Französische Grammatik
 9783111595238, 9783111220260

Table of contents :
Vorrede
Inhalt
Erster Theil. Lautlehre
Zweiter Theil. Wortlehre
Dritter Theil. Satzlehre (Syntaxe)
Anhang. Übersicht der wichtigsten Regeln der französischen Syntax in deutschen Beispielen

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Französische Grammatik. Von

Bernhard Schmitz.

Zweite Auflage. Neue Bearbeitung.

Berlin. Druck und Verlag vou G. Reimer.

1867.

Vorrede. Wenn auch hauptsächlich für die oberen Classen höherer Unterrichtsanstalten bestimmt, führt dieses Lehrbuch doch nicht den so beliebten Titel einer französischen Schulgrammatik. Unsere Gymnasien, Realschulen und höheren Töchterschulen sollen allge­ meine Menschenbildungsanstalten sein. Die Zöglinge der oberen Classen sollen mit der französischen Grammatik überhaupt, wie diese für den Standpunct einer allgemeinen höheren Bildung dar­ zustellen ist, vertraut werden. Nicht nur für die Schule, sondern für das Leben erlernen sie die französische Sprache. Die Schule muß sie daher in einer für's Leben ausreichenden Grammatik heimisch machen. — Hiernach kann die rechte Schulgrammatik für obere Classen weder eine bloß auf die nächsten Classenziele be­ rechnete, noch auch eine solche sein, die alles für Philologen von Fach Wichtige enthielte. Dgl. nt. Neuesten Fortschritte der fran­ zösisch-englischen Philologie I. p. 87. Nach einer bekannten Definition lehrt die Grammatik spre­ chen (mündlich und schriftlich). Sie lehrt nicht Alles, was zum Sprechen-Können gehört. Für die Aneignung des Sprachmaterials sind andere Mittel und Wege zu benutzen. Die Grammatik lehrt richtig sprechen. Sie ist ein Gesetzbuch, welches fordert und er­ laubt (jus et norma loquendi). Je reiner ihr Character, desto besser. Sie hat an Dem, was sie zu lehren hat, gerade genug. Darum ist die höhere Schulgrammatik auch kein Lehrbuch mit allerlei Zuthaten und Nebenrücksichten. Sie ist practisch, wenn sie das Erforderliche, das Ihrige richtig und faßlich lehrt.

Die Grammatik lehrt aber nicht allein sprechen, sondiern auch verstehen. Wenn sie nur vorzuschreiben hätte, wie man sagen muß oder kann, so könnte sie sich weit kürzer fassen. Sie hat Das, was man sagt, zu erklären. — Auch hat sie nicht b>loß den heutigen allgemeinen Sprachgebrauch zu lehren. Die Werke der Vergangenheit ragen in die Gegenwart der Sprache. Pr-osa und Poesie der classischen Autoren früherer Zeit bleiben uniter den Lebenden und sind für diese eine Quelle der Sprachkenntniß. Die Eigenheiten, die Freiheiten ihres Sprachgebrauchs muß man kennen, um zu verstehen und nicht nachzuahmen. Ein gründliches Verständniß der französischen Sprache kann die Grammatik nicht erschließen ohne Berücksichtigung der ver­ wandten Sprachen, namentlich also des Lateinischen und deö Altfranzösischen. Selbst Nichtkennern der lateinischen Sprache muß man bei Diesem und Jenem sagen: Es hat seinen Grund im Lateinischen. Ebenso muß dem Philologen, der die griechische und lateinische Sprache kennt, bei Diesem und Jenem gesagt werden: Es hat seinen Grund im Sanscrit. — Aber jene Be­ rücksichtigung darf das eigentliche Object der französischen Gram­ matik nicht überwuchern. Derjenige Grammatiker, welcher bei jeder Gelegenheit, bei jedem Worte latinisirt und altfranzösirt, kann dem Kenner wie dem Nichtkenner deö Lateinischen und des Altfranzösischen mehr lästig als nützlich werden. Die Grammatik der neufranzösischen Sprache will nicht diese und die altfranzösi­ sche Sprache lehren. Für letztere giebt es besondere Lehrbücher (z. B. Burguh's Grammaire de la langue d’oi'l). Für die Ab­ stammung aller einzelnen Wörter giebt es besondere Auskunfts­ mittel (z. B. Scheler's größeres und kleineres Dictionnaire d’ety* mologie frangaise). Das bloße „Anders" im Lateinischen oder im Altfranzösischen und vollends das bloße „Ebenso" (die allge­ meine Voraussetzung) kann oftmals sehr unfruchtbar sein. Die altfranzösischen Citate, nicht selten ungenießbare, ja unverständliche Lese-Schnitzel, sind oftmals „Belege" nur für den sich selbst be­ friedigenden Fleiß des Grammatikers. Faßt man besonders den französischen Unterricht auf Gymnasien und Realschulen ins Auge, so ist viel Berücksichtigung des Lateinischen der persönlichen Thä­ tigkeit des Lehrers zu überlassen, der aber auch nicht Alles den Schülern einfach geben, sondern dieselben zum Selbstberücksichtigen

Vorrede.

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anleiten und anhalten muß (vgl. m. Encyclopädie des phil. Stu­ diums der neueren Sprachen, I. Suppl. S. 120). — Selbst junge Philologen, welche die französische Sprache zum Gegenstand ihres Fachstudiums machen, gerathen mitunter zu weit in altfranzösische Abwege und verlieren darüber das eigentliche Object ihres Stu­ diums zu sehr aus den Augen. Dazu will das neue „Reglement für die Prüfungen der Candidaten des höheren Schulamts" (1867) sie nicht verleiten; es beschränkt sich lieber ans die mäßigste For­ derung: „Kenntniß der Hauptergebnisse der romanischen Sprach­ forschung und der geschichtlichen Entwickelung der franz. und engl. Sprache ist wünschenswerth". — Wo aber zum gründlichen Ver­ ständniß der französischen Sprache, zur richtigen Auffassung und Begründung des jetzt Üblichen, ja zur leichteren und sichereren Aneignung desselben der Hinblick auf Lateinisch und Altfranzösisch unmittelbar förderlich ist und nicht dem Selbstfinden überlassen werden kann, da darf ihn ein Lehrbuch,

das nichts als eine

„Französische Grammatik" sein will, aber eine des Standes der heutigen Sprachwissenschaft und der heutigen allgemeinen höheren Bildung nicht unwürdige, nicht verabsäumen. Abgesehen von kürzeren Bemerkungen aller Art, sind hier namentlich die etymo­ logische Lautlehre, die Vergleichung der unregelmäßigen Verba mit den lateinischen, die Vergleichung des französischen und des lateinischen Genus ins Auge zu fassen. Daß diese größeren Ab­ schnitte, zwar nicht als bloße Parerga (Neben- oder Außenwerke), aber doch unvermischt mit dem eigentlichen Object der Darstel­ lung in diesem Lehrbuche gegeben werden, wird sowohl für La­ teiner als Nichtlateiner nützlich und bequem sein. Das eigentliche Object der franz. Grammatik ist der heutige, der gegenwärtig lebende allgemeine Sprachgebrauch. Die classischen Autoren des 17. Jahrhunderts, von dessen Anfang circa die ausgebildete neufranzösische Sprache datirt wird, sind zu berücksichtigen, weil sie unter den Lebenden geblieben sind. Aber nicht die Sprache Malherbe's, Moliöre's, Lafontaine'S nach ihren Eigen- und Alterthümlichkeiten ist das eigentliche Object der Darstellung, die Sprache der Poesie überhaupt nicht, sondern die Sprache deö wirklichen Lebens, die allgemeine Prosa deS 19. Jahrhunderts.

In streitigen oder zweifelhaften Fällen, wo

auszumachen ist, wie man sagt, wie man sagen muß, kann man

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Vorrede.

sich nicht auf die Schriftsteller des 17. und 18. Jahrhunderts berufen, und auf die Dichter überhaupt nicht, weil sie für den wirklichen, allgemeinen Sprachgebrauch der Gegenwart keine Be­ weiskraft haben. Unverwehrt bleibt es dem Grammatiker, ihnen bei jeder nnbestreitbaren Regel die veranschaulichenden und schmückenden Beispiele zu entlehnen, aber im Zweifelsfalle muß er die beweisenden Beispiele bei den heutigen Vertretern der all­ gemeinen Prosa suchen. Man denke z. B. an das Participe present, an das Participe passe (bei laisser rc.), an avoir und etre bei intransitiven Zeitwörtern, an dont und d’oü, an pres de und pret ä, an meme und meines, an tont und tonte (tonte entiere). Derjenige Grammatiker, welcher in der Constructionslehre dichterische Beispiele und prosaische zusammenmischt, ist nahezu einer Phantasie vergleichbar, die nicht scheiden könnte Theater­ leben und wirkliches Leben. Noch enger ist daS eigentliche Object der französischen Grammatik für Deutsche abzugränzen. — Wir haben deut­ sche Grammatiken, in denen mehr Grammatik als Deutsch gelehrt wird. Diese haben das Ihrige gethan, um den deutschen gram­ matischen Unterricht auf unseren höheren Lehranstalten dahin zu bringen , wohin er gekommen ist. Es giebt wenige Gebildete in Deutschland, die eine deutsche Grammatik kennen, wirklich kennen und benutzen! Gebrauchen könnten Alle eine. Aber schlagen sie eine auf, so finden sie meistens, worüber sie zur Zeit keine Be­ lehrung wollen oder was sie schon wissen. — Mit den französi­ schen Grammatiken für Franzosen steht es ebenso. — Und diese grammatischen Darstellungen der Muttersprache haben gewiß ihr Recht: für Anfänger bestimmt, dürfen sie nichts voraussetzen; für höhere Stufen des Unterrichts bestimmt, wollen sie höhere, wissen­ schaftlichere und immer wieder voraussetznngslose Belehrung mit­ theilen. Wie die Muttersprache für den Standpunct einer all­ gemeinen höheren Menschenbildung grammatisch darzustellen sei, ohne daß die Darstellung den Gebildeten mehr langweilig als brauchbar erscheine, soll noch gefunden werden. — Die französi­ sche Grammatik für Deutsche und zwar für gebildete Deutsche lehrt ihr eigentliches Object am besten, wenn sie es ganz in seiner specifischen Reinheit darstellt. Mit einer Definition Dessen, was menschliche Sprache überhaupt ist, anfangen und demgemäß fort-

Vorrede.

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fahren, Alles zu definiren, heißt hier: precher sur la vendange. — Nur wo die Rechtfertigung der Darstellung erforderlich ist, müssen kurze allgemein-sprachwissenschaftliche Erörterungen ge­ stattet sein. Nur wo es sich aus irgend einem besonderen Grunde empfiehlt, brauchen sprachliche Thatsachen, welche die französische Sprache mit anderen und namentlich mit der deutschen gemein hat, ausdrücklich erwähnt zu werden. Unser eigentliches Object aber ist, was im Unterschiede vom Deutschen und von denjenigen fremden Sprachen, deren Kenntniß unter gebildeten Deutschen am meisten verbreitet ist (Lateinisch und Englisch), specifisch Franzö­ sisch ist. Unsere Grammatik soll, so weit es möglich ist, ihren Gegen­ stand in der größten Einfachheit darstellen. ES giebt eine wissenschaftliche Schönrednerei, die vornehm klingt und dadurch, daß sie geschickt und gefällig eine Mannigfaltigkeit von ein- und überleitenden Redewendungen gebraucht, für manchen Leser das Lehrbuch lesbarer macht. Müßiger Putz. So sehr ist die ein­ fachste Darlegung des Gegenstandes die beste, daß nicht selten die Sprache selbst, ohne alle Zuthaten von einführenden und er­ örternden Wendungen, bloß im selbstsprechenden Beispiel sich am besten lehrt. Es ist das Unglück der Grammatiker, daß die ein­ fachsten sprachlichen Thatsachen sich oftmals mit Worten nicht so einfach, so kurz, so hell characterisiren lassen, als sie es ver­ dienten. Die sich aber gern reden hören, können sich nicht resigniren, bloß paradigmatisch zu lehren. Sie verfallen in eitel lästiges Düfteln, als ob sie dem selbständigen Nachdenken des Lesers oder der viva vox des Lehrers ja nichts überlassen woll­ ten (und mündlich läßt sich so Manches bequemer abmachen). — Zur Einfachheit der Darstellung gehört noch manches Andere: knappe Fassung der Regel vor Allem; Scheidung bald nnd bald Zusammenfassnng der sprachlichen Thatsachen; möglichste Spar­ samkeit und objective Ruhe in polemisch-critischen Zusätzen, wo solche nicht ganz zu vermeiden sind; helle Übersichtlichkeit im Großen wie im Kleinen. Die Tugend der Einfachheit schließt die möglichste Voll­ ständigkeit nicht aus. Ein absoluter Canon für Das, was in die Grammatik gehört, was nicht, ist freilich noch nicht gefunden. Die Demarcationölinie zwischen Grammatik und Wörterbuch inS-

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Vorrede.

besondere beschreibt viele nicht scharf gezeichnete Curven. Die Grammatik hat den doppelten Character, Lehrbuch und Nachschlagebuch zu sein. Wem ein besonderer Fall wichtig geworden, der möchte darüber gern die genaueste Belehrung finden. Aber alle möglichen besonderen Fälle, alle Abweichungen, die in irgend einer Sthlart irgend ein Scribent vom allgemein Üblichen und Regelmäßigen sich gestattet oder die unter ganz besonderen Um­ ständen gestattet sind, alle Raritäten und Hapaxlegomena, die dem Philologen von großem Interesse sein können, sind der für all­ gemeinen Gebrauch bestimmten Grammatik unmöglich einzuverleiben. Manche durch äußeren Umfang sich auszeichnende Grammatik ent­ hält Massen von Material, deren Berechtigung und Werth in der Grammatik, der Lehre vom Sprachbau oder von den Ge­ setzen der Sprache, sehr zweifelhafter Natur ist. In nicht weni­ gen Fällen, wo man mit Recht von der Grammatik Auskunft verlangt, wird man in der vorliegenden, die auf eine imposante Leibesgestalt nicht angelegt ist (ebenso wie der Athlet nur Muskeln und Sehnen, keine Fettmassen achtet), finden, was in anderen unbegreiflicherweise bis jetzt fehlt. Neuerungen in der grammatischen Terminologie sind in neueren Lehrbüchern so vielfach versucht worden, und diese Ver­ suche, — an denen oftmals das Heil der Wissenschaft und der Praxis zu hängen schien, — haben fast sammt und sonders so wenig Glück gemacht, daß das einzige sichere Ergebniß aller Experi­ mente die Einsicht ist: Trotz aller Mängel und Gebrechen, welche die herkömmliche, allgemein gültige, europäisch bekannte Termino­ logie an sich hat, ist es das Zweckmäßigste, bei ihr zu bleiben. In der grammatischen Systematik hat man es in neueren Zeiten zu einer erstaunlichen Fachwerkelei, zu einer labhrinthischen Architektonik gebracht. Ist Wissenschaftlichkeit und Gründlichkeit nur in solcher Form möglich? Wir glauben es nicht. Es han­ delt sich allerdings nicht bloß um irgend eine übersichtliche An­ ordnungsweise, sondern um die der Natur der Sache entsprechende Ordnung. Selbst die Urheber der verwickeltsten Bauwerke haben gestanden, daß außer der Unbequemlichkeit (über welche sie sich heroisch hinwegsetzen) manche unvermeidliche Übelstände mit ihrer Bauart verknüpft sind. Oft bringen sie ein buntes Vielerlei unter Eine Decke und die Bestandtheile Einer Sache in die verschiede-

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Vorrede.

neu Flügel.

Und am Ende ist gar noch Dies und Das in etliche

Anhänge zu verlegen oder seine Zugehörigkeit zur „eigentlichen" Grammatik abzuläugnen. — Alle Versuche, diese modernen Ge­ bäude populär zu machen, sind gescheitert. Aber auch die größten Freunde und Meister sprachlicher Betrachtungen haben sich mit ihnen nicht befreunden können, haben lieber mit allzu anspruchs­ losen Anordnungsweisen vorlieb genommen. — Wir haben uns von der Unvereinbarkeit strenger Ordnung mit dem obersten Prin­ cip der Einfachheit nicht überzeugen können.

Wo es nöthig schien,

haben wir uns kurze Begründungen nicht versagt. insbesondere, wegen des Neubaus,

Wir bitten

den die Syntax in dieser

zweiten Auflage erfahren hat, die Einleitung zu derselben zu be­ achten. Im Ganzen muß unsere überall der möglichsten Kürze und Einfachheit sich befleißigende Darstellung als zweckmäßige und sachgemäße sich selbst rechtfertigen. Eine der wesentlichsten Eigenschaften jeder wissenschaftlichen, gründlichen und umfassenden Darstellung ist Voraussetzungs­ losigkeit im Fortgange derselben. Eine absolute ist nach obigen Erklärungen nicht unsere Aufgabe.

Eine äußerliche, die darin be­

steht, daß man auf Schritt und Tritt ängstlich auf „schon Gesagtes" oder „später zu Lehrendes" verweist, verschmähen wir. Der Leser, auf welchen unsere Darstellung berechnet ist, vermag das Ganze und seine Theile zu überschauen; er braucht nicht von Paragraph zu Paragraph gegängelt zu werden, sondern weiß jegliche Be­ lehrung an ihrem Orte zu finden. Man spricht oft von den „Regeln der Grammatik" ver­ ächtlich und bezeichnet gern als höchstes Ziel sprachlicher Studien das „Eindringen in den Geist der Sprache". Dieser Redensart liegt gewiß etwas Richtiges zu Grunde. Es gab und es giebt leider noch immer in grammatischen Lehrbüchern eine Art Regeln, die nicht als Regeln oder Gesetze der Sprache, sondern nur als äußerliche VerhaltungSregeln für gedankenlose, stümperhafte Er­ lernung derselben gelten können.

Die „Trockenheit" oder Geist­

losigkeit solcher Regeln ist durch Nichts zu beschönigen. Aber in den wirklichen und wahren Regeln der Grammatik, in den richtig erfaßten Gesetzen, welche die Sprache befolgt, liegt hauptsächlich alles Dasjenige, was man den Geist, den Character, die innerste Eigenthümlichkeit der Sprache nennen kann.

In den einzelnen

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Vorrede.

Materialien, mit denen die Sprache bauet, ist der Geist eben­ falls allgegenwärtig; er ist in ihnen verkörpert; sic sind daher als solche hauptsächlich durch ein glückliches Gedächtniß zu erfassen. Der eigentliche, alles Material beherrschende, an und für sich seiende Geist, der geistig d. h. denkend erfaßt sein will, ist nirgends anders zu suchen als in den Regeln. Unstreitig sind es diese, welche in ihrer Gesammtheit ausmachen, was man den Bau der Sprache nennt, und bei diesem bildlichen Ausdruck hat man nicht sowohl an die zu einem Gebäude verarbeiteten Baumaterialien, sondern vielmehr an das Bauen oder Bauverfahren der Sprache, an die Grundsätze ihres Wirkens und Handelns, an ihren Geist zn denken.

Die Regeln sind eine Vielheit, vielgestaltig die drei

Elemente der Sprache: Laut, Wort, Satz umfassend und beherr­ schend; sie sind allgemein oder eng besonders, tiefgehend oder ober­ flächlich, von größerer oder geringerer Wichtigkeit, feststehend oder schwankend, Gesetze wie von selbst geworden oder durch bekannte Thätigkeit, wenigstens Mitwirkung, der (einheimischen) Grammatiker gemacht, Vorschriften einfachster Natur, keine Wahl, keine Reflexion lassend oder fordernd (z. B. quoique regiert den Conjunctiv), Anweisungen zur Wahl (z. B. Stellung des Eigenschaftswortes hinter oder vor das Hauptwort), Hinweisungen auf mehr oder minder Gebräuchliches sowie auf manche noch mehr zu belauschende Tendenzen des Sprachgebrauchs, nicht selten verschiedener Auf­ fassung oder Darstellung fähig, vielleicht nie vollkommen exact durchweg zu constatiren. Aber sie enthalten in ihrer Gesammtheit den die Sprache beherrschenden Geist, dessen allgemeinste Wesen­ heit, die Klarheit, allgemein-menschlicher Natur ist und nie mit Recht einer einzelnen Sprache ausschließlich oder auch nur vor­ zugsweise vindicirt werden kann, — die Klarheit, die als das einzige oberste Princip aller Sprachen aufzufinden ist, die in den gebildeten d. i. geistig veredelten Sprachen zur vollkommensten Ausprägung gelangt und um deren willen das Stndium einer gebildeten Sprache zu den ausgezeichnetsten Bildungsmitteln des gesammten Menschengeistes gehört. Vgl. m. Encyclopädie des phil. Studiums der neueren Sprachen p. 373. Die Beispiele und Belege hat die französische Grammatik für Deutsche, da sie hauptsächlich den allgemeinen Sprachgebrauch der Gegenwart darzustellen hat, hauptsächlich ans modernen Quellen

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zu schöpfen. Die Franzosen selbst klagen jetzt darüber, daß ans ihren Schulen allzu überwiegend und säst ausschließlich die Autoren des 17. und 18. Jahrhunderts gelesen werden. Manche unserer Grammatiken hat es darauf angelegt, in ihren Beispielen eine interessante Sentenzensammlung mit berühmten Namen ans der ganzen franz. Litteratur darzubieten. Wir schöpfen vorzugsweise gerne aus Quellen, die nicht persönlich gefärbt sind, in denen wir es nicht mit einem eigenthümlichen, originellen, geistreichen Styl, sondern mit der allgemein herrschenden Sprache zu thun haben. Zu diesen gehört in erster Linie das Wörterbuch der Academie, deren Beispiele gerade dadurch, daß sie nicht Citate, sondern aus dem Leben gegriffene Gebilde sind, für uns den bedeutendsten Werth haben. Demnächst die verbreitetsten Lehrbücher der Gegenwart, historische, geographische, naturwissenschaftliche u. a. Unter den namhaften Prosaikern besonders die Historiker des 19. Jahrh, (mit vieler Vorliebe benutzen wir, ebenso wie Littre in seinem großen Wörterbuche thut, Segur's in Aller Händen befindliche Histoire de Napoleon et de la grande armee pendant l’annee 1812). Unter den Zeitschriften vor Allem die Revue des deux mondes. ■— Zu jedem meiner Beispiele, das Beweiskraft hat oder bei wel­ chem es aus irgend einem besonderen Grunde von Interesse ist, die Quelle zu wissen und zu beachten, gebe ich diese an. Wo es nicht auf den Beweis ankommt, sondern nur auf das erläuternde, veranschaulichende Beispiel, das nichts enthält als eine unzweifel­ hafte Ausdrucksweise des heutigen täglichen Lebens, da mochte ich die allzu ängstliche Manier unserer Grammatiker, für das unbe­ deutendste Sätzchen immer einen Autor beizubringen, nicht befolgen. Auf den Prunk verzichte ich gerne. Das Gewimmel von lauter kleinen Parenthesen mit Namen oder Titeln, ab- oder unabgekürzt, würde für den engen Rahmen unseres Lehrbuchs nicht passen und die Lesbarkeit und Übersichtlichkeit der Darstellung stören. — Es mag nicht überflüssig sein, auch daran zu erinnern, wie jeder Leser und jede Leserin sich selbst die einzelnen Capitel und Paragraphen ins Unendliche werthvoller machen können, wenn sie bei ihrer man­ nigfaltigen Lectüre auf treffende und interessante Beispiele achten und ihre Funde fleißig notiren. Daß die vielfachen Anforderungen, welche man an die Beschaffenheit der Beispiele und Belege stellen kann, noch lange nicht überall in der Grammatik vollkommen er-

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Vorrede.

füllt sind, ist begreiflich genug, über die ungleich größere Fülle von Beispielen, die wir bei verschiedenen einzelnen Puncten dar­ bieten, sei es weil die Allgemeinheit der Regel ein ausgedehnteres Individualisiren erforderlich rüachte, sei es weil die Neuheit der Regel einer reichlicheren Begründung bedurfte, werden sich ein­ sichtsvolle Leser hoffentlich nicht beschweren. Um möglichst viele Fliegen mit Einer Klappe zu schlagen, hat man die franz. Grammatik für Deutsche öfters französisch abgefaßt. Man hat sich gesagt: Die franz. Sprachstunde kann oder soll zugleich eine franz. Sprechstunde sein. Wo es sich aber um ein klares, scharfes Erfassen und Erlernen handelt, da ist immer die Muttersprache am Platze, selbst bei Solchen, die in der fremden Sprache schon einigermaßen bewandert sind. — Wenn die Grammatik für die Kenntniß der franz. Terminologie sorgt, so thut sie ihrerseits Alles, was erforderlich ist, wenn über das gehörig Erlernte später Repetitionen in franz. Sprache vorgenommen wer­ den sollen. — Daß eine französisch abgefaßte Grammatik für Deut­ sche kein bequemes Instrument sei, haben diejenigen Grammatiker bewiesen, welche die Vortheile der franz. Abfassung wollten, ohne ihre Nachtheile zu wollen, — sie haben neben die franz. Abfassung noch die deutsche hinzugestellt und der Übersichtlichkeit der Materien erheblich geschadet. ■— Denen, welche der franz. Darstellung wegen eine französisch abgefaßte Grammatik wünschen müssen, denen muß auch daran gelegen sein, sogleich eine franz. Grammatik für Fran­ zosen kennen zu lernen. Wir können keine andere so warm empfehlen, als die kleine, von wissenschaftlichem Geiste durchdrun­ gene von Alaffre und Clausolles: Grammaire fran^aise, methodique et raisonnee, renfermant un traite de prononcia« tion, et un essai synthetique sur la construction de la phrase et les lois du style, Toulouse 1839, XII u. 327 S. In der „Encyclopädie des philologischen Studiums der neue­ ren Sprachen" (Greifswald 1859 f.) habe ich öfters meine Ver­ wunderung darüber auszudrücken gehabt, daß neue grammatische Lehrbücher erscheinen können, die auf den ersten Blick eine geringe Bekanntschaft mit den alten, mit den bis dahin vorhandenen ver­ rathen. In welchem Umfange ich mit den Vorzügen und Schatten­ seiten der bisherigen Bearbeitungen der französischen Gram­ matik bekannt geworden, ist durch die Encyclopädie genügend bezeugt.

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Vorrede.

Die Bestimmung und Begränzung der vorliegenden Arbeit gestattete nur in denjenigen Fällen, wo es schlechthin unumgänglich oder von allgemeiner Nützlichkeit zu sein schien, ein ausdrückliches Hin­ weisen auf widerstreitende Behauptungen oder Auffassungsweisen. Dem vielseitig kundigen Leser überlassen wir es getrost, nach ei­ genem Augenschein zu entscheiden, ob eine größere Vielseitigkeit in der Berücksichtigung der vorhandenen sprachwissenschaftlichen Litteratur zu verlangen gewesen wäre. Ebenso getrost geben wir es demselben anheim, die wissenschaftliche Selbständigkeit zu wür­ digen, mit welcher alle Theile

und beinah

jedes Capitel der

Grammatik unseres Wissens neu gefördert sind. Ein besonderes Augenmerk war bei dieser neuen Bearbeitung der französischen Grammatik auf die Herstellung der möglichsten inneren und äußeren Übereinstimmung mit der Englischen Grammatik desselben Verfassers (4te Anst., Berlin 1867, Ferd. Dümmler's Vbhdlg.) gerichtet, worüber in der Vorrede zur letz­ teren nähere Erklärungen gegeben werden. Die der ersten Auf­ lage der Franz. Grammatik beigegebenen practischen Abtheilungen (Systematischer Sprachschatz und Übersetzungsübungen) werden, zugleich als Beiwerk zur englischen Grammatik hergerichtet, u. d. T. Anglofranzösisches Übungsbuch nächstens als ein be­ sonderes Werk erscheinen. Die erste Auflage dieser Grammatik hat nicht die schnelle Verbreitung gefunden, welche sie sich versprochen hatte. Im Jahre 1847 erschienen, theilte sie mit mancher anderen, der Beachtung nicht unwerthen Erscheinung jener zerstreuenden Zeit das unver­ meidliche Mißgeschick, zu wenig berücksichtigt schnell, wie man sagt, ins alte Register zu kommen. Daß ihre Mängel allein an ihrer so langsamen Verbreitung nicht schuld waren, ist sowohl durch werthvolle Anerkennungen bei ihrem ersten Erscheinen, als auch durch spätere erwiesen, zu denen keinerlei äußerliche Nachhülfe, ohne die es jetzt kaum mehr in der Welt anzugehen scheint, vom Verleger wie vom Verfasser verschmäht, geführt hatte. Welchem anderen Lehrbuche dieser Categorie wird heutzutage die Auszeich­ nung zu Theil, zehn Jahre nach feinem Auf- und Untertauchen von namhaften Männern der Einführung in bedeutende Unter­ richtsanstalten von musterhaftem Character würdig befunden zu werden?

Auch die Ehre hat nicht gefehlt, auf welche ein Buch

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Vorrede.

von diesen bescheidenen Proportionen kaum Anspruch erheben konnte, fortwährend gleichsam als eine Autorität citirt und mit oder ohne Nennung des Verfassers benutzt zu werden. Die Darlegung der eigenthümlichen Natur der französischen Quantität (p. 17), dem Verfasser selbst längst nicht mehr gut genug, ist von verschiedenen Seiten in extenso reproducirt worden. Noch im vorigen Jahre eignete sich ein neues Lehrbuch eine dieser Grammatik eigene und eigenthümliche Darstellung einer speciellen Gebrauchsweise des französischen Imperfectums (p. 102, jetzt p. 209) wörtlich, nur etwas kürzend, an wie folgt (unserer eigenen Sicherung wegen muß es gestattet sein): Es kann auch das Imperfectum an­ gewendet werden, um eine Reihe aufein­ anderfolgender Ereignisse zu bezeichnen, wenn diese nämlich in der lebhaften Anschauung der Vergangenheit zusam­ men ein Ganzes, gleichsam ein Bild oder Schauspiel ausmachen.

Bisweilen wird das Imparfait auch gebraucht, um eine Reihe aufeinander­ folgender Ereignisse zu bezeichnen, wenn dieselben in der lebhaften Anschauung der Vergangenheit ein Ganzes, gleich­ sam ein Bild ausmachen.

— Jetzt aber freue ich mich jenes zwanzigjährigen Stillstandes! Ich habe diese Frist dankbar benutzt, um aus der Jugendarbeit, wo möglich, ein Werk von bleibendem Werthe zu machen. Ich empfinde es als ein seltenes Glück, auf einen solchen Zeitraum rüstigen und einheitlichen Arbeitens zurückblicken zu können, wobei ich die Vervollkommnung dieser Grammatik stets im Auge be­ halten konnte. -— Sie bis zur Unverbesserlichkeit zu fördern und so zu gestalten, daß sie im Ganzen und in allem Einzelnen den Ansichten und Wünschen aller Lehrer und Freunde der französi­ schen Sprache gefallen müßte, darauf kann ich nicht hoffen, wenn ich auch noch fernere tausend Wochen ihre Vervollkommnung im Auge behalten sollte. Greifswald, im August 1867.

Inhalt. Seite

Erster Theil.

Lautlehre.

Cap. 1. Das Alphabet und die Hülfszeichen (Accente rc.) Cap. 2. Die allgemeinen Laute der Buchstaben ... Cap. 3. Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen. 1. Die einfachen Vocale, insbesondere das unbezeichnete e. 2. Monophthonge und Diphthonge. 3. Die Nasenlaute. 4. Die verschmolzenen Laute (sons mouilles). 5. Die einfachen Consonanten, abgesehen von den stummen. 6. Die doppelten Consonanten. 7. Die stummen Consonanten. 8. Die Aspiration (h). 9. Das Verschlucken oder Entstellen gewisser Vocale und Consonanten in der gemeinen Volkssprache. 10. Die Aussprache lateinischer und anderer ausländischer Wörter und Eigennamen.

Cap. 4.

Die Prosodie.....................................................29 Einleitung. 1. Die Quantität. 2. Die Betonung (Vaccent tonique). 3. Die Bindung (la liaison). 4. Der Versbau.

Cap. 5. Die etymologische Lautlehre und die Ortho­ graphie ......................................................................43 Einleitung. A. Die etymologische Lautlehre; Vergleichung der franz. Lautverhältnisse mit den lateinischen. — B. Die Ortho­ graphie, abgesehen von ihrer etymologischen Grundlage. 1. Ver­ gleichung französischer Wörter mit deutschen. 2. Vergleichung der Stammwörter mit abgeleiteten. 3. Gleichlautende Wörter (Homonyms). 4. Die Vorsylben en, em, in, im. 5. Die Vorsylbe re; die Vorsylben pre, cke, se. 6. Verdoppelung der Consonanten bei Vorsylben. 7. Übersicht der allgemeinen Buchstabenveränderungen bei der Ableitung der Wörter und Wortformen. 8. Gebrauch der großen Anfangsbuchstaben. 9. Die Sylbentheilung. 10. Gebrauch des Bindestrichs. 11. Abkürzungen. 12. Die Interpunction.

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Inhalt.

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Zweiter Theil. Wortlehre

(Formenlehre).

Cap. 1. Zeitwörter............................................................... 53 1. Die einfachen Formen der drei regelmäßigen Conjugatio­ nen. 2. Die einfachen Formen der Hülfszeitwörter av-oir und et*re. 3. Die zusammengesetzten Zeitformen. 4. Die Conjugation in der fragenden und verneinenden Form des Satzes. 5. Euphonische und orthographische Eigenthümlich­ keiten in den regelmäßigen Conjugationen. 6. Die unregel­ mäßigen Zeitwörter. 7. Bemerkungen, den Gebrauch einiger unregelmäßiger Zeitwörter betreffend; Zugabe 1: Deutsche Liste zu Repetitionen der unregelmäßigen Zeitwörter; Zu­ gabe 2: Verzeichniß der lat. Verba, von denen die franz. un­ regelmäßigen abstammen., 8. Übersicht der mangelhaften Zeit­ wörter (Defectiva). 9. Übersicht der Zeitwörter mit doppelten Formen. 10. Ableitung der Zeitwörter.

Cap. 2. Hauptwörter................................................................. 73 1. Artikel. 2. Casus. 3. Pluralbildung. 4. Geschlecht. A. Die Genusregeln. B. Addenda zum Genus. 5. Ablei­ tung der Hauptwörter.

Cap. 3. Eigenschaftswörter....................................................... 89 1. Geschlechtsbildung (Motion). 2. Pluralbildung. 3. Ver­ gleichungsstufen. 4. Ableitung der Eigenschaftswörter.

Cap. 4. Fürwörter......................................................................92 1. Persönliche. 2. Besitzanzeigende. 3. Hinweisende. 4. Fra­ gende. 5. Bezügliche. 6. Der pronominale Gebrauch der Adverbien en, y, dont, oü. 7. Unbestimmte Fürwörter. 8. Verallgemeinernde.

Cap. 5. Zahlwörter............................................................... 104 1. Grundzahlen. 2. Ordnungszahlen. 3. Hauptwörter und Eigenschaftswörter der Zahl.

Cap. 6.

Umstandswörter..................................................... 106 1 — 3. Die des Orts, der Zeit, der Weise (ohne Endung). 4. Die abgeleiteten Umstandswörter (aus ment); hierbei die­ jenigen Adjectivformen, welche ohne die Adverbendung zugleich als Adverbien dienen. 5. Vergleichungsstufen. 6. Adverbiale Redensarten.

Cap. 7. Verhältnißwörter.................................................113 1. Die einfachen Präpositionen. 2. Präpositionale Redens­ arten.

Cap. 8. Bindewörter . . . Cap. 9. Empfindungswörter

. . 115 . . 116

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Inhalt.

S.'ite

Dritter Theil.

Satzlehre (Syntax).

Einleitung: Satztheile, Satzbestimmungen und Satzarten (aoa= lyse logique ou syntaxique)......................................... 117 Erste Abtheilung.

Die allgemeine Syntax. I.

Die Construction.

Cap. 1. Construction der Satztheile (Subject und Prädicat) Im behauptenden Satze, im Fragesatze, im Heischesatze. version und umschreibende Satzbildungen.

Cap. 2.

122

In­

Construction der adverbalen Bestimmungen.

130

A. Allgemeine Regeln. B. Besondere Regeln: 1. Zeit-und Ortsbestimmungen. 2. Accusativ des Hauptwortes. 3. Die persönlichen Fürwörter. 4. Die Adverbien. 5. Inversion adverbaler Bestimmungen. 6. Kreuzweise Stellung (Chiasluus). 7. Stellung der adverbalen Nebensätze.

Cap. 3.

Construction der adnominalen Bestimmungen

142

A. Stellung des Eigenschaftswortes. B. Stellung des Ar­ tikels, der adjectivischen Fürwörter, der Zahlwörter, der präpositionalen Satzglieder, der Apposition, der adnominalen Nebensätze.

