Anorganische Chemie 9783111360904, 9783111003603

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Anorganische Chemie
 9783111360904, 9783111003603

Table of contents :
Inhalt
Lehrbücher der Anorganischen Chemie
I. Einleitung
II. Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassers Zerlegung durch elektrische Energie (Elektrolyse)
III. Gasgesetze
IV. Quantitatives über die Zusammensetzung des Wassers
V. Wasserstoff und Sauerstoff
VI. Ozon und Wasserstoffperoxyd
VII. Die Zusammensetzung der Luft
VIII. Aggregatzustände; die Verflüssigung von Gasen
IX. Atom- und Molekulargewicht
X. Wertigkeit
XI. Wärmetönung und Affinität
XII. Chlor und Chlorwasserstoff
XIII. Säuren, Basen, Salze
XIV. Theorie der elektrolytischen Dissoziation Elektrolyte und Nichtelektrolyte
XV. Die Ionen-Bindung
XVI. Sauerstoffverbindungen des Chlors
XVII. Brom, Jod und Fluor; Übersicht über die Halogene
XVIII. Schwefel
XIX. Selen u. Tellur; Übersicht über die Chalkogene
XX. Abhängigkeit der Gleichgewichte von äußeren Bedingungen
XXI. Das Perioden-System der Elemente
XXII. Stickstoffgruppe
XXIII. Kohlenstoff
XXIV. Silicium und Bor
XXV. Der Aufbau der Atome; Bindungsarten
XXVI. Alkalimetalle
XXVII. Erdalkali- und Erdmetalle
XXVIII. Elemente der Gruppen Ib bis IVb
XXIX. Elektrochemie Elektrolyse und galvanische Elemente
XXX. Die Ubergangselemente
XXXI. Tensions- und thermische Analyse
XXXII. Technisches Eisen
Autoren-Register
Sachregister
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Geisteswissenschaften
Naturwissenschaften
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SAMMLUNG

GÖSCHEN

BAND

37

ANORGANISCHE CHEMIE von

DR. DR. H. C. W I L H E L M

KLEMM

o. P r o f e s s o r a n d e r U n i v e r s i t ä t M ü n s t e r

Zehnte, überarbeitete u n d ergänzte Auflage

Mit 18 Abbildungen

WALTER DE GRUYTER & CO. v o r m a l s G. J . G ö s c h e n ' s c h e V e r l a g s h a n d l u n g • J . G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g • Georg R e i m e r • K a r l J . T r ü b n e r • Veit & C o m p

BERLIN

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© Copyright 1958 by Walter de Gruyter & Co , Berlin W 35. Genthiner S t r . 13. — Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, Ton der Verlagshandlung vorbehalten. — Archiv-Nr. 11 00 37. — S a t z : Walter de Gruyter & Co., BerlinW 35 — Druck: P. Tunk, Berlin W 35. Printed in Germany.

Inhalt

Seite Einleitung 6 Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassers 10 GasgeBetze Iß Quantitatives Aber die Zusammensetzung des Wassers 18 Wasserstoff und Sauerstoff 26 Ozon und Waseerstoffperoxyd 29 Die Zusammensetzung der Luft. 30 Aggregatzustände; die Verflüssigung von Gasen 34 Atom- und Molekulargewicht. Anhang: Das absolute Gewicht der Atome 88 X. Wertigkeit 43 X I . Wärmetönung und Affinität 40 X I I . Chlor und Chlorwasserstoff 48 X I I I . Säuren, Basen, Salze. Vorbemerkung: Zusammenstellung der Elementsymbole 60 XIV. Theorie der elektrolytischen Dissoziation 64 XV. Die Ionen-Bindung 61 XVI. Sauerstoffverbindungen des Chlors 66 XVII. Brom, Jod und Fluor; Übersicht über die Halogene 71 XVIII. Sehwefel 75 X I X . Selen und Tellur; Übersicht Uber die Chalkogene 84 X X . Abhängigkeit der Gleichgewichte von äußeren Bedingungen . . 85 X X I . Das Perioden-System der Elemente 94 X X I I . Stickstoffgruppe 97 X X I I I . Kohlenstoff 108 XXIV. Silicium und Bor. Anhang: Kolloide Lösungen 119 XXV. Der Aufbau der Atome; Bindungsarten 123 XXVI. Alkalimetalle 130 XXVII. Erdkali- und Erdmetalle 138 XXVIII. Elemente der Gruppen I b bis I V b 147 X X I X . Elektrochemie 154 X X X . Die Übergangselemente 169 X X X I . Tensions- und thermische Analyse 163 X X X I I . Technisches Eisen 172 Autoren-Register 178 Sachregister 178 I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX.

Lehrbücher der Anorganischen Chemie Als Lehrbücher seien genannt: A. F. Hol eman-E. Wiberg, Lehrbuch d. Anorg. Chemie. 37./39. Aufl. Berlinl9B6. H. Remy, Lehrbuch der Anorg. Chemie. 9. Aufl. Leipzig 1957/58 (2 Bände). U. Hofmann u. W. Itüdorff, Anorg. Chemie. 16. Aufl. Braunschweig 1956. Werke geringeren Umfangs: H. R e m ; , Grundriß der anorganischen Chemie. 5. Aufl. Leipzig 1955. W. Hückel, Anorganische Chemie. 7. Aufl. Leipzig 1957. A. Smith-J. D'Ans, Einf. in die allgem. und anorg. Chemie. 12. Aufl. Karlsruhe 1949. I. Remsen-H. Reihien-G. Eienficker Einleitung i. d. Studium d. Chemie. Dresden u. Leipzig 18. Au 1. 1955. G. J a n d e r u . H. Spandau, Kurzes Lehrbuch der anorganischen Chemie. 5. Aufl. Berlin 1952. G. Schwarzenbach, Al'gemeine und Anorganische Chemie. 4.Aufl. Stuttgart 1950. II. Klement, Allgemeine und Anorganische Chemie in einer Übersicht. Stuttgart 1949. A. Klemenc, Anorganische Chemie auf physikalisch-chemischer Grundlage. Wien 1951. E. Thilo, Vorlesungen über allgemeine und anorganische Experimentalchemie. Berlin 1956 L. Pauling, Chemie, eine Einführung. Übersetzt und bearbeitet von F. Helfferich. Weinheim 195«. / . Meyer, Einführung in die Chemie f ü r Studierende technischer Berufe. 4. Aufl. Stuttgart 1948.

I. Einleitung Die chemische Wissenschaft beschäftigt sich mit dem s t o f f l i c h e n Aufbau der Umwelt. Es gilt, die hier auftretende Mannigfaltigkeit zu ordnen, die Vielheit der Erscheinungen auf einfache BegriSe zurückzuführen und so dem Verständnis näher zu bringen. Ferner gestattet die Beherrschung der hier geltenden Naturgesetze, Stoffe, die für den Menschen nützlich sind, aus anderen herzustellen. Zur Lösung der Aufgaben der Chemie müssen vielfach auch physikalische Methoden herangezogen werden; die gegenseitige Durchdringung von Chemie und Physik ist im Laufe der Zeit eine so innige geworden, daß sich eine scharfe Abgrenzung zwischen beiden kaum noch geben läßt. Zur Lösung ihrer Aufgaben besitzt die Chemie zwei HauptUntersuchungsmethoden: Einmal die Zerlegung der oft sehr verwickelt aufgebauten Stoffe in einfachere, die A n a l y s e ; zum anderen den Wiederaufbau dieser Stoffe aus den so gewonnenen einfacheren Bruchstücken, die Synthese. Es ist keineswegs gesagt, daß man bei derartigen Synthesen nur zu solchen Substanzen kommen kann, die in der Natur bereits vorhanden sind; es lassen sich vielmehr auch außerordentlich viele neue Stoffe herstellen, die in der Natur nffch nicht aufgefunden wurden und zum Teil für den Menschen von größtem Nutzen sind (viele Legierungen, Düngemittel, keramische Stoffe, Farbstoffe, Heilmittel, Sprengstoffe, Kunststoffe usw.). Die „ c h e m i s c h e I n d u s t r i e " ist in Deutschland, dank der gründlichen wissenschaftlichen Ausbildung der deutschen Chemiker, hoch entwickelt.

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I. Einleitung

Bei einer ganz oberflächlichen Sichtung der auf der Erde vorhandenen Stoffe lassen sich sofort zwei Gruppen unterscheiden: Bestandteile der belebten Natur (Tiere und Pflanzen) auf der einen, der unbelebten, des Mineralreiches, auf der anderen Seite. Dementsprechendteiltmaneininorganische und a n o r g a n i s c h e Chemie. Diese zunächst nicht sehr tief begründet erscheinende Einteilung hat sich durchaus bewährt; den inneren Grund hierfür werden wir später (vgl. Kap. X X I I I ) besprechen. Homogene und heterogene Systeme. Weiter fällt sofort auf, daß viele Stoffe durch ihre ganze Masse aus einheitlichem Material aufgebaut sind. Man kann bei ihnen weder mit dem Auge noch mit dem Mikroskop äußere Verschiedenheiten erkennen. Solche Stoffe nennt man gleichteilig oder h o m o g e n . Beispiele hierfür sind Wasser, Glas, Messing usw. Im Gegensatz zu den homogenen Körpern stehen die i n h o m o g e n e n oder h e t e r o g e n e n , die ungleichmäßig aufgebaut sind und auf mechanischem Wege getrennt werden können. So ist mit Sand versetztes Wasser ein heterogenes System; wir können hier die Bestandteile durch Abgießen der Flüssigkeit leicht trennen. Andere Beispiele für heterogene Stoffe sind Granit oder mit Eisstückchen versetztes Wasser. Das letzte Beispiel zeigt, daß der Begriff heterogen nicht notwendig besagt, daß s t o f f l i c h Verschiedenes vorliegen muß; denn die Bestandteile sind j a hier flüssiges und festes Wasser. Ebenso falsch wäre es aber auch anzunehmen, daß ein homogener Körper stofflich immer nur aus einem Bestandteil bestände. Z. B. ist Zuckerwasser homogen, obwohl es aus mehreren Stoffen (Zucker und Wasser) hergestellt ist. Trennung von heterogenen Gemischen. Liegt ein heterogenes System vor, so ist ein erster Schritt zur Zerlegung meist leicht. So kann man Systeme aus einer Flüssigkeit und einem festen Stoff angenähert durch Abgießen ( D e -

1. Einleitung

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k a n t i e r e n ) , vollständiger durch F i l t r i e r e n trennen. Schwieriger ist die Trennung von G e m i s c h e n f e s t e r S t o f f e , z. B. das „Aufbereiten" von Erzen. Eine Trennung durch Auslesen ist meist praktisch nicht durchführbar; infolgedessen verwendet man in der Regel andere Methoden. Z . B . kann man Unterschiede des s p e z i f i s c h e n G e w i c h t e s ausnutzen (Schlämmen, Trennung von Spreu und Weizen durch den Wind, Zentrifugieren usw.). Ferner kann man die verschiedene B e n e t z b a r k e i t heranziehen. Als ein technisch in der Neuzeit wichtig gewordenes Verfahren sei hier das S c b a u m s c h w i m m Verfahren („Schwimm-Aufbereitung", „Flotation") genannt, bei dem sich die schlecht benetzbaren Bestandteile eines zerkleinerten Erzgemisches im künstlich erzeugten Schaum ansammeln, während die gut benetzbaren am Boden zurückbleiben. Besonders wichtig sind Unterschiede der L ö s 1 i ch k ei t. Will man z. B. mit Gestein verunreinigtes Salz von diesem trennen, so kann man es mit Wasser herauslösen. Diese Methode wird in sehr großem Umfange angewendet.

T r e n n u n g homogener Gemische; der Begriff des reinen Stoffes. Mit solchen grob-mechanischen Trennungen ist meist noch nicht viel gewonnen. Der nächste Schritt ist der, zu einem „ r e i n e n S t o f f " zu gelangen. Was man darunter versteht, sei am Beispiel des W a s s e r s beschrieben. Daß dies je nach seiner Herkunft verschieden ist, ist allgemein bekannt. So unterscheidet man ja Regen-, Leitungs-, Meerwasser, ferner hartes und weiches Wasser usw. Die Unterschiede sind darin begründet, daß die verschiedenen Wasserarten verschiedene Mengen und verschiedene Arten fremder Stoffe gelöst enthalten, also vom Standpunkte des Chemikers a u s 1 ) in verschiedener Weise verunreinigt sind. Man erkennt das Vorliegen eines chemisch unreinen Stoffes unter anderem beim E r s t a r r e n und S i e d e n . Bei einem reinen Stoff erfolgt das Erstarren der g e s a m t e n Flüssigkeit bei genau der gleichen Temperatur. Beim Leitungswasser ist dies jedoch nicht der Fall; messen wir mit einem genügend *) Der Begriff „chemisch rein" hat beim Wasser nichts mit der üblichen Bezeichnung „reines Wasser" zu tun. Ein gutes Trinkwasser muß gewisse Stoffe gelöst enthalten. Ganz reines Wasser ist. zum Trinken ungeeignet.

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I. Einleitung

empfindlichen Thermometer unter Beachtung aller Vorsichtsmaßregeln, so stellen wir fest, daß das Erstarren etwas unter 0° Cels. beginnt und daß beim Fortschreiten des Festwerdens die Temperatur dauernd etwas absinkt. (Näheres vgl. Kapitel XXXI.) Ähnlich ist es beim Verdampfen; das Sieden beginnt bei 760 mm Quecksilberdruck ganz dicht über 100°, und die Siedetemperatur steigt während des Verdampfens dauernd etwas an. Es ist beim Wasser leicht, zu einem für die meisten Zwecke hinreichend reinen Präparat zu kommen; man braucht das Wasser nur zu d e s t i l l i e r e n *), d. h. es zu verdampfen und das Verdampfte wieder zu verdichten (kondensieren); es bleiben dann die gelösten Fremdstoffe zurück, und man erhält im Kondensat ein Thermometer praktisch reines „destilliertes" Wasser. Solche Destillationen pflegt man in einer der Abb. 1 entsprechenden Anordnung durchzuführen. Besonders hingewiesen sei auf den Kühler nach Liebig 8 ). Das wesentliche hierbei ist die Verwendung des bei wissenschaftAbb. 1. Destillation lichen und technischen Apparaturen immer wieder benutzten „ G e g e n s t r o m p r i n z i p s " . Das Kühlwasser wird so geleitet, daß es beim Eintritt in die Apparatur zur endgültigen Kühlung der vorher schon weitgehend abgekühlten Teile des Destillates dient. Während des Durchströmens durch den Kühler erwärmt sich dann zwar das Kühlwasser etwas, das ist aber unwesentlich, denn zur Kondensation des ersten heißen Dampfes genügt auch etwas wärmeres Wasser. ') Bei der D e s t i l l a t i o n handelt es sich also nm den Übergang: flüssiggasförmlg-flüssig. Den entsprechenden Übergang: (est-gasförmlg-fest bezeichnet man als S u b l i m a t i o n . ') J u s t u s von Liebig lebte 1803—1873. Er ist u. a. der Schöpfer der künstlichen Düngung nnd führte den praktischen Laboratoriumsunterricht lür die Chemie-Studierenden ein.

