Einleitung zur Allgemeinen Weltgeschichte, in welcher von der Geschichte überhaupt, von der mathematischen und historischen Zeitrechnung, und von der mathematischen und natürlichen Erdbeschreibung, gründlich gehandelt wird / Mit einer Vorrede begleitet von D. Anton Friderich Büsching, Königl. Preuß. Oberconsistorialrath, Director des Berlinischen Gymnasii, und der davon abhangenden Schulen [1]

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Einleitung zur Allgemeinen Weltgeschichte, in welcher von der Geschichte überhaupt, von der mathematischen und historischen Zeitrechnung, und von der mathematischen und natürlichen Erdbeschreibung, gründlich gehandelt wird / Mit einer Vorrede begleitet von D. Anton Friderich Büsching, Königl. Preuß. Oberconsistorialrath, Director des Berlinischen Gymnasii, und der davon abhangenden Schulen [1]

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7

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以 tr 1764

1

3

1

1



Einleitung gur

Allgemeinen

Weltgeſchichte, in welcher

von der Geſchichte überhaupt, von der mg. 1

thematiſchen und hiſtoriſchen Zeitrechnung, und von der

mathematiſchen und natürlichen Erdbeſchreibung, gründlich gehandelt wird .

K

Mit einer Vorrede begleitet von

D. Anton Friderich Büſching, Königl. Preuß. Dberconfiftorialrath , Director des Berliniſchen Gymnaſii, und der davon abhangenden Schulen.

Erſter Theil. Berlin , Ben Chriſtian Friderich Voß, I 769,

Bayerische Staatsbibliothek München

MIGLICENSIS.

Sir

Vorrede.

Unter vorſtehendem Titul , liefert der Verleger kein neues und un

bekanntes , ſondern ein ſchon vor einigen

Jahren gedrucktes , und von Kennern guter Bücher dieſer Art, mit Benfall aufgenoma menes Werk. Seine Abſicht bey der Vers

ånderung der Aufſchrift, iſt ſo unſchuldig

und rechtmäßig, daß ich gar kein Bedenken getragen habe , dieſelbe zu unterſtüßen . 2

Er

Vorrede.

Er verlanget nicht, daß diejenigen , welche fich die 1765 und 67 gedruckten beyden er ften Theile der allgemeinen Geſchichte der Welt und Fatur , der Völker, der Staaten, der Kirche, der Wiſſenſchaf

ten und Kunſte, angeſchafft haben , dieſes Werk unter der jeßigen Aufſchrift noch ein mahl kaufen ſollen : ſondern er warnet ſie ſelbſt dafür , indem er in dem Verzeichnis der neuen Meßbücher bekannt macht, daß

dieſes Werk das obenangezeigte unter verán dertem 3itul ſey . Ich habe die kleine Mühe

gern übernommen , in dieſer Vorrede die

Urſachen ſolcher Veränderung anzuzeigen. Der fel. Profeſſor Adam Wilhelm Franzen , faßte den herzhaften Entſchluß,

eine algemeine Geſchichte von der natür lichen Beſchaffenheit unſerer Erde, von den Völs

porrede.

Völkern und Staaten auf derſelben , von der Kirche und dem Gottesdienſt, und von den

Wiſſenſchaften und Künſten , zu ſchreiben. Die bloße Entſchließung zu einem ſo großen Werke, zeiget ſchon an , daß er kein gemeia

ner Kopf geweſen ſexy; er wagte aber in der That zu viel , man mag auf die Wichtigkeit der Arbeit, oder auf die Länge der dazu er :

forderlichen Zeit, ſehen . Und wenn er, wie ich gehöret habe , ſchon dazumahl, als er dieſes Werk anfieng, einen geſchwächten Körper gehabt hat: ſo hatte er es gar nicht unternehmen ſollen . Er hat auch nicht eine

mahl den erſten Theil deſſelben völlig zum Stande gebracht, welcher nach ſeinem Ent wurf, ungefähr ein Zwölftel des ganzen Werks ſeyn ſolte. Herr Rath Johann Chriſtoph Adelung, dem der Verleger die Fort * 3

Vorrede. Fortſeßung deſſelben auftrug , trat in den

Plan ſeines Vorgångers, und verſuchte die Ausführung deſſelben. Man würde blos deswegen nicht geringer von ihm denken , als von ſeinem Vorgänger , wenn man nicht

ſchon wüſte, daß es ihm an Trieb und Ge fchicklidykeit zu weitläuftigen hiſtoriſchen Ära beiten, nicht fehle.

Allein , er hat auch nur einen Theil gesi

liefert, und ſo wenig als der Verleger das Werk vor dieſesmahl fortſegen wollen . Die Urſadje iſt teicht zu begreiffen. Es trat die les Werk zu gleicher Zeit mit andern allges

meinen Weltgeſchichten ans. Licht , auf fvelche das Vertrauen des deutſchen Publici fchon gefallen war , und man beſorgte, das

ähnliche Werk des Voßiſchen Verlags ,

werde nicht ſo viet Käufer finden , als es doch

Vorrede.

doch verdiente , und die darauf gewwandten Koſten erforderten.

Bey ſo bewandten Umſtänden, ſtund der

Verleger von der Fortſegung des Werks ab. Danun die bisherigen beyden Theile nur eine Vorbereitung zu dem entworfenem Werk enthalten, ſo können ſie unter dem alten Ti

tul nicht fernerhin zum Verkauf ausgelegt werden .

Sie ſind aber nicht nur zu dem

Werke , welches der erſte Urheber deſſelben

zu verfertigen beſchloſſen hatte, ſondern überhaupt zu der allgemeinen Weltgeſchichte

eine bequeme Einleitung, und unter dieſem würdigen Titul, ſollen ſie nunmehr feil ge boten werden.

Man kan nicht leugnen , daß dieſe Eins

leitung, eben ſo wie alle gelehrte Ausarbei tungen , Mängel und Fehler habe: man 4

kan

Porrede.

kan aber dody getroſt behaupten , daß fie uns gemein viel wahres , brauchbares und nüß

liches enthalte, und alſo von allen denjeni gen gekauft und geleſen zu werden , verdies ne, welche nicht ſchon mitgutenBüchern von ähnlichen Materien verſehen ſind ; ia daß

fie ſelbſt den Beſigern der allgemeinen Welt: hiſtorie, und der Auszüge aus derſelben , nicht

unbrauchbar und unnöthig ren . Im erſten Bande , iſt die vorläufige Abhandlung von der Beſchaffenheit, dem Nußen und Wege zur Erkentnis der Ge

ſchichte, für Leſer die davon unterrichtet fenn wollen , ſehr gründlich und lehrreich ab. gefaßt. Der Verfaſſer hat nicht blos andes

rer guter Schriftſteller Gedanken geſamm

let, ſondern auch eigene feine Betrachtun gen eingemiſchet.

Hierauf handelt er von der

Porrede.

der mathematiſchen Zeitrechnung für die meiſtenLiebhaber derſelben, vollkommen hins

länglich. Seine Abhandlung von der hiſto: riſchen Zeitrechnung iſt freylich zu weitläuf

tig gerathen , und mit entbehrlichen Neben: Materien angefüllt; auch eben deswegen nicht vollendet worden : ſo weit ſie aber

reicht, enthält ſie doch ſehr viel Gutes , auch manche eigene ſehr fleißige Unterſuchung.

Im zweyten Bande iſt die Abhand lung von der mathematiſchen Erdbeſchrei

bung für die meiſten Leſer hinlänglich, ob ich gleich wünſchte, daß die ſchon große Bele

ſenheit und Kenntnis des Herrn Verfaſſers derſelben , in einigen Materien noch etwas

größer geideſen wäre, weil alsdenn hin und wieder mehr Richtigkeit ſeyn würde. In der allgemeinen Naturgeſchichte des Erdbodens, 4

hat

Vorrede. hat er aus gutenBüchern viet nüßliches und angenehmes zuſammengetragen , welches

man in dieſerVerbindung anderwårts nicht antrift. Ich finde auch hin und wiedet et was zu verbeſſern , und bedaure, daß ſich ſo viel Druckfehler eingeſchlichen haben : allein ich weiß gar wohl aus eigener Erfahrung, daß es keine vollkommene Werke, weder in

Anſehung der Abfaffung , noch der Cor: rectur, giebt.

Ich wünſche alſo , daß dieſe Vorberei tung zur allgemeinen Geſchichte , viele neue Liebhaber finden möge, weil ſie dieſelben wes der unbelehrt noch unbefriedigt laſſen wird.

Berlin , den 6ten Febr. 1769.,

Büſching.

3 I

.

Allgemeine Geſchichte der Welt und Natur,

der Völker, der Staaten , der Kirche, der Wiſſenſchaften und Künſte.,

2

I Theil

HER

Alwa!

LATARIE

zum

TON

Vorbereitung.

B

en meiner Ubficht, der Welt eine allgemei. ne Geſchichte vorzulegen , wünſchte ich nichts mehr, als daß der alte Vorwurf ,

ein großes Buch, ein großes Uebel, meine Arbeit ſo wenig treffen möchte, als es die menſch

liche Unvollkommenheit ' nur immer zulaſſen will. Ich

habe mir zu dem Ende das unverbrüdliche Geſek vor. geſchrieben , alles , was bloß die Große des Buches vermehren würde , forgfältig zu vermeiden, das No. thigſte und Beſte kurz vorzuſtellen , mit der größten

Behutſamkeit die Wahl zu treffen , und nichts eher, als nach der ſtrengſten Prüfung, ſo weitmeineEinlich ten und Kräfte reichen , niederzufdreiben. Möchte id, doch ſo glücklich ſeyn, mich hierdurch vor der Gea fahr der meiſten Fehler zu ſichern , und jenem Vor.

murfe entweder gånzlich vorzubeugen , oder ihn we. nigſiens in anſehung meines Werkes zu mildern. Nächſt dem aber weiß ich kein befferes Mittel, dema felben bey meinen Leſern , denen ich zu gefallen und zu

nügen aufrichtig wünſche, einen großen Theil ſeiner Kraft zu benehmen , als daß ich ſie vorher mit der wahren Beſchaffenheit der Geſchichte näher bekannt zu machen , ihnen ihren großen Nufen lebhaft vorzuſtel len , und den gebahnten Weg zur Erlangung einer ſo 22

nůke

4

Vorbereitung

nůklichen Erkenntniß anzuweiſen ſuche.

Wer ſollte

wohl bey einer wichtigen , einer nůklichen und einem

jeden erleichterten Sache einige vielleicht ben ihrer Weitläuftigkeit unvermeidliche Mängel nicht gern

überſehn ? Es können aber auch die erſten Schritte zur einer jeden Wiſſenſchaft nicht vortheilhafter, als durch eine ſolche Vorbereitung , gethan werden.

Ein rich .

tiger Begriff von ihrer Beſchaffenheit, dient gleich. ſam zu einem Leitfaden , nicht von der vorgeſchtert Bahn abzuweichen , und alle Umwege zu vermeiden.

Die Ueberzeugung, daß ſie von einem großen Nußen fen ,giebtden fråftigſten Bewegungsgrund, und wenn die Vorſtellung davon lebendig erhalten wird , eine bes

ſtåndige Ermunterung, in dem Fleiße nicht allzu bald zu ermüden. Und die Erleichterung der Mühe, durch die Wahl des rechten Weges, giebt dieſem Bewegungs grunde, dieſer Ermunterung , neue Stårke. Id will

daher dieſen drenfachen Weg der Vorbereitung wäh. len, ehe ich zu dem eigentlichen Felde der Geſchichte führe. Nur muß ich zum voraus noch bitten , daß man ben dieſen Vorſtellungen nicht das Leichte und Angenehme der Geſchichte , verlange, ſondern einigen

philofophiſchen, jedoch lehr faßlichen Betrachtungen, eine Zeitlang Aufmerkſamkeit gỏnne.

Der

5

Der erſte Abſchnitt.

Von der eigentlichen Beſchaffenheit der Geſchichte.

Inhalt. Erklärung der Geſchichte. 1 8. Wie die Arten der Geſchichte zu beſtimmen find. 2 . Die Arten der Geſchichte nach der Verſchiedenheit des Vortrages , 1. in Abſicht auf die Vorſtellung der Sachen , 2. in 2bficht auf den Ausdruck. 3 . Die Arten der Geſchichte nach dem Unterſchiede der 2

Begebenheiten , 1. an ſich ſelbſt, 2. in Beziehung auf die Dinge , wozu fie gehdren. 4 5. Die Beſchaffenheit der Geſchichte überhaupt. 5 6.

Sie erfordert einen Erzähluns

gen gemäßer Vortrag, welcher beſtimmet wird. 6 %. Wie

die Geſchichte beſchaffen ſeyn müſſe, in ſo fern ſie eine ges

3

gründete Erzählung ſein ſoll. 7 8. Die innern Gründe der Gewißheit oder Wahrſcheinlichkeit der Erzählungen . 8. Die äußern Gründe , I. aus der Beldjaffenbeit der Zeugniſſe , theils in Anſehung ihrer Urheber , theils in Abſicht auf ihre eigne Gültigkeit : II. aus der Anzahl der Zeugniſſe. 9 S. Was endlich zur Geſchichte, in Unſehung der Begebenheiten ſelbſt, nothig rey. 10. Einige Fol. gen aus den vorhergehenden Betrachtungen über die Bei

ſchaffenheit der Geſchichte. 11 .

I .

ie allgemeinen Merkmaale , welche einer jeden

Geſchichte nothwendig eigen ſind, leiten uns allezeit zu dem Begriffe, der uns unter derſelben

eine wohlgegründete Przáhlung wirklich vors gefallener und merkwürdiger Begebenheiten - vorſtellt. Wäre die Erzählung nicht wohl gegrüne det : ſo würde ſie mit der Sache nicht übereinkome

men , ſondern entweder ganz,oder zum Theile, falſch,

und alſo in Wahrheit keineGeſdichte fenn. Wären 2 3

die

1

6

Vorbereitung. I Abſchn.

die Begebenheiten nicht in der That vorgefallen : ſo würde die Erzählung bloß erdichtet ſeyn, und wenn ſie nichts unmögliches enthielte, einen Roman ; wenn

ſie aber widerſprechende Dinge vorſtellte , ein leeres

Hirngeſpinſte ausmachen . Wären endlich die Bee gebenheiten , welche erzählet werden , nicht merkwürs dig : fo hätte die Erzählung keinen Einfluß in die menſchliche Glückſeligkeit ; da doch dieß ben aller Art

ber Erkenntniß die Abſicht und der Grund feyn muß,

warum man ſie vortragt, oder zu erlangen bemüht iſt. 2 S.

So verſchieden eines Theils die Arten der Er. zählung, und andern Theils die Begebenheiten , we mit ſie uns unterhält, fenn fónnen : eben fo verſchie:

den müſſen auch die Arten der Geſchichte fenn. Es iſt demnach dieſes als ein Hauptunterſchied zu bemer. ken , aus welchem wir nun die vornehmſten Arten Herleiten und kurz erklären wollen.

3 S.

Den erſten Unterſchied der Geſchichte beſtimmt

die Art der Erzählung. Sie ſoll eine wohlges gründete Erzählung ſeyn. Hieraus folgt, daß ſie bis zur Gewißheit, oder wenigſtens bis zu einer ſo hohem Stufe der Wahrſcheinlichkeit, als nur möglich iſt,

fortgeführet werden muiſſe. Daher unterſcheiden wir eine gewiſſe und wahrſcheinliche Geſtsichte. /

Ungewißheit und Unwahrſcheinlichkeit ſind ben der Geſchichte nur ſo weit zu dulden , als man Hoffnung haben mag, fie in Gewißheit oder Wahrſcheinlichkeit,

durch eine vermuthlich zukünftige Entdeckung eines neuen Lichtes, zu verwandeln. Ferner kann die Era zählung entweder ſchlechterdings ohne alle Zufäße von Betrachtungen oder Beurtheilungen geſchehen : oder

es werden dergleichen Zufüge in den Zuſammenhang des

Beſchaffenheit der Geſchichte. des Vortrages mit eingeflochten. bloße : dieſe ,

7

Jene heißt eine

eine betrachtende Geſchichte.

Wenn ben der erſten die Begebenheiten ſo , wie ſie auf oder neben einander gefolget ſind, mit ſolchen Merkmaalen vorgetragen werden , daß ſich daraus die

Veranlaſſungen , Urſachen , Abſichten und Folgen der ſelben leicht begreifen laſſen ; und bey der andern auſ ſer dem noch die eingeſtreueten Betrachtungen zur Erleichterung der Einſicht in die eben gedachten Bee ftimmungen der Begebenheiten dienen : ſo werden beyde angewandt oder pragmatiſch genannt. Ben

der entgegengeſekten Art des Vortrages aber heißen ſie unangewandt, oder unpragmatiſch. Alle bisa

1

her angegebene Arten leiden eine ſolche Verſchiedene heit des Vortrages, daß die Begebenheiten entweder nach ihrer nåhern und entferntern Verbindung mie einander , ſowohl überhaupt, als beſonders in Abfiche auf die Zeit und den Ort, geordnet, oder nicht ſo gen ordnet werden . In dem erſten Falle wird es eine ordentlicte : in dem andern eine unordentliche

Geribichre ;, obgleich bey der pragmatiſchen Gen ſchichte eine ſolche Ordnung in einzelnen Stücken nie. mals fehlen kann . Wählet man zu dem Grunde der Drdnung des Vortrages entweder bloß die Zeit; oder

bloß den Ort; oder bloß die Verknüpfung der Begeben . heiten nach einer gewiffen Aehnlichkeit mit einander : fo entſteht daraus entweder eine bloß,chronologiſche, das iſt, nach der bloßen Zeitrechnung geordnete; oder eine bloß nach dem Orte verbundene; oder eine bloß nach der Aehnlichkeit der Begeben.

beiten verknüpfre Geſchichte. Wenn man aber, nach einem guten Grunde, alle dieſe Verhältniſſe der

Begebenhciten, oder wenigſtens einige davon zugleido zur Regel der Ordnung im Vortrage annimmt : ſo giebt es eine methodiſite , oder nach einer guten

Lehrart abgefaßte Geſchichte. 24

Eine jede Bee feich

8

Vorbereitung. I Abſchn ."

ſchichte iſt noch weiter entweder ausführlich , volls ftåndig, umſtändlich , wenn alle zu einem gewiſſen Zwecke nöthige Begebenheiten mit ifren Umſtänden vorgetragen werden ; oder unausführlich, unvolls ftandig, mangelhaft, wenn man Begebenheiten, oder Umſtände, die nach einer feſtgeſeßten Abſicht nicht

aus der Acht zu laſſen geweſen wären, mit Stillſchweis gen übergeht: imgleichen weitläufrig , in ſo fern ſie alle kleine, auch unerhebliche Umſtånde berührt, und wohl gar auf Nebendinge ausſchweift; oder genau ,

wo ſie keine unerheblichen Dinge und Abweichungen von der Hauptſache enthält.

Eine richtige Bes

ſchichte ftellt alle Begebenýciten nebft ihren Um fånden der Wahrheit in allen Stücken gemäß vor : eine unrichtige Geſchichte thut das Gegentheil. Endlich iſt eine Geſchichte fachreich , wenn die

Hauptbegebenheiten allemal zugleich mit den erheblia chen Umſtänden und Folgen erzählt werden : hinge

gen mager oder trocken , wenn dieſelben ohne ihre Umſtände und Folgen vorgetragen find.

Alle dieſe Unterſcheidungen fließen aus dem vere fchiedenen Vortrage, in fo fern ſich derſelbe auf die Vorſtellung der Sachen bezieht. Man kann ihn aber auch in Anſehung des Ausdruckes betrachten . Und daraus entſtehen verſchiedne Arten der Geſchichte nach dem Unterſchiede der Schreibart.

Jedoch dieſe ſind

aus ihren bekannten Namen felbſt verſtåndlich , und man fann ſie leicht nach dem , was wir bald von der

Schreibart bey der Geſchichte ſagenwerden,beurtheilen . g. 4 .

Den andern Hauptgrund der Unterſcheidung

giebt das andre weſentliche Stück der Geſchichte, wel ches wirklich vorgegangene und merkwürdige Begee benheiten ſind. Begebenheiten ſind Veränderungen und entſtehen aus Veränderungen. Keine Verånd. run .

Beſchaffenheit der Geſchichte.

9

rungen können gedacht werden , ohne daß man gerviſ fe Dinge ſeke , mit denen ſie auf eine oder die andre Weiſe in Beziehung ſtehen. Alſo find bey dieſem Merkmaate der Geſchichte ſowohl die Begebenheiten an ſich ſelbſt, als die Dinge, worauf ſie ſich bezie. hen , zu unterſcheiden. Inzwiſchen Långt doch die Verſchiedenheit der Begebenheiten am meiſten von

denen Dingen ab , wozu ſie gehören. Ihrer eignen Beſchaffenheit nach aber , in ſo fern ſie wirklich vors

gefallne Veränderungen ſind, müſſen ſie ſich entwe. der zu den alten , oder mittlern , oder neuen Zeiten jugetragen haben. Dieſes iſt der Grund zur Eintheis fung der Geſchichte in die alte , mirtlere und neue. Allein ſie können auch als merkwürdige Begebenhei ten betrachtet werden . In folcher Betrachtung find fie entweder aus einer leicht begreiflichen , oder aus einer nicht ſo leicht begreiflichen Verknüpfung von Umſtänden erfolgt.

So beſtimmen ſie den '

Unterſchied einer gewöhnlichen oder gemeinen, und einer außerordentlichen Gefitsichte. Die lektere , welche man auch eine wunderbare Ge. fchichtel nennen kann , vertheilet ſich wiederum in zwo untere Arten. Denn die Verknüpfung der Um. ftånde, woraus die erzählten Begebenheiten entſtans den ſind , hat entweder ihren vollkommnen Grund in

den bloßen Kräften der natürlichen Dinge , oder iſt durch eine übernatürliche Kraft gewirket worden . Daher wird ſie dann entweder eine natürlich wun. derbare, oder eine übernatürlich wunderbare Gefitzichte fenn : und dieſe legtere iſt eine Ge. ſobibre von Wunderwerken.

Da endlich Bee

gebenheiten nicht anders merkwürdig ſind , als wenn

ſie einen Einfluß in die menſchliche Glückfeligkeit þa ben ; dieſer Einfluß aber großer oder geringer ſeyn kann : ſo iſt eine Beſitzichte fructtbar , oder

lehrreich , wenn die erzählten Veränderungen auf 25

1

eine

10

Vorbereitung. I Abſchn .

eine allgemeinere oder wichtigere Art die Glücfeliga feit der Menſchen zu befördern dienen ; und hingea gen, unfruchtbar, wenn die vorgetragnen Begeben, heiten nur auf eine eingeſchränkte oder nicht gar wichs tige Art etwas zur menſchlichen Glückſeligkeit beytrae

gen . Der Inhalt einer ſiblechterdings unfrucht. baren Geſctricte beſteht nicht aus merkwürdigen

Begebenheiten. Sie verdient alſo den Namen einer Geſchichte nicht.

Weit mehrere Eintgeilungen fließen aus der Ver. fchiedenheit der Dinge, worauf fich die Begebenheiten

beziehen. Die Unterſcheidungen der Weltweiſen ſind hierinn die genaueſten und richtigſten .

Nach den

Grundfäßen derſelben aber beſtehen die Dinge entwe. weder für ſich ſelbſt: oder ſie haben ein anderes Ding nöthig , wodurch ſie beſtehen. Diejenigen , welche ein anderes Weſen , wodurch ſie beſtehen., nothig ha bent , find die Eigenſchaften der Dinge, die verſchiede 臺I

nen Urten ihres Vermögens, igre Fertigkeiten . Für fich felbſt beſtehende Dinge hingegen ſind entwes der das unendliche Weſen : oder ſie ſind endlich . Die endlichen Dinge unterſcheiden ſich wiederum als Die leblofen lebloſe oder als lebendige Geſchöpfe. machen den ganzen Bau der Körperwelt aus . - Die lebendigen aber find entweder vernünftig oder unver. -

1

nünftig. Die unvernünftigen beſtehen aus den blofi fen Thieren : die vernünftigen aus Geiſtern , oder Engeln und Menſchen . Die Menſchen leben in ver:

ſchiednen Geſellſchaften : und dieſe ſind entweder öf fentliche Geſellſchaften , als Staaten , bürgerliche Genoſſenſchaften und Kirchen ; oder beſondere Gemein . ſchaften , worunter die kleinern Geſellſchaften einzelner Perſonen gehören . Aus den verſchiedenen Geſelle

fchaften entſtehen endlich die unterſdziednen Ordnungen und Stånde der Menſchen, Aue

Befchaffenheit der Geſchichte.

II

Alle dieſe Dinge nun und ihre mannigfaltigen

Beziehungen auf einander , außer dem unendlichen Weſen , ſind Veränderungen unterworfen , wodurch Begebenheiten erzeugt werden , und find alſo nach ihrem Unterſdiede der Gegenſtand einer verſchiednen Viele Arten derſelben fónnen ein noch Geſchichte.

unbebauetes Feld Heißen. Wir wollen fie inzwiſchen anzeigen und dabey von den für ſich ſelbſt beſtehen den Dingen und ihren Gattungen den Anfang machen.

Die Dinge , welche für ſich ſelbſt beſtehen , ſind entweder das unendliche Wefen , oder ſie ſind end lich : wie wir eben angemerkt Şaben. Ob nun gleich das unendliche Weſen , oder Gott , keine Verändes

rung , keinen Wechſel, leidet : fo beziehen ſich doch alle Veråndrungen auf ihn , ohne ihn ſelbſt zu tref. fen , nicht nur in fo fern er durch ſeine Erhaltung die Kräfte in ihnen bewahret , ſondern auch in fo fern er durch ſeine gemeine und befondre Vorſehung alle Veränderungen regieret, dem Böſen, welches entwe. der eine nothwendige Folge von den Schranken end.

licher Dinge iſt, oder durch einen Misbrauch der Frenheit allein hervorgebracht wird Ziel und Grånzen feßt, das Gute befördert, und alles zu feiner Verherrlichung zum Beſten wendet. Eine wohlgea

gründete Erzählung der Begebenheiten, die ein merk. würdiges Zeugniß von der gemeinen und beſondern

Vorſehung Gottes geben , würde eine Geſchichte

der gørtlichen Vorſehung heißen.

Dieſe liegt

in vielen Geſchichtbüchern , zum Theile in wirklichen

Anmerkungen , zum Theile auch nur ihrem Stoffe nach), zerſtreuet. Den vortrefflichſten Theil davon legt uns die Offenbarung vor Augen. Von dem unendlichen Weſen gehen wir zu den

endlichen Dingen. Dieſe find theils leblos, theils les bendig. Die Veränderungen der tebloſen Dinge, wele

12

Vorbereitung. I Abſchn.

welche die Körperwelt ausmachen , ſind der Inhalt der Naturgeſchichte oder Weltgelibichre in en . gerer Bedeutung: denn die Worte Tacur und Wele

werden auch ſo weitläuftig verſtanden , daß ſowohl lebendige als leblore Dinge darunter begriffen ſind. Insbeſondre ſind die Begebenheiten bey den großen Weltförpern der Gegenſtand der Gefibicbre des Weltbauer. Die Juft, welche den Zwiſchenraum der großen Weltkörper einnimmt , giebt durch die

dem Auge zu gewiſſen Zeiten in ihr ſid)tbaren Beges benheiten den Stoff zu einer Geſityichte der Luft erſcheinungen : durch die fühlbaren Veränderuns gen aber , wovon Wind und Wetter abhangen , den

Stoff zur Wettergeſchichte. Aus den merkwirs digen Begebenheiten an den Körpern , die unſern Erdball bilden , oder dazu gehören , wird der Vor rath zu der Erdgelitidyre genommen. Von dies

fer ſind die Erdbeſchreibung , die Waſſerge. ſchitte , die Gefitichte des Naturreichs auss

gegrabner Körper , und des Pflanzenreichs, nebſt ihren untern Abtheilungen befondre Arten. Ben den lebendigen Geſchöpfen erinnern wir uns

ihres Unterſchiedes, in ſo fern ſie vernünftig oder uns verninftig find.

Die unvernünftigen unter denfel

ben nennen wir bloße Thiere. Eine wohlgegründe

te Erzählung von merkwürdigen Begebenheiten der Thiere iſt die Thiergeſchichte, oder die Geſchich . re des Thierreiches, als des dritten von den fo ge nannten dreyen Keichen der Natur. Dieſe leidet wieberum fo viele befondre Arten , als man Haupt

arten der Thiere nad) gewiſſen Abſichten unterſcheiden

kann, und gehört zur Laturgeſchichte in weitlåuf tigerm Verſtande.

Für vernünftige Geſchöpfe erkennen wir die Geis ſter , die Engel und die Menſten.

Die Bege.

benheiten der Geiſter und der Engel , als der Stoff zur

Beſchaffenheit der Geſchichte.

13

zur Geiſtergeſchichte,und Engelgeſihichte, find eine vor uns verborgne Erkenntniß. Was uns in den Büchern der Offenbarung davon geſchrt wird, iſt alles, was wir davon mit Gewißheit ſagen kön fånnen . Deſto weitläuftiger iſt die menſchliche Gefitictre, oder die gegründete Erzählung merke würdiger Begebenheiten der Menſchen. Dieſe vers

ſteht man gerneiniglicy, wenn man die Geſchichte ſchlechtweg nennt.

Sie wird auch bisweilen unter

dem Namen der Weltgefihiitite gemeint: in ſo fern man unter der Welt den Inbegriff aller Mens

ſchen nach ihren verſchiedenen Geſchlechtern , wie ſie in ihren unterſchiednen Geſellſchaften und Stånden , theils zugleich leben , theils auf einander folgen, ver

ſteht.

Ihre vornehmſten Zweige , woraus die an

dern gleichſam hervorſproſſen , find : die Beſitrichte

der Vdiker , oder die vSikergeſchictite, aus den merkwürdigen Begebenheiten menſchlicher Geſell

ſchaften, die durch eine gemeine Herrſchaft verbunden ſind, worunter die Kriegs- und Friedensgeſchichi, te gehört ; die Staatsgeſchichre, aus denmerkwür: digen Begebenheiten in der Regierungsart und Ver. faſſung des gemeinen Weſens der verſchiednien Vol. ker , welche die deutſche Reichsgeſchichte , nebſt andern, unter ſich begreift; die Kirchengeſitrictsre, aus den merkwürdigen Begebenheiten der durch den

Gottesdienſt vereinigten Geſellſchaften; die Ge. ſihichte beſondrer Geſellſchaften , wozu die Ges ſchichte der Ritterorden und geiſtlichen Orden zu rechnen find; und endlich die Lebensbeſohreibun.

gen aus den merkwürdigen Begebenheiten einzelner und entweder öffentlicher oder beſonorer Per. fonen.

Den fiir ſich ſelbſt beſtehenden Dingen , welche nach ihrer Verſchiedenheit zu den bisher erklärten Ur. ten der Geſchichte den Grund an die Hand geben, find

14

Vorbereitung. I Abſchn .

ſind alle nicht für ſich ſelbſi beſtehende Dinge entges gengeſellt.

Allein die vornehmſten Theile der Ges

ſchichte, welche die Veränderungen dieſer lettern ere zählen , beziehen ſich auf die Menſchen. Denn man kann zwar allerdings eine Geſchichte von den Kråf ten, den Eigenſchaften, dem Wachsthume, der 26 nahme und andern Veränderungen in dem Vermos

gen der unterſchiednen Körper , als Pflanzen , aus der Erde gegrabner Stuffe, und Thiere , haben : aber es wird entweder bey dem einen oder dem andern Theile der fchon befiimmten ärten der Ges

fchichte dasjenige, was dahin gehört, mit eingeſtreuet, oder es iſt bisher noch nicht ſo ſorgfältig bearbeitet Nur von denen Begebenheiten nicht für worden . ſich ſelbſt beſtehender Dinge , die ſich unmittelbar auf die Menſdien beziehen , hat man mit mehrerer Aufmerkſamkeit Nachrichten zuſammengetragen. Da. hin gehören alle Arten der gelehrten Geſchichte : die Geſchichte der Weltweisheit , der ſchönen

Wiſſenfitaften , der Recteslehre, der Arzt. nepkunſt, der Gottesgelehrfümkeit, worinn nicht allein die Begebenheiten der Perſonen , die an der Aufnahme oder dem Verfalle der Erkenntniß Theil

gehabt haben, ſondern auch die verſchiednen Verånd. rungen in dem Bachsthume und Verfalle dieſer Wiſ fenſchaften ſelbſt vorgetragen werden ; ob jenes gleich

eigentlich die Beritidre der Gelebrren , dieſes hingegen die Gefaidre der Gelehrfamkeit be. ſtimmt. Dahin generet ferner die Gefitictre der

Runſte, als der Mahleren, der Bildhauerkunſt u . (.w . Dahin wurde auch die Befobichte des menfibli. den Verſtandes und Gerzens , oder Willens,

gehören : wenn ſie beſonders ausgcarbeitet máre. Es iſt aber endlich in marcher Betrachtung nô. thig , von allen bisher erklärten Urten forol allge.

meineals beſondre Geſchichtbücher zu haben : allge. mek

$

7

5

1

Beſchaffenheit der Geſchichte.

15

meine, um in einem kleinen Umfange und einer richtigen

Verbindung viele Dinge, welche gewiſſermaßen zue ſammengehören , überſehen und faffen zu fönnen; be. ſondre, um zu gewiſſen Abſichten genauere Nachrich. richten von beſondern Begebenheiten zu finden. Es iſt demnach die allgemeine Geſchichte entweder nur

beziehungsweiſe, oder ſchlectircrdings allgemein. Bloß beziehungsweiſe iſt ſie allgemein , wenn ſie nur die Begebenheiten ben einer gewiſſen, aber gan. *zen Art von Dingen überhaupt, erzählt. So můr. de z. B. eine Erzählung der Begebenheiten aller

Staaten , oder eine allgemeine Staatsgeſchichte, geo gen die Geſchichte einzelner oder beſondrer Staaten

betrachtet, nur beziehungsweiſe eine allgemeine Eine fihlechterdings auge. Beritiche feyn.

meine Geſibichte aber iſt eine gegründete Erzäh. lung aller wirklich vorgefallenen und merkwürdigen Begebenheiten bey allen Arten der Dinge.

Wers

ſteht man nun unter der Welt , nach der weitläuf tigſten Bedeutung des Wortes den Inbegriff aller endlichen Dinge in ihren Verbindungen und Folgen :

ſo kann die zuleşt erklärte ſchlechterdings allgemeineGe ſchichte eine allgemeine Weltgeſchichte genannt werden. Jedoch da nicht ein jeder ſich allemal bey dieſem Ausdrucke auf den ganzen und weiten Umfang

derſelben zu befinnen pflegt, und eine engere Bedeu . tung des Wortes , Welt , auch nicht ungewöhnlich ift : ſo habe ich für beſſer gehalten , in der Aufſchrift dieſes Buches unter der Welt bloß den Inbegriff

aller großen und kleinen Körper in ihren Verknüpfun gen und Folgen ,oder die gange körperliche Natur in den lebendigen ſowohl als leblofen Dingen zy verſtehen , und deswegen die Hauptarten der übrigen Dinge, mit denen eine allgemeine Geſchichte zu thun 1

hat, dabey beſonders genannt.

58

Vorbereitung. I Abſchn.

16

55.

Die wahre Beſchaffenheit der Geſchichte fann nicht anders , als aus den weſentlichen Merkmaalen, die zu dem deutlichen Begriffe davon gehören , er klaret werden .

Als eine Erzählung erfødert ſie erſtlich einen Erzählungen gemäßen Vortrag. Da fie aber zugleich eine wohlgegründete Przahlung fenn muß : To můFen zweytens die Begenheiten hins

långlich, nach ißrer wahren Verknüpfung und Ord nung unter einander, und mit den nöthigen Kennzei chen zuverläßiger Gewißheit oder Wahrſcheinlichkeit erzählt werden . Endlich muß sie drittens, weil ihr Inhalt wirklich vorgefallne und merkwür. diğe Begebenheiten find, weder umeryebliche Vors

fåłe und Verånderungen , noch andre Dinge weiter, als in fo fern ſie zur Aufklärung der erzählten

Begebenheiten unumgånglich nothwendig ſind , in fich faffen.

6 S. n , womit die Geſchichte eite e benh lich Bege Wirk zu thun hat , ſind beſondre, das iſt, auf alle mog liche Weiſe beſtimmte Dinge.

Ben dieſen miſchen

ſich unter die Hauptumſtände eine Menge von Nes benumſtånden , welche zwar den vorkommenden Fall begleiten , aber ihn nicht von allen andern Fällen un

terſcheiden, oder nicht eigentlich zu der Abſicht, war um er merkwürdig iſt, gehören. Gleichwohl iſt es, wenn eine gewiſie und keine andre Begebenheit , um

ihrer Merkwürdigkeit willen , erzählt werden ſoll uns umgånglich nothwendig , daß der Lefer durch den Vortrag in den Stand erreßt werde , die mahre Bes ſchaffenheit des Falles aus dem beſtimmten Gebrau . Es muß daher die che der Worte zu erkennen . Schreibart bey der Geſchichte ſo eingerichtet werden ,

daß weder durch ungeſchickte oder dunkle Wendungen der

Beſchaffenheitder Geſchichte.

17

der Rede, noch durch zwendeutige oder ſchwankende Ausdrücke, oder durch unverſtändliche Worte, eine Schwierigkeit erreget werde , die Hauptumſtànde von den übrigen zu unterſcheiden , und die wahre

Begebenheit nebſt der Abſicht, worinne ſie merka würdig iſt, zu begreifen . Zu dem Ende muß die Schreibart leicht, klar, und deutlich ſeyn: gleicha wie dieß aus ähnlichen Gründen eine allgemeine Tue gend aller Schreibart iſt. Durch eine Menge fremder Bilder, welche in

der Einbildungskraft mancherlen Nebenbeariffe era regen , werden die Haupcumſtände einer Begebena

heit unter viele und zur Sache nicht dienliche Dore ſtellungen verſteckt, und alſo verdunkelt. Denn wo

die Aufmerkſamkeit alstann nicht mit ungemeiner Sorgfalt feſt aufdie Hauptſache gerichtet wird : ſo bekommt diejenige Vorſtellung, die zu derſelben Zeic den ſtårkſten Eindruck macht, jedoch nicht eben allea mal die nothwendigſte iſt, die Oberhand, und bila det nach ihrer Beſchaffenheit oft einen ganz andern . Fall, als in die Gedanken gebracht werden ſoll. Daa

Her müſſen die dichteriſcben Vorſtellungen und die Rednerblumen bey der Geſchichte entweder gar nice, oder nicht anders, als felren , und mit großer Klugheit , angebracht werden. Inzwiſchen reicht dieß nicht fo weit, daß alle uneigentliche und vere blümte Worte oder Ausdrücke ſchlechterdings zu ver .

meiben feyn ſollten. Das iſt eben ſo unmöglich, als unnöthig. Es iſt unnöthig : weil die Gewohnheit dieſe Art von Wörtern oder Zusdrücken großen Theils ſo gelaufig und verſtändlich gemacht hat , daß ſie eben fo ſicher , als eigentliche Redensarten , die geſuchten

Gedanken erwecken . Es iſt unmöglich : weil es keis ne Sprache giebt, die nicht zur Uusdrüfung vieler Gedanken nur verblümte Worte habe.

Ja auch in

dem Falle , wenn es nicht an eigentlichen Wo tem I Theil

B

Fehlet,

18

Vorbereitung. I Abſchii.

Fehlet, iſt es ſo gar nüglich, zur Vermeidung ofterer Wiederhohlungen eben deſſelben Ausdruckes , welche

durch eine ekelhafte Gleichheit, wie ein beſtåndiger Einklang, widrig werden , und daher die Aufmerk. famfeit ſchwachen , mit eigentlichen und uneigentli

chen Redensarten abzuwechſeln : um fo viel mehr, da , außer dieſer angenehmen Mannigfaltigkeit, noch dazu ein uneigentlicher Ausdruck medrentheils eine

gewiſle lebhaftigkeit der Vorſtellung zu erwecken, uno dadurch , wenn ſie wohl gemäßiget wird , die Aufs merkſamkeit zu ſtärken bequem iſt.

Es hindert ſo wohi die Aufmerkſamkeit des les

fers , als die Deutlid feit der Schreibart nicht we. nig : wenn allzu weitſchweifige , oder allzu kurz abs

gebrochne Redekreiſe oder Perioden gebraucht wer : den. Sind ſie allzu lang und zu weitläuftig : To werden zu viele Sake , und mit denſelben zu viele

Gedanken unter einander verwickelt, die zur Ver. wirrung Anlaß geben können , wofern ihre Beziehung auf einander nicht ſehr klar ausgedrückt iſt; dieß aber iſt nicht allemal ſo leicht, ja ro gar wohl nicht alles

zeit möglich. Uud ermüden ſie den Leſer, der ſo vie. le Gedanken auf einmal, ohne Uthem zu hohlen, faſ.

fen ſoll : das Ende eines jeden Redekreiſes dient ihm

zu einiger Erhohlung. Sind ſie zu kurz , fo daß vieles ', was mit den darinn enthaltnen Såken zu.

ſammenhangen ſoll , von dem eigentlichen Gegen. ſtande ſeiner Beziehung abgeriſſen iſt; oder geht die Rede beſtåndig durch abgebrochne Såße fort: ſo hat der Leſer Mühe , die wahre Beziehung der Gedanfen

auf einander , und ihre eigentliche Verbindung zu treffen. Bende einander entgegennefekte Fehler zie.

hen ben Erzählungen leicht das lebelnach ſich, daß

Begebenheiten mit ihren Umſtånden , Urſachen und Abſichten mit ihren Wirkungen und Folgen , falich .

verknüpft werden. Es muß demnad die Schreib. art

Beſchaffenheit der Geſchichte.

19

art bey der Geſchichte weber zu weitläuftig , nody zu ſehr abgebrochen reyn. Wie der weiſe Urheber der Natur felbſt mit den

núblichſten und nothwendigſten Handlungen , auch eine Unmuth verknüpft hat ; weil das menſchliche Herz oft durch einen Nußen , wovon es die Ergo. kung nicht fühlt, wenig bewegt wird : ſo iſt es ben der Schreibart der Geſchichte ebenfalls nöthig , daß

fie , fo viel es die Natur der Sache leidet, zugleich angenehm fey . Denn es kann dadurch nicht nur

das Vergnügen, welches der größte Theil der Mens fchen an der Geſchichte finder , nod) erhoben werden : ſondern es wird auch die Schwierigkeit ben vielen nos

thigen Unterſuchungen einiger ſtreitigen Umſtånde von manchen Begebenheiten billig dadurch verſüßt. Jedoch dieſe Anmuth muß , am wenigſten ben der

Geſchichte, weit geſucht und gezwungen ſeun : Saeine Erzählung, wie ein ſtiller Bach, natürlich fortlaus fen ſoll. Eine richtige und deutliche Erfenntniß der Sache, die man zu erzählen hat, eine gehörige Fera tigkeit in der Schreibart nach den Regeln vernünfo tiger Kunſtrichter, und die Beobachtung aller Res

geln , die hier gegeben werden , führet die nöthige Anmuth von ſelbſt her. Alles, was die Klarheit befördert, und die Aufe merkſamkeit erleichtert, iſt aus den ſchon angezeige ten Gründen bey der Schreibart der Geſchichte ſorg .

fåltig in Acht zu nehmen. Eben dieß aber hat auch allezeit eine Anmuth mit ſich verbunden : weil der Leſer aus ſeiner Einſicht, die ißm unvermerkt ſo leicht gemacht wird , ein Vergnügen ſchöpfet. Nun iſt kein ſicherers Mittel , die Klarheit zu befördern, und dadurch auch, die Aufmerkſamkeit zu ſtårken , als die Beobachtung einer richtigen Sprachlehre. Dieſe

breitet alſo ebenfalls eine Anmuth über den Vortrag aus. Es muß daber um dieſes gedoppelten Vore B 2

theils

20

Vorbereitung. I Abſchn .

theils willen die Schreibart bey der Geſchichte res

gelmåßig ſeyn . Die Zierlichkeit ſo wohl in allen Wendungen, als in einzelnen Redensarten und Ausbrücken , bat einen eignen Reiz , die Aufmerkſamkeit zu beleben.. Sie hat etwas Schönes : und alles Schone, iporan

man Theil nehmen kann , erweckt das Gemüthe durch angeneşme Regungen . Bey Erzählungen thutdieß deſto mehr Dienſte : da ſie beſtandig mit Begebens

heiten zu thun haben, die gar ſelten Rednerblumen

und andere lebhafte Bilder leiden , die Aufmerkſam . keit zu unterhalten , oder die Unmuth zu vermehren. Die Geſchichte erfordert demnach eine zierliche Schreibart. Ainmianus Marcellinus wird von

Kennern deswegen, weil es hieran bey ihm fehlt, für einen unangenehmen Geſchichtſchreiber gehalten.

So ſehr das Edle und Erhabne in den Redents arten und Husdrücken die Schreibart überhaupt ſchmückt : eben ſo ſehr verſtellen ſie die thörichten Nachaffungen deſſelben in dem Sdwulſtigen . Ben

der Geſchichteaber wird dieſer Fehler durch ihre eis gentliche Beſchaffenheit merklich vergrößert. Was kann der Schwulſt anders thun , als daß er kleinen

Begebenheiten ein großes Unſehn giebt , und wirklich große Begebenheiten über ihre wahre Größe hinauss treibt ? Wie vielen Abbruch muß dieß nicht der Glaubwürdigkeit der Geſchichte ' thun ? Wenn alſo

eine ſchwülſtige Schreibart auch an ſich ſelbſt nicht einer billig verlangten Schönheit zuiiber, und deswegen unangenehm wäre : fo müßte ſie doch um

des gedachten Nachtheils willen vermieden werden . Die zu umfern Zeiten herrſchende Begierde bes ſtåndig wißig zu ſchreiben , verſteckt überhauptmany

che Wahrheit unter ſcheinbare Jrrrhúmer. Jedoch in denen Wiſſenſchaften , die ihre Saße auf allgea

meine Gründe zurückleiten laſſen, iſt die Entdeckung des

Beſchaffenheit der Geſchichte.

21

des Falſchen nicht ſo ſchwer, allein wo es auf zufällige Begebenheiten ankommt, wie bey der Gedichte ; ba zieht ein zur Unzeit angebrachter Wiß über die Wahrheit einen Nebel , der ſchwer zu zertheilen ift, und ihr Licht oft lange verdunkelt. Die gerechten Voridůrfe, die von verſchiedner Gelehrten einigen neuern Geſchichtſchreibern, ſonderlich unter den fran. zoſen , in dieſem Stücke gemacht find, beweiſen die

durch die Erfahrung. Iſt es denn wohl zu dulden , baß eine wißige Schreibare den Nachrichten der Geſchichte ihr eigenes Licht raube ? Jedoch muß mant auch niemals ohne Wię ſchreiben. Die Begebenheiten müſſen in der Geſchichte ſo wie ſie wirklich ſind , erzählt werden , weder verſchoe

nert, noch verunſtaltet. Dieß kann nicht geſchehen ; woofern die Husdrücke und Redensarten ihnen nicht eigentlich angemeſſen ſind : erhabner , oder niedriger , ſo wie es die Sache ſelbſt erfordert. Es muß ficha demnach die Schreibart in der Geſchichte allemal ju

den Begebenheiten, welche erzählt werden , vollkom , men (dzicken

Die Schreibart ift Erzählungen gemäß, wenta fie die Begebenheiten ſo , wie ſie ſind , mit hinlång licher Klarheit , und auf eine zur Unterhaltung der

Aufmerkſamkeit dienliche Art, vorſtellt. Beobacha tet man nun die bisher gegebnen Regeln , die ohne das größtentheils aus ähnlichen Gründen bey einer jeden guten Schreibart Plak finden müſſen : ſo wers

ben alte dieſe Bedingungen erfüllt fenn. Folglich iſt alsdann die SchreibartPrzählungen gendf. Eine Fertigkeit darinnen zu erlangen, kann nichts ſo viel beytragen , als die fleißige und aufmerkſame

Leſung der alten Muſter von Geſchichtſchreibern : wie unter den Griechen Serodot, noch mehr aber

Thucydides , dem Cicero hierinnen einen allgesi B 3

meinen

Vorbereitung. I Abſchn .

22

meinen Vorzug zuerkennt, und Xenophon *) , uns tér den Römern Cafar , Cornelius Nepos , lis vius, nebſt andern, find ** ). Jedoch eine gezwung.

ne Nachahmung des einen oder des andern würde Denn ſo oft ein Schriftſteller,

alles verderben.

nachdem er diere Muſter fleißig geleſen hat , nicht ſei. ner natürlichen Art zu denken , und ſich auszudrüden , folget, wie ſie von ſelbſt durch Leſung derſelben ges bildet iſt, entſteht ein unangenehmer Zwang , der dem Leſer merklich wird , und ihm ehen ſo ekelhaft,

als dem Verfaſſer beſchwerlich, iſt. , $. 7.

Noch näher, als die Schreibart, geht es die ei. gendliche Beſchaffenheit der Geſchichte an , daß die

Erzählung wohl gegründet fey : weil hierauf eine von ihren Haupteigenſchaften ankommt. Das erſte was zu einer wohl gegründeten Erzählung erfordert

wird, iſt ihre Vollſtändigkeit (§. 3.). Es müſſen nicht nur alle Begebenheiten , die zu einer jeden Art

der Geſchichte, nach dem dabey vorgefekten Zwecke, gehören , ſondern auch alle Umſtånde, welche eine je.

de Begebenheit vollkommen verſtändlich und lebhaft vorzuſtellen nöthig ſind , vorgetragen werden. Denni,

fo oft Begebenheiten , die in dem eigentlichen Ums fange einer Geſchichte begriffen find , vorbengelaſſen werden , kommt die Erzählung mit dieſem nichtüber. ein, * ) Man ſehe des Sleero Urtheil von allen dreyen in ſeiner Scrift von dem Redner, D. II. C. 13. 14.

**) Einige Vorzüge der alten Geſchichtſchreiber , ſonders tid, i Silderung der Perſonen , bat St. Evremont in feia

nem Diſcours ſour les hiſtoriens François, welcher als ein Anhang der Methode pour etudier l'hiſtoire par Lenglet

Du Fresnoy nach der Leipziger Ausgabe ( 8 ) beygefügt ifte angemerkt.

Beſchaffenhett der Geſchichte.

23

1

ein , und iſt alſo in Abſicht auf ihren beſtimmten Um.

>

fang nicht hinlånglich gegründet: ſo oft erhebliche Umſtånde einzelner Begebenheiten verſchwiegen wer. den , iſt die Erzählung nicht vollkommen der Sache

>

!

1

gemäß , und hat daber nicht völlig Grund. ie kann aber alsdann eine gegründete Vorſtellung davon in dem leſer erweckt werden ? Dieſer erkennt ja den

eigentlichen Umfang der Geſchichte allein aus der voll. ſtåndigen Erzählung aller darinnen eingeſchloßnen Begebenheiten : und eine jede Begebenheit, ihrer wahren Beſchaffenheit nach, nur aus den dazu gehös rigen Umſtånden in iğrer wirklichen Verknüpfung. Das Zweyte , was zu einer wohlgegründeten Erzählung gehöret, iſt , daß fie die Begebenheiten

in ihrer natürlichen Verknüpfung und Ordnung vorſtelle. Die Beziehung der Begebenheiten auf diejenigen Dinge, ohne welche ſie nicht völlig ben griffen werden können , macht ihre Verknüpfung aus. Dieſe Dinge aber ſind, theils nicht ſelten andre Begebenheiten , theils die vorhergehenden, begleitenden und nachfolgenden Umſtände.

Xus

denſelben erkennt man die Vorbereitung und Gele. genheit , die Urſachen mit ihren Wirkungen , und in fo ferne es auf freye Handlungen anfómmt, die

Abſichten und Folgen der Begebenheiten . Nun liegt hierinne der Grund , warum die Begebenhei. ten wirklich, warum ſie ſo und nicht anders , ere folgt ſind. Es kann alſo die Erzählung nicht wohl gegründet renn , wenn die Begebenheiten nicht in ihrer Verknüpfung mit ihren eignen Umſtanden, und in verſchiednien Fällen auch mit andern Bege. benheiten , ſo vorgetragen werden , daß dieſe Vera knüpfung leicht einzuſehen iſt. Allein eben ſo wenig fann ſie es ſenn , wofern die verſchiednen Begeben. beiten nicht in ihrer natürlichen Ordnung vor 2u. BĄ

sent

24

Vorbereitung. I Abſchn.

gen gelegt werden. Iſt der ähnliche Grund , wars um den Begebenheiten in der Erzählung ihr Plak

angewieſen wird , aus der wirklichen Beſchaffenheit derfelben genommen : ſo ſtehen ſie in ihrer natürlis chen Ordnung. Ihre nähere und entferntere Uchns tíchkeit aber beruhet aufihrer wahren Beſchaffens heit: und zu dieſer Zehnlichkeit gehöret auch ihre Verbindung nach der Zeit und dem Orte. Folg. kich kommt auf dieſe Wehnlichkeit und Verbindung der Begebenheiten ihre natürliche Ordnung an.

Nuntaſſen ſich ähnliche Begebenheiten aus einander zum Theile begreifen : und die Umſtände der Zei. ten und Derter beſtimmen ſie zum Theile, daß ſie ro, und nicht anders, erfolgen.

Daher iſt es zu einer

gegründeten Erzählung nöthig , daß die Begeber. Þeiten in ihrer natürlichen Ordnung vorgetragen Huch ſieht man hier die Urſache, ware werden .

um man die Zeitrechnung und Erdbeſchrei. bung die beyden Augen der Geſchichte zu nennen Pfleget. Das dritte und wichtigſte Stück zu einer gee

gründeten Erzählung iſt die Vorſtellung richtiger Kennzeichen von der zuverläßigen Gewißheit oder Wahrıcheinlichkeit der erzählten Begebenheiten. Aus dieſen Kennzeichen wird eigentlich und hinreis

djend begriffen , daß die Begebenheiten wirklich, und fo , wie ſie erzählt werden , vorgefallen find. Fnziniſchen muß ben der Geſchichte feine ſolche Art

der Gewißheit oder Wahrſcheinlichkeit, welche wia der ihre Natur ſtreitet, verlangt werden.

Sie

þat init geſchehenen Dingen als Begebenheiten, zu thur. Von dieſen kann man niemals zeigen , daß das Gegentheil von ihnen ſchlechterdings unmöglich feyn ſollte : niemals fann man ihre Gewißheit ober

Wahrſcheinlichkeit aus allgemeinen Erkänntnißgrún. den bloßer Beſchauungen des Verſtandes Herleiten. Bes

+

Beſchaffenheit der Geſchichte.

25

Bewährte Zeugniſſe ſind die eigentliche Quelle, wor . aus Begebenheiten zu ſchöpfen ſind : nur ſegten dieſe Zeugniſſe theils die Möglichkeit theils die Glauba lichkeit der Begebenheiten an ſich ſelbſt voraus. Die

Möglichkeit und Glaublichkeit der Begebenheiten

#

hången von ihrer eigenen Beſchaffenheit ab , und Heißen deswegen die inneren Gründe ihrer Gewiß.

Heit oder Wahrſcheinlichkeit: die Zeugniſſe hingegen 3

find etwas äußerliches und werden darum die auſ

ſern Gründe ihrer Gewißheit oder Wahrſchein. ܳ‫ܐ‬

lichkeit genannt. Es muß demnach eine gegrün dete Erzählung hinlängliche Merkmaale fowoht von

c.

den innern als äußern Gründen an fich tragen .

41

Beyde müſſen wir beſonders noch etwas genauer erklären .

.

8.

Das erſte Stück von den innern Gründen der Gewißheit oder Wahrſcheinlichkeit der Erzählungx

die Möglichkeit der Begebenţeiten felbft, ſchließt

ET

nichts mehr ein , als daß ſie weder ſich felbſt, noch andern gewiffen Wahrheiten oder Veränderungen widerſprechen : wenn ſich gleich weder die Art wie

.

fie entſtanden ſind, noch die Urſachen und Mittel,

2

warum und wodurch ſie ſich auf dieſe und keine ande. re Art zugetragen Gaben , deutlich zeigen laſſen ; ja es auch nicht in unfrer Gewalt ſteht, fie nach Belieben wieder hervorzubringen. Nun wird zwar dieſe innere Möglichkeit unumgänglich zur Gewiß .

Þeit oder Wahrſcheinlichkeit aller Begebenheiten era Forbert ; da etwas an fich felbſt unmögliches nicht

geſchehen kann : dennoch aber giebt ſie vielmehr nur einen Beweis , daß erzählte Begebenheiten nicht

aus der Reihe folcher Veränderungen auszuſchließen find, die entſtehen können , als daß fie ein eigent.

liches Kennzeichen ifxer Gewißheit oder Wahrſchein B 5

tị

26

Vorbereitung. I Abſchn.

lichkeit ausmachen ſollte.

Sie iſt nur die erſte

Stufe, wodurchſich eine Erzählung dieſen Kennzels chen påhert.

Noch nåher rohet fie denſelben das zweyte Stůck. Wenn die Begebenheiten den Umſtänden worunter. ſie erzählt werden , den wirklichen Perſos nen , den beſtimmten Zeiten und Dertern , und dem dabei, vorausgelegten Zuſtande aller übrigen Dinge gemåb ſind ; wenn die Verbindung mit dieſen Ums

ſtanden einigen Grund der Begebenheiten enthält, inſonderheit, wenn andre unláugbare Begebenheiten ,

mit denen ſie in Verknüpfung ſtehen , eine leichte Veranlaſſung oder glaublidhe Urſache derſelben ent. decken ; und wenn ſie endlich in ähnlichen Fällen wirklich mehrmals vorgefallen ſind : ro giebt dieß, vornehmlich wo es alles zuſammen kommt, eine ſtarke Vermuthung , daß die erzählten Begeben : heiten wirklich vorgefallen ſind. Hierinne beſteht ihre innere Glaublichkeit , die man auch ihre innere Wahrſcheinlichkeit nennen kann.

Wie

aber dieß alles ontweder mit Gewißheit, oder nur wahrſcheinlicher Weiſe, erkannt wird : fo iſt die Ere jåhlung entweder auf eine gewiſſe , oder auf eine

bloß wahrſcheinliche Art , an ſich ſelbſt glaublich. Nun kommt es hierbey auf eine hinlängliche Era kánntniß mancher Begebenheiten , auf eine gute Einſicht in die Verbindung der Umſtände, und

auf eine richtige Verknüpfung einer jeden Begebene beit mit ihren Umſtånden , an. Es iſt alſo kein Wunder, daß wohlgegründete Begebenheiten von manchen , denen es an ſolcher Erkenntniß oder Ger ſchicklichkeit fehlet , für unglaublich ausgegeben werden . In Anſehung der alten Geſchichte iſt dies fes vielfältig ohne Grund geſchehen . Hr. D.

Baumgarten führt davon das Vorgeben derer, welche die große Anzahl einiger alten Kriegsheere, wegen

Beſchaffenheit der Geſchichte.

27

wegen der Schwierigkeiten in neuern Zeiten für unglaublich halten wollen , zu einem ſehr bequemen Benſpiele an * ) : indem alle Einwendungen wegfal. len , wenn man nur die ſtehenden Kriegsheere ci. gentlicher Soldaten von einem allgemeinen Aufges bote aller ſtreitbaren Männer , ja aller Einwohner, ben manchen Völkern , ſelbſt die Weiber nicht auss

geſchloſſen , und ferner die heutige und abendlắndi. ſche Art zu friegen von der alten , und bey einigen Morgenländern noch gebrauchlichen Weiſe , unter . ſcheidet. Die Vorwürfe der Leichtgläubigkeit und

Liebe zum Fabelhaften , welche einigen Anlaß geges ben haben , des Berodors Geſchidyte allzuweit her. unterzuſeßen, werden durch eine ſolche Behutſamkeit

in der Beurtheilung fehr vermindert werden: noch mehr aber, wenn man zugleich ſeine eigne Erinne. rung bedenkt , daß er das, was man lage, zwar erzählen müſſe, jedoch deswegen nicht allemal glay. ben dürfe. Inter dieſer Einſchränkung kann man auch des Cicero **) Urtheil , daß man ſowohl bey

ihm, als bey dem Theopomp unzähliche Fabeln finde, So wenig inzwiſchen die iſt erklårs ten Gründe die Wahrheit einer Geſchichte gewiß

gelten laſſen .

oder wahrſcheinlid zu machen für ſich alleine hinreis chend ſind : fo nothwendig müſſen ſie doch bey dem

Urtheile von der Wahrheit natürlicher Begebenhei. ten vorausgeſegt werden .

Ja ſelbſt Wunderwerke mufen

*) Man lehe ſeine Vorrede zu dem iften Theile der all. gemeinen Weltgeſchichte von einer Geſellſdaft von eichr,

ten in England S. 10. Unmerk. 100 er zugleich auf des Benr. Stephani Verſuch unglaubliche Geſchichte des 21. terthumes durd) weit unglaublidyere und doch gewitt Beges

benheiten neuerer Zeiten zu beſtårken , in ſeiner Apologie pour Herodote , ou traisé de la conformité des merveil. les anciennes avec les modernes verweiſet,

** ) Bon den Geſeken , B. 1. C. t.

Vorbereitung. I Abſchn.

28

müſſen weder einen innern Widerſpruch enthalten , nody mit den unlaugbaren Wahrheiten von den Eis genſchaften Gottes ſtreiten : wo man den Nachrich ten von ihnen Glauben beymeſſen ſoll.

Wie viele

fabelhafte Erzählungen von Wunderwerken der Heiz

ligen haben aus dieſem Grunde nicht ſchon längſt alles Unſehen verloren ? 5. g.

Weil Begebenbeiten , als der Stoff der Ger fchichte, geſchehene Dinge ſind : ſo beruher ihr Bes weis eigentlich und hauptſächlich auf Zeugniſſen,

und alſo auf den äußern Gründen ihrer Gewiß heit oder Wahrſcheinlichkeit.

Nun kommt es ben

Zeugniſſen theils auf ihre Beſchaffenheit, theils auf ihre Anzahl an .

Beydes fåßt ſich noch

weiter in beſondre Betrachtungen unterſcheiden. Wir müſſen daher von beydem abſonderlich reben .

I. Die Beſchaffenheit der Zeugniſſe hångt

zum Theile von der Geſchicklichkeit ihrer lies heber , und zum Theile von ihrer eignen Gültig teit ab.

1. Jemand iſt geſchickt ein zuverläßiges Zeuge

niß zu geben , wenn er die Wahrheit fagen fann und ſagen will. Dasjenige , was Zeugen in den Stand feßt, die Wahrheit wiſſen und ſagen zu kön: nen , find entweder ihre åußerlichen Umſtånde oder ihre Fähigkeit. Perſonen , welche zu gleicher Zeit

mit Begebenţeiten leben , und ſich an eben dem Dry te , wo ſie vorfallen , aufhalten , nådiſt dieſen aber diejenigen , die weder der Zeit noch dem Orte nach zu weit von den Begebenheiten entfernt feben , fón:

nen bey vorausgeſekter Fähigkeit die Wahrheit beſe fer wiffen und ſagen , als andre: weil aus der Ere fahrung und aus der Natur der Sache klar iſt, daß Nach

i

Beſchaffenheit der Geſchichte.

29

Nachrichten , welche vorher erſt durch viele Hånde gehen, leichtlid) enweder fremde Zuſage bekommen, oder verſtůmmelt oder verfälſcht werden. Daher

haben die Augenzeugen , und hiernächſt diejeni. gen , die entweder unmittelbar von dieſen belebret find , oder ſonſt der Zeit und dem Orte nach die beſten Nachrichten zu bekommen Gelegenheit gehabt haben , einen Vorzug. Wer wird ſich nicht lieber durch das Anſchen des Thucydides in ſeiner Gea

ſchichte von den peloponneſiichen Kriegen , und des Xenophons in ſeinen Büchern von den griechiſchen Begebenheiten leiten laſſen , als den Diodor von Sicilien , der vom eilften bis zum ſechzehnten Bu .

che ſeiner Hiſtoriſchen Bibliothef eben dieſelben Zei: ten beſchreibt, zum vornehmſten Führer wählen ?

Jene find nicht allein von vielen Dingen , die ſie berichten , Zugenzeugen geweſen : fondern ſie haben auch an manchen Begebenheiten einen beträchtlichen Antheil gehabt. Aus eben der Urſache *) verdient des Guicciardini Geſchichte von den italianiſchen

Kriegen eine vorzügliche Achtung. Und in der Gea ſchichte Carls des Xllten wird ein jeder ſich lieber auf des Nordbergs Werf , auf Adlerfelds Are

beit, auf die Geſchichte aus den Staatsbriefen des Hrn. Friedr. Ernſtvon Fabrice, ja in manchen Stůcken ſelbſt auf des de la Viottraye geheime Nachrichten , als auf des Hrn, von Voltaire font

angenehme Beſchreibung, berufen. In Unſehung

des Ortes iſt der Vortheil , wenn ein Geſchicht. fchrei

2.Man Tehe das Leben

des Guicciardini vor der Hifto .

Italia di M. Franceſco Guicciardini, gentil huomio Fiorentino &c. Venedig 1568. (4) und in dieſer Ges ria

Ichichte Telbft B. X. Bi. 278.

V. XIV. BI. 38 , 400.

6. XV, BI. 420, S. 2. B. XVII. S. 15, 26. 3. XVIII. . 80. 91. 92

5

30

Vorbereitung. I Abſchn.

ſchreiber cin (andeseingebohrner iſt um ſo viel große ſer : je mehr es bey ſeiner Erzählung auf beſondre Verfaſſungen , Gefeße und Gebrauche des Landes

ankommt , die einem Einheimiſchen natürlicher Weiſe leichter und genauer bekannt werden können .

Selbſt die alten Geſchichtſchreiber ſind in ihren Nachrichten von weit entlegnen Völkern ſehr wenig glaubwürdig. Man darf z. B. nur erwägen , was Juſtin , Sveton und Tacitus von den Juden jagen .

Ben dem allen aber giebt es Fålle , wo

ſpåtere Zeugen den gleichzeitigen , und ausländiſche Geſchichtchreiber den einheimiſchen vorzuziehen ſind.

Wenn zu der Zeit , da die Begebenheiten, ſich er. eignen , die Zeugen oder Geſchichtſchreiber entweder durch äußerlichen Zwang , oder durch eigne Vors

theile , oder durch ihre Neigung , Partenenſucht

und Vorurtheile die Wahrheit zu verbergen getries ben werden : ſo ſind die ſpátern Zeiten , bey denen dieſe Urſachen wegfallen, ſicherer , als die erſten.

In dieſer Betrachtung hat Joh. Bodin Recht, mit dem Ariſtoteles die allzu neuen Geſchichtſchreis

ber eben ſowohl, als die allzu alten für verdächtig zu erklären * ).

So ſind des Hrn. Arkenholzens

hiſtoriſdie Merkwürdigkeiten von der Königinn Chriſtina **) allen frühern Lebensbeſchreibungen dieſer Königinn von Schweden , bey denen entweder die Schmeicheley, oder ein gewiſſer Unwille, bisweilen die Feder geführt hat , vorzuziehen : gleichwie über. Haupt unter den Geſchichten des Lebens und der Tha. *) In ſeinem Buche : Method . ad facil. hiſt. cogni. tion. Amfterid. 1650. 12. C. IV. p.40. feqq. ** ) Die Lufchrift im Franzöſiſchen, worinne fie gedries ben ſind , iſt Memoires concernant Chriſtine Reine de Suede

& c.

4 Th. in (4). Leipzig und Umſterdam

1751, 1759 1760.

1

Beſchaffenheit der Geſchichte.

31

Chaten großer Herren mehrentheils die ſpåtern zus verläßiger ſind. Nicht anders verhält es ſich in Abſicht auf den Ort. Wenn einheimiſche Schrift.

ſteller von einem parteyiſchen Eifer für ihr Vater. land , oder von andern der Wahrheit nachtheiligen Abſichten hingeriſſen werden : ſo iſt den Ausländern Polybius und Dionyſius von mehr zu trauen. Salikarnaß ſind deswegen in vielen Stücken von römiſchen Angelegenheiten glaubwürdiger , als die eingebohrnen Gefdhichtſchreiber des römiſchen Gebica

Jecoch iſt es daben ein beſondrer Vorzug, weiin (oiche Ausländer , wie polybius , durch einen tes .

nicht gar zu kurzen Aufenthalt an dem Orte ſelbſt, den die von ihnen erzählten Begebenheiten angehen, in den Stand gefekt ſind , ſich viele zu ihrer Ge. fchichte dienliche Erfenntniß zu erwerben . Uebri. gens macht die Entfe rung des Orts, wo ſonſt nichts im Wege ſteht, ehei ine neuere , als etwas ältere Nachricht verdächtig : veil die Wahrheit ſich insge. mein an abgelegnen Orten ſpåter entwickelt. Ein nicht minder beträchtlicher Umſtand iſt es, daß ein Geſchichtſchreiber , der nicht bloß als ein Hugenzeuge ſchreibt, wie nur ben einem kleinen

Umfange von Begebenheiten möglich iſt, Gelegene heit habe , gute Nachrichten durch Lirkunden, Denn Denkmaale und Bücher zu bekommen. von dem Berthe der Quellen , aus welchen er zu

ſchöpfen Freyheit hat , hångt der Wert feiner Ere jåhlung ab. Nachdem es in neuern Zeiten gewohns licher geworden iſt, Geſchichtſchreibern den Zugang

zu den Schagen öffentlicher Urkunden zu ver: ſtatten , ja diefelben der Welt mittheilen zu laſſen :

ſo ſind unzähliche Fehler in der Geſchichte vers Ich will zum Beyſpiele beſſert worden . nur der engliſchen Staatsbandlungen von Ry. mern *)

32

Vorbereitung. I Abſchn . *.

mern '*) gedenken : imgl. der von dem Hrn. 'von Leibnis angefangnen Sammlung über den Urs ſprung des guelphiſchen Haujes **) , der von Hrn. Franz o. Mieris herausgegebnen Briefe der Gras fen von Holland ***) , der von dem Hrn. Biro geſammleten Staatsbriefſchaften des Thurloe **** )

der neulich herausgekommnen Sammlung von Poh len und Sithauen t) und der Urkunden von dem oli. viſchen Frieden die unſer gelehrter und berühmter

Hr. Prof. Böhme , da ſie bisher größtentheils ungedruckt geweſen ſind , vollſtändig theils aus den

Handſchriften des zaluffiſchen Bücherſchages, theils aus den Archiven , forgfältig abgeſchrieben , mit ſeinen Erläuterungen in zweenen Theilen ( in gr. 4.) ans Licht zu ſtellen beſchafftigt iſt, und wovon ich

den erſten Theil ſchon meiſtens gedruckt mit defto mehrerem Vergnügen durchgeſehen habe, weil ſie,

wegen des großen Einfluſſes der weſtphäliſchen und oliviſchen Friedensſchlüſſe in die öffentlichen Angelegenheiten von Europa , für die Geſchichte von

*) Thom . Rymeri Acta publica inter Reges Angliz et alios quosvis Imperatores, Reges , Pontifices , Princi

pes vel Communitates. XX Toni, Lond. 1727. fol. **) Origines Guelficz , opis præeunte Dno. Godofr. Guil. Leibnitio &c . in lucem emiflum a Chriſtian , Ludotr. Scheidio.. Hanover. 1750 1753. Tomi IV fol.

***) Groot Charterboek der Graaven van Holland, van Zeeland , en Heeren van Vriesland & c.

Lenden

1753 , 2 Th. in Fol. wovon id in den Nov. Act. erudit. 152. eine Anzeige gegeben habe. ain. 1756. p. 149 Collection ****) of the State - Papers of lohn Thurloe

Eſq. Secretairy of Council of the state and afterwards of the two Protectors Oliv. and Rich. Crontwel digeſted by Thom . Bircb. Lond. 1742. fqq. VII. vcl. in fol. $) Codex diplomaticus regni Poloniæ et Magni Duett tts Lithuaniæ T. L. fol. mai. Vilnæ 1.764

12

:

Beſchaffenheit der Geſchichte.

33

von der größten Wichtigkeit ſind, gedenken. Der

Unterſchied zwiſchen Geſchichtſchreibern , welche gu . te Hilfsmittel gehabt, und denen , die ſie nicht ges habt haben , leuchtet einem jeden in die Augen. Man darfnur, wie Hr. Baumgarten erinnere * ) , des Veit Ludw. von Seckendorf und des Ludw.

Maimburgs Geſchichte des lutherthums, des Gil . bert Burnets und Nic. Sanderi Nachrichten

von der Kirchenveränderung in England, des Sam .

von Pufendorf und des Greg. Leci Sebensbe. ſchreibungen großer Herren , gegen einander halten . Die dem Herrn Arkenholzen aus Schweden und

aus Rom mitgetheilten Urkunden, Briefe und andre Handſchriften von der KöniginnChriſtina geben ſei. nen ſchon angeführten hiſtoriſchen Merkwürdigkei. ten einen vorzüglichen Werth vor allen übrigen Ge. ſchichten von dieſer Königinn.

Die größte Vollkommenheit endlich, die einem Geſchichtſchreiber durch ſeine äußerlichen Umſtände zuwachſen kann, iſt die genaue Bekanntſchaft mit

den öffentlichen Angelegenheiten durch eigne Verwaltung derſelben , wenn es auf öffentliche Begebenheiten ankommt. Es wird nicht alleindurch die Uebung in Geſchäfften die Fähigkeit darüber zu

urtheilen vermehret; in welcher Betrachtung ich hier nicht davon rede : ſondern der Antheil , den jemano

an den öffentlichen Angelegenheiten bat , ſchließt ihm auch viele Geheimniſſe auf, und entdeckt ihm die vere borgnen Triebfedern zu vielen Unternehmungen , wobon richtige Begebenheiten abhången . Dieſer Vorzug verlieret zwar etwas von ſeinem Vortheile, wenn die Verwaltung öffentlicher Staatsbedienun .

gen nicht mit denen Zeiten , welche beſchrieben wer .

den , zuſammen trifft: aber er verliert ihn niemals gang * ) Am angef. Orte S. 19. Animert.

I Tbeil.

C

Vorbereitung. 1 Abſchn.

34

Da inzwiſchen doch niemand, ſo allgemeine

ganz.

und wichtige Hemter er auch bekleiden mag , an als

len Begebenheiten perſönlich Antheil nehmen kann : fo zeiget ſich dieſer Vorzug am vollkommenſten, wenn Die im Vorhergehenden erforderten Umſtände danit verbunden ſind. Des Thucydides , des Cafars Geſchichtbücher , und unter den neuern des Guicci,

ardini (dyon angeführte Geſchichte ſo wohl , als des Philipps von Commines hiſtoriſche Merkwürdig. feiten oder Weinoires , verdienen deswegen das

Anſehen, das ihnen die Welt zuerkannt hat. Allein die äußerlichen Umſtände , ſie mögen auch

noch ſo vortheilhaft ſeyn , reichen lange nicht hin, den Erzählungen ihre Zuverläſſigkeit zu verſchaffen. Die Zeugen oder Geſchichtſchreiber müſſen dabey auch die gehörige Fähigkeit und Erkenntniß beſiken. So gar ein Augenzeuge iſt in vielen Fällen verdäch.

tig, wenn er , ſonderlich bey verwickelten Begeben.

Heiten zu einfältig , oder zu unachtfam iſt , die ei. gentlichen Umſtånde hinlänglich zu bemerken , und fie ohne Verkehrung oder Zuſäße, oder Verſtům ,

melung zu erzählene Dieſen Verdacht zu vermei. den, müſſen Zeugen und Geſchichtſdireiber einen gu. ten Verftand und keine geringe Gabe der Aufmerk. famkeit ; beweiſen. . Je geübter ihre Einſicht und

Aufmerkſamkeit iſt: deſto größer iſt ihre Fähigkeit zu ihrem Werfe.

Da aber eine hinlängliche Fr,

kenntniß von denen Dingen , worauf die Begeben ,

heiten ſich beziehen , ſchlechterdings nothwendig iſt, alle Umſtände wohl zu unterſcheiden , und die Veran derungen , woraus, die Begebenheiten entſpringen, nebſt ihren Beſtimmungen und Folgen ridtig mit

einander und mit den Begebenheiten ſelbſt zu ver: knüpfen : ſo müſſen ſie ſich auch dieſe Erkenntniß er. worben haben. Insbeſondre muß demnach ein Ges ſchichtſchreiber , der ſich ein etwas weitläuftiges Feld wuß.

1



3

3

7

Beſchaffenheit der Geſchichte.

35

wählet , eine gründliche und nicht allzueingeſchrånkte Gelehrſamkeit , eine Erkenntniß in vielen Wiſſen , ſchaften und Kunſten , eine nicht geringe Beleſen .

heit, und eine geübte Einſicht haben , ſeine Quellen,

Urkunden und Denkmaale zu beurtheilen , eine gehoa rige Wahl der zu ſeinem Zwecke gehörigen Bege. benheiten fo wohi , ais der Nachrichten von einer je. Den Bezebenbeit , zu treffen , das Erhebliche von dem Unerheblichen, das Merkwürdige von den Era dichtungen des Wunderbaren , das Gewiſſe von dem Lingewiſſen und Wahrſcheinlichen , das Wahrſchein. liche von dem Unwahrſcheinlichen , und das Bahre von dem Falſchen zu unterſcheiden , ftreitige Nach. richten zu vergleichen , unter widerſprechenden Ers

jåhlungen , wovon nur einewahrſenn fann, die maha re heraus zu wählen , nicht allzu leichtglaubig zu feyn , und ſich eben ſo wenig durch unnöthige Zweis fel verwirren zu laſſen , weder zu vielen noch zu mea nigen Betrachtungen über die Begebenheiten Plaß einzuräumen , nicht ſeine eignen oder andrer Much . maßungen , wodurd, fo viele Stücke der Geſchichte verkehret worden ſind , daß man oft mehr mit ihrer Widerlegung , als mit eigentlichen Erzählungen zu thun hat , an die Stelle gültiger Zeugniſſe zu feßen , fich nicht durch Vorurcheile blenden zu laſſen , und alles an feinem Orte und in gehöriger Ordnung vors

zutragen. Ein ſo weitläuftiges Werk kann in vies; len Fällen nicht ohne eine gute Uebung in verſchiede nen Sprachen , damit man die Urſchriften von ver . ſchiednen Ländern zu gebrauchen im Stande, ſer ,

nicht ohne eineziemliche Bekanntſchaft mit der Welt, nicht ohne richtige Kenntniß von den menſchlichen

Gemüchern, von den Tücken ihres Herzens , von den Triebwerfen ihres Willens;' von ihren mannig

faltigen Kunſtgriffen und Rånken, von dem gewöhn ., lichen Laufe der Welt , und von dem ordentlichen C2

use

36

Vorbereitung. I Abſchn .

Ausgange verſchiedner Unternehmungen , glücklich ausgeführet werden .

Zu einigen von dieſen Stus'

cen trågt nichts fo viel ben , als die Uebung in ofe fentlichen Geſchäfften. Allein damit ein Geſchicht:

fchreiber ben dieſer Geſchicklichkeit nid)t durch eigne Schuld reinen Glauben verbåchtig mache, muß er

auch allen Schein einer ſchlechten Beurtheilungs. kraft und der Mångel des Willens, von denen als , baló im Folgenden zu reden iſt, ſorgfältig zu verhů ten ſuchen .' Und ben dem allen kann er nicht ohne große Arbeitſamkeit und unverbroßnen Fleiß fort. Fommen . Will man nun von den vortrefflichen

Dienſten einer geübten Einſicht einer gründlichen Gelehrſamkeit, einer ziemlich weitläuftigen Erkennt.

niß und Beleſenheit, und eines arbeitſamen Fleißes, ben der Geſchichte, durch die Erfahrung überzeugt feyn : fo dienen dazu die Benſpiele der alten Ge.

ſchichtſchreiber unter den Griechen und Römern denen man von den Neuern außer andern den Thuan zur Seite regen fann.

Noch genauere Betrachtungen über alle dieſe Dinge anzuſtellen , iſt meinem Zwecke nicht gemäß :

und ohne das möchte ich nicht gern in den Verdacht fallen , als ob ich dem Sefer zu wenig zutrauete, und

ihm nichts zu denken übrig laſſen wollte. Nur über die Vergleichung ſtreitiger Zeugniſſe , über die Wahl unter wirklich widerſprechenden Nachrichten und die

Beſtimmung des Wahren unter dem Falſchen, muß ich noch einige Anmerkungen machen. Es iſt hiers ju , außer vielen von den ſchon angezeigten Stücken, ſehr oft ein richtiges Urtheil von den Kräften , von der Beſchaffenheit und von dem Zuſammenhange der Dinge in der Natur: oft ein eben ſo richtiges Urs

theil von den gewöhnlichen Gemüthsfråften und Nei. gungen verſchiedner Valfer , unentbehrlich. In bricht auf die Dinge der Natur muß das Urtheil durch

Beſchaffenheit der Geſchichte.

37

durch eine gute Naturlehre und eine wohlgeprüfte Naturgeſchichte geleitet werden : in Abſicht aber auf die Gemüthskräfte und Neigungen ganger Volker

muß es ſich nach ihren Staatsverfaſſungen , Sitten ,

Gebräuchen , Religionsgrundſäßen und Erziehungs, arten richten ; und dieß iſt meiner Einſicht nach eine weit ſichrere Richtſchnur , als wenn Bodin * ), nebſt dem Einfluſſe der Geſtirne , die verſchiednen Him. melsgegenden , denen auch Hr. Montesquieu ** ) zu viel , und Hr. Selvecius ***) hingegen zu we. nig benlegt, dazu angiebt. Wenn dann aus den bisher erklärten Merkmada

fen zu ſchließen iſt, daß ein Zeuge oder Geſchichti fchreiber die Wahrheit habe wiſſen und ſagen fons nen : ſo iſt noch eben ſo nöthig zu unterſuchen , ob er auch den Willen gehabt habe , ſie zu ſagen. Der Wille kann nicht anders als durch Bewegungsgrün . de geleitet werden. So oft fich demnach zeiget,daß ihm weder ſeine äußerlichen Umſtånde, noch feine eigne Gemüthsart und Geſinnung Bewegungsgrün . de haben geben können , die Wahrheit zu verlaſſen : Po ſchließt man billig, er habe die Wahrheit ſagen wollen.

Zeuger, oder ſchreibt jemand zu einer ſolchen Zeit und an einem ſolchen Orte , wann und wo die Un.

wahrheit leicht und unfehlbar zu entdecken ſeyn wür: de : ſo muß er entweder durch niederträchtige 26. C 3

rich

* ) Um angef. Orte C.V. S. 79-146. **) Eſprit des Loix in ſeinen 1760 zu Amſterd. u. Leipp. gedruckten Werken , Tom . II. B.XVI-XVIII. * .65.185. *** ) De l'eſprit Tom . II. diſcours III. Ch. XVIII- XX.

p. 80.99. Ch . XXVIII -XXX . p. 141:183. nach der Ausgabe zu Amſterdam und Leipzig 1759. denn die andern habeid ), ungeachtet der Betheurungen des Gegentheils in der auf ſdrift, ſehr verändert gefunden

Vorbereitung. I Abſchn .

38

fichten zur Unverſchämtheit getrieben werden ; oder

es iſt Hödiſt glaublich , daß er die Wahrheit ſagen wolle. Denn wer wird ſich umſonſt der gerviſſen

Schande ausſegen , auf Unwahrheit oder lügen er: tappet zu werden ? Wofern alſo ein Zeuge oder Ges

ſchichtſchreiber , unter ſolchen Umſtånden der Zeit und des Ortes , von allem Verdachte niedertrådyris

ger Abſichten frey iſt: ſo hat man keinen Grund ,

ihm einen zur Wahrheit geneigten Willen abzuſpres chen. Nichts aber iſt eine augenſcheinlichere Rechts fertigung wider allen böſen Verdacht, als wenn die Dinge , die er unter eben ſolchen Umſtänden bekannt macht, ihm ſelbſt nicht allein feinen Vortheil , ſon's dern auch unausbleibliche Gefahr zu wege bringen.

Dieß iſt der Fall mit den Apoſteln unſers Herrn geweſen.

Wer überhaupt, nach ſeinen äußerlichen Um . ſtånden und perſönlichen Verbindungen mit andern,

weder etwas Böſes zu fürchten hat , wenn er die

Wahrheit entdeckt, noch einen Vortheil hoffen kann, wenn er ſi: verheelet , der hat in ſo fern keinen Bes

wegungsgrund, mit Unwahrheit umzugehen. Daher kann man Perſonen, die ihr Stand , ihre Würde, ihre Glücsumſtände über ſolche Furcht oder Hoff

nung hinauslegen , oder die gar keine Urſache haben, eine Partey zu nehmen , nicht leicht beſchuldigen,

daß ſie die Wahrheit nicht haben ſagen wollen. Eben daher iſt auch bey Begebenheiten , die auf Fremde und Ausländer keinen beſondern Einfluß haben , dieſen eher zu trauen , als Freunden oder

Feinden von denen , welche in die Begebenheiten ver.

wickelt ſind, oder Einheimiſchen : Wofern die Wahrs heitsliebe derſelben nicht aus andern Gründen kin. länglich bekannt iſt. Und weil ben ſpätern Erzåh. lungen gemeiniglich keine der Wahrheit nachtheilige Furcht oder Soffnung mehr Plak findet : fo fann man

.

Beſchaffenheit der Geſchichte.

39

man ſich in ſolchen Fällen eher von etwas ſpåtern als von frühern Geſchichtſchreibern einen guten Wil. len verſprechen. Darum ſind insbeſondre die ets was ſpätern Regierungsgeſchichte großer Herren we. niger verdächtig. Sueton felber, dem ein allge. meines Lob der Aufrichtigkeit. beygelegt wird , þátte vielleicht von einigen der erſten Kaiſer nicht ſo una parteniſch ſchreiben dürfen , wenn er nicht fchon ei. nige Zeit nach Osnfelben gelebt hätte. Wofern die außerlichen Umſtände und perſonli.

chen Verbindungen eines Geſchichtſchreibers zeigen ,

daß er viel:cher Bewegungsgründe gehabt haben würde., bas , was er berichtet, zu verſchweigen , oder

das Gegentheil vorzugeben : fo fann nichts, als die Neigung zur Wahrheit, ſeinen Willen gelenket haben . Es iſt alſo einem Geſchichtſchreiber , der von ſeinem eignen Vaterlande, feinen eignen Religionsverwanda

ten , ſeiner eignen Parten und feinen eignen Freune

den Fehler , oder ſonſt nachtheilige Dinge , erzählet, nicht eher Glaube zu verſagen , als bis ausgemache: iſt, daß er beſondre Urſachen , als Neid , Eiferſucht und dergleichen gehabt habe, aus böſen Abſichten falſche Beſchuldigungen vorzubringen. Weil aber ſo beſondere Urſachen und böſe Abſichten ben demjes nigen wegfallen , der von andern , ſonderlich von feindlichen Ländern und Volfern , von widrigen Res ligionsverwandten , von feiner Gegenpartey , und von ſeinen Feinden Gutes ſager: fo hat ein ſolcher noch mehr Grund für fich, daß er hierinn der Wahr,

heit getreu fer. Der Vorwurf, den die Athenienſer dem Thucydides gemacht haben , daß er in ſeiner Gea fchichte den {acebåmoniern , ihren Feinden , allzu

geneigt fen , iſt deswegen vielmehr ein Zeugniſ für feine Neigung zur Wahrheit, als ein Vorwurf. Ein Zeuge, oder Geſchichtſdireiber , deſſen tus

ungen unſtreia gendhafte Gemüthsart undedle Geſinn C A

tig

40

Vorbereitung. 1 Abſchn.

tig und bekannt ſind , iſt billig für einen Freund der Wahrheit und für aufrichtig zu halten. Unwahr .

heit und Jugen ſind faule Quellen unzähliger Jaſter, und haven auch zu ihren Quellen nichts als Untu .

gendund unedle Geſinnungen. Die heiligen Gee ſchichtſchreiber ſind daher wegen ihrer unlåugbaren Eugend und edelſten Geſinnungen die unverwerflich . ſten Zeugen.

Iſt aber die Tugend und edle Geſinnung eines

Zeugens oder Geſchichtſchreibers nicht ſo unſtreitig und bekannt: ſo muß man theils ſein übriges Ver. halten , theils andre Zeugniſſe zu Hülfe nehmen, ein Urtheil davon zu fållen . Wenn er in ſeiner ganzen Erzählung oder in andern Schriften überall eine Liebe

zur Aufrichtigkeit und Unparteylichkeit blicken låft ; wenn er ben manchen Begebenheiten ſeine Unwiſſens heit oder die Ungewißheit derſelben freymüthing geo ſteht; wenn er ſich vor unvollſtändigen Erzählun

gen, wo ſie aus befannten Quellen zu ergänzen ſind, por aller Verfälſchung, Verſtůmmelung und Vera drehung der gebrauchten Zeugniſſe und Nachrichten forgfältig hútet ; wenn er allen Verdacht der Ueber. eilungshige und der Eigenliebe , die ihn verleiten

könnte, feinen Einfällen und Muthmaßungen den

Werth wirklicher Zeugniſſe zuzueignen ; durch . gehends vermeidet; wenn er ſich aller übertriebnen

Zobſprüche und alles übertriebnen Ladels enthält ; wenn er die Fehler derer , mit denen er in einervor. theilhaften oder freundſchaftlichen Verbindung ſteht,

nicht verſchweiget, noch beſchäniget, und an andern, die er in entgegengeſekter Beziehung auf ſich betrach.

ten muß , das Gute nicht verheelt, noch verkleinert: fo würde es eben ſo unwahrſcheinlich als ungerecht fenn, ibn ohne- klare Beweiſe für unaufrichtig zu hal. ten . Allein es giebt auch Fålle , wo dieß alles eben nicht ſo klar iſt: und dann müſſen ibm ſo wohl die aus .

Beſchaffenheit der Geſchichte.

41

ausdrücklichen als die ſtillſchweigenden Zeugniſſe von andern zu ftatten kommen. Hat er von denen , wele chen entweder er ſelber , oder die von ihm erzählten Begebenheiten hinlänglich bekannt ſind, oder auch pon Feinden felbft das Sob der Aufrichtigkeit : ſo

darf er auf unſer Zutrauen einen billigen Anſpruch machen ; es wåre dann , daß andre Betrachtungen im Wege ſtunden. Fehlt es aber an ſo ausdrückli. chen Zeugniſſen : ſo iſt es für ihn ein erhebliches und Millſchweigendes Zeugniß , wenn ſeine Geſchichte von

feinen Gegnern oder von denen , welchen ſie nicht günſtig iſt, entweder verborgen gehalten , oder ſtilla ſchweigend gebilligt und angenommen wird. Don dem lekten Falle führet Hr. D. Baumgarten *) des Petr.Giannone neapolitaniſche Geſchichte zum Berya ſpiele an. 1.

2. Nachdem , in Abſichtaufdie Beſchaffenheit

der Zeugniſſe, die Geſchicklichkeit ihrer Urheber qus .

gemacht iſt, muß auch noch die Gültigkeit der Zeugniſſe an ſich ſelbſt eben ſo behutſam geprüfet werden .

Sie ſind gültig, wenn ſie nicht allein für

fich felbft zuverläßig, ſondern auch acht, unverfälſcht, unverſtůmmelt, und durch keine fremde Zufäße ver. kehrt ſind. Urkunden , insbeſondre öffentliche Unterhands lungen und Friedensſchlüſſe, Denkmaale mir ih.

ren Inſchriften , und Münzen , haben öffentliche Treue und Glauben , die man nicht ohne ſehr erheb . liche Urſachen verdächtig machen kann , zu Bürgen ihrer Zuverläßigkeit. Sie ſind auch nicht ſo leicht,

as andre Zeugniſſe, der Gefahr unterworfen, durch Verderbung ihren Werth zu verlieren : denn die Urkunden gehen insgemein durch wenigere Hånde ;

die Inſchriften auf öffentlichenC Denkmaalen und die .5

* ) Am angef. Orte, .16. Anmerk.

Müns

42

Vorbereitung. 1 Abſchn ..

Münzen ſind durch die Gereke und ihre eigne Bea

ſchaffenheit vor böſen Hånden größtentheils geſichert. Jedoch die Zeit hat ſie nicht allemal unverlekt ge laſſen ; auch kann durch die Långe derſelben , und die Verånderung , welche ſie in aller Betrachtung

einführet, vieles darinne dunkel geworden feyn : ja

befondre Abſichten , oder das Verſehen, die Unacht. famkeit, die Unwiſſenheit der Urheber , der Abs fdireiber, der Künſtler und Werkmeiſter, hat daben

bisweilen Unrichtigkeiten verurſachet. Alsdann gela ten ſie nur in ſo weit , als ſie unverſehrt ſind , oder theils aus ſichern Merkmaalen , die ſie noch an ſich

Haben , theils aus den Umſtånden des Ortes und der Zeit , ergånzt werden können : nur in fo fern ,

als durch eine gute Bekanntſchaft mit den alten Zeis ten , wohin ſie gehören , die Dunkelheit zu heben iſt, und die Unrichtigkeiten ſich durch andere Nachrichten oder ſonſt bekannte Umſtånde verbeſſern laſſen. Ben dem allen aber reßt ihre Gültigkeit voraus , daß fie åcht, nicht untergeſchoben , nicht verfälſcht, nicht vers ſtůmmelt, nicht durch Zufäße verderbt ſind. Die böſen Begierden und Tücke der Menſchen ſind ſo weit gegangen , daß aud) dieſes zu unterſuchen nos

thig iſt. Der Ort und die Zeit , wo und wann fie gefunden werden ; die Perſonen , von denen ſie zus erſt ans licht gezogen ſind, der Stoff, worauf die Urs kunden geſchrieben , die Inſchriften gegraben , und woraus die Münzen geprägt find ; die Züge der

Buchſtaben ; die Art der Verkürzungen ganzer Wórter ; die Schreibart überhaupt, und die Ause drůcke beſonders ; die Art der Jahrrechnung , die dabey gebraucht iſt; die Uebereinſtimmung oder der Streitmit andern bekannten Nachrichten von den

Umſtänden der Zeit, und des Ortes', worauf fie gehen ; der beſondre Umſtand, daß ſie bisweilen nur

Nachahmungen ſind: alles dieſes muß zu dem Ende forg.

Beſchaffenheit der Geſchichte.

43

forgfältig in Betrachtung gezogen werden . Insbe. fondre aber iſt wegen der alten Gedächtnißmünzen zu bemerken , daß man niemals ihrer zwoe von ei . nem Stampel oder Schlage gefunden hat. Redet nun bey dieſer Prüfung alles für ihre achte Beſchafa

fenheit : fo find die Zeugniſſe , welche dadurch an die Hand gegeben werden, vollkommen gültig. Wenn man theils von dem nůßlichen Gebrauche dieſer þúlfs.

mittel, theils von der babey nothigen Vorſicht, durch die Erfahrung überzeugtſeyn will: ſo ſehe man nur unter andern , in Abſicht auf die Urkunden desWas billons Werf von der Diplomatik, des Scip. Maf fei diplomatiſche Geſchichte, des Dan. berh . Bas

rings bipiomatiſchen Schlüſſel, des Benedictiners

Carpentier tironianiſches Alphabeth, und das neue Lehrgebàude der Diplomatik von einigen Benedictis nern, in franzöſiſcher Sprache; in Abſicht auf die Inſchriften , die Sammlungen von Grus

tern, Reinefius und Gudius ; endlich in 2bſicht auf die Mürzen Lzech . Spanheims Ubhandlun.

gen von der Vortrefflichkeit und dem nůklichen Ge. brauche der Münzen , und des Joh. Vaillants verſchiedne Werke . Zur Abwechſelung für den les fer will ich inzwifchen , da bey den Urkunden die Schwierigkeiten , welche es mit verſchiednen Schen .

kungsbriefen großer Herren Hat, bekannt genug ſind, ein paar beſondre Benſpiele von den Jrrthümern, die durch Inſchriften und Münzen entſtehen können, aus des Lengler du Fresnoy Methode , ſich der Geſchichte zu befleißigen *) , anführen.

In der

Inſchrift auf dem Triumphbogen , der dem Kaiſer

Litus , nach ſeiner Zerſtörung Jeruſalems gelegt iſt, wird

*) Methode pour etudier ” hiſtorie Leipz. 1714 (8) S. 341 fag. 345. fg. und in dem großen Werke ( 4 ) Tom. II. € . LV . p. 399. 400,

Vorbereitung. I Abſchn.

44

wird ausdrücklich geſagt, es ren vorher entweder ale lemal vergebens von Heerführern', Königen und Válfern , oder gar nicht , verſucht worden, dieſe Stadt zu erobern .

Es iſt aber das Gegentheil

nicht allein aus den Heiligen , ſondern auch aus den weltlichen Geſchichtſchreibern bekannt: ja des Pom . pejus Eroberung dieſer Stadt konnnte zu bes' Situs

Zeiten noch nicht ſo ſehr in Vergeſſenheit gerathen feyn ; da der Ruhm, den er ſich, allem Anſehn nach , daraus gemacht haben muß , die Urſache geweſen

zu ſeyn ſcheint, warum Cicero ihm ſpottweiſe einen Bennamen von Jeruſalem gegeben hat * ). Mer aus den golonen und ſilbernen Münzen , die mit Heinrichs des II. Namen und Bildniſſe 1567. gefchlas gen ſind , ſchließen wollte , daß dieſer König von

Frankreich damals noch gelebt habe , der würde fich betrügen: da aus der Geſchichte gewiß iſt, daß er ſchon 1558. geſtorben. Und eben ſo ſehr würde man ſich irren , wenn man aus denen Münzen, wor . auf Ludwig von Bourbon , Prinz von Conde,

Ludinig der XIII. König von Frankreich heißt, beweiſen wollte , daß er wirklich Konig geweſen fey : denn die Geſchichte lehret, er habe zwarMünzen fchla . gen laſſen ; ren aber niemals zur Regierung geo kommen.

1

Die hiſtoriſchen Merkmürdigkeiten oder mee

moires von Staatsråthen , Geſandten oder andern in die öffentlichen Angelegenheiten verwickelten Pers ſonen , und die Briefe derſelben ſowohl,als der groß fen Herren , find billig auf die nächſte Stufe der Zu verlaßigkeit nach den vorher gemeldeten Zeugniſſen gu reßen . Denn ſolche Wiemoires beſchreiben Din . ge , die niemand beſſer und genauer , als ihr Ur .

Heber, *) Cicer. orat, pro L. Flacco C. 28. Epift. ad Atticuin Lib. II. epift. 9.

.

Beſchaffenheit der Geſchichte.

45

Heber , zu wiſſen im Stande iſt, und deren Wahr:

heit oder Falſchheit ſich aus den Folgen der erzählten Begebenheiten, wovon die Spuren noch übrig ſeyn

müſſen , zu der Zeit , da ſie geſchrieben werden , leicht entdecken låßt: und aus den Briefen, die meh. rentheils als eine Art von vertraulicher Unterredung anzuſehen ſind , und , in ihrer Folge auf einander, unter einer Menge von verſchiednen Umſtänden, ben,

denen ſich natürlicher Weiſe verſchiedene Gemüths . faßungen außern , geſchrieben werden , lernet man

nicht nur die reine Wahrheit und vieles , was ſonſt verborgen geblieben wäre, ſondern auch die leiden . ſchaften und Gemüthsart ihrer Verfaſſer kennen . Allein fo weit dieſe Gründe zutreffen : fo weit reicht

nur ihre Gültigkeit. Was von fremden Begeben. heiten , die erſt von andern , und vielleicht nicht als lemal fichern Perſonen, an die Verfaſſer haben fom . men müſſen , eingeſtreuet, ober ben einem Brief

wechſel, zur Erreichung gemiſſer Abſichten , nach der Verſtellungskunſt geſchrieben iſt, das fann dem übrigen nicht gleich gerechnet werden. Außer dem aber muß durch bekannte Umſtände ber Perſonen , der Derter und der Zeiten , worauf es ankommt, ausgemacht fenn, daß ſie achtund auf keine Weiſe ver.

fälſcht find. Alsbenn ſind ſie für ſchågbare Hülfsmit tel der Geſchichte zu erkennen . Wie manche erheb . liche Nachricht findet man nicht in den Memoires, die nach dem Benſpiele des Philipps von Com.

mines geſchrieben find ? Wie viele ganz beſondre Begebenheiten ſind nicht bloß aus den Briefen bes fannt geworden ? Wer wußte z. B. etwas von des Kaiſers Maçimilian des I. Anſchlage , Pabſt zu werden ; wer von den Bemühungen der Königinn

Chriſtina, nachdem ſie die ſchwediſche Krone lange niedergelegt gehabt hatte, auf den poblniſchen Chron zu

46

Vorbereitung. I Abfchii .

zu gelangen : wenn ihre eignen Briefe es nicht enta deckt Håtten * ) ?

Die Zeugniſſe nach den obigen Regeln beroåþr ter und glaubwürdiger Geſchichtſchreiber, oder andes rer Schriftſteller, haben nicht weniger ihre Gültig keit : wenn ſie nur acht und auf keine Weiſe aus Unwiſſenheit oder Bosheit verfälſcht ſind. Die

mehreſten von denen Betrachtungen , die im Vors hergehenden zur Prüfung der Urkunden angegeben find, müſſen hier ebenfalls angewandtwerden. Die Nothwendigkeit dieſer Unterſuchung iſt nach der Ers fahrung von fo vielen unächten Zeugniſſen unlåuge Wie oft hat nid )t in vorigen Zeiten die Uns bar.

gewißheit untergeſchobnen Schriften das Anſehen der åchten Richtigkeit gegeben ! was find Gewinnſucht oder anore Begierden und Abſichten nicht zu erſina nen bereit geweſen ! Man erinnere ſich unter andern

auch des Einfluſſes, den die vermennten gotoſeligen Betrügereyen zum Vortheile des Chriſtenthums, und die üblen Dienſte des Annius von Viterbo im 15ten Jahrhunderte , unter alten Namen neuer's dichtete Schriften der Welt aufzubringen , in die Geſchichte gehabt haben . Die Nachrichten der geheimen oder vorher

unbekannt gebliebnen Geſchictre baben fich durch eine Menge unlaugbar falſcher Begebenhei. ten , die ihre Urheber für geheime Wahrheiten zu : verkaufen geſucht haben , einen gegründeten und ſo ſtara *) Den Brief des Kaiſers an ſeine Tochter Margaretha von Defterreich, Bar Sr. Godefroy in den Lettres de Louis

XII. Tom. III. p. 326. nebſt noch einem andern von eben dem Kaiſer Tom. IV. p. 1. bekannt gemacht. Man findet

inn auch in des Lenglet du Fresnon methode pour etud. phift. T. II . c. XXII, p. 161 ( 4 ). Die Briefe der Forrio ginn aber lieft man in den Memoires des Hrn . Urfengole dens , T. III. S. 388-391 .

1

Beſchaffenheit der Geſchichte. 47 ſtarfen Verdacht zugezogen , daß man billig feinen beſondern Berichten von ihnen weiter trauen muß, als in ro fern ſie ausdrücklich gute Bürgſchaft da .

für anführen.

Mehrentheils ſuchen ihre Verfaf

fer ſich nur fålſchlich ein wichtiges Anſehen zu geben. Die Schreibart der Redner und Dichter und die bey ihnen gewöhnlichen Vergrößerungen oder Perringerungen der Sachen verſtecken und verftels len die Wahrheit ungemein. . Was ſoll man daher wohl viel von Zeugniſſen que Lob .oder Leistens reden und den Gedichten von eben der Art hala ten ? Sie ſind bei der Geſchichte nur in gewiffen

beſondern und klar ausgedrückten Umſtånden der Zeit, des Ortes und der Perſonen , die ihre Urheber ſehr gut haben wiſſen müſſen, und zu verheelen oder zu verſtellen keine Urſache gehabt haben , der Achtung würdig.

Stachelſtyriften ſollen ihrer Abſicht nach of fentliche und gemeine oder beſondre Fehler durch die Vorſtellung des lächerlichen an denfelben zu beſſern

ſuchen. Über die Wahrheit iſt in ihnen gemeinige lid unter Erdichtungen des Wiges , unter manchen fremden Umſtänden und geheimniſvollen Schilde. rungen ſo tief verſchloſſen , daß man ſie ohne einen beſondern Schlüſſel nicht aufſchließen kann. Die

Geſchichte muß ihnen vielmehr Licht geben , und ih re Schönheiten aufklären , als aus denſelben ein

Licht borgen. Sollte ſie noch ja einen Vortheil daraus

ziehen : ſo würde er bloß darinne beſtehen, daß ge. wiſſe herrſchende Fehler einiger Zeiten und die Ges müthsarten befondrer Perſonen theils daraus er . kannt, theils dadurch beſtåtiget werden möchten . Julians Stachelſchrift auf ſeine Vorgänger im Kaiſerthume mit Spanheims Anmerkungen , und das Catholikon von Spanien oder die Satyra Mes

1

Vorbereitung. I Abſchni.

48

Menippca auf die Bewegungen ben der unter dem

Namen der Ligue bekannten Verbindung in Frankreich , haben allein unter allen viele Stim .

men zu einiger Gültigkeit in der Geſchichte für fich.

Ueberhaupt aber iſt ben dem Urtheile von der

Gültigkeit der Zeugniſſe nod) zu bedenken , daßge meiniglich ben untergeſchobnen Schriften entweder ets was wahres zum Grunde liegt , oder unter das Fals ſche gemiſd;t ift. Die Dreiſtigkeit, ohne alle Ver.

anlaſſung durch Wahrheit falſche Werke auszudens fen , iſt allzu groß , als daß ſie fehr gemein fenn fónnte.

Wenigſtens haben den Urhebern die herr:

ſchenden Grundſåke , Meynungen und Sitten ihrer Zeit einen kleinen Schein der Glaubwürdigkeit ges geben . Es ſind daher auch untergeſchobne Werke nidye ſchlechterdings in allen beſondern Stücken für ungültig zu erklären : nur muß die Zeit , da ſie ents

ſtanden ſind, ficher, oder wenigſtens aus wahr: ſcheinlichen Gründen , bekannt ſenn ; denn nur für dieſe Zeit kann daraus einiges Licht geborgt werden. Noch weniger iſt bey achten Werken , die von fale

ſchen Erzählungen vol ſind, alles ohne Unterſchied,

als falſch , wegzuwerfen.

Inſonderheit, wo eine

gewiſſe Abſicht ihrer Urheber ', in welcher ſie mit

Unwahrheit umzugehen bemogen ſind , am Tage liegt, þat man nicht Urſache, alle andre Dinge , die in ſolche Abſicht keinen Einfluß haben , und dem Ge

fchichtſchreiber ſehr gut haben bekannt fenn können, fiir falſch zu halten.

Lind da endlich auch einzelne

Nachrichten , die falſch ſind, gemciniglich etwas

wahres zur Veranlaſſung haben : fo hat es , wofern die Sadie ſelbſt nicht ganz unerheblich iſt, oft einen

guten Nugen in der Geſchichte, ihrem erſten Ur. ſprunge nachzuforſchen. II. Ob

-

D

Beſchaffenheit der Geſchichte.

49

II. Ob nun gleich die Wahrheit der Zeugniſſe vielmehr von iſrer Beſchaffenheit , als von ihrer

Anzahl abhångt : ſo iſt dennoch auch dieſe bey Prů. fung derſelben nicyt aus den Augen zu feken.

Je

mehrere Zeugniſſe zur Beſtåttigung einer Begeben:

heit übereinſtimmen , deſto glaublicher wird dieſelbe: weil nicht zu gedenken iſt, daß viete Perſonen , wo

ſie einander nicht abgeſchrieben, oder ſich nicht beres det haben , auf einerley Art irren und in einerley

Abſicht einen gleich böſen Willen haben ſollten. Aber je mehrere Zeugniſſe von ganz verſchiednen Perſonen vorhanden ſind , deſto eher kann auch ein ſcheinbas rer oder wirklicher Widerſpruch unter ihnen ger funden werden : da denn entweder der Widerſpruch zu heben , ober nach einem ridytigen Grunde der

Beurtheilung eine Wahl des Wahren unter dem Tal ſchen zu treffen iſt. Dieſes , die liebereinſtim , mung oder der Widerſpruch iſt die gedoppelte

Abſicht, worinne die Anzahl der Zeugniſſe erwogen werden muß.

Will man durch die Uebereinſtimmung der

Zeugniſſe ihre Glaubwürdigkeit bewähren: fo nuus man weder unáhnliche, noch bloß nachgeſchriebne Zeugniſſe , wo ſie nicht als eine Beſtätigung von einem Zeugen , der die Sache eben ſo gut gewußt

hat, als der andre , anzuſehen ſind , auch keine verabredete Nachrichten unter die Anzahl bringen . Denn die erſten würden nichts bewähren. Die

andern beweiſen alle mit einander nicht mehr , als dasjenige Zeugniß , welches darinne bloß wieder. bolt wird.

Und die dritte Urt gehört unter die vere

dächtigen oder falſchen Zeugniſſe : indem es , die reine Wahrheit zu ſagen , keiner Verabredung ber Das lrtheil aber, ob Zeugnifie & hnlich) ſind, iſt aus der richtigen Erklårung und aufmerk. darf.

ſamen Betrachtung ihres Inhaltes zu fållen. I Theil.

D

06 man

.

50

Vorbereitung. I Abſchn .

man ſie für ähnliche Zeugniſſe von verſchiedenen Urhebern zu halten habe, muß aus den Zeiten und

ka

Dertern , wann und wo die Zeugen gelebt oder- ges ſchrieben haben , aus ihrer Verſdiedenheit oder Scheinwiderſprüchen in Nebenumſtànden , und aus

Brun

Gründen , warum es unglaublich ſeyn möchte, daß muß

fie alle aus einerley Quelle geſchopft haben ſollten, geurtheilt werden. Ob ſie endlich einer Verabres

de ca Feng

dung verdächtig ſind , oder nicht , iſt aus den pers haben

ſönlichen Umſtänden der Urheber , und aus der Bes Brugen trachtung der bezeugten Sache, nach ihrem Ver. | Ren nur

håltniſſe , theils auf die Abſichten der Zeugen , Vorshengig theil dadurd) zu erlangen , oder Schaden zu vermeis den, theils auf ihre Geſinnungen und Neigungen , zu

540: 16

ben di

entſcheiden .

Der Widerſpruch der Zeugniſſe iſt entweder diejela

ſtillfihweigend ,oder ausdrücklid . Auf den ſtill. John ſchweigenden Widerſprud, gründet ſich der Beweis,

unLONE

der wider die Glaubwürdigkeit einiger Begebenheis fiemurci ten von dem Stillſchweigen diefes oder jenen Geoinfall toelg fchichtſdireibers hergenommen wird. Wieweit die. fer Beweis gelten könne, iſt nach dem Unterſchiede der Umſtände zu beurtheilen . Findet ſich von der

Geſchichte , wohin die ſtreitige Begebenheit gehöret, nur einer, der dieſe Begebenheit erzählt , und ein anderer, der ſie verſchweigt : ſo kann auf das Still, fchweigen des einen wider die ausdrückliche Melo

dung des andern, wofern dieſer dabey feinen gegrún . deten Verdacht wider ſich hat , nicht mit Recht ges

drungen werden , wenn gleich die Sache jenem wohl bekannt gerseſen fenn můßte , und auch zu ſeinem

Zwecke gehört håtte ; ' weil es leicht geſchehen kann, daß ein einziger etwas überſehe oder aus der Acht laſje. Wenn aber unlåugbar ſeyn ſollte , daß die von dem einen erzählte Begebenheit mit den Um.

ſtånden der Perſonen , der Zeit und des Ortes, oder mit

Condi

1

&

Beſchaffenheit der Geſchichte.

51

mit andern unſtreitigen Begebenheiten nicht beſteßen fonne ; oder wenn der Urheber irgend offenbarer Mángel des Verſtandes oder Willens, worinne der Grund einer falſchen Erzählung ſehr wahrſcheinlicher Weiſe zu ſuchen wåre, überwieſen ſeyn ſollte: ſo muß das Stillſchweigen eines andern, der die Sa. che eben ſo gut gewußt, und zu ſeinem Zwecke, wenn ſie nicht falſch geweſen wäre , nothwendig angeführt haben müßte , vorzüglich gelten . Sind mehrere

Zeugen oder Geſchichtſchreiber vorhanden , von des nen nur einer oder die wenigſten eine gewiſſe Beges

benheit erzählen , indem die meiſten davon ſchwei. gen : ſo muß, wenn das Stillſchweigen der legtern einige Kraft haben ſoll, bewieſen werden , daß fie eben die Sache vollkommen gewußt haben , daß ſie

dieſelbe zu ihrem Vorhaben nothwendig angeführt haben müßten ; und daß ſie weder vorfeßlich, noch unvorfeßlich, davon hatten ſchweigen fónnen , wofern

ſie wirklid) vorgefallen wäre.

Ju dem umgekehr.

ten Falle, wenn nur einer oder die wenigſten davon

ſchweigen , muß noch vielmehr wider eine großre Anzahl von Zeugen eben daſſelbe hinlänglich dargea

than werden , ehe das Stilichweigen etwas gelten In benden Fällen aber wird der Beweis, den man von dem Stillichweigen bernimmt, merklich verſtärkt: wenn ſich mit Gewißheit, oder mit der

fann .

þódyſten Wahrſcheinlichkeit, erweiſen läßt , daß die Urheber der erzáhlten Begebenheit verſchiedene, und nach ihren Grundlagen oder Neigungen ſtarke

Bewegungsgründe gehabt haben , ſie zu erſin. nen ,

oder zu leichtgläubig und von allzu gea

ringer Einſicht geweſen ſind , ihre Falſchbeit zu erkennen .

Bey dem ausdrücklichen Widerſpruche find wieder andere und zweene unterſchiedne Wege zu wählen; nach dem der Widerſpruch entweder wirk: D 2 lidh,

52

Vorbereitung. I Abſon .

lidy, oder bloß ſcheinbar iſt. Widerſprechende Er: gåşlungen von einer Begebenheit ſind kein Grund, die Begebenheit felbſt ſchlechterdings zu låugnen : denn es kann entweder eine von den Erzählungen wahr, und die andre falſch, oder es können auch ben. de, in unterſchiedner Betrachtung, wahr ſeyn. Es muß daher ben folchen Erzählungen die erſte Bee mühung fenn , daß man unterſuche, ob der Wider,

fpruch bloß ſcheinbar und zu heben ſen , oder nicht. Zeiget ſich ben genauer Prüfung, daß unterſchiedné Betrachtungen Raum finden , unter welchen bender.

len Nachrichten wahr ſeyn können : ſo muß die Rich

tigkeit dieſer Betrachtungen durch hinlängliche Zeug niſſe , oder durch genugſam beſtätigte Umſtände, welche mit der erzählten Begebenheit zuſammen hans

gen , oder durch gute Gründe der Auslegungskunſt, gebührend beſtårkt werden . Dieß und nur dieß allein iſt die nůkliche, und gegründete Weiſe der Vergleichung wider einander laufender Zeugniſſe:

nicht der oft gewöhnliche Kunſtgriff, Muthmaßun. gen mit Muthmaßungen zu häufen , und davon ein großes , jedoch allezeit wankendes Gebåude auf +

zuführen ; wenn auch zu ihrer Erfindung noch ſo viel Scharfſinnigkeit gebraucht iſt. Da nun aber durch eine richtige Vereinigung der Widerſpruch entweder gånzlich gehoben , oder wenigſtens oft auf

Nebenfachen und wohl gar unerhebliche Umſtände zurückgefekt werden mag : ſo wird dadurch entweder

die erzählte Begebenheit gerettet, oder das Haupt. fachliche davon deſto mehr beſtåttiget. Allein folte auch ſchon befunden werden , daß der Widerſpruce auf keine Weife zu heben ſey : ſo muß doch desmors gen die Begebenheit ſelbſt nicht ſchlechterdings ver. worfen werden ; weil eine Nachrichi davon wahr fenn fann. Die bei der Geſchichte nothwendige Sorge für ihre Gewißheit oder böchſte Wahrſchein. lich

7



1

Beſchaffenheit der Geſchichte.

53

lichkeit erlaubt inzwiſchen nicht, es hierbey bewen . den zu laſſen , oder den Ausſpruch über die Wahrs

heit der einen und die Falſchheit der andern wills führlich oder aus unrichtigen Gründen zu thun. Zu den unrichtigen Gründen gehören alle diejenigen, welche nicht der innern und äußern Glaubwürdigkeit gemäß beſtimmt werden , weder auf eine nähere

noch entferntere Weiſe mit wirklichen Begebenheiten oder mit den Umſtänden der ſtreitigen Vorfälle zu .

fammenhangen , oder weder ein mittelbares noch unmittelbares Zeugniß für ſich Şaben. Auch würde es insbeſondre ohne guten Grund geſchehen , wena

man für diejenige Seite , an welcher ſichdie größte

Unzahl von Zeugen findet, ohne weitere Prüfung die Entſcheidung geben wollte.

Das Gegentheil

von dieſem allen gehört zu den richtigen Gründen , die das Urtheil hier leiten müſſen. Inſonderheit aber muß , ben gewiſſen Fällen , dasjenige , was oben zu einem Mittel , das Wahre von dem Fala ſchen zu unterſcheiden , vorgeſchlagen iſt, zur Ret . tung der Wahrheit angewandt werden . Uebrigens erhellet aus den bisher angeſtellten Betrachtungen, daß es ein unrechtmäßiges Verfahren ſeyn würde, alle diejenigen Begebenheiten , bey denen wider . ſprechende Nachrichten vorkommen , allezeit für un . gewiß, oder doch für unzuverlåßiger, als andere ; ju erklären. Wer die Menge und Schwierigkeit der im Vorhergehenden ausgeführten Beſtimmungs.

gründe zuverläßiger Erzählungen bedenkt, der wird leichtlich begreiſen , daß ein ſolcher Widerſpruch ben

den unlåugbareſten Begebenheiten ſelbſt Statt has fónne ben

.

Es mogen endlich ben einer Geſchichte alle in

nere und äußere Gründe der Glaubwürdigkeit ſich entweder mit Gewißheit , oder nur nach Wahrs

ſcheinlichkeit, beſtimmen laſſen.

Und nach dieſem /

lin .

Vorbereitung. I Abſchn ..."

34

Unterſchiede iſt die Erzählung derſelben entweder ge. wiß, oder weicht mehr oder weniger von der Gewiß heit zur Wahrſcheinlichkeit ab. 1

6. 10.

Es iſt nur noch übrig , von dem lekten Merk. maale, worauf die eigentliche Beſchaffenheit der Ges

ſchichte beruhét, von denmeikivürdigen Begeben. heiten reibſt, zu reden.

Nichts iſt für uns merk.

würdig , als was zur Beſſerung unſeres Verſtandes

.

und Willens, wovon die Beförderung unfrer Glück

feligkeit in allen Stücken abhängt , etwas beytragen fann : es geſchehe nun auf eine nähere oder entfern . tere Weiſe.

Ein Geſchichtſchreiber muß demnach Hierbey aber

nur ſolche Begebenheiten erzählen.

find zweene Abwege forgfältig zu vermeiden : er muß weder etwas, das zu ſeiner Abſicht gehört, wenn es nur in gewiſſer Betrachtung, oder für eine gê

Wifle Urt von Menſchen allein , merkwürdig , oder Tehr vielen bekannt iſt, deswegen ausſchließen ; noch dem Wunderbaren nachlaufen. $. 11.

Uus ben bisher geführten Beweiſen laſſen ſich noch einige Folgen ziehen , die zum Urtheile über die wahre Beſchaffenheit der Geſchichte behůlflich Ich will daher auch dieſe nicht vor: feyn können . berlaſſen.

Was wir aus einem hinreichenden Grunde für 'wahr erkennen , das nennen wir gewiß. Da nun

eine jede Erzählung, wenn ſie alle im Vorbergehen . den feſtgefegte Gründe der Zuverläßigkeit für fich þat , aus einem hinlänglichen Grunde für wahr er.

kannt wird : ſo hat die Geſchichte in dieſem Falle allerdings ihre Gewißheit.

Allein der Grund,

woraus man etwas für wahr erkennt, reicht entwe: der

1 1

3

1

11

Beſchaffenheit der Geſchichte.

55

der ſo weit , daß das Gegentheil ſchlechterdings für unmöglich : oder nur ſo weit , daß das Gegentheil

bloß bedingungsweiſe für unmöglich zu halten iſt. Jenes macht die mathematiſche: dieſes die ſitt.

licte Gewißheit, aus. Nun iſt dasjenige, deſſen Gegentheil bedingungsweiſe unmöglich iſt, wenn nur die Wahrheit der Bedingungen hinlänglich erwieſen iſt, eben ſowohl nothwendig, als das andere, deſſen Gegentheil ſchlechterdings unmöglich iſt: bloß mit dem Unterſchiede, daß das erſte nur eine äußerliche, das leßte aber eine innere Nothwendigkeit hat. Es iſt demnach mit der fittlichen Gewißheit eben ſowohl, als mit der mathematiſchen eine Nothwendigkeit, ob

gleich mit jener nur eine äußerliche Nothwendigkeit, verknüpft. Hat dann aber die Geſchichte eine andre und geringere Gewißheit ? So bald Begebenheiten in derſelben nach allen Gründen der Zuverläßigkeit

für wahr erkannt werden : ſo bald iſt die Bedin. gung , unter welcher das Gegentheit von dieſen Bea

gebenheiten unmöglich iſt , hinlänglich erwieſen.

Folglichhatdie Geſchichte in dieſem Falle ihre ſites liche Gewißheit, und daher auch ihre äußere Noth. wendigkeit zur Verſicherung ihrer Wahrheit. War. um follte man alſo eine beſondere biſtoriſche 3

wißbeit erſinnen, und dadurch den Werth der Gel

fchichte gegen andreWiſſenſchaften ohneGrundherun : terſeken ? Kann etwa jemand nach allen Gründen det

Zuverläßigkeit , die z. B. des Julius Cåfars Leben für ſich hat , ſich eher einfallen laſſen , daß niemals ein Julius Cåſar unter den Romern geweſen , als daß zweymal zwey nicht vier fey ? Jedoch iſt es nicht möglich , die Erkenntniß von allen Begebenheiten zu einer ſo großen Zuverläßigkeit zu bringen. Dieß

hat die Geſchichte mit vielen andern Wiſſenſchaften gemein.

Gleichwie man bey denſelben alsdann mit

der höchſten Wahrſcheinlichkeit zufrieden iſt: alſo D 4

darf

56

Vorbereitung. I Abſchn .

1

Darf man ſich auch bey der Geſchichte darüber keint Bedenken machen .

Wahrſcheinlich aber nennen

wir , was wir aus Gründen , die den hinreichenden Gründen mehr nahe kommen, als von denſelben abs weichen , für wahr erkennen.

Wenn daher aus der

Beſchaffenheit und Anzahl der Zeugen ſowohl, als der Zeugniſſe, ſolche Gründe für die Wahrheit einer Erzählung genommen werden können , die ſich den Hinreichenden Gründen mehr nåbern , als von dens felben abgehen : Po Bat ben der Geſchichte die Wabrfteinlichkeit Statt ; und dieſe wird zur

höchſten Wahrſheinlichkeit, ſo oft als es nur an einem einzigen Stücke von den hinreichenden Grunden fehlt.

Weichen dieſe Gründe von den

hinreichenden Gründen weiter ab , als ſie ſich ihnen

nähern : ſo wird die Erzählung unwahrſcheinlich). Entfernen ſie ſich davon eben ſo weit , als ſie ſich ihnen nähern : ſo iſt die Erzählung zweifelhaft. Werden endlich Begebenheiten aus nicht hinreichen . den Gründen für wahr angenommen : ſo iſt, in Ans

ſehung derfelben, die Geſchichte ungewiß , und beruht auf einer bloßen Weynung . Ben der unendlichen Verſchiedenheit der Beges benheiten iſt es unmöglich , daß alle gleich viele und gleich ſtarke Gründe der Zuverläßigkeit für ſid) has ben fouten.

Es ſind daher bey der Geſchichte die

verſchiednen Stufen der Zuverläßigkeit nach dem kurz vorher angegebnen Unterſchiede allemal ſorg. fåltig zu beſtimmen. Weil aber manche Begebens þeiten in der That hinlängliche Beweiſe für ſich haben , und nur die Zeugniſſe oder Nachrichten, die zu ihrer Bewährung nöthig ſind, zu gewiſſen Zeis ten noch verborgen und unbekannt bleiben ; weit wie.

derum andre aus bloßen Scheingründen bisweilen

Für wahr angenommen werden , und mit der Zeit oft

Beſchaffenheit der Geſchichte.

57

oft entdeckt wird , 'wie wenig dieſe Gründe hinrei. chen : ſo iſt daben zugleich zu bedenken , daß die

Zuverläßigkeit verſchiedener Begebenheiten, ſowohl in Abſicht auf ihre Gründe felbſt, als in Abſicht auf

die Erfenntniß einzelner Perſonen , ſteigen und fallen könne. Hierinne liegt der eigentliche Grund, warum auch ſelbſt ungewiſſe Nachrichten nicht

ſchlechterdings von einem Geſchichtſchreiber aus der Acht zu laſſen ſind: wenn nur ihre Ungewißheit auss drücklich angezeigt wird, damit ihnen niemand mehr

Werth beylege, als ſie haben. Sonſt dienet die Una gewißheit in der Geſchichte zu nichts , als zur Ver.

anlaſſung einiger fittlichen Betrachtungen , welche einem jeden leicht benfallen : wiervohl ſie der Hr. Abt

Lengler du Fresnoy ausführlich vorzutragen bea můht geweſen iſt * ). Nachdem gewiſſe Begebenheiten einmal durch hinlängliche Grinde ihrer Zuverläßigkeit ausges

macht ſind, kommt es nur darauf an, daß dieſe Gründe beſtåndig aufbehalten werden. Wenn alſo dieß geſchieht: ſo hat die länge der Zeit keinen Eins fluß, ihre Glaubwürdigkeit zu ſchwächen. Es iſt daher insbeſondre wider die chriſtliche Religion ein ungegründeter Einfall ihrer Beſtreiter, daß , in ro fern ſie auf 'gewiſſen Begebenheiten beruhe , die

Nachrichten von denſelben nach Verlaufe einer lang

gen Zeit ihre Zuverläßigkeit verlieren müſſen , w0s fern ſie nicht durch neue Wunderwerke beſtåttigt werden .

Geſchichtſchreiber bleiben als Menſchen allemal Frrthümern und Fehlern unterworfen. Deswegen iſt aus der bekannten Glaubwürdigkeit eines Geo

fchichtſchreibers nichtdie Folge zu ziehen, daß in dem D5

ganzen

**) Methode pour etudier l'hiſtoire in fünf Theilen in (4), Supplement, Diſcours IV. p. 33-48.

Vorbereitung . I Abſchit.

58

ganzen Umfange ſeiner Erzählungen keine unſichere Nachricht vorkommen ſollte. Im Gegentheile iſt es , nach den oben ( S. 9.) ſchon angegebenen Grün. den , eben ſo wenig eine Folge, daß alte Nachrich. ten eines Geſchichtſchreibers , dem es an Olaub. würdigkeit fehlt, unrichtig ſeyn ſollten. Auf die Gründe der Zuverläßigkeit , welche die erzählten Begebenheiten für ſich haben, kommt bey der Ge ſchichte das Hauptwerk allemal hinaus. Es ſind daher dren ganz verſchiedne Betrachtungen : ob eine Begebenheit auf ſichern Gründen der Zuverläßig .

keit beruhe ; ob ein Geſchichtſchreiber glaubwürdig fen ; und ob es mit dem ganzen Inhalte feines Ges ſchichtbuches in allen beſondern Stücken , oder wenig

ſtens in Abſicht auf den Hauptinhalt , feine voll kommne Richtigkeit habe . Ein jedes fann in ges wiſſen Fällen ohne das andere beſtehen . Inzwiſchen dient es zu keiner geringen Beſtåttigung der Bege.

benheiten , wenn einige dieſer Betrachtungen , oder 'alle , zuſammenkommen .

Eine gute Geſchichte muß nach ihrer bisher beſtimmten Beſchaffenheit gewiß , oder wenig. ſtens wahrſcheinlich , mit großer und vernünf

tiger Einſchränkung betrachtend ,

pragma.

'tiſit), ordentlich), nach einer guten Lehrart

eingerichret , ausführlich und vollſtändig , ge nau , richtig , fachreich), fruchtbar , und in ei.

ner, Przählungen gemäßen , Schreibart abge faßt feyn (9. 3. 4.6 ).

Der 1

59

Der zweyte Abſchnitt. Von dem Nußen der Geſchichte und den ſchwachen Einwürfen wider dieſelbe.

I 11 h a 1 t. Die Geſchichte hat theils einen allgemeinen , theils einen beſondern Nugen , 9.12. Worauf der allgemeine Nutz Ben ankomme, $. 13.

§. 13 .

Sie beſſert die Erkenntniskråſte,

Sie bildet den Geſchmack , S. 14.

Sie thuc

dieſe Dienfte mit großer Anmuth , und auch hiedurch

befördert ſie die Vollfommenbeit der Seelenkrafte, . 15. Sie vermehrt die Erkenntniß felbft , .9.16 , Sie macht uns mit dem erheblichſten Theile des menſchlichen Ges

ſchlechtes von entfernten Zeiten und Dertern bekannt, Sie lehret uns unſre eigne Seele und die Ges můther der Menſden befier kennen , S. 18. Sie erleich : 9. 17.

tert und befördert die Eufenntnis von Sugend und Las

ſter , S. 19. Sie unterſtützt die Erkenntniß Gottes und gdttlicher Dinge , S. 20. Cie iſt überhaupt einmittel zuni Unterrichte in vielen Wahrheiten für einen jeden ſelbſt und für andere, 9. 21 . Sie macht auch nicht wés niger den Willen vollkommen , J. 22. Sie unterhålt

durch ihre Anmuth die Wirkſamkeit des Willens g. 23. Sie erhöht die Empfindlichkeit des Herzens, g. 24. Sie ftår fet die Neigung zu einer rúhmlichen Geſelligkeit, $ .25. Sie befördert die Tugend und hemmet den Lauf des Las

ſters , 6.26. Sie befördert auch die Gottſeligkeit, $ 27 . Sie hat endlich einen großen Einfluß in das menſdliche Leben, die Handlungen vortheilhaft und klug einzurich . ten, ſ. 28. Worinn der beſondre Nußen der Geldjid te zu ſuchen ſer, $. 29. Sie dienet den Staatslenten, S. 30. Sie iſt den Vorſtehern der Kirchenregterung mißlich, $. 31.

Sie iſt eines der beträchtlichſten Hálfsmittel für

Feldherren und Kriegsleute , $. 32. Sie iſt für die Ges ! lehrſamkeit und Künſte überhaupt ſehr vortheilhaft, $ . 33.

Sie iſt endlich den Gelehrten bey allen beſondern 'The len

Vorbereitung. II Abſchn.

бо 1

len der Gelehrſamkeit , und den Künſtlern in allen bes ſondern Arten der Runſt unentbehrlich , $. 34 .

Ob die

alte oder neuere Geſchichte die núşlidiſte and nothwen . digſte ſey , $. 35. Woher die Einwürfe rider die Nuß. barkeit der Geſchichte genommen werden , 1.36. Beant. wortung der Einwürfe wider die Geſchichte, welche aus ihrer vorgegebnen Beſchaffenheit hergeleitet werden , 9. 37. Beantwortung derer Einwürfe , die man aus den Fole

gen des auf die Geſchichte gewandten Fleißes bereiſen wid , . 38.

8.

12.

o viele Schwierigkeiten , als mit der Geſchich . te nach den bisher vorgeſtellten Gründen vers knüpft ſind , könnten vielleicht manchen hins

långlich ſcheinen, ſich von derſelben abſchrecken zu laſſen.

Uber ſie ſind ja nicht allgemein : und alle

Laſt davon fålt mehr auf den Geſchichtſchreiber, als auf den Leſer. Was noch mehr iſt ; bie Bemühung bey dieſen Schwierigkeiten kann , als eine Uebung des Geiſtes, niemals ohne Anmuth und Vergnügen fern : wer aber läßt ſich wohl ſo leicht cine anges Endlich überwiegt der

nehme Mühe verdrießen.

vortreffliche Nußen von der Geſchichte um ein un. endlich großes alle Beſchwerden , die man bey ihr zu übernehmen har. Niemand ift, der nicht an dem Nußen derſelben Theil haben fónne : ob er wohl bey einigen geringer , ber andern größer iſt.

Ben ſehr vielen ſteigt er bis zur Unentbehrlichkeit. Das werde ich mid ) ißt zu zeigen bemühen.

Ich

will zuerſt von dem allgemeinen , hernach von dem beſondern Nußen der Geſchichte reben. .

Alles , was unſere Vollkommenheiten und da. durch unſere Glückſeligkeit auf irgendeine Weiſe be.

fördert, hat für uns einen husen.

Es iſt daher zu

2

#1

1

Nußen der Geſchichte.

61

zu erklären, wie die Geſchichte theils überhaupe, theils insbeſondere, die Vollkommenheiten der Mena ſchen befördere.

Alle Vollkommenheiten derſelben

aber gehören entweder ' zu der Seele , oder zu dem Jeibe , oder zu dem äußerlichen Zuſtande. Nun iſt die Geſchichte eine Art der Erkenntniß, und alſo eigentlich ein Werk für die Seele. Der Leib und der äußerliche Zuſtand können dadurch nicht anders gebeſſert werden , als in fo fern die menſchlichen Handlungen ſe nach derſelben beſtimmt werden, daß ſowohl auf den Leib , als auf den äußerlichen Zui ſtand , Vollkommenheiten daraus fließen .

Der

allgemeine Nußen der Geſchichte wird demnach auf die Vortheile, welche die Seelenfräfte, und durch die Verbeſſerung derſelben die Menſchen überhaupt in den Handlungen des Lebens, daraus ziehen, jua růckzuleiten feyn. S. 13.

Eine Menge von merkwürdigen Begebenheiten , wie die Geſchichte vorſtellt , zieht natürlicher Weiſe, nach dem Triebe zur Vollkommenheit und der darinn gegründeten Neubegierde, die Aufinerkſamkeit an ſich. Alle beſondere Umſtände einer jeden Begebena heit machen in ihrer Verbindung , zu dem Einfluſſe in die menſdyliche Glückſeligkeit, das Merkmürdige aus. Dieſe unterhalten daher die Aufmerkſamkeit, und führen ſie unvermerkt von einem Stücke zum an, dern . Dadurch wird die Ueberlegung erweckt. Nach den Gefeßen der Einbildungskraft fallen als. dann der Seele zugleich manche Vorſtellungen ein, die mit den ißt durch Aufmerkſamkeit und Ueberlea gung belebten Begriffen von den Begebenheiten und

ihren Umgånden entweder eine Aehnlichkeit haben , oder mit den vormals gefaßten und iſt wieder er. regten Vorſtellungen verknüpft geweſen ſind. So wiro

62

Vorbereitung. II Abſchn.

wird die Pinbildungskraft nebit dem Gedacht.

niſſe in Wirkſamkeit gefeßt. Bey ſo mancherley Vorſtellungen werden leicht,Aehnlichkeiten und Un. ähnlichkeiten unter denſelben bemerkt. Dieſe be.

ſdjåffriget das Vergleichungsvermogen und den Wi .

Weil aber hiernächſt aus der gegenwärti.

gen Betrachtung der Lehnlichkeiten oder Unáhnlich.

feiten, natürlicher Weiſe die Vorſtellung von der Uebereinſtimmung oder Verſchiedenheit mehrerer Be. griffe unter einander erfolgt: ſo nimmt auch die

Beurtheilungskraft daran Theil. Eben ſo leicht zeigen ſich dann unter den verſchiebnen und dem Ver .

ſtande gegenwärtigen Urtheilen ſolche , aus denen ſich andere entweder unmittelbar , oder durch die Ver: bindung zweener Begriffe mit einem dritten, herleia ten laſſen. Und ſo wird das Vermögen zu ſchlieſ: ſen geübt. Endlich iſt es bey dem allen unmöglid), daß der Geiſt nicht beſtåndig die wahre Beſchaffen. heit vieler Dinge und ihrer Folgen überlegen ſollte. Auf die Weiſe wird auch, die Lrwägung oder Bes

trachtung unterhalten und geſchårft. Man hat al To Recht zu ſchließen, daß die Geſchidste alle Erkennt. nißkräfte durch die Beſchafftigung und Uebung der.

felben vollkommen mache. Um ſich durch einen Ver: fuch ſelbſt davon zu überzeugen, darf man nur einen oder den andern Zeitkreis von merkwürdigen Bege benheiten in den griechiſchen oder rómniſdien Muſtern der Geldichtſchreiber mit Aufinerkſamkeit leſen. Aber hat die Geſchichte das nicht mit allen Wife

ſenſchaften gemein ? Und muß man nicht nod) daju geſtehen , daß diejenigen Wiſſenſchaften , welchemehr

Liefſinnigfrit, mehr Schårfe im Denken , erfors Dern, dieß weit mehr rhun ? Es iſt bendes wahr. Dennod, bleibt der Geſchichte hierbey etwas eigenes.

Und das iſt die leidyre 2lrt und Weiſe , wie dieſer

Vortheil durch die Geſchichte erhalten wird. Bey ten

A

Nußen der Geſchichte.

63

den übrigen Wiſſenſchaften wird eine beſtåndige na ſtrengung der Seelenfråfte zu allgemeinen und von ‫ܛܐ‬

dem Sinnlichen entfernten Begriffen erfodert: die

Großenwiſſenſchaft alleine erleichtert dieſe Schwic: rigkeit einigermaßen durch die ben derſelben gewohn. lichen Zeichen und äußerlichen Abbildungen. Die Geſchichte hingegen giebt beſtàndig faßliche Vorſtel

lungen von merkwürdigen und wirklichen Dingen, die zur Empfindung gebracht werden können undoha ne Unterlaß Empfindungen erneuern. Durch einen ſo leichten Weg befördert ſie die Uebung und Beries

.

tung aller übrigen Erkenntniſfráſte. Iſt das alfo nicht ein ihr eigenthümlicher Nußen ? Und wie wez nig hat ſie es daher verdienet, für ein bloßes Werk

des Gedichtniſjes geſcholten zu werden ?

ho

S.

14.

In der erſtaunlichen Reihe von Begebenheiten ,

welche die Geſchichte vortrågt, find unzählige Voll, kommenheiten und unvollkommenheiten der Mens

ſchen und ihrer Handlungen ſowohl, als andrer Din . ge eingeſchloſſen , und werden durch die beſondern Fålle, worinnen ſie ſich zeigen , finnlich vorgeſtellt. Der Geiſt des Menſchen fann ich alſo nicht entziehen, dieſe Vollfommenheiten oder Unvollkommenheiten zu empfinden : da ſie ihm beſtändig mit den Bege. benheiten , die er ihrer Merkwürdigkeit wegen willig begreift , zur Empfindung vorgehalten werden . Die Vollkommenheiten , welche durch die Empfindung er

kannt werden können , machen das Schöne aus : 4

die Unvollkominenheiten , die ſich auf eben dieſelbe Art erkennen laſſen, das Baßliche. Nun heißt die Fertigkeit der Seele , das Schöne und Haßliche zu erkennen, der Geſchmack des Geiſtes.

Die Bes

fchichte giebt demnach audh dem Geſchmace eine Uebung. Und da ſie zugleich das Schöne und Haß . liche

64

Vorbercitung. II Abſchni.

liche auf eine der Empfindung faßliche Art , und ro lebhaft, in allen Benſpielen vorſtellt: fo iſt ſie auch felbſt ein gutes Mittel , den Geſchmack zu bilden .

S. 15 :

Indem die Geſchichte dem ganzen Erkenntniße vermogen nůßt , thut ſie dieß auf eine folche Wriſe,

daß der Geiſt ben allen feinen Uebungen nicht die geringſte Schwierigkeit, keine ermüdende.Unſtrene gung ſeiner Kräfte ſpåret.

Er merket daben viele

mehr, daß er ſo viele Dinge zu faſſen, zu vergleichen zu beurtheilen , nach ihren Schlußfolgen zu übers

ſehen, und über alles Betrachtungen anzuſtellen Står ke genug hat , und daß ihm dieß alles ſo leicht wird. Hieraus muß nothwendig eine anſchauende Erkennt

niß ſeiner Vollkommenheiten und alſo ein Vergnů. gen ber ihm entſtehen. Die Geſchichte iſt folglich eine angenehme Beſchafftigung für ihn . Bey ana

dern Wiſſenſchaften iſt auch wohl ein ſolches Vera gnügen , und bisweilen noch um ſo viel größer , ie

größer die Vollkommenheit iſt, welche die Seele, bey der Einſicht in die tiefſinnigſten und ſchwereſten Wahrheiten ; an ſich erkennt. Aber die große Bes mühung, die ſie dabey oft anwenden muß , ſchwächt das Vergnügen , theils durch die Ermüdung, theils durch die Empfindung der Schwierigkeiten , welche ſie daber) gefunden hat. Die Geſchichte hingegen låßt dieſen Störungen des Vergnügens, keinen Play,

weil ihre Erfenntniß ro leicht, und zugleich ſo man nigfaltig iſt. Denn ob man gleich die Mennung des Verfaſſers von dem Lehrbegriffe der angenehmen Ema pfindungen * ) nicht annehmen darf , daß dieſelben

gånzlich auf eine recht gemäßigte Wirkſamkeit der Kråfte *) Theorie des ſentimens agrcables,



1

3

3

Nußen der Geſchichte.

65

Kråfte ankommen : ſo iſt doch gewiß , daß ohne eis ne Wirkſamkeit und ihre gehdrige Mäßigung kein Vergnügen Statt finden oder lange beſtehen könne. Es iſt alſo der Geſchichte dieſe Anmuth ohne über: triebnes Beſtreben als etwas eignes zuzuſchreiben . Ueber dieß ſind nicht alle Menſchen von der Stärke des Geiſtes , daß ſie das Vergnügen von höhern

Wiſſenſchaften ſchmecken können. Die Geſchichte Hat daher auch noch dieß Befondre , daß ihre Ans muth allgemeiner iſt. Dafür redet, außer den an.

gezeigten Gründen ſelbſt die Erfahrung. Man er: innere fich nur des Franz de la Noche le Vayer, eines Beſtreiters der Geſchichte und ihrer Zuverlaf

ſigkeit, und bedenke, wie viele Kraft die Anmuck der Geſchichte ben ihm gehabt baben müſſe, daß er, ungeachtet aller ſeiner Vorurtheile wider dieſelbe, fich damit nicht allein bis in fein hohes Alter beſchaffti. get , ſondern auch noch auf ſeinem Todbette, als er

ſich nur eben erſt aus einer Ohnmacht wieder erhohlt hatte, den damals aus Indien zurückgekommnen Bernier um Nadzrichten von dem großen Mogol gebeten hat. Ich entlehne dieß Beyfpiel von dem

Hrn. Dr.Baumgarten * ), ob es gleich auch ſonſt befannt iſt.

Hat dann aber dieſe Anmuth der Geſchichte nicht aud) einen Einfluß auf die Beſſerung der Erkennt nißkråſte ? Wer fönnte das läugnen ? Sie dient das durch zu einer guten Beſchafftigung : wenn ſonſt ben manchen der Müßiggang bieſe Kräfte unwirkſam und ungeübt liegen laſſen würde. Sie dient dadurch zur Erhohlung : wenn ſonſt dieſe Kräfte , durch ih. re beſtåndige Anſtrengung geſchwächt, eine Zeitlang

ohne Wirkſamkeit ruhen müßten. Sie dient end . lich dadurch zur Beförderung der Lebhaftigkeit dies ſer

*) Am angef. Orte, S. az. Anmerk. I Theil.

66

Vorbereitung. Il abſchn .

fer Kräfte in allen ihren Wirkungen : dennwerweiß nicht , wie viel beſſer dem Geiſte alles von ſtarten

geht , wenn er durch eine wahre Anmuth gleichſam rung der Vollkommenheiten des Erkenntnißvermo.

neu belebt iſt ? Muß nicht dieß alles zur Vermeh .

gens gereichen ? +

$.

is,

16 .

Aber die Geſchichte übet und beſchafftigèt nicht al. lein die Erkenntniſkråfte : ſondern ſie ertheilt auch Felbſt einen Schak von mancherley Erkenntniß. Was für eine Menge von Dingen wurde uns ohne dieſel. be unbekannt ſeyn : wie viele Verknúpfungen von

Urſachen und Wirkungen , Abſichten und Folgen ; wie viele Werke der Natur und Kunſt !

1

$. 17. Wäre es inſonderheit nicht eine traurige Ein, ſchránkung unſrer Erkenntniß , wenn wir mit dem ganzen menſchlichen Geſchlechte keine weitere Bes kanutſchaft båtten , als die wir in der kurzen Zeit unfies Lebens durch eignen Umgang mit einem Flei. nen Theile der Menſchen erlangen könnten ? Den: noch würde dieß unſer Schicfal ſeyn : Wenn die

: Geſchichte uns nicht zu Hülfe fåme. Dieſe aber führet uns in die entfernteſten Zeiten, an die entles genften Derter.

Sie entdeckt und den Urſprung,

den Fortgang, den Wechfel menſchlicher Geſellſchaf ten, und überführt uns von ihrer Nothwendigkeit.

Sie ſtellt uns die erheblichften Perſonen aller Zeiten nad ibren Vorzügen oder Mängeln vor. Sie i macht die mancherley Erkenntniß und Erfindungen in jedem Weltalter , nebſt ihren Frichten , zu un, frem Gebrauche gemein . . Sie lehrt uns den glückli. schen Erfolg kluger und tugendhafter Unternehmun.

gen , und den unglücklichen Ausgang thòrichter und laſter.

Nußen der Geſchichte. laſterhafter Anſchlåge.

67

Sie legt uns die Mittel

vor Augen , wodurch große Leute große Abſichten glücklich ausgeführt haben . B.

18.

Unſre eigne Seele und das menſchliche Herz find für uns die größten Geheimniſſe in der Natur. Bir

müſſen ſie vornehmlich aus den Wirkungen , die wir daven wahrnehmen , zu erkennen ſuchen .

Die Er.

fahrung aber von uns felbſt und von dem kleinen Theile der Menſchen, mit denen wir in unſrem les

ben Gemeinſchaft haben können , iſt dazu gar nicht nicht hinreichend. Die Geſchichte thut uns hier die vertrefflichſten Dienſte.

Sie giebt uns in wirkli.

chen Beyſpielen zu erkennen , wie weit die Stärke des menſchlichen Geiſtes reiche: ſie zeiget uns in den .

felben den Unfang und die Schranken ſeiner Kräfte. Sie entdecket uns eben ſo die mancherley Triebwerke des Willens , die Tücke des Herzens , und die Vera ſchiedenheit der Gemüther : fie überzeugt uns , daß

oft fteine,jawohl gar lächerliche Bewegungsgründe, oft bloße Benſpiele , oft boshafte Gefinnungen , oft Eitelkeit , oft Meynungen , oft die Religion , oder ein Vorwand derſelben , die Quellen großer Unter : nehmungen ſind * ). . 19.

Es iſt eines der beträchtlichſten Stücke, daß die Geſchichte Tugend und { aſter mit iğren verſchiednen Folgen in unendlich mannigfaltiger Geſtalt abbilder. E 2 Nie ) Diſcours de l'ufage de l'hiftoire , par Mr. Þ'Abbé de St. Real. Dieß ſind fieben beſondere Betrachtungen, welche der ſchon angeführten Ausgabe von des Lenglet da

Fresnop Methode pour etud. l'hiſt. (8) cngehängt ſind. Von einigen dabey ndthigen Einfchränkungen werde ich als: bald reden .

68

Vorbereitung. H Abſchn.

Niemand kann wohl von ſo geringer Fähigkeit ferm ,

daß ihm die eigentlichen Merkmaale von beyden niche faßlich werden ſollten : da fie ihm in ſo vielen befon .

bern Fällen gleidyſam mit lebendigen Farben vor Aus gen gemahlt ſind. Was ſonſt durch allgemeine Be. trachtungen mit Mühe , und ohne eine fo angeneh . me Erleichterung, begreiflich gemacht werden muß, das lernt er hier unvermerkt und vollkommen ben einem kleinen Nachdenken. Indem aber Tugend und { aſter in wahren und merkwürdigen Begeben.

Heiten vorgeſtelltwerden : ſo zeigen ſich auc) zugleich die Mittel zur Tugend , und die (dynöden Bege, weldie das (after dagegen wählen muß. · Die Ger ſchichte hat demnach auch hierinnen einen unſdagba. ren Nußen , daß fie die genaueund richtige Erkennt

niß von Tugend und after , von ihren Folgen und

iſt

von den dabey nöthigen Mitteln erleichtert und be.

fen

fördert.

erha

f. 20. Iſt uns die Erkenntniß von Gott und göttlichen Dingen billig theuer und werth : ſomüſſen wir noch. wendig auch die Vortheile, welche und die Geſchid . te dazu anbietet , nichtgeringeachten . Nidyrs zeuget fo offenbar von einer unendlich weiſen , mådyeigen und gütigen Regierung , vor einer allgemeinen und

beſondern Vorſehung eines Höchſtens Wefens, als die ganze Reihe und Verknüpfung der Begebenheiten in der Welt. Nichts iſt geſchickter, die Art und Gins richtung , nach welcher Gott die Welt regiert , das vollkommenſte Verhalten in ſeiner Oberherrſchaft,

und die Grundfäße ſeiner Vorſehung und Regierung 'begreiflich zu machen . Nichts reder deutlicher von

der fråftigſten Beförderung des Guten und Hem. mung des Boren durch eine unſichtbare Hand . Abet

was noch mehr iſt, ſelbſt die Erkenntniß der geof: fens

30. wait

Sam

Nußen der Geſchichte.

69 .

fenbarten Religion findet hier eine wichtige Hülfe. Die ganze Geſchichte beweiſet die Nothwendigkeit ei. ner Offeabarung, und die Größe der Wohlthat, die

dem menſchlichen Geſchlechte dadurch wiederfahren

ng

S

Die

iſt : indem ſie von dem allgemeinen Verderben der Menſchen und dem Verfalle der wahren Erkennt.

niß fo wohl, als der wahren Gottſeligkeit, die una láugbareſten Proben darſtellt. Ja, da die Offenba . rung in der heiligen Schrift wirkliche Begebenheis ten , die mit vielen andern zuſammenhangen , zum Grunde hat , und auch ihr Beweis durch die Wuns, derrperkeund Weißagungen eine Prüfung der Zue verlaßigkeit , welche die Nachrichten davon für ſich Kaben , und , in manchen Fällen , beſondre Ståde der Geſchichte zu ſeiner Bekräftigung erfordert : 10

zand

iſt dieGeſchichte zurgründlichen Erkenntniß der Df

3

fenbarung unentbehrlich. Wie viele Beſtåttigung erhalten nicht ihre Lehren durch die Geſchichte der Juden und derer Völker, mit welchen ſie Gemein , ſchaft und Verbindung gehabt haben ? Wie viele Einwürfe wider dieſelbe , wider ihren wahren Urs

PHP

fprung und ihr Utterchum , wider ihren vortheilhafo

H3

ten Einfluß in das Wohl des gemeinen Weſens,wis der ihren Vorzug vor allen fålſchlich aufgeſtellten

tick

1167

Offenbarungen , müſſen nicht gånzlich hinfallen, ſo bald die Geſchichte ihre Schwache und Falſchheit

5,1

aufdeckt ! Und wie wenig können ſich an der einen

C ៦G

Seite Überglauben und Schwärmeren, an der an. dern Unglaube und Freygeiſteren behaupten : wann

af,

die Geſchichte die faulen Quellen und ſchnóden Merke

er

maale Derſelben, die Nichtigkeit und Falſchheit in.

( ITE

rer auf gewiſſe Begebenheiten gebaueten Scheingrún

ier

de vor Augen ſtellt ?

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8.

21,

0. IM

Xus der Verſchiedenkeit der Erfemitniß , wozu

PIT GT

die Geſchichte , nach den bisher angegebenen Be. • E3

trady9

70

Vorbereitung . II Abſchn .

trachtungen führt, fließt von ſelbſt, daß fie ein er. hebliches Mittel zum Unterrichte für einen jeden fer.

Die Faßlichkeit aller,dieſer Erkenntniß , da ſie die felbe in wirklichen Begebenheiten und in Beyfpiclen von vielen merkwürdigen Dingen , leicht zur Em .

pfindung bringt. , unddie damit verknüpfte Anmuth, machen ſie dazu noch bequemer. Eben daher iſt ſie auch zur Unterweiſung andrer ein fo gefchicktes Hülfs. mittel , daß nicht nur der ålteſte Linterridit der Men .

ſchen durch Erzählung wirklicher Begebenheiten, die man dann , dem Gedächtniffe aufzuhelfen und ihre weitere Fortpflanzung zu befördern , nach der Dichts kunft eingekleidet hat , und, zur Erregung des Man. gels an wirklichen Begebenheiten , durch Erdichtuns gen und Fabeln geſchehen iſt, ſondern auc, Gott fels

ber in ſeiner Offenbarung dieſen Weg zur Belehrung

des menſchlichen Geſchlechtes.gewählet hat. S. 22. Wie eine Beſſerung der Erkenntnißkräfte und

eine merkliche Erweiterung der Erkenntniß felbſt,

nach einer natürlichen Folge, den Wilfen des Mens fchen vollkommner zu machen dienen : fö. kann man nun auch der Geſchichtedieſen Nußen nicht abläugnen . Allein die Vortrefflichkeit deſfeiber verdient wohl eis

ne ausführlichere Erklärungi

S. 23. Die Anmuth der Geſchichte fann einem gebele ferten Willen nicht gleichgültig reyn : da eine Gleichs

gültigkeit gegen ein wahres Vergnügen oder Mise vergnügen wider die ganze Natur des Menſchen ſtreja.. tet. Es wird alſo durch die Unmuth , welche die

Geſchichte mit ſich führet, die Neigung zu einem wahren Vergnügen , und mit derſelben zugleich die Abneigung von einem wahren Misvergnügen beſtån . dig

1

7 Mugen der Geſchichte big rege gemachtund , wirkſam erhalten. Hier. durch wird der Wille immer meør und mehr zur

Beobachtung der Pflicht , alles wahre Vergnügen zu ſuchen , gelenkt und geleitet.

Daaber aud; ben

der Beſchafftigung mit der Geſchichte ein wirkliches Vergnügen in der Seele Plak findet , und dieß die ſtårkſte Triebfeder zu den Handlungen iſt, ja alle Wirkſamkeit gleichſam neu belebt: ſo reizet die Ge.

8. fchichte durch ihre Unmuth den Willen nicht weni,

ger, fich ben allen übrigen lInternehmungen deſto gee ſchafftiger zu erweiſen, damit man dabey eines wah.

ren Vergnügens theilhaftig werde. $. 24. Die vielen Benſpiele der Tugend und des {a.

ſters , des Gluckes und Unglüces , wie auch des ge. wöhnlichen Wechſels menfchlicher Dinge können un . möglich ſo lebhaft, als es die Geſchichte thut , "vor, geſtellt werden , ohne ein inneres Gefühl von dem

s

!!

chi

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IETO

Reize der Tugend und der Håßlich keit des Safters, ein Mitleiden mit den Unglücklichen , ein Vergnů.

gen an dem wohlverdienten Glüce der Tugendhafa ten , und überhaupt eine Theilnehmung an dem Schickſale anderer Menſchen , zu erweden und zu

unterhalten . Muß aber hierdurd, das Herz nicht zu ciner wahren Empfindung des Guten und Bóſen, im Sittlichen ſo wohl,als Natürlichen , unvermerët ge wohnt werden ? Und muß demſetben nicht dieß Geo fühl in andern Fällen dadurch deſto leichter ſenn ? Man kann alſo nicht anders Denken , als daß die

Geſchichte die nöthige Empfindlichkeit des menſchli. chen Hvetjens vermehre und erhebe. . 25.

Wenn durch die Geſchichte eine Bekanntſchaft mit dem erheblichſten Theile der Menſchen gemacht, E 4

wenn

72

Vorbereitung. II Abſchii.

wenn die Verbindung der vorhergehendenumo nachfols genden Geſchlecyter , der alten und neuern Geſellſchaf

ten , dem Gemůche eingeprågr; wenn die Noth wendigkeit der Gemeinſchaft mit andern zur gegen .

ſeitigen Unterſtügung, durch rührende Beyfpiele gee

zeigt, und der große Vortheil, den die Nachkom . men von den Einſichten und Handlungen ihrer Vors . fahren gehabt haben , lebhaft vorgeſtelltiſt (9.17) :

ro muß nothwendig die natürliche Neigung zur Go ſelligkeit dadurch belebt , geſtärkt und auf die Pflicha ten gegen Vorfahren und Nachkommen ſo wohl, 1

als gegen Zeitgenoſſen, geführetwerden . Wie groß iſt nicht dieſer Nußen für die menſchliche Gefell. ſchaft : wie groß nicht die dadurch erlangte Vollfom . menheit des Willens ein zur Bewohnheit geword: nes Beſtreben , nicht bloß ſich ſelbſt, ſondern affen Hebrigen zum Beſten zu leben . S. 26 . Das Siebenswürdige und Erhabne der Sugend

an der einen , das Haßliche und Niederträchtige des Jaſters, an der andern Seite , welches die Geſchich . te in vollem lichte durch merkwürdige Benſpiele dars ſtellet (S. 19.) , muß nothwendig das Herz rühren, und ihm unvermerkt eine Neigung zur Tugend und

einen Abſcheu vor dem Jafter einfößen. Die Na. tur der menſchlichen Seele und die Erfahrung reden bende nachdrücklich für dieſe Wahrheit. Da nun noch über dieß in den wirklichen Beyfpielen nicht allein die Möglichkeit einer erhabnen Tugend , fons bern auch die mannigfaltigen Mittel dazu , . unter Deren Menge gewiß ein jeder einige ſeinen Umſtån . ben gemäß finden wird , klar vorgehalten werden ; ba wiederum in andern Beyſpielen die ſchnoden

Kunſtgriffe , welche Das Cafter beſtånbig gebrauchen muß, und die eben ſo ſchimpflichen als unglückſeligen Fol.

