Freistellungen von den Empfehlungsverboten nach deutschem (§38 Abs. 2 GWB) und europäischem (Art.85 EWG-Vertrag) Kartellrecht: Mittelstands-, Normen-, Typen- und Konditionenempfehlungen [1 ed.] 9783428459094, 9783428059096

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Freistellungen von den Empfehlungsverboten nach deutschem (§38 Abs. 2 GWB) und europäischem (Art.85 EWG-Vertrag) Kartellrecht: Mittelstands-, Normen-, Typen- und Konditionenempfehlungen [1 ed.]
 9783428459094, 9783428059096

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ULRICH F. KLEIER

Freistellungen von den Empfehlungsverhoten nach deutschem und europäischem Kartellrecht

Schriften zum Wirt8chaft8rech t Band 53

Freistellungen von den Empfehlungsverhoten nach deutschem (§ 38 Abs. 2 GWB) und europäischem (Art. 85 EWG· Vertrag) Kartellrecht Mittelstands-, Normen-, Typen- und Konditiooeoempft'hluogeo

Von

Dr. Ulrich F. Kleier RechtsaDwalt

DUNCKER

&

HUMBLOT

/

BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kleier, mrich F,: Freistellungen von den Empfehlungsverboten nach deutschem (§ 38 Abs[atz] 2 GWB) und europäischem (Art[ikel} 85 EWG·Nertrag) Kartellrecht: Mittelstands-, Nonrien-, Typen- u. Konditionenempfehlungen / von Ulrich F. Kleier. Berlin: Duncker und Humblot, 1985. (Schriften zum Wirtschaftsrecht; Bd. 53) ISBN 3-428-05909-3 NE:GT

D 21 Alle Rechte vorbehalten

© 1985 Duncker & Humblot GmbH, Berlln 41

Satz: Klaus-Dleter volgt, Berlln 61 . Druck: Bruno Luck, Berlln 65 Prlnted In German,. ISBN 3·428·05909·3

Meinen Eltern

Vorwort des Verfassers Die Monographie hat im Jahre 1984 der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen als Dissertation vorgelegen. Sie spricht nicht nur den wissenschaftlich interessierten Leser sondern wegen ihres handbuchartigen Charakters auch den Praktiker an. Sie berücksichtigt die Erfahrungen, die ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt im Kartellrecht sammeln konnte. Die Arbeit gelangt u. a. zu dem Ergebnis, daß die untersuchten gesetzlichen Regelungen zur Kooperationserleichterung keine "privilegierenden" Ausnahmeregelungen zugunsten bestimmter Wirtschaftsgruppen bilden, sondern die Reichweite des staatlichen Eingriffs der aus dem Kartellverbot abgeleiteten Empfehlungsverbote in angemessener Weise begrenzen. Diese Aussage trifft insbesondere auf die Freistellungsregelung der Mittelstandsempfehlung (§ 38 Abs. 2 Nr. 1 GWB) zu, die die für die mittelständischen Unternehmen notwendige Zusammenarbeit ermöglicht. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dr. Klaus J. Hopt, der die Abhandlung gefördert und ihre Veröffentlichung befürwortet hat. Dem Verein zur Förderung der Wettbewerbswirtschaft e. V. möchte ich für die großzügige Bereitstellung eines erheblichen Druckkostenzuschusses danken. Ferner möchte ich folgenden Wirtschaftsverbänden und Behörden für ihre Hilfe Dank sagen: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e. V., Bundeskartellamt, Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels e. V., Deutscher Industrie- und Handelstag e. V., Deutsches Institut für Normung e. V., Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels e. V., Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft e. V., Zentralverband genossenschaftlicher Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen e. V. Weiterhin möchte ich Frau Renate Liesen danken, die die mühevolle Schreibarbeit einschließlich der Änderungen und Ergänzungen des Manuskriptes geleistet hat.

8

Vorwort

Schließlich gilt mein besonderer Dank meinem Seniorpartner, Herrn Rechtsanwalt Dr. Ferdinand Hermanns, der die Abhandlung unter Zurückstellung meiner anwaltlichen Aufgaben ermöglicht hat und dem ich zahlreiche Anregungen verdanke. Für den Druck sind Rechtsprechung und Literatur bis April 1984, zum Teil auch darüber hinaus, berücksichtigt worden. lVIeerbusch / Düsseldorf, im Oktober 1985

Ulrich F. Kleier

Inhaltsverzeichnis Einleitung

.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

Erster Teil

Die Freistellungstatbestinde des § 38 Abs. 2 GWB 1. Kapitel: Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der Freistellungstat-

bestinde

..................................................

I. Die Mittelstandsempfehlungen

22

........................... ; . . . . . .

22

II. Die Normen- und Typenempfehlungen ..........................

29

111. Die Konditionenempfehlungen (Empfehlungen allgemeiner Geschäftsbedingungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Kapitel: Wirtschaftliche Bedeutung unter Berücksichtigung des Geset-' zeszweckes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 34 I. Mittelstandsempfehlungen (§ 38 Abs. 2 Nr. 1 GWB) ..............

34

1. Keine Bedeutung im Industriebereich

34

2. Mittelstandsempfehlungen im Handel

35

3. Kooperative Gruppen des Handels ............................

36

a) Erfüllung des Freistellungszwecks .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

b) Gehen Mittelstandsempfehlungen zu Lasten kleiner, nicht kooperierender Unternehmen? ............................ 39 c) Konzentrationsförderung durch Mittelstandsempfehlungen ..

40

4. Mittelstandsempfehlungen im Vertikalverhältnis (Gegengewichtsbildung) ................................................ 42 11. Normen- und Typenempfehlungen ..............................

43

10

Inhaltsverzeichnis

111. Konditionenempfehlungen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

45

3. Kapitel: Der Recbtscbarakter von § 38 Abs. 2 GWB ..................

47

I. Der Rechtscharakter der Empfehlungsverbote des § 38 Abs. 1 Nr. 11

und 12 GWB ....................................................

47

1. Meinungsstand bis zur 2. Kartellgesetznovelle ................

47

2. Rückwirkungen der Einführung von § 37 a GWB im Rahmen der 2. Kartellgesetznovelle von 1973 auf die Frage des Rechtscharakters der Empfehlungsverbote ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 48 a) § 37 a Abs. 2 GWB als verschuldensunabhängiges Verfahren 49 b) § 37 a Abs. 2 GWB hat Rechtsdurchsetzungsfunktion ........