I. Einleitung

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Das durch gen&gend vorsichtige Destillation erhaltene Wasser zeigt die Eigenschaften eines r e i n e n St off es:, der Erstarrungspunkt ist konstant, d.h. unabhängig davon, wieviel bereits erstarrt ist; er beträgt 0,000° Cels. Auch die Siedetemperatur ist unabhängig von der verdampften Menge, sie beträgt bei 760 mm (torr.) Quecksilberdruck 100,000° Cels.1). Daß wirklich reines Wasser vorliegt, zeigt sich unter anderem darin, daß beliebig oft wiederholtes Destillieren immer wieder zu einem Kondensat mit völlig gleichen Eigenschaften führt, auch wenn man die empfindlichsten Untersuchungsmethoden anwendet. Dabei ist es gleichgültig, ob man von See-, Leitungs- oder Regenwasser ausgeht. Das ist allerdings nur so lange richtig, als man nicht extreme Ansprüche an die Reinheit stellt. Einmal ist es gar nicht so einfach, ein Wasser herzustellen, das gar keine Gase gelöst enthält. Ferner ist es kaum möglich, ein Gefäßmaterial zu finden, das sich nicht wenigstens in minimalen Spuren in Wasser löst. Eine besondere Komplikation ist durch die Entdeckung des sogenannten „schweren Wassers" entstanden; vgl. dazu Kapitel XXV.

Reines Wasser kann man auch dadurch gewinnen, daß man gewöhnliches Leitungswasser teilweise erstarren (kristall i s i e r e n ) läßt und dann Eis und nicht erstarrte Flüssigkeit trennt. Das durch Schmelzen dieses Eises hergestellte Wasser zeigt auch bei empfindlichen Prüfungen keinen Unterschied gegenüber dem durch Destillation gereinigten. Zur Prüfung, ob wirklich ein reiner Stoff vorliegt, muß man in jedem einzelnen Falle verschiedene Reinigungsmethoden anwenden; erst wenn alle Methoden zu dem gleichen Endprodukt führen, kann man sicher sein, daß ein reiner StoS vorliegt. Meist geht man bei der K r i s t a l l i s a t i o n im Gegensatz zu dem eben genannten Beispiel so vor, daß man ein L ö s u n g s m i 11 e I be') Schmelz- and Siedepunkt des reinen Wassers dienen bekanntlich als Grundlage der Celsius-Skala. Die Anzahl der Nullen gibt an, wie genau dies« Pixpunkte reproduzierbar sind.

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II. Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassers

nutzt. So löst sich z. B. Kalisalpeter in heißem Wasser viel besser als in kaltem. Sättigt man also heißes Wasser mit Kalisalpeter, so scheidet sich dieser zum größten Teile beim Abkühlen in fester Form wieder aus; nur wenig bleibt in der kalten Lösung, der sogenannten „Mutterlauge". Der so umkristallisierte Stoff enthält in der Regel weniger Verunreinigungen als vorher.

II. Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassers Zerlegung durch elektrische Energie (Elektrolyse) Wenn so ein reiner Stoß, hier also reines Wasser, gewonnen ist, fragen wir, ob er sich in stofflich einfachere Bestandteile zerlegen läßt. Es ist ohne weiteres klar, daß eine solche Zerlegung in der Regel eine E n e r g i e - Z u f u h r erfordert; denn wären diese Bestandteile nicht durch starke Kräfte verbunden, die erst überwunden werden müssen, so würde ja von selbst Zerfall eintreten 1 ). In besonders durchsichtiger Form kann diese Energiezufuhr auf e l e k t r i s c h e m Wege erfolgen. Legt man bei dem in Abb. 2 dargestellten D Apparat bei A eine positive, bei B eine negative Spannung an, so zersetzt sich das Wasser 2 ), und es bilden sich an den Elektroden Gase, die sich bei C und D ansammeln, und zwar bildet sich bei D doppelt soviel wie bei C. Es sind also hier durch Zufuhr von Energie aus dem flüssigen Wasser zwei neue, gasförmige Bestandteile entstanden, das Wasser ist zerlegt worden. Beide Gase sind farblos, Wasserzersetzung a b e r s t o f f l i c h verschieden. Das bei C auf-

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') Es gibt aber auch Stoffe, die unter E n e r g i e a b g a b e zerfallen:,,instabile" Stoffe. Dazu gehörenz. B. die E x p l o s i v s t o f f e , bei denen die Auslösung dieser freiwilligen Zersetzung u. U. schon durch geringfügige äußere Anlässe, z. B. durch Schlag, erfolgen kann. *) Der Versuch läßt sich mit hinreichender Geschwindigkeit nur durchführen, wenn dem Wasser etwas Säure, Lauge oder gewisse Salze zugesetzt werden, da reines "Wasser den Strom praktisch nicht leitet (vgl. dazu Kap. XIV). Für die Zersetzung des Wassers selbst ist dieser Zusatz ohne Einfluß.

II. Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassers

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gefangene bringt einen glühenden Span zum Aufflammen, brennt aber selbst nicht; das andere Gas dagegen ist brennbar, unterhält aber die Verbrennung nicht. Dieses zweite Gas nennt man, da es einen Bestandteil des Wassers bildet, W a s s e r s t o f f , während das erstere aus Gründen, die wir erst S. 51 besprechen werden, S a u e r s t o f f genannt wird. Der beschriebene Versuch liefert uns also die Gleichung: Wasser-j-Energieaufnähme=Wasserstoff+Sauerstoff. (1) Der Elementbegriff. Es entsteht die Frage, ob Wasserstoff und Sauerstoff noch weiter zerlegbar sind. Alle Versuche hierzu sind mißlungen, so daß man heute mit großer Sicherheit sagen kann, daß diese Zerlegung nicht möglich ist 1 ). Derartige nicht mehr zerlegbare Bestandteile der Materie, aus denen sich die ungeheure Zahl aller anderen Stoffe aufbauen läßt, bezeichnet man nach Robert Boyle 2 ) als Elemente. Nicht immer hat der Elementbegriff diese Bedeutung gehabt. Die griechischen Philosophen verstanden vielmehr unter Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer, also im wesentlichen unsere Aggregatzustände fest, flüssig, gasförmig. Es handelte sich also mehr um einen Eigenschafts- als um einen Stoffbegriff. Dementsprechend schrieb man den Gewichts Verhältnissen keine wesentliche Bedeutung zu. Es hat einer Entwickelung von fast zwei Jahrtausenden bedurft, bis sich der alte Elementbegriff in den heutigen gewandelt hat.

Die Z a h l der E l e m e n t e , die man bisher in der Natur gefunden hat, beträgt etwa 90 (vgl. dazu die Tabelle 1, Kap. XIII). Man kann mit großer Sicherheit sagen, daß weitere beständige Elemente nicht existieren3). Die Synthese von Wasser aas Wasserstoff und Sauerstoff. Ist nun der durch Gleichung (1) dargestellte Vorgang umkehrbar, d.h. gilt auch die Gleichung: Wasserstoff + Sauerstoff = Wasser -f Energieabgabe ? (2) *) Dies gilt allerdings nur solange, als man nicht mit Energien von anderer Grössenordnung arbeitet; dann ist nämlich noch eine Aufteilung in die U r b e s t a n d t e i l e der Materie, Elektronen usw. möglich; vgl. dazu Kapitel XXV. Vgl. ferner das in diesem Kapitel über „Isotope" Angefahrte. 1 ) Dieser hervorragende englische Naturforscher lebte von 1626 bis 169L. 8 ) Wohl aber kann man künstlich noch weitere Elemente herstellen; vgl. dazu Kapitel X X V .

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II. Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassers

Beim Mischen der beiden Gase ereignet sich nichts, wohl aber wenn wir dieses Gemisch lokal erwärmen oder einen elektrischen Funken durchschlagen lassen. Man beobachtet dann als Folge der chemischen Vereinigung der beiden Gase zu Wasserdampf eine Explosion. War das Gemisch in einem Glaskölbchen aufbewahrt, so wird dieses mit äußerst scharfem Knall zersprengt. Man bezeichnet daher Gemische von Wasserstoff mit Sauerstoff oder Luft (Luft besteht etwa zu einem Fünftel aus Sauerstoff/vgl. Kap. V) als K n a l l g a s . Gefahrlos läßt sich die Vereinigung der beiden Gase in einem Gebläsebrenner durchführen (Abb. 3). Die Gase kommen hier erst an der Mündung miteinander in Berührung, so daß die chemische Umsetzung nur an dieser Stelle erfolgen kann. Mit einer solchen Knallgasflamme werden Temperaturen von ' — mehr als 2000° erzeugt, so daß man Porzel" lan, Platin, Bergkristall usw. schmelzen kann. Die gemäß Gleichung (1) in das System hineingeschickte elektrische Energie A b b - 3. Gebläsebrenner tritt also bei der Vereinigung der Gase als Wärmeenergie wieder in Erscheinung, aber — und das ist für die Ausnutzung durch den Menschen das Entscheidende — in der Form, zu der Zeit und an der Stelle, wie es für bestimmte Verwendungszwecke gebraucht wird.

Daß bei der Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff tatsächlich gemäß Gleichung (2) W a s s e r gebildet wird, läßt sich leicht zeigen, indem man eine Wasserstoffflamme innerhalb eines von außen gekühlten Rohres brennen läßt; es tropft dann das gebildete Wasser am unteren Rohrende ab. Chemische Verbindung. Wir können die bisherigen Ergebnisse folgendermaßen zusammenfassen: Wasser kann durch Energiezufuhr in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt werden und entsteht andererseits durch die Vereinigung dieser beiden Gase unter Energieabgabe. Es bedarf keines besonderen Hinweises, daß es sich bei dieser Vereinigung nicht nur um eine Mischung der beiden Gase handelt; dieses Gemisch, das Knallgas, ist ja vom Wasser in allen Eigenschaften verschieden. Bei der Vereinigung der beiden Gase

II. Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassers

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zum Wasser ist vielmehr etwas ganz Tiefgreifendes erfolgt, es hat sich eine chemische V e r b i n d u n g gebildet. Daß eine chemische Verbindung ganz andere Eigenschaften hat als die Ausgangsstoffe, aus denen sie entstanden ist, sei noch an einem anderen Beispiele gezeigt. Mischt man S c h w e f e l und E i s e n im pulverisierten Zustande, so erhält man ein gelbgraues Pulver, in dem man bei hinreichender Vergrößerung durch Lupe oder Mikroskop noch deutlich die Bestandteile sehen kann. Auch sind die Eigenschaften unverändert geblieben: mit einem Magneten lassen sich die Eisenteilchen herausziehen, mit der Flüssigkeit Schwefelkohlenstoff kann man den Schwefel herauslösen. Erhitzt man nun dieses Gemisch, so tritt bald an einer Stelle Aufglühen ein, das sich von selbst durch die ganze Masse fortsetzt. Nach dem Erkalten findet man eine schwarze Masse vor, das S c h w e f e l e i s e n , das sich — f a l l s man das richtige Mischungsverhältnis benutzt hat — auch bei mikroskopischer Betrachtung als homogen erweist. Man kann jetzt mit Schwefelkohlenstoff den Schwefel nicht mehr herauslösen, ebenso erfolgt keine Anziehung durch den Magneten mehr. Auch aus diesem Beispiel geht klar hervor, daß eine chemische Verbindung etwas ganz anderes ist als ein mechanisches Gemisch der Ausgangsstoffe.

Stabiles und instabiles System. Wir sahen, daß ein Gemisch von WasserstoS und Sauerstoff sich, wenn die Reaktion erst einmal eingeleitet ist, freiwillig in Wasser umwandelt, wobei Wärmeenergie abgegeben wird. Das gebildete Wasser ist also ä r m e r an (freier) E n e r g i e und stellt gegenüber dem „ i n s t a b i l e n " Gemisch der Ausgangsstoffe das „ s t a b i l e " System dar. Ebenso ist bei dem Beispiel Eisen/ Schwefel das gepulverte Gemenge das instabile, energiereichere System, das sich freiwillig in das stabile, energieärmere System, die chemische Verbindung Schwefeleisen, umwandelt. Zersetzung des Wassers bei hohen Temperaturen. Es fragt sich nun, ob bei chemischen Reaktionen immer v o l l s t ä n d i g e Umsetzung erfolgt, oder ob es auch Fälle gibt, bei denen die Reaktion aufhört, nachdem ein gewisser Teil umgesetzt ist. Beim Wasser ist ja die Umsetzung, soweit wir erkennen können, hundertprozentig; denn wenn

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II. Qualitatives über die Zusammensetzung des Wassels

wir Wasserstoff und Sauerstoff in genau dem richtigen Verhältnis mischen, so ist nach der Reaktion keines der beiden Gase mehr irgendwie nachzuweisen. Das gilt aber nur für nicht allzu hohe Temperaturen; bei sehr hohen Temperaturen ändert sich das Bild. Die Umsetzung ist dann nicht mehr hundertprozentig; es bleibt ein — wenn auch kleiner— Bruchteil Wasserstoff und Sauerstoff unverbunden. Umgekehrt zerfällt (dissoziiert) Wasserdampf bei diesen Temperaturen teilweise in seine Bestandteile. Man kann nun mit Methoden, die hier nicht näher beschrieben werden können, diesen Zerfall des Wasserdampfes zahlenmäßig bestimmen. Dabei ergibt sich zunächst, daß er selbst bei sehr hohen Temperaturen gering ist; bei 2000° und 1 Atm. Druck beträgt der Bruchteil des Zerfallenen, der „Dissoziationsgrad", rund 2%. Ferner findet man, daß zu jeder Temperatur ein ganz bestimmter Dissoziationsgrad gehört. Mit fallender Temperatur wird der Zerfall zwar geringer; er läßt sich aber auch bei 1000° noch deutlich nachweisen. Auch bei Zimmertemperatur muß daher eine gewisse Dissoziation stattfinden, nur ist sie offenbar so gering, daß wir sie mit unseren Methoden nicht mehr erfassen können. Das chemische Gleichgewicht und seine Abhängigkeit von der Temperatur. Das beim Wasser erhaltene Ergebnis ist von ganz allgemeiner Bedeutung und gilt für alle Reaktionen. Immer bildet sich ein bestimmtes Mengenverhältnis zwischen den Ausgangsstoffen und dem Reaktionsprodukt aus. Man spricht davon, daß sich ein „ c h e m i s c h e s G l e i c h g e w i c h t " einstellt, und schreibt z. B. im vorliegenden Falle: Wasserstoff + Sauerstoff ^ Wasser. Das Zeichen ^ besagt also, daß die Umsetzung nur soweit verläuft, bis sich das dem betreffenden System unter den jeweiligen Versuchsbedingungen eigene Mengenverhältnis zwischen Ausgangsstoffen und Reaktionsprodukt eingestellt hat. Es ist dabei gleichgültig, ob man von Wasserstoff und Sauerstoff oder

II. Qualitatives Aber die Zusammensetzung des Wassers

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von Wasser ausgeht; in beiden Fällen kommt man zu demselben Gleichgewicht. Von großem Einfluß au! die Lage derartiger Gleichgewichte ist die T e m p e r a t u r . In unserem Beispiel wird die Wasserbildung bei niederen Temperaturen praktisch vollständig, während mit zunehmender Temperatur ein immer größer werdender Anteil Wasserstoff und Sauerstoff im Gleichgewicht auftritt. Man sagt: Das Gleichgewicht wird mit zunehmender Temperatur nach der Seite steigender Dissoziation verschoben; Näheres vgl. Kap. XX. Die Reaktionsgeschwindigkeit and ihre AbhSngigkeit von der Temperatur. Der Übergang des instabilen Gemisches WasserstoS und Sauerstoff in Wasser erfolgt, wie wir gesehen haben, bei höheren Temperaturen außerordentlich schnell. Bei Zimmertemperatur läßt er sich jedoch nicht nachweisen; Knallgas ist praktisch unbegrenzt haltbar. Trotzdem müssen wir annehmen, daß auch bei tiefen Temperaturen ein Umsatz erfolgt, nur ist hier die R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t unmeßbar klein. Erhöhen wir die Temperatur, so wird die Reaktionsgeschwindigkeit sehr schnell größer. Vielfach bedingt eine Erhöhung der Temperatur um 10° etwa eine Verdoppelung der Reaktionsgeschwindigkeit. Das würde bedeuten, daß sie bei 120° bereits etwa das tausendfache, bei 220° das millionenfache des Wertes von 20° beträgt. Nun wird zwar beim A n z ü n d e n mit einem Streichholz oder beim Durchschlagen eines Funkens nur eine kleine Stelle des Knallgasgemisches erhitzt; aber wenn so erst einmal die Umsetzung eingeleitet ist, dann entwickelt sie selbst gemäß Gleichung (2) Wärme, die die benachbarten Gasteile zur Reaktion bringt, und zwar schneller, als diese durch Wärmeleitung aus dem System abgeführt werden kann. Dies bedingt das explosionsartige Übergreifen der einmal eingeleiteten Umsetzung auf das ganze Gemisch 1 ).

