; Bertermann/Römermann, AuA 2017, 154; Kremer, ITRB 2010, 283 (285); vgl. auch die Ausführungen zur Vertragsgestaltung in Kapitel 1 H. 349 S. hierzu die Ausführungen und Nachweise zur dienst- und werkvertraglichen Dichotomie in Kapitel 2 C. IV. 350 Vgl. hierzu Schröder/Stiemerling, ITRB 2019, 183 (188).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Ob ein Rechtsverhältnis arbeitsvertraglich einzuordnen ist, bestimmt sich positiv anhand der Merkmale des § 611a Abs. 1 BGB. Die in dieser Norm enthaltene Definition des Arbeitsvertrages und damit mittelbar des Arbeitnehmers löste die zuvor durch Rechtsprechung und herrschende Lehre verwendete und von Alfred Hueck begründete Begriffsbestimmung ab. Nach dieser sind unter Arbeitnehmern „die auf Grund privatrechtlichen Vertrages oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienst eines anderen zur Arbeit verpflichteten Personen“ zu verstehen.351 Die ständige Rechtsprechung konkretisierte und spezifizierte diese in folgender Weise: „Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend.“352

1. Auslegung des § 611a Abs. 1 BGB Möchte man den Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektverträge unter die Norm des § 611a Abs. 1 BGB subsumieren, so bedarf es zunächst der Auslegung der Norm. Ziel muss es daher sein, den vom Gesetzgeber intendierten Normzweck zu ermitteln und diesen zu verwirklichen. Nur wenn klar ist, an welchem Maßstab der Fremdpersonaleinsatz zu messen ist, kann eine taugliche Subsumtion des Fremdpersonaleinsatzes im Rahmen agiler Projektarbeit vorgenommen werden. Aufbauend auf dem dargestellten methodischen Vorverständnis wird im Folgenden die Norm des § 611a BGB einschließlich seiner Merkmale betrachtet. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die im Kern des § 611a Abs. 1 BGB enthaltene Kriterientrias – Weisungsbindung, Fremdbestimmtheit und persönliche Abhängigkeit des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB zu legen. Wie bereits in der methodischen Grundlegung dargestellt,353 ist zunächst der historische, vom Gesetzgeber angestrebte Normzweck zu ermitteln.354 In einem 351

Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 34. So etwa BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 15; jüngst bestätigend etwa auch v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193, Rn. 17. 353 S. bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. I. 354 Höpfner, RdA 2018, 321 (328). 352

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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zweiten Schritt folgt sodann die Überprüfung, ob der so ermittelte Normzweck im Zeitpunkt der Anwendung der Norm noch verbindlich ist.355 Letzterem kommt angesichts der geringen zeitlichen Spanne seit dem Erlass und den insoweit unveränderten Umständen keine nennenswerte Bedeutung zu. a) Genese Zur Ermittlung des Normzwecks und Norminhalts muss ein Blick auf die Genese des § 611a BGB geworfen werden. Da die Normentstehungshistorie maßgeblich das Verständnis der einzelnen Merkmale des § 611a BGB im Rahmen der Auslegung mitprägt, wird die Genese zur Vermeidung von Wiederholungen vorangestellt. Die nunmehr kodifizierte Fassung des § 611a BGB wurde durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze mit Wirkung ab dem 01. 04. 2017 eingefügt. Der Gesetzgeber wollte durch das Gesetz die Leiharbeit auf ihre Kernfunktion hin orientieren und zugleich den Missbrauch von Werk- und Dienstvertragsgestaltungen verhindern.356 Obwohl der Gesetzgeber primär die Bekämpfung von missbräuchlichen Dienst- und Werkverträgen im dreigliedrigen Rechtsverhältnis bezweckte,357 so hat er das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze zum Anlass genommen, sich zugleich dem zweigliedrigen Rechtsverhältnis zu widmen und den Arbeitsvertrag zu definieren. Hierdurch sollte zugleich die Rechtssicherheit erhöht werden.358 Mit der Schaffung des § 611a BGB ging damit (zumindest vorläufig) das Ende einer „unendliche[n] Geschichte“359 einher. Bereits 1896 hatte der Reichstag angekündigt, das Arbeitsvertragsrecht „baldthunlichst einheitlich zu regeln“360.361 Eine vergleichbare Aussage traf die Weimarer Reichsverfassung in Art. 157 Abs. 2 WRV,362 wonach in der Weimarer Republik ein einheitliches Arbeitsrecht geschaffen werden sollte. Auch der Einigungsvertrag sah anlässlich der Wiedervereinigung in § 30 Abs. 1 Nr. 1 eine einheitliche Kodifikation des Arbeitsrechts vor.363 Die heutige Fassung des § 611a BGB lautet wie folgt: 355

Höpfner, RdA 2018, 321 (328 f.). BT-Drs. 18/9232, 1, 14. 357 Hierzu Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 611a BGB Rn. 1. 358 BT-Drs. 18/9232, 31. 359 So bereits Neumann, DB 2008, 60; vgl. hierzu auch Iannone, Die Kodifizierung des Arbeitsvertragsrechts, passim, der vor der Kodifikation die Frage stellte, ob es sich um ein Jahrhundertprojekt ohne Erfolgsaussicht handeln würde. 360 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages IX. Legislaturperiode, 1896, S. 3823. 361 Prägnant die Historie zusammenfassend Preis, NZA 2018, 817 (817 f.). 362 Art. 157 Abs. 2 WRV lautete: Das Reich schafft ein einheitliches Arbeitsrecht. 363 § 30 Abs. 1 Nr. 1 des Einigungsvertrages lautet: Es ist Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers, das Arbeitsvertragsrecht sowie […] möglichst bald einheitlich neu zu kodifizieren. 356

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

§ 611a BGB Arbeitsvertrag (1) 1Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.2 Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen.3 Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.4 Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab.5 Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen.6 Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an. (2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Der endgültigen Fassung waren jedoch zwei364 grundlegend verschiedene Entwürfe vorausgegangen. Zwar haben diese Entwürfe keine gesetzliche Umsetzung erfahren, doch sind sie zum besseren Verständnis der jetzigen Fassung gleichwohl prägnant zu beleuchten. Ausgangspunkt des Gesetzgebungsverfahrens war der erste Referentenentwurf aus dem November 2015. Dieser entstammte dem federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales und lautete folgendermaßen: § 611a BGB Vertragstypische Pflichten beim Arbeitsvertrag365 (1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend. (2) Für die Feststellung, ob jemand in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insb. maßgeblich, ob jemand a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen, b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt, c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt, d. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind, 364 Insgesamt gab es drei Entwürfe, wobei jedoch der dritte in Bezug auf § 611a BGB inhaltsgleich war, sodass es sich nach dieser Zählart lediglich um zwei grundlegend verschiedene Entwürfe handelt. 365 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, http://portal-sozialpolitik.de/uploads/sopo/pdf/2015/2015-11-16_Referentent wurf_AUEG_Werkvertraege.pdf, Stand16. 11. 2015, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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e. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist, f. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen, g. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind, h. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet. (3) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages wird widerleglich vermutet, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch insoweit das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat.

Der Referentenentwurf sah sich jedoch massiver Kritik ausgesetzt,366 so dass er letztlich zurückgezogen wurde. Kritisiert wurde etwa, dass sich in § 611a Abs. 1 BGB-Entwurf, obgleich der angekündigten Kodifizierung der Rechtsprechung, das zentrale Merkmal der persönlichen Abhängigkeit nicht wiederfand.367 Zudem habe die kumulative Anknüpfung an Weisungsgebundenheit und Eingliederung nicht der ständigen Rechtsprechung zur Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit entsprochen.368 Ferner seien die Kriterien lit. „b“, „c“ und „e“ des Abs. 2 keine Kriterien der bisherigen Rechtsprechung gewesen, weshalb nicht von einer Kodifizierung dieser gesprochen werden könne.369 Darüber hinaus wurde kritisiert, dass der nicht abschließende Kriterienkatalog in § 611a Abs. 2 BGB-Entwurf teilweise sachfremde Kriterien enthalten habe. So würden die Indizien lit. „g“ und „h“ nicht an den eingesetzten Arbeitnehmer, sondern an dessen Vertragsarbeitgeber anknüpfen, womit die Indizien allenfalls im dreigliedrigen Vertragsverhältnis hätten fruchtbar gemacht werden können.370 Auch systematische Einwände wurden erhoben, definierte der Entwurf doch, wie sich aus § 611a Abs. 1 S. 2 BGB-Entwurf ergibt, in Abkehr zur sonstigen Normierung der Vertragstypen nicht den Vertragstyp selbst, sondern insofern systemfremd den Arbeitnehmer.371 Die Vermutungsregelung des § 611a Abs. 3 BGB-Entwurf konnte ebenfalls nicht überzeugen. Sie bezog sich auf den im

366 Vgl. hierzu etwa Gaul/Hahne, BB 2016, 58 (61); Henssler, RdA 2016, 18 ff.; SchmittRolfes, AuA 2016, 7 ff.; Schüren, DB 2016, 234 ff.; Schüren/Fasholz, NZA 2015, 1473 (1476 ff.); Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (58 f.); Thüsing, NZA 2015, 1478 f.; Tuengerthal/ Andorfer, AuA 2016, 94 ff.; Willemsen/Mehrens, NZA 2015, 897 (902). 367 S. etwa Henssler, RdA 2016, 18 (19). 368 Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (56); zur Genese des § 611a BGB s. Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 3; zur Heranziehung des Eingliederungskriteriums unter dem Geltungsanspruch des § 611a BGB s. Gliederungspunkt Kapitel 2 C. III. 1. e). 369 Schüren/Fasholz, NZA 2015, 1473 (1476). 370 Henssler, RdA 2016, 18 (20); ders., in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 5. 371 Henssler, RdA 2017, 83 (84); vgl. hierzu auch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 18/10064, S. 17.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Vergleich zum Arbeitnehmerstatus weiteren Beschäftigtenstatus.372 Hiermit wäre schließlich eine massive Verschiebung der Beweislast zu Lasten der Arbeitgeberseite einhergegangen.373 Diese Kritik mündete, jedenfalls teilweise, in dem zweiten Referentenentwurf vom 17. 02. 2016.374 Dieser verzichtete auf die vormals in Abs. 2 genannten Indizien und die in Abs. 3 statuierte Vermutungsregelung. Zudem wurde der Normtext im Vergleich zum ersten Entwurf enger an die Rechtsprechung des BAG angelehnt. Gleichwohl sah sich auch dieser Entwurf Kritik ausgesetzt. Bemängelt wurden hier vor allem die mangelnde Abstimmung mit § 106 GewO und § 84 HGB.375 Ferner wurde nunmehr das Kriterium der Eingliederung gestrichen.376 Der zweite Entwurf definierte den Arbeitnehmerbegriff wie folgt: § 611a BGB Arbeitnehmer377 Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann; der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

Aus diesen Gründen war ein dritter Referentenentwurf erforderlich, der allerdings nur Änderungen in anderen Bereichen, wie etwa dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorsah. Diese, in Bezug auf die Entwurfsfassung des § 611a BGB identische Fassung wurde im Regierungsentwurf vom 01. 06. 2016 übernommen und zunächst i. S. d. Art. 76 Abs. 2 GG dem Bundesrat zugleitet.378 Auch dieser Entwurf konnte sich jedoch nicht ohne weitere Änderungen durchsetzen. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales nahm sich der zuvor geäußerten Kritik an und schlug vor, nicht den Arbeitnehmer zu definieren, sondern systemgerecht an den Arbeitsvertrag anzuknüpfen. Der Arbeitnehmerbegriff ist damit mittelbar definiert 372 Gaul/Hahne, BB 2016, 58 (61); Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 6, 7, der darauf verweist, dass dies etwa beim GmbH-Fremdgeschäftsführer zum Auseinanderfallen der Begriffe führen kann. 373 Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 6. 374 S. hierzu Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 5.2. 375 Vgl. etwa die Stellungnahme Hensslers in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 40, 41. 376 Vgl. hierzu etwa Uffmann, NZA 2018, 265 (268); zur Relevanz der Eingliederung im Rahmen der Abgrenzung s. Kapitel 2 C. III. 1. e). 377 S. zum zweiten Referentenentwurf Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 9 ff. 378 BR-Drs. 294/16; s. zum Ablauf des Gesetzgebungsverfahren Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 5.

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worden. Zudem wurde die rechtstechnisch bedenkliche Kumulation von Arbeitnehmerdefinitionen in Satz 1 und Satz 3 aufgelöst.379 Ferner wurde die Vorschrift um den § 611a Abs. 2 BGB ergänzt. Die Empfehlung380 mündete letztlich in der heutigen Fassung des § 611a BGB. Im vorliegenden Fall sind die Gesetzgebungsmaterialien im Rahmen der historischen Auslegung besonders aussagekräftig für die Ermittlung des historischen Normzwecks. Entsprechende Hinweise auf die gesetzgeberische Normvorstellung lassen sich insbesondere dem Regierungsentwurf381 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze entnehmen. Den Gesetzgebungsmaterialien ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber primär die missbräuchliche Werkvertragsgestaltung bekämpfen und zugleich die Arbeitnehmerüberlassung auf ihre Kernfunktion zurückführen wollte.382 Dies sollte zugleich zu einer verbesserten Transparenz und größeren Rechtssicherheit beitragen.383 Über dieses Metaziel hinaus lassen sich der Begründung des Regierungsentwurfes wertvolle Hinweise zum konkreten Normverständnis des Gesetzgebers entnehmen. Der Gesetzgeber nahm die Gesetzesänderung zugleich zum Anlass, sich auch dem zweigliedrigen Rechtsverhältnis zu widmen und den Arbeitsvertrag zu definieren. Das schlussendlich gefundene Ergebnis stellt einen politischen Kompromiss der in der 18. Legislaturperiode bestehenden großen Koalition, bestehend aus Union und SPD, dar.384 Dieser Kompromiss erlaubte lediglich ein Restatement385 der gefestigten Rechtsprechung zur arbeitsvertraglichen Einordnung. Daher wurde expressis verbis darauf hingewiesen, dass lediglich die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung gesetzlich normiert werden sollte. Eine weitergehende Kodifikation erschien politisch unmöglich. Angesichts dieser angestrebten „1:1-Kodifizierung“ der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung sollte die Rechtslage also unverändert bleiben.386 Angesichts des Verweises auf die „1:1-Kodifizierung“ der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung muss man auch die konkrete Normvorstellung des Gesetzgebers berücksichtigen. Wie bereits herausgearbeitet wurde, gebietet das Primat des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, seinen Regelungswillen im 379

„Arbeitnehmer ist …“; s. hierzu die Stellungnahme Thüsings in der Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 26 f. 380 BT-Drs. 18/10064, S. 6. 381 BT-Drs. 18/9232, S. 4, 18. 382 BT-Drs. 18/9232, S. 1 f. 383 BT-Drs. 18/9232, S. 18. 384 Vgl. zum Kompromisscharakter auch die Stellungnahme Hensslers in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 44; ders., RdA 2017, 83; ähnlich auch Düwell in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 80; Uffmann, NZA 2018, 265 (268). 385 Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 17; ders., AE 2017, 5 (7). 386 BT-Drs. 18/9232, S. 4, 18.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Wege der Auslegung zu erforschen und im Ergebnis zu beachten. In Anbetracht des insofern unzweideutigen Verweises in den Materialien muss man daher den Blick auf die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung richten. Das Verständnis, welches der Gesetzgeber bei der Inkorporation der Rechtsprechung vor Augen hatte, bildet die Grundlage für die Auslegung des § 611a Abs. 1 BGB. b) Privatrechtlicher Vertrag und „im Dienste eines anderen zur Leistung […] verpflichtet“ Bereits ein erster Blick auf den Normtext des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB wirft Fragen auf. Zum einen sucht man vergebens das bislang bemühte Merkmal des privatrechtlichen Vertrages, welches noch im Regierungsentwurf genannt wurde.387 Freilich ist mit der Streichung dieses Merkmals keine Abkehr verbunden. Dies ergibt sich zum einen schon aus dem Verweis des Gesetzgebers auf die „1:1-Kodifizierung“ der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Diese rekurrierte stets auf das Merkmal.388 Daher muss man den privatrechtlichen Vertrag weiterhin als ungeschriebene Voraussetzung heranzuziehen. Dafür spricht auch die Notwendigkeit der Abgrenzung der Arbeitnehmer zu anderen Personengruppen, welche abhängige Arbeit leisten. Dies bezieht sich insbesondere auf Personen, die kraft öffentlichrechtlicher Rechtsverhältnisse tätig werden.389 Zum anderen stellt sich die Frage, welchem Zweck das sehr allgemein gehaltene Merkmal „im Dienste eines anderen zur Leistung […] verpflichtet“ dient.390 So weist Wank zutreffend darauf hin, dass sich bei genauer Betrachtung zeigt, dass es sich dabei um ein redundantes Merkmal handelt.391 Dies ergibt sich bereits aus der systematischen Stellung der Norm. Die Norm des § 611a BGB wurde im Untertitel 1 des 8. Titels des 2. Buches des BGB verortet. Bereits der Dienstvertrag nach § 611 BGB setzt den „anderen Teil“ voraus, womit für den Arbeitsvertrag als Unterfall des Dienstvertrages grundsätzlich nichts anderes gelten kann. Vergleichbares gilt für das Merkmal „zur Leistung verpflichtet“. Auch diese Anforderung lässt sich bereits der Definition des Dienstvertrages entnehmen, wonach derjenige, „welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste […] verpflichtet“ ist.392

387

S. auch Wank, AuR 2017, 140 (143). S. bereits die Ausführungen und Nachweise im Rahmen der Genese, Kapitel 2 C. III. 1. a). 389 S. zur Notwendigkeit der Abgrenzung, Baumgärtner, in: BeckOK BGB, § 611a Rn. 14. 390 Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585); Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 74. 391 Wank, AuR 2017, 140 (143). 392 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 74; Wank, AuR 2017, 140 (143); vgl. hierzu auch BT-Drs. 18/10064, S. 17. 388

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Hromadka weist ferner darauf hin, dass die Rechtsprechung das Merkmal „im Dienste eines anderen“ ohnehin unzutreffend rezipiert habe.393 So habe Alfred Hueck, auf dessen Definition sich die Rechtsprechung maßgeblich beziehe und zurückführen lasse, mit diesem Merkmal die weisungsgebundene und damit fremdbestimmte Arbeit von der selbstbestimmten abgrenzen wollen. Zur Erläuterung des vagen Merkmals habe er auf die Fremdbestimmung und persönliche Abhängigkeit zurückgegriffen. Nach Alfred Hueck könne man daher von „fremdbestimmter im Gegensatz zu selbstbestimmter Arbeit sprechen“, wenn man anhand des Merkmals „im Dienst eines anderen“ abgrenze.394 Demgegenüber habe das BAG in seiner grundlegenden Entscheidung von 1967 auch auf die erläuternden Kriterien zurückgegriffen und die Definition aufgestellt, wonach, „Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zu fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.“395 Anders als von Maties erwogen,396 kann man unter diesem Merkmal jedoch nicht die vom Gesetzgeber gewollte trennschärfere Abgrenzung von Scheinwerkverträgen vornehmen. Zwar stellt Maties zutreffend fest, dass sich die Abgrenzung zu anderen Verträgen nach dem Inhalt der Dienste zu richten hat. Entscheidend für die positive Feststellung des Arbeitsvertrages sei die vom Dienstvertrag abgrenzende Einschränkung, wonach der Arbeitnehmer „zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet“ sei.397 Die Formel entspricht nahezu wörtlich der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, die den Arbeitnehmer folgendermaßen definierte: „Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.“398 Ob hingegen ein Erfolg geschuldet ist, der gegen einen „Dienst“ spreche, bestimmt sich nicht im Rahmen des redundanten Merkmals „im Dienste eines anderen“, sondern positiv anhand der prägenden Merkmale des Werkvertrages. Eine eigenständige, über die bereits in § 611 BGB enthaltenen Anforderungen399 hinausgehende Bedeutung kam dem Zusatz „im Dienste eines anderen zur Leistung verpflichtet“ in der Rechtsprechung nicht zu. Vielmehr ergibt sich deren Rezeption, wie von Hromadka beschrieben, aus der ungenauen Wiedergabe der Definition von Hueck. 393

Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585); hierauf bezugnehmend Baumgärtner, in: BeckOK BGB, § 611a Rn. 15. 394 Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 41. 395 Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585) m. Verw. a. BAG v. 03. 06. 1975 – 1 ABR 98/74, NJW 1976, 386. 396 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 76. 397 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 75. 398 St. Rspr. BAG v. 24. 08. 2016 – 7 AZR 625/15, AP TzBfG § 14 Nr. 145; v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128. 399 S. bereits zuvor Wank, AuR 2017, 140 (143).

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Dies führt daher zugleich zur anschließenden Frage, wie die von der Rechtsprechung aufgegriffenen und nunmehr gesetzlich den Arbeitsvertrag definierenden Bestandteile des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB zu verstehen sind. c) Persönliche Abhängigkeit Einen zentralen Stellenwert dieser Arbeit nimmt die Frage ein, welcher Aussagegehalt der Kriterientrias beigemessen werden kann, nach welcher es sich bei der zu erbringenden Leistung um eine weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit handeln muss. Das Merkmal der Eingliederung findet sich jedenfalls prima facie, anders als im § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG, der ebenfalls durch das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze zum 01. 04. 2017 reformiert wurde, in § 611a Abs. 1 S. 1 BGB nicht wieder. Zur Erforschung des Inhalts des § 611a BGB bedarf es dabei nicht einer tatbestandsbezogenen, sondern einer normzweckorientierten Auslegung. Andernfalls liefe man Gefahr, sich der längst überholten Begriffsjurisprudenz anzunähern.400 Der Bedeutungsgehalt der einzelnen Tatbestandsmerkmale folgt aus der Auslegung der Norm als Ganzer. Gleichwohl ist es aus Gründen der Rationalisierung sinnvoll, diese Auslegung im Diskurs an die einzelnen Tatbestandsmerkmale anzuknüpfen. Stets sind hierbei sowohl das gesamte Normgefüge als auch die Beziehung der einzelnen Merkmale zueinander zu berücksichtigen. Da den einzelnen Merkmalen eine vom Gesetzgeber intendierte Kodifikation der ständigen Rechtsprechung im Sinne einer „1:1-Kodifikation“ ohne Änderung der Rechtslage zugrunde liegt,401 ist es notwendig, den Blick zunächst in die Vergangenheit zu richten. Das Verständnis, welches der Gesetzgeber bei der Inkorporation der Rechtsprechung vor Augen hatte, bildet die Grundlage für die Auslegung des nunmehrigen § 611a Abs. 1 BGB. Freilich soll der Blick auch auf die Literaturstimmen402 und deren Stellungnahmen anlässlich der Kodifikation des § 611a BGB gerichtet werden. Vor der Kodifikation des § 611a BGB griff die Rechtsprechung403 wie auch die herrschende Lehre404 zur Abgrenzung der selbständigen von der unselbständigen 400

Zu dieser s. etwa Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 12 Rn. 458 ff. BT-Drs. 18/9232, S. 4, 18 „Denn die 1:1-Kodifizierung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung lässt die Rechtslage in Deutschland unverändert.“. 402 S. etwa Hromadka, NZA 2018, 1583; Preis, NZA 2018, 817; Reinecke, AuR 2019, 56; Richardi, NZA 2018, 974; Riesenhuber, JuS 2018, 103; Schneider, RdA 2018, 306 (308); Wank, AuR 2017, 140; Weigert, ArbRAktuell 2017, 557. 403 So bereits BAG v. 28. 02. 1962 – 4 AZR 141/61, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 1; v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 15; v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344, Rn. 25. 404 Henssler, RdA 2016, 18 (19); Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 41; so auch Preis, in: ErfK (16. Auflage), § 611 BGB Rn. 51; Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 24 f.; anders etwa Mikosch, in FS: Löwisch, S. 189 (190), der in der Fremdbestimmtheit das maßgebliche Kriterium sieht; kritisch etwa Herschel, Freier Beruf, S. 28 ff., der jedenfalls die Abhängigkeit als solche für ein unwesentliches Sekundärmerkmal 401

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Arbeit auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit zurück. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit war demgegenüber weder notwendig noch ausreichend.405 Seinen Ursprung hat das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit bzw. deren graduelle Berücksichtigung bereits in der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes im ausgehenden 19. Jahrhundert.406 Hierauf bezugnehmend griffen zunächst das Reichsgericht und später die Arbeitsgerichte maßgeblich darauf zurück.407 Auch nach der Kodifikation des § 611a BGB griff das BAG auf dieses nunmehr gesetzlich normierte Merkmal zurück.408 Das Schrifttum schloss sich dem zutreffend weitestgehend an.409 Neben den allgemein gehaltenen und floskelhaften Aussagen, wonach eine 1:1Kodifikation ohne Änderung der Rechtslage bezweckt wurde, wird in den Gesetzgebungsmaterialien auch auf eine Vielzahl an explizit benannten Entscheidungen verwiesen, denen sich die kodifizierten Leitsätze entnehmen lassen.410 Hieraus lässt sich mithin ableiten, welches Verständnis der Rechtsprechung der Gesetzgeber vor Augen hatte. Diese Erkenntnisse geben somit den Weg für die Auslegung der Norm vor. aa) Die Stellung als Obermerkmal Lässt sich neben dem privatrechtlichen Vertrag eine persönliche Abhängigkeit attestieren, so handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis. Ungeachtet dessen, dass sich der höchstrichterlichen Kasuistik zur Abgrenzung der Vertragstypen sehr wohl divergierende Formulierungen entnehmen lassen, so liegt dieser Rechtsprechung gleichwohl ein (weitgehend) homogenes Verständnis zugrunde. Dies zeigen die Sätze 1 bis 3 des § 611a Abs. 1 BGB, die sich in mehreren Entscheidungen des

hält; s. hierzu die Übersicht bei Maschmann, Arbeitsverträge, S. 58 ff.; zum historischen Ursprung der persönlichen Abhängigkeit als Kriterium s. Griebeling, RdA 1998, 208 (210 f.); Hromadka, NZA 1997, 569 (572 ff.); vgl. hierzu Heuberger, Sachliche Abhängigkeit, S. 27 ff. 405 BAG v. 20. 01. 2010 – 5 AZR 99/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 119, Rn. 22; v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen II.2.; s. jedoch auch BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132. 406 Vgl. hierzu die umfangreichen Nachweise bei Heuberger, Sachliche Abhängigkeit, S. 27 ff.; Hromadka, NZA 1997, 569 (573 f.). 407 Hromadka, NZA 1997, 569 (574). 408 BAG v. 21. 11. 2017 – 9 AZR 117/17, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194, Rn. 23; v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193, Rn. 17. 409 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 139; Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 24; Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 26, 99; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 32; Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 16, 18; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 47; Uffmann, NZA 2018, 265 (268); kritisch hingegen Hromadka, NZA 2018, 1583; Richardi, NZA 2018, 974; ders., NZA 2017, 36 (39), Wank, AuR 2017, 140 (146). 410 BT-Drs. 18/9232, S. 32.

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BAG411 wiederfinden und die in den Gesetzgebungsmaterialien in Bezug genommen werden.412 Dabei wird deutlich, dass das BAG in dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit das entscheidende Abgrenzungskriterium sieht. So heißt es dort regelmäßig, dass sich Arbeitnehmer und Selbständige nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit unterscheiden.413 Ergänzend findet sich zudem häufig die Formulierung, die dem heutigen Satz 1 des § 611a Abs. 1 BGB entspricht.414 Die Abgrenzung der selbständigen von der unselbständigen Arbeit muss sich also nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit richten. Nur dies entspricht dem Normverständnis des Gesetzgebers. Dies sieht auch das BAG so, das auch nach der Kodifikation des § 611a BGB maßgeblich auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit abstellt.415 Allerdings kommt dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit, wie schon vor der Kodifikation, auch nunmehr kein eigenständiger materieller Gehalt zu.416 Operabel wird es erst durch die Bestimmung des Grads der persönlichen Abhängigkeit.417 Diese Bestimmung wiederum muss anhand der einzelnen Tatbestandsmerkmal des § 611a BGB erfolgen. Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit als solches führt als deren Oberbegriff insoweit nicht weiter. 411 BAG v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344 ff.; v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126; v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 668/12, BeckRS 2013, 71103; v. 29. 08. 2012 – 10 AZR 499/11, NZA 2012, 1433 ff.; v. 15. 02. 2012 – 10 AZR 301/10, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 123; v. 25. 05. 2005 – 5 AZR 347/04, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 117; v. 20. 09. 2000 – 5 AZR 61/99, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 37. 412 BT-Drs. 18/9232, S. 32. 413 BAG v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344 ff., Rn. 25; v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 16; v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 668/12, BeckRS 2013, 71103, Rn. 14; v. 15. 02. 2012 – 10 AZR 301/10, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 123, Rn. 13; v. 25. 05. 2005 – 5 AZR 347/04, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 117, aus den Gründen II.6.; lediglich die Entscheidungen v. 29. 08. 2012 – 10 AZR 499/11, NZA 2012, 1433 ff. sowie v. 20. 09. 2000 – 5 AZR 61/99, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 37 sprechen dies nicht explizit an. Gleichwohl richtet sich die Abgrenzung auch in diesen Fällen nach der persönlichen Abhängigkeit. 414 Nicht immer wird zunächst auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit abgestellt. Teilweise wird primär der, dem heutigen S. 1 entsprechende Satz im Rahmen der Abgrenzung angeführt, vgl. BAG v. 25. 05. 2005 – 5 AZR 347/04, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 117; v. 29. 08. 2012 – 10 AZR 499/11, NZA 2012, 1433 ff.; v. 20. 09. 2000 – 5 AZR 61/99, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 37. Der Sache nach richtet sich die Abgrenzung gleichwohl nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit. 415 BAG v. 21. 11. 2017 – 9 AZR 117/17, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194, Rn. 23; v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193, Rn. 17. 416 So Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 32; ders., NZA 2018, 817 (819); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 18; s. jedoch Wank, AuR 2017, 140 (144), der unter Bezugnahme auf Erren, Das Vorstandsmitglied einer AG als Arbeitnehmer, S. 146 ff., 176 ff., darauf hinweist, dass die h. M. im Merkmal der persönlichen Abhängigkeit nicht nur einen Oberbegriff sehe, sondern zugleich die inhaltliche Aussage damit verbunden sei soll, wonach die persönliche Abhängigkeit als Gegenbegriff zur wirtschaftlichen Abhängigkeit diene. Damit ist in der Sache jedoch nur dessen Funktion als nunmehr kodifiziertes Differenzierungsmerkmal gemeint. Ein darüber hinausgehender Inhalt wird indes nicht dargelegt. 417 Preis, NZA 2018, 817 (819).

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Wank erachtet das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit daher sogar als redundant.418 Dem kann man insoweit zustimmen, als dem Merkmal kein eigenständiger materieller Gehalt zukommt. Dennoch wird die persönliche Abhängigkeit auch nach der Kodifizierung des § 611a BGB als Obermerkmal verstanden und herangezogen.419 Zwar ergibt sich diese Stellung nicht aus dem Wortlaut des § 611a BGB.420 Gleichwohl lässt sie sich der Norm im Wege der Auslegung entnehmen. Zwar ließe sich angesichts des offenen Wortlauts der Vorschrift des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB und der dort genannten Kriterientrias, welche die Merkmale der Weisungsgebundenheit, Fremdbestimmtheit und der persönlichen Abhängigkeit umfasst, eine gleichwertige Stellung dieser Merkmale annehmen. Jedoch wird die Auslegung der Norm aufzeigen, dass es sich bei der persönlichen Abhängigkeit weiterhin um den Zentralbegriff der Abgrenzung handelt. Insoweit kommt dem Merkmal entgegen der Ansicht von Wank eine eigenständige Bedeutung zu. Ähnlich verhält es sich mit der Kritik Richardis, der in dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit eine Leerformel sieht.421 Das Begriffsmerkmal der persönlichen Abhängigkeit sei inhaltlich derart unbestimmt, dass sich hieraus kein Abgrenzungskriterium ableiten ließe. Zwar ist Richardi insoweit beizupflichten, als dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit kein eigenständiger materieller Gehalt zukommt und das Merkmal somit nur schwer zu greifen ist, doch handelt es sich der Sache nach nicht um eine Kritik an dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit per se, sondern an der typologischen Betrachtung und der damit einhergehenden Unschärfe.422 Insoweit kann dem entgegengehalten werden, dass eine solche Unschärfe ebenso unbestimmten Rechtsbegriffen oder Generalklauseln immanent ist. Insofern bedarf es dann einer Konkretisierung und Präzisierung der vagen Begriffe anhand von handhabbaren Untermerkmalen oder durch Bildung von Fallgruppen.423 Hinzu kommt, dass eine starre, über das Maß des § 611a Abs. 1 BGB hinausgehende Definition wenig praktikabel wäre. Angesichts der Vielzahl an arbeitsvertraglichen Tätigkeiten wäre eine eng umrissene Definition kaum zweckmäßig und handhabbar.

418

Wank, AuR 2017, 140 (146). Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 241; Preis, NZA 2018, 817 (819); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 18; Uffmann, NZA 2018, 265 (268); Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 365; Wank, AuR 2017, 140 (144); in diesem Sinne Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, Rn. 96, der die Unselbständigkeit als Oberbegriff sieht; s. hierzu BAG v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen B.II.2. 420 So auch Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 18; Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 365. 421 Richardi, NZA 2018, 974. 422 S. auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 244 (Fn. 1032), der die Kritik rein auf die typologische Begriffsbildung bezieht. 423 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 61; s. zur Normkonkretisierung auch Esser, Grundsatz und Norm, S. 270. 419

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Daher wurde bereits vor der Geltung des § 611a BGB auf eine typologische Betrachtung zurückgegriffen.424 Eine ähnliche Stoßrichtung enthält die Kritik Hromadkas.425 So meint dieser, dass sich der Gesetzgeber durch die vier Merkmale426 des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB, nämlich „im Dienste eines anderen“, „weisungsgebunden“, „fremdbestimmt“ und „in persönlicher Abhängigkeit“ tautologisch ausgedrückt habe. Hromadka stellt fest, dass es letztlich ausschließlich auf die Weisungsgebundenheit ankommen könne, sodass hierin das zentrale Kriterium zur Abgrenzung gesehen werden müsse.427 Dabei bezieht sich Hromadka ganz wesentlich auf die vom BAG aufgegriffene Definition von Alfred Hueck, welcher die Begriffe der persönlichen Abhängigkeit und Fremdbestimmtheit nur zur Umschreibung des Merkmals „im Dienste eines anderen“ aufgegriffen habe. Hromadka kommt daher zum Schluss, dass die Merkmale nicht kumulativ zu prüfen seien, obwohl sie gleichermaßen Tatbestandsmerkmale seien. Einschränkend weist er indes darauf hin, dass man dem Willen des Gesetzgebers am ehesten gerecht werde, wenn man die übrigen Merkmale mit ihren leicht unterschiedlichen Konnotationen als Auslegungshilfe für die Weisungsgebundenheit heranziehen würde.428 Indes ist das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit nicht als bloße Auslegungshilfe für die Weisungsgebundenheit zu verstehen. An dieser Stelle kann zwar noch dahinstehen, welches Gewicht den Merkmalen, insbesondere der Weisungsgebundenheit, im Einzelnen zukommt. Doch kommt man nicht umhin, in der persönlichen Abhängigkeit das Obermerkmal zu sehen. Zwar geht mit der Gesetzesbindung im Ausgangspunkt lediglich die Pflicht einher, den Willen des Gesetzgebers im Ergebnis zu verwirklichen, was theoretisch auch den Rekurs auf die Weisungsbindung als Obermerkmal zuließe, doch spricht neben dem historischen Verständnis der kodifizierten Rechtsprechung zugleich die Systematik des § 611a Abs. 1 BGB für ein Verständnis, wonach die persönliche Abhängigkeit das zentrale Obermerkmal darstellt. So bezieht sich insbesondere § 611a Abs. 1 S. 4 BGB im Rahmen der Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit als erforderlichen graduellen Bestandteil.429 Zwar ist der Wortlaut für ein dogmatisches Verständnis der Weisungsbindung als zentralem Abgrenzungskriterium offen. Jedoch muss aufgrund der vorgenannten Gründe dennoch die persönliche Abhängigkeit als zentrales Obermerkmal angesehen werden. Gleichwohl sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dies, sofern man in der Weisungsbindung gerade die Konkretisierung der persönlichen Abhängigkeit sieht, eine rein akademische Frage ohne Praxisrelevanz ist. Der Oberbegriff der 424 S. zur typologischen Betrachtung und dem Anknüpfungspunkt derer, Kapitel 2 C. III. 1. c) bb). 425 Hromadka, NZA 2018, 1583 ff. 426 Der Aussagegehalt der einzelnen Kriterien wird unter der jeweiligen Darstellung erörtert. 427 Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585). 428 Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585). 429 Hierauf weist Hromadka, NZA 2018, 1583 (1586) selbst hin.

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persönlichen Abhängigkeit kann aus Gründen der Rationalisierung zwar als das entscheidende Abgrenzungsmerkmal verstanden werden, doch bedarf es zur Feststellung stets eines Rückgriffes auf die ausfüllende Konkretisierung durch greifbare Merkmale.430 Dies spiegelt sich in der treffenden Aussage von Götz Hueck wider, wonach die persönliche Abhängigkeit „eine formelhafte Kurzbezeichnung für einen mit seinen zahlreichen Einzelmerkmalen sehr komplexen und vielseitigen Tatbestand“ sei.431 Hieran hat sich im Kern auch anlässlich der gesetzgeberischen Definition in § 611a BGB nichts geändert. Zur Feststellung der persönlichen Abhängigkeit können jedoch nur solche Aspekte beitragen, die aus dem vertraglichen Leistungsversprechen und der damit einhergehenden tatsächlichen Vertragsdurchführung resultieren.432 Dies ergibt sich bereits aus der Natur des Arbeitsvertrages als Schuldvertrag. Ferner wäre andernfalls eine Nachforschung des Berechtigten über Umstände aus der Sphäre des Verpflichteten nötig, die sich zudem im Laufe des Dauerschuldverhältnisses noch wandeln können.433 Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit wird hinsichtlich seiner Ausfüllung gerade im Schrifttum nuancenreich interpretiert.434 Besonders deutlich wird dies bei der Frage, welche Rolle das Kriterium der Eingliederung im Rahmen der Vertragstypenqualifikation spielt.435 Zwar war dies bereits vor der Kodifikation des § 611a BGB der Fall,436 doch hat sich die Diskrepanz, nicht zuletzt durch die un430 Zur Konkretisierung der persönlichen Abhängigkeit s. auch Loritz, in: Zöllner/Loritz/ Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 24. 431 G. Hueck, RdA 1969, 216 (219). 432 Boemke, ZfA 1998, 285 (292, 296 f.); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 242; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 33, 110 ff.; Preis, NZA 2018, 817 (819); Richardi, NZA 2017, 36 (37), ders., in: FS 125 Jahre jur. Ges. Ber., S. 607 (621 ff.); Rommé, ZfA 1997, 251 (295 – 300); Söllner, in: FS Zöllner, Band II, S. 949 (958); Uffmann, Interim Management, S. 213; s. auch LAG Düsseldorf v. 04. 09. 1996 – 12 (6) (5) Sa 909/96, LAGE § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff, aus den Gründen I.3.c., das ein Rekurrieren auf Umständen, die „außerhalb der Rechtsbeziehungen der Parteien angesiedelt sind und die sonstige Erwerbstätigkeit und Privatsphäre des zur Dienstleistung Verpflichteten betreffen“ im Sinne der Rechtssicherheit ablehnt. 433 Zur Berücksichtigungsfähigkeit außervertraglicher Umstände s. auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 242 m. w. N. 434 Vgl. etwa Henssler, RdA 2017, 83 (84 f.); Hromadka, NZA 2018, 1583 ff.; Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 99 ff.; Preis, NZA 2018, 817 ff.; Richardi, NZA 2017, 36; ders., NZA 2018, 974 ff.; Riesenhuber, JuS 2018, 103; Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 18; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 47; Wank, AuR 140 (143 ff.); Weigert, ArbRAktuell 2017, 557. 435 S. etwa Däubler, in: HKArbR, Vor §§ 611, 611a BGB, Rn. 4; Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 106; Kreuder/Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, § 611a BGB, Rn. 10; Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 101; Wank, AuR 140 (150 f.); s. auch das Merkmal der Eingliederung ablehnend etwa Preis, NZA 2018, 817 (820); Hromadka, NZA 2018, 1583 (1584). 436 Eine erneute Darstellung und Erörterung der bereits vor der Kodifikation des § 611a BGB vorhandenen Ansichten soll an dieser Stelle nicht vorgenommen werden. Vielmehr soll auf die bereits vorhandene Literatur verwiesen werden, s. hierzu etwa Maschmann, Arbeits-

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

terschiedlichen Auslegungsmethoden, infolge der Kodifizierung des § 611a BGB weiter verstärkt. bb) Die typologische Methode Mit der Stellung der persönlichen Abhängigkeit als Oberbegriff hängt zugleich die Frage nach dem Bezugspunkt der typologischen Methode eng zusammen. Rechtsprechung437 und weite Teile des Schrifttums438 erweckten jedenfalls bis zur Kodifikation des § 611a BGB den Eindruck, die Arbeitnehmereigenschaft typologisch439 bestimmen zu wollen.440 Der typologischen Betrachtung liegt das Verständnis zugrunde, wonach „es kein Einzelmerkmal [gibt], das aus der Vielzahl möglicher Merkmale unverzichtbar vorliegen [muß], damit man von persönlicher Abhängigkeit sprechen kann. Ebensowenig gibt es ein Merkmal für die Abhängigkeit, das sich nicht auch gelegentlich bei Selbständigen findet. Es ist deshalb aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtssicherheit unvermeidlich, die unselbständige Arbeit typologisch abzugrenzen.“441 Der Typusbegriff zeichnet sich also durch eine fehlende Definierbarkeit aus.442 Mittels der Rechtsfigur des Typus wird nicht definiert, sondern ausgehend von einem typisierten Fall, wie er in der Wirklichkeit idealtypisch vorgefunden wird, beschrieben.443 Das BAG sah sich angesichts verträge, passim; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, passim; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, passim; jüngst auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, passim. 437 So BAG v. 20. 01. 2010 – 5 AZR 106/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120, Rn. 18; v. 29. 01. 1980 – 1 ABR 45/79, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 22, aus den Gründen IV.2.; s. auch die Entscheidung des BVerfG v. 20. 05. 1996 – 1 BvR 21/96, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 82, in welcher die typologische Betrachtung (zu § 7 SGB IV) gebilligt wurde. 438 Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2 (4); Herschel, in: FG Kunze, S. 225 (237); Hilger, RdA 1981, 265 (266); Martens, RdA 1979, 347 (348); Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 111 ff.; Vogel/Pötters/Christensen, Richterrecht, S. 52; in diesem Sinne auch Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 46; kritisch Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 53 f.; Rüthers, RdA 1985, 129 (131); ders., NZA-Beilage 2011, 100 (104); Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 23 ff.; ders., in: Dietrich/Patzina/Wank, Scheinselbständigkeit, S. 251; s. zum Streitstand auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 30 ff.; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 56 ff., jeweils m. w. N. 439 S. zum Typusbegriff als solchem Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 461 ff.; Leenen, Typus und Rechtsfindung, passim; differenzierend Vogel/Pötters/Christensen, Richterrecht, S. 52; kritisch Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 23 Rn. 930 ff.; zur terminologischen Unschärfe s. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 461; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 28; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 32 m. w. N. 440 Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit ist es hingegen nicht zielführend die komplexe Diskussion um den Typusbegriff und dessen Bildung erneut umfassend aufzugreifen. 441 BAG v. 23. 04. 1980 – 5 AZR 426/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34 (Hervorhebung durch den Verfasser). 442 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 465; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 53; Wank, Die juristische Begriffsbildung, S. 128 ff. 443 Im Kontext des Arbeitnehmerbegriffs s. etwa Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 53; Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (56).

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der vielfältigen Erscheinungsformen arbeitsvertraglicher Tätigkeiten außerstande, abstrakt-allgemeine, definitorische Kriterien zur Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit herauszuarbeiten.444 (1) Abkehr von der typologischen Methode? Anlässlich der Kodifikation des § 611a BGB wurde in der Literatur teilweise eine Abkehr von der typologischen Betrachtung proklamiert.445 So hält etwa Preis eine typologische Betrachtung für verfassungswidrig, wenn gesetzliche Regelungen bzw. Wertungen durch eigenständige Typologien unterlaufen werden.446 Gerade die fehlende Definierbarkeit sei für den Typusbegriff und damit für die typologische Betrachtung prägend.447 Angesichts der nunmehr vorhandenen gesetzgeberischen Definition sei jedoch die Grundlage der typologischen Methode entfallen. Preis zielt damit unter Verweis auf die Gesetzesbindung auf einen vermeintlichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung ab.448 Die typologische Betrachtung sei daher, sofern nicht nur die Gesamtbetrachtung und der Rekurs auf die tatsächliche Durchführung gemeint seien, abzulehnen.449 Auch Schneider450 führt an, dass nunmehr subsumtionsfähige Kriterien normiert seien, anhand derer die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft zu erfolgen habe. So dürfe nur auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die sich in § 611a BGB wiederfänden oder die der Feststellung dieser Kriterien dienten.451 Der typologischen Betrachtung könne im Rahmen des § 611a Abs. 1 BGB allenfalls hinsichtlich der 444 So bereits BAG v. 28. 02. 1962 – 4 AZR 141/61, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 1; v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344 Rn. 20. 445 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 53; ders., NZA 2018, 817 (821); zustimmend Richardi, NZA 2018, 974; ders., NZA 2017, 36 (38); Schneider, RdA 2018, 306 (307 f.); Thüsing/ Schmidt, ZIP 2016, 54 (55 f.); differenzierend Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 26, der sich insoweit für eine Fokussierung auf das Merkmal der Weisungsbindung ausspricht; Reinecke, AuR 2019, 56 (59), der gleichwohl darauf hinweist, dass unklar bleibt, in welchen Einzelfällen die Kontroverse überhaupt eine praktische Bedeutung hat und zu unterschiedlichen Ergebnissen führt; kritisch Busemann, ZTR 2018, 440 (451 f.); offenlassend Stindt, NZS 2018, 481 (485); vgl. auch Wank, AuR 2017, 140 (148) der für eine teleologische Begriffsbildung plädiert; a. A. Däubler, in: HKArbR, Vor §§ 611, 611a BGB Rn. 4; Deinert, RdA 2017, 65 (71); Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 13; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 63 f.; wohl auch Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 611a BGB Rn. 30; s. zum Streitstand s. auch Greiner, NZS 2019, 761 (764). 446 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 53. 447 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 53; so auch Wank, Begriffsbildung, S. 128 ff. 448 Vgl. Preis, NZA 2018, 817: „Dies [die Abkehr von der typologischen Methode, Anm. d. Verfassers] gebietet der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber.“ 449 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 53; ders., NZA 2018, 817 (821), Preis weist zugleich darauf hin, dass auch die Gesamtabwägung nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB nicht der Platz sei, um durch typologische Begriffsbildung aus dem gesetzgeberischen Korsett auszubrechen. 450 Schneider, in: MünchArbR, 4. Auflage, § 18 Rn. 45; dies., RdA 2018, 306 (308). 451 Schneider, in: MünchArbR, 4. Auflage, § 18 Rn. 45.

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Beurteilung der in Rede stehenden Tätigkeit im Sinne des § 611a Abs. 1 S. 4 BGB, im Rahmen der nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB vorzunehmenden Gesamtbetrachtung oder bei der Beurteilung einer Diskrepanz im Sinne des § 611a Abs. 1 S. 6 BGB Raum gegeben werden.452 Eine Anwendung im Übrigen liefe Gefahr, die gesetzliche Wertung des § 611a Abs. 1 BGB zu unterlaufen. Maties weist darauf hin, die Einordnung habe sich jedenfalls nunmehr nach geltenden Tatbestandsmerkmalen zu richten.453 Eine Beurteilung, etwa anhand von berufsgruppenspezifischen Merkmalen,454 dürfe nicht mehr erfolgen.455 Richtigerweise seien aber, wie schon zuvor, die Merkmale der Weisungsbindung im Rahmen der Gesamtschau zu würdigen. Insoweit müsse auch die ergangene Rechtsprechung, wolle man den Willen des Gesetzgebers respektieren, zur Auslegung herangezogen werden.456 Henssler sieht in § 611a BGB hingegen lediglich ein „Restatement“ infolge der Kodifizierung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die bisherigen, von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze zur Abgrenzung gelten daher fort.457 Dieser Feststellung schließen sich weitere Stimmen im Schrifttum wie etwa Däubler458, Joussen459 und Thüsing460 an. Ähnlich sieht dies Wagner der sich umfassend mit der Frage auseinandersetzt, ob § 611a Abs. 1 S. 4, 5 BGB ein gesetzgeberisches Bekenntnis zur typologischen Betrachtung darstellt und dies im Ergebnis bejaht.461 (2) Bezugspunkt der typologischen Betrachtung Wie bereits die verschiedenen Ansichten andeutungsweise aufzeigen, hängt der Streitstand dogmatisch maßgeblich von dem Bezugspunkt der typologischen Methode ab. Die Frage nach dem Bezugspunkt der typologischen Betrachtung korrespondiert dabei unmittelbar mit dem Normverständnis der § 611a Abs. 1 S. 4 und 5

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Schneider, RdA 2018, 306 (308). Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 26. 454 S. dazu die Ausführungen zu § 611a Abs. 1 S. 4 BGB in Kapitel 2 C. III. 1. g). 455 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 26; s. auch Wank, Anmerkung zu BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193. 456 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 22. 457 Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 17; ders., AE 2017, 5 (7). 458 Däubler, in: HKArbR, Vor §§ 611, 611a BGB Rn. 4. 459 So wohl auch Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 611a BGB Rn. 30, der zwar S. 5 und S. 6 des § 611a Abs. 1 als Auslegungsregeln ansieht, zugleich allerdings einen offenen Kriterienkatalog im Rahmen der typologischen Betrachtung annehmen möchte. 460 Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 63 f.; anders noch Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (57). 461 Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 373 – 384. 453

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BGB. Darüber hinaus bestimmt das Ergebnis über die Begriffsnatur des Arbeitnehmerbegriffs. Gleich in doppelter Hinsicht ist ein Blick auf den Bezugspunkt der typologischen Betrachtung zu richten. Zum einen muss zwischen dem Arbeitnehmerbegriff als solchem und seinen Tatbestandsmerkmalen differenziert werden.462 Dabei wird sich zeigen, dass die typologische Betrachtung nicht unmittelbar am Arbeitnehmerbegriff, sondern an dem Merkmal der Weisungsbindung und damit im Ergebnis am Merkmal der persönlichen Abhängigkeit anknüpft.463 Zum anderen wurde die typologische Betrachtung bislang nicht auf der Ebene der Tatbestandsmerkmale oder seiner Untermerkmale fruchtbar gemacht, sondern lediglich im Rahmen der indiziellen Betrachtung dieser Merkmale.464 Das lässt sich bereits den Ausführungen des BAG entnehmen, welches das Arbeitsverhältnis maßgeblich anhand des Grades der persönlichen Abhängigkeit abgrenzt.465 Ist ein ausreichender Grad der persönlichen Abhängigkeit anzunehmen, so folgt hieraus, sofern es sich um einen privatrechtlichen Vertrag handelt, die Arbeitnehmereigenschaft als solche. Auf dieses zentrale Unterscheidungsmerkmal kann daher nicht verzichtet werden.466 Gerade die persönliche Abhängigkeit sei doch schließlich einer der wesentlichen Gründe, die zur Entwicklung und zum Ausbau des Arbeitsrechts geführt hätten.467 Die Feststellung des BAG, wonach es kein Einzelmerkmal gebe, das aus der Vielzahl möglicher Merkmale unverzichtbar vorliegen müsse, damit man von per462 Vgl. hierzu aus der Literatur etwa Brammsen, RdA 2010, 267 (269); Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 17 Rn. 10; Griebeling, RdA 1998, 208; Herschel, in: FG Kunze, S. 225 (237); Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 107; Konzen, ZfA 1982, 259 (290); Kreuder/ Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, § 611a BGB Rn. 10; unklar etwa Müller-Glöge, in: MüKo BGB, 7. Auflage, § 611 Rn. 171, der sowohl vom Typus des Arbeitnehmers als auch von der typologischen Methode im Kontext der Würdigung der Indizien spricht; Preis, NZA 2018, 817 (821), der vom Typus des Arbeitnehmers spricht; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 1, der zum einen die Typologie des Arbeitnehmers bemüht, zugleich aber auf die Unschärfe der persönlichen Abhängigkeit verweist. 463 Zur persönlichen Abhängigkeit Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 113; MüllerGlöge, in: MüKo BGB, 7. Auflage, § 611 Rn. 171; Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 373; ähnlich auch Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 391, der jedenfalls vor der Kodifikation des § 611a BGB die Unterbegriffe des Arbeitnehmers komparativ, wie beim Typusbegriff verstehen wollte; so wohl auch unter der Geltung des § 611a BGB, ders., AuR 2017, 140 (144); Weidenkaff, in: Grüneberg, § 611a BGB Rn. 2; ähnlich Loritz, in: Zöllner/ Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht § 5 Rn. 37 hinsichtlich der „Unselbständigkeit“. 464 In diesem Sinne Wank, RdA 2017, 100 (106); ders., in: Dietrich/Patzina/Wank, Scheinselbständigkeit, S. 305. 465 BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 15; v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen II.1. 466 So schon BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen B.II.1. 467 BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen B.II.1. m. Verw. a. Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 41.

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sönlicher Abhängigkeit sprechen könne,468 kann man, wie sich noch zeigen wird, jedoch nur dann aufrechterhalten, wenn man unter den Begriff der Einzelmerkmale die typologischen Indizien subsumiert, die der Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit bzw. der Weisungsgebundenheit als deren Konkretisierung dienen. Gerade bei den Ausführungen zu vermeintlich weisungsfreien Tätigkeiten zeigt sich, dass hiermit keinesfalls eine vollständige Weisungsfreiheit, sondern lediglich eine gelockerte Weisungsbindung hinsichtlich bestimmter Aspekte gemeint sein muss.469 Die typologische Methode stellt daher nichts anderes dar als einen Rückgriff auf typologische Indizien im Rahmen der Gesamtbetrachtung.470 Bei der typologischen Betrachtung handelt es sich folglich nicht um eine eigenständige Methode, der eine über die indizielle Berücksichtigung hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Feststellung der persönlichen Abhängigkeit bzw. der Weisungsgebundenheit als deren Konkretisierung erfolgt anhand einer Vielzahl von Indizien, wobei keinesfalls sämtliche Indizien vorliegen müssen.471 Es ist also schon im Ausgangspunkt zwischen Tatbestandsmerkmalen, konkretisierenden Untermerkmalen und Indizien zu differenzieren.472 Auch wenn der Gesetzgeber eine Definition des Arbeitsvertrages und damit mittelbar eine solche des Arbeitnehmers statuieren wollte,473 so folgt hieraus keinesfalls eine generelle Abkehr von der typologischen Betrachtung als solcher. Wie zuvor dargestellt, bezog sich die typologische Betrachtung bereits vor der Kodifikation auf die Konkretisierung der persönlichen Abhängigkeit in Form der Weisungsgebundenheit. Auch die Definition des Arbeitsvertrages und damit mittelbar des Arbeitnehmers vermag nichts an der Vagheit seiner Merkmale474 und damit am Erfordernis einer typologischen Betrachtung zu deren Bestimmung zu ändern. § 611a Abs. 1 S. 1 BGB statuiert damit zwar abstrakte, den Arbeitsvertrag definierende Merkmale. Zur Bestimmung dieser Merkmale im konkreten Fall muss 468

BAG v. 23. 04. 1980 – 5 AZR 426/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34. S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d). 470 So im Ergebnis etwa auch Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 28; s. auch Wank, RdA 2017, 100 (106); s. auch die Stellungnahme Thüsings in Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 26 f., wo dieser im Kontext von Weisungsbindung und Eingliederung von typologischen Indizien spricht. 471 Vgl. BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 16; v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344, Rn. 20. 472 S. zur grundlegenden Unterscheidung auch Wank, AuR 2017, 140 (149); welche Aspekte jeweils unter die Kategorien zu fassen sein werden, wird sich noch im Folgenden zeigen. 473 S. die Gesetzesbegründung, die noch an die Arbeitnehmereigenschaft anknüpfte, BTDrs. 18/9232, S. 3 f., 31. Dort heißt es: „Dazu legt die Vorschrift des § 611a BGB unter wörtlicher Wiedergabe der Leitsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, wer Arbeitnehmer ist. Soweit andere Rechtsvorschriften eine abweichende Definition des Arbeitnehmers, des Arbeitsvertrages oder des Arbeitsverhältnisses vorsehen, um einen engeren oder weiteren Geltungsbereich dieser Rechtsvorschriften festzulegen, bleiben diese unberührt.“ 474 Die Bedeutung der einzelnen Normbestandteile wird an späterer Stelle unter dem jeweiligen Terminus erörtert. 469

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aber auf typologische Indizien rekurriert werden.475 Wie Wank feststellt, möge man den Rückgriff auf typologische Indizien dann auch typologische Methode nennen.476 Die Kodifikation des § 611a Abs. 1 BGB hat daher lediglich zu einer Statuierung der typologischen Methode auf der Subsumtionsebene geführt.477 Eine Änderung der Rechtslage trat durch die gesetzgeberische Definition also nicht ein. Dies zeigt sich auch daran, dass die Gesamtbetrachtung, die schon bislang ein Bestandteil der typologischen Betrachtung war, nunmehr mit § 611a Abs. 1 S. 5 BGB explizit in das Gesetz überführt wurde.478 Da im Rahmen der Subsumtion auf typologische Indizien rekurriert wird, bietet die Gesamtbetrachtung ausreichend Möglichkeiten, den wandelnden Bedingungen des Arbeitslebens bei Anwendung der Norm gerecht zu werden.479 Während also zur Bestimmung der definitorischen Merkmale auf die typologischen Indizien zurückgegriffen werden kann, verbietet sich eine rein typologische Methode hinsichtlich der Arbeitnehmereigenschaft als solcher. Die typologische Methode darf nicht zur Beliebigkeit der prägenden Tatbestandsmerkmale führen. Das entspricht – in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers – der bisherigen Rechtslage. Legt man dieses Verständnis zugrunde, so besteht auch, wie Preis bereits festgestellt hat, kein Widerspruch zu der von ihm eingenommenen Position.480 Ähnlich sieht dies Schneider, die es für nicht ausgeschlossen erachtet, typologische Aspekte im Rahmen des § 611a Abs. 1 S. 4 – 6 BGB einfließen zu lassen.481 Auch Maties lässt sich so verstehen, wenn er feststellt, dass damals wie heute die Merkmale (der Weisungsbindung) – gemeint sind wohl die einzelnen Aspekte der Weisungsbindung und die hierfür fruchtbar zu machenden typologischen Indizien – im Rahmen der Gesamtschau zu würdigen seien.482 Vergleichbares gilt für Wank, der es für zulässig erachtet, die Gesamtbetrachtung der Indizien auf der den Merkmalen nachgeord-

475 Ähnlich auch Wank, RdA 2017, 100 (105 f.); ders., AuR 2017, 140 (149), der jedoch angesichts der weiterhin durchzuführenden typologischen Betrachtung die Bezeichnung des Arbeitsvertrages als Klassenbegriff als missverständlich erachtet; auch in der Stellungnahme Thüsings in Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 26 f., ist im Hinblick auf die Weisungsbindung und die Eingliederung von typologischen Indizien die Rede. 476 Wank, RdA 2017, 100 (106) m. Verw. a. Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 28. 477 So auch im Ergebnis Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 28, welche die typologische Methode auf der Ebene der Gesamtbetrachtung anwenden wollen; Wank, RdA 2017, 100 (106). 478 Wagner, Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 375. 479 In diesem Sinne auch Wank, AuR 2017, 140 (153), der in dem Verweis auf die Rechtsprechung die Legitimation zur praxisnahen Fortentwicklung des Arbeitnehmerbegriffs sieht; ähnlich auch Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 381, der auf die normative Offenheit infolge der Sätze 4 und 5 des § 611a Abs. 1 BGB verweist. 480 Preis, NZA 2018, 817 (821), Fn. 61. 481 Schneider, RdA 2018, 306 (308). 482 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 26.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

neten Ebene typologische Methode zu nennen.483 Auch Wagner sieht in der Kodifikation der Sätze 4 und 5 des § 611a Abs. 1 BGB ein Bekenntnis des Gesetzgebers zur typologischen Methode.484 Dieses Ergebnis deckt sich schließlich mit der nach der Kodifizierung des § 611a BGB ergangenen Rechtsprechung.485 Nach dieser spiegelt § 611a BGB die zuvor skizzierten Rechtsgrundsätze wider.486 Damit lässt sich festhalten, dass die typologische Betrachtung lediglich auf Subsumtionsebene und gerade nicht auf tatbestandlicher Ebene fruchtbar gemacht werden kann. Ob mit der Kodifikation des § 611a BGB eine Abkehr der typologischen Betrachtung geboten ist, ist letztlich eine terminologische Frage. (3) Begriffsnatur des Arbeitnehmerbegriffs Mit der Feststellung, dass es sich bei dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit um das unverzichtbare Obermerkmal zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft handelt, bestimmt sich zugleich die Begriffsnatur des Arbeitnehmerbegriffs. Je nachdem auf welcher Ebene man die typologische Methode verortet, geht damit auch die begriffliche Einordnung des Arbeitnehmerbegriffs als Typus- oder Klassenbegriff487 einher.488 Im Gegensatz zum Typusbegriff handelt es sich beim Klassenbegriff um eine juristische Definition, die durch eine fest umrissene Reihe von Unterbegriffen geprägt ist. Der gesetzliche Tatbestand ist dann erfüllt, wenn sämtliche Unterbegriffe erfüllt sind.489 Die vorherrschende Verwirrung um den Typusbegriff hängt eng mit der wenig differenzierten Herangehensweise in Literatur und Rechtsprechung zusammen.490 Im Sinne der Rechtsmethodik wäre eine Unterscheidung zwischen dem Arbeitnehmerbegriff als solchem und der persönlichen

483 Wank, RdA 2017, 100 (106); in diesem Sinne auch Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/ Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 28. 484 Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 381, 383; soweit dieser jedoch davon ausgeht, dass angesichts der Sätze 4 und 5 auch Umstände fruchtbar gemacht werden können, die nicht unmittelbar der Konkretisierung der persönlichen Abhängigkeit dienen, kann dem nicht gefolgt werden, s. hierzu die Ausführungen in Kapitel 2 C. III. 1. f), g). 485 BAG v. 21. 11. 2017 – 9 AZR 117/17, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194, Rn. 23; v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193, Rn. 17. 486 Kritisch zum „pragmatischen Vorgehen des Bundesarbeitsgerichts, Hromadka, NZA 2018; zur fortwährenden Anwendung der typologischen Methode s. auch Schneider, RdA 2018, 306 (308). 487 S. hierzu etwa Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 47; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 543 ff. 488 Kritisch zum Begriffsverständnis der Rechtsprechung und der h. M. im Schrifttum Wank, in: Blanke/Schüren/Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 40 ff. 489 Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 47; ders., Juristische Methodenlehre, S. 230; ders., Die juristische Begriffsbildung, S. 128 ff. 490 S. hierzu bereits die Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. c) bb).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Abhängigkeit als dessen wesentlichem Merkmal geboten.491 Auf den Arbeitnehmerbegriff übertragen heißt das, dass der Begriff und damit die Eigenschaft des Arbeitnehmers nicht typologisch zu bestimmen ist. Vielmehr knüpft die typologische Methode in Form von typologischen Indizien an die Weisungsgebundenheit als Konkretisierung der persönlichen Abhängigkeit an. Eine auf tatbestandlicher Ebene anknüpfende typologische Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft als solcher scheidet damit aus. Geht man im Ergebnis also von festen tatbestandlichen Voraussetzungen aus, die einer Konkretisierung zugänglich sind, so handelt es sich beim Arbeitnehmerbegriff um einen Klassenbegriff.492 d) Weisungsgebundenheit Nachdem es sich bei dem Merkmal der persönlichen Abhängigkeit um ein Obermerkmal handelt, gilt es im Folgenden herauszuarbeiten, welche Bedeutung der Gesetzgeber den Untermerkmalen beigemessen hat. aa) Relevanz der Weisungsgebundenheit Bereits die Ausführungen zum Oberbegriff der persönlichen Abhängigkeit haben ansatzweise gezeigt, dass in Rechtsprechung und Literatur nicht selten ein divergierendes Verständnis hinsichtlich der einzelnen Normbestandteile vorherrscht.493 Teile des Schrifttums sehen in der Weisungsgebundenheit das maßgebliche Abgrenzungskriterium.494 Jedoch muss, jedenfalls rechtsdogmatisch, die persönliche Abhängigkeit als Oberbegriff bzw. als maßgebliches Tatbestandsmerkmal angesehen werden.495 Dennoch wird der Grad der persönlichen Abhängigkeit durch die Weisungsgebundenheit determiniert. Gerade in der Ausübung des Weisungsrechts496 zeigt sich die typische Arbeitgeberstellung. Das Obermerkmal der persönlichen Abhängigkeit, das für sich genommen inhaltsleer ist, wird somit durch die Wei491

Ähnlich Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 111; Reuter, Arbeitsaufgabe, S. 50 f. So schon vor der Kodifikation des § 611a BGB Wank, Arbeitnehmer und Selbständige S. 25, 126; ders., AuR 2017, 140 (149); ders., Anmerkung zu BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 851/ 16, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 193; s. auch Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 124. 493 Hierauf wies bereits Maschmann, Arbeitsverträge, S. 58 f. und jüngst auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 243 hin. 494 So etwa Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585); Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 611a Rn. 24; Schmitt/Rolfes, AuA 2017, 15; Weidenkaff, in: Grüneberg, § 611a BGB Rn. 3; ähnlich auch Wank, AuR 2017, 140 (143), der in der Weisungsbindung die differentia specifica sieht, wenngleich es verfehlt sei, ausschließlich hierauf abzustellen; wiederum anders hingegen Riesenhuber, JuS 2018, 103 (104), der in der Fremdbestimmtheit das maßgebliche Abgrenzungskriterium sieht. 495 S. hierzu bereits die Ausführungen zur persönlichen Abhängigkeit in Kapitel 2 C. III. 1. c). 496 Grundlegend zum Weisungsrecht, Bitzenhofer, Die Grundlagen des Weisungsrechts, passim. 492

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

sungsgebundenheit konkretisiert und ausgefüllt. Dem steht auch nicht die Feststellung des BAG entgegen, wonach es kein Einzelmerkmal gebe, das aus der Vielzahl möglicher Kriterien unverzichtbar vorliegen müsse, damit man von einer persönlichen Abhängigkeit sprechen könne. Wie bereits gesehen, ist diese Aussage nämlich so verstehen, dass mit dem Begriff der Einzelmerkmale die typologischen Indizien gemeint sind.497 Vor der Kodifikation des § 611a Abs. 1 BGB stellte das BAG dazu fest: „Persönliche Abhängigkeit ist dabei nicht gleichbedeutend mit Weisungsgebundenheit. Diese ist nur eines von mehreren Unterscheidungsmerkmalen und kann bei Erledigung einzelner geschuldeter Leistungen ganz fehlen, wie z. B. beim Chefarzt, Wissenschaftler oder Künstler.“498 Diese Aussage erweckt prima facie den Eindruck, dass sich die Weisungsgebundenheit und die persönliche Abhängigkeit inhaltlich nicht entsprechen. Jedoch kann die Aussage der Rechtsprechung lediglich auf die fachliche Weisungsgebundenheit bezogen sein. Wurde bei vermeintlich „weisungsfreien“ Tätigkeiten die Arbeitnehmereigenschaft festgestellt, so resultierte die Arbeitnehmereigenschaft gleichwohl aus Aspekten der Weisungsbindung. Eine „fehlende Weisungsbindung“ liegt nicht schon dann vor, wenn es an einer fachlichen Weisungsbindung fehlt. Daneben kann die arbeitsrechtliche Weisungsbindung nämlich durch das zeitliche und örtliche Direktionsrecht determiniert sein.499 Geht man im Ausgangspunkt von einer von den Vertragsparteien vorgenommenen Einordnung als Selbständigenvertrag aus, so ist kein Fall ersichtlich, in dem trotz völliger Weisungsfreiheit dennoch ein Arbeitsverhältnis festgestellt wurde.500 Richtigerweise ist in der Weisungsgebundenheit vielmehr das zwingende Merkmal der persönlichen Abhängigkeit zu sehen. Zwar mag der Grad der Weisungsbindung schwanken,501 was sich unmittelbar auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit auswirkt,502 doch spiegelt sich gerade in der Weisungsgebundenheit die das Arbeitsverhältnis prägende Abhängigkeit wider. Hierfür spricht auch die Genese des § 611a BGB. So hieß es noch in Satz 3 des zweiten Referentenentwurfs: „Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann; der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab“. Dies entsprach in Anlehnung an § 84 Abs. 1 S. 2 HGB der 497 Zum Verhältnis der Merkmale, Untermerkmale und Indizien im Rahmen der Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs, vgl. Wank, AuR 2017, 140 (149); Wank, in: Dietrich/Patzina/ Wank, Scheinselbständigkeit, S. 305. 498 BAG v. 08. 10. 1975 – 5 AZR 430/74, AP Nr. 18 zu § 611 BGB Abhängigkeit; s. hierzu auch die Stellungnahme Thüsings in Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 26 f., m. V. a. BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125. 499 S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d) dd), ee), ff). 500 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 115; Henssler, RdA 2017, 83 (85); Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht § 5 Rn. 29; Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (281); Schmitz-Scholemann, JB Arbeitsrecht 2014, S. 53 (54). 501 Vgl. hierzu die graduelle Lockerung bei Diensten höherer Art sowie bei zeitlich und räumlich entgrenzten Tätigkeiten. 502 Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (281).

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ständigen Rechtsprechung.503 Die Änderung von Satz 3, die allein vor dem Hintergrund der Kritik an der doppelten Definition des Arbeitnehmers erfolgte,504 substituierte sodann den Begriff des Arbeitnehmers durch den der Weisungsgebundenheit.505 In dieser inhaltlichen Gleichstellung der Arbeitnehmereigenschaft und der Weisungsgebundenheit kommt die zentrale Bedeutung zum Ausdruck, die dem Merkmal der Weisungsgebundenheit zukommen sollte. Indes ist bei der Betrachtung der Weisungsgebundenheit zwischen verschiedenen Formen des Weisungsrechts zu differenzieren. Während das personenbezogene, arbeitsrechtliche Weisungsrecht fachliche, örtliche, zeitliche und disziplinarische Weisungen umfassen kann, bezieht sich das erfolgs- bzw. projektbezogene Weisungsrecht auf den konkreten Erfolg und ist insoweit in seiner Reichweite begrenzt. Das arbeitsrechtliche disziplinarische Weisungsrecht umfasst nicht nur Disziplinarbefugnisse wie die Aussprache von Abmahnungen oder Kündigungen, sondern auch administrative Weisungen wie die Urlaubsgewährung oder personelle Einzelmaßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Das disziplinarische Weisungsrecht setzt also einen Vertragsarbeitgeber voraus und knüpft an dessen Gläubigerstellung an.506 Daher ist es in der Praxis selten, dass es trotz eines vermeintlichen Selbständigenvertrages zu entsprechenden Weisungen und damit zum Auseinanderfallen von Vertragsdeklaration und gelebtem Rechtsverhältnis kommt. Da in diesem Fall an eine Arbeitgeberstellung des Anweisenden angeknüpft wird, was indiziell auf einen Parteiwillen zugunsten einer arbeitsvertraglichen Qualifikation schließen lässt, mag es sich dann ausnahmsweise um den Fall einer unbeachtlichen falsa demonstratio handeln.507 Ohnehin kann man regelmäßig nur aufgrund festzustellender disziplinarischer Weisungen positive Rückschlüsse zugunsten einer arbeitsvertraglichen Einordnung ziehen. Charakterisiert wird das Arbeitsverhältnis durch die positive Weisungsbindung, nicht jedoch im Umkehrschluss durch das Fehlen einer solchen. Entscheidend für die Feststellung der persönlichen Abhängigkeit sind vielmehr die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten, die mit der Vertragseinordnung einhergehen.508 Dies gilt erst recht, wenn dies die Folge einer verkannten Rechtsauffassung ist.509

503 S. etwa BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, APAÜG § 1 Nr. 40; v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128; auch nach der Kodifikation des § 611a BGB, BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131. 504 S. hierzu bereits die Ausführungen zur Genese des § 611a BGB in Kapitel 2 C. III. 1. a). 505 S. hierzu auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 251. 506 Eufinger/Burbach, DB 2019, 1147 (1149); Fritz, NZA-Beilage, 2018, 98 (100); Maschmann, NZA 2017, 1557 (1558). 507 Vgl. hierzu Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 321, der sich insoweit auf Hilfstatsachen wie die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen oder Lohnsteuern bezieht. 508 BAG v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344, Rn. 29; v. 11. 03. 1992 – 7 AZR 130/91, BeckRS 1992, 30740449, aus den Gründen I.4.b.; weiter jedoch noch BAG v. 08. 06. 1967 – 5 AZR 461/66, NJW 1967, 1982.

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Demgegenüber bezieht sich das Weisungsrecht im Übrigen auf die Ausübung der geschuldeten Tätigkeit.510 Gerade der arbeitsvertraglichen Weisungsgebundenheit kam in der Rechtsprechung511 schon vor der Kodifikation des § 611a Abs. 1 BGB eine zentrale Bedeutung für die Beurteilung und Abgrenzung der Rechtsverhältnisse zu.512 Spezifiziert wird die Weisungsbindung durch § 611a Abs. 1 S. 2 BGB, der den Wortlaut des § 106 GewO unvollständig wiedergibt.513 Ergänzt wird die Umschreibung durch § 611a Abs. 1 S. 3 BGB, der einen Umkehrschluss aus der Vorschrift des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB enthält514 und mit den Kriterien der freien Gestaltung der Arbeit und der zeitlichen Weisungsbindung den Kern der Umschreibung515 darstellt. Nach dem Beurteilungsmaßstab des Satz 3 ist derjenige Arbeitnehmer, der „im Wesentlichen“ der Weisungsbefugnis unterworfen ist. Von einer Wesentlichkeit im Sinne des Satzes 3 kann nach allgemeinen methodischen Regeln bereits dann ausgegangen werden, wenn das Merkmal überwiegend erfüllt ist, also mehr Gründe für eine Abhängigkeit sprechen als für eine weisungsfreie Beurtei509 Vgl. zu den, mit der Vertragstypenqualifikation einhergehenden Modalitäten BAG v. 03. 10. 1975 – 5 AZR 427/74, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 16, aus den Gründen II.2.c.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 321; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 45; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 21. 510 Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419). 511 S. etwa BAG v. 20. 05. 2009 – 5 AZR 31/08, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 16; v. 14. 03. 2007 – 5 AZR 499/06, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13, Rn. 13; v. 20. 09. 2000 – 5 AZR 61/99, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 37, aus den Gründen I. 512 Kreuder/Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, § 611a BGB, Rn. 82; Preis/Temming, Individualarbeitsrecht, Rn. 181; dies gilt nicht nur für die deutsche Rechtsordnung, vgl. hierzu die Voraussetzungen im internationalen Vergleich bei Erren, Das Vorstandsmitglied einer AG als Arbeitnehmer, S. 494 ff.; Rebhahn, RdA 2009, 154. 513 Mit Ausnahme der Durchführung finden sich die genannten Aspekte auch in § 106 GewO wieder; kritisch zu der mangelnden Abstimmung mit § 106 GewO, Wank, AuR 2017, 140 (146). Zudem umfasst § 611a Abs. 1 S. 2 BGB nur das Leistungsverhalten entsprechend § 106 S. 1 GewO. Der Maßstab des billigen Ermessens wurde zweckmäßigerweise nicht aufgenommen, da es bei der Abgrenzung hierauf nicht ankommt, s. auch Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 95; s. ferner Preis/Temming, Individualarbeitsrecht, Rn. 189, welche die Weisungsbefugnis hinsichtlich Ordnung und Verhalten im Betrieb nach § 106 S. 2 BGB als besonders charakterisierend für die personenbezogene Weisung erachten. 514 So explizit BT-Drs. 18/9232, S. 32. Bemerkenswert ist, dass durch § 611a Abs. 1 S. 3 BGB nunmehr die Weisungsgebundenheit definiert wird, während noch im Entwurfsstadium eine zweite Definition des Arbeitnehmers innerhalb einer Norm niedergelegt werden sollte. Die Fassung im Entwurfsstadium entsprach der übernommenen Rechtsprechung, so etwa BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 16; vgl. hierzu auch die Kritik, die während des Gesetzgebungsverfahrens geäußert wurde, s. etwa Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 251; die Stellungnahme Hensslers in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 40, 41; ders., in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 11; s. auch die Stellungnahme Thüsings in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 31. 515 Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 611a BGB Rn. 24; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 33; in diesem Sinne auch Wank, AuR 2017, 140 (148), der sich noch auf die Fassung des Entwurfsstadiums bezieht; anders hingegen Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 16, der in Satz 2 eine Vorwegnahme der Definition sieht.

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lung.516 Eine vollständige, allumfassende Weisungsbindung wird kaum einmal vorliegen.517 Dem Arbeitnehmer bleibt vielmehr in aller Regel ein gewisser weisungsfreier Eigenbereich.518 Kann die Tätigkeit jedoch umgekehrt im Wesentlichen frei gestaltet werden, so kann jedenfalls nicht von einer Weisungsgebundenheit i. S. d. § 611a Abs. 1 S. 3 BGB gesprochen werden. Die Beurteilung der Weisungsgebundenheit erfolgt dabei anhand einer Gesamtschau des § 611a Abs. 1 S. 2 und 3 BGB.519 Zwar könnte Satz 3 den Eindruck vermitteln, als wäre nur die Freiheit hinsichtlich der Gestaltung der Tätigkeit sowie der Arbeitszeit maßgeblich,520 doch verbietet sich ein solches Verständnis. Die Gesamtschau mit Satz 2 zeigt, dass neben der Arbeitszeit auch der Arbeitsort im Rahmen der Weisungsgebundenheit zu berücksichtigen ist.521 Ohnehin bezweckte der Gesetzgeber eine inhaltsgleiche Umsetzung der gefestigten höchstrichterliche Rechtsprechung, die in Anlehnung an § 84 Abs. 1 S. 2 HGB522 auf all diese Kriterien zurückgriff.523 Noch nicht geklärt ist damit, wie die einzelnen Aspekte des Weisungsrechts im Detail zu bestimmen sind. Zur Beantwortung dieser Frage werden zunächst die allgemeinen Anforderungen der Weisungsgebundenheit herausgearbeitet, um diese sodann an den Besonderheiten der agilen Projektmethodik zu messen. bb) Wirkrichtung des Weisungsrechts Nicht jede Weisung führt zur Weisungsgebundenheit und damit zur persönlichen Abhängigkeit. Eine Weisungsbefugnis ist nicht nur im Arbeitsrecht, sondern auch bei anderen Vertragstypen anerkannt.524 Aus diesem Grund ist richtigerweise nach der

516

Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 114; Wank, AuR 2017, 140 (148). Wank, AuR 2017, 140 (148). 518 S. hierzu umfassend Tillmanns, Strukturfragen, S. 127 – 131. 519 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 113; Wank, AuR 2017, 140 (148), die ein Zusammenspiel der Sätze 1 – 3 annehmen. 520 Hierauf weist Wank, AuR 2017, 140 (148) hin. 521 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 113; s. jedoch auch Wank, AuR 2017, 140 (148), der Satz 3 eine Fokussierung auf die freie Gestaltung der Arbeit und die Weisungsbindung bei der Arbeitszeit entnehmen möchte. 522 BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126; v. 21. 02. 1990 – 5 AZR 162/89, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 57. 523 Im Ergebnis auch Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 113, der die historische Auslegung zur Bestätigung des Ergebnisses heranzieht; s. hierzu BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 25. 524 Neben der Weisungsbindung im Rahmen eines freien Dienstvertrages (§ 618 BGB) ist insb. das im Werkvertragsrecht anerkannte Weisungsrecht (§ 645 Abs. 1 BGB) zu beachten. Zudem sieht das Gesetz etwa die Weisungsbindung des Beauftragten (§ 665 BGB), des Kommissionärs (§ 384 Abs. 1 HGB), des Frachtführers (§ 418 Abs. 1 HGB) und des Spediteurs (§ 454 Abs. 4 HGB) vor; s. hierzu auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 61; ders., in: BeckOGK, § 106 GewO Rn. 8 f.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 257. 517

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Wirkrichtung des Weisungsrechts zu unterscheiden.525 Ohne eine entsprechende Differenzierung würde der Kreis der Arbeitnehmer zu weit gefasst.526 Zu unterscheiden sind die personenbezogenen, also arbeitsrechtlichen Weisungen von werk-, sach- oder projektbezogenen Weisungen. Solche erfolgsbezogenen Weisungen sind nicht nur bei Werkverträgen, sondern insbesondere auch bei Dienstverträgen anerkannt.527 Für ein solches erfolgsbezogenes Weisungsrecht besteht auch ein Bedürfnis. Oftmals hat der Auftraggeber nur ein vages Vorstellungsbild von dem herzustellenden Werk. Die Einzelheiten ergeben sich dann regelmäßig erst im Zuge der Vertragserfüllung und -durchführung.528 Losgelöst von der Frage, ob es sich im Konkreten um erfolgsbezogene oder personenbezogene Weisungen handelt, spielen bei agil durchgeführten Projekten nachfolgende Konkretisierungen regelmäßig eine gewichtige Rolle. Diese sind nicht nur bereits durch den inkrementellen und iterativen Ansatz, sondern auch durch die im Agilen Manifest niedergelegte Wertung, wonach die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber wichtiger sei als die Vertragsgestaltung in der agilen Projektmethodik angelegt.529 (1) Arbeitsbezogene Weisungen Unter arbeitsbezogenen Weisungen versteht man solche, die für die Steuerung des konkreten Arbeitseinsatzes erforderlich sind. Die Weisungen beziehen sich dabei auf die Art und Weise der Arbeitsleistung.530 Eine arbeitsbezogene Weisung dient der 525

Vgl. BAG v. 08. 11. 2016 – 1 ABR 57/14, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 152, Rn. 21; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 33; v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90, aus den Gründen B.II.4.; v. 30. 01. 1991 – 7 AZR 497/89, AP AÜG § 10 Nr. 8, aus den Gründen III.1.; LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2010 – 11 Sa 289/10, BeckRS 2011, 68009, aus den Gründen II.1.b.; LAG Düsseldorf v. 10. 03. 2008 – 17 Sa 856/07, BeckRS 2008, 52934, aus den Gründen B.II.2.b.bb.; v. 19. 03. 2009 – 11 TaBV 303/08, BeckRS 2009, 66421, aus den Gründen II.2.b.ff.; s. auch ArbG Freiburg v. 12. 09. 2007 – 3 Ca 174/ 06 m. Anm. Boemke, jurisPR-ArbR 37/2007 Anm. 5.; aus dem Schrifttum s. etwa Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 68 f.; Greiner, NZA 2013, 697 (700); Henssler, RdA 2016, 18 (19); Wank, in: Blanke/Schüren/Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 45, der begrifflich auf unternehmensbezogene Weisungen rekurriert; kritisch Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 104 ff., zur parallelen Problematik im dreigliedrigen Rechtsverhältnis; Henssler/Pickenhahn in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 30; vgl. hierzu auch Brauneisen/Ibes, RdA 2014, 213 (220), die im dreigliedrigen Rechtsverhältnis nach dem „Wirkobjekt“ unterscheiden wollen. Gemeint ist, auf welches Rechtsverhältnis sich die Weisung bezieht. 526 Wank, in: Blanke/Schüren/Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 45. 527 S. hierzu etwa Beuthien/Wehler, Anmerkung zu BAG v. 09. 03. 1977 – 5 AZR 110/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 21; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 257; Günther/ Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (134); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (486); so auch zur parallelen Problematik im dreigliedrigen Rechtsverhältnis BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, juris, Rn. 27; v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 30. 528 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 185. 529 S. bereits die Ausführungen zur agilen Methodik in Kapitel 1. 530 Christ, in: MAH Arbeitsrecht, § 65 Rn. 12.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Konkretisierung der Leistungspflicht durch den Arbeitgeber. Zu diesem Zweck steht dem Arbeitgeber ein Weisungs-, Direktions- oder Leitungsrecht hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeit sowie der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb zu.531 Das arbeitsbezogene Weisungsrecht ist also personen-, ablauf- und verfahrensorientiert. Es umfasst Weisungen zur Vorgehensweise und zur Motivation der Mitarbeiter.532 Die Verbindlichkeit der Weisung ergibt sich bereits aus dem, dem Arbeitsvertrag immanenten Weisungsrecht des Arbeitgebers. Hinzu kommt, dass trotz eines in jüngerer Zeit verstärkt zu beobachtenden partnerschaftlichen Miteinanders von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in vielen Fällen nach wie vor ein ÜberUnterordnungsverhältnis vorliegt, welches noch immer prägend für diese Beziehung ist.533 (2) Erfolgsbezogene Weisungen Ebenso wie die arbeitsbezogenen Weisungen dienen die erfolgsbezogenen Weisungen der Konkretisierung des vereinbarten Leistungsgegenstands.534 Während die vertragsgegenstandsbezogene Weisung jedoch auf den Erfolg bzw. den vertraglich in der Leistungsbeschreibung niedergelegten Leistungsgegenstand begrenzt ist,535 bezieht sich das arbeitsbezogene Weisungsrecht auch auf die einzelnen Arbeitsverrichtungen im Sinne der konkreten Arbeitsweise.536 Ausdrücklich genannt wird der Begriff der (An-)Weisung innerhalb des Werkvertragsrechts in § 645 Abs. 1 S. 1 BGB. Auch wenn die Vorschrift prima facie nur eine Einschränkung der Gefahrtragung des Werkunternehmers enthält,537 so wird hieraus zugleich die Weisungsbefugnis des Werkbestellers abgeleitet.538 Dabei kann 531

Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht Rn. 156; Preis/Temming, Individualarbeitsrecht, Rn. 707 ff. 532 BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 28; Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 60; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187, wiederum zur vergleichbaren Problematik in Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung. 533 Vgl. hierzu in anderem Kontext BAG v. 14. 06. 2017 – 10 AZR 330/16 (A), AP GewO § 106 Nr. 36, Rn. 80 m. Verw. a. BT-Drs. 14/8796, S. 24; anders Böttner, Direktionsrecht, S. 57, der auf die rechtliche Gleichstellung der Vertragsparteien abstellt. Dies verkennt jedoch das strukturelle Ungleichgewicht zwischen den Parteien. 534 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 104; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187. 535 S. hierzu etwa Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187 f. 536 Vgl. hierzu BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 28; v. 01. 12. 1992 – 1 ABR 30/92, AuR 1993, 338, aus den Gründen B.II.2.c); s. hierzu Becker, ZfA 1978, 131 (141); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187; ders. in: BeckOGK, § 106 GewO Rn. 8 f.; Molitor, DB 1960, 28 (29). 537 Schwenker/Rodemann, in: Erman, § 645 BGB Rn. 1. 538 BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 30; v. 08. 11. 2016 – 1 ABR 57/14, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 152, Rn. 21; v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 17; v. 10. 02. 1977 – 2 ABR 80/76, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 9, aus den Gründen II.2.a.; Boemke, in: FS v. Hoyningen-Huene, S. 43 (52); v. Hoyningen-

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

von einer Anweisung i. S. d. § 645 BGB nur gesprochen werden, wenn diese über die bei Werkverträgen notwendige Werkbeschreibung hinausgeht.539 Entsprechendes gilt für projektbezogene540 Weisungen im Rahmen des Dienstvertrages.541 Anders sieht dies allerdings Maschmann, der § 645 Abs. 1 S. 1 BGB dahingehend versteht, dass derjenige Werkunternehmer, der Weisungen befolgt, aufgrund derer der Erfolg misslingt, nur noch wie ein Dienstunternehmer haften würde. Eine Bindung an die Weisungen sei hingegen gerade nicht abzuleiten.542 Maschmann ist insoweit zuzustimmen, als dass sich die Anweisungsbefugnis und damit die Weisungsgebundenheit prima facie dem Wortlaut nicht entnehmen lässt. Dennoch existiert ein werkvertragliches Weisungsrecht. Auch der historische Gesetzgeber setzt die Existenz eines Weisungsrechts voraus.543 So ist in den Materialien zum BGB die Rede von der dem Werkunternehmer „vorgeschriebenen Ausführungsweise“. Vorgeschrieben ist etwas dann, wenn ihm eine Verbindlichkeit zukommt. Gemeint ist damit also nichts anderes als eine sich auf die Ausführungsweise beziehende verbindliche Weisung. Daher bedarf es für die zutreffende Einordnung eines Rechtsverhältnisses der Unterscheidung zwischen arbeitsrechtlichen und erfolgsbezogenen Weisungen. Der Kreis der gegenstands- bzw. erfolgsbezogenen Weisungen wird extensiv gezogen. So sollen etwa Kontrollen und Beanstandungen ebenso wie Weisungen, die sich auf die Art des Werkes, die Einzelinhalte und die Reihenfolge dieser beziehen, darunterfallen.544 Wurde im Rahmen des Vertragsschlusses nicht zugleich die VerHuene, BB 1985, 1669 (1672); Hunold, NZA 1998, 1015 (1029); Peters, in: Staudinger, § 645 BGB Rn. 6 ff.; vgl. auch Tillmanns, Strukturfragen, S. 27, die zu Recht darauf hinweist, dass damit kein Weisungsrecht hinsichtlich der Tätigkeit als solcher einhergeht; ähnlich Richardi/ Fischinger, in: Staudinger, § 611a BGB Rn. 44; a. A. Maschmann, Arbeitsverträge, S. 188; ders., NZA 2013, 1305 (1309); kritisch Hager, SAE 1992, 226 (232); Kreuder, AuR 1993, 316 (319 f.). 539 Busche, in: MüKo BGB, § 645 Rn. 9; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 273. 540 Ist im Folgenden von erfolgsbezogenen Weisungen die Rede, so bezieht dies angesichts der Erfolgsgerichtetheit des Dienstvertrages auch die auf den Projekterfolg gerichteten Weisungen mit ein. 541 BAG v. 08. 11. 2016 – 1 ABR 57/14, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 152, Rn. 21; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 27; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/07, AP AÜG § 10 Nr. 19, Rn. 14; v. 10. 10. 2007 – 7 AZR 487/06, AP AÜG § 10 Nr. 20, Rn. 34 m. w. N. aus der Rechtsprechung; Henssler/Pickenhahn in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 30; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (133); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (486); kritisch Brauneisen/Ibes, RdA 2014, 213 (219), die darauf verweisen, dass der Dienstnehmer nur ein Tätigwerden schuldet, sodass kein Unterschied zwischen personen- und erfolgsbezogenen Weisungen bestehen könne. Dies verkennt jedoch, dass auch der Dienstvertrag auf die Erreichung eines Erfolges gerichtet ist. 542 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 188; ders., NZA 2013, 1305 (1309); zustimmend Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 145 f. 543 S. hierzu Mot. II, 500 = Mugdan II, 279 f. 544 S. etwa BAG v. 30. 01. 1991 – 7 AZR 497/89, AP AÜG § 10 Nr. 8, aus den Gründen IV.1.; ArbG Freiburg, v. 30. 01. 2007 – 3 Ca 174/06, BeckRS 2008, 51882, Rn. 27.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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wendung einer bestimmten Methode vereinbart, so kann sogar die genaue Arbeitsmethode vorgeschrieben werden.545 Solche Vorgaben nähern sich wiederum den arbeitsbezogenen Weisungen an. Ein Erfolgsbezug liegt nur dann vor, wenn sich die angewiesene Arbeitsmethode auf die Realisierung der gesamten Produktvision bezieht. Bezieht sich die anzuwendende Methode auf einzelne Schritte, so ist von einer ablauf-, und verfahrensorientierten und damit einer arbeitsbezogenen Weisungen auszugehen. Inhalt und Umfang können jedoch nicht erst durch erfolgsbezogene Weisungen bestimmt werden. Wird der Leistungsgegenstand erstmalig nach Vertragsschluss bestimmt, so stellt dies nach der Rechtsprechung546 und dem Schrifttum547 keine erfolgsbezogene Weisung dar. Die Grenze des erfolgsbezogenen Weisungsrechts werde überschritten, wenn der vermeintliche Werkbesteller erst durch weitere Weisungen den Leistungsgegenstand bestimmen müsse. Fehlt es an einem vertraglich festgelegten, abgrenzbaren und dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, soll dies gegen eine werkvertragliche Einordnung sprechen, da dann der vermeintliche Auftraggeber den Gegenstand der vom vermeintlichen Auftragnehmer zu erbringenden Leistung erst durch weitere Weisungen noch bestimmen und damit Arbeit und Einsatz bindend organisieren müsse.548 Dies ist der Sache nach zutreffend. Das werk- bzw. erfolgsbezogene Weisungsrecht ist gerade auf die Konkretisierung des vereinbarten Erfolges gerichtet, sodass sich die Bestimmung des Leistungsgegenstandes logisch nicht auf den konkreten Erfolg beziehen kann. Eine erfolgsbezogene Weisung liegt daher in solchen Fällen nicht vor.549 Es bedürfte vielmehr zunächst einer arbeitsvertraglichen Weisung, die den erstmaligen Erfolg inhaltlich festlegen müsste. Hierfür spricht auch die Norm des § 645 Abs. 1 S. 1 BGB, aus welcher das erfolgsbezogene Weisungsrecht abgeleitet wird. Danach tritt eine Haftungsverlagerung ein, sofern das Werk infolge einer von dem Besteller erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert 545 Frank, CR 2011, 138 (141) m. Verw. a. BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323; Klösel, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 28; Weber, Die Unterscheidung von Dienstvertrag und Werkvertrag, S. 88 f. m. Verw. a. BAG v. 28. 02. 1962 – 4 AZR 141/61, juris, Rn. 30. 546 BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126; v. 13. 05. 1992 – 7 AZR 284/91, NZA 1993, 357, NZA 1993, aus den Gründen II.2.d.; v. 30. 01. 1991 – AZR 497/ 89, AP AÜG § 10 Nr. 8, aus den Gründen IV.1. 547 Becker, ZfA 1978, 131 (141); Dauner-Lieb, NZA 1992, 817 (819); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 275; Hromadka, NZA 2018, 1583 (1585); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187; s. zu den Besonderheiten des agilen Projektmanagements Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (489). 548 So ausdrücklich BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 17; v. 30. 01. 1991 – AZR 497/ 89, AP AÜG § 10 Nr. 8, aus den Gründen IV.1.; s. hierzu auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 275; Dauner-Lieb, NZA 1992, 817 (819); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187; Wank/Roloff, in ErfK, § 1 AÜG Rn. 21. 549 Vgl. hierzu etwa auch die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg v. 25. 01. 1991 – 15 Sa 104/90, BB 1992, 11, wo die Zuweisung neuer Projekte, die keinen Bezug zum ursprünglichen Erfolg hatten, zutreffend als arbeitsrechtliche Weisung aufgefasst wurde.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

oder unausführbar geworden ist, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat. Die Norm stellt mit der Formulierung „das Werk“ dem Wortsinn nach ersichtlich auf ein bereits abgrenzbares Werk bzw. bei entsprechender Anwendung auf einen solchen Erfolg ab. Die Grenze zum arbeitsvertraglichen Weisungsrecht wird daher erst dann überschritten, wenn durch die Anweisung die zu erbringende Leistung überhaupt erst bestimmt wird.550 Auch daher zieht die Rechtsprechung, die gleichfalls dem zweigliedrigen Abgrenzungsschema folgt,551 aus dem Vorhandensein eines vertraglich festgelegten und abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk Rückschlüsse auf die Weisungsgebundenheit.552 Haben die Vertragsparteien den Vertragsgegenstand hinreichend konkret beschrieben, so bedarf es keiner weiteren Weisungen. Andernfalls bedarf es regelmäßig nachfolgender Weisungen, welche den Arbeitseinsatz erst konturieren. Da vertragsgegenstands- oder auch erfolgsbezogene Weisungen kein Charakteristikum einer arbeitsvertraglichen Tätigkeit darstellen, können diese mithin kein Indiz zugunsten einer Weisungsgebundenheit und damit kein Indiz für die Annahme der persönlichen Abhängigkeit darstellen. Schüren mahnt insoweit jedoch an, dass es für das Fremdpersonal gerade in Grenzfällen regelmäßig nicht möglich sei, in der Rückschau zwischen Arbeitgeberweisungen und erfolgsbezogenen Qualitätssicherungsmaßnahmen und Detailweisungen zu unterscheiden.553 Beides würde durch das Fremdpersonal als Überwachung und Lenkung mit Autorität verstanden werden.554 Dem ist insoweit zuzustimmen, als sich ein solches rein subjektives Empfinden des Fremdpersonals durchaus ergeben kann. Jedoch ändert dieser Umstand nichts daran, dass erfolgsbezogene Weisungen kein prägendes arbeitsvertragliches Charakteristikum darstellen. Zwar ist gleichfalls zuzugeben, dass die oftmals wenig griffige Unterscheidung von arbeits- und erfolgsbezogenen Weisungen in der praktischen Handhabung durchaus schwierig sein kann. Doch führt dies lediglich zur Frage, wem der Nachweis arbeitsbezogener Weisungen obliegt. Richtigerweise richtet sich dies nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast.

550

BAG v. 13. 05. 1992 – 7 AZR 284/91, NZA 1993, 357, aus den Gründen II.2.d.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 275; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 55. 551 S. hierzu Kapitel 2 C. II. 1. 552 So ausdrücklich BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 17; v. 30. 01. 1991 – AZR 497/ 89, AP AÜG § 10 Nr. 8, aus den Gründen IV.1.; s. hierzu auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 275; Dauner-Lieb, NZA 1992, 817 (819); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 187; Wank/Roloff, in ErfK, § 1 AÜG Rn. 21. 553 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (578). 554 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (578).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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(3) Doppelfunktionale Weisung Letztlich kann also der Auftraggeber mittels der gegenstandsbezogenen Weisungen zugleich Einfluss auf den Arbeitseinsatz nehmen und diesen in begrenztem Umfang steuern.555 Von einigen Stimmen in der Literatur wird vorgebracht, arbeitsund werkvertragliche Weisungen ließen sich in der Praxis nicht immer trennscharf voneinander abgrenzen.556 Gerade bei einer möglichst kleinteiligen Steuerung könne sich eine Weisung erfolgs- und personenbezogen auswirken.557 In diesen Fällen wird teilweise von einer doppelfunktionalen oder doppelrelevanten Weisung gesprochen.558 Die Berücksichtigung derartiger Weisungen ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Zwar wird die Diskussion maßgeblich von den Fällen im dreigliedrigen Rechtsverhältnis, also der Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung geprägt. Jedoch kann die Problematik gleichsam auf die Abgrenzung im zweigliedrigen Rechtsverhältnis, also der Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft übertragen werden. Die Rechtsprechung559 geht dabei weitgehend von einem Alternativverhältnis beider Weisungsarten aus,560 ohne dies jedoch expressis verbis auszusprechen.561 Eine Weisung könne also entweder den zwischen Auftraggeber

555

Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 104. Brauneisen/Ibes, RdA 2014, 213 (219); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 272 ff.; Greiner, NZA 2013, 697 (699 f.); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 105; ders., Erkennungsmerkmale, S. 126 ff.; Henssler/Pickenhahn in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 30; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (486). 557 S. hierzu etwa Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 105; ders., Erkennungsmerkmale, S. 126 ff.; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (486); Maschmann, NZA 2013, 1305 (1309). 558 LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen B.II.1.d.; Greiner, NZA 2013, 697(700); Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 105; ders., Erkennungsmerkmale, S. 126 ff.; Meyer, NZA 2020, 1273 (1278); Lahrmann, Fremdpersonaleinsatz, S. 163; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (486); Maschmann, NZA 2013, 1305 (1309); Timmermann, BB 2012, 1729 (1731); J. Ulber, in: Ulber, AÜG, Einl. C Rn. 78; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 62. 559 S. etwa BAG v. 08. 11. 2016 – 1 ABR 57/14, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 152, Rn. 21; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 33; v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90, aus den Gründen B.II.4.; v. 30. 01. 1991 – 7 AZR 497/89, AP AÜG § 10 Nr. 8, aus den Gründen III.1.; LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2010 – 11 Sa 289/10, BeckRS 2011, 68009, aus den Gründen II.1.b.; LAG Düsseldorf v. 19. 03. 2009 – 11 TaBV 303/ 08, BeckRS 2009, 66421, aus den Gründen II.2.b.ff.; v. 10. 03. 2008 – 17 Sa 856/07, BeckRS 2008, 52934, aus den Gründen B.II.2.b.bb.; s. auch ArbG Freiburg v. 12. 09. 2007 – 3 Ca 174/06, m. Anm. Boemke, jurisPR-ArbR 37/2007 Anm. 5.; s. hierzu auch Hamann, NZA-Beilage 2014, 3 (6) m. w. N. 560 S. hierzu auch Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 104; ähnlich auch Timmermann, BB 2012, 1729 (1731), der von einer Vernachlässigung der doppelfunktionalen Weisung durch die Rechtsprechung ausgeht. 561 Anders jedoch das LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen B.II.1.d., welches auf diesen Umstand hinweist und im Ergebnis auf die allgemeinen Abgrenzungskriterien zurückgreift, sofern die Weisung doppelfunktional wirke. 556

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

und Auftragnehmer vereinbarten Leistungsgegenstand oder aber die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers konkretisieren.562 Während sich dem Teile der Literatur anschließen,563 wollen andere Stimmen in der Literatur564 sowie das LAG Baden-Württemberg565 jegliche Form der Weisung, die sich im Ergebnis auch auf die Arbeitsweise auswirken könne, zugunsten der Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft heranziehen. Es bestehe nämlich schon keine Alternativität der Weisungen. So argumentiert Hamann, dem Gesetz lasse kein Ausschließlichkeitsverhältnis entnehmen. Ein Vorrang zugunsten des Werkvertrages, sofern es sich zumindest auch um eine erfolgsbezogene Weisungen handelt, könne entgegen der Ansicht des BAG nicht angenommen werden. Vielmehr sei das Gegenteil zutreffend, da das Arbeitsrecht als zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht ausgestaltet sei.566 Ähnlich sieht dies auch das LAG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 01. 08. 2013.567 Wirke sich die Weisung projekt- und arbeitsbezogen aus, so müsse die Abgrenzung nach den für das arbeitsrechtliche Weisungsrecht maßgeblichen Kriterien vorgenommen werden.568 Implizit könne mit einer erfolgsbezogenen Vorgabe daher eine arbeitsbezogene Weisung verbunden sein.569 Zwar ist den Vertretern dieser Ansicht insoweit zuzustimmen ist, als sich erfolgsbezogene Weisungen im Ergebnis doppelfunktional auswirken können, also zugleich auf die Arbeitsverrichtung Einfluss genommen werden kann. Dennoch 562 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 104; Walle, Der Einsatz von Fremdpersonal, S. 126. 563 So etwa Maschmann, NZA 2013, 1305 (1309); ders., Arbeitsverträge, S. 186 ff.; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 62; im Ergebnis auch Brauneisen/Ibes, RdA 2014, 213 (220), die dies im dreigliedrigen Rechtsverhältnis mit der Relativität der Schuldverhältnisse und den Weisungen in der jeweiligen Rechtsbeziehung begründen; kritisch jedoch Hamann, in: Schüren/ Hamann, § 1 AÜG Rn. 108, der in doppelfunktionalen Vorgaben zwei zu trennende Weisungen sieht. Diese würden in diesem Fall jedoch „uno actu“ abgegeben werden. Dem lässt sich jedoch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis entgegenhalten, dass dies auf der nicht verallgemeinerungsfähigen Prämisse beruht, dass der Anweisende stets zwei Weisungen abgeben wolle. Eine arbeitsrechtlich relevante Weisung muss stets positiv festgestellt werden. 564 Greiner, NZA 2013, 697 (700); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 109; ders., NZA-Beilage 2014, 3 (6); Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (420); J. Ulber, in: Ulber, AÜG, Einl. C Rn. 78; in diesem Sinne auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 272; differenzierend Walle, Der Einsatz von Fremdpersonal, S. 126; vgl. auch Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487 f.), die auf die Schwierigkeit zur Differenzierung zwischen den Weisungsformen in der Praxis hinweisen. 565 Ausdrücklich LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen B.II.1.d. 566 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 104, 109. 567 LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017. 568 So insb. LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen B.II.1.d.; Greiner, NZA 2013, 697 (700); unter Bezugnahme auf das LAG BadenWürttemberg, a. a. O. auch Heise/Friedl, NZA 2015, 129. 569 Greiner, NZA 2013, 697 (700); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 105; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (486); J. Ulber, in: Ulber, AÜG, Einl. C Rn. 78; Walle, Der Einsatz von Fremdpersonal, S. 126.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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überzeugt der Ansatz der doppelfunktionalen Weisung nicht. Insbesondere ist etwa Hamann entgegenzuhalten, dass eine vorrangige Annahme einer arbeitsbezogenen Weisung nicht im Gesetz angelegt ist. Daran ändert auch das zwingende Arbeitnehmerschutzrecht nichts. Vielmehr handelt es sich um rechtlich gleichrangige Vertragstypen.570 Da das zwingende Arbeitnehmerschutzrecht erst dann greift, wenn sich ein Arbeitsverhältnis positiv feststellen lässt, kann man auch i. S. d. Rechtsformzwangs nicht pauschal von einer Vorrangstellung der arbeitsvertraglichen Einordnung im Zweifelsfall ausgehen. Daneben zeigt ein Vergleich mit der Sach- und Rechtslage im Fall einer anfänglichen Konkretisierung, dass sich eine undifferenzierte Betrachtung der Weisungsformen verbietet. Auch eine anfängliche Konkretisierung des Erfolgs kann sich mittelbar auf die Art und Weise der Leistungserbringung auswirken.571 Die erfolgsbezogene Weisung ersetzt insoweit schlichtweg die vorherige detaillierte Vorgabe.572 In diesem Fall muss ebenso geprüft werden, ob sich die Vorgabe bereits aus der Natur der Tätigkeit ergibt oder von der Wertung des Weisungsrechts nach § 645 BGB erfasst wird.573 Das erfolgs- und das arbeitsbezogene Weisungsrecht lassen sich bei genauer Betrachtung des Rechtsverhältnisses hinreichend unterscheiden. Denn nur das arbeitsbezogene Weisungsrecht ermöglicht es, immer wieder neue Tätigkeiten zuzuweisen, den anvisierten Erfolg neu zu bestimmen und unmittelbar auf die Durchführung der Tätigkeit einzuwirken.574 Das erfolgsbezogene Weisungsrecht ist hingegen auf den anfänglich skizzierten Erfolg beschränkt. Die erfolgsbezogene bzw. projektbezogene Weisung kann damit immer nur der Konkretisierung eines bereits umrissenen und bestimmten Erfolges dienen. Weisungen zum Arbeitsvorgang und zur Zeiteinteilung im Rahmen des Arbeitsvorgangs werden hingegen nicht erfasst.575 Bezieht sich die Weisung mithin auf den Erfolg, so spielt es für die Abgrenzung keine Rolle, ob dadurch mittelbar die Art und Weise der Leistungserbringung bestimmt wird.576 Entscheidend ist, ob über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals disponiert oder aber das Projekt als solches gefördert wird.577 570

Vgl. hierzu Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 105 m. w. N. In diesem Sinne etwa auch Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 62; s. auch Lahrmann, Fremdpersonaleinsatz, S. 165 m. w. N. 572 Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 62. 573 S. hierzu sogleich in Kapitel 2 C. III. 2. c) cc). 574 In diesem Sinne auch Maschmann, NZA 2013, 1305 (1309). 575 S. hierzu BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 17; Deinert, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 120. 576 So auch das LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2010 – 11 Sa 289/10, BeckRS 2011, 68009, aus den Gründen II.1.b. „Hier erfolgen Anweisungen des Auftraggebers projektbezogen. Diese beeinflussen zwar die Arbeitsweise des Fremdpersonals, jedoch nur mittelbar. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber nicht über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals disponiert, sondern die Verwirklichung seines Projekts fördert.“ 577 LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2010 – 11 Sa 289/10, BeckRS 2011, 68009, aus den Gründen II.1.b. 571

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Auch das im Anschluss an eine Entscheidung des LAG Baden-Württemberg578 vieldiskutierte Ticketsystem579 ändert nichts an dieser Beurteilung. Dabei handelt es sich um ein primär im dreigliedrigen Rechtsverhältnis eingesetztes System, mittels dessen einzelne Aufträge an den Auftragnehmer übermittelt werden, die dann selbständig von diesem bearbeitet werden. Das Ticketsystem kann sowohl im Rahmen eines einheitlichen Rechtsverhältnisses als auch bei Rahmenverträgen angewandt werden. Während ein solches System im Ausgangspunkt ohne Weiteres im Rahmen einer werkvertraglichen Gestaltung eingesetzt werden kann,580 ändert sich jedoch die rechtliche Beurteilung, wenn in der gelebten Praxis über das Ticketsystem oder neben diesem arbeitsbezogene Weisungen erteilt werden.581 Beziehen sich die Weisungen nicht nur auf den Erfolg, sondern zugleich auf die Art und Weise der Leistungserbringung, so kann es sich zugleich um eine arbeitsrechtliche Weisung handeln. Die Weisungen können auch uno actu erfolgen. Im Rahmen der Vertragstypenabgrenzung bedarf es daher einer genauen Betrachtung der Wirkrichtung. Lässt sich die Weisung im gerichtlichen Verfahren aufgrund einer unklaren Tatsachenlage nicht eindeutig zuordnen, so hat sich die Entscheidung nach der Darlegungs- und Beweislast zu richten.582 cc) Das Verhältnis von Weisung und Vertrag Für das Verständnis der Weisungsgebundenheit ist ferner unerlässlich, das Verhältnis von Weisungen und vertraglicher Vereinbarung darzulegen.583 Das gilt umso mehr, als sich durch eine möglichst kleinteilige Auftragsvergabe, also eine „Atomisierung“584 der Aufträge, zugleich eine „Vorprogrammierung“585 vornehmen ließe. Diese könnte einer Weisung gleichkommen. In einem ersten Schritt sind die Charakteristika einer Weisung herauszuarbeiten. Eine arbeitsbezogene Weisung im engeren Sinne liegt vor, wenn es sich um eine verbindliche Anordnung586 durch den Arbeitgeber handelt, die den Leistungsinhalt 578

LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017. S. hierzu die Ausführungen zur Zuordnung der Weisung bei Repräsentantensystemen, Kapitel 3 C. I. 3. c) aa) (3). 580 So auch das LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017; LAG Rheinland-Pfalz v. 14. 03. 2016 – 3 Sa 476/15, BeckRS 2016, 68974, Rn. 37; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (133); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (488). 581 Das LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen B.II.1.d. geht hingegen davon aus, dass auch sog. doppelfunktionale Weisungen zugunsten einer arbeitsvertraglichen Einordnung sprechen. 582 S. dazu Timmermann, BB 2012, 1729 (1733). 583 S. hierzu auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 246 – 253. 584 Zur Atomisierung s. nachfolgend Kapitel 2 C. III. 1. d) dd) (2). 585 So Pacha, Crowdwork, S. 173 ff. 586 S. zur Verbindlichkeit Maschmann, Arbeitsverträge, S. 184 f. 579

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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konkretisiert.587 Das arbeitsrechtliche Weisungsrecht stellt mithin ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB dar.588 Ebenso verhält es sich mit dem erfolgs- bzw. projektbezogenen Weisungsrecht, da sich dieses lediglich in der Wirkrichtung unterscheidet.589 Für die Annahme einer Weisung sind zwei damit Aspekte entscheidend. Zum einen muss es sich um eine konkretisierende Anordnung handeln, der zum anderen auch bei einem entgegenstehenden Willen des Fremdpersonals Verbindlichkeit zukommt. Davon sind vertragliche Vereinbarungen scharf abzugrenzen. Während die Weisung eine einseitige Leistungsbestimmung darstellt, liegt der vertraglichen Vereinbarung im Sinne des Konsensprinzips eine zweiseitige Festlegung des vertraglichen Leistungsspektrums zugrunde.590 Dennoch ist kaum zu bestreiten, dass vertragliche Bindungen die Freiheit hinsichtlich der Leistungserbringung erheblich einschränken können. In der Folge stellt sich die Frage, ob sich auch vertragliche Vereinbarungen auf die Weisungsgebundenheit i. S. d. § 611a Abs. 1 S. 3 BGB und damit auf die persönliche Abhängigkeit auswirken können.591 Erkenntnisreich für die Beantwortung dieser Frage ist ein Blick auf § 611a Abs. 1 S. 3 BGB. Wie bereits die Materialien des Referentenentwurfs vom 16. 11. 2015592 und zum Gesetzentwurf vom 20. 07. 2016593 zeigen, sollte der jeweilige Satz 3 einen Umkehrschluss aus der Vorschrift des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB enthalten.594 In beiden Entwürfen definierte Satz 3 jedoch noch nicht den Begriff der Weisungsbindung, sondern den des Arbeitnehmers. Nach § 84 Abs. 1 S. 2 HGB „ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Im Umkehrschluss daraus spricht es für persönliche Abhängigkeit, wenn eine Person 587 S. BAG v. 18. 10. 2017 – 10 AZR 330/16, AP GewO § 106 Nr. 38, Rn. 61; Maschmann, in: BeckOGK, § 106 GewO Rn. 30; Peters, Das Weisungsrecht, S. 1; Tillmanns, BeckOK Arbeitsrecht, § 106 GewO Rn. 56. 588 BAG v. 18. 10. 2017 – 10 AZR 330/16, AP GewO § 106 Nr. 38, Rn. 61; grundlegend Söllner, in: Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse Jahrgang 1966, S. 22 ff.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 252; Maschmann, in: BeckOGK, § 106 GewO Rn. 30; Peters, Das Weisungsrecht, S. 1; lediglich § 315 Abs. 1 BGB wird durch § 106 GewO verdrängt, während § 315 Abs. 2, 3 BGB weiterhin zur Anwendung gelangen, s. hierzu Tillmanns, BeckOK Arbeitsrecht, § 106 GewO Rn. 5; anders hingegen Hromadka, NZA 2017, 601 (602) der § 106 GewO als lex specialis ansieht; s. bereits umfassend Böttner, Direktionsrecht, S. 45 – 61. 589 S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d) bb). 590 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 252. 591 Dies im Ergebnis bejahend Kreuder, AuR 1996, 386 (392); Schliemann, RdA 1997, 322 (326); Thüsing, ZfA 2015, 419 (433). 592 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 30. 593 BT-Drs. 18/9232, S. 32. 594 S. hierzu auch die Ausführungen zur Genese, Kapitel 2 C. III. 1. a).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

nicht frei darin ist, ihre Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten“.595 Eine Einschränkung der Freiheit in Bezug auf Arbeitszeit und Gestaltung der Leistung kann sich, wie § 84 Abs. 1 S. 2 HGB nahelegt, auch aus einer detaillierten vertraglichen Festlegung der Leistungserbringung ergeben.596 § 84 Abs. 1 S. 2 HGB differenziert insoweit nicht zwischen den Ursachen der Beschränkung.597 Da der Gesetzgeber die Rechtsprechung, die gleichsam vor der Kodifikation maßgeblich Anleihen bei § 84 Abs. 1 S. 2 HGB zog,598 kodifizieren wollte und zugleich den Umkehrschluss aus § 84 Abs. 1 S. 2 HGB in den Materialien explizit hervorhob, kann davon ausgegangen werden, dass auch vertragliche Bindungen die persönliche Abhängigkeit maßgeblich determinieren können.599 Dies deckt sich auch mit der jüngst ergangenen Entscheidung zur Arbeitnehmereigenschaft eines Crowdworkers. Die jeweiligen Einzelaufträge bestanden aus Schritt für Schritt vertraglich vorgegebenen Kleinstaufträgen.600 Der Crowdworker war dadurch und aufgrund des vorgegebenen engen Zeitfensters601 trotz der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit in der Gestaltung seiner Tätigkeit nicht frei. Kritisch sieht dies Hromadka, der auf die Natur des Weisungsrechts als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht verweist und daher eine Gleichsetzung von vertraglichen Vorgaben und Weisungen ablehnt.602 Richtigerweise muss hinsichtlich der Weisungsgebundenheit differenziert werden. Zwar ist Hromadka insoweit beizupflichten, als vertragliche Vereinbarungen gerade keine rechtstechnischen Weisungen im Sinne einer einseitigen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 1 BGB sind. Dennoch liegt es nahe auch die vertraglichen Vorgaben, insbesondere mit Blick auf die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit, bei der Weisungsgebundenheit im weiteren Sinne zu subsumieren. Der Begriff der Weisung ist daher i. R. d. § 611a BGB weiter zu verstehen als die Bestimmung i. S. d. § 315 Abs. 1 BGB. Hierfür spricht das 595 So ausdrücklich Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 30. 596 BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126; v. 19. 11. 1997 – 5 AZR 653/96, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 90, aus den Gründen I.1.a.; in diesem Sinne BAG v. 30. 09. 1998 – 5 AZR 563/97, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 103, aus den Gründen IV.2.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 248; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 33; Schliemann, RdA 1997, 322 (327); Wank, AuR 2017, 140 (147). 597 So LAG Nürnberg v. 26. 01. 1999 – 7 Sa 658/98, ZIP 1999, 769 (nicht rechtskräftig); hierzu auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 54. 598 So etwa BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128; v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126. 599 Vgl. hierzu Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 246 – 253, 291, der im Ergebnis eine graduelle Berücksichtigung unter dem Merkmal der Eingliederung befürwortet; s. auch die Ausführungen und Nachweise bei Maschmann, Arbeitsverträge, S. 53 f.; kritisch Hromadka, NJW 2003, 1847 (1848). 600 BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 47. 601 S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d) ee). 602 Hromadka, NJW 2003, 1847 (1848).

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Verständnis des Gesetzgebers, der in den Materialien im Rahmen der Weisungsbindung maßgeblich auf die gefestigte, den Maßstab des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB aufgreifende Rechtsprechung rekurrierte.603 Im Ergebnis ist jedoch die dogmatische Verortung irrelevant. Jedenfalls terminologisch ließe sich die mit den vertraglichen Vorgaben einhergehenden Beschränkungen der Freiheit in Bezug auf die Leistungserbringung auch im Rahmen der Fremdbestimmtheit verorten. Auch im Rahmen dieses Merkmals ließe sich die für die Weisungsbindung typische Unterwerfung gegenüber dem Vertragspartner prüfen. Für eine Verortung unter dem Merkmal der Weisungsbindung im weiteren Sinne spricht jedoch nicht nur das zuvor geschilderte Verständnis des Gesetzgebers, sondern zugleich das Bestreben, die Merkmale im zwei- und dreigliedrigen Rechtsverhältnis zu harmonisieren. Auch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung kann eine vertragliche Vorgabe sich auf die Übertragung der Personalhoheit auswirken. Da in § 1 Abs. 1 AÜG das Merkmal der Fremdbestimmtheit nicht auftaucht, sprechen die besseren Argumente trotz der Aufweichung des Weisungsbegriffes für die Verortung an dieser Stelle. Bei vertraglichen Vorgaben muss losgelöst von der dogmatischen Verortung zudem eine graduell abgestufte Betrachtung vorgenommen werden. Unterwirft sich der Auftragnehmer in einem einheitlichen Projektvertrag oder einer rahmenvertraglichen Gestaltung mit Annahmepflicht der Teilprojektverträge den vertraglichen Vorgaben, so folgt hieraus eine umfassendere Einschränkung der Souveränität als bei rahmenvertraglichen Gestaltungen mit Ablehnungsmöglichkeit. Je geringer die Vorgaben des jeweiligen Teilprojektvertrages ausfallen, desto freier kann der Auftragnehmer nicht nur über das ob, sondern auch das wie der Leistungserbringung entscheiden. Insoweit ist die jüngst ergangene Entscheidung zur Arbeitnehmereigenschaft eines Crowdworkers kritisch zu sehen.604 Im zugrunde liegenden Sachverhalt konnte der Crowdworker stets über die Annahme eines jeden vertraglich Schritt für Schritt vorprogrammierten Kleinstauftrages entscheiden. Nach Auffassung des BAG führt auch dies zur weisungsgebundenen und fremdbestimmten Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Das BAG rekurrierte entscheidend auf die Struktur der Plattform. Diese ist darauf ausgerichtet, dass der Nutzer kontinuierlich Bündel an Kleinstaufträgen annimmt. Erst ein mit der Anzahl der durchgeführten Aufträge erhöhtes Level im Bewertungssystem ermöglicht die gleichzeitige Annahme mehrerer Aufträge und damit faktisch einen höheren Stundenlohn. Dies führt nach Auffassung des BAG zu einem Anreizsystem für die stetige Auftragsannahme.605 Hierauf kann es entgegen dem BAG allerdings nicht ankommen. Entscheidend ist lediglich – dies zeigen die nachfolgenden Ausführungen – die persönliche, nicht die wirtschaftliche 603 604 605

BT-Drs. 18/9232, S. 32. S. hierzu BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132. BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 43, 50.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Abhängigkeit. Die persönliche Abhängigkeit wurde durch das Anreizsystem jedoch nicht beschränkt. Richtigerweise kann man jedoch nicht jede vertragliche Vorgabe im Rahmen der Weisungsbindung nach § 611a Abs. 1 S. 3 BGB berücksichtigen. Dies lässt sich bereits den Gesetzgebungsmaterialien606 sowie der inkorporierten Rechtsprechung entnehmen.607 Auch bei Selbständigenverträgen kann es schließlich zu vertraglichen Vorgaben hinsichtlich der Leistungserbringung kommen. Nur wenn sich diese als Ausprägung der Verfügungsmacht darstellen, kann positiv auf eine Weisungsgebundenheit i. S. d. § 611a Abs. 1 S. 3 BGB geschlossen werden. (1) Einschränkung aufgrund der Natur der Tätigkeit Eine sich aus der Art der Leistungserbringung bzw. aus der Natur der Tätigkeit ergebende vertragliche Einschränkung führt nicht zur arbeitsvertraglichen Weisungsgebundenheit.608 Dies sieht im Ergebnis auch das BAG so, indem es feststellt: „Indes bringt jede vertragliche Bindung – auch die des freien Unternehmers – eine gewisse Einschränkung der Freiheit mit sich. Die mit jeglicher Vertragsbindung einhergehende Freiheitseinbuße führt aber nicht stets dazu, dass ein Arbeitsverhältnis entsteht. Das ist erst dann der Fall, wenn die Begrenzung der persönlichen Freiheit, insbesondere in räumlicher und zeitlicher Hinsicht, eine Dichte erreicht, die sich nicht allein aus der Natur der zu leistenden Tätigkeit, sondern gerade aus der vertraglich dem Arbeitgeber zugestandenen Verfügungsmacht über die Arbeitsleistung ergibt.“609 Dem Auftraggeber wird in diesen Fällen schließlich nicht das Recht eingeräumt, insoweit Weisungen zu erteilen.610 So kann es für die Einordnung als Selbständigenvertrag auch unschädlich sein, wenn der Vertrag detaillierte Angaben zu Art, Umfang, Ort und Zeit der Leis606 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 30. 607 S. jüngst auch BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 17; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, APAÜG § 9 Nr. 10, Rn. 33; v. 13. 03. 2008 – 2 AZR 1037/06, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176, Rn. 22; v. 31. 03. 1993 – 7 AZR 338/92, NZA 1993, 1078; v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen III.5.f.; zum Kriterium der Natur der Sache, Henssler/ Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 5, § 3 Rn. 31; Uffmann, Interim Management, S. 221; Wank, AuR 2017, 140 (147). 608 Henssler/Pickenhahn in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 31; Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (59); Uffmann, Interim Management, S. 221; Wank, AuR 2017, 140 (147); kritisch zur Berücksichtigung der „Natur der Sache“, Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 343 m. Verw. a. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 23 Rn. 919 ff.; Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 109. 609 BAG v. 13. 03. 2008 – 2 AZR 1037/06, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176, Rn. 22; in diesem Sinne jüngst BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 17. 610 BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 26.