50

3. Die Regelung des § 35 GWB ..................................

51

4. §§ 38 Abs. 1 Nr. 11 und 12, 37 a Abs. 2 und 35 GWB als abgestuftes Sanktionensystem gegen wettbewerbsbeschränkende Empfehlungen................................................ 51 5. Folgerungen aus dem Rechtscharakter der Empfehlungsverbotsnormen für ihre Auslegung .................................. 53 6. Einheitliche oder unterschiedliche Auslegung von Gesetzesbestimmungen, die verschiedene Verfahrensarten berühren... ... 54 a) Der Meinungsstand ........................................

54

b) Eigene Stellungnahme ....................................

56

11. Der Rechtscharakter von § 38 Abs. 2 GWB ......................

59

1. Materieller Charakter der Freistellungsregelungen ............

59

2. § 38 Abs. 2 GWB als Ausnahme im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 und von § 25 Abs. 1 GWB .................................... 61 3. Keine Untersagungsbefugnis nach §§ 37 a Abs. 2 i. V. m. 38 Abs. 1 Nr. 11 und 12 GWB .......................................... 62 4. Keine Schadensersatz-, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach §§ 35 i. V. m. 38 Abs. 1 Nr. 11 GWB .............. 62 111. Folgerungen aus dem Rechtscharakter für die Auslegung von § 38 Abs. 2 GWB .................................................... 62 1. Enge Auslegung von § 38 Abs. 2 GWB

62

2. Weite Auslegung von § 38 Abs. 2 GWB

63

3. Eigene Stellungnahme ........................................

64

Inhaltsverzeichnis 4. Kapitel: Die Mittelstandsempfehlungen (I 38 Abs. 2 Nr. 1 GWB)

11 66

1. Sinn und Zweck der Freistellung ................................

66

1. Struktureller Nachteilsausgleich ..............................

66

a) Kleine und mittlere Unternehmen als wirtschafts- und strukturpolitisch wichtige Faktoren ............................ 67 b) Benachteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen........

68

c) Langfristige Sicherung wettbewerblicher Strukturen ......

70

2. Gegengewichtsbildung

71

3. Mittelstandsförderung

72

a) Begriff ..Mittelstandsempfehlungen" ........................

72

b) Mittelstandspolitik und Wettbewerb

73

c) Gesellschaftspolitische Bedeutung der Mittelstandsförderung 73 d) Bestandsschutz durch Mittelstandsempfehlungen ..........

74

e) Substanzerhaltung mittelständischer Unternehmen als Zwischenziel ..................................................

76

f) Preistreibende Mittelstandsempfehlungen ..................

77

4. Vereinbarkeit von § 38 Abs. 2 Nr. 1 GWB mit den Schutzzwecken des GWB, insbesondere der der Empfehlungsverbote 78 5. Wettbewerbstheoretischer und -politischer Hintergrund ...... a) Vollkommene Konkurrenz

................................

80 80

b) Funktionsfähiger Wettbewerb

83

c) Der wettbewerbstheoretische Ansatz von Heuß ............

86

d) Die Kritik von Hamm am Marktformendirigismus ..........

90

e) Die Wettbewerbskonzeption bei v. Hayek ..................

91

f) Der ..neuklassische" Ansatz von Hoppmann ................

94

g) Theorie der Wettbewerbsbeschränkungen (Mestmäcker, Möschel) ...................................................... 95 h) Neuere Entwicklungen im US-Antitrust-Recht . . . . . . . . . . . . ..

97

6. Die Mittelstandsempfehlungen als Bestandteil eines allgemeinen Kooperationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale von § 38 Abs. 2 Nr. 1 GWB .. 101 1. Der Empfehlungsbegriff ...................................... 101

Inhaltsverzeichnis

12

a) Einseitige Erklärung

102

b) Beeinflussungswille

103

c) Kundgabe des Beeinflussungswillens ...................... 104 d) Nachweis des Beeinflussungswillens ........................ 104 2. Gegenstand der Mittelstandsempfehlungen .................... 106 a) Einzelne Gegenstände der Mittelstandsempfehlung ........ 107 b) Abgrenzung zur kartellrechtsfreien Kooperation ............ 108 c) Mittelstandsempfehlungen zum Zwecke der Neben- und Gegengewichtsbildung ........................................ 109 3. Vereinigungen von kleinen und mittleren Unternehmen ...... 110 a) Vereinigung

110

b) Willensbildung ............................................ 111 c) Vertikalvereinigungen

111

d) Kleine und mittlere Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 112 e) Freiwillige Ketten, Genossenschaften und Einkaufsverbände kooperative Gruppen) als empfehlungsberechtigte Vereinigungen .................................................... 115 aal Kooperative Gruppen als Vereinigung? ................ 116 bb) Kooperative Gruppen und ihre Mitglieder als Unternehmenseinheit? .......................................... 118 Eigene Stellungnahme ................................ 121 cc) Regiebetriebe

........................................ 123

dd) Partnerschaftsunternehmen ............................ 124 4. Empfehlungsempfänger .................................... " 124 a) Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 124 b) Kleine und mittlere Unternehmen .......................... 127 5. Förderung der Leistungsfähigkeit der Beteiligten .............. 127 a) Leistungsfähigkeit (im horizontalen Verhältnis) ............ 128 b) Leistungsfähigkeit (im vertikalen Verhältnis) .............. 131 c) Gegenüber Großbetrieben/großbetrieblichen Unternehmensformen .................................................... 131 aal Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 132 bb) Aktuelles Wettbewerbsverhältnis ...................... 133 d) "dazu dienen"

133

e) Umfang der Förderung der Leistungsfähigkeit .............. 135

13

Inhaltsverzeichnis 6. Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen

136

a) Wettbewerbsbedingungen (auf horizontaler Ebene) .......... 136 b) Wettbewerbsbedingungen (auf vertikaler Ebene) ............ 137 c) Verbesserung .............................................. 138 d) Feststellung der Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen 139 e) Verhältnis der Tatbestandsmerkmale Förderung der Leistungsfähigkeit zur Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen .................................................... 140 7. Bundesweite Mittelstandspreisempfehlungen .................. 141 a) Nachteilsausgleich durch bundesweite Mittelstandspreisempfehlungen? ......................................... "....... 142 aal Einzel -

Gesamtausgleich ............. . . . . . . . . . . . . . .. 143

bb) Nachteilsausgleich bei kurzfristigen Werbeaktionen? .. 146 cc) Kein Nachteilsausgleich notwendig gegenüber regionalen Großunternehmen? .................................... 146 . b) Förderung der Leistungsfähigkeit? ... : .................... 147 "

"

aal Bedeutung der Mittelstandspreisempfehlungen als Wettbewerbsmittel ........................................ 147 bb) Regionalisierung der Mittelstandspreisempfehlungen bei mehreren Großunternehmen .......................... 148 cc) Wettbewerbsvorteil in Abhängigkeit von der Gültigkeitsdauer der Preisempfehlung ............................ 149 8. Unverbindlichkeitsvermerk