Beschleunigung der Reaktionsgeschwindigkeit durch Katalysatoren. Es gibt aber noch einen anderen Weg, l

) Vgl. dazu ab H 2 S 3 0 6 . . . H.S.O, usw. Di-, T u - . . . Ilexa-thionsäure usw. („Poly-thionsäuren"). Bezüglich der h a l o g e n h a l t i g e n Schwefelverbindungen sei erwähnt, daß es ein dem SF 6 (vgl. S. 73) entsprechendes SC16 nicht gibt; beim Überleiten von Chlor über erhitzten Schwefel entsteht vielmehr das goldbraune D i s c h w e f e l d i c h l o r i d S a Cl 2 , eine widerlich riechende Flüssigkeit, die in der Gummiindustrie als Lösungsmittel f ü r den für die Vulkanisation erforderlichen Schwefel verwendet wird.

XIX. Selen u. Tellur; Übersicht über die Chalkogene Selen und Tellur. Auf die Verbindungen dieser verhältnismäßig seltenen, dem Schwefel nahe verwandten Elemente wollen wir nicht näher eingehen. Dagegen sei einiges über die E l e m e n t e selbst bemerkt. Der metallische Charakter nimmt beim Übergang vom Schwefel zum Tellur stark zu; Tellur zeigt schon deutlich Metallcharakter, während Selen sowohl in einer nichtmetallischen als auch in einer den Metallen nahestehenden Modifikation vorkommt. Diese erweist ihre Zwischenstellung durch ihr Verhalten gegen den elektrischen Strom: An sich ist sie ein schlechter Leiter wie ein Nichtmetall; durch Belichtung wird sie aber leitend wie ein Metall. Diese Eigenschaft wurde in den Selenzellen technisch ausgenutzt. Heute benutzt man zur Umwandlung von Licht in elektrischen Strom entweder sogenannte,,Photoelemente" auf Selenbasis oder evakuierte, an der Innenseite teilweise mit Alkalimetall beschlagene Zellen.

X X. Abhängigkeit d. Gleichgewichte von äußeren Bedingungen

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Übersicht über die Chalkogene Tabelle 4 E i g e n s c h a f t e n der E l e m e n t e Selen Sauerstoff Schwefel 0 S Se Symbol 78,96 16 32,66 Atomgewicht . 220,2° — 218,9° + 119,0° Schmelzpunkt Siedepunkt . . —182,96" + 444,60° 688°

Tellur Te 127,61 452,0° 1390°

W a s s e r s t off V e r b i n d u n g e n — 85,60° — 60,4° — 51° 0° — 60,75° — 41.5° — 2° + 100° Siedepunkt. 1 Bildungsenthalpie ) + 35 pro Mol in kcal . . . — 68,3 — 4,8 + 18 Zu der in Tabelle 4 enthaltenen Zusammenstellung einiger Eigenschaften aller Chalkogene ist wenig zu sagen, da das S. 73/75 für die Halogene Angeführte im wesentlichen unverändert übernommen werden kann: Regelmäßiges Ansteigen von Schmelz- und Siedepunkten bei den E l e m e n t e n , Vertiefung der Farbe und Zunahme des metallischen Charakters vom Sauerstoff zum Tellur. Auch für die W a s s e r s t o f f v e r b i n d u n g e n gilt dasselbe wie für die Halogenwasserstoffe: Auch hier steigen Schmelz- und Siedepunkte vom H 2 S bis zum H2Te regelmäßig an. H ä O fällt noch mehr heraus als HF; auch hier hängt der hohe Schmelz- und Siedepunkt mit dem Dipolcharakter sowie mit der geringen Größe der Molekel zusammen; wahrscheinlich spielen auch hier die S. 75 erwähnten Wasserstoffbrücken eine Rolle. Die Bildungsenthalpien der Wasserstoffverbindungen ändern sich bei den Chalkogenen mit steigendem Atomgewicht in gleicher Weise wie bei den Halogenen; H2Se und H 2 Te haben bereits deutlich positive Bildungsenthalpien. Schmelzpunkt

X X . Abhängigkeit der Gleichgewichte von äußeren Bedingungen Bei der Dissoziation des Wasserdampfes sowie beim SCySOj-Gleichgewicht haben wir gesehen, daß Gleichgewichte von der Temperatur abhängen. Wir wollen nun den Einfluß der Temperatur und anderer Faktoren näher besprechen. ') Vgl. Anm. 2 zu Tab. 8, 8.74.

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X X . A b h ä n g i g k e i t d. G l e i c h g e w i c h t e v o n ä u ß e r e n B e d i n g u n g e n

A. Einfluß von Druck und Temperatur Wird auf ein im Gleichgewicht befindliches System irgendein Zwang ausgeübt, so verschiebt sich das Gleichgewicht1). Beispiel: Wasser hat ein kleineres Volumen als Eis. Liegt nun Eis neben Wasser im Gleichgewicht vor und erhöhen wir den Druck unter Konstanthaltung der Temperatur, so verringert sich das Yolumen nicht nur dadurch, daß das Wasser und das Eis entsprechend ihrer Kompressibilität zusammengedrückt werden; es tritt vielmehr darüber hinaus ein Schmelzen des Eises, d. h. ein Übergang in das engräumigere Wasser ein. Einfluß des Druckes. Liegt ein Gasgleichgcwicht vor, so erfolgt bei Erhöhung des Druckes nicht nur eine Kompression nach den Gasgesetzen, sondern es tritt darüber hinaus noch eine Umsetzung in dem Sinne ein, daß sich das Volumen vermindert. Umgekehrt geht bei der Druckerniedrigung eine Umsetzung im Sinne einer Volumvermehrung vor sich. Als Beispiel nennen wir einige Zahlen über das Ammoniak-Gleichgewicht. Die Bildung von Ammoniak erfolgt nach der Gleichung: N2 + 3 H g ^ 2 NH 3 + 22 kcal. Auf Grund des Avogadro'schen Gesetzes können wir dieser Gleichung entnehmen, daß bei vollständigem Umsatz aus 1 Volumteil Stickstoff und 3 Volumteilen Wasserstoff, also insgesamt 4 Volumteilen Ausgangsgas, 2 Volumteile Ammoniak entstehen; das Volumen vermindert sich also auf die Hälfte. Es muß daher nach dem eben Dargelegten bei hohen Drucken im Gleichgewicht mehr Ammoniak vorhanden sein als bei geringen. Daß es tatsächlich so ist, zeigt die nachstehende Tabelle: Volumprozente Ammoniak im

Gleichgewicht.

t° lAtm. 100 A t m . 200 Atm. 600° 0,05 4,5 8,3 400° 0,44 25,1 36,3 ') Über die R i c h t u n g der Gleichgewichtsänderung sagt das P r i n z i p v o m k l e i n s t e n Z w a n g e von Le C h a t e i i e r - B r a u n aus, daß sie in dem Sinne erfolgt, daß dem Zwange entgegengewirkt wird. Eine für alle Fälle zutreffende .Anwendung dieses Satzes ist jedoch nur dann möglich, wenn man bei den äußeren Einflössen die „Kapazitäts"- und die ,,Intensitäts"-Größen unterscheidet. Da dies hier zu weit führen würde, begnügen wir uns mit der Darlegung der wichtigsten Anwendungen in ihren tatsächlichen Auswirkungen.

XX. Abhängigkeit d. Gleichgewichte von äußeren Bedingungen

87

Aus diesen Überlegungen folgt auch ohne weiteres, daß die D i s s o z i a t i o n eines Gases stets m i t d e r V e r d ü n n u n g z u n i m m t ; denn mit der Dissoziation ist ja immer eine Vergrößerung der Zahl der sich frei bewegenden Teilchen verbunden. Das gleiche gilt für gelöste Elektrolyte, bei denen nur an Stelle des äußeren der osmotische Druck maßgebend ist (vgl. dazu auch S. 89/90). Einfluß der Temperatur. Temperaturänderungen wirken sich auf Gleichgewichtsreaktionen so aus, daß durch Erhöhung der Temperatur die endotherme, wärmeverbrauchende Reaktion begünstigt wird, während umgekehrt bei tiefen Temperaturen die exotherme, wärmeliefernde Reaktion bevorzugt ist. Beim Ammoniak-Gleichgewicht ist die Bildung von Ammoniak exotherm, die Zersetzung endotherm; bei tiefen Temperaturen ist also die Bildung von Ammoniak bevorzugt, bei hohen die Zersetzung. Bei tiefen Temperaturen wird daher im Gleichgewicht mehr Ammoniak vorhanden sein als bei hohen. Die Tabelle S. 86 bestätigt diese Vorhersage. Ganz entsprechend ist es beim S0 2 /S0 3 -Gleichgewicht (Abb. 10, S. 80). Die Reaktion 2 S0 2 + 0 2 ^ 2 S0 3 + 46 kcal ist ebenfalls exotherm; dementsprechend ist auch hier bei tiefen Temperaturen mehr S0 3 im Gleichgewicht vorhanden als bei hohen. Bei der Reaktion N2 + 0 2 ^ 2 N 0 — 4 3 kcal ist es umgekehrt; hier ist die Bildung von NO endotherm, die Zersetzung dagegen exotherm. Dementsprechend wächst der NO-Gehalt im Gleichgewicht mit steigender Temperatur. Nach N e r n s t beträgt der Gleichgewichtsgehalt an NO bei 2000° 1,2%, bei 3000° 5,3%; vgl. dazu auch S. 103. B.Einfluß der Konzentration;Massenwirkungsgesetz Untersucht man die Reaktion: 2 S0 2 + 0 2 ^ 2 S0 3 bei konstanter Temperatur, aber wechselndem Verhältnis zwischen S0 a und 0 2 , so findet man, daß um so mehr S0 a zu S0 3 um-

88 XX. Abhängigkeit d. Gleichgewichte von äußeren Bedingungen gesetzt wird, je größer das Verhältnis 0 2 : S0 2 ist. H a t man umgekehrt im Verhältnis zu S 0 2 nur wenig 0 2 , so setzt sich nur wenig S 0 2 zu S 0 3 um. Man erkennt dies auch aus Abb. 10, S.80: Geht man von 67Vol.% S0 2 und 33% 0 2 , d. h. also von dem „stöchiometrischen" Verhältnis aus, so setzt sich ein geringerer Anteil des S 0 2 zu S 0 3 um, als wenn man von 33% S 0 2 und 67% 0 2 ausgeht. Dieses Ergebnis gilt ganz allgemein. Das 1867 von G u l d b e r g und W a a g e ausgesprochene Massenwirkungsgesetz besagt nämlich: D i e W i r k u n g e i n e s S t o f f e s i s t p r o p o r t i o n a l s e i n e r K o n z e n t r a t i o n . Unter Konzentration versteht man dabei die Anzahl Mole pro Volumeinheit; früher bezeichnete man dies als „aktive Masse". Das Massenwirkungsgesetz gilt auch für wässerige Lösungen. Wir betrachten die Reaktion zwischen Arsenit-Ionen und Jod: AS0 3 3 - + J 2 + H 2 0 ^ AS043~ + 2H+ + 2 J - . Sorgen wir dafür, daß die Konzentration an H+-Ionen, die ja bei der Reaktion entstehen, immer klein gehalten wird, so geht die Reaktion praktisch quantitativ von links nach rechts. Man erreicht dies, indem man Hydrogencarbonat (NaHC0 3 ) zusetzt; die entstehenden H+-Ionen werden dann von den HCCVj-Ionen unter CO,-Entwicklung weggefangen, und es bleiben nur soviel H+-Ionen in Lösung, wie dem Gleichgewicht der schwachen Kohlensäure entspricht 1 ). Säuert man umgekehrt ein Gemisch von Arsensäure und Jodwasserstoff durch Zugabe von Salzsäure stark an, so geht die Reaktion praktisch quantitativ von rechts nach links, es bildet sich arsenige Säure, und Jod wird frei. Q u a n t i t a t i v e s . Die Abhängigkeit des Gleichgewichtes von den Konzentrationsverhältnissen kann man f ü r verdünnte Systeme auch quantitativ angeben. Wir wollen uns zunächst auf h o m o g e n e Reaktionen beschränken 2 ) und ') Na,CO s oder gar NaOH sind hier zum Wegfangen der H+-Ionen nicht verwertbar, da sich Jod in diesen alkalisch reagierenden Lösungen (vgl. dazu für NajCOj S. 91 /92) sowieso zu farblosem Jodid und Hypojodit löst (vgl. dazu das S. 63 besprochene analoge Verhalten des Chlors). •) Nach S. 6 sind homogene Reaktionen solche, die sich nur in e i n e r Phase abspielen, etwa im Gas oder in Lösung, bei denen sich also keine neue Phase, etwa auB einer Lösung ein Niederschlag oder ein Gas, bildet.