II.

Cap. 1.

Die Congruenz.

Congruenz des Prädicats mit dem Subject . A. Congruenz des einfachen Prädicats. prädicativen Bestimmung.

154

B. Congruenz der

Cap. 2. Congruenz adverbaler Bestimmungen der Ei­ genschaft mit dem Object............................................. 161 Cap. 3. Congruenz des adnominalen Adjectivs . . . 162 Cap. 4. Numerus adnominaler Hauptwörter mit de. 163 Cap. 5. Die Apposition....................................................... 166 III.

Cap. Cap. Cap. Cap.

Die Ncctiou.

1. Der Accusativ..................................................... 169 2. Der Genitiv unddiePräposition de . . . 176 3. Der Dativ unddiePräposition a.......................183 4. Geb rauch verschiedener anderer Präpositio­ nen zur Bezeichnung einer objectiven Ergänzung; Wechsel der Casus und der Präpositionen bei ge­ wissen Zeitwörtern...................................................... 187 Cap. 5. Ergänzung rectionsfähiger Hauptwörter und Adverbien.........................................................................195

XVIII

Inhalt. Seite

Zweite Abtheilung.

Die Syntax der einzelnen Redetheile. I. Vom Verbum. Cap. 1. Die Arten des Zeitworts....................................... 197 Cap. 2. Die Zeitformen........................................................... 203 Cap. 3. Die Modusformen (Indicativ, Conjunctiv, Imperativ) 221 Cap. 4. Der Infinitiv.................................................................234 Cap. 5. Das Particip des Präsens.................... .... . 246 Cap. 6. Das Particip des Perfectums............................. 250 Cap. 1. Cap. 2. Cap. 3.

Cap. 4.

II. Vom Nomen (im alten, weiteren Sinne). Hauptwort und Artikel............................................ 254 Das Eigenschaftswort (dieSteigerungsstufen) . 270 Die Fürwörter........................................................... 271 1. Die persönlichen. 2. Die besitzanzeigenden. 3. Die hin­ weisenden. 4. Die bezüglichen. 5. Die unbestimmten. Die Zahlwörter............................................................287

III. Von den Partikeln. Die Umstandswörter......................................... . 290 A. Die Adverbien en u. dont. B. Die Adverbien y u. oü. C. Die Adverbien der Verneinung. D. Die Umstandswörter überhaupt: a) Adverb und Adjectiv in Concurrenz. b) Er­ läuterung einzelner Adverbien. Cap. 2. Die Verhältnißwörter........................................ 312 A. Die Präposition de: a) adverbaler Gebrauch, b) adnomiualer Gebrauch derselben. B. Die Präposition ä: a) ad­ verbaler Gebrauch, b) adnominaler Gebrauch derselben. C. Erläuterung der übrigen Präpositionen. D. Übersicht der Verschiedenheiten im Gebrauch der deutschen und der franz. Präpositionen. Cap. 3. Die Bindewörter...................................................341 A. Beiordnende Bindewörter. B. Unterordnende Binde­ wörter, zur Anknüpfung und Bezeichnung der verschiedenen Arten von adverbalen Nebensätzen: Gegenstandssätze (durch „daß" und „ob" angeknüpft) und Umstandssätze (des Ortes, der Zeit, der Art und Weise, der Ursache und des Grundes, der Bedingung, der Einräumung, der Wirkung und Folge, des Zweckes); Wiederholung der unterordnenden Bindewörter oder Vertretung derselben durch que; Nebensätze durch Haupt­ sätze vertreten; verkürzte Nebensätze. Cap. 4. Die Jnterjection...................................................356

Cap. 1.

Anhang. Übersicht der wichtigsten Regeln der französischen Satz­ lehre in deutschen Beispielen.............................................. 358

Erster Theil.

Lautlehre. Cap. 1.

Das Alphabet und die Hülfszeichen.

1. Das Alphabet (l’alphabet). Die Namen der Buchstaben sind dieselben wie im Lateinischen und Deutschen, mit Ausnahme fol­ gender zehn: c(ce), g (ge), h(ache), j (ji), q(qu), u(üh), v(ve), w (double v), y (i grec), z (zecle). — Das j nannte man ehemals i consonne. Die Namen der Buchstaben sind männlich (z: B. le b, le c, un x, un ä circonflexe, un ü tr6ma), mit Ausnahme der sieben Consonanten, deren Namen für den Franzosen Vocal- An- und Aus­ laut haben: f, h, 1, m, n, r, s (esse — esse) sind weiblich; man sagt also: une f, Vn für la n, la double 11, une grande H, une petite h. Anmerkung. Die Lautirmethode (la nouvelle epellation) beim ersten Leseunterricht läßt alle Consonanten mit einem stummen oder dumpfen e aus­ sprechen und männlich gebrauchen, also: un — be, c (que ob. ce), de, fe, g (gue ob. ge), he, je, etc. — Diejenigen Franzosen, welche für einen aus­ gedehnteren Gebrauch dieser neuen Benennung der Buchstaben sind, behalten doch in gewissen Fällen die alten und gewöhnlichen Namen bei, z. B. in der Redensart: II est fait comme un z (er ist krumm und schief); ebenso beim Gebrauch der Buchstaben in der Mathematik.

2. Hülfszeichen des Alphabets kann man die folgenden nennen: die drei Accente, die cedille (9), das trema (ai, 01, etc.), den Apo­ stroph als Stellvertreter eines Buchstaben (j’ai). A. Die Accente sind im Französischen nicht Tonzeichen (signes toniques), sondern im Allgemeinen Lautzeichen (signes Schmitz, Franz. Gr. 2te A.

1

2

Erster Theil.

Lautlehre.

phoniques), d. h. sie dienen im Allgemeinen zur Andeutung des Lautes, mit welchem ein Vocal ausgesprochen werden soll; theilweise dienen sie auch als etymologische Zeichen und als Unterscheidungszeichen gewisser homonymer oder gleichlautender Wörter. Nämlich: a) Der accent aigu (') bezeichnet nur das e ferme (e), z. B. repondre, la verite, parle, ceder, je cederai. Es hat aber nur das e ferni6 in der offenen Sylbe den Acutus (vgl. z. B. parier, parlez). — Jedoch tritt das Pluralzeichen zum bezeichneten c ferme hinzu: les vöritäs. Anmerkung. Die Academie schreibt: desir; querir, petiller, Fenelon; Andere das erste Wort ohne, die übrigen (Fenelon auf dem zweiten e) mit Gravis.

b) Der accent grave (') bezeichnet das e ouvert (ä), z. B. (ä kurz), briävete, j’acheterai. Er kann nur auf einem e stehen, dem ein einfacher Consonant (oder eine untrenn­ bare Consonantenverbindung) und ein e muet folgen, z. B. prophete (spr. pro-fätt'), mecke, siede. — Zusätze: 1) Die volllautende End­ sylbe es wird zum Unterschiede von dem stummen es (z. B. les roses) mit dem Gravis bezeichnet: proces, progres; ebenso prös, tres- und es (spr. eee). 2) Folgende gleichlautende Wörter werden durch den Gravis unterschieden: des u. des, la u. la, a u. a, 9a u. 9a, oü u. ou. 3) Mit dem Gravis schreibt man: dejä.

frere, gudre, Systeme

Anmerkungen: 1) Kein Gravis vor x (ks), z. B. complexe. 2) Alle Hauptwörter auf eme haben den Gravis, z. B. le Systeme, le theme, le diademe; zwei Ausnahmen: le bapteme, le careme 3) In folgenden sechs Wörtern wird das e ouvert nicht bezeichnet: les, des, mes, tes, ses, ees. 4) Man schrieb früher mit dem Gravis, jetzt nach der Academie mit dem Acutus: College und so alle Wörter auf ege, evenement u. avenement, orfevrerie, completement (Hauptwort und Adverb), la seve. 5) Manche schreiben mit dem Acutus, aber die Academie schreibt mit dem Gravis: pelerin. c) Der accent circonflexe (*) bezeichnet die Vocale, welche durch Contraetion, am häufigsten durch den Ausfall eines s, lang sind: g£ne (früher geenne, aus dem Hebräischen lat. gehenna Hölle), mät (mast), baptSme (baptisma), mür (maturus), le jeiine (jejunium). — Zusätze: 1) In einigen Wörtern bezeichnet der Circumflex bloß die Länge des Vocals: gräce (lat. grätia), mäiies (tat. mänes), extreme und so in allen Eigenschaftswörtern auf eme, thäätre und so in allen Wörtern auf atre. 2) In einigen Wörtern wird ein ausgefallenes s, in vielen irgend ein anderer ausgefallener Consonant nicht durch den Circumflex bezeichnet: plutöt (früher plütöt), la plupart, toujours, vite, otage, bäume; noces, nuit, sujet. 3) Folgende gleichlautende Wörter werden durch den Circumflex unterschieden: du

Cap. 1.

Das Alphabet und die Hulfszeichen.

Z

u. du, crü it. cm. Es unterscheiden sich ferner: rasa* u. mur, sur u. sur, täche u. taclie, pecher u. pedier u. e. a. Noch einige besondere Bemerkungen über den Gebrauch des Circumfleres: 1) Kein Circumfler vor s (daher z. B. il nalt: je nais, du : dus), außer in den Formen von croitre (z. 33. je crois); vor ss nur in la chässe das Neliquieukästchen (und in dessen Ableitungen). — 2) Kein Circumflex vor einem Nasenlaute (vgl. a jeun u le jeilne), außer im Defini und im Conj. Jmperf. von tenir imb venir (nous tinmes, etc.). — 3) Kein Circumflex auf Vocal vor Vocal (daher auch due, mue, crue); Aus­ nahme macht i im verschmolzenen Laute, z. B. ballier. — 4) Nur drei Part. Perf. aus u haben den Circumflex: du, mü, crü (die Academie schreibt das Part. von plaire, pleuvoir und taire ohne Circumflep, so auch das Part. von emouvoir und accroitre). — 5) Kein Circumflex auf y. ß. Die cedille oder das Häkchen unter c (9) vor a, 0, u be­

zeichnet, daß der Consonant nicht mit dem Laute k, sondern mit dem Laute s (ß) gesprochen wird: degä, gargon, regu. Anmerkung. Die cedille war ursprünglich ein z, z. B. reczu; man sagt also cedille anstatt zedille, d. i. kleines zede (span, zedilla, aber auch cedilla). C. Das trema oder Trennungszeichen (") deutet an, daß zwei

Vocale, die sonst einen Monophthong oder Diphthong bilden, zweisylbig und also auch mit ihren eigenen Lauten gesprochen werden: aieul, baionnette, Saül, fisaü, Moise. In gue bezeichnet dasselbe, indem es das e von der Sylbe gu trennt, daß u ausgesprochen wird: la eigne (Schierling). — In arguer (eine Schlußfolgerung machen) ist das u ebenfalls laut; deshalb bezeichnen es Viele: arguer (die Acad. nicht). — Anstatt poeme u. poete, wie die Academie schreibt, wird jetzt meistens poeme u. poete geschrieben (vgl. poesie). D. Der Apostroph (l’apostrophe f.) bezeichnet die Elision (Ausstoßung) eines a, e od. i, durch welche ein Hiatus beseitigt wird. Es genügt hier, die Fälle, in denen Apostrophirung stattfindet, durch Beispiele anzudeuten: Tarni, Vhomme, Vecole, je Tai aim6, je Tai vue, j’ai, va-t’en, c’est, g’aurait ete, peu d’argent, il n;a pas, qu'on sache, lorsqu’il apergut, quelqu’un, jusqu’ici, entr’ouvrir; s’il a, s’ils ont; auch grand’mere, pas grand’chose, grand’peur (d ist in diesen Verbindungen stumm). — Si wird nur vor 11 apostrophirt.

Viele Elisionen finden nur in der Aussprache statt und werden in der Schrift nicht bezeichnet, z.B. une heure, cette amie (ce-tamie), quatre ans, mon p au vre ami, entre autres, contre-^preuve. —

In Voyez-le a son retour u. dgl. wird die Elision, obgleich von der Academie gefordert, lieber unterlassen. Sie muß jedenfalls unteibleiben, wenn dem le nicht der e-Laut vorangeht, z.B. Imitc-lc exactfnicnt. 1*

4

Erster Theil.

Lautlehre.

Inwieweit die Elision bei que stattfinden kann oder nicht, mögen folgende Beispiele zeigen. Voyant que ... et qu’entraines ä la poursuite des fugitifs ils etaient divises, etc. Soit que . . ., soit que, humblement pro steriles, ils confessent, etc. — Man schreibt qu’Alcxandre, aber auch que Alexandre u. dgl. — Lorsque, puisque, quoique werden nur vor il, eile, on, un apostrophirt; hierzu die Redensart puisqu'ainsi est. Man druckt jetzt z. B. quoique eloignS, wo Voltaire noch apostrophirte.

Cap. 2.

Die allgemeinen Laute der Buchstaben.

Vorbemerkungen: 1) Die Darstellung der Sprachlaute hat überall den Unterschied der betonten und unbetonten Sylben zu beachten. Wie in anderen Sprachen die Tonsylbe mit einem Accent zu bezeichnen, wäre im Französischen weder zulässig, weil die Accente hier als Lautzeichen gebraucht werden, noch auch erforderlich, weil die Betonung hier äußerst einfach ist. Abgesehen von jeder besonderen Betonungsart in zusammenhängender Rede (s. Cap. 4), gilt ohne Ausnahme die einfache Regel: Der Ton liegt auf der letzten volllautenden Sylbe derWörter, z. B. grand, grandeur, genereux, generosite. In denjenigen Wörtern also, deren letzte Sylbe durch ein leises oder „stummes" e gebildet wird, liegt der Ton auf der vorletzten, weil diese die letzte volllautende Sylbe ist, z. B. grande, capable, genereuse. — 2) In allen Sprachen ist ein gewisser natürlicher Unterschied zwischen einer langsamen, sorgfältigen Aussprache und der flüchti­ gen Ans spräche des gewöhnlichen Lebens (la prononciation soignee ou soutenue und la prononciation familiere ou ordinaire). Jene herrscht in der höheren, edleren Rede oder im künstlerischen Vortrag (Je discours soutenu, la declamation), diese in der alltäglichen Rede, in der gewöhnlichen Um­ gangssprache (le discours familier ou ordinaire, la conversation). Der Lernende muß immer von jener ausgehen und allmählich zu dieser fortgehen, ohne jedoch die normalen Laute in übertriebener Flüchtigkeit zu entstellen oder zu verschlucken.

1. Die Vocale (les voyelles) lauten, mit Ausnahme von u und y, im Allgemeinen wie im Deutschen; — u lautet: ti, y: i. Bei a und o ist besonders auf die vorherrschende Kürze aufmerk­ sam zu machen. Lang sind sie nur in gewissen Fällen, z. B. wenn sie mit dem Circumflex bezeichnet sind (täche, tröne). Von der Länge und Kürze (Quantität) der Vocale handelt unten ein besonderer Ab­ schnitt deS vierten Capitels. — Hier ist nur die Beschaffenheit (Qualität) der kürzend ante hervorzuheben: die kurzen Vocale a und o werden mit scharfer, energischer Kürze gesprochen, wie in „Fall" und „Groll"; das a etwas heller als unser a. Beispiele: la, la, a,

Cap. 2.

Die allgemeinen Laute der Buchstaben.

5

il a, deja, il donna, 11 donnera, dame , c ab ane, car, par; Pro­ testant, ecole, mode, Rome, vote, ocean, la prononciation (pro).— Zusatz: o vor r wie in „Dorf, Ort" in unbetonten Sylben: dormir, sortir; derselbe tiefe, offene Laut (sehr verschieden von dem hohen, geschlossenen in „Ohr"), aber gedehnt, in betonten Sylben: il dort, il sort, Vor, encore, more Mohr. Bei i (y) und u ist besonders die sich immer gleich bleibende, ungetrübte Aussprache hervorzuheben. Im Deutschen sind diese Vocale, je nachdem sie lang oder kurz gesprochen werden, qualitativ bedeutend verschieden; vgl. „die" u. „dick", „Hüte" u. „Hütte". Getrübtes kurzes i und ü ist der guten norddeutschen Aussprache wesentlich eigen; widerlich ist uns „Vihld", „miht" statt „Bild, mit". Wir sprechen ganz anders: „schielt, fühlt", als: „schilt, füllt". — Der Franzose dagegen kennt i und u nur tu der Qualität unseres langen, unge­ trübten Lautes, den er mehr oder weniger gedehnt, lang oder kurz, aber immer gleichlautend spricht. Beispiele: vie, dire, Ile, il, utile, triste, fanatisme, y, pyramide; pur, siir, sur, juste. Anmerkung.

Wenn man bedenkt, daß das y „griechisches i" (i grec,

nicht: u grec) heißt, so kann man nie in den Fehler verfallen, es wie ü zu sprechell.



Bei dem

kurzen o

muß

der des

Griechischen Kundige an

Omicron denken.

Der Vocal e lautet: 1) wie ec, mit dem accent aigu (e): annee, ete; — ebenso e ohne Accentzeichen in parier, parlez, chez, ncz, et. Geschlosse­ ner Laut (an sich nicht lang): e ferme. 2) wie äh, mit dem accent grave (e) und mit dem accent circonflexe (e): pere, extreme; regelmäßig lang (äh) ist aber nur e, e ist vielmehr in der Regel kurz oder mittellang (ä): r eine de, eleve, Systeme, prophete; — ebenso lautet e ohne Accentzeichen: a) vor Doppelconsonanten, z. B. terre, belle, ennemi (än'-mi), b) in gewissen anderen Verbindungen oder einzelnen Wörtern, z. B. les, il est, eher, hiver, hier; tel, presque, geste, le tiret. Offener Laut: e ouvert. 3) wie ö kurz und dumpf, ohne Accent am Ende einsylbiger Wörter: le, me, ce, que; — ebenso am Ende der Sylben und Wörter, aber in geläufiger Aussprache wenig vernehmlich oder ganz stumm (e demi-muet, e muet): autre, table, quatre royaumes, rare, remede, premier, cheval, acheter, Evenement, vie, il payera, il emploiera. Zusätze zum e muet. e genannt.

Wenn es auch

a) Daö dritte e wird überhaupt das stumme in den einsylbigen Wörtern, bei selbständiger

6

(Skftv’v Theil.

Lautlehre.

Aussprache derselben, de» sehr deutlichen, energisch kurzen, dumpfen Laut (le son sourd) hat, so verschwindet doch dieser Laut in zusammenhängender Rede oft gänzlich, z. B. je crois bien (j’crois bien\ je te le donnerai (j’te 1’donnerai). — b) Weit schwächer als der eigentliche dumpfe Laut ist der leise, nur gehauchte oder geflüsterte Laut des halbstummen e ton­ loser End sylben, den man für Anfänger sehr wirksam veranschaulichen kann durch ein ganz kleines Schriftzeichen, z. B. autre (ohtr'ö), peuple (pöpl'ö). Unrichtig wird von Deutschen in solchen Sylben, die man des syllabes eminemment frangaises genannt hat, das halbstumme e vor dem Endconsonanten ausgesprochen. — c) Ob übrigens das auslautende stumme e wenig vernehmlich oder ganz stumm ist, hängt allemal von der Natur des voran­ gehenden Consonanten ab; während es z. B. nach d in remede noch etwas vernehmlich ist (indem die bei d an den Gaumen gelegte Zunge von der Stelle wieder abläßt), geht es in den summenden s-Laut fast ganz auf, z. B. la chose (schohs'); es wird aber beim Zusammentreffen zweier gleicher Con­ sonanten, in sorgfältiger Aussprache, wieder sehr vernehmlich, z.B. les choses saintes. — d) Im Innern der Wörter wird das stumme e, je nach der Beschaffenheit der umgebenden Laute, theils sehr deutlich mit dem son sourd (z. B. premier, nous serions, besoin), theils wenig vernehmlich (z.B. petit, clieval), theils kaum noch irgend oder geradezu gar nicht vernehmlich (z. 93. nous serons, acheter, e venement, medecin) gesprochen; namentlich geht es in einen vorangehenden Vocal gänzlich auf, z. B. vie (wih'), 11 payera (päh-ra), 11 emploiera, la joie (joä’).

2. Die Monophthonge (les monophthongues f.) mit ihren allgemeinen Lauten sind: ai, ei — ah : maison, j’avais, peine, j’aime. au, eau — oh : haut, aussi, beau. eu, 06ii — oh : teil, deux, voeu. ou — uh : ou, oü, jour, pour. Zusätze: 1) ai hat in einigen Verbindungen oder einzelnen Wörtern den Laut ee (e), als: j’ai, je parlai, je parlerai. — 2) au ist in manchen Wörtern kurz, als: mauvais, nous aurons, Paul. — 3) eu und oeu lauten wie ö in „Dörfer", aber gedehnt, vor r: fleur, soeur, kurz in seul, boeuf etc. — 4) ou hat immer denselben ungetrübten Laut, während im Deutschen langes u und kurzes u verschieden lauten, vgl. „Geburt" und „hurtig". Wenn auch das Wort pour in zusammenhängender Rede flüchtiger gesprochen wird, als le jour, so wird es doch nicht zu purr.

3. Die Diphthonge (les diphthongues f.) mit ihren Lauten sind: oi ----- oä oder oä : avoir; moi, roi. ui — in : lui, les Tuileries (tüihl'-rih). ia ie ieu io u. a. — i-a u. s. w., aber einsylbig. ay- oy- uy- (im Innern der Wörter) — aid, oa-i, uM : le crayon, le pays, le royaume, la voyelle, le tuyau.

Cap. 2.

Die allgemeinen Laute der Buchstaben.

7

Zusätze: 1) Die einzelnen Bestandtheile jedes Diphthongs werden geläufig in Einem Zuge gesprochen,

indem man den ersten Bestandtheil mit dem

zweiten zusammenschleift und letzteren betont. — 2) Wenn die Orthoepisten zum Theil die Laute des oi durch oua und oe genauer darzustellen meinen, so beruhet das mehr auf ihrer theoretischen Ansicht, als auf der eigentlichen Wirklichkeit.

1

s

0

'0 '

4. Die Nasenlaute (les voyelles nasales): an (am, en, em) — ähnlich dem deutschen ang' : ain (aim, ein, in, im) — „ „ äng' : „ ong' : „ eun (un, um) ... — „ öng' : „ Zusätze:

roman, Adam. main, faim. non, nom. ä jeun.

1) Die französischen Nasenlaute (man nennt sie auch les sons

nasals) werden mit weiter Kehl- und Mnndösfnnng gesprochen und sind dehnbar (im Innern der Wörter immer lang): die deutschen Nasenlaute werden mit enger Kehl- und Mundöffnung gesprochen und sind nicht dehnbar. — 2) oin lautet 0-ain, aber einsylbig, z. B. loin. — 3) een = eain: europeen. — 4) Wenn auf m oder n ein Vocal folgt, oder wenn sie ver­ doppelt sind, findet kein Nasenlaut statt: inoui (i-nu-i), comme (komm').

5.

(les sons mouiltes): ill (im Innern), il (am Ende der Wörter) — i j, nach Consonanten; — j, nach einem Vocal: fille, päril; bataille, travail. — Zusatz: Ehemals herrschende Aus-

Die verschmolzenen Laute

spräche = ilj, lj.

gn (im Innern der Wörter) — nj: Campagne. Zusatz: Man darf in den verschmolzenen Lauten nicht ch anstatt j spre­ chen, z. B. fihch statt sihj' (sihj'), batahch, kang-panch.

6. Die Consonanten (les vom Deutschen abweicht, lauten:

consonnes f.), deren Aussprache

8 2 — ß s; s am Anfang der Wörter und Sylben wie ß, s zwischen zwei Vocalen und z immer wie s: sei, la consonne; rose, zäle. eh j = sch sh (sanftes sch): chercher, Journal. — Zusatz: ch — k in griechischen Wörtern: chrätien, 6cho. e g — k g; vor e, i und y: ß, sh. Man übe folgende Sylben: ca co cu, ce ei; ga go gu, ge gi. — Zusätze: 1) c mit der cedille (9), welches nur vor a o u vorkommt, wie ß: frangais. 2) ge vor a 0 u einfach — sh, gu vor e i — g, z. B. mangeant, la langue. t vor i (ti) und einem andern Vocal (im Innern der Wör­ ter) — ei: nation. Doch behält t in manchen Ver­ bindungen seinen eigenen Laut, z. B. question, anritte,

chretien.

8

Erster Theil.

Lautlehre.

v — w: avare, la voix, la voyelle. x = (also wie im Deutschen): luxe. Jedoch wie gs in exemple etc., wie ß in six und dix, wie s in deuxieme, sixieme, dixieme.

h wird nie vernehmlich ausgesprochen; s. u. Zusätze: 1) Auf die weiche Aussprache des b und d am Ende der Sylben (absolü, admirer) ist besonders aufmerksam zu machen; ebenso auf eine kräftige Aussprache des r und auf die reine Aussprache des sp und st. — 2) Der Consonant q wird am Anfang der Sylben immer mit einem stummen u geschrieben, z. B. quatre. — 3) Von r ist eine doppelte Aussprache mög­ lich: a) mit vibrirender Zungenspitze, wie im Gesang; dieses linguale r ist auf dem Lande und in kleinen Städten herrschend; — b) mit vibrirendem Zäpfchen (lat. uva); dieses uvale r spricht der normal sprechende Pariserdeutlich und energisch aus, nicht matt wie so häufig der Berliner (le gras* seyement parisien). — 4) Der franz. Benennungen wegen führen wir fol­ gende Eintheilung der Consonanten aus der Academie an: lettres gutturales (g, k), labiales (b, p, f, v, m), dentales od. linguales od. palatales (d, t, 1, n, r), sifflantes (j, ch, s, z). Der sanfte s-Laut (z) wird insbesondere le son chuchotant, der eh-Laut (nebst dem sanften j) le son chuintant genannt.

7. Stumme Consonanten: 4) Doppelte Konsonanten werden im Allgemeinen einfach ausgesprochen, z. B. quitter. — 2) d, t; g, x>; s, z, x — am Ende der Wörter, sind im Allgemeinen stumm, z. B. pied (pie). — 3) r ist im Allgemeinen stumm in der Endung er, z. B. berger; in einsylbigen Wörtern und in fremden Eigennamen wird es ausgesprochen, und zwar wie e, z. B. le fer, Jupiter. — 4) nt ist stumm am Ende der Pluralformen der Zeitwörter auf ent, z. B. ils parlent. — 5) h ist stumm in den Wörtern lateinischen, aspirirt in den Wörtern deutschen oder anderen Ursprungs, z. B. rhomme, la bäte; im Innern der Wörter ist es immer stumm, 3.93. bonheur (bo-nenr). Zusatz: Die „Aspiration" ist im Französi­ schen kein wirklicher Hauch, sondern nur eine Schleifung in der Aussprache zweier zusammentreffender Vocale, wodurch Elision des Vocals (z. B. in le heros) und Bindung des Endconsonanten (z. B. in les heros) verwehrt wird. — 6) Nach einem Nasenlaute sind alle Konsonanten ant Ende der Sylben wie der Wörter stumm: temps (tan), compter (— conter). Anmerkungen: a) Wir hätten, streng genommen, in diesem Capitel bei jedem Buchstaben nur seinen allgemeinen oder eigentlichen Laut (le son propre), den Laut aber, den er nur in gewissen Verbindungen erhält (le son accidentel), erst im folgenden Capitel angeben sollen. Wir haben es aber für zweckmäßig gehalten, hier schon ein einigermaßen abgeschlossenes

Cap. 3.

Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

9

Bild von der ganzen französischen Aussprache zu geben und deshalb auch einige besondere Laut-Verbindungen, die sehr häufig sind, zu berücksichtigen. — b) Zur Bezeichnung der Aussprache (prononciation figuree) bedienen wir uns theils der französischen, theils (wenn es angeht), weil die Schriftzeichen der Muttersprache immer wirksamer sind,

der deutschen Buchstaben, z. B.

Campagne (cän-panj'ö). — c) Jede ernste Orthoepie muß ihre Quellen oder Autoritäten angeben. Ausländer nie.

Selbst-Autorität ist kein Einzelner, zumal der

Die angesehenste und sicherste Quelle ist im Allgemeinen das

Dictionnaire de l’Academie frangaise (sechste und neueste Ausgabe 1835). Aber die Aeademie hat sich erstens über viele wichtige und streitige Puncte der Aussprache nicht erklärt; zweitens ist ihre jüngste Äußerung über die Aus­ sprache nun schon über 30 Jahre alt.

Daher ist die Benutzung und Berück­

sichtigung anderer Quellen unerläßlich.

Die beste ergänzende Quelle ist nun

die, welche am wenigsten persönlich und eigenwillig gefärbt ist, — nach un­ serer Überzeugung: das (in wissenschaftlicher Beziehung freilich nicht sehr hoch stehende) Wörterbuch übrigen

von

Napoleon

namhaften Werke:

Landais.

die Wörterbücher

Verglichen haben von Boiste,

wir

alle

Poitevin u. A.,

namentlich auch das wissenschaftlich bedeutendste von Littre (jetzt A — H), so­ wie die speciellen Werke oder Werkchen über die franz. Aussprache von Mme Sophie Dupuis, Malvin-Cazal, Duquesnois u. A.

Auch die besseren Dar­

stellungen der franz. Aussprache von Deutschen haben wir zu vergleichen nicht verschmäht.

Jeden streitigen Punct critisch besprechen können wir in unserer

kurzen Darstellung natürlich uid;t.

Im Ganzen huldigen wir in streitigen

Fällen dem Grundsatz, daß die regelmäßige Aussprache die beste ist.

Zu die­

ser streben in der That noch manche Wörter, die jetzt noch als feststehende Ausnahmen aufgeführt werden müssen, im Munde der Gebildeten hin.

In­

dessen werden wir, wo wir von ausdrücklichen Erklärungen der Academie ab­ weichen, dieses allemal angeben.

Cap. 3.

Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

Vorbemerkung.

Die Orthoepisten Pflegen lateinische, biblische, englische

und andere fremdländische Wörter und Namen, welche von den Fran­ zosen in unveränderter fremder Gestalt gebraucht eigentlich

französischen Wörtern

und abweichend von den

ausgesprochen werden,

in Verbindung

diesen zu behandeln (z. B. requiem, gratis, lady, toast u. dgl.).

mit Wir

haben denselben einen besonderen Abschnitt, den letzten dieses Capitels, ge­ widmet (nur einige Male haben wir aus besonderen Gründen Einiges dgl. schon im Laufe dieses Capitels angeführt).

1.

Die einfachen Vocale:

1) Stumm sind die Vocale a, e? i, o in einzelnen Wörtern, nämlich a in aoriste, la Saöne, le taon (die Viehstiege), aoüt (spr.

10

Erster Theil.

Lautlehre.

oü), aotiteron (es lautet aber in aoute, gereift); — e in Caen; — i in poignard, poignee, moignon (Stumpf von einem Gliede), oignon; — o in faon (Hirschkalb), Laon, paon, paonne.

Anmerkung 1. Vocale, welche gebraucht werden, nur um die Aussprache gewisser Konsonanten zu bestimmen (wie e und u in pigeon, morceau, guider, qui), sind Hülfszeichen dieser Konsonanten und werden am Passend­ sten mit-diesen besprochen. Anmerkung 2. Der Eigenname Montaigne wird jetzt meistens regel­ mäßig ausgesprochen, also nicht = montagne, wie früher immer gefordert wurde. 2) u wird wie ou gesprochen- in loquace u. a. (s. qu). 3) Das unbezeichnete e, welches nicht „stumm" ist (e muet), sondern den e- oder 6-Laut hat, macht hier besondere, genauere Be­ stimmungen nothwendig: a) es hat den e-Laut vor den stummen Endconsonanten r und z, z. B. parier, premier, volontiers (-tie), parlez, le nez; — vor einem stummen d, z. B. le pied, il sied; — in folgenden einzelnen Wörtern: la des (eie), et (6) b) es hat den e-Laut vor jedem nicht-stummen (Konsonanten, der die Sylbe schließt, z. B. l’hiver, la mer, interdire, le chef, avec, tel, sept (sete), le geste, le texte, rester, restituer, prescrire, respect (rece-pö); — daher auch vor jedem x (weil dieses = ks ob. gz), z. B. vexer (ks), exemple (gz); — daher ferner vor allen Doppelconsonanten (obwohl diese einfach ausgesprochen werden), z. B. effort, ennemi, presser, la presse, teile, cette, terre (über die Quan­ tität des e-Lautes später); — ebenso vor 111, z. B. abeille, meilleur; — außerdem vor dem stummen Endconsonanten t, z. B. cabinet, muet, il met, je mets, und in den einsylbigen Wortformen mit stummem s: les, des, ces, mes, tes, ses, tu es, il est; ebenso in le legs das Vermächtniß (le, Einige sprechen legue), les cckecs das Schachspiel (eche) und in den Wörtern auf ct, ob diese (Konsonanten ausge­ sprochen werden oder nicht, z. B. suspect (suspekt’ ob. suspö, s. u.). — Von den mit ress anlautenden Wörtern verhält sich jedoch nur elns nach dieser Regel, nämlich: ressusciter (es wird nicht als Compositum von re u. susciter betrachtet, denn es stammt direct vom lat. resuscitare); in allen übrigen, wenigstens in allen allgemein ge­ bräuchlichen Wörtern, spricht man re (mit dem halbstummen e), z. B. ressortir, ressort, ressource, ressembler. Ebenso wird de mit dem e muet gesprochen in den beiden Wörtern dessus u. dessous (in ge­ läufiger Aussprache: d’su, d’sou, wobei sogar das d sich zu t ver­ härtet, ebenso wie in medecin : med’cin, me-tsin).

Anmerkung 1. Das Demonstrativum in der Form cet wird von franz.

Eap. 3.

Die besonderen Lantregeln nebst Ausnahmen.

11

Orthoepisten, als einzelnes Wort, cet (ßätt) gesprochen, also homonym mit sept.

Es kommt aber in der wirklichen Rede nicht als einzelnes Wort vor

und wird in geläufiger zusammenhängender Rede jedenfalls als tonloses Wort immer sehr flüchtig gesprochen.

Da sich die Academie nicht darüber erklärt

hat und auch andere Orthoepisten es unbeachtet gelassen haben, so ist Zweifel vorhanden, ob cet homme, cet arai bei langsamer, sorgfältiger Aussprache ce-tomme, ce-tami oder ce-tomme, ce-tami zu sprechen sei. daß Letzteres den Vorzug verdient.

Ich glaube,

Daß es sich in der Pariser Umgangs­

sprache bis zu s’tomme, s’tarai verflüchtigt, steht fest. Anmerkung 2.

Man hat nicht nöthig, denjenigen Orthoepisten zu folgen,

welche eine Menge besonderer Regeln aufstellen, nach denen in allerlei, nament­

e ferme und c ouvcrt gleichsam unendlich zu e vor Doppelconsonanten in gewissen Fällen, an­ statt mit dem Gravis, mit dem Acutus gesprochen werden soll (z. B. ennemi, terrain), wenn sogar das mit dem Acutus bezeichnete e in unzähligen Wör­ tern wie e lauten soll (z. B. in medecin, ja auch in College!), so können lich tonlosen Verbindungen, vertauschen wären.

Wenn

wir hieraus nur die einfache practische Regel entnehmen, daß in allen solchen streitigen, namentlich in den tonlosen, Verbindungen, hei ungezwungener, ge­ läufiger Aussprache, der specifische Laut des

e od. e im Allgemeinen nicht zu

scharf ausgeprägt werden darf. — Aber auch in Betreff des betonten und langen offenen Lautes muß erwähnt werden, daß Manche noch einen Unter­

e in pere ,e ouvert) und dem e in etre (e tres-ouvert). Indessen sind beide wesentlich äh, beide aber auch kein über­ triebenes, allzu erzwungenes äh. Wenn das e in etre den Orthoepisten ge­ dehnter vorkommt als das e in pere, so liegt das nicht au dem e, sondern an der etwas nachschleppend gesprochenen Sylbe tre. schied machen wollen zwischen dem

4) Über

das Verschwinden des

e muet

im Innern der

Wörter und in den einsilbigen Wörtern, bei geläufiger, fließender Aussprache, sind noch einige genauere Bestimmungen erforderlich. Vor Allem ist der Deutsche, der das Französische doch immer ziemlich lang­ sam spricht, a) daran zu erinnern, daß die regelrechte, sorgfältige Aus­ sprache überall die Grundlage und den Ausgangspunct bilden muß, b) zu warnen vor jedem gezwungenen Verschlucken des sog. stummen 6 in allen Verbindungen, wo es nicht leicht von selbst verhallt. Un­ leidlich ist es, wenn der Fremde diejenigen Zusammenziehungen, die dem Einheimischen beim geläufigen und flüchtigen Sprechen seiner Muttersprache natürlich und wie von selbst im Munde entstehen, künstlich und ängstlich nachäffen und gleichsam nachbuchstabiren will. — Andrerseits kann man aber bei einem allzu sorgfältigen, so zu sagen syllabirenden Sprechen nicht stehen bleiben: der Lernende muß sich den nothwendigen Grad von Geläufigkeit im Sprechen aneignen und also auch seine Zunge frühzeitig an diejenigen allgemein-üblichen Zusammen­ ziehungen gewöhnen, ohne welche die zusammenhängende Rede unge-

12

Erster Theil.