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tungserbringung beinhaltet.611 Dies gilt nach der Rechtsprechung des BAG selbst dann, wenn dem Dienst- oder Werkunternehmer hinsichtlich dieser Faktoren bei der Leistungserbringung kaum oder kein eigener Entscheidungsspielraum mehr verbleibt.612 Ergibt sich die vertragliche Beschränkung der Souveränität bereits aus der Notwendigkeit der Art der Leistungserbringung, so unterwirft sich der vermeintliche Auftragnehmer schon nicht dem Belieben des Auftraggebers. Eine solche vertragliche Vorgabe führt nicht zu einer Weisungsbindung und mithin nicht zur persönlichen Abhängigkeit. Dem steht auch die vermeintlich paradoxe Feststellung nicht entgegen, wonach besonders detaillierte vertragliche Vorgaben für einen Selbständigenvertrag sprechen.613 In einer detaillierten vertraglichen Vorgabe, die insoweit das Weisungsrecht ausschließt, kann vielmehr durchaus ein Hinweis auf ein freies Dienstverhältnis gesehen werden.614 Denn mit einer vertraglichen Festlegung geht zugleich der Ausschluss des weitergehenden Weisungsrechts einher. In diesem Fall unterwirft sich das Fremdpersonal nicht der stetigen Disposition seiner Arbeitskraft.615 Daher liegt es nahe, dass entsprechende vertragliche Vorgaben zwar zu einer Einengung der Souveränität führen können, diese jedoch nicht so schwer wiegt wie im Fall nachfolgender ständiger Weisungen. Zudem geht mit einer möglichst detaillierten Vorgabe regelmäßig zugleich eine präzise Umschreibung des anvisierten Erfolges einher, was positiv für die Feststellung eines Werkvertrages spricht.616 Da sich sowohl Weisungen i. S. d. § 315 BGB im Rahmen der Vertragsdurchführung als auch vertragliche Vorgaben auf die persönliche Abhängigkeit auswirken können, muss die graduelle Einschränkung der Freiheit berücksichtigt werden.617 Zwar vermag auch eine vertragliche Vorgabe die Freiheit zu beschränken, doch unterliegt der Auftragnehmer in diesem Fall nicht der stetigen bedarfsgerechten 611 BAG v. 30. 01. 1991 – 7 AZR 497/89, NZA 1992, 19, aus den Gründen III.3.b.; Timmermann, BB 2012, 1729 (1731). 612 So bei der Abgrenzung von Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung BAG v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10; v. 31. 03. 1993 – 7 AZR 338/92, NZA 1993, 1078, aus den Gründen II.2. „Daß die geschuldete Dienstleistung bis in Einzelheiten hinein vertraglich so genau geregelt ist, daß dem Dienstverpflichteten hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung des Dienstes kaum noch ein größerer Entscheidungsspielraum bleibt, spricht entgegen der Meinung des LAG nicht für das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung.“; s. hierzu Hamann, NZA-Beilage 2014, 3 (8). 613 S. hierzu die Ausführungen und Nachweise bei Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 247 f. 614 S. etwa BAG v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60; v. 29. 06. 1991 – 7 ABR 67/90, AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 2. 615 S. hierzu BAG v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen II.4.b.bb. 616 So etwa im Fall des BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 23. 617 S. hierzu Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 252 f.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Steuerung und somit dem Belieben des Auftraggebers.618 Während die Vertragsparteien die vertraglichen Vorgaben konsensual festlegen, unterwirft sich der Weisungsgebundene weitergehend dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht.619 Fischels verweist in diesem Kontext zwar darauf, dass auch der Arbeitnehmer sich im Sinne der Privatautonomie erst durch den Arbeitsvertrag den Weisungen unterwirft.620 Das steht dem gefundenen Ergebnis aber nicht entgegen. Denn während im Fall vertraglicher Vereinbarungen die konkrete Leistungserbringung von Anfang an bestimmt ist und der Auftragnehmer daher weiß, was auf ihn zukommt, unterliegt der weisungsgebundene Arbeitnehmer potenziell wiederkehrenden Weisungen. Diese erlauben es, die Tätigkeit immer wieder aufs Neue bedarfsgerecht steuern. Da die Intensität der Weisungen gerade diejenige der vertraglichen Vorgaben übersteigt, liegt eine graduell unterschiedliche Berücksichtigung daher nahe. (2) Wertung des erfolgsbezogenen Weisungsrechts Nicht nur die aus der Natur der Leistungserbringung resultierenden vertraglichen Vorgaben sind bei der graduellen Bestimmung der Weisungsbindung außer Acht zu lassen. Auch die mit dem erfolgsbezogenen Weisungsrecht i. S. d. § 645 BGB621 einhergehenden Wertungen können gegen eine Berücksichtigung im Rahmen des § 611a Abs. 1 S. 3 BGB sprechen.622 Zwar können auch Vorgaben hinsichtlich der Durchführung der Tätigkeit die Freiheit bei der Leistungserbringung einschränken. Doch kann dies nicht dazu führen, dass die aufgrund des Konsensprinzips graduell schwächeren Vorprogrammierungen zur Weisungsbindung beitragen, während intensivere nachfolgende erfolgsbezogene Weisungen unbedenklich sind. Beschränken sich daher die Vorgaben hinsichtlich Inhalt und Durchführung der Tätigkeit auf das zumindest funktional abgrenzbare Arbeitsergebnis, womit es sich im Falle der Weisung nach den vorgenannten Maßstäben um eine erfolgsbezogene Weisung handeln würde, so vermag auch eine detaillierte Leistungsbeschreibung keine Weisungsbindung i. S. d. § 611a Abs. 1 S. 3 BGB zu rechtfertigen.623 dd) Souveränität hinsichtlich Inhalt und Durchführung der Tätigkeit Einen Aspekt der Weisungsbindung stellt die fehlende Selbstbestimmung hinsichtlich Inhalt und Durchführung der Tätigkeit dar. Da das Weisungsrecht nach § 611a Abs. 1 S. 2 BGB beide Aspekte umfasst, kann im Rahmen der Vertragsty618

Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 252 f. Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 252. 620 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 252. 621 S. hierzu Kapitel 3 C. III. 2. c) bb). 622 So auch Pacha, Crowdwork, S. 176. 623 Boemke, RdA 2015, 115 (119); Pacha, Crowdwork, S. 176; Selzer, in: Zwischen Theorie und Praxis, S. 27 (38); in diesem Sinne auch Warter, Crowdwork, S. 177 zum österreichischen Recht; vgl. hierzu auch BAG v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, Rn. 33. 619

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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penqualifizierung dahinstehen, ob es sich hierbei um zwei unterschiedliche Aspekte des Weisungsrechts handelt.624 Ohnehin werden sich beide Aspekte der Weisungsgebundenheit kaum trennscharf unterscheiden lassen. Wie bereits die vorigen Ausführungen gezeigt haben, muss man allerdings nicht nur Weisungen im Sinne einseitiger Leistungsbestimmungen, sondern auch vertragliche Vorgaben unter diesem Gesichtspunkt bewerten. (1) Inhaltlich-fachliche Vorgaben In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob fachliche Vorgaben hinsichtlich Inhalt und/oder Durchführung der Tätigkeit vorliegen. Das inhaltlich-fachliche Weisungsrecht ist auf die Art und Weise der Tätigkeit gerichtet.625 Erfasst werden die Zuweisung der konkret auszuführenden Tätigkeit selbst, der Rahmen, innerhalb dessen die Tätigkeit auszuführen ist sowie Detailanweisungen.626 Die arbeitgeberseitige Zuweisungsmöglichkeit des Tätigkeitsinhalts gewährleistet eine bedarfsgerechte Steuerung der Arbeitsabläufe.627 Liegt eine solche Weisungsgebundenheit vor, so ist hierin ein gewichtiges Indiz für die arbeitsvertragliche Einordnung des Rechtsverhältnisses zu sehen.628 Weisungen, die sich auf Art und Weise der Durchführung beziehen, sind für die abhängige Beschäftigung charakteristisch.629 Fehlen solche hingegen, so steht dies einer arbeitsvertraglichen Einordnung nicht in gleichem Maße entgegen.630 Die Berücksichtigung des Weisungsrechts erfolgt daher 624

So etwa Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 105, der unter dem Inhalt das „Was“ und unter der Durchführung das „Wie“ der Leistung erfassen möchte; anders hingegen Wank, AuR 2017, 140 (146) der darauf verweist, dass sich der Inhalt bereits aus dem Arbeitsvertrag ergibt, und daher auch nur insoweit die Weisungsbefugnis besteht. Der Inhalt beziehe sich auch auf die konkrete Durchführung, sodass das Merkmal der Durchführung gestrichen, oder vor die Klammer gezogen werden müsse; ähnlich auch Boecken/Pils, in: NK-GA, § 106 GewO Rn. 23; Lembke, in: HWK, § 106 GewO Rn. 15. In § 106 S. 1 GewO ist im Gegensatz zu § 611a Abs. 1 S. 2 BGB die Durchführung jedoch nicht explizit neben dem Inhalt der Tätigkeit genannt. 625 Tillmanns, in: in: BeckOK Arbeitsrecht, § 106 GewO Rn. 15. 626 Lembke, in: HWK, § 106 GewO Rn. 15; Maschmann, in: BeckOGK, § 106 GewO Rn. 105; Tillmanns, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 106 GewO Rn. 15. 627 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 260, vergleichbar auch Hamann, Anmerkung zu BAG v. 13. 12. 2016 – 1 ABR 59/14, jurisPR-ArbR 17/2017 Anm. 4 im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung. 628 BAG v. 23. 04. 1980 – 5 AZR 426/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34, aus den Gründen I.2.; v. 09. 03. 1977 – 5 AZR 110/76, AP BGB §611 Abhängigkeit Nr. 21, aus den Gründen 3.b.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 261; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 39; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 122 f. 629 So Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 39. 630 BAG v. 09. 03. 1977 – 5 AZR 110/76, AP BGB §611 Abhängigkeit Nr. 21, aus den Gründen 3.b. „Ist der Mitarbeiter fachl. Weisungen unterworfen, spricht dies zwar für ein Arbeitsverhältnis. Der umgekehrte Schluß ist aber nicht berechtigt; fehlende fachl. Weisungsgebundenheit spricht nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft. Bei einzelnen Arbeitnehmergruppen kann sie ganz fehlen oder erhebl. eingeschränkt sein.“; s. hierzu auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 261; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 119.

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inhomogen.631 Dies wird gerade bei Diensten höherer Art deutlich, im Rahmen derer eine fachliche Weisungsgebundenheit schon nicht als typisch erachtet wird.632 Daher ist es auch unpräzise, in diesen Fällen stets vom „Fehlen fachlicher Weisungsgebundenheit“ zu sprechen. Von fehlender Weisungsgebundenheit kann nur im Fall eines vertraglichen Ausschlusses des Weisungsrechts gesprochen werden.633 Maßgeblich ist stets das Recht zur Weisung als solches. Eine Weisungsgebundenheit liegt daher auch vor, wenn vertraglich zulässige Weisungsrechte bloß nicht ausgeübt werden. Zwar kommt es im Rahmen der theoretischen Vertragstypenabgrenzung lediglich auf die rechtliche Befugnis und nicht zugleich auf die Ausübung des Weisungsrechts an. Dennoch ist zu konstatieren, dass gerade erst die Ausübung des Weisungsrechts die Weisungsgebundenheit auf der Ebene der Vertragstypenqualifikation sichtbar werden lässt. Diesem Umstand kommt gerade in den Fällen der Rechtsformverfehlung eine zentrale Bedeutung zu. Insofern ist es naheliegend, dass bei inhaltlich-fachlich weisungsfreien Tätigkeiten, insbesondere solchen höherer Art, vermehrt der örtlichen und zeitlichen Weisungsgebundenheit Bedeutung beigemessen wird.634 (2) Atomisierung von Aufträgen Neben den Weisungen im Sinne einer einseitigen Leistungsbestimmung sind ferner die vertraglichen Vorgaben graduell635 im Rahmen der Weisungsbindung nach § 611a Abs. 1 S. 3 BGB zu berücksichtigen. Diese können indes nicht nur im Rahmen einheitlicher Rechtsverhältnisse erfolgen, sondern auch in rahmenvertraglichen Gestaltungen unter Einsatz konkretisierender Teilprojektverträge. Je umfangreicher die Vorgaben sind, desto graduell bedeutsamer sind diese. Im Kontext der agilen Projektarbeit kommt den detaillierten vertraglichen Vorgaben im einheitlichen Rechtsverhältnis keine nennenswerte Bedeutung zu.636 Dem steht bereits der auf nachträgliche Veränderungen ausgerichtete iterative Ansatz 631 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 261, der unter Bezugnahme auf die angeführte Rechtsprechung feststellt, dass die fehlende Weisungsgebundenheit lediglich „nicht zwingend“ gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht. 632 BAG v. 19. 11. 1997 – 5 AZR 21/97, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 133, aus den Gründen B.I.1.; v. 29. 11. 1995 – 5 AZR 422/94, juris, Rn. 36; v. 13. 01. 1983 – 5 AZR 149/82, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 42, aus den Gründen B.II.1.; s. hierzu auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 61; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 39, 65; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 119. 633 Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 121. 634 BAG v. 13. 01. 1983 – 5 AZR 149/82, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 42, aus den Gründen B.4.a.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 262; Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 31; Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (280). 635 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise zum Verhältnis von Weisung und vertraglicher Vorgabe in Kapitel 3 C. III. 2. c) cc). 636 So im Ergebnis auch Förster, in: Fischer/Hoppen/Wimmers, DGRI Jahrbuch 2018, S. 47 (57), die zutreffend darauf hinweist, dass dies gerade dem „alten“ Wasserfallmodell, das eine umfassende Vorabplanung vorsehe, entspreche.

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entgegen. Daher hat man es mit vertraglichen Vorgaben allenfalls im Fall der Teilprojektverträge zu tun, die einer jeweiligen Iteration zugrunde gelegt werden. Da mit jedem Werk auch ein Wirken einhergeht, könnte, so die Prämisse, durch die Vergabe möglichst kleinteiliger Einzelgewerke der Arbeitsprozess ohne weitere arbeitsbezogene Weisungen gesteuert werden. Insofern könnten arbeitsbezogene Weisungen insbesondere mittels kleinteiliger Einzelverträge in Dienst- oder Werkverträge verlagert werden.637 Teilweise ist in diesem Kontext auch die Rede von einer „Atomisierung“ von Aufträgen.638 Mit der Atomisierung der Einzelaufträge geht regelmäßig die Verwendung von Rahmenverträgen einher.639 Eine Untergrenze der Zergliederung des Gesamtwerkes gibt es von Gesetzes wegen indes nicht.640 Gleichwohl geht die Bundesagentur für Arbeit in ihren fachlichen Weisungen zum AÜG, wo die Frage ebenso virulent wird, davon aus, dass die Aufteilung des Gewerks in Klein- und Kleinstprojekte gegen einen Werkvertrag und damit für eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen kann.641 Dem stimmt auch Kock zu und verweist darauf, dass eine solche Zergliederung nicht dem Wesen642 des Werkvertrages entspräche.643 Zwar wurde auch bereits instanzgerichtlich festgestellt, dass die einzelnen Teilleistungen im Fall einer Atomisierung schon nicht werkvertragsfähig seien und eine Atomisierung dem gesetzlichen Leitbild des Werkvertrages entgegenstünde.644 Jedoch findet diese These weder im Gesetz noch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Stütze.645 Hinzu kommt, dass sich ein „Wesen“ des Werkvertrages bereits nicht feststellen lässt. Vielmehr steht den Vertragsparteien in den Grenzen des zwingenden Rechts die Vertragsgestaltung und damit die Zergliederung eines Erfolges offen. Rahmenvertragliche Gestaltungen, die sodann mittels Einzelverträgen nachfolgend ausgefüllt werden, sind vielmehr zulässige – und in der Praxis gängige – Gestaltungsformen. Die vertragliche Festlegung des Leistungsinhalts im Rahmen der jeweiligen Teilprojektverträge ist für sich genommen irrelevant für die positive Feststellung der 637

S. hierzu umfassend Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 250 ff. m. w. N. Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 20; Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 252; ders., in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 210; ders., NZABeilage 2014, 3 (8); Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 62; Timmermann, BB 2012, 1729 (1731). 639 Vgl. hierzu Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 28 f., der zwar den Rahmenvertrag als Gegenmodell zur Atomisierung versteht, gleichwohl allerdings von einer Ausfüllung durch Einzelbestellungen ausgeht. 640 Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 20. 641 FW BA AÜG Ziff. 1.1.6.1 Abs. 4, Stand: 20. 03. 2017. 642 Kritisch zum Wesensargument Scheuerle, AcP 163 (1963), 429 (469), der das Wesensargument als Kryptoargument bezeichnet hinter dem sich jedes beliebige Argument verdecken ließe. 643 Kock, in: BeckOK ArbR, § 1 AÜG Rn. 62. 644 LAG Frankfurt v. 11. 07. 1989 – 4 TaBV 211/88, EzAÜG Nr. 363; s. hierzu Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 250. 645 Brock, öAT 2017, 70 (72). 638

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Weisungsgebundenheit und damit der persönlichen Abhängigkeit. Vielmehr gehört es gerade zum elementaren Bestandteil der Vertragsfreiheit, den Kern des jeweiligen Vertrages in Form des konkreten Leistungsinhalts überhaupt festzulegen. Da es keine Untergrenze für die Zergliederung eines Gesamtprojektes gibt, führen auch die „Atomisierung“ und das „Wesen“ des Werkvertrages für sich genommen nicht zu einer auf den Inhalt des Rechtsgeschäfts bezogenen, arbeitsrechtlichen Weisung. Etwas anderes kann gelten, wenn die rahmenvertragliche Vereinbarung eine Pflicht zur Annahme der konkretisierenden Einzelverträge vorsieht. In diesem Fall ist es dem Auftraggeber möglich, einseitig und erstmalig den Leistungsinhalt des Teilprojektvertrages zu bestimmen. Dem Fremdpersonal ist es demgegenüber nicht möglich, im Sinne der negativen Vertragsfreiheit die Annahme der konkretisierenden Einzelverträge abzulehnen und sich den inhaltlichen Vorgaben des Auftraggebers zu entziehen. Dies kann etwa bei sog. Ticketsystemen vorkommen. Sieht ein dem Ticketsystem zugrundeliegender Rahmenvertrag eine verbindliche Reaktionszeit (Time to respond)646 und eine Verpflichtung zur Annahme der mit den Tickets verbundenen Einzelaufträge vor, so kommt zum einen eine zeitliche,647 zum anderen aber auch eine inhaltliche Weisungsbindung in Betracht. Dennoch führt auch eine verpflichtende Annahme nicht stets zur inhaltlichen Weisungsgebundenheit. Die inhaltliche Weisungsgebundenheit gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, bedarfsgerecht den Personaleinsatz zu steuern. Bezieht sich der umzusetzende Teilprojektvertrag jedoch auf das im Rahmenvertrag vereinbarte Ergebnis, so handelt es sich auch bei der atomisierten inhaltlichen Konkretisierung um eine erfolgsbezogene Weisung i. S. d. § 645 BGB, die für die arbeitsvertragliche Qualifikation irrelevant ist. Mit dieser Konkretisierung wird nicht der bedarfsgemäße Einsatz, sondern lediglich die Realisierung des anvisierten Erfolgs gesteuert. Enthält der Vertrag ferner konkrete Vorgaben zur Durchführung der Tätigkeit, so ist darauf abzustellen, ob diese Vorgaben für die Natur der Tätigkeit notwendig sind, ob sie sich auf den Erfolg i. S. d. § 645 BGB beziehen oder ob sich hierin die Verfügungsmacht des vermeintlichen Auftraggebers manifestiert.648 So soll es etwa im Sicherheitsgewerbe in der Natur der Tätigkeit liegen, dass der Auftragnehmer detailliert festlegt, wie die Sicherheitskontrollen durchzuführen sind, wobei insoweit auch gesetzliche Vorgaben zu beachten sind.649 Anders ist dies jedoch, wenn Kleinstaufträge detaillierte Schritt-für-Schritt-Vorgaben zur Durchführung enthalten und diese nicht aufgrund der Tätigkeit erforderlich sind oder es sich um unbeachtliche erfolgsbezogene Vorgaben handelt. Dies zeigt sich plastisch an der 646 Conrad/Schneider, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 14 Rn. 146 f. 647 S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. d) ee). 648 Vgl. hierzu etwa Uffmann, Interim Management, S. 216 zur Notwendigkeit der Koordination zwischen Interim Manager und Interim Management Nehmer. 649 So etwa zur vergleichbaren Rechtslage im dreigliedrigen Rechtsverhältnis BAG v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 33; v. 31. 03. 1993 – 7 AZR 338/92, NZA 1993, 1078.

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Entscheidung des BAG zur Arbeitnehmereigenschaft eines Crowdworkers. Auch dessen Kleinstaufträge enthielten umfassende vertragliche Vorgaben, die eine freie Gestaltung der Tätigkeit nicht ermöglichten.650 Die damit einhergehende Einschränkung ist jedoch keine Frage der Atomisierung, sondern vielmehr eine Frage der Vorprogrammierung aufgrund vertraglicher Vereinbarung. Die Atomisierung führt daher für sich genommen nicht zur Annahme einer Weisungsgebundenheit. Zum einen kann es sich um unbeachtliche Vorgaben handeln. Zum anderen ist zumindest graduell eine etwaige Ablehnungsmöglichkeit zu berücksichtigen. Im Unterschied zur Situation bei Crowdworkern enthalten die konkretisierenden Teilprojektverträge im Kontext der agilen Projektarbeit und losgelöst von der jeweiligen Projektrolle in aller Regel keine Vorgaben in Bezug auf die konkrete Durchführung der Tätigkeit. (3) Steuerungsinformationen Den arbeitsbezogenen Weisungen sollen zudem sog. Steuerungsinformationen gleichzusetzen sein.651 Bei diesen handelt es sich um Informationen tatsächlicher Art, die nachfolgende Handlungsschemata auslösen.652 Wird eine entsprechende Information weitergegeben, so verknüpft das vermeintliche Fremdpersonal diese mit dem im Vertrag niedergelegten Handlungsschema. Dem Handlungsschema entsprechend wird nun das vermeintliche Fremdpersonal tätig, wodurch arbeitsbezogene Weisungen entbehrlich sein sollen. Teilweise wurden diese Informationen von den Instanzgerichten arbeitsbezogenen Weisungen gleichgesetzt.653 So bedürfe es etwa bei Regalauffüllungsverträgen über die Information hinaus, dass ein Regal leer ist, keiner ausdrücklichen arbeitsbezogenen Weisungen. Ist ein Regal leer, so ginge damit zugleich das Handlungsschema einher, dieses wieder entsprechend aufzufüllen.654 Unabhängig davon, ob man in der Weitergabe der Steuerungsinformation eine konkludente Weisung oder eine gleichzusetzende, rein auf Tatsachen bezogene Kundgabe sehen möchte, kann man jedenfalls nicht ohne Weiteres von einer der personenbezogenen Weisung gleichzusetzenden Steuerungsinformation ausgehen. 650

BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 43, 50. Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 88 f., 256 f.; ders., in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 213; Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 162 f. 652 Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 88 f.; ders., in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 213; s. auch Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 52 ff.; s. auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 160 f. 653 LAG Baden-Württemberg v. 25. 01. 1991 – 15 Sa 104/90, CR 1991, 740; LAG Bremen v. 21. 12. 1989 – 3 TaBV 22/89, BeckRS 1989, 30843190, aufgehoben durch BAG v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90; LAG Frankfurt v. 11. 07. 1989 – 4 TaBV 211/88, EzAÜG Nr. 363; s. hierzu Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 88 m. w. N. aus der Instanzrechtsprechung. 654 Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 89 m. Verw. a. LAG Frankfurt v. 11. 07. 1989 – 4 TaBV 211/88, EzAÜG Nr. 363. 651

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Nicht jede Vorgabe, auch in Form einer Steuerungsinformation, führt zu einer persönlichen Abhängigkeit. Soweit Hamann in der Weitergabe von Tatsachenmitteilungen und deren konnexer Verknüpfung mit Handlungsschemata eine Steuerung des Fremdpersonals in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht sieht,655 so gründet dies maßgeblich auf der hier bereits abgelehnten Doppelfunktionalität der Weisung.656 Auch der Umstand, dass der Besteller entscheidend an den Handlungsanweisungen mitgewirkt hat, erfordert nicht stets eine Gleichstellung mit einer arbeitsbezogenen Weisung.657 Schließlich kann eine solche Vorgabe – zu denken sei an ein strikt festgelegtes Kontrollschema der Flughafensicherheit – bereits aufgrund der Natur der Sache oder gesetzliche Vorgaben bedingt sein. In diesem Fall unterwirft sich der Auftragnehmer nicht der Dispositionsbefugnis eines Arbeitgebers. Jedoch kann mit Steuerungsinformationen uno actu eine arbeitsbezogene Weisung einhergehen, die sich nicht nur auf den auf den Erfolg, sondern auch auf die Art und Weise der Leistungserbringung bezieht. Werden daher über den Erfolgsbezug hinaus detaillierte Vorgaben zur Leistungserbringung erteilt, so muss man dies im Rahmen der Weisungsgebundenheit berücksichtigen. ee) Zeitliche Souveränität Eine Beschränkung der persönlichen Freiheit kann ferner aus der Einschränkung der zeitlichen Souveränität folgen. Deutlich wird dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB.658 Zwar führen die Aspekte der zeitlichen und örtlichen Weisungsbindung für sich genommen nicht zwingend zur Annahme einer persönlichen Abhängigkeit,659 doch zeigt sich ihre Bedeutung gerade in den Fällen, in denen es an einer fachlichen Weisungsgebundenheit fehlt oder diese zumindest gelockert ist. Zwar können auch vertragliche Vorgaben zur zeitlichen Weisungsbindung führen,660 doch zeigt sich besonders in der Ausübung entsprechender Weisungen ein typisches Arbeitgeberrecht.661 Dies wird insbesondere mit Blick auf 655 S. hierzu im Kontext der agilen Arbeit Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 205. 656 S. die Ausführungen und Nachweise zur Doppelfunktionalität von Weisungen in Kapitel 2 C. III. 1. d) bb) (3). 657 In diesem Sinne jedoch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 162. 658 So Maschmann, Arbeitsverträge, S. 42. 659 Preis, NZA 2018, 817 (824) unter Bezugnahme auf den Wortlaut des § 611a Abs. 1 S. 2 BGB „Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen“ (Hervorhebung durch den Verfasser). 660 S. etwa BAG v. 19. 11. 1997 – 5 AZR 653/96, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 90; Preis, in: A/P/S, Kündigungsrecht, 1. Teil, C. Rn. 20. 661 BAG v. 13. 01. 1983 – 5 AZR 149/82, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 42, aus den Gründen B.4.a.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 262; Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 31; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 42 ff.; Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (278); Rommé, Abhängige Arbeit, S. 112 ff.; empirisch zur Bedeutung dieses Aspektes Wank, in: Dietrich/Patzina/Wank, Scheinselbständigkeit, S. 272 f.

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§ 611a Abs. 1 S. 3 BGB deutlich, wo in Bezug auf die Weisungsgebundenheit die zeitliche Dispositionsbefugnis hervorgehoben wird. Eine zeitliche Weisungsgebundenheit liegt dann vor, wenn der Leistungsempfänger den Leistenden hinsichtlich der zeitlichen Lage und der Dauer der zu erbringenden Leistung anweisen kann.662 Während im Regierungsentwurf noch die beiden Merkmale Zeit und Dauer genannt worden waren, umfasst die heutige Fassung nur noch das Merkmal der Zeit.663 Dies lässt sich auf die geäußerte Kritik zurückführen, die darauf verwies, dass sich die Dauer allein dem Vertrag oder kollektivrechtlichen Regelungen entnehmen ließe und daher nicht für die Abgrenzung fruchtbar gemacht werden könne. Zudem sei die Dauer bereits ein Aspekt des Merkmals „Zeit“.664 Der Kritik kann jedoch nur teilweise zugestimmt werden. Denn die Feststellung, dass die Dauer im Sinne des Umfangs der Arbeitszeit im Vertrag bzw. in kollektivrechtlichen Regelungen verankert ist, trifft zwar im Regelfall zu,665 doch kann dies jedenfalls in den Fällen der Arbeit auf Abruf im Sinne des § 12 TzBfG nicht gelten. Gerade die Arbeit auf Abruf erfordert ein höheres Maß an Flexibilität, sodass nicht einzusehen ist, weshalb der Aspekt der Tätigkeitsdauer nicht im Rahmen der persönlichen Abhängigkeit berücksichtigt werden solle. Dem steht zudem nicht entgegen, dass der Aspekt der Dauer aus der Vorschrift gestrichen wurde, umfasst doch bereits das Merkmal der Zeit auch diesen Aspekt.666 Der Arbeit auf Abruf wird indes im Kontext der vorliegenden Arbeit keine nennenswerte Bedeutung beizumessen sein. Auch hinsichtlich der zeitlichen Weisungsgebundenheit muss insoweit graduell zwischen Weisungen und vertraglichen Vorgaben unterschieden werden. Zwar kann die unternehmerische Freiheit durch vertragliche Vorgaben beschränkt werden, doch geht damit zugleich eine sichere Entscheidungsgrundlage für den Auftragnehmer einher.667 Da vertragliche Vorgaben auf einen Konsens bei Vertragsschluss zurückgehen und nachfolgende Weisungen gerade ausgeschlossen werden, ist die ver662 S. hierzu BAG v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen B.II.2.; v. 09. 09. 1981 – 5 AZR 477/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 38, aus den Gründen II.3.b.; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 265; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 34; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 112; kritisch hingegen etwa Weigert, ArbRAktuell 2017, 557 (558). 663 S. hierzu Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 15; Wank, AuR 2017, 140 (146). 664 So etwa Stellungnahme des DGB in der Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 22; Erren, Das Vorstandsmitglied einer AG als Arbeitnehmer, S. 88 ff.; Henssler, in: Henssler/ Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 15; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 45 f.; s. auch Wank, AuR 2017, 140 (146). 665 So bereits Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 266 f. 666 Anders jedoch Weigert, ArbRAktuell 2017, 557 (559), der in der Nichtaufnahme der „Dauer“ eine nicht korrigierbare Diskrepanz zwischen der bisherigen Rechtsprechung und der gesetzgeberischen Kodifikation sieht. 667 BAG v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen III.6.; v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen B.II.5.a.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

tragliche Vereinbarungen gegenüber nachfolgenden Weisungen graduell abgestuft zu berücksichtigen. Dabei kann man eine Weisungsgebundenheit nur dann annehmen, wenn der vermeintliche Arbeitgeber über den Arbeitseinsatz zeitlich verfügen kann, dem Auftragnehmer also kein wesentlicher Spielraum für die Durchführung der Tätigkeit verbleibt.668 Schließlich kann nicht jede zeitliche Beschränkung zu einer Weisungsgebundenheit führen. Auch für Selbständige sind zeitliche Beschränkungen nicht unüblich. Beziehen sich die zeitlichen Beschränkungen auf die vertragliche Leistung und verbleibt es dem Auftragnehmer im Übrigen, die Tätigkeit in ausreichendem Maß selbständig zu planen, zu organisieren und durchzuführen, so folgt hieraus keine für ein Arbeitsverhältnis typische zeitliche Weisungsbindung.669 Entscheidend bleibt, ob der Auftragnehmer zeitlich noch wesentlich über eine unternehmerische Betätigung verfügen kann.670 Keine Bedeutung für die zeitliche Weisungsbindung erlangt eine rein faktische Rücksichtnahme auf die Öffnungszeiten, da es ebenso für Selbständige üblich ist, dass sie ihre Leistung im Rahmen der organisatorischen Gegebenheiten des Auftraggebers zu erbringen haben.671 Vergleichbar verhält es sich bei der Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Leistungstermine.672 Solche Leistungstermine, die gleichermaßen auch bei Dienst- und Werkverträgen bestimmt werden können, führen für sich genommen nicht per se zur zeitlichen Weisungsabhängigkeit.673 Den vereinbarten Leistungsterminen liegt nämlich im Sinne des Konsensualprinzips gerade eine beiderseitige Einigung zugrunde. Entscheidend kommt es darauf an, ob sich das Fremdpersonal in zeitlicher Hinsicht der Verfügungsmacht des Auftraggebers unterwirft. Dies ist nur dann der Fall, wenn das für die zu verrichtende Tätigkeit vorgegebene Zeitfenster so eng bemessen ist, dass das Fremdpersonal nicht mehr selbst über die Planung, Organisation und Durchführung der Tätigkeit disponieren

668 Jüngst etwa auch BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 33; v. 21. 11. 2017 – 9 AZR 117/17, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194, Rn. 36; v. 09. 06. 2010 – 5 AZR 332/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121, Rn. 26; v. 15. 12. 1999 – 5 AZR 770/98, AP HGB § 92 Nr. 6, aus den Gründen II.1.b. 669 Kloppenburg, in: NK-GA, § 5 BetrVG, Rn. 5; Kreuder/Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, § 611a BGB, Rn. 85; Wedde, in: Blanke/Schüren/Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 273. 670 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 43. 671 BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 33; v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344, Rn. 25. 672 BAG v. 22. 08. 2001 –5 AZR 502/99, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 109, aus den Gründen II.1.b. m. w. N. aus der Rechtsprechung; v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen III.5.b.cc.; Dahl, DB 2005, 1738 (1740); Kreuder/ Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, § 611a BGB, Rn. 85; Uffmann, Interim Management, S. 219. 673 BAG v. 19. 11. 1997 – 5 AZR 653/96, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 90, aus den Gründen I.3.b.; Kreuder/Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, § 611a BGB, Rn. 85.

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kann.674 Während das BAG etwa in der sog. Frachtführer-Entscheidung,675 der Zeitungszusteller-Entscheidung676 sowie der jüngst ergangenen Crowdworker-Entscheidung,677 in denen das Zeitfenster jeweils nur wenige Stunden umfasste und somit eine Disposition des Fremdpersonals über die Zeiteinteilung nicht mehr möglich war, eine zeitliche Weisungsbindung annahm, lehnte es in der sog. MoskitoEntscheidung678, in der das Zeitfenster zumindest 24 Stunden betrug, eine zeitliche Weisungsbindung ab, da insoweit von einer ausreichenden Dispositionsbefugnis des Fremdpersonals auszugehen war. Eine zeitliche Weisungsbindung wird zudem nicht anzunehmen sein, wenn sich die zeitliche Vorgabe nach den Wünschen des Auftragnehmers richtet und dieser die zeitliche Lage der Tätigkeit daher mitbestimmen kann.679 Ähnlich verhält es sich bei der Teilnahme an festgesetzten Besprechungen bzw. Meetings oder der zeitlichen Abstimmung mit den Arbeitnehmern des Auftraggebers. Solche Besprechungen finden ebenfalls im Rahmen anderer Vertragstypen statt, womit sich die Frage stellt, ob die Teilnahme an einem Meeting zu einer für das Arbeitsverhältnis charakteristischen Weisungsbindung führt.680 Hamann weist gerade im Kontext der agilen Projektmethoden darauf hin, dass ein projektbegleitendes Qualitätsmanagement auch bei IT-Projekten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses anzutreffen sei.681 Richtigerweise ist insoweit zunächst danach zu fragen, ob der Teilnahme an Besprechungen und Meetings überhaupt eine Beschränkung der zeitlichen Freiheit zugrunde liegt. Dies kann nur dann annehmen, wenn sich das Fremdpersonal in zeitlicher Hinsicht gerade dem Belieben des Auftraggebers unterordnen muss. Zudem muss in einem zweiten Schritt bewertet werden, ob die verpflichtende Teilnahme zu einer zeitlich substantiellen Beschränkung führt.682 In diesem Sinn lassen sich die Entscheidungen des BAG verstehen.683 So heißt es dort etwa, dass die mit Gesprächsrunden einhergehende zeitliche Belastung von 674

Kloppenburg, in: NK-GA, § 5 BetrVG, Rn. 5; Wedde, in: Blanke/Schüren/Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 273. 675 BAG v. 19. 11. 1997 – 5 AZR 653/96, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 90, aus den Gründen I.3.b. 676 BAG v. 16. 07. 1997 – 5 AZR 312/96, AP BGB § 611 Zeitungsausträger Nr. 4. 677 BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 43, 50. 678 BAG v. 13. 03. 2008 – 2 AZR 1037/06, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176, Rn. 22. 679 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 45. 680 Heise, NZA 2017, 1571 (1575). 681 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 205, 178; gleichwohl weist Hamann darauf hin, auch im Rahmen dessen müsse darauf geachtet werden, dass keine verbindlichen fachlichen oder zeitlichen Weisungen mit den Besprechungen einhergingen. 682 Uffmann, Interim Management, S. 219. 683 BAG v. 15. 12. 1999 – 5 AZR 169/99, AP HGB § 84 Nr. 12, aus den Gründen B.II.2.a.aa.; v. 15. 12. 1999 – 5 AZR 770/98, AP HGB § 92 Nr. 6, aus den Gründen II.1.b.; v. 09. 06. 2010 – 5 AZR 332/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121, Rn. 25; s. hierzu auch Uffmann, Interim Management, S. 219.

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75 Minuten wöchentlich nicht entscheidend für den Arbeitnehmerstatus spreche.684 Ähnlich wird festgestellt, dass die Verpflichtung, jeden Freitag auf der Geschäftsstelle zu erscheinen, zwar die Freiheit zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit beeinträchtige, dies jedoch nicht derart gravierend sei, als dass sich der Status des Selbständigen hiermit nicht vereinbaren ließe.685 Auch die Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen an einem bestimmten Wochentag stelle keinen so gravierenden Eingriff dar, der einer selbständigen Tätigkeit entgegenstünde.686 Dies ist überzeugend. Zwar können auch Weisungen, die zu zeitlich nur unerheblichen Beschränkungen führen, im Rahmen der Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden, doch ist eine solche graduell unerhebliche Beschränkung ein eher schwaches Indiz für die Annahme einer arbeitsvertraglichen Weisungsbindung Von diesen Grundsätzen ist auch in der IT-Branche keine Ausnahme zu machen.687 Demgegenüber ging das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Rahmen seiner Entscheidung zur Sozialversicherungspflicht eines Projektmanagers davon aus, dass gerade bei IT-basierten Tätigkeiten, bei denen Arbeitsort und Arbeitszeit keine wesentliche Rolle mehr spielen, die weitgehende Weisungsfreiheit unerheblich sei. Diese ergebe sich nämlich nicht aus der Freiheit des selbständigen Unternehmers, sondern aus der Eigenart der Arbeitsleistung und dem Einsatz moderner Kommunikationsmedien.688 Dagegen spricht aber, dass es zum einen nicht auf die Ursache der Weisungsfreiheit ankommt. Entscheidend ist lediglich die Verfügungsmacht über die Arbeitsverrichtung. Zum anderen drohte das Kriterium der Weisungsgebundenheit ansonsten völlig inhaltslos zu werden, kommt es doch schon nicht entscheidend auf eine fachliche Weisungsgebundenheit an.689 ff) Örtliche Souveränität Von einer örtlichen Weisungsgebundenheit ist auszugehen, wenn der Verpflichtete seinen Arbeitsort nicht autonom bestimmen kann, sondern der Anweisende über die Arbeitskraft in örtlicher Hinsicht690 verfügen kann.691 Dabei kommt dem Aspekt 684 BAG v. 15. 12. 1999 – 5 AZR 770/98, AP HGB § 92 Nr. 6, aus den Gründen II.1.b.; demgegenüber soll die regelmäßige Teilnahme an Besprechungen zu einer täglich erscheinenden Nachrichtensendung zu einer erheblichen zeitlichen Weisungsbindung führen, BAG v. 09. 03. 1977 – 5 AZR 110/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 21, aus den Gründen 2.c. 685 BAG v. 15. 12. 1999 – 5 AZR 169/99, AP HGB § 84 Nr. 12, aus den Gründen B.II.2.a.aa. 686 BAG v. 09. 06. 2010 – 5 AZR 332/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121, Rn. 25. 687 Heise, NZA 2017, 1571 (1575). 688 LSG Baden-Württemberg v. 09. 04. 2014 – L 5 R 2000/13, juris, Rn. 84. 689 Heise, NZA 2017, 1571 (1575). 690 Zur Differenzierung zwischen organisatorischer Einheit und dem Ort im Sinne einer politischen Gemeinde s. Hromadka, NZA 2012, 233. 691 BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 25; v. 13. 01. 1983 – 5 AZR 149/82, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 42, aus den Gründen B.II.4.a.; Boemke, ZfA 1998, 285 (310); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 271 f.; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 47 f.; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 106.

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der örtlichen Weisungsgebundenheit gerade angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Arbeit und der damit einhergehenden ortsungebundenen Arbeit eine immer geringere Bedeutung zu.692 Bereits heute ist es ohne Weiteres möglich, von nahezu jedem Ort der Welt mittels der entsprechenden Technologien den IT-basierten Tätigkeiten nachzugehen.693 Besonders deutlich zeichnete sich dies während der Corona-Pandemie ab.694 Ebenso wie bei den beiden anderen Aspekten der Weisungsgebundenheit handelt es sich um kein konstitutives Merkmal eines Arbeitsverhältnisses. Fehlt die örtliche Weisungsgebundenheit, so kann das Rechtsverhältnis aufgrund anderweitiger Aspekte der Weisungsgebundenheit dennoch als Arbeitsverhältnis einzuordnen sein.695 Zu einer Beschränkung der Souveränität in Bezug auf die örtliche Leistungserbringung kann es nicht nur durch arbeitsbezogene Weisungen, sondern ebenso durch vertragliche Bindungen kommen. Solche können auch im Rahmen eines freien Dienst- oder Werkvertrages zu einer gewissen Freiheitseinbuße führen. Eine solche Einschränkung führt jedoch nicht ohne Weiteres dazu, dass ein Arbeitsverhältnis entsteht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Begrenzung der persönlichen Freiheit ein Ausmaß erreicht, welches sich nicht allein aus der Natur der zu leistenden Tätigkeit, sondern aus der Verfügungsmacht des potenziellen Arbeitgebers ergibt.696 Problembehaftet sind regelmäßig sog. onsite-Tätigkeiten, die auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers erbracht werden.697 In diesen Fällen ist auf Ebene der Vertragstypenqualifikation entscheidend, ob sich die Verpflichtung, vor Ort tätig zu werden, aus der Natur der geschuldeten Dienstleistung ergibt oder ob der Anweisende insoweit über die Notwendigkeit der Leistungserbringung hinaus über den Arbeitseinsatz verfügen kann. Ist die konkrete Tätigkeit bereits von Natur aus an den konkreten Ort gebunden, so verbietet sich der pauschale Rückschluss auf die örtliche Weisungsgebundenheit.698 Dies soll bereits dann der Fall sein, wenn die zu erbringende Tätigkeit in einer arbeitsteiligen Organisation und in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Auftraggebers erbracht werden muss.699 Jedoch kann man nur 692

Deinert, RdA 2017, 65 (66); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 31; Wedde, in: Blanke/ Schüren/Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 274. 693 Vgl. hierzu etwa auch die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg v. 07. 11. 2017 – L 11 R 2507/16, BeckRS 2017, 142340, Rn. 50 zur örtlichen Weisungsbindung eines IT-Beraters zur vergleichbaren Frage im Rahmen des § 7 SGB IV. 694 S. hierzu etwa Krieger/Rudnik/Povedano Peramato, NZA 2020, 473 ff. 695 Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 31; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 110; s. zu den fachlich weisungsfreien Tätigkeiten Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 65. 696 BAG v. 13. 03. 2008 – 2 AZR 1037/06, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176, Rn. 22; v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen III.5.f. 697 Henssler, RdA 2017, 83 ff.; s. hierzu umfassend Winkler, Onsite-Werkverträge, passim. 698 S. bereits die Ausführungen und Nachweise zur anfänglichen vertraglichen Konkretisierung in Kapitel 2 C. III. 1. d) cc). 699 Vgl. hierzu etwa Uffmann, Interim Management, S. 221, zur örtlichen Weisungsgebundenheit eines Interim Managers; s. auch die Beispiele bei Wank, AuR 2017, 140 (147), der

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solche Erfordernisse zur ortsgebundenen Leistungserbringung außer Acht lassen, die gerade prägend für die konkrete Leistungserbringung sind. Allein die Vorteilhaftigkeit für das Unternehmen kann noch nicht zu einer Nichtbeachtung der örtlichen Vorgaben führen. So führt Wank etwa das Beispiel eines Wirtschaftsprüfers an, der das Unternehmen bzw. dessen Akten gerade vor Ort prüfen müsse. Auch die Lehrtätigkeit sei, abgesehen von Exkursionen in den Räumlichkeiten der Schule zu erbringen.700 Besonders deutlich wird dies zudem bei Reinigungsleistungen, die überhaupt nur sinnvoll in dem zu reinigenden Gebäude erbracht werden können. Bei der Frage, ob sich die örtliche Gebundenheit aus der Natur der Sache ergibt, muss man auch die sich wandelnde Arbeitswelt berücksichtigen. Schon heute lässt sich vielfach ohne Weiteres eine Interaktion und Kommunikation mittels moderner Informations- und Kommunikationsmittel führen. Diese Grundsätze spiegeln sich im Wesentlichen in der in den Gesetzgebungsmaterialien in Bezug genommenen Entscheidung des BAG vom 17. 04. 2013 wider. Dort heißt es: „Die Klägerin ist bei ihrer Tätigkeit örtlich gebunden. Wenn sie Dienst verrichtet, hat das ausschließlich an dem von der Beklagten dafür vorgesehenen Ort zu geschehen. Diese räumliche Gebundenheit beruht auf einer – zwar stillschweigenden, aber nicht zwingend vorgegebenen – Entscheidung der Beklagten, den Schnitt in eigenen Räumen vornehmen zu lassen. Externe Schnittstudios werden auf dem Markt zur Miete angeboten. Es besteht für Rundfunkanstalten keine Notwendigkeit, Schnittarbeiten im Hause erledigen zu lassen. Geschieht es dennoch, so ist die räumliche Einbindung auch Ausdruck des engen, von der Beklagten gestalteten Arbeitszusammenhangs, dem die Klägerin bei Ausübung ihrer Arbeit unterworfen ist. Die Klägerin ist auch ansonsten in die Arbeitsorganisation bei der Beklagten eingebunden. Sie verrichtet ihre Tätigkeit nicht allein, sondern hat sowohl mit Reportern und Autoren als auch mit technischen Mitarbeitern der Beklagten zusammenzuwirken. Dies geschieht unter Inanspruchnahme der von der Beklagten zur Verfügung gestellten und nach ihren Vorstellungen eingerichteten technischen Einrichtungen und gemäß den von ihr aufgestellten arbeitsorganisatorischen Vorgaben. Auch diese Einbindung ist Ausdruck des Willens der Beklagten, die Schnittarbeit in den von ihr gestalteten Arbeitszusammenhang einzupassen und sie damit zu lenken und zu beherrschen.“701

Zwar wird in der Entscheidung nicht hinreichend deutlich, ob sich die Leistungserbringung in den Räumlichkeiten auf eine Weisung zurückführen lässt. Allerdings stellt das BAG fest, dass sich die konkrete Tätigkeit, nämlich Schnittarbeiten bei Medien, auch in externen Schnittstudios durchführen lasse. Es bestünde daher keine Notwendigkeit die Arbeiten im eigenen Hause durchführen zu lassen. Soweit in der Entscheidung im Übrigen die Einbindung in die Arbeitsorganisation der Beklagten erörtert wird, die sich aus der Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern etwa auf die Lehrtätigkeit in den Räumlichkeiten einer Schule oder den Wirtschaftsprüfer verweist. 700 Wank, AuR 2017, 140 (147). 701 BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 668/12, BeckRS 2013, 71103 (Hervorhebung durch den Verfasser).

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sowie dem Rückgriff auf technische Mittel ergeben soll, so handelt es sich hierbei um Aspekte der Weisungsbindung. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Form der Zusammenarbeit sowie der Rückgriff auf technische Mittel nach den arbeitsorganisatorischen Vorgaben des Leistungsempfängers erfolgten. Auch diese Einbindung ist Ausdruck des Willens, die Tätigkeit in den von ihr gestalteten Arbeitszusammenhang einzupassen und das Fremdpersonal damit zu lenken und zu beherrschen. Das ist im Ergebnis nichts anderes als eine Form der Weisungsbindung. e) Eingliederung als sichtbares Pendant der Weisungsgebundenheit Mit der Weisungsgebundenheit korreliert die Relevanz des Eingliederungskriteriums für die Vertragstypenabgrenzung. Das gilt im Rahmen agiler Projektarbeit insbesondere aufgrund des besonders engen Austausches zwischen den Beteiligten und der intensiven Zusammenarbeit sowie der Nähe zu den Stammarbeitnehmern. Dieser Umstand führt bei den Leistungsempfängern zu großen Sorgen vor einer Umqualifizierung. In Rechtsprechung und Literatur spielte die Eingliederung neben der Weisungsbindung viele Jahrzehnte eine prominente Rolle bei der Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit.702 Die damalige Bedeutung der Eingliederung zeigte sich zudem bereits in der früher vertretenen Eingliederungstheorie,703 nach welcher, im Gegensatz zur Vertragstheorie,704 die Eingliederung als Begründungsakt eines Arbeitsverhältnisses erachtete wurde. Die Eingliederungstheorie gilt jedoch heutzutage als überwunden.705 Dennoch fand die Eingliederung weiterhin bei der Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft Berücksichtigung. Dies darf jedoch nicht als Fortführung der Eingliederungstheorie verstanden werden.706 Der Rückgriff auf das Eingliederungskriterium dürfte nicht zuletzt auf dessen Plastizität zurückzuführen 702 S. etwa BAG v. 26. 05.1999 – 5 AZR 469/98, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104, aus den Gründen I.; v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 704/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 74, aus den Gründen B.I.1.; v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen B.II.2.; aus dem Schrifttum so schon Molitor, Arbeitnehmer und Betrieb, S. 6 f.; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Auflage, S. 172 ff.; s. zur Bedeutung des Kriteriums auch Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 32; Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 18; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 53 f.; Wank, AuR 2017, 140 (144); Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 35; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 124; vgl. auch schon Zeuner, RdA 1975, 84 f.; Konzen, ZfA 1982, 259 (289). 703 Während die Eingliederungstheorie von Siebert, Arbeitsverhältnis, S. 85 ff. begründet wurde, ist dennoch Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Auflage, S. 172 ff. als ihr prominentester Vertreter bekannt. 704 Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 127; Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611 BGB Rn. 636. 705 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 280 m. w. N. 706 Diese „Renaissance“ kritisiert Rüthers indes unter Verweis auf die ideologischen Wurzeln der Eingliederungstheorie im Nationalsozialismus, Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, S. 384 ff. mit umfassenden Nachweisen; ders., RdA 1985, 129 (130 f.); zur Bedeutung der Eingliederung s. Kapitel 2 C. III. 1. e).

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sein. Die Eingliederung in Betriebsstrukturen gibt dem Rechtsanwender jedenfalls prima facie ein greifbares Abgrenzungskriterium an die Hand.707 Gemeint ist mit diesem nicht bloß die örtliche Eingliederung bei onsite-Werkverträgen, sondern die organisatorische Eingliederung in den Arbeitsprozess.708 Versucht man den Stellenwert der Eingliederung unter dem Geltungsanspruch des § 611a BGB herauszuarbeiten, so zeigt sich, dass im Schrifttum sowohl vor als auch nach der Kodifikation des § 611a BGB kein konsistentes Verständnis des Eingliederungskriteriums festzustellen ist bzw. war. Vielmehr finden sich mannigfaltige Nuancierungen, insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses zur Weisungsgebundenheit. Teilweise wird etwa die Weisungsgebundenheit als Teil der Eingliederung angesehen.709 Die Eingliederung als Abgrenzungskriterium zeige sich gerade in der Weisungsgebundenheit. Andere sehen die Weisungsbindung und die Eingliederung als zwei nebeneinanderstehende Wesensmerkmale des Arbeitnehmers an.710 Zwar würden sich beide Aspekte regelmäßig gegenseitig bedingen, doch bestehe eine eigenständige Bedeutung der Eingliederung für den Fall, dass keine entsprechende (ausdrückliche) Weisung, etwa zur Nutzung der Betriebsmittel vorliege.711 Im Ergebnis ähnlich wird die organisatorische Eingliederung teilweise auch als selbständiger Aspekt im Rahmen der Fremdbestimmtheit angesehen.712 Demgegenüber wurde das Eingliederungskriterium im Sinne eines eigenständigen Gesichtspunktes schon vor der Kodifikation des § 611a BGB teilweise für entbehrlich gehalten.713 Die Eingliederung würde nämlich durch die Weisungsgebundenheit determiniert, sodass die Eingliederung stets eine Weisung voraussetze. Dem Weisungsrecht komme daher eine herausragende Stellung zu, da es als selbständiger Aspekt sowie zur Konkretisierung der Eingliederung herangezogen würde.714 Ganz ähnlich wird daher teilweise die Eingliederung auch lediglich als Spiegelbild der Weisungsbindung auf der

707

Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 283. Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 31. 709 So Kreuder/Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, §§ 611, 611a BGB Rn. 10. 710 Deinert, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 34; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 54; 711 Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 53; so wohl Förster, in: Fischer/Hoppen/Wimmers, DGRI Jahrbuch 2018, S. 47 (54). 712 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 41; ähnlich ders, NZA 2018, 817 (820) wo Preis das Eingliederungskriterium als passé betrachtet und gleichwohl die zentralen Aussagen zur Eingliederung nunmehr auf die Fremdbestimmtheit übertragen möchte; vgl. auch schon die Kritik zum Eingliederungskriterium vor der Kodifikation des § 611a BGB, ders., in: FS Hromadka, S. 275 (281); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 32 – 35; Wank, AuR 2017, 140 (143, 150 f.); vgl. jedoch zuvor ders., Arbeitnehmer und Selbständige, S. 154 ff. 713 Hromadka, NZA 2007, 838; Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 35 f. 714 Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 35 f.; so auch noch Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (281). 708

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Vollzugsebene angesehen.715 Die Eingliederung sei daher „Ausdruck und Konsequenz ,geronnener Weisungen‘“.716 Das Merkmal der Eingliederung sei bereits vor der Kodifikation als wenig aussagekräftig gewesen, sodass man darauf verzichten könne bzw. konnte. Letztlich führe das Merkmal der Eingliederung lediglich auf die Unterordnung unter die Weisung des Arbeitgebers zurück.717 Der organisatorischen Eingliederung als eigenständigem Abgrenzungskriterium kommt hiernach jedenfalls seit der Kodifikation des § 611a BGB keine Bedeutung mehr zu. Teilweise wurde das Eingliederungskriterium angesichts der gesetzgeberischen Abkehr im Normtext daher auch als nunmehr redundant betrachtet.718 Denn während der erste Referentenentwurf noch das Kriterium der Eingliederung samt Hilfskriterien zur Bestimmung in Abs. 2 enthielt, findet sich das Merkmal in der endgültigen Fassung nicht mehr. Auch insoweit ist das historische Gesetzgebungsverfahren erhellend. Betrachtet man im Ausgangspunkt den ersten Referentenentwurf vom 16. 11. 2015, so zeigt sich, dass der Entwurfsverfasser wohl von einer eigenständigen Bedeutung des Eingliederungskriteriums ausging. Hierfür sprechen nicht nur die damaligen Formulierungen in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 des Entwurfes zu § 611a BGB, welche die Eingliederung explizit neben der Weisungsbindung aufführten,719 sondern auch die Begründung des Entwurfes. Dort heißt es, Eingliederung und Weisungsrecht seien charakteristisch für die Arbeitsleistung.720 Ferner ließe etwa die überwiegende Leistungserbringung in den Räumlichkeiten des Auftraggebers nicht nur indiziell auf die Weisungsbindung, sondern ebenfalls auf die Eingliederung schließen. Gleichwohl könne der Eingliederung allein keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen, da es auch für viele Werkverträge typisch sei, die Tätigkeit in den Räumlichkeiten des Auftraggebers zu erbringen.721 Indes erntete der Entwurf insoweit teils massive Kritik in der Literatur.722 Insbesondere wurde kritisiert, die kumulative 715 Boemke, ZfA 1998, 285 (311 f.); Greiner, NZS 2019, 761 (764); Uffmann, NZA 2018, 265 (268); dies., Interim Management, S. 226; in diesem Sinne schon Buhl, ZSR 1983, 539 (545); ähnlich sieht dies wohl Weidenkaff, in: Grüneberg, § 611a BGB Rn. 3, der darauf hinweist, dass die organisatorische Eingliederung in der Regel vorläge, wenn eine Weisungsbindung anzunehmen sei. Gleichwohl legt Weidenkaff nicht dar, ob die so verstandene Eingliederung als eigenständiges Kriterium oder lediglich als Indiz zu verstehen sei. 716 Greiner, NZS 2019, 761 (764). 717 Hromadka, NZA 2007, 838. 718 So noch Preis, NZA 2018, 817 (820); Rinck, RdA 2019, 127 (129). 719 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur Genese, Kapitel 2 C. III. 1. a). 720 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 13. 721 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 30. 722 S. hierzu Uffmann, NZA 2018, 265 (268); s. zur Genese des § 611a BGB, Kapitel 2 C. III. 1. a).

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Anknüpfung an Weisungsgebundenheit und Eingliederung entspreche nicht der ständigen Rechtsprechung zur Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit.723 In der Folge wurde auf das Merkmal der Eingliederung samt Hilfskriterien verzichtet. Eine Begründung wurde hierfür nicht geliefert. Jedenfalls auf den ersten Blick bleibt es daher unklar, ob mit dem Verzicht zugleich eine Abkehr vom ursprünglichen Ansatz einhergehen sollte. Der Verzicht ließe sich nämlich nicht nur als Reaktion auf die Kritik im Sinne einer Abkehr verstehen, sondern auch „handwerklich“ erklären. Denn während im Regierungsentwurf, der das Kriterium samt konkretisierender Indizien noch expressis verbis vorsah, maßgeblich auf die Entscheidungsgründe der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zurückgegriffen wurde, rekurrierte der Gesetzgeber bei der nunmehr Gesetz gewordenen Fassung nicht auf die Entscheidungsgründe der Rechtsprechung, sondern lediglich auf die Leitsätze.724 Die Rechtsprechung vor der Kodifikation des § 611a BGB zeigt, dass das Merkmal der Eingliederung in der jüngsten Rechtsprechung jedenfalls nicht mehr in den Leitsätzen auftauchte. Vielmehr hat das BAG bereits vor einigen Jahren in seinen Leitsätzen auf das Merkmal der Eingliederung verzichtet, ohne jedoch darzulegen, ob damit eine Änderung der Rechtsprechung verbunden war.725 Daher überrascht es angesichts der vom Gesetzgeber intendierten Überführung der Leitsätze der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung726 auch nicht, dass das Merkmal der Eingliederung keinen Widerhall im Normtext des § 611a BGB gefunden hat.727 Gleichwohl ist zu konstatieren, dass mit dem Verzicht auf das Merkmal der Eingliederung in den Leitsätzen keinesfalls eine vollständige Abkehr einherging. Vielmehr hat das BAG728 in den Entscheidungsgründen auch weiterhin auf die 723

S. etwa Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (56). Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 10; Wank, AuR 2017, 140 (141). 725 S. hierzu Wank, AuR 2017, 140 (144, 151). 726 BT-Drs. 18/9232, 31. 727 Vgl. hierzu Preis, NZA 2018, 817 (820), wo dieser darauf hinweist, dass der Gesetzgeber den Begriff der Eingliederung in dem zum gleichen Zeitpunkt geänderten § 1 Abs. 1 S. 2 BGB gleichwohl verwendet hat. Preis, der dort die Eingliederung als passé ansieht und die dahinterstehenden Erwägungen nunmehr im Rahmen der Fremdbestimmtheit verorten möchte, meint, dieser Begriffsaustausch ließe sich damit erklären, dass es im dreigliedrigen Rechtsverhältnis an einer vertraglichen Beziehung des Arbeitnehmers zum Entleiher fehle, sodass sich die Arbeitnehmerüberlassung gerade in der Ausübung der übertragenen Weisungsbefugnis sowie der Eingliederung zeige. Die Fremdbestimmtheit beruhe dagegen auf einer vertraglichen Grundlage. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es sich nach dem hiesigen Verständnis bei der Ausübung des Weisungsrechts und der Eingliederung bereits um zwei kohärente Aspekte geht. Der Verzicht lässt sich vielmehr bereits auf den handwerklich zweifelhaften Wechsel von der Übernahme der Entscheidungsgründe zur Übernahme der Leitsätze erklären. 728 BAG v. 25.09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 17 „in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert“; v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 668/12, BeckRS 2013, 71103, Rn. 25 „Die Klägerin ist auch ansonsten in die Arbeitsorganisation bei der Beklagten eingebunden“; v. 15. 02. 2012 – 10 AZR 301/10, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 123, Rn. 19 „Der Kl. ist bei der Gestaltung der Arbeitszeit somit in die Unterrichtsabläufe bei dem bekl. Land eingegliedert“; v. 25. 05. 2005 – 5 AZR 347/04, AP BGB 724

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Eingliederung abgestellt. Sie blieb also keineswegs von der Rechtsprechung unbeachtet. Entsprechende Entscheidungen wurden sogar in den Gesetzgebungsmaterialien in Bezug genommen.729 Damit wurde indes noch keine Aussage über die Bedeutung der Eingliederung in den Entscheidungsgründen und damit mittelbar im Rahmen des § 611a BGB getroffen. Jedenfalls auf den ersten Blick vermag die Rechtsprechung den Eindruck einer Inkonsistenz zu erwecken.730 Denn während in den Entscheidungen teilweise die Rede davon ist, dass sich die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation gerade in der Weisungsgebundenheit zeige,731 finden sich auch einige Entscheidungen, die der Eingliederung neben der Weisungsbindung eine eigene Bedeutung zuzuschreiben scheinen.732 Eine Definition der Eingliederung wurde seitens der Rechtsprechung nicht vorgenommen.733 Im Ergebnis lassen die Entscheidungsgründe darauf schließen, dass der organisatorischen Eingliederung in den Betrieb in der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung keine, über die zur Bestimmung der Weisungsbindung hinausgehende, Bedeutung zukommt.734 Zwar heißt es etwa in einigen Entscheidungen, die persönliche Abhängigkeit ergebe sich aus der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und dem Umfang der Weisungsgebundenheit,735 doch kann hieraus § 611 Abhängigkeit Nr. 117, aus den Gründen II.4.b. „Eingliederung in die Organisation der Bekl.“ 729 BT-Drs. 18/9232, 32. 730 So etwa bei Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 282 f.; Henssler, RdA 2016, 18 (19); Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 106; Uffmann, NZA 2018, 265 (268); Wank, AuR 2017, 140 (144). 731 BAG v. 07. 02. 2007 – 5 AZR 270/06, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 118, Rn. 13; v. 22. 08. 2001 – 5 AZR 502/99, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 109, aus den Gründen II.2.a.; kritisch Wank, in: Dietrich/Patzina/Wank, Scheinselbständigkeit, S. 282, der hierin eine Begriffsvertauschung sieht. 732 S. zur Eingliederung BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 27 unter dem Aspekt der Einbindung in die Arbeitsorganisation, v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 26; v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen III.2.; v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen B.II.2.; s. hierzu auch Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 106; Uffmann, NZA 2018, 265 (268). 733 Ähnlich verhält es sich im Schrifttum, worauf bereits Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 282 f. hinweist. Positiv stechen Wank, AuR 2017, 140 (144) und Maschmann, Arbeitsverträge, S. 51 f. heraus, die eine entsprechende Definition aufgestellt haben. Wank, der der Eingliederung eine eigenständige Bedeutung beimisst, definiert die Eingliederung als „die Notwendigkeit, auf Personal und Material des Vertragspartners zurückgreifen zu müssen, sowie die Einbindung in dessen Arbeitsorganisation“. Maschmann erwägt eine ähnliche Beschreibung im Sinne einer „Abhängigkeit von einer bestimmten Arbeitsorganisation“. 734 So auch Hromadka, NZA 2007, 838; Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 36; Uffmann, NZA 2018, 265 (268); Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 124 – 133. 735 BAG v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen III.2.; v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen B.II.2. (Hervorhebung durch den Verfasser).

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nicht ohne Weiteres auf zwei nebeneinander stehende Merkmale der persönlichen Abhängigkeit geschlossen werden. Die Entscheidungsgründe offenbaren insoweit, dass das BAG im Ergebnis stets auf Umstände rekurriert, in denen die Weisungsbindung zum Ausdruck kommt. Sämtliche Umstände, die gemeinhin mit der Eingliederung in Zusammenhang gebracht werden, spiegeln im Ergebnis nämlich gerade nur Aspekte der Weisungsbindung auf Vollzugsebene wider.736 So verhält es sich auch bei der Erbringung der Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation.737 Soweit unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung vertreten wird, dass die Eingliederung in den Betrieb des Dienstberechtigten zur Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit heranzuziehen sei,738 verkennt dies, dass sich die Ausführungen auf § 84 Abs. 1 S. 2 HGB beziehen.739 Die Eingliederung ist insoweit irrelevant.740 Zudem spricht bereits der Rekurs auf die „von Dritten bestimmte Arbeitsorganisation“ dafür, dass nicht die abstrakte Eingliederung, sondern die „bestimmte“, also weisungsunterworfene Erbringung der Dienstleistung entscheidend ist. Betrachtet man die mit der Eingliederung vielfach741 in Zusammenhang gebrachte Aufnahme in Dienst- oder Produktionspläne,742 zeigt sich exemplarisch, dass es sich hierbei um eine verkörperte und sichtbar werdende zeitliche Weisung handelt.743 Das BAG stellte in diesem Kontext fest, dass die einseitige Aufstellung von Dienstplänen regelmäßig nur dann sinnvoll sei, wenn die Dienstbereitschaft der darin aufgenommenen Beschäftigten erwartet werden könne; alles andere sei lebensfremd. Wer demnach einseitig Dienstpläne aufstelle, die tatsächlich auch im Wesentlichen 736 S. hierzu etwa die Entscheidungen des BAG v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen III.2.; v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 19/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59, aus den Gründen B.II.2. Wenngleich dort noch im Obersatz von der Integration bzw. Eingliederung in den Lehrbetrieb die Rede ist, rekurriert das BAG im Rahmen seiner nachfolgenden Erwägungen hierzu lediglich auf Aspekte der Weisungsbindung. 737 Vgl. hierzu BAG v. 20. 07. 1994 – 5 AZR 627/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 73, aus den Gründen B.I. „Arbeitnehmer ist danach derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 S. 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal.“. 738 Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611a BGB Rn. 41. 739 BAG v. 20. 07. 1994 – 5 AZR 627/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 73, aus den Gründen B.I. 740 S. hierzu sogleich die Ausführungen zum sog. Crowdworking-Urteil des BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132. 741 S. etwa Deinert, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 34; Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 35. 742 S. BAG v. 15. 02. 2012 – 10 AZR 301/10, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 123, Rn. 17. 743 So Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 268; anders jedoch Wank, in: Dietrich/Patzina/ Wank, Scheinselbständigkeit, S. 287 f. der in der organisatorischen Eingliederung, die sich etwa in Dienstplänen, und der Aufteilung von Bezirken bei Handelsvertretern zeige, ein „treffsicheres Merkmal“ sieht. Dem ist jedoch nicht zu folgen, denn gerade die Aufteilung von Bezirken etwa spiegelt lediglich Weisungen in örtlicher und ggf. inhaltlicher Hinsicht wider. Die Aufnahme in Dienstpläne zeigt die zeitliche Weisungsbindung auf.

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eingehalten werden, und gleichzeitig erklärt, diese seien unverbindlich, verhalte sich im Regelfall widersprüchlich.744 Auch äußere Umstände, wie die Aufnahme in interne Telefonlisten, die Bereitstellung eines eigenen Schreibtisches745 oder die enge räumliche Zusammenarbeit746, lassen für sich genommen nicht ohne Weiteres auf eine Eingliederung als Indiz der Weisungsgebundenheit schließen.747 Eine Weisung geht mit derartigen äußeren Umständen regelmäßig nicht einher. Regelmäßig kann man solche äußeren Umstände allenfalls zur Feststellung des Qualifikationswillens der Vertragsparteien heranziehen. Auch die Gleichstellung von Fremdpersonal mit eigenen Arbeitnehmern kann indiziell auf einen Willen zur arbeitsvertraglichen Qualifikation hindeuten. Ferner kann aus der Leistungserbringung auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers, sog. Onsite-Verträge, nicht per se auf eine Eingliederung und damit auf eine Weisungsbindung geschlossen werden. Stets muss nach einer Weisung bzw. einer gleichzusetzenden vertraglichen Vorgabe gefragt werden. Vielfach ergibt sich die Notwendigkeit der Leistungserbringung auf dem Betriebsgelände jedoch bereits aus der Natur der Sache.748 Daher ist, wie schon im Rahmen der Weisungsbindung erörtert, die Frage zu stellen, ob sich die onsite-Leistungserbringung aus der Notwendigkeit der konkreten Leistung oder aber aus der Verfügungsmacht des Auftraggebers ergibt. Henssler und Pickenhahn749 verweisen im Zuge dessen zutreffend

744 BAG v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 704/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 74, aus den Gründen B.II.4. 745 BAG v. 20. 07. 1994 – 5 AZR 627/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 73, aus den Gründen B.II. 746 BAG v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90. 747 S. hierzu Beuthien, in: FS 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 1 (5 ff.); Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 284, der insoweit von reinen Organisationsentscheidungen spricht; Kreuder/Matthiessen-Kreuder, in: HKArbR, §§ 611, 611a BGB Rn. 84, welche die Einbindung in fremdgesteuerte Abläufe als organisatorische Weisungsgebundenheit verstehen; vgl. auch Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 83, 199 f. m. w. N. zur vergleichbaren aber nicht identischen Frage der Eingliederung im dreigliedrigen Rechtsverhältnis; ders., NZA-Beilage 2014, 3 (4) m. w. N. aus der Rechtsprechung zu äußeren Aspekten; anders hingegen Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 130 f.; s. auch Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419 f.), die zum Zwecke der Risikovermeidung empfehlen, derartige äußere Umstände zu vermeiden. Die Erwägung, derartige Aspekte im Rahmen der Vertragstypeneinordnung zu berücksichtigen, mag von der Prämisse herrühren, dass derjenige, der das Fremdpersonal wie seine eigenen Arbeitnehmer behandelt auch von einer entsprechenden Vertragseinordnung ausgehen könne. Vielfach wird dieser Rückschluss, was nicht zuletzt bereits Praktikabilitätserwägungen zeigen, nicht tragfähig sein, s. hierzu schon Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 285. 748 Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 5, § 3 Rn. 31; Uffmann, Interim Management, S. 225 m. w. N.; Wank, AuR 2017, 140 (147). 749 Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 31 m. w. N. aus der Rechtsprechung.

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auf die aktuelle Rechtsprechung zur vergleichbaren750 Frage der Eingliederung im Kontext des § 99 BetrVG. Dort hatte das BAG festgestellt, dass eine Eingliederung und damit eine Einstellung selbst dann nicht vorliegt, wenn die vom Fremdpersonal zu erbringende Dienst- oder Werkleistung hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant ist. Vielmehr müssten die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals gegeben sein.751 Diese Erkenntnisse decken sich ferner mit den in der Gesetzesbegründung zum § 611a BGB in Bezug genommenen Entscheidungen.752 Von einer Eingliederung in den arbeitsteiligen Prozess sei dann auszugehen, wenn der Besteller mittels Weisungen die Tätigkeit plant und organisiert.753 Vergleichbares gilt für die Abstimmung mit anderen Mitarbeitern des Vertragspartners754 sowie für den Rückgriff auf sachliche Mittel.755 Weder der Rückgriff auf technische Mittel756 noch die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Vertrags750 Wenngleich § 99 BetrVG keinen Vertragsschluss voraussetzt, sondern auf die tatsächliche Beschäftigung abstellt, besteht dennoch eine Vergleichbarkeit, da gleichfalls auf die Weisungsabhängigkeit sowie die Eingliederung abgestellt wird, s. hierzu auch Uffmann, Interim Management, S. 227. 751 BAG v. 13. 05. 2014 – 1 ABR 50/12, NZA 2014, 1149, Rn. 21. 752 BT-Drs. 18/9232, S. 32. 753 BAG v. 25.09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 17; in diesem Sinne BAG v. 15. 02. 2012 – 10 AZR 301/10, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 123, Rn. 23; v. 29. 8. 2012 – 10 AZR 499/11, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 124, Rn. 20; v. 25. 05. 2005 – 5 AZR 347/04, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 117, aus den Gründen II.4.; v. 20. 09. 2000 – 5 AZR 61/99, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 37, aus den Gründen I. 754 S. hierzu umfassend Wank, in: Dietrich/Patzina/Wank, Scheinselbständigkeit, S. 282 ff. m. Verw. a. BAG v. 09. 03. 1977 – 5 AZR 110/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 21; v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 818/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 25; s. auch BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 26. Soweit das BAG in diesen Fällen zugunsten einer Arbeitnehmerstellung votiert, lag der Zusammenarbeit jeweils eine entsprechende Weisung zugrunde; s. ferner Maschmann, Arbeitsverträge, S. 51 f.; anders jedoch Förster, in: Fischer/Hoppen/Wimmers, DGRI Jahrbuch 2018, S. 47 (54), die sowohl im arbeitsteiligen Zusammenwirken des Eigen- und Fremdpersonal als auch in der Überlassung von Arbeitsmitteln ein Indiz für die betriebsorganisatorische Eingliederung ansieht. 755 S. hierzu etwa BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 26; v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 668/12, BeckRS 2013, 71103, Rn. 25. „[geschieht dies] unter Inanspruchnahme der von der Bekl. zur Verfügung gestellten und nach ihren Vorstellungen eingerichteten technischen Einrichtungen und gemäß den von ihr aufgestellten arbeitsorganisatorischen Vorgaben Auch diese Einbindung ist Ausdruck des Willens der Bekl., die Schnittarbeit in den von ihr gestalteten Arbeitszusammenhang einzupassen und sie damit zu lenken und zu beherrschen.“ (Hervorhebung durch den Verfasser). 756 Die Rechtsprechung zur Abhängigkeit von Apparat und Team, die in den siebziger Jahren vom BAG noch als ausreichend für die Arbeitnehmereigenschaft angesehen wurde, wurde später ausdrücklich aufgegeben, s. BAG v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 704/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 74, aus den Gründen B.II.2.a. „Allerdings reiche das Angewiesensein auf die technischen Mittel und die Mitarbeiter der Anstalt für sich allein nicht aus. Die Anstalt könne einem selbständigen Autor oder Regisseur ihren Apparat für dessen Zwecke oder für ein gemeinsames Projekt zur Verfügung stellen, ohne daß dieser damit zum Arbeitnehmer werde.“; s.

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partners reichen mithin für sich genommen aus, um eine Arbeitnehmereigenschaft zu begründen. Vielmehr muss jeweils geprüft werden, ob dem nicht eine, ggf. konkludente Weisungen zugrunde liegt.757 Während die ältere Rechtsprechung noch den Eindruck erweckte, als sei die Abhängigkeit von Apparat und Team für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ausreichend,758 wurde diese Rechtsprechung inzwischen ausdrücklich aufgegeben.759 In der neueren Rechtsprechung wird die Zusammenarbeit und die Abhängigkeit vom technischen Apparat allenfalls im Rahmen der Weisungsbindung herangezogen.760 Ohnehin kommt dem Rückgriff auf technische Arbeitsmittel im IT-Sektor insoweit geringere Bedeutung zu, als in dieser Branche viele Fremdpersonalkräfte ihre Arbeitsmittel selbst stellen.761 zum Rechtsprechungswandel, Maschmann, Arbeitsverträge, S. 51 f. m. w. N. aus der Rechtsprechung. 757 So auch Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (60). 758 S. hierzu etwa BAG v. 09. 03. 1977 – 5 AZR 110/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 21, aus den Gründen 2.c. „Insgesamt ergibt sich die persönliche Abhängigkeit aus ihrer ständigen Zusammenarbeit mit den übrigen Mitarbeitern des Senders und ihrer sachl. gebotenen Eingliederung in den Sendebetrieb.“; v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 818/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 25, aus den Gründen II.2.a. „[…] in den Sendebetrieb des Bekl. eingegliedert und auf dessen Apparat angewiesen war.“; v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen B.II.2.b. „Sie müssen aus anderen Gründen fremdbestimmte Arbeit leisten. Sie können ihre Dienste nur mit Hilfe des technischen Apparates leisten, den ihnen der Sender jeweils zur Verfügung stellt. Sie brauchen Studios, Kameras und sonstige technische Einrichtungen, um die geschuldete Leistung erbringen zu können. Ein Gegenbeispiel ist der freie Journalist, der unabhängig von technischen Hilfsmitteln eines Mediums auf eigenes Risiko arbeitet. Die persönliche Abhängigkeit dieser Gruppe von Mitarbeitern zeigt sich weiter darin, daß sie weitgehend in einem Team arbeiten. Eine solche Teamarbeit muß organisiert werden. Alle Mitarbeiter müssen sich in die Arbeitsorganisation einfügen. Die spezifische persönl. Abhängigkeit dieser Mitarbeiter von Rundfunk und Fernsehen besteht deshalb in ihrer Abhängigkeit von Apparat und Team. Diese Abhängigkeit ist zwar anders geartet als die Abhängigkeit herkömml. Arbeitnehmer, wie etwa die des Facharbeiters oder der Schreibkraft; sie ist aber in der Intensität kaum geringer.“ 759 BAG v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 704/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 74, aus den Gründen B.II.2.a. „Allerdings reiche das Angewiesensein auf die technischen Mittel und die Mitarbeiter der Anstalt für sich allein nicht aus. Die Anstalt könne einem selbständigen Autor oder Regisseur ihren Apparat für dessen Zwecke oder für ein gemeinsames Projekt zur Verfügung stellen, ohne daß dieser damit zum Arbeitnehmer werde.“; s. hierzu auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 51 f.; Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (282); Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 106. Vorangegangen war der Entscheidung zur Arbeitnehmereigenschaft von Rundfunkmitarbeitern ein Beschluss des BVerfG v. 13. 01. 1982, in welchem das BVerfG maßgeblich auch auf die Bedeutung der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verankerten Rundfunkfreiheit abstellte. Vgl. ferner die Entscheidung des BSG v. 30. 10. 2013 – B 12 KR 17/11 R, BeckRS 2014, 66942, wonach sich allein aus der Notwendigkeit der Nutzung technischer Systeme des Auftraggebers noch keine Eingliederung i. S. d. § 7 SGB IV ergibt. 760 S. etwa BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 26. 761 Heise, NZA 2017, 1571 (1574). Soweit Heise etwa auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg v. 09. 04. 2014 – L 5 R 2000/13 rekurriert und meint, das Gericht würde primär die Nutzung eigener spezieller und teurer Betriebsmittel, die anders als etwa Mobiltelefone nicht von Privathaushalten vorgehalten werden, für die Annahme einer Selbständigkeit

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Die Eingliederung als Indiz der Weisungsbindung ist allenfalls dann anzunehmen, wenn sich die Einbindung auf arbeitsorganisatorische Vorgaben zurückführen lässt. Auch für Selbstständige ist es üblich, dass sie ihre Leistungen im Rahmen der organisatorischen Gegebenheiten des Auftraggebers zu erbringen haben.762 Dabei kann eine dennoch erfolgte Weisung zur Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Vertragspartners mehrere Aspekte des Weisungsrechts betreffen. Wird etwa eine regelmäßige Teambesprechung in den Räumen des Auftraggebers vorgegeben, so betrifft dies sowohl die Durchführung der Tätigkeit wie auch die zeitliche und örtliche Souveränität des Fremdpersonals. Dient die Kommunikation insoweit jedoch dem projektbegleitenden Qualitätsmanagement, im Rahmen dessen erfolgsbezogene Weisungen nach § 645 BGB erteilt werden, so spricht dies nicht gegen eine werkvertragliche Qualifikation, da die Arbeitsweise des Fremdpersonals dadurch allenfalls mittelbar beeinflusst wird.763 Die Bedeutung der Eingliederung als Indiz der Weisungsbindung zeigt sich auch bei der Eingliederung in virtuelle764 Strukturen.765 Viele Tätigkeiten werden heutzutage nicht mehr physisch in Büroräumlichkeiten, sondern mittels moderner Kommunikations- und Informationsmedien erbracht, womit diese Tätigkeiten weltweit erbracht werden können.766 Eine entsprechende Weisung zur Nutzung der ortsunabhängigen IT-Strukturen, etwa über einen VPN-Client, bezieht sich damit im Gegensatz zum physischen Arbeitsplatz nicht auf die örtlichen Aspekte des Weisungsrechts, sondern auf die Durchführung der Tätigkeit. Damit geht vielfach sowohl eine örtliche als auch eine zeitliche Souveränität einher.767 Eine zeitliche Weisungsbindung kann jedoch etwa aus der Vorgabe resultieren, sich zu vorgeschriebenen Zeiten ins System einzuloggen, etwa um Aufträge entgegenzunehmen oder verlangen, verkennt dieser, dass das Gericht hier lediglich die Weisungen hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit erörtert; vgl. hierzu die zutreffende Entscheidung des BSG v. 17. 12. 2014 – B 12 R 13/13 R, BeckRS 2015, 68961, Rn. 33. 762 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 27; soweit das BAG in den Entscheidungsgründen des Urteils v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 22 vermeintlich gegenteilig anführt, dass die örtliche Einbindung in die Arbeitsorganisation aufgrund eines notwendigen IT-Zugangs in den Räumlichkeiten der Beklagten bereits deshalb anzunehmen sei, weil der potentielle Arbeitnehmer die Fachsoftware nicht auf seinen eigenen Rechner aufspielen konnte, deutet dies vielmehr auf eine Berücksichtigung im Rahmen der Weisungsgebundenheit hin, da sich die Ortspräsenz nicht unmittelbar aus der Natur der Sache ergibt, sondern ihm explizit verboten wurde, die erforderliche Software auf dem eigenen PC aufzuspielen. Bereits zu Beginn der Entscheidungsgründe heißt es ferner, dass der Kläger die Tätigkeit in den Räumlichkeiten der Beklagten erbringen musste. 763 S. zur Abgrenzung im dreigliedrigen Rechtsverhältnis LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2010 – 11 Sa 289/10, BeckRS 2011, 68009; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 178. 764 S. zum virtuellen Arbeitsplatz bereits Haupt, Der virtuelle Arbeitsplatz, passim; Haupt/ Wollenschläger, NZA 2001, 289 ff. 765 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 77; Schubert, RdA 2018, 200 (203). 766 Hoppe, in: Kramer, IT-Arbeitsrecht, Rn. 617; Raif/Nann, GWR 2016, 221 ff. 767 Haupt/Wollenschläger, NZA 2001, 289.

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sich mit Teammitgliedern abzustimmen.768 Weisungen können über IT-Tools wie z. B. sog. Collaboration-Tools, also Software-Tools zur Zusammenarbeit sowie durch Kontroll- und Einflussnahmemechanismen769 erteilt werden.770 Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Tools nicht nur der Zusammenarbeit oder der Leistungsüberwachung dienen, sondern mittels dieser zugleich Einfluss auf die Leistungserbringung genommen wird.771 Allein die Überwachung deutet jedoch noch nicht auf ein Arbeitsverhältnis hin, da Selbständige ebenso einer entsprechenden Kontrolle unterliegen können.772 Zwar können sich Kontrollmechanismen rein faktisch auf die Leistungserbringung auswirken. Eine Verbindlichkeit, wie sie für die Weisung und die Verfügungsmacht prägend ist, löst der Kontrollmechanismus für sich genommen aber nicht aus. Insoweit macht es auch keinen Unterschied, ob die Steuerung durch persönliche Weisungen oder aber durch automatisierte Algorithmen erfolgt.773 Während im klassischen Arbeitsumfeld die Kontrolle und damit mittelbar die Steuerung des Arbeitsvorgangs durch Personen erfolgt, lässt sich dies heute ohne Weiteres technisieren und automatisieren. Krause774 spricht insoweit in seinem Gutachten zum 71. DJT unter Bezugnahme auf Risak775 treffend von der „virtuellen Werkshalle“. Es zeigt sich mithin, dass das Eingliederungskriterium stets durch die Weisungen hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Ort oder Zeit determiniert wird. Jeder Einglie768 Haupt/Wollenschläger, NZA 2001, 289 (292), Simon/Kuhne, BB 1987, 201 (203); gerade bei agilen Projekten kann es in der Praxis vorkommen, dass zeitliche Vorgaben, etwa für das Sprint-Meeting, gemacht werden. 769 S. etwa näher zu Steuerungs- und Kontrollmechanismen Leimeister/Zogaj, Neue Arbeitsorganisation durch Crowdsourcing, S. 43 ff. 770 S. zur Nutzung von gemeinsamen Tools zur Kommunikation und Zusammenarbeit Schneider, ITRB 2020, S. 194 ff.; zu Kontroll- und Einflussmechanismen s. Kocher/Hensel, NZA 2016, 984 (990); Maschmann, Arbeitsverträge, S. 298 f.; Wisskirchen/Schwindling, ZESAR 2017, 318 (321), die sich auf die persönliche Abhängigkeit beziehen; ebenso vgl. hierzu Zieglmeier, in: KassKomm, § 7 SGB IV Rn. 85 f., der sich jedoch auf die organisatorische Eingliederung als selbständiges Kriterium bezieht; Brose, NZS 2017, 7 (12). 771 Vage insoweit Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B104), der sowohl auf Einflussnahme- als auch Kontrollmechanismen abstellt, gleichwohl jedoch die Steuerung voraussetzt; ähnlich auch Deinert, RdA 2018, 359 (361), der bereits aus der Überwachungsmöglichkeit indiziell auf die Weisungsbindung schließen möchte; Kocher/ Hensel, NZA 2016, 984 (990), die von einer indirekten Steuerung durch Kontrolltools ausgehen; vgl. zu § 7 SGB IV BSG v. 30. 10. 2013 – B 12 KR 17/11 R, BeckRS 2014, 66942, Rn. 29; Brose, NZS 2017, 7 (12); vgl. hierzu auch Zieglmeier, in: KassKomm, § 7 SGB IV Rn. 207. 772 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 28; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 298; a. A. Hanau/Strick, DB-Beilage Nr. 14 1998, 1 (9); Simon/Kuhne, BB 1987, 201 (203); auf den Werkunternehmer bezogen auch Tillmanns, Strukturfragen, S. 27. 773 So Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B104), zur vergleichbaren Problematik im Rahmen des sog. Crowdworkings. 774 Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B104). 775 Risak, ZAS 2015, 11 (15).

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derung liegt damit stets ein Mindestmaß an Weisungen zugrunde.776 Dies zeigt sich auch in den Entscheidungsgründen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dort finden sich die entsprechenden Ausführungen zur Eingliederung regelmäßig zwischen den Feststellungen der einzelnen Weisungsaspekte.777 Die Eingliederung lässt sich mithin als das sichtbare Ergebnis der Weisungen auf der Vollzugsebene verstehen.778 Das erklärt auch, weshalb Indizien wie die Teilnahme an Besprechungen, der Rückgriff auf Sachmittel des Auftraggebers oder aber die Tätigkeit auf dem Betriebsgelände, die bereits auf der Ebene des Weisungsrechts diskutiert wurden, von der Literatur unter dem Topos der Eingliederung verortet werden.779 Die Aspekte der Eingliederung sind daher im Rahmen der Vertragstypenqualifikation lediglich als Indiz zur Beurteilung der Weisungsgebundenheit heranzuziehen.780 Aus diesem Grund überrascht auch die Kritik am Eingliederungskriterium nicht.781 So sah Uffmann bereits vor der Geltung des § 611a BGB im Merkmal der Eingliederung eine Leerformel.782 Erkenntnisgewinne, die über Indizien zur Bestimmung der Weisungsgebundenheit hinausgehen, können dem Eingliederungskriterium nicht entnommen werden.783 Uffmann fordert daher auch zu Recht, diesen Umstand offen zu benennen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich das Eingliederungskriterium zu einem diffusen Aspekt verselbständigt.784 Die Vorschrift des § 611a BGB muss in dieser Weise ausgelegt werden, nachdem sie die vorstehend analysierte Rechtsprechung abbilden soll. Insoweit kann auch Wank nicht gefolgt werden, wenn dieser meint, das Merkmal der Eingliederung sei unverzichtbar, da gerade bei „weisungsfreien Mitarbeitern“ die Eingliederung das einzig verbleibende Merkmal zur Abgrenzung sei.785 Dem ist entgegenzuhalten, dass es zum einen schon kaum einen vollständig weisungsfreien Arbeitnehmer gibt, sondern lediglich Arbeitsverhältnisse, in denen die Weisungsgebundenheit gelockert 776

So auch noch Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (281). Vgl. zur entsprechenden Rechtsprechung Wank, in: Dietrich/Patzina/Wank, Scheinselbständigkeit, S. 283, der meint, dass damit eine Begriffsvertauschung suggeriert wird; s. jedoch auch ders., AuR 2017, 140 (143), wo für eine Verortung der Eingliederung unter der Fremdbestimmtheit plädiert wird. 778 So Boemke, ZfA 1998, 285 (311 f.); Greiner, NZS 2019, 761 (764 f.); Uffmann, NZA 2018, 265 (268); dies., Interim Management, S. 226. 779 Rommé, Abhängige Arbeit, S. 132; Uffmann, Interim Management, S. 228; 780 So Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 35 f.; Uffmann, NZA 2018, 265 (268). 781 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 283 m. w. N. aus der Literatur; Hromadka, NZA 2007, 838 f. 782 So ausdrücklich Uffmann, Interim Management, S. 230 unter Bezugnahme auf Hueck/ Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 43, 44 (Fn. 20); anders hingegen Nikisch, Arbeitsrecht, 1. Auflage, S. 6 ff.; 92 der nicht in der Weisungsgebundenheit, sondern der Eingliederung das maßgebliche Kriterium zur Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit sah. 783 Uffmann, NZA 2018, 265 (268); dies., Interim Management, S. 226. 784 Uffmann, Interim Management, S. 230. 785 Wank, AuR 2017, 140 (151). 777

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ist. Zum anderen überzeugt das Argument nicht, es gebe in diesen Fällen kein anderes Abgrenzungskriterium. Dies setzt in zirkulärer Weise voraus, dass eine Arbeitnehmereigenschaft trotz fehlender Weisungsgebundenheit begründet werden soll. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem sog. Crowdworking-Urteil des BAG vom 01. 12. 2020.786 So führt das BAG im Urteil zunächst zwar aus, die Fremdbestimmung zeige sich insbesondere in der Eingliederung des Arbeitnehmers in der Arbeitsorganisation. Zugleich stellt das BAG jedoch fest, die Begriffe der Fremdbestimmung und der Weisungsgebundenheit seien eng miteinander verbunden. Ein Arbeitsverhältnis könne in der Regel787 nicht vorliegen, wenn es an jedweder Weisungsgebundenheit fehle.788 Der Senat scheint daher von einer zumindest weitgehenden Gleichstellung der Kriterien auszugehen, wobei die Weisungsgebundenheit das engere, den Vertragstyp kennzeichnende Kriterium sei.789 Eine eigenständige, über die zur Feststellung der Weisungsgebundenheit hinausgehende, Bedeutung scheint auch das BAG der Eingliederung nicht beizumessen. Ohnehin wird man aufgrund des gesetzgeberischen Willens, lediglich eine „1:1-Kodifizierung“ der bis zur Kodifizierung ergangenen Rechtsprechung, keine Neuakzentuierung der persönlichen Abhängigkeit vornehmen können. Bedeutung kann den Facetten der Eingliederung jedoch auf andere Weise zukommen. Die zur Bestimmung der Eingliederung herangezogenen äußeren Umstände wie etwa die Aufnahme in Telefonlisten oder ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild können indiziell auf den Parteiwillen zur arbeitsvertraglichen Durchführung schließen lassen. Behandelt ein Auftraggeber sein Fremdpersonal wie die eigenen Mitarbeiter, kann dies einen arbeitsvertraglichen Qualifikationswillen indizieren. Auf die tatsächliche Durchführung kommt es bei einer autonomen Qualifikation zugunsten eines Arbeitsverhältnisses dann schon nicht an.790 Angesichts der weitreichenden Folgen sind jedoch hohe Anforderungen an die Annahme eines solchen, auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichteten Parteiwillen zu stellen. f) Fremdbestimmtheit Mit Blick auf den Normtext des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB stellt sich zudem die Frage, welche Bedeutung dem Merkmal der Fremdbestimmtheit beigemessen werden kann. Während Teile der Literatur die Eingliederung als selbständiges Kriterium ansehen und diese nunmehr zumindest als Teil der Fremdbestimmtheit 786

BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132. S. hierzu Kapitel 2 B. II.4. a) aa). 788 BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 31. 789 S. BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 31; s. jedoch auch Junker, JZ 2021, 519 (522), der der Entscheidung entnehmen möchte, dass auch die Eingliederung allein entscheidend sein könne. 790 S. hierzu bereits Kapitel 2 B. II.4. a) aa). 787

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i. S. d. § 611a Abs. 1 S. 1 BGB verstehen wollen,791 sehen andere die Fremdbestimmtheit als Synonym für die Weisungsgebundenheit an oder halten diese per se für redundant.792 Zwar spricht die grammatische Auslegung regelmäßig dafür, dass einzelnen Normbestandteilen auch jeweils eine eigenständige Bedeutung zukommt. Im Fall des § 611a BGB kommt dem Wortlaut der Kriterientrias jedoch keine entscheidende Bedeutung zu. Das Wortlautargument ist zwar im Rahmen der Auslegung zur Ermittlung des Normzweckes heranzuziehen, kann jedoch nicht allein maßgeblich sein. Unter Zugrundelegung der subjektiven Auslegungsmethode und der konkreten Normvorstellung des Gesetzgebers muss man eine „subkutane“ Berücksichtigung der Eingliederung im Sinne eines selbständigen Abgrenzungskriteriums unter dem Deckmantel der Fremdbestimmtheit ablehnen.793 Es hat sich gezeigt, dass die Eingliederung bzw. die insoweit maßgeblichen Aspekte lediglich indiziell zur Bestimmung der Weisungsgebundenheit herangezogen werden können.794 Diese Erkenntnisse darf man nicht unterlaufen, indem man die Eingliederung nunmehr in der Fremdbestimmtheit verortet und als eigenständiges Merkmal fruchtbar macht. Auch im Übrigen kann dem Merkmal der Fremdbestimmtheit keine eigenständige Bedeutung zukommen. Dabei ist der Begriff keinesfalls neu. Bereits vor der Kodifikation des § 611a BGB wurde der Terminus in der Rechtsprechung795 und Literatur796 gebraucht. Auch wenn das BAG in gefestigter Rechtsprechung im Rahmen seiner nunmehr kodifizierten Formel zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft auch die Fremdbestimmtheit zitierte, so kam diesem Merkmal dennoch keine eigenständige Bedeutung zu.797 Vielmehr wurde der Begriff teilweise synonym zur

791

Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 281 f.; Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 32, 35; Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (419); Wank, AuR 2017, 140 (151, 153); partiell deckungsgleich Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 41, wonach sich die Fremdbestimmtheit, ohne mit der Eingliederung identisch zu sein, in der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeige; ähnlich ders., NZA 2018, 817 (820) mit Fokus auf die Weisungsbindung; Mansel, in: Jauernig, § 611a Rn. 4, der Weisungsbindung und Eingliederung als Bestandteil der Fremdbestimmtheit ansieht. 792 Greiner, NZS 2019, 761 (764); Hromadka, NZA 2018, 1583 (1584 f.); Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 98, der die Fremdbestimmtheit für redundant erachtet. 793 Greiner, NZS 2019, 761 (764). 794 S. hierzu bereits die Ausführungen zur Eingliederung in Kapitel 2 C. III. 1. e). 795 So etwa BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26. 796 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 41, 51 f. der, wie die uneinheitliche Rechtsprechung, sowohl aus der Weisungsgebundenheit wie auch der Eingliederung Rückschlüsse auf die Fremdbestimmtheit zieht. 797 So auch schon BAG v. 23. 04. 1980 – 5 AZR 426/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34, aus den Gründen III.2. „Gegenstand des Arbeitsverhältnisses ist wie die üblichen, im Grunde pleonastischen, inhaltlich tautologischen Zusätze („unselbständig“, „fremdbestimmt“, „abhängig“) zeigen, die Leistung von „unselbständiger“ Arbeit oder „Arbeit für einen anderen in persönl. Abhängigkeit des Arbeitnehmers“ (Hervorhebung durch den Verfasser).

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Weisungsgebundenheit bzw. zur persönlichen Abhängigkeit verstanden.798 Derjenige, der weisungsgebunden tätig wird, ist damit zugleich fremdbestimmt.799 Soweit im Schrifttum dagegen ein Urteil des BAG800 bemüht wird,801 wonach sich die Fremdbestimmtheit auch aus anderen Gründen als der Weisungsabhängigkeit, konkret aufgrund der Abhängigkeit von Apparat und Team, ergeben könne, vermag dies an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern. Die entsprechende Rechtsprechung wurde später ausdrücklich aufgegeben.802 Daher kann in diesem Fall auch keinesfalls von einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gesprochen werden. Nur diese wollte der Gesetzgeber jedoch kodifizieren. Das Merkmal der Fremdbestimmtheit i. S. d. § 611a BGB kann daher als redundant bezeichnet werden.803 Hromadka weist zudem darauf hin, dass das BAG die Definition des Arbeitnehmers von Alfred Hueck804 übernommen hat.805 Hueck stellte dabei fest, dass eine persönliche Abhängigkeit vorliegen oder, was gleichbedeutend sei, dass in Bezug auf die Arbeitsleistung eine Gehorsamspflicht in nicht ganz unerheblichem Umfang bestehen müsse. Insoweit könne man auch von „fremdbestimmter im Gegensatz zu selbstbestimmter Arbeit sprechen“.806 Hromadka schließt hieraus zu Recht, dass die 798 S. etwa BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen B.II.1.: „[Die persönliche Abhängigkeit] besteht – kurz gefaßt – darin, daß ein Arbeitnehmer fremdbestimmte Arbeit zu leisten hat, während der Selbständige, der Dienstverträge abschließt, in größerem Maße selbstbestimmte Arbeit leistet“; G. Hueck, RdA 1969, 216. 799 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 28; v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344, Rn. 29 „[…] da sich die persönliche Abhängigkeit danach bestimmt, inwieweit die Ausführung der versprochenen Dienste weisungsgebunden und damit fremdbestimmt erfolgt.“ Hromadka, NZA 2018, 1583 (1584 f.); Preis, NZA 2018, 817 (820), der gleichwohl die Fremdbestimmtheit als Alternativkriterium ansieht. 800 BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26. 801 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 41; Richardi, NZA 2018, 974 (975); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 33. 802 BAG v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 704/93, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 74, aus den Gründen B.II.2.a. „Allerdings reiche das Angewiesensein auf die technischen Mittel und die Mitarbeiter der Anstalt für sich allein nicht aus. Die Anstalt könne einem selbständigen Autor oder Regisseur ihren Apparat für dessen Zwecke oder für ein gemeinsames Projekt zur Verfügung stellen, ohne daß dieser damit zum Arbeitnehmer werde.“; s. hierzu auch Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 106; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 51 f.; Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (282); vgl. hierzu die Entscheidung des BSG v. 30. 10. 2013 – B 12 KR 17/11 R, BeckRS 2014, 66942, wonach sich allein aus der Notwendigkeit der Nutzung technischer Systeme des Auftraggebers noch keine Eingliederung i. S. d. § 7 SGB IV ergebe. 803 S. jedoch bereits die Ausführungen zur Fremdbestimmtheit aufgrund vertraglicher Vereinbarungen in Kapitel 2 C. III. 1. d) cc). 804 Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 41 unter Bezugnahme auf Hoeniger, Arbeitsrecht, S. 1476. 805 Hromadka, NZA 2018, 1583 (1584 f.). 806 Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 41.

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Umschreibung anhand der Fremdbestimmtheit keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn einbringe und es sich lediglich um eine Begriffsvertauschung handele. Auch die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung hat daher dem Merkmal der Fremdbestimmtheit keine eigenständige Bedeutung beigemessen. Ebenso wie bei der Eingliederung folgt auch aus dem sog. Crowdworking-Urteil des BAG vom 01. 12. 2020 nichts anderes.807 Die Entscheidungsgründe deuten zwar zunächst darauf hin, dass das BAG der Fremdbestimmtheit jedenfalls teilweise eine eigenständige Bedeutung beimisst, wenn es in Bezug auf das Verhältnis von Fremdbestimmung und Weisungsgebundenheit feststellt, dass beide eng miteinander verbunden seien und sich teilweise überschneiden würden. Zudem erfasse das Kriterium der Fremdbestimmung gerade vom Normaltyp des Arbeitsvertrages abweichende Vertragsgestaltungen und zeige sich insbesondere in der Eingliederung des Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers. Dennoch stellt das BAG auch klar, dass die Weisungsbindung das engere, den Vertragstyp des Arbeitsvertrages im Kern kennzeichnende Kriterium sei. Fehle jedwede Weisungsgebundenheit so liege in der Regel808 auch kein Arbeitsverhältnis vor.809 Trotz der terminologischen Hervorhebung der Fremdbestimmung sieht also auch das BAG die Weisungsgebundenheit als entscheidendes Kriterium an. Dies zeigt sich daran, dass das BAG die Fremdbestimmtheit unter dem Gliederungspunkt der Weisungsgebundenheit erörtert,810 welche es umfassend erörtert.811 Bestätigt wird dies auch dadurch, dass das BAG gerade die konkrete Nutzung der App als Mittel der Fremdbestimmung hervorhebt. Die Nutzung der App zeichnete sich zum einen gerade dadurch aus, dass der Vertrag bei Auftragsannahme detaillierte Vorgaben enthielt.812 Zum anderen habe die Anreizfunktion des eingerichteten Bewertungssystems eine mittelbare Steuerung ermöglicht. Der Nutzer sollte hierdurch veranlasst werden, kontinuierlich Aufträge anzunehmen. Nur wenn aufgrund des erreichten „Levels“ möglichst viele Aufträge gleichzeitig erledigt werden konnten, war eine wirtschaftliche Vertragsdurchführung möglich. Die so geschaffene Organisationsstruktur habe den Leistungserbringer aufgrund tatsächliche Zwänge zu dem gewünschten Verhalten veranlasst, ohne dass konkrete Weisungen ausgesprochen werden mussten.813 Erstmalig lässt das BAG – entgegen seiner bisherigen Recht-

807

BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132. S. hierzu Kapitel 2 B. II.4. a) aa). 809 BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 31. 810 S. hierzu BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 32, 36. 811 Zum Fokus der Weisungsgebundenheit Deinert, Anm. zu BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 31. 812 BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 43. 813 BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 33, 36. 808

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sprechung – rein tatsächliche Zwänge – zumal wirtschaftlicher Natur – ausreichen, um die Fremdbestimmtheit und somit die persönliche Abhängigkeit zu begründen.814 Überzeugend ist die Entscheidung des BAG insoweit indes nicht. Wie bereits dargestellt, ist in der Weisungsgebundenheit das zentrale Merkmal zur Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit zu sehen. Tatsächliche Zwänge – insbesondere solche rein wirtschaftlicher Art – sind nicht geeignet, die Weisungsgebundenheit zu substituieren oder diese auch nur zu begründen. Kann die Fremdpersonalkraft autonom und sanktionslos darüber entscheiden, ob sie einen Folgeauftrag annimmt, so befindet sie sich in keiner vergleichbaren Drucksituation. Aus diesem Grund kann aus rein tatsächlichen Zwängen keine vertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur dauerhaften Leistungserbringung folgen. Ein Anreizsystem, das sanktionslos die Ablehnungsmöglichkeit von Folgeaufträgen vorsieht, kann allenfalls zu einer wirtschaftliche, nicht aber zu einer persönlichen Abhängigkeit führen.815 Ohnehin widerstrebt die Aufnahme neuer Kriterien – auch unter dem Deckmantel der bekannten Weisungsgebundenheit – dem vorgehend ausführlich dargestellten eindeutigen gesetzgeberischen Willen. Zu Recht hat die bisherige ständige Rechtsprechung eine Gleichstellung von wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit abgelehnt.816 Aufgrund der Eigenständigkeit des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs,817 muss die Fremdbestimmtheit auch nicht im Sinne eines Unterordnungsverhältnis, wie es der EuGH für den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff regelmäßig verlangt,818 verstanden werden.819 g) Relevanz der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt nach § 611a Abs. 1 S. 4 BGB auch von der Eigenart der Tätigkeit ab. § 611a Abs. 1 S. 4 BGB verknüpft die Besonderheiten der Tätigkeit mit dem graduellen Merkmal der persönlichen Abhängigkeit.820 Dies entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung,821 die 814 S. hierzu BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 48.; s. hierzu Thüsing/Hütter-Brungs, NZA-RR 2021, 231 (233), die von einem „Fremdkörper in der Reihe der bisherigen Judikate“ sprechen. 815 So Thüsing/Hütter-Brungs, NZA-RR 2021, 231 (235). 816 BAG v. 20. 01. 2010 – 5 AZR 99/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 119, Rn. 22; v. 13. 11. 1991 – 7 AZR 31/91, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 60, aus den Gründen II.2. 817 S. EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), s. hierzu Rinck, RdA 2019, 127; Wank, EuZA 2018, 327 ff.; ders., EuZW 2018, 21 ff. 818 S. hierzu Kapitel 2 C. III. 1. f). 819 S. jedoch Preis, NZA 2018, 817 (824); Rinck, RdA 2019, 127 (128); s. auch Greiner, NZS 2019, 761 (764), der ein solches Verständnis als tragfähigen Ansatz für künftige Neujustierungen des Arbeitnehmerbegriffs ansieht. Der Vorschlag einer Berücksichtigung de lege ferenda wirkt sich indes freilich nicht auf die Rechtslage de lege lata aus. 820 Wank, AuR 2017, 140 (149).

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nunmehr vom Gesetzgeber kodifiziert wurde.822 Eine nähere Erläuterung hierzu findet sich in den Gesetzgebungsmaterialien nicht.823 Lediglich kursorisch wird der Hinweis erteilt, dass „auch solche Besonderheiten oder Eigenarten einer Tätigkeit zu berücksichtigen [seien], die sich etwa in Branchen und Bereichen ergeben, die Spezifika aufgrund grundrechtlich geschützter Werte aufweisen (wie z. B. aufgrund der Rundfunk-, Presse- oder Kunstfreiheit)“.824 Insbesondere aufgrund der vagen Formulierungen fällt es schwer, die Relevanz dieses Passus für die Vertragstypenqualifikation zu erkennen.825 aa) Einfallstor zur Bildung berufsspezifischer Merkmale Wie bereits die Ausführungen zur typologischen Methode gezeigt haben, knüpft die typologische Betrachtung lediglich an die Indizien zur Bestimmung der Weisungsgebundenheit an. Daher darf der in § 611a Abs. 1 S. 4 BGB enthaltenen Verweis auf die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit nicht als Einfallstor zur Bildung neuer Tatbestandsmerkmale verstanden werden. Dieses Verständnis wird auch von denjenigen geteilt, die grundsätzlich von einer Abkehr von der typologischen Methode aufgrund der Kodifizierung ausgehen.826 Zutreffend wird insoweit angemahnt, dass unter dem Deckmantel der Eigenart der Tätigkeit keine besonderen, über § 611a Abs. 1 S. 1 – 3 BGB hinausgehenden Kriterien für besondere Berufsgruppen fruchtbar gemacht werden dürfen.827 Soweit es lediglich darum gehe, die üblichen Merkmale auf bestimmte Berufsgruppen anzuwenden,828 sei der Rekurs auf Berufsgruppen hingegen unproblematisch. Anders stelle sich die Lage jedoch dann dar, wenn für besondere Berufsgruppen eigenständige Merkmale entwickelt würden.829

821 BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 16; v. 25.09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 16; v. 20. 01. 2010 – 5 AZR 99/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 119, Rn. 13. 822 Kritisch DGB, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 10, 22, der insb. auf die Ungenauigkeit der Einschränkung hinweist; kritisch auch das WSI, Ausschussdrucksache 18(11) 761neu, S. 67. 823 Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 373. 824 BT-Drs. 18/9232, S. 32. 825 Hierauf wies bereits Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 336 ff. hin. 826 S. hierzu Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 120; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 71; Schneider, in: MünchArbR, 4. Auflage, § 18 Rn. 39; Wank, AuR 2017, 140 (148 f.); s. auch Kapitel 2 C. III. 1. c) bb) (1); (2). 827 Soweit es sich um berufsunspezifische Merkmale handelt wird die Frage nach der Bildung neuer Merkmale dogmatisch innerhalb der Ausführungen zu § 611a Abs. 1 S. 5 BGB verortet. 828 Insoweit ist Wank, AuR 2017, 140 (148 f.) zuzustimmen, wenn er etwa auf die Lehrer verweist, die Kraft der Natur der Tätigkeit örtlich und zeitlich gebunden seien, sodass die insoweit bestehende faktische Bindung lediglich neutral zu sehen sei. 829 Wank, AuR 2017, 140 (148 f.).

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Insoweit verweist Wank auf die Rechtsprechung des BAG830 im Bereich des Rundfunks, in welcher jedenfalls begrifflich zusätzlich auf das Kriterium der Programmgestaltung rekurriert wird.831 Die Bedenken sind in der Sache jedoch unbegründet.832 Das BAG zieht nämlich gerade keine neuen, eigenständigen Abgrenzungsmerkmale heran. Vielmehr werden zunächst die allgemeinen Abgrenzungsgrundsätze dargelegt, um später festzustellen, dass diese Grundsätze gleichfalls im Bereich des Rundfunks maßgebend seien.833 Soweit in den Entscheidungen umfassend erörtert wird, ob es sich hierbei um eine programmgestaltende Tätigkeit handelt, berücksichtigt das lediglich die Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GG. Gerade den programmgestaltenden Mitarbeitern kommt der verfassungsrechtliche Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu, der von den Gerichten interpretationsbegleitend berücksichtigt werden muss.834 Die Programmgestaltung durch das jeweilige Personal zeigt sich dabei auch deutlich in einer umfassenden Souveränität, die sich auf die allgemeinen Kriterien der Weisungsbindung auswirkt.835 Insofern soll es beispielsweise einen Unterschied machen, ob ein Mitarbeiter als Nachrichtentechniker in einem Tonarchiv zu festgelegten Zeiten ihm vorgeschriebene archivarische Leistungen zu erbringen hat oder ob er sich zu bestimmten Zeiten in einem Studio einzufinden und dort humoristische Beiträge individuell extemporierend, also improvisierend zu gestalten hat, die für das Programm prägend sind.836 Denn gerade in der programmgestaltenden Tätigkeit zeigt sich die Freiheit hinsichtlich der Leistungserbringung. So kann die programmgestaltende Tätigkeit nicht nur Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltungsfreiheit, sondern auch auf die zeitliche Verfügungsbefugnis des Dienstnehmers haben.837 Das Kriterium der programmgestaltenden Tätigkeit wirkt sich also lediglich indiziell im Rahmen der Weisungsbindung aus. Maßstab für die Beurteilung der Weisungsgebundenheit nach § 611a Abs. 1 S. 3 BGB ist stets der Grad der Weisungsgebundenheit. Demgegenüber können programmgestaltende Mitarbeiter entgegen der ausdrücklichen Vereinbarung Arbeitnehmer sein, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbstständigkeit

830

BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125; v. 19. 01. 2000 – 5 AZR 644/98, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 33. 831 Wank, AuR 2017, 140 (148 f.); hierauf bezugnehmend Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 39. 832 So wohl auch Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 120. 833 BAG v. 19. 01. 2000 – 5 AZR 644/98, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 33, aus den Gründen B.III.1.b.; v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 16. 834 S. hierzu etwa BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 16, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG. 835 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 120. 836 BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 18. 837 S. hierzu BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 18 – 20.

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verbleibt und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann.838 Dies lässt sich auf andere Branchen und Bereiche übertragen, die aufgrund verfassungsrechtlich geschützter Werte wie etwa der Rundfunk-, Presse- oder Kunstfreiheit Spezifika aufweisen.839 Es ist mithin nicht zu befürchten, dass § 611a Abs. 1 S. 4 BGB als „Einfallstor“ für zusätzliche berufsspezifische Kriterien dient. Die Eigenart der Tätigkeit kann man zudem über die explizit genannten und verfassungsrechtlich besonders geschützten Bereiche hinaus berücksichtigen. Dies gebietet bereits die umfassende Spannweite des § 611a BGB, welcher die diversifizierte Arbeitswelt, die vom fachlich weitgehend weisungsfreien Chefarzt bis zum Fließbandarbeiter reicht, alles erfassen muss.840 Die Gesetzgebungsmaterialien, in welchen die verfassungsrechtlich besonders geschützten Bereiche nur exemplarisch genannt werden, stehen diesem Verständnis nicht entgegen.841 bb) Relevanz für die graduelle Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit Mit der Feststellung, dass § 611a Abs. 1 S. 4 BGB keinesfalls als Einfallstor für weitere berufsspezifische Merkmale dienen kann, ist indes noch keine Aussage über die Relevanz der berufsspezifischen Besonderheiten für die graduelle Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit getroffen. So lässt sich der Verweis auf die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit nicht nur als bloße soziologische Bestandsaufnahme dergestalt verstehen, dass bestimmte Berufsgruppen typischerweise einen höheren oder niedrigeren Grad an persönlicher Abhängigkeit aufweisen würden als andere, sondern auch als Verweis auf die Gesamtbetrachtung. Darüber hinaus ließe sich auf einen variablen erforderlichen Grad der persönlichen Abhängigkeit oder eine unterschiedlich starke Gewichtung der Merkmale bzw. der Indizien schließen.842 Insoweit wird auch kritisiert, dass das BAG die Mechanismen seiner Gesamtbetrachtung an keiner Stelle ausdrücklich offengelegt hat. Keine Deutungsvariante könne daher ausgeschlossen werden.843 Auch insoweit ist ein Blick in die Gesetzgebungsmaterialien erhellend. Dort heißt es, die Besonderheiten oder Eigenarten einer Tätigkeit können im Rahmen einer 838

BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 18. Vgl. BT-Drs. 18/9232, S. 32. Dort bezieht sich die Feststellung allgemein auf die nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB vorzunehmende Gesamtbetrachtung, die jedoch die Eigenart der Tätigkeit nach S. 4 mit zu umfassen hat; so auch Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 46. 840 Preis, NZA 2018, 817 (820 f.), ders., in: ErfK, § 611a BGB Rn. 13; Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 373 f. 841 BT-Drs. 18/9232, S. 32, „Hierbei sind auch solche Besonderheiten oder Eigenarten einer Tätigkeit zu berücksichtigen, die sich etwa in Branchen und Bereichen ergeben, die Spezifika auf Grund grundrechtlich geschützter Werte aufweisen.“ (Hervorhebung durch den Verfasser). 842 S. zu den jeweiligen Deutungsvarianten Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 336 – 343, der sich hinsichtlich der letzteren Variante indes ausschließlich auf die Merkmale bezieht. 843 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 340. 839

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wertenden Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden.844 Gerade der Verweis auf die wertende Gesamtbetrachtung, mit der eine gewisse „Elastizität“845 einhergeht, deutet darauf hin, dass mit § 611a Abs. 1 S. 4 BGB im Ergebnis eine graduelle Stellschraube für die Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit846 respektive der Weisungsgebundenheit vorhanden ist. Dabei kann auch dahinstehen, ob man dem wertenden Aspekt entsprechend je nach Besonderheit der Tätigkeit die Anforderungen an den zur Feststellung der persönlichen Abhängigkeit erforderlichen Grad variiert oder ob man auf der Ebene der Merkmale bzw. Indizien die Gewichtung verändert. Ähnlich sieht dies Wank,847 der darauf verweist, dass eine unterschiedliche Gewichtung der Merkmale im Rahmen der Feststellung eines abstrakt-generellen Begriffes wie dem der persönlichen Abhängigkeit nichts Besonderes sei. Die persönliche Abhängigkeit müsse nur „im Wesentlichen“ vorliegen, sodass es angesichts des weiten Spektrums, welches § 611a BGB abdecken müsse, nicht überrasche, dass die Gewichtung der Merkmale je nach Beruf und damit verbundener Tätigkeit unterschiedlich ausfalle.848 § 611a Abs. 1 S. 4 BGB sei daher überflüssig, eine eigenständige Bedeutung komme der Norm nicht zu.849 Zwar ist Wank insoweit zuzustimmen, als die unterschiedliche Gewichtung abstrakt-genereller Begriffe nichts Besonderes ist. Dennoch ist die Aufnahme des Satz 4 gerade vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber angestrebten verbesserten Transparenz und Rechtssicherheit durchaus zweckmäßig. h) Gesamtbetrachtung nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB Die Feststellung, ob es sich bei dem zu beurteilenden Rechtsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis handelt, hat nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB anhand einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zu erfolgen.850

844

BT-Drs. 18/9232, S. 32; hierauf bezugnehmend etwa auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 342; s. zudem die Kritik des DGB, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 10, 22 sowie des WSI, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 47, die sich auf die Ungenauigkeit des § 611a Abs. 1 S. 4 BGB bezieht. 845 S. zum Begriff der wertenden Gesamtbetrachtung Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 95 – 107. 846 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 337 ff.; Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 373 f. 847 Wank, AuR 2017, 140 (148 f.). 848 Wank, AuR 2017, 140 (149). 849 Wank, AuR 2017, 140 (149); zustimmend Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 39. 850 Wank, AuR 2017, 140 (149) weist in diesem Kontext auf den sprachlichen Schönheitsfehler der Norm hin, da natürlich nicht alle Umstände des Einzelfalls gemeint sein können, sondern nur die rechtlich erheblichen; so auch Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 375.

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Schon vor der Kodifikation des § 611a BGB hat das BAG zumindest begrifflich über die Kriterien des § 611a BGB hinaus auf eine Fülle weiterer Aspekte, wie das Unternehmerrisiko,851 die Leistungserbringung in Person852 oder die Fremdnützigkeit853 der Tätigkeit zurückgegriffen.854 Auch im Schrifttum wurden eigene Modelle zur Abgrenzung der arbeitsvertraglichen Einordnung entwickelt.855 Zudem sah der erste Referentenentwurf zu § 611a BGB in dessen Abs. 2 einen nicht abschließenden Indizienkatalog vor.856 Bei der Frage, welche Umstände in die Gesamtbetrachtung nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB einzubeziehen sind, muss man im Ausgangspunkt zwischen den teilweise geforderten zusätzlichen Tatbestandsmerkmalen und der Berücksichtigungsfähigkeit von Indizien auf der Ebene der Subsumtion differenzieren.857 aa) Zusätzliche eigenständige Tatbestandsmerkmale Wie bereits die Ausführungen im Rahmen der persönlichen Abhängigkeit zur typologischen Methode sowie zur Relevanz der Eigenart der Tätigkeit gezeigt haben, kann man auch die Gesamtbetrachtung nicht als Einfallstor für eine tatbestandlich typologische Betrachtung erachten. Die Vorschrift ließe sich dabei etwa in dem Sinne verstehen, dass über § 611a Abs. 1 S. 1 BGB hinaus noch weitere, unbenannte Merkmale im Rahmen der Feststellung eines Arbeitsvertrages berücksichtigt werden könnten. Möglich wäre jedoch auch ein Verständnis, nach welchem bei der Subsumtion unter die Merkmale des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB und der Beurteilung des Grades der persönlichen Abhängigkeit lediglich alle insoweit rechtlich erheblichen Tatsachen Berücksichtigung finden können.858 Dahinter steht wiederum die Frage nach dem Bezugspunkt der typologischen Betrachtung.859

851

BAG v. 13. 08. 1980 – 4 AZR 592/78, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 37. BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128; v. 19. 11. 1997 – 5 AZR 653/96, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 90. 853 BAG v. 07. 05. 1980 – 5 AZR 593/78, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 36; v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26. 854 S. zu den weiteren Kriterien, die in Rechtsprechung und Literatur herangezogen wurden, Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 292 – 330; prägnant Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 43 f., jeweils m. w. N. 855 S. zu diesen Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 44 m. w. N. 856 S. zur Genese des § 611a BGB, Kapitel 2 C. III. 1. a). 857 Vgl. hierzu Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 42 – 45, der von primären und sekundären Kriterien spricht; zur Differenzierung von Merkmalen, Untermerkmalen und Indizien s. Wank, AuR 2017, 140 (149, 152). 858 S. hierzu Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 124; Wank, AuR 2017, 140 (149); Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 375. 859 S. Kapitel 2 C. III. 1. c) bb) (2). 852

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Vor der Kodifikation des § 611a BGB wurden in der Literatur einige alternative Ansätze zur Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs entwickelt. Den von Beuthien/ Wehler,860 Lieb,861 Richardi,862 Wank863 und Wiedemann864 vertretenen Ansätzen liegt maßgeblich der Rekurs auf wirtschaftliche Elemente zugrunde. Dogmatisch kann der Streitstand an der nach § 611a Abs. 1 S. 5 BGB erforderlichen Gesamtbetrachtung festgemacht werden.865 Wank866 ist der Auffassung, die Definition des § 611a BGB versage gerade in den Grenzfällen. Daher seien die Abgrenzungskriterien unter Rückgriff auf eine vermeintlich teleologische Auslegung, um das Merkmal der unternehmerischen Entscheidung auf eigene Rechnung zu ergänzen. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.867 Unabhängig davon, ob man die teleologische Auslegung überhaupt als eigenständiges Auslegungsmittel ansehen kann,868 lässt sich der Ansatz Wanks schon nicht mit der konkreten gesetzgeberischen Normvorstellung des entstehungszeitlichen Gesetzgebers in Einklang bringen. Wie sich bereits gezeigt hat, sollte mit dem Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze zwar primär der Missbrauch werkvertraglicher Vertragsgestaltungen bekämpft werden. Für sich genommen würde dies daher nicht der von Wank erwogenen teleologischen Auslegung widersprechen, da dieser Zweck auch bei Ergänzung der Abgrenzungsmerkmale noch verwirklicht werden könnte. Die Gesetzesbegründung enthält jedoch substantiierte Hinweise auf die konkrete Normvorstellung und damit den Norminhalt. Eine Änderung der Rechtslage wurde mit der Kodifikation des § 611a BGB nicht bezweckt.869 Gerade das Merkmal der unternehmerischen Entscheidung auf eigene Rechnung fand jedoch, trotz jahrzehntelanger Forderungen,870

860

Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2 (5). Lieb, RdA 1977, 210 (215). 862 Richardi, NZA 2017, 36 (37 ff.). 863 Wank, AuR 2017, 140 (144 ff.); ders., Arbeitnehmer und Selbständige, passim. 864 Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 14 ff. 865 Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 124; Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 45; Wank, AuR 2017, 140 (149) und Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 375 ff. verorten die Problematik unter dem Aspekt der Gesamtbetrachtung. 866 Wank, AuR 2017, 140 (152). 867 So auch Preis, NZA 2018, 817 (818 f.); in diesem Sinne auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 299; Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 611a BGB Rn. 26; noch zum Referentenentwurf Temming, SR 2016, 158 (163). 868 S. hierzu umfassend Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 358 ff.; ferner Höpfner, in: JbJZivilrWiss 2009, 73 (83) m. w. N.; Fischer, Topoi verdeckter Rechtsfortbildungen, S. 558 f.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 725 ff. 869 BT-Drs. 18/9232, S. 4. 870 So schon Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, passim; ders., in: Blanke/Schüren/ Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 43 ff.; ders., AuR 2017, 140 (144 ff.) m. w. N.; aber auch DGB, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 22. 861

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keinen Eingang871 in die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung.872 Mithin ist es auch nach der Kodifikation des § 611a BGB nicht heranzuziehen. Simultan verhält es sich bei den von Wiedemann, Lieb, Beuthien/Wehler und Richardi entwickelten Modellen. Ähnlich wie Wiedemann873 zur Abgrenzung auf die Möglichkeit zur Teilnahme am Marktgeschehen und den Verlust freier wirtschaftlicher Dispositionsmöglichkeiten abstellt, bezieht sich Lieb874 auf die Möglichkeit zur unternehmerischen Disposition über die eigene Arbeitskraft. Beuthien875 stellt im Ergebnis ebenfalls auf wirtschaftliche Belange ab, wenn er zusätzlich die soziale Schutzbedürftigkeit infolge eines Verlustes der eigenen unternehmerischen Chancen und die daraus resultierende Unfähigkeit zur eigenen Daseinsvorsorge als zusätzliches Kriterium in den Blick nimmt.876 Vergleichbar möchte Richardi877 schließlich auf wirtschaftliche Belange abstellen, wenn er, neben der Abgrenzung anhand des konkreten Leistungsversprechens, die Regelung des Entgeltrisikos als wesentliches Kriterium ansieht. All diese, an wirtschaftliche Umstände anknüpfende Kriterien wurden vom Gesetzgeber jedoch nicht in § 611a BGB aufgenommen. Da die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls nicht die wirtschaftlichen Aspekte als zusätzliches eigenständiges Kriterium erachtet hat, müssen entsprechende Ansätze, die maßgeblich an die wirtschaftlichen Merkmale anknüpfen, unter der Geltung des § 611a BGB abgelehnt werden.878 Gleichwohl ist damit noch keine finale Aussage darüber getroffen, ob die wirtschaftlichen Aspekte nicht zumindest indiziell im Rahmen der zur Bestimmung des Grades der persönlichen Abhängigkeit notwendigen Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen sind.879 bb) Perpetuierung der Abgrenzungskriterien Mit der Frage, ob über die Kriterientrias des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB hinaus noch weitere Merkmale herangezogen werden können, geht zugleich die Problematik einher, ob dies unter der hier zugrunde gelegten Prämisse, wonach keine weiteren eigenständigen Kriterien herangezogen werden können, nicht zu einer Perpetuierung 871 S. zur Berücksichtigung des Merkmals in der Literatur sowie der unterinstanzlichen arbeits- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 295 m. w. N. 872 Hierauf wies bereits Preis, NZA 2018, 817 (818 f.) hin; s. auch Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 383. 873 Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 14 ff. 874 Lieb, RdA 1977, 210 (215). 875 Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2 (5); kritisch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 306 f. 876 Die soziale Schutzbedürftigkeit wird vielmehr im Rahmen der Arbeitnehmerähnlichkeit virulent, vgl. Kapitel 3 D. I. 2. 877 Richardi, NZA 2017, 36 (38 f.). 878 Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 379. 879 Dazu unten in Kapitel 2 C. III. 1. h) cc).

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der Abgrenzungskriterien führt. So wird teilweise vertreten, mit der Überführung der Rechtsprechung in den Gesetzestext ginge eine Perpetuierung der Abgrenzungskriterien einher.880 Insoweit drohe bei der Abgrenzung der Verlust jeglicher Reaktionsmöglichkeit auf die sich verändernde Arbeitswelt. Teilweise wird dabei zugleich aufgrund der sich verändernden Arbeitswelt eine abnehmende Bedeutung des Merkmals der Weisungsgebundenheit prognostiziert.881 Die gesetzliche Anknüpfung an die Weisungsgebundenheit nehme daher der Rechtsprechung die Möglichkeit, flexibel auf die neuen Erscheinungsformen der Arbeit reagieren zu können.882 Der kodifizierten Rechtsprechung lägen gerade konkrete, von der Zukunft unabhängige Sachverhalte zugrunde. Diese vergangenheitsbezogene Betrachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung schließe eine Reaktion auf den Wandel der Arbeitswelt aus.883 Nunmehr richte sich die Abgrenzung anhand der kodifizierten definitorischen Merkmale.884 Den Einwänden liegt die unausgesprochene Prämisse zugrunde, dass die typologische Methode vor der Kodifikation des § 611a BGB auf Tatbestandsebene zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft fruchtbar gemacht wurde. Diese Prämisse wurde indes bereits widerlegt.885 Richtigerweise ist zwischen definitorischen Merkmalen, konkretisierenden Untermerkmalen und den Indizien zur Bestimmung der Merkmale zu unterscheiden.886 Indizien sind derweil bereits aufgrund ihrer Rechtsnatur anpassungsfähig,887 sodass eine Perpetuierung im Ergebnis nicht droht. Möchte man, über die in § 611a Abs. 1 BGB angelegten Merkmale hinaus, auf tatbestandlicher Ebene neue Merkmale heranziehen, so muss dies im Sinne der Methodenehrlichkeit in Form der Rechtsfortbildung oder einer rechtspolitisch anzugehenden Gesetzesänderung erfolgen. cc) Indizielle Berücksichtigung im Rahmen der Gesamtbetrachtung Wie zuvor aufgezeigt, können zur Beurteilung der Tatbestandsmerkmale auch Indizien herangezogen werden. Dabei liegt es gerade nahe, dass die Indizien durch das typologische Idealbild geprägt sind, wie es in der Realität vorgefunden wird. Die Anknüpfung an die Wirklichkeit sorgt mithin dafür, dass die Feststellung der 880

So Deinert, RdA 2017, 65 (72); Uffmann, NZA-Beilage 2016, 5 (12); vgl. auch Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 379. 881 Deinert, RdA 2017, 65 (72). 882 So ausdrücklich Deinert, RdA 2017, 65 (72); in diesem Sinne auch Uffmann, NZABeilage 2016, 5 (12); s. hierzu Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (55). 883 So wohl Deinert, RdA 2017, 65 (72). 884 Uffmann, NZA-Beilage 2016, 5 (12); in diese Richtung auch Deinert, RdA 2017, 65 (72). 885 S. bereits Kapitel 2 C. III. 1. c) bb). 886 In diesem Sinne indes auch Wank, AuR 2017, 140 (149). 887 S. hierzu sogleich Kapitel 2 C. III. 1. h) cc).