X X. Abhängigkeit d. Gleichgewichte von äußeren Bedingungen

89

das Ergebnis ohne nähere Ableitung angeben. Reagieren m Molekeln A mit n Molekeln B unter Bildung von u Molekeln C und v Molekeln D, so gilt für das Gleichgewicht m A + n B ^ u C + v D für eine bestimmte konstante Temr c r • [DIt = peratur folgende Gleichgewichtsbedingung: pj-jn m konstant. Dabei bedeuten die eckigen Klammern, daß Konzentrationen gemeint sind; [A] heißt also: Konzentration des Stoßes A im Gleichgewicht, gemessen in Mol pro Liter. Wenden wir die Gleichung des Massenwirkungsgesetzes auf das Gleichgewicht 2 S0 2 + 0 2 ^ 2 S0 3 an, so erhalten T CA 12 wir: 12 rn ^ ^onst. Gleichgewicht wird somit l_SOaJ • [Ü2J das technisch wichtige Verhältnis:

proportional [0 2 ]^;

es nimmt also, wie Abb. 10 (S. 80) bereits zeigte, mit der Sauerstofikonzentration zu. Man darf es sich nun nicht so vorstellen, als ob mit der Erreichung des Gleichgewichtes alles in Ruhe sei. Der Gleichgewichtszustand ist vielmehr etwa für das genannte Beispiel so zu verstehen, daß sich in der Zeiteinheit ebensoviel S 0 3 zersetzt wie neu bildet. Das Gleichgewicht ist also nicht ein statisches, wie bei einem Hebel, sondern ein d y n a m i s c h e s .

Das Massenwirkungsgesetz führt somit die Beschreibung eines Gleichgewichtes auf e i n e e i n z i g e K o n s t a n t e zurück. Diese Konstante ändert sich natürlich von Reaktion zu Reaktion; es handelt sich also n i c h t um eine generelle Konstante wie bei der Gaskonstanten R. Auch für ein und dieselbe Reaktion ändert sich die Konstante mit der Temperatur, wie wir ja im vorigen Abschnitt schon sahen. Dagegen ist sie unabhängig von dem Mengenverhältnis, in dem die Ausgangsstofie vorliegen, und unabhängig vom Gesamtdruck bzw. Gesamtvolumen. Anwendung auf Lösungen. Wir erwähnten bereits, daß das Massenwirkungsgesetz auch für v e r d ü n n t e L ö s u n g e n gilt.

Die

90

XX. Abhängigkeit d. Gleichgewichte von äu Seren Bediiignngen

wichtigste Konzentrationsbezeichnung ist hier die „ N o r m a l i t ä t " . Eine 1-normale Lösung enthält 1 Gramm-Äquivalent pro Liter fertiger Lösung. Wir wollen zunächst das Gesetz ableiten, nach dem der D i s s o z i a t i o n s g r a d «, d. h. der Bruchteil der insgesamt vorhandenen Elektrolytmolekeln, der in Ionen zerfallen ist, mit steigender Verdünnung anwächst. Betrachten wir als einfachsten Fall die Dissoziation eines Elektrolyten AB in die Ionen A + und B~. f A + 1 • rB-i Es gilt dann - — j ^ g j = konst. Führen wir jetzt den Dissoziationsgrad ) and auch gelegentlich Wasserstoff, z. B. Im Lithium- and Caloiumhydrld LiH biw. CaH,.

XXV. Der Aufbau der Atome; Bindungsarten

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A t o m b i n d u n g . Auf Grund des Atombaues lassen sich nun auch die anderen Bindungsarten in ihren Grundzügen verständlich machen. Eine A t o m b i n d u n g , wie sie etwa in der Wasserstoffmolekel vorliegt, haben wir uns etwa so vorzustellen, daß die beiden Elektronen der beiden H-Atome b e i d e n Kernen zugehören 1 ). Derartige Bindungen finden wir immer dann, wenn g l e i c h e Atome sich miteinander zu M o l e k e l n verbinden (z. B. Cl2, J 2 , S 8 , N a 2 ) ; sie kommen aber auch zwischen v e r s c h i e d e n e n Atomen vor (vgl. unten). Vorherrschend sind Atombindungen in der o r g a n i s c h e n Chemie, insbesondere bei den C—C-Bindungen. Jeder B i n d e s t r i c h , den wir in den Formeln S. 116ff. eingezeichnet haben, bedeutet ein beiden Atomen gemeinsames E l e k t r o n e n p a a r . Die Zahl derAtombindungen, die man als „ B i n d i g k e i t " bezeichnet, hängt ebenfalls aufs engste mit der Zahl der Elektronen zusammen. So ist Kohlenstoff vierbindig, well er 4 Elektronen in der äußeren Gruppe besitzt. Eine Anordnung von 8 Elektronen um ein Atom, wie es beim vierbindigen Kohlenstoff der Fall ist, ist bei den Verbindungen aus Elementen der 1. kleinen Periode die Regel ( „ O k t e t t - R e g e l " ) und auch sonst häufig. . Auch die C - H - , 0 - 0 - , C - N - , 0 - H - , N - H - B i n d u n g e n lassen sich im wesentlichen als Atombindungen deuten, wobei die Oktett-Regel fast immer erfüllt ist. Jedoch liegt bei solchen Bindungen aus v e r s c h i e d e n e n Atomen immer schon eine gewisse elektrische Unsymmetrie vor; die beiden gemeinsamen Elektronen befinden sich im Zeitmittel etwas länger bei dem einen Atom als bei dem anderen, so daß schon ein gewisser Übergang zur Ionenbindung vorliegt. Überhaupt ist zu betonen, daß der Übergang zwischen den einzelnen Bindungsarten — z. B. Atom- und IonenBindung — nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich ist. Man kann in den meisten Fällen nicht mit Bestimmtheit sagen, daß eine bestimmte Bindungsart vor l i e g t , sondern nur, daß s i e v o r h e r r s c h t . B i n d u n g s a r t e n i m Kristall. I n d e n K r i s t a l l e n bleiben in vielen Fällen die Einzelmolekeln erhalten ( „ M o l e k e l g i t t e r " , z. B. H 2 , J 2 , CC14). Da die K r ä f t e z w i s c h e n den Molekeln 2 ) ') Hierbei liegt eine nur auf Grund der modernen „Quantenmechanik" verständlich« „Anstanschenergie" vor. *) Diese Kräfte zwischen nentralen Atomen oder Molekeln lassen sich ebenfalls auf Grund der Quantenmechanik versehen; eine einfache modellm&Blge Erklärung ist jedoch nicht möglich. K l e m m , Anorganische Chemie. 9

ISO

XXVI. Alkalimetalle

verhältnismäßig gering sind, handelt es sich meist um leicht flüchtige Stoffe. Da ferner keine freien Elektronen vorhanden sind (vgl. unten über Metalle), liegen N i c h t m e t a l l e vor, die den elektrischen Strom nicht leiten. Zweitens können Kristallgitter aus Ionen aufgebaut werden, und zwar so, daß Einzelmolekeln nicht erkennbar sind ( I o n e n g i t t e r ) . Einen hierfür typischen Fall haben wir (S.62, Abb. 6 b) beim Kochsalz kennengelernt. Auch hierbei handelt es sich im festen Zustande in der Regel um sehr schlechte Leiter, da die Ionen ihren Platz nur unter großem Arbeitsaufwand wechseln können; die Schmelzen leiten dagegen gut. Schließlich kann der Aufbau eines Kristalles auch so erfolgen, daß die äußeren Elektronen sich von den Atomen loslösen und im Gitter—gleichsam wie in einem Gase — frei beweglich werden, während das eigentliche starre Gittergerüst von den zurückbleibenden positiv geladenen Atomresten (Ionen) aufgebaut wird. Dies ist der Fall bei den Metallen. Die typisch metallischen Eigenschaften (Leitfähigkeit für Elektrizität und Wärme, Undurchsichtigkeit, leichte Verformbarkeit) hängen mit dem Auftreten dieses „Elektronengases" zusammen. Wir hatten früher gesehen, daß die typisch nichtmetallischen Elemente sich in den höheren Gruppen des Perioden-Systems — also dicht vor den Edelgasen — finden, während die Metalle vorzugsweise in den ersten Gruppen stehen. Man erkennt den Zusammenhang: Diejenigen Elemente, die leicht positive Ionen bilden, also die äußeren Elektronen nicht sehr fest halten, bilden Metalle mit freien Elektronen, während diejenigen Elemente, die in Verbindungen oft negative Ionen bilden — also nicht nur die eigenen Elektronen sehr festhalten, sondern sogar noch fremde Elektronen aufnehmen —, auch im elementaren Zustande im Gitter keine Elektronen abgeben und daher Nichtmetalle sind.

XXVI. Alkalimetalle Nachdem wir in den früheren Abschnitten die Nichtmetalle kennengelernt haben, müssen wir jetzt die wichtigsten Metalle besprechen. Man unterscheidet einmal unedle und edle Metalle, zum anderen Leichtmetalle (spezifisches Ge-

XXVI. Alkalimetalle

131

wicht unter 5) und Schwermetalle (spezifisches Gewicht über 5). Wir werden uns bei der Besprechung der Metalle nicht an eins dieser beiden Schemata halten, sondern nach dem Perioden-System vorgehen. Die genannten Einteilungsprinzipien werden sich dabei von selbst ergeben. Wir beginnen mit der ersten Gruppe, den Elementen Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium und Caesium, den A l k a l i m e t a l l e n . Von diesen kennt man Natrium und Kalium schon sehr lange, wenn es auch bei der großen Ähnlichkeit ihrer Verbindungen erst im 18. Jahrhundert gelungen ist, diese beiden Elemente sicher voneinander zu unterscheiden. Man kann zu ihrer Erkennung die Färbung heranziehen, die sie einer Gasflamme erteilen: Natrium färbt gelb, Kalium violett. Das 1817 entdeckte Lithium ist wesentlich seltener; es färbt die Flamme rot. Ganz selten sind die von B u n s e n auf Grund ihrer Spektren (vgl. auch S. 34) entdeckten und rein dargestellten Elemente Rubidium und Caesium, die nach ihren charakteristischen roten bzw. himmelblauen Spektrallinien benannt sind.

Die Alkalimetalle sind sämtlich L e i c h t m e t a l l e . Da sie außerordentlich u n e d e l sind, kommen sie in der Natur niemals frei vor, sondern nur als Verbindungen. Bei der Kristallisation des Erdmagmas haben sie sich in den die Erdoberfläche bildenden (vgl. dazu S. 120) Silicaten (z.B. Feldspäten und Glimmern) angesammelt. Bei der Verwitterung des Urgesteins werden sie, da ihre Salze durchweg leicht löslich sind, herausgewaschen und durch die Flüsse dem Meere zugeführt. Während in den Urgesteinen beide Elemente etwa in gleicher Menge vorkommen, findet sich im Meere sehr viel mehr Natrium als Kalium. Es liegt dies daran, daß beim Durchgang des Wassers durch den Boden die K+-Ionen von den Bodenkolloiden viel stärker adsorbiert werden als die Na+-Ionen. Das ist wichtig, da die Pflanzen mehr Kalium als Natrium benötigen.

Trocknet ein Meeresteil infolge besonderer Umstände ein, so kristallisieren die gelösten Salze aus, und zwar die schwerer löslichen Natrium-Salze eher als die meist sehr leicht löslichen Kalium- (und Magnesium-)Salze. Die letzteren finden sich daher in den obersten Schichten. Meist werden diese vom Regen usw. wieder weggewaschen, so daß die als Dünge9*

132

XXVI. Alkalimetalle

mittel (vgl. S. 99) sehr wertvollen Kalisalze verlorengehen. Nur in seltenen Fällen bildet sich au! der obersten Salzschicht schnell eine wasserundurchlässige Tondecke, die die Kalisalze vor dem Auswaschen schützt. Das ist in Mitteldeutschland und im Elsaß der Fall gewesen, wo sich auf dem Steinsalz wertvolle Kalisalzlager finden; Kalisalze werden von Deutschland in erheblichem Umfange exportiert. Die Elemente. Die f r e i e n A l k a l i m e t a l l e kann man aus wässerigen Lösungen nicht gewinnen, da sie sich mit Wasser sofort unter Bildung von Wasserstoff und Alkalilauge umsetzen: 2Na + 2H 2 0 = 2NaOH + H2. Diese Umsetzung ist bei den höheren Alkalimetallen (Kalium, Rubidium, Caesium) besonders heftig. Hier wird der Wasserstoff infolge der Reaktionswärme sofort entzündet. Bei den leichteren Alkalimetallen (Lithium, Natrium) verläuft die Umsetzung etwas milder. Wegen dieser Reaktionsfähigkeit gegenüber Wasser muß man die D a r s t e l l u n g der Metalle bei Abwesenheit von Wasser durchführen. Z.B.kann man nachDavy (1778—1829) eine Schmelze von NaOH elektrolysieren. Dabei bildet sich an der Kathode Natrium-Metall, an der Anode werden OH~Ionen zu Sauerstoff und Wasser entladen: 40H~ = 0 2 + 2H 2 0 + 46. Der Nachteil des Verfahrens liegt darin, daß es schwer ist, die Einwirkung des anodisch entstehenden Wassers auf das Metall ganz zu vermeiden. Trotzdem benutzte man dieses Verfahren früher nahezu ausschließlich; denn man kann so bei relativ niedrigen Temperaturen arbeiten, da NaOH schon dicht oberhalb 300° schmilzt. Heute elektrolysiert man ein geschmolzenes Gemisch von NaCl und CaCl2; reine NaCl-Schmelzen sind nicht verwendbar, da NaCl erst bei 800° schmilzt, nur etwa 80° unter dem Siedepunkt von Natrium-Metall.

Die Alkalimetalle sind mit Ausnahme des messinggelben Caesiums im reinen Zustande silberglänzend; sie bedecken sich jedoch an der Luft schnell mit einer Schicht von Hydroxyd und Carbonat. Über einige Eigenschaften gibt die nach-

XXVI. Alkalimetalle

133

folgende Übersicht Auskunft. Wie man sieht, sind die Anfangsglieder Lithium, Natrium und Kalium leichter als Wasser, Lithium schwimmt sogar auf Petroleum. Die Schmelzpunkte Dichte bei 20° Lithium Natrium Kalium Rubidium . . . Caesium

0,53 0,97 0,86 1,53 1,89

Schmelzpunkt 1 ) 179° 97,8° 63,6° 38,8° 28,6°

Siedepunkt 1 ) 1336» 883° 760° 696° 670°

liegen recht niedrig, bei den höheren Elementen dicht über Zimmertemperatur; eine Legierung aus Natrium und Kalium ist sogar bei Zimmertemperatur flüssig (vgl. dazu S. 166 ff.). Die Schmelzpunkte und Siedepunkte fallen vom Lithium zum Rubidium ziemlich gleichmäßig ab; zwischen den beiden schwersten Alkalimetallen sind keine nennenswerten Unterschiede mehr. Verbindungen. In V e r b i n d u n g e n treten die Alkalimetalle stets als einfach positiv geladene Ionen auf, wie es ja aus dem Atombau ohne weiteres folgt. Bei einigen Verbindungen könnte es allerdings so scheinen, als ob höhere Wertigkeiten vorliegen; so entstehen z.B. bei der Verbrennung in SauerstoS folgende O x y d e : Li 2 0 N a 2 0 , K0 2 RbO a Cs0 2 . Aber auch bei diesen Verbindungen sind die Alkalimetalle einwertig. Der Überschuß an SauerstoS gegenüber der Formel Me 2 0 kommt daher, daß sich komplexe Anionen (Og'wie im H 2 0 2 bzw. das sonst nicht bekannte Og - ) bilden. Daß die H y d r o x y d e durch Einwirkung der Metalle auf Wasser entstehen, wurde schon erwähnt. Dieser Weg ist aber für technische Zwecke viel zu teuer. Man gewinnt sie vielmehr entweder durch Elektrolyse wässeriger Chloridlösungen oder durch Umsetzung von Alkalicarbonaten mit Calciumhydroxyd. Das zweite, heute weniger oft verwendete *) In Celsiusgraden.