Lautlehre.

läufig, holperig und ungeschickt klingen würde. — Hiernach ist die nähere Beachtung folgender fünf Fälle erforderlich: a) das e muet in der ersten Sylbe der Wörter verhallt bei geläufiger Aussprache, soweit die Natur der umgebenden Laute oder Lautverbindungen es zuläßt; jedenfalls muß der Deutsche sich hüten, daß die Consonanten dabei nicht zu sehr aneinander gequetscht werden. Cheval (sch»wall) z. B. wird zu ch’val, aber nicht ganz zu „Schwall"; cheval ist und bleibt für den Franzosen ein zweisylbiges Wort. Hier­ nach spreche man: je serais, venu, demander, refaire, retrouver, petit, tenir (tönir, aber nicht: tnir). Unter allen Umständen muß das e deutlich vernehmlich bleiben in Verbindungen wie nous serions, premier, besoin. b) das e muet tu dex Mittelsylbe der Wörter darf man im Allgemeinen, wenn man einigermaßen geläufig sprechen will, gar nicht hören lassen: acheter, ennemi, e venement, je donnerai, sagement, heureusement, naturellement (na-tü-rähl-rnan), medecin (med-cin, woraus naturgemäß me-tsin wird), eperon, bracelet, developpement (dev’lop’man), les Tuileries (tüihl-rih, nicht: tülljerih!). — Daß es in Verbindungen wie contredire, diablerie, faiblement, tendrement, nous aimerions, chapelier vernehmlich sein muß, ist aus der be­ sonderen Beschaffenheit derselben leicht erkennbar. c) das e muet in einsylbigen Wörtern verschwindet vielfach dadurch, daß diese tonlosen und fast immer ganz flüchtig gesprochenen Wörter sich vorwärts oder rückwärts an andere anlehnen, z. B. je erois bien (j’crois bien), oü suis-je? (sui-j’), qu’est-ce? (kece).— Nur bei besonderem Affect wird zuweilen deutlich gesprochen: je pense, u. dgl. — Zu rnerken sind besonders folgende Verbindungen, in denen bei einigermaßen geläufiger Aussprache die Zusammenziehung immer stattfindet: de la (d'la), ce qui (c’qui), tout le monde (tou-rmonde). d) das e muet in zwei auf einander folgenden Sylben eines Wortes wird in der ersten Sylbe deutlich mit dem son sourd gesprochen, in der zweiten aber verschwiegen: ensevelir (an-se-v’lir), chevelure (che-v?lure), devenir (de-v'nir). Daher bezeichnet Littre diese Wörter geradezu folgendermaßen: an-seu-ve-lir, cheu-ve-lur’, deu-ve-nir. — Über die betreffenden Wörter mit der Vorsylbe re, z. B. recevoir, redemander, ist man nicht einig. Mme Sophie Dupuis bezeichnet: r’cevoir, r’demander; Andere: re-c’voir, re-d’mander.— Entretenir hat Littre nicht anders zu bezeichnen gewagt. e) das e muet in mehreren auf einander folgenden ein­ sylbigen Wörtern ist sehr schwankend. Indessen kann man als Regel ausstellen, daß diese Wörter paarweise zusammengesprochen wer­ den, sodaß allemal das erste den son sourd hat, dem sich das zweite

Cap. 3. Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

13

anlehnt, z. B. 11 te le rendra (11 te-I' rendra), je ne le retrouve pas (je-n’ lej’trouv’ pas), la bague qne je vous ai remise (que-j’). — Jedoch lautet ce que unter allen Umständen: c’que, z. B. ee que je vous demande (c’que j’vous d’mand’). Je ne dis que ce que je pense. — In qui que ce soit u. quoi que ce soit läßt man nur ce mit dem son sourd hören (qui k’ce soit). — Merkwürdig ist noch die gleichsam demonstrirende Deutlichkeit, mit welcher oftmals die Eonjunction parce que wirklich dreisylbig ausgesprochen wird (in flüchtiger Rede: parsque). 2.

Die Monophthonge und Diphthonge:

1) ai hat nicht seinen allgemein offenen Laut (6), sondern wird wie e ferme gesprochen: in j'ai, in der ersten Person des Defini und des Futurums (je parlai, je parlerai, je serai), in den Präsens­ formen von savoir (je sais, tu sais, il sait), außerdem in gai, la gaiete od. gälte. — Manche sprechen das unbetonte ai in aimer u. a. ebenso; doch ist es nicht nöthig, darin von dem allgemeinen offenen Laut abzugehen; nur muß dieser in aimer flüchtiger ausgesprochen werden als in j’aime. — Wie e muet lautet das unbetonte ai in allen mehrsylbigen Formen von faire: nous faisons, bienfaisant, etc.; jedoch lautet es in bienfaiteur ebenso wie in bienfait. 2) ei hat den allgemeinen offenen Laut (e), aber etwas flüchtiger (mittellang) in peine, reine, la Seine, j’asseierai (as-se-r6). — Ohne Noth wollen Manche in peiner von dem offenen Laut abgehen. Viele sprechen geradezu e in la neige (vgl. College). Ebenso in bey, Ney u. a. Auch über meilleur und abeille ist man nicht einig (ob e od. e). — Es läßt sich über ei u. ey nur sagen, daß Abweichungen von der allgemeinen Lautregel nicht nöthig sind, daß man aber in den hier angeführten Wörtern den offenen Laut nicht so stark ausprägen darf wie in seize u. seigle. 3) eu, oeu, welche im Allgemeinen den hohen, Hellen oder ge­ schlossenen Laut unseres langen ö Haben (deux, il veut, heureuse, peureux, le jeüne, Europe, le noeud, les boeufs, les oeufs), wer­ den in gewissen Verbindungen mit dem tiefen, dunkelen oder offenen Laute unseres kurzen ö („Hölle, Dörfer") gesprochen, und zwar: a) ge­ dehnt vor r und rr in der Tonsylbe, z. B. la peur, la fleur, la douleur, le beurre, il meurt, le coeur, la soeur, les moeurs (meurce, d. i. mörrß, aber mit gedehntem, jedoch nicht übertrieben gedehntem ö); — b) kurz, also dem deutschen ö in „Hölle, Dörfer" ganz entsprechend, vor lauten Endconsonanten (außer r), in unbetonten Sylben auch vor r, vor dem verschmolzenen Laute und vor den weib­ lichen Sylben (mit e muet), z. B. seul, neuf, boeuf, oeuf, heurter,

Erster Theil.

14

Lautlehre.

meurtrier, deuil, fauteuil, jeune, ils peuvent, pcuple, aveugle, meuble; — außer vor denjenigen weiblichen Sylben, welche mit den Lauten k, s, t od. d anheben (in diesen ist der Laut eu lang und ge­ schlossen), z. B. le Pentateuque (paintatcuke), creuse, erneute, leude, wie auch das circumflectirte eu ausgenommen ist (le jeüue, das Fa­ sten). — Insbesondere lautet eu wie u in allen Formen von avoir (im Altfranz, eu), z. B. j’eus; — ebenso in gageure und anderen Hauptwörtern auf geure, wo ge nur den weichen g-Laut darstellt. Anmerkung 1.

Umgestellt ist eu in den Verbindungen cueil u. gueil

(z. B. recueil, orgueil), weil c und g mit ihrem harten Laut gesprochen werden sollen. Anmerkung 2.

Das (unbetonte) eu in lieutenant wird wegen der fol­

genden Sylbe te, wenn ich nicht irre, allgemein wie das eu in seul, neuf, ils peuvent, also nicht wie das eu in erneute und lieu gesprochen.

Man

spricht nicht lieu + tenant, sondern: lieute-nan (liött'ö van, nicht: tiött’nan).

4) Die Diphthonge werden im Allgemeinen einsylbig

ge­

sprochen, indem man den ersten Bestandtheil des zusammengesetzten Lautes (ia, oi, ui, etc.) zum zweiten zieht und auf diesem verweilt: diable, biais (schräge Fläche), pied, fier, niecc, Dieu, pitie, pioche (Picke ob. Hacke), occasion, lui, moi, tuile, equateur (kua), ecuelle (Schale od. Napf), ouest, vous auriez, vous vouliez, vieux, Mon* tesquieu, ßossuet.— Zweisylbig sind die Diphthonge in folgenden und ähnlichen Wörtern: pays (pe-i, mit dem Ton auf der zweiten Sylbe), vous voudriez, vous mettriez, oubliez, je criais, nation, religiou, triomphe, bestial, seditieux, diademe, miauler, voluptueux, Louis, poeme, casucl, se fier, balbutier, impiete, pieux, coiifiance, Science, impatient, jouissez, inquiet, bouclier. Doch trennt man in der gewöhnlichen Sprache die beiden Sylben nicht so deutlich wie im Verse. — Im Allgemeinen sind die Diphthonge in einfachen Wörtern einsylbig (z. B. fier, ciel, Dieu), in zusammenge­ setzten und abgeleiteten zweisylbig (z. B. envieux von envie). 5) oi; — roide wird in der Umgangssprache raide gesprochen (oft auch so geschrieben); ebenso schreibt und spricht man auch noch harnais und harnois. Anmerkung: oi wurde bis auf Voltaire in der Flexion und im Stamme einiger Wörter geschrieben, wofür seitdem ai, z. B. Anglois, monnoie, il avoit, paroitre, foible.

Man sprach dies oi längst wie ai aus, — nur

nicht in den minder häufig vorkommenden Völkernamen, z.B. Danois, Chinois; daher hat sich in diesen das oi erhalten.

6) 06 lautet wie das kurze, scharfe oi (in moi) in folgenden Wörtern und deren Ableitungen: la modle (das Mark), poele (m. Ofen, f. Pfanne). — Le poele (der Ofen) wird auch poile geschrieben.

Cap. 3.

Die besonderen Lantregeln nebst Ausnahmen.

15

Anmerkung: Umgekehrt wird das kurze oi von mehreren Orthoepisten durch oe bezeichnet (s. Cap. 2); wir ziehen vor, es durch oa zu characterifiren, und bemerken hier noch dazu, daß sich dieses oa bei geläufiger, flüchtiger Aus­ sprache, ganz von selbst, einigermaßen einem oe nähert. 7) ay in Verbindung mit e muct lautet wie äh (z. B. je paye ob. paie); ausnahmsweise lautet abbaye: a-bai-ie (a-bej'); die franz. Orthoepisten bezeichnen es theils a-be-ie (Acad.), theils a-bä-ie. Wenn man die betreffenden Laute nicht übertrieben deutlich ausprägt, so ist der Unterschied, zumal bei geläufiger Aussprache, kaum vernehm­ lich. — Wie ai lautet ay in den geographischen Namen (Biscaye, Bayonne, Mayence) und in bayadere, Lafayette, Bayard. 3.

Die Nasenlaute:

1) ien; — diese Verbindung lautet im Innern der Wörter wie ian (orient, patience); — aber wie iain am Ende der Wörter und in den Formen der Zeitwörter tenir u. venir: bien, chretien (ebenso in chretiente), les grammairiens, il vient, il tient. — Le duc d’Engkien, spr. angain. 2) Die Vorsylbe en (em) behält ihren Nasenlaut ungeachtet der Verdoppelung des n ob. m, wie auch vor einem Vocal: ennuyer (an-nui-iä), emmener (an -), enivrer (an-ni-vre), enorgueillir (an-nor-gheui-ir). 3) emm, enn; — in diesen im Allgemeinen nicht nasalen Ver­ bindungen hat e seinen eigenen, offenen Laut (gemme, Apennins, Vienne, ennemi); — jedoch lautet: a) emm wie äme in femme und in den Adverbien auf emment, z. B. apparemment; b) enn wie äne in nenni nein (Andere sind für neni), hcnnir wiehern, solennel nebst solenniser u. solennite. 4) Für Fremdwörter und Eigennamen gelten folgende Be­ stimmungen: a) en lautet im Innern wie ain, un wie on, z. B. pentametre, pentateuque, appendice, Zend, Dunkerque, Brunswick; — b) im Auslaut werden m und n nicht nasal ausgesprochen in Ham, Agen, Copenhague. Auch die Interjection hem lautet heme.

Anmerkung. Wir bringen hier in Erinnerung, daß die nicht französirten Fremdwörter und Eigennamen im letzten Abschnitt dieses Capitels besonders behandelt werden. 5) m ist stumm vor n: condamner, automne;— Ausnahmen, in denen m labial ist und also kein Nasenlaut stattfindet: calomnie, Insomnie, automnal, hymne (ihm n'ö), gymnase, amnistie, indemne (em — eme); — n ist stumm in monsieur (mo-cieu, das o sehr flüchtig gesprochen).

16

Erster Theil.

Lautlehre.

Anmerkung, a) Man hat nicht nöthig, em in den Ableitungen indemnite u. indemniser (wo die Acad. für äme ist) anders zu sprechen, als in dem Simpler. — b) Man hat nicht nöthig, n in Bearn verstummen zu lassen, wie Einige wollen.

4. Die verschmolzenen Laute: 1) Wir haben oben die doppelte Aussprache des verschmolzenen il u. ill kurz angegeben. Die Pariser Aussprache, in welcher das 1 gänz­ lich verhallt und bloß ein deutscher j-Laut gesprochen wird, ist in neueren Zeiten die allgemeine Aussprache der gebildeten Franzosen geworden. Selbst im südlichen Frankreich, wo die ehemalige, mit dem italiänischen gl (z. B. figlia) und dem spanischen 11 (z. B. batalla) übereinstimmende Aussprache noch die herrschende ist, befleißigen sich die Gebildeten der von Paris aus verbreiteten, modernen Aussprache; Südfranzosen, welche nach Paris kommen, legen in der Regel ihre heimische, jetzt altfränkische Aussprache ab. Einzelne Stimmen (z. B. neuerdings 8ittr6) erklären sich zwar noch gegen die Pariser Aussprache, die sie als eine Verderbung bezeichnen. Auch wird noch von einigen Orthoepisten, welche sie als die jetzt gültige Aussprache der allgemeinen Umgangssprache anerkennen, für die getragene Rede, für die Declamation die südfranzösische Aussprache gefordert oder empfohlen. Diese ist aber in Paris im Munde der -öffentlichen Redner und selbst der Schauspieler des Theätre frar^ais und des Odäon nicht zu beobachten. Wenn z. B. die Rachel in der „Andromache" als Hermione sprach: Je renonce a la Grece, a Sparte, a son empire, A' tonte ma famille, so konnte das fami-ie keinem hörenden Ohr entgehen. Anmerkung. Der Portugiese spricht sein lh ebenfalls bloß mit dem j-Laut, z. B. mulher (Weib). Im Spanischen entspricht dem franz. MouilleLaute meistens j, welches wie ch in „Nacht" lautet, z. B. trabajo, franz. travail.

2) In der Verbindung il ob. ill bei nachfolgendem i wird 1 deutlich und rein, nicht mit dem son mouille gesprochen, z. B. milieu (mi-lieu), million (mi-lion). Jedoch müssen Zeitwörter, welche den verschmolzenen Laut im Stamme haben, denselben in allen Formen behalten, z. B. nous travaillions. Anmerkung. Man hat nicht nöthig, den Namen Sully, wie früher immer gefordert wurde, mit dem son mouille zu sprechen.

3) il wird ausnahmsweise nicht mit dem verschmolzenen Laute, sondern wie i und 1 gesprochen in folgenden Wörtern: il, ils, mil (mille), viril, subtil, civil, poil, ville (nebst village, Joinville etc.

Cap. 3.

Die besonderen Laulregeln nebst Ausnahmen.

17

und selbst Säville), Gille, Lille, Delille, Achille, pupille, tranquille, imböcille (die Acad. schreibt imböcile), myrtille (Heidelbeere), pusillanime, distiller, osciller, scintiller, vaciller; — außerdem stets im Anlaute: illustre. (Der Grund dieser Ausnahmen liegt im Latei­ nischen, vgl. ville lat. vill-a und Alle lat. ül-i-a.) Anmerkungen: a) avril wird der Acad. zufolge mit dem son mouille gesprochen; Andere sind für reines 1 (avrile, in Paris wohl vorherrschend); Einige lassen das 1 gänzlich verstummen; — b) mil (millet), die Hirse, wird mit dem son mouille gesprochen, ebenso Milhaud.

4) 1 ist stumm in folgenden Wörtern: fils (fice), soül, pouls (pou), baril, chenil, coutil (Zwillich), fusil, gril, nombril, outil, persil, soureil, cul-de-sac u. dgl., gentil (ebenso in gentilshommes: jan-ti-zöme, aber mit dem verschmolzenen Laut wird gentil vor einem Vocal gesprochen, z. B. un gentil enfant, daher auch in gentil* homme und in der Femininform gentille); — außerdem in den En­ dungen auld u. ault: Arnauld, Quinault. Anmerkungen: a) auch in gentil (heidnisch, Heide) ist das 1 stumm; Einige lassen es indessen als 1 hören (fern, gentile); — b) während 1 in soureil (Augenbraue) stumm ist, wird es in eil (Augenwimper) ausgesprochen und zwar am häufigsten als 1 (obwohl die Acad. für den son mouille ist. — c) pluriel wird jetzt allgemein regelmäßig gesprochen, obwohl die Acad. noch für plurie zu sein scheint (nach der früheren Schreibung plurier).

5) Die Verbindungen ueil u. oeil lauten wie kurzes euie (öj): orgueil, orgueilleux, recueil, oeil. 6) In den Wörtern aiguille u. aiguillon, in denen das u aus­ nahmsweise laut ist (s. u. gu), wird ill wie ij gesprochen; also nicht als bloßes j, wie sonst nach den lauten Vocalen (vgl. bataille). 7) Während gn im Allgemeinen den verschmolzenen Laut nj hat (auch in magnötisme, incognito, impregner), — wird es g u. n ge­ sprochen im Anlaute (Guide, gnome) und in den Fremdwörtern: cognition, diagnose, agnat, stagnant, inexpugnable, regnicole, ign6, magnat. — Dem entsprechend verschiedene Sylbentheilung am Ende der Zeile: ma-gn6tisme (das verschmolzene gn ist untrennbar), aber: mag-nat. Anmerkung. Man hat nicht nöthig, le signet (das Lesezeichen) unregel­ mäßig auszusprechen, obwohl die Acad. das g in diesem Wort verstummen läßt.

5.

Die einfachen Consonanten, abgesehen von den stummen:

1) e wird wie g gesprochen in second und seinen Ableitungen; doch ist die regelmäßige Aussprache dieser Wörter keinesweges unerhört. Schmitz, Franz. Gr. 2teA.

2

18

Erster Theil.

Lautlehre.

Anmerkung. Man hat nicht nöthig, vermicelle unregelmäßig abzu­ sprechen (Einige sprechen es annäherungsweise italiänisch: vermichelle). Dasselbe gilt von czar (spr. kzar), welches Einige mehr russisch tzar schrei­ ben und sprechen.

2) ch behält seinen allgemeinen französischen Laut auch in fol­ genden Wörtern und Namen: chörubin, chimie, catöchisme, ebirurgie, tachygraphie, bachique, Achille, Michel, Zachee, les Acheens, Acheron, Machiavel. — Es wird wie k gesprochen vor Consonanten, z. B. chretien, technique, und in den meisten Wörtern griechischen Ursprungs: echo, orchestre, choeur, psychologie, anachoröte, Eschyle (ece-kile); ebenso in Michel-Ange. — In der Verbindung arch lautet es vor e u. i wie sch (archiduc, archevöque, hiärarchie, patriarche, Archimäde), sonst wie k: archange, archonte, ebenso in archiepiscopal. Anmerkung. Die Namen der fränkischen Könige Chilperic etc. sollen in den franz. Schulen allgemein mit ch gesprochen werden. Über manche fremde Namen mit ch, z. B. auch Eschyle, sind die Franzosen nicht einig.

3) g; — man hat nicht nöthig, la gangrene (der heiße Brand) unregelmäßig auszusprechen, obwohl die Acad. noch für k an statt gan ist. 4) gu; — diese Verbindung wird nicht wie ein bloßes hartes g, sondern wie g u. n gesprochen in folgenden Wörtern: aiguille (wie in aigu), aiguillon, aiguiser, inextinguible, sanguisuge, linguiste, arguer; ebenso in den Namen: Guide, Guise, Guyenne. Anmerkungen. Auch in dem Namen Guizot soll das u gesprochen wer­ den, doch hört man allgemein: ghi-zö. — In folgenden Wörtern und Namen wird gu regelmäßig (also ohne u) gesprochen: anguille, guide, guise, aiguiere Gießbecken, sanguinaire, onguent, guillemet, Guillaume, Guelfes.

5) qu; — diese Verbindung wird nicht wie ein bloßes k, son­ dern wie k u. u od. ou gesprochen in folgenden Wörtern, nämlich: a) wie k u. u (vor i und e) in äquitation, questeur, equestre, quintuple, qui6tude, Quintilien, Quinte - Curee; — b) wie kou (vor a): äquateur, öquation, quadrupMe, quaker (kouacre), quaterne, quadruple, quadrature, loquace. Anmerkung. Regelmäßig, also bloß wie k, wird qu gesprochen in folgenden Wörtern: equite, quadrille, quolibet, quiproquo, quotient (kocian), quote - part.

6) s hat, abweichend von der allgemeinen Regel, den scharfen Laut (le son sifflant) in folgenden Wörtern: monosyllabe, desuätude, präsäance, vraisemblable, sanguisuge, parasol; — den sanften Laut (le son chuchotant) in folgenden Wörtern: balsamum, transitif, transaction, transiger, transit, transition, VAlsace, Lisbonne. (Es

Cap. 3.

Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

19

behält aber seinen regelmäßigen scharfen Laut in transir). — Zusatz: sc lautet wie s, sch wie ch: scene, schisme. 7) ti; — diese Verbindung lautet nicht wie ci, sondern wie t u. i: a) nach einem s-Laut, z. B. question, bestial, dynastie, mixtion; — b) mit h verbunden, z. B. Chrestomathie; — c) in Wertformen, bei denen der Stamm mit reinem t dem Sprechenden unmittelbar vorschwebt: nous portions (porter), nous inventions (inventer), la sortie (sortir), je tiens (tenir), le maintien, le septidme (sept); — d) in folgenden Wörtern: amitte, chätier, entier, litidre (Streu), ortie Brennessel, lat. urtTca), Chretien. Anmerkung. Es lautet regelmäßig (also wie ci) in folgenden Wörtern, von denen das eine oder andere dem Lernenden zweifelhaft sein könnte: portion, invention, satiete, martial, balbutier, partiel, diplomatie, prophetie, inertie, la Dalmatie, V enitien, les Capetiens, Spartiate, epizootie Viehseuche (Littre ist für die regelmäßige Aussprache; auch die Aead., denn sie schweigt, wie bei diplomatie; Nap. Landais ist für ti).

8) x hat regelmäßig seinen allgemeinen scharfen Laut (ks) vor Consonanten und am Ende der Wörter (wenn es nicht stumm ist), z. B. excuse, dexterite, phenix, laxe. Ebenso im Allgemeinen im Inlaut der Wörter: axiome, oxygene, complexion, fixer, vexer, auxiliaire, Alexandre, le Mexique. — Es hat dagegen den sanften Laut (gz ob. gs): a) in dem anlautenden ex vor Vocal oder h, ebenso in hex, z. B. exemple, exact (also auch in inexact), exhorter, hexametre; — b) als Anlaut: Xylographie, Xavier, Xerces oder Xerxes. •— Außerdem: aa) wie s in soixante, Bruxelles, Auxerre; —■ bb) wie z in deuxidme u. j. w.; — cc) wie bloßes k vor ce u. ci: excepter, exciter. Anmerkung. Als Anlaut einiger seltener Wörter wird x mit dem all­ gemeinen scharfen Laut gesprochen, z. B. le xyste, der XystuS (bedeckter Säulen­ gang für die Übungen der Athleten, bei den alten Griechen).

6.

Die doppelten Consonanten:

1) Alle doppelt geschriebenen Consonanten, abgesehen von den liquiden (1, m, n, r), werden immer einfach ausgesprochen: abb6 (abe), accommoder, addition, affliger, apporter, laisser (laic6), aussi (ö ci), mettre (metre). Anmerkung: cc und gg vor e und i werden regelmäßig nach den all­ gemeinen Lautregeln gesprochen, also das erste c und g mit dem harten, das zweite mit dem weichen Laute: acces (ak-se), succinct (suk-sainct’), suggerer (sug-j ere), Suggestion arglistige Eingebung (sug-jece-thion).

2) Auch die doppelt geschriebenen liquiden Consonanten (1, m, n, r) werden im Allgemeinen, namentlich also in allen gewöhnlicheren Wör-

2*

20

Erster Theil. Lautlehre.

lern, einfach ausgesprochen, z. B. aller, colline, colläge, eile, ville; homme, flamme, femme; innocent, innombrable, bannir, hennir, annuler; terre, terrain, serrure, irriter, j'abhorre, je verrai, je pourrai. Talleyrand spr. taleran (in der niederen Volkssprache: tailleran). 3) In unzähligen Wörtern fordern die Orthoepisten, keinesweges aber unter sich immer übereinstilnmend, die doppelte Aussprache der liquiden Consonanten (1, m, n, r). Von großer Bedeutung erscheint diese Forderung bei der Zusammenstellung einzelner Wörter, die sich nur durch die einfache oder doppelte Aussprache der betreffenden Con­ sonanten unterscheiden, z. B. collation (leichtes Mahl) und collation (Verleihung einer Pfründe). Im Ganzen aber braucht man sie nicht ängstlich zu beachten, weil doch jedenfalls in der zusammenhängenden geläufigen Rede, zumal in der Umgangssprache, wenig davon zu hören ist. Spricht man nur die den Doppelconsonanten vorangehenden Vocale nach den allgemeinen Lautregeln richtig (z. B. illustre, syllabe, nullite; belliqueux; gallican, collision), so läuft man bei geläufiger Aus­ sprache keine Gefahr, einen merklichen Fehler zu machen. Wir dürfen uns daher darauf beschränken, einige Verbindungen, für welche die doppelte Aussprache gefordert wird, hervorzuheben, nämlich: a) die Wortanfänge ill, imm u. irr (z. B. illustre, immense, irregulier); — b) Futurum und Conditional von acquörir, courir u. mourir (z. B. j’acquerrai); — c) Wörter wie terreur u. horrible, in denen man des Nachdrucks wegen gerne das r stark vernehmlich spricht.

Anmerkung. Genau genommen, ist sogar die Meinung, daß die be­ treffenden Consonanten in den angeführten Wörtern wirklich und eigentlich doppelt ausgesprochen werden, ein entschiedener Irrthum. Eben dieses Irr­ thums lebt fast Jedermann in Deutschland in Betreff unserer Doppelconso­ nanten. Aber unsere Doppelung in der Schrift ist nur ein Mittel, durch welches die vorangehenden kurzen Vocale als solche bezeichnet werden. Wie schwer und beschwerlich es ist, ll wirklich doppelt zu sprechen, kann man bei langsamer Aussprache solcher Wörter wie „gefühllos" beobachten. Wir sprechen daher in geläufiger Rede sogar in solchen zusammengesetzten Wörtern den Doppelconso­ nanten einfach. Zur Hervorbringung jedes Consonanten gehören nämlich zwei Bewegungen im Sprachorgan: Ansetzen und Absetzen. Wenn man nun wirklich immense mit zwei m spräche (ime-mance, wie Nap. Laudais es bezeichnet), so müßte man nach dem ersten m die Lippen von einander ab­ setzen und sie beim Beginn des zweiten wieder an einander drücken. So spricht aber in der That Niemand. — Was es mit dem „doppelt" Sprechen der Consonanten für eine Bewandtniß hat, läßt sich am besten an r zeigen. R ist eine Vibration (ob lingual oder uval, ist hier gleichgültig); diese kann aus zwei oder unendlich vielen Schwingungen bestehen; man bildet nun nichts als eine zusammenhängende Reihe von Schwingungen (Eine Vibration, ohne ab­ zusetzen), wenn man zum Scherz macht: la grrrrrande nation; aber nicht

Cap. 3. Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

21

etwa 5 r. Selbst in „lehrreich" sprechen wir in geläufiger Rede wirklich nur Ein r. Und im Franz, hat man Mühe, il l’a von 11 a zu unterscheiden. — Hiernach kann also mit der „doppelten" Aussprache der liquiden Consonanten nur ein stärkeres Ausprägen ihrer Laute, vermittelst eines verlängerten Festhaltens der zu jedem Consonanten erforderlichen Position im Sprachorgan, gemeint sein.

7.

Die stummen Consonanten:

1) 1, m, n, r — am Ende der Sylben und Wörter sind im All­ gemeinen nicht stumm. Ausnahmen mit stummem 1, m ob. n ha­ ben wir oben bei den verschmolzenen und nasalen Lauten angeführt. R ist nur stumm in monsieur (mo-cieu) u. messieurs (me-cieu), volontiers, Angers u. Poitiers, und im Allgemeinen in dem aus­ lautenden er, welches wie e gesprochen wird (z. B. parier, se fier, danger, Alger, Roger). — Dagegen wird das auslautende er wie ere gesprochen in folgenden Fällen: a) in einsylbigen Wörtern (z. B. fer, fier stolz); — b) in den Wörtern: amer, la cuiller, enfer, hier (ehemals einsylbig), hiver, ether. 2) b, c, f; — auch diese drei Consonanten sind im Allgemeinen nicht stumm (sie sind z. B. laut in Jacob, lac, choc, neuf, bref).— Nur in einigen Wörtern sind sie ausnahmsweise stumm, nämlich (hier abgesehen von dem Zusammentreffen mit dem Nasenlaute, s. u.): a) b nur in le Doubs (Nebenfluß der Saone, spr. dou); b) c in almanach, broc Schleifkanne (brd), eroe Haken (cro), clerc, estomac, lacs Schnur, tabac, eaoutchouc, cric Winde, echecs Schachspiel (eche), marc Gewicht; — nicht stumm in echec Verlust, lacs Plural von lac. — (Manche lassen es verstummen in arsenic, porcs Plural von porc, S. Marc u. e. a.) c) f in cerf (cere), des (cle), eteuf Schlagball, oeufs, boeufs, nerfs; — aber nicht stumm in den Singularformen oeuf, boeuf, nerf. (Regelmäßig, also mit lautem f, werden ge­ sprochen serf u. serfs. Manche sprechen auch das f in cerf.) 3) d, g, p, s, t, x, z; — diese sieben Consonanten dagegen sind am Ende der Wörter regelmäßig stumm (z. B. froid, faubourg, doigt spr. doi, legs spr. le, drap, heros, soldat, Mahomet, paix, Cru­ cifix, la perdrix, le nez, le riz). Für diese Consonanten haben wir also die Fälle oder Wörter anzugeben, in denen sie ausnahmsweise laut sind, nämlich: a) d in Eigennamen: David, Madrid etc. b) g in joug (fpr.joug0) und zigzag. — (Man hat nicht nöthig, le bourg unregelmäßig auszusprechen, obwohl die Acad. für bourk ist. Aber bourgmestre lautet bourguemestre.)

22

Erster Theil.

Lautlehre.

c) p ist laut in cap, cep Rebe, le hanap der Humpen (v. Napf), julep Kühltrank, le croup die häutige Bräune, und in Eigennamen (z. B. Alep, Gap). — Das im Innern der Wörter in der Regel laute p (z. B. auch in precepte, septembre, septante) ist stumm in sept, septi&ne, baptäme, Baptiste, sculpter (ebenso in den Ableitungen, z.B. sculpture, baptiser). d) 8 wird ausgesprochen in fremden Eigennamen (V6nus, Mars, Madras), in Fremdwörtern (atlas, bis zweimal, oasis, mais, räbus) und in folgenden: le lis, la vis, Fos (öce), un as, moeurs, jadis, hälas, fils, laps, mars, ours, blocus, Arras, Anvers, Carpentras, Calvados, Stanislas, Pascal, Genlis, Clovis, Sieyes (siece), Mädicis, Agnes, es (bachelier-eslettres), plus (z. B. je dis plus, plus que vous, plus-queparfait; stumm in: plus grand, je n’en veux plus, il y a plus de sautes que de lignes), tous substantivisch gebraucht (z. B. tous pensent, ils sont tous heureux; stumm in: tous les hommes, tous deux). Anmerkung. Stumm ist s in folgenden Wörtern: lacs Schnur (la), pouls ipou), les os (ö), fleur de lis, S. Denis; Vosges (vöje), Des* cartes, Duguesclin. — Auch fils wird von Vielen fi gesprochen, nament­ lich im Innern eines Satzes, z. B. Le luxe est fils de la vanite. Aber die franz. Schauspieler sprechen das s immer aus, z. B. in le fils d’Achille; sie sprechen das s in fils und in fremden Eigennamen sogar in Reimen aus wie: suivis u. fils, confus u. Pyrrhus.

e) t laujtet in brüt, la dot (auch in les dots), fat, huit, but, chut, granit, mat, net, le fait, juillet (Viele sprechen das t nicht), transit, accessit, pretärit, subit; — ebenso th in luth; ct lauten in exact, direct, tact, strict, verdict, correct, infect, suspect (Viele sprechen suspä); — nur c lautet in aspect, respect, circonspect, district (in diesen Wörtern kann auch ct ganz quiesciren); pt lauten in rapt und concept; — nur t lautet in sept; st lauten in Fest, Fouest, le lest (Ballast), Brest, le Christ; — sie sind stumm in Jesus-Christ, Antechrist. Anmerkung. Für die Auffassung des auslautenden t in vielen Wörtern ist der Zusatz, den die Academie zum Worte preterit giebt, ein erheblicher Wink: On prononce un peu le T final. — Stumm ist th in asthme (spr. asm°; nicht azm^ wie die Acad. will).

f) x ist laut, und zwar: wie ks in phenix und anderen Fremd­ wörtern, ebenso Aix (en Provence) u. Aix-la-Chapelle,

Cap. 3.

Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

Cadix, — wie s in dix, six. auch in Aix u. Cadix).

23

(Einige sprechen x wie s

g) z ist laut, und zwar: wie z in gaz; — wie z oder wie s (dies ist streitig) in Rhodez, Senez, Suez, Cortez; — tz wie 8 in Metz (mece) und Retz. 4) Alle Endkonsonanten der Sylben wie der Wörter quiesciren oder verstummen, wenn ihnen ein Nasenlaut vorangeht: plomb

(plon), blaue, rond, sang, saus, champ, temps, poing, chant, prompt, instinct, eXempt, exempter, compte (conte), dompter; — ausgenommen: rumb (ronbe), zinc, donc am Anfange des Satzes, cinq, gens, le sens (s stumm in le bon sens), eens, lynx, exemption, somptueux, presomption, Symptome, redempteur, Reims oder Rheims (rince), Argens, Lens, Sens, subjonctif, distinct, succinct. 5) Der sonst laute Endconsonant eines Wortes ist meistens stumm, wenn ihm ein mit einem Consonanten anfangendes Wort folgt, das mit dem ersten Worte grammatisch eng verbunden ist. Beispiele: cinq jours, arc-boutant, porc gras, boeuf gras,

boeuf sale, oeuf dur, gens de lettres, le sens commun, plus grand, coq d’Inde, grand’mere, grand’chose, chef-d'oeuvre (spr. che-deuvr’), montrer a q. son bec jaune (d. i. sa sottise, man schreibt auch bejaune); — ausgenommen: chef-lieu, vif däsir. Anmerkung. Wo die enge grammatische oder Phraseologische Verbindung nicht vorhanden ist, darf der betr. Endconsonant nicht verstummen, z. B. soif brillante, piece de boeuf tremblante.

6) Die Endconsonanten der Zahlwörter erfordern beson­ dere Beachtung, nämlich: 1) cinq—dix sprechen den Endconsonanten aus und zwar x wie scharfes s; — 2) deux (deu), six, dix, neuf werden mit sanftem Endconsonanten (x — z, f — y) gebunden, z. B. deux amis (deu-zami), neuf enfants (neu-vanfan); — 3) der End­ consonant verstummt vor einem Consonanten, wo enger grammatischer Zusammenhang stattfindet, z. B. cinq jours, six mille, sept cents (s6), huit sous, neuf francs, dix ducats; aber nicht in cinq pour cent u. dgl., insbesondere nicht vor den Monatsnamen: le cinq janvier, le six fevrier, le sept mars, le huit mai, le neuf juin, le dix juillet (man sagte ehemals: le cinquieme od. le cinq de janvier); — 4) dix wird mit scharfem Auslaut gesprochen in dix-sept (dice-söte), mit sanftem in dix-huit (dize-huite), dix-neuf (dizeneuf); — 5) vingt (vain) spricht den Endconsonanten aus nicht nur in der Bindung (z. B. vingt-un), sondern auch vor den Zahlwörtern

24

Erster Theil.