1

Nußen der Geſchichte.

. thing

73

Folgen davon , fich offenbar zeigen : 'fo muß jene Neigung und jener Abſcheu dadurch noch lebhafter Wie ſollte dann nicht ein Eifer zur Nachs

23

werden ,

Cikga

ahmung der Tugend und zur Vermeidung des la. ſters entſtehen ? Es iſtzwar nicht zu läugnen , daß

eine gute Handlung , die bloß zur Nachahinung, oder aus keinem andern Grunde , als aus eitler

9:10

Ruhmbegierte, ſich mit andern durch ähnliche Bes ge gleiche Eyre zu erwerben , ausgeführt wird, bloß den äußerlichen Schein von der wahren Tugend an

Sie

Recht gehabt, die Tugend , welche ſich bloß auf

fich hat ; und ſo weit hat der Abt von S. Real (

Beiſpiele gründet , zu verwerfen *): aber es wird die Sache augenſcheinlich übertrieben , wenn man deswegen behaupten wil, daß die Geſchichte nicht

durch die Beyfpiele ; durd) die in denfelben gezeigte Möglichkeit, und durch den eben darinne angewieſe. nen Gebrauch der Mittel , die Tugend befördern Denn die ro deutlich darinne abgeſchilderte follte.

Vortrefflichkeit der Lugend muß nochwendig, nach dem angebornen Triebe zur Vollkommenheit, das

Herz an ſich ziehen : und eitle Ruhmbegierde, Ehr. ſucht, oder Neid fo allgemein anzunehmen , daß fie beynahe, die einzigen Triebfedern, ju tugendhaf.

2 9

fa iget

File

ten Handlungen ſeyn ſollten , iſt eine unbillige Ents ehrung der Menſchheit. Eben deswegen kann man auch dem Hrn. Abte nicht ſchlechterdings Darinne

Recht geben , daß vielmehr die Saſter als die Tugen. den in derGeſchichte vorgeſtellt werden müßten **). Es

iſt wahr; ben vielen, die ihre Fehler nicht gern an ſich ſelbſt erkennen , um ihrer Eitelkeit nicht zu nahe zu treten , hat es einen großen Nugen , daß ſie, wie

in einem Spiegel, an andern die Saſter und Mán. E 5.

De l'uſage de l'hiſtoire, diſcours III. **) Eb. daf. Diſcours IV .

gel

74

Vorbereitung. Di Abſchn.

gel fehen , von denen ſie ſich zu beſſern haben : aber eine ſoldie Eitelkeit iſt doch nicht ſo allgerrein ; und nach den fdyon angeführten Gründen , müſſen die

Berſpiele der Tugend , bey den Laſterhaften ſowohl,

als bey den Tugendhaften, Eindrud machen.

ges

1

nen dienen ſie zu einer fråftigen Reizung , den Weg der Zugend zu betreten : dieſen zu einer beſtåndigen Ermunterung , auf dem guten Wege fortzugehen . Die Vorſtellungen laſterhafter Benſpiele , die toe. gen der Größe des menſchlichen Verderbens leider !

von felbſt häufig genug ſind , kommen alsdann ebenfalls dadurch zu ftatten , daß durch den Gegens fak von dem Siebenswürdigen und Haßlichen , von dem Edlen und Niederträchtigen , die Vortrefflicha

keit der Tugend deſto mehr leuchtet, und den Wila len noch fråftiger bewegt.

Bende Arten der Ben.

ſpiele müſſen demnach der Geſchichte, zur Beförder rung ber Zugend un8 zur Steuer des afters, eins geräumt werden. Allein wir wollen uns nun auch) einige beſondre Tugenden , wozu die Geſchichte,

theils durch die vorgehaltnen Beyfpiele, theils durch mancherlen erweckte Betrachtungen , anführt , zue Beſtåctigung des angegebnen Beweiſes vorſtellen .'' Wer kann wohl einen unermüdeten Eifer , in der Gottſeligkeit, mit ſeinen föſtlichen Früchten , der Ruhe des Geiſtes und einer ungeſtöhrten Zufriedent. heit ; einen unablaßigen Fleiß , feine Seelenträfte 1 .

zu beſſern , und dem wahren Wege zur Glückſeligkeit

ungehindert nachzugehen ; eine gleichmäßige Stands haftigkeit im Glücke und Unglüce ; eine heldenmů. thige Bekämpfung der Leidenſchaften , der Begier. den nach Ehre, Wolluſt und Reichthume; ein ebela

müthiges Beſtreben, der Welt ohne Eigennus zu. dienen ; eine allgemeine Liebe zur Gerechtigkeit und Billigkeit; eine dringende Liebe zu allen Menſchen,

die niemals můde wird, wohlzuthun ; eine liebreiche Be.

Nußen der Geſchichte...

75

Bedeckung der Mängel des Náchſten und großmů.

thige Erhebung der Vorzüge und Verdienſte derſela ben ; eine herzliche Freude über eines jeden Woyl ergehen ohne Neid uud. Misgunft ; eine rührende Zärtlichkeit in wahrer Freundſchaft klar geſchildert fehen, ohne zur Nachahmung entflammt zu werden :

oder wet fann die fcheußlicien Gemälde der entge. gengefekten Safter vor Augen finden , ohne einen Abfcheu vor denſelben zu faffen ? Iſt es wohl mög.' lich , daß jemand die Vergänglichkeit menſchlicher Dinge , die flüchtige Nichtigkeit des Menſchen

felbft , die unvermeidlichen Einſchränkungen der Macht und Hoheit auch der Großten auf Erden, und den allgemeinen Wechſel, vor dem nichts in der Bett geſichert iſt, in fo unzähligen Fällen wahrneba men und nicht zu Betrachtungen darüber geleitet werde: Betrachtungen , die ilin den wahren Werth der Dinge unterſcheiden lehren , und zu manchen

Tugenden , zur Einſchränkung ſeiner Begierden nach vergånglichen Gütern ; zur Mäßigung der Freude in dem Genuffe,und der Traurigkeit bey dem Verluſte derfelbert, zur Demuth wegen ſeiner . eignen Nichtigkeit, zur gefekten Faſſung des Ge. müths bey der Furcht , der Hoffnung und dem Ver .

trauen in Abfichtauf menſchliche Gewalt, zur Gei laſſenheit ben ſeinen " veränderlichen " Edrickfalen, zur Sorgfalt, feine Zeit und Gelegenheit wohl in

Acht zu nehmen , und fich der wahren, Tugend , die allein keinen Wechfel fennt, und nicht geraubt werden

fann , eifrig zu ergeben , anführen ? Iſt esmöglich , daß jemand an der einen Seite die vortrefflichen Gaben und rühmlichen Proben davon inſo mannig .' faltigen Werken großer Jeute zu allen Zeiten , an der andern die unzählichen Beweiſe der menſchlichen Echmåde, erzählt lefe, und nicht zu einer billigen Bewunderung und Hochachtung anderer gereizt, nicht bor

76

Vorbereitung . ILAbſchn .

vor übertriebner Bewunderunggeſichert werde, nicht fich felbft prüfen und ſchågen lerne, nicht zur Bes ſcheidenheit, zur Vorſicht, fich in ſeinen Schran . fen zu halten und ſich nicht in allzu vieles und zu ſchwere Linternehmungen zu verwickeln , lehrreiche Anweiſung bekomme ? Iſt es möglich , die augens ſcheinliche Gleichheit der Miſchung des Outenund Böſen , des Angenehmen und Widrigen , nach ih. rem Verhältniffe gegen die menſchliche Glücfeligkeit,

deu vortheilhaften Einfluß der Widermårtigkeiten zur Erhebung des Geiſtes , zur Belebung ſeiner oft

trågen Kräfte , die Gefahr ben dem Mißbrauche äußerlicher Glücksgüter, ben rglücklichen Ausſchlag der Dinge ben verdrießlichen und mühfeligen Uma ſtånden unter einem pflichtmäßigen Verhalten , und den Untheil, den alle Zeiten und Derter beſtändig an dem Guten fowohl, als an dem Bófen, in ihrem eigo nen Maaße gehabt haben , durch fo viele wirflidse Begebenheiten , als die Geſchichte davon vorhålt, beſtåttigt zu finden , und nicht zu einer tugendhaften Beruhigung des Gemüthes, zu einem Hoffnungsvets len Fleiße in ſeinen Geſchäfften , zur Enthaltfamkeit,

zu einer zuverſichtlichen und wirkſamen Geduld , zu einer gelaſſnen Erwartung ſeines beſtimmten Glüs des und zu einer Zufriedenheit mit feinem Zuſtande

ermuntert zu werden ? Iſt es endlich wohtmöglid , die großen Vortheile , die wir unfern Vorfahren zu banken haben , als die Beförderung aller Bequcms

lichkeiten des Lebens, die heilſamen Anordnungen

zur guten Einrichtung und Erhaltung menſchlicher Gefellfdhaften , die Erleichterung der Künſte und Wiſſenſchaften und die uns davon hinterlaſſen

Früchte, in ſo vielen Beyfpielen zu bemerken , und nicht eine Reizung zu den Pflichten gegen unſere Porfahren , unſere Zeitgenoſſen und unſere Nachkom . men zu fühlen ? lie

&

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:NußenderGeſchichtes :

77

Alle dieſe Ermunterungen zur Tugend ſchaffen aber ihren wichtigen Vortheil nicht nur bev einzels

men imd beſondren Perſonen: fondern auch bey gan. zen Vólfern.

Wie viel iſt die Liebe zum Vatera

landej die Sapferkeit , die Enthaltfamkeit, die

30

Beobachtung aller guten Ordnung und Zucht ben ganzen Volfern nicht durch die rühmlichen Beyſpiele davon unterhalten und befördert worden ! Iſt wohl

ta

jemals ein geſittetes Volk zu finden geweſen , welches nicht das Andenken ihrer Helden , und überhaupt

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18

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aller Mufter der Tugend, unter ſich verehrt und fich zur Nachahmung vorgefekt gåtte ? Ja , wie Durch die Geſchichte ſelbſt als eine unlåugbare Er. fahrung ausgemacht iſt , je mehr die Volker mit entfernten und auswärtigen Begebenheiten bekannt geweſen ſind: deſto weniger findet man ihre Gefeße,

und ihre Urtheile son der Rechtmäßigkeit oder Un. rechtmäßigkeit der Handlungen auf willführliche Grundſake gebauet ; deſto weniger ſieht man ben ihnen Eugend und Pflicht mit bloß hergebrachten Gewohnheiten verwechſelt. Ein großer Einfluß

der Gefchichte, die Tugend, unter ganzen Völkern zu befördern! Sie hat dieſen Einfluß auch ſo gar bei denen , welche ſich über die Gefeße und über die Urtheile iş. rer Zeitgenoſſen hinausgefegt achten. Die Ges ſchidhte zeigt ihnen , daß ihre Handlungen , wo nie von der Eugend abweichen , unausbleiblich die Folgen des Laſters nach ſich ziehen : daß die Nachwelt ohne Sdeu ihnen Schimpfund Schan. de , wie ſie es verbiehen , zutheilen wird ; und

daß keine Hoheit , keine große und glückliche Thaten , ohne Tugend , ihnen Ruhm derſdafo fen fönnen.

S. 27 .

Vorbereitung. II Abſchn.

78

. ..27.

Wenn durch die Geſchichte die unzähligen Spu . ren der göttlichen Vorſchung und Regierung , die weiſen Grundfäße, denen er dabey folget, die gútig . ſte Verwaltung ſeiner Oberherrſchaft , die Unterſtů . kung des Guten und die Hemmung des Böſen , dem Gemůche vorgehalten werden (9. 20.) : To treiben dieſe Vorſtellungen , da ſie auf ſolche Weiſe lebens dig erhalten werden , den Willen zur ſicbe , zur

Furchi und zum Vertrauen , die wir dem unendli. chen Weſen ſchuldig ſind ; und durch dieſe Tugen . den 'zur gottſeligen Zufriedenheit der Seele zur gånglichen Ergebung in den göttlichen Willen und zum Eifer in allen Uebungen der Gott . 2

1

Teligkeit.

Die beſtåttigte Gewißheit der göttlichen Offen. barung in der heiligen Schrift, welche ebenfalls ein Nußen von der Geſchichte iſt , beſtårket das Ges můth noch mehr in allen dieſen Arten der Gottſes ligkeit, und bereitet es zur Vermeidung alles Un. glaubens und unglåubiger Handlungen , aller un . göttlichen Geſinnungen und Werke , und zur Un: nehmung und Ausübung aller Wahrheiten des Glaubens .

Auch bewahret die Entdeckung der Quellen der Scheingründe und Meremaale des Aberglaubens und der Sdywårmeren forvohl, als des Unglaubens und der Frengeiſterey (9. 20. ), vor allen dieſen Abs

wegen , und befördert daburch wiederum die wahre Gortfeligkeit.

. 28 . Jit die Geſchichte ſo bequem , die Erfenntniß. kräfte und den Willen vollkommner zu machen, auch die Erfinntniß felbſt in ſo vielen Stücken zu vers mehren,

.

3

14

Rußen der Geſchichte.

79

mehren , wie ich bisher gezeigt habe : ſo folgee ſchon daraus , daß ſie dem menſchlichen Leben eine unver. gleichliche Hülfe fern mulle, die Handlungen , wels

che zu dem äußerlichen Zuſtande gehören , vortheil. Haft einzurichten . Insbeſondre aber iſt die Erkennt. niß der menſchlichen Gemůther , Begierden, Seiden . ſchaften , Vorurtheile und Geroohnheiten , nach iha ren Quellen und Merkmaalen, einegroße Erleichte.

rung , unter den verſchiednen Umſtänden des Lebens mit andern Menſchen wohl auszukommen und ſeine

Abfichten bey ihnen zu erreichen . Die Aufmerkſam . feit auf die geſchickteſten Mittel zur Ausführung ei. nes jeden Anſchlages , auf die Wahl und Anwen . dung derfelben nach den verſchiednen Umſtänden, auf die gewöhnlidyen Hinderniſſe und die Art und

Weiſe, ihnen entweder vorzubeugen, oder ſie zu he. benz auf die geringen, Urſachen , wovon oft große

Begebenheiten abhangen *), alles. Dinge, welche die Geſchichte in unendlich mannigfaltigen Beyſpie.

len zu betrachten vorlegt, erweitert die zum Leben

ſo nothwendige Erfahrung auf anderer Gefahr, und erſeßt den Mangel , den die Einſchränkung der

Menſchen in ihrem Thun und leben verurſachet. Auch lehret die Wahrnehmung des gewöhnlichen -Laufes

der Welchándel, wie man ſich , nach ſeinem Bere þåltniſſe gegen andre , unter ailen Umſtänden am Ficherſten und beſten aufführen möge. Und da bic

mirklichen Begebenheiten, die den Inhalt der Ge. ſchichte ausmachen, ſo mit einander zuſammenhan, gen , daß die folgenden in den vorhergehenden ihren Grund haben, und folglich aus dieſen begriffen und Bergeleitet werden können : ſo wird daben , durch ej.

ne beſtåndige und unvermerkte Uebung , die Einſicht in

*) Man lere von dieſem lekten Stücke Esſai ſur les grands evenemens par de petites cauſes , Amft. 1760.

80

Vorbereitung: II Abſchn.

in die Folgen gegenwärtiger Fålle undUnternehmuna gen um ein Großes erhöhet. Auf ſolche Weiſe führet die Geſchichte nicht nur zur Behutſamkeit und Vermeidung unbeſonnener Rathſchlage, an einem ; zur Unerſchrockenheit bey Anwendung gehörigerMit. tél, am andern Theile : ſondern ſie macht auch das Gemüth fruchtbar an Anſchlagen ; frey vor Verles

genyeit; und fertig in wahrſcheinlichen Muthmaſo ſungen , Vortheile und Gefahr , verſteckte Abſiche ten und Nachſtellungen anderer Menſchen, zu entdes cen und den zukünftigen Erfolg vorherzubeſtima men . Daher iſt die Geſchichte kein geringes Mits *

tel, zur nöthigen Klugheit im menſchlichen Leben zu gelangen .

g. 29.

Soliten nun durch einen ſo allgemeinen Nugen der Geſchichte nicht alle geriihrt werden : ſo müſſen

doch viele , denen ſie einen beſondern und ganz un. entbehrlichen Vortheil zu wege bringt , ihr den

Ruhm einer beſondern Nußbarkeit laſſen.

Haben

nicht alle Theile der Geſchichte für alle einen gleich großen Nußen : ſo wird dennoch nicht leicht ein bes Fondérer Stand ſeyn, dem nicht durch einzelne Theis le derſelben ein wichtiger Dienſt geleiſtet werde ; wo.

fern er nicht von aller Art der Gelehrſamkeit gånze lich entfernet iſt. Hieraus folget von ſelbſt, daß für Perſonen von einem gewiſſen Stande oder von els

ner gewiſſen Lebensart diejenigen Theile der Ges ( chichte, die auf ihren Stand oder ihre Lebensart einen eigentlichen Einfluß haben , infonderheit wich. tig ſind . . ]

§. 30. Die verſchiebenen Arten der Staatsverfaſſungen , die beſondern Vortheile und Mängel einer jeden , die Pufo

3

3

Nußen der Geſchidste.

81

Aufnahme und der Verfall einer jeden ürt , nebit den Gründen und Urſachen voi beyden , die großen

und Häufigen Staatsveränderungen durch neue Ein . richtungen und Verbeſſerungen, durch måchtige und

theils heilſame, theils fchädliche Bündniſſe, durch

Kriege, durch Empörungen u. ſ. w . werden in eis ner guten Geſchichtergenau beſchrieben und dadurch wird ſie zu der lehrrrichtten Schule für Staatsleute. Diéfe finden hicr Surch eine lange Erfahrung bes *ftårfte Gründe und Anweiſungen , über die beſte Art

der Staatsverfaſſungzuurtheilen ;diegefchickteſten Mitcel , Ben Wachsthum eines Staates zu beför: 'bern, und dem Verfalle entgegenzugehen; eine frucht: bare Quelle vou heilſamen Rathſchlagen zum Wohl

des gemeinen Wefens : eine lehrreiche Anleitung, den Mängeln der Verfaſſung abzuhelfen , oder ih. ren übten Folgen vorzubeugen ; die beſten Búnd. berts Wåhlen ; nachtheilige Kriege zu verhüten ,

beyden nothwendigen Kriegen abei die wahren Vore theile des Staates'aufdas beſtezu beſorgen; allem

Aufruhre und aller innerlichen Unruhe entweder vorzukommen, oder ſie zu ſtillen ; und überhaupt gute Zucht und Ordnung aufrecht zu erhale ten . uugemeine Gründe und die Wiſſenſchaft der Staatsklugheit" werden zwar bey dieſem allen vorausgeſegt : aber die allgemeine Er. kenntniß ." wird durch die wirklichen Berſpiele

in fo vieten "åhnlichen Begebenheiten weit ges llauer beſtimmt , und die Anwendung derſelben

auf beſondre' Fålle ungemein erleichtert.

Das

iſt der beſondere Dienſt der Geſchichte für Staatsmånner.

Die

Wahrheit dieſer Bes

trachtungen hat unter andern noch erſt vor eis nigen Jahren der Hr. Montagu durch die Anwendung der Geſchichte von der Aufnahme

und dem Verfalle der alten Republiken auf I Theil.

·F

ben

Vorbereitung. II Abſchij. den Zuſtand von Großbritannien * ) vortrefflich beſtåttiget. $.

31.

Die Kirche hat , in Anſehung ihrer åußerlichen Verfaſſung, als ein Theil des Staates , in vielen Stůcken um der Ordnung willen ihre abgeſonderte Regierung , welche beſondern geiſtlichen Råthen und Vorſtehern zur Verwaltung aufgetragen ift. Nun lehret die Geſchichte , wie viel die Staaten oft durch Unruhen in der Kirche gelitten haben : ſie zeiget aber

10

om

auch zugleich die eigentlichen Quellen und Urſachen der Zwiſtigkeiten , und die Mittel , welche man da: wider theils mit gutem Erfolge, theils vergeblich , gebraucht hat. Sie giebt hiedurd, eine nöthige Warnung vor allen folchen Unternehmungen und

다.

Anſchlågen , die der Kirche und mit derſelben dem

le le

Staate, zum Nachtheile ausſchlagen können : ſie ertheilt eine Anweiſung zu der beſten Einrichtung und Erhaltung der Ruhe und Einigkeit ; eine viele

fache Belehrung , weder durch unzeitige Nachricht und Gelindigkeit , noch durch allzu große Strenge, ůbel årger zu machen ; und insbeſondere auch eine Anleitung, dem Unheile, das aus der häufigen Gc. wohnheit , die Religion zum Vorwande und Deck,

mantel ſchädlicher Abſichten zu gebrauchen , in un. zähligen Fällen entſtanden iſt, flüglic ) zu wehren .

Kurz, ſie leiſtet allen Mitgliedern der Kirchenregie. rung in ihrer Urt eben dieſelben Dienſte , welche Staatsleute von ihr zu erwarten haben. g. 32. *) Reflections on the riſe and fall of the antient Re publicks , adapted to the preſent ſtate of Great Britain,

by E. W. Montagu, Junior , Eſq. London 1759. in gr. 8. Es iſt eine deutſche Ueberſeßung davon zu Breßlau 1761. von mir herausgekommen .

f

Nußen der Geſchichte.

ti

$.

83

32.

In Kriegsunternehmungen iſt die Erfahrung

TE

ܳ݁‫ܕ‬

der größte Vorzug, den ein Feldherr haben kann. Denn da bey einer ſo unendlichen Menge einzelner und verſchiedner Fålle, welche im Kriege vorkom . men , die allgemeine Erkenntniß der Kriegskunſt viel zu unbeſtimmt, und wegen der unſäglichen Mannigfaltigkeit der Beſtimmungen , die zu derſela ben hinzugeſeget werden müſſen , wann ſie in eis nem beſondern Falle angewandt werden ſoll, viel zu weit von den nächſten Gründen der Anwendung

entfernt iſt : fo verläßt dieſe allgemeine Erkenntniß den Kriegsmann bey der nöthigen Ausübung unter allen beſondern Umſtånden . Die Erfahrung iſt es

allein, welche dieſe verſchiednen Beſtimmungsgrún

DAT

de weit genauer und deutlicher lehret , als es in vies

len Fällen durch allgemeine Vorſchriften geſchehen fann. Nun aber iſt es unmöglich , durch eigne Erfahrung eine hinlängliche Erkenntniß der nöthi.

cit:

gen Beſtimmungsgründe allgemeiner Kriegsregeln

ge

zu erlangen. Die Geſchichte thut demnach , durch

ini

Mittheilung der fremden und vielfachen Erfahrung in den Thaten alter und neuerer Helden , den

เพิ่ง

un

Kriegsleuten unbeſchreibliche Dienſte. Des Hrn. Folards Polyb beweiſt dieſen Gebrauch der Ges

ſchichte deutlich , und der Hr. Marſchall von Puy.

gle

ſegur hat in dem andern Cheile feiner Kriegekunſt, welcher die Ausübung der Regeln zeigen ſoll, durch. gehends die Geſchichte von mirklich ausgeführten

Unternehmungen großer Feldherren zum Grunde ge. Auch wird man an den Beyſpielen aller

32

legt.

RE

Helden neuerer Zeiten ſehen , wie vortrefflich ſie ſich

Die

die Geſchichtbücher des Thucydides, Xenophons,

CA

Polybs, Cafars zu Nuge gemacht Şaben. V. 33

84

Vorbereitung. II Abſchn. 6.

33.

Unter den beſondern Arten der Vortheile , die aus der Geſchichte zu ziehen ſind, iſt derjenige nicht der geringſte, den ſo wohl die Gelehrſamkeit und Kün.

ſte überhaupt, als auch alle beſondre Theile undAr. ten derſelben , davon haben . Es iſt ein großer Vor.

theil für die Gelehrſamkeit und Künſte , daß ſelbſt diejenigen , denen ihre eigentliche Lebensart , oder ih.

re Fähigkeit, oder ihre Neigung , nicht erlauben, ſich ihnen beſonders zu widmen , dennoch einige Be kanntſchaft mit ihnen bekommen. Hierdurch wird

nicht nur der Geſchmad ſolcher Perſonen gebeſſert: ſondern es wird ihnen auch Fähigkeit und Luft bey. gebracht, Schriften und Unterrebungen von gelehr- min tenund zu den Künſten gehörigen Dingen zu vers :

ſtehen und zu nußen. Dieß aber hat einen gedop, 1

pelten und wichtigen Einfluß. Es werden dadurch erſtlichy dergleichen Leute ſelbſt von der Unentbehr. lichkeit der Gelehrſamkeit und Künſte in den menſch. lichen Geſellſchaften überzeugt: und ſo wird der Ges lehrſamkeit und den Künyten eine allgemeine Hoch. achtung verſchaffet, die zu ihrer Beförderung dient. hiernächſt aber wird dem ganzen gemeinen Wes

ſen , fo wohl durch dieſe Beförderung der Gelehr. ſamkeit und Künſte, als durch eine Menge von

Bürgern , die ohne ſich eigentlich den Wiſſenſchaf. ten zu weißen , dennoch ſo viele, theils zum vernünfo tigen Umgange, theils zu ihren eigentlichen Geſchäff:

ten , nöthige Erkenntniß gleichſam unvermerkt er. langen , ein ſehr beträchtlicher Nußen geſchafft. Wie fónnen nun wohl Ungelehrte ſo leicht anders,

als durch die Geſchichte , in eine ſolche Bekannt ſchaft mit der Gelebrſamkeit und den Künſten gefekt werden ? In ſehr viele Begebenheiten , welche ſie erzählt , ſind gewiſſe Stücke der Gelehrſamkeit und der Künſte, und oft ſelbſt die Gründe davon , einge. floch.

수장

Nußen der Geſchichte. flochten.

85

Mit der angenehmen Stillung der Neus

begierde durch ſolche Begebenheiten wird dem Ver. ftande nothwendig und leicht ein richtiger Begriff von ſolchen Dingen eingefloßt. Die Geſchichte iſt alſo für die Gelehrſamkeit und Künſte überhaupt, und dadurch auch für das gemeine Weſen fehr vor.

theilhaft. g.

34

Einem jeden Gelehrten iſt in der beſondern Wif. ſenſchaft, worauf er ſeinen Fleiß wendet, nichts núk. is licher , als von derſelben den Urſprungund Fortgang, den Wachsthum oder Verfall, die glücklichen oder

RAMA

ulher 19,8

mislungnen Verſuche und die Urſachen davon , die

Quellen der verſchiednen Irrthümer , und die zu ih, rer Erlernung glücklich oder vergebens angewandten Mittel kennen zu lernen. Aber nur die Geſchichte kann ißm zu dieſer Erkenntniß den Weg öffnen, und

ihn auf der rechten Bahn fortführen. Sie nuket daher auf dieſe Art allen Gelehrten ben allen beſon.

dern Theilen der Gelehrſamkeit nicht wenig. Jedoch wir wollen es von allen Theilen noch genauer Jeigen .

Die richtige, vollſtändige und gründliche Ers fenntniß der Sprachen kann nicht ohne eine Bee kanntſchaftmit ihren Verånderungen zu verſchiednen Zeiten und an verſchiednen Dertern, und eben ſo wes

nig ohne Kenntniß der Gewohnheiten , Gebrauche und Begebenheiten , von denen die eigentliche Be. deutung vieler Ausdrücke, Redensarten und Sprůch . wörter abhångt , erlangt werden.

o lernt man

dieß alles , wenn es nicht aus der Geſchichte ge. lernt wird ?

In den ſtjånen Wiſſenſihaften , der Beredt, famkeit und Dichtkunſt, können die unvergleichli. chen Muſter von den Griechen und Römern weder 33

ver's

I

86

Vorbereitung. II Abſchn.

verſtanden , noch genugt , noch zur Nachahmung angewandt werden ; wenn man ſich nicht die Bege.

benheiten der alten Zeiten geläufig gemacht hat : in. dem , ſo wohl bey den Rednern als Dichtern des bes

ften Alters , viele von den widyrigſten Stücken ihres

Vortrags und der Auszierung vorige Begebenheiten entweder erläutern , oder zum Grunde feßen. und was für einen Reichthum von allerlen Stoffe , wie vielen Schmuck wurden die neuern Redner und Dichs ter , ohne die Kenntniß der alten Zeiten , fürſich)ver: i

ſchloſſen finden. So groß iſt für beyde der Nußen von der Geſchichte !

Ben der Weltreisheit und Großenwiſſens ſoaft würde man ſich ſehr reiche Quellen der nos thigen Anweiſung verſtopfen : wenn man nicht die vorigen Erfindungen , die Früchte eines glücklichen Nachdenkens der Vorgånger , die verſchiednen Lehir's gebäude derſelben, zu Hülfe nehmen wollte. Ja in denen Theilen dieſer Wiſſenſchaften , welche die Wuss

übung betreffen , würde man, ohne die Erkenntniß von den mühſamen Berſuchen vieler Jahrhunderte, die man unmöglid , alle ſelbſt anſtellen kann, und auf die man auch , der höchſten Wahrſcheinlichkeit nach),

nicht von ſelbſt fallen würde , furz ohne fremde Ers fahrung, nid)t fortzukommen im Stande ſeyn. Wie nöthig iſt dann dabey nicht die Geſchichte: da die

eignen Werke ſo vieler Alten verloren gegangen ſind, und nur die Geſchidyte dieſen Verluſt einigermaßen erfeßen kann ?

Von den Gottesgelehrten kann der Beweis für die Göttlichkeit der offenbarung und zur Ret. tung derſelben , da ſie ſich in ihren Hauptſtücken auf wirkliche Begebenheiten gründet , nicht anders , als mit Zuziehung guter Zeugniſſe von den Begebenhei. ten in der Welt und der Kirche , vollſtändig gefüh.

ret werden. Die Heilige Schrift ſelbſt bezießt dar ſich

1

Nußen der Geſchichte.

87

darauf nicht nur in wichtigen Theilen ihres Vortra. ges , ſondern auch in vielen Ausdrücken und Redens. arten , die aus den Gewohnheiten , Gebråuchen und

gottesdienſtlichen Begriffen verſchiedner Vólfer ers läutert werden müſſen . Wie könnte alſo die Hus ,

legung der Schrift ohne dieſe Kenntniß beftehen ? Die Religionsſtreitigkeiten verſchiedner Zeitalter ge. ben den Lehrbegriffen einer jeden Kirche und ihren Glaubensbekenntniſſen , den Erweiterungen und Eins

ſchränkungen derſelben , und vielen dabey nothig ges wordenen Kunſtwörtern das beſte Liche , und ſind zur Vertheidigung der Lehrgebäude des Gottesdien: ſtes nothwendig zu wiſſen. So ſind auch die Kirs

chenverfaſſungen , die gottesdienſtlichen Gebräuche, und die menſchlichen Kirchengeſeke aus den Umſtån . den und Veränderungen der alten Zeiten größtentheils herzuhohlen , zu begreifen und zu behaupten. Dien .

ſte genug, die der Gottesgelehrſamkeit durch die Geſchichte geleiſtet werden ! Die Gefeße, welche die Rechtsgelehrſamkeit zu erklären , zu vertheidigen und anzuwenden hat, ſind ohne Kenntniß der Veränderungen und Umſtånde der Zeiten, worauf ſie ſich beziehen, in vielen Stücken

unverſtändlich, vielen Verdrehungen unterworfen ,und nach ihrem rechten Grunde, nach ihrem wahren Um: fange oder ihren eigentiichen Gränzen unmöglich an

zuwenden .

Die Rechtshåndet und Streitigkeiten

des gemeinen Weſens und der verſchiednen Stände

in demſelben hangen unzertrennlid) mit gewiſſen Vers trågen , Frenkeiten , und beſtändigen Gebrauchen

zuſammen : wer jene gehörig vorſtellen, beurtheilen und zur Entſcheidung bringen will , der muß dieſe, die aber gånzlich auf Begebenheiten anfonmen, ge nau kennen. Die oftmals nöthige Verbeſſerung der Gefeße durch ihre Erweiterung oder durch eine neues

re Einſchränkung muß nach der Beſchaffenheit der 4

Staatss

88

Vorbereitung. II Abſchn.

Staatsverfaſſung eingerichtet werden : und bey die. fer kommt es wiederum auf manche Begebenheiten vergangner Zeiten an .

Wie könnte denn die Rechts

gelehrſamkeit der Geſchichte entbehren ? Die Arztneykunſt hat mehr , als irgend ein Theil der Gelehrſamkeit eine Menge von Verſuchen nöthig. Sie iſt eine auf den geſunden und frans

ken Zuſtand des Menſchen eingeſchránfte Naturleh. re , und muß alſo , gleichwie dieſe, auf Erfahrung gebauet werden. Sie muß auch die Kraft der eins fachen und zuſammengefegten Arztnermittel, zur Er. haltung oder Wiederherſtellung der Geſundheit, durch Erfahrung beſtimmen. Ueber dieß ſtellen ſich die Krankheiten , nach der unendlichen Verſchiedenheit

der Körper , und der davon abhangenden Nebengu. fålle , unter ſo mancherley Geſtalten dar , daß eine faſi unendliche Erfahrung zur Beurtheilung der eis gentlichen Kennzeichen einer jeden Krankheit und ih, rer Nebenzufälle, zur Verordnung der dieſem Uns

terſchiede angemeßnen Hülfsmittel , und zur wahr,

ſcheinlichen Beurtheilung des Verlaufes der Krank. heiten, erfordert wird. Hippofrates aber hat ſchon ſeine Schüler alsbald bey dem Eingange feiner Lehr.

fåge erinnert, daß die Arztneykunſt für das kurze les ben eines Menſden viel zu weitläuftig iſt.

Die

fremde Erfahrung und Verſuche müſſen den Aerzten am meiſten zuſtatten kommen. Bietet ihnen dazu bie Geſchichte nicht am beſten die Hand ? Und fo iſt

fie ben allen beſondern Theilen der Gelebrſamkeit nůklich. Aden Rünſten ſind die Muſter von großen Meiſtern der alten und neuern Zeiten zur Nachah.

mung eben ſo unentbehrlich , als die Natur, und zur Bildung ihres Geſchmacks die beſten Hůlfsmittel.

Die Grundſätze, die Handgriffe großer Kinſtler, wodurch ſie ihren Werken eine beſondere Vollfom . mens

Nußen der Geſchichte

89

menheit gegeben , und die Mittel , dererſie ſich, theils zur Erlangung ihrer Geſchicklichkeit, theils zur Ver. beſſerung ihrer Kunſt, bedienet haben , ſind eine bes tråchtliche Anweiſung, eben dieſelbe Kunſt wohl zu üben.

Zu demn allen müſſen ſie den Beyſtand der

1

Geſchichte haben , die auch noch zur tichtigen Be. urtheilung der übriggebliebenen Meiſterſtücke voria ger Zeiten nothwendig iſt.

9. 35. Ob gleich bisher ein fo vielfacher Nugen der Geo ſchichte angegeben iſt: ro fann man dennoch nicht bes

haupten , daß eine jede Art derſelben gleich nůßlich und nöthig fenn follte ; fonderlich , wenn man ſein Prehen zugleich auf beſondre Perfonen und ihre be. ſondere Umſtände und lebensarten richtet. Der all.

gemeine Nugen, den ſie ſchafft , muß an ſich ſelbſt betrachtet , als allgemein , bey allen gleich groß ſeyn :

nur der Antheil , den jemand an dieſem Nußen neh . men kann , iſt bey einer großern oder geringern Få.

higkeit , ber einer ſchon vorher erlangten weitläuftis. gern oder eingeſchränktern Erkenntniß , und ben eis nem großern oder geringern Fleiße , in ähnlichem

Verhältniſſe großer oder geringer. Aber in Loſicht auf den beſondern Nußen verſteht ſich von felbit, daß er für diejenigen , die ihn nach ihrem beſondern Stan.

de , nach ihrer beſonderen Lebensart , und ihren beo ſondern Abſichten nothwendig ſuchen müſſen , erheba licher iſt, als für andere. Eben ſo iſt es auchnicht fchwer zu entſcheiden , was für befondre Theile der Geſchichte für einen jeden , nach dem eben gedachten

Unterſchiede, die núßlichſten und nöthigſten find. Es ſind diejenigen , die in feine beſondern Umſtånde den wichtigſten Einfluß haben. Perſonen, welche Staatsbedienungen bekleiden , müſſen ſich nothwen . dig von der Geſchichte des gemeinen Weſens , 'dem F 5

jie

go

Vorbereitung. II Abſchni.

ſie dienen , der Nachbaren ihres Staates und derjenigen Volker , mit denen er in der nächſten Ver.

bindung ſteht, mehr Vortheile verſprechen , als von andern Arten der Geſchichte. Gelehrte , die ſich einer beſondern Wiſſenſchaft vornehmlich gewidmet Haben , finden ihre Rechnung mehr bey der Geſchich. te dieſer beſondern Wiſſenſchaft, als bey andern Thei: len. Diejenigen , denen bey Geſchlechtsangelegen . heiten die Geſchichte nugen roll, haben wichtigere

Dienſte von der Geſchichte ihres eignen Hauſes zu erwarten , als von allen übrigen Arten der Geſchichs te.

Wenn demnach die Frage aufgeworfen wird,

ob die alte oder die neuere Geſchichte nůßlicher und

nothiger ſey ; und diefelbe in Beziehung auf gewiſ ſe beſondere Perſonen oder Umſtände betrachtetwird : ſo iſt klar, daß diejenigen beſondern Arten der Ges

ſchichte, die mit den Umſtänden und Verhältniſſen der Perſonen gegen andere in der nächſten Verknús

pfung ſtehen , einen vorzüglichen Nußen þaben, und für ſolche in dieſer Betrachtung nothwendiger ſind, als die alte Geſchichte. Wird aber die Frage ſchlech ..

terdings allgemein , und ohne dergleichen beſondere Beziehung, angeſehen : ſo muß die Entſcheidung auf die andere Seite gegeben werden. Die alte Geſchich .

te , ſonderlich der Jfracliten , der Griechen, der Ro. mer und ihrer benachbarten Völker , giebt einenweit

reichern und mannigfaltigern Stoff, als die neuere, zum allgemeinen und beſondern Gebrauche für alle

geſittete Völker und für Gelehrte : da ſie einen weit größern Umfang der Zeiten , folglich auch mehrere

Begebenheiten von merkwürdiger Wichtigkeit be. greift, und zu ihrer Ueberlieferung bis auf unſre Zei. ten Schriftſteller gefunden hat , die größtentheils

bisher noch unnadıahmliche Mufter geblieben ſind ; woran es in den nachfolgenden Zeiten vielmehr , als

an großen Thaten , merkwürdigen Begebenheiten und

.

Nußen der Geſchichte.

91

und rühmlichen Leuten gefehlet hat *). In der alten Geo dichte findet man den Urſprung und die Einrich . tung menſchlicher Geſellſchaften, die allmåligen Vers

beſſerungen dieſer Einrichtungen , die Gründe der verſchiednen Staatsverfaſſungen und die darinnen vorgefallnen Verånderungen , wovon die Folgen ſich zum Theile bis auf unſre Zeiten erſtrecken. Ohne

fie kann die Geſchichte aller gegenwårtigen , ſonders lich der abendländiſchen Völker , nicht zur Voll. ſtändigkeit gebracht, nicht auf die erſten Quellen der Veränderungen und ihrer Folgen zurückgeleitet wer. den . Ohne ſie kann man auch weder die heilige Schrift, noch die beſten Bücher des Alterthums ver. ſtehen . Es iſt daher keine ungerechte Partenlichkeit oder Geringſchallung der neuern Völker und Zeiten ,

oder feines eignen Vaterlandes , wenn die Jugend zuerſt in der alten Geſchichte unterwieſen wird : fons dern es iſt wegen ihres allgemeinen Nußens , wegen ihres Einfluſſes in die neuere Geſchichte, und wegen

ihrer unentbehrlichen Hülfe zum richtigen Verſtande der beſten Bücher des Alterthums nothwendig ;

wenn man auch die Nothwendigkeit, den Geſchmack in den früheſten Jahren durch die beſten Muſter zu bilden , nicht in Betrachtung ziehen wollte.

Nach

allen dieſen Gründen iſt es alſo nicht zu läugnen, daß die alte Geſchichte, überhaupt und für ſich betrach . tet , weit nůklicher und nothwendiger rey , als die neuere. Eine andere Frage iſt es wiederum , ob ein neuerer Geſchichtſchreiber nicht mehr Lob verdiene, und nicht ein nůglicheres , ein nothwendigeres

Werk úbernehme , wenn er theils unbeſdyriebne Bes geben. * ) Man leſe dapon des Hrn . St.' Evremont Gedan. ten in ſeinem Diſcours ſur les hiſtoriens François , weldier auch der ſchon angeführten Ausgabe der meth, pour etud.

l'hiſtoire des Du Fresnoy in 8. beygefügt iſt.

1

92

Vorbereitung. II Abſchit.

gebenheiten aufzeichnet , theils dunkle, verworrene und mangelhafte Stúde der neuern Geſchichte, ins fonderheit aus unbekannt gebliebnen Quellen auf.

Flåret, in Ordnung bringt und ergänzt, als wann er fich mit Erzählung der alten Geſchichte beſchafftiget.

Die erſte Bemühung verdienet unſtreitig den Vor. zug.

Denn dadurch werden noch unbekannte Fel,

der der Geſchichte angebauet, und ihre Gränzen er, weitert : es werden der Geſchichte durch neue Urs

(chriften für die folgenden Zeiten neue Quellen eröff: net, und es können dabey mehrere Entdeckungen ge. macht werden , die zu einem vortheilhaften Gebrau . che dienen , und den Fleiß andrer , die Geſchichte zu

bearbeiten oder zu erlernen , erleichtern mögen . $.

36.

So unlaugbar nun auch aus allen angeſtellten Betrachtungen erhellet, daß die Geſchichte nichtnur einen allgemeinen und beſondern Nuben hat , ſondern aud) unentbehrlid ; iſt : ſo haben ſich dennoch Be.

ſtreiter derſelben gefunden , und Scheingründe her. vorgeſucht, ſie verächtlich zu machen . Das bey ſehr vielen eingeriſſene Vorurtheil ; welches den Fleiß in den hohern Wiſſenſchaften allein dem menſchlichen Geiſte anſtåndig achtet , und alle andre Erkenntniß

für nicht ſo würdig oder nicht ſo wichtig kált , und Die Zweifelſucht , das vermeynte Unterſcheidungszei. chen ſtarker Geiſter , die in dem weitläuftigen Um. fange der Geſchichte ihre beſte Nahrung und die meiſten Scheingründe für ſich und für die eingebils dete Ungewißheit aller menſchlichen Erkenntniß fin .

det , haben vornehmlich zur Geringſchåkung der Ge.

ſchichte Anlaß gegeben . Auch hat der verſchiedene Zeitvertreib durch mancherley Luſtbarkeiten, und ſelbſt

durch Bücher von einem geringern Werthe, welcher Heutiges Tages zur Mobe geworden iſt , den ſonſt natur .

3

Nußen der Geſchichte.

2

93

3

natürlichen Geſchmack an der Geſchichte ſehr ger

1

ſchwächt, oder ſo weit verderbt , daß viele eher an

3

.

erdichteten Heldengeſchichten und Liebesbegebenheiten, als an den merkwürdigſten und wahren Erzähluns gen , Vergnügen finden ; und dadurch) iſt ben mans

chen der Werth der Geſchichte ebenfalls heruntergea fekt worden . Hierzu iſt noch die Neigung verſdvies dener Schriftſteller zum Sonderbaren , ben einer zum Theile geringen Bekanntchaft mit der alten Ger Idichte, und die Gewalt nicht rühmlicher Leidenſchafa ten, gekommen . Das eine oder das andere har ſie verführet , entweder ein ganz neues Gebäude der ale ten Gefdhidite aufzuſtellen , wie von dem Joh. Sac. douin bekannt genug iſt : oder alle alte Geſchichte

7

zu beſtreiten , und nach den dazu gebrauchten Grüns den , alle nůzliche Geſchichte bloß auf neue Zeitun

1

gen , oder höchſtens Lebens- und Reiſebeſchreibungen einzuſchrånken ; wie Hr. Le Maſtrier vor noch nicht zwanzig Jahren gethan hat. Jener, der Je.

fuite Sardouin , hat von allen Schriften der ile ten keine mehr für åcht halten wollen , als die vom

Somer, Serodor, Plautus, dem åltern Plinius, einige Stücke vom Virgil, und die gemeine lateini.

ſcheBibelüberſebung . So groß auch die Unge räumtheit dieſes Einfalles iſt: fo hat erdennoch Ana hånger und Nachfolger gefunden , unter denen ſein

Ordensgenoſſe, Jr. Jofeph Berruyer in öffentlic chen Schriften am weiteſten gegangen iſt. Und von ähnlicher Art waren auch des Serm. von der

Sardr Mishandlungen der alten Geſchichte und ſon . derlich der heiligen Schrift. Dieſer aber, Hr. Le Maſcrier , hat dem erſten Theile ſeiner Vorſtels

lung der alten und neuern Regierung von Aegypten * ) eine vorläufige Betrachtung von 100 Seia

* ) Idée du gouvernement ancien et moderne de l'Egy pte , 1743

94

Vorbereitung. II Abſchn ..

Seiten vorgeſekt, und in derſelben ſich alle Mühe geges ben , den allgemeinen Geſchmack an der alten Ge:

ſchichte zu unterdrücken . Jedoch der Bewegungs. grund dazu iſt augenſcheinlich Neið und Ilnwille mi.

ber die Hochachtung der Schriften des Abts Guyon

und des Hrn. Rollins , als der vorgegebnen Urhe. ber deſſelben Geſchmacks , geweſen , deren Beſtreis tung nicht füglich ohne einen Angriff auf die ganze alte Geſchichte ins Werk gerichtet werden konnte :

und dabey hat Hr. Le maſerier eine ſehr feichte Erkenntniß der Geſchichte an den Tag gelegt *) Beydes giebt ſchon ſtarke und allgemeine Gründe wider ihn an die Hand. Allein wir wollen auch die beſondern Gründe alsbald genauer vorſtellen , indem

wir die Einwendungen wider die Geſchichte zu heben ſuchen werden. Es laſſen ſich aber alle Einwürfe auf zivo Arten zurückleiten . Denn ſie ſind entwes

der aus der vermeynten Beſitaffenheit der Ge. ſchichte ſelbſt : oder aus den eingebildeten fols

gen von dem auf dieſelbe gewandten Fleiße, þergenommen.

9. 37. Ich werde zuerſt denjenigen Einwürfen zu begeg. nen ſuchen , die ſich auf ein Vorurtheil von der eis gentlichen Beſchaffenheit der Geſchichte gründen. Man giebt vor , fie ren keine eigentliche Ges lehrſamkeit: die biſtoriſche Prkenntnifi fen die niedrigſte und ſchlechteſte Art, und hindere nicht nur ben einzelnen Perſonen , ſondern auch in ganzen menſchlichen Geſellſchaften die nöthigen Bemühuns Allein gen um die eigentlichen Wiſſenſchaften.

dieſe Einwendung beruhet auf offenbaren Vorur. their *) Mian ſehe den Hrn. Dr. Baumgarten am angef. Or. te , S.s. Anmerk. und 3.38-42. Anmerk.

:

.

Nußen der Geſchichte.

95

theilen und wird auch durch die Erfahrung ſelbſt Die Gelehrſamkeit wird irriger Weiſe in allzu enge Gránzen eingeſchloſſen , wenn bloß die eigentlichen Wiſſenſchaften ihren ganzen Umfang ausmachen ſollen . Sie iſt überhaupt eine Fertig.

widerlegt.

keit gründlicher Erkenntniß von einem Umfange näßlicher Wahrheiten in ihrem Zuſammenhange. Nach dieſem Begriffe kann die Geſchichte nicht von

der eigentlichen Gelehrſamkeit ausgeſchloſſen werden. Zum Beweiſe berufe ich mich auf viele oben ange ſtellte Betrachtungen von ihrem Nußen. Insbes : fondre iſt ſchon gezeiget, daß ſie kein bloßes Werk des Gebächtniſſes iſt , ſondern eben ſo ſehr als irr

gend eine Wiſſenſchaft , den Verſtand beſchäfftiget und ſchårfet (S. 13.).

Wenn ſie gleich mehr , als

andre Theile der Gelehrſamkeit, das Gedächtniß nothig hat und übet : ſo liegt doch bey der Folge, die man daraus wider die Beſſerung der Höhern Er.

kenntnißkräfte ziehen will, nur das Vorurtheil zum Grunde , daß ein ſtarkes und geübtes Gedächtniß

mit Scharfſinnigkeit und Beurtheilungskraft nicht beſtehen könne ; ein Vorurtheil, welches man aus einigen beſondern Benſpielen , worinne bendes ge. trennt befunden iſt, angenommen hat , ſo daß man

fålſchlich von einigen Fällen auf alle ſchließt. Sucht man ferner die Geſchichte unter dem Namen bloß

hiſtoriſcher Erkenntniß verächtlich zu machen : ſo verwirret man dabey offenbar die Erkenntniß der Geſchichte mit der bloß hiſtoriſchen Erkenntniß von

den weſentlichen Stücken der Wiſſenſchaften. Dieſe iſt allerdings bey den Wiſſenſchaften die niedrigſte Stufe: aber das iſt gar nicht die Erkenntniß der Geſchichte. Unzähliche Beyſpiele beweiſen , wie

viele Erkenntniß der Weltweisheit und ſelbſt der Größenwiſſenſchaft theils bey derſelben gebraucht, theils dadurch geübt und vermehrt werde.

Ja die bloße

!

itung

Vorbere . II Abſchni. 96 bloße Erwägung, daß bey ihr beſtåndig eine Průs fung der eigentlichen Gründe und verſchiedenen Stus fen der Wahrſcheinlichkeit oder Gewißheit, eine Er.

forſchung des Zuſammenhanges der Begebenheiten mit ihren Urſachen und Folgen' , eine Unterſuchung

des Einfluſſes verſchiedener Begebenheiten in andere, und eine richtige Beurtheilung aller Umſtände , nos thig iſt, lehret dieſen Unterſchied zur Genüge. Eben

dieſe Gründe zeigen zugleich , daß die Beſchaffti. gung mit der Geſchichte dem Fleiße bey den eigent: lichen Wiſſenſchaften nicht nachtheilig fen , ſondern vielmehr dazu ermuntere und ihn befördere: weil mes

der die Geſchichte der übrigen Wiſſenſchaften , noch dieſe der Geſchichte, entbehren können ; und in der

lektern unvermerkt viele Gründe zu den Wiſſenſchaf. ten gefaßt werden. Auch wird hiedurch das Vorur. theil widerlegt, daß der Geſchmack an der Geſchics te und an den Wiſſenſchaften einander aufheben oder verdrången. Dieß ſtreitet außerdem wider die Ers

fahrung in den Benſpielen des größten Theiles der al: ten und neuern Geſchichtſchreiber. Endlich hat ſelbſt die Erfahrung voriger Zeiten ſattſam bewieſen , daß

der Geſchmack an der Geſchichte und der auf ſie ges wandte Fleiß den Wiſſenſchaften und aller Gelehrs

ſamkeit den größten Vortheilſchaffet, hingegen die Verachtung oder Verabſäumung der Geſchichte den Verfall von jenen nad, ſich zieht. Man darf zum Beweiſe nur die Art der Gelehrſamkeit, welche in der Finſterniß der mittlern Zeiten herrſchte ., mit derjenigen vergleichen , die um die Zeit der Kirs

chenverbeſſerung , da in allen Wiſſenſchaften ein großes Licht aufgieng , wieder in Uebung gebracht wurde .

Dem Einwurfe, den man von der Ungewiß. heit der Geſchichte hernimmt , habe ich ſchon im Vorhergehenden feine Stårke entzogen : indem ich ge.

Nußen der Geſchichte.

97

gezeigt habe , daß dabey eine hinlängliche Gewiß, heit Plak finde, die ſich bloß durch die Natur und

Beſchaffenheit der Sache von der Gewißheit ben den übrigen Theilen der Gelehrſamkeit unterſcheide Will man aber dem menſchlichen Glay. ($ . 11.). ben in Dingen , die ſich nicht aus allgemeinen Bee

griffen oder Gründen herleiten laſſen , alle Zuver. laßigkeit abſprechen , und dadurch die Ungewißheit der Geſchichte behaupten : ſo beweiſt man zu viel, und raubt dem menſchlichen Leben , in welchem die

nöthigen Handlungen größtentheils auf die Glaub. würdigkeit der Menſchen unternommen werden, ſeine Wirkſamkeit, und mit derſelben ſeine Wohlfahrt. Und eben ſo nachtheilig, übertrieben und nichtig iſt der Beweis , den man aus den Widerſprüchen der

TY

Geſchichtſchreiber und der Verſchiedenheit in der Zeita 3

rechnung wider die Gewißheit der Geſchichte führen will.

hany

Es iſt ja feine einzige Wiſſenſchaft, worinne

ſich nicht verſchiedene und wider cinander laufende Mennungen finden ſollten : deswegen aber läßt man doch allen ihre Gewißheit.

Warum ſoll es dann

ben der Geſchichte anders ſeyn ? leber dieß bleiben nod) allemal merkwürdige Begebenheiten genug übrig , die keinem Widerſpruche unterworfen ſind : und bey den meiſten von den übrigen iſt es nicht un.

11

möglich , denſelben zu heben , und auch die Schwie.

rigkeiten der Zeitrechnung aufzulöſen; ja felbſt der Widerſpruch verſchiedener Zeugen dienet zur Beo ſtåttigung der Hauptumſtånde, worinne ſie über. einfommen .

12

turi

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Wan

band

Die Weitlåufrigkeit der Geſchichte kann ihr ſchon deswegen nicht zum Vorwurfe gereichen, weil mit derſelben eine angenehme Mannigfaltigkeit verbunden iſt , welche den Geiſt durch beſtändige abwechslung unterhalt , reizet, ermuntert. Hier. nächſt aber iſt ja niemand genöthiget , wenn er von 33

I Theil. Sto

einer

Brache . .

98

Vorbereitung, II Abſchni.

einer Wiſſenſchaft Vortheit ziehen will, ſich in alle

Weitläuftigkeit derſelben einzulaſſen.

Die Abſicht

eines jeden , ſeine natürliche Fähigkeit , die Geler genheit und Hůlfsmittel, die er haben kann , muſe

ſen entſcheiden , was für Grånzen er ſich zufegen habe : da ſonſt der weite Umfang der Geſchichte

frenlidh mehr als eines Menſchen Leben beſchaffe

.

tigen kann .

Die Schwierigkeit der Geſchichte bev man , chen nothigen Unterſuchungen wird von ihrem Nur

L

ken und von ihrer Anmuth ſehr weit überwogen. Noch dazu hångt ſie größtentheils von einem jeden

CE

felbft ab. Hat jemand nicht Fåhigkeitgenug , feis nen durch Wiſſenſchaften gebeſſerten und geübten Verſtand , und keine gute Gelegenheit, zu den nós thigen Hůlfsmitteln zu gelangen : ro chut er ſehr übel, daß er ſich in ſchwere Unterſuchungen der Geſchichte einläßt. Darum aber kann er dennoch , da ſo viele Dinge fáson grindlich unterſucht und feſtgelegt ſind, von der Geſchichte Nußen genug haben : wenn er

nur den von andern gebahnten Weg gehen und ſich nicht ſelber allenthalben eine neue Bahn ſuchen will. Es iſt auch ohne das in allen Wiſſenſchaften eine

unnůße Arbeit , was ſchon von andern hinlänglich unterſucht und ausgemacht iſt , für fich felbſt von neuem ausfinden zu wollen .' Man fuche deu von an.

dern angewandten Fleiß und den reichen Vorraty der Hülfsmittel zur Geſchichte gebührend zu nuken : Yo wird man ſich vieler Schwierigkeiten überhoben finden , und doch nicht eben ohne Prüfung etwas annehmen dürfen.

Noch weniger Erheblichkeit hat die Einwendung, welche eigentlid) nur Gelehrte und Schriftſteller anz

geht, daß in der Beſchichte, ſonderlich alter Zei ten , niitrs neues entdeckt, nichts erfunden nichts ungeſchriebiies geſchrieben werden könne, und

I

li

.

3

E!

Nußen der Geſchichte.

99

und zur Beſchreibung neuerer Geſchichte ein jeder tůchtig ſen. Das lekte iſt offenbar falſch : denn auch bey der neuern Geſchichte iſt zur Unter. ſcheidung der Hauptumſtände von Nebendingen, des

Wahren von dem Falſchen , des. Erheblichen von dem unerheblichen , des Merkwürdigen von dem Nichtswürdigen und fälſchlich geſuchten Wunderbas

ren ; zur richtigen Verknüpfung der Begebenheiten mit ihren Urſachen , Umſtänden und Folgen ; und zur Wahl einer guten Ordnung im Vortrage, eine ungemeine Fähigkeit und ein geübter Verſtand non Das erſte aber iſt nur zum Theile falſch, thig. und zum Theile kein Einwurf wider die Geſchichte.

Es iſt falſch, daß ſich ben Erzählung der Begeben. heiten alter Zeiten nichts neues entdecken und nichts

ungeſchriebnes ſchreiben laſſe. Die Erfahrung neue. rer Zeiten hat das Gegentheil gelehrt: da man durch

forgfältige Unterſuchung und Vergleichung mehrerer Nachrichten, und durch den Gebrauch beſſerer Hůlfs.

.

mittel, viele Unrichtigkeiten in der alten Geſchichte



verbeſſert, vieler: Widerſpruch gehoben, viele zwei

!

felhafte Begebenheiten zu einer hinlänglichen Wahr ſcheinlichkeit oder Gewißheit gebracht hat. Und To wird noch allemal genug zu entdecken übrig ſeyn :

wenn man alle Geſchichtbücher der Alten genau mic einander vergleichen , und auf manche Umſtände,

die aus der Ucht gelaſſen ſind, weil ſie unerheblich geſchienen , die gehörige Aufmerkſamkeit wenden will und kann.

Daß aber keine eigentliche Erfin .

dung bey der Geſchichte Plaß hat , das kann kein Einwurf wider dieſelbe feyn .

Es iſt eine nothwen.

bige Folge aus ihrer wahren Beſchaffenheit, die wirklich geſchehene und bezeugte Begebenheiten zu ihrem Stoffe erfordert.

Es wåre zu wünſchen ,

daß man dieß nur allemal bedacht, und nicht mehr als

100

Vorbereitung . II Abſchn.

als zu viele Erfindungen in die Geſchichte cinge. ſchoben håtte. §.

38.

Kann man nun aus der eigentlichen Beſchaffen:

heit der Geſchichte keine gegründete Einwürfe wider ihre Nußbarkeit Hernehmen : ſo wird man es auß den Folgen , die der darauf gewandte Fleiß haben

Toll, mit noch ſchlechterem Erfolge zu thun verſu. chen . Dieſe kommen entweder auf einen bloßen Misbrauch an : oder beruhen auf einem nichtigen Vorgeben. Die Geſchichte ,' ſagt man , erfülle den Kopf mit einer Menge von unnügen und unbrauchbas ren Bildern : indem fonderlich die alten Begeben:

heiten , wegen der Verſchiedenheit der Zeiten und Derter , weder zur Nachahmung, ohne in das Sonderbare und lächerliche zu verfallen , noch zur

Richtſchnur des Lebens und Verhaltens dienen kone Das Alterthum , meynet der Hr. Abe Le Maſcriec * ), rey nicht fruchtbarer an großen Seu: ten geweſen , als die neuere Zeit , und gebe keine nen .

Beyſpiele der Tugend und Klugheit an die Hand, die man nicht eben ſo gut náher , und daher kennt. licher , haben könnte. In öffentlichen Geſchäfften habe man an den alten Begebenheiten nur ſchlechte Muſter und Beyſpiele : da ſich nicht nur die Kriegss ,art , ſondern auch die Verfaſſung der Reiche und die Maaßregeln ihrer gegenſeitigen Unterhandlun. gen gånzlich geändert haben. Endlich zeige das

Alterthum eine unſägliche Menge von Gewohnhei. ten und Gebråuchen , wovon in unſern Zeiten nicht

die geringſte Spur anzutreffen ſen.

Allein in das Son.

*) Am angef. Orte. Man ſehe den Hrn. Dr. Baum. garten am angef. Orte , S. 40. 41. Anmerk.

Nußen der Geſchichte.

Ior

Sonderbare und lächerliche der Nachahmung wird nicht leicht jemand verfallen , der einen gefunden

Verſtand und nur einigen Mutterwit bat : wem

FC

es daran fehlt, der wird in dieſe Thorheit gerathen, was für Mittel ihm auch zur Bildung der Sitten vorgeſchlagen werden mögen ; denn ſie ſind alle nicht

weniger, als die Geſchichte, dem Misbrauche durch

BE

ungereimte Nachahmung unterworfen. Die Gee ſchichte läßt dazu noch den wenigſten Anlaß übrig. Sie beuget dieſem Fehler vielmehr auf die faßlichſte Art vor. Da ſie nicht nur eine unſtreitige Lehn, lichkeit und liebereinſtimmung verſchiedner Bege.

ti

UR

benheiten , Handlungen , Sitten und Gebrauche, ſondern auch eine eben ſo unſtreitige Unåhnlichkeit, und Verſchiedenheit darinne vorſtellt: ſo erweckt, unterhalt und übet fie beſtandig den natürlichen

Wiß , das Aehnliche und Unåhnliche zu unterſchei. den , und Beyſpiele, die nachzuahmen ſind , nicht

‫نما‬ C! LA ni

anders, als mit der gehörigen Verſchiedenheit, nach dem Unterſchiede der Umſtånde, zur Nachahmung zu gebrauchen . Alſo hilft fie ſelbſt der Schwäche des Verſtandes und Wißes , woraus eine thörichte

16.

Nachahmung entſtehen könnte, auf die leichteſte

?U

110

und ſicherſte Art ab, und giebt die beſte Handlei. tung , frembe Erfahrung , auch aus den ålteſten

Begebenheiten , mit Nußen anzuwenden. Ja, wie der Menſch von Natur zur Nachahmung ſehr aufge.

D

legt iſt : ſo hält uns die Geſchichte davon ebenfalls ungåhlige Beyſpiele vor ; und unted dieſen auch viele von einer lächerlichen Nachahmung. Nun iſt das Låcherliche ſo, wie es die Geſchichte vorſtellt , faſt eben ſo leicht, als in den Vorſtellungen durch die

Schauſpiele, zu bemerken.

Wer wird dann , wo

3 自

er nicht ganz blödſinnig iſt, folche Beyſpiele in der Geſchichte leſen , und nicht dadurch lernen , ſich vor

dergleichen Thorheit zu húten ? Der Schluß , daß G 3

man

102

Vorbereitung. II Abſchn.

man der alten Geſchichte wohl entrathen könne, weil man neuere , folglich nähere und fenntlidere Beys ſpiele der Tugend und Klugheit habe , beruhet auf einem Grunde , der zu viel und deswegen nichts beweiſt. Denn auf folche Art müßte man alle

neuere ſowohl , als alte Geſchichte , berſeite reken : weil die eigne Erfahrung, die Kenntniß der großen Welt , die man durch Reiſen , durch Verwaltung

öffentlicher Angelegenheiten , durch den Umgang, erlangt , und die eigne Beobachtung der Tugenden an lebendigen Muſtern eine weit lebhaftere Vor . fchrift geben , als alle Vorſtellungen der Geſchichte. Die Wahrheit aber iſt, daß wegen der Kürze des Lebens und der Schranken aller menſchlichen Krafo te , die alte und neuere Geſchichte mit den chen ers

wähnten Vortheilen zu verbinden ſind. Es wird auch durch die billige Anpreiſung der alten Ges Tdhichte die neuere nicht im geringſten verworſen .

Jedoch wenn dieſe gleich viele und ebenfalls erhabe. ne Beyſpiele der Tugend und Klugheit aufſteilt : fo find deswegen doch die alten Benſpiele nicht übers

flüßig ; weil ein jedes Benſpiel etwas beſonderes und eigenes hat , und daher unter beſondern Um . ſtånden mehr , als ein anderes , ju nuken iſt. Außerdem iſt es ſchwer zu läugnen , daß in dem Alterthume nicht einige Beyſpiele übrig bleiben ſolla

ten, die in neuern Zeiten niemand erreicht hat. Die wahre Größe eines Menſchen zu bilden , und in ih. rem eigentlichen lichte zu zeigen, müſſen ſehr viele beſondere Umſtånde zuſammen kommen . Und unter dieſen ſind gewiß einige , die mehr ben den Alten, als bey den Neuern zuſammen treffen konnten. War 3. B. die Verfaſſung des ſpartaniſchen Staates nicht geſchickter, große Muſter der Enthaltſamfeit und Tapferkeit zu ziehen : die Verfaſſung der Athenien

ſer nichtgeſchikter, vortreffliche Meiſter in vielen Růn.

Nußen der Geſchichte.

103

Kúnſtert und Wiſſenſchaften hervorzubringen , als

irgend eine neuere Einrichtung iſt ? Waren die Um.

ſtånde in den alten Zeiten , unter den Griech n und :

_

my

Rómern nicht bequemer , als die neuern, graße Redner zu bilden ? Inzwiſchen reicht doch die Ver. ſchiedenheit der Staatsverfaſſungen, der öffentlichen Angelegenheiten , der Verhältniſſe unterſchiedener

Volker gegen einander, der Kriegeart ? c, wenn man die alten Zeiten mit den neuern vergleicht, nicht ſo

weit, daß die merkwürdigſten Einrichtungen , ans

CI

}

fchlage, Unternehmungen , Feldzüge , ausgeführte Thaten des Ulterthumes , für uns ganz unbraud ). bar ſeyn ſollten . Das habe ich ſchon oben hinlàng. lich bewieſen : da ich von dem beſondern Nugen der

Geſchichte geredet habe ( §. 30-32) .

TU .81

Auch die ver's

fchiedenen Gebräuche und Gewohnheiten der Alter

10

felbſt ſind ein Mittel, aus der Geſchichte einen lehr. reichen Unterricht zu ziehen . Denn , indem man Tugend und Klugheit unter einer ſolchen Verſchie:

.

1:

benheit von Gewohnheiten und Gebrauchen in vers

1": 5

ſchiedenen Geſtalten erblickt: ſo lernet man ſie eben dadurch eigentlicher kennen , das Weſentliche von

11

Nebendingen zu unterſcheiden ,

i.

bendinge

und

die Nes

dem Weſentlichen vortheilhaft Ich will nichts davon ſagen , daß eine richtige Erkenntniß von den alten

zu

anzuwenden.

2 it

Gewohnheiten und Gebräuchen unentbehrlich iſt, manche ju neueren Zeiten nöthige Kenntniß zu erlangen .

ET

1

.

Allein , wer Håtte glauben ſollen , daß man ſelbſt die Anmuth der Geſchichte, einen Theil

ihres Lobes, zum Grunde eines Einwurfes wider ſie machen ſollte ? Und dennoch iſt es geſcheben. Ihre

Reizung , faget man , erzeuge gar leicht , ben ih rer Unerſchöpflichkeit, eine unerfåttliche Neubco 4

gierde,

104

Vorbereitung. II Abſchn.

gierde , einen Ekel an nöthigen und ernſthaften Beſchäfftigungen , eine Verſäumung wichtiger !

Pflichten , und eine unerfeßliche Verſchwendung der Zeit. Wer aber fieht nicht, daß dieß alles auf einen zufälligen Misbrauch der Geſchichte ankom. me : einen Misbrauch, der noch dazu nur ſehr ſelten Statt finden kann ? Eine große Neigung zur Ges ſchichte fann nicht lange beſtehen : wo ſie ſich nicht

auf das wahre Vergnügen gründet, entweder die Erkenntniß zu vermehren, und die Verſtandesfråfo te durch eine Mannigfaltigkeit zuſammenhangender Vorſtellungen zu üben und wirkſam ju erhalten ; ober angenehme Rührungen der Leidenſchaften und Begierden zu empfinden. Und eben dadurch führet die Geſchichte ihre Liebhaber unvermerkt zu Bes ſchafftigungen und Unterſuchungen an ; wodurch die Vorurtheile wider die Arbeit nebſt der trågen Un .

luft gehoben werden : und ſo gewohnt ſie dieſelben zur Urbeitſamfeit.

Wie ſollten dieſe dann ihre

PAichten darüber vergeſſen : wie die Zeit unnúße perſd )wenden ? Die vielen Bewegungsgründe und Reizungen zu den Pflichten , welche die Geſchichte

beſtändig vorhålt, müſſen gewiß ihre Wirkung haben , und alſo einen unnuken Zeitverluſt aus: ſchließen ; oder ihre Leſermüſſen ſo unempfindlich wér . pen , daß ihre Neigung zu den angenehmen Vorſtel. lungen von Begebenheiten gar bald verſchwindet. Alle Uebel, die man von der Liebe zu dieſer Wif. ſenſchaft zu. befürchten ſcheinet , find demnach in Der That ben keinem Menſchen zu beſorgen , als

per ein Müßiggånger von Handwerke fenn will: und ben einem ſolchen iſt dieſe Liebe nicht nur das

kleinſte und erträglichſte Uebel , ſondern auch noch ein Mittel , ihn vor vielen böſen Folgen des Múſ

figganges zu bewahren. Endlich

110

CE

Nußen der Geſchichte.

ta

IOS

Endlich muß es einen jeden Kenner der Ges ſchichte nicht weniger befremden , daß ihr der

en

Vorwurf gemachet wird, ſie ſey gefährlich):

M

weil mancher aus derſelben mehr Unterricht von { a. ſtern und laſterhaften Kunſtgriffen , mehr Reizung zu böſen Begierden und Leidenſchaften , mehr Unſtoß und Zweifel wegen der Vorſehung und Regierung Gottes , und mehr Waffen zur Be.

i ſtreitung der göttlichen Offenbarung, als Anweiſung und Ermunterung zur Tugend , zur wahren Kluge heit, und zur Gottſeligkeit hernehme. Iſt dieß alles nicht augenſcheinlich einem bloßen Misbrauche der Geſchichte zuzuſchreiben ? So wenig aber der

Misbrauch , dem die unſchuldigſten und nůklichſten

Files ja ſelbſt die heiligſten Dinge unterworfen ſind , dien

Dil Fen Dingen zugerechnet werden darf, fo wenig kann Ine er auch der Geſchichte zur Laſt gelegt werden. Es

21 iſt ſchon oben hinlänglich gezeiget worden , daß fie

nach ihrer wahren Beſchaffenheit vielmehr allen die. e fen Fehlern vorbeuge. Saſter, unerlaubte Streiche -0 . und hinterliſtige Kunſtgriffe werden in derſelben ſo, wie ſie wirklich verůbet ſind , mit ihren Umſtån . e 9 i den und Folgen erzählet , welche einem jeben , wenn

1

11

er nicht vorfeßlich der Pflicht vergeſſen will, ihre Schande und Schädlichkeit vor Augen ſtel.

len , und dadurch eher Ekel davor , als Juſt daju

erwecken müſſen :

nur ein bofes und

ungebeſſertes Herz der Leſer , oder eine uner laubte Abbildung und Anpreiſung der Schrift.

ſteller , welche

Bosheit und Argliſt bisweilen

für Tugend und Klugheit rühmen , trågt das

Gift in die Geſchichte hinein , das ſie an ſich ſelbſt nicht hat .

Unſtoß und Zweifel wegen

der göttlichen Vorſehung und Regierung können aus der Geſchichte nicht anders entſtehen , als wenn man einzelne Begebenheiten aus ihrem Zuſam .

106 Vorbereitung. II Abſchn. Nußen x. Zuſammenhange mit den übrigen herausreißt , und das Ganze der göttlichen Vorſehung und

Regierung nach einein kleinen und abgeriſſenen Theile beurtheilet: das aber iſt ein genomme. nes Vergerniß , und ein muthwillig geſuchter

Zweifel; wie unwiſſende oder boshafte Menſchen oft aus einem Stücke ihrer eigenen Erfahrung von den Werken der Vorſehung fich folchen Anſtoß und Zweifel machen , ohne daß ſie dazu die Geſchichte gebrauchen. Sol ſie endlich jemanden Waffen zur Beſtreitung der gõitlichen Offenbarung in die Hån. be geben : ſo werden es gewiß ſtumpfe oder jer.

brochene Waffen fein ; eine Rüſtung von einer uns zulånglichen Erkenntniß der Geſchichte , oder von

Verdrehungen und Verfälſchungen ihrer Nachrich . ten , oder von ungegründeten und in die Geſchichte hineingetragenen Erfindungen.

Denn die ganze

Geſchichte redet mit lauter Stimme für die Wahrs Heit der Offenbarung.

Der

107

Der dritte Abſchnitt. Von der Art und Weiſe , die Ger ſchichte mit Nußen zu lernen .

.

THE

S

ก2

Inhalt: Worauf die Art und Weiſe, die Geſchichte zu lernen , über's

haupt beruhe , S. 39. Die vorläufig ndthige Erfenntirib muß nicht in einem auzu weitläuftigen Umfange betrach tet werden , S. 40. Auf was für Stücke ſie eigentlich zurückzuſeken ſey , S. 41. Die nöthige Erkenntniß von der Zeitrechnung , S. 42. Das Nöthige von der Erdbes ſchreibung, 9. 43. Einige Erinnerungen wegen der Landa darten und Erdkugeln, 9. 44. Wie 'viel von den Staats. verfaſſungen , Sitten und Gebrauchen der verſchiedenen Boifer vorher zu lernen dienlid) ren , . 45. Nad) einer ſolchen Vorbereitung iſt bey der Geſchichte felbft eine ges wiſſe Ordnung zu beobachten , und von einer allgemeis

nen Geſdyichte der Unfang zu machen , Ø. 46.

Die

Ordnung der verſchiedenen Arten und Theile der Géi rohichte unter einander 6. 47. Die Ordnung bev der das turgeſchichte , I. 48.

Die Ordnung bey der Geſchichte

der Völker undteStaaten , S. 49. Die Ordnung bey der

Kirchengeſchich , S. 50.

Die Ordnung bey der Ge:

fch ichte von den Wiſſenſchaften und Künſten , s. 51. Nächſt der guten Ordnung muß mani theils allgemeine, theils beſondere Abrichten , warum man die Geſchichte lernet und lieſt , unterſcheiden , Ø. 52. Die allgemeinen

26 richten werden nach der Verſchiedenheit der Geldhichie genauer beſtimmet , . 53. Auf gleiche Weiſe werden die beſondern Abfidyten feſtgelegt, 6. 54.

Einige Schrifta

ſteller von dem Bege , die Geſchichte zu ternen und zu

nuken , werden angezeiget , S. 35. S.

E

39.

ine jede Wiffenſchaft kann man ſich durch die Wege, welche man wählet, fie zu lernen und Ju nuken , leichter oder ſchwerer machen . 21

Po hångt auch bey der Geſchichte der Erfolg des Fleißes,

108

Vorbereitung. III Abſchn.

Fleißes, den man darauf wenden will, nicht wenig von der Art und Weiſe der Bemühung ab. Sie

C

þat eben ſowohleinige vorläufige Erkenntniß nothia, als die hohern Wiſſenſchaften ihre Grundſåke haben müſſen . Einige Theile derſelben bekommen eben To

wohl aus andern licht, als bey den Höhern Wiſſen. ſchaften einige Theile andere vorausſezen .

Ihre

1

Anwendung zu dem beſten Nußen erfordert eben ſowohl, als die Unwendung der höhern Wiſſenſchaf.

C

ten , daß man die eigentlichen Abſichten , wozu ſie

dienen ſoll, beſtåndig dabey zum Augenmerke habe. Selbſt diejenigen , welche die Geſchichte bloß zu ei. nem Zeitvertreibe gebrauchen wollen , machen ſich, wenn ſie eines von dieſen Stücken aus der Acht laſs

fen , ihre Beſchafftigung ohne Noch ſchwer , vieles unverſtändlich , und berauben ſich ſo muthwilliger

Weiſe des größten Theiles der Unmuth , die ſie bey einem folchen Zeitvertreibe finden könnten : ja es iſt unerlaubt und unanſtändig, einen Zeitvertreib, von dem man, nächſt einer angenehmen Unterhaltung,

auch große Vortheile zur Beſſerung des Verſtandes und Willens ziehen könnte, ſo zu gebrauchen , daß man ſich dieſen Nußen entweder unmöglich , oder

doch ſchwer , und dadurch die Beſchafftigung felbſt verdrießlich mache. Um dieſer Gründe willen kann ich nicht anders gedenken , als daß allen und jeden, die ſich mit der Geſchichte einlaſſen wollen , anzuras then fey, eine gewiſſe Vorſchrift zu beobachten, nach welcher ſie ihren Fleiß zur bequemſten Erreichung

der wahren Abſichten anfanger und fortſeken mögen. Das nennet man die Art und Weiſe oder den

Weg die Geſihichte mir Nugen zu lernen. Es kommt daher , nach dem , was- kurz vorher ge. ſagt iſt, ben der Wahl des rechten Weges zur Ets lernung der Geſchichte auf folgende bren Stücke an. Man muß ſich erſtlich die vorläufige Erkenntniß, sie

E

Weg zurErkenntn.derGeſchichte. 109 bie bey derſelben unentbehrlich iſt, zu erwerben fute chen. Man mußhiern & coft die Arten und Theile

eta · 16

der Geſchichte ſelbſt in folcher Ordnung vornehmen, wie ſie einander das meiſte licht geben , und folglich von denen Arten und Theilen die zu beſſerem Ver. ftande der andern dienen können , allemal erſt zu den

This

be

leſtern fortgehen. Man muß endlich die eigentlis chen Abſichten der Geſchichte beſtandig vor Au. gen haben. 8.

40 .

oly

Wollte man zu der vorläufigen Erkenntniß, wel.

Die

che ben der Geſchichte nöthis ift, alles rechnen, was

nur irgend zu beſſerem Verſtande oder beſſerer Nu.

kung dieſes Theils der Gelehrſamkeit einen , obgleich

ដែ

Ga

entfernten Einfluß hat: fo würde man ideniger oder gar keine Theile der eigentlichen Wiſſenſchaften da. von ausſchließen müſſen.

Dadurch aber würde

9,

man Schwierigkeiten erregen , wo in der That feine find. Viele von den Wiſſenſchaften find bloß ben einer gewiſſen Art der Geſchichte , auf welche nicht

15

eines jeden Abſicht geht , unentbehrlich : aus vielen

er

ot

derſelben ſind wiederum oft nur einige wenige Stůs che ben wenigen Stellen der Geſchichte nöthig ; ja in vielen Fällen nur ſolche Stücke, die auch ohne ei.

11

ne vollkommne Bekanntſchaft mit denjenigen Wiſs

71,

ſenſchaften , in welche ſie einſchlagen , leicht bekannt fern können. Es iſt für ſich ſelbſt klar , daß ein jee der , der ſich vornehmlich und genau um die Gea

g

ſchichte einer gewiſſen Wiſſenſchaft , als z. B. der

7.

Weltweisheit, bekümmern will , dieſe Wiſſenſchaft vorher vollkommen gefaßt haben muß . Ein andrer

11

.

hingegen , der ſich keinen ſo beſondern Theil zum Zie. le geſeßt hat , kann ſolcher Wiſſenſchaft meiſtentheils entbehren : ob es gleich allemal wahr bleibt , daß, wegen der Verbindung aller menſchlichen Wiſſene

ſchaften , eine weitläuftige und zugleich gründliche Ere kennta

i

110 Vorbereitung. III Abfcbn . kenntniß , ſo weit es die Schranken des menſchlichen Geiſtes und die außerlichen Umſtånde. erlauben, große Dienſte thut. Es iſt daher als die erſte und allgemeinſte Regel hier feſtzuſeken , daß ein jeder

diejenigen Wiſſenſchaften , die ihm nach ſeiner ge. faßten Abſicht bey der GeſchichteLicht geben oder bes Hülpich fenn fónnen , ſich vorher wohl bekannt ma: che. Und dieſe Abſicht kann eben fo verſchieden ſeyn, als der beſondere Nußen der Geſchichte , den wir angezeiget haben , verſchieden iſt: eben der bes fondre Nußen aber beſtimmet zugleich die in einem

jeden Falle vorläufig nöthige Wiſſenſchaft. $.

41 .

Allein ber unſerer gegenwärtigen Unterſuchung fommt es eigentlich auf die Frage an , was für Urs

ten der Erkenntniß mit der Geſchichte ſo genau zu : ſammenhangen , daß ſie bey derſelben überhaupt und allemal vorausgefekt werden . Dieſe können keine andre fenn , als die entweder mit allen , oder mit den

meiſten Begebenheiten , in unzertrennlicher Verbins bung ſtehen. Nun haben die limftande der Zeit und des Ortes den ſtårkſten Einfluß in alle merkwürdige

Begebenheiten. Den Beweis wird man mir gern ſchenken : weil die Sache ſehr faßlich und klar ift.

Die Beſtimmung der Zeit aber wird durch die Zeit. rechnung : die Beſtimmung des Ortes durch die

Erdbeſchreibung, gelehrt. Bendeſind dağer vor. läufig unentbehrliche Wiſſenſchaften , die Geſchichte zu lernen , und zugleich, auch von dem allgemeinften Einflüſſe. Aber ber einem ſehr großen Theile der Begebenheiten kommt es nicht weniger auf die Eins

richtung der menſchlichen Geſellschaften , auf die

Staatsverfaſſung , auf die Sitten und theils bår . gerliche, theils gottesdienſtliche Gebräuche an. Man muß fich deswegen , wenn man die Geſchichte mit

Nußen

1 基

Weg zur Erkenntn. der Geſchichte. III

ចំ

Nußen treiben will, das Hauptſächlichſte oon allen dieſen Dingen vorher ebenfalls bekannt machen. Und auf dieſe dren Stücke, die Zeitrechnung, die Erdbeſchreibung und die Renntniß der eben ge. dachten Verfaſſungen , Sitten und Gebråuche,

be

iſt billig alle zur Geſchichte vorläufig nöthige Ere

for

kenntniß einzuſchränken. Von allen dreyen müſſen ca

wir nach der Ordnung noch ein wenig genauer reden.

bo

§.

42.

Die Zeitrechnung muß einen geboppelten Unter. richt geben . Sie muß lehren , wie die Zeit in iha rer eigentlichen Folge zu unterſcheiden und abzumeja fen fen : ſie muß aber auch lehren , in was für eine

Zeitfolge und in was für einen beſtimmten Theil Derſelben man einejede merkwürdige Begebenheit zu

ns

feßen habe. Das erſte hat feinen gewiſſen Grund in den Bewegungen der Himmelskörper , nach wel chen man Lage , Wochen , Monate und Jahre un terſcheidet , und in den darnach feſtgelegten Unter. ſcheidungszeichen der Zeit, oder in den Merkmaalen ,

10

wodurch eine Zeit von einer andern und ihr ähnlichen

54 11€

'nt

ge

'n

1.



unterſchieden werden kann. Das andre iſt gemeis niglich vieler Ungewißheit unterworfen : denn es be ruhet bey einer jeden Begebenheit auf den Zeugnif ſen von der eigentlichen Zeit , in welche ſie nach einer

beſtimmten Urt der Jahrrechnung fällt. Jene wird deswegen , weil ſie einige Theile der Großenwiſſen ſchaft , inſonderheit die Rechenkunft und Sternkun.

te

2

7

de, vorausſeßt, die mathematiſche : dieſe hinges gen darum , weil ſie auf die Zeugniſſe der Geſchicht.

ſchreiber von den eigentlichen Zeiten der Begebenhei. ten anfommt, die hiſtoriſche Zeitrechnung genen: net . Da nun aber die Zeit der Begebenheitert nicht anders, als nach dem eigentlichen Unterſchiede

der Zeitfolge und den Unterſcheidungszeichen ihrer Ben

112

Vorbereiung. III Ablohn .

Berechnung beſtimmt werden kann : ſo muß jemand ,

der ſich der Geſchichte befleißigen will, beyde Theile vorher gefaßt haben. Jedoch darf ſich niemand durch den Namen der

mathematiſchen Zeitrechnung abſchrecken laſſen , oder fich desfalls eine große Schwierigkeit daben vor .

ſtellen : wofern man nicht ſelber etwas zur Verbeſs ſerung dieſer Wiſſenſchaft benzutragen ſuchen will. Sie gebraucht aus der Rechenkunſt nur die gemein .

ſten Regeln , die nicht leicht jemanden unbekannt find : und aus der Sternkunde ſo gewöhnliche und ſichtbare Bewegungen der Himmelskörper, die ei. nem jeden durch die gemeinſten Fålle im menſchlis , chen Leben von ſelbſt bekannt werden müſſen .

Das

Vornehmſte , was ein Siebhaber der Geſchichte aus

dieſem Theile der Zeitrechnung zu wiſſen hat , find die Unterſcheidungszeichen der Zeit , oder die dros nologiſchen Charaktere, und die darauf gebaues

ten Jahrkreiſe oder Perioden , nebſt den Einrich, tungen und Verbeſſerungen der Kalender.

Die meiſte Schwierigkeit hat der hiſtoriſche Theil der Zeitrechnung.

Aus dieſer muß man noth.

wendig , wenn man in der Geſchichte einen guten Fortgang machen will, die verſchiednen Arten , wie verſchiedne Volker ihre Jahre gerechnet haben , die verſchiebnen Fahrzahlsgrången , von welchen ver. fchiedne Völker ihre Jahre zu zählen anfangen , das ift , die Aeren oder Epochen , wie man ſie mit fremden Wörtern zu nennen pflegt , und hiernächſt die Beſtimmung der eigentlichen Zeit , in welche fons

Derlich gewiſſe Hauptbegebenheiten fallen , zu lernen ſuchen. Das lekte Stück iſt eigentlich den meiſten Schwierigkeiten und der größten Ungewißheit un. terworfen. Aber es iſt auch nicht für einen jeden

tiðthig, rich in alle dieſe Schwierigkeiten einzulaſſen. Woman nicht , als ein Gelehrter , die Geſchichte ju

1 1

Weg zur Erkenntn. der Geſchichte. 113 zu ſeinem eigentlichen Werke wählt: ſo iſt es genug,

die Berechnungen geſchickter Männer, die darinnen Den größten und allgemeinſten Beyfall erhalten ha. ben , zum Leitfaden anzunehmen. Man kann daher 1

billig anrathen , ſich anfangs um nichts mehr, als

1!

um folgende. Erkenntniß zu bemühen.

21

ti

1. Man muß die alten , mittlern und neuern Zeiten zu unterſcheiden wiſſen . Die alten 'rechnet

man gemeiniglich von Erſchaffung der Welt bis auf

das fünfte Jahrhundert nach Chriſti Geburt ; die mittlern von dieſem fünften bis zum zwolſten Jahr,

hundert ; und die neuern , von dieſer gulegt genann. ten Zeit bis auf unſere Tage. 2. Man muß in Anſehung der alten Zeiten die

Verſchiedenheit der bebräiſchen, ſamaritaniſchen und griechiſchen von den 70. Dolmetſchern aufge. brachten Zeitrechnung kennen.

Hat man nun hiers

bey nichtſelber Fähigkeit , oder Luſt, oder Zeit und Gelegenheit, über den Vorzug der einen vor der an. dern ein Urtheil zu fållen ; ſo muß man aus dem

höchſtbilligen Grunde, daß eine Urſchrift allemal mehr Glauben verdienet , als eine Ueberſegung ; noch mehr aber aus den pflichtmäßigen Betrachtuna gen , daß das Hebråiſche eigentlich das qus göttli. cher Eingebung geſchriebne Wort iſt , und alſo den zuverſichtlichſten Glauben verdient, daß Gott ſein Wort gewiß unverändert zu erhalten gewußt hat, und daß die Juden , denen dieß geſchriebne Wort

anvertrauet geweſen iſt, es wirklich mit der größten Sorgfalt unverfälſcht zu bewahren geſucht baben, auch vieler Urſachen wegen nicht anders haben thun

können ; der hebräiſchen Zeitrechnung, und den be. ſten Vertheidigern derſelben , den Vorzug gönnen. 3. Man muß in Abſicht auf die mittlern und neuern Zeiten ſich bekannt zu machen ſuchen , was für I Theil.

$

Lin .

114

Vorbereitung. III Abſchn.

Unterſcheidungszeichen der Zeit in einem jeden 21. ter gewohnlich geworden und gebrauchtſind. 4. Man muß fich endlich nach den Hauptbege. benheiten , wovon viele andre auch in der Zeitrech . nung, abhangen , und nach den für dieſelben feſtge.

fekten Jahren , einige merkwürdige Abtheilungen und von einer jeden derſelben wieder einige weitere

Eincheilungen machen ; jedoch ſich daben Hüten, die . ſe weber nach allzu großen , noch nach allzu kleinen Zeitkçeiſen zu beſtimmen ; nicht nach allzu großen , um nicht gar zu viel unbeſtimmt zu faſſen ; nicht nach allzu kleinen , um ſich nicht durch die Menge ber Jahrzahlen zu verwirren.

Will man nun hierbey , ſo wohl in ber"mathe. matiſchen als hiſtoriſchen Zeitrechnung einen oder den andern Schriftſteller zum Führer wählen : fo darf man ſich anfangs nicht weiter , als auf kurzges

faßte abßandlungen einlaſſen .' Die mathematiſche findet man faſt in allen neuern Lehrbüdyern über die angewandte Größenwiſſenſchaft faßlich , und zur Grundlegung, fo weit die gewöhnlichen Berechnun . gen gehen , vollſtändig genug abgehandelt. Was un ter andern in des Freyherrn von Wolf ſehr bes

kannten Anfangsgründen der mathematiſchen Wif ſenſchaften davon gelehrt wird , iſt leicht zu verſte.

hen , in den Hauptſachen richtig und zu einer Grund. lage ħinlänglich. In der hiſtoriſchen kann man fich, für die Zeiten , welche in die meiſten Schwierigkei. ten verwickelt ſind , nach Serauchs * ) furzem Begriffe der Zeitrechnung, des Hrn. Bengels Ord. nung der Zeiten a ) bedienen , und höchſtens, wo man die

* ). Aegid. Strauchii brevior Chronolog. edit. VI. Lipl. 1708. (8).

a) Joh. Alb. Bengelij Ordo temporum a principio per

periodos oeconomia divinæ hiftorijas atque propheticas. Stutgard. 1746. (3 ).

Weg zur Erkenntn. der Geſchichte. 115 dieVerſchiedenheit der Meynungen ohne zu viele Weite läuftigkeit näher kennen lernen will, und ſie zu beurs

theilen im Stande iſt, Petavs kleineres Werf b ), Berechnung der Zeiten , damit zuſammen Kalten, 8

Für die übrigen Zeiten aber wird man in den guten

Geſchichtbüchern , die man zum Leſen wählen möchte, Licht genug finden. H

Ich werde felbſt ein kurzes Lehrgebäude der Zeit: rechnung, als ein Stück der Einleitung zu meiner Arbeit , voranſeßen: und daraus ſo wohl, als aus dem , was bey nöthiger Unterſuchung der Zeit von merkwürdigen Begebenheiten in der Geſchichte ſelbst

vorkommen muß , wird man nichtallein die vor .

nehmſten von den übrigen Schriftſtellern- für die

16

Zeitrechnung kennen lernen , ſondern auch, wie ich



mir ſchmeichle , ſo viel Unterricht neşmen können, daß man ſich der Mühe, weitläuftige und große Werke durchzuleſen in den meiſten Fällen überhoben ſehen wird.

UT

n:

in

43.

Die Erdbeſchreibung iſt wiederum von geðopa pelter Urt.

Sie lehret entweder die Abmeſſungen der Erdkugel nach iğrer Geſtalt und Größe, nach ihren verſchiednen Theilen, und, øer eigentlichen Lage

Tel

derſelben ; und das muß durch die Grundlage der Großenwiſſenſchaft beſtimmt werden : oder ſie lehret theils die natürliche Beſchaffenheit, theils die Ein.

El

theilungen des Erdballes nady den verſchiedinen Ana

11

ſtalten ber menſchlichen Geſellſchaften und nach den Staatsverfaſſungen ; und das iſt bendes ein Wert der Geſchichte. Deswegen heißt jene die mathe

1

1

matiſche, dieſe die hiſtoriſche Erdbeſchreibung. Aus der eben gegebnen Erklärung erhellet , daß die

leştere aus zweenen Tþeilen, die gemeiniglich mitein. H2

e

b) Rationarium temporum ,

ander

116 Vorbereitung. III Ábfebri. ander verbunden werden , aus der natürlichen und der ftaarsmäßigen Erdgeſchichte, beſteht. Nun iſt zwar die Hiſtoriſche Erdbeſchreibung vornehmlich gur Geſchichte nöthig : jedoch da dieſe nicht vollkoma

men ohne die mathematiſche zu begreifen iſt, muffen bende von einem wahren Liebhaber der Geſchichte billig verbunden werden.

Von der mathematiſchen Erdbeſchreibung darf man ſich eben ſo wenig, wie bey der Zeitrech . nung, durch den Namen abſchrecken laſſen. Es kommt

daberdasHauptſächlichſte, was wegen des hiſtoris

fchen Theils und insbeſondere wegen der Landkars ten und Erdkugeln unentbehrlich iſt, auf einige ſehr faßliche Dinge und Kunftwórter an. Man findet ſie daher auch in den Lehrbüchern über die Hiſtoriſche Erdbeſchreibung gemeiniglich ſtatt einer Einleitung

vorangelegt. Und wenn jemand nicht abſichten hat, welche einegenauere Erfenntniß der Erdkugel nach der Großenwiſſenſchaft nothwendig machen : ſo kann ei.

ne ſolche Belehrung für gureichend erkannt werden. Unter allen dergleichen furzen Abhandlungen ; die

ich zu prüfen Gelegenheitgehabt habe, verdienet diejenige den Vorzug, die der Hr. Dr. Büſching

in der Einleitung zu einer Erdbeſchreibung, wovon ich bald mehr ſagen werde, mitgetheilt þat *). Hat man aber Urſache , ſich eine genauere Erfenntniß da. von zu erwerben : fo finder man in allen Lehrgebåu . den der Neuern über die Größenwiſſenſchaft, don

denen ein jeder , nach ſeinem Vertrauen zu den Ver. faſſern und nach ſeinem eigenen Geſchmade, eines

wdhlen mag , die Geographie als einen beſondern

Theil abgehandelt. Eines jeden Abſicht muß auch beſtimmen , ob er ausführlichere oder kürzere Lehre gebäude zu wählen habe . Nur iſt es vortheilhaft, die

*) In dero II. Abſchnitte der Einleitung, S.33.71.

Beg zur Erkennt. der Geſchichte. u7 die neueſten wenigſtens mit zu Rathe zu ziehen, wenn man die leßte Entſcheidung über die Geſtalt der Erd.

fugel genau wiſſen will, wodurch feſtgefegt iſt, wie ņevron und andere ſchon vorher aus Gründen geſchloſſen hatten , daß die Erde gegen die Gleia

chungslinie etwas erhabner, und gegen ihre Achſen etwas flacher gedruckt iſt : oder man muß die des .

falls angeſtellten Beobachtungen ſelbſt * ) legen. Die hiſtoriſche Probeſchreibung iſt eigent lich ſelbſt ein Theil der Geſchichte. Daher iſt nicht zu läugnen , daß man ſie mit der Geſchichte zugleich und aus derſelben lernen könne : und ich werde auch mein Abſehen beſtandig darauf richten ; weil ich es

zur Geſchichte der Welt rechne. Allein, da dieGe

ſchichte , wenn ſie nicht für den eigentlichen Theil, der die Erdbeſchreibung ausmacht , genommen wird,

mehr die Begebenheiten auf der Erde nach ihrer Folge und Aehnlichkeit vorſtellet, als die Abtheilun. gen der Erdkugel in einem Zuſammenhange vore trågt; und es gleichwohl nöthig iſt , ehe man zut

Geſchichte ſchreitet, die natürliche Beſchaffenheit und ftaatsmäßige Einrichtung der Erde in ihrer ganzen Verbindung zu überſehen : ſo iſt billig einem jeden anzurathen , eine vorläufige und nicht allzu einges

ſchránfte Erkenntniß davon aus den eigentlich dazu dienlichen Büchern oder aus einer mündlichen Un. weiſung, zu faſſen. Man ſehe hier das Nöthigſte, was zu einer Vorſchrift daben dienen kann.

H 3

1) Es *) Als , La figure de la terre determinée par les ob ſervations de Mrs. de Maupertuis , Clairaut , Camus, le Monnier et de l'Abbé Outbier et Mr. Celfius, faites par or.

dre du Roi an cercle polaire. Par Mr. Maupertuis : eine Abhandlung , die ſich in den Memoires de l'Academie des

Sciences vom 1737ten Jahre, S.538. findet, auch zu amo jierd. 1738. in 8. beſonders herausgekomnien iſt. Zellers las

teiniſdie Ueberſegung davon iſt hier zu Leipzig 1742. (8) bey Breitfopfen gedruckt.

118

Vorbereitung . III Abſchn.

****?) Es iſt die alte , mittlere und neuere Erdbee ſchreibung zu unterfcheiden , und auf alle ein der vor. gefekten Abficht angemeßner Fleiß zu wenden . Denn

st

lort cie

es iſt nicht einmal die natürliche Beſchaffenheit uns

6c

ſerer Erdkugel , wegen großer , ja felbſt wegen der gewöhnlichen und unvermerkten Veränderungen in der Natur beſtåndig eben dieſelbe geblieben : viel weniger aber diejenige Beſchaffenheit , welche von menſchlichen Einrichtungen abhängt. Dieſe hat fich allezeit mit dem Wechſel der Reiche, mit den mannigfaltigen Eroberungen und mit der Verſchie. denheit der Einwohner geändert.

966

Da Et mon

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2) Ben der alten Erdbeſchreibung, welche die Zeiten von Erſchaffung der Welt bis auf bas ste Jahrhundert nach Chriſti Geburt einſchließt,

fang

muß man eigentlich von den Zeiten , da die Volker

ftad

öder Einwohner eines jeden Landes fich auf eine merk. würdige Weiſe hervorgethan haben , anfangen. Die

und

Beſchreibungen des Paradieſes und der erſten Woh .

DIO

nungen des menſchlichen Geſchlechtes und der Völs

iten

Folo

fer , vor oder unmittelbar nach der Sindfluth, find mehr zu gelehrten Unterſuchungen für diejenigen, die

in derErdbeſchreibung und Geſchichte ſchon eine große re Erfenntniß beſigen , als zur vorläufigen Anweis

LE

ſung für diejenigen , welche zur Erlernung der Gles

fchichte mit der Erdbeſchreibung den Anfang machen Es iſt daher nicht rathſam , fic, damit ſo wollen . bald einzulaſſen. Nachdem man aber mit der Erds beſchreibung ſowohl, als mit der Geſchichte ziemlich bekannt geworden iſt, kann man diejenigen Bücher, die ich an dem gehörigen Orte in dieſem Werke ans führen werde, davon leſen und prüfen . Aus eben

1

der Urſache , weil die alten Schriftſteller zur Erdbe.

ſchreibung mehr für Gelehrte , und zu einem Stof. fe gelehrter Unterſuchungen dienen, mache man nicht den Anfang von den griechiſchen Werken des Scys lap,

M

Weg zur Erkenntn . der Geſchichte. 119 V等

laf , Dionyſius Periegetes, Strabo, Ptos

tomaus, Stephanus von Byzanz, oderanderer, die man ben dem Fabricius angezeiget findet a). Scylaş war von Karnanden einer Stadt in Karien

gebürtig , und lebte nach Herobots Zeugniſſe b) zu ធ

10

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201

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Darius des Hyſtaſpes Zeiten : welches auch einige

Stellen bey dem Strabo c) , und der Ausdruck, womit Stephan von Byzanj , unter dem Worte Raryanden d ), ſeiner gedenkt , beſtåttigen. Sein Werf e) , dem er die Aufſchrift Periplus , oder Umſchiffung , gegeben , weil er in ſeiner Beſchreis bung die Küſten verfolgte , als ob er herumſchiffte, iſt nicht ohne Mängel auf uns gekommen . Er

fångt darinne von den Herkulesſäulen in Spanien an , berühret auch die karthaginenfiſchen Handels, ſtåbte, die noch über dieſelben hinauslagen , ver. folgt alsdann die Küſten von Europa und Afrika,

uſo

und Fôret ben des Herkulesſäulen in Afrika auf f ). Dionyſius war von Charap in Suſiana am arabi. ſchen Meerbuſen ; einer Stadt , welche vormals Alexandrien geheißen : daher er gemeiniglich der Hlerandriner genannt wird. Aus des Plinius Bes richte g) erhellet, daß er ju des Auguſtus Zeiten

24

blühete : indem dieſer ihn abſchichte , Armenien,

be

4 Par a ) In der Bibl. Græc. Vol. III. Lib . IV . C. II. p.34-45.

ols, 10 ie

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30

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80 - 88.

b ) B. IV. C. 44.

c) Rer. Geogr. Lib. XIII. p. 873. oder nach der patif. Vusgabe von 1620. p. 583. Lib . XIV.p. 972, oder 658. d) In ſeinem Börterbudje de urbibus.

c ) Periplus Scylacis Caryandenfis cum tralationc ct Acced. Anonymi Periplus Ponti Euxini, e biblioth. Claud. Salmafii, cum ejusd . II. Voſſii verſione ac notis. Amftelod. 1639. 4. f ) Wan lefe von ihm Joh. Alb . Fabric, Bibl.. Gri

caſtigationibus Iſaac . Vofli.

Vol. III. C. II. p. 31- 34. 8) Hift. nat. Lib. VI, C. 24 .

120

Vorbereitung. III Abſchn .

Parthien und Arabien zu beſichtigen , als fein ål.

teſter Sohn wegen der parthiſchen und arabiſchen Angelegenheiten nach Armenien gehen ſollte.

In

der Aurichrift ſeiner Weltbeſchreibung h), wovon er den Namen Periegeres belommen hat , gebrauchet

er das Wort Periegeſis, weldies ſowohl eine Hers

ti

um führung, weil er den Leſer gleichſam bey der Hand durch die verſchiedenen Länder der Welt herumfüh .

JE to

ren will, als eine Beſchreibung nach verſchiedenen Dieſes und einzelnen Stücken , bedeuten fann.

Buch iſt urſprünglich ein griechiſches Gedicht , und auch von zweenen unter den Alten , vom Kufus fefius Avienus , und vom Driſcian in lateiniſche Herameter gebracht worden. In griechiſcher Spras che hat vornehmlich Euftachius , Erzbiſchof von Theſſalonich , der um das 116ote Jahr Chriſti be

(

rühmt geweſen iſt, eine ausführliche Erläuterung darüber geſchrieben i). Strabons Vaterland war

23

Amaſea in Kappadozien ober Pontus.

Ceine les

bensjahre fallen ſowohl in des Auguſtus , als des Tiberius- Regierung : unter der legtern hat er ſeine

Erdbeſchreibung k ), die allein von ſeinen Werken übrig geblieben iſt , aufgefekt. Bendes läßt ſich

aus einigen Stellen 1) reines Buches ſelbſt ſchlieſ fen .

Den größten Theil der Sànder , die er be.

ſchreibet, Aſien , Afrika, Griechenland, Italien, Sardinien und andere Inſeln , hatte er , nach ſeiner ese

h) Dionyſii Alexandr, et Pompon. Melæ fitus orbis de ſeriptio. Aethici Cosmographia. c. J. Solini Polyhiſtor. Excud . Henr. Stephanus 1577. 4.

i) Man kann von ihın Fabricii Bibl. Gr. I. c. p. 21-31. leſen.

k ) Strabonis rerum Geographic. Libri XVII. ex re. cenſ. Janſon. ab Almeloveen Gr. et Lat. Amſtel. 1707. fol.

1 ) Lib. IV. p. 316. oder 206. XII. p. 862. oder 576. XVI. p. 1126. oder nach der pariſ. Ausgabe p. 779. 780 .

in

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 121 eigenen hin und wieder in ſeinem Werke geſchehenen Erklärung ſelber beſudyt.

Deswegen ſind ſeine

Nachrichten deſto zuverläßiger, wenn man Deutſch, land ausnimmt,wohin er nicht gekommen iſt. Ueber .

dieß Hat feine Arbeit noch den Vorzug, daß er auf eine angenehme Art die Geſchichte mit der Erdbes

ſchreibung verbunden , und ſie dadurch auch zur Er. fenntniß der Sitten , Gewohnheiten , Gefeße, uno

ra

des Gottesdienſtes verſchiedener Völker brauchbar

US

Ptolomeus war zu Peluſium in Aegypten gebohren : ob ihn gleich Suidas und andere einen Allerandriner nennen ; weil er , nach

they

ſeinem eigenen Berichte n) , im zten Jahre der Reo

gemacht hat m ).

gierung Antonins des Frommen , zu Alerandrien

Oct

Beobachtungen in der Sternfunde angeſtellet hatte.

be

Da er in ſeiner Zeitregel für eben dieſen Antonin 23 Regierungsjahre anfeket, und Olympiodor o)

eing

in ſeiner Erläuterung des platoniſchen Geſpräches

les

Phådo berichtet, daß Ptolomäus vierzig Jahre zu

Kanobus in Aegypten gewohnt habe, ſo muß er auch 11e ' noch nach dieſes Kaiſers Zeiten gelebt haben. hatte Aegypten und das ròmiſche Reich durchgerei. en

Des

dh cefs

De

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fer. ſet.

Daher iſt ſeine Erdbeſchreibung p) für Zegna

Man hat pten und Europa wohl zu gebrauchen. zwar angemerkt, es ſen die von ihm angegebene Långe und Breite der Derter, ſonderlich derer , die

weit von ſeinem Aufenthalte entfernet geweſen ſind, meiſtentheils unrichtig ; er habe långſt verloſchne Namen von Städten , als ob ſie noch neu waren, $ 5

oft

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31

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6

m ) men ſehe Fabric. I. c. p.2 - 20. n ) Magnæ Syntax. Lib . VII . p. 176.

o) Man rehe Menag. ' in Diog. Laërt. T. II. Lib . I.

ſegm . 109. p. 63. nach Wetſteins Zusgabe. P ) Claudii Ptolomei Theatr. Geographiæ veteris Gr.

et Lat. cura Petri Bertii Amitel. 1676. fol.

122

Vorbereitung. III Abſchn.

oft den alten und neuen Namen eines und eben der

Felben Ortes, als Mamen zweener verſchiedenen Plå . ße , und bisweilen längſt zerſtörte Städte nebſt den neuen , die theils auf eben dem Plage, theils auf einem andern , erbauet geweſen , als ob beyde noch beſtinden , angeführet ; er ren überhaupt zu leichte gläubig geweſen , und habe vieles auf ungewiſſen Glauben anderer , ja vom Hörenſagen , niederge.

ſchrieben , auch insbeſondere aus Nachlaßigkeit vie . les weggelafſen : Fehler , ' von denen er wohl nicht

gånzlich frenzuſprechen iſt.

Wenn man aber bes

denkt , daß nicht nur in manchen Stellen die Zah.

len leicht durch Verſehen der Abſchreiber verfälſcht fern fönnen , ſondern auch nach Verſchiedenheit der

Zeiten , wovon geredet wird , vieles 'richtig oder unridhrig ſeyn kann : ſo wird man ihn , wenigſtens

in einigen Stücken , billig entſchuldigen müſſen . In der Ausgabe des Bertius ſind die alten Namen der Derter mit den neuern verglichen : allein es iſt

Baben allzuviel auf bloße Muthmaßungen gebauet g). Stephan ron Byzang hat fein Wörterbuch r) nicht nur nach M. Antonins und ſeiner Söhne Zei.

ten , ſondern auch nach des Arkadius und Honorius Regierung geſchrieben. Das zeigt ſich ſowohl aus dem von Sam . Tennulius zuerſt aus dem Büchers

fichage des franzöſiſchen Kanzlers Det. Seguier hervorgezogenen Ueberbleibfel, als auch aus dem , was bey Conſtantin Porphyrogeneten f) noch von bem Werke Stephans felbſt aufbehalten iſt. an uns iſt außer den eben gedachten Ueberbleibſeln nichts bapoti

4) Dian leſe nach Fabric. Bibl. Gr. Vol. III. Lib. IV . C. XIV . p.413-417; r ) Unter der Aufichrift 'EfYura ,

s) Lib. de adminiſtrando imperio C. XXIII, XXIV .

3

1

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 1az davon , ſondern bloß des Berinolaus t) daraus gee machter Uuszug, oder kurzer Begriff, gekommen u ). Alle dieſe Schriftſteller muß man kennen , weil ſie

von Geſchichtſchreibern nůklich und vielfältig ge. braucht werden ; und darum habe ich hier einige Nachridit von ihnen gegeben : aber , wer die alte Erdbeſchreibung noch erſt zu lernen anfangen will,

der muß ſie nicht zu ſeinen Führern wählen.

Die

meiſten ſind auch ſo trocken und unangenehm zu les fen , daß bloß die Unentbehrlichkeit ihrer Nachrich

ten den Leſer , der ſie nothwendig braucht , ermun tern und aufmerkſam erhalten muß : nur Strabo iſt davon ausgenommen , und dieſem muß und kann es unter Gelehrten nicht an (efern fehlen. Wollte in.

zwiſchen jemand , der ſich den Wiſſenſchaften eigent. lich geritmet hat, von einem 'alten Erdbeſchreiber am liebſten den erſten Unterricht haben : fo würde

er am beſten thun , wenn er ihn unter den lateini. ſchen Schriftſtellern ſuchte, und den Pomponius

Wela x) dazu wählte. Dieſer Hatte das alte Ting gen y) , in der båtiſchen Sandſchaft , oder in Anda.

luſien , von Spanien, zu ſeinem Geburtsorte , und blühete unter dem Claudius. Wo aber Plinius nicht von einem andern redet : fo muß er nach dem Zeugniſ t) Stephani Byzantini Gentilia , per epitomen ante hac de urbibus inſcripta, Gr. et Lat: ex verſ, et cum comment. Abrah . Bernelii , et var. lect. Jac. Gronovii. Lugd. Ba tav. 1688. ( fol.) Lucæ Holſtenii notæ & caftigationes in Stephanum Byzantinum de urbibus.

Accedunt Scymni

Chii fragmenta Græca cum verf. Holſtenii , Lugd. Bat. 2692. (4)

Oder Stephan . Byzantini sepi Asw .. Illustra

*Vit Abrah. Berkelius. Lugd. Batav, 1694. ( 4.). u ) Man rehe.Fabric. I. 6. C. II. p. 45.80. x) Pompon. Mela de fitu orbis Libri III. Acccd. Rar

vennas Geographus ex Ms. Lugdun. fuppletus a Jac. Gronovio, Lugd. Bat. 1696. (8). y ) Man fehe Melæ Lib . IL C.6.

124

Vorbereitung. IH! Abſchn .

Zeugniſſe deſſelben 2 ) , unter des Tiberius Regie. .

rung geſchrieben haben. Die Klarheit , die Kürze und die eingeſtreueten Anmerkungen aus der Ge. ſchichte , nebſt der guten Schreibart, machen ſein

Buch angenehm a). Der eben erwähnte Plinius, von Verona , welcher unter dem Tiberius gebo. ren , und unter dem Titus durch den feurigen Uus

wurf des Veſuvs ums Leben gekommen iſt, hat zwar in ſeiner Zarurgeſchichte b) einige Bücher, vom zwenten bis zum fünften Buche, der Welt- und Erd .

beſchreibung gewidmet ; und ein Gelehrter, der feine übrigen Bücher in mancher Abſicht leſen muß, wird auch dieſe nicht aus der Acht laſſen : aber ſie find allzu kurz , und nicht gar richtig c). Um wenigſten

können zu dem bisher vorausgeſekten Zwecke die als ten d) Reiſeverzeichniſſe, gebraucht werden. Es ift

daher, wegen der angeführten Urſachen, das Rach. famſte, daß man ſich zuerſt aus des Cellarius Bes

ſchreibung der alten Welt e) das Vornehmſte bes kannt zu machen ſuche. · Der Fleiß dieſes Gelehr,

ten hat den Vortheil geſchaffet, daß man nicht nup Clu 2) Lib . XIX . C. 6 .

a ) Wan leſe übrigens von ihm Fabric. Bibl. Latin . Lib .

II. C. 8. p. 345-350. nach der Ausgabe von 1718. zu 1

Hamburg.

b) C.Plinii Secundi hiftoriæ naturalis Libri XXXVIL.

Interpretatione et notis illuftr. Joh. Harduinus in vſ. Delph. Paris. 1723. c. f. æn. vol . II. ( fol.) c) Sonſt kann man von ihm Fabr. Bibl. Lac. Lib . II.

C. 13. p.401-413. leſen . d) Vetera Romanorum itineraria, S. Antonini Augu

Ai itinerarium , cum integris Joh. Simleri, Hieronymi Su ritæ et Andr, Schotti notis, Itinerarium Hierofolymita

num et Hieroclis Grainmatici Synccdernus, curante Petr. Weſſelingio Amſtelod. 1735. ( 4 ). Bon den Verfaſſern findet man in der Vorrede Nachricht. Der legte gehört ſchon in die mittlern Zeiten .

c ) Chriftoph. Cellarii notitia orbis antiqui & e. To . mi

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 125 Cluvers Arbeit von dieſer Art, ſondern auch des Jeſuiten Brietius ohne das' ziemlich feltnes Bert f) , welches wir noch dazu nur bloß von Eu. ropa haben ,' gar wohl entbehren kann. 3 ). Die Erobeſchreibung der mittlern Zei. ten , welche von dem fünften bis zum zwölften Jahr. hunderte reichen , iſt gånzlich mit der Geſchichte von

demUrſprunge der verſchiednen Reiche, zu eben dies fen Zeiten verwickelt, und bekommt deswegen aus dieſer ihr meiſtes licht. Damit man aber die Gea ſchichte ſelbſt deſto beſſer verſtehe , iſt es nicht un.

dienlich, ſich vorher einen kurzen Begriff in dem ge: hörigen Zuſammenhange, theils ausdesHrn. Didb . ters g ) , theils aus des Hrn. Junkers h) Anlei. tung , zu ſammlen. Nach der Zeit ſind, wie es eia

nes jeden Ubicht erfordert, Sieronymus Tur. ter i) , von den Wanderungen der nordiſchen Vol. fer , und der angenannte Erdbeſchreiber von Ras venna k) ausdem VII Jahrhunderte nebſt den Vera

Beſſerungen, die Jak. Gronov feiner Ausgabe des Pom. mi II. edit. altera annotationibus varii generis illuſtrata et aucta a Joh. Conr. Schwartz. Lipf. 1731. (4). f) Philipp. Brietii Parallela Geographize veteris et noº

væ. Tom . I. amo 1648. Tom. II . et appendix ad Tom. II. anno 1649 , Pariſ apud Sebaſt, et Gabr. Cramoiſy. ( Fl. 4.)

g ) Joh. Dav . Koblers kurze und gründliche Anleitung zu der alten und mittlern Geographie , nebft XXV , fleinen Landkarten .

Nürnberg 1737. und 1745. (8).

h) Chriſtian Junkers Unleitung zu der Geographie der mittlern Zeiten , : s inſonderheit Teutſchlandes. Jena , 1712. (4).

i) Hieron . Turlerus de migrationibus populor. Septen

trional. et ruina imperii Romani, ex Italico Latin . fact. Hanoviæ 1601. (8 ).

k) Anonymni Rauennatis de Geographia libri V. ex MS.

codice regio editi cum notis per PlacidumPorcheron. På rif. 1688. ( 8 ).

g Vorbereitun . III Abſcbn.

126

Pompon .Mela bengefügt hat , zu gebrauchen , und, wegen der vielen Einfalte der Perfer, Araber und Sarazenen in das Reich ,der Erdbeſchreiber von

Dubien 1) Peritfols Weltbeſchreibung m ),und die- arabiſchen Schriftſteller am Ende des dritten

Bandes ,der zu Drfurt1712, gedruckten Erdbeſchrei. ber , zu Rathe zu ziehen.

4) Wie die Geſchichte, ſo iſt auch die Erdbe. ſchreibung der neuern Zeiten am vollſtändigſten ausgearbeitet und von dem größten Umfange. Will man ſich alſo nicht den Kopf auf einmal mit ungåh. ligen Bildern , die gar bald wieder verloſchen , um.

ſonſt beſchweren : ſo wird dienlich ſeyn , dem Ges

dächtniſſe anfangs nur das Nothwendigſte, den Zu. ſammenhang aller Theile nach ihrer Lage, die Haupts eintheilungen der Länder und Reiche, die vornehm .

ſten Gewäſſer und Flüſſe, und die betråchtlichſten Stådte vornehmlich einzuprågen , und diefen gefaß . ten Grundriß mit der Zeit, ſonderlich auch durch Lea

fung guter Geſchichtbücher , vollſtändiger aus . zuarbeiten.

Da ein jeder Schriftſteller ſein Vaterland nicht nur am beſten kennet, ſondern auch die beſte Gelea

genheit hat, dasjenige , was ihm davon unbekanne geblieben ſeyn möchte, zu erforſchen : ſo iſt es ein Vortheit, wenn man über ein jedes ( and die Be.

ſchreibungen der Eingebornen , oder anderer , die fich 1) Geographia Nubienfis, i.e. accuratiſlima totius or bis- defcriptio - recens ex Arabico in Latinum verſa a Ga . briele Sionita et Joh . Herfonita. Parif. 1619. ( 4 ). Arar biſch iſt ſie zu Rom 1592. ( 4 ). unter der Aufidrift: De Geographia univerſali , arabice , gedruct.

m ) Itinera mundi fic dicta , nempe. Cosmographia Abrah. Peritfol, Hebraice et Latine. Latina verlione donavit et notas paffim adjecit Thom . Hyde Oxon, 1691. ( 4 ).

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 127 e ſich in demſelben lange genug aufgehalten haben , ge brauchen kann. Die Erfahrung hat ſeit den ålte. yſten Zeiten gelehrt,wie wenig Richtigkeit die Bei

ſchreibungen der Ausländer von entlegenen Ländern

Gaben. Allein bierben findetſich eine Schwierigkeit, ſeit dem man in den meiſten Jåndern dergleichen Bů. **

hen

2

cher in der Sprache ſeines Landes zu ſchreiben ange. fangen hat. Nicht gar viele finden Zeit und Gele.

genheit, in ſo manchen Sprachen eine hinlängliche Fertigkeit zu erlangen ., Wie wenige werden , ſon, derlich in unſern Gegenden , z. B. des Hrn . Tus nelds Erdbeſchreibung von Schweden in ſeiner Mut. terſprache n ) leſen können ! wie wenige des von Lis ma Werk o) im Portugieſiſchen ! Auch ſind viele von ſolchen Büchern an den meiſten Dertern ſchwer

zu haben. Dieſem Mangel abzuhelfen , iſt kein anderes Mittel, als daß man in einer oder der an . dern von den gewöhnlichern Sprachen die Bücher folcher Schriftſteller wähle , welche die meiſten Were ke der Ausländer von ihrem Vaterlande zu nuken im Stande geweſen ſind. Ich werbe im Folgenden eie nen und den andern dazu vorſchlagen .

Bloße Namen entfallen dem Gedächtniſſe eben fo leicht, als bloße Zahlen : weil ſie willführlich ſind, und mit feinen allgemeinen Begriffen in der Seele, oder wenigſtens nicht anders , als auf eine entfern . te Weiſe, zuſammenhangen. Man muß alſo dem Gedächtniſſe dadurch zu Hülfe kommen , daß man

ſie mit Vorſtellungen , welche die Einbildungskraft reis

n ) Erich Tunelds Inledning til Geographien sfrer Sweriges Rife. Stockh. 1957. dritte Auflage. o ) Geografia hiſtorica de todos os eſtados ſoberanos de

Europa - compoſta por D. Luiz Caetana de Lima, 1734. &c. Die erſten Bånde davon hat Hr. Bürding ſo wohl , als die vorhergehende ſchwediſdie Einleitung nebſt andern zu grobem Bortheile der Leſer gebraudt.

128

Vorbereitung . III Abſchi.

reizen und feſthalten können , verknüpfe.

iſt nichts bequemer, als die Geſchichte.

Hierzu

Die an.

muth derſelben vertreibt die Unluſt von trocknen und gar nicht rührenden Vorſtellungen : und ihre Ver.

bindung mit der Erdbeſchreibung iſt es eben , was

dieſe von einem bloßen Verzeichniſſe gleichgültigeth Namen unterſcheidet.

Esſind daher ben dem Fleifi

ſe , den man auf dieſe Wiſſenſchaft wendenwill,vor. nehmlich ſolche Bücher anzupreiſen , welche mit der

Erdbeſchreibung berden merkwürdigſten Dertern eis nige Anmerkungen aus der Geſchichte verbinden. Unter den Alten habe ich in der Abſicht ſchon den Strái bo und Pomponius Mela gerühmt. Unter den

Franzoſen lobt der Hr. Abt Lenglet du Fresnoy

desfalls den Hrn . D'Audiffret p), und den Hrn.

Faci

Iriartineau Du Pleſſis 9) , und geſteht, daß der legtere ihm ber feiner Anweiſung zurErdbeſchreibung

tia le

viele Dienſte gethan Haber ). Ben uns Deutſchen iſt dieſe Lehrart auch ſchon längſt gewöhnlich. Uber es iſt dabey die Vorſicht nöthig , daß man weder Fabeln noch unnüße Kleinigkeiten ftatt merkroürdi. ger Geſchichte beybringe : wie in unſerm Vaters

lande einige, die dafür bekannt genug fino, geo than haben.

Wenn die Erdbeſchreibung zu nůzlichem Ger brauche ben der Geſchichte dienen foll: ſo muß man Lånder, Reiche, Ståbre zc. nach ihrer Lage gegen

einander und nach ihrer Verbindung mit dem Gan . zen kennen lernen. Dieß iſt durch die Wörterbů.

1

cher p ) D’Audiffret Hiſtoire et Geographie ancienne et mo. derne, III. Towes , fuivant la copie imprimée à Paris chez Jean Bapt. Coignard, 1594. ( 8).

g) Denis Martineau Du Pleſſis nouvelle geographie & c. Amfterd. 1700. 3 Bånde in (12).

r ) In dem großern Werke, Methode pour etud, l'hiſt. T. I, chap. 3. art. III. p. 12.

1 1

Weg zur Erkenntn .der Geſchichte. 129 2:

cher von der Erdbeſchreibung nicht zu erhalten : da in denſelben Lånder, Reiche, Stådte ac. aus allen

Theilen der Welt und den entlegenften Gegenden un ter einander vorkommen . Deswegen ſind dieſe Art

Fe

its

von Büchern bloß zum Nachſchlagen zu gebrauchen : ihr Vorzug þångt von der Richtigkeit und Vollſtån digkeit ab , ohne welche ſie mehr ſchaden als nuken. Nach Orteln , der mehr in der alten , als in der neuern Erdbeſchreibung ſeine Verdienſte hat , haben

beſonders vier Gelehrteſich durch ſolche WerkeRuhm

70

erworben : der Abt Baudrand , welcher den Jtas liåner Philipp von Ferrari zum Grunde geleget hat,

te aber vieler Fehler beſchuldiget wird ; Mary , deſſen Wörterbuch 1701. zu Amſterdam herausgekommen,

for

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ube

fleißig ausgearbeitet , richtig und nicht ſo weitläufe tig , als Baudrands Werk, iſt ; Thoin. Corneil le , der in den dreyen Bånden , die 1708. ans Licht geſtellt ſind, vieles, insbeſondere die Eintheilung der Reiche und landſchaften weggelaſſen hat ; und enda

eben lich de la Martiniere , der ſich ben einem jeden rdi Reiche der beſten Erdbeſchreibungen vortheilhaft bes dienet , auch dieſelben angeführet, aber allzu viele ter Geſchichte eingemiſcht , und eine Einleitung in die gi Erdbeſchreibung ſo wohl , als allgemeine und beſon . dre Sandkarten beyzufügen verſäumet hat s).

7311

Xus den Reiſebeſchreibungen müßte man hier

yer

großen Nußen ziehen können : wenn nur die Ver.

faſſer allemal ſorgfältig genug geweſen wären , und theils Beurtheilungskraft, theils vorläufig nöthige

die

Erkenntniß genug beſerien hätten. Man muß unter

he

ihnen eine gute Wahl zu treffen ſuchen, und über ein und eben daſſelbe Land verſchiedene zuſammen kals

ten : nachdem man ſchon einen guten Begriff von ber



$ ) Man ſehe Lengl. da Fresnoy am angef. Orte, Art. V. 8.24 . 25 .

I Theil.

130

Vorbereitung. UJI Abſchn.

der Erdbeſchreibung erlangt þat. Die beſten werde ich bey der Geſchichte ſelbſt gebrauchen und anfüh,

rent). Deswegen will ich hier nichts mehr davon fagen , ſondern nur noch hinzuſeßen , daß die v) all. gemeine Geſchichte der Reiſen zu Waſſer und zu Sande, welche Hr. Anr. Franz Prevoſt theils ins Franzöſiſche aus dem Engliſchen überſeket, theils nachdem das Engliſche aufgehöret hatte , felber go fammlet hat , ungeachtet der ben folchen Sammlun,

gen faſt unvermeidlichen Mangel , in vielen Abſichs ten ſehr gut zu gebrauchen iſt, und noch brauchbas

rer werden würde , wenn ſie zu großerer Volſtàn:

digkeit , wie dazu Hoffnung gemacht iſt, gebracht werden rollte.

Die deutſche Ueberſeßung x) hat

durch verſchiedene Zuſa ke einigen Vorzug , und die Verleger derſelben ſind nicht abgeneigt, wenn auch im Franzöſiſchen der Fortgang des Werkes abgebro chen werden möchte, daſſelbe im Deutſchen einiger.

maßen vollenden zu taſſen.

Es muß zwar hieraus die

t) Ein Verzeichniß davon , wenn man es zum veraus überſehen will , findet man in dem Catalog. Biblioth. Bruhlianæ P. I. p. 32 - 45. Catal. Biblioth. Bunaviana, T. II. P. I. Lib. II. C. VIII. Sect. VI. p. 42 - 102. und in 1

des Lengl. du Fresnoy Methode pour ctud. l'hiſt. (4) T. IV. Art. CL. - CLXI. p. 390 - 424.

Im folgenden

werde ich der Kürze wegen dieſe Verzeichniſſe nicht mehr ſe genau anführen , ſondern mich nur überbaupt darauf berus fen : weil alles unter ſeinen gehörigen Aufſchriften von ſelbſt leicht zu finden iſt.

v) Hift. generale des Voyages , ou nouvelle collection de toutes les relations des voyages par mer et par terre &c. Tom. I - XVII. Paris 1740 : 1701 (4)

x) Allgemeine Hiſtorie der Reiſen , zu Waſſer und zu Lande, oder Sammlung aller Reiſebeſchreibungen 2e. XVII

Bånde. ?eipz. 1747-1759. ( 4 ). Der lekte Band von dem Franzöſiſchen iſt noch nicht überſeket; ſondern dafür aus einer eigenen Sammlung ein ganger Theil gemacht worden : weil jener nod nicht berausgekommen war.

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 131

die Unbequemlichkeit folgen , daß ein ſchon großes Buch noch größer wird : allein der Vortheil , viele Reijebeſchreibungen , die man nicht allemal haben fann , nach ihrem merkwürdigſten Inhalte geſamm. let zu finden , überwiegt dieſeibe , uno das Werk the bleibt wenigſtens zum Nachſchlagen allemal núge

hy

lich.

Die zu Göttingen herausgekommene Samm.

lung y) enchålt für diejenigen , welche die Urſchrifa ten nicht þaben, oder nicht gebrauchen können, einige gute Reiſen : die frankfurtiſche z) aber iſt ein Stud

von einer aus Reiſebeſchreibungen zuſammengetrage.

nen Erdbeſchreibung und Geſchichte . Um fich ſeine Bemühungen nicht ſelbſt ſchwer und verdrießlich zu machen , muß man ſich vor eis 3 nigen nicht ungewöhnlichern Fehlern hüten. Es en iſt eine unzeitige Neubegierde, alles gleich gut und genau wiſſen zu wollen , ſich mit den Namen der

:

kleineſten und unbeträchtlichſten Derter , mit den Grundriſſen von allen auch den entlegenſten Ståd.

11

ten den Kopf zu beſchweren , und überhaupt, wo man nicht ganz beſondere Abſichten hat, demjenigen

he

1

nachzulaufen , warum ſich niemand befümmert, weil es von feinem oder doch nur von ſehr geringem Nus Ben iſt : ob gleich die Verfaſſer der Erdbeſchreibun gen , da ſie für einen jeden dienen ſollen , nichts von

einiger Erheblichkeit aus der Acht laſſen müſſen. Es iſt eine eitle und unbeſonnene Mühe , ſich mit allzu vielen Dingen auf einmal einzulaſſen, oder bey

der Beſchafftigung mit dieſer Wiſſenſchaft ſich in S 2

gan;

y) Sammlung neuer und merkwürdiger Reiſen zu Waſ ſer und zu Lande, qus verſchiedenen Sprachen überſeket, V Theile. Götting. 1750 11752. (gr . 8).

2 ) Neue Sammlung der merkivürdigen Reiſegeſdichten, inſonderheit der beråhrteſten Nachrichten von den Ländern

und Völkerre des ganzen Erdkreiſes a . V. Theile. Frankf. 1749 1752.

i

132 · Vorbereitung. III Abſchn. ganz fremde Sachen zu verwickeln . Es iſt eine ůbel geſuchte Schwierigkeit , allzu vielen gelehrten Unterſuchungen über dunkle Stücke der Erdbeſchrei.

bung nachzuhången: ſonderlich wenn man daben aus der Geſchichte und aus guten Zeugniſſen der hierher.

gehörigen Schriftſteller kein Sicht haben kann und alſo auf bloße Muthmaſſungen verfallen muß. Man

muß demnach alle dieſe Unbequemlichkeiten zu ver. meiden ſuchen , und zu ſeinen Führern ſolche wäh. len , die ſich vor denſelben zu guten gewußt haben :

alsdann aber nicht von einem Schriftſteller zum aui. dern laufen , ſondern ſich auf ein und das andere

von den beſten Werken vornehmlich einſchränken, und die übrigen nur zu gewiſſen Abſichten , als , um

TI

fich von denen Låndern , wovon ſie die beſte Wiſſens

Gr

ſchaft gehabt haben können , eine genauere Erkennt.

HE

niß zu verſchaffen , die Uebereinſtimmung oder 26. leit weichung in verſchiedenen Stücken zu beobachten, tủ

for

u. f. w. gebrauchen .

Endlich wird ein jeder leicht urtheilen , daß er ſich nach ſeinem Stande, ſeiner gewählten Lebens. art , ſeinen Umſtänden ein beſonderes Augenmerk zum Ziele zu regen, und die Erdbeſchreibung ſo, daß er ſein Ziel auf das beſte und vollkommenſte errei. chen moge , zu lernen babe.

Staatsleute , Feld:

Herren und Kriegsbediente, Gelehrte, Handelsleute, Seefahrer und Schiffshauptleute müſſen , ein jeder nach ſeinen Umſtänden, die Aufmerkſamkeit aufver. ſchiedene Dinge beſonders richten Unter den Büchern , die in unſerm Vaterlande

bisher zur Erdbeſchreibung herausgekommen ſind, verdient des Hrn. Dr. Büſchings a) Arbeit un, ſtreia

a) Anton . Friedr . Barchings , Dr. der Theol. und Phi. loſ. und ordentlicher Prof. zu Göttingen neue Erdbeſchrei:

bung . IV Theile in 8. Bånd. Vierte Auflage. Hamburg 1760. (8). Søt iſt der Hr. Verf. in Petersburg.

V

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 133 ftreitig den Vorzug. Er hat aus guten Quellen geſchöpft, nicht ſeinen Vorgängern bleß nachge. fchrieben , und ſeine Quellen in den Vorreden an. gezeiget , auch zum Theile beurtheilet. Er hat die beſten Erdbeſchreibungen und Geſchichtbücher von den Eingebohrnen eines jeden Landes allemat zum Grunde geleget und dadurch das , was man ſonſt aus manchen Sprachen , die nicht jedermann ver.

ſteht, und aus vielen Büchern , die man nicht ale lemal haben kann , zuſammen ſuchen mußte , zu alla

he

Er hat gemeinem Gebrauche bequem vorgeleget. von den beſten (andkarten nicht allein die Urſtücke,

of

fondern auch , weil dieſe oft ſchwer zu bekommen

s

ſind, die richtigſten Nachſtiche ſorgfältig angezeiget. Er hat , außer der allgemeinen Einleitung in die

Erdbeſchreibung, einem jeden lande eine artige Ein .

2 leitung zur Erkenntniß der Geſchichte und der na. ht türlichen Beſchaffenheit deſſelben , der Staatsver. faſſung, der weltlichen und geiſtlichen Orden , der Wappen , des Gewerbes und Handels , der Sitten B

ens

Der

rTa

und Gebräuche der Einwohner u. f. f. vorgeſeket. Er hat ſich in den nordlichen Gegenden eine ziemli che Zeit aufgehalten , und daher ſind ſeine Beſchreis

bungen derſelben um ſo viel fchåsbarer, je ſchlechter und unrichtiger die Begriffe, welche man ſich fonſo

‫ܐܠܐܬ‬

in vielen Stücken davon gemacht hat, geweſen ſind.

Und weil dieß Werk für viele zu weitläufig ſcheinen , auch wohl in der That feyn möchte: ſo hat er ſelber einen Wuszug daraus zu machen angefangen und den

erſten Theil davon b ) wirklich ſchon ans licht gee 07

fellet; zugleich aber noch vieles dabey verbeſſert; Welches bey einer Arbeit, die nebſt einem unermüdes

ten Fleiße nicht lebensalter , ſondern ganze Jahrs I 3 þune 94

b) Anton. Fried. Barchings Auszug aus ſeiner neuen Erdbeſchreibung. Erſter Theil, welcher ganz Europa ents bålt. 1762. (3 ).

134

Vorbereitung. III Abſchn .

Hunderte , erfordert, wenn ſie zu einiger Vollkom .

menheit gebracht werden ſoll, nothwendig iſt, und Schriftſtellern , die ihre eigenen Bücher immer mehr und mehr zu verbeſſern im Stande ſind, Ehre Es reicht zwar ſeine Erdbeſchreibung ges

macht.

genwärtig noch nicht weiter , als Europa : aber er

þat öffentlich die Verſicherung gegeben , daß ſie für die übrigen Welttheile auch bald vollendet erſcheinen roll.

Bei allen dieſen Vorzugen habe ich inzwi.

ſchen ein paar kleine Mängel beobachtet, denen ich in Zukunft abgeholfen zu ſehen wünchen möchre, und denen in der That leicht abzuhelfen iſt.

Die

Lange und Breite iſt nur von wenigen Dertern ange .

geben ; da dieß doch bey einem ſolchen Buche noths wendig geweſen wäre , um ſowohl denen , welche ſie wiſſen wollen , ju núßen , als auch zu mehrern

Verbeſſerungen derſeiben Gelegenheit zu geben : es þåtte dazu unter andern die Tafel oder das Verzeich . niß , welches davon , nach den neueſten Beobach . tungen der Sternfundiger , einer kurzen Anleitung

zur Erdbeſchreibung in franzöſiſcher Sprache c ) bey. gefüger iſt, gebraucht werden , und die Anzeige bey einem jeden Orte mit wenigen Buchſtaben und Zah .

len geſchehen fönnen . Hiernächſt würde es den von einem jeden Sande und den vornehmſten Städten

bengebrachten Nachrichten ein großeres Anſehen der Glaubwürdigkeit gegeben , und ſie für Gelehrte brauchbarer gemacht haben, wenn die Quellen , wel.

che der Hr. Verfaſſer nur in den Vorreden über. haupt c) Methode abregéc et facile pour apprendre la Geo

Avec un abregé de la ſphere et une table des longitudes et latitudes des principales villes du mon

graphie &c.

de , conforme aux dernieres obſervations de Mrs, de l' Academie des Sciences , des RR. PP. Jeſuites et autres Aftronoines. 1751 , 12.

Novelle edition &c. Paris , chez le Prieur,

Weg zur Erkennt der Geſchichte. 135 ti

haupt angezeiget hat , da ſie nicht alle von gleichem Werthe renn fónnen, an einem jeden Orte genauer angeführet wären ; wie es bisweilen , als z. B. in der Beſchreibung des berühmten Meerſtrudels der Nordſee bey Norwegen , geſchehen iſt. Wer ſich zu der Hübneriſchen Ordnung ſchon gewohnet hat , und dabey zu bleiben für gut hålt, der muß die neueſte Ausgabe mit des Hrn. Gottl.

Friedr. Krebels Verbeſſerung d) wählen. Der Hr. Dr. Büſching aber hat ſich über dieſen powohl, als über den Hrn. Zopfen , deſſen Werf e) das neueſte ift , in einem hamburgiſchen Zeitungsblatte öffentlich beſchweret, daß ſie ſich die Früchte feines Fleißes zu weit , und der lektere ohne ihn einmal zu nennen , zugeeignet , und noch dazu feine Nad). richten nicht allemal genau und richtig genug über. liefert hatten.

Unter den Ausländern, denen größtentheils, wie ide

urt

dem Hrn. Abt Lengler du fresnoy, 1) nur in Abſicht auf ihr Vaterland ſicher zu trauen iſt , und

von denen manche , wie Hr. Bowen g) , zu weit per läuftig , andere , wie Hr. Chiuſole h ) , allzu un. ne vollſtändig ſind, kann des Hrn. Palairers Einleis tung i) , nebſt ſeinem Atlas k) und ſeiner Beſchrei. 112

de

:11

8

I 4

bung

d) Drey Theile 1762. ( 8).

e) Joh. Heinr. Jopfens neueſte Geographie, nac; al Erſter Band von Portug. Span . Frankr. den Niederl. Deutſchl. Odweiz und Stalien, 1762. zu Leipzig (8).

len vier Theilen der Welt.

f ) Nic. Lenglet du Fresnoy , methode pour ecudier la Geographic. Paris 1742. (gr. 12.) VII. Tomes. 8) Emanuel Bowen'scomplete ſyſtem of Geography, 2 Vol. fol, London 1747.

h) Anton. Chiuſole geografia antica e moderna. Venez. 1749. (8)

i) Jean Palairet nouvelle introdu & ion à la Geographie moderne , 3 Tones (8). Lond . 1754 .

k) Atlas methodique , fol. Lond. 1755.

136

Vorbereitung. III Abſchn.

bung von den engliſchen und franzöſiſchen Beſitz. thümern in Nordamerika 1), denen in unſerem Vas terlande, die entweder des Deutſchen nicht vollfom .

men måchtig ſind , oder am Franzöſiſchen mehr Ges ſchmack finden, ſonderlid, für England , Frankreich, Spanien und Portugall, gute Dienſte thun. Mieh. rerer m) zu gedenken, erlaubt meine Abſicht nicht. g. 44 . Die Erkenntniß der Erdbeſchreibung wird durch gute Sandkarten , und in Anfchung desjenigen , was aus der Großenwiſſenſchaft zu lernen iſt, durch gute Erdkugeln ungemein erleichtert. Für die alten

Zeiten kann man ſich anfangs mit den kleinen Kar. ten , welche dem oben angeführten Werke des Cel.

larius beygefüget ſind , und dem Altas des Horn. Roblers von XLIV. Karten , wohl bebeljen , und nadzijer die von Abrah . Ortel , von Pec. Hertius ,

der ſie auch über den Pompon. Mela geliefert bat, von den Sanſonen und von de Lisle zu Hülje Die peutingerifdie Tafel , welche nehmen * ). im vierten Jahrhunderte nach Chriſti: Geburt vers fertiget zu fenn idyeinet , und daher , wegen der Nås he ihres Alters bey den Anfangegrången der mitte

lern Zeiten , für dieſe ſowohl als für die altern ge. wiſ: 1) Deſcription abregée des poffeffions Angloiſes et Françoiſes du continent ſeptentrional de l'Amerique (8) Londres 1755. mit Kupfern . Sie iſt auch zugleich in engs lifdyer Spradie herausgefommen , und nebſt der Einleitung in die Erdbeſchreibung und dem Atlas ſowohl als Bowens Wert bier in der wendleriſchen Buchhandlung zu finden.

m) Man fann eine ziemliche Anzahl davon in dem Vers geidynile des búnauiſden Bücherſchakes und dem dritten

Bande von des Lenglet du Fresnoy method, pour etud. 1 hiſt, finden .

*) Man ſehe das Verzeichniß der Landkarten bey dem

Lenglet du Fresnoy am angef. Orte.

! 1

Weg zur Erkennt der Geſchichte. 137 i

wiſſermaßen zu gebrauchen iſt, beſteht aus einer Reiſekarte von des Herkulesſäulen an bis zu dem Meere , an welches Alexander der Große gekom. men war, und dient nur zu gelehrten Unterſuchun ,

ht

gen.

Cli

Franz Chriſtoph von Scheyb zu danken , der ſie auf zwolf Kupfertafeln richtiger ſtechen laſſen und 1753 ans Licht gegeben hat. Die Erdbeſchreibung der mittlern Zeiten hat ſowohl , als die Gefdyichte derſelben , wegen ihrer Dunkelheit und Verwirrung aus ſehr bekannten Urfadyen , noch die meiſte Vera beſſerung nöthig : daher iſt es kein Wunder, daß

Die neueſte und anſehnlichſte Ausgabe dieſes Stückes aus dem Alterthume haben wir dem Hrn.

es für dieſe Zeiten an guten Landkarten fehlet. In tes .

Brod

ft

ID

der gleditſchiſchen Buchhandlnng allhier liegen die Dazu geſtochenen Kupferplatten ſchon ſeit vielen Jah. ren , und erwarteu eine geſchickte und fleißige Feder, die dabey nothige Erdbeſchreibung auf ſolche Art, wie es.Cellarius in Anſchung der alten Zeiten gee than hat , auszuarbeiten. Die kleinen Stücke, welche Hr. Röhler ſeinem oben angezeigten Buche beygefüget hat , find fellr unvollſtändig , und nicht

von hinlänglicher Anzahl. Inzwiſchen kann man ſie mittlerweile zum Anfange gebrauchen , und ſich hernach für einzelne Stücke derjenigen bedienen , die

Abrah. Orrel, Wilhelm und 17ik. Sanſon, und Wilh . de Lisle geliefert haben und Hr. Lengl.

du fresnoy in dem Verzeichniſſe der Landkarten für die mittlern Zeiten im dritten Bande angeführet

hat. Seit dein rechzehnten Jahrhunderte hat man

auf die Landkarten zur neuern Erdbeſchreibung vie: len Fleiß gewandt , und ſie endlich zu einer ſolchen

Vollkommenheit gebradit, daß man die boman . niſche Sammlung, welche die meiſten von den bez ſten Urſtücken ſauber nachgeſtochen liefert, und für

Sachſen insbeſondere die ſibenkiſche mit Nugen I

gebray .

138

Vorbereitung. III Abſchn.

gebrauchen kann . Meine Grånzen nicht zu über , ſchreiten , berufe ich mich übrigens auf den Hrn . 1

Büſching, der ben einem jeden { ande in ſeiner

Erdbeſchreibung ſowohldie beſten Urſtücke als Nach ſtiche angezeiget Hat. Uus eben der Urſache laſſe id billig alles vorbery, was der Hr. Lenglet du Fresnoy n ) von der Geſchichte der Landkarten nach ihrer ſtufenweiſe erfolgten Verbeſſerung in den Nie . derlanden in Frankreich , in Italien und Deutſch

land angemerket hat : da man das Hauptſächlichſte

davon furz bey dem Hrn. Büſching o) lefen kann . Nur will id) ein paar Erinnerungen hinzufeßen . Es iſt eine ungegründete Muthmaßung , die man aus Joſ. XVIII. 4. 5. 6. 8. 9. ziehen will, daß die Månner , welche Joſua ausſdickte , für die noch

nicht verſorgten ſieben Stamme der Kinder Iſraels ben übrigen Theil des gelobten (andes nach ſeiner Größe und Beſchaffenheit aufzuſchreiben und in fie ben Theile abzutheilen , eine eigentliche {andkarte davon gemacht haben ſollten , die in ſolchem Falle dann wohl die älteſte ſeyn müßte. Zuder Abſicht, die jojua hatte , war nichts weiter nöthig , als das Land auszumeſien , die Grången und Beſchaffenheit derſelben zu bemerken , fieben gleichmäßige Theile; nach Erwägung der verſchiedenen Beſchaffenheit eis

niger Striche , daraus zu machen , und dieß alles, nebſt den Namen der Oerter , die zu einem jeden Mehr ſagt aud) die Schrift nicht, und das Wort in der

Theile gerechnet wurden , aufzuſchreiben.

Grundſprache , worauf es vornehmlich ankommt,

bedeutet bloß aufſitreiben oder anzeichnen , nicht Land .

n) In dem großern Werke , methode pour etud. l'hin , T. 1. Ch. III. Art. VI. p. 26-32.

o) In der Einleitung zu ſeiner Erdbeſchreibung, S. 29 fog.

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 139 landfarten oder Riſſe machen, wie man nach eini.

gen neuern Ueberſegungen , z. B. der franzöſiſchen von David Martin , gedenken ſollte.

Etwas

glaubwürdiger iſt es , daß unter den Griechen GE

TC

Du

tation

Anarimander die erſten Karten verfertiget habe, fo unvollkommen ſie auch geweſen ſeyn mogen : weil

das wenigſtens einiges Zeugniß vom Strabo p) und Diogenes Laertius q) für ſich hat , und aus der Begebenheit , welche Aelian r) erzählet , daß Sofrates den ulcibiades an eine aufgehangene Ta .

fel geführet, und von ihm um ſeinen Stolz auf den Reichthum zu beſchåmen , begehret habe , er móch. te ihm doch, nachdem er das attiſche Gebiete darauf gefunden , feine Landgüter auf derſelben zeigen , die

aber zu klein waren , als daß ſie darauf hätten ans gezeichnet ſeyn ſollen, das Alterthum der Landkarten unter den Griechen erhellet. Die älteſten , welche uns die Zeit übrig gelaſſen hat , ſind diejenigen , die agotbooámon , ein alerändriniſcher Mechanikus, zu des Drolomáus Erdbeſchreibung genau nach deſſelben Nachrichten verfertiget hat s) ; und dieſe haben , nachdem ſie bey den Handſchriften des. Pto. lomởus gefunden und von Sebaſtian Münſter zum

Grunde geleget waren , zu allen neuern Anleitung gegeben : nächſt diefen aber die ſchon erwähnte peu. tingeriſche Tafel , wovon man ben dem Hrn.

Bufdring am angeführten Orte mehrere Nachs richt findet. Zwo p) Rer. Geogr. Lib. I. p. 13. nach Almeloveens Aus, gabe.

9 ) De vit. philof. T. 1. Lib. 2. ſegm . 2. p. 79. nad Met: ſteins Ausgabe. r ) Variar. hiſtor. Lib. III. C. 28.

s) Man ſehe Fabr. Bibl. Gr. Vol. III. Lib. IV. C. XIV . P. 414 .

140

Vorbereitung. III Abſchm ..

310. Anmerkungen des Hrn. du Fresnoy t), welche die Beſchaffenheit der Sandkarten ſelbſt an gehen , kann ich um ſo viel weniger verſchweigen, weil ſie nůklich ſind, und ſein Buch unter uns nicht eben in ſo gar vielen Händen iſt. Die erſte iſt ihm nicht alleine eigen und mehr núßlich , als neu.

Es

iſt leicht einzuſehen , daß man entweder große Kars ten , oder folche, die aus verſchiedenen Bogen bes ſtehen , wenn man ſie haben kann, vor andern wäh. len muß : weil natürlicher Weiſe auf den kleinern die Namen der Derter in einander laufen und ſich

fchwer erkennen laſſen , oder ſehr viele Derter fehlen miſſen.

Die zmote iſt ihm eigen und nicht gemein.

Es wäre allerdings zu winſchen , daß der Unbes quemlichkeit , ben den allgemeinen ſowohl als be.

1

fondern {andkarten immer verſchiedene Maaßſtäbe gebraucht zu finden , abgeholfen werden möchte. Zu dem Ende iſt es kein übler Vorſchlag, der nach verſchiedenen Abſichten auf verſchiedene Weiſe bez ſtimmet und abgeändert werden kann , erſtlich die vier Theile der Welt auf zweenen großen Bogen nach einem und eben demſelben Maaßſtabe, dann

1 1

alle Reiche, ein jedes beſonders wiederum auf zwees.

nen eben ſo großen Bogen nach einem allen dieſen Reichen gemeinen Maaßſtabe , und endlich auch alle landſchaften, eine jede insbeſondere, gleichfalls auf zweenen eben ſo großen Bogen und nach einem allen Landſchaften gemeinen Maaßſtabe, vorzuſtellen .. So würde man bey einer ganzen Sammlung von

nöthigen Karten nicht mehr als dren verſchiedene Maaßſtåbe zu betrachten haben, und die ſagen der Reiche, Sandſchaften und Derter nach ihren Ensfers nungen von einander genauer und leichter faſſen fönnen.

Won ( ) Um angef. Orte S. 26. und 32.

1

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 141 Von den Erdkugeln darf ich zu meinem Zwede Unter die neueſten gehören die.

nicht viel ſagen.

jenigen , welche Hr. Joh. Gabriel Doppelmayer durch Joh. Georg Puſobner gelieferthat : die vollkommenſten von dreyen pariſer Schußen im Durchmeſſer werden wir dem Hrn. Prof. Lowigen in Göttingen zu danken Şaben. Mehr kann man bey dem Hrn. Büſching v) und den von ihm ana geführten Schriftſtellern leſen. Ich will dafür ſo,

wie ich bey den Landkarten gethan habe , auch hier die Geſchichte wiederum von einer leeren Muthmaſ

ſung zu befreyen ſuchen : da es wohl einmal Zeit iſt, bloße Einfålle eines ſpielenden Wißes nicht mit Wahrſcheinlichkeiten , welche das geringſte ſind, was die Geſchichte dulden kann , mehr zu verwechſeln .

Die Beſchreibungen , welche i Kon. VII, 16.20. 41. 42. 2 Chron. III. 15. 16. IV. 12. 13. von den

Hauptgeſimſen der beyden Säulen vor dem Tempel Solomons gegeben werden , leiden nichts weniger,

als daß man daraus Weltkugeln mache, wie unter

andern dem Hrn. Fabricius x) wahrſcheinlich vors gekommen iſt.

Ohne mich hier , wo es der Ort

dazu nicht iſt, weitläuftig in die Erklärung dieſer Stellen einzulaſſen, darf ich nur zu überlegen geben, daß von den fünf Ellen oder Ellbogenlängen, welche Dieß Haurtgeſimſe hatte, vier aus Lilienwerfen und die fünfte in der Mitte von dieſen vieren aus zwey hundert Granatapfeln in zwoen Reihen beſtand, und das ganze Hauptgeſimſe , nach dem Ausdrucke der Sdyrift, eine Art von Kronenwerke zur Verzie.

rung des obern Theiles der Säulen war , weil ſie nichts zu unterſtüşen hatten und alſo die gewöhnli. chen v) In der Einleit. zu ſeiner Erdbeſchr. Š. 66.88. x) Bibl. Gr. Vol. III. Lib. IV . C.XIV. p. 456. mau leſe ſonſt bis p. 458.

1

142

Vorbereitung. III Abſchn.;

chen Arten von Hauptgeſimſen ſich nicht für fie i ſchickten. Alle dieſe Zierrathen , womit das ganze

Hauptgefimſe bedeckt war , ſtreiten wider die Bes ſchaffenheit und Abſicht einer Erd, und Himmelsfus

i

gel. Es iſt auch falſch , daß , wenn ſie Weltkugeln geweſen wären , ſie die älteſten ſeyn würden , von

denen wir Nachricht haben.

Das Zeugniß Dios

dors von Sicilien y ) giebt einigen Grund , zu glauben , daß Atlas , der König von Mauritanien,

welcher beynahe dreyhundert Jahre vor dem Sa. lomo gelebet zu haben ſcheint, ſchon Weltkugeln ges Habt hat. Denn ob Diodor gleich über zwölf hun: bert Jahre nach dieſem Atlas erſt gelebet haben mag : To hat er doch zu ſeiner Zeit noch gute Nacy. richten gehabt; und ſein Zeugniß beſtåttigen ſowohl die gemeinen Erdichtungen vom Atlas in der Fabel, lehre , daß er den Himmel auf ſeinen Schultern ge tragen habe z) xc. als auch die zuverläßigen Nachridh, ten , daß man ſchon lange vorher im Morgenlande

1

und auch in Hegypten , wovon der große und goldes

ne Beobachtungsring des ágyptiſchen Königes Oly. mandyas einen Beweis abgiebt , ſorgfältige Beobs achtungen in der Sternkunde angeſtellet har. Unter den Griechen werden dem anarimander die erſten

Weltkugeln vom Diogenes Laertius an der ſchon 1

angeführten Stelle zugeſchrieben. J. 45. Keines von allen Stücken der vorläufig ben der

Geſchichte nöthigen Erkenntniß iſt behutſamer ein. zuſchränken , als das legte, welches die Staatsver. faſſungen nebſt ihren verſchiedenen Wechſeln , und die

y) Biblioth . Lib. III. C. 5. oder p. 193. nach der Auss gabe von Rhodomann , 1604 .

z) Man ſebe unter andern Cicer. Tufculan . quzft, Lib . V. C. 3.

7

gul

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 143 die Sitten und Gebräuche der unterſchiedenen Bola

ker , ſo wohl in bürgerlichen als gottesdienſtlichen

Sachen , betrifft. Alle dieſe Dinge gehören eigent: lich zur Geſchichte ſelbſt. Wollte man ſich alſo zu

weitläufrig damit einlaſſen : fo müßte man ſchon ei. nen nicht geringen Theil der Geſchichte felbſt ternen ,

und konnte es nicht mehr eine vorlåufige Erkenntniß dazu nennen .

Es iſt auch wahr, daß , wenn man

allgemeine Geſchichtbücher , worinn die Begeben. heiten der Völker und Staaten von ihrem erſten Ur. ſprunge an erzählt werden , lieſt, man einer ſolchen Vorbereitung wohl überhoben feyn kann : weil alles,

was dazu gehöret, billig in dergleichen Büchern ſelbft vorkommen muß.. Allein da dieſe Dinge in den

Geſchichtbüchern größtentheils nur zerſtreuet vorger tragen werden , und dem Gedådytniſſe leicht wieder

entfallen ; gleichwohl viele Begebenheiten fich fo ges nau Darauf beziehen , daß man dieſe ohne dieſelbeni nicht völlig verſtehen kann : fo wäre es zu wünſchen , daß man allgemeine und weder zu kurze noch zu weit:

läuftige Beſchreibungen davon hårte , die theils zur Vorbereitung , theils zur Wiedererinnerung, dienen konnten . Von einer guten Einrichtung würde ihre Nukbarkeit abhangen . Sie müßten den Unter.

fchied der Zeiten wohl bemerken. Sie müßten den Grund und Urſprung der verſchiedenen Verfaſſun . gen Sitten und Gebräuche nebſt den Veranlaſſungen und Folgen der allmålig dabey entſtandenen Verårta derungen richtig anzeigen , damit man ſich von der

Denkungsart und Gemüthsbeſchaffenheit der Völfer keine falſche Begriffe machte, oder etwas für låchers

lich hielte , was es im Grunde nicht iſt. Sie můß. ten weder die Zeit allein , noch den Ort oder die lån . der allein , noch, auch die verſchiedenen Arten , in wel. che ſich die Verfaſſungen , Sitten und Gebräuche

überhaupt und an ſich betrachtet, theilen laſſen , als lein

144

Vorbereitung. III Abſchn.

lein zum Grunde der Ordnung Feken : ſondern alle dieſe Beſtimmungsgründe geſchickt mit einander ver . binden , und aus dieſer Verbindung die Hauptregel der Ordnung hernehmen ; denn ſonſt würden ents

weder vielfältige Wiederhohlungen , wovon die Fels ge allemal eine unnöthige Weitläuftigkeit iſt , oder

Perwirrungen , welche aller Art von Erkenntniß ih. re wahre Nukbarkeit rauben , unvermeidlich fern. Sie müßten endlich aus den erſten und beſten Quele

len fließen , und auf diefelben genau verweiſen , das mit ein jeder Leſer in den Stand geſeßt wurde , die

Richtigkeit oder Unrichtigkeit nach eigner Unterſu:

chung zu prüfen. Ein ſolches Buch habe ich noch nicht geſehen , und bisher auch noch nicht finden fón . nen.

