Führer der Unschlüssigen: Drittes Buch 9783787333066

Im Vordergrund dieses philosophisch-theologischen Werkes steht die Frage nach dem Verhältnis von griechischer Philosophi

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Führer der Unschlüssigen: Drittes Buch
 9783787333066

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Phi l os ophi s c heBi bl i ot he k

Mos ebe nMa i mon Führ e rde rUns c hl üs s i g e n Dr i t t e sBuc h

MOSE BEN MAIMON

Führer der Unschlüssigen Drittes Buch

Übersetzung und Kommentar von Adolf Weiß Mit einer Einleitung von Johann Maier

P HI LO S OPHISC HE BI BL IO THE K BAN D 1 8 4 c

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet abrufbar über ‹http://portal.dnb.de›. ISBN eBook: ----

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Inhaltsverzeichnis der Kapitel nach Alcharizi

Drittes Buch Sette

Vorbemerkung. Der Verf. sagt, da6 er in diesem Teile die Absicht habe, iiber Ma' 6e Merkhabha zu sprechen. Da es aber verboten ist, die Geheimnisse der H. Schrift zu enthiillen, es jedoch jedem der Wissenschaft Kundigen ziemt, dem dazu Geeigneten zu niitzen, habe er keinen anderen Rat gefunden, um die Ma'6e Merkhabha zu offenbaren, als den, die Erzahlung jechezqels anzufiihren und gewisserma6en die Verse zu kommentieren. In diesen Kommentar wolle er die Geheimnisse einschlieBen, die er bekannt zu machen wiinsche, und auf sie mit dunkeln Andeutungen hinweisen, die der Denkende von selbst verstehen miisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erstes l(api tel. In diesem Kapitel bespricht der Verf. die Formen der vier Chajot. Er sagt, daB das Antlitz des Rindes mit dem Antlitz des Kherubs identisch ist und daB hierin ein wichtiges Geheimnis liege . . . . . . . . . . . . . . . Zweites l(apitel. Der Verf. bemerkt, daB jede Chaja vier Angesichter, vier Fliigel und vier Hande sowie die Form eines Menschen habe. Er erortert deren Bewegung und Lauf und die Richtung, nach welche.r sie tauten. Er bespricht dann den einen Ophann, der auf der Erde ruht und die vier Ophannim, deren Riicken voller Augen sind, und die Bewegung der Ophannim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . Drittes l(apitel. Der Verf. fiihrt an, was jechezq'el in der zweiten Merkhabha gesehen und daB die Ophannim nach dem Orte hin folgen, wohin sich der fiihrende Ophann wendet, daB je ein Ophann neben je einem Kherub ist und daB die vier Chajot Einer sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Viertes l(apitel. Der Verf. bemerkt, daB jonatan ben Uziel inbetreff der Ophannim die Worte ,,ihre Augen waren wie der Anblick des Tarsis" durch die Worte ,,wie der Anblick von Edelsteinen" wiedergibt, sowie Onqelos die Worte erklart ,,wie eirr Werk aus leuchtendem Saphir" . . . . . . . . . . . . . • Flinftes Kapitel. Der Verf. bemerkt, daB jechezq'el bei jeder dieser Formen, die er wahrnahm, den Ausdruck ,,Jch sah" ge-

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braucht, und zwar tut er dies dreimal, am Beginne sagt er: ,,lch sah, und siehe, ein Sturmwind", beim zweitenmale : ,,lch sah die Chajot", und beim dritten Male: ,,lch sah etwas, wie den Anblick von Glanzerz". Alie diese drei Wahrnehmungen sind nach der Ansicht des Vert. die Ma'Be Merkhabha und daB die letzte Wahrnehmung die erhabenste von alien war . . . Sechstes Kapitel. Der Verf. bemerkt, daB alles, was jechezq'el sah, auch jesaja gesehen habe. Er vergleicht die beiden mit zwei Mannern, deren einer ein Stadtbewohner, der andere ein Dorfbewohner ist • • • • • • • • • • • • • . • . • . . Siebentes Kapitel. Der Vert. erwahnt, da6 das Jahr, der Monat und der Tag, an welchem diese Vision stattgefunden hat, angegeben sind, doch offenbart er den Grund dieser Tatsache nicht und sagt nur, daB dies eine gro6e Bedeutllng habe. Er bemerkt, da6 jechezq'el sagt: ,,Es offneten sich die Himmel und es lag auf ihm die Hand des Herrn". Er erklart, weshalb bei dem Firmament das Wort nici (d'mut, Ahnlichkeit) gebraucht wird, die Bedeutung des Regenbogens und die Bedeutung des Wortes C,clt'n (chaschmal). Mit diesem Kapitel schlieBt der Verf. die MaBe Merkhabha ab und erklart, daB er von den Geheimnissen derselben iiber das Angefiihrte hinaus weder in Andeutungen, noch ausdriicklich etwas mitteilen wolle . . . • Achtes Kapitel. Der Vert. beginnt nun einen anderen Gegen· stand und sagt, daB die dem Vergehen unterliegenden Korper infolge ihrer Materie, nicht aber infolge ihrer Form vergehen. Er bemerkt, daB Salomo die korperliche Materie bildlich durch ein ehebrecherisches, buhlerisches Weib dargestellt habe, deren Gatte gleichsam die Form ist, denn die Buhlerin ist niemals ledig, sowie die Materie niemals ohne Form ist. Er spricht ferner iiber die hose Begierde nach Speise, Trank und Beischlaf und sagt, da6 die hebraische Sprache fiir den Geschlech tsakt keinen Ausdruck hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuntes Kapitel. Der Vert. sagt, daB die Materie eine trennende Scheidewand ist, welche uns hindert, Gott zu erkennen, und deshalb ist gesagt worden: ,,Er mac ht Finstemis, in der er sich verbirgt" . . • . • . • • • . • . . . • • . . • . Zehntcs Ka pi tel. In diesem Kapitel spricht er iiber das Nichtsein (die Beraubung) und sagt, da6 derjenige, der irgend eine Wirkung beseitigt, deren Nichtsein herbeifiihrt, wie derjenige, der einem anderen das Auge aussticht, dessen Erblindung herbeifiihrt. Ebenso bewirkt der SchOpfer des Lichts, wenn er es vorenthalt, die Fins tern is, und deshalb sei gesagt worden: ,,Der das Licht formt und die Finsternis erschafft". Ferner erwahnt er hier die Erklarung der Worte: ,,Und siehe, es war sehr gut" Elftes Kapitel. Der Vert. fiihrt die Obel an, welche den Menschen infolge seiner Bestrebungen und Begierden treffen . . . . . Zwolftes Kapitel. Der Verf. spricht von jenen, die die Zeit beschuldigen, die iiber sie Obel und Mangelhaftigkeit herbeifiihrt. Er bemerkt, daB ein Gelehrter ein Buch vertaBt habe Uber die vieten Obel, die den Menschen treffen und daB es

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INHALTSVERZEICHNIS DER l(APITEL