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X X V I . Alkalimetalle

Verfahren ist das ältere. Es beruht darauf, daß sich bei der Reaktion Na 2 C0 3 + Ca(OH) 2 = 2NaOH + CaC0 3 unlösliches Calciumcarbonat ausscheidet. Diese Bildung eines unlöslichen Stoffes bewirkt, daß — entgegen der für homogene Reaktionen geltenden Regeln — die schwächere Base (Ca(OH) 2 ) die starke (NaOH) aus ihren Salzen austreibt (vgl. dazu auch S. 94). Beider E l e k t r o l y s e vonNaCl-oderKCl-Lösungenscheidet sich, wie S. 49 schon erwähnt, an der Anode Chlor ab, an der Kathode dagegen nicht das Alkalimetall, sondern Wasserstoff. Es liegt dies daran, daß — wie schon die Umsetzung von Alkalimetallen mit Wasser zeigt — die infolge der Dissoziation des Wassers in sehr geringer Konzentration vorhandenen H + -Ionen ihre positive Ladung weniger fest halten als die N a + - bzw. K + -Ionen und daher leichter entladen werden (vgl. auch Kap. X X I X ) . Es bleiben daher bei der Elektrolyse in der Lösung neben den von dem Chlorid her vorhandenen Alkalimetall-Ionen die der abgeschiedenen Wasserstoffmenge entsprechenden OH - -Ionen zurück; in der Nähe der Kathode findet man daher alkalische Reaktion. Beim Eindampfen der Kathodenflüssigkeit fällt erst das noch nicht verbrauchte Chlorid aus; erst beim nahezu völligen Verdampfen des Wassers gewinnt man das äußerst leicht lösliche Hydroxyd bzw. sein Hydrat in fester Form. Bei derartigen Elektrolysen besteht eine prinzipielle Schwierigkeit. Chlorgas gibt nach S. 68/69 mit Laugen Hypochlorit (bzw. in der Wärme Chlorat) und Chlorid. Will man also die Laugen ge-winnen, so muß man es verhindern, daß OH~-Ionen mit dem anodisch entstehenden Chlor zusammenkommen. Das ist um so schwieriger, als die OH~-Ionen sich als Anionen nach der positiv geladenen Anode hin bewegen, und zwar ziemlich schnell, da sie — ebenso wie die H + -Ionen — in Lösungen besonders leicht beweglich sind. Man kann das störende Auftreten der OH~-Ionen im Anodenraum dadurch erschweren, daß man eine Scheidewand (..Diaphragma") zwischen die beiden Elektroden bringt, die zwar so viel Ionen durchläßt, wie zur Stromleitung erfordei-

XXVI. Alkalimetalle

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lieh sind, aber eine mechanische Vermischung verhindert. Oder aber man setzt die Anode über die Kathode und läßt nun langsam frische Chloridlösung von oben zutreten, die fertige Lauge unten abfließen, so daß die Flüssigkeitsströmung den Wanderung der OH - -Ionen entgegenwirkt. Für dieses Verfahren ist es günstig, daß die Laugen spezifisch schwerer sind als die Chloridlösungen. Bei den sogenannten Billiter-Zellen sind beide Arbeitsweisen vereinigt. — Wirkliche Metallabseheidung erhält man bei Verwendung von Q u e c k s i l b e r kathoden, weil sich die Alkalimetalle mit diesem Metall unter großer Energieabgabe zu „Amalgamen" vereinigen, so daß die Arbeit, die der elektrische Strom für die Abscheidung des Alkalimetalls zu leisten hat, verringert wird 1 ). Durch elektrolytische Zersetzung dieser Amalgame mit Wasser in einer zweiten Zelle erhält man von vornherein chloridfreie Laugenlösungen. Dieses Verfahren, bei dessen Durchführung große Schwierigkeiten zu überwinden waren, hat in den letzten Jahrzehnten die anderen Verfahren weitgehend verdrängt. Die S a l z e der Alkalimetalle sind, wie bereits erwähnt, fast alle leicht in Wasser löslich. Damit hängt zusammen, daß sie aus wässerigen Lösungen meist kristallwasserhaltig auskristallisieren und daß viele von ihnen an der Luft Feuchtigkeit anziehen und zerfließlich („hygroskopisch") sind. Das gilt vor allem von vielen Lithium-Salzen. Kristallwasserfrei kristallisiert ein Teil der H a l o g e n i d e , z. B. Kochsalz (NaCl) 2 ). Besonders wichtig sind die C a r b o n a t e . Man gewann sie früher durch Auslaugen von Pflanzenaschen mit Wasser. Ging man dabei von Landpflanzen aus, so erhielt man im wesentlichen KjCOg (Pottasche), während Seepflanzenasche außerdem viel Na 2 C0 3 (Soda) enthält. Der steigende Bedarf der Industrie für S o d a zwang dazu, sie aus Kochsalz, dem leichtest zugänglichen Natriumsalz, herzustellen. Das ältere Verfahren von L e b l a n c ist durch die nachstehenden Gleichungen charakterisiert: 1.) 2 NaCl + H 2 S 0 4 = N a 2 S 0 4 + 2 HCl; 2.) N a 2 S 0 4 + 2 C = Na 2 S + 2 C0 2 ; 3.) Na 2 S + CaC0 3 = ') Außerdem ist die Abscheidung des Wasserstoffs erschwert, weil die sogenannte Ü b e r s p a n n u n g des Wasserstoffs an Quecksilberkathoden verhältnismäßig groß ist (vgl. S. 158, Anm. 3). *) Reines Kochsalz ist nicht hygroskopisch; nur unreines, MgCl,-haltl&t> Salz wird an der Luft feucht und backt zusammen.

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XXVI. Alkalimetalle

Na 2 C0 3 + CaS. Dieses Verfahren ist für die Entwicklung der chemischen Technik von größter Bedeutung gewesen, da viele grundlegende technische Apparaturen, z. B. für Schmelzen, Lösen, erstmalig für denLeblancprozeß entwickelt worden sind. Es ist heute durch das Solvay-Verfahren verdrängt, bei dem durch Sättigen von konzentrierter Kochsalzlösung mit Ammoniakgas und Einleiten von C0 2 nach der Gleichung: NaCl + (NH 4 )HC0 3 = NaHCOs + NH4C1 das verhältnismäßig schwer lösliche N a t r i u m h y d r o g e n c a r b o n a t gewonnen wird. Dieses wird dann durch Erhitzen gemäß der Gleichung: 2 NaHC0 3 = Na 2 C0 3 + H 2 0 + C0 2 in Soda verwandelt. Die abfallende NH4C1-Lösung wird durch Umsetzung mit Kalkmilch gemäß 2NH 4 Cl+ Ca(0H) ? = C a C l s + 2 N H , + 2H i! 0 in CaCl^-Lösung und NHa-Gas überführt, so daß das wertvolle Ammoniak für den Prozeß zurückgewonnen wird.

Soda kommt wasserfrei sowie außerdem als Kristallsoda (Na 2 C0 3 • 10H 2 0) in den Handel. Ihre Lösung reagiert, da ein Salz einer sehr starken Base und einer schwachen Säure vorliegt, infolge von Hydrolyse (vgl. S. 91) alkalisch. Hierauf beruht ihre Verwendung im Haushalt und in der Technik; so benutzt man sie u. a., um Fette zu lösen. F e t t e sind Ester (vgl. S.Ii 8), die als Alkohol das G l y - CH2OH cerin (nebenstehend), als Säuren die sogenannten F e t t - CHOH säuren, wie Palmitinsäure CH3'(CH2)i4' COOH, Stearin- CH 2 0H, säure CH3-(CH2)la-COOH usw., enthalten1). Durch Einwirkung von Lauge, wie sie in der Soda in milder Form dargeboten wird, erfolgt die der Hydrolyse ähnliche „Verseifung" dieser Fette entsprechend folgendem Schema: Ester (Fett) + NaOH = Alkohol (Glycerin) + fettsaures Natrium (Seife). Infolgedessen werden Haushaltsgegenstände, Wolle u. a. durch Behandlung mit Sodalösung von der anhaftenden Fettschicht befreit. Auch auf unserer Haut befinden sich fettige, den Schmutz festhaltende Substanzen, die wir beim Waschen entfernen wollen. *) Die bei Zimmertemperatur flüssigen Pflanzenöle und Trane entbalten Fettsäuren mit Doppelbindungen. Bei der „ F e t t h ä r t u n g " wird an diese Doppelbindungen Wasserstoff angelagert, wobei N1 als Katalysator dient.

XXVI. Alkalimetalle

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Sodalösung würde die Haut zu sehr angreifen. Man benutzt hierzu andere, weniger stark alkalisch reagierende Natrium-Salze, nämlich die eben genannten fettsauren Salze, die S e i f e n . Bei diesen ist allerdings das bei ihrer Hydrolyse freiwerdende Alkalihydroxyd von untergeordneter Bedeutung. Wichtig sind vielmehr die sich bildenden Fettsäuren. Da diese auf der einen Seite eine sich im Wasser gut lösende Gruppe (-COOK) besitzen, auf der anderen Seite einen das Wasser abstoßenden Kohlenwasserstoffrest, orientieren sie sich auf der Wasseroberfläche so, daß die -COOH-Gruppe in die Flüssigkeit eindringt, das andere Ende der Molekel dagegen außerhalb des Wassers bleibt. Damit werden die Oberflächenspannung des Wassers und somit die Benetzungsverhältnisse verändert, die Schmutzteilchen werden von Flüssigkeit umhüllt, erweicht und abgelöst 1 ). Zur Herstellung der Seifen aus den Fetten benutzt man meist nicht die nur indirekt infolge der Hydrolyse wirkende Soda, sondern direkt Ätznatron (Seifenstein NaOH) oder Ätzkali KOH. Man unterscheidet die harten Natron-Seifen (Kernseifen) und die weichen Kali-Seifen (Schmierseifen). Von den N i t r a t e n der Alkalimetalle haben wir das Natriumsalz, den Chilesalpeter, schon erwähnt. Kalisalpeter ist ein Bestandteil des außerdem noch Schwefel und Kohle enthaltenden Schwarzpulvers. Hierfür kann man den Natronsalpeter nicht verwenden, da er hygroskopisch ist. Kalisalpeter erhält man u. a. durch Umsetzung von N a N 0 3 mit KCl in wäßriger Lösung („Konversionssalpeter"). Eine Reihe weiterer Natrium- und Kaliumsalze haben Erwähnt sei wir schon an anderen Stellen besprochen. ferner noch, daß die L i t h i u m s a l z e vielfach Ähnlichkeit mit den Magnesium- und Calciumsalzen besitzen (Schrägbeziehung im Perioden-System I vgl. S. 97). So sind Lithiumphosphat und -carbonat im Gegensatz zu den entsprechenden Salzen der anderen Alkalimetalle schwer löslich, ebenso wie die Magnesium- und Calciumsalze. Auch ist LiCl im Gegensatz zu NaCl und KCl zerfließlich und in Alkohol leicht löslich wie MgCl2 und CaCla. ') Da die Calcium-Salze der Fettsäuren sehr schwer löslich Bind, schäumt die Seite In hartem Warner (vgl. 8.112) nicht.

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XXVII. Brdalkali- und Erdmetalle

X X V I I . Erdalkali- und Erdmetalle Allgemeines und Elemente. Von den Elementen der dritten Gruppe bezeichnet man Aluminium, Scandium, Yttrium und Lanthan als „ E r d m e t a l l e " und dementsprechend A12Os als Tonerde, die Oxyde von Yttrium 1 ), Lanthan und die in der Tabelle S. 96 als Lanthanide zusammengefaßten Elemente als seltene Erden. Der Zwischenstellung der Elemente Calcium, Strontium und Barium zwischen Alkali- und Erdmetallen trägt man durch die Bezeichnung „ E r d a l k a l i m e t a l l e " Rechnung. Die Verwandtschaft mit den Alkalimetallen kommt u. a. darin zum Ausdruck, daß die Erdalkalimetall-Verbindungen die Flamme ebenfalls färben, und zwar Calcium gelbrot, Strontium rot, Barium grün. Den Erdalkalimetallen sind nahe verwandt Magnesium und Beryllium. Auch diese Elemente verbinden sich durchweg sehr energisch mit Sauerstoff und lassen sich daher bei Gegenwart von Wasser nicht aus ihren Salzen darstellen. Am besten elektrolysiert man auch hier geschmolzene wasserfreie Salze. Man geht z. B. beim Aluminium 2 ) so vor, daß man eine Schmelze von Na3AlF6 (Kryolith) als Elektrolytflüssigkeit verwendet, in der sich AI203 3) nicht unerheblich löst4). Trotz der hohen Bildungsenergie der Oxyde sind die Metalle der 2. und 3. Gruppe wesentlich beständiger gegen Wasser als die Alkalimetalle. Das gilt insbesondere von ') Scandium gehört nicht zu den seltenen Erdmetallen im engeren Sinne. a ) Metallisches Aluminium wurde erstmalig 1827 von Friedrich W ä h l e r (1800—1882) durch Einwirkung von K-Metall auf A1C1, dargestellt; unreines Metall h a t t e 1825 H. C. Oersled erhalten. *) Das beste R o h m a t e r i a l für A1,0, ist Bauxit, ein mit F e , 0 , , SiO, u. TiO, verunreinigtes Oxydhydroxyd AlOOH. Von diesem finden sich reiche Vorkommen in Frankreich, Ungarn, Italien und Jugoslawien. Außerdem gibt es Methoden, u m Al,O s aus dem reichlich zur Verfügung stehenden Ton (vgl. S. 145) zu gewannen. Die Rohstoffkosten spielen beim Aluminium nicht die Rolle, wie etwa beim Kupfer, da beim Aluminium-Metall vor allem die elektrische Energie f ü r die Elektrolyse bezahlt werden muß. K r y o l i t h findet man in Grönland, außerdem gewinnt man ihn synthetisch. ') Dies erklärt sich aus der Ähnlichkeit der Hadlen von F - und 0 ' - , wenn man 41« Formeln N»,[A1F,] uqd 2 Al t O, = A1,[A10,] vergleicht.