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Merkmale anhand aktualisierter Indizien erfolgen kann. Mit der Veränderung der Arbeitswirklichkeit verändert sich auch das typologische Idealbild und somit die Indizien. Damit geht die Möglichkeit einher, auf neue Entwicklungen flexibel reagieren zu können.888 Die typologische Betrachtung zeichnet sich daher durch eine Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und Zeitlosigkeit aus.889 Ähnlich sieht dies Wagner, der aufgrund des Bekenntnisses zur typologischen Betrachtung eine „normative Offenheit“ annimmt, mit der eine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gerade hinsichtlich der sich wandelnden sozialen Strukturen und der sich verändernden Arbeitswelt einhergeht.890 Die Berücksichtigung solcher Umstände kann jedoch nur auf indizieller Grundlage erfolgen.891 Nicht nur bei den wirtschaftlichen, sondern auch bei sonstigen Umständen stellt sich die Frage, ob und wie diese im Rahmen der Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden können. Bereits vor der Kodifikation des § 611a BGB wurde auf eine Reihe von Indizien abgestellt, die teilweise Eingang in den nicht abschließenden Indizienkatalog des Absatzes 2 des ersten Referentenentwurfs gefunden haben.892 Nach Hromadka hat der Gesetzgeber mit der Gesamtbetrachtung aller Umstände auch auf die Indizien verwiesen, die durch Literatur und Rechtsprechung herangezogen wurden und die der Gesetzgeber in den ursprünglichen Entwurf des Gesetzes aufgenommen hat.893 Daraus lässt sich aber nicht ohne Weiteres folgern, dass die Indizien in jedem Fall zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft nach § 611a BGB heranzuziehen seien. Vielmehr stieß der Gesetzesentwurf im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf dezidierte Kritik.894 Die nachfolgende Abkehr vom Indizienkatalog wurde jedoch nicht begründet. Angesichts der Genese des § 611a BGB kann aus diesem Grund keine generelle Aussage darüber getroffen werden, ob der Gesetzgeber die Kritik angenommen hat oder ob es sich nur um einen handwerklichen Wandel von der Normierung der vermeintlichen Entscheidungsgründe, hin zur Normierung der entsprechenden Leitsätze handelt.895 Daher sind die einzelnen Indizien darauf zu untersuchen, ob sie dazu taugen, das Vorliegen des Tatbestands selbst zu begründen. Die Betrachtung verlagert sich somit von der Tatbestands- auf die Subsumtionsebene. Die Indizien können nur dann berücksichtigt werden, wenn der Nachweis tatbestandsfremder Behauptungen den Schluss auf das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals selbst rechtfertigt. Das Gericht hat daher stets zu prüfen, ob die vorgetragenen Indizien, bei unterstellter Richtigkeit, von der Wahrheit der zu beweisenden 888 In diesem Sinne Wank, AuR 2017, 140 (153), der den ausdrücklichen Verweis auf die Rechtsprechung des BAG als Legitimation für die Rechtsprechung ansieht, den Arbeitnehmerbegriff widerspruchsfrei und praxisnah weiterzuentwickeln. 889 So ausdrücklich Mette, NZS 2015, 721 (723) m. Verw. a. Schlegel, NZS 2000, 421 (423). 890 Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 381. 891 Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 384. 892 S. hierzu bereits die Ausführungen im Rahmen der Genese in Kapitel 2 C. III. 1. a). 893 Hromadka, NZA 2018, 1583 (1586). 894 S. zur Genese des § 611a BGB Kapitel 2 C. III. 1. a). 895 S. hierzu bereits Kapitel 2 C. III. 1. a).

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Haupttatsache überzeugen können. Dies ist dann der Fall, wenn die Indizientatsachen nicht ernstlich andere Schlüsse zulassen. (1) Die Aspekte der Weisungsgebundenheit sowie Leistung überwiegend in Räumen eines anderen Der erste Referentenentwurf enthielt in § 611a Abs. 2 S. 2 lit. a und b BGBEntwurf im nicht abschließenden Indizienkatalog Indizien, die teilweise nunmehr ausdrücklich normiert wurden. Dort waren nämlich in lit. a ausdrücklich, in Anlehnung an § 84 Abs. 1 S. 2 HGB, die Aspekte der Weisungsgebundenheit als Indizien genannt.896 Dies umfasste in lit. a die Freiheit, die Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen. Hierin spiegeln sich lediglich die Umstände zur Bestimmung der Weisungsgebundenheit wider, sodass insoweit auf die Ausführungen hierzu verwiesen werden kann. In lit. b sollte mit dem Indiz, dass die geschuldete Tätigkeit überwiegend in den Räumen eines anderen erbracht wurde, den Entwurfsverfassern zufolge die örtliche Weisungsgebundenheit in den Blick genommen werden. Zudem sollte das Indiz lit. b auch eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation indizieren.897 Die Entwurfsverfasser gingen dabei von der Eingliederung als zweitem, separaten Merkmal neben der Weisungsgebundenheit aus. Einem solchen Verständnis wurde jedoch bereits im Rahmen der obigen Ausführungen eine Absage erteilt. Vielmehr stellt die Eingliederung nichts anderes dar als die sichtbare Weisungsgebundenheit auf Vollzugsebene. Daher kann allein aufgrund der überwiegenden tatsächlichen Leistungserbringung in den Räumen eines anderen, wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, noch nicht auf die Weisungsgebundenheit geschlossen werden. (2) Regelmäßige Nutzung von Mitteln eines anderen zur Erbringung der geschuldeten Leistung Ebenso soll nach dem Referentenentwurf die Nutzung von Mitteln eines anderen zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung die Eingliederung indizieren.898 Demgegenüber soll es für einen Werkvertrag sprechen, wenn das Werk mit eigenem Werkzeug und eigenen Materialien hergestellt wird. Den Entwurfsverfassern zufolge soll der Begriff der (Arbeits-)Mittel die Werkzeuge, Materialien und 896 S. hierzu den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 30; s. zum Indizienkatalog des ersten Referentenentwurfs auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 204 ff. 897 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 30; s. hierzu auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 212 ff.; Henssler, RdA 2016, 18 (19 f.). 898 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 31; s. hierzu auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 215 ff.

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Maschinen umfassen, die in einem Arbeitsverhältnis regelmäßig von derjenigen Person gestellt werden, für welche die Leistung erbracht wird. Dabei bezogen sich die Entwurfsverfasser nicht nur hinsichtlich des Indizes selbst, sondern auch hinsichtlich der Definition der Mittel maßgeblich auf die Empfehlung Nr. 198 der internationalen Arbeitsorganisation (IAO bzw. ILO) in welcher unter den Erwägungen Nr. 13 lit. a die Nutzung fremder Arbeitsmittel als Indiz vorgeschlagen wird. Richtigerweise können jedoch aus der bloßen Nutzung der fremden Arbeitsmittel keine Rückschlüsse auf die Arbeitnehmereigenschaft gezogen werden. Bereits der Verweis auf die Empfehlung der ILO fördert keinen Erkenntnisgewinn zu Tage, da die Empfehlung ohnehin unverbindlich ist.899 Dies ergibt sich nicht nur aus der Rechtsnatur der Empfehlung, sondern auch aus der dortigen Formulierung, wonach die Mitglieder die Möglichkeit in Betracht ziehen sollten, spezifische Indikatoren für ein Arbeitsverhältnis festzulegen. Einen Indikator könnte der ILO zufolge die Nutzung fremder Arbeitsmittel darstellen.900 Zudem lässt sich die Empfehlung, die sich an eine Vielzahl von Mitgliedern und damit Jurisdiktionen richtet, nicht ohne Weiteres auf das deutsche Arbeitsrecht übertragen.901 Darüber hinaus kann man schon die vorgeschlagene Definition der Arbeitsmittel nicht unbenommen heranziehen. Wie sich aus § 645 BGB ergibt, ist die Zurverfügungstellung von Materialien durch den Werkbesteller auch im Werkvertragsrecht unschädlich.902 Insofern kann man die Nutzung fremder Materialien nicht als einen den Arbeitsvertrag prägenden Umstand einordnen. Auch die bloße Nutzung fremder Werkzeuge und Maschinen lässt nicht per se auf eine Eingliederung im Sinne einer vollzogenen Weisung schließen.903 Deutlich wird dies etwa in den Fällen, in denen der Leistungserbringer die jeweiligen Mittel vom Unternehmen mietet.904 In diesen Fällen kann, von missbräuchlichen Vertragsgestaltungen abgesehen, die der Verschleierung des tatsächlich durchgeführten Arbeitsvertrages dienen,905 nämlich nicht auf eine Weisungsbindung zur Nutzung der Mittel geschlossen werden. Stets ist zu prüfen, ob sich die Nutzung der Mittel auf eine Vorgabe des Auftraggebers zurückführen lässt. Muss die Tätigkeit bereits aufgrund 899

Rieble, in: MünchArbR, § 217 Rn. 29. ILO Empfehlung 198, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/–ed_norm/–normes/ documents/normativeinstrument/wcms_r198_de.htm; zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 901 Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 216. 902 Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 215. 903 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 305; vgl. auch zum dreigliedrigen Rechtsverhältnis BAG v. 18. 01. 2012 @ 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 35. 904 BAG v. 13. 05. 2014 – 1 ABR 50/12, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 65, Rn. 22 „Selbst die entgeltliche Überlassung von Fahrzeugen, die sich optisch nicht von den übrigen Firmenfahrzeugen unterscheiden lassen, soll richtigerweise nicht ausreichen, wenn nicht zugleich die in einem Arbeitsverhältnis typischen Weisungen erteilt werden.“; vgl. hierzu auch Klösel, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 38, der insoweit jedoch in der betrieblichen Eingliederung ein eigenständiges Kriterium sieht. 905 S. hierzu etwa Reuter, in: FS Dieterich, S. 473 (477); vgl. auch Rieble, ZfA 1998, 327 (337 f.). 900

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ihrer Natur mittels der entsprechenden Arbeitsmittel erbracht werden, so verbietet sich eine indizielle Berücksichtigung zugunsten der Weisungsgebundenheit. In diesem Fall unterwirft sich der Leistungserbringer nicht der das vermeintliche Arbeitsverhältnis prägenden Verfügungsmöglichkeit des Auftraggebers. Dies bekräftigte das BAG in seiner Entscheidung vom 18. 01. 2012, in welcher zur vergleichbaren Frage im dreigliedrigen Rechtsverhältnis festgestellt wurde, dass auch ein Dienst- oder Werkvertrag nicht notwendig mit eigenen technischen Mitteln erfüllt werden muss. Entscheidend sei vielmehr, dass die Weisungsbefugnis beim Werkunternehmer verbleibt.906 Auf das zweigliedrige Rechtsverhältnis übertragen, muss daher die wesentliche Souveränität beim Fremdpersonal verbleiben. Soweit in den im Referentenentwurf in Bezug genommenen instanzgerichtlichen Entscheidungen teilweise auf die Zurverfügungstellung der wesentlichen Arbeitsmittel abgestellt wurde,907 so beeinflusste die Gestellung der Arbeitsmittel unmittelbar die Form der konkreten Leistungserbringung und die Dispositionsbefugnis über die eigene Arbeitskraft. Der Nutzung fremder Arbeitsmittel kommt daher für sich genommen keine indizielle Bedeutung zu. Vielmehr muss stets erforscht werden, ob sich die Nutzung gerade auf relevante Vorgaben zurückführen lässt. (3) Zusammenarbeit mit Personen, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind Ferner soll nach der Entwurfsfassung die Vorgabe, die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen zu erbringen, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind, indiziell auf die Eingliederung und die Weisungsgebundenheit schließen lassen. Damit ist gemeint, dass der Leistende seine Leistung „Hand in Hand“ und in enger Abstimmung mit dem entsprechenden Personal erbringt. Davon abzugrenzen sei die gelegentliche Abstimmung, wie sie auch bei Werkverträgen vorkommt.908 Auch in diesem Kontext wird auf die Empfehlung der ILO Bezug genommen, wobei insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.909 Auch im Übrigen kommt der bloßen Zusammenarbeit keine eigenständige indizielle Bedeutung zu. Wie bereits die Ausführungen zur regelmäßigen Nutzung fremder Arbeitsmittel sowie zur Weisungsgebundenheit und der Eingliederung gezeigt haben, kann die schlichte Zusammenarbeit keinen indiziellen Rückschluss auf die Weisungsgebundenheit und damit die persönliche Abhängigkeit begründen. Dies

906

BAG v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 35. S. etwa LAG Berlin-Brandenburg v. 26. 04. 2011 – 7 Ta 519/11, BeckRS 2011, 72482; LAG Rheinland-Pfalz v. 19. 12. 2013 – 10 Sa 239/13; im dreigliedrigen Rechtsverhältnis LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017. 908 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 31; s. hierzu auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 219 ff. 909 S. Kapitel 2 C. III. 1. h) cc) (2). 907

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spiegelt sich selbst in den Entscheidungen des BAG910 wider, die im Referentenentwurf sowie der finalen Gesetzesbegründung aufgegriffen wurden. Obwohl dort ausdrücklich auf die Einbindung in die Arbeitsorganisation infolge der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Vertragspartners sowie die Inanspruchnahme technischer Mittel rekurriert wurde, zeigen bereits die Ausführungen zur Eingliederung, dass es sich der Sache nach lediglich um die sichtbaren Aspekte der Weisungsbindung auf Vollzugsebene handelt.911 Stets muss sich das Zusammenwirken mit den Stammarbeitnehmern oder die Inanspruchnahme technischer Mittel auf eine Weisung zurückführen lassen. (4) Zumindest überwiegende Tätigkeit für einen Auftraggeber Nach dem Referentenentwurf sollte weiterhin die zumindest überwiegende Tätigkeit für einen anderen indiziell zu berücksichtigen sein. Auch die ILO Empfehlung Nr. 198 legt wiederum eine solche Berücksichtigung nahe. Nach der Rechtsprechung zeichnet sich die selbständige Tätigkeit unter anderem durch die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit aus, für eine Vielzahl von potenziellen Auftraggebern tätig zu werden.912 Im Umkehrschluss soll die Tätigkeit nur oder überwiegend für einen Auftraggeber ein Indiz für die Bindung an den Auftraggeber und damit für die (persönliche) Abhängigkeit darstellen.913 Dieser Umkehrschluss überzeugt nicht. So mag es noch naheliegen, dass sowohl die rechtliche als auch die tatsächliche Möglichkeit für andere Auftraggeber tätig zu werden, für eine Selbständigkeit spricht, da das Fremdpersonal insoweit weitgehend frei in der Verwertung seiner Arbeitskraft ist.914 Indes betrifft der vorgenommene Umkehrschluss der Sache nach gerade außervertragliche Umstände, die nicht positiv für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses fruchtbar gemacht werden können.915 Ist der Leistungserbringer zumindest überwiegend für einen Auftraggeber tätig, so kann dieses Indiz allenfalls zur Beurteilung der wirtschaftlichen Abhängigkeit herangezogen werden. Diese prägt jedoch nicht das Arbeitsverhältnis, sondern lediglich die Arbeitnehmerähn-

910 BAG v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 668/12, BeckRS 2013, 71103, Rn. 25; s. auch v. 17. 04. 2013 – 10 AZR 272/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 125, Rn. 26. 911 S. bereits Kapitel 2 C. III. 1. e); s. auch Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (59). 912 So Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 31 m. Verw. a. BAG v. 20. 01. 2010 – 5 AZR 99/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 119; v. 14. 03. 2007 – 5 AZR 499/06, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13. 913 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 31. 914 Vgl. auch zur Ersetzungsbefugnis Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 137 – 142 die sich gleichfalls auf die unternehmerische Freiheit auswirkt. 915 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 319.

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lichkeit.916 Auch aus diesem Umstand kann folglich kein indizieller Rückschluss auf die persönliche Abhängigkeit gezogen werden.917 Während daher die Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden, eine Selbständigkeit indizieren kann, trägt der Umkehrschluss zur Feststellung eines Arbeitsverhältnisses gerade nicht. Das Indiz bezieht sich daher auf den Nachweis tatbestandsfremder Behauptungen, die jedoch nicht den Schluss auf das Vorliegen der Weisungsbindung und damit der persönlichen Abhängigkeit rechtfertigen. (5) Eigene Organisation Der Referentenentwurf sah ferner die Berücksichtigungsfähigkeit einer eigenen betrieblichen Organisation vor.918 Nach § 611a Abs. 2 S. 2 lit. f BGB-Entwurf sollte die nicht vorgehaltene, eigene betriebliche Organisation als Negativkriterium eine Eingliederung indizieren. Insofern sollten typische Merkmale des unternehmerischen Handelns zu berücksichtigen sein. Bemerkenswert ist in diesem Kontext, dass die im Entwurf in Bezug genommene Entscheidung des BAG sich unmittelbar lediglich der Arbeitnehmerähnlichkeit i. S. d. § 5 ArbGG widmet.919 In diesem Kontext ist die Berücksichtigungsfähigkeit eines solchen primär wirtschaftlichen Aspektes zulässig.920 Zur Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft taugt der Rekurs auf eine vorgehaltene eigene Organisation aber nicht. So weisen Henssler921 und Thüsing922 zu Recht darauf hin, dass dem Merkmal angesichts der zunehmenden Digitalisierung und einer damit einhergehenden Reduktion notwendiger eigener betrieblicher Organisation ohnehin kaum mehr eine Bedeutung zukommen kann. Ferner ist die Eingliederung lediglich als geronnene Weisungsbindung zu verstehen.923 Der Rückschluss aus dem Fehlen einer eigenen betrieblichen Organisation auf eine damit einhergehende Weisungsbindung ist jedoch nicht ohne Weiteres zulässig sein, da mit der fehlenden betrieblichen Organisation kein Indiz für eine Weisungsgebundenheit

916 Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (60); Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 378; s. auch Henssler, RdA 2016, 18 (20) m. Verw. a. BAG v. 21. 02. 2007 – 5 AZB 52/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 64, Rn. 11 m. w. N. 917 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 319 f.; Henssler, RdA 2016, 18 (20); vgl. zur vergleichbaren Frage im dreigliedrigen Rechtsverhältnis BAG v. 15. 05. 2013 – 7 AZR 494/11, NZA 2013, 1267, Rn. 35; Schüren/Fasholz, NZA 2015, 1473 (1476). 918 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 31 m. Verw. a. BAG v. 16. 07. 1997 – 5 AZB 29/96, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 37. 919 S. BAG v. 16. 07. 1997 – 5 AZB 29/96, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 37. 920 Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 378. 921 Henssler, RdA 2016, 18 (20) m. Verw. a. BAG v. 21. 02. 2007 – 5 AZB 52/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 64, Rn. 11 m. w. N. 922 Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (61). 923 So ausdrücklich Greiner, NZS 2019, 761 (764).

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einhergeht.924 Die nicht vorgehaltene eigene betriebliche Organisation kann daher schon nicht den Rückschluss auf die zu beweisende Haupttatsache der Weisungsgebundenheit begründen. (6) Keine konkrete Leistungspflicht Ferner sollte es nach § 611a Abs. 2 S. 2 lit. g des ersten Referentenentwurfes i. R. d. Gesamtbetrachtung darauf ankommen, ob eine konkrete Leistung geschuldet ist.925 Dies diene der Abgrenzung zum Werkvertrag. Wie jedoch bereits gesehen, geht mit jedem Werk ein Wirken und mit jedem Wirken ein wie auch immer gearteter Erfolg einher. Phänotypisch lässt sich in der Praxis daher oftmals keine trennscharfe Abgrenzung anstellen.926 Insofern stellt sich die Frage, ob dem Indiz überhaupt ein Mehrwert beigemessen werden kann.927 Lässt sich keine vertraglich festgelegte, abgrenzbare und dem Auftragnehmer zurechenbare Leistung feststellen, so wird ein Werkvertrag regelmäßig ausscheiden. Muss die zu erbringende Leistung überhaupt erst festgelegt und die Arbeit damit bindend organisiert werden, so handelt es sich bei nachfolgenden Vorgaben regelmäßig um arbeitsvertragliche Weisungen.928 Insoweit relativiert dies die teilweise geäußerte Kritik, wonach das Indiz bereits zur Abgrenzung zwischen Dienst- und Arbeitsvertrag ungeeignet sei.929 (7) Keine Gewährleistung Zuletzt sah der nicht abschließende Indizienkatalog des Referentenentwurfs in § 611a Abs. 2 S. 2 lit. h eine Berücksichtigungsfähigkeit der Gewährleistung vor.930 Bereits im ersten Referentenentwurf hieß es, dass es gerade für einen Werkvertrag spreche, wenn der Auftragnehmer Gewährleistungspflichten übernehme. Demgemäß soll es für das Vorliegen eines Dienstvertrages bzw. bei persönlicher Abhängigkeit für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages sprechen, wenn Gewährleistungspflichten nicht übernommen oder in der Praxis nicht in Anspruch genommen würden. 924

Vgl. jedoch Maschmann, NZA 2013, 1305 (1309), der im dreigliedrigen Rechtsverhältnis aus dem Vorhalten einer eigenen betrieblichen Organisation auf die Steuerung des Fremdpersonals durch den Auftragnehmer schließt. 925 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 32 m. Verw. a. BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126. 926 So in diesem Kontext auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 231 ff. 927 Einen solchen lehnt daher Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 232 f. ab. 928 Vgl. hierzu BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126. 929 Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 5; ders, RdA 2016, 18 (20 f.); Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (61). 930 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 11. 2015, S. 32.

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Auch in der Rechtsprechung wurde bereits auf die Übernahme der Gewährleistungspflicht abgestellt.931 Richtigerweise kann man hieraus jedoch nicht ohne Weiteres auf eine arbeitsvertragliche Qualifikation schließen.932 Wie bereits die Einschränkung in dem Referentenentwurf offenbart, sieht auch der Dienstvertrag keine Gewährleistungspflicht vor. Daher ist das Negativindiz insoweit für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ohne Relevanz.933 Gleichwohl ist die Gewährleistungspflicht im Rahmen der Erörterung der werkvertraglichen Qualifikation zu berücksichtigen.934 Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die bloße Existenz vertraglicher Gewährleistungsvorschriften noch keine positive Feststellung eines Werkvertrages zu begründen vermag.935 Die Einordnung unter einen bestimmten Vertragstypen bedarf der positiven Feststellung der prägenden Merkmale der jeweiligen Vertragsart,936 wozu wiederum auf Indizien zurückgegriffen werden kann. Die Negation von Werkoder Dienstvertrag reicht für sich genommen nicht für eine arbeitsvertragliche Einordnung aus.937 Zwar sind letztlich bei der Vertragstypeneinordnung auch die gegenläufigen Indizien zu berücksichtigen, doch lässt die Negation tatbestandsferner Indizien nicht den zwingenden Rückschluss auf das positive Vorliegen eines abweichenden Vertragstypen zu. Schüren erkennt im dreigliedrigen Rechtsverhältnis, in dem vergleichbare Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung auftreten, die Schwierigkeiten, die mit der Abgrenzung der Vertragstypen in Grenzfällen einhergehen und fordert daher eine strikte Differenzierung zwischen der abstrakten Abgrenzung der Vertragstypen und der Qualifikation.938 Da in der Praxis in Grenzfällen die Ermittlung des Tatbestandes der Arbeitnehmerüberlassung kaum möglich ist, schlägt Schüren daher vor, stattdessen das Rechtsverhältnis anhand der Gewährleistungspflicht positiv als Werkvertrag zu identifizieren.939 Da es hier der Sache nach

931 BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 20; LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017, aus den Gründen B.II.1.e. 932 So auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 233 ff. 933 In diesem Sinne Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 2 Rn. 5; ders, RdA 2016, 18 (20 f.); Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (61). 934 Zur Unterscheidung der Haftung in positiver und negativer Hinsicht s. Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (61). 935 BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 20; Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (61). 936 So im dreigliedrigen Vertragsverhältnis auch Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 129. 937 S. etwa Greiner, NZA 2013, 697 (698); Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307). 938 Schüren, in: Blanke/Schüren/Wank/Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 399; ders., in: FS Däubler, S. 90 ff. 939 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (96); s. zur indiziellen Berücksichtigungsfähigkeit auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 234 f.

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jedoch nicht um eine Qualifikation des Arbeitsvertrages, sondern um eine solche eines Werkvertrages geht, wird dieser Ansatz auch dort erörtert.940 (8) Wirtschaftliche Umstände Wie die vorangegangenen Ausführungen andeutungsweise gezeigt haben, wird teilweise losgelöst von den impliziten wirtschaftlichen Aspekten auch der explizite Eindruck vermittelt, es könnten wirtschaftliche Umstände für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft herangezogen werden. Auch wenn man angesichts der gesetzgeberischen Intention, die Rechtsprechung im Sinne einer 1:1-Kodifikation zu normieren, von keiner eigenständigen tatbestandlichen Berücksichtigung ausgehen kann,941 so kann man jedenfalls über eine indizielle Berücksichtigung nachdenken.942 Auch die jüngere Rechtsprechung erweckt teilweise den Eindruck als könnten sich wirtschaftliche Aspekte im Rahmen der persönlichen Abhängigkeit niederschlagen.943 So heißt es etwa dort, dass der Kläger nicht, „wie es für einen Werkunternehmer typisch ist, die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisieren [konnte]; ihm war nicht gestattet, die Fachsoftware auf einen eigenen Rechner aufzuspielen, um Tätigkeiten auch an einem anderen Ort wahrnehmen zu können.“944 Tatsächlich zeigt sich jedoch, nicht nur anhand dieser Entscheidung, dass die vermeintlich wirtschaftlichen Aspekte, sofern sie gerade durch das Vertragsverhältnis determiniert sind, keine Erkenntnisse für die Vertragstypenabgrenzung zutage fördern, die über die Weisungsbindung hinausgehen.945 Wie sich aus der vorgenannten Entscheidung des BAG ergibt, geht es bei der Einschränkung der unternehmerischen Freiheit lediglich um Aspekte der Souveränität hinsichtlich Ort und Durchführung der Leistungserbringung.946 Auch Wank, der bereits eine Berücksichtigung des Unterneh-

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S. Kapitel 2 C. IV. Vgl. bereits die Ausführungen zur Fremdbestimmtheit in Kapitel 2 C. III. 1. f); anders wohl BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132. 942 So Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 384; vgl. auch Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 134 ff. der eine Integration der wirtschaftlichen Aspekte unter dem Merkmal der Weisungsgebundenheit ausmacht. Ein Erkenntnisgewinn ist damit aber nicht verbunden. 943 So etwa bei dem in den Gesetzgebungsmaterialien ausdrücklich zitierten Urteil des BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126; v. 16. 07. 1997 – 5 AZB 29/96, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 37. 944 BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 22 (Hervorhebung durch den Verfasser). 945 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 303 f. 946 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 303 f.; vgl. auch Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 134 ff., der die unternehmerische Betätigungsfreiheit als inhaltliche Weisungsgebundenheit versteht. 941

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merrisikos auf tatbestandlicher Seite fordert, sieht einen Zusammenhang zwischen der Weisungsbindung und dem Unternehmerrisiko.947 Sofern das BAG948 in seinen Entscheidungen jedoch über die Feststellung einer werkvertraglichen Durchführung hinaus auf wirtschaftliche Aspekte rekurriert, wurde soweit ersichtlich in jedem dieser Fälle die Stellung als arbeitnehmerähnliche Person949 erörtert. Im Rahmen dieser Feststellung ist die wirtschaftliche Abhängigkeit, im Gegensatz zur Arbeitnehmereigenschaft, erheblich.950 Den wirtschaftlichen Aspekten im Allgemeinen und dem Merkmal der unternehmerischen Chancen und Risiken im Besonderen kommt daher auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung keine eigenständige Bedeutung zu. Da die wirtschaftlichen Aspekte für sich genommen nicht charakteristisch für ein Arbeitsverhältnis sind, können diese mithin nicht im Rahmen der Gesamtbetrachtung als Indizien eingebracht werden. Die Negation eines tatbestandfremden Indizes vermag aus diesem Grund nicht den zwingenden Rückschluss auf die persönliche Abhängigkeit als notwendiges Merkmal eines Arbeitsvertrages zu rechtfertigen. Daher muss zur positiven Feststellung eines Arbeitsvertrages auch eine indizielle Berücksichtigung des eigenen vorhandenen Betriebskapitals ausscheiden,951 welche Wank in seinem Alternativmodell952 vorschlägt. Dies gilt umso mehr, da die Arbeitnehmereigenschaft tätigkeitsbezogen zu bestimmen ist. Umstände, die außerhalb der Vertragsbeziehung liegen, entziehen sich zudem regelmäßig der Kenntnis der anderen Vertragspartei. Einen schlichter Wandel in den außervertraglichen Umständen könnte ansonsten zu einer abweichenden Qualifikation führen.953 Darüber hinaus kann die soziale Schutzbedürftigkeit, die von Beuthien954 bereits als zusätzliches eigenständiges Kriterium eingefordert wurde, nicht indiziell zugunsten einer arbeitsvertraglichen Einordnung herangezogen werden. Dies liegt nicht zuletzt an dem engen Bezug zur wirtschaftlichen Abhängigkeit.955 Der von Beuthien bemühte Erst-Recht-Schluss aus § 12a TVG, wonach der Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sein müsse, wenn bereits eine arbeitnehmerähnliche Person 947 Wank, DB 1992, 90 (91 f.); in diesem Sinne auch Maties, in: FS Wank, S. 323 (328); Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 134 ff. 948 BAG v. 21. 07. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344; v. 25. 05. 2005 – 5 AZR 347/ 04, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 117; v. 16. 07. 1997 – 5 AZB 29/96, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 37; anders jedoch in der abzulehnenden Entscheidung des BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/ 20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, s. hierzu bereits Kapitel 2 C. III. 1. f). 949 S. hierzu Kapitel 2 D. I. 950 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 303. 951 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 304 f. 952 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 160 ff. 953 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 304; s. auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 96 – 98, der im Hinblick auf die außervertraglichen Umstände vom „Transzendieren der konkreten Vertragsbeziehung“ spricht. 954 Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2 (5); kritisch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 306 f. 955 Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2 (3 ff.).

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schutzbedürftig sei, überzeugt nicht. Die soziale Schutzbedürftigkeit als Tatbestandsmerkmal ist nämlich gerade nur für die arbeitnehmerähnliche Person charakteristisch.956 Das Tragen eines wirtschaftlichen Risikos ist daher zwar im Rahmen der Vertragstypeneinordnung im Ganzen, nicht jedoch zur positiven Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft heranzuziehen. Vielmehr können die wirtschaftlichen Umstände allenfalls ein gewichtiges Indiz zugunsten einer selbständigen Tätigkeit darstellen.957 (9) Fremdnützigkeit Die Fremdnützigkeit kann ebenfalls keine indizielle Berücksichtigung finden. Dennoch hat nicht nur die ältere Rechtsprechung,958 sondern vereinzelt auch die Literatur959 dieses Indiz herangezogen. Während die frühere Rechtsprechung noch darauf abstellte, dass Arbeitnehmer „ihre Arbeitskraft nicht – wie ein Unternehmer – nach selbstgesetzten Zielen unter eigener Verantwortung und mit eigenem Risiko am Markt verwerten können, sondern daß sie darauf angewiesen sind, ihre Arbeitsleistung fremdnützig der Anstalt zur Verwertung nach deren Programmplanung zu überlassen,“960 folgte das BAG dem später zu Recht nicht mehr.961 Hier zeigt sich wiederum die Nähe zur Berücksichtigungsfähigkeit der wirtschaftlichen Chancen und Risiken.962 Tragfähige Rückschlüsse auf die Haupttatsache lassen sich hieraus nämlich nicht entnehmen. Jeder, der keinen Erfolg und damit lediglich eine Dienstleistung schuldet, überlässt die Verwertung stets dem Dienstleistungsberechtigten.963 Hierfür lässt sich ein Vergleich mit der Heimarbeit anführen.964 Während § 2 Abs. 1 S. 1 HAG den Heimarbeiter durch die Überlassung der Verwertung der Arbeitsergebnisse an den unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden 956 So auch BAG v. 31. 05. 1990 – 2 AZR 13/90, juris; Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 306 f. 957 So auch Thüsing/Schmidt, ZIP 2016, 54 (64). 958 BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen B.II.2.b.c.; s. zu weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 307. 959 Hilger, RdA 1989, 1 (4); Vogelsang, in: Schaub, § 8 Rn. 26; Spinner, in: MüKo BGB, § 611a Rn. 99; Wiedemann, Arbeitsverhältnis S. 14 ff.; ablehnend Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 307; kritisch Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611a BGB Rn. 52 f.; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 56; zur Berücksichtigungsfähigkeit s. auch Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 381 f. 960 BAG v. 15. 03. 1978 – 5 AZR 819/76, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 26, aus den Gründen B.II.2.b.c. 961 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 308; Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611a BGB Rn. 52; Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 56. 962 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 307. 963 Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611a BGB Rn. 52 und Thüsing, in: HWK, § 611a BGB Rn. 56 sprechen insoweit auch von einer Vertauschung von Ursache und Wirkung. 964 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 308 f.

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Gewerbetreibenden definiert, kommt diesem Indiz beim Arbeitnehmer keine Bedeutung zu.965 Dies bestätigt die jüngste Rechtsprechung des BAG, in welcher im Rahmen einer Statusfeststellungsklage sowohl über die Arbeitnehmereigenschaft als auch hilfsweise über die Eigenschaft als Heimarbeiter zu entscheiden war.966 Die fremdnützige Verwertung der Arbeitsergebnisse wurde dort konsequenterweise lediglich im Rahmen der Heimarbeitnehmereigenschaft erörtert. (10) Persönliche Leistungserbringung Teilweise wird ferner berücksichtigt, ob die Leistung in Person erbracht werden muss.967 Soweit die Auffassung vertreten wird, es könne nicht auf die persönliche Leistungserbringung ankommen, da sich die Leistung nicht danach unterscheide, ob sie persönlich oder durch einen Erfüllungsgehilfen erbracht wird,968 muss dies differenzierter betrachtet werden.969 Zwar entspricht die Arbeit in Person dem Leitbild des Arbeitsvertrages, doch ist § 613 BGB ebenso auf den freien Dienstvertrag anwendbar.970 Richtig ist, dass demjenigen, der seine Dienste durch eine andere Person verrichten lässt, im Zweifel eine gewisse unternehmerische Freiheit zusteht. Diese steht der persönlichen Abhängigkeit diametral entgegen. Nicht jeder, der die Leistung persönlich zu erbringen hat, kann jedoch als Arbeitnehmer anzusehen sein.971 Da die Leistungserbringung in Person nicht ausschließlich für das Arbeitsverhältnis prägend ist, können allein hieraus keine tragfähigen Rückschlüsse für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages gezogen werden. Da jedoch die Leistungserbringung durch Dritte vom Typus der dienstvertraglichen Leistungserbringung im Allgemeinen und der arbeitsvertraglichen Leistungserbringung im Besonderen als Ausnahme abweicht, kann die Leistungserbringung durch Dritte positiv auf einen Selbständigenvertrag in Form des Werkvertrages hindeuten. Nicht ganz präzise geraten in diesem Kontext die Feststellungen des BAG, wenn es heißt, dass das Recht, „Dritte in die Leistungserbringung einzubinden, […] ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit [sei]“.972 Insoweit verkennt das BAG, dass dies nach § 613 BGB gerade nicht dem 965

Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 308. BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129. 967 BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 46; v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 25; v. 13. 03. 2008 – 2 AZR 1037/06, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176, Rn. 25; v. 12. 12. 2001 – 5 AZR 253/00, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 111, aus den Gründen I.2.a.; s. auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 313; kritisch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 93; ablehnend Boemke, ZfA 1998, 285 (294); zur Berücksichtigungsfähigkeit s. auch Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts, S. 380. 968 Boemke, ZfA 1998, 285 (294). 969 So zutreffend Maschmann, Arbeitsverträge, S. 93. 970 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 93; s. auch Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 313; Müller-Glöge, in: MüKo BGB, § 613 Rn. 1. 971 Maschmann, Arbeitsverträge, S. 93. 972 Vgl. hierzu BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 18; v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 25; ähnlich 966

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

gesetzlichen Regelfall des freien Dienstvertrages entspricht. Weitergehend kann eine Ersetzungsbefugnis indiziell bei der graduellen Bestimmung der Weisungsgebundenheit berücksichtigt werden.973 Teilweise wird das Indiz der Ersetzungsbefugnis auch unter der inhaltlichen Weisungsfreiheit verortet. Demjenigen, der fremdes Personal zur Leistungserbringung einsetzen darf, kommt hiernach eine weite unternehmerische Betätigungsfreiheit zu. Dies lasse auf eine weitgehende Weisungsfreiheit schließen. Insoweit bestünde, was zutrifft, ein enger Zusammenhang und eine Wechselwirkung mit den anderen Aspekten der Weisungsfreiheit.974 Eine tatsächliche Ersetzungsbefugnis lässt sich mithin positiv bei der Feststellung eines Werkvertrages als auch zur Feststellung eines reduzierten Grades der Weisungsabhängigkeit heranziehen. (11) Ablehnungsrecht Das Recht, einzelne Aufträge abzulehnen, stellt ein Kontraindiz der Weisungsgebundenheit dar.975 Die Ablehnungsmöglichkeit kann sich auf sämtliche Aspekte der Weisungsgebundenheit auswirken und ist Ausdruck der negativen Vertragsfreiheit.976 Besteht tatsächlich ein Recht zur Ablehnung weiterer Aufträge, so kann der Auftraggeber schon nicht einseitig und graduell erheblich Vorgaben zu Inhalt oder Art und Weise der Durchführung erteilen. Umgekehrt unterscheiden sich die vertraglichen Vorgaben im Fall einer Annahmepflicht graduell nicht mehr von einseitig erteilten Weisungen. Stets ist jedoch zu prüfen, ob sich die Vorgaben auf den Erfolg beziehen oder ob es sich um arbeitsbezogene Vorgaben handelt, die nicht aufgrund der Natur der Tätigkeit unbeachtlich sind. (12) Höhe der Vergütung Bereits mit dem Rechtsformzwang als Ausgangspunkt der Vertragstypenqualifikation geht die Frage einher, in welchem Umfang der Parteiwille zu berücksichtigen ist. Wie bereits festgestellt wurde, können die Vertragsparteien im Sinne der Privatautonomie zunächst autonom über die Zuordnung des Rechtsverhältnisses entscheiden.977 Der Grundsatz der Privatautonomie wird jedoch durch den Rechtsformzwang insoweit beschränkt, als die Parteien ein Rechtsverhältnis, das nach der tatsächlichen Ausgestaltung und objektiver Wertung als Arbeitsverhältnis einzuauch BAG v. 12. 12. 2001 – 5 AZR 253/00, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 111 „Zu den wesentlichen Merkmalen selbständigen Tätigwerdens gehört das Recht, Dienstleistungen nicht in Person, sondern durch Dritte erbringen zu lassen, die der zur Dienstleistung Verpflichtete frei auswählen und einstellen kann“; zustimmend etwa auch Fuhlrott/Oltmanns, NJW 2020, 958 (962). 973 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 316; Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 137 – 142. 974 Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 137 – 142. 975 S. umfassend zu diesem Indiz Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 309 – 313. 976 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 310. 977 S. bereits Kapitel 2 B. II. 4. a).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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ordnen ist, nicht sachlich unrichtig anders qualifizieren können.978 Der Parteiwille ist mithin bereits auf der vorgelagerten Ebene der privatautonomen Vertragsqualifikation zu berücksichtigen. Ähnlich sieht dies wohl Uffmann, die unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BSG979, in welcher die Vergütungshöhe als gewichtiges Indiz herangezogen wurde, dafür plädiert, die Vergütungshöhe im Rahmen der Prüfung der persönlichen Abhängigkeit als verstärkendes Indiz zur Anerkennung des Parteiwillens heranzuziehen.980 Gleichwohl verkennt auch Uffmann nicht, dass dies eben lediglich die wirtschaftliche und nicht die persönliche Abhängigkeit betrifft. Die Vergütungshöhe könne demnach nichts über die Weisungsgebundenheit aussagen.981 Dennoch könne die Vergütungshöhe methodisch in das bestehende System der Vertragstypenqualifikation eingeordnet werden. Wie bereits die Ausführungen zum Rechtsformzwang gezeigt haben, bleibt es nämlich jedenfalls dann bei der privatautonomen Vertragstypenwahl, wenn nach rein objektiven Kriterien zumindest ein non liquet vorliegt.982 Gerade bei hochqualifiziertem Personal, das eine Vergütung weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Arbeitnehmer erhält und auf dessen Know-how das Unternehmen angewiesen sei, müsse nicht befürchtet werden, dass die Vertragsvereinbarung zulasten des eingesetzten Personals missbräuchlich sei.983 Daher solle eine Vergütung, die deutlich über der eines vergleichbaren Sozialversicherungspflichten liegt und dadurch die Eigenvorsorge zulasse, als verstärkendes Indiz zur Anerkennung eines entsprechenden Parteiwillens, Leistungen nicht auf arbeitsvertraglicher Basis zu erbringen, herangezogen werden.984 Uffmann ist insoweit beizupflichten, als die Gefahr des Missbrauchs der Vertragsgestaltung gerade bei Hochqualifizierten regelmäßig nicht besteht. Vielmehr ist es vielfach sogar der ausdrückliche Wunsch hochqualifizierter Fachkräfte, als Selbständige tätig zu werden. Dennoch kann eine entsprechende Vergütungshöhe, worauf Uffmann selbst hinweist, nicht indiziell zugunsten einer positiven Feststellung des Arbeitsvertrages, sondern allenfalls indiziell zur Feststellung eines Selbständigenvertrages beitragen.985 Auch aufgrund einer weit überdurchschnittlichen Vergütung kann dem Parteiwillen jedoch keine größere Bedeutung beigemessen werden. Vielmehr indiziert eine hohe Vergütung lediglich die freie Willensbildung. Diese ist notwendig, um 978

Hümmerich/Lücke/Mauer in: Hümmerich/Lücke/Mauer, Arbeitsrecht, Rn. 358. BSG v. 31. 3. 2017 – B 12 R 7/15 R, NZS 2017, 664. 980 Uffmann, NZA 2018, 265 (268 f.); ablehnend Worzalla, Arbeitsverhältnis, Rn. 145 ff. 981 Uffmann, NZA 2018, 265 (269), m. V. a. LSG Baden-Württemberg v. 10. 06. 2016 – L 4 R 3072/15, BeckRS 2016, 70773, wo die Aussage jedenfalls begrifflich i. R. d. § 7 SGB IVauch auf die Eingliederung erstreckt wird. 982 S. hierzu die Ausführungen zum Rechtsformzwang, Kapitel 2 B. II. 4. b). 983 Uffmann, NZA 2018, 265 (269); dies., Interim Management, S. 262; in diesem Sinne auch Wank, AuR 2017, 140. 984 Uffmann, NZA 2018, 265 (269). 985 Uffmann, NZA 2018, 265 (269) spricht insoweit von einem positiven Indiz einer Selbständigkeit. Simultan soll es sich nach Uffmann mit dem Know-how verhalten. In der Sache wird ein entsprechendes Know-how jedoch in aller Regelmäßigkeit mit einer entsprechenden Vergütung einhergehen, sodass es sich hier lediglich um zwei Seiten einer Medaille handelt. 979

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

überhaupt den Parteiwillen berücksichtigen zu können. Die Höhe der Vergütung ist daher nur insoweit für die der Gesamtbetrachtung vorgelagerte Ebene der autonomen Qualifikation von Bedeutung. i) Keine Regelungslücke für die digitalisierte Arbeitswelt Anders als von Richardi proklamiert, enthält § 611a BGB zudem keine planwidrige Regelungslücke. So meint Richardi, die in § 611a BGB genannten Merkmale könnten, ohne dass der Geltungsanspruch des Arbeitsrechts preisgegeben würde, in der digitalen Arbeitswelt keine ausschlaggebende Rolle mehr spielen.986 Dem kann indes aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. Zum einen impliziert dieser Rückschluss, dass die digitalisierten Rechtsverhältnisse ihrem Typ nach auch als Arbeitsverhältnis einzuordnen seien. Dies setzt jedoch bereits in zirkulärer Weise voraus, dass Rechtsverhältnisse, die stark durch die Digitalisierung und die damit einhergehenden weitgehenden Weisungsfreiheiten geprägt sind, als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren seien. Dem ist jedoch nicht immer so, will das Arbeitsrecht, das weitgehend als Arbeitnehmerschutzrecht ausgestaltet ist, doch gerade den persönlich Abhängigen schützen, was wiederum dessen Weisungsgebundenheit voraussetzt. Hinzukommt, dass der Gesetzgeber die digitalen Formen durchaus im Blick hatte, was sich bereits an den Gesetzgebungsmaterialien zu § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG zeigt. Dort heißt es, dass die Neuregelung dem sachgerechten Einsatz von Werk- und Dienstverträgen auch bei Projektgeschäften, wie sie etwa in der IT-Branche anzutreffen sind, nicht entgegenstehen soll. Vielmehr sollen für solche Einsätze und Tätigkeiten die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung der Vertragstypen zur Anwendung kommen.987 Es ist angesichts des einheitlichen Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze davon auszugehen, dass sich dies ebenso auf das zweigliedrige Rechtsverhältnis übertragen lässt. Eines Rückgriffes auf § 611 BGB zur vermeintlichen Lückenschließung bedarf es daher nicht. Selbst wenn man wie einige Stimmen in der Literatur die Regelung des § 611a BGB kritisieren möchte, kann auch eine für unzureichend befundene Lösung nicht die Gesetzesbindung suspendieren.988 Die Erwägungen Richardis sind damit allenfalls rechtspolitischer Art. Die Herausforderungen für die Vertragstypenqualifikation moderner Arbeitsformen lassen sich wie gezeigt stattdessen unter Bezugnahme auf die tradierten Abgrenzungskriterien der Rechtsprechung bewältigen, die bereits vor der Kodifizierung des § 611a BGB funktioniert haben.

986 987 988

Richardi, NZA 2017, 36 (36, 39). BT-Drs. 18/10064, S. 14. So zutreffend Preis, NZA 2018, 817 (818 f.).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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2. Der Arbeitnehmerbegriff im Unionsrecht Angesichts der zunehmenden Bedeutung unionsrechtlicher Vorgaben ist ferner eine unionsrechtliche Betrachtung des Arbeitnehmerbegriffs vorzunehmen. So kann es sich beim Fremdpersonal im Rahmen agiler Projektarbeit zum einen um einen (Gesellschafter-)Geschäftsführer einer (zu gründenden) Gesellschaft handeln.989 Zum anderen stellt sich im Kontext der Weisungsgebundenheit die Frage, ob auch erfolgsbezogene Weisungen geeignet sind, die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der unionsrechtlichen Betrachtung begründen.990 Ebenso wie im nationalen Recht ist im Unionsrecht die Anwendbarkeit typischer Arbeitnehmerschutzrechte vielfach von der Arbeitnehmereigenschaft abhängig.991 Wie die Ausführungen zum nationalen Arbeitnehmerbegriff gezeigt haben, hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 611a BGB lediglich die Kodifikation der nationalen Rechtsprechung im Blick.992 Preis spricht daher davon, dass § 611a BGB „auf einem Auge blind“ sei.993 Die rein nationale Betrachtung des Arbeitnehmerbegriffs stellt allerdings nur einen ersten Schritt bei der Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft dar. Denn selbst wenn man die Arbeitnehmereigenschaft nach rein nationalem Verständnis abgelehnt hat, ist gleichwohl zu prüfen, ob nicht zumindest partiell aufgrund des Unionsrecht eine abweichende Beurteilung geboten ist. Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff kann dabei das nationale Arbeitsrecht nur insoweit beeinflussen, als überhaupt unionsrechtliche Vorgaben für den entsprechenden Regelungskomplex existieren.994 Um den Einfluss des Unionsrechts auf den nationalen Arbeitnehmerbegriff bestimmen zu können, ist zunächst die Entwicklung des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs zu beleuchten. Ausgangspunkt der Überlegung ist dabei, dass es grundsätzlich keine abschließende und allgemeingültige Definition des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs gibt.995 Vielmehr muss man bei der Betrachtung des Arbeitnehmerbegriffs grundlegend danach unterscheiden, ob das Unionsrecht hinsichtlich des auslegungsbedürftigen Arbeitnehmerbegriffs auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist oder, falls dem nicht so ist, der Unionsgesetzgeber den Begriff bereits primär- oder sekundärrechtlich autonom definiert hat. Nur dann, wenn weder eine Definition noch ein Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten vorliegt, ist der EuGH gem. Art. 19 Abs. 1 S. 2 EUV für die inhaltliche Ausfüllung des 989 S. auch die Ausführungen zur gesellschaftsvertraglichen Einordnung in Kapitel 2 C. VI. sowie zur Zwischenschaltung einer Gesellschaft in Kapitel 3 C. I. 3. b) cc) (2). 990 S. hierzu Kapitel 2 C. III. 3. c). 991 Henssler/Pant, RdA 2019, 321. 992 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (322); Preis, NZA 2018, 817 (825); Wank, EuZA 2018, 327 (329). 993 Preis, NZA 2018, 817 (825). 994 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 20. 995 Fischer, NJW 2011, 2329 (2330).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Rechtsbegriffs im Wege der Auslegung zuständig.996 Eine Legaldefinition des Arbeitnehmers findet sich selten in arbeitsrechtlichen Richtlinien. Dies ist etwa bei der Arbeitsschutzrahmen-Richtlinie in Art. 3 lit. a RL 89/391/EWG der Fall.997 Weitaus größere Bedeutung kommt daher dem vom EuGH gebildeten autonomen Arbeitnehmerbegriff sowie den Verweisen auf das Recht der Mitgliedstaaten zu.998 a) Autonomer Arbeitnehmerbegriff Eine zentrale Rolle für die Entwicklung des autonom gebildeten Arbeitnehmerbegriffs des EuGH nimmt die Entscheidung des EuGH in der Sache LawrieBlum999 ein.1000 Die im Unionsrecht verwendeten Begriffe müssen grundsätzlich autonom ausgelegt werden.1001 Es widerspräche dem Zweck der Rechtsakte, wenn die Mitgliedstaaten mittels eines mitgliedstaatlichen Begriffsverständnisses zugleich über die Anwendbarkeit des Unionsrechts disponieren könnten. Daher ist ein autonomes unionsrechtliches Verständnis anzuwenden. Der EuGH entschied in Bezug auf den heutigen Art. 45 AEUV, dass das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses darin bestünde, „dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.“1002 Diese Definition des EuGH wird auch im übrigen Primärrecht herangezogen.1003 In Ihrem Kern deckt sie sich mit dem nationalen Arbeitnehmerbegriff.1004 Wie bei diesem steht auch beim autonom zu bestimmenden europäischen Arbeitnehmerbegriff die Weisungsabhängigkeit im Vordergrund.1005 Im Unterschied zum nationalen Arbeitnehmerbegriff bedarf es indes keines arbeitsvertraglichen

996

S. hierzu Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325); Temming, SR 2016, 158 ff. Temming, SR 2016, 158 (159); s. zu dem rechtsakteigenen Begriff Ziegler, Arbeitnehmerbegriffe, S. 267 ff.; auf Ziegler bezugnehmend, Wank, EuZW 2018, 21 (30) (Fn. 111); zum Kommissionsvorschlag zur Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (RL 2019/1152) s. Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325). 998 Temming, SR 2016, 158 (159). 999 EuGH v. 03. 07. 1986 – 66/85 (Lawrie-Blum), NVwZ 1987, 41. 1000 Junker, EuZA 2016, 184 (188) bezeichnet Lawrie-Blum daher gar als „Mutter des europäischen Arbeitnehmerbegriffs“; hierauf bezugnehmend Benecke, EuZA 2018, 3 (8); Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (324). 1001 S. hierzu Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.77. 1002 EuGH v. 03. 07. 1986 – 66/85 (Lawrie-Blum), NVwZ 1987, 41. 1003 Temming, SR 2016, 158 (159). 1004 Baumgärtner, in: BeckOK BGB, § 611a Rn. 22; Junker, EuZA 2016, 184 (189 f.); speziell im Kontext der Weisungsgebundenheit s. auch Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (324); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 56; Steinmeyer, in: Franzen/Gallner/Oetker, AEUV, Art. 45 Rn. 11 f. 1005 Franzen, in: Streinz, Art. 45 AEUV Rn. 17 f.; Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (324); Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 56; Steinmeyer, in: Franzen/Gallner/Oetker, AEUV, Art. 45 Rn. 11 f. 997

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Rechtsverhältnisses, im Rahmen dessen Weisungen ausgeübt werden.1006 Indes wird der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff bzw. das maßgebliche Kriterium der Weisungsbindung weit ausgelegt.1007 Insoweit kann bereits ein Unterordnungsverhältnis zur Annahme der unionsrechtlichen Arbeitnehmereigenschaft führen. Dies hat sich in den Entscheidungen Danosa,1008 Balkaya1009 oder Holterman1010 gezeigt.1011 Die Feststellung des Unterordnungsverhältnisses richtet sich im Einzelfall nach allen Gesichtspunkten und allen Umständen, welche die Beziehung zwischen den Beteiligten kennzeichnen.1012 Im Wesentlichen orientiert sich das Merkmal des Unterordnungsverhältnisses dabei an der Weisungsbindung nach nationalem Recht.1013 Der EuGH rekurrierte insoweit nämlich vergleichbar zum nationalen Recht auf die Freiheit bei der Wahl von Zeit, Ort und Inhalt der Arbeit.1014 Gleichwohl haben zuletzt die Entscheidungen Danosa und Balkaya gezeigt, dass auch eine rein faktische Weisungsbindung zu einem entsprechenden Unterordnungsverhältnis führen kann.1015 Eine durchweg konsistente Anwendung des Merkmals lässt sich daher nicht ausmachen.1016 Der zum Primärrecht entwickelte unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff wirkt sich zunehmend im Sekundärrecht aus.1017 Maßgeblich lässt sich dies auf den Umstand zurückführen, dass dem Arbeitnehmerbegriff i. S. d. Art. 45 AEUV im Sekundärrecht vermehrt eine „Leitbildfunktion“ zukommt.1018 Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen das Sekundärrecht eine entsprechende autonome Begriffsde-

1006 Franzen, in: Streinz, Art. 45 AEUV Rn. 17; Steinmeyer, in: Franzen/Gallner/Oetker, AEUV, Art. 45 Rn. 11 m. Verw. a. EuGH v. 02. 02. 1974 – C-152/73, AP EWG-Vertrag Art. 177 Nr. 6. 1007 EuGH v. 19. 06. 2014 – C-507/12 (Saint Prix), NZA 2014, 765; v. 03. 07. 1986 – 66/85, NVwZ 1987, 41; Benecke, EuZA 2018, 3 (8); Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (324); Junker, EuZA 2016, 184 (190); Steinmeyer, in: Franzen/Gallner/Oetker, AEUV, Art. 45 Rn. 15; Temming, SR 2016, 158 (159). 1008 EuGH v. 11. 11. 2010 – C-232/09 (Danosa), AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 13. 1009 EuGH v. 09. 07. 2015 – C-229/14 (Balkaya), NZA 2015, 861. 1010 EuGH v. 10. 09. 2015 – C-47/14 (Holterman), NZA 2016, 183. 1011 Junker, EuZA 2016, 184 (195); Oberthür, RdA 2018, 286 (288); Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 19; Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 56 m. w. N. aus Rechtsprechung des EuGH. 1012 EuGH v. 10. 09. 2015 – C-47/14 (Holterman), NZA 2016, 183, Rn. 46; v. 09. 07. 2015 – C-229/14 (Balkaya), NZA 2015, 861, Rn. 37; v. 11. 11. 2010 – C-232/09 (Danosa), AP EWGRichtlinie Nr. 92/85 Nr. 13, Rn. 46. 1013 Vgl. zur persönlichen Abhängigkeit Franzen, in: Streinz, Art. 45 AEUV Rn. 18; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 19. 1014 EuGH v. 13. 01. 2004 – C-256/01 (Allonby), AP EG Art. 141 Nr. 7, Rn. 72. 1015 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 19; Temming, in: MünchArbR, § 18 Rn. 56. 1016 S. hierzu Rebhahn, EuZA 2012, 3 (31 ff.); Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 19. 1017 S. hierzu Temming, SR 2016, 158 (160 ff.). 1018 Temming, SR 2016, 158 (160); hierauf bezugnehmend Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325); kritisch zur begrifflichen Verwendung der „Leitbildfunktion“ Wank, 2018, 21 (29).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

finition zulässt.1019 Im Zuge dessen ist jedoch zu berücksichtigen, dass die grundsätzliche Systematik, also die Unterscheidung zwischen Rechtsakten mit autonomer Definition, mit Verweisung auf das Recht der Mitgliedstaaten und solche ohne eine Vorgabe zum Begriffsverständnis, durch die Integrationstendenzen des EuGH zunehmend verwässert wird.1020 Wenngleich die Entscheidung zur Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) erging, einer Rechtsmaterie also, welche eine autonome Begriffsdefinition zulässt, so zeigt die Entscheidung in der Rechtssache Dieter May1021 gleichwohl plastisch diese Tendenz auf.1022 Dort hat der EuGH die Feststellung getroffen, dass die vorstehenden Ausführungen zum Begriff des Arbeitnehmers i. S. d. Art. 45 AEUV ebenfalls für den Arbeitnehmerbegriff in Rechtsakten nach Art. 288 AEUV gelten würde.1023 Indes besteht keine Notwendigkeit, den Arbeitnehmerbegriff i. S. d. Art. 45 AEUV ins Sekundärrecht zu übertragen.1024 In der Sache wäre es vielmehr geboten, stets die Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs anhand der jeweiligen Richtlinie und der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Umstände vorzunehmen.1025 Insofern kann es zu einer „Relativierung der Begriffsbildung“ kommen,1026 wobei es theoretisch so viele Arbeitnehmerbegriffe des Unionsrecht geben könne wie es EU-Vorschriften zum Arbeitsrecht gebe.1027 In der Rechtspraxis lässt sich gleichwohl eine „Vereinheitlichungstendenz“ feststellen.1028 So rekurrierte der EuGH in Entscheidungen zum autonomen Arbeitnehmerbegriff in der Mutterschutzrichtlinie (Danosa), der Massenentlassungsrichtlinie (Balkaya) und zur Arbeitszeitrichtlinie (Union syndicale Solidaires Isére1029) stets auf den Arbeitnehmerbegriff i. S. d. Art. 45 AEUV.1030

1019 Temming, SR 2016, 158 (160); s. hierzu auch bereits die Ausführungen und Nachweise zum Arbeitnehmerbegriff im Unionsrecht in 2 C. III. 3. 1020 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325); Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (421); s. hierzu auch Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.112. 1021 EuGH v. 07. 04. 2011 – C-519/09, BeckRS 2013, 87054. 1022 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325); Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.112; Temming, SR 2016, 158 (160 f.). 1023 EuGH v. 07. 04. 2011 – C-519/09, BeckRS 2013, 87054, Rn. 22. 1024 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325); Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.112; Wank, EuZA 2018, 327 (341). 1025 Baumgärtner, in: BeckOK BGB, § 611a Rn. 22; Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325); Wank, EuZA 2018, 327 (341); ders., EuZW 2018, 21 (29). 1026 So ausdrücklich Wank, EuZW 2018, 21 (29), der sich maßgeblich auf die teleologische Begriffsbildung bezieht; zustimmend Baumgärtner, in: BeckOK BGB, § 611a Rn. 22. 1027 Wank, EuZW 2018, 21 (29). 1028 So ausdrücklich Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 18; s. auch Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht, S. 77; Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325). 1029 EuGH v. 14. 10. 2010 – C-428/09, BeckRS 2010, 91197. 1030 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (326).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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b) Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten Auf den nationalen Arbeitnehmerbegriff kommt es im Ausgangspunkt immer dann an, wenn die unionsrechtliche Norm hinsichtlich des Begriffsverständnisses auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist.1031 In diesem Fall bestimmt sich die Arbeitnehmereigenschaft und damit der sachliche Schutz nach dem nationalen Begriffsverständnis.1032 Daher kann es in diesen Fällen auch so viele Arbeitnehmerbegriffe wie Mitgliedstaaten geben.1033 Beispielhaft sind die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG sowie die Insolvenzrichtlinie 2008/94/EG zu nennen. Trotz des deutlichen Verweises auf das Recht der Mitgliedstaaten, lässt die jüngere Rechtsprechung des EuGH darauf schließen, dass der mit der autonomen mitgliedstaatlichen Begriffsbestimmung einhergehenden Dispositionsbefugnis über den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie und den sachlichen Regelungsbereich entgegengewirkt werden soll.1034 Trotz einer ausdrücklichen Verweisung auf das Recht der Mitgliedstaaten ging der EuGH zuletzt vermehrt dazu über, den zum Primärrecht entwickelten autonome Arbeitnehmerbegriff auch im Sekundärrecht heranzuziehen.1035 Dieser Entwicklung liegt maßgeblich der Umstand zugrunde, dass gerade der Verweis auf das mitgliedstaatliche Recht ein „besonderes Konfliktpotenzial“ birgt, da in diesem Fall die effektive Anwendbarkeit der Richtlinie durch das nationale Begriffsverständnis determiniert wird.1036 Diese Dispositionsbefugnis der Mitgliedstaaten schränkt der EuGH wiederum ein, indem er an die Konnexität zwischen dem persönlichen Anwendungsbereich und der praktischen Wirksamkeit der umzusetzenden Richtlinie anknüpft.1037 Daher solle es den Mitgliedstaaten nicht ohne Weiteres möglich sein, bestimmte Personengruppen aus dem Schutz der Richtlinien auszuklammern.1038 Diese Linie des EuGH spiegelte sich bereits in den Entscheidungen O’Brien1039 und Ruhrlandklinik1040 wider.1041 So hatte der EuGH in der Rechtssache O’Brien festgestellt, dass das eingeräumte Ermessen bei der Begriffsdefinition nicht unbegrenzt sein könne. Die praktische Wirksamkeit 1031

S. hierzu auch die Übersicht bei Boemke, RdA 2018, 1 (6 f.). Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (326); s. auch Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.107. 1033 Temming, SR 2016, 158 (161). 1034 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (326); s. auch Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (421 f.); Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a. 1035 S. hierzu Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (422) m. Verw. a. EuGH v. 09. 07. 2015 – C-229/14 (Balkaya), NZA 2015, 861; v. 03. 05. 2012 – C-337/10 (Neidel); s. auch zur RL 2008/ 104/EG, Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (327). 1036 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (422). 1037 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (326). 1038 EuGH v. 18. 01. 2006 – C-385/05 (Confédération générale du travail), AP Richtlinie 98/ 59/EG Nr. 1, Rn. 46; s. hierzu Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a. 1039 EuGH v. 01. 03. 2012 @ C-393/10 (O’Brien), NZA 2012, 313. 1040 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), NZA 2017, 41. 1041 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (326). 1032

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

der Richtlinie und der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts müssten gewahrt werden. Ein Ausschluss bestimmter Personengruppen könne nur dann zugelassen werden, wenn das in Rede stehende Arbeitsverhältnis seinem Wesen nach erheblich anders ist als dasjenige, das zwischen den Beschäftigten, die nach dem nationalen Recht zur Kategorie der Arbeitnehmer gehören, und ihren Arbeitgebern besteht. Andernfalls sei der konkrete Ausschluss als willkürlich zu betrachten.1042 Vergleichbar stellte der Gerichtshof in der Entscheidung zur Ruhrlandklinik daher darauf ab, ob sich das bestehende Beschäftigungsverhältnis der Rotkreuzschwestern von dem Verhältnis wesentlich unterscheiden würde, das zwischen denjenigen Beschäftigten, denen nach nationalem Recht die Arbeitnehmereigenschaft zukommt, und ihrem Arbeitgeber besteht.1043 Gleichwohl macht der EuGH nicht an der Einschränkung des Ermessens halt, sondern rekurriert zugleich auf den autonomen Arbeitnehmerbegriff.1044 Der EuGH nutzt also die Konnexität zwischen dem persönlichen Anwendungsbereich einer Richtlinie und der praktischen Wirksamkeit ihrer Regelungen, um trotz des eigentlich maßgeblichen nationalen Begriffsverständnisses weitergehende Prüfungskompetenzen zu etablieren.1045 Dabei geht er zwar zunächst von einem nationalen Begriffsverständnis aus, misst dieses jedoch an dem „Mindestsockel“1046 des weit zu verstehenden autonomen Arbeitnehmerbegriffs. Dies führt auch bei Verweisungen auf das nationale Begriffsverständnis insgesamt zu einem „semiunionsautonomen“1047 bzw. „autonomisierten“1048 Arbeitnehmerbegriff. Zu Recht ist dieser „Kniff“ des EuGH auf dezidierte Kritik gestoßen.1049 Kritisiert wurde insbesondere das methodische Vorgehen des EuGH.1050 Der Gerichtshof rekurriert im Rahmen seiner Rechtsprechung nämlich auf den Grundsatz der praktischen Wirksamkeit, also der „Allzweckwaffe“1051 des effet utile. Daneben bezieht sich der EuGH auf die einheitliche Anwendbarkeit der Richtlinien in den Mit-

1042

EuGH v. 01. 03. 2012 @ C-393/10 (O’Brien), NZA 2012, 313, Rn. 34 ff. EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), NZA 2017, 41, Rn. 37. 1044 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), NZA 2017, 41, Rn. 43. 1045 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (326). 1046 So ausdrücklich Brose, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 13.22. 1047 Brose, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 13.22; hierauf bezugnehmend Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 20. 1048 Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a; s. auch Junker, EuZA 2016, 184 (196 f.); Thüsing/Stiebert, ZESAR 2011, 123 (126), die von einem Mittelweg sprechen. 1049 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (423 ff.); Temming, SR 2016, 158 (165); Wank, EuZW 2018, 21 (25); ders., EuZA 2018, 327 (344); einschränkend Schmitt, ZESAR 2017, 167 (173). 1050 Schmitt, ZESAR 2017, 167 (173); Wank, EuZW 2018, 21 (24 f.); ders., EuZA 2018, 327 (343 f.). 1051 So ausdrücklich Wank, EuZA 2018, 327 (344). 1043

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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gliedstaaten.1052 Indes ist es bereits im Rechtsgedanken des Äquivalenzprinzips angelegt, dass die Mitgliedstaaten nicht ohne Weiteres bestimmte Personengruppen aus dem Anwendungsbereich ausnehmen dürfen.1053 Auch dann, wenn das Unionsrecht auf nationales Recht verweist, unterliegt die nationale Begriffsbestimmung daher einer Missbrauchskontrolle.1054 Wird diese Grenze nicht überschritten, so hat der EuGH grundsätzlich die nationale Begriffsbestimmung zu akzeptieren.1055 Dies gilt umso mehr, als der politische Versuch zu einer weitergehenden Harmonisierung durch die Kommission gescheitert ist.1056 Der EuGH nimmt nach seiner Rechtsprechungslinie jedoch bereits dann einen willkürlichen Ausschluss und damit einen missbräuchliche Gestaltung an, wenn das in Rede stehende Beschäftigungsverhältnis seinem Wesen nach nicht erheblich anders ist als dasjenige, das zwischen den Beschäftigten, die nach dem nationalen Recht zur Kategorie der Arbeitnehmer gehören. Wann ein erheblicher Unterschied vorliegen soll, bleibt indes weitgehend unklar. Diese Offenheit erlaubt es dem EuGH, den Prüfungsumfang nach Belieben anzupassen.1057 Diese Möglichkeit führt daher dazu, dass die Definitionskompetenz der Mitgliedstaaten umso mehr begrenzt wird, desto umfassender der EuGH seine Kontrolle interpretiert und wahrnimmt.1058 Im Ergebnis wird so eine Systemverschiebung,1059 gerade im Hinblick auf die Definitionskompetenz, zulasten der Mitgliedstaaten bewirkt.1060 Zwar ist zugunsten des EuGH anzumerken, dass auch der vermeintlich „eindeutige“ Wortlaut der Verweisung auf das nationale Begriffsverständnis nicht alleine maßgeblich ist.1061 Dennoch ist die geäußerte Kritik am Rekurs auf einen zumindest autonomisierten Arbeitnehmerbegriff angesichts der drohenden Kompetenzverschiebung durchaus berechtigt.1062 Bereits aus Gründen der Rechtssicherheit, aber auch aus kompetenziellen Gründen wäre es wünschenswert, wenn der Gerichtshof dem Verweis auf das na-

1052

EuGH v. 09. 07. 2015 – C-177/14 (Regojo Dans), AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 13, Rn. 34; v. 13. 09. 2007 – C-307/05 (Del Cerro Alonso), AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 5, Rn. 29; s. auch Temming, SR 2016, 158 (161). 1053 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (327); Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (424 f.); Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a. 1054 Wank, EuZA 2018, 327 (344); ders., EuZW 2018, 21 (22). 1055 Kerwer/Just, EuZA 2016, 62 (66). 1056 S. hierzu Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (324); Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a; Temming, SR 2016, 158 (164 f.) m. Verw. a. KOM(2006) 708 endg. 1057 So Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (326 f.). 1058 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (327). 1059 S. hierzu umfassend Temming, SR 2016, 158 (162 ff.). 1060 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (327). 1061 Hierauf weist zutreffend Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a hin; vgl. jedoch Schmitt, ZESAR 2011, 167 (173), die von einer Wortlautgrenze der Richtlinie ausgeht, gleichwohl jedoch dem EuGH im Ergebnis zustimmt. 1062 Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

tionale Recht wieder vermehrt Beachtung schenken und nicht systemwidrig seine Missbrauchskontrolle ausweiten würde.1063 Gleichwohl muss man die Reichweite der jüngeren Rechtsprechungslinie weiter abwarten. Angesichts der wahrzunehmenden Vereinheitlichungstendenz, die sich besonders in der Rechtssache Ruhrlandklinik zeigte, ist im Anwendungsbereich des Unionsrecht verstärkt von einem autonomisierten Begriffsverständnis auszugehen.1064 Trotz der gescheiterten Vereinheitlichungstendenzen durch die Kommission1065 in den Jahren 2006 und 2019 erweckt es den Eindruck, als sei der Gerichtshof als „Motor der Integration“1066 auf dem besten Weg, der gescheiterten Vereinheitlichung als Ersatzgesetzgeber zuvorzukommen.1067 c) Auswirkungen des autonomen bzw. autonomisierten Arbeitnehmerbegriffs Angesichts der vorangegangenen Ausführungen stellt sich die Frage, wie sich das Unionsrecht auf die Qualifikation als Arbeitnehmer auswirkt. Die Definition des Arbeitnehmers und damit auch die hiermit einhergehende Qualifikation richten sich ohnehin stets dann nach dem nationalen Verständnis, wenn der Sachverhalt nicht dem Anwendungsbereich eines entsprechenden Unionsrechtsakts unterfällt. Liegt einer nationalen Vorschrift daher Unionsrecht zugrunde, so kann eine unterschiedliche Begriffsbildung möglich sein, die in Randbereichen, wie etwa dem GmbH-Geschäftsführer, zu divergierenden Betrachtungen führen kann.1068 Enthält das Unionsrecht eine rechtsakteigene Legaldefinition, so ist diese verbindlich. Liegt dem Sekundärrecht und im arbeitsrechtlichen Kontext vorwiegend der Richtlinie hingegen ein Verweis auf das nationale Recht zugrunde, so ist entsprechend der obigen Ausführungen zu fragen, ob tatsächlich ein rein nationales Verständnis zugrunde gelegt werden kann oder ob nicht zumindest ein autonomisierter Begriff anzuwenden ist.1069 Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit ist es nicht 1063

Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (324); Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a. 1064 So im Ergebnis auch Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (324). 1065 S. hierzu Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (325); Temming, SR 2016, 158 (164 f.). 1066 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (331); Temming, SR 2016, 158 (165). m. Verw. a. Calliess/Kahl, in: Calliess/Ruffert, Art. 4 EUV Rn. 101. 1067 S. hierzu Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (331 f.); kritisch zur Rolle als Ersatzgesetzgeber Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.108a. 1068 Wank, EuZA 2018, 327 (336); dies stellt indes keinen Fall der gespaltenen Auslegung dar. Eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn eine Norm richtlinienüberschießend umgesetzt wurde; a. A. jedoch wohl Wank, a. a. O., der eine gespaltene Auslegung auch bei der divergierenden Auslegung verschiedener Normen erörtert. Eine solche stellt jedoch eine Selbstverständlichkeit dar. Zur gespaltenen Auslegung s. Höpfner, in: Franzen/Gallner/Oetker, AEUV, Art. 288 Rn. 69 ff.; allgemein hierzu s. Pötters, in: JbJZivilrWiss 2014, S. 75 ff. 1069 Vgl. hierzu die Übersicht zum Begriffsverständnis der einzelnen Richtlinien bei Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.109; s. auch Ziegler, Arbeitnehmerbegriffe, passim.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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zielführend, die komplexe Darstellung der einzelnen Arbeitnehmerbegriffe der entsprechenden Richtlinien in allen Facetten darzustellen, sodass insoweit auf die bereits vorhandene Literatur verwiesen wird.1070 Erfordert das Unionsrecht den Rekurs auf einen autonomisierten oder autonomen Arbeitnehmerbegriff, so stellt sich die Frage, ob nicht schon eine Unterordnungsverhältnis vorliegt, welches zu einer faktischen Weisungsbindung führt.1071 Ob ein Unterordnungsverhältnis i. S. d. Rechtsprechung des EuGH vorliegt, ist in jedem Einzelfall anhand aller Gesichtspunkte und aller Umstände, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen, zu prüfen.1072 Im Kontext der Arbeitnehmereigenschaft von Geschäftsführern seien insoweit die Bedingungen zu prüfen, unter denen das Mitglied des Leitungsorgans bestellt wurde, die Art der ihm übertragenen Aufgaben, der Rahmen, in dem diese Aufgaben ausgeführt werden, der Umfang der Befugnisse des Mitglieds und die Kontrolle, der es innerhalb der Gesellschaft unterliegt, sowie die Umstände, unter denen es abberufen werden kann.1073 Es fällt indes auf, dass der EuGH in seinen Entscheidungen zur Arbeitnehmereigenschaft von Geschäftsführern, denen nach nationalem Verständnis keine Arbeitnehmereigenschaft zugutekam, nicht auf den im nationalen Recht anerkannten Trennungsgrundsatz eingegangen ist.1074 Die Rechtsstellung der Mitglieder der Organe juristischer Personen beruht auf zwei voneinander zu trennenden Grundlagen, nämlich der gesellschaftsrechtlichen Organstellung und dem Anstellungsverhältnis.1075 Bereits die faktische Möglichkeit der Einflussnahme durch die Gesellschaft sollte für die Annahme eines Unterordnungsverhältnisses ausreichend sein.1076 Zwar handelt es sich bei dem Fremdpersonal im Rahmen agiler Projektarbeit nur in Ausnahmefällen um einen (Gesellschafter-)Geschäftsführer einer (zu gründenden) Gesellschaft.1077 Dennoch kann sich die Frage stellen, ob nach der Linie des EuGH, nach welcher nicht zwischen Organstellung und Anstellungsverhältnis unterschieden wird, nicht auch erfolgsbezogene Weisungen i. S. d. § 645 BGB zu einer faktischen Unterordnung führen könnten. Es scheint, als würde der EuGH die weit zu verstehende, statusbegründende Weisungsgebundenheit weniger auf die Steuerung der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber beschränken und diesen Aspekt vielmehr 1070

S. etwa Ziegler, Arbeitnehmerbegriffe, passim. Vgl. Schneider, in: MünchArbR, 4. Auflage, § 18 Rn. 54. 1072 S. zuletzt etwa EuGH v. 09. 07. 2015 – C-229/14 (Balkaya), NZA 2015, 861, Rn. 37; v. 11. 11. 2010 – C-232/09 (Danosa), AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 13, Rn. 46. 1073 EuGH v. 09. 07. 2015 – C-229/14 (Balkaya), NZA 2015, 861, Rn. 38; v. 11. 11. 2010 – C-232/09 (Danosa), AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 13, Rn. 47. 1074 S. hierzu Wank, EuZA 2018, 327 (335) m. w. N.; Schubert, ZESAR 2013, 5, (8); Temming, SR 2016, 158 (163). 1075 Henssler, in: MüKo BGB, § 626 Rn. 33. 1076 S. hierzu die bei Schneider, in: MünchArbR, 4. Auflage, § 18 Rn. 54 aufgeführten Entscheidungen des EuGH. 1077 S. auch die Ausführungen zur gesellschaftsvertraglichen Einordnung in Kapitel 2 C. VI. sowie zur Zwischenschaltung einer Gesellschaft in Kapitel 3 C. I. 3. b) cc) (2). 1071

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als Bestandteil eines Unterordnungsverhältnisses auffassen.1078 Auch wenn nach dem hiesigem Verständnis ein werkvertragliches, erfolgsbezogenes Weisungsrecht des Auftraggebers besteht, dem eine Verbindlichkeit gegenüber dem Auftragnehmer zukommt,1079 so führt die Ausübung eines solchen dennoch nicht zu einem vergleichbaren Unterordnungsverhältnis. Zwar ist der Auftragnehmer auch bei erfolgsbezogenen Weisungen an die Vorgaben gebunden, doch geht mit der Weisung nach § 645 BGB zugleich eine Risikoverschiebung einher. Die erfolgsbezogene Weisung wirkt sich daher auf Seiten beider Vertragsparteien aus und sorgt für einen Ausgleich der Interessen. Ein Über-/Unterordnungsverhältnis folgt hieraus nicht. Die erfolgsbezogenen Weisungen sprechen daher nicht für eine unionsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft. Wie die Ausführungen gezeigt haben, decken sich der nationale und der autonome unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff in ihrem Kern. Dennoch lassen sich je nach Kontext zuweilen unterschiedliche Nuancierungen des autonomen Arbeitnehmerbegriffs feststellen. Insbesondere in der Vergangenheit wies der EuGH darauf hin, dass die Bedeutung des Arbeitnehmerbegriffs im Unionsrecht nicht einheitlich sei, sondern vom jeweiligen Anwendungsbereich abhänge.1080 Gleichwohl ist die in jüngerer Vergangenheit festzustellende Vereinheitlichungstendenz nicht von der Hand zu weisen. Insofern gilt es in besonderem Maße, die Entwicklung der EuGHRechtsprechung im Auge zu behalten. Geht der Arbeitnehmerbegriff einer Richtlinie nach alledem über den des § 611a BGB hinaus, so ist eine richtlinienkonforme Auslegung vorzunehmen. Diese wird regelmäßig auch möglich sein.1081 Dabei kann nicht nur § 611a BGB Gegenstand der richtlinienkonformen Auslegung sein, sondern auch jeder andere Arbeitnehmerbegriff in einem arbeitsrechtlichen Spezialgesetz.1082 Die nationalen Gerichte sind gehalten, „bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Absatz 3 AEUV nachzukommen“.1083 Trotz der kritisch zu betrachtenden Vereinheitlichungstendenz handelt es sich bei der Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerbegriff nicht um Ultra-Vires-Akte zu Lasten der mitgliedstaatlichen Regelungskompetenz. Zum einen stellt sich die 1078

Oberthür, RdA 2018, 286 (288). S. hierzu die Ausführungen und Nachweise zur Wirkrichtung des Weisungsrechts in Kapitel 2 C. II. 2. c) bb). 1080 EuGH v. 16. 07. 2009 – C-208/07, BeckRS 2009, 70813, Rn. 68; v. 07. 06. 2005 – C543/03, BeckRS 2005, 70418, Rn. 27; v. 13. 01. 2004 – C-256/01 (Allonby), AP EG Art. 141 Nr. 7, Rn. 63; zustimmend Wank, EuZW 2018, 21 (29), der insoweit auf die teleologische Begriffsbildung verweist; s. zu den Gründen im Einzelnen Junker, EuZA 2016, 184 (190). 1081 Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.112a. 1082 So Sagan, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 1.112a m. V. a. §§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AGG, 2 ArbZG. 1083 EuGH v. 24. 01. 2012 @ C-282/10 (Dominguez), AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 7, Rn. 24; BAG v. 21. 02. 2017 – 1 ABR 62/12, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 67, Rn. 29. 1079

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Frage, ob es sich nicht jeweils nur um innerunionale Kompetenzverstöße handelt. Im Ausgangspunkt kommt im fraglichen Bereich nämlich dem Europäischen Parlament und dem Rat gem. Art. 153 Abs. 2 lit. b AEUV die Kompetenz zur Richtliniensetzung zu. Verweist die entsprechende Richtlinie auf den nationalen Arbeitnehmerbegriff, so übergeht der EuGH nach der hier vertretenen Auffassung den Willen des Richtliniengebers, verstößt aber nicht gegen die primärrechtlich verankerte (Verbands-)Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. Der hieraus folgende Kompetenzverstoß des EuGH würde sich indes auf die innerunionale (Organ-)Kompetenz beschränken. Selbst wenn man auch derartige Verstöße in die Betrachtung miteinbeziehen würde, so wäre aber kein Ultra-Vires-Akt anzunehmen. Ein solcher erfordert eine offensichtliche und strukturell bedeutsame Überschreitung der Kompetenzen zulasten der Mitgliedstaaten.1084 Angesichts der hohen Hürden kann ein solcher Verstoß nicht bereits aufgrund einzelner Judikate des EuGH, weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau, angenommen werden.1085 Damit bleibt es bei der Bindungswirkung der Entscheidungen des EuGH. 3. Anwendung auf die agilen Rollenbilder Eine pauschale Einordnung „der“ agilen Arbeit anhand der zuvor erörterten Grundsätze verbietet sich angesichts der Diversität der agilen Erscheinungsformen und deren Anpassung an die Betriebswirklichkeit1086 sowie der unterschiedlichen Tätigkeiten der Teammitglieder. Dennoch kann man anhand des phänotypischen Ablaufs eines agilen Projekts abstrahierend einige Rückschlüsse für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft des Fremdpersonals ziehen. Dabei zeigt sich, dass das beschworene Damoklesschwert, welches über dem projektbezogenen Fremdpersonaleinsatz schweben soll,1087 bei Einhaltung der agilen Projektmethodik nicht so „gefährlich“ ist, wie es teilweise befürchtet wird. Obwohl die agile Methodik nicht nur in privatrechtlichen Fallgestaltungen angewandt werden kann, so wird jedenfalls in der hiesigen Untersuchung des Fremdpersonaleinsatzes ein privatrechtliches Rechtsverhältnis als zugrundeliegend vorausgesetzt. Als zentrales Merkmal der Arbeitnehmereigenschaft hat sich die Weisungsgebundenheit erwiesen, die zur persönlichen Abhängigkeit führt und sich auf der 1084

BVerfG v. 05. 05. 2020 – 2 BvR 859/15, NJW 2020, 1647, Rn. 116. Vgl. hierzu Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (327); Temming, SR 2016, 158 (162), die zwar von einer immer stärkeren Systemverschiebungen bei der Definitionskompetenz bestimmter Bereiche des europäischen Arbeitsrechts zu Lasten der Mitgliedstaaten ausgehen, indes wohl nicht von einem Ultra-Vires-Akt. 1086 S. hierzu etwa die Darstellung der Fallstudien bei Gubler, Agiles Projektmanagement, passim. 1087 So etwa ausdrücklich Uffmann, NZA 2018, 265; zum dreigliedrigen Rechtsverhältnis s. auch Heise/Friedl, NZA 2015, 129, welche die Frage aufwerfen, ob die flexible Zusammenarbeit unter dem Blickwinkel des AÜG das Ende von Scrum bedeutet. 1085

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Vollzugsebene in der Eingliederung in eine betriebliche Organisationsstruktur zeigen kann. Die Fremdbestimmtheit ist demgegenüber als handwerklich missglückter tautologischer Zusatz zu verstehen, der keine weiteren Erkenntnisgewinne zutage fördert. An diesem Normverständnis des § 611a BGB und damit insbesondere am Merkmal der Weisungsgebundenheit sind die Besonderheiten der agilen Arbeit zu messen. Unproblematisch gestalten sich diejenigen Fälle, in denen die agilen Projektmethoden rein innerbetrieblich und daher mit eigenen Arbeitnehmern durchgeführt werden. Wurde eine arbeitsvertragliche Einordnung gewählt, so spielt es für die Vertragstypeneinordnung keine Rolle, ob und in welchem Umfang entgegen der agilen Methodik dennoch Weisungen erfolgen. Auch vermag eine Nichtausübung des Weisungsrechts an der arbeitsvertraglichen Qualifikation durch die Vertragsparteien nichts zu verändern.1088 Anders sieht dies jedoch in den Fällen aus, in denen keine autonome Qualifikation vorgenommen oder vermeintlich ein Selbständigenvertrag, etwa in Form eines Werk- oder Dienstvertrages gewählt wurde. Hier stellt sich im Sinne der Vertragstypenqualifikation die Frage, ob eine Weisungsgebundenheit entsprechend § 611a Abs. 1 S. 2, 3 BGB vorliegt. Die Besonderheiten der agilen Arbeit zeigen sich anhand des agilen Manifests. Diesem lässt sich nämlich eine weitgehende Weisungsfreiheit entnehmen. Besonders das erste Axiom sowie die Prinzipien 5, 11 und 12 weisen auf die Bedeutung hin, die den selbstbestimmten Individuen und Teams zukommt.1089 Auch daher stößt man bei agilen Projekten teilweise auf einen expliziten vertraglichen Ausschluss des fachlichen, zeitlichen und örtlichen Weisungsrechts.1090 Dennoch stellt sich die Frage, ob mit der agilen Projektmethodik und insbesondere der erst im Rahmen des Projektverlaufs stattfindenden Konkretisierung der Produktvision sowie der intensiven Zusammenarbeit nicht zugleich arbeitsbezogene Weisungen einhergehen. Insoweit muss im Rahmen der vertragstypologischen Einordnung des konkret zu beurteilenden Rechtsverhältnis nicht nur zwischen den einzelnen Aspekten der Weisungsbindung, sondern zudem zwischen den verschiedenen Teamrollen unterschieden werden.1091

1088 Fischels, Der Arbeitsnehmerbegriff, S. 279 m. w. N.; Hromadka, NZA 1997, 569 (576); Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 39. 1089 S. hierzu im Einzelnen Kapitel 1. 1090 Uffmann, NZA 2018, 265 (271); s. hierzu auch die Kritik aus anwaltlicher Sicht Günther/Böglmüller, NZA 2017, 546 (547). 1091 S. zu den unterschiedlichen Rollenbildern Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170 ff.).

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a) Inhaltlich-fachliche Vorgaben Zunächst sind die inhaltlich-fachlichen Aspekte der Weisungsgebundenheit in den Blick zu nehmen. Gerade bei den externen Teammitgliedern handelt es sich häufig um Spezialisten ihrer jeweiligen Disziplin. Nicht selten stellt das fehlende Know-how im Unternehmen den Grund für die Einbeziehung des Fremdpersonals dar. In diesem Fall unterliegt das Fremdpersonal daher schon aufgrund seiner Sachkompetenz keinem umfassenden fachlichen Weisungsrecht.1092 Eine fachliche Weisung kann jedoch losgelöst von der Projektrolle etwa dann vorliegen, wenn das Fremdpersonal angewiesen wird, die Arbeitsleistung mittels bestimmter Mittel des Auftraggebers zu erbringen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn eine bestimmte Software bzw. eine bestimmte IT-Infrastruktur zu nutzen ist.1093 In Abgrenzung zur angewiesenen Nutzung von Arbeitsmitteln i. S. d. § 645 BGB, die für die arbeitsvertragliche Einordnung unerheblich ist, liegt eine inhaltlich-fachliche Weisung nur dann vor, wenn sich die Vorgabe auf die konkrete Leistungserbringung und nicht bloß das Ergebnis selbst bezieht. Zudem werden gerade die Arbeitsmittel im IT-Sektor vielfach vom Fremdpersonal selbst gestellt. Daneben stellt sich die Frage, ob neben den Fällen, in denen entgegen der agilen Methodik arbeitsbezogene Weisungen durch den Auftraggeber erteilt und diese auch befolgt werden, nicht bereits aufgrund der Besonderheiten der agilen Projektmethodik von arbeitsbezogenen Weisungen ausgegangen werden muss. Inhaltlichfachliche Weisungen drohen dabei allenfalls bei Mitgliedern des Entwicklungsteams. Die Rollenbilder des Scrum Masters und des Product Owners befinden sich eher in der Rolle des Weisungsgebers als in der Rolle des Weisungsempfängers. Werden ihnen vom Auftraggeber dennoch Vorgaben zum Projekt erteilt, so beziehen sich diese, wie sich auch sogleich bei den Mitgliedern des Entwicklungsteams zeigt, regelmäßig auf den Erfolg und sind daher für die arbeitsvertragliche Einordnung unbeachtlich. Insbesondere aufgrund der iterativen und inkrementellen Vorgehensweise findet man im Rahmen der agilen Projektarbeit häufig rahmenvertragliche Gestaltungen vor. Diese indizieren jedoch keine inhaltliche Weisungsbindung. Dabei kann im Ergebnis auch dahinstehen, ob eine Pflicht zu Annahme der jeweiligen konkretisierenden Teilprojektverträge besteht. Wurde eine solche vereinbart, so konkretisieren die nachfolgenden iterativen Teilprojektverträge lediglich die im Rahmenvertrag beschriebene Produktvision. Da es sich bei der Vorgabe auch um keine erstmalige arbeitsbezogene Leistungsbestimmung handelt, ist die iterative rahmenvertragliche Gestaltung angesichts der Wertung des § 645 BGB für die arbeitsvertragliche Einordnung unbeachtlich. Besteht keine Pflicht zur Annahme der 1092 Uffmann, Interim Management, S. 215; auf diese Entwicklung wies bereits Hueck, RdA 1969, 216 (218) hin; Wank, in: FS Küttner, S. 5 (13). 1093 So noch Preis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, 47. EL, Teil 22.2 Rn. 28 m. w. N.; vgl. auch Simon/Kuhne, BB 1987, 201 (203), die auf den Aspekt der zeitlichen Weisungsbindung bei zwingenden Zugriffszeiten auf einen Zentralrechner verweisen.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Teilprojektverträge, so kann der Auftraggeber schon nicht einseitig und verbindlich die zu erbringende Leistung festsetzen.1094 Zwar können auch die vertraglichen Vorgaben im Fall der Annahme des Teilprojektvertrages in inhaltlich-fachlicher Hinsicht die Souveränität des Auftragnehmers beschränken, doch führt dies aufgrund der stetigen Befugnis zur Ablehnung nur zu einer graduell geringfügigen Beschränkung. Losgelöst von rahmenvertraglichen Gestaltungen ist den agilen Methoden eine stetige Anpassung immanent. Ziel ist es, mit jeder Iteration dem Endprodukt näher zu kommen. Vor jeder Iteration werden daher die Produktanforderungen in Form der User Stories und das Product Backlog angepasst. Während in einem ersten Schritt die Produktanforderungen, die im jeweiligen Zyklus vom Entwicklungsteam umgesetzt werden sollen, ausgewählt werden,1095 wird im zweiten Schritt teamintern über die Art und Weise der Umsetzung entschieden. aa) Einstellen der User Stories in das Product Backlog Teilweise wird bereits im bloßen Einstellen der User Story in das Product Backlog durch den Product Owner eine Weisung des Auftraggebers gesehen.1096 Mit der Aufnahme der User Story in das Product Backlog wird nämlich zugleich die konkrete User Story an das Entwicklungsteam kommuniziert. Die Mitglieder des Entwicklungsteams sollen sodann die Einträge eigenständig auswählen und realisieren. Legt man der Subsumtion die Prämisse zugrunde, dass das Entwicklungsteam zwar frei in der Verteilung und Organisation der Arbeit ist,1097 aber zumindest konkludent verpflichtet ist, jedenfalls im zeitlichen Rahmen des einheitlichen Projektvertrages die ins Product Backlog eingestellten konkretisierenden User Stories umzusetzen, so führt auch das Einstellen konkretisierender User Stories zu einer verbindlichen Konkretisierung der Leistungspflicht. Dem Fremdpersonal steht es dann nämlich nicht offen, ob eine über die vage Produktvision hinausgehende konkretisierende User Stories umgesetzt wird. Vielmehr müssen die konkreten User Stories in ihrer Gesamtheit bis zum Projektabschluss realisiert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Entwicklungsteam nachfolgend autonom Schritt für Schritt die User Stories auswählen und diese umsetzen muss. Ihnen bleibt inhaltlich nur eine beschränkte Auswahl. Insofern sind die Mitglieder des Entwicklungsteams nicht mehr völlig frei hinsichtlich der inhaltlichen Leistungserbringung. Dennoch ist hierin keine arbeitsbezogene Vorgabe zu sehen. Die Konkretisierung bezieht sich nämlich auf den Projekterfolg, womit von einer erfolgs1094

BAG v. 21. 05. 2019 – 9 AZR 295/18, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 131, Rn. 26. Vgl. hierzu die Ausführungen zum Entwicklungsprozess, Kapitel 1 B. IV. 1096 In diesem Sinne Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487), welche von werkvertraglichen Weisungen ausgehen; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 205, der unter der Prämisse der Doppelfunktionalität von arbeitsbezogenen Weisungen ausgeht. 1097 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zum Entwicklungsprozess, Kapitel 1 B. IV.; so auch Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170). 1095

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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bezogenen Weisung auszugehen ist.1098 Der anfangs nur vage umrissene Erfolg des Gesamtwerks soll mittels der iterativen Vorgehensweise nach und nach konkretisiert und angepasst werden. Die einzelnen Iterationen widmen sich dabei jeweils Teilaspekten des Gesamtergebnisses. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Produktanforderungen zu Beginn des Projektes nur vage definiert sind. Die Konkretisierung bezieht sich dennoch auf den Erfolg. Eine erstmalige arbeitsbezogene Bestimmung des Leistungsinhalts liegt trotz der anfangs nur vage definierten Produktvision1099 gerade nicht vor. bb) Priorisierung der User Stories Auch die Priorisierung der User Stories durch den Projektleiter, etwa in Gestalt des Product Owners, führt zu keiner arbeitsbezogenen Weisungen. Zwar deckt sich die Entscheidung des Fremdpersonals regelmäßig mit dessen Priorisierung, doch kommt dieser angesichts der Freiheit des Entwicklungsteams keine Verbindlichkeit zu. Die Priorisierung ist daher vielmehr als bloßer Wunsch des Projektleiters zu verstehen.1100 Weicht die tatsächliche Durchführung von der agilen Methodik ab und gibt der Product Owner verbindlich die Reihenfolge der zu realisierenden User Stories vor, so führt auch dies nicht zu einer arbeitsbezogenen Weisung. Zwar führt die Festlegung der als nächstes umzusetzenden User Story nicht nur zur Konkretisierung der Produktvision, sondern zugleich zur Vorgabe einer bestimmten Reihenfolge der Leistungserbringung. Dennoch haben bereits die Ausführungen zum erfolgsbezogenen Weisungsrecht gezeigt, dass dieses extensiv verstanden wird und sich auch auf die Einzelinhalte und ihre Reihenfolge bezieht.1101 Die verbindliche Priorisierung der Produktanforderungen und die Weitergabe an das Fremdpersonal stellen daher der Sache nach keine arbeits-, sondern rein erfolgsbezogene Weisungen dar.1102

1098

So auch Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487). Vgl. hierzu Redeker, IT-Recht, Rn. 312, der feststellt, dass dies einer dienst- oder werkvertraglichen Einordnung nicht entgegenstehe; in diesem Sinne ferner Böhm, in: Böhm/ Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 3 Rn. 166, der die Weisungen nach § 645 BGB als Voraussetzung jedweder Form des agilen Projektmanagements ansieht; s. zur Vagheit der Erfolgsdefinition auch Kapitel 2 C. IV. 2. a). 1100 In diesem Sinne auch Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170 f.); vgl. hierzu auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 184; Nicklisch, in: FS Bosch, S. 731 (733). 1101 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. d) bb) (2). 1102 So auch Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (133); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); a. A. hingegen Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 205, der die Aufgaben im Product Backlog für Steuerungsinformationen hält, die arbeitsrechtlichen Weisungen gleichzustellen seien. Hierauf wird sogleich einzugehen sein. 1099

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

cc) Auswahl der konkreten User Story durch das Entwicklungsteam Eine Weisung könnte zudem in der konkreten Auswahl der Aufgabe durch das Entwicklungsteam zu sehen sein.1103 Obwohl die Auswahl unter Einbeziehung des Produktverantwortlichen, regelmäßig dem Product Owner, erfolgt, obliegt die konkrete Auswahl der umzusetzenden Produktanforderungen dennoch autonom dem jeweiligen Entwicklungsteam.1104 Eine vertragliche Vorgabe kommt bei agilen Projekten angesichts der Charakteristika Projektmethodik nicht in Betracht. Damit stellt sich zugleich die Frage, ob eine autonome Entscheidung des mit Fremdpersonal gespickten Entwicklungsteams zugunsten einer User Story überhaupt zu einer Weisungsbindung führen kann. Mit Blick auf die, eine Weisung i. S. d. § 315 BGB prägenden Merkmale der Verbindlichkeit und der Konkretisierung der Leistungspflicht wäre eine Weisung allenfalls dann anzunehmen, wenn die Entscheidung nicht durch einen freiwilligen Konsens innerhalb des Entwicklungsteams gefasst würde,1105 sondern sich mit verbindlicher Wirkung für das einzelne Teammitglied nach dem Mehrheitsprinzip oder nach bestimmten Quoren richten würde. Da eine solche verbindliche Anordnung zudem nicht unmittelbar vom Auftraggeber käme, müsste die potentielle Weisung zudem zurechenbar sein. Weder dem Agilen Manifest noch dem Scrum Guide lässt sich jedoch entnehmen, nach welchen Regeln und mit welcher Konsequenz die Teamentscheidungen zu treffen sind. Insbesondere sieht der Scrum Guide, auf den die Projektverträge regelmäßig verweisen, keine Eskalations- oder Konfliktlösung vor.1106 Wird keine Einstimmigkeit innerhalb des Entwicklungsteams oder zwischen mehreren solcher Teams erreicht, so ist es primär Aufgabe des Servant Leaders, zumeist des Scrum Masters, den Konflikt zu moderieren. Ihm stehen jedoch weder fachliche noch disziplinarische Weisungsrechte zu. Eine zur Weisungsbindung führende Einengung der Souveränität kann daher nur dann eintreten, falls entgegen der agilen Methodik dennoch Weisungen des Moderators und Servant Leaders erteilt werden oder das Entwicklungsteam einer verbindlichen Regelung hinsichtlich der zu treffenden Kollektiventscheidung unterworfen ist. Zudem kommt es gerade in der praktischen Umsetzung der agilen Projektmethoden häufig zu einer verbindlichen Zuordnung der 1103

S. hierzu Kurt, in: Arbeitsrecht im Zeitalter der Digitalisierung, S. 15, die im Kontext der agilen Arbeit vom „Team als Weisungsträger 4.0“ ausgeht; ähnlich auch Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419) an; s. auch Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170); ohne nähere Auseinandersetzung ablehnend, Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 24. 1104 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170). 1105 In diesem Sinne auch Heise, NZA 2017, 1571 (1575) zur einvernehmlichen Abstimmung in zeitlicher Hinsicht; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 242, der darauf verweist, dass die Abfolge der umzusetzenden User Stories und die Zuordnung autonom durch das Team erfolgen. Ob die beschränkte inhaltliche Auswahl und die Pflicht eine der User Stories umzusetzen eine Weisung darstellen, wird von Zurheide indes nicht erörtert. 1106 Daher weist Bortz, MMR 2018, 287 (290) auch darauf hin, dass bereits bei der Vertragsgestaltung auf eine klare Festlegung von Letztentscheidungsrechten geachtet werden soll.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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zu entwickelnden Produktanforderungen durch den auf Arbeitgeberseite stehenden Projektleiter, teilweise auch Product Owner genannt. Liegt demgegenüber eine verbindliche Kollektiventscheidung zugrunde, so wird die Ausübung des Weisungsrechts auf das Kollektiv übertragen.1107 Die vertragliche Unterwerfung unter die Kollektiventscheidung führt zu einer Verpflichtung des einzelnen Teammitglieds, die sich auf der Ebene der Vertragsqualifikation kaum mehr von einer originären Weisung des Auftraggebers unterscheiden lässt. Entsprechende Formen der Aufgabenzuweisung sind in diesem Fall angesichts der vertraglichen Regelung dem Auftraggeber zurechenbar.1108 Ähnlich verhält es sich bei den Projektmethoden des agilen Kanban und XP. Insbesondere das agile Kanban basiert auf dem Pull-Prinzip, d. h. die Aufgaben werden erst dann durch das jeweilige Teammitglied an sich gezogen, wenn hierfür die Kapazitäten bestehen. Im Ergebnis muss das Teammitglied im Rahmen eines einheitlichen Vertragsverhältnisses jedoch zumindest dann eine der im Product Backlog niedergelegten Aufgaben an sich ziehen. Zwar obliegt die konkrete Auswahl dem jeweiligen Teammitglied, doch stellt bereits die Anordnung, eine der begrenzten Anforderung zu realisieren, eine Weisung dar. Vergleichbar stellt es sich bei XP dar, das gleichfalls auf dem Agilen Manifest basiert. Auch wenn die Methodik möglichst weisungsfrei und ohne Aufbürden von Verantwortung, sondern durch Selbststeuerung des Teams verwirklicht werden soll, so müssen auch hier nach und nach die priorisierten Aufgaben verpflichtend umgesetzt werden. Ungeachtet dessen, ob man nach alledem überhaupt von einer Weisung i. S. d. § 611a Abs. 1 S. 3 BGB ausgehen kann, führt auch die verpflichtende Auswahl der konkreten User Story nicht zu einer arbeitsbezogenen Weisung. Wie bereits die Ausführungen zur Priorisierung der konkreten User Story gezeigt haben, erstreckt sich das erfolgsbezogene Weisungsrecht auch auf die konkrete Festlegung der Einzelinhalte und die Reihenfolge dieser.1109

1107

Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (422); Kurt, in: Arbeitsrecht im Zeitalter der Digitalisierung, S. 15; auch das werkvertragliche Weisungsrecht soll abtretbar bzw. übertragbar sein, vgl. hierzu Kleinhenz, Der Generalunternehmervertrag, S. 88 ff., die von einer grundsätzlichen Übertragbarkeit ausgeht, jedoch in anderem Kontext die Übertragung ablehnt; ähnlich auch Fikentscher, AcP 190 (1990), 34 (71); ablehnend Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 33 f., die auf die Dogmatik des § 317 Abs. 2 BGB eingeht und aufgrund der Gleichberechtigung der Teammitglieder eine Unterwerfung unter Kollektiventscheidungen ablehnt. Auch eine Gleichberechtigung steht indes einer Unterwerfung nicht entgegen. Die Unterwerfung kann auch Ergebnis eines demokratischen Vorgangs sein. 1108 Anders kann dies indes in den Fällen des dreigliedrigen Rechtsverhältnisses sein. Teilweise werden dort ganze Entwicklungsteams durch einen Auftragnehmer eingesetzt. Stimmen sich die Mitglieder des Entwicklungsteams als Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers ab, so kann eine entsprechende verbindliche Vorgabe freilich allenfalls dem Auftragnehmer, nicht jedoch dem Auftraggeber zugerechnet werden. 1109 S. hierzu bereits Kapitel 2 C. III. 3. a) bb).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

dd) Festlegung der Art und Weise der Leistungserbringung Auch die Festsetzung der Art und Weise der Umsetzung erfolgt regelmäßig, ohne dass es zu einer arbeitsbezogenen Weisung an das Fremdpersonal kommt. Die Festsetzung erfolgt beim Rahmenwerk Scrum in der dritten Phase des Sprint Plannings. Auch anderen Formen der agilen Projektarbeit ist ein vergleichbares Vorgehen in aller Regel immanent. Angesichts des in geringerem Umfang formalisierten Ablaufs kann die konkrete Festlegung jedoch auch während anderen Ereignissen stattfinden. Nachdem zuvor die umzusetzende User Story ausgewählt wurde, legt das Entwicklungsteam im Zuge dessen die Art und Weise der Umsetzung fest.1110 Dies kann sich sowohl auf die fachliche als auch die zeitliche und örtliche1111 Art und Weise der Durchführung beziehen. In der konkreten Ausführung sind die Mitglieder des Entwicklungsteams jedoch weitgehend frei. Den agilen Projektmethoden ist nämlich gerade die möglichst umfassende Souveränität bei der Umsetzung der User Stories immanent. Während bei der Auswahl der zu realisierenden User Stories noch eine verbindliche Mehrheitsentscheidung des Teams denkbar ist, ist die konkrete fachliche Realisierung den Teammitgliedern anheimgestellt. Kommt es hier zum Konflikt, ist es Sache des Scrum Masters als Moderator, diesen zu schlichten. Die Festlegung der Art und Weise der Durchführung, etwa im dritten Schritt des Sprint Plannings erfolgt daher in aller Regel ohne fachliche Weisungen. Wird nach den dargestellten Maßstäben ausnahmsweise aufgrund einer Teamentscheidung verbindlich die inhaltlich-fachliche, sich auf den Arbeitsvorgang beziehende, Durchführung vorgegeben, so sind diese Vorgaben für die arbeitsvertragliche Qualifikation relevant. Da jedoch im Sinne der agilen Werte und Prinzipien selbst im Falle einer das Fremdpersonal bindenden Teamentscheidung ein weitreichender Freiraum verbleiben soll, führt die Vorgabe regelmäßig nur zu einer graduell geringfügigen Beeinträchtigung der Souveränität des Fremdpersonals. b) Zeitliche Vorgaben Neben der inhaltlich-fachlichen Weisungsgebundenheit müssen aufgrund des formalisierten Ablaufs bei Scrum, ebenso wie bei anderen adaptierten Formen der Projektarbeit, die zeitlichen und örtlichen Aspekte der Weisungsgebundenheit in den Blick genommen werden. Obschon insbesondere der Methode Scrum ein sehr formalisierter Verfahrensablauf immanent ist, wird dies idealtypisch gleichwohl nicht zu einer Fremdsteuerung im Sinne der Weisungsgebundenheit nach § 611a Abs. 1 S. 3 BGB führen. Dem weitgehend weisungsfreien Ansatz der agilen Projektarbeit stehen auch nicht per se die zeitlichen Einschränkungen sowie die notwendige Form der Zusammenarbeit entgegen, die mit der Anwendung von Scrum und anderen 1110

B. IV.

Vgl. hierzu die Ausführungen und Nachweise zum Entwicklungsprozess, Kapitel 1

1111 Die zeitlichen und örtlichen Vorgaben werden nachfolgend erörtert, s. Kapitel 2 C. III. 3. b).

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agilen Methoden einhergehen. Eine Weisungsgebundenheit ist nämlich nur dann anzunehmen, wenn der vermeintliche Arbeitgeber über den Arbeitseinsatz zeitlich verfügen kann, dem Auftragnehmer also kein wesentlicher Spielraum für die Durchführung der Tätigkeit verbleibt. aa) Beschränkung der zeitlichen Souveränität aufgrund des Einstellvorgangs in das Product Backlog Anders als von Hamann erwogen, kann im Einstellvorgang der Aufgaben in das Product Backlog nicht ohne Weiteres eine Steuerung in Form einer, der Weisung gleichzusetzenden Steuerungsinformation oder einer (konkludenten) arbeitsbezogenen Weisung an das Entwicklungsteam gesehen werden. So vertritt Hamann, dass das Einstellen in das Product Backlog nicht nur eine Konkretisierung des werkvertraglich geschuldeten Leistungsgegenstandes darstellt, sondern zugleich eine doppelfunktionale arbeitsbezogene Weisung in zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht enthält.1112 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich die im Product Backlog niedergelegten User Stories regelmäßig nur auf den Erfolg als solchen beziehen. Die Art und Weise der Leistungserbringung bleibt jedenfalls im Idealfall der agilen Projektmethoden den Entwicklungsteams unbenommen.1113 Die Aufgabeneinstellung führt in zeitlicher Hinsicht zu keiner, die Souveränität erheblich einschränkenden, arbeitsbezogenen Vorgabe.1114 So verbleibt dem Entwicklungsteam in aller Regel eine umfassende zeitliche Souveränität. Zwar sehen die agilen Projektmethoden einen iterativen Ansatz vor, doch sind die iterative Leistungszeiträume, bei Scrum auch Sprints genannt, für gewöhnlich so angelegt, dass eine zeitliche Dispositionsbefugnis besteht. Eine Verfügungsmacht des Auftraggebers kann man allenfalls dann annehmen, wenn das dem Fremdpersonal für die zu verrichtende Tätigkeit vorgegebene Zeitfenster so eng bemessen ist, dass eine eigenständige Disposition des Leistungserbringers über die Planung, Organisation und Durchführung der Tätigkeit nicht mehr möglich ist.1115 Maßstab zur Beurteilung der Weisungsbindung ist stets, ob dem Fremdpersonal noch ein substantieller Spielraum bei der Arbeitszeitgestaltung verbleibt. Ein solcher wurde in der Rechtsprechung jedenfalls dann angenommen, wenn das Zeitfenster des Leistungszeitraumes zumindest 24 Stunden umfasste.1116 Beim agilen Projektmanagement ist die Dauer eines Sprints auf einen Zeitraum von etwa zwei bis vier Wochen angelegt.1117 Im Ausgangspunkt kann man daher konstatieren, dass das Fremdpersonal regelmäßig 1112

Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 205. S. hierzu bereits Kapitel 2 C. III. 3. a) aa). 1114 Vgl. hierzu Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (421), die darauf hinweisen, dass der Zeitraum nicht zu eng gestreckt werden darf. 1115 Kloppenburg, in: NK-GA, § 5 BetrVG Rn. 5; Wedde, in: Blanke/Schüren/Wank/ Wedde, Handbuch Neue Beschäftigungsformen, S. 273. 1116 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. d) ee). 1117 S. Kapitel 1 B. IV. 1113

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ausreichende Entscheidungsspielräume hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung hat und im Wesentlichen frei über seine Arbeitszeit disponieren kann.1118 Überdies beruht Hamanns Ansatz bereits auf der zuvor abgelehnten Theorie der Doppelfunktionalität von Weisungen.1119 Vorgaben, die sich auf das Ergebnis beschränken und sich lediglich faktisch auf die Leistungserbringung auswirken, sind für die Feststellung der arbeitsvertraglichen Weisungsgebundenheit ohne Belang. Lediglich im Ausnahmefall von uno actu erfolgenden personenbezogenen Weisungen ist von einer arbeitsvertraglichen Relevanz auszugehen. bb) Beschränkung der zeitlichen Souveränität aufgrund der intensiven Zusammenarbeit Zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit kann indes die nach der agilen Methodik vorgesehene intensive Zusammenarbeit der Teammitglieder führen. Eine solche ist nicht nur bei Scrum, sondern insbesondere auch bei XP, wo die Mitglieder des Entwicklungsteams in Paaren zusammenarbeiten sollen, sowie dem agilen Kanban vorgesehen. Nicht nur zwischen den jeweiligen Teammitgliedern, sondern auch im Verhältnis zum Auftraggeber wird eine enge Integration und eine intensive Kommunikation vorausgesetzt. Dieser wird im Agilen Manifest gar Vorrang vor Vertragsverhandlungen und deren Ergebnissen eingeräumt. Im Gegensatz zu klassischen Projektmethoden bedarf es hier einer intensiven Mitarbeit des Auftraggebers. Den agilen Projektmethoden sind daher regelmäßig stattfindende Teambesprechungen immanent. (1) Mitglieder des Entwicklungsteams Die Mitglieder des Entwicklungsteams sind umfassend in den Entwicklungsprozess und dessen Ereignisse eingebunden. Bei der Beurteilung der zeitlichen Weisungsgebundenheit ist zum einen zu berücksichtigen, ob sich das Fremdpersonal als Mitglied des Entwicklungsteams der Dispositionsbefugnis des Auftraggebers unterwirft. Ist dies der Fall, so muss zudem der Umfang der graduellen Beschränkung der persönlichen Abhängigkeit in den Blick genommen werden. Zu einer Beschränkung der zeitlichen Souveränität kann es kommen, wenn die Mitglieder des (gemischten) Entwicklungsteams an den jeweiligen Ereignissen während des Entwicklungsprozesses teilnehmen müssen. Eine zentrale Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob sich das Fremdpersonal hinsichtlich der zeitlichen Lage des Ereignisses dem Willen des Auftraggebers oder der ihm zurechenbaren Personen unterwerfen muss.

1118

Auf faktische Zwänge oder Wünsche kommt es insoweit nicht an. Entscheidend sind vielmehr lediglich die verbindlichen Anordnungen, vgl. hierzu etwa schon Hanau/Strick, DBBeilage Nr. 14 1998, 1 (8). 1119 S. Kapitel 2 C. III. 1. d) bb) (3).

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Wird die agile Projektarbeit idealtypisch unter Beachtung der agilen Werte und Prinzipien durchgeführt, so erfolgt die Organisation und Abstimmung hinsichtlich des Entwicklungsprozesses im Einvernehmen der Teammitglieder und somit auf freiwilliger Basis. Eine Beschränkung der zeitlichen Souveränität liegt in diesem Fall nicht vor.1120 Einen Beitrag hierzu leistet auch die Digitalisierung, die zu einer „Entgrenzung“ der Arbeit führt1121 und eine flexible und spontane Abstimmung zwischen den Beteiligten ermöglicht. Die Teilnahme an Ereignissen als solche ist irrelevant für die arbeitsvertragliche Einordnung. Teammeetings finden ebenso wie ein projektbegleitendes Qualitätsmanagement nicht nur in arbeitsvertraglichen Gestaltungen, sondern auch bei anderen Vertragstypen statt. Auch vom Auftraggeber oder von Teammitgliedern geäußerte Wünsche berühren nicht die Möglichkeit der freien Bestimmung der Arbeitszeit, solange rechtlich die Freiheit zur Ablehnung gegenüber dem Auftraggeber besteht. Auch die Rücksichtnahme auf die Geschäftszeiten ist für sich genommen unerheblich. Greift der Auftraggeber jedoch auf Fremdpersonal zur Unterstützung des Inhouse-Teams zurück, so wird nicht selten von dieser idealtypischen Durchführung abgewichen. Das Fremdpersonal wird dann verpflichtet, an den vom Auftraggeber bzw. dessen Team terminierten Ereignissen teilzunehmen. Die agile Projektmethodik sieht, dies zeigt auch der formalisierte Entwicklungsprozess bei Scrum, eine umfassende Beteiligung der Mitglieder des Entwicklungsteams vor. Diese sind dem Scrum Guide zufolge in alle Ereignisse, insbesondere auch die Daily Scrums, miteinzubeziehen. Die Ereignisse sollen dabei stets zur gleichen Zeit am gleichen Ort stattfinden.1122 Zwar wird insoweit der Ablauf des Entwicklungsprozesses insoweit planbarer. Doch führt auch die insoweit verbindliche Vorgabe hinsichtlich Ort und Zeit zur Beschränkung der persönlichen Freiheit. Obwohl nach der extensiven Rechtsprechung auch die Anweisung, eine bestimmte Methode zu verwenden, als erfolgsbezogene Weisung i. S. d. § 645 BGB aufgefasst werden kann,1123 heißt dies nicht, dass auch die verpflichtende Teilnahme an den der Methodik immanenten Ereignissen irrelevant wäre. Lediglich die Wahl der Methode selbst bezieht sich auf das Ergebnis, nicht jedoch die konkrete zeitliche Lage des jeweiligen Ereignisses. Nicht jede zeitliche Vorgabe führt jedoch zu einer graduell erheblichen Beschränkung der zeitlichen Dispositionsbefugnis und damit zu einer arbeitsvertraglichen Qualifikation. Nach der zutreffenden Rechtsprechung spricht etwa eine zeitliche Belastung von 75 Minuten wöchentlich noch nicht entscheidend für den Arbeitnehmerstatus. Ebenso stellt die Verpflichtung, an einem bestimmten Wochentag zur Besprechung zu erscheinen, noch keine derart gravierende Beschrän-

1120 S. hierzu auch Heise, NZA 2017, 1571 (1575); ders., in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170). 1121 S. zur Entgrenzung der Arbeit Preis/Wieg, AuR 2016, 313 (320). 1122 S. hierzu bereits Kapitel 1 B. IV. 1123 Vgl. hierzu auch Kapitel 2 C. III. 1. d) bb) (2).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

kung der zeitlichen Souveränität dar, die einer selbständigen Tätigkeit entgegenstünde.1124 Betrachtet man etwa die bei Scrum vorgesehenen Events des Sprint Plannings, des Daily Scrums, des Sprint Reviews und die Sprint Retrospektive, so zeigt sich, dass hier nicht bloß einzelne Teammeetings vorgesehen sind, sondern sich verschiedene Events zeitlich kumulieren. Während die Daily Scrums mit einer Dauer von nur etwa 15 Minuten pro Tag noch einen geringen zeitlichen Umfang einnehmen, der für sich genommen kaum zu einer erheblichen zeitlichen Beschränkung führt, nehmen die übrigen Events im Rahmen des Entwicklungsprozesses schon einen größeren zeitlichen Umfang ein. So sieht der Scrum Guide etwa für das Sprint Planning eines einmonatigen Sprints einen zeitlichen Umfang, auch Time Box genannt, von bis zu acht Stunden vor.1125 Freilich findet dieses Event nicht täglich, sondern nur zu Beginn einer jeweiligen Iteration, also alle zwei bis vier Wochen statt. Vergleichbar verhält es sich beim sog. Sprint Review, für welches eine Time Box von vier Stunden angesetzt wird, sowie bei der Sprint Retrospektive, für welche bei einem einmonatigen Sprint drei Stunden angesetzt werden.1126 Bei kürzeren Sprintzyklen wird entsprechend weniger Zeit für das einzelne Event aufgewendet.1127 Ausgehend von einer 40Stunden-Woche nehmen die Sprint-Ereignisse während der Dauer eines Sprints etwa 10 % der verfügbaren Zeit ein. Stellt man dies der vorgenannten Rechtsprechung gegenüber, so muss man im Fall der verpflichtenden Teilnahme an allen Ereignissen trotz der verhältnismäßig kurzen zeitlichen Beschränkung wohl von einer graduell bedeutsamen Beschränkung der Souveränität ausgehen.1128 Zwar steht aufgrund der zyklischen und iterativen Vorgehensweise bereits von Beginn an fest, an welchen Tagen die jeweiligen Ereignisse stattfinden, doch führt insbesondere die Teilnahme am Daily Scrum trotz der nur kurzen Dauer zu einer täglichen Einschränkung der freien Zeiteinteilung. Anders kann die Beurteilung ausfallen, wenn zumindest auf die verpflichtende Teilnahme am Daily Scrum verzichtet wird. In diesem Fall finden nur selten verpflichtende Ereignisse statt. Zudem sind die Mitglieder des Entwicklungsteams jenseits dieser Teammeetings in aller Regel frei in der zeitlichen Gestaltung ihrer Tätigkeit. Vergleichbar verhält es sich bei der zeitlich eingeschränkten Zurverfügungstellung von Räumen durch den Auftraggeber. Auch hier muss die zeitliche Beschränkung der Souveränität ein Ausmaß annehmen, das dem Fremdpersonal den substantiellen Spielraum bei der Ausführung seiner Tätigkeit entzieht. Verbleibt dem 1124

S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. d) ee). S. hierzu bereits Kapitel 1 B. IV. 1126 S. hierzu bereits Kapitel 1 B. IV. 1127 Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 9, 12. 1128 Vgl. hierzu BAG v. 27. 03. 1991 – 5 AZR 194/90, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 53; vgl. auch zu Berichtspflichten BAG v. 25. 05. 2005 – 5 AZR 347/04, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 117; Spinner, in: MüKo BGB, § 611a Rn. 96; Uffmann, Interim Management, S. 219. 1125

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Fremdpersonal ein erheblicher Spielraum, so folgt aus der zeitlich befristeten Zurverfügungstellung eines Raumes noch keine zeitliche Weisungsgebundenheit.1129 Stimmen sich die Teammitglieder jedoch idealtypisch entsprechend den agilen Werte und Prinzipien einvernehmlich ab, so führt auch die Teilnahme an den Ereignissen nicht zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. (2) Rollenbild des Product Owners Die Beurteilung der graduellen Beschränkung der zeitlichen Souveränität des Product Owners unterscheidet sich von derjenigen der Mitglieder des Entwicklungsteams. Greift der Auftraggeber ausnahmsweise1130 auf einen externen Product Owner zurück, so geht mit dieser Rolle ein ebenso intensiver Abstimmungsbedarf wie beim internen Projektleiter einher. Der Product Owner muss als Projektleiter und „verlängerter Arm“ des Auftraggebers stets die Produktanforderungen aktualisieren. Regelmäßig führt dies zu einer engen Einbindung in die unternehmensinternen Abläufe und zu einer intensiven Abstimmung mit dem Auftraggeber und etwaigen Stakeholdern. Bereits im Scrum Guide wird darauf hingewiesen, dass die Integration und Interaktion je nach Organisation, Scrum Team und Einzelpersonen stark variieren kann.1131 Freilich sollte die Abstimmung und Organisation jedoch auch hier im Einvernehmen erfolgen. Auch der Product Owner soll als Teil des agilen Projektteams möglichst frei seiner Tätigkeit nachkommen können. Geht man daher davon aus, dass die Abstimmung des Product Owners mit dem Auftraggeber und den Stakeholdern im Sinne der agilen Werte und Prinzipien im Einvernehmen erfolgt, so stellt sich ungeachtet dessen die Frage, ob nicht die Teilnahme an den Ereignissen des Entwicklungsprozesses zu einer Weisungsgebundenheit führt. Der Product Owner ist bereits aufgrund seiner Rolle in aller Regel verpflichtet, an den jeweiligen Ereignissen teilzunehmen. Trotz der grundsätzlich exponierten Stellung des Product Owners und der im Scrum Guide zumindest in Bezug auf die Erstellung des Product Backlog vorgesehenen Pflicht der Teammitglieder, die Entscheidung des Product Owners zu respektieren,1132 hat auch der Product Owner keine alleinige Kompetenz, um die jeweiligen Ereignisse eigenständig terminieren zu können. Insofern kann der Product Owner auch zur Teilnahme an Ereignissen verpflichtet sein, die nicht in seinem Einvernehmen vereinbart wurden. Legt man der Betrachtung den Entwicklungsprozess der Scrum-Methode als Standard zugrunde, so zeigt sich, dass der Product Owner im Fall der idealtypischen Durchführung anhand des Scrum Guides jedoch lediglich am Sprint Planning, dem Sprint Review und der Sprint Retrospektive teilnehmen muss. Eine Teilnahme an den 1129 1130 1131 1132

BAG v. 21. 11. 2017 – 9 AZR 117/17, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194. S. hierzu Kapitel 1 B. I. Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 5. Schwaber/Sutherland, Der Scrum Guide, S. 5.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Daily Scrums ist hingegen nicht erforderlich. Zieht man die obigen Maßstäbe heran,1133 so liegt eine nur graduell unerhebliche Beschränkung der zeitlichen Souveränität vor. Die Teilnahme an drei Events, die jeweils nur alle zwei bis vier Wochen stattfinden, vermag noch keine für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses erforderliche zeitliche Weisungsgebundenheit zu begründen. Anders kann die Beurteilung jedoch ausfallen, wenn dem Product Owner die zeitliche Lage bezüglich der Abstimmung mit dem Auftraggeber und den Stakeholdern vorgegeben wird oder der Product Owner über die Vorgaben des Scrum Guide hinaus an den Daily Scrums teilnehmen muss. Etwaige zeitliche Vorgaben sind zudem nicht aufgrund der Natur der Tätigkeit unbeachtlich. Zwar setzt die Tätigkeit die intensive Abstimmung als solche voraus, nicht jedoch, dass sich das Fremdpersonal stets nach den Zeiten des Auftraggebers zu richten hat. Werden konkrete Vorgaben zur Arbeitszeit erteilt, so ergeben sich diese nicht zwingend aus der Natur der Tätigkeit. Je nach Einzelfall und Abstimmungsintensität kann sich hieraus eine erhebliche Einschränkung der Souveränität ergeben. (3) Rollenbild des Scrum Masters Auch eine moderierende Fachkraft wie der Scrum Master kann umfassenden zeitlichen Beschränkungen unterliegen. Der Scrum Master hat als Moderator und Servant Leader die während des Entwicklungsprozesses auftretenden Hindernisse zu beseitigen, der Entstehung solcher entgegenzuwirken und die entstehenden Probleme zu lösen. Die Tätigkeit muss daher parallel zur Tätigkeit des Entwicklungsteams erbracht werden. Nur so können etwa unliebsame arbeitsbezogene Weisungen verhindert werden. Wird die genaue Zeit der Meetings wie üblich im Einvernehmen festgelegt, so liegt schon keine relevante arbeitsbezogene Weisung vor.1134 Wird von der vorgesehenen Organisation auf freiwilliger Basis abgewichen, so droht beim Scrum Master eine starke Beschränkung der zeitlichen Dispositionsbefugnis. Der Scrum Master nimmt nämlich ebenso wie das Entwicklungsteam regelmäßig an sämtlichen Ereignissen teil. Zwar ist das Daily Scrum nach dem Scrum Guide ein internes Ereignis für das Entwicklungsteam, doch muss der Scrum Master nicht nur dafür sorgen, dass das Ereignis stattfindet, sondern auch, dass das Ereignis nicht von Dritten gestört wird. Daher wird der Scrum Master regelmäßig auch während der Daily Scrums tätig. Muss sich der Scrum Master auch hinsichtlich der Daily Scrums nach den Vorgaben des Auftraggebers oder dessen Entwicklungsteam richten, so liegt eine erhebliche, die arbeitsvertragliche Einordnung indizierende zeitliche Weisungsgebundenheit vor. Wie beim Product Owner folgt auch beim Scrum Master die Beschränkung nicht aus der Natur der Tätigkeit. Zwar erfordert die Tätigkeit die parallel zum Ent1133

S. zum zeitlichen Umfang der jeweiligen Ereignisse Kapitel 2 C. III. 3. b) aa). Heise, NZA 2017, 1571 (1575); ders., in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170). 1134

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wicklungsteam erfolgende Leistungserbringung. Es ist jedoch nicht ersichtlich, weshalb die zeitliche Vorgabe zwingend vom Auftraggeber erfolgen muss. Andernfalls wäre der Scrum Master verpflichtet, sich stets den zeitlichen Vorgaben des Entwicklungsteams anzupassen. c) Örtliche Vorgaben Gerade in denjenigen Branchen, in denen auf agile Projektmethoden zurückgegriffen wird, bietet sich regelmäßig die Möglichkeit, im Home- oder Global-Office1135 tätig zu werden. Eine physische Anwesenheit ist insbesondere bei agilen Projekten oftmals nicht mehr zwingend erforderlich.1136 Künftig wird sich dieser Trend zur zeitlich und örtlich entgrenzten Arbeit noch verstärken. Hierauf lässt nicht nur die fortschreitende technische Entwicklung, sondern auch die Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie schließen.1137 Über die zeitliche Souveränität hinaus, wirkt sich dieser Umstand zugleich auf die örtliche Weisungsbindung aus. Vielfach sehen Projektverträge im Kontext der agilen Arbeit zudem keinen vertraglich festgelegten Einsatzort vor. Enthält der Vertrag daher keine örtlichen Vorgaben und wird das Fremdpersonalkraft auch nicht zur ortsgebundenen Leistung angewiesen, so dass sie den Arbeitsort selbst bestimmen kann, dann spricht dies wiederum für eine Selbständigkeit.1138 Dennoch muss man gerade vor dem Hintergrund der tatsächlichen Leistungserbringung und immanenter Vorgaben zwischen den verschiedenen Teamrollen unterscheiden. aa) Mitglieder des Entwicklungsteams Eine abstrahierende Aussage zur örtlichen Weisungsbindung der Mitglieder des Entwicklungsteams lässt sich nicht treffen. Zwar hebt das sechste Prinzip des agilen Manifests die Bedeutung eines persönlichen Austausches von Angesicht zu Angesicht hervor. Dies heißt jedoch nicht, dass dies zwingend auch gemeinsam vor Ort erfolgen muss. Dies gilt ebenso für das bei XP vorgeschlagene paarweise Programmieren bzw. Entwickeln. Die Methodik zielt vielmehr auf die unmittelbare Interaktion ab. Diese kann ohne Weiteres mittels der modernen Informations- und Kommunikationssysteme erfolgen. Die zunehmende Verbreitung entsprechender Systeme hat bereits in vielen Bereichen zu einer räumlichen Entgrenzung der Arbeit beigetragen. Insbesondere bei wissensbasierten Entwicklungs- und Programmier1135

S. hierzu etwa Preis, SR 2017, 173 (174 f.). S. Zieglmeier, in: KassKomm, § 7 SGB IV Rn. 205, der davon ausgeht, dass dies sogar in aller Regel der Fall ist; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 242. 1137 S. hierzu Granetzny/Markworth, in: Hohenstatt/Sittard, Arbeitsrecht in Zeiten von Corona, IX.1. 1138 Vgl. Uffmann, Interim Management, S. 219. 1136

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

tätigkeiten ist es oftmals möglich, als sog. Remote-Teams übergreifend zwischen Mitgliedern des Entwicklungsteams an der Umsetzung einer User Story zu arbeiten. Die Praxis weicht von der intendierten möglichst umfassenden Weisungsfreiheit mitunter erheblich ab. Teilweise wird etwa die ortsgebundene gemeinsame Entwicklungsarbeit mit den eigenen Inhouse-Fachkräften vorausgesetzt. Dies gilt insbesondere, wenn nur einzelne Fachkräfte das interne Team unterstützen sollen. Erbringt das Fremdpersonal die Tätigkeit verpflichtend onsite, so ist danach zu fragen, ob sich die Notwendigkeit zur Leistungserbringung auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers bereits aus der Natur der geschuldeten Leistung ergibt. Die örtliche Bindung ist nur dann zu vernachlässigen, wenn die Leistungserbringung vor Ort gerade keinen Ausdruck der Verfügungsmacht des Auftraggebers darstellt, sondern sich aus der Natur der geschuldeten Dienstleistung ergibt.1139 Regelmäßig kann die weitgehend wissensbasierte Leistung der Mitglieder des Entwicklungsteams jedoch ortsunabhängig erbracht werden. Die Mitwirkung an der Entwicklungsarbeit kann von nahezu jedem Ort erbracht werden. Zwar setzt die agile Projektmethodik auch einen intensiven Austausch der Mitglieder des Entwicklungsteams voraus, doch haben insbesondere auch die Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie eindrücklich gezeigt, dass eine enge Abstimmung und Kommunikation vielfach auch virtuell möglich ist. Im Einzelfall kann dennoch ein zwingendes Erfordernis zur ortsgebundenen Leistungserbringung bestehen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn für die Entwicklungstätigkeit zwingend auf unternehmensinterne Strukturen, etwa bei der Entwicklung eines Prototyps in der Automobilindustrie im Entwicklungszentrum, zurückgegriffen werden muss und die (unterstützende) Tätigkeit nur vor Ort erbracht werden kann. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn physische Tätigkeiten vor Ort erforderlich sind. Lässt man die eher seltenen Fälle einer zwingenden Ortspräsenz außen vor, so folgt aus der Natur der Tätigkeit in aller Regel keine Beschränkung auf eine ortsgebundene Leistung. Entsprechende Weisungen zum ortsgebundenen Arbeiten sind dann auch für die arbeitsvertragliche Einordnung bedeutsam. Als Reaktion auf die aus Unternehmenssicht bestehende Gefahr der Eingliederung in bestehende räumliche Organisationsstrukturen und die damit drohende örtliche Weisungsgebundenheit, wird teilweise der Versuch unternommen, das Fremdpersonal nicht mehr in bestehende Organisationsstrukturen einzugliedern, sondern stattdessen das eigene Personal in externe Strukturen auszugliedern. Hierzu richten Unternehmen sog. Garagen ein, also kreativitätsfördernde und an die IT angepasste Räumlichkeiten, in welche sich die gemischten Teams sodann während des Sprints zurückziehen können.1140 Dies soll der projekt- und bedarfsorientierten

1139 1140

Uffmann, Interim Management, S. 219 m. w. N. Koch, BB 2017, 387.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Zusammenarbeit mit externen Fachkräften dienen.1141 Hier zeigt sich die Nähe der agilen Arbeitsmethoden zur Start-up-Szene. Eine solche Ausgliederung trägt jedoch nur dann zur effektiven Vermeidung arbeitsbezogener Weisungen bei, wenn keine Pflicht zur Nutzung der externen „Garagen“ besteht. bb) Rollenbild des Product Owners Obschon die Rolle des Product Owners als Projektleiter regelmäßig durch Mitarbeiter des Auftraggebers besetzt werden, sind insbesondere im Fall des fehlenden Know-hows beim Auftraggeber auch Projekte vorstellbar, in denen die Rolle zumindest zusätzlich mit Fremdpersonal besetzt wird. Wird von der freiwilligen Organisation und Verabredung abgewichen und muss der Product Owner etwa aufgrund der intensiven Abstimmung mit dem Auftraggeber oder dem Team die Tätigkeit ortsgebunden erbringen, so stellt sich auch hier die Frage, ob sich die Einschränkung der Souveränität nicht schon aus der Natur der Tätigkeit ergibt. Uffmann verweist im ähnlich gelagerten Fall des Interim Managements darauf, dass sich die onsite-Leistungserbringung bereits aus der Natur der Sache ergibt. Die Tätigkeit gehe nämlich zwingend mit der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Vertragspartners und dem Transfer von Know-how einher. Hierzu bedürfe es der Ortspräsenz.1142 Ein aus der Natur der Tätigkeit resultierendes Erfordernis zur onsite-Leistungserbringung kann bei den agilen Rollenbildern jedoch nicht ohne Weiteres angenommen werden. Grundlegend kann bereits daran gezweifelt werden, ob bereits die auf Zusammenarbeit und den Transfer von Know-how angelegte Tätigkeit ein zwingendes Erfordernis zur onsite-Leistungserbringung mit sich bringt. Zwar erfordert besonders die Tätigkeit eines Product Owners als Projektleiter, aber auch diejenige des Scrum Masters als Moderator eine regelmäßige Interaktion und Abstimmung. Eine solche kann jedoch, sowohl mit dem Auftraggeber und den Stakeholdern als auch mit den Mitgliedern des Entwicklungsteams, auch bei komplexen, wissensbasierten und interaktiven Tätigkeiten regelmäßig virtuell und damit ortsungebunden erfolgen. Daher kann nur dann ein Erfordernis zur onsite-Leistungserbringung aus der Natur der Tätigkeit resultieren, wenn die konkrete Form der geschuldeten Leistungserbringung nicht unter Zuhilfenahme der Informations- und Kommunikationstechnologie erbracht werden kann und eine Ortspräsenz zwingend nötig ist. In Anlehnung an das beim Entwicklungsteam angeführte Beispiel kann ein solches zwingendes Erfordernis zur ortsgebundenen Leistungserbringung beim Product Owner etwa vorliegen, wenn dieser an der Realisierung von Prototypen im internen Entwicklungszentrum des Auftraggebers mitwirken und dort die Fertigstellung physischer Ergebnisse anhand der Definition-of-Done beurteilen muss. 1141 1142

Heise, NZA 2017, 1571 (1574); Koch, BB 2017, 387. Uffmann, Interim Management, S. 219 f.