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fiir den Menschen besser ware, nicht geboren zu werden. Der Vert. widerlegt diese Behauptungen und zeigt ihren Unverstand. Er spricht fiber die Dinge, die fiir die Erhaltung des Menschen hinreichen, und da6 der Verstandige das Obertliissige nicht anzustreben hat . . . . . • . . . . . . . . . . . . . • . Dreizehntes l(apitel. Der Vert. legt in diesem l(apitel dar, daB die Menschen nach dem Endzweck derErschaffung derWelt forschen, daB es aber unzulassig sei, nach diesem zu forschen, da er zur Erkenntnis dieses Endzweckes nicht gelangen kann; vielmehr miisse man sagen, daB das All infolge des gllttlichen Willens erschaffen sei. Und ebenso sei es eine Torheit, zu sagen, die Welt sei um des Menschen willen geschaffen worden . . . Vierzehntes l(apitel. In diesem l(apitel bespricht der Vert. die Dimensionen der Spharen und die unermeBliche Ausdehmmg der obersten neunten Sphare . . . . . . . • . . . . . . . Fiinfzehntes l(apitel. Der Vert. spricht iiber die unveranderliche Natur des Unmllglichen, wie z. B. der Unmllglichkeit, daB das Wasser nach oben aufsteige oder das Feuer nach unten herabsinke, oder daB das eine mehr sei als zwei oder der Teil mehr als das Ganze u. dgl. Wir wissen, daB dies alles unmoglich ist und die Natur seiner Unmoglichkeit wird keine andere . . . . . . . . . . . . . . . . . • . • . . . • . Sechzehntes l(apitel. Der Vert. sagt, daB Gott die Angelegenheiten des Menschen kenne, daB es aber Philosophen gebe, welche sagen, Gott kenne die Zustande des Seienden nicht und sie seien in seinen Augen, als waren sie nicht vorhanden . • . • Siebzehntes l(apitel. Der Verf. spricht von der Vorsehung und daB die Ansichten der Menschen dariiber in fiinf Richtungen auseinandergehen . . . . . • . . . . . . • . . . . • . . . Achtzehntes l(apitel. Der Vert. spricht auch hier von der Vorsehung und sagt, daB diese, wie die Philosophen glauben, sich nicht auf alle geschaffenen Dinge, auf Tiere und Gewiirm, erstrecken, sondern nur auf den Menschen allein . . . • • . Neunzehntes l(apitel. Der Vert. sagt, Gott ist vollkommen und ohne irgend cine Mangelhaftigkeit, und es sind Toren, die sagen, Gott kenne die Angelegenheiten des Menschen nicht. Er erwahnt den Einwand zeitgenossischer Arzte, da6 man, ebenso gut, wie die H. Schrift sagt: ,,Dcrjenige, der das Ohr eingepflanzt hat, sollte nicht hiiren ?" auch sagen kllnnte: ,,der jenige, der den Mund gebildet hat, sollte nicht essen ?" Er widerlegt ihre Behauptungen . . . . . . . . . . . . . . . . . • Zwanzigstes l(apitel. Der Vert. bespricht die Allwissenheit Gottes, hinsichtlich welcher zwischen Gott und uns kein Verhiiltnis bestehe. . • . . . . . . . • • . • . . . . . . . • Einundzwanzigstes l(apitel. Auch in diesem l(apitel spricht der Vert. von der Allwissenheit Gottes . . . . . . . Zweiundzwanzigstes l(apitel. In diesem l(apitel erortert der Vert. die Geschichte Ijobs und seiner Freunde und erklllrt den Begriff Satans und seine Bedeutungen. . Dreiundzwanzigstes l(apitel. Der Ver!. spricht von den Ver-

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hiiltnissen ljobs und fiihrt aus, wclchen Sinn die Reden ljobs, die Reden seiner Freunde und die Reden Elihus haben und was dieser Uber die Worte dcr anderen Hinausgehendes gesagt habe. Er sagt, Ijobs Glau be entspreche dem Glauben Aristoteles', der des Eliphaz dem unsrigen, der Bildads dem der Mutazila und der Zophars dem Glauben der Ascharija . . . . . . . . Vicrundzwanzigstes I.o, xct\ •o ctyct&ov •wv &nwv. •o yetp o?i lve:>tct ~€h1a•ov itctl 'l"EAO• •wv &nwv e&€>.e:1 e:Tvct1. 14) D. h. es gibt nach Ansicht des Verf.s zahlreiche Arten, von denen man einen Zweck nicht anzugeben vermag. 15) Arist. de part. anim. I, 1; de coelo I, 4; vgl. I I. T., Kap. 19, S. 143. ") Arist. Polit. I, 8: ,,Man sieht aber ebenso, wie auch nach dem Eintritt in das aktuelle Dasein ftir alles Lebendige die Annahme gilt, einmal, da6 die Pflanzen der Tiere wegen und dann, daB die anderen animalischen Wesen des Menschen wegen da sind. 17 ) Arist. de part. anim. I, 5: YEa'l"I 111: t"O µl:v opyctvov ltCLV eve:xti 'l"OU, 'l"WV 81: 'l"Oii awµct•o• µop(wv EKctcr'l"ov Eve:xti •ou. Die ganze Schrift hat iibrigens zum Gegenstande, den Zweck und die Bestimmung der einzelnen Organe anzugeben. 18) Arist. Phys. II, 5: YEa'l"I 111: Eve:xti •ou ocrct 'l"E dlto l11ctvo(ct, &v itpctx.&e:('ll xct\ oact !iitil cpuae:w,. ") D. h. die ZweckmaBigkeit aller natiirlichen Dinge filhrte die Philosophen, da es eine unendliche Reihe von Ursachen nicht geben konne, folgerichtig zu dem Schlusse, da6 es ein verniinftiges Prinzip geben miisse, welches, auBerhalb der Natur stehend, selbst unbewegt alles bewege, so wie es unmoglich ist, da6 ein Haus werde, wenn das Werkzeug vorhanden ist, der Baumeister aber nicht existiert. • 0) S. Arist. Metaph. 11, 2; XII, 7. 21 ) D. h. dieses verniinftige Prinzip hat es so eingerichtet, daB die eine Art um der anderen willen existiere.

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und daB das eine um des anderen willen vorhanden ist 22). Dies weist namlich auf die Absicht eines Wollenden hin. Eine Absicht aber kann man sich nur vorstellen bei etwas, was neu entsteht 23). lch will aber zum Gegenstande des Kapitels zurilckkehren, das vom Endzweck handelt, und will sagen : Schon Aristoteles hat gezeigt2'), daB bei den Dingen der Natur der Urheber, die Form und der Zweck eines und dasselbe sind, namlich der Art nach dasselbe, daB namlich z. B. die Form Rubens es ist, welche die Form seines Sohnes Henoch bewirkt hat. Das Ding aber, welches sie bewirkt hat, ist die Verleihung einer Form ihrer Art an die Materie Henochs. Der Zweck Henochs besteht aber darin, daB er eine Menschenform besitze 25) . Und ebenso verhalt es sich seiner Ansicht nach mit jedem einzelnen Individuum der nattirlichen Arten, die einer Zeugung bedilrfen 26), denn die drei Ursachen in ihnen sind von der namlichen Art. Dies alles jedoch bezieht sich nur auf den unmittelbaren Zweck. Was hingegen das Vorhandensein eines letzten Zweckes ftir jede Art betrifft, so sind alle Naturphilosophen der Ansicht, daB ein solcher unbedingt vorhanden sein milsse 27), ihn jedoch zu erkennen sei eine sehr schwierige Sache und insbesondere den Zweck des Seienden in seiner Gesamtheit. Es scheint mir aber aus den Worten Aristoteles' hervorzugehen, der letzte Zweck dieser Arten sei die Fortdauer des Werdens und Vergehens, welches unbedingt erforderlich ist filr die anhaltende Dauer des Daseins dieser Materie 28), deren Individuen nicht bleibend be-