Lautlehre.

deux bis neuf; also vingt-deux lautet vinte-deu, etc.; aber nicht in quatre-vingt-deux, etc 8.

Die Aspiration (h).

1) h ist im Allgemeinen stumm (h muette), und zwar: a) im Innern der Wörter immer (z. B. souhaiter, exhausser), mit Aus­ nahme von enhardir (kühn machen) und enharnacher (anschirren); — b) als Anlaut der Wörter lateinischen oder griechisch-lateinischen Ursprungs (z. B. l’homme, l’horloge, Vhirondelle, l’horizon, l’hexa* metre, VHälicon, VHelvätie); — von dieser Regel sind nur wenige Wörter ausgenommen und also aspirirt (zu denselben gehören na­ mentlich diejenigen Wörter, bei denen das h erst im Französischen vor­ getreten oder für f eingetreten ist); Übersicht dieser Ausnahmen: hurler (lat. ululare), haleter, keuchen (lat. halitare), le Kalo, der Hof um die Sonne le huis (ostium), in der Redens­ (lat. halos), art ä huis clos, und in den Ableitungen le huissier etc., la harpie (gr.-lat. harpyia), hennir (lat. hinnire), le herisson, der Igel (lat. erlcius), nebst hörisser, la hernie, der Bruch als Leibes­ le hibou, die Eule (wahrscheinlich schaden (lat. hernia), le h6ros (gr.-lat. heros), v. lat. bubo, der Uhu), la M6rarchie und hiörarchique la huppe, der Wiedehopf (lat. upupa); (gr. u. mittellat. Wörter); haut (lat. altus), nebst la hauteur, häbler, prahlen (vom span, hahautain, hausser u. a., blar, lat. fabulari), huit (lat. octo), hors (lat. foras). Regelmäßig aber verhalten sich hinwiederum: die zu häros ge­ hörigen Ableitungen (Heroine, Thöroisme, heroique etc.), alle, außer den beiden genannten, mit hier- anhebenden Wörter (hieratique, les hteroglyphes etc.) und Thaleine, der Athem (vom lat. anhelare, keuchen). Anmerkung. Ohne h schreiben die Franzosen folgende Eigennamen: Annibal, Amilcar, Asdrubal, Adrien; ßlagabal (ob. Heliogabale), ßphestion (ob. Hephestion).

2) Aspirirt ist das anlautende h (h aspiree) in allen Wörtern germanischen und sonstigen außerromanischen Ursprungs, ohne Ausnahme; ebenso in den Wörtern dunkeler oder zweifelhafter Her­ kunft (?). Übersicht der allgemein-gebräuchlichen Wörter dieser Art: la hache, das Beil (Hacke). hagard, verstört (?). la haie, der Zaun (Hecke, Hag),

le haillon, der Lumpen (Hader, mhd. hadelj. hai'r, hassen (goth. hatan, hat-

Cap. 3. Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen. jan), la haine (altfr. hai'ne) etc. la Kairo, das Bußhemd (HaarHemd). le Kaie, der Sonnenbrand (?). la halle, die Markt-Halle, la hallebarde, die Hellebarde (ahd. helmbarte), le ballier, das Dickicht (?). la halte, der Halt auf dem Marsch, le hamac, die Hängematte (holl, hangmat). le hameau, der Weiler (zu heim), la hanche, die Hüfte (Hanke, von Pferden). le hangar, der Wagen--Schuppen (?). le hanneton, der Maikäfer (von Hahn, vgl. engl, cockchafer). la banse, die Hansa (goth. hansa, Schaar). Kanter, oft besuchen, Hausen (wahr­ scheinlich zu hrim). happer, erschnappen, von Hunden (happen). la haquenee, der Zelter od. Paß­ gänger (?). la harangue, die Anrede (von Ring, ahd. bring), le haras, das Gestüt (?). harasser, ermüden (?). harceler, necken (?). les hardes, die Kleidungsstücke (?). hardi, kühn (v. hart?). le barem, der Harem (arab. das Verbotene). le hareng, der Häring (?). hargneux, zänkisch (v. Harm?). le haricot, die Bohne (?). la haridelle, die Schindmähre (?). le harnais, das Pferde- und Wagen-Geschirr, ehemals der

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Harnisch (celtisch: das Eisengeräth). le haro, das Zetergeschrei (ahd. hären, rufen), la harpe, die Harfe (?). le harpon, die Harpune (zu dem wenig gebräuchlichen harper, packen). la hart, die Gerte (?). le hasard, der Zufall (wahrschein­ lich v. ftmfc. jasar, Würfelspiel), la häte, die Eile, Hast, häve, bleich und hohläugig (ags. hasva, blaß und hager), le havre, der Seehafen, le havre-sac, der Tornister (eig. Hafersack). le her aut, der Herold (v. Heer u. walten). le here, in pauvre here, armer Schlucker (wahrscheinlich v.holl. heer, Herr). le heron, der Reiher (ahd. heb giro). la herse, die Egge ('?). le hätre, die Buche (der Hei­ ster, junges Buchenstämmchen u. dgl.). heurter, stoßen (verwandt mit hurtig, welches ursprünglich „im Stoße" bedeutet), hideux, abscheulich (?). hisser, aufhissen, le hobereau, der Baumfalk, auch verächtlich der Junker (?). hocher, schütteln (z. B. Bäume, den Kops), daher la hoche* queue, die Bachstelze, und le hochet, die Kinderklapper (?). le homard, der Hummer (dieses verwandt mit lat. cämmarus, Meerkrebs).

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Erster Theil. Lautlehre.

hongre, in cheval hongre, Wal­ lach, verschnittener Hengst, zu la Hongrie (f. u.). la honte, die Scham, Schande (Hohn, ahd. höna u. hönida). le hoquet, das Schlucksen (engl, hickup). la horde, die Horde (wahrschein­ lich ein mongolisches Wort), la hotte, die Butte (Hotte), le houblon, der Hopfen, la hone, die Haue. la houille, die Steinkohle (?). la houle, die hohle See. la houlette, der Schäferstab (?). la houppe, der Quast, der Haar­ büschel (wahrscheinlich von Haube, ahd. huba). la houri, die Huri (arab.). houspiller, zausen (?). la housse, die Schabracke, Decke (ahd. hülst, von hüllen), le houx, die Stechpalme (der

Hülst, ahd. hulis), housser, abstäuben, le houssoir, der Staubbesen. le hoyau, der Karst (Diminutiv von la houe). le huard, der Fischadler (vom Schrei hu). la buche, der Backtrog (engl, hutch). huer, mit lautem Geschrei ver­ folgen, la huee, das Hohn­ geschrei (vom Schrei hu), le huguenot, der Hugenotte (wahrscheinlich Diminutiv von Hugues, Hugo), humer, einschlürfen (?). la hune, der Mastkorb (ags. hün). la hure, der Kopf des Hechts, des wilden Schweins rc. (?). le hussard, der Husar (ungarisch: der „Zwanzigste"), la kutte, die Hütte (mit Hut verwandt).

Auch in den Eigennamen nicht-lateinischen (gr.-lat.) Ursprungs ist das anlautende h aspirirt, z. B. le Hainaut (Hennegau), la Havane, le Havre, la Haye, la Hollande, les Huns (le-un, aber un gedehnt), la Hongrie, Henri, la Henriade. — Jedoch sagt man in der Umgangssprache meistens des ducats d’Hollande, du vin d'Hongrie u. dgl. Das h in Henriette ist immer stumm; das von Henri in der Umgangssprache ebenfalls (d’Henri). Man sagt: la maison de Habsbourg, aber: le comte d’Habsbourg; Tuniversitä de Heidelberg, aber: le catechisme d’Heidelberg, u. dgl. Aspirirt ist auch das anlautende h der Interjectionen: ha, he, hein? hem, ho, hola, hourra, hue, huhau; aber nicht in hölas (spr.

Cap. 3.

Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

27

Jedoch sagt man: entr’onze teures et midi, und in der Umgangs­ sprache: je dis qu’oui. Man sagt: de la ouate, aber: une couver* ture d’ouate, u. dgl. Man bindet t mit onze, z.B. II est onze teures. Anmerkung. Man hat nicht nöthig, das a in la ouate unregelmäßig aus­ zusprechen, obwohl die Aead. für ouete ist.

4) Endlich wird auch in fremden, wenig bekannten oder selten vorkommenden Eigennamen, der Deutlichkeit wegen, ein anlautender Vocal mitunter als aspirirt betrachtet oder wenigstens behandelt; z.B. On donnait quelquefois a tous les Scythes le nom de Iazyges. 9.

Das Verschlucken oder Entstellen gewisser Vocale und Consonanten in der gemeinen Volkssprache.

Es giebt in allen Sprachen, abgesehen von den besonderen ört­ lichen Mundarten oder Dialecten (les dialectes, les patois), gewisse allgemeinere Nachlässigkeiten in der Aussprache, welche der niederen Volkssprache eigen sind, aber auch häufig in der alltäglichen, so zu sagen häuslichen Sprache der Gebildeten aus einer Art Bequemlichkeit oder aus scherzhafter Flüchtigkeit begangen werden. So sagen die meisten gebildeten Deutschen gelegentlich nich' statt nicht, or'ntlich statt ordentlich, es regent statt es regnet, du f oft statt du sollst, u. dgl. Solche Dinge braucht der Ausländer natürlich nicht zu lernen; sie würden sich in seinem Munde nur comisch ausnehmen. Er muß von ihrer Existenz einige Kenntniß haben, um sie vorkommenden Falls leicht verstehen und würdigen zu können. Vollends aber müssen wir die entsprechenden Nachlässigkeiten der Franzosen deshalb berücksichtigen, weil man dieselben dem Französisch lernenden Deutschen als nach­ ahmungswürdige oder selbst als nothwendige Eigenthümlichkeiten der Conversationssprache nicht selten sogar eyipfohlen hat. Hierher gehören nun allerlei Flüchtigkeiten oder Entstellungen wie folgende: quat’ (quatre), tat’ (tadle), plaisi’ (plaisir), i's ont (ils ont), i’parlent (ils parlent), s'i vous plait (s'il vous plait), que’que ctose (quelque ctose), que’qu’un (quelqu’un), me’credi (mercredi), e'te femme (cette femme); espression (expression); — urope (Europe), u-nenfant (un enfant), et bin (et bien), öci (aussi), voui (oui). Anmerkung. Zu den Flüchtigkeiten der niederen Volkssprache gehört unserer Überzeugung nach auch die Aussprache vo-iez (voyez), cro-iant (croyant), obwohl Littre durchweg für sie Partei nimmt. (Bei uy- ist er wie alle Orthoepisten für die Doppelung des i, z. B. appuyer.) — Eben dahin ave-vous (avec vous), für welches Littre sich ebenfalls erklärt.

28

Erster Theil.

10.

Lautlehre.

Die Aussprache lateinischer und anderer ausländi­ scher Wörter und Eigennamen.

1) Das Lateinische sprechen die Franzosen, ebenso wie alle anderen Nationen, im Ganzen wie ihre eigene Sprache aus. Sie sprechen demnach die lat. Wörter auch mit franz. Betonung der letzten Sylbe, ohne Berücksichtigung der Quantität (z. 33. duco: düko, ducere: ducerä, docere: docere). — Jedoch weichen sie der Deutlichkeit we­ gen in mehreren Puncten von der ganz französischen Aussprache ab. Die hauptsächlichsten sind folgende: a) alle Consonanten werden ausgesprochen, z. B. vivat, pater, Jupiter, Romulus, Cyrus, Iris, Mars (märce), gratis, bis, omnibus, larynx, sphinx. b) ch wie k: Antiochus, Bacchus (bä-cuce), schola. c) ill u. gn immer rein, nicht mit dem son mouille: capillus, agnus. d) der Nasenlaut unterliegt folgenden Einschränkungen: aa) er unterbleibt im Auslaut der Wörter, z. B. terram, abdomen, hominem, decem (daher auch in decemvir); — bb) um lautet wie ome (omm), un wie on, en im Inlaut wie ain: factum, album, post-scriptum, punctum, pensum, triumvir; em wie ain (z. B. Memphis) oder wie eme (z. B. Memnon). e) das e in der offenen Sylbe, also auch am Ende der Wörter, immer wie e: amare, Te Deutn. f) in den Verbindungen gu und qu wird der Vocal u immer ausgesprochen, und zwar vor e, i, y, ae wie u, vor a, o, u wie ou: tranquillus, requiem (recuieme), quaestor, quatuor, lingua. g) ae u. 06 wie 6: Maecenas, poena, etc. (ete cetera). Anmerkungen: 1) Griechisch-lat. Wörter oder Namen folgen natürlich denselben Regeln, z. B. Philopoemen. — 2) Biblische Namen (aus der Vulgata) ebenfalls, z. B. Abraham, Emmanuel, Jacob, Japhet, Judith, fiden; ebenso amen. — 3) Lat. u. a. Wörter oder Namen, die als frrnzösische oder im Context der franz. Rede gebraucht werden, erhalten fast immer auf dem offenen e den Acutus: memento, decemvir, interim, Tiberius, Pompeius Rufus (der berühmte Pompejus heißt Pompee), Hebe, Xenophon; ohne Acutus, aber doch mit dem e-Laut, werden gebraucht: Te Deum, requiem; — ganz französisch werden gesprochen: Penelope, Xantippe (dfo e muet;, Tempe (tanpe), Adam (adan), ßzechias (-cliiäce), Joachim (-chain); le gentile (jan); — en wie ain in examen, hymen (imain, die Acad. ist für imene); — 8 ist stumm in Jesus, Thomas, auch wott in Judas

u. Mathias.

Cap. 3. Die besonderen Lautregeln nebst Ausnahmen.

29

2) Das Griechische sprachen die Franzosen bis auf die neueste Zeit ebenfalls im Ganzen wie das Lateinische aus. -Gegenwärtig ist der Unterrichtsminister Victor Duruy bestrebt, die neugriechische Aus­ sprache (den Jtacismus) in Schulen einzuführen. 3) Ausländische Eigennamen (abgesehen von den französirten, wie z B. Mayence) werden im Ganzen wie lateinische Wörter (s. o.) behandelt. Ibrahim (ibra-ime). Suez (su-6ze). Bender (baindere). L’Oder. Le Weser. Le Sund (sende). Munster (mon-stere, Manche sprechen jedoch: mun-stere). Eisleben (eslebene). Die En­ dung in wird ganz französisch gesprochen, z. B. Berlin. Ebenso all­ bekannte Namen, zumal wenn sie einigermaßen französirt sind, z. B. Nuremberg (nuranbere, indessen sprechen Manche: nu-rain-berk), Wurtemberg. Mecklembourg (mek-lain-bour). Oldenbourg (oldain-bour). Man hat nicht nöthig, wie Nap. Landais will, das t in Westphalie verstummen zu lassen. Ajaccio wird ajacio gesprochen. — Die Namen berühmter Männer werden natürlich von gebildeten Fran­ zosen soviel als möglich unverändert gelassen, wenn auch, da sie sonst nicht in den Context der franz. Rede passen würden, mit franz. Be­ tonung gesprochen, z. B. Schiller (chil-W, Goethe (gheut’), Shake­ speare (chek-spir'). Übereinstimmend mit der oberdeutschen Aus­ sprache wird g Hart gesprochen in Geliert, Gessner u. a. (ebenso in Rügen u. dgl.). Ch gleich k, wie im Italiänischen, in Michel-Ange. Ausländische Wörter, welche wie lady, sport, toast, beafsteak (viele Franzosen sprechen und schreiben: bifteck), plaid, landwehr, kirschwasser, alguazil (goua) zu allgemeiner Kenntniß gelangen, werden immer mehr ihrer Herkunft entsprechend ausgesprochen. Manche nehmen eine halb-französische Aussprache an, wie: punch (ponche), rhum (homonym mit Rome), tunnel (tonnelle), isfam (islame), mit­ unter auch eine halb-französische schriftliche Gestalt, tote: pouding (poudaingue). Ganz französisch werden gesprochen: club (Einige sind für cloub), budget,— adagio, andante (Manche sprechen: andante), vermicelle, violoncelle (Emige sind für die halb-italiänische Aus­ sprache: vermichelle, violouchelle), — musulman. Wie ou wird u gesprochen in: mameluk, mufti. Dem Portugiesischen ähnlich wird curagao (curagö) gesprochen.

Cap. 4.

Die Prosodie.

Einleitung. Das Wort Prosodie, wovon lat. accentus die wörtliche Übersetzung ist (der „Zugesang" oder das „Beitönen"), bezeichnete bei den Alten alles Das, was außer dem Material der Sprachlaute, gleichsam als

30

Erster Theil. Lautlehre.

Zuthat oder Nebenumstand, an den gesprochenen oder gesungenen Sylben der Wörter gehört und in der Schrift durch die Hülfszeichen (Accente, Spiritus, Apostroph rc.) angedeutet wurde. In diesem Sinne haben die Franzosen das Wort meistens festgehalten, z. B. der Abbe d'Olivet in s. Traite de la prosodie frangoise, während willkürlich einerseits unsere Grammatiker dasselbe auf die Lehre von der Quantität oder Sylbenmessung beschränkt, andererseits neuere franz. Orthoepisten es auf die ganze Lehre von der Aussprache ausge­ dehnt haben. Indem wir in diesem Capitel Quantität, Betonung, Bindung und Versbau vereinigen, nehmen wir das Wort ziemlich in demselben Um­ fange wie d'Olivet und verstehen darunter die Lehre von den Sylben nach ihrem, so zu sagen, dynamischen Verhalten zu einander.

1. Die Quantität (la quantitö). Man unterscheidet lange (syllabes longues), kurze (s. breves) und mittellange oder schwankende Sylben (s. douteuses), je nach der Länge oder Kürze der Voeallaute in denselben. Die Quantität der Sylben und der Vocale ist daher im Französischen immer gleichnamig, während es im Deutschen lange Sylben mit kurzem Vocallaut giebt (z. B. Sang). Die Kürze ist im Französischen bei weitem das Vorherrschende, die Regel. Lang sind die Sylben oder Vocale nur in gewissen Fällen oder in einzelnen Wörtern. Da die Kürze dem französischen Ohr vorzugsweise zusagt, so geben die Franzosen den kurzen Sylben oder Vocalen auch das Prädicat doux, während sie die Länge nach ihrer Empfindung mit dem Prädicat grave oder fort characterisiren. — Auch ist die Länge des Vocals im Französischen keinesweges eine so entschiedene, constante Dehnung wie im Deutschen. Vielmehr haben die als lang gellenden, von den Orthoepisten oder Prosodisten als lang bezeichneten, in der Declamation (die deshalb une espece de chant genannt wird) häufig mit bedeutender Dehnung gesprochenen Vocale in der wirklichen Sprache des Lebens, in der allgemeinen Um­ gangssprache überall eine so energische Tendenz zur Kürze (zum adoucissement), daß der Unterschied zwischen langen und kurzen Vo­ calen, wo nicht qualitative Verschiedenheit der Laute obwaltet und wo nicht die weiche Beschaffenheit auslautender Consonanten das Ohr täuscht, meistens kaum wahrnehmbar ist. — Daher sogar bei den Dichtern häufige Reime wie äme u. dame, gräce u. audace, passe u. chasse, obwohl sonst im Französischen auf strenge Vollkommenheit des Reimes gehalten wird. Anmerkung. Ein Beweis von der energischen und immer fortwirkenden Tendenz der franz. Sprache zur Kürzung oder „Milderung" der langen Vocale ist die Thatsache, daß selbst in den letzten Jahrhunderten manche Wörter die

Cap. 4.

Prosodie.

31

Länge geradezu aufgegeben haben. So bezeichnete der Grammatiker Chifflet im 17. Jahrh. z. B. brave als entschieden lang, welches jetzt kaum noch als mittellang gilt. Auch ist es bei der beweglichen Beschaffenheit der Längen natürlich, daß die Autoritäten der Jetztzeit in ihren Angaben häufig unsicher und unter sich nicht einig sind. Hieraus ergeben sich folgende practische Vorbemerkungen: 1) Man darf die als lang geltenden Vocale nicht mit übertriebener, allzu auffallender Dehnung sprechen. — 2) Man braucht in den Fällen, wo der angeblich lange Vocal sich von dem kurzen nicht wesentlich in der Qualität des Lautes unterscheidet, in der Beachtung der Quan­ titätsregeln am wenigsten ängstlich zu sein (dies gilt namentlich von den Lauten i, u, ou, die im Französischen immer denselben ungetrüb­ ten Character haben). — 3) Man muß auf alle Fälle die auslauten­ den weichen oder continuirlichen Consonanten, welche dem vorangehenden Vocal leicht den Anschein einiger Dehnung geben, mit der gehörigen Vollkommenheit aussprechen. Nachdem wir oben als allgemeinste Regel die Kürze der Vocal­ laute aufgestellt haben, lassen wir nun die wichtigsten besonderen Quantitätsregeln folgen: 1) Lang sind alle mit dem Circumflex bezeichneten Vocale: äge, interät, maitre, croitre, reve, röle, hötel, auniöne, le vötre. — Insbesondere sind diejenigen Wörter zu beachten, welche sich durch den Circumflex und also durch die Länge des Vocals von anderen mit kurzem Vocal unterscheiden, als: la täche die Aufgabe (la tache der Fleck), le jeüne das Fasten (jeune jung), la chässe die Ein­ fassung (la chasse die Jagd), le mätin der Hofhund (le matin der Morgen).

Kurz sind ausnahmsweise: vous etes, röti, höpital, treve (de com> pliments), du, crü. — In Wörtern wie diner, abime, Ile, glte, brüler, bücher, la flute kommt nach dem oben Gesagten die Quantität kaum in Betracht, weil die Qualität der Vocale dieselbe bleibt, ob man sie kürzer oder länger spricht. Es ist daher auch ziemlich gleichgültig, ob mau z. B. flute mit Littre als lang oder mit NaP. Landais als kurz ansehen will. 2) Lang ist der Monophthong au: haut, hauteur, auteur, autel, autre, 6paule, beau, beautä, beaucoup, chapeau, saut er, Pauline, auberge, autant, aussi (öci), Saul (Saulus, vgl. Saül Saul).

Kurz ist au vor r in unbetonten Sylben, 3. 23. j’aurai (j öre), aurore; außerdem ausnahmsweise in Paul (pol) u. mauvais (mo-wäh). 3) Lang sind alle Vocale vor einem stummen e und vor den Verbalendungen ions und iez: vie, pensäe, joie, haie, je loue; nous priions, vous priiez, nous jouions, nous tuions, nous voyions.

32

Erster Theil.

Lautlehre.

4) Lang sind alle Nasenlaute im weiblichen Wortausgang: abondance, patience, ambre, temple, grande. Anmerkung. Dehnbar sind die franz. Nasenlaute überhaupt und sie werden auch häufig bei besonderem Affect, der durch den rhetorischen Accent (s. u.) ausgedrückt wird, mit bedeutender Dehnung gesprochen. Dies gilt aber nicht bloß von den Nasenlauten im Innern der Wörter (wie behauptet zu werden Pflegt), sondern auch im Auslaut. So kann z. B. non sehr verschieden gesprochen werden; ganz flüchtig: nön, nön; oder mit großem Nachdruck und sehr ge­ dehnt: nön, nön.

5) Lang sind die Vocale vor dem verschmolzenen weib­ lichen Wortausgang (ille): bataille, taille, Versailles, il travaille, qu’il aille, vieille, rouille. Anmerkung. Die Vocale vor 1 mouillee sind überhaupt dehnbar, haben aber eine entschiedene Tendenz zur Kürze. Einzelne Wörter werden geradezu als kurz bezeichnet, so: medaille, abeille, quenouille; auch: fille. — Sonst sind die Vocale vor 1 mouillee (in unbetonten Sylven und im männlichen Ausgang) im Allgemeinen kurz: travailler, travail, ailleurs, jaillir, cueillir, bouillir, bataillon, vieillard. — Lang ist a ausnahmsweise in railler und seinen Ableitungen.

6) Lang sind die Vocale vor gewissen Consonanten, näm­ lich: a) vor den stummen Consonanten s, x und z, wie auch vor stummen Consonantenverbindungen, jedoch ist hier wieder insbesondere vor übertriebenem Dehnen zu warnen, z. B. bas, gros, amas, tu as, apres, bras, heros, les rois, les mots, les boeufs (böh); hierauf gründet sich die oft zu weit ausgedehnte Behauptung, daß das s des Plurals lang mache; mais lautet in der Umgangssprache meistens kurz wie me; - b) o ist überhaupt vor stummen Consonanten lang: flöt, mot (kurz in sans mot dire), trop (kurz in der Bindung: trop aimable), broc; — c) lang sind die Vocale a und o vor dem sanften s, z. B. äcraser, jaser, proposer, chose, la rosse, explosion; — d) entschieden lang ferner vor re und rre (wo o den offenen, liefen Laut hat): rare, il barre, päre, terre, empire, encore, il abhorre, verdure; ebenso vor r mit einem nachfolgenden stummen Consonanten: il part, il perd, le sort, il meurt; — e) lang oder mittellang vor ge, ve, insbesondere e vor le und Ile: rage, collöge, tige, loge, juge, esclave, söve, glaive, captive, le zele, belle, quelle; — f) lang vor der Endung tion: nation, emotion; — g) lang bleiben die Wörter auf stummes s auch in ihren Ableitungen, z. B. bas: basse, bassesse, baisser, pas: passer, passage (passer toirb jedenfalls als Ableitung von pas empfunden, wenn es auch in der Wirklichkeit von tat. pandere, Part. pansus ob. passus, herrühren sollte; kurz ist da-

Cap.

4. Prosodie.

33

gegen a in passif u. a.), gros: grosse, grossier, grosseur, dos: endosser. Anmerkung. Kurz ist das unbetonte a und o in hasard, magasin, basane, cosaque u. dgl. — Während ai in baisser (v. bas) lang ist, wird es dagegen kurz gesprochen in laisser, vaisseau u. a. — Während e vor rr lang, vor 11 wenigstens mittellang ist (terre, teile), ist es vor ss, nn etc. kurz (jeunesse, ancienne).

7) Da die unbetonten Sylben flüchtiger, die betonten sorgfältiger ausgesprochen werden, so ergiebt sich hieraus die allgemeine Regel, daß die Länge der Vocale in den unbetonten Sylben geringer oder weniger vernehmlich ist, als in der Tonsylbe. Daher wird z. B. flamme zwar von Vielen als lang bezeichnet, nicht aber enflammer. — Der Einfluß der Betonung auf die Quantität geht aber noch weiter in der geläufigen zusammenhängenden Rede. Erstens werden an sich lange Wörter durch Anlehnung an andere, auf denen der Ton ruht, nicht nur im Allgemeinen flüchtiger, sondern oft auch geradezu kurz, z. B. quart in un quart d’heure, trop in trop aimable, mot in sans mot dire. Zweitens werden an sich unbetonte, aber lange Sylben sehr bedeutend gedehnt, wenn der rhetorische Accent oder Redeton (s. u.) auf sie fällt. So z. B. die erste Sylbe von maison in folgendem, mit leidenschaftlichem Affect gesprochenem Satze: Restez dans votre mal s o n. Außer den durch besondere Regeln bestimmten Fällen pflegen die Prosodisten noch eine Menge einzelner Wörter mit langen Vocalen hervorzuheben; beachtenswerth sind die folgenden: mit langem a: un a, fable, sabre, espace, Jacques, gagner, baron, flamme, damner, la classe, vor lautem s, rs, z: un as, Pallas, mars, le gaz, char (a kurz in car u. par). mit langem o: un o, 6cho, haro, zäro, un os (öce); atome, axiome, Idiome, arome (daher werden diese vier Wörter von Einigen mit dem Circumftex geschrieben); la fasse nebst den Ableitungen (le foss6 etc.), Vor. mit langem ai: la haine. Anmerkung. Es mag nicht überflüssig sein, wenn wir hingegen eine Anzahl Wörter mit lauter entschieden kurzen Vocalen hierher setzen, die in Deutschland nicht selten fehlerhaft ausgesprochen werden: dame, place, pape, Rome, ecole, mode, niece, sieche, haieine, semaine, laine, morale, prophete, monotone. — Wie würde es uns gefallen, wenn Jemand spräche Faaß anstatt Faß, Schlooß anstatt Schloß, ahn anstatt an?

Schmitz, Franz. Gr. 2te A.

3

Erster Theil.

34 2.

Lautlehre.

Die Betonung (Vaccent tonique).

1) Die allgemeine Betonung der einzelnen Wörter (Vaccent tonique ou prosodique) ist merkwürdigerweise bis in die

neueste Zeit ein Gegenstand des Streites gewesen.

Manche haben

Quantität und Betonung, allgemeine (grammatische) Betonung und allerdings häufig vorkommende absonderliche (rhetorische) Betonung, Accent im Sinne der allgemeinen Betonung und Accent im Sinne besonderer nationaler oder provincialer Hebung der Stimme (accent national, accent provincial) verwechselt und aus Grund solcher Ver­ wechselungen unrichtige Behauptungen über die französische Betonung aufgestellt. Nachdem wir solche Unrichtigkeiten angedeutet haben, können wir die möglichst einfache Darlegung des an sich so einfachen Sach­ verhalts folgen lassen: a) Jede einzelne Sylbe und folglich auch jedes einsylbige Wort werden, für sich allein, mit demjenigen kräftigen Stoß der Stimme ausgesprochen, welchen man eben Betonung nennt, d. i. sie find betont: le, 1a, 1a, ma, pas, fort, grand, feu, roi, miel. b) Jedes mehrsylbige Wort wird, für sich allein, so aus­ gesprochen, daß durch die Betonung Einer Sylbe die Mehrheit der

Glieder zur Einheit des Wortes zusammengefaßt wird, indem sich da­ durch die unbetonten Sylben der betonten anfügen und unterordnen. Im Französischen gilt ohne Ausnahme die einfache Regel: Der Ton liegt auf der letzten volllautenden Sylbe der Wörter (Vaccent tonique est toujours en fran^ais sur 1a dernfere syllabe sonore). Man nennt diejenigen Wörter, deren letzte Sylbe eine volllautende ist, Wörter mit männlichem Ausgang (mots ä terminaison masculine); diejenigen, deren letzte Sylbe durch ein „stummes" oder leises e ge­ bildet wird, Wörter mit weiblichem Ausgang (mots ä terminaison feminine). Jene haben also den Ton aus der letzten Sylbe, diese haben ihn aus der vorletzten (Vavant-dernfere ou la pönultfeme): aimer, amour, aimable, excuser, religion, gänörosife; pere, fable, triomphe, sanctuaire, adorable. Anmerkung. Diese so einfache Betonung verdankt die französische Sprache ihrer lateinischen Abstammung. Die unbetonten Sylben der lateinischen Wörter wurden nämlich bei deren Übergang zum Französischen theils abgeworfen, theils zu der halblauten oder leisen weiblichen Endung zusammengezogen und die Tonsylbe behielt ihre Stelle. So wurde lat. amäre: aimer, amörem: amour, amäbilis: aimable, excusäre: excuser, religiönem: religion, generositätem: generosite; patrem: pere, fabula: fable, triümphus: triomphe, sanctuarium: sanctuaire, adorabilis: adorable. (Über die

Cap. 4. Prosodie.

35

Fortschiebung oder Zurückziehung des Tones, z. B. lat. facilis: facile, moiv dere: moj*dre, s. die etymologische Lautlehre.)

2) In der zusammenhängenden Rede bildet der Satz, wenn er in Einem Zuge ohne Pause auszusprechen ist, oder aber das durch eine eintretende Pause abgegränzte Satzglied allemal ein Ton­ ganzes, zu dessen letzter Sylbe die Betonung fortgeschoben wird. Man kann diese den Satz oder das Satzglied zur Einheit zu­ sammenfassende Betonung am zweckmäßigsten die allgemeine syntactische Betonung (l’accent logique) nennen. Der dem einzelnen Wort eigene Ton, den man den etymologischen nennen kann, muß sich im Fluß der Rede dergestalt der shntactischen Betonung unter­ ordnen, 'daß er entweder zu einem bloßen Nebenton (accent secon* daire) herabsinkt oder aber, was von dem Ton der kürzeren und sehr abstracten Hülfswörter gilt, bis zu völliger Tonlosigkeit schwindet. Beispiele: vous vouZeg, voulez-votis? vous ne voulez pas, allezvous-en, ce mot-ci, cette femme-Z«, aura-t-on, l’avez-vous vu? je Tai Ulicite, je Tai felicitä sur son manage, cette maison est agr6a6Ze, une agreable nouveile, Thomme est mortel, une ligne quelconque, je ne perdrai pas de peine pour rien. II attend depuis une heure | a la porte du jarrlin. La pale mors | frappe 6galement du pied | a la porte des cabanes | et ä celle des palais. Sans Vhumanite, | vertu | qui comprend tontes les ver­ tu«, | on ne meriterait gudre le nom d’Ztomme. Anmerkungen: 1) Auch der Vers oder der durch eine Cäsur abgegränzte BerSabschnitt bildet ein Tonganzes mit syntactischer Betonung; etwas An­ deres ist die rhythmische Bewegung und Betonung der Bestandtheile des Verses im Gesänge (f. it.). — 2) Man nennt den wohl-gegliederten Satz und Vers: phrase bien coupee, vers bien coupe. Man fordert von der Lectüre und Declamation, daß jeder Satz wohl-gegliedert vorgetragen und be­ tont werde: eile doit etre bien phrasee, ein Ausdruck, der eigentlich vom mustcalischen Satze gesagt wird.

3) Der bisher betrachteten allgemeinen etymologischen und syntactischen Betonung, die man unter dem Namen der grammatischen Betonung (accent grammatical) zusammenfaßt, tritt aber nicht selten eine absonderliche individuelle Betonungsweise entgegen. Das spre­ chende Individuum kann nämlich gelegentlich, aus verschiedenen Grün­ den, irgend welches Glied eines Wortes, irgend welchen Bestandtheil eines Satzes mit einer besonderen Kraft dergestalt hervorheben, daß dadurch alle übrigen Glieder oder Bestandtheile mehr oder weniger übertönt werden. Ich kann z. B. sagen: Malerin (nicht Maler), er will essen (sie nicht). Man nennt dies die rhetorische Betonung oder den Redeton (l’accent oratoire). — Die Bestimmungsgründe 3*

36

Erster Theil.

Lautlehre.

der rhetorischen Betonung liegen im Denken, Fühlen und Wollen des sprechenden Individuums. Aber immer ist es ein besonderes 3n* teresse an dem betreffenden Bestandtheil, was der Sprechende durch die rhetorische Betonung zu erkennen giebt. Eine Rede mit zu viel­ facher Anwendung dieser Betonungsweise würde affectirt und widerlich klingen. Eine Rede ohne alle rhetorische Betonung würde sich farblos, leblos, frostig ausnehmen. Da die Bestimmungsgründe der rhetori­ schen Betonung allgemein-menschlicher Natur sind, so ist diese Beto­ nungsweise auch im Allgemeinen in allen Sprachen dieselbe und braucht daher nicht erst durch besondere Regeln näher bestimmt zu werden. Indessen mögen folgende Beispiele ihr Eintreten im Französischen ver­ anschaulichen. L’homme propose, Dieu dispose. Les grands di* seurs ne sont pas les grands faiseurs. Oignez vilain, il vous polndra; poignez vilain, il vous obidra. Je ne parle pas de Paris (pari), mais de Paris (pärice). Ne dites pas avant, mais de* vant. — (Fest une belle fleur que la rose. Ah! la bonne chase que la richesse dans des mains bienfaisantes! Un bon prince doit ätre le phe de ses sujets, et non pas leur tyran. C’6tait un cruel moment. Autrefois j’etais ahne. J’ai attendu deux mortelles heures. — Die Zahlwörter haben meistens den Redeton: deux hommes (nicht trois, quatre), le cinquibme livre (nicht le quatrieme). Ebenso: la hasse Allemagne (nicht la haute Allemagne); gründ*chose, grand’pitiö, graiuVm&re, 6eait-fils, beaitcoup. — Das zeigende Adverb lä wird seiner Bedeutung wegen immer lebhaft und schärf betont, z. B. En quittant la Sicile, Pyrrhus s’ecria: Quel. beau champ de bataille nous laissons lä aux Romains et aux Carthaginois! Hervorgehoben zu werden verdient, wenn auch nicht als etwas dem Französischen ausschließlich Eigenthümliches, so doch als etwas dem Franzosen besonders Geläufiges, die starke Anwendung der rhe­ torischen Betonung beim leidenschaftlichen Affect, indem die lebhafte malende Schilderung, die nachdrucksvolle vehemente Einschärfung u. dgl. auffallend selbst bei einzelnen Sylben verweilt. Beispiele: Le tigre | courut ä lui | avec un ntgissement de joie. Restez dans votre maison. - Sogar das enclitische (sich immer anlehnende) je betonte die Rachel zuweilen, um die Stärke der subjectiven Überzeugung oder des Willens auszudrücken, mit großer Vehemenz, z. B. am Anfang eines Verses: Je pense. Vielfach sucht der Franzose indessen den rhetorischen Wortaccent mit dem grammatischen in Einklang zu bringen, und bedient sich dazu verschiedener Mittel. Beispiele: Je te le dis, | mol Ils tombent, | 668 palais | que Fart en vain däcore. (Fest mon opinion ä mol. Votre devoir, ä vous, est de lui obäir. Cet ho^me-ci est moins

Cap. 4. estimable que cet homme-fa. je veux parier. 3.