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cc) Rollenbild des Scrum Masters Auch der Scrum Master als Moderator und Servant Leader wird vielfach ortsgebunden tätig sein. Dies gilt erst recht, wenn ein Entwicklungsteam onsite oder in einer sog. Garage tätig wird. Regelmäßig ist der Scrum Master dann verpflichtet, die Tätigkeit am Einsatzort des Entwicklungsteams zu erbringen. Auch in diesem Fall indiziert die arbeitsbezogene Vorgabe jedoch nur dann eine arbeitsvertragliche Weisungsgebundenheit, wenn sich die Notwendigkeit zur ortsgebundenen Leistung nicht aus der Natur der Tätigkeit ergibt. Ob die Tätigkeit eines Scrum Masters zwingend ortsgebunden erfolgen muss, hängt von der konkreten Ausgestaltung des Entwicklungsprozesses ab. Anders als beim Product Owner, der sich nur zwingend mit den Beteiligten abstimmen muss, ist es die Aufgabe des Scrum Masters, über die Einhaltung der agilen Methodik zu wachen und Reibungspunkte zu verhindern. Stets muss er im Zuge dessen darauf achten, dass nicht entgegen der Methodik Weisungen an das Entwicklungsteam erteilt werden. Wird das Entwicklungsteam daher ortsgebunden beim Einsatzunternehmen tätig, so kann auch die Tätigkeit des Scrum Masters nur sinnvoll vor Ort beim Entwicklungsteam erbracht werden. Agiert das Entwicklungsteam jedoch selbst nur mittels moderner Informations- und Kommunikationssysteme, so bedarf es auch nicht zwingend der Ortspräsenz des Scrum Masters. 4. Ergebnis Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die agile Methodik für sich genommen nicht mit arbeitsbezogenen Vorgaben einhergeht. Dies gilt unabhängig vom konkreten Rollenbild. Dennoch darf nicht verkannt werden, dass in der Praxis aufgrund der intensiven Zusammenarbeit und des formalisierten Entwicklungsprozesses mitunter arbeitsbezogene Weisungen erteilt werden. Wie sich aus § 611a Abs. 1 S. 3 BGB ergibt, muss die Weisungsgebundenheit wesentlich sein, wobei es ausreichend ist, wenn das Kriterium der Weisungsgebundenheit überwiegend erfüllt ist.1143 Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach einer Gesamtschau, in welche die drei Komponenten der fachlichen, zeitlichen und örtlichen Weisungsgebundenheit einzubeziehen sind.1144 Dies ist zwangsläufig mit einer vom Rechtsanwender vorzunehmenden Gewichtung der einzelnen Aspekte sowie einer wertenden Entscheidung verbunden.1145 Die unterschiedlichen Aspekte der Weisungsgebundenheit müssen kumuliert zu einer erheblichen Beschränkung der unternehmerischen Freiheit führen, um in diesem Sinne eine Weisungsgebundenheit i. S. d. § 611a BGB annehmen zu können. Nur partielle und graduell geringfügige arbeitsbezogene Vorgaben begründen noch keine wesentliche Weisungsgebundenheit. Werden die agilen Werte 1143 1144 1145

Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 114; Wank, AuR 2017, 140 (148). S. hierzu auch Wank, AuR 2017, 140 (148). Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 112; Wank, AuR 2017, 140 (148).

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und Prinzipien konsequent eingehalten, so sind die Drittkräfte in aller Regel weitgehend frei in der Gestaltung ihrer Leistungserbringung. Eine arbeitsvertragliche Einordnung ist daher losgelöst vom konkreten Rollenbild des Fremdpersonals regelmäßig nicht geboten. Ein anderes Ergebnis liegt im Einzelfall nur dann nahe, wenn dem Fremdpersonal aufgrund der intensiven Zusammenarbeit und Kommunikation eine orts- und zeitgebundene Tätigkeit vorgegeben wird. Die idealtypische Durchführung sollte jedoch einvernehmlich, in autonomer Abstimmung der Beteiligten und damit im Ergebnis möglichst weisungsfrei erfolgen. Stets muss dabei auch geprüft werden, ob das jeweilige, unter dem Deckmantel der Eingliederung vorgebrachte Kriterium, wie etwa die Aufnahme in Dienstpläne oder der Rückgriff auf personelle und sachliche Mittel des Auftraggebers, nicht vielmehr auf eine tatsächliche Weisungsbindung hindeutet. Eine eigenständige, über die zur Feststellung der Weisungsgebundenheit hinausgehende, Bedeutung kommt der Eingliederung nicht zu. Viele der Aspekte, die im Rahmen der Eingliederung diskutiert werden, können jedoch im konkreten Fall Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien zulassen. Behandelt der Auftraggeber das vermeintliche Fremdpersonal durchweg wie eigene Mitarbeiter, was sich etwa in einem einheitlichen äußeren Erscheinungsbild oder der Nutzungsmöglichkeit der Sozialeinrichtungen zeigen kann, so kann dies indiziell bereits für einen Parteiwillen sprechen, der auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Auch die sog. funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess bedingt kein anderes Ergebnis. Vornehmlich bei Diensten höherer Art, deren Weisungsgebundenheit typischerweise zumindest eingeschränkt ist, griff das BSG1146 zur Beurteilung der Beschäftigung nach § 7 SGB IV auf die Feststellung zurück, nach welcher die Weisungsgebundenheit bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sei. Vereinzelt wurde diese Rechtsprechung in der Folge vom BAG aufgegriffen.1147 Der Rückgriff auf diese Formel führte jedoch nicht zur Abkehr einer nachzuweisenden Weisungsabhängigkeit.1148 In der Sache wurde nämlich auch unter dieser Formel lediglich die örtliche und zeitliche Souveränität erörtert. Zudem kann die Weisungsbindung nur dann verfeinert sein, wenn überhaupt eine Weisungsbindung als solche besteht.1149 1146 Grundlegend BSG v. 29. 03. 1962 – 3 RK 74/57, BSGE 16, 289 (294); v. 29. 8. 2012 – B 12 KR 25/10 R, NZS 2013, 181, Rn. 23; jüngst v. 18. 11. 2015 – B 12 KR 16/13 R, NJOZ 2016, 666. 1147 BAG v. 13. 01. 1983 – 5 AZR 149/82, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 42, aus den Gründen B.II.1. 1148 Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 338; Stindt, NZS 2018, 481 (487) zur sozialgerichtlichen Rechtsprechung. 1149 So auch Kania, NZS 2020, 878 (881 f.); Stindt, NZS 2018, 481 (487) zur vergleichbaren Frage der Beschäftigung nach § 7 SGB IV; Wank, AuR 2017, 140 (151) hingegen meint, eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess könne auch dann zur persönlichen

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

IV. Dienst- und werkvertragliche Dichotomie Neben den arbeitsvertraglichen Gestaltungen kommt insbesondere den dienstund werkvertraglichen Gestaltungen eine erhebliche Bedeutung in der Praxis zu. Ebenso können gesellschaftsrechtliche Gestaltungen oder „Mischformen“ in Betracht kommen.1150 Zumindest theoretisch ist darüber hinaus eine Qualifikation als Werklieferungsvertrag i. S. d. § 650 BGB denkbar.1151 Lässt sich bei der vorrangigen Prüfung des gelebten Rechtsverhältnisses kein Arbeitsverhältnis positiv feststellen, so bedarf es dennoch der positiven Einordnung unter eine andere vertragliche Form des Fremdpersonaleinsatzes.1152 Schüren hat im Kontext des dreigliedrigen Rechtsverhältnisses insoweit zutreffend festgestellt, dass zwar auch dies die Kenntnis der Grenzlinie voraussetzt, man sich dieser jedoch von der anderen Seite nähert.1153 Da insoweit die Gestaltung des Rechtsverhältnisses umfassend den Vertragsparteien anheimgestellt ist,1154 kann lediglich im Sinne einer pauschalisierenden Betrachtung auf die Pro- und Kontraindikatoren einer Qualifikation eingegangen werden. Bedeutung erlangt die qualifikatorische Unterscheidung zwischen dienst-, werk-, oder gesellschaftsvertraglicher Einordnung regelmäßig ohnehin nur dann, wenn keine ausdrückliche Qualifikation des Rechtsverhältnisses durch die Parteien vorgenommen wurde oder hierüber Streit besteht. Neben dem anzuwendenden jeweiligen Normkomplex wird die Vertragsqualifikation insbesondere dann relevant, wenn es sich um einen vorgefertigten Vertrag bzw. entsprechende Klauseln handelt und die AGB-Vorschriften zur Anwendung gelangen. In diesem Fall droht bei Klauseln, die von wesentlichen Grundgedanken des festgestellten Vertragstyp abAbhängigkeit führen, wenn keinerlei Weisungsgebundenheit vorläge. In diesem Fall sei auf die Eingliederung abzustellen, die Wank als selbständiges Kriterium verstehen möchte. Dem kann jedoch nach der hier vertretenen Ansicht nicht gefolgt werden, da die Eingliederung lediglich die Weisungsbindung auf der Vollzugsebene sichtbar macht und daher keine eigenständige, über die zur Bestimmung der Weisungsgebundenheit hinausgehende Bedeutung hat; in diesem Sinne auch Diepenbrock, NZS 2016, 127 (128) vgl. hierzu die Ausführungen zur Eingliederung in Kapitel 2 C. III. 1. e). 1150 Zur Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag s. Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 (630 ff.); zu Mischformen bei Dienst- und Werkvertrag s. Koch/ Kunzmann/Müller, MMR 2019, 707 (710); Lapp, ITRB 2018, 263 (264); Schirmbacher/ Schätzle, ITRB 2020, 16; s. auch Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200), die auf eine Gestaltung mit dienstvertraglichem Rahmenvertrag und werkvertraglichen Teilleistungen verweisen; ähnlich Frank, CR 2011, 138 der zwischen Planungs- und Entwicklungsphase differenzieren möchte. 1151 Witte, ITRB 2010, 44 ff.; kritisch Heise/Friedl, NZA 2015, 129 ff., Fn. 51. 1152 Ob im Fall eines Selbständigenvertrages, unabhängig davon, ob dieser dienst- oder werkvertraglich zu qualifizieren ist, darüber hinaus das Schutzregime der arbeitnehmerähnlichen Personen oder Heimarbeiter auf das Rechtsverhältnis anzuwenden ist, ist eine der Unterscheidung von Dienst- und Werkvertrag nachgelagerte Frage. 1153 So ausdrücklich Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (96). 1154 So im Kontext der agilen Projektmethoden auch Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200).

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weichen, eine Unwirksamkeit nach den § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.1155 Im Ausgangspunkt ist dabei zu beachten, dass den Vertragsparteien nicht nur die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses, sondern zugleich die Vertragsqualifikation als solche obliegt.1156 Lässt sich mittels einer Auslegung feststellen, dass die Vertragsparteien eine autonome Qualifikation vorgenommen haben, so verbietet sich grundsätzlich eine abweichende heteronome Einordnung. Die autonome Qualifikation als Ausprägung der Privatautonomie findet jedoch ihre Grenze im zwingenden Recht. Als solches kommen sowohl die §§ 134, 138 BGB1157 als auch § 307 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Betracht. Handelt es sich daher bei dem, die vertragstypologische Einordnung ausdrücklich regelnden Vertrag um einen solchen, der den AGB-Vorschriften unterfällt, so ist bereits die vorgreifende Vertragstypeneinordnung zum Schutz des zwingenden Rechts als unwirksam anzusehen.1158 Enthält der Vertrag daher im Fall der Individualvereinbarung keine ausdrückliche Regelung zum anwendbaren Vertragsstatut oder ist eine solche unwirksam, so bedarf es zur Einordnung einer genaueren Untersuchung.1159 Maßgeblich sind insoweit die Interessen der Vertragsparteien, wie sie insbesondere in der Vornahme des Geschäfts sichtbar werden.1160 Enthält der Vertrag gemischte Elemente mehrerer Vertragstypen, so ist ein interessengerechter Ausgleich zu suchen, der dem Parteiwillen entspricht.1161 Bei Normwidersprüchen setzt sich der Schwerpunkt der vertraglichen Ausgestaltung durch.1162 Die Vertragsqualifizierung kann daher als Zusammenfassung des Parteiwillens verstanden werden.1163 Dabei gilt es zu untersuchen, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Ausprägungen der agilen Methoden auf die 1155 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (428); Heydn, MMR 2020, 284 (287); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Müller, in: HMD, S. 213 (215); vgl. auch LG München v. 28. 09. 1995 – 7 O 534/95, BB-Beilage Nr. 9 1996, 11 f., das nach der Erörterung und schlussendlichen Feststellung eines Dienstvertrages zu dem Schluss kommt, dass auch eine umfassende Haftungsregelung nichts an der Qualifikation zu ändern vermag, da ansonsten die Risikozuweisung des Dienstvertrages umgangen und der Dienstvertrag de facto zum Werkvertrag würde. 1156 Greiner, AcP 211 (2011), 221 (244); Tillmanns, Strukturfragen, S. 20; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 104 ff.; s. bereits die Ausführungen zur Qualifikationskompetenz in Kapitel 2 B. II. 1. 1157 Greiner, AcP 211 (2011), 221 (244), Fn. 123. 1158 S. BGH v.10.05. 1979 – VII ZR 30/78, NJW 1979, 2207; hierzu auch Heydn, MMR 2020, 284 (287). 1159 BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323; Greiner, AcP 211 (2011), 221 (248); Tillmanns, Strukturfragen, S. 20. 1160 Flume, AT des Bürgerlichen Rechts, S. 316; Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (176); Tillmanns, Strukturfragen, S. 20 m. w. N. 1161 BGH v. 13. 09. 2007 – I ZR 207/04, NJW 2008, 1072, Rn. 19; Gehrlein, in: BeckOK BGB, § 311 Rn. 21. 1162 Lingemann/Chakrabarti, in: Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, Kapitel 2 Rn. 128; Witte, ITRB 2010, 44 (45). 1163 So ausdrücklich OLG Karlsruhe v. 24. 10. 2007 – 7 U 214/06, BeckRS 2007, 18240, das die Vertragstypeneinordnung sehr anschaulich vornimmt.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Einordnung des Rechtsverhältnisses haben. Die vertragstypologische Einordnung der agilen Arbeit wird bereits seit längerem diskutiert.1164 Die Diskussion bezieht sich aber primär auf diejenigen Fälle, in denen das Projekt nahezu vollständig von einem verantwortlichen Auftragnehmer mitsamt seinem eigenen Team verwirklicht werden soll. Eine Betrachtung der jeweiligen Projektrollen im zweigliedrigen Rechtsverhältnis wird indes in der Literatur kaum vorgenommen.1165 Richtigerweise muss man im zweigliedrigen Rechtsverhältnis bereits zwischen den verschiedenen Rollenbildern und deren unterschiedlichen Tätigkeiten differenzieren. Dabei ist angesichts der Dichotomie von Dienst- und Werkvertrag die Abgrenzung und Qualifikation des Rechtsverhältnisses ausgehend vom Werkvertrag vorzunehmen. Denn auch wenn es sich beim Werkvertrag nicht um einen qualifizierten Dienstvertrag, sondern um ein aliud zum Dienstvertrag handelt,1166 so geht der Werkvertrag hinsichtlich der Leistungspflicht dennoch über die des Dienstvertrages hinaus. Zwar ist beiden Vertragstypen eine Tätigkeit gegen Zahlung einer Vergütung gemein, doch schuldet der Werkunternehmer einen über die bloße Tätigkeit hinausgehenden Erfolg.1167 Ein freier Dienstvertrag liegt daher dann nahe, wenn der Parteiwille nicht auf eine werkvertragliche Qualifikation schließen lässt und vorrangig eine persönliche Abhängigkeit ausgeschlossen werden konnte.1168 Aufgrund der vielfach auftretenden äußerlichen Ähnlichkeit bereitet die Differenzierung zwischen freiem Dienstvertrages und Werkvertrag erhebliche Qualifikationsschwierigkeiten.1169 Während die Abgrenzung in der Theorie noch machbar erscheint, zeigen sich bei der Qualifikation gelebter Rechtsverhältnisse vielfach kaum zu unterscheidende Erscheinungsformen.1170 Bereits in den Gesetzgebungsmaterialien zum BGB in der Fassung vom 18. 08. 1896 wurde festgestellt, dass darin „ein erheblicher, aber nicht zu beseitigender Übelstand“ zu sehen sei.1171 Angesichts dessen verwundert die gleichsam getätigte Feststellung, wonach man darauf ver1164 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (931); Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427; Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 f.; Koch, ITRB 2010, 114 (118 f.); Koch/ Kunzmann/Müller, MMR 2019, 707 (708); Lapp, ITRB 2018, 263; Redeker, ITRB 2020, 147 (149 f.); Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 (630 ff.); vgl. auch OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100. 1165 Positive Ausnahmen stellen Bortz, MMR 2018, 287 (290 ff.) und Heise, in: CLI/Luther/ UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170 f.) dar, welche die jeweiligen Funktionen und Teamrollen in den Fokus nehmen. 1166 Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 501. 1167 Vgl. hierzu bereits Mot. II, 471 = Mugdan II, 262. 1168 In Betracht kommt indes auch eine gesellschaftsvertragliche Einordnung, wobei der Parteiwillen in diesem Fall auf die Gründung einer Gesellschaft gerichtet sein muss. Dies geht über die bloße Verpflichtung zur Leistungserbringung hinaus, sodass die gesellschaftsvertragliche Einordnung im Nachgang erörtert wird. 1169 S. etwa Greiner, AcP 211 (2011), 221, passim; Tillmanns, Strukturfragen, S. 15 ff.; Weber, Die Unterscheidung von Dienstvertrag und Werkvertrag, passim. 1170 Maties, in: BeckOGK, § 611 BGB Rn. 9. 1171 Mot. II, 471 f. = Mugdan II, 263.

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trauen könne, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände die richtige Entscheidung nicht verfehlt werde. 1. Vertragsgestaltung Zur Erforschung des für die Qualifikation maßgeblichen Parteiwillens muss die Vertragsgestaltung in den Blick genommen werden. Im Zuge dessen kann bereits die Vertragsbezeichnung als Indiz zur Feststellung des Parteiwillens herangezogen werden.1172 Dabei darf man sich nicht ausschließlich auf die unterzeichnete Vertragsurkunde beschränken. So rekurrierte etwa das LG Wiesbaden, welches einen Software-Entwicklungsvertrag nach der Scrum-Methode als Werkvertrag qualifizierte, auf einen bloßen Vertragsentwurf.1173 In dem zu entscheidenden Fall hatten die Parteien im Vorfeld einen sog. Letter of Intent abgeschlossen, der jedoch keine Regelung zur Rechtsnatur enthielt. Nach Abschluss des Letter of Intent haben die Parteien weiterverhandelt, was letztlich in einem unterschriftsreifen Vertrag mündete, der Werkvertragsrecht für anwendbar erklärte, jedoch nicht unterzeichnet wurde. Auch in diesem Fall wurde trotz des Entwurfscharakters auf einen entsprechenden Parteiwillen geschlossen. Zwar kann allein aus der Bezeichnung nicht ohne Weiteres auf den Vertragstyp geschlossen werden, doch kann die Bezeichnung jedenfalls als Indiz berücksichtigt werden. Indes ist danach zu differenzieren, ob die Bezeichnung in der Vertragsurkunde lediglich eine bloße Wissenserklärung bzw. Wissensmitteilung darstellt, die bei unzutreffender Annahme als Falschbezeichnung ohne Belang ist, oder ob sich hierin eine rechtserhebliche Vertragstypenqualifikation widerspiegelt. Dies ist wiederum eine Frage der Auslegung.1174 Hierzu muss unter Rückgriff auf einen bunten „Indizienstrauch“ geprüft werden,1175 ob es sich um eine mit Rechtsfolgenwillen vorgenommene Vertragstypenzuordnung handelt. Die schlichte Bezugnahme auf Werkoder Dienstvertragsrecht wird regelmäßig noch nicht für eine rechtserhebliche Qualifikation ausreichen.1176 Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Einordnung 1172 Vgl. hierzu BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 22; v. 09. 06. 2010 – 5 AZR 332/09, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121, Rn. 20; Martina, CR 2019, 339 (341); Uffmann, NZA 2018, 265 (269), die sich jeweils auf die formale Vertragstypenwahl beziehen, also den Qualifikationswillen der Vertragsparteien. 1173 LG Wiesbaden v. 30. 11. 2016 – 11 O 10/15, MMR 2017, 561; vgl. auch die nachfolgende Entscheidung des OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100, welches eine Einordnung im Ergebnis dahinstehen ließ; s. hierzu auch Puchelt, in: Recht 4.0, S. 475 ff. 1174 S. bereits die Ausführungen zum Rechtsformzwang, insb. Kapitel 2 B. II. 4. a) aa). 1175 So ausdrücklich Roth, JZ 2003, 371; dies ist nach Roth auch methodisch nicht zu beanstanden, da § 631 BGB für die Abgrenzung nur wenig Hilfe biete; kritisch Uffmann, Interim Management, S. 20, die eine Gesamtbetrachtung anhand eines Indizienstraußes als dogmatisch wenig überzeugend erachtet. 1176 Peters, in: Staudinger, Vorbem. § 631 Rn. 30.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

durch die Vertragsparteien, die sich auch auf die bestimmten Regelungen der jeweiligen Materie bezieht.1177 2. Vertragstypische Pflicht des Fremdpersonals Wurde keine autonome Einordnung des Rechtsverhältnisses vorgenommen oder gilt es eine solche anhand des zwingenden Rechts zu überprüfen, so kommt den im Werk- und Dienstvertragsrecht unterschiedlichen Primäransprüchen, also den Leistungspflichten die maßgebliche Rolle für die Vertragstypeneinordnung zu. Sie betreffen den Kerngehalt des Rechtsverhältnisses und lassen damit Rückschlüsse auf den Parteiwillen zu. Denn während die Leistungspflicht des Dienstvertrages auf die Arbeit als solche gerichtet ist, wird beim Werkvertrag ein durch Arbeit herbeizuführender Erfolg versprochen.1178 Wie jedoch bereits die Ausführungen gezeigt haben, können die jeweiligen Gestaltungsformen phänotypisch bisweilen kaum zu unterscheidende Erscheinungsformen annehmen. Gegenstand eines Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. Sowohl dem Werk- als auch dem Dienstvertrag ist eine Tätigkeit gegen Zahlung einer Vergütung gemein.1179 Auch wenn sich aus dem Vollzugsverhältnis nicht immer hinreichende Rückschlüsse auf den Inhalt des Leistungsversprechens ziehen lassen,1180 so spricht ein dennoch festzustellender Erfolgsbezug der Tätigkeit in der forensischen Praxis gewichtig zugunsten einer werkvertraglichen Qualifikation. Denn während der Werkunternehmer für den Erfolg seiner Tätigkeit einzustehen hat, trifft den Dienstverpflichteten keine solche Einstandspflicht.1181 Der Werkunternehmer arbeitet auf eigene Gefahr für einen über das bloße Bemühen hinausgehenden konkreten Erfolg. Das mit der Tätigkeit verfolgte Ziel gehört dann als geschuldeter Erfolg zum Leistungsversprechen.1182 Der Dienstverpflichtete hat hingegen seine vertragsgemäße Leistung bereits mit der Tätigkeit als solcher erbracht, auch dann, wenn das damit verbundene Ziel nicht erreicht wird.1183

1177

Peters, in: Staudinger, Vorbem. § 631 Rn. 30. Mot. II, 455 = Mugdan II, 253 f. 1179 Busche, in: MüKo BGB, § 631 Rn. 16 f.; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 500 f. 1180 Vgl. hierzu auch Greiner, AcP 211 (2011), 221 (228, 241), der jedoch von der Abgrenzung der Vertragstypen spricht. Treffender wäre insoweit eine trennscharfe Unterscheidung zwischen theoretischer Abgrenzung und der Qualifikation. 1181 Busche, in: MüKo BGB, § 631 Rn. 11. 1182 Busche, in: MüKo BGB, § 631 Rn. 16; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 501. 1183 Esser/Weyers, Schuldrecht, S. 233. 1178

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Ob ein Erfolgsbezug der Tätigkeit vorliegt, ist oftmals nicht zweifelsfrei feststellbar. Gerade im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung fällt es mitunter schwer, den wirklichen Parteiwillen zu erforschen.1184 Erforderlich ist daher eine Gesamtschau aller Umstände unter Einbeziehung aller relevanter Indizien.1185 a) Vagheit der Erfolgsdefinition Teilweise wird gegen eine werkvertragliche und damit zugleich für eine dienstvertragliche Qualifikation vorgebracht, dass es den agilen Projektmethoden an einer konkreten Erfolgsbeschreibung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fehle.1186 Dies stünde der Annahme eines, den Werkvertrag prägenden, abnahmefähigen Erfolges entgegen.1187 Insbesondere könne bei agilen Projekten eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 633 Abs. 2 S. 1 BGB vielfach kaum vereinbart werden.1188 Eine derart vage Produktvision eigne sich schon nicht als Beschreibung des herzustellenden werkvertraglichen Erfolges.1189 Angesichts der nur vage gekennzeichneten Produktanforderungen sei eine Überprüfung der Abnahmefähigkeit, also der Sach- und Rechtsmangelfreiheit, kaum möglich.1190 Die geschuldete Leistung könne daher nicht in einem konkreten Erfolg liegen, sondern lediglich in der Tätigkeit als solcher. Dem kann in dieser Pauschalität jedoch nicht gefolgt werden. Dabei kann dahinstehen, ob man mit der herrschenden Meinung einen zweigliedrigen Abnahmebegriff zugrunde legt,1191 nach dem sowohl die körperliche Entgegennahme als auch die Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß erforderlich sind oder ob man nur wahlweise die körperliche Entgegennahme1192 oder die Billigung1193 verlangt. Die Abnahmefähigkeit, die insoweit als problematisch erachtet wird, richtet sich nämlich nach der vertraglich vereinbarten Leistung. Ist diese mitsamt ihren konkreten Anforderungen durch sog. Epics oder die Produktvision zumindest skizziert, so hindert 1184

Rn. 20. 1185

Conrad/Witzel, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 18

BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, aus den Gründen II.2.b. S. etwa Bortz, MMR 2018, 287 (289); Frank, CR 2011, 138 (140); Müller-Hengstenberg/Kirn, CR 2010, 8 ff.; Welkenbach, CR 2017, 639 (642 f.); ähnlich auch Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 131 im Hinblick auf sog. Zuruf-Projekte im Fall der Softwareentwicklung, s. jedoch auch die Zusammenfassung verschiedener Projektkategorien, S. 166. 1187 Bortz, MMR 2019, 287 (289); Müller-Hengstenberg/Kirn, CR 2010, 8 ff.; Welkenbach, CR 2017, 639 (642 f.); s. hierzu auch allgemein Baumgärtner, in: BeckOK BGB, § 611 Rn. 10. 1188 Frank, CR 2011, 138 (140). 1189 Dies steht in engem Zusammenhang mit der Frage der Beherrschbarkeit und der vertraglichen Risikoverteilung, s. Kapitel 2 C. IV. 3. 1190 Hierauf weist etwa Bortz, MMR 2019, 287 (289) hin. 1191 BGH v. 25. 03. 1993 – X ZR 17/92, NJW 1993, 1972; v. 18. 09. 1967 – VII ZR 88/65, NJW 1967, 2259; Busche, in: MüKo BGB, § 640 Rn. 2. 1192 Peters, in: Staudinger, § 640 BGB Rn. 7. 1193 So etwa Jakobs, AcP 183 (1983), 145 (158 f.). 1186

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

dies nicht die Abnahmefähigkeit, da eine Kontrolle am Maßstab dieser groben Vorgaben durchaus möglich ist. Dass das Werk nicht vollständig detailliert beschrieben sein muss, ergibt sich zudem schon aus § 633 Abs. 2 S. 2 und der Existenz des werkvertraglichen Weisungsrechts nach § 645 BGB, welches gerade nachfolgende Konkretisierungen zulässt.1194 Als Ausgleich für spätere Veränderungen, die auf erfolgsbezogene Weisungen zurückgehen, sieht das Gesetz insoweit eine abweichende Risikoverteilung vor. Wurde nicht detailliert vereinbart, welche Funktionen das fertige Produkt zu erfüllen hat, so schuldet der Auftragnehmer nach § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB ein Produkt, das unter Berücksichtigung des vertraglichen Zwecks dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entspricht.1195 Daher steht der werkvertraglichen Qualifikation weder eine fehlende Beschaffenheitsvereinbarung,1196 noch die recht vage Produktvision entgegen. Auch dann, wenn der Erfolg im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur grob umrissen ist und das konkrete Werk nicht in allen Einzelheiten beschrieben werden kann, ist eine Abnahme im Sinne des Werkvertragsrechts möglich.1197 Umgekehrt stellt die umfassende vertragliche Beschreibung einer Produktvision für sich genommen noch kein hinreichendes Indiz für eine werkvertragliche Qualifikation dar. Auch im Rahmen eines Dienstvertrages kann eine umfassende Beschreibung der präzisen Konkretisierung der vom Auftragnehmer zu erbringenden Tätigkeit dienen. Daher bedarf es zur Bestimmung des Vertragsgegenstandes und der Bedeutung einer im Vertrag enthaltenen Beschreibung stets einer Berücksichtigung aller relevanten Umstände.1198 b) Leistungserbringung durch Dritte Wie bereits die Ausführungen zur arbeitsvertraglichen Qualifikation gezeigt haben, kann unter Umständen von dem Leistenden auf die Vertragstypenqualifizierung geschlossen werden.1199 Gem. § 613 BGB hat der Dienstleistungsver1194

Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 53 zieht einen Vergleich mit dem in § 650p BGB niedergelegten und dem Werkvertragsrecht zuzuordnenden Architektenvertrag, der ebenfalls keine finale, detaillierte Leistungsbeschreibung verlangt. 1195 BGH v. 16. 12. 2003 – X ZR 129/01, NJW-RR 2004, 782, aus den Gründen I.1.; Müller, in: HMD, S. 213 (217). 1196 BGH v. 16. 12. 2003 – X ZR 129/01, NJW-RR 2004, 782; Imhof, in: Weitnauer/MuellerStöfen, Beck’sches Formularbuch IT-Recht, S. 328. 1197 Ein Fall der Entbehrlichkeit der Abnahme i. S. d. § 646 BGB infolge einer Parteivereinbarung wird regelmäßig nicht vorliegen, da der Auftraggeber gerade infolge der Rechtsfolgen, die mit einer Abnahme einhergehen, für eine werkvertragliche Qualifikation sein wird. Eine entsprechende Parteivereinbarung ist realitätsfern. Daher kann dahinstehen, ob eine solche Parteivereinbarung, die die Abnahmefähigkeit nach § 646 BGB ausschließt, überhaupt möglich ist, s. hierzu Kögl, in: BeckOGK, § 646 BGB Rn. 14 m. w. N. 1198 So der BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, aus den Gründen II.2.b. zu einem Forschungs- und Entwicklungsvertrag. 1199 S. hierzu bereits Kapitel 2 C. III. 1. h) cc) (10).

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pflichtete im Zweifel die Dienste in Person zu erbringen. Dies gilt sowohl für den Dienst- als auch für den Arbeitsvertrag. Zwar handelt es sich bei der Vorschrift lediglich um eine Zweifelsregelung. Dennoch kann aus dem Schweigen des Werkvertragsrechts indiziell ein Gegenschluss gezogen werden.1200 Wird von der gesetzlichen Norm abgewichen und dem Schuldner der Tätigkeit eine ernsthafte Möglichkeit zur Leistungserbringung durch Dritte eingeräumt, so kann die entsprechende vertragliche Regelung als Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Regelfall indiziell zugunsten eines Werkvertrages sprechen. Denn während der Dienstverpflichtete sowohl beim Dienst- wie auch beim Arbeitsvertrag im Zweifel die Leistungserbringung in Person auszuführen hat, ist der Werkunternehmer grundsätzlich berechtigt, bei der Leistungserbringung auf Dritte zurückgreifen.1201 Zu pauschal zieht das BAG bei der Abgrenzung zum Arbeitsvertrag die Delegationsbefugnis als ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit heran.1202 Die Leistungserbringung durch Dritte gehöre zu den wesentlichen Merkmalen eines selbständigen Tätigwerdens.1203 Ähnlich pauschal rekurriert die sozialgerichtliche Rechtsprechung bei der vergleichbaren Frage im Rahmen der Feststellung der Beschäftigteneigenschaft nach § 7 SGB IV auf die Delegationsbefugnis. Danach soll es auch von Bedeutung sein, ob die Delegationsbefugnis nur theoretischer Natur ist oder sich als prägend für das konkret zu beurteilende Rechtsverhältnis darstellt.1204 Anderseits soll selbst eine vollständige Nichtausübung einer solchen Delegationsbefugnis nicht ohne Weiteres die Delegationsbefugnis abbedingen.1205 Ein Diskrepanz ist hierin nicht zu sehen.1206 Vielmehr wird bei einer tatsächlichen Ausübung das Gewicht des Indizes verstärkt. Entscheidend für die Berücksichtigungsfähigkeit ist die Ernsthaftigkeit der vereinbarten Delegationsbefugnis. Diese zeigt sich positiv in der Ausübung des entsprechenden Rechts. Dabei besteht zwischen der Leistungserbringung durch Dritte und der Erfolgsbestimmtheit ein sachlicher Zusammenhang, 1200

Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (251). Sofern sich dies, ggf. durch Auslegung aus dem Vertrag ergibt, kann gleichwohl auch der Werkunternehmer zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet sein,s. hierzu etwa Merkle, in: BeckOGK, § 631 BGB Rn. 491 ff. m. w. N. 1202 BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 25. 1203 BAG v. 12. 12. 2001 – 5 AZR 253/00, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 111. 1204 BSG v. 11. 03. 2009 – B 12 KR 21/07 R, BeckRS 2009, 69002, Rn. 17 f.: „Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis allein ist kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird, realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte und sie damit die Tätigkeit tatsächlich prägt. Vertragsklauseln, die faktisch von untergeordneter Bedeutung sind, können zwar in die vorzunehmende Gesamtwürdigung einbezogen werden, können aber nicht von vorneherein als prägend angesehen werden.“; LSG Sachsen v. 26. 10. 2016 – L 1 KR 46/13, BeckRS 2016, 123301, Rn. 45 (aus anderen Gründen aufgehoben durch BSG v. 14. 03. 2018 – B 12 KR 12/17 R, NZS 2018, 671; BSG v. 11. 03. 2009 – B 12 KR 21/07 R, NZS 2013, 181, Rn. 16; s. hierzu auch Heise, NZA 2017, 1571 (1576). 1205 BSG v. 29. 08. 2012 – B 12 KR 25/10 R. 1206 S. jedoch Heise, NZA 2017, 1571 (1576), der die Rechtsprechung als erklärungsbedürftig erachtet. 1201

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der es, wie Wendehorst1207 zu Recht feststellt, zulässt, dieses Indiz einzubeziehen. Denn während der Werkunternehmer einen Erfolg garantiere und sich der Gläubiger daher damit begnügen müsse, dass der Erfolg tatsächlich eintritt und er andernfalls die Leistungsstörungsrechte geltend machen könne, hänge beim Dienstvertrag das Ergebnis der Tätigkeit von der persönlichen Leistungsfähigkeit des Leistungsverpflichteten ab. Der Gläubiger vertraue in diesem Fall auf die Person des Leistenden.1208 Treten keine weiteren Umstände hinzu, die dafür sprechen, dass die Vertragsparteien gerade von der Zweifelsregelung abweichen wollten, ist die Möglichkeit zur Leistungserbringung durch Dritte als Indiz zugunsten einer werkvertraglichen Qualifikation heranzuziehen. 3. Gegenleistungspflicht des Bestellers Gerade vor dem Hintergrund, dass sich die Leistungspflicht des Fremdpersonals auf der Qualifikationsebene nicht immer hinreichend genau feststellen lässt, kommt man nicht umhin, die mit der Leistungspflicht des Fremdpersonals im Synallagma stehende Gegenleistungspflicht des Bestellers in den Blick zu nehmen. Möglich sind nicht nur Vergütungsformen auf Zeitbasis, sondern auch nach Erfolg. Im agilen Kontext eher unüblich sind hingegen Festpreisabreden.1209 Dennoch wird teilweise unter dem Stichwort des „agilen Festpreises“ vorgeschlagen, die Gegenleistung an die agilen Besonderheiten anzupassen.1210 Zwar wird diese Diskussion primär in den Fällen geführt, in denen die Entwicklungsleistung von einem externen Auftragnehmer samt seiner Mitarbeiter erbracht wird. Dennoch lässt sich die dahinterstehende Erwägung ebenso auf das zweigliedrige Rechtsverhältnis übertragen. Dieses Vertragsmodell basiert auf einer gemeinsamen Bewertung der Vertragspartner bezüglich Geschäftswert, Umsetzungsrisiko, Aufwand und Kosten. Hierauf aufbauend wird ein unverbindlicher, teilweise „indikativer Festpreisrahmen“1211 genannter Rahmen vereinbart. Während der nachfolgenden Testphase (Checkpoint-Phase) wird sodann mit der Umsetzung begonnen. Am Ende dieser Phase werden die ursprünglichen Annahmen von den Vertragspartnern überprüft. Schließlich werden nicht nur der nunmehr fixierte Festpreis, sondern zugleich der weitere Projektverlauf und die konkreten Bedingungen, wie Änderungsverfahren, Risikoaufteilung und 1207

Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (251). Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (251). 1209 Heydn, MMR 2020, 284 (288); Lingemann/Chakrabarti, in: Arnold/Günter, Arbeitsrecht 4.0, Kapitel 2 Rn. 109 – 112; s. jedoch auch Redeker, ITRB 2020, 147 (148), der darauf hinweist, dass viele Projekte gleichwohl mit einem Festpreis versehen werden. 1210 Opelt/Gloger/Pfarl/Mittermayr, Der agile Festpreis, passim; s. zu möglichen Vergütungsmodellen auch Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201); Oestereich, OBJEKTspektrum 01/ 2006, S. 29 – 32; Schirmbacher/Schätzle, ITRB 2020, 16 ff.; zur Festpreisabrede s. auch Schröder/Stiemerling, ITRB 2019, 183 (185, 187); s. auch die Darstellung bei Kremer/Buchalik, in: Internet der Dinge, S. 789 (799 f.); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 227 ff. 1211 So Opelt/Gloger/Pfarl/Mittermayr, Der agile Festpreis, S. 50 f. 1208

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Kündigungsmöglichkeiten bzw. Ausstiegspunkte vereinbart.1212 Auch die Gegenleistungspflicht kann daher mannigfaltigen privatautonomen Ausgestaltungen unterliegen. Da die agilen Festpreisverträge dem gesetzlichen Leitbild folgend an die Abnahme als Voraussetzung der Gegenleistungspflicht anknüpfen, kann man die gesetzliche Systematik in den Blick nehmen, um hieraus Rückschlüsse für die Vertragstypenqualifizierung zu ziehen.1213 a) Ausgestaltung der Gegenleistungspflicht Dienst- und Werkvertrag unterscheiden sich nach dem gesetzlichen Leitbild auch in der Ausgestaltung der Gegenleistungspflicht. Während im Dienstvertragsrecht die Gegenleistung nach § 614 S. 1 BGB grundsätzlich nach der Leistung bzw. nach § 614 S. 2 BGB nach Ablauf des Zeitabschnittes fällig wird, wird die Vergütung im Werkvertragsrecht gem. § 641 Abs. 1 S. 1 BGB erst nach der Abnahme fällig. Nur dann, wenn der Werkunternehmer das Werk rechts- und sachmangelfrei i. S. d. § 633 Abs. 1 BGB verschafft, hat er den Anspruch auf Abnahme des Werkes, welche wiederum Voraussetzung für die Fälligkeit des Vergütungsanspruches ist.1214 Die Abnahme ist also nicht nur für die Fälligkeit der Vergütung, sondern auch für die Gefahrtragung von zentraler Bedeutung.1215 Nach § 631 Abs. 1 BGB muss der Besteller die vereinbarte oder nach § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung bezahlen. Obwohl der Vergütungsanspruch bereits mit Abschluss des Vertrages entsteht, so wird dieser gem. § 641 BGB im Werkvertragsrecht erst mit der Abnahme fällig. Es besteht mithin grundsätzlich eine Vorleistungspflicht des Werkunternehmers.1216 Gem. § 644 BGB trägt der Werkunternehmer die Gefahr bis zur Abnahme1217 des Werkes. Die Gefahrtragungsregel des § 644 BGB wird jedoch durch § 645 BGB ergänzt,1218 der einen Ausgleich für die grundsätzliche Erfolgshaftung und das damit einhergehende Vorleistungsrisiko vorsieht.1219 Nach § 640 Abs. 1 S. 1 BGB ist der 1212 Opelt/Gloger/Pfarl/Mittermayr, Der agile Festpreis, S. 50 f.; ähnlich auch Hoeren/ Pinelli, MMR 2018, 199 (201); ein Mustervertrag ist etwa bei Opelt/Gloger/Pfarl/Mittermayr, Der agile Festpreis, S. 75 ff. zu finden. 1213 Allgemein zur Berücksichtigung der Gegenleistungspflicht Greiner, AcP 211 (2011), 221 (241). 1214 Greiner, AcP 211 (2011), 221 (241). 1215 Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (252), daneben ist die Abnahme auch für das Umschlagen des Herstellungsanspruchs in die Mängelansprüche sowie für die Verjährung bedeutsam. 1216 Busche, in: MüKo BGB, § 631 Rn. 88; Merkle, in: BeckOGK, § 631 BGB Rn. 555; Molt, in: BeckOGK, § 645 BGB Rn. 2. 1217 Die Abnahme einzelner Sprintergebnisse kann auch konkludent durch rügelose Beauftragung mit der nächsten Iteration erfolgen, s. OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100; s. zur konkludenten Abnahme auch Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (202); Lutzenberger, BeckOGK, § 631 BGB Rn. 764. 1218 Busche, in: MüKo BGB, § 645 Rn. 1. 1219 Molt, in: BeckOGK, § 645 BGB Rn. 2.

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Besteller wiederum verpflichtet, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen. Wegen unwesentlicher Mängel darf die Abnahme nach § 640 Abs. 1 S. 2 BGB hingegen nicht verweigert werden. Ferner hat der Unternehmer gem. § 632a Abs. 1 S. 1 BGB Anspruch auf eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen.1220 Sind die erbrachten Leistungen nicht vertragsgemäß, kann der Besteller nach § 632a Abs. 1 S. 2 BGB die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlags verweigern. Die volle Vergütung erhält der Werkunternehmer endgültig jedoch erst mit der Abnahme. Gleichwohl muss man die sich aus § 645 BGB ergebende Risikoverschiebung ebenso auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 632a Abs. 1 S. 2 BGB anwenden, da sich der Besteller in diesem Fall nicht auf eine nicht vertragsgemäße Leistung berufen kann. Allein aufgrund der Zahlung einer Vergütung vor der Entgegennahme des Leistungsergebnisses kann man daher nicht ohne Weiteres auf eine werkvertragliche Qualifikation schließen. Die Zahlung vor Abnahme der Leistung lässt phänotypisch per se weder auf einen Dienst- noch auf einen Werkvertrag schließen. Nur geringe Aussagekraft kann der Vergütungsart bzw. der Vergütungsmodalität beigemessen werden.1221 Zwar ist die Vergütung im Werkvertragsrecht im Gegensatz zur dienstvertraglichen Vergütung im Ausgangspunkt gerade von der Abnahme abhängig, womit eine nach Zeitabschnitten bemessene aufwandsbezogene Vergütung, in Kombination mit der Vergütung für Material auch „Time & Material“ genannt,1222 als für einen Dienstvertrag typisch angesehen wird,1223 doch schließt auch eine, der gesetzlichen Konzeption des Werkvertrages nach untypische Vergütung nach Zeitabschnitten keinesfalls die werkvertragliche Qualifikation aus.1224 Vielmehr sind entsprechende Vergütungsvereinbarungen angesichts privatautonomer Vereinbarung vielfach ebenso in werkvertraglichen Rechtsverhältnissen zu finden.1225 Zudem ist auch im Dienstvertragsrecht eine Vergütung nach Erfolg möglich,

1220 Zum Verhältnis der Abschlagszahlung zur Schlusszahlung s. Mundt, in: BeckOGK, § 632a BGB Rn. 68. 1221 Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 56; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 122. 1222 Schirmbacher/Schätzle, ITRB 2020, 16; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 226 f. 1223 Busche, in: MüKo BGB, § 631 Rn. 19. 1224 BGH v. 25. 03. 1993 – X ZR 17/92, NJW 1993, 1972; s. auch im Kontext der agilen Projektmethoden OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100; Voit, in: BeckOK BGB, § 631 Rn. 26; s. auch Lingemann/Chakrabarti, in: Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, Kapitel 2 Rn. 131, die eine Vergütung nach Zeitabschnitten als unschädlich für eine werkvertragliche Qualifikation ansehen; in diesem Sinne auch Lutz/Bach, BB 2017, 3016 (3020), die eine Vergütung nach Zeitabschnitten im werkvertraglichen Kontext erwägen. 1225 OLG Düsseldorf v.18. 07. 1997 – 22 U 3 – 97, NJW-RR 1998, 345, aus den Gründen I.1.; im Kontext der Softwareverträge Lutzenberger, BeckOGK, § 631 BGB Rn. 707.

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was sich beim Akkordlohn zeigt.1226 Da jedoch eine solche Ausgestaltung vom gesetzlichen Regelbild abweicht, spricht eine dem Regelfall entsprechende, nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung als – wenn auch nicht besonders gewichtiges – Indiz zugunsten eines Dienstvertrages.1227 Da in der Praxis zudem auch bei komplexen und umfangreichen Projekten, denen eine werkvertragliche Qualifikation zugrunde liegt, nicht selten Abschlagszahlungen geleistet werden, ist zugleich zu prüfen, ob sich die Zahlung als Abschlagszahlung oder als zeitabschnittsbezogene Gesamtvergütung erweist.1228 Für sich genommen kann dem Aspekt der Vergütungsart daher nur geringe Bedeutung für die Qualifikation des Rechtsverhältnisses beigemessen werden. Es erscheint jedoch durchaus möglich, aus der Vergütungsmodalität zugleich Rückschlüsse auf die vertragliche Risikozuweisung zu ziehen.1229 b) Risikoverteilung Die Ausgestaltung der Gegenleistungspflicht fördert in den kritischen Fällen daher für sich genommen nur bedingt Erkenntnisgewinne zutage. Dennoch wird über die Risikoverteilung die Konnexität zwischen Leistung und Gegenleistung sichtbar. Zwar stellt sich der Sache nach die Frage der Übernahme einer entsprechenden Leistungspflicht bereits auf der Ebene des Leistungsgegenstandes. Dennoch lässt sich die tatsächliche Übernahme der Einstandspflicht am ehesten über die korrespondierende Risikoverteilung hinsichtlich der Gegenleistungspflicht ausmachen. Die Gegenleistungsgefahr geht beim Werkvertrag grundsätzlich mit der Leistungsgefahr über.1230 Bis zur Abnahme eines sach- und rechtsmangelfreien Werkes ist der Werkunternehmer mithin vorleistungspflichtig. Tritt kein über die bloßen Mühen hinausgehender Erfolg ein, erhält dieser auch keine Vergütung.1231 Auf die Realisierung eines wirtschaftlichen Erfolges kommt es demgegenüber im Dienstvertragsrecht nicht an. Das werkvertragliche „Erfolgs“-Kriterium drückt sich operational in der Risikoverteilung in Bezug auf die Leistungs- und Gegenleistungsgefahr aus.1232 Angesichts der phänotypischen Ähnlichkeit kommt diesem Umstand eine zentrale Bedeutung für die Vertragstypeneinordnung zu. Für einen Werkvertrag 1226 S. hierzu etwa Maties, in: BeckOGK, § 611a BGB Rn. 1100; Merkle, in: BeckOGK, § 631 BGB Rn. 166.6. 1227 BGH v. 25. 05. 1972 – VII ZR 49/71, GRUR 1974, 284, aus den Gründen I.1.b.; kritisch indes unter Verweis auf die Üblichkeit in werkvertraglichen Gestaltungen OLG Düsseldorf v. 18. 07. 1997 – 22 U 3 – 97, NJW-RR 1998, 345, aus den Gründen I.1. 1228 Roth, JZ 2003, 371 (372). 1229 S. etwa BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, aus den Gründen II.1. 1230 Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (258). 1231 Esser/Weyers, Schuldrecht, S. 233; Greiner, AcP 211 (2011), 221 (241). 1232 So Esser/Weyers, Schuldrecht, S. 233; s. auch Greiner, AcP 211 (2011), 221 (241) unter dem Blickwinkel der Gegenleistungspflicht; vgl. auch Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 503, die zugleich auch darauf hinweisen, sich die vertragliche Risikoverteilung als Abgrenzungskriterium sowohl auf die Leistungs- wie auch die Gegenleistungspflicht bezieht m. w. N.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

spricht es daher, wenn der Auftragnehmer solange Herstellungsversuche bzw. Nachbesserungen unternehmen muss, bis ein mangelfreier Erfolg vorliegt und er andernfalls keine Vergütung erhält.1233 Während beim Werkvertrag das Risiko des endgültigen Scheiterns also grundsätzlich beim Auftragnehmer liegt, wird beim Dienstvertrag das Risiko des Scheiterns in Bezug auf den wirtschaftlich anvisierten Erfolg dem Dienstberechtigten aufgebürdet.1234 Daher existiert im Dienstvertragsrecht auch kein Mängelgewährleistungsrecht.1235 Die Gegenleistungsgefahr geht beim Werkvertrag gem. § 644 BGB simultan zur Leistungsgefahr über.1236 Nicht überzeugen kann der Einwand Wendehorsts, die meint, dass ein Rekurrieren auf die Verteilung der Entgeltgefahr keinen Vorteil bringe. Die Schwierigkeit, zwischen Erfolg und Bemühen zu differenzieren, würde sich hier indirekt ebenso auswirken.1237 Dem Einwand lässt sich entgegenhalten, dass der Risikoverteilung sehr wohl Rückschlüsse auf die korrespondierende Leistungspflicht entnommen werden können. Die phänomenologische Nähe spiegelt sich auf der Ebene der Risikoverteilung gerade nicht wider. Lässt sich daher eine Risikoverteilung feststellen, wie sie idealtypisch für einen Dienst- oder Werkvertrag ist, so kann die Risikoverteilung durchaus als Indiz zur Bestimmung des Leistungsinhalts bzw. des Parteiwillens herangezogen werden. Eine Übernahme des Erfolgsrisikos und damit zugleich des Gegenleistungsrisikos durch den Auftragnehmer liegt regelmäßig jedoch nur dann nahe, wenn die Realisierung des Erfolgs für ihn beherrschbar ist.1238 Eine dem Werkvertragsrecht entsprechende Risikoverteilung wird typischerweise nur dann der Interessenlage entsprechen.1239 Zwar ist eine Übernahme des Erfolgsrisikos durch den Auftragnehmer auch dann weder logisch noch rechtlich ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs ungewiss 1233 Esser/Weyers, Schuldrecht, S. 233; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 503; Schreiber, in: Schulze BGB, § 611 BGB Rn. 3. 1234 Greiner, AcP 211 (2011), 221 (241). 1235 Greiner, AcP 211 (2011), 221 (241 f.). 1236 Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (258). 1237 Wendehorst, AcP 206 (2006), 205 (242). 1238 S. hierzu Kremer/Buchalik, in: Internet der Dinge, S. 789 (797); Schmeißer/Zirkel, MDR 2003, 849 (851); Schneider/Witzel, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, N Rn. 62, Q Rn. 28, die zu Recht darauf hinweisen, dass die Übernahme des Erfolgsrisikos mit der Projektverantwortung konnex ist; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 55, die dies unter dem Begriff der Verantwortlichkeit erörtert; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 122. 1239 BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, aus den Gründen II.1.; Kirn/ Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433 (437); Knippert, Abgrenzung, S. 25; Müller, in: HMD, S. 213 (219); Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 503 m. w. N.; Roth, JZ 2003, 371 (372); in diesem Sinne auch Zdanowiecki, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 11. Teil, B Rn. 7; kritisch Peters, in: Staudinger, Vorbem. § 631 BGB Rn. 30, die in der Möglichkeit den angestrebten Erfolg zu erreichen ein kaum geeignetes Kriterium sehen.

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ist,1240 doch liegt aus Sicht eines verständigen Bestellers eine Übernahme des Realisierungsrisikos umso ferner, je größer die Unsicherheiten hinsichtlich der Erfolgsrealisierung sind. Hierfür soll von Bedeutung sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit nach dem Vorstellungsbild der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Erfolgseintritt gerechnet werden könne. Neben der bereits erörterten Vagheit des Leistungserfolges und der daraus resultierenden Unsicherheit im Rahmen der Umsetzung soll sich zudem die Kompetenz des Auftragnehmers sowie eine intensive Einflussnahme auf die Beherrschbarkeit der Erfolgsrealisierung auswirken können.1241 Ebenso kann sich die Abhängigkeit von einem zumindest gemischten Entwicklungsteam negativ auf die Beherrschbarkeit auswirken.1242 Handelt der Auftragnehmer mithin eigenverantwortlich, soll dies für eine entsprechende Risikoverteilung sprechen. Diese lasse wiederum Rückschlüsse auf den Parteiwillen zu.1243 Dem ist insoweit zuzustimmen, als aus den hier genannten Aspekten indiziell Rückschlüsse auf den Parteiwillen gezogen werden können. Kommt es jedoch zu einer intensiven Einflussnahme des Auftraggebers, so führt auch eine etwaige, nach § 645 BGB eintretende Risikoverteilung zu einer vom gesetzlichen Leitbild abweichenden Risikoverteilung. Das Indiz der Risikoverteilung verschwimmt daher umso mehr, je ausgeprägter erfolgsbezogene Weisungen erteilt werden. Die Vergütungsart kann ebenfalls indiziell Rückschlüsse auf die Risikoverteilung zulassen. Denn wie bereits die vorigen Ausführungen zur Vergütungsmodalität gezeigt haben, kann man insbesondere dann, wenn die Vergütung zeitaufwandsabhängig zu leisten ist, dies bei der Berücksichtigung aller bedeutsamer Gesichtspunkte des Einzelfalles berücksichtigen.1244 Die zeitabhängige Vergütung kann darauf hindeuten, dass der Auftragnehmer das Risiko eines Scheiterns wirtschaftlich nicht übernehmen kann, was wiederum ein Indiz für eine entsprechende Risikoübernahme durch den Auftraggeber1245 und damit eine dienstvertragliche Einordnung sein kann.

1240 BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, aus den Gründen II.1.; s. auch Ullrich, in: FS Fikentscher, S. 298 (309 ff.); anders jedoch Plander/Schiek, RdA 1990, 219 (223), die jedoch verkennen, dass die Übernahme des Risikos eine Frage des Parteiwillens ist. Ein zwingender Rückschluss aus einem nahezu unüberschaubaren Risiko der Erfolgsverwirklichung auf eine mangelnde Übernahme des Erfolgsrisikos kann man indes nicht ziehen. 1241 S. etwa Müller, in: HMD, S. 213 (219), der auf die Kompetenz des Auftragnehmers und die Einflussnahme durch den Auftraggeber abstellt. 1242 OLG München v. 23. 04. 1996 – 5 U 5708/95, CR 1997, 27; so bereits die Vorinstanz LG München v. 28. 09. 1995 – 7 O 534/95, BB-Beilage Nr. 9 1996, 11 f.; Conrad/Schneider, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 11 Rn. 12; Lutzenberger, BeckOGK, § 631 BGB Rn. 707; in diesem Sinne auch Schneider, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 45. 1243 Vgl. hierzu Peters, in: Staudinger, Vorbem. § 631 BGB Rn. 30. 1244 BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, aus den Gründen II.1. 1245 BGH v. 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323, aus den Gründen II.1.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Soweit darüber hinaus teilweise aufgrund der im Rahmen der agilen Methoden vorgesehenen Mitwirkung des Auftraggebers gegen eine werkvertragliche Qualifikation eingewandt wird, dass die Mitwirkung einer Risikozuordnung zulasten des Auftragnehmers entgegenstehe,1246 so lässt sich dem bereits die Mitwirkungsobliegenheit nach § 642 Abs. 1 BGB entgegenhalten. Das Gesetz sieht gerade angesichts der Eigenheit des Werkes, das individuell für den Besteller hergestellt und an dessen Bedürfnisse angepasst wird, eine Obliegenheit des Bestellers zur Mitwirkung vor.1247 Ein Mitwirken des Auftraggebers ist daher dem Werkvertragsrecht keinesfalls fremd. c) Höhe der Vergütung Die Risikoverteilung und die mit der Leistungspflicht korrespondierende Gegenleistungspflicht können sich indiziell zudem in der Vorstellung der Parteien zur Vergütungshöhe widerspiegeln. Der Auftragnehmer wird nämlich allenfalls dann das verhältnismäßig große Erfolgsrisiko übernehmen, wenn dieses Risiko durch die Höhe der vereinbarten Vergütung abgegolten wird.1248 Ähnlich verhält es sich bei der Abgrenzung des Arbeitsvertrages gegenüber der Selbständigkeit. Auch dort kann eine verhältnismäßig hohe Vergütung einen, auf die Einordnung als Selbständigenvertrag gerichteten Parteiwillen bekräftigen.1249 Verspricht der Auftraggeber mithin eine dem Erfolgsrisiko entsprechende Vergütung, so kann die Vergütungshöhe im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände ein Argument für die Annahme eines Werkvertrages sein. 4. Kündigungsrecht Mit der Gegenleistungspflicht stehen ferner die kündigungsrechtlichen Regelungen der beiden Vertragstypen im Zusammenhang. Unterschiede, die indiziell zur Vertragstypenqualifizierung herangezogen werden können, existieren nicht nur hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten selbst, sondern auch bezüglich der damit korrespondierenden Vergütungspflicht.1250 Im Dienstvertragsrecht ist nach der gesetzlichen Konzeption beiderseitig die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung nach § 620 BGB unter Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 621 BGB vorgesehen. Eine fristlose Kündigung ist nach § 626 Abs. 1 BGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes bzw. nach § 627 BGB auch ohne wichtigen Grund möglich, wenn dem 1246 S. zu diesem Einwand Müller, in: HMD, S. 213 (216); Schneider, in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, Q Rn. 29. 1247 Es kann jedoch auch eine echte Nebenpflicht vereinbart werden, s. hierzu etwa Busche, in: MüKo BGB, § 631 Rn. 108 f. 1248 Roth, JZ 2003, 371 (372); Mansel, in: Jauernig, Vorbem., Buch 2, Titel 8 Rn. 21a. 1249 Vgl. hierzu Uffmann, NZA 2018, 265 (269); s. auch die Ausführungen zur Qualifikationskompetenz in Kapitel 2 B. II. 4. 1250 Busche, in: MüKo BGB, § 631 Rn. 19 m. Verw. a. BGH v. 26. 11. 1959 – VII ZR 120/58, NJW 1960, 431.

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Rechtsverhältnis eine besondere Vertrauensstellung zugrunde liegt. In diesem Fall steht dem Dienstverpflichteten nach § 628 Abs. 1 BGB eine Teilvergütung zu. Im Gegensatz hierzu steht dem Besteller im Werkvertragsrecht nach § 648 Abs. 1 S. 1 BGB bis zur Vollendung des Werkes ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu, wobei der Werkunternehmer in diesem Fall grundsätzlich nach § 648 Abs. 1 S. 2 BGB unter einem Anrechnungsvorbehalt nach § 648 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB die vollständige vereinbarte Vergütung verlangen kann.1251 Im Übrigen sieht das Werkvertragsrecht nach § 648a Abs. 1 BGB, insoweit parallel zum Dienstvertragsrecht, ein beiderseitiges Kündigungsrecht aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vor. In diesem Fall erhält der Unternehmer nach § 648a Abs. 5 BGB die Vergütung, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt. Bedeutung kann im Kontext der agilen Projektarbeit zudem § 648a Abs. 2 BGB zukommen. Hiernach ist aus wichtigem Grund auch eine Teilkündigung möglich. Die Kündigung muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werkes beziehen. Insofern bestehen zwischen den beiden Vertragstypen durchaus Unterschiede hinsichtlich der Kündigung und den damit einhergehenden Vergütungsregelungen. Gerade in der Unterscheidung zwischen der grundsätzlich vollen Vergütung im Werkvertragsrecht und der nur partiellen Vergütung im Dienstvertragsrecht liegt ein zentraler Unterschied. Weist das Rechtsverhältnis daher eine entsprechende Ausgestaltung auf, so können indiziell Rückschlüsse auf den Parteiwillen gezogen werden. 5. Gewährleistung Auch aufgrund etwaiger Gewährleistungsrechte kann man Rückschlüsse auf das Realisierungsrisiko und die Erfolgsbezogenheit der Tätigkeit ziehen. Während der Auftragnehmer im Werkvertragsrecht einen über die bloße Tätigkeit hinausgehenden Erfolg schuldet, hat der Dienstverpflichtete seine Leistung auch dann erbracht, wenn das mit der Tätigkeit angestrebte wirtschaftliche Ziel nicht erreicht wird. Aus diesem Grund sieht das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistungsrechte vor.1252 Der Werkunternehmer hat seine vertragliche Hauptleistungspflicht mit der Erstellung des versprochenen Werkes und dessen Abnahme durch den Auftraggeber erfüllt. Ist das Werk mangelhaft, stehen dem Auftraggeber die Mängelrechte zu.1253 Diese sind wie Maschmann feststellt, der sichtbarste Ausdruck der Erfolgshaftung.1254 Die Gewährleistung stellt daher einen zentralen und zugleich deutlich sichtbaren Unterschied zwischen Dienst- und Werkvertrag dar. Dies sieht hinsichtlich des dreigliedrigen Rechtsverhältnisses auch Schüren so, der zutreffend 1251 1252 1253 1254

S. hierzu auch Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 501. Greiner, AcP 211 (2011), 221 (241 f.); Spinner, in: MüKo BGB, § 611a BGB Rn. 18. Müller, in: HMD, S. 213 (215). Maschmann, NZA 2013, 1305 (1306).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

die vertragsgemäße Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten als zuverlässiges Kriterium zur Identifizierung von Werkverträgen ansieht.1255 Schließlich folge die Gewährleistung als notwendige sekundäre Leistungspflicht der vorausgehenden primären Leistungspflicht, womit aus der Gewährleistung auf die primäre Leistungspflicht geschlossen werden kann.1256 Aus diesem Grund plädiert Schüren dafür, im Ausgangspunkt auf die tatsächliche, „gelebte“ Inanspruchnahme der Gewährleistungsrechte abzustellen.1257 Diese werde in der Praxis schließlich stets dokumentiert und sei daher gut nachweisbar.1258 Freilich ist, worauf bereits Hamann hinweist,1259 nicht zu verkennen, dass dieses Kriterium jedenfalls dann an seine Grenzen stößt, wenn in dem Vertragsverhältnis keine tatsächliche Inanspruchnahme der Gewährleistungsrechte feststellbar ist. In diesem Fall solle es jedoch auf ein wirtschaftlich relevantes Qualitätsmanagement des Auftragnehmers ankommen.1260 Im dreigliedrigen Rechtsverhältnis gelte daher bezüglich der Unterscheidung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Scheinwerkverträgen die Aussage: „Wer steuert, der haftet“.1261 Insofern nimmt Schüren eine Zuordnung des Fremdpersonals mit Blick auf die Verantwortlichkeit für das Handeln des Fremdpersonals vor.1262 Da ein vorgehaltenes Qualitätsmanagement zusätzliche Kosten verursache, könne im dreigliedrigen Rechtsverhältnis auf die Verantwortlichkeit des Auftragnehmers für das Fremdfirmenpersonal geschlossen werden. Solche werde der Auftragnehmer nur im Fall der Verantwortlichkeit in Kauf nehmen.1263 Schüren stellt daher fest, dass die Identifikationsmerkmale nur für die Dreiecksbeziehung fruchtbar gemacht werden könnten.1264 Bei Solo-Selbständigen würde sich bereits schon nicht die Frage der Zuordnung stellen, da in diesen Fällen keine Zweifel verblieben, für wen das Fremdpersonal tätig sei.1265 Ungeachtet dessen, dass die Zuordnung im zweigliedrigen Rechtsverhältnis tatsächlich nicht zweifelhaft ist, so kann man den Ansatz Schürens jedenfalls in seiner Kernaussage dennoch ebenso im zweigliedrigen Rechtsverhältnis fruchtbar

1255 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98); s. auch Greiner, NZA 2013, 697 (699); LAG Rheinland-Pfalz v. 14. 03. 2016 – 3 Sa 476/15, BeckRS 2016, 68974, Rn. 37. 1256 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (97 f.). 1257 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98); Schüren/Fasholz, DB 2016, 1375 (1377). 1258 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98); s. auch Schüren/Fasholz, DB 2016, 1375 (1378). 1259 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 180. 1260 Schüren, in: FS Wank, S. 571 ff. 1261 So ausdrücklich etwa Schüren/Fasholz, DB 2016, 1375 (1377); dies., NZA 2015, 1473 (1477). 1262 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (572 f.). 1263 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (579). 1264 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (572). 1265 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (572).

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machen.1266 Denn wie sich bereits gezeigt hat, weist die Gewährleistung im zweigliedrigen Rechtsverhältnis, also bei der Unterscheidung von Dienstverträgen und Werkverträgen auf unterschiedliche Primärleistungspflichten hin. Daher kann man ebenso im zweigliedrigen Rechtsverhältnis positive Rückschlüsse zugunsten einer werkvertraglichen Einordnung ziehen, wenn bereits in der Vergangenheit Gewährleistungsrechte in Anspruch genommen wurden. Dies kann sich bei agilen Projektverträgen etwa dann zeigen, wenn eine rahmenvertragliche Vereinbarung vorliegt, die die jeweiligen Iterationen als eigenständige Werkverträge behandelt und entsprechende Gewährleistungsrechte bereits in Anspruch genommen wurden. Ungleich schwerer lassen sich indes insbesondere bei kleineren Aufträgen Rückschlüsse ziehen, wenn zwar eine vertragliche Gewährleistung vorgesehen ist, es jedoch tatsächlich zu keinerlei Gewährleistungsfällen gekommen ist.1267 Lagen bereits Mängel vor, ohne dass Gewährleistungsrechte in Anspruch genommen wurden, so wird man an der Ernsthaftigkeit der Gewährleistungsregelung zweifeln dürfen.1268 Der Verdacht eines Scheinwerkvertrages liegt in diesem Fall nahe. Sind indes keine Gewährleistungsfälle feststellbar, so muss differenziert werden. Für die Ernsthaftigkeit einer werkvertraglichen Gewährleistungsregelung soll es nach Schüren sprechen, wenn in vergleichbaren Projekten mit anderen Auftragnehmern das Gewährleistungsrecht nicht nur vereinbart, sondern auch in Anspruch genommen wurde.1269 Dieser Ansatz ließe sich grundsätzlich auf das zweigliedrige Rechtsverhältnis übertragen. Einer solchen „Rück- und Querschau“1270 tritt aber insbesondere Maschmann zutreffend mit dem Argument entgegen, dass es stets auf die konkreten Umstände im jeweiligen Rechtsverhältnis ankommt, sodass derartige Hilfsüberlegungen nicht hilfreich sind.1271 Ferner kann jedenfalls allein aufgrund einer Nichtausübung von Gewährleistungsrechten nicht ohne Weiteres auf einen Scheinwerkvertrag geschlossen werden.1272 Anders sieht dies jedoch Schüren, der davon ausgeht, dass sich langfristig Gewährleistungsfälle zeigen müssten1273 und sich Mängel nur durch ein sehr gutes Qualitätsmanagement vermeiden ließen.1274 Ähnlich sah dies wohl das LAG Baden1266 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise zur Berücksichtigungsfähigkeit der Gewährleistung im Rahmen der positiven Feststellung einer arbeitsvertraglichen Qualifikation, Kapitel 2 C. III. 1. h) cc) (7), s. auch Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 233 ff. 1267 Vgl. hierzu bereits Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98) zur vergleichbaren Problematik im dreigliedrigen Rechtsverhältnis. 1268 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98). 1269 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98); vgl. auch die Kritik von Hamann, in: Schüren/ Hamann, § 1 AÜG Rn. 180; Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307). 1270 So ausdrücklich Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 180. 1271 Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307). 1272 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (132); so jedoch das LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017 ff. 1273 Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98). 1274 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (583).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Württemberg, das aufgrund einer lebensnahen Betrachtung Mängel unterstellte und aus dem Umstand, dass durch den Auftraggeber trotz einer Vielzahl von ca. 9.000 einzelnen (Kleinst-)Aufträgen keine Gewährleistungsrechte geltend gemacht wurden, darauf schloss, dass das Erfolgsrisiko tatsächlich beim Auftraggeber lag.1275 Ein solcher Rückschluss auf das Erfolgsrisiko wäre im konkreten Fall jedoch allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn überhaupt, etwa durch das Fremdpersonal, Mängel vorgetragen worden wären.1276 Einer Abweichung von der allgemeinen Darlegungs- und Beweislast bedarf es hier nicht. Es wäre also Sache des Fremdpersonals gewesen, zu seinen Gunsten überhaupt Mängel vorzutragen.1277 Wurden die Gewährleistungsrechte im Gewährleistungsfall nicht nur nicht wahrgenommen, sondern fehlt es gänzlich an solchen, so soll es nach Schüren für die Zuordnung im Drei-Personen-Verhältnis hilfreich sein, auf die gelebte Haftungsvermeidung, also das Qualitätsmanagement des Auftragnehmers zu achten.1278 Hierdurch ließe sich zuordnen, ob das Fremdpersonal für den Auftragnehmer oder den Auftraggeber tätig würde.1279 Die Übertragung dieses Ansatzes auf das zweigliedrige Rechtsverhältnis zur Feststellung des Werkvertrages ist indes nicht erfolgsversprechend. Hier geht es zum einen nämlich schon nicht um die Frage der Zuordnung, wie Schüren selbst zutreffend feststellt.1280 Zum anderen fördert der Rekurs auf ein Qualitätsmanagement im zweigliedrigen Rechtsverhältnis keine Erkenntnisgewinne zutage. So wird es insbesondere viele Werkunternehmer geben, die etwa aus Kostengründen oder mangelndem Problembewusstsein kein oder nur ein schlecht ausgestaltetes Qualitätsmanagement aufweisen, sodass Rückschlüsse auf die Haftung und damit auf die Zuordnung kaum möglich sind.1281 Hinzukommt, dass die Leistungserbringung ebenso auf dienstvertraglicher Basis erfolgen kann. Da dort keine dem Werkvertragsrecht entsprechende Gewährleistung vorgesehen ist, bedarf es in diesem Fall keines Qualitätsmanagements.1282 Keinesfalls soll jedoch verkannt werden, dass ein entsprechend vorgehaltenes Qualitätsmanagement ebenso bei dienstvertraglichen Rechtsverhältnissen sinnvoll sein kann. Denn auch wenn dort keine entsprechenden Gewährleistungsregeln vorgesehen sind, so kann es für das selbständige Fremdpersonal gleichwohl sinnvoll sein, regelmäßig die erbrachte 1275

LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017 ff., aus den Gründen B.II.2.a.bb.; in diesem Sinne auch ohne nähere Begründung Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (486); s. hierzu auch Schüren, in: FS Däubler, S. 90 (98), der die These aufstellt, dass es jedenfalls bei längerer Zusammenarbeit zu Gewährleistungsfällen komme; kritisch Hamann, Anmerkung zu LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, jurisPR-ArbR 38/2013 Anm. 2; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (132); Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307). 1276 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (132), Fn. 30. 1277 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (132), Fn. 30. 1278 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (579). 1279 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (572). 1280 Schüren, in: FS Wank, S. 571 (572). 1281 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 180. 1282 Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307).

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Qualität zu überprüfen, da im Fall der Verfehlung des wirtschaftlich anvisierten Ziels der Verlust zumindest künftiger Aufträge droht.1283 Dennoch wird das Vorhalten eines ausreichenden Systems zur Qualitätssicherung gerade bei Solo-Selbständigen, welche die Leistung aus einer Hand erbringen, regelmäßig nicht anzunehmen sein. Keinen Aspekt zur positiven Feststellung der vertraglichen Hauptleistungspflicht und damit kein Indiz zugunsten einer werkvertraglichen Qualifikation stellt die Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung dar, da die grundsätzliche Haftung des Auftragnehmers für beide Vertragstypen charakteristisch ist.1284 Dennoch spricht eine solche Pflicht, die der Absicherung der vertraglichen Nebenpflicht in Form der Rücksichtnahmepflicht dient, jedenfalls gegen eine arbeitsvertragliche Einordnung. 6. Anwendung auf die agilen Rollenbilder Bezieht man diese Erkenntnisse auf die unterschiedlichen Tätigkeitsbilder des agilen Projektmanagements, so zeigt sich ein differenziertes Bild. a) Vertragsgestaltung Regelmäßig spiegeln sich in der Vertragsgestaltung die oftmals divergierenden Leistungspflichten der verschiedenen Rollenbilder wider. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Realisierung eines konkreten Erfolges bezweckt wird. In diesem Fall wird die Auftraggeberseite bereits aus Haftungs- und Gewährleistungsgründen typischerweise ein Interesse an einer werkvertraglichen Ausgestaltung haben.1285 Dies wird vielfach zumindest auch mit einer entsprechenden Deklaration des Vertragsverhältnis einhergehen. Demgegenüber plädieren die Dienstleister in der Praxis zumeist zugunsten einer dienstvertraglichen Einordnung1286 und einer entsprechenden Vertragsbezeichnung. Ob hinter einer solchen Vertragsdeklaration eine wirksame autonome Qualifikation oder lediglich eine bloße Wissenserklärung steckt, bedarf der Auslegung. Insoweit ist eine Gesamtschau der Indizien anzustellen, um Rückschlüsse auf die Erheblichkeit der Vertragstypenbezeichnung ziehen zu können. 1283

Diesen Aspekt sieht auch Schüren, in: FS Wank, S. 571 (582) im Kontext des Werkvertrages. 1284 Vgl. im Rahmen eines dreigliedrigen Rechtsverhältnisses BAG v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 37; Schüren, in: FS Wank, S. 571 (579). 1285 Brückmann/Intveen, ITRB 2019, 238; s. auch Frank, CR 2011, 138 (140); Pieper/ Roock, Agile Verträge, S. 58; Schuster, in: Schuster/Grützmacher, IT-Recht, § 631 BGB Rn. 30; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 119. 1286 Kühn/Ehlenz, CR 2019, 139 (141); Lutz/Bach, BB 2017, 3016 (3017); Schuster, in: Schuster/Grützmacher, IT-Recht, § 631 BGB Rn. 30; Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (175).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

b) Leistungsgegenstand Eine zentrale Bedeutung kommt der Feststellung der Leistungspflicht zu. Zwar lässt sich angesichts der Wechselwirkung zwischen einem Wirken und einem Werk auch aus der tatsächlichen Vertragsdurchführung nicht ohne Weiteres auf die Leistungspflicht schließen, doch kann man hierzu wiederum auf bestimmte Indizien zurückgreifen. Ein erster Anhaltspunkt kann in der graduellen Vagheit der Erfolgsdefinition im Rahmen agiler Projektarbeit liegen. Im Gegensatz zur klassischen Projektmethodik wird auf eine detaillierte und zeitintensive Vorabplanung verzichtet und diese in die Realisierungsphase integriert.1287 Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wird typischerweise lediglich eine grobe Skizze der Produktvision samt entsprechender Anforderungen vorliegen. Gleichwohl sieht die agile Methodik eine Leistungsbeschreibung zu Beginn vor.1288 So werden im Product Backlog nämlich bereits zu Beginn die zentralen Produktanforderungen und Produktvisionen festgehalten.1289 Sind in dieser Beschreibung, was regelmäßig der Fall ist, zumindest die essentiellen Produktanforderungen, wenn auch nur skizzenhaft, beschrieben, so stellt dies eine ausreichende Beschreibung dar, anhand derer eine werkvertragliche Abnahmeprüfung erfolgen kann.1290 Dem wird teilweise entgegengehalten, dass das Product Backlog stets veränderlich sei und daher nicht als Lasten- oder Pflichtenheft angesehen werden könne, anhand dessen sich ein werkvertraglicher Konsens ableiten ließe.1291 Der Kritik ist insoweit beizupflichten, als einzelne Einträge des Product Backlogs abänderbar bleiben. Kaum einmal wird jedoch die Produktvision als Grundkonzeption abgeändert werden. Diese Grundkonzeption, die das Produkt zumindest vage beschreibt, ist zumeist ausreichend konkret, um eine Abnahmefähigkeit zu gewährleisten. So lässt sich bereits § 633 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 2 BGB entnehmen, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht vorliegen muss. Nach § 633 Abs. 2 S. 2 BGB kann für die Beurteilung der Sachmängelfreiheit ferner die vertraglich vorausgesetzte Verwendung (§ 633 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB) bzw. die gewöhnliche Verwendung (§ 633 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB) herangezogen werden. Aus rechtlicher Perspektive steht die Vagheit des Produktzieles für sich genommen daher

1287

S. bereits die Ausführungen in Kapitel 1. Redeker, IT-Recht, Rn. 312. 1289 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (201); Lapp, ITRB 2018, 263 (264); Müller, in: HMD, S. 213 (217). 1290 In diesem Sinne auch Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); Redeker, IT-Recht, Rn. 312; vgl. auch Ullrich, in: FS Fikentscher, S. 298 (305) für den Fall der Forschungs- und Entwicklungsverträge; a. A. wohl Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 (633), der sich bei der Einordnung des Product Backlogs als Lasten- bzw. Pflichtenhefts maßgeblich auf die Abänderbarkeit bezieht. Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass zwar einzelne User Stories abgeändert werden, jedoch kaum einmal die ohnehin nur vage Produktvision. 1291 Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 (633). 1288

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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regelmäßig einer werkvertraglichen Ausgestaltung und Qualifikation nicht entgegen. Teilweise wird aufgrund der Vagheit der Produktbeschreibung zudem rechtsgestaltend empfohlen, je nach Projektphase unterschiedliche Vertragstypen heranzuziehen. Hiernach sei für die Phase der Projektplanung eine dienstvertragliche Einordnung naheliegend, während für die nachfolgende Realisierungsphase eine werkvertragliche Gestaltung zweckmäßig sei. Auf diese Weise könne der zu realisierende Erfolg zunächst hinreichend geplant und sodann mittels einer werkvertraglichen Umsetzung realisiert werden. Für die jeweilige Iteration käme dann ein jeweils eigenständiger Werkvertrag in Betracht. Dies würde zu einer Atomisierung des Gesamtprojekts und zu entsprechend kleinteiligen Werkverträgen führen.1292 Indes entspricht eine solche Gestaltung im zweigliedrigen Rechtsverhältnis regelmäßig nicht den Parteiinteressen. Zwar ließe sich zugunsten einer solchen Gestaltung anführen, dass durch die präzisiere Definition der Inkremente und User Stories die Vagheit des Erfolges und damit ein zentraler Kritikpunkt zulasten einer werkvertraglichen Einordnung behoben werden könnte, doch stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit. So würde dies zum einen zu einer vertraglichen Perpetuierung der verschiedenen Projektphasen führen, was jedoch gerade dem agilen Ansatz widerspricht.1293 Zum anderen wird der Einsatz von Werkverträgen während der Sprints schon nicht der Interessenlage im direkten Rechtsverhältnis entsprechen. Denn auch wenn es gerade bei größeren Projekten mitunter notwendig sein kann, eine Aufspaltung des Gesamtprojektes vorzunehmen, um so die Belastung für die einzelnen Leistungserbringer handhabbar zu machen, so wird man bei der punktuellen Verstärkung des In-House-Teams gleichwohl keinen dem Fremdpersonal individuell zurechenbaren Erfolg feststellen können. Die autonome Umsetzung der Inkremente durch die in diesem Fall gemischten Entwicklungsteams entspricht gerade dem agilen Ansatz. Im zweigliedrigen Rechtsverhältnis wird die Aufspaltung in einen dienstvertraglichen Rahmenvertrag und eine werkvertragliche Konkretisierung daher kaum der Interessenlage der Vertragsparteien entsprechen.1294 Allenfalls im Einzelfall kann es sinnvoll sein, auch bei gemischten Teams konkrete, werkvertragliche Einzelaufträge zu vergeben. Dies gilt etwa dann, wenn das Fremdpersonal bestimmte Kompetenzen in die Entwicklungsarbeit einbringen soll, die sich von der übrigen Entwicklungsarbeit abgrenzen lässt. Zwar geht hiermit eine Abweichung von den agilen Prinzipien eines einheitlichen und ohne Untergliederungen autonom agierenden Entwicklungsteams einher, doch kann dies im Einzel1292 Frank, CR 2011, 138 (141); Hoeren/Pinelli, MMR 2019, 199 (200); Schirmbacher/ Schätzle, ITRB 2020, 16 (19); Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (176); Welkenbach, CR 2017, 639 (644). 1293 Hengstler, ITRB 2012, 113 (114); Witte, ITRB 2010, 44 (45 f.); auf die negativen Effekte projektmethodischer Abweichungen auf die Vorteile der agilen Methodik wurde bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung hingewiesen, vgl. Kapitel 1 H. II. 1294 Anders kann sich dies im indirekten, dreigliedrigen Rechtsverhältnis darstellen, vgl. Kapitel 3 C. III.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

fall, insbesondere aus Auftraggebersicht zur Absicherung der Erfolgsverantwortlichkeit, sinnvoll sein.1295 Ohnehin sind die jeweiligen Teamrollen und die diesen zugeordneten Tätigkeiten zu beachten. Zwar stellen die jeweiligen Rollenbilder für sich genommen keine tragfähigen Indizien dar, doch können anhand deren Tätigkeit Rückschlüsse auf das Leistungsversprechen und damit die Vertragsqualifikation gezogen werden. Dabei können sich abhängig von der konkreten Ausgestaltung des agilen Projekts entsprechende Rollenbilder nicht nur bei Scrum, sondern ebenso bei anderen Projektmethoden oder Mischformen finden. Eine erfolgsbezogene Tätigkeit, die Rückschlüsse auf den Leistungsinhalt und die Vertragsdeklaration zulässt, kommt regelmäßig allenfalls bei Mitgliedern des Entwicklungsteams in Betracht. Nur diese sind unmittelbar an der Umsetzung des Produkts und der Realisierung der im Product Backlog hinterlegten User Stories beteiligt. Gerade bei Mitgliedern des Entwicklungsteams muss daher, ggf. unter Einbeziehung weiterer Indizien, geprüft werden, ob ein werkvertraglicher Erfolg oder nur eine Unterstützungsleistung geschuldet war.1296 Nicht selten wird in agil durchgeführten Projekten nämlich auf einzelne externe Spezialisten zurückgegriffen, die das Inhouse-Team lediglich unterstützen. Ein ausschließlich dem Fremdpersonal zurechenbarer Erfolg liegt in diesen Fällen zumeist nicht vor.1297 Entsprechend wird die Tätigkeit regelmäßig nicht auf einen solchen Erfolg, sondern lediglich auf die Unterstützungsleistung gerichtet sein. Noch deutlicher wird der regelmäßig fehlende Erfolgsbezug beim Scrum Master und ähnlichen Rollenbildern. Diesen kommt typischerweise lediglich eine Art Beraterrolle zu. Dabei moderiert das Fremdpersonal das Team und bietet diesem Hilfestellungen für den Prozessablauf.1298 Regelmäßig kann man daher mangels Erfolgsbezogenheit der Tätigkeit auf eine dienstvertragliche Qualifikation schließen. So ist der Projektleiter als Stellvertreter des Auftraggebers regelmäßig nicht selbst unmittelbar an der Entwicklung des Produkts beteiligt, sondern übernimmt lediglich die Ordnung der Produktanforderungen. Ein ihm zurechenbares Ergebnis liegt daher zumeist nicht vor. Zwar kann ein Erfolg i. S. d. Werkvertragsrechts nach § 631 Abs. 2 BGB auch in einem durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg, wie etwa den aufgefüllten Regalflächen eines Supermarktes, zu sehen sein. Das führt aber nicht dazu, dass die Tätigkeit des Projektleiters, dem primär die Ordnung und Strukturierung des Product Backlog obliegt, auf einen vergleichbar konkreten Erfolg gerichtet ist. Vielmehr handelt es sich hier lediglich um eine Unterstützungsleistung, die mangels Erfolgsbezogenheit typologisch eher einer dienstvertraglichen Tätigkeit

1295 1296 1297 1298

Bortz, MMR 2018, 287 (291). Koch/Kunzmann/Müller, MMR 2019, 707 (709). S. auch die nachfolgenden Ausführungen zur Beherrschbarkeit. Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (171).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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entspricht.1299 Lediglich dann, wenn mit der Tätigkeit ein konkreter Erfolg angestrebt wird, kann eine werkvertragliche Einordnung naheliegen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn seitens der Projektleitung ein Pflichtenheft erstellt werden soll, für dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und spätere Realisierung eine Einstandspflicht besteht.1300 Eine Verantwortlichkeit des externen Product Owners als Projektleiter und erst recht des Scrum Masters als Moderator und Servant Leader für die Realisierung des gesamten Projekts ist im Zwei-Personen-Verhältnis in der Praxis kaum vorstellbar. Zwar können auch Tätigkeiten des Projektmanagements Bestandteil der Auftragnehmerleistungen im Rahmen eines Werkvertrages sein.1301 Das gilt aber vor allem dann, wenn es sich um einheitliche Verträge handelt, die auf die Realisierung eines Erfolgs gerichtet sind und bei denen die Tätigkeit des Projektmanagements eine Begleittätigkeit darstellt. Das kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Auftragnehmer ein eigenes Entwicklungsteam stellt und die Realisierung daher für ihn beherrschbar ist. Eine Möglichkeit zur Leistungserbringung durch Dritte, die man als Indiz zugunsten einer werkvertraglichen Qualifikation auffassen kann, wird regelmäßig allenfalls bei Mitgliedern des Entwicklungsteams relevant. Lediglich bei diesen geht es um die Realisierung eines vorgegebenen Inkrements, sodass die persönliche Leistungserbringung in den Hintergrund rückt. Demgegenüber kommt es bei der Tätigkeit des Product Owners und des Scrum Masters, sofern diese überhaupt fremdvergeben werden, angesichts deren planender und moderierender Tätigkeiten wesentlich auf deren persönliche Fähigkeiten und die eigenständige Leistungserbringung an. c) Gegenleistungspflicht Neben der Leistungspflicht des Fremdpersonals ist auch die Gegenleistungspflicht des Auftraggebers in den Blick zu nehmen. Zwar kann man aus der Ausgestaltung der Gegenleistungspflicht nur bedingt Rückschlüsse ziehen. Erkenntnisgewinne lassen sich jedoch insbesondere aus der Risikozuweisung ableiten. Wie bereits zuvor festgestellt, drückt sich das Erfolgskriterium gerade in der Risikoverteilung bezüglich Leistungs- und Gegenleistungspflicht aus. Eine werkvertragliche Risikoübernahme ist insofern umso weniger anzunehmen, je risikobehafteter die Zielerreichung ist. Es ist mithin nach der Beherrschbarkeit der Erfolgsrealisierung zu fragen. Diese wird wiederum insbesondere durch die Teamzusammensetzung determiniert. Soll das Entwicklungsteam daher etwa in seiner 1299 S. auch Bortz, MMR 2018, 287 (290); Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (171); Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 177. 1300 So Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 177. 1301 S. hierzu Conrad/Witzel, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 18 Rn. 20.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Gesamtheit einen Leistungserfolg generieren und unterstützt das Fremdpersonal dieses nur mit seiner Tätigkeit, so kann man jedenfalls dann, wenn das Fremdpersonal keine abgrenzbaren und individuell zurechenbaren Teilprodukte schuldet, nicht von einer Einstandspflicht für den Gesamterfolg und damit einer Übernahme des Realisierungsrisikos ausgehen.1302 Allenfalls dann, wenn das Fremdpersonal unter Abweichung der agilen Methodik einen abgrenzbaren und individuell zurechenbaren Erfolg als Teilleistung des Gesamtwerkes realisiert, liegt eine Beherrschbarkeit und damit eine Übernahme des Erfolgsrisikos nahe. Demgegenüber kann man kaum von einer alleinigen Erfolgsverantwortung des Auftragnehmers ausgehen, wenn, wie regelmäßig bei agilen Projekten, das Product Backlog oder vergleichbare Auftragslisten ständig durch den Auftraggeber neu geordnet und geändert werden und die Realisierung durch ein gemischtes Team erfolgt.1303 Verbleibt dem Fremdpersonal keine alleinige Verantwortung jedenfalls hinsichtlich abgrenzbarer Teilprojekte, die es im Rahmen seines Vertrages umsetzt, so ist eine Beherrschbarkeit des Erfolgseintritts regelmäßig abzulehnen. In diesem Fall entspricht eine werkvertragliche Qualifikation regelmäßig nicht dem beiderseitigen Parteiwillen. Dennoch kann ein Projektvertrag selbst dann als Werkvertrag zu qualifizieren sein, wenn eine Abhängigkeit von Mitarbeitern des Auftraggebers gegeben ist und gleichwohl im Vertrag eine werkvertragliche Risikoverteilung tatsächlich vereinbart wurde.1304 Ein weiteres Indiz kann die Höhe der Vergütung darstellen. Für die Übernahme des Erfolgsrisikos spricht es, wenn die Vergütungshöhe eine Übernahme des Erfolgsrisikos vermuten lässt. Eine Abgeltung der Risikoübernahme liegt nahe, wenn die Vergütung deutlich über das Entgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers hinausgeht. d) Kündigungsrecht Ferner sind die vertraglichen Kündigungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen. Da sich diese im Werk- und Dienstvertragsrecht unterscheiden, kann man bei entsprechender Prägung indizielle Rückschlüsse zugunsten des entsprechenden Regimes ziehen. Enthält der Vertrag daher entsprechende typische Kündigungsvorschriften, so können auch diese die korrespondierende Einordnung indizieren.

1302 S. hierzu OLG München v. 23. 04. 1996 – 5 U 5708/95, CR 1997, 27; so bereits die Vorinstanz LG München v. 28. 09. 1995 – 7 O 534/95, BB-Beilage Nr. 9 1996, 11 f. 1303 Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 155 sieht es als problematisch an, dass der Kunde unmittelbar in das laufende Projektgeschehen hinein seine Anforderungen formuliert und diese wieder ändert und die Anforderungen wiederum relativ kurzfristig umgesetzt als Ergebnisse präsentiert bekommt; ders., ITRB 2019, 213 (214). 1304 Zdanowiecki, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 11. Teil, B Rn. 7.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Indes können sowohl dienst- als auch werkvertragliche Ausgestaltungen eine Teilvergütung vorsehen. Beim Dienstvertrag kann insbesondere eine fristlose Kündigung aufgrund der Vertrauensstellung in Betracht kommen. Insoweit können sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Projektrollen zeigen. Aufgrund der exponierten Stellung der Rollenbilder von Product Owner und Scrum Master kann bei diesen, anders als bei den Mitgliedern des Entwicklungsteams, die fristlose Kündigungsmöglichkeit nach § 627 BGB relevant werden. Dienste höherer Art i. S. d. § 627 Abs. 1 BGB sind solche, die ein überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnissen oder wissenschaftlicher Bildung, eine hohe geistige Phantasie oder Flexibilität voraussetzen und daher dem Dienstverpflichteten eine herausgehobene Stellung verleihen.1305 Auch technische Dienstleistungen wie die eines Projektsteuerers,1306 eines Softwareherstellers oder eines IT-Beraters1307 können Dienste höherer Art darstellen. Erforderlich ist zudem, dass die Dienste im Allgemeinen und typischerweise aufgrund des besonderen Vertrauens übertragen werden.1308 Dies kann regelmäßig angenommen werden, wenn der persönliche Lebens- oder Geschäftsbereich betroffen ist und der Dienstverpflichtete Einblick in die Geschäftsund Einkommensverhältnisse erhält. Ein besonderes Vertrauen ist daher auch anzunehmen, wenn interne Geschäftsabläufe, Kundenbeziehungen und Personalangelegenheiten offengelegt werden.1309 Nach Auffassung des BGH werden Beraterverträge über IT-Dienstleistungen üblicherweise auch aufgrund besonderen Vertrauens übertragen.1310 Aufgrund der herausgehobenen Stellung wird man auch beim Scrum Master und dem Product Owner eine Übertragung aufgrund besonderen Vertrauens annehmen können. Der Product Owner wird als Repräsentant und Projektleiter tätig, erhält umfassende Einblicke in die unternehmerischen Abläufe und die Beziehung zu den Stakeholdern. Die Funktion des Scrum Masters benötigt ebenso eine umfassende Fachkompetenz. Da ihm zugleich auch maßgeblich die Organisation des Entwicklungsprozesses obliegt und er als Moderator auch umfassend für das Team tätig werden muss, bedarf es auch Vertrauen in die Person1311 des Dienstverpflichteten selbst.1312

1305 BGH v. 13. 11. 2014 – III ZR 101/14, NJW-RR 2015, 686, Rn. 12; s. hierzu auch Henssler, in: MüKo BGB, § 627 Rn. 21. 1306 OLG Düsseldorf v. 16.04. 1999 – 22 U 174 – 98, NJW 1999, 3129. 1307 BGH v. 20. 06. 2018 – 4 StR 561/17, NStZ-RR 2018, 349, Rn. 12. 1308 BGH v. 22. 09. 2011 @ III ZR 95/11, NJW 2011, 3575. 1309 Günther, in: BeckOGK, § 627 BGB Rn. 50. 1310 BGH v. 20. 06. 2018 – 4 StR 561/17, NStZ-RR 2018, 349, Rn. 12. 1311 Der Anwendungsbereich des § 627 BGB kann auch beim Vertragsschluss mit juristischen Personen eröffnet sein. Insofern entsteht ein Gleichlauf des Kündigungsrechts im zweiund dreigliedrigen Rechtsverhältnis, s. hierzu Günther, in: BeckOGK, § 627 BGB Rn. 51 f.; regelmäßig wird auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis beim Einsatz einzelner externer Spezialisten eine dienstvertragliche Einordnung geboten sein, vgl. hierzu Kapitel 3 C. III. 1. 1312 Allgemein hierzu Menke/Schulz, NJW 2011, 1845 (1847); s. auch Günther, in: BeckOGK, § 627 BGB Rn. 50.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Eine Teilvergütung kommt auch im Werkvertragsrecht in Betracht. Wurde das Projekt in klar abgegrenzte Einheiten, etwa den Sprint unterteilt, so kann es gem. § 648a Abs. 2 BGB zur Teilkündigung kommen. In diesem Fall ist der Auftragnehmer gem. § 648a Abs. 5 BGB berechtigt, diejenige Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.1313 Während daher bei dienstvertraglichen Gestaltungen hinsichtlich der Mitglieder des Entwicklungsteams regelmäßig nur das ordentliche Kündigungsrecht in Betracht kommt, kann bei den Rollenbildern des Scrum Masters und des Product Owners eine fristlose Kündigung gem. § 627 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigen. Bei werkvertraglichen Gestaltungen besteht ungeachtet der Rollenbilder ein jederzeitiges Kündigungsrecht. Unterschiede zeigen sich dann jedoch hinsichtlich der zustehenden Vergütung. e) Gewährleistung Eng mit dem Realisierungsrisiko hängt die Gewährleistung zusammen. Wie die vorigen Ausführungen gezeigt haben, kann man nur im Fall einer tatsächlich wahrgenommenen Gewährleistung positive Rückschlüsse auf eine werkvertragliche Qualifikation ziehen. Relevante Besonderheiten der agilen Projektmethoden oder der jeweiligen Rollenbilder lassen sich insoweit nicht ausmachen. Da es im zweigliedrigen Rechtsverhältnis regelmäßig an einem individuell zurechenbaren Ergebnis fehlt, wird man auch selten auf eine in Anspruch genommene Gewährleistung stoßen. Siebers weist ferner zu Recht darauf hin, dass bei aufwandsbasierten Projekten regelmäßig schon keine berechtigte Erwartungshaltung des Auftraggebers bestehen darf, von einer kostenlosen Nacherfüllung auszugehen. Allenfalls bei Festpreisabsprachen kann angenommen werden, dass es dem Auftragnehmer obliege, die Gewährleistung entsprechend einzupreisen.1314 Insoweit korreliert dieser Aspekt wiederum mit der Gegenleistungspflicht. 7. Ergebnis Im Ergebnis ist festzuhalten, dass eine vertragliche Einordnung gerade auch bei der dienst- und werkvertraglichen Dichotomie äußerst diffizil sein kann. Angesichts der Abhängigkeit der vertraglichen Einordnung vom Willen der Vertragsparteien, verbietet sich jede schematische Einordnung. Je nach Anforderungsprofil des jeweiligen agilen Projekts kann eine unterschiedliche Interessenlage vorherrschen. Zudem können unterschiedliche Verhandlungspositionen Einfluss auf die Durchsetzbarkeit der individuellen Interessen haben. Wurde daher keine autonome Ein-

1313 S. hierzu sowie zur Mitwirkungspflicht gem. § 648a Abs. 4 BGB Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (203 f.). 1314 Vgl. hierzu Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 (635).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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ordnung vorgenommen oder ist diese streitig, so muss man anhand der dargestellten Indikatoren und Kontraindikatoren den Willen der Vertragsparteien erforschen. Im zweigliedrigen Rechtsverhältnis wird jedoch eine werkvertragliche Einordnung nur selten dem Willen der Vertragsparteien entsprechen. Zwar wirken insbesondere die Mitglieder des Entwicklungsteams unmittelbar an der Realisierung des jeweiligen Inkrements und damit des zu realisierenden Produkts mit, doch ist für diese der Erfolgseintritt regelmäßig in Ermangelung eines individuell zurechenbaren Ergebnisses nicht beherrschbar. Werden projektleitende und moderierend unterstützende Rollenbilder wie die des Product Owners oder des Scrum Masters ausnahmsweise durch Fremdpersonalkräfte besetzt, so wird regelmäßig nichts anderes gelten. Allenfalls in besonderen Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn das Fremdpersonal für ein Pflichtenheft einzustehen hat, kommt auch bei Rollenbildern wie dem Product Owner eine werkvertragliche Qualifikation in Betracht.

V. Werklieferungsvertrag 1. Voraussetzungen des Werklieferungsvertrages Grundsätzlich richtet sich die entgeltliche, erfolgsbezogene Herstellung eines Werkes nach dem Werkvertragsrecht. Anders ist dies nach der gesetzlichen Konzeption jedoch dann, wenn das herzustellende bzw. zu erzeugende Werk eine bewegliche Sache ist und der Unternehmer zugleich die Lieferung schuldet.1315 In diesem Fall wird ein entsprechender Vertrag insgesamt den kaufrechtlichen Vorschriften unterstellt.1316 Haben die Vertragsparteien keine autonome Qualifikation des Vertrages vorgenommen, so richtet sich diese im Streitfall nach dem Vertragsschwerpunkt.1317 Teilweise wird die Möglichkeit erwogen, auch agil durchgeführte Rechtsverhältnisse unter bestimmten Umständen als Werklieferungsverträge zu qualifizieren.1318 Witte wirft in diesem Kontext die Frage auf, ob bei agil durchgeführten Projekten nicht regelmäßig der Produktcharakter den Schwerpunkt des Vertrages bilde. Die Produktvision diene nämlich der Lösung eines Problems. Damit käme es maßgeblich auf das zu realisierende Produkt an.1319 Wie bereits die Ausführungen zur dienst- und werkvertraglichen Dichotomie gezeigt haben, kann dies im zweigliedrigen Rechtsverhältnis freilich allenfalls dann gelten, wenn die Leistung auf einen individuell zurechenbaren Erfolg gerichtet ist.

1315

Molt, in: BeckOGK, § 650 BGB Rn. 1. Sprau, in: Retzlaff, § 650 BGB Rn. 1. 1317 BGH v. 23. 07. 2009 – VII ZR 151/08, NJW 2009, 2877; v. 03. 03. 2004 – VIII ZR 76/03, NJW-RR 2004, 850. 1318 Witte, ITRB 2010, 44 ff.; kritisch Heise/Friedl, NZA 2015, 129 ff., Fn. 51. 1319 Witte, ITRB 2010, 44 (47). 1316

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

In Abgrenzung zum Werklieferungsvertrag soll nach Auffassung des BGH das Werkvertragsrecht zur Anwendung gelangen, wenn die Planungsleistung den Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Tätigkeit darstelle, die Planungsleistung also mehr als 50 % des gesamten Leistungsumfanges ausmache.1320 Keinen Fall eines Werklieferungsvertrages stelle zudem die Lieferung einer beweglichen Sache dar, wenn diese lediglich eine geistige Leistung verkörpere.1321 Dem ist zuzustimmen, denn der Schwerpunkt des Vertrages wird in diesen Fällen nicht in der Lieferung des aus der geistigen Leistung hervorgehenden Substrats, sondern vielmehr in der geistigen und kreativen Schaffung des Werkes zu sehen sein.1322 2. Anwendung auf die agilen Rollenbilder In aller Regel muss bei agilen Projekten eine werklieferungsvertragliche Qualifikation ausscheiden. Denn nicht nur bei Software, bei der überdies bereits die Sacheigenschaft i. S. d. § 90 BGB zweifelhaft ist,1323 sondern auch bei sonstigen wirtschaftlich anvisierten Zielen der agilen Projektmethoden ist das Ergebnis regelmäßig als bloßes Substrat eines umfassenden Planungsprozesses anzusehen.1324 Zwar findet bei den agilen Projektmethoden keine umfassende und zeitintensive Vorabplanung statt, doch nimmt die regelmäßig und über die komplette Vertragsdauer stattfindende inkrementelle und iterative Planung, wie sie etwa bei Scrum im Rahmen der Sprint Meetings stattfindet, eine zentrale Rolle ein. Die Produktvision dient im Ergebnis oftmals der Lösung eines Problems. Dennoch ist sie regelmäßig ein bloßes Substrat der geistigen Leistung. Dies gilt auch, wenn eine rahmenvertragliche Gestaltung gewählt wird. Zwar wird die Planung hier lediglich dem Rahmenvertrag und nicht dem Teilprojektvertrag zugeordnet. Dennoch lässt sich gegen eine Einordnung des Teilprojektvertrages als Werklieferungsvertrag einwenden, dass sich die vorgelagerte Planung trotz der formellen Trennung der Verträge weiterhin in dem zu realisierenden Teilprodukt niederschlägt und daher ein bloßes Substrat der vorherigen Planung vorliegt.1325 Zudem weist auch der jeweilige Sprintzyklus einen erheblichen Planungsanteil auf. In jedem Fall muss jedoch eine Qualifikation als 1320 S. etwa für den Fall eines geringeren Planungsanteils BGH v. 23. 07. 2009 – VII ZR 151/ 08, NJW 2009, 2877; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 53; Witte, ITRB 2010, 44 (45). 1321 Busche, in: MüKo BGB, § 650 Rn. 12; Metzger, AcP 204 (2004), 231 (233); Voit, in: BeckOK BGB, § 650 Rn. 4. 1322 Voit, in: BeckOK BGB, § 650 Rn. 4; Witte, ITRB 2010, 44 (45). 1323 S. hierzu etwa Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (4302); Redeker, IT-Recht, Rn. 298 ff.; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im ScrumVerfahren, S. 159. 1324 So auch Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Kremer, ITRB 2010, 283 (288) im Kontext der Softwareprogrammierung; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 102 ff. 1325 In diesem Sinn Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im ScrumVerfahren, S. 193.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Werklieferungsvertrag ausscheiden, wenn der Projektvertrag auf die Entwicklung von Software gerichtet ist, die nicht geliefert, sondern unmittelbar in der IT-Struktur des Auftraggebers entwickelt wird und dort bloß verbleibt.1326 Sollte es sich indes ausnahmsweise doch einmal um einen Werklieferungsvertrag handeln, so kommt es nach § 650 S. 3 BGB ferner darauf an, ob es sich um eine vertretbare Sache handelt. Liegt eine unvertretbare Sache i. S. d. § 91 BGB vor, so kommen ergänzend zum Kaufrecht auch die §§ 642, 643, 645, 648, 649 BGB in modifizierter Weise zur Anwendung. Ohnehin ist in diesem Verhältnis die praktische Auswirkung der Qualifikation gering, da die Rechtsfolgen von Kauf- und Werkvertragsrecht weitgehend harmonisiert sind.1327 Der Werklieferungsvertrag kommt mithin bei agilen Projekten, die sich gerade bei komplexen Projekten anbieten, angesichts des ausgeprägten Planungsumfangs kaum ernsthaft in Betracht. Erst recht muss dies für moderierend dienende und projektleitende Rollenbilder wie die des Scrum Master und des Product Owner gelten, die jedenfalls im Regelfall keinen herzustellenden körperlichen Erfolg im Sinne einer Sache nach § 90 BGB abzuliefern haben. Auch Substrate einer geistigen Leistung lassen nicht auf einen Werklieferungsvertrag schließen, da die Planungstätigkeit hier im Vordergrund steht.

VI. Gesellschaftsvertragliche Einordnung Teilweise wird in der Literatur zudem der Einsatz einer eigens für die Durchführung des agilen Projekts zu gründenden Gesellschaft diskutiert.1328 Mit Blick auf das Agile Manifest und die dort verankerte Vorstellung über die idealtypisch besonders enge Zusammenarbeit innerhalb der Teams sowie die Mitwirkung des vermeintlichen Auftraggebers liegt es auch nahe, an eine gesellschaftsvertragliche Einordnung zu denken.1329 Die gesellschaftsvertragliche Form der Zusammenarbeit entspricht bei unbefangener Betrachtung am ehesten dem „Geist des agilen Mani1326 BGH v. 04. 03. 2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449, Rn. 26; Koch, ITRB 2010, 114 (118); Kremer, ITRB 2010, 283 (288). 1327 S. hierzu Metzger, AcP 204 (2004), 231 (251); Retzlaff, in: Grüneberg, § 650 BGB Rn. 2. 1328 So etwa Frank, in: DGRI Jahrbuch 2011, S. 127 (129); ders., CR 2011, 138; Fuchs/ Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430 f.); Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 143 (148 f.); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (135, 136 f.); Hengstler, ITRB 2012, 113 (115); Koch, BB 2017, 387; ders., ITRB 2010, 114 (119); Kremer, ITRB 2010, 283 (288); Lapp, ITRB 2010, 69 (70); Lejeune, ITRB 2012, 89; Müller, in: HMD, S. 213 (218 f.); Redeker, ITRB 2020, 147 (150); Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (183); unter dem Blickwinkle des Prototypings Söbbing, ITRB 2008, 212 (214); Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 48 ff. 1329 Frank, in: DGRI Jahrbuch 2011, S. 127 (129); ders., CR 2011, 138; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (135, 136 f.); Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 48; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 102 ff.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

fests“.1330 Durch die intensive Zusammenarbeit der Beteiligten im Rahmen eines agilen Projekts nähert sich die agile Form der Zusammenarbeit am ehesten dem Leitbild der Gesellschaft an, das auf die Zusammenarbeit zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtet ist.1331 Zudem könnten durch eine solche Gestaltungsform die arbeitsrechtlichen Hürden vermieden werden.1332 Der externe Spezialist könnte, ohne in einem Arbeitsverhältnis zum Unternehmen zu stehen, an der Realisierung eines Projekts mitwirken. 1. Notwendige Voraussetzungen Auch der Gesellschaftsvertrag ist anhand seiner kennzeichnenden Merkmale von den anderen Vertragstypen abzugrenzen.1333 Dabei steht der Gesellschaftsvertrag in einem Entweder-Oder-Verhältnis zu den davon abzugrenzenden Austauschverträgen.1334 Der Parteiwille muss auf einen, die Gesellschaft prägenden gemeinsamen Zweck gerichtet sein.1335 Der wirksame Abschluss eines Gesellschaftsvertrages stellt für die gesellschaftsvertragliche Qualifikation keine hohe Hürde dar. Eine GbR kann bereits durch eine auf die gemeinsame Zweckerreichung gerichtete Zusammenarbeit konkludent und formlos1336 als sog. Gelegenheitsgesellschaft entstehen.1337 Auch das Erfordernis mehrerer hinreichend bestimmter und tauglicher Gesellschafter stellt keine Hürde für die gesellschaftsvertragliche Durchführung agiler Projekte dar. Gesellschafter können nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen sein.1338 Das prägende Merkmal des Gesellschaftsvertrages ist der gemeinsame Zweck. Dieser darf nicht nur bloßes Motiv, sondern muss Inhalt des Vertrages sein.1339 Durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes grenzt sich die Gesellschaft von den Austauschverträgen ab. Denn während beim Austauschvertrag die Parteien mit dem Leistungsaustausch primär jeweils eigene Zwecke verfolgen, fördern die Gesell1330

So wörtlich Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136). Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136); Koch, ITRB 2010, 114 (119); Senze/Dietz, in: CLI/ Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (176). 1332 Hierauf weisen etwa Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 143 (148) für den Fall des dreigliedrigen Rechtsverhältnisses hin. 1333 S. Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 1 f., der die zwingenden Merkmale in Anlehnung an die essentialia negotii als „essentialia societatis“ bezeichnet. 1334 Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 1. 1335 Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 3. 1336 S. zur grundsätzlichen Formfreiheit und den möglichen Ausnahmen, Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 29. 1337 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); s. auch Servatius, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 705 BGB Rn. 10. 1338 Schäfer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 165; s. zu den Anforderungen an die Gesellschafter, Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 115 ff. m. w. N. 1339 Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 123. 1331

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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schafter beim Gesellschaftsvertrag mittels ihrer Leistungen einen gemeinsamen, einheitlichen Zweck.1340 Die Gesellschafter verpflichten sich „gegenseitig“ zur Förderung des gemeinsamen Zwecks bestimmte Leistungen zu erbringen.1341 Die Förderung des gemeinsamen Zwecks muss daher über die eigenen, persönlichen Beweggründe der Gesellschafter gestellt werden.1342 Der BGH führte hierzu bereits 1951 aus: „Der gemeinsame Zweck schließt nicht aus, daß die Gesellschafter mit der Gesellschaft gleichzeitig eigennützige Absichten verfolgen, z. B. die Erzielung von Gewinnen zugunsten der einzelnen Gesellschafter. Bei jeder Gesellschaft verfolgen die Gesellschafter auch persönliche Interessen, sei es ideeller, sei es materieller Art. Der Endzweck einer Gesellschaft braucht daher nicht gemeinschaftlich zu sein, es muß aber wenigstens ein diesem Endzweck dienendes Mittel von den Vertragschließenden als gemeinsamer Zweck verfolgt werden. Diesen Zweck zu fördern, müssen sich die Gesellschafter in der durch den Vertrag vorgesehenen Weise verpflichten. Die erbrachten Leistungen sollen nicht dem Vermögen der Beteiligten zufließen, sondern dem gemeinsamen Zweck dienen.“1343 Anders als beim Austauschvertrag stehen sich die Parteien also nicht gegenüber, sondern „Schulter an Schulter“.1344 Ob indes ein gemeinsamer oder doch nur ein eigener Zweck verfolgt wird, kann mitunter schwer zu beurteilen sein. 2. Anwendung auf die agilen Rollenbilder Die gesellschaftsrechtliche Durchführung eines agilen Projektes wird nur selten dem tatsächlichen Parteiwillen entsprechen.1345 Dies gilt insbesondere dann, wenn lediglich einzelne Teammitglieder als potentielle Gesellschafter auftreten. Die Besonderheiten der jeweiligen Rollenbilder spielen in diesem Kontext keine nennenswerte Rolle. Einer gesellschaftsvertraglichen Einordnung steht jedoch nicht der zu verfolgende Zweck entgegen. Ein gemeinsam verfolgter Zweck kann nämlich in der gemeinsamen agilen Entwicklung und Erstellung eines anfangs noch vagen Produkts gesehen werden.1346

1340

Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 129. Schäfer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 165. 1342 Schöne, in: BeckOK BGB, § 705 BGB Rn. 64; Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, S. 9 ff. 1343 BGH v. 29. 01. 1951 – IV ZR 171/50, NJW 1951, 308. 1344 So ausdrücklich Geibel, in: BeckOGK, § 705 BGB Rn. 129. 1345 So Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (183) m. Verw. a. Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). 1346 Frank, in: DGRI Jahrbuch 2011, S. 127 (130); ders., CR 2011, 138 f.; Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (183). 1341

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Ferner steht einer gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung nicht per se die zeitliche Dauer der Zusammenarbeit entgegen, die regelmäßig nicht über die Projektdauer hinausgeht.1347 Gleichwohl kommt eine gesellschaftsvertragliche Form der Zusammenarbeit angesichts der Schwierigkeiten, die bei der Auflösung oder Auseinandersetzung der Gesellschaft entstehen können, wohl allenfalls im Fall einer längerfristigen Zusammenarbeit in Betracht.1348 Jedoch zeigen sich in der praktischen Durchführung einer gesellschaftsvertraglichen Zusammenarbeit verschiedene Gründe, die regelmäßig gegen einen auf die gesellschaftsvertragliche Durchführung gerichteten Parteiwillen sprechen. Zwar kann in der gemeinsamen Umsetzung einer Produktvision ein gemeinsam verfolgter Zweck liegen. Dennoch wird allenfalls bei Kleinstprojekten, bei denen sich nur einzelne Spezialisten gegenüberstehen, eine gegenseitige Förderungspflicht zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks vorliegen. Eine gleichgeoordnete Kooperation wird in aller Regel nämlich nicht angestrebt. Dies kann sich bereits bei der Verwertung der Entwicklungsergebnisse zeigen. Handelt es sich um ein gesellschaftsvertragliches Rechtsverhältnis, so fällt das Entwicklungsergebnis, sofern gesellschaftsvertraglich nichts anderes geregelt wurde, gem. § 718 BGB in das gemeinsame Gesellschaftsvermögen. Dieses unterliegt nach § 719 BGB einer gesamthänderischen Bindung. Ein Gesellschafter kann insoweit nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen.1349 Möchte einer der Gesellschafter, regelmäßig die hinter dem Auftraggeber stehende juristische Person, das Entwicklungsergebnis selbst nutzen, so kontraindiziert dies bereits einen auf die gemeinsame Zweckverfolgung gerichteten Parteiwillen.1350 Teilweise wird in der Literatur vorgeschlagen, eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung über die Zuweisung der Rechte an dem Projektergebnis zu treffen. Sofern die Vertragsparteien entgegen § 719 BGB eine unabhängige Verwertungsmöglichkeit wünschen, könnte eine entsprechende Regelung über die Rechteverteilung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden.1351 In der Praxis würde dies wohl in 1347

Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136); Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (183), die in dem längeren Zeitraum agiler Projekte gerade ein Argument zugunsten einer gesellschaftsrechtlich ausgestalteten Rechtsbeziehung sehen. 1348 Kremer, ITRB 2010, 283 (288); in diesem Sinne auch Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (143). 1349 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136); Koch, BB 2017, 387; Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (183). 1350 Frank, in: DGRI Jahrbuch 2011, S. 127 (130); Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); Kühn/Ehlenz, CR 2019, 139 (143); Müller, in: HMD, S. 213 (218 f.); s. auch Kremer, ITRB 2010, 283 (288); Lapp, ITRB 2010, 69 (70), die zudem auf die steuerlichen Nachteile verweisen. 1351 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136); s. auch Frank, CR 2011, 138 (139) mit weiteren Anmerkungen zu Eigenheiten der Software-Entwicklung; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 50.

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aller Regel mit einer Kompensation für die einseitige Verteilung der Schutzrechte einhergehen.1352 Dies würde jedoch wiederum dazu führen, dass allein dem Gesellschafter, dem die Rechte zugewiesen sind, das alleinige Erfolgsrisiko zufallen würde.1353 Alleinfalls über eine nach der Produktfunktionalität gestaffelten Kompensation ließe sich eine Risikoverteilung erreichen.1354 Indes würde sich eine solche Gestaltung weitgehend derjenigen eines Austauschvertrages annähern. Daher muss man bei gesellschaftsvertraglichen Gestaltungen, die eine einseitige Zuordnung der Rechte am Produkt vorsehen, besonders genau darauf achten, ob der Parteiwille tatsächlich auf die gemeinsame Zweckerreichung oder aber auf einen Austauschvertrag gerichtet ist. In einem solchen Fall liegt es nämlich nahe, dass es sich bei den potentiellen Gesellschaftern gerade nicht um gleichberechtigte Partner handelt, die ein gemeinsames Ziel erreichen und in der durch Vertrag bestimmten Weise fördern wollen.1355 Dies gilt besonders im zweigliedrigen Rechtsverhältnis, in welchem dem Auftraggeber das Fremdpersonal unmittelbar gegenübersteht. Betrachtet man die phänotypischen Erscheinungen der agilen Projektarbeit, so arbeiten die Beteiligten zwar regelmäßig umfassend zusammen und wirken an der Realisierung mit, doch fehlt es regelmäßig dennoch an einem gleichberechtigten Zusammenwirken zur Erreichung und Förderung eines gemeinsamen Ziels.1356 Das in aller Regel beteiligte Unternehmen wird das zu entwickelnde Produkt nämlich gewöhnlich für seine eigenen Zwecke nutzen wollen, insbesondere um Wettbewerbsvorteile gegenüber den übrigen Marktteilnehmern zu erlangen.1357 Demgegenüber üben die Spezialisten ihre Tätigkeit regelmäßig zum Zwecke der Erzielung von Einkommen aus. Ein darüberhinausgehender Endzweck wird von den Beteiligten in der Regel nicht angestrebt. Auch die Konzeptionshoheit verbleibt trotz der intensiven Zusammenarbeit in diesen Fällen allein beim beteiligten Unternehmen.1358 Überdies hat das den Nutzen ziehende Unternehmen regelmäßig ein gesteigertes Interesse an möglichen Gewährleistungsrechten.1359 Da solche im Verhältnis der Gesellschafter gerade nicht vorgesehen sind und insofern allenfalls Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB in Betracht kommen,1360 entspricht die mangelnde

1352 Vgl. hierzu Frank, CR 2011, 138 (139), der auf Lizenzvereinbarungen bei SoftwareProjekten verweist. 1353 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136). 1354 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136). 1355 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); Kühn/Ehlenz, CR 2019, 139 (143); Müller, in: HMD, S. 213 (218 f.). 1356 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 48 f. 1357 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). 1358 In diesem Sinne Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). 1359 Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). 1360 S. hierzu auch Frank, in: DGRI Jahrbuch 2011, S. 127 (132); ders., CR 2011, 138 (139) m. w. N.