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S. 11. T., Kap. 19, S. 139. .,) S. II. T., Kap. 20, S. 145. S. Arist. Physik 11, 7: 'Epx.t-ra1 Ill: -ra -rp(a d, -ro h 7toA:l.cixL,. -ro µl:v yelp TI lan xa\ •O oi'J EVt>l!l !v £an. •o Bi: oih:v ~ >ILV"laL• 7tp&i-rov •iji t!llt1 -rao-ro -rou>pw7to• µ.tv yap avl>pw7tOV ytvvil. Aristoteles fiihrt dieses Beispiel an, weil sein Lehrsatz bei solchen Dingen, die sich in ihrer Art fortpflanzen, am besten einleuchtet. Die Form ist namiich hinsichtlich des werdenden Dinges die formale, hinsichtlich der Bewegung die Zweckursache und hinsichtlich des Begriffes die bewirkende Ursache . ..) Das vom Vert. angefiihrte Beispiel bezieht sich auf den unmittelbaren Zweck jedes individuellen Seienden . ..) D. h, die nicht aus der bloBen Aggregation ihrer Teile entstehen, namlich die Pflanzen und Tiere. 17) Namlich daB jede der bestehenden Arten einen Endzweck haben miisse, den man aber nicht bei alien Arten leicht einsehen kann. 18) D. h. daB die Existenz dieser Arten fiir die bestandige Fortdauer des Werdens und Vergehens unentbehrlich ist. Dieser Sinn wird durch die Obersetzung der Stelle nach MUNK, Guide 111, S. 87, Anm. 2 nicht alteriert. 24)

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stehen konnen 29), und daB daraus das AuBerste werde, was daraus werden kann, namlich das moglichst Vollkommenste 30), denn der letzte Zweck ist die Erreichung der Vollkommenheit 31 ) und es ist klar, daB das Vollkommenste, was aus dieser Materie werden kann, der Mensch ist. Er ist das letzte und vollkommenste aller zusammengesetzten Dinge, so daB die Behauptung, alle existierenden Dinge unterhalb der Mondsphare seien bloB um seinetwillen da, in dem Sinne wahr ist, daB die Bewegungen des Veranderlichen zu dem Zwecke stattfinden, um dadurch das Werden des moglichst Vollkommenen zu erreichen 32). Somit ergibt sich fiir Aristoteles zufolge seiner Ansicht Uber die Ewigkeit der Welt nicht notwendig die Frage nach dem letzten Zweck des Menschen, denn, wie er meint, ist der unmittelbare Zweck jedes entstandenen Individuums die Vollkommenheit dieser Artform. Somit hat jedes Individuum, in welchem die Wirkungen, welche diese Form bedingt, vollendet sind, schon seine Vollstandigkeit und Vollkommenheit erreicht 33) und der letzte Zweck der Art ist der immerwahrende Bestand dieser Form mittelst des fortgesetzten Werdens und Vergehens, so daB das Werden nicht aufhort, die Hervorbringung des mog") Namlich nur durch eine bestimmte Zeit existieren ktinnen. 30) Der Vert. fiihrt fiir das von ihm Behauptete keine ausdriickliche AuBerung Aristoteles' an, sondern er sagt bloB, daB ihm dies aus den Worten Aristoteles' hervorzugehen scheine. In der Tat vermochten wir eine AuBerung Arist. in diesem Sinne nicht zu finden . Die Ansicht Arist.s, sagt also der Vert., sei mutmaBlich die, es sei der Endzweck jeder Art, zur Hervorbringung dessen zu gelangen, was in dieser Art das denkbar Vollkommenste ist. Dies ab er werde durch das immerwahrende Werden und Vergehen ermoglicht, indem die individuellen Formen unaufhtirlich aufeinanderfolgen, bis die Materie die vollkommenste Form, deren sie tahig ist, angenommen h:it. Ebenso sei es der Endzweck fiir die Gesamtheit aller Arten zu der vollkommensten Art zu gelangen und diese sei unter den Arten der w'erdenden und vergehenden Dinge die Menschenart. 11) D. h. die Erreichung der vollkommensten Form, die fiir die Art mtiglich ist, und der letzte Zweck muB, da die individuelle Form unmtiglich dauernd sein kann, darin bestehen, daB das Werden und Vergehen fortdaure, damit die vollkommenste Form zur Materie gelange. 32) Namlich in dcm Sinne, daB unter den sublunaren Dingen die Menschenart die vollkommenste ist. ") Der Vert. will sagen: Wenn diese vollkommenste Art erreicht ist, ist auch der Endzweck erreicht und man hat nach einem Endzweck des gesamten Seienden nicht weiter zu tragen, da jedes Einzelwesen, in welchem die Wirkungen vollkommen vorhanden sind, die durch diese Form bedingt sind, seine Vollkommenheit und Vollendung bereits erreicht hat. Und ebenso verhalt es sich mit den Arten.

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lichst Vollkommenen anzustreben 34). Nach diesen Ausfilhrungen ist es also klar, daB nach der Ansicht von der Ewigkeit der Welt die Frage nach dem Ietzten Zweck des Seienden in seiner Gesamtheit eine unzullissige ist3 5 ). Hingegen glauben manche, daB diese Frage zufolge unserer Ansicht von dem Erschaffensein der Welt in ihrer Gesamtheit, nachdem sie vorher nicht war, sich notwendig ergibt, namlich die Frage nach dem Zwecke dieses ganzen Seienden 36). Ebenso glauben sie, daB der Zweck dieses ganzen Universums ausschlieBiich das Dasein der Menschenart ist, damit diese Gott verehre, daB aber alles andere, was geschaffen ist, um seinetwillen geschaffen ist, so daB die Spharen nur zu seine m Nutzen und um der Hervorbringung seiner Bedilrfnisse will en kreisen 37). Und zahlreiche Stellen in den Prophetenbilchern !assen, ihrem einfachen Wortsinne nach, diese Auffassung aufkommen, z. B. ,,Damit sie bewohnt werde, hat er sie erschaffen" (Jes. 45, is); ,,Ware nicht mein Bund mit dem Tage und mit der Nacht" (jirm. 33, 2s) 38); ,,Er spannte sie aus wie ein Zelt, damit man darin wohne" (Jes. 40, 22). Wenn aber sogar die Spharen um des Menschen willen existieren, um wie vie! mehr alle Tierarten 39) und die Pflanzen? Wird aber diese Ansicht von den 34 ) D. h. es bleibt nach dieser Ansicht fiir die Art kein anderer Endzweck iibrig als der Fortbestand dieser Form durch das fortgesetzte Werden und Vergehen, durch welches das Werden des Vollkommensten, welches mtiglich ist, erwartet werden kann. 35) Auch nach Aristoteles ist der Endzweck des Seins eine ewige, unveranderliche, vom Sinnlichen abgesonderte Substanz, die auBerhalb desselben existiert. S. Aris!. Metaph. II, 7. Gott ist also der Zweck der Zwecke und der letzte Zweck aller Dinge. S. I. T., Kap. 69, S. 270. ") Da bei alien absichtlichen Handlungcn ein Zweck vorhanden sein muB, wir aber angenommen haben, daB die Welt von Gott mit Absicht und Determination erschaffen ist. ") Der Vert. deutet hier auf den EinfluB hin, den seiner Ansicht nach die Gestirne auf die Elemente ausiiben. S. I I. T., Kap. 10, S. 74. ") Die angefiihrte Stelle hat allerdings nicht den ihr vom Vert. beigelegten Sinn, sondern bedeutet, Gott werde ebensowenig, wie er den Wechsel von Tag und Nacht oder die Gesetze der Natur aufhtiren lasse, auch den Fortbestand dcr Nachkommen ja'qobhs aufhtiren !assen. Der Vert. bringt aber, ohne sie ausdriicklich zu adoptieren, hier eine Erkliirung vor, welche die Rabbinen zu dieser Stelle im bab. Talm. P'sachim 68b gegeben haben: R. Eleazar sagt: ,,Bestiinde das giittliche Gesetz (der Pentateuch) nicht, so hatten Himmel und Erde keinen Bestand, namlich Himmel und Erde bestehen bloB um des Gesetzes willen das ich Israel gegeben habe." ' 3 ' ) Nach MUNK, Guide III, S. 89, Anm. 3.