Prosodie.

37

C'est a vous, ] mon esprit, ä qui

Die Bindung (la liaison).

Vorbemerkung. In der Musik werden mehrere Töne nacheinander ent­ weder einzeln gebildet, wie man sagt: „abgesetzt" oder „abgestoßen" (staccato) vorgetragen, oder sie werden unabgesetzt, in Einem Zuge gebildet; man nennt die letztere Art des Vortrags die Schleifung oder Bindung (la liaison). Ebenso werden in den Sprachen mehrere Sylben nacheinander theils isolirt theils mit Schleifung oder Bindung gesprochen, z. B. im Deutschen a) isolirt: Bei erbe, unangenehm, b) geschleift oder gebunden: Leier, darum, beobachten. Auch mehrere eng zusammengehörige Wörter werden im Deutschen, bei ge­ läufiger Aussprache, mitunter gebunden, z. B. um und um. — Im Franzö­ sischen ist die Bindung die Regel. Ohne die Bindung würde zwischen zwei Vocalen ein dem Franzosen unleidlicher Übellaut (cacophonie), nämlich die Gähnung oder der Hiatus (le bäillement ou l’hiatus), entstehen. 1) Bindung im Innern des Wortes: a) Zwei zusammen­ treffende Vocale (wenn auch in der Schrift durch ein h getrennt) werden immer mit Schleifung oder Bindung gesprochen, z. B. poeme, lier, reunir, Moise, trahir. — b) Der Endeonsonant einer Sylbe, etymologisch angesehen, wird immer mit einem folgenden Vocal zu­ sammengesprochen oder gebunden, z. B. inegal (i-negal), desarmer (de-zarme), malheur (rna-lenr), in-octavo (i-noctavo), nonobstant (no-nobstan), bienheureux (bie-neureu). 2) Bindung zweier Wörter. Hier sind folgende Fälle zu unterscheiden: a) Bindung zweier Wörter vermittelst der Elision eines Vocals nach einem Consonanten (die Elision mag in der Schrift durch Apostrophirung ausgeführt sein oder nicht), z. B. Tarni, quatre amis (qua4ramis), aimable enfant, pauvre homme. — b) Bindung zweier Wörter vermittelst der Elision eines Vocals nach einem anderen Vocal, z. B. vie intime (vl-intime), Alexandriner: Tu trouveras la joie et la tranquillitö (joä*6). — c) Bindung oder Schleifung zweier Wörter, die durch die sog. Aspiration geschieden sind, z. B. le heros (lepros). — d) Eine Art Bindung entsteht auch durch das Verstummen eines Endconsonanten vor dem Consonanten eines zweiten Wortes, z. B. sept fois (se^fois), huit cents (hui*cents). — e) Bindung des Endconsonanten eines Wortes mit dem anlautenden Vocal eines zweiten Wortes, z. B. il a (i-la). Diese letzte Art Bindung ist diejenige, an welche man gewöhnlich vorzugsweise oder ausschließlich denkt, wenn man von der Bindung (liaison) im Französischen spricht. Sie ist es, welche wir nun nach den dabei vorkommenden Besonderheiten näher zu betrachten haben:

38

Erster Theil.

Lautlehre.

A. Der, wenn auch sonst stumme Endeonsonant eines Wortes wird mit dem anlautenden Vocal eines zweiten, mit jenem eng dem Sinne nach verbundenen, Wortes zu­ sammengesprochen oder gebunden, z. B. pas encore, les amis (lä-sami). Zusatz: In dieser Bindung lauten c u. g wie k, d wie t, f (bei neuf neun) wie v, 8 u. x wie z, n ohne Nasenlaut. Bei­ spiele : franc etourdi, long ennui, froid öcrivain, grand homme, neuf ans, ils ont, les enfants, deux amis, mon ami (mö*nami),

die Vocale vor dem n behalten den Laut, welchen sie in der nasalen Aussprache haben: en 6tat (ä-neta), bien aimable on aime (o-nairne);

(biai-naimable), un ami (eumami). Speciellere Zusätze, betreffend die Laute der Endconsonanten oder auch der denselben vorangehenden Vocale: 1) Die Bindung des f kommt am häufigsten vor bei dem Zahlwort neuf, bei anderen Wörtern behält f seinen eigenen Laut, z. B. un vif entretien; jedoch wird es wiederum zu v erweicht in dem Compositum vif-argent. — 2) Das stumme 1 wird nie gebunden, z. B. soureil epais; jedoch nimmt das in gentil stumme 1 den son mouille an in gentil enfant (wie in gentilhomme). — 3) p wird nur in dem Adverb trop gebunden: il est trop ambitieux (tro-pan); in der höheren Rede kann auch beaucoup gebunden werden (s. u.). — 4) Das r der Endung ier und der Infinitivendung er wird in der Umgangssprache gewöhnlich nicht gebunden: dernier adieu, premier homme, aller au theätre; wenn es in der edleren Rede gebunden wird, so behält das e vor r seinen e-Laut: aller au combat (alle-rau combat); Einige sind in der Bindung der Infinitiv­ endung er für den e-Laut (die Acad. nicht). — 5) s u. t nach r werden in der Umgangssprache häufig nicht gebunden; bei s ist die Bindung das Bessere, z. B. vers eile; bei t wird sie lieber unterlassen, z. B. fort habile, il dort encore; indessen sprechen die Schauspieler im Verse das t entschieden aus, z. B. Mon coeur court apres eile. — 6) Von ct soll nur c gesprochen werden in district immense, style correct et pur, respect infini; aber c und t in contact immediat, devoir strict et absolu; c und s in respects infinis; dagegen wird der Plur. ares - en - ciel wie der Sing. arcen-ciel gesprochen. — 7) Adjectiva im Plural werden nur vermittelst des Pluralzeichens gebunden, z. B. petits enfants (peti-zenfan), francs etourdis, froids ecrivains, vains ornements. — 8) Die Conjunction et wird nie gebunden, z. B. un homme et une femme. — (Über mo - nami u. monnami s. u.)

B. Wann die Bindung der Endconsonanten stattfindet, wann nicht. Wir haben oben kurzweg gesagt: Zwei dem Sinne nach eng verbundene Wörter werden mit der Bindung gesprochen. Dieser Satz müßte nunmehr näher bestimmt werden. In manchen Fällen kommt es allerdings auf das Belieben des Sprechenden an. Pieles bindet die Umgangssprache nicht, was in dem edleren, höheren

Cap. 4. Prosodie.

39

Vortrag gebunden wird. Aber immer ist die einfache Regel diese: Zwei Wörter, welche so eng zusammengehören, daß sie nicht durch eine Pause (oder Unterbrechung) getrennt werden können, werden mit der Bindung gesprochen. Hieraus ergiebt sich die entgegengesetzte Regel: Keine Bindung, wo eine Pause eintreten kann oder muß. — Da aber die Satzpausen diejenigen Satzglieder abgränzen, welche als Ein Tonganzes gesprochen werden (s. o.), so kann man die Regel auch so ausdrücken: Zwei oder mehrere Wörter innerhalb Eines Ton­ ganzen werden gebunden. — Das Pausiren ist nun mitunter will­ kürlich (man kann z. B. sprechen: mais | on dit, oder in Einem Zuge: mais on dit). Strenger geregelt sind die Pausen im höheren Vor­ trag. Der Sprechende macht die Pausen im Allgemeinen naturgemäß nach dem Sinne der Worte und nach der Absicht seines Vortrags. — In manchen Ausdrucksweisen ist es auch durch den Sprachgebrauch festgestellt, ob mit Bindung oder mit Pause zu sprechen ist. — Wir können uns nun begnügen, die verschiedenen Fälle hauptsächlich durch Beispiele zu veranschaulichen: a) allgemein übliche Bindungen: les amis, un homme, petit enfant, il peut arriver, il est all6, bien abnable, trop avare, tortement 6mu, dans une semaine, il n'a pas eu, il öcrit encore, restez ici, il ecrit une lettre, il ecrit ä son pere, je vais au theätre, quand il voudra, ee dont il se plaint. — Zusammengesetzte Wörter: vis-a-vis, un coq-ä-Fäne, pied-ä-pied, nord-est, nord-ouest (in den beiden letzten Wörtern wird d ausnahmsweise ohne die Här­ tung zu t gebunden). — Andere Ausdrücke: un pot ä Teau, suer sang et eau, de rang en rang, de point en point, de plus en plus, de moins en moins, de mieux en mieux, töt ou tard, de temps en temps, petit ä petit, de but en blanc, de fond en comble, pas ä pas, de clerc ä maltre, tout ensemble, tont ou rien, de part et d’autre, de part en part, s’il plait a Dieu, vingt-un, vingt et un (vin-t6-un) u. s.w.; — aber nicht gebunden: un riz au lait, un riz aux herbes (ri au-zerbe), neuf et demi, juif errant, cent un. — Viele sprechen auch sang et eau u. dgl. ohne Bindung.

Anmerkung. In der niederen Volkssprache und in der Sprache der Kinder kommt häufig der Fehler vor, daß vermittelst eines s (z) gebunden wird, wo kein s ist, oder daß anstatt eines s ein t gesprochen wird und um­ gekehrt, z. B. Il est sorti-z-kier, J’etais-t-ä la Campagne. Man nennt diesen Fehler spottweise: un cuir (ein Leder) ob. un pataqu’est-ce (nach­ ahmendes Wortgebilde). — In Einer Redensart haben sich die Franzosen an die Einschiebung eines sinnlosen s gewöhnt und halten dieses nun „des Wohl­ lautes wegen" (par euphonie) gewöhnlich fest, nämlich in folgender: entre quatre yeux, gesprochen: entre quatre-z -yeux, z. B. Je lui dirai cela

40

Erster Theil.

Lautlehre.

entre quatre yeux. — Ebenso der populäre Ausdruck: Eh! mille-s-yeux! fi! Alle Wetter! Zum Kuckuk!

b) Bindungen, die mehr dem höheren Vortrag und der sorg­ fältigen Lectüre, als der Umgangssprache eigen sind (die sich in letz­ terer pedantisch ausnehmen würden): discours agröable, travaux immenses, lois importantes, le premier avril, danger imminent, cheveux epars, les vertus et les vices, les cieux instruisent la terre, fruits bons ä manger, lettres mises au rebut, marcher au combat, nous allons a Paris, vous viendrez avec nous, pensezvous ötre samt ? ils arrivent ä, Pinstant, aimer a rire, tu aimes a rire, il dösend un ami malheureux, il est tout entier ä ses amis. Zusätze: 1) Einzelne dieser Bindungen, besonders solche mit s (die im Ganzen die angenehmsten sind), können sehr wohl gelegentlich auch in der Umgangssprache vorkommen. Die Bindung des Hauptworts mit dem nach­ gestellten Adjectiv gehört im Ganzen der höheren Rede an, z. B. Fesprit humain. Wer aber viel mit der höheren Rede sich beschäftigt, dem wird es natürlich, zumal solche stehende Verbindungen auch in der gebildeten Umgangs­ sprache gebunden zu sprechen. — 2) Bindung des Hauptworts mit dem nach­ gestellten Adjeeüv findet in der Regel auch in der höheren Rede nicht statt, wenn das Adjectiv eine ergänzende Bestimmung nach sich hat, weil dieses ein Tonganzes für sich bildet, z. B. une foule d’etoiles | invisibles ä l’oeil nu; ferner nicht, wenn das Adjectiv nicht adnominal ist; z. B. Dieu a fait les hommes | egaux (s. Satzlehre, Congruenz Cap. 2). — 3) Das Subject, durch ein Hauptwort ausgedrückt, wird auch in der höheren Rede in der Regel nicht gebunden, z. B. ses ecrits | ornaient toutes les bibliotheques.

c) Die Nasenlaute gehen überhaupt meistens keine Bindung ein, wo nur irgend ein Absetzen der Stimme möglich ist. Beispiele: courtisan adroit, dessein affreux, un parfum exquis, pense-t-on ä moi? il est bien ä cheval, ne donnez rien ä Paul, chacun a ses defauts, quelqu’un a dit, Fanden et le nouveau Testament, un style plein et nourri, parlez-en a votre ami, a-t-on eu soin? est-on ici pour longtemps? donnez-m’en un peu, prends-en une, vin bon ä boire, un a un, Fun et Fautre, Fun ou Fautre, Fun aime le vin et Fautre le jeu, le bien et le mal, la faim et la soif, Adam et Jive, une personne non öclairöe, il y en eut un | assez hardi. Celui qui met un frein | a la fureur des flots. La nuit est loin encore. Anmerkung. Die Wörter, welche auf einen Nasenlaut ausgehen, werden von Manchen so gebunden, daß der Nasenlaut bleibt und dann der Endconsonant noch einmal gesprochen wird, z. B. mon ami nicht mo-nami, son­ dern: mon-nami, un ami: eumnami, on aime: onmaime. — Für diese „normannische Bindung" (la liaison normande) ist man allgemein im Innern der Wörter, welche die Vorsylbe en haben (s. o.). Man benutzt sie auch im

Cap. 4.

Prosodie.

41

Verse, wenn man durchaus den Hiatus vermeiden will, da, wo man nicht anders binden kann, z. B. loin encore: loin-neucore. — Gegen den all­ gemeinen Gebrauch der normannischen Bindung wird mit Recht geltend ge­ macht, daß dadurch der Unterschied aufgehoben würde zwischen folgenden und ähnlichen Sätzen: Nous sommes perdus, si Von en decide autrement und Nous sommes perdus, si Von n’en decide autrement. — Aber nicht zu läugnen ist, daß die meisten Orthoepisten für dieselbe sich erklären! Vielleicht wird die Academie künftig für sie den Ausschlag geben.

d) Innerhalb des Verses werden im Allgemeinen alle möglichen Bindungen beobachtet. Man bindet sogar bei Wörtern, welche durch ein Comma getrennt sind, z. B. Je crus, a son aspect, voir la soeur d’Apollon, Qui chassait, ä l’ecart, dans le sacre vallon. — Selbst von einem Verse zum andern haben wir die Rachel zuweilen binden hören, z. B. Ce prince dont mon coeur se faisait autre* toi8, Avec tant de plaisir, redire les exploits. — Wo jedoch dem Sinne nach kein Zusammenhang ist, unterlassen die Schauspieler die Bindung, auch im Verse, z. B. Et, sauvant ma vertu, rendra ce que je doi *) A Pyrrhus, ä mon fils, ä mon 6poux,. | ä moi. 4.

Der Versbau (la versification).

Vorbemerkung. Man hat der Lehre vom Versbau gewöhnlich keine rechte Stelle in der Grammatik, der Lehre vom Sprachbau, anzuweisen gewußt. Die Einen haben die Verslehre in einen Anhang verwiesen; Andere haben sich damit geholfen, daß sie die Verslehre oder Metrik für eine besondere Wissenschaft erklärten. Nach unserer Ansicht ist die Rede in gemessenen, rhythmischen und gereimten Reihen ein unzweifelhaftes und wesentliches Object der Lautlehre, und zwar gehören ihre Eigenthümlichkeiten zu den characteristischen Merkmalen /be8 prosodischen Baues der Sprache. — La metrique, die Metrik, heißt den Franzosen nur die Verslehre der nach Versfüßen messen­ den Sprachen, die sie vorzugsweise langues prosodiques nennen.

1) Die französischen Verse werden von den Franzosen nicht nach Versfüßen (Jambus, Trochäus, Anapäst re.) gemessen, sondern nach Sylben. — Es giebt Verse von 4, 6, 8, 10, 12 Sylben (ge­ rade Verse, vers pairs) und von 3, 5, 7 Sylben (ungerade Verse, vers impairs). Jedes e muet im Verse, das nicht elidirt werden kann, bildet eine Sylbe; nur am Ende der Verse zählt das e muet nicht mit. — Abgesehen von der gewöhnlichen Aussprache lassen sich die geraden Verse nur jambisch (u -) messen und singen, die ungeraden nur trochäisch (- v). — Gerade Verse: La foule se rangeait; Aimable fille du printemps, Timide amante des bocages. Ungerade Verse: Dis-nous si les präs; Hanneton qui, sur tes ailes. *) je doi am Ende des Verses anstatt je dois.

42

Erster Theil. Lautlehre.

Anmerkung. Einzelne französische Verse haben nicht selten ganz anapästischen Rhythmus (uu-), z. B. Et laissa son manteau, qui servit au pauvre homme. 2) Der zehnsylbige Vers und der zwölfsylbige Vers (der Alexan­ driner genannt) sind regelmäßig durch einen Einschnitt (eine Cäsur, une cesure) zweitheilig gegliedert. Die Cäsur des ersteren liegt immer hinter der vierten Sylbe, die des letzteren hinter der sechsten. — Der Alexandriner zerfällt also in zwei Halbverse (rhömistiche m.). — Zehnsylbiger Vers: Quelle poussiere! | Ah! c’est un grand seigneur! Zwölfsylbiger Vers: Un rustre en son buffet | avait mis un fromage.

Anmerkung. Außer der regelmäßigen, festen Cäsur (cesure fixe) kön­ nen diese Verse, ebenso wie alle übrigen Verse, auch gelegentliche Ruhepuncte oder Einschnitte nach den Satzgliedern haben; man nennt diese, weil sie an jeder Stelle im Verse vorkommen können, bewegliche Cäsur en (cesures mobiles). 3) Alle französischen Verse sind gereimt. Die Reime haben entweder männlichen oder weiblichen Ausgang. Hiernach unterscheidet man: la rime masculine u. la rime feminine. — Männlicher Reim: chemin, main. Weiblicher Reim: sourire, dire. — Der angenehmste Reim ist den Franzosen der vollkommene Gleichlaut (la rime riche): main, chemin; voulu, lu. Was für uns reimt, z. B. „Muth, Wuth", ist für das französische Ohr nur genügender Reim (la rime süffisante): main, vain. 4) Gelesen werden die Verse im Allgemeinen wie die Prosa, indem man da inne hält (pausirt) und da betont u. s. w., wo der Sinn und die Gliederung derselben es erfordern. — Man darf also nicht etwa jambisch oder trochäisch lesen. — Jedoch fordert auch der Vers sein Recht: Cäsur, Versschluß und Reim dürfen zwar nicht mit schüler­ hafter Ängstlichkeit beobachtet und hervorgehoben werden, södaß der Sinn leidet und eine langweilige Eintönigkeit eintritt; sie dürfen aber ebenso wenig gänzlich unbeachtet bleiben, sodaß die Verse in Prosa aufgelöst würden.

Anmerkung. Nach Versfüßen gemessene Verse (diese nennen die Franzosen vorzugsweise vers mesures), z. B. Hexameter, hat man ehemals in französischer Sprache zu machen versucht (besonders im 16. Jahrh.). Man ist aber alsbald zu der Erkenntniß gekommen, daß sich der prosodische Bau dieser Sprache nicht dazu eignet. Besonders ist ihr der dactylische Rhythmus unnatürlich. — Wir haben oben die rhythmische Betonung erwähnt. Der Franzose erkennt im gesprochenen Verse keine andere rhythmische Betonung an, als die mit der syntactischeu Betonung zusammenfallende. Im gesungenen Verse dagegen muß sich die Sprache dem gleichmäßigen Wechsel von betonten und unbetonten Bestandtheilen beugen. Gesprochen besteht der erste Vers der

Cap. 5. Die etymologische Lautlehre omb die Orthographie.

43

Parisienne aus zwei Tonganzen: Peuple frangais, | peuple de braves. Gesungen kann er nur werden mit jambischem Rhythmus, wobei der Ictus (VerSaccent) auf die an sich tonlosen Sylben fallen kann; nur am Ende des Verses muß die rhythmische Betonung mit dem Wortaccent allemal zusammen­ treffen.

Cap. 5. Die etymologische Lautlehre und die Orthographie. Einleitung. Bon der Orthographie (Vorthographe f.) gilt ziemlich dasselbe, was wir von der Verslehre sagen mußten: die herkömmlich gültige, regelrechte schriftliche Darstellung der Sprachlaute ist meistens von den Gram­ matikern nicht als ein integrirender Theil der Lautlehre erkannt, sondern als ein Appendix der Grammatik behandelt worden. — Die französische Ortho­ graphie hat größtentheils, wie die fast aller Sprachen, nicht bloß das lebendige Wort oder die einzelnen Laute desselben abzubilden, sondern auch an die ur­ sprüngliche Gestalt des gegenwärtigen Wortes oder an seine Etymologie zu erinnern (3.58. soeur, lat. soror; vgl. eilf d. i. eiulif). Daher kommt es, daß oft ein und derselbe Laut durch verschiedene Schriftzeichen dargestellt wird, z. B. in, ein, ain, aim u. s. w. (z. B. sin, lat. finis; faim, lat. fames). — Eine sichere Grundlage für die Kenntniß der Orthographie kann demnach nur durch die Einsicht in die Entstehung der Laute und ihrer schriftlichen Dar­ stellung, die etymologische Lautlehre, gewonnen werden.

A.

Die etymologische Lautlehre.

Die französische Sprache ist int Ganzen eine nach bestimmten Gesetzen entstandene Umwandelung oder Umbildung der lateinischen Volkssprache. — Zu dem Kern der vollkommen umgewandelten, ächt französisch organisirten Wörter, welche wie von selbst aus der lateini­ schen Volkssprache entstanden, gesellten sich später, meistens durch ab­ sichtliche Entlehnung aus der lateinischen Schriftsprache, manche ganz unverändert bleibende oder doch nur theilweise assimilirte Wörter. Diese unorganischen oder Fremdwörter sind denn auch nur zum Theil Gemeingut der französischen Nation geworden. — Häufig sind, auf diesem zwiefachen Wege, aus demselben lateinischen Stammworte ver­ schiedene Wörter mit mehr oder minder französischem Gepräge hervor­ gegangen, z. B. lat. vitrum: le verre u. la vitre, causa: chose u. cause, campus: champ u. camp, integer: entier u. integre, directus: droit u. direct, nativus: naif u. natif, pietatem: pitic u. pi6t6, acceptare: acheter u. accepter, senior: seigneur, sieur u. sire, pensare: peser, penser u. panser. — Umgekehrt haben öfters Wörter, welche im Lateinischen ganz verschieden waren, im Französischen die­ selbe Gestalt angenommen, z. B. palätium Palast u. palätum Gau-

44

Erster Theil.

Lautlehre.

men: palais, somnus Schlaf u. summa Summe: somme (le somme, la somme), laudare loben u. loeare vermischen: louer, tendere spannen u. tenerum zart: tendre. Der Vergleichung der lateinischen und der französischen Wörter nach ihren Lautverhältnissen haben wir folgende Bemerkungen voran­ zuschicken: a) Mit dem Lautwandel ist oft ein mehr oder weniger starker Begriffswandel (Veränderung der Bedeutung der Wörter) vor sich gegangen, z. B. jocus Scherz: jeu Spiel, necare tobten: noyer ertränken. — b) Die franz. Haupt- und Eigenschaftswörter sind in der Regel nicht aus der lat. Nominativform, sondern aus der Gestalt der abhängigen Casus hervorgegangen, z. B. teuer, Accu­ sativ tenerum: tendre. — c) Die franz. Verba kommen häusig nicht von der einfachen Form eines lat. Verbums, sondern von einer Frequentativform oder von emer Inchoativform, z.B. v. pendere pendicare: pencher, parere parescere: paraifcre (d. i. paraisre mit eingeschaltetem t). — d) Die franz. Hauptwörter kommen häufig nicht von der einfachen Form eines lat. Substantivs, sondern von einer Diminutivform, z. B. v. sol soliculus: soleil, v. apis apicula: abeille. — e) Zwischen den Wörtern der lat. Schriftsprache und den heutigen französischen (neufranzösischen) Wörtern liegen häufig ver­ schiedene Übergangsformen, welche in der lat. Volkssprache und in den altfranzösischen Dialeeten lange Zeit gesprochen wurden und Es denen allmählich die heutige Wortform hervorging (z. B. lat. tepidus: tepde, tede, — tiede); oft sind jene Formen in den übrigen romanischen Sprachen, die sich im Ganzen nicht so weit vom Lateini­ schen entfernt haben wie die französische, die definitive Wortform ge­ blieben, z. B. habere, span, havör, ital. avere (aver), franz. avoir; esse, ttal. essere, franz. ötre (d. i. esre mit eingeschaltetem t). — Die allgemeinen Veränderungen, welche die lateinischen Wörter bei ihrer Um- und Fortbildung bls zur neufranzösischen Gestalt erfahren haben, sind nun folgende: 1) Verkürzung, indem theils Vocale, theils Consonanten, theils ganze Sylben ab- oder ausfielen. Apotheca: boutique, femina: femme, finire: finir; habere: avoir, avunculus: oncle, laudare: louer, vado: je vais, ad: ä, inde: en, ibi: y, ubi: oü, aut: ou, sic: si; cathedra: chaire, desiderare: däsirer, annus: an, verax: vrai, maturus: mur, testimonium: tömoin, amicitia: amitie, caput: chef u cap, fructus: fruit, comitem: comte, hospitem: höte, principem: prince, amavi: aimai, trans: tres-, mensis: mois, ego (eo): je, illorum u. illarum: leur, debui (altfranz. dui): je dus. 2) Assimilation der Consonanten. Columna: colonne, domina: dame, vigilare: veiller, vitrum: verre, ad satis: assez,

Cap. 5. Die etymologische Lautlehre und die Orthographie.

45

lucta: lutte, circare (herumgehen, davon altfranz. cerchier, engl, to search): chercher. 3) Versetzung der Laute. Pugnus: poing, turbula: trouble m., vervex: brebis, pro: pour, scintilla: 6tincelle, antccessores: ancStres, anhela (anhelus keuchend): haieine, gloria: gloire, con* trarius: contraire, rationem: raison. 4) Erweiterung des Wortes. Spiritus: esprit, stomachus: estomac, schola: ecole; oeto: huit, ululare: hurler, altus: haut, ranicula (eig. raiiuncula): grenouille, reddere: rendre, generum : gendre, incüdem: enclume, thesaurus: tr6sor, perdix: perdrix, simulare: sembler, numerus: nombre, cumulus: comble (wenn auch culmen: ital. colmo), pulverem: poudre, spinula: öpingle, pluere: pleuvoir, gladius: glaive, tradere: trahir; serare (ver­ schließen) : serrer, strena: 6trenne, moneta: monnaie; Aleinannus: Allemand (vgl. jeman-d). — Agglutination (Anleimung): hedera: le lierre (d. i. l’ierre, wie lendemain aus Ten-demain), amita: taute (aus ta ante, vgl. m’amie). 5) Lautverschmelzung. Catena (caena): chaine, tacere: taire, aer: air, alter: autre, vitium: vice, balneum: bain, extra* neus: Strange, melius: mieux, regina: reine, magis: mais, augurium (aür): heur (bonheur, malheur). 6) Diphthongirung der Vocale. Pedem: pied, bene: bien, tenet: tient, noctem: nuit, conductus: conduit, post: puis, vocem: voix, longe: loin, legem: loi, feriae: foire, nigrum: noir, me: moi, praeda: proie, necare: noyer. — Für die Verbalformen gilt als Regel, daß die stammbetonten, nicht aber die flexionsbetonten die Diphthongirung erleiden (il tient, aber: nous tenons). 7) Vertauschung der Vocale. Patrem: p6re, mare: mer, amare: aimer, läc (lactis n.): lait, sanctus: saint, jocus: jeu, per: par, mercantem: marchand, lingua: langue, firmus: ferme, siccus: sec, cinerem: cendre, nitidus: net, venenum: venin, sex: six, lectus: lit, caementum: ciment, ungula: ongle, mundus: monde, aurum: or, aut: ou, causa: chose, nös: nous, röta: roue, cölor: couleur, Italianus: Italien, ebrius: ivre, decem: dix, amorem: amour, hora: heure. — Bloß graphisch: y für i (ibi). — Commen* dare (v. mandare): commander, recommander. 8) Umwandelung der Consonanten (Erweichung, Verhär­ tung, Vertauschung). Nepötem: neveu, bovem: boeuf, ulmus: orme, titulus: titre, habere: avoir, apicula: abeille, sitis: soif, fatuus: fade, adjutare: aider, justicia: justice u. justesse, prudentia: prudence, infantia: enfance, vicinus: voisin, rem: rien, homo (hc>minem): homme u. on, nasus: nez, undecim: onze, crucem: croix,

46

Erster Theil.

Lautlehre.

pretium: prix, exagium: essai, laxare: laisser, diurnum: jour, gaudere: jouir, quare: car, calor: chaleur, peccatum: p6ch6, praedicare: prächer, manducare: manger, viaticum: voyage, crassus: gras, vinea: vigne, rabies: rage, plangere: plaindre, ecclesia: Sglise, marmor: marbre, lusciniola: rossignol, peregrinus: päle* rin. — Bloß graphisch x für s: dieux (deos), mieux (melius). 9) Veränderung der Quantität der Vocale. Zöna: zone, audäcia: audace, dräma: drame, deb6re: devoir, thronus: tröne, pölus: pöle, spätium: espace. 10) Verschiebung des Tones. Fäcilis: facile, ridlculus: ridicule, sapere: savoir, recipere: recevoir, corrigere: corriger, cürrere: courir, mordere: mordre, respondöre: räpondre. 11) Zusammenziehung mehrerer Wörter. Hane horam: encore, ecce hlc: ici, ecce hoc: ce, hoc illud: altfranz. oil, oui, non illud: altfranz. nenil, nenni, per medium: parmi, secundum longum: selon, aliud sic: aussi, aeque sic: ainsi, ad satis: assez, de intus: dans, de unde: dont, de usque: jusque, quisque unus : chacun, ad tune: altfranz. adonc, donc, apud hoc: avec, ab ante: avant, dies dominicus: dimanche, de ex: des, de ex hora magis: däsormais, de hora in ab ante: doränavant, semet ipsissimus (ital. medesimo): meine, amare habeo: aimerai (d. i. j’ai ä aimer), amare habebam: aimerais (d. i. j’avais ä aimer).

B. Die Orthographie, abgesehen von ihrer etymologi­ schen Grundlage. Vorbemerkung. Wer die französische Sprache ohne alle oder doch ohne bedeutende Kenntniß der mütterlichen Ursprache, der lateinischen, zu erlernen hat, der kann allerdings im Ganzen für die Orthographie bloß die Kenntniß der Laute und ihrer allgemeinen Bezeichnung, sowie die Kenntniß der regel­ rechten grammatischen Veränderungen (z. B. il avait, tu avais, la fleur, les fleurs, j’ai lu la lettre, la lettre que j’ai lue) zur Richtschnur neh­ men und muß im Übrigen die Besonderheiten der schriftlichen Darstellung der Laute in den einzelnen Wörtern rein gedächtnißmäßig sich aneignen. Indessen können ihm gewisse Vergleichungen dabei zu Statten kommen, die auch für den Kenner des Lateinischen nicht überflüssig sind. Diese wollen wir im Fol­ genden vorführen. — Sodann sind noch verschiedene Puncte zu betrachten, die bei der richtigen Darstellung der Sprache durch die Schrift zu beobachten sind: der Gebrauch der großen Anfangsbuchstaben, die Theilung der Sylben am Ende der Zeile, der Gebrauch des Bindestrichs in zusammengesetzten Wör­ tern, der Gebrauch gewisser Abkürzungen, die Lehre von der Jnterpunction.

1) Vergleichung französischer Wörter mit deutschen Fremdwörtern: vers VerS, thyrn Thymian, Conference Conferenz,

Cap. 5. Die etymologische Lautlehre und die Orthographie.

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substance Substanz, choeur Chor, scdne Scene, tribut Tribut. — Abweichend sind: cavalerie, climat, cigare, courrier, camarade, caricature, correspondant; deiinquant; esthetique, äconomie u. bg[.; echafaud, egloguc; fonds, frägate; galoper, guitare; horizon, rhombre Lomber; loterie; madone, magasin; la Pomeranie; palissade, physionomie, phenix; symetrie; represaille; trab an, tribu die Tribus; (chenapan Schnapphahn, Strauchdieb, u. dgl.). Wir schreiben Litteratur od. Literatur (nach verschiedener Ansicht); die Fran­ zosen schreiben immer litterature. 2) Vergleichung der Stammwörter mit abgeleiteten: amas — amasser, berger — bergere, repos — reposer, fusil — füsilier, champ — champetre, des sin ■—dessiner, poing — poignäe, choix — choisir, paix — apaiser, (courroux ■— courroucer), fin — finir, faim — famine, las — deiasser, lacet — dölacer, goüt — d£goüter, goutte — degoutter, innocent — innocence, naissant — naissance, enfant — enfance; (preference, defärence, semence, existence; subsistance); regret — regretter, (sanglot — sangloter). fitreindre, aber contraindre. 3) Einige gleich od. ähnlich lautende Wörter (homonymes): air Luft, Aussehen, Arie — aire Tenne, Raubvogelnest (Horst); dre Zeitrechnung (Ära); erre Gang, Lauf (besonders eines Schiffes), amande Mandel — amende Geldbuße (vgl. amender, amendement). ancre Anker — euere Tinte. autel Altar — hötel großes, prächtiges Gebäude; Gasthof. appas Reize — appät Lockspeise. bäiller gähnen — ballier geben (z. B. par contrat). censä für etwas gehalten — sens£ verständig. cession Abtretung — session Sitzung. chaine Kette — ebene Eiche. chair Fleisch, eh aire Cancel — eher theuer, chere Kost (Speise und Trank). chasse Jagd — chässe Reliquienkästchen, Einfassung (z.B. einer Brille), chaumer abstoppeln — chömer feiern, coin Ecke — coing Quitte. comte Graf — corapte Rechnung — conte Erzählung. coq Hahn — coque Schale (von Eiern, Nüssen rc.). dessein Absicht, Plan — dessin Zeichnung. diffärend Streit (Meinungsverschiedenheit) — different verschieden. envie Lust, Neid — ä l’envi um die Wette. exaucer erhören — exhausser erhöhen. falte Gipfel — fete Fest.

48

Erster Theil.

Lautlehre.

fil Faden — file Reihe (z. B. aller ä la file). foi Glaube — fois Mal — foie Leber. fond Tiefe, Grund — fonds Grundstück, Geldsumme. h6raut Herold — heros Held. lai weltlich (z. B. frere lai) — laid häßlich. lieu Ort — lieue Stunde Weges. martyr Märtyrer — martyre Märtyrerthum. matin Morgen — mätin Hofhund. oubli Vergessenheit — oublie Oblate. parti Partei, Entschluß — partie Theil, Partie. penser denken — panser striegeln; verbinden (eine Wunde). plein voll — plain eben (z. B. un pays plain). poids Gewicht — pois Erbse — poix Pech. prömices Erstlinge — prämisses Vordersätze (eines Schluffes). sceau Siegel — seau Eimer. son Ton — son Kleie. taphe Flecken — täche Aufgabe, Pensum. ver Wurm — vers Vers, verre Glas, vert grün. voie Bahn, Weg — voix Stimme. 4) Die Vorsylben eit, ent, in, im: enchainer, endormir, enfiler, enlever, enröler, injuste, inconstant; embaumer, emmagasiner, empailler, imbu, immodeste, imprudent. (N bot b und p kommt überhaupt nur vor in bonbon, embonpoint und nonpareil.) 5) Die Vorsylbe re. a) Bor Vocalen immer re: räagir, r6unir (rallier, rentrer, rhabiller, rappeier; r6appeler heißt recommencer Vappel). — b) Vor Consonanten: re, wenn daS ein­ fache Wort im gegenwärtigen Sprachschatze vorhanden ist und in der Zusammensetzung mit der Vorsylbe denselben Begriff hat; re, wenn das einfache Wort entweder gar nicht oder doch mit einem andern Begriffe vorkommt. Revoir (voir), retenir, reproduire, reformer, repartir wieder abreisen (auch: rasch erwidern). — Rediger (diger ist kein Wort), rösumer, repondre (pondre legen, von Eiern), räpartir vertheilen, reformer, röfraction Strahlenbrechung (fraction Bruch), räflöchir zurückstrahlen u. nachdenken (flächir beugen), reprimer. Ausnahmen: refuser, religion (religieux, aber irräligion und irr61igieux), refuge (aber se refugier), remede (rem^dier und irre* mädiable), reflet, se repentir, rebelle (se rebeller, aber r6bellion), recevoir, reclusion (Einige reclusion), recorder seine Leetion wieder­ holen (corder seilen), recouvrer, redouter, refrain, refrogner, registre, relatif (aber correlatif), reläguer (16guer vermachen), relique, renifler, rechigner, renohcer, repaire, replet (aber r6pl6tion), re* pr6saille, retentir; reprocher zu proche (reprochable, aber irr6*

Cap. 5. Die etymologische Lautlehre und die Orthographie.