149

9. Verbot der Druckanwendung ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 151 a) Funktion der Vorschrift .................................. ,. 151 b) Verbotsinhalt .............................................. 152 c) Das Verbot der Druckanwendung und § 3 UWG ............ 154 5. Kapitel: Die Normen- und Typenempfehlungen (§ 38 Abs. 2 Nr. 2 GWB) 156 I. Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 11 GWB 156

11. Freistellungszweck ............................. ". . . . . . . . . . . . . . . .. 158 111. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 161 1. Empfehlungen, die lediglich die einheitliche Anwendung von

Normen und Typen zum Gegenstand haben. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 161

Inhaltsverzeichnis

14

a) Normen und Typen ........................................ 161 b) Sicherheitsnormen ........................................ 164 c) Liefer- und Dienstleistungsnormen ........................ 165 2. Einheitlichkeit der Normen und Typen ........................ 166 3. Lediglich Normen und Typen ................................ 167 4. Unverbindlichkeitsvermerk

167

5. Druckanwendungsverbot ...................................... 168 6. Anmeldepflicht

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 168

7. Keine Anmeldepflicht für Rationalisierungsverbände .......... 170 a) Grund der Befreiung ...................................... 170 b) Rationalisierungsverband

171

6. Kapitel: Konditionsempfeblun,en (§ 38 Abs. 2 Nr. 3 GWB) ............ 173 I. Die Empfehlung Allgemeiner Geschäfts-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen als Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 11 GWB .............................................. 173 11. Zweck der Freistellung .......................................... 175 111. Das Verhältnis zwischen GWB und AGBG ...................... 176 IV. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale

179

1. Allgemeine Geschäfts-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen

einschließlich Skonti .......................................... 179 a) Rückgriff auf die Begriffsbestimmung des § 1 AGBG ........ 179 b) Allgemeine Geschäftsbedingungen (Lieferungs- und Zahlungsbedingungen) ........................................ 180 c) Skonti .................................................... 180 d) Einschränkung des Anwendungsbereiches durch § 2 Abs. 1 Satz 2 GWB (Preise/Preisbestandteile) .................... 181 e) Eigene Stellungnahme

.............. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 183

f) Einzelfälle ................................................ 184

2. Empfehlungsberechtigung .................................... 185 3. Empfehlungsadressaten

............ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 187

4. Unverbindlichkeitsvermerk und Druckanwendungsverbot ...... 187

Inhaltsverzeichnis 5. Anmeldepflicht

15 188

6. Kritik an der Anmeldepflicht .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 188 7. Kapitel: Konkurrenzen .............................................. 192 I. Verhältnis der Mittelstandsempfehlungen zu Normen-, Typen- und

Konditionenempfehlungen

.................................... " 192

11. Verhältnis von Normen- und Typenempfehlungen zu Konditionenempfehlungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 192 111. Verhältnis von Mittelstandsempfehlungen zu vertikalen Preisempfehlungen (§ 38 a GWB) .......................................... 192 8. Kapitel: Die Mi8braudlsaufsicht geml8 § 38 Abs. 3 GWH ............ 195 I. Entstehungsgeschichte

195

11. Die Mißbrauchsaufsicht des § 38 Abs. 3 GWB als ein Fall des Rechtsformenmißbrauchs ........................................ 196 111. Der Anwendungsbereich der Mißbrauchsaufsicht des § 38 Abs. 3 GWB ............................................................ 197 1. Vorgezogene -

nachträgliche Mißbrauchsaufsicht ............ 197

2. Die beiden Tatbestandsalternativen des § 38 Abs. 3 GWB

197

3. Einzelne Mißbrauchskriterien (§ 38 Abs. 3, 2. Alt. GWB)

199

a) Mittelstandsempfehlungen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 199

b) Normen- und Typenempfehlungen ........................ 200 c) Konditionenempfehlungen 4. Mißbrauchsverfahren

201

...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 204

5. Sanktionen der Mißbrauchsaufsicht .......................... 204 6. Rechtsmittel .................................................. 205 7. Konkurrenzen ................................................ 206 a) Verhältnis des Mißbrauchsverfahrens zum Untersagungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 206 aal § 38 Abs. 3, 1. Alt. GWB

206

bb) § 38 Abs. 3, 2. Alt. GWB

208

Inhaltsverzeichnis

16

b) Verhältnis der Mißbrauchs aufsicht des § 38 Abs. 3 zu § 38 a Abs. 3 GWB .............................................. 208 c) Abmahnungspflicht der Kartellbehörde .................... 208

Zweiter Teil Die Freistellung von Empfehlungen nadl europäischem Gemelnsdlaftsredlt 1. Kapitel: Der Geltungsbereich der Wettbewerbsregelungen des EWG-

Vertrages ............... ;.................................. 209

I. Räumlicher G~l~ungsbereich

209

11. Sachlicher Geltungsbereich ...................................... 209 111. Vorrang des Gemeinschaftsrechts ................................ 210 2. Kapitel: Empfehlungen als wettbewerbsbesdlränkendes Verhalten im Sinne von Art. 85 Abs. 1 EWGV ............................ 212 I. Empfehlungen als abgestimmte Verhaltensweisen ................ 212

11. Die nach § 38 Abs. 2 GWB freigestellten Empfehlungen im Verhältnis zu Art. 85 Abs. 1 EWGV .................................. 215 3. Kapitel: Freistellung gemäß Art. 85 Abs. 3 EWGV .................... 218 I. Einzelfreistellung ................................................ 218

11. Gruppenfreistellung

221

111. Kooperationsbekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 221 Literaturverzeidlnis Materialien

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 223

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 234

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.F. abgedr. Abs. Anm.

Art. Aufl.

anderer Ansicht alte Fassung abgedruckt Absatz Anmerkung Artikel Auflage

BB BDI BGBl. BGH BGHZ

Der Betriebsberater Bundesverband der Deutschen Industrie Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof amtliche Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BKartA Bundeskartellamt BMWi Bundesminister für Wirtschaft BT-Drucks. Bundestagsdrucksache bzw. beziehungsweise ca.

circa

DB ders., dies. d.h. DIN

Der Betrieb derselbe, dieselben das heißt Deutsches Institut für Normung

etc. EuGH EuR EWGV

et cetera Europäischer Gerichtshof Europarecht EWG-Vertrag

f., ff. FK Fn.

folgende Frankfurter Kommentar Fußnote

gem. GK GRUR GWB

gemäß Gemeinschaftskommentar Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HdSW HdWW

Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft

i. d. F . IHK i. V. rn.

in der Fassung Industrie- und Handelskammer in Verbindung mit

JbNSt.

Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik

2 Kleier

Abkürzungsverzeichnis

18

KG

Kammergericht

LG Lfg.