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Denkern, die die Ansichten prilfen, in gehOriger Werse untersucht, so wird offenbar, welcher lrrtum darin steckt. Sagt man namlich zu einem, der dies glaubt: Da die Welt um dieses Zweckes, namlich um des Daseins des Menschen willen besteht, konnte nun Gott ihn (den Menschen) ohne alle diese Voraussetzungen40) hervorbringen oder kann dieser nur nach ihnen existieren? so wird er wohl darauf antworten: Es ist moglich und Gott kann auch z. B. den Menschen ohne den Himmel hervorbringen. Dagegen JaBt sich aber die Frage aufwerfen: Wenn dem so ist, wozu niltzen dann 41) alle diese Dinge, da sie selbst nicht der Endzweck sind, sondern um anderer Dinge willen existieren, die aber auch alle ohne sie batten existieren konnen ?4 2) Und selbst wenn das ganze Universum um des Menschen willen da ist und der Zweck des Menschen darin besteht, um, wie gesagt wird, Gott zu verehren, bleibt die Frage aufrecht: Was hat die Verehrung Gottes filr einen Zweck, da Gottes Vollkommenheit nicht dadurch erhtiht wird, daB alle Geschtipfe ihn verehren und ihn so vollkommen als moglich erkennen, er aber auch keinen Mangel erleiden wilrde, wenn auBer ihm ilberhaupt kein anderes Wesen existierte ? 43) Sollte aber jemand darauf antworten: Dies geschieht nicht fi.ir seine Vervollkommnung, sondern fi.ir die unsere, - denn dasjenige, was filr uns das Beste ist, ist unsere Vollkommenheit - , so wird diese Entgegnung notwendig die weitere Frage verursachen: Und was fi.ir einen Zweck hat es, daB wir in dieser Vollkommenheit existieren? Es ist somit schlechterdings nicht zu umgehen, daB die Sache dahin kommt, als Zweck anzugeben: Gott hat es so gewollt" oder ,,Seine Weisheit hat so entschieden". Und dies ist auch richtig"). Du kannst ja bemerken, daB die Lehrer Israels in ihrem Gebettexten) diesen Gedanken in folgender Fassung dargestellt haben: ,,Du hast den Menschen vom AnD. h. den Menschen unmittelbar, ohne da8 vorher etwas anderes erschaffen worden ware. ") Nach Alcharizi. Es scheint uns unzulassig, das Suffix mit MUNK, Guide 111, S. 96, Anm. 31 auf Gott zu beziehen. ") D. h. die nicht nur nicht Selbstzweck sind, sondem auch fiir die Existenz des Dinges, um dessen willen sie erschaffen wurden, nicht notwendig sind. ") Da alles Sein doch nur vom Willen Gottes herriihrt, der nicht durch die Rilcksicht auf andere Dinge auller ihm bestimmt wird • ..) S. II. T., Kap. 18, zweite Methode S. 192. ..) Im N'ila-Gebet des Versohnungstages. • 0)

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beginn von den anderen Wesen unterschieden und ihn ausgezeichnet, daB er vor dir stehen dart, denn wer dart zu dir sprechen: Was tuest du? Und wenn er gerecht ist, was gibt er dir?" Sie haben also ausdriicklich gesagt, daB es sich hier um keinen Zweck handelt, sondern nur um den Willen Gottes46). Nachdem aber die Sache sich so verhalt und wir, weil wir an die Welterschaffung glauben, nicht umhin konnen zu sagen: Gott hatte dieses Seiende, sowohl seine Ursachen als das Verursachte auch in einer entgegengesetzten Weise bewirken konnen °), so wiirde sich daraus die Unwahrscheinlichkeit ergeben ' 8), daB all es, was auBer dem Menschen existiert, iiberhaupt zu keinem Zwecke da sei, da ja der beabsichtigte Zweck, namlich der Mensch, auch moglicherweise ohne diese alle hatte existieren konnen. Und deshalb ist, wie ich glaube, die wahre Oberzeugung entsprechend den Glaubenslehren der Schrift und iibereinstimmend mit den Ansichten der Philosophie, diese: Wir glauben nicht, daB alle seienden Dinge um des Daseins des Menschen willen vorhanden sind, sondern daB auch die anderen existierenden Dinge um ihrer selbst willen bezweckt sind, nicht um eines anderen Dinges willen. Es wird also auch nach unserer Ansicht, namlich nach der Ansicht, daB die Welt erschaffen ist, diese Frage unzulassig sein 49) Denn dieser Ansicht zufolge sagen wir : Gott hat alle Tei le der Welt nach seinem Willen hervorgebracht, davon manche um ihrer selbst willen und manche um eines anderen Dinges willen, dieses andere aber nur um ") 0. h. auch wenn wir nicht geradezu sagen wollen, er hlitte andere Ursachen und andere Wirkungen, die von diesem Seienden verschicden sind, hervorbringen konnen, so wiirde sich doch die Absurditat ergeben, daB alles, was auBer dem Menschen vorhanden ist, iiberhaupt ohne Zweck existiere, da der Zweck dieser Dinge, nlimlich der Mensch, ohne sie alle existieren ktinnte. Der Vert. will also zcigen, daB der Glaube, alle Dinge seien bloB um des Menschen willen da, auch fiir diejenigen, die an das Erschaffensein der Welt glauben, unhaltbar sei. ") D. h. da zufolge der Annahme der Erschaffung aus dem Nichts es kein · notwendiges und unablinderliches Gesetz gibt, warum das Seiende gerade die Elnrichtung haben miisse, die es in Wirklichkeit hat, so hlitte Gott es auch anders schaffen und andere Kausalgesetze anordnen konnen, bei denen die gleichen Ursachen nicht die gleichen Wirkungen haben miiBten wie jetzt oder bei deren Geltung das, was jetzt Ursache ist, hlitte Wirkung sein konnen und umgekehrt• .,) Nach MUNK, Guide 111, S. 91, Anm. 5 . ..) Da, wenn jedes Ding um seiner selbst willen da ist, die Frage nach dem Zweck des Seienden schon geltist ist.