Dem erſten Anſehen nach möchte man des

Hrn. Abtes Lambert allgemeine Geſchichte a ), oder wie die Aufſchrift eigentlich heißen ſollte , und audi den einzelnen Theilen vorgefekt iſt , Sammlung

von Anmerkungen über die Sitten , Gewohnheiten, Gebrauche , Charaktere , Regierungsart ac. der ver. fchiedenen Volker von Europa , Aſien , Afrifa und Amerika , dafür annehmen : in der That aber ift ſie es nicht. Die Aufſchrift iſt für das Buch viel zu

prachtig , und verſpricht weit mehr, als geleiſtetwird. Nur ein und das andere Benſpiel zum Beweiſe das

von anzuführen , finde ich von Anmerkungen über die Zeits et politique , naturelle , civile generale, a) Hiſtoire religieuſe de tous les peuples du monde , avec des obſer vations ſur les moeurs, les coutumes , les uſages , les ca racteres, les differentes langues, le gouvernement, la my thologie, la chronologie, la geographie ancienne et nio derne , les ceremonies, la religion , les mechaniques, l'a . Atronomie , la medecine, la phyſique particuliere, l'hi Roire naturelle , le commerce , la navigation , les arts et

les ſciences des differens peuple de l'Europe , de l'Aſie, de l'Afrique et de l'Amerique par l'Abbé Lambert. To mes XIV , Paris , 1750, (8),

Weg zur Erkenntn . der Geſchichte. 145 Zeitrechnung nichts erhebliches , als etwa bloß die

Meldung der Jahrkreiſe, des Anfangs der Jahre, des Schaltjabres von dreyzehn Monaten , der Na. men von den Monaten und den Tagen in den Wo.

chen der Eintheilung des Tages und der Nacht ben den Siamern b ) : über die Sprachen nichts bes

tráchrliches, als die Nachricht c), daßbey den Gua. ranis, einem Volke im ſüdlichen Amerika , ein je. des Wort eine genaue Erklärung von der Natur der

Sache , welche ausgedrückt werden ſoll, abgiebt, und die Sprache dabey edel und wohlklingend , zart und angenehm iſt. Kurz , dieß ganze Werf enthältbloß

eine Höchſt unvollſtåndige Erdbeſchreibung, und nach dem Leitfaden derſelben eine Sammlung von aller. len Sitten , Gebräuchen , Staatsverfaſſungen und ftaatsklugen Betrachtungen , wobey hin und wieber einige andere Dinge, ſonderlich aus der Naturges ſchichte eingeſtreuet find. Die Ordnung iſt alſo nach den Reichen und Ländern gewählt. Daher kommen natürlicher Weiſe oft Wiederhohlungen vor : weil viele Völker, die entweder gemeinſchaftliche Stamm.

våter für ihre nåd)ſten Stifter erkennen , oder dc. ren einige von den andern herſtammen , ähnliche Verfaſſungen, Sitten und Gebrauche haben . Die Zeiten ſind ſelten deutlich genug unterſchieden. Nochy feltener, ja faſt niemals , ſind die Quellen , woraus der Hr. Verfasſer geſchöpfet hat , angezeiget. Es iſt wohl bisweilen ein Name von einem alten oder neuern Schriftſteller undermuthet, nachdem man lange vergebens für ſo mancherlen Erzählungen von entfernten Zeiten und Dertern Zeugen aufgeſtellt zu ſehen gempůnſcht hat, eingeſchaltet: aber faſt beſtån .

dig ohne Meldung des Werkes oder der Stellen, wors

b) Tom. IX. p. 153. fq. c ) Tom. XIII. p. 373.

I Theil.

K

146

Vorbereitung. III Abſchn .

worauf es eigentlich ankommt. Da nun auch kein anderes Buch von folcher Beſchaffenheit , wie es fenn ſollte, vorhanden iſt, woraus man die oft ge nannten Stücke zur Vorbereitung lernen könnte ; ins bem des Hrn. Det. Davity Beſchreibung der Staa, ten und Reiche der Welt mit einer Beſchreibung der

11

Staatsverfaſſungen , Sitten , Gebräuche und des Gottesdienſtes ebenfalls ſchon zu weit in die Ge.

b.

ſchichte hineingeht , und zu dem hier geſuchten Zwe. cke dennoch mangelhaft iſt *): ſo weiß ich nichts bef ſers vorzuſchlagen , als daß man ſich anfangs nur das , was die Einleitungen zu i den verſchiedenen Reichen und Staaten in des Förn. Lengl. Du

1

Fresnoy Anweiſung die Geſchichte zu lernen , und des. Hrn. Büſchings Erdbeſchreibung enthalten , gelåufig mache , und alsdann zu einer allgemeinen Geſchichte fortſchreite. Wil jemand mit dieſem Vorſchlage nicht zuo

frieden ſeyn ; ſondern von einem jeden Stücke befone che dere Bücher leſen : ſo wird ihm dabey der oben gena gebene Rath ſehr nöthig ſeyn , die gehörige Mittele ſtraße zu şalten. Von den Staatsverfaſſungen fónnte man Johann Bodins kurze Nachricht d ),

nebſt des Sornius Staatswelt e ) leſen , und weit die .

*) Les états et empires du monde par le Sr. D.T. V. Ý. Paris 1625. ( fol.) Die vermehrten und neuern us.

gaben von Franz Kanchin, und von Joh. Bapt. Rocoles , ſind noc) weitläuftiger.

d) In ſeiner Method.ad facilem hiſtoriar, cognit.C. VI. P. 154-300. Seine reche Bücher de republica, Francof. 1640. in (8), kan man anfangs noch ausgeſeßt ſeyn laſſen ,

e) Georg. Hornii orbis politicus imperiorum , regnd. rum , principatuum , rerum publicarum & c. Acceſſerunt animadverfiones Ottonis Menckenii. Francof. et Lipf. 1675. (12. Ejusdem orbis imperans, f. tractatus de XIII,.

orbis imperiis hiſtorico-politicus cum animadverſionibus Joach, Felleri. Francol. et Lipf. 1677. ( 12 ).

Wcg zur Erkennt- der Geſchichte. 147 dieſe von den neuern Veränderungen nichts haben gedenken können , die bekannten Einleitungen der Neuern , als 3. B. für Europa des Hrn . Achens

walls f) Staatswiſſenſchaft, zu Hülfe nehmen. Das Möthigſte von den verſchiedenen Gebrauchen im bürgerlichen Leben könnte man aus Joh. Bo.

hem g ) Alef. Sardi h) Joh. von Glen i) und Cic. Berain k) lernen : ob ich gleid, teines von

Dieſen Büchern zur Erfüllung der obenangegebenen

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Abſidten fehr anpreiſen kann. Des pat. Carme. li l ) Geſchichte von verſchiebnen geiſtlichen und welt. lichen Gebräuchen erfekt auch dieſen Mangel nicht: er hat vornehmlich nur auf die Gebräuche ſeiner

Kirche geſehen.

Was von den gottesdienſtlichen

Gebrauchen zuin anfange zu wiſſen dienlich ſeyn

mochte, das könnte man ſich aus Bernh. Varenm ) und 2 f) Staatsverfaſſung der heutigen vornehinſten europeia

chen Meiche im Grundriſſe , von Gottfr. Achenwal, vierte verbeſ]. Ausg. Götting, 1762. ( 8). g ) Job. Boëmi, omnium gentium mores , leges tus ex multis fcriptoribus collecti &c. Lugd. 1591. h) Alex , Sardi de moribus ac ritibus gentium III, nune primum in lucem editi. Venet, 1557. ( 8 ).

et ri, ( 12). 1 Libri Item

Ambergæ 1662. ( 12 ).

i) Traité des habits, moeurs , ceremonies , façons de faire anciennes et modernes du monde , avec les pour

traicts des habits taillés par Jean. de Gler . 1608. ( 8). k ) Les differentes, inoeurs et coutumes des anciens

peuples dans les a&ions les plus confiderables de la vie (par Nic. Berain ). Paris, 1658. ( 12).

1) Storia di varj coſtumi ſacri e profani, sth. in mitt 8. Padova , 1740 .

. ;, :

m ) Bern. Varenii informatio brevis de diverfis geno tium religionibus . Dieſe Anleit. iſt mit ſeiner defcript. regn. Japon . ét Siam. Cantabr. 1673. (8). p. 233. abges druckt, und in deutſdher Sprache der unmittelbar folgenden

Ausgabe von Roſſens Buche Beygefügt.

148

Porbereitung. III Abſchn .

und Alef. Roß n) bekannt machen , und daben pi

cards o) Zeichnungen , fo weit dieſelben reichen, ein wenig durchſehen.

Das Mangelhafte bey dieſen

Büchern fålle wiederum einem jeden leicht in die Alu

gen . In Anſehung der neuern Zeiten ließe es ſich noch einigermaßen durch den kurzen Begriff der

neueſten Reiſen in engliſcher Sprache * ) , für alle dren Stücke ergänzen . Für einen Theil der mittlern und für die neuern

Zeiten erfordert die Vorbereitung durch die Staats, wiſſenſchaft auch noch einige Kenntniß von der Waps

penkunſt. Folgt man der rechten Ordnung , die Geſchichte zu lernen : ſo kann man dieſe ſo lange aus. geſegt fenn laſſen, bis man zu der mittlern und neuern Geſchichte fommt.

Alsdann kann man die

zur Geſchichte nöthige Erkenntniß aus des Hrn. Hofr. Mart. Schmetzels Einleitung zur Wap. penlehre ſchöpfen. Iſt es aber wohl allen gelegen , oder auch móc

lich ,ſich durch eine ſchon fó weitläuftige Vorbereia tung den Weg zu bahnen ? Das muß ein jeder nad feinen Umſtånden und Abſichten ſelber entſcheiden. Wer die Geſchichte bloß als eine Nebenſache treiben,

únd ſich daben um die Schwierigkeit der Zeitrecha nung nicht befümmern wilt, der kann , nach eini ger unumgänglich nöthigen Bekanntſchaft mit der Erd .

ti) Alex. Roß, unterſchiedliche Gottesdienſte in der gans Jen Welt 2. Heidelberg, 1674. (8 )

o) Ceremonies et coutumes religieuſes de tous les peu .

desfexplication ples,dùmonde,repreſentéespar igures ,deſſinéesde hiſtorique main de Bern. Picard, avec une la et quelques diſſertations curieuſes. Amſterd. 1723-37 Sieben Bånde in gr. fol. *) A Compendium ofthe moſt modern Travels, con .

taining a diſtinct Account of the Religion , Government, Commerce, Manners, and natural Hiſtory of ſeveral na

tions, 4. volum . (12). Edinb. 1757.,

1

1

Weg zur Erkennt. der Gefchichte. 149 Erdbeſchreibung , alsbald zu einer guten allgemeia

nen Geſchichte fortgehen , ſid, nur ben den merk, würdigſten Begebenheiten die feſtgeſekte Zeit derſels ik ben merken , und die lekten Vorbereitungsſtücke, wovon wir bisher geredet haben , aus der Geſchichte

i

felbft zu lernenſuchen. Wünſcht èr inzwiſchen doch

&

von aller vorläufig zur Geſchichte nöthigen Erkennt. niß einen kurzen Begriff in einem einzigen Buche zu finden : ſo weiß ich ihm gegenwärtig nichts beſſers vorzuſchlagen , als des von Vallemont Anfangs.

cư m

gründe der Geſchichte p) , worinnen er die Abſicht gehabt hat, alles zuſammen zu faſſen , was man, feii

es

nen Gedanken nac), von der Zeitrechnung , Erdbes ſchreibung , Wappenkunſt, und von der allgemei. nen Geſchichte der Kirche und der alten ſo wohl als

8

neuen Reiche, zu wiſſen nöthig hat. Allein ein Ges lehrter kann ſich nicht entbrechen , ſonderlich , wenn

er die Geſchichte zu einer von ſeinen Hauptbeſchaffé

.

tigungen zu wählen gedenfet, vorher von der Zeit. rechnung ſo wohl, als von der Erdbeſchreibung, eine weit genauere und vollſtändigere Erkenntniß zu ſu : chen , als ihm das eben angeführte Buch gewähren kann . Håtte man allgemeine Beſchreibungen von den Staatsverfaſſungen und ihren Veränderungen, von den Sitten und von den bürgerlichen ſo wohl als gottesdienſtlichen Gebrauchen , die zu einer Vorbe. reitung zur Geſchichte beſſer und vollkommner ein: gerichtet waren , als die oben genannten Bücher : ſo würde ich ihm auch dieſe billig empfehlen .' Dabas aber , ſo viel ich weiß, nicht iſt : ſo ſcheint mir der R 3 beſte p) Elemens de l'hiſtoire , ce qu'il faut ſavoir de la

Chronologie , Geographic , Blazon , de l'hiſtoire univer ‫د‬

ſelle de l'Egliſe et des Monarchies anciennes et nouvelles le P. L. L, de Vallemont. Edition revuë et augmen . tée, III Tones. Paris, 1700. ( 12 ). par

150 ' Vorbereitung; III Abſchn. beſte Rath zu bleiben , den ich ſchon gegeben habe, daß er dieſe Dinge aus einer allgemeinen und nicht zu unvollſtändigen Weltgeſchichte ſelber ſammle. Die Nothwendigkeit eines ſolchen Werkes werde ich alsbald darthun , und ihm unter den Geſchichtbů,

chern den erſten Plaz in der Ordnung anweiſen . S: 46.

Nachdem die zum voraus bey der Geſchichte nos thige Erkenntniß geſucht und erlangt iſt, muß man aus der oben S. 9. angeführten Urſache diejenige

Didnung beobachten , in weldjer die verſchiednen Ar:

ten und Theile der Geſchichte ſich einander das meis ſte žicht geben..

E

Da bie Ordnung ben allen Geſchafften gleich. fam die Seele iſt , die eine jede Handlung dabey lei. ten und regieren muß : ro follie man ſich kaum eine bilden , daß es zweifelhaft ſcheinen fonnte , ob es nöthig fer , eine gewiſſe Dronung . bey der Geſchichte

zu wählen , und von einer allgemeinen Geſchichte den

Anfang zu machen. Allein die Zwendeutigkeit, wel. che in dieſer Frage liegt, bat zu dem Zweifel Anlaß gegeben . So bald jene gehoben iſt , wird dieſer

von ſelbſt wegfallen .

Geht das Abſehen bloß auf

einen beſondern Gebrauch der Geſchichte , als die Nuo kung derſelben zu einem bloßen Zeitvertreibe in den

Stånden der Ungelehrten , zu beſondern Theilen der Gelehrſamkeit , zu beſondern Künſten , zu beſondern Umſtånden , Geſchlechtsangelegenheiten und derglei. chen : ſo iſt nicht ſchwer zu urtheilen , daß bloß die beſondern Theile , welche eigentlich zu eines jeden bu

fondrem Zwecke gehören , nothwendig ſind , und es baher nicht ſo ſehr auf die Ordnung verſchiedener Theile und eine allgemeine Geſchichte, als auf die

rechte Wahl des beſtimmten Theiles , den man zu

nugen hat , ankommt. Jedodi, da alle Begeben, þeiten

M

9

1

Weg zur Erkennm . der Geſchichte. 151 Heiten auf eine nähere oder entferntere Art zuſam .

mengången , wie die vorhergehenden eine Vorberei. tung, Veranlaſſung oder Urſache zu den foljenden

abgehen ; da auch die verſchiednen Arten und Theile

7

der Geſchichte durch eben ein ſolches Bano ver tnúpfe ſind: ſo bleibt es dabey unlåugbar, daß es allemalein Vortheil iſt, vornehmlich wenn man die

Geſchichte zum Zeitvertreibe leſen will , ſich vorher die allgemeinern und erſten Arten oder Theile in ih.

rer gehörigen Ordnung bekannt gemacht zu haben ; und habe ich dazu fchon oben 5. 39. ſtarke Bewe.

gungsgründe vorgeſtellet. Wird aber die Frage og. ne Abſehen auf beſondere Perſonen und Umſtände unterſucht: ſo fällt die Nothwendigkeit , von einer allgemeinen Geſchichte den Anfang zu machen , und

DA of

hernach bey den verſchiedenen Arten und Theilen eine t natürliche Ordnung zu halten , von felbſt in die Aur 0 gen . Eine jede beſondere Geſchichte iſt eigentlich eis

i ne Erweiterung eines beſondern Cheils der allgemeia nen Geſdyichte. Nun wird ein jeder eine weitere me Entwickelung eines beſondern Stückes viel leichter zu begreifen und nußen können, wenn er ſich vorher eis

GE

1

ne allgemeine Erkenntniß davon , eine Erkenntniß

von dem ganzen Umfange und Zuſammenhange als ler beſondernStücke, erworben hat, als ohne dieſe Vorbereitung.

Er wird ſich dadurch einen allge.

meinen Entwurf machen , ben er immer weiter und mit leichterer Mühe ausarbeiten kann.

Er wird

fich einen ſeitfaden verſchaffen, die rechte Bahn ber

Drdnung und Verbindung unter den Arten und Thei. len der Geſchichte , ben den Verwickelungen der großen Menge von Begebenheiten , nicht zu verlies ren. Es wird dem Gedächtniſſe durch den Ver .

ſtand, durch die Einſicht in den Zuſammenhang, welche das beſte Mittel in der ganzen Gedächtniß . kunſt iſt, zu Statten kommen , und hingegen , ohne R4

eine

152

Vorbereitung. UII Abſchn .

eine vorläufige Bekanntſchaft mit der allgemeiner Geſchichte , das Gedächtniß bloß mit vielen aus ih .

rer Reihe und Verbindung weggeriſſenen Begeben. beiten anfüllen . Sagt dieß alles nicht mehr , als deutlich genug , daß von der allgemeinen Geſchichte nothwendig der Anfang zu machen iſt ? Könnte aber unter den verſchiedenen Arten und Theilen der Ges

ſchichte wohl eine ſolche Verbindung Plak haben, daß ſie ſich alle in einem allgemeinen Werke zufams

menfaſſen ließen , wenn ſie nicht alle, wie ſchon vor. her aus einem andern Grunde Hergeleitet iſt , theils

näher theils entfernter zuſammenhingen ? Und han. gen fie fo zuſammen ; wie es ihre Verbindung nach den Zeiten , nach den Dertern und nad, gewiſſen deljnlichkeiten, nothwendig macht : ſo müſſen ſie in einer ſolchen Beziehung auf einander ſtehen , daßeis nige aus den andern leichter zu begreifen ſind. Das her muß man dann den Anfang von denen machen, aus welchen die andern einiges licht borgen , hiere

váchſt zu denen, die mit jenen eine nåhere Verknús pfung haben, fortſchreiten , und ſo von dieſen ſtu . fenweiſe endlich zu denen , die mit den erſten in der

entfernteſten Verbindungſtehen , kommen. Folglich muß man nothwendig eine Ordnung beobachten .

Allein was für eine allgemeine Geſchichte Foll man nun wählen ? Die Geſchichtstafeln nach der Zeitrechnung als von Ubbo Eminius a) deſſen ſehr

trocknes Werk mehr hieħer , als zu den Zeitbüchern,

gehöret , von Marſchalln b ), welcher ſeine Tas • feln a ) Ubbonis Emmii Opus chronologic, novum. Groning. 3629. ( fol.)

b) Tabulæ chronologicze, continentes tum facra tum profana a creatione mundi usque ad Chriſti nativitatem , atque inde ad excidium Jeruſalem ad mentem Scaligeri, Vsferii , Marshami , Dodwelli , a Ben. Marshall. Oxon. 1700. ( fol. )

14

Weg zur Orfernt. der Geſchichte. 153 feln für die alten Zeiten vorzüglich nukbar gemacht - hat, und von Lenglet ou Fresnoy c), der die Jahre nach den verſchiedenen Zeitrechnungen ange geben, die Geſchichte von den Aegyptern, åſſyriern, Chineſern 2c, eingeſchaltet , und die vornehmſten Geſchichtbücher daben angeführet hat , können die

nothigen Dienſte nicht teiſten : auch nicht die allges gemeinen Zeitbücher , als von Carion d) mit Mes

jlanchthons und Peucers Verbeſſerungen, von Funa

ken e) , von Calvis f), der den Grundfågen des :: Scaligers gefolget ift, und die Merkmaale aus

der Sternfunde allezeit zu Hülfe genommen hat, und von Eduard Simſon g), deſſen Werk mehr geleſen zu werden verdienet , als vermuthlich deswe.

tgen, weil es nicht allzu gemein iſt, geſchieht. Denn M

da in dieſer Art von Büchern, vornehmlich in den erſtern , die Begebenheiten bloß nach der Zeit be ſchrieben , und alſo viele derſelben aus ihrer Vers

bindung mit andern , mit ihren eigentlichen Veran . K 5

laſs c) Tables Chronologiques de l'hiſtoire univerſelle par M. l'Abbé Lenglet du Fresnoy , en 4 grandes plan ches. . Paris 1729. Man findet fie auch in der methode . pour etud. L'hiſtoire T. III. P. I. p. 3-128. ſo weit ſie zur alten Geſchichte gehören.

d) Joann. Carionis Chronicorum libri III. ab orbe con. dito ad annum Chriſti 1532. aucti a Phil. Melanchthon. Wittembergæ 1570. 2 Bånde in ( 8 ). ingleichen cum ap pendice Phil. Melanchth. et Caſp. Peuceri, Wittemb. 1589 . fol. und Genell. 1625. ( 8 ).

e) Joan, Funcii Chronologia cum commentariis chrono. logicis ab initio mundi ad ann . 1545. Wittemb. 1601, ( fol. )

f) Sethi Calvifii Opus chronologic. ab exordio mundi

ad annum 1620. auctum usque ad ann . 1685. Francof. 1685. ( fol.)

g) Edwardi Simſoni Chronicon, hiſtoriam catholicam

complectens ab orbe condito ad annum Chriſti: 71. Oron . 1671. (fol.)

154

Vorbereitung. III Abſchn.

laſſungen , Urſachen , Umſtånden und Folgen, wege geriſſen vorgeſtellet werden : fo iſt es nicht nur

[chwer, fo viele Begebenheiten dem Gedächtniſſe einzuprigen , weldies durch Hülfe des begriffenen Zuſammenhanges der Begebenheiten am meiſten unterſtüßet werden muß ; ſondern man kann daraus auch den vornehmſten Nugen der Geſchichte nicht

ſebópfen , der eine Einſicht in die Verbindung der Begebenheiten vorausſeket. Jhr Gebrauch iſt eis gentlid), wenn ſie vollſtåndig genug und nach einer genauen Zeitrechnung eingerichtet ſind, zum Nachs ſchlagen , damit man ſich der eigentlichen Zeit der Begebenheiten, die man leicht vergeſſen haben kann, wieder erinnere : oder zur geſchwinden Wiederholung der ſchon gelernten Geſchichte.

Die gemeineſten

Auszüge aber aus der allgemeinen Geſchichte find viel zu unvollſtändig , als daß die vorgeregte 26s ficht daburch erreicht werden könnte.

Es muß ein

Werf gewählet werden , das den Namen einer ſchlechterdings allgemeinen Geſchichte verdiene , und

weder allzu kurz , noch allzu weitläuftig ren .

Die

bekannte und in vieler abſicht vortreffliche Arbeit einer Geſellſchaft von Gelehrten in England , unter

der Aufſchrift einer allgemeinen Weltgeſchichte, fann

in der That von dem Fehler der Weitläuftigkeit Ein bloßer Auszug nicht freygeſprochen werden. aus derfelben würde vielen andern Unbequemlichkeis ten nicht abhelfen : wo ſie nicht ganzlich umgeſchmols gen werden ſollte. Und ein anderes Werk von

ſolcher Art iſt bisher noch nidyt ans Licht gefoms men .

Denn des Hrn. Lamberts allgemeine Ge.

ſchichte iſt es bloß in der Aufſchrift: wie ich ſchon 9. 45. angemerfet habe. Dieſe Urſachen kaben mich auf die Gedanken gebracht, meinen Fleiß dar,

auf zu richten und dem Mangel , wo moglich, ab, jubelfen . Der Erfolg muß zeigen , wie weit es mir

Weg zur Erkenntn. der Geſchichte. 155 .:

mir gelingen werde.

Findet man es zurErrei,

1

chung des vorgeſegten Augenmerfs geſchickt und bing känglich : ſo wird es mir ein Vergnügen feyn , der Welt in einem Stücke gedient zu haben. Sollte man aber anders urtheilen ; oder nach einem eingen

*

fchränkten Vorſake: ein ſolches Werk für fich noch zu weitläuftig finden : ſo mußte man ſtakt eines Bus ches mehrere , nach den verſchiedenen Hauptarten der Geſchichte, eine allgemeine Geſchidhte der Vol. fer und Staaten , eine allgemeine Geſchichte der

13

Kirche und des Gottesdienſtes , eine allgemeine Ges ſchichte der Natur, und eine allgemeine Geſchichte

der Wiſſenſchaften und Künſte ſuchen. g. 47. Es iſt bewieſen , daß unter den Arten und

Theilen der Geſchichte eine beſtimmte Ordnung

7.

Statt findet, und, wenn man darauf ſeinen Fleiß mit Vortheile wenden will , nothwendig gehalten werden muß. Eine allgemeine Geſchichte begreift das Vorneømſte von allen Arten und Theilen. Es

muß alſo in derſelben billig ein Entwurf von allen nach der natürlichſten Ordnung zum Grunde lies gen : einer Ordnung , nach welcher die erſten Urten

und Theile die folgenden immer verſtåndlicher mas Wenn man nun von den unterſchiedenen chen . Arten der Geſchichte , wie ſie oben in dem erſten 26.

nfo!

‫ܕ݁ܳܐ ܕ݁ܕ‬

ſchnitte Hergeleitet find, alle diejenigen , welche bea fonders ausgearbeitet worden , oder eine ſolche Aus, arbeitung leiden , aufmerkſam gegen einander bålt

fo werden ſie auf vier Hauptarten , auf die Geſchicha te der Welt und natur , oder , wenn man ſie lieber ſo nennen will, die nacůrliche Welcge. ſchictice, die Geſchichte der Völker und Staas ten , die Geſchichte der Kirche und des Gotrese

dienſtes, und die Geſchichte der Wiſſenſchaften uno

1

1

156. Vorbereitung. III Abſchn . und Künſte, zurückzubringen ſeyn ; und die uit tern Arten einer jeden Hauptart machen ben dieſer Es iſt demnach in einer allgemeinen Geſchichte fowohl unter den vier Haupte arten , als unter den beſondern Theilen einer jeden, die beſte Ordnung feſt zu regen. Was iſt aber wohl natürlicher , da die Geſchichte bloß mit Be die beſondern Theile aus.

gebenheiten zu thun hat, und ſolche Veränderungen zugleich von dem Orte , wo ſie vorgehen , und von

deſſen Beſchaffenheit abhangen , als daß man zuerſt die Geſchichte des großen Schäuplages, die natüts liche Weltgeſchichte, vorgetragen finde. Dieſe breis tet ihr Licht über alle die andern Hauptarten aus : denn es kommt bey denſelben nicht wenig auf die Beſchaffenheit des Wohnplages und der Himmels.

gegend an . Die Erkenntniß von den verſchiedenen Polfern und Staaten , nach ihren Verfaſſungen,

Gefeßen , Sitten , Gewohnheiten , Gebrauchen se trägt mehr ben , die Geſchichte der Kirche und des Gottesdienſtes , vornehmlich fo weit es dabey auf die äußerliche Einrichtung ankommt, nebſt der Ges

fchichte von den Wiſſenſchaften und Künſten, zu veri ſtehen , als dieſe lektern Hauptarten zum Verſtande der erſtern beytragen können. Deswegen muß der Geſchichte von den Volfern und Staaten der zweyte Plaß angewieſen werden ; ob man gleich ſonſt von der Erkenntniß natürlicher Dinge am nächſten zur

Erkenntniß Gottes , und feines Dienſtes geht: ein anderes aber iſt der Gottesdienſt; ein anderes die

Geſchichte deſſelben. Bey den beiden übrigen Haupt. arten könnte es dem erſten Anfehen nach zweifelhaft fcheinen , ob die Geſchichte der Kirche und des Got. tesdienſtes der Geſchichte von den Künſten und Wife

fenfchaften , oder dieſe jener , vorzuſeßen fem. Un der einen Seite iſt bekannt , daß die Kirche und der

Gottesdienſt von dem Wachsthume und blühenden Zu .

1

Weg zur Erkennt. der Geſchichte. 153

# Zuſtande der Wiſſenſchaften und Künſte oft nicht geringe Vortheile gehabt hat : und man könnte das

ni her glauben , daß die Geſchichte der lektern nicht es wenigen Einfluß in die Geſchichte der erſtern baben į

müſſe. Allein dieß trifft nur vornehmlich bey fpås tern Zeiten zu , nachdem es nöthig geworden war die eingeriſſenen Verwirrungen und Unordnungen durch den richtigen Gebrauch einiger Wiſſenſchaften

zu geben : fonſt beruhet die Einrichtung der Kirche und des Gottesdienſtes nicht auf den Wiſſenſchafe

11

74

ten , ſondern auf einer wahren oder vorgewandten

Offenbarung. Auch ſind es nur gewiſſe Theile der Gelehrſamkeit , mit denen verſchiedene Begebenheid ten der Kircheund des Gottesdienſtes {in Beziehung

ſtehen.

In der andern Seite hingegen iſt die Kira

che wirklich mit dem Staate, als ein Theil deffela

ben , in fo fern ſie eine öffentliche Geſellſchaft, die durch den Gottesdienſt vereiniget ift , ausmacht, genau verbunden : und der Einfluß einiger Wiffene fchaften in die Begebenheiten der Kirche kann fügé lich, ohne daß man die ganze Geſchichte der Wiſſens ſchaften und Künſte vorausſeßen dürfe bey det

Kirchengeſchichte felbſt mit wenigen angemerket wer den .

Es nimmt daher die Geſchichte der Kirche

und des Gottesdienſtes mit Rechte die dritte Stelle

nach der Ordnung ein : und der legte Plak bleibe

für die Geſchichte der Wiſſenſchaften undKünſte übrig. Darum werde ich bey meiner Arbeit diefere Dronung folgen. Jedoch , es iſt weder dem na. 행

türlichen Vergnügen an der Abwechslung , noch dem genauen Bande, welches alle vier Hauptarten der Geſchichte verknüpfet, recht gemaß, eine jebe Hauptart don Anfange bis zu Ende beſonders vora

zutragen. Dieſe Unſchicklichkeit zu vermeiden, iſt es ben einer allgemeinen Geſchichte dienlich , nach

gewiſſen Zeitbegriffen, die ſichdurch einige vorzüg. lid)

158

Vorbereitung. III Abſchn..

lich merkwürdige Veränderungen unterſcheiden, vera ſchiedene Abtheilungen zu machen , und in einem jes den abgetheilten Zeitraume , alle vier Hauptarten

nach einander ſo , wie ihre Ordnung unter einander angegeben iſt , vorzuſtellen. Hierdurch befómme ſie zugleich einen Vortrag nach einer guten Lehrart. Ich werde deswegen dieſen Weg ebenfalls geben ,

Sollte es ſich aber nicht wohl ſchicken, die beſonders merkwürdigen Begebenheiten , welche den Grund

zur Lútheilung der Zeitbegriffe darbieten, ben einer oder der andern von den Hauptarten der Geſchichte

vollſtändig zu ergåhlen : fo würde es vortheilhaft feyn , die Beſchreibung ſolcher Veränderungen , als ein Mittel, den vorhergehenden und folgenden Zeite faum mit einander zu verknüpfen , bamit ſich der Zuſammenhang des Ganzen deſto deutlicher zeige, entweder dem vorhergehenden in einem befondern

Hauptſtücke anzuhången, oder dem folgenden eben

vorzuſeken.

Wuch dieſe Frenheit behalte ich mit

por , wie und wo ich es nöthig finden möchte.

Wenn man ſich aber die allgemeine Geſchichte

ſchon gelåufig gemacht hat : ſo iſt man nichtmehr ſo ſtrenge an eben die Ordnung gebunden. Denn,

/

was eine Hauptart zu dem Verſtande, der andera beytrågt, das kann man ſchon þinlänglich gefaßt haben . Unter der Bedingung , daß es wirklich ges fichehen fer , mag alſo ein jeber , nach ſeiner Neia gung , ſeinen beſondern Abſichten und limſtånden , zur Fernern Ausarbeitung des allgemeinen Entwurz fes fowohl die Oronung unter den . Gauptarter abs ändern , und etwa , weil die Geſchidite der Men

fchen uns am vächſten angehet, ſie ſo verfolgen , wie

ich pie an Ende des vorhergehenden S. angefeket babe, als auch eine oder die andere von den viet Hauptarten ausſchließen , um auf die übrigen , die

ihm zu feinem Zwede am núßlidiften ,oder wady jcia her

Weg zur Erfennt. der Geſchichte. 159 ner Neigung am angenehmſten ſind , deſto mehr Fleiß wenden zu fónnen. Gleichwie nun bisher ſattſam bewieſen iſt, daß

1

unter den Hauptarten der Geſchichte eine feſtgeſekce Drönung zu halten nothwendig erfordert wird : iſt aus ähnlichen Gründen von ſelbſt zu fchließen, daß fie ben den verſchiedenen Theilen einer jeden Hauptart ebenſo wenig verſäumt werden darf.

Auch unter dieſen geben in vielen Fällen einige den anbern mehr licht. Ich will daher von den ver fchiedenen Theilen einer jeden Hauptart , und der Ordnung , worinne ſie unter einander ſtehen, beſon . bers und genauer reden .

S.

48

Die natürliche Geſchichte nimmt ihren Stoff isten aus den Beränderungen anden Weltförpern ſelbſt for ekse wohl, als an den förperlichen, und entweder lebendigen

It oder lebloſen Geſchöpfen , die ſich in und auf denſele,

Von den Veränderungen an den Wel Licht großen tförpern, außer unſerer Erdkugel, fón: ben befinden .

helt nen wir wenig wiſſen : nicht mehr, als was ſich aus den Beobachtungen der Sternkundigen , nachdem De fie in neuern Zeiten beſſere Hülfsmittel gehabt, und fit

mehrern Fleiß angewandt haben , ſammten fåßt. Das Hauptſächlichſte von der natürlichen Weltges

Tu

ſchichte wird alfo auf die natürliche Geſchichte



unſerer Erdkugel und der in und auf derſelben



befindlichen Dinge zurückzuſeken ſeyn. Hieraus entſtehen zweene Haupttheile der natürlichen Pro

geſchichte : die nacůrliche Geſchichte der Erds kugel an ſich ſelbſt , und die natürliche Ger

fibicre der in und auf derſelben befindlichen Dinge. Unſere Erde beſteht aus Gewäſſern und dem feſten Sande : von dieſen beyden Stücken und

von dem Einfluſſe einiger Himmelsförper , ſonder, lich

160

Vorbereitung. III Abſchn.

lich der Sonne, hångt die Beſchaffenheit und Ber . ånderung ihres Dunſtkreiſes ab , der deswegen auch zu ihr gehöret. Daher befommt die natürliche Ges ſchichte der Erde wiederum drey Theile: die natür.

liche Geſchichte der Gewaſſer; des feſten kans des ; und des Dunſtkreiſes. Diejenigen Dinge welche ſich in und auf der Erde befinden, laſſen ſich füglich , ob mir gleich wohl bekannt iſt,

aber

daß man wider dieſe Eintheilung etwas einwendet,

nach den gewöhnlichen drenen Reichen der Natur vertheilen .

So kommen wir auf die brenfache

naturgeſchichte des Thierreiches , des Pflanz zenreiches und des Reiches ausgegrabener Rốc. Die Eintheilungen noch weiter fortführen, enthalte ich mich billig der Kürze wegen : da ſie zum Cheile ſchon oben bey den Arten der Geſchichte an. gegeben ſind, und die übrigen ſich von einem jeden leicht beſtimmen laſſen. Hiermit iſt nun aber auch ſchon die Drdnung, welche unter den Theilen der natürlichen Weltge. fchichte gehalten werden muß , vor Augen geleget. Die allgemeinern Beſchreibungen machen allemal die beſondern verſtändlicher. Darum muß man von der natürlichen Geſchichte der Weltförper überhaupt anfangen , und zu der natürlichen Erdgeſchichte nach ihren beſondern Chcilen in der Ordnung, wie ſie eben ikt vorgeſtellet ſind , fortge hen. Es bedarf auch keines weitläuftigen Beweis ſes , daß man ben allen dieſen Theilen ſich zuerſt per.

um die Geſchichte der Hauptgeſchlechte und Haupt arten der Dinge, und hiernádiſt um die befondere Geſchichte der untern Arten zu bemühen hat. Aber wo ſoll man nun alle dieſe Cheile ausgear.

beitet ſuchen ? Sind ſie auch wirklich ausgearbeis tet ? Das feßlet ſehr weit : am meiſten für die ål.

cern Zeiten.

Eine allgemeine Geſchichte muß bil. lig

1

Weg zur Erkenntnder Geſchichte. 161 tig das Hauptſächlichſte Davon in fich faffen: allein > ihren erſten Entidurf zu mehrerer Vollſtändigkeit zu

- erweitern , ſieht man ſich gendthiget , viele Stude 24 einzeln aus vielen Büchern zu ſammlen. Die älte ! ften Nachrichten von den Veränderungen der Welt . i

förper und ſelbſt unſerer Erde , muß man aus der

les

bibliſchen Geſchichte , mit Zuziehung der neuern 2n merkungen der Kunſtrichter ſchöpfen.

Die älteſte

3

Geſchichte der Thiere umb Pflanzen hat ebenfalls ih

!

ten erſtenStoff aus denBüchern der Offenbarung zu holen . Für die folgenden Zeiten muß alles aus dem

si

Ariſtoreles, Theophraft, Strabo, Plinius,

*

Aeliany Solinus x . zuſammengeſuchet werden . Alsdann ſind die ältern und neuern Reiſebeſchreibune gen zur Hülfe zu rufen. Nur iſt zu bedauern , daß

die Verfaſſer der mehreſten auf die Naturgeſchichte ſehr wenig iþr Abſehen gerichtet haben . Mit dieſen muß man ferner die Werke der Neuern , welche zur

Erläuterung der drenen Naturreiche, und beſonderer Stúce derſelben , geſchrieben haben , wohin auch die

verſchiebenen Yufka gehören , verbinden , und end

lich aus den Auffäßen der verſchiedenenGeſellſchaften der Wiſſenſchaften , aus der in Venedig nach und nach 1

herausgekommenen ſowohl alten als neuen Samma

lung der Opuſcoli ſcientifici, aus den bononia fcten Commentarien , und aus den in verſchiedenen

Sandern und Sprachenherausgegebenen !Magazinen, den zuſammengetragenen Vorrath zu vermehren be mühet ſeyn. Dieß iſt eine Beſchäfftigung der Geo lehrten , und inſonderheit derer, welche die Naturlehre

zu ihrem Hauptwerke gemahlet haben , und alſo der Naturgeſchichte nicht entbehren können. Von Unge. lehrten iſt es nicht zu verlangen , daß ſie ſich ſo genau einlaſſen follten. Die Schriften der Alten im Grie: chiſchen und {ateiniſchen können ſie ohne das, aus Man , gel der Kenntniß von den Sprachen , nicht leſen . Sie milion 1. Theil.

Vorbereitung: III Abſchn .

102

muffen ſich daher auf die Reifebeſchreibungen in der ihnen bekannten Sprachen einſchrånfan , nachdem ſie

die allgemeine und beſondere Naturgeſchichte h ) vor Buffon und Daubentin geleſenhaben, die auch mit einigen Anmerkungen des Hrn . Prof. Råftners ins Deutſche überfeßtherausgekommen ift, und die Were

fe von Ray, Swainmerdam , Sheiktzern, Rleinen xc. dabey ju nußen ſuchen. Dieſe Bücher find aber auch vonGelehrten nicht aus der Acht zu taffen , und denfelben tann noch des Imperato i) Naturgeſchichte nuken . Meine Abſicht leider nicht,

alle hieher gehörige Schriften genau anzuführen, und zu beurtheilen: da ſie an ihrem Drte, wo ich fie ge brauchenwerde, noch vorkommen múffen .

§. 49. Es geſchieht nichts in den folgenden Zeiten , mo zu ſich nicht in den vorhergehenden auf eine oder die andere Art etwas als eine Vorbereitung und Verans

laſſung zugetragen þátte . Und ſo wird die Geſchiche te" der ſpåtern Zeiten allemal durch die Nachrichten von dem frühern Alter verſtändlicher. Je weitläufe

tiger eine Urt der Geſchichte iſt; je mannigfaltiger die Begebenheiten ſind , die in derſelben erzählét mera den : deſto nöthiger iſt es , dieſe natürliche Verknüs

pfung der Begebenheiten zu einer von den Regeln der Drdnung anzunehmen . Die Geſchichte der pot

ker und Staaren kann daber nicht anders bequem vorgetragen oder gefaßt werden , als wenn man von der alten Geſchichte zu ber mittlern , und von der mittlern erſt zu der neuern furtgeht. Was für Grånzen man einem jeden dieſer Zeitbegriffe gemei. niglio liere avec la do h) Hiftoirenaturelegenerale et particu ſcription du Cabinet du Roi, Paris, 1749. Fag. in ( 4 ).

i) Hiſtoria naturale di Ferrante Imperaro. Vench 1762 , fol.

H

TH

I

0

21

%

Weg zur Erkennm .derGeſchichte. 163 niglich zu feßen pflege, das babe ich ſchon oben ben den Erinnerungen über die Zeitrechnung angezeiget. - Die alte Geſchichte begreift unter dieſen drenen

die langſte Reihe von Zeitaltern. Deswegen iſt es nicht undienlich, ſie zu befferer Vermeidung aller Ver wierungen noch wiederum in kleinere Zeitbegriffe ab . zutheilen. Nach Cenforins k ) Berichte unterſchied Varro ſie in drene derſelben : vom Anfange der Welt

bis auf die allgemeine Sünofluth ; von der Sünde; fluth bis auf die Feſtfeßung der olympiſchen Spiele ; und von dem erſten Jahre dieſer Spiele bis auf fein ne Zeit. Den erſten Zeitraum nannte er ein gang: unbekanntes Alter , den andern die fabelhafte und den dritten die biſtoriſche Zeitfolge. Den Umfang,

des zweyten ſchränkt Diodor von Sicilien 1) mit Rechte etwas, enger ein , und rechnet ihn nur bis auf

den trojaniſchen Krieg. Denn es haben ſchon vor den olympiſchenSpielen nicht allein derſchiedeneDich ter viele Wahrheiten der Geſchichte, dieſie zur Grunda lage ihrer Erdichtung machten , aufgezeichnet ; gleiche

wie somer von dem Zuſtande Griechenlandes zu feixi ner Zeit, von den Königen deſſelben und den Befehls

3

habern der Kriegsvölker, von denHerrſchaften, Ståde

EH

ten und Regierungsarten in dieſem Sande, verſchiede ne Nachrichten ertheilet, die man nicht in Zweifel zu zieben Urſache hat, weil ſie nicht in die Erdichtun, genverwickelt ſind , ſondern dabey als Wahrheit zum Grunde liegen müſſen, indem fonft die dichteriſche Vor. ſtellung alle , doch fo nothige , Wahrſcheinlichkeit vera liert: ſondern es haben auch die Menſchen , nachdem die Buchſtaben und ihr Gebrauch eingeführet war lange vorher Denkmaale von Sachen , woran ihren

1

Pachs " kj De die natali c . 21.

1) Biblioth. hift. proam . Lib . I. p. 5. nach Rhodont. Husgabe.

164

Vorbereitung. III Abſchn.

Nachkommen gelegen ſenn konnte, die Geſchlechts. Häupter von Geſchlechtsangelegenheiten , die Fürſten und obrigkeitlichen Perſonen von Dingen, welde das

gemeine Weſen angiengen, hinterlaſſen, und aus den ſelben haben die älteſten und verloren gegangnen Ges

ſchichtſchreiber den Stoff genommen , dem ſie nur eine beſſere Geſtalt zu geben furchten . - Es iſt aber unter andern aus den Ueberbleibfeln des Sidoniers mo. hus oder Moſchus, den man' noch vor die Zeiten des trojaniſchen Kriegesfekt, und Sanchuniathons,

wenn auch gleich dieNachrichten des lektern ſehr vere fälſcht oder gar erdichtet fenn follten , durch die Ger ſchichte gewiß, daß ſich wirklich ſo älteSchriftſteller gefunden haben. Und aus dieſen haben die erſten Geſchichtſchreiber in dem lekten Zeitraume , wenig

ſtens für die Zeiten von dem trojaniſchen Kriege an, Licht genug bekommen können .

Jedoch da Varrons Abtheilung rich bloß auf ; die !Dunkelheit der' berben erſten Zeitbegriffe, aus Mangel an weltlichen Geſchichtſchreibern , gründet, und die HeiligenSchriften, vornehmlichdie Geſchicht bücher unter denfelben ,uns ein hinlängliches Licht ge ben ; da auch eine jede dieſer Abtheilungen, außer der

erſten, noch einen allzugroßen Zeitraum enthalt: ſo iſt es weder nöthig, noch nůßlich , daben zu bleiben. Die Zeitrechnung der Heil. Schrift iſt der einzige Leitfaden , in dem Irrgarten der Zeitrechnung weltlia

cher Geſchichtbücher, für dieſe Zeiten, die rechte Bahn .

nicht zu verlieren . Unter denen Begebenheiten, wel.

the fie genauer beſchreibt, ſind zugleich verſchiedne fo merkwürdig , daß fie den größten Einfluß , felbft in

die weltliche Geſchichte der vornehmſtenReiche, haben, Daruin iſt es der beſte Weg, durch die Verbindung Der heiligen und weltlichen Geſchichte Abſchnitte von

einem kleinern Umfange zumachen. Die Entfer. nung der Zeiten vor der Sündfluth, und die wenigen Nach

Weg zur Erkenntn . Der Geſchichte. 165 Nachrichten , welche die Vorſehung uns davon zu ers theilen und übrig zu laſſen für gut befunden hat, find

Urſachen genug,den ganzen Zeitraum von Erſchaf

fung der Welt bis zur Sundfluth, ohne weitere Abkürzung zum erſtenZeitbegriffe anzuſeßen. Niche viel über hundert Jahre nach der Sundfluth erfolgte die erſte Zerſtreuung, welche ſowohl zu verſchiednen

folgenden aller Wahrſcheinlichkeit nach, als zur Ers richtung verſchiedner Reiche Anlaß gegeben hat. Die

Merkwürdigkeit dieſer Begebenheiten , und die Men. ge der dabey nothigen Unterſuchungen , welche die

Beſchreibung dieſes ſonſt kurzen Zeitraumes weitläuf sig genug machen , bewegen mich, die zwote Abtheis

lung auf die Zeit von der Sundfluch bis auf die Zerſtreuung der Volker und den Urſprung der erſten Reiche einzuſchränken. Die weitere Zus breitung der Menſchen über den Erdboden , die Stifs fung mehrerer Reiche und Staaten , und die Beges benheiten derſelben bis auf den Ausgang der Rin der Iſraels aus Plegypren , wodurch ſie zu einem

3

freyen Volke, und Stifter eines beſondern Staates

wurden , kann füglich den dritten Zeitbegriff aus machen.

3

Für den vierten iſt in den Veränderungen

dieſes neuen Staates und der übrigen Volfer von dem Ausgange Iſraels bis zur Theilung des Reiches von Juda und Iſrael Stoff genug, und dieſe Theilung des Reiches hat auch wegen der vers

fchiednen Bündniſſe, welche die getrennten Könige oft mit den heidniſchen Königen wider einander ſchloſſen ,

einen ſo merkwürdigen Einfluß in die übrige Geſchicha ste , daß ſie wohl zur Grånze eines Zeitraumes geſeler

23

werden mag .

Es naþete ſich außer dem damals

ſchon das große Reich der Aflivrier feinem Falle. 7

Nicht viel über hundert Jahre darnach gieng in det That ein merkwürdiger Wechſel mit demſelben vor, als die Meder ihre Herrſchaft erhoben. Nicht weni 13

ger

166

Vorbereitung. III Abſchn.

ger fingen Griechenland und Rom ihre Verfaſſung Feſtzuſeßen an, ehe dem einem oder dem andern dieſer Reiche des Volkes Gottes durch Gefangenſchaften ein Ende gemacht wurde.

Mit der Rückfunft der Ju

Den aus der babyloniſchen Gefangenſchaft aber trifft

der Anfang zur Ausbreitung der perfiſchen Herrſchaft zuſammen. Deswegen ſchließe ich in die Zeit von der Theilung des Reiches der alten Iſraeliten bis auf die Erlaſſung der Juden -aus der baby.

loniſtien Gefangenſchaftdie fünfte Abtheilung ein. Nach dieſer Gefangenſchaft führen die Heiligen Bücher ihre Zeitrechnung nicht viel weiter fort: fons

dern die höchſte Weisheit hat es für þinlänglich er. tannt, nur den Zeitraum , in deffen Ablauf die Zu kunft des Meßias fallen ſollte, genau zu beſtimmen . Fedoch hat ſie es ſo gefügt, daß es für dieſen Zeit raum in der weltlichen Geſchichte nichtan guten Zeu .

gen fehlt, von den wichtigſten und merkwürdigften Begebenheiten , welche ſie zur Erreichung ihrer 26 fichten im Ganzen felbſt hergeführet oder zugelaſſen þat , alle nöthige Erkenntniß und Gervißheit zu erlan gen. Es fällt in eben dieſen Zeitraum die Erhebung der griechiſchen Macht zu ihrer größten Hdhe, und ihre Vertheilung in verſchiedne Reiche: Merkwürdigkei ten , die nicht allein in die weltliche Geſchichte, ſondern auch in die Geſchichte des Volkes Gottes fehr großen

Einfluß haben , und billig zur Grånze eines Zeitvers

laufes, der ohne das an denkwürdigen Begebenheiten reich genug iſt , angenommen werden . Es geht alſo

der fecbiſte Zeitbegriff von der Rücktunft der Juu den aus der babyloniſehen Gefangenſchaft und dem Anwacyſe der perſiſchen Serrſchaft bis auf die Zeit Alexanders des Großen . Der mannig faltige Wechſel in denKönigreichen , worein ſich Aler: anders Gebiete theilte , zog mancherley Schickſale der

Juden nach fich, und gab dem freyen Staate Der Ro mer

1

>

WegzurErfennm . derOefchichte. 167 mer Gelegenheit, feine Gránzen immer mehr zu er : weitern , und einem großen Theile derVolferdesErd .

bodens Gefeße vorzuſchreiben. Allein dieſer Staat fiel zulekt ſelber durch ſeine übertriebene Große, durch den Verfalt der Tugend, und die einreißende deppige

keit , Begierde nach Reichthümern und Herrſchſucht, welche durch die zuſammengehäuften Schäße aus Afien und andern Låndern entzündet waren , und end fich in volle Flammen ausbrachen. Hieraus erhob

fich das Feuer bürgerlicher Kriege: und dieſe erfchütz terten den Staat gánglich; bis Auguft, unter dem Scheine, die alte Verfaffung wieder herzuſtellen, ihm eine neue Geſtalt gab , und in der That der Stifter Unter dieſen

des römiſchen Kaiſerthumes wurde.

Begebenheiten warb zugleich die in den heiligen Bå: chern angeſeßte Zeit zur Ankunft des Metzias erfüller.

Wer alle dieſe Veränderungen in ihrer Folge und die Wichtigkeit der lektern Begebenheiten nur ein wenig überdenkt, dem wird es nicht unbequem ſcheinen kone

nen , die Zeit von Alepander dem Großen bis auf den Urſprung des römiſchen Kaiſercbumes und die Geburt Chriſti zum ſiebenten Zeirbes griffe anzunehmen . In den erften Jahrhunderten

nach Chriſti Geburt zeiget fich eher eine allzugroße als zu geringe Verſchiebenheit merkwürdiger Bege benheiten . Sie bången aber größtentheils alle mit einander als ähnliche Folgen einer eingeriſſenen Vere ricrung zuſammen . Nur die Feſtſegung Conſtan = tins des Großen im Kaiſerthume und ſeine verſchiede nen Unternehmungen haben ganzen Reichen , undauch der Kirche, in Anſehung des Heußerlichen , eine gang andere Geſtalt gegeben : gleichwie er unter anden durd , die Verlegung des kaiſerlichen Sißes den erſten und entfernten Grund zu der nachher erfolgten Thei lung des abendlichen und morgenländiſchen Kaiſera tumes geleget hat. Alles diefes wird man nicht ( 4

leicht

168

Vorbereitung. III Abſchn .

leicht für eine ungültige Urſache erklären fórmen , map.

um man von Chriſti Geburt und Auguſtus Ro. gierung bis aufConſtantin den Großen den ab . ten Zeitbegriff rechnen moge. Nichts fällt ſo leidst in die Augen , als daß, in der Folge von Begebenbei ten bis ins fünfte Jahrhundert, der Umſturz des abendländiſchen Kaiſerthums durch ſeine Merkwür.

digkeit in mehr, als einer Betrachtung,eine erhebliche Unterſcheidung der Zeiten an die Hand giebt. Es wird alſo mit gutem Grunde von Conſtantin dem

Großen an bis auf die Zerſtörung des abend.

ländiſchen Raiſerthumes der neunte Zeitbegriff gefekt. Da dieß fchon in den legten Theil des fünf ten Jahrhunderts nach Chriſti Geburt fällt : fo fanh

mit der neunten Abtheilung die alte Geſchichte füglich beſchloſſen werden .

In der Beſtimmung diefer Zeitbegriffe wird man

einiges Abfchen auf gewiſſe Begebenheiten, die zu eis ner und der andern von den fogenannten vier No.

narchien , oder großen Reichen,gehören , bemerkt ha ben. Ein ſolches Abſehen kann , ſo viel ich urtheile,

gar wohl beybehalten werden , ohne daß man ſich in

den Streit über die vier Reiche einlaſſen dürfe: weil es daben bloß auf die Merkwürdigkeit der Begeben

heiten und ihren Einfluß in die übrige Geſchichte, nicht auf beſondre Vorzüge eines geroiſſen Reiches, ankommt. Inzwiſchen iſt es doch nöthig , daß je mand, der dieGeſchichte zu ſeiner Beſchafftigung wah len will, auch wiſſe, wie er von dem erwähnten Streis

te zu urtheilen habe. Die Mennung , daß es nicht mehr als vier große Reiche in der Welt gegeben habe, ift aus einem bloßen Misverſtande einiger Weißa gungen Daniels m) und Zucharias n ) entſprungen. Alle m) Dan. 2, 37. 38. und 1. 7. n ) Zadh. 6 .

Weg zur Erkennm .derGeſchichte. 169 5

Alle Weißagungen betreffen zunächſt den Zuſtand der Kirche oder des Volkes Gottes , und die Reiche der Welt nur ſo weit , als mit merkwürdigen Begeben

di

heiten und Wechſeln in denfelben die Schickſale der Kirche verwickelt find. Es iſt alſo wider die Abſicht

jde folcher Offenbarungen,eine weitere Entſcheidung über

*

weltliche Reiche darinn zu ſuchen.

Für die alten Zeis

ten ſchränkt ſich dieß auf ziemlich enge Grånzen ein: te

da die Kirche noch nicht fo ausgebreitet war, und des wegen nur mit wenigen Reichen der Welt in Vers

bindung ftand. Man muß daher in der Geſchichte felbft licht fuchen .

Nachdem nun Job . Bodin o )

Die Meynung vieler Alten, als des Bieronymus p ), des Iſidors von Delufium q) ; des Sulpitiusr ), und Neuern , als melanchthons in den von ihm eingekleideten Zeitbüchern Carions, nicht weit vom on Anfange, Sleidans in ſeinem vortrefflichen Werke von den vier größten Reichen , Funkens in feinen in Zeitbüchern u. aus der Geſchichte zu beſtreiten , und frs die Anzahl der großen Reiche ſehr zu vermehren gee

hei fucht hat, haben ſich die Gelehrten getheilet. Einis ch ge, als unter andern Serm . Conring s) und Ulrich

che

Suber t), denen ſich in den neueſten Zeiten der groß. te Theil zugefellet zu haben ſcheint, find ihm gefolget :

andere , als Degoreus Whear a ) , Joh. Chr.

de

15 Becy 0 ) Method . ad facil. hiſtoriar, cognit. c . VII. p . 310-316 . nady der Ausg. zu Amſterd. 1650.

ma

p) In Zachar. VI, 2 . 9) Lib . I. ep. 212. r) Hift. facr. Lib .

s) De Germanor. imperio Romano, c. XI. $. 12. p.89. Opp. T. I. curante et illuftrante loh . Wilh. Goebelio, VII, Tom . Brunſu , 1730. (fol.) 2

c ) In den VII, differt. de genuina ætate Affyrior, et regno Medor. Franequ . 1663. u ) In relection. hyemal. de ratione et meth, legendi

utrasque hiſtorias , civiles et ecclefiaft. Tubing. 1715.

Part. I. fe & . III. IV . p. 25. fqq.

170

Vorbereitung. In Abſchn.

Becmannx), Pet. Artopous y) , und Joh.Chri. ftian Deuz), haben dagegen die beſtimmte Anzahl von den vier Monarchien zu behaupten geſucht. Durch diefe gegenſeitigen Bemühungen iſt es fo weit gebracht worden , daß, wo man nicht eine genaue Un

terſcheidung beobachtet, die gange Sache leicht auf ein nen Wortſtreit hinauslaufen fann . Es kann die Frage, ob man nur vier große Reichezu regen habe, entweder bloß in allgemeiner Beziehung auf die Reis

che der Welt , oder in einer eingeſchränkten Abfiche auf die Berbindung der Reiche mit der Kirche betrach tet werden. In der erſten Betrachtung entſcheidet die Geſchichte in den Heiligen Schriften, welche unter andern von Hegypten und Aethiopien öfters als vor großen Reichen reden , ſowohl als in den weltlichen Geſchichrbüchern, wider eine ſo eingeſchränkte Anzahl Selbſt die Zeugniffe der Alten , worauf ſich die Bed theidiger der vier Monarchien berufen , als des Dios

nyſius von Salikarnaß a), des Zemilius Sura ben dem Vellejus Paterkulus b), des Arrianusc) und des Claudians d ), Feken wenigſtens fünfe. Und die Nothwendigkeit, wozu ſich die eben gedachte Par. ter bequemen muß , aus zweyen Reichen unter den

Namender aſſyriſchchaldáiſchenund der mediſche perſiſihen e) eines zu machen , iſt in der That ein

ſtillſchweigendes Geſtändniß von der Unrichtigkeit ihrer Meynung. In der legten Betrachtung aber, mens

x) Diff. de quarta monarchia. y) Diſſertatt. VII. de ſummis imperäis.

2) Acceſſion . ad Degor. Wheari rele &tiones hiemales, Tubing. 1703. ad Part. I. ſea. III. IV. p. 33. fqq. a ) Antiqu. roman . procmio , L. I. p. 2. nadoJob. Sud. fons Ausg. zu Qrfurt 1704. 1. b) Lib. I. c. 6.

c ) De expedit. Alexand. Lib . 2 .

d ) De laudibus Stilic. Lib. 3. V. 108-114 c ) Whear 1. e. P. I. Se&. IV . p.30,32.

Weg zur Erferinta : derGeſchichte. 171 2

wenn die Frage auf die Verbindung weltlicher Reiche

mit der Kirche eingeſchränktwird , iſt wegen des An

a fehens der göttlichen Weißagungen nicht zu läugnen, . daß vier Hauptreiche auserfehen waren , die Schid

Ein ta al Mi

fale der Küche auf gewiſſeWeiſe zu beſtimmen. Was

für Reiche dieß eigentlich ſeyn ſollten , das iſt durch eine richtige Auslegung der Schriftſtellen , und eine ' genaueBeurtheilung der Begebenheiten in ihrer Fole ge nach der heiligen und weltlichen Geſchichte auszu :

- machen. Die unter dem Namen der vier Monar : con chien bekannten Reiche können davon nicht ausgea

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fchloſſen werden : allein der Beweis davon iſt nicht hier , ſondern in der Geſchichte ſelbſt zu führen. Nur iſt noch zu bemerken , daß man die 2..cen baben nicht weiter ausdehnen müffe, als es die Weißagungen felbſt und die Geſchichte leiden , welche einander nicht widerſprechen . In der That ſagen und beweiſen die Verfechter der vier Monarchien nicht mehr, als was die Frage auf die zuleßtangeführte Betrachtung ein . ſchränkt: indem ſie ſich erklären , daß dieſe Reiche 'nicht fordohl wegen ihrer Macht und weiten Grången, als vielmehr darum ,weil ſie über das Volt Gottes herrſchen und der wahren Kirche einen Aufenthate gee ben follten , die größten genannt werden f ). Es has

ben demnach beyde Cheile Recht; nur in verſchiedner Betrachtung: und ſo iſt der Wortſtreit da, wo man dieſe Betrachtungen nicht unterſcheidet. Macht man aber einen ſolchen Unterſchieb ; und überlege alsdann,

wie weit die ſtreitige Frage zur Wahrheit entſchieden werden könne: ro erhellet zugleich nicht allein , daß man ſich in den Abtheilungen der verſchiednen Zeite

begriffe von der Völfergeſchichte nicht weiter nach den ſo genannten vier Monarchien zu richten Urſache

habe , als in fo fern in einer oder der andern merka würdige f ) Man lehe Teu am angef. Orte ad Sect, V. p. 39 .

172

Vorbereitung. III Abſchn.

würdige Begebenheiten vorgefallen find , die bequem eine Grånzſcheidung des vorhergebenden und nachfol genden Zeitverlaufes abgeben können ; ſondern auch , daß man ſich in eine große und unnöthige Verwirrung ſtecken müßte, wenn man die Begebenheiten aller andern Reiche und Staaten unter die Geſchichte der vier Monarchien zwingen wollte. Es bleibt daher

bey den vorher gemachten Abtþeilungen , die mir ben einer allgemeinen Geſchichte fehr bequem zu ſeyn

fcheinen . " Da die Gränzen zwiſchen der alten und mittlern Geſchichte eben nicht ſo gengu abgemeſſen ſind : po wiro es mir erlaubt ſeyn , das Ende des abendlandi.

fchen Kaiſerthums, wie es ſchon oben angelegt iſt, zum Anfange der mittlern Seiten zu behalten. Eine

nicht weniger merkwürdige Begebenheit war es, daß nach vielen Kriegen imſechſten Jahrhunderte die fais ferliche Staathalterſchaft zu Ravenna, unter dem Na men des Erardats, aufgerichtet wurde. Ich rech ne deswegen von der Zerſtörung des abendlån. difeben Raiſerthums bis auf den Anfang des

Lrarchars zu Ravenna den zehnten Zeitbegriff, welcher in der mittlern Geſchichte der erſte iſt. Die

S

Staathalterſchaft, welche die morgenländiſchen Kaiſer im Abendlande führen ließen, dauerte unter mancher len Veränderungen bis auf die erſte Hälfte des acho ten Jahrhunderts fort, da ſich die longobarden befféle ben bemeiſterten. Hiedurch aber gaben ſie zu ber Zerſtörung ihres eigenen Reiches in Italien durch Carln den Großen Anlaß : eine Veränderung , die wegen des weiten Einfluſſes ihrer Folgen, wichtig gee nug iſt, den eilfren Zeitbegriff , oder den zweyten von der mittlern Geſchichte , zu beſchließen. Dieſer begreift alſo den Zeitraum von der Aufrichtung

des Erarchats bis auf die Zerſtörung und dann

bald erfolgte Verwandlung deſſelben in eine neue Art

1.

Weg zur Erkenntn . derGeſchichte. 173

4. Art der Herrſchaft durch Carin den Großen . So

lange das Geſchlecht beffelben die Kaiſerwurde frug, waren die Begebenheiten des römiſchen Reiches und Bet die Verbindungen deſſelben mit andern als nähere do

* Folgen der von ihm gemachten Veränderungen anzu. de rehen : die nachher entſtandenen Wechſel der Dinge

ſtehen mit diefen ſchon in einer entfernternBeziehung;

Citi und die Sachen gewannen in vielen Stücken eine ane m} dere Geftalt. Es liegt alfo pierinn ein faßlicher und guter Grund , von Carin dem Großen-bis auf

ni Conrad den 1. aus Franken die zwolfte, und für in die mittlern Zeiten die dritteAbtheilung zumachen .

abe Nicht allein der nähere Zuſammenhang einer Menge mng von merkrürdigen Vorfällen bis auf Conrad den II. die den Salier , und ein eben folcher Zuſammenhang

te: nach der Zeit deſſelben bis auf den Kaiſer Lothar

metdie den Sachſen ; ſondern auch der wichtige Umſtand, and daß mit den Grången dieſer Zeitbegriffe ſehr beſondre Merkwürdigkeiten in andern Ländern und Reichen

Hon ziemlich nahe zuſammentreffen , werden mich genug na ſam rechtfertigen: wenn ich von Conrad dem 1. bis

auf Conrad den II. den dreyzehnten, oder in Anſe

chung der mittlern Geſchichte den vierten ; und von internet Conrad dem II. bis auf Lothar den Sachſen den ter vierzehnten , ober für die mittlere Geſchichte den

jizz fünften Zeitbegriff unterſcheide. Unterdie merk.

urdu ni lien care pret hiyo I 2 Fist

würdigſten Begebenheiten, welche um und nach 20. thars Zeiten vorfielen , gehören ohne Zweifel die Vers ånderungen durch die Kreuzzüge: ob dieſelben gleich ſchon gegen das Ende des eilften Jahrhunderts an : giengen , und der Anfang von Lothars Regierung beya nahe drenßig Jahre ſpåter fällt. Das piedurch era richtete Reich der Chriſten zu Jeruſalem ſtritte nicht ohne abwechſelndes Glück wider ſeinen Verfall noch mit einigem Fortgange bis gegen die Erhebung Ru.

El dolphs des 1, von Habsburg zur Kaiſerwurde. Durch die

Vorbereitung. III Abſchn. 174 dieErwahlung deſſelben warb aud) einer großen Bet mirrung des Reiches , das eine Zeitlang ohne Haupt gereſen war, ein Ende gemacht. Sie bienet daher fchon an ſich ſelbſtzu einer merkwürdigen Abtheilung der Geſchidyte. Um fo viel billiger wähle ich den Verlauf der Jahre von Lorharn dem Sachſen bis

auf Rudolpben den 1. zum funfzehnten und für

die mittlereGeſchichte zumſechſten Zeitbegriffe Weil nun nach dieſer Zeit die Geſchichte aller Volta und Staaten immer mehr licht bekommt, und forehl

die Gewißheit als die Menge der bezeugten Begeben heiten ben ihr zunimmt: ſo kann das Ende dieſes Zeitbegriffes auch füglich die Geſchichte der mittlern und nevern Zeiten von einander ſcheiden . Der Reichthum an Begebenheiten während der Regierung Rudolphs des I. und ſeiner Nadyfolger giebt eine gegründete Veranlaſſung den mit ihm an gefangenen Zeitraum nicht zu lange ohne Abtbeilung

fortzuführen : und die wichtigen Veränderungen, die unter Cacin dem IV . porgiengen , bieten dazu ein be quemes Mittel dar, Man darf alſo die Reihe der

Jahre von Rudolphs des L. Erwählung bis auf denAnfang von der Regierung Carls desIV . zum 1

ſechsebncen , und für die neuere Geſchichte gum e . ſten Zeitbegriffe annehnen. Wie in dem folget den, dem funfzchnten Jahrhunderte nach Chriſti Ger burt , die Zeit der Regierung Friedrichs des lil. an merkwürdigen Begebenheiten in vielen Reichen

überhaupt fruchtbar ift: fo unterſcheidet fie fich auch por andern durch die Eroberung von Conſtantinopel

und die Zerſtörung des morgenländiſchen Kaiſerthums. Dieſes macht ſie bequem , einen neuen Zeitlauf damit anzufangen, und alſo von Carln den IV . bis auf die

Libebung Friedrictis des III. zum Kaiſerthrone, den ſiebzebnten oder für die neuere Geſchichte den

zweyten Zeicbegriff feſtzuſeßen.

Nachdem aber hier:

Weg zur Erfennm . der Geſchichte. 175 Hiernachſt die Regierungszeit Carls des V. die fich pe durch vorzüglich merkwürdige Begebenheiten von era felbft abzuſondern ſcheint, zu einer fernern Åbtheilung

a qusgeråblet, und von der Erhebung Friedrichs ket des III. bis auf den Anfang der Regierung Carls

Lichi des V. der achrzehnte, oder für die neuere Geſchichte

11 der dritte Zeitbegriff beſtimmtiſt : fo füpret theils

the die Menge denkwürdiger Begebenheiten , welche keine die große Abtheilung veeffattet , theilsderdreyßigjährige

E. Krieg , die Beſtätigung des weſtphäliſchen Friedens,

13 und diejenigeVeränderung währenddes Krieges über die ſpaniſche Thronfolge, welche demſelben ein gang a

anderes Anſehen gab , zu den übrigen Unterſcheibuna

gen bis auf unſere Zeiten. Dem zu Folge erſtrede je ſich von Carln dem V., und zwar von ſeinem Aatrite

te der Regierung, der neunzehnte ,roder für die neuen re Geſchichte der vierte Zeitbegriff bis auf den Am

e

T

fang der Regierung Rudolphe Des II, Bon Dieu

fem bis zur nachfolge Ferdinandsdes II. läuft der zwanzigſte, oder für die neuexe Geſchichte bee

21

fünfte Zeitbegriff fort. Der ein und zwanzigſtens oder unter den neuern der fechſte Seitbegriff , ift in den Jahren der Regierung Serdinands des II. und des III. eingeſchloſſen . Mit des Kaiſers leos polds-Regierung fångt ſich der zwey und zwan . zigſte, oder in der neuern Geſchichte der fiebente Zeicbegriff an , und endigt ſich mit der Erhebung Carls des VI. zur Kaiſermürbe. Endlich beſchließe der Orey und zwanzigſte , oder unter den neuern

der achte Zeitbegriff , und geht don dem Anfange der Regierung Carls des VI. als römiſchen Kaia fers, bis auf die gegenwärtigen Zeiten . Als ein Deutſcher , der in Deutſchland und für Deutſche ſchreibt, habe ich billig für die mittlern und neuern Zeiten die Abtheilungen nach merkwürdigen

Begebenheiten, welche mit den Regierungen derObere 1

Håupter

176. Vorbereitung. III Abſchn. 57 Häupter des deutſchen Reiches zuſammenhängen, ges macht.

Es iſt aber mein Abſehen, wie ſich aus vie.

len daben deutlich angemerkten Spuren zeiget, zugleich auch auf die wichtigſten Veränderungen in anden Reichen und Ländern gerichtet! geweſen : ſo daß dies

felben mit den " angeſekten Gränzen dei Zeitbegriffe ziemlich nahe zuſammentreffen +.Da nun die Anges

11

legeriheiten des römiſchdeutſchen Reiches allezeit mit ben Angelegenheiten des größten Theiles von den übrigen Reichen und Staaten eine ſtarke Verbindung gehabt haben : foridird dieſe Art der Abtheilung auch Fürviele Ausländer nicht umbequem reyn können. Wenigſtens Hat fie in einer allgeineinen Geſchichte

dinen Vorzug: weil ein ähnlicher Grund der Untere

ſcheiding , wie fie in der alten Geſchichte am füglich ften zu machen iſt , dadurch ben den mittlern und let neitern Zeiten verfolget wird ; und die Gränzen der If perfdhiedaen Zeitbegriffe , tenn ſie anders geſekt met: Ilic ben , und die Abtheilungen nicht entweder zu lang

ober zu furg Fenn folten , nicht leidyt auf ſo viele merk würdige Begebenheiten in ſo manchen Reichen , die doch den beſten Grund der Abfonderung eines Zeita raumes von dem andern geben , ſoʻnahe fallen fånnerú

Ich werde mich daher in der Ausarbeitung meines Werkes nach derſelben richten . Inzwiſchen verſteht fich von ſelbſt, daß die Geſchichtſchreiber in andern Jändern Freyheit, ja Verbindlichkeit gaben , dieſe Aba theilungen ſo zu verändern und einzurichten , wie es ein jeder für ſein Vaterland und ſeine"landsleute am

nuklichften und bequemſten findet. * w * Uus der genauen Verknüpfung aller Theile des

ganzen Entwurfes zu einer allgemeinen Geſitiche det v8lker und Staaten folger nothwendig , daß niemand, der ſie lernen und die rechte Ordnung baben beobachten will, irgend eine Abtheilung aus der Reihe

Herausreißen und von der vorhergehenden und folgens den

11 PM

Weg zur Erkenntn. der Geſchichte. 177 2 den trennen dürfe.

Dieſes wird nur alsdenn erft

unſchädlich, wenn man mit der allgemeinen Geſchichte ſchon eine vollkommene Bekanntſchaft hat, und zu ber fondern Abſichten eine oder die andere Abtheilung gee nauer und ausführlicher kennen lernen oder ausarbeid

ten will. Eben fo natürlich fließt aus den oben feſte te gelegten Gründen der Ordnung , daß man bey einer jeden Abtheilung wiederum von den ältern Reichen N und Staaten, die zu den neuern allemal einen merklis

chen Grund und Anlaß gegeben haben , den Anfang

u machen müſſe. Nachdem man aber in folcher Folge

i bis auf den erſten Urſprung der Verfaſſung ſeines Ge eignen Vaterlandes gekommen iſt, und nun den gee

Defaßten Grundriß der allgemeinen Geſchichte durch eie ne genauere Erkenntniß aller beſondern Reiche und The Staaten erweitern will : fo giebt einem jeden dië

* fchuldige Liebe zu ſeinem Vaterlande, und die vorzüge

liche Nußbarkeit der Geſchichte deſſelben für ihn , ges rechte Bewegingsgründe, feinen erſten Fleiß, in dieſer di Art, der Geſchichte feines Vaterlandes zu widmen , und, wo er ſeine Bemühungen darauf nicht gånzlich Ef einſchränken will, von dieſer zu der Geſchichte der bem E nachbarten Völker und Staaten in der Ordnung, wie fie mit feinem Vaterlande in näherer oder entferntes 18 rer Verbindung ſtehen , fortzuſchreiten, bis er die ente legnern Lånder zulegt vornehmen könne. Von den 01 engern Einſchrånkungen , welche die beſondern Ståna M

1

i de, lebensarten, Umſtånde, Abſichten und Neigungen gemiſſer Perſonen nothwendig machen, will ich nichts fagen : weil aus einer vernunftigen Betrachtung ders, felben nach ihrem Verhältniſſe gegen die Geſchichte fich leicht ergiebt, auf was für eine Art , was für eie

men Theil und was für Stücke ſie ihre Aufmerkſama feit vornehmlich zu richten Urſache haben. Bisher iſt von den Abtheilungen , welche nach

der Zeitfolge die Geſchichte der Völfer und Staaten 1. Theil.

M

zerglie

178

Vorbereitung . III Abſchn .

zergliedern, geredet worden. Es können und můffen aber auch nach den unterſchiednen Stücken ihres In

Haltes beſondere Theile derfelben unterſchieden werden . Mit einem Worte kann man ſie die volkergefitico tenennen :weil die Staatsverfaſſung zu den Einrich

tungen der Wölfergehöret. Man will alſo mit diefet /

Art der Geſchichte alle Begebenheiten der Volfer zu : fammengefaßt fennen lernen.

Natürlicher Weiſe

muß man ſich deswegen zuerſt um ihren Urſprung

und ihre Vereinigung zu dem Bande der gemeinſchaft lichen Herrſchaft,welches eine Völkerſchaftausmacht, befümmern.

Dieſer erſte Theil kann die Ger

ſtichte der Völkerſchaften heißen, und faßt auch die Wanderungsgeſtrichte der Velker unter ſich. Keine Völkerſchaft kann ohne eine bürgerliche Ein

richtung, die durch Geſeke befeſtiget wird , beſtehen: und nach der Einigkeit ihrer Glieder , einen einziger Körper auszumachen , iſt dieſes billig ihre nächſte Sorge. Da nun die Beſchaffenheit dieſer Einrichtung und die dabey vorgefallenen Veränderungen ein noch

wendiges Stück von dem Inhalte der Völkergeſchich

te ſind : ſo iſt ihr zweyter Theil die bürgerliche Geſchichte der Volker. Das Band der Vereini gung noch feſter zu knüpfen , wird eine gewiſſe Regie rungsart und Verfaſſung des gemeinen Weſens, mach feiner innern Beſchaffenheit, und nach ſeinen außerli chen Verhältniſſen gegen andere, erfordert: 'imd die ſe , nebſt ihren Wechſeln ſtellet der dritte Theil , die

Staatsgeſchichte der Valker, vor.

Endlich ſind

alle dieſe Einrichtungen die beträchtlidiſte Urſache von

den verſchiednen Denkungsarten, Gemüthsbeſchaffen heiten , Sitten und Gebråuchen ganzer Voffer. Die

Geſotictree ihrer Sirten und Gebrauche iſt alſo der vierte und lengte Theil : weil man unter den

Sitten und Gebråudien gar wohl die Denkungsar

ten und Gemůchsbeſchaffenheiten , welche ben jenen in

Weg zur Erkenntn . der Geſchichte. 179 i in der That vorausgeſeket werden , zugleich begreifen fann . Nun iſt aber auch ſchon die Ordnung, in wels cher die verſchiednen Theile, wenigſtens zu Anfange und in einer allgemeinen Geſchichte vorgetragen und

13

gelernet werden miſſen, klar genug angewieſen. Man fångt von dem erſten Theile an, und geht zu den übri: gen, nach den Ordnungszahlen eines jeden , bis auf den leßten fort. Allein ich muß hier noch der Beo ſchuldigung eines Widerſpruches mit mir ſelbſt vor beugen. Es könnte ſcheinen , als håtte ich oben auf der 13. Seite die Völkergeſchichte und die Staats

k

geſchichte für entgegengeſeßte Arten angeſehen : und hier mache ich die lektere zu einem Theile,oder zu eie

21

co

$

ner untern Art der erſtern. Wie fann das mit ein. Hier iſt meine Rechtfertigung. ander beſtehen ? C

Ich habe dort eine allgemeinere und obere Art, die menſchliche Geſchichte,erklåret, und, um nicht ſchon ben den erſten Blåttern in den Verdacht zu gerathen , als

ob ich in einer leichten Sache philoſophiſchen Spiß.

findigkeiten nachhången wollte, die untern Arten bloß nach ihrem Begriffe angeführet, ohne zu beſtimmen , welche unter denſelben entgegengeſekte oder wieder una tere Arten waren . Jedoch zeiget die daſelbſt gege.

bene Erklärung der Staatsgeſchichte mit flaren Worten , daß ſie zur Völfergeſchichte als eine untere Art zu rechnen ſey.

In einer guten allgemeinen Geſchichte müſſen die

Quellen , aus welchen die nöthige Erkenntniß zur Erweiterung ihres allgemeinen Entwurfs zu ſchöpfen iſt , billig in ihrer Ordnung , wie die Zeitfolge der Begebenheiten ſie herführet, vorkommen. So wird dann der Inhalt und der Werth der ältern und neuern Geſchichtſchreiber durch den davon gemachten

Gebrauch am beſten bekannt. Ein bloßes Verzeich: niß derfelben und der Namen ihrer Verfaſſer hat

nichts, was die Aufmerkſamkeit fehr binden und dem M 2

Gebächte

180

Vorbereitung. III Abſchni.

Gedächtniſſe zu Hülfe kommen könnte: ſie aber durch eine genauere Beurtheilung zur Aufmerkſamkeit und

zum Behalten bequemer zu machen, ehe man eine all. gemeine Geſchichte als bekannt vorausſeßen kann , iſt zu frühzeitig; indem ſie durch dieſe , wie eben erin nert iſt, nach und nach von ſelbſt und auf eine ſolche Art, daß man aus eigner Betrachtung von ihnen urs theilen könne bekannt werden, und dadurch allein die

Schwierigkeit, welche auch ein langes Verzeichniſ von beurtheilten Schriftſtellern noch drückt, am leich

teſten gehoben wirb . Darum überhebe ich hier mei: ne leſer und mich ſelbſt mit gutem Grunde der Mů:

þe, uns über die Geſchichtſchreiber für einen jeden

Zeitbegriff und jeden Theil der Voltergeſchichte ein

zulaſſen , und beſtimme die Vorreden zu meiner all gemeinen Geſchichte dazu , daß ich von den für jeden Zeitraum eigentlich gehörigen und gebrauchten Sdrift: 4 ſtellern die nöthige Nachricht ertheilen móge. Wer 4172 aber zu ungedultig iſt , darauf zu warten, der kann in

den verſchiednen hiſtoriſchen Bibliotheken, in dem

Verzeichniſſe der bånauiſchen Bücherfammlung, und nicht allein in dem ganzen Britten und vierten

Bande, ſondern auch noch in dem lektern Theile des fünften Bandes von der oft gedachten Anleitung

des Herrn Lenglet du fresnoy zu dem Wege die Geſchichte zu lernen , eine lange Reihe von fchlechten , guten und mittelmäßigen unter einander ge ſteller finden , und fein Verlangen ſtillen. Das leſs

tere Werk hat in dieſem Stücke noch den Vorzug, daß der Herr Abt von einem großen Theile der Schrift ſteller entweder ſein eignęs Urtheil, oder geſammlete

Beurtheilungen anderer Gelehrten, bengefüget hat. Aus ähnlichen Gründen überhebt mich auch mei ne Abſicht der Verbindlichkeit, die Ordnung in wel cher ſowohl die alten , als mittlern und neuern Ge ſchichtſchreiber zu leſen ſind , zum voraus weitläuftig

1

Weg zur Erkenntn.der Geſchichte. 181 ju entwerfen . Dieſes würdenicht einmal füglich gee fchehen können , ohne daß zu frühzeitig ein Verzeiche niß und eine Beurtheilung derſelben vorgelegt werden mußte. Es iſt dabey nichts weiter zu erinnern nde thig , als daß man ſie in eben der Ordnung, wie fie in der allgemeinen Geſchichte zur Erzählung der

e merkwürdigen Begebenheiten eines jeden Zeitbegrif fes gebraucht werden , nicht, wie ſie etwa zu Neben iter abſichten bisweilen angeführet werden möchten , zu le fen habe. Gelehrten giebt ohne das der Inhalt, nur überhaupt und im Ganzen betrachtet', und das Al ter derfelben , als Dinge, die ihnen nicht unbekannt

ſeyn fönnen , die rechte Ordnung ſchon an die Hand.

Wenn inzwiſchen jemand auch hiervon zum voraus näher unterrichtet ſeyn will: fo haben zu ſeinen Dien :

ſten Whear nebſt even g) und Lenglet du Fres,

noy h ) eine ſolche Anweiſung zu ertheiten geſucht; 3

TIN

und zu mehrerer Nachricht von den alten griechiſchen und lateiniſchen Geſchichtſchreibern kann er damit

Job. Alb. Fabricius und Ger. Job. Voßius bekannte Werke vergleichen.

UIT

eri

§. 5o . Keine Völkerſchaft, fein Staat , beſteht ohne

1 eine gewiſſe Art des Gottesdienſtes und die dazu nos

: thigen Anordnungen. In dieſer Betrachtung fónn te die Kirchengeſchichte als eine untere Art der Völ. fergeſchichte angeſehen werden. Wenn man aber, wie es ſich ſehr wohl ſdhickt, den Unterſchied der weltlichen und geiſtlichen Sachen zum Grunde der

Eintheilung Feket: ſo ſtehen beyde einander als ver

ſchiedene Arten entgegen.

Inzwiſchen ziehen doch

merkliche Veränderungen unter den Volfern und M 3 Staa: g) Der erſte in ſeinen relect. hiemal. P. I. Sect. VI-XXXI. und der andere in den Accellion . ad P. I. et ſectiones easdem: h) In den großern und kleinern Werke feiner Meth. pour etudier l'bift.T.J. des kleinern, und T. I. II . des großern.

182

Vorbereitung. III Abſchii.

Staaten gemeiniglich und natürlicher Weiſe große Veränderungen nicht nur in der åußerlichen Geſtalt ,

ſondern auch mit der Zeit in der eigentlichen Beſchaf fenheit des Gottesdienſtes , nady fich. Alſo fann die Gefchichte der Kirche und Gottesdienſtes in ihrer

Zeitfolge füglich nach den unterſchiednen Abtheilun gen der Wölfergeſdyichte vorgetragen und gelernet werden.

Selbſt die allgemeineſte und wichtigſte Un

terſcheidung derſelben nach dem alten und neuen Bunde habe ich in den geſekten Grånzen der Zeit folgen bey der Völkergeſchichte nicht aus der Uche ges laſſen. Man darf nur nod) bemerken , daß , um jene allgemeinere Eintheilung zu behalten , die als

tere Rirchengeſtrictire des neuen Bundes von Chriſti Geburt an , bis auf den Anfang der mittlern

E

Geſchichte fortzuführen iſt. Ueberhaupt habe ich auch, wie der Augenſchein lehret , ben allen Zeitfol.

t

gen der Völkergeſchichte mein Abſehen zugleich auf die merkwürdigſten Begebenheiten der Kirche gehabt.

A

Ich darf alſo außer dem , was eben geſagt iſt , um

keiner unnochigen Wiederholung Plaz zu geben, nichts weiter hinzuſeßen, als daß die Geſchichte der Kirche und des Gottesdienſtes nach eben denſelben Zeitbes griffen in ihrer ganzen Reihe und Ordnung gut abges handelt und gefaßt werden mag. Wo aber Verăn derungen , die für den Gottesdienſt und die Kirche beſonders vor andern merkwürdig ſind, in einen der unterſchiednen Zeitbegriffe und nicht auf die islrånz ſcheidung deſſelben fallen , da fann man wiederum untere und kleinere Abrheilungen eben des Zeitbegrifs fes machen . So kann , zum Benſpiele, der dritte

Zeitbegriff der alten Geſchichte nach dem vorherge henden . Durch die Begebenheiten von ſeinem Ano fange bis auf die Berufung Abrahams , þernach von

dieſer bis auf die Dienſtbarkeit der Kinder Iſraels in

Weg zur Erkennta , derGeſchichte. 183 ge in Aegypten , und dann von derſelben bis auf ihren *

Ausgang genauer eingetheilet werden . Es ſind nach dem Inhalte der Kirchengeſchichte

mur zwen Stücke, welche zweene Haupttheile unter: fcheiben : die åußerliche Einrichtung der Kirche und des Gottesdienſtes ; und die innere Beſchaffenheit

le von beyden. Die Erzählung der merkwürdigen Ber. til ånderungen bey dem erſten Stücke gehört für die Ges fitictote der außerlichen Kirche: bey dem ane dern, für die Geſchichte der innern Beſchaffens Aus den äußerlichen beit des Gorresdienſtes.

Vortheilen oder Beſchwerden der Kirche in Anſehung

5.81

des Staates , aus den Kirchenordnungen , aus dem Leben und Wandel der Gleber, und aus den Hülfs:

mitteln oder Hinderniffen durch den blühcaben Zu. int

het ſtand oder den Verfall weltlicher Wiffenſchaften find vier kleinere Abtheilungen der Geſchichte der åußer

de

fichen Kirche herzuleiten. Das ſchwächere oder ſtår: fere Sicht der Erkenntniß von den Grundfäßen des Gottesdienſtes, und die ' Sauterkeit der Lehren oder

it ihre Verfälſchung durch Irrthümer- und Keßereyen Fire find ein unterſchiedner Stoff zu zweenen beſondern Abfitonitten der Geſchichte von der innern Beſchaf the fenheit des Gottesdienſtes.

ros

Nach dem , was ich bey der Valfergeſchichte ges ſagt habe , iſt es kaum nothig , von der Ordnung, welche hier gehalten werden muß, noch etwas beyzufů

gen . Ich will es daher deſto kürzer zuſammenfaſſen. Man verfolge die Geſchichte der Kirche und des Got:

tesdienſtes anfangs nach den verſchiedenen Zeitbegrif: fen, ohne die Reihe derſelben zu unterbrechen. Wenn man ſie aber ſo in ihrem ganzen Zuſammenhange nicht zu unvollkommen gclernet hat : ro fann man þernach , wie es eines jeden befondre Abſicht mit ſich

bringt, einen oder den andern Theil , als z. B. die Kirchengeſchichte feines eigenen Vaterlandes , oder M 4

auch

184

Vorbereitung. III Abſchn.

auch ein und das andere beſondre Stück, als die Ke:

kergeſchichte , zu mehrerer Erweiterung der erlangten Erfenntniß in beſondern Theilen und Stücken auss wählen ; nur muß man daben die Vorſicht gebraus chen , ſie nicht von denen Theilen oder Stücken , wel

che daben entweder vorausgeſegt werden , oder damit in unzertrennlicher Verknüpfung ſiehen , abzureißen. Denn in der Kirchengeſchichte haben ebenfalls die fol 13 genden Begebenheiten ihren Grund in den vorherges henden : die ſpåtern Keßereyen ſind gemeiniglich aus Hie

frühern Irrthümern in den Lehren des Gottesdienſtes

i

entſtanden .

Die Urſachen , warum ich ben der Völkergeſchich te weder ein Verzeichniß der Geſchichtſchreiber geges ben , noch die Ordnung , worinn ſie zu leſen ſind, ges

nau erkläret habe, finden auch hier Statt. Ich ver:

me

weiſe alſo wiederum meine geneigten leſer , wenn ſie un eine gute Anzahl von Schriftſtellern zur Kirchenge

ſchichte zum voraus überſehen wollen , auf das bů. nauiſite Büchervericidiniß und den Lengl . du

Fresnoy. Denen hier noch, anderer, als des Du Pin und feines Gegners, nicht zu gedenken, Sagittars i) Einleitung in die Kirchengeſchichte, nebſt ( ave's und Teillier's Werken k ) benzufügen iſt: und wenn ſie

eine Vorſchrift der Ordnung haben wollen , auf Wheat und neuen 1 ) .

8.51.

i ) Caſp. Sagittarii introductio in hiftor. ecclel. et lin. gulas ejus partes, cum ſupplem . lo. Andr . Schmidii. To mi II. len . 1718. ( 4 ). k) Guil. L'ave, hiſtoria literaria fcriptorum ecclefiaft.

a Chriſto nato uſque ad fæc. XIV. etc. Bafil. 1741. 45. II. vol. (fol.). Hiſtoire generale des auteurs ſacrés & ecclefiaftiques, par Remy Ceillier. Paris 1729-50. XVII. Tomes ( 4 ).

1 ) 1.c. P. I. Se & . XXXII -XLV. p. 154-305. und Acceſ. fion . ad Sect. casd . p . 220-323 .

Weg zur Erkenntu . der Geſchichte. 185

.

S. 51.

Der Zuſtand und Wechſel der Voffer und Staa ten haben allezeit in der Aufnahme oder dem Verfalle 10 der Wiſſenſchaften und Künſte eine Veränderung geo

s macht. Gute Ordnung und Ruhe in den Ländern

-

find ihnen allemal vortheilhaft: Zerrůttungen und

to Kriege nachtheilig geweſen. Aber auch nur mit der Zeit ſind die erſten Züge dazu immer mehr ausgebils endet worden. Daher kann die Geſchichte derſelben füglich nach den verſchiedenen Zeitbegriffen der Völe kergeſchichte, wie ich ſie im 49. S. unterſchieden habe, vorgetragen und gelernet werden. Dieſe Abtheilun :

-

tegen weiſen dann zugleich die Ordnung an, worinn eine

jede Art und ein jeder Theil vorzutragen und zu ler.

nen iſt, bis eine hinlängliche Erkenntniß der allge.

53 meinen Geſchichte eine freuere Wahl nach eines jeden u Umſtånden , Abſichten und Neigungen zulåſt.

Nach der Verſchiedenheit der Wiſſenſchaften und Rünſte theilet ſich die Geſchichte von benden

1.& noch genauer , durch ihren Inhalt. Ich habe nicht

P: Urſache, alle beſondere und untere Abtheilungen der 's Wiſſenſchaften hier vorzulegen : da ich ſie billig vor : un ausſeßen kann . Eben ſo wenig aber darf ich mich enebrechen , die allgemeinern Eintheilungen kurz zu ü berühren : weil ich ſonſt von der Ordnung der vers ſchiednen Theile ihrer Geſchichte mich nicht beſtimmt

To

ut

1

ausdrücken könnte. Die tiefſinnigen Wiſſenſchaften , welche bloß auf den Verſtand ankommen , und die

ſchönen Wiſſenſchaften , die zugleich den Geſchmack beſchafftigen , ſind die zwo allgemeinſten Arten : und

die Erzählung des Urſprungs, der Aufnahme oder des Verfalls derſelben unterſcheidet nach bender Verſchie: denheit die Geſchichte der tiefſinnigen und der

ſodónen Wiſſenſchaften. Unter den tiefſinnigen Wiſſenſchaften , welche man auch die bdbern zu nen nen pflegt, lehren einige die allgemeinen Wahrheiten MS

von

186 ✓

/

Vorbereitung. III Abfchrt.

von aller Art der Erkenntniß , auch über alle Arten

der Dinge , zu lebrbegriffen und zur Austibung : an dere die genauern Beſtimmungen der allgemeinen

ahrheiten durch beſondere Erkenntnißgründe nach der Beſchaffenheit beſonderer Dinge. Jene ſind un ter der Philoſophie oder Weltreisheit , und der mathematik oder Größenwiſſenſchaft zuſammenge

faßt: dieſe werden unter der Gottesgelebrſainkeit, der Rectorslehre und Arzneykunſt begriffen. Bern nun der Urſprung und die Veränderungen dieſer ver ſchiedner Theile der Wiſſenſchaften erzählet werden : ſo entſtehen eben ſo viele verſchiedne Theile der Ges

ſchichte von den Wiſſenſchafteu, die nach denſelben bes nannt werden .

Da aber die Wiſſenſchaften nicht

ohne gewiſſe Perſonen , durch deren Bemühungen ſie befördert oder zurůckgefekt worden ſind , gedacht wer: den können : ſo hat ihre Ce chichte fowohl mit der

Beſchaffenheit der Lehrbegriffe und ihren Veränderun gen , als mit den Beſchreibungen derer , welche eine

jede Wiſſenſchaftgetrieben haben, zu thun ; und man unterſcheidet die Geſchichte der Dhiloſophie und der Philoſophen ; der Ujathematik und der YI7arbes

matiker ; der Gorresgelehrfamkeit und der Goro tesgelehrten ; der Rechtslehre und der Rectores

lehrer ; der Arzneykunſt und der Aerzte.

Ale

Wiſſenſchaften werden unter dem allgemeinen Mias men der Helebeſamteit , und alle , die ſich derfelben

befleißigen , unter der eben ſo allgemeinen Benennung der Gelehrten 'verſtanden. Daher wird auch die Geſchichte von allen in die Beſitricbre der Gelehrs ſainkeit und der Gelehrten eingeſchloſſen. Die unterſchiednen Bedeutungen des Wortes,

Runſt, haben Anlaß gegeben , ſelbſt einige von den eigentlichen Wiſſenſchaften mit dieſen Namen zu bes legen : weil ſie etwas, nåmlich die Beſchäfftigung des Geſchmaces, mit den edelſten Künſten gemein haben. Allein

Weg zur Erkenntn. der Geſchichte. 187 Allein da ihr Stoff aus den eigentlichen Wiſſenſchaf s

ten genommen wird : ſo iſt es beſſer, fie durch den

Namen der fiónen Wiſſenſchaften von den Kün= ſten zu unterſcheiden , wie ich vorher gethan habe. Eine Kunſt in genauerem Verſtande beſteht in der 1

Fertigkeit, nach gewiſſen und durch dieErfahrung bea ſtåtigten Regeln etwas durch den Gebrauch der Kraf:

te des menſchlichen Körpers hervorzubringen : dieſes

1:

etwas mag nun ein körperliches Ding fenn , welches



ein Werk der Kunſt heißt , wie in der Maleren , der

19

Bildhauerkunſt 26. ; oder nur auf eine regelmäßige Handlung ankommen , wie bey dem Fechten, Reiten,

e *

Tanzen 2. Nach dieſem Begriffe fann man die Un terſcheidung der Künſte in edle und unedle nicht ſehr billigen : wo man das lekte Wort nicht in ſehr gelin

w

der Bedeutung nehmen, und bloß die ſotónen Wir fenſchaften , weil ſie die edlern Kräfte der Seele

is

mehr beſchäfftigen , die edlen , und die eigentlichen

70

Künſte, weil ſie, in der Uusübung, die ebenfalls edlen, aber nid)t ſo edlen Kräfte des Körpers mehr gebraus chen , die unedlen Künſte nennen will. Sonſt ſu

1

Bearbeitung nicht verlohnen würde , etwas zum Nu Ben des menſchlichen Geſchlechts hervorzubringen : und das iſt allemal ein edles Werk. Die brodtlos

TJ

ſen Kinfte, die ihr Name ſchon verhaßt gemacht

ů

chet eine jede Kunſt, da es ſich anders der mühſamen

þat , find es allein , welche unedel genannt zu werden

verdienen : aber dieſe ſchmücken ſich auch nur durch einen Misbrauch des Wortes mit dem Namen der

Künſte , und dürfen in keine Betrachtung kommen, Einen wahren und allgemeinen Unterſchied der Kün: ſte hingegen kann man aus der verſchiebnen Bemů.

hung, wodurch ſie ihre Wirkung hervorbringen , aba leiten. Sie erfordern zwar alle Geſchmack, auch alle

einen regelmäßigen Gebrauch der Kräfte des menſcha lidhen Körpers : jedoch einige mehr das eine, als das andere.

188

Vorbereitung. III Abſchi.

andere. Diejenigen, welche mehr auf dem Geſdyma de beruhen, Heißen Růnſte des Heſitimacks: die andern , die mehr auf eine Fertigkeit in einer regel: mäßigen Anwendung der Kräfte des menſchlichen Körpers ankommen , können hundkůnſte beißen. Die weitern Eintheilungen ſind aus der Verſchieden: heit der beſondern Werke , welche eine jede, von dies

fen Hauptarten hervorbringt, zu ſchließen : meine 2hficht leidet nicht, hierinn weitläuftiger zu ſein.

Ich habe bloß diefe Anwendung zu meinem Zwecke zu machen , daß die Geſchichte, welde den Urſprung und die merkwürdigen Veränderungen der Künſte er: záhlet, nach dem allgemeinen Unterſchiede entweder eine Geſchichte der Rünſte des Gefitimades

le

oder eine Geſchichre der Sandkůnſte fenn muß. Bende Theile begreifen wiederum die Geſchichte der Künfte ſelbſt und der Rünſtler unter ſich.

0

Die Regel der Ordnung, welche bei der Ger

T

fchichte überhaupt für ihre beſondern Theile feſtgeſeket iſt , muß auch hier zur Leitung dienen. Nach der: felben macht man billig von der Geſchichte der Welt:

weisheit und Mathematik oder Größenwiſſenſchaft den Anfang , geht biernächſt zu der Geſchichte der ſchönen Wiſſenſchaften fort, und beſchließt mit der Geſchichte der übrigen Theile der Gelehrſamkeit, von denen man entweder nur die Geſchichte besjenigen Cheiles, dem man ſich eigentlich gewidmet hat , aus: wählen kann , oder , wo man auch die übrigen nicht vorbenlaffen will, doch jene zuerſt vornehmen , und

dieſe ſich bis zuleßt vorbehalten muß. Die Geſchich te der Künſte des Geſchmackes iſt alsdann für Ger

lehrte die nächſte und die Geſchichte der Handfünſte die weiter folgende Beſchafftigung: dabey aber haben fie, um die beſte Ordnung ben den untern Ubtheilungen dieſer benden Hauptarten zu beobachten , theils auf

die nähere und entferntere Verbindung der Künſte mit

f

Weg zur Erkenntn . der Geſchichte. 189 mit den Wiſſenſchaften , theils auf die Gemeinſchaft der Rünſte ſelbſt unter einander, wie eine der andern ta

licht geben kann, zu ſehen. Ungelehrte werden wohl thun , wenn ſie wenigſtens auf die Gemeinſchaft der

TEC

Künſte ſelbſt Ucht haben,und ſich mit der Geſchichte ei:

inte

ner beſondern Kunſi nicht eher einlaſſen , als bis ſie ſich eine gute Erkenntniß von der Geſchichte der übrigen, welche dieſe verſtändlider machen , erworben haben.

Dieſes iſt auch eine nöthige Vorſchrift für die Künſt

fer ſelbſt, die ſich inſonderheit um die Geſchichte ihrer

TIT

Sunft genauer bekümmern wollen ,

Wäre die Menge und Weitiàuftigkeit der Wif Fenſchaften und Künſte nicht ſo groß : ſo würde es carpet fehr núblich fenn , von berden abſonderlich eine voll.

ſtåndige und allgemeine Geſchichte zu haben. Aber die Schranken der menſchlichen Kräfte und Zeit ge ſtarten nicht , ſich um alle gleich genau zu bemühen. f Daher kommt es , daß keine ſolche Geſchichte ausges arbeitet iſt: ob man gleich von einzelnen Theilen gute de Beſchreibungen findet. Eine allgemeine Geſchichte

De

überhaupt muß demnach auch billig dieſe Dienſte lei

Et

ften , daß ſie von der Geſchichte der Künſte und Wif fenſchaften einen allgemeinen Entwurf vorlege, der þinreichend fer , alle Theile derſelben nach ihrer Ver bindung kennen zu lernen , damit man nachher , wie es beſondere Umftånde und Abſichten erfordern , die Erkenntniß von einigen beſondern Theilen deſto beque

lics

mer erweitern fónne. Auch dieſes iſt eines von den Augenmerken , die ich mir ben der gegenwärtigen Ar

beit vorgefekt habe. Es werden alfo in derſelben am gehörigen Orte diejenigen Schriftſteller eingeführet werden , die durch ihren Fleiß dieſen Theil der Ge

ſchichte aufzuklåren geſuchet haben. Darum förinte ich mich hier eben ſo, wie bey den vorhergehenden Hauptarten der Geſchichte, wohl davon losſagen, fie zum voraus anzuführen : ich werde es auch in der That

1 1

190

Vorbereitung . III. Abſchni.

That thun. Weil ich aber hier nicht mehr auf den Lengler du Fresnop verweiſen kann , und in der Bücherverzeichniſſen die Schriftſteller zu dieſer Art

der Geſchichte ſehr zerſtreuet ſind : fo will ich wenig: ſtens einige Anmerkungen machen , und bey der Ge: legenheit ſowohl zur Abwechſelung , als denen zu ge

fallen , die ſie zum voraus kennen zu lernen wünſchen módyten , verſchiedne von den vornehmſten anzeigen. Gleichwie die heiligen Bücher das Zelteſte und Gemiſfefte von der Geſchichte überhaupt enthalten : alſo find auch die erſten Züge der Erkenntniß von dem Urſprunge und Fortgange der Wiſſenſchaften und Künſte in denſelben allein zu ſuchen.

Die Zeiten

vor der Sündfluth können für dieſe Hauptart der Ger fchichte; ſo wenig alsfür die andern, aus weltlichen Echriftſtellern lichtbekommen . Was man von BÚ: cherſammlungen vorder Sündflurh geſagt hat , das find leere Muthmaßungen , die Träumen gleichen: Man fanın davon Per. Lambeciusm ), Joh. Alb.

Fabricius n ) und Jac. Friedr. Reimanno) lefen. Die wenigen Nachrichten, welche in den weltlichen Ge: fchichtſchreibern und Erdbeſchreibern lange nach der

Sündflurh für die ſpåtern Zeiten vorkommen , ſind ſehr zerſtreuet und mangelhaft: jedoch unentbehrlich. DasBeträchtlichſte davon hat der Herr Ant. Roes Goguec p) geſammlet. Mit dieſem kann man den Franz m) Petr . Lambecii prodromus hiſtor, literariæ et cabu la duplex chronographica univerfalis etc. cura lo. Alb.

Fabricii , Lipf. et Frf. 1710. (fol.).

11) Io. Alb. Fabricii codex pſeudepigr. vet. teff. 1713. 1723. ( 8 ).

0) Jac. Friedr. Reimanns Einleitung in die Hift. lit ter. antidiluvian . Halle 1727. (8).

p) De l'origine des loix , des arts & des fciences & de Jeurs progrès chez les anciens peuples, par le Preſident Gognet. Paris 1758. III Tomes. (8). Man bat davon eine deutſche Ueberſebung.

}

Weg zur Erkenntn der Geſchichte. 191

11.

Franz Argelati 9) und Serm . Sugor ) verbinder . Da aber eine noch genauere Erkenntniß zu vielen Ub richten nöthig iſt : ſo muß man die Geſchichte der Wiſſenſchaften zuerſt, und hernad, die Geſchidste der

ió :

Künſte beſonders, aufſuchen.

Die Bücher , weidye

man pierzu gebrauchen kann, haben faſt alle den Feh. ler , daß ſie mehr die Geſchichte der Gelehrten , als der Gelehrſamkeit, mehr der Künſtler , als der Kün fte, vorſtellen. Nun iſt es zwar nicht zu leugnen, daß allemal gewiſſe Gelehrte oder Künſtler von den Rieranderungen , dem Wachsthume oder dem Vers ‫نے‬ )

falle, der Wiſſenſchaften umo Künſie Urheber gewefrin find: aber es iſt auch eben fo gerriß , daß die Ver wicelung der Geſchichte von den Wiſſenſchaften und Künſten unter die Lebensbeſchreibungen der Gelehrten und Künſtler den nöthigen Zuſammengang der eigent

1

1 3

lichen Geſchichte von jenen aufhebt, und wirklich una terſchiedne Theile der Geschichte unter einander mens

get. Die Weittăuftigkeit, welche daraus entſteht, 17

iche

TIME

ontent

1722

ation

hat denn noch dazu die üble Folge , daß die Lehrge båude, wo nicht unrichtig , weil man einen ſo weiten

Umfang nicht überſehen kann , wenigſiens mangel haft vorgetragen werden : ſonderlich wenn man ſie

nicht aus den Quellen þerholet, und bloß eine vollfián digere Sammlung aus dem , was andere , der eine von dieſem , der andere von jenem Stücke , geſamm :

let haben", zuſammentrågt. Es iſt daher für Ger lehrte der beſte Kath , daß fie aus den alten und

neuen Lehrbüchern für diejenige Wiſſenſchaft, welcher fie ſich eigentlich gewidmet haben , die Geſchichte ih. rer Wifenſchaft lernen. Nichts würde dieſem Tbeile der

9) Storia della naſcita delle ſcienze e belle lettere. Fi. renze 1744. (8) .

r De prima fcribendi orig. et univerf, rei litt, anti.

quitate, Traiect, ad Rhen, 1738. (8 ).

192

Vorbereitung. III Abſchn .

der Geſchichte vortheilhafter fenn , als wenn von ei

ner jeden Wiſſenſchaft nur derjenige , der ſich iþr vollkommen ergeben hat , die Geſchichte ausarbeitete, und unter den Nachkommen nur eben ſolche Ge lehrte, ein jeder für ſein eignes Fach, ſie immer mehr verbeſſerten und fortführten. Unterdeſſen muß man denen , die dieſen Mangel mittlerweile zu erreken e nen rühmlichen Fleiß angewandt haben , billig allen Dank wiffen , und ſich ihre Arbeit mit einer guten Wahl und Beurtheilung zu Nuße machen . Ehe man denn die Geſchichte der Gelehrſamkeit, nach

dem man das Nöthigſte in ſeiner Verbindung aus ei ner ſchlechterdings allgemeinen Geſchichte wohl gefaßit

hat , genauer zu lernen ſuchet, wird es vortheilhaft ſeyn , einige allgemeine Vergleichungen der alten und neuen Gelehrſamkeit anzuſtellen , und ſowohl Wor ' tons s) als 200iſons ) Betrachtungen darüber in

Erwågung zu ziehen. Dieſe Vorbereitung kann man nůßlich mitder kleinen Anleitung zur Geſchichte des menſchlichen Verſtandes von dem Herrn le en: dre u ) zu Ende bringen. Wenn man hierauf die Geſchichte der Gelehrſamkeit und der Gelehrten ſelbſt ausführlicher abgehandelt leſen will: ſo wird man in

den allgemeinen Geſchichtbüchern davon wenig meşr finden , das man nicht ſchon gelernet haben ſollte. Bloß zur Wiederholung und zur Erinnerung an das Vergeſſene mag man unter den bekannten Berten Vic. Sier. Gundlings , Burch . Gorth . Stru .

vens, Jac. Friedr. Reimanns , Gortlieb Srol, lens,

$ ) Will. Wotton's reflections upon ancient and modern Learning. Lond . 1695. (gr. 8).

t ) loſeph Addiſon's diſcourſe on ancient and modern Learning. Lond. 1739 (4). u ) Traité de l'opinion , ou memoires pour ſervir à

l'hiſtoire de l'eſprit humain , par Gilb. Charl. le Gendre. Paris 1733. V Tomçs. ( 8).

1

Weg zur Erkenntn .derGeſchichte. 193

1

- lens , Joh , Andr. Fabricius einige auswählen,

UTIL

und wegen der Wahl, wo man ſie nicht nach eigner Prüfung treffen will oder kann, das Urtheit größecer Gelehrten einholen : jedoch wird man auch den Vor. theil davon haben , in einigen Stücken , die in einer

ne ſchlechterdings allgemeinen Geſchichte nicht ſo genau

erzählet werden können , feine Erkenntniß zu ergån. fete gen , und den ganzen Zuſammenhang leicht zu über.

3

ſehen. ZurStillung einer geriffen Neubegierde und eta wegen der guten Beurtheilungskraft des Verfaſſers

tri:

fónnte man auch des Saavedra gelehrte Republik

entweder x) im Spaniſchen , wenn man es verſteht, und Geſchmack daran findet, oder in der deutſchen Ueberſeßung y) leſen. Eigentlich aber iſt die vollſtån .

digere Erkenntniß aus den beſondern Geſchichtbüchern über die verſchiednen Theile der Gelehrſamkeit zu ſchöpfen . Zur vorläufigen Kenntniß von den Ger

ſchichtſchreibern für die Weltweisheit, wo man ſie nod, ndchig hat, iſt Jonſens z) Werk ſehr nůßlich Nächſt dem , wirdmanbequem den Stanley,a),und

Brucker b) zur Hand nehmen können , aber daber zugleich allemal zu den Quellen ; worauf ſie verwei. fen, gehen müffen. Die Geſchichtſchreiber von eine

zwa

For

zelnen Theilen der Philoſophie lernet man aus dieſen zugleich x) Republica Literaria 'dé D. Diego Saavedrá Fajardo.

$ En Madrid 1735. oder en Londres 1744. (8). y) Mie Foh. Erh. Kappens Borrede und Urimeref.

1071

mah lucht

Leipzig 1748. ( 8 )

2) 1o. lonfi de fcriptor. hiſtoriae philoſoph. libri IV . ex edit. Io . Chrph . Dornii. lenae 1716. (4 ). · a ) Thom . Stanley's Hiſtory of Philoſophy, containing

the lives , opinions &c. of the Philoſophers of every Sect, illuſtrated with the effigies of divers of them . Ed. 11. Lond.

1687. (gr. fola) Lateiniſch und verbeſſert, Leipz. 1711. ( 4 ). ..b) lac. Bruckeri hiftoria crit. philof. Lipf. 1742-44. Tomi V. ( 4 ). ‫مال‬

I. Theil.

2

N

194 : Vorbereitung. III Abſchn . jugleich näher kennen : jedoch wird man wohl thun, wenn man wegen der neueſten Schriften die beſten von den gelehrtenTagebüchern nicht aus der Acht laßit. für die Geſchichte der Größenwiſſenſchaft fann ich Seilbronners c) Werf nicht fehr anpreiſen : es iſt an der einen Seite zu unvollſtånbig , an der andera

zu weitläuftig ; zu unvollſtändig, weil der Urſprung, der Fortgang und die Verånderungen dieſes Theiles

der Gelehrſamkeit nicht genau beſchrieber find; zu weitläuftig, weil viele Dinge, die nicht eigentlich jur Sache gehdren , zuſammengetragen ſind , wohin vornehmlich die Sammlung der in den alten Welt weiſen zerftreueten Säße gehöret. Einem der ältes ften und wichtigſten Theile, der Sternkunde, haben Weidler d) und Seathcore e) durch eine genauere Geſchichte einen guten Dienſt geleiſtet. Außer der allgemeinern und zuerſt angeführten Schriften fan

man zur beſondern Geſchichte der ſchönen Wiffenſchaf ten , die man nach der feſtgelegten Drbnung nun

vornehmen muß, einigen weitern Unterricht aus Ju. venels f) Verſuchen und eines Ungenannten Rerns

hiſtoriealler freyen Künſte und ſchönen Wifi fenfitaften von Anfange der Welt bis auf un.

fere Zeiten g) bekommen . Hat man aber Urſache, fich auf einzelne Tbeile derſelben einzulaſſen : ſo muß

man für einen jeden die eignen Schriftſteller , als von

s ) Ioh. Chrph. Heilbronneri hiſtoria matheſeos univer. ferLipf. 1742. (4 ).

d ) Ioh. Frid. Weidleri hift. aſtronomia A. de ortu et progreſſu aſtron. liber ſingularis. Vitemb.1741. ( 4 ).

e) R. Heatbcote's hiftor. aftronom . f. de ortuet pro. grelſu aſtronom . Partes II. Cantabr, 1747. (gr. 8.) f ) Juvenel de Carlencas elais ſur l'hiſtoire des belles lettresdes ſciences & des arts . Lyon, 1749. Tomes IV. (8 )

oder überlegt mit Joh. Erh. Bappens Verbeſſerungen. Leipzig 1749. (8) 8) Leipzig, 17485 49. f89. IX Thrile, (8).



Weg zurErfennm .derGeſchichte. 195

En hele won der Geſchichte der Geſchichte, den Beinec,

Fier de cius h ), von der Geſchichte der Dichtkunſt den Quau

terle drio i) , und für die mittlern Zeiten den Leyler k ),

Berb von der Geſchichte der Sprachen den Duret 1) xc. creen durchſuchen . Wie weit für die Dichtkunſt insbeſon: anda: dere fowohl, als für die Künſte des Geſchmacfes,

de Spencens m) Unterſuchung der Uebereinſtimmung test groiſchen den Werken der römiſchen Dichter und den ter i Ueberbleibfeln vonden alten Künſtlern auch in die Ger fchichte einen Einfluß haben , wird ein jeder leicht ur: theilen. Von den Schickſalen der ſchönen Wiffen fchaften unter den verſchiednen Dolfern , als einer noch wiederum befondern Art ihrer Geſchichte , wie

funt f. B. Le Moine n ) ſie in Anſehung der Römer zu etr

For

0

36 ic

เสีย

beſchreiben unternommen hat, will ich nichts weiter

gedenken, als daß wenigen ihre Abſichten erlauben, ſo weit zu gehen. Die meiſten werden wohl gendthis get fenn , nach der Geſchichte der allgemeinen und der

ſchönen Wiſſenſchaften überhaupt, ohne daß ſie einen fo genauen Fleiß aufdie beſonderſten Theile derſelben wenden können , zu der Geſchichte der Gottesgelehr. N 2

famkeit,

b ) loh . Micb. Heineccii hiſtoria hiftoriae , f. de fatis Alusdii biftorico - chronici apud varias gentes ſchediaſma hiftoricum . Helmft. 1703. (4).

i) Storia e ragione d'ogni Poeſia, di Franc. Saver. Qua. drio , IV. vol. in Venezia 1739-49. (gr. 4.) k) Polye. Leyferi hiftoria poëtarum et poëmatum mc. dii ævi. Hale Magd. 1721. ( 8 ).

1 ) Threſor de l'hiftoire des langues de ceſt univers, par Claud. Dutet. Yverdon, 1629. ( 4 ). m ) Spence's Polymetis, or an Enquiry concerning Agreement between the Works of the Roman Poets and

the Remains of the ancient Artiſts, with cuts. Lond. 1755, ( fol.) die 2te Ausgabe. n ) L'origine & le progrès des belles lettres chez les

Romains , parMr. l'Abbé le Moine d'Orgival. Paris, 1749. ( gr. 12 ).

(

196

Borbereitung III Abfobn.

famfeit, ber Rechtslebre,der Arztneykunſt,fortzueiferta Dhne mein Erinnern wird ein jeder ſich dann dura neħmlich mit der Geſchichte desjenigen Theils dieſer Dreyfachen Gelehrſamkeit, dem er ſich eigentlich ge

widmet hat, befchäfftigen , und wenn er ſich nicht dara auf einſchränken will, doch wenigſtens den Anfang davon machen . Derfel. Herr Stolle hat zu allen dreyen Arten eine beſondre Anleitung gegeben o ); und man kann dieſe Bücher nuken : obgleich zu wünſchen wäre , daß er, als ein Mann von guterEinſicht, vie

ler Beleſenheit und einer großen Wahrheitsliebe, viele mehr einige Stücke genauer ausgeführet, als fo hår fig bloß auf gewiſſe Schriftſteller verwieſen Kåtte Meben dieſen mogen zur Geſchichte der Gottesgelehr ſamkeit, die in Betrachtung der Lehren felbſt eigent lich aus der Kirchengeſchichte fließt, Pfaffens Eiko

leitung p) ; zur Geſchichte der Rechtslehre Stru . pens ) und des Seineccius r ) Bücher ; zur Ger

( chichte der Arztneykunft Barcbuſens s), odlu

tenst), Schulzens u ) und des le Clerc x ). Abu bano: . ) Gottlieb Stollens. Hiſtorie der theolog. Gelahrheit. Jena, 1739. ( 4 ). Eben deſſelb. Hift. der jurift. Gelahrh . Sen. 1745. (4 ). und Hiftor. der medicin. Gelahth. gen. 1731. ( 4 ). p ) Chrph . Matth . Pfaffui introduct. in hift. Theol. lit. terar. Tubing . 1724. (4). q ) Burc. Gotth. Struvii hift. ürris etc, aucta a Budero, 1

1756. ( 4 ).

r). I. G. Heineccii hiſt. iuris civil. Romàn . ac German.

per I. D. Ritter. Argent. 1751. (8 ). $) Ioh. Cont. Barcbuifen hift. medicinæ , Amftel. 1710.

( gr. 8). +) Andr. Ottom . Goelike hift. medicinz univerſal. Frf. ad V. 1720. (8)

u) Ioh.Henr. Schulzii hiſt. medicinæ a rerum initio ad

ann. vrbis Ronna DXXXV . deducta , c. tab. æn. Liple 1728. (4) .

1

x) Hiſtoire de la inedecine par Dam , ke Clerc, Il Par ties, à la Haye , 1729. ( 4 ).

Weg zur Erkenntn. der Geſchichte. 197

1

fine Handlungen darüber, entweder alle ; oder nach eines jeden vernünftiger Wahl einige davon , genußt wer * Den : indem man erſt nachher mitVortheile die be fondre Geſchichte einzelner Cheile zu ſeinem Geſchäff: te machen kann, und in den angeführten Schriftſtel al tern ſelbſt einige Anleitung dazu bekommt. Wofern

Il es dann nicht beſondre Umſtånde verhindern: ſo iſt es endlich einem Gelehrten nuklich und nothig , auch

noch die Geſchichte der Künſte kennen zu lernen . Hierzu hat 17oblar y) einige Unweiſung gegeben, mit welcher des Bruno Schauplaş der Erfinder von allen Dingen 2 ), Polyd. Vergils und Georg i paſitens Werke nicht genauer anzuführen, ſichwohl

1

hop

berbinden läßt. Unter der Menge von Küuften aber

á

muß ich mich hier begnigen laſſen , für die beſondern

Árten derſelben nur einige von den Geſchichtbichern, als die Geſchichte eines LIngenannten von der Wu:

fik a), des Foſſati Geſchichte der Baukunſt, b ), des Junius undeines Ungenannten Geſchichte der alten

Malerey c ), des Monier Geſchichte der Künſte, die mit der Zeichnungskunft in Verbindung Heo N 3

heu

Y ) Origine & progrès des Arts , par Noblas. Paris, 1740. (8).

2) Teatro degl' inventori di tutte le coſe , da Vinc. basil

Bruno. In Napoli, 1603. ( fol.)

a ) Hiſtoire de la muſique & de les effets, IV . Tomes, Amft. 1725. (12 ).

b ) Storia dell'architettura di Georg. Foſſati. In Vene. tia 47: ( 8 ).

c) Franc. lunii de Pi& ura veterum Libri III. & c. Ac cedit catalogus adhuc ineditus Architectorum , Mechani. corum , fed præcipue Pictorum , Statuariorum, Cælatorum ,

Tornatorun aliorumque artificum et operum , quæ fece runt, fecundum feriem literarum digeftus. Roterod, 1694. ( fol.). Hiſtoire de la peinture ancienne. Londres 1725. ( fol. ).

198

Vorbereitung . III Abſchn .

Þen d) , Evelyn's Geſchichte und Kunſt in Kupfer zu ſtechen e) , des Herrn Majors . furzgefaßte Ger ſchichte von dem Urſprunge und Fortgange der Kunſt

in Holz und Kupfer zu ſchneiden und zu ſtechen f ) ,

Warſons g) , Dáliners h) und eines Ungen.nns ten i) Geſchichte der Buchdruderkunſt, nebſt Maittairens Jahrbüchern derſelben k ) , bloß zu be rühren, und nach der nöthigen Erinnerung , daß man hierbey die Lebensbeſchreibungen der Künſtler in iha IM和 ren verſchiednen Arten zu Rathe ziehen müſſe, noch AL zu melden , daß wir Hoffnung haben , bald eine neue Geſchichte der Künſte des Geſchmads von einer gus VE

ten Feder ans licht geſtellet zu ſehen. Die Entſchule digung dieſes unvolftändigen Verzeichniffes will ich

Th

nicht wiederholen : fondern nunmehr zu den Abſicher ten , wozu man die Geſchichte lernen und nügen muß, @ binübergeben . zu S. 52 sia Eine Abſicht bezieht ſich allemal auf ein gewiſſes

Gut , das wir durch unſere Unternehmungen zu er.

i

langen ſuchen. Ben den Bemühungen , irgend eine Art

d ) Hiſtoire des Arts qui ont rapport au deſſein par P. Monier , Paris 1698. (12.)

c) John Evelyn's ſculptura , or the hiſtory and art of Chalcography and Engraving in Copper. Lond. 1662, imgl. 1755. ( 8 ).

f) Abregé hiſtorique de l'origine & des progrès de la gravure & des eſtampes en bois & en taille-douce, par Mr. le Major H. Berlin 1752. 18).

8 ) Jumes Watfon's hiſtory of the art of printing, Edinb . 1713. (8).

h ) S. Palmer's General HiAory of Printing. Lond, 1733.

i ) Hiſtoire de l'imprimerie, à la Haye 1740. ( 4 ).

* ) Mich. Maittaire Annales Typographici, ab artis inventi origine ad annuin 1664. cum indicibus. Hagt

Comit, Amt. et Lond. 1719-8741. V. Tomi, (gr. 4.)

4

Weg zur Erfenntn. der Geſchichte. 199 Art der Erkenntniß zu erlangen , kann dieſes Gut nichts anders ſeyn , als der Nußen , den ſie durch

f

sie Verbeſſerung der Seelenfräſte, durch Permehrung iz Der Erkenntniß und guter Geſinnungen zunächſt, ente U-a ferntep aber durch eine gute und vortheilhafte Beſtim mung der Handlungen im menſchlichen Leben, ſchafft. Es können alſo ber unſerer Beſchafftigung mit der Geſchichte , als einer Art der Erkenntniß , feine aná Dere Abſichten gedacht werden , als daß wir uns des

Nußens davon in fo großem Maaße, als für uns

möglich iſt, theilhaftig machen mögen. Nun iſt oben im zweyten Abſchnitte gezeiget worden , daß dieſelbe einen allgemeiner und beſondern Nußen has be. Es müſſen folglich auch allgemeine und beſone dere Abſichten unterſchieden werden. Dieſe nach den derfchiednen Hauptarten der Geſchichte in einigen

Stůcen emas näher zu beſtimmen und die Mittel jur Erreichung derſelben anzugeben , iſt das, was

Echo

die Anleitung zu dem rechten Wege, die Geſchichte ju lernen und zu nußen, pollenden wird. 53 .

Der allgemeine Nußen der Geſchichte fann ben

dos

to

allen Hauptarten derſelben erhalten werden : nur, nach iþrem Unterſchiede, in manchen Stücken ben einiger unmittelbar und näher, bey den andern mittelbar und

Lissu entferncer ; wiederum ben einigen ingroßerm , bey an . dern in geringerem Maaße. Ich würde meine leſer durch ein ungerechtes Mistrauen, das ich in ihre Eine

alise

licht und Ueberlegung fekte , beleidigen, wenn ich dieſes nach allen beſondern Stücken des allgemeinen Nußens und ihrer eigentlichen Beziehung auf eine jede Hauptart der Geſchichte ausführlich vor Augen

legen wollte. Deswegen will ich meine Betrachtune

2,6

Thai

(

gen bloß auf die vornehmſten Stücke, auf welche ſich

die übrigen zurückleiten laſſen , einſdyrånken. N 4

Die

Beffen

200 Vorbereitung. III Abſchit. Beſſerung ber Seelenkräfte, und die Anleitung, dies felben nach ihrer Verbeſſerung zu aller Tugend , jur

Gortſeligkeit undzu einem flugen Verhalten anzuwen den , begreifen alle andere Stücke des allgemeinen Nußens unter ſich. Da aber die Beſſerung der Sees ( enkräfte theils auf ihre Uebung, theils auf die Vers mchrung der Erkenntniß und guter Geſinnungen an kommt: fo iſt klar, daß dieſelbe ben allen vier Haupt arten der Geſchichte nach der Verſchiedenheit ihres

Inhaltes Statt finde. Sie haben alle die Erzählung wirklicher Veränderungen zum Gegenſtande: alſo be fchäfftigen und üben fie auch alle die Seelenkräfte auf eine ähnliche Art. Sie ertheilen alle eine mannig faltige Erkenntniß: alſo vermehren ſie auch alle die Erkenntniß , eine jede nach der Verfchiedenheit der Dinge, mit denen ſie zu thun hat. Uus dieſer Ver

ſchiedenheit folget von ſelbſt, daß man beſondere Ar ten der Erfenntniß entwedeč nur in einer Hauptart allein , oder wenigſtens in einer vornehmlich, unmit telbar und auf das genaueſte, ſuchen muß.

Sie gee

ben alle verſchiedne Bewegungsgründe zum Guten : alſo vermehren ſie auch alle die guten Geſinnungen ;

nach dem Unterſchiede ihres Inhaltes. Folglich bleibt kein Zweifel übrig , daß das erſte Hauptſtück von dem Nußen der Geſchichte , die Beſſerung der See lenkräfte auf alle Weiſe, ein Werf aller Hauptarten der Geſchichte iſt.

Ben dem andern Hauptſtücke,

der Anleitung, die Seelenfrifte nach ihrer Verbeffe.

rung zu aller Tugend, zur Gottſeligkeit und zu einem klugen Verhalten anzuwenden, iſt es wiederum eben,

ſo leicht einzuſehen , daß alle die oft genannten Haupt arten dazu gewiſſe Dienſte leiſten .

Auch macht es

keine Schwierigkeit, den Unterſchied , nach welchem fie en thun , ju beſtimmen. Die natürliche Welt geſchichte thut es : indem ſie durch die Erkenntniß

des Schöpfers aus ſeinen Werken ; durch die Vor: ſtellung

$

& E

8

Weg zur Erfenntn . Der Geſchichte. 201 ſtellung der wahren Beſchaffenheit natürlicher Dinge; und durch den Unterricht von der eigentlichen Be

ziehung, worinn dieſelben gegen Gott und gegen die Menſchen ſtehen ; zur Tugend , zur Gottſeligkeit und

- zu einem klugen Gebrauche der Dinge, welche die

Natur darbietet , anführet.

Die Voffergeſchichte

thut es : indem ſie, durch die Erzählung des Urſprun eges und Wechſels menſchlicher Geſellſchaften , Völ ker und Staaten , zu geſellſchaftlichen Tugenden ; durch die Beſchreibung unendlich mannigfaltiger Benſpiele von Tugend und {aſter mit ihren unter

: ſchiebnen Folgen , und von der Unbeſtåndigkeit aller menſchlichen Dinge, zu allen übrigen Tugenden ; durch die beſtandigeEntdeckung der deutlichſtenSpus 3 ren von der göttlichen Vorſehung, Regierung und Haushaltung,zurGottfeligkeit; durch die Schilderung $ der Menſchen unter unſäglich verſchiednén Umſtän den , Gefeßen, Sitten und Gebräuchen , und durch die Entwickelring unzähliger Anſchlåge und Unterneh mungen nach ihren Urſachen und Abſichten , ihrem Ausſchlage und ihren Folgen , zu einem klugen Vera j Halten ermuntert und antreibt. Die Kirchengeſchich te thut es : indem ſie durch die Nachrichten von der

äußerlichen Einrichtung des Gottesdienſtes und der dazu vereinigten Bemühungen , zur gottſeligen Gefel

ligkeit; durch die aufgeſtellten Beyſpiele von erhabes her Tugend und Gottſeligkeit, zu eben ſo erhabenen

Tugenden; durch die Erklärung der wahren Beſchafa i fenheit des Gottesdienſtes nach ſeinen Veränderuns

11

3

gen, durch die Aufklärung der beſondern Vorſehung,

Regierung und Haushaltung Gottes in Abſicht auf fein Volf und die Fremdlinge, und durch die Ers offnung der ſchnöden Quellen des Unglaubens der Schwårmerei und des Aberglaubens zur erhabenſten Gottesfurcht reizet und dringt ; gleichwie ſie auch,

durch die Belehrung von den ſchädlichen oder núßlis N 5

chen

202

Vorbereitung. IIIAbſchn .

chen Folgen vieler Anſchläge und Unternehmungen der Gemeinen und ihrer Glieder, zu einem klugen Berhalten in Sachen des Gottesdienſtes alles bens trägt. Die Geſchichte der Wiſſenſchaften und Kün

ſte thut es endlich : indem ſie durch die Erzählung,

wie ben dem Urſprunge und Fortgange der Wiſſens le ſchaften und Künſte allemal einer dem andern durch ſeine Geſchicklichkeit die Hand geboten habe , das u

Band der nöthigen Gefelligkeit unter Gelehrten und Künſtlern, damit ſie an dem Wachschume der Wife

ſenſchaften und Künſte gemeinſchaftlich arbeiten mde gen , feſter verknüpfet; durch die Ausführung unjah. liger Benſpiele von den beſondern Tugenden , die ben

det

den Wiffenſchaften und Künſten nöthig find, als der er

Wahrheitsliebe, der Wißbegierde, des Fleißes 16, odervon beſondern ( aſternund içren ſchåndlichen Fole gen , ju den befondern Tugenden der Gelehrten und

Künſtler anſpornet; durch die Erhebung großer Go ben zu den Wiſſenſchaften und Künſten, eines umder.

jur

no

dienten Geſchenfes vom Himmel, und durch die Vora bie ſtellung des Segens , pen er auf eine pflichtmäßige en Anwendung dieſer Gaben gelegt hat, eine beſonders

Art der Gottſeligkeit befördert; und durch die ge nauere Beſchreibung vieler gelungenen oder mįsluna genen Verſuche und Wege, eine kluge Wahl der

Unternehmungen und Wege zu den Wiſſenſchaften und Kunſten lehret. Wer demnach die Geſchichte zu den wahren Abſichten lernen und nußen will, der muß ſich mit der größten Sorgfalt angelegen fenn

laſſen , ben allen Hauptarten derfelben , nach iğrer Verſchiedenheit den allgemeinen Nußen, wie er oben genauer, vor Augen gelegt iſt, in der möglichſten Wolle kommenheit bey ſich zu erhalten. §. 54 .

Von den beſondern Abſichten, wozu man die Er

ſchichte nußen muß, iſt wenig mehr zu ſagen übrig : da

6

Weg zur Erkermender Geſchichte. 203 da der beſondre Nußen , wodurch dieſe Abſichten er

' reicht werden, in dem vorhergehenden Abſchnitteaus: führlich genug vorgeſtellet iſt.

Sie haben ihren

. Grund überhaupt entweder in der Verſchiedenheitder

* Stånde und Lebensarten , oder in der Verſchiedenheit di der Wiffenſchaften und Künſte , denen man ſich ge. ewidmet hat : insbeſondere aber in den beſtimmten # Umſtånden , worunter ſich ein jeder in ſeinem Stande oder ſeiner Lebensart, oder bey ſeinen Bemühungen al um die Wiſſenſchaften und Künſte , befindet; oder auch in den beſondern Neigungen , und dem eigentli ca chen Augenmerke, das man ſich nach denſelben vor: 4. fekt. Dieſem Unterſchiede gemäß ſind ſowohl beſona i dre Hauptarten der Geſchichte, als beſondre Theile h der Hauptarten, auszuwählen : und dann iſt wiedera um ein beſonderer Nußen, den man dabey fuchen will,

jur beſondern Abſicht zu machen. Wollte ich dies noch genauer ausführen : fo würde ich mir gerechte Vorwürfe zuziehen ; denn das Perhältniß , welches

die verſchiednen Arten und Theile der Geſchichte auf den beſondern Nußen haben , wodurch die beſondern

** Abſichten erfüllet werden , iſt allzuflar, als daß es ei.

ner ſolchen Weitläuftigkeit bedürfte, und ein jeder kennt ſeinen Stand , reine lebensart , feinen Theil der

Ś Wiſſenſchaften und Künſte,feine Umſtände, Neigun

gen und Augenmerke am beſten. Ich will daher aus den angeſtellten Betrachtungen hier bloß die Folge ziehen , daß , wenn man ſeine beſondern Abſichten ben Der Geſchichte erreichen will, man den befondern Nur ßen von einer jeden der baju dienlichen Hauptarten , und von einem jeden der eigentlid, dahin einſchlagena

ben Theile, zu erhalten ſuchen muß. S. 55.

Es iſt nicht genug, die Abſichten bey der Geſchicha te zu kennen ; man muß auch die Mittel wiffen , wop: durd

1

204

Vorbereitung. III Abſchn.

durch ſie zu erreichen ſind. Dieſe nun hangen theils von den äußerlichen Umſtänden, theils von der innern

Beſchaffenheit des Menſchen ab. Auf die außerli djen Umſtånde kommt es an , daß jemand Gelegen

Heit und Zeit habe, die beſten Geſchichtſchreiber zu bekommen und zu leſen. Da die Liebe zu den Wir

fenſchaften, und infonderheit auch zur Geſchichte, fidh |1

ißt allenthalben ausgebreitet hat: ſo wird es niche fchwer werden , die nöthigen Bücher zu finden , und, wenn auch das Glück einem und dem andern nicht ſo günſtig geweſen ſeyn follte, daß er ſie ſich ſelber

anſchaffen könnte , ſie wenigſtens zum Gebrauche zu bekommen.

Die Zeit wird auch bey denen , die nach

ihrem Stande, ihrer Lebensart, ihren gewählten Wif

ſenſchaften, oder Künſten , der Geſchichte einigen Fleiß vorzubehaften genöthiget werden , nicht leicht fo Tehr benommen fenn , daß nicht dazu etwas erübriget wer:

den fönnte: ohne das kann man durch eine vernünf. tige Eincheilung und Vermeidung alles unnochigen Verluſtes derſelben fich manche Stunden erſparent. Bon der mündlichen Unterweiſung, die ſonſt ebenfalls zu den äußerlichen Mitteln gendret, rede ich niche: weit dieſe ſchon vorhergegangen ſeyn muß , und nicht ſo weit reichen kann , als es das Abfehen , welches ich

hier habe, erfordert. Die vornehmſteUnterſuchung

wird demnach die innere Beſchaffenheit desjenigen, der ſich der Geſchichte befleißigen will, angehen. Dieſe aber ſchließt die Geſchicklichkeit und die Neie gung , dieſelbe recht anzuwenden, in ſich. So wenig man ſich ohne eine natürliche Lebhaftigkeit der Eine

bildungskraft und des Gedächtniffes, und ohne einen gefunden Verſtand und eine gute Beurtheilungskraft mit andern Arten der Gelehrſamkeit abgeben darf: eben ſo wenig oarf man es auch ben der Geſchidite срип. Jibuch der Himmel iſt mit ſeinen Gaben

febr felten fo ſparſam geweſen , daß der Mangel dar: an

Weg zur Erkenntn . der Geſchichte. 205

nó an eineHinderniß wäre. Der Wille und Trieb des Menſchen , ſie fowohl zu üben und zu gebrauchen, e legt die meiſten Steine des Anſtoßes in den Weg :

te wenn es daran fehlet. Gleichwohl iſt er hier gang et unentbehrlich. Man muß alle Fähigkeit anwenden , i die vorläufig nöthige Erkenntniß zu erlangen , die Geſchichtbücher nach einer richtigen Beurtheilung zu se måhlen und zu gebrauchen, der Wahrheit allein nach

11 sugeben, von der rechten Ordnung nicht abzuweichen, und die allgemeinen fowohl, als beſondern Abſichten

di gu überſehen und zu verfolgen: dann aber muß man um aud zu einer anhaltenden Aufmerkſamkeit und zu eie

ci:

nem unverbroffenen Fleiße geneigt ſeyn.

Iſt man

ſelbſt im Stande, über die Geſchichtſchreiber zu urtheia len , und nach eigener Einſicht die Wahl zu treffen ;

403

denn , was von der Vorbereitung durch andere Wif Penſchaften zu erinnern iſt , das habe ich zu Anfange

w diefes Abſchnittes ſchon hinlänglich erklåret : ſo muß te man die Schriftſteller nach denen Regeln prüfen, wel.

15

his ith

76

hi

che die Beſchaffenheit der Geſchichte in Anſehung des Vortrages und der Sachen , wie ſie oben im 1. 26. ſchnitte entwickelt iſt , an die Hand giebt; und mo man mit mir nicht zufrieden iſt, kann man daben des Herrn von Silbon kurze Abhandlung von der Beſchaffenheit der Geſchichte 1) , die der Herr Abt Lenglet ou Fresnoy in ſeine weitläuftigere Anlei. tung zu dem Wege, die Geſchichte zu lernen einges růcket hat m ), in den vorneþmſten Stücken zur Sei. tung nehmen. Von den alten Geſchichtſchreibern in griechiſcher und lateiniſcher Sprache iſt das Urtheil

größtentheils entſchieden und bekannt. Inzwiſchen wird man nicht übel thun , wenn man außer des Fas bricius

1) Diſtert. des conditions de l'hiſtoire par Mr. de Sil. kan. Paris, 1632. (8 ). und 1662. (12.) m) Tom. II, c, LXII, p . 458-464 1

206

Vorbereitung. III Abſchn .

beicius griechiſcher undlateiniſcher Bibliothek , des Gerb . Joh. Dofius Büchern von den griechiſchen und lateiniſchen Geſchichtſchreibern , und den Beur. theilungen der gelehrten Tagebücher in Anſehung der neuern Werke , auch die Anmerkungen über die vortrefflichſten Geſchichtſchreiber n) , die Schilde.

rungen der alten und neuern Schriftſteller o) , fo

weit ſie hierher gehören, und Renar Rapins Urtheil über die Geſchichtſchreiber p) lieſt. Der lektere hat auch über den Vortrag einige gute Anmerkungen gele

macht; als über die Art zu erzählen , den Uebergang von einer Sache zur andern, die Ausweichung auf Nebenbetrachtungen : jedoch wird man ſie aus dem , was ich oben im I. Abſchnitte davon gefaget habe, leicht herleiten können , und die Ausweichungen von der Hauptſache ſind in der Geſchichte nicht anders zu dulben , als wenn die Erzählung der zum Zwecke

dienlichen Begebenheiten nicht ohne dieſelben vollfom . men verſtanden werden kann. Zugleich hat er daber die Schreibart der vornehmſten Geſchichtſchreiber bes urtheilet, und hin und wieder etwasvon ihrerFähig. feit und Gemüthsart geſagt: allein einige von feis

nen Urtheilen ſind zu hart. So reßt er fowohl die Schreibart als Geſchicklichkeit des Tacicus 9) zu weit Herunter , und beſchuldiger ihn , daß er alles aus

Staatsurſachen , wenn er ſie auch erdichten müßte,

erklären wollte: man muß von des lipſius übertries bener .

n ) The modeft Critick , or remarks upon the moſt eminent Hiſtorians , antient and modern , by one of the Society of the Port-Royal. Lond . 1689. ( 8).

0 ) Caracteres des auteurs anciens & modernes , avec les jugemens de leurs Ouvrages. Amft. 1703. (12). p ) Reflexions ſur l'hiſtoire avec un jugement de tous les Hiftoriens anciens & modernes , in ſeinen Werfen nach der Ausgabe zu Amſterd. 1709. S. 217. 306.

9) Ebendaſelbit, S. 340. fg. 273. fg. 292. fg. U. 303. fg.

Weg zurErkenntn . der Geſchichte. 207 bener Hochachtung gegen dieſen alten Geſchichtſchreio ber etwas abnehmen , und zwiſchen ißm und dem

Herrn Rapin die Mittelſtraße wählen.

In dem

Urtheile über Guicciardini t) läßt er dieLiebe zu fets nem Vaterlande, und in den Harten Vorwürfen wir der den Sarpi 8) den Eifer für ſeine Kirche bie Fes

der führen. Dieſes habe ich in der Abſicht berühret, daßman daraus ſchließen möge, wie behutſam man

bieUrtheile über dieGeſchichtſchreiber zu prüfen habe. Es ift noch eine nöthige Erinnerung Baben, daß man

von einem Schrifafteller nicht zu viel fordre. Wie wenig es zu einer gånzlichen Vollkommenheit zu brin genſen , davon kann man außer allgemeinen Gründen

Feinen beſſern Beweis haben, als daß ſo gar der große Meiſter unter der Geſchichtſchreibern, Thucydides,

an dem Dionyfiusvon Salitarnaß einen Richter gefunden hat, der ihm in einer beſondern Schrift, die unter ſeinen Werken ſteht, viele Vorwürfe wegen der

Wahl der Sachen ſowohl, als wegen der Erzählung

und des Ausbruckes gemacht hat. Wenn man nun feiner eignen Einſicht nicht trauen vill: ſo iſt das Flo cherſte Mittel, einen unparteniſchen Gelehrten von fece ner Bekanntſchaft um Rath zu fragen. Nach der

getroffenen Wahl der Geſchichtſchreiber iſt das Noth wendigſte, beſtändig nur die Wahrşeit in denfelbert zu ſuchen : denn ohne dieſe kann die Abſicht bey der

Geſchichte nicht erhalten werden . Man muß daher die Erzählungen allezeit nach den Bedingungen der innerlichenund äußerlichen Glaubwürdigkeit die oben feſtgelegt ſind, betrachten. Die Otönung, welche zu halten iſt, habe ich im Vorhergehenden hinlänge fidh erflåret, und der Grund davon iſt ſo faßlich, daß

er zur Anwendung nichts, als einen guten Vorſak, erfore s ) Ebenbar. . 272. und 297. ) Ebendaf. e. 293. und 298,

208

Vorbereitung . III Abſchn . ' ?

erfordert. Seine Abſichten zu überſehen und zu bers folgen , darf man nur die Vorſtellung des Nußens, pen man von der Geſchichte erwartet, immer gegent

wärtig und lebhaft erhalten. Eben dieſe Vorſtellung iſt es endlich auch , was die Aufmerkſamkeit und den Fleiß beleben muß. Und ſo wird man, wenn man feines von dieſen Mitteln verſäumet, ſeine Abſichten bey der Geſchichte ficher erreichen. Zum Beſchluffe dieſer Vorbereitung will ich nun bloß noch einige Schriftſteller, die den Weg, wie man die Geſchichte lernen müſſe, anzuweiſen geſuchet ha ben , nach ihrem Unterſchiede anführen. Einige ha. ben bloß Auszüge aus den Geſchidytfchreibern oder einige allgemeine Betrachtungen mitgetheilet : als

Luo. Thomaſin t) und Boſſuet w ). Andere has ben ſtatt der Anleitung eine kurzgefaßte Geſchichte

felbſt vorgetragen : dahin ſind, außer dem oben ane geführten Pallemont, Joh : Bapt. von Rocos les x), der wenig Achtung verdient, Dufendorf y ) und alle Verfaffer der Einleitungen in die Geſchichte zu rechnen. Diejenigen , auf die es hier eigentlich ane kömmt, ſind die Verfaſſerder Anleitungen zu dem Wen ge die Geſchichte zu lernen . Von dieſen habe ich die beſten , Bodin , Wbear undLengletdu Fresnoy nebſt den Aufſchriften ihrer Bücherſchon angezeiget, und

1) .Jn der Methode d'etudier & d'enſeigner chretien .

nement & folidement les hiſtoriens profanes, II volumes, Paris 1693. ( 8). u ) Jacqu . Benigne Boffiuet , diſcours ſur l'hiſtoire uni. verſelle depuis le commencement du monde juſqu'à l'em .

pire de Charle-Magne en 796. Paris, 1797. (12). *) Jean. Bapt. de Rocoles introduction generale à Phi Itoire , Paris, 1672. 2 volumes, (12.) y ) San . von Pufendorf Einleitung zu der Hiſtorie der Voltiomſten Reiche und Staaten in Europa. Bovon bald eine

neue Auflage mit Hrn . Ohlenſohlágers Zujaben erſcheis nen ſoll.

Weg zur Erkenntu . der Geſchichte. 209 und will ihnen nur noch den Rollin 2 ) beyfügen.

Der leßte hat in der That bloß einige Regeln zurEra reichung der Abſichten , ben der weltlichen und heili.

gen Geſchichte, kurz vorgetragen und die Anwendung derfelben auf eine artige und geſchickte Art in einis gen beſondern Stücken durch darüber angeſtellte Bea

rachtungengewieſen. Die andern ſind alle in gewiſ: ſer Betrachtung wohl zu gebrauchen , und gaben ſich ein weiteres Augenmerk vorgefekt gehabt: jedoch würde ich zum Anfange des lengler du Fresnog fürzere Anleitung inſonderheit vorſchlagen; denn das

große Werf iſtſchon zu weitläuftig und mit allzuviea len fremben Dingen angefüllet. Ein allgemeiner Man .

gel iſt es bey iğnen , daß ſie ihr Abfehen bloß auf die Geſchichte der Völfer und der Kirche eingeſchränkt haben. Diefen habe ich , wenn man es ſo genehm halten will, durch die vorhergehende Anleitung zu er. feken geſucht. Weit es ben Erlernung der Geſchichte zu den

Mitteln gehöret, daß man von den Verfaffern dera ſelben urtheilen könne ; und dieſes Urtheil durch die

Erfenntniß , wie die Geſchichte zu fchreiben ſey , ges leitet werden muß : ſo iſt es ein noch übriges Stück

von dem Beſchluſſe meiner verſuchten Vorbereitung, einige Schriftſteller, die davon gepandelt haben , zu nennen ; wenn man etwa mit dem, was ich in dem

1. Abſchnitte davon vorgetragen habe, nicht zufrieden

ſeyn wollte. Andere, die ich nicht berübre, fann man in dem Verzeichniſſe des Lenglet du fresnoy ſehen. Unter den Alten iſt Lucian a) der einzige: von

2 ) Maniere d'enſeigner & d'etudier les belles lettres, Tom . III. Livr. IV. Part. II. & III. p. 108.217.

a ) In ſeiner Abhandlung , wie man die Geſdichte ſchrei.

ben müſſe, welche nicht allein in ſeinen Opp. cum nova ver

fione Tib,Hemſterhuſii et lo, Marthiæ Gefneri gr, ſcholiis, 1. Theil.

as .

210

Vorbereitung. "IIIabſchii. : c.

von den Neuern ſind die vornehmſten Patricio b ), mafcurdi c ), Voßius d) und Rupin in Ber furg

vorher angeführten Schrift, worinn er gewiſſermaß fen eine Erläuterung des Lucians zu geben willens geweſen ift. Die drev erſtern findet man auch in dir Sammlung zur Geſchichtskunde von achtzehen fo

wohl alten als neuen Schriftſtellern e) , nebſt andern, diezum Theile zu denVerfaſſern der eigentlichen An leitungen zu dem Wege, die Geſchichte zu lernen , ge zählet werden müſſen. 1

ac notis omnium cominentátorum

Tom . III. quorum

priorem fummo ſtudio curavit et illustravit Tib . Hewſter b : fius, reliquos inde ordinavit notasque fuas adjecit lo. Frid Reitzius, Amft. 1743. III. volum . (4). ſondern auch in dem Penu art. hift. T. II . ſtebi.

b ) Franceſco Patricio della hiſtoria dialoghi X. Venet, 1560. (4). latine in Penu art. hift. T.Love

c ) Agoſtino Mafcardi dell'arte hiſtorica trattati V. Roin . 1636. ( 4 ), et Venet. 1646. (4) , d ) Gerb. Io. Voffius de arte hiftor. f. de hiftoriæ &

hiftorices natura , hiftoriæque fcribendæ præceptis. Lugd, Bat. 1653. ( 4).

e ) Penys artis hiſtoricæ ex ododecim ſcriptorum tam

veterum , quam recentiorum , monumentis. Baf. 1579. 2 vol. (8).

Lehr

i.

Orb

Beli

1

Lehrgebäude der

Zeitrechnuug.

.

be

Lehrgebäude der

Zeitrechnung. Einleitung Inhalt. Erklärung der Zeitrechnung. interſcheibung der mathema, tiſchen und hiſtoriſchen. Beyder Nothwendigkeit. Die mas

thematiſde kann und voll bier fiir jedermann faßlich vorgetragen werden .

geſchehen keine Veränderungen , fo mannigfaltig ſie auch nach der Verſdie.

denheit der Dinge, an denen ſie vorge hen , feyn mogen , ohne daß beſtändig eine vorhergehe und die andere nachfolge. Das neb men wir nicht allein an dem , was außer uns iſt: fon= dern auch in uns ſelbſt , an unfern Vorſtellungen, wahr. Ein Gedanke entſteht nach dem andern : wie entweder Empfindungen von außerlichen Dingen, odec die Verbindung der Gedanken ſelbſt, ſie herführen. Unſer Bewußtſeyn lehret uns , daß eine fold ;e Folge : wirklich da iſt. Es lehret uns aber auch , daß eine jede Vorftellung eine gewiſie Dauer hat , fie fcy fo

klein als ſie wolle , ebe eine andere auf fic folget. Deswegen müſſen wir nothwendig gederfen und ſa: 03

gen ,

214

Einleitung

gen , daß dieſe Folge einige Zeit in ſich ſchließt. Es iſt aber daben nichts mehr , als die Veränderungeni, oder in dem gerekten Falle die Vorſtellungen felbſt, und ihre Folge untereinander zu unterſcheiden. Die Veränderungen an ſich felbft ſind niche die Zeit. Alfo bleibt nur die Folge der Veränderungen auf ein ander übrig , die wir die Zeit nennen können . Um

nun bey der Menge der Verånderungen ſowohl die

Dauer einer jeden , als den Theil der Folge, in wel chen ſie eigentlich fällt , zu beſtimmen, und den Zeit:

raum , der zwiſchen der einen und der andern gefekt werden muß, zu bezeichnen , iſt es nothwendig , daß man die Theile der Zeit von einander zu unterſcheis

den, und , wie viele von ſolchen Theilen zwiſchen

einer und der andern Veränderung verfloſſen ſeyn inégen, abzumeſſen wiſſe. Dieſe Wiſſenſchaft heißt die Zeitrechnung. Die Theile der Zeit, welche zwi.

ſchen einer und der andern Veränderung verfloſſen ſind , machen einen Zeitraum aus : und einen Zeit

raum abmeſſen , iſt ſo viel, als genau anzeigen, wie viele von einem Theile der Zeit , den man als Eines anſieht, und in dieſer Betrachtung das Maaß nennt,

in dem Zeitraume enthalten ſind. Dieſes heißt eis nen Zeitraum beſtimmen .

Kürzer iſt demnach

die Zeitrechnung eine Wiſſenſchaft , die Theile der Zeit zu unterſcheiden und einen jeden Seite

raum zu beſtimmen . Es kann aber , nach dem eben entwickelten Begriffe, ein Zeitraum nicht anders beſtimmt werden , als wenn die Größe deſſelben nach der Menge von Begebenheiten , die ben ihm verfloſ

fen ſind, durch gewiſſe Zeichen, welche die Zeittheile, als die angenommenen Einheiten , andeuten , ausge: drůcket wird. Größen durch Zeichen , die als gleich geltend in gehöriger Ordnung für einander geſeßt werden , finden, heißt reconen oder berechnen : es

geſchehe nun durd) beſtimmte Zeichen von Einheiten, die

zu der Zeitrechuung.

215

die man Zahlen nennt, wie in dem gegenwärtigen Fal le ; oder durch unbeſtimmte und allgemeinere Zei: chen. Folglich iſt es am kürzeſten, ju ſagen, die Zeit,

rechnung fen die Wiſſenſchaft die Zeit zu un . terſitteiden und zu berechnen . Inzwiſchen iſt hierbey die Sorgfalt nöthig, die deutlichen Begriffe von den verſdiednenMerkmaalen in dieſer Erklärung nicht zu verlieren : und weil dieſes nicht eines jeden

Sache iſt ; fo habe ich eben deswegen die vorherge hende nicht vorbepfaffen wollen , und werde mich dar auf im Folgenden beziehen. Die Unterſdjeidung der Zeittheile und die Bes flimmung eines jeden Zeitraumes fónnen entweder überhaupt, in fo fern ſie nach feftgeſepten Gründen

und Regeln geſchehen müſſen; oder insbeſondere, in fo fern ſie ben gewiſſen Begebenheiten auf eine beſon dere Art wirklich angegeben find , betracytet werden. Jenes hångt gånglich von den Siegeln , Grófen zu finden , und folglich von der Mathematik, ab ; dies Pes erfordert eine Anwendung eben derſelben Regeln, nach den in der Geſchichte angegebenen Gründen , die Zeittheile und den Zeitraum einer gewiſſen Begeben:

Heit auszumachen : darum unterſcheidet man die Zeit: rechnung billig in die matheinatiſche und biſto. riſche. Die erſtere iſt die Wiſſenſchaft von den alla gemeinen Gründen, die Theile der Zeit zu unterſchei den, und einen jeden Zeitraum zu beſtimmen : die lese rere iſt die Wiſſenſchaft, die allgemeinen Gründe der

interſchiednên Zeittheile und eines jeden Zeitraumes , nach der in der Geſchichte beſtimmten Beſchaffenheit der Zeittheile und des Zeitraumes , auf eine gewiſſe

Begebenheit anzuwenden , und dadurd, die Zeit , in welche die Begebenheit fällt, feſtzufeßen. In den Umnftånden der Zeit liegt allemal ein

Theil des Grundes , warum die Begebenheit , wel che in der Geſchichte erzählet wird , wirklid ), und har:

216

Einleitung

warum ſie vielmehr ſo, als anders, erfolgt iſt. Es läßt ſich daher eine Begebenheit nicht vollkommen nach dein

Zuſammenhange mit ihren Urſachen und Folgen, wie es doch, die Geſchichte recht zu nuken, nothwendig iſt, begreifen: wo man nicht die Zeit,in welche ſie trifft, genau anzugeben weiß . Hiernådiſt macht die Menge

der Begebenheiten es faſt unmöglich , inſonderheit wenn ſie viele Aehnlichkeit mit einander haben, die Verwirrung zu vermeiden, wenn nicht eine jebe durch ihren eignen Zeitraum in die gehörige Reihe gefeßt

wird : gleichwie man bey der Erdbeſchreibung die vie len Derter nicht shne die richtige Erfenntniß ihrer {age nach derLånge und Breite zu unterſcheiden im Stande

iſt. Die Begebenheiten in der Geſchichte Haben zwar an ſich ihre unwandelbare Ordnung, in welcher ſie ſich zugetragen haben, und die fich , nachdem ſie einmal gee

ſchehen ſind, in der Natur nicht verändern låßt : aber, ſo wenig man im Dunkeln und ohne Licht unter vielen

Dingen, die nach der beſten Ordnung, ein jedes an ſeis nen Ort,geſtellet ſind, dasjenige, was man fuchet, ficher

finden fann ; eben ſo wenig fann man , ohne die Zeit.

rechnung, unter der Menge von Begebenheiten die rechte treffen, wenn man ſie brauchet. Die Zeitrecha nung iſt das licht dazu : und wird deswegen auch ei, nes von den Augen der Geſchichte genannt. Endlich

iſt auch oft die Glaubwürdigkeit oder Unglaublichkeit der Erzählungen nicht anders , als durch die Ums

ſtånde der Zeit, in welche die erzählten Begebenheir ten gehören, zu entſcheiden : und die Ueberbleibfel von alten Jahrbüchern und Urkunden , wovon die

Zuverläßigkeit vieler Nachrichten abhångt, können ohne die Zeitrechnung nicht in ihre gehörige Ordnung zurückgeſekt und alſo nicht genußer werden. Nun aber iſt es eine natürliche Unmöglichkeit, gewiſſe Regeln auf beſondere Fålle, nach den darinn angegebenen Beſtime

mungsgründen anzuwenden, wenn man die allgemei: nen

1

zu der Zeitrechnung.

217

nen Gründe dieſer Regeln und ihrer Unwendungnicht weiß. Folglich iſt ſowohl die matheinariſobe , als

die hiſtoriſche Zeitrechnung unentbehrlich. Allein man muß hier nicht dem Vorurtheile Geo

þór geben , und ſich nicht einbilden , daſſ die mathes matiſche Zeitrechnung nothwendig in dem Kleide er ſcheinen müſſe, das man ihr in den lehrgebåuden der

Großenwiſſenſchaft, um der Kürze und Bequemlich feit willen , giebt, da man bloß mit Kunſterfahrnen zu thun hat. Es iſt keine Wahrheit'in dieſer ſtren gen Wiſſenſchaft, die man nicht ohneeine ſolche Ein kleidung begreiflich machen könnte: wenn die Um ſtånde es erfordern. Man darf nur die Gründe und ihre Folgen in natürlicher Drbnung etwas genauer vorſtellen, als es dort geſchieht, wo man vieles als be fannt vorausſeßt, und dem leſer felbſt zu ſchließen über: läßt: ſo wird jedermann , der nicht zu aller Aufmerk ſamkeittråge iſt, und ſich niemals zu einiger Einſicht in den Zuſammenhang von Gründen und ihren Folgen gerodhnet hat, alles leicht faſſen.