Landgericht Lieferung

MDR

Monatszeitschrift für Deutsches Recht

NJW Nr.

Neue Juristische Wochenschrift Nummer

OLG OWiG

o.

oben Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

Rdn. RGBl. Rz.

Randnummer Reichsgesetzblatt Randziffer

S.

Seite Sammlung des Europäischen Gerichtshofes sogenannt

TB

Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre ... sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet

u.a. u.U. UWG

unter anderem unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

vgl. VO Vorbem.

vergleiche Verordnung Vorbemerkung

WB WRP WuW/E

Wettbewerbsbericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb/Entscheidungssammlung

z.B. ZfgG ZHR Ziff.

zum Beispiel Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer

Slg. sog.

Einleitung Eines der wesentlichen Ziele der 2. Kartellgesetznovelle von 1973 war die Erleichterung der Kooperation für kleine und mittlere Unternehmen l • Zur Verwirklichung dieses Zieles wurden neben der Einfügung von § 5 b GWB (Mittelstandskartelle) die Ausnahmeregelungen des § 38 Abs.2 Nr. 1- 3 GWB (Mittelstands-, Normen-, Typen- und Konditionenempfehlungen) erheblich umgestaltet. Seit dieser Kartellgesetznovelle sind zehn Jahre vergangen; dieser Zeitraum ist ausreichend lang, um eine Bestandsaufnahme dieses Rechtsgebietes zu ermöglichen, an der es bisher fehlt. Die Arbeit wird zeigen, daß Mittelstandsempfehlungen (§ 38 Abs. 2 Nr.1 GWB) fast ausschließlich ein Instrument des Handels sind. Es wird überwiegend von den freiwilligen Gruppen des Handels (Genossenschaften, Einkaufsverbände etc.) für ihre mittelständischen Mitglieder in Anspruch genommen. Es ist behauptet worden2 , das gesetzgeberische Ziel der Kooperationserleichterungen, zu denen auch die Mittelstandsempfehlung gehört, sei nicht erreicht worden. Die Kooperationen hätten es nicht vermocht, die Konzentrationsentwicklung aufzuhalten. Diese Kritik ist unberechtigt. Es bestehen Anhaltspunkte, daß ohne die Kooperationserleichterungen die Konzentrationsentwicklung noch weiter fortgeschritten wäre 3 • Eine Einschränkung der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit mittelständischer Unternehmen in Form von Mittelstandsempfehlungen würde überdies die Marktposition der Großunternehmensformen des Handels gegenüber den mittelständischen Unternehmen stärken - ein Ergebnis, welches jedenfalls von der gegenwärtigen Wettbewerbspolitik nicht getragen wird. Die praktische Bedeutung des Instituts der Normen- und Typenempfehlungen (§ 38 Abs.2 Nr.2 GWB) wird allein schon anhand der Anzahl von derzeit 22154 gültigen Normen deutlich. Diese Zahl bezieht sich auf die von Rationalisierungsverbänden empfohlenen - nicht anmeldepflichtigen - Normen und Typen denen lediglich 20 von Unternehmen angemeldete Normen- und Typenempfehlungen sowie 12 Normen- und Typenkartelle gegenüberstehen. Siehe Bericht des Wirtschaftsausschusses 1973, S. 3. Siehe insbesondere Emmerich, Kartellrecht, S. 88 f. 3 Siehe auch IFO-Studie "Stellung und Entwicklung der Zusammenschlußformen im Einzelhandel", 1981, S. 12. 1

2

Einleitung

20

Die geringe Anzahl der von den Kartellbehörden geäußerten Beanstandungen von Normen- und Typenempfehlungen ist ein Indiz für die kartellrechtliche Unbedenklichkeit der jetzigen Freistellungsregelung. Die Untersuchung der anmeldepflichtigen Konditionenempfehlungen (Empfehlung allgemeiner Geschäftsbedingungen) hat ein wirtschaftspohtisch interessantes Ergebnis erbracht. Die betroffenen Verbände stehen der Anmeldepflicht der Konditionenempfehlungen trotz des damit verbundenen Aufwands nicht ablehnend gegenüber. Diese Tatsache erklärt sich im wesentlichen aus dem Interesse der Verbände nach allseitiger Anerkennung der von ihnen entworfenen allgemeinen Geschäftsbedingungen. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die Untersuchung der Mittelstandsempfehlung. Durch das Instrument der Mittelstandsempfehlungen sollte das wettbewerbspolitische Ziel angestrebt werden, betriebsbedingte strukturelle Nachteile von kleinen und mittleren Unternehmen auszugleichen. Hierdurch sollte darauf hingewirkt werden, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen gegenüber marktstärkeren Wettbewerbern langfristig zu sichern. Gegen die Mittelstandsempfehlungen ist eingewandt worden, sie bildeten einen "geradezu idealen Ersatz für die verbotene vertikale Preisbindung"4. Gerade dies hat der Gesetzgeber mit den Tatbestandsvoraussetzungen verhindern wollen: -

Handlungsfreiheit der Empfehlungsempfänger5 sowie

-

Vorhandensein eines aktuellen Wettbewerbsverhältnisses zwischen den mittelständischen Empfehlungsempfängern und Großunternehmen.

Diese Voraussetzungen wirken einem etwaigen Bestreben der empfehlenden Stelle entgegen, zentrale Lenkungsmacht auszuüben; gleichzeitig werden einer möglichen Wettbewerbsbeeinträchtigung, die durch das einheitliche Befolgen der Empfehlungen eintreten kann, Grenzen gesetzt. Die vergleichende Untersuchung der Tatbestandsmerkmale von § 38 Abs.2 Nr. 1 GWB und § 5 b GWB (Mittelstandskartell) legt gesetzgeberische Ungereimtheiten offen. So werden insgesamt höhere Voraussetzungen an die Freistellung von unverbindlichen (1) Mittelstandsempfehlungen als an verbindliche (1) Mittelstandskartelle gestellt. Siehe Emmerich, Kartellrecht, S. 114. Vgl. hierzu auch v. Hayek, Die Verfassung der Freiheit, S. 46 f., der dem Gedanken des Gruppenwettbewerbs positiv gegenübersteht, soweit die Handlungsfreiheit der Gruppenmitglieder nicht tangiert wird. 4

5

Einleitung

21

Angesichts der Erklärung des Gesetzgebers, Verbesserungen der Kooperationsmöglichkeiten zu bewirken, ist dies ein erstaunliches Ergebnis. Die Erörterung des Verhältnisses des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu den Wettbewerbsvorschriften des EWG-Vertrages trägt dem Umstand Rechnung, daß die unmittelbare Geltung der Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrages6 und ihr Vorrang vor den nationalen Vorschriften 7 angesichts einer zunehmenden Internationalisierung und Verflechtung der Wirtschaft innerhalb und außerhalb der Europäischen Gemeinschaft8, an der auch kleine und mittlere Unternehmen beteiligt sind 9 , eine isolierte Betrachtungsweise des nationalen Kartellrechts nicht erlaubt. Ferner durchdringt das Recht der Europäischen Gemeinschaft trotz einiger politischer Schwierigkeiten immer mehr das nationale Rechtsleben und -bewußtsein1o . Neben den oben skizzierten überlegungen möchte die vorliegende Untersuchung auch zur Förderung dieser Entwicklung beitragen.