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seiner selbst willen, und ebenso, wie er gewollt hat, daB die Menschenart da sei, hat er auch gewollt, daB die Himmel und die Gestirne da seien, und ebenso, daB die Engel existieren 50). In der Tat hat er von jedem dieser vorhandenen Dinge die Substanz des Dinges gewollt. Wenn aber ein Ding nur unter Voraussetzung eines anderen Dinges existieren konnte, so brachte er dieses letztere Ding zuerst hervor, wie die Sinneswahrnehmling dem Denken vorausgeht51 ). Diese Ansicht ist auch ilbrigens schon in den BUchern der Prophetie mit den Worten ausgesprochen worden: ,,Alles hat der Herr um seiner se I b st wi II en geschaffen" (Spr. 16, 4). Moglicherweise bezieht sich das Filrwort in diesem Satze auf das Objekt. Sollte es sich aber auf das Subjekt beziehen, so ware der Satz zu erklaren: ,,um seiner (Gottes) selbst will en", namlich zufolge seines Willens 52), der ja, wie in diesem Buche bewiesen wurde 53), mit seinem Wesen identisch ist. Wir haben auch dargelegt5 4 ), daB Gottes Wesen auch ,,seine Herrlichkeit" genannt wird in dem Ausspruche: ,,LaB mi ch deine Herrlichkeit schauen" (Exod. 33, ts). Dann ware der Satz: ,,Alles hat Gott um seinetwillen erschaffen" auch gleichbedeutend mit dem Ausspruch: ,,Alles, was mit meinem Namen benannt wird und was ich zu meiner Verherrlichung geschaffen, geformt und gemacht habe" (Jes. 43, 6). Dieser Ausspruch wilrde sagen: Alles, was auf mein Wirken bezogen wird, habe ich tatsachlich infolge meines Willens, sonst aber um keines Dinges willen gemacht. DaB aber die H. Schrift sagt: ,,Geformt und gemacht habe" bedeutet das, was ich dir dargelegt habe, dal3 es namlich Dinge im Sein gibt, deren Existenz nur nach dem Dasein eines geD. h. die Vernunftwesen der Spharen. Gott wollte, will der Vert. sagen, jedes dieser Vernunftwesen so, wie es eben ist, um seiner selbst willen. ") Die Sinneswahrnehmung mul3 dem Denken vorausgehen, weil sie dem rationellen Vermogen die Objekte zufiihren muB, welche dieses vermittelst der Abstraktion zu allgemeinen Begriffen umbildet. • 2 ) Bezieht man namlich das Suffix in dem Worte l:'ll)IOS (l'ma nehu) auf das Objekt, so bedeutet der Ausspruch: jedes Geschaffene ist Selbstzweck, bezieht man es aber auf das Subjekt, dann ist der Sinn des Satzes: Alles ist um Gottes willen erschaffen. Welche der beiden Auslegungen man aber auch annehmen mag, in keinem Falle ist die Frage nach dem Zweck des Seienden zulassig. "'> S. I. T., Kap. 53, S. 176. ") S. I. T., Kap. 54, S. 179. • 0)

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wissen anderen Dinges moglich ist5 5). Die H. Schrift will also sagen: lch habe dieses erste Ding geformt, welches unbedingt vorhergehen muBte, wie z. B. die Materie fllr alles, was Materie hat, und dann habe ich in diesem vorhergehenden Dinge oder ihm entsprechend das gemacht, welches hervorzubringen ich die Absicht hatte. Es ist aber hier nur von dem Willen Gottes allein die Rede 56). Und wenn du das Buch betrachtest, welches jeden, der sich leiten Jassen will, zum richtigen Ziele leitet 57) und deshalb ,,Tora" (:·ri~n) 58) genannt wird, wird dir dieser Gedanke, um den wir uns vom Beginn der SchOpfungsgeschichte bis zu ihrem Ende im Kreise bewegen, klar werden, namlich, daB Gott durchaus von keinem der Dinge dieser Schpfung gesagt hat, daB es um eines andern Dinges willen sein solle 59), sondern er sagt, daB er jeden einzelnen Teil der Welt hervorgebracht hat und daB sein Dasein der Absicht entspricht. Dies bedeutet au ch der Ausspruch ,,Gott sah, daB es gut war". Du weiBt ja, was wir in betreff des Ausspruches der Lehrer: ,,die H. Sch rift spricht, wie die Mensch en sprechen", erklart haben 60). U nd ,,gut" nennt man unserer Meinung nach das, was unserer Absicht entspricht 61). Aber in betreff des ganzen Universums sagt die H. Sch rift: ,,Und Gott sah all es, was er geschaffen hatte, und siehe, es war sehr gut" (Gen. I, a1). Dies bedeutet: Das Werden alles Werdenden entsprach der Absicht, und seine ZweckmaBigkeit wird schlechterdings niemals unterbrochen werden oder aufhOren. Dies bedeutet das Wort ,,sehr" 62). ") Wie z. B. der Mensch, dessen Dasein von der Existenz der Erde, der Pflanzen und der Tiere abhlingt. ") Aber nicht vom Zwecke. ") Nach Alcharizi. 68) Der Name niin (tora) ist von ni• (jara) abgeleitet, dessen Kausativum bedeutet ,,den Weg weisen" oder ,,filhren" . ..) D. h. es ist in der Schopfungsgeschichte der H. Schrift nirgends angedeutet, daB irgendeines der geschaffenen Dinge um eines andem geschaffenen Dinges willen da ist. 10) S. I. T., Kap. 26, S. 74 f. 11) D. h. im gewohnlichen Sprachgebrauch nennt man dasjenige gut, welches der Absicht seines Urhebers gemaB ist. Somit muB jedes einzelne der erschaffenen Dinge um seiner selbst willen von Gott beabsichtigt worden sein. 12) In dem Worte iuu~ (m'od, sehr) findet der Verf. angedeutet, daB das Ding der Absicht seines Urhebers bleibend unG dauernd entspricht, im Hinblick auf seine im II. T., Kap. 27, S. 176 ausgesprochene Ansicht, daB aus dem Erschaffensein der Welt nicht notwendig folge, da6 sie auch vergehen miisse.