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Gewährleistung regelmäßig nicht den Parteiinteressen, insbesondere nicht denjenigen des Unternehmens als Vertragspartner.1361 Kommt man trotz alledem zu dem Ergebnis, dass ausnahmsweise eine gesellschaftsvertragliche Gestaltung von den Parteien gewollt war, so bestehen nicht nur bei der Regelung zur Verwertung der Entwicklungsergebnisse, sondern auch bei der Ausgestaltung der Arbeitsorganisation und der Gesellschafterpflichten hinreichend flexible Möglichkeiten.1362 So kann insbesondere die Mitwirkung an der Entwicklungsarbeit als Gesellschafterpflicht geregelt werden. Die Mitwirkung an der Planung und Umsetzung des Produktziels kann sowohl in der Bereitstellung von Betriebsmitteln als auch in dem eingebrachten Know-how liegen, wobei unerheblich ist, ob der potentielle Gesellschafter sein eigenes Wissen und Können oder das von Fremdkräften einbringt.1363 3. Ergebnis Eine gesellschaftsvertragliche Qualifikation der Rechtsbeziehung entspricht im zweigliedrigen Rechtsverhältnis, in welchem dem Unternehmen die einzelne Fremdpersonalkraft gegenübersteht, aus den genannten Gründen regelmäßig nicht den Parteiinteressen. Während das am agilen Projekt typischerweise beteiligte Unternehmen die zu realisierenden und funktionsfähigen Ergebnisse für die eigenen Zwecke nutzen möchte, kommt es dem Fremdpersonal als Teil des agilen Projektteams maßgeblich auf die Erzielung eines eigenen Einkommens zur Sicherung des Lebensunterhaltes an. Demgegenüber kommt eine gesellschaftsvertragliche Qualifikation nur dann ernsthaft in Betracht, wenn es sich tatsächlich um gleichberechtigte Parteien handelt, die ein gemeinsames Interesse am intendierten Entwicklungserfolg haben. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Parteien gemeinsam einen Markt erschließen möchten1364 oder sich zwei Unternehmen gegenüberstehen, die unter Einsatz ihrer Mitarbeiter ein gemeinsames Projekt realisieren.1365

1361

Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). S. hierzu Frank, CR 2011, 138 (139); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136). 1363 S. hierzu Frank, CR 2011, 138 (139); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (136). 1364 Frank, CR 2011, 138 (139); Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); s. hierzu Lejeune, ITRB 2012, 89; vgl. hierzu OLG Naumburg v. 27. 03. 2008 – 9 U 156/ 07 (Hs), BeckRS 2008, 9168; aufgehoben durch BGH v. 06. 04. 2009 – II ZR 117/08, NJW 2009, 2139 aufgrund anderer Gründe. 1365 S. dazu die Ausführungen und Nachweise zur gesellschaftsvertraglichen Einordnung im dreigliedrigen Rechtsverhältnis, Kapitel 3 C. IV.; s. auch Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 115 ff., der auf die spezifische Interessenlage im Fall eines Kooperationsprojektes zweier Unternehmen im Wege des Scrum-Verfahrens bezieht. 1362

D. Anwendbarkeit besonderer Regelungskomplexe

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D. Anwendbarkeit besonderer Regelungskomplexe im zweigliedrigen Rechtsverhältnis Ließ sich im Ausgangspunkt keine arbeitsvertragliche Einordnung positiv feststellen, so ist trotz der nunmehr grundsätzlichen Stellung als Selbständiger dennoch an die Anwendbarkeit besonderer, auf das Rechtsverhältnis einwirkender Regelungskomplexe zu denken. Als solche kommen die Regelungskomplexe der arbeitnehmerähnlichen Personen sowie der Heimarbeit in Betracht. Zwar handelt es sich bei diesen Regelungskomplexen um keine eigenständigen Vertragstypen, doch wirken diese mittels zwingender Rechtsvorschriften ergänzend auf die zugrundeliegenden Vertragstypen ein. Die Regelungskomplexe knüpfen nicht an einen bestimmten Leistungsinhalt an, sondern an eine vom Gesetzgeber ausgemachte Schutzbedürftigkeit. Daher bietet es sich zumindest begrifflich an, nicht vom Rechtsformzwang im Sinne einer vertragstypenbezogenen Betrachtung zu sprechen. Im Ergebnis gelangt man jedoch auch bei den Regelungskomplexen der arbeitnehmerähnlichen Personen und der Heimarbeiter im Wege der Auslegung des zwingenden Rechts zur Indisponibilität der Einordnung. Lässt sich das Fremdpersonal dem persönlichen Anwendungsbereich eines solchen Regelungskomplexes subsumieren, so geht hiermit ein ausdifferenziertes und grundsätzlich zwingendes Normgefüge einher, welches dem Schutz der jeweils als schutzbedürftig erachteten Personengruppe dient.

I. Arbeitnehmerähnliche Person Gerade durch den Einsatz moderner agiler Arbeitsformen und der damit häufig Hand in Hand gehenden Digitalisierung der Arbeit lässt sich vermehrt eine Entfernung vom Normalarbeitsverhältnis und zugleich eine Ausbreitung alternativer Beschäftigungsformen feststellen. Mangelt es etwa an der persönlichen Abhängigkeit des Fremdpersonals, so kann es sich bei dem im Rahmen agiler Projekte tätigwerdenden Fremdpersonal gleichwohl um arbeitnehmerähnliche Personen handeln.1366 Das Regime der arbeitnehmerähnlichen Person dient als Korrelat für das „Alles-oder-nichts-Prinzip“1367 der arbeitsvertraglichen Einordnung. Hierbei handelt es sich um ein ausdifferenziertes Normregime, welches auf den zugrundeliegenden Vertragstypus mittels zwingender Rechtsvorschriften einwirkt. An der vertragstypologischen Einordnung vermag die Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person nichts zu ändern.1368 Dennoch geht 1366

Pfrang, Das Ausbleiben arbeitsrechtlicher Weisungen, S. 198; vgl. etwa Däubler/ Klebe, NZA 2015, 1032 (1035 f.) zur Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit von Crowdworkern. 1367 So ausdrücklich Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, Rn. 97; Pacha, Crowdwork, S. 194. 1368 Dies zeigt sich etwa bei § 12a Abs. 1 TVG. Hiernach muss gerade ein Dienst- oder Werkvertrag als Voraussetzung vorliegen.

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mit einer entsprechenden Qualifikation hinsichtlich einzelner Aspekte eine Gleichstellung bzw. Annäherung an den Status eines Arbeitnehmers einher.1369 Erwähnung finden die arbeitnehmerähnlichen Personen etwa in § 12a TVG, § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG, § 2 BUrlG, § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 JArbSchG, § 7 Abs. 1 Nr. 3 PflegeZG sowie in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbSchG.1370 Dieser punktuelle Schutz bleibt jedoch weit hinter dem für Arbeitnehmer bestehenden umfassenden Schutz zurück.1371 Insbesondere das Kündigungsschutzgesetz sowie sonstige Sonderkündigungsschutzbestimmungen finden, mit Ausnahme der systemfremden Erstreckung nach §§ 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 Nr. 3 PflegeZG, keine Anwendung.1372 Gleichwohl ist zu konstatieren, dass dem Schutzregime der arbeitnehmerähnlichen Person, jedenfalls nach seinem Status quo, vielfach noch nicht eine ihrer potentiellen Leitungsfähigkeit entsprechende Bedeutung beigemessen wird.1373 Ergänzend werden Personen, die regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind gem. § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI von der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst. Zwar wird diese Personengruppe in der aktuellen Gesetzesfassung nicht mehr als arbeitnehmerähnliche Selbständige bezeichnet, da die an der Gesetzesnovellierung beteiligte „Kommission Scheinselbständigkeit“ der Ansicht war, dass der beschriebene Kreis nicht präzise dem entspreche, was üblicherweise unter dem Begriff der Arbeitnehmerähnlichen verstanden werde.1374 Dennoch weisen die Kriterien Übereinstimmungen mit den Kriterien auf, die ansonsten typischerweise herangezogen werden.1375 Eine arbeitnehmerähnliche Person kann nur eine natürliche, nicht aber eine juristische Person sein.1376 Die wirtschaftliche Abhängigkeit juristischer Personen wird durch das GWB erfasst.1377 Während sich eine Definition der arbeitnehmerähnlichen Person lediglich in § 12a TVG findet, setzen die anderen Vorschriften den Begriff lediglich voraus. Eine allgemeingültige Definition der arbeitnehmerähnlichen Person existiert daher nicht.1378 Dies schließt jedoch nicht aus, die in § 12a TVG ge1369

Zur Geltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften s. D. Ulber, in: Deinert/Heuschmid/ Zwanziger, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 204. 1370 S. zur formalen und inhaltlichen Abgrenzung Wank, in: Wiedemann TVG, § 12a Rn. 12 – 14. 1371 Heuschmid/Klebe, in: FS Kohte, S. 73 (77). 1372 Preis/Temming, Individualarbeitsrecht, Rn. 256 f. 1373 So Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 23; ähnlich zur Bedeutung der Arbeitnehmerähnlichen auch Buchner, NZA 1998, 1144 (1146); Wank, NZA 1999, 225 (230). 1374 Abschlussbericht der Kommission „Scheinselbständigkeit“, NZA 1999, 1260 (1261). 1375 S. hierzu Neuvians, Die arbeitnehmerähnliche Person, S. 84 – 86. 1376 OLG Oldenburg v. 15. 12. 1961 – 1 U 39/60, AP ArbGG 1953 § 2 Nr. 50; Spinner, in: MüKo BGB, § 611a Rn. 130. 1377 Vgl. etwa § 20 GWB; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 27 f. 1378 BAG v. 17. 01. 2006 – 9 AZR 61/05, BeckRS 2006, 42231, Rn. 13; Deinert, Soloselbständige, S. 11; Heuschmid/Klebe, in: FS Kohte, S. 73 (77); Neuvians, Die arbeitnehmerähnliche Person, S. 49; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 28.

D. Anwendbarkeit besonderer Regelungskomplexe

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nannte Definition im Rahmen der Auslegung zumindest partiell heranzuziehen.1379 Wenngleich die Einzelheiten zum Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person streitig sind, so besteht immerhin insoweit Einigkeit, als es sich um Beschäftigte handelt, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind.1380 Dies spiegelt sich auch in der Definition des BAG wider, welches in unterschiedlichen normativen Kontexten die arbeitnehmerähnliche Person einheitlich wie folgt definiert hat: „Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbständige. Sie unterscheiden sich von Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Arbeitnehmerähnliche Personen sind […] in wesentlich geringerem Maße persönlich abhängig als Arbeitnehmer. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Eine arbeitnehmerähnliche Person kann für mehrere Auftraggeber tätig sein, wenn die Beschäftigung für einen von ihnen überwiegend und die daraus fließende Vergütung die entscheidende Existenzgrundlage darstellt. Der wirtschaftlich Abhängige muss außerdem seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein.“1381 Der Definition lässt sich jedoch keine explizite Aussage zu der Frage entnehmen, welcher Sinngehalt dem Merkmal der vergleichbaren Schutzbedürftigkeit im Verhältnis zum Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit zukommt.1382 Eine persönliche Schutzbedürftigkeit soll nach Auffassung der Rechtsprechung anzunehmen sein, „wenn das Maß der Abhängigkeit nach der Verkehrsanschauung einen solchen Grad erreicht, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt und die geleisteten Dienste nach ihrer soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind“.1383 Auskunft über das Verständnis des Gesetzgebers geben die Gesetzgebungsmaterialien. Im Entwurf zum Heimarbeitsänderungsgesetz (Gesetz zur Änderung des Heimarbeitsgesetzes und anderer arbeitsrechtlicher 1379 BAG v. 17. 01. 2006 – 9 AZR 61/05, BeckRS 2006, 42231, Rn. 13; v. 17. 10. 1990 – 5 AZR 639/89, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 9, aus den Gründen II.3.d.; Lampe, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 2 BUrlG Rn. 3; D. Ulber, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 206; in diesem Sinne Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 241; für eine umfassende Übertragbarkeit hingegen Heuschmid/Klebe, in: FS Kohte, S. 73 (77); kritisch hinsichtlich der Bedeutung der gesetzgeberischen Regelung in § 12a TVG, Becker, Die freie Mitarbeit, S. 101; Neuvians, Die arbeitnehmerähnliche Person, S. 86, die eine Übertragbarkeit weitgehend ablehnt. 1380 Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 60; Neuvians, Die arbeitnehmerähnliche Person, S. 48, die jedoch gleichfalls auf die Heterogenität der Auslegung verweist; D. Ulber, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 206. 1381 BAG v. 30. 08. 2000 – 5 AZB 12/00, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 75; BGH v. 04. 11. 1998 – VIII ZB 12/98, NZA 1999, 53. 1382 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 27 f.; s. hierzu auch Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 278 ff.; Otten, Anmerkung zu BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. 1383 BAG v. 17. 01. 2006 – 9 AZR 61/05, NJOZ 2006, 3821, Rn. 14; v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1.

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Vorschriften) nahm der Gesetzgeber im Kontext des § 12a TVG zum Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person Stellung.1384 Unter Verweis auf den schon vorhandenen Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person in § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG und § 2 S. 2 BUrlG, in denen nur von der wirtschaftlichen Abhängigkeit die Rede ist, wird die Rechtsprechung des BAG aufgegriffen und vom Gesetzgeber zu eigen gemacht.1385 Das BAG konkretisierte dabei den Begriff dahingehend, dass nur solche Personen als arbeitnehmerähnlich angesehen werden können, die wegen ihrer sozialen Stellung dem Typ des Arbeitnehmers entsprechen und deshalb sozial schutzbedürftig seien. Der Verweis auf § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG und § 2 S. 2 BUrlG zeigt zudem, dass der Gesetzgeber ausweislich der durch die Rechtsprechung erfolgten Konkretisierung im Grundsatz von einem einheitlichen Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person ausgeht. Das BAG kontrolliert mittels des Kriteriums der sozialen Schutzbedürftigkeit daher die soziale Typik.1386 Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der in Bezug genommenen konkretisierenden Rechtsprechung um eine Rechtsfortbildung handelte. Spätestens mit der Anerkennung in den Gesetzgebungsmaterialien wurde der gesetzgeberische Wille bekundet, das Merkmal entsprechend der Rechtsprechung des BAG zu verstehen. Zur Feststellung der Vergleichbarkeit greift diese auf eine soziologische Gesamtbetrachtung zurück.1387 Diesem Ansatz folgt auch der letztlich verabschiedete Gesetzesentwurf. Erforderlich ist daher nicht nur die wirtschaftliche Abhängigkeit, sondern zudem die Vergleichbarkeit mit der sozialen Stellung eines Arbeitnehmers. Aus diesen beiden Hauptkriterien soll nach den Gesetzgebungsmaterialien folgen, dass „solche Personen nicht zu den arbeitnehmerähnlichen Personen gerechnet werden können, die nach ihrem Typus – auch im Hinblick auf die Höhe ihres Einkommens – nicht der ins Auge gefaßten Zielgruppe entsprechen.“1388 Anders als im Fall des Arbeitnehmers, bei dem die typische Schwäche dieser Personengruppe lediglich als Motiv für die arbeitnehmerschützenden Gesetze diente,1389 wollte der Gesetzgeber hier ausschließlich denjenigen Personen den zusätzlichen Schutz gewähren, die im Sinne der obigen Definition tatsächlich schutzbedürftig sind. Dies muss im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden. Dem Merkmal der sozialen Schutzbedürftigkeit kommt daher eine Kontrollfunktion zu.1390

1384 Vgl. hierzu BT-Drs. 7/975, S. 20; zu den im Schrifttum vertretenen Ansichten s. Neuvians, Die arbeitnehmerähnliche Person, S. 56 ff., jeweils m. w. N. 1385 BT-Drs. 7/975, S. 20. 1386 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 28; Neuvians, Die arbeitnehmerähnliche Person, S. 72 f., 76 f. 1387 BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1; v. 23. 12. 1961 – 5 AZR 53/ 61, AP ZPO § 717 Nr. 2; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 28. 1388 So ausdrücklich BT-Drs. 7/975, S. 20. 1389 Vgl. zum Motiv des Gesetzgebers zur Regelung der Arbeitsverhältnisse Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 105. 1390 S. etwa BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1; v. 13. 12. 1962 – 2 AZR 128/62, juris, Rn. 14; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 28; in diesem Sinne Becker, Die freie Mitarbeit, S. 108; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status,

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1. Wirtschaftliche Abhängigkeit Während der Arbeitnehmer persönlich abhängig ist, tritt beim Arbeitnehmerähnlichen die wirtschaftliche Abhängigkeit an diese Stelle.1391 Wirtschaftlich abhängig ist, wer zur Existenzsicherung und zur Einkommenserzielung auf die Verwertung der eigenen körperlichen oder psychischen Leistungsfähigkeit angewiesen ist.1392 Die wirtschaftliche Abhängigkeit wird durch eine Vielzahl negativer Risiken bestimmt.1393 Dogmatisch gesehen handelt es dabei um Indizien,1394 die zur Bestimmung der wirtschaftlichen Abhängigkeit herangezogen werden können. Da die Vielfältigkeit der Indizien in deren Natur liegt, sind die nachfolgend dargestellten Indizien, die bereits durch Rechtsprechung und Lehre aufgegriffen wurden, nicht abschließend. Grundlegend ist insoweit zwischen den die wirtschaftliche Abhängigkeit prägenden Umständen im Rechtsverhältnis zum Auftraggeber und den persönlichen Verhältnissen des Auftragnehmers zu unterscheiden.1395 a) Umstände im Rechtsverhältnis zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Auftragnehmers kann durch eine Vielzahl negativer Risiken innerhalb des Rechtsverhältnisses determiniert werden. Auch aus diesem Grund bedarf es in der gerichtlichen Praxis stets einer Betrachtung der Besonderheiten des Einzelfalles. aa) Keine Leistung für den Markt Ein erstes Indiz für die Beurteilung der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist in der Marktausrichtung des Auftragnehmers zu sehen.1396 Richtet der Auftragnehmer seine Tätigkeit ausschließlich nach den Interessen des Auftraggebers aus und verzichtet somit auf eine Teilnahme am Markt, so geht hiermit in Ermangelung einer weiteren S. 280; a. A. Boemke, ZfA 1998, 285 (319), der hierin eine Vermengung der wirtschaftlichen Abhängigkeit und sozialen Schutzbedürftigkeit sieht. 1391 BAG v. 15. 11. 2005 – 9 AZR 626/04, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 12; Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 81. 1392 BAG v. 21. 02. 2007 – 5 AZB 52/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 64, Rn. 11; v. 08. 06. 1967 – 5 AZR 461/66, NJW 1967, 1982, aus den Gründen 2.; aus dem Schrifttum Hromadka, NZA 1997, 1249 (1253); Kamanabrou, Arbeitsrecht, § 3 Rn. 161; Lieb, RdA 1974, 257 (262); Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 29, 31. 1393 Becker, Die freie Mitarbeit, S. 101; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 29. 1394 S. hierzu Becker, Die freie Mitarbeit, S. 101, der vergleichbar zur persönlichen Abhängigkeit auf den Typus abstellt und daher in den Aspekten typologische Kriterien sieht. Dies ist wiederum nichts anderes als ein Indiz; ähnlich auch Herschel, DB 1977, 1185; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 36, die wohl gleichfalls von Indizien ausgeht. 1395 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 28 ff. 1396 Becker, Die freie Mitarbeit, S. 102; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 30; Herschel, DB 1977, 1185 (1187).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Verwertbarkeit der eigenen Leistungsfähigkeit eine wirtschaftliche Abhängigkeit einher. Infolgedessen hängt die Erzielung des eigenen Einkommens maßgeblich von den im Vertragsverhältnis erzielten Einkünften ab.1397 Besonders wirkt sich dies bei Dienstleistern aus, die keine auf Vorrat produzierten unternehmerischen Erzeugnisse auf dem Markt anbieten. Daher liegt die Arbeitnehmerähnlichkeit vor allem bei dieser Personengruppe nahe.1398 Der zur wirtschaftlichen Abhängigkeit führenden, fehlenden Marktausrichtung steht nicht entgegen, dass es sich dabei um eine Selbstbindung des Arbeitnehmerähnlichen handelt.1399 Mit der fremdnützigen Ausrichtung korrespondiert die Verwertung der Arbeitsergebnisse.1400 Dies zeigt sich an den §§ 1 Abs. 2 S. 3, 2 Abs. 1, 2 HAG, wonach die Verwertung der Arbeitsergebnisse durch den Auftraggeber zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit führen kann. Dies gilt nicht nur für die Gruppe der Heimarbeiter, sondern ebenso für die Obergruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen. Insoweit ist ein induktiver Schluss auf die allgemeine Gruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen zulässig.1401 Wird die Verwertung des Arbeitsergebnisses überlassen, so kann das Fremdpersonal seine unternehmerischen Chancen kaum wahrnehmen. Die Auftragnehmer sind dann auf den am Markt auftretenden Auftraggeber angewiesen.1402 bb) Dauer und Umfang der Tätigkeit Die Dauer und der Umfang der Tätigkeit können ebenfalls erheblichen Einfluss auf das Ausmaß der wirtschaftlichen Abhängigkeit haben.1403 Zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz trägt insbesondere eine regelmäßige und auf eine gewisse Dauer angelegte Tätigkeit bei.1404 Zudem wird sich der Auftragnehmer, worauf Schubert zu Recht hinweist, regelmäßig auch umso mehr mit seiner Arbeitsorganisation auf den Auftraggeber einstellen, je länger die Rechtsbeziehung zum Auftraggeber andauert.1405 Erzielt der Auftragnehmer den überwiegenden Teil seines Einkommens bei einem Auftraggeber und ist diese Tätigkeit auf Dauer angelegt, so 1397

Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 30. Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 30. 1399 Schubert, RdA 2020, 248 (255). 1400 Herschel, DB 1977, 1185 (1187); Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 280; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 34. 1401 Vgl. hierzu auch LAG Baden-Württemberg v. 08. 08. 1951 – Sa 37/51, DB 1951, 800. 1402 S. hierzu Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 34 m. w. N. 1403 BAG v. 15. 11. 2005 – 9 AZR 626/04, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 12, aus den Gründen I.2.b.bb.; Becker, Die freie Mitarbeit, S. 103 ff.; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 32; Hromadka, NZA 1997, 1249 (1253); so schon Endemann, AuR 1954, 210 (212). 1404 BAG v. 15. 11. 2005 – 9 AZR 626/04, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 12, aus den Gründen I.2.b.bb.; Becker, Die freie Mitarbeit, S. 103. 1405 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 32. 1398

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führt dies regelmäßig dazu, dass die unternehmerischen Risiken nicht mehr gestreut werden und somit eine verstärkte wirtschaftliche Abhängigkeit entstehen kann.1406 Unklar bleibt jedoch, welche Dauer eine Tätigkeit aufweisen muss, damit diese als Indiz auf eine wirtschaftliche Abhängigkeit hindeutet. Eine solche Grenze lässt sich dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen.1407 Als Anhaltspunkte können allenfalls die Fristen in § 12a Abs. 1 Nr. 1 lit. b TVG und § 5 Abs. 3 ArbGG, die jeweils eine 6-Monatsfrist vorsehen, herangezogen werden. Die genannten Normen statuieren allerdings nur die Dauer der Berechnungsgrundlage. Eine sechsmonatige Mindestfrist wird nicht vorausgesetzt. Dauert das Rechtsverhältnis keine sechs Monate an, so kann jeweils auch eine kürzere Frist zugrunde gelegt werden. Gleichwohl kann hieraus der Umkehrschluss gezogen werden, dass jedenfalls eine Dauer von sechs Monaten auf eine wirtschaftliche Abhängigkeit hindeutet.1408 Anders als von Schubert1409 vertreten, kann man hingegen nicht auf eine starre Jahresfrist rekurrieren. Schubert verweist insoweit auf die Vorschrift des § 29 Abs. 1 HAG in seiner Fassung vom 14. 03. 1951. Die Norm sah vor, dass das Heimarbeitsverhältnis erst nach einjährigem Bestehen mit einer Ankündigungsfrist von einer Woche beendet werden konnte. Der Verweis von Schubert, auch die Rechtsprechung habe die Jahresgrenze teilweise aufgegriffen und diese auf Rechtsverhältnisse übertragen, die aus einer Kette von Werkverträgen bestanden,1410 überzeugt nicht. Zum einen zieht die Rechtsprechung die Jahresgrenze schon nicht als Indiz der wirtschaftlichen Abhängigkeit heran, sondern greift auf die Jahresgrenze lediglich als Bemessungszeitraum für die hierfür maßgebliche Entgeltberechnung zurück. Zum anderen erscheint es schon aufgrund der Rechtsnatur eines Indizes fernliegend, eine starre Jahresgrenze heranzuziehen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber ein entsprechendes, konkretes Normverständnis vor Augen hatte. Wollte man, wie Schubert, grundsätzlich aus Gründen der „Rechtssicherheit und Handhabbarkeit des Typus“ eine starre Jahresfrist heranziehen,1411 so müsste man aus Gründen der Methodenehrlichkeit jedenfalls die darin liegende Rechtsfortbildung kenntlich machen. Auch die Einschränkung Schuberts, die sie etwa für Freiberufler im Rahmen der nachrangigen Kontrolle der vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit er1406 Becker, Die freie Mitarbeit, S. 103; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 32 m. w. N. 1407 Becker, Die freie Mitarbeit, S. 103; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 33. 1408 Vgl. Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 32 ff., die wiederum den Umkehrschluss hieraus zieht, dass Rechtsverhältnisse, die wesentlich kürzer andauern eine Dauerhaftigkeit kontraindizieren; vgl. hierzu Endemann, AuR 1954, 210 (212), der pauschal bereits zwei Monate ausreichen lassen möchte. 1409 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 34; auch Becker, Die freie Mitarbeit, S. 104 weist auf die teilweise vertretene Jahresfrist hin. 1410 Vgl. die Nachweise bei Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 34, BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1; v. 07. 01. 1971 – 5 AZR 221/70, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 8. 1411 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 34.

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wägt,1412 erscheint nicht nötig und ergebnisgeleitet. Hiernach würde es die Art ihrer Tätigkeit im Rahmen des Projektgeschäfts bedingen, bei langwierigen Projekten einen längeren Zeitraum als ein Jahr zu wählen. Andernfalls könnten im Projekt tätige Freiberufler als wirtschaftlich abhängig gelten, obwohl ihnen das Schutzbedürfnis fehle. Woraus sich eine solche Einschränkung im Rahmen der nachrangigen Kontrollebene ergeben soll, bleibt indes offen. Über die Feststellung der wirtschaftlichen Abhängigkeit hinaus ist einzig relevant, ob das Fremdpersonal seiner sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar ist. Richtigerweise kann man keine pauschale und starre Mindestfrist annehmen. Vielmehr kommt es auch bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Abhängigkeit im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auf sämtliche zur Verfügung stehende Indizien an. Nach Ansicht des BAG stand im Einzelfall eine Dauer von neun Monaten1413 bzw. eines Semesters1414 einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht entgegen. In der Literatur wurde teilweise ohne nähere Begründung bereits eine Dauer von zwei Monaten als ausreichend erachtet.1415 Handelt es sich um einzelne (Klein- bzw. Kleinst-)Aufträge im Sinne einer atomisierten Vertragsgestaltung, so kann man nur dann von einer entsprechenden Dauer der Tätigkeit ausgehen, wenn die rahmenvertragliche Gestaltung über einen entsprechenden Zeitraum andauert1416 oder soweit sich die vertragliche Beziehung so gefestigt hat, dass über die Einzelverträge hinaus ein Dauerrechtsverhältnis im Sinne dessen besteht.1417 Erforderlich ist ein „verknüpfendes Band“, da andernfalls lediglich eigenständige Verträge vorlägen, die nach Beendigung keine weitere rechtliche Bindung vorsähen.1418 Ferner beeinflusst der Umfang der Tätigkeit die wirtschaftliche Abhängigkeit. Entgegen einer teilweise vertretenen Annahme kann man aus einem nur geringfügigen Umfang nicht darauf schließen, dass die Tätigkeit nicht auf die Sicherung der Existenz gerichtet sein kann.1419 Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass das zu beurteilende Rechtsverhältnis alleine maßgeblich zur Sicherung der Existenz beitragen 1412 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 48 f.; dies soll auch auf Existenzgründer zutreffen. 1413 BAG v. 15. 11. 2005 – 9 AZR 626/04, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 12, aus den Gründen I.1.a.bb. 1414 BAG v. 16. 12. 1957 – 3 AZR 92/55, AP ArbGG 1953 § 5 Nr. 11; s. hierzu Willemsen/ Müntefering, NZA 2008, 193 (194). 1415 Endemann, AuR 1954, 210 (212); s. auch Pfarr, in: FS Kehrmann, S. 75 (84) m. Verw. a. LAG Baden-Württemberg v. 08. 08. 1951 – Sa 37/51, DB 1951, 800. 1416 S. zu aufgespaltenen Beschäftigungsformen Becker, Die freie Mitarbeit, S. 104 f. 1417 BAG v. 08. 06. 1967 – 5 AZR 461/66, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 6. 1418 Vgl. auch Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 36, die auf die konkrete Vertragsgestaltung als Indiz verweist. 1419 So Hromadka, NZA 1997, 1249 (1253); Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 61; anders jedoch BAG v. 12. 07. 1988 – 3 AZR 569/86, AP HAG § 2 Nr. 10, aus den Gründen 2.c.

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muss. Sind anderweitige Einkommensquellen vorhanden, so kann mitunter auch eine nur geringfügige Tätigkeit effektiv zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz beitragen.1420 cc) Persönliche Leistungserbringung Ein weiterer Aspekt, der indiziell zur Feststellung der wirtschaftlichen Abhängigkeit herangezogen werden kann, ist die persönliche Leistungserbringung.1421 Dies spiegelt sich in der Definition des § 12a TVG wider. Hiernach ist die persönliche und im Wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbrachte Tätigkeit Voraussetzung für die Anwendung des TVG auf arbeitnehmerähnliche Personen. Vergleichbares lässt sich den §§ 2 Abs. 1, 2 HAG sowie § 1 Abs. 2 S. 3 HAG induktiv entnehmen. Hiernach ist für die Feststellung der Schutzbedürftigkeit das Ausmaß der wirtschaftlichen Abhängigkeit maßgebend. Die wirtschaftliche Abhängigkeit wird wiederum von der Zahl der Mitarbeiter beeinflusst.1422 Der Berücksichtigung der persönlichen Leistungserbringung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur solche Personen als wirtschaftlich abhängig und schutzbedürftig gelten können, die auf die Verwertung ihrer eigenen, beschränkten Arbeitskraft angewiesen sind.1423 Insoweit entsprechen sich Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen.1424 Wie Schubert insoweit zutreffend feststellt, können die Erwerbsrisiken gerade bei persönlicher Leistungserbringung kaum auf verschiedene Auftraggeber verteilt werden.1425 Wie sich bereits § 12a TVG und den Vorschriften des HAG entnehmen lässt, steht eine lediglich geringfügige Inanspruchnahme von Hilfskräften einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht entgegen. Dies gilt insbesondere für die Mitarbeit von Familienangehörigen.1426 Die vertraglich vereinbarte Kernarbeitsleistung muss jedoch in eigener Person erbracht werden.1427 Beschäftigt der Selbständige keine eigenen Arbeitnehmer und wird er auf Dauer im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig, so greift zudem gem. § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI die Versicherungspflicht in der

1420 Vgl. hierzu die Entscheidung des BAG v. 12. 07. 1988 – 3 AZR 569/86, AP HAG § 2 Nr. 10 zum Heimarbeitsverhältnis; s. auch die Ausführungen zur wirtschaftlichen Abhängigkeit im Rahmen des Heimarbeitsverhältnisses, Kapitel 2 D. II. 7. 1421 BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1; Becker, Die freie Mitarbeit, S. 107; Boemke, ZfA 1998, 285 (319); Hromadka, NZA 1997, 1249 (1253); Reinecke/Rachor, in: Däubler TVG, § 12a Rn. 31; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 35; Wlotzke, DB 1974, 2252 (2257); in diese Richtung auch Herschel, DB 1977, 1185 (1188). 1422 S. hierzu Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 35. 1423 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 35; Wlotzke, DB 1974, 2252 (2257); ähnlich Becker, Die freie Mitarbeit, S. 107. 1424 Reinecke/Rachor, in: Däubler TVG, § 12a Rn. 31. 1425 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 35. 1426 Becker, Die freie Mitarbeit, S. 107 f.; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 35 f. 1427 So Reinecke/Rachor, in: Däubler TVG, § 12a Rn. 31.

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gesetzlichen Rentenversicherung. Gem. § 169 SGB VI muss der Selbständige die Beiträge jedoch in voller Höhe selbst tragen.1428 b) Persönliche Umstände Nicht nur die Umstände im Rechtsverhältnis zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber, sondern auch die persönlichen Umstände können als Indiz zur Bestimmung der wirtschaftlichen Abhängigkeit herangezogen werden.1429 Anders als bei der arbeitsvertraglichen Qualifikation können also Umstände außerhalb des Rechtsverhältnisses berücksichtigt werden. Dies lässt sich mit dem unterschiedlichen Anknüpfungspunkt der Schutzbedürftigkeit begründen. Während die arbeitsvertragliche Qualifikation an die persönliche Abhängigkeit anknüpft, die durch innervertragliche Umstände determiniert wird, knüpft die Schutzbedürftigkeit der arbeitnehmerähnlichen Personen bewusst an die negativen Risiken der Selbständigkeit an. Die wirtschaftliche Abhängigkeit resultiert dabei gerade auch aus außervertraglichen Umständen. Das Recht der arbeitnehmerähnlichen Personen stellt ein eigenständiges Normsystem dar, das schützend auf das selbständige zugrundeliegende Rechtsverhältnis einwirkt. Hier ist eine Vielzahl an Umständen denkbar, die indiziell auf eine wirtschaftliche Abhängigkeit schließen lassen. aa) Betriebsorganisation und Betriebskapital Die wirtschaftliche Abhängigkeit kann durch die konkrete Ausrichtung der Betriebsorganisation sowie das vorhandene Betriebskapital indiziert werden.1430 Gerade die Ausrichtung der Betriebsorganisation steht in einem engen Zusammenhang mit dem marktorientierten Einsatz der Leistungsfähigkeit. Richtet der Auftragnehmer seine Betriebsorganisation auf einen einzelnen Auftraggeber aus, so macht er sich von diesem vermehrt wirtschaftlich abhängig. Eine Streuung des Einkommensrisikos auf andere Auftraggeber wird hierdurch erschwert.1431 Vergleichbar verhält es sich beim Betriebskapital.1432 Ist solches nicht in nennenswertem Umfang vorhanden, so kann dies den wirtschaftlichen Spielraum des Auftraggebers zur Wahrnehmung der zugleich mit Risiken verbundenen unternehmerischen Chancen schmälern.1433 Dies wird vor allem für betriebsmittelreiche Unternehmungen gelten. Setzt die Tätigkeit hingegen keine signifikanten Betriebsmittel voraus, so bedarf es auch 1428 Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 152 f.; vgl. jedoch die Ausführungen zur Untergruppe der Heimarbeiter, Kapitel 2 D. II. 1429 S. hierzu Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 37 ff. 1430 BAG v. 21. 01. 2019 – 9 AZB 23/18, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 75, Rn. 38; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 37. 1431 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 37. 1432 Vgl. hierzu BAG v. 21. 01. 2019 – 9 AZB 23/18, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 75. 1433 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 37 m. w. N.; Schulte, Arbeitnehmerähnliche Person, S. 15.

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keines nennenswerten Betriebskapitals. Die Relevanz der organisatorischen Ausrichtung und des vorhandenen Betriebskapitals im Rahmen der wirtschaftlichen Abhängigkeit sinkt daher insbesondere bei Tätigkeiten, bei denen es auf die persönlichen Fähigkeiten ankommt und die mit geringem Betriebsmitteleinsatz erbracht werden.1434 bb) Überwiegende Tätigkeit für einen Auftraggeber Eng mit der betriebsorganisatorischen Ausrichtung verbunden ist die Frage, in welchem Umfang der Auftragnehmer für den konkreten Auftraggeber tätig wird. Bereits die vorigen Ausführungen haben gezeigt, dass wirtschaftliche Abhängigkeit und die überwiegende Tätigkeit für einen Auftraggeber miteinander korrelieren.1435 Eine Streuung des Einkommensrisikos ist dem Auftragnehmer, der überwiegend nur für einen Auftraggeber tätig wird, nämlich kaum möglich.1436 Nicht erforderlich ist indes, dass es sich bei dem Auftraggeber um den Einzigen handelt.1437 Dies spiegelt sich in § 12a Abs. 1 Nr. 1 lit. a TVG sowie in § 1 Abs. 2 HAG wieder. Auch der Umkehrschluss aus § 12a Abs. 1 Nr. 1 lit. b TVG setzt indirekt die Möglichkeit mehrerer Auftraggeber voraus.1438 Dabei soll es gegen eine wirtschaftliche Abhängigkeit sprechen, wenn der Auftragnehmer abstrakt weitere Möglichkeiten zur Verwertung seiner Leistungsfähigkeit hat.1439 Entscheidend soll nicht die vertragliche Zulässigkeit weiterer Tätigkeiten sein, sondern lediglich, ob rein faktisch noch Raum für weitere Betätigungen vorhanden ist.1440 Von einer überwiegenden Tätigkeit kann man ausgehen, wenn mehr als 50 % der Arbeitszeit für den Auftraggeber aufgewendet werden. Überdies legt der Gesetzgeber auch im Kontext des § 12a TVG ein solches Verständnis zugrunde.1441 Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber zumindest von einer grundsätzlichen Übertragbarkeit der entwickelten Definitionen ausgeht.1442 1434

Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 37; vgl. auch Buchner, NZA 1998, 1144 (1147); Linnekohl, BB 1998, 45 (49). 1435 S. bereits BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1; v. 28. 06. 1973 – 5 AZR 568/72, AP BUrlG § 2 Nr. 2, aus den Gründen 2.; v. 08. 06. 1967 – 5 AZR 461/66, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 6, aus den Gründen 2.; Becker, Die freie Mitarbeit, S. 102; Herschel, DB 1977, 1185 (1187 f.); Seidel, BB 1970, 971; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 38. 1436 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 38 m. w. N. 1437 Becker, Die freie Mitarbeit, S. 103; Seidel, BB 1970, 971; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 39 m. w. N. 1438 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 39. 1439 Seidel, BB 1970, 971 m. w. N. 1440 Seidel, BB 1970, 971 f.; in diesem Sinne auch Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 39. 1441 Bericht des 11. Ausschusses BT-Drs. 7/2025, S. 6; s. hierzu auch Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 39 m. w. N. 1442 S. hierzu BT-Drs. 7/975, S. 20.

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Die überwiegende Tätigkeit ist dabei notwendig aber nicht hinreichend für die Feststellung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Sie ist halbseitig zwingend. Lässt sich eine überwiegende Tätigkeit für einen Auftraggeber nicht feststellen, so scheidet eine wirtschaftliche Abhängigkeit aus. Liegt demgegenüber eine überwiegende Tätigkeit vor, so folgt hieraus nicht zwingend die wirtschaftliche Abhängigkeit. Je größer der Anteil der Arbeitszeit ist, desto gewichtiger wirkt sich allerdings das notwendige Indiz bei der Gesamtbetrachtung aus.1443 Die Ausrichtung auf einen Auftraggeber wird zudem i. R. d. § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI relevant. Eine Wesentlichkeit i. S. d. § 2 S. 1 Nr. 9 lit. b SGB VI liegt indes nicht bereits bei einer überwiegenden Tätigkeit vor, sondern erst dann, wenn eine Fünf-Sechstel-Grenze des aus der Tätigkeit erzielten Einkommens überschritten wird.1444 cc) Überwiegendes Einkommen Von zentraler Bedeutung für die wirtschaftliche Abhängigkeit ist das erzielte Einkommen.1445 Das Einkommen muss zunächst nur abstrakt der Bestreitung des Lebensunterhalts dienen. Ob der Auftragnehmer das Einkommen demgegenüber tatsächlich benötigt, ist eine Frage der sozialen Vergleichbarkeit.1446 Derjenige, der den überwiegenden Anteil des Erwerbseinkommens von einem Auftraggeber erhält, ist typischerweise zugleich von diesem wirtschaftlich abhängig.1447 Die wirtschaftliche Tätigkeit knüpft dabei nicht an die gesamte wirtschaftliche Stellung des Auftragnehmers, sondern lediglich an dessen Abhängigkeit von einem Vertragspartner an.1448 Wie sich in § 12a Abs. 1 Nr. 1 lit. b TVG zeigt, ist von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit regelmäßig dann auszugehen, wenn mehr als die Hälfte des Entgelts bzw. ein Drittel im Fall des § 12a Abs. 3 TVG1449 aus der Erwerbstätigkeit für eine Person stammt. Schubert wendet insoweit ein, dass die Regelung in § 12a Abs. 1 Nr. 1 lit. b TVG zwar als erste Orientierung für eine indizielle Berücksichtigung im Rahmen der wirtschaftlichen Abhängigkeit dienen könne, die Anforderungen jedoch dann erhöht werden müssten, wenn andere Anhaltspunkte fehlten.1450 In diesem Fall läge eine wirtschaftliche Abhängigkeit erst dann vor, wenn 1443

Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 40. Lang, in: NK-GA, § 2 SGB VI Rn. 8; Rolfs, in: ErfK, § 2 SGB VI Rn. 5; Seel, NZS 2011, 532 (533); Segebrecht, in: Kreikebohm SGB VI, § 2 Rn. 42. 1445 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 40. 1446 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 40. 1447 S. zur Frage, ob Lizenzgebühren einen Teil des Einkommens darstellen, Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 40 f. 1448 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 40. 1449 Für Personen, die künstlerische, schriftstellerische oder journalistische Leistungen erbringen sowie für Personen, die an der Erbringung, insb. der technischen Gestaltung solcher Leistungen unmittelbar mitwirken, ist nach § 12a Abs. 3 TVG ist indes bereits ein Drittel des Entgelts die maßgebliche Grenze. 1450 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 41 f. 1444

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der Auftragnehmer 70 – 80 % vom Auftraggeber erhalte.1451 Indes ist eine über die allgemeine methodische Überlegung hinausgehende starre Grenze abzulehnen. Die indizielle Betrachtung muss stets zur Überzeugung des Richters von der Haupttatsache führen. Als solche ist die wirtschaftliche Abhängigkeit anzusehen. Ein festgelegter Grenzwert steht nicht nur der freien richterlichen Beweiswürdigung, sondern auch dem gesetzgeberischen Willen entgegen, der gerade keine über das „Überwiegen“ hinausgehende, präzise Grenze festgesetzt hat. Auch die von Hromadka1452 erwogene Präzisierung in Form einer Unter- und Obergrenze soll in der vorliegenden Arbeit keinen Anklang finden. Zum einen kommt es nach dem gesetzgeberischen Willen insoweit schon nicht ausschlaggebend auf die Höhe der Einkünfte an.1453 Zum anderen ist bereits die Anknüpfung an die Bezugsgröße nach § 18 SGB IV contra legem. So plädiert Hromadka unter Bezugnahme auf § 12a Abs. 3 TVG für eine Untergrenze von einem Drittel, die sich allerdings nicht auf das persönliche Einkommen, sondern die Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, also dem Durchschnittsentgelt aller versicherungspflichtig Beschäftigten beziehen solle. Dies sei insbesondere aus Gründen des Verkehrsschutzes nötig, da der Vertragspartner die Einkommenssituation kaum kennen könne.1454 Eine Obergrenze solle bei 200 % des Durchschnittsentgelts nach § 18 SGB IV gezogen werden. Ab diesem Betrag könne man von einer Fähigkeit zur Eigenvorsorge und von Gewinnchancen des Auftragnehmers ausgehen.1455 Dieser Auffassung steht bereits die Rechtsnatur der Indizien entgegen. Weder eine starre Unter- noch eine Obergrenze als notwendiges Merkmal lässt sich mit dem gesetzgeberischen Willen vereinbaren.1456 Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich die individuellen Einkommensverhältnisse zur Grundlage machen, womit der Rekurs auf die Bezugsgröße nach § 18 SGB IV bereits unzulässig ist. Wollte man dennoch auf starre Grenzen zurückgreifen, so wäre eine Rechtsfortbildung nötig, die aus Gründen der Methodenehrlichkeit jedoch kenntlich gemacht werden müsste.1457 Da der Gesetzgeber jedoch die individuellen Einkommensverhältnisse zugrunde legen wollte, wäre eine Rechtsfortbildung unter Heranziehung starrer Grenzen contra legem und kommt damit ohnehin nicht in Betracht. Zwar ist Hromadka insoweit zuzustimmen, als die Einkommensverhältnisse im Hinblick auf das individuelle Einkommen für den Vertragspartner kaum nachvollziehbar sind, doch stellt das Abstellen auf die Bezugsgröße nach § 18 SGB IV lediglich eine rechtspolitische Überlegung dar. Ohne Relevanz für 1451

Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 42. Hromadka, NZA 1997, 1249 (1254). 1453 BT-Drs. 7/975, S. 20. 1454 Hromadka, NZA 1997, 1249 (1254). 1455 Hromadka, NZA 2007, 838 (841) zum Entwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes von Preis und Henssler; zuvor noch 100 %, ders., NZA 1997, 1249 (1254); hierauf bezugnehmend Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (287 ff.). 1456 Vgl. BT-Drs. 7/975, S. 20; Bericht des 11. Ausschusses BT-Drs. 7/2025, S. 6. 1457 Seinen ursprünglichen Ansatz greift Hromadka auch im Rahmen seiner Erwägungen zum Entwurfes eines Arbeitsvertragsgesetzes auf, s. Hromadka, NZA 2007, 838 (841). 1452

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die Anwendung des geltenden Rechts ist daher auch der von Preis1458 aufgegriffene und modifizierte Ansatz Hromadkas, in welchem Preis auf das Dreifache der Bezugsgröße abstellt.1459 Eine wirtschaftliche Abhängigkeit wird im Ergebnis also indiziert, wenn die Hälfte bzw. im Sonderfall des § 12a Abs. 3 TVG ein Drittel des Einkommens von einem Auftraggeber stammt. Schubert ist ferner der Auffassung, dass stets eine „Arbeitszeit- und Verdienstrelation als kumulative Voraussetzung für die wirtschaftliche Abhängigkeit“ hinzutreten müsse.1460 Eine wirtschaftliche Abhängigkeit soll nur dann vorliegen, wenn aus der überwiegenden Tätigkeit zugleich der wesentliche Teil des individuellen Einkommens resultiere. Wer, ohne seine überwiegende Arbeitskraft einzusetzen, bei einem Auftraggeber seine entscheidende Existenzgrundlage erhalte und daher anderweitige Tätigkeiten unterlasse, der begebe sich freiwillig in eine wirtschaftliche Abhängigkeit und sei daher nicht schutzbedürftig. Indes können beide Aspekte für sich betrachtet zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit führen. Hierauf deutet bereits § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG hin, wonach es ausreichend sein soll, dass eine zeitlich überwiegende Tätigkeit für eine Person erbracht wird oder von einer Person mehr als die Hälfte des Entgelts zusteht.1461 Schubert hält dem zwar entgegen, dass § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG eine tarifrechtliche Besonderheit darstelle, die nicht verallgemeinerungsfähig sei.1462 Hiergegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien wohl von einer weitgehenden Gleichstellung der Begriffe in den jeweiligen Gesetzen ausgeht.1463 Beide Aspekte können für sich genommen eine wirtschaftliche Abhängigkeit indizieren. Auch derjenige, der sein überwiegendes Einkommen von einem Auftraggeber erhält, ohne zugleich für diesen überwiegend tätig zu sein, kann von diesem wirtschaftlich abhängig sein. Auch der Einwand, der Auftragnehmer habe sich in diesem Fall freiwillig in die Abhängigkeit begeben und sei daher nicht schutzbedürftig überzeugt nicht.1464 Die Schutzbedürftigkeit knüpft vielmehr abstrakt an die wirtschaftliche Abhängigkeit an. Eine Einschränkung, die erkennen lässt, dass der Gesetzgeber die selbstverantwortete wirtschaftliche Abhängigkeit nicht erfasst wissen wollte, ist nicht ersichtlich. Auch Schubert selbst geht jüngst davon aus, dass auch die Selbstbindung an einen Auftraggeber, die gleichfalls zu einer selbstverantworteten wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber 1458

Preis, in: FS Hromadka, S. 275 (287 ff.). Darstellend Loritz, in: Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, § 5 Rn. 62. 1460 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 42 f. 1461 Zu diesem Einwand Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 42, die hierin jedoch eine tarifrechtliche Besonderheit sieht. Hiergegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber in den Materialien wohl von einer weitgehenden Gleichstellung der Begriffe auszugehen scheint. 1462 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 42. 1463 S. hierzu BT-Drs. 7/975, S. 20. 1464 Zu diesem Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 42. 1459

D. Anwendbarkeit besonderer Regelungskomplexe

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führt, einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht entgegensteht.1465 Zudem käme dem Regelungskomplex andernfalls kaum mehr eine Bedeutung zu. 2. Vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit Bereits der Blick in die Gesetzgebungsmaterialien hat gezeigt, dass der Gesetzgeber lediglich solche Personen als arbeitnehmerähnliche Personen erfasst wissen wollte, die nach ihrem Typus – auch im Hinblick auf die Höhe ihres Einkommens – der ins Ziel gefassten Personengruppe entsprechen.1466 Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, welche Anforderungen an dieses zweite „Hauptkriterium“1467 zu stellen sind. Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die Arbeitnehmerähnlichkeit maßgeblich von der wirtschaftlichen Abhängigkeit determiniert wird. Aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit folgt regelmäßig eine einem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit.1468 Die soziale Schutzbedürftigkeit ist dann anzunehmen, wenn das Maß der Abhängigkeit nach der Verkehrsanschauung einen solchen Grad erreicht hat, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt. Zudem müssen die geleisteten Dienste der soziologischen Typik nach mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sein.1469 Dem Vergleich anhand der sozialen Schutzbedürftigkeit kommt daher als Korrelat zur weiteren wirtschaftlichen Abhängigkeit eine Kontrollfunktion zu.1470 Mittels dieser erfolgt eine Beschränkung des Regelungskomplexes auf Personen, die der ins Auge gefassten Zielgruppe entsprechen. Die Stellung im Arbeitsleben muss mit derjenigen von Arbeitnehmern vergleichbar sein.1471 Dabei geht der Gesetzgeber ausweislich der Materialien von einem Typus1472 der arbeitnehmerähnlichen Person aus. Auch wenn primär an die wirtschaftliche Abhängigkeit zur Feststellung der Arbeitnehmerähnlichkeit angeknüpft wird, so können auf der Ebene der kontrollierenden Gesamtbetrachtung auch andere Aspekte des Idealtypus eine Rolle spielen. Zur Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs der sozialen Schutzbedürftigkeit ist daher eine Gesamtbetrachtung anhand aller Umstände des Einzelfalles 1465

Schubert, RdA 2020, 248 (255). BT-Drs. 7/975, S. 20. 1467 So wörtlich BT-Drs. 7/975, S. 20. 1468 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 47; s. hierzu die Ausführungen und Nachweise bei Otto, Anmerkung zu BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. 1469 BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 1470 BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1; v. 13. 12. 1962 – 2 AZR 128/ 62, juris, Rn. 14; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 28; in diesem Sinne auch Becker, Die freie Mitarbeit, S. 108; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 280; a. A. Boemke, ZfA 1998, 285 (319). 1471 BT-Drs. 7/975, S. 2, 20. 1472 Zum Typusbegriff s. bereits Kapitel 2 C. III. 1. c) bb). 1466

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anzustellen.1473 Es sind all diejenigen Aspekte in den Vergleich einzubeziehen, die die Stellung auf dem Arbeitsmarkt betreffen.1474 Bereits in den Materialien wird beispielshaft auf die Höhe der Einkünfte verwiesen.1475 Neben den Einkünften aus dem Rechtsverhältnis, das den arbeitnehmerähnlichen Status begründen soll, sind auch anderweitige Einkünfte zu berücksichtigen.1476 Die Berücksichtigung dieser Aspekte kann im Einzelfall dazu führen, dass die für einen Arbeitnehmer typische Notwendigkeit, seine Arbeitskraft zur Existenzsicherung zu verwerten, nicht besteht.1477 Auch die Art der Auftragsvergabe,1478 sowie die innerbetriebliche Stellung1479 sollen sich auf die soziale Vergleichbarkeit und Stellung am Arbeitsmarkt auswirken können. Insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftlichen Aspekte verweist Schubert insoweit zutreffend darauf, dass eine solche Eingrenzung des erfassten Personenkreises verfassungsrechtlich geboten ist.1480 Im Grundsatz obliegt es nämlich jedem selbst, für Risiken vorzusorgen.1481 Da jedoch mit der Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person zugleich Pflichten für den Auftraggeber einhergehen, bedarf der damit einhergehende Eingriff in Art. 12 GG einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. An einer solchen mangelt es jedoch, wenn der Auftragnehmer keines besonderen Schutzes bedarf.1482 Zwar obliegt dem Gesetzgeber bei der Regelung von Massenphänomenen ein weiter Gestaltungsspielraum,1483 doch wollte der Gesetzgeber den geschützten Personenkreis anders als bei der Arbeitnehmereigenschaft bewusst begrenzen. Indes stellt sich dabei die Frage, inwiefern sich die Höhe des Einkommens und das Gesamtvermögen auf die Schutzwürdigkeit auswirken.

1473 BAG v. 21. 06. 2011 – 9 AZR 820/09, AP TVG § 12a Nr. 12, Rn. 34; zum unbestimmten Rechtsbegriff auch BAG v. 21. 01. 2019 – 9 AZB 23/18, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 75, Rn. 32. 1474 BT-Drs. 7/975, S. 2. 1475 BT-Drs. 7/975, S. 20. 1476 BAG v. 21. 06. 2011 – 9 AZR 820/09, AP TVG § 12a Nr. 12, Rn. 34; v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 1477 BAG v. 21. 06. 2011 – 9 AZR 820/09, AP TVG § 12a Nr. 12, Rn. 34; v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1; BGH v. 23. 02. 1977 – VIII ZR 222/75, AP ZPO § 850h Nr. 15; dies kann auch der Kritik von Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 241 und Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 291 f. entgegengehalten werden. Diese verweisen auf den Umstand, dass auch der arbeitsrechtliche Daseinsschutz nicht an die privaten Einkommensund Vermögensverhältnisse anknüpft. Entscheidend ist hier jedoch, die vergleichbare Schutzbedürftigkeit, die aus der Notwendigkeit der Verwertung der eigenen Arbeitskraft resultiert. 1478 BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. 1479 BAG v. 21. 01. 2019 – 9 AZB 23/18, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 75. 1480 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 48 f. 1481 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 48 m. w. N. zur Selbstverantwortlichkeit. 1482 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 48 f. 1483 S. bereits die Ausführungen und Nachweise zum Rechtsformzwang in Kapitel 2 B. II. 2.

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a) Höhe des Einkommens An der vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit fehlt es jedenfalls dann, wenn der Auftragnehmer ein besonders hohes Einkommen1484 erhält, das es ihm ermöglicht, für die beruflichen Risiken wie Krankheit, Alter, Invalidität und jedenfalls partiell der Arbeitslosigkeit eigenständig vorzusorgen.1485 Dabei ist eine soziale Schutzbedürftigkeit, die der eines Arbeitnehmers vergleichbar ist, dann abzulehnen, wenn dessen Einkommen nicht nur ausreichend ist, um alle relevanten Vorsorgeversicherungen zu tragen, sondern weit über das hierzu notwendige Maß hinausgeht.1486 Zu beachten ist jedoch, dass sich mit steigendem Einkommen auch der Vorsorgeaufwand erhöht. Während vor etwa 30 Jahren eine wirtschaftliche Abhängigkeit bei einem Jahreseinkommen von umgerechnet E 140.000 – dies entsprach 2019 einem Geldwertäquivalent von E 240.250 – verneint wurde,1487 ließ das BAG dies zuletzt bei einem Einkommen von E 175.000 zuzüglich einer variablen Vergütung i. H. v. E 20.000 offen.1488 Eine vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit kann zudem entfallen, wenn der Selbständige derart hohe weitere Einkünfte erzielt, dass es nicht notwendig erscheint, seine Arbeitskraft zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz einzusetzen. Erzielt der Selbständige daher die Existenz bereits absichernde weitere Einkünfte, so kann dies indiziell einer vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit entgegenstehen.1489 b) Höhe des Gesamtvermögens Nicht nur die Höhe des Einkommens, sondern auch die Höhe des Gesamtvermögens kann sich auf die vergleichbare soziale Stellung auswirken.1490 Eine vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit scheidet jedoch nur dann aus, wenn es sich um ein besonders hohes Gesamtvermögen handelt, welches die Eigenvorsorge für die

1484 Gemeint ist damit nicht der Umsatz, sondern der verbleibende Gewinn nach Abzug aller Kosten und vor Steuern und privater Versicherungen, s. hierzu BAG v. 21. 06. 2011 – 9 AZR 820/09, AP TVG § 12a Nr. 12, Rn. 34 m. w. N. 1485 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 49, 50. 1486 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 50; vgl. insoweit auch Seidel, BB 1970, 971 (973) der ein Mehreinkommen von 50 % gegenüber dem Verdienst eines Festangestellten verlangt, damit dieser seine schwächere Position kompensieren könne; Becker, Die freie Mitarbeit, S. 106; Herschel, DB 1977, 1185 (1188), der hinsichtlich Einkommen und Vermögen beträchtliche Ressourcen fordert. 1487 BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. 1488 BAG v. 21. 01. 2019 – 9 AZB 23/18, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 75. 1489 BAG v. 21. 06. 2011 – 9 AZR 820/09, AP TVG § 12a Nr. 12, Rn. 34; v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. 1490 BAG v. 13. 12. 1962 – 2 AZR 128/62, juris, Rn. 13 f.; OLG Köln v. 13. 08. 1993 – 11 W 38/93, AP TVG § 12a Nr. 5; Herschel, DB 1977, 1185 (1188); Seidel, BB 1970, 971 (972); Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 51.

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gesamte Lebenszeit sichert.1491 Eine Eigentumswohnung, ein mittleres Grundeigentum und ein normales Bankguthaben genügt diesen Anforderungen noch nicht.1492 Vielmehr muss zweifelsfrei feststehen, dass die Vorsorge dauerhaft gewährleistet ist.1493 Hierzu können auch laufende Zahlungen aus Miete, Pacht und Lizenzrechten sowie Renten oder Pensionen beitragen.1494 Soweit dem entgegengehalten wird, dass die hierfür notwendige Ermittlung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zuwiderliefe,1495 kann dem die unternehmerische Freiheit nach Art. 12 GG des Auftraggebers entgegengehalten werden. Da mit der Einordnung des Auftragnehmers als arbeitnehmerähnliche Person Rechte und Pflichten einhergehen, die auch den Auftraggeber betreffen, muss man dem Auftraggeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hinsichtlich der zur Feststellung des Status notwendigen Umständen zusprechen. Freilich sind auch der Nachforschung Grenzen gesetzt. Die Nachfrage beim Auftragnehmer wird vor dem Hintergrund der gegenüberstehenden grundrechtlichen Positionen noch zulässig sein. Ist eine Person nicht mehr schutzbedürftig, so lässt sich der Eingriff in Art. 12 GG nicht mehr rechtfertigen. Der Gesetzgeber wollte ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien nur schutzbedürftige Personen vom Schutzregime der arbeitnehmerähnlichen Personen umfasst wissen. Eine vergleichbare soziale Stellung wurde in der Rechtsprechung etwa im Fall eines sog. Ausgleichers („Handicapper“) im Pferderennsport verneint. Dieser besaß ein beträchtliches Vermögen in Form eines Gutes am Stadtrand, eines Hausgrundstückes und eines Trabrennpferdes. Dem Handicapper war auch ohne seine Einkünfte1496 ein auskömmliches Leben möglich, notfalls durch den zumutbaren Verkauf von Teilen seines Vermögens.1497 Unerheblich ist, ob der Lebenszuschnitt möglicherweise erheblich eingeschränkt werden muss, solange das Auskommen gesichert ist.1498

1491

Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 51. Herschel, DB 1977, 1185 (1188). 1493 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 51. 1494 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 51; zum Meinungsstand dies., Anmerkung zu BAG v. 21. 12. 2010 – 10 AZB 14/10, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 68 m. Verw. a. BAG v. 17. 01. 2006 – 9 AZR 61/05, NJOZ 2006, 3821, dort offengelassen angesichts einer geringen Rente; a. A. Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 241, der die privaten Einkommens- und Vermögensverhältnisse gänzlich außer Betracht lassen möchte; kritisch auch Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 291 f. 1495 Reinecke/Rachor, in: Däubler, TVG, § 12a, Rn. 54; zum Meinungsstand Schubert, Anmerkung zu BAG v. 21. 12. 2010 – 10 AZB 14/10, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 68. 1496 23.408 DM im Jahre 1959 und 22.604 DM im Jahre 1960. 1497 BAG v. 13. 12. 1962 – 2 AZR 128/62, juris, Rn. 13 f. 1498 BAG v. 13. 12. 1962 – 2 AZR 128/62, juris, Rn. 13. 1492

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c) Art der Auftragsvergabe Die Art der Auftragsvergabe wurde vereinzelt ebenfalls auf der Kontrollebene der vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit herangezogen. So sollte es nach der Rechtsprechung des BAG für die einem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit einer arbeitnehmerähnlichen Person kennzeichnend sein, dass „sie von der Erteilung einzelner, meist nicht unmittelbar aufeinander folgender Aufträge durch einen Auftraggeber abhängig ist oder im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses zur Erledigung einzelner Aufträge herangezogen wird. Anstelle der persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers ist für eine arbeitnehmerähnliche Person die Abhängigkeit von der Auftragsvergabe durch den Auftraggeber ein maßgeblicher Umstand, der hinsichtlich der sozialen Schutzbedürftigkeit trotz formaler Entscheidungsfreiheit bei der Übernahme der einzelnen Aufträge eine Vergleichbarkeit mit einem Arbeitnehmer begründet.“1499 Im konkreten Fall sollte jedoch eine vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit abzulehnen sein, da es dem Personal freistand, im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu arbeiten und dementsprechend zu verdienen.1500 Richtigerweise kann man diesen Aspekt jedoch nicht auf der Kontrollebene der vergleichbaren sozialen Stellung, sondern allenfalls bereits vorrangig bei der Feststellung der wirtschaftlichen Abhängigkeit heranziehen. Zudem kann es keinen wesentlichen Unterschied machen, ob eine Vielzahl einzelner, aufeinander folgender Aufträge erteilt wird oder ob es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, das ohne Angabe von Gründen jederzeit gekündigt werden kann.1501 Da der Auftragnehmer stets auf die Gunst des Auftraggebers angewiesen ist, indizieren sowohl die punktuelle Auftragserteilung als auch die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses die wirtschaftliche Abhängigkeit. Angesichts der noch weniger verstetigten Auftragsvergabe bei bloß punktueller Auftragsvergabe kann dies graduell stärker berücksichtigt werden. Stets muss die Auftragsvergabe zu einer dauerhaften Tätigkeit führen, welche von nicht unerheblicher Dauer ist und die Existenzsicherung zulässt. d) Innerbetriebliche Stellung Ferner kann sich die innerbetriebliche Stellung auf die Vergleichbarkeit der sozialen Schutzbedürftigkeit auswirken. So sind zwar auch Geschäftsführer auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft zur Erzielung von Einkommen angewiesen, doch sind ihre geleisteten Dienste der sozialen Typik nach nicht mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar. Der Geschäftsführer ist, auch im Fall des Fremdgeschäftsführers, zu1499 1500 1501

BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. Otto, Anmerkung zu BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. Otto, Anmerkung zu BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1.

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mindest arbeitgeberähnlich.1502 Dem widerspricht Boemke im Fall des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers, der nur unter Mitwirkung der übrigen Gesellschafter die Geschäftsführung festsetzen könne. Daher bestünde eine Parallele zu leitenden Angestellten.1503 Jedenfalls dann, wenn dem Geschäftsführer wie im Fall des GmbH-Geschäftsführers nach § 35 Abs. 1 GmbHG die unbeschränkte Vertretungsbefugnis obliegt, kann dem nicht gefolgt werden. In diesen Fällen hebt sich der Geschäftsführer gerade von der Stellung eines Arbeitnehmers ab, sodass er in seiner sozialen Stellung nicht einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzwürdig ist.1504 e) Art der Organisation Nach der Auffassung von Wank bezieht sich das Merkmal der vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit schlicht auf die Art der Organisation.1505 Diese soll wiederum durch mehrere Aspekte, etwa durch das Betriebskapital oder die Zahl der Mitarbeiter formalisiert werden.1506 Dieses Verständnis ließe sich zwar noch mit einer typusorientierten Betrachtung vereinbaren, doch sind die entsprechenden Kriterien bereits im Rahmen der Feststellung der wirtschaftlichen Abhängigkeit zu verorten.1507 Würde man Wanks Ansatz konsequent anwenden, so würde die Prüfung letztlich ausschließlich anhand der wirtschaftlichen Abhängigkeit und deren Kriterien erfolgen.1508 Ein zweites Merkmal wäre dann, entgegen der gesetzgeberischen Intention,1509 als Korrektiv nicht gegeben. Ein über die Feststellung der wirtschaftlichen Abhängigkeit hinausgehender Mehrwert ist daher nicht gegeben. Vielmehr ist in der vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit entsprechend der gesetzgeberischen Intention ein zweites Hauptkriterium zu sehen. f) Berufsgruppe Fehl geht darüber hinaus die Anknüpfung Hromadkas an bestimmte Berufsgruppen. Nach dessen Verständnis sollen diejenigen Berufsgruppen dem Schutzregime der arbeitnehmerähnlichen Personen entzogen sein, die zumindest zu bestimmten Auftraggebern keine arbeitnehmerähnliche Beziehung eingehen. Dies treffe etwa auf das Verhältnis zwischen Anwälten und Mandanten zu.1510 Anknüp1502 So BAG v. 21. 01. 2019 – 9 AZB 23/18, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 75; a. A. Boemke, RdA 2018, 1 (4). 1503 Boemke, RdA 2018, 1 (4). 1504 BAG v. 21. 01. 2019 – 9 AZB 23/18, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 75. 1505 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 241. 1506 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 241. 1507 So auch Otto, Anmerkung zu BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. 1508 Otto, Anmerkung zu BAG v. 02. 10. 1990 – 4 AZR 106/90, AP TVG § 12a Nr. 1. 1509 BT-Drs. 7/975, S. 20. 1510 So Hromadka, NZA 1997, 1249 (1252).

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fungspunkt des Vergleiches ist jedoch nicht das Arbeitsverhältnis als solches, sondern lediglich die soziale Schutzbedürftigkeit, die sich in der Stellung auf dem Arbeitsmarkt zeigt.1511 Maßstab muss vielmehr sein, ob das Fremdpersonal auf die Verwertung seiner Arbeitskraft zur Existenzsicherung angewiesen ist. Dies kann nicht anhand einer pauschalisierenden Beurteilung ganzer Berufsgruppen beurteilt werden. Da die vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit nicht an die Arbeitnehmerstellung als solche, sondern an die vergleichbare Schutzbedürftigkeit aufgrund der Notwendigkeit der Verwertung der eigenen Arbeitskraft anknüpft, verbietet es sich nicht, wie von Hromadka erwogen, auf wirtschaftliche Aspekte abzustellen.1512 3. Anwendung auf die agilen Rollenbilder Ebenso wie bereits bei der Arbeitnehmereigenschaft kann man freilich auch hinsichtlich der Arbeitnehmerähnlichkeit der Fremdpersonalkräfte keine pauschale Aussage treffen. Stets sind die konkreten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dennoch lassen sich anhand der Stereotypen einige Feststellungen treffen, die im Rahmen dieser Betrachtung fruchtbar gemacht werden können. a) Wirtschaftliche Abhängigkeit Keine Schwierigkeiten bereiten die Fälle, in denen die Teamrollen unternehmensintern mit eigenen Arbeitnehmern besetzt werden. Dies wird regelmäßig insbesondere für die Teamrollen des Projektleiters und des moderierenden Servant Leaders gelten. Handelt es sich demgegenüber um einen zu beurteilenden Fremdpersonaleinsatz, so lässt sich losgelöst von etwaigen Teamrollen oftmals eine wirtschaftliche Abhängigkeit konstatieren. Zumindest während der Projektdauer mangelt es, unabhängig vom Rollenbild des Fremdpersonals, regelmäßig an einem Auftreten am Markt. Abgesehen von den Ausnahmefällen eines kooperativen Projekts zwischen Unternehmen und Fremdpersonal wird letzteres regelmäßig fremdnützig tätig. Das Unternehmen greift als Auftraggeber insbesondere dann auf Fremdpersonal im Rahmen agiler Projektarbeit zurück, wenn im eigenen Unternehmen die für die Realisierung der Produktvision notwendige Expertise nicht ausreichend vorhanden ist. Dies gilt insbesondere, aber nicht ausschließlich, für die Tätigkeitsbilder des Entwicklungsteams. Das Fremdpersonal wird dann während der kompletten Projektdauer ausschließlich im Interesse des Auftraggebers tätig. Eine anderweitige Verwertbarkeit am Markt scheidet somit aus. Die erbrachte Leistung dient der Realisierung der vom Auftraggeber wirtschaftlich anvisierten Arbeitsergebnisse. Diese werden wiederum für seine unternehmerischen Zwecke benötigt. 1511 1512

S. hierzu BT-Drs. 7/975, S. 2. So jedoch Hromadka, NZA 1997, 1249 (1252).

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Überdies ist das im Rahmen agiler Projektarbeit eingesetzte Fremdpersonal, unabhängig vom Tätigkeits- bzw. Rollenbild, anhand der vorangestellten Maßstäbe regelmäßig nicht nur geringfügig und kurzfristig tätig. Auch wenn bereits festgestellt wurde, dass heutzutage vor allem hochspezialisierte Experten, insbesondere im Bereich der IT, vielfach eine dauerhafte Bindung an einen Arbeit- bzw. Auftraggeber ablehnen, so nehmen die agil durchgeführten Projekte dennoch regelmäßig einen hinreichenden zeitlichen Umfang ein. Agile Projekte sind regelmäßig auf einen Zeitraum von 3 bis 18 Monate angelegt.1513 Während bei einer Projektdauer von drei Monaten regelmäßig noch weitere Umstände zur Begründung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit beitragen müssen, kann man jedenfalls bei Projekten, die länger als sechs Monate andauern, unter Heranziehung der vorangestellten Maßstäbe davon ausgehen, dass das hieraus erzielte Einkommen auch der Existenzsicherung dient. In diesem Fall weist das Projekt eine Dauerhaftigkeit auf, die erheblich zur wirtschaftlichen Abhängigkeit beiträgt. Angesichts der umfassenden Zusammenarbeit und des zur Realisierung notwendigen Umfangs während der jeweiligen Sprints ist es regelmäßig erforderlich, dass sich das Fremdpersonal im Wesentlichen auf die Tätigkeit bei einem konkreten Auftraggeber beschränkt. Zudem wird die Leistungserbringung im zweigliedrigen Rechtsverhältnis typischerweise in Person erfolgen. Zwar ist der Einsatz von Dritten vielfach vertraglich gestattet. Da es dem Auftraggeber regelmäßig auf die besondere Kompetenz des Fremdpersonals ankommt,1514 wird das Fremdpersonal für gewöhnlich dennoch lediglich die eigene beschränkte Arbeitskraft verwerten. Weniger Bedeutung kann man typischerweise der Betriebsorganisation und dem Betriebskapital beimessen. Das Fremdpersonal, allen voran die Mitglieder des Entwicklungsteams, aber auch die Tätigkeitsbilder des Projektleiters und moderierender Kräfte können, soweit sie überhaupt als Fremdpersonal tätig werden, aufgrund der in aller Regel wissensbasierten Tätigkeit weitgehend ohne nennenswerte und kostenintensive Betriebsmittel auskommen. Eigene technische Mittel wie Smartphones und Notebooks werden zudem in einer Vielzahl der Fälle vom Fremdpersonal privat vorgehalten und eingesetzt. Angesichts der zumeist auf eine gewisse Dauer angelegten Projekte und der damit zumeist einhergehenden umfassenden und zeitintensiven Entwicklungstätigkeit wird das Fremdpersonal, losgelöst von etwaigen Rollenbildern, typischerweise überwiegend bei dem jeweiligen Auftraggeber tätig. Bei diesem wird angesichts der eingeschränkten zusätzlich Verwertungsmöglichkeit der eigenen Arbeitskraft auch regelmäßig das überwiegende Einkommen erzielt. Die wirtschaftliche Abhängigkeit kann zudem durch die Art der Auftragsvergabe indiziert sein. Wird das agile Projekt im Rahmen eines einheitlichen Projektvertrages realisiert, so ist eine wirtschaftliche Abhängigkeit dann indiziert, wenn eine jeder1513 https://www.cio.de/a/6-ideale-voraussetzungen-fuer-agile-projekte,2886620, abgerufen am 05. 10. 2021. 1514 Becker, DB 2015, 2267 (2268).

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zeitige und grundlose Kündigungsmöglichkeit des Auftraggebers besteht.1515 Vergleichbar verhält es sich im Fall der atomisierten Auftragsverteilung. In beiden Fällen ist das Fremdpersonal wirtschaftlich von der Gunst des Auftraggebers abhängig. b) Vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit Dennoch stellt sich, insbesondere unter dem Aspekt des Einkommens, die Frage, ob das hochqualifizierte Fremdpersonal auf der Kontrollebene eine dem Arbeitnehmer vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit aufweist. Obschon etwa freiberufliche Spezialisten in der IT-Branche 2021 einen durchschnittlichen Stundenlohn von etwa E 94,00 und ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von E 5.967,00 erzielten,1516 kann man allenfalls in Ausnahmefällen an einer vergleichbaren Schutzbedürftigkeit zweifeln. Vielmehr ist ein solches Einkommen erforderlich, das weit über das notwendige Maß zur Eigenvorsorge hinausgeht. Dies wird unabhängig vom konkreten Rollenbild nur selten der Fall sein. Stets muss man auch die Höhe des Gesamtvermögens in den Blick nehmen, wobei sich hier keine Besonderheiten gegenüber klassischen Formen der Leistungserbringung zeigen. Nur ausnahmsweise wird die innerbetriebliche Stellung von größerer Bedeutung sein. Von einer Arbeitgeberähnlichkeit ist dabei nur in den seltenen Fällen auszugehen sein, in denen das Projektpersonal als vertretungsberechtigter Gesellschafter tätig wird. Etwas anderes gilt nur, wenn der Gesellschafter als Leistungserbringer von der Geschäftsführung ausgeschlossen und dessen Beteiligung nicht nennenswert ist.1517 Die Rollenbilder, wie sie etwa vom Scrum Master als Moderator und Servant Leader und dem Product Owner als Vertreter des Auftraggebers ausgeübt werden, reichen für sich genommen nicht um Zweifel an der Arbeitnehmerähnlichkeit zu bewirken. Dies folgt daraus, dass ihnen zum einen schon keine arbeitsvertraglichen Weisungsrechte zustehen und zum anderen auch leitende Angestellte Einfluss auf das Personal nehmen können. 4. Ergebnis Greift der Auftraggeber bei agiler Projektarbeit auf externes Fremdpersonal zurück, so liegt in vielen Fällen eine Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person nahe. Dabei zeigt sich, dass den rollenspezifischen Besonderheiten der agilen Teammitglieder hier eine weitaus geringere Bedeutung zukommt als bei der Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft. Nach den obigen Maßstäben kommt man zu dem Ergebnis kommen, dass das Fremdpersonal jedenfalls dann vom Auftraggeber 1515

Vgl. hierzu Kapitel 2 C. IV. 4., 6. d). S. hierzu Freelancermap, Freelancer Kompass 2021, S. 18. 1517 Vgl. hierzu die in anderem Kontext ergangene Entscheidung des BGH v. 14. 05. 1990 – II ZR 122/89, AP GmbHG § 35 Nr. 7. 1516

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wirtschaftlich abhängig ist, wenn, wie regelmäßig, das Fremdpersonal während der Projektdauer selbst und ausschließlich für den Auftraggeber tätig wird und hierfür eine adäquate Vergütung erhält. Auch eine vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit wird typischerweise vorliegen. Zwar erzielen die externen Fachkräfte, insbesondere in der IT-Branche, ein überdurchschnittliches Einkommen, doch reicht dies für gewöhnlich nicht aus, um ernsthafte Zweifel an der vergleichbaren Schutzbedürftigkeit zu erheben. Im Einzelfall kann jedoch das Gesamtvermögen relevant sein.

II. Heimarbeitsverhältnis Lässt sich das Fremdpersonal nicht positiv als Arbeitnehmer qualifizieren, so kann es sich bei den eingesetzten Externen zumindest um arbeitnehmerähnliche Personen oder Heimarbeiter im Sinne des Heimarbeitsgesetzes (HAG) handeln. Vergleichbar dem Regelungskomplex der arbeitnehmerähnlichen Personen handelt es sich beim Heimarbeitsverhältnis nicht um einen eigenständigen Vertragstyp. Vielmehr wirkt das mit der heimarbeitsrechtlichen Qualifikation einhergehende zwingende Recht auf das zugrundeliegende Rechtsverhältnis ein. Den Vertragsparteien ist angesichts des zwingenden Rechts auch die Dispositionsmöglichkeit über die Anwendung der schützenden Vorschriften entzogen.1518 Auf den ersten Blick mag es durchaus überraschen, dass ein Gesetz, welches bereits 1951 in Kraft trat und die Schutzbedürftigkeit der Heimarbeiter im Blick hat,1519 nunmehr auf den Fremdpersonaleinsatz im Rahmen moderner Arbeitsformen angewendet werden soll. Denn während die Verbreitung der klassischen Heimarbeit, die Tätigkeiten wie die Weberei oder die Kugelschreibermontage umfasst, stark rückgängig ist und Ende 2016 nur noch knapp 30.000 Heimarbeiter umfasste,1520 könnte das HAG künftig eine Renaissance erfahren.1521 Hierzu trägt ein beachtenswertes Urteil des BAG aus dem Jahre 2016, in welchem ein Programmierer als Heimarbeiter qualifiziert wurde1522 ebenso bei, wie die sozialversicherungsrechtliche Folgeentscheidung des LSG Hessen aus dem Jahre 2020.1523 Die Abgrenzung der 1518 Deinert, RdA 2018, 359 f.; Berg, in: HKArbR, Vorbem. HAG Rn. 2; vgl. etwa BAG v. 21. 01. 1965 – 5 AZR 223/64, AP HAG § 1 Nr. 1. 1519 S. zur Historie etwa Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, Einl. Rn. 1 – 32. 1520 Berg, in: HKArbR, §§ 1, 2 HAG Rn. 3; Preis, SR 2017, 173 (175). 1521 Deinert, RdA 2018, 359 (359 f.); Preis, SR 2017, 173; Reinhard, ArbRB 2017, 161; a. A. Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 118 Rn. 11. 1522 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129; zur Tendenz der Rechtsprechung sich diesem Urteil anzuschließen, s. Martina, NZA 2020, 988. 1523 LSG Hessen v. 18. 06. 2020 – L 8 BA 36/19, BeckRS 2020, 15468. Wenngleich der sozialversicherungsrechtliche Heimarbeitsbegriff in § 12 Abs. 2 SGB IV im Wortlaut nuanciert anders gefasst ist als der arbeitsrechtliche Begriff in § 2 Abs. 1 HAG, so folgt die sozialrechtliche Beurteilung regelmäßig der arbeitsrechtlichen Beurteilung, s. LSG Hessen, a. a. O.;

D. Anwendbarkeit besonderer Regelungskomplexe

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Heimarbeit von anderen Formen der Erwerbstätigkeit ist für die etwa drei Millionen Solo-Selbständigen in Deutschland von großer Bedeutung.1524 Das Heimarbeitsgesetz findet nach § 1 Abs. 1 HAG auf Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende Anwendung. Zudem können diesen nach § 1 Abs. 2 HAG auch andere Personen gleichgestellt werden, wenn diese vergleichbar schutzbedürftig sind. Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit ist aber allein die Einordnung als Heimarbeiter relevant. Eine gewerbliche Tätigkeit, wie sie die Einordnung als Hausgewerbetreibender voraussetzt, liegt bei agilen Projekten nicht vor. Nach § 2 Abs. 1 HAG handelt es sich bei Heimarbeitern um Personen, die in einer selbstgewählten Arbeitsstätte (eigene Wohnung oder selbstgewählte Betriebsstätte) allein oder mit Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeiten und die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlassen. Das HAG soll einen privatrechtlichen Mindestschutz für diejenigen bereitstellen, die zwar nicht persönlich, wohl aber wirtschaftlich abhängig sind.1525 Heimarbeiter werden nicht nur partiell, teils mit Modifikationen, in den Anwendungsbereich arbeitnehmerschützender Gesetze einbezogen,1526 sondern unterfallen auch dem Schutz des HAG. Neben allgemeinen Schutzvorschriften nach §§ 6 – 9 HAG finden sich etwa rudimentäre Regelungen zum Arbeitszeitschutz (§§ 10, 11 HAG), zum Gefahrenschutz (§§ 12 – 16a HAG), zur Entgeltregelung einschließlich der Festsetzung bindender Entgelte und sonstiger Vertragsbedingungen nach § 19 HAG durch den Heimarbeiterausschuss, zum Entgeltschutz (§§ 23 – 27 HAG) sowie insbesondere ein Mindestbestandsschutz nach § 29 HAG.1527 Der soziale Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz kommt jedoch nicht zur Anwendung. Wenngleich der Schutz der Heimarbeiter schon deutlich über den der arbeitnehmerähnlichen Personen hinausgeht,1528 so bleibt er dennoch hinter dem der Arbeitnehmer zurück.1529 Besonders relevant ist zudem die Fiktion des § 12 Abs. 2 SGB IV, wonach Heimarbeiter als Beschäftigte gelten. Wird der Auftragnehmer fehlerhaft vom Werner/Fausel/Bitsch, NZA 2021, 991; s. zur Angleichung von § Abs. 2 SGB IV und dem HAG auch BT-Drs. 7/4122, S. 32. 1524 Preis, in: ErfK, § 1 HAG Rn. 2. 1525 BAG v. 03. 04. 1990 – 3 AZR 258/88, AP HAG § 2 Nr. 11, aus den Gründen II.3.; Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 2; Deinert, RdA 2018, 359. 1526 S. etwa § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG; § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG; § 20 BEEG; § 12 BUrlG; §§ 10, 11 EFZG; § 1 Abs. 2 Nr. 6, 8 MuSchG; § 7 ArbPlSchG; sowie § 210 SGB IX; s. hierzu Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 3; Berg, in: HKArbR, §§ 1, 2 HAG Rn. 4. 1527 S. § 29 HAG; s. hierzu auch Deinert, RdA 2018, 359 (360). 1528 Hromadka, NZA 1997, 1249 (1254). 1529 Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 2 ff.; s. hierzu die tabellarische Gegenüberstellung der Beschäftigungsformen und der damit einhergehenden Anwendbarkeit der Normen von Preis, SR 2017, 173 (179).

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Auftraggeber nicht als Heimarbeiter behandelt, so drohen dem Auftraggeber die gleichen Konsequenzen wie im Fall der Beschäftigung von Scheinselbständigen. Dem Auftraggeber drohen nicht nur eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 5 StGB1530 sowie gem. § 370 AO, sondern auch die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge sowie für die Lohnsteuer und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen gem. §§ 123, 124 GWB.1531 Insbesondere im Bereich der Informationstechnologie, aber auch in anderen wissensbasierten Branchen und Berufszweigen, wird die Tätigkeit häufig, nicht nur unter Anwendung agiler Projektmethoden, abseits der unternehmerischen Betriebsstätten erbracht. Auch dieser Umstand trägt maßgeblich dazu bei, dass vermehrt an der Arbeitnehmereigenschaft gezweifelt werden kann, da mit der Möglichkeit zur Arbeit im Home- oder gar Global-Office eine Entgrenzung der Arbeit, insbesondere in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, einhergeht.1532 Insoweit handelt es sich zwar nicht um eine spezifisch „agile“ Thematik. Dennoch kann es sich bei dem Rechtsverhältnis, je nach konkreter Ausgestaltung der agilen Projektmethode, um ein Heimarbeitsverhältnis handeln. Die Prüfung, ob es sich bei dem Beschäftigten um einen Heimarbeiter handelt, obliegt dem Arbeitgeber.1533 Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut und dem Sinn der §§ 6 ff. HAG, welche dem Auftraggeber Pflichten auferlegen, denen er ansonsten nicht nachkommen kann.1534 1. Erwerbsmäßige Arbeit Um von Heimarbeit sprechen zu können, muss das Fremdpersonal zunächst eine erwerbsmäßige Arbeit i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 HAG erbringen. Diese umfasst zwei Aspekte. Zum einen muss die Tätigkeit auf eine gewisse Dauer angelegt und zum anderen zumindest teilweise auf die Bestreitung des Lebensunterhalts ausgerichtet sein.1535 Auf die Höhe des Einkommens kommt es dagegen nicht ohne Weiteres an, sodass auch geringfügige Tätigkeiten erwerbsmäßig sein können.1536 Insoweit ist es 1530 Zum Vorsatzerfordernis s. Bettinghause/Wiemers, BB 2020, 2356 (2358); Fuhlrott/ Bodendieck, ArbRAktuell 2020, 639 (640); Fuhlrott, GWR 183. 1531 Martina, NZA 2020, 988. 1532 Vgl. hierzu die ähnliche, aber keinesfalls identische Problematik im Rahmen des Crowdworkings, s. hierzu etwa Deinert, RdA 2018, 359 ff. 1533 BAG v. 21. 01. 1965 – 5 AZR 223/64, AP HAG § 1 Nr. 1; v. 15. 12. 1960 – 5 AZR 437/ 58, AP HAG § 2 Nr. 2; Deinert, RdA 2018, 359; in diesem Sinne auch Becker, in: Deinert/ Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 5. 1534 BAG v. 21. 01. 1965 – 5 AZR 223/64, AP HAG § 1 Nr. 1. 1535 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 45; v. 12. 07. 1988 – 3 AZR 569/86, AP HAG § 2 Nr. 10; v. 10. 07. 1963 – 4 AZR 273/62, AP HAG § 2 Nr. 3; Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 8, 9. 1536 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 49; v.12. 07. 1988 – 3 AZR 569/86, AP HAG § 2 Nr. 10; LAG Frankfurt v. 14. 10. 1982 – 3 Sa 724/

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naheliegend, auf die bereits im Rahmen der arbeitnehmerähnlichen Personen herausgearbeiteten Grundsätze zur Dauer und zum Bestreiten des Lebensunterhalts zurückzugreifen.1537 Nach herrschender und vorzugswürdiger Ansicht handelt es sich bei der Gruppe der Heimarbeiter nämlich um eine Untergruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen.1538 Dass der Gesetzgeber von einer Kategorisierung im Sinne eines Ober-/Untergruppenverhältnisses ausging, lässt sich dem § 2 BUrlG1539 entnehmen. In den Gesetzgebungsmaterialien hierzu werden die Heimarbeiter als Untergruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen ausgewiesen.1540 Zieht man daher hinsichtlich der erforderlichen Dauer den Vergleich zur Obergruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen, so ist eine Dauer von sechs bis neun Monaten ausreichend.1541 Ähnlich sehen dies im Ergebnis auch Bayreuther1542 und Martina.1543 So weist Bayreuther darauf hin, dass die Schutzvorschriften des HAG jedenfalls nicht auf nur punktuelle Austauschbeziehungen passen würden. Martina bezieht sich auf den Dauerschuldcharakter der Heimarbeit und rekurriert hierzu auf die Wiederholungsabsicht, die insbesondere in § 309 Nr. 9 BGB ihre Stütze finde. Ein einzelner klassischer Werkvertrag erfülle daher grundsätzlich, unabhängig von der Laufzeit, nicht das Merkmal einer gewissen Dauer und damit der erwerbsmäßigen Arbeit. Eine Einschränkung nimmt Martina jedoch für Werkverträge über die Wartung oder Pflege von EDV-Programmen vor. Bei diesen richte sich die Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum auf regelmäßige Erfolge. Entsprechende Wartungsverträge wiesen somit Züge eines Dauerschuldverhältnisses auf.1544 Diese Überlegung lässt sich auch auf agile Projektverträge übertragen. Wie bereits der iterative und inkrementelle Ansatz zeigt, sind die Projekte während der kompletten Projektdauer auf regelmäßige Erfolge als Ergebnis eines jeden Sprints gerichtet. Daher liegt ein Dauerschuldcharakter selbst dann nahe, wenn dem Fremdpersonaleinsatz ein einheitlicher (Werk-)Vertrag zugrunde liegt. Überdies ist nicht ersichtlich, dass der 82, AP HAG § 2 Nr. 9, aus den Gründen II.2.a.; Berg, in: HKArbR, §§ 1, 2 HAG Rn. 6; Schmidt/ Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 12. 1537 So auch Pacha, Crowdwork, S. 213; s. auch die Ausführungen zur arbeitnehmerähnlichen Person in Kapitel 2 D. I. 1538 Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 2; Deinert, RdA 2018, 359; Hromadka, NZA 1997, 1249 (1251); Kappus, NJW 1984, 2384 (2385); Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 13 m. w. N.; dies., RdA 2020, 248 (243); kritisch Otten, NZA 1995, 289 (292 ff.), der die Heimarbeiter jedenfalls als Sondergruppe der Arbeitnehmerähnlichen ansieht. 1539 BGBl. I. v. 12. 01. 1963, S. 2 „Als Arbeitnehmer gelten auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; für den Bereich der Heimarbeit gilt § 12.“ 1540 S. bereits § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG; s. Hromadka, NZA 1997, 1249 (1251). 1541 So auch Pacha, Crowdwork, S. 213; s. auch die Ausführungen zur arbeitnehmerähnlichen Person in Kapitel 2 D. I. 1542 So wohl auch Bayreuther, Forschungsbericht BMAS, S. 15. 1543 So wohl auch Martina, NZA 2020, 988 (989 ff.). 1544 Martina, NZA 2020, 988 (990), m. V. a. BGH v. 04. 03. 2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449.

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Gesetzgeber bei der grundsätzlich geforderten Dauer der Tätigkeit den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses voraussetzt. Da zudem das frühere Merkmal „gewerblich“, worunter vor allem manuelle Arbeit verstanden wurde,1545 bereits mit dem Heimarbeitsänderungsgesetz (HÄG) 1974 durch das Merkmal „erwerbsmäßig“ ersetzt wurde, bedarf es zur Erfassung qualifizierter Tätigkeiten nicht mehr des Rekurses auf die zur Erweiterung des Personenkreises herangezogene Verkehrsanschauung.1546 Auch hochqualifizierte Angestelltentätigkeiten werden erfasst.1547 2. Selbstgewählte Arbeitsstätte Ferner muss die Tätigkeit in einer selbstgewählten Arbeitsstätte erbracht werden. Das Gesetz präzisiert in § 2 Abs. 1 S. 1 HAG was hierunter zu verstehen ist, nämlich die eigene Wohnung oder die selbst gewählte Betriebsstätte. Von einer selbstgewählten Betriebsstätte kann dann ausgegangen werden, wenn diese von derjenigen des Auftraggebers räumlich getrennt und zugleich der Aufsicht durch den Auftraggeber entzogen ist.1548 Insoweit ist es unschädlich, wenn die Kosten für die Räume vom Auftraggeber getragen oder von diesem zur Verfügung gestellt werden.1549 Der Heimarbeiter muss lediglich der Kontrolle und Weisung des Auftraggebers entzogen sein.1550 Auch unstetige und wechselnde Arbeitsorte können daher eine selbstgewählte Arbeitsstätte darstellen.1551 Daher können selbst Tätigkeiten im Home- oder Global-Office ein Heimarbeitsverhältnis begründen. Demgegenüber liegt keine selbstgewählte Arbeitsstätte vor, wenn eine bestimmte Wohnadresse vertraglich als Arbeitsort vereinbart wurde.1552 Anders als von Martina vertreten, bedarf es für die Vereinbarung einer bestimmten Wohnadresse als Arbeitsort jedoch keines sachlichen Grundes.1553 Unklar bleibt nämlich, woraus sich ein solches Sachgrunderfordernis ergeben sollte. Unterwirft sich der Auftragnehmer der Orts1545

Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 10 f.; 35. s. ausführlich zur Ersetzung des Begriffes „gewerblich“ durch „erwerbsmäßig“ Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 56 ff. 1546 Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 7; Horcher, in: NKGA, § 2 HAG Rn. 6; Kappus, Rechtsfragen der Telearbeit, S. 166, ders., NJW 1984, 2384 (2386 f.); Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 63. 1547 BT-Drs. 7/975, S. 14; BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 48. 1548 Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 13. 1549 Berg, in: HKArbR, §§ 1, 2 HAG Rn. 3; Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 14. 1550 Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 8; Schmidt/ Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 13. 1551 Deinert, RdA 2018, 359 (363). 1552 BSG v. 27. 11. 2018 – B 2 U 28/17, BeckRS 2018, 40346, Rn. 16; Martina, NZA 2020, 988 (990); Preis, in: ErfK, § 2 HAG Rn. 12. 1553 So aber Martina, NZA 2020, 988 (990).

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souveränität des Auftraggebers, so kann dies indiziell für ein Arbeitsverhältnis sprechen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Wohnung des Auftragnehmers nicht der Kontrolle des Auftraggebers unterliegt.1554 Eine Besonderheit im Kontext der agilen Arbeit stellen die sog. Garagen dar. Bei diesen handelt es sich um von Unternehmen eingerichtete Räumlichkeiten, die speziell auf die digitalisierte und agile Zusammenarbeit zugeschnitten und ausgerichtet sind. In diese kann sich das Team während der Sprints zurückziehen. Damit soll insbesondere die Kreativität sowie die Teamarbeit gefördert werden.1555 Geht mit der Zurverfügungstellung solcher Räumlichkeiten keine verpflichtende Nutzung einher, so kann man auch bei tatsächlicher Inanspruchnahme durch das Fremdpersonal noch von einer selbstgewählten Arbeitsstätte sprechen. 3. Allein oder mit seinen Familienangehörigen Die Arbeit muss nach § 2 Abs. 1, 5 HAG zudem von dem Beschäftigten allein oder mit seinen Familienangehörigen, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, geleistet werden.1556 Entscheidend ist allein die tatsächliche Leistungserbringung, sodass eine vertragliche Delegationsbefugnis unschädlich ist.1557 Stets muss es sich bei dem Heimarbeiter um eine natürliche Person handeln.1558 4. Auftraggeber Der unmittelbare oder mittelbare Auftraggeber muss nach § 2 Abs. 1 HAG zudem Gewerbetreibender oder Zwischenmeister1559 sein. Der Begriff des Gewerbetreibenden entspricht dem der Gewerbeordnung. Danach ist derjenige Gewerbetreibender, der als Selbständiger einer auf Dauer angelegten Tätigkeit planmäßig mit der 1554 So jedoch wiederum Martina, NZA 2020, 988 (990); s. zur Ortssouveränität bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. d) ff). 1555 Koch, BB 2017, 387. 1556 Zu den Einzelheiten s. etwa Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 15 – 18. 1557 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129; Deinert, RdA 2018, 359 (364). 1558 Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 18. 1559 Zwischenmeister ist nach § 2 Abs. 3 HAG wer, ohne Arbeitnehmer zu sein, die ihm von Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergibt. Der Zwischenmeister ist Mittler zwischen Dem Auftraggeber und dem Heimarbeiter. Der Zwischenmeister organisiert allgemein die Vergabe der Heimarbeit für den Auftraggeber. Auch die Kontrolle der Arbeitsergebnisse obliegt dem Zwischenmeister. Der Zwischenmeister übt die Funktion des Auftraggebers an Stelle des auftraggebenden Gewerbetreibenden aus, s. hierzu Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 43. Im dreigliedrigen Rechtsverhältnis entspricht es nicht den Parteiinteressen, dass der Intermediär als Zwischenmeister tätig wird. Vielmehr ist die Kontrolle der Arbeitsergebnisse Sache des Einsatzunternehmens als Auftraggeber. Einer näheren Erörterung bedarf diese Konstellation daher nicht.

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Absicht nachgeht, diese als ständige Einnahmequelle berufsmäßig zu nutzen und Gewinn für die Bestreitung des Lebensunterhalts zu ziehen.1560 Auf die für die Eigenschaft als Gewerbetreibender grundsätzlich erforderliche Gewinnerzielungsabsicht kann nach § 2 Abs. 4 HAG verzichtet werden, wenn es sich um einen Auftraggeber der öffentlichen Hand handelt.1561 Nicht zu den Gewerbetreibenden zählen die freien Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und Architekten.1562 Zwar kann agiles Projektmanagement auch in freien Berufen angewendet werden, doch wird es maßgeblich durch Gewerbetreibende eingesetzt.1563 Wird das Fremdpersonal im Rahmen des agilen Projektmanagements durch Angehörige der freien Berufe beauftragt, so kommt, da diese nicht unter den Begriff des gewerblichen Auftraggebers fallen, eine antragsbedürftige Gleichstellung nach § 1 Abs. 2 lit. a HAG in Betracht. Da der Auftraggeber nach § 1 Abs. 2 lit. a HAG nicht Gewerbetreibender sein darf, wird eine Gleichstellung hiernach nur dann in Betracht kommen, wenn es sich bei dem Auftraggeber um einen Angehörigen der freien Berufe handelt.1564 Angesichts der primär wissensbasierten Tätigkeiten im Rahmen eines agilen Projektes wird man es mit keiner die Gleichstellung ausschließenden gewerblichen Tätigkeit zu tun haben. Hierunter sind nämlich nur manuelle Arbeiten, wie die Herstellung, das Be- oder Verarbeiten sowie das Verpacken von Waren zu verstehen.1565 Im Kontext der agilen Arbeit spielen derartige Tätigkeiten keine Rolle. Dem Auffangtatbestand des § 1 Abs. 2 lit. c HAG kommt daher im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine Bedeutung zu.1566

1560

Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 11; Berg, in: HKArbR, §§ 1, 2 HAG Rn. 5; Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 20. 1561 Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 95. 1562 Becker, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 117 Rn. 11; Berg, in: HKArbR, §§ 1, 2 HAG Rn. 5; auch die Urproduktion der Land- und Forstwirtschaft, Fischwirtschaft und des Bergbaus wird nicht erfasst; kritisch zum Erfordernis des Gewerbetreibenden, Deinert, RdA 2018, 359 (366 f.). 1563 Vgl. hierzu bereits die Einleitung. 1564 Zur Erfassung dieser s. Horcher, in: NK-GA, § 1 HAG Rn. 6; der Gleichstellung kommt aufgrund des notwendigen rechtsbegründenden Aktes in der Praxis jedoch kaum eine Bedeutung zu. Gem. § 1 Abs. 4 HAG erfolgt eine Gleichstellung nämlich nur auf Antrag im Gleichstellungsverfahren durch eine Entscheidung des zuständigen Heimarbeitsausschusses oder, falls dieser nicht errichtet ist, durch die zuständige Arbeitsbehörde. 1565 S. zum Begriff der gewerblichen Arbeit Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 35. 1566 Zur vergleichbaren Lage beim Crowdworker vgl. Walzer, Der arbeitsrechtliche Schutz der Crowdworker, S. 162; zum Auffangcharakter s. Horcher, in: NK-GA, § 1 HAG, Rn. 8; zur Gleichstellung nach § 1 Abs. 2 lit. c, s. Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 1 Rn. 21 ff.

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5. Beschaffung der Roh- und Hilfsstoffe Nach § 2 Abs. 1 S. 2 HAG wird die Eigenschaft als Heimarbeiter nicht durch die selbständige Beschaffung der Roh- und Hilfsstoffe beeinträchtigt. Dies erfasst auch moderne Formen des Einsatzes von Hilfsmitteln wie PCs, Notebooks oder Software.1567 Der Heimarbeiter kann seine Werkzeuge und seine Arbeitsgeräte frei wählen.1568 6. Verwertung der Arbeitsergebnisse Nach § 2 Abs. 1 S. 1 HAG muss die Verwertung der Arbeitsergebnisse ferner dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlassen werden. Der Heimarbeiter trägt aus diesem Grund nicht das unternehmerische Risiko der Verwertung der Arbeitsergebnisse.1569 Der Heimarbeiter ist also vom Absatzmarkt ausgeschlossen,1570 sodass reine Lohnarbeit vorliegt.1571 Ausreichend ist es, wenn der Auftraggeber Letztverbraucher ist. Eine Dreigliedrigkeit in dem Sinne, dass der Auftraggeber oder Zwischenmeister das Arbeitsergebnis an einen Letztverbraucher überlassen muss, ist nicht erforderlich.1572 Es stellt sich jedoch die Frage, welche Anforderungen an das zu überlassende Arbeitsergebnis zu stellen sind. Offen ist insbesondere, was unter dem zu überlassenden Arbeitsergebnis zu verstehen ist. So könnte erwogen werden, ob es sich bei dem zur Verwertung überlassenden Arbeitsergebnis um ein abgrenzbares, dem Auftragnehmer individuell zurechenbares Arbeitsergebnis handeln muss. In diese Richtung ließe sich der Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 HAG auslegen. Gleichwohl ist eine solche Anforderung abzulehnen. Eine ausdrückliche Stellungnahme hierzu lässt sich auch in den Gesetzgebungsmaterialien nicht finden. Dort findet sich indes immerhin der Verweis, dass mit der Überlassung der Verwertung zum einen das unternehmerische Risiko auf den Auftraggeber übergeht, zum anderen dem Auftragnehmer jedoch die wirtschaftlichen Chancen entzogen werden.1573 Das Merkmal der Verwertung der Arbeitsergebnisse nimmt daher die Gewinnchancen und das kaufmännische Risiko in den Blick. Unter diesem Blickwinkel ändert sich die 1567

BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 51. BAG v. 24. 08. 2016 – 7 AZR 625/15, AP TzBfG § 14 Nr. 145; v. 19. 06. 1957 – 2 AZR 84/55, NJW 1957, 1491; Martina, NZA 2020, 988 (991). 1569 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 50 f.; Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 22. 1570 Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 23; Horcher, in: NKGA, § 2 HAG Rn. 23; Kappus, NJW 1984, 2384 (2388); a. A. Berg, in: HKArbR, §§ 1, 2 HAG Rn. 7, der ein geringfügiges eigenes Absetzen am Markt für unschädlich erachtet. 1571 BVerfG v.11. 02. 1976 – 2 BvL 2/73, BVerfGE 41, 314; Pacha, Crowdwork, S. 209. 1572 Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 22; Heinkel, in: MünchArbR, § 200 Rn. 8, jeweils m. w. N. 1573 BT-Drs. 1/1357, S. 20. 1568

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Schutzbedürftigkeit des vermeintlichen Heimarbeiters nicht bereits deshalb, weil er etwa arbeitsteilig mit Arbeitnehmern des Auftraggebers seinen Beitrag zum einheitlichen Arbeitsergebnis leistet. In diesem Fall trägt der vermeintliche Heimarbeiter kein kaufmännisches Risiko der Verwertung, kann im Gegenzug jedoch auch keine unternehmerischen Chancen nutzen. Das Arbeitsergebnis kann mithin in einem bloßen Leistungsbeitrag gesehen werden. Keine Bedenken bestehen, wenn jedenfalls Teilprodukte eigenständig geliefert werden.1574 In diesem Fall kann man von der Verwertung durch den Auftraggeber ausgehen.1575 Deinert weist in diesem Kontext ferner auf ein vermeintliches Paradoxon hin.1576 So sei es widersprüchlich, dass das kaufmännische Risiko beim Auftraggeber verbleiben müsse und dies am Merkmal der Verwertung der Arbeitsergebnisse festgemacht würde. Dies liefe darauf hinaus, dass Heimarbeit ohne wirtschaftliches Risiko erfolge, während der Selbständige, der selbst am Markt auftrete und das Risiko trage, nicht dem Schutz des HAG unterliege, obwohl er schützenswerter erscheine.1577 Dies mache nur Sinn, wenn man, ähnlich wie Wank, der dies hinsichtlich des Arbeitnehmerbegriffs vorgeschlagen hat, das fehlende Auftreten am Markt als Merkmal fehlender unternehmerischer Chancen begreife und diese Überlegung in den Kontext der wirtschaftlichen Abhängigkeit stelle.1578 Ein solches Paradoxon besteht tatsächlich jedoch nicht. Der am Markt auftretende Selbständige ist insoweit schon nicht intensiver schutzbedürftig. Zwar ist Deinert insoweit beizupflichten, als das kaufmännische Risiko der Verwertung am Markt ein gesteigertes Risiko gegenüber der Gruppe der Heimarbeiter darstellt. Doch mit diesem Risiko geht zugleich eine korrespondierende unternehmerische Chance einher, die den Heimarbeitern entzogen ist.1579 Dies spiegelt sich bereits in den Gesetzgebungsmaterialien wider. In diesen heißt es: „Vielmehr überlassen sie die gewerbliche Verwertung (z. B. den Vertrieb oder die Weiterverarbeitung) und damit Gewinn und kaufmännisches Risiko einem Gewerbetreibenden.“1580 Die Inkaufnahme kaufmännischer, wirtschaftlicher Risiken im Rahmen der Verwertung bei gleichzeitiger Möglichkeit der Wahrnehmung unternehmerischer Chancen stellt gerade das Charakteristikum der Selbständigkeit dar.

1574

Vgl. hierzu BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129. Vgl. hierzu Deinert, RdA 2018, 359 (363 f.). 1576 Deinert, RdA 2018, 359 (364). 1577 Deinert, RdA 2018, 359 (364). 1578 Deinert, RdA 2018, 359 (364). 1579 Zur Frage, ob nicht zugleich auch das einschränkende Merkmal einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zu fordern ist, s. sogleich Kapitel 2 D. II. 7. 1580 BT-Drs. 1/1357, S. 20. 1575

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7. Wirtschaftliche Abhängigkeit Eng mit der Verwertung der Arbeitsergebnisse verbunden ist die Frage, ob über den Wortlaut des § 2 Abs. 1 HAG hinaus1581 ein einschränkendes Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit gefordert werden muss. Ausdrücklich erwähnt wird das Merkmal zumindest nicht.1582 Dennoch rekurrierten jedenfalls sowohl die ältere Rechtsprechung1583 als auch weite Teile der Literatur1584 auf das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende seien hiernach vom Unternehmer wirtschaftlich abhängig. Wegen dieser Abhängigkeit bedürften diese Personen eines besonderen Schutzes. Stets sei daher zu prüfen, ob die Mitarbeiter von einem Unternehmer in einer Weise wirtschaftlich abhängig seien, die für das Vorliegen eines Heimarbeitsverhältnisses spreche.1585 Teilweise wird hingegen unter Bezugnahme auf die vielbeachtete Entscheidung des BAG vom 14. 06. 20161586 vertreten, dass das BAG dem Erfordernis einer besonderen Schutzbedürftigkeit in Form der wirtschaftlichen Abhängigkeit eine Absage erteilt habe.1587 So negiert das BAG zum einen lediglich im Rahmen der Erwägungen zur Arbeitnehmereigenschaft die Bedeutung der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Zum anderen heißt es in dieser Entscheidung, dass weder der gesetzlichen Regelung noch den Gesetzgebungsmaterialien die Feststellung einer nach der Verkehrsanschauung bestehenden Schutzbedürftigkeit zu entnehmen sei. Gegen eine solche spreche ferner, dass der Gesetzgeber die Prüfung einer besonderen Schutzbedürftigkeit dort, wo er es für erforderlich gehalten habe, ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal normiert habe (z. B. § 1 Abs. 2 HAG).1588 Dem lässt sich entgegenhalten, dass zwar die wirtschaftliche Abhängigkeit nicht ausdrücklich zur Feststellung der Heimarbeitnehmereigenschaft herangezogen 1581

Zur nicht existenten Wortlautgrenze s. Kapitel 2 C. I. 2. Däubler/Klebe, NZA2015, 1032 (1036). 1583 BVerfG v. 11. 02. 1976 – 2 BvL 2/73, BeckRS 1976, 705 m. w. N.; BAG v. 03. 04. 1990 – 3 AZR 258/88, AP HAG § 2 Nr. 11; BSG v. 22. 10. 1971 – 7 RAr 61/69, AP HAG § 2 Nr. 7; LAG Köln v. 21. 05. 2015 – 7 Sa 1117/14, AE 2016, 144, Rn. 27; LAG Hamm v. 10. 10. 2005 – 2 Ta 332/05, juris, Rn. 12. 1584 Bayreuther, Forschungsbericht BMAS, S. 16; Deinert, RdA 2018, 359 (363); Frank/ Heine, NZA 2020, 292 (294); Fuhlrott/Oltmanns, NJW 2020, 958 (962); Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, S. 57; Pacha, Crowdwork, S. 210; Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 15; so wohl auch Brose, NZS 2017, 7 (8, 13); Zieglmeier, in: KassKomm, § 12 SGB IV Rn. 15; a. A. Martina, NZA 2020, 988 (989); Schwab/Weth, in: Schwab/Weth, ArbGG, § 5 Rn. 194. 1585 BAG v. 03. 04. 1990 – 3 AZR 258/88, AP HAG § 2 Nr. 11; LAG Hamm v. 10. 10. 2005 – 2 Ta 332/05, BeckRS 2005, 43588; i. E. auch LAG Düsseldorf v. 23. 08. 1989 – 4 Sa 615/87, BB 1989, 2400. 1586 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129. 1587 So etwa Bayreuther, Forschungsbericht BMAS, S. 13; Martina, NZA 2020, 988 (989). 1588 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 48. 1582

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wurde, doch kann daraus nicht ohne Weiteres auf eine unausgesprochene Abkehr vom Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit geschlossen werden.1589 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass im konkreten Fall wohl sogar von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit hätte ausgegangen werden müssen. Dem Sachverhalt lag nämlich zugrunde, dass ein Programmierer seit 21 Jahren für die Beklagte tätig war, die teilweise zudem dessen Fortbildungskosten getragen hat. Auch die angeführte Aussage des BAG zur Verkehrsanschauung rechtfertigt es nicht, das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit in Frage zu stellen. Wenn das BAG wie jüngst feststellt, dass den Gesetzgebungsmaterialien keine Feststellung einer nach der Verkehrsanschauung bestehenden Schutzbedürftigkeit zu entnehmen sei, so beziehen sich die im Kontext ergangenen Ausführungen maßgeblich auf die gesetzgeberische Abkehr vom Merkmal der „gewerblichen“ Tätigkeit und die Erstreckung auf die „entgeltliche“ Tätigkeit.1590 In früheren Entscheidungen zur alten Rechtslage wurde die Verkehrsanschauung ergänzend zur Bestimmung der Heimarbeit herangezogen. Dieses Rückgriffes bedarf es zur Erstreckung auf qualifizierte Tätigkeiten angesichts der Änderung zur „entgeltlichen“ Tätigkeit nicht mehr.1591 Mit dieser Feststellung ist daher keine Aussage über das Erfordernis einer wirtschaftlichen Abhängigkeit getroffen. Richtigerweise ist das ungeschriebene Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit weiterhin heranzuziehen. Das folgt aus dem Willen des Gesetzgebers. So findet sich im Gesetzesentwurf zum Heimarbeitsgesetz von 1951 die Klarstellung der Bundesregierung, wonach die zunächst vorgeschlagene Fassung, die „von Heimarbeit als gewerblicher Arbeit im Auftrage von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern spricht, wobei der Beschäftigte „die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überläßt“, die „wirtschaftliche Abhängigkeit der der in Heimarbeit Beschäftigten rechtssprachlich genauer formuliert hat“ als die vorherige Fassung des Heimarbeitsgesetzes von 1939.1592 Bereits diese Formulierung deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber selbst von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der in Heimarbeit Beschäftigten ausgeht. Diese werde durch die Überlassung der Verwertung der Arbeitsergebnisse präziser gefasst. Am Merkmal der Überlassung der Verwertung der Arbeitsergebnisse zeigt sich, dass durch dieses maßgeblich die wirtschaftliche Abhängigkeit determiniert wird. Die Überlassung der Arbeitsergebnisse zur Verwertung durch Gewerbetreibende führt nämlich nicht nur dazu, dass das kaufmännische Risiko auf den Auftraggeber übergeht, sondern diesem auch der Gewinn zuteil 1589 So auch Werner/Fausel/Bitsch, NZA 2021, 991 (993, 994 ff.), die zugleich Kritik an der Einbeziehung von IT-Experten üben und an den Gesetzgeber appellieren, aufgrund vermeintlich fehlender wirtschaftlicher Abhängigkeit eine Einschränkung des § 12 Abs. 2 SGB IV vorzunehmen. 1590 BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 48. 1591 Horcher, in: NK-GA, § 2 HAG Rn. 6; s. hierzu auch bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 D. II. 1. 1592 BT-Drs. 1/1357, S. 36 (Hervorhebung durch den Verfasser).

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wird.1593 Mit der fehlenden Möglichkeit zur Verwertung auf dem Absatzmarkt und den damit einhergehenden mangelnden unternehmerischen Chancen geht für gewöhnlich zugleich die wirtschaftliche Abhängigkeit des Heimarbeiters einher. Dem Auftragnehmer ist es dann nicht mehr möglich, seine wirtschaftlichen Risiken entsprechend zu streuen.1594 Der geschichtliche Kontext der Heimarbeit stützt diese Feststellung. Das HAG vom 14. 03. 1951, aktuell geltend in der Fassung vom 18. 12. 2018, stellte sich nach dem zweiten Weltkrieg einer drohenden Situation, wie sie sich schon im ausgehenden 19. Jahrhundert und anfangs des 20. Jahrhundert feststellen ließ.1595 Nach dem Krieg stellte sich die Situation der Heimarbeiter vermehrt äußerst prekär dar. Das lag zum einen daran, dass die zur Überwachung der Heimarbeit zuständigen Behörden aufgelöst wurden, zum anderen auch daran, dass es aufgrund der besonderen Struktur der Heimarbeit seit jeher schwerfiel, sich mit Hilfe von Zusammenschlüssen das notwendige Gehör zu verschaffen.1596 Das HAG von 1951 sollte dieser Schutzbedürftigkeit abhelfen. Während sich das HAG in dieser Fassung zunächst bewährte, wurde mit der Entwicklung hin zu Büroheimarbeitern 1974 das Merkmal der „gewerblichen“ in die „entgeltliche“ Arbeit geändert.1597 Zwar wollte der Gesetzgeber damit den Schutz der in Heimarbeit Beschäftigten ausbauen. Dies sollte jedoch nur für diejenigen Angestelltentätigkeiten gelten, die unter den Bedingungen der Heimarbeit ausgeführt werden.1598 Das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit war daher „Ausdruck und Begründung der allgemein unterstellten Schutzbedürftigkeit der Heimarbeiter.“1599 Eine systematische Betrachtung bestätigt dieses Ergebnis. So wird das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit ausdrücklich in § 1 Abs. 2 S. 2 HAG, in dem es um die den Heimarbeitern gleichgestellten Schutzbedürftigen geht, aufgegriffen und in Satz 3 näher konkretisiert. Der Gesetzgeber geht insoweit von einer Schutzbedürftigkeit aus, die aus einer wirtschaftlichen Abhängigkeit resultiert.1600 Ferner ist auch für die Obergruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen anerkannt, dass dort eine wirtschaftliche Abhängigkeit vorliegen muss.1601 Während sich die Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer aus der persönlichen Abhängigkeit ergibt, resultiert die 1593 1594 1595 1596 1597

Rn. 9 f. 1598

BT-Drs. 1/1357, S. 20. Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur arbeitnehmerähnlichen Person, Kapitel 2 D. I. Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, Einl. Rn. 4, 6. Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, Einl. Rn. 6. Preis, SR 2017, 173 f.; Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, Einl.

BT-Drs. 7/975, S. 1, 14. So Martina, NZA 2020, 988 (989). 1600 Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 15, weist insoweit darauf hin, dass das Gesetz den Heimarbeitern unausgesprochen die wirtschaftliche Abhängigkeit unterstelle. 1601 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise zur arbeitnehmerähnlichen Person, Kapitel 2 D. I. 1599

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Schutzbedürftigkeit der Heimarbeiter und der ihnen Gleichgestellten aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit.1602 Bei der Auslegung des § 2 HAG darf nicht dem allgemeinen Ordnungsprinzip des Heimarbeitsschutzes widersprochen werden, nach welchem nur ganz bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Schutzbedürftigkeit zu den in Heimarbeit Beschäftigten gerechnet werden dürfen. Die Auslegung entspricht dann nicht mehr dem Gesetzeszweck, wenn das typische Element der Heimarbeit, nämlich die Schutzbedürftigkeit infolge wirtschaftlicher Abhängigkeit, nicht mehr vorhanden ist.1603 Nicht jeder, der seine selbständige Tätigkeit in einer selbstgewählten Arbeitsstätte durchführt, ist derart sozial schutzbedürftig, dass ihm der besondere Schutz des HAG zukommen muss.1604 Eine abweichende Betrachtung würde der unternehmerischen Freiheit aus Art. 12 GG entgegenstehen. Vergleichbar zur Gruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen stellt der besondere Schutz der Heimarbeiter einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Auftraggeber dar. Dieser bedarf einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Eine solche liegt jedoch fern, wenn im Einzelfall nicht von einer Schutzbedürftigkeit ausgegangen werden kann.1605 An diesem Ergebnis vermag auch der, dem Gesetzgeber grundsätzlich obliegende weite Gestaltungsspielraum zur Regelung von Massenphänomenen1606 nichts zu ändern. Ohnehin spiegeln sich die wesentlichen Aspekte der wirtschaftlichen Abhängigkeit, wie sie bei der Obergruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen verstanden wird, gleichermaßen bei den Merkmalen der Heimarbeit wider. So setzt nicht nur das Merkmal der Erwerbsmäßigkeit eine auf eine gewisse Dauer angelegte Tätigkeit voraus, sondern auch, dass diese zumindest teilweise auf die Bestreitung des Lebensunterhalts gerichtet ist. Die Einkünfte aus dem konkreten Rechtsverhältnis müssen indes nicht zur nachhaltigen Bestreitung des Lebensunterhalts geeignet sein. Auf die Höhe des Entgelts und den zeitlichen Aufwand kommt es nicht per se an. Daher kann bereits eine geringfügig und unregelmäßig ausgeübte Tätigkeit der Heimarbeit unterfallen, sofern diese zumindest zum Lebensunterhalt beiträgt.1607 Zudem entspricht die hinter dem Indiz „keine Leistungserbringung für den Markt“ stehende Logik dem Merkmal der Überlassung der Verwertung durch den Auftraggeber. Auch die Heimarbeit erfordert zudem eine weitgehend persönliche Leistungserbringung. Daher vertreten Pacha1608 und Preis, dass bereits bei Vorliegen 1602 So schon Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Auflage, S. 136 f.; vgl. hierzu auch BT-Drs. 7/ 975, S. 13, in der es im Kontext des § 1 Abs. 2 HAG heißt, dass der allgemeine Maßstab für die Schutzbedürftigkeit das Ausmaß der wirtschaftlichen Abhängigkeit sei. 1603 So schon Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 1. 1604 So auch LAG Hamm v. 10. 10. 2005 – 2 Ta 332/05; im Ergebnis auch Pacha, Crowdwork, S. 210. 1605 Vgl. zur Personengruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen bereits Schubert, Der Schutz arbeitnehmerähnlicher Personen, S. 48 f. 1606 S. bereits die Ausführungen und Nachweise zum Rechtsformzwang in Kapitel 2 B. II. 1607 BAG v. 12. 07. 1988 – 3 AZR 569/86, AP HAG § 2 Nr. 10. 1608 Pacha, Crowdwork, S. 212; Preis, SR 2017, 173 (178).

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der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 HAG die von der Rechtsprechung geforderte Schutzbedürftigkeit vorliegt. Die Merkmale stellen somit Teilmengen der wirtschaftlichen Abhängigkeit dar, die insbesondere durch die Überlassung der Verwertung rechtssprachlich genauer gefasst wird. Abschließend sind diese zwingenden Merkmale der wirtschaftlichen Abhängigkeit jedoch nicht. Zur Feststellung der wirtschaftlichen Abhängigkeit sind darüber hinaus, vergleichbar zur Feststellung der Arbeitnehmerähnlichkeit, weitere Aspekte, wie die Erzielung des überwiegenden Einkommens beim Auftraggeber1609 oder die Art der Auftragsvergabe1610 zu berücksichtigen.1611 Die Heimarbeiter müssen daher vom Auftraggeber derart abhängig sein, dass sie gerade deswegen den besonderen Schutz des HAG bedürfen.1612 Der Qualifikation als Heimarbeiter steht es auch nicht generell entgegen, dass ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig wird. Etwas anderes lässt sich auch nicht § 29 Abs. 3 HAG entnehmen. Dieser setzt die Möglichkeit mehrerer Auftraggeber voraus. Soweit Pacha hieraus den Rückschluss zieht, dass es nicht auf den Bezug eines Einkommens von überwiegend einem Auftraggeber ankommen könne,1613 geht diese Feststellung fehl. Allein die Möglichkeit für mehrere Auftraggeber tätig zu sein steht der individuellen Feststellung der Eigenschaft als Heimarbeiter im jeweiligen Rechtsverhältnis nicht entgegen. Stets ist das jeweilige Rechtsverhältnis in den Blick zu nehmen. Der Heimarbeiter muss daher weitgehend einem einzigen Auftraggeber zuarbeiten. Dies führt zugleich dazu, dass Heimarbeiter regelmäßig zugleich arbeitnehmerähnliche Personen sind.1614 Zu Recht kann nach der Rechtsprechung auch die Art und Weise der Auftragsvergabe eine wirtschaftliche Abhängigkeit indizieren. Das BAG rekurrierte etwa zugunsten der Heimarbeit auf den Umstand, dass im konkreten Fall die Höhe der Vergütung einseitig vorgegeben wurde. Zudem sei zu berücksichtigen, ob die Gefahr bestehe, bei der Ablehnung eines Auftrages im Allgemeinen oder zu bestimmten Konditionen im Besonderen, künftig keine weiteren Aufträge zu erhalten.1615

1609 Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 18 Rn. 61; Däubler/Klebe, NZA 2015, 1032 (1036); vgl. auch Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 2 Rn. 30, die auf die Bedeutung der Anzahl der Auftraggeber verweisen. 1610 BAG v. 03. 04. 1990 – 3 AZR 258/88, AP HAG § 2 Nr. 11, aus den Gründen II.3. 1611 Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 18 Rn. 61; s. hierzu bereits die Ausführungen in Kapitel 2 D. I. 1612 BAG v. 03. 04. 1990 – 3 AZR 258/88, AP HAG § 2 Nr. 11; Bayreuther, Forschungsbericht BMAS, S. 13 m. w. N. 1613 Pacha, Crowdwork, S. 211. 1614 Bayreuther, Forschungsbericht BMAS, S. 13. 1615 BAG v. 03. 04. 1990 – 3 AZR 258/88, AP HAG § 2 Nr. 11; s. bereits die Ausführungen zur Art und Weise der Auftragsvergabe im Fall der Arbeitnehmerähnlichkeit, Kapitel 2 D. I. 2. c).