Es iſt ja aber dem

Menſchen angeboren, den Gründen det Dinge, die er håret und ſieht , begierig nachzuforſchen . Alſo fehlet es felten an dieſer Aufmerkſamkeit und Einſicht: ſels ten an der nöthigen Uebung beyder Kräfte. Ich ſchmeichle mir demnach billig , daß ich fowohl die ina . thematiſche als die hiſtoriſche Zeitrechnung für je: dermann faßlich genug zu erklären im Stande fenn werde. Aber ich werde mich auch um ſo viel mehr bee mühen, dieſes in der That zu thun ; da es eine von den vornehmſten Abſichten ift, warum ich ein beſondres

Lehrgebåude der Zeitrechnung voranzuſeßen fichlüßig ges worden bin : ob ich gleich außer derſelben die nöthige

Vollſtändigkeit, ohne überflüßige Weitläuftigkeiten, und einige Vorfdlage zur Verbeſſerung dieſerWiſſens ſchaft, dabey zum Augenmerke geråblet habe. 0: 5

Dic

Die erſte Abtheilung,

218

Die erſte Abtheilung Von der

mathematiſchen Zeitrechnung. Inhalt. Es wird zuvorderſt noch genauer beſtimnit , was zur mathe: matiſchen Zeitrechnung gehöre. 6.1. Sie geht nur auf zwer Hauptſtricke, die Eintheilung der Zeit und die Be

ſtimmung eines jeden Zeitraumes. § . 2.

Die Eintbeis

lung der Zeit in Tage , und des Tages in kleinere Theile. 8.3. Die Vergleichung der verſchiedenen Stunden. S. 4 Die Eintheilung in Bodhen , . 5. in Nonate, 5. 6. und

in Jahre. 6. 7. Von der Verſdriedenheit der Sabre bet unterſtiednen Völkern. 5.8. Wie das Sonnenjahr am natürlidyſten mit dem Mondenjahre zu verknüpfen ſey. 6.9. Von dem andern Hauptſtücke vorläufige Betrachtungen.

.6. 10. Von den Unterſcheidungszeichen der Zeitrechutung. g . 11.". Von den ålteſten Zeitfreiſen . %. 12. Von dem Sonnenzeitkreiſe. $ .13, von dem Mondenzeitfreiſe. 6.14.

Bon dem Zinsjahlkreiſe. . 15. Von den Perioden oder großen Jahrkretſen . 6. 16. Insbeſondere von dem julia: niiden und deſſen Gebraudie. 9. 17. Von den Jahrzahls gränzen und Jahrrechnungen , oder Epochen und deren.

8. 18. Die Vergleichung der Fahrrechnungen . 9. 19. Von den Kalendem . 9. 20 .

S. s.

ach der Erklärung , die ich von der mathe

N

matiſchen Zeitrechnung gegeben habe, fónn te es ben dem erſten Anſehen ſcheinen, als

wenn in derſelben nichts als Grundfäßeund Regeln der Größenwiſſenſchaft in ihrer Anwendung auf die Zeit vorkommen müßten. Aber eine genaue re Betrachtung wird uns balo ſo weit führen , daß wir ausdieſer Erklärung ſelbſt vielmehr das Gegen theil

1

mathematiſche Zeitrechnung.

219

theil ſchließen. Die Theile der Zeit können nicht una terſchieden ,, fein Zeitraum fann beſtimmt werden, ohne daß gewiffe Begebenheiten dazu angenommen

find: weil die Zeit bloß in der Folge der Verände. rungen oderBegebenheiten auf einander beſteht, und, da von dieſer Folge nichts, als die Begebenheiten, zur Empfindung gebracht und erkannt werden kann, dieſe Begebenheiten es auch allein feyn müſſen , wo: durch die Zeit unterſchieden und beſtimmt wird. Die

Folge von einer Begebenheit zur andern , als z. B. von dem Lufgange der Sonne bis zu ihrem Eintrita

te in die Mittagslinie, giebt einen Zeittheil: die Fols ge verſchiebner Begebenheiten zwiſchen einer zur An .

fangsgränze angenommenen und einer zur Endigungs grånze gefekten Begebenheit, als z. B. zwiſchen der Schöpfung der Welt und der Sündfluth , macht ei nen Zeitraum aus. Nun iſt es durch keine Noth .

wendigkeit vorgeſchrieben , zu dem einen oder zu dem andern vielmehr dieſe als jene Veränderung zu wah len : man kann eben ſo gut die Folge von dem Auf

gange der Sonne bis zu ihrem Niedergange, als die Folge von ihrem Aufgange bis zu ihrer Mittagshöhe, zu einem Zeittheite; eben ſo gut die Folge der Beges benheiten zwiſchen der Schöpfung der Welt und der

erſten Völkerwanderung , als die Folge zwiſchen jener und der Siindfuth , zu einem Zeitraume annehmen . Es iſt alſo ben der Wahl der Begebenheiten zu dem einen oder andern Zwecke viel Willkührlidies , und

daraus hat es natürlicher Weiſe entſtehen müſſen ,

daß einige Menſchen und Völfer auf dieſe, andere. auf jene Art, die Zeit eingetheilet, und jeden Zeitraum beſtimmt haben . Dieß iſt eine wirklich geſchehene Sache: und gehört deswegen zur Geſchichte. Die mathematiſche Zeitrechnung aber ſoll überhaupt die Gründe und Regeln zur Unterſcheidung der Zeittheile und zur Beſtimmung eines jeden Zeitraumes lehren : und

220

Die erſte Abthcilung,

und muß ſie daher auch in Abſicht auf die wilfürlich

eingeführten Abtheilungen feſtlegen. Folglich muß ſie nothwendig vieles aus der Geſchichte hernehmen. Sie ift ja quch nur ein angewandter Theil der Größe fenwiſſenſchaft, der den Gebrauch der allgemeinen

Gründe und Regeln zur Eintheilung und Anordnung der Zeit im menſchlichen Leben , in bürgerlichen Ges fellſchaften und Staaten , anweiſen foll. Allein fie unterſcheidet ſich deswegen body merklich genug von

der hiſtoriſchen Zeitrechnung. Sie unterſucher nicht, wie weit es durch die Geſchichte ausgemacht oder urt: ausgemacht fen , daß Menſchen oder Völker in der

That diefe oder jene Eintheilung der Zeit, dieſe ober jene Beſtimmung eines Zeitraumes, gebrauchet ha:

ben: fie nimmt dieſelben bloß bedingungsweiſe an, und zeiget eines Theils , wie man bey einer jeden die Bered,nungen anſtellen můfe, wenn man ſie gebrau : chen will oder gebraucht findet; andern Theils , wie weit ſich eine jede der Wahrheit nåbere oder davon

abweiche, was ſie Vortheilhaftes, oder Nachtheiliges und Mangelhaftes , en ſich habe. Dein hiſtoriſchen Cheile überläßt fie es, durch gültige Zeugniſſe zu ent:

fcheiden , ob dieſe oder jene Eintgeilungen der Zeit, dieſe oder jene Beſtimmungen eines Zeitraumes,wirk. tich jemals eingeführet, und unter was für Völfern

fie im Gebrauche geweſen renn mögen : nur giebt ſie

1

demſelben , zu der babev nöthigen Beurtheilung der Berechnungsarten , die Gründe und Regeln , als eis nen unentbehrlichen Leitfaden, an . S. 2. Es find eben nicht gar enge Grånzen , welche die mathematiſche Zeitrechnung einſchließen. Wie viele Eintheilungen der Zeit laſſen ſich nicht machen ? wie viele ſind nidyt wirklich auch gernacht? Alle dieſe, oder wenigſtens die gewöhnlichſten , die erbeblichſten und

brauch

mathematiſche Zeitrechnung.

221

brauchbareften , muß die Zeitrechnung anführen. Sie muß den Grund davon, und die Richtigkeit oder Uns richtigkeit deſſelben , průfen. Sie muß die verſchied

nen Vergleichungen und Verbindungen der mannig faltig unterſchiednen Zeittheile lehren. Sie muß die Brauchbarkeit oper Unbrauchbarkeit der Eintheilun gen fo deutlich vor Augen legen , daß ein jeder davon

urtheilen könne. Jedoch betrifft diefes alles im Grun

de die Eintheilung der Zeit , und läßt ſich unter dem Namen derſelben zuſammenfaſſen. Aber dann hat . ſie auch noch viel zu thun übrig. , Es iſt iør Wert,

gewiſſe Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnungen ang zugeben , damit man in einem jeden Zeitraume den eigentlichen Zeittheil, in welchen eine Begebenheit fällt, deſto genauer und leichter finden könne;- und den Gebrauch dieſer Unterſcheidungszeichen vorzus ſchreiben : ihr Werf die Berechnung eines jeden Zeit, raures nach feſtgelegten Kreifen an die Fjand zu gen ben ;. die Vergleichung und Verbindung verſchiedner Scitfreiſe vorzufiellen ; die Art und Weiſe, wie man kleinere Korcije in größere zuſammenfaſſen könne, die

Abſicht, roogu es diene, und die dabey nethige Recha nungsart zu entwickeln; die verſchiednen Zeitgrånzen ,

woven inan die Berechnung eines Zeitraumes anfans gen kann , oder wirklich zu verſchiebnen Zeiten ange.

fangen hat , ivorzulegen , und die Verknüpfung dera ſelben mit den größern Zeitfreifen , damit man be rechnen könne ;;auf welchen Zeittheil derſelben ein je der Zeittheil von ihnen zutriffe, auszumachen ; end lich auch die Anſtalten , welche man zur Eintheilung und Berechnung der Zeit in der menſchlichen Geſell

ſchaft nothig hat, zu erklären , und ihre Verſchiedene Heit, ihre Vorzüge oder Mångel , und die Mittel zu ihrer Verbeſſerung zu lehren. So mannigfaltig in zwiſchen dieſes ihr Werk auch ift: ſo läuft doch alles

auf die Beſtimmung des Zeitraumes zuſammen. Um alſo

222

Die erſte Abtheilung,

alſo der Gefahr von einer Verwirrung deſto weniger ausgefekt zu ſein , iſt es dienlich, hier zum voraus

zu bemerken, daß ſich alles , was in der Zeitrechnung vorkommt, auf dieſe zwen Hauptſtücke, die Eintbeis lung der Zeit, und die Beſtimmung eines jeden Zeitraumes , oder , welches einerlen iſt, die Be rechnung der Zeit , zurückleiten läßt. §. 3.

Die Beobachtung der Folge unſerer Gedanken in

uns felbft hat die Menſchen zwar natürlicher Weiſe zu der erſten Vorſtellung von der Zeit feiten muffen: aber zur Eincheilung der Zeit , welches das erſte

hauptſtück der Zeitrechnung iſt , und womit wir nun den Anfang machen, find die Gedanken nicht be quem . Denn ſie folgen nicht einmal bey einem and

eben demſelben Menſchen , vielmeniger ben verſchied: nen , gleich geſchwinde aufeinander ; und fónnen des:

wegen als Dinge von ungleicher Art der Größe nicht

für Berechnung gebrauchet werden : auch haben ſie außer dem Menſchen nichts, wodurch ſich ihre Folge bemerken ließe.' Uber was mußte wohl den erſten

Bewohnern des Erdballes natürlicher Weiſe klärer in

die Augen fallen , als daß die Himmelskorper in de nen Veränderungen , welche man bey ihnen wahr nahm , eine fo regelmäßige Folge zeigeten : was mar insbeſondere, und zu allererſt, klårer, als daß mit dem

Aufgange der Sonne das angenehme licht, und mit ihrem Untergange die ſchwarze Finſterniß , erſchien ;

und daß dieſe Veränderungen ihren ordentlichen Bech fel beobadyteten ? Wurden ſie dadurch nicht gleiche

fain ben der Hand zu der Eintheilung der Zeit in Tuge geführet ? Wenn auch der große Urheber der Natur ſie nicht alsbald nach ihrer Bildung darauf & usdrücklich gewieſen hätte : fo hätten ſie doch , ohne bie Sinne und Gedanken zu verlieren, dieß natürliche }

Zeite

mathematiſche Zeitrechnung.

223

Zeitmaaß nicht unbemerkt laſſen fónnen. Daher kommt es eben daß, ben aller Verſchiedenheit in den übrigen Eintheilungen der Zeit, auf dieſe alle Völker

vom Anfange der Welt zuſammengeſtimmt haben , und noch zuſammenſtimmen . Es iſt wahr, der Tag bedeutet bisweilen die Zeit , in welcher die Sonne, nach der gewöhnlichen Weiſe zu reden , einmal um

unſere Erde herumläuft; bistveilen die Zeit von iha rem Aufgange bis zu ihrem Niedergange: aber die:

ſes liegt bloß an der Zwendentigkeit des Wortes, und macht in der Sache ſelbſt keinen Streit, In der ers ſten Bedeutung wird die Nacht unter dem Namen des Tages zugleich begriffen : in der legtern wird der Tag ihr entgegengeſeßt. Beyde Arten von Tagen fönnen

init Rechte natürliche und auch bürgerlicte Tage Heißen. Sie werden bende von derNatur beſtimmt, und auch bende in der bürgerlichen Geſellſchaft zur Eintheilung der Zeit gebrauchet. Will man daher den natürlichen und bürgerlichen Tag unterſcheiden :

fo muß man ſie nicht als zwo verſchiebrie Urten einane der entgegenſegen ; ſondern ſich dabey bloß eine Vers

ſchiedenheit in der Beziehung einer und eben derféla ben Sache auf eine andere gedenken.

Dieſes, iſt die

Urſache , warum die Lehrer der Sternkunde felbſt hier: inn von einander abweichen .

Wenn man aber ja die

eine Zeit 'vielmehr, als die andere, den bürgerlichen Tag nennen will: ſo hat der Freiherr von Wolf mehr Grund, die ganze Zeit des Umlaufes der Son ne mit dieſem Namen zu belegen, als Joh. dc Sacro Boſco a ) und die ihm folgen , die Zeit von demAuf gange bis zum Untergange der Sonne darunter zu verſtehen; weil in den öffentlichen Angelegenheiten der bürgerlichen Geſellſchaft, worauf doch hiebey mohl vornehms a ) Tract, de fphæra, f. 3. Wolfii clement, chronol 6.3. 5.

224

Die erſte Abtheilung

vornehmlich zu ſehen iſt, der Tag in dieſer Bebeu tung genommen wird. Der zulegt genannte Schrift: ſteller feßt zwar einen andern Ausbruck und nennt die

Zeit von dem Aufgange der Sonne bis zum Unter, gange derfelben den kunſtmäßigen Tag , wovon Gerb . Joh. Vofius b ), Pet. Gafſend c ) umo

Pet. Bayle d ) den Grund angeben , daß die Künſi: ler und Handwerker fich während dieſer Zeit mit ih rer Arbeit befchafftigen : allein es bleibt dabey dod das Abſehen auf das bürgerliche Leben ; und wird *

alfo ftatt einer erheblichen Betrachtung deſſelben in den öffentlichen Angelegenheiten nur eine unerhebli chere angenommen . Noch dazu iſt es eine überfügis ge Neuerung: da die wolfiſche Unterſcheidung ſchon bey dem Cenſorin e) vorkommt. Die Natur führet

felbſt die richtigſte Unterſcheidung durch die Abwech ſelung des Lichtes und der Finſterniß ein. In Bler trachtung dieſes Unterſchiedes iſt die Zeit , da die Sonne über unſerm Geſichtsfreife fteht, der Tag: und die Zeit, da die Sonne unter demſelben ſteht, die

Nachr. Dieſes beſtimmt auch die Schöpfungsger fchichte genau f) : da Gott daslicht Tag und die Finſterniß Nacht nannte. Weil aber ein ganzer Um:

lauf der Sonne einen ganzen Zeittheil von ähnlicher Art allemal beſtimmt, und Tag und Nacht unter

fich begreift: ſo iſt es natürlich geweſen , die ganze Zeit dieſes Umlaufes, ohne daß auf den Wechſeljdes

Lichtesj und der Finſterniß geſehen würde, ebenfalls einen Tag zu nennen. Auch dieſes geſchieht wieder.

um in der Schöpfungsgeſchichte g ). Denn nachdem in b) De ſcient, mathem . XXXI, 6 . c) Inſtitut. Aſtronom . I, 22. , d) In dem Worterbuche unter dem Worte Jour,

e) De die nat. c. 23. f) 1B. Mol. 1, 5.

g) 1B. Moj. 1, 5.8. 13. 19. 23. st.

machamatiſche Zeitrechnung. 225 in derſelben , ben der Vorſtellung des erſten Lager werks, LagyndNacht unterſchieden ſind, wird,her: nach dasBerk eines jeden Tages beſchriebenund bine jugefest

und es ward Abend, und 48

Morgen , der erſte Tag , der zweyte Tag 26

Aus dieſen Ausdrückeninihrem Zufammenhangeil

klar, daß das Tagewerk u, ndfolglich der Tag, alle malzu dem Abende und Morgen gerechnetwird ,

nen ganzen Lag,auszumachen. Und luchers Ueber: ſekung leider dieſe Erklärung ſehr wohl: Da,name lich nachdem beſchriebenen Tagewerke, das alfa noch wendigmitgerechnet werdenmuß, wardausAbend und morgen , das iſt, indem ju dem Tageperke oder dem Lage, als der Nacht entgegengeſegt pinoch Abend und Morgen kamen , der erſte Tag 26.1.18

Aus dieſen Gründen iſt ſicher zu ſchließen, daß

bie älteſten Grängender Zeit eines Tagesvoneinem Morgen,bis zum andern gegangen ſind. Diejenigen

Gelebrten , welcheden Abend als die älteſte.Granse

anfeßen wollen,wieg. B.Wilh.Langeh ),tang den ihre Meynung auf nichts , als nur auf eine fala ſcheErklárungDer eben angeführten Stellen in der

Schöpfungsgeſchichte. bayen , und dürfen nicht erſt durch das Unſehen ſo vieler. Perſonen , wie Debe

Vignoles, i) bazu aufgeſtellet hat,widerlegtwerden , Wenn man aber den Umlauf der Sonne, wodurch

ſieeinen Tag vollendet, an ſich betrachtet: ſoseiget, fich von ſelbſt , daß die Grånzen des Anfangs und Endes von einemTage fehrverſchieden beſtimmt wer.

den fónnen . Jedoch ſchränkt ſich dieſe Verſchiedene þeie b ) De annis Chrifti, L. I. c . 3. p . 21 .

i) Alphonſe Des-Vignoles, Chronologie de l'hiſtoire ſainte & des hiſtoires etrangeres, qui la concernent; deo

puis la ſortie d'Egypre juſqu'à la Captivité de Babylone, 2 Tomes , Berlin 1738. Tom . I. Lib. III. 6. I. p . 581.799 .

1. Theil.

P

.

226

Die erſte Abtheilung,ana

‫;܀‬

Het foeder durch einenvernünftigenGrund,den maint nicht aus der Acht laſſen kann, genauer ein. Es kann Fein anberer Zeittheilbazu gewähler verdert , als deres !

fichdichdenOrt der Sonne leicht unterſcheiden läßt : inbem fonſt die Gränzendes Tages unbeſtånbig blei:

ben ,und nicht feſtzuſeken fenn würden. Nun find følche Zeittheile bloßdie Augenblicke,wann die Sons

ite über ben Gerichtskreis und unter denfelben tritt,

und

ſie ihre größte Köße am Lage erteichtoder

die Mittagsliniegeht. Alſo können nurDor . durchwenn gen ;'Abend und Mittagzu bequemen Gränzen des Pages dieren . Die ſicherſten ſind inzwiſchen bieje

niger welche der Mittag anweift: denit ſowohl die Brechung der lichrsſtrahlen , als die Wolfen , wovont

derHimmel im benGeſichtskreis Berum Fetten fren är,hinbern, den Aufgangund Untergang Bet Sonne auf das genaueſtezu bevbachten.

Deswegen wird in

der Sternkundebilligdurch den Umlauf der Sonne Hon einem Mittage bis zum andern,hat ihrem Eino

critte indie Mittagslinie,der Tag ümſchränkt. Ale tein dai der Aufgang und Untergang derSonne, for riöett es zum Gebrauche in der bürgerlichenLeben nd ) tijing ifo, fich feichtund genau genug bemerken laſſen

und auch dernatütlicheTag,in fo fern er der Nacht undmittßremUntergangeindiget:fo He anfänge, entgegengeſekt wird,ſichmit dem Wifgange der Sone

glebertderMorgen oder Abenddie beſten Grånzen für dert bürgerlichen Eag. : * =* Ben dem allen erheller gleichrohl, Baß ,da die

Zeifen desDurchganges derSinne burdh benSer fichtsfreis , ben ihrem Mufgange oder Niedergange fo. wohl als durch die Mittagslinie , zu. Den: Tagesgrån.

zen in verſchiedner Betrachtungbequem find, derfchieb. ne Voffer in der beſondern Einrichtung ihres gemeia

men Weſens beſondre undverſchiedre Gründe gefune den Baben mögen , in der Beſtimmung dieſer Grån . jen 1

mathematiſche Zeitrechnung.

227

zen von einander abzuweichen. Die Ungleichheit ih ter Erfenntniß von derSternfunde GatBabey nort: mendigebenfalls einen Unterschied verurſachen müf fen.

Daher ſind mit der Zeit alle bequeme Arten

den Tag in feineGränzenzufließen , bei verſchied nen Wölfern gebräuchlich geworden. Die meiſten morgenländiſchen Völker; als bieBabylonier , Pec fer , Syrer und andere i Haben ſich vormals ber der älteſten Art bei Tagesgränzen gehalten , und ihre Tas

ge’von Aufgange der Sonne angefangen :wie heutis ges Tages die Griechen, die Einwohner der baleas

riſchen Inſeln und die 17ůrnberger noch ihnin. Den Untergang der Sonne hingegen haben die alten Achenienfer’und Juden , die alten. Einwohner von

Deſterreich , Bélmen , Mahren und Schle, fien dazu gewählet ?' noch ißt folgen die Chinefer

uno Italiảnet dieſer Weiſe. Vom Mittage en rechneten vorzeiten die Arabet und Ilinbrier : ge

genwärtig thun es noch die meiſten Sternkiindigen . Endlich haben diealtenAegyprér und Römer ihre Lage von dei Mitternacht angefangen :'und eben for fangen ſie noch die meiſten Völker in Europa an ;

die Portugieſen , Spanier , Stanzoſen ,Englån . der, Viederländer und Deutſchen .

Den

Bee

weis davon für die alten Zeiten Hat Job. Bapr. Riccioli aus dem Plinius k ), Cenſorin l), mas

krob m ) und andern gegeben n). Was ift es nun Wunder,wenn man ſchon in der Zeit, den Tag anzufangen , eine ſolche Abweichung findet, daß die Eintheilung des Tages ſelbſt auf ver . ſchiedne Art gemacht iſt. - Die älteſte hat natürlicher P 2 Weiſe k ) Hiſt. nat. Lib . II. C. 77. 10. 1) De die när. 6. 24.

m) Saturnal. Lib. I. c. 3. p. 171. nach der Zusgabe zu Paris , 1585. (8). n ) Almageſt. T. I. Lib . I. c. 28. f. 34.

1

228

Die erſte Abtheilung ,

Weife diejenige reyn müſſen , welche durch den lauf der Sonne ſelbſt ſehr merklich angewieſen wird, wenn fie Morgen , Tittag und Abend macht, und das durch auch zur Unterſcheidung der Mitternacht 2n leitung giebt. In der That kommen alle dieſe 216 .

theilungen in den bibliſchen Büchern , und vor der babyloniſchen Gefangenſchaft auch als Haupteinthei. lungen nur dieſe alleine vor o ). Von einer derſele ben, nåmlich der Zeit vom Mittage bis jum Abende findet man noch eine untere Abtheilung durch den Ausdruck, zwiſchen den beyden Abenden p), der fo viel iſt, als in der Mitte derjenigen Zeit, da die Sonne fich von dem Mittagskreiſe zum Untergange

neigt: ſo daß Moſes durch dieſe weitre. Abtheilung einesvon den vierHaupttheilen desTages zeigte, wie

man denſelben in acht Theile, vier Haupttheile und

vier Nebentheile , unterſcheiden könnte.

Die Ein .

theilung in Stunden ſcheint bey den Juden ſpåt auf.

gekommen zu ſeyn : Denn in der hebräiſchen Sprache iſt nicht einmal ein Name für ſie, ſondern das Wort, welches Daniel dafür gebrauchet 9), iſt chaldaiſch Jedoch tann man weber hieraus, noch deswegen, weil

in denbibliſchen Büchern keine andre, als die vorhin, gedachten Eintheilungen vor der babyloniſchen Gefans

genſchaft zum Zeitmaaße gebrauchet werden , richtig Pchließen , daß ihnen die Eintheilungen des Tages, die ben andern morgenlånbiſchen oder mittåglichen Wolfern gewöhnlich waren , ſo lange gånzlich unbe. kannt geblieben ſeyn follten . Vielmehr iſt aus der

Einrichtung des ahaſiſchen Zeigers r), auf welchem ein Unterſchied von zwanzig Stufen zu bemerken ſeyn mußte, 0 ) 1B. Mol. 1, 5. 26. 6. 43, 16. 2 B.Mol. 12,4. P1.55, 18. p) 2 B. Mol. 12 , 6. 9) Dan. 3, 15,

52B. der Kon. 10 , 9 , 11, 9ef. 38, 8.

2

mathematiſche Zeitrechnung.

229

mußte, weil der Schatten entweder zehn Stufen vor. wårts rücken , oder eben ſo viele zurücgehen ſollte,

die Folge von dem Gegentheile zu ziehen : da von ei nemfolchen Zeiger , als von einer bekannten und ei Tiem jeden verſtändlichen Sache geredet wird. Nur

fo viel iſt gewiß, daß die Eintheilung des Bages in Stunden nicht die älteſte iſt. So weit reicht der ge

gebene Beweis. Dieſem ift noch benzufügen , daß man ber dem Womer ebenfalls Spuren von jener

ålteften Eintheilung des Tages, aber feine Spuren von den nachher gewöhnlichen Stunden , findet. Ja

Felbſt der chaldaiſche und der griechiſche Name, die man nachher für die Stunden gebrauchet hat, bedeu. teten anfangs bloß eine gewiſſe oder bequeme Zeit überhaupt. Von dem chaldaiſchen Worte iſt es aus der angeführten Stelle Daniels ſelbſt flar : indem es dafelbft feine beſtimmte Stunde, ſondern bloß einen

Zeittheil überhaupt anzeiget ; die Ulebertreter des fo niglichen Befehls ſollten unverzüglich, zu der Zeit, idenn ſie ihn übertreten würden , in den glühenden Dren gerdorfen werden. Und das griechiſche Wort wird ben den älteſten Schriftſtellern allemal mit eis ner gerviffen Handlung, wozu die bequeme Zeit ange

geben werden ſollte, verbunden : als die Zeit (opce ) des Mittagsmahls, die Zeit des Abendeſſens ac. Dieß hat Scaliger s) ſchon erinnert : und Sero. dot t) meldet, daß die Griechen erſt von den Baby loniern gelernet båtten , den Tag in zwölf Theile zu unterſcheiden. Die Sternkündiger find unſtreitig die erſten geweſen , welche die kleinern Abtheilungen des Lages gebraucher haben : weil ihre Beobachtungen Þ 3

ein

s) De emendat. tempor. Lib . I. p. 4. 5. nach der Zusg. ju Ginf 1629. ( fol. )

1 ) In Euterpe oder Lib. II. c. 109. p. 129. edit. Francof. 1008. ( fol.)

Die erſte Abtheilung , 230 ein kleineres Zeitmaaß erforderten , die Zeit genauer zu beſtimmen 1 ). Die Chaldaer theilten den Tag in 72. Theile , und einen jeden dieſer Theile in 360 Skrupel ein. Ein Skrupel war alſo der tauſend

und achtzigſte Theil ( Togo ) von einer Stunde. Un ter den Aegyptern war in der Sternkunde der Tag in

60 Cheile unterſchieden. Ein jeder von dieſen Theis len ward mieder in 60 Theile zertrennt: und fo gieng man mit der Eincheilung durch 60 weiter fort, bis

man keine kleinere Zeittheilę melir zu unterſcheiden nöthig. fand. Mit der Zeit lehrte die natürliche Ber quemlichkeit der Sache, die erſten Eintheilungen oder die Haupttheile weder zu klein nod) zu groß anzuneh : men : nicht zu klein , damit man die gange Anzahl Der Haupttheile deſto leichter überſehen könnte, wenn

ihrer nicht ſo viele wåren; nicht zu groß, damit die Zeit ſchon durch die Haupttheile ziemlich genau un

Daher iſt die Eintheilung in

terſchieden würde.

vier und zwanzig gleiche Theile des Tages , die man eigentlich Stunden genannt hat, entſtanden. Dieſe hat man dann wiederum in fechzig Theile, oder in Minuten, die Minuten ferner in ſechzig Theile, oder in Secunden , die Secunden weiter in ſechzig Thei. le, oder in Terzicn , und ſo fort, genauer unterſchiee

den. Weil aber , nach dem kurz vorher angeführten Berichte des Ýrrodots, die Babylonier und Grie. chen die Eintheilung des Tages in zwölf gleiche

Theile gebraucht haben; und man dieſe Theile auch mit dem Namen der Stunden nachher beleget bat: ſo ſind die Stunden in einfache und zuſaminens

gefegte getheilet worden. Eine einfacheStunde þeißt u ) Man Tehe den Scaliger am angef. Orte S. 5. und Dionyf. Petavii, Aurelianenſis, e Societ. Jeſu, opus de do.

Ctrina tempor. P. I. Lib. VII. c. 1. p. 610. nach der Ausſ. ju Paris 1627. ( fol.) .

mathematiſche Zeitrechnung.

231

Heißt dervierund zwanzigſte Theil einesTages : eine zufainmengefegte Stunde, Der zwölfte Theil des ages. Nach dem allgemeinenBegriffe ift alſoeing Stunde ein ſolcher Theil des Tages , der etlichemal genommen den Tag genau ausmißt: und ſo könnte

man auch die fechzig gleiche Theile des Tages , mache der alten Rechnung der ägyptiſchen Sternfündiger) Stunden nennen . Allein am gewöhnlichſten iſt es ,

unter dem Namen einer Stunde den vier und zwana

zigſten Theil eines Tages zu verſtehen : nur gebrada chen annoch , wie Wilh. Bevereg meldet x ) , die

chatajijden und iguriſchen Sternkündiger die zus fammengefekten Stunden , oder die Eintheilung des

Lages in zwölfgleiche Theile, und nennen einejede folcher Stunden Chug , unterſcheiden ſie aber durdy

befondre Namen von Thiereu ; ſo daß die erſte, Jeh , eine Maus , die zwote, Chiu , ein Ochre; die dritten Rem , ein Parbel ; die vierte, Mau, ein Hafez die fünfte, Chin ein Krokodil; die rechſte , Sip , eine

Schlange ; die ſiebente, Vou, ein Pferd; die achte, 1

Vi, ein Schaf ; die neunte, Scim , ein Affe ; die zehate, Bou eine Benne;die eilfte, Sou, ein Hund; die zwölfte, Cai, ein Schwein , beißt. Die einfaa den und gewohnlichen Stunden bekommen nadı den verſchiedenen Tagesgrången,die von verſchiednen Völ

kern angenommen ſind , befondere Namen . Gleidig Stunden, die vom Aufgange der Sonnebisauf vier; und zwanzig gezáblet werden , heißen babyloniſches Stunden .

Werden ebenc fo viele und gleiche

Stunden vom Untergange der Sonne an gerechnet: fo nennt man fie italianifihe Sainden . Wenn von einem Mittage zum andern vier und zwanzig gleiche Stunden gezáblet werden :: fo: werden ſie

durch den Namen ajtronomiſcher Srunden , oders Stun P 4 1) Inftitut. Chronol. Lib. I. C. 4. 5.5. p . la ...! IN .

232

Die erſte Abtheilung ,:

Stunden der Sternfúndiger , unterſchieben:

Unb

weil die meiſten Wölfer in Europa , ihre Stun

den von Mitternacht zu rechnen anfangen , und zwölf gleiche Stunden von dieſer Zeit bis auf den Mittag, von dem Mittage aber wiederum eben fo viele uno

gleiche Stunden bis zur folgenden Mitternacht zah len : ſo werden dieſe fo getheilten vier und zwanzig Stunden die européifchen genannt.'. Alle dieſe Eintheitungen in Stunden regen den Begriff vom Tas ge voraus, daß er die Zeit eines ganzen Umlaufes der Sonne um die Erde begreift: aber man hat auch

den Tag, in fo fern er der Nacht entgegengeſeßt wird, oder die Zeit vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Untergange einſchließt, in Betrachtuug genommen , und ſowohl ihn als die Nacht durch Stunden berech

net. Hierzu ħat man einen gedoppelten Weg voo fich gehabt: entweder dem Tage und der Nacht be ftandig eine gleiche Anzahl von Stunden ; ober, nach der abwechſelnden Långe des Tages und der Nacht

ben den Einwohnern der länder außerhalb der Gleis chungslinie, bald dem Tage bald der Nacht mehrere Stunden zuzutheilen. Einige habendieſen', anbere jenen Weg erwähler. Dieſes iſt der Grund zu dem

folgenden Unterſchiede: Wenn dem Tage zwolf, und

der Nachtebenfalis- groolf Stunden gegeben werden : ſo heißen ſie jüdiſche oder alce Sainden , oder auch Planecenſtundein ; weil ſie voraltere, fonderlich von den Juden , nach der babylonifdjen Gefangen fchaft y) gebrauchet find;und ihre Große von der Zeit welche dieSonnie, als ein Planet, oder Irrftern , nachy

der alten Mennung, über oder unter dem Geſichtsfreis fe zubringt, abhångt. Nun iſt ber allen Votfern , die nicht gerade unter der Gleichungslinie wohnen,

die Långe des Tages und der Nacht nur allein zu des nen

» Joh . 11, 9.2.4

mathematiſche Zeitrechnung.

233

nen Zeiten , wenn der Laufkreis der Sorine mit der Gleichungslinie zuſammentrifft, gleich , foriſt aber alle mal ungleich : indem 'von der Gleichungszeit an ent weder die Lage beſtandig långer,und die Nächte für jer, oder die Lage fürzer und die Nächte långer wers ben .

Alſo find die jüdiſchen Stunden ungleiche

Stunten .

Die Stunden des Tages ſind nach dieſer

Eintheilung niemals anders, als zu den Gleichungs zeiten , den Stunden der Nacht; und die Stunden des einen Eages auch den Stunden des andern Tao ges niemats fonft, als an gleich langen Tagen , gleich.

Die Schwierigkeit, welche biedurch unnöthiger Weic fe in die Berechnung eingeführet wird, iſt ſchon ein

hinlänglicher Grund dieſe Art von Stunden zu ver werfen. Etwas beſſer iſt die andere Art, wovon ich noch zu reden übrig habe. Sie beſteht aus gleichen Stunden , ſo daß die Nachtſtunden von dem Untergana ge , die Sagesſtunden von dem Aufgange der Sonne

gezählet werden, und die längedes natürlichen Tages

und der Nacht nicht genaunach der Sternkunde, font dern nur mit einigem Abſehen auf dieſelbe durch einen

Rathsſchluß beſtimmtwird. Dieſes ſind die nårny bergiſchen Stunden . Uus der Erklärung ſelbſt

ſieht man leicht daß ſie auf einer bürgerlichen Einrids tung, die nicht weit ausgebreitet ift, beruhen .' Weil

fie aber einmal da ſind und in einen , obgleich nur klei

nen , Theil der Geſchichte einen Einfluß haben : ſo muß ich , um nicht auf andere Bücher, die nicht ein jeder bey der Hand haben möchte , zu verweiſen , die verſchiedne lange der Tage, wie ſie nach denMonaten

durch einen Rathsſchluß wirklich feſtgeſeßt geweſen , und nun nach der Kalenderverbeſſerung feſtgelegt iſt, aus dem Herrn von Wolf 2) herſdyreiben. Ich wil ſie eben ſo, wie derſelbegethan hat, in dreyen Rei P.5 hen 2 ) Element. Chronol. c. 1. 9. 28.

234

Die erfite-Abtheilung, ...?

hen vorſtellen undvondem türzeſten:Eage anfangen : In der erſter Reihe follen dieMonatstage, nach wel chen der Tag von dem Fürzeſten dni, beſtåndig zu: nimmt, ſtehen. Dieſe muß man zugleich mit der grooten ,welche die Anzahl der Stumben , wie der Tag zunimmt, dorſtellet , von oben anfangen , und dann mit der ſelben und der dritten , welchezeigeti in was für Monatstagen die Långe der Tage bon dem lång ften an , wieder abnimmt, doh unten wieder hinauf. 1

gehen. Es war námlich bis auf das 170ote Jaho Chriſti die Tageslänge folgendergeſtalt verordnet:: Ber fürzeſte Tag 2 Jan. 28 Jan. is

14 Febr...

1

8 Stunden .

16 Noo .

9

26 Octob .

8 Octob . 22 Sept.

19 II

3 März

12

5 Sept.

19 März

13

20Uug. a Aug.

5 April

14

23 April

15.

15 May

16

‫܂ ܃ܕ‬

11 Jul. långſter Tag, Uber pon eben dem 170oten Jahre an iſt bey der

Kalenderverbeſſerung diefolgende Henderung gemacht morden :

oney

der fürjeſte Tag.“ ?), 8 Stunden . 0 17 Jan. 2 Febr. 17016 76.st .i $ 113 24 Febr.** ! II 12 März I2 193 29 März

13

14 April

14

: 9) .

19.1

25Noo. v. 4 No

18 Octob . *T

1 Octob .

14 Sept. 29 Aug.

11 Aug. . 2 Man 15 20 Jul. 16 24 Man långſter Tag. Ehe ich die Eintheilung der Zeit in Tage verlaf

fe, kann ich nicht umkin, einenEinwurf, denman wi der

mathematiſche Zeitrechnung. der dieſes Zeitmaafi machen dürfte zu heben.

235 Die

Sternfunde lehret , daß theils wegen der ungleichen

Bewegung der Sonne und ihrer veränderlichen Ente fernung von der Erde, theils wegen der Schiefe des

Thierfreiſes gegen die Gleichungslinie, die Tage in der That ungleich find. Allein da dieſe Ungleichheit immer regelmäßig fortgebt, und in den vier und zwan zig Stunden des Eages nicht merklich ift: ſo wird in der Zeitrechnung billig eine gleiche und mittlere

Zeit für den Tag angenommen , allen Verwirrungen

und Schwierigkeiten vorzubeugen. 9. 4. Ben dem Unterſchiede der Stunden , in welche

der Tag eingetheilet wird, muß die Zeitrechnungskunſt nothrendíg lehren , wie alle Arten von Stunden mit

einander verglichen, und in einander verwandelt wer,

Den konden , damit man in der Berechnung, wenn ſie vorkommen , feinen Anſtoß finde. Dieſes foll alſo nun unfere nächſte Beſchäfſeigung fenn. Wir wollen zur

erft die aſtronomifiten und europäiſchen Stun , den gegen einander halten. Die aſtronomiſchen fans genvom Mittage mit 1. an und gehen bis zum folgena

ben. Mittage auf 24. fort: die europäiſchen neşmek ifren Anfang von Mitternacht mit 1. und gehen nicht weiter als auf zwölfe bis zu dem folgenden Mittage ; aber auch von dieſem Mittage gehen ſie wieder von 3 bis 12.*zur folgenden Mitternacht þin , den ganzen Lag zu vollenden . Daber treffen die europäiſchen

Rachmittagsſtunden von felbft mit den aſtronomiſchen von i bis 12. zuſammen , und dürfen nicht erſt in eins ander verwandelt werden . Allein um zwölfe in Mit-, ternacht fangen die europäiſchen Stunden wieder eje nen neuen bürgerlichen Tag an und laufen mit bis 12. zum folgenden Mittage fort : die aſtronomiſchen Stunden hingegen führen den bes vorhergehenden Mittags

2

236

Die erſte Abtheilung,

Mittags angefangenen Eag durch 13 bis 24. zu demi folgenden Mittage fort. Es find alſo bloß die euro: päiſchenVormittagsſtunden, nåmlich von zwölfe Mite ternacht bis um zwölfe des folgenden Mittags, von den aſtronomiſchen Stunden unterſchieden ; oder es

iſt nur darın ein Unterſchied zwiſchen benden , wann die aſtronomiſchen eineAnzahlüber 12. betragen : und

bey dieſem Unterſchiede gehören die aſtronomiſchen zu dem folgenden bürgerlichen Tage nach den europål. fchen Stunden , weil dieſe ſchon mit derzrodlften aſtros nomiſchen Stunde einen neuen Tag anfangen ; die europäiſchen hingegen gehören zu dem vorhergehenden bürgerlichen Tage nach aſtronomiſchen Stunden , in dem dieſe erſt in der Mitte des nach europäiſchen Stunden gerechneten Eages den Anfang zu einem neuen Tage machen. Will man demnach aſtronoe

miſche Stunden in europäiſche verwandeln :fo darf man nur von der gegebenen aſtronomiſchen Stunde, J. B. von der 18te Stunde des 7ten Uprils , 12. abs ziehen ; der Reſt 6. iſt die geſuchte europäiſche Vors mittagsſtunde des gten Aprils.

Und wenn man um .

gefehrt die europäiſchen zu aſtronomiſchen machen will : fo hat man zu der gegebenen europäiſchen Stun

de , J. B. zu der Sten Vormittagsſtunde des 4tent Mans , nur 12. hinzu zu thun ; und die Summe,

20. beſtimmt die zote aſtronomiſche Stunde des zteri Mans.

" Diebabyloniſchen und aſtronomiſcben Stun ben haben ſo viel mit einander gemein , daß fie bende bis auf 24 fortgezählet werden : fie unterſcheiden ſich aber dadurch , daß die babyloniſchen von dem Aufgan. ge der Sonne, die aſtronomiſchen vom Mittage and gehen. Hiedurch geſchieht es , daß alle babyloniſche Stunden bis auf den Mittag in den vorhergehenden

bürgerlichen Tag von aſtronomiſchen Stunden fallen , und mit dieſen erſt nach Mittage auf einen und eben denſelbe

mathematiſche Zeitrechnung.

237

denfelben Tag treffen. Dieſes iſt das erſte, was man zu bemerken hat, wenn man bende Stunden mit einana der vergleichen will. Hiernachſt aber muß man auch

inErwägung ziehen, daß die Zeit des Aufganges, der Sonne, von welcher die babyloniſchen Stunden ane, geben, und die Länge des natürlichen Tages, oder der Zeit von den Aufgange der Sonne bis zu ihrem Un

tergange, verſchieden ift. Man muß daher bende

Zeitenzum vorausbeſtimmt haben. Aus dieſenfine det man dann die Hälfte des natürlichen Tages, oder die Zeit von dem Aufgange der Sonne bis zumMit.

tage, welche den Unterſchied der babyloniſchen und

aſtronomiſchen Stunden ausmacht, und das Mittel ift, ſie in einander zu verwandeln. Weil nun die

babyloniſchen Stunden eben fo viel mehr betragen ,

ehe die aſtronomiſchen um Mittag wieder angehen, als die Hälfte des natürlichen Lages Stunden þat :

ſo muß dieſe Hälfte, wenn babyloniſche Stunden in aſtronomiſche verwandelt werden ſollen, von den ba byloniſchen abgezogen , und wenn aſtronomiſche in

babyloniſche zu verwandeln ſind, zu den aſtronomi ſchen Stunden hinzugethan werden. Aber alle bas byloniſche Stunden vor der Mittagszeit betragen erft gerade die Hälfte des natürlichen Tages, oder derjeni gen Zeit , welche die Sonne über dem Geſichtsfrciſe bleibt. Darum fann ſie von den babyloniſchen Vor. mittagsſtunden nicht eher abgezogen werden , als bis

die Anzahl derſelben vermehrer iſt.

Was für ein

Zeitmaaß ſoll es ſeyn , wodurch man ſie vermehre ? Der Tag iſt es allein, den man bier durch 24 gleiche

Stunden abmißt. Es kann daher der Zufak niche anders als durch die 24 Stunden des vorhergehen. den Tages geſchehen. Wenn man dieſe zu der gegen benen babnioniſchen Vormittagsſtunde hinzugethan hat, und alsdann die Hälfte des natürlichen Tages ,

ſo viel dieſelbe für eine beſtimmte Zeit betråge, von der

238

Die erſte Abtheilung, ' !

der babiloniſchen Stunde abzieht:"f8°Hát man die aſtronomiſche Stunde des vorhergehenden Tages, det nacheben den aſtronomiſchen Stunden gerechnet wird. Wir wollen z. B. Teken ,' es folle die te babyloniſoje

Stunde des 2zten Sepri da im HerbſteTag und Nacht gleich find, und alſodie Hälfte des natürlichen

Tages 6Stundenbetrågt, in eineaftronomiſcheStuna deverwandelt werden : ſo müſſen'zu der gegebenen frent babyfoniſchen Stunde nocherſt 24 Stunden hinzuigen ſégt werden, che mandie6Stunden, auf welchefich die

Hälftedes Tages zu běrfelben Zeitbeläuft, abziehen kann, Uuf dieWeiße Gefðmmt man ftaté 4, roenn

24 hinzugetýan “roetden, die Zahl 128."Ziehtmart von dieſer die angefekteHälfte des Tages von 6 Stuna

den ab: fohat man die Zahl 22,alstie' 22te aftior nomiſche Stunde edes zäten Séptembers. Dieſes

Fall weg , ſo oft die babyloniſchen

Stunden, welche man in aſtronomiſche verwandeln wilt, über die Mittagszeit hinaus laufen", oðer ikke? Anzahl größer iſt, als die Anzahl der Stunden von der Hälfte des natürlichen Sages. Weil ſich in die ſem Falle die beſtimmte Hälfte des natürlichen Tár! ges von den gegebenen babyloniſchen Stunden ohne!

Zuſaçallemal abziehenläßt; unddieſe Stunden auf einerlen Tag mit den aſtronomiſchen treffen : fo find die babiloniſchen Stimden in affroniniſche von ebent

demſelben Tage verwandelt; fo bald man nur die beſtimmte Hälftedes natürlichen Tages von den gero gebenen Babyloniſchen Stimden abgezogen Hat ; denn der Reſt zeiget die aſtronomiſche Stunde an.

Fs

fer z. B. die note babylonifche Stumdedes 2zten Sepri gegeben. Da zu der Zeit die Hälfte des natürlichent Tages aus 6 Stunden beſtellt: fo darf man von der roten babyloniſchen Stunde nur dieſe 6 Stunden ab.

ziehen ; und der Reft 4 beſtimmt die 4te aſtronomis

TheSamde eben des 23ten Sept. Dieſes find al: fo

mathanatiſche Zeitrechnung.'

939

fördie beſtändigenRegema, die babyloniſchen Stundent ju aſtronomiſchen zu machen. Coll die Versoanbeve lung amgekebre, aus aſtronomiſchen Stunden in bar

byloniſche, geſchehen : Po-iſt auch gewiffermaßen umger kehrt zu verfahren. Es bleibe hier ebenfalls der Unit terfchied zwiſchen benden , daß fie nur nach der Mita tagszeit auf einen und eben denſelben Tag fallen : es bleibt ebenfalls einerley Mittel der Verwandelung

durch diebeſtimfite Hälfte des natürlichen Tages , aber die Urizahl der Stunden , woraus dieſe Hälfte

befieht, iſt von den aſtronomiſchen, wenn fie in basi byloniſche derivandelt werdenſollten, nicht abzuziehen , fondern benfelben zuzufeßen , weil die babyloniſchere Stunden den Tagum ſo viel früher anfangen ; ats: die aſtronomiſchen Wenn alſaſtronomiſche State den von derMitragszeitan, bis zum nächſten Auf gangeder Sonne, während welcher Zeit, die aftrons

Hilfchen und babylontiſchen Stunden bende auf einen Tag zutreffen ilund dieAnzahl der babyloniſchen nur die Hälfte des natürlicherTagesmehr bervågt rinbár Khloniſche verwandelt werden ſollent; Posiſt nichtsimeia!

tér nöthig , alszu dergegebenéti aſtronomiſchen Stuni. de ) -8. B. der 6ten des azten Sepr. die spálfte best natürlichen Tages,welde um dieſer Zeit aus 6 Stuna) denbeſtehe,hingujuchun , die Summe12 giebtdie rate:

babyloniſche Stunde ebendeffelben bürgerlichen Sages , des azten Sepe: Allein, ba mir der Zeit des Aufgaman ges der Sonne die babyloniſchen Stunden einen neuen !

Tag anfangen : To fallen nadyber Seiralle übrigen aſtrou nomiſchen Stunden in den folgenden bürgerlichen Tag der babyloniſchen Shinden . Daher muß nicht nur die Hälfte des natürlichen Tages, weil der folgenbe büro gerliche Tag aſtronomiſcher Stunden wieder um fo : viel ſpåter angeht, als der Tag nach den babylonia fchen , wiederum zu den aſtronomiſchen Stunden

þinzugefeßt, ſondern auch dieſe Hälfte nach dem fola genben

240

Die erſteAbtheilung,

genden Bürgerlichen Tage berechnet werden . Nun muß hieraus, ſo bald irgend eine Stunde nach dem Aufgange der Sonne gegeben iſt , nothwendig eine

größere Summe, als:14, entſtehen : weil die aftro nomiſchen Stunden bis auf den Mittag , womic ſie einen neuen Tag anfangen , nur vier und zwang

zig Stunden betragen, und die Hälfte des natürli, chen Tages, welche hinzugefekt wird , dieſelben in einem ebenmäßigen Verhältniſſe um fo viel vermeho

ret, als die gegebenen aſtronomiſchen Stunden nach

der Aufgange der Sonne ſchon abne das Stunder von dieſer Hålfte in ſich begreift. Gleichwohl enthalt ein bürgerlicher Tag weder nach aſtronomiſche , noch nach babyloniſchen Stunden , mehr als vier und zwanzig. Folglichmüſſen dann 24 Stunden wieder:

abgejogen und weggeworfen werden : per Ueberreft iſt diegeſuchte babyloniſche Stunde des folgenden bůr.

gerlichen Dages. Man nehme zum Beyſpiele, die zote aſtronomiſche Stunde Des 23ten Gepr. jur Verwandelung in seine,babyloniſche an denn wir wollen der Kürze wegen bey der Zeit, da Tagund Nachtgleich werden , zu welcher Zeit die Hälfte des natürlichen Tages einem jeden bekannt iſt , bleiben ,

Seßt man zu dieſer Saunde6Stunden, als die Hälf te des natårlichen Tages zu derſelben Zeitfür den folo gendenbürgerlichen Tag babyloniſcher Stunden hin . zuo po bekommt man 26. Von dieſer,Sumine zieht man aus den angegebenen Gründen 24 ab.

So iſt

der Ueberfeſt 2 , die zwote babyloniſche Stunde des 23ten Septembers.

Man hat demnach zur Ver.

mandelung der aſtronomiſchen Stunden, in babylonia ſehe diefe allgeneinen Regeln, daß man zu den afiro

nomiſchen Stunden eines gewiſſen bürgerlichen Tas, geis , von der Mittagszeit bis zum Aufgange der Sonne, nur die Hälfte des natürlichen Tages von

eben dem gegebenen bürgerlichen Tage hinzufreke, die babylo :

1

1

mathematiſche Zeitrechnung. 241 babyloniſchen für eben den Tag zu finden ; aber nach der Zeit vom Aufgange der Sonne zu den aſtro nomiſchen Stunden die Hälfte des natürlichen Tages

von dem folgenden bürgerlichen Tage hinzuthun, und 24 von der Summe wieder abziehn, um die babylo. niſchen Stunden für den folgenden bürgerlichen Tag zu bekommen, als welche mit den gegebnen aſtronos miſchen einerler ſind. Zur Vergleichung der babyloniſchen und eus

ropäiſchen Stunden, und zu ihrer Verwandlung in einander, erinnere man ſich aus den davon gegeben

Erklärungen wiederum , daß die babyloniſchen vom Uufgange der Sonne zu vier und zwanzigen nach eine ander, und die europåiſchen von einer Mitternacht bis

jur andern zu zweymal zwölfen, einmal von der Mit. Bernacht bis zum Mittage, und das andremal von dem

Mittage bis zur Mitternacht, gezählt werden. Hier. aus erhellt, daß die europäiſchen Stunden den bůra

gerlichen Tag um die Hälfte der Nacht früher anfan. gen : weswegen man die Unzahl der Stunden, welche

bie Hälfte der Nacht für einen gefekten Ort nach ſeis ner Polhöhe, und für einen ebenfalls gefekten burgere lichen Tag, ausmachen , vorher ſuchen , und dann dieſe Unzahl zu den babyloniſchenStunden hinzurhun muß, wenn ſie zu europäiſchen werden ſollen. Weil aber

die europäiſchen nicht, wie die babyloniſchen , auf 24 in einem fortlaufen , ſondern getheilt; durch zweymal 12 , herumgehn : ſo muß, durch den Zuſaß von der halben Nacht zu den babyloniſchen Stunden, die Zahl

für die europäiſchen Nachmittagsſtunden norąwendig zu groß werden ; und daher iſt etwas wieder abzu .

ziehn. Die Urfache davon iſt: weil die europäiſchen Stunden um die Mittagszeit mit zwölfe ſchließen, und von neuen zwölfe zu zählen anfangen. Daher iſt die Zahl der babyloniſchen Stunden für die europåiſchen

Stunden nach Mittage genau um folche 12 Stunden 1. Theit,

2

242

Die erſte Abtheilung,

1

zu groß. Dieſe zwölf Stunden ſind es alſo, die wiea Der abgezogen werden müſſen : wenn die babyloniſchen Stunden, welche in europåiſche verwandelt werden

follen , die europäiſchen Nachmittagsſtunden treffen ; und dicß zeigt ſich, wenn die Summe der babylonis ſchen Stunden und der halben Nachtlänge über 12

betrågt. Folglich kommen nun die Regeln, babylo. nifcheStunden in europäiſche zu verwandeln, hierauf þinaus : man feße zu ben gegebnen babyloniſchen Stunden die gefundne oder gegebne Håifte der Nacht

für den beſtimmten bürgerlichen Tag hinzu ; die Sun. me giebt, wenn ſie nicht über zwölfe ifi, die europäia ſchen Vormittagsſtunden, und, wenn ſie über zwölfe

betrågt, die europäiſchen Nachmittagsſtunden , nacha dem man von dieſer Summe 12 abgezogen Hat. Es

ſen, ga B. die 4te babyloniſche Stunde des 2oten Mårzes gegeben. Um die Zeit beläuft ſich die Hälfte der Nacht auf 6 Stunden . Die ſechs Stunden rege man zu der 4ten babyloniſchen Stunde hinzu : ſo iſt die Suinme 10 die zehnte europåiſche Vormittags. ſtunde. Wåre aber die ste babyloniſdie Stunde eben

deffelben Tages gegeben : ſo mußte man zivar wie derum 6 Stunden , als die Hälfte der Nacht, hinzu

thun ; aber von der Sumine 14 , weldie für die euros päiſchen Stunden zu groß iſt, 12 abziehn. 21edant

jeigt der Reſt, 2, die ate europäiſche Nachmittags. ſtunde, die mit der gegebnen babyloniſchen zuſammen: trifft. Nach diefern alien ſieht man leicht, daß, da die babyloniſchen Stunden noch um die Hälfte det

Nadt weiter, dis die europåiſchen Stunden, fortlau:

fen, ehe ſie einen neuen bürgerlichen Tag anfangen; es ſich leicht treffen fønne, daß, wenn von der Summe

der babyloniſchen Stunden und der halben Nacht 12 abgezogen ſind, der Reſt nod) größer, als 12, bleibe : wie z. B. wenn die zore babylonifdye Srunte Des

ziten Miárzes gegeben wiro ; denn die Summe vo 20

mathematiſche Zeitrechnung. 243 20 und 6, als der Haiben Nacht, iſt 26, wovon nachy Ubzuge der zwölf Stunden noch 14 übrig bleiben . Ulein man fieht auch, aus dem angeführten Grunde der verfdvietnen Tageggrången ben ben babyloniſchen und 'europäiſchen Stunden, eben fo leicht, das in die Fem Falle die babyloniſchen Stunden über den büré

gerlichen Tag , nach europäiſchen Stunden , Hinaus reichen.

Deswegen darf man nur noch einmal -12

abzieśn : fo giebt der Uleberreſt die europäiſche Stunde nach Mitternacht von dem folgenden 'bürgerlichen Tas ge; wie in dem angenommenen Berſpiele der baby. Ioniſchen 20ten Stunde des ziten Mårzes der legte Ueberreſt 2, nachdem von dem erſten Reſte 14 noch 12 abgezogen ſind, die zwote europäiſche Stunde nach

Mitternacht des 22tenMårzes anzeigt. Umgekehrt muß man in einigen Stücken verfahren, wenn euro

påiſche Stunden in babyloniſche verwandelt werden ſollen. Der Grund davon liegt in einer gedoppelten Betrachtung. Hålt man die europäiſchen Vormita

tagsſtunden gegen die babyloniſchen : ſo iſt die Anzahl der europäiſchen um die Hälfte der Nacht größer, als die Anzahl der babyloniſchen ; weil jene fchon um

Mitternacht, dieſe erſt mit dem Aufgange der Sonne, Esmuß folglich von einer europäiſchen Vormittagsſtunde, 3. B. der Sten des 2iten Mårzes, die Hälfte der Nacht, nämlich 6 Stunden, ſo viel fie zu der Zeit betrågt, abgezogen

den bürgerlichen Tag anfangen.

werden : der Ueberreft, 2, beſtimmt die babyloniſche,

und zwar indem angenommenen Benſpiele, die wote Stunde eben deſſelben bürgerlichen Tages. Den dies

fer Regel werden die Bormittagsſtunden in der enga ften und gewöhnlichſten Bedeutung für die Stunder vom Aufgange der Sonne bis zum Mittage genom . men . Wennſie aber weitlåuftiger verſtanden werden, fo daß ſie die ganze Zeit von dem Anfange des Tages,

alfo. von Mitternacht, bis zum Mittage begreifen : To it

244

Die erſte Abtheilung,

iſt klar, daß alle europäiſche Vormittagsſtunden , die vor dem Zufgange der Sonne fallen , noch zu dem vorhergehenden Tage, nach babyloniſchen Stunden, gehören, weil diefe ihren Tag 'erft mit dem Aufgange der Sonne anfangen ; und daß ſich von ſolchen euro . päiſchen Vormittagsſtunden die Hälfte der Nacht nicht abziehn låßt, indem ſie ſelbſt dieſe Hälfte erſt voll machen . Soll nun gleichwohl eine ſolche euro påiſche Stunde, jo B. die 2te nach Mitternacht des 21tan Mårzes, in eine babyloniſche verwandelt wers den : ſo muß man nothwendig vorher noch einen gan.

zen Tag von 24 babyloniſchen Stunden þinzulegen, und biernächſt von dieſer Summe, welche in dem eben gedachten Falle 26 iſt, erſt die Hälfte der Nacht, die in eben dieſem Falle 6 Stunden betrågt, abziehn ; bann iſt der Ueberreſt, hier 20, die babyloniſche, und zwar þier, die zote, Stunde des 20ren Mårzes. Betrachtet man aber die europäiſchen Nachmittage ſtunden, bis zur Mitternacht, gegen die babyloniſchen Stunden : ſo feble an ſolchen europäiſchen Stunden die Zeit vom Aufgange der Sonne, womit die Babi).

loniſchen anfangen, bis zum Mittage, oder die Hälfte 1

pes natürlichen Tages ; weil ſie erſtnach der Mittags Zeit wieder von 1 bis auf 12 fortgehn. Man muß alſo zu den europåiſchen Vormittagsſtunden die Hälfte des natürlichen Tages für die beſtimmte Zeit hinzua thun: uno fo þat man ſie in babyloniſche Stunden verwandelt. Will man z. B. wiſſen, was für eine babyloniſche Stunde mit der 4ten europåiſchen Nadia mittagsſtunde des ziten Mårzes úbereinkomme: 10

Feßt man zu der 4ten gegebnen Stunde 6 Stunden, welche zu derſelben Zeit die Hälfte des natürlichen Tau ges find , þinzu ; die Summe 10 weiſet die zehnte. babyloniſche Stunde eben des 2iten Mårzes an , wele

the mit der 4ten europäiſchen Nachmittagsſtunde um

diefelbe Zeit zuſammentriffc: Die

3

mathematiſche Zeitrechnung. 245 Die italianiſchen Stunden fangen den bůra gerlidhen Tag vom Untergange der Sonne an , und

: werden, bis zum nächſten Untergange derſelben, auf

24 von gleicher Långe fortgezählt: da die europäis (den Stunden hingegen ihren neuen Tag erſt um Mitternacht, und alfo um die Hälfte der Nacht ſpå. ter, anfangen ; und, wie wir uns nun schon oft wieder in Erinnerung gebracht haben, die 24 Stunden, von einer Mitternacht bis zur andern , getheilt durch zwen . mal zwölfe, angeben. Es iſt alſo die Anzahl der ita. lianiſchen, gegen den Tag, der nach den europäiſchen

um Mitternacht angebt, betrachtet, um ſo viel größer, als die Zeit vom Untergange der Sonne bis zur Mit ternacht betrågt, das iſt, um die Hälfte der Nacht,

größer, als die Anzahl der europäiſchen für eben dena

felben Tag. Wenn man daher gegebne italianiſche Stunden eines beſtimmten Tages,in europäiſche vera wandeln will: ſo muß man zuvörderſt die Sänge der Nacht zu derſelben Zeit ſuchen, und die Hälfte davon

den italiäniſchen Stunden abnehmen, alsdann iſt der Ueberreft die Zahl der europäiſchen Stunden von eben

démfelben Tage . Weil aber die europäiſchen Stun. den nicht weiter als bis auf zwölfe zu zweyen malen

fortgezählt werden : ſo muß es nothwendig geſchehen, daß , ſo oft als die Zahl der gegebner italiäniſchen Stunden über den Mittag hinausreicht, der Ueberreſt

derfelben, nach Abzuge der halben Nacht, noch größer, als zwölfe , bleibt, und eine in der Rechnung nach europäiſchen Stunden ungewöhnliche Zahl giebt. Da nun dieß nicht anders, als in dem angezeigten Falle,

wenn die Zaht der gegebnen italianiſchen Stunden über den Mittag hinausgeht, State haben kann ; und gleichwohl der gefundne Leberreſt, nach Abzuge der Halben Nacht, nothwendig eine europäiſche Stunde anweiſen muß : ro iſt klar, daß von dem zu großen

Ueberreſte zwölf Stunden für die Zeit von Mitternacit 2. 3

bis

246 1

*. Die erffe Abtheiluigi

bis zunt Mittage gehörett, und wenn dieſe weggewora fen werden, weil die europäiſchen Stunden nach Mite tage wieder mit eins anfangen, die europäiſdhen Nacha

mittagsſtundeni eben deſſelben Tages .Herauskommen . Demnach haben wir folgende Regeln, die italianiſchen Stunden in europäiſche zu verwandeln . Man ziehe von den gegebuien italianiſchen Stunden die gefundne

Hälfte der Nacht für den beſtimmten bürgerlichen Tag ab. Betragt hierauf der Ueberreſt weniger als zwolfe,oder gerade zwölfe ; fo giebt er die europäia fchen Vormittagsſtunden , oder in dem Falle , wenn

er gerade 12 iſt, die europäiſche Mittagsſtunde eben beffelben Tagcs : beläuft fichy der Ueberreſt aber auf

mehe, als zwölfe'; ſo muß man von demſelben noch

12 abziegn, und dann hat man die europäiſchen Nacha mittagsſtunden. Ich will die Anwendung in Bene fpiclen zeigen. Es for die icte italianiſche Stunde des ziten Marzes gegeben. Zu der Zeit betrågt die Gålfte der Nacht 6 Stunden. Dieſe ziehe man vont 10 ab : ſo giebt der Ueberreſt 4 die vierte europäiſche Frühſtunte eben es 21ten Mårzes. Wenn aber die 20te italianiſche Stunde des zuten Márzes in eine

europäiſche verwandelt werden foll : ſo iſt der Uebere reſt, nachdem man die Hälfte der Nacht von 6 Stun .

den abgezogen hat, 14 , eine Zahl, die bey den euros fåiſchen Stunden in der Rechnung uicht gebraucht wird ; jedoch eine wahre Zahl. Man fiche deswegen noo 13 für die Stunden bis an den Mittag ab : Po giebt der zweyte Uleberreſi 2 wirklich die zwote euros pische Nachmittagsſtunde des ziten Mårzes. Adeia

in curu diefen Fäden wird vorausgeſeßt das die An jahl der isaliàu dhen Stunden groß genug ſen , die Fiftie ir Nacht von ach abziela ju Lauen . So grab fara innsiden ihre Anzahl doch nitt her fern, als

bis me dier die Mitternche şin ausreiden. Wenn du die Bilfte der Nuds ſio wa getauten und ge> geouca

1

mathematiſche Zeitrechnung.

247

gebnen italiäniſchen Stunden nicht abzieħn låßt : ſo ift es ein Zeichen, daß ſie in die Zeit vom Wintergange der Sonne bis zur Mitternacht fallen . Dieſe ganze Zeit gehört noch zu dem vorhergehenden bürgerlichen { age der europäiſchen Stunden : indem die europäie fchen erſt um Mitternacht den neuen bürgerlichen Tag anfangen, den die italiäniſchen ſchon mit dem Unters gange der Sonne vorher angefangen haben. Folglich iſt hier die Verwandlung der italianiſchen Stunden in europäiſche aus der Betrachtung des vorhergehen. den Tages zu beurtheilen. Nun fangen die europäie

Ichen Stunden allezeit ihr zweytesmal zwölfe zu zählen, und dadurch ihren ganzen bürgerlichen Tag zu vollena

den, mit der Mittagszeit an. Es fehlen alſo an einer jeden italiäniſchen Stunde, von dem Untergange der

Sonne bis zur Mitternacht, fo viele Stunden, das zweytemal zwölfe der europäiſcjen um Mitternacht zu vollenden, als die Zeit vom Mittage bis zum Untera gange der Sonne betrågt: das heißt , ſo viele Stuna den , als die Hälfte des natürlichen Tages ausmacht. Daljer muß dieſe Hälfte des natütlidhen Tages zu den italianiſchen Stunden hinzugefegt werden : und dann

zeigt die Summe die europåiſchen Stunden des vor hergehenden bürgerlichen Tages. Wir wollen zum Benſpiele annehmen, es foile die zte italiäniſche Stun. de des ziten Mårzes in eine europäiſche verwandelt

werden . Zu derſelben Zeit beläuft ſich die Hälfte des ' , natürlichen Tages auf 6 Stunden . Wenn dieſe zu

der gegebren Unzahl der italiäniſchen unden , 3, þinzugefekt werden : fo giebt die Summe, 9 , die

neunte europäiſche Vormittagsſtunde des zoten Mår. zes. Man muß aber auch wiſſen , wie umgekehrt europäiſche Stunden in itafiániſcije verwandelt werden fönnen. Die Regeln hiezu fließen wiederum ganz

natürlich aus der Vergleichung beyder Arten von Stunden. Bende treffen allemal von Mitternacht bis

4

248

Die erſte Abtheilung,

bis zum Untergange der Sonne auf einen und eben denfelben bürgerlichen Tag zuſammen : hingegen von dem Untergange der Sonne bis zur Mitternacht fale len die italiäniſchen Stunden, weil ſie ſchon mit dem Untergange der Sonne einen neuen bürgerlichen Tag anfangen , nicht mehr in einerley Tag mit den euro päiſchen; ſondern die europäiſchen gehören zu den italiäniſchen des folgenden bürgerlichen und nach ita. liäniſchen Stunden gerechneten Tages. Hierinn und in der beſondern Art, die europäiſchen Stunden, durch zweymal zwölfe, getheilt zu zählen, liegt der Grund

von aller Verſchiedenheit, die ben Verwandlung der europäiſchen Stunden in italianiſche vorkommen fann ; zugleich aber auch der Grund, warum man die Länge

der Nacht ſo wohl als des Tages zu einer beſtimmten

Zeit vorher ſuchen muß. Dadie europäiſchen Vor mittagsſtunden und auch die Nachmittagsſtunden bis zuin Intergange der Sonnen ſich von den italianiſchen bloß darinn unterſcheiden , daß ſie eines Theils aus einer ſo viel kleinern Unzahl beſtehn, als die Hälfte

der Nacht, um welche die italiäniſchen früher angeun,

betrågt, andern Theils durch zwpeymal zwölfe anſtatt 24 gezählt werden : fo darf man zu den europäiſchen Vormittagsſtunden , und zu eben denſelben Nachmit. tagsſtunden bis zum Untergange der Sonne, nur die

Hålfte der Nacht hinzuthun. Dieſe Summe beſtimmt vollkommen die italianiſchen ; wenn europäiſche Vor: mittagsſtunden in dieſelben zu verwandeln ſind: follen aber die Nachmittagsſtunden bis zum Untergange der Sonne verwandelt werden ; ſo macht bloß die Berech . nungsart der europäiſchen Stunden burd ) zweymal 12,

daß, weil zu Mittage ſchon einmal zwölfe gezählt, und mit den Nachmittagsſtunden das zwentemal zwölfe zu gåhlen angefangen iſt, man zu eben der Summe aus den gegebnen europäiſchen Stunden und der Hälfte der Nacht noch 12, als die für den bürgerlichen Tag eben :

mathematiſche Zeitrechnung. 249 ebenfalls ſchon zur Nachmittagszeit verficßnie Stun .

Den hinzuſegen muß, und dann erſt mit dieſer legten Summe die italianiſchen Stunden , welche mit den

gegebnen europåifchen zutreffen , bekommt; weit die italianiſchen bis auf 24 in einem fort gezählt werden , In beyden Fällen gehören die gefundnen italiäniſchen

Stunden, wie aus der oben angeſtellten Vergleichung erhellt, zu einerley bürgerlichem Tage mit dem euro. påiſchen . Es fem 3. B. die ste europåiſche Morgen

ſtunde des ziten Mårzes, da die Hälfte der Nacht 6 Stunden hat, in eine italianiſche zu verwandeln : ſo feke man zu 5, als der gegebnen europäiſchen Stunde, 6 , als die Hälfte der Nacht, hingu ; die Summe II zeigt die uite italiäniſche Stunde eben des ziten Måra jes an , welche mit der europäiſchen übereinfommt,

Für den zweyten Fall ſen die 4te europäiſche Nadya mittagsſtunde des ziten Mårzes gegeben. Alsdann muß man zu der Summe aus der 4ten europäiſchen Nachmittagsſtunde und der halben Nacht von 6

Stunden, welche 19 giebt, noch 12, als für eben den Tag auch ſchon verfloßne Srunden, hinzuthun; dieſe lekte Summe, 22 , iſt erſt die geſuchte italiäniſche Stunde eben des riten Mårzes. Auf dieſe lektre

Art muß man allezeit verfahren, ſo oft die gegeben europäiſchen Nachmittagsſtunden , welche in italianis

ſche verwandelt werden ſollen, weniger als die Hälfte des natürlichen Tages betragen : indem eben dies das Zeichen iſt, daß ſolche europäiſche Stunden noch vor Untergang der Sonne fallen, und alſo noch zu einers len Tage mit den italianiſchen gehören. Wenn aber die gegebnen europäiſchen Nachmittagsſtunden mehr betragen, als die Hälfte des natürlichen Tages : ſo ift es offenbar ein Zeichen , daß , da die italianiſchen Stunden mit dem Untergange der Sonne wieder ein

nen neuen Tag anfangen, und vom Mittage bis zum Untergange der Sonne nicht mehr als die Hälfte des Tages

250

Die erſte Abtheilung ,

Tages verfloſſen iſt, ſie mit den italianiſchen Stunden des folgenden bürgerlichen Tages zuſammentreffen, und Nachmittagsſtunden nach dem Untergange der

Sonne find. Weil dann die europäiſchen Nachmit. tagsſtunden, welche um die Mittagszeit zum zweyten mal 12 zu zählen anfangen, nach dem Untergange der

Sonne bis zur Mitternacht genau um die Hälfte des natürlichen Tages mehr betragen, als die italiäniſchen : ſo muß man von d?n europäiſchen Nachmittagsſtuns

den, wenn ihre Unzahl größer iſt, als die Hälfte des natürlichen Tages, allemal dieſe Hälfte des natürlichen Cages abziehn ; der Ueberreſt iſt die geſuchte italiảnje ſche Stunde des folgenden bürgerlichen Tages. Man nehre z. B. an , es folle die gte europäiſche Nachmita

tagsſtunde des zoten Mårzes in eine italianiſche vera wandelt werden. Zu der Zeit befieht die Hälfte des natürlichen Tages aus 6 Stunden . Dieſe ziche man

von der gegebnen gten europäiſchen Nachmittagsſtunde ab : Der Ueberreſt, wenn 6 von 9. abgezogen wird, iſt

3, und bezeichnet die zte italianiſche Stunde des ziten Mårzes, welche mit der gegebnen europäiſchen zuſam mentrifft.

Von der Verwandlung der italianiſchen Stune ,

den in aſtronomiſche, oder der aſtronomiſchen in italianiſche, beſondre Regeln zu geben, iſt niche nöthiga ' Denn man weiß nunmehr ſchon aus den vorhergehenden , fo wohi italianiſche in europåiſche, und umgekehrt, als auch eitropäiſche in aſtronomiſche, und umgekehrt , zu verwandeln . Benu daher eilte italiàriſche Stunde in eine aſtronomiſdie verwandelt werden ſoll: fo darf man die italianiſche nur erſt in eine europäiſche , und dann die europäiſche in eine

aſtronomiſche, racis den ſchon feſtgefekten Regeln, der:

kehren. Und wenn umgekehrt aus einer aſtronomis - [chen Stunde cine italianiſche zu machen iſt: fo hat man nur die aſtronomiſche Stunde vorher in eine eurds 1

mathematiſche Zeitrechnung. 251 europäiſche, und dann dieſe gefundne europäiſche in eine italianiſche, nach den davon ebenfalls fchon ge gebnen Regeln, zu verryandeln. Eben fo verfährt man auch , wenn man italianiſche Stunden im

babyloniſche, oder babyloniſche in italianiſche verwandeln fol.

Halten wir endlich die jüdiſchen und europaig fden Stunden gegen einander ; denn von den nůrng

bergiſchen will ich nicht ausführlicher reden, da ſic ſich, durch Hülfe der oben mitgetheilten Tafel, von der

Durch einen Rathsſchluß für ſie beſtimmten Långe eines jeden Tages, und folglich auch einer jeden Nacht, leicht in europäiſche, und dieſe wiederum in nürnbergiſche verwandeln laſſen: ſo iſt der vorneyımſte Unterſchied

zwiſchen beyden , daß die jüdiſchen Stunden allezeit vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Untergangen oder für den natürlichen Tag , bis auf zwölfe , und wiederum von dem Untergange der Sonne bis zu ila rem Zufgange, oder für die Nacht, ebenfalls bis auf zwólfe, gezählt werden, die europäiſchen hingegen von Mitternacht bis zum Mittage, und vom Mittage wice der bis zur Mitternacht durch zweymal zwölfe fortlauta fen ; und daher die jüdiſchen Tagesſtunden allemal,

außer wann die Sonne Tag und Nacht gleich macht, den Nachtilunden ungleich , und auch die Stundeli

des einen Tages den Stunden des andern ungleich; ſind , die europäiſchen hingegen beſtåndig gleich bleibená

Hieraus folgt, daß man zur Verwandlung der jüdis ſchen in europäiſche, zuerſt die eigentliche Zeit des Auf ganges und Unterganges der Sonne für einen jeden

Tag und einen jeden beſtimmten Ort zu ſuchen nöthig bat, um ſo wohl die eigentliche Länge des natürlichen

Tages und der Nacht in gleichen Stunden zu wiſſen, als auch dieſe Långe mit den zweymał zwolf jüdiſchen und ungleichen Stunden zu vergleichen . Nicht weni.

ger folgt eben daraus, daß man hietnächſt zur Ver. wand

252

Die erſte Abtheilung,

Wandlung der jüdiſchenTagesſtunden befondreRegelni, und wiederum befondre für die Nachtſtunden beobach

ten muß. Nun wird die verſchiedne lange des nature

i lichen Tagen nach jüdiſchen Stunden beſtåndig in zwölf Stunden getheilt: da ſie doch bald mehr, balb weniger, beträgt. Es iſt alſo unumgänglich notij.

wendig, daß man vorher auszumachen ſuche, wie viel eine jüdiſche Stunde für einen gegebnen Tag nach der

eigentlichen Långe des natürlichen Cages betrage.

Dieß kann nicht anders, als dadurch geſcheận, daß. mm den zwölften Theil dieſer Långe beſtimme, und

folglich dieſelbe in zwolfgleiche Theile abfondre. Der durch die gewohnliche Theilung nach der Rechenkunſt gefundne zwölfte Theil von der Långe des natürlichen

Tages zu einer gegebnen Zeit, iſt für dieſelbe Zeit die Jánge einer jüdiſchen Tagesſtunde. So viel demnady, die Anzahl der gegebnen jüdiſchen Tagesſtunden ben

trågt: ſo vielmal muß die Långe einer jüdiſchen Tas gesſtunde genommen werden, um ſie mit den europäia

Tchen Stunden in Uebereinſtimmung zu bringen . Das heißt, man muß die gefundne länge einer júdia ſchen Tagesſtunde nach der Rechenkunſt mit der Une jahl der gegebnen jüdiſchen Tagesſtunden vermehren

oder multipliciren .

Da aber die europäiſchen

Stunden ſchon von der Mitternacht an, die jüdiſchen

Tagesſtunden hingegen erſt vom Aufgange der Sonne an gerechnet werden : ſo fehlen allezeit an den jüdia [chen Tagesſtunden , ehe ſie mit den europäiſchen zu . ſammentreffen können, noch ſo viele Stunden, als die

Zeit des Aufgangs der Sonne nach Mitternacht eina ſchließt, Alfo iſt zu der vorher durch die Vermehrung gefundnen Zaht , oder dem Producte, wodurch die

júciſchen Tagesſtunden mit den europäiſchen Stunden in Uebereinſtimmung gebracht ſind, noch die Zeit des

Aufgange der Sonne hinzuzuthun : die Summe iſt

die geſuchte europäiſche Stunde. Jedoch iſt ben diefer Summe

mathematiſche Zeitrechnung. 253 Summe ein gedoppelter Fall zu unterſcheiden. Denn, da die jüdiſchen Tagesſtunden mit zwölfe über den

Mittag hinaus bis zum Untergange der Sonne forte gehn , und die europäiſchen mit der Mittagszeit von neuen bis auf zwölfe gezählt werden : ſo muß die ged fundne Summe, wenn die gegebnen jüdiſchen Stuns ben zur Nachmittagszeit gehören , nothwendig meşr als zwölfe, und wenn ſie zu Der Vormittagszeit gehou

ren , weniger als zwölfe, oder gerade zwölfe, betragen . In dem lektern Falle iſt die gefundne Summe ſchon

an ſich ſelbſtdie geſuchteeuropåiſche Vormittagsſtunde oder die Mittagszeit: in dem erſtern aber iſt klar, daß, weil die europäiſchen Stunden nicht weiter als

bis auf zwölfe gezählt werden, die zwölf europäiſchen Vormittagsſtunden wieder abzuziehen ſind ; der Ueber reſt giebt die europäiſche Nachmittagsſtunde. 3. B. nehme man an, es ſen die lange des natürlichen Tau ges 15. Stunden. Man reße ferner, es folle unter dieſer Bedingung die 4te jüdiſche Tagesſtunde in eine europäiſche verwandelt werden . Nach den eben bea wiesnen Regeln ſuche man dann den 2ten Theil von 15 durch die Theilung nach der Rechenfunft. Man wird finden, daß es iti, oder wenn man den Bruch

I mit kleinern Zahlen ausdrückt und alſo aufhebt, 1 iſt. Dieſen 12ten Theil, 1 , vermehre man durch die gegebne Zahl der jüdiſchen Tagesſtunde, hier durdi 4 : To bekommtman 5. Nun reße man zu diefer vera

mehrtenZahl, oder dieſem Product, 5, noch dieZeit des Xufgangs der Sonne , welche , wann die Länge des natürlichen Lages ſich auf 15 Stunden beläuft, nach europăiſchen Stunden 4* oder Halb fünfe fenn muß: ſo batman endlich die Summe gi ; und dieſe

zeigt, daß die 4te jüdiſche Tagesſtunde zu der geſekten Zeit mit 9}, oder Halb zehn Porinittags, nach euro

påiſchen Stunden, zuſammentrifft. Im Gegentheile

ſen zur Erläuterungbesandern Sallesdie stejüdiſche Edgets .

1

254

Die erſte Abtheilung,

Tagesſtunde, unter der Bedingung eben derſelben Tageslänge von 15 Stunden , in eine europäiſche zu verwandeln. Wenn daben , wie vorher , verfahren,

und der zwölfte Theil von 15 Stunden, nåmlich , durch die Zahl der gegebnen jüdiſchen Stunde, 8,

vermehrt wird: To findet man 10. Zu diefer lekten durch die eben angezeigte Vermehrung entſtandnen

Zabl, 10, feke man die Zeit des Aufganges der Soni ne, welche bey der beſtimmten Tageslänge von 15 Stunden auf 43, oder Halb fünfe nach europäiſchen

Stunden, fällt : die Summe davon , 147 , zeigt die wahre europäiſche Stunde, die mit der gegebnen júdi. fchen Tagesſtunde übereinkommt; mir iſt ſie noch nicht der Zahlungsart nach earspåiſchen Stunden gea

mäß ausgedrückt. Da ſie mehr als 12 begreift, und die europäiſchen Stunden cines bürgerlichen Tages durch zweymal 12 gerechnet werden : fo folgt natürlich, baß mit der gegebnen jüdiſchen Tagesſtunde fchon ein mal 12 europårche Stunden für denſelben bürgerlichen Tag verfloſſen feyn , und daher von der gefundnen

Summe zwölf Stunden , als verfloſſen, abgezogen und weggelaſſen werden müſſen. Alsdann giebtendlich Der Ueberreſt, 23, halb Dren, die europäiſche Nacha

mittagszeit, weldie mit der sten jüdiſchen Tagesſtunde ben der geſeßten Tageslänge vollkommen zuſammen , trifft. Es ſind demnach hiermit alle beſondern Rea geln, die zur Verwandlung der jüdiſchen Tagesſtuina den in curopäiſche nöthig ſind , hinlänglich bewieſen und erläutert. Die Verwandlung der jüdiſchen

Nachtſtunden in europäiſche erfordert zwar, wie icy zuvor erinnert habe, beſondre Vorſchriften: jedoch aber beruhet ſieauf ähnlichen Grunden . Alle Ver: ſchiedenheit entſteột aus dem Unterſchiede ber jüdiſchen Stunden des natürlichen Tages und der Nacht, theils an ſich ſelbſt, theils in Vergleichung mit den europäis

fchen, betrachtet. Aus des erſten Betrachtung Miche, tas

mathematiſche Zeitrechnung. 255 daß man hier von der eigentlichen Länge der Nacht zu

einer gewiſſen Zeit den izten Theil fuchen ', und zur weitern Berechnung nicht den Aufgang, ſondern den lintergang der Sonne , gebrauchen müſſe: aus der andern folgt, daß, weil die jüdiſchen Stunden vom Üritergange der Sonne über die Ritternacht hinaus

bis zum Zufgange vieſes Weltlichtes auf zwölfe fort» gehn, die europäiſchen hingegen von der Mitternacht ſchon wieder einen neuen bürgerlichen Tag anfangen , nur alle jüdiſche Nachtſtundenbis auf die SRitternacht in einen und eben denſelben bürgerlichen Tag mit den europåiſchen treffen , die andern jüdiſchen Stunden aber, von Mitternac;t bis zum Aufgange der Sonne,

in den folgenden birgerlichen Tag europäiſcher Stune Den failen . Mit einem beſtändigen Ubfehn auf alle

dieſe Verſchiedenheit verfährt man nun, wenn júdiſche Naditſhunden in europäiſche zu verwandeln ſind, aus ähnlichen Gründen auf ähnliche Urt, wie bey den Tagesſtunden. Man ſuchet die wahre Långe der Nacht zu einer gewiſſen angegebnen Zeit, und theilt dieſe Länge, die ſich aus der Lageslänge, wenn man dieſelbe ſchon gefunden hat, von ſelbſt ergiebt, in zwolf gleiche Theile. Ein zwölfter Theil beſtimmt die eigentliche Långe einer jüdiſchen Nachtſtunde. Dieſert zwölften Theil vermehrt man demnach durch die Zahl ber gegetnen jüdiffen Stunde, welche in eine euro .

päiſche verwandelt roerden foll. Und weil die jüdia ſchen Nachtſtunden erſt von dem Untergange der

Sonne bis auf zwölfe gerechnet werden, die europåi. fchen aber ſchon vor dem Mittage an bis auf zwölfe fortzulaufen anfangen , und folglich um die ganze Zeit von dem Mirtage bis zum Untergange der Sonne meyr betragen , als die jüdiſchen Nachtſtunden : ro

muß rothwendig die Zeit dieſes Untergangeß nach eta ropäiſden Stunden , zu den gegebnen jüdiſchen und Durch den 12ten Theil der Nachtlänge vermehrten

Nache

256

Die erſte Abtheilung,

Nachtſkunden, noch hinzugelegt werden, um bie jüdis ſchen in europäiſche verwandelt zu finden. Wenn dann die gefundne Summe weniger als zwölfe, oder gerade zwölfe, betrågt: ſo iſt ſie ſchon die geſuchte europäiſche Stunde ; und zugleich iſt das ein Zeichen, Daß die gegebne jüdiſche Nachtſtande in die Zeit vor Mitternacht, oder gerade auf die Mitternacht, fällt, und zu einerley bürgerlichem Tage mit den curopäiſchen Stunden gehört. Betrågt aber eben die Summe mehr , als zwölfe: ſo müſſen die vom Mittage bis zur Mitternacht gezählten 12 europäiſchen Stunden, als verfloſſen, davon abgezogen und weggelasſen wer ben ; worauf der Reſt die europäiſche Stunde des

folgenden bürgerlichen Tages angiebt; denn die Größe ber gefundnen Summe über 12 iſt ein Zeichen, daß die gegebne jüdiſche Nachtſtunde in die Zeit nach Mita ternacht fällt, da nach europäiſchen Stunden ( chon ein neuer Tag angefangen iſt. Man nehme z. B. an, es ſen die zte jüdiſche Nachtſtunde zu der Zeit, pann die Tagesiảnge 15, und folglich die Nachtlänge g europäiſche Stunden ausmacht, zur Verwandlung in eine europäiſche gegeben : ſo theilt man die Nacht länge, 9, in 12 gieiche Theile. Ein zwölfter Theil pon neum ift . Dan vermehrt daber , als die Große einer jüdiſchen Nachtſtunde zu der geſekten

Zeit, durch die Zahl der gegebnen jüdiſchen Stunde 3 , undbefommt dadurch 25. Zu dieſem Producte fekt man die Zeit des Untergangs der Sonne, die bey der Tageslänge von 15 Stunden 7 , oder, welches einers ley , 73 iſt, hinzu. Die Summe von 2 und 7 ift 94 Folglich trifft zu derſelben Zeit die zte jüdifche Nachtſtunde mit 9 oder drey Viertel auf zehn nach

europäiſdsen Stunden eben deſſelben Tages zuſammen, Oefest aber, es ſen die ste jüdifche Nachtſtunde, unter

der Bedingung eben der vorigen Nachtlánge von 9

furopäiſchen Stunden, zurPerroandlungaufgegeben:

mathematiſche Zeitrechnung. 257 ſo wird , wenn man , als den zwölften Theil der

Nachtlänge von 9 Stunden , durch 8 , als die Zahl der gegebnen jüdiſdhen Nachtſtunde, vermehrt, die vermehrte Zahl 24, oder, welches einerley, 6, gefun den. Die Summe von dieſem Producte, 6 , und der Zeit des Unterganges der Sonne, 75 , iſt 133 .

Dieſe iſt nach der gewöhnlichen Art, die europåiſchen Stunden zu gåhlen, zu groß ausgedrückt. Deswegen zieht man davon 12, als ſchon verfloßne europäiſche Stunden vom Mittage bis zur Mitternacht, ab : und

der Ueberreft iş iſt die geſuchte europäiſche Stunden.

zeit des folgenden Tages. Wenn die Aufgabe umgee kehrt wird, und man europäiſche Stunden in jůs diſche verwandeln ſoll: ſo muß auch auf umgekehrte Art verfahren , jedoch daben wiederum der Unterſchied zwiſchen den Tagesſtunden und Nachtſtunden beob, achtet werden. Kaum iſt es nöthig zu erinnern, daß

hier nicht weniger, als vorher , die eigentliche Långe des Tages und der Nacht, folglich der Aufgang und Untergang der Sonne, für einen gewiſſen bürgerlichen

Tag bekannt fenn muß , damit man die wahre Große einer jüdiſchen Stunde , durch den zwölften Theil der beſtimmten fånge des natürlichen Tages und der

Nacht, finden könne : indem von ſelbſt klar iſt, daß die Verwandlung einer Art von Stunden in die andre,

aus der Betrachtung ihrer Beſchaffenheit und ihres Verhältniſſes gegen einander, Hergeleitet werden muß.

Halten wir nun die europäiſchen Tagesſtunden gegen die jüdiſchen , und bemerken , daß die europäiſchen ſchon von der Mitternacht an , die jüdiſchen erſt von dem Xufgange der Sonne , gezählt werden : ſo zeigt

ſich offenbar , daß bey den europäiſchen, wenn ſie zu jůbiſchen gemacht werden ſollen, die Zeit von der Mitternacht bis auf den Mittag, für die Vormittags.

ftunden zu viel iſt, und daher die Zeit des Aufgangs ber Sonne davon abgezogen werden muß ; gleidwie I. Theil

R

im

>

258

Die erſte Abtheilung,

im Gegentheile für die Nachmittagsſtunden ben den

europäiſchen , gegen die jüdiſchen betrachtet, die Zeit vom Hufgange der Sonne bis zum Mittage zu wenig

gezählt wird, und folglich die Hälfte der Tageslånge zu denfelben hinzuzuſeßen iſt, weil man ſie mit dem Mittage zum zweitenmal durch zwölfe zu zählen an fångt. Dieſz würde alſo die erſte Regel feyn. Da es aber einerley iſt, ob man zu den europäiſchen Nach .

mittagsſtunden die Hälfte des natürlichen Enges hins zuthur; oder ob man zu denſelben die 12 Vormittags:

ſtunden alle hinzulegt und die Zeit des Zufgangs der Sonne in dieſem lektern Falle wieder abzieht : po kann man die verſchiednen Arten, nach dieſer Regel zu verfahren, daß man von den Vormittagsſtunden

die Zeit des Aufgangs der Sonne abziehe, und zu den Nachmittagsſtunden die Hälfte des natürlichen Eages hinzuſege, auf die eine Art, von beyderley Stunden die Zeit des Hufgangs der Sonne abzuziehn, zurück, führen; wenn man nur die nöthige Vorbereitung der

Nachmittagsſtunden , burd, den Zufak von den 12 allemal ſchon verfloßnen Vormittagsſtunden, zugleich

als eine Bedingung daber ausdrückt. Daber wird dann außer dem , was oben vorausgefegt iſt , die erſte Regel 'hier dieſe reun : Man siehe von den europäiſchen Vormittagsſtunden bloß die Zeit des Aufgangs der Sonne an dein beſtimmten bürgerliden Tage ab : die Nachmittagsſtunden aber ergånze man

durch Hinzuſegung der 12 europäiſchen Vormittags ſtunden, die doch zu eben demſelben bürgerlichen Tage gehören, und dann ziehe man davon eben diefelbe Zeit

Des Äufgangs der Sonne ab. Äuf folche Weiſe bat man , wenn dieß geſchehn iſt, die europäiſchen Stun

den wirklich mit den jüdiſchen in Uebereinſtimmung gebracht. Es iſt alſo nur noch zu wiſſen übrig, wie

vielmal eine jüdiſche Tagesſtunde, als der 12te Theil der länge des natürlichen Tages, in den zur Uebereina ſtimmung

mathematiſche Zeitrechnung. 259 ſtimmung mit den jüdiſchen gebrachten europäiſchen Stunden enthalten ſer : denn fo vielmal eine jüdiſche Tagesſtunde barinn enthalten iff , fo viele jüdiſche Stunden find zur Zeit der gegebnen europäiſchen Stunde verfloſſen. Die Rechenkunſt lehrt, daß man

dies finde, wenn man die gegebnen und zur Webereine ſtimmung mit den jüdiſchen gebrachten europäiſchen Stunden, durch die Größe der jüdiſden Stunde an >

dem beſtimmter bürgerlichen Tage theilet, oder divis dirt. Folglich haben wir die zwote und legte Regel : Man theile den durch die erſte Regel gefundenen Ueberreft der europäiſchen Tagesſtunden durch die

Große der jüdiſchen Tagesſtunde: die durch ſolche

Sheilung herausgebrachteZahl, oder der Quotient, iſt die verlangte jüdiſche Tagesffunde. Zum Benſpiele wollen wir annehmen , es folle die sote europäiſche

Bormittagsſtunde ju der Zeit, wann der natürliche : #

Lag 16 Scunden lang iſt, in eine jüdiſcheTagesſtunde verwandete werden . Um diefelbe Zeit fällt der Aufos

gang der Sonne auf 4 Uhr. Dieſe Stundenzahl 4 zieht man von der gegebnen europäiſchen roten Vor

mittagsſtunde ab, und befómmt dadurch den Reft 6 . Alsdann hat man der erſten Regel Genüge gethan . Nach der zwoten theilt man hiernächſt den Reſt, 6 , durch die Größe der jüdiſchen Tagesftunde, welche, als der 12te Theit von den 16 Stunden der natürlichen

Tageslänge, iti oder i betragt. Hiedurch findet man die Zahl 43 , ober, welches einerler ift, 47 :

dieſe zeigt die jüdiſche Tagesſtunde, die mit der roten europäiſchen Vormittagsſtundezuſammentrifft. Wenn aber eine europäifdie Nadimittagsſtunde, 3. B. die 3te, unter der Bedingung eben der vorher geſektert Tageslänge von 16 Stunden, in eine jüdiſche zu vera wandeln iſt: fo muß man , nach der erſten oben bem wiesnen Regel, vorher zu der zten Stunde 12 hinzu .

thun, und dann von der Summe, 15, die Zeit des R2

2uf

260

Die erſte Abtheilung,

Aufgangs der Sonne, 4, abziehn, den Ueberreſt, 11, Mit dieſem verfährt man hierauf, Bevſpiele, nach der zwoten Regel, vorigen dein wie in und theilt den Reſt, 11, durch die Größe der jüdiſchen

zu bekommen.

Die dadurch herausgebrachte Zahl, Tagesſtunde 81, iſt die geſuchte jüdiſche Stundenzeit. Eine etwas verſchiedne Betrachtung wird zur Verwandlung der europäiſchen Nachtſtunden in jüdiſche erfordert. Denn

eines Theils ſind die europäiſchen Stunden, vom Una tergange der Sonne bis zur Mitternacht, von einer um die Hälfte des natürlichen Tages großern Anzahl, als die jüdiſchen, weil dicíe erſt bom lIntergange der

Sonne, und jene.Tchon vom Mittage an , gezählt

werden ; und hingegen von Mitternacht bis zum Auf. gange der Sonne fehlen an den europäiſchen, in Ver gleichung mit den jüdiſchen, aus der Urſache, weil die

europäiſchen von der Mitternacht an wieder mit i aile gefangen werden , ſo viele Stunden, als vom Unter gange der Sonne bis zur Mitternacht verfloffen ſind : andern Theils gehören, aus eben dieſer zulegt anges

führten Urſache, in ſo fern auch zugleich ein neuer búrs gerlicher Tag nad, europäiſchen Stunden von der Mitternacht, und nach júdiſchen erſt von dem folgen .

den Aufgange der Sonne, angefangen wird, die eur ropäiſchen Stunden nach Mitternacht zu dem vorger:

gehenden bürgerlichen Tage in jüdiſchen Stunden. Die verſchiedne Anzahl, um welche die europäiſchen Nachtſtunden vom Untergange der Sonne bis zur

Mitternacht mehr, und von Mitternacht bis zum Aufo gange der Sonne; weniger, als die jüdiſchen Nacht. ſtunden , betragen , macht es nothwendig , von den erſten europåifchen Nachtſtunden die Hälfte des 11a.

cürlichen Tages abzuziehn , und zu den legtern die Hålfte der Nacht hinzuzuſegen, damit beyde mit den jüdiſchen Madytſtunden in Uebereinſtimmung gebradit werden . Es iſt aber einerlen, ob zu den europäiſchen Stun.

mathematiſche Zeitrechnung. 261 Stunden nach Mitternacht die halbe Nachtlange Hino zugethan, oder ob zu denfelben 12, als die vom Miti

tage bis zur Mitternacht verflußnen Stunden, hinzu. geregt werden , und dann die Hälfte des natürlichen

Tages , welche die Zeit des Untergangs der Sonne beſtimmt, wieder abgezogen wird . Die lekte Art zu

verfahren hat die Bequemlichkeit, daß man alle euro påiſche Nachtſtunden durch einerlem Zeit, nämlich

durch die Zeit des Untergangs der Sonne, die mit der Hälfte des natürlichen Tages in curopåiſchen Stunden einerfen iſt, mit den jüdiſchen in Ueberein: ſtimmung bringt : wenn man nur die Stunden nach 1

Mitternacht, durch den Zufak der vorher verfloßnen 12 europäiſchen Stunden , dazu vorbereitet. Deswes gen verdient fie den Vorzug : gleichwie ich im Vors

hergetenden ber den Tagesliunden einer ähnlichen Art zu verfahren, aus einem ähnlichen Grunde, den Vorzug gegeben habe. Es wird demnach hier die erſte Kegel, daß man von den europäiſchen Nacht ſtunden bis zur Mitternacht, die Zeit des Untergangs der Sonne ohne weitere Vorbereitung abziehe, zu den übrigen aber nach der Mitternacht, vorher die 12 ver , floßnen Stunden, vom Mittage bis gur Mitternacht, hinzufeße, und dann erſt eben die Zeit des l!ntergangs der Sonne davon wegnehme. Nach der Anwendung

dieſer Regel hat man europäiſche Nachtſtunden, die eine gleiche Zeit mit den jüdiſchen begreiffen. Es iſt daher, um ſie in jüdiſche zu verwandeln, nichts mehr übrig, als zu finden, wie vielmal eine jüdiſche Nacht. ſtunde in dieſer durd , die erſte Regel beſtinimten Zeit enthalten ſey, und folglid) nur dieſelbe durch die Größe einer jüdiſchen Nachtſtunde zu theilen, oder zu divi, diren : die dadurch herausgebrachte Zahl , oder der

Quorient, giebt die geſudste jüdiſche Nachtſlunde ; nur mit dem Unterſchiede, der aus der verſchiednen

Art, den bürgerlichen Tag anzufangen , fließt, daß, R 3

wenn

Die erſte Abtheilung,

262

wem die gegebne europäiſche Stunde zu der Zeit Mitternacht gehört, fie eine Nachtſtunde eben deſſelben

bürgerlichen Tages, hingegen wenn jene die Zeit nach Mitternacht trifft, eine Nachtſtunde des vorhergehen

den bürgerlichen Tages in jüdiſchen Stunden iſt. Demnach liegt vierinn die zwote und lebte Regel. Durdy Benſpiele eine Erläuterung zu geben , wollen wir, svie vorher, die Tageslänge von 16 , und alſo die Nachtlånge von 8 Stunden , annehmen , und unter Dieſer Bedingung Feßen , daß die rote europäiſche Nachtfiunde in eine jüdiſche verwandelt werden ſolle. Da die gegebne Stunde vor Mitternacht fållt: fo zieht man bloß die Zeit des Untergangs der Sonne,

welche um 8 itach europäiſden Stunden einfällt, da . von ab. Der Reſt, 2 , wird durch den zwölften Theil von der Nachtlange, oder von 8 Stunden, der siſt,

als die Größe einer jüdiſchen Nachtſtunde zu der an gelomninen Zeit, getheilt : fo iſt die gefundne Zaht,

oder der Quotient, 3, dieverlangte jüdiſche Nadita fiunde eben deſelben bürgerlichen Tages. Wird aber die zte europäiſche Nachtſtunde zu eben der Zeit, wann die Tageslänge 16, und die Nachtlånge 8 euro . påiſche Stunden beträgt, zur Verwandlung in eine jüdiſche angenommen : fo feßt man erft zu der gegebe nen zten europäifchen Stunde noch 12 hinzu, und zieht dann von der Summe, 15, die Zeit des Untergangs

der Sonne, 8, ab. Hiernächſt theilt man den Lieber reft, 7 , durch , als die Größe der jüdiſden Nachta

ftunde : die dadurch gefundne Zahl , 101 , zeigt die gefuchte jüdiſche Nachtſtunde des vorhergehenden búra gerlichen Tagen nach jüdiſchen Stunden .

Die Verwandlung der jüdiſchen Stunden in aſtronomiſche, oder babyloniſche, oder italiàs

niſdie,und umgekehrt, die Verwandlung der aſtros nomiſchen , oder babyloniſden , oder italianis

fchen in jüdiſche, kann durch Hülfe der Verwand lung

mathematiſche Zeitrechnung. 263 hung in europäifdhe, welche nuumehr ſchon für affe Fälle bekannt iſt, geſchehn, und bedarf daher keiner beſondery Regeln.

Sollen jüdiſche Stunden in eine

oder die andre von den eben genannten Arten verwan : delt werden : fo macht man die jüdiſchen vorher zu

europäiſchen, und dieſe dann zu aſtronomiſchen, oder babyloniſchen , oder italiäniſchen , wie es aufgegeben wird. If eine oder die andre von diefen Arten in jüdiſche zu verwandeln : ro verwandelt man ſie erſt in

europäiſche, und dann die europåiſchen in jüdiſche. Die Eintheilung der Stunden geſchieht, wie

fdron oben erinnert iſt, am gewöhnlichſten durch Mia nuten , wovon eine der bote gleiche Theil einer

Stunde ift: die Einteilung der Minuten durch Ses kunden , wovon eine den horen gleichen Theil einer: Minute ausmacht. So geht man mit der Eintheia tung durch 60 immer fort, ſo lange es nochig iſt, und benennt die neuen Theile nac ) der Zahl, welche ane zeigt, wie vielmal man die Eintheilung der Stunden vorgenommen þabe.

Es iſt aiſo hierbey teine Vera

wandlung nöchig. Aber die Juden, Araber und ang

dre morgentándiſche Volfer gebrauchen die Eintheilung

durch chaldaiſche Skrupel, welche von den Juden auch sbelakim genannt werden , und wovon 1080 auf eineStunde gehn. Man muß daher wiſſen, wie man dieſe Skrupel in Minuten, und Minuten in folche Skrupel verwandeln fónne. Nun itt leicht auszu: machen , wenn auf eine Stunden die gewöhnlicher

Weife in 60 Minuten getheilt wird, !C80 chalcdiſche Skrupet gehn, wie viele ſolcher Skrupel auf 1 Minute

zu rechnen ſind; denn fo vielmat 60, o's die Anzaht der Minuten für eine Stunde, in 1080, als der An zahl der chaldaiſchen Skrupel für eine gleiche Stunde,

ſteckt, ſo viele chalgaiſche Sfrupel müſſen zu 1 Minute gehören. Demnady darf nan 1080 nur durd) 69

theiten, oder dividiren : die dadurdyherausgebrachte R. 4

Zahl,

264

Die erſte Abtheilung ,

Zahl , oder der Quotient , 18 , zeigt , daß 18 c .. dáiſche Strupel auf 1 Minute gehn. Sollen dann chaldåiſche Skrupel in Minuten verwandelt werden : fo iſt offenbar, daß, ſo oft 18, als die Anzahl ſolcher Skrupel, die auf eine Minute gehn, in einer gegeb: nen Unzahl eben ſolcher Skrupel enthalten iſt, ſo viele Minuten in der gegebnen Unzahl der Skrupel ſtecken

müſſen ; und daß daher dieſe gegebnie Anzahl bloß durch 18 zu theilen iſt, chaldaiſche Strupel in Minu,

ten zu verwandeln. Wiederum iſt eben ſo offenbar, daß, wenn umgekehrt Minuten in chaldåiſche Skrua pel verwandelt werden ſollen, eine jede Minute 18mal

genommen werden muß, um die ganze gegebne Anzahl 1

von Mimiten zu chaldaiſchen Strupeln zu machen. Folglich iſt dazu nichts weiter nöthig , als die Zahl

1

der Minuten durch 18 zu vermehren, oder zu multis pliciren : die dadurch herausgebrachte Zahl, oder das

Product, zeigt die geſuchte Anzahl von chaldåiſchen Skrupeln. Allein ben Verwandlung dieſer Skrupel in Minuten iſt noch zu bemerken , daß , wenn nach

Theilung der Skrupel durch 18 etwas übrig bleibt, welches nothwendig ſoviel Achtzehntheile, als der Reſt betrågt, oder einen Bruch , deſſen Zahler der Reſt, und deſſen Nenner 18 iſt, geben muß, dieſer Bruch

in Sekunden, nach einer bekannten Rechnungsart, durch die Regel de Tri, zu verwandeln iſt: weil die Minuten nicht in Udhrzehntheile, ſondern in Sedizige theile oder Sekunden weiter eingetheilt werden. Und eben ſo muß man, aus gleichem Grunde, wenn auch bey den Sekunden wieder ein Bruch über.

ſchießen ſollte , denſelben in Sechzigtheile von einer Sekunde , oder in Terzicn .c. dermoandeln . $. 5.

So deutlich, als die Menſchen durch die Abwech

ſelung des Lichtes und der Finſterniß, zur Eintheilung der

1

mathematiſche Zeitrechnung. 265 der Zeit in Tage gleich anfangs geleitet wurden, war ihnen durch die Natur kein Anlaß gegeben , eine gewiſſe Anzahl von Eagen zuſammenzunehmen, und eine größre Anzahl derſelben dadurch einzutheilen. Hårte ſie mit der Zeit die Bequemlichkeit es gelebre : ſo wäre es entweder in Betrachtung der Natur gleicha gültig und willkürlich geweſen ; oder ſie hätten die Un.

zahl der Tage nach beſtändig wiederkehrenden Erſcheio nungen , oder nach dem Umlaufe eines gewiſſen Gea ftirnes , beſtimmen müſſen ; wozu langwierigere und ſchwerere Beobachtungen nöthig geweſen ſeynwürden . Uber, was hierinn die Natur nicht fo leicht und flar

lehrte, das hat ihnen Gott felbſt gezeigt: da er den ſiebenden Tag . zu einem feyerlichen Andenken der

Schöpfung, für heilig erklärte a), und ſie hiermit zur Unterſcheidung des beſtåndigen Fortlaufs der Tage, durch die Eintheilung in wiederkehrende Zeitbegriffe von ſieben Tagen führte, die man Woden nennt.

Hat man denn wohl den geringſten Schein eines Grundes, zu zweifeln, daß nach der Eintheilung der Zeit in Tage, die Unterſcheidung durch Wochen, die von Gott ſelbſt ſchon am ſiebenden Tage, unmittelbar

nach den fechs Tagen der Schöpfung, beſtimmt wurde, die älteſte, und anfangs allen Volfern gemein geweſen feyn muß : da ſie alle urſprünglich von einem Gea

ſchlechte, ſo wohl nach der Sundfluch wiederum, als vor derſelben, bergekommen ſind, und außer der Bea quemlichkeit zur Berechnung der Zeiten , die fortge. pflanzte Anordnung Gottes ihnen dazu einen Hinlänge lichen Bewegungsgrund geben mußte ? Noch über fünf hundert Jahre nach der Sündfluth geſchieht der Wochen, als einer vollkommen bekannten Sache, in der heiligen Schrift Erwähnung b) ; und die öftere R 5 a) 1 . Mor. II. 2. 3. b) 1 3. mor. XXIX, 27.

Mele

266

Die erſte Abtheilung,

Meldungberſelben in den fpåtern Büchern ber Offerta barung, fekt es außer Streite, daß ſie ben den Judert

beſtåndig im Gebrauche geblieben find. Unter den übrigen Volfern find einige, ben denen dieſe Eintheir lung, durch die vielen Wechſel der Staaten, auf eine Zeitlang vergeſſen gewefen zu rern ſcheint: weil Dio

Taßius c) meldet, daß ſie den alten Grieden unber fannt gewefen iſt, und daß die aften Rómer cinen Zeitbegriff von acht Tagen angenommen gehabt ( aben .

Jedod, lehren die eignen Geſchichtbücher dieſer Voifer, daß ſie nachher ihre Tage ebenfalls burch Wochent unterſchieden haben. Eine andre Stelle eben deſſelben Dions d) beweiſet auch den fonſt von altersher gea wöhnlichen Gebrauch der Wochen : ob er ſich gleich, wie aus den bisher angeführten Gründen und der fpátern Erdichtung der Sterndeuteren erhedt, darinn érrt, daß er ihren Urſprung von den Fieben Frrſternert

herleitet ; und ebenfalls nicht weiter Hecht hat, ihren Gebrauch von den Hegyptern Herzuhohlen, als in ro fern einige Völkerſchaften in ſpåtern Zeiten iận von denſelben bekommen haben mögen. Was aber Bes verege oder Beveridge e) von den heutigen Heiden unter den Perſern, und wafer f) von einigen Eina wohnern Indiens erzählt, daß ſie nichts von Boden wiſſen , iſt nur eine Ausnahme ber einem nidit rebu

beträchtlichen Theile von Menſchen, und ein Beweis der eingersänen Unwiſſenheit: gleidwie man von der brengehntägigen Eintheilung der Merifanee riicht an . ders zu urtheilen Leſache hat. Inzwiſchen iſt ben dent

allen nicht zu leugnen, daß bey dem größten Theile der europäiſchen Völker die alten und inVergeſſenheit gerath c) Hift. Roman . Lib . 37. p. 37. edit. Hanov. 1606 d ) Un angef. Drte. e) Inſtitut. chronol, Lib. I. C. 6. p. 23.

f) Deſcription of the Iſthaus of America, p. 143.

mathematiſche Zeitrechnung. 267 gerathnen Wochen , erſt nach der Ausbreitung des chriſtlichen Glaubens wieder eingeführt find g). Nachdem alsbald bey dem Anfange der Welt die Wochen unterſchieden wurden, mußte man nothwena diger Weiſe die Tage derſelben zählen, um dies Zeit maaß genau zu beobachten. Hierzu war keine andre Benennung der einzelnen Tage, als die allernatürlichſte 1

nach den Zahlen vom erſten bis zum ſiebenden, nöthig : wie ſie in der heiligen Schrift h) ſelbſt angewieſen iſt.

Da nun die Geſchichte beweiſt, daß alle übrige Namen der Wochentage von ſpåterer Erfindung find: fo darf man billig ſchließen, das in den älteſten Zeiten dieſe

Tage bloß durch die Ordnungszahlen, als der erſte, Der zweyte ac, in der Woche, bezeichnet geweſen feyn mögen ; gleichwie man zu eben denen Zeiten in der Schrift die Monate nicht anders , als eben for unterſchieden findet. Mit der Zeit, da die Menſchen von der rühmlia

chen Einfalt, nur richtig zu denken und zu handel , wozu ſie erſchaffen und zuerſt angewieſen waren, abe wichen und eiteln Künſten nachhingen , gab die thó. richte Meinung von dem Einfluſſe der Geſtirne Anlaß,

nach den Grundfågen der Sternſeher oder Sterndela ter, welche die Regierung über alle Stunden der gan . zen Woche unter die ſieben Frrfterne vertheilten , die

Wochentage mit dem Namen diefer Sterne zu belea gen, und einen jeden Tag nach dem Planeten, der über die erſte Stunde deſſelben die Herrfchaft haben

follte, zu benennen . Man naḥm dabey die Ordnung der Planeten , worunter man auch die Sonne rechnete, fo an, daß man auf den Saturn, als den erſten und

entferneteſten, den Jupiter, den Tijars, die Sonne, die Venus , den Merkur folgen, und denMond beſchließen g) Scaliger de emendat. temp. Lib. I. p. 9, b) B.mof. I. 5, 8, 13, 19 , 23,31. II. 2, 3.

268

Die erſte Abtheilung,

beſchließen ließ. Nach dieſer Ordnung gab man dann dem Saturn die Regierung über die erſte Stunde

des erſten Tages, dem Jupiter die Regierung über die zwote u. f: F. daß die Regierung über die ſiebende Stunde dem Monde zufiet: worauf man wieder pon vorne anfing, und die achte Stunde wieder dem

Saturn, die folgenden nach eben der vorigen Ord. nung den folgenden Irrſternen zueignete. So ging man durch alle 24 Stunden des Tages fort. Da nun, nachdem man auf ſolche Weiſe allen ſieben Planeten dreymal ilyre Regierung angewieſen hatte, nur erſt über 21 Stunden ihre Herrſchaft beſtimmt war, und

man für die noch übrigen 3 Stunden eben deſſelben Tages zum vierten male von vorne anfangen mußte,

wodurch dem Sacurn auch über die 22te, dem Jus piter über die 23te, und dem Mars über die 24te und legte Stunde des erſten Tages die Regierung jua

fiel: ſo kam die Reihe an die Sonne, Daß ſie über die erſie Stunde des zweiten Tages die Herrſchaft

führen mußte. Man ging hiernàchſt auf die vorige Urt alle ſieben Planeten, von der Sonne an , wieder ſo oft durd ), bis die vier und zwanzig Stunden des zweyten Tages gleichfalls vertheitt waren, und fand, daß die Regierung über die erſte Stunde des dricten Tages dem Monde zufam.

Durch eben dieſelbe

Vertheilung ward ferner die erſte Stunde des vierten Tages dem Mars , die erſte Stunde des fünften

Tages dem Merkur, die erſte Stunde des ſechſten Lages dem Jupiter, und endlich die erſte Stunde des fiebenden Tages der Venus angewieſen . Weil dann, nach einer gleichen Ure zu verfahren, die erſte Stunde des auf den Fiebenden folgenden Tages wieder dem Saturn zufict, von welchem man angefangen

hatte; fo traf es zu , das ſich nur für die ſieben Tage der Woche, und weder für mehrere noch wenigere,

die Namen hiedurch beſtimmen ließen. Man benannte alſo

mathematiſche Zeitrechnung. 269 alſo die Wochentage, vom erſten bis zum fiebenden, nach den Planeten, in eben der Ordnung, wie einer nach dem andern die Regierung über die erſte Stunde des Tages zugerheilt bekommen hatte. Um dabey die

angenommne Folge der Planeten auf einander nicht zu vergeſſen, hat man in ſpåtern Zeiten aus den An. fangsbuchſtaben der ſechs erſten , des Saturns, des Jupiters , des Mars , der Sonne , der Venus und des Werkurs die zwey Wórter SJ und SUM gemacht, und ſie, nebſt ausdrücklicher Be. nennung des Eljondes, als des fiebenden und legten, in einen Vers i) eingeſchloſſen , den man im Deutſchen auf folgende Art ausdrücken kann :

Nach SJM wird Sum gefekt:

‫رو‬

Dann folgt der Mond zulegt.

Aller Wahrſcheinlichkeit nach iſt dieß der rechte Grund von der gewöhnlichen Benennung der Wochentage nach den Planeten : indem natürlicher Weiſe, ſo bald als mit der Sterndeuterey die Meinung von dem 1

Einfluſſe der Sterne aufgekommen war, die Herr ſchaft der Planeten über eine jede Stunde des Tages, die bey dieſer Benennung allein vorausgefekt wird,

folgen mußte. Ob ſie aber nicht vielmehr von den Chaldåern oder Babylonicrn , als von den Ales gyptern , denen ſie Dio Caßius zuſchreibt k) , her: rühre, das iſt eine ſtreitige Frage. Dio Caßius hat zwar das Zeugniß des Diodorsvon Sicilien I),

der die Erfindung der Sternkunde ſo wohl als der Sternbeuteren, den Wegnptern beylegt, für ſich : aber dagegen auch das Zeugniß des Berodots m ) wider fich. : i) Poft SIM SVM fequitur , pallida Luna ſubeſt. k) 2 angef. Drte Lib. 37. p. 37. 19. 1) Biblioth. bift. Lib. I. p. 46.

m ) Lib. II. p. 129. edit. Francof. 1608,

1

270

Die erſte Abtheilung,

fid . Da nun , nachdem Conring n ) die gemeine Meinung von dem Urſprunge aller Wiſſenſchaften in Hegypten angegriffen und Nachfolger bekommen hat, nody niemand mit tưichtigen Gründen zu beweifen im Stande gewefen iſt, daß unter andern auch die Sternz

Deuteren nicht eher bey den Chaldaern und Babylo. miern, als bey den Wegyptern, bekannt geweſen ſeyn

folte ; und aus den eingebildeten Grundfågen der Sternſeher die Benennung der Wochentage nach den Srrſternen ſo leicht fließt: ſo iſt es glaublicher, daß

die Chaldaer, die in vielen Stücken felbſt der Baby. lonier lehrmeiſter geweſen ſind , dieſe ſchlechte Eşre haben. Man findet inzwiſchen von dem Grunde eben ders felben Benennung, in der beſtimmten Folge der fieber

Tage auf einander, noch andre Erklärungen. Dio Caßius o) ſelber giebt noch eine an , die auf der

himmliſchen Harmonie, und beſonders der Harmonie Diateßaron , in dem Verhältniſſe von 4 : 3, beruhet. Nach dieſer fångt man, mit Beobachtung der oben angenommnen Ordnung und Folge der Planeten, vom Saturn an, und benennt von demſelben den erſten Tag : alsdann geht man vom Saturn zu dem vierten Planeten , welcher die Sonne iſt, und den zweyten Tag bezeichnet, von der Sonne wieder zu dem vierten

Planeten , welcher der Mond iſt und dem dritten Tage den Namen giebt, und ſo beſtandig weiter zu bem vierten Planeten bis zur Beſtimmung des Nam

mens für den ſiebenden und legten Tag fort; weil in dieſem Fortgange mit vieren , nach der verſchiednen 1

Betrachtung derſelben, daß der erſte Planet einmal mit

n ) De hermetica, Aegyptiorum veterum et paracellica recentioruin , und dein Apologetico dieſer Schrift in feta nen angef. Opp.

0 ) L. cit. Lib. 37. p. 37 ſq.

mathematiſche Zeitrechnung.

271

mit eingeſchloſſen und Vernach ausgeſchloſſen wird, das Verhåltniß von 4 : 3 liegt. 3. B. die vier Plas neten Saturn , Jupiter, Mars und die Sonne, von welcher der zweyte Tag benannt wird, verhalten fich nach ihrer Zakl, wenn der erſte, der Saturn, mit eingeſchloſſen wird, ju der Zahl von den dreven, dem

Jupiter, Mars und der Sonne, wenn der erſte, der Saturn , nicht mitgerechnet wird , wie 4 : 3. So bleibt für die Benennung eines jeden Tages bes Håndig einerley Regel. Deswegen ziehe ich dieſen Berſtand des vom Dio Caßius angegcbnen Erflå

rungsgrundes demjenigen vor, den Herr Wolf P). angenommen hat. Denn, wenn er ſagt, man gehe vom Saturn bis zur Sonne, und von der Sonne zum Monde fort; weil voin Saturn bis zur Sonne

dren, von der Sonne bis zum Monde vier Planeten ſind : ro triffc das nicht anders zu , als wenn man

bloß wilkürlich bey einem Tage den erſten Planeten ausſchließt, und bey dem andern mit rechnet , und

folglich nid)t bey einem jeden Tage nach einerley Regel verfàbrt. Dennoch iſt auch in dem Verſtande, den id) gewählt habe, dieſe Erklärung nid )t für die rechte

zu halten : indem nicht nur die Einbildung von der

kimmliſchenHarmonie, und das Verhältniß von 4: 3 in der Muſit, ſpäter als die Sterndeuterey aufgen

kommen ſind ; ſondern auch daben zu viel willkürliches Des lektern Fehlers wegen kann ich eben fo wenig die dritte Erklärung,

angenommen werden muß.

welche Scaliger q ) für die rechte ausgiebt, nicht für die wahre erkennen. Man mag fie ben ihm ſelbſt leſen. Die Sterndeuterey hat in der verberbten Nei.

gung der Menſchen zum Aberglauben foviele Nahrung gefunu p) Element. Chronol, C. II. 9. 46 . Q) L. cit, p . 8.

272

Die erſte Abtheilung,

gefunden, daß ſie ſich nicht nur faſt überall ausgebreia tet, ſondern aud ), von den alten Zeiten an bis auf die

peuern, ja bevy manchen noch bis auf dieſen Tag, iğre Herrſchaft erhalten hat. Aus dieſer Urſache, und hiernáchſt wegen der mannigfaltigen Gemeinſchaft der Voffer und Reiche unter einander, iſt es tein Wun

der, daß die Benennung der Wochentage nach den Friſternen ſo gemein geworden, und noch bisher ſo

gewöhnlich gebliebeniſt. Noch ißt nennt man daber den erſten Tag der Woche Sonntag, den zweyten Mondtag , den dritten Marstag u. f. F. wie ein jeder weiß. Die außer dieſen bey den perfern und

Túrken gewöhnlichen Namen derſelben findet man bery dem Scaliger r ). In Anſehung der Juden aber iſt aus den Búdyern des neuen Bundes ſo wohl, als aus

den Namen des größten Theils der Planeten in ihrer Sprache, welche Wörter find, die folche Bedeutung erſt in ſpåtern Zeiten bekommen haben s) , ein Be. weis zu nehmen , daß ſie vor Chriſti Geburt ihre Wochentage bloß nach den Ordnungszahlen benannt

haben. Denn die Evangeliſten nennen den Sonntag den erſten der Sabbate, das iſt, der Wochen t), mit einem offenbar júdiſden Namen : indem die Jur den von altereber die Wochen Sabbate u) nannten ;

weil ſo viele Wodien waren , als Sabbate. Und hieraus kann man mit Rechte ſchließen, daß ſie eben diere Gewohnheit bis zur Zerſtörung ihres gemeinen Weſens, die nid)t ſo gar lange darnach erfolgte, ben

behalten haben werden . Sie find ſo gar auch nady

dieſer Zeit daben geblieben, und gaben die Namen von

r ) Eben bafelbfi. s) man kann fie in Toh. Buxtorfii Lexic. chald. talmud.

et rabbin, unter dem Worte ao

lefen.

t) Matth. XXVIII, 1. Wark, XVI.2. Luk. XXIV, I. Job. XX , s.

(1) 33.mor. XXV. 8.

1

1 1

mathematiſche Zeitrechnung. 273 von den Planeten nicht anders, als in der bürgerlichen

Gemeinſchaft mit denen Völkern , unter denen dieſe Namen gebräuchlich geweſen ſind , gebraucht: Wie aus ihren ſpåtern Büchern x) und ihren rabbiniſchen Kalendern erhellt. Wie nun die erſten Chriſten aus den Juden geſammlet waren : fo blieb die jüdiſche Art, die Wochentage zu benennen, eine Zeitlang unter den Clyriſten, wenigſtens einem Theile derfelben, gea

wóhulich. Daher ſcheint es gekommen zu ſeyn, daß die Chriſten unter den Perſern , Syrern , Aras bern und Wechiopern , noch alle Tage der Wochen Sabbate nemen , und ſie bloß durch die Ordnungsa

zaplen unterſcheiden.

Allein , da nach dieſem das

Kirchenjahr mit dem Oſterfeſte angefangen ward, und alle Tage der Oſterwoche Ferien genannt wurden : po iſt dieſer Name in der Kirchenſprache hernach den Dagen aller Wochen überhaupt gegeben , und ihr Una terſchied wiederum nur durch die Ordnungszahlen bee zeichnet worden y).

Viele andre und größtentūcils bekannte Namen

der Tage, wovon Scaliger z) redet , beziehn fich nicht auf die Wochen : ſondern auf die Monate, oder Jahre, oder beſondre Dinge, Umſtände und Bege benheiten. Ich habe alſo nidyes davon zu ſagen, und

will nur nochbenfügen, daßes unter den Zeitkundigen långſt gewöhnlich geweſen iſt, die Wochentage auf die einfachſte Art mit den ſieben erſten Buchſtaben des

abendländiſchen UBC ju bemerken : welche in ihrer Drdnung zu behalten, es gewiß nicht des Verſes bee darf, den unter andern Petav a ) dazu anführt.

9. 6 . 1) Miſchn. Taanith , oder vom Faften, C. 4.8.3. y) Man febe den Scaliger de cmend . temp. Lib. I. p. 8. 2) An dem eben angef. Drte, p. 6 ; 7. 畫

a) De doétr. temp. L.VII.C.3. p.613. Der Vers iſt dieſer : Gaudet Francus Equo , Dorus Cane, Baltaſar Agno.

1. Tbeil.

274

Die erſte Abtheilung, 5. 6 .

Gleichwie die Abwecyfelung des Lichtes und der

Finſterniß , mit dem Aufgange und Untergange der Sonne , die erſten Menſdyen alsbald fo weit führen mußte , Tag und Nacht fo wool, ats den Zeitbegriff

son Tage und Nacht zuſammengenommen , zu unter: de

Fheider : fo mußte ſie auch die abwecyfeln Exteudha tung der Nacht durch das Mondenitást, naterlicher

Weiſe aufmerkſam machen ; wenu fie anch nidyt von

Gott unterrichtet geweſen wären , bie Berdegungen des Mondes ebenfalls zur Unterſcheidung der Zeit zu gebrarchen .

Um leichteſter war daben der wiedera

kehrende Zeitlaufnvom erſten bis zum tegten und dann

wiederkommende erſter Lichte des Mondes zu bemer

fen : weil'et oon ſelbſt in die Zugen Fiel. " Nacy eini ger' genauern Betrochtung fonnte es ferrter nicht feh. bent, daß man auch die Wiedertehr des Mondes von ciner Stelle des Himmels zu eben derfelben wahra nahm . Endlich mußte nicht weniger går való beoba adſtet iderden , daß der Mönd ben feinem abwechſeln den end ordentlich wiederkehrenden Lidyte einen gewiſ Fen Stand gegen die Sonne hatte , und von einec

Zuſammenkunft deſſelben mit der Sonne allemat eine gleiche Zeit verfloß : um fo viel mehr, da die erſtent

Menſchen ausdrůdlich von Gott belehrt waren , daß Der Mond , fo wohl als die Sonne , Seichen , odec Zeitmerkmcale, die Folgen der Begebenheiten feftzun Teken , Zeiten , oder die Wiederkehr der feierlichert Verſammlungstage, welche im Anfange eingefekt

werden , Tage und Jahve beſtimmen ſollte b ). Einen jeder von dieſen Zeicbegriffen Run konnte man nicht anders als einen Monat nerinen : und in der

aligeireineſten Bedeutung heißt diefer demnach ein wiederkehrender Zeitbegriff von einerley auf einander

folgendex Erſcheinungen des Mondes . Da ſich aber nach b) 13 : 27of. I. 14)

i 1

1

1

mathematiſche Zeitrechnung. 275 ;

nach dem , was eben geſagt ift, bren verſchiedne Folk gen fulder Erſcheinungen in ifrem Umlaufe bemerker

1

ließen : ſo hat man in den folgenden Zeiten eine jede mit einem beſondern Namen belegt, und die Zeit von dem erſten lichte des Mondes oder der erſten Sichts

erſcheinung (Phaſis) nach dem Neumonde, oder feia ner Zuſammenfunft mit der Sonne, bis zu feiner

erſten Lichtserſcheinung, nach dem nächfifolgenden Neumonde, den Erleuchtungsmonat; die Zeit, worinn der Mond von einem Puncte des Thierkreiſes zu eben demſelben wieder zurückkommt, den periodis

fchen oder Umlaufsmonat; und die Zeit von einer Zuſammenkunft des Mondes mit der Sonne bis zu der nächſtfolgenden , oder , welches einerlen iſt, vor

einem Neumonde bis zur nächſten Wiederkehr deſſele

ben , den fynodiſchen , oder Zuſammenkunftsx

moner genannt. Der Erleuchtungsmonat iſt zur Berechnung der Zeit nidyt bequem : denn er ift

nicht beſtändig von einerien Größe; weil der Mond nach dem Neumonde bald eher, bald ſpåter, leuchtend erfcheint. D6 alfo dieſer Zeitbegriff gleich am erſten und leichteſten in die Augen fiel: fo findet man doch

keine Spur, daß er in den älteſten Zeiten zu einein

gewöhnlichen Zeitmaaße angenommen geweſen wäre. Nur fpåt haben die Araber und Türken iſn zu ge brauchen angefangen. Der Umlaufsmonat hat die unbequeme Ungleichheit nicht: indem er mad der

Reueſten Beobachtungen allemal eine Zeit von 27Tat gen , 7 Stunden , 43 Minuten und 8 Sekunden begreift. Allein, da die erſten Menſchen , nach der kurz vorher angeführten Stelle, 1B.mof.I.14, eine ausdrückliche Anweiſung von Gott bekommen hatten, bende Sonne und Mond zur Eintheilung der Zeit in

Betrachtung zu ziehen ; und ohne das die verſchiedner

Lichtserſcheinungen des Mondes, als dasjenige, was fich am leichteſten bemerkentåßt, por bem Stande deffel

276

Die erſte Abtheilung,

derſelben gegen die Sonne abhangen : Po hat man Grund zu ſchließen , daß ſie entweder den Zuſams

menkunfrsmonat , den man auch noch vorzugsweiſe ben Jonat nennt, oder einen ihm åhnliden Monat, bon der einen Entgegenſeßung des Mondes gegen die

Sonne bis zur nächſtfolgenden, welcher der Entges

genſetzungomonat þeißen könnte, angenommen haben ; nach dem ben dem Unfange der Welt entwer der dieſer oder jener Stand des Mondes gegen die Sonne feſtgelegt wird. Ein ſolcher Monat beſteht

nach den neueſten Beobadytungen aus 29 Tag. 12 Stund. 44 Min . 3 Sek, und in Terz. Er iſt daher , weil er úber zweene Tage langer iſt, als der

Umlaufsmonat, auch bequemer, den Kauf des Mondes dem Laufe der Sonne näher zu bringen , und die Eintheilung der Zeit nach beyden zu verbinden : 1

1

wie nach dem Untèrrichte der Hcil. Schrift geſchehen

Volte , und in den Geſchichtbüchern derſelben wirklich geſchehen iſt; wovon ich in der hiſtoriſchen Zeitrech nung mehrere Beweiſe anführen werde.

Alle dieſe bisher erklärten Monate beruhen auf bem Laufe des Mondes, und unterſcheiden ſich bloß burch verſchieöne Beſtimmungen , unter welchen man dieſen Lauf betrachter. Deswegen nennt man ſie Wondenſonate zu deſto deutlicherer Unterſchei. bung : ob gleich in den meiſten Sprachen ihr Name

fie von ſelbſt an den Jauf des Mondes bindet, uno daher, idenn man ſie nach dem Laufe der Sonne bo

ſtimmt wiſſen wollte, nichts mehr norhig geweſen war ré, als nur in dieſem Falle die Unterſdeidung auszus Drucfent. Es war zur genauern Beſtimmung der Zeit Höthit wichtig, und darum von Gott ſelbſt angemie:

fen, neben dem Laufe des Mondes auch zugleich den {auf der Sonne in Betrachtung zu ziehen. Da nun die fcheinbare Bewegung der Sonne von eincin Pun

tte ihres Zaufkreiſes bis zu eben demſelben mit zwölf Dron .

mathematiſche Zeitrechnung.

277 1

Mondenmonaten, worunter man allemal, wenn man fie ſchlechtweg nennt , Zuſammenkunftsmonate, oder dieſen gleiche Monate verſteht, näher übereinkomme, als mit mehrern oder wenigern folcher Monate : fo war es natürlich und vernünftig, zupölf gleiche Zeit

theile von dem Laufe der Sonne mit zwölf Monden. monaten zu vergleichen, und in dieſer Beziehung den zwolften Theil der Zeit , in welcher die Sonne ihren Lauf freis vollendet, einen Sonnenmonat zu nena nen . Ein folcher Theil ward in den folgenden Zeiten , nachdem man auß einigen zuſammengenommnen Sternen, denen der Lauffreis der Sonnte, wie man

fich ihn in der unbeweglichen Fläche der Weltkugel, Dorſtelle, nahe iſt, Sternbilder geinadyt hatte , ein Zeichen genannt, und mit dem Namen desjenigen Sternbildes, dem er damals nahe war, belegt. Ulfo Heißt nun ein Sonnenmonge die Zeit, in welcher die Sonne ein Zeichen ihres Lauf freiſes , oder der

Ekliptik durchläuft. Weil aber die wahre Bewer gung der Sonne nicht durch ein jedes Zeichen in gleia cher Zeit geſchieht; und doch die Gleichheit der Mo. nate ein Vortheil in der Berechnung iſt: ſo hat man billig die mittlere Bewegung zum Maaße angenom men , nach welcher man, weit nur zwolf Zeichen ſind, die Größe eines Sonnenmonates findet , wenn man die Zeit, in molcher die Sonne ihren (aufFreis vollen , det, durch 12 thoilet. Nach den neueſten Beobach , tungen beſtehtdann ein Sonnenmonat aus 30 Tag, 10 Stund. 29 min. und 5 Sek. Hebrigens erhelt

zugleich aus dieſer Vorſtellung, daß die Mondenmo. nate eher bekannt ſeyu mußten, als die Sonnenmo. nate : indem zur Erkenntniß der legtern eine tångere Zeit, die Zeitdes vollendeten Laufes der Sonne durch ihren Kreis, vorher feſtzuſeßen war, Werden die Monate nach der Natur , und ſo,

wie man ſie durch ſternfundige Beobachtungen findet, S 3

ange

278

Die erffe Abtheilung,

angenommen : fo find fie genau berjenige Zeitfauf, der durch die Bewegung des Mondes oder der Sonne

beſtimmt wird, und heißen aſtronomiſche oder nas türliche Monate. Im bürgerlichen Leben aber müſſen

vie Monate ſich allemal mit einem bårgerlichen Tage anfangen, und auch mit einem ſolchen Tage fchließen . Eg fönnen alſo natürliche Monate , ben denen dieß nach ihrer wahren und oben angegebnen Långe una

mnoglich ift, nicht im bürgerlichen Leben gebraudit were

deni. sedod, müßen dieſelben nothwendig allezeit zur Regel dieuen . Was für ein Mittel kann man daher

anders wählen , als daß man ſie ſo genau beobachte, als es jene Bedingung leidet ? Hieraus entſteht der

bürgerliche Monat : ein Zeitlauf von ganzen Tax gen , der mit einem natürlichen (Fondens oder Sons nenmonate ſo nahe, als möglich, übereinfónimt. Ein Mondenmonat begreift, außer den kleinern

Theilen der Zeit, nicht nur 29 Tage , fondern auch noch 12 Stunden . Dieſe zwölf Stunden machen in

zweenen Monaten einen ganzen Tag aus.

Sollen

alſo die bürgerlid ;en Monate nicht ohne Noth von dem Laufe des Mondes abweichen : ſo müsſen ſie noth.

wendig wechſelsweiſe aus 29. und 30 Tagen beſtehn . Jene pflegt men boble : dieſe volle Monate zu neuneu. Allein außer der eben gedachten Unzahl von

+

Tagen und Stunden hålt ein natürlicher Monat noch 44 Min. 3 Sek. und n Texz. die auf folche Weiſe bei den bürgerliden Monaten aus der Ucht gelaſſen werden . Dieſer Leberſchuß beträgt in 33 Monaten einenganzenTag und noch 13 Min.39 Sek. 33 Terz. oder nach Replers Berechnung, 13 ! Nin . 45 Sek. und 3 Terz. Darüber : nach Verlaufe von 948 Mo. naten einen ganzen Monat von 29 Eagen. Man

muß demnach, wenn die Uebereinkunſt des natürlichen und bürgerlichen Monates erhalten werden ſoll, ent.

weder dein drey und dreyfigften Monate einen Tag meer,

1

mathematiſche Zeitrechnug. 279 mehr, als er in ſeiner Ordnung haben ſollte, zulegent und iým eben ſo, wie dem zwey, und dreyfiſten Mom nate, 30 Tage geben: oder man muß nach Ablaufe von 948 bürgerlichen Monaten einen ganzen Monat

von 29. Tagen einſchieben. Die lektere Ure zu verfah. ren wurde die bürgerlichen Monateallzu lange in einer Abweichung von den natürlichen , zu. ganzen Tagert,

bis auf 29 derfelber, hatten : eine ganz unnöthige Una ordnung. Daher verdient die erſte Nxt, dea weggea, laßnen Ueberſchuß einzubringen, den Vorzug. Jedoch weil man dabey wiederum nach der kepleriſchen Berechnung 13 Mjin. 45 Sek. und 3 Terz. wegläßt, und dieſer Ueberſchuß in 3456 Monaten ſich auf einen

ganzen Tag beläuft: fo muß man auch alsdann dieſen Zag allemal hinzulegen. Wann man die Zeit von 363 Eag. 5 Siund. und 49. b . in pelcher die Sonne ihren Lauf freis

vollendet, unter: zwölf bürgerliche Mionate 34 ganzen Sagen verrheilt: fu findet man erftlich für jeden Moe

nat 30 Lage; zugleich, aber noch einen lieberſchuß vor 5 Tagen. Folglich muffen unter zwól bürgerlichen Sonneuronaten ſieben qus 30 und fünfe aus 3. Tas gen beftehn. Dann aber ſind vou der Zeit des Son nenlaufes noch 5. Stund, und49 Fljin . weggelagen, welche in 48 Monaten auf 23 Stynden und 16.Mia

puten , alſo bernabe auf einen ganzen Tag, anpada

fen . Deswegen muß man allezeit, rena zum viera tenmal zwölf Monate gezählt werden, fechfen davon 31 Tage geben , und was dadurch zu viel mit den zu

der Zeit noch nicht verftußnen 44 jinaren angenome

men ift, zu feirer Zeit, wenn ein gamer Tag daraus geworden iſt, wirder weglafjena

Das Hebeige, naas zur Zeitrechnung nach son den bürgerlichen Monaten zu wiſſen iſt, bezieht ſich genauer auf die Einrichtung des bürgerlichen Jahres.

Aus der Hrfache verfpare ich es bis zu den folgenden Sigacha

Die erſte Abtheilung,

280

Betrachtungen , und ſchreite ißt zu der Eintheilung der Zeit durch Jahre.

. 7 Eine Größe, die aus ſehr vielen Theilen beſteht, deutlich zu beſtimmen , muß man nicht allein zuerſt

kleinere Theile unterſcheiden und zum Maaße anneh. men , damit man die Unzahl ihrer Theile genau ben greife : ſondern man muß auch ſo, wie es die beſon.

dre Beſchaffenheit der Größe erfordert, das kleinere Maaß immer etliche male nehmen, und aus folcher

Zuſammenfaſſung beſtåndig ein großeres Maaß ma chen, um die Unzahl der Theile, wenn auf dieſe Art viele unter einen allgemeinern Begriff gebracht ſind,

deſto leichter zu überſehn und die Berechnung zu ver kürzen. So hat es die höchſte Weisheit ebenfalls die

erſten Menſchen in Unſehung der Zeit zu thun gelehrt : gleichwie ihnen die Natur durch die verſdziednen Bes

wegungen der Sonne und des Mondes dazu Anleitung geben konnte.

Nachdem Tage, Wochen und Mon.

benmonate unterſchieden waren , leuchtete keine wieder, kehrende Bewegung der Himmelskörper ſo ſehr in die Uugen, als diejenige, welche die Sonne in ihrem Lauf Freiſe beobachtet. Dieſe iſt ſchon an ſich durch die verſchiedne Höhe, zu welcher ſie eine Zeitlang ſteigt,

bis ſie auf gleiche Weiſe, wie ſie geſtiegen iſt, ſich immer weniger über den Geſichtsfreis erhebt, reßr merklich : außer dem aber entdeckt ſie ſich allen durch

die abwechſelnde Verſchiedenheit der Wärme und Kåls te, und durch die an dem Erdboden ſichtbaren Folgen

davon . Es hätte daber, auch ohne beſondre Anwei. fung, nicht gar zu lange Zeit verſtreichen können, ohne daß der wiederkehrende Lauf der Sonne durch ihren ganzen Kreis beobachtet und berechnet worden wåre : fonderlich da es keineswegs glaublich iſt, daß der erſte

Menſch, der den verſchiedner Thieren fügliche Namen 341

t

mathematiſche Zeitrechnung. 281 zu geben wußte, nicht ein Mittel gewußt, oder es nicht bald gefunden haben ſollte, die Sonnenwende zu era kennen. Die Zeit nun , in welcher die Sonne ihren ganzen Kreis durchläuft, ſo weit ſie aus ganzen Tagen

beſteht, iſt aller Wahrſcheinlichkeit nach das geweſen, was man ein Jahr genannt hat. Jedoch man muß. te, wie ich ſchon mehr, als einmal, erinnert habe, die Bewegung der Sonne und des Mondes miteinander

verbinden, die Zeit deſto ficherer in allen Fällen zu bes ſtimmen . Bey dieſer Bemihung fand man leicht, daß es nicht bequemer als durch eine gewiſſe Anzahl von Mondenmonaten geſchehen könnte.

Was war

hierauf natürlicher, als daß man einen Zeitlauf von zwölf Mondenmonaten, weil derfelbe mit cem zuerſt bekannt gewordnen Jahre am nächſten übereinkommt,

dazu auswählte ? Was natürlicher, ais daß man fers ner den Zeitbegriff von zwölf Mondenmonaten wegen der nahen Uebereinkunft ebenfalls ein Jahr nannte, folglich ein Sonnenjahr und ein Wondjabr un. terſchied, und endlich das Sonnenjahr in eben ſo viele

Sonnenmonate theilte, als das Mondjahr Mondena monate hatte ? So viel man aus der heiligen Schrift ſchließen kann, iſt man nicht nur vor der Sundfluch,

ſondern auch noch lange darnach), bey dieſen Begriffen und bey der Verbindung beyder Jahre, ohne ſie in eines zuſammenzuſchmelzen , geblieben. Mit dem Verfalle des wahren Gottesdienſtes aber verlohr fich ben einigen Völkern endlich die zuerſt angewieſene und richtige Erkenntniß der Zeitrechnung. Und die da . durch eingeführte Verſchiedenheit der Meinungen von

der Größe des Jahres hat es nothwendig gemacht, in neuern Zeiten eine noch aligemeinere Erklärung anzu.

nehmen . Man nennt ein Jahr überhaupt einen Zeitbegriff von einigen Monaten : bloß deswegen, das mit man auch die unrichtigen Jahre mit dieſem Ma. men bezeichnen könne. Wenn dann der Anfang des

SS

Jabres

282

Die erſte Abiheitunga

Jahres beſtändig in eine und eben diefelbe Jahrszeit fällt; ſo heißt es ein feſtes: wenn der Unfang durch

alle Jahrszeiten läuft; ein wanderndes Jahr. Durch die forgfältigen Beobadytungen der Sterne fündiger in neuern Zeiten iſt es inzwiſchen fo weit

gebracht,daß, ben aller noch übrigen Verſchiedenheit in den Berechnungen , die Fahre ziemlich wieder in Richtigkeit gefekt find. Nach denfelben weiß man

mun, daß ein natürliches Sonnenjahr, oder die Zeit, in welcher die Sonne ihren ganzen Kreis durchs Läuft, nach dem Cafini und de la hire , aus 365

Tagen , 5 Stunden , 49, Minuten , oder wenn man Replern lieber folgen will, aus 365 Tage

Stund. 48 Min. 57 Sekund. und 39 Ters, bes fteht. Da der Unterſchied dieſer Berechnungen noch nicht völlig 2 Sekunde, ſondern nur 2 Set, und . 5

21 Terz. betragt, um welches das Sonnenjahr nach des Keplers Beobachtung fürger iſt; und auchy Wurzelbau, der feine Soanentafeln auf Beobada

tungen einer Zeitfolge von beinage 300 Jahren gez bauet hat, es wur um 5 Sekunden fürzer anfeßt,

als Caſini und de la Sire ; die neuern Beobach . fungen aber den åltern, welche weiter abweichen, mee

gen der größern Vollkommenheit der neuern Werke zeuge zur Sternfunde, billig vorzuziehen ſind : fo bat man toohl Urſache, das Sonnenjahr für ziemlich ge naụ beſtimmé anzufeben. Joh will nur noch hinzua

Feken, daß die Natur es ſelbſt durch den Frühlinga Gominer , Serbſt und Winter, als vier verſchiede ne Jahrszeiten, abgetheilt hat. Allein das bůrgera liche Sonnenjahr , als die Zeit, in welcher die Sonna ihren ganzen Kreis vollendet , in ro fern ſie aus ganzen Tagen beſteht, leidet feine fo gengue Bez ftimmung. Man muß es daher bey demſelben, das

mit eg nicht endlich gar zu weit von dem natürlitzen

Sonnenjahre abgehe, eben ſo machen, wie wir es bey

mathematiſche Zeitrechnung. 283 ben den bürgerlichen Monaten nöthig gefunden haben : man muß den Ueberſchuß über die ganzen Tage zu der

Zeit , wann er beynahe einen ganzen Tag beträgt, wieder durch Einſchaltung eines Tages einbringen .

Nun iſt zuerſt das bürgerliche Sonnenjahr, weil das ben nur ganze Tage gerechnet werden fónnen, nicht größer als 365 Tage anzunehmen. Jedoch der Uebere ſchuß von 5 Stund. und 49 min ., den man auf

dieſe Art reglåßt, beläuft ſich in 4 Jahren auf 23 Stunden und 16 Minuten : folglich bernahe auf

einen ganzen Tag. Deswegen muß das vierte unter den bürgerlichen Sonnenjahren allemal aus 366 TQ. gen beſtehen , bis die 44 Minuten, welche immer im

vierten Jahre noch an einem ganzen Tage fehlen und nicht inBetrachtung gezogen werden, endlich zu einem ganzenTage, den man zu viel einſchalten würde, wenn man ihn alsdann nicht wegließe, angewachſen find. Hieraus entſteßt die Unterſcheidung der Sonnenjahre

in gemeine und Schaltjahre.

Ein gemeines

Sonnenjahr iſt die Zeit von 365 Tagen . Es mu6

alſo , nach dem vorbergehenden S., ſieben Monate von 30 und fünf Monate von 31 Tagen bekommen,

Ein Schaltſonnenjahr oder Sonnenſchaltjahr, welches man gemeiniglich zu unfern Zeiten verſteht, wenn man ſchlechtweg ein Sdyaltjahr nennt, heißt hingegen die Zeit von 366 Tagen , oder ein Sonnena

jahr, das um einen Tag långer ift, als das gemeine, Es hat demnach, wenu man nicht auf die Verſdies denşeit der bürgerlichen Unordnungen ſieht, fecha Monate von 30 und eben ſo viele Monate von 31 Tau

gen : wie aus dem vorhergehenden S. deutlich erhellt. Der Tag , welcher einem Schaltjahre zugeſcßt wird, Heißt der Schalttag : oder im Lateiniſchen auch

Biſſercus; weil die Rómer auf Julius Cafars Verordnung den Schalttag allemalnach dem 23ten

Sornung oder Februar einrückten , und den 24ten , melcher,

284

Die erſte Abtheilung,

welcher, 'nach ihrer ſeltſamen Urt - die Monatstage zu zählen, der rechſte Hornungstag vordem erſten März

tage, oder Sept. Kalend. Mart. hieß , zweymal gåhlten ; gleichwie aus eben der Urſache auch das

Schaltjahr Annus Bisfeftilis genannt wurde.

InUnſehungder Mondenjabre haben uns die neuern Beobachtungen wiederum einen gleichen Vor.

theil verſchafft. Ein natürlichesWondjahr, oder der Zeitbegriff von zwölf Mondenmonaten, worunter man Zuſammenkunftsmonate verſteht, iſt durch dies felben nunmehr auf 354 Tage, 8 Stunden, 48 Wilis nuten, 38 Sekunden und 12 Terzien gefeßt: weil die im vorhergehenden 5. angegebne Größe eines Mondenmonates , 12 mal genommen , ſo viel beträgt.

Allein das bürgerliche injondjahr, welches aus 12 bürgerlichen Mondenmonaten beſteht, und folglich nur die ganzen Tage annimmt, kann wieder nicht mit dem natürlichen genau übereinkommen. Moch daju äußere fich daben eine Verſchiedenheit, die bey den Sonnenjahren nicht Plaß findet. Denn man hålt es entweder gegen die natürlichea Mondjahre: oder ige

gen das natürliche Sonnenjahr. Wenn man es mit dem natürlichen Mondenjahre vergleicht: ſo erhelle fchon aus dem vorhergehenden G. , daß , wenn die Uebereinſtimmung zwiſchen benden erhalten werden

foll, nicht allein nach Verlaufe von 33 Mondenmona. ten, oder von 2 Mondjahren und 9 Mondenmonaten , fondern auch noch über dieß nach Verlaufe von 3456

Mondenmonaten, oder von 288 Mondjahren, allemal ein ganzer Tag einzurücken iſt. Es unterſcheidet fich demnach das bürgerliche Mondjahr in dieſer Abſicht

fo, wie das Sonnenjahr, in ein gemeines Monds jahr , welches aus 354 Tagen beſteht, und in ein

Mondenſialtjahr, das einen Tagmehr,und alſo 355 Tage hat.

Wie nun allemal erſtlich nach Ver

laufe der kürzern Zeit von 2 Mondjahren und 9 Mons den

1

mathematiſche Zeitrechnung. 285 denmonaten, hernach wiederum nach Ablaufe der lånta gern Zeit von 288 Mondjahren, ein Schaltjahr ein.

fallen muß: ſo kann man das eine die kleine , das

andre die große Schaltzeit nennen. Es wäre zu wünſchen , daß man keine andre ais dieſe Weberein .

ſtimmung des natürlichen und bürgerlichen Mondjah. res geſucht, ſondern, wie es in den erſten Zeiten, nach

dem Zeugniſſe der Zeitrechnung in den heiligen Bů: chern, geweſen iſt, das Mondjahr für ſich allein, ohne es in das Sonnenjahr zu verwickeln, gelaſſen, und die

Zeit einer jeden merkwürdigen Begebenheit nur ju megrerer Gewißheit ſo wohl nach dem Sonnenjahre alsnach dem Mondjahre durch eine Gleichung angea

geben hätte.

Vergeblicher Wunſch ! Man hat bende

gleichſam zuſammengeſdımiedet, und daraus unter

dem Namen des verglichnen Jahres ein ſehr una ſchickliches Ding gemacht. Der Unterſchied zwiſchen einem bürgerlichen Mondjahre und einem natürlichen

Sonnenjahre betrågt in Tage, 5 Stunden und 49 Minuten . Hieraus wird ſchon in dreven Jahren mehr als ein ganzer Monat: ſo daß man, denn die Mondjahre mit den Sonnenjahren übereinkommen

ſollen , binnen 100 Mondjahren 34 Monate von 30 , und 4 Monate von 31 Tagen einſchalten muß , und doch noch einen Ueberſchuß von 4 Stunden und 21

Minuten, welcher ohngefähr binnen 600 Jahren wie der einen ganzen Tag ausmacht, zurückläßt. Alſo iſt man genochigt, um die Uebereinſtimmung zu erhalten, oft ganze Monate in das bürgerliche Mondjahr eina zuſchieben : und daher entſteht hier wiederum in ani

brem Verſtande ein Unterſchied zwiſchen den bůrgera lichen Mondjahren ; einige ſind gemeine, andre ſino

Stalojahre. Das gemeineund bürgerliche Mono. jahr bleibt wie es vorher erklárt iſt, und beſteht aus

12 bürgerlichen Mondenmonaten , oder 354 Tagen: aber das bürgerliche Mondenſchaltjahr bekommt line anbre

286

Die erſte Abtheilung,

andre Bedeutung, weil nicht ein Tag , ſondern eitt ganzer Monat eingeſchaltet wird, und begreift 13 búra

gerliche Mondenmonate, welche 384 Tage nusmathen, wenn ein Monat von 30 Lagen eingerückt wird. Dieſe Urt von Jahren ſind es , die den zuvor gemeldeten Namen der verglidnen Jahre tragen , oder auch Wondfonnenjahre genannt werden . Aber wo iſt dann der Unfang eines Jahres ? Ift dieſer bloß willfürlich ? Davon habe ich noch etwas

zu ſagen. Die Natur hat Anleitung genug gegeben, ihn in die rechte Zeit zu regen. Derjenige bürgerliche Tag, von welchen alle übrigen Tage des Jahres forte

gezählt werden, heißt der Anfang des Jahres. Es muß alſo billig ein ſolcher Tag ſeyn, der ſid, am beſten unterſcheiden láßt. In Anſehung des Sonnenjahres find die Tage der Sonnenwende, weil alsdann der

långſte ober fürzeſte Tag einfällt, und die Tage, an welchen die Sonne in der Gleichungslinie iſt, weil zu derſelben Zeit Tag und Nacht gleich find , auf das merklichſte von den übrigen unterſchieden : in Abſicht auf das Mondjahr ſind es die Tage der kenntlichſten Monderſcheinungen ; vornehmlich des Neumondes und des Volimondes.

Wollte man demnach die

Natur zur Fibrerinn anneşmen : ſo müßte man das Sonnenjahr entweder von einem Tage der Sonnen. wende , oder von einem Tage, wann er der Nache gleich iſt ; und das Mondjahr von einer der merklich

ften Monderſcheinungen anfangen. Jedoch bey den Einrichtungen menſchlicher Geſellſchaften hat man bald aus guten , bald aus fchlechten Gründen, dieſe

Unweiſurig der Natur verlaſſen. Und ſo iſt hierinn eben ſo wohl, als in der Urt der Jahre, manche Vera

Schiedenheiteingeführt worden . 9. 8.

Ob es gleld, zu der Hiſtoriſchen Zeitrechnung cia gentlich gehört, die Verfaſſung der Jahre bey dere ſchieda !

3

mathematifche Zeitrechnung. 287 ſchiednen Völkern durch hinlängliche Zeugniſſe und daraus gezogne Gründe auszumachen : ro muß doch !

die Verſchiedenteit, welhe ſich darinn finder, in der mathematiſchen angegeben werden, um ſie nach Res gein zu beurtheiten, und die dabey nothige Art der

Beredynung zu lehren . Deswegen kann ich ſie hier nicht vorbenlaffen " aber eben fo wenig kann ich in allen Stücken genau unterſuchen, wie weit der Ger

brauch dieſer oder jener Art von Jahren wirklich ben einem oder dem andern Voffe Plaß gefunden habe.

Das muß ich billig zu der hiſtoriſchen Zeitrechnung betſparen. So viel fich inzwiſchen hier bequem ausin

machen kåßt, ſo viel werde ich mir vorgearbeitet har ben, und dort nicht genau wiederhohlen dürfen . Ich made von dem alten römiſchen Jahre den Anfang: weit vor derſelben Zeit die Jahre der andern Völker

ſo weit aus der Geſchichte herzuhohlen ſind, daß die

Unterfuchung in dem hiſtoriſchen Theile der Zeitrecha nung am beſten geſchehen kann ; und das, was hier vorkommen wird, zur Beurtheilung und Berechnung berſelben hinreichend und leicht anzuwenden iſt. Makrob c) giebt den Plegyptern das Zeugniſ, daß ben ihnen allein das Jahr allezeit ein gewiſſes

Maaß gehabt habe. Ben andern Völkern, regt ere Hinzu, ſen hierinneeine Verſchiedenheit geweſen : bery den Arkadern habe es nur drer, ber den Atarnas

men rechs Monate, und ben den übrigen Griechen 354 Tage, in ſich gefaßt. Es fer alſo nicht zu vers wundern , daß auch die Römer vorzeiten auf des Rou

mulus Verordnung nur ein Jahr son zehn Monaten

gehabt hätten. Cenforin d) rear fchon vorher auf bes

c) Saturn, Lib.I. C. ¥2, p. 210 fqq. ifade ber parif. Au8x gabe 1585.

d) De die natati C. 20, oder nach der alpiniffent Uudg. 1581, C. & p. 32.

288

Die erſte Abtheilung,

des Junius Oracchus, des Fulvius, des Vars rons und Suetons Anſehn, eben dieſer Meinung bengetreten : ob er gleich angemerkt þatte, daß Licic

nius ?ljacer und nachher Feneſtella geſchrieben

1

Håtten , das römiſche Jahr habe gleich anfangs zwölf Monate gehabt. Nach beyder Zeugniſſe fing ſich des Romulus Jahr von zehn Monaten mit dem Mårze an, und ging nach der annoch gewöhnlichen Ordnung und Benennung bis zum December fort: nur daß

die benden Monate, welche nacher Julius und Aus guſtus genannt worden ſind, damals Quintilis und

Septilis ließen, weil ſie von dem Marze, als dem erſten , der fünfte und rechſte waren.