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Denn manchmal ist eine Sache gut und entspricht unseren Absichten fi.ir eine gewisse Zeit, spater aber enttauscht es die Erwartung und seine ZweckmaBigkeit setzt aus. Gott aber hat verkUndet, daB alles, was gemacht worden ist, so wohlgeraten ist, daB es seiner Absicht entspricht und wird also unaufhlirlich so wirken, wie er es damit vermeint hat 63). LaB dich aber hierin nicht durch den Umstand irre machen, daB die H. Schrift sagt: ,,Damit sie Uber der Erde Licht verbreiten und am Tage und bei Nacht herrschen" (Gen. 1, 17, 18), indem du etwa glaubst, es bedeute, daB sie dies tun soil en 64). Es dient vielmehr nur ihre Natur zu kennzeichnen, mit welcher er sie so erschaffen wollte, namlich als leuchtende und regierende, ahnlich wie in dem Ausspruche: ,,Und herrschet Uber die fische des Meeres" (ib. 28), welcher nicht bedeutet, daB der Mensch dazu erschaffen ist, sondern nur seine Natur bezeichnet, die ihm Gott eingepragt hat 6~). Was hingegen den Ausspruch Uber die Gewachse betrifft, daB Gott sie den Menschen und den Ubri!{en Tieren gegeben und zum gemeinsamen Gebrauch fi.ir alle bestimmt hat 66), haben ihn schon Aristoteles und andere 67) erklart, und so konnen wir sehen, daB die Gewachse tatsachlich um der Tiere willen vorhanden sind, da diese ohne Nahrung nicht bestehen konnen. Hinsichtlich der Gestirne ist es aber nicht so, namlich sie sind nicht um unseretwillen da und damit uns das Gute von ihnen zukomme 68). Denn der Ausspruch der H. Schrift ,,zu leuchten und zu herrschen" bedeutet, wie wir zeigten, eine Darstellung des Nutzens, der von ihnen ausgeht, und sich auf die Dinge der niederen Welt ergieBt, wie ich dir in betreff der Natur der immerwahrenden Emanation des Guten Da das Adjektivum ,,gut" in der oben angefiihrtcn Bedeutung keiner l(omparation fiihig ist, so kann der Superlativ nur bedeuten, daB es dieser Absicht immer und dauernd entspricht ") D. h. die angefiihrte Stelle sagt nicht aus, daB dies der Zweck oder die Bestimmung der Himmelskorper sei, sondern schildert blo8 ihre Natur, die im Leuchten und Regieren besteht. ••) D. h. Gott hat in seine Natur die Fahigkeit gelegt, die Tierwelt zu beherrschen und sie seinen Zwecken dienstbar zu machen. ••) S. Gen. I, 29. so. 67) S. oben S. 64. •8) Die Gestirne kiinnen, will der Verf. sagen, nicht zu dem Zwecke geschaffen sein, um die Erde zu beleuchten, weil das Edie und Erhabene nicht um des Niederen willen erschaffen sein kann. 8' )

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von einem Dinge auf das andere 89) dargelegt habe. Dieses Gute aber, welches immerfort zukommt, wird in betreff desjenigen, dem es zukommt, so aufgefaBt, als ware dieses die Emanation Empfangende der Zweck dieses Dinges, welches seine Gilte und Gnade darilber ausstromen Ia.Bt, wie z. B. einer der Stadtbewohner glauben konnte, es sei der Zweck des Konigs, sein Haus bei Nacht vor Dieben zu behilten 70). Dies ist allerdings in einem gewissen Sinne richtig. Denn wenn sein Haus behiltet wurde und ihm dieser Vorteil von seiten des Konigs zuteil geworden ist, rtihmt man dies so, als ware es der Zweck des Konigs, das Haus dieses Mannes zu behilten. Und demgemaB milssen wir jede Schriftstelle, in der wir bemerken, daB nach ihrem wortlichen Sinne darin angedeutet wird, daB ein hoheres Wesen um eines geringeren willen geschaffen worden sei, deut..: licher erklaren und milssen sagen, sie bedeutet, daB dies sich notwendig aus dessen Natur ergibt71 ) Wir milssen also darauf Gewicht legen, zu glauben, daB dieses ganze Seiende von Gott seinem Willen gemaB beabsichtigt worden, dilrfen aber dafilr durchaus keine andere Ursache und keinen anderen Zweck suchen. Und so wie wir nicht nach dem Zweck des Daseins Gottes forschen, dilrfen wir auch nicht nach dem Zweck seines Willens forschen, um dessen willen er alles, was entstanden ist, so, wie es ist, entstehen lieB und entstehen !assen wird 12). Du darfst dich also nicht zu dem irrigen Glauben verleiten !assen, daB die Spharen und die Engel um unseretwillen geschaffen worden seien. Uns ist ja unser Rang bestimmt: ,,Siehe, die V61ker sind wie ein Tropfen am Eimer" (Jes. 40, 15). Betrachte nur deine Substanz und die Substanz der Spharen, der Gestirne und der stofflosen Vernunftwesen und dann wird dir die Wahr..) S. II. T., I(ap. 11, S. 79. 70) Die Emanation des Outen, welche in der Natur der hilheren Wesen liegt, wlrd flilschlich so aufgefa6t, als batten diese hilheren Wesen ihr Dasein nur zu dem Zwecke, diese Emanation denjenigen Wesen, die ihrer teilhaftig werden, zukommen zu !assen. Dies ist aber ebenso tllricht als der Glaube, daB der I(onig, wenn auch durch die von ihm gegebenen Gesetze und geschaffenen staatlichen Einrichtungen die Sicherheit des Eigentums der Bilrgertatslichlich bewirkt wird, in dem Schutz des Eigentums jedes einzelnen Bilrgers seinen Daseinszweck habe. 71 ) D. h. die H. Schrift will an alien diesen Stellen nur sagen, da6 dies die sich notwendig aus der Natur dieses Edlen erg~bende Wirkung, nicht aber dessen Daseinszweck sei. 71) Namlich wie es tatsachlich entsteht.

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heit offenbar werden und du wirst erkennen, daB der Mensch das Vollkommenste und Hochste von allem ist, was aus dieser Materie werden kann, aber nicht darilber hinaus. Vergleichst du aber sein Sein mit dem Sein der Spharen, und insbesondere mit dem Sein der stofflosen Vernunftwesen, so wird es tiberaus niedrig sein, wie die H. Schrift sagt 73): ,,Siehe, selbst seinen Dienern traut er nicht und bei seinen Engeln setzt er Fehlbarkeit voraus, um wie vielmehr bei denen, die in Lehmhausern wohnen, die im Staube ihren Ursprung haben" (!job 4, 1s). Du muBt aber wissen, daB die in diesem Vers erwahnten ,,Diener" keineswegs von der Art der Menschen sind, was ja die Worte ,,um wie vielmehr bei denen, die in Lehmhausern wohnen" beweisen, sondern es sind die Engel, und mit den in diesem Ausspruch gebrauchten Worte ,,und an seinen Engeln" wird zweifellos auf die Spharen hingedeutet7 4). Eliphaz 75 ) selbst erlautert dies und gibt es in seiner zweiten Antwort 76) mit anderen Worten wieder. Er sagt: ,,Siehe, an seine Heiligen glaubt er nicht und die Himmel sind nicht rein in seinen Augen, wie vie! weniger noch der Verworfene und Beschmutzte, der Mensch, der Unrecht trinkt wieWasser" (ib.15,15. ir,). Hier sagter ja deutlich, daB ,,seine Heiligen" nichts anderes als ,,seine Diener" sind, und daB sie nicht von der Art des Menschen sind, und daB ,,seine Engel" ,die im oben angefilhrten Vers erwahnt sind, ,,die Himmel" sind. Und ferner bedeutet ,,Fehlbarkeit" dasselbe wie ,,sie sind nicht rein in seinen Augen", namlich weil sie Materie haben, die, wenn auch die reinste und hellste Materie 77 ), doch im Verhaltnis zu den stofflosen Vernunftwesen dunkel und trtibe, keineswegs jedoch rein ist. DaB er aber von den Engeln sagt: ,,Siehe, selbt seinen Dienern traut er nicht", dies bedeutet, daB sie kein so starkes Sein haben, da sie unserer Ansicht nach erschaffen und selbst nach der Ansicht derjenigen, welche an die Ewigkeit der Welt glauben, verursacht sind, somit ihr Anteil am Sein im Verhattnis zu Gott, der schlechthin notwendig existiert 78), kein starker ist.

s.