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Kap. 2: Der Fremdpersonaleinsatz im zweigliedrigen Rechtsverhältnis

Dem Rückgriff auf die Art und Weise der Auftragsvergabe steht zudem nicht entgegen, dass die Initiative zur Auftragsvergabe vom Auftragnehmer ausgehe. Teilweise wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, § 11 HAG sei zu entnehmen, dass die Vergabe von Heimarbeit stets vom Auftraggeber ausgehen müsse. Daher scheide, wie im Fall des Crowdworkings, eine Qualifikation als Heimarbeit bereits dann aus, wenn sich die Auftragnehmer um jeden Auftrag selbst bewerben müssen.1616 Ähnlich vertritt dies Brose,1617 die eine Vergleichbarkeit zur Vergabe im Rahmen des § 12 Abs. 3 SGB IV sieht. Es sei nicht ersichtlich, dass für die Vergabe nach § 12 Abs. 3 SGB IV etwas anderes gelten solle, als für die Vergabe nach dem HAG. Insoweit sei unter einer Vergabe von Aufträgen die aktive Zuweisung eines Auftrages zu verstehen. Die Gesetzgebungsmaterialien und die vorherigen Ausführungen zeigen aber, dass man einen solchen pauschalen Schluss nicht ziehen kann. Hinter dem Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit steht die Erwägung, dass dem Auftragnehmer letztlich die unternehmerischen Chancen entzogen sind, da dieser nicht unmittelbar am Markt auftritt und daher seine Risiken nicht streuen kann. An diesem Umstand ändert auch die Vergabe durch den Auftraggeber kaum etwas. So kann es bereits in der Sache keinen Unterschied machen, ob der Entscheidung des Auftraggebers, wem der Auftrag erteilt wird, eine Initiative des Auftragnehmers vorausgegangen ist. Dies gilt ebenso beim Crowdworking. Der Auftragnehmer bleibt auch in diesem Fall von der Gunst des Auftraggebers abhängig. Werden die Aufträge nach vorangegangener Bewerbung durch die Auftragnehmer vergeben, führt dies lediglich dazu, dass § 11 Abs. 1 HAG nicht einschlägig ist.1618 Ohnehin handelt es sich bei der Soll-Vorschrift des § 11 Abs. 1 HAG um eine arbeitsschutzrechtliche Regelung.1619 Aus dieser Schutzvorschrift kann nicht der Rückschluss gezogen werden, dass ein Heimarbeitsverhältnis dann ausscheidet, wenn der Auftrag vom Auftraggeber vergeben wird. In den Fällen, in denen sich die Auftragnehmer um einen Auftrag bemühen müssen, ist vielmehr von einer umso größeren Schutzbedürftigkeit auszugehen.1620 Insoweit würde es dem Zweck des HAG entgegenstehen, würde man aus einer Schutzvorschrift ein einschränkendes Tatbestandsmerkmal ableiten. Handelt es sich bei dem Fremdpersonal um hochqualifizierte Spezialisten und geht die Initiative vom Auftraggeber aus, so geht dies regelmäßig mit einer entsprechenden Verhandlungsmacht einher. Eine einseitige Festlegung der Konditionen, wie dies bei Crowdworkern regelmäßig der Fall ist, gibt es dann nur selten. Damit ist jedenfalls

1616 Däubler/Klebe, NZA 2015, 1032 (1036); Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 18 Rn. 62; Franzen, in: Industrie 4.0 als Herausforderung des Arbeitsrechts, S. 107 (114); Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B8); Schubert, RdA 2018, 200 (204). 1617 Brose, NZS 2017, 7 (13). Dort geht Brose auch auf die spezifische Freischaltung auf Crowdworking-Plattformen ein, auf die es in diesem Kontext jedoch nicht ankommt. 1618 Pacha, Crowdwork, S. 223. 1619 Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, § 11 Rn. 2. 1620 So schon Pacha, Crowdwork, S. 224.

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hochqualifiziertes Fremdpersonal regelmäßig in der Lage, bedeutenden Einfluss auf die Preisgestaltung zu nehmen. Dem Rekurs auf das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit steht schließlich nicht entgegen, dass es sich bei diesem um ein „ungeschriebenes“ Tatbestandsmerkmal handelt. So vertritt Martina die Auffassung, dass ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im Hinblick auf die weitreichenden Rechtsfolgen aus rechtsstaatlichen Gründen bedenklich sei.1621 Dies gelte insbesondere in Anbetracht des Art. 103 Abs. 2 GG. Die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 266a Abs. 5 StGB dürfe nicht von einem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal abhängen. Eine Strafbarkeit würde jedoch drohen, wenn die mit der heimarbeitsrechtlichen Einordnung einhergehende Pflicht zur Abführung von Sozialabgaben missachtet würde. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Analogieverbot und das Anwendungsverbot für unklar formulierte Strafnormen nur zulasten des Angeklagten gelten.1622 Da das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit, sofern es denn überhaupt über die bereits ausdrücklich normierten Merkmale hinausgeht, den Kreis der erfassten Personen einschränkt, kann die Heranziehung dieses Merkmals schon nicht die Strafbarkeit begründen. Der Rekurs auf das ungeschriebene Merkmal geht damit nicht zu Lasten des potentiellen Täters. 8. Anwendung auf die agilen Rollenbilder Sofern es sich bei dem Auftraggeber, wie regelmäßig bei agilen Projekten, um einen Gewerbetreibenden oder einen Auftraggeber i. S. d. § 2 Abs. 4 HAG handelt, muss man im Fall einer vorherigen Ablehnung einer arbeitsvertraglichen Qualifikation zudem an die Einordnung als Heimarbeitsverhältnis denken. Das Merkmal der Erwerbsmäßigkeit ist dabei regelmäßig und unabhängig vom Tätigkeitsbild erfüllt. Aus Sicht des Fremdpersonals ist die Tätigkeit für gewöhnlich zumindest teilweise auf die Bestreitung des Lebensunterhalts gerichtet. Anders als bei Crowdworkern, die in der Plattformökonomie typischerweise nur kurz andauernde Aufträge für wechselnde Auftraggeber erledigen,1623 sind die bei einem Auftraggeber agil durchgeführten Projekte typischerweise auf eine gewisse Dauer angelegt. Jedenfalls dann, wenn die Projektdauer sechs bis neun Monate andauert, ist von einer Dauerhaftigkeit i. S. d. Definition auszugehen. Auch hier kann man umso eher von einer dauerhaften und zur Erwerbsmäßigkeit beitragenden Tätigkeit ausgehen, je länger das konkrete Projekt dauert. Die Rechtsprechung bejaht dies bei der

1621

Martina, NZA 2020, 988. Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 Rn. 75; s. im methodischen Kontext auch Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 22 Rn. 823a; Rüthers/Höpfner, JZ 2005, 21 (24). 1623 S. hierzu Deinert, RdA 2018, 359 (363); Fuhlrott/Oltmanns, NJW 2020, 958 (962). 1622

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Obergruppe der Arbeitnehmerähnlichen bei einer Dauer von sechs bzw. neun Monaten.1624 Die selbstgewählte Arbeitsstätte liegt jedenfalls dann vor, wenn das Fremdpersonal die Tätigkeit autonom mittels Informations- und Kommunikationstechnologien von nahezu jedem Ort der Welt erbringen kann. Die Beschäftigten können also nicht nur im Home-, sondern ebenso im Global-Office1625 arbeiten. Erbringt das Fremdpersonal die Tätigkeit etwa in einer sog. Garage oder in anderen vom Auftraggeber vorgehaltenen Räumlichkeiten, so kann man selbst bei tatsächlicher Inanspruchnahme durch das Fremdpersonal noch von einer selbstgewählten Arbeitsstätte sprechen, wenn die Nutzung nicht verpflichtend war. Typischerweise wird eine frei gewählte Arbeitsstätte wohl häufiger bei Mitgliedern des Entwicklungsteams als bei sonstigen Rollenbildern in Betracht kommen. Bei Mitgliedern des Entwicklungsteams ist es angesichts digitalisierter und virtualisierter Formen der Zusammenarbeit oftmals nicht notwendig vor Ort tätig zu sein. Demgegenüber erfordern die moderierenden Tätigkeiten, wie sie etwa der Scrum Master erbringt, regelmäßig eine umfassende persönliche Interaktion. Dies führt dazu, dass die Tätigkeit, sofern sie überhaupt durch Externe erbracht wird, oftmals in der Organisation des Auftraggebers zu erbringen ist. Auch projektleitende Tätigkeiten, wie die des Product Owners sind oftmals onsite zu erbringen. Hier ist ebenfalls ein intensiver Austausch mit dem Auftraggeber und den Stakeholdern nötig. Da durch den Einsatz von selbständigen Experten und deren Expertise für gewöhnlich die Vakanzen des Auftraggebers behoben werden sollen, wird die Tätigkeit typischerweise auch persönlich erbracht. Zwar wird der Einsatz Dritter vielfach vertraglich zugebilligt sein,1626 doch kommt es lediglich auf die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Möglichkeit an. Faktisch ist die Beauftragung zumeist an das Know-how des Fremdpersonals geknüpft, sodass es dem Auftraggeber besonders auf die persönlichen Fähigkeiten des Leistungserbringers ankommt. Dies führt in der Praxis dazu, dass selbst im Fall der vertraglichen Zulässigkeit die Leistungserbringung regelmäßig in Person erfolgt.1627 Vergleichbares gilt für die moderierenden oder projektleitenden Rollenbilder wie die des Scrum Masters oder des Product Owners. Dem Auftraggeber kommt es bei diesen Tätigkeiten maßgeblich auf deren Expertise an. Ob darüber hinaus im Rahmen der Projektarbeit eine Abstimmung mit Mitarbeitern des Vertragspartners stattfindet, ist dagegen unerheblich. Die bloße Zusammenarbeit mit 1624

S. bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 D. 1. a) bb). S. hierzu Deinert, RdA 2018, 359 (361); Preis, SR 2017, 173 (174). 1626 S. exemplarisch etwa § 5 des Dienstvertrages eines freien Mitarbeiters „Der freie Mitarbeiter kann sich bei der Erfüllung seiner vertraglichen Tätigkeit auch anderer Personen bedienen. Der Einsatz von Subunternehmern bedarf wegen der in §13 MiLoG i. V. m. §14 AEntG enthaltenen Haftungsregelungen jedoch einer vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die Gesellschaft.“, Wenzel, in: Münchener Vertragshandbuch, Bürgerliches Recht II, XIX.1, wo zugleich auf die Abgrenzungsproblematik zu anderen Vertragstypen verwiesen wird. 1627 Vgl. Becker, DB 2015, 2267 (2268), die zugleich auf die wenig präzise Betrachtung des § 613 BGB verweist. 1625

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Mitarbeitern des Auftraggebers wirkt sich nicht auf die Schutzbedürftigkeit des Fremdpersonals aus. Nur wer weitere Arbeitskräfte einsetzen kann und daher nicht auf die Verwertung seiner eigenen Arbeitskraft oder derjenigen seiner Familie angewiesen ist, ist demgegenüber typischerweise nicht schutzbedürftig. Die Verwertung der Arbeitsergebnisse wird für gewöhnlich dem Auftraggeber überlassen. Dies gilt sowohl für Mitglieder des Entwicklungsteams als auch bei moderierenden oder projektleitenden Rollenbildern. Die Rechte am Arbeitsergebnis, etwa am zu realisierenden Inkrement oder am aufzustellenden Product Backlog, werden bei IT-Projektverträgen ebenso wie bei Entwicklungsverträgen im Allgemeinen1628 vielfach entweder in den entsprechenden Projektverträgen1629 oder in ergänzenden Lizenzbestimmungen1630 übertragen. Die über den Wortlaut hinaus erforderliche wirtschaftliche Abhängigkeit liegt in vielen Fällen vor. Insoweit kann, sofern die wirtschaftliche Abhängigkeit über die bereits ausdrücklich normierten und die wirtschaftliche Abhängigkeit teilweise spezifizierenden Merkmale des HAG hinausgeht, auf die Ausführungen zur wirtschaftlichen Abhängigkeit der arbeitnehmerähnlichen Person verwiesen werden.1631 9. Ergebnis Wie das Urteil des BAG v. 14. 06. 2016 zeigt, können auch qualifizierte Tätigkeiten wie die eines Programmierers zu einer Qualifikation als Heimarbeiter führen. Misst man den Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit an den dargestellten Maßstäben, so liegt in vielen Fällen nicht nur eine Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person, sondern darüber hinaus zugleich als Heimarbeiter nahe. Sofern es sich um Fremdpersonal handelt, kommt es dabei zu keinen nennenswerten rollenspezifischen Unterschieden. Insbesondere angesichts der mit einer Einordnung als Heimarbeit drohenden Folgen und der insoweit dem Auftraggeber obliegenden Pflicht zur Prüfung des Rechtsverhältnisses ist es aus Auftraggebersicht notwendig, nicht nur die drohende Scheinselbständigkeit der Auftragnehmer, sondern auch die Einordnung als Heimarbeiter im Blick zu behalten.

1628 Vgl. etwa Wündisch, in: Beck’sche Online-Formulare Vertrag, 12.3. „Die bei der Durchführung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und während der Laufzeit dieses Vertrages vom Auftragnehmer geschaffenen gewerblichen Schutz- und Urheberrechte sowie das Know-how („Foreground“) stehen ausschließlich dem Auftraggeber zu und werden hiermit bzw. nach Maßgabe der folgenden Vorschriften vom Auftragnehmer vollumfänglich auf den Auftraggeber übertragen […].“ S. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 D. I. 1. 1629 S. hierzu die Ausführungen zur Vertragsgestaltung in Kapitel 1 H. I. 1630 So etwa BAG v. 14. 06. 2016 – 9 AZR 305/15, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 129, Rn. 50. Im zugrunde liegenden Sachverhalt wurde das Nutzungs- und Vertriebsrecht an einer von dem Programmierer entwickelten Software in einem Nutzungsvertrag übertragen; ferner Müller, in: Müller, Homeoffice in der arbeitsrechtlichen Praxis, § 1 Rn. 25. 1631 S. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 D. I. 1.

Kapitel 3

Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis und dessen rechtliche Qualifikation A. Formen des Fremdpersonaleinsatzes im indirekten Rechtsverhältnis Dem Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit kommt besonders im dreigliedrigen Rechtsverhältnis große Bedeutung zu. Wie bereits im Zwei-PersonenVerhältnis zeigen sich bei der Anwendung agiler Projektmethoden auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis vertragstypologische Abgrenzungs- und Qualifizierungsschwierigkeiten.1 Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis zeichnet sich stets durch ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Fremdpersonal, seinem Vertragspartner sowie dem Einsatzunternehmen2 als Auftraggeber aus. Ein Vertrag zwischen Fremdpersonal und dem Auftraggeber als Leistungsempfänger wird jedoch nicht geschlossen. Hierin liegt der zentrale Unterschied zum sog. angelsächsischen Modell,3 in welchem das Fremdpersonals von Dritter Seite lediglich an den Vertragspartner vermittelt wird. Da es in diesem Fall zu einem unmittelbaren Vertragsschluss zwischen dem Leistungsempfänger und dem Fremdpersonal kommt, handelt es sich bei dieser Rechtsbeziehung um ein zweigliedriges Rechtsverhältnis. Die Einordnung richtet sich nach den in Kapitel 2 dargestellten Maßstäben. Kommt es hingegen nicht zu einem unmittelbaren Vertragsschluss zwischen dem Auftraggeber und dem Fremdpersonal, so sind im dreigliedrigen Rechtsverhältnis angesichts der vertraglichen Zwischenschaltung eines Intermediärs, teilweise Provider genannt,4 weitere vertragstypologischen Formen des Fremdpersonaleinsatzes in die Überlegungen einzubeziehen. In Betracht kommt nicht nur ein Fremdperso1

Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 ff.; Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (158); Heise/Friedl, NZA 2015, 129 ff.; Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 40 f.; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 ff. 2 Der Begriff des Einsatzunternehmens soll im Folgenden stellvertretend für das die tatsächliche Leistungserbringung des Fremdpersonals in Anspruch nehmende Unternehmen stehen. Ob der Einsatz onsite erfolgt, also auf dem Betriebsgelände, ist irrelevant. 3 S. hierzu Kapitel 3 C. II. 1. a). 4 Im Kontext der agilen Arbeit etwa auch Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (158); ders., NZA-Beilage 2019, 100 (105).

B. Der Rechtsformzwang zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär

313

naleinsatz auf Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages i. S. d. § 1 AÜG, sondern auch die Durchführung im Rahmen eines Dienstverschaffungsvertrages sowie der Einsatz als Erfüllungsgehilfe im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen mit dem Intermediär. Darüber hinaus ist an den Einsatz im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes sowie auf Grundlage eines Genossenschaftsmodells zu denken. Schließt der Auftraggeber mit dem Auftragnehmer einen Dienst- oder Werkvertrag und wird das Fremdpersonal als Erfüllungsgehilfe des Auftragnehmers tätig, so obliegt dem Auftragnehmer häufig nicht nur die Entwicklung einzelner Inkremente, sondern vielfach die umfassende Realisierung der Produktvision. In diesem Fall wird zumindest das Entwicklungsteam, teilweise auch moderierendes Personal sowie ein (weiterer) Projektleiter vom Auftragnehmer gestellt. Die sich im dreigliedrigen Rechtsverhältnis stellenden Rechtsfragen sollen im Folgenden erörtert werden. Dabei werden die Erkenntnisse aus dem Zwei-PersonenVerhältnis soweit wie möglich zugrunde gelegt und nur die davon abweichenden Besonderheiten erörtert.

B. Der Rechtsformzwang im Rechtsverhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär Der zuvor im zweigliedrigen Vertragsverhältnis erörterte Rechtsformzwang entfaltet ebenso im dreigliedrigen Vertragsverhältnis seine Wirkung.5 Er wirkt allerdings nur auf das Verhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär ein, welches stets von dem Verhältnis zwischen Intermediär und Fremdpersonal zu trennen ist. Für letzteres kann auf die Ausführungen zum zweigliedrigen Rechtsverhältnis verwiesen werden. Wie beim Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang im zweigliedrigen Rechtsverhältnis kann letztlich offen bleiben, ob es sich bei dem Zwang, typologische Arbeitnehmerüberlassung auf vertraglicher Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages durchzuführen, um ein eigenständiges Rechtsinstitut handelt oder ob sich dies nicht bereits der Auslegung der arbeitnehmerschützenden Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)6 entnehmen lässt.7 Vorzugswürdig erscheint jedoch auch insoweit der Weg über die Auslegung. 5

Vgl. etwa BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 31; v. 15. 04. 2014 – 3 AZR 395/11, AP BetrAVG § 1 Nr. 71, Rn. 20 f.; LAG Baden-Württemberg, v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13; Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 44 ff.; Boemke, in: FS v. Hoyningen-Huene, S. 43; Henssler, RdA 2017, 83 (86 f.); Reinsch, Rechtsverhältnis, S. 92 ff., die sich ausschließlich auf fehlerhafte Leiharbeitsverhältnisse bezieht; Walle, Der Einsatz von Fremdpersonal, S. 73 f.; Witten, Vertragsgestaltung, S. 64 f. 6 Ausweislich des Gesetzesentwurfs von 1971 soll das AÜG dazu beitragen, „bei der Arbeitnehmerüberlassung Verhältnisse herzustellen, die den Anforderungen des sozialen Rechtsstaats entsprechend, eine Ausbeutung der betreffenden Arbeitnehmer ausschließen“, vgl.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Den Vertragsparteien, die tatsächlich ein Rechtsverhältnis praktizieren wollen, das tatbestandlich dem einer Arbeitnehmerüberlassung entspricht, wird somit ein weitgehend zwingendes Arbeitnehmerschutzregime auferlegt. Dieses bietet den eingesetzten Arbeitnehmern einen im Vergleich zu den sonstigen Gestaltungen intensiveren Schutz. Die Privatautonomie der Parteien wird somit durch die zwingenden Vorschriften und den damit einhergehenden Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang eingeschränkt.8 Die Einordnung zulasten der Arbeitnehmerüberlassung steht somit nicht zur Disposition der Vertragsparteien des Hauptvertrages.9 Dies muss im Drei-Personen-Verhältnis umso mehr gelten, da das Fremdpersonal regelmäßig nicht an den vertraglichen Abreden zwischen dem tatsächlichen Leistungsempfänger und dem zwischengeschalteten Vertragspartner beteiligt ist. Lässt sich, wie sich bereits aus der Gesetzesbegründung ergibt,10 im Sinne einer wertenden Gesamtbetrachtung feststellen, dass im Rahmen der Vertragsdurchführung das arbeitsbezogene Weisungsrecht tatsächlich auf den Auftraggeber übertragen wurde, so ist, sofern die übrigen, zumeist unproblematischen Voraussetzungen ebenfalls vorliegen, das Rechtsverhältnis als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren. Widersprechen sich die tatsächliche Durchführung und der Vertrag, so erklärt § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG den Geschäftsinhalt, wie er sich aus der tatsächlichen Durchführung ergibt, für maßgeblich.11 Eine Rechtsformverfehlung liegt grundsätzlich unabhängig davon vor, ob die Vertragsparteien bewusst oder unbewusst die für die ausgeübte Tätigkeit gebotene Rechtsform verfehlen, also eine vom objektiven Recht nicht zugelassene Rechtsformwahl getroffen haben.12 Dies gilt auch entgegen einem anderslautenden Willen der Vertragsparteien,13 also des Intermediärs und dessen Vertragspartner. Auch die Vorschrift des § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG beruht, ebenso wie § 611a BGB, auf einer Kodifizierung der Rechtsprechung.14 BT-Drs. VI/2303, S. 9 f.; s. zur Entwicklung des Überlassungsrechts Thüsing, in: Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 26; zur Entstehungsgeschichte Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 9 ff. 7 Anders wäre hier nur zu entscheiden, wenn man mit Henssler, RdA 2017, 83 (90 f.), ders., in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 40 ff. in den hier virulenten Fällen der agilen Projektarbeit eine Bereichsausnahme des AÜG annehmen würde; kritisch erwidernd Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 204 ff. 8 Zum Rechtsformzwangs Witten, Vertragsgestaltung, S. 64. Auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis geht der Rechtsformzwang zugleich mit einem Rechtsfolgenzwang einher. 9 Ähnlich Walle, Der Einsatz von Fremdpersonal, S. 74; Witten, Vertragsgestaltung, S. 64. 10 BT-Drs. 18/9232, 19; s. hierzu Henssler, RdA 2017, 83 (86). 11 BAG v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/ 07, APAÜG § 10 Nr. 19; v. 01.1991 – 7 AZR 497/89, APAÜG § 10 Nr. 8; s. J. Ulber, in: Ulber, § 12 AÜG Rn. 11 ff. 12 So bereits Lieb, RdA 1975, 49; ähnlich Maschmann, Arbeitsverträge, S. 239, der eine Divergenz von objektiver Rechtsform und subjektiver Parteivorstellung hierunter versteht. 13 Henssler, RdA 2017, 83 (86); so auch Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 53; Ulrici, in: Ulrici, § 12 AÜG Rn. 19. 14 Brors, in: Schüren/Hamann, § 12 AÜG Rn. 20a; J. Ulber, in: Ulber, § 12 AÜG Rn. 13; s. etwa BAG v. 15. 04. 2014 – 3 AZR 395/11, AP BetrAVG § 1 Nr. 71, Rn. 21; v. 18. 01. 2012 – 7

B. Der Rechtsformzwang zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär

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Dabei kann, in Übereinstimmung mit den Ausführungen im zweigliedrigen Rechtsverhältnis,15 dahinstehen, ob in § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG eine eigenständige und insbesondere im Hinblick auf § 311 Abs. 1 Hs. 2 BGB relevante Rechtsfolgenanordnung zu sehen ist.16 Bereits im Wege der systematischen Auslegung kann der Gesamtheit der arbeitnehmerschützenden Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsrechts die Rechtsfolge der Umqualifizierung17 im Einklang mit § 311 Abs. 1 Hs. 2 BGB entnommen werden. Mit der Rechtsformverfehlung gehen indes nicht nur Rechtsfolgen im Verhältnis zwischen Verleiher und Entleiher, sondern zugleich in den Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Verleiher sowie zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher einher. Da diese nicht die unmittelbare vertragliche Grundlage des Fremdpersonaleinsatzes betreffen, werden sie im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung dargestellt.18 Im Drei-Personen-Verhältnis stellt sich, wie bereits im Zwei-Personen Verhältnis, die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Rechtsformzwang überhaupt zum Tragen kommt

I. Wahl eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages Zunächst sind die Fälle im dreigliedrigen Vertragsverhältnis zu untersuchen, in denen der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang im Verhältnis zwischen Intermediär und tatsächlichem Leistungsempfänger nicht greift. Neben dem unproblematischen Fall, in dem typologisch zutreffend zwischen dem Leistungsempfänger und dem Intermediär ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vereinbart wurde, greift der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang auch in den Konstellationen nicht, in denen eine autonome Qualifikation zugunsten der Arbeitnehmerüberlassung erfolgt ist, ohne

AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/07, AP AÜG § 10 Nr. 19; v. 10. 10. 2007 – 7 AZR 487/06, AP AÜG § 10 Nr. 20. 15 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 B. II. 16 So Fischels, Der Arbeitnehmerbegriff, S. 199, 202, der sowohl in § 611a Abs. 1 S. 5, 6 BGB als auch in § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG eine eigenständige Rechtsfolgenanordnung sieht. 17 Vgl. hierzu J. Ulber, in: Ulber, § 1 AÜG Rn. 11, der davon ausgeht, dass sich im Ausgangspunkt der Vertragstyp nach der vertraglichen Einordnung ergibt. Anders jedoch Ulrici, in: Ulrici, § 12 AÜG Rn. 20, der im Kontext des § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG davon ausgeht, dass keine Umqualifizierung bewirkt wird, sondern es sich lediglich um eine Vorrangregelung zugunsten der tatsächlichen Durchführung im Fall der Diskrepanz zwischen dem Willen der Vertragsparteien und der tatsächlichen Durchführung handelt. Dies verkennt die grundsätzliche Vorrangstellung der privatautonomen Einordnung. Zudem bedarf es der Umqualifizierung jedenfalls dann, wenn die tatsächliche Durchführung erst nachträglich der vertraglichen Einordnung enteilt. 18 S. Kapitel 3 C. I. 4.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

dass typologisch eine solche vorliegt.19 Insofern ist in letzteren Fällen teilweise von einer „Scheinarbeitnehmerüberlassung“20 die Rede.21 Eine derartige Intention der Beteiligten kann sich etwa aus den Risiken ergeben, denen sich die Parteien bei einer drohenden Qualifikation als Scheinwerk- oder Scheindienstvertrag ausgesetzt sehen.22 Hierzu trägt auch der vom Gesetzgeber intendierte Wegfall der Vorratserlaubnis sowie die Offenlegungs- und Bezeichnungspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG bei.23 Angesichts der Tatsache, dass in der hier zugrundeliegenden Konstellation bereits ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Fremdpersonal und dem Intermediär vorliegt, bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen eine privatautonome Einordnung des Rechtsverhältnisses zugunsten der Arbeitnehmerüberlassung durch den Intermediär und dessen Vertragspartner. Immerhin wird hier einvernehmlich zugunsten der Anwendbarkeit eines zwingenden und arbeitnehmerschützenden Rechtsregimes votiert.24 Da in diesem Fall keine zwingenden Vorschriften zugunsten der Leiharbeitnehmer abbedungen werden und somit keine Verschlechterung der Rechtspo-

19

Werden demgegenüber Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen und übernimmt der Überlassende nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AÜG), so wird gem. § 1 Abs. 2 AÜG vermutet, dass der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt. In der Sache geht es hier jedoch nicht um die Frage, ob eine Vermittlung vergleichbar einer Maklertätigkeit vorliegt, sondern ob die Arbeitnehmerüberlassung ein Scheingeschäft zur Verdeckung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Arbeitnehmer darstellt. S. zur Relevanz des § 1 Abs. 2 AÜG und zum Streitstand umfassend Schüren, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 504 ff.; vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Scheingeschäft im Fall eines Selbstverleihs eines Gesellschafter-Geschäftsführers in Kapitel 3 C. I. 3. b) cc) (2) (b). 20 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 201; Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 85; ders., NZA 2016, 528 (529); Henssler, RdA 2017, 83 (89); Uffmann, NZA 2018, 265 (270 f.). 21 Vgl. auch Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 86, der auf die mit einer „(Falsch)Bezeichnung“ einhergehenden Reglementierungen verweist. 22 Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 84 f.; Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 42; Uffmann, NZA 2018, 265 (270 f.); gleichwohl kann angesichts der restriktiven Vorgaben des AÜG hierin kein „Allheilmittel“ für kritische Fremdpersonaleinsätze gesehen werden, s. wiederum Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 86. 23 Zur gesetzgeberischen Intention s. BT-Drs. 18/9232; vgl. zur Risikostruktur und dem hiermit einhergehenden Compliancedruck Uffmann, NZA 2018, 265 (268 f.). 24 In diesem Sinne wohl auch Seier, DB 2016, 2180 (2181), der wohl von einer autonomen Wahl der Arbeitnehmerüberlassung ausgeht und eine solche nach der Gesetzeskonzeption für unschädlich hält; nicht deutlich wird, ob Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 85 f. von einer entsprechenden Qualifikation oder lediglich von einer Bezeichnung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG ausgeht, wenn er feststellt, dass die Scheinarbeitnehmerüberlassung keinen vertraglichen Bedenken begegnet. Soweit unter Verweis auf Kainer/ Schweipert, NZA 2017, 13 (15) gegenteilig angeführt wird, dass diese von einem Scheingeschäft ausgingen, so verkennt Böhm, dass sich Kainer/Schweipert ausdrücklich auf die Bezeichnung und nicht die Qualifikation beziehen.

B. Der Rechtsformzwang zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär

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sition des Fremdpersonals einhergeht,25 handelt es sich weder um einen Vertrag zu Lasten Dritter26 noch wird über fremde Rechtspositionen disponiert. Hiervon unbenommen bleibt die Frage, ob eine solche autonom gewählte Einordnung des Vertrages im Innenverhältnis, also zwischen Intermediär und Fremdpersonal, wirksam umgesetzt werden kann. Insofern ist auf § 613 S. 2 BGB hinzuweisen, wonach der Anspruch auf die Dienste im Zweifel nicht übertragbar ist. Eine unzulässige Abweichung wirkt sich indes nicht auf den Bestand und den Inhalt des Hauptvertrages aus. Die autonome Einordnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag darf aber nicht mit der schlichten Kennzeichnung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG verwechselt werden. Die Kennzeichnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag führt nicht per se zu einer arbeitsvertraglichen Einordnung. Vielmehr kann nur dann eine autonome Qualifikation angenommen werden, wenn es sich um eine rechtlich erhebliche Qualifikation handelt und nicht nur um eine, bei unzutreffender Annahme als Falschbezeichnung unerhebliche Wissenserklärung. Ob dies der Fall ist, muss durch Auslegung festgestellt werden.27 Rückschlüsse können aus der tatsächlichen Durchführung des Rechtsverhältnisses gezogen werden. Wollen die Vertragsparteien das Rechtsverhältnis als „echten“ freien Dienst- oder Werkvertrag durchführen und bezeichnen sie das Rechtsverhältnis lediglich vorsorglich für den Fall der typologischen Arbeitnehmerüberlassung als solche, so werden sie in der Praxis das Rechtsverhältnis wie einen freien Dienst- oder Werkvertrag durchführen. Entsprechend der gewollten Einordnung werden die Vorschriften des AÜG in diesem Fall nicht angewendet.28 Eine solche Praxis lässt auf eine schlichte Bezeichnung schließen. Die bewusst abweichende Kennzeichnung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG stellt in diesem Fall ein Scheingeschäft dar, das gem. § 117 BGB analog keine Rechtswirkung entfalten kann.29 25 Dies zeigt sich insb. auch an § 8 Abs. 2 AÜG. Hiernach kann unter bestimmten Bedingungen vom Grundsatz der Gleichstellung zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmer tarifvertraglich zu Lasten der Leiharbeitnehmer abgewichen werden. Ein Vergleich mit der Lage in der sich das Fremdpersonal alternativ befinden würde, also einer entsprechenden Qualifizierung als Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB, der im Rahmen eines zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär geschlossenen Dienst- oder Werkvertrag tätig wird, zeigt, dass damit keine Schlechterstellung einhergeht, stehen ihm doch jedenfalls die im Arbeitsvertrag vereinbarten Bedingungen zu; kritisch Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 42, der die Frage aufwirft, warum die Qualifizierung als Leiharbeitnehmer für den Beschäftigten die bessere Wahl sein solle. Unklar bleibt jedoch, woraus sich eine Abweichung zulasten des Arbeitnehmers ergeben soll. 26 S. hierzu etwa Grüneberg, in: Grüneberg, Einf. § 328 BGB Rn. 10 m. w. N. 27 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 B. II. 4. a). 28 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 202. 29 S. Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (15), Fn. 40, die zu Recht darauf hinweisen, dass § 117 BGB unmittelbar nur für Willenserklärungen gilt. Die Kennzeichnungspflicht ist aber keine Willenserklärung, weil die Wirkungen der Kennzeichnung von Gesetzes wegen eintreten. Es liegen jedoch die Voraussetzungen für eine Analogie vor. Ferner wird auch kein Fall des § 139 BGB vorliegen, da die tatsächliche Durchführung unter Abweichung der Bezeichnung

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Handelt es sich demgegenüber um eine autonome, mit Rechtsbindungswillen getroffene Wahl der Vertragsparteien zugunsten eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages, so kann man den Einwand eines Scheingeschäftes i. S. d. § 117 Abs. 1 BGB nicht erheben. Die Parteien wählen in diesem Fall nämlich gerade bewusst die Rechtsform des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages um Rechtssicherheit zu erlangen. Die Vertragsparteien wollen in diesem Fall nicht nur den äußeren Schein, sondern auch den Erfolg, also die Durchführung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag samt der Folgen.30 Die Bezeichnung Scheinarbeitnehmerüberlassung ist angesichts der wirksamen Einordnung daher unzutreffend. Einer autonomen Einordnung zugunsten eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages steht auch § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG nicht entgegen.31 Anders sieht dies Lembke, der sich zum einen auf den Gesetzeswortlaut bezieht. Dieser decke nicht nur den Fall ab, dass sich in der tatsächlichen Durchführung abweichend vom Vertrag eine Arbeitnehmerüberlassung zeige, sondern ebenso die spiegelbildliche Konstellation. Ferner sei eine beide Varianten erfassende Auslegung des § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG verfassungsrechtlich geboten. So übe das neue Verbot der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung faktisch einen Typenzwang aus, indem alle vorsichtigen Unternehmen im unweigerlich bestehenden Graubereich zwischen Arbeitnehmerüberlassung und anderen Formen des drittbezogenen Fremdpersonaleinsatzes gezwungen würden, offene Arbeitnehmerüberlassung und nicht eine andere Form des Fremdpersonaleinsatzes zu wählen. Dies greife unverhältnismäßig in die Privatautonomie und Berufsfreiheit ein. Daher müsse § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG auch dann greifen, wenn ein Scheinarbeitnehmerüberlassungsvertrag gewählt wurde, sich die Vertragsdurchführung jedoch als Werkvertrag, Dienstvertrag, Selbstständigenüberlassungsvertrag oder als andere Form des drittbezogenen Personaleinsatzes außerhalb des AÜG zeige. Allerdings darf die Auslegung nicht beim Wortlaut stehen bleiben. Der Gesetzgeber wollte mit der Norm missbräuchliche (Werk-)Vertragsgestaltungen bekämpfen. Hierzu griff er auf eine Kodifizierung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zurück. Die kodifizierte Rechtsprechung bezog sich jedoch lediglich auf diejenigen Fallkonstellationen, in denen eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung stattfand. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber darüber hinaus die spiegelbildliche Variante erfassen wollte, lassen sich nicht erkennen. Zudem zeigt gerade zeigt, dass das Rechtsgeschäft in seiner durchgeführten Form im Übrigen gewollt war. Da der Wissenserklärung nach der Intention des Gesetzgebers eine rechtliche Relevanz zukommt, ist es auch zweckmäßig die Wissenserklärung mit einem Nichtigkeitsdogma zu versehen. 30 Bissels, DB 2017, 246 (248). 31 So aber wohl Lembke, NZA 2018, 393 (395); bezieht man hingegen § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG lediglich auf die bloße Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, so ist die Erstreckung auf beide Varianten angesichts der bloß indiziellen Wirkung der Bezeichnung selbstverständlich, s. etwa Höpfner, in: HWK, § 12 AÜG Rn. 5, der sich auf die bloße Bezeichnung bezieht.

B. Der Rechtsformzwang zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär

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ein Vergleich mit der parallelen Problematik im zweigliedrigen Rechtsverhältnis, dass ein Arbeitsvertrag selbst dann nicht zum freien Dienst- oder Werkvertrag wird, wenn die Weisungsbefugnis tatsächlich nicht ausgeübt wird. Auch verfassungsrechtlich ist eine entsprechende Auslegung nicht geboten. Wollte man aufgrund des faktischen Druckes zur Wahl eines „Schein-Arbeitnehmerüberlassungsvertrages“ eine privatautonome Wahl einer entsprechenden Einordnung versagen,32 so ginge damit wiederum eine Beschränkung der Privatautonomie einher. Es muss es den Vertragsparteien im Gegenteil aber gerade aufgrund der Privatautonomie möglich sein, autonom eine rechtssichere Einordnung des Rechtsverhältnisses vorzunehmen. Da nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis in den Fällen einer zugunsten der Arbeitnehmerüberlassung getroffenen Wahl der Rechtsformzwang in Ermangelung einer bewussten oder unbewussten Abbedingung zwingender arbeitnehmerschützender Rechte schon nicht greift, steht es den Vertragsparteien frei, den Vertrag autonom zu qualifizieren. Oftmals handelt es sich beim Scheinarbeitnehmerüberlassungsvertrag auch nicht um eine falsa demonstratio.33 Die Parteien wählen zur Risikominimierung in Grenzfällen vielmehr bewusst die entsprechende Bezeichnung.34 Zudem erfasst der Grundsatz der falsa demonstratio nicht den Fall einer nachträglichen Diskrepanz zwischen Bezeichnung und tatsächlicher Durchführung. Die Bezeichnung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG ist daher lediglich als deklaratorische Wissensbezeichnung anzusehen.35 Liegt hingegen darüber hinaus ein entsprechender Rechtsbindungswille vor, so geht damit zugleich eine konstitutive Qualifikation einher.36

II. Wahl zulasten eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages Demgegenüber greift der arbeitsrechtliche Rechtsform- und Rechtsfolgenzwang im Verhältnis zwischen Intermediär und dem Leistungsempfänger dann, wenn das Rechtsverhältnis von den Vertragsparteien, bewusst oder unbewusst, entgegen der tatsächlichen Durchführung nicht als Arbeitnehmerüberlassung eingeordnet wurde. Wenn es schon nicht den Vertragsparteien im zweigliedrigen Rechtsverhältnis obliegen kann, das sie selbst betreffende Vertragsverhältnis autonom zulasten der ar32

So Lembke, NZA 2018, 393 (395). So aber Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 85. 34 Bissels, DB 2017, 246 (248). 35 Matzke, in: Der erwachte Gesetzgeber. Regulierung und Deregulierung im Arbeitsrecht, S. 77 (82); Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 131. 36 S. hierzu auch Greiner, NZA 2018, 745 (749); in diesem Sinne auch Matzke, in: Der erwachte Gesetzgeber. Regulierung und Deregulierung im Arbeitsrecht, S. 77 (82), wonach die vorsorgliche Kennzeichnung allein noch keine Abrede zur Qualifizierung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag darstelle. 33

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

beitsvertraglichen Einordnung zu qualifizieren, so muss dies erst recht im dreigliedrigen Rechtsverhältnis gelten. Das Fremdpersonal, zugunsten dessen das AÜG schützende Regelungen statuiert, ist nämlich regelmäßig gerade nicht am Vertragsschluss des Hauptvertrages beteiligt. Da der Rechtsformzwang auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis der Absicherung des zwingenden Rechts dient, kann man die Erwägungen zum Rechtsformzwang im Zwei-Personen-Verhältnis gleichfalls im dreigliedrigen Rechtsverhältnis fruchtbar machen. Daher sind einzelne, vom Vertrag abweichende Vorgänge nur dann für die Qualifikation des Rechtsverhältnisses relevant, wenn es sich bei diesen nicht um untypische Einzelfälle, sondern um eine beispielhafte Erscheinungsform einer durchgehenden Vertragspraxis handelt.37 Zudem muss über den Wortlaut des § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG, der trotz der unvollständigen Wiedergabe der Rechtsprechung als gesetzgeberische Bekräftigung des Rechtsformzwangs angesehen werden kann, die Kenntnis der am Vertragsschluss beteiligten Personen von der abweichenden tatsächlichen Durchführung gefordert werden.38 In ständiger Rechtsprechung verlangt das BAG, dass die enteilende tatsächliche Durchführung von dem Willen der am Vertragsschluss beteiligten Personen umfasst ist.39 Ebenso wie bei der Parallelproblematik im zweigliedrigen Rechtsverhältnis, müssen die zum Vertragsschluss berechtigten Parteien die entsprechende Vertragspraxis daher kennen und zumindest billigen.40 Unter Berücksichtigung des rechtsgeschäftlichen Ansatzes des BAG41 muss man den Vertragsparteien zudem die Kenntnis der vertretungsberechtigten Personen zurechnen.42 Hierzu kann auf die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht zurückgegriffen werden.43 Die Vertretungsmacht derjenigen Person,

37 So BAG v. 06. 08. 2003 – 7 AZR 180/03, AP AÜG § 9 Nr. 6; s. hierzu auch Boemke, in: FS v. Hoyningen-Huene, S. 43 (48 f. m. w. N.); s. hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 3. b) aa). 38 Höpfner, in: HWK, § 12 AÜG Rn. 6; Lembke, NZA 2017, 1 (2); Ulrici, in: Ulrici, § 12 AÜG Rn. 19; s. hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 3. b) aa). 39 BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39; v. 15. 04. 2014 – 3 AZR 395/ 11, AP BetrAVG § 1 Nr. 71; v. 06. 08. 2003 – 7 AZR 180/03, AP AÜG § 9 Nr. 6. 40 BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39; v. 15. 04. 2014 – 3 AZR 395/ 11, AP BetrAVG § 1 Nr. 71. 41 Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1526). 42 Boemke, in: FS v. Hoyningen-Huene, S. 43 (48 f.); Ulrici, in: Ulrici, § 12 AÜG Rn. 19; kritisch Höpfner, in: HWK, § 12 AÜG Rn. 6, der jedenfalls die grds. Kenntnis Dritter nicht als ausreichend erachtet. Zutreffend ist, dass nicht jede Kenntnis Dritter, auch solcher die zum Unternehmen gehören, ausreichend ist. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen wird nur die Kenntnis vertretungsberechtigter Personen zugerechnet. 43 BAG v. 20. 07. 1994 – 5 AZR 628/93, BeckRS 1994, 30750193, aus den Gründen B.IV.; v. 06. 08. 1997 – 7 AZR 663/96, BeckRS 1997, 30770062, aus den Gründen B.I.; LAG BerlinBrandenburg v. 18. 03. 2015 – 15 Sa 1946/14, BeckRS 2016, 68308, Rn. 36; Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1526).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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deren Wissen bzw. Billigung zugerechnet werden soll, muss so weit reichen, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu einem Rechtsformwechsel führen können.44

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes im dreigliedrigen Vertragsverhältnis In Fortsetzung der Ausführungen zur rechtlichen Einordnung des Rechtsverhältnisses im Zwei-Personen-Verhältnis ist auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis zu erörtern, nach welchen Maßstäben sich der sich der Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit richtet. Angesichts des an die Arbeitnehmerüberlassung anknüpfenden Rechtsformzwangs und der enormen praktischen Bedeutung wird zunächst die Einordnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag dargestellt.

I. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Die Kodifikation des § 611a BGB durch das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes stellt nur ein „Nebenprodukt“45 des eigentlichen gesetzgeberischen Anliegens dar. Primär hatte sich die Bundesregierung „zum Ziel gesetzt, die Leiharbeit46 auf ihre Kernfunktion hin zu orientieren und den Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen zu verhindern.“47 Gleichwohl erkennt der Gesetzgeber an, dass nicht nur Werkverträge in einer arbeitsteiligen Wirtschaft unverzichtbar sind, sondern auch der Arbeitnehmerüberlassung eine zentrale Funktion beim flexiblen Personaleinsatz zukommt.48 Dennoch zeigt sich bei agil durchgeführten Projekten in der Praxis, dass von den Vertragsparteien nur selten ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vereinbart wird. Vielfach berufen sich die Auftragnehmer dabei auf den Umstand, dass sie selbst keine Arbeitnehmer finden, die sich verleihen ließen. Interessant – gerade auch mit Blick auf eine mögliche Vertragsanbahnung – ist jedoch, dass eine Vielzahl an Dienstleistern trotz des Wegfalls der Vorratserlaubnis noch immer über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung 44

Boemke, in: FS v. Hoyningen-Huene, S. 43 (49); s. hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 3. a) bb). So Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 1. 46 Die Terminologie Leiharbeit, Verleiher und Leiharbeitnehmer ist juristisch nicht korrekt, da es sich um keine Leihe i. S. d. § 598 BGB handelt. Die Terminologie hat sich indes weitgehend durchgesetzt und wird auch vom Gesetzgeber aufgegriffen, sodass sie im Weiteren gleichwohl zugrunde gelegt wird, s. hierzu Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 37; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 25. 47 Vgl. auch BT-Drs. 18/9232, S. 1. 48 BT-Drs. 18/9232, S. 1; zur Relevanz der Arbeitnehmerüberlassung s. Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 1 – 13. 45

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

verfügt.49 Insoweit kann eine Einsichtnahme für den potentiellen Auftraggeber im Rahmen der Vertragsanbahnung mitunter lohnenswert sein. Ungeachtet dessen, reiht sich die jüngste Novelle des AÜG in eine bewegte Entwicklung ein.50 Nachdem die Zeitarbeit51 zunächst eine umfassende Regulierung erfahren hat, sorgten wiederum die Hartz-Gesetze für eine Deregulierung. Angesichts medial aufsehenerregender Fälle52 und der anstehenden Umsetzung der Richtlinie 2008/104/EG erfuhr die Arbeitnehmerüberlassung erneut eine Verschärfung. Diese führte dazu, dass die Arbeitnehmerüberlassung zunehmend kostenintensiver und riskanter wurde.53 Insbesondere der Kostenfaktor trug zunehmend zu einer „Flucht in den Werkvertrag“ bei.54 Neben werkvertraglichen Gestaltungen haben sich in der Praxis weitere Formen des Fremdpersonaleinsatzes, etwa im Rahmen eines Dienst- bzw. Dienstverschaffungsvertrages herauskristallisiert. Diese lassen sich in ihrer tatsächlichen Durchführung mitunter phänotypisch kaum auseinanderhalten. Die Relevanz der vertragstypologischen Abgrenzung und Einordnung folgt im dreigliedrigen Rechtsverhältnis aus der zum Schutz der Arbeitnehmer vorgesehenen Reglementierung des Fremdpersonaleinsatzes. Die Notwendigkeit einer Abgrenzung und damit einhergehend einer Einordnung der Rechtsverhältnisse wird vor allem vor dem Hintergrund der drohenden illegalen Arbeitnehmerüberlassung deutlich.55

1. Bereichsausnahme für das agile Projektmanagement Vereinzelt wird in der Literatur vertreten, dass das agile Projektmanagement schon nicht dem Anwendungsbereich des AÜG unterfalle. So vertritt Henssler die Auffassung, der Gesetzgeber habe das agile Projektmanagement vom Anwendungsbereich des AÜG ausgenommen.56 Dabei stützt sich Henssler auf die Begründung der Beschlussempfehlung zum Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer 49 S. hierzu die Inhaberliste der Bundesagentur für Arbeit, abzurufen unter https://spitzenver baende.arbeitsagentur.de/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 50 S. hierzu umfassend Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 20 – 35; Henssler/ Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 1 Rn. 1 – 21. 51 S. zum Begriff etwa Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 15. 52 S. hierzu etwa Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 1 Rn. 8 f. 53 Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 1; Hamann/ Rudnik, NZA 2016, 1368; Lembke, NZA 2017, 1 (12). 54 Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 1; Maschmann, NZA 2013, 1305 ff.; zum Crowdworking auch Däubler/Klebe, NZA 2015, 1032 ff. 55 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 139 ff.; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 9. 56 Henssler, RdA 2017, 83 (90 f.); ders., in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 39 ff.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Gesetze. Henssler hatte selbst im Rahmen seiner Stellungnahme als Sachverständiger vorgeschlagen, dass der Ausschuss für Arbeit und Soziales in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung eine Klarstellung dergestalt aufnehmen solle, wonach es sich bei „dem sachgerechten Einsatz von Werk- oder Dienstverträgen in den zeitgemäßen Formen des kreativen und komplexen Projektgeschäfts“ nicht um Arbeitnehmerüberlassung handele.57 Zwar wurde die Anregung Hensslers von der Ausschussmehrheit aufgegriffen. Dennoch kann nicht von einer entsprechenden Bereichsausnahme ausgegangen werden.58 Eingang in die Begründung fand nämlich nicht der Vorschlag Hensslers, sondern eine darauf erwidernde Klarstellung. In dieser heißt es, „[d]ie Neuregelung solle dem sachgerechten Einsatz von Werk- und Dienstverträgen in den zeitgemäßen Formen des kreativen oder komplexen Projektgeschäfts nicht entgegenstehen, wie sie zum Beispiel in der Unternehmensberatungs- oder IT-Branche in Optimierungs-, Entwicklungs- und IT-Einführungsprojekten anzutreffen seien. Auch für solche Einsätze und für die Tätigkeit von Beratern sollen die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkleistungen auf der einen und Arbeitnehmerüberlassung auf der anderen Seite weiterhin zur Anwendung kommen.“59 Zwar kommt unter Heranziehung der Paktentheorie auch den Ausschussmaterialien im Rahmen der subjektiven Theorie Bedeutung zu,60 doch lässt sich der Beschlussempfehlung nicht entnehmen, dass eine Bereichsausnahme gefordert wurde.61 Vielmehr wird in der Beschlussempfehlung auf die Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Werkund Dienstleistungen auf der einen und Arbeitnehmerüberlassung auf der anderen Seite verwiesen.62 Auch an das agile Projektmanagement sind daher die allgemeinen Anforderungen zu stellen. Ohnehin würde eine solche Bereichsausnahme gegen Unionsrecht verstoßen. Nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit wird vom Anwendungsbereich jede wirtschaftliche Tätigkeit, also auch die im Rahmen der agilen Projektarbeit, erfasst.63 Zudem hat der Gesetzgeber bereits in § 1 Abs. 3 AÜG Bereichsausnahmen vorgesehen. Hätte der Gesetzgeber eine solche für das agile Projektmanagement statuieren wollen, so hätte er diese konsequenterweise dort aufnehmen können.64 57 S. hierzu die die Stellungnahme Hensslers in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 40, 44. 58 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 204. 59 BT-Drs. 18/10064, S. 14. 60 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. I. 3. 61 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 204; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 60. 62 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 204; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 60. 63 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 204; eine Ausnahme nach Art. 1 Abs. 3 der RL kommt ferner nicht in Betracht. 64 In diese Richtung auch Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 204, der jedoch weitergehend bereits aufgrund dieser systematischen Betrachtung eine entsprechende Auslegung ablehnt; Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 60 f.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

2. Anwendbarkeit des AÜG Zunächst muss das AÜG anwendbar sein. Der räumliche Geltungsbereich des AÜG bestimmt sich nach dem sog. Territorialprinzip und erstreckt sich daher auf das gesamte deutsche Hoheitsgebiet.65 Erfasst werden sämtliche in Deutschland betriebenen Überlassungen von Arbeitnehmern, einschließlich des Verleihs von Deutschland ins Ausland und aus dem Ausland nach Deutschland. Dies gilt selbst dann, wenn Verleiher und Entleiher jeweils im Ausland sitzen, der Arbeitnehmer jedoch in Deutschland tätig wird.66 Demgegenüber ist der Anwendungsbereich nicht eröffnet, wenn ein ausländischer Verleiher die Arbeitnehmer an einen inländischen Entleiher überlässt, die Arbeitnehmer jedoch ausschließlich im Ausland tätig werden.67 Besondere Bedeutung erlangt die Frage nach dem räumlichen Geltungsbereich angesichts der gerade in der IT-Branche festzustellenden Tendenz, Leistungen Nearbzw. Offshore erbringen zu lassen. Auch agile Projektmethoden kommen hierbei zum Einsatz.68 Mit den Begriffen des Near- bzw. Offshore-Outsourcing wird im allgemeinen Wirtschaftssprachgebrauch die Verlagerung von Unternehmenstätigkeiten ins Ausland beschrieben. Die Unterscheidung zwischen Near- und Offshore richtet sich nach der Entfernung bzw. der geographischen Lage der Länder. Während unter Nearshore vor allem die europäischen Nachbarländer fallen, erfasst das OffshoreOutsourcing ferne Länder wie etwa Indien oder China.69 Diesen Modellen liegt der Ansatz zugrunde, die Entwicklungstätigkeit aus dem Ausland zu erbringen. Der Auftraggeber entscheidet je nach unternehmerischem Bedürfnis, ob er für ein bestimmtes Projekt ein ganzes Entwicklungsteam im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrages heranzieht oder ob das Near- oder Offshore-Unternehmen dem Auftraggeber ein sog. Client Owned Team zur Verfügung stellt. Bei einem solchen handelt es sich um ein externes Team, das längerfristig und ohne vertragliche Bindung zum Auftraggeber eine Leistung für den Auftraggeber erbringt.70 Auch die Inanspruchnahme einzelner Spezialisten ist auf diese Art und Weise möglich. Die Umsetzung der Kundenanforderungen erfolgt dann durch das Fremdpersonal im 65 BT-Drs. VI/2303, S. 10; Brors, DB 2013, 2087 ff.; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 4; Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 17; Wank/Roloff, in: ErfK, § 1 AÜG Rn. 8. 66 Brügger/Willems, AuA 2017, 272 (273); Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 4; Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 17. 67 FW BA AÜG Ziff. 1.1.1 Abs. 2; Brügger/Willems, AuA 2017, 272 (273); Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 17. 68 Vgl. hierzu schon Söbbing, WM 2006, 165 ff.; https://blubito.de/nearshoring-vorteile/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; http://www.interventure.info/de/nearshoring/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; https://www.nearshore-it.eu/de/agile-projektteams/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 69 Söbbing, WM 2006, 165. 70 https://blog.runscrum.io/de/aueg-in-der-it-branche-nearshore-outsourcing-eine-gute-opti on/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Ausland. Die Kommunikation mit dem Auftraggeber und dessen Arbeitnehmer erfolgt ausschließlich über Telekommunikation und digitale und virtuelle Kanäle. Die „AÜG-Barriere“71 soll durch die Verlagerung ins Ausland überwunden werden. Derartige Fallkonstellationen unterfallen in der Tat nicht dem Geltungsbereich des AÜG. Ob die Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG greift, stellt eine öffentlich-rechtliche Frage des Gewerberechts dar.72 Damit richtet sich die Frage der Anwendbarkeit nicht nach dem Internationalen Privatrecht und dessen Kollisionsnormen, sondern nach dem Territorialprinzip.73 Nach diesem Prinzip bedarf es stets eines Inlandsbezuges, da andernfalls eine Erstreckung des nationalen Rechts nicht möglich ist.74 Indes lässt sich dem nur bedingt aussagekräftigen Begriff des Territorialprinzips nicht entnehmen, wann ein erforderlicher Bezug zum inländischen Staatsgebiet vorliegt. Ob ein hinreichender Bezug vorliegt, muss vielmehr durch Auslegung der in Frage stehenden Norm ermittelt werden.75 Mit § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG wollte der Gesetzgeber nicht nur die Verleiher einer Kontrolle hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit unterwerfen, sondern zugleich die Leiharbeitnehmer schützen.76 Da die Rechtssetzungsbefugnis des rechtssetzenden Staates auf die territorialen Grenzen seiner Staatsgewalt begrenzt ist und daher der Verleiher im Ausland nicht kontrolliert werden kann, bedarf es im Fall des Near- und Off-Shore-Outsourcing für den erforderlichen Inlandsbezug einer Tätigkeit der Leiharbeitnehmer auf dem Bundesgebiet.77 Die ggf. aus dem Inland erteilten Weisungen des Auftraggebers vermögen jedenfalls dann keinen Inlandsbezug zu begründen, wenn der Verleiher im Ausland sitzt und der potentielle Leiharbeitnehmer zudem dort tätig wird.78 In Ermangelung einer erlaubnispflichten Arbeitnehmerüberlassung kommt es dann schon nicht auf die kollisionsrechtlich selbständig anzuknüpfenden Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten an.79

71 So wirbt etwa auch der im Kontext der agilen Arbeit tätige Dienstleister Blubito, https: //blubito.de/nearshoring-vorteile//, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 72 Brors, in: Schüren/Hamann, Einleitung AÜG Rn. 626 f.; dies., DB 2013, 2087; Thüsing, in: Thüsing, Einführung AÜG Rn. 45; Boemke, BB 2005, 266. 73 Brors, DB 2013, 2087. 74 Brors, DB 2013, 2087. 75 So Brors, in: Schüren/Hamann, Einleitung AÜG Rn. 627; dies., DB 2013, 2087 (2088). 76 BT-Drs. 18/9232; Brors, DB 2013, 2087 (2088). 77 Vgl. hierzu Brors, DB 2013, 2087; Noltin, RdTW 2020, 1 (2). 78 Noltin, RdTW 2020, 1 (2); vgl. jedoch Bayreuther, NZA 2019, 1256 (1257), der jedenfalls dann einen „ausreichenden Inlandsbezug“ sieht, wenn „entscheidende Weisungen“ vom Inland aus erteilt werden und ggf. erste Arbeitsschritte vollzogen werden. Noltin, a. a. O. weist zu Recht darauf hin, dass die Prämisse Bayreuthers, wonach lediglich ein „ausreichender Inlandsbezug“ notwendig ist, ungenau sei. Offen bliebe auch, wann eine Weisung „entscheidend“ sein solle. 79 S. hierzu im Einzelnen Brors, in: Schüren/Hamann, Einleitung AÜG Rn. 638 ff.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

3. Merkmale des § 1 Abs. 1 S. 1, 2 AÜG Nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz stellt eine Arbeitnehmerüberlassung i. S. d. AÜG dar. Die Arbeitnehmerüberlassung zeichnet sich zum einen durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zwischen dem Verleiher und dem Entleiher sowie zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer aus. Zum anderen liegt keine arbeitsvertragliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher vor.80 Wie bereits im zweigliedrigen, direkten Rechtsverhältnis bedarf es auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis stets der positiven Feststellung der den jeweiligen Vertragstyp prägenden konstitutiven Merkmale.81 Auf die Arbeitnehmerüberlassung übertragen bedeutet dies, dass zwischen Verleiher und Entleiher ein Vertrag und zwischen Fremdpersonal und Verleiher ein Arbeitsverhältnis bestehen muss und es im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Verleihers zur tatsächlichen Überlassung des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung kommt.82 Für eine zulässige Arbeitnehmerüberlassung müssen darüber hinaus die weiteren Voraussetzungen der § 1 Abs. 1 S. 3 – 6 AÜG erfüllt sein. a) Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Die Arbeitnehmerüberlassung i. S. d. AÜG setzt neben dem (Leih-)Arbeitsverhältnis einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher voraus.83 Gem. § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG bedarf der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag für eine rechtskonforme Überlassung der Schriftform. Zudem muss die Überlassung gem. § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet werden.84 aa) Inhalt des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages Bei dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag handelt es sich um einen Unterfall des Dienstverschaffungsvertrages.85 Zwischen dem Arbeitgeber des potentiellen Leiharbeitnehmers und einem Dritten muss daher eine auf die Überlassung des Arbeit80

BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 29. Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 129; ders., in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 186. 82 BAG v. 20. 01. 2016 – 7 AZR 535/13, APAÜG § 1 Nr. 38; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 38. 83 BAG v. 26. 04. 1995 – 7 AZR 850/94, AP AÜG § 1 Nr. 19, aus den Gründen II.2.; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 38; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 16; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 52. 84 Die Konkretisierung nach § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG muss erst vor der Überlassung erfolgen und stellt daher keine Voraussetzung für den rechtskonformen Abschluss eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages dar. 85 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 242; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 52; Wank/Roloff, in: ErfK, § 1 AÜG Rn. 32. 81

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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nehmers gerichtete Rechtsbeziehung bestehen.86 Notwendiger Inhalt des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung dessen Betriebszwecks Arbeitnehmer zu überlassen und daher unselbständige Dienste zu verschaffen.87 Das rein tatsächliche Tätigwerden eines Arbeitnehmers für einen Dritten reicht nicht aus.88 Der Entleiher schuldet die Überlassungsvergütung.89. Da auch in diesem Verhältnis der Rechtsformzwang greift,90 muss man das zu qualifizierende Rechtsverhältnis nach dem objektiven Geschäftsinhalt beurteilen. Wie sich § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG entnehmen lässt, kommt es für die Frage der Überlassung eines Arbeitnehmers darauf an, ob dieser in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert wird und den Weisungen des Entleihers unterliegt. Zur Feststellung dieser Voraussetzungen ist eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalles vorzunehmen.91 Widersprechen sich die vertragliche Deklaration und die tatsächliche Durchführung, so ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages gem. § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG die tatsächliche Durchführung maßgebend. bb) Vertragsparteien Ein auf die Arbeitnehmerüberlassung gerichteter Arbeitnehmerüberlassungsvertrag setzt zunächst voraus, dass die Vertragsparteien Träger von Rechten und Pflichten sein können.92 Zudem müssen Entleiher und Verleiher personenverschieden sein.93 Die rechtliche Organisationsform ist hingegen unerheblich.94 (1) Gemeinschaftsunternehmen Auch ein Gemeinschaftsunternehmen kann Entleiher i. S. d. AÜG sein.95 Dies gilt nicht nur in den Fällen, in denen das Gemeinschaftsunternehmen eine juristische Person oder eine handelsrechtliche Personenhandelsgesellschaft ist, sondern auch dann, wenn eine GbR als Außengesellschaft Trägerin des Gemeinschaftsunternehmens ist.96 Ein Gemeinschaftsunternehmen liegt vor, wenn mehrere kapitalmäßig beteiligte Unternehmen gemeinsam, etwa über ein gemeinsames Leitungsorgan, das 86

Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 16. BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, APAÜG § 1 Nr. 39, Rn. 29; v. 24. 05. 2006 – 7 AZR 365/05, BeckRS 2009, 67935, Rn. 41 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 88 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 16. 89 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 90. 90 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 B. 91 BT-Drs. 18/9232, S. 19. 92 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 70. 93 Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 43. 94 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 70; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 43. 95 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 75; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 45. 96 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 76 f.; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 45. 87

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Gemeinschaftsunternehmen leiten.97 Werden Arbeitnehmer der beteiligten Unternehmen vom Gemeinschaftsunternehmen weisungsgebunden eingesetzt, ohne dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Gemeinschaftsunternehmen besteht, so ist das Gemeinschaftsunternehmen als eigenständige juristische Person Entleiher i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG.98 Stets muss jedoch zwischen der Überlassung an das Gemeinschaftsunternehmen und der Überlassung an andere, an diesem beteiligten Unternehmen differenziert werden. (2) Gemeinschaftsbetrieb Die Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen kann sich zudem darauf beschränken, zu bestimmten Zwecken arbeitsteilig in einer gemeinsamen Betriebsstätte zusammenzuwirken. Eine Teilnahme des Zusammenschlusses am Rechtsverkehr erfolgt dann nicht.99 Ein Gemeinschaftsbetrieb,100 wie er durch § 1 Abs. 2 BetrVG vorausgesetzt wird, zeichnet sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen dadurch aus, dass die Arbeitnehmer der beteiligten Unternehmen in einer gemeinsamen Betriebsstätte von einem einheitlichen Leitungsapparat, der die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen ausübt, zur Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zweckes gesteuert werden.101 Auch hier muss zwischen der Entleiherstellung des Gemeinschaftsbetriebes und derjenigen der an diesem beteiligten Unternehmen differenziert werden. Während die potentielle Entleiherstellung der beteiligten Unternehmen keine Probleme aufwirft, ist dies beim Gemeinschaftsbetrieb anders. Da es sich bei diesem Zusammenschluss um eine Innengesellschaft handelt, der mangels Rechtsfähigkeit keine Arbeitgebereigenschaft zukommt, kann es sich beim Gemeinschaftsbetrieb ferner nicht um einen Entleiher i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG handeln. Es fehlt insoweit ferner an vertretungsberechtigten Organen, denen eine Weisungsbefugnis gegenüber „ihren“ Arbeitnehmern zukommt.102 Die Leitungsmacht verbleibt vielmehr bei den Vertragsarbeitgebern und wird lediglich zielgerichtet koordiniert.103 Sofern gegen die Anwendbarkeit des AÜG bei Gemeinschaftsbetrieben zumindest terminologisch eingewandt wird, dass es insoweit an dem Erfordernis der vollständigen Eingliederung 97

Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 75. Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 75; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 45. 99 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 79; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 46. 100 S. hierzu Kapitel 3 C. IV. 2. 101 BAG 13. 02. 2013 – 7 ABR 36/11, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 34; v. 24. 01. 1996 – 7 ABR 10/95, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 8; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 79; Fitting, BetrVG, § 1 Rn. 111. 102 So Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 46. 103 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 79; s. hierzu auch die Ausführungen zum Überlassungsmerkmal in Kapitel 3 C. I. 3. c); auch die Kritik des DAV, RdA 2016, 173 wonach die Definition des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG dazu führen könnte, dass die Arbeit im Gemeinschaftsbetrieb als Leiharbeit anzusehen sei, überzeugt daher nicht; s. hierzu auch Deinert, RdA 2017, 65 (73). 98

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des Arbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers und damit in einen „fremden“ Betrieb fehle,104 so bezieht sich dies nicht auf die Eingliederung im Sinne einer Einbindung in den Gemeinschaftsbetrieb, sondern wie bereits beim Arbeitsvertrag auf die spiegelbildliche Weisungsbindung auf der Vollzugsebene. Dies zeigt sich anhand der angeführten Rechtsprechung des BAG, die im Rahmen der fehlenden Eingliederung in einen fremden Betrieb die Aspekte der Leitung und damit der Weisungsbefugnis erörtert. Ob das Einbringen von Personal als Überlassung an ein beteiligtes Unternehmen oder aber als Einbringen im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes anzusehen ist, richtet sich maßgeblich danach, ob das personalgestellende Unternehmen einen gemeinsamen arbeitstechnischen Zweck des Gemeinschaftsunternehmens105 oder aber den Betriebszweck eines fremden Unternehmens fördert106.107 (3) Gemeinschaftsprojekt Mehrere Unternehmen können ferner projektbezogen intern zusammenarbeiten. Im Rahmen eines solches Gemeinschaftsprojektes, das auch in der Betriebsstätte eines der beteiligten Unternehmen stattfinden kann, arbeiten die beteiligten Unternehmen in der Regel zeitlich befristet zur Realisierung des Gemeinschaftsprojektes zusammen.108 In diesem Fall liegt, ebenso wie beim Gemeinschaftsbetrieb, lediglich eine Innengesellschaft vor. Mangels Rechtsfähigkeit kann keine Arbeitnehmerüberlassung an die Innengesellschaft erfolgen.109 Gleichwohl stellt sich vergleichbar zum Gemeinschaftsbetrieb die Frage, ob das personalgestellende und seine arbeitsrechtliche Leitungsmacht aufgebende Unternehmen den eigenen oder aber den fremden Betriebszweck eines anderen Unternehmens fördern möchte.110 b) Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher Voraussetzung einer Arbeitnehmerüberlassung ist ferner ein bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher. Dies setzt voraus, dass es

104

S. etwa BAG v. 03. 12. 1997 – 7 AZR 764/96, AP AÜG § 1 Nr. 24, aus den Gründen I.3.b.; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 79, Schönhöft/Oelze, BB 2016, 565 (566). 105 Zur positiven Feststellung eines Gemeinschaftsbetriebs s. Kapitel 3 C. IV. 2. 106 S. zum Merkmal der Förderung eines fremden Betriebszweckes, Kapitel 3 C. I. 3. c) cc). 107 Hamann, Anmerkung zu LAG Mainz v. 01. 02. 2018 – 4 Sa 136/17, jurisPR-ArbR 32/ 2018 Anm. 1. 108 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 82; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 47. 109 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 83; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 47. 110 BAG v. 25. 10. 2000 – 7 AZR 487/99, APAÜG § 10 Nr. 15; jüngst auch ArbG Osnabrück v. 17. 03. 2015 – 1 Ca 174/14, BeckRS 2016, 67020; vgl. jedoch Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 84, der die Differenzierung anhand der Förderung eines fremden Betriebszweckes ablehnt; offenlassend Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 47.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

sich bei der zur Arbeitsleistung an den Entleiher überlassenen Person um einen Arbeitnehmer i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG handelt.111 aa) Bezugspunkt der Arbeitnehmereigenschaft beim drittbezogenen Einsatzvertrag Zunächst muss geklärt werden, anhand welcher Rechtsbeziehung im dreigliedrigen Rechtsverhältnis die Arbeitnehmereigenschaft des Fremdpersonals bestimmt werden muss. Insoweit kommt sowohl eine verleiher- als auch eine entleiherbezogene Betrachtung bei der Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft in Betracht.112 Teile der Literatur113 sowie der instanzgerichtlichen Rechtsprechung114 rekurrieren auf einen verleiherbezogenen Ansatz. Nach diesem richtet sich die Beurteilung, ob es sich bei dem Fremdpersonal um Arbeitnehmer i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG handelt, nach dem Verhältnis zwischen Fremdpersonal und Intermediär. Liegt in dieser Rechtsbeziehung kein Arbeitsverhältnis vor, so scheidet eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG aus.115 Demgegenüber wird von vereinzelten Literaturstimmen116 sowie anderen Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung117 eine entleiherbezogene Betrachtung vorgenommen. Das tatsächliche Verhältnis zwischen dem Fremdpersonal und dem Einsatzunternehmen soll ausschlaggebend für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sein. Lassen die tatsächlichen Umstände im Verhältnis zum Einsatzunternehmen auf ein Arbeitsverhältnis schließen, so soll hieraus zugleich der Rückschluss auf die Arbeitnehmerstellung im Verhältnis zum Intermediär folgen.118 Eine klare Aussage zum Bezugspunkt lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.119 Gegen eine rein entleiherbezogene Betrachtung spricht bereits die Relativität der 111 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, APAÜG § 1 Nr. 40; Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 42. 112 Lembke, NZA 2018, 393 (401); Niklas, ArbRB 2018, 54 (56); Uffmann, NZA 2018, 265 (271). 113 Kunz, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 4 Rn. 93 ff.; Lembke, NZA 2017, 1 (2); Niklas, ArbRB 2018, 54 (56); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 78 ff.; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 43; so wohl auch Hoch, BB 2016, 1658 (1660 f.). 114 LAG Düsseldorf v. 21. 07. 2015 – 3 Sa 6/15, juris Rn. 44 ff.; so auch schon OLG Frankfurt/Main v. 12.07. 1989 – 7 U 230/88, BB 1990, 778 f. 115 S. hierzu Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 14; damit ist noch nicht die Frage beantwortet, in welchen Fällen im dreigliedrigen Rechtsverhältnis, insb. aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben, von einem Arbeitsverhältnis auszugehen ist, s. Kapitel 3 C. I. 3. b) bb). 116 So wohl J. Ulber, in: Ulber, AÜG, Einl. C Rn. 103. 117 LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017 ff., aus den Gründen B.II.2.a. 118 Kritisch Uffmann, NZA 2018, 265 (271). 119 Lembke, NZA 2017, 1 (2); Uffmann, NZA 2018, 265 (271).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Schuldverhältnisse. Die Arbeitnehmereigenschaft bezieht sich ausschließlich auf das Rechtsverhältnis zwischen Intermediär und Fremdpersonal. Auch das Pflichtenprogramm innerhalb der jeweiligen Vertragsbeziehung spricht gegen eine rein entleiherbezogene Betrachtung. Der vermeintliche Verleiher kann nämlich nur dann einen Arbeitnehmer überlassen, wenn das zu überlassende Fremdpersonal sich entsprechend § 611a Abs. 1 S. 1 BGB arbeitsvertraglich gegenüber dem Intermediär zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet hat.120 Der Verleiher kann mittels des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages als Dienstverschaffungsvertrag nicht mehr Rechte übertragen, als ihm selbst zustehen.121 Auch der Normtext des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG lässt nicht auf ein entleiherbezogenes Verständnis schließen. Dort heißt es „Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen“. Der Norm lässt sich jedoch keine Aussage zur Begründung der Arbeitnehmereigenschaft entnehmen. Diese wird vielmehr vorausgesetzt.122 Vertragliche Regelungen, anhand derer eine Vertragstypenqualifikation erfolgen kann, liegen im Hinblick auf die Einordnung des Fremdpersonals nur zwischen diesem und dem Intermediär als Vertragspartei vor. Im Ausgangspunkt ist daher von einer verleiherbezogenen Betrachtung auszugehen. Ein solches Verständnis wird auch vom BAG jedenfalls in den Fällen zugrunde gelegt, in denen aus Rechtsgründen keine Weisungen erteilt werden können. So wurden zwar die Entscheidungen des LAG Düsseldorf (verleiherbezogener Ansatz)123 und die des LAG Baden-Württemberg (entleiherbezogener Ansatz)124 in der Revision durch Vergleiche beendet, doch wurde vom BAG im vergleichbaren Kontext der Selbstüberlassung eines GmbH-Geschäftsführers eine verleiherbezogene Sichtweise herangezogen.125 Gleichwohl darf man die Perspektive nicht ausschließlich auf das Verhältnis zwischen Intermediär und dem Fremdpersonal als Leistungserbringer beschränken. In ständiger Rechtsprechung rekurriert das BAG bei der Vertragstypenqualifikation im Kontext des § 611a BGB auf den wirklichen Geschäftsinhalt. Der objektive Geschäftsinhalt lasse sich sowohl den ausdrücklich getroffenen vertraglichen Regelungen als auch der praktischen Durchführung entnehmen. Widersprechen sich 120

In diesem Sinne Lembke, NZA 2017, 1 (2). Lembke, NZA 2018, 393 (401). 122 Uffmann, NZA 2018, 265 (271). 123 LAG Düsseldorf v. 21. 07. 2015 – 3 Sa 6/15; so auch schon OLG Frankfurt/Main v. 12.07. 1989 – 7 U 230/88, BB 1990, 778 f. 124 LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017 ff.; vgl. hierzu auch Niklas, ArbRB 2018, 54 (56), der auf die mangelnde Differenzierung zwischen dem Innenverhältnis von Fremdpersonal und Intermediär sowie dem Außenverhältnis zwischen Fremdpersonal und Einsatzunternehmen hinweist. 125 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 21 ff.; v. 09. 11. 1994 – 7 AZR 217/94, AP AÜG § 1 Nr. 18, aus den Gründen II.; s. hierzu auch Uffmann, NZA 2018, 265 (271). 121

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

diese, so sei die tatsächliche Durchführung maßgeblich. Aus der praktischen Handhabung ließen sich am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragspartner ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben.126 Im dreigliedrigen Rechtsverhältnis bereitet dies jedoch Schwierigkeiten. Zwischen dem Fremdpersonal und dem Intermediär wird die Leistungserbringung und damit die tatsächliche Durchführung nicht unmittelbar sichtbar. Dies gilt insbesondere beim Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit. Der drittbezogene Einsatzvertrag zwischen dem Fremdpersonal und dem Intermediär soll regelmäßig in Gestalt eines freien Dienst- oder Werkvertrags durchgeführt werden. Vielfach wird dabei sowohl im Verhältnis zum Intermediär als auch zum leistungsempfangenden Unternehmen eine möglichst umfassende fachliche, zeitliche und örtliche Weisungsfreiheit vereinbart. Dies erschwert die Einordnung anhand der tatsächlichen Durchführung. Dennoch können bei drittbezogenen Verträgen, bei denen die Leistungserbringung des Fremdpersonals ausschließlich gegenüber dem Einsatzunternehmen erfolgt, zur Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft im Verhältnis zum Intermediär indiziell Rückschlüsse aus der Leistungserbringung gegenüber dem Einsatzunternehmen gezogen werden.127 Dies kann als „modifizierter verleiherbezogener Ansatz“128 bezeichnet werden. In Übereinstimmung mit dem BAG kann daher auf der Ebene der Beweisführung auch das Verhalten Dritter im Rahmen der Vertragstypenabgrenzung von Bedeutung sein.129 Dies zeigt sich exemplarisch bei der entleiherbezogenen Betrachtung des LAG Baden-Württemberg. Zwar stellt das Gericht in den Entscheidungsgründen maßgeblich auf das Verhältnis zwischen Fremdpersonal und Einsatzunternehmen ab. Dennoch setzt es die Arbeitnehmereigenschaft jedenfalls mittelbar, nämlich über den nur unzureichend dargelegten Rückschluss auf ein Arbeitsverhältnis zum Intermediär voraus.130 Richtigerweise können solche rein tatsächlichen Verhaltensweisen nur dann berücksichtigt werden, wenn die zum Vertragsabschluss berechtigten Personen, also sowohl der Intermediär als auch das Fremdpersonal, diese Umstände kannten und sie zugleich billigten.131 Gerade aus der praktischen Vertragsdurchführung kann auf den wirklichen Willen der Parteien zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses ge-

126 BAG v. 11. 08. 2015 – 9 AZR 98/14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 128, Rn. 16; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10, Rn. 28 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 127 So bereits Uffmann, NZA 2018, 265 (271) zum Interim Management. 128 So Uffmann, NZA 2018, 265 (271). 129 Lembke, NZA 2018, 393 (401 f.), der insoweit von einem gemischten Ansatz spricht; Uffmann, NZA 2018, 265 (271). 130 S. hierzu LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017 ff., aus den Gründen B.II.2.a., d. 131 BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 45; v. 15. 04. 2014 – 3 AZR 395/11, AP BetrAVG § 1 Nr. 71, Rn. 21 f.; s. hierzu Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 ff.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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schlossen werden.132 Weisungen gegenüber dem Fremdpersonal durch dem Einsatzunternehmen zurechenbaren Personen können daher in zweifacher Hinsicht Einfluss auf die Vertragstypeneinordnung haben. Zum einen lassen sich nach den zuvor dargestellten Maßstäben hieraus Rückschlüsse auf die Arbeitnehmereigenschaft im Verhältnis zum Intermediär ziehen. Zum anderen kann man auf die Leistungspflichten des Hauptvertrages zwischen Intermediär und dem Einsatzunternehmen als dessen Vertragspartner schließen. Dabei kann dahinstehen, ob bereits in der Fortsetzung des gelebten Rechtsverhältnisses, trotz Kenntnis der äußeren Umstände, eine konkludente Vereinbarung zur Änderung des bisherigen Vertragsverhältnisses zwischen Intermediär und Fremdpersonal gesehen werden kann.133 Auch in diesem zweigliedrigen Rechtsverhältnis greift nämlich der Rechtsformzwang. Entspricht das gelebte Rechtsverhältnis dem eines Leiharbeitsverhältnisses, das sich insofern nicht von einem Normalarbeitsverhältnis unterscheidet, so erfolgt die Zuordnung des Vertragsverhältnisses infolge einer wertenden Gesamtbetrachtung. Stets ist die Kenntnis bzw. Billigung dieser gelebten Vertragspraxis durch die zum Vertragsabschluss berechtigten Personen erforderlich. Andernfalls hätten die zum Vertragsschluss berechtigten Personen nicht die Möglichkeit, einer abweichenden Praxis entgegenzuwirken oder diese zu missbilligen. Dem verleiherbezogenen Ansatz steht im Übrigen Unionsrecht jedenfalls nicht entgegen.134 Der Leiharbeitsrichtlinie135 liegt sowohl ein entleiherbezogenes136 als auch verleiherbezogenes Verständnis zugrunde. Insbesondere Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie lässt sich eine verleiherbezogene Konzeption entnehmen, sodass die Richtlinie weder einer entleiher- noch einer verleiherbezogenen Ausgestaltung entgegensteht.137 Im Ausgangspunkt ist mithin eine verleiherbezogene Betrachtung des Rechtsverhältnisses zwischen Intermediär und Fremdpersonal geboten. Erst wenn feststeht, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis handelt, kann in einem zweiten Schritt der Hauptvertrag zwischen Einsatzunternehmen und Inter132

Vgl. etwa auch BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 45; v. 15. 04. 2014 – 3 AZR 395/11, AP BetrAVG § 1 Nr. 71, Rn. 21 f.; Böhm, NZA 2017, 494 (495); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 268; Preis, NZA 2017, 817 (821); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 78. 133 So Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 87, der eine hinreichende persönliche Abhängigkeit auch zum Intermediär sowie ein konkludent auf Überlassung von Arbeitsleistungen gerichteten Vertrag bei Fortsetzung des Rechtsverhältnisses trotz Kenntnis der Weisungen annehmen möchte. 134 S. BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 23 ff.; hierauf bezugnehmend Lembke, NZA 2018, 393 (400 f.). 135 Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 11. 2008 über Leiharbeit, ABl. L 327/9. 136 So etwa beim Grundsatz der Gleichbehandlung in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104/ EG; Lembke, NZA 2018, 393 (401); vgl. hierzu auch das französische Modell der Leiharbeit, welches entleiherbezogen ausgestaltet ist, Bleck, RdA 2015, 416 (419). 137 Lembke, NZA 2018, 393 (401).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

mediär mittels einer den §§ 1 Abs. 1, 12 Abs. 1 AÜG entsprechenden Gesamtbetrachtung qualifiziert werden. Hierzu kann auf die bereits geschilderten Grundsätze zurückgegriffen werden. Der Rechtsformzwang wirkt sich im dreigliedrigen Rechtsverhältnis mithin auf zwei Ebenen aus, nämlich zum einen im Verhältnis des Intermediärs zum Fremdpersonal und zum anderen im Verhältnis des Intermediärs zum Einsatzunternehmen. Während der Rechtsformzwang im erstgenannten Fall an die Arbeitnehmerschutzvorschriften im Allgemeinen anknüpft, bezieht sich der Rechtsformzwang im zweitgenannten Verhältnis auf die Einhaltung der arbeitnehmerschützenden Vorschriften des AÜG im Besonderen. bb) Begriff des (Leih-)Arbeitnehmers Mit der Feststellung des Bezugspunktes zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, wann ein (Leih-)Arbeitsverhältnis vorliegt. Das AÜG enthält keine spezifische Definition des Leiharbeitnehmers.138 § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG definiert nicht den Leiharbeitnehmer, sondern das Merkmal der Überlassung.139 Diese Definition soll entsprechend der Rechtsprechung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer überlassen wird.140 Zur Bestimmung des Leiharbeitnehmerbegriffs ist zunächst die zugrundeliegende Richtlinie in den Blick zu nehmen, deren Umsetzung das AÜG dient. Nach Art. 1 Abs. 1 der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG gilt die Richtlinie für Arbeitnehmer, die mit einem Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen haben oder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen sind und die entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, um vorübergehend unter deren Aufsicht und Leitung zu arbeiten. Art. 3 der RL 2008/104/EG definiert in Art. 3 Abs. 1 lit. a den Arbeitnehmer als eine Person, die in dem betreffenden Mitgliedstaat nach dem nationalen Arbeitsrecht als Arbeitnehmer geschützt ist. Der Leiharbeitnehmer wird in Art. 3 Abs. 1 lit. c der Richtlinie als Arbeitnehmer definiert, der mit einem Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen hat oder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen ist, um einem entleihenden Unternehmen überlassen zu werden und dort unter dessen Aufsicht und Leitung vorübergehend zu arbeiten. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 sieht vor, dass die Regelung der Richtlinie das nationale Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmungen von „Arbeitsentgelt“, „Arbeitsvertrag“, „Beschäftigungsverhältnis“ oder „Arbeitnehmer“ unberührt lässt. Prima facie verweist die Richtlinie somit auf das Recht der Mit138 So hinsichtlich der allgemeinen Arbeitnehmereigenschaft Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 42; anders jedoch Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 9, der in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG eine Legaldefinition des Leiharbeitnehmers sieht; ähnlich wohl Wank, in: ErfK, Einleitung AÜG Rn. 12. 139 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 96; Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 22; Lembke, NZA 2018, 393 (395); s. zum Überlassungsmerkmal Kapitel 3 C. I. 3. c). 140 BT-Drs. 18/9232, S. 19.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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gliedstaaten.141 Im Ausgangspunkt liegt es daher nahe, für die Begriffsbestimmung des Arbeitnehmers i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG zunächst auf den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff zurückzugreifen.142 Hierzu kann auf die Ausführungen zum direkten, zweigliedrigen Rechtsverhältnis verwiesen werden.143 Bereits die Ausführungen zum Arbeitnehmerbegriff im Unionsrecht haben jedoch gezeigt, dass sich in jüngerer Zeit, auch im Sekundärrecht, vermehrt eine Vereinheitlichungstendenz des EuGH feststellen lässt.144 Diese Tendenz zeigt sich deutlich in der Entscheidung des EuGH in der Sache Ruhrlandklinik.145 In dieser Sache entschied der Gerichtshof im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens über die Auslegung des Art. 1 Abs. 1, 2 der Richtlinie, also der Arbeitnehmereigenschaft. Maßgeblich ging es um die Frage, ob die Rotkreuzschwestern als Arbeitnehmerinnen i. S. d. Richtlinie einzustufen sind. Nach dem nationalen Begriffsverständnis werden die Mitglieder von Orden oder Schwesterschaften ganz überwiegend nicht als Arbeitnehmer angesehen.146 Zwar unterliegen die Rotkreuzschwestern den fachlichen und organisatorischen Weisungen des Krankenhauses.147 Dennoch wurde die Arbeitnehmereigenschaft durch des BAG verneint. Zur Begründung verwies das BAG im Wesentlichen auf den Umstand, dass die erbrachte Leistung nicht auf einem Arbeitsvertrag, sondern auf dem privatautonomen Vereinsbeitritt basiere.148 Etwas anderes solle nur dann gelten, wenn die vereinsrechtliche Begründung einer Arbeitspflicht der Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Bestimmungen diene.149 141 Sansone, in: Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 12.15; Kolbe, in: Franzen/ Gallner/Oetker, RL 2008/104/EG, Art. 3 Rn. 3. 142 Forst, ZESAR 2011, 316 (318); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 42; Hamann/Klengel, EuZA 2017, 485 (487); Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 12; Sansone, in: Preis/ Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 12.15; J. Ulber, in: Ulber, § 1 AÜG Rn. 25; Ulrici, in: NK-GA, § 1 AÜG Rn. 14; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 30. 143 S. die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 144 S. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 2. 145 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2; im Anschluss BAG v. 21. 02. 2017 – 1 ABR 62/12, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 67. 146 In st. Rspr. schon BAG v.18. 02. 1956 – 2 AZR 294/54, AP ArbGG 1953 § 5 Nr. 1; v. 03. 06. 1975 – 1 ABR 98/74, AP BetrVG 1972 § 5 Rotes Kreuz Nr. 1; v. 22. 04. 1997 – 1 ABR 74/96, NZA 1997, 1297; v. 26. 09. 2002 – 5 AZB 19/01, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 83; v. 23. 06. 2010 – 7 ABR 1/09, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 60; v. 17. 03. 2015 – 1 ABR 62/12 (A), BeckRS 2015, 68729; s. hierzu umfassend Weber, Rotkreuzschwester, passim; s. auch Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 47; kritisch Schmitt, ZESAR 2018, 167 (169) m. w. N.; anders jedoch Mestwerdt, NZA 2017, 281 (283). 147 S. etwa Joussen, ZESAR 2017, 393 unter Bezugnahme auf den zugrundeliegenden Gestellungsvertrag; Mestwerdt, NZA 2017, 281 (282); Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (420). 148 BAG v. 06. 07. 1995 – 5 AZB 9/93, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 22; Diller, Anmerkung zu BAG v. 06. 07. 1995 – 5 AZB 9/93, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 22; Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (420); Schmitt, ZESAR 2018, 167 (168). 149 S. etwa BAG v. 06. 07. 1995 – 5 AZB 9/93, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 22, aus den Gründen B.I.2.b.; s. hierzu aus der Literatur Mestwerdt, NZA 2017, 281 ff.; Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (420).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Angesichts der Gemeinnützigkeit der Schwesternschaft und der in der Satzung vorgesehenen weitgehenden Gleichstellung mit Arbeitnehmern lehnte das BAG jedoch eine Umgehung ab.150 Nach der Antwort des EuGH auf das Vorabentscheidungsersuchen ist „der Begriff „Arbeitnehmer“ im Sinne der RL 2008/104 dahin auszulegen, dass er jede Person erfasst, die eine Arbeitsleistung erbringt, d. h. die während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält, und die aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist, wobei die rechtliche Einordnung ihres Beschäftigungsverhältnisses nach nationalem Recht, die Art der zwischen den beiden Personen bestehenden Rechtsbeziehung und die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses unerheblich sind.“151 Im Zuge dessen weist der Gerichtshof zwar zunächst einschränkend darauf hin, dass nach Art. 3 Abs. 1 S a der Richtlinie 2008/104/EG Arbeitnehmer solche Personen seien, die nach dem Arbeitsrecht des betreffenden Mitgliedstaats als solche geschützt werden.152 Darüber hinaus ergebe sich jedoch aus Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie sowie aus Art. 3 Abs. 1 lit. c, der den Begriff des Leiharbeitnehmers definiert, dass die Richtlinie nicht nur auf solche Arbeitnehmer Anwendung finde, die einen Arbeitsvertrag geschlossen haben, sondern auch auf solche, die ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen seien.153 Diese Begriffsbestimmung könne ferner nicht so verstanden werden, dass der Unionsgesetzgeber von einer eigenständigen Begriffsbestimmung abgesehen habe. Vielmehr habe der Unionsgesetzgeber in Art. 3 Abs. 1 lit. a der Richtlinie die Konturen des Begriffs ebenso selbst umrissen, wie er dies im Übrigen bezüglich der Bestimmung des Leiharbeitnehmerbegriffs in Art. 3 Abs. 1 lit. c der Richtlinie getan habe.154 Diesem Ergebnis stünde auch nicht Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie entgegen, wonach die Richtlinie das nationale Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmungen von „Arbeitsentgelt“, „Arbeitsvertrag“, „Beschäftigungsverhältnis“ oder „Arbeitnehmer“ unberührt ließe. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Generalanwalts155 bringe die Vorschrift lediglich die mitgliedstaatliche Befugnis zum Ausdruck, den national zu schützenden Personenkreis zu bestimmen.156 Diese 150 BAG v. 17. 03. 2015 – 1 ABR 62/12 (A), BeckRS 2015, 68729, Rn. 12; v. 06. 07. 1995 – 5 AZB 9/93, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 22, aus den Gründen B.I.2.c. 151 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 43. 152 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 26. 153 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 28. 154 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 32. 155 S. hierzu Generalanwalt Saugmandsgaard v. 06. 07. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), Rn. 29. 156 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 31.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Auslegung würde zudem durch die mit der Richtlinie verfolgten Ziele bekräftigt.157 Insbesondere könne eine Beschränkung auf Personen, die dem nationalen Schutz unterfielen, die Verwirklichung der Ziele und die praktische Wirksamkeit der Richtlinie beeinträchtigen.158 Dies gelte besonders, wenn es den Mitgliedstaaten oder den Leiharbeitsunternehmen möglich wäre, nach ihrem Belieben bestimmten Personengruppen den mit der Richtlinie angestrebten Schutz zu verwehren, obwohl sich deren Rechtsverhältnis nicht wesentlich von einem Verhältnis unterscheiden würde, das nach nationalem Verständnis die Arbeitnehmereigenschaft begründet.159 In Anwendung dieser Grundsätze hat das BAG im Nachgang zur Vorabentscheidung des EuGH daher festgestellt, dass § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG dahingehend unionsrechtskonform auszulegen sei, dass eine Überlassung von Arbeitnehmern auch dann vorliege, wenn ein Verein seine Vereinsmitglieder, die aufgrund ihrer Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt sind, an ein entleihendes Unternehmen überlässt, damit sie bei diesem hauptberuflich eine weisungsabhängige Tätigkeit gegen Entgelt verrichten.160 Angesichts der Verbindlichkeit der Entscheidung des EuGH war die vom BAG getroffene Entscheidung absehbar und unvermeidlich. Gleichwohl ist damit noch keine Aussage über die Richtigkeit der Entscheidung des EuGH getroffen.161 Die Entscheidung des EuGH ist zum Teil auf massive Kritik gestoßen.162 Dabei lassen sich zwei zentrale Kritikpunkte ausmachen. Zum einen setzte sich der EuGH über den vermeintlich eindeutigen Verweis in Art. 3 Abs. 1 lit. a der Richtlinie hinweg.163 Zum anderen sei die Anknüpfung an national geschützte Personengruppen zirkulär.164 Der Kritik ist zuzustimmen. Bereits der vom EuGH gewählte Ansatz, mittelbar den autonomen Arbeitnehmerbegriff zugrunde zu legen, überzeugt nicht. Zwar relativiert die Richtlinie den Verweis auf das nationale Recht in Art. 3 Abs. 1 lit. a durch den umfassenderen Begriff des Beschäftigungsverhältnisses.165 Dennoch sind 157 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 34. 158 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 34; zustimmend Hamann/Klengel, EuZA 2017, 485 (487). 159 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 37. 160 BAG v. 21. 02. 2017 – 1 ABR 62/12, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 67, Rn. 30. 161 So auch Wank, EuZW 2018, 21 (22). 162 S. etwa Joussen, ZESAR 2017, 393 (404); Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 20; Preis/ Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (423 ff.); Ulrici, EuZW 2017, 68 (70 f.); Wank, EuZW 2018, 21 ff.; ders., BB 2018, 1909 (1911). 163 Bauer, Anmerkung zu EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15, ArbRAktuell 2016, 601; Preis/ Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (421); Wank, EuZW 2018, 21 (22). 164 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 20; Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (426); anders hingegen Wank, EuZW 2018, 21 (27), der insoweit auf das Äquivalenzprinzip verweist. 165 Wank, EuZW 2018, 21 (23).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

die vom EuGH vorgebrachten Argumente gegen den Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 lit. a nicht überzeugend.166 Indem der EuGH auf den Begriff des Beschäftigungsverhältnisses abstellt und diesen autonom ausfüllt, gelingt es ihm, die autonome Begriffsbestimmung des Arbeitnehmers durch die „Hintertür“167 auch im Rahmen der Richtlinie 2008/104/EG zu etablieren.168 Insoweit habe der Unionsgesetzgeber die Konturen des Arbeitnehmerbegriffs in Art. 3 Abs. 1 lit. a, c selbst umrissen.169 Das Gegenteil wäre aber richtig. Immerhin handelt es sich beim Leiharbeitnehmer um einen besonderen Arbeitnehmer. Der Begriff des Leiharbeitnehmers setzt daher den des Arbeitnehmers voraus.170 Dem Verständnis des EuGH, wonach unter den Begriff des Arbeitnehmers nicht nur solche Personen fallen, die einen Arbeitsvertrag geschlossen haben, sondern ebenso solche, die ein „Beschäftigungsverhältnis“ eingegangen sind,171 steht zudem entgegen, dass in diesem Fall die Verweisung auf das Recht der Mitgliedstaaten obsolet wäre.172 Die nationale Begriffsdefinition würde durch den Oberbegriff des Beschäftigtenverhältnisses verdrängt.173 Der EuGH geht jedoch noch weiter. So habe der Unionsgesetzgeber die Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs und damit die Disposition über den Anwendungsbereich der Richtlinie nicht in die Hände der Mitgliedstaaten legen wollen.174 Da es sich bereits aus dem Äquivalenzprinzip175 sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz176 ergibt, dass die Mitgliedstaaten die Personen, die im Übrigen vom nationalen Recht als Arbeitnehmer erfasst sind, nicht beliebig vom Anwendungsbereich ausnehmen dürfen, ist es weniger diese Feststellung die problematisch ist, als vielmehr der Rekurs auf den autonomen Arbeitnehmerbegriff.177 Zwar ist nicht hinreichend klar, wie der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses zu verstehen ist,178 doch kann man jedenfalls nicht den unionsrechtlichen, autonomen Arbeitnehmer166 Schmitt, ZESAR 2017, 167 (172), die jedoch im Ergebnis die Entscheidung für zustimmungswürdig erachtet. 167 So Wank, EuZW 2018, 21 (24). 168 S. Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (423). 169 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 32. 170 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (423); Wank, EuZW 2018, 21 (23). 171 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 28. 172 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (423); Wank, EuZW 2018, 21 (23); vgl. hierzu auch Ziegler, Arbeitnehmerbegriffe, S. 258 f. 173 Wank, EuZW 2018, 21 (23). 174 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 30 ff. 175 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (327); Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (423 f.); Wank, EuZW 2018, 21 (25). 176 Wank, EuZW 2018, 21 (25); s. hierzu auch Ziegler, Arbeitnehmerbegriffe, S. 406 f. 177 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (423 f.). 178 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (424); Wank, EuZW 2018, 21 (24) m. Verw. a. BAG v. 24. 08. 2016 – 7 AZR 625/15, AP TzBfG § 14 Nr. 145, Rn. 40.

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begriff zur Ausfüllung des Begriffs heranziehen. Andernfalls liefe der Verweis auf das nationale Recht völlig leer.179 Wenig überzeugend meint der EuGH unter Bezugnahme auf den Generalanwalt zudem, dass Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie, so zu verstehen sei, dass der Unionsgesetzgeber hiermit lediglich die Befugnis der Mitgliedstaaten, den nationalen Arbeitnehmerbegriff im Rahmen ihrer innerstaatlichen Regelungen zu bestimmen, bestehen lassen wolle.180 Dort ist geregelt, dass die Richtlinie das nationale Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmungen von „Arbeitsentgelt“, „Arbeitsvertrag“, „Beschäftigungsverhältnis“ oder „Arbeitnehmer“ unberührt lässt. Würde man Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie im Sinne des EuGH verstehen, so wäre, da die Mitgliedstaaten ohnehin innerstaatlich ihre Begriffe autonom definieren können,181 die Regelung nicht nur redundant, sondern angesichts des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 auch widersprüchlich.182 Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2, der es den Mitgliedstaaten verbietet, Teilzeitbeschäftigte und befristet Beschäftigte aus dem Anwendungsbereich auszunehmen, wäre überflüssig, wenn ohnehin der autonome Arbeitnehmerbegriff heranzuziehen sei.183 Die fortgeführte Vereinheitlichungstendenz des EuGH führt damit zu einer Kompetenzüberschreitung des EuGH.184 Hieran ändert auch der vom EuGH bemühte Rekurs auf den effet utile Grundsatz nichts. Die praktische Wirksamkeit der Richtlinie ist allenfalls dann gefährdet, wenn der Ausschluss des Personenkreises willkürlich ist. Auf eben jene Willkürkontrolle beschränkt sich der EuGH wie aufgezeigt jedoch nicht. Der Verweis auf das nationale Recht wird vielmehr nicht ernst genommen.185 Wie Henssler und Pant treffend feststellen, fehlt dem Gerichtshof als „Motor der Integration“ angesichts der politischen Schwierigkeiten wohl die Geduld, eine europäische Gesetzgebung abzuwarten. Stattdessen etabliert er systemwidrig den autonomen Arbeitnehmerbegriff auch in Regelungsbereichen, die der Autonomie der Mitgliedstaaten unterliegen.186 Zu Recht wird darüber hinaus die zirkuläre Anknüpfung an national geschützte Personengruppen kritisiert.187 Nach Auffassung des EuGH bestünde bei einer Beschränkung auf Personen, die nach nationalem Recht unter den Begriff des Arbeitnehmers fallen die Gefahr, dass bestimmten Personengruppen beliebig der Schutz der Richtlinie verwehrt würde, obwohl sich deren Beschäftigungsverhältnis

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Wank, EuZW 2018, 21 (24). EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 31. 181 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (425). 182 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (425); kritisch Wank, EuZW 2018, 21 (23). 183 Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (425). 184 Junker, EuZA 2016, 184 (197, 204); Schmitt, ZESAR 2017, 167 (173); Temming, SR 2016, 158 (165); Wank, EuZW 2018, 21 (25). 185 So Temming, SR 2016, 158 (165). 186 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (331). 187 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 20; Preis/Morgenbrodt, EuZA 2017, 418 (426); vgl. jedoch Wank, EuZW 2018, 21 (27), der insoweit auf das Äquivalenzprinzip verweist. 180

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

nicht wesentlich von dem eines Arbeitnehmers unterscheiden würde.188 Dagegen wird eingewandt, der Ansatz des EuGH bewirke die Inklusion bereits Geschützter, während diejenigen Personengruppen, denen kein äquivalenter Schutz zugutekomme, keinen entsprechenden Schutz erfahren würden.189 Zwar wäre es angesichts der geäußerten Kritik, insbesondere am kompetenzaushöhlenden Vorgehen des EuGH wünschenswert, dass dieser den Verweis auf das nationale Recht wieder ernst nehmen und zur Missbrauchskontrolle zurückkehren würde.190 Dennoch wird man angesichts der gefestigten Vereinheitlichungstendenz des EuGH und der Bindungswirkung der Entscheidungen bei künftigen Fällen ungeachtet der Kritik die Rechtsprechungslinie des EuGH zugrunde legen müssen. cc) Selbständige Im Ausgangspunkt lässt sich festhalten, dass nicht nur diejenigen Personen als Arbeitnehmer i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG anzusehen sind, die nach nationalem Recht als Arbeitnehmer gelten, sondern in unionsrechtskonformer Auslegung darüber hinaus auch solche, die nach nationalem Recht zwar keinen Arbeitnehmerstatus aufweisen, aber gleichwohl für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen gegen Vergütung erbringen und aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt sind.191 Personen, die nicht weisungsgebunden sind, unterfallen daher nicht dem AÜG.192 Dies gilt grundsätzlich insbesondere für Selbständige, einschließlich der arbeitnehmerähnlichen Personen.193 Allerdings ist in diesem Fall zu prüfen, ob es sich anhand einer Gesamtbetrachtung aller Umstände um eine Selbständigkeit handelt. Handelt es sich bei dem „überlassenen“ Fremdpersonal indes um Scheinselbständige, so greift das AÜG gleichwohl.194 (1) Genossenschaftsmitglieder Im Kontext der jüngeren Rechtsprechung des EuGH zur Arbeitnehmereigenschaft von Rot-Kreuz-Schwestern, die aufgrund vereinsrechtlicher Leistungspflichten tätig 188 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), AP Richtlinie 2008/104/EG Nr. 2, Rn. 37. 189 Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 20; vgl. jedoch Wank, EuZW 2018, 21 (27 f.), der ein adäquates Schutzniveau als entscheidend erachtet und lediglich im Fall der Unterschreitung eines Mindestschutzniveaus eine Missbrauchskontrolle hinsichtlich der Qualifikation anwenden möchte. 190 Henssler/Pant, RdA 2019, 321 (332); s. jedoch Schmitt, ZESAR 2017, 167 (173), die die Entscheidung des EuGH jedenfalls im Ergebnis für zustimmungswürdig erachtet. 191 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 42 f. 192 BAG v. 09. 11. 1994 – 7 AZR 217/94, APAÜG § 1 Nr. 18; v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40. 193 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 13; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 36. 194 Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 36.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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werden,195 stellt sich die Frage, ob nicht auch das „Genossenschaftsmodell“, bei welchem Dritte als Genossenschaftsmitglieder tätig werden, vom AÜG erfasst wird.196 Bei der Genossenschaft handelt es sich um eine gerade im Arbeitsrecht bislang wenig beachtete Rechtsform.197 Der Zusammenschluss zu Genossenschaften ermöglicht es den Mitgliedern, Synergieeffekte zu nutzen.198 Bekannt sind die Genossenschaften, die teilweise als Relikt des 19. Jahrhunderts gelten,199 insbesondere aufgrund von Bankgenossenschaften, landwirtschaftlichen und gewerblichen Absatz- und Bezugsgenossenschaften sowie Wohnungsgenossenschaften.200 Indes wurde in jüngerer Zeit vermehrt auch in anderen Branchen auf das Genossenschaftsmodell zurückgegriffen.201 Diese Entwicklung lässt sich nicht zuletzt als Reaktion auf die Angst vor der Scheinselbständigkeit bzw. damit einhergehend der Arbeitnehmerüberlassung auffassen.202 Nachdem die Honorarärzte zunächst als Vorreiter agierten, breiteten sich genossenschaftliche Modelle jüngst auch vermehrt im IT-Bereich aus.203 Dies führte dazu, dass der Gesetzgeber im Jahr 2006 die ohnehin nicht abschließende Aufzählung der Genossenschaftsarten im Rahmen der Genossenschaftsrechtsnovelle gestrichen hat.204 Aufgrund des agilen Ursprungs in der IT-Branche trifft man bislang vor allem in dieser Branche auf agil arbeitende genossenschaftliche Zusammenschlüsse.205 (a) Die Idee des Genossenschaftsmodells Bei der eingetragenen Genossenschaft nach dem Genossenschaftsgesetz (GenG) handelt es sich, anders als der Wortlaut des § 1 Abs. 1 GenG vermuten lässt, nicht um 195

S. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. b) bb). S. etwa Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499 ff.; Lembke, NZA 2018, 393 (399); WeissBölz, DStR 2017, 2497 ff. 197 Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497; s. auch C. Picker, Genossenschaftsidee, S. 1 ff., der sich umfassend der Genossenschaftsidee und Governance widmet. 198 S. etwa Holthaus/Lehnhoff, in: Lang/Weidmüller, GenG, § 1 Rn. 2. 199 C. Picker, Genossenschaftsidee, S. 1; ähnlich Kothe, ZIP 1991, 905, der das Genossenschaftsrecht als verstaubt und der Vergangenheit zugewandtes Rechtsgebiet bezeichnet. 200 C. Picker, Genossenschaftsidee, S. 4; Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497; s. umfassend zu den einzelnen Genossenschaftstypen Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 Rn. 32 – 51; Holthaus/Lehnhoff, in: Lang/Weidmüller, GenG, § 1 Rn. 41 – 88e. 201 Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499; Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497. 202 Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497. 203 Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499; Lembke, NZA 2018, 393 (399); Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497. 204 BT-Drs. 16/1025, S. 81: „teilweise überholt“; hierzu auch Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 1. 205 Vgl. etwa die dt. Genossenschaft „4Freelance“, https://www.4freelance.de/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; https://www.oose.de/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; sowie die Genossenschaft nach dem insoweit vergleichbaren Schweizer Recht „Flowdays“, https://flow days.net/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 196

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

eine Gesellschaft i. S. d. §§ 705 ff. BGB, sondern um eine juristische Person, die sowohl Elemente einer Kapitalgesellschaft als auch solche einer Personengesellschaft aufweist.206 Der körperschaftliche Charakter der Genossenschaft zeigt sich insbesondere darin, dass die Genossenschaft, abgesehen von der Mindestzahl der Mitglieder, vgl. § 4 GenG, unabhängig vom Eintritt und Ausscheiden der Mitglieder ist.207 Ferner wird sie durch einen Vorstand vertreten, § 24 Abs. 1 GenG, und es gilt in der Generalversammlung das Mehrheitsprinzip, § 43 Abs. 2 S. 1 GenG. Zudem muss sie gem. § 9 Abs. 1 S. 1 GenG grundsätzlich einen Aufsichtsrat haben. Gleichwohl weist die Genossenschaft zugleich personalistische Züge auf. Unter diesem Blickwinkel ähnelt die Genossenschaft dem Verein i. S. d. § 21 BGB.208 Dies zeigt sich etwa darin, dass der Zweck der Genossenschaft gem. § 1 Abs. 1 GenG in der Förderung des Erwerbs bzw. der Wirtschaft i. S. d. privaten Haushaltsführung der Mitglieder oder deren sozialen oder kulturellen Belangen zu sehen ist. Zudem gilt der Grundsatz der Selbstorganschaft, § 9 Abs. 2 GenG. Die Mitgliedschaft ist ferner nicht veräußerlich. Jedes Mitglied hat, unabhängig von der Höhe des Geschäftsanteils, nur eine Stimme, § 43 Abs. 3 GenG.209 Gem. § 17 GenG erlangt die Genossenschaft ihre Rechtsfähigkeit als juristische Person erst in dem Moment, in dem die Eintragung in das Genossenschaftsregister wirksam wird.210 Vor der Eintragung hat die Genossenschaft gem. § 13 GenG nicht die Rechte einer eingetragenen Genossenschaft. Erst mit der Eintragung kann die Genossenschaft als juristische Person Trägerin von Rechten und Pflichten sein.211 Der Genossenschaft im bloß materiellen Sinn212 kommt daher im Kontext der vorliegenden Arbeit keine Bedeutung zu. Die eingetragenen Genossenschaften müssen dabei, wie die §§ 11 Abs. 3 Nr. 3, 54 GenG zeigen, einem Prüfungsverband angehören. Da die Tätigkeit des Zusammenschlusses auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, scheidet die Gründung eines Vereins gem. § 22 BGB regelmäßig aus.213 Maßgebliches Charakteristikum und zugleich Voraussetzung einer Genossenschaft ist, wie § 1 GenG erkennen lässt, der genossenschaftliche Förderzweck.214 Der 206 Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 2; Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499; Kothe, ZIP 1991, 905 (906); C. Picker, Genossenschaftsidee, S. 10; WeissBölz, DStR 2017, 2497. 207 Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 2. 208 Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 Rn. 1. 209 Zu den Charakteristika s. Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 2; C. Picker, Genossenschaftsidee, S. 11 m. w. N. 210 Zur Genossenschaft im bloß materiellen Sinne s. Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 17 GenG Rn. 14. 211 S. hierzu Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 17 GenG Rn. 1. 212 S. hierzu Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 14 ff. 213 Petri, Das Phänomen „Arbeitgeberzusammenschlüsse“, S. 34. 214 BT-Drs. 16/1025, S. 81; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 1; dies gilt sowohl für die eingetragene Genossenschaft als auch für die bloß materielle Genossenschaft, die in § 1 Abs. 1 GenG vorausgesetzt wird.

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Zweck der Genossenschaft muss insoweit unmittelbar und in der Hauptsache darauf gerichtet sein, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Mit dem Förderzweck korreliert im Verhältnis zwischen der eingetragenen Genossenschaft und den Mitgliedern zugleich ein Recht auf Förderung.215 Die Förderung ist umfassend zu verstehen. Als Förderung kann jede Leistung oder anderweitige Unterstützungshandlung angesehen werden, die auf einen Fördererfolg gerichtet ist. Auf die tatsächliche Realisierung eines Förderungserfolges kommt es ebenso wenig an, wie auf die Effizienz der Förderung.216 Keine Bedeutung kommt im Rahmen der vorliegenden Arbeit der Förderung der sozialen oder kulturellen Belange zu. Vergleichbar verhält es sich mit der Förderung der Wirtschaft. Mit dieser ist jede Unterstützung der privaten Haushaltsführung gemeint.217 Die hier relevante Förderung des Erwerbs ist umfassend zu verstehen. Der Fördererfolg kann sowohl in den höheren Einnahmen als auch in einer Reduzierung der zur Erwerbstätigkeit notwendigen Ausgaben liegen.218 Die Förderung des Erwerbs soll zum einen dadurch erreicht werden, dass die Genossenschaft sichtbarer als die einzelnen Genossenschaftsmitglieder am Markt auftritt und daher die Möglichkeit erhält, mehr Aufträge als die einzelnen Mitglieder zu akquirieren. Diese können dann durch die Genossenschaftsmitglieder erledigt werden. Zudem ermöglicht der Zusammenschluss, größere Aufträge anzunehmen. Auch bietet der genossenschaftliche Zusammenschluss die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen. Durch die Größe der Genossenschaft können darüber hinaus bessere Einkaufsbedingungen an die Mitglieder weitergegeben werden.219 Die Idee hinter dem Genossenschaftsmodell beruht im Wesentlichen auf dem Umstand, dass die Genossenschaft selbst als Vertragspartner der Auftraggebers auftritt.220 Daher ist die Genossenschaft letztlich frei darin, welche Mitglieder der Genossenschaft zur Leistungserbringung eingesetzt werden.221 Sowohl die Genossenschaft als auch die einzelnen Mitglieder der Genossenschaft sind jedoch gegenüber dem Auftraggeber frei in der Leistungserbringung. Die Mitglieder können 215

Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 3. Beuthien, in: Beuthien, Genossenschaftsgesetz, § 1 Rn. 23; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 3. 217 S. Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 Rn. 10, der etwa auf die kostengünstige Zurverfügungstellung von Lieferungen und Leistungen für den privaten Lebensbedarf sowie die Gestellung günstiger Kredite zur Finanzierung von Eigentumswohnungen oder vergünstigten Wohnraum verweist. 218 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 Rn. 9; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 3. 219 Vgl. hierzu etwa https://www.it-projekt-eg.de/freiberufler/service/vertriebsgenossen schaft_fuer_it-dienstleister, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; https://www.4freelance.de/mit glieder-vorteile/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 220 Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499. 221 Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499. 216

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

nicht nur autonom entscheiden, ob sie die jeweiligen Aufträge annehmen,222 sondern zudem, ob sie für verschiedene Auftraggeber tätig werden wollen. Ferner sind sie grundsätzlich für ihre Aus- und Weiterbildung selbst verantwortlich.223 Da die Mitglieder der Genossenschaft in der Regel eigenes Kapital in die Genossenschaft einbringen und daher ein unternehmerisches Risiko eingehen,224 gleichzeitig aber in ihrer unternehmerischen Tätigkeit frei sind,225 wird bei Genossenschaftsmitgliedern grundsätzlich von einer Selbständigkeit ausgegangen.226 Da die Überlassung eines Selbständigen im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich des AÜG unterfällt, soll die Leistungserbringung unter dem Mantel der Genossenschaft nach Auffassung einiger Anbieter sowohl einer drohenden Scheinselbständigkeit als auch einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung vorbeugen.227 Da das Genossenschaftsmodell gerade auf der Zwischenschaltung der Genossenschaft als rechtsfähige juristische Person basiert und diese gegenüber dem Auftraggeber in Erscheinung tritt, treten im Kontext der agilen Projektarbeit wohl ausschließlich eingetragene Genossenschaften in Erscheinung. Zur Verbreitung der Genossenschaften im Kontext der agilen Arbeit trägt ferner deren Struktur bei. So entspricht die Ausgestaltung einer Genossenschaft, ähnlich wie bereits die Zusammenarbeit im Rahmen einer Gesellschaft,228 den agilen Prinzipien und Werten. Die Genossenschaftsmitglieder sind in der Regel weder zur Auftragsannahme verpflichtet noch erhalten sie im Fall der Annahme des Auftrages Vorgaben von der Genossenschaft hinsichtlich der Art und Weise der Leistungserbringung. Die Genossenschaft ist, in Übereinstimmung mit dem agilen Manifest, auf ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Tätigwerden des Personals angelegt. Die körperschaftliche Ausgestaltung, die starke personalistische Elemente aufweist, deckt sich zudem mit der teamorientierten Fokussierung und der hervorgehobenen Stellung der Interaktion im Rahmen der agilen Methodik. Anders als bei anderen Erscheinungsformen des Fremdpersonaleinsatzes bestehen hier regelmäßig keine größeren Abgrenzungsschwierigkeiten. Dies ergibt sich daraus, dass eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Rechtsform besteht. Ein Rechtsformzwang zugunsten einer eingetragenen Genossenschaft besteht nicht.229

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Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499; Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2498). Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2498). 224 Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499; Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2498). 225 Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499; Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2498). 226 Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2498). 227 https://www.it-projekt-eg.de/news/unbeabsichtigte_arbeitnehmerueberlassung, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; http://dedicon.ubitas.de/mitglied, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 228 S. bereits Kapitel 2 C. VI. 229 Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 14. 223

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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(b) Das Rechtsverhältnis der Genossenschaftsmitglieder Im Ausgangspunkt stellt sich beim Genossenschaftsmodell die Frage, ob Genossenschaftsmitglieder sowohl nach nationalem Verständnis als auch nach dem unionsrechtlichen Verständnis als Selbständige anzusehen sind. In der Rechtsprechung wurde der Status der einzelnen Genossenschaftsmitglieder, soweit ersichtlich, bislang noch nicht behandelt.230 Ohne nähere Auseinandersetzung sieht die für Betriebsprüfungen zuständige Deutsche Rentenversicherung Bund die Genossenschaftsmitglieder im Rahmen der vergleichbaren sozialrechtlichen Problematik als Beschäftigte an. Insoweit wird lediglich darauf verwiesen, dass Mitglieder einer Genossenschaft keinen maßgeblichen Einfluss auf die Genossenschaft ausüben würden, sodass von einer Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV auszugehen sei.231 Die Bundesagentur für Arbeit sieht die Genossenschaftsmitglieder hingegen in ihren, in der Praxis vielbeachteten fachlichen Weisungen zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz als Selbständige an.232 Da es den Genossenschaften bzw. deren Mitgliedern bei der Anwendung des Genossenschaftsmodells gerade darum geht, die Risiken der Scheinselbständigkeit bzw. der illegalen Arbeitnehmerüberlassung zu vermeiden, ist insbesondere vor dem Hintergrund des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs und der im Rahmen der Leiharbeitsrichtlinie wahrzunehmenden Vereinheitlichungstendenz des EuGH,233 die Frage zu stellen, ob die nach nationalem Begriffsverständnis regelmäßig vorliegende Selbständigkeit der Genossenschaftsmitglieder einer Prüfung anhand der vom EuGH und BAG aufgestellten Maßstäbe zur vergleichbaren Problematik der Rot-Kreuz-Schwestern standhält.234 So weist Lembke darauf hin, dass bei einer weisungsabhängigen Leistungserbringung im Einsatzunternehmen auf Grundlage eines zwischen der Genossenschaft und dem Auftraggeber geschlossenen Vertrages wohl vergleichbares wie bei den Rot-Kreuz-Schwestern gelten müsse.235 In der Sache ist die Rechtsstellung des Genossenschaftsmitglieds im Verhältnis zur Genossenschaft zu beurteilen. 230

S. hierzu auch Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2499); Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499 (500), die auf die Entscheidungen zu Vorstandsmitgliedern einer Genossenschaft verweisen. In diesen Fällen ging die ausgeübte bzw. auszuübende Tätigkeit indes über die Organstellung hinaus. 231 https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Experten/Arbeitgeber-und-Steuer berater/summa-summarum/Lexikon/M/mitglieder_einer_genossenschaft.html, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 232 FW BA AÜG Ziff. 1.1.2 Abs. 7, gültig ab 01. 08. 2019; zum Vertrauensschutz gegenüber der Bundesagentur für Arbeit s. Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 103. 233 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. b) bb). 234 S. in diesem Zusammenhang auch Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499 (500); Lembke, NZA 2018, 393 (399); Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2499). 235 Lembke, NZA 2018, 393 (399); zweifelnd auch Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2019, 499 (500), die jedoch das in der Richtlinie erwähnte Beschäftigungsverhältnis als sozialrechtliches Beschäftigungsverhältnis auffassen.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Wie bereits gesehen, ist für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft maßgeblich auf das Verhältnis zwischen Intermediär und Fremdpersonal abzustellen. Auch der EuGH rekurriert in seiner im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens gefassten Entscheidung auf dieses Rechtsverhältnis. Misst man die mitgliedschaftliche Stellung in der Genossenschaft an den aufgestellten Maßstäben, so zeigt sich, dass man die genossenschaftliche Mitgliedschaft aus mehreren Gründen nicht der vereinsrechtlichen Stellung der Rot-Kreuz-Schwestern gleichstellen kann. Zum einen kann man nämlich, anders als bei den Rot-Kreuz-Schwestern, regelmäßig schon nicht von einer Leistungspflicht im Verhältnis zur Genossenschaft ausgehen.236 Während die vereinsrechtliche Satzung der Rot-Kreuz-Schwestern eine vereinsrechtliche Leistungspflicht zur weisungsgebundenen Tätigkeit vorsieht, statuiert die genossenschaftliche Satzung demgegenüber regelmäßig eine umfassende Autonomie der Genossenschaftsmitglieder. So sind diese sowohl in der Auftragsannahme als auch in der Art und Weise der potentiellen Leistungserbringung frei. Losgelöst von dem Rechtsgrund der Leistungspflicht unterliegen die Genossenschaftsmitglieder daher schon keiner Weisungsgebundenheit. Wie die Ausführungen zum unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff gezeigt haben, steht beim autonom zu bestimmenden europäischen Arbeitnehmerbegriff die Weisungsabhängigkeit im Mittelpunkt.237 Zum anderen unterscheidet sich die genossenschaftliche Stellung erheblich von der der Rot-Kreuz-Schwestern. So fordert der EuGH, dass ein dem Arbeitsverhältnis äquivalenter Schutz bestehen müsse.238 Ohne darauf einzugehen, ob denn der konkrete, durch die vereinsrechtliche Satzung verliehene Schutz für eine Äquivalenz ausreiche oder ob ein abstrakter Schutz durch die Rechtsordnung zu fordern sei,239 erachtete der EuGH und nachfolgend das BAG eine konkrete Gleichstellung als ausreichend. Anders als bei den Rot-Kreuz-Schwestern sieht die genossenschaftliche Satzung jedoch regelmäßig keine arbeitsrechtliche Gleichstellung mit Arbeitnehmern vor.