8 EuGH, Sig. 1974, 51 ff. (62), SABAM; EuGH, Sig. 1980, 2481, Estee Lauder; Gleiss / Hirsch, Ein!. Rz. 34; Schröter in Groeben / Boeckh / Thiesing / Ehlermann, Vorb. zu Art. 85 - 89, Rz. 7. 7 EuGH, Sig. 1969, 1 ff. (14), Teerfarben; EuGH, Sig. 1980, 2327 ff. (2374 f.), Parfums Guerlain; Gleiss / Hirsch, Ein!. Rz. 56 ff.; Koch in Grabitz, vor Art. 85, Rz. 31; Mestmäcker, Die Vermittlung, 18 ff., 61 ff. 8 Siehe z. B. 9. WB der EG-Kommission 1980, S. 12. 9 Siehe 11. WB der EG-Kommission 1981, S. 15. 10 Siehe Kutscher, EuR 1982, S. 1 ff.; ders., EuR 1982, S. 400, 412 f.; Grünwald, EuR 1983, S. 344 f.; Ipsen, S. 926 ff., 1051 ff.; EuGH, NJW 1979, 1766, Cassis de Dijon; s. auch Micklitz, NJW 1983, S. 485; s. zur Angleichung der nationalen kartell rechtlichen Vorschriften, Rittner, Konvergenz oder Divergenz, 50 ff.; vg!. insgesamt: Koenigs, Recht der Europäischen Gemeinschaften, Europäisches Wirtschaftsrecht.

Erster

Teil

Die Freistellungstatbestände des § 38 Abs. 2 GWB 1. Kapitel

Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der Freistelll1ngstatbestände I. Die Mittelstandsempfehlungen Die Mittelstandsempfehlungen sind im GWB seit seinem Inkrafttreten am 1. 1. 1958 1 geregelt und stellen in der 25jährigen Geschichte des GWB die älteste gesetzliche Freistellung vom Empfehlungsverbot dar. Die Mittelstandsempfehlungen waren sowohl in dem dem Bundestag 1952 vorgelegten Regierungsentwurf2 als auch in dem durch die Vorschläge des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des ersten Bundestages ergänzten Regierungsentwurfs von 19553 nicht vorgesehen. In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 24, in dem seinerzeit die Regelung des Empfehlungsverbotes enthalten war, kam vielmehr eine ablehnende Haltung vor allem gegenüber von Verbänden und Kartellen ausgesprochenen Empfehlungen zum Ausdruck: ,,§ 24 richtet sich gegen gewisse, den Wettbewerb beeinflussende Empfehlungen. Derartige Empfehlungen haben zwar rechtlich keine verbindliche Wirkung, führen jedoch praktisch vielfach zu dem gleichen Ergebnis. Sie werden aus Solidarität oder aus Furcht vor wirtschaftlichem oder gesellschaftlichem Druck befolgt; wer sie mißachtet, hat geschäftliche oder sonstige Schädigung zu befürchten. Solange derartige Empfehlungen von einem einzelnen Unternehmen ausgehen, werden sie meist ohne Wirkung bleiben; das Gesetz kann sie unbeachtet lassen. Empfehlungen beeinflussen jedoch dann den Markt, wenn sie von einer Stelle ausgehen, die über Monopolmacht oder sonstigen 1 In der Fassung der Neubekanntmachung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. 7. 1957, BGBl. I, S. 1081. 2 BT-Drucks. 1/3462. 3 BT-Drucks.II/1158.

I. Die Mittelstandsempfehlungen

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Markteinfluß verfügt. Dazu gehören Empfehlungen eines Kartells und Empfehlungen, die von den berufenen Vertretern bestimmter Wirtschaftsoder Berufsgruppen ausgehen. Ohne ein Verbot dieser Empfehlungen könnten grundlegende Vorschriften des Gesetzes, insbesondere das Kartellverbot des § 1, ebenso das Sperrverbot des § 23, leicht umgangen werden. § 24 Abs. 1 und 3 verbietet deshalb bestimmte, den Wettbewerb beeinflussende Empfehlungen, namentlich Empfehlungen über Preise und Preisbestandteile, über Begrenzung von Absatz und Erzeugung sowie über Sperrrnaßnahmen gegen andere Unternehmungen ...'." Die Aufnahme einer Freistellungsregelung für Mittelstandsempfehlungen wurde erstmals von dem Abgeordneten Illerhaus in der 73. Sitzung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestages vorgeschlagen'. Ausgangspunkt dieser Anregung war die Befürchtung, daß auf grund des Empfehlungsverbotes von § 24 Regierungsentwurf eine gemeinsame Werbung oder ein gemeinsamer Einkauf verschiedener Lebensmittelgeschäfte wie der SPAR-Ketten ausgeschlossen seien. Dies hätte die Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit mittelständischer Betriebe gegenüber großbetrieblichen Unternehmensformen zur Folge gehabt8 • Der Wirtschaftspolitische Ausschuß unterstützte diese Bestrebungen mit der Maßgabe, daß sie nicht zu einem verkappten Preiskartell führen dürften7 • Nach weiteren Sitzungen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses, die unter anderem Formulierungsfragen hinsichtlich der Freistellung von Mittelstandsempfehlungen zum Gegenstand hatten8 , beschloß der Wirtschaftspolitische Ausschuß folgende Fassung (§ 24 Abs. 2): ,,2. Vereinigungen von Unternehmen dürfen unter Beschränkung auf den

Kreis der Beteiligten Empfehlungen auszusprechen, bestimmte Preise zu fordern oder anzubieten oder bestimmte Arten der Preisfestsetzung anzuwenden, wenn 1. dadurch wettbewerbsfördernde Bedingungen gegenüber Großbetrieben oder großbetrieblichen Unternehmensformen geschaffen werden sollen und 2. die Empfehlungen ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet sind und zu ihrer Durchsetzung kein wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder sonstiger Druck angewendet wird'."