XXVII. Erdaikan- und Brdmetalie

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Magnesium und Aluminium; das letztere wird ja sogar im Haushalt und in der Technik als gegen Wasser vollständig beständiger Werkstoff verwendet, und Legierungen von Aluminium und Magnesium (vgl. unten) spielen heute als Leichtmetalle in der Technik eine steigende Rolle, nicht nur für den Flugzeugbau, sondern auch in der Elektrotechnik; denn die elektrische Leitfähigkeit des Aluminiums ist fast so gut wie die des Kupfers. Reines Aluminium ist allerdings für die meisten technischen Verwendungszwecke zu weich; man legiert es daher, um seine Härte und Festigkeit zu steigern. So enthält z. B. D u r a l u m i n i u m neben wenig Magnesium, Mangan und Silicium einige % Kupfer; diese werden jedoch erst durch eine geeignete Wärmebehandlung („Vergütung") voll wirksam. Cu (bzw. die Verbindung CUA12) löst sich nämlich in der Wärme in festem AI besser als in der Kälte. Vgl. dazu auch die Löslichkeit von Kupfer in Silber in Abb. 17 S. 170. Durch „Tempern" bei etwa 600° geht daher alles Cu in Lösung; es bilden sich Mischkristalle, die auch beim raschen Abkühlen erhalten bleiben, „einfrieren", obwohl sich im Gleichgewicht in der Kälte nur sehr wenig Cu löst. „ L ä ß t " man die Legierung jedoch durch Erhitzen auf etwa 100—200° „an", so werden die Atome beweglich und das zuviel gelöste Cu scheidet sich als CuAl2 aus, und zwar in äußerst feinkörniger Form. Hierdurch tritt die erwünschte Verbesserung der mechanischen Eigenschaften ein („Ausscheidungshärtung"; vgl. dazu auch S. 176). Der Zusatz eines edleren Metalles begünstigt auf der anderen Seite aber den Angriff korrodierender Stoffe, da Cu und AI in der Spannungsreihe weit auseinander stehen und daher „Lokalelemente" bilden (vgl. Kapitel XXIX). Man kann dem entweder durch „Plattieren" mit Reinaluminium begegnen oder aber man kann mit Metallen legieren, die elektrochemisch dem Aluminium nahestehen. So enthält z. B. das sehr korrosionsfeste „Hydronalium" einige Prozente Magnesium. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse beim M a g n e s i u m . Die wichtigste Legierung ist hier das ,,Elektron-Metall"; es enthält neben Magnesium vor allem Aluminium. Die Beständigkeit von Aluminium und Magnesium gegen Wasser ist darin begründet, daß ihre Oxyde bzw. Hydroxyde in Wasser sehr schwer löslich sind. Beim Zusammentreffen

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XXVII. Erdalkali- und Erdmetalle

mit Wasser oder Luftfeuchtigkeit bedecken sich daher die Metalle mit einer dünnen Oxydhaut, die sie vor einer weiteren Einwirkung schützt 1 ). Durch elektrolytische Oxydation kann man diese Schicht beim Aluminium noch verstärken („Eloxal-Verfahren"); auch durch chemische Mittel läßt sich dies erreichen. Das Oxydhäutchen kann man z. B. daran erkennen, daß ein Aluminium-Draht auch dann noch seine Form behält, wenn man ihn über den Schmelzpunkt des Metalls (659°) erhitzt, weil die Oxydhaut das flüssige Metall zusammenhält.

Läßt man die Oxydation jedoch bei höheren Temperaturen vor sich gehen, so reicht der Schutz durch dieses Oxydhäutchen nicht mehr aus. So verbrennen z. B. Magnesiumband oder Calciumspäne unter hellem Aufglühen, wenn man sie mit einer Flamme entzündet. Läßt man die Verbrennung so vor sich gehen, daß keine Wärme durch Strahlung verlorengeht, so kann man außerordentlich hohe Temperaturen erzielen, da ja keine Verbrennungsgase entweichen und die entwickelte Wärme nur zum Erhitzen des Oxydes verwendet wird. Wesentlich wichtiger als die Verbrennung der Metalle selbst sind Reaktionen, bei denen Aluminiummetall mit dem Oxyd eines edleren Metalles in Reaktion gebracht wird. So steigt z. B. bei der Umsetzung mit Eisenoxyd: 3Fe 3 0 4 + 8 AI = 4A1203 + 9 Fe + 795 kcal die Temperatur auf etwa 2400°, so daß sowohl das Eisen als auch das A1203 geschmolzen werden. Das Metall trennt sich dabei glatt von der Oxydschmelze und sammelt sich am Boden des Reaktionsgefäßes an. Versieht man dessen Boden mit einer Öffnung, so fließt das Metall heraus und kann dann dazu benutzt werden, um zwei Eisenstücke (z. B. Straßenbahnschienen) zu verschweißen. Außerdem kann man nach diesem Goldschmidt'schen „Thermitverfahren" „aluminothermisch" viele sehr hoch schmelzende Metalle in kohlenstofffreier Form herstellen, z. B. Silicium, Chrom, Mangan u. a. *) Auch beim Eisen bilden sich solche Oxyd- bezw. Hydroxyd-Schichten, die aber hier nicht schützen, d a sie beim Übergang vom zweiwertigen ins dreiwertige Eisen (vgl. S. 161) porös werden.

XXVII. Erdalkali- und Erdmetalle

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Magnesium und Calcium eignen sich trotz der hohen Bildungswärmen ihrer Oxyde nicht so gut für diese Reaktion, da ihre Oxyde noch höher schmelzen als A1203. Man erhält infolgedessen nur eine gesinterte Schlacke mit kleinen eingesprengten Metallstückchen.

Verbindungen. In ihren Salzen sind B e r y l l i u m , Magnesium und die E r d a l k a l i m e t a l l e nahezu ausschließlich zweiwertig, wie es dem Atombau entspricht. Die Oxyde gewinnt man meist durch Erhitzen der Carbonate. Z. B, zerfällt Kalkstein beim „Brennen" in Kohlendioxyd und Calciumoxyd („gebrannter Kalk"): CaC0 3 = C0 2 + CaO. Während sich BeO und MgO gegen Wasser ziemlich indifferent verhalten, reagieren die Erdalkalimetalloxyde mit Wasser lebhaft unter Bildung der Basen: CaO + H 2 0 = Ca(OH)2. Man erhält so durch Löschen des gebrannten Kalks den „gelöschten Kalk". CaO bzw. Ca(OH)a sind die billigsten und in der Technik am meisten verwendeten Stoffe von basischem Charakter. Als hochfeuerfester Baustoff ist CaO nicht brauchbar, da es sich mit Wasser und C0 2 umsetzt. Für diese Zwecke verwendet man vielmehr die durch Brennen von Magnesit (MgC03) erhaltenen M a g n e s i t s t e i n e . Diese bestehen aus „totgebranntem", also nicht mehr reaktionsfähigem Magnesiumoxyd; sie sind gegen alkalische Schmelzen widerstandsfähig. In dieser Gruppe ist besonders deutlich zu erkennen, daß sowohl die Stärke als auch die Löslichkeit der Basen mit dem Ionenradius zunehmen: Ba(OH) 2 ist eine starke, ziemlich leicht lösliche Base, Ca(OH) 2 ist etwas schwächer basisch und weniger in Wasser löslich, Mg(OH) 2 ist nur schwach basisch und sehr schwer löslich, Be(OH) 2 ist sogar amphoter, es löst sich sowohl in starken Säuren als auch in starken Basen. Es verhält sich also genau so, wie wir es S. 54 für Al(OH) 3 geschildert hatten (Schrägbeziehungl).

Als Basen reagieren diese Hydroxyde mit Säuren unter Salzbildung. Leitet man z. B. in Kalkwasser (oder Barytwasser), d. h. eine Lösung von Hydroxyd in Wasser, COa-Gas ein, so erhält man gemäß Ca(OH)2 + C0 2 = CaC0 3 + H 2 0

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XXVll. Erdalkali- und Erdmetalle

schwer lösliches C a r b o n a t 1 ) . Diese Reaktion dient nicht nur zum Nachweis von C0 2 — z. B. kann man es so in der ausgeatmeten Luft nachweisen —, sondern sie hat auch eine sehr große praktische Bedeutung. Ein Gemisch von gelöschtem Kalk mit Sand, der im wesentlichen als „Füllmaterial" dient, wird nämlich als „ L u f t m ö r t e l " für Bauzwecke in größtem Maßstabe verwendet, um Ziegel miteinander zu verbinden, ferner für Putz und ähnliches. Das Erhärten des Luftmörtels erfolgt zunächst durch Verdunsten des überschüssigen Wassers und weiterhin im Verlauf der Jahre durch Bildung von Carbonat unter der Einwirkung des atmosphärischen Kohlendioxyds. Um den ErhärtungsVorgang zu beschleunigen, stellt man in Neubauräumen Koksöfen auf, die C0 2 entwickeln und außerdem die Räume heizen, so daß das Verdunsten des Wassers beschleunigt wird. Über „Wassermörtel" s. S. 146/47. Von weiteren wichtigen Salzen seien die S u l f a t e genannt. Alle Erdalkalisulfate, besonders BaS0 4 , sind schwer löslich. BaCI2- oder Ba(N0 3 ) 2 -Lösungen benutzt man daher zum Nachweis von Schwefelsäure bzw. Sulfaten. CaS0 4 • 2 HaO, der G i p s , hat ebenfalls für Bauzwecke Bedeutung. Er hält nämlich einen großen Teil seines Kristallwassers nur sehr wenig fest und geht schon beim gelinden Erhitzen in CaS0 4 • 1/2 H 2 0 über. Dieser „gebrannte" Gips nimmt leicht wieder Wasser auf und verfestigt sich dadurch, so daß man so Holzpflöcke u. a. „eingipsen" kann. Erhitzt man Gips höher, so verliert er auch das weitere Wasser und schließlich auch etwas S0 3 . Das so erhaltene basische Sulfat erhärtet mit Wasser ebenfalls und wird als „Estrichgips" verwendet. In ganz ähnlicher Weise erhärtet auch basisches Magnesiumchlorid. Man verwendet es im Gemisch mit Holzspänen als „Sorelzement" oder „Steinholz" für Fußböden und ähnliches.

Die H a l o g e n i d e dieser Elementgruppe sind bis auf die Fluoride leicht in Wasser löslich, die der niederen Elemente ') Daß Bich CaCO, durch Einwirkung überschüssiger Kohlensäure unter Hfdrogencarbonatbildung wieder löst, wurde schon S. 111/12 besprochen.

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sogar zerfließlich. Daß man entwässertes CaCl2 zum Trocknen von Gasen benutzt, wurde schon erwähnt. Hingewiesen sei noch au! die mit Wasser zum Teil in Hydroxyd und saures Salz übergehenden S u l f i d e , die durch Beimengungen äußerst geringer Mengen von Schwermetallen „phosphoreszieren", d. h. nach Bestrahlung mit Licht noch längere Zeit im Dunkeln nachleuchten. Von den übrigen Salzen haben wir die P h o s p h a t e des Calciums schon S. 107 besprochen; auf die Silic a t e kommen wir noch zurück. A l u m i n i u m und die anderen E r d m e t a l l e sind dreiwertig. Von den Verbindungen sind vor allem die O x y d e zu nennen. Wegen seines hohen Schmelzpunktes und seiner chemischen Widerstandsfähigkeit benutzt man den Korund A1203 als hochfeuerfesten Baustoff. Auch dient er wegen seiner Härte als Schleifmittel. Einkristalle von Korund sind wertvolle Edelsteine, insbesondere wenn sie infolge von Beimengungen gefärbt sind (Rubin und Saphir). Man kann heute solche Einkristalle fabrikatorisch herstellen, so daß der Preis dieser Edelsteine stark gesunken ist. Das Doppeloxyd Mg0-Al 2 0 3 ist d e r S p i n e l l , der als Edelstein ebenfalls synthetisch hergestellt wird. Im gleichen Gitter kristallisieren Chromeisenstein FeO • Cr 2 0 3 (S. 161) und Magnetit Fe0-Fe 2 0 3 (S.163). L a n t h a n i d e . Zu den Erdmetallen gehört, wie S. 138 erwähnt, auch die Gruppe der Lanthanide. Sie ist dadurch ausgezeichnet, daß alle Elemente dieser Gruppe in Verbindungen nahezu ausschließlich dreiwertig auftreten. Es hat dies seinen Grund darin, daß die beim Cer und den anderen Elementen neu hinzutretenden Elektronen im Inneren der Elektronenhülle eingelagert werden, während die Zahl und Anordnung der die Wertigkeit bestimmenden Außeneleklronen bei allen Elementen die gleiche bleibt. Ihre Oxyde katalysieren die Verbrennung von Leuchtgas durch Luft; durch die rasche Verbrennung an ihrer Oberfläche wird Weißglut erreicht, bei der die Oxyde, wie A u e r v o n W e l s b a c h fand, ein sehr helles Licht ausstrahlen. Man verwendet sie daher für die Gasbeleuchtung. Noch besser eignet sich hierzu ein auch im chemischen Verhalten den seltenen Erden nahestehendes

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Element der vierten Gruppe, dag T h o r i u m . Die „Auerstrümpfe" enthalten etwa 99% Thorium- und 1 % Ceroxyd. In ihrem Elektronenaufbau den Lanthaniden verwandt sind die A c t i n i d e , d.h. die auf Ac folgenden Elemente (vgl. S. 96). Von der Ordnungszahl 93 an können sie nur künstlich dargestellt werden; sie sind durchweg radioaktiv.