Von dem

Grunde der übrigen Namen , die nicht von den Ord : nungszahlen bergenommen waren , kann man den

Tenſorin e) und Wakrob f) nadlefen , und mic dieſen den Varro g) vergleichen. Unter dieſen zehn Monaten hatten der Mår3, May, Quintil und Ocrober 31 : alle die übrigen nur 30 Tage. Es bes

ſtand alſo das Jahr aus 304 Tagen, und wich folglich von dem Mondjahre um 50, von dem Sonnenjahre

um 61 Tage ab : die Monate aber an ſich ſelbſt bea trachtet, waren bürgerliche Sonnenmonate ( 8.6 ) . Allein, da ein folches Jahr weder mit dem Laufe der Sonne noch des Mondes übereinfam : po fiel die Kålte bieteilen in die Sommermonate, und die Hige in die Wintermonate ; weil der Anfang des Jahres wanderte und nicht feſt war. Dieſem Uebel abzuhel. fen, ließ dann Romulus ohne einen Monatsnamen

ſo viel Sage hinzufeßen und vorbeigehn, als nöthig war , ben folgenden Nonat mit der Beſchaffenheit des Himmels in Uebereinſtimmung zu bringen h). So e ) L. c. C.22, ober C. 9. edit. Ald.

f) L. c. C. 12. p. 211 [ 99. ) De ling. lat. Lib. 5. C. 6. p. 50, 5t. h) Macrob. Saturn . Lib. I, C. 12. p.217,

-

6

mathematiſche Zeitrechnung.

289

So weit führen uns die Nachrichten , welche Cenſos rin und Makrob geben. Man kann auch den

Solin i) damit vergleichen. Aber Plutard) k ) bezeuge nebſt andern , des Romulus Jahr habe aus 360 Tagen beſtanden , und auf dieß einzige Habe man nur gefehn , da man übrigens in Anſehung der Mo.

nate keine gewiſſe.Regel und Ordnung beobachtet har be , ſo daß einige nicht einmal aus zwanzig , andre aus fünf und dreyßig und noch andre aus mehrern Tagen beſtanden . Hiermit ſtimmt die Nachricht, welche. Cenforin an dem oben angeführten Orte aus dem Licinius und Feneſtella giebt , gewiſſermaßen überein : und Servius 1) ſagt ausdrücklich , daß man zwar nur zehn Monate hatte , aber noch zweene, die nachher die Namen vom Janus und Februus ben

kommen , einſchaltete. Was ſoll man bey dieſer Verſchiedenheit wählen ? Soll man für die eine Pare tey , und wider die andre entſcheiden? Dazu hat man nicht Grund genug.

Soll man ſie zu vereinigen (u.

chen ? Das kann bey einem offenbaren Widerſpruche

nicht anders geſchehn, als wenn man Urſache hat, ju glauben , daß ſie von verſchiednen Zeiten reden . Denn das Mittel, welches Lange m) zur Verglei chung vorgeſchlagen hat , reicht nidyt hin. Es iſt aus feinem Zeugniſſe zu beweiſen, und auch an ſich

nicht wahrſcheinlich, daß in der alten Stadt Rom , da ſie noch von einem geringen Umfange war , die Römer mit ihrem albaniſchen Könige Romulus ein

Jahr von zehn Monaten , und die Sabiner nebſt ih. rem Titus Tatius ein Jahr von zwolf Monaten ge

habt haben ſollten : oder daß von den Albanern die Ball 1) Polyhift, C. I. p. 4 .

k ) InNuma p. 71 et quaeft, roman, p . 268 edit. Francof. 1 ) Ad Virgil. Georg. I. v. 43. m) De annis Chrifti Lib. I. C , 20.

1. Theil.

290

Die erſte Abtheilung

Zahl der Monate, und von den Sabinern das Maas bes Jahres von 360 Cagen , angenommen warė. Das leetre ſtreitet offenbar wider Cenſorins und

Makrobs Zeugniſſe, welche das Maaß des Jabres in den ſchon angeführten Stellen ausdrücklich auf 304

Tage reßer. Eben fo wenig thur Johann Jackſons Mutimaßung n) , daß Romulus bloß die ungteichen Monate der Albaner auf eine gerviſſe Gleichheit gës bracht, und nur zehn Monaten die oben angezeigteri Namen gegeben, zweene Monate aber ohne Namen

žinzugefekt habe, der Sache eine Genige. Wo ſtelt das geſchrieben ? Wie ftiinmt es mit den 304 Tagen überein, die fo klar zumn Maaße des tomuliſchen Fat's

res angegeben ſind ? Es beruhet bloß auf die Einbil dung , daß 360 Tage das alteſte und gewöhnlichſte Jahrmaaß geweſen fenn follen : aber dawider iſt ſehr viel zu erinnerit, welches ich bis zu der Hiſtoriſchen Zeitrechnung verſpare. Demnach iff nichts melyr übrig; als daß man beyber Parterer Berichte gleich viet gelten laſſe, und ſie nur von verſchiedenen Zeiten

Herſtehe: alsdann kanngewifferntaßen JackſonsMei riung für einen Theil der Regierungszeit des Romulus, Icdoch aus andern in fachen, zutreffen ; wie ich alsbal zeigen werde. Ben der friegeriſchen und unruhigent

Verfaſſung des ålteffen Roms war nichts fo leidyt, als bas eigentliche Maaß des Jahres aus der Ucht zu laſſen . Uber die Natur hat durch den fehr merklichen

Unterſchied ört wiederkehrenden Jahrszeiten dafür ge Forgt, daß man des Fehlers gar bald gewahr werdett

muß. Was iſt dann natürlicher, als daß man mehs rere Tage hingifekt, wenn man das Jahr für den Zauf der Himmelskörper zu kurz angenommen hat ? lind

in) Chronological Antiquities etc. , oder chronologiſche Alterthümer der älteſten Königreiche vom Anfange der Beit durch fünf Jahrtaufendez. von Chriftian Linft

pon windheim überfekt, Ib, II.S. 383-392

matherRatifiche Zeitrechnang. 291 Und warum ſollte man es alſo auch nidye eine Weile

mit 360 Tagen , welches Fahrmaaß wenigſtens einen Scheingrund bey der Unwiſſenheit der Sternkunde

für ſich hat, verſucht haben , bis man ' befand , daß man auch daber noch zu 'kurz kam : da die älteſtent

Zeugen:, die wabrrheinlicher Beiſe nicht das unvolla kommenſte Jahr, wie es zu Anfange in einem eben

aufgerichteten Staate war, für das romuliſche Jahr angenommen þaben, dafür find; und dich Fahrmaaß noch eper, als ein fürzeres , eine Zeitlang gelten konne

Xe ? Die erſte Bemühung des Romulusging dahin, daß er die gør ju große Uingleichheit der Monate, movon nach dem angeführten Zeugnifie des Plutarchs

einige noch nicht einmal zwanzig Tage hatten , wie

2

Cenforino) den gibanijden September nur von

E

26 Tagen angiebt, andre aus fünf und dreißig und vera fchiedne aus noch mehrern, nad) vem Tenſorin der

tuſfulaniſche Quintilis qus 36 , 'und der ariciniſche

2 1

Dctober aus 39., Tagen beſtanden , aufhob , und fie, wie oben erinnert iſt, zu Sonnenmonaten maiste: es mag nun fein Abfehn geweſen fenn, fie nad, der Son . tie einzurichten., oder fich aus andern Urſachen fo gex

)

troffen baben.' Hieraus encfiand das Jahr von 304

1

{ agen, welches ihm mit fo allgemeiner Uebereinſtim mung zugeſchrieben wird, daß man es nicht leugnen

kann, ohne dem Glauben der Geſchiciste Gewalt zu thun.

Wie ſich aber die allzu große Ubroeichung vort

dem natürlichen Sorrenjahre , tiach #seldem ſich alle Polfer ihr bürgerliches Jahr zu verbeſſern angelegen feyn 'ließen P) , daben für 'baid zeigte: fo 'war fein nächſtes Wert, daß er ſo vidí Tage, ohne fie in Moe t?

nate von gewiſſen Namen zu vertheiten , einſchalten ließ, als nöthig waren , das bürgerliche Jahr mit dem

2 ). De die nat. C. 22, oder y, edit, Ald.

P ) Cenforia de dienat. C.29, oder C. 7, p.32, edit, Ald ,

292

Die erſte Abtheilung,

dem natürlichen wenigſtens ſo weit in uebereinfunft zu bringen , daß es wider die merklichen Jahrszeiten

nicht augenſcheinlich lief. Endlich mußte er merken , wenn man nach ſolchen Einſchaltungen wieder bey dem

erſten Jahre von 304 Tagen blieb , daß man wenige ſtens einige funfzig Eage hinzuzufeken genothigt wür. de, um nur nicht gar zu merklich von dein natürlichen

Jahre abzugean : daher fügte er vermuthlich , woo man die áltern Geſchidytſchreiber oder Zeugen , die

feinein Jahre 350 Lage bevlegen , nicht ganz verwers fen will, feinem erſten Jahre nod) 56 Tage ben , und würde die auch hierinn noch übrige Abweichung mit der Zeit zu verbeſſern wohl gelehrt roorden fern, wenn

er langer gelebt hätte. Weil er inzwiſchen ſein Jahr Tchon einmal auf zehn Monate von 30 oder 31 Tagen gelegthatte und die meiſten Nainen derſelben ſich auf dieſe Zahl bezogen ; es ihm auch bey der ſchon einges rißnen Unorðnung des Jahres , woben die Einſchala

tung nach dem Gründe , den X11& krob q) von der Unordnung der Jahrszeiten anführt, bald zu dieſer bald zu jener Fahrszeit, vorher geſchehen ſeyn mußte, ieišit unbekannt ſein konnte , wohin die 56 Eage, wenn er ſie gleich in zweene neue Monate vertheilen wollte, eigentlich) gehårten ; da es fonſt, wenn es ben iom ausgemacht geweſen wäre , daß man ſie allezeit nach dem December einzurücken hätte , natürlich ges wefen Foyn wurde , ſie den eilften und zwölften Mo. nat, oder lindecember und Duodecember , ju nennen : fo enthielte er ſich , den zweenen Monaten, welche aus den 56 Tagen gemacht werden konnten, Nainen zu geben , die durch eine oder die andre Hehna Tichkeit des Grundes der Benennung mit den zehn be

reits völlig eingerichteten Monaten in Beziehung fråná den. Nichts deſto weniger konnte man ſie gar wohl durch 9 ) Macrob. Saturn , I, če

mathematiſche Zeitrechnung. 293 . durch gemeine und nicht eigne Namen , als durch die Namen des erſten und zweyten Schaltmonats , una terſcheiden.

Huma fand, auf ſolche Weiſe, als er dem Ros mulus in der Regierung folgte, die Zahl der ordente lidhen Monate des Jahres nod) auf zehn , und das Jahr auf 304 Tage gefeßt, wegen der Schaltmonate aber noch viele Ungewißheit und Verwirrung. Solle

te et darinn keine Verbeſſerung zu treffen geſucht han ben ? Das geſtatten die Zeugnisſe der Uiten nicht an . zunehmen . Wenn gleich einige derſelben , wie Cena

forin' r ) und Makrob s) anmerfen , dem Tarquin oder dem Servius Tullius, die Ehre der Verbeſſea rung zuſchreiben : ſo kann man ſie doch deswegen dem

Numa, für den febr anſehnliche Zeugen, als Livius,

Plutarch , Solinus und andre reden , nid)t abe ſprechen ; ſondern wird den ſicherſten Weg erwählen,

wenn man allen in ihrer Ordnung einige Verdienſte zugeſteht. Was aber Numa eigentlich angeordnet habe , barinn ſtimmen die Zeugen nicht übereilta Wollte man nur den åltern , dem Livius und plus tard ) , glauben : ſo wären dieſe am leichteſten mit einander zu vergleichen. Allein iſt es nicht allzu hart,

Cenſorins und Makrobens Zeugniſſe ſchlechtweg zu verwerfen : da ſie , ſonderlich der lektre, ſo um , ſtändliche Nachrichten ertheilen ; und man nidt be. þaupten fann , daß ſie gar keine gute Bürgen dafür gegabt haben follten ? Wiederum iſt doch die Vereie nigung derſelben mit dem Livius und Plutarch) uile

möglich, wenn man ſie von einerler Zeiten des Nu ma verſtehn will. Die vergeblidhen Bemühungen fo vieler Gelehrten , die ich hier nicht anführen will,

find Beweiſes genug davon. Nun lehrt die Erfah. I 3

1) C. 20. oder . p. 33. edit. Ald , $) C. 13. p. 221.

rung

294

Die erſte Abtheilung:

rung ben alten menſchlichen Verbeſſerungen , daß die trachfolgenden gemeiniglich vollkommner fixid , als die vorhergehenden : wo nicht eine unterdeſſen eingerißne

Unwiſſenheit darzwiſchen Fómmt; welches in dem gea genwärtigen Falle die Fatur durch den ordentlichen

Bechfel der Jahrszeiken verhütet. Und die Werbeflies rung, die Livius und Plutarch angeben , iſt augens ſcheinlich vollkommner , als diejenige, die Cenforin und Mafrob meiden . fft es demnachnicht vernin tig zu fchiießen , daß die beiden lektern von den ers ften , die benden erſteen hingegen von den legten Be.

mihungen des. Numa reden ? Ich leke diefen Unter. fchied zum Grunde, und will nach demfelben igo dia: ganze Reihe der Veränderungen , welche dem Numa. bengelegt roerden , vorſtellen . Er Fahe, daß das: rox muliſche Jahr weder mit der Sonne noch snit des Mondes Laufe übereintam .

Das konnte er leicht

wiſſen , əhne eines Famifcher Pythagoras, der erfi mehr als hundert Jahre nach ihm gelebt hat, noch) eines ſpartanifcijen , als Zefyrreiſters zu bedürfen: wie dann auch Dionyſius von Salikarnaßt) , Livis us u ) und Plutarch , x) diefe Fabeln theils felbft nicht annehmen, theils roiderlagen.

Die bloße Be

obachtung der Natur Håtte es ihn, ob gleich nicht eben fo genau, wie die Sternkunde es thur, lehreir fönnen . Ueberdieſ wat die Größe des Sonnenjahres und des.

Mondjahres, moenigftens fo weit ſieaus ganzenTagex beſteh , tcine Fo. unbekannte Sache: wenn er auch nicht in ſeinem Lande Benſpiele von beiden Jahren gefunden båtte.

Ich habe ſchon die Stelie des Cens

forins angeführt, worinn er ausdrücklich anmerkt, daß alle Polfer ihre Jahre nach dem Sonnenjahre durch t ) Antiqu. Rom . L. II. p.121 fq. edit. Lipſ. 1691. u) Lib. I. C. 15. x ) In Numa , p. 6

mathematiſche Zeitrechnung. 295 durch Einſchaltungen zu verbeſſern fuchten . Daß er

es aber in der Thai gemußt bat, worauf es hier eio gentlich anfómmt , das beweiſt die von ihm gemachte Einrichtung felbft, wie fie von allen in Oenen Stela len, die ich alsbald anführen werde, beſdyrieben wird, und am deutlichſten Plutarchs Erjáblung, welcher von ihın qusdrúcilid) zum voraus ineldat, daß er

zwar keine genaue Erkenntniß der Sternkunde gehabe habe, jedoch auch nicht ohne Wiſſenfchaft in derfeli ben gereſen fey. Er wollte daher das Jahr auf ein ,

Mondenjaạr regen , und es dann durch Einschaltung mit dem Sonnenjahre in liebereinkunft erhalten Das bezeugen alle, die eigentlich von des Numa Jah. re Nachricht geben. Ich will die Stellen bier unter anführen y) , damit ich es nicht zu oft zu thun geno: thigo werde Fragt man, warum et vielmchr das Mondjahr gewählt habe , als das Sorunenjahr : fo iſt darauf feine, ausdrückliche Untoort in, dca Beſchid)ta

Schreibern zu finden. Yber ro woộl aus der Beſchafa fenbeit der Sache felbſt, ais quş andern Nachrichten , kann man einigen Grund dazu anweifen . Die für, zere Zeit des Mondlaufes ließ ſich durch die wieder ,

kehrende lid,tserſcheinung eher unterſcheiden, als die längere Zeit des Sonnenlaufs ; und man weiß aus der Geſchichte, wie viel,die alten Bölfer fchon vc:

den Rğmern auf den Moud Ycht haften , das faji alle die Monate ihrer Jahre nach dem Laufe deſſelben einrichteten , wovon Julian. der Abtrünnige noch 34 ſeiner Zeit zeugt, und nur die Aegypter und Römer davon ausnimmt 2 ). Jedoch Numa riditete feine

Mongte, ob es gleich ein Mondjahr annahme vad, TA

dems

y) Liuius Lib. I. C. 19. Plutarchus, in Numa, p. 75,

edit. Francof. Cenforinus de die nat. C. 20. oder 8. p. 32 , 34. Macrobius Saturn , Lib. I. C. 13. p. 217-220, z ) Orat: IV. Ps 154.

296

Die erſte Abtheilung,

dem Laufe des Mondes ſo wenig als der Sonne ein .

Er feste bloß zu dem romuliſchen Jahre von 304 Ca. gen anfangs 50 Tage, und nachher, entweder aus Berſehn, oder aus Aberglauben , weil man die uns gleiche Zahl für glücklich hielte , noch einen Tag mehr hinzu. So beſtand nun ſein Mondjahr aus 355 gen , und wid, daher von dem wahren bürgerlichen Mondjahre um einen Tag , von dem natürlichen aber um 15 Stund. 11 Minut. 21 Sek. und 48

Terz. ab. Weil nun der Zuſak von 50 oder 51 Ta gen für zweene Monate , gegen die übrigen betrachtet, zu klein war : ſo nahm er von einem jeden der ſechs

romuliſchen Monate , dem April , Junius, Seps til , September , Viovember und December, die 30 Tage hatten , und deswegen hohle hießen ,

wie die übrigen viere von 31 Tagen volle Monate genannt wurden , einen Tag ab. Zuf dieſe Weiſe

behielten in ſeinem Jahre die eben genannten rechs Monate nur 29 Tage: da er hingegen den andern

romaliſchen Monaten , dem nårze , May, Quins til und October ihre 31 Tage ließ. Die nun noch übrigen Tage feines Mondjahres , welche anfangs,

ſo lange er demſelben nur 354 Tage gab , 56 waren , bertheilte er, wie makrob meldet, gleich unter zwees

ne Monate, die er zu den zehn romuliſchen hinzu: fügte, ro daß einem jedeni 28 Tage zufielen. Den erſten , den er zum Unfange des Jahres machte, nann te er oom Janus, deſſen zwen Geſichter in das alte

und neue Jahr fahen , Januar : und den andern von dem vermeinten Gorte der Reinigung oder Auss föhnung , dem Gebruus , weil er ihn am Ende des

Jahres, zur Zeit der Reinigungsopfer , hinzufeß. te a) , februar. Wie lange dieſe Einrichtung, nach welcher er das Jahr zu 354 annahm , gedauert habe, und

a) Varro de ling. lat, Lib. V. C. 3. p 45. Cicer de legib, Lib . II, C. 21.

1

3

1

mathematiſche Zeitrechnung. 297 and was für eine Einſchaltung er dabey gebraucht, meldet niemand.

Daher muß man ſchließen , daß er

nicht lange ben dem Mondenjahre von 354 Tagen gee blieben rer : fonderlich da Cenſorin dieſer Verord . nung nicht einmal gedenkt, ſondern Makrob ſie ale lein anführt: denn , was aus dem Plutarct, dafür angenommen werden könnte, gehört wegen der oben angeführten Gründe für die legten Zeiten des Numa. So lange es inzwiſchen ben dem Zuſaße von 30 Tas gen zu dem romuliſchen Jahre geblieben fenn mag, hat er zur Vergleichung mit dem Sonnenjahre ver.

muthlich eben die Art der Einſchaltung gebraucht, welche Cenſorin und Makrob für die Zeit , nach. dem er aus Uberglauben 355 Tage angenommen hatte, angeben : weil nur dieſe Art der Einſchaltung allein gemeldet wird , und ſie für ein Jahr von 354 Tagen ſo gut , als für das Jahr von 355 Tagen , ben einer gleichen Unwiſſenheit von dem eigentlichen Maaße des

Sonnenjahres, auf eine kurze Zeit dienen könnte. Ich beſchuldige ihn in den leßten Borten einer Un. wiſſenheit. . Davon muß ich vorher Rechenſchaft gee ben , ehe ich die Are der Einſchaltung, welche er nacio

Her feſtgeſegt hat , anführe. Cenſorin ſagt nur kurz, er habe, nachdem er das Jahr auf 355 Tage gefekt

þarte , alle zwen Jahre wechſelsweiſe einen Monat von 22 und einen von 23 Tagen eingeſchaltet. Mas Erob aber giebt zum Grunde davon an , daß er den

Griechen gefolgt ſen, und durch dieſe Art der Eins ſchaltung nicht nur die 365 Tage des Sonnenjahres, ſondern auch den Ueberſchuß von einem Vierteltag , den das natürliche Sonnenjahr beynahe mehr betrågt, einzubringen geſucit habe. Es iſt alſo vorher aus. zumachen , ob Zuma gerußt habe , daß das natür. liche Sonnenjahr beynahe einen Vierteltag über 305 Tage beträgt. Dieß zu behaupten finde ich keinen

Grund. Io parf mich eben hier nicht darauf ein. I 5

laſſen,

1

298

Die erſte Abtheilung ,

faffen , ob es den Griechen ſelbſt unbekannt gemefert fen, bis ihnen Ludorus , långer als 300 Jahre nach des Numa Sode, die Nachricht aus Hegypten mitbrachte.

Es kann mir geriug feyn, daß , wenni

man dem Duma, wider das oben bengebrachte Zeugniß des Plutarchs, eine ſo genaue Erkennta niß des Jahres zugeſteht, ſich fein wahrſcheinlicher Grund angeben láßt, warum dieſe Erkenntniß bis 1

auf des Julius. Cåſars Zeiten fo fehr aus der Acht gelaſſen, oder wennman das der Unordnung, welchedia Oberprieſter ben der ihnen anvertraueten Sorge füe die Einſchaltung aus Nebenabfichten einſchleichen lief: fen, zuſchreiben will, ſo weit in Bergeſſengeit geras then feyn Follte , daß Julius Cafar es erſt von eią nem Hegypter lernen mußte. Es iſt daher Höchſt

wahrſcheinlich , daß makrob zwar die wahre Art der Einſchaltung, die Numa anfangs verordnete , ex :

zählt habe, weil der áltere Zeuge, Cenforin , hier. inn mit ihm åbereinſtimmt, der Grund aber , den ee davon anführt, aus ſeinem eignen Kopfe gefloſſen , und ihm bloß deswegen , weil die Sänge des Sonnen

jahrs von 365 Tagen und 6 Stunden , nachdem Jus lius C & fax dieſelbe angenommen hatte, zu feiner

Zeit eine ganz bekannte Sachewar, eingefallen fer . Und fo grindet fich des Muma Verordnung von der

Schaltmonaten auf die Unwiſſenheit von der eigentlic chen Sånge des Sonnenjahres . Da nun ohrie das ben dem romuliſchen Jahre ſchon eine tinordnung, eitta

geriſſen war , und deswegen das bürgecliche Jahr be reits um einige Tage kürzer feyn mochte , als das. Mondjahr mit dem Zuſagevon eilf Tagen fenn muſ

te : fo nahn er zur Vergleichung feines Mondjahres mit dem Sonnenjahre zu viel an , und befahl in die

fem Frthume, daß alle zwen Jahre wechſelsweiſe 22 und 23 Tage , nåmlich in dem zweyten 22 , in dem

vjergen 23 , in dem ſechſten wieder 22 , in den acten

mathematiſche Zeitrechnung. 299 achtert 23, und ſo fort, eingeſchaltet werden Follten ; welches dann in acht Jahren die go Tage , wovon

Makrob redet , ausinachte. Der Fehler, der sic ben darinn begangen wurde, daß man zu viele Tage einſchaltete, mußte bald merklich werden : um fo viet mehr, da ein jedes Jahr fchon um einen Tag großev

toar, ais ein búrgerliches Mondjahrſeyn ſollte . Desu wegen fahe man ſich genothigt, als sie acht Jahrer in welchen man go Tage einſchaltete , zum dritten

mal wiederkaraen , vom 16ten bis zum 24ten Jahre, nur 66 anſtatt 90 Tage einzurücken und alſo 24 Tage wieder abzukürzen. Hatte Duma es ben dieſer Eine richtung gelaſſen: fo hätte man es allemat, wenn die acht Jahre zum drittenmale verliefen, ſo machen muß

fen ; und Makrob kann es nicht anders maelden, weil er feiner andern Einrichtung des Vuina gedenka Allein és iſt nidyt nöthig, anzunehmen , daß bey dier Fer Verfaſſung mehr als einmal 24 Jahre verſtrichen

fénu follten: welches fonſt die Folge nach ſich ziehen

yürde , daß die Regierungsjahredes Numa nicht hila gereicht hatten , noch eine andre Verfügung zu trefa fen. Es iſt nicht nöthig, ſage ich : weil einmal 24 Jahre genug waren , den Fehler nicht allein zu ento decken , fondern auch die eben beſchriebren Maaßro. geln zur Verbeſſerung deffelben zu Faſien und anzu . wenden. Aber es kann auch fo gar nicht angenommen

werden : weil man ſonſt das Livius 'und Plutarchs Erzählungen für ungültig halten mußte. Was diefe berichten , das fålle nun hier ganz natürtich , als eine weitere Verbeſſerung des sumaiſchen Jahres, ein : und dieſe benden Schriftſteller erklären und ergånzen einer Des andern Nachricht von dieſer Sache. Ich koma

me demnach ißt zu dieſen , und fefe den Tepſorin und makrob , denen ich vollkommen Gerechtigkeit

Þabe widerfahren taffen , fo lange benfeite, bis ich ihr re Zeugniffe zu anorer Abſicht gebrauchen werde. Plus

300

Die erſte Abtheilung ,

Plutarch ſchreibt ausdrücklich , Duma habe beo dacht, daß die Abweichung des Mondjahres von dem Sonnenjahre eilf Tage Unterſchied machte , da das Mondjahr 354 , das Sonnenjahr aber 365:Tage håt. te. Dieſe eilf Tage habe er gedoppelt genommen

und ein Jahr um das andre ( Tideg éwaurèv), das iſt, alle zwey Jahre , dem Februar den Schaltmonat, der von den Römern Mercedinus genannt fer , von 22 Tagen zugerekt. Numa war alſo durd, die vergebli.

chen Verſuche, die er bisher gethan hatte , und den

Unterricht, den er unterdeſſen in einer damals ſchon ſehr bekannten Sache von vielen bekommen fonnte,

etwas genauer , als vorher, von dem Verhältniſſe der zwey unterſchiednen Jahre , belehrt worden : je

doch von dem Biertelstage, den das Sonnenjahr bey. nahe noch mehr betrug, wußte er nichts ; wo dieſe Nachricht des Plutarchs gültig ſeyn ſoll. Da er nun

gefunden hatte, was es für Verwirrung machte, wenn er alle zuzen Jahre einmal um das andre 22 und 23 Tage, wie er bisher gethan,einſchaften ließe ; weil da .

1

durch nach dem Unterſdiede von 11 Tagen augenſcheinlich

zu viel eingerückt ward : fo machte er die Einrichtung, daß nur 22 Tage alle zwei Jahre eingeſchaltet werden

follten. Jedoch ließ er den aus Aberglauben einmal in feinem Mondjahr zu viel angenommenen Tag ime

mer bleiben : denn der Grund davon, eben derſelbe Uberglaube , blieb bey ihin beſtändig. Mari kann der Geſchichte gemåß nicht anders gedenken : da alle Zeugniſſe ſeinem Januar 29 , und ſeinem Februar

28 Tage zueignen ; und Plutarch Pagt auch nicht, daß ſein Mondjahr aus 354 Tagen beſtanden , forte dern nur , daß er gewußt Gabe, es habe das Mond.

4

4

jahr in der Natur nicht mehr Tage ; wie aus dem .

ganzen Zuſammenhange feiner Erzählung flar genug erhellt. Er mußte demnach zugleich bedenken , daß,

weil fein Mondjahr einen Tag mehr Batte , als das matur:

mathematifdhe Zeitrechnung.

301

natirliche, mit den 22 Schalttagen wieder zu viel an genommen ward , wenn der Monat Mercedinus

oder Mercedonius unausgeſegt alle zwei Jahre eins gerückt werden ſollte. Wie er dieſer Unbequemlichkeit abzuhelfen geſucht habe, das übergebt Plutarch : vielleicht als eine damals niemanden unbekannte Sa.

che. Livius aber hatte es ſchon vor ihm berichtet. Uus dieſem Geſchichtſchreiber kann man des plus

carchs ſpåtere Nachricht vollfommen ergänzen. Er ſtimmt mit allen übrigen darinn überein , daß Numa

ein Mondjahr von zwölf Monaten angenommen und es mit dem natürlichen Sonnenjahre in Uebereinſtim .

mung zu bringen geſucht habe. Dann ſekt er hinzu, wie zu dem Ende die Einſchaltung von ihm eingerich. tet worden ſey : er habe , ſagt er, die Schalttage ſo unter die Monate vertheilt , daß allemal im zwanzigo' , ſten Jahre die Tage mit dem Laufe der Sonne über.

einſtimmten und der ganze Zeitraum aller Jahre vol wåre. Dieß båtte nicht feyn können , wenn Numa

allemal im zwanzigſten Jahre etwas eingerückt, oder von ſeinem Mondjahre etwas weggelaſſen håtte : denn To wäre ſein Jahr um dieſe Zeit nicht von felbſt mic bem Sonnenjahre übereingekommen , und Livius håtte nicht ſo ſchreiben können , ſondern ſagen müſſen , was er zu derſelben Zeit hatte einſchalten oder abneh.

men laſſen. Auch iſt daben in Erwägung zu ziehn, daß Livius nicht von dem Sonnenjahre mit Ein ſchließung des Vierteltages, den es beynahe noch über die ganzen Eage betrågt, reden könne : da Plutarch

dem Numa nicht mehr , als die Erkenntniß von 365 Tagen des Sonnenjahres , zugeſteht. Es erhelft

demnach , wenn man dieſer benden Geſchichtſchreiber Zeugniſſe zuſammennimmt, daß Numa nunmeht nur alle zwen Jahre bis zum zwanzigſten den Nierce's donitis von 22 Tagen einzuſchalten befahl, und weil

er dadurch wegen des aus Aberglauben hinzugeſenten Lagos

>

302

Die erſte Abtheilung,

Tages in zwanzig Jahren 20 Tage zu viel bekommen mußte, in dem zwanzigſten Jahre weder feinem Mondjahre von 355 Tagen etwas einzuſchalten , noch Davon etwas wegzulaſſen derordnete, damit es fo vor

felbſt mit dem Sonnenjahre übereinkáme. Allein da

er wirklich , wenn ſein Mondjahr nicht einen Tag zu viel gehabt hårce, auch im zwanzigſten Jahre 22 Tax ge håtte einſchalten müſſen , und fein zugefeßter Tag in demſelben zwanzigſten Jahre nur erſt zwanzig Ta.

ge zu viel gab : fo kann dieſe Nachricht des Livius die man doch mit feinem Grunde beſtreiten kann, nicht anders zutreffen , als wenn Numa dieſe 2 Tage

noch über den Tjercedonius voir-22 Tagen in einem oder dem andern von den vorhergehenden 19 Jahren

einſchalten ließ. So war es in der That: und mar darf es nicht bloß auf Glauben , ohne Beweis, ana nehmen . Denn erſtlich giebt Livius felber in ſein

ner Erzählung Anlaß, es zu behaupten : indemer nicht fagt, wie ihn Hronov wider alles anſehn der gemeinen ( eſeart, und ohne Urſache, verbeſſern will,

daß Numa durd, Einrůckung von Schaltmos diaten fein Jahr mit dem Sonnenmonate in Uebera

einſtimmung gebracht, fondernvielmehr, daß er es duid Einrůckung von Schalttagen unece die Monaten gethan habe ; welches offenbar are

zeigt, daß es nidit bloß aufden Mercedonius, fona dern auch noch auf gewiſſe Tage angekommen ſey. Zweytens iſt es den Nadyrichten der Alten , wie akrob b ) ausdrücklich bezeugt, gemaß, außer Dem Schaltmorate nod) bisweilen einen Schelttag int

dem numaiſchen Jahre gelten zu laſſen . Alſo wiſſen wir nunmehr sie lebte Einrichtung des Numa nach bem Livius und Plutarch vollkommen : er verorde

niete , alle zwei Jahre bis zum zwanzigſten den Mjets CCOOF b ) Saturn . Lib. I. C. 13. P.226

mathematiſche Zeitrechnung. 303 cedonius sun 22 Tagen einzurücken ; biernächſt in 19 Jahren noch 2 Tage, nur einen Tag in einem Jahre , vielleidt, wenn nach Makrobs Berichte c) die Märkte fonſt auf den erſten Tag des Jahres odes auf die Donas gefallen wåren , einzufthalten ; uno endlich alle zwanzig Jahre ſein Mondjahr von 355 Engen ohne alle Einfdhaltung oder Abkürzung zu Ena de laufen zu laſſen, damit es von ſelbſt wieder mit dem Sonnenjahre von 365 Tagen , ohne den Viery teltag , wovon Numa nices wußte , übereinkommen möchte. Wie wenig fann hiermit die willkürliche Veränderung der Worte des Livius, wodurch mai

anſtatt des zwanzigſten Jahres bas vier und zwan, sigſte aus dem Makrob herfeßen will, beſtehn ! Das vier und zwanzigſte Faộr ſchickt ſich eben ſe fchlecht für die ganze Erzählung des Livius , als ſich Das zwanzigſte Fahr für Makrobs Beſdyreibung

fchicken würde. Ben dieſer ganzen Vorſtellung bas be ich nichts willfärlich , nichts ohne , noch weniger etwas wider, die Zeugniffe der Alten angenommen ,

Bloß die Unterfcheidung der Zeiten , woja die Vers fchiedenheit wirklich widerſprechender Nachrichten , die

unmöglich von einerley Zeiten gelten und doch niche fchlechtweg geleugnet werden können , nothwendig

Anleitung giebt, iſt daber zum Grunde gelegts und auch diez iſt nicht willkürlich geſchehn ; ſondern aus

guten und fchon oben angeführten Grúnden ſind die Nachrichten des Cenforins und Inakrobs von den

erſten, und die Zeugniſſe des Livius undPlutarchs von den legtern Zeiten des Vum: erklärt worden,

der ſich die Verbeſſerung des Jahres wirklich angeles

gen ſeyn ließ und ſie nichtaus Neberabſidyten , wie nachher die Oberprieſter , verſäumen wollte, folglich mit der Zeit eine vollkommenere Einrichtung zu machen Anlag c) Ibid . p. 228

+

304

Die erſte Abtheilung,

Unlaß bekommen mußte. Und ift nicht diejenige,

die ich zuleki beſchrieben habe , vollkommner, als die vorhergehende: da ſie auf einfachern und gleichmäßia gern Regeln beruht ? Ich kann mich daher nicht ents brechen , meine Erklärung allen gelehrten Muthmaſ

(ungen vom Scaliger und Riccioli an bis auf den Julius Pontedera vorzuziehn. Solins d) Nachricht, daß die Römer , nachdem ſie erfahren båtten , das Sonnenjahr beſtehe aus 365 Tagenund einem Viera

teltage, zehn und einen Vierteltag eingeſchaltet haben Follten , kann wegen der ſchon oft berührten Urſachen nicht anders als von ſpåtern Zeiten gelten und iſt noch dazu vers

dächtig. Aber wann geſchahe nun des NumgEinſchal. tung unter die Monate : und wie waren ſeinezwölf Mo.

nate geordnet? Das erſtre gebraucht die Entſcheidung

des legtern zur Erklärung. Die Anzahl ſeinerordentli. chen Monate iſt aus den einhelligen und ſchon beyges brachten Zeugniſſen ſo wohl als ausfeiner Aufrich.

tung der 12 Ältåre auf dem Berge Janiculum e ) unſtreitig zu erkennen : und die Ordnung der zwolf Monate iſt wegen der Zeugniſſe des Varrons f ), des Cicero g) und des Ovids h) eben ſo wenig ungewiß ; andrer ißt nicht zu gedenken. - Dieſe ſtima men darinn überein , daß er den Januar zum erſten

und den Februar zum legten Monate ſeines Jaþres

machte : indem er dem romuliſchen Jahre jenen vor. feßte, und diefen eben demſelben ganzen Jahre an hångte. Von der beſtimmten Anzahl der Lage eines jeden Monates habe ich ſchon geredet. Hier feße

man demnach dieganze Einrichtung ſeines ordentlichen Mond

d) Polyhift, C. I. p.4.

e ) Macrob. Saturn. Lib . I.C.9. p. 197. conf. C. 13. p. 21 %. f) De ling. Iatin. Lib. V. C. 3. p. 45. g) De Legib. L. II. C. 21. b ) Faſtors, Lib. II. v. 47-50 .

mathematiſche Zeitrechnung. 305 Mondjahres von 355 Tagen , woraus erhellt, daß ſeia ne Monate weder Sonnenmonate noch Mondmonate maren .

Die Folge der Mos

Die Tage eines jeden

rate war :

Januarius narrius.

Aprilis. Majus.

Monates waren : pg 31 29 31

Junius.

29

Quintilis.

31 29 29

Sertilis .

September. October . 17ovember. December.

31

29 29 28

Februarius. Nach dieſer Ordnung feste er den Anfang des Jahres in die Zeit der winterlichen Sonnenwende: wie unter

andernJulian i) bezeugt. Mit der Zeit veränderte man die Ordnung, und regte den Februar zwiſchen den Januar und Mårz , daß der December der legte Monat ward : wovon Cicero in der eben , angeführ.

ten Stelle zum Zeugen. dient. Jedoch , weil man übrigens die Einrichtung des Numa zum Grunde legte: ſo iſt es daher gekommen, daß man das ſo vers ånderte Jahr ebenfalls das numaiſche Jahr genannt hat; und hierinn liegt vermuthlich die Veranlaſſung zu dem Jrthume des Aufonius, wenn er es dem Numa zuſchreibt, daß der Februar nach dem Januar gefekt ſen k ); eine Veranlaſſung, die auch den Mas

krob derführt hat, den återn und einſtimmigen Zeuge niſſen zuwider zu glauben , man gabe der Religion wegen 5

i) Orat.IV .p.155. ed. Spanh. k) Ecl. g . 196, edit; 12. 1608.

I. Theil.

Die erſte Abtheilung, 306 wegen ſchon zu des Numa Zeiten feſtgeſekt, daß auf den Februar ſchlechterdings der Mårz folgen mußte 1). Dieſe Wenderung iſt erſt im 304ten Jahre von Roms Erbauung, durch Zuthurt der Zehnmånner, gemacht :

ſo viel man aus den Nachrichten des Dionyſius vont Kalikarnaß m) und des Livius r), mit Zuzichung des Ovids o ), ſchließen kann.

Nadidem man nun

weiß, daß Numna den Februar zum lekten Monate ſeines Jahres angenommen hatte: ſo iſt die Zeit der .

Einſchaltung letcht zu beſtimmen ; indem alle Schrift ſteller einſtimmig verſichern, daß ſie nach den Ters minalien , welche von allen jährlichen Feſten den Beſchluß machten, und alfo in den letzten Monat fale len muliten, geſchehen iſt. In dem romuliſchen Jahre, weldjes zulegt, wie ich dargethan habe, außer den an .

dern Einſchaltungen auf 360 Tage geſegt war, fielen die Terminalien auf den legten Tag des Jahres und feines zweyten Schaltmorates p) . Daher kam es, daß Numa, der des Romulus Jahr zum Grunde legte, dabey blieb, und, weil das Ende des romulie fchen Jahres von 360 Tagen auf den 23ten Februar, den er ſtatt des legten romuliſchen Schaltmonates eins

geführt hatte, treffen mußte, alle Einſchaltung nach dem 23ten des eben gedachten Monates vorzunehmen verordnete : ' und daben ließ es auch nachher Julius Caſar bewenden . Weiter aber iſt aus diefer Zeit der

Einſchaltung nichts für das Jahr von 360 Tagen zu

ſchließen : wie Hr. Jackfon 9) bun will. Da Mus ma inzwiſdjen dem Februar ſelbſt fchon 28 Tage zuge theilt I) Saturn . Lib. I. C. 13. p. 220.

m) Antiqu. Rom. Lib. X. p.682. ed. Sylb, Lipf. 1891. n) Lib . III. C. 37.

0) Faſtor. Lib. II. v. 53, 54.

p) Varro de ling. lat.Lib.V. C.3. P.45 .

q) In den chronol . Alterthümern Sh.II. S. 386, 387 nach der Ueberſegung.

mathematiſche Zeitrechnung.

307

theilt hatte: To ließ er die nach dem azten noch davon übrigen Tage den Einſchaltungen anhången. Alles

dieß bekräftigen die Zeugniſſe des Varrons, des Cenforins und des Makrobius r ).

Nach des Kuma Einrichtung war den Oberpries ſtern die Fürſorge überlafſen, daß zu rechter Zeit und auf gehörige Art eingeſchaltet roerden möchte . Aber

dieſe verſäumten ihre Pflicht: bald aus Aberglauben, bald aus Leidenſchaft, aus Haſſe oder Gewogenheit,

damit die Obrigkeitsperſonen ihre Zemter früher oder ſpåter ablegen , oder die öffentlichen Pächter Vortheil oder Schaden saben möchten s). Hiedurch riß eine

folche Verwirrung ein, daß die Jahrszeiten und das bürgerliche Jahr wider einander ließen t ). So wenig giebt man der deutlichſten Anleitung der Natur Ges hör : wenn man nicht verbeſſern, ſondern aus Neben .

abſichten verderben will! Julius Cåſar fonnte ſich

endlich nicht entbrechen, dieſen Unorduungen abzuhela fen. Er ſchaltete alſo bey ſeinem dritten Conſulat, da M. Aemilius Lepidus ſein Amtsgebülfe war, 67 Lage, nebſt dem Mercedonius von 23 Tagen ein .

Die 67 Tage werden billig, auf Cenforins 11) und Dions x) Zeugniſs angenommen : denn die Zahl 68 in einigen Ausgaben vom Cenfurin ift ein offenbarer Drudfehler. Aus dieſen machte er zweene Monate, die er zwiſchen den November und December einrücke

te. Affo beſtand dieß Jahr, welches das 708te vor Erbauung der Stadt Row war , aus is Monaten , น 2

wie

1 ) Varro 1.c Cerforin , C. 20 ober 8. p. 34. Macrob . C. 13. p. 259 , 220.

s) Cenſor. C. 20, oder C. 8. p. 34. Macrob. Sat. Lib . La C. 14. P. 221. t ) Sucton, in vita Iul. Caef. C. 40. u) L...

* ) Dio Caffius hift. Rom . L. 63.

1

Die erſte Abtheilung

308

wie Sueton y ) ausdrücklich ſagt: und da die hinzu: geregten Tage, mit dem Mercedonius von 23 Tagen,

fich auf go Tage beliefen , mußten die Tage dieſes Jahrs von 15 Monaten die Anzahl von 445 ausmas

chen.

Es ward dieß Jahr das lekte verworene

genannt z ). Hiernächſt hob Caſar den Schaltmonat auf: indem er ein Sonnenjahr von 365 Tagen und 6 Stunden annahm . Er fekte deswegen dem numai.

Ichen Jahre, von 355 Tagen, 10 Tage ben, und ver. theilte dieſelben unter die ſieben Monate, welche nach ter Einrid)tung des Numa nur 29 Tage hatten, auf 1

folche Weiſe, daß er dem Januar , Septil und Deceinber jedem zweene davon, den übrigen, dem .

April , Junius, September und Vovember, jedem nur einen julegte, und alſo Januar, Sértil und December 31, 2pril, Janius, September und V7ovember 30 Tage bekamen. Damit aber

in keinem dieſer Monate die Feſte verrückt wurden, ſchaltete er ſie in die legten Theile der Monate, wann feine Feſte mehr in dieſelben fielen, ein.

Durch die

Einſchaltung von 90 Tagen in das verworrne Jahr,

oder das Jahr ſeines dritten Conſulats , erhielte er den Zweck, daß das folgende Jahr, da er ſein viertes

Conſulat mit dem Januar antrat, nach ſeiner neuen Einrichtung abgetheilt ward, und mit dem Laufe der Sonne übereinſtimmte. Daber galten von demſelben an die julianiſchen Jahre. Rechnet man nun mit

dieſem neuen Jahre des Cåſars durch das verworrne

Jahr zurück : ro Fiel der Anfang des verworrnen auf den 13ten Dctober des vor demſelben vorhergehenden

uud zweyten julianiſchen Jahres, von dem Jahre feines vierten Conſulats zurückgetragen. Alſo ſchob

er; wie Cenforin ſagt, den begangnen Fehler der Berech. y ) L. c.

2) Macrob. Saturn, L.I.C. 14. p.22

mathematiſche Zeitrechnung.

309

Berechnüng des Jahres in das numaiſche Jahr zú . růck .

Einen deſto deutlichern Begriff von dem ver

worrnen Jahre zu geben, will ich es hier ſo vorſtellen, daß in der erſten Reihe die Zahl der Monate in ihrer D -hnung, in der andern die Tage eines jeden Miong.

tes, und in der dritten die Tage, auf welche der An. fang eines jeden Monaten nach dem zurückgetragnen

julianiſchen Jahre fiel, ſtehen. nionate. Tage. Anfang nach jul. Jahr. 1 Januar . 29 2 Februar. 23

13 Octob , des 707ten

3. Mercedon. 23

3 Dece

11 670v. Jabr. o .Rom

Die 5 leß :

ten Tage des Febr.

4.März . 5 April 6 Map:

7 Junius. 8 Quintil . 9 Sertil.

5. 31

1 Jan. des 708teni

29

1 Febr. Jahr. v.Rom

31 29

2 Tårz.

31 29

10 Septemb. 29 II October 31 12 Novemb. 29 13 erſten Scales, monac

26. Dec.

2 Apr. 1 May 1 Jun .

30 Jun . 2 ) Jul.

2. Aug.

34

27 Sept.

33

31 Octob 3 Decemb .

14 zweyter

Schaltz monat

15 Decemb.

29

Summe 445. ! So ward dann nach dem Ablaufe dieſes verworrien Jahres mit dem Iſten Januar des 70gten Jahren der

Erbauung von Rom , das julianiſche Jahr zum bůre. U 3

ger's

310

Die erſte Abtheilung ,

gerlichen Gebrauche eingeführt. Dieß beſtand, wie ſchon aus dein vorhergehenden zu fchließen iſt, aus eben denen Monaten , die wir noch iſt gebraucheni, und eben ſo vielen Tagen eines jeden Monates , als wir noch ixt rechnen.

Deswegen iſt es nicht nochig,

hier einen Entwurf davon vorzulegen . Nur will ich noch benfügen , daß der Quintilis nachher, dem Jus lius Caſar zu Ehren , im 2ten julianlſchen Jahre,

da Cåſar zum fünften male nebſt dem m. its tonius Conful war, durch des M. Antonius

Gefek, Julius genannt wurde a ), und daß nach eis ner alten ben dem Saubert b ) gemeldeten Inſchrift, die zwolf Monate, vom Januar an , den zwölf vor.

nehmſten Gottheiten, der Juno, dem Teptunus, der Minerva , der Venus , dem Apollo , dem Merčur , dem Jupiter , der Ceres , dem Vols kan , dem Wars , der Diana und der Veſta , gee weihet waren. Endlich trug Julius Cafar auch noch Sorge , daß fein Jahr nicht in Zukunft, durdy Verſäumung des Ueberſchuſſes von 6 Stunden über bie 365 Tage , von dem natürlichen Sonnenjalre abs

weichen módyte , uno derordnete zu dem Ende , daß nach Ablaufe von vier Jahren ein Tag , der aus den

6 Stunden , oder vier Vierteltagen, alsdann erwachfen våre, nad den Terminalien oder dem azten Februar, wo man vorher den Schaltmonat einzurücken pflegte, ein. geſchaltet würde c ). Von dem Namen des Schalt:

tages und des Schaltjahres habe ich den Grund ſchon oben

a) Macrob. Saturn. Lib . I. C. 12. p. 216. und Cenſor. C. 22 oder C. 9. p . 41, 42.

b) De ſacrificiis C. 4. p. 80. Man febe auch Moreftel. lum de triplici anno Romano etc. p. 34-50. Dempfter, de Etruria regali Lib . I. C. 14. p . 59. und JA & fons chronol. Ulterth . Tb . II. p. 411.

c) Cenſor. C. 20 oder C. 8. p. 35. Macrob . Saturn. L. I. C. 14. P. 2226

mathematiſche Zeitrechnung. 311 oben ben der Erklärung des Schaltjahres angeführt. Dieſe Art des julianiſchen Jahres nun ward von feia

nem lirheber nicht nur in Italien , ſondern auch , ſo weit er es bringen konnte , ben allen andern Völkern ,

fagt Cenſorin d ), eingeführt. Woher bekam aber Tåſar die Gründe zu dicſer Verbeſſerung ? Njaa krob. e) giebt ihm allein den Geheimfd,reiber des

Staates, 413. Flavius, zum Beyftande : jedoch fear er hinzu , daß er in der Annehmung des Sonnenjah

res den Aegyptern nachgeahmihabe. Was für Les gypter dieß geweſen ſind, das entſcheidet Dio Caſa fius : indem er berichtet f), daß Cafar feine Wiſa ſenſchaft aus Alexandrien Gollte , wo nid)t die ågo.

ptiſchen Prieſtee, ſondern die Griechen, ihre Beobache tungen anſtellten , und hiermit ſtimmen die Zeuge niſſe derjenigen überein , die ihm , wie Plinius g ), den Soligenes ins beſondre.zum Lehrmeiſter geben : denn dieſer war ein alexandriniſcher Sternfündiger. Plinius hatte demnach , o ne den Taſar oder Sou

figenes anſtechen zu wollen , Grund , zu behaupten , daß Julius C & far von den dreyen vorige :: Lehrgee båuden , dem chalvåifchen , ägyptiſchen und griechia Ichen keines angenommen , ſondern das vierte hinzu. gethan hátte. In Alexandrien herridite, feit dierane bers des Großen Zeiten , mehr die vermiſchte griechia

fche, als die ägyptiſche Geſehrſamkeit. Darum war das Lehrgebäude, welches Cåſar aus Alerandrien be.

kam , von den ägyptiſchen unterfchieden. : Mit dem chaldaiſchen traf es eben ſo wenig zu.

Und wie weit

es von den Begriffen der Griechen abging, kannman

aus dem Prolomäus h ) ſehen, der aus Sipparche, 04 d) L. C. e) L. c. p. 221.

f) Hift. Rom. Lib . 63. 8 ). Hift. nat. Lib. XVIII, CS b) Almag. Lib.II.. C..ber

Buche

312

Die erſte Abtheilung,

Buche von den Monaten und Tagen anführt, Wies ton habe dem Jahre noch über die 6 Stunden einen und einen halben fechs und ſiebzigſten Theil von dem

Tage , oder 17 Min. 52 Sekund. und 22 Terj.

zugeeignet , sipparchus es hingegen felber um eia nen drenhunderteſten Theil fürzerals 6 Stunden gee macht, ſo daß der Ueberſchuß über die ganzen Tage, ſeiner Meinung nach, 5 Stund. 55 Viin . und 12 Ses kund. machte. Konnte dann Plinius nicht mit Rech .

te behaupten , daß Cäfars lehrgebäube von dem griee chiſchen abwiche: ob gleich Talippus ro, wie er, nad, eben des Ptolomäus Zeugniſſe, nur fechs Stunden über die Tage fekte ?

Die Verbeſſerung des Julius Cåſars warb går. bald durch neue Verwirrungen wieder unfräftig gee macht , die aus der unrechten Einſchaltung des aus den 6 Stunden geſammleten Tages entſtunden. Wors

inn der Fehler eigentlich geſteckt habe, darinn iſt man nicht einig : und kann es auch nicht fern , weil mandie kleine Umſtände , die das julianiſche Jahr in allen Stücken auf das genaueſte zu beſtimmen dienen

könnten , nidyt beſchrieben find. Man kann davon

den Scaliger i) und Petav k ) nachleſen. Was makrob h) aufgezeichnet hat, ſcheint für die Ges Da man , ſchreibt er , fchichte hinreichend zu ſeyn. den Tag, der aus den Vierteltagen wird , allemal am Ende des vierten Jahres , ehe das fünfte anging,

einſchalten ſollte : ro (dalteten die Prieſter nicht am

Ende , ſondern zu Anfange des vierten Jahres, ein.

Diefer Fehler blieb fechs und drenßig Jahre lang : und in fo vielen Jahren wurden zwölf Tage einges

ſdjaltet, da es doch nur neune Jåtten ſeyn ſollen. ber i) De emendat. temp. Lib. IV. p. 230 199. k) De doctrina temp. Lib. IV. C. 2 et3. P. 313-322. 1) Saturn . Lib. I. C. 54. p. 224.

1

mathematiſche Zeitrechnung.

31

公益

aber auch den Fehler, den man ſpåtwahrnahm , ver

beſſerte Auguſtus, der zwölf Jahre ohne einen

be

Schalttag hingehn zu laſſen befahl, damit die dren Sage , welche in ſechs und drenßig Jahren , durch das Verfehn der Prieſter in allzu frühzeitiger Ein ſchaltung, angewachſen waren , dadurd, wieder auf

gehoben werden möchten , daß man in den folgenden zwölf Jahren gar keinen Tag einſchaltete: hiernächst befahl er, allemal zu Anfange des fünften Jahres, nach Cåſars Anordnung, einen Tag einzuſchalten ; und ließ dieſe ganze Vorſchrift zur ewigen Beobach . tung auf eine eherne Tafel eingraben . , Qußer dem ging unter dem Auguſtus noch eine kleine Verånde.

rung vor , die Cenſorin m ) und Makrob n) in andern Stellen bemerken.

Der Sertilis ward die.

fem zu Ehren im zoten auguſtiſchen Jahre , durch einen öffentlichen Schluß des Rathes und des Vol.

kes, Auguſtus genannt. Nachher wollte man zwar auch andern Monaten ihre alten Namen vertauſchen, wie der September Germanikus und der October

Domitianus genannt wurde: aber dieß ward wie. der aufgehoben . Es gehört noch zur Erkenntniß des römiſchen Jahres , daß man die Eintheilung der Lage in den Monaten deſſelben wiſſe. Der erſte Tag eines jeden

Monates hatte den Namen der Kalenden. Die folgenden bis zum ſiebenden im März , Way, Jus lius und October , in den übrigen aber nur bis zum

fünften , hießen nach den Nonen, die auf den ſieben. den oder fünften Tag des Monates fielen , und wur . den durch die Drdnungszahlen, idie weit ſie von dem

fiebenden oder fünften Tage ſtunden , unterſchieden .

Ben den vier ausdrücklich eben genannten Monaten Us m) C. 22 oder 9. p. 41, 42. n) Sat. Lib. I, C.dzi p, 216 , 217• •

follte,

314

Die erfte Abtheilung,

Poltte , nach Eenforins a ) Berichte, die Anzahl der Lage vor ihren Nonen , da ſie bey den übrigen allen auf den fünften trafen , zu der Unterſcheidung,dienen , daß fie fchon voralters 31 Tage gehabt hatten , ehe

Cåſar noch drenen andern eben ſovielezutheilte. Die weiter folgenden Tage nach den Nonen , das iſt, nach dem ſiebenden oder fünften, wurden bis zum achten von den Nonien , nach unſrer Rechnung bis zum 15ten

oder izten des Monates , von, den Jouen benannt, und wiederum durch die Ordnungszahlen , "weldje air

zeigten , wie weit ſie von dem 15ten oder izten , als dem Tage der Jouen nody entfernt waren, genaya er bezeichnet. Endlich wurden alle nach dem 15tén oder izten noch übrige Tage bis zu Ende des Mong. tes , nach ihrem Abſtande von den Kalenden des fole

genden Monates , ebenfalls nach den Ordnungszahlen gerechnet. Nachdem einmal alle Lage der Monate durch die Kalenden , 17onen und Iduen abge. theilt waren : ſo war in der That Das bequemſte Mife tel, die Tage , welche zwiſchen diefelben fielen, nach ihrem Abſtande von denen , die Ralenden , Zonen

und Jouen hießen , zu unterſcheiden. Hierzu aber war ein gedoppelter Weg offerto Entweder man konnte die übrigen Tage von den vorhergehenden Kae lengen , Nonen und Jouen nach ihrem Abſtande von dieſen nennen ; und fo hätte man die Zahlen in ihrer natürlichen Ordnung behalten können , auch feine Na

men von zweenen Monaten in einen miſchen Bürfen : oder man konnte fie -nach den folgender Kalenden, Nonen und Jouen und ihrem 2bftande von dieſen

bezeichnen ; und ſo mußte man mit den Zahlen rück . wärts gehen , alſo auch die Tage nach den Jouen durch nic Kalouden des folgenden Monates bemerken .

Das legte iſt eben nicht das natürlichſte: gleichwohl haben . ) De die nat. C. 20 ober C. 8. p. 35

1 .

mathematiſche Zeitrechnung. :315 haben es die Römer gewählt; wie es die Griechen mit dem leßten Theile ihrer Monate eben ſo hielten. Alſo wurden nach dem erſten Tage des Monates,

oder den Kalenden, alle die übrigen rückwärts von den Nonen , Jouen eben deſſelben , und von den Kalena den des Folgenden Monates gezählt. Im März, Man , Jul ' und Detober hieß demnach der zwente Monatstag der ſechſte, in den übrigen , der vierte von den honen , u. 1. f. Von der Ableitung der

Namen , Kalenden , Vionen und Jouen kann man den

akrob p) leſen ."

Dieß iſt nun das Fahr, welches nicht nur alle Chriſten in Europa bis auf das 170cte Jahr nach

Chriſti Geburt gebraucht kaben , ſondern auch noch bis auf den heutigen Tag die Sternfundigen und Zeit rechnungsbeſlißnen gebrauchen ; ob es gleich , wie ich bald zeigen werde, von dem natürlichen Sonnenjahre abweicht: man gebraucht es aber ſicher , weil einmal

bekamt iſt, wie viel die Abweichung beträgt. Da das natürliche Sonnenjar aus 365 Tagen , 5 Stuns den und 49 Minuten beſteht: fo iſt das julianis

Iche, welches über die 365 gange Tage nod; fechs Stunden voll annimmt , um eilf Minuten zu groß.

So klein dieſer Fehler auch anfangs ſcheinen mag : fo trägt er doch binnen hundert Jahren 18 Stunden und zwanzig Minuten , und in 130 ti Jahren, oder in beynaße 131 Jahren , einen ganzen Eag aus. Wie man ihn in neuern Zeiten zu verbeffern geſucht habe , um dem bürgerlichen Jahre mehrere Vollkom. menheit zu geben , das werde ich , als die ſpäteſte Veränderung, am Ende dieſer Beſchreibungen des verſchiednen Jahres benbringen.

Weil wir nach dem julianiſchen Jahre die übrigen zu vergleichen und zu beurtheilen gewohnt ſind : ro habe p) Saturn . Lib. I. C. 15. p. 226, 227.

Die erſte Abtheilung,

316

habe ich mich daber ; um einen deſto deutlichern Be griff davon zu machen, etwas genayer in die Geſchich .

te eingelaſſen , als ich in dem Folgenden thun werde. Ich will ißt bloß die Jahre der andern Völker, die in der Geſchichte am meiſten vorkommen , ſo vorſtel len , wie ſie gemeiniglich angegeben werden . Die Unterſuchung der wahren Beſchaffenheit nach der Ge.

fchichte, verſpare ich billig bis zur Hiſtoriſchen Zeite rechnung .

Das Jahr der Griechen iſt in viele Schwie. rigkeiten verwickelt. Sie ſollen einmal ein Mondjahr von zwölf Monaten gehabt haben , die anfangs jeder aus 30 Sagen und Gernach wechſelsweiſe aus 30 und 29 Tagen beſtunden und von der erſten Monderſchei.

nung an gerechnet , aber allemal, nach einem wieder. Fehrenden Kreiſe von 19 Jahren, im zten, sten , sten , Inten, 14ten , 16ten und 19ten Jahre mit einem Schalt. monate von 30 Tagen vermehrt wurden , damit die

Neumonde und Vollmonde beſtändig mit einerley. Jahrszeiten verbunden feyn möchten . Der Anfang dieſes Jahres wird auf den Vollmond nad, der Son .

nenmende im Sommer , das war anfangs den sten

Jul. , Hernach den 27 Jun. , geſegt. Dann folgten die Monate mit ihrer verſchiebnen Anzahl von Tagen

und nad, ihren unterſcjednen Namen in der nadiſtea benden Ordnung. Tamen der

Anzahl

monate

der Tage

Sekatombåon Metagitnion

29

Boedromion

29.

30

Irjaimacterion

30

Pyanepſion Pofideon

29 30

Gainelion

29 30

Anthepierion

Elaphes

mathematiſche Zeitrechnung. 317 Elaphebolion

29

Munyction

30

Thargelion

29

Skirrophorion 30 Der Schaltmonat, welcher nach dem Pofideon ein. gerückt ward , hieß der zweyte Poſideon : und dieſ

Jahr pflege ins.beſøndre das actiſdie genannt zu werden .

Das macedoniſche Jahr unterſcheidet man in das ältere und neuere. Das ältere foll ein Monde

jahr geweſen ſeyn , welches von dem attiſchent in nichts als in den Namen und der Ordnung der Mo.

nate unterſchieden war : indem der erſte macedoniſche Monat, Dios , mit dem attifchen Måmacrerion

zuſammentraf. Man ſehe hier ihre Namen und Ord. nung nebſt der Anzahl ihrer Tage. Namen der

Anzahl

inionate

der Tage

Dios

Apellsos Audynåes Peritios

Dyſtros Xanthikos

Artemiſios Dåſios Panemos

30 29 30 29 30 29 30 1

29 30

Loos

29

Gorpiaos

30

Byperbererkos

29

Das neuere macedoniſche Jahr hingegen iſt ein Sonnenjahr, das mit dem julianiſden vollfommen übereinkommt, und ſeinen Anfang auf den erſten Tag des Audynáos , der mit dem erſten Januar des ju .

k lianiſchen Jahres zuſammentrifft, feſtgeſebt hat. Die

1

Die erſte Abtheilung,

318

Die Syromacedonier nebſt den Smyrnern und Tyriern hatten andre Namen der Monate, als

die Cyprier und Paphier ; und die Bytbinier auch wieder andre.

Man hat ſie in der Geſchichte

zu wiſſen nöthig. Deswegen will ich ſie hier, wie 1

ſie zuſammentreffen; herſegen , und ihr Verhältniß gegen das julianiſche Jahr in der lekten Reihe beya fügen. Syromacedo. niſche Monate

Paphiſche

Bythiniſche

der Anfang Monate

Monate

Monate

nachdem jua

1

lian . Jabre .

Syperberes

Aphrodiſios. Sereos.

24 Sept:

tåos, Dios.

Apogonikos. Sermios.

24 October

Apellåos.

Menitos .

Wetroos .

23 6700 .

dadyndos Peritios . Dyfiros . Xanthikos.

Julos.

24 Déc.

Kårarios,

Dionyfios. Secaklios.

Sebaſtos .

Dios .

22 febr.

2utokratos

Bendidos.

257778rz.

Artemiſios.

Demarche

Strategios,

25 pr.

23 Janu

tifos. rafios.

Dåfios.

Plethytatos. Urios.

25771ay.

Panemos.

Ardiereus.

Periepios.

25 Jan.

Loos .

Efibios .

Aphrodiſios. 25 Jal.

Gorpišos.

Romos.

Demetrios.

25 Aug.

Den Aegyptern wird mit großer Webereinſtim mung ein Sonnenjahr zuerkannt. Von der Beſchaf Fenheit deſſelben in den älteſten Zeiten iſt hier nicht

der Ort zu reden. Das & gyptiſchnabonaßaris Tche Jahr aber iſt durch den Gebrauch, welchen Pros lomäus in feinem Almageſt davon macht, wie vur ihm ſchon Sipparch in ſeinen Schriften gethan Hatte, bekannt genug. Es iſt ein Sonnenjahr von 365 Tagen , die in zwölf Monate von 30 Tagen und

fünf am Ende der zwölf Monate hinzugefekte Sdyalts tage Vertheilt ſind. Da alſo alle Monate gleich viele Tage haben : fo darf ich nur bloß igre Namen nach

1

inathematiſche Zeitrechnung. 319 Ber Ordnung anführen . Sie heißen Thor, Paos phi , oder Phaophi , Atbyr, Chojak, oder Chaat,

Tybi , Mecheit , Phamenoth ; Pharmuthi, Padon , Pauni, pipbi, Meſori. Außer den 5 Tagen , die ans Ende angehängt wurden , ſchale fere inan für den Ueberſchuß des natürlichen Sonnen jahres von 5 Stumden und 49 Minuten nichts

ein. Daher war es ein wanderndes Jahr, oder ein Rücfjahr , deſſen Anfang, wenn man es gegen das julianiſdie hålt , alle vier Jahre um einen Tag frúhet fallen mußte: ſo daß , wenn der Anfang deſo felben , wie Petav ) willi, auf den 26ten Februar im 7žzten Jahre vor Chriſti Geburt fiel, er im 744ten

Jahre vor Chrifto, auf den 25ten Februar traf, u . P. F. Auf folche Weiſe ging dieß egyptiſche nabonatariſche Jahr immerható 1460 Jahren durch alle Jahrszeiten des julianiſchen Jahres , und kam erft nad ) Verlaufe dieſer Zeit wieder auf eben denſelber Tag des bürgerlichen Jalres zurück. Nachdem aber Auguſtus durch die Schlacht ben Actiuin in Epir die Aegypter unter ſeine Bothmåßige keit gebracht hatte : nahmen ſie das julianiſche Jahe gewiſſermaßen an r ).

Sie behielten die nabonaßari

Tchen Monate und die fünf angehängten Schaltrage: allein um ſich nach dem julianiſchen Jahre zu richten,

fingen fie an , überdieß noch alle vier Jahre zwiſchen dem 28ten und 29ten Uuguſt einen Tag einzuſchalten ;

jedoch nicht in einerley Jahre mit dem juliarifchen , fondern in dem unmittelbar vorhergehenden. Den

Anfang des Jahres regten ſie auf den 29ten Auguſt des julianiſchen. Dieß julianiſche nach dem nabo.

naßariſchen eingerichtete Jahr nennt man, wegen der erwähn 9) De doctr. temp. Lib. VII, C. 13. P. 649 et Lib. IX . C. 51. p. 123.

1) Dio Carl, hift, Rom , Lib. 51.

Die erſte Abtheilung,

320

erwähnten Veranlaſſung dazu durch die Schlacht ben Actium , das actieſche Jahr. Mit dem actieſchen Jahre fømmt das Schiopis ſche, welches ebenfalls ein Sonnenjahr iſt, vollkom . men überein . Es fångt ſich auch wie jenes mit dem

29ten Auguſt des julianiſchen Jahres an. Nur unterſcheidet es ſich durd) die Namen der Monate, die

jeder 30 Tage haben , und am Ende des Jahres s Schalttage, wie das actieſche, nach einander ange. hångt bekommen. Die Schalttage nennen ſie Pagos

men : und die Namen der Monate ſind , Maſca, ram , Tyłymt, Sydar , Tyshas , Tyr , Jas katir, magabir, Mijazia , Ginbet , Syne, Samle , Sabaſe.

Das ſyriſche Jahr iſt auch ein Sonnenjahr, das ſich beſtåndig mit dem October des julianiſchen Jahres anfängt und mit dieſem , außer den Namen

der Monate, völlig übereinkommt. Ich will es hier nach dieſer Uebercinſtimmung vor Augen legen. #

Syriſche Tjos nate

Der Der Der Der

Tage der Julianiſche Monate

31 erſte Tischrin zweyte Tisdirin 30 31 erſte Ranun 31 Ranun zweyte

Monate

October Tovember December

Schabar Adar

31

Januar Februar wacz

Tiſait Aijar

30 31

April May

haziram Tamus

30 31

Junius Julius

ab Elul

31

Āuguſtus

30

September.

28

Das jezdegerdiſche Jahr der Perſer war ein wanderndes Sonnenjahr von 365 Tagen , wovon ei nem jeden Monate 30 beygelegt und am Ende der zwolf

1

mathematiſche Zeitrechnung.

321

zwölf Monate 5 Schalttage zugeſegt wurden . Es hat ſeinen Namen von dem lekten perſiſchen Könige

Jezdegerd oder Jesdegird , der von den Sara . cenen zu des seraklius Zeiten im 632 Jahre Chriſti umgebracht wurde s ) , und von Alfragen oder Als

phergan t) , Albategne u ) und andern ſo genannt wird , ob er gleich ben dem Saython , Áſkajoch , ben andern Sormisda heißt : weil es alsbald nach dem Tode deſſelben eingeführt ward. Aus der eben

gegebnen Erklärung erhellt, daß das jezdeğerdiſche Jahr mit dem nabonaßariſchen vollkommen übereina kam . Ich darf nurnoch bloß die Namen ſeiner Monare Herreken : da fie alle gleich waren und 30 Tage hate ten .

Der allen gemeine Zuſak , meb , bedeutet

Monat. Mit dieſem heißen ſie Afrardin meh, oder Phrurdin meh , Adar Babaſdhth meb oder Ardihaſche meh , Cardi meh , Thir meh , Mers

ded meh , Schaharir meb , Mehar meh , As ben meb , Adar meh , Di meh , Behen meh, Affirec meb oder Aſphandar meh . Die fünf Schalttage werden juſterakah genannt. Neben dem jezdegerdiſchen Jahre kam im 1079 Jah. re Chriſti das gelaleiſche Jahrunter den Perſern auf: da der Sultan bon Koraſan oder Meſopotamien Gelals

eddin Melipa, wovon esden Namen hat, das Jahr ſo einrichten ließ , daß die Tage in demſelben mit dem Anfange der Jahrszeiten nach dem natürlichen Son . nenjahre zuſammentrafen , und der Anfang eines jea den Monates mit dem Eintritte der Sonne in ein

neues Zeichen zugleich fiel. So viel iſt aus einer Stelle

s) Haython , in paffagio terrac fanctae C. XV. apud Pe. tau, de doctr. temp. Lib. XI, C. 51. p. 387. t) C. I. apud Petau . I. c. p. 388 . u ) C. 32. ap. Petau . I. c.

I. Theil.

X

1

322

Die erſte Abtheilung,

Stelle des Georgs Chryſokokka , ben dem Dez tav x) und andern, abzunehmen. Jedoch Petav

ſucht wider den Scaliger zu behaupten, daß dieß Jahr niemals im bürgerlichen Leben gebraucht fen : weil eines Theils die Monate der Perſer alle aus 30 Tagen beſtanden håtten , die Zeiten aber, worinn die Sonne ein Zeichen durchläuft, ungleid , wären ; ana, bern Theils die Neumonde, das iſt, die erſten Tage der Monate, an den Eingang der Sonne in ein neu :

es Zeichen nach dem gelaleiſchen Jahre gebunden ſenn mußten , welches im bürgerlichen Leben nicht beobada tet werden könnte. Allein, wenn die Perſer gleich,

Po lange das jezdegerdiſche Jahr galt, nur gleiche Monate von 30 Tagen hatten : To folgt doch nicht,

daß ſie, nachdem das gelaleiſche Jahr eingeführt war, eben folche Monate behalten haber follteit. Ek kommt daber auf Zeugniſſe an , ob es wirklich

geſchehen fey, oder nicht. Nun beruft ſich Petao zwar auf den griechiſchen Mönch Iſaak, der in der legten Hälfte des inten Jahrşunderts, und affo faſt 300 Jahre nach der gelaleiſchen Einrichtung , auch

- mit dem griechiſchen Arzte Georg Chryfokoffa beya nahe zu einer Zeit , ' lebte, und auf den Brief des

neuern Untiocheniſchen Patriarchen, Ignatius , ar Scaligern , toelche beyde Zeugniß ablegen , daß die Perſer ein Rückjahr von 365 Tagen aus zwölf glei. chen und drenßigtågigen Monaten nebſt fünf angen hångten Schalttagen gebrauchten: aber dem Morte chen ſteật des Arztes Zeugniß entgegen ; und da man

nothwendig eines von beiden verwerfen muß , fans wohl des Arztes , eines Mathematikers , Beridht eher gelten , als des Mönchs Erzählung, der ſeine Nach . richten aus den Zeiten vor dem gelaleiſchen Jahre hers

gehohlt (aben mag. Der Patriarch, aus dem fecha zehn. 1 ) L. c, C. 52, p. 388 fq . .

mathematiſche Zeitrechnung. 323 zehnten Jahrhunderte , kann ben dem allen in ſeinem Briefe Recht gehabt haben : Denn zu der Zeit mag das gelaleiſche Jahr , weil es zu feiner Beobachtung Hufmerkſamkeit erfordert, zu rechterZeit den aus dem Deberſchuſſe geſammleten Tag einzuſchalten , wohl fchon , wenigſtens in einigen Gegenden , wieder aus dem Gebrauche gekommen fenn.

Petads andrer

Einwurf fällt weg , fo bald man ermågt, daß im bürgerlicheit Jahre zwar bloß nach ganzen Tagen ges rechnet wird , iran aber dennoch fagen kann , es trefe

fe der erſte Tag des Monates mitdem Eintritte der Sonne in ein neues Zeichen zuſammen , wenn dieſer

Eintritt noch in eben denfelben Tag fällt, ob er gleich einige Stunden oder Minuten früher geſchieht. Ich Halte daher das gelaleiſche Zakr für ein bürgerliches

Jahr unter den Perfern. Der erwähnte Georg Chryfokokka y ) meldet in einer andern Stelle aus. drücklich , daß es ſich mit dem Eintritte der Sonne

in den Widder, und folglich mit der Tages und Nacht Oleiche im Frühlinge, anfing. Um es in dieſer Orda pung zu erhalten, ſchaltete man von dem geſammlecen lieberſchuſſe des natürlichen Sonnenjahres über die

ganzen Tage des bürgerlichen Jahres ſechs bis fie. benmal alle vier Jahre einen ganzen Tag , und dara auf erſt im fünften Jahre eiunal wiedereinen Tag ein , damit das , was ben den ſechs oder fieben ere

Ken Schaltjahren zu viel geredynet war, durch Ver ſchiebung der Einſchaltung bis ins fünfte Jahr, wies der abgehn möchte.

Sie regten aber das natürliche

Sonnenjahr auf 365 Tage, 5 Stunden , 49 Mis nut. 15 Sekund, keine Terz. und 48 Quart. AL

fo behåle dieß Jahr die Zeiten der Sonnenwenden und der Eags und Nacht Gleicher beſtånbig auf ein

uem und eben demſelben Tage , und fórumt mit dem # 2 Laufe 9 ) Ap. Petau. I. c. P. 393.

Die erſte Abtheilung ,

324

{aufe der Sonne am beſten überein. Auch Hat es in Abſicht auf die Einſchaltungen die bequemſte Einrich. tung unter allen : da es das , was durch etliche Ein. ſchaltungen eines ganzen Tages zu viel genommen wird, bald wieder aufhebt, ehe es im bürgerlichen Leben merklich werden und eine Unordnung verurſachen kann.

Ich habe das jüdiſche Jahr ſo lange unberührt gelaſſen : weil dasjenige , welches man gemeiniglich

das alte Jahr der Juden nenrt , meinen Gedan. ken nach eine neuere Erfindung iſt, wovon ich in der

hiſtoriſchen Zeitrechnung Beweis zu geben ſuchen werde. Inzwiſchen muß ich doch dieß erſonnene Jahr , da es bey den meiſten Zeitrechnungen anges nommen wird , hier anzeigen. Es iſt das ſo genann .

te alte Jahr der Sebråer ein Mondjahr, das or. dentlich aus zwölf Monaten von 30 und 29 Tagen wechſelsweiſe beſteht, und entweder durch eilf, bisa weilen auch zwölf, am Ende des Jahres hinzugefego te Tage, oder durd) einen ganzen Schaltmonat, mit dem Sonnenjahre in Uebereinſtimmung gebracht wird. In dem erſten Falle, wenn die Einſchaltung jährlich bisweilen durch in und bisweilen durch 12 Tas

ge geſchieht, iſt es ein ordentlichs Mondſonnens jahr, oder ordentlich) verglichnes Jahr. Hier ſind die Namen , welche man für die Monate deſſele ben geborgt hat : hier ſind auch die Tage, woraus ein jeder Monat beſtehen ſoll. Namen Tage der Monate

Niſan oder Abib Ijar oder Zius Sivan

der Monate 30 29

Ab

30 29 30

Llul

29

Tamus oder Thamuz

Tisri

mathematiſche Zeitrechnung, Tisri oder Lthanim Marchesvan oder Bul

325

30 29 30

Kisleu Tebeth Sdabar oder Schebat

29 30

Der erſte Adar im Schalta jahre

30

Adar im gemeinen Jahren. ober

Der zweyte Adar im 29

Schaltjahre

In einem überlaufenden Jahre bekommt der Mare desvan 30 , und in einemmangelhaften Jahre

der Kisleu nur 29 Eage : Senn eben von dieſer Ane

zahl der Tage in den eben genannten Monaten heißt bas eine das überlaufende unddas andre das mans gelhafte Jahr ; der Grund aber , waruin dieſer Zuſaß, oder dieſe Abfårzung bisweilen geſchieht, liegt in der jüdiſchen Berechnungsart, wovon ich in

Folgenden bey Gelegenheit der Kalender etwas fagent werde.

Man hat aber auch noch ein neueres Jahr der Juden. Das haben ſie wirklich in ſpåtern Zeiten gebraucht und gebrauchen es noch in gottesdienſtlichen Sachen. Es iſt wiederum ein Mondjahr von zwölf Monaten in den gemeinen , hingegen in den Schalte jahren von dreyzehn Monaten , und die Schalt:

jahre ſind , in einem wiederkehrenden Kreiſe von 19, Jahren , das zte, das 6te, das ste, das ute, das

14te , das 17te und das 19te , wodurch die Juden ihr Jahr mit dem Sonnenjahre in liebereinſtimmung zu bringen ſuchen. Der Anfang dieſes Jahres wird an den Neumond, der zunächyft nach der Tages und Nacht

Gleiche im Herbſte folgt, gebunden. Sich fóige hier

die Namen der Monate nach iþrer Ordnung , und die Långe eines jeden, ber. E 3

Zamen

Die erſte Abtöeilung,

326

Namen der Monate

Tage der Monate

Tisri

30

marchespan Rislcu

29 30

Tebeth

29

$

Schebat 210ar

30 29

Veadar im Schaltjahre

30

niſan

Jjar

30 29

Sivant

30

Tamus

29 30 29

2b

Flul

Es giebt auch hier ein überlaufendes Jahr, wenn der Darchesvan 30 , uns ein mangelhaftes , wann der Kisleu nur 29 Tage Kat. Theils Uberglauben,

theils Unwiſſenheit haben in die Berechnung des jüdi.

fchen Jahres viele Schwierigkeiten ohne Notly einges führt. Was davon zu wiſſen nöthig iſt, wird im Folgenden an ſeinem Orte vorkommen .. Gegenwär tig iſt nur noch zu bemerken , daß , wenn ben dem

alten Jahre der Hebråer die Einſchaltung nicht jährs lich durch u oder 12 Tage , ſondern nach Verlaufe

einiger Jahre durch einen gangen Monat angenom men wird, fo wohl das vermeinte alte, als das neus ere Jahr der Juden, in der That ein unordentlig

ches 1170ndſonnenjahı , oder unordentlich vers glidines Jahr iſt, woben das Mondjahr zum Grunde liegt, und außer den Schaltjahren allein beobachtet wird .

Wie die Juden ihre Feſte an den Mondlauf ges bunden und eben deewegen das Mondjahr zum

Grunde ihres bürgerlichen Jahres gelegt Haben : ro iſt es auch von den Tür ken und mahonetaniſchen

Arabern geſchehn. Jetody weichen dieſe von den Juten

mathematiſche Zeitrechnung.

327

Juben nicht nur barinn , daß fie es nicht nach dem

Sonnenígufe vergleichen , fondern auch in iłyree Beo rechnung und ihren , Einſchaltungen

ab .

Sie

þaben ein Mondjahr , das aus zwölf Mona ten , wechſelsweiſe von 30 und 29 Eagen bee ſteht, 34. denen in den Schaltjahren noch ein Tag

hinzukommt. Dieſen Tag ſdhalten ſie , nach einem wiederkehrenden Kreiſe von 30 Jahren , aliemat ám aten , sten , 7ten , roten , 13ten , Isten ; 18ten , etten,

24ten , 26ten , und 29ten Jahre ein. Die Einſchal.

tung eines ganzen Monates gebrauchen ſie nicht. Es. iſt alſo ihr Jahr ein bloßes Mondjahr . Der Anfang deſſelben fällt für das erſte Jahr, womit ſie ihre Jahre zu zählen angefangen haben , nach ihrer Gewohlle. heit auf den 16 Jul, und den ſechſten Tag der Wodje nad dem julianiſchen Jahre . Man fehe hier-eia nes jeden Monates Namen , Ordnung und Źånge . Tage Kamen der Monate Muharram

Saphar

Der erſte Kavia Der andre Rabia

Der erſte Jomada

Der andre Jomada Rajab Sihaaban

der 2170nare 30 29 30

20 30 29 30 29

Samadan oder Ramadan 30 Sbawat

29

Dulkaadah

30

29 Dulheggia In Schaltjahre hat biefer lebte Monat 30 Tage.

Von dem merikaniſchen Jabre ter Amerifas mer will ich nur wenig anführen : weil es in der Ges

ſchichte von keinem fo großen Nußen iſt. Es beſteht aus 365 Tagen , die unter 18 Monate , jeden von 20 EA Lager

328

Die erſte Abtheilung,

Tagen , und den Zuſaß von 5 Schalttagen am Ende des Jahres vertheilt ſind. Folglich iſt es ein wang derndes Sonnenjahr. Wer die Namen der Mos nate und ſonſt noch etwas mehr davon zu lefen Belie. ben findet, dem fann Scaliger z) dienen , welcher

1

die Nachrichten vornehmlich aus dem Franciſc. Los pez Gomara und Joſeph Acoſta geſammlet hat. Ich komme nun endlich auf die neueſte Einrich

1

tung des Jahres.

Dieſe gründet ſich auf eine Ver.

beſſerung des julianiſchen . Dazu hatte ſchon der Pabſt Gregorius XIII., da er im 1582ten Jahre Chri. fti, den sten Octob., 10 Tage von dem julianiſden Jahre wegzulaſſen und die Einſchaltungen genauer einzurichten , verordnete , den Weg geöffnet. Nach dem aber 1699, den 23ten Septemb. , auf dem Reichs. tage zu Regensburg von den evangeliſchen Standen der Schluß gefaßt war , noch einen Tag mehr , wel.

cher ſeit Gregors Verfügung angewachſen war, alſo zuſammen eilf Tage , wegzulaſſen , und die gregorias niſche Verbeſſerung, mit einiger Veränderung we. gen der Zeit des Oſterfeſtes , anzunehmen : ro ward

das verbeſſerte Jahr allgemeiner. Es fam darauf an , daß das Uebermaaß des julianiſchen Jahres, welches feit der nicániſchen Kirchenverſammlung, weil man zu viel einſchaltete, im 1700ten Jahre bis auf eilf Tage angewachſen war , durch genauere Einſchal. tung vermieden würde: nachdem man vorher die zu viel eingeſchalteten Sage weggeworfen hatte. Nun

betrug das , was bey der Verfaſſung des julianiſchen

Jahres gu viel eingeſchaltetward , in hundert Jahren 18 Stunden und 20 Minuten , wie oben bewieſen

iſt, folglich in vierhundert Jahren 3 Tage, 1 Stun , de und 20 Minuten. Wenn man alſo in dem hun. derteſten Jahre dreymal nach einander nichts , und

erſt, wenn das hunderte Jahr zum vierten mal 1

wie .

z) De cmend. temp. Lib . III. p. 224 ſqq.

f

1 1

mathematiſche Zeitrechnung. 329 wiederkam , einen Tag ſo, wie es alle vier Jahre gea ſchehen ſollte, einſchaltete : To hoben ſich die überflüf figen dren Tage auf. Man wählte daber dieß Mit.

tel: und ſo entſtand das verbeſſerte Jahr, welches auch das gregorianiſche genannt wird , weil der Pabſt Gregor XIII. dieſe Unordnung ſchon vorher gemacht hatte. Uus dem , was geſagt ift, folgt die

Erklärung des gregorianiſchen Jahres: es. iſt ein julianiſches, aber fo verbeſſertes Jahr , daß das hunderteſte Jahr , welches nach des Julius Caſars, Einrichtung allemal ein Schaltjahr feyn ſollte, brey. mal nach einander ein gemeines Jahr bleibt und mur

das vierhunderteſte ein Schaltjahr iſt. Im 170oten Jahre ward die Einſchaltung zum erſten male un terlaſſen. Deswegen werden auch das 180ote und

190ote gemeine Jahre ſeyn: und das 2000te wird erft unter den hunderten wieder ein Schaltjahr wer den . Allein , ob hiedurch gleich der grobe Fehler von dreyen Tagen in vierhundet Jahren verhütet wird : ſo bleibt dennoch das gregorianiſche Jahr : in vierhundert Jahren um ſo viel zu groß , als das Ulei bermaaß des julianiſchen in derſelben Zeit über die

ganzen Tage beträgt. Dieß iſt nach der eben vorher gemadsten Beredynung i Stunde und 20 Minuten. Es wird demnad ), wenn die Welt ro lange ſtehen

follte, das gregorianiſche Jahr in 7200 Jahren , um einen ganzen Tag wieder zu groß ſeyn. Das gelaleia ſche hat vor demſelben viele Vorzüge: es iſt in 26. ficht auf die Einſchaltung beſſer eingerichtet; und es

kommt mit dem Laufe der Sonne in den Abtheilun gen ſeiner Monate mehr überein. So wohl bey dem julianiſchen , als gregorianiſchen Jahre iſt es ei.

ne unſchickliche Sache, daß diejenigen Monate , da die Sonne die Tage verlängert und am långſten in ihren Zeichen verweilt, die kürzeſten , und hingegen

diejenigen, in welchen die Sonne für;ere Tage mache X 5

und

i.

330

Die erſte Abtheilung,

und ihre Zeichen am geſchwindeſten durchläuft , die långſten ſind. Im bárgerlichen Leben kann man nun

zwar fo, wie es nach der lekten Verbeſſerung iſt, da. mit auskommen : aber es würde doch vortheilhafter

reyn , auch in der bürgerlichen Verfaſſung dem natura lichen Sonnenjahre genauer zu folgen . Es würde einem jeden die Unterſcheidung der Zeiten dadurc) er.

leichtert, und die Erkenntniß des wahren Sonnen jahres allgemeiner gemacht werden. Allein iſt eine folche Verbeſſerung nicht mehr zu wảnſchen , als zu hoffen ? Warum ſollte man ſie nicht hoffen können ? Man dürfte mur die Nugbarkeit davon fleißiger und genauer vorſtellen : fo würden ſich mit der Zeit.wohl fo vortheilhafte Umſtände zeigen , daß ſie ins Werk zu richten wäre. Es iſt mit allen Verbeſſerungen #

langſam zugegangen , und endlich ſind ſie doch er.

folgt. Die Wahrheit findet allemal eine oder die andre Zeit , mit ihrem (ichte durchzubrechen. Vere gebens hatten die kofinißiſche, bafelfche, lateraniſchen und tridentiniſche Kirchenverfammlungen ſich um eine Verbeſſerung des julianiſchen Jahres bemühet: nacha her fam fie doch zu Stande. Die Sternkunde bat in den neuern Zeiten , gegen die alten , unter uns viel

gewonnen. Man muß ſich davon billig auch zur Verbeſſerung des Jahres viel Gutes verſprechen :

wann Zeit und Umſtände fich dazu ſchicken werden. In der Geſchichte iſt es unentbehrlid), daß, wenn gewiffe Begebenheiten auf ihre eigentliche Zeit gevau. gelegt werden ſollen, man beſtimmen könne, ob das

Jahr, ia welches eine Begebenheit fällt, ein gemeis nes oder ein Schaltjahr fey.

Darum muß die

mathematiſche Zeitrechnung dieß bey einem jeden Jahre zu finden lehren . Es iſt keine Schwierigkeit. Alle vierte Jahre ſind Schaltjahre: und, da mas mie 1 zu rechnen anfängt , inuß ein gewiſſes julianiſches

oder gregorianiſches Jahr, wenn es ein Schaltjahr iſt,

mathematiſche Zeitrechnung.' 331 iſt, gerade ſo vielmal vier Jahre in rich faſſen, als mit ihm Schaltjahre verlaufen ſind, und nichts mehr,

nichts weniger enthalten . Iſt es aber kein Schalt

jahr : ſo muß es über die verlaufnen Schaltjahre ges rade ſo viel Jahre mehr in ſich begreifen, als nach dem legten Schaltjahre verfloſſen ſind. Folglich darf

man ein jedes gegeðnes Jahr, es ſen ein julianiſches oder gregorianiſches , wenn man wiſſen will, ob es ein gemeines oder ein Schaltjahr ren , nur durch vier theilen oder dividiren . Geht es durch die Thei. lung gerade auf: ſo iſt es ein Schaltjahr, und die durch Theilung gefundne Zahl, oder der Quotient, zeigt, wie viele Schaltjahre ſeit dem Anfange dieſer Jahrrechnung mit ihm verfloſſen reyn, oder das wie.

vieleſte Schaltjahr es fey. Bleibt nach der Theilung eine Zahl übrig: ſo, weiſt dieſe an , das wievieleſte Jahr es nach dem legten Schaltjahre ſen, und der Quotient beſtimmt die Angahl der ſchon nac, eben derſelben Jahrrechnung verflohnen Schaltjahre. Man theile, zum Benfpiele, das gegenwärtige 1763te Jahr durch 4 : fo bleibt die Zahl 3 übrig. Es iſt alſo dieß das zte Jahr nach dem legten Schaltjahre, und der Duotient 440 zeigt , daß ſeit dem Anfange unſrer Jahrrechnung 440 Schaltjahre bereits verflosſen ſeyn müſſen. Nimmt man das nächſtfünftige 1764te Jahr, und theilt es ebenfalls durch 4 : fo bleibt nichts übrig. Folglich iſt es ein Schaltjahr, und der Quotient 441

weiſt an , daß es ſeit dem Anfange unſrer Jahrrech nung das 441te Schaltjahr ſeyn wird. Da aber ben der legten Verbeſſerung verordnet iſt, daß von den hunderteſten Jahren allemal dreye nach einander gea

meine und nur das vierhunderteſte ein Schaltjahr ſeyn foll: ſo muß man dieß zugleich für die Zukunft in

Betrachtung zieşn. Sonſt würde man z. B. dası 180ote und 19oote Jahr zu Schaltjahren machen, wie

fie es nach der julianiſchen Regel ſeyn ſollten : da ſie es

332

Die erſte Abtheilung,

es doch nach der neuern Verfügung nicht ſeyn müſſen . Will man auch hierzu eine Regel haben : ſo iſt ſie ebenfalls leicht, und beruhet auf ähnlichen Gründen mit der vorigen. Alle vierhunderteſte Jahre ſind nur

Schaltjahre. Wenn man demnach die zwo lekten Nullen von den Hunderteſten Jalren wegläßt , und i den Ueberreſt durch 4 theilt : ſo findet man , ob er

.

2

aufgehe oder noch eine Zahl übrig laſſe. Geht er gerade auf; fo muß es ein vierhunderteſtes Jahr und folglich ein Schaltjahr feyn : bleibt eine Zahl übrig; Po zeigt dieſe, das wicvieleſte es unter den hunderteſten Jahren nach dem legten Schaltjahre von den Hunders teſten Jahren ſey . Man nehme fa B. das 200ote Jahr, und theile, nachdem man die zwo leßten Nul. len weggelaſſen hat , 20 durch 4 : ſo ſieht man , daß 20 durch dieſe Theilung gerade aufgeht, und deswegen

das 2000te Jahr unter den hunderteſten ein Schalt jahr ſeyn wird.

Wil man es hingegen von dem

1800ten Jahre wiſſen : po findet man, nachdem auf die vorige Art verfahren , und nach Weglaſſung der bendèn lekten Nullen 18 durch 4 getheilt iſt, daß noch

der Theilung die Zahl 2 úbrig bleibt, und folglich das 180ote Jabr , erſt das zweyte nach dem lezten Schalt: jahre von den Gunderteſten iſt, alſo , der neuen Vera ordnung gemäß , kein Schaltjahr ſeyn muß. S. 9. Bey der Berſchiedenheit von Jahren , die ich bisher erklärt habe, hat man nothwendig bemerken mifen , daß unter den Völkern das Mondjahr ent.

weder gånzlich aus der Ucht gelaſſen , oder auf eine unſchickliche Art , bisweilen gar ſo, daß weder ein Sonnen noch ein Mondjahr herauskam , in das Sons nenjahr verwickelt worden iſt: wo man nicht ein blof fes Mondjahr behalten hat. Wie wenig erfüllen alle

dieſe Sewohnheiten die Abſicht des ſo ordentlichen Laufs

matheinatiſche Zeitrechnung.

333

Laufs der Sonne und des Mondes, daß fie, neben

der Erleuchtung unfresErdballes, bende auch Zeichen , Zeiten , Tage und Jahre geben ſollen a) ? Zieht man das Mondjahr in gar keine Betrachtung: ſo

handelt man wider die Abſicht, wozu er in ſeinem Maaße ſo wohl, als die Sonne, geſeßt iſt; und låßt einen erheblichen Vortheil, die Zeit genauer und fiches

rer in manchen Fällen zu beſtimmen, unbeſonnener Weiſe aus der Udt. Bleibt man bloß ben dem

Mondjahre, und richtet ſich nicht nach dem Laufe der Sonne : fo macht man es nod , årger ; da die Sonne

eigentlich durch ihren ſcheinbaren Laufvon einem Punta te ihres Laufkreiſes bis wieder zu demſelben , das

Jahr beſtimmt, und das Mondjahr bloß nach einiger Uebereinkunft des monatlichen Umlaufes des Mondes

um die Erde, wenn die Zeit dieſes Umlaufes zwölfe

mal genommen wird , den Namen des Jahres mit dem Sonnenjahre gemein hat; weil dieſer Zeitbegriff von zwölf Mondenmonaten mit dem Sonnenjahre zur

gleich beſondre Dienſte thut , die Zeit einer Begeben . heit in dem Sonnenjahre durch mehrere Merkmaale

ficherer feſtzuſeken. Es iſt daher das einzige , der Pffenbarung und der Vernunft gemäßeſte, Mittel, zu ſicherer Beſtimmung der Zeit, bende Jahre mit einander, auf eine ihrer wahren Beſchaffenheit ge

måße Art, zu verbinden . Aber wie ? Iſt es wohl die rechte Art der Verbindung , wenn man ſie fo una fer einander verwickelt, daß ein Jahr daraus wird, das weder ein eigentliches Sonnen , noch ein eigentli.

ches Mondjahr iſt ? Dieß iſt inzwiſchen alles , was die Erfinder des ordentlichen verglichnen Jabres

oder Mondſonnenjahres gechan haben. Freylich iſt es noch ein wenig beſſer, als wenn man , wie die

neuern Juden, ein unordentlich verglichnes Jahr annimmt, a ) 1 B. Mol. I, 14.

334

Die erſte Abtheilung,

annimmt , das bisweilen ein bloßes Mondjahr, bis. weilen weder Mond , noch Sonnenjahr, iſt: allein man verliert auch bey dem ordenlichen Mondſon , nenjahre den Vortheil von benden natürlichen Jah. ren . Es iſt demnach kein andrer Wegzur vollkomm .

nen Erreichung der Abſicht bender Jahre übrig, als daß man bende mit aller möglichen Sorgfalt auf das

genaueſte nach ihrer ganzen Länge und iþren Eintheis lungen in Tage , Wochen , und Monate beſtimme, bende für ſich beſonders in die Rechnung nehme, und nach der verfdiednen Einrichtung des gemeinen Wea ſens , fo wohl in gottesdienſtlichen als bürgerlichen

Sachen , zum bürgerlichen Jahre entweder ein bloßes Sonnenjahr , . oder ein bloßes Mondjahr wih. le. Alsdann hat man den augenſcheinlichen Vor theil, daß , wenn ein Mondjahr zum búrger.

lichen Jahre angenommen iſt, man durch die ordentlich fortgeführte Berechnung des Sonnenjahres aus den Tagen, Wochen und Monaten des bürgerlia chen Mondjakres nicht allein die Tage, Wochen, und Monate des Sonnenjahres beſtimmen , ſondern

auch die Zahl der verlaufnen Sonnenjahre, als der eigentlichen Jahre, feftfeßen kann: oder , daß, wenn das gewählte bürgerliche Jahr ein Sonnenjahr iſt, und alſo von ſelbſt, wenn es angezeigt wird , die Zahl der verſtrichnen eigentlichen Jahre anweiſt, man, durch die Anzeige des Tages und Monates von dem mit dem Sonnenjahre zugleich laufenden Mondjahre, die Zeit einer Begebenheit durch die von dem Mondo jahre genommenen Kennzeichen deſto ſicherer feſtzuſe. ken im Stande ift. Auf dieſe Art der Verbindung

beyder Jahre, welche der Zeitrechnung, und durch diefelbe der Geſchichte, ſo vertheilhaft iſt, hätte man

durch vernünftige Ueberlegung von felbſt kommen fönnen : dennoch Hat man nicht darauf geſehn ; ob

gleich dursy die Zeitrechnung in der geiligen Schrift die

mathematiſche Zeitrechnung. 335 die deutlichſte Anleitung dazu gegeben iſt. Allein die lektre gehört in die Hifioriſche Zeitrechnung, und ben Derſelben werde ich mehr davon zu fagen Gelegenheit

Haben. Unterdeſſen will ich nur zu bedenken geben, ob es nicht beſſer geweſen ſeyn roürde, den Jauffreis der Sonne nach der Anjahl der Tage des Sonnena jahres vielmehr in 365 Theile, als in 360 , einzucheia len ; wie man auf dem Beobachtungsringe des ágy ptiſchen Königs Olymondyas dieſe Eincheilung gee

funden hat : da man doch in den untern Abtheilungen die fonſt gewöhnliche Abmeſſung eines Grades vor dem Kreiſe zu verlaſſen und ſich nach den zwölf himme fiſchen Zeichen zu richten genochigt worden iſt. Es

tſt wenigſtens ſehr unnatürlich , einen Kreis , den die Natur durch fo merkliche Verånderungen , wie Tag

und Nacht find , in 365 Theile zu zergliedern anweiſt, willkürlich in 360 einzutheilen : bloß deswegen , weil man eben ſo willkürlich , ob gleich einiger Rechnungs

vortheile wegen e,inen jeden Kreis in 360 Grade eing jutheilen beſchloſſen hat. §. 10 .

Ich gabe nunmehr alles, was zur Eintheilung der Zeit gehört, ſo vollſtändig, als es zu meiner Abu

fichtauf die Geſchichte nöthis ift, vorgetragen. Denn die Unterſcheidung der Tage, Wochen , Monate und Jahre, nebſt den untern Eintheilungen von jeder in fleinere Zeitmaaße, ift alles , was dahin gerechnet werden kann .

So bald man eine Zeit von einigen

Jahren nimmt , fekt man einen Zeitraum , der durch Lage , Wochen , Ronate und Jahre , als Zeittheile beſtimmt werden muß: ob man gleich nach dem gem meiniglich ſchroankenden Gebrauche zu reden, einige Taa

1

ge, einige Wochen und Monate, ebenſo wohl einen Zeite raum nennen könnte. In der Zeitrechnung bat man bery der langen Folge vonBegebenheiten allemal mit eie

ner Anzahl vor Jahren zu thun , wenn es auf die Beſtima

336

Die erſte Abtheilung,

Beſtimmung eines Zeitraumes ankommt. Ich habe alſo iſt das erſte Sauptſtůck der mathematiſchen Zeitrechnung vollendet, und ſchreite zu dem andern, welches die Beſtimmung eines jeden Zeitraumes nach mathematiſchen Grundſågen betrifft. Ben dieſem kommt es nun auf die Unterſcheidungszeichen der Zeita

! 1

rechnung vornehmlich an. Håtte man allemal das Sonnen und Mondjahr gehörig mit einander verbun . den : ſo würde man von ſelbſt Merkmaale genug geo funden haben , einen jeden Zeitraum ſicher zu bezeich nen . Da man das aber nicht gethan hat : ſo iſt man

genöthigt worden auf allerlen Erfindungen zu gedena Fen. Ude kommen inzwiſchen auf die Beſtimmung eines gewiſſen Zeitraumes hinaus. Damit man nun

dieß andre Hauptſtůck der mathematiſchen Zeitrecha nung deſto leichter überſehen und von den daben eina geführten Kunſtwörtern zum voraus einen deutlichen

Begrifffaſſen möge: will id)bie vornehmſten Abtheilun. gen, die ſich darinn machen laſſen , hier vorlegen, und die Erklärung der Wörter, worauf dieſelben an. kommen , benfügen. Will man einen Zeitraum ben

fimmen : ſo muß man gewiſſe Merkmaale haber, die Zeiten von einander zu unterſcheiden. Dieſe Merkmaale , wodurch die Zeiten von einander untera

ſchieden werden , heißen Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung, oder chronologiſche Chas xactese. Von denſelben muß daher zuvorderſt gehandelt werden. " Es machen aber die verſchiednen Zeitfreiſe einen betråchtlichen Theil davon aus. Ein Zeitkreis , oder Cyclus , iſt überhaupt eine Reihe von Jahren, die ſich , nachdem ſie verlaufen iſt, bee ſtåndig wieder von vorne anfängt. Allein er fann

entweder für aus einer Reihe von wiederkehrenden Jahren beſtehn: oder aus mehrern folchen Reihen zuſammengeſeßt feyn. So unterſcheiden ſich die Zeitkreiſe natürlich in einfache und zuſams mengeſeste.

|

mathematiſche Zeitrechnung. 337 mengeſetzte.

Für bende ſchickt ſich der Name,

Periodus, ſo wohl, als der Name, Cyclus. Des.

wegen findet man , daß ein Zeitfreis, der bey einigen

Zeitrechnungslehrern ein Cyclus heißt, von andern Periodus genannt wird.

Jedoch iſt es nicht gee

wöhnlich, die zuſammengefekten Zeitkreife Cyklen zu nennen ; ſondern ſie heißen beſtandig Perioden : Po daß zwar einige Arten von Cyklen auch Perioden ; aber die großen Perioden niemals Cyklen genannt werden .

Ich ſehe alſo, da die Benennung von eine

fachen und zuſammengerekten Zeitfreiſen nicht ge. wöhnlich iſt , und der Unterſchied gleichwohl ſeinen Grund hat, kein beßres Mittel, als daß man die er.

ſten alleine Zeitkreiſe, oder Cyklen , die andern große Ilinlaufkreiſe oder Perioden, nenne. Und ſo werde ich , alle Verwirrung zu vermeiden , dieſe

Namen beſtändig gebrauchen. Mit der Abhandlung von den großen Umlaufsfreiſen wird ſich die erſte Abtheilung beſchließen. Wenn nun dieſe und an .

dre Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung erklärt und die Berechnung nach derſelben gelehrt iſt: ſo muß

zunächſt gezeigt werden , wie ein jeder Zeitraum den. felben gemäß zu beſtimmen rey. Dieß kann nicht anders, als nach den Jahren , die derſelbe in ſich faßt, geſchehen. Soll dabey etwas gewiſſes feſtgeſegt werden : ſo iſt nothwendig , den Anfang , wovon die Jahre eines Zeitraums gerechnet werden , auszuma. chen. Der erſte Theil eines Zeitraumes, von welchem an die Jahre beſſelben gezählt werden , heißt die

Jahrzahlgrånzeoder Epoche: und die Weiſe,nach einer gewiſſen Jahrzahlgrånje die Jahre zu zählen, Heiße

die Jahrrechnung oder Here. Dieſe Unterſcheie dung iſt dem Sprachgebrauche gemäß : ob gleich Lpoche und Aere oft für einerley angefeşn werden ;

weil ſich eines auf das andre bezieht. Esmuß dema nach hier die Verſchiedengeit derFahrzahlgrången und 1. Theil,

»

rials

Jabra

Die erſte Abtheilung, 338 Jahrrechnungen nach Regeln beurtheilt werden . Dieß kann man für die zivote Abtheilung annehmen. Endlich muß auch gezeigt werden , wie nach den Un. .

terſcheidungszeichen der Zeitrechnung alle Jahre in thren Theilen von Monaten , Wodien und Tagen ein zurichten ſind.

Das gefchieht durch die nöthige An .

weiſung von den Kalendern . Und dieſer Unterricht wird der Inhalt der dritten und legten Abtheis lung ſeru.

$. 11.

Die Zeit wird nach den Bewegungen der Him melsförper, ſonderlich der Sonne und des Mondes,

eingetheilt : wie wir bey dem ganzen erſten Haupt ſtücke der Zeitrechnung beſtändig wahrgenommen har ben. Was alſo in dieſen Bewegungen eine Verſchiea denheit anzeigt, das muß auch zur Unterſcheidung der

Zeiten von einander dienen . Nun iſt in den Erſchei nungen der Himmelsförper, wie ſie ſich bewegen, eine mertliche und ſichtbare Verſchiedenheit. Die Sonne ſteigt eine Zeitlang, bis ſie eine gewiſſe Hohe erreicht hat ; dann fenft fie fid) wieder bis auf eine gewiſſe Erniedrigung: bisweilen wird ſie aud) verfinſtert.

Der Mond erſcheint beſtändig mit einem abwechſeln : den lichte nach ſeinem verſchiednen Stande gegen die Sonne: und bisweilen wird er ebenfalls verfinſtert.

Die übrigen Irrſterne zeigen fich nicht weniger in ein der verſchiednen Erſcheinung nach ihrem Standegegen einander ſowohl, als gegen die Sonne und den Mond. Uud) läßt ſich eine jede Veränderung von dieſer Art genau berechnen. Fo'glid, find alle dieſe verſchiedner

Erſcheinungen der Himmelskörper in ihren Bewegunu gen bequem , die Zeiten von einander zu unterſcheiden.

Sie ſind Demitad, lInterfdheidungszeichen der Zeitrechnung. Worinn aber haben ſie ihren Grund ? Mt es nicht bloß in der natürlichen Beſchaffenheit

ihrer Bewegung ? Alſo find ſie natürliche lInters ſoheis

.

11

+

¿

*

mathematiſche Zeitrechnung.

339

ſcheidungszeichen der Zeitrechnung : und wenn man dieſe erklären will, ſind ſie ſolche Unterfcheidungs zeichen , die von der Bewegung der Himmelsförper

abhangen. Da es die Natur allein iſt, welche durch die Bewegung der Himmelskörper die Eintheilung der Zeit und ihren Unterſchied beſtimmt: fo muffen billig die natürlichen Unterſcheidungszeichen allemal zum Grunde liegen. Menſchlichen Bemühungen ift

dabey nichts übrig gelaſſen , als die Verſchiedenheit oder Uebereinſtimmung derſelben zu bemerken, und zu

unterſuchen, ob ſich nicht eine gleiche und wiederfcha rende Folge von einigen oder von allen entdecken und

Feſtſeßen laſſe: oder durch gewiſſe Begebenheiten, die mit einem oder mehrern von ihnen zuſammentreffen,

fich die Unterſcheidung zu erleichtern. Wenn bloß die Folge einiger natürlichen Erſcheinungen der Himmelse körper, wie ſie wirklich zu beobachten ſind, durch ihre Abweichung oder Uebereinkunft in der Zeit, feſtgefekt

wird : po bleiben es natürliche Unterſcheidungs zeichen der Zeitrechnung ; denn es trågt dazu ja die menſchliche Bemühung nichts als die Aufmerk

ſamkeit und Beobachtung ber ; und dieſe machen nicht folche Unterſcheidungszeichen, ſondern dienen bloß , fie zu erkennen. Deswegen gehören die Zeitkreiſe, die ſich bloß auf natürliche Unterſcheidungszeichen grüne, den , auch ſelbſt zu eben der Art. Wird aber eine

gewiſſe Folge von wiederkehrenden Begebenheiten im menſchlichen Leben, die nach menſchlicher Unordnung beſtåndig auf eine feſtgefekte Zeit fallen, zur Untera

3

ſcheidung angenommen ; oder werden entweder mit

3

natürlichen Zeitkreifen willkürlich angenommne , oder

bloß natürliche Zeitkreiſe, auf eine willkürliche Art mit Begebenheiten verbunden : ſo müſſen folche Untera

fdheidungszeichen der Zeitrechnung kunſtmatige over

eingefübrte genannt werden. Man erklärt ſie dan her bilig durch ſolche, die von den Menſchen willfira lich » 2

1

340

Die erſte Abtheilung ,

lich eingelegt ſind. Unter den gewöhnlichen Zeitkreis ſen iſt, nach den nicht mehr gebräuchlichen Olyms piaden der Griechen, und Luſtren der Römer, nur allein der Zinsjablkreis , wovon im Folgenden zu

reden ſeyn wird, ein willkürliches und alſo kunſtmåßi. ges oder eingeführtes Unterſcheidungszeichen der Zeite rechnung: die großen Uinlaufskreiſe aber ſind bisher alle von dieſer Art.

Wenn endlich gewiſſe

Begebenheiten , die durch Zeugniſſe der Geſchichte ſdhreiber mit einer gewiſſen Zeit nach einer gewiſſen

Jahrrechnung verbunden ſind , in der Zeitrechnung zur Unterſcheidung der Zeiten gebraucht werden : ſo

entſteun daraus die hiſtoriſchen Unterſcheidungss zeichen ; und die eben angegebnen Merkmaale ma. dhen die Erklärung derſelben aus. Auf ſolchen beruhen in der Zeitrechnung alle Beſtimmungen und Verglei.

chungen der verſchiednen Epochen oder Jahrzahl: granzen . Nun iſt unter den Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung keine Verſchiedenheit mehr möglich, die nicht zu einer oder der andern von den bisher ben

ſtimmten Arten gehören ſollte. Denn ſie ſind entwe. der natürlich : oder ſie hangen von Menſchen ab . Sind ſie natürlic ) : fo behalten ſie den Namen da: von.

Hangen ſie aber von den Menſchen ab : fo

muß es entweder von ihrer Willkür revn ; oder von ihren Zeugniſſen über wirkliche Begebenheiten . Und

dann heißen die erſten Kunſtmäßige: die lektern hiſtoriſche Unterſcheidungszeichen. Die hiſtos riſchen bediürfen keiner beſondern Erklärung: weil ſie

bloß auf Zeugniſſen aus der Geſchichte beruhn, und das, was zu ihrer Prüfung nöthig iſt, aus einer ans dern Wiſſenſchaft vorausgefekt wird ; wie ich es oben

in dem erſten Abſdonitte der Vorbereitung über dieß ſchon vorgetragen habe. Die Umvendung dere ſelben in Beurtheilung der verſchiebnen Fabrrechnan gen wird das Uebrige zeigen. Von den andern beyden Arten

mathematiſche Zeitrechnung. 341 Arten werde ich nun genauer zu reden haben. Ich werde von den natürlichen den Anfang machen, und

hiernächſt zu den kunſtmåßigen fortgehn. Da aber von den natürlichen IInterſdeidungszeichen die einfachſten , welche, außer den Beobachtungen des vers ſchiednen Standes andrer Irrſterne, vornehmlich von den Sonnenwenden , von den Tages und Nadt Glei. chen , von den Neu- und Vollmonden , und den Fin.

ſterniſſen der Sonne ſo wohl , als des Mondes, hero

genommen werden , in der Sternfunde igre hinlång. liche Erklärung finden , und davon, dasjenige, was zum Verſtande. Der Zeitrechnung unentbehrlich iſt,

theils ſchon oben erflärt worden , theils einem jeden leicht bekannt ſenn fann : fo darf man daben nichts

mehr , als eine genauere Vorſteliung von den natür, licten Ixitkreiſen und den Regeln. ihrer Berech. nung erwarten. Und was von den kunſtmäßigen Unterſcheidungszciden zu ſagen iſt, das wird, nach wenigen Worten von den Olympiaden und

Luſtren , die Erklärung des Zinszahikreiſes und der großen limlaufskreiſe , nebſt der Art, ſie zu berechnen und mit andern , oder unter einander , zu

vergleichen , betreffen

9. 12 . Die Vergleichung des laufes der Sonne und des Mondes iſt unter den natürlichen Interſcheis

dungszeidien der Zeitrectoung eines der erheb. lichſten : indem die Erſcheinungen dieſer benden Him melsforper uns nicht nur den Grund zu aller gewohn

lichen Eintheilung der Zeit an die Hand geben ; ſon, - dern auch die merklichfien ſind , einen jeden Zeitraum ,

nach ihnen zu beſtimmen . Man muß ſich daher bil. lig mehr darüber wundern , daß auf dieſe Verglei. djung durch, gemiffe Zeitfreiſe nicht eine weit allgemeia nere Zufmerkſamkeit gewandt iſt, als daß nod; einige Ý 3

VO1

342 .

Die erſte Abtheilu , ng

von der Alten fchon darauf gedacht haben. Jedoch iſt es ihnen ben folchen Bemühungen nicht vollkom . men gelungen : weil ihnen theils die wahre Zeit der Vollendung des Umlaufs der Sonne und des Mons #

1

1

des in ihren Kreifen , theils die ficherſte Ynweiſung dazu durch die in der Heiligen Schrift gebrauchte Zeits rechnung , unbekannt gewefen iſt. Die ältefte Vergleichung des Saufes der benden großen lichter für unfre Erdkugel iſt gewiß diejenige, roeiche uns die Offenbarung aufbehalten hat: denn in der genauen Befchreibung des vollen Jahres der Simofluch nach Monaten und Tagen b ) liegt fie bes reits allen , die aufmerkſam feyn wollen , deutlich vor Augen. Die vollkommenſte muß ſie wohl ebenfalls fenn : weil ſie von der höchſten Weisheit herſtammt. Beydes aber iſt auch von der noch augenſcheinlichern Berknüpfung des Sonnen und Mondjahres in dem jüdiſchen Jubelkreiſe wahr und gewiß. Es war derfelbe eine wiederkehrende Reihe von funfzig Mond. jahren , welche durch Vergleichung mit den Sonnen .

jabren in Ordnung gehalten wurden . Ob nun gleich die beſondre Verfaſſung des jüdiſchen Gottesdienſtes und gemeinen Wefens in die Einrichtung diefes Kreis

Fes einen Einfluß hatte, und er deswegen nicht långer gelten konnte , als jene Verfaſſung währte : ſo liegen doch daben die vollkommenſten Kegeln der Vergleia chung bender Jahre zum Grunde, und können leicht baraus gezogen werden . Allein dieß kann nur in der

Hiſtoriſuhen Zeitrechnung genauer erklärt werden. Bis dahin verſpare ich es. Hier iſt mir genug , angezeigt zu haben , daß der júbifde Jubelfreis fich auf die na

türlichen Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung grún , dete , tnið in diefer Betrachtung zu den natürlichen Jciskreiſen gerechnet werden fann. Es waren zwar auf b)

3. 130. VII. UAD VIII.

mathematiſche Zeitrechnimg. 343 auf górtliche Verordnung gewiſſe Begebenheiten da. mit verknüpft und der Anfang und das Ende nach denſeiben feſtgelegt : aber altes dieß war nicht will

kürlich , ſondern den natürlichen Unterſcheidungszeia chen gemäß geſchehn. Daher kann man ihn nicht zu

den kunſtmäßigen Zeitkreiſen rechnen: wo man den gewöhnlichen und im riten Ş. gegebnen Begriff von diefen nicht verändern roill. Er war nur durch daran- verfnúpfte Begebenheiten , nicht willkürlich , ſondern nach dem natürlichen Laufe des Mondes und

Der Sonne, womit dieſe Begebenheiten wirklich zue ſammentrafen , genauer beſtimme Die alten Zeitfreiſe, von denen ich hier beſonders zu bandeln habe , waren Yondzeitfreiſe. Sie

pießen ben den 2ten das große Jahr. Von den ondjonnenzeitčreife Neuern werden ſie auch genannt. Es iſt aber ein Mondzeitkreis eine wies derkehrende Reihe von Jahren , nach deren Verlaufe die mittlern Neu- und Vollmonde wieder auf even dien

felben Tage des Sonnenjahres falien folien.

Wäre

ein folcher Zeitlauf genau beñannt, ro daß man nach demſelben die Neu- und Volimonde mit beſtandigent

Zeitgrånzen des Sonnenjares durch Beredmung vera knüpfen fönnte : fo wirde dadurch eine ficheres und beſtåndiges Verhältnis der Bewegungen des Mondes und der Sonne feſtgefekt ſemn. Bergebens hat man

es auf verſchiedne Weiſe damit verfucht. Pile, die ich ißt erklåren werde , haben Fehler und roeichen voit einander ab ; weil man , wie Cenforin c) ausdrücke

lich bemerkt, nicht recht wußte, wie viel das Sonnette

jahr größer , als 365 Tage, und die Rondzeit fürzer als 30 Tage, ware

Ø 4 €) De die nat C, 18 oder € 6. p. 28

Cena

344

Die erſte Abtheilung,

Cenſorin d) hat noch die genaueſte Nachricht tavon gegeben. „ Da die alten Staaten in Griechens 1

land merkten , ſagt er, daß der Mond bisweilen uns ter der Zeit , da die Sonne ihren jährlichen Umlauf vollendet, ſeinen Sauf dreyzehnmal anfinge, und daß dieß oft ein Jahr um das andre geſchåhe: ſo meinten fie, zwölf Mondenmonate und ein halber fámen mit

dem natürlichen Jahre , das iſt dem Sonnenjahre 1

überein. Daher resten ſie die bürgerlichen Jahre auf ſoldie Weiſe feſt, daß ſie dieſelben eines um das. audre , durch Einſchaltung, von 12 und von 13 Mo. naten annahmen. Ein jedes von beyden abſonder. lich nannten ſie das Wendejahr : beyde zuſammen

das große Jahr ; und dieſe Zeit hieß bey ihnen Trieretis, weil allemal im zten Jahre eingeſchaltet wurde , ob es gleich ein Umlauf von zweyen Jahren . und in der That eine Disetexis war. -

Nach :

her , da ſie das Verſehn dabey gemerkt hatten , ver. doppelten ſie dieſe Zeit und machten daraus eine Tes

traeteris oder einen vierjährigen Kreis : aber die

ſen nannten ſie auch eine Penteteris , oder einen fünfjährigen Kreis ; weil er allemal im fünften Jahre wieder anging.

Eben dieß große Jabr , von vier

Jahren , ſchien bequemer zu ſeyn . Sie hielten dafür, das Sonnenjahr beſtehe aus 365 Tagen und ohngefähr einem Vierteltage, welcher in vier Jahren einen Tag Weil dieſe Zeit zwar mit dem Laufe der Sonne , aber nicht des Mondes übereinzuſtim . ausmadyte.

men ſdien : ſo ward ſie verdoppelt und eine Octa. eteris , ein achtjähriger Kreis, daraus gemacht, wel cher damals eine Enneareris , ein neunjähriger

Kreis , hieß ; weil das erſte Jahr davon allemal im neunten wieder anging. Dieſen Kreis hat der größte Theil d) De die natal. C. 18 oder C. 6. p. 26 ſqq. und C. 19 oder C. 7. p. 30 fqq.

mathematiſche Zeitrechnung. 345 Theil Griechenlandes für das wahre große Jahr ge

Halten : weil er aus acht ganzen Jahren beſtünde, wie es eigentlich bey dem großen Jahre ſeyn muß. Insgemein hat man geglaubt , der achtjährige Kreis ſev durch Eudofusvon Cnidus eingeführt worden : man ſagt aber Cleoſtratus von Tenedos habe ihn zuerſt eingerichtet; und nachher andre auf andre Weiſe, die durch verſchiedne Einſchaltungen von Mona. ten ihre achtjährigen Kreiſe hervorbrachten ; wieSars

palus , 17autelis, Mneſiſtratus und andre ge than haben, unter denen Dopitheus iſt, deſſen achte jähriger Kreis vornehmlich des Eudorus Namen

trågt. ,, Der zwölfjährige Kreis, wovon Cenſos rin hiernächſt redet , gehöret nicht hieher : denn er war nicht nach dem Laufe der Sonne und des Mon.

des, ſondern nach andern Beobachtungen der Sterns Feher, wie er ſelber meldet, eingerichtet. Von den vorigen aber konnen diejenigen , welche mehr davon

wiſſen wollen , außer dem Scaliger und Petav , Genr. Dodwells Abhandlung e) lefen.

Meton, ein Athenienſer, ſuchte den Fehler des achtjährigen Kreiſes zu verbeſſern.

Er nahm das

Sonnenjahr von 365 Tagen , 6 Stund. 18 Min. 56 Sekund. 50 Terz. 31 Quart. und 34 Quint.

und den Mondenmonat von 29 Tag. 12 Stund . 45 Min. 47 Sef. 26 Terz. 48 Quart. und 30 Quint. , folglich bende zu groß, an, und machte dara

nach denneunzehnjährigen Kreisf) von 19 Son , nenjahren oder 6940 Tagen und 235 Mondenmonaten.

Er ſoll noch im 4uiten Jahre vor Chriſti Geburt gee Y 5 lebt, e) Diff. de cyclis Metone antiquioribus, p . m , feines Werkes de veteribus Graecor. Romanorumque cyclis. Oxon . 1701 (4). f) Aelian, var, hift. Lib. X. C. 7. Daß ihn dieſer el

nen Lacedåmonier nennt , iſt ein bloßer Schreibfebler. Cenſor, I. c.

Die erſte Abtheilung,

346

lebt, feinen Kreis aber im 432ten Jahre vor Chr. Geb. bekannt gemacht haben. Dieſer iſt einer von den berühmteſten Kreifen geweſen , und die Spuren davon ſind auch noch in dem neuen Mondkreiſe übrig.

Jedoch Calippus von Cyzikus, der 330 Jahre vor Chr. Geb. lebte , befand , daß Meton die tánge

des Sonnenjahres nicht richtig beſtimmt hatte , und nahm den metoniſchen Kreis viermal. Hieraus ents

ſtand der ſechs und fiebzigjährige Kreis , der von ihm der calippiſche genannt wird. Er regte aber

das Sonnenjahr auf 365 Tage und 6 Stunden, und den Mondenmonat auf 29 Tag. 12 Stund. 44 Min . 12 Sek. und 48 Terz. beynahe. Alſo nahm er auch beide zu groß an.

Sein Kreis, den Ptoło .

måus bisweiten gebraucht, beſtand aus 37759 Tagen nach der Größe des julianiſchen Jahres , und, da er

viermal fo groß war als der metoniſche, begriff er 940 Mondenmonate. Der Anfang deſſelben fiel auf das 32gte Jahr vor Chr. Geb. wie Petav g) aus dem Prolomåus h) beweiſt. Sipparch), von Nicäa oder Rhodis, der zwi fchen dem 164ten und 12oten Jahre vor Chrifti Ger

burt lebte, und den Ruhm der größten Verbefferung der Sternfunde zu ſeiner Zeit hat , ſtellte noch genau pre Beobachtungen an , and befand, daß der calippina ſche Zeitfreis in 304 Jahren um einen ganzen Tag

abwiche. Er nahm daher denſelben viermal und warf von der fo vermehrten Zahl der Lage feines eiga nen Kreifes einen Eag meg. Diefer beſtand folglid ; aus n035 Tagen , und aus 3760 Mondzeiten , oder

Mondenmonaten. Hierber feste er das Sonnenjahr auf 8 ) De doctr, temp. Lib. II. C. 18. p. 134 ſqq. h ) Almag. Lib. III. C , 1 oder 2 , Lib. VI. C. 5, Lib. VII . C. 3 .

mathematiſche Zeitrechnung. 347 auf 365 Tag. 5 Stund. 55 Min. und 12 Sek. und den Mondenmonat auf 29 Tag. 12 Stund. 44 73in . 3 Sek. und 20 Terz. i ). Cenforin nennt dieſe

Verbeſſerung Sipparchs Jahr von 304 Jahren k) : weil er dem Fehler von einem ganzen Tage , den Ca. lippus in dieſer Zeit zugelaſſen hatte , abhelfen wollte. Da man nun keine Benſpiele findet, daß eine Beges

benheit nach dem Hipparchiſchen Zeitfreiſe beſtimmt wåre : fo halte ich mit Petaven 1) dafür, daß er ei. ne bloße Verbeſſerung des calippiſchen gewefen iſt, wodurch Hipparch nur gelehrt hat , daß in 4 calippi. fchen Zeitfreiſen ein Tag wegzulaſſen fery, ohne ſelber einen neuen einzuführen.

Von mehrern , entbreche ich mich billig , hier Erwähnung zu thun : da es von feinem Nußen für die Zeitredinung feyn würde.

Es iſt aber noch no

rhig , die Beurtheilung aller Zeitfreiſe von dieſer Art zu lebren.

Wil man prüfen , ob die Mond. und

Sonnenjahre wirklich in der nach einem gewiſſen Kreis angegebnen Zahl von Jahren zuſammen treffen : fo darf man nur erſt die wahre lange des Sonnen .

jahres nach der neuern Beobachtung von 365 Tagen, 5 Stunden und 49 Minuten mit der in dem Krei.

Fe feſtgefekten Unzahl der Jahre , und Hernach die wahre Mondzeit von 29 Tagen , 12 Stunden , 44 Nin. , 3 Sek. und 11 Terz. mit der in eben dem Kreiſe feſtgelegten Anzahl der Mondzeiten, vermeh. ren oder multipliciren. Bende dadurch gefundner

Zalten Halte man hierauf gegen einander. Sind fie einander vollkommen gleich : fo iſt der Zeitfreis richtig. Weichen ſie von einander ab : fo zeigt der

Unterſchied zwiſchen beyden, um wie viel die Bemea guns

i) Ptolom . Almag. Lib. III. C. 1 oder 2 . k ) L.C.

1) Lib. II. C. 33. p. 165.

348

Die erſte Abtheilung,

gungen der Sonne und des Mondes in eben dem

Zeitfreiſe von einander abgehn ; und die Folge davon

iſt, daß der Zeitfreis unrichtig fenn müſſe. Man reke zum Benſpiele , es folle der metoniſche Zeits Kreis unterſucht werden . In dieſem Falle multipli.

cirt man die eben angegebne Größe des Sonnenjah. res mit 19 als der Anzahl der Jahre , woraus dieſer

Kreis beſteht, und findet dadurch : 6939 Tage , 14 Stunden und 31 YTJinuten . Hiernåchſt multipli. cirt man auch die wahre und gleichfalls eben erſt an. geführte Långe des Mondmonates mit 235 als der

Zahl von Mondzeiten , welche für dieſen Kreis ange. nommen ſind, und bekommt 6939 Tage 16 Stuns.

den , 32 Minuten , 28 Sek . und 5 Terz. Enda lich hålt man beyde gefundne Zahlen zuſammen, und da ſie hier ungleich ſind, zieht man die kleinere von der größern ab : der Ueberreſt oder Unterſchied iſt .

hier von 2 Stunden , iMin . 28 Sek , und 5 Terz. Um ſo viel Fehlt alſo der meroniſche Kreis und um ſo viel weichen in dem Verlaufe deſſelben Sonne und

Mond in ihren Bewegungen ab. Auf gleiche Weiſe findet man die Mängel des calippiſiten und hips parchiſchen Zeitkrrifes. Der calippiſche fehlt in einem Verlaufe um 8 Stund. 5 Min . 52 Sek.

und 20 Terzien. Daraus wird ohngefähr in 255 Jahren ein ganzer Tag. Alſo fallen in dieſer Zeit von Jahren die Neu- und Vollmonde um einen gans zen Tag ſpåter, als in dem Kreife angenommen wird.

Bey dem hipparchiſdiren beträgt der Fehler in ei nemeinzigen Verlaufe 1 Tag, 5 Stunden,23.1in .

29 Sek .und 20 Terz. Um fo viel ſegt er die Neue und Vollmonde zu frühe an. Folglich bringt er ſie in ſeinem ganzen Verlaufe nicht wieder auf einerley

Tag des Sonnenjahres. §. 13

mathematiſche Zeitrechnung. 349 $. 13 . Da ich ißt auf die neuern Zeitfreiſe komme : ſo

iſt es der guten Ordnung gemäß, vorher, ehe ich die neuern Mondzeitkreiſe berúbre, von dem Song nenzeitkreiſe zu reden ; weil es natürlich iſt, ſich erſt die Unterſcheidung der Sonnenjahre ſelbſt nach ihren verſchiednen Tagen und den Kennzeichen derſelben ber

kannt zu machen, ehe man ſich um ihre Vergleichung mit dem Mondlaufe bekümmert. Es iſt ſchon oben angezeigt, daß man die ſieben

Tage der Wochen mit den erſten ſieben Buchſtaben des Alphabets zu bezeichnen gewohnt iſt. Wenn nun, nachdem der erſte Tag des Jahres allemal mit A be.

zeichnet iſt, diefe Buchſtaben, A, B, C , D , E , F, G,

in ihrer Ordnung ro oft, als es geſchehen kann, wie. derhohlt und fo unter die Tage der Monate vertheilt werden : ſo wird der Buchſtab , welcher das ganze

Jahr hindurch dem Sonntage zufällt, der Sonns

tags Budiſtab genannt. Ein jeder Sonntag ift um gleich viele, nämlich um ſieben Tage, von dem andern entfernt. Eben ſo viele Buchſtaben ſind auch nur angenommen , deren Reihe in ihrer unter den

Abendländern gewohnlichen Ordnung beſtåndig wieder von vorne angefangen wird.

Alſo kommt eben der.

ſelbe Buchſtab nicht eher als für den ſiebenden Tag wieder. Folglich muß in einem gemeinen Jahre ein und eben derſelbe Buchſtab auf alle Sonntage fallen und zur Unterſcheidung für ſie dienen. Wenn aber

ein Scialtjahr einfällt : ro wird ein Tag mehr im Jahre, der ebenfalls mit ſeinem Buchſtaben bezeich. net werden, und dadurch eine Verändrung in dieſen Zeichen der Tage machen muß. Dabey ſind zweene Wege offen. Entweder giebt man dem Schalttage

den Buchſtab, der auf ihn nach der Ordnung trifft;

und ro fallen auf alle ihm folgende Tage andre Buch ſtaben,

350

Die erſte Abtheilung,

ſtaben, als vorher : oder man bezeichnet ihn mit eben dem , ben der vorbergehende Tag hatte; und dann

behalten alle übrige Tage , nach ihrer Zahlordnung betrachtet, zwar einerlei) Buchſtaben, aber da ſie als Wochentage einen andern Namen bekommen , hat Doch) ein jeder Tag, unter ſeinem Namen, als Mong

1 1

tag, Dienſtag :c. betrachtet, folglich auch der Sonn. tag, einen aridern Buchſtaben nach dem Schalttage, als vor demſelben . Dieſen legten Weg hat man gea

wählt. Folglich ſind in einem Schaltjahre zweene Sonntagsbuchſtaben : einer vor dem Schalttage; un ein andrer nachher.

Machten die Tage des Jabres bloß eine gewiſſe Anzahl von Wochen , ohne den geringſten Ueberſchuß von einzelnen Tagen aus: ſo würden alle Wochentage in allen Jahren einerley Buchſtaben haben. Dann wären dieſe Buchſtaben auch kein Unterſcheidungszeia chen der Jahre. Da aber das gemeine , fo wohl

julianiſde, als gregorianiſde, Jahr aus 365 Tagen, und alſo, wie aus der Theilung dieſer Zahl Durch ſieben erhellt, aus 52 Wochen und einem übri.

gen Tage befteht: ſo růckt der Unfang des Jahres in einem jeden gemeinen Jahre um einen Tag in der Woche fort, ſo daß, da er im vorigen 1762ten Jahre

auf den Freytag fiel, er im gegenwårtigen auf den Sonnabend fallen mußte. Nun fångt man die Bea

zeichnung der Wochentage mit den Buchſtaben in je dem Jahre ſo an, daß der erſte Tag deſſelben A ges

nannt wird. Es müſſen alſo die Buchſtaben in jedem folgenden Jahre ſo viel zurück gehn, als der Anfang Des Jahres vorwärts růckt.

Das iſt in einem gemeis

nen Jahre, wie eben geſagt iſt, um eines. Daher iſt nach dem verbeſſerten Kalender der Sonntagga Buchſtab, der im vorigen Jahre C war , in dem

gegenwärtigen B. In

mathematikbe Zeitrechnung. 351 In dem Schaltjahre ſind 366 Tage, und folglich zweine über die 52 Wochen : es fen ein julianiſches oder gregorianiſches Jahr. Durch dieſe růckt der Anfang des Jahres auch um 2 Tage fort : ſo daß, da

er im 176oten, als dem legten verfloßnen Schaltjahre, auf einen Dienſtag fiel, er im folgenden 176iten der Dommerſtag treffen mußte. Folglich gehn die Bucha ſtaben durch die Jánge des Schalijahres, um zweene

in ihrer Ordnung zurück. Sowar nach dem verbef ſerten Kalender im 176oten Jahre anfangs der Sonn tagebuchſtab F, nachher E : und deswegen im 176iten Jahre D. So wohl in dem gregorianiſden als julianis

fichen Schaltjahre fällt der Schalttag allemal auf der 24ten Februar : weil es einmal unter den Komern

fo feſtgefekt war und man daben geblieben iſt. Der 23te und 24te Febr. bekommen aber , wie ich kurz vor

Her gemeldet habe, alsdann einen und eben denfelben Buchſtaben zum Zeichen. Daher weicht in den Schaltjahren nach dem 24ten Febr. der Sonntags Buchſtab um einen zurück: und ſo war er im 176oten

Jahre anfangs F, und hernach E. Wie ſich nun aus dieſem allen klar zeigt, daß die

Sonntagsbuchſtaben in verſchiednen Jahren verſchie den ſind, und ſich hierinn eine gewiſſe Ordnung wahre

nehmen låßt : fo fónnen verſchiedne Jahre auch durch

die Verſchiedenheit iører Sonntagsbuchſtaben unter ſchieden, und die Zeit, in welcher eben dieſelbe Orox nung wiederkehrt , beſtimmt werden . Wären keine

Schaltjahre: ſo würden die Sonntagsbuchſtaben alle fieben Jahre herumkommen und für das achse Jabr allezeit wieder der erſte fallen. Da aber ein jedes

Schaltjahr zweene hat , und folglich alle vier Jahre einer mehr gebraucht wird : fo můffen, weil der Buch. ftaben ſieben ſind, aud) fieben Schaltjahre verlaufen,

ehe eben die Sonntagsbuchſtaben wieder in eben der DIDA

1

352

Die erſte Abtheilungi

Ordnung auf einander folgen können. Man darf demnach nur die Zahl des Schaltjahres, welche viér iſt, indem allemal das vierte Jabr ein Schaltjahr iſt, mit ſieben, als der Zahl der Buchſtaben, vermehren oder multipliciren , die Anzahl der Jahre zu finden, nach deren Verlaufe die Sonntagsbuchſtaben wieder in derſelben Ordnung zu folgen anfangen. Dann

findet man , daß diefe Ordnung beſtåndig nach 28 Jahren wiederkehrt. Dieſe Reihe von Jahren, nach deren Ablaufe eben dieſelbe Ordnung der Sonntagss buchſtaben wiederkehrt , oder , welches einerley iſt, die Sonntage nad, einander wieder auf eben die doo rigen Monatstage fallen , heißt der Sonnenzeits Kreis : weil es daben auf die Beſtimmung der Sonne tage anfommt. Es iſt daher der Sonnenzeitfreis

eine Reihe von 28 Jahren. Dionyſius Lfiguus, oder der Kleine , der im 6ten Jahrhunderte nach

Chriſti Geburt lebte , brachte ihn in die Verfaſſung,

worinn er bis zu der gregorianiſchen Verbeſſerung ge. blieben iſt, und führte ihn bis auf 9 Jahre vor Chris fti Geburt zurück. Deswegen iſt das Jahr der Ges burt Chriſti nach der gemeinen Jahrrechnung das 1ote des Sonnenzeitkreiſes. Es hat ſich aber bey dieſem Worte eine Zwendeutigkeit eingeſchlichen : Denn man nennt auch die Zahl , welche anzeigt, das wie vieleſte in dem Kreiſe ein gewiſſes Jahr fey , den Sonnenzeitkreis . Jedoch kann man ſich dadurch nicht leicht irre machen laſſen : da alsbald zu unters ſcheiden iſt, ob von einem einzigen Jahre, ober von

einer ganzen Reihe geredet werde. Aus dem , was nunmehr deutlich genug erklärt iſt, läßt ſich vollkommen begreiffen , wie man eine Tafel machen könne , welche für ein jedes der 28 Jal.

re des Sonnenzeitfreiſes den Sonntagsbuchſtaben an . weiſe. Man erhålt dadurch die Bequemlichkeit, ſich einer beſtandig wiederhohlten Berechnung, fo oft man den

1,

t

2

6

mathematiſche Zeitrechnung.

353

der Sonntagsbuchſtaben für ein gewiſſes Jahr gu wiſſen nöthig hat, zu überheben. Es iſt aber wiilfürlich ge. weſen, von welchem Jahre man den Kreis anfangen, und ob man ein Schaltjahr oder ein gemeines dazu

wählen wollte. Der Urheber deſſelben hat ein Schalt jahr dazu genommen, und unter den ſieben Buchſta ben, vermuthlich weil ſie alle Jahre um einen zurück. gehn , den legten, G , zu dem erſten Sonntagsbuch.

ſtaben in dem Kreiſe feftgefekt. Nun darf man von dieſem an nur beſtåndig rúckwärts zählen, und einem jeden gemeinen Jahre von den 28gen , woraus der Kreis beſteht, einen von den ſieben Buchſtaben, einem

jeden Schaltjahre hingegen zweene davon zueignen : To findet man für das julianiſche Jahr die folgende Eafel, worinn die Zahlen die Jahre in dem Sonnene

zeitkreiſe andeuten , für welche die dabey ſtehenden

Sonntagsbuchſtaben gehören.

6

Der Sonnenzeitkreis in den julianiſchen Jahren. 1. G. F. 2. E. 3. D. 4. C. 5. B. A. 6. G. 7. F. 8. E. 9. D. C. 10. B. II . A. 12. G. 13. F. E. 14. D. 15. C. 16. B. 17. A. G. 18. F.

11

19. E. 20. D. 21. C. B. 22. A. 23. G. 24. F.

1

25. E. D. 26.C.

27. B. 28. A.

Wenn man nach dem 28ten Jahre weiter eben ro růckmärts fortzähler: To folgen für das 29te, welches wiederum , als das vierte , ein Schaltjahr iſt, die Buchſtaben G. F , für das zote E , und ſo weiter in

der vorigen Ordnung. 21/0 ſieht man , daß mit dem 29ten Jahre der Kreis ſich wieder von neuen anfängt. Allein da ben Gregors des XIIIten Verbeſſerung

im 1532ten Jahre, den sten Octob. zehn Tage wega gelaſſen wurden : ſo mußte der Sonntag nothwendig auf einen andern Tag fallen, und den Buchſtab deſo I. Theil, 3 felben

7

Die erſte Abtheilung,

354

felben Eages befommen.

Diefer neue Sonntagse

buchſtab war C. Denn das 1582te Jahr war -das 23te im Sonnenzeickreiſe, welches zu finden ich alsbald lehren werde.

Alſo war nach der vorhergehenden

Tafel der Sonntagsbuchſtab G. Der erſte October deſſelben Jahres aber war ein Montag, und daher

follte der ſiebende Oct. ein Sonntag feyn. Da nun nach der Beglaſſung von zehn Tagen aus dem fiebenden der ſiebzehnte ward ; und der vorhergehende vierzehnte ſchon ein Sonntag håtte ſeun follen: fo ward der Somtag auf den Dritten Tag nach demje.

nigen , worauf er treffen folte, und daher auf die fol gende Mittwood ;e verfekt. Der dritte Buchſtav nach : Gift C : weil die Wochentage elle nach der Dronuing

vorwärts mit den ſieben erſten Buchſtaben bezeichnet werden ; und nad G die Reihe wieder von vornemit

A anfängt. Folglid , ward in dem 1582ten Jahre der Sonntagsbuchſtab zulegt C , anſtatt G. Damit man

es augenſcheinlich bemerke, will id) von dem 7den Oct. derein Sonntag feyn und den Buchſtaben G haben ſolla fë, bis zum 17, deran ſeine Stelle trat, die Engellerreken , 7.

8.

Sonnt. Mont. G

a

12 .

13 .

9.

TO ,

II.

Dienft. Mitti. Donn. d

b 14.

15.

16 .

Freyt. Sonnab. Sonnt. Monf. Dienſt f

G

b

17

Miten C

Aus dieſer Lirfache mußte man den Sonnenzeitfreis noth:vendig fo veråndern , daß in demſelben das uzte

Jahr C zum Sonntagsbuchſtaben anwieſe. Und dg. durch entſtand die folgende Tafel.

Gregos

mathematiſche Zeitrechnung. 355 Gregorianiſcher Sonnenzeitkreis pon 1582 bis 1700 , uino

auf 1560 zurückgetragen .

1

I. C. B.

2. A. 3. G. 4. F. 5. E. D. 6. C. 9. G. F. 10. E. 11. D. 12. C. 13. B. A. 14. G. 15. F. 16. E. 17. D. C. 18. B. 19. A. 20. G. 21. F.E. 22. D. 23. C. 24. B. 25. A. G. 26. F. 27. E. 28. D. 7. B.

8. A.

Nachher, als im 1700ten Jahre wieder ein Eag weggeworfen ward, růcten die Buchfiaben aller Boa

Ghentage um einen vorwärts. Es war daffelbe Jahr

-3

mit M说

das erſte im Kreiſe, und folite daher anfangs Cund Bernach B zum Sonntagsbuchſtaben yaten: wie die Eafel des bis dahin gültigen gregorianiſchen Sonnena zitkreiſes angiebt. Aber durch die Rückung der Buche Fiaben um einen Tag mußte aus C erſt D und aus B vann C werden . Daher ward der Sonneuzeitkreis wiederum auf folgende Beiſe geändert.

ol

CA

Verbeſſerter Sonnenzeitkreis in den gregorianiſchen Jahren von 1700 bis 1800 . L. D. C. 2. 7. C. 8. B.

B. 3. A. 4. G. 5. F. E .. 6. D. 9. A. G.

10. F.

II. E.

12. D.

13. C. B. 14. A. 15. G. 16. F. 17. E. D. 18. C. 20. A. ' 21. G.F.- . 22. E. 23. D .. 24. CGo

19. B.

25. B. A. 26. G. 27. F. 28. E. '

Weil aber in diefem Zeitfreiſe allemal das vierte Jahr, als ein Schalrjahr , zweene Buchſtaber nachy einander bat; und doch nach der Verbeſſerung des Jahres in Abſicht auf die Einſchaltung feſtgeſegt iſt, das das hunderteſte Jahr drepmal nach einander nur

ein gemeines Jahr , und erſt das vierte Hunderteſte 32

Jabr

356

Die erſte Abtheilung ,

Jahr ein Schaltjahr ſeyn ſoll: ſo fann derſelbe nicht beſtåndig gelten. Nun iſt es zwar keine große Schwic.

rigkeit, eine beſtåndige Tafel der verbeſſerten Sonnen . zeitfreiſe zu machen ; wie ſie auch der Freyherr von Wolf mitgetheilt hat in ) : allein ſie wird etwas weite

läuftig ; und es iſt ſehr leicht, für jedes Jahrhundert eine beſondre Tafel zu entwerfen, wann die Zeit da iſt. Deswegen will ich es hier dabey bewenden laſſen . Will man den Sonnenzeitfreis zur Unterſcheidung der Jahre gebrauchen : ſo muß man von einem jeden

gegebnen Jahre die Zahl , welche anzeigt, das wie vieleſte es in dem Kreiſe ſen , und die auch ſelbſt, wie

ich ſchon erinnert habe , der Sonnenzeitkreis genannt wird, finden können, um durch dieſe Zahl den Sonn

tagsbuchſtaben des gegebnen Jahres zu finden. Hier zu hat man nur zweyerley in Erwägung zu ziehn. 1

Man muß erſtlich bedenken, daß der Sonnenzeit

Ereis von ſeinem Erfinder auf 9 Jahre vor Chriſti

1

Geburt zurückgeleitet iſt, und ſich alſo fo viele Jağı re vor der gemeinen Jahrrechnung von Chriſti Ger burt anfángt. Hiernächſt muß man ſich erinnern , daß der Sonnenzeitfreis eine Reihe von 28 Jahren

ift. Wenn demnach ein gewiſſes Jahr Chriſti auf. gegeben wird, den Sonnenzeitkreis deſſelben zu ber ſtimmen : ſo muß vor allen Dingen die Reihe der

Jahre, welche bis auf das gegebne JahrChriſti ver floſſen ſind, der Anzahl von Jahren , die von dem İnfange der Sonnenzeitfreiſe verlaufen ſind, gleich 982 macht werden. Nun fångt ſich der Sonnenzeitfreis 9 Jahre vor Chriſti Geburt an.

Man muß alſo

zu dem gegebnen Jahre Chriſti allemal noch 9 Jahre hinzuſeßen. Dann hat man eine gleiche Anzahl von

Jahren mit denen , die feit dem Anfange des Son . nenzeitkreiſes verſtrichen ſind. Da nun ein ganzer Sona.

m) Element, Chronol. S. 145.

1

mathematiſche Zeitrechnung. 357 Sonnenzeitkreis allemal aus einer Reihe von 28 Jah. ten beſteht: ſo muß in derſelben Anzahl von Jahren nicht nur die Reihe von 28 Jahren ſo oft, als ſie verlaufen iſt, ſondern auch , wo über die ganzen Reis

ßen von 28 Jahren noch einige einzelne Jahre mehr vergangen ſind, die Zahl dieſes Ueberſchuſſes von ein. zelnen Jahren , enthalten ſeyn. Folglich darf man die aufgegebne Zahlder Jahre Chriſti, nachdem man 9 hinzugefeßt hat , nur durch 28 theilen oder dividia ren . Geht die Zahl, welche durch 9 getheilt wird, gerade auf: ſo muß das gegebne Jahr gerade eine Reihe von Sonnenzeitfreifen , oder von 28 Jahren, beſchließen , und demnach das 28te in einem Soui.

nenzeitfreiſe feyn. Bleibt aber nach der Theilung ein Ueberreft : fo zeigt diefer, wie viele Jahre noch

über die ganzen Reihen von Sonnenseitfreiſen vers floſſen. ſind, und alfos, das wie vieteſte Jahr das geo gebne Jahr Chriſti in einem Sonnenzeitfreiſe rey . Wann dieſe Zahl, oder dieſer Sonnenzeitkreis gefun den iſt: ro ſucht man ſie in den Tafeln des Sonnene

zeitfreiſes nach julianiſchen oder gregorianiſchen Jahren auf, und findet darneben in dem erſten Falle den julianiſchen , in dem andern den gregorias

niſden Sonntagsbuchſtaben angewieſen. Steht neben der Zahl in den Tafeln nur ein einziger Buche

ſtab: ſo iſt das gegebne Jahr ein gemeines, und

derſelbe Sonntagsbud,ſtab gilt das ganze Jahr hin. durch. Sieht man hingegen zweene Buchſtaben ne. ben der gefundnen Zahl: ſo iſt das gegebne Jahr ein Schaltjahr, und der erſte gilt nur bis auf den 24ten Februar , der andre für alle übrige Zeit des Jahres. Durch Beyſpiele wird man dieſe Regeln beſtåttigt finden. Es ſen, das 1783te Jahr gegeben,

den Sonnenzeitfreis, und den Sonntagsbuchſtaben deſſelben zu finden. Man rege zu dem erwähnten

Jahre 9 hinzu : ſo hat man die Zahl 1792 , welche 33

anzeigt,

.

358

Die erſte Abtheilung,

anzeigt, wie viele Jahre ſeit dem Anfange der Sons nenzeitkreiſe im 1783ten Fahre Chriſti verfloſſen fenn werden . Dieſe Zahl 1792 theile man durch 28 : und man roird befinden , daß ſie gerade aufgeht. Alſo

wird das 1783ie Jahr Chriſti das legte oder das 28te

Jahr von einem ganzen Sonnenzeitfreiſe fenn. Man ſuche nun die Zahl 28 in den Tafeln der Sonnenzeit

Freife auf: fo findet man in der julianiſchen A , in

ber gregorianiſchen von 1700 bis 1800 E , darne. ben .

A wird in dem 1783ten Jahre der julianiſche :

E der gregorianiſche Sonntagsbuchſtab ſeyn. Und

weil nur ein Buchſtab neben der Zahl in den Tafeln ſteht: ſo wird eben der Sonntagsbud)ſtab das ganze Jahr hindurch gelten ; weswegen es ein gemeines Jahr fenn wird . Wiederum nehme man das gegerie

wärtige 1763te Jahr an , deſſen Sonnenzeitfreis und

Sonntagsbuchſtav zu ſuchen. Nachdem man 9 hins zugethan hat , kommt die Zahl 1772 Heraus: lind ſo viele Jahre ſind iſt vom Unfange des erſten Sonnens

zeitfreijes verfloffen. Man theile hierauf die Zahl 3772 durch 28: fo bleibt die Zahl 8 übrig. Es iſt daher das gegenwårtige Jahr das gte in dem Sone nenzeitfreiſe : oder nach der andern Bedeutung dieſes

Wortes iſt 8 der Sonnenzeitfreis dieſes 1763ten Jah. res. Man fudie die Zahl 8 in den Tafeln auf: ſo findet man neben derfelben in der julianiſchen E ,

in der gregorianiſchen von 1700 bis 1800 B. Jes nes iſt der julianiſche: diefes der gregorianiſche Sonntagsbudiſtab des gegenwärtigen ganzen und alſo gemeinen Jahres. Endlich ſey noch das fünftige 1764te Jahr zum Benſpiele angenommen. Sekt man g hinzu : To entſteht die Zahl 1773 und bezeichnes

die Jahre, welche von dem Anfange des erſien Son. nenzeitfreiſes verlaufe!) find. Nun theile man die

3:31 1773 durch 28. Dann bleibt die Zahl g übrig.

Dieſe iſt demnach der Sonnenzeitfreis des fünftigen 1764ten

1

mathematiſche Zeitrechnung. 39 ?

1764ten Jahres : oder dafelbe Jahr iſt das gte in cia nem Sonnenzeitfreife. Sucht man die Zahl 9 in der Safeln auf: To findet man neben ihr in der julianis,

fchen D. C.; in der gregorianiſchen von 1700 bis 1800 ; A. G.

Man ſchließe daher, daß es eina;

Schaltjahr fenn , und im julianiſchen Jahre D , im

gregorianiſches A bis auf den 24ten Februar, nadj. her in jenem C , in dieſem G , zum Sonntagsbuch , ſtaben dienen wird.

Rachdem man von einem jeden Jahre Chriſti den Sonntagsbuchſtaben zu finden weiß , iſt aus der

Art zu verfahren leicht zu ſchließen , wie man umgem kehrt aus der gegebnen Zahl des ganzen Sonnenzeite Freiſes und der Zahl, welche anzeigt , das wie vieleſte

Jahr ein geriſjes in demſelben Kreiſe res , das Jahr Chriſti beſtimmen, fónne. Denn da ein jeder Soila nenzeitfreis aus 28 Jaliren beſteht: ſo darf man auf die gegebne Anzahl der Sonnenseitereife uen eines vera mindern und danusait 28 vermehren oder multiplia ciren . Um eines muß man die gegebne Anzahl desa wegen vermindern , weilder ganze Kreis, wozu das 93

ſuchte Jahr gehört, noch niche voll ift. Durd, diege Vermehrung erhält man aledaru die ganze Reihe von Jahren, welche vom Anfange des erſten Sonnenzeit kreiſes bis. an denjenigen, wovon ein gewiſſes Jahr gegeben iſt, dasJahr Chriſti daraus zu findery, vera laufen ſind. Aber der Anfang des erſten Kreiſes fålle 9 Jahre vor Chriſti Geburt.

Folglich muß man

von der vermeheten Zahl 9. abzieən . Der Ueberreſt, den man dadurdy bekommt, iſt das Jahr Chriſti, wos mnit ſich der lebie Sonnenzeitfreis vor demjenigen, in

1

Welches das zu ſuchen aufgegebne Jair Chriſti fålls, beſchloſſen hat. Nun iſt auch die Zahl, welche air, zeigt, das wie vieleſte Jahr ch in dem nächrifolgen . den Kreiſe ren , gegeben. Folglich hat man nichts

mehr zu thun übrig , als, dieſe Zahl zu dem voriggp Ueber 34

1

.

360

Die erſte Abtheilung,

Ueberreſte hinzuzuſeken: die Summe iſt das geſuchte Jabr Chriſti. Wenn zum Beyſpiele aufgegeben wird , das Jahr Chriſti zu fuchen , welches in dem 64ten Sonnenzeitfreiſe das Ste iſt : ſo vermindert mar:

dieſe Zahl um eines , und behålt 63. Nachdem man dieſe mit 28 vermehrt hat , entſteht die Zahl 1764. Von derſelben zieht man 9 ab .

Der Ueberreſt 1755

iſt das Jahr Chriſti, womit ſich der Sonnenzeitkreis vor demjenigen , wozu das zu ſuchen aufgegebne Jahr Chriſti gehört , beſchloſſen hat. Darum hat man bloß die gegebne Zahl 8 , welche anweiſet, das wie vieleſte Jahr es in dem 64ten Sonnenzeitfreiſe fenn rolle, zu demſelben Ueberreſte hinzuzuſehen. Die Sunt

me 1763 iſt das geſuchte Jahr Chriſti. Weil ich mich oben, weitläuftige Tafeln zu vera meiden , der Mühe entzogen habe , beſtändige Safeln der Sonnenzeitfreiſe vorzulegen : ro will ich dafür

hier noch zeigen , wie man mit weniger Mühe für ein jedes Jahrhundert eine beſondre Tafel entwerfen fón . ne. Die Urſache, warum die gregorianiſchen Tas feln nicht beſtåndig ſind, wird man ſich beſinnen ,

liegt darinn , daß immer das hunderteſte Jahr drey. mal nach einander ein gemeines Jahr bleiben muß. Man findet alſo in der für das abgewichne Jahrhun. dert verfertigten Tafel allemal den rechten Buchſta.

ben für das folgende hunderteſte Jahr : nur findet man ſtart eines, den man ' allein für das hunderte te

Jahr gebraucht, wo es nicht das vierte unter den hunderten iſt, ihrer zweene. Nun gilt der zwente

nicht anders, als wenn es ein Schaltjahr iſt. Das her muß man den erſten allein annehmen : wenn man

den Sonntagsbuchſtaben für ein hunderteſtes Jahr, das nach der Verbeſſerung der Einſchaltungsart ein gemeines Jahr ſeyn ſoll, ſucht.

Hat man dieſen

Buchſtaben ; man findet ihn aber , wenn man ihn

auf die im Vorhergehenden beſchriebne Weife ſucht: ro

mathematiſche Zeitrechnung. 36 ! fo lebt man die rückwärts folgenden nach einander für die folgenden Jahre bis auf 28 , und darf daben nur beobachten , daß man dem vierten Jahre allema! ihrer zweene zueigne. Jedoch da der ganze Sonnen. zeitkreis nur aus 28 Jahren beſteht, und , wenn das erſte Jahr deſſelben wiederkehrt , es ein Schaltjahr ſeyn muß : fo fegt man dem für das hunderteſte Jahr gefundnen Sonntagsbuchſtaben noch , und zwar vors an , denjenigen bey , welcher auf den lekten in dem neuen Kreiſe nach der rückwärts gehenden Ordnung folgt, und in dem 29ten , oder wiederkehrenden erſten Jahre des Zeitfreiſes, bis auf den 24ten Februar gelten muß. Wenn man demnach einen neuen Son.

nenzeitkreis nach gregorianiſchen Jahren von 1800 bis 1900 entwerfen will: ro ſuchet man erſt in dem von

1700 bis 1800 gültigen Kreiſe den Sonntagsbuchſtaben für das 180ote Jahr auf. Man findet auf die oben erklärte Weiſe, daß eben dieß Jahr das 17te in dem

Sonnenzeitfreiſe iſt. In der Tafel, welche unter den oben vorgelegten die lekte iſt, ſieht man neben der Zahl 17 die benden Buchſtaben E. D. Das 180ote Jahr aber ſoll kein Schaltjahr ſeyn. Darum gilt E allein durch das ganze Jahr. Folglich hat das ate Jahr des Kreiſes D , das zte C , das 4te B, das sie A. G. u . Geht man in dieſer Ordnung bis auf das

.28te Jahr des Kreiſes fort, und giebt nur allemal dem vierten Jahre zweene Buchſtaben ; ſo findet man für daſſelbe G zum Sonntagsbuchſtaben. Das fole gende , welches wieder das erſte des Zeitfreiſes wird, muß daher, weil F vor G vorhergeht, F zum Sonn. tagsbuchſtaben bekommen. Aber das erſte Jahr des Kreiſes iſt allemal, wenn es nicht eines von den dren. en unter den hunderten iſt , die gemeine Jahre ſeyn

müſſen , ein Schaltjahr. Deswegen gilt F nur bis zum 24ten Februar, und dann das übrige Jahr hin.

durch E. Mit E , haben wir gefunden , mußte ſich de 35

r

A

362

Die erſte Abtheitung,

Der neue Zeitkreis von 1800 bis 1900 anfangen. E : darf alſo nur noch F neben E und voran geſekt wers den ; wie aus eben der Urſache in der Tafei von 1700 bis 1800 D neben C ſteht : dann muß die Tafel für

alle Zeit von 1800 bis 1900 zutreffen. Hier iſt ſie gang.

Sonnenzeitkreis der gregorianiſchen Jahre von 1800 bis 1900. X. F. E.