236

Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2499); so heißt es etwa seitens der „IT-Projekt Genossenschaft eG“, dass die Satzung weder ein Austauschverhältnis noch eine Arbeitspflicht im Verhältnis zu den Mitgliedern fordere. Die Genossenschaft habe zudem keine Rechtsmacht über die Art und Weise der Dienstleistungserbringung durch die Mitglieder, https://www.it-projekteg.de/news/unbeabsichtigte_arbeitnehmerueberlassung, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021; vgl. auch die Einschätzung des Genossenschaftsverband zur Genossenschaft und Soloselbständigkeit, S. 8 „es gibt keine Pflicht der Mitglieder, die Aufträge durchzuführen“, https://www.ge nossenschaftsverband.de/site/assets/files/37753/genossenschaftsmodell_zur_beurteilung_einer_ sozialversicherungsplicht.pdf, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 237 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 2. a). 238 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. b) bb). 239 S. hierzu Wank, EuZW 2018, 21 (27 f.); der Generalanwalt Saugmandsgaard v. 06. 07. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), Rn. 26 rekurrierte auf eine abstrakt durch die Rechtsordnung garantierte Gleichwertigkeit.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Vielmehr liegt den Genossenschaften und deren Satzungen der Gedanke zugrunde, einen Zusammenschluss von Selbständigen zu bilden.240 Jedenfalls dann, wenn nach den Maßstäben des zweigliedrigen Rechtsverhältnisses tatsächlich keine Weisungsabhängigkeit begründet wird, hat man es nach alledem nicht mit Arbeitnehmern i. S. d. Richtlinie 2008/104/EG und damit mit Arbeitnehmern i. S. d. des AÜG zu tun. Zum einen setzen bereits die genossenschaftlichen Satzungen eine Selbständigkeit voraus, zum anderen sehen die entsprechenden Einsatzverträge zwischen Genossenschaft und Auftraggeber regelmäßig explizit eine Weisungsfreiheit der Genossenschaftsmitglieder vor.241 Gleichwohl ist in diesem Kontext wiederum der Bezugspunkt der Vertragstypeneinordnung in den Blick zu nehmen. Selbst bei unterstellten Weisungen im Einsatzverhältnis kann man nicht ohne Weiteres von einer tatsächlich praktizierten Arbeitnehmerüberlassung ausgehen. Im Ausgangspunkt bedarf es hierfür stets eines Arbeitsverhältnisses im Verhältnis des Intermediärs zum Fremdpersonal. Auf ein solches zwischen Fremdpersonal und Intermediär ließe sich im Sinne einer „modifizierten verleiherbezogenen Betrachtung“ allenfalls mittelbar aufgrund der im Einsatzverhältnis erteilten Weisungen schließen.242 Erforderlich wäre dann wiederum die Kenntnis des Intermediärs. Anhand dieser Erkenntnisse zeigt sich, dass das Genossenschaftsmodell im agilen Projektmanagement nicht als das beworbene „Allheilmittel“ gegen Scheinselbständigkeit bzw. illegale Arbeitnehmerüberlassung angesehen werden kann. Zwar decken sich die Charakteristika der Genossenschaft stark mit den agilen Prinzipien und Werten, was sich gerade in der Ausnutzung von Synergieeffekten zeigen kann. Doch geht mit der „Zwischenschaltung“ der Genossenschaft kein nennenswerter rechtlicher Mehrwert einher. Wird ein agil durchzuführendes Projekt im Einklang mit den agilen Prinzipien und Werten durchgeführt, so droht schon keine derart umfassende Weisungsbindung, die den Rückschluss auf eine Scheinselbständigkeit oder eine illegale Arbeitnehmerüberlassung rechtfertigen könnte. Zudem muss in der Praxis die pauschale Feststellung der Deutschen Rentenversicherung im Blick behalten werden, wonach Genossenschaftsmitglieder als Arbeitnehmer der Genossenschaft anzusehen seien. (2) Sonderfall Gesellschafter-Geschäftsführer Die Frage nach der Anwendbarkeit des AÜG stellt sich ferner im Sonderfall des Gesellschafter-Geschäftsführers. Mitunter wurde zur Vermeidung einer Scheinselbständigkeit des Fremdpersonals empfohlen, eine Ein-Mann-GmbH zu gründen

240

Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2497). Weiss-Bölz, DStR 2017, 2497 (2498). 242 S. etwa LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017 ff., aus den Gründen B.II.2.d. 241

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

und diese zwischenzuschalten.243 Diese Konstruktion wurde, soweit ersichtlich, bislang noch nicht im Kontext der agilen Arbeit erörtert. Dennoch zeigt die Praxis, dass vielfach Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen agiler Projekte, insbesondere als Scrum Master, tätig werden. Dabei ist grundlegend zwischen zwei Erscheinungsformen zu unterscheiden. Zum einen kann der Gesellschafter-Geschäftsführer zur Erfüllung freier Dienst- oder Werkverträge für die Gesellschaft beim Auftraggeber tätig werden. Zum anderen kann es zum „Selbstverleih“ des Gesellschafter-Geschäftsführers im Rahmen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages kommen. (a) Zwischengeschaltete Gesellschaft Soweit zur Vermeidung einer Scheinselbständigkeit empfohlen wird, eine ggf. noch zu gründende Gesellschaft zwischenzuschalten, so basiert dies auf dem Gedanken, dass Gesellschaft als juristische Person nicht als Arbeitnehmer qualifiziert werden kann. Mit der Gesellschaft wird im Zuge dessen ein freier Dienst- oder Werkvertrag geschlossen. Die hieraus folgende Leistungspflicht wird dann durch den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer erfüllt.244 Eine solche Gestaltung empfiehlt sich aufgrund des erheblichen Aufwands allenfalls bei vereinzeltem Fremdpersonaleinsatz. Für größere Outsourcing Maßnahmen ist der Ansatz hingegen ungeeignet.245 Wird der Geschäftsführer jedoch nicht nur in Erfüllung der vermeintlichen Verpflichtung der Gesellschaft, sondern zugleich weisungsgebunden beim Einsatzunternehmen tätig, so kann dies bei einem entsprechenden Grad der persönlichen Abhängigkeit zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses führen.246 Die Grenze der noch zu respektierenden Zwischenschaltung einer Gesellschaft wird dann überschritten. Im Fall der anfänglichen Diskrepanz fungiert die zwischengeschaltete Gesellschaft lediglich als „Strohmann“.247 Die Zwischenschaltung stellt dann ein rechtsmissbräuchliches Umgehungsgeschäft dar. Es kommen dann die verdeckten Rechtsfolgen, also ein Arbeitsverhältnis mit dem Einsatzunternehmen zur Anwendung.248 Die Rechtsfolge ergibt sich in diesem Fall bereits aus § 117 Abs. 2 BGB.249

243

Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 94; Lembke, NZA 2013, 1312 (1314). 244 Lembke, NZA 2013, 1312 (1314); Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 267; Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 15. 245 Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 268. 246 Lembke, NZA 2013, 1312 (1314 f.); Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 267 f. 247 So Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 41. 248 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 41. 249 Vgl. BGH v. 27. 09. 2011 @ 1 StR 399/11, NJW 2012, 471, Rn. 10.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Schleichen sich hingegen erst mit der Zeit Weisungen ein, so gelangt man zum gleichen Ergebnis. Anders als im Ausgangsfall kann dann jedoch nicht auf § 117 BGB zurückgegriffen werden.250 Maßgeblich ist hierfür nämlich der Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung. Schleichen sich die Weisungen erst ein, so liegt bereits tatbestandlich schon keine zum Schein abgegebene Willenserklärung vor. Jedoch kann aufgrund der tatsächlichen Durchführung, die typologisch auf die Verschaffung unselbständiger Dienste gerichtet ist, der Rückschluss gezogen werden, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer neben der Organstellung in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft steht. Im Sinne der modifiziert verleiherbezogenen Betrachtung kann zwar nicht der Rückschluss gezogen werden, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer statt seiner Organstellung als Arbeitnehmer für die Gesellschaft tätig wird. Möglich ist jedoch der Rückschluss, dass die tatsächliche Durchführung zu einem neben dem Organverhältnis bestehenden Arbeitsverhältnis zur zwischengeschalteten Gesellschaft steht. Die Ausübung des dann bestehenden arbeitsvertraglichen Weisungsrechts wird infolge des tatsächlich gelebten Arbeitnehmerüberlassungsvertrages auf das Einsatzunternehmen übertragen. Auf das somit anzunehmende Arbeitsverhältnis wirkt sich auch die Organstellung nicht aus, da nicht mehr die Gesellschaft zur Ausübung etwaiger arbeitsbezogener Weisungen befugt ist, sondern das Einsatzunternehmen.251 Dabei schließt auch die gesellschaftsrechtliche Rechtsstellung es nicht aus, dass die Gesellschaft mit dem Gesellschafter einen Arbeitsvertrag schließt. Tritt daher neben die gesellschaftsvertragliche Dienstleistungspflicht noch ein Arbeitsverhältnis, so erlischt hierdurch auch nicht die aus dem Gesellschaftsverhältnis folgende Dienstverpflichtung und Dienstberechtigung.252 Angesichts der rechtlichen Unwägbarkeiten dieses Modells hält sich der Mehrwert in Grenzen. Ein Gewinn an Rechtssicherheit geht damit nicht einher. Das Modell kann allenfalls zur Verschleierung kritischer Vertragskonstellationen beitragen. (b) „Selbstverleih“ des Gesellschafter-Geschäftsführers Eine weitere Erscheinungsform stellt der Selbstverleih eines GesellschafterGeschäftsführers dar. Während die Zwischenschaltung einer Gesellschaft die Nichtanwendbarkeit des AÜG zum Ziel hat, ist der Selbstverleih konträr hierzu auf die Durchführung im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung gerichtet. Keine Besonderheiten zeigen sich in denjenigen Fällen, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer (Leih-)Arbeitnehmer i. S. d. AÜG ist. Die Frage, ob bzw. wann ein Geschäftsführer nach nationalem Begriffsverständnis als Arbeitnehmer 250

Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 94. A. A. Lembke, NZA 2013, 1312 (1314 f.), der zwar im Grundsatz eine verleiherbezogene Betrachtung vornimmt, jedoch nicht auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses neben der Organstellung eingeht. 252 So Preis, in: A/P/S, Kündigungsrecht, 1. Teil, F. Rn. 53 m. Verw. a. BAG v. 02. 03. 1987 – 2 AZR 336/86, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 6. 251

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

einzustufen ist, ist umstritten.253 Da das AÜG der Umsetzung der Leiharbeitsrichtlinie dient und sich insoweit auch hier die Vereinheitlichungstendenz des EuGH bemerkbar macht, muss man aber ohnehin den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff zugrunde legen.254 Insoweit ist es ausreichend, wenn eine weisungsgebundene Tätigkeit für einen Dritten gegen Vergütung vorliegt.255 Eine Weisungsgebundenheit kann nach dem unionsrechtlichen Verständnis bereits dann anzunehmen sein, wenn der Geschäftsführer nicht zugleich mehrheitlich an der Gesellschaft beteiligt ist oder über eine Sperrminorität verfügt und er somit unliebsame Weisungen nicht abwehren kann.256 Ist der Geschäftsführer nach diesen Maßstäben als Arbeitnehmer der Gesellschaft anzusehen, so gelten keine Besonderheiten gegenüber „klassischen“ Arbeitnehmern. Anders ist dies hingegen im Fall des Selbstverleihs eines Gesellschafter-Geschäftsführers. Ist dieser zumindest mehrheitlich an der Gesellschaft beteiligt oder verfügt der Gesellschafter über eine Sperrminorität, so ist er auch nach dem unionsrechtlichen Begriffsverständnis kein Arbeitnehmer. So hatte das BAG jüngst einen Fall zu entscheiden, in dem der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer, der auch nach dem unionsrechtlichen Begriffsverständnis kein Arbeitnehmer war, sich selbst zur Erfüllung des zwischen dem Einsatzunternehmen und der Gesellschaft geschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrages überlassen hatte.257 Die Gesellschaft, an der der Gesellschafter-Geschäftsführer beteiligt war, verfügte über eine Verleiherlaubnis. Zutreffend führte das BAG hierzu aus, dass die Verleiherlaubnis den Verleiher berechtigt, Arbeitnehmer im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Dritten ohne Eintritt der Rechtsfolge nach § 10 Abs. 1 AÜG zur Arbeitsleistung zu überlassen. Die gesetzgeberische Wertung, wonach die Überlassung von Arbeitnehmern zur Arbeitsleistung bei Vorliegen einer Verleiherlaubnis nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher führt, sei jedenfalls dann auf den Fall des Selbstverleihs des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers zu erstrecken, wenn dieser die weisungsgebundenen Arbeitsleistungen nach dem tatsächlichen Geschäftsinhalt der unter seiner Beteiligung getroffenen Überlassungsvereinbarung nicht bereits von vornherein persönlich zu erbringen habe.258 Dem stünde ferner nicht entgegen, dass der Alleingesellschafter und Geschäftsführer nicht selbst den arbeitsbezogenen Weisungen der Gesellschaft unterstehe. Aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung sei es ihm möglich, sich selbst zum Zwecke der Erfüllung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zur 253

S. hierzu Boemke, RdA 2018, 1 ff. m. w. N. Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 60; s. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. b) bb). 255 EuGH v. 09. 07. 2015 – C-229/14 (Balkaya), NZA 2015, 861; v. 11. 11. 2010 – C-232/09 (Danosa), AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 13. 256 S. hierzu näher Boemke, RdA 2018, 1 ff.; J. Ulber, in: Ulber, § 1 AÜG Rn. 25. 257 S. hierzu BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40. 258 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 30. 254

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weisungsgebundenen Arbeitsleistung dem Entleiher zu überlassen. Er könne daher eigenständig darüber entscheiden, ob er die Verpflichtung aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag durch die Überlassung eines Arbeitnehmers erfüllt oder ob er selbst für den Entleiher tätig werde. Dies gelte freilich dann nicht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer bereits im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag oder einer sonstigen Vereinbarung als die zur Arbeitsleistung zu überlassende Person von vornherein namentlich festgelegt worden sei.259 Der Einwand, der Entleiher könne keine Befugnisse verschaffen, die er selbst nicht habe,260 betrifft nur das Innenverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher. Die Rechtsstellung des Gesellschafters ist hiervon nicht betroffen. Überdies kann die Entgegennahme der Leistung des überlassenen Gesellschafters als Annahme an Erfüllung statt i. S. d. § 364 Abs. 1 BGB verstanden werden.261 Auch sei durch die autonome Entscheidung des Gesellschafter-Geschäftsführers, selbst tätig zu werden, keine Neubegründung eines weiteren Anstellungsverhältnisses bei dem Entleiher durch den Schutzzweck des AÜG veranlasst.262 Den Entleiher treffe keine Pflicht zur Überprüfung, in welcher konkreten Rechtsbeziehung die überlassene Arbeitskraft zum Verleiher stehe. Liege eine Verleiherlaubnis vor und überlasse der Verleiher dem Entleiher auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages Arbeitskräfte, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu ihm stünden, so sei regelmäßig das Innenverhältnis zwischen Verleiher und der überlassenen Arbeitskraft, nicht aber das Außenverhältnis zum Entleiher betroffen.263 Der Entscheidung des BAG ist zuzustimmen. Die Rechtsfolge des § 10 Abs. 1 AÜG soll gerade den Leiharbeitnehmer schützen.264 Der sich selbst überlassende Gesellschafter-Geschäftsführer ist indes dann nicht schutzbedürftig, wenn er eine tatsächliche Auswahl treffen konnte. Zwingende gesetzliche Regelungen werden in diesem Fall nicht abbedungen.265 Es ist daher den Ausführungen des BAG zuzustimmen, wonach der objektive Geschäftsinhalt, wie er sich in der Vertragsdurchführung gezeigt hat, nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses führen konnte. Der Umstand, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer überlassen wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Da die Rechtsbeziehung wie eine Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt wurde und das Einsatzunternehmen nicht sämtliche Arbeitgeberfunktionen übernommen hat, folgt aus der tatsächlichen Vertragspraxis auch nicht die Begründung eines Arbeitsver-

259

BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 32. Hamann, Anmerkung zu BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40. 261 So Hamann, Anmerkung zu BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, jurisPR-ArbR 27/2017 Anm. 2. 262 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 33 ff. 263 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 35. 264 BT-Drs. VI/2303 S. 13 f.; BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 34. 265 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 27. 260

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hältnisses zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und dem leistungsempfangenden Unternehmen.266 Entgegen der Ansicht der Bundesagentur für Arbeit scheitert der „Selbstverleih“ zudem nicht bereits an einer Personenidentität zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer.267 Das grundsätzlich erforderliche Dreiecksverhältnis liegt aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft als juristische Person vor. Vielmehr stellt sich in diesen Fällen nicht nur die Frage, ob hierin ein institutioneller Rechtsmissbrauch zu sehen ist, sondern auch, ob hierin ein Scheingeschäft i. S. d. § 117 Abs. 1 BGB zu sehen ist.268 Ein institutioneller Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Insoweit kommt es weder auf ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht an. Eine Vertragsgestaltung kann jedoch nur dann als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn sie gravierend von den Gestaltungsmöglichkeiten abweicht, die nach der Konzeption des Gesetzes noch gebilligt werden. Sollen durch die vertragliche Gestaltung zwingende soziale Schutzrechte umgangen werden, bleiben die sich daraus ergebenden Ansprüche bestehen. Die gewählte Gestaltungsform ist jedoch insoweit nichtig, als diese Ansprüche vereitelt würden.269 Im jüngst vom BAG entschiedenen Fall des Selbstverleihs des alleinigen GesellschafterGeschäftsführers konnte anhand dieser Grundsätze nicht von einem treuwidrigen institutionellen Rechtsmissbrauch ausgegangen werden.270 Dem stand zum einen entgegen, dass die verleihende Gesellschaft über eine Verleiherlaubnis verfügte. Zum anderen wurde der klagende Alleingesellschafter nicht nur persönlich im Rahmen einer sog. Ein-Mann-GmbH für das Einsatzunternehmen, sondern zudem für weitere Auftraggeber tätig. Zudem stellt die Arbeitnehmerüberlassung gerade eine gesetzlich gestattete Form des Fremdpersonaleinsatzes dar. Auch überließ die Gesellschaft neben dem Kläger noch weitere angestellte Arbeitnehmer. Insoweit bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Vertragskonstruktion ein Arbeitsverhältnis verhindert werden sollte. Unerheblich ist, dass der Hinweis zur Gründung einer Ein-Mann-GmbH von der Beklagten ausging. Es war insoweit nicht ersichtlich, dass der zumindest überwiegende Zweck in der Vermeidung eines Arbeitsverhältnisses bestand.271

266

Hamann, Anmerkung zu BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40. So aber FW BA AÜG Ziff. 1.1.5 Abs. 8. 268 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40. 269 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 38 ff.; v. 15. 05. 2013 – 7 AZR 494/11, NZA 2013, 1267, Rn. 27 ff. 270 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 41 f. 271 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 42. 267

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Wird die Ein-Mann-GmbH hingegen spiegelbildlich dazu genutzt, ein Arbeitsverhältnis zu vermeiden, so liegt im Einzelfall ein institutioneller Rechtsmissbrauch nahe. Daneben stellt sich die Frage, ob in der Zwischenschaltung einer Gesellschaft ein Scheingeschäft i. S. d. § 117 BGB zu sehen ist.272 Bei einem solchen Scheingeschäft wollen die Vertragsparteien einverständlich lediglich den äußeren Anschein des Rechtsgeschäfts hervorrufen. Die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft einhergehenden Rechtsfolgen sollen dagegen nicht eintreten. Das als Scheingeschäft geschlossene Rechtsgeschäft kann zugleich den Tatbestand eines von den Parteien ernstlich gewollten Rechtsgeschäfts verdecken. In diesem Fall finden gem. § 117 Abs. 2 BGB die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung. Hierzu muss der Teil der Vertragsbestimmungen, der dem wirklichen Willen der Vertragspartner entspricht, für sich gesehen eine vertragliche Haftung begründen können, d. h. rechtsgültig und wirksam sein.273 Als verdecktes Geschäft wird dann die Annahme eines Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen.274 Im vom BAG zu entscheidenden Fall des Selbstverleihs des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers war jedoch tatsächlich die Überlassung der Arbeitskräfte geschuldet. Beide Vertragspartner wollten übereinstimmend die Überlassung der Arbeitskräfte. Zu diesem Zweck haben Sie eine wirksame Vereinbarung über die Überlassung geschlossen. Ein Scheingeschäft i. S. d. § 117 BGB lag darin also gerade nicht. c) Überlassung des Arbeitnehmers an den Entleiher zur Arbeitsleistung Voraussetzung der Arbeitnehmerüberlassung i. S. d. AÜG ist des Weiteren, dass der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber tatsächlich an das Einsatzunternehmen zur Arbeitsleistung überlassen wird.275 Dem Merkmal kommt insbesondere bei der Abgrenzung der erlaubnispflichtigen Arbeitnehmerüberlassung zu anderen erlaubnisfreien Formen des Fremdpersonaleinsatzes zentrale Bedeutung zu.276 Gerade in der Überlassung des Arbeitnehmers an den Entleiher zur Arbeitsleistung spiegelt sich das Pflichtenprogramm der Beteiligten auf der Vollzugsebene wider. Dem Entleiher muss entsprechend dem Pflichtenprogramm des Arbeitnehmerüberlas272

BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 43. BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 44 m. w. N. 274 BAG v. 17. 01. 2017 – 9 AZR 76/16, AP AÜG § 1 Nr. 40, Rn. 43; Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 15; anders jedoch Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 94, der die Arbeitnehmerüberlassung als verdecktes Rechtsgeschäft ansieht und daher auf die Rechtsfolgen der §§ 9, 10 AÜG zurückgreifen möchte. 275 Zum tatsächlichen Element s. insb. BAG v. 20. 01. 2016 – 7 AZR 535/13, AP AÜG § 1 Nr. 38; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 26; Petri, Das Phänomen „Arbeitgeberzusammenschlüsse“, S. 68; allgemein zur Überlassung s. Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 95; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 56. 276 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 95; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 47; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 56. 273

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

sungsvertrages das Recht des Verleihers zur Einziehung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Dienste übertragen worden sein.277 Der Entleiher kann dann wie ein Arbeitgeber dem Leiharbeitnehmer konkretisierende arbeitsbezogene Weisungen erteilen und die Person des Leiharbeitnehmers nach seinen Interessen in die Arbeitsorganisation eingliedern.278 Hierin liegt ein zentraler Unterschied zur Personalgestellung aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages. Denn während der Entleiher die ihm überlassenen Arbeitnehmer wie seine eigenen einsetzen kann, bleibt die Personalhoheit bei dienst- bzw. werkvertraglichen Gestaltungen beim Auftragnehmer, der frei über seine Erfüllungsgehilfen disponieren kann.279 Seit dem 01. 04. 2017 enthält das AÜG in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG eine Definition des Überlassungstatbestandes.280 Hiernach werden Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen. Der Gesetzgeber wollte auch im Rahmen der AÜG Novelle die bisherige Rechtsprechung aufgreifen und diese kodifizieren.281 Eine Änderung der Rechtslage sollte mit der Definition der Arbeitnehmerüberlassung nicht einhergehen.282 Allerdings gibt das Gesetz die vom BAG aufgestellte Definition nur unvollständig und ungenau wieder.283 In gefestigter Rechtsprechung nahm das BAG eine Überlassung zur Arbeitsleistung an, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt wurden, die in dessen Betrieb (voll) eingegliedert wurden und die ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführten.284 Über die Definition des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG hinaus rekurrierte das BAG daher nicht nur auf die Zusätze „voll“ und „allein“,285 sondern auch auf das „Interesse des Entleihers“286. Diese Abweichung stieß mitunter auf Kritik, da befürchtet wurde, dass die Definition und damit die Voraussetzungen für die Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung angesichts der wegfallenden Präzisierungen ausgeweitet würden.287 Eine solche 277

Boemke, in: Boemke/Lembke, § 1 AÜG Rn. 36; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 51. Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 48, 51 m. w. N. 279 Henssler, RdA 20217, 83 (87). 280 BT-Drs. 18/9232, S. 19. 281 BT-Drs. 18/9232, S. 19. 282 BT-Drs. 10/10064, S. 14. 283 S. hierzu Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 97; Henssler, RdA 2017, 83 (87); Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 49; Wank, RdA 2017, 100 (102); s. auch schon die Stellungnahme der BDA in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 37. 284 BAG v. 06. 08. 2003 – 7 AZR 180/03, APAÜG § 9 Nr. 6; v. 14. 08. 1985 – 5 AZR 225/84, NZA 1987, 128. 285 BAG v. 06. 08. 2003 – 7 AZR 180/03, APAÜG § 9 Nr. 6; v. 14. 08. 1985 – 5 AZR 225/84, NZA 1987, 128. 286 S. zur Berücksichtigung durch das BAG Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 49; Stellungnahme der BDA in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 37. 287 Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (14); Siebert/Novak, ArbRAktuell 2016, 391; Tuengerthal/Andorfer, BB 2016, 1909 (1911); Stellungnahme des DAV durch den Ausschuss Ar278

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Ausweitung ist indes nicht zu befürchten.288 Zum einen verzichtete das BAG in jüngerer Zeit ohnehin bereits auf die Präzisierung „voll“,289 ohne dass damit erkennbar eine Änderung der Rechtsprechung oder eine Akzentverschiebung einhergegangen wäre.290 Zum anderen führt auch der Verzicht auf die Präzisierung „allein“ nicht zu einer Ausweitung des Überlassungsmerkmals. Selbiges muss für das Merkmal „im Interesse des Entleihers“291 gelten.292 Insofern muss man den Willen des Gesetzgebers293 berücksichtigen, wonach es zu keiner Änderung der Rechtslage kommen soll.294 Die in der bisherigen Rechtsprechung anerkannten Maßstäbe sind daher auch künftig anzulegen.295 Durch die in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG im Wege der Auslegung hineinzulesenden Einschränkungen „voll eingegliedert“ und „allein“ nach Weisungen des Entleihers wird verhindert, dass der Anwendungsbereich entgegen dem gesetzgeberischen Willen auf solche Konstellationen erstreckt wird, in denen der Inhaber des Einsatzunternehmens nur partiell, also zeitweilig oder gegenständlich begrenzt, das Weisungsrecht ausübt.296 Eine Überlassung im Sinne einer ausgeübten Weisungsbefugnis liegt daher nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer vollständig dem Entleiher zur Verfügung steht und während seines Arbeitseinsatzes weitgehend dessen Weisungen unterliegt.297 Freilich meint „voll“ nicht vollständig im Wortsinne, da bereits aufgrund der Arbeitgeberstellung des Verleihers stets ein Teil der Personalhoheit bei diesem verbleibt.298 Dennoch reichen jedenfalls partielle Einzelanweisungen nicht für die Annahme der Überlassung aus.299 Der Entleiher muss vielmehr berechtigt sein, den Arbeitnehmer nach eigenen betrieblichen Erbeitsrecht zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze, RdA 2016, 173. 288 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 10. 289 BAG v. 20. 01. 2016 – 7 AZR 535/13, AP AÜG § 1 Nr. 38, Rn. 24; v. 18. 01. 2012 @ 7 AZR 723/10, APAÜG § 9 Nr. 10, Rn. 26; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/07, APAÜG § 10 Nr. 19, Rn. 14. 290 Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 19; Maschmann, NZA 2013, 1305 (1307) sieht ohnehin in der Präzisierung „voll“ ohnehin nur einen diffusen Zusatz; zur Relevanz des Eingliederungskriteriums s. Kapitel 3 C. I. 3. c) bb). 291 Vgl. die Ausführungen zum ungeschriebenen Merkmal der Förderung eines fremden Betriebszweckes in Kapitel 3 C. I. 3. c) cc). 292 Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 49. 293 BT-Drs. 10/10064, S. 14. 294 Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 19; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 10; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 49. 295 Deinert, RdA 2017, 65 (73); Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 19; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 10; Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 22; Tuengerthal/Andorfer, BB 2016, 1909 (1912). 296 So ausdrücklich Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 97; vgl. auch Henssler, RdA 2017, 83 (88), der sich auf die Eingliederung als eigenständiges Merkmal bezieht. 297 So Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 23. 298 Henssler, RdA 2017, 83 (87). 299 So Deinert, RdA 2017, 65 (73).

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fordernissen wie einen eigenen Arbeitnehmer anzuweisen.300 Zur Erreichung des vom Gesetzgeber (mit-)verfolgten Zwecks, für mehr Rechtssicherheit zu sorgen, trägt diese verkürzte Wiedergabe wahrlich nicht bei.301 Mit diesen Feststellungen ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, wie die einzelnen Bestandteile der Überlassungsdefinition zu verstehen sind. aa) Weisungsbefugnis des Entleihers Das Pflichtenprogramm der Beteiligten macht deutlich, dass gerade in der Ausübung des Weisungsrechts durch den potentiellen Entleiher die Überlassung des Arbeitnehmers zum Ausdruck kommt.302 Insoweit besteht grundsätzliche Einigkeit dahingehend, dass in der Einräumung der Weisungsbefugnis das zentrale Merkmal der Arbeitnehmerüberlassung zu sehen ist.303 Im Ausgangspunkt unterwirft sich der Leiharbeitnehmer im Rahmen seines Leiharbeitsvertrages mit dem Verleiher dem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht. In Abweichung zur Zweifelsregelung des § 613 S. 2 BGB verspricht der Leiharbeitnehmer jedoch, auch für andere weisungsgebunden tätig zu werden.304 Eben jenes Weisungsrecht wird im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages auf den Entleiher übertragen.305 Da es sich daher lediglich um die Ausübung des übertragenen Weisungsrechts aus dem zweigliedrigen Rechtsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher handelt, kann man im Ausgangspunkt auf die dortigen Ausführungen verweisen.306 Dennoch zeigen sich einige Besonderheiten, auf die im Folgenden eingegangen wird. Während beim zweigliedrigen Rechtsverhältnis die zentrale Frage lautet, ob eine Weisungsbindung und damit eine persönliche Abhängigkeit i. S. d. § 611a Abs. 1 BGB besteht, ist bei der Qualifikation im dreigliedrigen Rechtsverhältnis zum einen

300

So Ulber/Ulber, § 1 AÜG Rn. 13. Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 20. 302 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 103; ders., Erkennungsmerkmale, S. 154 ff. 303 Deinert, RdA 2017, 65 (79); Greiner, NZA 2013, 697 (700); Hamann, in: Schüren/ Hamann, § 1 AÜG Rn. 103; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 21; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 51. 304 Deinert, RdA 2017, 65 (70). 305 S. etwa BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39, Rn. 39; wenngleich die dogmatische Begründung der Übertragung strittig ist, so besteht gleichwohl Einigkeit über die Übertragung als solche, s. hierzu Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 154; Walker, AcP 194 (1994), 295 (297) m. w. N. 306 Vgl. Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 30; s. bereits die Ausführungen und Nachweise zur Weisungsbindung im direkten Rechtsverhältnis in Kapitel 2 C. III. 1. d). 301

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danach zu fragen, ob eine arbeitsbezogene Weisung erteilt wurde. Zum anderen, wem die Weisungsbefugnis zugeordnet werden kann.307 (1) Wirkrichtung der Weisung Wie im zweigliedrigen Rechtsverhältnis stellt sich bei der Feststellung der Arbeitnehmerüberlassung die Frage, ob es sich bei den erteilten Vorgaben überhaupt um relevante arbeitsbezogene Weisungen handelt.308 Die Unterscheidung nach der Wirkrichtung der Weisung erlangt besondere Bedeutung, da der Auftraggeber im Fall einer werk- oder dienstvertraglichen Gestaltung berechtigt ist, den vom Auftragnehmer eingesetzten Erfüllungsgehilfen i. S. d. § 278 BGB unmittelbar erfolgsbezogene Weisungen i. S. d. § 645 BGB zu erteilen.309 Dies führt mitunter zu schwer von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheidenden phänotypischen Erscheinungsformen. Daher bedarf es auch bei der Beurteilung der arbeitsvertraglichen Weisungsbindung einer strikten Differenzierung nach der Wirkrichtung. Da der Gesetzgeber die bisherige Rechtsprechung ohne inhaltliche Änderungen kodifizieren wollte,310 muss man weiterhin zwischen der erfolgsbezogenen Weisung i. S. d. § 645 BGB und den personenbezogenen arbeitsbezogenen Weisungen unterscheiden. An diesem Ergebnis ändern auch die sog. doppelfunktionalen Weisungen nichts.311 Wie bereits die Ausführungen zur Weisungsbindung i. R. d. § 611a Abs. 1 BGB gezeigt haben,312 lassen sich die unterschiedlichen Wirkrichtungen der Weisung trotz der geäußerten Bedenken hinreichend unterscheiden. Die erfolgsbezogene Weisung kann immer nur der Konkretisierung eines bestimmten Erfolges dienen. Weisungen zum Arbeitsvorgang und zur Zeiteinteilung im Rahmen des Arbeitsvorgangs werden hingegen nicht erfasst.313 Bezieht sich die Weisung mithin auf den Erfolg, so spielt es für die Abgrenzung keine Rolle, ob dadurch mittelbar die Art und Weise der Leistungserbringung bestimmt wird.314 Entscheidend ist, ob über 307

Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 14. BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 27 f.; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, APAÜG § 9 Nr. 10, Rn. 27 f., 33; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/07, APAÜG § 10 Nr. 19, Rn. 14; s. hierzu umfassend Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 104 ff. m. w. N.; zum direkten Rechtsverhältnis s. auch die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. d) bb). 309 BAG v. 27. 06. 2017 – 9 AZR 133/16, BeckRS 2017, 145967, Rn. 27; v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, APAÜG § 9 Nr. 10, Rn. 27; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/07, APAÜG § 10 Nr. 19, Rn. 14; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 22. 310 BT-Drs. 10/10064, S. 14; s. auch BT-Drs. 18/9232, S. 19. 311 S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. d) bb) (3). 312 S. Kapitel 2 C. III. 1. d) bb). 313 S. hierzu BAG v. 25. 09. 2013 – 10 AZR 282/12, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 126, Rn. 17; Deinert, in: Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 3, Rn. 120. 314 So auch das LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2010 – 11 Sa 289/10, BeckRS 2011, 68009, aus den Gründen II.1.b. „Hier erfolgen Anweisungen des Auftraggebers projektbezogen. Diese beeinflussen zwar die Arbeitsweise des Fremdpersonals, jedoch nur mittelbar. Entscheidend ist, 308

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals disponiert oder aber das Projekt als solches gefördert wird.315 (2) Schutzzweckorientierte Konkretisierung Teile des Schrifttums wollen die Weisungsbindung anhand des Schutzzweckes des AÜG konkretisieren.316 So meint etwa Wank, das AÜG wolle gerade auch vor unseriösen Verleihern schützen. Zwar habe der Gesetzgeber bei der Novelle des AÜG auf den Zusatz verzichtet, wonach es für die Qualifikation auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände ankomme, doch könnten – dies haben bereits die Ausführungen zu § 611a Abs. 1 BGB gezeigt – nur diejenigen Umstände relevant sein, die in einem Sinnzusammenhang mit der Rechtsfolge stehen.317 Dieser Sinnzusammenhang müsse sich in der Abgrenzung niederschlagen.318 In einem Zweifelsfall zwischen Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung müsse daher auf den Schutzzweck des AÜG abgestellt werden.319 Bestehe hiernach die Gefahr, dass die Ziele des AÜG umgangen würden, so sei eine Arbeitnehmerüberlassung anzunehmen. Bestünde indes keine Umgehungsgefahr, so könne eine werkvertragliche Einordnung vorgenommen werden.320 Eine solche Gefahr der Umgehung des AÜG könne immer dann angenommen werden, wenn keine eigene Betriebsorganisation vorhanden sei, die über die betrieblichen oder personellen Voraussetzungen hinausgehe und die zur bloßen Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern erforderlich sei.321 Dies würde im Zweifelsfall zu einer Qualifikation als Arbeitnehmerüberlassung führen. Verfüge der Personalgesteller aber über eine ausreichende Betriebsorganisation zur Erfüllung der selbständigen Tätigkeit, so zeige sich hierin die Übernahme eines eigenen unternehmerischen Risikos.322 Das Tragen eines solchen sei ein geeignetes Indiz für einen Werkvertrag.323 dass der Auftraggeber nicht über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals disponiert, sondern die Verwirklichung seines Projekts fördert.“ 315 LAG Rheinland-Pfalz v. 11. 11. 2010 – 11 Sa 289/10, BeckRS 2011, 68009, aus den Gründen II.1.b. 316 Kursorisch Fieberg, NZA 2014, 187 (189); Greiner, NZA 2013, 697 (701), der jedoch gleichfalls einschränkend darauf hinweist, dass es angesichts unterschiedlicher Schutzzwecke zu einer nicht praktikablen Vielzahl an Auslegungsergebnissen käme; Sansone, Gleichstellung von Leiharbeitnehmern, S. 102 ff.; Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 28 m. w. N.; ders., RdA 2017, 100 (106). 317 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 28; ders., RdA 2017, 100 (106). 318 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 29. 319 Insoweit zustimmend Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 24. 320 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 29. 321 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 29 m. Verw. a. BAG v. 09. 11. 1994 – 7 AZR 217/94, AP AÜG § 1 Nr. 18. 322 Wank, RdA 2017, 100 (104). 323 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 29.

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Zu Recht hält Hamann dem entgegen, dass der Rekurs auf die vorgehaltene Betriebsorganisation nicht zielgenau ist.324 Die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung, um deren Identifikation es im Grenzbereich gehe, werde nämlich häufig von sog. Mischunternehmen betrieben, die über eine ausreichende Struktur verfügten.325 Zudem gerate das Kriterium gerade bei betriebsmittelarmen Tätigkeiten, bei denen das Know-how im Mittelpunkt stehe, an seine Grenzen.326 Ulrici stellt zudem fest, dass die schutzweckorientierte Betrachtung letztlich auf eine Änderung des jüngst durch § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG bestätigten Tatbestands der Überlassung ziele.327 Die Entscheidung des Gesetzgebers, an dem Merkmal der Übertragung der Weisungsbindung festzuhalten, sei zu respektieren. Ein konkretes oder typisches Schutzbedürfnis sei gerade nicht als maßgeblich erachtet worden.328 Das vom Gesetzgeber gewählte Abgrenzungskriterium könne de lege lata auch nicht durch den Rekurs auf weitere, nicht der Feststellung der Arbeitnehmerüberlassung dienenden Indizien ersetzt werden.329 Hamann und Ulrici ist im Kern zuzustimmen. Die schutzzweckorientierte Betrachtung darf nicht dazu führen, dass vom Gesetzgeber nicht gewollte Anforderungen an die Weisungsbindung gestellt werden.330 Zwar weist Wank selbst einschränkend darauf hin, dass zwei verschiedene Abgrenzungen, nämlich die zwischen Werk- und Dienstvertrag zum einen und Arbeitnehmerüberlassung und selbständiger Tätigkeit zum anderen, zu unterscheiden seien. Doch darf der von Wank vorgeschlagene Rekurs auf das mit der vorgehaltenen Betriebsorganisation einhergehende unternehmerische Risiko nicht dazu führen, dass im Zweifelsfall Indizien, die der positiven Feststellung einer selbständigen Tätigkeit dienen, in ihrer Negation als Indiz für die Beurteilung einer Umgehung des AÜG herangezogen werden. Dies würde zu einer nicht begründbaren Vorrangstellung der Arbeitnehmerüberlassung in Zweifelsfällen führen. Vielmehr handelt es sich um rechtlich gleichrangige Vertragstypen. Wie Hamann zudem zutreffend feststellt, ist ohnehin an der Wirksamkeit der von Wank vorgebrachten Indizien zu zweifeln. Diese würden gerade in den problematischen Fällen, etwa wenn keine nennenswerte Betriebsorganisation erforderlich ist, vielfach versagen. Nicht zuletzt ist der Wille des Gesetzgebers, die Rechtsprechung ohne Änderung der Rechtslage zu kodifizieren, zu respektieren. Die Rechtsprechung rekurrierte indes im Einzelfall nicht auf eine solche normzweckorientierte Betrachtung der Schutzbedürftigkeit bzw. inzident der eigenen Betriebsorganisation und damit des unternehmerischen Risikos. Soweit Wank auf das

324 325 326 327 328 329 330

Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 113. Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 113. Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 113. S. hierzu Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 72. Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 72. Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 72. S. hierzu umfassend Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 110 ff.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Urteil des BAG vom 09. 11. 1994 Bezug nimmt,331 folgt hieraus nichts anderes. Das BAG verweist dort lediglich auf die Umstände, die positiv zur Feststellung eines Werkvertrages beitragen können.332 Daher bleibt es dabei, dass wie bei der Parallelproblematik i. R. d. § 611a BGB die Wirkrichtung der Weisung maßgeblich ist. (3) Zuordnung der Weisung Die Qualifikation des konkret zu beurteilenden Rechtsverhältnisses kann im dreigliedrigen Rechtsverhältnis zudem dadurch erschwert sein, dass vielfach zunächst unklar bleibt, von wem im Fall einer arbeitsbezogenen Konkretisierung die Weisung herrührt bzw. wem diese zuzurechnen ist. In der Praxis haben sich verschiedene Strategien und Modelle herauskristallisiert, die eine Fremdsteuerung vermeiden bzw. zumindest verschleiern sollen.333 So werden teilweise nicht nur „atomisierte“ Werk- oder Dienstverträge eingesetzt, sondern umfassende Vorgaben in das Vertragswerk der Dienst- oder Werkverträge verlagert.334 Hierdurch sollen arbeitsbezogene Weisungen vermieden werden. Zudem hat sich im dreigliedrigen Rechtsverhältnis die Zwischenschaltung eines Empfängers auf der Seite des vermeintlichen Auftragnehmers etabliert. Dies kann sowohl durch die Zwischenschaltung eines technischen Systems, etwa eines sog. Ticketsystems als auch durch die Zwischenschaltung eines Arbeitnehmers auf Seiten des vermeintlichen Auftragnehmers erfolgen. (a) Brückenkopfmodell Teilweise wird in der Praxis auf das sog. Brückenkopf-335, River-Bridge-336 oder auch Repräsentantenmodell337 zurückgegriffen. Hinter den Begriffen „Brückenkopf-“ bzw. „River-Bridge-Modell“ steckt eine Metapher für die Form der Zusammenarbeit.338 Bei den Brückenköpfen handelt es sich um im Vorfeld vereinbarte und benannte Personen, denen als Ansprechpartnern eine zentrale Rolle zukommt.339 331 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 29 m. Verw. a. BAG v. 09. 11. 1994 – 7 AZR 217/94, AP AÜG § 1 Nr. 18. 332 BAG v. 09. 11. 1994 – 7 AZR 217/94, AP AÜG § 1 Nr. 18, aus den Gründen III.2.b. 333 Hamann, NZA-Beilage 2014, 3 (7). 334 S. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. III. 1. d) dd) (2). 335 Ferme/Schütt/Staneff, SPA 2019, 53 (54); Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170); Henning, ITRB 2016, 114 (116); Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757 (2761); Schütt/Rothe, SPA 2019, 89 (90). 336 Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 145. 337 Baeck/Winzer, NZA 2015, 269 (271); Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170). 338 Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 145. 339 Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 145; Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757 (2761); Schütt/Rothe, SPA 2019, 89 (90).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Die benannte Person dient häufig als einziger Ansprechpartner (Single Point of Contact – SPOC)340 des Vertragspartners. Entsprechende Personen werden regelmäßig sowohl auf Seiten des Auftragnehmers als auch auf Seiten des Auftraggebers etabliert.341 Im Kontext des agilen Projektmanagements nimmt der Product Owner die Rolle des Projektleiters auf Seiten des Auftraggebers ein und interagiert mit dem Brückenkopf des Auftragnehmers. Die Brückenköpfe sollen dabei, insbesondere auf Seiten des Auftragnehmers, die einzig weisungsbefugten Personen darstellen. Die Steuerung des Fremdpersonals soll ebenso wie die Kommunikation im Rahmen der Projektarbeit ausschließlich über die Brückenköpfe erfolgen.342 Bestenfalls fungiert der Brückenkopf auf Seiten des Auftragnehmers jedoch nicht nur als „Sprachrohr“343 des Auftraggebers, sondern interagiert mit dem Auftraggeber und organisiert den Fremdpersonaleinsatz durch den Auftragnehmer.344 Ziel ist es, mittels dieser Form der Interaktion arbeitsbezogene Weisungen durch den Auftraggeber selbst zu vermeiden.345 Dem liegt zugrunde, dass gerade in der Kommunikation und Steuerung ein neuralgischer Punkt für eine Qualifikation als Arbeitnehmerüberlassung zu sehen ist.346 Ob dieses Modell indes eine wirksame Maßnahme zur Risikovermeidung bzw. -reduzierung darstellt, richtet sich danach, ob etwaige, an das Fremdpersonal gerichtete personenbezogene Weisungen des Brückenkopfs auf Auftragnehmerseite dem Auftraggeber zuzurechnen sind. Eine solche Zurechnung ist bei der Zwischenschaltung von Personen auf Seiten des Auftragnehmers dann anzunehmen, wenn der Anweisende auf Seiten des Auftragnehmers keine eigene arbeitsbezogene Weisung erteilt, sondern lediglich eine Weisung des Auftraggebers weitergibt.347 Organisiert daher weder der Projektleiter noch eine sonstige Zwischenperson den Einsatz des „eigenen“ Fremdpersonals selbst und werden nur Weisungen des Auftraggebers weitergegeben, so liegt trotz der prima facie nur mittelbaren Weisung eine

340 S. etwa Söbbing, MMR 2010, 222 (224) zum zentralen Ansprechpartner im Rahmen eines IT-Projekts. 341 Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 145; Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757 (2761). 342 Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 145; Schütt/Rothe, SPA 2019, 89 (90). 343 Schütt/Rothe, SPA 2019, 89 (90). 344 Schütt/Rothe, SPA 2019, 89 (90). 345 Baeck/Winzer, NZA 2015, 269 (271); Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 145; Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419) sprechen insoweit von einer Maßnahme zur Risikovermeidung; Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170); Schütt/Rothe, SPA 2019, 89 (90). 346 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170). 347 S. etwa BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, AP AÜG § 1 Nr. 39; Deinert, RdA 2017, 65 (73); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 207 m. w. N. aus der Instanzrechtsprechung; ders., NZA-Beilage2014, 3 (7); Wank, RdA 2017, 100 (106); auch Winkler, OnsiteWerkverträge, S. 157 f. geht davon aus, dass Weisungen regelmäßig lediglich weitergegeben werden.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Überlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG vor.348 Die Weisung stammt dann vom Auftraggeber, der die Personalhoheit über das Fremdpersonal faktisch ausübt. Per se kann die Zwischenschaltung daher nicht zur Vermeidung von dem Auftraggeber zuzurechnenden Weisungen führen. Allenfalls kann die Strategie dazu beitragen, eine tatsächliche Fremdsteuerung zu verschleiern. Sofern also im Kontext der agilen Projektarbeit die Empfehlung zur Einrichtung solcher Brückenköpfe ausgesprochen wird, geschieht dies unter der Prämisse, dass der Zwischenperson eine eigenständige Organisationsbefugnis zuteilwird.349 Dies kann zur rechtskonformen Durchführung von Werkverträgen beitragen. Ohnehin muss beim Einsatz des Brückenkopfmodells berücksichtigt werden, dass das Modell im Widerspruch zu den agilen Prinzipien steht.350 Dem agilen Ansatz ist nämlich die möglichst weitgehende Weisungsfreiheit immanent. Insbesondere arbeitsrechtliche, personenbezogene Weisungen sind daher generell zu vermeiden. Stattdessen soll das Entwicklungsteam autonom und eigenverantwortlich agieren. Bei erfolgsbezogenen Weisungen i. S. d. § 645 BGB bedarf es schon im Ausgangspunkt nicht des Brückenkopfmodells, da derartige Weisungen auch unmittelbar gegenüber den Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers erteilt werden dürfen, ohne dass dies zur Überlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG führt. Wird in der Praxis gleichwohl auf das Brückenkopfmodell gesetzt, so muss man dem Auftraggeber die vom zwischengeschalteten Brückenkopf des Auftragnehmers erteilten personenbezogenen Weisungen dann zurechnen, wenn es sich bei diesen lediglich um durchgereichte Weisungen handelt. (b) Ticketsystem Statt einer Person kann ferner ein elektronisches System in Form eines zentralen E-Mail Postfaches oder eines Ticketsystems als Maßnahme zur Risikominimierung zwischengeschaltet werden.351 Dies soll, auch im Kontext der agilen Projektarbeit,352 ebenfalls der Vermeidung arbeitsbezogener Weisungen durch den Auftraggeber dienen.353 Zudem sollen die Beteiligten durch die Verwendung des Systems daran erinnert werden, dass der zugrundeliegende Vertrag, regelmäßig ein Werk- oder Dienstvertrag, und die entsprechenden Weisungsstrukturen strikt eingehalten werden 348

Deinert, RdA 2017, 65 (73); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 207 m. w. N. aus der Instanzrechtsprechung; ders., NZA-Beilage2014, 3 (7). 349 Göpfert/Meyerhans, in: Arbeitswelt 4.0, S. 145. 350 Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Henning, ITRB 2016, 114 (116), der die Einrichtung von Brückenköpfen als Hilfslösung bezeichnet; Hoffmann-Remy, DB 2018, 2757 (2761). 351 Klösel, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 9; Litschen/ Yacoubi, NZA 2017, 484 (488 f.); s. hierzu auch die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017. 352 S. hierzu bereits die Nachweise in Kapitel 1 B. IV. 353 Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1527 f.).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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müssen. Eine abweichende Vertragspraxis, die zur Statusverfehlung führen kann, soll somit vermieden werden.354 Bei dem Ticketsystem handelt es sich um ein IT-System, das dem Empfang von Anforderungen und Aufträgen dient und eine Nachverfolgung des Fortschrittes ermöglicht.355 Die Erteilung bestimmter Einzelaufträge bzw. die Mitteilung konkreter Anforderungen erfolgt dann über das Ticketsystem bzw. das digitale Postfach.356 Die Entgegennahme der Anforderungen und die Organisation der Auftragserledigung obliegt dem Auftragnehmer bzw. den von diesem eingesetzten Hilfspersonen.357 Nach der Konzeption des Ticketsystems ist es daher Sache des Auftragnehmers, die Anforderungen an das eingesetzte Fremdpersonal zu kommunizieren und die Leistungserbringung zu steuern.358 Die Ticketsysteme erfüllen insofern die Funktion eines „institutionellen Repräsentantenmodells“.359 Solche Ticketsysteme werden auch im agilen Projektmanagement verwendet.360 Indes sind, wie schon beim sog. Brückenkopfmodell, Bedenken gegen die Anwendung des Ticketsystems im Rahmen der agilen Projektarbeit zu erheben.361 Da personenbezogene, arbeitsarbeitsbezogene Weisungen im Konflikt mit den agilen Prinzipien stehen, sollten derartige Weisungen ohnehin vermieden werden. Wird das Ticketsystem jedoch lediglich für konkretisierende, erfolgsbezogene Weisungen bzw. Anforderungen i. S. d. § 645 BGB verwendet, so geht mit der Anwendung des Systems kein unmittelbarer Vorteil einher. Auch insoweit wird das System allenfalls zur Vermeidung einer direkten Kommunikation und eines „bösen Scheins“ oder aber zur Verdunkelung tatsächlich erteilter arbeitsbezogener Weisungen beitragen können. Im Ergebnis muss daher stets gefragt werden, ob nach Maßgabe des bereits im zweigliedrigen Rechtsverhältnis erörterten Weisungsbegriffs mit der Aufgabe des Tickets zum einen überhaupt eine verbindliche Anordnung einhergeht und zum anderen, ob es sich in diesem Fall um eine arbeitsbezogene oder um eine erfolgsbezogene Weisung i. S. d. § 645 BGB handelt.

354

Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1528). Conrad/Schneider, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, § 14 Rn. 22. 356 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203. 357 Baeck/Winzer, NZA 2015, 269 (271); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (488). 358 Baeck/Winzer, NZA 2015, 269 (271); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (488). 359 So ausdrücklich Klösel, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 36; Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1528). 360 S. etwa LAG Baden-Württemberg v. 01. 08. 2013 – 2 Sa 6/13, NZA 2013, 1017; hierzu auch Ferme/Schütt/Staneff, SPA 2019, 53; Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 203; Heise/Friedl, NZA 2015, 129 ff.; Litschen/ Yacoubi, NZA 2017, 484 ff.; Schneider, ITRB 2019, 213 (216); Schröder/Stiemerling, ITRB 2019, 183 (185). 361 Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419). 355

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

bb) Eingliederung Ebenso wie bei der arbeitsvertraglichen Einordnung stellt sich bei der Arbeitnehmerüberlassung die Frage, welche Bedeutung dem Kriterium der Eingliederung beigemessen werden kann. Während der Gesetzgeber im Zuge der Gesetzesnovelle 2017 beim neu eingefügten § 611a BGB auf das Kriterium verzichtete, erweckt der eingefügte § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG den Anschein, als komme dem Kriterium eine zentrale Bedeutung zu. Nach der Definition des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG soll eine Überlassung des Arbeitnehmers i. S. d. AÜG dann vorliegen, wenn dieser in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert ist und seinen Weisungen unterliegt. In der Literatur ist insoweit umstritten, ob die Arbeitnehmerüberlassung sowohl durch die Weisungsbindung als auch durch die Eingliederung als Merkmal charakterisiert wird.362 Teilweise wird insoweit die Ansicht vertreten, dass der Meinungsstreit über die Abgrenzungskriterien nunmehr durch den Gesetzgeber und dessen Erwähnung des Eingliederungskriteriums i. R. d. AÜG entschieden worden sei.363 Losgelöst von der Frage, ob der Eingliederung bei § 611a Abs. 1 BGB eine Bedeutung beigemessen werden könne, müsse der Eingliederung angesichts des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG jedenfalls i. R. d. AÜG Bedeutung zukommen.364 Das BAG nahm bereits vor der Einführung des heutigen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG die Weisungsbindung und die Eingliederung terminologisch in Bezug.365 Diese Rechtsprechung griff die Neufassung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG als vom Gesetzgeber intendierte Kodifikation der bisherigen Rechtsprechung jedenfalls begrifflich auf.366 Freilich ist damit noch keine Aussage darüber getroffen, ob der Eingliederung eine über den Sinngehalt der Weisungsbindung hinausgehende Bedeutung beigemessen werden kann. Wank ist der Auffassung, die von der Rechtsprechung verwendeten Indizien zur Bestimmung der Eingliederung könnten auch aus teleologischer Sicht weitgehend herangezogen werden.367 So habe die Rechtsprechung insbesondere auf die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Dritten, die Übernahme von Tätigkeiten, die früher Arbeitnehmer des Dritten ausgeführt haben und die Stellung von Material

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S. etwa Wank, in; ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 18, der sowohl auf die Weisungsbindung als auch die Eingliederung als Merkmal rekurriert; anders Hamann, in: Schüren/ Hamann, § 1 AÜG Rn. 103 m. w. N. 363 So Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 20. 364 Henssler, RdA 2017, 83 (88); Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 21; Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 18, 20. 365 BAG v. 06. 08. 2003 – 7 AZR 180/03, APAÜG § 9 Nr. 6; v. 14. 08. 1985 – 5 AZR 225/84, NZA 1987, 128; s. hierzu auch Wank, RdA 2017, 100 (102) m. w. N. aus der Rechtsprechung. 366 Wank, RdA 2017, 100 (102). 367 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 29.

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sowie von Arbeitskleidung durch den Dritten abgestellt.368 Demgegenüber komme nach der Rechtsprechung weder der Verweildauer noch der räumlichen und sachlichen Nähe des Fremdpersonals zum Betriebszweck des Auftraggebers oder der engen Einbindung in den betrieblichen Arbeitsprozess Bedeutung zu.369 Auch Henssler und Pickenhahn weisen insoweit darauf hin, dass mit der Eingliederung nicht die örtliche Eingliederung in den Betrieb gemeint sein könne. Vielmehr sei die Eingliederung in den Arbeitsprozess gemeint.370 Gerade in den kritischen Fällen der onsite-Werkverträge könne nicht ohne Weiteres von einem Scheinwerkvertrag ausgegangen werden. Regelmäßig ergebe sich die Anforderung, die Tätigkeit vor Ort zu erbringen, bereits aus der Natur der Sache. Wie aktuelle Entscheidungen zeigen würden, sei eine Eingliederung nur dann relevant, wenn der Auftraggeber „die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals“371 treffe.372 Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich, dass § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG entsprechend der Rechtsprechung bestimmen soll, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer überlassen wird.373 Der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales lässt sich zudem ausdrücklich entnehmen, dass die Rechtslage, die vor dem Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze bestand, nicht geändert werden sollte.374 Zur Bestimmung des Sinngehalts der Eingliederung ist damit, wie bereits bei § 611a BGB, die Rechtsprechung des BAG vor der Kodifikation des Änderungsgesetzes in den Blick zu nehmen. Zwar zeigt sich dies in unterschiedlicher Deutlichkeit, doch kommt der Eingliederung auch im Drei-Personen-Verhältnis trotz ausdrücklicher Erwähnung im Gesetzestext keine über die Weisungsbindung hinausgehende Bedeutung zu.375 Entscheidend ist, dass das Fremdpersonal derart in die Arbeitsorganisation des Einsatzunternehmens eingegliedert wird, dass durch den Auftraggeber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Einsatz auch nach Ort und Zeit getroffen werden, er also die Personalhoheit über diese Person hat.376 Die Perso368 Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 22; s. auch die Aufzählungen bei Kainer/ Schweipert, NZA 2017, 13 (14); Lorenz, in: HKArbR, § 1 AÜG Rn. 23. 369 Wank, in: ErfK, § 1 AÜG Rn. 22, ebenso in Wank/Roloff, in: ErfK, § 1 AÜG Rn. 25. 370 Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 31. 371 BAG v. 13. 05. 2014 – 1 ABR 50/12, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 65; v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90, aus den Gründen B.II.5. 372 Henssler/Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 31. 373 BT-Drs. 18/9232, S. 19. 374 BT-Drs. 10/10064, S. 14. 375 S. bereits die Ausführungen zur Eingliederung im zweigliedrigen Rechtsverhältnis, Kapitel 2 C. III. 1. e). 376 BAG v. 05. 03. 1991 – 1 ABR 39/90, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90, aus den Gründen B.II.5.; v. 23. 06. 2010 – 7 ABR 1/09, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 60, Rn. 10;

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nalhoheit entspricht dem BAG zufolge wiederum der arbeitsvertraglichen Weisungsbefugnis.377 Der Eingliederung kommt folglich keine eigenständige Bedeutung zu.378 Zutreffend weist Hamann ferner auf die Rechtsprechung des BAG hin, wonach allein die enge räumliche Zusammenarbeit von eigenen Arbeitnehmern und Fremdfirmenarbeitnehmern, die Nutzung von Arbeitsmitteln und Material des Auftraggebers sowie weitere äußere Umstände nicht zu einer Einordnung als Arbeitnehmerüberlassung führe.379 Zwar deutet der Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG auf eine Relevanz des Eingliederungsmerkmals hin. Dabei kann man jedoch nicht stehenbleiben.380 Vielmehr ist die Eingliederung lediglich als Indiz für die Weisungsbindung zu verstehen.381 Im Ergebnis besteht daher eine Kongruenz zum zweigliedrigen Rechtsverhältnis, womit auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.382 Auch dort kommt es nicht auf die Materialgestellung als solche oder die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Einsatzunternehmens an. Stets ist zu fragen, ob sich die konkrete Durchführung der Tätigkeit auf der Vollzugsebene auf eine arbeitsvertragliche Weisungsbefugnis des vermeintlichen Auftraggebers zurückführen lässt und nicht durch die Natur der Sache determiniert ist. Für ein solches Verständnis spricht auch das Pflichtenprogramm des potentiellen Verleihers im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages. Dieser schuldet nämlich die Überlassung eines Arbeitnehmers. Da sich das Arbeitsverhältnis gerade durch die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers und die damit einhergehende Steuerungsmöglichkeit auszeichnet, liegt es nahe, von einer Überlassung eines Arbeitnehmers auszugehen, wenn der potentielle Entleiher Befugnisse wie ein Arbeitgeber ausüben kann. Wie bereits die Ausführungen zur arbeitsvertraglichen Qualifikation gezeigt haben, wird diese gerade durch die Weisungsbefugnis determiniert. Daher hätte es im Sinne des mit dem Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze angestrebten Transparenzziels nahegelegen, in § 1 Abs. 1 AÜG auf die Vorschrift des § 611a Abs. 1 BGB Bezug zu nehmen.383 Dieses Verständnis steht im Einklang mit dem Unionsrecht. Der Begriff der Eingliederung wird in der Richtlinie selbst nur im Kontext der Eingliederung in den Arbeitsmarkt bzw. bei den beruflichen Eingliederungsprogrammen verwendet.384 v. 23. 06. 2009 – 1 ABR 30/08, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 59, Rn. 19; v. 09. 10. 2013 – 7 ABR 12/12, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 54, Rn. 15. 377 BAG v. 01. 12. 1992 – 1 ABR 30/92, BeckRS 1992, 30743366, aus den Gründen B.II.2.c.; s. hierzu auch Greiner, NZA 2013, 697 (700); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 129; ders., NZA-Beilage 2014, 3 (4); Hunold, NZA-RR 2012, 113 (116). 378 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 129; Heise, NZA-Beilage 2019, 100 (106). 379 S. hierzu die Übersicht von Hamann, NZA-Beilage 2014, 3 (4) m. w. N. aus der Rechtsprechung. 380 In diesem Sinne auch Heise, NZA-Beilage 2019, 100 (106). 381 Heise, NZA-Beilage 2019, 100 (104). 382 S. Kapitel 2 C. III. 1. e). 383 Vgl. hierzu auch Deinert, RdA 2017, 65 (73). 384 Vgl. Art. 3 Abs. 1, Ziff. 12 der Erwägungen der RL 2008/104/EG.

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Irrelevant ist die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Entleihers. Löst man sich von dem Begriff der Eingliederung, so zeigt sich anhand der Begriffsbestimmung des Art. 3 Abs. 1 lit. e RL 2008/104/EG ferner, dass es hinsichtlich der „Überlassung“ nur auf die Weisungsbindung ankommt. Zwar definiert die „Überlassung“ lediglich den Zeitraum, währenddessen der Leiharbeitnehmer dem entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt wird, um dort unter dessen Aufsicht und Leitung vorübergehend zu arbeiten. Damit bezieht sich die dortige Definition nicht primär auf die Gesamtkonstruktion der Leiharbeit, sondern auf den Zeitraum, in dem der Leiharbeitnehmer dem entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt wird.385 Dennoch deutet der Rekurs auf „Aufsicht und Leitung durch den Entleiher“ auf eine Personalhoheit und damit die Weisungsbefugnis des Entleihers hin.386 Das der Richtlinie zugrunde gelegte unionsrechtliche Begriffsverständnis der Arbeitnehmerüberlassung bzw. Leiharbeit entspricht der Rechtsprechung des EuGH zur Entsenderichtlinie RL 96/71/EG.387 Dies zeigt sich in den Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Vicoplus388 und Martin Meat389, in welchen es um die (grenzüberschreitende) Leiharbeit ging. Der EuGH stellte im hier maßgeblichen Kontext darauf ab, ob der Arbeitnehmer seine Aufgabe unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wahrnimmt. Damit ist in der Sache nichts anderes gemeint als die Personalhoheit und damit die Weisungsgebundenheit nach nationalem Verständnis.390 Zwar ergingen diese Entscheidungen zur Entsenderichtlinie, die grds. nur Vorgaben für diese Richtlinie enthält, doch liegt es angesichts der begrifflichen Adaption der Begriffe „Aufsicht und Leitung“ in Art. 3 Abs. 1 lit. c RL 2008/104/EG nahe, die Rechtsprechung auch auf die Leiharbeitsrichtlinie zu übertragen.391 Das Unionsrecht steht daher einem Verständnis, wonach allein in der Weisungsbindung das maßgebliche Abgrenzungsmerkmal zu sehen ist, nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des BAG, die nunmehr in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ihren normativen Niederschlag gefunden hat, deckt sich mithin mit den unionsrechtlichen Vorgaben.392 Im Ergebnis ist die Eingliederung trotz der terminologisch gleichrangigen Stellung i. R. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG daher nicht als eigenständiges Kriterium anzusehen. Für die Praxis empfiehlt es sich dennoch, möglichst zurückhaltend bei der organisatorischen Eingliederung vorzugehen. Andernfalls droht schnell die Gefahr, dass pauschal eine Überlassung unterstellt wird.393 Eine so verstandene Eingliederung im 385

Kolbe, in: Franzen/Gallner/Oetker, RL 2008/104/EG, Art. 3 Rn. 16. Franzen, RdA 2015, 141 (142); Maschmann, NZA 2013, 1305 (1308). 387 Junker, ZfA 2016, 197 (211). 388 EuGH v. 10. 02. 2011 – C-307/09 u. a. (Vicoplus), BeckRS 2011, 80118. 389 EuGH v. 18. 06. 2015 – C-586/13 (Martin Meat), NZA 2015, 925. 390 Franzen, RdA 2015, 141 (142). 391 Hierzu Deinert, RdA 2017, 65 (73); Franzen, RdA 2015, 141 (142); Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 129; Henssler, RdA 2017, 83 (89 f.). 392 Franzen, RdA 2015, 141 (142). 393 Heise, NZA-Beilage 2019, 100 (106). 386

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Sinne einer ausgeübten Personalhoheit liegt insbesondere dann nahe, wenn der Auftraggeber – wie teilweise in agilen Projektverträgen vorgesehen – sich die Befugnis einräumen lässt, auch ohne wichtigen Grund den Austausch einzelner Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers zu verlangen. Handelt es sich bei diesen um Arbeitnehmer des Auftragnehmers, so manifestiert sich hierin die Personalhoheit des Auftraggebers und damit die Überlassung i. S. d. AÜG. cc) Förderung eines fremden Betriebszwecks In ständiger Rechtsprechung stellt das BAG fest, dass nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung ist. Die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen, sei notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages394 Ein Arbeitnehmer wird daher nicht bereits dann zur Arbeitsleistung „überlassen“, wenn er aufgrund seines Arbeitsvertrages Weisungen des Dritten zu befolgen hat. Vielmehr sei erforderlich, dass der Arbeitnehmer für den Dritten und nicht allein für seinen Arbeitgeber tätig wird. Letzteres sei der Fall, wenn der Arbeitnehmer durch seine Arbeitsleistung nach wie vor ausschließlich Pflichten erfülle, die seinem Arbeitgeber gegenüber fremden Auftraggebern obliegen.395 Der Arbeitnehmer müsse vielmehr aufgrund der zwischen Verleiher und Entleiher bestehenden Verpflichtung bei dem Dritten zur Förderung von dessen Betriebszwecken tätig werden.396 Verfolge der Verleiher mit der Personalgestellung hingegen eigene Zwecke, so scheide eine Arbeitnehmerüberlassung aus.397 Dem wird in der Literatur entgegengehalten, dass das Merkmal der Förderung eines fremden Betriebszweckes unscharf und entbehrlich sei.398 So weist Hunold darauf hin, dass dem arbeitstechnischen Zweck eines Betriebes letztlich alle dienten, die dem Betrieb irgendeine Leistung erbringen. Das Kriterium ginge daher zu weit.

394 BAG v. 20. 09. 2016 – 9 AZR 735/15, APAÜG § 1 Nr. 39, Rn. 29; s. auch BAG v. 25. 10. 2000 – 7 AZR 487/99, AP AÜG § 10 Nr. 15; v. 03. 12. 1997 – 7 AZR 764/96, AP AÜG § 1 Nr. 24; v. 26. 04. 1995 – 7 AZR 850/94, APAÜG § 1 Nr. 19; v. 22. 06. 1994 – 7 AZR 286/93, AP AÜG § 1 Nr. 16; jüngst ArbG Osnabrück v. 17. 03. 2015 – 1 Ca 174/14, BeckRS 2016, 67020; s. zum Ganzen Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 130. 395 BAG v. 03. 12. 1997 – 7 AZR 764/96, AP AÜG § 1 Nr. 24; v. 26. 04. 1995 – 7 AZR 850/ 94, AP AÜG § 1 Nr. 19; v. 22. 06. 1994 – 7 AZR 286/93, AP AÜG § 1 Nr. 16; in diesem Sinne Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 3 Rn. 140. 396 BAG v. 03. 12. 1997 – 7 AZR 764/96, AP AÜG § 1 Nr. 24; zustimmend Hennig, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 3 Rn. 140. 397 BAG v. 25. 10. 2000 – 7 AZR 487/99, AP AÜG § 10 Nr. 15; v. 03. 12. 1997 – 7 AZR 764/ 96, APAÜG § 1 Nr. 24; v. 26. 04. 1995 – 7 AZR 850/94, APAÜG § 1 Nr. 19; s. hierzu Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 130 f. 398 So ausdrücklich Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 131; Petri, Das Phänomen „Arbeitgeberzusammenschlüsse“, S. 68 ff.; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 60; ähnlich Hunold, NZA-RR 2012, 113 (115).

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Andernfalls würde gar ein Strom lieferndes Energieunternehmen erfasst werden.399 Hamann weist ergänzend darauf hin, dass sich das Kriterium schon nicht aus dem Wesen der Arbeitnehmerüberlassung ergebe. Jedes gewerbsmäßige Verleihunternehmen verfolge mit der Personalgestellung zumindest auch seinen eigenen Betriebszweck, der in der gewinnbringenden Zurverfügungstellung von Arbeitskräften liege. Dasselbe gelte schließlich für Werk-, Dienst- und andere Unternehmer. Die Erfüllung solcher Verträge diene eigenen Zwecken, wobei zugleich eine Förderung der fremden Betriebszwecke eintrete. Zudem seien sämtliche Fallkonstellationen, in denen das BAG maßgeblich auf die Förderung eines fremden Betriebszweckes abstellte, schon über die Verlagerung des arbeitsbezogenen, also des personenbezogenen Weisungsrechts sachgerecht zu lösen.400 Angesichts der geäußerten Kritik stellt sich die Frage, ob man das Kriterium der Förderung eines fremden Betriebszweckes tatsächlich berücksichtigen muss. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Förderung eines fremden Betriebszweckes keinen Eingang in den Wortlaut der Neuregelung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG gefunden hat. Ausgangspunkt der Betrachtung muss hier wiederum die Frage sein, welche konkrete Bedeutung der Gesetzgeber der Regelung des § 1 Abs. 1 AÜG beigemessen hat. Ein ausdrücklicher Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers hinsichtlich des Kriteriums der Förderung eines fremden Betriebszweckes lässt sich weder der Vorschrift selbst noch den entsprechenden Gesetzgebungsmaterialien entnehmen. Über den Wortlaut hinaus ist aber auch hier im Wege der historischen, auf die Materialien gestützten Auslegung401 unter Verweis auf die der Kodifizierung vorangegangene Rechtsprechung das Kriterium der Förderung eines fremden Betriebszweckes heranzuziehen. Dem Merkmal der Förderung eines fremden Betriebszweckes kommt dann eine entscheidende Bedeutung zu, wenn ein drittbezogener Arbeitseinsatz im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes oder eines Gemeinschaftsprojektes in Rede steht.402 Während der Arbeitseinsatz im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes oder eines Gemeinschaftsprojektes gerade durch die Förderung des eigenen Betriebszweckes charakterisiert wird, zeichnet sich die Arbeitnehmerüberlassung durch die Überlassung eines Arbeitnehmers zur Förderung eines fremden Betriebszweckes aus. Bedeutung kommt dem Merkmal also insbesondere bei der Abgrenzung gegenüber dem Fremdpersonaleinsatz im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes zu. Da nach Auffassung des BAG eine „Überlassung“ nicht bereits dann vorliegt, wenn das Fremdpersonal Weisungen Dritter zu befolgen hat, sondern nur, wenn ein fremder 399

Hunold, NZA-RR 2012, 113 (115). Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 131; zustimmend Petri, Das Phänomen „Arbeitgeberzusammenschlüsse“, S. 69 f. 401 BT-Drs. 18/9232, S. 19. 402 In diesem Sinne Rieble, ZfA 2013, 137 (150) Fn. 38, der sich indes ausschließlich auf die Abgrenzung zum Gemeinschaftsbetrieb bezieht. 400

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Betriebszweck gefördert wird, wird das Merkmal bei Gemeinschaftsprojekten, bei denen es der spiegelbildlichen Voraussetzung des Gemeinschaftsbetriebes gerade nicht bedarf, relevant. Jedenfalls im Regelfall der Arbeitnehmerüberlassung wird sich eine solche Förderung ohne Weiteres feststellen lassen. Dem Rekurs auf das die Arbeitnehmerüberlassung beschränkende Merkmal der Förderung eines fremden Betriebszweckes steht die geäußerte Kritik nicht entgegen. Bereits der Einwand, das Kriterium sei zu unscharf, vermag nicht zu überzeugen. Hamann weist insoweit darauf hin, dass auch das gewerbsmäßige Verleihunternehmen mit der Personalgestellung zumindest primär eigene Zwecke verfolge. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass mit dem Betriebszweck der arbeitstechnische und nicht der wirtschaftliche Zweck gemeint ist. Dies stellte das BAG in einem anderen Kontext zutreffend fest.403 Während der arbeitstechnische Zweck bei der Arbeitnehmerüberlassung auf die Überlassung von Arbeitnehmern zur Förderung der fremden Betriebszwecke gerichtet ist, zielt der arbeitstechnische Zweck des Werk-, Dienst- oder sonstigen Unternehmers nicht auf die Personalgestellung, sondern auf die Erfüllung der insoweit bestehenden Verbindlichkeit ab. Der arbeitstechnische Zweck ist dann in der Herstellung eines Werkes i. S. d. § 631 BGB oder aber der Leistung der versprochenen Dienste gem. § 611 BGB zu sehen. Während die Arbeitnehmerüberlassung daher auf die „finale“, d. h. unmittelbare Förderung des fremden Betriebszweckes gerichtet ist, fördert der Werk- oder sonstige Unternehmer nur mittelbar den fremden arbeitstechnischen Betriebszweck.404 Auch der Einwand, die vom BAG entschiedenen Fälle,405 in denen das BAG maßgeblich auf die Förderung eines fremden Betriebszweckes rekurrierte, ließen sich sachgerecht über die Verlagerung des Weisungsrechts lösen, überzeugt nur bedingt. Da eine Übertragung der Weisungsbefugnis wohl regelmäßig nur dann vorliegen wird, wenn auch der fremde Betriebszweck gefördert werden soll, kommt man bei ausschließlicher Betrachtung anhand der Verlagerung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts vielfach zum gleichen Ergebnis. Dies gilt jedoch jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitnehmer Weisungen Dritter zu befolgen hat und gleichwohl der eigene Betriebszweck des personalgestellenden Unternehmen gefördert wird.406 Obschon der Mehrwert des Merkmals für die Findung sachgerechter Ergebnisse mitunter gering sein mag, so ist de lege lata über den Wortlaut des § 1 Abs. 1 AÜG hinaus gleichwohl die Einschränkung der Arbeitnehmerüberlassung zu beachten. Das Merkmal spiegelt dogmatisch die Unterscheidung zwischen der Übertragung des Weisungsrechts auf einen Dritten zur Verfolgung der fremden Betriebszwecke

403 404 405 406

BAG v. 17. 12. 1985 – 1 ABR 78/83, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 15. So Winkler, Onsite-Werkverträge, S. 271 f. S. hierzu die Nachweise bei Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 131. S. hierzu BAG v. 25. 10. 2000 – 7 AZR 487/99, AP AÜG § 10 Nr. 15.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

371

und der Bevollmächtigung zur Weisungsausübung i. S. d. §§ 164 ff. BGB wider.407 Handelt es sich insoweit lediglich um eine Bevollmächtigung zur Ausübung des Weisungsrecht im eigenen Interesse des Vertragsarbeitgebers, so scheidet eine unmittelbare Förderung des fremden Betriebszwecks aus. Bedeutung kann dem Merkmal etwa dann zukommen, wenn die unternehmerische Zusammenarbeit auf die Durchführung im Wege eines gemeinsamen Betriebes oder eines Gemeinschaftsprojektes gerichtet ist.408 d) Überlassung im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit Die Überlassung des Arbeitnehmers muss gem. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG ferner im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Verleihers erfolgen. Die Formulierung geht auf Art. 1 Abs. 2 der Leiharbeitsrichtlinie zurück. Da der Gesetzgeber den Vorgaben der Richtlinie gerecht werden wollte,409 kann auf die hierfür entwickelte Definition zurückgegriffen werden.410 Nach der Rechtsprechung des EuGH411 ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter und Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Jedenfalls bei der entgeltlichen Zurverfügungstellung von Personal ist von einer wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Sinne auszugehen.412 Ob die Arbeitnehmerüberlassung den Haupt- oder Nebenzweck für einen Betrieb darstellt, ist ebenso unerheblich wie die Frage, ob der Arbeitnehmer in der eigenen Betriebsstätte tätig wird oder Dritten zur Arbeitsleistung überlassen wird.413 Das bisherige Merkmal der Gewerbsmäßigkeit wurde im Zuge der AÜG-Reform 2011 durch das Merkmal „im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit“ ersetzt.414 Da demnach keine Gewinnerzielungsabsicht mehr nötig ist, werden auch konzerninterne Personalführungsgesellschaften, die Arbeitnehmer lediglich gegen Erstattung

407 Vgl. hierzu Lembke, in: HWK, § 106 GewO Rn. 7a zur Matrix-Struktur; in diesem Sinne Moll, in: FS Wank, S. 375 (378 f.); zur Struktur des Weisungsrechts s. Zieske, in: Arbeitsrecht im Zeitalter der Digitalisierung, S. 31 – 51. 408 S. etwa BAG v. 25. 10. 2000 – 7 AZR 487/99, AP AÜG § 10 Nr. 15, aus den Gründen I.1. a) bb); s. hierzu auch Kapitel 3 C. IV. 409 BT-Drs. 17/4804, S. 8. 410 LAG Düsseldorf v. 26. 07. 2012 – 15 Sa 1452/11, BeckRS 2012, 71608; Christ, in: Moll MAH, § 66 Rn. 13; s. hierzu umfassend Thüsing/Thieken, DB 2012, 347 ff. 411 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), NZA 2017, 41, Rn. 44, v. 01. 07. 2008 – C-49/07 (MOTOE). 412 EuGH v. 17. 11. 2016 – C-216/15 (Ruhrlandklinik), NZA 2017, 41, Rn. 44 ff.; s. auch FW BA AÜG Ziff. 1.1.3. Abs. 1. 413 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 286; FW BA AÜG Ziff. 1.1.3. Abs. 2. 414 S. hierzu Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 276; Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 42.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

der Personalkosten und damit zum Selbstkostenpreis überlassen, nunmehr vom AÜG umfasst.415 Mit der Überlassung im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit steht auch die Notwendigkeit einer, auf eine gewisse Dauer angelegten Überlassung im Zusammenhang. Diese lässt sich seit der AÜG-Reform 2011 nicht mehr unmittelbar dem Merkmal der Gewerbsmäßigkeit entnehmen. Dennoch kann man nur dann von der Eröffnung des Anwendungsbereichs des AÜG ausgehen, wenn das Merkmal vorliegt. Dies ergibt sich nunmehr aus einem Umkehrschluss aus § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG, wonach die gelegentliche Überlassung insoweit nicht dem Anwendungsbereich des AÜG unterfällt, als die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.416 Die gelegentliche Überlassung, die nach § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG nicht dem Anwendungsbereich des AÜG unterfällt, stellt insoweit den Gegenbegriff zur auf Dauer angelegten Tätigkeit dar.417 Indes ist der Aussagegehalt des Terminus „gelegentlich“ nicht hinreichend geklärt.418 Nach dem gesetzgeberischen Willen sind jedenfalls strenge Anforderungen an dieses Erfordernis zu stellen.419 Nach Teilen der Literatur soll für die privilegierte gelegentliche Überlassung nur dann Raum sein, wenn der Anlass für die Überlassung unvorhersehbar sei und kurzfristig eintrete.420 Eine im Voraus geplante Überlassung stehe der Einstufung als „gelegentlich“ bereits entgegen.421 Andere stellen demgegenüber maßgeblich auf den zeitlichen Umfang der Überlassung ab.422 Eine gelegentliche Überlassung liege nur dann vor, wenn die Überlassung die Ausnahme bliebe, d. h. die Personentage im Entleiher-Betrieb von äußerst geringem Ausmaß seien. Zudem dürften die soziale Sicherheit des Arbeitnehmers und der Arbeitsmarkt nicht gefährdet werden.423 Unabhängig von den hinzutretenden Zweifeln an der Unionsrechtskonformität424 kann ein Streitentscheid für die Zwecke der vorliegenden Arbeit dahinstehen. Der Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler 415

S. hierzu näher Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 287 ff.; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 38; Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 42. Die Vorhaltung eines konzerninternen Verleihunternehmens kann daher auch im Kontext des Fremdpersonaleinsatzes im Rahmen von agilen Projekten keinen Mehrwert aufweisen, vgl. jedoch auch § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG. 416 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 40. 417 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 40; Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 44. 418 S. zum Streitstand Evermann, NZA 2018, 751 ff.; Happ/van der Most, BB 2017, 2809 ff.; s. auch Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 686, der darauf hinweist, dass das Merkmal zu konturlos und rechtsstaatlich bedenklich sei. 419 BT-Drs. 17/4804, S. 8. 420 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 677a; J. Ulber, in: Ulber, § 1 AÜG Rn. 501 m. Verw. a. BAG v. 18. 07. 2012 – 7 AZR 451/11, AP TzBfG § 14 Nr. 98. 421 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 677a. 422 Happ/van der Most, BB 2017, 2809 ff. 423 So Happ/van der Most, BB 2017, 2809 (2815). 424 S. hierzu Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 687; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 85; J. Ulber, in: Ulber, § 1 AÜG Rn. 499.

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Projekte ist regelmäßig im Voraus geplant. Zudem wird die Tätigkeit während der gesamten Projektdauer und gerade nicht während einer zeitlich unbedeutenden Ausnahmesituation wie einem kurzfristigen Spitzenbedarf erbracht. Hinzukommt, dass gerade in den kritischen Fällen der Scheinwerk- und Scheindienstverträge ein besonderes soziales Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer besteht. Daher wird man es im Fall des Fremdpersonaleinsatzes grundsätzlich nicht mit einer nur gelegentlichen Überlassung zu tun haben. 4. Rechtsfolgen der illegalen Arbeitnehmerüberlassung Mit der Feststellung einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung gehen vielfältige Rechtsfolgen einher. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich dabei auf die Darstellung derjenigen, die unmittelbaren Einfluss auf das Rechtsverhältnis der Beteiligten haben. Handelt es sich bei dem Fremdpersonaleinsatz nach seinem objektiven Geschäftsinhalt tatbestandlich um eine Arbeitnehmerüberlassung, so stellt § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG klar, dass die tatsächliche Durchführung für die rechtliche Einordnung maßgeblich ist.425 Die illegale bzw. verdeckte Arbeitnehmerüberlassung betrifft indes nicht nur das Rechtsverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher, sondern auch das zwischen Arbeitnehmer und Verleiher und zwischen Arbeitnehmer und Entleiher. a) Unwirksamkeitsgründe gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 1b AÜG Zentrale Bedeutung kommt den Unwirksamkeitsgründen des § 9 AÜG zu. Gemeinsam mit § 10 AÜG sichert die Vorschrift des § 9 AÜG die gesetzlichen regulatorischen Vorgaben der Arbeitnehmerüberlassung ab.426 Durch die in § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 1b AÜG enumerativ aufgeführten Unwirksamkeitsgründe wird die in § 10 Abs. 1 AÜG geregelte Fiktion eines Arbeitsverhältnis zwischen dem illegal überlassenen Leiharbeitnehmer und dem Entleiher vorbereitet.427 Die in § 9 AÜG vorgesehene Rechtsfolge der Unwirksamkeit wirkt sich auf gleich mehrere Rechtsbeziehungen aus. Darüber hinaus kann zudem ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 12 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 125 S. 1 BGB zur Unwirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages führen.428 Die Rechtsfolgen sollen dabei nicht nur die unzulässigen Überlassungspraktiken zivilrechtlich sanktionieren, sondern insbesondere auch die Interessen der Arbeitnehmer schützen. Der Schutz der Leihar425 BAG v. 18. 01. 2012 – 7 AZR 723/10, AP AÜG § 9 Nr. 10; v. 13. 08. 2008 – 7 AZR 269/ 07, AP AÜG § 10 Nr. 19; v. 01.1991 – 7 AZR 497/89, AP AÜG § 10 Nr. 8; s. auch bereits die Ausführungen und Nachweise zum Rechtsformzwang in Kapitel 3 B. 426 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 1; kritisch zur Sanktion durch das Zivilrecht, Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 1 Rn. 61. 427 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 1; Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 7. 428 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 9.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

beitnehmer wird in den Gesetzgebungsmaterialien wiederholt hervorgehoben.429 Im Zuge der AÜG-Reform wurde in § 9 Abs. 2, 3 AÜG zudem die ausdrückliche Möglichkeit eingeräumt, die Rechtsfolge der §§ 9, 10 AÜG durch eine sog. Festhaltenserklärung zu verhindern. aa) Folgen der fehlenden Überlassungserlaubnis, § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG Der wohl wichtigste Unwirksamkeitsgrund ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG.430 Fehlt dem Verleiher die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, so sind sowohl die Verträge zwischen dem Verleiher und dem Entleiher als auch der Leiharbeitsvertrag zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher unwirksam. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 AÜG wird der Leiharbeitsvertrag nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, er halte an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher fest. Die formalen Voraussetzungen der Festhaltenserklärung ergeben sich aus § 9 Abs. 2, 3 AÜG. Fehlt dem Verleiher die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis oder fällt eine solche weg, so tritt die Unwirksamkeit unabhängig von einer etwaigen Kenntnis des Entleihers oder des Leiharbeitnehmers ein. Gem. §§ 11 Abs. 3 S. 1, 12 Abs. 2 S. 1 AÜG muss der Verleiher im Fall des Wegfalls der Erlaubnis jedoch den Leiharbeitnehmer und den Entleiher hierüber unterrichten.431 Die Unwirksamkeit tritt allerdings nicht ein, wenn der Vertrag im Fall einer Rücknahme, eines Widerrufes oder einer Nichtverlängerung der Erlaubnis innerhalb der Abwicklungsfrist des § 2 Abs. 4 S. 4 AÜG abgewickelt wird.432 Ferner führt nicht bereits die Vereinbarung der Beteiligten über eine beabsichtigte Überlassung des Arbeitnehmers an einen Entleiher zur Unwirksamkeit. Erforderlich ist die tatsächliche Überlassung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung an den Entleiher.433 Auch Scheindienst- oder Scheinwerkverträge, in denen vermeintliche Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers zur Vertragserfüllung eingesetzt werden, werden von § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG erfasst.434

429 So schon BT-Drs. VI/2303, S. 16; zuletzt BT-Drs. 18/9232, S. 26; s. hierzu Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 2. 430 So auch Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 8; Ulrici, in: Ulrici, § 9 AÜG Rn. 16; a. A. J. Ulber, in: Ulber, § 9 AÜG Rn. 3, der der getroffenen Regelung lediglich eine deklaratorische Funktion beimisst. 431 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 3; Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 11 f. 432 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 3. 433 BAG v. 20. 01. 2016 – 7 AZR 535/13, AP AÜG § 1 Nr. 38. 434 Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 7 m. w. N.

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(1) Rechtsfolgen für den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Ein wirksamer Arbeitnehmerüberlassungsvertrag setzt nicht nur die Einhaltung der Schriftform gem. § 12 Abs. 1 AÜG, sondern darüber hinaus die Erlaubnis zur Überlassung voraus.435 Mangelt es im Fall der Überlassung von Arbeitnehmern daher an der Erlaubnis des Verleihers, so tritt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG mit sofortiger Wirkung die Unwirksamkeit ein und beendet das Vertragsverhältnis für die Zukunft.436 Bei bereits in Vollzug gesetzten Rechtsverhältnissen scheidet eine auf die Zukunft gerichtete Heilung durch nachträgliche Erteilung der Erlaubnis aus.437 Auch die Fortführung eines unwirksamen Vertrages kann angesichts des Schriftformerfordernisses in § 12 Abs. 1 AÜG, der fehlenden Bezeichnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sowie einer fehlenden Konkretisierung des Arbeitnehmers nicht zu einem wirksamen, konkludent neu abgeschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag führen.438 Ist der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag daher unwirksam, bestehen keine Leistungspflichten im Verhältnis zwischen Verleiher und Entleiher.439 Bereits ausgetauschte Leistungen sind angesichts der Unwirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages bereicherungsrechtlich zurückzugewähren.440 Die Annahme eines fehlerhaften Arbeitnehmerüberlassungsverhältnisses scheidet sowohl im Fall der fehlenden Erlaubnis als auch im Fall der Nichteinhaltung der Schriftform aus.441 Darüber hinaus sind Schadensersatzansprüche aus Vertrauenshaftung und deliktische Ansprüche in Betracht zu ziehen.442 Diese Rechtsfolgen treten stets im Fall der Scheinwerk- und Scheindienstverträge ohne Überlassungserlaubnis ein.443 Gerade missbräuchliche Werkvertragsgestaltungen wollte der Gesetzgeber mit der Gesetzesnovelle zum 01. 04. 2017 verhindern.444 Das für die Leiharbeitnehmer eingeführte Widerspruchsrecht ist für das Rechtsverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher hingegen ohne Bedeutung.445 Ist der Vertrag zwischen dem Unternehmen als vermeintlichem Auftraggeber und dem Dienstleister als vermeintlichem Auftragnehmer unwirksam, so führt dies zu erheblichen Folgeproblemen. Denn die Unwirksamkeitsfolge erstreckt sich nach dem Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses 435

Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 54. Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 16. 437 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 8; Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 14. 438 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 8; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 59. 439 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 6; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 54. 440 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 6; s. zu den Einzelheiten Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 16 f. 441 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 6; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 55 m. w. N. 442 Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 16. 443 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 54. 444 BT-Drs. 18/9232, S. 2. 445 Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 16. 436

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gem. § 139 BGB regelmäßig auf den gesamten Vertrag.446 Dies führt insbesondere bei Entwicklungsverträgen zu Schwierigkeiten. Typischerweise regeln die entsprechenden Verträge nämlich auch die Zuordnung der Rechte am zu realisierenden Ergebnis sowie die Haftungsfragen. Auch diese Regelungen sind jedoch unwirksam. Im Einzelfall kann dies auch ein erhebliches Drohpotenzial in sich bergen. Diese Rechtsfolge kann für das auftraggebende Unternehmen mitunter deutlich gefährlicher sein als die Fiktion des § 10 AÜG mit seinen Rechtsfolgen. Möchte sich eine Partei nicht mehr an die Vereinbarung halten, so erhöht bereits die Drohung, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen, erheblich den Druck auf etwaige Nachverhandlungen. Da noch immer viele Dienstleister über eine entsprechende Verleiherlaubnis verfügen,447 ergibt sich die Unwirksamkeit oftmals aus einem Verstoß gegen §§ 1 Abs. 1 S. 5, 12 Abs. 1 S. 1 AÜG i. V. m. § 125 S. 1 BGB. (2) Rechtsfolge für das Leiharbeitsverhältnis Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG ist im Fall der fehlenden Erlaubnis zudem der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag verwiesen werden. Durch die Unwirksamkeit wird die in § 10 Abs. 1 AÜG geregelte Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem illegal überlassenen Leiharbeitnehmer und dem Entleiher vorbereitet.448 Mit der AÜG-Reform zum 01. 04. 2017 hat der Gesetzgeber jedoch ein Widerspruchsrecht des Leiharbeitnehmers in Form einer Festhaltenserklärung eingeführt. Wird eine solche gem. § 9 Abs. 2, 3 AÜG wirksam erklärt, so bleibt das Leiharbeitsverhältnis entgegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG wirksam. Die Festhaltenserklärung soll nach dem Willen des Gesetzgebers dem Leiharbeitnehmer die Möglichkeit einräumen, autonom über die „Überleitung“ zum neuen Arbeitgeber zu verfügen.449 Gerade in besonderen Situationen, etwa wenn der Entleiher in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist oder der Kündigungsschutz nur eingeschränkt greift, kann es entgegen dem Regelfall der illegalen Arbeitnehmerüberlassung dem Willen des Leiharbeitnehmers entsprechen, sein Arbeitsverhältnis zum Verleiher fortzusetzen. Durch das Widerspruchsrecht sollte explizit den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die „Zwangsüberleitung“450 im Hinblick auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begegnet werden.451 Damit reagierte der Gesetzgeber auf die bereits vor der

446

So ausdrücklich Brors, in: Schüren/Hamann, § 12 AÜG Rn. 12. S. bereits Kapitel 3 C. I. 448 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 1; Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 7. 449 S. BT-Drs. 18/9232, S. 25. 450 So ausdrücklich Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 19. 451 BT-Drs. 18/9232, S. 25; s. hierzu auch Henssler, RdA 2017, 83 (99); Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 27; Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 19. 447

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Reform vorgebrachten Bedenken des BAG,452 wonach die erzwungene Auswechslung des Arbeitgebers verfassungsrechtlich bedenklich wäre.453 Entgegen einiger Stimmen im Schrifttum454 nehmen die bürokratischen Hürden bei der Festhaltenserklärung455 jedoch noch kein derartiges Ausmaß an, dass daraus eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift resultiert.456 Bei der Festhaltenserklärung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht,457 welches bedingungsfeindlich ist.458 Die Erklärung kann nach Wahl des Leiharbeitnehmers sowohl gegenüber dem Verleiher als auch gegenüber dem Entleiher abgegeben werden. Die Erklärung muss dem Verleiher oder Entleiher schriftlich binnen eines Monats zugehen. In den Fällen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 1a AÜG beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, den Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehen haben. Im Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die Höchstüberlassungsdauer überschritten wird.459 In Ermangelung einer ausdrücklichen Aussage des Gesetzes ist es jedoch fraglich, ob bereits die Erfüllung des objektiven Tatbestands für den Fristbeginn maßgebend ist oder ob es auf die Kenntnis des Leiharbeitnehmers ankommt.460 Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass es aufgrund einer eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers nicht auf die Kenntnis des Leiharbeitnehmers ankomme.461 Der Gesetzgeber habe bereits während des Gesetzgebungsverfahrens das Problem gekannt.462 Gleichwohl habe er die Einwände nicht aufgegriffen.463 Möchte man hierin eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers sehen, so kann man nicht 452

BAG v. 10. 12. 2013 – 9 AZR 51/13, AP AÜG § 1 Nr. 34, Rn. 34; s. auch BAG v. 20. 01. 2016 – 7 AZR 535/13, AP AÜG § 1 Nr. 38, Rn. 53 wo eine verfassungskonforme Auslegung von §§ 9, 10 AÜG erwogen wurde; s. hierzu auch Tuengerthal/Hennecke, BB 2017, 1652 (1653 ff.). 453 Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (17). 454 Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (17); Lembke, NZA 2017, 1 (10); Tuengerthal/ Hennecke, BB 2017, 1652 (1659 f.). 455 Zu den Einzelheiten s. §§ 9 Abs. 2, 3 AÜG; s. auch Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 28 ff.; Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 79 ff.; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 120 ff.; J. Ulber, in: Ulber, § 9 AÜG Rn. 52 ff. 456 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 27; a. A. Tuengerthal/Hennecke, BB 2017, 1652 (1659), die meinen, das Verfahren würde die Festhaltenserklärung ad absurdum führen, sodass sie letztlich „außerhalb des Vorstellungshorizontes der Verfassung“ sei. 457 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 28. 458 BT-Drs. 18/9232, S. 26. 459 BT-Drs. 18/9232, S. 26; s. auch Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 28. 460 S. zum Streitstand Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 22. 461 So Deinert, RdA 2017, 65 (80); Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 28; Wank, RdA 2017, 100 (113). 462 Wank, RdA 2017, 100 (113); s. hierzu Stellungnahme der BDA in der Anhörung vom 17. 10. 2016, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 37; Stellungnahme des DGB in der Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 22; DAV, RdA 2016, 173 (175). 463 Deinert, RdA 2017, 65 (80).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

ergänzend die Kenntnis des Leiharbeitnehmers fordern.464 Für ein solches Verständnis lässt sich nicht nur, wenn auch mit schwachem Gewicht, anführen, dass die Kenntnis keinen Eingang in den Wortlaut der Vorschrift gefunden hat, obwohl dies bei anderen Vorschriften teilweise der Fall ist.465 Zudem war bereits bei der alten Gesetzesfassung unstreitig, dass es für die Unwirksamkeitsfolge und die Fiktion des § 10 AÜG nicht der Kenntnis des Leiharbeitnehmers bedurfte.466 Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass sich die tatsächliche Durchführung insbesondere in den kritischen Fällen des „Umschlagens“ eines Werk- oder Dienstvertrages in eine typologische Arbeitnehmerüberlassung erst schrittweise zur Arbeitnehmerüberlassung verstetigt.467 Dies kann dazu führen, dass der Leiharbeitnehmer trotz des „Umschlagens“ keine Kenntnis von den die Unwirksamkeit begründenden Tatsachen hat.468 Daher liegt es nahe, über den offenen Wortlaut hinaus die Kenntnis des Leiharbeitnehmers zu fordern.469 Gerade vor dem Hintergrund, dass das Widerspruchsrecht dem Schutz des Leiharbeitnehmers vor Nachteilen dienen soll, erscheint es fernliegend, den Schutz gerade in Grenzfällen, in denen eine Feststellung der objektiven Gegebenheiten erschwert wird, zu beschneiden.470 Dies gilt umso mehr, als keine an § 613a Abs. 5, 6 BGB orientierte Unterrichtung über die tatsächlichen Umstände und deren Relevanz für die Frist vorgesehen ist.471 Insbesondere deutet die Gesetzesbegründung auf die Berücksichtigung einer subjektiven Komponente hin.472 So entspricht es laut den Materialien dem Gedanken des Arbeitnehmerschutzes, dass die Erklärung erst während des Laufs der Monatsfrist und somit in Kenntnis der alternativen Vertragspartner abgegeben werde.473 Der Gesetzgeber scheint daher davon auszugehen, dass sich der Leiharbeitnehmer über das ihm zustehende Wahlrecht bewusst sein müsse. Das eingeräumte Widerspruchsrecht ergibt nur dann Sinn, wenn der Leiharbeiternehmer

464

Vgl. Wank, RdA 2017, 100 (113). Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22 (24). 466 Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 22. 467 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 262; Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (17). 468 Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 22. 469 So auch Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 263; Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22 (24); Lembke, NZA 2017, 1 (9 f.); Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 22. 470 S. hierzu auch Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 262 f.; Bissels/Falter, ArbRAktuell 2017, 33 (35); Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22 (24); Lembke, NZA 2017, 1 (9 f.); Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 22. 471 Bissels/Falter, ArbRAktuell 2017, 33 (35); Lembke, NZA 2017, 1 (9). 472 So auch Bissels/Falter, ArbRAktuell 2017, 33 (35 f.); Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22 (24); Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (17); Lembke, NZA 2017, 1 (9 f.). 473 S. BT-Drs. 18/9232, S. 26. 465

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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positiv weiß, dass die tatsächlichen Umstände überhaupt ein solches begründen.474 Insofern könnte es naheliegen, die bloße Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen ausreichen zu lassen.475 In einem anderen Kontext hat das BAG476 nur geringe Anforderungen an die fristauslösende Kenntnis gestellt und bereits die Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen ausreichen lassen.477 Die Kenntnis der Frist und die für die Ausübung der Rechte zutreffende rechtliche Bewertung der maßgeblichen Tatsachen wurden vom BAG in diesem Fall vorausgesetzt.478 Indes scheint der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ein noch weitergehendes Verständnis der Kenntnis zugrunde zu legen. Die Prämisse, dass der Leiharbeitnehmer während des Laufs der Monatsfrist Kenntnis von dem alternativen Vertragspartner hatte, deutet darauf hin, dass dieser nicht nur die maßgeblichen Tatsachen kennen, sondern die entsprechende Bewertung anstellen musste. Freilich ist nicht zu verkennen, dass die Gesetzgebungsmaterialien im vorliegenden Fall selbst auslegungsbedürftig sind.479 Auch dabei sprechen aber die besseren Argumente, nicht nur aufgrund des Wortlauts, sondern insbesondere aufgrund des von den Verfassern selbst hervorgehobenen Zweckes des Arbeitnehmerschutzes dafür, die Kenntnis der rechtlichen Beurteilung als subjektive Komponente für den Fristbeginn zu fordern. Die in § 9 Abs. 2 AÜG vorgesehenen Regelungen ergänzen die Vorgaben zum Widerspruchsrecht und zur Festhaltenserklärung. Die entgegen der anfänglichen Gesetzesentwürfe480 nunmehr enthaltenen Restriktionen481 stellen eine Reaktion auf die bereits während des Gesetzgebungsverfahrens geäußerte Kritik dar, wonach eine uneingeschränkte Festhaltenserklärung missbrauchsgeneigt sei und ein Ersatz für die Vorratserlaubnis gewesen wäre.482 Die Regelung wurde erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales483 in das Gesetz aufgenommen. Während des Gesetzgebungsverfahrens war die Befürchtung geäußert worden, das bloße Verbot einer Voraberklärung könne zu einer wahrheitswidrigen Vordatierung führen.484 Damit steht die Regelung des § 9 474 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 263, der auch die grob fahrlässige Unkenntnis ausreichen lassen möchte; Bissels/Falter, ArbRAktuell 2017, 33 (35 f.); Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 22. 475 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 263; Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22 (24). 476 Im Kontext von Ausschlussfristen, BAG v. 18. 02. 2016 – 6 AZR 628/14, NZA-RR 2016, 330. 477 S. hierzu Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22 (24). 478 Hamann/Rudnik, NZA 2017, 22 (24). 479 Dabei stellt sich das methodische Problem der Auslegungsbedürftigkeit von Materialien. 480 Vgl. hierzu etwa BT-Drs. 18/9232, S. 9 f. 481 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 116. 482 S. hierzu Brors, NZA 2016, 672; Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 79; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 116; Schüren/Fasholz, NZA 2015, 1473 (1475). 483 BT-Drs. 18/10064, S. 16. 484 Düwell, Ausschussdrucksache 18(11)761neu, S. 83.

380

Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Abs. 3 S. 1 AÜG in Zusammenhang. Hiernach ist eine Festhaltenserklärung, die vor Beginn der Monatsfrist nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 1b AÜG abgegeben wurde, unwirksam. Dadurch sollen sog. Voraberklärungen verhindert werden.485 Zudem gilt gem. § 9 Abs. 3 S. 2 AÜG die Unwirksamkeit trotz einer erklärten Festhaltenserklärung, wenn die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt wird.486 bb) Folgen der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung, § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG Die Norm des § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG wurde durch die AÜG-Reform 2017 eingefügt. Der Gesetzgeber bezweckte damit die Bekämpfung der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung.487 Vor der Reform konnten Unternehmen für den Fall, dass ein vermeintlicher Werk- oder Dienstvertrag sich tatsächlich als Arbeitnehmerüberlassung darstellte, eine Verleiherlaubnis vorhalten, sog. Vorratserlaubnis. Wurde der Widerspruch aufgedeckt, so konnte sich der vermeintliche Werkunternehmer auf die vorgehaltene Überlassungserlaubnis berufen und die Rechtsfolgen der §§ 9, 10 AÜG vermeiden.488 Insbesondere wurde gerade kein Arbeitsverhältnis zum Entleiher gem. § 10 Abs. 1 AÜG fingiert.489 Da der Vorratserlaubnis auch in Fällen der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung eine Legalisierungswirkung zukam,490 konnten Verleiher und Entleiher missbräuchliche Formen des Werkvertragseinsatzes absichern. Diese Möglichkeit wurde als sog. Fallschirmlösung bezeichnet.491 Besonders im Graubereich zwischen „echtem“ Werkvertrag und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung, wie etwa bei langfristigen IT-Projekten, die in gemischten Teams und onsite beim Auftraggeber durchgeführt wurden, konnte die Vorratserlaubnis als „best practice“ bezeichnet werden.492 Die Fallschirmlösung wurde erst durch den Umstand ermöglicht, dass auch sog. Mischunternehmen, die nicht nur Arbeitnehmerüberlassung betreiben, als Verleiher i. S. d. AÜG tätig werden können.493 Der Gesetzgeber widmete sich der Praxis der missbräuchlichen Werkverträge und der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung und stellte mit § 9 Abs. 1 Nr. 1a i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 5, 6 AÜG zusätzliche Vorkehrungen gegen missbräuchliche Erscheinungsformen des 485

BT-Drs. 18/10064, S. 16. S. Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 116, der auf die in der ursprünglichen Fassung auch nach vorne wirkende Festhaltenserklärung verweist. 487 BT-Drs. 18/9232, S. 2. 488 BT-Drs. 18/9232, S. 16; zu den gleichwohl eintretenden Rechtsfolgen s. Hamann/ Rudnik NZA 2015, 449 (453). 489 BAG v. 12. 07. 2016 – 9 AZR 359/15, BeckRS 2016, 74834; v. 10. 12. 2013 – 9 AZR 51/ 13, AP AÜG § 1 Nr. 34; s. hierzu Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 9. 490 BAG v. 12. 07. 2016 – 9 AZR 359/15, BeckRS 2016, 74834, Rn. 21; Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 193; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 13; a. A. Brose, DB 2014, 1739 ff. 491 Höpfner, in: HWK, § 9 AÜG Rn. 28; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 4; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 130. 492 So Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 193. 493 Brose, DB 2014, 1739. 486

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

381

Fremdpersonaleinsatzes auf.494 Nach § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG haben Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, sog. Kennzeichnungspflicht.495 Dies muss vor der Überlassung oder dem Tätigwerden erfolgen. Nach § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG muss darüber hinaus die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag konkretisiert werden, sog. Konkretisierungspflicht.496 Das Offenlegungsgebot der Sätze 5 und 6 dient daher dazu, die Fallschirmlösung auszuschließen.497 Das Offenlegungsgebot wird durch § 11 Abs. 2 S. 4 AÜG, wonach der Verleiher den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber informieren muss, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird, ergänzt.498 (1) Rechtsfolgen für den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG trifft keine Aussage zur Unwirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages. Hieraus darf aber keinesfalls der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag im Fall der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung wirksam wäre.499 Zwar ergibt sich die Unwirksamkeit nicht aus § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG, doch geht mit dem auf die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung gerichteten Vertrag zugleich ein Verstoß gegen §§ 1 Abs. 1 S. 5, 12 Abs. 1 S. 1 AÜG i. V. m. § 125 S. 1 BGB einher, der zur Unwirksamkeit des Vertrages führt.500 Auch insoweit zeigen sich die Risiken, die gerade mit Blick auf etwaige Haftungsvereinbarungen oder Rechtezuweisungen bestehen.501 (2) Rechtsfolge für das Leiharbeitsverhältnis Wird gegen das Offenlegungsverbot nach § 1 Abs. 1 S. 5 und 6 AÜG verstoßen, so ordnet § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer an. Zudem wird nach § 10 Abs. 1 AÜG zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis fingiert.

494 BT-Drs. 18/9232, S. 19, 27; kritisch zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Vorratserlaubnis, Greiner, NZA 2018, 745 (747 f.). 495 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 43. 496 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 43. 497 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 43; Schüren/Pütz, NZA 2017, 483. 498 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 82. 499 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 84; so aber; Lembke, NZA 2017, 1 (9); Ulrici, in: Ulrici, § 9 AÜG Rn. 70. 500 Bissels, NZA 2017, 214 (215); Höpfner, in: HWK, § 12 AÜG Rn. 2; Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (15); Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 84; a. A. Ulrici, in: Ulrici, § 12 AÜG Rn. 11. 501 S. hierzu bereits Kapitel 3 C. I. 4. a) aa) (1).

382

Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Insbesondere angesichts der weitreichenden Rechtsfolgen ist insoweit umstritten, ob bereits ein singulärer502 Verstoß gegen eine der beiden Pflichten nach § 1 Abs. 1 S. 5 und 6 AÜG die Unwirksamkeit auslöst oder ob es eines kumulativen503 Verstoßes bedarf.504 Für die Erforderlichkeit eines kumulativen Verstoßes spricht der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG, welcher durch das Wort „und“ eine kumulativen Verstoß nahelegt.505 Allerdings darf man auch hier nicht beim Wortlaut stehen bleiben, sondern muss wiederum den gesetzgeberischen Willen erforschen. In den Gesetzgebungsmaterialien heißt es, mit der Neuregelung des § 1 Abs. 1 S. 5 und 6 AÜG sollen missbräuchliche Gestaltungen des Fremdpersonaleinsatzes in Form der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung vermieden werden. Der vermeintliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber sollen bei Vorlage einer Erlaubnis nicht bessergestellt sein als derjenige, der ohne die erforderliche Erlaubnis Arbeitnehmerüberlassung betreibt. Die Arbeitnehmerüberlassung hat deshalb nach den Sätzen 5 und 6 zwingend offengelegt zu erfolgen.506 Dieser Aussage lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres entnehmen, dass der Gesetzgeber bereits einen singulären Verstoß gegen die Sätze 5 und 6 ausreichen lassen wollte.507 Insoweit sind die Materialien selbst auslegungsbedürftig. Anhand der Gesetzesbegründung zeigt sich, dass Satz 6 die Regelung des Satzes 5 insbesondere für die Fälle flankieren sollte, in denen die Vertragsparteien auf eine rahmenvertragliche Gestaltung zurückgreifen.508 Die Aufnahme des Satzes 6 während des Gesetzgebungsverfahrens sollte insoweit lediglich der Absicherung des Satzes 5 vor rahmenvertraglichen Gestaltungsformen dienen, in denen mittels eines Arbeitskräftekontingents ansonsten wiederum eine Verwässerung der Offenlegung möglich wäre.509 Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention, die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung umfassend zu bekämpfen, spricht viel dafür, bereits einen singulären Verstoß für die Unwirksamkeit ausreichen zu lassen.510 Ohnehin werden in der Praxis im Fall der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung beide Pflichtverstöße regelmäßig zusammenfallen.511 Insbesondere in den Fällen, in denen die Vertragsparteien davon ausgehen, einen Werk502

Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 420; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 44; J. Ulber, in: Ulber, § 9 AÜG Rn. 60; Ulrici, in: Ulrici, § 9 AÜG Rn. 67. 503 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 243 f.; Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 9 AÜG Rn. 30; Lembke, NZA 2017, 1 (8). 504 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 44; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 87 ff. 505 Bissels, NZA 2017, 214 (216); Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 87; anders jedoch Ulrici, in: Ulrici, § 9 AÜG Rn. 67, der in der Verwendung des Wortes „und“ ein Redaktionsversehen sieht. 506 BT-Drs. 18/9232, S. 19 f. 507 In diesem Sinne Henssler, RdA 2017, 83 (88). 508 BT-Drs. 18/9232, S. 19 f. 509 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 44. 510 Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 44; J. Ulber, in: Ulber, § 9 AÜG Rn. 60. 511 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 245; Lembke, NZA 2018, 393 (396); im Ergebnis auch Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 90.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

383

oder Dienstvertrag geschlossen zu haben und sich erst nachträglich Weisungen durch den Auftraggeber einschleichen, wird man kaum einmal eine Kennzeichnung oder Konkretisierung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 5, 6 AÜG feststellen können.512 Entgegen einiger Literaturstimmen kann man ferner keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG und die damit einhergehende Rechtsfolge erheben.513 Die Gegenansicht stützt sich maßgeblich auf einen vermeintlichen Verstoß gegen das Übermaßverbot und die Gleichstellung von verdeckter und unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung. Einer Gleichstellung stünde insoweit die mangelnde Vergleichbarkeit entgegen.514 Wie sich aber bereits beim Rechtsformzwang gezeigt hat, ist der Gesetzgeber regelmäßig gezwungen, Massenphänomene der Arbeitswirklichkeit pauschalisierend und teilweise „überschießend“ zu regulieren. Dem Gesetzgeber obliegt hierbei ein weiter Gestaltungsspielraum.515 In der Praxis ließe sich kaum trennscharf differenzieren, ob es sich bei der werk- oder dienstvertraglichen Gestaltung um eine missbräuchliche Wahl handelt oder ob sich die die Arbeitnehmerüberlassung prägende Weisungsstruktur lediglich eingeschlichen hat und das Rechtsverhältnis „umgeschlagen“ ist. Daher ist eine pauschalisierende Regelung erforderlich und auch angemessen. Zudem wird das Rechtsverhältnis im Fall der schleichenden Entwicklung hin zu einer Arbeitnehmerüberlassung nur dann als solche eingeordnet, wenn die zum Vertragsschluss berechtigten Parteien Kenntnis davon haben oder haben müssten.516 Insofern obliegt es den Vertragsparteien selbst, einer abweichenden und die Rechtsfolgen der §§ 9, 10 AÜG auslösenden Vertragspraxis entgegenzuwirken. Obwohl zugleich redliche Unternehmer von dem Verbot der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung erfasst werden,517 ist das Verbot also dennoch verfassungsrechtlich unbedenklich. Da die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG und der Fiktion gem. § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG bereits bei einem singulären Verstoß gegen die Pflichten gem. § 1 Abs. 1 S. 5, 6 AÜG greifen, ist es folglich nicht möglich, im Fall der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zur Vermeidung der Rechtsfolgen lediglich eine Konkretisierung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG vorzunehmen.518 Da zudem die Wirkung der Festhaltenserklärung jedenfalls dann endet, wenn die illegale Überlassung fortgesetzt wird und gem. § 9 Abs. 2, 3 AÜG umfassende Anforderungen an diese zu stellen sind, 512 513 514 515 516

B. II. 517

Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 245. So aber Kainer/Schweipert, NZA 2017, 13 (15); Martina, RdA 2018, 167 ff. S. zum Ganzen Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 86. S. bereits die Ausführungen und Nachweise zum Rechtsformzwang in Kapitel 2 B. II. 2. S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise zum Rechtsformzwang in Kapitel 3

Kritisch insoweit Greiner, NZA 2018, 745 (747); Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 3 Rn. 42; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 43; Lembke, RdA 2017, 396. 518 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 89; Schüren/Pütz, NZA 2017, 483 ff.; so aber Bissels, NZA 2017, 214 (220), der entgegen dem gesetzgeberischen Anliegen meint, die Fallschirmlösung lebe zumindest teilweise weiter.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

kann die Festhalteerklärung die Fallschirmlösung nicht ersetzen.519 Der Arbeitnehmer kann jedoch eine Festhaltenserklärung abgeben und somit die Unwirksamkeitsfolge und die Fiktion nach § 10 Abs. 1 AÜG verhindern.520 cc) Folgen der Überschreitung der Leihfrist, § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG Im Zuge der AÜG-Reform wurde mit Wirkung zum 01. 04. 2017 § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG eingeführt. Sanktioniert werden hierdurch Verstöße gegen die Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG. (1) Rechtsfolgen für den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG trifft keine Aussage hinsichtlich der Unwirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages. Der Wortlaut beschränkt sich auf die Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrags. Teile der Literatur sehen in § 9 AÜG eine abschließende Vorschrift hinsichtlich der Unwirksamkeit.521 Andere vertreten die Auffassung, dass sich eine Unwirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages auch aus § 134 BGB ergeben könne.522 Es stellt sich daher die Frage, ob ein Verbotsgesetz die Arbeitnehmerüberlassung über die Überlassungshöchstdauer hinaus verbietet.523 Ob ein Gesetz ein Verbotsgesetz darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln.524 Entscheidend ist, dass sich das Gesetz nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen den wirtschaftlichen Erfolg. Es ist für die Nichtigkeit des zivilrechtlichen Geschäfts nicht zwangsläufig ausreichend, dass eine Handlung unter Strafe gestellt oder als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße belegt ist.525 Wie bereits die Motive zum Entwurf des BGB zeigen,526 wird insoweit danach differenziert, ob sich das Verbot an alle Vertragsparteien richtet.527 Verträge, durch deren Abschluss beide Vertragspartner ein gesetzliches Verbot verletzen, sind im Allgemeinen nichtig. Betrifft das Verbot hingegen nur eine Vertragspartei, so ist ein solcher Vertrag in der Regel wirksam.528 Unter dieser Prämisse kann man jedenfalls § 16 Abs. 1 Nr. 1e AÜG, der die Überlassung entgegen § 1 Abs. 1 Nr. 1b 519

Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 119. S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 4. a) aa) (2). 521 Arnold, in: Erman, § 134 BGB Rn. 27; Lembke, NZA 2017, 1 (6); Mehrens, in: Henssler/ Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 132; Wank, RdA 2017, 100 (106). 522 Mengel, in: Thüsing, § 9 AÜG Rn. 34d; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 108; zur Rechtslage vor der AÜG-Reform Hamann, NZA 2015, 904 (908). 523 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 109. 524 Armbrüster, in: MüKo BGB, § 134 Rn. 41. 525 BGH v. 17. 06. 2004 – III ZR 271/03, NJW-RR 2004, 1545 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 526 S. hierzu Mot. I, 210; Armbrüster, in: MüKo BGB, § 134 Rn. 47. 527 BGH v. 17. 06. 2004 – III ZR 271/03, NJW-RR 2004, 1545; v. 14. 12. 1999 – X ZR 34/98, NJW 2000, 1186; abl. Armbrüster, in: MüKo BGB, § 134 Rn. 48 m. w. N. 528 BGH v. 17. 06. 2004 – III ZR 271/03, NJW-RR 2004, 1545. 520

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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AÜG als Ordnungswidrigkeit einstuft, nicht als Verbotsgesetz ansehen. Die Vorschrift richtet sich nämlich lediglich an den Verleiher.529 Ein Verbot der Überlassung über die Überlassungshöchstdauer hinaus lässt sich jedoch § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG entnehmen, der sich sowohl an den Verleiher als auch an den Entleiher richtet. Darüber hinaus spricht der Wortlaut dieser Vorschrift für ein Verbotsgesetz.530 Zu Recht weist Schüren darauf hin, dass die über die Überlassungshöchstdauer hinausgehende Überlassung von Arbeitnehmern ohnehin rechtlich unmöglich ist, da dies automatisch zu einem fingierten Arbeitsverhältnis führt. Die „Überlassung“ eines Arbeitnehmers sei dann unmöglich.531 Die Unwirksamkeit tritt mit der Überschreitung der Frist ein.532 (2) Rechtsfolge für das Leiharbeitsverhältnis Der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird ab dem Zeitpunkt unwirksam, in dem die Überlassungshöchstdauer überschritten wird.533 Die Höchstdauer der Überlassung beträgt gem. § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG 18 Monate. Gem. § 1 Abs. 1b S. 3 – 7 AÜG kann durch Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche und Betriebs- oder Dienstvereinbarung in beide Richtungen abgewichen werden.534 Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit und die Fiktion gem. § 10 Abs. 1 AÜG treten wie bereits im Fall der § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1a AÜG nur dann ein, wenn der Arbeitnehmer keine Festhaltenserklärung abgegeben hat. b) Fiktion eines Arbeitsverhältnisses, § 10 Abs. 1 AÜG Ist der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 1b AÜG unwirksam, so ordnet § 10 Abs. 1 AÜG als Rechtsfolge zwingend die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer an.535 In engen Grenzen ist jedoch der Widerspruch des Leiharbeitnehmers im Wege der Festhaltenserklärung möglich, wobei im Fall der wirksamen Ausübung

529

Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 109; s. hierzu Lembke, NZA 2017, 1 (6). Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 109 („darf nicht“). 531 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 110. 532 Schüren, in: Schüren/Hamann, § 9 AÜG Rn. 113. 533 BT-Drs. 18/9232, S. 25. 534 Teile des Schrifttums sehen die Tariföffnungsklausel als verfassungswidrig an, s. hierzu Henssler, RdA 2016, 18 (23); Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 74; J. Ulber, in: Ulber, § 1 AÜG Rn. 301; a. A. Deinert, RdA 2017, 65 (76 f.). Auf die verfassungsrechtliche Problematik soll in der vorliegenden Arbeit nicht eingegangen werden. 535 Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 247, der zugleich auch auf die Zulässigkeit von Regelungen zur Freistellung oder Erstattung der Kosten im Innenverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher eingeht. 530

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

schon nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 AÜG erfüllt sind.536 Während die Rechtsfolge der Fiktion vor der AÜG-Reform 2017 lediglich im Fall der Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis eintrat, widmete sich der Gesetzgeber nunmehr dem Ziel, die „Leiharbeit auf ihre Kernfunktion hin zu orientieren und den Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen zu verhindern“.537 Insbesondere wollte der Gesetzgeber die bisherige Praxis der Vorratserlaubnis bekämpfen.538 In Umsetzung seines Anliegens erstreckte er daher die Rechtsfolge der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zudem auf die Verstöße gegen die neu geschaffenen Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten gem. § 1 Abs. 1 S. 5, 6 AÜG und die Überschreitung der Überlassungshöchstdauer gem. § 1 Abs. 1 S. 4, Abs. 1b AÜG.539 Während die Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten die bisherige Praxis der Vorratserlaubnis bekämpfen sollten, sollte mit der Überlassungshöchstdauer und der damit einhergehenden Sanktion im Fall einer Überschreitung die Rechtsprechung des BAG540 zur nicht nur vorübergehenden Überlassung aufgegriffen werden.541 Es sollte also nicht nur die Arbeitnehmerüberlassung auf ihre Kernfunktion zurückgeführt werden, sondern auch die Beschäftigung in den Stammbelegschaften gestärkt werden.542 § 10 AÜG stellt somit einen „Eckpfeiler der gesetzgeberischen Konstruktion der Arbeitnehmerüberlassung“543 dar. Durch die angeordnete Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher und die bereits im Vorfeld flankierend angeordnete Unwirksamkeit des Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher wird in den Formen des Scheinwerk- und Scheindienstvertrages die Abwicklung illegaler Arbeitnehmerüberlassung geregelt.544 Die Vorschrift dient vorrangig dem Schutz des Leiharbeitnehmers.545 Die Rechtsfolge der Fiktion stellt eine von Art. 10 Abs. 2 der Leiharbeitsrichtlinie geforderte abschreckende Sanktion dar.546 Da sich der Entleiher jedenfalls idealtypisch vor der unerwünschten Rechtsfolge schützen möchte und daher auf die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben des AÜG achtet, kommt der Vorschrift zugleich eine Kontrollfunktion zu.547 536 537 538 539 540 541 542 543

Rn. 9. 544 545 546 547

Höpfner, in: HWK, § 10 AÜG Rn. 4. BT-Drs. 18/9232, S. 1. BT-Drs. 18/9232, S. 19. Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 243. BAG v. 10. 12. 2013 – 9 AZR 51/13, AP AÜG § 1 Nr. 34. BT-Drs. 18/9232, S. 25 f. Bissels, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge, § 5 Rn. 247. So Höpfner, in: HWK, § 10 AÜG Rn. 2; Schüren, in: Schüren/Hamann, § 10 AÜG Höpfner, in: HWK, § 10 AÜG Rn. 2. Höpfner, in: HWK, § 10 AÜG Rn. 2; Mengel, in: Thüsing, § 10 AÜG Rn. 2. Höpfner, in: HWK, § 10 AÜG Rn. 2. Mengel, in: Thüsing, § 10 AÜG Rn. 2.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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5. Anwendung auf die agilen Rollenbilder Die Ausführungen zur arbeitsvertraglichen Qualifikation im zweigliedrigen Rechtsverhältnis haben bereits gezeigt, dass mit der agilen Methodik für sich genommen keine arbeitsbezogenen Vorgaben einhergehen. Dennoch führt die praktische Durchführung gerade aufgrund der intensiven Zusammenarbeit und des formalisierten Entwicklungsprozesses häufig zu arbeitsbezogenen Vorgaben. Da sich die Überlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG durch die Ausübung des übertragenen Arbeitgeberweisungsrecht auszeichnet, können die Feststellungen zur arbeitsvertraglichen Einordnung auch bei der Beurteilung der Überlassung fruchtbar gemacht werden. a) Inhaltlich-fachliche Vorgaben Inhaltlich-fachliche, arbeitsbezogene und dem Auftraggeber zurechenbare Weisungen werden nach der agilen Projektmethodik losgelöst von der Projektrolle in aller Regel nicht erteilt. Kommuniziert der Auftraggeber entweder unmittelbar oder über den Projektleiter als Stellvertreter die umzusetzenden Anforderungen an das Team bzw. dessen Mitglieder, so handelt es sich typischerweise nicht im inhaltliche, sondern um erfolgsbezogene Weisungen i. S. d. § 645 BGB. Diese sind für die Feststellung der Überlassung unbeachtlich. Insoweit kann auch dahinstehen, ob es sich um einen einheitlichen Projektvertrag oder aber eine rahmenvertragliche Gestaltung mit oder ohne Annahmepflicht handelt. Auch fachliche Weisungen werden bei Einhaltung der agilen Werte und Prinzipien grundsätzlich nicht erteilt. Zu solchen kommt es typischerweise nur, wenn vom Auftraggeber oder zurechenbaren Personen entgegen der agilen Konzeption Weisungen erteilt werden. Betroffen sind dann regelmäßig nur Mitglieder des Entwicklungsteams. Die Rollenbilder eines Product Owners oder eines Scrum Masters entsprechen eher einem Weisungsgeber als einem Weisungsempfänger. Nur theoretischer Natur ist die Überlegung, dass sich die Mitglieder des agil operierenden Teams bei der fachlichen Durchführung, insbesondere etwa während der zweiten und dritten Phase des Sprint Plannings, einer Mehrheitsentscheidung unterwerfen. Dies steht den agilen Werten diametral entgegen. Mehrheitsentscheidungen kommen allenfalls im Zuge der Auswahl der umzusetzenden User Story in Betracht. Diese bezieht sich jedoch wiederum auf den Erfolg und indiziert damit keine Überlassung.548 b) Zeitliche Vorgaben Bereits die Ausführungen zur zeitlichen Weisungsgebundenheit im zweigliedrigen Rechtsverhältnis haben gezeigt, dass die idealtypische Durchführung der agilen 548

S. hierzu auch Kapitel 2 C. III. 3. a).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Projektmethoden nicht zu einer erheblichen Ausübung des Weisungsrechts führt. Dennoch muss angesichts der praxisnahen Durchführung der konkrete Ablauf wiederum in den Blick genommen werden. Insoweit geht allein das Einstellen von User Stories in das Product Backlog nicht mit einer relevanten arbeitsbezogenen Vorgabe an die Mitglieder des Entwicklungsteams einher.549 Zu arbeitsbezogenen Vorgaben kann es jedoch aufgrund der intensiven Zusammenarbeit kommen. Entscheidend kommt es dabei darauf an, ob die zeitliche Abstimmung der jeweiligen Ereignisse während des Entwicklungsprozesses sowie die Abstimmung mit dem Auftraggeber im Einvernehmen erfolgt oder die entsprechenden Termine einseitig vorgegeben werden. Erfolgt die Abstimmung im Einvernehmen, so liegt die Annahme einer Überlassung fern. Vorgaben können demgegenüber eine Überlassung indizieren. Besonders relevant wird dies bei den Mitgliedern des Entwicklungsteams sowie dem Rollenbild des Scrum Masters. Die beiden Rollen sind, dies zeigt sich besonders am Rahmenwerk Scrum, am umfassendsten in die tägliche Entwicklungsarbeit eingebunden. Ereignisse wie der Daily Scrum erfordern mitunter eine tägliche Abstimmung hinsichtlich der zeitlichen Lage. Trotz des zeitlich geringen Umfangs der Ereignisse – gemessen an einer 40-Stunden-Woche nehmen die Ereignisse kumuliert etwa 10 % ein – spricht bei den Mitgliedern des Entwicklungsteams550 und dem Rollenbild des Scrum Masters551 viel dafür, eine erhebliche Beschränkung der zeitlichen Souveränität jedenfalls dann anzunehmen, wenn die zeitliche Lage vom Auftraggeber oder zurechenbaren Personen vorgegeben wird. Dies führt wiederum zur Annahme einer Überlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG. Stellt der Auftragnehmer im dreigliedrigen Rechtsverhältnis zumindest das Entwicklungsteam als solches, so liegt eine autonome Vereinbarung der Teammeetings besonders nahe. Beim Rollenbild eines Product Owner als Projektleiter und Repräsentant kann die Beurteilung selbst im Fall verbindlicher zeitlicher Vorgaben anders ausfallen. Dieser muss nämlich nach dem Scrum Guide idealtypisch nur an den Ereignissen des Sprint Plannings, des Sprint Reviews und der Sprint Retrospektive teilnehmen. Diese finden jedoch anders als der Daily Scrum nicht täglich, sondern nur entsprechend des SprintZyklus statt. Allein die Teilnahme an drei Ereignissen, die jeweils nur einmal alle paar Wochen stattfinden, lässt noch nicht darauf schließen, dass der Product Owner dem Auftraggeber vollständig zur Verfügung steht und weitgehend dessen Weisungen unterliegt.552 Treten jedoch zeitliche Vorgaben zur regelmäßigen Abstimmung mit dem Auftraggeber oder den Stakeholdern hinzu, so liegt auch hier im Einzelfall eine Überlassung nahe. Etwaige zeitliche Vorgaben resultieren auch nicht aus der Natur der Tätigkeit.553 Freilich sollte die zeitliche Abstimmung ohnehin – 549 550 551 552 553

S. hierzu bereits umfassend Kapitel 2 C. III. 3. a) aa). S. zu den Einzelheiten bereits Kapitel 2 C. III. 3. b) bb) (1). S. zu den Einzelheiten bereits Kapitel 2 C. III. 3. b) bb) (3). S. hierzu auch bereits Kapitel 2 C. III. 3. b) bb) (2). S. bereits Kapitel 2 C. III. 3. b) bb).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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losgelöst vom Rollenbild – entsprechend der agilen Werte und Prinzipien im Einvernehmen und damit weisungsfrei erfolgen. c) Örtliche Vorgaben Auch hinsichtlich der Ausübung der Weisungsbefugnis in örtlicher Hinsicht kann auf die Ausführungen zur arbeitsvertraglichen Einordnung verwiesen werden. Vielfach ist bei agilen Projekten keine physische Anwesenheit erforderlich. Oftmals sehen die entsprechenden Projektverträge daher schon keinen vertraglich festgelegten Arbeitsort vor. Der Trend zur örtlich entgrenzten Arbeit wird sich angesichts der Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie noch verstärken. Dennoch muss stets die tatsächliche Form der Leistungserbringung in den Blick genommen werden. Vielfach zeigen sich auch hier Unterschiede, die sich auch an den verschiedenen Projektrollen festmachen lassen. Dabei wird deutlich, dass die agilen Projektmethoden zwar einen intensiven Austausch der Beteiligten vorsehen. Eine zwingende Ortspräsenz erfordert die Methodik insoweit jedoch nicht. Vielmehr lassen sich die in aller Regel wissensbasierten Tätigkeiten des Entwicklungsteams angesichts moderner Kommunikations- und Informationssysteme oftmals ortsungebunden erbringen. Besonders in Fällen, in denen das Fremdpersonal zur Unterstützung des Inhouse-Teams eingesetzt wird, erfolgen jedoch nicht selten Vorgaben zur gemeinsamen ortsgebundenen Leistungserbringung. Dies gilt erst recht, wenn die Entwicklungstätigkeit – etwa bei der Entwicklung eines Prototyps in der Automobilbranche – unter Einbeziehung der onsite-Strukturen erfolgen muss. Wird dem Fremdpersonal vom Auftraggeber unmittelbar oder mittels einer weitergeleiteten Vorgabe die ortsgebundene Tätigkeit vorgegeben, so ist die Vorgabe nur dann unbeachtlich, wenn sich die Notwendigkeit zur ortsgebundenen Leistungserbringung bereits aus der Natur der Tätigkeit ergibt. Dies ist bei der phänotypischen Tätigkeit der Mitglieder des Entwicklungsteams nur selten der Fall. Eine zwingende Ortsgebundenheit der Tätigkeit kann etwa angenommen werden, wenn die Produktvision nur unter Rückgriff auf unternehmensinterne Strukturen, etwa in einem Entwicklungszentrum der Automobilindustrie erbracht werden kann. Wird das Fremdpersonal angewiesen, die Entwicklungstätigkeit in einer sog. Garage zu erbringen, so kann auch dies eine Überlassung indizieren.554 Ebenso wie die Tätigkeit der Mitglieder des Entwicklungsteams auf höchst unterschiedliche Art erbracht werden kann, hängt auch der Tätigkeitsort des Scrum Masters von vielen Faktoren ab. Er deckt sich dabei regelmäßig mit demjenigen des Entwicklungsteams. Wird die Entwicklungstätigkeit digital und ortsungebunden erbracht, so ist typischerweise auch der Scrum Master in der Wahl seines Tätigkeitsorts frei. Ohnehin erfasst die idealtypisch einvernehmliche und damit wei-

554

S. hierzu bereits Kapitel 2 C. III. 3. c) aa).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

sungsfreie Abstimmung und Organisation der Arbeit auch die Tätigkeit des Scrum Masters als Mitglied des agil operierenden Teams. Dennoch hat sich bereits im Rahmen der Ausführungen zur arbeitsvertraglichen Einordnung gezeigt, dass die Tätigkeit des Scrum Masters oder vergleichbarer Rollenbilder häufig vor Ort beim Einsatzunternehmen oder in sog. Garagen erbracht wird. Wird der Scrum Master in der Funktion als Moderator und Servant Leader aufgrund vertraglicher Vereinbarungen oder Weisungen des Auftraggebers ortsgebunden tätig, so liegt die ortsgebundene Leistungserbringung nur dann in der Natur der Tätigkeit, wenn auch das Entwicklungsteam ortsgebunden tätig wird. Die Tätigkeit des Scrum Masters kann in diesem Fall nur sinnvoll vor Ort beim Entwicklungsteam erbracht werden. Irrelevant ist insoweit, ob dieses im Einsatzunternehmen oder einer externen Garage tätig wird.555 Kommt ausnahmsweise Fremdpersonal in der Rolle des Product Owners zum Einsatz, so ist auch hier entscheidend, ob die Abstimmung und Organisation idealtypisch einvernehmlich oder aber weisungsgebunden erfolgt. Aufgrund der intensiven Abstimmung und der Einbindung in unternehmensinterne Strukturen kommt es häufig zur verpflichtenden Tätigkeit im Einsatzunternehmen. Nur selten wird dies jedoch durch die Natur der Tätigkeit bedingt sein. Dies ist allenfalls dann der Fall, wenn die Produktvision ortsgebunden entwickelt wird und der Product Owner zwingend vor Ort tätig werden muss, etwa um die Fertigstellung anhand der Definition-of-Done auch physisch zu prüfen.556 d) Förderung eines fremden Betriebszweckes Lassen sich entgegen der agilen Methodik nicht nur partielle arbeitsbezogene Weisungen feststellen, so liegt dennoch nur dann eine tatbestandliche „Überlassung“ i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG vor, wenn das Fremdpersonal zur Förderung eines fremden Betriebszweckes tätig wird. Rollenspezifische Besonderheiten zeigen sich insoweit nicht. Bedeutung kann dem einschränkenden Merkmal insbesondere im Fall der unternehmerischen Zusammenarbeit zukommen. Insoweit ist etwa an mögliche Kooperationsprojekte im Wege eines Gemeinschaftsbetriebes oder eines Gemeinschaftsprojektes zu denken.557 6. Ergebnis In der Literatur wurde bereits die Frage aufgeworfen, ob die Restriktionen der Arbeitnehmerüberlassung der agilen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen ent555

S. hierzu Kapitel 2 C. III. 3. c) cc). S. hierzu Kapitel 2 C. III. 3. c) bb). 557 S. etwa BAG v. 25. 10. 2000 – 7 AZR 487/99, AP AÜG § 10 Nr. 15, aus den Gründen I.1. a) bb); s. hierzu auch Kapitel 3 C. IV. 556

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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gegenstehen und das Ende von Scrum bedeuten.558 Die Frage ist in dieser Pauschalität sicherlich zu verneinen.559 Da der Beurteilung die am umfassendsten formalisierte Scrum-Methode zugrunde gelegt wurde, kann die Beurteilung auch auf weniger formalisierte Formen der Projektarbeit übertragen werden. Dennoch kann gerade die notwendige Abstimmung im Rahmen des Entwicklungsprozesses leicht zu arbeitsbezogenen Vorgaben und damit zur Arbeitnehmerüberlassung führen. Legt man der Betrachtung die Prämisse zugrunde, dass es sich bei den Beteiligten der dreigliedrigen Rechtsbeziehung um rechtsfähige Personen handelt und zwischen dem Einsatzunternehmen und dem Intermediär abstrakt ein Vertrag geschlossen wurde, liegt im Fall der methodenkonformen Durchführung des agilen Projekts regelmäßig keine typologische Arbeitnehmerüberlassung vor. Dies gilt ungeachtet des jeweiligen Rollenbildes. Ebenso wie bei der Beurteilung anhand des § 611a BGB im Zwei-PersonenVerhältnis führt auch im Drei-Personen-Verhältnis nicht jede Vorgabe zu einer Fehlqualifikation. Wurde keine Arbeitnehmerüberlassung positiv vereinbart, so bedarf es zur Einordnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag einer tatsächlichen Überlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG. Eine solche ist nur dann anzunehmen, wenn die Ausübung des Weisungsrechts darauf schließen lässt, dass der potentielle Entleiher den vermeintlichen Leiharbeitnehmer wie einen eigenen Arbeitnehmer anweisen kann. Entscheidend ist, ob dem Auftraggeber die Personalhoheit über das Fremdpersonal zukommt, er also die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Einsatz auch nach Ort und Zeit treffen und den vermeintlichen Leiharbeitnehmer wie einen eigenen Arbeitnehmer anweisen kann.560. Der Arbeitnehmer muss dem Entleiher vollständig zur Verfügung stehen und während seines Arbeitseinsatzes weitgehend dessen Weisungen unterliegen. Lassen sich wie regelmäßig allenfalls partielle Vorgaben feststellen, so ist eine Überlassung abzulehnen.561 Werden bei der Durchführung der Projekte die agilen Werte und Prinzipien eingehalten, so führt auch die intensive Zusammenarbeit nicht dazu, dass sich das Rechtsverhältnis typologisch der Arbeitnehmerüberlassung übermäßig annähert. Die agile Projektmethodik führt im Gegenteil dazu, dass die relevante Ausübung von arbeitsbezogenen Weisungen unterbleibt. Dennoch hat sich gezeigt, dass es entgegen der agilen Werte und Prinzipien insbesondere im Zuge der intensiven Abstimmung und Interaktion leicht zur Ausübung arbeitsbezogener Weisungen kommen kann. Diese indizieren eine Überlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG. Zwar begründen lediglich partielle Weisungen 558 559 560 561

Heise/Friedl, NZA 2015, 129. Zu diesem Ergebnis kommen auch Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (137). S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. c) bb). S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. c).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

nicht ohne Weiteres die Annahme einer Überlassung. Die Grenze wird jedoch jedenfalls dann überschritten, wenn es zu häufigen, insbesondere zu täglichen Vorgaben, etwa hinsichtlich der Daily Scrums kommt. Treten zu etwaigen zeitlichen Vorgaben noch örtliche hinzu und ergeben sich diese nicht ausnahmsweise bereits aus der Natur der geschuldeten Tätigkeit, so führt dies regelmäßig zur Annahme einer tatbestandlichen Überlassung. Stets muss der Fremdpersonaleinsatz jedoch einschränkend der Förderung eines fremden Betriebszwecks dienen. Dies kann insbesondere bei Kooperationsprojekten relevant werden. Das AÜG stellt nach alledem hohe, aber nicht unüberwindbare Hürden an den Fremdpersonaleinsatz. Erfolgt die praktische Durchführung idealtypisch weitgehend weisungsfrei, so bedarf es auch nicht der vermeintlichen Risikominimierungs- oder Vermeidungsmaßnahmen, die darauf abzielen, bereits die Arbeitnehmereigenschaft des Fremdpersonals zu vermeiden. Ein nennenswerter Mehrwert, insbesondere im Hinblick auf eine rechtssichere und rechtskonforme Durchführung, geht mit diesen Ansätzen nicht einher. Vielmehr bietet es sich an, ein teaminternes Compliancesystem zu etablieren, welches über die Einhaltung der agilen Projektmethodik wacht.562

II. Dienst- bzw. Werkverschaffungsvertrag Der Dienstverschaffungsvertrag stellt einen im BGB nicht gesondert geregelten Vertragstypus dar.563 Gleichwohl ist der Vertragstypus als atypischer und zugleich „verkehrstypischer“564 Vertrag, § 311 Abs. 1 BGB, in Rechtsprechung und Literatur anerkannt.565 Beim Dienstverschaffungsvertrag verpflichtet sich die eine Vertragspartei, der anderen die Dienste eines Dritten zu verschaffen.566 Da es dem Leistungsempfänger beim Dienst- bzw. Werkverschaffungsvertrag auf die Qualifikation des Leistungserbringers ankommt, wird das Fremdpersonal typischerweise individuell im Vertrag benannt.567 Charakteristisch ist, dass zwischen dem Leistungserbringer und dem Unternehmen als Leistungsempfänger keine direkte Vertragsbeziehung besteht.568 Die Kosten des Fremdpersonaleinsatzes, einschließlich der 562

S. hierzu Kapitel 4 A. I. 2. BGH v. 14. 7. 2016 – IX ZR 291/14, NJW 2016, 3430, Rn. 17; Spinner, in: MüKo BGB, § 611a Rn. 29; Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 95. 564 So Spinner, in: MüKo BGB, § 611a Rn. 29. 565 Waas, in: Thüsing, § 1 AÜG Rn. 95; Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 35. 566 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 239; Spinner, in: MüKo BGB, § 611a Rn. 29; Wank/Roloff, in: ErfK, § 1 AÜG Rn. 32. 567 Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 2; Specovius/Uffmann, ZIP 2016, 295 (302); Wulf, Interim Management, S. 73. 568 Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 40 zur Variante des Contractings; Schwind/Roth-Neuschild, ITRB 2015, 40 (41). 563

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Vergütung des Fremdpersonals, werden vom Einsatzunternehmen an den Intermediär gezahlt.569 Dieser vergütet wiederum die Fremdpersonalkraft als tatsächlichen Leistungserbringer. Insbesondere in der IT-Branche stellt die Verschaffung von Diensten bzw. Werkleistungen eine weit verbreitete Variante des Fremdpersonaleinsatzes dar.570 Die leistungsempfangenden Unternehmen können hierdurch flexibel auf Vakanzen reagieren und zeitlich begrenzt auf externe Spezialisten zurückgreifen.571 Der Intermediär bzw. Provider verschafft bzw. vermittelt die hochqualifizierten externen Spezialisten,572 die vielfach von den Unternehmen nicht selbst, etwa mangels eines dauerhaften Bedarfs oder angesichts der anzutreffenden Ablehnung abhängiger Beschäftigungen, vorgehalten werden können. Ist der Vertrag zwischen Intermediär und Unternehmen auf die Verschaffung selbständiger bzw. freier Dienste gerichtet, so handelt es sich um einen nicht besonders regulierten Dienstverschaffungsvertrag. Ist der Vertrag demgegenüber auf die Verschaffung unselbständiger Dienste gerichtet ist, so handelt es sich um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag i. S. d. AÜG.573 Dieser stellt einen Unterfall des Dienstverschaffungsvertrages dar.574 In der Praxis tritt der Dienstverschaffungsvertrag besonders unter den Schlagworten des Interim Management575 und des Contractings576 auf. Werden hingegen nicht nur Dienste, sondern eine vom Dritten zu erbringende Werkleistung verschafft, so handelt es sich um einen Werkverschaffungsvertrag.577 Die Einordnung richtet sich nach der zu verschaffenden Leistungspflicht des Fremdpersonals im Verhältnis zum Einsatzunternehmen als Auftraggeber.578 Da sich die Erscheinungsformen im Übrigen gleichen, beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen auf beide Varianten.