") Der Verf. geht im folgenden auf die nahere Erklarung von !job 4, 1s ein. ") S. tiber die mehrfache Bedeutung des Wortes ,.Engel" II. T., Kap. 6, 53-63. ") Eliphaz war nach dem Verf. ein Prophet. S. unten Kap. 23. 76 ) Namlich in seiner zweiten Rede Kap. 15. ") Namlich die ftinfte Materie. ") S. I I. T., Einleitung, 19. These, S. 12 f.

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Der Ausspruch aber, ,,wie vie! weniger der Verworfene und Beschmutzte" entspricht dem Satze ,,der in Lehmhliusern wohnt"; er sagt gewissermaBen: ,,Um so weniger der Verworfene und Beschmutzte, der Mensch, mit dem sich das Unrecht und die Stinde vermischt1 9) und sich in alien seinen Teilen ausbreitet, namlich, der mit der Privation verbunden ist" 80). Die ,,Ungerechtigkeit" (:-i'm·, awwla, Krilmmung) ist aber die Stinde, wie z. B. in dem Ausspruche: ,,Im ebenen Lande geht er krumm" (i,i:i•, j'awwel) (Jes. 26, 10) 81). ,,Mann" bedeutet aber soviet als ,,Mensch", denn manchmai wird die Menschenart i:.i·~ (isch, Mann) genannt, wie z. B. ,,Wer einen Menschen (~·~) schlligt, so daB er stirbt" (Exod. 21, 12). Und so muB man glauben, daB der Mensch, wenn er sich selbst kennt und sich keiner Tliuschung hingibt 82) und all es Seiende, wie es ist, betrachtet, sich zufrieden geben muB und seine Gedanken sich nicht verwirren !assen darf, diesen Zweck zu suchen filr ein Ding, welches nicht diesen Zweck hat 83) oder den Zweck dessen, das keinen anderen Zweck hat als sein Dasein, welches vom Willen, oder wenn du es lieber so sagen willst, von der Weisheit Gottes abhangt 84).

Vierzehntes Kapitel 1 ) Zu dem, was der Mensch gleichfalls zu beachten hat, um seine eigene Rangstufe zu erkennen und sich keiner Tliuschung darilber hinzugeben, gehort auch dies, was Uber die GroBe der ") ;,;1)1 u. 1''111)1 bedeuten, wie der Vert. ausfiihrt, eigentlich ,,Kriimmung" und nur figiirlich ,,Unrecht". ' 0 ) Nach Ibn Falaquera, More hammore, Anhang S. 157 und nach Alcharizi. 81) Der Vert. schlie6t aus den Worten MIMl:l) fiM ,,gerades, ebenes Oellinde", da6 ;,)I' ,,krumm gehen" bedeutet. ") Namlich daB die seienden Dinge um ihrer selbst willen da sind, und nicht die Engel und Spharen um des Menschen willen. 8 3} Nach MUNK, Guide 111, S. 98, Anm. 2. ") D. h. das Seiende in seiner Oesamtheit kann keinen andern Zweck haben, als seine vom Willen Oottes abhangende moglichst vollkommene Existenz. 1) Den Ocdanken, daB es absurd ware zu glauben, die Welt sei um des Menschen willen da, will der Verf. durch neue Argumente bekraftigen, wobei sich noch zwei andere Wahrheiten ergeben, namlich daB daraus, daB bei Annahme der Erschaffung der Welt aus dem Nichts die Frage, ob der Mensch. der Endzweck der Schopfung sei, in Wegfall komme, ein Argument gewonnen werde, welches fiir das Erschaffensein der Welt spricht, und ferner, daB die Aus-

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Spharen und der Gestirne 2) und ilber die GroBe der Entfernung zwischen uns und ihnen bewiesen worden ist3). Da namlich alle EntfernungsgroBen nach Erdhalbmessern festgestellt sind und uns der Erdumfang und der Erdhalbmesser bekannt sind, so milssen infolgedessen auch aile diese Entfernungen bekannt sein'). Nun ist aber durch Beweis festgestellt, daB die Entfernung zwischen dem Erdmittelpunkt und dem Kulminationspunkte der Saturnsphare ein Weg von annahernd 8700 jahren ist, das Jahr zu 365 Tagen 5) gerechnet, wobei der taglich zurilckzulegende Weg vierzig Milien betragt, nach den Milien der H. Schrift 6), namlich jede Milie zu zweitausend Ellen gerechnet und zwar die Elle, wie sie beim Handwerk bemessen wird 7). Denke nur, welche erschreckend groBe Entfernung) 8) spriiche der Lehrer tiber die Himmelsdimensionen keine Obertreibungen, sondern l..ehrmeinungen seien, die mit den Ergebnissen der Forschung tibereinstimmen. 2 ) Ober d. Verf.'s astronomische Studien s. Leben u. Werke Maiml1nis S. LI II und LV. 3) Obwohl es bekannt ist, daB die astronomische Wissenschaft schon in die vorhistorische Zeit zurtickreicht und sich bef den alten lndern, Chaldaern und Agyptern erstaunliche Kenntnisse auf diesem Gebiete nachweisen !assen, so ist doch jetzt durch Dr. Noetlings Schrift .,Die kosmischen Zahlen d. Cheopspyramide, 2. Aufl., Stuttgart 1921 einwandfrei sichergestellt, daB die alten Agypter ein tatsachlich vorhandenes symmetrisches Verhaltnis zwischen der Erde und den Planeten, sowie der Planeten untereinander kannten und deshalb zu diesen Bercchnungen sich des Erdhalbmessers als MaBstab bedienten. Dem Mitte des zweiten jahrhunderts unter Hadrian lebenden Ptolemaus gebtihrt das Verdienst, diese aus alten Zeiten tiberkommenen Kenntnisse zu einem System ausgestaltet zu haben, welches bis zum 16. jahrhundert (Kopernikus) in Geltung stand. In der µtylil11 auv-rlie\, (Almagest) sahen die arabischen Astronomen die Grundlage der Himmelskunde, von welcher sie, wenn sie auch im einzelnen erheblich dartiber hinauskamen, nicht wesentlich abwichen. S. II. T., Kap. 9, s. 68. ') D. h. diese Entfernungen muBten, weil sie sich notwendig aus der Kenntnis des Erdumfangs und des Erdhalbmessers ergeben, gleichfalls bekannt sein. S. Almagest V, 13. 6 ) Genau 365·4 Tage. 1) Da im Pentateuch der Ausdruck ,,Milie" nicht vorkommt, hat der Verf. offenbar hier die von der Tradition festgesetzte Mille im Sinne, welche 2000 Ellen zl!hlte. 7 ) D. h. die im Handwerk gebrl!uchliche Elle. ') Die vom Vert. aufgestellte Berechnung ergibt 137107000 Millen. Demgegentiber berechnet der arabische Astronom Al-Ferghani (unter dem Khalifen Almamun 813-833) die Entfernung der Erde vom Hohepunkt der Saturnsphare mit 65357000 arabischen Meilen, die Meile zu 4000 Ellen, was also eine verhaltnisml!llig- geringe Abweichung von der rabbinischen Angabe ergibt.