Der Berichterstatter, der Abgeordnete Dr. Ellbrächter, erläuterte die vorgelegte Fassung mit den Worten: , BT-Drucks. 11/1158, Anlage 1, Begründung S. 27. , BT-Protokoll Nr. 73 vom 23.9. 1955. 8 Vgl. BT-Protokoll Nr. 73 vom 23.9. 1955 und BT-Protokoll Nr. 104 vom 21. 3.1956. 7 Vgl. BT-Protokoll Nr. 104 vom 21. 3. 1956. 8 Vgl. dazu Sölter, Die Mittelstandsempfehlung im GWB (I. Teil) in WuW 1959, S. 688 ff. , Vgl. BT-Drucks. 11/3644, S. 23.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehungsgeschichte der Freistellungstatbestände

"Weiterhin hat der Ausschuß in Abs. 2 eine Ausnahme zugunsten der mittelständischen Betriebe vorgesehen. Diese sind häufig gegenüber etwa der einheitlichen Verkaufspolitik eines Großbetriebes oder eines Filialbetriebes benachteiligt, wenn sie nicht durch ihre Vereinigungen Empfehlungen für eine Verkaufspolitik geben können, durch welche der dem Großbetrieb eigene Vorteil der einheitlichen Steuerung einigermaßen ausgeglichen wird10." In der zweiten Sitzung des Bundestagsplenums wurde § 24 Regierungsentwurf gestrichen. Statt dessen wurde die Frage der Empfehlungen nunmehr im 2. Teil des GWB in § 31 Regierungsentwurf (dem späteren § 38 GWB) als Ordnungswidrigkeit geregeltl l . § 38 Abs. 2 lautete in der endgültigen Fassung des GWB wie folgt: ,,(2) Eine Ordnungswidrigkeit begeht ferner, wer vorsätzlich durch Emp-

fehlungen daran mitwirkt, daß die in Abs. 1 genannten Ordnungswidrigkeiten begangen werden. Wer Empfehlungen ausgesprochen hat, die eine Umgehung der in diesem Gesetz erlassenen Verfügungen durch gleichförmiges Verhalten bewirkt haben, macht sich ebenfalls einer Ordnungswidrigkeit schuldig. Dies gilt nicht für Empfehlungen, bestimmte Preise zu fordern oder anzubieten oder bestimmte Arten der Preisfestsetzung anzuwenden, die von Vereinigungen von Unternehmen unter Beschränkung auf den Kreis der Beteiligten ausgesprochen werden, wenn 1. dadurch wettbewerbsfördernde Bedingungen gegenüber Großbetrieben oder großbetrieblichen Unternehmensformen geschaffen werden sollen und 2. die Empfehlungen ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet sind und zu ihrer Durchsetzung kein wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder sonstiger Druck angewendet wirdlI."

Bei der wechselvollen Entstehungsgeschichte der Mittelstandsempfehlungen sind mehrere Gesichtspunkte beachtenswert. Im Gegensatz zu sonstigen, vom Gegenstand her bestimmten Ausnahmetatbeständen wie z. B. §§ 2 - 7 GWB, lag der Freistellung von Mittelstandsempfehlungen ähnlich wie bei § 8 GWB eine wirtschaftspolitische Zielsetzung zugrundelS. Die Zielsetzung, die sich auch im Gesetzestext niedergeschlagen hat, bestand in der Stärkung der Leistungsfähigkeit mittelständischer Betriebe, gleich welcher Wirtschaftsstufe sie angehörten l4 . Bei der Entstehungsgeschichte der Mittelstandsempfehlungen fällt ein Widerspruch zwischen der Zielsetzung des Gesetzgebers und der Verwirklichung im GWB auf, der auf einen gesetzestechnisch bedingten Denkfehler hindeutet. Nach den gesetzgeberischen Motiven sollten die Vgl. zu BT-Drucks. 11/3644, S. 29. Vgl. stenographische Berichte 222. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 3.7.1957, S. 13229. 12 BGBl. I, 1957, S. 1081. 13 Vgl. Sölter, WuW 1959, S. 687. U Bericht des Abgeordneten Ellbrächter, zu BT-Drucks. 11/3644, S. 29. 10

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I. Die Mittelstandsempfehlungen

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Mittelstandsempfehlungen die Leistungsfähigkeit mittelständischer Unternehmen stärken15 • Dazu sollten auch Preisempfehlungen zulässig sein. Nach dem Wortlaut des Gesetzes waren jedoch ausschließlich die Preisempfehlungen vom Empfehlungsverbot freigestellt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß dieser Umstand, wie die im Laufe der späteren Gesetzesberatungen erfolgte umstrittene Einordnung der Empfehlungsbestimmungen in die Ordnungswidrigkeitentatbestände16 , auf die Zeitnot zurückzuführen ist, unter der die Gesetzesverfasser bei der Verabschiedung des GWB zu leiden hatten17 • Die Mittelstandsempfehlungen wie das Empfehlungsverbot bildeten nach dem Inkrafttreten des GWB den Gegenstand von zahlreichen Diskussionen über ihren Anwendungsbereich und ihre Auslegung. Das Bundeskartellamt unternahm 1959 erstmals den Versuch, wesentliche Zweifelsfragen der Auslegung von Mittelstandsempfehlungen zu klären18 • In dieser Stellungnahme kam eine sehr restriktive Haltung zum Ausdruck. So wurde mit dem Hinweis auf die einstufige Wettbewerbsdefinition bei der Frage, wann Empfehlungen wettbewerbsfördernden Charakter hätten, die Einbeziehung von Kontrahenten abgelehnt, die einer anderen Wirtschaftsstufe angehörten19 • Ebenso wurde es als unzulässig angesehen, daß Empfehlungen an Großunternehmen bzw. großbetriebliche Unternehmensformen gerichtet werden durften, auch wenn dadurch die Wettbewerbsbedingungen kleiner und mittlerer Betriebe verbessert würden20 • Die Rechtsprechung21 trat in ihren beiden zu den Mittelstandsempfehlungen ergangenen Entscheidungen der Auffassung des Bundeskartellamtes im wesentlichen bei. Im Gegensatz zu der zurückhaltenden Auslegung der Mittelstandsempfehlungen durch das Bundeskartellamt und den Gerichten vertrat das Bundeswirtschaftsministerium in seiner Deutschen Kooperationsfibel von 1963 22 aufgeschlossenere Ansichten. So wurde es als aus wirtschaftspolitischen Gründen sinnvoll angesehen, daß Mittelstandsempfehlungen auch an Großunternehmen gerichtet werden dürfen, wenn damit eine Stärkung mittelständischer Unternehmen verbunden war 23 •