49

prochable), refrencr zu frein, rebours zu bourre, rebuter zu but, recette zu recevoir, rccruter zu recrue (von recroitre), reculer zu cul, remercier zu merci, repas zu repaitre; — revivifier, rejouir, räciter, recompenser. Die Vorsylben oder Anfangssylben pre, de und se haben immer den Accent (z. B. preparer, dävorer, döparler, dejä, separer, söjour, sörieux). — De und se sind ohne Accent in folgenden Wörtern: dedans u. dgl., degre, demain, demander, demeurer, demi, demoiselle, denier Denier (denier läugnen), devant (dazu devanccr), devenir, deviner, devise, devoir (des^cendre u. dgl.); second, secours, secret, secouer, selon, semaine, seiner, semestre, semi(z. B. un semi-ton), semonce, sequin, serein (aber serenite), serin, seringue, sevrer. 6) Verdoppelung der Consonanten bei Vorsylben: accourir, affermir, aggraver, illisible, immortel, innombrable, apporter, opposer, irresolu, assaillir, attirer, commander, supporter, alli'anchir. — Nichtvervoppelung: aligner, alite, alourdir, abattre, agrandir, apaiser, apercevoir, apetisser, aplanir, aplatir, apitoyer, adresser, adoucir, rafralchir. Verdoppelung der Consonanten i, m, n, p, t im Inlaute nach einem kurzen Vocale, und namentlich vor einem stummen e und den Endungen der Zeitwörter: rebelte, aller, homme (aber bonhomie), bannir, couronne, bonnet, frapper, nappe, battre, patte, frotter. — honneur, honnäte; honorer. 7) Übersicht der allgemeinen Buchstabenveränderungen bei der Ableitung der Wörter und Wortformen: eher: chere, mener: je mene, cöder: je cdde; begue: bögayer; sois: soyons, soient, gai: 6gayer; placer: pla^ns, gager: gageure, long: longue, public: publique; actis: active, creux: creuser; cruel: cruelle, bon: bonne, bas: basse, muet: muette, jeter: je jette; (cheval: chevaux, mol: mou, vieil: vieux); — civil: civile, pueril: puerile (immer mit e: fertile, hostile, utile). 8) Gebrauch der großen Anfangsbuchstaben (majuscules). Alle Eigennamen werden groß geschrieben (z. B. auch la mer Noire u. dgl.); die Namen der Monate und Wochentage gewöhnlich klein (janvier, lundi); Völker-- und Secten-Namen, wenn sie nicht die Ge­ sammtheit bezeichnen oder adjectivisch gebraucht sind, klein (uu frai^ais, un luthärien, la langue fran^aise); Dieu als Name des Einzigen groß, als Gattungsname klein (le dieu d’Abraham, les dieux de la Fable). — Alle Gattungsnamen werden klein geschrieben; rnonsieur und vous u. dgl., auch in Briefen, gewöhnlich klein; die Namen der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, die Benennungen großer Schmitz, Franz. Gr. 2te A.

4

50

Erster Theil.

Lautlehre.

historischer Begebenheiten, die Namen bedeutender Einrichtungen im Staate u. dgl. werden häufig groß geschrieben. Man unterscheidet z. B. l’Etat, rfiglisc, und: une eglisc, Fe tat des choscs. — Die Accente wurden über den großen Buchstaben früher weggelassen; tu neueren Drucken fehlen sie gewöhnlich nicht. 9) Sylbentheilung (decomposition des mots en syllabes). Das Nöthige ist aus folgenden Beispielen zu ersehnt: res-ter, systeine, Bas4ille, illustre, res4riction, es-prit, res-peet; (sub*stance, sub^stituer, circomstance, in*struit; Viele schreiben ins-truit u. dgl.); Espanne, sebgneur, r sei, soy-ons, laßt uns sein, soy-ez, seid (sein Sie). 6t-ant, seiend;

st-s,

gewesen.

58

Zweiter Theil.

Wortlehre.

Die beiden „Hülfszeitwörter" (verbes auxiliaires) avoir u. etre werden so genannt nach ihrem ausgedehnten Gebrauche zur Bildung der zusammengesetzten oder umschreibenden Conjugationsformen. Sie sind aber ursprünglich und auch jetzt noch eigentlich selbständige Zeit­ wörter, ebenso wie lat. habere u. esse, z. B. avoir une maison, 11 y a (es giebt), 6tre malade, 11 est (es giebt, int höheren Styl ge­ bräuchlich). — Auch absolut werden beide gebraucht, z. B. On domiera a celui qui a. Dieu dans rficriture sainte s’appelle Celui qui est. II n’est plus (11 est mort).

Das Zeitwort 6tre ist aus einem in der tat, Volkssprache auf­ gekommenen essere statt esse entstanden; das t ist eingeschoben. Das Futurum serai ist aus esserai gekürzt. Die Formen etais, etant, ete sind vom lat. stare (stabam, stantem, Status) hergenommen.

3. -Die zusammengesetzten Zeitformen. Activ (lß verbe actis od. F actis od. la voix active):

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

j’ai Perfeetum: que j’aie Perfeetum Conjunctiv: j’avais Plusquamperfectum: j’eus Anterieur: Plusquamperfectum Conj.: que j’eusse j’aurai Futur: j’aurais Conditional: Particip: ayant avoir Infinitiv:

parle, fini, vendu, eu, ete.

Passiv (le verbe passif od. le passif, etc.): Infinitiv: etre aim6, geliebt werden.

Die franz. Namen der zusammengesetzten Zeitformen (temps composßs) sind: 1) parfait (parfait indetiui), 2) subjonctif du parfait, 3) plus-que-parfait, 4) anterieur, 5) subjonctif du plus-que-par? fait, 6) futur passe, 7) conditionnel passe, 8) participe compose, 9) infinitif passe. Es giebt auch einige doppelt zusammengesetzte Zeitformen (temps surcomposes), die aber sehr selten gebraucht werden. Apres que vous avez eu parle, 11 s’est retirA

Mit dem Hülfszeitwort avoir werden die zusammengesetzten Zeit­ formen nicht nur aller transitiven, sondern auch der meisten in­ transitiven Zeitwörter gebildet, z.B. marcher gehen, sauter sprin­ gen, voyager reisen; reussir gelingen (Glück haben), fuir fliehen, perir umkommen, rougir erröthen, courir laufen (Part. Perf. couru);

Cap 1.

Zeitwörter.

59

paraitre erscheinen (Part. Perf. paru). — S. Satzlehre, Cap. Arten des Zeitworts. J’ai ete, ich bin gewesen , u. s. w. sagt der Franzose, wie wir sagen: ich habe gestanden.— Übrigens bilden alle germanischen Spra­ chen außer der hochdeutschen die zusammengesetzten Formen von sein ebenfalls mit haben. — Wie man im Süddeutschen sagt: ich bin gestanden, so sagt der Italiäner: sono stato (ich bin gewesen). Mit dem Hülfszeitwort ätre werden alle Formen des Pas­ sivs gebildet, z. B. Präsens: je suis atme (aimee), nous sommes aimäs (aimees); Imperfectum: j'ätais aime; — Defini: je fus aime; — Perfectum: j’ai ete aime; u. s. w. Jnfinitw: ätre aimä, avoir etä aimä; Particip: ätant aime, ayant ete aimä. — Die Verbindung von ätre mit dem Part. Pers. eines transitiven Zeitworts ist an sich doppelsinnig. Ob sie als Passivum (eile est aimäe, sie wird geliebt) oder als Verbindung von ätre, sein, mit einer adjectivischen prädicativen Bestimmung (eile est aimee, sie ist geliebt; La lettre est imprimäe, L’armäe ätait vaincue) aufzufassen sei, muß der Sinn oder Zusammenhang der Rede ergeben. (Ebenso hat im Lat. Epistola scripta est zwei Bedeutungen.) Mit dem Hülfszeitwort ätre werden ferner die zusammen­ gesetzten Formen vieler intransitiven Zeitwörter gebildet. Tomber fallen, aller gehen, venir kommen (Part. Perf. venu), naitre geboren werden (Part. Perf. nä), mourir sterben (Part. Perf. mort). Z. B. Präsens: je suis tombä (tombäe), nous sommes tombäs (tombäes). Mit dem Hülfszeitwort ätre werden auch die zusammenge­ setzten Formen der reflexiven Zeitwörter (verbes reflechis) gebildet. S’adonner sich hingeben, se defier mißtrauen, s’emparer sich bemächtigen, s'empresser sich beeilen, se mäcompter sich ver­ rechnen , se mefier mißtrauen, se moquer sich lustig machen, se räfugier sich flüchten; s’abstenir sich enthalten (Part. Perf. abs= tenu), s’enquärir sich erkundigen (Part. Perf. enquis), s’ävanouir ohnmächtig werden, se repentir bereuen, se Souvenir sich erinnern (Part. Perf. souvenu); se dedire sich lossagen (Part. Perf. dädit), se meprendre sich vergreifen (Part. Perf. mepris). — Bei s’arroger, sich anmaßen, steht das reflexive Fürwort im Dativ. — Beispiel: Perf. Sing. 1. Je me suis moquä (moquee), ich habe mich lustig gemacht. Je me suis arroge, ich habe mir angemaßt. Plur. 1. Nous nous sommes moquäs (moquees). Nous nous sommes arroge.

60

Zweiter Theil.

Wortlehre.

Anmerkung 1. Der Gebrauch des Hülfszeitwortes etre bei den reflexi­ ven Zeitwörtern, welchen das Französische mit dem Italiänischen gemein hat, ist nicht anders zu erklären als durch eine dem Wesen der reflexiven Thätig­ keit entsprechende Mischung der activen und der passiven Form des Zeitwortes: je me trompe, je suis trompe, je me suis trompe. — Kinder sagen in Frankreich nicht selten: je m’ai Messe für je me suis hiesse, u. dgl. Anmerkung 2. Man hat zu unterscheiden: reflexive Zeitwörter (z. B. s’emparer), reflexiv gebrauchte (z. B. se tromper, sich irren, b. tromper, betrügen), reciproke (z. B. s’entre-tuer, s’entr’aimer) und reciprok gebrauchte (z. B. se flatter Tun l’autre). Alle aber werden gewöhnlich unter dem Namen der reflexiven Zeitwörter (verbes reflechis od. verbes pronominaux) zu­ sammengefaßt und alle ohne Ausnahme mit etre conjugirt. — Die nur reflexiv od. reciprok vorkommenden heißen: verbes reflechis essentiels, die bloß reflexiv od. reciprok gebrauchten: verbes reflechis accidentels.

4. Die Conjugation in der fragenden und verneinen­ den Form des Satzes. 1) Das Fürwort wird Suffix des Zeitwortes: parles-tu? astu? est-il? 6tes-vous ? avez-vous eu? vend-il? finiras-tu ? eussestu fini? 2) Endigt Sing. 3 auf einen Vocal, so findet Einschaltung des euphonischen t statt: parle-t-il? a-t-il? aura-t-il? — (Man sollte darin die Wiederherstellung der ursprünglichen Flexion er­ kennen, und schreiben: at-il? aurat-il? u. s. w. Vgl. va, tu vas und vas-y, u. dgl.) 3) Das stumme e in der ersten Person erhält den Acutus: parle-je? eusse-je fini? 4) Für die einsylbigen Formen der ersten Person des Präsens wird im Allgemeinen der umschreibende Fragesatz mit ce und 6tre gebraucht: est-ce que je vends? est-ce que je cours? — Jedoch sind gebräuchlich: ai-je? suis-je? puis-je? fais-je? sais-je? vais-je ? dis-je? dois-je? vois-je? 5) Verbindung der Verneinung mit den Formen des Zeit­ wortes: Je ne parle pas, je Mai pas, je ne me moque pas, je ne me suis pas moque, je Men ai pas parle; Ma-t-il pas parlö ? ne s’est-elle pas moquee ?

Cap. 1.

Zeitwörter.

61

5. Euphonische unfc orthographische Eigenthümlich­ keiten in den regelmäßigen Conjugationen. 1) Erste Conjugation: Imperativ Sing. 2. erhält s vor den Suf­ fixen en und y: donnes-eu, portes-y. 2) Die Zeitwörter auf er, welche im Infinitiv in der vor­ letzten Sylbe ein 6 oder ein e haben, verwandeln diesen Vocal vor einer stummen Sylbe in e: mener führen, je mene, tu menes, je mSnerai; ceder weichen, je cede, tu cedes. — Ausnahmen: a) die meisten Zeitwörter auf (der und eler verdoppeln den Consonanten: jeter werfen, je jette, je jetterai; appeler rufen, j’appelle, j’appellerai (der allgemeinen Regel folgen aber: acheter, harcelcr, gelcr u. a.). — b) Die Zeitwörter mit e in der vorletzten Sylbe des Infinitivs behalten e im Futur und Conditional: je cederai. — c) Die Zeitwörter auf eger behalten e in allen Formen: proteger beschützen, je protege (Piele schreiben aber: je protege). 3) In den Zeitwörtern auf uer erhält i nach u das trema: tuer tobten, jouer spielen, nous tuions, vous jouiez. — (Die auf gucr nicht, z. B. prodiguer.) 4) Battre verliert in den einsylbigen Formen ein t: je bats. 5) Das Zeitwort vaincre siegen verwandelt c vor allen Vocalen, außer u, in qu: vainquant, vainquez, je vainquis; vaincu. — (Präs, und Imperf. werden selten gebraucht.) — Rompre brechen erhält im Präs. Sing. 3. ein t: rompt. 6) Das Zeitwort häir hassen wird im Singular des Präsens ohne trema geschrieben und demgemäß ausgesprochen: je hais, tu hais, il hait. 7) Allgemeine Buchstabenveränderuugen: c und g gehen vor den starken Vocalen (a, o, u) in 9 und ge, y vor dem stummen e in i über. Beisp. placer stellen: pLn^ant, playons; recevoir empfangen: re9u; gager wetten: gageant, gageons, la gageure; employer anwenden: j’emploie, j’emploierai; fuir fliehen: nous fuyons, ils fuient. ■— (Aber auch: payer bezahlen: je paye oder je paie, je payerai oder je paierai oder je pairai; ils asseyent zu asseyons, «. dgl ).

Zweiter Theil. Wortlehre.

62 6.

Die unregelmäßigen Zeitwörter (v. irreguliers).

Die unregelmäßigen Zeitwörter sind nicht alle in bestimmten Formen unregelmäßig; es sind bei den einen diese, bei anderen andere Formen, in denen die Unregelmäßigkeit liegt. Damit sie leicht und sicher erlernt werden können, müssen alle gleichmäßig behandelt werden: von jedem Zeitworte sind als Paradigma diejenigen Formen zu erlernen, welche überhaupt unregelmäßig sein können. Diese bilden unser Ableitungsschema, dessen oberste Zeile (Ins., Präs. S. 1, Präs. Pl. 1, Des., Part. Perf.) den „fünf Stammformen" der franz. Grammatiker entspricht; z. B. halten: tenir,

je tiens,

je tiendrai; tu tiens, 11 tient;

nous tenons,

je tins;

tenu.

vous tenez, ils tiennent, que je tienne;

Ableitungsregeln: 1) Mit dem Futurum stimmt immer überein: das Conditional, also: je tiendrais. 2) Mit dem Präsens: der Imperativ, also: tiens, tenons, tenez *). 3) Mit Präs. Plur. 1: das Imperfectum, also: je tenais. 4) Mit Präs. Plur. 1: das Particip der Gegenwart, also: tenant *). 5) Mit Präs. Plur. 1: der Conjunctiv Präs. Plur. 1. u. 2, also: que nous tendons, que vous tendez *). G) Mit dem Defini: der Conjunctiv des Imperfectums, also: que je tin-sse. (Bgl. von etre: je iu-s — que je iu-sse.)

Zusatz: Selbstverständliche Regel ist, daß die zusammengesetzten Zeit­ wörter wie die einfachen gehen, z. B. contenir wie tenir. *) Ausnahmen machen nur fünf Zeitwörter, nämlich: aller gehen, faire machen, vouloir wollen, pouvoir können, savoir wissen. — Es kön­ nen die Ausnahmen gleich hier als einzelne Vocabeln gelernt werden: va geh (vas-y geh hin), veuillez wollet (habet die Güte), Sache wisse, sachons laßt uns wissen, sachez wisset; sachant wissend; que nous sachions daß wir wissen, que nous fassions daß wir machen, que nous puissions daß wir können (ebenso Plur. 2.).

Cap. 1. Zeitwörter. I.

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Zeitwörter auf er:

1. aller gehen, j’irai; je vais, tu vas, 11 va; nous allons, vous allez, 11 s vont, que j’aillc; j’allai; alle. s’en aller Weggehen, je m’en irai; je m’en vais, tu t’en vas, 11 s’en va; nous nous cn allons, vous vous eil allez, 11s s’en vont, que je m’en aille; je m’en allai; je m’en suis alle, que je ra’en sois all 6; je m’en et als alle, je m’en fus alle, que je m’en fussc alle; je m’en serai alle, je m’en s er als alle; vat’en, geh weg. 2. envoyer schicken, j’enverrai; j’envoie, tu envoies, 11 envoic; nous envoyons, nous envoyez, ils envoicnt, que j’envoie; j’envoyai; envoye. II.

Zeitwörter mit i im Defini:

1. fuir fliehen, je fuirai; je suis, tu suis, 11 fuit; nous fuyons, vous fuyez, ils fuient, que je fuie; je suis; fui. — s’enfuir entfliehen. 2. cueillir pflücken, je cueillerai; je cueille, tu cueilles, 11 cueille; nous cueillons, vous cueillez, ils cueillent, que je cueille; je cueillis; cueilli. 3. assaillir anfallen, j’assaillirai; j’assaille, tu assailles, 11 assaille; nous assaillons, vous assaillez, ils assaillent, que j’assaille; j’assaillis; assailli. — Ebenso: trcssaillir erbeben. — Das einfache saillir, vorspringen, hervorragen (an Bauwerken) ist nur in den 3. Personen einiger Zeiten gebräuchlich und lautet im gut. il saillera. In der Bed. hervorsprudeln (saillir od. jaillir) geht es regelmäßig. 4. offrir anbieten, j’offrirai; j’öftre, tu offres, il offre; nous offrons, vous öftrez, ils offrent, que j’offre; j’offris; offert. — Ebenso: souffrir leiden, ouvrir öffnen, couvrir bedecken. Nicht zu verwechseln: recouvrir (wieder bedecken) und recouvrer (wieder­ erlangen). 5. mentir lügen, je mentirai; je mens, tu mens, il ment; nous mentons, vous mentcz, ils mentent, que je mente; je mentis; menti. — Ebenso: sentir fühlen, se repentir bereuen. 6. partir abreisen, je partirai; je pars, tu pars, il part; nous partons, vous partez, ils parte nt, que je parte; je partis; parti. — Ebenso: repartir in den beiden Bed. wieder abreisen, rasch erwidern. Regelmäßig ist dagegen: repartir vertheilen.

64

Zweiter Theil. Wortlehre.

7. sortir ausgehen, je sortirai; je sors, tu sors, il sort; nous sortons, vous sortez, ils sortent, que je sorte; je sortis; sorti. — Ebenso: res sortir wieder ausgehen. — Regelmäßig sind dagegen: ressortir unter einer Gerichtsbarkeit stehen (zu le ressort), assortir zusammenpasien (zu la sorte). 8. s er vir dienen, je servirai; je sers, tu sers, il sert; nous servons, vous servez, ils servent, que je serve; je servis; servi. — asservir, unterjochen, geht regelmäßig. 9. dormir schlafen, je dormirai; je dors, tu dors, il dort; nous dormons, vous dormez, ils dorment, que je dorme; je dormis; dormi. — s’endormir einschlafen. Perf. Je me suis endormi (vgl. je rn’en suis alle). 10. bouillir sieden, je bouillirai; je bous, tu bous, il bout; nous bouillons, vous bouillez, ils bouillent, que je bouille; je bouillis; bouilli. — sieden transitiv: faire bouillir. 11. vetir kleiden (mit Kleidern versehen), je vStirai; je vSts, tu v6ts, H vet; nous vtztons, vous vötez, ils vötent, que je vete; je vetis; vtztu. — Präs. Sing. wenig gebräuchlich. 12. tenir halten, je tiendrai; je tiens, tu tiens, il tient; nous tenons, vous tenez, ils tiennent, que je tienne; je tins; tenu. — Ebenso: venir kommen, devenir werden, se Souvenir sich erinnern. 13. acquerir erwerben, j’acquerrai; j'acquiers, tu acquiers, il acquiert; nous acquörons, vous acquerez, ils acquierent, que j’acquiere; j’acquis; acquis. — conquörir erobern. — Beide r im Fut. werden ausgesprochen. 14. rire lachen, je rirai; je ris, tu ris, il rit; nous rions, vous riez, ils rient, que je rie; je ris; ri. — sourire lächeln. 15. conduire führen od. leiten, je conduirai; je conduis, tu conduis, il conduit; nous conduisons, vous conduisez, ils eonduisent, que je conduise; je conduisis; conduit. — Ebenso: produire hervorbringen, traduire übersetzen, construire erbauen, cuire kochen, überhaupt alle Zeitwörter auf uire; — nuire schaden, luire leuchten, Part. ohne t; luire hat kein Defini. 16. confire einmachen, je confirai; je confis, tu confis, il confit; nous confisons, vous confisez, ils confisent, que je confise; je confis; confit. — Ebenso: suffire hinreichen od. genügen, aber Part. ohne t. — Ebenso: circoncire beschneiden, aber Part. mit s. 17. faire machen od. thun, je ferai; je fais, tu fais, il fait; nous faisons, vous faites, ils fönt, que je fasse; je fis; fait. — nous faisons spr. fezon.

Cap. 1. Zeitwörter.

65

18. traire melken, je trairai; je trais, tu trais, il trait; nous trayons, vous trayez, ils traient, que je traie; D^f. fehlt; trait.— Ebenso alle zusammengesetzten von traire (eig. ziehen), als: abstraire abstrahlen rc. 19. dire sagen, je dirai; je dis, tu dis, il dit; nous disons, vous dites, ils dis ent, que je dise; je dis; dit. —• contredire widersprechen, interdire untersagen, prädire vorhersagen, d6dire (q.) das von Jem. in unserem Namen Gesagte in Abrede stellen, mödire übel nachreden — haben im Präs. Plur. 2. »disez. 20. maudire verfluchen, je maudirai; je maudis, tu maudis, il maudit; nous maudissons, vous maudissez, ils maudissent, que je maudisse; je maudis; maudit. 21. 6crire schreiben, j’äcrirai; j’ecris, tu äcris, il 6crit; nous 6crivons, vous ecrivez, ils äcrivent, que j^crive; j'6crivis; öcrit. 22. frire in der Pfanne braten, je frirai; je Ms, tu fris, il frit; — Part. frit. Nur in diesen Formen gebraucht. 23. coudre nähen, je coudrai; je couds, tu couds, il coud; nous eousons, vous cousez, ils cousent, que je couse; je cousis; cousu. 24. craindre fürchten, je craindrai; je crains, tu crains, il craint; nous craignons, vous craignez, ils craignent, que je craigne; je craignis; craint. — (Sylbentheilung: crabgnons.) — Ebenso alle Verba auf indre, als: plaindre beklagen, contraindre zwingen, peindre malen, feindre erdichten (sich stellen), teindre färben, atteindre er­ reichen, eteindre auslöschen, joindre verbinden, ätreindre einschnüren, enfreindre übertreten, empreindre eindrücken (auf etwas). 25. s ui vre folgen, je suivrai; je suis, tu suis, il suit; nous suivons, vous suivez, ils suivent, que je suive; je suivis; suivi. 26. mettre etwas wohin thun (legen, setzen, stellen, stecken), je mettrai; je mets, tu mets, il met; nous mettons, vous mettez, ils mettent, que je mette; je mis; mis. -— permettre erlauben, promettre versprechen. 27. prendre nehmen (fangen), je prendrai; je prends, tu prends, il prend; nous prenons, vous prenez, ils prennent, que je prenne; je pris; pris. — Ebenso: apprendre lernen, lehren, er­ fahren (durch eine Nachricht), mittheilen (eine Nachricht); comprendre begreifen, verstehen; surprendre überraschen. 28. naitre entstehen (geboren werden), je naitrai; je nais, tu nais, il nalt; nous naissons, vous naissez, ils naissent, que je naisse: je naquis; n6. 29. asseoir niedersetzen, j’asseyerai; j’assieds, tu assieds, il assied; nous asseyons, vouß asseyez, ils asseyent, que j’asseye; Schmitz, Franz. Gr. 2teA.

5

Zweiter Theil.

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Wortlehre.

j'assis; assis. — Fut. auch: j’assoirai (j’asseoirai) od. j’assiärai. Präs. auch: j’assois (j’asseois) etc., nous assoyons etc. — Das einfache seoir (sitzen, 6tre assis) ist veraltet; nur in der Bed. wohl anstehen ist es in einigen Formen, namentlich im Präs. Sing. 3 (il sied), gebräuchlich. 30. voir sehen, je verrai; je vois, tu vois, il voit; nous voyons, vous voyez, ils voient, que je voie; je vis; vu. — pr6voir vorhersehen, pourvoir versorgen, Fut. - voirai; pourvoir D6f. je pourvus. III.

Zeitwörter mit u im D6fini, 1) mit unregelmäßigem Futur:

1. recevoir empfangen (erhallen, bekommen), je recevrai; je regois, tu reyois, il re^oit; nous recevons, vous recevez, ils re^oivent, que je rexoive; je regus; regu. — Ebenso alle auf cevoir: apercevoir bemerken (wahrnehmen), concevoir ersinnen (be­ greifen), döcevoir täuschen (betrügen), percevoir einnehmen (Steuern). — däcevoir fast nur im Infinitiv und in ten zusammengesetzten Zeiten gebräuchlich. 2. devoir schuldig sein (sollen), je devrai; je dois, tu dois, il doit; nous devons, vous devez, ils doivent, que je doive; je dus; du (f. due; Plur. dus, dues). 3. dächoir verfallen, je dächerrai; je dächois, tu döchois, il dächoit; nous döchoyons, vous dSchoyez, ils dechoient, que je dtichoie; je dächus; dächu. — Das einfache choir (tomber) ist veraltet. 4. mouvoir bewegen, je mouvrai; je meus, tu meus, il meut; nous mouvons, vous mouvez, ils meuvent, que je meuve; je mus; mü (f. mue). — Allgemein gebräuchlich ist fast nur der In­ finitiv; bewegen wird gewöhnlich durch faire mouvoir ob. remuer ausgedrückt. 5. pouvoir können, je pourrai; je peux od. je puis, tu peux, il peut; nous pouvons, vous pouvez, ils peuvent, que je puisse; je pus; pu. 6. pleuvoir regnen, il pleuvra; il pleut; qu’il pleuve; il plut; plu. — Les coups de fusil y pleuvent. 7. savoir wissen, je saurai; je sais, tu sais, il sait; nous savons, vous savez, ils savent, que je Sache; je sus; su. — je sais spr. sc. 8. valoir gelten (längen, werth sein), je vaudrai; je vaux, tu vaux, il vaut; nous valons, vous valez, ils valent, que je vaille;

Cap. 1.

Zeitwörter.

67

je valus; valu. — pr6va!oir die Oberhand haben, Präs. Conj. que je prevale. — (II vaut mieux, es ist besser.) 9. falloir nöthig sein (müssen), 11 faudra; 11 saut; qu’il faille; 11 fallut; fälln. — Die Nebenform faillir (fehlen) wird als ein be­ sonderes Zeitwort betrachtet und persönlich gebraucht; es ist fast nur im D6f. (je faillis) und Part. (failli, j'al failli) gebräuchlich. 10. vouloir wollen, je voudrai; je veux, tu veux, 11 veut; nous voulons, vous voulez, ils veulent, que je veuille; je voulus; voulu. 11. courir laufen, je courrai; je cours, tu cours, 11 court; nous courons, vous courez, ils courent, que je coure; je courus; couru. — secourir helfen. 12. mourir sterben, je mourrai; je meurs, tu meurs, il meurt; nous mourons, vous mourez, ils meurent, que je meure; je mourus; mort. — Beide r im Fut. von mourir und courir wer­ den ausgesprochen. Anmerkung. Sämmtliche Zeitwörter mit Des. auf us, haben Part. Perf. auf u (drei haben ü: du, mü, crü). Einzige Ausnahme: je mourus; mort. 2) mit regelmäßigem Futur:

1. conclure schließen (den Schluß machen), je conclurai; je conclus, tu conclus, il conclut; nous concluons, vous concluez, ils concluent, que je conclue; je conclus; conclu. — Das ein­ fache clore (schließen) nebst eclore (aus dem Ei kriechen, aufblühen) ist defectiv; am häufigsten kommt noch das Part. vor: dos, äclos. 2. boire trinken, je boirai; je bois, tu bois, il boit; nous buvons, vous buvez, ils boivent, que je boive; je bus; bu. 3. croire glauben, je croirai; je crois, tu crois, il croit; nous croyons, vous croyez, ils croient, que je croie; je crus; cru. 4. croitre wachsen, je croitrai; je crois, tu crois, il croit; nous croissons, vous croissez, ils croissent, que je croisse; je crüs; crü (f. crue). 5. connaitre kennen, je connaitrai; je connais, tu connais, 11 connait; nous connaissons, vous connaissez, ils connaissent, que je connais se; je connus; connu. 6. paraitre erscheinen, je paraitrai; je parais, tu parais, il parait; nous paraissons, vous parais sez, ils paraissent, que je paraisse; je parus; paru. 7. paitre weiden, je paitrai; je pais, tu pais, il pait; nous paissons, vous paissez, ils paissent, que je paisse; je pus; pu. — Das D6f. und die zusammengesetzten Zeiten sind ungebräuchlich. 5*

68

Zweiter Theil.

Wortlehre.

Dagegen ist repaitre (Nahrung zu sich nehmen, füttern) vollständig gebräuchlich. 8. lire lesen, je lirai; je lis, tu lis, il lit; nous lisons, vous lisez, LI8 lisent, que je lise; je lus; lu. 9. plaire gefallen, je plairai; je plais, tu plais, il plait; nous plaisons, vous plaisez, ils plaisent, que je plaise; je plus; plu. 10. taire verschweigen, je tairai; je tais, tu tais, il tait (sic); nous taisons, vous taisez, ils taisent, que je taise; je tus; tu. — 86 taire schweigen. 11. moudre mahlen, je moudrai; je mouds, tu mouds, il moud; nous moulons, vous moulez, ils moulent, que je moule; je moulus; moulu. 12. r^soudre auflösen und beschließen (einen Beschluß fassen), je r6soudrai; je rösous, tu räsous, il räsout; nous rösolvons, vous r6solvez, ils räsolvent, que je räsolve; je räsolus; räsolu. — In der Bed. zersetzen Part. rSsous (fäm. ungebräuchlich). — absoudre lossprechen u. dissoudre auflösen haben im Part. immer absous (f. absoute), dissous (f. dissoute); sie werden im D6f. nicht gebraucht. 13. vivre leben, je vivrai; je vis, tu vis, il vit; nous vivons, vous vivez, ils vivent, que je vive; je vecus; väcu. — survivre überleben. — (Qui vive? wer da?)

7. Bemerkungen, den Gebrauch einiger unregel­ mäßiger Zeitwörter betreffend. 1. aller (sogleich), venir de (soeben), im Präsens und Imperfectum. Diese Zeitwörter werden häufig als eine Art Hülfs­ zeitwörter gebraucht: aller bezeichnet eine sogleich eintretende Zukunft, venir de eine soeben verflossene Vergangenheit. — Je vais vous dire, ich werde Ihnen sogleich sagen, ich bin (schon) im Begriff, Ihnen zu sagen. Je vais y aller, ich will sogleich hingehen. Le sermon allait commencer, die Predigt sollte gerade anfangen. — Il vient de partir, er ist soeben abgereist. Je venais de lui parier, ich hatte soeben mit ihm gesprochen. — Nous allons partir (nous partirons dans le moment). Nous venons d’arriver (nous sommes arriväs dans le moment). 2. venir mit dem bloßen Infinitiv drückt die Absicht des Kom­ mens aus. Je viens vous voir, ich komme, Sie zu sehen, um Sie zu sehen. — So sagt man auch: Je cours le prävenir, ich laufe, ich eile, ihn zu benachrichtigen, u. dgl. — Man kann aber auch den Infinitiv mit pour gebrauchen: Je viens pour vous dire.

Cap. 1. Zeitwörter.

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3. faire (veranlassen), laisser (zulassen). Unser Lassen bedeutet: 1) ein Veranlassen, Bewirken, ein Anhalten oder Bewegen zu etwas, dann wird es durch faire ausgedrückt; 2) ein Zulassen, Nicht-Hindern, dann wird es durch laisser ausgedrückt. — Je Tai fait danser. Je Tai laissti danser. — Je les ai fait chercher partout, ich habe sie überall suchen lassen. II se fait faire un habit, er läßt sich einen Rock machen. Je me suis fait couper les cheveux. — Oft kann faire mit dem Infinitiv von uns nur durch Ein Zeitwort übersetzt werden. II a fait voir qu’il avait du coeur, er hat gezeigt, daß er Herz (Muth) hat. Faire mourir, umbrin­ gen, u. dgl. 4. craindre hat im Nebensätze ne und den Conjunctiv. Je crains qu’il ne vienne, ich fürchte, daß er kommt (kommen wird). Je craignais qu'il ne tombät, ich befürchtete, er würde fallen. — Nebensatz ohne ne, wenn der Hauptsatz verneinend od. fragend ist. Je ne crains pas qu’il vienne. Craignez-vous qu’il le fasse? 5. voici, voila. Der Imperativ vois, mit den Adverbien ici (-ei) und la zu Einem Worte verwachsen, dient zur lebhaften Hin­ deutung auf die Gegenwart oder Anwesenheit eines Gegenstandes. Me voici, hier bin ich. Te voila, da bist du ja. Voici le 11 vre que vous cherchez. Le voici qui arrive. Le voila qui arrive. Les voila qui viennent, da kommen sie. Nous voila sauväs! nun sind wir gerettet. 6. sollen, als Bezeichnung des Gerüchts, durch on dit. Er soll sehr reich sein, on dit qu’il est träs - riebe. Les hommes d’autrefois etaient, dit-on, plus robustes que ceux d’aujourd’hui. — II doit Gtre tres-riche, er muß sehr reich sein, drückt eine Ver­ muthung aus. 7. können in der Bedeutung verstehen durch savoir. Er kann weder lesen noch schreiben, 11 ne sait ni lire ni äcrire. Kön­ nen Sie Französisch? savez-vous le frangais ? — Je ne saurais vous le dire, ich kann es Ihnen nicht sagen. 8. Gebrauch des unpersönlichen Zeitwortes falloir: 11 saut que je parte, 11 fallut que je partisse, il saut partir, il lui saut un habit, il me saut faire un choix (ich muß eine Wahl treffen). Il saut vous secouer, l’exercice vous est näcessaire. Ihr müßt euch schütteln (euch rühren), die Übung (Bewegung) ist euch noth­ wendig. 9. faillir (beinah). Dieses Zeitwort wird als eine Art Hülfs­ zeitwort gebraucht, um auszudrücken, daß etwas beinah geschehen wäre. J’ai failli de tomber (auch: ä tomber, oder bloß: tomber), ich wäre beinah gefallen. — Ebenso sagt man: j’ai manqu6 d’fitre tu6, und:

70

Zweiter Tyeil. Wortlehre.

peu s’en est fallu qu'il n’ait 6t6 tue. s’en saut, es fehlt wenig daran.