2. D. 3. C. 4. B. 5. A. G. 6. F. 7. E. 8. 8. D. 9. C. B. 10. A. II. G 12. F. 13. E. D. 14. C. 15. B. 16. A. 17.G.F. 18. E. 19. Đ. 20. C. 21. B. A. 22. G. 23. F. 24. E.

25. D. C. 26. B. 27. A. 28. G. Kaum iſt es nöthig zu erinnern , weil es aus den

vorhergehenden Betrachtungen von ſelbſt in die Uil gen leuchtet , daß , wenn das hunderteſte Jahr zum vierten mcl einfällt, der Sonnenzeitfreis, welcher in dein vorigen Jahrhunderte gegolten hat ,auch in den Folgenden gelten muſie : und alſo, wenn man auf die

yorige Zrt eine neue Tafel des Sonnenzeitfreiſes von

1900—2000 entwirft, dieſelbe auch von 2000 bis 2100 gültig bleibe.

Endlich aber iſt nunmehr offenbar, daß der Son . nenzeitfreis zu den natårlichen Unterſcheitungszeichen

der Zeitrechnung gehöre. Denn die Folge der Tage nach der Verſchiedenheit der Jahre hat ihren Grund

in der Natur ; ind in den ganzen Kreiſe iſt nichts willkürlich , als die Bezeichnung der Tage durch die Buchſtaben : Das hekte gehört nicht zum Weſen der Sache. Allein , wie weit kann er nun zur Unterſchei. dung der Jahre vienen ? In Betrachtung der einzel. nen Sonntagsbudyſtaben kann es nicht feyn : da in

Dem Vorlaufe eines einzigen Kreiſes allemal ein jeder Buchjtab fünfinal zum Sonntagsbuchſtaben wird. Es

mathematiſche Zeitrechnung. 363 Es muß alſo nur in Anſehung des Sonenzeitfreiſes in engern Verſtande, ober derjenigen Zahl, welche ane zeigt, das wie vieleſte Jahr ein Jahr Chriſti in dent ganzen Kreife ren , und in 26ſicht auf die Unzahl der Kreiſe, die vorher verlaufen ſind, ein Merkmaal des Unterſchiedes daraus genommen werden . Es wird ſich ſchon nidit ſo gar oft treffern, das zienmert.

würdige Jahre einerley Zahl in verſchiednen Kreiſen Haven: und dann laſſen ſie ſich durch dieſe Verſchie. denheit ſelbſt von einander erkennerr. Trifft es ſich

aber : fo dient die Zahl der vor denjenigen , wozu , ein gewiſſes Jahr Chriſti gehört , verfloßnen Kreiſe,

zu genauerer Unterſcheidung. Beyces Gat den Vora theil , daß , wenn das Jahr irgend einer Begebenheit ſtreitig, aber die Zahl des Sonnengeitfreiſes , die auf daſſelbe Jahr trifft , und die Anzahl der vorher verfloßnen Kreiſe ausgemacht iſt, auch das Jahr ſelbſt und der Zeitraum , vor einer gewiſſen Grange an, ſicher feſtgeſcht werden kann. Uller übrige Muken des Son. nenzeitfreiſes , außer feinen Dienſten ben der Anwena

dung des Mondzeitkreiſes, wooon im Folgenden zu handeln iſt, beruhet auf der Verbindung mit andern lInterſcheidungszeichen : um entweder durch die Uebers einſtimmung derſelben die Gewißheit der eigentlichen Zeit einer merkwürdigen Begebenleit zu beſtårken ; oder durch ihre Abweichung von einander die Unge.

wißheit , wo nicht gar die Falſchheit, der angegebnen Zeit zu zeigen.

§. 14 .

Die neuern Yiondzeitkreiſe haben alle ihr 26. fehn auf das Oſterfeſt, die eigentliche Zeit deſſelben in jedem Jahre zu beſtimmen. Es iſt aber ein X17onds

zeitkreis eine Reihe von Jahren, nach deren Pers laufe die Neue und Volimonde wieder auf eben dena

felben Tag des julianiſchen Ihres fallen ſollen. Ben . Den

364

Die erſte Abtheilung ,

den meiſten iſt der alte metoniſche Rreis von 19 Jahren auf eine oder die andre Urt zum Grunde ge.

legtworden. Es iſt von keiner Erheblichkeit für die Zeitrechnung, von allerVerſchiedenheit derſelben weit lắuftig zu handeln.

Schon vor der nicániſchen Kir.

chenverſammlung im 222ten Jahre Chriſti fekte sips polytus , nach Ifidors Zeugniſſe n) , den Mond zeitkreis auf 16 Jahre : jedoch Anatolius von Alerans drien úno Biſchof von Laodicea , der in der legten

Hälfte des zten Jahrhunderts lebte, ftellte den Kreis von 19 Jahren vor O ). Hernach gab ihm auch Eus

ſebius, wie er ſelber meldet p ), auf Conſtantins des Großen Befehl, eine Reihe von 19 Jahren. Wiederum verſuchte der Biſchof von Alefandrien,

Theophilus, eg mit einem Kreiſe von 437 Jahren, Den er vom 38oten Jahre Chriſti anfwg und 100 Jah re deſſelben zur Probe vorſtellte 2). Allein ehe die 100 Jahre noch verfloſſen waren, richtete ihn Cyril lus auf 95 Jahre ein, indem er den 19jährigen Kreis durch 5 vermehrte oder multiplicirte r) , und fing ihn von dem 437ten Jahre Chriſti an. Auch dieſer,

um des jüdiſchen von84 Jahren, den einige Chriſten angenommen hatten, und Proſper von Aquitas

nien im fünften Jahrhunderte nach ſeiner Verbeſſes rung auf das 46te Jahr Chriſti zurückgeleitet haben ſoll, nicht weiter zu gedenken, ward bald verworfen , und Victorius bradite, auf des Silarius Ermuna, terung, noch ehe dieſer Pabſt ward, im 46oten, oder, wie andre wollen, ſchon im 457ten Jahre Chriſti ei.

nen neuen von 532 julianiſchen Jahren auf die Bahn, und

n) Origin. Lib. VI. C. 17.

0) Aegid. Bucher, doctrin. temp. p. 439 fq. et Petau. de doctr, temp. Lib. VI. C. 1. P- 514. p ) De vita Conſtant. Lib. VI. C. 34. 9) Petau . I. c. Lib. II. C. 67. p. 225fq. et C. 68. p. 229. t) Petau. loc. Lib. II, C.67. p. 226, et C. 68. p. 229.

mathematiſche Zeitrechnung.

365

und leitete ihn bis auf das Leidensjahr Chriſti zut růck s). Die von ihm angegebne Reihe der Jahre entſteht: wenn man 19 mit 28 multiplicirt.

Die

erſte Zahl aber macht den gewöhnlichſten Mondzeit Kreis , und die andre den Sonnenzeitkreis aus.

2110

war der feinige aus dieſen beyben zuſammengeſeßt und könnte deswegen ein Periodus oder großer Ums

laufkreis heißen. Jedoch da es eigentlich nichts als eine Vermeprung des vorber gewöhnlichen Mont denzeitfreifes war, und er dabey auf den Sonnen. geitfreis kein weiteres Abſehn hatte, ſondern bloß ei. nen Mondzeitkreis angeben wollte: lo ſchickt ſich die.

fer lekte Name beſſer. Man hat ihn auch den dios nyſianiſchen Zeitkreis genannt; weil man geglaubt hat, Dionyſius babe ihn anfangs, ehe er den neun . zehnjährigen gewählt, zu; verbeſſern geſucht: allein Petav, der dieß erſt geglaubt hatte t), hat ſeine Meie nung hernach ſelber verbeſſert u ). Mit mehrerem

Grunde heißt er der große Oſterkreis. In der That war er eine Zeitlang in vielem Anſehn : aber ec war doch falſch. Denn wenn man ihn nach den oben g. 12 gegebnen Regeln prüfet: ſo zeigt ſich , daß er in ſeinem ganzen Verlaufe die Neus und Dollmonde

nicht wieder auf eben denſelben Tag des julianiſchen Jahres zurůdbringt. Er feblt umiTag, 16 Stund.

i Min. 53 Sek. und 40 Terz., und um ſo viel weicht er über die Mondzeiten hinaus. Deswegen fiel endlich der Abt zu Rom , Dionyſius der Rleis

ne , wieder auf den neunzehnjährigen Kreis , und lei. tete ihn bis auf das erſte Jahr vor Chriſti Geburt, nach der gemeinen Jahrrechnung zurück. Dieß gee fchahe im 525ten Jahre Chriſti: wierdohl andre das 5270e

s ) Petau. 1. c . Lib . II. C. 67. p. 229. t) L.c, Lib. II. C. 67. p. 227 19. 1 ) L. c . Lib. XII, C. 3. p. 405 19.

366

Die erſte Abtheilung,

527teJahr regen. Wenn nunDionyſius audi gleich den fünfund neunzigjährigen Kreis des Cyrillus zu erſt angenummen Haben ſollte: fo war diefer doch in der That nichts anders, als der neunzehnjährige Kreis fünfinal nach einander gejalt. Uber der neunzehn

jährige iſt es eigentlich , der ſeit des Dionyſius Zeiten unter dem Namen des 1170ndzeitkreiſes in der chriſte Tichen Kirche vornehmlich fo lange gegolten hat , bis die Feier dabey alizu merklich geworden waren , und Gregor det XIII . desmoegen auf die Verbeſſerung deſſelben gedachte. Was hiervon zu ſagen iſt, das gchört eigentlich zur Erktårung der verſchieðnen Kaim lender , und wird im Folgenden an ſeinem Orte vore

kommen. Uebrigens kann man den Petav x ) dae 1

von leſen.

Der triondzeitkreis hat die Abſicht, daß er nac; Verlaufe der Jahre, woraus er beſteht, die Neua

und Vollmonde wieder auf eben denſelben Tag des julianiſchen Jakres zurückbringen roll. Unterfucht man ihn nun nach den oben 9. 12 gegebnen Riegeln : ſo findet man, daß er dieß zwar einige Jahrhunderte

hindurch, aber niemals genau, thue. Denn 19 julia niſche Jahre, welche dabey angenommen werden, be tragen 6939 Tage und 18 Stunden : weil ein julia niſches Jahr aus 365 Tagen und 6 Stunden beſteht. In 19 folchen Jahren verſtreichen 235 Mondzeiten ,

oder Mindenmonate. Dieſe betragen zwar eben ro viele Tage : aber nicht eben ſo viele Stunden ; ſondern

aber die 6939 Tage nur 16 Stunden, 32 Min . 28 Sek .und 5 Terz. ' Alſo bringt der Mondzeitfreis

durd einen Verlauf feirer 19 Jahre in der That die Neu- und Vollmonde auf eben denſelben Tag des ju lianiſchen Jahres zurücf: allein nicht genau.

Die 19

X) L. c. Lib. VI. C. 5. p. 531 ſqq. et Lib . XII. C. 3. P. 405 fq

---

mathematifche Zeitrechnung. 567 19 Jahre ſind um I Stunde, 27 Min. 31 Sek. und

55 Terz. tånger, als die 235 Mondzeiten: und um fo viel gehn die Neu- und Vollmonde in dem Verlaufe

eines jeden Kreiſes zurück. Wenn man nun dieſer Ueberſchuß der 19 julianiſchen Jahre in Terzien ver: wandelt : fo beläuft er ſich auf 315115 Terz. Olher 5184000 Terzien machen einen ganzen Tag aus. Alſo muß man ſchließen , wie ſich die Zahl der Ters

zien, cie in 19 Jahren überſdzießen, zu der Zahl der Terzien , die einen ganzen Tag geben , berhále, po verhalte ich die Zahl der 19 Jahre, in welchen die

>

li 6

erſte Zabl von Terzien überfchießt, ju der Zahl der Jahre, worinn aus dem Ueberſdjufie der Terzien ein ganger Tag wird . Man hat demnach nur zu 315115, 5184000, und 19, nach den Regeln der Rechenkunſt, die vierte ebenmäßige Zahl zu ſuchen. So findet man 312 und noch einen Ueberreft. Dieſer Weberreft beweiſt, daß in dem 312ten Jahre der Tag noch nicht gan ; voll iſt. Daber kann der Mondzeitkreis von 19 Jahren noch für das 312te Jahr gelten. Allein da das gefundne Jahr mit dem Weberreſte zuſammenge. rommen die Zeit ſeyn muß , in welcher ein ganzer Tag überſchießt: ſo weicht der Kreis nach Verlaufe dieſes Jahres um einen ganzen Tag ab. Er trifft daher nach 312 Jahren nicht mehr zu. Ehe man dieſe Unrichtigkeit bemerkte , glaubte

11

man durch den neunzehnjährigen Mondzeitkreis

TE

ein vortrefliches Unterfdjeidungszeichen der Zeitrecha

2

mung, und ſonderlich zur Beſtimmung der Oſterzeiten, zu haben.

Da der Kreis die Neu , und Vollmonde

nach ſeinemVerlaufe wieder auf ebendenſelben Tag des julianiſden Jahres brachte, wie man glaubte, und es auch 312 Jahre hindurch wirklich geſchahe : fo durfte mnan nur die Abwechſelungen der Neu- und Vollmonde auf 19 Jahre berechnen ; dann war die

Zeit derſelben allemal beſtimmt, ſo bald man nue wußte,

368

Die erſte Abtheilung,

wußte , bas wie vieleſte in dem Kreiſe ein gewiſſes Jahr wäre. Die Zahl, welche dieß anzeigte, konnte man leid )t finden. Und weil man ſich davon ſo große Dienſte verſprach : ro fchrieb man ſie in den Kalen .

dern vorzeiten mit goldnen Buchſtaben an. Deswea gen hat die Zahl, welche anzeigt , das wie vieleſte

Jahr in dem Mondzeitfreiſe ein jedes angegebnes Jahr fen , den Namen der golonen Zahl bekommen . Will man nun von einem gewiſſen Jahre Chriſti die goldne Zahl miſſen : ſo muß man ſich erinnern, daß der Mondzeicfreis auf 1 Jahr vor Chriſti Geburt

zurückgeführt war. Ein jedes Jahr Chriſti begreift aus dieſer Urſache nur ein Jahr weniger, als Jahre von allen Mondzeitfreiſen zu derſelben Zeit verfloſſen

find. Darum feßt manzu dem gegeben Jahre Chriſti eines hinzu. Alsdann hat man die Zahl der Jahre,

welche von dem erſten Mondzeitfreiſe an verlaufen find. Ein jeder Mondzeitkreis aber beſteht aus 19 Jahren : daher müſſen in dieſer Zahl fo vielmal 19 Jahre, als Mondzeitfreiſe vorbengegangen ſind, und , wo das aufgegebne Fahr Chriſti nicht gerade

einen Kreis beſchließt, noch über die 19 Jahre ſo viele, als voin Anfange des noch laufenden Kreiſes verſtris chen ſind, enthalten ſeyn. Man hat alſo das gegebne Jahr Chriſti, nachdem man eines þinzugelegt hat, nur durch 19" zu theilen oder zu dividiren . Geht es durch die Theilung gerade auf : fo muß es das lebte,

oder das Igte in dem Mondzeitfreiſe feyn. Bleibt etwas übrig : ro zeigt der Ueberreſt, das wie vieleſte

Jahr das gegebne in dem Mondzeitfreife fer. In dem erſten Falle iſt demnach 19 : in dem andern die

Zahl , woraus der Ueberreſt beſteht, die goldne Zahl des gegebnen Jagres Chriſti. In den Benſpielen wird man es deutlich regn. Man nehme das fünfti. ge 1766 Jahr Chriſti an. Dazu rege man eines : po

wird dieZahl1767. Dieſe tyeile man durch 19 : und fie

mathematiſche Zeitrechnung. 369 fie geht gerade auf. Alſo wird das 1766 Jahr Chriſti

das lekte in einem Mondzeitfreife feyn umd 19 juv goldnen Zahl haben . Der Quotient 93 zeigt zus gleich, wie viele ganze Mondzeitkreiſe zu derſelben Zeit verfloſſen ſeyn werden . Will man aber von dem gem genwärtigen 1763ten Jahre die goldne Zahl wiffen : ro theile man die um eines vergrößerte Zahl 1764 wies derum durch 19. Dann findet man 16 jum Ueberreft :

und eben der iſt die goldne Zahl des gegenwärtigen Jahres Chriſti im guten Mondzeitfreife ; indem der Quotient 92 zeigt, daß ſchon 92 ganz verfloſſen ſind. Umgekehrt läßt ſich aus gleichen Gründen , wenn die Zahl der verfloßnen Mondzeitkreiſe und die goldne Zahl gegeben ſind, das Jahr Chriſti eben ſo leicht

beſtimmen. Weil ein jeder Mondzeitfreisaus 19 Jahren befteht: ſo bekommt man die Zahl der einzelnen Jahr re , wenn man die gegebne Zahl der vorher verlaufnen

Mondzeitfreiſe durch 19 vermehrt oder multiplicirt. Zu dieſer darf man nur die ebenfalls gegebne goldne Zahl binzureken , und vor der Summe , weil

der Anfang der Mondzeitfreife ein Jahr vor Chriſti Geburt fållt, eines abziehn. Der Ueberreft iſt das, geſuchte Jahr Chriſti. Es fen z. B. 92 , als die Zahl der ſchon ganzverfloßnen Mondzeickreiſe, und

16 , als die goldne Zahl des zu ſuchen aufgegebnen Jahres , angewieſen. Man multiplicire daher die Zahlder verfloßnen Kreiſe 92 mit 19, Dievermehra

te Zahl oder das Produce ift 1748

Zu diefem

ſexe man die ebenfalls gegebne goldne Zahl 16 hinzu, Die Summe wird 1764.

Davon ziehe man eines

ab : ſo iſt das gegenwårtige 1763te Jahr Chriſti das, jenige, welches geſucht werden follte. Der Mondzeitfreis gründet ſich auf die nabirlice Bewegung des Mondes, und der Sonne. Darum

gehört er zu den natürlichen Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung. Jedoch da er nicht genau zuruifft: fp 1. Theil.

2a

ift

1 1

370

Die erſte Abtheilung,

! 1

iſt er ein irriges Unterſcheidungszeichen. Håtten die Erfinder deſſelben nicht geglaubt, daß er unter allen am nåchſten zutråfe ; ſondern ihn nur willkürlich ana

genommen : fo würde er erſt zu den bloß kunſtmåſs ſigen Unterſcheidungszeichen zu rechnen ſeyn. Die Dienſte, die er thun kann , die Zeit zu beſtimmen ,

find eben diejenigen, die ich im Vorhergehenden von dem Sonnenzeitfreife angezeigt habe. Ich will ſie deswegen nicht wiederhohlen. Sein beſondrer Gen brauch zur Beſtimmung der Oſterzeiten gehört zur Einrichtung der Kalender, wovon ich im Folgenden das Nöthige vortragen werde.

g. 15.

Außer den natürlichen Unterſcheidungszeichen hat man zu verſchiebnen Zeiten auch willkürliche angenom .

men. Von dieſer Art find alle Zeitkreiſe, die auf

einer feſtgeſegten Wiederkehr geriffer Begebenheiten beruhen. Unter den alten iſt feiner fo berühmt und

in der Geſchichte mehr gebraucht worden , als der vierjährige Zeitkreis von den olympiſchen Spies len , der von dieſen eine Olyinpias genannt wurde. Der Vortheil, den die Zeitrechnung davon hat , hångt von der gewiſſen Beſtimmung ſeines Anfanges ab : weil derſelbe lange zu einer Jahrszahlgrånze gedient hat. Wann von der Verſchiedenheit der Jahrrech nungen zu handeln ſeyn wird : dann werde ich mehr davon zu ſagen die rechte Gelegenheit finden. Die andern bey den Griechen ſelbſt noch vormals gewohn.

lichen Zeitfreiſe übergebe ich billig : da ſie von gerin . gern Einflaſie ſind , und was man davon zu wiſſen nöthig hat, ein Stück derbloßen Geſchichte ausmachty ). Nur von den Luftren der Römer will ich noch etwas wenis

y) Bon einigen derſelben kann man Petau, de docir.

cemp. Lib. I, C. 33. p. 80 899. leſen.

mathematiſche Zeitrechnung. weniges beyfügen.

371

Dieſe Haben ihren Urſprung von

der Schakung, welche Servius Tullius einführte,

und den Namen von dem Opfer , das daben gebracht wurde 2). Man befand, daß ſich das Vermogen der Unterthanen beſtåndig veränderte. Deswegen beo ſchloß man alle fünf Jahre eine Schakung anzuſtel len. Und daraus entſtand die wiederkehrende Reihe von fünf Jahren , welche ein Luſtrum genannt wurde .

In ſpåtern Zeiten kam der Zinszahlkreis auf. Die Zeit und Abſicht ſeiner Einführung iſt ftreitig. Nach dem Zeugniſſe des alepandriniſden Zeitbus dyes a) bat man angenommen, Conſtantin der Groß

fe habe ihn im 312 Jahre Chriſti zum Gebrauche eine geführt. Es iſt aber der Zinszahlkreis oder Cys clus Indictionum , eine beſtändig wiederkehrende Reihe von 15 Jahren, deren Anfang 3 Jahre vor

Chriſti Geburt gefegt wird. Man muß ſich hier wiederum nicht dadurch irre machen laſſen , daß eben ſo , wie bey dem Sonnenzeitkreiſe, fo wohl der ganze

Kreis, als die Zahl , welche anzeigt, das wie vieleſte Jahr in demſelben ein gewiſſes Jahr Chriſti fen , der : >. inszahlkreis beißt. Um ihn zum Unterſcheidungszeichen in der Zeit rechnung gebrauchen zu können , muß man für ein jea

des Jahr Chriſti den Zinsjahlkreis, oder die Zahl, welche anzeigt, das wie vieleſte Jahr es in dem Kreiſe

fen , zu finden wiſſen. Die Regeln dazu laſſen ſich aus der Betrachtung, daß er aus 15 Jahren beſteht und ſich 3 Jahre vor Chriſti Geburt nach der gemein nen Jahrrechnung anfängt, leicht erkennen . Weil a 2

des

2) Dionyf. Halic, Antiqu. Rom, Lib. IV. p. 221 , 225, Liuius Lib. X. C. 42 199.

a) Chronic. Alexandrin, ad ann, I, olymp.273. ap. Ps. tau, 1. s. Lib, XI. C. 40 p. 362 199.

372

Die erſte Abtheilung,

des legten Umſtandes wegen ein jedes Jahr Chriſti um 3 weniger iſt als die Jahre der Zinsjahlkreiſe vor ihrem Unfange an : ſo muß man jenem allemal dren

Jahre zureken. Alsdann iſt die Anzahl der Jahre Chriſti der Anzah!, auf welche ſich zu derſelben Zeit die Jahre des Kreiſesbelaufen, gleid, gemacht. Da

nun ein jeder ganzer Zinszahlkreis aus 15 Jahren be ſteht: ſo darf man hiernachſt die um drey vergrößerte

Zahl des gegebnen Jahres Chriſti nur durch 15 thei. len ; indem zu der Zeit des gegebnien Jahres fo viele ganze Zinszahlkreiſe und ſo viele überſchüßige Jahre, wenn das gegebne Jahr nicht gerade einen Kreis beo ſchließt, verlaufen ſeyn müſſen, als 15 Jahre in der um

drey vergrößerten Zahl des Jahres Chriſti enthalten find, und, wenn der Kreis nicht gerade beſchloſſen wird , Ueberſchuß laſſen. Findet man alſo , daß dies fe Zahl gerade aufgebt; fo iſt 15 der Zinsjahlkreis des gegebnen Jahres: geht ſie nicht gerade auf; fo iſt es der Ueberreft.

Man rege, zum Beyſpiele, das

zukünftige 1767te Jabr , die Zinszahl deſſelben zu que chen. Nachdem man 3 hinzugethan bat , iſt die gegebne Zahl in 1770 verwandelt. Theilt man dieſelbe durch) 15 : ſo gebt ſie gerade auf.

Es iſt alſo 15 der Zinszahlfreis des 1767ten Jahres Chriſti. Will man hingegen für das gegenwärtige 1763te Jahr den Zinszahlkreis wiſſen , und verfährt auf gleiche Weiſe: ſo bekommt man durch den Zu . fak von 3, die Zahl 1766 , und findet nach der Thei. lung derſelben durch 15 den Ueberreſt 11. Daher iſt

u der Zinszahlkreis des gegenwärtigen Jahres. Wann im Gegentheile die Zahl der zu einer ge.

wiſſen Zeit verfloßner Zinszahlkreiſe, und der Zins. zahlkreis eines gewiſſen Jahres, oder die Zahl , wel. che anzeigt , das wie vieleſte ein Jahr in dem Zins. zahlkreiſe Fey , gegeben ſind : ſo kann man auch dar, aus leicht das Jahr Chriſti finden. Denn ein jeder ganzer

mathematiſche Zeitrechnung. 373 ganzer Zinszahlfreis beſteht aus 15 Jahren. So viel demnach verfloßne Kreiſe ſind : ſo vielmal muß man 15 nehmen. Man vermehrt folglich oder multiplis

cire die gegebne Zahl der verfloßnen Zinszahlkreiſe durch 15, reßt hierauf die andre gegebne Zahl des Zins. zahlkreiſes von einem gewiſſen Jahre hinzu, weil noch ro viele Jahre über die ganzen Kreiſe verlaufen find, und zieht endlich von dieſer Summe , da der Anfang

des Zinsjahlkreiſes auf 3 Jahre über die Zeit der Ge. butChriſti zurückfällt, 3 ab : der Ueberreft iſt das geſuchte Jahr Chriſti. Es follen Z'B. 117 Sonnen . zeitfreiſe verfloſſen ſeyn, und ein zu ſuchen aufgegebnes

Jahr Chriſti die Zahl ir zum Zinsjahlkreiſe haben. Man vermehre 117 durch) 15 : fo hat man die Zahl

1755. Nun reke man den Zinsjahlkreis 11 , als die Zahi , welche anzeigt, das wie vieleſte in dem Kreiſe das zu ſuchen aufgegebne Jahr fryn folle, zu 1755 hinzu. Die Summe iſt 1766. Zieht man endlich von derſelben 3 ab : ſo iſt der Lieberreſt das geſuchte, und hier das gegenwärtige 1763te Jahr. Weil nicht allein die Zeit des Jinszahlkreiſes nach

menſchlicher Willfür auf 15Jahre geſebt, ſondern auch dieſe Reihe von Jahren in der Zeitrechnung bloß will. fürlich ſtatt einer jeden andern Reihe angenommen

ift: ro gehört dieſer Kreis zu den kunſtmäßigen

IInterſcheidungszeichen der Zeitrechnung. Die Vortheile , welche er zur Beſtimmung eines Zeitrau . mes verfhaffen kann , kommen mit denen überein, die ich von dem Sonnenzeitkreiſe im izten g. gegen das

Ende bewiefen habe : nur daß der Zinsjablkreis mit den Oſterzeiten nichts zu thun hat. Ø.

16.

Nachdem die neuern Zeitfreiſe , von denen ich bisher gehandelt habe, eingeführt waren , fuchten auch die neuern Griechen ſie auf ihre Fabrrechnung angu . Na 3

wenden.

1

Die erſte Abtheilung ,

374

wenden . Sie zählten aber 5508 Jahre von der Era schaffung der Welt bis auf die Geburt Chriſti: ſo daß nach ihrer Rechnung das erſte Jahr Chriſti in

das 550gte Jahr von Erſchaffung der Welt fiel. Es waren zwar unter ihnen noch andre Berechnungen, wovon man den Petav b ) lefen kann , und im Fols genden das Nöthige bald finden wird : aber die eben

angeführte iſt die berühmteſte. Die Verſchiedenheit rührte daher : weil ſie die Jahre von Erſchaffung der Welt nach den 70 Dollmetſchern auf verſchiedne Wei.

fe zuſammenzählten. Diejenigen, welchebis aufChri. ſti Geburt 5508 Jahre rechneten, fanden für ihr 5509 . tes Jahr, als das erſte Jahr Chriſti in der gemeinen

Jabrrechnung, den Sonnenzeitfreis 21 , die Zahl des

Mondzeitkreiſes 18, und den Zinsjahlkreis 4. Weil nun aus dieſen drenen neuern Zeitfreiſen , indem man

ſie durch einander vermehrt oder multiplicite Hatte, nach der Zeit ein großer Umlaufspreis oder Perios dus, vom Scaliger gemachtwar : ſo hat man dieſe Anwendung der neuern Zeitfreiſe, welchedie Griechen davon auf ihre Jahrrechnung gemacht haben, für ei nen eben ſolchen Umlaufsfreis, wie ich mit Petas ven c) dafür halte, ohne Grund angefehn , und ges glaubt, er ren von des Scaligers Erfindung bloß das durch unterſchieden geweſen , daß dabey ein andres Jahr der Geburt Chriſti und für daſſelbe alſo auch andre Zahlen der drey neuern Zeitfreife angeſeßt wor . den . Das iſt der vermeinte und ſo genannte cons

ſtantinopolitaniſche Umlaufskreis , der niemals in dieſer Art von den Griechen gebraucht ſeyn kann : weil man in der Geſchichte nicht die geringſte Spur

davon findet, und Joſeph Scaliger in der That der erſte iſt, welcher auf einen großen Umlaufsfreiseiner zu b) De doctr. temp. Lib. IX . C.2-4 . p.3-12 , c) L.c, Lib . IX. C. V. p. 15.

;

mathematiſche Zeitrechnung. 375 einer ſolchen Abſicht,' als derſelbe feſtgeſegt iſt, gedacht

hat. Victorius, oder Victorinus, von dem ich ſchon oben geredet habe , hatte einen Zeitkreis von 532 julianiſchen Jahren, jedoch nicht zu ſolcher Abſicht, wie

Scaligers Umlaufskreis gebraucht wurde, ſondern bloß als einen Mondzeitskreis (9. 14) angenommen . Dieſe Zahl fömmt heraus, wenn man den Sonnen.

zeitfreis von 28 Jahren durch den Mondzeitkreis von 19 Jahren vermehrt, oder multiplicirt. Es war alſo noch der Zinszahlkreis übrig, die umlaufende Reis

he der Jahre zu vergrößern. Scaliger vermehrte

alſo den victoriniſchen Mondzeitkreis noch durch 15, als den Zinszahlkreis, um alle drey neuere Zeit. freiſe in einen großen Umlaufskreis zu befchließen, den

er, weil er nach julianiſchen Jahren eingerichtet war, den julianiſden nannte. Dieſer bekam demnach 7980 Jahre d). Der Erfinder deſſelben regte den Anfang eines jeden darein beſchloßnen Kreiſes in den

Anfang feines großen Umlaufsfreiſes: ſo daß das erſte Jahr von dieſem auch das erſte von allen Zeitkreifert Er hatte dabey zur Hauptabſicht, ein Unter ſcheidungszeichen der Zeitrechnung an die Hand zu ge

svar .

ben, und zugleich damit eine ſo lange Reihe von Jah. ren vorzulegen , daß alle verſchiedne Jahrrechnungen von Erſchaffung der Welt bis aufChriſtiGeburt dar . unter gebracht werden könnten , indem er nach ſeiner

Rechnung noch 763 Jahre über das Jahr der Schoa pfung hinauslief. Weil aber einige Zeitrechnungs kundige die Jahre von Erſchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt aus irrigen Gründen ſehr vermehrt Haben : ro rahe man, daß dieſeAbſicht dabey nicht voll. kommen erreicht werden konnte. Daher waren nach der Zeit andre darauf bedacht, den Umlaufskreis noch

mehr zu erweitern.

Joh. Bapt. Riccioli ſchlug a 4

d) Scaliger , de emendat, temp. Lib . V. p . 359 fqq.

feinen

376

. Die erſte Abtheilung

ſeinen golonen Sonnenumlaufskreis von 10168 Jahren vor e), der aus Vermehrung des Quadrats von

dem 19jährigen Mondzeitkreiſe, welches 361 iſt, durch denSonnenzeickreisvon 28 Jahren, entſteht. Anton Pagi ipollte den vermeinten conſtantinopolitanis Fiben IInilaufskreis, den er den griechiſdxromis fden nannte, porziehn f ). 06 derfelbe gleich aus einerlen Zahlen mit dem julianiſden durch ihre Vermehrung mit einander ontſteht, und daher eine gleiche Anzahl von 7980 Jahren begreift: fo wird doch das erſte Jahr der Geburt Chriſti dabev in das

550gte Jahr des Umlaufskreiſes gefckt, und dadurch

für die verſchiednen Jahrrechnungen von der Schöpfung bis auf Chriſti Geburt ein weitläuftigerer Zeitraum gelaſſen . Allein auch dieſer Zeitraum ift fir die eins gebildeten Zeitalter der Welt des Iſaak Voßius and Paul Pezrons noch zu kurz. Deswegen era

dachte der Kapuziner, Joh. Ludwig von Amiens, einen noch größern von 15960 Jahren , den er den

Umlaufskreis Ludwigs des Großen nannte g ). Dieſer iſt gedoppelt ſo groß als der julianiſche, und

entſteht aus der Vermehrung des Sonnenzeitfreiſes von 28, des Mondzeitkreiſes von 19, und des verbeſſere

ten Mondzeigerfreiſes, wovon bey den Kalendern noch zu reden ſeyn wird, von 30 Jahren , durch einander. Die Geburt Chriſti fekte der Erfinder derſelben in das * 7373te Jahr davon : fo daß er noch 2660 Jahre zu :

růck über den julianiſchen hinausläuft, und daher Der Abſicht, alle verſchiedne Jahrrechnungen von Ers

ſchaffung der Welt bis auf ChriſtiGeburt zu begreif fen, Genüge thut. Da aber die Zeitrechnung nicht

nach irrigen Meinungen eingerichtet werden darf, und der

e) Chronolog.reform . p. 79.

f) In der dill. vor feiner Critic.in annal. Baron ,

8 ) I4 feinem Atlas des temps, Amicns 1683 ( fol.)

mathematiſche Zeitrechnung.

377

der julianiſche Umlaufskreis die Abſicht eines fola chen Unterſcheidungszeichens',wie er ſeyn foll, gut gee nug erfüllt: ſo find alle die andern billig nicht zum Gebrauche angenommen , ſondern dem julianiſchen iſt

alleine Plaz gegeben worden. Daher muß ich von dieſem und feinem Gebrauche noch beſonders und gea nauer handeln.

Ñ. . 17.

Es iſt der julianiſche Umlaufskreis oder Des riodus , eine Reihe von julianiſchen und von dem

erſten Jenner an gezählten Jahren , welche durch die Vermehrung des Sonnenzeitfreiſes , Mondzeitfreiſes und Zinsjablkreiſes mit einander entſtanden ift. Er

beſteht demnach , wie ich ſchon angeführt habe, qus 7980 Jahren . Weil nun unter allen dieſen Jahren kein einziges feyn kann , was mit dem andern einerlen

Sahlen von den dreyen Zeitfreiſen habe; auch außer den 15 erſten kein einziges , das von allen drenen Zeita

kreifen gleiche Zahlen anweiſe: fo find alle Jahre defe felben wohl unterſchieden. Er kann demnach füglich zu einem Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung die

nen. Jedoch da dieſe Verbindung der dreyen Zeite freife willkürlich iſt: fo gehört er, wie alle große Um. laufstreiſe, die man aufzubringen verſucht hat, gu den kunſtmåßigen Unterſcheidungszeichen . Dieſen Nußen hat er mit allen Zeitkreifen ge. mein : nur leiſtet er ihn durch eine långere Reihe von Jahren und durch drey verſchiedne Zeichen nach den dreyen Zeitfreifen , woraus er entſtanden iſt. Aber er hat noch einen und den andernbefondern Nußen , wod durch er ſich unterſcheidet. Linen davon babe ich ſchon vorher anführen múffen, um die Veranlaſſung andrer Umlaufstreiſe zu zeigen : und derſelbe beſteht darinn, daß er ein weitläuftiger Zeitraum iſt, und dess

wegen alle Jahrrechnungen , die nicht bloß auf die a 5

Fabele

1

378

Die erſte Abtheilung,

Fabellehre der Heiden oder auf augenſcheinlich grobe Srthümer gebauet ſind , unter fich begreifen kann.

Dieß bringt den Vortheil zuwege, daß man alle Ver fchiedenheit der Jahrrechnung durch einerley fortlau . fende Reihe von Jahren anzugeben im Stande iſt.

Hieraus folgt ein zweyter Nugen. Denn fo oft man nur Mittel findet, die von den Zeitrechnungsfun

bigen angeregte Jahre merkwürdiger Begebenheiten auf Jahre des julianiſchen Umlaufskreiſes zurückzuſeta zen, wo ſie es nicht ſchon ſelbſt gethan haben : fo oft kann man ihre Abweichung von einander ſo wohl als

auch den Grund des Jethumes derer, die ſich verfehen haben , leicht entdecken und beurtheilen.

Er hat fers

ner mit den Jahren der gemeinen chriſtlichen Jahre rechnungen einerlen Unterſcheidungszeichen , die von

den dreyen Zeitkreiſen, woraus er erwachſen iſt, her genommen und ſo wohl für ſeine, als für die gemei

nen Jahre Chriſti, gebraucht werden. Hiedurch wird es fehr erleichtert, die Jahre dieſes Umlaufsfreiſes und der cöriſtlichen Jahrrechnung mit einander zu verbins den und zu vergleichen. Endlich iſt er auch eine Hülfe des Gedächtniſſes : indem man die Zeit der Bes

gebenheiten viel eher und beſſer behalten kann , wenn ſie nach einer beſtåndig fortlaufenden Jahrrechnung vorgeſtellt ſind, als wenn man daben verſchiedne Jahr. rechnungen merken muß.

Dieſe Vortheile haben den Detav ſelbſt, ob er

gleich Scaligern in allen andern Stücken beſtreitet, bewogen , dieſer Erfindung große Lobſprüche benzules

gen, und ihren Gebrauch genauer anzuweiſen, als der Urheber ſelber, oder Calviſius nach ihm , gethan hat. te h) ; ja ſo gar einen kurzen Begriff der ganzen Geo

ſchichte nach der Zeitrechnung, bis an das 533te Jahr Chriſti, auf die Jahre des julianiſchen Umlaufsfreiſes zurück . b ) Lic. Lib. VII. C. 8.9. p. 621 ſqq. und Lib.IX . C. 1. p. I.

mathematiſche Zeitrechnung.

379

zurückzuleiten i ). Bey dem allen kann ich nicht ber

gen, daß die gerühmten Vorzüge mir nicht ſo erheblich ſcheinen, daß die Zeitrechnung nicht gar wohl dieſes Kunſtſtückes håtte entbehren können. Die Jahre zut unterſcheiden ſind ſchon die verſchiebnen Zeitfreiſe, die hier mit einander verbunden ſind, an ſich ſelbſt hinrei. chend : ja die Natur giebt in den Bewegungen der

Himmelskörper und ihren mannigfaltigen Erſcheinun. gen bey denſelben ſo viele , ſo merkliche und ſo fichre Unterſcheidungszeichen an die Hand, daß es der Kunſt gar nicht bedurft Håtte, noch andre zu erfinnen. Die eigenen und beſondern Vortheile aber, weswegen man

1

建 CE .

30

EW

den Umlaufspreis anpreiſet, baben meşr Schein, als Wahrheit. Denn was nußt es erftlich in der That, einen erdichteten Inbegriff aller Jahrrechnungen zu haben ? Muß man nicht doch, wenn man einen deutli chen Begriff von ihrer Abweichung oder Uebereinſtim . mung nach der wahren Zeit haben will, noch wieder unterſuchen , wie viel ſie von der wahren oder wenig, ſtens von der gewöhnlichen Jahrrechnung abweichen ? Iſt es daher z. B. nicht weit natürlicher zu ſagen, die Juden zählen von Erſchaffung der Welt bis auf Chris ſti Geburt nur 3761 Jahre, und weichen alſo in iþrer

Jahrrechnung von der gewöhnlichen, welche 3949 jählt, um 188 Jahre ab, um welche nach ihrer Rechnung die Geburt Chriſti früher einfällt, als daß man das 953te

:(

Jahr desjulianiſchen Umlaufskreiſes zu dem Scho. pfungsjahre nach der jüdiſchen Jahrrechnung angebe,

16

dann erſt das Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes 4713, welches mit dem Jahre vor Chriſti Geburt nach

der gemeinen Jahrrechnung übereinſtimmt, annehmen, hieraus ferner das 376ite Jahr der Welt nach der jüdis

ſchen Jahrrechnung ſuchen, und endlich doch einen jeden, der die Zeit nicht nach angenommenen , fondern nach wahren i ) L.c. Lib . XIII, toto p.516-845.

380

Die erſte Abtheilung,

wahren Jahren wiffen will, genöthigt fenn laſſe, zu der gewöhnlichen Jahrrechnung zu fommen ? Nach dieſer werden ja die Jahre eben ſo gut in einer fortlaufenden Reihe gezählt. Eben ſo iſt es auch das natürlichſte, roenn von der Schöpfung bis auf Chriſti Geburt meh . rere Jahre gezählt werden , als die gewöhnliche Jahr. rechnung anſekt , die Jahre bloß anzugeben und mit den Jahren der gewöhnlichen Berechnung zu verglei. chen ,daß man unmittelbar daraus ſinde, um wie viele die Schöpfung weiter hinaus zurückgefekt werde : fons berlich, da ohne das für den größten Theil, wie für alle

griechiſche Jahrrechnungen, der julianiſche Umlaufskreis zu klein iſt, und es dennoch, weil die Falſchheit der all. jugroßen Rechnungen leicht zu erweiſen iſt, ſich nicht ber Mühe verlohnt, um ihretwillen einen weitläufti gern Umlaufskreis zu erfinden. Aus dieſen Betrach :

tungen erhelle zugleich, daß der zweyte Vortheil, wel. cher in der Entdeckung der Verſchiedenheit und des Grundes der Jrthümer ben der Zeitrechnung geſucht

wird, durch unmittelbare Vergleichung mit der wah. ren , oder der gewöhnlichen Fahrrechnung , fürzer und

leichter erhalten werden könne. Denn es iſt nichts weiter nöthig , als daß man wiſſe von welcher Grange

jemand ſeine angegebnen Jahre zähle ; und dieß iſt ein jeder Zeitrechnungskundiger anzuzeigen verbunden , wo es nicht von ſelbſt aus ſeinen übrigen Erklärungen in

bie Augen leuchtet : alsdann zeigt die Vergleichung mit der wahren Jahrrechnung unnittelbar, wie weit ſeine Berechnung abweiche und worinn er fehle. Der dritte

Nußen, daß die Jabre in dem Umlaufskreiſe einerlen Unterſcheidungszeichen nach den dreyen Zeitfreiſen mit den Jahren Chriſti haben, gilt nicht anders, als wenn vorausgefektwird, daß ein ſolcher Umlaufskreis nochig fen, und, heißt im Grunde nichts mehr, als daß dabey , wie billig, eine Unbequemlichkeit, die ein Fehler gemes

fen ſeyn würde, vermieden iſt. Endlid, ſucht manauch den

i

mathematiſche Zeitrechnung.

381

den lesten Vortheil , die Hülfe für das Gedächeniß , vergebens daben. Man muß ja doch den Unterſchied der Jahrrechnungen nach den verſchiednen Jahren des Umlaufskreiſes merken : dazu aber noch , wenn man

ihn nicht bloß nach angenommner , ſondern wahrer Jahrrechnung wiſſen will, eben ſo viele verſchiednę

Jahre von dieſen entweder jedesmal aus jenen ſuchen,



oder im Gedächtniſſe behalten. Allfo muß man in al. len Fällen, ſtatt eines Jahres, zwey merken, wenn man das zweyte nicht allemal erſt ſuchen will, und folglich

7

wird durch den Gebrauch des julianiſchen Umlaufskreis

fes das Gedåchtniß vielmehr beſchwert, als unterſtüßt. Dieſe Urſachen bewegen mich zu wünſchen, daß er nies mals erfunden reyn möchte, daß man bloß bey den na:

türlichen und hiſtoriſchen Unterſcheidungszeichen geblier ben wäre, und daß in Zukunft fich niemand einfallen

taſjen moge, die Zeitrechnung mit neuen Umlaufskreis fen zu beladen. 配

hi

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Inzwiſchen iſt der julianiſche nun ſchon einmal eingeführt und ſehr gewöhnlich geworden. Deswegen ſehe ich mich genöthigt, hier ebenfalls zu erklären, was man zu dem Gebrauche deſſelben wiſſen muß. Dieß kommt auf zwey Stücke an.

Man muß einmal für

ein jedes gegebne Jahr des julianiſchen Umlaufsfreiſes die Zahlen der dreyen Zeitfreiſe, woraus er zuſammen . geſegt iſt, finden können : dann auch umgekehrt, wenn die Zahlen dieſer Zeitkreiſe, die für ein gewiſſes Jahr

des Umlaufskreiſes gehören, gegeben ſind, aus denſele ben das Jahr ſelbſt zu beſtimmen wiſſen. Das erſte macht nicht viele weitläuftigkeit.

Man darf ſich, nur erinnern, daß ſich die erſten Jahre aller dreyen Zeitfreiſe mit dem erſten Jahre des julias

niſchen Umlaufsfreiſes anfangen. Hieraus folgt,daß in einem jeden Jahre derſelben ſo viele Sonnenzeit. kreiſe, als 28, ſo viele Mondzeitfreiſe, als 19, und ſo

viele Zinszahlfreiſe, als 15 Jahre in dem gegebnen Jahre

Die erſte Abtheilung, 382 Fahre des Umlaufskreiſes enthalten ſind , verlaufen fern müſſen , und daß , wo über die ganzen Zeitfreiſe noch einzelne Jahre verlaufen ſind , auch noch dieſer Ueberſchuß in dem gegebnen Jahre ſtecken muß. Das per darf man das gegebne Jahr bloß mit 28, 19, und 15 nach einander theilen oder dividiren : der Uebere reſt giebt in dem erſten Falle die Zahl des Sonnens

Zeitkreiſes ; in dem andern die Zahl des Monds zeitkreiſes oder die goldne Zahl; und in dem drit ten die Zahl des Zinszahlkreiſes. Bleibt aber nach der Theilung in einem oder dem andern Falle nichts

übrig : fo iſt die Zahl der Jahre felbft, worauß der ganze Kreis beſteht, die geſuchte Zahl; und alſo in dem erſten Falle 28 die geſuchte Zahl des Sonnenzeit kreiſes; in dem andern 19 die geſuchteZahl des Monda zeitkreiſes ; in dem dritten 15 die geſuchte Zahl des Zinszahlkreiſes. Man nehme z. B. das 4714te Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes , in welches das erſte Jahr der Geburt Chriſti gefekt wird , für gegeben an , die verſchiednen Zahlen der drenen Zeitkreiſe, die für daſſelbe gehören, daraus, zu finden .

Alsdann theile

man es erſtlich durch 28 , als den Sonnenzeitkreis : po findet man den Ueberreſt 10 , die geſuchte Zahl des

Sonnenzeitkreiſes. Hiernächſt theile man es durch 19 , als den Mondzeitfreis: fo befommt man zum Ule

berreſte 2 , die geſuchte Zahl des Mondzeitkreiſes . Endlich theile man es noch durch 15, als den Zinsjahl

freis : ſo hat man den Ueberreſt 4 , die geſuchte Zahl des Zinszahlkreiſes . Allein das andre Stück , aus den gegebnen

Zahlen der dreyen Zeitkreiſe das Jahr des julianiſchen Umlaufstreifes, wofür dieſe Zahlen geboren , zu fin . den , iſt etwas weitläuftiger : weil es eine Vorbereia tung erfordert, die gegebnen Zahlen zu Der Abſicht

geſchickt zu machen. Es müſſen in einem jeden Jah. te des Umlaufsfreiſes, wenn es über 28 betrågt, eine gewiſſe

1

mathematiſche Zeitrechnung.

383

gewiſſe Zahl von allen drenen ganzen Zeitfreifen , und ůberdieß ſo viele überſchüßige Jahre für einen jeden von den dreyen Zeitfreifen , als die gegebne Zahl von einem jeden anweiſt, enthalten feyn. Will man ein

folches Jahr auß den drenen gegebnen Zahlen der Zeitfreiſe ſuchen : ro muß man vorher dren andre Zah. len von ſolcher Beſchaffenheit haben , daß die eine,

die mit der Zahl des Sonnenzeitkreiſes verbunden werden ſoll, nichts übrig laſſe , wenn ſie durd, den

Mondzeitkreis 19 und den Zinsjahtkreis 15 getheilt wird , fondern nur allein , wenn ſie durch den Son .

nenzeitfreis 28 getheilt wird , einen Ueberſchuß gebe; die andre, welche mit dem Mondzeitfreiſe zu verbin .

den iſt, nichts übrig laſſe, wenn ſie durd, den Solie nenzeitkreis 28 , und durch den Zinszahlkreis 15 , ge theilt wird, aber , wenn man ſie durch den Monda zeitkreis 19 theilt , einen Ueberreſt gebe; und die drit

te , wenn ſie durch den Sonnenzeitfreis , 28 , und durd, den Mondzeitfreis , 19 , getheilt wird , gerade aufgehe, hingegen , wenn man ſie durch den Zinse fahlkreis 15, theilt, einen Reſt laffe. Solche Zaşı len ſind für den Sonnenzeitkreis 4845, für den Mond.

geitfreis 4200, und für den Zinszahlkreis 6916. Denn die erſte Zahl 4845 iſt ſo viel , als der Mondzeitkreis 19 , wenn er 255. inal genommen oder wenn 19 durch 255 vermehrt oder multiplicirt wird ; ferner ſo viel als der Zinszahlkreis , 15 , wenn er 323 mal genom . men , oder wenn 15 durch 323 vermehrt oder multis

plicirt wird : aber , wenn der Sonnenzeitkreis 28 ſo viel mal als er nach der angeſekten Zahl genommen werden kann , wirklich genommen , und alſo 28 , die

Zahl des ganzen Sonnenzeitfreiſes, mit 173 vermehrt wird, muß noch 1 hinzugeſegt werden , die Zahl 4845 voll zu machen. Alſo laßt die erſte Zahl 4845 für keinen Zeitfreis , als nur für den Sonnenzeitfreis ej. nen Ueberreſt: wenn man ſie durch die Zahlen dieſer Zeit:

384

Die erſte Abtheilung,

Zeitfreiſe theilt. Die andre Zahl 4200 iſt ſo viel als der Sonnenzeitfreis , 28 , wenn er 150 mal ges

nommen , oder 28 burch 150 multiplicirt wird; ferner ſo viel , als der Zinsjablkeis, 15 , wenn er 280 mal genommen , oder 15 durch) 280 multiplicire wird : wenn aber der Mondzeitfreis 19 , ro vielmal genommen wird , als er für die geſegte Zahl 4200 genommen werden kann , und alſo 19 durch 221 muls

riplicirt wird, erfordert die vermehrte Zahl noch 1,

bis 4200 voll werden. Folglich läßt dieſe Zahl für keinen andern als für den Mondzeitfreis , nach der

Theilung durch denſelben , einen lieberreſt. Endlich die dritte Zahl , 6916 , iſt ſo viel als der Sonnent zettkreis, 28 , wenn er 247 mal genommen , oder 28 durch 247 multiplicirt wird ; ferner ſo viel als dep

Mondzeitkreis 19 , wenn man ihn 364 mal nimmt, oder 19 mit 364 multiplicirt : nimmt man aber den Zinszahlkreis ſo vielmal als er genommen werden

kann, die Zahl 6916 zu geben , und multiplicirt deswegen , 15 , als den Zinszahlfreis, durch 461 ; fo

muß man noch 1 hinzuthun, die geregte Zahl voll zu machen. Daher geht die Zahl 6916 durd, die Theis

lung init 28 und 19.odeč mit dem Sonnenzeitkreiſe und Mondzeitfreiſe, gerade auf, und läßt nur dann allein einen Ueberreſt, wenn ſie mit 15 , oder dein

Zinsjahlfreiſe, getheilt wird. Es haben demnach die Zahlen 4845, 4200 und 6916 die nöthige Bes

ſchaffenheit, daß eine jede nur für einen einzigen von den dreyen Zeitfreiſen einen lleberrefi giebt : 4845 nur für den Sonnenzeitfreis; 4200 nur für den

Mondzeitfreis; und 6916 nur für den Zinszahlkreis. Fedoch dieſer Ueberreft iſt nicht mehr , als i. Die Zahl aber , woraus das zu ſuchen aufgegebne Jahr,

gefunden werden ſoll, muß für einen jeden Zeitfreis ſo viel Ueberreſt geben , als die angegebne Zahl eines je den barágt. Alſo muß eine jede der vorher feſtgelegten Zahlen

mathematiſche Zeitrechnung. 385 Zahlen 4845, 4200 und 6916 noch mit den gegebnen Zahlen des Zeitfreiſes, für den ſie allein einen Ueber.

reſt läßt, und folglich 4845 mit der gegebnen Zahl des .

Sonnenzeitkreiſes, 4200 mit der gegebnen Zahl des Nontzeitkreiſes, 6916 mit der gegebnen Zahl des Zins.

jahlkreiſes, vermehrt oder multiplicirt werden. Als dann hat man dren Zahlen , welche auch die auf den

beſondern Fall nöthige Eigenſchaft haben, einen durch die gegebnen Zahlen der dreyen Zeitfreiſe beſtimmten

Leberreſt nach der Theilung durch den gehörigen Zeite Freis anzuweiſen. Es iſt demnach , wenn man aus, den gegebnen Zahlen der drenen Zeitfreiſe das Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes, für welches die gegeb nen Zahlen gehören , finden will, dieß die erſte Reo

gel, daß man die Zahl, 4845, mit der gegebnen Zahl des Sonnenzeitkreiſes , die Zahl 4200 mic

der gegebnén Zahl des Mondzeitkrciſes, und die Jabl 6916 mit der gegebnen Zahl des Zinss zahlkreiſes vermehre oder multiplicite . Allein

Das zu fuchen aufgegebne Jahr muß die Eigenſchafo ten, welche eine jede der durch dieſe Vermehrung bers ausgebrachten Zahlen einzeln hat, alle zuſammen har ben. Was iſt dazu für ein andres Mittel übrig, als daß man aus allen dieſen drenen Zahlen eine macje ?

Einer Vermehrung braucht'es nicht weiter : weil don eine jede Zahl ſo eingerichtet iſt, daß ſie durch die Theis lung mit der für ſie gehörigen Zahl des Zeitkreiſes den verlangten Ueberreſt giebt. Folglich darf man nur

aus den nad) der erſten Regelvermehrten Zah, len, oder den dadurch gefundnen Producten , eine Summe machen , oder ſie zuſammen addicen : und das iſt die zwore Regel zur Erreichung der vor ,

gerekten Abſicht. Da nun dieſe Summe aus dreien Zahlen von ſolcher Eigenſchaft zuſammengeſegt iſt, daß die erſte, wenn ſie durch 28 getheilt wird, die gegebne

wenn man ſie Zahl des Sonnenzeickreiſes, die andre, 36 I, Tbeil,

ourch

1

386

lung ,

Die erſte Abthei

durch 19 theilt, die gegebne Zahl des Mondzeitkreiſes, und die dritte, wenn ſie durch 15 getheilt wird, die ge.

gebne Zahl des Zinszahlkreiſes , übrig låßt : ſo muß

auch die Summe ſelbſt dieſedreyfache Eigenſchaft ha ben. Alſo hat ſie die Eigenſchaften, welche die zu ſua chen aufgegebne Zahl des Jahres haben ſoll. Aber

der julianiſche Umlaufskreis ganz beſteht nur aus 7980 Jahren : und dieſe Summe , welche nach der zwoten Regel gefunden wird, muß nochwendig allemal größer fenn und jenen etlichemale in ſich enthalten. Gleich .

wohl muß ſie die rechte renn : weil ſie alle Eigenſchaf. ten der Zahl des zu ſuchen aufgegebnen Jahres kat. Nun findet man durch die Theilung mit 7980 , als der Zahl des ganzen Umlaufsfreiſes, wie vielmal der ganze Wmlaufskreis in der gefundnen Summe enthal. ten ſey. Und weil die Zahl des ganzen Umlaufstrei.

ſes nicht die Zahl des zu ſuchen aufgegebnen Jahres von demſelben ſeyn kann, dennoch aber auch die legere

zugleich in der gefundnen Summe liegen muß : ro muß nach folcher Theilung eine Zahl übrig bleiben ;

und dieſe muß das geſuchte Jahr des Umlaufsfreiſes ſenn.

Wir haben demnach hier die dritte und legte

Regel : Man theile die nach der zivoten Regel geſammlete Summe durch) 7980 , als die Zahl

der Jahre des ganzen Umlaufskreiſes : ſo zeigt

die dadurch gefundne Zahl, oder der Quocient, wie viel mal der ganze Umlaufskreis in der Summe enthalten ſey, und der lieberreft nach der Theilung iſt das geſuchte Jahr des Ums laufskreiſes . Nun wollen wir die Anwendung dies fer dreyen Regeln auf ein Benſpiel machen , um ſie da. Durch) zu erläutern und wahr zu befinden. Wir wol. len reken, es ſev uns 10 zur Zahl des Sonnenzeitfrei. fes, 2 zur Zahl des Mondzeitkreiſes und 4 zur Zahl

des Zinsjahlkreiſes gegeben. Man vermehre dem. nach die Zahl 4845 durch 10 , als die Zahl des Sone, nenzeit:

mathematiſche Zeitrechnung.

387

nenzeitfreiſes: fo entſteht die Zahl 48450. Ferner vermehre man die Zahl 4200 durch 2 , als die Zahl des Mondzeitkreiſes : und man bekommt 8400. End. lich vermehre man auch die Zahl 6916 durch 4 , als die

Zahl des Zinszahlkreiſes : dadurch findet man 27664. Hiermit iſt der erſten Regel Genúge geſchehn. Nach der zwoten þat man nichts mehr zu thun , als dieſe drey gefundnen Zahlen alle zu einer Summe zu ſamm . ken : daraus wird die Zahl 84514. Wenn man dann endlich nach der dritten Regel dieſe Summe 84514 durch 7980, als die Zahl der Jahre des ganzen Um .

laufskreiſes, theilt, oder dividirt: fo zeigt die gefundne

Zahl oder der Quotient , 10 , daß der ganze Um. laufskreis zehnmal darinn ſtecke; und der Ueberreft

nach der Theilung, 4714, iſt das geſuchte Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes. Es iſt dieſes das erſte Fahr der Geburt Chriſti in dem Umlaufskreiſe, und wir haben bey der Erklårung des erſten Stückes aus

dieſem Jahre eben dieſelben Zahlen , 10, 2, 4 für die brey Zeitkreiſe gefunden. Das kann als eine Probe

der Richtigkeit angeſehn werden . g. 18 .

Soweit habe ich nun die natürlichen und Kunſts

måßigen Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung er klärt und ihren Gebrauch gezeigt. Alle fernere An.

wendung, welche von einigen noch im Folgenden ge. madyt werden muß , wird daraus leicht zu begreifen ſeyn. Die hiſtoriſchen Unterſcheidungszeichen bes dürfen keiner beſondern Erklärung: da fie bloß auf Zeugniſſen der Gefdichtſchreiber beruhen . Und ihren Gebrauch wird man alsbald in der Beſtimmung der

verſchiednen Zeiträume nach den Jahrzahlgrånzen und Fahrrechnungen fehen. Eben dieß iſt es, wovon ich nunmehr zu handeln habe. Die Erklårungen dien fer Wörter ſind ſchon oben S. io.gegeben worden. 362

linter

388

Die erſte Abtheilung, Unter allen Jahrzahlgrånzen iſt unſtreitig die

Schöpfung der Welt die ålteſte. Jedoch die Jahr. rechnung, welche man davon geführt hat, iſt ſehr vera

ſchieden : wie man verſchiedne Zeugniſſe der Geſchichte ſchreiber angenommen, oder einerley Zeugniſſe aufver. ſchiedne Art erklärt und gebraucht hat. Ben der

chriſtlichen Jahrrechnung iſt uns am meiſten daran gelegen, den Zeitraum von Erſchaffung der Welt bis auf die Geburt Chriſti zu beſtimmen : weil wir nach

dieſen Jahrzahlgrånzen die andern Jahrrechnungen zu beurtheilen und zu vergleichen gewohnt ſind. Ich will deswegen den Anfang davon machen : aber in die

Unterſuchung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieſer Berechnungen , eine Sache, welche in die Hiſtoriſche Zeitrechnung gehört, kann ich mich ihrer Weitläuftige keit wegen hier nicht einlaſſen . Es muß mir ißt geo nug ſeyn , eine der gewöhnlichen aus dem Straus chen k ), der in den meiſten Stücken dem Calvis ſius 1) folgt, anzuführen. Man rechnet von Erſchafe

fung der Welt bis auf die Sündřuth 1656 Jahre in) ; von danñen bis auf Abrahams Geburt 292 n ); von

bannen bis auf Abraḥams Berufung 75 0) ; von dan. hen bis auf den Zusgang der Kinder Iſraels aus der gypten 430 p) ; von Dannen bis auf den Tempelbau Salomons 480 ); von Dannen bis auf Jerobeam 36 r ); von bannen bis auf das Ende der Sündere

jahre Iſraels 390 s ); von dannen bis auf das Ende der

k) Breuiar. Chronol. p. 277 1) Iſagog. Chronol. C. 35 - 40. m ) 1 B.WIof. V. 3-28. VII. 6. n) IB.mof. XI.10-26. o ) 1B.moſ. XII. 4 .

p) 2B. MOR. XII. 40 , 9 ) 1 B. der Kön . VI. 1. r) i Kon. VI . 1, XII . 27.

$) Ezech . IV.4.54

mathematiſche Zeitrechnung. 389 der babyloniſchen Gefangenſchaft 59 t ); von dannen , oder dem erſten Jahre des Cyrus bis auf das 2te

Jahr des Darius Vorhus 110 ; und endlich von dannen bis auf die Zerſtörung des zweyten Tempels 490 u). Alle dieſe Jahre zuſammengenommen, ge ben die Summe 4018. Die Zerſtörung des legten Tempels aber folgte 69 Jahre nach dem Anfange der

chriſtlichen Jahrrechnung. Wenn man demnad, die re von 4018 wieder abzieht : ro bekommt man den

Ueberreſt, 3949, zum Zeitraume von Erſchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt. Wenn man die vorhergehende Berechnung der

3949 Jahre von Erſchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt auch nur bloß nach den Schriftſtellen , die id)

dabey angeführt habe, beurtheilet ; ohne auf das, was auf die Zeugniſſe der weltlichen Geſchichtſchreiber bas bey gebauet iſt, zu ſehn , worunter die 110 Jahre von demerſten Jahre des Cyrus bis in das zweyte Jahr des Darius nothus gehören, und vom Petav x )

aus den Zeugniſſen der Alten auf 136 gelegt werden : fo wird man leicht erkennen , wie viel Zweifelhaftes darinn ſtecke. Inzwiſchen hat Scaliger ſchon vore Her auf eine andre Art eben daſſelbe 3949te Jahr her:

ausgerechnet y ). Petav hingegen bringt 3983 Jahre heraus z). Uber ſeine Berechnung iſt noch weitmeh rern Schwierigkeiten unterworfen : nur einer offenbar ren Falſchheit zu erwähnen , fekt er wider das ausa drückliche Zeugniß der heiligen Schrift die Zeit von dem Ausgange der Ifraeliten bis zu dem Tempelbaue

Salomons auf 520 Jahre. Der Erzbiſchof uſher B6 3 t) Eſt. I. 1.

u ) DAN. IX. 24 fog. x) De do&r, temp. Lib . X. C. 29. p. 204. y) De emendat. temp. Lib. V. p. 367 fq. z ) L.c. Lib . IX. C. 6. p . 18 .

macht

A

1

390 ,

Die erſte Abtheilung,

macht das 4005te , und Serr Bedford das 400gte Jahr von Erſchaffung der Welt zu dem erſten Jahre

Chriſti. Mehrerer will ich hier nicht gedenken. Ben allen finden ſich Zweifel.

Diejenige Jahrrechnung, welche die Jahre von Chriſti Geburt fo zählt, wie wir es im bürgerlichen

' Leben thun , heißt die gemeine. Ihr Urheber iſt

Dionyſius der Kleine oder Eriguus, der aus Scythien war, aber als Übt zu Rom im 6ten Jahre hunderte nach Chriſti Geburt lebte , und der Zeitrech. nung daben folgte, welche der griechiſche oder ägypti. ſche Mönch Panodorus im 5ten Jahrhunderte aus

dem Luſebius, mit ſeiner eignen Verbeſſerung, zu. ſammengetragen hatte. Darum wird die gemeine

Jahrrechnung auch die dionyſianiſche genannt. Jedoch Petav a) beweiſt aus des Dionyſius eiguen Briefen, daß ſie ſo , wie wir ſie haben , vielmehr von Dem Beda b ), der erſt im 7den und Sten Jahrhun. derte lebte, herrühre, und daß dieſer den Dionyſius unrecht verſtanden habe : indem nach des legtern Beo

rechnung das erſte Jahr der gemeinen Zeitrechnung eigentlich ſchon das zweyte nach Chriſti Geburt ſey. Die Jahrzahlgrånze der Geburt Chriſti feſtzuſeta zen, beruft man ſich vornehmlich auf die Stelle des Evangeliſten Lukas c), wo er den Anfang des zoten

Jahres von Chriſti Alter mit dem Isten Jahre der Regierung des Tiberius verbindet, und auf die gånz liche Mondfinſterniß, welche wenige Wochen nach Ulus guſtus Tode den 27fen Sept. des 14ten Jahres der

gemeinen Jahrrechnung erſchienen iſt d). Da nun die 14 Jahre der gemeinen Rechnung und das 15te Jahr a) De do & r, temp. Lib. XII. C. 2. p. 402-404. b ) De ratione temporum , C. 45. c) Luk. III. 1, 23. d) Tacitus , annal. Lib. I. C. 28.

mathematiſche Zeitrechnung.

391

-Fahr des Tiberius erſt das 29te Jahr des Alters Chris ſti geben ; Chriſtus aber nach des {ukas Zeugniſſe zu der lezten Zeit ſchon im 30ten Jahre geweſen ſeyn

Foll: ro ſchließt man, Chriſtus ren etwa ein Jahr, und etwas darüber, früher gebohren , als die gemeine Jahrrechnung angiebt. Allein die Worte des Qus .

1

kas leiden verſchiedne Erklärungen. Man muß nach den genaueſten Regeln der Auslegungskunſt ihren Verſtand erſt feſtſegen, ehe man darauf bauen kann. Da es ferner aus der heiligen Schrift gewiß iſt, daß der Heiland noch berf den Lebzeiten Herodes des Groſ. fen gebohren ward : ſo muß man die Zeugniſſe des Joſephus und Dio Caßius von dem Todesjahre des Herodes entweder für falſch erklären ; oder ſie auch

in Betrachtung ziehen, und die Berechnung darnach cinrichten . In der hiſtoriſchen Zeitrechnung iſt der rechte Ort, alle dieſe Umſtånde genauer zu unterſuchen.

Inzwiſchen mag, wer will, den Petav davon leſen e ), welcher zwar die Zeugniſſe der beyden zulegt angeführ

ten Geſchichtſchreiber nicht ausdrücklich verwerfen will, aber doch auch nichts darauf bauet.

Wenn nun gleich das wahre Jahr der Geburt Chriſti bisher ſtreitig iſt; wovon der vornehmſte Grund darinn liegt , daß die erſten Chriſten ſich nach

den Jahrrechnungen der Heiden , unter denen ſie lebo ten, eine lange Zeit richteten , und das Geburtsjahr Chriſti, wie es geht, wenn man allgemein bekannte

Dinge nicht aufzeichnen will, nicht ſorgfältig genug auf.

zubehalten ſuchten : ſo iſt doch die Jahrzahlgrånze der gemeinen Jahrrechnung gewiß ; weil das erſte Jahr derſelben durch den Sonnenzeitkreis, 10 , die goldne

Zahl, 2, und den Zinszahlkreis, 4 , beſtimmt iſt. Es würde in der Zeitrechnung nur Verwirrung anrichten , wenn man eine neue Jahrrechnung einführen und ſtatt B6 4

e) De doctr. temp. Lib. XII. C. 5 et6. p. 410.416 .

des

392

Die erſte Abtheilung ,

Des 1763 , nach Joh. Keplers Berechnung f), 1768, ober , wie Markus Anton Cappelli es zu finden

geglaubt hat g ) , 1769, oder, nach andrer Meinung, anders ſchreiben wollte. Jedoch in der Geſchichte muß

man es nicht für gleichgültig halten , das wahre Jahr aufzuſuchen.

Weil der Gebrauch des Julianiſchen Uinlaufss Kreiſes in der Zeitrechnung ro gewöhnlich geworden iſt: ſo kann ich die gemeine Jahrrechnung von Chriſti Geburt nicht eher verlaſſen , als bis ich auch noch die Vergleichung der Jahre derſelben mit den Jahren des

Umlaufskreiſes erklärt habe. Es iſt im vorhergehen.

den S. gezeigt worden , wie man aus den dreyen Zah. len des Sonnenzeitkreiſes, des Mondzeitfreiſes und des

Finsjahlkreiſes das Jahr des julianiſchen Umlaufskreia res, für welches ſie gehören , finden könne. Nun iſt für das erſte Jahr der gemeinen Jahrrechnung der

Sonnenzeitfreis 10, die Zahl des Mondzeitfreiſes, oder die goldne Zahl, 2, und der Zinszahlkreis 4. Das ſind

eben die Zahlen, die ich dort zur Erläuterung der Re. geln angenommen Gabe : und wir haben daraus das 4714te Jahr gefunden. Dieß iſt alſo das Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes, welches mit dem erſten Jahre der gemeinen Jahrrechnung zuſammentrifft. Es wird aber nach der gemeinen Jahrrechnung

die Geburt Chriſti auf den 25ten December, und der Anfang des erſten Jahres auf den sten Tag darnach, als den Tag der Beſchneidung, gefekt. Demnach iſt

Chriſtus dieſer Jahrrechnung zuFolge den 25ten Des cemb. des 471zten Jahres von dem julianiſchen Um . laufskreiſe gebohren.

Folglid, findet man für ein je.

des Jahr Chriſti nach eben der Jahrrechnung das mit

ihm zuſammentreffende Jahr des Umlaufskreiſes,wenn man

f) De anno vero natali Chriſti. 8 ) Dill. de coena lefu Chrifti fuprema,

mathematiſche Zeitrechnung.

393

man zu dem Jahre Chriſti nur 4713 hinzufekt: im Gegentheile für ein jedes Jahr des Umlaufskreiſes das inm gemäße Jahr Chriſti nach der gemeinen Jahr rechnung, wenn man von dem Jahre des Umlaufsfrei. ſes bloß 4713 abzieht. So iſt das gegenwärtige 1763te Jahr das 6476te des Umlaufskreiſes ; weil dieſe Zah! herauskommt, wenn man 4713 zu 1763 hinzufegt : das 6476te des Umlaufsfreiſes, das 1763te Jahr Chriſti ; weil die Zahl, 1763, entſteht, wenn man 4713 von 6476

abzieht. Hieraus erkennt man zugleich , daß in dem 3267ten Jahre Chriſti, wo die Welt noch ſo lange 1

ſtehen roll, der julianiſche Umlaufsfreis ganz verfloſſen feyn, und, wo man ihn dann noch nöthig zu haben glaubt, wieder von vornie angehn wird : denn das hoch. fte Jahr deſſelben iſt 7980, und wenn man davon 4713 abzieht, hat man das 3267te Jahr Chriſti nach der ge meinen Jahrrechnung. Aus eben dieſen Betrachtun . gen folgt, daß, weil das 4714te Jahr des Umlaufsfrei ſes das erſte Jahr Chriſti iſt, man nur , für ein gea gebnes Jahr vor Chriſti Geburt das Jahr des Uma laufskreiſes zu finden, das gegebne Jahr von 4714 ab. ziehn : und aus einem Jahre des Umlaufsfreiſes, das

kleiner, als 4714, iſt, das Jahr vor Chriſti Geburt zu beſtimmen, bloß das Jahr des Umlaufskreiſes von 4714

wiederum abziehu dürfe. Will man alſo wiffen, das wie vieleſte Jahr in dem julianiſchen Umlaufsfreiſe das 22te vor Chriſti Geburt , f. B., fer : ſo zieht man 22 von 4714 ab ; der Ueberreſt, 4692, iſt das verlangte

Jahr des Umlaufskreiſes.

Imgleichen , wenn marr

aus dem gegebnen Jahre des Umlaufskreiſes, das kleia ner iſt, als 4714 , da B. aus dem 3938ten Jahre das Jahr vor Chriſti Geburt, welches damit zuſammen, trifft, beſtimmen will: ſo hat man nur 3938 von 4714 abzuziehn; der Ueberreft, 776, iſt das Jahr vor Chris ſti Geburt, welches mit dem 3938 Jahre des Umlaufs. kreiſes .einerley ift. 365 Huber

394

Die erſte Abtheilung,

Außer der Jahrzahlgrånze von Erſchaffung der Welt , weldie ich angeführt habe , und die auf des

Scaligers und ſeiner Nachfolger Unſehn größtentheils angenommen iſt, muß man zum Verſtande der Ges ſchichte auch noch einige andre wiſſen . Dieß ſind dies jenigen, worauf die Fahrrechnungen der neuern Gries chen, der Juden und des Euſebius beruhen. Uns ter den neuen Jahrrechnungen der Griechen iſt die

álceſte von demSiftus Julius Afrikanus, der im zten Jahrhunderte nach Chriſti Geburt lebte, und ein

Zeitbuch von Anfange der Welt bis auf das 22iteJahr Chriſti ſchrieb. Einen Uuszug davon findet man un ter andern bey dem Caniſius h). Nach ſeiner Bes rechnung, die er aus den Geſchichtſchreibern zog , ſind von Erſchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt 5500 Jahre verfloſſen. Folglich, da das 4713te Jahr des julianiſchen Umlaufkreiſes das Jahr der GeburtChri ſti nach der gemeinen Jahrrechnung iſt, fållt die Jahr. zahlgrånze von Erſchaffung der Welt nach ſeiner Rech. nung in das 787te Jahr vor dem julianiſchen Umlaufs. kreiſe: indem 787 übrig bleiben , wenn man 4713 von

5500 abzieht. Dieſe Jahrrechnung iſt von einigen Ger

ſchichtſchreibern gebraucht worden und heißt die Jahrs rechnung der griechiſchen Geſchichtſchreiber. Da man ſie aber zu dem bürgerlichen Gebrauche ein führen wollte, vermehrte man ſie durch den Zuſaß von 8 Jahren , damit ein jedes Jahr , wenn es mit 15 ges getheilt würde, den Zinszahlkreis anweiſen módyte, deſa ſen ſich die morgenländiſchen Kaiſer in ihren Urkunden bedienten. Dem zu Folge wurden 5508 Jahre von

Erſchaffung der Welt bis aufChriſti Geburt gezählt. Wenn man daher von 5508 die Jahre des julianiſdzen Umlaufskreiſes, in deren lestes die Geburt Chriſti nach der gemeinen Rechnung fällt, 4713, abzieht : ſo iſt der

Ueberreſt 795 das Jahr vor dem julianiſchen Uins

laufs : b ) In den lection. antiqu.

mathematiſche Zeitrechnung.

399

laufskreiſe, und die Jahrzahlgrånze der Schés pfung, welche bey dieſer zwoten Jahrrechnung an. genommen wird. Dieſelbe wird die bürgerliche Jahrrechnung der neuern Griechen genannt : weil ſie von den morgenländiſchen Kayſern in ihren Urkunden , und von allen , die zu der griechiſchen Kit. che gehören, gebraucht ward . Sit iſt eben die, wors

ausmanden conſtantinopolitaniſchen Umlaufss Kreis geſchmiedet hat, wie ich oben, Q. 16., dargethan

habe, und in der That durch den Zufak von 8 Jahren zu der Rechnung des Africanus willkürlich erfonnen :

dennoch iſt ſie in dem alejandriniſchen Zeitbuche gebraucht.

Hiernächſt ward im 5ten Jahrhunderte

nach Chriſti Geburt von dem griechiſchen Mönche in

degypten, Panodorus, noch eine dritte zum Gebrau.

che der Oſterrechnung aus dem Euſebius und aus eignen Verbeſſerungen hervorgebracht, welche von Era

ſchaffungder Welt bis auf ChriſtiGeburt 5493 Jahre zählt, und das erſte Jahr der Welt mit dem 29 Aus

guft anfängt. Zieht man nun von 5493 die 4713 Jahre des julianiſchen Umlaufstreiſes , die vom Unfange deſſelben bis auf die Geburt Chrifti für vers

floſſen angenommen werden, ab : ro zeigt derUeberreſt 780 das Jahr vor dem julianiſchen Umlaufskreiſe, das

ben dieſer Jahrrechnung die Jahrzahlgrånze der

Schöpfung iſt. Sie heißt die alejandriniſhe Jahrrechnung: und, wegen iþres Abſehens auf die Dſterrechnung, auch die Rirchenjahrrechnung der Griechen i ).

Bon allen dieſen dreyen Rechnungsa

arten weicht die jüdiſche Jabrrechnung wieder ab, die von Erſchaffung der Welt bis auf die Zeit der Ges burt Chriſti 3761 Jahre fekt, und das erſte Jahr von

dem 7den Öcrob . anhebt. Die Jahrzahlgrånze VOIT

i ) Man ſebe von dieſen drenen Jahrrechnungen Petail, de do&r, temp. Lib . IX, C. 2-5. p. 3-16 .

396

Die erſte Abtheilung,

von der Schöpfung iſt alſo nach derfelben das. 953té Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes. Denn, wenn man 3761 von 4713 abzieht, entſteht eben die

Zahl. Die Juden gebrauchen dieſe Jahrrechnung noch heutiges Tages. Deswegen muß man ſie wiſſen.

Endlich folgt auch Luſebius in ſeinem Zeitbuche

einer beſondern Rechnung, die nachher in dem rómis fchen Martyrerbuche angenommen iſt. Er zählt von Erſchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt

5199 Jahre, wovon das erſte ſeinen Änfang im Herbſte

nimmt. Nach der gemeinen Jahrrechnung aber iſt das 4713te Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes die Zeit der Geburt Chriſti. Wenn man daher 4713 von

5199 abzieht : ſo giebt der Ueberreſt 486 das Jahr im

julianiſchen Umlaufsfreiſe, welches nach des Luſebius Rechnung die Jabrzahlgrånze der Schöpfung ift. Sie hat von ihm den Namen der euſebianis ſohen Jahrrechnung. Mehrere nun darf man zur Geſchichte nicht nothwendig wiſſen. Ich überlaſſe darum einem jeden , der ſie zu andrer Abſicht wiſſen will, den Riccioli davon k) zu leſen. Allein es reßen nicht alle Jahrrechnungen, wie bea kannt genug iſt, die Schöpfung der Welt zu ihrer Jahrzahlgrånze. Da in der Sternkunde kein Grund iſt, warum man vielmehr dieſe, als jene, wahlen möchs te : ſo iſt es bey den verſchiednen Völkern willkürlich

geweſen , was für eine ſie annehmen wollten. Hier: aus iſt natürlicher Weiſe eine große Verſchiedenheit in

den Jahrrechnungen entſtanden. Die meiſten beziehn ſich auf ein merkwürdiges Stück der bürgerlichen Ver

faſſung oder eine merkwürdige Begebenheit, welche eie nen wichtigen Einfluß in dieſelbe gehabt hat. Sie find aber zum Verſtande der Geſchichte unentbehrlich. Daher will ich ſie nach der Ordnung ihres Alters an zeigen, ks) Chronol, reform , Lib. VII. C. 2 et 3. p. 293, 294

1

3

he

mathematiſche Zeitrechnung. 397 zeigen , und ihre Jahrzahlgrånze, wie ſie gemeiniglich angenommen wird, benfügen.

Die Jahrrechnung der Olympiaden, einer wiederkehrenden Reihe von vier Jahren , fångt ſich

776 Jahre vor der gemeinen Jahrrechnung oder vor Chriſti Geburt, mit dem nächſten Neumonde bey der Sonnenwende im Sommer an . Man ziehe 776 von

4714 ab ; weil dieß die Zahl des erſten Jahres Chrifti im julianiſchen Ilmlaufskreiſe iſt: ro findet man

das 3938te Jahr dieſes Umlaufsfreiſes zur Jahrzahls grånze der Olympiaden ; einer der berüşmteſten Jahrrechnungen in der alten Geſchichte, welche die Gries chen gebrauchten und von den olympiſchen Spielen nach des Iphitus Einrichtung bernahmen. Die Römer záhlten ihre Jahre von der Erbaua ung ihrer Stadt. Dabey findet ſich eine Verſchiea denheit der Berechnung nach dem Varro, und nach

denKapitolinifchen Tagebüchern.

Folgt man

Dem Varro ; ſo fållt ſie in das 753te: wenn man ſich

aber nach den kapitoliniſchen Tagebüchern richtet; in das 752te Jahr vor der gemeinen Jahrrechnung nach Chriſti Geburt. In dem erſten Falle iſt im juliania fchen Umlaufskreiſe das396ite ; im andern das 3962të

Jahr die Jahrzahlgrånze der Erbauung von Rom : weil dieſe Zahlen herauskommen, wenn man

von 4714, welches in eben dem Kreiſe das erſte Jahr

Chriſti beſtimmt, einmal 753, und hernach 752 ab. zieht. Sie fångt ſich von dem alten April an. Die römiſchen , ſo wohl griechiſchen als lateiniſchen Geå fchichtſchreiber bedienen ſich häufig der Jahrrechs nung von Roms Erbauung. Das hatſie nicht weniger berühmt gemacht, als die Olympiaden. Von dem babyloniſden Könige abonaßar; wird eine Jahrredinung bergeleitet , die durch viele

von dem Prolomäus angeführte Beobachtungen der Sternkundigen die ſicherſte Grånze hat. Sie fängt Fich

398

Die erſte Abtheilung ,

fich im 747ten Jahre vor dem erſten Jahre von Chriſti Geburt, von dem 26ten Febr. des julianiſchen Jahres

an. In dem julianiſchen Umlaufskreiſe iſt alſo

das 3967te Jahr die Jahrzahlgrånze der nabos naßariſchen Jahrrechnung : wie man befindet, wenn man von 4714, der ſchon oft beſchriebnen Zahl, 747 abzieht.

Die Verbeſſerung des Jahres durch Julius Cåſar iſt in der Geſchichte oft gebraucht worden, die Zeit merkwürdiger Begebenheiten darnach feſtzuſeken.

Deswegen hat man ſich um die Jahrzahlgrenze der daraus entſtandnen julianiſchen Jahrredinung zu befümmern Urſache gehabt.

Man nimmt aber

nicht das lekte verworrne Jahr der Rómer, ſondern das erſte nach demſelben , zur Gränze an. Dieß iſt das 45te Jahr vor Chriſti Geburt , und das 4668te im julianiſchen limlaufskreiſe: denn man darf

45 nur von der Zahl des Geburtsjahres Chriſti 4713, abziehn ; fo findet man 4668. Es iſt ſtreitig, was für einen Urſprung die ſpas

niſche Jahrredinung habe. Das wahrſcheinlichſte iſt, daß die Einführung des julianiſchen Jahres in Spanien der Grund dazu, und die Beſtårtigung der Anſtalten, die von den Dreymannern gemacht waren , burcy den Rathsſchluß unter dem Conſulate des Lus cius Marcius und Cajus Sabinus im 7den Jahre

nach der julianiſchen Verbeſſerung des Jahres 1 ) , die Veranlaſſung, das julianiſche Fahr zu derſelben

Zeit einzuführen , geweſen fen: weil unter den damals beſtåttigten Anſtalten der Dreymånner auch die Ver: theilung der römiſchen Landſchaften war in). Denn

hiermitſtimmt die Jahrzahlgrånze der ſpaniſchen Jahrrechnung , welche aus vielen noch übrigen Denta

1) Dio Cafl. Lib .48. p.377. m) Petau, de doctr . temp. Lib.X. C. 68. p. 279.

mathematiſche Zeitrechnung. 399 Denkmaaien in Spanien, und den Benſchriften der

Zeit zu den ſpaniſchen und afrikaniſchen Kirchenvera ſammlungen unleugbar ausgemacht iſt, vollkommen Dieſe Fahrzahlgrånze iſt das 38te Jahr überein . vor den Jahren Chriſti nach der gemeinen Rechnung,

und daher im julianiſchen Umlaufskreiſe, worinn das erſte Jahr Chriſti das 4714te iſt, das 4676te Jahr. Denn eben dieß Jahr in dem Umlauffreiſe findet man dadurch, daß man 38 von 4714 abzieht. Wie das Jahr der Schlacht ben Actium nicht

zweifelhaft iſt n) : ſo hat auch die Jahrrechnung, welche daher entſtanden iſt, und davon den Namen

trågt , eine şinlängliche Gewißheit. Es ward nach

derſelben Schlacht, wie oben g. 8 ſchon bemerkt ift, das julianiſche Jahr von den Zegyptern mit einiger dem ägyptiſchnabonaßariſchen Jahre gemäßen Ver ånderung angenommen : und von derſelben Zeit wird

dieſe Fahrrechnung hergeführt. Ihre Jahrzahls grånze iſt demnach das zote Jahr vor dem erſten Jahre Chriſti o).

In dem julianiſchen Umlaufs.

freiſe iſt dieſes das 4684te Jahr, welches man findet, wenn man von 4714 , der Zahl des erſten Jahres

Chrifti, 30 abzieht. Jür Anfang iſt der 29te Auguft. In der alten chriſtlichen Kirche iſt die diokletias

niſche Jahrrectinung, welche auch die Jahrrects

nung der Mårryrer Heißt, die berühmteſte gewe. fen. Die Jahre derſelben werden von Diokletians erftem Regierungsjahre gezählt, und ihr Unfang wira auf den 2gten Uuguft geſekt: ſo daß ſie das 2846e Jahr Chriſti zur Jabrzahlgrånze habe; wie Pes

tav p) ſo wohl aus dem alerandriniſchen Zeitbuche, als

n) Dio Caſſ. Lib. 51.

o) Das läßt ſich auch aus dem Cenſorin , de die nat, C. XXI, oder C. 8. p. 37. fchließen .

P) L. c. Lib. XI. C.30.p.347 ſq.

400

Die erſte Abtheilung,

als aus andern Zeugniſſen dargethan hat. Eben dies

felbe Grånze in dem julianiſdren Ilmiaufskreiſe zu finden, darf man zu 4713, als dem Geburtsjahre Chriſti in dieſem Umlaufsfreiſe, nur 284 hinzuthun. Die Summe 4997 iſt das geſuchte Jahr.

Die

Aethiopier gebrauchen dieſe Jahrrechnung in Kirs chenſachen, und nennen ſie die Jahre der Gnade ; aber ſie zählen die Jagre nicht beſtandig, ſondern nur bis auf 532, als die Jahre des victoriniſchen Zeits

Kreiſes, in einer Reihe fort; das 533te wird bey ihnen wiederum das erſte von eben demſelben Zeitfreiſe.

Die Türken , Araber und alle Völker, die ſich zu der Lehre Mahomers oder Muhammeds bes kennen, gebrauchen die Jahrrechnung der begira oder der Flucht Mahomets von Jekka nach jedis na : nachdem ſie Omar III eingeführt hat. Sie heißt daher auch die muhammedaniſche . Es fälle aber, nach den Zeugniſſen der Geſchichtſchreiber, dieſe Flucht in das 622te Jahr Chriſti, und, wie es die

Sternkundigen, Alfragan oder Alphergan, Albas tegne, Allphons und Ulugh Beigh anſezen , auf den isten , nach der Gewohnheit der Volfer aber,

welche diefe Rechnung gebrauchen, auf den 16ten Jul. Es iſt alſo das 622teJahr Chriſti ihre Jahrzahls grånze : und das iſt das 5335te Jahr in dem juliania ſchen Umlaufsfreiſe ; weil man zu dem 4713ten Jahre des leßtern, als dem Geburtsjahre Chrifti, nur 622 hinzufeßen darf, es zu finden. Von dem Tode Jezdegerds, des lekten Königs der Perſer , welcher im 632ren Jahre Chriſti in der Schlacht von den Saracenen ums Leben gebracht

wurde, fángt ſich die jezdegerdiſche oder petfiſche Jahrrechnung mit dem 16ten Jun. an. Sekt man ihre Jahrzahlgrånze, das eben angeführte 632te Jaşr Chrifti, zu dem 4713ten , dem Geburts jahre

mathematiſche Zeitrechnung. 401 jahre Chriſti in dem julianiſchen Umlaufskreiſe, hinju: fo befommt man für dieſelbe das 5345te Jahr des Kreiſes.

Den Geſchichtſchreibern muß es billig freygelaſſen werden, die Zeit merkwürdiger Begebenheiten , welche ſie beſchreiben, durch einen Zeitraum von einer andern Begebenheit, die in Anſehung ihrer eigentlichen Zeit keinem Zweifel unterworfen iſt, zu beſtimmen. Hier. aus würde man eine große Menge von Jahrrechnun

gen mit ihren Fabrzahlgrånzen ziehen können. Da aber ihr Gebrauch nicht fehr gemein iſt: ro hat man keinen Grund , ſie zuſammenzuſuchen ; und id ) will

nur noch bloß der unter den Engländern berühmten

Jahrrechnung von Eroberung der 97orinăng ner, gedenken. Die engliſchen Zeicbücher ſeßen die

Jahrzahlgrånze derſelben in das 1066te Jahr Chriſti, und aufden 14ten Octob ., da Wilhelm der Eroberer den Thron beſtieg. Will man eben dieß Jahr in dem julianiſchen limlaufskreiſe wiſſen :

ro Darf man die davon vor Chriſti Geburt verfloßnen 4713 Jahre, nur zu dem 1066ten hinzuthun. Die Summe, 5779 , iſt die Jahrzahlgrånze in dem Umlaufskreiſe. Es iſt unbequem , einen Zeitraum durch viele. Zahlen auszudrücken. Gleichwohl kann es nicht ane ders geſchehen ; wenn der Zeitraum groß und das Zeitmaaß klein iſt : wo man nicht ſtatt des kleinen Maaßes ein großres annehinen will. Aus der Urſache

hat man, wie ich ſchon im Vorhergehenden zu zeigen Gelegenheit gehabt habe , aus Tagen Wochen , aus Wochen Monate , und aus Monaten Jahre , nach Anleitung der Natur, gemacht. Und aus eben der Lirfache hat man auch endlich eine gewiſſe Unzahl von Jahren , der gewöhnlichen Rechnungsart durch die

geineinen Zahlen gemäß, zuſammengenommen. Da uufre Zahlen immer durch sehn ſteigen : ſo þat man 1. Theil,

Cc

bisa

402

Die erſte Abtheilung,

1

bisweilen einen Inbegriff von zehn Jahren, die eine Dekas mit einem griechiſchen Namen heißt, zur Rechs

nung gebraucht. Jedoch iſt dieß nicht ſehr gewöhnlich geworden : weil für einen großen Zeitraum dieß Maaß noch zu klein iſt. Ein Inbegriff von zehn Eagen iſt unter dem Namen der Detas bey den Griechen gea

wöhnlicher : indem ſie ihre Monate darnad) eintheil ten. Um ein großres Zeitmaaß zu haben und einen großen Zeitraum vermittelſt deſſelben durch kleinere Zahlen auszudrücken , hat man deswegen in fpátern

Zeiten lieber einen Inbegriff von zehn mal zehn, oder von hundert Jahren gewählt , den wir in

unfrer Sprache ſehr natürlich ein Jahrhundert nen . Der Gebrauch deſſelben , ſonderlich bey den nen. Jahren nach Chriſti Geburt, iſt bekannt genug. Auch iſt offenbar, daß man die hundert Jahre von einer

gewiſſen Jahrzahlgränze zählen muß : da alle Jahrrechnung ohne eine feſtgelegte Gránze ein unbe. ſtimmtes Ding reyn würde, das keinen Zeitraum zu unterſcheiden dienen könnte. Daher iſt dann ein

Jahrhundert, nach ſeinem vollkommnen Begriffe, ein Inbegriff von hundert Jahren , die von einer gewiſſen Jahrzahlgránze gezahlt wers den. Nur das einzige muß in der Zeitrechnung noch ausgemacht werden , daß, wenn man laufende Jahre

zählt, das hunderteſte nicht zu dem neuen , ſondern zu dem damit verlaufenen Jahrhunderte gehört. Dieß erfordert die Natur der Sache. Denn man kann nicht

eher ein Jahr zählen, als bis es verlaufen iſt; ſo lange záble man von einer gewiſſen Grånge nur Tage und Monate : deswegen kann man auch nicht eber ein

Jahrhundert zählen, als bis das hunderteſte Jahr verfloſſen iſt. Eben darum muß man die Frage, ob

die Jahre Chriſti , die wir zählen , verfloßne oder noch laufende Jahre ſind, zum Beyſpiele, ob das

1763te Jahr, welches wir gegenwårtig zählen, für ein ver :

mathematiſche Zeitrechnung. 403 verfloßnes oder ein ißt laufendes Jahr zu halten iſt,

billig ro entſcheiden , daß es verfloßzne Jahre ſeun müſſen, und alſo das gegenwärtige 1763te Jahr auch für verflosſen erfannt werden muß. So zeigt es die Vergleichung derſelben mit den Jahren des juliani. fchen Umlaufstreiſes augenſcheinlich. § . 19. Ben der erklärten Verſchiedenheit der Jahrrech nungen bleibt allemal in der Geſchichte eine Dunfele heit für die Zeitrecinung, wenn man die unterſchiednen

Jahrrechnungen nicht gegen einander zu vergleichen,

und die unbekanntern oder ungewöhnlichern auf be. kanntere oder gewöhnlichere in einem jeden Falle zu. růckzuleiten weiß. Es iſt demnach ein norhiges Stück der mathematiſchen Zeitrechnung , dieß zu leh. ren ; und bloß in der Abſicht, dieß thun zu fönnen,

werden die verſchiednen Jahrrechnungen mit ihren Fahrzahlgrånzen, die fonſtals Dinge, welche bloß auf

Zeugniſſen der Geſchichtſchreiber beruhen, eigentlich zur hiſtoriſchen Zeitrechnung gehören , darinn angeführt,

oder Hiſtoriſche Unterſcheidungszeichen gebraucht. Man hat aber dazu, nachdem der julianiſche Umlaufsfreis gewöhnlich) geworden iſt, zweene Wege : es kann ento weder durch Vergleichung mit den Jahren dieſes Um.

lauſskreiſes und Zurückleitung auf dieſelben, oder durch Betrachtung der Jahrrechnungen ſelbſt gegen einana der geſchehn. Jedoch in beyden Fällen muß man zugleid, in Erwägung ziehn, ob auch ungleiche Jahre, wie bey den Jahrredinungen nach Rückjahren , oder nach Mondjahren, gegen julianiſche betrachtet, vore kommen, und ob die Jahre in einer beſtåndig fortlau.

Fenden Reihe, oder nach wiederkehrenden Zeitkreiſen, wie die Jahre der Olympiaden, und der Gnas de, gezahlt werden . CC 2

Wenn

404

Die erfte Abtheilung ,

Wenn die Abweichung der Jahrrechnungen von

einander bloß in der Verſchiedenheit der Jahrzahl .

grången beſteht: ſo iſt die Vergleichung und Zurückleic tung vermittelſt des julianiſchen Umlaufsfreiſes nicht

ſchider. Man darf nur alle ſolche Jahrzahlgránzen, die nach einer gewiſſen bekannten Jahrrechnung , als 3. B. nach einer feſtgelegten Jahrrechnung vor oder nach Chriſti Geburt , beſtimmt ſind, auf Jahre des Umlaufskreiſes zurücfleiten. Das habe ich zur Bes quemlichkeit derer, die es gebrauchen wollen , bey den

gewöhnlichſten Jahrrechnungen ſchon im vorhergehen . den 5. gethan, und die Regeln dazu theils eben daſelbſt, theils im 17ten S. bewieſen . Hat man auf dieſe Weis

ſe die Jahrzahlgrånzen , welche man vergleichen und auf einander zurüdleiten will, durch ihre verſchiednen

Zahlen nach einer fortlaufenden Reihe ausgedrückt: fo darf man bloß erſtlich das gegebneJahr einer ge wiſſen Jahrrechnung, welches man in ein Jahr von einer andern Jahrrechnung verwandelt haben wil, zu

ſeiner Jahrzahlgrånze in dem Umlaufskreiſe hinzufete zen; dann hat man das gegebne Jahr auch auf jah. re des Umlaufsfreiſes zurückgebradzt. Da nun der

Unterſchied der Jahre nach verſchiednen Jahrrechnun . gen bloß von dem Unterſchiede ihrer Jahrzahlgrånzen abhångt : ſo hat man zweytens nichts mehr nochig, als die Jahrzahlgrånze derjenigen Jahrrechnung, in welche man das gegebne Jahr einer gewiſſen Jahre rechnung verwandeltwiſſen will, nach Jahren des Ums laufskreiſes, von dem gegebnen und auf Jahre des

Umlaufskreiſes zurückgebrachten Jahre einer gewiſſen Fahrrechnung abzuziehn ; und der Ueberreſt iſt das verlangte Jahr der andern Jahrrechnung, mit welcher

man das gegebne Jahr einer gewiſſen Jahrrechnung vergleichen will.

Es fer, zum Benſpiele, das 142te

Jahr der ſpaniſchen Jahrrechnung gegeben ; und man wolle wiſſen, was für ein Jahr es nach der Jahrs rechnung

mathematiſche Zeitrechnung. 405 rechnung von Erbauung Roms re : ro muß man zum voraus die Jahrzahlgrånze bender Jahrred ). nungen in Jahren des julianiſchen Umlaufskreiſes wiſſen, oder nach den oben gegebnen Regeln ſuchen.

Die Jahrzahlgrånze in dieſem Umlaufsfreiſe iſt für die ſpaniſche Jahrrechnung das 4676te, und für die Jahr. rechnung von Roms Erbauung nach den fapitolini.

ſchen Tagebüchern das 3962te Jahr ( 5. 18 ). Nun reke man die Zahl des gegebnen Jahres, 142, von der ſpaniſchen Jahrrechnung zu der Jahrzahlgrånze eben dieſer Jahrrechnung in dem Umlaufsfreiſe 4676, hin. zu. Dann hat man 4818, als das gegebne Jahr in dem Umlaufsfreiſe. Von 4818 ziehe man die Jahr. jahlgrånze von Erbauung der Stadt Rom , nach den Jahren des Uinlaufskreiſes, nåmlich 3962, ab. So

iſt der Ueberreſt 856 das Jahr von Roms Erbauung, welches mit dein 142ten gegebnen Jahre der ſpaniſchen Jahrrechnung zuſammentrifft. Kaum iſt es nöthig zu erinnern , daß bey der Vergleichung nach dieſen Kes

geln, wenn man die Jahre der einen Jahrrechnung auf die Jahre einer andern zurückbringen will, beybe

Fahrrechnungen wirklich an die Zeit zurückreichen müſs ſen . Denn ſonſt hieße es ſo viel als ein Unding fute chen. Wer wird ſich z. B. wohl einfallen laſſen , das

204te Jahr von Roms Erbauung , oder irgend ein andres Jahr unter 715 von eben dieſer Jahrrechnung, in ein Jahr der ſpaniſchen Jahrrechnung zu verwan . deln : da erſt im 7.4ten Jahre der Erbauung Roms die ſpaniſche Jahrrechnung ihren Anfang genommen hat ? Dieß aber kann man allemal aus dem Unter .

fchiede der Jahrzahlgrånzen von den beyben Jahrrech. nungen ſehen. Iſt der Unterſchied großer , als das

bekannte Jahr der ältern Jahrrechnung: ro läßt ficha die ältere für ein ſolches Jahr nicht auf die neuere zle rückbringen. Nicht viel nöthiger iſt es, zu bemerken,

daß die Jahrzahlgrånzen beyder Jahrrechnungen, die CC 3

man

406

Die erſte Abtheilung ,

man vermittelſt des julianiſchen Umlaufskreiſes mit

einander vergleichen will, wirklich in die Jahre des Umlaufskreiſes fallen müſſen : daher führe ich es bloß deswegen an, damit ich hiedurch die Urſache, warum einige nach Scaligers Zeiten auf großre Umlaufs .

kreiſe gedacht haben, genauer entdecken moge. Noch wenigere Schwierigkeiten hat es , die ver . ſchiednen Jahrrechnungen bloß durch ihre Betrach tung gegen einander ohne den Gebrauc, des Umlaufs. kreiſes zu vergleichen : wenn ihre Abweichung wieder ,

um nur in der Verſchiedenheit der Jahrzahlgrånzen alleine beſteht. Sie ſind entweder Jahrrechnungen

von Erfchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt :

oder ſie haben ihre beſtimmten Jahrzahlgrånzen in den Jahren vor oder nach Chriſti Geburt. In der That haben wir nicht Urſache, da wir nur der Wahrheit auch in der Zeitrechnung billig folgen müſſen , andre

Jahre, als die vor oder nach Chriſti Geburt gezählt werden, zum Mittel der Vergleichung aller übrigen Jahrrechnungen zu wählen. Gehn nun die Jahre von Erſchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt in einer gewiſſen Jahrrechnung fort; und iſt die Anzahl der Jahre, welche nach derſelben für dieſen Zeitraum gezählt werden, bekannt, die ſie aus der Geſchichte be. kannt ſeyn muß (S. 18) : ſo iſt die gegebne Zahl einer

gewiſlen Jahrrechnung, die man mit einer andern ver .

gleichen will, entweder kleiner als die Zahl der Jahre, welche ſie bis auf Chriſti Geburt fikt ; oder größer. Jit die Zahl kleiner ; ſo iſt es ein Zeichen , daß das

gegebne Jahr zu den Jahren vor Chriſti Geburt : iſt ſie größer ; ſo iſt es ein Zeichen , daß das gegebne Juhr zu den Jahren nach Chriſti Geburt gehört. Es muß daber in dem erſten Salle der Unterſchied oder Ueberreſt, wenn man das gegebne Jahr einer gewiſe

ſen Jahrrechnung von der Anzahl der Jahre, welche nach eben derſelben Jahrrechnung bis auf Chriſti Geburt

mathematiſche Zeitrechnung. 407 Geburt gezählt werden , abzieht, das Jahr vor Chriſti Geburt : und der Unterſchied oder Ueberreſt , wenn

man die Anzahl der Jahre bis auf Chriſti Geburt, welche die Jahrrechnung, wovon ein gegebnes Jahr ift, zählt, von dem gegebnen Jahre eben derſelben

Jahrrechnung abzieht, das Jahr nach Chriſti Geburt anzeigen. Wenn man nun verſchiedne Jahrrechnun , gen vergleichen, und ein gegebnes Jahr von der einen in das Jahr von der andern, welches mit dem gegeb. nen zuſammentrifft, verwandeln will: ſo hat man ben

den Jahren vor Chriſti Geburt bloß die Zahl des Jahres vor Chriſti Geburt, womit das gegebne Jahr von der einen Jahrredinung übereinkommt , von der

Zahl der Jahre, welche die andre Jahrrechnung bis

aufdie Geburt Chriſti ſekt, abzuziehn, und der Un. terſchied giebt das Jahr der andern Jahrrechnung, das mit dem gegebnen Jahre der erſten überein, ſtimmt; bey den Jahren nach Chriſti Geburt hinges

gen das Jahr Chriſti, welches mit dem gegebnen

Jahre der einen Jahrrechnung zuſammentrifft, zu den Salyren, die von der andern Jahrrechnung bis auf Chriſti Geburt gezählt werden, nur hinzuzuſeken, und die Summe iſt das Jahr der andern Jahrrec ). nung, welches mit dem gegebnen Jahre der erſten eis

nerley iſt. Da dieſe Regeln ſehr begreiflich und für alle Jahrrechnungen von der Schöpfung bis auf Chris ſti Geburt überhaupt gelten : ſo iſt es, genug , daß ich ihre Anwendung in den verſchiednen dabey beſtimm . ten Fällen nur in einem Beyfpiele von jedem Falle

zeige. Man reke dann, es ſey das 4222te Jahr der bürgerlichen Jahrrechnung der neuern Gries chen gegeben , welche 5508 Jahre bis auf Chriſti G!burt zählen. Die gegebne Zahl iſt kleiner als die lektere. Das gegebne Jahr gehört alſo zu den Jah. ren vor Chriſti Geburt. Wenn man demnach 4222

von 5508 abzieht : ſo zeigt der Ueberreſt, 1286 , das mit CC 4

408

Die erſte Abtheilung,

mit dem gegeben Jahre zuſammentreffende Jahr vor Chriſti Geburt. Nimmt man hingegen an , es

fen das 5920 Jahr von eben derſelben Jahrrechnung der Griechen gegeben : fo gehört es zu den Jahren nach Chriſti Geburt ; weil die Zahl des gegebnen

Jahres 5920 größer iſt, als die ben eben der Jahr. rechnung feſtgefekte Zahl der Jahre bis auf Chriſti Geburt 5508. Man ziehe deswegen dieſe legtre5508 von der gegebnen 5920.ab : ſo iſt der Ueberreſt 412 das Jahr Chriſti, welches mit dem gegebnen zuſam . mentrifft. Wollte man nun auch wiſſen, was für ein Jahr von einer andern Jahrrechnung, die von Ers fchaffung der Welt bis auf Chriſti Geburt fortläuft,

Ž. B. von der jüdiſchen Jahrrechnung, das ge. gebne Jahr rey : ſo darf man , wenn das gegebne

Jahr das 4222te von der bürgerlichen Jahrredi, nung der neuern Griechen, und folglich ein Jahr

vor Chriſti Geburt iſt, nur das Jahr vor Chriſti Geburt, welches mit dem gegebnen einerley iſt, alſo das 1286te Jahr, wie wir es eben vorher gefunden ha. ben, von den Jahren der jüdiſchen Jahrrechnung bis

auf Chriſti Geburt, von 3761 , abziehn; der Ueber. reſt, 2475, iſt das Jahr der jüdiſchen Jahrrechnung, weldies mit dem gegebnen 4222ten Jahre der birgers

lichen Jahrrechnung der neuern Griechen zuſammen , trifft. Iſt im Gegentheil von eben dieſer Jabrrech. nung der Griechen das 5920te, folglich ein Jahr nach Chriſti Geburt, gegeben : ſo muß man das dafür vor. her gefundne 412te Jahr Chriſti zu der Zahl der Jahre, 3761, welche die Juden bis auf Chriſti Geburt zählen , hinguſeßen ; alsdann iſt die Summe, 4173 , das jüdiſche Jahr, welches mit dem gegebnen 5920ten

Jahre der Griechen übereinkommt. Auf eben dieſe Art, wie man zwo Jabrrechnungen von der Scho pfung bis auf Chriſti Geburt , durch die Jahre vor oder nach Chriſti Geburt, auf einander zurückleitet, findet

mathematiſche Zeitrechnung. 409 findet man auch für ein jedes gegebne Jahr vor oder nach Chriſti Geburt das ihm angemeßne Jahr von ein uer jeden Jahrrechnung, die von der Schöpfung bis auf Chriſti Geburt reicht. Man zieht das gegebne Jahr vor Chriſti Geburt von den bey einer ſolchen Zahrrechnung bis auf dieſe Zeit gezählten Jahren ab : ſo hat man in dem Ueberreſte das geſuchte Jahr. Man feßt das gegebne Jahr Chriſti zu eben denfels ben Jahren hinzu : fo bekommt man mit der Summe

das Jahr von derjenigen Jahrrechnung, wovon man es ſuchte.

Die Sache iſt ſehr klar und die Erläutes

rung iſt ſchon in den Beyſpielen von Vergleichung der

jüdiſchen und neuern griechiſchen Jahre zugleich gea geben.

Wenn die Jahrrechnungen aber nicht von der

Schöpfung bis auf Chriſti Geburt fortlaufen, ſone dern ihre Jahrzahlgrånzen in ein gewiſſes Jahr ent weder vor oder nach Chriſti Geburt fallen : ſo muß man ihre Jahrzahlgrånzen , wie ſie die Geſchichte ber ſtimmt, inJahren vor oder nach Chriſti Geburt zur voraus wiſſen . Sind eß denn Jahre vor Chriſti Geburt : ſo verfährt man in allen Stücken eben ſo, wie bey den Jahrrechnungen , die von der Schöpfung bis auf Chriſti Geburt gehn ; nur mit dem einzigen Unterſchiede, daß man allemal anſtatt der Jahre bis

auf Chriſti Geburt die Fahrzahlgrånze nehmen muß. Es ren das 741te Jahr der Erbauung von Rom gegeben. Weil es kleiner iſt, alsdie Jahrzahlgrånze 752, nach den kapitoliniſchen Tagebüchern: ſo muß es

ein Jahr vor Chriſti Geburt ſeyn. Man ziehe alſo das gegebne Jahr von der Jahrzahlgrånze ab: der Ueberreſt, 11, iſt das geſuchte Jahr vor Chriſti Geburt.

Iſt hingegen das 812te Jahr von RomsErbauung gea geben: ſo überſteigt es feine Jahrzahlgrånze nach den Jahren vor Chriſti Geburt , und gehört daher zu den

Jahren nach der Geburt Chriſti. Demnach ziehe man c 5

die

410

Die erſte Abtheilung,

die Jahrzahlgránze 752, von dem gegebnen Jahre, 812, ab . Alsdann iſt der Ueberreſt das Jahr nach Chriſti Geburt, und zwar das bote. Will man aber die gee

gebnen Jahre von Roms Lrbauung auf eine an . dre Jahrrechnung , f. B. auf die julianiſche zurů &. bringen: ſo ziehtman, wenn das gegebne Jabr Roms das 741te iſt, das dafür gefundne nite Jahr vor Chriſti

Geburt von der julianiſchen Jahrzahlgrånze, dem 45ten Jahre vor Chriſti Geburt, ab ; und findes

mit dem Ueberreſte, 34, das julianiſche Jahr, wels ches mit dem gegebnen Jahre Roms zuſammentrifft. .

Wenn im Gegentheile das 812te Jahr von Roms Ere bauung gegeben , und es alſo ein Jahr nad) Chriſti Geburt iſt, das auf ſein gemäßes Jahr in der julias

niſchen Jahrrechnung zurrickgeführt werden ſoll: fo reßt man das 6ote Jahr Chriſti, welches man für das gegebne römiſche Jahr gefunden hat, zu der Jahr.

zahlgrånge der julianiſchen Fahrrechnung, alſo zu 45 hinzu. Die Summe iſt ſo dann das 105te Jahr der julianiſchen Jahrrechnung, welches mit dem 812ten Jahre von Roms Erbauung einerlen iſt.

Hierinn

liegt zugleichwiederum die Urt, wie man verfahren muß, ein gegebnes Jahr vor oder nach Chriſti Geburt auf eine folche Fabrrechnung zurůckzuleiten. Man zieht das gegebne Jahr vor Chriſti Geburt von der Jahr. zahlgrånge derjenigen Jahrrechnung, womit man es vergleichen will, ab : ſo iſt der Ueberreſt das dem ges gebnen Jahre vor Chriſti Geburt gemäße Fahr in der felben Jahrrechnung. Man fegt das gegebne Jahr nach Chriſti Geburt zu der Jahrzahlgrånze derjenigen Jahrrechnung, wovon man ein dem gegebnen gemäßes Jahr ſucht, þinzu : ſo iſt die Summe das geſuchte Jahr in eben der Jahrrechnung, welches mit dem ge.

gebnen Jahre nach Chriſti Geburt, übereinkommt. Allein, wenn die Jahrzahlgrånze derjenigen Jahrrech nung , womit man gewiſſe gegebne Jahre vergleichen will,

mathematiſcheZeitrechnung.

411

will, in die Zeit nach Chriſti Geburt fällt; ſo muß man, wie es dieſe Bedingung erfordert, wieder anders verfahren . Weil ein gegebnes Jahr Chriſti, das in eine ſolche Jahrrechnung fällt, nothwendig die Zahl der verfloßnen Jahre bis an die Jahrzahlgrånze derſelben

Fahrrechnung, und über dieß die Zahl der Jahre, die von der Jahrzahlgrånze bis auf das gegebne Jahrvers laufen ſind, begreifen muß : ro muß man die Zahl der Fahrzahlgrånze von dem gegebnen Jahre Chriſti ab. ziehn ; und der Ueberreſt muß das geſuchte Jahr, wel. dhes mit dem gegebnen Jahre Chriſti zuſammentrifft, in derſelben Jahrrechnung reyn. Da hingegen ein ges gebnes Jahr von einer gewiſſen Jahrrechnung, wovon die Jahrzahlgrånze nach Chriſti Geburt fällt, in Ver.

gleichung gegen das mit ihm laufende Jahr Chriſti, eine ſo viel kleinere Zahl fenn muß, als bis an die Jahr:

zahlgrånze Jahre Chriſti verfloſſen ſind : fo findet man das Jahr Chriſti, das mit dem gegebnen Jahre derſelben Jahrrechnung übereinſtimmt, nicht anders, als wenn man zu dem gegebnen Jahre die bis zu der

Jahrzahlgrånze verfloßnen Jahre Chrifti kinzufeßt. Zieht man, zum Beyfpiele, von dem gegenwärtigen 1763ten Jahre Chriſti die Fahrzahlgrånze der engli. fchen Jahrrechnung von Eroberung der Vors månner 1066 ab : ſo zeigt ſich in dem Ueberreſte 697, daß das gegenwärtige Jahr Chriſii das 697te in der Jahrrechnung von Proberung der normånner ift. Will man im Gegentheile das 583te Jahr dieſer engliſchen Jahrrechnung auf das ihm gemaße Jahr Chriſti zurůcfführen : ſo muß man zu dem gegebnien

Jahre die Zahl ſeiner Jahrzahlgrånze 1066 hinzuthun. Dann iſt die Summe 1549 das Jahr Chriſti, welches mit dem gegebnien 5831en Jahre von Eroberung der Normånner zugleich lief. Durch Hülfe des für eine

foldie Jahrrechnung gefundner Jahres Chriſti fann man endlich auch leicht die Jahre der einen in Jahre Der

412

Die erſte Abtheilung,

der andern verwandeln.

Weil das Jahr Chriſti,

welches man für ein gegebnes Jahr der einen Jahre rechnung gefunden hat , allemal für das ihm gemäße

Jahr einer andern Jahrrechnung um ſo viel zu groß ſeyn muß , als nach Chriſti Geburt bis auf die Jahre zahlgrånze dieſer andern Jahrrechnung Jahre verfloſſen ſind: ro darf man von dem , für das gegebne Jahr der

einen , gefundnen Jahre Chriſti bloß die Jahrzahlı grånze der andern abziehn ; das dem gegebnen Jahre gemäße Jahr in der andern Jahrrechnung zu bekom . men. Man muß aber bey dieſen Regeln allemal in Betrachtung ziehn, ob das Jahr, welches zur Jahrzahl grånze gefekt iſt, in der Jahrrechnung mit begriffen und für das erſte derſelben angefehn, oder davon auss

geſchloſſen und als vorher verlaufen angenommen were de. In dem erſten Falle muß man nicht die Zahl der Jahrzahlgrånze ganz, ſondern um eines verringert, abziehn oder hinzuthun.

Mehr Weitläuftigkeit verurſacht es , wenn Jahr 1

rechnungen von nicht gleichmäßigen Jahren oder von ungleicher Zahlungsart der Jahre, auf einander zurück. gebracht werden ſollen. Für eine jede befondre Uns gleichheit erfordert es alsdann beſondre Regeln . Ich muß ſie hier wegen ihrer Nothwendigkeit bey der Ges ſchichte erklåren, und will von denen, woben die Zåh . lungsart ihrer Jahre die Vergleichung weitläuftiger macht, den Anfang machen . Dieſe ſind die Olyms piaden und die aethiopiſchen Jahre der Gnade. Die Olympiaden werden nach einem Zeitfreiſe von vier Jahren gezählt. Jhre Jahrzahlgrånze aber iſt das 776te Jahr vor Chriſti Geburt.

So vielmal

alſo vier Jahre in 776 Jahren enthalten ſind : ſo viele Olympiaden ſind vor Chriſti Geburt verfloſſen. Dieß findet man durch die Theilung der 776 Jahre mit 4, wodurch man gerade 194 Olympiaden Herausbringt.

Da nun das 776te Jahr, von dem Anfange der Olym . piaden,

*

0

75

mathematiſche Zeitrechnung.

413

piaben, das erſte Jahr Chriſti ſeyn muß : ſo iſt dieſes erſte Jahr Chriſti das vierte der 194 Olympias. Folg. lich gehören alle Jahre von den Olympiaden bis auf die 194te zu den Jahren vor Chriſti Geburt: alle , Jahre hingegen von den Olympiaden über die 1940e,

zu den Jahren Chriſti. Hieraus entſteht eine kleine Verſchiedenheit in der Art und Weiſe, gewiſſe gegebne Jahre nach Olympiaden in Jahre, die ſich auf Chris ſti Geburt beziehn, zu veridandeln : jedoch merkt man fie bey Anwendung der nöthigen Regeln von felbft.

Sollen dann Jahre der Olympiaden in Jahre, die ſich

auf Chriſti Geburt beziehen , verwandelt werden : ſo muß nicht allein die Anzahl der Olympiaden, in deren

legte ein gegebnies Jahr fällt, ſondern auch die Zahl, welche anzeigt, das wie vieleſte Jahr in der Olympias das gegebne fen, beſtimmt ſeyn. Allein die Olympias, wozu das gegebne Jahr gehört, iſt noch nicht ganz ver« floſſen. Daher muß man von der gegebnen Ans zahl der Olympiaden eine abziebn. Das iſt die erſte Regel. Nun müſſen mit den übriggebliebs nen Olympiaden ſo viele einzelne Jahre verfloſſen feyn, als wenn man vier Jahre ſo vielmal nimmt , wie der

verfloßnen Olympiaden ſind.

Deswegen muß man

die um eines verminderte Zahl der Olympiaden durch 4 vermehren oder multipliciren. Das iſt die zwos

te Regel. Man foll aber nicht bloß die einzelnen Jahre der verfloßnen Olympiaden, ſondern ein gegeba nes Jahr der nach denſelben noch laufenden Olympias finden. Alſo muß man zu der durch die Vermehrung mit 4 gefundnen Zahl, oder dem Producte, noch die ůber jene Olympiaden verfloßne Jahre hinzuthun. Das iſt die dritte Regel. Nachdem dieß geſchehen iſt, hat man die Schwierigkeit der ungleichen Zåh . lungsart der Jahre aufgehoben. Man kann daher die Vergleichung nunmeyr eben ſo , wie ben andern

Sahrrechnungen, machen. Die Größe der zulegt ge-. fundnen

414

Die erſte Abtheilung ,

fundnen Summe zeigt, wenn man ſie gegen die Jahrə jahlgrắnge der Olympiaden hålt, ob das gegebne Jahr

derſelben zu den Jahren vor oder nach Chriſti Geburt gehöre. Es ſind 776 Jahre vom Anfange der Qiym piaden bis in das erſte Jahr Chriſti verfloſſen. Wenn

demnach die gefundne Summe kleiner iſt, als 775 Jah. re : fo fållt das gegebne Jahr der Olympiaden in die

Jahre vor Chriſti Geburt, und man muß die Sum. me von der Jahrzahlgrånze der Olympiaden 776 ab. • ziehn , um in dem Ueberreſte das geſuchte Jahr vor Chriſti Geburt, welches mit dem gegebnen Jahre der Olympiaden einerler iſt, zu finden. Iſt aber die vor her gefundne Summe großzer, als 775 : ſo gehört das

gegebne Jahr der Olympiaden zu den Jahren Chriſti nach Chriſti Geburt ; und man muß deswegen die

Jahrzahlgrånze der Olympiaden, 776, um eines vers mindert, oder 775, weil das 775te Jahr ſchon in dem

erſten Jahre Chriſti begriffen iſt, von der gefunden Summe abziehn, das Jahr nach Chriſti Geburt, wel. ches mit dem gegebnen Jahre der Olympiaden zuſam . mentrifft, in dem Ueberreſte zu bekommen . Und das

iſt die vierte Regel , die nach dem Unterſchiede der Jahre, entweder vor oder nach Chriſti Geburt, die Art der Vergleichung ſelbſt beſtimmt. Wir wollen z. B.,

die Anwendung dieſer Regeln auf beſondre Fålle zu zeigen , annehmen, es ſey das 2te Jahr der 188 Olym . pias zur Vergleichung mit der Jahrrechnung, die fich

auf Chriſti Geburt bezieht , aufgegeben. Wenn man ſich erinnert, daß erſt das vierte Jahr der 194ten Olympias in das erſte Jahr Chriſti fållt: fo fiche man ſchon aus der gegebnen Zahl, daß das zu ſuchen

vorgeſchriebne Jahr eines vonden Jahren vor Chriſti Geburt feyn muß. Allein man findet es auch, wenn man ſich nicht daran erinnert, von ſelbſt, ſo bald die

Ungleichheit von der Zahlungsart aufgehoben iſt.

Man ziehe dann nach der erſten Regel von 188, als der

1

1

1

mathematiſche Zeitrechnung.

415

der Zahl der Olympiaden, eines ab, und nehme dafür 187, als die Zahl der ſchon ganz verfloßnen Olympia. den , an . Der zworen Regel Genüge zu thun, vermehre man dieſe Zahl 187 durch 4. Dann hat man die Zahl 748, als die Zahl aller 187 verfloßnen Olympiaden.

Zu diefer reke man die einzelnen und

ebenfalls' gegebnen Jahre, welche noch , über die 187 Olimpiaden, von der 188ten Olympias verlaufen ſind, nach der Oricten Regel, hinzu ; die Summe 750, weil in unfrem Beyſpiele 2 Jahre von der 188ten Olympias angegeben ſind , zeigt hierauf die Zahl der einzelnen Jahre, welche in dem gegebnen Jahre der Olympiaden , von ihrem Anfange an, liegen. Da nun die Ungleid,heit der Zahlungsart gegen andre Jahrrechnungen hieburd) aufgehoben iſt : ſo kann man nun die Vergleichung mit andern Jahrrechnun . gen nach den gewöhnlichen Regeln machen. Wir

haben angenommen, es folle mit der Jahrrechnung, die ſich auf Chriſti Geburt bezieht, geſchehn. Wenn wir daher die, nach der dritten Regel, gefundne Sum. me 750 gegen die Jahrzahlgrånze der Olympiaden, 776, vor Chriſti Geburt, halten : ſo iſt die Summe 750 offenbar kleiner, als die Jahrzahlgrånze 776. Alſo fållt das gegebne Jahr der Olympiaden in die Jahre vor Chriſti Geburt. Ben dieſen zieht man, wie die vierte Regel ſo wohl, als die ſchon oben gegebne allgemeine Vorſchrift, lehret, das gegebne Jahr , wel ches hier die nach der dritten Regel gefundne Summe

iſt, von der Jahrzahlgrânze, die hier 776 ift, ab. Der Ueberreſt beſtimmt das 26te Jahr vor Chriſti Geburt , als dasjenige , das mit dem gegebnen aten Jahre der 188ten Olympias zuſammenfälle. Die drey

erſtenRegeln bleiben in allen Fällen unveränderlich: nur die vierte fichließt eine Verſchiedenheit von zwee nen Fällen ein : und unſer Benſpiel erläutert davon

nur einen ; weil ein jedes Beyſpiel nichtmehrals einen VON

416

Die erſte Abtheilung,

von zweenen einander entgegengeſégten Fällen in ſich begreiffen kann . Zur Erläuterung des andern Falles laſſe man das ite Jahr der 212ten Olympias gegeben

fenn, es wiederum auf die Jahrrechnung, die ſich auf Chriſti Geburt bezieht, zurückzubringen. Man vers mindre 212 um eines, und nehme dafür 211. Die lekte

Zahl vermehre oder multiplicire man durch 4. Zu dem Producte, 844, feke man das eine über die ganz

verfloßnen Olympiaden noch verlaufne Jahr. So bekommt man die Summe 845.

Nunmehr hat man

die dren erſten Regeln erfüllt. Man ſieht aber aus der gefundnen Summe, wenn man ſie mit der Jahre zahlgrånze der Olympiaden, 776, vergleicht, daß fie großer iſt, als dieſe, und folglich das gegebne Jahr der Olympiaden zu den Jahren nach Chriſti Geburt gehört. Es iſt alſo dieß Benſpiel eines von dem an.

dern Falle. Und weil von der Jahrzahlgrånze der Olympiaden das 776te Jahr in das erſteJahr Chriſti trifft : fo darf man von der gefundnen Summe 845

nur 775 abziehn ; und der Ueberreſi 70 iſt das geſuchte Jahr Chriſti, welches dem gegebnen iten Jahre der 212ten Olympias gemäß iſt. Der umgekehrte Fall iſt es, wenn von der Jahr rechnung, die ſich auf Chriſti Geburt bezieht, ein

gewiſſes Jahr in ein Jahr der Olympiaden ver. wandelt werden ſoll.

Es find alsdann entweder Jahre vor , oder Jahre nach Chriſti Geburt. Alle

Jahre vor Chriſti Geburt, die mit den Olympiaden zuſammentreffen, müſſen eines von den 776 Jahren

der Jahrzahlgrånzt von dem leſtern Penn. Hingegen alle Jahre nach Chriſti Geburt müſſen gegen die Jah. re der Olympiaden, die ſchon 775 Jahre vor dem erſten

Jahre Chriſti betrugen, um 775 Jahre zu klein ſeyn. Es iſt demnach die erſte Regel, daß man ein gegeba nes Jahr vor Chriſti Geburt, das auf ein Jahr der

Olympiaden zurückgeleitet werden ſoll, von776 aba ziehe,

mathematiſche Zeitrechnung. 417 ziehe, und lyingegen einem gegebnen Jahre Chriſti, oder nach Chriſtı Geburt, 775 binzuſetze. Seil aber die Jahre der Olympiaden nicht einzeln in einer bes

ſtåndig fortlaufenden Reihe, ſondern nach einem wie. derfehrenden Zeitfreiſe von 4 Jahren gezahlt werden :

fo muiffen ſowohl in dem gefundnen Ueberreſte für die Jahre vor Chriſti Geburt, als in der gefundnen

Summe für die Jahre nach Chriſti Geburt, fo viele Olympiaden, und, wenn über die ganzen Olympiaden

noch einzelne Jahre verlaufen ſind, ſo viele überſchuf. Pige Jahre enchalten fenn , als die Zahl der Jahre einer jeden Olympias, 4 , in dem zuerſt gefunden

fleberreſte oder der zuerſt geſundnen Summe enthal ten iſt, und, wenn einzelne Jahre überſchießen, noch außer dem die Zahl der einzelnen Jahre beträgt. Ben. Des findet man nach der Rechenfunſ durch die Theis tung jenes Ueberreftes ſo wohl als jener Summe mit 4. Es wird folglich die zivote Regel, daß man fo rohi den lieberreft als die Summe, welche man durch Anwendung der erften Regel gefunden hat, durch 4 theile oder dividire. Die Zahl, welche man durch

dieſe Theilung gefunden Gat , oder der Quotient, muß dann nothwendig die Zahl der ganz verflofnen Olympiaden zeigen, und derLeberſchuß nach der Thei. Yung muß die noch liber ganze Olympiaben verfloßne

Jahre anweiſen. Cein man ſudyt nicht bloß die ver. Roßnen Olympiaden und einzelnen Fabre : ſondern die mit dem gegebren Jahre zugleich laufende Olyın. pias und ihr laufendes Jahr, und alſo von beiden i

mehr. Es iſt daher die dritte und legte Regel, daß man to mohl zu dein Quotienten als dem lleberſchuſſe

I hinzuſeke, und dann den um 1 vermehrten Quotien. ten für die geſuchte Zahl der Olympiaden, und den

eberfalls um i vergrößerten Leberſchuß für die Zahl des laufenden Jahres, womit das gegebne Jahr zur ſamnrentrifit, annetine. Man ſieht hieraus, daß die 1. Theil ,

DO

Vera

418

Die erſte Abtheilung ,

Verſchiedenheit der gegebnen Jahre, daß ſie entweder

vor oder nach Chriſti Geburt fallen, nur ben der erſten von den ißt bewiesnen Regeln einen Unterſchied macht. Wir wollen inzwiſchen von beiden Fällen ein Benſpiel zu ihrer Anwendung wählen. Es ren das zote Jahr

vor Chriſti Geburt gegeben , das ihm gemåße Jahr der Olympiaden zu finden. Man ziehe daſſelbe nach

der erſten Regel von der Jahrzahlgrånze der Olynt. píaden, alſo von 776 , ab. Den Ueberrejt 746 theile man durch 4 : wie die zwote Regel vorſchreibt. So

findet man 186 zum Duotienten , und behålt 2 zum Ueberſchuſſe. Zu beyden reke inan í hinzu. Also dann iſt 187 die Zahl der geſuchten Olympias, und 3 die Zahl des in derſelben laufenden Jahres, welches mit dem gegebnen Jahre vor Chriſti Geburt úber.

einfommt. Wenn man im Gegentheile wiſſen will, in was für ein Jahr der Olimpiaden ein gewiſſes Jahr nach Chriſti Geburt, f. B. das gegenwärtige 1763te treffe: fo feßt man 775 zu dem gegebnen oder

angenommnen Jahre Chriſti hinzu , die erſte Regel, wobey allein eine Verſchiedenheit vorkommt, zu beo obachten, und findet die Summe 2538. Uebrigens

verfährt man mit dieſer Summe nad der zwoten und dritten Regel, wie vorher. Man theilt 2538 durch 4 , und fekt hiernächſt zu dem Quotienten 634 ſo wohl, als zu dem Leberſchuſſe 2 noch i hinzu . So befommt man die Zahlen 635 für die Olympias , und 3 für das laufende Jahr derſelben , welches dem gegenwärtigen 1763ten Jahre Chriſti gemäß iſt.

Die áthiopiſten Jahre der Gnade haben eg mit den Olympiaden gemein , daß ſie nicht nach eie ner beſtandig fortlaufenden Reihe, ſondern nach einem

wiederkehrenden Zeitfreiſe gezählt werden . Wegen dieſer Zeinlichkeit iſt es hier der bequemſte Ort , von denſelben zu reden. Da aber ibre Jahrzahlgrånze in

bie Jahre nach Chriſti Geburt fälla: ſo findet ſich pier

mathematiſche Zeitrechnung. 419

.

hier eine Verſchiedenheit weniger; indem mit den

3

Jahren vor Chriſti Geburt keine Vergleichung daben

.

Statt haben kann. Nun iſt der wiederkehrende Zeit kreis, nach welchem ſie gezahlt werden, der victorinis rohe von 532 Jahren. Wenn demnach ein Jahr der Gnade, das auf ein Jahr Chriſti zurückgebracht wer . den ſoll, noch zu dem erſten Zeitfreiſe gehört : ſo bleibt es bey den oben bewiesnen allgemeinen Regeln der

Vergleichung. Weil außer den verfloßnen Jahren der Gnade, ben einem geriſſen davon gegebnen Jah. re des erſten Kreiſes, nur noch fu viele Jahre Chriſti verlaufen ſind, als die Jahrzahlgrånze dieſer åthiopi. fchen Jahrrechnung bis auf das erſte Jahr derſelben betrågt : ſo darf man zu dem gegebnen Jahre nur noch eben ſo viele Jahre, nåmlich 283 , weil man das 284te Jahr, in welches die Jahrzahlgrånze fållt, für

das erſte Jaßr der Gnade anſieht, hinzuthun ; die Summe iſt das geſuchte und dem gegebnen Jahre der

$

Gnade angemeßne Jahr Chriſti. Iſt aber das geo gebne Jahr der Gnade von dem zweyten oder dritten

Zeitfreiſe : ro ſind außer den Jahren Chriſti, welche

3

die Jahrzahlgránze anweiſt, in dem erſten Falle noch

die Jahre eines ganzen Zeitfreiſes, oder 532 Jahre, und in dem andern die Jahre von zweenen Zeittreifen,

oder 1064 Jahre, mehr verfloſſen , als die Zahl des gegebnen Jahres in ſich faßt. Daher muß man in

1

dieſen Fällen nicht allein die Jahrzahlgrånze, ſondern auch nach der oben ausgedrückten Verſchiedenheit noch entweder 532 oder 1064 Jahre zu dem gegebnen Jah. re hinzuſeßen . Die Summe von allen dreyen Zah. len , der Jahrzahlgrånze, des gegebnen Jahres , und eines oder zweener Zeitfreiſe, iſt erſt das geſuchte Jahr

Chriſti. Es ſen f.B. das240te Jahr der Gnade in N

dem zweyten Zeitkreiſe gegeben. Man feße 283 Jah. re von der Jahrzahlgrånze, und die Zahl eines vorher perlaufnen Zeitkreiſes 532 zu demſelben pinzu . Soiſt DO 2

die

420

Die erſte Abtheilung ,

die Summe von dieſen dreren Zahlen, 1055, das gera ſudite Jahr Chriſti.

Will man umgekehrt ein gegebnes Jahr Chri: ſli auf ein Jahi der Gnade zurückleiten : ſo ent ſtcht alle Verſchiedenheit wiederum bloß daber , daß das gegebne Jahr entweder auf ein Jahr der Gnade von den erſten , oder von einem der folgenden Zeitfreis

fe von 532 Jahren , trifft.

Jedocy fie zeigt ſich ben

Anwendung der Regeln von ſelbſt. Ein jedes gegeb. ne Jahr Chriſti, das ich mit Jahren der Gnade ver. gleichen läßt , iſt eine Zahl die gegen ein Jahr det

Gnade um 283 Jahre zu groß iſt: weil das erſte Jahr der Gnade mit dem 284ten Jahre Chriſti über.

einkommt. Folglich müſſen von einem jeden Jahre Chriſti 283 Jahre abgezogen werden. Sit dann det Lleberreſt nicht größer, als die Zahl der Jahre des

Zeitfreiſes, nach welchem man bey diefer Jahrredje nung záblet, das heißt, nicht größer als 532 : fo iſt ec

das geſuchte Jahr Chriſti. Ueberſteigt er aber die Zal532 : ſo iſt es ein Zeichen, daß das gegebne Jahr Chriſti nicht in den erſten Zeitfreis von den Jahren der Gnade fåltt. Da nun in ſolchem Falle fo viele ganze Zeitfreiſe, als wie vielmal der Zeitfreis , odet 532 Jahre, in dein lieberreſte enthalten ſind, und ro vieleeinzelne Fahre, als nach Abzuge der ganzen det's

laufnen Kreiſe noch übrig bleiben, verfloßne feyn muf ren : ſo muß man den Ueberreſt durch 532 theilen.

Ulsdann zeigt die gefundne Zahl oder der Quotient, wie viele ganze Zeitfreiſe verlaufen ſind, und der lle's berſchuß iſt das Jahr der Gnade von dem folgenden und nod) laufenden Zeitfreiſe, weldjes ſich vom 2gten

Uuguſt anfängt, und mit dem gegebnen Jahre Chriſti von der Zeit an zuſammentrifft. Gefeßt, man wolle 3. B. wiſſen, was für ein Jahr der Gnade das gegena wärtige 1763te Jahr Chriſti fey. Man ziehe von demſelben 283 ab : fo findet man 1480 - zum Ueber reſte,

mathematiſche Zeitrechnung. 421, reſte. Weil die Jahre der Gnade nur allemal auf 532 fortgezahlt werden : ſo iſt derſelbe zu groß. Man theile ihn deswegen durch) 532. Der Quotient, 27. den man dadurch bekommt, zeigt, daſ in dem gegen.

wärtigen Jafre Chriſti fchon zipeene ganze Zeitfreiſe. von Jahren der Gnade verfloſſen ſind : und der lica, berſchus 416, der bey der Theilung bleibt, giebt das , geſuchte Jahr der Gnade, welches fich, mit dem 29ten ,

Auguſt anfängt, und zu dem dritten Zeittreiſe gehört.. Zu denen Jahrrechnungen , welche die Vergleia, chung mit andern durch die Verſchiedenheit der Jahre felbft weitläuftig machen , gehoren die nabonafaria

(che, die mubammedaniſde und die perfiſche oder jezdegeroiſde. Da ſich die Vergleichung der

nabonaßariſden mit der chriſtlichen , bey wel. cher lektern die Fabre vor Chriſti Geburt růckwårts gezählt werden, deutlicher begreifen låst, wenn man die nabonaßariſchen Jahre vorber mit einer Reihe von vorwårte. gezahlten Jahren zufammengehalten hat: fo will ich vorher erklären, wie ein navouaßaria, fches Jahr auf ein Jahr des julianiſden , liina Laufskreiſes zurückzuführen ſey . Das nabonafas viſte Jahr beſteht allezeit nur aus 365 Tagen : in . dem niemals ein Tag mehr eingeſchaltet wird. Es iſt,

alſo ein Rückzahr , und der Anfang deſſelben geht, alle vier Jahre un einen ganzen Tag zurück. Das,

erſte nabenngariſche Ihr aber hat ſich vom 26ten Fes bruay angefangen. So lange daher von der nabos maßariſden Jahrzedpung noch nidit mehrmal, vier Jahre verfloffen ſind , als nach dem julianiſchen Jazre vom åten Jenner bis zum 26ten Februar Tage gezahlt werden : ſo lange iſt das nabonaßaria

fiche Jahr noch nicky durch den Februar und Jens ner in den December des julianiſchen 3 huis gez,

tückt. Nun zählt man , in dem julianiſchen Jahre vem erſten Jenner bis zum 26ten Sebruar. 56 Tage. DO 3

Die erſte Abtheilung,

422

Folglich müſſen 56 mal vier nabonaßariſihe Jah. re verſtrichen fenn, ehe ſie, wenn das vierte zum 57ten male wiederkommt, zum erſten male in ein andres jus

lianiſches Jahr, als dasjenige, welches von ihrem ans fange an gezählt wird, fallen können. Weil nun 57 mal 4.die Zahl 228 giebt ; fo fallen die nabonaßas

riſchen Jahre erſt im 228ten Jahre, von ihrer Jahre

zahlgrånze an , in ein andres julianiſches Jahr, als man von ihrem Anfange zählt. Demnach trifft das 227te Jahr der nabonaßariſchen Jahrrechnung noch in eben das julianiſche Jahr , welches von ihrem Un fange zu zählen iſt. Alſo entſteht, ſo lange ein gegeb nes Jahr der nabonaßariſchen Jahrrechnung nicht

ůber 227 betragt, aus demſelben das Jahr des juliani ſchen Umlaufskreiſes , wenn man das gegebne Jahr nur zu den Jahren , die vor dem erſten nabonaßaria ſehen Jahre in dem Umlaufskreiſe verfloſſen ſind, hin. zuſegt. Es iſt aber das 3967te Jahr des julianiſchen

Umlaufsfreiſes die Fahrzahlgrånze der nabonaßari. fchen Jahrrechnung, und das erſte Jahr derſelben .

Man hat folglich zu einem gegebnen nabonaßariſchen Jahre, das die Zahl 227 nicht überſteigt, bloß 3966 Jahre hinzuzufeßen. Die Summe iſt alsdann das geſuchte Jahr im julianiſchen Umlaufskreiſe, in wel. ches der Anfang des gegebnen nabonaßariſchen Jah. res fållt.

Es ſen f . B. das 210te nabonaßariſche

Jahr gegeben. Weil es unter .227 iſt: fo fege man nur 3966 hinzu. Die Summe 4176 iſt das Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes, worein der Anfang des 210ten nabonaßariſchen Jahres fällt.

Allein da der Anfang des nabonaßariſchen Jah. res beſtåndig in vier julianiſchen Jahren um einen ganzen Tag zurücfweicht : ſo muß er in ſo vielmal vier Jahren als Tage im Jahre ſind, das iſt, in 365 mal 4 Jahren, und alſo, da die Zahl 365, durch 4 multis

plicirt, 1460 giebt, in 1460 Jahren , durch alle Tage des

mathematiſche Zeitrechnung.

423

des julianiſchen Jahres růcken . Folglich weichen alle. mal im 146iten Jahre die nabonaßariſchen Jahre um ein ganzes Jahr von den julianiſchen ab. Nun tra

fen bende, wie wir vorher gefunden ħaben, nur bis auf 227 Jahre vom Anfange der nabonaßariſchen Jahre zuſammen : und ſchon im 228ten Jahre war die Zahl der nabonaßariſden gegen die Zahl der julianiſchen

Jahre um eines zu groß. Aber von dieſer Zeit an wird ſie nicht eher als nach Verlaufe von 1460 Jah. ren wieder um ein ganzes Jahr zu groß . Sammlet man die Zahlen 227 und 1460 , nach welchem lektern

Jahre die Abweichung erſt wieder ein ganzes Jahr ausmacht : ſo bekommt man die Summe 1687; und ſieht daraus, daß erſt im 1688 Jahre die nabonafaris ſchen Jahre wieder um ein ganzes, und alſo, da lie ſchon im 228ten Jahre um eines abweichen , um zwery

Jahre abgehn. Um noch ein drittes fönnen ſie nidy¢ cher wieder abroeichen, als bis von dem 1687ten nabo naßariſchen Jahre wiederum 1460 verfloſſen ſind ; und, weil die Zahlen 1687 und 1460, zu einer Summe gea ſammlet, 3147 geben ; ſo weichen ſie erſt iin 3148ten

Jahre von den julianiſchen um drey Jahre, und ſo allemal nach Verlaufe 1460 Jahren um ein ganzes Jahr mehr, ab . Da nun die Zahl der nabonaßari. ſchen Jahre gegen die Zahl der julianiſchen um ſo viel Jahre zu groß iſt, als die Jahre ihrer Abweichung betragen : ſo muß man , die nabonaßariſchen in julia. niſche des Umlaufsfreiſes zu verwandeln, eben ſo viele

Jahre von dem Umlauftreiſe, für die bis auf das erſte

nabonaßariſche Jahr verfloßnen Führe , weniger zu dem gegebnen nabonaſſariſchen Jahre hinzufeßen, als die Zahl der Abweichungsjahre iſt. Wenn daher ein

gegebnes nabonaßariſches Jahr nicht über 1687 geht, und alſo die Abweichung nicht mehr als ein Jahr be.

trågt: ro felst man zu dem gegebnen nabonaßariſchen Jahre nur o'n Jahr von neiu julianiſchen Umlauf DO 4

freije

424

Die erſte Abtheilung,

kreiſe weniger, folglich auſtatt 3966 mur 3965 hinzua Wiederum, wenn ein gegebnes naboraßariſches Jahr

die Zahl 1687 überſchreitet, aber 3147 noch nicht übers ſteigt, und alſo die Abweichung nicht mehr als zwey

Jahre ausmacht: ro ſebe inan ju vem gegebnen Jahre nur zwey Jahre von dem juliariſchen Umlaufstreife weniger, folglich, anſtatt 3966 , nur 3964 hinzu ;, und ſo immer fort. Die Summe iſt dann in jedem Falle das Jahr in dem julianiſchen Umlaufsfreiß, in wel ches der Anfang des gegebnen nabonaßariſchen Fabres

fållt.

Zur Anwendung dieſer Regeln auf befondre

Fälle ſebze man erſtlich, es ſey das 448 Jahr der nabo. naßariſchen Jahrred;nung gegeben. Da daffelbe über 227 beträgt; ſo weicht es idyon um ein Jahr von den julianiſchen ab : jedoch weil es noch unter 1687

iſt; ſo weicht es auch noch nicht mehr als ein Jahr ab. Man reke daber anſtatt 3966, die man, wenn keine Abweichung wåre, hinzuſeken mußte, blog eines wenis ger, oder nur 3965 Jahre, von dem julianiſchen Ulm , laufskreiſe hinzu : die Summe 4413 iſt das Jahr des Umlaufskreiſes, worein der Anfang des 443ten nabo.

naßariſchen Jahres fällt. Es ſey hiernad )ſt das 1824te nabonaßariſdie Fahr gegeben. Daſſelbe überſteigt die Zahl 1687, und weicht daher um zwei Jahre von den julianiſchen Jahren des Umlaufskreiſes ab : aber auch nicht meht, weil es noch unter 3147 iſt. Mian

reke daher zu dem gegebnen Jahre, anſtatt 3966 , nur

zwei Jahre weniger, und folglich nur 3964 hinzu : To iſt die Summe, 5788 , das geſuchte Jahr des juliani. ſchen Umlaufsfresſes , in welches der Anfang des 1824. ten nabonaßariſchen Jahres trifft. Nunmehr iſt leicht zu begreifen, wie man verfah.

ren müſſe, ein gegebnies Jahr der nabonafariſden I brrechnung auf ein Jahr der chriſtliden zurück. zubringen. Es liegt auch hier zum Grunde, Daß sin jedes nabonagariſdhes Jahr , wenn es über 227, um I, wenn

mathematiſche Zeitrechnung. 425 wenn es über 1687, um 2, wenn es über 3147 iſt, um

3, und ſo nach 1460 Jahren immer um eines inebri abweicht. Außer dem aber muß man den Unterfchied der Jahre vor und nach Chriſti Geburt dabey in Er.

wägung ziehn. Ob ein nabonaßariſches Jahr zu den Jahren vor oder nach Chriſti Geburt gehöre, das erkennt man aus der Vergleichung mit ſeiner Jahr.

zahlgránze, dem 747ten Jahre vor Chrifti Deburt. Ueberſteigt es noch nicht die Zahl 748 ;, fo iſt es ein Jahr vor Chriſti Geburt ; übersteigt es dieſelbe: 10 fällt es nach der Geburt Chriſti. Das 747te Jahr vor Chriſti Geburt iſt aber die Fahrzaulgrånze der nabonaßariſchen Jahrrechnung, fo, daß das 747te jue lianiſche Jahr, von dem Anfange der nabonafariſchen Fahrrechnung gezáklt, das erſte Jahr nac) Chriſti Ges burt iſt. Folglich ſind vom Unfange der nabonaßari. fchen Jahrrechnung nicht mehr als 746 julianiſche Jah, re vor Etzriſti Geburt verfloffen . Nun ift aberdas 747te Jahr vor Chriſti Geburt das erfte nabonagari, ſche Jahr. Daher iſt ein jedes nabonafariſches Jahr vor Chriſti Geburt ſchon ohne die übrige Abweidung von julianiſchen Jahren um eines mehr, als die vor Chriſti Geburt verfloßnen Jahre: und man muß aus dieſer Betrachtung von einem jeden nabonaħariſdyea Jahre vor Chriſti Geburt zum voraus ein Jahr ab. zichu. Dít es dann nicht über 227 : fo hat man es bloj , nach der Verminderung um eines, von der nabo. naßariſchen Fahrzahlgrånze vor Cyriſti Geburt, das iſt von 747, abzuziehn . Der Ueberreſt iſt das geſuch . te Jahr vor Chriſti Geburt, in welches der Anfang desgegebnen nabonaßariſchen Jahres fällt. Allein, wenn es über 227 ift : ſo weicht es , wie wir furz vor.

her gefunden haben, durch ſeine Entfernung von der Jahrzahlgránze, auch um ein ganzes Fahr von den julianiſchen Jahren ab . Deswegen måſſen von einem jeden nabonagariſchen Jahre das úber 227 , aber nicht DO 5

über

426

Die erſte Abtheilung,

über 748 iſt, und folglich zu den Jahren vor Chriſti

Geburt gehört, zuvörderſt zwen Jahre abgenommen und dann der Ueberreſt erft von der Jahrzahlgrånze 747 abgezogen worden : der dadurch gefundne Ueber reſt iſt endlich das geſuchte Jahr vor Chriſti Geburt. Wären die nabonafariſchen Jahre nicht Rüdjahre: fo mußte, wie ben andern Jahrrechnungen, das 747te Jahr ſchon in das erſte Fahr nach Chriſti Geburt fallen. Aber weil ihr Anfang alle vier Jahre um einen ganzen Tug zurückgeht: ſo iſt noch ihr 748tes Jahr ein Jahr vor Chriſti Geburt, und ihr 749tes Jahr trifft erſt in das erſte Jahr nach Chriſti Geburt. Darum babe id, vorher zur Regel reben müſſen, daß. alle nabonaßariſche Jahre, welche die Zahl. 748 nicht überſteigen, zu den Jahren vor Chriſti Geburt, hin . gegen alle nabonaßariſche Jahre, deren Zahl größer als 748 iſt, zu den Jahren nach der Geburt Chriſti gehören. Zur Erlåuterung dieſer Regeln durch Bens ſpiele, wollen wir dal 227te nabonaßariſche Jahr für

gegeben anſchn. Dieß iſt die Zahl ſelbſt, über welche bie nabonaßariſchen Jahre nicht laufen können, ohne gegen die julianiſchen um ein Jahr zu groß zu ſeyn. Weil es alſo dieſe Zahl nicht überſteigt: ſo zieht man nur , in Betrachtung der Jahrrechnung vor Chriſti Geburt allein, 1 Jahr ab ; und bekommt226. Dieſe

Zahl zieht man von der Jahrzahlgránze 747 ab : fo iſt der Ueberreſt, 521, das geſuchte Jahr, und zwar weil das gegebne noch lange nicht an 748 reicht, ein

Jahr vor Chriſti Geburt, in welches der Anfang des 227ten nabonaßariſchen Jahres fållt. Ferner ſey das 748te nabonaßariſche Jahr gegeben , als die Zahl ſelbſt, die nicht überſtiegen werden kann, ohne daß das gegebne nabonaßariſche Jahr in Jahre nach Chriſti Geburt treffe. Dasſelbe gehört alſo noch zu den Jahren vor Chriſti Geburt.

Uber da es die

Zahl 227 weit überſchreitet: fo iſt es um eines großer, als

mathematiſche Zeitrechnung. 427 als die Zahl der mit ihm verfloßnen julianiſchen Jahre. Und als ein Jahr vor Chriſti Geburt iſt es auch nach dem oben angeführten Grunde um eines zu groß. Man nehme ihm daher 2 Jahre ab : ſo hat man 746.

Dieſe Zahl ziehe man von der Jahrzahlgrånze 747 ab : ro zeigt der Ueberreſt, 1 , daß das gegebne 748te nabo.

naßariſche Jalr in das lekte Jahr vor Chriſti Geburt trifft, und folglich der Anfang des 749ten nabonaßaria, Fichen Jahres erſt in das erſte Jaşr nach Chriſti Gea burt fällt.

Die Jahre nach Chriſti Geburt werden ſo, wie in dem julianiſchen Umlauffreiſe, vorwärts gezählt. Dan her macht bey denſelben die Art zu zähicu keineAbweis chung mehr von denen Regeln , die wir oben bewieſen

haben , aus einem nabonaßariſchen Jahre das Jahr des Umlaufsfreifes, in welches der Anfang des nabos naßariſchen fällt, zu finden. Ein jedes nabonafari.

fches Jahr, deſſen Zahl úber 748 betrågt und deswes gen zu den Jahren nach Chriſti Geburt gehören muß, aber noch nicht über 1687 geht , iſt demnach nur um +

1 Jahr, und nicht eher, als wenn ſeine Zahl über 3147 reicht, um 2 Jahre zu groß. Ulfo darf man von allen

gegebnen nabonaßariſchen Jahren, die nicht über 1687 gehn , nur ein Jahr , und von allen die über 1687, aber noch nicht über 3147 reichen , nur zivey Jabre abnehmen : weil gegen die julianiſchen Jahre die Zahl von jenen um 1, die Zahl von dieſen um 2 zu groß iſt. 1

Allein da alle nabonaßariſche Jahre, die in Jahre nach Chriſti Geburt treffen , auch nach der Verminderung um I, oder 2, noch eine Zahl ausmachen , die um 747

Jahre größer iſt, als die Zahl der Jahre nach Chriſti IN

Geburt; indem die Jahrzahlgrånze der nabonapari. fchen Jahrrechnung in das 747te Jahr vor Chriſti Gea burt zurückweicht : ſo muß von den um 1 oder 2 ver.

minderten nabonapariſchen Jahren nach Chriſti Ge.

burt noch ferner die Zahl 747 abgezogen werden . Der Ueberreſt

428

Die erſte Abtheilung ,

tleberreſt iſt alsdann das geſuchte Jahr. Chriſti, ir welches der Anfang des gegebnen vabonaßarijchen Jahres trifft. Es fer das 1430te nabonaßarische Jahr

gegeben.

Weil daſſelbe die Zahl.748 überſteigt; ſo

gehört.es zu den Jahren nach Chriſti Geburt : weil es aber noch lange nicht an die Zahl 1687 reicht; for iſt es nur un r ,Jahr gegen die julianiſchen zu groß. Nan nehme daher von 1430 eines weg , und ziehe:

bann von 1429 die Fahrzahlgránie.747. ab. Der Uebere

reſt 682 iſt das verlangte Jahr Chriſti. Wiederum nehme man das 2512te nabonaſžarifdie Jahr für gegee Ben an . Die Zahl deffelben- überſteigt 1687, aver nochi nicht 3147. Alſo weicht es aur, von den julianiſchen

Jahren um 2 ab. Auch iſt es ein Fahr nach Chrifti Geburt: weil es weit über die Zahl 748 zinaus reichta Man nehme baber von 2512 zuvorberft 2 weg , und

hiernächſt ziehe man von dem Weberreſte 2510 die Zahl

ter nabonaßarifchen Fahrzaólgrånze, 747 ab : fo zeigo der Ueberveft 1763, daß der Anfang des gegebnen,

2512ten nabonaßarifchen Jahres in das gegenwärtige 3763te Jahr Chrifti fålle.

Aus dieſen Betradxungen des Verhältniſſes ders nabonaßariſchen Jahre gegen julianiſche läßt ſich 1

nun auch leicht begreifen , wie man aus einem gegebes

nen Jahre des julianiſchen Umlaufskreiſes 13 wohl, als der chriſtlichen Jahrrechnung das nas bonaßariſche Jahr, deſſen Anfang in daljelbe fällt, fine den fónne.

Aber da ein jedes Jahr von dein juliani.

fchen Umlaufkreiſe ohne Schwierigkeit auf ein Jaho vor oder nad) Chriſti Geburt zurückgeleitet werden fann : fo will ich nur zeigen , wie au!6 .einem jeden

Jahre vor over nach Chriſti Geburt das nabonaßaria fche, deffen Unfang in daſſelbe trifft, zu finden fers. Der Unterſchied der benden Jahrrechnungen vor und nach

Chriſti Geburt machi es nothwendig, får bende beſon

dre Regeln zu geben. Sie gründen ſich aber alle auf die

mathematiſche Zeitrechnung 429 die im Vorhergchenden feſtgefekte Zahl der Jahre, in welder die nabonafariſchen Jahre eines oder giver

oder drei ae: Jahre mehr betragen, als die julianiſchen. Nur ben den Jahren vor Chriſti Geburt muß auch die Zahlungsart, weldie ruickwärts geht, zugleich in Bee tradtung gezogen worden . Weil das 227te Jahr der nabonafariſchen Jahrrechnung, nach welchem die nar

bonaßariſchen Jahre um eines von den julianiſchen abo weichen und ihre Zahl um ſo viel größer iſt, in das

5211e Jahr vor Chriſti Geburt fålle; denn ,wenn inan 227 von 747, dem Jahre vor Chriſti Geburt, tu wela

ches das erſte nabonaßariſche Jahr fällt, abzieht, ben

fommt man die Zahl 520, die aus dem oben angeführ: ten Grunde, wenn fie mit den nabonaßariſchen Jahren

zuſammentreffen ſoll, um I vergrößert und alfo fu 524 werden muß : fo weichen in alien Jahren vor Chriſti Geburt , svelche über 520 find , die mabonafariſcher Jahre noch um kein ganzes Jahr von den julianiſden ,

ab ; aber in allen Jahren vor Chriſti Geburt, die uns

ter 521 find, muß die Zahl der nabonaßariſchen Jahre um ein ganzes Jahr großer fenn, als die Zahl der ju lianiſchen. Allein alle Jahre vor Chriſti Geburt find eine Zahl , die ſchon wegen der Zåhlungsart um eines kleiner iſt, als die Zahl des nabonaßariſchen Jahres, 1

dellen Anfang in eines oder das andre derf (ben trifft,

und müſſen daher auch ohne Betrachtung des Unters fchiedes, den die Beſchaffenheit des Kuljahres verura facit, um eines vergrößert werden , wenn daraus das

geſuchte nabonapariſcheJahr werden fol Wir haben

demnach zu der Zurückleitung der Jahre por Chriſti Geburt auf nabonaßariſche Jahre nur zio Regeln nöthig. Wenn ein gegebnes Jahr vor Chriſii Geburt eine großre Zahl iſt, als 520 : fo zieht man das gegebnie Jahr von 747, als der nabonaßari. fchen Jahrzahlgrânze ab, und feßt zu dem Ueberreſte

nicht mehr, als 1 , binzu, das nabonaßariſche Jahr zu befome

Die erſte Abtheilung , 430 bekommen , deſſen Anfang in das gegebne Jahr vor Chriſti Geburt fällt. Das iſtdie erſte Regel. Il aber ein gegebnes Jahr vor Chriſti Geburt kleiner, als die Zahl 520 : fo zieht man wiederum das gegebne Jahr von 747 ab, und vergrößert den Ueberreſt um 2, das verlangte nabonaßariſche Jahr zu haben. Das iſt die zivote Regel. Die Anwendung von benden auf beſondre Fälle zu machen , reße man , es ſey das

562te Jahr vor Chriſti Geburt gegeben, und man folle daraus das nabonaßariſche Jahr finden , deſſen Ans

fang in das gegebne Jahr fållt. Die Zahl 562 iſt großer, als 520. Alſo find noch nicht 227 nabonaßa. riſche Jahre verfloſſen, und iſt daher wegen des Rücke jahres noch keineAbweichung von einem ganzen Jahre. Man ziehe deswegen, nach der erſten Regel, die ges gebne Zahl 562 nur von 747 ab, und rege dem Uebers reſte 185 nicht mehr, als 1, zu : ſo iſt 186 die Zahl des

geſuchten nabonaßariſchen Jahres, deſſen Anfang in das 5620e Jahr vor Chriſti Geburt fålt. Hiernächſt

fer das 140te Jahr vor ChriſtiGeburt zu gleicher Abſicht, wie vorher, gegeben. Dieß iſt eine kleinere

Zahl, als 520, und ſind daher ſchon mehr als 227 nas bonaßariſche Jahre, von ihrer Jahrzahlgrånze an, ver laufen.