Silicate der Erdalkali- und Erdmetalle. Zu den wichtigsten Verbindungen dieser Gruppe gehören die Silicate. Siliciumdioxyd besitzt, wie wir sahen, technisch sehr wertvolle Eigenschaften, es ist sehr feuerbeständig, mechanisch fest und vor allem chemisch sehr widerstandsfähig; aber es ist nicht leicht verarbeitbar. Die kieselsauren Salze der Leichtmetalle lassen sich leichter in bestimmte Formen bringen. Da in ihnen die wertvollen Eigenschaften von Si0 2 mehr oder weniger erhalten sind, stellen sie wichtige Werkstoffe dar. Ihre Beschreibung ist dadurch erschwert, daß die technischen Erzeugnisse keine einheitlichen Verbindungen sind, sondern Gemische verschiedener Verbindungen, und daß sie in ihrer Zusammensetzung schwanken. Besonders reich an Si0 2 sind die Gläser. Sie enthalten neben Si0 2 immer ein einwertiges un$ ein zweiwertiges Oxyd. Natrium- und Kaliumsilicat ohne den Zusatz eines zweiwertigen Oxyds sind wasserlöslich (Wasserglas, vergl. S.121) und nicht als Gläser im engeren Sinne zu bezeichnen. Im einfachsten Falle, z. B. beim Fensterglas, liegen Natrium-Calcium-Gläser vor, deren Zusammensetzung oft dem Molekularverhältnis lNa 2 0 : lCaO: 6Si()2 nahekommt. Tritt für Natrium Kalium ein, so erhalten wir die Kaligläser (z. B. „Böhmisches" Glas), während „Bleikristall" statt Calciumoxyd Bleioxyd enthält. In modernen Gläsern sind oft die verschiedensten ein- und zweiwertigen Oxyde enthalten; außerdem ist manchmal Si0 2 durch B 2 0 3 ersetzt. Tonerde ist meist nur in sehr geringer Menge vorhanden. Die Gläser erstarren aus dem Schmelzflusse „glasig", d. h. ohne zu kristallisieren. Damit hängt u. a. ihre Durchsichtigkeit zusammen sowie die für die Verarbeitung wichtige Tatsache, daß sie

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nicht bei einer bestimmten Temperatur schmelzen, sondern ein ziemlich großes Temperaturgebiet allmählicher Erweichung besitzen. Man kann die Gläser als stark unterkühlte Flüssigkeiten bezeichnen, muß aber auf der anderen Seite zugeben, daß sie mit Rücksicht auf ihre Formbeständigkeit den Kristallen näher stehen als den Flüssigkeiten. Erhitzt man ein Glas längere Zeit auf höhere Temperaturen, so kristallisiert es teilweise, es wird undurchsichtig und ,,entglast". Die c h e m i s c h e W i d e r s t a n d s f ä h i g k e i t der Gläser ist geringer als die des Quarzes. So geben sie z. B. bei längerem Kochen oberflächlich Alkali ab, so daß das Wasser alkalische Reaktion annimmt. Je nach der Menge des unter bestimmten Bedingungen abgegebenen Alkalis teilt man die Gläser in verschiedene „hydrolytische" Klassen ein. Die T o n w a r e n enthalten A1 2 0 3 und Si0 2 , außerdem von Fall zu Fall wechselnde Mengen von Alkalien, CaO und anderen Beimengungen. Das wichtigste Ausgangsmaterial ist der Ton. T o n entsteht aus dem Urgestein durch verwickelte physikalische und chemische Vorgäng . Er enthält neben wechselnden, oft sehr geringen Mengen von unvi ränderten, fein verteilten Gesteinsresten (Quarz, Feldspat) als wichtiges Tonminera, den K a o l i n i t Al2 (0H) 4 Si a 0 6 . Ton hat infolge des besonderen Kristallbaues des Kaolinits (schichtweiser Aufbau) und seiner äußerst feinen Verteilung die Fähigkeit, mit Wasser „plastisch", knetbar zu werden; durch eine Behandlung mit geringen Mengen von Lauge oder gewissen Säuren läßt er sich sogar in eine gießbare Masse geringen Wassergehalts überführen. Man brennt die aus Ton geformten und an der Luft getrockneten Gegenstände nicht wie die Gläser bis zum völligen Schmelzen, sondern nur soweit, daß unterVolumverkleinerung („Schwinden") ein mehr oder weniger starkes Sintern eintritt, d. h. ein Zusammenbacken bzw. ein teilweises Schmelzen. Ein charakteristischer Bestandteil der gebrannten Tonwaren ist der Mullit 3Al 2 0 8 -2Si0 2 . Brennt man Ton ohne Beimengungen, so erhält man die Scham o t t e , ein wertvolles, feuerfestes Material 1 ). DerName rührt vielleicht daher, daß man zur Vermeidung des Schwindens dem Ton reichlich gebrannte Scherben („Klamotten") zusetzt. Das edelste keramische Erzeugnis ist das P o r z e l l a n . Zu seiner Herstellung brennt man eine aus etwa 60°/o eisenfreiem, also weißem Kaolin und je 25°/0 Quarz und Feldspat bestehende Masse zunächst ') Ala andere feuerfeste bzw. hochfeuerfeste Baustoffe nannten wir bereits die Silikasteine ( 8.120), die Magnesitsteine ( 8.141 ) und die Korundsteine < 8. ) 43). K l e m m , Anorganische Chemie 10

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im,,Rohbrand" auf 900°, trägt dann eine etwas leichter schmelzende G l a s u r (im wesentlichen Feldspat) des gleichen Ausdehnungskoeffizienten auf und brennt schließlich im „Scharffeuer" bei etwa 1400°. Ähnlich geht man beim Steinzeug vor, bei dem etwas weniger reine Ausgangsmaterialien verwendet werden. Die Herstellung verwickelter, technischer Apparaturen aus Steinzeug hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, was für die chemische Industrie von größter Bedeutung ist. Auch die Klinkersteine gehören zum Steinzeug. Während bei Porzellan und Steinzeug so hoch gebrannt wird, daß die Masse vollkommen dicht-wird, „ v e r g l a s t " ist, wird bei S t e i n g u t , M a j o l i k a („Schmelzware"), T ö p f e r g e s c h i r r und Z i e g e l s t e i n e n nicht so hoch erhitzt. Der „Scherben" bleibt infolgedessen p o r ö s . Von diesen Stoffen wird nur das Steingut aus eisenarmen, also weißbrennenden Tonen hergestellt. Bei den übrigen Stoffen sind die Ausgangsmaterialien weniger rein; insbesondere der für Töpferei-Erzeugnisse und Ziegel verwendete Lehm enthält viel Eisenoxyd. Hier braucht man beim zweitenBrand nicht so hoch zu erhitzen, f!a man als G l a s u r e n niedrig schmelzende blei- bzw. borhaltige Gläser benutzt. Diese sind weicher als die Glasur des Porzellans. Die Glasur ist beim Steingut durchsichtig, so daß Licht eindringt und ein porzellanähnliches Aussehen bewirkt. Bei Majolika, Ofenkacheln u. ä. dagegen wird die Glasur in der Regel undurchsichtig gehalten, um die Farbe des Scherbens zu verdecken. Bei dieser ganzen Gruppe läßt sich durch Färbung der Glasur sowie durch Unterglasurfarben eine sehr viel reichere Abstufung in den Farbtönen erhalten als beim Porzellan, bei dessen hoher Brenntemperatur nur noch wenige Schwermetalloxyde beständig sind (nur braune, blaue und grüne Farben). Die Z e m e n t e schließlich enthalten sehr viel Calciumoxyd. So besteht z. B. Portlandzement aus etwa 21% Si0 2 , 10% A1 2 0 3 -f- Fe 2 O s , einigen weniger wichtigen Bestandteilen und etwa 65% CaO. Zur Herstellung von Zement 1 ) werden Kalkstein und Ton fein gemahlen und auf etwa 1450° erhitzt. Die dabei entstehenden grobkörnigen „Klinker" werden dann noch feinst gemahlen. Zement nimmt 12—15% Wasser auf und erhärtet dadurch. Die beim Abbinden stattfindenden verwickelten chemischen und kolloid' ) Über „Hochofenzement" und ,,EIsenportland*ement" siebe S. 173-

XXVIII. Element« der Gruppen Ib bis IVb

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chemischen Vorgänge sind noch nicht in allen Einzelheiten erforscht. Mit Zusätzen von Kies uod Sand vermischten Zement bezeichnet man als „Beton". Der große Vorteil des Zements gegenüber dem Luftmörtel (S. 142) liegt — neben den besseren mechanischen Eigenschaften — darin, daß er in Gegenwart von Wasser abbindet ( „ W a s s e r m ö r t e l " ) , während ja der gelöschte Kalk in Wasser löslich ist. Man kann daher Zement auch für Bauten unter Wasser verwenden. Dabei muß man auf die Zusammensetzung des mit solchen Zementbauten in Berührung kommenden Wassers achten. Enthält es viel freie Kohlensäure, so wird das Calciumoxyd z. T. als Hydrogencarbonat herausgelöst. Enthält es Sulfate oder gar freie Schwefelsäure, so bilden sich Cälciumsulfat-haltige Verbindungen; infolge der damit verbundenen Volumenvermehrung „treibt" der Zement. X X V I I I . E l e m e n t e der Gruppen I b bis I V b Kupfer, Silber, Gold. Die bisher besprochenen Metalle gehörten den kleinen Perioden bzw. den a-Gruppen der großen Perioden des Perioden-Systems an (vgl. S. 94 f.). Wenden wir uns jetzt den b-Gruppen zu, so sehen wir bei den Elementen der Gruppe I b, Kupfer, Silber und Gold, sehr charakteristische U n t e r s c h i e d e g e g e n ü b e r d e n A l k a l i m e t a l l e n . Während bei diesen sehr unedle Leichtmetalle vorliegen, h a n d e l t es sich bei jenen um Schwermetalle von edlem Charakter. Namentlich Silber und Gold sind typische Edelmetalle, Kupfer ist etwas weniger edel. Auch unterscheiden sich die Schmelz- und Siedepunkte in der a-*und b-Gruppe wesentlich. W ä h r e n d die Alkalimetalle dicht oberhalb der Zimmertemperatur schmelzen, liegen die Schmelzpunkte von Kupfer, Silber und Gold bei etwa 1000° Cels. Alle diese Unterschiede gehen auf eine gemeinsame Ursache zurück: bei den Elementen der b-Gruppe halten die Atome das äußerste Elektron stärker fest als bei den Alkalimetallen. Daher ist es viel schwieriger, ihnen das Elektron zu entreißen und sie in positive Ionen überzuführen; die Verbindungen sind also weniger beständig. Das ist gerade das, was den edlen Charakter a u s m a c h t D i e starke Anziehung der positiven Ionen auf Elektronen bewirkt aber auch, daß ') Ein zahlenmäßiges Muß werden wir noch im Kapitel X X I X (Elektrochemie) kennenlernen.

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in den Metallen das Elektronengas gleichsam unter starkem Druck steht, also auf ein sehr kleines Volumen zusammengezogen wird, während es bei den Alkalimetallen einen viel größeren Kaum einnehmen kann. So verstehen wir die Unterschiede in den Dichten und die hohen Schmelzpunkte.

Aber auch bei den V e r b i n d u n g e n zeigen sich vielfache Unterschiede gegenüber den Alkalimetallen. Daß die Bildungswärmen durchweg kleiner sind als in der a-Gruppe, liegt schon in der Unterscheidung edel — unedel. Charakteristisch ist, daß hier wie auch in den anderen b-Gruppen die Beständigkeit der meisten Verbindungen fällt, wenn man von den leichteren zu den schwereren Elementen übergeht: Kupferund Silberverbindungen haben größere Bildungswärmen als die entsprechenden Goldverbindungen. In den a-Gruppen steigt im Gegensatz dazu die ßildungswärme mit wachsendem Atomgewicht in der Regel aD (vgl. S. 162).

Kennzeichnend ist ferner, daß die Wertigkeitsverhältnisse hier nicht so einfach sind wie bei den Alkalimetallen. Zwar treten alle drei Elemente der Gruppenzahl entsprechend einwertig auf. Aber beim Kupfer finden sich außerdem Verbindungen der zweiwertigen Stufe, die sogar meist beständiger sind. Gold ist nicht nur ein-, sondern auch dreiwertig. Berücksichtigen wir nur die einwertigen Verbindungen, so zeigen sich charakteristische Unterschiede in den Löslichkeitsverhältnissen. Während die Alkalimetallhalogenide durchweg leicht löslich sind, sind die Kupfer(I)- und Silberhalogenide mit Ausnahme von AgF schwer löslich 1 ). Ferner erhält man in der b-Gruppe im Gegensatz zur a-Gruppe mit Schwefelwasserstoff schwer lösliche Sulfidniederschläge. Der letztgenannte Unterschied gilt nicht nur für die I., sondern auch für die folgenden Gruppen. Schließlich sei erwähnt, daß die Neigung der Elemente der b-Gruppe zur Bildung von Komplexverbindungen (Ammoniakaten, Cyaniden u. a.) sehr groß ist, wofür wir noch Beispiele kennenlernen werden. ') AuCl zerfällt mit Wasser gemäß 3 AuCl = 2 Au + AuCl s unter Disproportionierung.

XXVIII. Elemente der Gruppen I b bis IVb

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Wegen der hohen Wertschätzung dieser Metalle, die leider in Deutschland nur in unzureichenden Mengen vorkommen, ist ihr Vork o m m e n weitgehend erforscht. Das edelste von ihnen, das Gold, kommt im wesentlichen im elementaren Zustande in Quarzgängen und „Seifen", d. h. gewissen Verwitterungsprodukten, vor. Freilich ist der Goldgehalt meist sehr gering und die Metallkörnchen sind sehr klein. Größere Kügelchen und Flitter gewinnt man durch Schlämmen des fein verteilten Gesteines, geringere Gehalte muß man auf chemischem Wege entziehen. Entweder behandelt man mit Quecksilber, in dem sich das Gold sehr leicht zum „Amalgam" löst, oder man laugt mit Cyanidlösungen aus, wobei sich unter Mitwirkung des Luftsauerstoffes ein leicht lösliches komplexes Cyanid bildet: 4 A u + 8 N a C N + 0 2 + 2 H 2 0 = 4Na[Au(CN) 2 ]+ 4NaOH. Das schon unedlere S i l b e r kommt nur selten gediegen vor. Eine wichtige Quelle ist der Bleiglanz (PbS), dessen Silbergehalt in der Regel 0,1 bis 0,01% beträgt. Zur Trennung des Silbers vom Blei schmilzt man das Metallgemisch unter starkem Luftzutritt auf sogenannten „Treibherden". Das Blei wird dabei zu PbO oxydiert, das abfließt. Wenn alles Blei oxydiert ist, bleibt das Silber als geschmolzene Metallkugel zurück. Gewöhnlich reichert man das Silber für den Treibprozeß erst an. Bei dem P a r k e s Verfahren schmilzt man zu diesem Zweck das silberhaltige Blei mit etwas Zink zusammen. Blei und Zink mischen sich im flüssigen Zustande nur äußerst wenig — ein sonst bei Metallen seltenes Verhalten — und neben etwas Blei geht auch das Silber zum überwiegenden Teil in den Zinkschaum, aus dem dann leicht durch Abdestillieren des Zinks silberreicheres Blei gewonnen werden kann. K u p f e r kommt in der Natur nur selten gediegen vor. Die wichtigste Ausgangsquelle sind auch in Deutschland an mehreren Stellen gewonnene schwefelhaltige Erze, die neben Kupfer Eisen, Zink, Blei und anderes enthalten. Man röstet diese Erze zunächst so, daß nur ein Teil des Schwefels zu S0 2 verbrennt, und erhitzt das Röstgut unter Zusatz von Kohle und kieselsäurereichen Silicaten in Schachtöfen. Es bilden sich dabei 3 Schichten: unten eineMetallschicht, die im wesentlichen aus Blei besteht, darüber eine Sulfidschicht, der „Stein", der neben Eisen nahezu alles Kupfer enthält, und oben eine oxydische Schlacke, die aus Eisen-, Zink- und anderen Silicaten besteht. Der Stein wird dann nochmals unter Zugabe quarziger Zuschläge geschmolzen und Luft eingeblasen. Dabei verbrennt der Schwefel zu S0 2 ; das unedlere Eisen wird in Oxyd übergeführt, das mit den Zuschlägen Silicat bildet, während sich das edlere Kupfer als Metallschmelze am Boden ansammelt. Das Rohkupfer wird dann noch elektrolytisch r a f f i n i e r t . Man benutzt