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Es ist so, wie gesagt wurde: ,, 1st nicht Gott Mher als die Himmel? Und sieh doch die Mchsten der Gestirne, wie hoch sie sind !" (ljob 22, 12). Die H. Schrift sagt also : Kannst du nicht aus der Hohe des Himmels einen SchluB darauf ableiten, wie weit unsere Erkenntnis von Gott entfernt ist? Denn da dieser Korper, nachdem wir uns in einer so ungeheueren Entfernung von ihm befinden und er im Raume so weit von uns geschieden ist 9 ) hinsichtlich seiner Substanz und der Mehrzahl seiner Wirkungen uns unbekannt ist1°), um wie vielmehr gilt dies von der Kenntnis seines Urhebers, der unkorperlich ist? 11) Aber diese erwiesene groBe Entfernung ist tatsachlich nur als die mindeste anzusehen, denn es ist schlechterdings unmoglich, daB zwischen dem Mittelpunkt der Erde und dem Kulminationspunkte12) der Fixsternsphare eine geringere Entfernung als diese sei 13), ja, sie kann noch um ein Vielfaches groBer sein 14). Denn hinsichtlich der Dicke der Sphlirenkorper wird in den Beweisfilhrungen immer nur das denkbar geringste der GroBe angenommen 15), wie in der Abhandlung ,,Uber die Entfernungen"16) dargelegt wird. Und dasselbe gilt von den Korpern, die zwischen den einzelnen Spharen sind 17), wie sich ja aus der Analogie ergibt. So sagt Tabit 18): ,,Es ist nicht moglich, deren Dicke genau zu erkennen, weil in ihnen keine Gestirne •) Da der HimmelskCl -rijl aocpijl µal1a-rC1 67tapx_ct, o?ix &1111/.ov, t>cosi1Ha-rC1•0• &pCl. -rov CIO-rov 15' t!xo' xC11. cOllC11µovea-rC1-rov. wan x~v ofl-rw' c111 oaocp6, µal.ta.' t0llC1(µwv. Dall der Verf. wegen dieser Ansicht, welche die besondere Vorsehung nur jedem In dem Malle zuteil werden lllllt, als er an der Vemunft teilhat, In und auller der Synagoge viele Anfechtung erfahren hat, ist naturgemllll. S. Thomas v. Aquin, Summa theol. I. T., qu. 22, art. 2.

ACHTZEHNTES IO W' 7tf.cpuXEV . •• ll10 cl1tOpOUC11 >IVE' 1tO>EpOV Vijl ~ >IVI &A°Ac,> lpycl~CV>IJ.I or >E clpclX.VOI xa.l. o! µupµ'ijxE' xa.l. ;il >OVa.'iJ;a,, ") D. h. von Gott, den sie, weil sie die Welt filr uncrschaffcn haltcn, das letzte Prinzip alles Seienden nennen . ..) Nlimlich die Sinne und ihre Vermogen. ") D. h. durch die uns von Gott gegebene Vernunft wliren wir wohl befahigt, einzusehen, da6 die unbewu6t, aber doch zweckmiiBig wirkende Natur von einem immateriellen Vernunftwesen iiberwacht und geleitet wird. 17) Wenn wir niimlich den Grund nicht einsehen, weshalb die Frevler im Glilcke leben, wlihrend die Frommen Ieiden. 11) Weil wir es verabsiiumt haben, die von Gott verliehene Vernunft richtig und hinlanglich zu gebrauchen. 1 ') Nlimlich die Zweifel an der Allwissenheit Gottes und an dem Walten der Vorsehung. 10) D. h. Gott kennt diese Mangelhaftigkeit und weiB, da6 dieses unser unzuliingliches Denken sich dessen nicht bewuf3t ist, daf3 es dem Glauhen und dem Qesetze zuwiderlliuft. S. MUNK, Guide III, S. 145, Anm. I. 23 )

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sehr alte frage ist 31), namlich was darilber die Unwissenden sagen, daB Gott die Kenntnis der menschlichen Dinge mangle, weil die ftir die Menschen ihrer Natur nach mi:iglichen Verhaltnisse ungeregelt seien. Deshalb sagt die H. Schrift: ,,Die Sohne Israels bekleideten den Herrn mit Dingen, die nicht richtig sind" (II. Kon. 17, 9). Und im Midrasch 32) steht: ,,Was sagen sie? Sie sagen: Diese Sau le sieht nicht, hi:irt nicht und spricht nicht" 33). Sie rneinen damit, daB jene sich einbilden, Gott kenne diese Dinge nicht und von ihm sei kein Gebot oder Verbot zu den Propheten gelangt. Und der Grund for alles dieses und, wie sie meinen, der Beweis dafilr ist, daB die Verhaltnisse der Menschen sich nicht danach richten, wie sie nach der Einsicht jedes einzelnen von uns sein sollten 3 '). Sehen sie aber, daB die Dinge nicht so sind, wie sie es wollten, so sagen sie: ,,Gott sieht uns nicht" (Zkharj. 5, 5) und Z'phanja spricht ilber diese Unwissenden, ,,die in ihrem lnnern meinen, Gott tue weder Gutes noch Boses" (Z'phanj. I, 12). Was aber Uber die Allwissenheit Gottes zu sagen ist, darilber will ich dir meine Ansicht spater mitteilen, vorher jedoch will ich dir noch die Dinge bekanntgeben, hinsichtlich deren alle ilbereinstimmen und Uber die kein Denker in irgendeinern Punkte anderer Meinung sein kann.

Zwanzigstes Kapite1 1) Eine Sache, die allseitig 2) zugestanden wird, ist, daB man von Gott nicht aussagen kann, daB in ihm ein Wissen entsteht, ") DaB niimlich derartige Weltanschauungen ~chon in der Zeit der Propheten vorhand.::n warcn. ") Dicse auch von Qimchi, Komm. zu I I. }(on. 17, 9 angefiihrte Midraschstelle ist in unseren Ausgaben nicht vorhanden. ••) Diese Stelle bedeutet: Sie vergleichen Gott mit einer Bildsaule, die keiner Empfindung fahig ist. 1 ') Niimlich nach dcm, wic es der Ansicht der Menschen gemaB sein sollte. 1) In diescn }(apitcln legt der Vert. dar, wie man sich die Allwissenheit Gottes vorzustellen hat, und widerlegt alle Einwande, welche gegen diese Lehre vorgebracht wurden. In der Erorterung jedes einzclnen dieser Einwande gipfeln seine Ausfiihrungen darin, daB alle Irrttimer, welche hinsichtlich der Allwissenheit Gottes bei den Philosophen wie bei den Glaubigen zum Vorschein kommen, ihre Ursache darin haben, daf3 sie das Wissen Gottes mit dem menschlichen Wissen vergleichen, welches aber von diesem dem Wesen nach vuschieden ist und mit ihm nur den Namen gemein hat. ') Sowohl von den Philosophen als auch von den Gesetzesglliubigen.

ZWANZIGSTES l