II s’en saut peu ob. peu

10. avoir und 6tre. Man sagt wie im Deutschen: il est alle, 11 est venu, il est parti, il est sorti, il est devenu, il est mort. — Dagegen werben folgende Zeitwörter mit avoir conjugirt: fuir, suivre, courir, paraitre; — accourir (herbeieilen), disparaitre (verschwinden) und croitre mit beiden Hülfszeitwörtern: j’ai accouru, je suis accouru; Thätigkeit und Zustand werden hierdurch unterschieden. 11. Die Rection (la dötermination du regime). Man sagt: fuir q. (q. ch.), s er vir q., contredire q., maudire q., suivre q., croire q., secourir q.; ■— survivre a q., einen überleben; — se repentir de q. ch., etwas bereuen (daher: je m’en repens, ich be­ reutes); se Souvenir de q. ch., sich einer Sache erinnern (daher: je ne m’en souviens plus, ich erinnere mich dessen nicht mehr).

Zugabe 1'. Deutsche Liste zu Repetitionen der unregelmäßigen Zeit­ wörter: gehen, weggehen, schicken; fliehen, entfliehen, pflücken, anfallen, erbeben, anbieten, leiden, öffnen, bedecken, lügen, fühlen, bereuen, abreisen, ausgehen, dienen, schlafen, einschlafen, sieden, kleiden, halten, kommen, werden, sich er­ innern, erwerben, erobern, lachen, lächeln, führen oder leiten, hervorbringen, übersetzen, erbauen, kochen, schaden, leuchten, einmachen, hinreichen oder ge­ nügen, machen oder thun, melken, sagen, widersprechen, verfluchen, schreiben, braten, nähen, fürchten, beklagen, zwingen, malen, erdichten (sich stellen als ob), färben, erreichen, auslöschen, verbinden, einschnüren, übertreten, eindrücken, folgen, etwas wohin thun' (legen rc.), erlauben, versprechen, nehmen, lernen, begreifen, überraschen, entstehen (geboren werden), niedersetzen, sich setzen, sehen, vorhersehen; versorgen; empfangen, bemerken, ersinnen, schuldig sein (sollen), verfallen, bewegen, können, regnen, wissen, gelten, nöthig sein (müssen), wollen, laufen, helfen, sterben; schließen (den Schluß machen), trinken, glau­ ben, wachsen, kennen, erscheinen, weiden, füttern, lesen, gefallen, verschweigen, schweigen, mahlen, auslösen und beschließen (einen Beschluß soffen), leben, überleben. Zugabe 2. Verzeichniß der lat. Verba, von denen die franz. un­ regelmäßigen abstammen: —, inviare (spätlat. betreten); fugere, colligere, salire (springen), ..., oflerre, sufferre (ertragen), aperire, cooperire (völlig bedecken), mentiri, sentire, poenitere (uncl. repoenitere), partire (theilen), —, servire, dormire, indormire, bullire (Blasen werfen, sprudeln), vestire, teuere, venire, devenire (wohin kommen), subvenire (dazu kommen, auch: in die Gedanken kommen, einfallen), acquirere, conquirere (aufsuchen, zusammen­ suchen), ridere, subridere, conducere, producere (vorführen), traducere (hinüberführen), construere, coquere, nocere, lucere, conficere (zurecht-

Cap. 1.

Zeitwörter.

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machen), sufficere, facere, trahere (ziehen), dicere, contradicere, male» dicere, acribere, frigere (rösten), consuere (zusammennähen), tremere (zittern, durch Vertauschung des t mit c hiervon craindre), plangere, constringere (zusammenbinden), pingere, fingere, tingere, attingere, exstinguere, jüngere, stringere, infringere, imprimere, sequi, mittere (schicken), permittere, promittere, prehendere ob. prendere, apprehendere (ergreifen, auch geistig), comprehendere (zusammenfassen, aber auch geistig begreifen), ..., nasci, assidere (bei etwas sitzen), videre, praevidere, pro» videre (für etwas sorgen); recipere, percipere (und. appercipere), con» cipere, debere, cadere (und. decadere), movere, posse, pluere, sapere (weise sein, verstehen), valere, fallere (betrügen, entgehen), veile, currere, succurrere (zu Hülfe eilen, beistehen), mori; concludere (abschließen, einen Schluß machen), bibere, credere, crescere, cognoscere, parere, pasci, repascere, legere, placere, tacere, molere, resolvere (auflösen), vivere, supervivere (im silbernen Zeitalter gebräuchlich). Franz, aller u. sortir sind dunkeler oder unstcherer Herkunft. — Wegen der Umwandelung der Laute, insbesondere über das Verhältniß von paraltre zu lat. parere u. dgl. ist die etymologische Lautlehre zu vergleichen. — Tres» saillir (trans u. salire) und surprendre (super u. prendere) sind spätere Zusammensetzungen; ital. trasalire (überspringen) u. sorprendere. — Hin­ sichtlich der Rection sind servir, contredire, maudire, croire u. secourir von den entsprechenden lat. Zeitwörtern, welche den Dativ der Person regieren, abgewichen; in Rection und Bedeutung falloir (il lui saut) von fallere (aliquem).

8. Übersicht der mangelhaften Zeitwörter (v. d6fectifs). 1. Einige Zeitwörter sind ohne 5D6fini, oder wenigstens in dieser Zeitform nicht gebräuchlich, als: paitre, traire, luire, absoudre, dissoudre, hair. 2. Nur im Infinitiv und Particip: ferir schlagen (Part. f6ru), ouir hören (Part. oui), querir holen, forfaire sich vergehen (gerichtl. Ausdruck), mefaire und malfaire Böses thun, tissu gewebt und issu entsprossen (von den veralteten tistre und issir). — F6rir nur in der Redensart: sans coup förir. Un juge doit ouir les deux parties. Avez-vous oui ce grand bruit? Avez-vous oui dire cette nouvelle ? Aller, envoyer, venir quörir (querir, Acad.). II ne saut ni mefaire ni mädire (fam.).-------- (Die folgenden Zeit­ wörter sind nur in den angeführten Formen gebräuchlich; wo aber nur die erste Person einer Zeitform angegeben ist, da sind alle Per­ sonen derselben im Gebrauch; was im Futur vorkommt, das ist auch int Conditional gebräuchlich.) 3. FaitUr fehlen. Präs. S. 3. saut. D6f. faülis. Part. Präs, faillant. Part. Perf. failli. — Defaillir abnehmen. Präs. Pl.

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Zweiter Theil.

Wortlehre.

d6faill*ons, -62, *ent. Imperf. däfaillais. D^f. döfaillis. Part. defailli. 4. Gesir liegen. Präs. S. 3. git; Pl. gis*ons, -62, -ent. Imperf. gisais. Part. Präs. gisant. — Ci-git, hier liegt begraben. 5. Clore schließen. Präs. Sing. clos, dos, döt. Fut. dorai. Part. dos. — Eclore auskriechen (aus dem Ei) und aufblühen. Präs. S. 3. 6döt, Pl. 3. 6dosent. Präs. Conj. S. 3. eclose. Fut. S. 3. eclöra (sic). Part. eclos. 6. ßraire ia schreien. Präs. S. 3. brait, Pl. 3. braient. Fut. S. 3. braira, Pl. 3. brairont. 7. Bruire rauschen (vom Wasser, vom Wind). Präs. S. 3. bruit. Imperf. S. 3. bruyait, Pl. 3. bruyaient. Dazu das Eigen­ schaftswort bruyant. 8. Frire backen (in der Pfanne). Präs. Sing. fris, fris, frit. Fut. frirai. Imperativ fris. Part. frit. 9. Sourdre quellen. Präs. S. 3. sourd, Pl. 3. sourdent. 10. Vhoir fallen. Part. chu. — Echoir verfallen und zufallen, wie dechoir; aber im Präs. nur Sing. 3. 6choit oder echet. 11. Seoir sitzen. Part. Präs. söant. Part. Perf. sis (gelegen). Aber in der Bed. anstehen kommt davon vor: Präs. S. 3. sied, Pl. 3. siäent. Imperf. S. 3. seyait. Fut. S. 3. siära. Dazu das Eigen­ schaftswort s6ant. — Messeoir übel anstehen, ganz wie seoir. — Surseoir aufschieben, nur im Geschäfts- und Gerichtsstyl. 12. Decevoir betrügen geht wie recevoir, ist aber im Präs. und Imperativ nicht gebräuchlich. 13. Apparoir erhellen (im Gerichtsstyl). Präs. il appert.

9. Übersicht der Zeitwörter mit doppelten Formen. 1. Benir segnen, ganz wie finir, Part. also bäni; in der Bed. einweihen: Part. bänit. 2. Fleurir blühen, ganz wie finir; — im bildlichen Sinne ge­ braucht (von Künsten, Wissenschaften u. s. w.): Imperf. fiorissais; Part. Präs. florissant. 3. Exdure ausschließen: Part. exdu und exdus; übrigens ganz wie condure. 4. Resowke: Part. räsolu und resous, s. oben. 5. Je peux, je puis; in der Frage gewöhnlich: puis-je, in der Verneinung: je ne puis (meistens ohne pas) oder je ne peux pas. — Übrigens je puis auch im bejahend behauptenden Satze, z. B. Je puis dire comme le poete: Incedo per ignes (Thiers).

Cap. 2. Hauptwörter.

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10. Ableitung der Zeitwörter. 1. Durch bloße Endungen. Von Hauptwörtern: fil — filer, bäche — b6cher, fer — ferrer, croix — croiser, puits — puiser, foudre — foudroyer, embar* ras — embarrasser, perfection — perfectionner, Sympathie — sympathiser, scandal — scandaliser, vers — versifier. Von Eigenschaftswörtern: creux —- creuser, vieux oder vieil — vieillir, grand — grandir, bl ane (blanche) — blanchir, eher (ch6re) — ch6rir, gras — grasseyer, net — nettoyer, begue — b^gayer, tranquille — tranquilliser, pur — purifier. Von Zeilwörteln: sauter — sautiller, crier — criailler, vivre — vivoter. Von anderen Wörtern: tu u. toi — tutoyer, chut! — chuchoter. 2. Durch Vorsylben: Durch die französischen Präpositionen ä (a), contre, en, entre, outre, pur, pour, sur und saus, und durch das Adverb m: aborder (aller ä bord), s’agenouiller (se mettre a genoux); contredire, contrefaire; encourir, endormir, enterrer, engainer, enivrer, embaumer, emmagasiner, empocher; entrevoir, entr’ouvrir, s'entretenir, s'entrevoir; outrepasser; parcourir; pourvoir; surmonter, surprendre; soussigner, souligner; — enlever, s’enfuir, empörter, emmener. Durch unselbständige Vorsylben: appliquer (lat. applicare oder adplicare), confronter, decouvrir, däsobäir, discontinuer, egorger, 6veiller, meconnaitre, mäpriser, revoir, reunir, remmener.

Cap. 2.

Hauptwörter (substantifs). 1.

Artikel (article).

Der Artikel findet hier als Zubehör des Hauptwortes seine Stelle. Der unbestimmte Artikel ist nichts als das tonlos gebrauchte Zahlwort der Einheit. Der bestimmte Artikel (wie die tonlosen persönlichen Fürwörter der dritten Person vom lat. ille, jener) ist als ein tonloses demonstratives Fürwort zu betrachten. 1. Der bestimmte Artikel (article defini): der und das, h; die im Sing., la; die im Plur., les. 2. Le und la werden vor einem Vocal und stummen h apostrophirt: Fami für le ami, Farne für la äme, Fhomme. 3. Der unbestimmte Artikel (article indefini): ein, un; eine, une.

Zweiter Theil.

74

2.

Wortlehre.

Casus (cas).

1. Die Verhältnißfälle werden entweder durch die Verhält­ niß-Stellungen der Wörter im Satze, oder bind) Verhäünißwörter ausgedi ückt. Nominativ und Accusativ: Le pere aime le fils. — Der Genitiv wird durch de (von), der Dativ durch ä (zu) ausge­ drückt. — (Vocativ: 6 mon pere). 2.

Zusammenziehung der Casuspräpositionen mit dem Artikel: (de le) —. du, (de les) •— des, (a le) — au; (a les) — aus; (de un) — dfun, (de une) — d'une.

3. Theilungsartikel (article partitif). Id) trinke Wein (einen Theil des Weines), Je bois du vin. S. Satzlehre. — Übersicht: Nom. u. Ace. du vin, de la biere, de Fhuile, de Fesprit; Plur. des livres. Gen. de vin, d'huile, etc. Dat. ä du vin, ä de la biere, etc. 4. Das Verhältnißwort de als Theilungsartikel gebraucht, vor einem Eigenschaftsworte: de bon vin, guter Wein; de belles maisons, schöne Häuser. Nom. Acc. u. Gen. de bon vin, d'excellent vin. Dat. ä de bon vin, ä d'excellent vin. 5. Declination der Eigennamen: Nom. Jean. Gen. de Jean. Dat. ä Jean. 3.

Pluralbildung (pluriel).

1. Allgemeine Bezeichnung des Plurals durch s: les freres, les soeurs, les amis, les lois, les fous. 2. Plural auf s, bei Hauptwörtern auf au und eu: le chä* teau, le feu — les chäteaux, les feux. 3. Plural auf au*x, bei Hauptwörtern auf al: le cheval — les chevaux, le mal — les maux. 4. Plural und Singular gleich: 1) bei Wörtern auf s, x und z; 2) bei Fremdwörtern (namentlich substantivirten Nicht-Haupt­ wörtern), welche ihre Ursprüngliche Gestalt behalten haben; 3) bei Eigennamen als solchen. Beispiele: le u. les-fils, la u. les croix, le u. les nez; FAv6 u. les Ave, Ferrata u. les errata, des quiproquo, des Te Deum, des alleluia; les deux Rousseau. — Ebenso einheimische Nicht-Hauptwörter, wenn sie substantivirt werden, z. B. Plusieurs peu fönt un beaucoup (Florian).

Cap. 2.

Hauptwörter.

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Jedoch erhalten das Pluralzeichen häufig gebrauchte und volksthümlich gewordene Fremdwörter wie: des opöras, des bravos, des factums, des trios. 5. Plural auf s haben ausnahmsweise die Masculina bal, bocal, carnaval, eal Schwiele, local, regal, u. e. a. 6. Plural auf x haben ausnahmsweise die Masculina bijou, caillou, chou, genou, hibou, joujou, pou. 7. Plural auf aux haben ausnahmsweise die Masculina bail Pacht, corail, 6mail, plumail, soupirail Kellerloch, vantail Thürflügel, vitrail Kirchenfenster. 8. Doppelter Plural: l’ail Knoblauch — Plur. aulx, üblicher jetzt ails. Taieul Ahnherr (Plur. aieux); — Großvater (Plur. aieuls). le ciel Himmel (Plur. cieux); — Betthimmel (Pl. ciels). Voeil Auge (Pl. yeux); — les oeils-de-boeuf runde oder ovale Fenster. le travail Arbeit (Pl. travaux); — Bericht eines Ministers; Noth­ stall (Pl. travails). 9. Manche Schriftsteller lassen bei den mehrsylbigen Haupt­ wörtern auf nt im Plur. das t weg; die Academie schreibt: les enfants, les Clients. (Alle schreiben aber: les gens.) 10. In zusammengesetzten Hauptwörtern, welche mit einem Bindestrich geschrieben werden, erhält das Pluralzeichen: 1) sowohl das Grundwort als auch das Bestimmungswort, wenn letzteres ein Eigenschaftswort oder ein Hauptwort ist, z. B. les grands-peres, les cerfs - volants, les chefs-lieux; — Ausn. les chevau-legers, dazu der Sing, le chevau-leger. — (Ohne tiret: les grand’meres, les chevrefeuilles u. a.; dagegen: le gentilhomme, les gentilshommes). 2) nur das Grundwort, wenn ihm das Bestimmungswort vermittelst einer Präposition angehängt ist, z. B. les arcs-en-ciel, les chefs-d’oeuvre; 3) nur das Grundwort, wenn ihm eine Präposition als Bestim­ mungswort vorangeht, z. B. les avant-cours, les apres-dlnees; (Ausn. les apräs-midi); 4) nur das Bestimmungswort, wenn dieses einem unvollkommenen Grundworte verbaler Natur als Object angehängt ist, z. B. les tire-bottes (Sing, le tire-botte); — ist dies Object aber ein Abstractum oder ein Stoffuame, so ist das Pluralzeichen unstatthaft, z. B. le und les rabat-joie, le und les gätemetier, le und les brise-glace;

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Zweiter Theil. Wortlehre. 5) keiner der beiden Bestandtheile, wenn keiner ein Substantiv ist oder wenn das Ganze nur eine substantivirte Redensart ist, z. B. les passe-partout, les pour-boire, les t6te-ä-t6te, les oui-dire.

11. Biele Wörter nur im Plural gebräuchlich, z. B. les archives, les broussailles, les entrailles, les environs, les fune* railles, les mathematiques, les moeurs, les mouchettes, les piucettes, les tenailles, les pleurs, les tenebres, les vivres Lebens­ mittel , les Indes orientales (doch auch Finde), les vepres (z. B. les väpres siciliennes). — Doch sagt man: studier en mathematique, principes de mathämatique. La pincette und la tenaille sind auch nicht ungewöhnlich. (II lui donne tant pour le vivre et le vätement). Bossuet sagt: lä commencera ce pleur öternel, la ce grincement de dents, etc.------- Hingegen nur im Singular: Fespoir. 12. Biele Wörter haben im Plural andere Bedeutung als im Singular, z. B. le ciseau Meißel — les ciseaux Scheere, Fätrenne Handgeld — les etrennes Neujahrsgescheuke, le fer Eisen — les fers Fesseln, le gage Pfand — les gages Sold, la lettre Buchstabe, Brief — les lettres Buchstaben, Briefe, Gelehrsamkeit, Kenntniß der Litteratur; la lunette Fernglas — les lunettes Brille; le lieu Ort — les lieux oder les lieux d’aisances oder les commodites; la noce und les noces Hochzeitsfest — les noces Ehe, Heirath; Farme die Waffe — les armes die Waffen u. das Wappen. 13. Biele Abstracta und Stoffnamen, welche im Deutschen nur im Singular gebräuchlich sind, können im Französischen auch im Plural stehen. Beisp. Dien est le maitre de nos vies. Les premieres amours. Fomenter, exciter les haines. Tant de bontes. Les neiges, les pluies. On gu6rit aisäment les blessures qui ne sont que dans les chairs. Marche au foin, aux foins. Les sables qui barrent Fenträe de ce fleuve. II est accable de malheurs. 4.

Geschlecht (genre).

A. Die Genusregeln. Vorbemerkung. Manche Grammatiker haben eine unübersehbare Menge von Genusregeln nebst Ausnahmen aufgestellt und dabei alle möglichen, auch die seltensten Wörter zu berücksichtigen gesucht. Andere verzichten wegen der Vielheit der Ausnahmen auf durchgreifende Regeln, beschränken sich auf einige nützliche Bemerkungen und überlassen außerdem den Lernenden dem zufälligen, gelegentlichen Lernen ex usu. Die folgenden Regeln, betreffend 1) die Form

Cap. 2. Hauptwörter.

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(Endung), 2) die Bedeutung (hauptsächlich das natürliche Geschlecht, le sexe), 3) besondere Endungen, 4) die Vergleichung franz. Wörter mit identischen deutschen, 5) die Vergleichung des franz. mit dem lateinischen Genus, nebst den die Regeln bestätigenden, auch für sich allein lernenswerthen Ausnahmen (von denen veraltete, seltene oder ganz speciell technische Wörter ausgeschlossen sind), sollen dem Lernenden einen leicht zu benutzenden festen Anhalt bieten. 1. Alle Wörter mit männlichem Ausgang sind männlich; alle Wörter mit weiblichem Ausgang (d. h. auf stummes e) sind weiblich. cri Schrei (zu crier), choix Wahl (zu choisir), nez Nase, danger Gefahr, soleil Sonne, deuil Trauer, oeillet Nelke, tiroir Schublade, ruban Band, comtö Grafschaft, duche Herzogthum, cöte Seite, öte Sommer, j an vier Januar, lundi Montag, poisson Fisch, poison Gift, point Punct, lieu Ort; — danse Tanz (zu danser), perte Verlust (zu perdre), patience Geduld, Therbe Kraut, pomrae Apfel. önigme Räthsel, feuille Blatt, gröle Hagel, cotere Zorn, pointe Spitze, lieue Stunde Weges. 2. Alle Benennungen der männlichen Wesen, der Bäume (arbre m.) und der Metalle (le metal) sind männlich, ebenso alle uneigentlichen Hauptwörter; alle Benennungen der weiblichen Wesen sind weiblich. frere Bruder, comte Graf, äne Esel, chöne Eiche, saule Weide, cuivre Kupfer, un quatre eine Vier (4), un a ein A, le qui-vive das Wer-da, le passe das Vergangene (die Vergangenheit); — soeur Schwester, brebis Schaf, jument Stute. 3. Alle Wörter auf ge und auf isme, und alle auf re und le mit vorhergehendem Consonanten sind männlich; alle Abstracta auf e, on und eur, und alle Wörter auf Ile sind weiblich. songe Traum (zu songer), äge Alter, linge Wäsche, deluge Sündflut, Vhöritage Erbschaft, christianisme Christenthum, sabre Säbel, vinäigre Essig, genre Geschlecht, verre Glas, souffle Hauch (zu souffler), säble Sand, seigle Roggen; — bontö Güte, anritte Freundschaft, piete Frömmigkeit, pitte Mitleid, principautö Fürsten­ würde (Fürstenthum), comparaison Vergleichung, moisson Ernte, prison Haft (Gefängniß), boisson Trunk (Tr.rnk), perfection Voll­ kommenheit, exception Ausnahme, section Abschnitt, douleur Schmerz, peur Furcht, couleur Farbe, sueur Schwitzen (Schweiß), fleur Blume (Blüte), moeurs Sitten, — chenille Raupe, cerveile Gehirn, oreille Ohr, sentinelle Schildwache. 4. Alle Wörter, welche die französische Sprache mit der deutschen gemein hat, haben dasselbe Geschlecht wie im Deutschen (das sächliche zum männlichen gerechnet). — Männlich sind aber

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Zweiter Theil.

Wortlehre.

alle Namen der Bäume und der Metalle, alle Wörter auf age und alle Concreta auf on. style Styl, squelette Skelett, sucre Zucker, colosse Coloß, pendule Pendel (pendule f. Pendeluhr), mustie Museum, däcembre December, regle Regel, syntaxe Syntax oder Satzlehre, orthographe Orthographie, leyon Lection, phalange Phalanx, auberge Herberge, chambre Kammer (Zimmer) table Tafel (Tisch), poste Post, poste Posten, maculature (die) Maculatur. — cedre Ceder, bronze Bronze, 6tage Etage, citron Citrone, canon Canone. Ausnahmen: ad 1. Männlich sind: ablme Abgrund, artifice Kunstgriff, automne Herbst (zuweilen weiblich); baptäme Taufe, bläme Tadel; eh arme Reiz, commerce Handel, compte Rechnung, conte Erzäh­ lung, coude Ellbogen, crime Verbrechen, cygne Schwan; dimanche Sonntag, doute Zweifel; embarcadere (Eisen -) Bahnhof (jetzt ge­ wöhnlich la gare), empire Reich, espace (ä) Raum; fleuve Fluß, foie Leber; glaive Schwert; incendie Feuersbrunst, ivoire Elfenbein; 16gume Gemüse; manche Stiel (manche f. Ärmel), manque Mangel, märite Verdienst, monde Welt, murmure Gemurr; navire Fahrzeug; panache Federbusch, parapluie Regenschirm, peigne Kamm, pode oder poile Ofen (poele f. Pfanne), poerae Gedicht, pouce Daumen, präcipice Abgrund, prdexte Vorwand, proverbe Sprichwort, pur* gatoire Fegefeuer; regne Regierung, remede Heilmittel, reproche Vorwurf, röve Traum, royaume Königreich; sacrifice Opfer, Service Dienst, «exe das natürliche Geschlecht, signe Zeichen, silence Still­ schweigen, somme Schlummer (somme f. Summe), supplice Todes­ strafe ; tome Band (eines Buches); vacarme Lärm, vice Laster, voile Schleier (voile f. Segel); zde Eifer. Weiblich sind: chair Fleisch, chanson Lied, chaux Kalk, des Schlüssel, cour Hof, croix Kreuz, cuiller Löffel; dent Zahn, dot Mitgift; eau Wasser; faim Hunger, faux Sense, fin Ende, foi Glaube, fois Mal, fourmi Ameise; loi Gesetz; main Hand, maison Haus, mort Tod; noix Nuß, nuifc Nacht (aber le minuit Mitter­ nacht); paix Friede, paroi Wand (z. B. eines Gefäßes), part An­ theil, peau Haut, perdrix Rebhuhn, plupart Mehrzahl, poix Pech; soif Durst, souris Maus (souris m. Lächeln); tour Thurm (tour m. Umkreis), toux Husten; vapeur Dunst, vertu Tugend, vis Schraube, voix Stimme. ad 2. Weiblich sind: aubäpine Weißdorn, 6pine Dornbusch, ronce Himbeer- und Brombeerstrauch, vigne Weinstock, yeuse Stein­ eiche; — une f (eie), etc. (s. o.).

Cap. 2.

Hauptwörter.

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ad 3. Weiblich sind: äuge Trog; boucle Schnalle und Locke; cage Käfig, cendre Asche; euere Tinte, gpingle Stecknadel, äponge Schwamm, gquerre Winkelmaß, etable Stall; fange Koth, sorge Schmiede, foudre Blitz (zuweilen männlich); gorge Kehle, grange Scheune, guerre Krieg; Thorloge Thurmuhr, Thuitre Auster; Image Bildniß; lettre Brief, levre Lippe, livre Pfund (livre m. Buch), louange Lob, loutre Fischotter; marge Rand (im Buche), mesange Meise, montre Taschenuhr; nacre Perlmutter, nage Schwimmen, neige Schnee; oeuvre Werk (zuweilen männlich), offre Anerbieten, ombre Schatten, orge Gerste, outre Schlauch; page Seite (im Buch), pierre Stein, plage Strand, poutre Balken; rage Wuth, rencontre Begegnung; les tenäbres Finsterniß, terre Erde, tige Stängel; vendange Weinlese, vitre Fensterscheibe. Männlich sind: honneur Ehre, labenr Arbeit; bonbeur Glück, malbeur Unglück; soup9on Verdacht, talion Wiedervergeltung; congg Abschied. ad 4. Männlich sind: abricot Apricose, amphibie Amphibie, ananas Ananas, axe Achse; banc Bank, buste Büste; caprice Laune (Caprice), carrosse Staatswagen (Carrosse), chiffre Ciffer, chocolat Schocolade, cholgra Cholera, cigare Cigarre, contröle Controlle; diocgse Diöcese (der Sprengel eines Bischofs), dogue Dogge, domaine Domaine (Staatsgut); 61oge Lobrede (Eloge), Episode Epi­ sode, ötendard Standarte; flöt Flut; groupe Gruppe; Vhemisphdre Hemisphäre (aber la sphere), l’hiöroglyphe Hieroglyphe; lis Lilie, luth Laute; martyre Marter, masque Maske, mille Meile, mur Mauer; nez Nase; opera Oper, ordre Order, orgue Orgel (im Plural weiblich); parti Partei (la partie der Theil, die Partie), päte Pastete, persil Petersilie, pistolet Pistole (zum Schießen); rat Ratte, röle Rolle; Sphinx Svhmx, synode Synode (Kirchenversammlung); tour Reise (Tour), trophee Trophäe (Siegeszeichen); uniforme Uni­ form, ustensile Utenfilie (Geräth); vase Vase (vase f. Schlamm). Weiblich sind: alarme Alarm, alcöve Alcoven, ancre Anker, apostrophe Apostroph, asperge Spargel, aumöne Almosen, aven* ture Abenteuer; baionnette Bajonett, balle Ball (zum Spielen), bannigre Banner, basse (ä) Baß, batiste Batist, bigre Bier; ca* misole Camisol, carpe Karpfen, Chemisette Vorhemdchen (Chemisett), comete Comet, compote Compott, consonne Consonant, cruche Krug, cuirasse Cüraß; date Datum, diphthongue Diphthong, dis* pute Streit (Dispüt); ecrevisse Krebs, emeraude Smaragd, Epi­ gramme Epigramm (Sinngedicht), epitaphe Epitaphium (Grabschrift), gpithgte Epitheton (Beiwort), escadre Geschwader, gtude Studium, etoffe Stoff; fenetre Fenster, figvre Fieber, flanelle Flanell, sorgt

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Zweiter Theil.

Wortlehre.

Forst; gomme Gummi; idole Idol (Götze); liqueur Liqueur; ma* noeuvre Manöver, marche Marsch, martre Marder, mer Meer, mousse Moos; paire Paar, panthüre Panther, pantoufle Pantoffel, plq.ce Platz, plannte Planet, pompe Pomp, porcelaine Porcellan, poudre Puder (Staub); rhubarbe Rhabarber, rime Reim; salade Salat, salamandre Salamander, salle Saal, solde Sold; tourbe Torf; valse Walzer, voyelle Vocal. Anmerkungen zu Regel 1: 1) Lu dupe, übersetzt durch: der Narr, der Thor, ist eigentlich ein Abstractum und bedeutet den Gegenstand des Betruges (v. duper, lat. de* cipere). Daher: II est la dupe de tout le monde, und Nous en fümes la dupe; jedoch sagt man: Nous en fümes les dupes, wenn man ver­ schiedentlich Gegenstand des Betruges war. — Vgl. II est devenu la risse de tout le monde u. dgl. Ebenso la sentinelle, la recrue, la victime. 2) Die Benennungen der Gesangstimmen werden ebenso von den fingenden Personen gebraucht: la basse (Baß), la taille (jetzt gewöhnlicher le tehor), la haute-contre (Alt) und le dessus (oder soprano, Discant). La haute-taille oder le second tenor nähert sich der haute-contre. La basse-taille und la basse-contre sind Übergänge zum Baß. Man sagt: Une voix de haute-contre, une belle haute-contre, de helles hautescontre, c’est la meilleure basse de l’Opera; c’est un beau dessus.— Ebenso une clarinette, une epee, c’est une excellente plume u. dgl.

5. Die Vergleichung des franz. mit dem lateinischen Genus ist für den Kenner der lat. Sprache unvermeidlich. Die Übereinstimmung ist die Regel (das lat. Neutrum im franz. MaScülinum einbegriffen). Hiernach sind nun die meisten Wörter, welche für den Nichtkenner der lat. Sprache als Ausnahmen aufgeführt werden müssen, für den Kenner dieser Sprache regelmäßige, z. B. le monde, lat. mundus, le signe, lat. signum, la toile, lat. tela, la foire, lat. feria, un incendie, lat. incendium, le verre, lat. vitrum, un axiome, lat. axioma, le Rhöne, lat. Rhodanus, le pouce, lat. pollex, le peigne, lat. pecten, la fourmi, lat. formlca, une Oeuvre, lat. opera, la maison, lat. mansio, la salamandre, lat. salamandra. — Die wichtigsten Abweichungen vom lat. Genus sind folgende: 1) arbre und alle Benennungen von Bäumen sind männlich, — lat. arbor und alle Baumnamen weiblich, z. B. le cädre, lat. cedrus f. 2) die Abstracta auf evr sind weiblich, — die lat. Abstracta auf or (os) sind männlich, z. B. la chaleur, lat. calor m., fleur, moeurs. — Übereinstimmend sind: honneur, labeur u. honor, labor. — Heur (ursprünglich aür) stimmt überein mit augurium.

Cap. 2. Hauptwörter.

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3) einzelne franz. Wörter männlich von lat. weiblichen: le sort (lat. sors k.), art, front, salut, poison (potio Trank), soup9on, talion, epi (spica), ete, lierre (altfr. hierre, lat. hedera), aigle, ongle, vertige, piege (pedica), lezard (lacerta), appendice, dialecte, diametre, atome, paragraphe, Synode, phare, portique, diocese, sphinx, orchestre, les thermes, le PeloponSse. — Dimanche stimmt mit dominicus sc. dies, aber nicht mit der im Mittellat. üb­ licheren dominica sc. dies; span, domingo, ital. domenica. — Singe (lat. simia, aber auch simius). Serpent (serpens g. c.). 4) einzelne franz. Wörter weiblich von lat. männlichen: la dent (lat. dens m.), limite (limes), cendre, poudre, les annales, äuge (alveus), paroi, ecorce (cortex), puce (pulex), mousse (muscus), souris (sorex, die Spitzmaus), planete, comete, hymne, obole, asperge (asparagus), datte (dactylus), la Loire (Liger m.), la Marne (Matröna m.). — Pin (lat. finis m., aber auch schon zu­ weilen fern.). — Brebis (lat. vervex, auch berbex, Hammel). 5) einzelne franz. Wörter weiblich von lat. sächlichen: la mer (lat. mare n.), cuiller (cochlear), cor ne, levre (labrum), horloge, etable (stabulum), jument, huile, pomme, poire, prune, müre, vitre, euere (ital. inchiostro, lat. encaustum), räponse, etude, infortune (infortunium), joie, feuille, epithäte, epitaphe, epigramme, asiagramme, enigme, cymbale, idole; — besonders sind franz. weib­ liche ans lat. sächlichen Pluralformen beachtenswerth: une arme (lat. arma), date (data), enseigne (insignia), muraille (muralia), volaille (volatilia), äpousailles (sponsalia), merveille (mirabilia), däpouille (spolia), öcritoire (scriptoria), paire (paria), pecore (pecora), orge (hordea ob. ordea), tempe (altfr. temple, lat. tempora), la volle (vela, ■— le volle stimmt überein mit velum). — La brüte vom Adj. brutus (animal brutum). B. Addenda zum Genus. 1. Geographische Namen: a) Die Namen der Länder, Städte und Flüsse folgen dem Geschlechte ihres Ausganges. Le Bresil, le Dauphine, Paris, le Weser, le Yolga. La France, FAlsace, la Belgique, Rome, la Tamise, Athenes, Treves. Paris ne s’est pas fait en un jour (prov.). Athenes s’est relevee de ses ruines. — b) Die Namen der Berge sind im Allgemeinen männ­ lich. Le Väsuve od. le mont Vösuve, FEtna, le Liban, le Caucase. Ausnahnlen: 1) Weiblich sind Jerusalem, Sion, Albion, Ilion und Babel (wie Babylone). — 2) La Neva, la B6reziua, la Buna u. e. a. — 3) La Branche -Comt6 (auch la vicomte), obwohl le comtä. — 4) Man sagt: Tout Rome est consternä (nicht tonte), Schmitz, Franz. Gr. 2teA.

6

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Zweiter Theil.