Man muß demnach der zwoten Regel

folgen. Alſo ziehe man 440 von 747 ab, und vera größre den Ueberreft307 um 2. Dann iſt die Zahl, 309, das geſuchte nabonaßariſche Jahr. Sind es im Gegentheile Jahre nach Chriſti

Geburt, die man aufdie nabonaßariſche Jahrs rechnung zurückleiten fou: ſo iſt dieZahl aller Jahre Chriſti erſtlich um 747 zu klein ; weil das erſte nabo.

naßariſche Jahr ſich im 747ten Jahre vor Chriſti Geburt angefangen hat. Deswegen muß man zu allen Jahren nach Chriſti Geburt 747 hinzuchun. Ferner betragen die nabonaßariſchen Jahre, die über

227 und nicht über 1687 find, 1 Jahr mehr, diejenigen aber ,

1

mathematiſche Zeitrechnung.

431

aber, die über 1687, jedoch nicht über 3147 ſind, 2 Jahre mehr , als die julianiſchen in eben der Zeit : weil die Rückjahre ſich allemal nach 1460 Jahren auf ein Jahr mehr belaufen. Nun iſt das 939te Jahr Chriſti das .

jenige, in welches der Anfang des nabonaßariſchen 1687ten : und das 2398te Jahr Chriſti dasjenige, in welches der Anfang des nabonaßariſchen 3147ten Jah . res fällt. Denn, wenn man die vorher gegebnen Res geln , nach welchen ein nabonaßariſches Jahr auf die

chriſtliche Zeitrechnung zurückgeführt werden muß, ana wendet: ſo findet man keine andre , als diefe Jahre.

Folglich ſind alle Jahre nach Chriſti Geburt, die nicht über 939 betragen , nur um eines, und alle diejenigen, die ſich über 939, aber nicht über 2398, erſtrecken, um zwey Jahre weniger, als die zu derſelben Zeit verlaufe nen nabonaßariſchen Jahre: Wenn man den Jahren Chriſti vorher 747 bengeſellt hat.

Demnad, darf

man zu den Jahren nach Chriſti Geburt nur erſt 747, und dann zu der dadurch bekommnen Summe, wenn das gegebne Jahr Chriſti nicht über 939 iſt, noch eines , wenn es aber über 939 , jedoch nicht über 2389 ift, noch zwey hinzuſeßen. Die legte Summeiſt

in beyden Fällen das verlangte nabonaßariſche Jahr, deſſen Anfang in das gegebne Jahr Chriſti trifft. Es

fen für den erſten Fall das 624te Jahr Chriſti gegee ben. Weil es unter 939 iſt: ſo reke man zu 624 erſte

lich 747, und hernach zu der Summe, 1371, noch 1 hina zu . Dieſe lekte Summe 1372 iſt das geſuchte nabo. naßariſche Jahr , deſſen Unfang in das gegebne 624te Jahr Chriſti fålt. Für den andern Fall neşme man das 1432te Jahr Chriſti, als gegeben, an. Daſſelbe iſt eine großre Zahl, als 939 : jedoch geht es noch nicht über 2389 hinaus. Nachdem man daher zu 1432 zu. vorderſt 747 hinzugethan hat, feke man zu der dadurch gefundnen Summe 2179 noch 2 hinzu. Die legte Sum .

me 2181 iſt das verlangte nabonaßariſche Jahr.

Die erſte Abtheilung,

432

Da der Anfang des nabonaßariſchen Jahres vor tem Anfange des julianiſchen fehr abweicht: ro iſt es

zur geneuen Beſtimmung der Zeit nicht hinlänglich, wenn ein nabonaßariſches Jahr gegeben iſt, das Jahr vor oder nach Chriſti Geburt , in welches der Anfang des gegebnen naboraßariſchen fällt, gefunden zu har ben ; fondern man muß auch wiſſen , von welchem :

Tage des julianiſchen Jahres fich das gegebre nabos naßarifche Jahr anfange, und ebenfalls, wenn der

Monatstag eines nabonaßarifchen Jahres gegeben iſt, ben ihm angemeßnen Monatstag des julianiſchen dars aus finden können. Hierzu wird erfordert, daß man wille, wie viele Tage zweene, drey, vier und mehrere

Monate, ſowohl des julianiſchen als des nabonaßari fdhen Jahres, zuſammengenommen betragen. Desfalls

muß ich gier von beyden eine Tafel voranſeßen.

Julianis

Geraiña babonaßas Beſains

ſche Monate .

lete

riſche

lete

Tage.

Monate.

Tage.

Januar

31

Februar arz April

59 90 120 . 151 181

Chojak

120

Tybi Mecheir

150 180

212

Phamenoth

210

Auguſt

243

September

273

270

October Tovember

304

Pharmuthi Pachon Pauni

334

Epiphi

May

Jun . Jul.

Thor

30

Paophi

60 go

Athyr

240 300 330

Meſori 360 Zufastage 365 Ein jeder weiß , daß , wenn das julianiſche Jahr ein December

365

Schaltjahr iſt, der Februar einen Tag mehr, und alſo mic

mathematiſche Zeitrechnung.

433

mit dem Januar zuſammengenommen, anſtatt 59 Tar ge , ihrer 60 haben muß , und folglich die Summen aller folgenden Monate auch um eines mehr betragen müſſen.

Wenn man nun aus einem gegebnen nabonaßa.

riſchen Jahre den Tag, wovon esſich nach dem julia niſchen Jahre angefangen habe, finden will: fo muß man vor allen Dingen wiſſen, wie vielmal vier Jahre von dem erſten bis zu dem gegebnen nabonaßariſchen

Jahre verfloſſen ſind ; weil der Unfang des nabonaßa.

riſchen Jahres alle vier Jahre um einen Tag zurücke gehr. Hiernächſt muß man ſich erinnern , daß der

Anfang des erſten nabonaßariſchen Jahres auf den 26ten Gebruar fiel, und daher, weil vom erſten Jas nuar bis zum zóten Februar, mit eingeſchloſſen, 57 Tage ſind, von dem Anfange des julianiſchen Jah. res um 57 Tage abwich. Wenn man daber die Zahl des gegebnen Jahres durch 4 theilet, und dadurch fina det , wie vielmal vier Jahre zur Zeit des gegebnen

Jahres von dem erſten an verſtrichen ſind : ſo weiß man, um wie viel Tage der Anfang des nabonaſarie

[chen Jahres zur Zeit des gegebnen gerückt iſt. Zieht man nun dieſe Zahl , oder den Quotienten , der durch die Theilung des gegebnen nabonapariſchen Jah. res mit 4 entſtanden iſt, von den 57 Tagen ab, um

weiche das erſte nabonapariſche Jahr von dem julia. nifchen abwich : ſo muß der Leberreſt zeigen, wie viele

Tage der Unfang des gegebnen nabonaßariſchen Jaşı res von dem Unfange des julianiſchen abgehe. Allein

in 227 Jahren weicht der Anfang des nabonaßariſchen Jahres durch den Februar und Januar růcfrårts bis

in den December des julianiſchen Jahres. Es muß

ſich daher nothwendig zutragen , daß der Duotient, den man , durch die Theilung des gegebnen nabonafas

riſchen Jahres mit 4 , findet, großer iſt, als die Zahl der 57 Tage, um die der Anfangdes erſten nabonaßa 1. Theil.

riſten

434

Die erſte Abtheilung,

riſdsen Jahresvon dem Anfange des julianiſchen ente fernt war : ſo oft ein nabonaßariſches Jahr gegeben

ift, zu deſſen Zeit mehr als 57 mal vier Jahre verflore, ſen ſind. Alsdann iſt offenbar der Unfang des nabo.

naßariſchen Jahres in einem julianiſchen Jahre weiter zurück zu ſuchen. Folglich muß man zu den 57 Tagen des erſten Abſtandes noch 365, als die Zahl der Tage eines ganzen Jahres, in dieſem Falle hinzuthun, und von der Summe, welche 422 iſt, den gefundnen Quoa tienten abziehn. So zeigt der Ueberreft wiederum , wie viele Tage der Anfang des gegebnen nabonaßari. fchen Jahres von dem Anfange des julianiſchen ab

weiche. Es läßt ſich demnach die hier nöthigeVor: ſchrift auf zwo Regeln zurückleiten. Die erſte iſt: Man cheile oder dividire das gegebne nabonaßariſche Jahr durch 4, und, wenn alsdann der Quotient kleia ner iſt, als 57 , ziehe man ihn von 57 ab , in dem

Ueberreſte die Zahl der Tage zu bekommen, um welche der Anfang des gegebnen Jahres von dem Unfange des julianiſchen abſteht.

Die zwore ift: Wenn der

nach der erſten Regel gefundne Quotient größer iſt, als 57 : fo ziche man ihn von 422 ab, in dem Ueber

reſte wiederum die Zahl zu haben, um die der Anfang des gegebnen nabonaßariſdien Jahres von dem An fange des julianiſchen abweicht.

Es ſey das 147te

nabonaßariſche Jahr gegeben. Man theile es durch 4 : ro findet man 36 zum Quotienten . Denſelben ziehe man, weil er noch kleiner iſt, von 57 ab. Der Ueberreſt 21 zeigt, daß der Anfang des gegebnen na.

bonaßariſchen Jahres von dem Anfange des juliani, fchen um 21 Tage, um die es ſich ſpåter anfängt, ents

fernt iſt, und daß alſo das 147te nabonaßariſche Jahr, weil das julianiſche ſich allemal mit dem erſten Januar anhebt, ſich mit dem ziten Januar angefangen hat. Man nehme zur Erläuterung des andern Falles das

384te nabonaßariſche Jahr für gegeben an . Nachdem man

1

mathematiſche Zeitrechnung.

435

man es durch 4 getheilt þat, iſt der gefundne Duotient 96. Weil diefer nun eine großre Zahl, als 57, beé crågt: ro ziehe man ihn von 422 ab. Der Ueberreſt,

326, zeigt, daß von dem iten Januar, womit ſich das julianiſche Jahr anfängt, bis auf den Anfang des ge. gebinen nabonaßariſchen 326 Tage zu zählen find. Nun findet man in der Tafel der geſammleten Moe natstage des julianiſchen Jahres, daß mit dem

Ende des Octobers 304 Eage verfloſſen ſind. Wenn man dieſe von dem gefundnen Ueberreſte

326 abzieht: ſo findet man mit dem Ueberreſte 22,

daß der Anfang des 384ten nabonaßariſchen Jahres auf den 22ten Vovember des julianis fchen Jahres fållt. Sollte aber der Anfang eines gegebnen nabonaßariſchen Jahres in ein julianiſches Schalejahr treffen : ſo mußte man nicht vergeſſen , daß die Zahl der gefammleten Monatstage am Ende

des Februars und aller folgenden Monate eines mehr betrage, als in der Tafel nach gemeinen julianiſchen Jahren angefegt ift. Den Anfang eines nabonaßarifchen Jahres in dem julianiſchen, in' weldjes er fållt, dem Tage nach ju finden, iſt zur genauen Beſtimmung der Zeit noch nicht hinreichend ; es wird dazu noch erfordert, aus

einem jeden gegebnen Monatstage des nabonaßari. fchen Jahres den Monatstag des julianiſchen beftim . men zu können. Nun ift offenbar, daß, wenn man

den Anfang des nabonaßariſchen Jahres nicht nach

dem Tage des julianiſchen, auf den er trifft, vorher weiß, man nicht im Stande iſt, den julianiſchen Moe natstag, worauf ein gegebner nabonaßariſcher Mor

natstag falle, zu finden. Es iſt daher das erſte, was zu dieſer Abſicht nöthig iſt, daß man nach den vor

bergehenden Regeln den Anfang des nabonamariſchert Jihres, wovon ein gewiſſer Monatstag gegeben iſt, ſuche, damit man den Tag des julianiſchen Jahres, Ee 2

auf

1

436

Die erſte Abtheilung,

auf welchen der erſte Tag des erſten nabonaßariſchen Monates , oder des Thors , fällt, wiſſe. Alſo iſt dieß die erſte Regel. Es ſind aber zur Zeit eines gegebnen Monatstages von einem gewiſſen nabonaßa. riſchen Jahre nicht allein ſo viele Tage des julianiſchen Jahres, als von dem erſten Jenner bis auf den Tag,

woraufder erſte des Thots fällt, gezählt werden, ſon dern auch über dieß noch ſo viele, als von dem erſten des Thots bis auf den gegebnen Monatstag zu rech .

nen find , verfloſſen.

Deswegen iſt das nådiſte,

daß man die Zahl der vom erſten des Thots bis auf.

den gegebnen Monatstag des nabonaßariſchen Jahres verlaufenen Tage ſuche. Dieſe findet man entweder aus der vorher mitgetheilten Tafel, wenn man zu den geſammleten Tagen der vor dem gegebnen Monats. tage verſtrichnen Monate noch die Zahl des gegebnen

Tages kinzuſekt: oder durch Berechnung, wenn man, weil alle nabonaßariſche Monate aus gleich vielen, nåmlich 30 Tagen, beſtehn, die Zahl der verflohnen Monate durch 30 multiplicirt, und zu dem Pros bucte die Zahl des gegebnen Monatstages Hinzuthut.

Es iſt demnach dieß die zivote Regel. Allein jur. Zeit des gegebnen Monatstages findvon dem juliani. ſchen Jahre ſo wohl die Tage vom erſten Jenner bis auf den erſten des Thots, die man nach der erſien Regel gefunden hat , als die Tage vom erſten des Lhots bis auf den gegebnen Monatstag verfloſſen . Folglich muß man jene zu dieſen hinzufeßen, welches

die dritte Regel iſt. Hiedurch hat man nun die Zahl der Tage des julianiſchen Jahres gefunden, die mit dem gegebnen Monatstage des nabonafariſchen verfloſſen ſind. Weil man aber in der Zahl der vom erſten Thor bis auf den gegevnen Monatstag verfloß. nen Tage den Anfangstag fchon gezahlt hat, und ihn auch in der Zahl der bis auf den erſten Thor ver.

floßnen Tage der julianiſchen Monate noch wieder , zahlt :

mathematiſche Zeitrechnung. 437 zählt : ſo iſt die Summe um eines zu groß. Daher muß man von der gefundnen Summe miederum eines

abziehn: alsdann iſt der Leberreſt die Zahl der julias niſchen Monatstage , auf deren legten der gegebne nabonaßariſche Monatstag fällt; und aus der Tafel der geſammleten julianiſchen Monatstage ſieht man,

in welchen julianiſchen Monat der gegebne Tag gehöre, und der wie vieleſte Tag er in demſelben Monate fer .

Jedoch dieß fetzt voraus, daß die zulegt gefundne Zahl in einem gemeinen Jahre nicht über 365, und in einem Schaltjahre nicht über 366 fey : weil kein julianiſches

Jahr aus mehrern Tagen beſteht. Dieß iſt aber nicht !

allemal nothwendig der Fall: ſondern wenn der Un

fang des nabonaßariſchen Jahres in einen der ſpåtern julianiſdien Monate fållt, und der gegebne nabonaßa. riſche Tag ebenfalls zu einem ſpåtern Monate des nabonaßariſchen Jahres gehört ; ſo iſt die gefundne Zahl der Tage nothwendiger Weiſe über 365 oder 366 . Hieraus folgt fo dann, daß der gegebne Monatstag ſchon in das folgende julianiſche Jahr treffe. Darum muß man 365, oder, wenn es ein Schaltjahr iſt, 366 Lage von der gefundnen Zahl abziehn : und der Uebere reſt iſt die Zahl des gefuchten Tages, vom 1 Jenner

an gerechnet. Das iſt die vierte und legte Regel, welche zween unterſchiedne Fälle in ſich begreift. Um der Bequemlichkeit willen nehme man hier eben die

nabonaßariſchen Jahre, von denen wir im Vorherges henden den Unfang gefunden haben , zu Beyſpielen an.

Es ſev der achte Tag des nabonaßariſcher

Phamenoths im 147ten nabonafariſchen Jahre gee

geben, den ihm gemäßen Tag im julianiſdien Jahre zu finden . Man ſuche dannnach den oben gegebnen Regeln den Tag des julianiſchen Jahres, auf welchen der Anfang des gegebnen nabonaßariſchen Jahres

fällt. Wir haben gefunden, es ſey der 21te Januar. Hiernächſt ſuche man, wie viele Lage des nabonaßa Ee 3

riſchen

438

Die erſte Abtheilung,

riſchen Jahres mit dem gten Phamenoth, als dem gegebnen Monatstage, verfloſſen ſind.

Der Pha

menoth iſt der yde Monat im nabonaßariſchen Jahre. Deswegen nehme man entweder aus der oben mitge theilten Tafel die 180 Tage, die für ſechs verfloßne

Monate darinn angegeben ſind, und febe die Zahl, 8, son dem gegebnen Tage des folgenden Monates hin: zu : oder man multiplicire die Zahl 6 der verfloßnen

Monate mit 30 , wovon das Product ebenfalls 180 iſt, und thue eben die Zahl , 8, hinzu. Auf beyde Art findet man einerlen Zahl, 188. Zu dieſer reze man ferner die Zahl der julianiſchen Tage bis auf den Ans fang des nabonaßariſchen Jahres, welche in dem ge. gebnen 147ten nabonaßariſchen Jahre 21 iſt, wie wir vorher gefunden haben. Von der Summe , 209 , die daraus entſteht, ziehe man endlich 1 ab : ſo iſt der

Ueberreſt 208 die Zahl des Tages in dem julianiſchen Jahre, der mit dem gten Phamenoth übereinkommt; weil die Zahl kleiner iſt, als 365 oder 366.

Aus der

Tafel der geſammleten julianiſchen Monatstage fieht man , daß mit dem Ende des Junius 181 Tage ver.

floſſen ſind : indem das gegebne Jahr nur ein gemei. nes iſt. Zieht man 181 von der gefundnen Zahl, 208, ab : ro zeigt der Ueberreſt, 27, daß der Ste Phames

noch des 148ten nabonaßariſchen Jahres der 271e Jul. im julianiſchen Jahre iſt. Und dieß iſt ein Beyſpiel von dem erſten Falle bey der vierten

Regel. Zur Erläuterung des andern Falles wollen wir den 12ten des Pachons im 384ten nabonaßari.

fchen Jahre für gegeben anſehn. Der Tag des julia. niſchen Jahres, wovon ſich das 384te nabonaßariſche Jahr anfing, und den man zuerſt wiſſen muß, iſt der 22te November, und die Zahl der bis auf den an: fang eben des nabonaßariſchen Jahres verfloßnen

Tage vom julianiſchen Jahre 326.

Beydes baber

'wir oben gefunden. Man ſuche alſo hierauf nur die Zahl

mathematiſche Zeitrechnung. 439 Zahl der bis auf den gegebnen raten Dachón verfloß. nen nabonafariſchen Monatsrage. Da der Pachon

der gte nabonaßariſche Monat iſt, und daher die Tage von 8 ganzen Monaten nebſt dem izten Pachon die geſuchte Zahlſeyn müſſen : ſo findet man auf eben die

Weiſe, wie bey dem vorigen Benſpiele , 240 Tage, die mit dem Ende der 8 Monate verlaufen ſind, und,

wenn man die 12 Tage des gten, oder des Pachons,

hinzuthut, die Zahl 252. Zu dieſer rege man weiter die bis auf den Anfang des nabonaßariſchen Jahres verfloßnen julianiſchen Monatstage 326, und ziehe von der Summe 578 wieder i ab . Der Ueberreſt iſt als 1

dann 577. Nun beſteht kein julianiſches Jahr aus fo vielen Tagen. Alſo fållt der gegebne izte Pachon in das folgende julianiſche Jahr nach demjenigen , worein der Anfang des gegebnen nabonaßariſchen Jahres traf. Deswegen muß man ein ganzes julianiſches Jihr, und zwar, weil es ein gemeines in dem gegen. wärtigen Falle iſt, 365 Tage von 577 abziehn. Der

Ueberreft 212 iſt der geſuchte julianiſche Monatstag

vomerften Jenner an gerechnet. Da mannun in der Tafel derjulianiſchen Monatstage findet, daß mit

dem 212ten Tage der legte Jul, verläuft: ſo iſt der gegebne izte Padon der zite Jul. des folgenden julianiſchen Jahres, nach demjenigen , worein der An. fang des gegebnen nabonaßariſchen Jahres fällt. Es kann ſich zutragen , daß man wiſſen müſſe,

was für ein Monatstag im nabonaßariſchen Jahre ein gegebner Monatstag eines julianiſchen Jahres ſen. Deswegen muß ich auch die Regeln, wie man in ſolchem

Falle zu verfahren habe, nicht vorbenlaſſen . Es ift klar, daß man hierzu nothwendig erſt das nabonaßa .

riſche Jahr , welches mit dem gegebnen julianiſchen zuſammentrifft, wiſſen muß. Das ſuchet man nach den oben davon gegebnen Regeln . Allein die nabo

nagariſchen und julianiſchen Jahre treffen nur für einen Ee 4

Theil

440

Die erſte Abtheilung ,

Theil des Jahres gemeiniglich zuſammen. Aus der Urſache muß man hiernächſt den Tag des julianiſdien Jahres ſuchen, auf welchen der Anfang des gefunden

nabonaßariſchen Jahres fålt. Nachdem man dieſen gefunden hat, find wegen der Abweichung des Anfangs bender Jahre zweene Fälle möglich. Es fällt entweder der gegebne Monatstag des ebenfalls gegebnen julias

niſchen Jahres nach dem Anfangstage des nabonaßa riſchen Jahres, oder vor demſelben. Fällt er nach dem Anfangstage: ſo darf man nur ſuchen, oder in der oben gegebnen Tafel nachfehn, wie viele julianis

ſche Tage mit dem gegebnen Monatstage verfloſſen find, und von dieſer die Zahl der bis auf den Anfang des nabonaßariſchen Jahres . verfrognen Monatstage, welche den erſten des nabonaßariſchen erſten Monats, oder Thots mit einſchließt, um eins vermindert, das mit man nicht den erſten Tag des nabonafariſchen Jahres mit abnehme , abziehn. Der Ueberreſt zeigt alsdann die Zahl der vom erſten Thor bis auf den gegebnen julianiſchen Monatstag verfloßnen nabonaſ. fariſchen Monatstage : und die Tafel der geſammleten

nabonaßariſchen Monatstage weiſet den Monat, wozu Der geſuchte Tag gehöre, und der wie vicleſte Tag er in demſelben Monate ſexy. Wenn aber der gegebne

julianiſche Tag vor dem Anfangstage des nabonaßas rlſchen Jahres fällt : ſo muß man ſchließen , daß er zu der Monatstagen des vorhergehenden nabonaßa

riſchen Jahres vor demjenigen, deſſen Anfang in das gegebne julianiſche Jahr trifft, gehöre. Von diefern vorvergehenden nabonaßarifchen Jahre muß man dann einen Tag finden, der von dem Anfangstage des folgenden ro weit entfernt iſt, als der gegebne juliani. fche Monatstag von dem gefundnen julianiſchen Mos natstage , auf den der Anfang des nabonaßariſchen Jahres in demſelben julianiſchen Jahre fällt, abſteht.

Zu dem Ende hat man nur von der Zahl der bis auf den

1

mathematiſche Zeitrechnung . 441 #

den Anfang dieſes nabonaßariſchen Jahres verfloßnen julianiſchen Monatstage, nachdem man ſie um eines vermindert hat, weil der erſte Thot, der mit in dieſer

12 P

E!

Zahl begriffen iſt, nicht gerechnet werden kann , die Zahl der bis auf den gegebnen julianiſchen Monatse tag verfloßnen Tage des julianiſchen Jahres abzu. ziehn . So hat man die Zahl, welche anzeigt, um wie viele Tage der nabonafariſche Monatstag, den

man fucht, von dem Anfange des folgenden nabonaßa. rifchen Jahres entfernt ſen. Zieht man nun dieſe Zahl von 365, als der Zahl aller Tage des nabonafa riſchen Jahres ab : fo zeigt der Ueberreft, wie viele Tage von dem nabonaßarifchen Jahre, in welches der

gegebne julianiſche Monatstag trifft, bis auf dieſen gegebnen Tag verfloſſen ſind ; und daraus ſieht man vermittelſt der Tafel, in welchen nabonafariſchen Mo. nat der gegebne julianiſche Monatstag falle, und der wie vieleſte Tag er in demſelben nabonaßariſchen Moa nate fem. - Man ſeke zu B. es fen der 24te Man des boiten Jahres vor Chriſti Geburt gegeben , um dars aus den ihm gemaßen nabonaßariſchen Monatstag zu finden. Man fudie zuerſt das nabonaßariſche Jahr, Deffen Anfang in das 6oite Jahr vor Chriſti Geburt trifft , nach den im Vorhergehenden dazu gegebnen Regeln. Es zeigt ſich , daß es das 147te nabonaßari. fche Jahr fer. Ferner ſuche man den Tag des julia.

nifchen Jahres , auf welchen der Anfang des 147ten nabonaßariſchen Jahres fållt. Wir Haben kurzvor Her gefunden , daß es der zite Januar war . Alſo fålle der gegebne julianiſche Monatstag nach dem 211a

fange des nabonaßariſchen Jahres : und dieß Bena ſpiel gehört zu dem erſten Falle. Von dem iten Jens ner aber bis auf den 24ten May find in einem ges meinen julianiſchen Jahre, wie das gegebne iſt, 344 Tage verfloſſen. Man ziehe nun von dieſer Zahl die

Zahl des Anfangstages des nabonaßariſchen Jahres Ee 5

21,

442

Die erſte Abtheilung ,

21, nachdem man ſie vorher um i vermindert þat, und alſo hier, 20 , ab. Der Ueberreſt 124 zeigt, wie viele nabonaßariſche Monatstage mit dem gegebnen 24ten

May des 6orten Jahres vor Chriſti Geburt zugleich verlaufen ſind. Nun ſind mit dem Ende des Chos

jaks oder des vierten nabonaßariſchen Monates alles mal 120 Tage verfloſſen : wie man aus der oft er . wähnten Tafel fehn , oder , weil alle nabonaßariſche

Monate aus 30 Tagen beſtehn, leicht durch Berecho nung finden kann. Wenn man alſo dieſe 120 Tage von der gefundnen Zahl der nabonaßariſchen Monats. tage, nåmlich von 124, abzieht: ſo muß der Ueberreſt 4 nothwendig den Tag des folgenden fünften Mona. tes, mit welchem der gegebne 24te Mau zuſammen ,

trifft, anweiſen, und der gegebne 24te May des boiten Jahres vor Chriſti Geburt, muß der 4te Tybi des 147čen nabonaßariſchen Jahres ſeyn. Wiederum rey

zur Erläuterung des andern Falles der 4te Auguſt des 365ten Jahres vor Chriſti Geburt gegeben . Sucht man, wie vor allen Dingen geſchehen muß , das nabo: naßariſche Jahr, deſſen Anfang in das gegebne 365te

Jahr vor Chriſti Geburt fällt: To findet man das 384te nabonaßariſche Jahr. Hiernächſt þat man zu wiſſen nochig, auf welchen Tag des 365ten Jahres vor Chris

ſti Geburt der Anfang des 384ten nabonaßariſchen Jahres falle. Im Vorhergehenden haben wir dafür ben azten 17ovember gefunden. Man ſieht alſo,

baß in dem gegenwårtigen Benſpiele der gegebne ju. lianiſche Monatstag vor dem Anfange des nabonaßa. riſchen Jahres einfalle. Es gehört demnach zu de zweyten von den oben unterſchiednen Fällen. Uber von dem iſten Januar bis zu dem 22ten novems ber ſind in einem gemeinen julianiſchen Jahre , wie das gegebne ift, 326 Tage verfloſſen . Von dieſer Zahl muß man i wegnehinen : weil der erſte Tag des erſten

nabonaßariſchen Monates, der darinn begriffen iſt, nicht

1

mathematiſche Zeitrechnung. 443 nicht mitgerechnet werden fann; indem der gegebne julianiſche Tag nicht zu dem nabonaßariſchen Jahre,

wovon jener der erſte Tag iſt, gehört. Man bekommt alſo die Zahl, 325, von welcher man die Zahl der ju. lianiſchen Monatstage, die vom iten Januar bis auf den gegebnen 4ten Auguſt verlaufen ſind, folglich, wie man aus der Tafel für ein gemeines julianiſches Jahr

fieht, 216, abziehn muß. Wenn man dann endlich den dadurch gefundnen Ueberreſt, 109, von der Zah! der Tage des nabonaßariſchen Jahres , das iſt , don

365, abzieht: ſo muß der Ueberreſt, 256 , die Zahl der mit dem gegebnen 4ten Auguſt zugleich verfloßnen Lage des vorbergehenden nabonaßariſchen Jahres an: weiſen. Aus der Tafel, oder durch die ſchon ange. wiesne Berechnung der nabonaßariſchen Monatetage, findet man, daß mit dem Ende des achten nabonaßa. riſchen Monates, oder des Pharmuthi , 240 Tage verlaufen ſind. Dieſe darf man nur von det gefund. men Zahl 256 abziehn : ſo zeigt der Ueberreſt, 16, daß

der gegebne 4te Auguſt des 365ten Jahres vor Chris fti Geburt der 16te des Pachons in dem 333ten na: bonaßariſchen Jahre ſeyn muß. Die tůrkiſche oder muhammedaniſche

Jahrrechnung weicht ebenfalls von der chriſtlis chen durch ungleiche Jahre ab : jedoch auf eine andre Art, als die nabonaßariſche. Denn bey der chriſt lichen Jahrrechnung werden julianiſche Sonnenjahre:

ben der türkiſchen Mondjahre gebraucht. Die Türken aber rechnen einen Monat auf 29 Tage, 12 Stuns den und 792 Belakim .

Nach dieſer Rechnung be.

tragen 12 Monate, oder ein Jaậr, 354 Tage, 8 Gruny den und 48 Minuten .

Da nun das julianiſche

Sonnenjahr aus 365 Tagen und 6 Stunden bes ſteht: ſo weicht das túrkiſche Jahr von dem julianis fchen um 10 Tage, 21 Stunden und 12 Minuten ab, um welche ſich das folgende tůrfiſde Jahr allemal friiher

444

Die erſte Abtheilung ,

früher anfängt als das folgende julianiſche. Dieſe Ubweichung beläuft ſich in 33 Jahren auf 359 Tage, 3 Scunden, 36Jinuten, das iſt, auf ein ganzes

türkiſches Jahr , 4 Tage , 18 Stunden und 48 Minucen. So lange demnach aus dem lekten liebers

fchuſſe von 4 Tagen, 18 Stunden und 48 Minus ten noch nicht wieder ein ganzes Jahr geworden iſt, welches lange, noch nicht geſchehen wird : ſo lange iſt

die Zahl eines jeden türkiſchen Jahres, die nicht unter 33 betråge, gegen die Zahl der julianiſchen Jahre, die von der túrkiſchen Jahrzahlgränze an verfloffen ſind, um ſo viel Jahre zu groß, als wie vielmal 33 türkiſche Jahre zur Zeit eines gegebnen türkiſchen Jahres vers laufen, und alſo in der gegebnen Zahl enthalten find. Wenn man daher aus einem gewiſſen türkiſchen Jahre

das ihm gemäße Jahr Chriſti finden will: ro inuß

man von der Zahl des gegebnen türkiſchen Jahres nothwendig fo viele Jahre zuvörderſt abziehn, alswie vielmal 33 türkiſche Jahre mit demſelben verſtrichen find. Nun findet man dieß, wenn man die Zahl des gegebnen türkiſchen Jahres durch 33 theilt oder divis dirt. Folglich iſt hier die erſte Regel : Man dis vidire das gegebne türkiſche Jahr durch 33, und ziehe

die dadurch gefundne Zahl, oder den Quotienten, von der Zahl des gegebnen Jahres ab. Alsdann kommt der Ueberreſt mit den feit der türkiſchen Jahr zahlgrånze verfloßnen Jahren Chriſti überein. Aber die türkiſche Jahrzahlgrånge fålle in das 622te Jahr Chriſti : und die chriſtliche Jahrrechnung begreift alſo beſtåndig 622 Jahre mehr als die türkiſche. Soll

demnach die wahre Zahl der chriſtlichen Jahrrechnung gefunden werden : ro muß man zu dem Ueberreſte,

den man nach der erſten Regel bekommen hat, noch 622 Jahre hinzulegen , damit man in der Summe Das geſuchte Jahr Chriſti finde. Dieß iſt die zwote

Regel.

Es ſen f. B. das 1176te Jahr der Begira gegen

mathematiſche Zeitrechnung. 445 gegeben , und man wolle wiſſen , was für ein Jahr

Chriſti mit demſelben zuſammentreffe: ſo theile man die gegebne Zahl 1176 durch 33, und ziehe den gefundnen Quotienten 35, von der gegebnen Zahl 1176 ab. Dann Hat man ſtatt derſelben den Ueberreſt 1141. Zu dieſem feke man die Zahl der türkiſchen Jahrzahlgrånze 622 hinzu. Die Summe 1763 zeigt, daß das gegebne 1176te

Jahr der begira in das gegenwärtige 1763te Jahr Chriſti fållt. Auf alle dieſe verſchiednen Stücke hat man mies derum zu ſehen, und nad) ihrer Betrachtung gewiſſere

maßen umgekehrt zu verfahren, wenn aus einem ger

gebnen Jahre Chriſti des türkiſche gefunden werden Foll. In dieſem Falle muß man zuerſt wiſſen, wie viele Jahre Chriſti ſeit dem Anfange der türkiſdjen

Jahrrechnung mit den Jahren der Hegira zugleich verlaufen ſind. Da nun das erſte Jahr der Hegira in das 622te Jahr Chriſti trifft: ſo muß man , das zu finden, 621, als vor dem Anfange der türkiſchen Jahrrechnung ſchon völlig verlaufne Jahre, von der

Zahl des gegebnen Jahres Chriſti abziehn. Das iſt die erſte Regel. Der hiedurch gefundne Ueberreſt

aber iſt eine Zahl von Jahren Chriſti, und alſo, weil in 33 Jahren die türkiſche Jahrrechnung allemal

ein ganzes Jahr mehr zählt als die chriſtliche, um ſo viele Jahre gegen die türkiſche Jahrrechnung zu klein, als wie vielmal 33 Jahre darinn begriffen ſind. Dieſes

findet man durch die Theilung des nach der erſten Regel bekommnen Ueberreſtes mit der Zahl 33. Es wird daher dieß die zwote Regel , daß man den vorher gefundnen Ueberreſt durch 33 theile.

Weil

dann der Quotient zeigt, um wie viele Jahre der. zuerſt gefundne Ueberreſt zu klein fey : ſo folgt daraus

die dritte und legte Regel, daß man dieſen Quoc tienten zu dem anfangs bekommnten Ueberreſte von Jahren Chriſti hinzufeße, in der Summe das ver. langte

446

Die erſte Abtheilung,

langte Jahr der begira zu haben. Es fey z. B. das gegenwärtige 1763te Jahr Chriſti gegeben, das türkiſche Jahr, welchesmit demſelben zuſammentreffe, daraus zu ſuchen. Man ziehe 621 von 1763 ab : fo bekommt man den Ueberreft, 1142, als die Zahl der

Jahre Chriſti, die vom Anfange der türkiſchen Jahr. rechnung wirklich verlaufen find, ro bald das gegebne

Sahr verſtrichen ſeyn wird. Dieſen Ueberreſt theile man durch 33. Dann findet man in dem Quotienten

34 die Zahl der Jahre, welche nach türkiſchen Jahren zu derſelben Zeit noch mehr verfloſſen ſind. Alfo ſebe man 34 zu dem anfangs gefundnen Ueberreſte 1142

hinzu : die Summe 1176 iſt das türkiſche Jahr, wel. ches mit dem gegebnen 1763ten Jahre Chriſti zuſam . mentrifft; wie wir daſſelbe auch vorher aus eben dies fem Jahre Chriſti gefunden Haben. Allein wegen der Abweichung des Anfanges der

türkifchen Jahre von dem Anfange der julianis ſchen , denen die chriſtliche Jahrrechnung folgt, muß man hier wiederum ſo , wie bey den nabonaßaris

fchen Jahren, den Tag des julianiſchen Jahres, auf welchender Anfang des türkiſchen trifft, zu finden wif fen, die Zeit einer merkwürdigen Begebenheit in der Geſchichte genau zu beſtimmen. Damit man hierinn deſto ficherer gehe , ſucht man vorher den Wochentag,

auf welchen der Anfang eines gegebren türkiſchen Jah. res fällt: weil man aus der Geſchichte weiß , auf wel.

chen Tag der Woche der Anfang des erſten türkiſchen Jahres gefallen fey, und ihn daraus für ein jedes fole gende Jahr der Hegira finden kann. Deswegen muß ich hier die Art und Weiſe, wie man daben zu verfah . ren habe, auch vorher erklären . Die dazu nöthigen Regeln zu begreiffen, muß man ſich erinnern, daß die

türkiſchen Schaltjahre nach einem dreyßigjährigen Zeitfreife, in welchem das ate, ste, zde, rote, 1zte, 15te, 18te, zite, 24te, 26te, und 29te allemal Schaltjahre ſind,

mathematiſche Zeitrechnung. 447 find, beſtimmt werden : und hieraus muß man bemere

ten , daß in einem jeden dreyßigjährigen Zeitfreiſe is Schaltjahre von 355 Tagen , und folglich noch 19 ge meine Mondjahre von 354 Tagen, begriffen ſind. Denn man kann den Wochentag, womit fich ein gegebnes

Jahr der Hegira anfängt, nicht anders finden , als wenn man die bis auf den Anfang des gegebnen Jah. res über die ganzen Wochen verlaufnen einzelnen Tage gefunden hat : und zu dem Ende muß man wiſſen , wie viele ganze Wochen und überſchüßige Tage in allere

drenßigjährigen Zeitfreiſen und überſchüßigen einzelnen Jahren bis auf das gegebne Jahr verlaufen ſind. Folglich iſt es nöthig, zu beſtimmen , wie viele drenBiga

jährige Zeitfreiſe und überſchüßige einzelne Jahre bis auf das gegebne vergangen ſeyn müſſen. Da aber 7 Wochentage find, und alſo, wenn 7 mal 30 Jahre, das iſt, 210 Jahre, verfloſſen ſind, eben die Ordnung der Anfangstage von den Jahren wiederkehren muß : ro Hat man ſich um alle die verfleßnen Jahre, welche die großen Zeitfreiſe von 210 Jahren , fo viele derſelben bis auf das gegebne Jahr verfloſſen feyn mogen , voll machen, nicht zu bekümmern. Man darf nur ſuchen, wie viele drenßigjährige Zeitkreiſe und einzelne Jahre

noch über die großen Zeitfreiſe von 210 Jahren vera

laufen ſind. Daher iſt die erſte Regel, daß man das gegebne Jahr der Hegira durch 210, und den Her berreſt den man alsdann bekommt , wieder durch 30

theile. Denn bey der erſten Theilung des Jahres durch 210 zeigt der Quotient, wie viele große Zeitfreiſe von 210 Jahren zur Zeit deſſelben verfloſſen ſind , und der Ueberreſt weiſt die Zahl der noch über die großen Zeite

freiſe verlaufnen Jahre an. Wenn man daher den durch dieſe erfte Theilung gefundnen Ueberreſtwieder durch 30 theilt: ſo zeigt der Quotient von dieſer zmor ten Theilung, wie viele 30jährige Zeitfreiſe in den,

über die großen Zeitfreife von 210 Jahren , noch veral floßnen

448

Die erſte Abtheilung ,

flofnen Jahren ſtecken ; und der Ueberreit bey eben

dieſer zwoten Theilung giebt die Zahl der einzelnen

Jahre , die nochüber die kleinen dreißigjährigen Zeit. kreiſe verſtrichen ſind. Es iſt hieraus offenbar, daß man ſowohl den Quotienten als den Ueberreſt von der fwoten Theilung zur vorgeſekten Berechnung nöthig

habe: indem man die einzelnen Tage über die ganzen

Wochen ſowohl von den verfloßnen dreyßigjährigen Kreiſen als von den einzelnen und überſchüßigen Jahs ren des noch laufenden Kreiſes wiſſen muß. Nun be.

ſteht ein drenßigjähriger Zeitfreis von türkiſchen Jah. ren, wie ſchon kurz vorher in Erinnerung gebracht iſt, aus II Schaltjahren von 355 und aus 19 gemeinen

Jahren von 354 Tagen : folglich in allen aus 10631

Zagen. Cheilt man dieſe Zahl durch 7, als die Zahl der Wochentage : ſo findet man , daß in einem jeden 30jährigen Kreiſe 1518 Wochen und über dieſelben 5

einzelne Tage verlaufen. So viele dreyßigjährige Zeit kreiſe demnach bis auf die Zeit eines gegebnien Jahres

verfloſſen ſind, ſo vielmal müſſen 5 einzelne Tage über die ganzen Wochen verfloſſen ſeyn. Da nun der Duos tient von der zwoten Theilung die Zahi der verfloße

nen drenßigjährigen Zeitfreiſe iſt: ſo darf man denjela ben nur mit 5 multipliciren , die Zahl der Toge, wels

che in den dreyßigjährigen Zeitfreifen über die ganzen Wochen verlaufen ſind, zu bekommen. Und das iſt die zivote Regel. Allein man muß auch wiſſen , wie viele Tage über die ganzen Wodyen in den einzel:

nen Jahren des noch laufenden Zeitfreiſes verſtrichen find. Der lieberreft nach der zwoten Theilung zeigt

die Zahl dieſer Jahre an. Uber es ſind darinn wie. derum eine gewiſſe Unzahl von Schaltjahren und eine andre gewiſſe Anzahl von gemeinen Jahren begriffen. Es iſt alſo vor allen Dingen nöthig den Ueberreſt,

nachdem man ihn um i vermindert hat, weil er auch

das noch nicht verfloßne Jahr, deſſen Anfangstag man ſuchen

1

3

inathematiſche Zeitrechnung. 449. ſuchen ſoll, und alſo ein Jahr zu viel begreift, in die gemeinen und die Schaltjahre zu unterſcheiden. Das

thut man durch Hülfe der angegebnen Jahre, die in einem jeden drenßigjährigen Zeitfreiſe Schaltjahre ſind, mit leichter Mühe. Hat man dieſe Unterſcheie dung gemacht: ſo muß man ferner erwågen, daß ein jedes gemeines Jahr von 354 Tagen über 50 ganze Wochen noch 4 einzelne Tage, und ein jedes Schalts

jahr von 355 Tagen über eben ſo viele Wochen noch 5

einzelne Tage in fidy ſchließt; wie man aus der Theis lung mit 7, als der Zahl der Wochentage, erkennt. So viele gemeine Jahre dann in dem Ueberreſie nach

der zmoten Theilung , die in der erſten Regel vorges ſchrieben iſt, enthalten find; fo vielmal muß man 4 einzelne Tage über die ganzen Wochen rechnen : und ſo viele Schaltjahre in eben demſelben Ueberreſte un.

terſchieden ſind ; ſo vielmal muß man 5 einzelne Tage über die ganzen Wochen zählen. Zu dem Ende hat man die Zahl der unterſchiednen gemeinen Jahre nur mit 4 , und die Zahl der unterſchiednen Schaltjahre mit 5 zu multipliciren. Aus allen dieſen Betrachtun gen fließt die dritte Regel: Man vermindre den Ueberreſt, den man durch die zwote Theilung nach der erſten Regel gefunden hat, um eines, damit das gegeba ne und noch nicht verfloßne Jahr von der Rechnung, wie es ſeyn muß , ausgeſchloſſen bleibe: dann unter: ſcheide man die in der Zahl des um eines verminder, ten Ueberreftes enthaltnen gemeinen und Schalejahre, and multiplicire die Zahlder gemeinen mit 4, die Zahl der Schaltjahre mit 5. Uuf dieſe Weiſe hat man nun nach der zwoten Regel die Zahl der Tage , die in den

drenßigjährigen Zeitfreiſen liber die ganzen Wochen derfloſſen ſind, und nach der dritten auch die Zahlen

der in den überſchüßigen gemeinen und Schaltjahren derlaufen einzelnen Tage über ganze Wochen, gefun . den.

So wohl jene, als dieſe, find vor dem Anfange

1. Theil,

Ff

des

450

Die erſte Abtheilung,

des gegebnen türkiſchen Jahres wirklich verfoſſena

Deswegen muß man ſie zu einer Summe fammlen. Hieraus entſteht die vierte Regel: Man mache aus den dreyen Zahlen , die man nach der erſten und drit:

ten Regel durch Vermehrung mit 5 oder 4 gefunden hat , eine einzige Summe. In dieſer Summe würde man alle einzelne über ganze Wochen verfloßne Tage

bis auf den Anfangstag des gegebnen türkiſchen Jah res Haben : wenn ſich das erſte cúrckiſche Jahr gerade

mit dem erſten Tage der Woche angefangen hätte. Uber das iſt nicht der Fall geweſen : ſondern das erſte türkiſche Jahr nahm ſeinen Anfang entweder mit dem Isten nach der Sternkundigen Berechnung, oder mit

dem 16ten Jul nach der unter den Völkern, welche die türkiſche Jahrrechnung gebrauchen , eingeführten Gewohnheit, im 622 Jahre Chriſti. In demſelben Jahre war der Sonnenzeitkreis 15 und alſo der Sonn.

tagsbuchſtab C : wie man durch die oben davon erfiår.

ten Regeln findet. Demnach war der erſte Tag des erſten türkiſchen Jahres entweder der ste Tag in der

Woche, alſo ein Donnerſtag , wenn man mit den Sternkundigen den 15ten Jul annimmt: oder der 6te Tag der Woche, folglich ein Freytag, wenn man der Gewohnheit der Völker gemäß den 16ten Jul rekt. Bei Jahrrechnungen muß man ſich natürlicher Weiſe nach der Gewohnheit derjenigen Völker, welche denſel ben folgen , richten. Daher hat man zu der nac, der vierten Regel gefundnen Summe noch 6 einzelne Ta. ge , die ebenfalls bis auf den Anfang eines gegebnen

türkiſchen Jahres noch über ganze Wochen verlaufen ſind, hinzuzuſeken. Alsdann hat man vollkommen die Summe aller einzelnen Tage, die ſo wohl in den ver flofnen drenßigjährigen Zeitfreifen , als in den uber ſchüßigen Jahren des noch laufenden und nicht vollen

Zeitfreiſes ,über ganze Wochen verlaufen ſind. Wenn man alfo dieſe Summe durch 7, als die Zahl der Lage, sie

mathematiſche Zeitrechnung.



451

die eine ganze Woche ausmachen , theilet : ſo muß der Ueberreft nach dieſer Theilung die einzelnen Tage zei. gen , welche über alle ganze Wochen verfloſſen ſind; gleid)wie der Quotient die Zahl der aus den vorhergea fundenen einzelnen Tage noch erwachſenen Wochen an . giebt. Die Zahl der überſchüßigen einzelnen Tage iſt Die Zahl des Wochentages, auf den der erſte Tag des gegebnen türkiſchen Jahres fällt : weil man den erſten Tag des Jahres in dieſer Rechnung beſtandig mit eina

geſchloſſen hat. Folglich iſt hier die fünfteund lekte Regel: Man ſege zu der Summe, die man nach der vierten Regel geſammlet hat, noch 6 Tage hinzu , und theile hicrauf die ganze Summe durch 7 : fo giebt der Lieberreſt den geſuchten Wochentag , auf welchen der Anfang des gegebnen türkiſchen Jahres fällt. Nunu mehr können wir die Anwendung dieſer Regeln leiche auf ein beſtimmtes Benſpiel machen. Es rey das 1176re Jahr der Hegira, welches, wie wir ſchon gefuna den haben, das gegenwärtige iſt, gegeben , den Wos chentag, worauf der Anfang deſſe:Sen trifft, zu beſtima: men. Man ſuche zuerſt, wie viele große Zeitfreiſe von 210 Jahren , die man aus der Rechnung weglaſſen darf, in der gegebnen Zahl des Jahres ſtecken, und

+

theile zu dem Ende 1176 durch 210. Der Quotient, 5, zeigt, daß zur Zeit des gegenwärtigen Jahres der Her gira 5 große Zeitkreiſe von 210 Jahren, um die man 3

18

ſich in der Berechnung nicht weiter zu befümmern hat, verfloſſen ſind. Aber den Ueberreſt muß man ferner gebrauchen. Er iſt hier 126 , und zeigt die Jahre, welche von dem noch laufenden großen Zeitkreiſe von

210 Jahren verfloſſen ſind. In dieſen liegen ſo wohl die kleinern dreyßigjährigen Zeitkreiſe, als die einzeln noch über dieſe kleinern Zeitfreiſe verlaufren Jahre bes noch währenden Kreiſrs. Beyde (at man zit wiſſen nöthig. Deswegen theile man den zuerſt gea

fundnen lieberreſt 126 durch 30, als die Zahl der Jahre, Ff 2

woraus

452

Die erſte Abtheilung ,

woraus ein kleiner Zeitfreis beſteht. Dann muß nach den Regeln der Rechenkunſt der Quotient, 4 , die Zahl

der ganz verfloßnen Zeitfreiſe, und der Ueberreſt, 6, die Zahl der überſchüßigen einzelnen Jahre des noch laufenden Kreiſes, nach dieſer zwoten Theilung reyn : und man hat der erſten Regel Genůge gethan . Der zioten zu Folge multiplicire man den zulegt ge fundnen Quotienten, 4, durch 5 : weil in einem je: den dreyßigjährigen Zeitfreiſe 5 überſchrißige Tage über die ganzen Wochen ſind. Das Product, 20, bez halte man auf, als die Zahl der einzelnen Tage über

ganze Wochen in allen zur Zeit des gegenwärtigen Jahres verfloßnen ganzen Zeitfreiſen von 30 Jahren, um daraus nebſt den andern Zahlen , die noch zu fin . den ſind, am Ende eine Summe zu machen. Hier:

mit iſt die zwore Regel vollkommen beobachtet. Je. doch der -Ueberreft, 6 , von der zwoten Theilung iſt, als die Zahl der einzelnen über die vollen dreyßigjähris gen Zeitfreiſe noch gezählten Jahre, ebenfalls in Be. trachtung zu ziehn. Man muß auch wiſſen, wie viele einzelne Tage über ganze Wochen in dieſen einzelnen Jahren verlaufen ſind. Aber man hat dieſen Lieber. reft aus der Zahl des gegebnen Jahres gefunden : und alſo iſt das gegebne Jahr, welches doch ausgeſchloſſen

ſeyn muß, mit darunter begriffen. Daher ziehe man erſt eines ab und vertheile dann die übrige Zahl 5 in die Zahlen der dabey verlaufnen gemeinen und Schalt

jahre. In dem dreyßigjährigen Zeitfreiſe der tůrfi. 1

( chen Jahrrechnung iſt allemal das 2te und ste ac. ein Schaltjahr. Folglich ſchließt die Zahl, 5 , zwey Schalt

jahre und daher 3 gemeine Jahre ein. Die Zahl, 3, der gemeinen Jahre multiplicire man mit 4 ; weil

in einem jeden gemeinen Jahre der Türken 4 einzelne Tage über die ganzen Wochen ſind : die Zahl, 2, der

Schaltjahre inultiplicire man hingegen mit 5 ; weil in einem jeden türkiſchen Schaltjahre 5 einzelne Tage über

1

mathematiſche Zeitrechnung. über die ganzen Wochen verlaufen.

453

Sierdurch ben

fommt man anſtatt der Zahlen 3 und 2, die Zahlen 12

und 10 : wovon die erſte die einzelnen Tage über ganze Wochen in der gemeinen ; die andre eben folche Tage

in den Schaltjahren anweiſet. So hat man auch die dritte Regel erfüllt. Der vierten nachzukommen , ſammle man nunmehr das nach der zwoten Regel ger fundne Product 20, und die nach der dritten ebenfalls gefundnen Producte 12 und 10 zu einer Summe. Dar

aus entſteht die Zahl 42. Endlich reke man der fünfo ten und legten Regel gemäß zu diefer Summe, 42, noch 6, als die Zahl des Wochentags, worauf der Unte

fang des erſten Jahres der Hegira fiel, hinzu , und theile die leßte Summe 48 durch 7, als die Zahl der Tage einer ganzen Woche: Yo zeigt der Quotient 6,

daß in der Summe 48 fechs ganze Wochen ſtecken ; und der Ueberreſt, welcher Hier ebenfalls 6 iſt, enthält die überſchüßigen einzelnen Tage. Die Zahl der letza tern iſt die Zahl des Wochentages , worauf der erſte Eag des gegebnen 1176ten und gegenwärtigen türki ſchen Jahres fällt. Der erſte Tag deſſelben iſt alſo

ein Freytag geweſen. Es verſtellt ſich bey der iſt erklärten Art zu verfahren von ſelbſt, daß, wenn ein

gegebnes Jahr der Hegira noch nicht über 210 iſt, man ben der erſten Regel nur die leßte Theilung des ge

gebnen Jahres durch 30 vorzunehmen , und übrigens nach den folgenden Regeln, wie ſie hier vorgeſchrieben ſind, zu verfahren habe.

Man muß aber zur Vergleichung der chriſtlichen und türkiſchen Jahrrechnung auch wiſſen, was für ein Tag im julianiſchen Jahre derAnfangstag eines gco

gebnen muhammedaniſchen Jahres rey.

Dieß

kann man aus der Betrachtung des Unterſchiedes der

julianiſchen und der türkiſchen Jahre nach den Regeln der Rechenkunſt ebenfalls finden. Weil man hier nur

den Anfangstag eines gegebnen Jahres der Hegira in dem $ f3

1

454

Die erſte Abtheilung,

dem julianiſchen Jahre ſuchet: ro barf man das gee gebne Jahr ſelbſt nicht mit in die Rechnung nehmen, und muß deswegen vor allen Dingen die Zahl des

gegebnen Jahres um eines vermindern.

Alsdann

}

muß man zunåchſt um den Unterſchied der zugleich verlaufnen julianiſchen und türkiſchen Jahre berechnen zu können, unterſuchen, wie viele gange drenßigjährige

Zeickreiſe und überſchüßige Jahre des noch laufenden eben ſolchen Kreiſes in der um eines verminderten

Zahl des gegebnen türkiſchen Jahres.liegen. Es iſt demnach hier die erſte Regel : Man theile die unt

eins verminderte Zahl des gegebnen Jahres der Hjem gira durch 30 : dann zeigt der Quotient sie verflojo nen garigen dreyßigjährigen Zeitfreiſe ſeit dem Anfange

der türkiſchen Jahrrechnung, und der Lieberreſt die ebenfalls völlig verfloßnen einzelnen Jahre des noch

laufenden dreyßigjährigen Zeitfreiſes. Das julianis fche Jahr aber von 365 Tag. und 6 Stund. iſt

größer als das türkiſche yon 354 Tag. 8 Stund. und 48 Minut. Dieſer Unterſdjied beträgt 10 Tage, 21 Stunden , und 12 Minuten, oder 261 Stunden und 12 Minuten , um welche dås julianiſche Jahr großer iſt, als das muhammedaniſche. Ein jeder

brenßigjähriger Kreis von türkiſchen Jahren iſt daher gegen 30 julianiſche Jahre um 30 mal 261 Stunden

und 12 Minuten zu klein, und jede dreyßig julianiſche Jahre betragen 30 mal 261 Stunden und 12 Minuten

mehr als ein dreißigjähriger Zeitfreis der Hegira : das iſt, ſie ſind um 7836 Stunden größer. Folglich

muß man den nach der erſten Regel gefundnen Quotienten , welcher die Zahl der vollen und ver floßnen dreyßigjährigen Zeitfrciſe iſt, mit 7836 ver. mehren, damit man die Zahl der Stunden bekomme, um welche eben ſo vielmal dreyßig julianiſche Jahre, als drevßigjährige Zeitfreiſe der Hegira verfloſſen ſind,

die Jahre der Hegira überſteigen. Wir müſſen dem . nady

mathematiſche Zeitrechnung.

455

nach zur zworen Regel regen , daß man die Zahl der ganzen und verfloßnen dreyßigjährigen Zeitfreife

.

IM

Fi

der Hegira , welche man in dem Quotienten nach der

erſten Regel gefunden hat, durch 7836 multiplicire , um in dem Producte die Zahl der Stunden zu haben , um welche eben ſo viele julianiſche Jahre, alstürkia

fche in allen verfloßnen dreyßigjährigen und ganzen Zeitfreiſen enthalten find, überdie Jahre diefer türkia ſchen Zeitfreiſe Hinauslaufen. Allein man muß nicht nur die ganzen türkiſchen Zeitfreiſe , welche zur Zeit des gegebnen Jahres der Hegira verſtrichen find, forte dern auch die überſchüßigen einzelnen und ebenfalls ganz verfloßnen Jahre eben dieſer Jabrrechnung mit

ſo vielen julianiſchen Jahren vergleichen , und fuchen, um wie viel dieſe julianiſchen Jahre größer ſind, als die überſchüßigen Jahre der Hegira , die man nach der erſten Regel gefunden hat. Weil man nun weiß,

um wie viele Stunden dreyßig julianiſche Jahre einen

dreyßigjährigen Kreis von türkiſchen Jahren überſteia gen ; indem man bey Entwickelung der zwoten Regel

gefunden hat, daß es um 7836 Stunden fey : ſo kann man durch die Regel de Tri leicht berechnen , um wie

viele Stunden ſo viele julianiſche Jahre, als türkiſche åber die ganz verfloßnen Zeitfreiße der Hegira noch von dem laufenden Zeitfreiſe verſtrichen ſind, großer

feyn müſſen , als dieſe überſchubigen und einzelnen Jahre der Hegira. Wie ſich 30 Jahre zu dem Unter

fchiede eines Dreyßigjährigen Kreiſes der türkiſchen Jahrrechnung und eines Zeitlaufes von 30 julianiſchen Jahren , das iſt, zu 7836 Stunden , verhalten : ro müſſen ſich die überſchüßigen und ebenfalls verfloßnen Jahre des noch laufenden drenßigjährigen Kreiſes, deren Zahl auch bekannt iſt, weil man ſie durch Un= wendung der erſten Regel gefunden bat, zu dem Un . terſchiede der Zahl von den einzelnen überfchúßigen Jahren der Hegira und der Zahl von eben ſo vielen julia. Ff 4

456

Die erſte Abtheilung,

julianiſchen Jahren verhalten. Da die bren erſten Zahlen bekannt ſind: ro findet man nach den ordent lichen Regeln der Rechenkunſt aus denfelben die vierte , welche man ſucht, als eine Zahl von gleichmäßigem

Verhältniſſe mit jenen. Hierinn liegt die dritte Res gel, daß man zu der Zahl 30, der Zahl 7836 , und der Zahl von den einzelnen und ebenfalls verfiofnen

türkiſchen Jahren die vierte in einem gleichen Verhålte niſſe nach der gewöhnlichen Regel de Tri ſuche. Ale

die bisher gefundnen Stunden gehören in der That zu po vielen julianiſchen Jahren, als türkiſche Jahre bis auf das gegebne Jahr verfluſſen find. Man muß

daher die nach der zuvoten und dritten Regel gefundnen Zahlen der Stunden in eine Summe ſammlen : und dieſe Summe iſt dann die Zahl der Stunden, um welche ſo viel julianiſche Jahre, als türkiſche vom Une fange der Hegira bis auf das gegebne verlaufen ſind,

dieſe verfloßnen türkiſchen Jahre überſteigen . Dieß

iſt die vierte Regel. Weil dann die Zahl der jus lianiſchen Jahre, welche den bis auf das gegebneJahr verfloßnen türkiſchen Jahren gleich iſt, ſo viele Stuns den mehr, als die gleiche Zahl der türkiſchen Jahre, in ſich faßt : ſo muß die Zahl der bis auf das gegebne verlaufiien Jahre der Hegira ſo viele Jahre über die

wirklich mit ihnen verlaufnen julianiſchen Jahre mehr in ſich begreiferi, als in der gefundnen Summe aller dieſer Stunden Jahre ſtecken. Dieſe findet man , wenn man die ganze Summe der Stunden durch die Zahl derjenigen Stunden theilt, die ein ganzes julia .

niſches Jahr von 365 Tagen und 6 Stunden ausma. chen. Es iſt aber die Zahl der Stunden eines julia. niſchen Jahres 8766. Folglich bekommen wir zur

fünftenRegel, daß man die nach der vierten Regel geſammlete Summe der Stunden , wo fie größer iſt, als die Zahl, 8766, der Stunden eines ganzen julias

niſchen Jahres, durch 8766 theile, damitderDuotient, vie

1

mathematiſche Zeitrechnung.

457

die Zahl der julianiſchen Jahre gebe, die in den völlig

perfloßnen türkiſchen Jahren nod) über die wirklich mit ihnen zugleid, verlaufiren julianiſchen Jahre zu viel begriffen ſind, und der Ueberreſt in Stunden die

Zahl der Tage, um welche das gegebne Jahr von dem

erſten Jahre der Hegira in ſeinem Anfange abgewi. chen iſt, begreife. Dieſer Quotient nuß hierauf noch um eines vermehrt werden, wenn die nach der drits

ten Regel gefundene vierte Zahl des ebenmäßigen Verhältniſſes úber 195 Tage oder über 4704 Stun . den , beträgt: weil in folchem Falle noch ein Jahr

mehr zu viel in der Zahl der verflofnen türkiſchenJak. re liegt ; indem das erſte Jahr der Hegira um 196 Tage oder 4704 Stunden ſchon von dein Anfange des julianiſchen Jahres abwich. Da nun die Zahl der

bis auf das gegebne Jahr verlaufnen türkiſchen Jahre ro viele Jahre über die wirklich verfloßnen julianiſchen

Jahre mehr enthält, als der zulegt gefundne Quotient zeigt: ſo muß dieſer Duotient, nachdem er, bloß in

dem eben beſtimmten Falle, um eines vergrößert iſt,

von der Zahl der bis auf das gegebne Jahr in der That verlaufiien Jahre der Hegira abgezogen werden, um die wahre Zahl der verfloßuen julianiſchen Jahre,

vom Anfange der Hegira bisauf das gegebne Jahr, in dem Leberreſte zu ſehen. Das iſt die ſediſte Res

gel. Aber die julianiſchen Jahre Chrifti, welche zur Zeit des gegebnen türkiſchen Jahres verſtrichen

ſind, werden von einer Jahrzahlgrånze gezählt, die 622 Jahre vor der Jahrzahlgrånze der Hegira hållt: indemdas erſte Jahr der Hegira in das 622te Jahr Chriſti trifft. Deswegen müſſen zu dem Ueberreſte, den man nach det rechſten Regel gefunden hat, noch

622 Jahre hinzugefeigt werden. Alsdann þat man das

Jahr Chriſti, in welches der Anfang des gegebnen türkiſchen Jahres fällt. Jedoch wird man den fichero

ften Weg wählen, daſſelbe zu finden ; ob man es gleich ff 5

wegent

458

Die erſte Abtheilung,

wegen der Stunden von ſo vielen Eagen , als der Unfang des gegebnen Jahres von dem erſten Jahre der Hegira abgewichen iſt, nothwendig auch auf die ikt vorgeſchriebne Art fuchen muß ; wenn man es vor. Her nach den oben gegebnen Regeln, aus einem jeden türkiſchen Jahre überhaupt das iấm gemäße Jahr Chriſti zu beſtimmen, fucht, um daraus zu urtheilen, ob der Quotient, den man nach der fünften Regel

bekommt, um eines zu vermehren ren oder nicht: weil es ſich wegen der großen Abweichung der türkiſchen Jahre von den julianiſchen zutragen kann, daß, wenn gleich die vierte Verhältnißzahl, die man ben Anwena dung der dritten Regel bekommt, noch nicht völlig 196 Tage oder 4704 Stunden betrågt, ſchon ein túr.

kifdes Jahr mehr verfloſſen iſt. Mit Beobachtung

bieſer Erinnerung ſchreibt dann die ſiebende Regel die eben vorher als nöthig bewiesne Art zu verfahren vor, daß man zu dem Ueberreſte, der nach der ſechſten Regel gefunden iſt, noch 622 Jahre Chriſti hinzu. feße. Die Abſicht, warum man das Jahr Chriſti,

in welches der Anfang des gegebnen türkiſchen Jahres fållt, auf eine ſo weitläuftige Art durch Stunden ge ſucht hat , iſt bloß dieſe geweſen , daß man durch den Ueberſchuß von Stunden die Tage finden möchte, um

welche der Anfang des gegebnen türkiſchen Jahres von dem Anfange des erſten Jahres der Hegira abges widhen iſt. Dieſe muß wirklich in dem Ueberreſte von Stunden , den man nach Verwandlung der Stunden in Jahre bey der fünften Regel behalten bat, ſtecken. Alfo darf man den eben gemeldeten Ueberreſt nur durch 24, als die Zahl der Stunden eines Tages, theis len : ſo muß die dadurch gefundne Zahl ; oder der

Quotient , die Zahl der Tage geben , um welche der Anfang des gegebnen Jahres von dem Anfange des erſten Jahres unterſchieden iſt. Man muß aber auch

Den Ueberreſt, den man bey dieſer Theilung behalten mag,

mathematiſche Zeitrechnung. 459 mag, nicht aus der Acht laſſen. Denn, wenn derſelbe mehr als 12 Stunden und alſo über einen halben Tag betrågt, muß der Quotient um eines vermehrt werden.

Dieſe Vorſchrift macht die acte Regel aus. Nun ſieht man leicht, daß man die Abweichung des An

fangstages des gegebnen Jahres nicht anders , als durch die Vergleidyung mit dem Anfangstage des erften Jahres der Hegira , erfennen kann. Es fiel aber der Unfangstag des erſten Jahres, wie er durch die Gewohnheit der Völfer , welche der türkiſchen Jahrrechnung folgen, beſtimmt iſt, nad Verlaufe von 196 Tagen eines gemeinen julianiſchen Jahres , das iſt, nach Verlaufe des isten Juls. Manmuß daher den nach der achten Regel gefundnen Quotienten , nadj. dem man ihn , bloß, in dem deutlid ) ausgedruckten Falle, um eities vergrößert hat, als die Zahl der Lage, um welche der Anfang des gegebnen Jahres von dem Anfange des erſten Jahres der Hegira abweicht, von 196 Tagen , als der Abweichung des erſten türkiſchen

Fabres von dens julianiſdien, abziehn , und zu dem Ende, wenn der eben gedacyte Quotient größer ſeyn follte, als 196, vorlzer zu 196 noch die Zahl der Tage

eines ganzen Jahres, 365 , hinzufeßen. In dem lleberreſte hat man fo dann die Zahl der Tage, mit welden ſich das legte verflokne Jahr der Hegira in dem julianiſchen Jahre befchließt: und der folgende Tag des julianiſchen Jahres muß alſo nothwendig der Anfangstag des gegebnen türkiſchen Jahres ſenn. Hierinn beſteht die neunte Regel. Wåren mit den Kalendern keine ſolche Veränderungen vorgegangen , als wirklich vorgefallen ſind : fo würde es keiner weis

tern Regel mehr bedürfen. Allein dieſe Veränderun. gen Şaben gemacht, daß die Wochentage nicht mehr auf eben dieſelben Tage eines julianiſchen Jahres tref fen : und es kann ſich deswegen zutragen , daß der

hier gefundne Anfangstag nicht eben der Wochentag ift,

460

Die erſte Abtheilung,

iſt, den man vorher durch die oben gegebnen Regeln für den Anfang eines gegebnen türkiſchen Jahres geo funden hat. Dennoch ſind bende Tage nach bewies. nen und richtigen Regeln gefunden worden. Es muß alſo die Verſchiedenheit bloß in der Abweichung der Kalender liegen. Und hieraus entſteht die zehnte und legte Regel, daß, wenn der gefundne Anfangse

tag des gegebnen Jahres nicht eben der Wochentag iſt, den man für dasſelbe vorher gefunden hat, man ihn nach der Kalenderveränderung auf eben den Wo. chentag zurückleite. Aus dem angeführten Grunde er .

Hellt zugleich, daß dieſe lekte Regelnicht anders nöthig iſt, als wenn ein gegebnes Jahr der Hegira nach der

Kalenderveränderung fällt. So weitläuftig nun auch dieſe Betrachtungen ſchon ſind : ſo kann ich doch aus guter Abſicht, einem jeben verſtändlich zu werden , welche über alles gelten muß , nicht umhiri, die An. wendung aller dieſer Regeln noch in einem Beyfpiele

zu zeigen . Jd will dazu das 1176te Jahr der Hegira wählen : weil wir von demſelben ſchon gefunden ha ben , daß es mit dem gegenwårtigen 1763ten Jahre Chriſti für einen Theil zuſammentrifft, und ſein Åna fangstag auf einen Freytag gefallen ſeyn muß. Man ziehe von demſelben i ab : fo befommt man die Zahl, 1175, der bis auf das gegebne völlig verlaufnen túra kiſden Jahre. Theilt man dieſelbe durch 30, als die Zahl der Jahre eines drenßigjährigen Kreiſes : ro findet man in dem Quotienten , 39 , die Zahl aller

drenßigjährigen Zeitfreiſe, die bis auf das gegebnie Jahr verfloffen find ; und in dem Ueberreſte, 5, die

Zahl der einzelnen und über die ganzen Zeitfreiſe noch dazu verfloßnen Jahre des noch laufenden

dreyßigjährigen Zeitfreiſes. Dadurch hat man die erſte Regel erfüllt. Den gefundnen Quotienten 39, multiplicire man durch 7836 , als die Zahl der

Stunden, um welche ein jeder Zeitraum von dreyßig julia.

mathematiſche Zeitrechnung. 461 julianiſchen Jahren größer ſeyn muß , als ein dreyßiga jähriger Zeitfreis der Türken . Die dadurch gefundne Zabl, oder das Produkt , 305604 , iſt die Zahl der Stunden, um welche 39 mal30 julianiſche Jahre 39 dreyßigjährige Zeitfreiſe der Hegira überſteigen : und

man hat der zwoten Regel Genúge gethan. Nach der dritten ſuche man hierauf zu 30 , der Zahl der, Jahre eines türkiſchen Zeitfreiſes, welcher gegen julia.

niſdye Jazre verglichen wird, ferner zu 7836 , als der Zahl von Stunden, um welche 30 julianiſche Jahre großer ſind, als ein dreyßigjähriger Zeitfreis der túra

kiſchen Jahrrechnung, und zu 5 , dem nach der erſten Regel gefundnen Ueberreſte, als der Zahl von einzel nen über die ganzen drenßigjährigen Zeitfreiſe noc) verfloßnen Jahren, die vierte Verhältnißjaýl nach der Regel de Tri.

Auf dieſe Weiſe findet man 30 :

7836 = 5 : 1306 , und die teşte Zahl 1306 zeigt, daß

5 einzelne julianiſche Jahre um 1306 Stunden großer ſind, als 5 türkiſche Jahre. Man thue ferner der vierten Regel Genüge, und fammle die nach der

zwoten und dritten Regel gefundnen Stunden, 305604 und 1306, in eine Summe. Dieſe wird 306910 , und

giebt die Zahl aller Stunden , die in fo vielen juliania fchen Jahren, als von den türkiſchen bis auf das gea gebne Jahr verfloſſen find, über die Stunden der tůra kiſchen Jahre noch begriffen fenn müſſen. Nun er fennt man von ſelbſt, daß , weil man am Ende nur

die Stunden, welche einzelne Tage geben, zur Beſtime mungdes Anfangstages von dem türkiſchenJahre gea braucht, man die Stunden, die ſchon ganze Jahre aus. machen, abſondern muß , um bende zu verſchiednem

Gebrauche aufzubehalten. Man theile daher nach der fünften Regel die Summe aller gefundnen Stunden durch 8766, als die Zahl der Stunden , die ein ganzes julianiſches Jahr von 365 Tagen und 6 Stunden ausmachen : ſo zeigt der Quotient, 35, daß in

462

Die erſte Abtheilung ,

in der Zahl von den verfloßnen Jahren der Hegira 35 julianiſche Jahre mehr ſtecken, als wirklich zur Zeit des gegebnen túrkiſchen Jahres verflosſen ſind. Des . wegen muß man nach der ſediſten Regel, mit Aufe behaltung des durch die Theilung zugleich gefundnen Ueberreſtes von 100 Stunden zu fernerem Gebrauche,

den Quotienten 35 von den verfloßnen türkiſchen Jah. ren, welche die Zahl 1175 ausmachen, abziehn , um in dem hiedurch erlangten Ueberreſte, 1140, die Zahl der

wirklich mit den 1175 türkiſchen Jahren zugleich ver.

Floßnen julianiſchen Jahre zu bekommen : und weil die vorher nach der dritten Regel gefundne vierte Ver

Håltnißjahi, 1306, noch lange nicht an 196 Tage oder 4704 Stunden reicht; fo darf man in dem gegenwäre

tigen Falle den Quotienten 35 nicht erſt um eines ver . größern. Da aber außer den 1140 vom Anfange der Hegira wirklich verlaufnen julianiſchen Jahre noch 622 ſoldie Jahre Chriſti vor dem Anfange der Hegira Jahrrechnung verfloſſen ſind: ſo hat man nach der ſiebenden Regel noch 622 zu den 1140 Jahren hins zuzuthun, um in der Summe, 1762, das Jahr Chriſti zu bekommen, in welches der geſuchte Anfangstag des gegebnen türkiſchen Jahres fällt. Nachdem man daſ felbe weiß, fommt es weiter darauf an , daß man aus dem Ueberreſte von 100 Stunden, die man nach der

Verwandlung der Stunden in Jahre bey der fünften Regel übrig behalten hat, die Tage finde, um welche der Anfangstag des gegebnen Jahres von dem Un. fangstage des erſten Jahres der Hegira in dem gee fundnen Jahre Chriſti 1762 abgewichen iſt. Daher

verwandle man nach der achten Regel die 100 Stuns den durch die Theilung mit 24, als der Zahl der Stuna den eines Tages, in Tage : der Quotient, 4, zeigt die

Zahl der Lage, um weiche der Anfarlgstag des gegeb.

nen Jahres ini 1762ten Jahre Chriſti von dem 2112 fangstage des erſten Jahres der Hegira abgewichen iſt.

mathematiſche Zeitrechnung.

463

iſt. Der Ueberreſt beträgt in dem gegenwårtigen Falle

nach der geſchehenen Theilung von 100 durch 24 , nur 4 Stunden , und alſo noch lange nicht einen halben Tag : darum darf man hier den Quotienten 4 nicht um i vermehren. Jet weiß man nun zwar wie viele

Tage die Abweichung des Anfangstages von dem ges gebnen türkiſchen Jahre gegen den Anfangstag des erſten Jahres der Hegira betrage: aber man kann nicht eher erkennen , wie viele Lage in dem 1762ten Jahre Chriſti bis auf den Anfangstag des türkiſchen verfloſſen ſind, als bis man den Unterſchied der im jum lianiſchen Jahre zu Anfange des erſten Jahres der , Hegira verfloßnen Tage, und dieſer Abweichungstage gefunden hat. Deswegen muß man von den 195

Tagen des julianiſchen Jahres, die vor dem Anfange des erſten Jahres der Hegira verfloſſen waren ,nach der neunten Regel, 4, als die Zahl der Abweia chungstage des gegebnen Jahres von dem erſten túra kiſchen Jahre, abzieşn. Der Ueberreſt 192 zeigt, daß

in dem 1762ten Jahre, welches als ein julianiſches bea trachtet wird, 192 Tage vor dem Anfange des gegeba

nen 1176ten Jahres der Hegira verfloſſen ſind , und al ſo der Anfangstag des legtern auf den 193ten Tag des 1762ten Jahres gefallen ſeyn muß. Mit dem Ende

des Juns ſind in einem gemeinen ſo wohl verbeſſer ten als julianiſchen Jahre181 Tage vom erſten Jens ner an verfloſſen : wie man entweder aus der oben

ben Gelegenheit des nabonaßariſchen Jahres mitgea theilten Tafel der geſammleten Monatstage des julia niſchen ſehen, oder durch die Sammlung der bekanne ten Zahl der Tage eines jeden Monats , vom Jenner an, leicht finden wird. Daher muß man urtheilen ,

daß der Anfangstag des gegebnen Jahres in den Jul

fällt.

Ziehtman nun von 192 , als der gefundnen

Zahl der vom Jenner an derfloßnen Tage, 181 ab : ro zeigt der Ueberreſt 11, daß das Ende des zulekt vor bem

2

464

Die erſte Abtheilung,

dem gegebnen 1176ten Jahre der Hegira verfloſſenen 1175ten Jahres auf den irten, und folglich der Anfang

des 1176ten auf den laten Jul des julianiſchen Jahres trifft. Der 12te Jul im julianiſchen Kalender des 1762ten Jahres, iſt auch wirklich ein Freytag: wie wir oben dieſen Wochentag für den Unfang des 1176 ten Jahres der Hegira gefunden haben . Wenn man fich aber nach unſerm verbeſſerten Kalender richten

will: ſo muß man , nach der zehnten Regel , den 12ten Jul, der im 1762ten Jahre Chriſti ein Wong

tag war, der Kalenderverånderung gemäß, um eilf Tage weiter hinaus, und alſo auf den 23ten Jul , der wirklich in dem vorigen Jahre ein Freytag war, zu. růkleiten ; weil bey der letzten Kalenderverbeſſerung II Tage weggelaſſen wurden. So findet man es auch durch Vergleichung bender Kalender wahr: in dem der 12te Jul des julianiſchen mit dem 23ten des verbeſſerten Jahres zuſammentrifft.

Es iſt nochübrig, die Vergleichung der jezdegers diſdien oder perſiſchen Fabrrechnung mit der chriſtlichen zu erklären. Die Weitläuftigkeit rührt dabey wiederum aus eben dem Grunde der Ungleich Heit von Jahren in beyden Jahrrechnungen her, aus weldiem ſie bey den nabonafjariſchen Jahren entſtand :

jedoch iſt ſie hier nicht ſo groß; weil die Jahrzahl. grånge der perfiſchen Jahrrechnung in die Zeit nach Chriſti Geburt trifft, und deswegen die Verſchieden . heit in Unſehung der Jahre vor und nach Chriſti Ges burt wegfälle. Auch wird die Art zu verfahren, wenn man

ein perſiſches Jahr auf ein Jahr Chriſti zurückleiten will, nun einem jeden, der die Vorſchriften zur Verglei. chung der nabonaßariſchen Jahre wohl verſtanden hat, fehr leicht begreiflich ſeyn: indem das perfifche Jahreben ein ſolches Rückjahr iſt, wie das nabonapariſche. Man

fchließt alſo hier auf ähnliche Art. Das perfifdie Jahr weicht alle vier Jahr mit ſeinem Anfange um einen Tag

1

11

mathematiſche Zeitrechnung. 465 Tag zurück. Nun fiel der Anfang des erſten Jahres auf den 16ten Jun des 632ten Jahres Chriſti. Es war folglich der Anfang des erſten perſiſchen Jahres von dem Anfange des julianiſchen um 167 Tage ente fernt: weil vom erſten Jenner bis auf den 16ten

Jun ſo viele Tage in einem gemeinen julianiſchen Jahre verlaufen. Deswegen mußte die Zahl der, von

der perſiſchen Fahrzahlgrånze an, verlaufnen juliania ſchen und perſiſchen Jahre noch beſtändig zuſammen: treffen, bis das perſiſche Jahr um 167 Tage zurüdges ' gangen war. Es weicht aber der Anfang deſſelbent nur alle vier Jahre um einen Tag zurück. Alſo fann es nicht eher, als in 4 mal 167 Jahren, um 167 Tai

ge zurückgehn, und daher auch nicht eher, als nach 4 mal 167, das iſt, nach 668 Jahren, um eines von den mit ißm ſeit ſeiner Fahrzahlgrånze zugleich verlaufnen julianiſchen Jahren abweichen. Da es nun im 668. ten Jahre aus dem eben angegebnen Grunde gerade

um 167 Tage mit ſeinem Anfange zurückgegangen war: fo fiel der Anfang des 668ten Jahres auf dett erſten Jenner des julianiſchen Jahres . Es follte alſo der Anfang des vierten darnach oder des 672ten erſt in den December des julianiſchen Jahres fallen, und

alſo die Zahl der von der Jahrzahlgrånze an perſtrich. nen perſiſchen und julianiſchen Jahre erſt im 672ten

perſiſchen Jahre um eines abweichen. Allein es kam ein julianiſches Schaltjahr alsbald nach dem 683ten

Jahre darzwiſchen . Dadurch fiel ſchon der Anfang des 670ten Jahres in den December des julianiſchen

Jahres, und alle folgende Jahre unterſchieden ſich von den mit ihnen zugleich verlaufenen um eines. Ein ſolches Rücfjahr, wie das perſiſche iſt, weicht mit feie nem Anfange in 4 mal 365 Jahren , das iſt, in 1460

Juhren, durch alle 365 Tage des Jahres. Daher muß es allemal im 146iten Jahre von den juljaniſdien Jahren um ein ganzes Jahr abgehn . Nun wich das I. Theil.

BS

jezdes

2

466

Die erſte Abtheilung ,

jezdegerdiſche oder perfiſche Jahrvon ſeinem 6705 ten Jahre 'an ſchon um eines ab. Folglich, weil die Summe von 670 und 1461 die Zahl 2131 iſt , wird es

erſt von ſeinem 2131ten Jahre an um zwey Jahre und

fo ferner nach Verlaufe von 1460 Jahren immer um ein Jahr mehr, von den julianiſchen abzuweichen an. fangen. Um ſo viel Jahre es aber abweicht, um eben

ſo viel iſt die Zahl der perfiſchen Jahre gegen die wirklich mit ihnen verſtrichnen julianiſchen Jahre zu

groß. Es müſſen alſo, wenn perſiſche Jahre in Jah. re Chriſti verwandelt werden ſollen, errtweder, ehe die vor ihrer Jahrzahlgrånze verlaufnen 631 Jahre Chris ſti hinzugeſetzt werden, ſo viele Jahre von den perſie Ichen abgezogen werden, als um wie viele ſie zu groß

ſind : oder man muß von den verfloßnen Jahren Chri. ſti vor ihrer Fahrzahlgrånze ro viele weniger zu der

gegebnen Zahl der perfiſchen Jahre hinzuchun , als um wie viele dieſe lektre zu groß iſt. Hieraus fließen gar leicht die nöthigen Regeln für alle Fälle.

Wenn

ein gegebnes perſiſches Jahr, das aufein Jahr Chriſti zurückgeleitet werden fou, unter 670 iſt: fo darf man

nur ſchlechterdings die vor ihrer Jahrzahlgrånze vers Hoßnen Jahre Chriſti 631 zu der Zahl des gegebnen

Jahres hinzuſeßen. Das iſt die Regel für den ers ften Fall. Ueberſteigt die Zahl des gegebnen perſia fchen Jahres 670, aber noch nicht 2131 : ſo muß man

von den vor der Jahrzahlgrånze verlaufnen Jahren Chriſti eines weniger , und alſo nur 630 hinzufeßen.

Dieſe Regel dient für den zweyten Fall. Iftende lich die Zahl des gegebnen Jahres größer als 2131, aber noch nicht über 3592 : fo muß man nur 629 Jal. re Chriſti von den vor der Jahrzahlgrånze verfloßnen, und ſo immer, wenn die Zahl der perſiſchen Jahre um 1461 angewachſen iſt, ein Jahr weniger hinzuthui.

Hierinn beſteht die Regel für alle übrige und noch zukünftige Fålle. Es len z. B. das 548te Jahr 0.r jejo

276

mathematiſche Zeitrechnung. 467 jezdegerdiſchen Jahrrechnung gegeben. Weil es noch unter 670 iſt: fo fekt man ſchlechterdings die 631 Jah re Chriſti, welche vor der perfifchen Jahrzahlgrånze derfloſſen waren, hinzu ; und die Summe, 1179 , iſt

das geſuchte Jahr Chriſti, welches mit dem gegebnen perfiſchen Jahre übereinkommt.

Nimmt man aber

das 846te Jahr der Perſer für gegeben an : ſo iſt daga felbe über 670, jedoch noch unter 2131, folglich die Zahl

deſſelben gegen die julianiſchen Jahre um i zu groß. Darum ſeke man zu dem gegebnen Jahre anſtatt 631,

nur 630 von den vor der perfiſchen Jahrzahlgrånze verfloßnen Jahren Chriſti hinzu. Die Summe 1476 iſt das verlangte Jahr Chriſti.

Wie man zu verfahren habe, wenn umgekehrt ein

Jahr Chriſti auf ein perſiſdes oder jezdegerdis Iches zurückgebracht werden ſoll, iſt aus diefen Vor . ſtellungen von der perſiſchen Jahrrechnung leicht zu

fchließen . Da eine jede Zahl von perſiſchen Jahren, die über 670 betrågt, um eines, gegen die Jahre Chris fti, zu groß iſt, und in Zukunft eine jede Zahl eben der perſiſchen Jahre, die ſich über 2131 belaufen mag, um gwey zu groß werden wird ; und ſo ferner : ſo muß nothwendig die Zahl eines jeden Jahres Chriſti, das nach dem 670ten Jahre der Perſer trifft, um eines ge. gen die Zahl der perfiſchen Jahre zu klein ſeyn , und

die Zahl eines jeden Jahres Chriſti , das nach dem 2131ten Jahre der Perfer fallen mag , um zwen gegen dieſelben zu klein werden . Folglich muß man enties der in dem einen Falle ein, in dem andern zwei Jah,

re, und.ro ferner, zu dem gegebnen Jahre Chriſti hinzuſeken : oder, weil man von den Jahren Chriſti, um ein perſiſches daraus zu bekommen , die von der

jezdegerdijden Jahrzahlgrånze verfloßnen Jahre Chris Jii abziehn muß, in demeinen Fall ein, in dem andern given Jahre weniger abziehn. Der hievon im Vors bergehenden angegebne Grund zeigt endlich von ſelbſt, og 2 daß,

468

Die erſte Abtheilung,

daß, wenn ein gegebnes Jahr Chriſti noch vor demi 670ten Jahre der Perſer fållt, man bloß die vor der

jezdegerdiſchen Jahrzahlgrånze verfloßnen 631 Jahre Chriſti abziehen darf, in dem Ueberreſte das geſuchte perſiſche Jahr zu haben. Nun trifft aber mit dem 670ten perſiſchen Jahre das 130ite Jahr Chriſti, mit dem 2131ten ebenfalls perſiſchen Jahre das 2760 Jahr Chriſti zuſammen. Alſo iſt es aus dem gegebnen

Jabre Chriſti ſelbſt leicht zu ſehen , ob ſeine Zahl gee gen die perſiſchen Jahre nicht zu klein , oder um ein oder zwen Jahre zu klein fen. Hieraus fließen die folgenden Regeln für alle Fälle. Wenn das ge

gebne Jahr Chriſti noch unter 1301 iſt: fo zieht man bloß die vor der perfiſchen Jahrzahlgrånze verfloßnen

631 Jahre Chriſti ab; der Ueberreſt iſt das geſuchte perfiſche Jahr, deſſen Anfang in das gegebne Jahr Chrifti fällt. Iſt aber die Zahl des gegebnen Jah. res Chriſti über 1301, jedoch noch unter 2761, wie gee

genwärtig noch beynahe auf tauſend Jahre der Fall ſeyn wird : To regt man vorher zu dem gegebnen Jah. re Chriſti eines hinzu, und zieht dann erſt 631, als die vor der perſiſchen Jahrzahl verfloßnen Jahre Chrifti, ab ; oder, wo man dem gegebnen Jahre nichts zuſet zen will, muß man nur 630 , anſtatt 631, abziehn. Wird endlich ein Jahr Chriſti úber 2761 , ječoch noch unter 4221 ſeyn: ſo wird man entweder zu dem gegeba nen Jahre Chriſti 2 hinzuſeken , und dann 631 abe

ziehn; oder ohne vorhergehenden Zufall nur 629 ab. nehmen müſſen, das perſiſche Jahr zu bekommen. Es fer für den erſten Fall z. B. das 117gte Jahr Chriſti

gegeben. Daſſelbe iſt noch unter 1301. Daher ziehe

I

man davon bloß 631 ab : der Ueberreſt 548 iſt das ge

fuchte perfiſche Jahr, wie wir es vorher gefunden har ben. Wennaber das gegenwärtige 1763te Jahr Chrio fti für gegeben angenommen wird : ſo iſt daſſelbe ſchon úbør 1301, jedoch noch unter 276. Man reße daher

1

entres

1

21

mathematiſche Zeitrechnung. 469 entweder i hinzu, und ziehe von 1764 die vor der perfia

idhen Jabezahlgrånze verfloßnen 631 Jahre ab : oder man nehme von 1763 ohne Zuſaß nur 630 weg. Auf beyde Urt findet man einerley Ueberreſt 1133, als das

geſudyte perſiſche Jaþr, welches in das gegenwärtige Jahr Chriſti trifft.

Die großeAbweichung des Anfangs der perſiſchen

Jahre von dem Anfange des julianiſchen macht es auch hier, wie bey der nabonaßariſchen und türkiſchen Jahrrechnung, nothwendig, aus einem gegebnen jezdes gerdiſchen Jahre den Tag des julianiſchen Jahres fins den zu lernen. Es wird aber die Vorſchrift dazu hier durch die Betrachtungen , welche ſchon bey dem nabo. naßariſchen Jahren angeſtellt ſind , denen , die jene wohl begriffen haben , ſehr leicht zu verſtehen feyn. Die beſtåndige Übweichung des Anfangstages der per ſiſchen Jahre von dem Anfangstage der julianiſchen

rührt daher, weil der Anfang von jenen alle vier Jah. re um einen ganzen Tag zurücffällt. Es iſt alſo vor

allen Dingen zu wiſſen nochig, wie vielmal vier Jahre ben einem gegebnen perſiſchen Jahre verlaufen ſind : weil aus dem eben angezeigten Grunde der Unfang deſſelben um eben ſo viel Tage von dem Anfange des erſten perfiſchen Jahres abgewichen ſeyn muß. Wenn

man demnach das gegebnie Jahr durch 4 theilt: ſo

II

zeigt der Quotient die Zahl der Tage, um welche der Anfang deſſelben vor dem Anfange des erſten im jus lianiſchen Jahre unterſchieden iſt. Es traf aber der

Anfang des erſten perfifdyen Jahres auf den 16 Jun eines gemeinen julianiſdyen Jahres, und war folglich vom Anfangé des julianiſchen mit dem erſten Jenner um 167 Tage entfernt. Man darf alſo die gefunone Zahl der Tage, um welche der Anfang eines perfiſchent Jahres von dem Anfange des erſten abweicht, nur von

167, oder wenn die gefundne Zahl größer iſt , von 167 mit der Zahl, 365, ber Lage eines ganzen Jahres glie Gg3

ſammen:

470

Die erſte Abtheilung,

fammengenommen , das iſt, von 532, abziehn : der Lee berreſt iſt der Tag des julianiſchen Jahres vom erſten Jenner an gerechnet; und aus dieſem findet man den julianiſchen Monatstag, wie wir ſchon oben ge fehn haben, wenn man von demſelben ſo viele Tage abzieht, als ganz verfloßner Monate geſammlete Tage, vom erſten Jenner an , ſich davon abziehn laſſen , das mit der Ueberreſt den Tag des folgenden Monates ge. be. Jedoch die Folge, in welcher die julianiſchen Schalt.

jahre mit den perſiſchen Jahren zuſammentreffen , macht in einigen Fällen eine Verånderung in dieſen

Regeln nothwendig. Das erſte perſiſche Jahr fiel in ein Schaltjahr: und das 433te traf wiederum in ein

julianiſches Schaltjahr: gleichwohl zeigt die Zahl def: ſelben, wenn man ſie durch 4 theilt , daß ſchon eines über die vierten Jahre mit demſelben verſtreicht. Da.

her iſt ben allen folgenden perſiſchen Jahren, die über 433 ſind, wenn ihre Zahl nach der Theilung durch 4 entweder nichts oder nur eines übrig låßt, das juliani. ſche Schalijahr noch nicht verfloſſen, und liegt alſo in der Zahl eines ſolchen gegebnen Jahres einmal vier,

gegen die julianiſchen Schaltjahre betrachtet, zu viel. Hieraus fließt nothwendiger Weiſe folgende åbåndes rung der vorigen Regeln . Wenn ein gegebnes Jahr

der Perſer über 433 iſt, und, nach der Theilung durch 4, nichts, oder nur i , übrig låßt : ro muß man den

Quotienten vorher um i vermindern, ehe man ihn von 167 oder 532 abzieht. Man rege z. B. es ſey das416te perſiſche Jahr gegeben, und man wolle den Tag des julianiſchen Jahres wiſſen, auf welchen der Anfang des gegebnen Jahres falle. Da daſſelbe noch unter 433 iſt : ro bleibt es bei den ordentlichen Regeln. Man 1

theile es alſo nur durch 4 , und ziehe den Quotienten 104 von 167 ab. Der Ueberreſt, 63, iſt die Zahl der julianiſchen Tage, die mit dem Anfange des gegebnen

Jabres verlaufen ſind. Nun trifft der Anfang deffel. ben,

mathematiſche Zeitrechnung.

471

ben, wie man nach den dazu im Vorhergehenden ge. gebnen Regeln findet, in das 1047te Jahr Chriſti, und alſo in ein gemeines julianiſches Jahr. In einem fola

chen Jahre ſind mit dem Ende des Februars 59 Tage

verfloſſen. Alſo zieht man 59 von der gefundnen Zahl 63, ab : der Ueberreſi 4 zeigt den.4ten Mårz des 1047ten

Jahres Chriſti, als den Unfangstag des 416ten perſia Ichen Jahres, an. Wenn im Gegentheile das 1133 e Jahr der Perſer, deſſen Anfang in das gegenwärtige 1763te Jahr Chriſti fållt, wie wir oben gefunden ha. ben, gegeben iſt, den Anfangstag deſſelben in dem ju. lianiſchen Jahre zu ſuchen : ſo iſt daſſelbe erſtlich über

433, und hiernachſt låßt es, nach der Theilung durch 4 , nicht mehr, als 1 , übrig. Deswegen muß man den Quotienten 283 vorher um eines vermindern und 282 dafür annehmen, ehe man ihn von 532, weil er ſich von

167 nicht abziehn läßt, abziehe. Der lleberreſt iſt als , dann 250.

Mit dem Ende des Auguſts ſind in dem

gegenwärtigen , als einem gemeinen julianiſchen Jahre, 243 Tage verfloſſen. Zieht man dieſe von der gefund, nen Zahl 250 ab : ſo weiſt der Ueberreſt, 7, den 70e.it

des julianiſchen Septembers zum Anfangstage des gegebnen 1133ten Jahres der Perſer an.

Die Regeln , wie man aus einem gegebnen julia. niſchen Monatstage eines ebenfalls gegebnen juliani. fchen Jahres den ihm gemäßen perſiſchen Monatstag finden fonne, ſind aus der Vorſchrift, welche im Vors

hergehenden gegeben iſt, aus einem julianiſchen Mo. natstage den ihm gemäßen Tag eines nabonaßariſchen Jahres zu finden , vollkommen begreiflich . Dah habe ich nicht Urfache, fie hier umſtändlicher zu erflås ren. Ich will dafür nur noch eine nöthige Erinne. rung für diejenigen, die nicht daran gedenken möchten ,

benfügen. Wenn die Jahre andrer Jahrrechnungen, von denen man einige Tage auf julianiſche Tage zua

rückleiten will, in Jahre nach der lekten Verbeſſerung og 4

des

472

Die erſte Abtheilung,

bes Jahres treffen : ro muß man zu den gefundnen Tagen des julianiſchen Jahres noch 11 hinzuſeken, den ihnen gemäßen Tag des verbeſſerten Jahres zu finden ; weil bey der lekten Verbeſſerung ſo viele Tage des jlle

lianiſchen Jahres weggelaſſen ſind. g. 20.

Was nunmehr zur Erklärung des zweyten Haupt ſtückes der Zeitrechnung, einen jeden Zeitraum zu be. ſtimmen , von den natürlichen, kunſtmåßigen und hifto. riſchen Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung , von den Jahrzahlgrånzen und Jahrrechnungen , und den

Hey allen nöthigen Berechnungsarten , vorgetragen iſt, das könnte vielleidyt hinlänglich ſcheinen , den inathe matiſchen Theil der Zeitrechnung zu beſchließen. 21 lein , wem es ſo vorkommen möchte , der würde ſich

boch in der That irren. Man muß zur Gewißheit

der Geſchichte einen Zeitraum nicht bloß nach Jagren, fondern in vielen Fällen auch nach Monaten, Wochen und Tagen zu berechnen wiſſen. Deswegen hat man

die Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung , ſonderlich die natürlichen und hiſtoriſchen, auch auf die einzelnen Monate , Wochen und Tage eines jeden Jahres aus

wenden müſſen. Ein Verzeichniß von allen einzelnen

i

Lagen eines Jahres, mit ihrer genauen Beſtimmung nach Wochen undMonaten durch die Unterſcheidungso zeichen der Zeitrechnung , heißt ein Almanach oder 1

Ralender .

Gleichwie man nun , einen Zeitraum

Feftzuſeken , theils verſchiedne Unterſcheidungszeichen , theils einerley Unterſcheidungszeichen auf verſchiedne Urt, gebraucht hat : alſo iſt es auch bey Einrichtung der Kalender geſchehn. Die Verſchiedenheit, welche dar. aus in der Zeitrechnung entſteht, wenn es aufMonate, Wochen und Tage ankommt , niuß man nothwendig wiſſen , die eigentliche Zeit einer jeden Begebenheit ges

nau durch Vergleichung dieſer Verſchiedenheit zu tref fen .

1

mathematiſche Zeitrechnung. 473 fen . Man hat davon ſchon bey der vorhergehender 2

Vergleichung der verſchiednen Jahrrechnungen deutli. che Proben gefehn. Ich will inzwiſchen hier noch eine anführen : weil ſie die Nothwendigkeit, den Unterſchied der Kalender zu wiſſen , bey der Geſchichte auf das klåreſte zeigt. Es werden oft in der Geſchichte, vora

nehmlich auch in der Şeiligen Schrift, gewiſſe Beges benheiten mit den wiederkehrenden Veränderungen der Jahrszeiten verbunden . So wird bisweilen geſagt,

$

es ſey etwas zur Zeit einer oder der andern Art der

Erndte, oder der Weinleſe, oder einer andern ſolchen

Veränderung , die von den Jahrszeiten abhängt, ges ſchehen. 3

Will man daraus die Zeit beſtimmen : ſo

muß man aus guten Reiſebeſchreibungen lernen , in welche Monate und auf welche Tage ſolche Verändes

rungen in entlegnen Ländern, wo die Begebenheit vor. gefallen iſt, gemeiniglich treffen. Zu dem Ende gat man neuere und ältere Reiſebeſchreibungen zuſammen. zuhalten. Wenn man dann nicht weiß , was für ei

nen verſchiebnen Kalender die Verfaſſer gebraucht ha. ben ; da der neue von dem alten um u Tage abweicht: fo wird man fålfdlich einen Widerſpruch unter ihnen annehmen, und eine durch alle Zeugniſſe ausgemachte

Sache für zweifelhaft anſehn. Båre ich alſo auch nicht wegen der nöthigen Vollſtändigkeit des mathea 9



matiſchen Theils der Zeitrechnung ſchon verbunden, hier von den Kalendern zu reden : fo würde ich es

doch aus den eben angeführten Gründen zu thun ver: pflichtet ſeyn , ohne mich daran zu kehren , daß diejenis

gen, die nur alles halb oder obenhin wiſſen wollen, es für eine unnuke Weitläuftigkeit halten mögen . Die chriſtlichen Kalender, als eine uns bekanntere Sache , werden von uns eben ſo, wie die chriſtliche

Jahrrechnung, zur Vergleichung der übrigen gebraucht: weil man allemal das Unbekanntere aus dem Bekanns

tern erkennen muß.

Aus dieſer Urſache werde id) Og 5

von

474

Die erſte Abtheilung; 1

I

von den chriſtlichen Kalendern den Anfang machen . Alle haben einerley Abſicht, die Lage eines jeden Jah.

1

res nach ihren Wochen und Monaten durch die natúrs lichen Unterſcheidungszeichen von dem Laufe der Sonne und des Mondes, vornehmlich aber den Oſtervollmond,

mit dem Oſtertage und den davon abhångenden übrie gen Feyertagen, zu beſtimmen. Uber die natürlichen Unterſcheidungszeichen , welche man dazu nothig hat, ſind nicht bey allen auf einerler Art beſtimmt worden.

Und hieraus iſt endlich ein drenfacher Unterſchied der chriſtlichen Kalender entſtanden : des julianiſchen ,

des gregorianiſchen und des verbeſſerten Kas lenders.

Ehe ich den Unterſchied eines jeden ins befondre erkläre, iſt es natürlich, die allen dreyen gemeine Unter.

ſcheidung der Lage in bewegliche und unbeweglis

che Feſte zu erklären. Unbewegliche Feſte heißen diejenigen , die beſtånbig an einen und eben denſelben

Monatstag des Jahres gebunden ſind: bewegliche hingegen ſind ſolche, die nicht auf einen und eben den:

felben Monatstag des Jahres feſtgelegt ſind , ſondern von dem veränderlichen Oſtertage abhangen. In der Geſchichte der mittlern und neuern Zeiten iſt es ſehr

gewöhnlich , anſtatt des Monatstages, einen Feſttag, ſonderlich von den unbeweglichen, zur Beſtimmung der Zeit einer Begebenheit gebraucht zu finden. Deswe. gen muß man wiſſen , was für Feſte beweglich , oder

unbeweglich ſind: imgleichen auf was für einen Tag 1

des Monates die unbeweglichen allemal fallen, und in was für Ordnung die beweglichen von dem veränderli

chen Oſtertage abhangen. Nun findet man ſie zwar in allen gemeinen Ralendern : aber man kann es ihs nen da nicht anſehn, ob ſie beſtåndig fo, oder anders,

fallen ; ſondern muß ſie erſt durch Vergleichung meh. rerer Kalender von verſchiednen Jahren þerausſuchen.

Deswegen iſt es ſo wohl zur Bequemlichkeit, als wes gen

mathematiſche Zeitrechnung.

475.

gen des Nukens in der Geſchichte, dienlich, ſie in der

Zeitrechnung nach ihren feſten Tagen, oder nach der Drdnung , wie ſie von dem Oſterfeſte abhangen , gea ſammlet vorzuſtellen : wenn auch die Abſicht nichteia gentlich iſt, Kalender machen zu lehren. Der Grund zur Beſtimmung der für ſie gehörigen Monatstage ift aus den hiſtoriſchen Unterſcheidungszeichen genommen : jedoch iſt es damit nicht in allen Stücken richtig. Das bindert aber in der Zeitrechnung nichts : weil es durch die Gewohnheit einmal fo, und nicht anders, feſtgeſekt iſt. Man ſehe dann auch hier, nachdem ich die ange. führten Urſachen , warum ich es nicht weglaſſe, für mich habe , die unbeweglichen Feſte , wie ſie in jeden

Monat treffen . Im Jenner fållt auf den iten das Feſt der Beſchneidung ; auf den 6ten das Feſt der heil. 3 Könige, oder Epiphanias, das iſt, der Erſcheinung ; auf den 17ten Antonius ; auf den 20ten Fabian und Sebaſtian ; und auf den 25ten

Pauli Bekehrung. Im Hornung oder Fes bruar trifft allemal auf den 2ten die Reinigung der Marien ; auf den 6ten Dorothea ; auf den 14ten Valentin ; auf den 22ten PetriStuhlfeyer ; auf den 24ten in einem gemeinen Jahre, und auf den

25ten in einem Schaltjahre, Matthias der Apoſtel.

Im März fällt beſtändig auf den 12ten Gregor; auf den 17ten Gertraud ; auf den 19ten Joſeph ; und auf den 25ten die Verkündigung der was

rien. Im April iſt allezeit der 4te Ambros ; der 23te Georg und der 25te Markus der Evanges

liſt. Im Máy fällt immer auf den iten Philipp und Jakob ; auf den zten des Rreuzes Erfing dung ; und auf den 25ten Urban ; Im Brads

monate oder Jun, trifft unveränderlich auf den sten Medard ; auf den 15ten Veit ; aufden 24ten

Johann der Tåufer ; und auf den 29ten Peter und 1

4

476 Die erſte Abtheilung, umb Paul. Im Acumonate oder Jul fällt allemal auf den 2ten der Marien Seimſuchung ; auf den 13ten Margarethe ; auf den 15ten der Apoy ſtel Theilung; auf den 22ten Marie Magdalene ; auf den 25ten Jakov ; und auf den 26ten Anna.

Im Auguſt gehört ſtets der rte für Petri Rettens feyer ; der rote für Lorenz ; der 15te für der mas

rien Simmelfarth ; der zote für Bernhard ; der 24te für Bartholomaen ; und der 2gte für Jos

hanns Enthauptung. Im Herbſtınonate, oder September, iſt ohne Veränderung am iten Aegid ; am Sten der Marien Geburt ; am 14ten des Kreuges Erhdhung ; am ziten Matthaus

der Apoſtel; am 24ten Johanns Empfängniß ; und am 29ten Michael.

Im Weinmonate

oder October, iſt immer der 4te für Franz; der 16te für Gallen ; der 18te für Qukas den Evans

geliſten ; der 21te für Urſel ; und der 28te für Sis

mon Judas, Apoſtel. Im Wintermonate ober November iſt ohne Abweichung der ite der Lag aller Seiligen ; der zte der Tag aller Sees

len ; der nite Martin Biſchof; der 19te Eliſa, beth ; der zitę der Tjarien Opfer ; der 25te Cas tharine ; und der zote Andreas des Apoſtels

Tag. Im Chriſtmonate oder December fällt auf den 4ten Barbara ; auf den 6ten hikos

las ; auf den gten der Marien Empfängniß ; auf ben 13ten Lucie ; auf den ziten Thomas des Apos ſtels Tag ; auf den 25ten Weihnachten , oder die

Geburt Chriſti ; auf den 26ten Stephan ; auf den 27ten Johann der Evangeliſt ; und auf den 28ten der unſchuldigen Kinder Bag. Jedoch als eine

Nebenſache für die Zeitrechnung kann man hierbey merken , daß die lutheriſche Kirche unter dieſenFeſten

pur das Feſt der Beſchneidung, der heil. 3. Rós nige,

1

mathemnatiſche Zeitrechnung. 477 1

SU

70

31

nige, der Reinigung Marien , der Verkündi,

gung Marien ,Johanns desTåufers, der seims ſuchung von X1jarien, Michaels, der Geburt Chriſti,und, als den zweyten und dritten Weihnachte tag, das Feſt Stephans und Johanns des Evans

geliſten, an den angelegten Tagen fenert : und daß ben den Reformirten , außer den Tagen der Geburt

und Beſchneidung Chriſti, keine unbeweglichen Feſte ſind.

Unter den beweglichen Feſten, welche ſich

alle nach Oſtern richten , und meiſtentheils acht Tage von einander treffen , fallen einige vor , andre nach

Oſtern. Sie ſind alle Sonntage, außer einigen weni

gen, die man von ſelbſt unterſcheidet. Vor Oſtern Fallen , rückwärts gerechnet, nach dem ſtillen Freys

tage und grünen Donnerſtage i. der erſte Sonn. tag vor Oſtern oder Palmenſonntag ; 2. der zweyte

Sonntag vor Oſtern , oder Judica ; 3. der dritte Sonntag vor Oſtern , oder Låetare ; 4. der vierte Sonntag vor Oſtern ,oder Oculi; 5. der fünfte Sonn .

tag vor Oſtern , oder Reminiſcere; 6. Der rechſte Sonntag vor Oſtern , oder Invocavit, oder Quas drageſima, zwiſchen welchem und dem folgenden die Aſchermittwoche trifft; 7. der ſiebende Sonntag vor

Dſtern, oder Eſto mihi, oder Quinquagefima; 8. der achte Sonntag vor Oſtern, oder Sexageſima, und 9.-Der neunte Sonntag vor Dſtern , oder Seps

tuagefima, nebſt den Sonntagen die von dem Feſte der Erſcheinung oder Epiphanias nach den Orde nungszahlen gerechnet werden . Das Oſtern kin .

gegen fallent,vorwärts gezählt, I. der erſte Sonntag nach Oſtern, oder Quaſimodogeniti; 2. der zwente Sonntag nach Oſtern, oder Miſericordias Domis ni ; 3. der dritte Sonntag nach Oſtern , oder Jubis

late; 4. der vierte Sonntag nach Oſtern, oder Cany tare ; 5. der fünfte Sonntag nach Oſtern , oder Rog

gate, nachwelchem auf den nächſten Donnerſtag das Feſt

478

Die erſte Abtheilung,

Feſt der Simmelfarth Chriſti trifft; 6. der ſechſte Sonntag nach Oſtern, oder Fraudi ; 7. Der ſiebende Sonntag nach Oſtern, oder Pfingſten ; und 8. der achte Sonntag nach Oſtern, oder Trinitatis, das (

Feſt der heil. Dreņeinigfeit, worauf alle folgende Sonn: tage den Namen Trinitatis bekommen, und durch die Dednungszahlen , des erſten , zweyten, dritter :c. unterſdzieden werden. Nur die vier lebten Sonntage

vor Weihnachten heißen der ecſte, zweyte, dritte und vierte Advent. Endlich muß man außer den bisher angeführten Tagen auch noch die vier Quas tember bemerken : der erſte fållt auf die Mittwoche

nach Invocavit; der andre auf die Mittwoche

nach Pfingſten ; der dritte auf die Mittwoche nach des Kreußes Erhöhung ; und der vierte auf die Mittwoche nach Lucien. Was hierunter faſt ein jeder im Gedächtniſſe hat, das muß man als zur Volls

ſtändigkeit bey dieſer Vorſtellung nothig anſehn, und deswegen die Meldung deſſelben nicht tadeln. Nun führt uns die Ordnung auf die Verſchieden.

/

heit der drenfachen chriſtlichen Kalender. Außer der Verbeſſerung des Jahres durch eine genauere Einſchal. tung, auf welche ſich die legtern beyden beziehn, kommt aller Unterſchied auf die verſchiedne Art, die Neu- und

Vollmonde, infonderheit den Oſtervollmond zu be. rechnen , an.

Es iſt zu dem Ende, damit man dieſe

Verſchiedenheit auf einmal überſehe, nöchig, von einer

jeden Art der Kalender einen beſtimmten Begriff zu geben. Der ålteſte iſt der julianiſche. Alſo iſt von demſelben billig der Anfang zu machen. Der julias niſche Kalender iſt derjenige, in welchem die Wo. chentage vermittelſtdes Sonnenzeitkreiſes durch die Buchſtaben A, B, C, D , E, F, G , und die Neu- und

Vollmonde, inſonderheit aber der Oſtervollmond, nebit dem Oſtertage und den übrigen davon abhangenden

beweglichen Feſten , vermittelſt der goldnen Zahlen, wie

2

mathematiſche Zeitrechnung. 479 wie ſie durch das julianiſche Jahr vertheilt werden müſſen, beſtimmt werden . Hierinn fann ißt nichts unverſtändlich fenn : da ich oben die Beſchaffenheit

und Berechnung des Sonnenzeitkreiſes, wodurch man

3

den Sonntagsbuchſtaben für ein jedes Jahr findet, ſo wohl als des Mondzeitfreiſes, der die goldnen Zahlen beſtimmt, hinlänglid) erklärt habe. Es bildeten fich

I

rigen Mondzeitkreiſes fålfchlich ein, wie ebenfalls oben ſchon bewieſen iſt, daß nach Verlaufe von 19 Jahren die neus und Vollmonde beſtandig wieder auf eben denſelben Tag des julianiſchen Jahres fielen : da er doch in der That nicht länger als 312 Jahre gela ' ten kann. In dieſer ungegründeten Ueberredung hat ten ſie nur durch eine Reihe von neunzehn Jahren die Vollmonde zu berechnen, und für die Tage des Jah. res, auf welche ſie traffen, durch Benfügung der gold. nen Zahl deſſelben Jahres , anzufeßen. Auf ſolche Weiſe bekamen ſie einen ihrer angenommnen Meinung nach beſtändigen julianiſchen Kalender : indem ſie für

aber die Erfinder und Anhänger des neunzehnjähs

das erſte Jahr des Mondzeitfreiſes die goldne Zahl 1.

für das zweyte die goldne Zahl II. und ſo weiter, allen denen Tagen berfügren , auf welche in dem erſten,

zwenten und ſo weiter folgenden Jahren des Zeitfreiſes alle Neumonde fielen.

Dann durften ſie nur die

goldne Zahl nach den im Vorhergehenden bewiesnen

Regeln fuchen : ſo fanden ſie in dem einmal entworf nen und beſtåndigen Kalender alle Neumonde durch

das ganze Jahr ; weil es alle die Tage alleine waren, ben welchen eben dieſelbe vorher gefundne goldne Zahl ſtand. Aus den Tagen der Neumonde war es nach diefem leicht, die Tage der Vollmonde zu finden : indem der Vollmond der 14te Tag nach dem Meu . monde iſt.

Es war aber die Abſicht aller dieſer Anſtalten, den Oſtervollmond für ein jedes Jahr beſtimmen zu fonnen.

480

Die erſte Abtheilung ,

können. Davon muß man die Gründe aus der Ges ſchichte herhohlen. DieJuden mußten auf göttlichen Befehl, 3 B. Mof. XXIII. 5, ibr Paſcha, an deſſen Stelle das Oſterfeſt der Chriſten getreten iſt, allemal am 14ten Tage des erſten Monates, den erft die ſpas

tern Juden Niſan genannt haben, feyern. So lange ihr Jubelzeitkreis beobachtet warb , konnte ſo wenig dieß , als irgend ein andres von ihren Feſten , auf einen unrechten Tag fallen. Aber nach Alexanders des Großen Zeiten nahmen die Juden vieles von der Zeitrechnung der Griechen an , und berechneten

auchnach der Weiſe derſelben die Neumonde, wie Philo der Jude bezeugt. Und nach dieſer Berechnung fenerten fie ihr Paſcha zu den Zeiten der erſten Chri.

ſten. Denn das Jahr, welches die Rabbinen und

Talmudiſten aufgebracht haben, und die daben einge. führte Einſchaltung, damit die Tages und Nacht

Gleiche im Frühlinge allemal mit ihrem erſten Mo. nate Niſan verknüpft bleiben möchte, haben kein hóa heres Alter , als höchſtens vom Ende des vierten

Jahrhunderts nach ChriſtiGeburt : indem der babys loniſche Talmud, worinn die Regeln des ro unvolle kommnen Jahres der neuern Juden angegeben were den, erſt zu Anfange des ſechſten Jahrhunderts zum Vorſcheine fam . Nun war in der chriſtlichen Kirche zu den erſten Zeiten weder von dem Heilande ſelbſt, noch von den Apoſteln , etwas wegen der Zeit des Oſterfeſtes verordnet. Daher feyerten es, nach des

Euſebius a ) Zeugniſſe, die erſten Chriſten in Aſien zugleich mit den Juden, am 14ten Lage des erſten

jüdiſchen Monates, und verehrten dadurch das Une benken der Kreugigung Chriſti: aber der größte Theil der abendländiſchenKirchen, welche ſich auf des Petrus und Paulus Verordnungen beriefen, verlegten cs a ) Hift. eccl . Lib. V. C. 1.

mathematiſche Zeitrechnung.

481

"es auf den nåchſten Sonntag nach dem jüdiſchen Ofter. vollmonde, um dadurch das Angedenken der Aufers

ſtehung Chriſti zu erneuern . Dieſe Verfdyiedenheit Dauerte , ohne weder dem einen , nod) dem andern

Sheile, Anſtoß zu geben, ſo lange, bis der römiſche Biſdjof, Victor, der im 192ten Jahre Chriſti den Stuhl beſtieg und 9 Jahre beſaß , einige Biſchöfe,

2

die vorher der jüdiſchen Weiſe gefolge waren , auf feine Seite brachte, und wider die übrigen , die ihre Ge..

wohnheit, den 14ten Tag mit den Juden zu fevern,

.

3

nidit fahren laſſen wollten, öffentlich den Bannſtrahl ergehen ließ. Hiedurch aber geſchahe es, daß immer mehr und mehr Zwiſvalt zwiſchen den morgenlàndi. Tchen und abendländiſchen Kirchen entſtand, und die

morgenlåndiſchen nebit ihren Anhängern für Reger erklärt wurden, denen man im Griechiſchen den Na

men der Teſſerakádekatiten, und im Lateiniſchen 1

57

den Namen der Quartadecimaner, das iſt, nady der gewöhnlichen Endigung der Kekernamen, Vierg zehntianer , anhångte. Und dieſe Streitigkeiten

verurſachten mit der Zeit große und ſchädliche Linruhen in der Kirche. Endlich trug Conſtantin der Große bevy der nicániſchen Kirchenverſammlung im 325ten

Jahre Chriſti Serge, daß die Einigkeit zwiſchen den morgenländiſchen und abendländiſchen Kirchen wieder hergeſtellt werden möchte, und ward deswegen bev dieſer Kirchenverſammlung der Schluß gemacht, denn

der Kirchengeſchichtſchreiber Sokrates b ) aufgezeich. net hat, und der auch der einzige iſt, den man von Den Schlüſſen der Kirchenverſammlung in dieſer Sache gewiß weiß, daß von allen , welche ſich zu dem

chriſtlichen Damen bekennten , das Oſterfest in Zukunft nicht mit den Juden, ſondern mit

den Römern, gefeyere irerden ſollte. Außer dom b) Hist, eccleſ. Lib . I. C. 6 . I. Tbeil .

‫وخ‬

483

Die erſte Abtheilung,

dem iſt noch bekannt, und man kann es unter andern

1

aus des Leons Briefe, deſſen Worte Aegið Bus cher c) anführt, ſchließen, daß die Våter der nicås niſchen Kirchenverjanımlung dem Biſchofe von Aleran drien, weil man in 2egypten noch etwas mehr Fleiß auf die Sternfunde wandte, auſtrugen, jährlich den Oſtervollmond aufzuſuchen , und den Oſtertag nach

demſelben den übrigen chriſtlichen Kirchenanzuzeigen. Die konnte das, als einen fdyeinbaren Vorzug, der

Biſchof von Rom, der ſo genannten Hauptſtadt der Welt, gelaſſen ertragen ! Auch machte in der That

die Entlegenheit der Derter die Ausführung ſchwer. Uus beyden Urſachen erhoben ſich daher Streitigkeie ten : fonderlich über die Grånzen , über welche der Oſtervollmond weder vorwärts noch rückwärts weichen

müßte; eine Sache, die von der nicåniſchen Kirchen verſammlung dem Biſchofe von Alexandrien zu ente fcheiden überlaſſen war. Die Verwirrung ward das ben durch die vielen Verſuche, genauere Mondzeitfreiſe

zu beſtimmen, die ich ſchon im Vorhergehenden ange. führt habe, noch größer. Denn das parteniſche Vor geben des Dionyſius des Kleinen in ſeinen Bries Fen d) , als ob fein neunzehnjähriger Kreis von der nicầniſchen Kirchenverſammlung für gültig angenom men wåre, die Oſtervollmonde nach demſelben feſtzu . Feken, ſtreitet wider alle andre Zeugniſſe. Alles, was in der chriſtlichen Kirche durch den eben angeführten Schluß der nicåniſchen Kirchenverſammlung , mit Erwägung des jüdiſdhen Paſcha, für feſtgeſegt, und

zur Richtſchnur, die Oſterzeit zu beſtimmen , anges nommen worden iſt, kommt auf folgende vier Sticke hinaus : s) De doctrina tempor. in Victorii canonem pafchal. P.97. edit. Antuerp. 1634. ( fol.)

di Bey dem petav , im Anbange zu der do& tr. temp. P. 874, 876.

mathematiſche Zeitrechnung.

483

hinaus : es iſt erſtlich, das Oſterfeſt niemals mit den Fuden zu feyern ; es muß zweytens allemal an einem Sonntage geſchehen ; und zwar Orittens an eben dem Sonntage, der auf den nåchfien Vollmond nach

der Lages und Nacht Gleiche im Frühlinge zunächſt folgt, welche Bedingung auch Epiphan e) ausdrücke lich als ein Gefek bemerkt ; endlich aber viertens, menn ſolcher Vollmond auf einen Sonntag felbſt fällt,

muß das Oſterfeſt auf den folgenden Sonntag verlegt werden , damit man es nicht an einem Tage mit den

Juden zugleich begehe. Es war alſo zur Beobach . tung dieſer Regeln notwendig , daß man den Tag derTages und Nacht Gleiche im Früblinge, und den Tag des nächſten Vollmondes nad ) demſelben , den

man die Oſtergrånze genannt hat, zu finden wußte. Nun hatte Prolomäus f) gefunden, daß im 14cten Jahre Chriſti, in welches nach Petays g) Rechnung das vom Prolomäus angegebne 463te Jahr nach Ale. randers Tod fållt, die Tages und Nacht Gieiche im Frühlinge auf den 22ten März traf. Demnach war fie zur Zeit der nicániſchen Kirchenverſammlung, we gen der Unrichtigkeit des julianiſchen Jahres, um einen

Tag und neun Stunden zurückgewidien, und fiel auf den ziten Mårz. Der größten Wahrſcheinlichkeit nach haben ſich die Påter der nicániſchen Kirchenvere

ſammlung, denen nicht bekannt ſeyn mochte, ob und wie viel das julianiſche Jahr von dem wahren Son nenjahre abginge, eingebildet, ſie würde beſtandig auf den ziten März treffen : jedoch haben ſie darüber feia

nen beſondern Ausſpruch gethan. Inzwiſchen iſt es doch in den folgenden Zeiten von den Vertheidigern

bee neunzehnjährigen Mondzeitkreiſes irrig angenom . H52 e ) Haeref. LXX .

f ) Almag. Lib. III. C. 1 oder 2.

g) De doctr. temp. Lib . IV . p.368

men

1

484

Die erſte Abtheilung,

men worden : und wenn dieſe falſche Meinung vor.

ausgelegt wird, kann der Oſtervollmond niemals frúa her, als auf den ziten Mårz, und nie ſpåter, als 29 Eage davon, oder auf den 19ten April, fallen . Damit man nun, theils dem Schluſſe der nicáni. fchen Kirchenverſammlung, theils ſeinen eignen und irrigen Meinungen gemåß , den Oſtervollmond, das iſt, denjenigen Vollmond, der zunåchſt nach der Tages und Nacht Gleiche im Frühlinge einfällt, deſto leichter durch Hülfe der goldnen Zahlen finden könnte : .

fo ließ man es nicht daben bewenden, daß man ihn allemal erſt aus dem Neumonde , wie man für alle

neunzehn Jahre des Mondzeitkreiſes die Neumonde in jedem Monate durch die goldne Zahl, auf die kurz vorher von mir erklärte Weiſe, in dem beſtåndigen julianiſchen Kalender angefekt Batte , ſuchen mochte; ſondern machte nach dieſem Kalender eine befondre 1

Tafel, worinn die Tage der Oſtervollmonde für alle

19 Jahre des Mondzeitfreiſes, oder, weldjes cinerley iſt, für alle 19 goldne Zahlen, nebſt den Buchſtaben, die einem jeden folchen Tage nach dem Sonnenzeit freiſe zukamen, angefekt waren. Weil es zum Vers

ſtande dieſer Tafel nöthig iſt, wiederhohle ich hier, was ich kurz zuvor nur beyläufig angemerkt habe, daß die Tage, auf welchen die nächſten Vollmonde nach der Tages und Nacht Gleiche im Frühlinge fallen

oder fallen ſollten, die ſtergvånzen genannt wur . den.

Die Buchſtaben aber, welche einem jeden die.

ſer Tage nach dem Sonnenzeitfreiſe zufamen, nannte

man die IInterſcheidungsbuchſtaben.

Wenn

man dieſe beyden Begriffe in Gedanken behålt : ſo kann man ſich in dieſe Tafel leidit finden, die ich hier wegen ihrer Nothwendigkeit, die Unterſcheidung der

Tage im julianiſchen Jahre zu berechncı, beyfüge. Die

.

TOI

!!

matheinatiſche Zeitrechnung. Die goldnen Zahlen . I. II . III. IV . V. VI. VII ,

Die Oſter: Die linterſcheis . gränzen . dungsbuchſt. ste April.

rote April.

G. E. · A. D. B.

3ote Mårz.

E.

25te Márz. 13te April. 2te April.

22te Mårz.

VIII . IX.

18te pril.

X. XI. XII .

27te Mårz.

XIII. XIV .

24te Mårz.

G. C. F.

12te pril. ite pril.

D. G.

2ite Mårz. gte April. 2gte März. Izte April.

C. A.

XV.

XVI. XVII.

XVIII. XIX.

485

7de Upril. 15te April. Ate April.

F.

D.

B.

Mit jülfe dieſer Tafel der julianiſchen Oſtergrången kann man nun leicht für ein jedes gegebne Jahr Chriſti das julianiſche Oſterfeſt beſtimmen. Denn inan findet in demſelben neben einer jeden goldner

Zahl des neunzehnjährigen Mondzeitkreiſes den Tag, auf welchen der Oſtervollmond in dem Jahre , dem die goldne Zahl zufommt , fällt. Deswegen darf man nur nach den oben §. 14. gegebnen Regeln die

goldne Zahl für ein gegebues Jahr Chriſti vorher aufſuchen , den Tag des Nitervolimondes für eber daſſelbe Jahr, welcher neben der goldnen Zahl ſtelt, aus der Tafel nehmen zu konnen . Es giebt auch fers ner eben die Tafel, neben dem Tage, den Unterſchei. dungsbuchſtaben, der ihm zukommt, an. Alſo darf H13

man

486

Die erſte Abtheilung,

man nur nach den ebenfalls oben §. 13. bewiesnen Regeln den Sonntagsbuchſtaben für das gegebne

Jahr Chriſti ſuchen, denſelben mit dem Unterſcheis dungsbuchſtaben von dem Tage des Vollmondes vers

gleichen, und zu der Oſtergránze noch ſo viele Tage, als von dem Unterſcheidungsbuchſtaben bis auf der

gefundnen Sonntagsbuchſtaben noch Buchſtaben in ihrer Folge von A bis G zu rechnen find, hinzuchun : weil allemal der erſte Sonntag nach der Oſtergranje Der Oſtertag ſenn muß. Demnach laffen ſich alle bier nothigen Regeln auf folgende drey Stücke hinausleis ten : man ſuche erſtlich die goldne Zahl und den

Sonntagsbuchſtaben für das gegebne Jahr Chriſti, biernådiſt ſuche man die für dasſelbe Jahr gefundne goldne Zahl in der Tafel der julianiſchen Oſtergrángen auf, und nehme den daneben ſtehenden Monatstag für die geſuchte Oſtergrange des gegebnen Jahres, und den ferner darneben ſtehenden Buchſtaben zum Unters

ſcheidungsbuchſtaben der Oſtergranje an ; endlich

drittens vergleiche man den in der Tafel gefundnen Unterſdeidungsbuchſtaben mit dem vorher gefundnen Sonntagsbuchſtaben, damit man ſehe, wie viele Tage

man zu der Ditergrånze hinzuzufişen Gabe, den Oſter tag felbſt zu bekommen.

Jedoch, weil allemal der

Oſtertag auf einen Sonntag, nach der Oſtergranje, dem Schluſſe der nicániſchen Kirchenverſammlung gemäß , fallen muß : ro iſt man genöthigt, wenn die Oſtergrånze ſelbſt ein Sonntag iſt, erſt den nådiſtfol. genden Sonntag für das Oſterfeſt anjuſeken .

Es

Fen z. B. das gegenwärtige 1763te Jahr Chriſti gege. ben, den julianiſchen Oſtertag dafür zu ſuchen. Wenn man nach den oben gegebnen Regeln die julianiſche

goldne Zahl und den julianiſchen Sonntagsbuchſtaben Deſſelben ſucht: ro findet man für jene 16, und für

Diefen E. Nun ſuche man in der Tafel der julianis

fchen Oſtergrånzen die gefundne goldne Zahl 16 auf: fo

mathematiſche Zeitrechnung. 487 fo- fieht man darneben den 21ten März als die julia. niſche Oſtergrånze des gegenwärtigen Jahres, und den Unterſcheidungsbuchſtaben C, der für den zitent

Mårz dieſes Jahres gehört. Man vergleiche dann

dieſen Unterſcheidungsbuchſtaben C mit dem gefund xen Sonntagsbuchſtaben E : ſo ſieht man, daß E der ate Buchſtab nach C iſt, und man daher zu der ge. fundnen Oſtergrånze , dem 21ten Mårz noch zweene

Tage hinzuthun muß , um in der Summe, 23 , der Oſtertag als den azten Mårz, zu bekommen. Xus dem Tage des Oſtervollmondes, den die Ta. fel der julianiſchen Oſterzahlgränzen angiebt, kann man leicht den zunächſt vorhergehenden Neumondestag, und dann aus dem gewöhnlichen Abſtande der Neus und Vollmonde von einander alle julianiſche Neu- und Vollmonde eben derſelben Jahres finden, und ſo den

ganzen julianiſchen Kalender Herausbringen. Alſo fann man der Tafeln des beſtåndigen julianiſchen Kalenders

entbehren. Darum ro wohl, als wegen ihrer Weit:

läuftigkeit, überhebe ich mich ſie hierherzuſeken. Wer ſie inzwiſchen ſehen will, der findet ſie unter andern ben Wolfen h). Wie unrichtig aber die ißt erklärte julianiſche Oſtern

rechnung feyn müſſe, kann man leicht daraus ſchließen , daß dabei vorausgefekt wird, es falle die Tages und

Nacht Gleiche im Frühlinge beſtåndig auf den ziten Warz, und der Mondzeitkreis oder die goldnen Zah. len zeigen allemal die Tage der Neu- und Vollmonde

richtig an : da doch beydes falſch iſt. Auch fann man die Unrichtigkeit in vielen Beyſpielen deutlich rehn : ob

es gleich in dem gegenwärtigen Jahre ſich zufälliger Weiſe ſo trifft, daß das julianiſche Oſterfeſt auf den rechten Tag fällt. Denn in der That iſt weder der

rechte Tag der Tages und Nacht Gleiche, die-auf der HQ 4 h) Element, Chronolog. 9.282.

gten

Die erſte Abtheilung,

488

gten julianiſoten trárz, ſtatt des angenommnen ziten , und alſo um 12 Tage früher, trifft, noch die rech .

te Oſtergrånze , welche auf den 18ten julianiſchen

márz, ſtatt des durch die goldne Zahl angewiesen siten iPhårzes, und folglich um 3 Tage früher, fällt, beſtimmt worden. Dieſe Unrichtigkeiten mußten mit

der Zeit nothwendig lo zunehmen, daß gar kein Oſter tag mehr gehörig eintraf. Deswegen ward ſchon, wie

ich oben angemerkt Gabe, von verſchiednen Kirchenvers ſammlungen darauf gedacht, dem Uebel abzuhelfen i ) : allein man fam nid)t damit zu Stande. Endlich

ſchrieb Aloyſius Lilius, ein Arzt und Mathematiker aus Calabrien, der in der erſten Hälfte des 16ten Jahr hunderts blühete, ein Buch von einer neuen Art, den

Kalender wieder herzuſtellen k), welches ſo vielen Ben fall fand, daß der Pabſt Gregor der XIIIte die Vers beſſerung, feinem Vorſchlage gemaß , ins Werk richte te . Er befahl zu dem Ende im 1582ten Jahre aus dem October, weil in demſelben keine bewegliche Fe fte, und wenigere unbewegliche, als in andern Mona. ten, einfallen, und er deswegen dazu am bequemſten

ſchien, 10 Tage von dem 5ten an, ſtatt deſfen man den 15ten ſchrieb, wegzulaſſen, damit die Tages und Nacht

Gleiche wieder auf den vorigen bürgerlichen Tag, den

21ten Mårz , zurückgebracht würde : zugleich verord nete er ein durch genauere Einſchaltung verbeſſertes Jahr, wie ich es oben, 5. 8. beſchrieben habe, damit

die Tages und Nacht Gleiche im Frühjahre beſtändig auf dem 21ten XT/årze bleiben möchte; und auf des Lilius Anrathen ließ er die mittlern Neu . und Voll. monde nicht weiter durch die goldnen Zahlen , ſondern durch i) Man febe Sethi Calvifii elench, calendar. Gregor, C. 5 .

k ) Compendium nouae rationis reftituendi Kalenda rium .

I

mathematiſche Zeitrechnung.

489

durch die Miondzeiger oder Epacten, deren Ben ſchaffenheit und Gebrauch ich alebald erklären werde, beſtimmen, welche zu der Abſicht eben ſo, wie vorher

im julianiſchen Kalender die goldnen Zahlen , vertheilt wurden. Dieſ war der Urſprung der zwoten Art der

chriſtlichen Kalender, oder des gregorianiſen Ras lenders ; wovon man am ficherſten des Chriſtoph

Clavius Beſchreibung !), der ſelber bey dieſer Ver. befferung gegenwärtig geweſen iſt, nachleſen kann.

Es iſt dann der gregorianiſche Kalender der. jenige, der die Wochentage durch die Buchſtaben A, B. C. D. E. F. G, und die Neu- und Vollmonde, ale ſo auch den Oſtertag nebſt den davon abhangenden be weglichen Feſten,durd, die nach allen Monaten gehó. rig vertheilten Mondzeiger , in dem gregorianiſchen

3

Jahre beſtimmt.

3

gregorianiſche Kalender ſich von dem julianiſchen theils durch die Einrichtung des Jahres , theils durch den

Dieſe Erklärung zeigt, daß der

Gebrauch der Mondzeiger, ſtatt der goldnen Zahlen, unterſcheidet.

Von dem erſten Stücke iſt im Vor.

hergehenden, g. 8, hinlänglich geredet worden. Es iſt alſo nur das andre noch genauer zu erklären übrig. Man ſieht leicht; daß, wenn man nur den erſten Neu. mond eines Jahres, aus welchem ſich der Vollmond von ſelbſt ergiebt, nach den Regeln der Sternkunde geſucht und gefunden hat, die übrigen Vollmonde eben deſſelben Jahres fich durch den Ueberſchuß der bür.

gerlichen Sonnenmonate über die Mondenmonate, die in dem bürgerlichen Monate immer um ſo viel rücken

3

müſſen, als derſelbe Uleberſchuß betrågt, und wieder, um die Neumonde aller folgenden Jahre fich durch

78

Den Ueberſchuß des Sonnenjahres über das Monde $ 15 . jalır, 1) Explicat, romani calendarii a Gregorio XIII. reſti. tuti, Rom . 1603 ( fol.) Sie ſteht auch in ſeinen zu XYZayn 1611 fog. gedrustten Werten ( fol.), V. Tomi.

490

Die erſte Abtheilung,

jahr, deſſen Anfang beſtändig um ſo viel, als dieſer Ueberſchuß ausmacht, früher fallen muß, ohne Schwie rigkeit beſtimmen laſſen. Daher hat man dieß Mit. tel gewählt, und dieſen Ueberſchuß mit einem griechis

ſchen Namen Epacren, das iſt, überſchüßige Tas ge, weil das Wort, Tage, im Griechiſchen darunter verſtanden wird, genannt. Jm Deutſchen iſt es ſchon

lange gewöhnlich geworden, fie monozeiger zu nen. nen : weil ſie bloß zu der Abſicht ' dienen, die Monde zeit anzuzeigen. Es find alſo , nach dem allgemeine

ften Begriffe, die Wondzeiger, oder Ppacten, der Ueberſchuß einer beſtimmten Zeit des Sommenlaufs über eine auf åhnliche Art beſtimmte Zeit des Monds

laufes. Dieſe beſtimmte Zeiten von beyden Läufen find keine andre als die njonate und die Jahre. Folglich ſind nach dieſem Unterſchiede die Mondzeiger von zweyerlen Art : entweder monatliche ; oder

jährliche miondzeiger.

Die

monatlichen

Mondzeiger ſind der Ueberſchuß eines bürgerlichen Sonnenmonates über einen Mondenmonat : die

jährliden Mondzeiger, der Ueberſchuß des Son. nenjahres über das Mondjahr. Hált man die bürgerlichen Sonnenmonate gegen die Mondenmonate : fo findet man durch den Unter.

ſchied ihrer Größe, die monatlichen Mondzeiger. Wenn man die Terzien wegläßt, iſt ein Mondens

monat der Zeitbegriff von 29 Tagen, 12 Stunden , 44 Vinuten und 3 Sekunden . Ein bürgerlicher Sonnenmonat aber ; außer dem Februar von 28 oder

29 Tagen , beſteht entweder aus 30 oder 31 Tagen. Sekt man nun, daß ein Neumond auf den erſten Jens ner, der 31 Tage hat, falle : ſo iſt der monatliche Monde zeiger 1 Tag , 11 Stunden, 15 Minuten , und 57 Sekunden. Auf gleiche Art, oder auch unmittelbar aus dieſem , findet man, daß der Mondzeiger für die bürgerlichen Monate von 30 Tagen aus 1 Stuns den ,

imathematiſche Zeitrechnung. 491 1

den, 15 !!Jinuten, und57 Sekunden beſteht. Je. doch man kann mit Hilfe des erſten, wenn man den erſten Neumond,iin Jenner, als dem erſten Monate des Jahres, weiß, die Tage der Neumonde in allen !

úbrigen Monaten, nach Betrachtung der Verſchiedene Heit ihrer Långe, ſchon beſtimmen. Und dieß iſt ei. gentlich der einzige Gebrauch der monatlichen Mond.

zeiger. Denn ob ſie gleich auch dazu dienen können, daß man dadurch die jährlichen Mondzeiger herausa bringe: ro fönnen dieſe doch viel leichter aus der Ver. gleichung des Sonnen und Mondjahres unmittelbar gefunden werden .

Das julianiſche Sonnenjahr beſteht aus 365 Tas gen und 6 Stunden : ein Mondjahr hingegen, oha ne die Terzien, aus 354 Tagen, 8 Stunden , 48 Nilinuten und 38 Sekunden. Zieht man das letz. tre von dem erſten ab : fo iſt der Ueberreſt von 10 Tag gen, 21 Stunden, u Minuten und 22 Sekung

den, welches beynahe, wie inan es im birgerlichen Jahre annimmt, 11 Tage betrågt, der jährliche

Mondzeiger. Auf dieſen kommtes an , die Neu monde, und nach denfelben die Vollmonde verfchiede 1

12

ner Jahre nach einander zu beſtimmen. Deswegen , weil dieß hier eigentlich geſucht wird , iſt nun von den

monatlichen Mondzeigern nicht weiter die Rede : ob man ſie gleich zu der kurz vorher angezeigten Abſiche wiſſen muß.

Da der jährliche Mondzeiger von einem Jahre 1r Tage begreiſt: fo wird er von 2 Jahren, 22, von 3 Jahren 33, oder, weil 30 Tage einen ganzen Schalt

monat ausmachen , und daher wegzulaſſen ſind, 3, in 4 Jahren 14 Tage, und ſo weiter, wenn man nur aller mal, aus dem gemeldeten Grunde, 30 von einer Zahl, die über 30 iſt, wegtåßt, betragen. Hieraus entſtehe folgende Tafel

Die erſte Abtheilung, Tafel der julianiſchen jährlichen

492

.

Mondzeiger. Ordnung Monds Ordnung der Jahre. zeiger. der Jahre. I

3. 4. 5.

67 ..

monds Zeiger.

XI. XXII. III.

10.

12.

XX. I. XII .

XIV . XXV.

13.

XXIII.

14 . 15 .

IV. XV.

16.

XXVI.

II .

8.

VI. XVII . XXVIII.

17.

VIII.

9.

IX.

18 .

XIX.

19.

XXX, das

iſt, o.

Weil ſich nun aus dieſer Tafel zeigt, daß der jährliche Mondzeiger im 19ten Jahre XXX, und alſo, weil dies

re Zahl der Tage einen ganzen Schaltınonat auks macht, nichts, oder o, iſt: ſo muß er im folgenden 203 ten Jahre, da er für ein Jahr allemal 11 Tage betragt, wieder XI ſeyu, und alſo die Tafel mit dem zoten

Jahre immer von vorne angehn. Daher endigt ſich der Zeitfreis der jálrlichen, und zwar bürgerlichen,

Mondjeiger allemal mit dem neunzehnjährigen Monde feitkreiſe, und fängt ſich auch mit demſelbenwieder an . Aus dieſer Betrachtung folgt, daß , wenn man allen Monatstagen, auf welche in der Zeit von 19 Jahren die Neumonde fallen , die Zahl der Mondzeiger, ans

ftatt der goldnen Zahlen, benfügt, eben diefelbe Zahl

der Mondzeiger , durch ein ganzes Jahr hindurch, in allen Monaten den Tag des Neumondes anzeic gen muß.

Allein der neunzehnjährige Mondzeitkreis bringe nach 312 Jahren die Neumonde nicht wieder auf eben den .

mathematiſche Zeitrechnung. : 493 denſelben Tag zurück, ſ. 14. Dadurch werden nach

Verlaufe von 312 Jahren alle Zahlen der Mondzeiger um eines vermindert. Deswegen iſt man genochigt

geweſen , damit die Mondzeiger beſtåndig die Neue monde anwieſen, nicht bloß einen einzigen neunzehn . jährigen Kreis von den jáhrlichen Mondzeigern unter

die Monatstage in dem beſtåndigen Kalender zu ver . theilen, fondern alle 30 Zahlen der Mondzeiger durch das ganze Jahr hindurch zu führen ; ſo daß der Kas lender alle verſchiednen Mondzeigerkreiſe darſtellte.

Auf dieſe Art entſteht dann der beſtåndige gregos rianiſche Ralender ; wenn man den 1 Jenner mit A , und ſo die folgenden Tage mit den folgenden von den ſieben erſten Buchſtaben , als Unterſcheidungszei. chen der Wochentage, bis ans Ende des Jahres nach ihrer wiederkehrenden Ordnung bezeichnet, und dann, nachdem man mit *, anſtatt der Zahl XXX, weil die.

ſe allemal andeutet , daß der Mondzeiger nichts iſt, vom erſten Jenner angefangen hat , die übrigen Zah.

len beſtåndig rückwärts gezählt, als Mondzeiger dabey fekt: jedoch muß man daben auch die Beſchaffenheit der Mondenmonate, da ſie wechſelsweiſe aus 30 und

29 Tagen beſtehn, in Erwägung ziehn, und deswegen wed )ſelsweiſe in den Monaten, nåmlich in dem zweys

ten , vierten , fechſten , achten , zehnten und zirólften Mondenmonate die Mondzeiger XXV und XXIV für einen und eben denſelben Tag anſet

zen ; ferner hat man zu bedenken , daß in einem Kreje re die Mondzeiger XXIV und XXV vorkommen kon.

nen, weswegen man , da doch in 19 Jahren zweene Neumonde nicht auf einen Tag fallen können , den Mondzeiger XXV mit andern , und zwar gemeinen

Zahlen, ( 25), aud, dem vorhergehenden Tage beſchrei ben, und in ſolchem Falle allezeit 25 zum Mondzeiger annehmen muß, wie auch, wann in einem und eben

demſelben Kreiſe der Mondzeiger ſo wohl 26 , als 25, zu

494

Die erſte Abtheilung,

zu Mondzeigern vorkommen , allemal der Mondzeiger 25 , der mit dein Mondzeiger 24 zugleich einem und

eben demſelben Tage beygefiigt ſteht, anzunehmen ift ; und endlich muß man nod) merken , daß bey dem lek.

ten Tage des Chriſtmonates ober Decembers zu dem Mondzeiger XX, der auf denſeiben trifft, auch noch der

Mondzeiger 19 binzugefegt werden muß ; weil der Neu . mond, ro oft als der Mondzeiger 19 mit der goldnen

Zahl 19 zuſammentrifft, welches doch nur ſelten geo ſchieht, auf den lekten December fällt. Eine ſolche Veränderung des julianiſchen Mond. zeigerkreiſes iſt um fo viel nothwendiger geweſen : da nach des Gregors Verbeſſerung das hunderte Jahr dreymal nach einander ein gemeines Jahr bleiben muß, und durch dieſe Weglaſſung des julianiſchen Schalt. tages die Neumonde auf den folgenden Tag geſeßt werden , fo daß alle Zahlen der Mondzeiger um eines großer werden müſſen.

Um nun, allen dieſen Abweichungen gemåß , die rechte Zahl der Mondzeiger von allen möglichen und verſchiednen Kreiſen derſelben jedem Monatstage in dem beſtandigen Kalender benfezen zu können , hat man koin andres Mittel iibrig gehabt, als alle vers

ſchiedne Mondzeigerfreiſe, ſo viele iğrer, nach den da: bey vorkommenden Abweichungen, möglich ſind, zu fu. chen und in einer Tafel vorzuſtellen. Dieß aber hat -keine Schwierigkeit. Denn , da der Mondzeiger des erſten Jenners 30 oder *, das heißt, nichts iſt, und in dem julianiſchen Kalender mit dieſem Mondzeiger die

goldne Zahl 3 zliſammentrifft: ſo müſſen alle übrige Mondzeiger mit allen übrigen goldnen Zahlen nach der Ordnung, wie die Mondzeiger in der oben mitges theilten Tafel der julianiſchen Mondzeiger ſtehen und

die 19 goldnen Zahlen von ſelbſt in ihrer wiederkehrens den Reibe auf einander folgen , und alſo ur mit 4 , 22

mit 5, 3 mit 6 , 14 mit 7, 25 mit 8, 6 mit 9 , 17 mit I,

mathematiſche Zeitrechnung. 495 !

10, 28 mit 11, 9 mit 12, 20 mit 13, 1 mit 14, 12 mit 15, 23 mit 16 , 4 mit 17 , 15 mit 18 , 26 mit 19 , 8 mit I,

19 mit 2 , zuſammentreffen. Schreibt man nun in dieſer Ordnung alle goldnen Zahlen in einer Reihe neben einander , und darunter in eben der Ordnung alle dieſe jenen gemäße Zahlen der julianiſchen Monda zeiger wiederum in einer Reihe neben einander , und rest dann unter eine jede von dieſen lekten Zahlen alle übrigen Zahlen der Mondzeiger in rückwärts fortlau. fender Ordnung jede unter einander an, bis man wie, der auf die Zahl, wovon man angefangen hat, kommt :

po müſſen ſich in allen Reifen der neben einander ſte. henden Zahlen , in jeder ein verſchiedner Mondzeigera kreis von 19 Jahren , und in allen Reihen der unter einander geſekten Zahlen alle für einerlen Jahr des

neunzehnjährigen Mondzeigerkreiſes möglicheund vers ſchiedile Mondzeiger ; folglich in beyden Reihen , der

neben einander und der unter einander ſtehenden Zah . len, zuſammengenommen alle verſchiedne Mondzeigers kreiſe, die nur möglich ſind, finden. Dasheißt dann eine ausgebreitete Tafel der Mondzeiger . Wenn man hiernåchſt zu einer jeden Reihe der nem ben einander ſtehenden Zahlen in der ausgebreiteten Tafel der Mondzeiger , zur Unterſcheidung eines jeden von den neunzehnjährigen Kreifen , verſchiedne Buch : ſtaben rekt; und zugleich daben erwågt, daß die erſte Reihe der neben einander ſtehenden Zahlen den Mond. zeigerkreis darſtellt, der in dem 50oten und folgenden

Jahren Chriſti gúltig geweſen iſt: ſo kann man theils aus der Ordnung, wie die verſchiednen Kreiſe nach eine ander folgen, theils aus der Betrachtung des durch die

Beſchaffenheit des neunzehnjährigen Mondzeitkreiſes ſo wohl, als des durch die verånderte Einſchaltungsart, entſtehenden Unterſchiedes leicht beurtheilen , was für

ein einzelner Mondzeigerkreis in einem jeden Jahrhun derte gelten müſſe. Man darf alſo nur zu einem jeden Jahr:

496

Dic erſte Abtheilung,

Jahrhunderte eben denſelben Buchſtaben, der den für daſſelbe gültigen Kreis in der ausgebreiteten Tafel der

Mondgeiger bezeichnet, reken. Alsdann hat man eine

Gleichungstafel der Niondzeiger , welche die Jahrhunderte anweiſet, in denen ein jeder von den

verſchiednen Mondzeigerkreiſen gilt. Will man alſo wiſſen, was für ein Kreis in einem gewiſſen Jahrhun. berte gültig ren, ohne die vorige Arbeit wieder zu über.

nehmen : fo darf man bloß den neben der Zahl deſſel

ben Jahrhunderts in der Gleichungstafel ſtehenden Buchſtaben merken, und aus der ausgebreiteten Tafel ber Mondzeiger diejenige Reihe der neben einander ſtehenden Zahlen , die mit eben dem Buchſtaben be

zeichnet iſt, für den geſuchten Mondzeigerkreis an nehmen.

Weil es aus den vorhergehenden Vorſchriften, die aus ihren Gründen bergeleitet ſind, leicht iſt, ſo wohl Den beſtåndigen gregorianiſchen Kalender, als die aus. gebreitete Tafel der Mondzeiger und die Gleichungs. tafel derſelben, zu entwerfen : ro habe ich nicht Urſache ſie hieber zu reben.

Es låſt fich ohne das auf ro

ſchmalen Blättern nicht wohl thun : und ſie ſind auch

nach der dadurch beſtimmten Tafel der gregorianiſchen Oſtergrången , die ich bald mittheilen muß, wohl ent. behrlich ; ob ich gleich ihre Einrichtung nach ihren @ ründen hier zu erklären genothigt geweſen bin , da. mit man begreiſen könnte, wie dieſe lekte Tafel daraus herzuleiten fen. Wer ſie inzwiſchen ſehen und nicht Felber entwerfen will, der findet ſie unter andern in

Wolfs Werken m ). Ich habe hier nur noch anzu: merken, daß nach der Art, wie die Mondzeiger durch den gregorianiſchen Kalender vertheilt ſind , die Neu.

monde nach der Kirchen Gewohnheit beynahe um ei.

nen Tag ſpåter, als ſie wirklich fallen , angezeigt wer: den :

m) Element, chronol. ſ. 292, 306.

mathematiſche Zeitrechnung. 497 den : Damit es ſich nicht, wie Clavius i) zum Grunde davon angiebt , einmal zutragen möge , daß der 14te

Tag, der die Oſtergrånze fenn muß, nach dem Neur monde, welchen der Mondzeigerkreis anweiſt , fo weit vor dem mittlern Vollmonde falle, daß , wider dere Schluß der Våter und Kirchenverfaminlung, das

Diterfeft vor dem Offervollmonde gefehert werde. Die Hauptabſicht von dem Gebrauche der Mono

zeiger, oder Epacten, iſt, den Tag des Vollmondes, riach welchem auf den nádyſten Sonntag, dem Sdyluſie

der nicániſchen Kirchenverſammlung gemäß, das Oſter feft fallen ſoll, oder , welches einerley iſt, die Oftev :

grånze , zu finden. Es iſt aber dieſe allemal der Tag des erſten Vollmondes nach der Früblingsgleiche. Nun wird im gregorianifdyen Kalender ſo wohl als im julianiſchen angenommen, die Frühlingsgleidhje falle

beſtändig auf den 2tten März : und der Tag des Voll. mondes iſt der 14te Tag nach dem Neumonde. Wenn

man daher den für ein gewiſſes Jahrhundert gültigen Mondzeigerkreis in der ausgebreiteten Tafel der Mond.

zeiger , nach Unweiſung der Gleichungstafel aufſuche, und die für ein jedes Jahr deſſelben Kreiſes gültigen Mondzeiger daraus annimmt: po darf man nur zu

dem Tage, wozu der Mondzeiger" eines jeden Jahres von dem Kreiſe gehört, und der in den Mårz fällt, vierzehn Tage hinzufeßen ; und der 14te Tag wird als.

dann die Zahl derOſtergranje geben. Auf dieſe Are kann man alſo nicht nur eine Tafel von den für ein

jedes Jahr des neurizehnjährigen Kreiſes' gehörigen Mondzeigern, ſondern auch eine Tafel der einem jeden

Mondzeiger in dem neunzehnjährigen Kreiſe gemäßen Oſtergrången der gregorianiſchen Jahre entwerfen.

Jedoch, die erſte Tafel läßt ſid) ebenfalls unmittelbar aus

11 ) Explic, calend. a Gregorio reſtituti C. 11. 8.5. 1. Cheile gi

Die erſte Abtheilung ,

498

aus der oben mitgetheilten Tafel der julianiſchen Monde zeiger, wie ſie bloß für das gegenwärtige und folgende Jahrhundert gültig iſt, verfertigen. Denn da in dem gregorianiſchen Jahre 11 Tage weggelaſſen ſind : fo darf man von einem jeden julianiſchen Mondzeiger

nur 11 abziehn und * für die Zahl XXX, die nichts zum Mondzeiger giebt, anſeßen ; dann giebt der Uebere reft die folgende

Tafel der gregorianiſchen jährlichen Wijond , Zeiger von 1700-1900.

Ordnung derJahre.

Monds zeiger.

Ordnung vonds

der Jahre. zeiger. II .

XX.

2

XI.

12 .

I.

3

XXII.

13.

XII.

III.

14.

XIV , XXV.

15. 16 . 17-

XXIII IV . XV .

4. 5. 6. 7 8

9 10

VI.

XVII, XXVIII. IX.

18 .

19.

XXVI, VII . XVIIJ.

Zu dem Lage des Mlårzes, auf welchen eine jebe

Zahl von dieſen Mondzeigern fållt, feßt man , weil ſie Tage des Neumondes ſind, 14 Tage hinzu. So bes

kömmt man , nebſt den lInterfdheidungsbuchſtas ben, die

Tafel

mathematiſche Zeitrechnung. 499 Tafel der gregorianiſchen Oſtergrånzen , die von 1700 bis 1900 gilt.

Ordnung

Oſters Ordnung

Oſters

der Monda

gråns der Monds

gráns

zeiger. XI. XXII. III.

zen.

13te Upril. E. 2te April. A.

22te Mårz.D. fote April. B.

zeiger.

24te Mårz F.

I. XII. XXIII . IV .

12te Upril. D.

30teMårz.E. 18te April.C ., 7de April . F.

XXVI.

XXVIII.

27te März.B. 15te Upril.G .

VII. XVIII.

IX.

4te April.C .

XIV .

XXV. , VI. XVII .

zen .

XX .

ite April. G. 21te März C. gte April. A.

XV. , 2gte März D. 17te pril . B. 6te pril. E.

26te Mårz.A.

Will man dieſe Eafel zu der Abfide, wozu ſie dies nen ſoll, gebrauchen: ſo muß man für ein jedes Jahr

Chriſti den ihm gemäßen gregorianiſchen Mond zeiger finden können . Man kann ihn aber aus dem

julianiſchen leicht finden . Deswegen iſt es nöthig, die Regeln, nach welchen beyde zu ſuchen ſind, hier zu erklären und zu beweiſen. Ein jedes Jahr in dem

neunzehnjährigen Mondzeitfreiſe hat ſeinen eignen Mondzeiger. Folglid) muß man vor allen Dingen wiſſen , das wie vieleſte Jahr in dem Mondzeitkreiſe ein gegebnes Jahr Chriſti ſen : wenn man für daſſelbe

den Mondzeiger finden will. Die goldne Zahl weilt dieß an. Alſo iſt die erſte Regel, daß man für das gegebne Jahr Chriſti, nach der oben , S. 14 , dazu gea

gebnen Vorſchrift, die goldne Zahl ſudje. Nun iſt aber der Mondzeiger eines Jahres 11: und in 19 Jah. ren kehren die Mondzeiger in eben derſelben Drdnung wieder. Jus dem erſten folgt, daß wenn man den Mondzeiger von mehrern Jahren haben will, man 11,

als den Mondzeiger eines einzigen Jahres, ſo oft neha SI 2

men

500

Die erſte Abtheilung,

men muſſe, als die Zahl der Jahre, für die man ion ſucht, beträgt: aus dem andern , daß man eben die !

Zahl u nur ſo oft nehmen dürfe, als die Zahl des ges gebnen Jahres in dem neunzehnjährigen Mondjeit Freife Jahre begreift; weldjes durch die goldne Zahl

angewieſen wird. Daher iſt die zwote Reget, daß man die gefundne goldne Zahl des gegebnen Jahres Chriſti durch ir multiplicire. Nach der Anwendung dieſer Regel ſind zweene Fälle möglich, die nochwendig zu unterſcheiden find. Es iſt entweder die hiedurch gefundne Zahl kleiner, als 30 : oder ſie iſt größer. Wenn ſie kteiner iſt, als 30, über welche die Zahl der Mondzeiger nicht ſteigen kann : ſo iſt ſie ſchon ſelbſt

der julianiſcheMondzeiger für das gegebne Jahr Chri. ſti; weil aus dem geführten Beweiſe der znoten Ree gel crhellt, daß eigentlich nichts mehr nöthig iſt, ihn zu finden. Wenn aber die nach der zwoten Regel zum Producte gefundne Zahl größer iſt, als 30 : Po muß der geſuchte Mondzeiger zwar, aus dem eben an:

gezeigten Grunde, darinn liegen ; jedoch die Zahl ſelbſt iſt für die beſtimmte Anzahl der Mondzeiger zu groß .