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XXVIII. Elemente der Gruppen Ib bis IV b

dabei das Rohkupfer als Anode und dünne Bleche von Reinkupfer als Kathode; als Elektrolyt dient eine schwefelsaure Lösung von Kupfervitriol (CuS0 4 • 6H 2 0). Beim Durchgang des elektrischen Stromes lösen sich Kupfer und die unedleren Beimengungen (Eisen und Nickel) an der Anode auf, während die edleren Metalle Silber, Gold usw. ungelöst bleiben und sich als Anodenschlamm absetzen; an der Kathode schlägt sich das Kupfer nieder, die unedleren Metalle bleiben in Lösung. Dieses elektrolytisch raffinierte Kupfer enthält weniger als 0,1% Verunreinigungen. Dieser hohe Reinheitsgrad ist notwendig; denn die E l e k t r o t e c h n i k , die sehr große Mengen Kupfer verbraucht, verlangt eine gute Leitfähigkeit, und Verunreinigungen setzen das Leitvermögen herab. Außer für die Elektrotechnik wird Kupfer viel für L e g i e r u n g e n verwendet; so besteht Messing im wesentlichen aus Kupfer und Zink, Bronze aus Kupfer und Zinn. Neuerdings werden Kupfer und seine Legierungen vielfach durch Aluminium und seine Legierungen (vgl. S. 139/40) sowie „Kunststoffe" (vgl. S. 119) ersetzt. Über die V e r b i n d u n g e n der Elemente der Gruppe I b seien über die allgemeinen Ausführungen auf S. 147/48 hinaus nur wenige Einzelheiten nachgetragen. Beim K u p f e r sind die 2weitigen Verbindungen bequemer zugänglich als die leicht oxydablen 1 wertigen Verbindungen; nur CuJ 2 existiert nicht, es zerfällt in CuJ-(- y 2 J 2 . Die Kupfer(II)-Salze schließen sich in ihrem Verhalten, so z. B. in ihrer Farbigkeit, eng an die im Perioden-System vorhergehenden Elemente an, die alle in wässeriger Lösung farbige Ionen bilden: Mn 2+ Fei+ C o N i 2 + Cu ä+ rosa, fast grünlich rot bzw. blau grün blau farblos Die blaue Farbe der wässerigen Lösungen der Cu 2+ -Verbindungen hängt mit der Hydratation (vgl. S. 62/63) der Cu 2+ -Ionen zusammen, denn wasserfreies CuS0 4 ist farblos. Noch tiefer ist die Farbe der Ammoniakkomplexe; so ist [Cu (NH 3 ) 4 ] S0 4 • H 2 0 dunkelblau. Die wichtigsten Silber-Verbindungen sind die H a l o g e n i d e . Ihre Bedeutung für die Praxis liegt in ihrer Verwendung für p h o t o g r a p h i s c h e Zwecke. Sie zerfallen nämlich bei der Einwirkung von Licht in Metall und freies Halogen. Bei den geringen Lichtmengen, die bei der Belichtung einer photographischen Platte auf das in der Gelatineschicht befindliche AgBr oder AgCl auftreffen, ist dieser Zerfall allerdings so gering, daß man das gebildete Metall nicht ohne weiteres erkennen kann. Behandelt man aber die Platte mit einem Reduktionsmittel („Entwickler"), so wird mehr Silber-Halogenid zu. Metall reduziert. Die Reduktion erfolgt

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dabei am schnellsten an den Stellen, an denen infolge der Belichtung schon Silberkeime vorhanden sind, an die sich die durch die Reduktion gebildeten Silberatome anlagern können. Diese Stellen werden daher am stärksten geschwärzt 1 ). Man erhält so ein „Negativ", in dem die in der Wirklichkeit hellsten Stellen am dunkelsten sind. — Der Entwicklung folgt dann das „Fixieren", d. h. das Entfernen des noch nicht reduzierten Halogenids. Man benutzt hierzu Natriumthiosulfat (Na 2 S 2 0 3 ; vgl. S. 84), das die Silber-Halogenide unter Bildung des Komplexes [Ag(S 2 0 3 ) 3 ] 5 " löst. Lösungen der komplexen G o l d c y a n i d e K[Au 1+ (CN) s ] und K[Au 3+ (CN)J werden zur „galvanischen" (elektrolytischen) Vergoldung benutzt. Bei der „Feuervergoldung" von Porzellan usw. trägt man Goldpulver mit HgO, B^Oj und Ol auf die betreffenden Gegenstände auf; beim Brennen verdampft das aus dem HgO entstandene Quecksilber sowie das öl, während das Bi2Os das Gold mit der Glasur verbindet. Reduziert man Goldsalzlösungen unter ganz bestimmten Bedingungen, so erhält man tiefrot gefärbte Lösungen von „kolloidem Gold". Auch in den dunkelroten Goldrubingläsern ist metallisches Gold in äußerst feiner Verteilung enthalten. Zink, Cadmium, Quecksilber. Bei den Elementen der Ilb-Gruppe, Z i n k , C a d m i u m und Q u e c k s i l b e r , bestehen die in der I. Gruppe besprochenen Unterschiede gegenüber den Elementen der a-Gruppe ebenfalls. So finden wir auch hier schwor lösliche Sulfide: ZnS ist weiß, CdS gelb; aus Quecksilbersalzlösungen fällt ein instabiles schwarzes Sulfid, während die stabile Form des H g S rot ist (Zinnober). Auch hier sind die Metalle wesentlich edler als die der Hauptgruppe, aber die Unterschiede sind geringer, wie überhaupt die Verschiedenheiten zwischen der a- und b-Gruppe von den Flügelgruppen des Perioden-Systems nach den Mittelgruppen zu abnehmen. Auch in dieser Gruppe ist das letzte Element, das Quecksilber, wesentlich edler als die beiden anderen, wenn auch längst nicht so edel wie Gold. Bei diesen Elementen findet sich ebenfalls eine starke Neigung zur Komplexbildung; x ) Setzt man die Entwicklung lange genug fort, BO wird schließlich alies Silberhaiogenld reduziert, also die ganze Platte gesebwäm.

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so löst sich Zn(OH) 2 — w i e übrigens auch Cu(OH) 2 — in Ammoniaklösung auf: Zn (OH) 2 + 4 N H 3 = f Zn(NH 3 ) 4 ] 2 + + 2 OH". Schließlich läßt sich hier noch ein weiterer allgemeiner Unterschied gegenüber der a-Gruppe besonders leicht erkennen: der basische Charakter ist bei den Hydroxyden der b-Gruppe wesentlich weniger ausgeprägt. So ist Ca(OH) 2 eine starke Base, während Zn(OH) 2 amphoter ist. Erst beim Cd(OH) 2 liegt eine ausgesprochene, wenn auch schwache Base vor. Die wichtigsten V o r k o m m e n der drei Elemente sind die Sulfide; wir nennen ZnS, Zinkblende, und HgS, Zinnober. Das seltenere Cadmium kommt fast nur als geringe Beimengung in Zinkmineralien vor. — Die Zinkblende wird zu ZnO abgeröstet. Reduziert man dieses durch Erhitzen mit Kohlenstoff, so verdampft das gebildete Zinkmetall. Neuerdings gewinnt man Zinkmetall auch durch Elektrolyse von Zinksulfat-Lösungen (vgl. dazu auch S. 158, Anm. 3). Zinnober liefert beim Abrösten S0 2 und Hg-Dampf; durch Abkühlen erhält man das Metall. Alle M e t a l l e dieser Gruppe schmelzen und sieden bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen. Die Schmelzpunkte sind: Zn419°, Cd 321°, Hg —39°. Überzüge mit Zinkmetall verwendet man, um Eisengegenstände vor dem Rosten zu schützen. Besser, aber auch wesentlich teurer sind Cadmiumüberzüge. Die Verwendung des Quecksilbers ist dadurch bestimmt, daß es das einzige Metall ist, das bei Zimmertemperatur flüssig ist; man benutzt es daher für elektrische Kontakte, Thermometer u. a. Früher verwendete man es auch zur Herstellung von Glasspiegeln: seit L i e b i g benutzt man dazu Silber, das man aus löslichen Silbersalzen durch Reduktionsmittel auf der vorher sorgfältig gereinigten Glasoberfläche niederschlägt. In V e r b i n d u n g e n kommen Zink und Cadmium nur zweiwertig vor. Z i n k Verbindungen sind wichtige weiße Malerfarben: Zinkweiß ist ZnO, Lithopone ein Gemisch von ZnS und BaSOj1). Q u e c k s i l b e r ist ein- und zweiwertig. In den einwertigen Verbindungen sind jeweils zwei Hg + -Ionen zu einem Hg| + -Ion verbunden. In ihren Eigenschaften ähneln sie den Silberverbindungen; so ist z. B. das als Abführmittel gebrauchte Quecksilber(I)-chlorid Hg2Cl2 („Kalomel") in Wasser schwer löslich. Alle Quecksilberverbindungen sind sehr giftig; das dürfte vom Quecksilber(II)chlorid HgCl2 („Sublimat") her allgemein bekannt sein. Auch die Dämpfe des Quecksilbermetalls sind, wie man in ') Zu nennen sind feiner Bleiweiß (vgl. S. 154) und als wichtigstes weißes Pigment Titanweiß (TiOj).

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voller Bedeutung erst in neuerer Zeit erkannt hat, sehr giftig. Es ist daher zu vermeiden, daß Quecksilber — etwa aus zersprungenen Thermometern — in bewohnten Räumen verbleibt. Gallium, Indium, Thallium. Die Elemente der I l l b Gruppe, Gallium, Indium und Thallium, sind seltene Elemente, die einen großen Reichtum von Verbindungen aufweisen; so kennt man beim Indium und Gallium solche der ein-, zwei- und dreiwertigen Stufe. T h a l l i u m kommt in Verbindungen in der Hauptsache als einwertiges Ion vor. Die Thallium (I)-Salze ähneln teils den Alkaliverbindungen (leicht lösliches Hydroxyd), teils den Silberverbindungen (die Halogenide und das Sulfid sind schwerlöslich). Hervorzuheben ist die intensiv grüne Flammenfärbung. Thalliumverbindungcn sind giftig und dienen daher zur Schädlingsbekämpfung. Germanium, Zinn, Blei. Auch das erste Element der IVb-Gruppe, G e r m a n i u m , ist selten. Wichtig sind die beiden anderen Elemente, Z i n n und B l e i . Das wichtigste Zinnerz ist der Zinnstein Sn0 2 , dessen wichtigste Lagerstätten in Ostasien liegen. Zinn ist daraus durch Reduktion mit Kohlenstoff leicht zu gewinnen. Über das wichtigste Vorkommen des Bleis, den Bleiglanz PbS, haben wir schon an anderer Stelle (S. 149) gesprochen. Zinn dient zum Überziehen von Eisen (Weißblech für Konservendosen). Da es verhältnismäßig teuer ist, gewinnt man es aus den Weißblechabfällen wieder. Früher behandelte man dieseunter Feuchtigkeitsaus Schluß mit Chlor; Zinn bildet dann SnCl 4 , eine farblose, leicht flüchtige, infolge Hydrolyse an der Luft rauchende Flüssigkeit, während Eisen nicht angegriffen wird (vgl. auch S. 49). Heute löst man das Zinn (z.T. anodisch) mit Natronlauge zum Alkalistannat. — Das metallische Blei kann man aus dem teilweise abgerösteten PbS durch Umsetzung gemäß P b S + 2PbO = 3 P b + S 0 2 gewinnen. Man benutzt es zu Rohrleitungen; denn es ist sehr weich und leicht zu verarbeiten. Außerdem ist es nicht nur, wie schon S. 82 erwähnt, gegen Schwefelsäure und Sulfatlösungcn widerstandsfähig, weil es sich mit einer Schicht von unlöslichem P b S 0 4 überzieht, es wird auch von anderen wäßrigen Lösungen nicht angegriffen, weil sich eine Carbonatschicht bildet. In V e r b i n d u n g e n kommen beide Elemente 2- und4wertig vor. Beim Zinn ist die 4wertige Stufe etwas bevorzugt, Zinn(II)-verbindungen sind wichtige Reduktionsmittel. Beim Blei herrscht durchaus die Zweiwertigkeit vor; beständig sind von 4wertigen Verbindungen nur das Oxyd P b 0 2 und Komplexsalze wie (NH 4 ) 2 [PbCl 6 ]. Diese Unbeständigkeit der4wertigen Pb-verbindungen entspricht der geringen Beständigkeit der Quecksilber(II)- und Thallium(III)-ver-

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XXIX. Elektrochemie

bindungen. Unter den Bleiverbindungen gibt es wichtige Malerfarben, z. B. das gelbe Bleichromat (PbCr0 4 ) und das Bleiweiß, ein basisches Bleicarbonat. Obwohl dieses — wie alle Bleiverbindüngen — giftig ist, wird es wegen seiner guten Deckkraft immer noch viel verwendet. Wichtig sind ferner die Oxyde des Bleis, z. B. die rote Mennige, Pb 3 0 4 , die gemäß 2 PbO-PbÖ 2 2- und 4wertiges Blei enthält; sie wird als Rostschutzmittel verwendet. Den Bleiakkumulator werden wir im nächsten Kapitel behandeln. X X I X . Elektrochemie Elektrolyse und g a l v a n i s c h e E l e m e n t e . Wie wir bereits mehrfach gesehen haben, k a n n man es durch Z u f u h r von elektrischer Energie erzwingen, d a ß Reaktionen in dem entgegengesetzten Sinne verlaufen, wie sie es freiwillig tun würden. So reagieren Wasserstoff und Sauerstoff unter Bildung von Wasser, während m a n durch Z u f u h r von elektrischer Energie, durch E l e k t r o l y s e , eine Zerlegung von Wasser in diese beiden Gase erzwingen k a n n . Umgekehrt k a n n m a n auch durch eine freiwillig verlaufende Reaktion elektrischen Strom erzeugen, wenn m a n die Versuchsanordnung geeignet wählt. Dies ist der F a l l in den „ g a l v a n i s c h e n E l e m e n t e n " 1 ) . Als Beispiel nennen wir die dem D a n i e l l (~^\Amperemeter Element zugrunde liegende Reaktion zwischen metallischem Zink und CuS0 4 -Lösung, die der Gleichung: Zn + Cu 2+ = Z n 2 + + Cu entspricht. Bs geht also Zink in Lösung, während sich 1 -'. 1 Kupfer ausscheidet. Wie man diese Reaktion r i zur Herstellung eines galvanischen Elementes l verwendet, zeigt Abb. 11. Ein Zinkblech taucht 1 it 1 in eine ZnS0 4 -, Kupfer in eine CuS0 4 -Lösung. J 1 Die beiden Lösungen sind durch ein Diat phragma getrennt, d. h. durch eine poröse sf i ""'»