1. Bericht des Abgeordneten Ellbrächter, zu BT-Drucks. 11/3644, S. 29.

Siehe Henkel, S. 8. Vgl. Hoth, WRP 1958, S. 299. 18 WuW /E/BKartA 67 ff. 19 WuW /E/BKartA 67; a. A. Behrens, WRP 1959, S. 290. 20 WuW /E/BKartA, 68 f.; a. A. Kuhlmann, WRP 1959, S. 196. 21 Siehe Urteil des BGH vom 1. 2. 1962, WuW /E/BGH 465 ff. (471) "Bierpreis" und Beschluß des OLG Stuttgart vom 19.5.1961, WuW /E/OLG, 411 ff. (419 ff.). !2 Abgedruckt bei Benisch, Kooperationsfibel, 3. Auflage, S. 11 ff. 23 "Deutsche Kooperationsfibel" , abgedruckt bei Benisch, Kooperationsfibel, 3. Aufl., S. 34 f. 16

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1. Teil,!. Kap.: Entstehungsgeschichte der Freistellungstatbestände

Die in der "Deutschen Kooperationsfibel" enthaltene Stellungnahme zum Urteil des Bundesgerichtshofes, in dem Mittelstandsempfehlungen eine bestandsschützende Funktion mittelständischer Unternehmen abgesprochen wurde 24, enthält eine vorsichtige Kritik an dieser Rechtsprechung25 • Dem Bundesgerichtshof wurde zwar bescheinigt, daß seine Entscheidung auf den Tatbestandsmerkmalen des § 38 Abs.2 Satz 3 GWB beruhe; andererseits betonte die Bundesregierung, daß sie im Schutz der Mittel- und Kleinbetriebe eines "der wichtigsten Anliegen ihrer Wettbewerbspolitik" sehe 26 • Schließlich sollten im Gegensatz zum Bundeskartellamt bei der Frage der durch Mittelstandsempfehlungen zu schaffenden wettbewerbsfördernden Bedingungen die vor- und nachgelagerte Wirtschaftsstufe in die Betrachtung mit einbezogen werden27 • Die Diskussion um die Mittelstandsempfehlungen lebte 1968 durch die kleine Anfrage von Abgeordneten des deutschen Bundestages zu der kartellrechtlichen Vereinbarkeit kooperativer Werbemaßnahmen von kleineren und mittleren Unternehmen mit dem Kartellrecht wieder auf28 • Die Bundesregierung bestätigte mit ihrer Antwort, die auf vorbehaltlose Zustimmung gestoßen ist 29 , unter Berufung auf die Verwaltungspraxis des Bundeskartellamtes die in der "Deutschen Kooperationsfibel" von 1963 enthaltenen Ausführungen und präzisierte sie in einigen Bereichen wie z. B. hinsichtlich des Unverbindlichkeitsvermerkes 30 • Das herausragende Ereignis in der weiteren Geschichte der Mittelstandsempfehlungen stellt die 2. Kartellgesetznovelle von 1973 dar. Zunächst hatte es den Anschein, daß die Mittelstandsempfehlungen von den starken Umwälzungen, die im Regierupgsentwurf für weite Bereiche des GWB vorgesehen waren, unberührt blieb. Im Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des GWB des Bundesministers der Wirtschaft vom 15.10.1968 31 war zunächst keine Änderung der Vorschriften über die Mittelstandsempfehlungen vorgesehen. Im RegieWuW/E/BGH 471. Deutsche Kooperationsfibel, abgedruckt bei Benisch, Kooperationsfibel, 3. Aufl., S. 35. 28 Deutsche Kooperationsfibel, abgedruckt bei Benisch, Kooperationsfibel, 3. Aufl., S. 35. 27 Deutsche Kooperationsfibel, abgedruckt bei Benisch, Kooperationsfibel, 3. Auf!., S. 35. zs Kleine Anfrage, BT-Drucks. V/2565, abgedruckt bei Benisch, Kooperationsfibel, 3. Aufl., S. 43 ff. z. Siehe Rintelmann, WRP 1968, S. 202. 30 Antwort der Bundesregierung vom 12.2. 1968 (BT-Drucks. V/2487), abgedruckt bei Benisch, Kooperationsfibel, 3. Aufl., S. 43 ff. 31 Abgedruckt bei Kartte, Leitbild, S. 101 ff. h

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I. Die Mittelstandsempfehlungen

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rungsentwurf vom 19. 5. 1971 32 wurden die Mittelstandsempfehlungen zwar dann einer Mißbrauchsaufsicht unterstellt, im übrigen sollte es bei dem bisherigen Zustand bleiben. Die jetzige Gesetzesfassung war zum ersten Mal in einem Antrag der E'raktionen der SPD und FDP vom 15.5.1973 enthalten33 • Wie dem Abschlußbericht des Wirtschaftsausschusses vom 13. 6. 197334 zu entnehmen ist, sollte die neue Regelung dem Gedanken des Ausgleichs struktureller Wettbewerbsnachteile kleiner und mittlerer Unternehmen stärker als bisher Rechnung getragen werden. Zu diesem Zweck wurde unter anderem der Ausdruck .. wettbewerbsfördernde Bedingungen" durch den Begriff .. Förderung der Leistungsfähigkeit" ersetzt, wobei allerdings ein gleichzeitiger Eintritt der Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen vorausgesetzt wurde 36 • Die in der bisherigen Gesetzesfassung enthaltene Beschränkung auf Preisempfehlungen und Kalkulationsrichtlinien wurde aufgegeben. Darüber hinaus sei es nicht mehr notwendig, daß die mittleren und kleineren Unternehmen empfohlenen Preise unter denen von Großunternehmen zu liegen hätten. Schließlich sollte durch eine entsprechende textliche Änderung klargestellt werden, daß der ausdrückliche Unverbindlichkeitsvermerk lediglich dem Empfehlungsempfänger und nicht Dritten wie z. B. Endverbrauchern zur Kenntnis gelangen muß36. Die Vorschrift über Mittelstandsempfehlungen, die nunmehr in § 38 Abs.2 Nr. 1 GWB geregelt war, erhielt folgenden Wortlaut: .. (2) Abs. 1 Nr. 11 und, in den Fällen der Nr. I, Abs. 1 Nr. 12 gilt nicht für 1. Empfehlungen, die von Vereinigungen kleiner oder mittlerer Unter-

nehmen unter Beschränkung auf den Kreis der Beteiligten ausgesprochen werden, wenn die Empfehlungen a) dazu dienen, die Leistungsfähigkeit der Beteiligten gegenüber Großbetrieben oder großbetrieblichen Unternehmensformen zu fördern und dadurch die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern und b) gegenüber dem Empfehlungsempfänger ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet sind und zu ihrer Durchsetzung kein wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder sonstiger Druck angewendet wird, ..." Die Novellierung der Vorschriften, mit denen Kooperationserleichterungen für kleinere und mittlere Unternehmen geschaffen werden soll3! 33