569

Niklas, ArbRB 2018, 54 zum Sonderfall des Contractings. Niklas, ArbRB 2018, 54. 571 S. auch Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 217. 572 S. etwa Karsten/Winstel, ITRB 2016, 228, die auf die Verschaffung von IT-Freenlancern verweisen. 573 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 239 ff.; Höpfner, in: HWK, § 1 AÜG Rn. 33. 574 Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 242; Wank/Roloff, in: ErfK, § 1 AÜG Rn. 32. 575 S. hierzu umfassend Uffmann, Interim Management, passim.; Wulf, Interim Management, passim. 576 S. hierzu Niklas, ArbRB 2017, 54 ff.; Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 1 ff.; Van Venrooy, NZA 2011, 670 ff. 577 Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 52; zum Werkverschaffungsvertrag im Allgemeinen s. Fikentscher, AcP 190 (1990), S. 37 – 111. 578 Hierzu kann auf die Ausführungen zur dienst- und werkvertraglichen Dichotomie in Kapitel 2 C. IV. verwiesen werden. 570

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

1. Interim Management Das Interim Management gehört als bedeutsames personalpolitisches Werkzeug in einem immer spezialisierteren Wirtschaftsleben zum Standardrepertoire vieler Unternehmen.579 Unter Interim Management versteht man den projektbezogenen Einsatz bestimmter externer, hochqualifizierter Führungskräfte auf Zeit. So sollen insbesondere Vakanzen beim eigenen Führungspersonal aufgefangen oder hochspezialisierte Führungskräfte für anstehende Börsengänge, Umstrukturierungen oder zur Abwicklung von Projekten eingesetzt werden.580 Auch im Kontext der agilen Projektarbeit wird das Interim Management angeboten.581 Mit dem Einsatz der agilen Projektarbeit geht zwar typischerweise ein Abbau von Hierarchien und Weisungsstrukturen einher, doch nähern sich bestimmte Rollenbilder einer Führungsrolle an. Dies gilt insbesondere für Leistungserbringer, die, wie der Scrum Master, die Einhaltung der agilen Methodik überwachen und eine moderierende Funktion einnehmen.582 Vergleichbar ist die Situation bei denjenigen, die, wie der Product Owner, als Stellvertreter des Auftraggebers eine projektleitende Rolle einnehmen.583 In der Praxis wird man vielfach auf den Drittkräfteeinsatz bei den moderierenden und dem Team als Servant Leader dienenden Leistungserbringern stoßen. Besonders bei der Einführung agiler Arbeitsmethoden fehlt dem Einsatzunternehmen häufig die entsprechende Expertise, die bei der Ein- und Durchführung der agilen Projektmethoden notwendig ist. Zudem besteht bei diesen Rollenbildern, anders als bei projektleitenden Rollenbildern wie dem Product Owner, typischerweise kein Interessenkonflikt. Daher stellt der Einsatz von Fremdpersonal bei Rollenbildern, die typischerweise als Stellvertreter des Auftraggebers tätig sind und eine projektleitende Funktion einnehmen, die Ausnahme dar. Der Einsatz kann jedoch sinnvoll sein, wenn der interne Projektleiter Unterstützung benötigt. In der Praxis haben sich zwei verschiedene Modelle des Interim Managements herauskristallisiert, die es zu unterscheiden gilt.

579 Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 342; Uffmann, Interim Management, S. 1. 580 Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711; Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/ Mahnhold, Contractor Compliance, S. 342; Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 3; Uffmann, Interim Management, S. 1 f. 581 S. hierzu etwa https://www.it-agile.de/interims-scrum-master/, zuletzt abgerufen am 05. 10. 2021. 582 Vgl. hierzu Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im ScrumVerfahren, S. 73, der darauf hinweist, dass dem Scrum Master häufig eine projektleitende Position zukommt. 583 S. hierzu bereits die Ausführungen in Kapitel 1 B. I.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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a) Angelsächsisches Modell als Vermittlung Im sog. angelsächsischen Modell schließt das Einsatzunternehmen, unter Vermittlung des Intermediärs, direkt einen Vertrag mit dem Fremdpersonal ab.584 Die Vermittlung ist nicht auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern eines freien Dienst- oder Werkvertrages gerichtet. Ob die Rechtsbeziehung des Interim Managers zum Einsatzunternehmen dem entspricht, bestimmt sich nach den Maßstäben des zweigliedrigen Rechtsverhältnisses. Bei dem Rechtsverhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Provider handelt es sich dagegen um einen Maklervertrag i. S. d. §§ 652 ff. BGB.585 Soweit in der Literatur die abweichende Auffassung vertreten wird, beim angelsächsischen Modell handele es sich um einen Dienstverschaffungsvertrag im Verhältnis zwischen Provider und Einsatzunternehmen,586 so wird verkannt, dass der Dienstverschaffungsvertrag gerade nicht zu einem direkten Vertragsschluss zwischen Einsatzunternehmen und Fremdpersonal führt. Während der Dienstverschaffungsvertrag lediglich auf die Bereitstellung von Diensten Dritter gerichtet ist,587 bezweckt das angelsächsische Modell den direkten Vertragsschluss zwischen Fremdpersonal und Einsatzunternehmen als Leistungsempfänger.588 Zudem widerspräche eine Einordnung des angelsächsischen Modells als Dienstverschaffungsvertrag dem Willen der Vertragsparteien. Während beim Dienstverschaffungsvertrag die Verschaffung der Dienste im Synallagma zur Vergütungspflicht des Einsatzunternehmens steht, ist nach dem gewöhnlichen Leistungsinhalt im angelsächsischen Modell keine einklagbare Tätigkeit des Providers geschuldet. Eine Vergütungspflicht soll nur im Fall des Zustandekommens des Vertrages zwischen Interim Manager und Einsatzunternehmen entstehen. Das Pflichtenprogramm entspricht dann dem eines Maklervertrages.589 Die Identifikation des angelsächsischen Modells als Vermittlung wirft im Verhältnis zwischen Intermediär und Einsatzunternehmen keine Qualifikationsschwierigkeiten auf. Da die Vermittlung zur Begründung einer Vertragsbeziehung zwischen dem Einsatzunternehmen und dem Fremdpersonal führt,590 zeigen sich die Qualifikationsprobleme vielmehr in dieser Rechtsbeziehung.591 584 Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 342; Wulf, Interim Management, S. 62. 585 Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 10; Uffmann, Interim Management, S. 134 f.; Velten, ArbRB 2013, 190 (191); Wulf, Interim Management, S. 63. 586 So Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573. 587 Wulf, Interim Management, S. 64. 588 Uffmann, Interim Management, S. 136; Wulf, Interim Management, S. 64. 589 So Uffmann, Interim Management, S. 136; Wulf, Interim Management, S. 64; zum Rechtsverhältnis zwischen Provider und Interim Manager s. Wulf, Interim Management, S. 68 ff. 590 S. zur Vermittlung auch Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei ITFreelancern, S. 34 f. 591 Die Einordnung richtet sich dann wieder nach den Maßstäben des zweigliedrigen, direkten Rechtsverhältnisses in Kapitel 2.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

b) Niederländisches Modell Im Gegensatz zum angelsächsischen Modell zeichnet sich das niederländische,592 auch holländisches Modell593 genannt, durch eine indirekte Rechtsbeziehung zwischen dem Einsatzunternehmen und dem Fremdpersonal aus.594 Der Intermediär vermittelt in diesem Fall nicht nur den Interim Manager an das Einsatzunternehmen, sondern verschafft diesem die Erbringung der Dienste bzw. der Werkleistung. In Abgrenzung zum angelsächsischen Modell kommt in diesem Fall kein Vertragsverhältnis zwischen dem Interim Manager und dem Fremdpersonal zustande.595 Im Verhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Provider als Intermediär trifft man indes auf unterschiedliche Gestaltungen.596 aa) Gestellung des Interim Managers als Leistungspflicht des Intermediärs Zum einen kann das Rechtsverhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Provider lediglich auf die Zurverfügungstellung des Leistungserbringers im Sinne eines Dienst- oder Werkverschaffungsvertrages gerichtet sein.597 Vielfach entspricht dieses Modell, dem eine weitgehende Freizeichnung des Intermediärs im Hinblick auf das Arbeitsergebnis und die Leistungserbringung des Fremdpersonals immanent ist, jedoch nicht dem Interesse des Auftraggebers.598 Wird diese Spielart des niederländischen Modells gleichwohl gewählt, so beschränkt sich die Leistungspflicht des Providers auf die Auswahl des Fremdpersonals und die Verschaffung der Leistungserbringung. Die konkrete Managementleistung ist hingegen nicht von der Leistungspflicht des Providers umfasst. Diese obliegt ausschließlich dem Fremdpersonal.599 Der Provider hat daher lediglich für das Auswahlverschulden einzustehen. Geschuldet wird nur die ordnungsgemäße und sorgfältige Auswahl des Interim Managers.600 Der Interim Manager muss folglich für die konkrete Aufgabe objektiv geeignet sein.601 Übertragen auf den Einsatz im Rahmen eines agil durch592

Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573; Wulf, Interim Management, S. 64. Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 342; Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 5. 594 Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 5; Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573. 595 Wulf, Interim Management, S. 70. 596 Specovius/Uffmann, ZIP 2016, 295 (302 f.); Wulf, Interim Management, S. 71 ff. 597 Zur Verschaffung von Diensten Haag/Tiberius, NZA 2004, 190 (192); Specovius/Uffmann, ZIP 2016, 295 (302); Wulf, Interim Management, S. 71 f. 598 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (164). 599 Wulf, Interim Management, S. 72. 600 Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711 (731); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 56; Wulf, Interim Management, S. 76. 601 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Specovius/Uffmann, ZIP 2016, 295 (303); Wulf, Interim Management, S. 76. 593

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

397

zuführenden Projekts heißt dies, dass der Interim Manager insbesondere über die entsprechenden Kenntnisse zur Durchführung des agilen Projektmanagements verfügen muss. Das Modell entspricht insoweit dem Leistungsinhalt eines Dienstverschaffungsvertrages als Vertrag sui generis.602 Die konkrete Leistungserbringung durch den Interim Manager richtet sich dann nach den alleinigen betrieblichen Erfordernissen und dem Willen des Einsatzunternehmens.603 Durch eine enteilende Vertragspraxis kann sich die gelebte Rechtsbeziehung der illegalen Arbeitnehmerüberlassung annähern.604 Wie bereits die Ausführungen zur Arbeitnehmerüberlassung gezeigt haben, droht beim Interim Management im Kontext der agilen Projektarbeit jedenfalls dann keine nennenswerte Gefahr, wenn die agilen Werte und Prinzipien eingehalten werden.605 Das Interim Management betrifft in seiner klassischen Ausprägung lediglich den Fremdpersonaleinsatz von Führungspersonal. Die insoweit in Betracht kommenden Rollenbilder sind jedoch eher in der Rolle des Weisungsgebers als des Weisungsempfängers zu verorten. bb) Managementleistung als Leistungspflicht des Intermediärs Alternativ trifft man in der Vertragspraxis auf Erscheinungsformen, in denen sich der Intermediär gegenüber dem Einsatzunternehmen nicht nur auf die Verschaffung selbständiger Dienste beschränkt, sondern weitergehend die Leistung des Interim Managements als eigene Leistung verspricht.606 Diese Gestaltung stellt zwar keinen Fall eines Dienst- oder Werkverschaffungsvertrages dar. Dennoch soll diese Variante des niederländischen Modells angesichts des thematischen Zusammenhangs an dieser Stelle erörtert werden. Während sie sich auf den Einsatz einzelner bestimmter externer Spezialisten bezieht, werden die Besonderheiten der dienst- und werkvertraglichen Einordnung im dreigliedrigen Rechtsverhältnis an späterer Stelle erörtert.607 Verpflichtet sich der Intermediär, unter Einsatz eines bestimmten Erfüllungsgehilfen, selbst zur Managementleistung, so liegt dem Rechtsverhältnis zwischen Einsatzunternehmen und Intermediär regelmäßig ein Dienstvertrag zugrunde.608 Ein Erfolg im Sinne eines Werkvertrages ist aufgrund der Eigenart der zu erbringenden

602

Wulf, Interim Management, S. 72. Wulf, Interim Management, S. 72. 604 Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 342 f. 605 S. hierzu Kapitel 3 C. I. 5. 606 Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 11; Specovius/Uffmann, ZIP 2016, 295 (302); Vogt/Deepen, ArbRAktuell 2012, 573 (575); Wulf, Interim Management, S. 72. 607 S. hierzu Kapitel 3 C. III. 608 S. zur dienst- und werkvertraglichen Dichotomie Kapitel 2 C. IV. 603

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Tätigkeit regelmäßig nicht geschuldet.609 Insoweit spiegelt sich die Interessenlage wider, wie sie bereits im zweigliedrigen Rechtsverhältnis herausgearbeitet wurde. Ausnahmsweise kann dies jedoch dann der Fall sein, wenn durch die Projektleitung ein Pflichtenheft erstellt werden soll, für dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und spätere Realisierung eingestanden werden soll.610 Wird der Interim Manager als Dienstleister tätig, so erfolgt die Leistungserbringung durch den Dritten unmittelbar gegenüber dem Einsatzunternehmen, § 613 S. 2 BGB.611 Der selbständige Interim Manager wird dann als Erfüllungsgehilfe des Intermediärs i. S. d. § 278 BGB tätig.612 In der tatsächlichen Durchführung ähneln sich beide Varianten des niederländischen Modells sehr. Ob ein Dienstverschaffungsvertrag oder aber ein freier Dienst- oder Werkvertrag unter Einsatz eines Erfüllungsgehilfen vorliegt, bestimmt sich danach, ob der Parteiwille auf die Übernahme einer Einstandspflicht für das Tätigwerden des Interim Managers gerichtet ist. 2. Contracting Eine weitere Variante des Fremdpersonaleinsatzes auf Grundlage eines Dienstverschaffungsvertrages stellt das sog. Contracting dar.613 Der Begriff weist, schon weil es sich dabei nicht um einen Rechtsbegriff handelt, einige Unschärfen auf.614 Im Allgemeinen versteht man unter dem Begriff des Contractings jedoch die Bereitstellung von freien Mitarbeitern durch einen Personaldienstleister.615 Im Unterschied zum Interim Management beschränkt sich das Contracting nicht auf die Zurverfügungstellung von Führungskräften. Contracting kann daher insbesondere beim Fremdpersonaleinsatz von Mitgliedern des Entwicklungsteams relevant werden. Im Übrigen entsprechen sich jedoch die Gestaltungsformen, was sich daran zeigt, dass das Contracting, ebenso wie das Interim Management, sowohl im angelsächsischen wie auch im niederländischen Modell durchgeführt werden kann.616 In Deutschland 609

Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482 (1484); Haag/Tiberius, NZA 2004, 190 (193 f.); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 11; zu werkvertraglichen Gestaltungen s. jedoch Melot de Beauregard/Baur, DB 2017, 2033 (2035 ff.). 610 S. hierzu bereits Kapitel 2 C. IV. 6. 611 Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 53; Wulf, Interim Management, S. 73. 612 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482 (1484); Haag/Tiberius, NZA 2004, 190 (194); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 55; Wulf, Interim Management, S. 72. 613 S. Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 240; Niklas, ArbRB 2018, 54; Ulrici, in: Ulrici, § 1 AÜG Rn. 76. 614 In diesem Sinne auch Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 2. 615 Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 217; Niklas, ArbRB 2018, 54; Niklas/Schauß, BB 2014, 2805 (2807); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 2; van Venrooy, NZA 2011, 670. 616 Klösel/Mahnhold, BB 2017, 1524 (1525 f.); Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/ Mahnhold, Contractor Compliance, S. 343.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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ist das niederländische Modell weiter verbreitet.617 Dem vagen Begriff des Contractings wird über die Dienstverschaffung hinaus die dienst- oder werkvertragliche Ausgestaltung im Rechtsverhältnis zwischen Intermediär und Auftraggeber subsumiert. Setzt der Provider zur Erfüllung dieser Verpflichtung wiederum einen freien Mitarbeiter ein, so spricht man von „Subcontracting“.618 In rechtlicher Hinsicht kann insoweit auf die Ausführungen zum Interim Management verwiesen werden.619 Auch dieses Modell vermag die Risiken der Scheinselbständigkeit bzw. der illegalen Arbeitnehmerüberlassung im Fall einer enteilenden Vertragspraxis nicht zu beseitigen.620 Dies überrascht nicht, da sich hinter den Modellen des Interim Managements und des Contractings keine besonderen Erscheinungsformen, sondern lediglich allgemein anerkannte Formen des Fremdpersonaleinsatzes verbergen.621 Pauschale Vorbehalte, wonach es sich bei derartigen Erscheinungsformen des Fremdpersonaleinsatzes um zweifelhafte622 oder gar „bizarre Konstruktionen“623 handele, sind daher nicht gerechtfertigt.624 3. Anwendung auf die agilen Rollenbilder Die aufgezeigte Differenzierung anhand der Eigenschaft als Führungskraft führt lediglich zu einer begrifflichen Unterscheidung. Während der Begriff des Interim Managements allenfalls diejenigen Rollenbilder erfasst, deren Tätigkeiten, wie beim moderierend dienenden Scrum Master oder beim projektleitenden Product Owner, durch Führungskräfte erbracht werden, unterfallen die Mitglieder des Entwicklungsteams begrifflich dem Contracting. Beiden Erscheinungsformen ist gemein, dass verschiedene Modelle in der Praxis geläufig sind. Da das angelsächsische Modell unmittelbar zu einem Vertragsschluss zwischen dem Fremdpersonal und dem Einsatzunternehmen führt, muss man zur Beurteilung der tatsächlichen Leistungserbringung auf die Maßstäbe des zweigliedrigen Rechtsverhältnisses abstellen. In617

Zum Contracting Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 343; vgl. auch Kraus, DB 2017, 1387 (1389 f.); Niklas, ArbRB 2018, 54. 618 Hützen/Maiß, ArbRAktuell 2017, 299 (301); Schmülling, in: Reufels, Personaldienstleistungen, B Rn. 2; Niklas, ArbRB 2018, 54; s. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise zur dienst- bzw. werkvertraglichen Variante des niederländischen Modells in Kapitel 3 C. II. 1. b). 619 Vgl. Kapitel 3 C. II. 1. 620 Vgl. Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 269; Niklas/Schauß, BB 2014, 2805 (2808); kritisch auch van Venrooy, NZA 2011, 670 ff., der eine direkte Rechtsbeziehung zwischen Einsatzunternehmen und Drittem fürchtet und daher in dem Modell gar einen „Irrweg“ sieht. 621 In diesem Sinne Brand, Die Problematik der Scheinselbständigkeit bei IT-Freelancern, S. 38. 622 van Venrooy, NZA 2011, 670 ff.; Wank, in: ErfK, 21. Auflage, § 1 AÜG Rn. 35. 623 Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 2 Rn. 91. 624 So Uffmann, NZA 2018, 265 (270).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

soweit sind die typischerweise unterschiedlichen Leistungspflichten der verschiedenen Rollenbilder in den Blick zu nehmen. Diffiziler erweist sich jedoch die Einordnung eines Rechtsverhältnisses beim niederländischen Modell. Beide Alternativen des Modells sehen eine Leistungspflicht des Intermediärs vor. Während sich der Intermediär bei der bloßen Gestellung nur zu einer Verschaffung von Diensten bzw. einer Werkleistung verpflichtet, schuldet der Intermediär bei der vertraglichen Vereinbarung der Managementleistung eine dienst- oder werkvertragliche Tätigkeit unter Einschaltung eines konkret benannten Erfüllungsgehilfen. Da die Vertragsparteien in der Ausgestaltung der konkreten Rechtsbeziehung weitgehend frei sind, hat man es mit höchst unterschiedlichen Gestaltungsformen zu tun. Eine pauschale Aussage verbietet sich schon aus diesem Grund. 4. Ergebnis Lässt sich der konkrete Fremdpersonaleinsatz nicht positiv als Arbeitnehmerüberlassung qualifizieren, so sind die Vertragsparteien in der konkreten Ausgestaltung und Einordnung ihres Rechtsverhältnisses weitgehend frei. In den Fällen, in denen es zur tatsächlichen Durchführung des Einsatzverhältnisses keiner arbeitsbezogenen Weisungen bedarf, kann die Dienst- bzw. Werkverschaffung aus Unternehmenssicht eine flexible und mangels Pflicht zur Abführung von Sozialabgaben kostengünstige Alternative zur Arbeitnehmerüberlassung darstellen. Da sowohl beim Dienst- als auch beim Werkverschaffungsvertrag die Leistungserbringung durch Selbständige verschafft wird, kommt das AÜG nicht zur Anwendung. Jedoch ist insoweit Vorsicht geboten, als in der gerichtlichen Praxis, im Ergebnis nachvollziehbar, bereits Umstände im Einsatzverhältnis zur Begründung einer Arbeitnehmereigenschaft des Fremdpersonals im Verhältnis zum Intermediär herangezogen wurden.625 In diesem Fall kann eine dem Vertrag enteilende Vertragsdurchführung die Einordnung als illegale Arbeitnehmerüberlassung zur Folge haben.626

III. Besonderheiten der dienst- und werkvertraglichen Dichotomie im indirekten Rechtsverhältnis Konnte in einem ersten Schritt die Qualifikation als Arbeitnehmerüberlassung ausgeschlossen werden, so kommt im Verhältnis zwischen Intermediär und Einsatzunternehmen neben der Dienst- bzw. Werkverschaffung und der Vermittlung, die wiederum zum zweigliedrigen Rechtsverhältnis führt, auch ein Dienst oder Werk-

625 626

S. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. b) aa). S. hierzu etwa Niklas, ArbRB 2018, 54 ff.

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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vertrag in Betracht.627 Die tatsächliche Leistungserbringung erfolgt im Fall eines Dienst- oder Werkvertrages durch das hochqualifizierte Fremdpersonal. Bei diesem kann es sich im Verhältnis zum Intermediär sowohl um Arbeitnehmer als auch um Selbständige handeln. Die Einordnung richtet sich insoweit nach den zum zweigliedrigen Rechtsverhältnis dargestellten Maßstäben. In Abweichung zur bloßen Gestellung im niederländischen Modell wird das Fremdpersonal gem. § 278 BGB jedoch bei dieser Variante des Fremdpersonaleinsatzes als Erfüllungsgehilfe des Intermediärs tätig. Auch im Schrifttum ist die vertragstypologische Einordnung eines agil durchzuführenden Projektes im dreigliedrigen Rechtsverhältnis viel diskutiert.628 Die Vielfalt der in Betracht kommenden Gestaltungen ist jedoch enorm.629 Nur vereinzelt wurde die Vertragstypeneinordnung im Rahmen eines agilen Projekts gerichtlich erörtert. Während das LG Wiesbaden630 das Rechtsverhältnis, bei dem der Auftragnehmer den Scrum Master und das Entwicklungsteam stellte und im Rahmen dessen eine Internet-Plattform zur Vermittlung ehemaliger Soldaten an Arbeitgeber aus der Wirtschaft entwickelt werden sollte, als Werkvertrag einordnete, hob das Berufungsgericht des OLG Frankfurt/Main die Entscheidung auf und ließ eine konkrete Einordnung letztlich dahinstehen.631 Während Teile des Schrifttums eine dienstvertragliche Einordnung befürworten,632 sprechen sich andere für eine werkvertragliche Qualifikation633 oder eine „Mischform“634 aus. Gegen eine werkvertragliche und damit zugunsten einer dienstvertraglichen Einordnung wird vorgebracht, dass es den agilen Projekten gerade an einer konkreten

627 Vgl. hierzu bereits umfassend die Ausführungen und Nachweise zur Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag im direkten, zweigliedrigen Rechtsverhältnis, Kapitel 2 C. IV. 628 Aus dem Schrifttum Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (931); Fuchs/Meierhöfer/ Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427; Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 f.; Koch, ITRB 2010, 114 (118 f.); Koch/Kunzmann/Müller, MMR 2019, 707 (708 ff.); Lapp, ITRB 2018, 263; Redeker, ITRB 2020, 147 (149 f.); Siebers, in: Rechtsfragen digitaler Transformation, S. 629 (630); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, passim. 629 Hierauf weist Redeker, ITRB 2020, 147 im Kontext der vertragstypologischen Einordnung ausdrücklich hin. 630 LG Wiesbaden v. 30. 11. 2016 – 11 O 10/15, MMR 2017, 561. 631 OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100. 632 So etwa Hengstler, ITRB 2012, 113 (116); Witte, ITRB 2010, 44 (47); für die Spielart Prototyping auch Müller-Hengstenberg/Kirn, CR 2010, 8 (12 f.); Söbbing, MMR 2010, 222 (223 f.). 633 Borkert, in: Law as a Service, S. 927 (932); Heydn, MMR 2020, 284 (287 f.); Fuchs/ Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (433). 634 Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200), die auf eine Gestaltung mit dienstvertraglichem Rahmenvertrag und werkvertraglichen Teilleistungen verweisen; Koch/Kunzmann/Müller, MMR 2019, 707 (710); Lapp, ITRB 2018, 263 (264); Schirmbacher/Schätzle, ITRB 2020, 16; ähnlich Frank, CR 2011, 138 (141).

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

Erfolgsbeschreibung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fehle.635 Dies stünde der Annahme eines werkvertraglich geschuldeten, abnahmefähigen Erfolges entgegen,636 insbesondere da eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 633 Abs. 2 S. 1 BGB bei agilen Projekten vielfach kaum vereinbart werden könne.637 Der Auftragnehmer müsse andernfalls eine Erfolgsverantwortung für eine Leistung übernehmen, die er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht präzise erfassen und abschätzen könne.638 Dem wird von den Befürwortern einer werkvertraglichen Qualifikation entgegengehalten, dass auch bei agilen Projekten letztlich ein funktionsfähiges Ergebnis geschuldet sei.639 Zudem seien bereits von Anfang an die Produktvision und damit die zentralen Grundzüge des Ergebnisses definiert.640 Teilweise wird aufgrund dieser Erwägungen eine Mischform befürwortet, wonach ein Rahmendienstvertrag für das Projekt geschlossen wird. Die einzelnen Sprints sollen dann, da insoweit eine konkrete Leistungsbeschreibung möglich ist, als „MiniWerkverträge“ vergeben werden.641 Eine pauschale Einordnung anhand dieser Maßstäbe verbietet sich auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis.642 Da die Vertragsparteien grundsätzlich frei in der Einordnung und Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses sind, wird man auf höchst unterschiedliche Interessenlagen stoßen. Dies spiegelt sich in der Vielfalt der diskutierten Gestaltungsformen wider. Indes lassen sich typische Erscheinungsformen ausmachen, die einen Rückschluss auf den zugrundeliegenden Parteiwillen zulassen.643 1. Einsatz einzelner Fremdpersonalkräfte in gemischten Projektteams Wie bereits die Ausführungen zum Dienstverschaffungsvertrag gezeigt haben, kann das Rechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sowohl auf die Leistungserbringung durch eine ggf. konkret benannte Fremdpersonalkraft als 635 S. etwa Bortz, MMR 2018, 287 (289); Frank, CR 2011, 138 (140); Müller-Hengstenberg/Kirn, CR 2010, 8 ff.; Welkenbach, CR 2017, 639 (642 f.). 636 Bortz, MMR 2019, 287 (289); Müller-Hengstenberg/Kirn, CR 2010, 8 ff.; Welkenbach, CR 2017, 639 (642 f.); s. hierzu allgemein Baumgärtner, in: BeckOK BGB, § 611 Rn. 10. 637 Frank, CR 2011, 138 (140). 638 Witte, ITRB 2010, 44 (47). 639 Heydn, MMR 2020, 284 (287); Lutz/Bach, BB 2017, 3016 (3018); s. auch die Darstellung bei Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (141); Senze/Dietz, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (175). 640 Redeker, IT-Recht, Rn. 312. 641 Frank, CR 2011, 138 (141); Hoeren/Pinelli, MMR 2018, 199 (200); Koch/Kunzmann/ Müller, MMR 2019, 707 (710); Kremer/Buchalik, in: Internet der Dinge, S. 789 (796 f.); Lapp, ITRB 2018, 263 (264); Schirmbacher/Schätzle, ITRB 2020, 16. 642 Koch/Kunzmann/Müller, MMR 2019, 707 (708). 643 S. zur differenzierten Betrachtung beim Einsatz einzelner Fremdpersonalkräfte und dem Einsatz ganzer Entwicklungsteams Bortz, MMR 2018, 287 (290 ff.).

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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Erfüllungsgehilfe als auch die Leistungserbringung durch den Auftragnehmer mitsamt einem ganzen Team gerichtet sein. Wird lediglich der Einsatz eines einzelnen Teammitglieds durch den Auftragnehmer geschuldet, so entspricht eine dienstvertragliche Einordnung regelmäßig am ehesten der Interessenlage und dem Parteiwillen. Dem liegt zugrunde, dass es sich bei der geschuldeten Leistungserbringung in der Regel um Unterstützungsleistungen handelt. Wird das Fremdpersonal als Erfüllungsgehilfe des Auftragnehmers eingesetzt, so kann man bei den Rollenbildern wie beim Scrum Master oder dem Product Owner, denen eine exponierte Rolle zukommt, nur höchst ausnahmsweise einen Erfolgsbezug feststellen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn über die moderierenden und projektleitenden Tätigkeiten hinaus ein Pflichtenheft erstellt werden soll, für dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und spätere Realisierung eingestanden werden soll.644 Wird hingegen ein einzelner externer Spezialist zur Erfüllung des Vertrages als Mitglied des Entwicklungsteams eingesetzt, so wird das Entwicklungsteam zwar jedenfalls während des einzelnen Sprints einen konkreten Erfolg anstreben, doch mangelt es insoweit an einem, dem Fremdpersonal individuell zurechenbaren Erfolg.645 Die Erfolgsrealisierung ist daher für den Auftragnehmer nicht beherrschbar, womit eine Übernahme des Erfolgsrisikos im Sinne einer werkvertraglichen Einordnung in aller Regel ausscheidet. 2. Auftragnehmer stellt zumindest das Entwicklungsteam Anders kann sich die Interessenlage darstellen, wenn, wie oftmals im dreigliedrigen Rechtsverhältnis, zumindest das ganze Entwicklungsteam vom Auftragnehmer gestellt wird. Eine solche Gestaltung lag einem vom OLG Frankfurt/Main zu entscheidenden Fall zugrunde.646 In diesem verpflichtete sich der Auftragnehmer unter Rückgriff auf sein Team zur Umsetzung der Produktvision. Stets muss im Zuge der Einordnung des Rechtsverhältnisses gefragt werden, ob tatsächlich eine Einstandspflicht für ein funktionsfähiges Ergebnis übernommen wird. Obwohl eine Risikoübernahme selbst dann in Betracht kommen kann, wenn der Erfolgseintritt bei Vertragsschluss ungewiss ist, wird ein auf die Übernahme des Realisierungsrisikos gerichteter Parteiwille in aller Regel nur dann vorliegen, wenn die Realisierung für den Auftragnehmer beherrschbar ist. Entscheidend für die Frage der Beherrschbarkeit ist dabei nicht nur, wem die Ausführungskompetenz zukommt, sondern auch, wie komplex und ergebnisoffen die Produktvision ist. Gerade bei höchst komplexen und ergebnisoffenen Innovationsprojekten können mitunter erhebliche Zweifel an der Beherrschbarkeit der Erfolgsrealisierung und 644

So Schneider, in: Schneider/v. Westphalen, Software-Erstellungsverträge, C Rn. 177; s. hierzu bereits die Ausführungen zum zweigliedrigen Rechtsverhältnis in Kapitel 2 C. IV. 645 S. hierzu bereits die Ausführungen zur Einordnung der Projektrollen im zweigliedrigen Rechtsverhältnis in Kapitel 2 C. IV. 6. 646 OLG Frankfurt/Main v. 17. 08. 2017 – 5 U 152/16, MMR 2018, 100.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

damit der werkvertraglichen Übernahme des Realisierungsrisikos bestehen. Angesichts der höchst unterschiedlichen Ausgestaltungen konkreter Projekte und der weitgehenden Freiheit der Vertragsparteien kann für die Zwecke der vorliegenden Arbeit nur abstrahierend auf gängige Erscheinungsformen eingegangen werden.647 Erfolgt die Umsetzung der User Stories wie zugrunde gelegt durch das externe Entwicklungsteam, so kann dem Auftragnehmer auch der zu realisierende Erfolg zugerechnet werden.648 Dies gilt selbst dann, wenn die Konzeptionshoheit, wie regelmäßig, beim Auftraggeber verbleibt.649 Zwar obliegt dann die Konzeption des Leistungsgegenstandes dem Auftraggeber, der hierzu etwa auf seinen Product Owner zurückgreift, doch verbleibt die Ausführungshoheit beim Auftragnehmer und dessen Personal. Ist die Produktvision wie regelmäßig zudem zumindest grob umrissen, so steht dies einer werkvertraglichen Qualifikation nicht entgegen. Zumeist lässt die Produktvision bereits die notwendigen Anforderungen erkennen. Dies ermöglicht dem Auftragnehmer die Risiken der Erfolgsrealisierung abzuschätzen. Da der Auftraggeber die Ausführungshoheit aus den Händen gibt und er an einem funktionsfähigen Ergebnis interessiert ist, liegt eine Einstandspflicht des Auftragnehmers auch im Interesse des Auftraggebers.650 Eine Einstandspflicht benachteiligt den Auftragnehmer zudem nicht über Gebühr. Da die Kompetenz zur Umsetzung der Produktvision maßgeblich beim Auftragnehmer bleibt, kann diesem auch das Risiko der Erfolgsrealisierung zugemutet werden.651 Die Produktvision ist zwar zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumeist noch recht vage, doch verlagert sich die Risikostruktur aufgrund der nachfolgenden werkbezogenen Weisungen gem. § 645 BGB ohnehin zulasten des Auftraggebers.652 Wird das Projekt entgegen der agilen Methodik in eine Planungs- und Entwicklungsphase aufgespalten, so geht hiermit regelmäßig eine rahmenvertragliche Gestaltung bzw. eine Mischform der vertraglichen Ausgestaltung einher. Eine solche Aufspaltung verstetigt jedoch die bezweckte Auflösung der klassischen Projektphasen. Das führt zwar zu einem Verlust an Flexibilität, doch kann diese Gestaltung, insbesondere aus Sicht des auftraggebenden Unternehmens, einen Kompromiss 647 S. jedoch Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im ScrumVerfahren, S. 117 – 166, der anhand typischer Erscheinungsformen der Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren umfassend und exemplarisch die höchst unterschiedlichen Interessenlagen bei Standard-, Innovations- und Kooperationsprojekten herausarbeitet. Erörtert werden zudem mögliche atypische Ausgestaltungen der BGB-Vertragstypen beim Scrum-Verfahren, Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 181 – 326. 648 Koch/Kunzmann/Müller, MMR 2019, 707 (710); Schirmbacher/Schätzle, ITRB 2020, 16. 649 Müller, in: HMD, S. 213 (217) m. Verw. a. Witte, ITRB 2010, 44 (46). 650 In diesem Sinne Bortz, MMR 2018, 287 (290). 651 Lutzenberger, BeckOGK, § 631 BGB Rn. 707; Müller, in: HMD, S. 213 (217). 652 S. zur Wirkrichtung des Weisungsrechts bereits Kapitel 2 C. III. 1. d) bb) sowie zur Risikoverteilung bei erfolgsbezogenen Weisungen Kapitel 2 C. IV. 3. b).

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zwischen den Vor- und Nachteilen der agilen Projektmethoden darstellen. Während die allgemeine Projektdurchführung in einem Rahmenvertrag geregelt wird, der am ehesten einem Dienstvertrag entspricht, werden die jeweiligen Inkremente im Rahmen von „Miniwerkverträgen“ realisiert. Das jeweilige Inkrement lässt sich dann präzise beschreiben. Das Argument, das anvisierte Ergebnis sei bei agilen Projekten zu vage, greift dann jedenfalls nicht mehr. Ferner wird für den Leistungserbringer deutlicher, auf welches Realisierungsrisiko er sich einlässt. Hinsichtlich der einzelnen Inkremente liegt dann auch eine werkvertragliche Einordnung nahe. 3. Ergebnis Nach alledem kann auch im dreigliedrigen Rechtsverhältnis keine pauschale Einordnung des Rechtsverhältnisses zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vorgenommen werden. Stets muss unter Beachtung der hier dargestellten Besonderheiten und unter Zugrundelegung der im zweigliedrigen Rechtsverhältnis dargestellten Maßstäbe der konkrete Einzelfall gewürdigt werden. Ausschlaggebend für die Einordnung ist der Parteiwille. Dieser spiegelt sich maßgeblich in der Risikoverteilung wider. Entscheidend ist, ob der Auftragnehmer für die mangelfreie Realisierung des Erfolgs einzustehen hat. Aufschluss hierüber können etwa die Indizien der Vertragsdeklaration, der Beherrschbarkeit der Realisierung, der Ausgestaltung der Gegenleistungspflicht sowie der Kündigung und der Gewährleistung geben.653 Wie sich bereits bei den Ausführungen zum zweigliedrigen Rechtsverhältnis gezeigt hat, kann die Gewährleistung zugleich Aufschluss darüber geben, welcher Vertragspartei im dreigliedrigen Rechtsverhältnis in Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung das ausführende Fremdpersonal zugerechnet werden kann.654

IV. Besonderheiten der gesellschaftsvertraglichen Einordnung im indirekten Rechtsverhältnis Wie bereits die Ausführungen in Kapitel 2 gezeigt haben, kann im Einzelfall auch eine gesellschaftsvertragliche Durchführung des Projekts dem Parteiwillen entsprechen.655 Als Varianten kommen sowohl eine rechtsfähige Außengesellschaft als auch eine nicht rechtsfähige Innengesellschaft in Betracht.

653 654 655

S. zu alledem bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. IV. S. hierzu Kapitel 2 C. IV. 5. S. hierzu bereits die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 2 C. VI.

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

1. Gemeinschaftsunternehmen als Außengesellschaft Eine Außengesellschaft kann in Form eines Gemeinschaftsunternehmens vorliegen. Möglich sind Zusammenschlüsse zweier oder mehrerer Unternehmen als Gemeinschaftsunternehmens bzw. Joint Venture. Ferner sind Neugründungen von Gesellschaften, der Zusammenschluss auf Basis einer bereits bestehenden Vorratsgesellschaft oder etwa die unmittelbare Beteiligung an dem Partner durch den Erwerb von Anteilen in die Überlegung miteinzubeziehen.656 Derartige Formen der Durchführung liegen nach den im zweigliedrigen Rechtsverhältnis geschilderten Maßstäben insbesondere dann nahe, wenn beide Vertragspartner ein gemeinsames Interesse am angestrebten Entwicklungserfolg haben. Wenngleich auch in diesem Verhältnis arbeitsrechtliche Restriktionen, insbesondere solche des AÜG, vermieden werden können, so entspricht eine gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit selbst bei der Beteiligung zweier oder mehrerer Unternehmen nur ausnahmsweise dem Parteiwillen.657 Ein gemeinsamer Zweck i. S. d. § 705 BGB kommt nur in denjenigen Fällen in Betracht, in denen etwa ein gemeinsames Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung des entwickelten Ergebnisses besteht oder die gemeinsame Markterschließung angestrebt wird.658 Die Miturheberschaft659 an dem Projekterfolg reicht hingegen noch nicht aus.660 Regelmäßig sind die Interessen bei der Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen unter Einsatz ihrer Arbeitnehmer auf eine dienst- oder werkvertragliche Durchführung gerichtet. Dem liegt zugrunde, dass eines der beteiligten Unternehmen als vermeintlicher Auftraggeber zumeist die Ergebnisse des Projekts für die eigenen Zwecke nutzen möchte. Zwar lässt sich die alleinige Verwertungsbefugnis des einen Unternehmens unter Abweichung vom gesetzlichen Regelfall vereinbaren, doch spricht die alleinige Verwertungsmöglichkeit als Regelfall des Dienst- bzw. Werkvertrages für einen entsprechenden Parteiwillen. Überdies strebt der vermeintliche Auftraggeber mehrheitlich eine der werkvertraglichen Einordnung entsprechende Gewährleistung an. Da eine solche zwischen

656

S. zu den einzelnen Formen Stengel, in: Prinz/Kahle, Beck HdB PersG, § 22 Rn. 47. So im Ergebnis auch Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (143); Lapp, ITRB 2010, 69 (71); Müller, in: HMD, S. 213 (218); ähnlich Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430); Hengstler, ITRB 2012, 113 (116). 658 Frank, in: DGRI Jahrbuch 2011, S. 127 (131 f.); Hengstler, ITRB 2012, 113 (116); Müller, in: HMD, S. 213 (218). 659 S. zur Zuordnung von Entwicklungsergebnissen und den IP-rechtlichen Herausforderungen bei agilen Kooperationsprojekten und der Beteiligung von Drittunternehmen an eigenen Projekten Koch, BB 2017, 387 ff. 660 Lejeune, ITRB 2012, 89 m. Verw. a. BGH v. 17. 10. 2000 – X ZR 223/98; Sprau, in: Grüneberg, § 741 BGB Rn. 1. 657

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den Gesellschaftern gesellschaftsrechtlich nicht vorgesehen ist, entspricht diese Form der Zusammenarbeit zumeist nicht dem beiderseitigen Parteiwillen.661 Zudem ist die unternehmerische Zusammenarbeit zumeist nicht auf Dauer angelegt. Der Einsatz externer Kräfte ist regelmäßig auf die Dauer des Projekts beschränkt, für welches das entsprechende Know-how oder die Arbeitskraft benötigt wird. Da mit einer nachfolgenden Auflösung der Gesellschaft und der Auseinandersetzung ein erheblicher Aufwand einhergeht, wird bereits aus diesem Grund typischerweise kein entsprechender Parteiwille feststellbar sein. Schließlich können bei der Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen steuerrechtliche662 und konzernrechtliche Vorbehalte663 zu beachten sein. 2. Gemeinschaftsbetrieb als Innengesellschaft Eine gesellschaftsvertragliche Durchführung kann nicht nur über eine rechtsfähige Außengesellschaft, sondern ebenso über eine nicht rechtsfähige Innengesellschaft erfolgen. Zuletzt hat die AÜG-Reform im Jahr 2017 dazu geführt, dass vermehrt über die Bildung von Gemeinschaftsbetrieben als Alternative zur Arbeitnehmerüberlassung diskutiert wurde.664 Insbesondere die strikten regulatorischen Vorgaben wie die Höchstüberlassungsdauer, der Equal-Pay-Grundsatz, aber auch die Kennzeichnungspflicht und der intendierte Wegfall der Vorratserlaubnis führten dazu, dass die Durchführung der unternehmerischen Zusammenarbeit im Rahmen eines Gemeinschaftsbetrieb angepriesen wurde.665 Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die auf die Förderung des fremden Betriebszweckes666 gerichtete Arbeitnehmerüberlassung und die auf die gemeinsame arbeitstechnische Zweckverfolgung gerichtete Führung eines Gemeinschaftsbetriebes diametral entgegenstehen.667 Die Arbeitnehmerüberlassung und die Zusammenarbeit im Gemeinschaftsbetrieb schließen sich folglich gegenseitig aus. Zudem kann der Gemeinschaftsbetrieb mangels Rechtsfähigkeit nicht als tauglicher Entleiher 661

Fuchs/Meierhöfer/Morsbach/Pahlow, MMR 2012, 427 (430). Kremer, ITRB 2010, 283 (288); Lapp, ITRB 2010, 69 (70); Senze/Dietz, in: CLI/Luther/ UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 174 (185). 663 S. hierzu Kühn/Ehlenz, CR 2018, 139 (143). 664 Bissels/Falter, MDR 2019, 198 (202 f.); Böhm, in: Böhm/Hennig/Popp, Zeitarbeit und Arbeiten 4.0, Kapitel 3 Rn. 153; Ferme/Schütt/Staneff, SPA 2019, 53 (55); Groeger, ArbRB 2017, 216 ff.; Koller-van Delden/Gallini, DStR 2017, 206 ff.; Schönhöft/Oelze, BB 2016, 565 ff.; Seel, öAT 2017, 48 ff.; Panzer-Heemeier/Schwipper, DB 2017, 1584 ff.; dies., DB 2018, 2931 ff.; s. bereits Niklas/Schauß, BB 2014, 2805 (2809 f.). 665 S. etwa Koller-van Delden/Gallini, DStR 2017, 206 ff.; Saager/Schmuck, NJOZ 2020, 417 (419 f.); Schönhöft/Oelze, BB 2016, 565 ff.; Seel, öAT 2017, 48 ff. 666 S. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kapitel 3 C. I. 3. c) cc). 667 BAG v. 16. 04. 2008 – 7 ABR 4/07, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 32; vgl. auch Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 81; Koller-van Delden/Gallini, DStR 2017, 206. 662

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i. S. d. AÜG auftreten.668 Vielmehr handelt es sich bei dem Gemeinschaftsbetrieb in aller Regel um eine nicht rechtsfähige Innengesellschaft.669 Eine Überlassung an den Gemeinschaftsbetrieb scheidet daher aus. Zwar ist der Begriff des Gemeinschaftsbetriebes gesetzlich nicht definiert, doch wird seine Existenz durch § 1 Abs. 2 BetrVG vorausgesetzt.670 Ein Gemeinschaftsbetrieb liegt nach der gefestigten Rechtsprechung dann vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird, zu dem sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend rechtlich verbunden haben.671 Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wird ein Gemeinschaftsbetrieb vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden. Jedenfalls dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann man die Verfolgung eines gemeinsamen arbeitstechnischen Zweckes annehmen. Dies schließt wiederum die für die Arbeitnehmerüberlassung notwendige Förderung eines fremden Betriebszweckes aus. a) Gemeinsamer Betrieb im Sinne einer organisatorischen Einheit aa) Der Betrieb im Allgemeinen Grundvoraussetzung eines Gemeinschaftsbetriebes ist zunächst, dass es sich bei diesem um einen Betrieb i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG handelt.672 Dem BetrVG liegt dabei ein eigenständiger Betriebsbegriff zugrunde, der sich am Zweck des Gesetzes orientiert.673 Zwar wird der Begriff des Betriebes nicht durch das BetrVG definiert, doch hat sich in Rechtsprechung und Lehre eine allgemein anerkannte Definition entwickelt.674 Die Definition geht maßgeblich auf Erwin Jacobi zurück, nach dem in einem Betrieb die „Vereinigung von persönlichen, sächlichen und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines von einem oder von mehreren Rechts-

668

S. hierzu bereits Kapitel 3 C. I. 3. a) bb) (2). Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (172); Koller-van Delden/ Gallini, DStR 2017, 206 (209). 670 Seel, öAT 2017, 48 (49). 671 BAG v. 13. 02. 2013 – 7 ABR 36/11, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 34, Rn. 28; v. 13. 08. 2008 – 7 ABR 21/07, NZA-RR 2009, 255, Rn. 17; v. 31. 05. 2000 – 7 ABR 78/ 98, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12, aus den Gründen B.III.1. 672 Groeger, ArbRB 2017, 216 (217). 673 Koch, in: ErfK, § 1 BetrVG Rn. 7 f. 674 Kloppenburg, in: Düwell, BetrVG, § 1 Rn. 9; Richardi/Maschmann, in: Richardi, BetrVG, § 1 Rn. 16 ff. 669

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subjekten gemeinsam gesetzten technischen Zweckes“ zu sehen ist.675 Hieran anknüpfend hat sich die allgemein anerkannte Definition entwickelt, wonach ein Betrieb eine organisatorische Einheit darstellt, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt.676 Diese dürfen sich nicht in der Befriedigung des Eigenbedarfs erschöpfen.677 Hierzu müssen grundsätzlich die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für den oder die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst, geordnet, gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden.678 Ein solcher Betrieb wird jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn, wie regelmäßig, die Tätigkeit in einer physischen Betriebsstätte erbracht wird. bb) Der virtuelle Betrieb Ein arbeitstechnischer Zweck kann indes nicht nur in einer physischen Betriebsstätte, sondern ebenso in einem virtuellen Umfeld verfolgt werden. Gerade bei IT-lastigen Tätigkeiten ist eine ortsflexible Zusammenarbeit ohne Weiteres möglich. Daher stellt sich die Frage, ob von einem Betrieb i. S. d. BetrVG auch dann ausgegangen werden kann, wenn die arbeitstechnischen Zwecke lediglich über IT-Systeme verfolgt werden.679 In diesem Fall kann von einem virtuellen Betrieb gesprochen werden.680 Nicht zuletzt aufgrund der vielfach mit der Anwendung agiler Projektmethoden einhergehenden digitalisierten Arbeit kommt es darauf an, ob ein Betrieb auch dann vorliegen kann, wenn die Arbeitnehmer physisch nicht zusammenkommen und lediglich auf digitalem Wege in das agile Projekt eingebunden werden.681 Misst man einen virtuellen Betrieb, in dem die Kommunikation ausschließlich über Netzwerkverbindungen erfolgt und in dem Arbeitsabläufe in einem digitalen Umfeld

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Jacobi, in: FS Ehrenberg, S. 1 (9); s. hierzu Richardi/Maschmann, in: Richardi, BetrVG, § 1 Rn. 16. 676 BAG v. 22. 06. 2005 – 7 ABR 57/04, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 23, aus den Gründen B.II.1.; v. 31. 05. 2000 – 7 ABR 78/98, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12, aus den Gründen B.III.1. 677 BAG v. 21. 06. 1995 – 2 AZR 693/94, AP BetrVG 1972 § 1 Nr. 16, aus den Gründen II.2.a.; s. hierzu Kloppenburg, in: Düwell, BetrVG, § 1 Rn. 9; Koch, in: ErfK, § 1 BetrVG Rn. 8. 678 BAG v. 15. 10. 2014 – 7 ABR 53/12, AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 3, Rn. 29. 679 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 150 ff.; zum virtuellen Betrieb beim Gemeinschaftsbetrieb s. Wisskirchen/Block, NZA-Beilage 2017, 90 (92). 680 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 151; Schreiner/Meyer, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 110 (114); Wiedenfels, AuA 2000, 418; in diesem Sinne Wolmerath, in: FS Däubler, S. 717 (719 f.). 681 Vgl. hierzu Schreiner/Meyer, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 110 (114).

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erbracht werden,682 an den Charakteristika des Betriebsbegriffes, so zeigt sich, dass die Tätigkeit in einem virtuellen Raum nicht per se der Einordnung als Betrieb entgegensteht.683 Der virtueller Betrieb ist insoweit nicht in einer räumlichen Einheit, sondern in dem elektronischen Netzwerk zu sehen.684 Bereits dem Merkmal der organisatorischen Einheit lässt sich keine zwingende, räumlich begrenzte Komponente entnehmen.685 Auch das Erfordernis eines einheitlichen Leitungsapparates ist offen für eine Virtualisierung.686 Hieran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass sich die einheitliche Leitungsmacht konkret auf die arbeitstechnische Einheit bezieht, in welcher der arbeitstechnische Zweck verfolgt wird. Zwar grenzt sich der Betrieb vom Unternehmen gerade dadurch ab, dass er einem arbeitstechnischen Zweck im Sinne einer tatsächlichen Leistungserbringung dient, während das Unternehmen einen übergeordneten wirtschaftlichen Zweck verfolgt.687 Doch folgt aus der tatsächlichen Leistungserbringung keine notwendige Gegenständlichkeit des Betriebes im physischen Sinne.688 Insbesondere in Zeiten einer fortschreitenden Digitalisierung und ortsunabhängigen Leistungserbringung wird die tatsächliche Leistungserbringung keineswegs mehr zwingend in einem physisch vorhandenen Betrieb erbracht.689 Zudem spricht die Wertung des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BetrVG für die Anerkennung eines virtuellen Betriebes.690 Die Vorschrift, die eine Fiktion zur Geltung von Betriebsteilen als Betrieb beinhaltet, setzt bereits nach der norminternen Logik voraus, dass Teile eines Betriebes räumlich weit voneinander entfernt sein können und sich ein Betrieb daher über mehrere Standorte erstrecken kann.691 Wenngleich die 682 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 151 f.; Wiedenfels, AuA 2000, 418. 683 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 167; im Ergebnis wohl auch Krause, in: Verhandlungen des 71. DJT, 1. Band, S. B1 (B 92); Schreiner/Meyer, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 110 (114). 684 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 152; Wiedenfels, AuA 2000, 418. 685 Vgl. hierzu BMAS, Weissbuch Arbeiten 4.0, S. 163. 686 So Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 152; in diesem Sinne auch Deinert, RdA 2001, 368 (375). 687 So bereits BAG v. 03. 12. 1954 – 1 ABR 7/54, NJW 1955, 277; Richardi/Maschmann, in: Richardi, BetrVG, § 1 Rn. 18. 688 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 153 f.; kritisch Krebber, Unternehmensübergreifende Arbeitsabläufe, S. 244 ff., der auf die „tatsächliche“ Existenz verweist. Gleichwohl wird auch von diesem die grundsätzliche Möglichkeit eines virtuellen Betriebes anerkannt, vgl. S. 245 f. 689 In diesem Sinne Wahlig, in: Grobys/Panzer-Heermeier, Gemeinsamer Betrieb Rn. 3. 690 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 154; kritisch, im Ergebnis jedoch zustimmend Krebber, Unternehmensübergreifende Arbeitsabläufe, S. 245 f. 691 So Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 154 f.

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räumliche Verbundenheit den Regelfall darstellen dürfte, so ist sie dennoch kein konstitutives Merkmal eines Betriebes.692 Sind am jeweiligen Standort nur einzelne Arbeitnehmer tätig, so kann man in Ermangelung der erforderlichen Mindestbelegschaftsstärke nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG nicht von einem Betriebsteil ausgehen.693 Dies gilt erst recht deshalb, weil in diesem Fall das Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit nicht erfüllt sein wird.694 Ferner legt die hinter § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BetrVG stehende Wertung die Möglichkeit eines virtuellen Betriebes nahe.695 So hat der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Einbeziehung der Tele- und Außendienstmitarbeiter diese dem Betrieb zurechnen wollen.696 Maßgeblich für die Zurechnung zum Betrieb soll nicht die tatsächliche örtliche Einordnung sein, sondern die Einordnung in die betriebliche Organisation.697 Diese kann auch virtuell und über Netzwerke erfolgen. Damit eine virtuelle betriebliche Organisation jedoch als eigenständiger Betrieb eingestuft werden kann, bedarf es darüber hinaus zum einen einer gewissen Dauerhaftigkeit.698 Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der arbeitstechnische Zweck fortgesetzt verfolgt werden muss. Eine längere oder unbestimmte Zeitdauer ist indes nicht erforderlich.699 Eine entsprechende Dauerhaftigkeit wird man jedenfalls dann ablehnen müssen, wenn die virtuelle Organisation stetigen Veränderungen unterworfen ist. Zudem bedarf es einer hinreichenden Abgrenzbarkeit des virtuellen Betriebes vom „realen“ Betrieb.700 Andernfalls kann schon nicht von einer eigenständigen, gefestigten organisatorischen Einheit gesprochen werden. Erfolgt die Leistungserbringung daher nur virtuell im Rahmen eines kurzfristigen Projektes, so liegt nur eine lose und nicht dauerhafte Organisation vor. Diese erfüllt nicht die Anforderungen an einen Betrieb.701 Teilweise wird allerdings gegen die Möglichkeit eines virtuellen Betriebes eingewandt, dass die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte in virtuellen Betrieben angesichts der vielfach an die örtliche Organisation anknüpfenden Mitbestim692

Fitting, BetrVG, § 1 Rn. 104. Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 155; Krebber, Unternehmensübergreifende Arbeitsabläufe, S. 246. 694 S. hierzu im Einzelnen Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 155 ff. 695 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 157 f. 696 BT-Drs. 14/5741, S. 28. 697 BT-Drs. 14/5741, S. 35; s. hierzu Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 157 f. 698 Fitting, BetrVG, § 1 Rn. 107; Koch, in: ErfK, § 1 BetrVG Rn. 9. 699 Koch, in: ErfK, § 1 BetrVG Rn. 9. 700 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 172; Wisskirchen/Block, NZA-Beilage 2017, 90 (92). 701 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 159; vgl. Maschmann, in: Richardi, BetrVG, § 1 Rn. 110, der im Kontext virtueller Unternehmen auf die Flüchtigkeit der Projektarbeit verweist. 693

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mungstatbestände kaum möglich sei.702 Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass insoweit de lege lata auch eine Anpassung der Betriebsratsarbeit an moderne Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten möglich ist.703 Etwaige tatsächliche Hürden stehen daher dem virtuellen Betrieb nicht entgegen. b) Gemeinsamer Einsatz materieller und immaterieller Betriebsmittel Für die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes bedarf es nach ständiger Rechtsprechung ferner eines gemeinsamen Einsatzes materieller und immaterieller Betriebsmittel.704 Indes verliert die Frage der gemeinsamen Nutzung gerade in betriebsmittelarmen Branchen an Bedeutung.705 Ausreichend ist insoweit bereits der gemeinsame Einsatz personeller Ressourcen und immaterieller Betriebsmittel, beispielsweise von Daten- oder Informationsbestände oder Know-how.706 Eine wechselseitige Nutzung ist nicht erforderlich. Daher kann es ausreichend sein, wenn eines der beteiligten Unternehmen ausschließlich Personal einbringt.707 Insoweit ist ein standortübergreifender Einsatz von Betriebsmitteln denkbar.708 Das BAG hat bereits ausdrücklich festgestellt, dass die räumliche Trennung der Betriebsstätten nicht per se einen gemeinsamen Betrieb ausschließt. Es seien dann aber an die Darlegung der übrigen, für eine unternehmensübergreifende Leitungsstruktur zur Durchführung der arbeitstechnischen Zwecke sprechenden Umstände erhöhte Anforderungen zu stellen.709 Etwas anderes lässt sich auch nicht der Entscheidung des BAG vom 13. 08. 2008 entnehmen. Dort hob das BAG die Bedeutung einer gemeinsamen Betriebsstätte hervor. Die Prüfung der Merkmale des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG sei entbehrlich, „wenn feststeht, dass die organisatorischen Voraussetzungen für einen Gemeinschaftsbetrieb nicht vorliegen, weil es z. B. an einer gemeinsamen Betriebsstätte fehlt, in der die Arbeitnehmer sowie die Betriebsmittel von den beteiligten Arbeitgebern zur Erreichung des einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks eingesetzt werden“.710 Zwar ließe sich die Entscheidung des BAG dergestalt interpretieren, dass die gemeinsame Betriebsstätte eine zwingende Voraussetzung des 702 Wolmerath, in: FS Däubler, S. 717 (725); Wisskirchen/Block, NZA-Beilage 2017, 90 (93); Schönfeld/Strese/Flemming, MMR-Beilage 2001 (Heft 9), 8 (13). 703 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 164 ff.; Aalderks, Virtuelle Unternehmen im arbeitsrechtlichen Kontext, S. 191; vgl. hierzu Klebe, NZA-Beilage 2017, 77 ff.; Fündling/Sorber, NZA 2017, 552. 704 S. etwa BAG v. 13. 02. 2013 – 7 ABR 36/11, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 34, Rn. 28; v. 13. 08. 2008 – 7 ABR 21/07, NZA-RR 2009, 255, Rn. 17. 705 Schönhöft/Oelze, BB 2016, 565 (567). 706 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 175. 707 Schönhöft/Oelze, BB 2016, 565 (566). 708 S. hierzu Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 204 f. 709 BAG v. 18. 01. 1990 – 2 AZR 355/89, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 9, aus den Gründen III.3.a. 710 BAG v. 13. 08. 2008 – 7 ABR 21/07, NZA-RR 2009, 255, Rn. 35.

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Gemeinschaftsbetriebs sei. Doch ist dem entgegenzuhalten, dass die räumliche Einheit bereits für den Betrieb als solchen kein konstitutives Merkmal darstellt. Für den Gemeinschaftsbetrieb, der im Grundsatz auf dem Verständnis zum Betrieb nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG aufbaut, kann dann nichts anderes gelten.711 Ohnehin rekurrierte das BAG in seiner Feststellung kumulativ auf sämtliche Merkmale. Der Aussage lässt sich schon terminologisch nicht entnehmen, ob die gemeinsame Betriebsstätte zwingend vorausgesetzt wurde. Überträgt man diese Maßstäbe auf die unternehmensübergreifende agile Projektarbeit, so zeigt sich, dass das Erfordernis eines gemeinsamen Einsatzes materieller und immaterieller Betriebsmittel der Durchführung im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebs nicht entgegensteht. Wird das agil durchzuführendende Projekt in einer gemeinsamen Betriebsstätte, wie dies regelmäßig der Fall sein wird, durchgeführt, so lässt bereits die gemeinsame räumliche Unterbringung sowie die personelle, organisatorische und technische Verknüpfung auf die gemeinsame Nutzung der Betriebsmittel schließen.712 Ohnehin kommt es bereits aufgrund des unternehmensübergreifenden und oftmals standortübergreifenden Austausches innerhalb der gemischten Entwicklungsteams sowie der gemeinsame Nutzung der Daten und der IT-Struktur zum gemeinsamen Einsatz materieller und immaterieller Mittel. c) Einheitlicher arbeitstechnischer Zweck Liegt nach Maßgabe der vorherigen Ausführungen ein Betrieb vor, so bedarf es zur Einordnung als Gemeinschaftsbetrieb darüber hinaus der Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zweckes.713 Die Verfolgung ausschließlich eines arbeitstechnischen Zweckes ist hingegen nicht erforderlich. Daher können auch überwiegend unterschiedliche arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden. Für das Bestehen eines gemeinsamen Betriebes kommt es nach ständiger Rechtsprechung weniger auf die Einheitlichkeit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung, sondern in erster Linie auf die Einheit der Organisation an.714 Besonders virulent wird das Merkmal der Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Betriebszweckes in den Fällen, in denen sich eines der beteiligten Unternehmen auf die Personalgestellung beschränkt. Dem liegt zugrunde, dass sich Arbeitnehmerüberlassung und der Gemeinschaftsbetrieb gegenseitig ausschlie711 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 205 m. w. N. 712 Vgl. Koch, in: ErfK, § 1 BetrVG Rn. 15. 713 BAG v. 13. 02. 2013 – 7 ABR 36/11, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 34, Rn. 28; v. 13. 08. 2008 – 7 ABR 21/07, NZA-RR 2009, 255, Rn. 17. 714 BAG v. 25. 05. 2005 – 7 ABR 38/04, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 28, Rn. 26; v. 14. 09. 1988 – 7 ABR 10/87, aus den Gründen B.2. m. w. N. aus der Rechtsprechung; s. hierzu Kloppenburg, in: Düwell, BetrVG, § 1 Rn. 37.

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ßen.715 Bringt ein beteiligtes Unternehmen außer Personal keine weiteren Betriebsmittel ein, so ist genau darauf zu achten, ob das einbringende Unternehmen im Sinne einer tatsächlich durchgeführten Arbeitnehmerüberlassung lediglich den fremden Betriebszweck fördert716 oder auch an der Erfüllung des arbeitstechnischen Zwecks des anderen Unternehmens und damit an einem gemeinsamen arbeitstechnischen Zweck mitwirkt.717 Das ausschließliche Zur-Verfügung-Stellen von Personal schließt folglich einen Gemeinschaftsbetrieb nicht per se aus.718 Ein gemeinsamer arbeitstechnischer Betriebszweck liegt dann vor, wenn sowohl das personalgestellende Unternehmen als auch das daneben beteiligte Unternehmen mit zumindest einem ihrer Betriebszwecke die Entwicklungsarbeit verfolgen. d) Einheitliche Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten Überdies muss der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden. Die Leitung muss sich dabei auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken. Die beteiligten Unternehmen müssen sich hierzu zumindest konkludent zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt hingegen nicht.719 e) Einordnung der agilen Projekte Wenngleich pauschale Feststellungen auch hier nicht möglich sind, so entspricht doch die Zusammenarbeit im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes regelmäßig nicht den Parteiinteressen. Selbst wenn man nach den vorigen Maßstäben die Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks annehmen kann, liegt es oftmals dennoch nicht im Interesse der beteiligten Unternehmen, die Leitung im Hinblick auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen, insbesondere hinsichtlich der disziplinarischen Führung, zusammenzufassen.720 So steht die agile Arbeitsweise, die eine möglichst umfassende Weisungsfreiheit der Teammitglieder vorsieht, schon der gemeinsamen Leitung und damit der Ausübung der Weisungsbefugnis als einer der zentralen Arbeitgeberfunktionen entge715

Hamann, in: Schüren/Hamann, § 1 AÜG Rn. 81. S. zur Förderung eines fremden Betriebszwecks bereits Kapitel 3 C. I. 3. c) cc). 717 Vgl. BAG v. 16. 04. 2008 – 7 ABR 4/07, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 32; Hamann, Anmerkung zu LAG Mainz v. 01. 02. 2018 – 4 Sa 136/17, jurisPR-ArbR 32/ 2018 Anm. 1. 718 Schönhöft/Oelze, BB 2016, 565 (566 f.). 719 BAG v. 23. 11. 2016 – 7 ABR 3/15, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 65, Rn. 33; v. 13. 02. 2013 – 7 ABR 36/11, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 34, Rn. 28. 720 Vgl. Lingemann/Chakrabarti, in: Arnold/Günther, Arbeitsrecht 4.0, Kapitel 2 Rn. 161 zur Matrixstruktur. 716

C. Vertragstypologische Betrachtung des Fremdpersonaleinsatzes

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gen.721 Die einheitliche Leitung muss sich auf den ganzen Betrieb beziehen. Bei agil durchzuführenden Projekten ist in der Regel nur die Entwicklungsabteilung maßgeblich mit der Realisierung der Produktvision betraut.722 Selbst wenn im Einzelfall eine (partiell) einheitliche Wahrnehmung der wesentlichen Arbeitgeberfunktion gegeben sein sollte, erstreckt sich diese typischerweise nicht wie erforderlich auf den ganzen Betrieb. Ein „Gemeinschaftsbetriebsteil“ ist im BetrVG jedoch nicht vorgesehen.723 Insbesondere soll hierdurch verhindert werden, dass auf engstem Raum mehrere rivalisierende Betriebsräte auftreten.724 Stets ist daher zu fragen, ob es sich bei der gemeinsamen Einheit bloß um eine unselbständige Abteilung handelt oder ob, kraft einer organisatorischen Ausgliederung, eine betriebsverfassungsrechtliche Verselbständigung des betreffenden Betriebsteil vorliegt.725 Für gewöhnlich handelt es sich bei agilen Projekten um die bloße Zusammenarbeit innerhalb eines untergeordneten, nicht eigenständig betriebsratsfähigen Betriebsteil. Zudem gehen mit der Vereinbarung eines einheitlichen Leitungsapparates und damit korrespondierend eines Gemeinschaftsbetriebes erhebliche Folgen für die beteiligten Unternehmen einher. Zum einen sind bei einem Zusammenschluss zu einem Gemeinschaftsbetrieb die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 111 BetrVG zu beachten.726 Zum anderen erstreckt sich die Sozialauswahl i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG auf die gesamte Einheit. Ferner sind anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b KSchG im Gemeinschaftsbetrieb zu beachten. Zudem kann der gemeinsame Betriebsrat Beteiligungsrechte gegenüber allen beteiligten Unternehmen wahrnehmen.727 Da das Fremdpersonal vielfach nur für temporäre Projekte benötigt wird und die Zusammenarbeit damit schon nicht auf eine gewisse Dauer angelegt ist, stehen die erheblichen Rechtsfolgen zumeist außer Verhältnis zum Mehrwert einer Durchführung im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes. Diese Umstände stehen einer kooperativen, gleichgerichteten Verfolgung der Interessen im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes regelmäßig entgegen. Eine

721

Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (133); ähnlich Schreiner, AuA 2019, 264 (266). Vgl. hierzu Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 206 ff.; Zöllner, in: FS Semler, S. 995 (1007); Müller-Bonanni/Mehrens, ZIP 2010, 2228 (2231); zur Matrixstruktur Kort, NZA 2013, 1318 (1322). 723 Kloppenburg, in: Düwell, BetrVG, § 1 Rn. 73; Kort, NZA 2013, 1318 (1322); MüllerBonanni/Mehrens, ZIP 2010, 2228 (2231). 724 BAG v. 01. 02. 1963 – 1 ABR 1/62, NJW 1963, 1325; Kloppenburg, in: Düwell, BetrVG, § 1 Rn. 73. 725 Berger, Organisation der Betriebsverfassung im matrixorganisierten Konzern, S. 207 f.; ähnlich Zöllner, in: FS Semler, S. 995 (1007). 726 Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 269; Niklas/Schauß, BB 2014, 2805 (2810). 727 Mahnhold, in: Klösel/Klötzer-Assion/Mahnhold, Contractor Compliance, S. 269; Niklas/Schauß, BB 2014, 2805 (2810). 722

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Kap. 3: Der Fremdpersonaleinsatz im dreigliedrigen Rechtsverhältnis

ausdrückliche oder konkludente Führungsvereinbarung wird daher nur selten vorliegen. 3. Ergebnis Die Durchführung eines agilen Projektes im Wege eines Gemeinschaftsunternehmens entspricht nur selten dem Parteiwillen. Ausnahmsweise kann dies der Fall sein, wenn ein gemeinsames Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung des entwickelten Ergebnisses besteht oder die gemeinsame Markterschließung angestrebt wird. Im Übrigen überwiegen jedoch die Nachteile einer solchen Gestaltung, was gegen einen entsprechenden Parteiwillen spricht. Auch die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes stellt aufgrund der weitreichenden Folgen nur selten eine ernstzunehmende Alternative zum Fremdpersonaleinsatz im Rahmen einer legalen Arbeitnehmerüberlassung dar. Dies gilt umso mehr, da ein die Arbeitnehmerüberlassung ausschließender Gemeinschaftsbetriebsteil nicht anzuerkennen ist. Ohnehin kann nach der bislang vereinzelt gebliebenen Rechtsprechung des BAG bereits die Zusammenarbeit im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes der Arbeitnehmerüberlassung diametral entgegenstehen. Regelmäßig wird es daher jedenfalls vor dem Hintergrund der Vermeidung einer Arbeitnehmerüberlassung fern liegen, die umfassenden Rechtsfolgen eines Gemeinschaftsbetriebes in Kauf zu nehmen.

Kapitel 4

Schlussbetrachtung A. Handlungsoptionen I. Risikovermeidungsmaßnahmen Mit dem Einsatz moderner Arbeitsformen und Formen der Zusammenarbeit gehen vielfältige arbeitsrechtliche Herausforderungen einher. Besonders die vertragstypologischen Abgrenzungsschwierigkeiten und die Risiken einer ungewollten rechtlichen Einordnung des Rechtsverhältnisses führen zu einer Unsicherheit beim Einsatz von Fremdpersonal. Dennoch hat sich gezeigt, dass die in der Literatur geäußerte Sorge, das reformierte AÜG könnte das Ende von modernen Formen der Zusammenarbeit wie Scrum bedeuten,1 nicht in dem Maße begründet ist, wie es zuweilen befürchtet wurde.2 Zur Vermeidung einer Fehlqualifikation kann auf verschiedene Maßnahmen zurückgegriffen werden.3 Besonders relevant wird die Fehlqualifikation, wenn das Rechtsverhältnis abweichend vom Parteiwillen als Arbeitsvertrag oder Arbeitnehmerüberlassungsvertrag qualifiziert wird. Beide Vertragstypen werden entscheidend durch die Ausübung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts im weiteren Sinne determiniert. 1. Praktische (Vertrags-)Vorsorge Die Vertragsparteien können aktiv zur Vermeidung einer Fehlqualifikation beitragen, indem sie eine praktische Vorsorge betreiben.4 Die effektivste Vorsorge zur Vermeidung einer Fehlqualifikation stellt die Durchführung in Form eines „echten“ Arbeitsvertrages im zweigliedrigen sowie in Form der „echten“ Arbeitnehmerüberlassung im dreigliedrigen Rechtsverhältnis dar.5 Den Vertragsparteien steht es frei, das Rechtsverhältnis trotz einer etwaigen 1

Heise/Friedl, NZA 2015, 129. Zu diesem Ergebnis kommen auch Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (489). 3 S. Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (169 f.). 4 So Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (166); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (489); Meyer, NZA 2020, 1273 (1278). 5 Ähnlich Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419), die sich auf die arbeitsvertragliche Durchführung beziehen. 2

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Kap. 4: Schlussbetrachtung

phänotypisch abweichenden Durchführung autonom zugunsten eines Arbeitsvertrages bzw. eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zu qualifizieren. Indes läuft gerade diese Qualifikation regelmäßig den Interessen beider Parteien zuwider. Für die Unternehmen resultieren hieraus organisatorische und finanzielle Belastungen. Aber auch die externen Spezialisten sind in der Praxis oftmals nicht bereit, sich in eine (vertragliche) persönliche Abhängigkeit und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu begeben. Auch die Überlassung durch einen Verleiher wird daher vielfach abgelehnt.6 Nur teilweise wird zudem der Einsatz eines rein externen (Entwicklungs-)Teams eine ernstzunehmende Option darstellen.7 Vielfach greift das Einsatzunternehmen gerade zur Unterstützung des Inhouse-Teams auf externe Fachkräfte zurück. Ohnehin ist nicht die abstrakte Eingliederung in die eigene Betriebsorganisation entscheidend, sondern die Vermeidung arbeitsbezogener Vorgaben. Im Zuge einer praktischen (Vertrags-)Vorsorge können zudem verschiedene Maßnahmen zur Risikovermeidung beitragen. Bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung zwischen Einsatzunternehmen und Fremdpersonal oder Intermediär kann die Vermeidung arbeitsbezogener Weisungen in den Blick genommen werden. Sofern es die Natur der Tätigkeit zulässt, kann ausdrücklich hervorgehoben werden, dass das Fremdpersonal in der zeitlichen und örtlichen Gestaltung der Tätigkeit frei ist und die jeweiligen Ereignisse im Einvernehmen mit internen Teammitgliedern des Einsatzunternehmens abzustimmen sind.8 Dabei müssen keinesfalls alle arbeitsbezogenen Weisungen, die auf eine von den Vertragsparteien ungewollte Qualifikation hindeuten, vermieden werden. Angesichts der stets mit einer Wertung einhergehenden Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ist es entscheidend, dass die vertragliche Ausgestaltung sowie maßgeblich die praktische Durchführung überwiegend auf die gewünschte Einordnung schließen lassen.9 Sprechen die Indizien stark für die gewünschte Einordnung, so minimiert dies das Risiko einer Fehlqualifikation. Spiegelbildlich trägt hierzu die Vermeidung von Indizien bei, die auf eine abweichende Qualifikation schließen lassen.10 6 S. bereits die Ausführungen im Rahmen der Einleitung A. I., II. 3. b); im Kontext der Risikovermeidungsmaßnahmen Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419). 7 Vgl. hierzu Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419 f.), die den Einsatz rein externer Entwicklungsteams gerade mit Blick auf die in diesem Fall fehlende Eingliederung erörtern. Entscheidend ist jedoch, ob die externen Spezialisten dennoch Vorgaben, insb. in zeitlicher Hinsicht, vom Auftraggeber erhalten. 8 Ähnlich Bäumer/von Oelffen, ITRB 2016, 280 (282); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 242. 9 So Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (166). 10 S. hierzu auch die Darstellung von Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (166 ff.) der anhand einer werkvertraglichen Einordnung die Pro- und Kontraindizien sowie die Abgrenzung zur arbeitsvertraglichen Qualifikation erörtert. Die Eingliederung im Sinne einer organisatorischen Einbindung wird indes eigenständiges Merkmal einer arbeitsvertraglichen Einordnung angesehen.

A. Handlungsoptionen

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Einen Beitrag zur Vermeidung arbeitsbezogener Weisungen kann die Schulung der unternehmensinternen Teammitglieder leisten.11 Im Zuge dessen muss den Teammitgliedern aufgezeigt werden, was aus rechtlicher Perspektive noch möglich ist – nämlich ausschließlich freiwillige Abstimmungen und erfolgsbezogene Weisungen – und wie sich diese von arbeitsbezogenen Weisungen unterscheiden lassen. Ergänzend können die möglichst einfach und nachvollziehbar zu haltenden Informationen in Form eines Handbuches zur Verfügung gestellt werden. Besonders in Verbindung mit entsprechenden Verhaltens- und Kommunikationsregeln kann dies zur Vermeidung arbeitsbezogener, dem Auftraggeber zurechenbarer Vorgaben beitragen.12 Zwar kann die Grenzziehung gerade für juristische Laien mitunter schwer nachvollziehbar sein, doch führt ein solches Maßnahmenpaket regelmäßig zumindest zu einer Sensibilisierung der internen Teammitglieder. Zudem wird teilweise zur Vermeidung dem Auftraggeber zurechenbarer arbeitsbezogenen Weisungen empfohlen, auf ein Repräsentantenmodell13 zurückzugreifen.14 Wie die Ausführungen hierzu jedoch gezeigt haben, weist ein solches Modell im Fall der methodenkonformen Durchführung keinen Mehrwert auf. Arbeitsbezogene Weisungen stehen bereits im Konflikt mit den agilen Werte und Prinzipien und werden bei deren Einhaltung ohnehin vermieden. Erfolgsbezogene Weisungen und Vorgaben sind für die arbeitsvertragliche Einordnung unerheblich. Ein solches Modell kann allenfalls dazu beitragen, die direkte Kommunikation zwischen internem und externem Personal zu reduzieren und damit einer sich einschleichenden Vertragspraxis entgegenzuwirken. Das Repräsentantenmodell kann zudem zur Vermeidung eines bösen Scheins und zur Verdunkelung tatsächlich erteilter arbeitsbezogener Weisungen beitragen. Freilich sollte dies nicht die Intention hinter einer solchen Gestaltung sein. Auch die vermeintlichen Risikominimierungs- oder Vermeidungsstrategien, die im Wege einer vertraglichen Zwischenschaltung auf die Vermeidung der Arbeitnehmereigenschaft abzielen, gewährleisten keine rechtssichere und rechtskonforme Durchführung.15 Der Blick darf beim zweigliedrigen Rechtsverhältnis im Zuge der Risikovermeidung jedoch nicht nur auf die Einordnung als Arbeitsvertrag verengt werden. Vielmehr hat der Auftraggeber stets auch zu prüfen, ob es sich bei dem Fremdpersonal um arbeitnehmerähnliche Personen oder Heimarbeiter handelt. Besonders bedeutsam ist dabei die Fiktion des § 12 Abs. 2 SGB IV. Hiernach gelten Heimar11 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (169); Stöckert, Arbeitsrechtliche Fragestellungen, S. 65. 12 S. auch Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (169 f.). 13 S. hierzu bereits Kapitel 3 C. I. 3. c) aa) (3). 14 Heise, in: CLI/Luther/UJ/BUJ, Agile Arbeit 2019, S. 156 (170); vgl. auch Meyer, NZA 2020, 1273 (1278), den der Scrum Master an den Repräsentanten i. S. d. Repräsentantenmodells erinnert. 15 S. hierzu Kapitel 3 C. I. 3. b) cc) (2).

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Kap. 4: Schlussbetrachtung

beiter als Beschäftigte i. S. d. § 7 SGB IV. Dies führt wiederum zur Sozialversicherungspflichtigkeit. Behandelt der Auftragnehmer das eingesetzte Fremdpersonal fehlerhaft nicht als Heimarbeiter und führt er keine Sozialversicherungsabgaben ab, so drohen dem Auftraggeber die gleichen Konsequenzen wie im Fall der Beschäftigung von Scheinselbständigen.16 Da die Prüfung des Status dem Auftraggeber obliegt und er insofern auch ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hinsichtlich der zur Feststellung des Status notwendigen Umständen aufweist, steht dem Auftraggeber auch ein diesbezügliches Fragerecht zu.17 Stellt sich im Zuge dessen heraus, dass es sich entgegen der angenommen Qualifikation tatsächlich um eine Scheinselbständigkeit des Fremdpersonals handelt, eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vorliegt oder es sich um Heimarbeit handelt, so sollte zur Schadensvermeidung nicht nur eine Korrektur für die Zukunft erfolgen, sondern zugleich der bereits eingetretene Schaden begrenzt werden. Hierzu sollten die Sozialversicherungsbeiträge nachträglich gemeldet und nachgezahlt werden. Ebenso sollte im Hinblick auf § 371 AO und § 266 Abs. 6 StGB eine Anzeige bei den Sozialversicherungsträgern und den Finanzbehörden erfolgen.18 2. Teaminternes Compliancesystem Auch ein teaminternes Compliancesystem kann zur Risikovermeidung beitragen. Ganz im Sinne der agilen, auf die Teamautonomie ausgerichteten Methodik kann der Scrum Master als Servant Leader und moderierende Kraft in dieser Funktion tätig werden. Das entsprechende Teammitglied wacht dabei über die Einhaltung der agilen Methodik und eliminiert Hindernisse in der Projektdurchführung. Bereits dies kann arbeitsbezogenen Weisungen entgegenwirken.19 Hierzu muss der Scrum Master jedoch nicht nur über ausreichende Kenntnisse hinsichtlich der Methodik verfügen, sondern rechtlich auch so geschult werden, dass er für arbeitsbezogene Weisungen sensibilisiert wird. Der Scrum Master kann dann die für die Vertragstypeneinordnung relevanten arbeitsbezogenen Weisungen identifizieren und diesen entgegensteuern. Mit einem solchen teaminternen Compliancesystem ließen sich zwar wohl kaum alle relevanten Weisungen verhindern, doch können nur beispielhafte Erscheinungsformen zu einer Statusverfehlung führen.20 Zumindest beispielhaften Erscheinungsformen kann somit entgegengewirkt werden. Zudem kann ein teaminternes

16

S. hierzu bereits die Ausführungen in Kapitel 2 D. II. Vgl. in diesem Kontext auch die Ausführungen zum Fragerecht in Bezug auf die Arbeitnehmerähnlichkeit in Kapitel 2 D. I. 2. b). 18 So zusammenfassend Zieglmeier, DStR 2016, 2858 (2869). 19 Heise/Friedl, NZA 2015, 129 (137); Litschen/Yacoubi, NZA 2017, 484 (487); Meyer, NZA 2020, 1273 (1278); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 242. 20 S. hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 3. b) aa); Kapitel 3 B. II. 17

A. Handlungsoptionen

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Compliancesystem jedenfalls indiziell gegen eine zur Umqualifikation ebenso notwendige Billigung der abweichenden Vertragspraxis sprechen.21 Möchte man daher den Scrum Master oder vergleichbare Rollenbilder als teaminternes Compliancesystem einsetzen, so ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich eine entsprechende Anweisung zur Übernahme der Funktion auf dessen Leistungserbringung bezieht und diese selbst wiederum als arbeitsbezogene Weisung aufgefasst werden kann. Daher bietet sich diese Maßnahme maßgeblich beim Einsatz eines internen Teammitglieds an.22 3. Statusfeststellungsverfahren Im Kontext der agilen Projektarbeit rückt in jüngerer Zeit vermehrt die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens i. S. d. § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) in den Fokus.23 Die DRV entscheidet im Zuge dessen auf Antrag des Auftraggebers oder des Auftragnehmers, ob es sich bei der Tätigkeit um eine Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV handelt. Neu ist dabei die vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 01. 04. 2022 eingeführte Möglichkeit gem. § 7a Abs. 4a S. 1 SGB IV, bereits vor der Aufnahme der Tätigkeit eine Statusfeststellung durchzuführen. Hierzu sind nach § 7a Abs. 4a S. 2 SGB IV neben den schriftlichen Vereinbarungen die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Bislang war dies erst nach der Aufnahme der Tätigkeit möglich. Klargestellt hat der Gesetzgeber zudem, dass sich das Statusfeststellungsverfahren auch auf Drei-Personen-Verhältnisse beziehen kann, § 7a Abs. 2 S. 2 SGB IV.24 Auch die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens verspricht beim Einsatz externer Fachkräfte indes keine rechtssichere Durchführung des agilen Projekts. Denn selbst wenn die DRV feststellt, dass keine Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV vorliegt, so befreit die Feststellung nicht von der vertragskonformen Durchführung eines Projektes. Weicht die Vertragspraxis von der im Statusfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Vertragsdurchführung ab, so kann dies zu einer 21 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur Typizität und Zurechnung in Kapitel 2 B. II.3.b) aa); Kapitel 3 B. II. 22 Anders jedoch Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im ScrumVerfahren, S. 242, der sich gegen die Gestellung durch den Auftraggeber ausspricht, da dieser andernfalls keine das Team betreffende Handlungen vornehmen könne. 23 Becker/Hennecke, BB 2019, 820 (824); Günther/Böglmüller, NZA 2019, 417 (419); Holthausen, RdA 2020, 92 (96 f.); Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (424); Stoffels, DB 2020, 2129 (2130, 2134); s. auch den Antrag verschiedener Abgeordneter und der Fraktion der FDP, BTDrs. 19/15957. 24 Bissels/Falter/Joch, ArbRAktuell 2021, 485 (486); Diepenbrock/Plambeck, NZS 2021, 865 (866); Eufinger, BB 2021, 3060 (3062); zur bisherigen Rechtlage s. bereits BSG v. 14. 03. 2018 – B 12 KR 12/17 R, BeckRS 2018, 14960; LSG Berlin-Brandenburg v. 27. 04. 2017 – L 1 KR 405/15; s. auch Schlegel/Geiger, NJW 2020, 16 (21); auf die Entscheidung des LSG BerlinBrandenburg bezugnehmend Lembke, NZA 2018, 393 (396 f.); s. auch Kock, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 1 AÜG Rn. 57a.

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Kap. 4: Schlussbetrachtung

abweichenden Beurteilung führen.25 Die DRV kann dann die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 SGB X aufheben. Zudem bezieht sich die Entscheidung lediglich auf die Beschäftigteneigenschaft. Eine verbindliche Aussage zur Arbeitnehmereigenschaft erfolgt trotz der vergleichbaren Voraussetzungen nicht. Einen nennenswerten Vorteil bietet das Statusfeststellungsverfahren nur dann, wenn lediglich ein kurzfristiger projektbezogener Fremdpersonaleinsatz von wenigen Tagen oder Wochen geplant ist. Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die DRV eine Beschäftigung fest, so gilt erst der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Beschäftigte zustimmt und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Liegen diese Voraussetzungen vor, so stellt das Statusfeststellungsverfahren ein wichtiges „Risikomanagement-Tool“ dar, da ungeachtet des festgestellten Erwerbsstatus die Versicherungs- und Beitragspflicht nicht selten erst zu einem Zeitpunkt eintritt, bei dem der kurzfristige Fremdpersonaleinsatz bereits beendet ist.26

II. Rückforderung überbezahlter Honorare im Fall der Vertragstypenverfehlung Neben den Risikovermeidungsmaßnahmen bestehen auch dann noch Handlungsoptionen, wenn bereits eine fehlerhafte Vertragsqualifikation erfolgt ist. Wird beim Einsatz eines vermeintlich freien Mitarbeiters festgestellt, dass dieser tatsächlich als Arbeitnehmer tätig wurde, so kann der vermeintliche Auftraggeber und nunmehrige Arbeitgeber die Rückzahlung überbezahlter Honorare verlangen.27 Jüngst hatte sich das BAG mit einem solchen Fall zu befassen.28 Anders als teilweise zuvor entschieden,29 stellte das BAG im Zuge dessen zutreffend fest, dass dem Arbeitgeber im Fall der rückwirkenden Feststellung des Arbeitnehmerstatus ein Anspruch auf Rückzahlung der überbezahlten Honorare aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zusteht. Der Bereicherungsanspruch umfasst dabei nicht sämtliche Honorare, sondern lediglich die Differenz zwischen der Vergütung als Selbständiger und 25

Kühn/Wulff, CR 2018, 417 (424). So Zieglmeier, NZA 2021, 977 (979). 27 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37; v. 09. 02. 2005 – 5 AZR 175/ 04, AP BGB § 611 Lohnrückzahlung Nr. 12; Bettinghausen/Wiemers, BB 2020, 2356 (2258). 28 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37. 29 BAG v. 09. 07. 1986 – 5 AZR 44/85, AP BGB § 242 Geschäftsgrundlage Nr. 7; s. hierzu auch Reiserer, Anmerkung zu BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37. 26

A. Handlungsoptionen

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derjenigen eines Arbeitnehmers. Im Zuge dessen stellte das BAG auch fest, dass sich die Arbeitnehmereigenschaft nicht schon aus der im konkreten Fall vorangegangenen Entscheidung des LSG Baden-Württemberg zum Bestehen einer Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV ergibt.30 Strebt der Arbeitnehmer die Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. eines Arbeitsverhältnisses gerichtlich an, so kann er sich hinsichtlich des Rückforderungsanspruches nicht auf die freie Mitarbeit berufen.31 Im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB muss dann erforscht werden, ob die Vergütung unabhängig von der rechtlichen Einordnung des bestehenden Vertrages geschuldet wird oder gerade an diese anknüpft.32 Für die Feststellung einer divergierenden Vergütung bedarf es auch keiner verschiedenen Vergütungsordnungen im Unternehmen.33 Zu Recht geht das BAG davon aus, dass selbständige Tätigkeiten regelmäßig höher vergütet sind als dies bei vergleichbaren Arbeitnehmern der Fall ist. So muss der Selbständige nicht nur selbst seine Risiken absichern, sondern typischerweise auch Umsatzsteuer abführen.34 Die gegenüberzustellende Vergütung für die arbeitsvertragliche Tätigkeit bestimmt sich in Ermangelung einer ausdrücklichen Abrede anhand der üblichen Vergütung i. S. d. § 612 Abs. 2 BGB.35 Selbst der Umstand, dass der Auftraggeber im konkreten Fall Zweifel an der Einordnung als Selbständiger hegte, führt nicht zu einem Ausschluss gem. § 814 BGB. Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung. Hierzu kann eine Parallelwertung in der Laiensphäre ausreichend sein.36 Überzeugend stellt das BAG zudem fest, dass der Anspruch auch nicht verjährt ist. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB beginnt nämlich in Fällen einer nachträglichen Feststellung erst im Zeitpunkt der rechtsbeständigen gerichtlichen Klärung oder einer außergerichtlichen Einigung. Zuvor ist eine Klageerhebung auf Rückzahlung trotz der Kenntnis der abstrakten Umstände unzumutbar.37 Vergleichbar verhält es sich bei etwaigen tarifvertraglichen Ausschluss30

BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 16 ff., m. Anmerkung Reiserer. 31 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 21 f., m. Anmerkung Reiserer. 32 Vgl. hierzu jüngst BAG v. 01. 12. 2020 – 9 AZR 102/20, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 132, Rn. 80 ff.; v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 24, m. Anmerkung Reiserer; s. hierzu auch Bettinghausen/Wiemers, BB 2020, 2356 (2259); Reinecke, RdA 2001, 357 (362 f.). 33 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 24, m. Anmerkung Reiserer; Bettinghausen/Wiemers, BB 2020, 2356 (2259). 34 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 26, m. Anmerkung Reiserer; Bettinghausen/Wiemers, BB 2020, 2356 (2259). 35 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 38. 36 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 34 ff. m. w. N. aus der Rechtsprechung. 37 BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37, Rn. 43 ff.

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Kap. 4: Schlussbetrachtung

fristen. Auch diese beginnen erst in dem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis festgestellt wird.38 Der Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers bietet dem Arbeitgeber zumindest eine Reaktionsmöglichkeit für den Fall, dass eine Vertragstypenverfehlung festgestellt wurde. Zudem kann der Rückforderungsanspruch vor einer Berufung des vermeintlichen Fremdpersonals auf den Arbeitnehmerstatus abschrecken. Die Vorteile einer nachträglichen Berufung auf den Status relativieren sich hierdurch mitunter erheblich.

III. Freistellungsklausel Teilweise wird im Vorgriff auf eine etwaige verdeckte Arbeitnehmerüberlassung dem potentiellen Entleiher zur Abmilderung bzw. Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile empfohlen, eine Freistellungsklausel im Vertrag mit dem Auftragnehmer zu vereinbaren.39 Liegt die Ursache, aufgrund derer sich das praktizierte Rechtsverhältnis als Arbeitnehmerüberlassung herausstellt, beim Auftragnehmer, der seine Erfüllungsgehilfen einsetzt, so soll dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt werden, hinsichtlich der Gehälter und Mehrkosten vom Auftragnehmer freigestellt zu werden.40 Spiegelbildlich ließe sich eine Freistellung des Auftragnehmers durch den Auftraggeber vereinbaren, wenn die Umstände, aufgrund derer die Fehlqualifikation erfolgt, vom Auftraggeber zu verantworten sind.41 Indes darf der Mehrwert einer solchen Klausel bezweifelt werden. Stellt sich nämlich heraus, dass der Vertrag entgegen der ursprünglichen Intention als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gelebt wurde und dieser auch so zu qualifizieren ist, so ist der Vertrag – und damit auch die entsprechende Klausel – gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG und/oder gem. §§ 1 Abs. 1 S. 5, 12 Abs. 1 S. 1 AÜG i. V. m. § 125 S. 1 BGB unwirksam. Ohnehin würde hierdurch zudem der zivilrechtliche Sanktionsmechanismus des AÜG konterkariert.42

38

S. hierzu BAG v. 29. 05. 2002 – 5 AZR 680/00, AP BGB § 812 Nr. 27; v. 14. 03. 2001 – 4 AZR 152/00, AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 35; Reiserer, Anmerkung zu BAG v. 26. 06. 2019 – 5 AZR 178/18, AP BGB § 812 Nr. 37; a. A. Reinecke, RdA 2001, 357 (364). 39 So etwa Bäumer/von Oelffen, ITRB 2016, 280 (283); Bitkom, Fremdpersonaleinsatz im IT-Outsourcing, S. 74; Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im ScrumVerfahren, S. 247. 40 Bäumer/von Oelffen, ITRB 2016, 280 (283); Zurheide, Herausforderungen bei einer Softwareentwicklung im Scrum-Verfahren, S. 247. 41 Bäumer/von Oelffen, ITRB 2016, 280 (283). 42 S. hierzu auch Bitkom, Fremdpersonaleinsatz im IT-Outsourcing, S. 74; dort wird jedoch verkannt, dass die Wirksamkeit im Fall der Fehlqualifikation nicht nur eine Frage der AGBrechtlichen Unwirksamkeit darstellt.

B. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse

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B. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse Die wesentlichen Erkenntnisse dieser Arbeit lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die Digitalisierung und Globalisierung bringen eine Vielzahl an Veränderungen, sowohl im Arbeitsleben als auch in der Gesellschaft mit sich. Eine besondere Herausforderung für die Unternehmen stellt die Veränderungsgeschwindigkeit dar. Der globale Wettbewerb und die rasanten technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen erschweren eine nachhaltige und umfassende Projektplanung. 2. Die Unternehmen greifen in einem globalisierten und arbeitsteiligen Wirtschaftsleben regelmäßig auf externe Spezialisten zurück. Nicht selten schwebt über dem Fremdpersonaleinsatz das Damoklesschwert der Scheinwerk- oder Scheindienstverträge oder der illegalen Arbeitnehmerüberlassung. Die Arbeit widmet sich den Maßstäben, anhand derer die Qualifikation der Rechtsverhältnisse zu erfolgen hat und zeigt die für die Einordnung relevanten Besonderheiten der agilen Projektarbeit auf. 3. Die Agilisierung der Arbeitswelt stellt eine Reaktion auf die in einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft erforderliche Flexibilität, Effektivität und Wandlungsfähigkeit dar. Agilität steht dabei schlagwortartig für eine Vielzahl an Veränderungen der Arbeitswelt. Neben agilen Organisationsformen werden vor allem agile Projektmethoden dem Begriff subsumiert. Kein spezifisches, aber dennoch ein mit der agilen Projektarbeit einhergehendes Phänomen stellt die Entgrenzung der Arbeit nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Digitalisierung dar. 4. Bereits in den 1990er-Jahren entstanden verschiedene Erscheinungsformen des agilen Projektmanagements. Mittlerweile sind agile Projektmethoden weit verbreitet. Hierzu hat maßgeblich das im Jahre 2001 verabschiedete Agile Manifest beigetragen, welches den kleinsten gemeinsamen Nenner der agilen Projektmethoden bildet. Die auf dem Agilen Manifest basierenden agilen Projektmethoden zeichnen sich durch einen iterativen und inkrementellen Entwicklungsprozess aus. Die Produktvision wird anfangs in aller Regel nur skizziert. Nachfolgende Veränderungen können hierdurch besser berücksichtigt werden. Prägend sind zudem die intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie die möglichst weitgehende Weisungsfreiheit der Teammitglieder. Scrum stellt innerhalb der agilen Projektmethoden den Standard dar und zeichnet sich durch festgelegte Projektrollen und einen formalisierten Ablauf aus. 5. Den Vertragsparteien obliegt im Ausgangspunkt nicht nur die tatsächliche Ausgestaltung ihrer Rechtsbeziehung, sondern auch deren rechtliche Einord-

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nung. Das zwingende Recht stellt die Schranke der Privatautonomie dar. Da das zwingende Arbeitnehmerschutzrecht an die Arbeitnehmereigenschaft und damit die Einordnung des Rechtsverhältnisses anknüpft, können die Vertragsparteien im Fall der arbeitsvertraglichen Durchführung keine wirksame Einordnung zulasten des zwingenden Rechts vornehmen. Auch über den Status als arbeitnehmerähnliche Person und als Heimarbeiter kann angesichts der zwingenden Vorschriften der Regelungskomplexe nicht disponiert werden. 6. Der arbeitsvertragliche Rechtsformzwang kann bereits im Wege der Auslegung einer Gesamtschau aller arbeitnehmerschützenden Vorschriften entnommen werden. Es bedarf daher nicht der Herleitung des Rechtsformzwangs als Rechtsinstitut. Das „Wirkinstrument“ des Rechtsformzwangs wurde vom Gesetzgeber ungeachtet der dogmatischen Konstruktion jedenfalls durch § 611a Abs. 1 S. 5 und 6 BGB gebilligt. 7. Die tradierten Abgrenzungsmerkmale stellen auch bei modernen Formen der Projektarbeit eine taugliche Abgrenzungsgrundlage dar. 8. Die Auslegung des § 611a BGB hat gezeigt, dass allein die Weisungsgebundenheit als Konkretisierung der persönlichen Abhängigkeit nach dem Willen des Gesetzgebers für die Einordnung maßgeblich ist. Der Eingliederung in die Betriebsorganisation kommt nur insoweit Bedeutung zu, als sie auf der Vollzugsebene Rückschlüsse auf eine tatsächliche Weisungsgebundenheit zulässt. Zur Bestimmung der Weisungsgebundenheit muss auf typologische Indizien zurückgegriffen werden. 9. Wird das Projekt idealtypisch unter Beachtung der agilen Werte und Prinzipen durchgeführt, so führt die agile Methodik weder bei Mitgliedern des Entwicklungsteams noch bei projektleitenden Rollenbildern wie dem Product Owner oder moderierend dienenden Rollenbildern wie dem Scrum Master zu einer persönlichen Abhängigkeit. 10. Die Mitglieder des agil operierenden Teams sind typischerweise im Einklang mit dem Agilen Manifest weitgehend frei in der Gestaltung ihrer Tätigkeit. Irrelevant ist die iterative Konkretisierung der zu Beginn des Projekts in aller Regel zumindest skizzierten Produktvision. Etwaige Vorgaben des Auftraggebers beziehen sich regelmäßig auf den Erfolg und stellen daher für die arbeitsvertragliche Einordnung unbeachtliche, erfolgsbezogene Weisungen i. S. d. § 645 BGB dar. Die fachliche Weisungsfreiheit wird von den agilen Prinzipien vorausgesetzt. Eine Beschränkung der Souveränität in zeitlicher und örtlicher Hinsicht folgt regelmäßig auch nicht aus der vorgesehenen intensiven Zusammenarbeit. Stimmen sich die Beteiligten idealtypisch einvernehmlich und autonom ab, so erfolgt die tatsächliche Durchführung zumindest weitgehend weisungsfrei. Zur zeit- und ortsflexiblen Leistungserbringung trägt auch die mit

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der Digitalisierung einhergehende Entgrenzung der Arbeit bei. Die weitgehend wissensbasierte Tätigkeit kann im Übrigen regelmäßig flexibel erbracht werden. Werden im Einzelfall jedoch zeit- und ortsgebundene Vorgaben zur (täglichen) Zusammenarbeit mit den Inhouse-Mitarbeitern erteilt, so indiziert dies eine Weisungsbindung. Ob dies zur arbeitsvertraglichen Qualifikation führt, bestimmt sich nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit, also der Intensität der Weisungsgebundenheit. Insbesondere bei Mitgliedern des Entwicklungsteams und beim Scrum Master sowie vergleichbaren Rollenbildern liegt eine persönliche Abhängigkeit nahe, wenn die Teilnahme an den nach dem Scrum Guide vorgesehenen Daily Scrums verbindlich vorgegeben wird. 11. Ist die Privatautonomie nicht durch zwingendes Recht beschränkt, so obliegt den Vertragspartnern die autonome Ausgestaltung und Einordnung ihres Rechtsverhältnisses. Da es entscheidend auf den Willen der Vertragsparteien ankommt, verbietet sich insbesondere im Hinblick auf die dienst- und werkvertragliche Dichotomie jede schematische Einordnung. Regelmäßig wird im zweigliedrigen Rechtsverhältnis jedoch nur eine Unterstützungsleistung geschuldet. Eine Übernahme des Erfolgsrisikos durch das Fremdpersonal liegt in diesem Fall fern. Wird das Fremdpersonal als Mitglied eines gemischten Entwicklungsteams gemeinsam mit den Arbeitnehmern des Auftraggebers tätig, so ist die Erfolgsrealisierung für den externen Spezialisten nicht beherrschbar. Dem Fremdpersonal kann in aller Regel kein Erfolg individuell zugerechnet werden. Typischerweise entspricht die Interessenlage vielmehr einer dienstvertraglichen Einordnung. Wird ausnahmsweise für die Tätigkeit des Projektleiters, etwa in Form des Product Owners, oder für die moderierend dienende Tätigkeit eines Scrum Masters auf Fremdpersonal zurückgegriffen, so gilt grundsätzlich nichts anderes. Allenfalls in besonderen Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn das Fremdpersonal für ein Pflichtenheft einzustehen hat, kommt auch bei Rollenbildern wie dem Product Owner eine werkvertragliche Qualifikation in Betracht. Allenfalls theoretischer Natur ist die Qualifikation als Werklieferungsvertrag. 12. Im dreigliedrigen Rechtsverhältnis ist der Parteiwille regelmäßig nur dann auf eine werkvertragliche Durchführung und Einordnung gerichtet, wenn der Auftragnehmer zumindest das Entwicklungsteam stellt. Nur dann obliegt ihm zumindest die Ausführungshoheit. Die Beherrschbarkeit der Erfolgsrealisierung und die Zurechenbarkeit des Erfolgs sprechen dann für eine Übernahme des Erfolgsrisikos und damit für eine werkvertragliche Einordnung. 13. Eine gesellschaftsvertragliche Einordnung scheidet im zweigliedrigen Rechtsverhältnis in aller Regel bereits mangels gegenseitiger Verpflichtung zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks i. S. d. § 705 BGB aus. Die an agilen Projekten beteiligten Unternehmen nutzen die zu realisierenden Ergebnisse typischerweise für eigene Zwecke. Das Fremdpersonal als Teil des agilen

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Projektteams strebt hingegen mit der Tätigkeit für gewöhnlich die Erzielung eines eigenen Einkommens zur Sicherung des Lebensunterhaltes an. 14. Die Durchführung eines agilen Projektes im Wege eines Gemeinschaftsunternehmens unter Einbringung der Spezialisten entspricht selbst im Fall der Beteiligung zweier oder mehrerer Unternehmen nur ausnahmsweise dem Parteiwillen. Die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks i. S. d. § 705 BGB kommt nur in denjenigen Fällen in Betracht, in denen etwa ein gemeinsames Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung des entwickelten Ergebnisses besteht oder die gemeinsame Markterschließung angestrebt wird. 15. Auch die Durchführung als Gemeinschaftsbetrieb entspricht in aller Regel nicht dem Parteiwillen. Zwar bedarf es für die Durchführung in Form eines Gemeinschaftsbetriebs keiner physischen Arbeitsstätte, womit ein virtueller Betrieb ausreichend ist. Dennoch mangelt es in aller Regel an der gemeinsamen Leitung und Ausübung der Weisungsbefugnis in Bezug auf den ganzen Betrieb. Vielfach ist die Zusammenarbeit nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Rechtsfolgen im Fall eines Gemeinschaftsbetriebs nur auf einzelne Bereiche wie die Entwicklung beschränkt. 16. Der Regelungskomplex der arbeitnehmerähnlichen Personen dient als Ausgleich für das „Alles-oder-nichts-Prinzip“ der arbeitsvertraglichen Einordnung. Handelt es sich bei dem eingesetzten Spezialisten um keinen Arbeitnehmer, so kann dennoch eine Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person geboten sein. Damit geht eine partielle Annäherung an den Status eines Arbeitgebers einher, der jedoch in seinen Einzelheiten weit hinter dem für Arbeitnehmer bestehenden Schutz zurückbleibt. Die hierfür erforderliche wirtschaftliche Abhängigkeit liegt bei phänotypischen Erscheinungsformen des Fremdpersonaleinsatzes im Rahmen agiler Projektarbeit häufig ebenso nahe wie die vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit. Die rollenspezifischen Besonderheiten wirken sich insoweit kaum aus. 17. Zudem kann es sich auch bei qualifizierten Tätigkeiten um Heimarbeit i. S. d. HAG handeln. Angesichts der auch im Kontext der agilen Projektarbeit festzustellenden Entgrenzung der Arbeit könnte das HAG eine Renaissance erleben. Im zweigliedrigen Rechtsverhältnis erfüllt die phänotypische agile Projektarbeit vielfach die Voraussetzungen der Heimarbeit i. S. d. § 2 Abs. 1 HAG. Über den Wortlaut hinaus muss jedoch einschränkend eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Fremdpersonals vorliegen. Auch die Qualifikation als Heimarbeiter führt zu einer partiellen Annäherung an den Schutz des Arbeitnehmers. Besonders relevant ist jedoch die Fiktion des § 12 Abs. 2 SGB IV. Hiernach gelten Heimarbeiter als Beschäftigte i. S. d. § 7 SGB IV. Missachtet der Auftraggeber trotz der Eigenschaft als Heimarbeiter die hiermit einhergehenden Pflichten zur

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Abführung der Sozialversicherungsbeiträge, so drohen die gleichen Konsequenzen wie im Fall der Beschäftigung eines Scheinselbständigen. 18. Der Rechtsformzwang sichert auch im Drei-Personen-Verhältnis das zwingende Recht ab. Handelt es sich tatbestandlich um eine Arbeitnehmerüberlassung, so ist das Rechtsverhältnis auch entsprechend zu qualifizieren. Spiegelbildlich ist es mangels einer Abbedingung zwingender Vorschriften möglich, zugunsten der Anwendbarkeit des zwingenden Rechts und damit zugunsten einer Einordnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu votieren. 19. Dem Fremdpersonaleinsatz im Rahmen agiler Projektarbeit stehen im DreiPersonen-Verhältnis auch die Vorschriften des AÜG nicht entgegen. Die Berücksichtigung der agilen Werte und Prinzipien führt im Gegenteil zur Vermeidung einer tatsächlich praktizierten Überlassung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG. Eine solche liegt nämlich nur dann vor, wenn der potentielle Entleiher wie ein Arbeitgeber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Einsatz auch nach Ort und Zeit treffen und den vermeintlichen Leiharbeitnehmer wie einen eigenen Arbeitnehmer anweisen kann. Der Arbeitnehmer muss dabei dem Entleiher vollständig zur Verfügung stehen und weitgehend dessen Weisungen unterliegen. Wie sich auch im Rahmen der arbeitsvertraglichen Einordnung gezeigt hat, kommt es im Zuge der idealtypischen agilen Projektdurchführung allenfalls zu geringfügigen, partiellen arbeitsbezogenen Vorgaben durch den Auftraggeber. Daher ist auch die in der agilen Projektmethodik vorgesehene intensive Zusammenarbeit zwischen sämtlichen Beteiligten für sich genommen unerheblich. Auf das einschränkende Merkmal der Förderung eines fremden Betriebszwecks kommt es mithin regelmäßig schon nicht an. Weicht die tatsächliche Durchführung jedoch von der einvernehmlichen Organisation der Entwicklungsereignisse ab und wird die Teilnahme vom Auftraggeber vorgegeben, so trifft der Auftraggeber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Einsatz auch nach Ort und Zeit. Führt dies wie bei den Mitgliedern des Entwicklungsteams oder dem Scrum Master zu (beinahe) täglichen Vorgaben, so liegt eine Überlassung nahe. Dem Merkmal der Eingliederung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG kommt ebenso wie bei § 611a BGB keine über die Weisungsgebundenheit hinausgehende Bedeutung zu. 20. Neben der Arbeitnehmerüberlassung kommt in der Praxis eine weitere Form der Dienstverschaffung in Betracht. Insoweit hat sich eine Vielzahl an höchst unterschiedlichen Gestaltungsformen herauskristallisiert. Werden die Dienste bzw. die Werkleistung einer Führungskraft verschafft – als solche kommen etwa die projektleitenden und moderierend dienenden Tätigkeiten des Product Owners und Scrum Masters in Betracht – so wird diese Form des Fremdpersonaleinsatzes dem Begriff des Interim Managements zugerechnet. Die Mitglieder des Entwicklungsteams werden hingegen begrifflich dem Contracting subsu-

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miert. Die Verschaffung selbständiger Dienste unterfällt nicht dem AÜG. Werden im Einsatzverhältnis jedoch arbeitsbezogene Weisungen erteilt, so besteht trotz der prima facie bestehenden Selbständigkeit der Leistungserbringer angesichts der modifiziert verleiherbezogenen Betrachtung die Gefahr der illegalen Arbeitnehmerüberlassung. 21. Soll eine vom Vertrag abweichende Qualifikation als Arbeitsvertrag oder Arbeitnehmerüberlassungsvertrag verhindert werden, so bestehen für die am agilen Projekt beteiligten Unternehmen vielfältige Handlungsoptionen. Am effektivsten dient der Risikominimierung die bewusste Wahl einer arbeitsvertraglichen Durchführung im zweigliedrigen Rechtsverhältnis sowie zugunsten der Arbeitnehmerüberlassung im dreigliedrigen Rechtsverhältnis. Diese Option wird insbesondere von den Spezialisten jedoch häufig abgelehnt. Ferner kann etwa mittels Schulungen eine Sensibilisierung der eigenen Arbeitnehmer erreicht werden. Dies kann einer enteilenden Vertragspraxis entgegenwirken. 22. Sinnvoll und geboten ist die Einrichtung eines teaminternen Compliance Systems. Der interne Scrum Master bietet sich hierfür aufgrund seiner moderierend dienenden Tätigkeit besonders an. Da dem Scrum Master ohnehin die Aufgabe zukommt, die Einhaltung der agilen Werte und Prinzipien zu überwachen und sämtliche Hindernisse zu eliminieren, liegt es nahe, den Scrum Master zu schulen und hinsichtlich einer enteilenden Vertragspraxis zu sensibilisieren. Beispielhaften Erscheinungsformen arbeitsbezogener Weisungen kann somit gegengesteuert werden. 23. Strategien, die im Wege der vertraglichen Zwischenschaltung einer juristischen Person eine Einordnung des Leistungserbringers als Arbeitnehmer verhindern sollen, können angesichts der modifizierten verleiherbezogenen Betrachtung keine rechtssichere Durchführung gewährleisten. Auch die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens verspricht keine nachhaltige Rechtssicherheit. Enteilt die Vertragspraxis im Laufe des Projektes, so kann auch eine von der Statusfeststellung abweichende Beurteilung erfolgen. 24. Kommt es zur Vertragstypenverfehlung, so sollten schnellstmöglich schadensbegrenzende Maßnahmen ergriffen werden. Handelt es sich um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung, so betrifft die Unwirksamkeit des Hauptvertrages auch etwaige Haftungs- und Rechtezuweisungsklauseln. Dies kann für die Auftragnehmer und deren Verantwortliche mitunter erheblich schwerer wiegen, als die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses samt sozial-, steuer- und strafrechtlicher Folgen. 25. Im Fall der Scheinselbständigkeit kann der vermeintliche Auftraggeber die Rückzahlung überzahlter Honorare verlangen. Zwar muss der Arbeitgeber nachträglich auch Sozialversicherungsbeiträge und Steuern abführen, doch

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nivelliert der auf die Differenz zwischen der Vergütung als Selbständiger und derjenigen eines Arbeitnehmers gerichtete Rückzahlungsanspruch zumindest partiell die finanziellen Folgen der Vertragstypenverfehlung.

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Sachwortverzeichnis Agil – Begriff 21 f. – Charakteristika 51 ff. – Manifest 35 f. – Organisationsformen 24 f. Arbeitnehmerähnliche Person 271 ff. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag 321 ff. Berufsspezifische Merkmale 184 ff. Betrieb 408 – Virtueller Betrieb 409 ff. Bezugspunkt der Vertragstypeneinordnung 112 ff., 330 ff. Brückenkopfmodell 360 ff. Compliancesystem 420 f. Contracting 298 f, Crowdworking 182 ff., 308 Daily Scrum siehe Entwicklungsprozess Dienstvertrag 236 ff., 392 ff. Eigenart der Tätigkeit 183 ff. Eingliederung 167 ff., 364 ff. Entleiherbezogener Ansatz 330 ff. Entwicklungsprozess 43 ff. Entwicklungsteam 41 ff. Extreme Programming 47 ff. Förderung eines fremden Betriebszwecks 368 ff. Freistellungsklausel 424 ff. Fremdbestimmtheit 179 ff. Gemeinschaftsbetrieb 328 f., 408 ff. Gemeinschaftsunternehmen 327 f., 406 f. Genossenschaftsmodell 341 ff. Gesamtbetrachtung 187 ff. Gesellschaftsvertrag 265 ff., 405 ff. Heimarbeitsverhältnis

294 ff.

Interim Management 394 ff. – Angelsächsisches Modell 395 f. – Niederländisches Modell 396 ff. Kanban

51 ff.

Lean-Production 52 Leiharbeitnehmer 334 ff. Methodische Grundlegung 95 ff. – Gesetzgebungsmaterialien 104 ff. – Konkrete Normvorstellung 105 f. – Objektive Theorie 97 f. – Subjektive Theorie 98 f. – Wortlautgrenze 102 ff. Mitbestimmung 26 Nearshore-Outsourcing Offshore-Outsourcing

324 f. 324 f.

Parteiwille 88 ff. Persönliche Abhängigkeit 121 ff. Product Backlog siehe Entwicklungsprozess Product Owner 38 ff. Pull-Prinzip 51 Rechtsfolge der illegalen Arbeitnehmerüberlassung 373 ff. Rechtsformzwang 67 ff., 313 ff. – Dogmatik 76 ff. – Privatautonomie 69 f. – Zweigliedriges Vertragsverhältnis 67 ff. Scrum 36 ff. Scrum Master 41 Selbstverleih 349 ff. Sprint siehe Entwicklungsprozess Sprint Planning siehe Entwicklungsprozess Sprint Retrospektive siehe Entwicklungsprozess

468

Sachwortverzeichnis

Sprint Review siehe Entwicklungsprozess Statusfeststellungsverfahren 421 f. Ticketsystem 362 ff. Typologische Methode

127 ff.

Überbezahlung 422 ff. Überlassung im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit 371 ff. Unionsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff 207 User Story siehe Entwicklungsprozess Verleiherbezogener Ansatz Vertragsgestaltung 57 ff.

330 ff.

Weisungsgebundenheit 135 ff., 356 ff. – Arbeitsbezogene Weisungen 140 f., 357 f. – Atomisierung 156 ff. – Doppelfunktionale Weisung 144 ff., 357 f. – Erfolgsbezogene Weisung 141 ff., 357 f. – Indizien 193 ff. – Natur der Tätigkeit 152 ff. – Steuerungsinformationen 159 f. – Vertragliche Vorgaben 148 ff. Werklieferungsvertrag 263 f. Werkvertrag 236 ff., 392 ff.