Wortlehre.

u. dgl. — 5) Bei der Personisication werden die Städtenamen weib­ lich, weil dann an ville gedacht wird. Aus demselben Grunde werden die wenig bekannten Städtenamen weiblich gebraucht. Josu6 fit tomber les murs de Vorgueilleuse Jericho. Stockholm a peu de monuments remarquables; eile est, sous ce rapport, inferieure a Copenhague. Les Deliens s’etablirent en Asie, ä Atramyttium, qui leur fut donnäe par Pharnace. Überhaupt über werden, auch ohne Personisication, Städtenamen, welche in den Wörterbüchern als männlich aufgeführt werden, von den Schriftstellern häufig weiblich gebraucht, z. B. Moscou, Smolensk, bei Nap. Landais männlich, bei S6gur weiblich. — 6) Männlich sind: le Bengale, le Hanovre, le Maine, le Mexique, le P61opon6se (aber la Cherson^se); le Borysthene, le Danube, l’Ebre, l’Elbe, l’Euphrate, le Gange, le Ndcre, le Rhöne, le Tage, le Tibre, le Tigre (vgl. le fleuve); le Sahara (vgl. le däsert). — 7) Folgende Gebirgsnamen find weiblich: Alpes, Pyr6n6es, Cordilleres, Vosges, Cävennes. 2. Man sagt elliptisch: la Saint-Jean, la Saint-Michel, la Toussaint u. dgl., d. i. la fite de samt Jean u. s. w. Ebenso ä la Noel oder ä Noel. 3. Mi-, Überrest eines alten Hauptwortes la mie, die Mitte, vom lat. medius. Man sagt: la rai-janvier, la mi-fevrier u. s. w., la mi-car^me (zu le caräme). Die Verbindung von mi- mit an­ deren Wörtern wird nur ohne Artikel adverbial gebraucht, z. B. Je vous conduirai jusqu’ä mi-chemin. — Hierzu le milicu, le midi und le minuit (obwohl la nuit). 4. Wörter, deren Geschlecht in gewissen Fällen wechselt: Aigle m., der Adler als lebendes Wesen; — f. der Adler als Heereszeichen. Les armes de Vempire franyais etaient une aigle tenant un foudre dans ses serres. — Dies Wort war früher über­ haupt weiblich, sogar noch bei Voltaire. Amour, delice und orgite sind männlich im Singular, weiblich im Plural. Amour ardent. Froides mains, chaudes amours (prov.). C’est un grand dälice. Toutes les dälices du paradis. Un bon orgue. II y a de bonnes orgues en tel endroit. — In der Poesie ist amour auch im Sing, zuweilen weiblich. Avtomne ist jetzt in der Umgangssprache gewöhnlich mämllich; wenn ihm ein veränderliches Eigenschaftswort unmittelbar folgt, so erlauben oder fordern die meisten Grammatiker das weibliche Ge­ schlecht. Un bei automne. Un automne fort pluvieux. L’automne est beau et sec. Un automne triste. Une automne froide et

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Cap. 2. Hauptwörter.

pluvieuse. — Die Dichter gebrauchen es überhaupt männlich und weiblich. L’automne orageux. La pale automne. (Delille.) Chose f. — Quelque chose, etwas, m. Savez-vous quelque chose de nouveau ? Retenez bien ce salutaire avis: Pour savoir quelque chose, 11 saut l’avoir appris. — Dagegen: Quelque chose que je lui ai dite, je n'ai pu le convaincre. Couple. Mau sagt: 1) un couple d'amants, un couple de pigeons; ebenso un couple d’amis, un couple de fripons, un beau couple de chiens; — aber 2) une couple d’oeufs, une couple de chapons. Ewemple, m. Beispiel; Vorschrift. — In letzterer Bedeutung wurde es früher, wie auch jetzt noch von Einigen, weiblich gebraucht. (Fm, f. Ende. — Das Eigenschaftswort fin wird in einigen Redensarten als Hauptwort gebraucht. C’est le fin de Taffaire, das ist das Feine, der geheime Punct, worauf es bei der Sache an­ kommt. Savoir le fort et le fin d’un art, le fin du jeu. II sait le fin du fin.) Foudre, f. — Im höheren Styl auch le foudre, z. B. 6tre frappe du foudre für 6tre frappe de la foudre; ebenso bilolich un foudre de guerre (großer Kriegsheld), un foudre d'eloquence. Gens. Man sagt: les gens senses, tous les gens, tous les honnötes gens, un de mes gens; gens d’affaires u. dgl. ist immer männlich. Aber: les bonnes gens, les vieilles gens, tonte8 les vieilles gens, une de ces vieilles gens. Quelles gens Stes-vous? II s’accommode de tontes gens. Ce sont les meilleures gens que j'aie jamais vus. Instruits par l’expärience, les vieilles gens sont soup9onneux. Also: das Wort gens wird überhaupt als Masculinum behandelt; — nur unmittelbar vor ihm stehende Eigenschaftswörter, die eine eigene Femininform haben, werden in dieser Form ge­ braucht, — womit dann andere vorangehende adjectivische Wörter (wie tout und un) übereinstimmen. Dieser Gebrauch ist nicht zu erklären aus einem Bestreben der Sprache, den zu Wortspielen verleitenden Gleichlaut von gens und Jean (vgl. II est reste Gros-Jean comme devant u. dgl.) unschäd­ lich zu machen, sondern als eine fortlebende Erinnerung an das ur­ sprüngliche und eigentliche Geschlecht des Wortes (vgl. la gent, z. B. la gent qui porte le turban; dazu les gens in le droit des gens). Der männliche Gebrauch des Wortes ist nichts als eine Art „Construction nach dem Sinne"; gens Leute d. i. Männer und Weiber: die Vorstellung der männlichen Wesen ist die überwiegende. — La­ fontaine schreibt auch: Tous gens sont ainsi faits, u. dgl. 6*

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Zweiter Aheil.

Wortlehre.

Hymne, m. Hymnus (als poetische Schöpfung betrachtet); — f. christlicher Lobgesang, Kirchenlied, z. B. entonner une hymne oder un cantique. Oeuvre, f. Werk, Arbeit; — m. Werk, besonders eines Kupfer­ stechers und Tonkünstleis, im höheren Styl auch für Werk überhaupt. Une bonne Oeuvre. L’oeuvre de la creation fut achevee en six jours. Toutes ses Oeuvres sont imprimäes en trois volumes (oeuvres von Schriftwerken im Sing, nicht gebräuchlich). — J’ai tout Toeuvre d’Albert Dürer. Le premier oeuvre d’un musicien. Ce samt oeuvre. Päques, m. Ostern. Quand Päques sera venu. In einigen Ausdrücken tonet) es als Plural und dann weiblich gebraucht. Päques fleuries (le dimanche des Rameaux). Faire ses päques, faire de bonnes päques (Osterandacht). — La päque, das jüdische Osterfest, das Osterlamm. Periode, f. Kreislauf (in der Astronomie), Periode oder Ära (in der Chronologie), Periode oder Stadium (in der Medicin), Pe­ riode (in der Grammatik und Musik); — m. Gipfel, Ziel, (unbe­ stimmter) Zeitraum, z. B. il est au plus haut periode de la gloire, il est au dernier periode de sa vie, un loug päriode de temps, dans un court periode. Pourpre, m. Purpurfarbe überhaupt; — f. Purpurschnecke, Saft der Purpurschnecke, Purpurkleid, z. B. la pourpre de Tyr, porter la pourpre. (Age, art comte, eveche, poison u. a., jetzt masc., — affaire, date, humeur, Insulte, rencontre, horloge u. a., jetzt fern., hatten früher anderes Geschlecht; z. B. äge f. kommt noch bei Corneille, humeur m. kommt sogar noch bei Voltaire vor.) 5. Folgende Wörter, zugleich Personnamen und Sachnamen, haben als solche verschiedenes Geschlecht: aide, masc. Gehülfe, f6m. Hülfe, critique, — Critiker, — Critik. enseigne, — Fähnrich, — Fahne; das Schild, fourbe, — Betrüger, — Betrug, garde, — Wächter, — Wache. (Man sagt: un garde-frangaise, des gardes nationaux.) guide, — Führer, — Leitseil, Lenkriemen, manoeuvre,— Handlanger,— Manöver, trompette, •— Trompeter, — Trompete. Männlich, als Abstracta und als Concreta, sind: suicide (Selbst­ mord u. Selbstmörder), parricide, sacriläge, adultere, parjure, u. dgl.

Cap. 2. Hauptwörter.

85

6. Viele Wortformen haben verschiedenes Geschlecht mit völlig verschiedener Bedeutung (meistens auch ganz verschiedene Abstammung); die wichtigsten sind folgende: aune, masc. Erle, fäm. Elle. greffe, — Gerichtsschreiberei (Cancelei), — Pfropfteis. livre, — Buch, — Pfund; Franc. — Stiel, Griff, — Ärmel. manche, memoire, — Denkschrift, — Gedächtniß. mode, — Modus, — Mode. moule, — Modell, Form, — Art Muschel, Miesmuschel. mousse, — Schiffsjunge (v. span, mozo, Junge, Knecht), fäm. Moos, Schaum. office, — Amt, — Gesindestube. page, — Edelknabe, — Seite (im Buch). paillasse, — Hanswurst (Pajazz, vom ital. pagliaccio Häcker­ ling?), — Strohsack (v. la paille). pendule, — Pendel, — Pendeluhr. poSle, — Leichentuch, — Pfanne. (le poöle oder poile, Ofen.) poste, — Posten, Amt, — Post. reläche, — Erholung, — Ankerplatz. somme, — Schlummer, — Summe. souris, — Lächeln, — Maus. tour, — Umkreis, — Thurm. triomphe, — Triumph, — Trumph (atout). vase, — Vase, — Schlamm. voile, — Schleier, — Segel. 7. Substantifs des deux genres: camarade, eleve, enfant, esclave, garde, pupille. Bcisp. Cet eleve a obtenu plusieurs prix. C’est la plus jeune de mes 61eves. Le pauvre enfant, la pauvre enfant. — (Mirabeau schreibt an seine Geliebte: Mon tendre enfant, Mon enfant bien eher, u. dgl.) 8. Substantifs du genre commun: adversaire, auteur, ecri* vain, guide, peintre, philosophe, poete, possesseur, sauveur, soldat, temoin, traducteur, vainqueur. Beisp. Cet homme, cette femme est un dangereux adversaire. Mme de Stael est un de nos plus grands 6crivains. Une femme auteur. 9. DaS Geschlecht der zusammengesetzten Hauptwörter, welche mit einem Bindestrich geschrieben werden, richtet sich überhaupt nach dem Grundworte der Zusammensetzung, z. B. le chef-d’oeuvre, Vapres-din6e (Einige schreiben Vapres-dln6 yd. Taprös-diner).

Zweiter Theil.

86

Wortlehre.

Ist das Grundwort (welches dann allemal das erste Glied aus­ macht) verbaler Natur, so ist die Zusammensetzung männlich, z. B. le tire-botte (v. tirer), l’abat- voix (v. abattre), le brise - glace, le casse-t£te. — Jedoch: la perce - neige (wobei dem Sprechenden la fleur vorschwebt), la mouille-bouche (weil la poire), u. dgl. Zu merken sind ferner le rouge - gorge und le rouge - queue (vgl. oiseau) und endlich Tapres-midi f. (etwa Theure apres midi). Einige gebrauchen aprds-midi männlich.-------Ohne tiret: le ch^vre* feuille Caprifolium, la passerage (plante qui fait passer la rage), la mappemonde u. a. 10. Wandelbare Hauptwörter (Motion). Man kann ins­ gemein aus männlichen Personnamen und Thiernamen weibliche bil­ den, indem man den männlichen Ausgang der Wörter zu einem weib­ lichen macht. 1) ... — e, z. B. ami — amie, berger — bergere. 2) 6 oder e — esse, z. B. abbe — abbesse, comte — Comtesse, negre — negresse, äne — änesse. 3) eur — euse, z. B. chanteur — chanteuse (v. chanter), pä» cheur — pächeuse (v. pöcher), trompeur — trompeuse (v. tromper). 4) teur — trice, z. B. acteur — actrice; ebenso empereur — impöratrice, ambassadeur — ambassadrice. 5) 1, x — ve, 86, z. B. veuf — veuve, 6poux — epouse. 6) n, t — nne, tte, z. B. chretien — chretienne, lion — lionne, baron — baronne, paysan — paysänne, chat — chatte; — ne: courtisan — Courtisane, voisin — voisine. Ohne Fern, fat, partisan u. a. 7) eau — eile, z. B. tourtereau — tourterelle. 8) Mehrere Masculina auf eur bilden ihr Femininum auf eresse: enchanteur — enchanteresse, pecheur — pecheresse, vengeur — vengeresse. 9) Außerdem: roi — reine, duc — duchesse, dieu — däesse, Compagnon — compagne, gouverneur — gouvernante, kavori — favorite, loup — louve, u. dgl. — Un castor, un rossignol und la femelle du castor, du rossignol; une souris, une alouette und le male de la souris, de Talouette, u. dgl. Chameau male, chameau femelle. 5.

Ableitung der Hauptwörter.

1. Hauptwörter von Hauptwörtern, durch folgende En­ dungen: ade: colonne — colonnade.

Cap. 2. Hauptwörter.

87

age: lait — laitage, corde — cordage, feuille — feuillage, nue — nuage. aie: chäne — chänaie, aune — aunaie. ail: bäte — bätail. ee: cuiller — cuilleree, poing — poignäe, nue — nuäe, soir — soiree, an — annäe; jour — journäe. erie: lait — laiterie, fruit — fruiterie, horloge — horlogerie, fromage — fromagerie, poisson — poissonnerie, faucon — fauconnerie, soie — soierie. ien: thäologie — theologieu, (philologie — philologue), Chi­ rurgie — Chirurgien, grammaire — grammairien.

ier und er: jardin — jardinier, cuisine — cuisinier, poisson — poissonnier, corde — cordier, chapeau — chapelier; pomme — pommier, cerise — cerisier; colombe — colombier, quille — quillier; horloge —• horloger, fromage — fromager, vache — vacher; päche — pächer. iere: the — thäiäre, cafä — cafetiere, tabac — tabatiere, jarret — j arretiere, souris — souriciere, (fourmi — fourmiliere). — laitiere Milchfrau, zu laitier (v. lait). ise: rnaitre — maitrise, prätre — prätrise; gourmand — gourmandise; marchand — marchandise. isme: protestant — protestantisme, charlatan — charlatanisme. iste: dent — dentiste, art — artiste, chimie — chimiste, auberge — aubergiste. eau, et und ette, on u. a. sind Verkleinerungsendungen (terminaisons diminutives): tonne — tonneau, chevre — che vre au, (Hon — lionceau, souris — souriceau, arbre — arbrisseau); poule — poulet, (roi — roitelet); poule — poulette, noix — noisette, (femme — femmelette); äne — änon, chaine — chainon, (oie — oison); carpe, carpeau — carpillon; rue — melle; Ile — Hot. (Le mont — le monticule, la part — la particule.) Über Bildung weiblicher Personnamen und Thiernamen aus männlichen, s. Geschlecht der Hauptwörter. 2. Hauptwörter von Zeitwörtern, durch folgende Endungen: ade: promener — promenade. age: labourer — labourage, marier — mariage, piller — pillage, jardiner*— jardinage, häriter — häritage. aille: trouver — trouvaille, tenir — tenaille. ance: räsister — räsistance, croire (croyant) — croyance, defaillir — defaillance. ange: louer — louange, mäler — melange. ard: pendre — pendard, fuir — fuyard.

88

Zweiter Theil.

Wortlehre.

erie: filer — filerie, pätisser — pätisserie, crier — crierie, tirailler — tiraillerie. eur: brasser — brasseur, vendre — vendeur, recevoir — receveur, mentir — menteur. Zu chanter: chanteur und chantre Cantor; zu peindre: peintre. ment: Stornier — S tonnement, applaudir (applaudissant) — applaudissement, habiller — habillement. oir: tirer — tiroir, raser — rasoir, mirer — miroir; manger — mangeoire, nager — nageoire. sse: secouer — secousse, jaunir —jaunisse, bätir — bätisse. son und sson: guSrir — guerison, boire — boisson, cuire — cuisson; Her — liaison, conjuguer - conjugaison. ure: Messer — blessure, brüler — brülure, armer — armure, piquer — piqüre, gager — gageure; peindre — peinture. Männliche Stämme zu Zeitwörtern: cri (crier), envoi (envoyer), appel (appeler), dSsir (desirer), choix (choisir), bain (baigner), gain (gagner), elan (elancer); — songe (songer), röve (rSver), souffle (souffler), Marne (Marner), doute (douter). Weibliche Stämme zu Zeitwörtern: danse (danser), häte (häter), visite (visiter), preuve (prouver); perte (perdre), vente (vendre). Die weibliche Form des Particips der vollendeten Thätigkeit zum Hauptworte erhoben: arrivee, allee, entrSe, saignSe, rosee (zu arroser); sortie, saillie, saisie; surprise, dSfaite, decouverte; — seltener die männliche Form: traite, arrStS, aperen. Die männliche Form des Particips der werdenden Thätigkeit zum Hauptworte erhoben: brillant, montant, courant, semblant, volant, ascendant, restaurant. Der Infinitiv zum Hauptworte erhoben: baiser, Souvenir, pouvoir, Stre. 3. Hauptwörter von Eigenschaftswörtern, durch folgende Endungen: ard: vieux (vieil) — vieillard, riebe — richard. esse: hardi — hardiesse, petit — petitesse, mou (molle) — mollesse; sec (seche) — secheresse, fort — forteresse. eur: grand — grandeur, long — longueur, .blanc (blanche) — blancheur, doux (douce) — douceur. ie: jaloux — Jalousie, courtois — courtoisie, malade — maladie. U: beau — beaute, sür — süretS. Urne: amer — amertume.

Cap. 3.

Eigenschaftswörter.

89

4. Hauptwörter von Zahlwörtern und von Verhältnißwörtern: douze — douzaine, mille — millier; avant — avantage, devant — devanture. 5. Hauptwörter mit Vorsylben: gräce — disgräce, raison — deraison, avantage — desa= van tage, prudence — imprudence, intelligence — m^sintelligence, poids — surpoids, coin — recoin. Anmerkung. Die zusammengesetzten Hauptwörter sind bei der Pluralbildung und beim Genus genügend behandelt. Über die Verbindungen eines Hauptwortes mit einem anderen vermittelst Der Präpositionen de und ä, z. B. buveur d’eau Wassertrinker, bateau a vapeur Dampfboot, s. die Satzlehre.

Cap. 3. 1.

Eigenschaftswörter (adjectifs). Geschlechtsbildung (Motion).

1. Alle Eigenschaftswörter, deren eonsonantischer Auslaut eines e muet als Hülfsvocals bedarf, haben im männlichen und weiblichen Geschlechte gleichen Ausgang, z. B. libre, pauvre, faible, aveugle, digne, comique, gauche, rouge, jaune, immense, mince, juste, calme, malade, brave, honnöte; rare, severe, pale, fidele; ebenso pie (für pieux, nur noch in oeuvre pie gebräuchlich) und impie. Beisp. Un peuple libre, une nation libre. 2. Alle Eigenschaftswörter, welche int Masculinum auf einen volllautenden Vocal oder Nasenlaut oder einen stummen Consonanten ausgehen (ebenso die auf ein nicht stummes r, 1 oder et) erhalten für das Femininum den weiblichen Ausgang Beisp. aine — ain6e, joli — jolie, vrai — vraie, nu — nue, aigu — aigue; brun — brune, plein — pleine, fin — fine; frangais — franyaise, froid - froide, petit — petite, Content - contente, vert — verte; dur — dure, meilleur — meilleure, frugal — frugale, suspect — suspecte. 3. Die Eigenschaftswörter auf el, eil, ul, ien, on, as, ais, es, os, et, ot verdoppeln den Consonanten: cruel — cruelle, vermeil — vermeide, nul — nulle, ancien — ancienne, bon — bonne, bas — basse, epais — epaisse, exprös — expresse, gros — grosse, muet — muette, sot — sötte. — Ausn. mauvais — mau* vaise, niais — niaise, ras — rase; devot — devote; complet (complete), concret, discret, inquiet, replet, secret; pueril — puerile; so alle auf il (Ausn gent.il: gentille). 4. Fünf Eigenschaftswörter mit doppeltem Masculinum: fou, fol — f. solle; mou, mol — f. molle; beau, bei — f. belle; nou-

90

Zweiter Theil.

Wortlehre.

veau, nouvel — f. nouvelle; vieux, vieil — f. vieille. Die zweite männliche Form wird im Singular vor einem vocalisch anlautenden Hauptworte gebraucht: un fol espoir, un bei homme, mon vieil ami. (Anstatt vieil auch vieux: un vieil homme, un vieux homme.) 5. Eigenschaftswörter auf g und c nehmen im Femininum gue und que: long — longue, public — publique, turc — turque.— Ausn. grec — grecque, blanc — blanche, träne — franche (träne —- franque, z. B. la langue franque), sec — seche. 6. Eigenschaftswörter auf f und x nehmen im Fem. ve und se: actis — active, heureux — heureuse. — Ausn. doux — douce, faux — fausse, roux — rousse, prefix —- prefixe. 7. Der Vocal e in der vorletzten Sylbe der weiblichen Formen, welchem ein einfacher Consonant oder eine untrennbare Consonantenverbindung und ein stummes e folgen, erhält immer den Gravis, eher — chere, leger — legere, secret — secrete, bref >— breve sec — seche. 6. Unregelmäßig sind: bönin — benigne, malin — maligne, frais — fraiche, tiers — tierce, und die Participien absous' und dissous — absoute, dissoute. — Hebreu hat kein Femininum, man sagt daher: le peuple hebreu, les livres hebreux, aber la langue h6braique (od. l’hebreu); letzteres wird auch männlich gebraucht, z. B. les caractäres hebraiques. 9. Die meisten wandelbaren Hauptwörter sind ursprüng­ lich Eigenschaftswörter und werden auch als solche gebraucht. Beisp. Peuples amis. La fortune amie. I/arm6e ennemie. Promesses trompeuses. Une femme veuve. I/hirondelle voyageuse. Ville marchande. C’est sa lecture favorite. — (Auch unbewegliche Hauptwörter werden adjectivlsch gebraucht. Prendre des airs vainqueurs. Ce jeune homme est un pefu fat. Appositive Hauptwörter: maitre tailleur, Compagnon cordonnier, garyon menuisier, marchand 6picier.) 2.

Pluralbildung.

1. Der Plural der Eigenschaftswörter wird gebildet wie der Plural der Hauptwörter. Des hömmes libres. Moments heureux. Des droits egaux. Deux lignes Egales. De beaux tableaux. ■— Avoir les yeux bleus. — Auch die mehrsylbigen Eigenschaftswörter auf nt verhalten sich wie die Hauptwörter. 2. Einige Eigenschaftswörter auf al erhalten im Plural s: des conseils amicals, des instants fatals, des sons finals, des vents glacials, des combats navals, des cierges pascals, des effets theätrals. — (Über die Pluralbildung vieler Eigenschaftswörter

Cap. 3. Eigenschaftswörter.

91

auf al sind die Franzosen nicht einig, z. B. des monuments colos* saux oder colossals; die Academie läßt nur den Plural des weib­ lichen Geschlechts zu.) 3. Plural zusammengesetzter Eigenschaftswörter: aigre-doux sauersüß — des oranges aigres-douces. Les sourds-muets. 3.

Vergleichungsstufen (degres de comparaison).

1.

Der Comparativ wird durch ein Adverb bezeichnet: Positiv: beau, Comparativ: plus beau; (grand, moins grand). 2. Folgende drei haben eigene Formen: bon gut, Comp, meilleur; mauvais schlimm, — pire; petit gering, — moindre. Mauvais schlecht und petit klein: Comparativ mit plus. (Die Cemparativformen majeur und mineur kommen als solche nur in einzelnen bestimmten Ausdrücken vor. La majeure partie. L’Asie mineure.) 3. Das Adverb als nach ddm Comparativ wird durch que aus­ gedrückt. Le bien est plus ancien dans le monde que le mal. II est plus heureux que sage. 4. Der Superlativ wird dmch den Comparativ mit dem be­ stimmten Artikel oder mit einem besitzanzeigenden Fürworte ausge­ drückt. C’est le meilleur homme du monde. Les remedes les plus experimentes sont les plus sürs. Mon plus grand chagrin. Die Superlativformen auf issime gehören der vertraulichen Umgangssprache an, werden jetzt selten gebraucht und nur als ab­ solute Superlativen. Amplissime b. t. tres-ample. Bellissime. Vous me ferez un grandissime plaisir. Altesse sereuissime. Quelques richissimes bourgeois (sagt Edmond About 1864 scherzhaft oder spöttisch). Anmerkung. Gewisse Adjectiva sind ihrer Bedeutung wegen keiner Stei­ gerung fähig, als: immense, infini, unique, principal, u. dgl. 4.

Ableitung der Eigenschaftswörter.

1. Durch Endungen: bleu — bleuätre, blanc — blanchätre, fou (fol) — folätre; aigre — aigret, mc\u (mol) — mollet, beau (bei): bellot, (rond ■— rondelet); coüter — coüteux, honte — honteux; m^priser — möprisable, croire — croyable, lire (lisant) — lisible; tarder — tardif, häter — batik, craindre (crainte) — craintif, malade — maladif; Energie — energique, chimere — chimerique; salut — salutaire; roi — royal, nature — naturel;

92

Zweiter Theil. Wortlehre.

pointe — pointu, aile — ai!6; homme — hommasse. Effrayer (effroi) - effroyable; voler fliegen — volage. 2. Durch Vorsylben: juste — injuste, mortel —immortel, Content — möcontent (malcontent ist veraltet), heureux — mal* heureux, favorable — defavorable, agreable — desagreable, humain — surhumain; noble — ignoble. Manche Eigenschaftswörter werden im Franz, nicht mit einer ne­ gativen Vorsylbe zusammengesetzt, z. B. pratique, necessaire, gänereux.

Cap. 4.

Fürwörter (pronoms).

1. Persönliche. 1. Verbundene persönliche Fürwörter, nur in unmittel­ barer Verbindung mit dem Zeitwort gebrauchte (pronoms personnels conjoints). Diese sind tonlos und unselbständig. Singular. tu, du, il, er, es, eile, sie, te, dir, lui, ihm, lui, ihr, te, dich, le, ihn, es, la, sie; Plural, vous, ihr, ils, sie, Nom. nous, wir, elles, sie, Dat. nous, uns, vous, euch, leur, ihnen, leur, ihnen, vous, euch, les, sie, Acc. nous, uns, les, sie. Hierzu das reflexive: se, sich (Dat. und Acc., Sing. und Plur.). Alle einsylbigen Formen mit dem stummen e, ebenso auch la, wer­ den vor Vocal und stummem h apostrophirt. J’aime, j’honore. II nVaime. Je Vadmire (le, la). Anstatt me und te werden dem Imperativ die Formen moi und toi angehängt (außer wenn en, davon, hinzutritt). Louez-moi. Garde-toi. Donnez-moi. Menez-y-raoi. — Donnez-m’en. Die Dativ - und Accusativformen stehen immer vor dem Ver­ bum; nur beim bejahenden Imperativ hinter dem Verbum. II me loue. II rn'a lou6. II ne me loue pas. II ne rn'a pas loue. Les rendrez- vous? Ne les rendrez-vous pas? Ne les rendez pas. — Rendez-les. Le, la, les können mit einem anderen Fürwort vor dem Verbum zusammentreffen in folgender Ordnung: me le, te le, se le, nous le, vous le; le lui, le leur. Z. B. II me le donnera. - (Donnezle-moi. II se recommande a moi.) Nom. je, ich, Dat. me, mir, Acc. me, mich,

Cap. 4.

Fürwörter.

93

2. Die selbständigen persönlichen Fürwörter (pronoms personnels disjoints ob. absolus), auch die betonten genannt, ha­ ben für Nominativ und Accusativ nur Eine Form und bilden mit de und a Genitiv und Dativ. Sie lauten: moi, ich, mich, toi, du, dich, lui, er, ihn, eile, sie; nous, wir, uns, vous, ihr, euch, eux, sie, elles, sie. Hierzu das reflexive: soi, sich (als Plur. selten). Beispiele ihres Gebrauchs. Qui est lä? Moi. Qui a-t-on choisi? Moi. Je ne cherche que toi. Elle est plus riebe que lui. Mon fröre et moi. Moi, je parle ob. je parle, moi (ich spreche). C'est moi (ich bin es), c’est toi, c'est lui, c’est eile, c’est nous, e'est vous; ce sont eux, ce sont elles (sie sind es). II a parle de moi. II se souvient de moi (er erinnert sich meiner). Chacun travaille pour soi. On doit parier rarement de soi. On pense trop ä soi. — II saut toujours ötre soi (garder son propre caractöre). Mit dem unbestimmten Fürwort rnörne (selbst) werden sie durch den Bindestrich verbunden. Moi-möme. Nous-mömes. Stch, auf ein bestimmtes Subject bezogen, wird im All­ gemeinen nicht durch das Reflexivum, sondern durch das Pronomen rectum ausgedrückt. Er hatte seinen Bruder bei sich, il avait son fröre avec lui. Sie lobt sich selbst, eile se loue elle-möme. — (Les avares ne voient dans le monde qu’eux et leurs tresors. Les hommes prudents songent toujours ä soi pour Vavenir.) 2.

Besitzanzeigende.

1. Adjectivische (pronoms possessifs conjoints): notre, son; votre, ton, leur; masc. mon, dein, fein, ihr; unser, mein, euer, ihr; sa; ta, föm. ma, nos mes, 868 ; vos, leurs. tes, Plur. Statt ma, ta, sa, stehen vor Vocal und stummem h die männlichen Formen. Mon amie. Ton bistoire. Son äme. — Sa grande äme. Sing.

2. Substantivische (pronoms possessifs disjoints): der meinige, der deinige, der seinige, u. s. w.: le mien, le tien, le sien, le nötre, le vötre, le leur. Die drei ersten haben eine eigene Femininform, z. B. la mienne; alle erhalten im Plural s, z. B. les miennes, les leurs. „Mein eigener" rc., ohne Hauptwort, heißt: le mien propre

94

Zweiter Theil.

Wortlehre.

(aber: mon propre jardin). — „Mein und dein Vater", mon päre et le tien. Anmerkung.

Son heißt: sein und ihr.

Der Franzose unterscheidet

also nicht, ob der Besitzer männlich oder weiblich ist. Elle aime son pere.

II aime sa mere.

II aime son pere.

Elle aime sa mere.

Zusatz zu den persönlichen und besitzanzeigenden Fürwörtern: Das allgemeine Fürwort der Anrede ist vous. Unter nahen Verwandten ist jetzt das vertrauliche tu am meisten üblich. Auch vertraute Freunde dutzen sich (se tutoyer) häufig. — Gott wird im Gebet von Catholiken mit vous, von Protestanten mit tu angeredet. 3.

Hinweisende.

1. Adjektivische (pronorns demonstratifs conjoints) sind nur die Formen Eines Wortes für dieser und jener: Sing. masc. ce; cet vor Vocal und stummem h. fern. cette; Plur.------- 668. 2. Substantiv ische (prouoms demonstratifs disjoints) sind: 1) derjenige, mit einem folgenden Relativsatz oder mit einem Ge­ nitiv (selten anders): celui, föm. 6eile; Plur. eeux; fern. celles. Beisp. Celui qui est Content est heureux. Ma montre et celle de mon frere. — Im Deutschen wird in solchen Fällen auch das einfache, aber betonte der, die, das gebraucht. Zusätze: a) der nähere oder entferntere Gegenstand werden durch die Umstandswörter ci (Abkürzung von ici, hier) und lä (da, dort) folgendermaßen bezeichnet: Cet homme-ci est moins estimable que cet homme-lä. Prenez celui-lä, laissez celui-ci. — Celui mit ci und lä wird also selbständig in der Bed. dieser und jener gebraucht. b) derjenige adjektivisch wird im Franz, durch den bestimmten Artikel oder auch durch ce ausgedrückt. Un pays n’a jamais que le gouvernement dont il est digne. Le jugement est cette faculte par laquelle nous pronon^ons qu’une chose est ou n’est pas d'une certaine maniöre. Anmerkung. Celui „selten anders". Daß es auch vor de mit dem Infinitiv (in der Bedeutung eines Genitivs) stehen kann, liegt schon in der obigen Regel (8-93. C’est un mechant metier que celui de medire). Es kommt aber auch vor in Verbindung mit einem Adjectiv, das den Sinn eines Relativsatzes hat, z. B. Cette premiere donnee tiree de l’his* toire se trouvera confirmee par xcelles plus directes et plus precises que la linguistique va bientöt nous offrir (Chevallet).

Cap. 4.

Fürwörter.

95

2) dies, das (sächlich): ce, ceci, cela (zsgz. 9a, fam.); ce wird nur vor einem Relativsätze, vor der Conjunction que (daß) und als Subject bet etre und sembler gebraucht (anders selten). Tout ce qui drille n’est pas or (prov.). Montrez-moi ce que vous avez achete ä la foire. C’est ce dont nous avons parle. Cela vient de ce que vous travaillez trop. C’est un grand bonheur pour nous. C’est beau. Est-ce le tien? C’est moi. Ce me semble (parenthetisch). — Ce mit etre, nicht 11 mit 6tre, im Allgemeinen da, wo wir gewöhnlich „es" sagen, aber dafür „das" setzen oder denken können. Hierbei ist hervorzuheben, daß ce vor Eigenschaftswörtern nur in Beziehung auf Vorhergegangenes, nicht in Beziehung auf Nachfolgendes gebraucht wird. On Pa maltraitö, c’est vrai. (II est vrai qu’011 l’a maltraite. II est bon de borner ses d6sire.) C’est un grand bonheur d’avoir un tel ami. — Ce qui (spr. ß’ki), ce que (spr. ß'kö) können im Deutschen durch das oder dasjenige, was, aber auch durch was allein ausgedrückt werden. Es ist daher hervorzuheben, daß unser was in der Bed. das, was immer durch ce qui (Nom.) und ce que (Acc.) ausgedrückt werden muß. Je ne comprends pas ce qui te fait peur. Ce que vous dites n’est que trop vrai. Je ne dis que ce que je pense. ceci (dieses), cela (jenes, das) deuten nicht, wie ce, in abstracter Weise das Dasein einer unbestimmten Wesenheit an, sondern zeigen auf einen vorher genannten oder vorhandenen bestimmten Gegenstand hin und bedeuten also: cette chose-ci, cette choselä, oder: cet objet-ci, cet objet-lä. Ceci est beau, cela est laid. Je n’aime point ceci, donnez-moi de cela. Morn trez-moi 9a. 4.

Fragende.

1. Adjectivische (pronoms interrogatifs conjoints) sind nur die Formen Eines Wortes für welcher oder was für ein: quel, f6m. quelle; Plur. mit s. Beisp. Quelle femme? Queis enfants ? Quel temps fait-il? Quel malheur! Je ne sais quel homme c’est. Je vous ai dit quelles sont mes raisons („welches"). De quelle ville etes-vous? A' quel monsieur avez-vous donne la lettre? En quelle annäe fut inventee l’imprimerie ? Quel en fut l’inventeur („toer")? Quel fut le successeur de Louis XIII?

Zweiter Theil. Wortlehre.

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2. Substantivische (pronoms interrogatifs disjoints): lequel, qui, que, quoi. lequel welcher, Gen. duquel, Dal. auquel; Plur. lesquels, desquels, auxquels; laquelle, de laquelle, ä laquellc; lesquelles, desquelles, auxquelles; also durchweg in Einem Worte ge­ schrieben, mit Ausnahme von de laquelle, a laquelle. — Ge­ braucht wird lequel nur vor einem partitiven Genitiv, oder wenn nach einem vorher genannten Gegenstände gefragt wird. Lequel de ces livres voulez-vous? Lequel aimez-vous le mieux de ces deux tableaux-lä? Lequel vous platt le plus ? Duquel des deux voulez-vous vous däfaire ? Renvoyez-moi mon livre. Lequel? qui wer, de qui wessen (von wem), ä qui wem, qui wen. — Umschreibend und zwar nachdrücklich sagt man für den Nomi­ nativ: qui est-ce qui, für den Accusativ: qui est-ce que. Qui a dit cela? Qui est-ce qui aditcela? Qui cherchezvous? Qui est-ce que vous cherchez? De qui parlez-vous ? De qui Charlemagne etait-il fils? („wessen Sohn"). Ax qui est ce livre? („wessen Buch"). — Wer ist der Herr? Qui est ce monsieur? häufiger: Quel est ce monsieur? que (nur in Verbindung mit dem Verbum), quoi (selbständig), was; de quoi, wessen, wovon; a quoi, zu was, wozu. Que ist immer Accusativ; was im Nominativ muß daher durch die Umschreibung qu’est-ce qui ausgedrückt werden; anstatt que kann die Umschreibung qu’est-ce que stehen. QiV est-ce qui vous tourmente? Que däsirez-vous ? Qu’est-ce que vous dösirez ? Je ne savais que dire. — J’ai trouvö quelque chose; devinez quoi. Quoi donc? Quoi! vous avez fait cette imprudence! Quoi de plus heureux que ce qui vous arrive? II y a dans cette affaire je ne sais quoi que je n’entends pas. De quoi parlez-vous? De quoi est-il question? Ax quoi pensez-vous ?

Zusätze: 1) Ehemals war auch qui für was als Nominativ gebräuch­ lich; z. B. in Lafontaines Fabel: Le loup et Tagneau heißt es: Qui te rend si hardi de troubler mon breuvage? wo Unkundige qui durch wer übersetzen. Wenn auch von den franz. Grammatikern verworfen, ja sogar ignorirt, ist dieser Gebrauch doch selbst heutzutage noch nicht erloschen. Ein klares Beispiel aus neuester Zeit: Eh! chdre baronne; qui peut valoir a un vieux gai'9011 comme moi rhonneur d’une si belle visite? (fi. Augier).

Cap. 4. Fürwörter.

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2) Que wird als prädicative Bestimmung bei intransitiven Zeitwörtern (6tre, devenir) gebraucht. Qu’est-ce? Qu’ätes - vous ? Qu’6tait ton pere? Que deviendrai-je ? Que devenir? — Wir erklären dieses als einen prädicativen Accusativ (s. Satzlehre, Prädi­ cative Bestimmung). — Aus diesem hat sich der weitere Gebrauch entwickelt, „was" als Subject bei intransitiven Zeitwörtern durch que und das grammatische Subject il (es) auszudrücken. „Was geschah?" Qu’arriva-t-il ? Mais, dans ce cas, que serait-il arrivä? Que vous en reviendra-t-il ? Que vous semble-t-il de cette affaire ? Qu'arriva-t-il ä Louis le Debonnaire ? Que fut-il convenu entre eux relativement ä la posscssion de Paris? Que fut-il döcidö ä cet