34 35 S8

Siehe WuW 1971, S. 531 ff. Siehe BT-Protokoll Nr. 11 des Rechtsausschusses vom 23. 5. 1973. Berichterstatter Dr. Frerichs und Dr. Jens, BT-Drucks. VII/765, S. 10. BT-Drucks. VII/765, S. 10. Bericht des Wirtschafts ausschusses 1973, BT-Drucks. VII/765, S. 11.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehungsgeschichte der Freistellungstatbestände

ten, und zu denen auch die Mittelstandsempfehlungen gezählt wurden, bildeten nach einhelliger Meinung einen Schwerpunkt der 2. Kartellgesetznovelle37 • Die neue Formulierung der Mittelstandsempfehlungen sollte dabei vor allem der Klarstellung und Nachzeichnung bestehender Zielvorstellungen dienen38 • Im Gegensatz zu dieser die Kontinuität der Mittelstandsempfehlungen betonenden Ansicht werden aufgrund der Neufassung von § 38 Abs.2 Nr.l von anderer Seite die bisherigen von den Gerichten, Kartellbehärden und dem Bundeswirtschaftsministerium gesetzten Auslegungsmaßstäbe als im wesentlichen überholt angesehen39 • Das deutet darauf hin, daß das Anliegen des Gesetzgebers, die Kooperationsmäglichkeiten von kleineren und mittleren Unternehmen durch klarstellende Regelungen im Bereich der Mittelstandsempfehlungen zu verbessern, nicht voll verwirklicht werden konnte. Mit der Herausgabe des Merkblatts über "Die Anwendungsmäglichkeiten der neuen Mittelstandsempfehlung" durch das Bundeskartellamt vom 5.12.1972 4°, welches in die Kooperationsfibel des Bundeswirtschaftsministers von 1976 eingearbeitet wurde, versuchte man Rechtssicherheit für die Auslegung der Mittelstandsempfehlungen zu schaffen. Gleichwohl wollte die Kritik nicht verstummen, mit der auf "eine Fülle von Ungereimtheiten"Cl hingewiesen wurde. Die Ursache für diese "Ungereimtheiten" wurde auf das Schattendasein der Mittelstandsempfehlungen gegenüber der Fusionskontrolle und wie bei der Entstehungsgeschichte des GWB 1957/58 auf die Schnelligkeit des Gesetzgebungsverfahrens zurückgeführt4~. Diese Kritik steht damit im augenfälligen Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber erhobenen Anspruch, unter anderem bei den Mittelstandsempfehlungen mit Erfolg einen programmatischen Schwerpunkt der 2. Kartellgesetznovelle gesetzt zu haben43 • Die Kartellbehärden vertraten in der Folgezeit gegenüber den Mittelstandsempfehlungen wiederum eine eher restriktive Haltung. Aussagen wie, daß sich alle Gruppen, die Mittelstandsempfehlungen aussprechen, darüber klar sein müßten, "daß ihr exzessiver, durch die Zielsetzung des Gesetzes nicht gedeckter Gebrauch dieses Instrument 37 Siehe Bericht des Wirtschaftsausschusses 1973, BT-Drucks. VII/765, S. 3 und übereinstimmend Kartte, Wettbewerbsregeln und Mittelstandsempfehlungen, S. 65; Dörinkel, WuW 1973, S. 827; Rauschenbach, NJW 1973, S. 1863; Rintelmann, DB 1973, S. 1930; Teichmann, S. 935. 38 Siehe BT-Drucks. VII/765, S. 10. 39 Benisch, Kooperationsfibel, 4. Auf!., S. 34 und Dörinkel, WuW 1973, S.832. 40 Abgedruckt in WRP 1975, S. 21 ff. 41 Siehe Teichmann, S. 937. 42 Teichmann, S. 937 f. 43 Bericht des Wirtschaftsausschusses von 1973, BT-Drucks. VII/765, S. 3.

11. Die Normen- und Typenempfehlungen

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in Frage stellt"44, werden voraussichtlich von den Vereinigungen mittelständischer Unternehmen nicht als Ermunterung zum Aussprechen von Mittelstandsempfehlungen verstanden werden. Diesem Umstand wird auch nicht dadurch abgeholfen, daß von seiten der Regierung betont wird, die Förderung der leistungssteigernden Kooperation insbesondere im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen gehöre seit Beginn der 60er Jahre zu den Schwerpunkten der Wettbewerbspolitik45 .

11. Die Normen- und Typenempfehlungen Während die Mittelstandsempfehlungen seit Inkrafttreten des GWB im Jahre 1958 freigestellt waren, wurde eine entsprechende Ausnahmevorschrift für Normen- und Typenempfehlungen erst durch die Novelle von 1965/66 ins GWB (§ 38 Abs. 3 a. F.) aufgenommen. Bis zur Kartellgesetznovelle 1965/66 wurde das Aussprechen von Normen- und Typenempfehlungen als Verstoß gegen das Empfehlungsverbot von § 38 Abs. 2 Satz 2 GWB a. F. angesehen46 . Dieser Zustand wurde als wettbewerbspolitisch unbefriedigend bezeichnet 47 • Die Kartellbehörden trugen diesem Umstand oftmals dadurch Rechnung, daß sie, wie im Falle der von der "Rationalisierungsgemeinschaft Deutscher Weinkellereien ausgesprochenen Empfehlung zur Einführung der "Leichtglas-Einwegflasche"4.8, das öffentliche Interesse an einer Verfolgung verneinten. Auch die Bundesregierung hielt es im Interesse der Gesamtwirtschaft an Normung und Typung als wichtiges Mittel der Rationalisierung für nützlich, entsprechende Empfehlungen freizustellen 49 • Die Möglichkeit, Normen- und Typenempfehlungen auszusprechen, sollte allerdings nicht nur staatlich geförderten Rationalisierungsverbänden vorbehalten, sondern jedermann möglich sein. Den Besonderheiten der Rationalisierungsverbände trug man durch den Verzicht auf eine Anmeldepflicht der von ihnen ausgesprochenen Empfehlungen Rechnung. Der Erfahrungsbericht der Bundesregierung 1962 hat für die Freistellung von Normen- und Typenempfehlungen von § 5 Abs. 1 GWB folgende Gesetzesfassung empfohlen: TB 1976, S. 15. Stahl, WuW 1978, S. 7. '8 TB 1959, S. 41; Benisch, DB 1965, S. 1036; Dörinkel, WuW 1965, S. 811; a. A. zur Fassung des Regierungsentwurfs von 1952/55 Kamberg, WuW 1953, S.295. 4·/ Vgl. Benisch, DB 1965, S. 1036. 's TB 1959, S. 41. " Siehe Bericht der Bundesregierung über Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen von 1962, BT-Drucks. IV/617, S. 10 und 17. 4