Da nun der Mondzeiger 30 nichts, oder o, iſt: fo muß man von der gefundnen Zahl , oder dem Producte, fo vielmal 30 wegnehmen, als es darinn ſteckt, und den

iteberreft fir den geſuchten julianiſchen Mondzeiger er Fennen .

Folglich muß man daſſelbe Product in die.

fem Falle durch 30 theilen : fo findet man in dem Ueberreſte nach der Theilung den geſuchten Mondzei. ger. Die Vorſchrife für dieſe beyden Fålle macht die dritte Regel aus , den julianiſchen Mondzeiger für ein jedes Jahr Chriſti zu finden, und erfüllt diere 26.

Ficht.

Aus dem julianiſchen Mondzeiger lehrt hier.

nächſt die Betrachtung der Verſdriedenheit des julias niſihen und gregorianiſchen Jahres aud) den gregorianiſchen Mondgeiger zu beſtimmen : ſo weit es zum Gebrauche der mitgetheilten Tafel der grego, riani:

1

mathematiſche Zeitrechnung.

50p

ríaniſchen Oſtergrången norhig iſt. Im 1582ten Jahre Chriſti wurden auf Gregors Des XIII Verordnung zehn Tage aus dem julianiſchen Jahre weggeworfen, und dadurch alle Neumonde um eben ſo viele Tage fpåter gefegt. Ferner müſſen ſie nach Verlauf eines jeden Jahrhundertes, wenn das hunderteſte Jahr, das

im julianiſchen Jahre allemal ein Schaltjahr iſt, im gregorianiſchen Jahre ein gemeines Jahr bleibt, noch um einen Tag ſpåter fallen.

Aus dieſen Urſachen

muß gegenwärtig jeder julianiſcher Mondzeiger für eis nen jeden gregorianiſchen um 11 zu groß ſeyn. Folglich muß man von jenem gegenwårtig i abziehn : gleidy wie man vorher , ehe durch die Unterlaſſung der Ein fchaltung in den hunderſten Jahren ein Tag mehr, als vorher durd) die Wegwerfung von zehn Tagen geſcha he , weggelaſſen war , nur 10 abziehn durfte. Wenn aber die Zeit, um welche die Mondzeiten früher fallen,

als ſie in dem neunzehnjährigen Mondzeigerkreiſe an geſetzt werden , einen ganzen Tag betragen wird : lo muß biedurch wiederum eine Veränderung entſtehn. Man hat alſo, die gregorianiſchen Mondzeiger aus den julianiſchen zu finden , keine andre als dieſe durch eine Beoingung eingeſchränkte Regel, daß man,

fo lange die Vorrůckung der Mondzeiten noch keinen ganzen Eag ausmacht, von den julianiſchen Mondzei.

gern nur die Zahl der Tage, um welche der Anfang des gregorianiſchen Jahres von dem Anfange des ju lianiſchen entfernt iſt, abziehe, und wenn die Zahl der julianiſchen Mondzeiger zu klein dazu iſt, vorber zu derſelben 30, als die Zahl der Mondzeiger, die nichts ift, hinguſeke, um in dem Ueberreſte die gregoriania fchen Mondzeiger zu bekommen. Es ſeyy das gegene

wärtige 176zte Jahr Chriſti gegeben, den julianiſchen Mondzeiger und aus dieſem den gregorianiſchen für daſſelbe zu ſuchen. Die goldne Zahl dieſes Jahres iſt 16.

Man multiplicire dieſelbe mit u. Das Proc

Ji3

duct

Die erſte Abtheilung,

502

Duct 176 enthält den geſuchten julianiſchen Mondzeiger. Weil es aber für die Anzahl der Mondzeiger zu groß iſt: ro theile man es durch 30.

Der Ueberreſt nad

dieſer Theilung, 26, iſt der julianiſche Mondzeiger des gegenwärtigen 176zten Jahres. Will man nun dar. aus den gregorianiſchen Mondzeiger eben deſſelben Jahres beſtimmen : ſo ziehe man von dem juliani. fchen die Zahl der Tage ab, um welche der Anfang des gregorianiſchen Jahres von dem Anfange des juliani. ſchen abweicht: weil die Bedingung, unter welcher

dieſe Regel gilt, gegenwärtig noch Statt findet. Dieſe Zahl iſt 11. Zieht man diefelbe von 26, dem vorherges

fundnen julianiſchen Mondzeiger ab : ſo iſt der Uebers reſt, 15, der gregorianiſche Monozeiger des gegenwärti gen 1763ten Jahres.

Da die gegebne Regel, den gregorianiſchen Mond. zeiger zu finden, nicht långer gilt, als die dabey vorauss gerekte Bedingung Plak hat : ſo iſt ſie nicht beſtån. big . Will man eine beſtandige baben : ſo muß man

die oben beſchriebne ausgebreitete Tafel der Mondzei. ger und die Gleichungstafel derſelben zu Hülfe neh men. Wenn man dann nur die goldne Zahl eines ger

wiſſen Jahres Chriſti gefunden hat: ſo iſt nichts weis ter nöthig , als die Zahl des Jahrhundertes in der Gleichungstafel aufzuſuchen , den darinn beygefügten Buchſtaben, welcher den für daſſelbe Jahrhundert gul tigen Mondzeigerkreis in der ausgebreiteten Tafel an . weiſt, in dieſer lekten Tafel ebenfalls aufzuſuchen, und

in dem Mondzeigerfreiſe, der mit ſolchem Buchſtaben bezeichnet iſt, ſo weit gegen die Rechte fortzurücken , bis man auf den Mondzeiger komme , der gerade unter

1

der gefundnen goldnen Zahl des beſtimmten Jahres ſteht. Dieſer iſt allemal der geſuchte gregorianiſche Mondzeiger: wie aus der Einrichtung der ausgebreis teten Mondzeigertafel, und ihren Gründen , klar er. Hellet. Hat 1

mathemnatiſche Zeitrechnung. - 503 Hat man erſt den gregorianiſchen Mondzeiger eie nes Jahres Chriſti gefunden: ſo iſt keine Schwierige feit mehr, aus deinſelben das gregorianiſche Oſterfeſt auf eben die Art, wie man das julianiſche aus der golde

nen Zahl zu ſuchen angewieſen iſt, durch die Tafel der gregorianiſchen Oſtergrånzen zu beſtimmen . Es gelo ten hier eben dieſelben Gründe und Regeln : die ganje Verſchiedenheit beſteht in der Vertauſchung der gold: nen Zaglen gegen die Mondzeiger. Nachdem man den gregorianiſchen Mondzeiger für ein gegebnes Jahr nach einer oder, der andern kurz zuvor angewiesnen Vorſchrift gefunden hat, ſuche man zunächſt den Sonntagsbuchſtaben eben deſſelben Jahres , um dar. aus zu urtheilen , auf den wie vieleſten Tag nach dem

Tage des Vollmondes , welcher die Oſtergranze iſt, das Oſterfeſt fallen müſſe : dann ſuche man in der Ta.

fel der gregorianiſchen Oſtergrången den vorher gefunds nen Mondzeiger auf und nehme den daneben ſtehen den Monatstag für die Oſtergranze, den ebenfalls oq bey geſekten Buchſtaben aber für den Unterſcheidungsa buchſtaben deſſelben Tages an. Dieſen Unterſcheis dungsbuchſtaben vergleiche manendlich mit dem Sonne tagsbuchſtaben , weil das Oſterfeſt allemal auf den er

ſten Sonntag nach der Oſtergrånze fallen muß : ro ſieht man, wie viele Tage noch zu der Oſtergrånze hins zuzufeßen ſind, damit înan den Oſtertag ſelbſt bekoms

me. Der gregorianiſche Mondzeiger z. B.des gegens wärtigen 1763ten Jahres Thriſti iſt 15 : der Sonns tagsbuchſtab eben deſſelben iſt B. Man fuche den

Mondzeiger, 15, in der Tafel der gregorianiſchen Ofter grånzen auf: ro findet man neben dieſer Zahl den

29ten Mårz, als die Oſtergranje, und D , als den Uns terſcheidungsbuchſtaben derſelben Tages ,_beygefügt. Vergleicht man nun dieſen Buchſtaben D mit dem

Sonntagsbudyſtaben des gegenwårtigen 1763ten Jah. res : ro zeigt ſich, daß zu dem 29ten Mårze noch 5 Tage Ji 4

bis

1

504

Die erfte Abtheilung,

bis auf den Dſtertag hinzuzufeßen ſind ; weil von D bis auf B ſo viele folgende Buchſtaben , E, F, G , A, B, für die Wochentage ſind. Alſo fällt das gregoriani:

fehe Oſterfeſt in dieſem Jahre auf den zten April. .

Uebrigens iſt auch hier die Erinnerung zu behalten , daß, wenn die Oſtergrånze ſelbſt ein Sonntag iſt, das Oſterfeſt erſt acht Tage darnach fallen inúſſe. Ob nun gleich Gregor der XIIIte zuerſt die Mond. zeiger zur Beſtimmung der Neu- und Vollmonde, fonderlich des Oſtervollmondes, in die Kalender einges führt hat : ſo muß man doch nicht glauben, daß der

Mondzeigerkreis nicht vor ihm oder ſeinen Rathge. bern bekannt geweſen ſeyn ſollte.

Denn Anatolius,

der Biſchof von Laodicea, der in der lezten Hälfte des zten Jahrhunderts lebte, hat nach des Euſebius o )

Zeugniſſe, ſchon den neunzehnjährigen Kreis gebraucht, und den Mondzeigerkreis des Dionyſius, der ihn von den Alexandrinern angenommen hatte p) , kat Beda aufbehalten. Man kann auch von dem Äls ter der Mondjeiger den Calviſius q) leſen. Zu Gre. gors Zeiten ſind ſie nur dem gregorianiſchen Jahre, in der erwähnten Åbſicht, gemäß eingerichtet worden. Es zeigt ſich endlich aus den bisher gegebnen Er. klärungen des gregorianiſchen falenders leicht, daß er mit gutem Grunde dem julianiſchen vorgezogen wird . Deswegen aber iſt er doch nicht ohne Fehler : wie

ſelbſt die Urheber deſſelben, unter andern Clavius, geſtehn.

Von allen Mångeln ausführlich zu bandeln,

würde meiner Abfidyt zuwiderlaufen. Ich will nur einige 0) Hift. eccleſ. Lib. V. Vid . Petau, de do & r. temp. Lib . VI . C. 1. p . 514 .

p) Petau. 1.c. Lib . VI. C. 1, 11. p. 514fqq. et Lib. VI. C. 22. P: 594

q) Elench.calend. Gregor. C. 13 .

#

mathematiſche Zeitrechnung. 505 einige der vornehmſten, die der Freyherr von Wolfr) angemerkt hat, berühren. Es kann durch die grego. rianiſche Einſchaltung nicht vermieden werden, daß die

Frühlingsgleiche nicht bisweilen von dem azten März bis auf den 19ten zurückweiche, und bisweilen über den 23ten hinauslaufe. Alſo kann der Vollmond, der auf den 20 März trifft, bisweilen wirklich der Oſtervolle mond ſeyn, und wird nach dem gregorianiſchen Ka.

lender, wobey vorausgeſekt voird, daß die Frühlingse gleiche erſt den 21ten März einfalle, doch nicht dafür

angenommen . Im Gegentheile kann nach dem gree gorianiſchen Kalender bisweilen, wann die Frühlings. gleiche erſt mit dem 23ten März kommt, der Vollmond des 22ten für den Oſtervollmond angeſehen werdens #

da er doch in dieſem Falle noch vor der Frühlingsglei. che einfällt, und es daher nach dem Schluſſe der nica .

niſchen Kirchenverſammlung nicht ſeyn ſoll. Uus ei. nem jeden dieſer benden Fälle entſteht eine Jerung in der Oſterfeyer. Denn, wenn der Vollmond, der auf

den 20ten März fällt, nachdem des vorhergehenden

Tages die Früßlingsgleiche geweſen iſt, nicht für den Ditervollmond angeſehen wird ; fo feyert man das Aterfeſt in dem Monate der Unreinen : wird aber

der 22te Mårz zu der Zeit , da die Frühlingsgleiche erſt auf den 23ten fällt, für den Tag des Oſtervollmon:

des angenommen ; ſo begeht man das Oſterfeſt in eis nem Jahre zweymal. ' Dieſe Fehler entſtehp aus der

irrig angenommnen Meinung, daß die Frühlingsgleis che beſtåndig den 2iten März tráfe.

Noch andre ent.

ſpringen aus der Art und Weiſe, wie durch den Mond. zeigerkreis die Vollmonde berechnet werden. Dieſe

Berechnung beruhet auf den mittlern Vollmonden, welche bisweilen einige Stunden früher, bisweilen ſo viel ſpåter, als die wahren Vollmonde, einfallen koni. nen . Ji 5 r) Element. Chronol. . 313.

,

506

Die erſte Abtheilung,

nen. Hieburch kann es geſchehen , daß eines Theils der Oſtervollmond, der wirklich auf einen Sonnabend

fällt, durch den Mondgeigerkreis auf den Sonntag, und andern Theils der Vollmond, der eigentlich den

Sonntag trifft, durch den erwähnten Kreis auf den Sonnabend geſeßt wird. Wenn aber der Oſtervolle mond von dem Sonnabende auf den Sonntag fortges růckt wird : fo fenert man Oſtern acht Tage ſpåter, als es geſchehen ſollte ; weil in ſolchem Falle erſt der näch .

fte Sonntag darnach der Oſtertag feyn muß. Wird er hingegen von dem Sonntage, worauf er eigentlich fällt, auf den Sonnabend zurückgelegt: ſo begeht man bas Oſterfeſt, wider den Schluß der nicániſchen Kirs chenverſammlung, an dem Tage des Vollmondes felbſt mit den Juden und Quartadecimanern . Mehr iſt

nicht nöthig, hier anzuführen. Wer inzwiſchen noch mehr wiſſen will, der kann den Franz Vieta s), Jof.

Juſt. Scaligert) und Seth. Calviſius u) leſen, und damit die Gegenerinnerungen des Chriſtoph Clavius, ſo wohl wider Vieta x ) als Scaligern y ), des Paul Guldins z) wider Çalviſen , und noch

des Dion. Petavs a ) wider Scaligern , zuſam . menhalten . Nur von dem Vieta will ich noch ans merken, daß er, in der angeführten b) Schrift, der

Unordnung des Kalenders durch ſeinen neuen Monde zeitfreis s) In der relat. Calendarii Gregor, t) In elench. et caftigat, anni Liliani, die er mit Hippo

lyti canon, paſchal. berausgegeben hat. u) In dem Elench, Calendar, Gregor. Francof. ad M. 1612. (4),

x ) In der explicat. Calend . Gregor. C. 24.

y) In reſponf. ad elench. Scalig .Mogunt,1609 ( 4 ). z) In refutat, elenchi Caluil.Mogunt, 1616 (4).

- a) De doctr. temp. Lib. V. C.4f99. p. 412 ſqq. b) Man ſebe auch feine Canones inCalendar. Gregor. perpet.

inathematiſche Zeitrechnung.

507

geitfreis von 3100 julianiſchen Jahren beſſer abzuhel. Fen ſuchte. Dieſer Kreis beſteht aus 1241850 Tagen, und begreift 42053 Mondzeiten. Nun iſt wahr, daß, wenn man ihn nach den oben G. 12. gegebnen Regeli prüft, und die Größe eines Mondenmonates nach den

neueſten Berechnungen dazu annimmt, die Abweie chung ſo vieler Mondzeiten von der Zahl der Lage in 3400 julianiſchen Jahren durch ſeinen ganzen Verlauf nur 3 Minuten , 38 Sek. und 43 Terzien , um welche 42053 Mondzeiten långer ſind, betragt : daher würde eine ſehr lange Zeit erfordert werden , ehe die Ubweichung merklich werden und einen Tag ausmas chen könnte. Allein, da ben dieſem Kreiſe, außer den Schwierigkeiten, die mit ſeiner Weitläuftigkeit noth.

wendig verbunden ſind, das falſche julianiſche Jahr zum Grunde liegt : ro gehört er zu den vergeblichen Verſuchen, wovon ich oben geredet habe ; weswegen

ich ihn hier, wo die beſte Gelegenheit, deſſelben zu gee denken, geweſen iſt, anführe. Die Einwendungen , welche ſich mit Grunde wia

der den gregorianiſchen Kalender machen laſſen, håre

ten die proteſtantiſchen Reichsſtände ſchon für ſichbea wegen können , ein beßres Húlfsmittel zu ſuchen , wenn

ihnen auch die nöthige Behutſamkeit, ihre Freyheie wider die Eingriffe des Pabſtes zu bewahren, da er in dem Briefe vor der Ausgabe ſeines Kalenders die

chriſtlichen Fürſten nicht allein ermahnte, ſondern ih, nen auch befahl, fein verbeſſertes Jahr anzunehmen c ),

nicht noch mehrere Bewegungsgründe gegeben gåtte, Rich die påbftliche Verbeſſerung nicht gefallen zu laſe ſen. Uis daher auf dem Reichstage zu Regensburg im 1699ten Jahre, den 23ten September die Verbef

ferung des Jahres, welche im 170oten Jahre vollzogen ward

c) Clauius , explicat. Calendar, Gregor. gleich zu Uns fange.

508

Die erſte Abtheilung,

warb, und wovon ich ſchon an ſeinem Orte gerebet babe, von den evangeliſchen Stånden beſchloſſen wur : de: fo machten ſie auch über die Einrichtung des Ka. lenders den Schluß, daß, nachdem im 1700ten Jahre die eilf überflüßigen Tage nach dem 18ten Februar,

auf welchen der Matthiastag verlegt ward , weggelaſ fen waren, in Zukunft die Oſterberechnung weder nach der julianiſchen noch gregorianiſchen Weife geſchehu , ſondern ſo wohl die Frühlingsgleiche als der Oſtervoll mond durch die Rechnung der Sternkundigen beſtiinmt werden ſollte; daß der auf dieſe Art eingerichtete Ka.

lender der verbeſſerte heißen ſollte; und daß die Mathematiker Sorge tragen ſollten , den Mißbrauch der Sternbeuterey in den Kalendern zu . verbåten .

Nach dieſem Schluſſe. ward dann der verbeſſerte Ralender derjenige, in welchem die Frühlingsgleiche

und der Oſtervollmond, nebſt den davon abhangenden beweglichen Feſten , durch die Berechnung der Stern.

kundigen nach den rudolphiniſchen Tafeln bes ſtimmt werben. Ich reze fo wohl hier , als bey den

vorher erklärten Arten, den oben gegebnen allgemeinen Begriff von dem Kalender billig voraus.

Bey der Einführung des verbeſſerten Kalenders ward zugleich die gregorianiſche Verbeſſerung des Jah. res ſo lange angenommen, bis die Långe des Sonnen . jahres durch Beobachtungen genauer feſtgefegt wer. den möchte, und man ſich dann mit den Römiſchka .

tholiſchen über eine bequemere Einſchaltung verglei. chen könnte : damit die Verſchiedenheit in den Rech . nungen der Monatstage feine Jrrung weiter machte.

Denn die Rechnung der Tage des Jahres kòmmtnun in dem verbeſſerten und gregorianiſchen Kalender über. ein. Die Kufſen nebft liefand ſind unter den Chri. ften in Europa gegenwärtig die einzigen , welche ben

dem alten Kalender bleiben : nachdem auch Schmes den

mathematiſche Zeitrechnung. -509 den 1752 dem Benſpiele von England gefolgt iſt, und den verbeſſerten angenommen bat.

Nunmehr iſt alles, was von der Verſchiedenheit der chriſtlichen Kalender zur Geſchichte zu wiſſen dienu lich feyn mag, vor Augen gelegt.

Aus eben diefen

Vorſtellungen aber läßt ſich zugleich die Verfertigung einer jeden Art derſelben ſo leicht begreifen , daß ich

wegen dieſer genauen Verbindung der Sachen mich

nicht entbrechen kann, aus dem Vorhergehenden die dazu nochigen Folgen zu ziehn. Der allgemeine Bee griff von einem Kalender lehrt, daß in demſelben alle Tage eines jeden Jahres , wofür er gelten foll, nach

Bochen und Monaten durch die Unterſcheidungszeie chen der Zeitrechnung beſtimmt werden müſſen. Die natürlichen Unterfcheidungszeichen von dem Laufe der Sonne und des Mondes , find die nochwendigſten . Man muß daher, einen Kalender zu entwerfen , vor allen Dingen zuerſt den Stand der Sonne und das Mondes für alle Tage des Jahres entweder nach den

Regeln der Sternkunde berechnet haben , oder, wenn man dieß nid )t thun will oder kann , ihn aus den Tag gebüchern der Sternkundigen nehmen . Weil nun

ferner die Tage nach Wochen und Monaten unters ſchieden werden müſſen : ſo iſt das nächſte , daß man theils die Zahl der Tage eines jeden Jahres nach dem

Unterſchiede der gemeinen und der Schaltjahre feſta reße, und zu dem Ende nach den oben dazu gegebnen

Regeln unterſuche, ob es ein gemeines oder einSchale jahr fery, damit man dieſem Unterſchiede gemäß die Tage nach der bekannten Långe eines jeden Monates

in Monate eintheiten könne, theils durch den Son . nenzeitkreis, wie dazu die Regeln ebenfalls im Vors hergehenden erklärt ſind, den Sonntagsbuchſtaben be

ſtimme, und nach demſelben die Lage des ganzen Jah res inWochen theile. Wenn dieß geſchehen iſt: la muß man weiter in einem julianiſchen Kalender durch

510

Die erſte Abtheilung,

purch die goibne Zahl, in einem gregorianiſchen durch die Mondzeiger, und in einem verbeſſerten durch die Berechnung nach den rudolphiniſchen Tas feln, den Oſtervollmond und den Tag des Oſterfeſtes ſuchen, und anzeichnen, dem Oſterfeſte gemåß die bes weglichen Feſte vor und nach demſelben in der Orda nung, die oben angewieſen iſt, anſeßen , und die unbe. weglichen Feſte ihrem beſtåndigen Tage nebſt den Nas men, die iğnen zukommen , beyfügen. Die Benen .

nung der übrigen Lage nimmt man ben den Katholia ken aus den vorigen Kalendern, wie ſie darinn einmal beſtimmt iſt: bey den Proteſtanten iſt ſie der Willfúr des Verfaſſers überlaſſen ; in ſo weit nichts durch lans desgeſeke vorgeſchrieben feyn mag. Hiernachſt iſt endlich nichts mehr übrig, als einem jeden Tage den vorher entweder nach den Regeln der Sternkunde ge. fundnen oder aus den Tagebüchern der Sternfundia

gen genommnenStand der Sonne und des Mondes, nebſt bender Uufgange und Untergange, und der láns ge des Tages und der Nacht ſo wohl, als der Mor.

gen- und Abenddemmerungen, wie auch den verſchiede nen Schein der Planeten oder Jrrſterne benzuſchreie ben ; an dem gehörigen Orte die vornehmſten Monde

wandlungen, den Eintritt der Sonne in die vier Haupce ſtufen ihres Jauffreiſes, oder die Sonnenwenden und

die Tages und Nacht Gleichen, und den Aufgang ſo wohl als lIntergang der Planeten und vornehmſten

Firſterne, ſonderlich denjenigen , wann ſie aus den Sonnenſtrahlen Hervorrücken, oder ſich unter dieſelben

verbergen , welchen man den heliakiſchen nennt, an . zumerken ; und zulegt einen Anhang von kleinen Bes trachtungen über die vier Jahrszeiten, über die Finſtera

niſſe und andre Erſcheinungen an den Himmelsföre pern hinzuzulegen. Die Dauer der Demmerungen, frühe und Abends, den Aufgang der Sonne nebſt iha rem Untergange, und die Långe der Tage und Nachte barf

mathematiſche Zeitrechnung.

511

darf man bloß aus dem Kalender eines Jahres aba ſchreiben : indem der Unterſchied darinnen in verſchieda

nen Jahren ſo klein iſt, daß er in dem bürgerlichen Leben nicht geachtet werden darf. Zu einem eigentlia

chen Kalender gehört nicht mehr, als was ich bisher >

21

-3

angeführt habe : am wenigſten zu einem verbeſſerten Kalender ; da von demſelben die Sterndeuterey gånze lich ausgeſchloſſen ſeyn ſoll. Jedoch hat es der Übers

glaube des gemeinen Volkes zur Gewohnheit gemacht, noch etwas davon, fonderlich die fchwankenden Vors

Herverkündigungen des Wetters, benzubehalten. Die Perfaſſer der Kalender folgen darinn theils ihren Vorgångern, theils ihren Muthmaßungen,welche ſie mit Fleiße ſo ungewiß , weil ſie es in der That ſind, anſegen, daß man ſehr ſelten genau erkennen kann, ob ſie recht oder unrecht gemuthmaßet haben. Von allen andern und nicht chriſtlichen Kalendern genauer zu reden ,iſt nicht nöthig : da ſie ſich nach den

vornehmſten Stücken aus der im Vorhergehenden an: geführten Beſchaffenheit ihrer Monate und Jahren und aus der ebenfalls ſchon erklärten Vergleichung der verſchiednen Jahre leicht beurtheilen laſſen. Aber

das júdiſuhe Jahr, welches die neuern Juden für das alte unterſchieben wollen, muß deswegen noch etwas

näher, nach ſeiner wahren Beſchaffenheit und Einrich tung vorgeſtellt werden ; weil man es in die ältere Zeite rechnung eingemiſcht hat : damit man einſehen könne, wie wenig es ſich dazu ſchicke. Und zu dem Ende muß ich hier die erheblichſten Dinge, die zur Einrich tung des jüdiſchen Kalenders gehören , auch erklären .

Die Juden ſeßen ihre Jahrzahlgrånze von Ers fchaffung der Welt, ſo wie ſie überhaupt bey der Vers faſſung ihres Jahres, aus Unwiſſenheit oder Abere glauben , viel Willkürliches angenommen haben, in

das Jahr vor der Schöpfung. Dieſer ZeitZaben ſie von dem Ausdrucke B. X70ſ. I. 2, wo es heißt, daß die

512

Die erſte Abtheilung,

die Erde wüſte und leer war, und das Hebräiſche Wort Tobu , welches Luther durch wüſte úberfekt hat, vorkommt , den Namen des Tobu gegeben : gleichwie verſchiedne Zeitrechnungskundige unter den

Chriſten ſie das chaotiſche Jahr nennen ; weil man in eben denen Worten die Beſchreibung des Chaos over des ungebildeten und vermiſchten Klumpens von unſrem Erbballe zu finden glaubt. Einen jeden neu ,

mond aber haben die Juden Molad, die Geburt, nämlich des neuen Lichtes genannt.

Weil fie nun den

Anfang ihrer Fahrrechnung in den October des Jah

res vor der Schöpfung feben : ſo iſt ihr Molad Tos bu der Neumond ihres vor der Schöpfung angenome menen Jabres, der auf den 7den October, 5 Stung den und 204 Gelakim des 953ten Jalres von dem julianiſchen Umlaufskreife fällt. Dieß Jahr iſt nach der gemeinen Jahrrechnung das 376ite Jahr vor Chría fti Geburt: weil nach derfelben Rechnung das 4714te Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes das erſte Jahr Chriſti iſt.

Schon oben, $. 8, iſt die Einrichtung des jüdia ſehen Jahres nach der Folge und Långe ihrer Monate vorgeſtellt worden. Auch iſt bereits eben daſelbſt ere innert, daß ſie ibre Sdaltjahre durch einen neunzelne

jährigen Kreis feſtzuſeken geſucht haben. Man muß

daher, die Tage ihrer Jahre beftimmen zu können , wiſſen, welches die außerfte Grånze dieſes Kreiſes ſeyy.

Sie fangen ihn von dem igt erklärten violad Tohir

an . Alfo -iſt der steunzehnjährige Rreis der Jus den , wenn man die im Vorhergehenden ſchon ange gebnen Beſtimmungen noch hinzufekt, ein wiederkeh. render Kreis von 19 Jahren, der ſich von dem 170 . lad Tohu anfängt, und worinn allemal das zte, 6te, 8te, ute, 14te; 17te und 19te Schalejahre, die übrigen

aber gemeine Jahre ſind. So iſt es nach Gamas liels Regeln feſtgefeßt. Hieraus erkennt man, daß ein

mathematiſche Zeitrechnung.

513

ein jeder von ihren neunzehnjährigen Kreifen aus 12 gemeinen und 7 Schaltjahren beſteht. Es hat aber nach der jüdiſchen Rechnung ein gemeines Jahr 354

Tage, 8 Stunden und 876 Belakim : ein Schalts jahr hingegen 383 Tage , 21 Stunden und 589

Selakim. Wenn man daher die Långe des gemei.

2

ty

nen Jahres durch 12 , als die Zahl der gemeinen Jah. re in dem 19jährigen Kreiſe, und die Långe des Schalt jahres durch 7, als die Zahl der Schaltjahre in dem . felben Kreiſe, vermehrt oder multiplicirt ; und dann bende Producte zu einer Summe fammlet: ſo zeigt

ſich, daß der neunzehnjährige Kreis derJuden ſichauf 6939 Tage, 16 Stunden , 595 Selakim beläuft; da hingegen 30 julianiſche Jahre 6939 Tage, 18 Stunden betragen. Folglich iſt der jüdiſche Kreis 1

11



um 1 Stunde und 485 Selakim fürzer. Dieß muß man wohl merken, wenn man jüdiſche Jahre mit ju. lianiſchen vergleichen will: auch muß man ſich zugleich

deſſen, was oben, S. 4, von den Selakim , oder chale dàiſchen Skrupeln ,geſagt iſt, erinnern.

Zur Beſtimmung der Tage eines jüdiſchen Jah. res muß man nothwendig ein Mittel haben, die über. fdzůßigen Lage, Stunden zc. úberdie ganzen Wochen in allen bis auf ein gewiſſes Jahr verſloßnen neun.

zehnjährigen Kreiſen , einzelnen Jahren und Monaten zu finden. Was für ein Mittel kann dieß wohl ana ders ſeyn , als daß man feftfege, wie viele Tage, Stun. den und Helafim úber ganze Wochen in einem einzele nen Monate, einem einzelnen Jahre und einem neune zehnjährigen Kreiſe ſtecken : wenn alle dieſe Zeitbe. griffe nach ihrer der Sternfunde gemäßen Größe, wie fie die Juden annehmen , betrachtet werden ? Deswes gen hat man den Ueberſchuß eines Zeitbegriffs, in feia ner der Sternfunde, jedoch nur nach der jüdiſchen Meinung , gemäßen Långe, über ganze Wochen ein

Unterſcheidungszeichen deſſelben Zeitbegriffs 1. Theil.

KE

genannt.

514

Die erſte Abtheilung ,

genannt. Und hieraus verſteht man von ſelbſt, as

Das Unterſcheidungszeichen eines Monates , eines Jahres, eines neunzehnjährigen Kreiſes.c . Heiße : man darf dieſe befondern Zeitbegriffe nur fiatt des allgemeinen Namens in der eben gegebnen Era klärung reken.

Wenn man nun die Große eines jeden Zeitbes

griffes der Sternkunde gemåß, nach der Juden Mei nung, durch ſieben , als die Zahl der Wodyentage, theilt : ſo findet man in dem Ueberſchuſſe das Unter.

ſcheidungszeichen eines jeden. Ein Monat beſteht ben ben Juden, nach ihrer Sternkunde, aus 29 Tagen , 12 Stunden und 793 Belakim : wie ihn auch Ptos lomäus angenommen hat. Nun machen 28 Tage

1

gerade vier Wochen. Alſo iſt das Unterſcheidungs

zeichen eines jüdiſchen Monates 1 Tag , 12 Stuns den, und 793 Selakim . Bey den Jahren muß man aber die gemeinen und die Schaltjahre unterſcheiden .

Ein gemeines Jahr der Juden beſteht aus 12: ein Schaltjahr aus 13 Monaten, 9. 8. Daher begreift

dasgemeine 354 Tage, 8 Stunden und 876 Belas kim: das Schaltjahr hingegen, 383 Tage, 21 Stuns Den und 589 Belakim . Theilt man die 354 Tage

des gemeinen Jahres durch 7 : To findet man 4 Tage überdie ganzen Wochen. Auf gleiche Weiſe findet man durch die Theilung der 383 Tage eines Schalt

jahres mit 7 den Ueberſchuß von 5 Tagen über ganze Wochen. Den gefundnen Tagen muß man die vors Her angegebne Zahl der Stunden und Helafim bep.

ſeßen. So iſt das Unterſcheidungszeichen cis

nes gemeinen Jahres 4 Tage, 8 Stunden und 876 Selakim : das Unterſcheidungszeichen eis nes Shaltjahres 5 Tage , 21 Stunden , 589 Selakim . Dieſe ſind das Mittel , das Unterſcheie 1 dungszeichen eines ganzen Kreiſes von 19 Jahren zu finden. Denn da in demfelben , wie kurz zuvor ber merki

mathematiſche Zeitrechnung.

515

merkt iſt, 12 gemeine und 7 Schaltjahre begriffen ſind: ſo wird nid )ts mehr erfordert, als daß man das Unter:

ſcheidungszeichen eines gemeinen Jahres mit 12 , und Das Unterſcheidungszeichen eines Schaltjahres mit 7 multiplicire. Das erſte Product wird 3 Tage,

9 Stunden , 792 Belakim ; das andre 6 Tage, 6 Stunden und 883 Belakim : nachdem man von

beyden die ganzen Wochen, welche darinn ſteckten, wege geworfen hat. Folglich muß die Summe von beyden,

9 Tage, 16 Stunden , 595 Selakim , und daher, weil in 9 Tagen noch eine ganze Woche liegt , die weggeworfen werden muß, indem man ja nur den Ues

berſchuß über ganze Wochen ſucht, 2 Tage, 16 Stung den und 595 Selakim , das Unterſcheidungszeichen

des neunzehnjährigen Kreiſes der Juden ſeyn : da er ſo wohl das Unterſcheidungszeichen von 12 gemeinen, als von 7 Schaltjahren in ſich ſchließt. Allein der

neunzehnjährige Kreis fängt ſich von dem xijolad Tobu an.

Desregen muß man auch das Unter

fcheidungszeichen des Xolad Tohu wiſſen. Dieß kann man durch Hülfe des Sonnenzeitfreiſes, der dem 953ten Jahre des julianiſchen Umlaufskreiſes zue kommt, finden: weil der Molad Tohu in daſſelbe

Jahr fållt, und der durch den Sonnenzeitfreis dafür beſtimmte Sonntagsbuchſtab zeigen muß , der wie vieleſte Tag in der Woche der 7de October deſſelben Jahres, auf welchen der Molar Tohu feſtgefekt wird, geweſen ſey. Es iſt aber , wie man durch die g. 17 gegebnen Regeln findet , der Sonnenzeitfreis 1 , und wie man aus der Tafel des julianiſchen Sonnenzeita kreiſes, S. 13, erkennt, der Sonntagsbuchſtab nach dem 2zten febr. F , für das 953te Jahr im julianiſchen Umlaufskreiſe. In demſelben Jahre fiel der Sonne tag als der erſte Tag der Woche auf den 6ten Octoa

ber: das ſieht man aus dem beſtåndigen julianiſchen Kalender, Der 7de October war alſo der zte Tag Kt 2

in

516

Die erſte Abtheilung ,

in der Woche, und daher iſt das Unterſcheidungszei chen des Njolad Tohu, wenn man die noch über die Lage von den Juden dabey angenommnen 5 Stung den und 204 Selakim , welche in der Erklärung des molads Tohu audy oben angegeben ſind , hinzu.

feßt, 2 Tage, 5 Stunden und 204 Selakim. Die Benſorge der Juden, das Pafcha , da ſie ein

ſo unordentlich verglichnes Mondſonnenjahr haben, nichtetwan am unrechten Tage zu fenern , hat ſie ge

nöthigt auf allerley Regeln zu gedenken , wodurch ſie den Anfang ihres Jahres ro anzuſeßen im Stande feyn möchten , daß das Pafcha auf den rechten Tag falle. In dieſer Abſicht haben ſie einige Tage der

Wochen ſchlechterdings, andre unter gewiſſen Bedin. gungen, ausgeſchloſſen, und feſtgelegt, daß der Anfang des Jahres niemals von ſolchen Tagen gemacht were den ſollte. Diejenigen Tage der Wochen , von wele

chen ſie das Jahr nicht anfangen wollen , damit das Paſcha nicht auf den unrechten Tag falle, heißen vers werfliche Tage : diejenigen im Gegentheile , wos von es ihnen erlaubt iſt, das Jahr anzufangen , fónn ,

ten annehmliche Tage heißen , und werden von ih. nen Rebien genannt. Jene ſind entweder ſelect

terdings oder nur bedingungsweiſe verwerflis de Tage: wiewohl ſie, die eben nid)t allemal auf das genaueſte zu unterſcheiden pflegen , gemeiniglich nur die ſchlechterdings und deswegen verwerflichen Sage, damit das Paſcha nicht auf diefelben treffe, ver

werflich zu nennen, und dann die Regeln , warum in andrer Betrachtung der Anfang des Jahres nicht auf einen gewiſſen Tag gefekt werden müſſe, beſonders vorzutragen gewohnt ſind. Ich will aber, der genauern

und deutlichern Unterſcheidung wegen, bey der ange Soledyrerdings verwerfliche Tage, find dann bey ihnen der ite, führten Eintheilung bleiben .

Ate und 6te Wochentag: und wenn deswegen der

Anfang

mathematiſche Zeitrechnung.

517

Anfang des Jahres auf den folgenden Wochentag verlegt wird , ſagen fie, es geſchehe um Adu willen.

Die bedingungsweiſe verwerflichen Tage wer.

den es durch das linterſdeidungszeichen des inolad Tisri, das iſt, des Neumondes in ihrem er. ſten Monate Lisri : wenn erſtlich dieß Unterſcheio dungszeichen über die ganzen Tage noch 18 Stunden oder mehr iſt; wenn zweytens daſſelbe in einem ge

meinen Jahre 3 Tage 9 Stunden, 204 Selakim und mehr ; und drittens in einem Schaltjahre 2 Tage, 15 Stunden , 589 Selakim und mehr bei trägt. Da nun nach ihrer Meinung , die ſich gemeis niglich entweder auf Unwiſſenheit oder auf Überglau. ben gründet, von feinen ſolchen Wochentagen , die dem Neumonde im Eisri eine von den eben gedachten

Größen zum Linterſcheidungszeichen geben würden, das Jahr angefangen werden darf, ſondern der An.

1

3

fang deſſelben auf den folgenden Wochentag verlege werden muß : ro fagen ſie, die Verlegung geſchehe im erſten Falle um Jah ; im andern um Gatrad ; und im dritten um Batu thakpat willen. So viele Ausnahmen von Wochentagen, auf die der Un: fang des Jahres nicht fallen ſoll, müſſen nothwendig die Folge nach ſich ziehn, daß bisweilen auch der nächſte

folgende Tag verwerflich wird, und deswegen der An fang des Jahres nod) weiter verlegt werden muß. Es muß daber zur Unterſcheidung und Berechnung

eines jeden jüdiſchen Jahres auf alle die bisher vorge tragnen Umſtände Acht gegeben, und auch das lins

terſcheidungszeichendes Neumondes im Tisri geſucht werden.

Was iſt wohl natürlicher zu ſchließen, als daß die Verwerfung ſo vieler Tage, über welche der Anfang des jüdiſchen Jahres hinausgerückt wird , in dem für ſich ſchon unordentlichen Jahre der Juden noch meh.

rere Unordnung machen müſſe? Even daßer iſt die KE 3

Eins

1

518

Die erſte Abtheilung ,

Eintheilung ihrer Jahre in ordentliche, inangels bafre und überlaufendeJahre entſtanden, von des nen man auch eines jeden Unterſcheidungszeichen zu

merken hat. Wenn dieſe Eintheilung genauer nach den Regeln der Vernunftlehre beſtimmt werden ſoll :

ſo iſt das jüdiſche Jahr entweder ein ordentliches ; oder ein außerordentliches. Das ordentliche iſt dasjenige, welches , wenn es ein gemeines Jahr, aus 354 Tagen, und wenn es ein Schaltjahr iſt, aus

384 Tagen beſteht: das außerordentliche dasjeni. ge, welches in benden Fållen einen Tag mehr , oder weniger, bekommt. Befommt es einen Tag mehr :

so heißt es ein überlaufendes Jahr , in welchem der Monat Narchesvan 30 Tage Gat ; und bes ſteht folglich, wenn es ein gemeines Jahr , aus 355, und wenn es ein Schaltjahr iſt, aus 385 Tagen. Hat es einen Tag weniger , als das ortentliche : ro wird

es ein mangelhaftes Jahr genannt, und iſt dasjes nige, worinn der Risleu nur 29 Tage hat ; weswes gen es dann , wenn es ein gemeines, aus 353 , und wenn es ein Schaltjahr iſt, aus 383 Tagen beſteht.

Eine jede der angegebnen Zahlen von Tagen darf man nur durch 7, als die Zahl der Wochentage, thei. len, das Unterſcheidungszeichen von einem jeden dieſer verſchiednen Jahre zu finden.

So bekommt man

für das ordentlide Jahr, wenn es ein gemeines, 4 , und wenn es ein Schaltjahr iſt, 5 ; für das überlaus

fende, wenn es ein gemeines, 5, und wenn es ein

Schaltjahr iſt, 7 ; endlich für das mangelhafte, wenn es ein gemeines; 3, und wenn es ein Schaltjahr

iſt, 5 Tage zu Unterſcheidungszeichen . Nach allen dieſen Vorbereitungen iſt man nun im

Stande, alles, was zur Einrichtung des jüdiſchen Jah. res gehört, nad erweislichen Regeln zu beſtimmen . Das erſte iſt natürlicher Weiſe, daß man für ein je

des Jahr der Juden den Tag des Neumondes, wos von

1

mathematiſche Zeitrechnung.

519 1

von ſich der erſte Monat , Tisri, ihres Jahres an . fångt, auszumachen wiſſe. Man überſicht leicht zunt voraus, daß man denſelben finde, wenn man das Un.

terſcheibungszeichen des Neumondes vom Tisri , und

folglich alle Tage ſo wohl von ganzen neunzehnjähris gen Kreiſen als von den überſchüßigen Jahren des

nod, laufenden Kreiſes , von dem Wolad Tohu an ,

über die ganzen Wochen beſtimmt hat.

Demnach

hat man vor allen Dingen zu wiſſen nöthig, wie viele neunzehnjährige Zeitfreiſe vor dem gegebnen Jahre der Juden verfloſſen ſeyn, und das wie vieleſte Jahrin bem noch laufenden Kreiſe das gegebne ſei. Bendes

findet man durch die Theilung des gegebnen Jahres mit 19 : und zwar das erſte in dem Quotienten ;

das zweyte in dem Lieberreſte. Es iſt alſo die erſte

Regel : Man dividire das gegebne Jahr mit 19, und nehme den Quotienten für die Zahl der vers

Hloßnenneunzehnjábrigen Kreiſe, den Ueberreſt aber für das laufende Jahr des noch laufenden Zeitfreiſes Die verſchiednen Fålle, welche hier in Anſehung

an.

des Ueberreſtes vorkommen können, und in den folgen :

den Regelu eine Veränderung machen , will ich zuleßt, nachdem alle Regeln bewiefen ſind, erklären : weil ſie ſich alsdann am leichteſten begreifen laſſen.

Plein

den Tag des Neumondes Gerauszubringen, muß man wiſſen, wie viele Tage über die ganzen Wochen , ſo

wohl in den neunzehnjährigen und verfloenen Kreiſen , als in den einzelnen und ebenfalls ganz verfloßnen Jabren, liegen. Nun weiß man aus dem im Vor: hergehenden angegebnen Unterſcheidungszeichen eines

neunzehnjährigen Kreiſes der Juden , wie viele Tage über ganze Wochen in einem ſolchen Kreiſe enthalten ſind. Man darf alſo dieſe nur ſo vielmal nehmen, als neunzehnjährige Zeitfreiſe verfloſſen ſind. Folga lich wird die zwote Regel dieſe: das Unterſcheie

Qungszeichen eines neunzehnjährigen Kreiſes multiplis KE4

cire

520

Die erſte Abtheilung ,

cire man mit dem nach der erſten Regel gefundneri Quotienten, und werfe von dem Producte die ganzen

Wochen weg, damit man das Unterſcheidungszeichen aller von dem Molad Tohu an verfloßnen Kreiſe, das iſt, die einzelnen Tage, welche in denſelben über die

ganzen Wochen verfloſſen ſind, bekomme. Man muß

aber hiernächſt auch die Tage über ganze Wochen, die in den einzelnen und ebenfalls ganz verfloßnen Jah. ren des noch laufenden Kreiſes enthalten ſind, wiſſen. Der Ueberreſt, den man nach der erſten Regel gefun .

den ( at, zeigt das mit dem gegebnen zugleich laufende Jahr an. Da man den Anfang deſſelben ſucht: .ro muß man dieſen Ueberreſt um í vermindern ; weil

das gegebne Jahr ja noch nicht verlaufen iſt. Wenn man hiedurch die Zahl der ganz verftoßnen Jahre ber kommen hat ; und herausbringen will, wie viele Tage über ganze Wochen in denſelben verlaufen ſind : ro

muß man das Unterſcheidungszeichen eines Jahres ſo vielmal nehmen, als ganz verfloßne Jahre ſind. Aber ein genreines Jahr hat ein andres Unterſcheidungszei. chen, als ein Schaltjahr. Deswegen ſind nothwen .

dig vorher die in den verfloßnen Jahren enthaltne gee meine und Schaltjahre von einander abzuſondern. Dieß kann man durch Hülfe der im Vorhergehenden gegebnen Erklårung des neunzehnjährigen Kreiſes der Juden thun : weil in derſelben zugleich beſtimmt iſt, welche Jahre in einem Kreiſe Schaltjahre ſind. Wenn man hierauf nun das Unterſdeidungszeichen des ges meinen Jahres durch die Zahl der gemeinen und das Unterſcheidungszeichen eines Schaltjahres mit der Zahl der Schaltjahre multiplicirt : ſo hat man in dem erſten Producte, nachdem man die volien Wochen das

von abgenommen, das Unterſcheidungszeichen aller gemeinen und von dem laufenden Zeitfreiſe verfloß nen Jahre, folglich die Zahl der Tage, welche in den. ſelben über ganze Wochen verfloſſen find ; und in dem andern,

mathematiſche Zeitrechnang.

521

andern , wenn man ebenfalls wieder die ganzen Wo.

chen davon weggeworfen hat , das Unterſcheidungszei. chen aller Schaltjahre, die von dem noch laufenden Kreiſe verſtrichen find, folglich die Zahl der Tage, die in denſelben über ganze Wochen verlaufer reyn müſſen. Hierinn liegt die dritte Regel: Man un terſcheide die in dem Ueberreſte nach der erſten Regel gefundnen und ganz verlaufnen Jahre, welche allemal dieſem um i verminderten Ueberreſte gleich ſind, in die gemeinen und Schaltjahre, vermehre oder inultiplis cire das Unterſcheidungszeichen eines gemeinen Jah. res mit der Zahl der gemeinen , das Unterſcheidungs. zeichen eines Schaltjahres aber mit der Zahl der Schaltjahre, werfe von beyden Producten die ganzen

Wochen, die darinn ſtecken, weg, und behaite dann die erſte Zahl zum Unterſcheidungszeichen der verfloßnen

gemeinen , die andre hingegen zum Unterſcheidungszei. chen der verfloßnen Schaltjahre, von dein noch laufens den Kreiſe. Alle die Unterſcheidungszeichen , die man ſo weit durch die zwote und dritte Regel gefunden hat, begreifen zuſammengenommen alle die Tage, welche bis auf das gegebne Jahr in allen neunzehnjährigen Kreifen und allen überſchüßigen Jahren über ganze Wochen verſtrichen ſind.

Weil aber der molad

Tobu die beſtändige Grånze der jüdiſdjen Jahrrech . nung iſt; und die Zeit, worauf derſelbe von den Ju. ben geſeßt wird , auch einen Ueberſchuß von einzelnen

Tagen, Stunden und Selakim hat : ſo muß man nothwendig alle Tage , die bis auf das gegebne Jalje verfloſſen ſind, nebſt dem Anfangstage deſſelben, zu be. kommen, auch das Unterſcheidungszeichen des 17olad

Tohu, wie es im Vorhergehenden angegeben iſt, noch dazu nehmen.

Aus dieſen Gründen fließt die vierte

Regel: Man fammle das nach der zwoten Regel bez ſtimmte Unterſcheidungszeichen aller verfloßnen neun . rehnjährigen Kreiſe; und die nach der dritten Regel KE 5

gefund.

522

Die erſte Abtheilung,

gefundnen Unterſcheidungszeichen der ebenfalls verfloße

nen gemeinen und Schaltjahre des noch laufenden Kreia ſes , nebſt dem Unterſcheidungszeichen des Molad

Tobu , zu einer Summe, und nehme diefelbe, nachs

1

dem man die ganzen Wochen davon weggeworfen hat, für das Unterſcheidungszeichen des geſuchten Neumon des vom Tisri, und alſo für den Tag der Woche, wo. von das gegebne Jahr der Juden beginnt, an . Jea doch muß man hierber noch eine Einſchrånfung beoba achten , welche durch die Regeln der Jüden von vers werflichen Tagen nothwendig wird. Wenn der durch die vierte Regel feſtgeſekte Tag zu den ſchlechterdings

oder bedingungsweiſe verwerflichen Tagen, aufwelche der Anfang des Jahres nicht fallen kann, gehört: fo muß man den Tag des Neumondes im Tisri und alſo

den Anfang des jüdiſchen Jahres , auf den nächſtfol genden Tag, und wenn dieſer auch ein verwerflicher Tag feyn ſollte, noch weiter fort, verlegen. Daher iſt

nod) die fünfte Regel nothig, daß man den durch die vierte Regel beſtimmten Tag mit den im Vorherges

Henden angegebnen , und theils ſchlechterdings, theils bedingungsireiſe , verwerflichen Tagen zuſammen halte, und wenn er durch dieſe Vergleichung für verwerflich, auf die eine oder die andre Weiſe, bea funden wird, den Tag des Neumondes Lisri oder den

Anfang des gegebnen Jahres auf den zunächſt folgens den , oder wenn auch dieſer verwerflich ſeyn möchte,

auf den weiter folgenden Tag verſchiebe. Die An. wendung dieſer Regeln auf beſondre Fålle hat für eis

nen jeden, der mit genannten Zahlen zu rechnen weiß , nicht die geringſte Schwierigkeit. Ich will daher, der

Kürze wegen , kein Beyſpiel geben : fondern nur in Erinnerung bringen, daß 1080 Belakim eine Stunde ausmachen, und alſo in der Berechnung zu der Zahl der Stunden allemal ſo viele Stunden, als wie viele

mal 1080 in einer Zahl von Selakim enthalten iſt, hinzu .

mathematiſche Zeitrechnung.

523

hinzugefekt werden müſſen. Ueberdieß habe ich noch die verſchiednen Fålle, welche ſich bey der erſten Res

gel außern können , nebſt ihren Folgen, die in der zivoten und Dritten Regel einige Veränderung ver urſachen , hier meinem Verſprechen gemäß zu erläute

tern. Wenn nach der erſten Regel das gegebne Jahr der Juden durch 19 , als die Zahl der Jahre ih. res Kreiſes , getheilt wird : ro fann bisweilen nur 1, bisweilen gar nichts, zum Ueberreſte bleiben. Iſt der Ueberreſt nur 1 : ſo iſt noch über die ganzen Kreiſe bis auf das gegebne Jahr fein ganzes Jahr verlaufen ; weil das gegebnie , deſſen Anfangstag man ſucht, das erſte Jahr eines neuen Kreiſes werden muß ; dieſes aber noch nicht verlaufen iſt. Daher fälle in dieſeix

Falle die dritte Regel gånzlich weg , und man hat bloß das Unterſcheidungszeichen aller verfloßnen Kreiſe mit dem Unterſcheidungszeichen des Molad Tohu zu einer Summe zu machen. 3

Wenn aber der Uebera

reſt gar nichts iſt: ſo muß nothwendig das gegebne

Fahr das 19te und legte in dem legten Kreiſe, und daher der legte Kreis noch nicht ganz verfloſſen ſeyn. Deswegen muß dann bey der zwoten Regel nicht der ganze , wie man ihn nach der erſten Regel gefun . den hat , ſondern der um eines verminderte Quotient

für die Zahl der verfloßnen ganzen Kreiſe angenom . men und mit dem Unterſcheidungszeichen eines Kreiſes

multiplicirt werden : bey der dritten aber muß man die von dem noc) laufenden Kreiſe verfloßnen 18 3

Jahre , weil das gegebnie noch nicht verlaufen iſt, ihn voll zu machen , in die gemeinen und Schaltjahre uns terſcheiden , und ſo weiter nach dieſer dritten Regel verfahren.

Wenn man gleich den Wochentag, womit ſich ein jüdiſches Jahr anfängt, weiß : ſo nüßt uns dieß doch zur Vergleichung der julianiſchen Jahre , die man in

der Zeitrechnung zu gebrauchen gewohnt iſt, mit den jůdis

524

Die erſte Abtheilung,

júðiſchen nichts ; wofern man nicht auch den Tag des julianiſchen Jahres , auf welchen der Veus mond Tisri, als der Anfang des jüdiſchen , trifft,

zu finden im Stande iſt. Ich muß alſo auch hierzu die Regeln beweiſen und erklåren . Es iſt ſehr klar, daß man, um den Tag eines gegebnen julianiſchen Jah. res , mit welchem der Anfangstag eines jüdiſchen zu .

fammentrifft, auszumachen , wiederum zuerſt ſuchen muß , wie viele neunzehnjährige Kreife und einzelne Jahre der Juden bis auf dasjulianiſche verfloſſen ſeyn .

Es iſt alſo auch hier die erſte Regel, daß man das gegebne jüdiſche Jahr durch 19 theile, und den Quos tienten für die Zahl der verfloßnen Kreiſe, den Ueberreſi für das noch laufende Jahr des ebenfalls

noch laufenden Kreiſesannehme. Nun begreift man leicht , daß man den Tag eines gewiſſen julianiſchen Jahres , das entweder gegeben iſt, oder aus dem gea gebnen jüdiſchen Jahre , nach den oben, S. 18 , erklårs ten Regeln, alsbald gefunden werden kann, nicht ans

ders aus einem gegebnen jüdiſchen Jahre zu finden vermögend ſer, als wenn man den Unterſchied aller ſo

wohl in den ganzen Kreiſen, als in den überſchüßigen Jahren der Juden verlaufnen Tage , und der in eben

To vielen julianiſchen Jahren ebenfalls verlaufnen Tage, nebſt den über beyderley Tage verfloßnen Stunden

und selakim ſucht. Man muß daher, um zuerſt den Unterſchied der in allen jüdiſchen Kreifen und der in eben ſo vielmal 19 julianiſchen Jahren enthaltnen Tagen und ihrer kleinern Theile zu beſtimmen, den lleberſchuß eines einzigen neunzehnjährigen Kreiſes in

julianiſchen Jahren , welcher kein Tag , 1 Stunde und.485 Selakim beträgt, wie wir es oben gefunden haben , mit dem durch die erſte Regel bekommnen Quotienten, als der Zahl der verfloßnen jüdiſchen

Kreiſe, multipliciren , und das Product als den

Ueberſchuß fo vieler julianiſchen Kreiſe über eben ſo viele

mathematiſche Zeitrechnung. viele jüdiſche Kreiſe anſeßen.

525

Dieß iſt die zwote

Regel. Es muß aber auch der Unterſchied der ein . zelnen und über die ganzen Kreiſe gleichfalls verfloßnen jüdiſchen und eben ſo vieler julianiſchen Jahre bekannt Feyn, den Unterſchied der Tage und ihrer kleinern Theile von allen bis auf das gegebne verlaufnen Jahre zu bea ſtimmen : und hierzu muß die verſchiedne Långe der

gemeinen und der Schaltjahre ben den Juden in Bee trachtung gezogen werden. Daher hat man den nach

der erſten Regel gefundnen Ueberreſt, nachdem man ihn um i vermindert hat, in die gemeinen und Schalte jahre zu unterſcheiden. Bey den gemeinen Jahren haben die julianiſchen über die jüdiſchen : bey den

Schaltjahren die jüdiſchen über die julianiſchen einen

Ueberſchuß. Der Ueberſchuß eines julianiſchen Jah. res über ein gemeines Jahr der Juden beträgt 10 Tas ge, 21Stunden und 204 Selakim : und der Uebera Tchuß eines jüdiſchen Schalijapres über ein julianiſches,

18 Tage, 15 Stunden und 589 Selakim. Nun muß uns dieſer gedoppelte Ueberſchuß für alle eine

zelne Jahre, die bis auf das gegebne verfloſſen ſind, bekannt ſeyn. Deswegen iſt die Zahl der gemeinen

Jahre mit dem eben angezeigten Ueberſchuſſe eines jus lianiſchen Jahres über ein gemeines jüdiſches, und die Zahl der Schaltjahre mit dem Ueberſchuſſe eines júdia fchen Schaltjahres über ein julianiſches Jahr, wie er gleichfalls kurz zuvor angegeben iſt, zu multipliciren . Ob aber gleich die jüdiſchen Schaltjahre größer ſind, als die julianiſchen Jahre : fo iſt doch die Anzahl der

jüdiſchen Schaltjahre geringer, als die Anzahl der ge. meinen Jahre. Und da über die gemeinen Jahre der Juden die julianiſchen Jahre einen ſehr beträchtlichen Ueberſchuß haben : ro muß das Product aus den jů.

diſchen Schaltjahren und der Zahl des Ueberſchuſſes

eines ſolchen Jahres über ein julianiſches allemal kleia ner bleiben, als das Product aus den gemeinen Jah. ren

526 Die erſte Abtheilung, ren und dem Leberſchuſſe eines julianiſchen Jahres über ein gemeines Jahr der Juden, und alſo am Ende der Unterſchied von Tagen und ihren kleinern Theilen in allen jüdiſchen und julianiſchen Jahren einen Weber's

Tchuß für die julianiſchen geben. Dieſer Ueberſchuß iſt es eben , den man zu wiſſen nöthig hat. Folglich muß man das Product aus den jüdiſchen Schaltjah. ren und dem Ueberſchuſſe eines dieſer Schaltjahre über ein julianiſches Jahr, von dem Producte aus den gen

meinen Jahren der Juden und dem Ueberſchuſſe eines julianiſchen Jahres über ein gemeines Jahr der Juden abziehn. Von ſelbſt verſteht es ſich , daß wenn der Ueberreſt, den man nach der erſten Regel findet, nicht fo groß iſt, daß er , nachdem man ihn um eines večs mindert þat, ein Schaltjahr begreife, man die iſt vora

geſchriebne linterſcheidung der gemeinen und Schalte jahre nicht nöthig babe , ſondern in foldjem Falle den um eines verminderten Ueberreft bloß mit dem Uebers ſchuſſe eines julianiſchen Jahres über ein gemeines

Jahr der Juden multipliciren dürfe, und den das durch gefundnen Ueberſchuß der julianiſchen Jahre für

den geſuchten Unterſchied beyder Jahre annehmen müſſe. Nimmt man nun dieß alles zuſammen, ſo bes komme man zur Oritten Regel, daß man erſtlich der nach der erſten Regel gefundnen Ueberreſt, um eins vermindert, in die gemeinen und Schaltjahre, wo er

dazu groß genug iſt , unterſcheide; dann die Zahl der gemeinen Jahre mit dem Ueberſchuſſe eines julia

niſchen Jahres über ein gemeines Jahr, das iſt, mit 10 Tagen, 21 Stunden und 204 helakim, die Zahl der Schaltjahre mit dem Ueberſchuſſe eines jüdiſchenSchalt. jahres über ein julianiſches Jahr, das iſt, mit 18 Tas

gen, 15 Stunden und 589 Sclakim multiplicire ; und endlich dieß legte Product von dem erſten abziehe, um den leberſchuß aller nach den ganzen Kreiſen verfloße

men julianiſchen Jahre über eben ſo vidle jüdiſche in dem 1teber ,

mathematiſche Zeitrechnung.

527

Ueberreſte zu ſehen. Nach Anwendung der zwoten und Dritten Regel bat man theils den Ueberſchuß der julianiſchen Jahre über die ganzen und verfloßnen júdia

fchen Kreiſe, theils den Ueberſchuß eben ſolcher julias niſchen Jahre über die einzelnen jüdiſchen Jahre, die bis auf das gegebne noch über die ganzen Kreife vera

laufen ſind, gefunden. Beyde zuſammen genommen , machen den ganzen Ueberſchuß und Unterſchied bis

auf das gegebne Jahr aus : da man bisher das jog lao . Tobu, als die beſtåndige Grånze der jüdiſchen

Jahrrechnung, noch nicht in Betrachtung zieht , um alies in ſeiner Ordnung nach einander zu ermågen.

Es iſt daher die vierte Regel, daß man beyde,den nad) Der zwoten Regel gefundnen Ueberſchuß der

julianiſchen Jahre über die gangen jüdiſchen Kreiſe, und den durch die Oritte Regel beſtimmten Uebers

ſchuß über die einzelnen Jahre der Juden, die von dem

noch laufenden Kreiſe-verfloſſen ſind, zu einer Sum . me fammle.

In dieſer Summe nun würde man

den wahren Ueberſchuß haben: wenn nicht der júdia ſche Njolad Tohu, der Tag des Neumondes in

dem Jahre vor der Schöpfung, von welchem die Jua den ihre Jahrrechnung anfangen , noch einen Unter. ſchied verurſachte. Da der Molad Tohu auf den zden October eines julianiſchen Jahres feſtgeſeßt iſt ; hingegen der Anfang des julianiſchen Jahres mit dem iten Jenner gemacht wird: ſo muß man, den Tag des julianiſchen Jahres, auf welchen der Neumond des

Tisri, als der Anfangstag des gegebnen jüdiſchen Jahres, fällt, zu finden , die Summe des durch die vierte Regel gefundnen Ueberſchuſſes von dem zden October abziehn, und wenn die gefundne Summe zu groß dazu iſt , vorher die Tage des ganzen Septema bers, und wo das noch nicht hinreicht, auch des gans zen Uuguſtes, zu dem 7den October hinzuſeken. Der Ueberreſt muß der geſuchte Tag des julianiſchen Jahr res

i

528

Die erſte Abtheilung;

res ſeyn, auf welchen der Neumond des Tisri von

einem gegebnen jüdiſchen Jahre fällt: wofern die Ver legung auf einen folgenden Tag nach den Regeln von den verwerflichen Tagen nicht noch eine Abweichung macht. Damit man dieſer Bedingung verſichert were de, muß man ſo wohl den Wochentag, als das Unters ſcheidungszeichen des Wolad Tisri oder des Neue mondes vom Tisri , wie man es nach der im Vorbera

gehenden dazu gegebnen Vorſchrift gefunden þat , gen gen die ebenfalls im Vorhergehenden feſtgeregten Rea geln der verwerflichen Tage halten, und wenn dieſe eine Verlegung auf den zunächſt oder weiter folgenden

!

Tag nothwendig machen, auch zu dem gefundnen Tage des julianiſchen Jahres noch einen oder zweene Tage

hinzufeßen. Alles dieß macht die fünfte und legte Regel aus. Nur muß man ſich dabey noch der bey. den Fälle, wovon im Vorhergehenden geredet iſt, erin . nern ; wenn bey der Theilung des jüdiſchen Jahres durch 19 , nach der erſten Regel, der Ueberreſt entweder.

1, oder nichts, ift: indem dieſe hier wiederum eben dieſelbe Verånderung der Regeln , die ſehr natürlich und faßlich iſt, nach ſich ziehil

Es iſt nicht genug , wenn man den jüdiſchen Ram lender zur Vergleichung eines ganzen julianiſchen Jah. res mit einem ganzen jüdiſchen nach ſeinen Tagen, Wos chen und Monaten wiſſen will, daß man bloß den Ane

fang des jüdiſchen Jahres beſtimmen und auf einen Tag des julianiſchen zurückführen könne: man kat ju derſelben A3ſicht auch eine Vorſchrift nöthig , von eis

nem jeden jüdiſchen Jahre die Zahl der Tage eines jeden Monates , weil der Risleu bisweilen nur 29 und der Marchesvan bisweilen 30 Tage, wider die

ordentliche Regel hat , und die Zahl der Monate, da fie bisweilen aus 13 beſteht, feſtzuſehen.

Die Vers

ſchiedenheit, welche hierbey Plak bat, hångt von der verſchiednen Art des Jahres ab. Deswegen muß man

mathematiſche Zeitrechnung. 529 man auszumachen wiſſen , ob ein gegebnes Jahr der Juden ein gemeines oder Schaltjahr, und in bey. den Fällen wiederum , ob es ein ordentliches oder

ůberlaufendes, oder mangelhaftes Jahr ſey. Die beyden erſten Arten des Jahres, nach deren Unter fchiede ein jedes jüdiſches Jahr entweder ein gemeis nes oder ein Schalejahr feyn muß , ſind ohne

Schwierigkeit ausder Beſchaffenheit des neunzehnjäh. rigen Kreiſes der Juden , wie ſie oben in der Erflă . rung deſſelben angezeigt iſt, zu beſtimmen : wenn man nur weiß , das wie vieleſte in dem neunzehnjährigen Kreiſe ein gegebnes Jahr ſen. Dieß aber findet man unmittelbar durch die Theilung des gegebnen Jahres

mit 19. Bleibt nach dieſer Theilung nichts übrig ; fo iſt es das lekte oder 19te Jahr in dem Kreiſe: bleibt 1

ein Ueberreſt ; ſo zeigt die Zahl deſſelben, das wie vies leſte es in dem Kreiſe ſen. Es iſt alſo hier die eins

zige Regel, daß , wenn man wiſſen wil , ob ein ge. gebnes Jahr der Juden ein gemeines oder Schaltjahr fen , man nur das gegebne Jahr durch 19 theile, und bann aus der Erklärung des neunzehnjährigen Kreiſes den Unterricht nehme, ob die durch ſolche Theilung ge.

fundne Zahl in demſelben ein gemeines oder ein Schaltjahr feyn müſſe. Nicht viel mehr Weitläuftig keit erfordert es , die Art eines gegebnen Jahres der

Juden, nach dem Unterſchiede der ordentlichen oder außerordentlichen Jahre zu finden, und alſo zu be.

ſtimmen, ob es ein ordentliches oder außerordents liches und in dem lekten Falle ein überlaufendes oder mangelhaftes Jahr ſen. Es iſt im Vorhergehenden

feſtgeſegt worden, was das Unterſcheidungszeis dhen eines jeden von dieſen Jahren, ſo wohl, wenn es ein gemeines , als wenn es ein Schaltjahr iſt, fenn

müſſe. Daher folgt, daß ſo bald man das Unterſchei. dungszeichen eines gegebnen Jahres gefunden hat, man auch weiß , zu welcher von den eben genannten 1. Theil.

11

Arten

530

Die erſte Abtheilungi

Arten es gehöre. Nun findet man das Unterſcheia dungszeichen, wenn man den Unterſchied des Unter ſcheidungszeichens, das dem 17eumonde des Tisri in dem gegebnen Jahre , als dem Anfangstage deſſel ben, zukommt, und des Unterſcheidungszeichens, wele ches für den Neumond des Tisri in dem folgenden Jahre gehört, feſtfeßt. Dieß zu thun, muß man vor.

Her den Yolad Tisri, das iſt , den Tag des Neue mondes vom Tisri im folgenden Jahre durch ſein Une terſcheidungszeichen beſtimmen. Man bekommt aber ſein Unterſcheidungszeichen , nachdem man durch die

vorhergehende Regel ausgemacht hat, ob das gegebne Jahr ein gemeines oder ein Schaltjahr rey : wenn man zu dem Unterſcheidungszeichen des Molad Tisri in dem gegebnen Jahre, wo es ein gemeines,

4 Tage, 8 Stunden und 876 Selakim , als das Una terſcheidungszeichen eines gemeinen Jahres ; hingegen , wo es ein Schaltjahr iſt, 5 Tage, 21 Stunden und

589 Selakim , als das Unterſcheidungszeichen eines Schaltjahres, bingurhut. Weil aber der Tag , den

das Unterſcheidungszeichen des Molad Tisri zum

Anfangstage eines jüdiſchen Jahres anweifet, nach den Regeln der verwerflichen Tage , ſo oft der angewiesne Tag zu den verwerflichen gehört, in den zunådhift oder weiter folgenden Tag veråndert wird : ſo muß man vorher nod ), ehe man aus den beyden Unterſcheidungss zeichen der Neumonde des Tisri, in dem gegebnen und

dem folgenden Jahre, den Unterſchied ihrer Anfangse

tage beſtimmt, nach denfelben Regeln die annehmli. den Tage, oder die Rebien , für bende Neumonde des Tisri ausmachen. Das geſchieht durch die Ver. gleichung der Unterſcheidungszeichen der Neumonde des Tisri, in dem gegebnen ſo wohl, als in dem folgenden

Jalre, mit den oben als verwerflich angeſekten Tagen. Denn , wenn dieſe Unterſcheidungszeichen zu keinen von denen Fällen, welche einen verwerflichen Tag aus: machen,

mathematiſche Zeitrechnung.

531

machen, gehören ; ſo nimmt man die von ihnen anges wieſenen Tage für gültig an : gehört aber das eine oder das andre von dieſen Unterſcheidungszeichen, oder

gehören bende zu ſolchen Fällen ; ſo reßt man den von dem einen oder dem andern , oder von beyden ange. wiesnen Tagen , noch einen, und wenn auch dann noch

ein verwerflicher Tag ſeyn ſollte, zweene Tage hinzu. Hierauf hat man die Unterſdeidungszeichen des An. fangstages des gegebnen ſo wohl als des folgenden

Jahres in annehmlichen Tagen oder Rebien , und darf nur dieſe Tage von einander abziehn : der lleber reſt iſt das Unterſcheidungszeichen des gegebnen Jah. res, und zeigt alſo die Urt deſſelben an.

Wenn nåme

lich das gegebne jüdiſche Jahr ein gemeines Jahr iſt :

fo beweiſt der Ueberreſt, 4 , daß es ein ordentliches ; der Ueberreſt, 5, daß es ein überlaufendes ; und der Weberreſt, 3 , daß es ein mangelhaftes Jahr iſt. Bey einem Schaltjahre aber zeigt der Ueberreſt, 6 , daß es ein ordentliches ; der Ueberreft, 7, daß es ein überlaufendes ; und der Ueberreſt, 5, daß es ein

mangelhaftes Jahr reyn muß.

Alles dieß kann

man auf folgende drey Regeln zurückleiten : Die Ure des Jahres , ob es ein ordentliches oder überlaus fendes oder mangelhaftes Jahr fer), zu finden, nachdem man vorher beſtimmt bai, ob es ein gemei: nes oder Schaltjahr fen , ſeke man zu dem Unterſchei.

dungszeichen des Volad Tisri , oder des Neumon. des vom Tisri, in dem gegebnen Jahre, wo es ein gea

meims, 4 Tage , 8 Stunden und 876 Gelakim, wo es aber ein Schaltjahr iſt, 5 Tage, 21 Stunden und 589 Belakim hinzu, damit man das Unterſcheid

dungszeichen des Volad Tisri im folgenden Jahre bekomme; hiernåchſt reke man zweytens nach den

Regeln von verwerflichen Tagen, aus den Unterſcheie dungszeichen der Neumonde des Tisri für bende Jaha

re die annehmlichen Enge, oder Rebien, zum Anfange 1 2

dos

1

532

Die erſte Abtheilung ,

des gegebnen und des folgenden Jahres feft ; dann ziehe man drittens die annehmlichen Tage, oder Res bien, beyder Jahre von einander ab, und nehme den Ueberreft für das Unterſcheidungszeichen des gegebnen

Jahres an, welches durch ſeine beſtimmte Zahl anwei. ſen muß, ob das gegebne Jahr ein ordentliches, oder ůberlaufendes, oder mangelhaftes Jahr ſey . Nunmehr , nachdem man die Art eines jüdiſchen

Jahres nach aller daben möglichen Verſchiedenheit zu finden weiß , ift es leicht, aus dem Neumonde des

Tisri die Teumonde der übrigen !Nonate, oder die Tagedesjulianiſchen Jahres, womitſich ein jeder jüdiſcher Monat anfängt, zu finden. Da man hierzu nothwendig die Zahl der Lage ſo wohl eines je. den Monates als des ganzen Jahres der Juden wiſſen muß : ſo iſt das erſte, daß man nach den eben vors hergehenden Regeln die Art des Jahres ſuche, ob es ein gemeines oder ein Schaltjahr und in beyden Fål. len ein ordentliches oder überlaufendes oder mangele

Haftes Jahr ſen. Hat man dieß beſtimmt: ſo iſt, den Anfang des folgenden Monates auf einen Tag des jue lianiſchen Jahres zu reken , zweytens , nichts mehr nöthig, als zu dem Tage des julianiſchen Jahres, wors auf der Neumond des Tisri fållt, nur die bekannte Långe des Monats Tisri, wie man ſie in der oben 5.8.

mitgetheilten Monatstafel findet, hinzuzufeßen, und von der Summe den julianiſchen Monat , in welchen der

Neumond des Tisri gefallen iſt, ganz abzuziehn ; der Ueberreſt iſt der Tag des folgenden julianiſchen Dios nates, auf den der Anfang des zweyten jüdiſchen Mo.

nates marchesvan fållt. Auf gleiche Art findet man die Tage des julianiſchen Jahres, auf welche der Anfangstag der folgenden jüdiſchen Monate nach ein .

ander fällt: wenn man nur beſtåndig, zu dem juliani fchen Tage, auf den der Anfangstag des Monates

trifft, die Länge eben deſſelben jüdiſchen Monates hinzu. thut,

mathematiſche Zeitrechnung.

533

thut, und die Långe des julianiſchen Monates, in wel. chen der Anfang deſſelben fällt, von der Summe aba zieht ; jedoch zugleich, nach der vorher ausgemachten

.

cat

Art des Jahres, Achtung giebt, den Schaltmonat, wo es ein Schaltjahr iſt, nicht zu vergeſſen, und in einem ůberlaufenden Jahre dem Marchesvan 30, in eie nem mangelhaften Jahre aber dem Risleu nur 29 Tage zuzueignen . Allein, wenn man nicht die Anfangs tage aller jüdiſchen Monate nach der Reihe in dem ju.

lianiſchen Jahre zu ſuchen nöthig hat , ſondern nur wiſſen will, auf welchen Tag des julianiſchen Jahres der Anfang eines gewiſſen jüdiſchen Monates treffe: ro darf man bloß zu dem Lage des julianiſchen Mo. nates, auf weichen der Neumond des Tisri fållt, ſo

viele ganze jüdiſche Monate als vor dem gegebnen Mo.

nate verfloſſen ſind, hinzuthun , und von der Summe eben ſo viele folgende julianiſche Monate, als jüdiſche Monate bis auf den gegebnen verfloſſen ſind, abziehn ; der Ueberreſt zeigt den Tag des legten julianiſchen Monates an , auf den der Anfang des gegebnen jüdi.

fchen Monates fallen muß. Wie viele jüdiſche Mo.

nate bis auf einen gegebnen verfloſſen ſind, das kann

47

&

11

13 3

man aus der oben Ø. 8. mitgetheilten Tafel der jüdi chen Monate rehn: und die Folge der julianiſchen Monate nebſt ihrer Långe ſind einem jeden bekannt. Ulfo fann man bey der Anwendung dieſer Vorſchrift keine Schwierigkeit finden : wenn man nur beſtåndig die Art desjenigen jüdiſchen Jahres , wovon der Un. fangstag eines Monates zu ſuchen aufgegeben iſt, in Gedanken bebålt. Da man auf die eben erflärte Weiſe den An. fangstag eines jeden jüdiſchen Monates auf einen ju . lianiſchen Monatstag zurückleiten kann : fo braucht es

wenig Müße, für einen jeden gegevnen Tag eines ebenfalls gegebnen jüdiſchen Jahres den ihm ges.

måßen Tag des julianiſchen Jahres zu beſtim . 4 13

$

men.

1

334

Die erſte Abtheilung,

men. Hat man erſt den Tag des julianiſchen Jah . res, auf welchen der Anfang des jüdiſchen Monates,

deſſen Tag gegeben iſt, nach den vorigen Regeln ge = funden : ſo fehlt nichts weiter , als die vor dem gegebs nen Tage eben deſſelben jüdiſchen Monates verſloßne

Tage zu dem gefundnen Tage des julianiſchen Jahres, auf den der Anfang deſſelben jüdiſchen Monates fållt, Hinzuzufeßen ; und, wenn dieſe Summe für den ges fundnen julianiſchen Monat zu groß iſt, die ganze

1

Große eben dieſes Monates von der gefundnen Sums me abzuziehn , damit man in dem Ueberreſte den Tag

des folgenden julianiſchen Monates, der dem gegebnen

jüdiſchen Monatstage angemeſſen iſt, bekomme . 1

Weil wir die Dinge, welche den jüdiſchen Kalen . der betreffen, zur Vergleichung der julianiſchen und júbiſchen Jahre nach ihren Monaten und Tagen , zu wiſſen nöthig haben : ſo muß man nicht allein aus ei. nem jeben gegebnen Tage eines jüdiſchen Jahres den ihm gemäßen julianiſchen Monatstag, ſondern auch

umgekehrt, aus einem jeden gegebnen Tage eines julianiſchen Jahres den ihm angemeſſenen jüdis ſchen Monatstag zu finden wiſſen. Was iſt aber wohl flårer, als daß man zu dem Ende vocher das

jůdiſde Jahr, welches mit dem gegebnen juliani. ſchen zuſammentrifft, den ( 7eumond des Tisri eber deffelben Jahres , und den Tag des julianiſchen Jahres, worauf der Neumond des Tisri fållt, nach den ſchon gegebnen Regeln ſuchen müſſe ? Jedoch), da

bas jüdiſche Jahr ſo verſchieden iſt: ſo iſt ziveytens auch die Art des jüdiſchen Jahres zu beſtimmen , das mit man, wo es ein überlaufendes Jahr, dem Mars desvan 30 , und , wo es ein mangelhaftes Jahr, bem Kisteu nùr 29 Tage zu geben, endlid ), wo es

ein Schaltjahr ſeyn ſollte , den Schaltmonat Veadar nach dem Adar gehörig anzuſehen, nicht vergeſſe. Nach dieſer Vorbereitung komint es noch bloß auf die Verglets

mathematiſche Zeitrechnung.

535

Vergleichung der Monatstage von beyden Jahren an . Daher muß man drittens die Tage des julianiſchen

Jahres, die von dem Neumonde des Tisri , welcher allemal in das vorhergehende julianiſche Jahr fallen muß, verfloſſen ſind, ſammlen, und die Tage von ſo vies len ganzen Monaten des jüdiſchen Jahres, als der ges

ſammleten Summe von julianiſchen Monatstagen am nächſten kommen , aber doch noch eine kleinere

Summe geben , ebenfalls zuſammen nehmen . Als. dann hat man in dieſer lekten Summe der júdiſchen Monatstage alle gange Monate des jüdiſchen Jahres,

die vor dem gegebnen julianiſchen Monatstage verlau fen ſind. Es muß demnach der gegebne-julianiſche Monatstag in den nächſtfolgenden jüdiſchen Monat treffen.

Folglich muß man viertens die Summe

der Tage in den verfloßnen jüdiſchen Monaten von der Summe der feit dem Neumonde des Tisri ver

floßnen julianiſchen Monatetage abziehn : ſo iſt der Ueberreſt der Tag des jüdiſchen Monates, den man ſucht; und zwar desjenigen Monates, der unmittelbar nach den vorher ganz verfloßnen Monaten folgt.

In den jüdiſchen Jahren iſt die Beſtimmung des Paſoha oder Paſſabfeſtes eine ebenfalls wichtige Sache. Die Regeln dazu find furz und leicht. Wars

um ſollte man dann niche Luft haben, ſie zu wiſſen ? Wenn aber ein gewiſſes jüdiſches Jahr gegeben

iſt, das jüdiſdhc Paſſahfeſt zu finden : ſo heißt das, manfolle den Tag des julianiſchen Jahres , wore

auf das jüdiſche Paffah fällt, beſtimmen ; denn in dem jüdiſchen Jahre iſt er von felbſt beſtimmt, und allemal, nach der von den neuern Judeu angenomme. nen Gewohnheit, der 15te des Ziſan. Da nun im

Vorhergehenden gezeigt iſt, wie man für einen jeden gegebnen Tag eines jüdiſchen Jahres, folglid) aud) für

den 15ten des Tiſan , den iøm gemäßen julianiſchen Monatstag finden könne: fo dúrfte man nur den da. 114

zu

536

Die erſte Abtheilung ,

zu vorgeſchriebnen Regeln folgen. Allein man fann in dem gegenwärtigen Falle weit fürzer zu ſeinem

Zwecke gelangen . Weil nach dem 15ten Tage des

niſan , als dem jüdiſchen Paſſahtage, bis an den Neumond des Tisri im folgenden Jahre die Anzahl Der Tage beſtåndig einerley, und zwar 163, bleibt ; in dem ſo wohl der Marchesvan und Risleu , die bisweilen eine Veränderung in dem jüdiſchen Jahre machen, als auch der Schaltmonat in einem Schalte jahre, vor dem Niſan fallen : ſo darf man bloß , ohne

ſich um die Art des jüdiſchen Jahres zu bekümmern, den Tag des julianiſchen Jahres , auf welchen der

molad Tisri, oder der Neumond des Tisri , in dem folgenden jüdiſchen Jahre fällt, nach den im Vor. Hergehenden dazu angegebnen Regeln ſuchen , und von den bis auf den Monatstag des Neumondes Tisri im julianiſchen Jahre verfloßnen und geſammleten Mo. natstagen 163 Tage abziehn ; dann iſt der Ueberreſt

die Zahl der vom Anfange des julianiſchen Jahres bis auf den julianiſchen Monatstag , den das Pariah trifft, verfloßnen Lage. alfo darf man von dem Ues berreſte, um den Monatstag felbſt zu finden, nur die Zahl ſo vieler vom Jenner an verlaufnen Tage gan. zer Monate, als demſelben Ueberreſte am nådiſten

kommen, abziehn , und den neuen Ueberreſt für den geſuchten Tag des nach den ganzen und verfloßnen Monaten unmittelbar folgenden julianiſchen Monates ſicher annehmen.

Die Juden geben ſehr abergläubiſch auf die Zeit Ucht, da die Sonne in einen von ben vier Hauptpun.

cten igres laufkreiſes tritt, zweymat Tag und Nacht gleich zu machen, und zweymal ſich zu wenden. Dieſe

Zeiten nennen ſie Tckuphor, und eine jede derſelben eine Tekuphah : ob dieß Wort gleich bey den åltern Juden eine andre Bedeutung hatte. Sie bilden fich

ein, daß für einen jeden Zeitbegriff von einer Tekus pha

mathematiſche Zeitrechnung. 537 pha bis zur andern ein beſondrer Engel und Aufſeher zur Sonne geſchickt werde, und daß in dem Augena blicke, wann die Sonne den erſten vollendet hat unt) den andern anfängt, ehe der eine Aufſeher dem anderri feinen Plak überlaſſen hat, die böſen Geiſter alle ty .

ranniſche Gewalt über die Gewåſſer ausüben können. Daher meinen fie, daß , wenn jemand in demſelben Augenblicke Waſſer trånfe, es möchte auch noch fo wes nig ſeyn, er ſich nothwendig die Waſſerſucht oder ſonſt

eine ſchwere Krankheit zuziehen mußte. So behut. ſam ſie aber auch dieſer Wahn macht: ro beſtimmen

fie doch die gedadyten vier Hauptpuncte bloß nach ih . ren angenommnen Meinungen. Deswegen iſt es zur Erkenntniß des jüdiſchen Kalenders nothig , die Vorſchriften zu erklären, nach welchen die Tekuphen

für ein jedes Jahr der Juden ihren Meinungen ger måß anzuſehen ſind. Ich will nur vorher noch erin. nern , daß fie nid )t allein die Zeiten, da die Sonne ih. rer Einbildung nach in eines von den vier Hauptpun. cten ihres (auf kreiſes tritt , ſondern auch die ganzen

Zeitbegriffe, in welchen die Sonne von dem einen Hauptpuncte bis zu dem nächſten fortgeật, Tečupben zu nennen gewohnt ſind. Soll man die Tekuphen

eines gegebnen jůdiſchen Jahres finden: ro muß man ſie aus dem Ueberſchuſſe eben ſo vieler ju. lianiſchen Jahre iber ſo viele jüdiſche, als bis auf die Zeit des gegebnen Jahres verfloſſen ſind, zu beſtims men ſuchen. Daher muß man zuerſt wiſſen , wie

viele gange und neunzehnjábrige Kreiſe der Juden, und wie viele einzelne Jahre des noch laufenden Krei

fes vergangen ſind. Zu dem Ende muß man das

gegebne jüdiſche Jahr durch 19 theilen , den Vuos tienten für die Zahl aller, von dem Molad Tohu

an, verfloßnen Kreiſe von neunzehnjahren , den lles berreſt hingegen für die Zahl des gegebnen Jahres in dem noch laufenden Kreiſe, annehmen, und beyde 115

gebrau .

538

Die erſte Abtheilung,

gebrauchen, den Ueberſchuß ſo wohl der durch den Quod tienten angewiesnen Kreiſe von 19 julianiſchen Jahren ůber eben ſo viele jüdiſche Kreiſe, als auch der durch

den Ueberreſt angezeigten einzelnen julianiſchen Jahre ůber eben ſo viele einzelne Jahre der Juden , auszu.

machen. Das iſt die erſteRegel. Da der Uebers ſchuß der julianiſchen Kreiſe über die jüdiſchen ſich ers geben muß, wenn man den Ueberſchuß eines juliani. ſchen Kreiſes über einen jüdiſchen ſo vielmal nimmt, als ganze Kreiſe der Juden verfloſſen ſind : ſo iſt hier.

nächſt die zwote Regel , daß man den Ueberſchuß eines julianiſchen neunzehnjährigen Kreiſes , keinen

Tag, 1 Stunde und 485 Selakim durch den nach der erſten Regel gefundnen Quotienten , als die Zahl aller bis auf das gegebne Jahr verfloßnen Kreis

fe, multiplicire. Wenn man aber hierauf den Ules berſchuß der einzelnen julianiſchen Jahre, ſo viele der.

felben bis auf das gegebne Jahr der Juden ganz ver. laufen ſind, über die ebenfalls ganz verlaufnen und einzelnen Jahre der Juden, durch den nach der erſten Riegel gefundnen Ueberreſt beſtimmen will : ſo muß man dieſen vorher um eines vermindern , weil er das

gegebne und noch nicht verfloßne Jahr mit begreift,

und dann die übrig behalten Jahre in die gemeinen und Schaltjahre unterſcheiden. Dazu dient die oben

gegebne Erklärung des neunzehnjährigen Kreiſes der Juden. Multiplicirt man dann den Ueberſchuß eines julianiſchen Jahres über ein gemeines Jahr der

Juden, welcher aus 10 Tagen, 21 Stunden und 204 Selalim beſteht, mit der Zahl der gemeinen Jahre,

hingegen den Ueberſchuß eines jüdiſchen Schaltjahres ůber ein julianiſches Jahr , welcher 18 Tage, 15 Stunden und 589 Selakim betrågt, mit der Zahl Der Schaltjahre, und zieht das legte Product vor dem erſten ab : ſo hat man in dem Ueberreſte den Ueber.

Schuß aller einzelnen julianiſchen Jahre über alle eine zelne

mathenatiſche Zeitrechnung. $39 zelne Jahre der Juden, die bis auf das gegebne vera laufen ſind. Alles dieß gehört zu der dritten Res

gel. Nun macht der Ueberſchuß von den ganzen Kreiſen, mit dem Ueberſchuſſe der einzelnen Jahre zu. fammengenommen, erſt den ganzen Ueberſchuß aller

julianiſchen Jahre über die jüdiſchen, die bis auf das gegebne Jahr der Juden verfloſſen ſind, aus. Es iſt demnach die vierte Regel, daß man den nach der zwoten Regel gefundenen Ueberſchuß mit demjenigen, den man nad) der dritten Regel gefunden hat, zu ei

ker Summe inache. Dieſe Summe mußte der Tag des erſten jüdiſchen Monates Tisri renn, auf welchen die Tekuphah deſſelben Monates fällt: wenn die Jua den ihre Jahrrechnung nicht von dem Jahre vor der Schöpfung, oder von der Zeit des Tobu anfingen . Da ſie ſich aber auf den Molad Tohu oder einen

Neumond in dem Jahre vor der Schöpfung gründet,

und die Tekuphab Tohu, welche die Juden12Tag ge, 20 Stunden und 204 Selakim vor dem Mos

lad Tohu anſetzen, mit in die Berechnung genom .

men ift: ſo wird zur fünften Regel erfordert, daß man von der nach der vierten Regelbeſtimmten Sums

me 12 Tage, 20 Stunden und 204 “ clatim ab. ziehe, in dem Ueberreſte den Tag zu befoinmen , auf den die erſte Tekuphah des gegebnen Jahres , oder die Tekuphab Tisri fállt. Alsdann ſind durch die erfte Tekuphab die drey übrigen eben deſſelbert

Jahres leicht zu beſtimmen : weil ſie alle um ein Vier. tel des julianiſchen Jahres von einander entfernt ſind. Wenn man alſo zu der erſten Tefuphah nur ein Viere tel, das iſt, g1 Tage, 7 Stunden , und 540 Belas

kim ; oder zwey Viertel, das iſt, 182 Tage, und 15 Stunden ; oder endlich drey Viertel, das iſt, 273 Tage, 22 Stunden und 540 Selakim, hinzufekt: fo giebt die erſte Zahl die Tekuphab Tebeth ; die

andre die Tekuphah 17iſan , und die dritte dieTea kuphal

540

Die erſte Abtheilung,

kuphah Tamuz. Uebrigens muß die Betrachtung des Ueberreſtes, den man nach der erſten Regel findet, und der Veränderung, welche daraus , wenn er entre

Der nur 1, oder nichts iſt, in den folgenden Regeln ents ſteht, wie ſie im Vorhergehenden erklärt iſt, auch hier angeſtellt werden.

Ich würde, um etwa eine Seite zu erſparen, dieſe

Vorſtellungen von der Beſchaffenheit des jüdiſchen Kalenders,wovon igt die Hauptſtücke hinlänglich er. klärt ſind, in gewiſſer Betrachtung unvollſtåndig laſ fen : wenn ich nicht auch die jüdiſchen Feſte , wie dier ſelben in ihren Monaten einfallen, anführen wollte.

Es ſind aber vorläufig einige Erinnerungen nöthig. J dermann weiß, daß die Juden allemal den Sonna bend als ihren Sabbath , und den erſten Tag eines jeden Monates, als den Neumond deſſelben , fevern.

Daher iſt es nicht nöthig, dieſe beſonders anzumerken. Wenn aber einer von ihren Faſttagen , die nach dem

Geſeke erſt eingeführt ſind, auf einen Sabbath fållt: Po verlegen ſie ihn auf den nåchſtfolgenden Tag. Auf fer dem iſt nur noch zu wiſſen , daß die benden Mos

nate, Marchesvan und Llul, keine Feſte haben, und dem Geſeke nach auch der Risleu feines haben

follte. Nun leſe man hier die jüdiſchen Feſte, wie ſie

in ihren Monaten folgen. Im Tisri fällt auf den iten das Neujahr oder Poſaunenfeft; auf den 3ten

das Faſten wegen des Gedalias ; auf den roten das Verſohnungsfeſt; auf den 15ten das Jauberhüttenfeſt; auf den ziten , als den ſiebenden des Lauberhüttenfe: ftes, das Palmenfeſt; auf den zuten als den achten

des Lauberhüttenfeſtes, das Verſammlungsfeſt, oder das Feſt des Beſchluſſes ; auf den 23ten des Gerekes

Freude; und auf den 3oten Roſch Chodeſch , oder die erſte Feyer des Neumondes , wenn der Monat 30

Tage hat, in welchem Falle dann der erſte Tag des folgenden Monates die andre Feyer des Neumondes ift.

mathematiſche Zeitrechnung. 541 iſt. Im Risleu trifft auf den 25ten das Feſt der

Altarweibe, und auf den zoten Roſch Chodeſch . Im Thebeth iſt den roten das Faſten wegen der Ben

lagerung Jeruſalems durch Nebukadnezar. Im Schebath fällt auf den 15ten der Tag der Freude, und auf den 30 Rolah Chodech. Jin adar ger hört für den Izten das Faſten Lſter ; für den 14ten Puriin , oder wie es die Juden nennen , das kleine Feſt Purimn , das iſt, der looſe, und für den isten

Suſan Purim , das iſt, das Feſt der Looſe zu Sur fan, oder wie es von den Juden genannt wird , das große Feſt Purim : wenn aber das Jahr ein Schalt jahr iſt ; fo wird nur das kleine Feſt Purim am 14ten

des Adars, die andern Feſte aber in dem Schaltmo. nate, Veadar, gefeyert. Im Monate Hifan fålle

dèr große Sabbath vor dem Paſſahfeſte , dann auf den 15ten das Paffabfeſt, auf den 22ten das Ende des

Paſſahfeftes, und auf den 30ten Roſch Chodeſch . Im Ijar iſt der 18te der Tag Beomer. Im Nos nate Sivan trifft auf den 6ten Pfingſten oder das

Feſt der Wochen, und auf den 30ten Roſe Chos deſch . Im Tamuz fällt auf den 17ten das Faſten wegen Zerbrechung der Gefektafeln .

Im ab ift

am roten das Faſten wegen Verbrennung des Tema

pels , am 15ten der Tag der Freude , und am 3oten Roſch Chodeſ . Von dem türkiſchen Ralender habe ich ſchon oben ben Vergleichung der Jahrrechnung das Vore nehmſte erklärt: indem ich gezeigt habe,wie man nicht allein den Wochentag, worauf der Anfang eines geo wiſſen Jahres der Hegira fållt, ſondern auch den Ane fangstag deſſelben im julianiſchen Jahre finden könne. Es iſt nur noch übrig, zu zeigen, wie man , wenn der

Anfang eines Jahres der segira gegeben, oder nach den oben bewiesnen Regeln gefunden iſt,

die Tage des julianiſchen Jahres, auf welche Die

A

Die erſte Abtheilung , die Anfangstageder übrigen türkiſchen Xijos

542

nate treffen, beſiimmen můjje. Iſt der Tag des julianiſchen Jahres, auf den der Neumond Yuhars

ram, oder der Anfang des gegebnen Jahres der He. gira fällt, bekannt : fo muß die Zahl der Tage des er:

ſten türkiſchen Monates, wenn ſie zu dem Tage des julianiſchen Jahres, womit ſich der erſte Monat an .

fångt, hinzugefegt wird, den Unfangstag des zweyten türkiſchen Monates, die Zahl der Tage des erſten und zweyten türkiſchen Monates , wenn ſie wiederum zu

eben demſelben Tage des julianiſchen Jahres hinzugee than wird, den Anfangstag des dritten türkiſchen Mo. nates, u. f. f. begreifen.

Nur bloß die verfchiedne

Långe der julianiſchen und türkiſchen Monate mache,

daß die Tage vongleich vielen julianiſchen und türkia ſchen Monaten nicht zuſammentreffen. Aber dieſe 2b. weichung iſt bald zu heben. Man weiß ja , wie viele Tage mit einem , zweyen, Dreyen oder mehr Monaten

des julianiſchen Jahres verfließen, und kann es auch aus der oben mitgetheilten Tafel von den geſammlet ten Monatstagen deſſelben rehn. Sammlet man als

ro die Tage von ſo vielen ganz verfloßnen julianiſchen Monaten, daß die Zahl dieſer Tage zwar noch kleiner iſt, als die Summe der Tage, die man durch Hinzu. thun der türkiſchen Monatstage bekommen hat, aber doch eben der Summe am nächſten kommt: ſo muß, nachdem man eine ſolche Zahl der geſammleten Mo.

natstage des julianiſchen Jahres von der erſten Sume me abzieht, der Ueberreſt den Tag des nächſtfolgens den julianiſchen Monates, worauf der geſuchte Una fangstag eines türkiſchen Monates fälle, anveiſen .

Es iſt daher die ganze Sache durch zwo Regeln auszurichten: die erſte iſt, daß man zu dem gegeb. nen , oder gefundnen Tage des julianiſchen Jahres, womit ſich der erſte türkiſche Monat anfångt, dieZahl

der geſammleten Tage von ganz verfloßnen türkiſchen Mongs

mathematiſche Zeitrechnung. 543 Monaten hinzuſeke, es ſey von einem, von zweenen oder mehrern, nach dem man entweder den Anfang des andern , des dritten oder der weiter folgenden tůra

fiſchen Monate ſucht ; die andre ift, daß man von

diefer Summe die Zahl von ſo vielen geſammleten Tagen der ganz verfloßnen julianiſchen Monate , als Der erſten Summe am nächſten kommen, jedoch eine kleinere Zahl geben, abziehe, und den lleberreſt für

den Tag des zunächſt nach den abgezognen Monaten folgenden Monates im julianiſchen Jahre , annehme.

Die Zahl der türkiſchen Monatstage kann man ence weder aus der oben , S. 327 , mitgetheilten Tas fel ſehen , oder ſie leicht von ſelbſt ſammlén , wenn man ſich nur erinnert, daß alle türkiſche Monate weche

ſelsweiſe aus 30 und 29 Tagen beſtehen, und der erſte 30 hat. Aus den ißt gegebnen Regeln kann man endlich gar leicht ſchließen , wie man auch, wenn der Unfangsa

tag irgend eines türkiſchen Monates gegeben oder auf die vorher erklärte Urt gefunden iſt, für einen jeden Tag eines jeden türkiſchen Monates den ihm

gemäßen Tag des julianiſchen Jahres zu bes

ſtimmen, im Stande ſey. Darum will ich nicht weitläuftiger davon reden .

Beſchluß. Wer die bisher vorgetragnen Gründe und Res geln der mathematiſchen Zeitrechnung wohl gea faßt, und ſich nur in der gemeinen Rechenkunſt ein wenig geübt hat, ber wird niemals Schwierigkeiten finden, alle Arten der Berechnung, die zur Beſtime mung der Zeit in der Geſchichte nöthig ſind, zu bele

greifen, und felbſt zu übečnehmen. Vielleicht aber kommt einem oder dem andern dieß Lehrgebåude zu

weitläuftig vor : vielleicht håle es auch mancher für etivas

544

Die erſte Abtheilung ,

etroas überflüßiges bey einer allgemeinen Geſchichte; da man doch Bücher von der mathematiſchen Zeite

rechnung genug hat. Aber ich glaube dennoch gute Gründe widerſolche Einwendungen für mich zu ha. ben. Die Sorgfalt, einem jeden , wenn er ſich auch

mit der Großenwiſſenſchaft nicht genau eingelaſſen hat, verſtåndlich zu werden, eine Pflicht, die mir billig zum Gereke hat dienen müſſen , hat es nicht erlaubt, die Beweiſe ſo kurz zu faſſen, wie man es in der Groſs ſenwiſſenſchaft billig chut, wenn man bloß den in die. fer Wiſſenſchaft geübten ſchreibt: und hiernächſt iſt aud) zu dem Ende, damit dieß Lehrgebåude nicht allzu unvollſtändig werden möchte, eine etwas ausführliche

Abhandlung nicht zu vermeiden gemdeſen. Daß man

Bücher von der mathematiſchen Zeitrechnung genug habe, das leugne ich nicht: allein ſie ſind nicht für jee

bermann fo faßlich geſchrieben, zum Theile auch zu unvollſtändig ; und die beſten kann nicht ein jeder alles mal Şaben. Da nun doch die mathematiſche Zeit. rechnung zur Geſchichte, wenn man nicht beſtändig mit fremden Augen fehen , oder nur alles obenhin wiſe

ſen, und bloß die Kürze fchågen will, unentbehrlich iſt : To habe ich billig eine Ausbreitung dieſer nochigen und

nüßlichen Wiſſenſchaft dadurch geſucht, daß ich dieſe Ubhandlung meiner allgemeinen Geſchichte vorgefest habe. Die aufrichtige Begierde, der Welt dadurch zu dienen, wird mich desfalls ben allen billigen Richa fern völlig rcchtfertigen.

Die

545

Die zwote Abtheilung. Von der

biforiſchen Zeitrechnung. Inhalt. Die Schwierigkeit der hiſtoriſchen Zeitrechnung, $. 1, Die Beſchaffenheit der Jahre vor der Sundfluth, ſ.2. Nach derfelben , 6. 3. Das jüdiſche Jahr in Aegy pten und zu des Moſes -Zeiten, §.4. Unter den Rich tern , 8.5. Unter den Königen , Ø. 6. Nach der bas byloniſchen Gefangenſchaft, S. 7. Urſprung des neuen jüdiſchen Jahres, 9.8. Das alte Jabr der 777orgens lander, $.9. Der Aegypter, S.10.

Der Griechen ,

$. 11. Der Abendlander und der nordiſchen Voiker, 9. 12. Von den ſtarken Gründen fúr die bebräiſche Beitrechnung, und dem Gebrauche der weltlichen, §. 13. Die Zeitrechnung bis auf die Sündfluth, $.14. Bis auf Abrahams Geburt und Berufung,9.15. Bis auf den Ausgang der Kinder Ifraels ausAegypten, Ø. 16 . Bis auf die Tbeilung des Reiches von Juda und in rael, Ø. 17. Bis auf die babyloniſche Gefangenſchaft und das Ende derſelben , Ø . 18. Verknüpfung der weltlichen und bibliſchen Zeitrechnung, $ . 19.

Zeits

rechnung bis auf die Zeit uleranders des Großen , 9. 20. Bis auf den Urſprung des römiſchen Kaiſers thums und die Geburt Chriſti, 6. 21. Bon der Zeit:

rechnung nach Chriſti Geburt, §. 22. Tafel der Zeita rechnung, 9. 23. $.

I.

s iſt eine alte Klage, daß die hiſtoriſche Zeite rechnung unüberwindliche Schwierigkeiten habe. Auch iſt fie wohl gegründet, wenn man ſie von der weltlichen Zeitrechnung an ſich , ohne die Hülfe der bibliſchen Zeitrechnung, vera m I. Theil. ſtebr.

546 Die zwote Abtheilung, ſieht. Die älteſten Zeiten ſind in der weltlichen Gee ſchichte unter eine dicke Finſterniß , die kein derſelben

eignes Licht der Zeiten erhellt, verſenkt. Selbſt das, jenige Zeitalter, worinn etwas Licht aufzugehen anfing, iſt noch in viele Dunkelheit verhüllt. Bald iſt es die Nachlåßigkeit der Geſchichtſchreiber, welche nicht auf

die Nachkommenſchaft gedacht, und die in ihren Ea. gen einem jeden bekannte Zeit gewiſſer Begebenheiten

anzuzeigen, verſäumt haben ; bald der Mangel an eis ner genauen Folge der Begebenheiten mancher Volo ker, die nur obenhin von ausländiſchen Geſchichtſchrei bern erzählt find : oft iſt es auch die Verſchiedenheit

der Jahrrechnungen und ihrer Jahrzahlgrângen, wor. aus eine ſolche Dunkelheit entſpringt. Aber wenn man eben die Klage über die bibliſche Zeitrechnung führet : ro tritt man in der Lyat der Weisheit und Güte des Schöpfers zu nahe, und findet ſich durd, die Erfahrung, nach einer unparteniſchen Prüfung aller Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung und der bes ſtändigen Verknüpfung aller Begebenheiten in ihren beſtimmten Zeitråumen, wie ſie in der Heiligen Sd;rift klar genug angegeben find , widerlegt.

Wufmerkſam .

keit, Fleiß und unparteniſche Unterſudzuigen werden allerdings erfordert, die Beſchaffenheit dieſer Zeitrech). nung, nebſt ihrer Gewißheit und Vollſtändigfeit, zu Allein müſſen wir nicht eben diefelben erkennen . Mittei gebrauchen , alle Wahrheiten , die zu unſrer Glückſeligkeit nothwendig ſind, einzuſehen ? Warum follte man bey der Zeitrechnung einer ſolchen Mühe

überhoben ſeyn ? Die heilige Schrift fat licht genug dazu angezündet und auch hierinn weder zu roenig noch zu viel gethan : ſo daß die ſchuldige Bemühung, wo. zu der Himmel den Menſchen ihre Gaben verliehen hat, niemals garg vergeblich ſein wird.

Wie unbil.

lig iſt es daþer nicht, mit dem sieronymniis a), wo. von

*) Epift. ad Vitalem :

1

hiſtoriſche Scitrechnung.

547

aon Richard Simon b ) und einige andre nicht viel

vbgehn, ſie für einen Zeitverluſt můßiger Leute auszu geben ? Iſt die Zeitrechnung nicht ein unzertrennliches Stůck der bibliſchen Geſchichte : und dieſe Geſchichte nicht an die genau beſtimmte Zeit , da das Heil der

Menſchen erſcheinen route, gebunden ? Wie fann alſo eine Zeit, welche zur Beſchäftigung mit derſelben an #

gewandt iſt, für verlohren gehalten werden ? Umſonſt

iſt gewiß nicht die Zeitrechnung in die bibliſchen Biie cher eingeflochten : wer dieſe ſchåßt, der muß auch ihre Zeitrechnung kochachten. Es iſt wahr, die heilige Schrift giebt nicht ben allen Erzvåtern , Richtern und Königen die Monate und Tage an : aber Theophil von Antiochien c ), und diejenigen, die ihm darinn berpflichten, ſchließen zu viel , wenn ſie daraus eine

Ungewißheit der bibliſchen Zeitrechnung behaupten wollen . Es ſind oft genug und allemal an dem recha ten Dete, wo es auf eine richtige Verknüpfung der Zeia

ten ankommt, nicht allein Monate und Tage , ſondern auch noch andre natürliche Unterſcheidungszeichen der Zeit, als eine Zerndte, eine Weinteſe und dergleichen , klar angefekt. Nimmt man hierzu noch die befondre Einrichtung der bibliſchen Zeitrechnung, woraus wies

derum ſichere und ihr allein eigne Unterfdjeidungszeia chen fließen: ſo ſieht man ſich genöthigt zu bekennen, daß, gleichwie ſie die wichtigſte, ſie auch die gewiſſeſte und vollkommenſte iſt. So war es ihrem Urheber, dem unendlichen Weſen , gemäß.

Wenn man nun

die gewöhnlichen Klagen über die Schwierigkeit der welrlichen Zeitrechnung ſoweit treibt, daß man ſie auch mit Hülfe der bibliſchen Zeitrechnung für unüberwind lich anſieht: ro thut man in dieſem Stücke ebenfalls der Sache zu viel ; wenigſtens in ſo weit es auf er. Mm 2

hebliche

6) Hiſtoire critique du vieux Teſtam , L.I.C.V.p.38. *) Ad Autolys, Lib . 3,

548

Die zwote Abtheilung,

hebliche Begebenheiten ankommt, die einen Einfluß in die zur Glückſeligkeit nöthige Erkenntniß haben. Die höchſte Weisheit hat nicht ohne gute und Heilige Abſichten zugelaſſen, daß eine Menge von weltlichen Zeitbüchern , wodurch die weltliche Geſchichte mehr

Licht hätte bekommen können , verlohren gegangen find. Wer hat des Herrn Sinn erkannt? Jedoch darf man wohl ſchließen , daß dieſe Menge ben ihrer Uns vollkommenheit, als Werke bloßer Menſchen , durch

Fehler und Widerſprüche unter einander, die Neubes gierde nur zu einem unnúken Zeitverluſte gereißt has ben möchte. Die Gewißheit aller weltlichen Geſchich.

te, ſo weit ſie zu wiſſen nöthig iſt, und ihrer Zeitrech. nung, wird durch die bibliſche Geſchichte und Zeitrech nung hinlånglich feſtgeſegt. Dieſe iſt ein beſtändiger Leitfaden für jene, und ertheilt ihr Licht und Ordnung : da ſie hingegen ihr eignes und vollkommnes Licht ben

ſich führt. Allein auch an der andern Seite hat eben die höchſte Weisheit es nicht vergebens ſo gefügt, daß wir noch viele Urkunden der weltlichen Geſchichte und

Zeitrechnung übrig haben. Die Uebereinſtimmung derſelben mit der bibliſchen , iſt ein fråfriges Mittel, den Blinden, die nicht regen wollen , alle Entſchuldis gung zu benehmen. Daher iſt es billig, die Gedan. ken von den unůberwindlichen Schwierigkeiten fo wohl

der weltlichen, als vornehmlich der bibliſchen Zeitrecho nung fahren zu laſſen, und eine ſo nöthige und nukli, che Erkenntniß nicht aus Furcht vor einem Schattens

bilde zu verſäumen. Ich will hier einen Verſuch thun, wie weit ich im Stande ſeyn möge, etwas zur Hebung dieſer Schwierigkeiten benzutragen, und mich dabey ſchlechterdings nach der hebräiſchen Zeitrech.

nung, wofür ich die Gründe am gehörigen Orte bey. bringen werde, richten . $. 2.

hiſtoriſche Zeitrechnung. .

549

2.

Ehe ſich in der Zeitrechnung, es rey die bibliſche oder die weltliche ; etwas gewiſſes ausmachen läßt,

muß man nothwendig wiſſen , nach was für Jahren ben einem jeden Zeitraume gerechnet werde. Man

Hat in Wahrheit Urſache, ſich ſehr zu verwundern, daß bey der ſichern Handleitung, welche die Natur, nach der Abſicht ihres Schöpfers, durch die ſichtbaren Bee wegungen der Sonne und des Mondes und die merke

lichen Verånderungen auf unfrem Erdballe, die von dem Laufe der Sonne abhangen , geben muß , die

Menſchen in eine ſolche Unwiſſenheit von der Beſchaf. fenheit des Sonnen- und Mondjahres verfallen ſind,

als ihnen durch verſchiedne Zeugniſſe der Geſchichte ſchreiber beygelegt wird. Aber es iſt auch nicht no. thig, dieſe Unwiſſenheit zu übertreiben : wie von eini. gen geſchehen iſt ; da es doch weder die Natur der

Sache, noch die Geſchichte, leidet. Was hat es für Wahrſcheinlichkeit, dem Jahre von 360 Tagen ein ſo

großes Alter benzulegen, ja es für das älteſte zu halten, und es für ſo allgemein auszugeben ? Es iſt unnöthig, und zu weitläuftig, alle vermeinte Gründe, welche ſono

Gerlich Alphons Desvignoles d ) und Johann Jackſon e) dafür bengebracht haben , hier auf ein mal zu beantworten : am füglichſten und fürzeſten fann die Antwort ben Gelegenheit der Jahre von der nen Völkern, welchen ſie ein ſo unvollfommenes Jahr, beyzulegen geſucht haben , nach und nach geſdịchn,

Gegenwärtig will ich nur von den ålteſten Jahren vor der Sundfluth reden, und aus der åchten und einzigen

Duelle, dem 1 B. Mop , beweiſen, daß es nichts we Mm 3 niger d) Chronologie de hift. fainte, Tom II. Lib. VI,

c) Chronologiſche Alterthümer der älteſten Königreiz che, Ih. II. S. 353 : 416, nach der Ueberſegung.

550

Die zwote Abtheilung,

niger als ein Jahr von 360 Tagen geweſen iſt. Ich übergehe die allgemeinen Gründe der höchſten Unwahr. fcheinlichkeit, daß die erſten Menſchen, die von Gote gelehret waren, eine ſo ſchlechte Erkenntniß von der

Größe und Beſchaffenheit des Jahres gehabt , oder ben ihrem langen Leben nicht bald eine befre Erkennt.

niß gefunden, und ihren Nachkommen, die lange mit ihnen zugleich lebten, mitgetheilt haben ſollten . Die Hauptſache iſt, aus der Geſchichte vor der Sundfluth, wie Moſes ſie aufgezeichnet hat, darzuthun , daß man

vor derſelben ein Sonnenjahr von 365 Tagen und einem richtigen Ueberſchuſſe gehabt hat. Niemand hat ſich ſo viele Mühe gegeben, dieß zu beweifen, als

Johann Rennedy f ). Ob gleich wider verſchied. 1

ne von feinen Meinungen manches erinnert werden kann, und auch wirklich erinnert iſt g) : fo hat erdoch dieſen Beweis gut geführt h ). Eswird I B.mof. VII, und VIII, wo die Zeit der Sündfiuth genau bea ſtimmt iſt, ein volles Jahr, nach ſeinen Monaten und Tagen, deutlich vorgelegt.

Man darf nur erſt die

Långe eines jeden Monates wiſſen. Dazu giebt Mos ſes ſelber das Mittel an die Hand. Denn es werden, wenn man 1 B. Mof. VII. 11 , 24 , und VIII. 3, 4 ,

zuſammenhålt, ausdrücklich 150 Tage , zur Zahl der Tage vom 17ten des zweyten Monates, bis zum 17

ten des ſiebenden Monates, und alſo zur Zahl der Tage von 5 ganzen Monaten, die vor dem 17ten des

ſiebenden Monates verfloſſen ſind, angegeben. Nun

muß natürlicher Weiſe die Zahl der Tage eines Mos nates

f) A new methode of ſtating and explaining the ſcri pture Chronology, upon moſaic aſtronomical principles, mediums and data. Lond. 1751. (8).

g) Remarks on Kennedy's fcripture chronology. Lond. 1755.

b) L. C. p. 107-141.

hiſtoriſche Zeitrechnung.:

551

nates gefunden reyn : wenn man 150 Tage , aís die Zahl aller Tage von 5 ganzen Monaten, mit 5 theilet. Man findet aber durc) dicfe Theilung 30 jum Duos tienten. Folglich muß ein jeder Monat, den Moſes

zu feiner Rechnung gebrauct , 30 Tage Gaben. Aber

hier iſt ein wichtiger Einwurf, auf den auch Joh. Albert Bengel ſehr ſcharf dringt i). Monate von 30 Tagen und ein unvollkommnes Sonnenjahr von 360 Tagen, ſind unzertrennlich, ſagt man : weil das

Sonnenjahr aus zwölf Monaten beſteht, und 12 Mo. nate von 30 Tagen nicht mehr als 360 Cage ausma chen . Allein ſie ſind nur unter der willkürlich ange. nommnen Bedingung, daß der 12te Monat auch nicht

mehr, als 30 Tage, haben müſſe, unzertrennlich : und dieſe angenommne Bedingung gehört zu denen Urfa.

chen, die in ſpåtern Zeiten einige Vólfer, wiewohl nur auf eine Zeitlang, bewogen haben, ein Jahr von 360 Sagen anzunehmen. Inzwiſchen kann man dieſe Bez dingung von den Jahren vor der Sindfluty ſo wenig

beweiſen, daß ſich vielmehr in dem Fortgange der Bes rechnung, ivenn man ſich bloß durch die Heilige Schrift leiten läßt , das Gegenteil zeigt. Unſtatt der aus. drücklich für 5 Monate beſtimmten Zahl von 150 Tas gen, nur 149, eine Zahl, die noc) dazu nicht anders, als unter einer falſchen Bedingung, für die Tage von fünf Monaten angefekt weröeit darf, anzunehmen, da. mit man die Monate nad) dem Mondlaufe wechſels . weiſe von 30 und 29 Tagen, dem neuern judiſchen Jahre gemäß herausbringe, kann ich nicht für erlaubt halten : denn wenn man einmal Grund zu haben glaubt, eine Zahl in der hebräiſchen Zeitrechnung zu verändern ; ro kann man es allemal thun, ro oft man es für nöthig halten mag. Ich will hier nicht darauf beſlehn, daß man das neuere jüdiſche Jahr olne allen Grund in Mm 4

i) Ord, tempor. C. 2. fect, 5. p.44.

die

.

552

Die zwote Abtheilung ,

die alte Zeitrechnung miſdxt: weil man die 149 Tage unter einer falſchen Bedingung für fünf ganze Mona te, wenn ſie nicht wider das ausdrückliche Zeugniß der

Schrift wären, leicht ohne das jüdiſche Jahr verthei digen könnte; indem es ja eben ſo natürlich iſt, wenn einmal Mondenmonate wechſelsweiſe von 29 und 30

Tagen angenommen werden ſollen, dem erſten Mona:

te 29, und dem andern 30 Tage , und ſo weiter wecha ſelsweiſe, beyzulegen, wodurch man die angenommne

Zahl finden wirde. In der That iſt es viel natürli: cher, zuerſt 29 Tage , weil noch nicht mehr vol ſind, und zum zwenten male, wann wirklich 30 Tage voll ſind,

auch 30 Tage zu zählen, als erſtlich 30 Tage, die noch nicht voll ſind, anzunehmen , und dann , wann ſie wirk. lich voll geworden ſind, nur 29 zu rechnen. Jedoch, da die wedyſelnde Zahl von 29 und 30 Monatstagen nicht die von Moſes beſtimmte Zahl ven 150 Tagen

für 5 ganze Monate, ſondern nur 149, und noch dazu bloß unter einer falſchen Bedingung, giebt : ſo kann man eine ſolche Zahl der Monatstage nicht vertheidia

gen, ohne der Offenbarung klar zu widerſprechen. Das Hilfsmittel, welches Herr Bengel k) dawider ver, ſucht hat ; und das auf der Meinung beruhet, daß ben der Sundſuth 5 Monate leicht einen Tag mehr, als

gemeiniglich, und alſo 150 Tage, hårten betragen fón . nen, iſt bloß willkürlich. Deswegen hat er es auch nach einigen Zeilen ſelber wiederum verlaſſen , und ſucht die Sache durch einen Schluß zu entſcheiden. Dieſer Schluz gründet ſich auf die Erklärung , daß die 150

Tage v. 3. mit dem 17ten des fiebenden Monates eis nerley ſind.

Das glaube ich nicht.

Inzwiſchen will

ich es hier annehmen . Entweder, ſagt er, hat die Ar che ſich eben in dem Augenblicke, da auf den 150ten

Tag der 15ite Tag gefolgt iſt, auf die Gebirge von Are menien niedergelaſſen ; und dafür kann kein Menſch Gewähr k ) L.c, C. 2. ſect. 6. p.45, . ,2 .

hiſtoriſche Zeitrechnung.

553

Gewähr leiſten : oder der '150 Tag muß mit dem 17ten

Tage des ficbenden Monates einerley fenn. Wojų roll der Schluß ? Das legte fagt ja die Schrift nach

der angenommenen Erklärung ausdrücklich : es bedarf alſo keines Beweiſes durch Wegráumung eines Falles ' quf den bey den ausdrücklichen Worten kein Menſch gedenken kann, ohne ſich einzubilden , daß zwiſchen dem 150 und 151 Tage ein Augenblick rey, der ſo gut zu dem vorhergehenden als folgenden Tage gehören könnte. Denn reßt man sich nicht voraus : ſo muß der Au

genblick, in welchem ſich die Arche niedergelaſſen hat, entweder zu dem 150 Tage, den die Schrift angiebt, gehören, und es iſt eine unerlaubte Verwegenheit, gez rade den legten Zugenblick deſſelben Tages anzuneh . men , da die Schrift nicht den geringſten Grund daju anweiſt; oder eben derſelbe Augenblick muß fchon zu dem 15iten Tage gerechnet werden, und das widerſpricht dem klaren Buchſtaben ; wenn man die hierbey) vor.

ausgefekte Erklärung für wahr hält. Die Folge aber, die aus dieſem Schluſſe gezogen wird , daß alſo fünf

Monate nur 149 Tage machen, und daher die Monate nur Mondenmonate ſind, iſt in beyden Stücken falſch gezogen . Denn in Anſehung des erſten Stückes folgt nicht mehr, als daß der 149te Tag der unmittelbar vor dem 15oten vorhergehende Tag gewefen feyn muß :

keinesweges,aber folgt, daß dieſe 149 Tage die fünf Monate voll gemacht haben inüſſen. Es iſt wahr ; wenn man von einem gegebnen Tage eines gewijfen Monates, bis auf eben denfelben Tag des fünften Moe mates rechnet: ſo muß man nothwendig um nicht mehr, als 5 volle Monate zu haben, entweder den zuerſt ges

gebnen Tag, oder eben denſelben Tag des fünften Moe nates von der Rechnung ausſchließen. Uber es kann

fich gar kein Fall ereignen, worinn 5 Mondenmonate 149 Tage machen ſollten, als wenn in einem neuen jů.

diſchen Jahre, das ein überlaufendes Jahr iſt, die 5 Mm 5

Mos

554

Die zwote Abtheilung,

Monate von dem erſten Monate Tisri angefangen werden ; und das iſt hier der Fall nicht, ſondern es wird der Anfang zu zählen von dem zweyten Monate gemacht: die höchſte Zahl, die man fonſt durch Be. rechnung findet, iſt 148, wenn man entweder von einem Monate, der 30 Tage hat, anfängt, oder in einem übers laufenden Jahre nach der neuern júdiſchen Rechnung von dem Marchesvan , der in folchem Falle auch 30 Tage hat, den Anfang macht. Alſo geben fünf Mo. nate hier nicht anders 149, als wenn man ſo wohl den gegebnen Tag von dem erſten Monate , als den eben ſo vieleſten Tag in dem fünften Monate , mit in die Rechnung bringt, und folglich einen Tag zu viel an nimmt. Das iſt die falſche Bedingung , worauf ich im Vorhergehenden mit dieſem Ausdrucke gezielt has be : bloß unter derfelben allein bringt man hier für

fünf Mondenmonate 194 Tage heraus. Die Geilige Schriſt hingegen rest ausdrücklich 150 Tage als die

Zahl der Tage von 5 ganzen Monaten an : denn ſie thut nichts umſonſt; und es würde gar kein Grund fenn , warum ſie, nachdem die vierzig Eage der Forts dauer des Regens angegeben ſind, noch mehr , als

den 17ten Tag des ſiebenden Monates für die Zeit, da das Waſſer ſo weit verlaufen war , daß ſich die Urche auf die Gebirge reken konnte , angezeigt, und die 150 Tage, vorher gefammlet, beſtimmt haben ſollte, wenn nicht die Abſicht geweſen wåre, die Långe der Monate und Jahre, wovon bis auf diefelbe Zeit noch nichts ger ſagt war , zur Gewißheit der Zeitrechnung zu lehren.

Kann man nun dieß nicht leugnen ; und es iſt nicht zu leugnen : ſo můſſen 150 Tage für fünfMonate angeregt, und alſo die länge eines jeden Monates auf 30 Tage ges

rechnet fenn. Dieſe findet man denn ſo wohl, wenn man den erſten gegebnen Tag, den 17ten des zweyten Monates mit rechnet und den legten den 17ten des ſiebenden Mos

nates ausſchließet, alswenn man den erſten angegebs nen

hiſtoriſche Zeitrechnung.

555

nen Tag ausſchließt, und den lekten mit in die Recfja nung bringt. Jedody, ba dieß in der folgenden Bes

rechnung der Tage des ganzen Jahres einen Unter. ſdied von einem ganzen Tage machen würde : ſo muß ich beweiſen, daß der erſte Fall allein Plaz finde. Es kann der erſte Tag, den Mofes angiebt, oder der 17te

des zweyten Monates nicht ausgeſchloſſen werden : weil Cap. VII, n , der Anfang der Sundflutų aus drücklich darauf gereßt wird. Im Gegentheile wird Cap. VIII. 3, die Zahl der 150 Tage für den Anwachs und Ablauf des Waſſers befonders angegeben , und dann erſt im 4ten Verſe die Niederlaſſung der Arche, als eine nahe Folge davon, durch den 17ten des ſiebene den Monates beſtimmt. Gehören alſo nicht offenbar

bende Zahlen, eine jede zu einer verſchiednen Begeben bext ? Die erſte zeigt, wie lange das Waſſer zugenom . mea und nachher wieder ſo weit gefallen feny, daß fich des Tages darnad, pie Arche niedergelaſſen habe : die

zwote beſtimmt die Zeit diefer Niederlaſſung . Bende find zu der Abſicht die Länge eines Monates zu lehren nothwendig gewefen ; die erſte, eine beſtimmte Zahl

von Tagen anzugeben ; und die legte, die Zahl der Monate , welche gerade aus fo vielen Tagen beftehni, anzuweiſen : fonft aber würde die legte ' alleine hinreiu

chend geweſen ſeyn. Demnach iſt ber 17te Tag des fiebenden Monates von den 150 Tagen unterſchieden, und alſo der 15ite Tag: wodurch dann der Schluß des

Herrn Bengels nicht 149 , fondern 150 Tage heraus: bringen müßte. Es erhellt aber aus dem Vorherges henden zugleich , daß der Schluß des Syerrn Bengels auch in dem andern Stücke, welches aus den 149 Tas

gen auf Mondenmonaten die Folge zu machen zur U6 richt hat , falſch iſt; wenn gleich die von ilm daber vorausgeſekte Erklärung zugegeben würde : Denn in

149 Tagen liegen fünf Mondenmonate von 29 Tagen,

und es bleibt ein Lieberfchuß von 4 Tagen; weswegen unter

556

Die zwote Abtheilung,

unter fünf Mondenmonaten 4 Monate von 30 Tagen ſeyn müßten ; das aber kann ſich niemals anders zu.

tragen , als wenn in einem neuern und überlaufenden Jahre der Juden fünf Monate von dem erſten bis zum ſechſten gezählt werden ; und in der Stelle, wo .

von hier die Rede iſt, zählt Moſes von dem zwenten Monate bis zum ſiebenden. Es bleibt demnach feſt, daß die Monate vor der Sindfluth alle bis auf den legten, der in dem Sonnenjahre 35, und in dem Monds jahre nur 24 haben mußte , 30 Tage begriffen haben. Der Beweis für die leßten Monate wird ſich im Forts gange bey der Beſtimmung der Långe eines ganzen

Jahres von ſelbſt finden : bier iſt es genug, daß man die (ånge der übrigen Monate feſtgeſekt hat. Man fann auch einen ganz guten Grund angeben , warum

für die Monate, weil ſie ſowohl Mondenmonate als Sonnenmonate ſeyn können, überhaupt 30 Tage zuerſt feſtgefekt geweſen ſind: indem die Mondenmonate zum Theile 29 und zum Theile 30, die Sonnenmonate

zum Theile 30 und zum Theile 31 Tage Şaben müſſen ; und 30 die mittlere Zahl zwiſchen 25 und 31 iſt. Da

wir nunmehr die Långe der Monate eines Jahres außer

dem lekten, nach des Mofes Erklärung von den Jahı ren vor der Sundfluth , ſicher wiſſen : ſo iſt es um fo

viel leichter, die Länge des ganzen Jahres und des lek. ten Monates aus ſeiner Vorſtellung von dem Jahre der Sundfluth , zu erkennen ; da er ſie durch einen

Theil von einem , und einen Theil von einem andern Jahre fortgeführet hat. Weil ein jeder Monat vor der Sundfluth aus 30 Tagen beſtand: ſo müſſen von dem erſten Monate bis zum zweyten und deſſen 17ten Tage, wovon Moſes das Jahr der Sundfluth zu bes fchreiben anfängt, 30 und 16 , das iſt 46 Tage verfloflen Fenn.

Hierzu reke man die 150 Tage, welche für die

Zeit des Anwadyfes und der Abnahme des Waſſers gegeben find, und alſo die 40 Lage, worinn das Waf ſer

hiſtoriſche Zeitrechnung.

557 fer ſtieg, ſchon in ſich begreifen : ſo bekommt man aus der Zahl 46 und 150 die Zahl 196 von allen Tagen des Jahres, die bis an den 17ten des ſiebenden Mox

nates verfloſſen waren ; und der 17te Tag dieſes fies' benden Monates ſelbſt bleibt davon ausgeſchloſſen. Weiter giebtMofes Cap. VIII. 5, den iten des zebng ten Monates für die Zeit an, da ſich die Spigen der Berge ſehen ließen. Bis auf den erſten Tag des

zehnten Monates waren vom 17ten des ſiebenden , dem vorher zulegt gemeldeten Lage , der mit einge. ſchloſſen werden muß , weil er vorher nicht gerechnet

iſt, 14 Tage von dem ſiebendem Monate, und noch zieene ganze Monate, der achte und neunte, jeder

von 30 Tagen, verfloſſen. Zweymal 30, oder 60, und 14 , als die Zahl der von dem ſiebenden Monate noch

niche gezählten Tage , machen 74 Tage aus. Seke man dieſe zu der vorhergefundnen Summe von 196

Lagen : ſo hat man 270 Tage, als die Zahl aller Tage des Jahres, die bis an den zehnten Monat verlaufen waren. Eben die Summe , 270, findet man auch, wenn man 30, die Zahl der Tage eines jeden Monates

mit 9, der Zahl aller bis an den roten Monat verfloß nen Monate , vermehrt oder multiplicirr. Hierauf beſtimmt Mores ferner Cap. VIII. v. 6. 7, Den Ver:

lauf von 40 Tagen, nach welchen erſt, wie der von ihm gebrauchte Ausdruck den Sprachkundigen klar zeigt, Noah das Fenſter der Arche öffnete und den Raben

ausfliegen ließ. Dieſe 40 Tage , die vom iten des zehnten Monates, mit eingeſchloſſen, gerechnet werden, führen uns durch den zehnten Monat von 30 Tagen bis auf den roten des eilften Monates, und geben uns, mit den vorher verfloßnen Tagen des Jahres, als der Zahl von 270 Lagen , zuſammengenominen, die Summe von 310 Tagen. Da Noah, nach dem Vers

laufe dieſer ,und nicht mehrerer noch wenigerer Tage, fein Fenſter öffnete und den Raben ausließ: ſo bringt uns

1

558

Die zivote Abtheilung,

uns dieſer Umſtand zu dem uten Tage des eilften

Monates, und macht aus der vorigen Summe, von 310 verfloßnen Tagen des ganzen Jahres, 311. Allein der Rabe kant nicht wieder und Noah ließ deswegen

auch eine Taube ausfliegen, welche wieder zuriidkam , v . 8.9.

Wann geſchahe dieß ? Moſes meldet es in

den eben angeführten Verfen niche: aber er beſtiinmt es alsbald v. 19, wo er ſagt Noah habe noch ans

dre, oder wiederum , fieben Tage gewartet, bis er die Taube zum zweyten mal ausgelaſſen babe. Folge hieraus nicht offenbar, daß er auch das erſte mal, nadha

dem er den Raben hatte ausfliegen laſſen, 7 Tage ge. wartet haben müſſe ? Die Taube kam , als ſie zum zweyten mal ausgeſchickt war, zur Abendzeit, mit einem Delblatte in denı Munde, wieder zurück, v. II. Noah aber wartete wiederum fieben Eage und ſchickte dar.

auf die Taube zum dritten mal aus, da ſie dann nicht wiederkam , 8. 12. Alſo ließ Noah, nachdem er am

Iiten Tage des eilften Monats den Raben ausgelaſ fen hatte, die Taube zum erſten mal am 18ten Tage eben des eilfren Monates, zum zweyten mal am 25ten

deſſelben, ausfliegen : indem it und 7 die Zahl18 ; und wiederum 18 und 7 die Zahl 25 ausmachen.

Seke

man aber zu dem 25ten des eilften Monats die 7 Tage, nach deren Verlaufe Noah die Taube zum dritten mal ausließ, hinzu : ro findet man den 32ten Tag ; und da der Monat nicht mehr, als 30 Tage, hat, werden wir dadurch , wenn man 30 von 32 abzieht , auf den ateit

des zivolften Monates, als den Tag, da die Taube

zum dritten inal ausgelaſſen ward , geführet. Nun machen eben dieſe dreymal ſieben Tage für ſich 21 Ta ge aus. Wenn man daher 21 zu der vorher beſtimın

ten Zahl 311 , von den bis auf die Auslaſſung des Ra. bens verfloßnen Tagen des ganzen Jahres, hinzuſekt: ro hat man die Summe 332, wovon der lekte Tag auf

den 2ten des zwolften Monates fällt.

hiſtoriſche Zeitrechnung:

559

So weit hat uns Moſes eine ununterbrochne Be.

rechnung der Tage eines Jahres vorgelegt: aber nun meldet er uns von eben demſelben Jahre nichts mehr ausdrücklich. Iſt es inzwiſchen wohl zu glauben , da

die Zeitrechnung der Heiligen Schrift ſo wichtig iſt, und dazu die Erkenntniß der långe cines Jahres noch. wendis gehört, daß er ſein Werf, nachdem er die länge cines Monates , außer dem zwölften , ſo ſorgfältig bea ſtimmt hat , unvollendet gelaſſen habe ? Muß man

nicht vielmehr ſchließen, er Habe auf eine andre Weiſe dafür geſorgt, und theils durch die Verbindung eines

Theiles von dem ned ſifolgenden Jahre mit dem vor . hergchenden , theils durch andre ausdrückliche Beleg. rung, die beſtimmte Långe des Jahres vor der Sünde flutl) angezeigt ? Er hat es in der That nicht unterlaſ

fen ::man darf nur auf alle feine Lehren ſorgfältig Udhe geben, und ſie gehörig, fo wie er es felbſt anreiſt, mit

einander verknüpfen. Umſonſt hat er, der aus göttli cher Eingebung ſchrieb , gewiß nidit in ſeiner Sció.

pfungsgeſchichte Cap. I. v. 14, die Verordnung des Himmels eingeſchärft, daß die benden großen Lichter

zu Zeichen, Zeiten, Tagen und Jahren ſeyn roll. ten. Die Zeichen , wozu ſie dienen ſollen , ſind die Linterſcheidungszeichen der Zeitrechnung, woju beyde, die Sonne und der Mond, durch ihre Finſterniſſe und andre Erſcheinungen bequem ſind. Die Zeiten, wel. che ſie beſtimmen ſollen, ſind die feſtgelegten Feſte und Verſammlungstage : und ſo wohl der Mond, als die Sonne, thun dazu ihre Dienſte; indem dicfe fefiger Featen Zeiten von Anfange an theils durch den Mond, theils durch die Sonne, beſtimmt worden ſind. Die Tage gången zwar eigentlich von der Sonne ab : aber als Theile der Monate nicht weniger von dem Monde. Endlich macht wiederum die Sonne zidar

eigentlich das Jahr , indem ſie die verſchiedenen Fahrszeiten in gehöriger Ordnung berführt: jedoch ber

;

560

Die zwote Abtheilung,

der Mond hält auch ſein Jahr ; und die Verknüpfung deſſelben mit dem Sonnenjahre trågt nicht wenig zur rich:igen und genauen Unterſcheidung der Zeit ben , wenn ſie der Natur gemäß geſchieht. Jd, weiß wohl, daß man dieſe Worte anders erklärt, und der Sonne allein das Amt, Tage und Jahre zu machen, hingegen dem Monde mit der Sonne zligleich das Werf, Zeis

chen und feſtgefikte Zeiten zu geben , zutheilt: aber Moſes macht dieſen Unterſchied nicht; er fagt úbera. Haupt , fie, dieſe großen Lichter , bende die Sonne und der Mond, rollen zu dem allen dienen. Man beo

ruft fid) 1 ) zwar auf die Hebräiſden Accente, oder Una

terſcheidungszeichen der Verbindung und Trennung einzelner Worte und Sage, und ſucht für ſeine Meis nung einen Beweis daher zu nehmen , daß durch dien

ſelben die von Moſes gebrauchten Wörter der Zeitbe. ſtimmung in zwey Paare getheilt werden , wovon das erſte für die Sonne und den Mond, das andre eigent.

lich nur für die Sonne allein gehören foll: jedoch die Sache ſelbſt ſtreitet dawider , daß man dieſe Unter. ſcheidung ſo deute; weil ſo wohl der Mond als die

Sonne , wie- ich eben vorber bemerkt habe , in bende ihren Einfluß offenbar behaupten. Die Zeichen und

feſtgeſetzte Zeiten, als das erſte Paar, ſind genauer init einander, als mit dem zweyten Paare, verknüpft, weil die lebten von den erſten , als ihren Unterſchei. dungszeichen, von den Neu- und Vollmonden, von den

Sonnenwenden und Tages und Nady Gleichen ab.

hangen : da hingegen die Tage und Jahre zwo Haupteintýeilungen der Zeit überhaupt ſind. Deswe: gen werden auch dieſe nicht fo genau , als die Zeiten

und Zeichen , mit einander verknúpft: indem zwiſchen beyden , als zweenen unterſchiedenen Zeittheilen , ein

Trennungszeiden von der zwoten Ordnung ſteßt, und lie

1) Bengel ord. temp. C. 2. fe& t. 2. p. 25, 1, 2 .

561

hiſtoriſche Zeitrechnung.

fie nur bloß durch das gewöhnliche Verbindungswort, weil ſie unter ein Geſchlecht von Dingen , unter die Zeitcheile, gehören, zuſammengehångt find. So wes nig hat man Recht zu ſchließen in ), daß die Tage und Jahre darum , weil vor dem legten das hebråiſche Zeia chen des Vorwortes , zu , welches ſich ben allen übris gen dieſer Wörter findet, nicht ſteht, genauer, als das

erſte Paar , mit einander verbunden ſeyn ſollten ! Ich kann und will nicht leugnen , daß felbſt in der Schrift von zweyen Dingen bisweilen zugleich verſchiednie Eie 1

genſchaften angegeben werden, wovon doc) einige nur für das eine, andre für das andre Ding, gehören : aber

alsdann eneſcheidet die Natur der Sadie, oder der Zue fammenhang mit dem Vorhergehenden oder Folgen. den, allemal klar und deutlic ); hier entſcheidet im Ger

gentheile die Natur der Sache nicht weniger , als der unter keinem ſolchen Falle gebrauchte Ausdruck, daß die Zeichen, Zeiten , Tage und Jahre von dem Monde eben ſo wohl , als von der Sonne beſtimmt

werden ſollen .' Hat nun aber die höchſte Weisheit ſdhon im Anfange der Zeit beybe, den Mond und die Sonne, für die Jahre geordnet: wie kann man dann gedenken , daß ſie in der Zeitrechnung, die von ihr hero

ſtammt, von ihrer eignen Anordnung abgewichen fen ; daß ſie nicht das Mondjahr ſo gut als das Sonnen . jahr gebraucht, und beyder natürliche und richtige Ver

fnúpfung zur Unterſcheidung der Zeit gelehrt habe ? Der Dienſt, den bende einander durch beſondre Uns terſcheidungszeichen nach ihrer Verknüpfung leiſten, iſt allzugroß , als daß er verſäumt werden ſollte. Auch lehet die Zeitrechnung in der heiligen Schrift, wenn man ſie nur bloß aus ihr felbft, ohne das verglichne

Jahr der neuern Juden ,oder leere Muchmaßungen in

diefelbe hineinzutragen , gebübrend erklärt, im Werke faſt m) Id. ibid ,

1. Tbeil.

Na

562

Die zwote Abtheilung ,

faſt augenſcheinlich, wenigſtens deutlich genug, daß fie ſo wohl das Mondjahr als das Sonnenjabr, ein jedes nach ſeiner Art, gebraucht hat. Man darf ſid, feines, wegs vorſtellen, daß die D Fenbarung, die ganze Kette ihrer Zeitrechnung fortzuleiten , bald dieſes bald jenes Jahr angenommen , und To nur Verwirrung eingea führt habe. Nein ; Gott iſt ein Gott der Ordnung: ſein Wort giebt niemals für ſich zur Verwirrung Ges legenheit. Die ganze Reihe der Jahre wird altemal

durch Sonnenjahre verfolgt; weil daſſelbe ein für ſich bloß durch den Lauf der Sonne beſtimmtes Jahr iſt,

Das Mondjabr hingegen theils durch den Sauf des Mondes nach ſeinen Monaten, theils durch das Son henjahr nach der Zahl feiner Monate, beſtimmt wird ; ob gleich der Mond, nachdem dieſe Zahl einmal be ſtimmt iſt, ſein Jahr durch ſeinen Lauf eben ſo wohl macht, als die Sonne das ihrige : aber die einzelnen Zeitelzeile und Zeiträume, woraus die ganze Reihe bee ſteht, werden oft durch Vergleichung der Unterſchei. dungszeichen von beyden Jahren zu der untrüglichſten Gewißheit gebracht; ſo daß ein jedes Glied der gan. zen Kette eine unwandelbare Feſtigkeit bekommt. Dieß und die dabey weislich beobachtete Verſchiedenheit,

ohne .Der geringſten Unordnung Plak zu laſjen , wird

man in der genauen Erklärungder bibliſchen Zeitrech). nung deutlich ſehen.

Nun nehme man dieſe beyden Vorſtellungen zu . fammen, daß Mofes in der Beſchreibung des Súnd.

Fluthjahres ſein Abſehn zugleich auf die Nothwendig. keit, die Zeitrechnung gewiß zu inachen und deswegen die wahre lange des Sonnenjahres vor der Sünd.

fluth anzugeben, gehabt haben muß, und daß die Gei lige Schrift fo wohl das Mondjahr als das Sonnen.

jahr zur Unterſcheidung der Zeit verordnet hat. Die Wahrheit der erſten kann man um ſo viel weniger

für zweifelhaft anſehn ; da nicht allein Moſes, wie ich ſchon

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

563

fchon erinnert habe, eine ſo große Sorgfalt, einzelne Tage zu fanımlen , und dadurch die ordentliche Långe der Monate , außer dem lekten , anzuweiſen , bezeigt;

ſondern auch die Güte und Weisheit Gottes, der in feinem Worte allen Einwendungen wider die Wahr.

beit deſſelben , das hellefie licht entgegengeſekt hat, natürlicher Weiſe auf die Gedanken führen , daß er auch hier nichts unterlaſſen habe, der Zeitrechnung, worauf ſich ſeine Offenbarung bezieht, ihre vollkomm . ne Gewißheit zu geben , und daher auch die Zeitrecha

nung vor der Sindfluth , und die Beſchaffenheit des daben gebrauchten Jahres, ſicher zu beſtimmen , damic hiedurch den Frthümern und Hirngeſpinſten, wozu die außerordentliche Långe des Lebens der Menſchen vor der Sündfluth einigen Anlaß geben kann , und die er,

dem alleß von Ewigkeit her gegenwärtig iſt, wohl vor ausgefehn hat, auf das kråſtigſte vorgebeugt ſey. Die andre Vorſtellung aber iſt, meiner Einfidt nad), hina långlich bewieſen , und wird durch die Erfahrung bey

ihrer Unwendung untrüglich wahr befunden werden . Man gehe dann mit dieſen geſammleten Gedanken

wieder zu der im Vorhergehenden gefundnen Zahl von 332 Tagen , welche Moſes deutlich für die Zahl der Tage eines ganzen Jahres bis auf den zren des

zwölften Monates anweiſet. Betrachtet man die relbe für ſich allein : fo haben alle dren Partenen gleis ches Recht, den zwölften Monat ihrer Meinung ges màß zu ergången ; die erſte zum Vortheile des Sons.

menjahres von 365 Tagen, wie der Erzbiſchof 1Iſher n) thut , durch 33 ; die andre , welche das unvollkomms

'ne Jahr von 360 Tagen vertheidigen will, durch 28 ; und die dritte , die dem Mondjahre von 354 Tagen gúnſtig ijt , durch 22. Sollte Moſes hier feine Zeita rechnung ſo ungewiß gelaſſen haben ? Das iſt nicht zu Nn 3

n) Chropolog. facr. C. 3. p. 16:

gedena

564

Die zwote Abtheilung ,

gedenken. Håtte er die Zeit , welche Noah, nach der legten Uuslaſſung der Taube wartete, bis er am erſten Sage des erſten Monates von dem folgenden Jahre

das Dach von der Arche wegnahm , ausdrücklich auf 22 Tage gefegt: ſo würde kein Mienſch haben zweifeln können, daß er die Tage nach dem Mondjahre, und die Lebensjahre Noahs nach dem Sonnenjahre, ſeiner

eignen Beſtimmung, 1 B.Mor. I. 14, gemäß zählte. Aber da er ſeine Rechnung bis in das folgende Jahr fortführt, die ganze Zeit , die Noah von dem einen und dem andern darauf folgenden Jahre in der Urche zugebracht hat , genau anzuzeigen ; da auch ſein

Grundſak, daß ſo wohl der Mond , als die Sonne, zur Beſtimmung des Jahres nach göttlicher Verord. nung dienten ſollte, und der Gebrauch des Mondjah. res zu einer ſolchen Verknüpfung mit dem Sonnen. jahre, in ſeinen Tagen eine ganz bekannte Sache war :

fo hatte er eben ſo wenig nöthig, jene 22 Tage zur Voll endung des Mondjahres ausdrücklich anzuſchreiben, als ein neuerer Geſchichtſchreiber es.nöthig baben wür. de , wenn er die Dauer einer Begebenheit vom 24ten 1

Februar bis zum 2ten 413årz eines gewiſſen Jahres Chriſti angezeichnet hårte , noch zu ſagen, daß man für den Februar nicht mehr als 28 Tage zählen muſ. re; es würde in beyden Fällen vielmehr eine Unſchick: lichkeit ſeyn. Genug, daß er einen bekannten Zeits raum vom 2ten des zwölften Monates in einemvor.

hergehenden Jahre bis zum iten des erſten Monates im folgenden angegeben, und hiernächſt die ganze Zeit, da Noah in der Arche geweſen iſt, durch ſolche Zahlen beſtimmt hat, woraus ſich die 22 Tage untrůglid) her: leiten laſſen. Denn wenn man nun erſtlich zu den vorhergefundnen 332 Tagen noch 22 ; welche von der

bekannten Långe des Mondjahres daran fehlen, hinzu: feßt : ſo hat man die 354 Tage , aus welchen ein

Mondjahr, wenn es kein Schaltjahr iſt, und daßer 355 Tage 1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

565

Tage hat, beſtehen muß, und findet daß in dem Monda jahre zu derſelben Zeit die in erſten Monate, jeder 30 Tage gehabt haben , der 12te Monat hingegen durch 24 Tage vollendet worden iſt.

Hierinn aber verfährt

man nicht bloß willkürlic) : weil man ſo wohl das Mondjahr, als das Sonnenjahr, nach dem oben gee führten Beweiſe, in des Mores Rechnung zu ſuchen

hat. Jedoch ich habe ſelbſt zugeſtanden, daß diejeni. gen, welche in dieſen geſammleten Tagen ein Sonnen .

jahr finden wollen , wenn ſie die göttliche Verordnung

wegen des Mondjahres nicht erkennen, eben ſo viel Recht haben, zu den 332 Tagen den Abgang der übris

gen 33 Tage die ein Sonnenjahr von 365 Tagen voll machen , hinzuzuſeken. Es iſt auch ſo weit richtig, daß man ſchließen darf, es habe damals ein Sonnen

jahr aus 11 Monaten von 30 und einem zwölften von 35 Tagen beſtanden : allein deswegen hat man noch nicht mehr Grund zu ſchließen , daß Moſes bis auf den erſten Tag des erſten Monaten im folgenden Jahre, von dem aten Tage des 12ten Monates im vor .

hergehenden, 33 Tage zähle, als zu ſchließen, daß er für diefen Zeitraum nur 22 rechne. Es kommt alſo hier,

nåoſi darauf an , daß man aus der Berechnung, welche er für die ganze Zeit von Noahs Aufenthalte

macht, beweiſe, daß er die Tage nach einem Mond. jahre gezählt habe. Man erinnere ſich deswegen, daß Noah am 17ten des zweyten Monates, als die Súnd . Fluth einfiel, im Kaſten war , und demnach von eben demſelben Jahre ſchon 46 Tage vorher verfloffen wa. ren , und verbinde damit die Nachricht 1 B. Mor. 13 , 14 , daß , nachdem Noah am iten Tage des erſten Monates im folgenden Jahre das Dach abge nommen hatte, er endlid) am 27ten des folgenden 2ten

VIII.

Monates aus der Urche gelaſſen wurde, und daher, weil ein jeder Monat 30 Tage hat, 57 Tage von dem

folgenden Jahre in der Arche zugebrad)t hatte. Nun N n 3

ziehe

566

Die zwote Abtheilung,

ziehe mm die 46 Tage, welche von dem 6ooten Jahre ſeines Lebens vor der Sündfluth verfloſſen waren, an der einen Seite von 365 Tagen , als der bekannten Långe des Sonnenjahres, die ich hier bloß zur Berech.

nung annehme, um aus dem, was ſich nach allen lim. ſtånden ergeben wird, die Folge baraus ju ziehen, daß fie audy zur Zeit der Sündfluth bekannt geweſen ſeyn müſſe, und an der andern Seite von der Långe eines Mondjahres, das iſt, von 354 Tagen ,ebenfalls 46 mb :

ſo hat man dort 319 Tage des Sonnenjahres, die von dem booten Jahre Noahs in der Arche zugebracht waren ; und hier 308 Tage des Mondjahres, das mit

dem Sonnenjahre zugleich lief, für die Zeit, die Noah von dem erſten Mondjahre in der Arche erlebt hatte.

Nimmt man hierauf von 319 Tagen des Sonnenjah. res die 308 Tnge des Mondjahres weg : fo zeigt ſich

in dem Leberreſte in der Mondzeiger, oder der Uebers fdruß des Sonnenjahres über daſſelbe Mondjahr. Hieraus folgt, daß damals eben alle Monatstage des

Mondjahres mit den Monatstagen des Sonnenjahres zuſammengetroffen ſind und alſo bevde Jahre ſich zu . gleich angefangen haben , wie man es durdy die rücke wärts geführte Berechnung nach der Sternkunde fins det; ein vortrefliches Unterſcheidungszeichen der Zeits

rechnung, das eigentliche Jahr der Sindfluch wider falſche Berechmingen zu vertheidigen. Wäre dieſer

Vortheil nicht ſchon allein hinlänglich, nachdem man weiß , daß Gott das Mondjahr eben ſo gut, als das

Sonnenjahr, für die Zeitrechnung verordnet, und Mo. res dieß ſelber aufgezeichnet hat , dem Mondjahre ben der gegenwärtigen Beredynung ſeinen Plak zuzuerken. nen ? Allein es werden ſich noch mehrere vortheilhafte Umſtånde zeigen : wenn man weiter geht , und den

von Moſes angegebnen Tagen gemäß, die Zeit, welche Noal in der Ardhe zugebradt hat, ſo wohl nach dem Sonnenjahre als nach dem Mondjahre, berechnet. Wir

hiſtoriſche Zeitrechnung.

567

Wir wollen es zuerſt nach dem Mondjahre týun. Mo. ſes hat ſo gut, als ausdrücklich, 57 Tage von dem fola

genden Jahre zur Grånze von Noahs Aufenthalte in der Archie angeſeßt: indem er den 27ten Tag des aten Monates von demſelben dafür angegeben , und im Vorhergehenden die gewohntiche Zahl der im erſten Monatstage auf 30 fiir einen jeden geſetzt hat. Wenn man nun dieſe 57 Tage zu den von dem vorhergehen. den Mondjahre verfloßnen Tagen ſekt: fo bekommt man aus 308 und 57 gerade die Zahlder Tage eines

Sounenjahres von 365 Tagen, für die ganze Zeit, wela che Nuah in dem Kaſten gelebt hat ; wiewohl er an dein letzten Tage davon hervorgieng, und alſo nur eis nen Theil deſſelben darinn zubrachte. enn man hingegen zu den 319 Tagen des vorhergehenden Sonia nenjahres ebenfalls 57 Tage des folgenden Sonnens jabres, worinn Noah aus der Arche Bervorfam , hinzua thut : ſo hat man die Summe von 376 Tagen , und alſo über das Sonnenjahr von 365 Tagen einen Uebere

ſdjuß von 11 Tagen .

Ijt es nicht Pouderbar , daß

Noah eben ir Fage , oper bis auf den uten Tag, über ein ganzes Sonnenjalr in der Mercha

te ? Woher kommen wohl dieſe ir Cage ? Sie ſind eben der Mondzeige!, den wir vorher an ſeinem rech

ten Orte gefunden haben . Möchte man daher nicht geneigt ſeyn, zu ſchließen, daß in dieſer Rechnung der Mondzeiger zweymal , einmal an der rechten Stelle,

unter den 319 Tagen des vorhergehenden Jahres , und hier wiederum in der Zahl von 57 Tagen angenom men fen ? lind was würde daraus anders folgen , als

daß Moſes die Tage nach dem Mondjahre gezählt har be: da nur in dieſem Falle der jährliche Mondzeigen

in den 57 Tagen , als die in erſten Tage davon, begrifa, fen ſenn kann ? Aber ciue noch weit árgere Folge vor

dieſer Berechnung der von Moſes geſammleten Tage

iſt ganz unſtreitig. Es iſt nach dem Sonnenjahre N n4

dieſe,

1

568

Die zwote Abtheilung,

dieſe, daß auf ſolche Weiſe nichts von der Långe des Sonnenjahres durch des Moſes so ſorgfältige Samm. lung der Tage ausgemacht iſt. Denn die Freunde

desJahres von 360 Tagen können auf eben dieſelbe Art ein ganzes von folden Jahren und einen Ueber. ſchuß von 11 Tagen herausbringen . Man reke nur ihrer Meinung gemäß zu den 332 Tagen des erſten Jahres , die bis auf den 2ten des laten Monates von dem ganzen Jahre nach des Moſes ausdrücklichen

Worten verlaufen ſeyn müſſen , 28 Tage hinzu , und ziehe von der Summe 360 die bis auf den Anfang der Sundfluth verfloſſenen 46 Tage des Jahres ab : fo hat man 314 Tage. Thut man zu diefen ebenfalls dievon dem folgenden Jahre verlaufnen 57 Tage hin. zu : ſo bekommt man für die Zeit , da Noah aus der

Arche gieng , 371 Tage, welche ein ganzes Jahr von 360 Tagen und wieder einen Ueberſchuß von 11 Tagen, ausmachen. Folglich kann man durch dieſe Art der Berechnung nichts von der eigentlichen Långe des

Sonnenjahres feftreken. Inzwiſchen iſt dod) auf kei. ne Weiſe glaublich , daß Moſes hier nichts zu beftim . men gedacht haben ſollte. Man kann zwar nicht leuge nen, daß das wahre Sonnenjahr wider das vermeinte

von 360 Tagen durch andre Gründe aus allgemeinen Betrad )tungen über die Natur der Sache gut verthei. digt werden kann : aber in des Moſes Geſchichte von der

Sundfluth findet man durch den Weg , die Tage nach dem Sonnenjahre zu berechnen , nichts ausgemacht. Da ſich nun ein andrer Weg , wodurch es beſtimmt gefunden werden kann , offenbar zeigt ; und derſelbe

noch dazu das Anfehn einer göttlichen Verordnung für fich hat : was iſt dann wohl billiger und vernünftiger, als eben dieſen Weg zu wählen ? Und das iſt kein an.

drer, als daß man die von Moſes angelegten Tage, als Tage des Mondjahres , betrachte. Alsdann fine det man erſtlich die Långe des Sonnenjahres, ſo wohl durch

hiſtoriſche Zeitrechnung.

569

durch den Mondzeiger , als durch die Zahl der Lage, welche Noah in der Arche zugebracht hat ; zweytens die Länge des Mondjahres ; drittens das merkliche Unterſcheidungszeichen der Zeitrechnung, daß in dem

erſten Jaþre, worein die Sundfluth fiel, das Sonnen , jahr ſich an einem und eben demſelben Tage mit dem Mondjahre angefangen hat ; viertens, eine von den

rechten Arten, das Sonnenjahr mit dem Mondjahre, ohne Verwirrung derſelben unter einander, zu verknů.

pfen ; fünftens, als eine Folge davon, den Beweis, daß vor der Sundfluth niemals ein Sonnenjahr von 360 Sagen Plak gehabt hat ; und ſechstens die wahre Zeit, welche vom Anfange der Sundfluth bis auf den Tag, da Noah aus der Arche ging, verflorien iſt: was will man mehr haben, als dieß, und die Fol. gen davon ? Zu den Folgen gehört unter andern , daß dadurch genau auszumachen iſt, wie lange Noah nach der dritten Ausſendung der Taube gewartet habe , ehe er das Dach abnahm . Denn, da zur Ergånzung ei. nes Mondjahres von 345 Tagen, wie das erſte Jahr der Sundflurhzeit war, nach Verlaufe von 332 Tagen bis auf den 2ten ſeines zwölften Monates nicht melyr als 22 Tage gehören , und Noah am erſten des erften Monates von dem folgenden Jahre ſein Dach wege

that : ſo muß er 22 Tage gewartet haben ; eine Zahl, die nicht zu groß iſt, und deswegen nicht die Schries rigkeiten einer größern Zahl wider ſich hat. Die an: dern Vortheile aber, welche die Berechnung der Sünde fluchstage nach dem Mondjahre mit ſich führet, ſind in dem Vorhergehenden, indem ich dieſe Berechnung zur Probe angeſtellt habe , ſchon klar vor Augen ges legt. Man gebe nur zwey bis dren Blätter zurück:

Po ſieht man, daß zur Zeit der Sundfluch das Sons nenjahr aus zwölf Monaten , wovon die eilf erſten je

der 30, und der zwölfte 35 Tage gehabt, das Monda jahr ebenfalls aus 12 Monaten , wovon die eilf erfien Nn 5

wiecera

570

Die zwote Abtheilung,

wiederum jeber 30, der zwölfte aber nur 24 Tage gehabt hat, beſtanden haben, und ſo wohl das eine als das andre zu derſelben Zeit, in welche das Jahr der Súndflutý gefallen iſt, ein gemeines Jahr geweſen ſeyn muß. Das Uebrige will ich nicht wiederhohlen : ſondern nur anmerken , daß die 365 Tage, welche Moi

ſes durch die Sammlung der Lage des Mondjahres für die Zeit des Aufenthalts in dem Kaſten anweiſet, als ein gemeines Sonnenjahr, der gewöhnlichen Mei nung o) , Noah rey ein ganzes Jahr in der Urche ges weſen, gemäß ſind, und für dieſelbe entſcheiden. Denn da er an dem lekten Tage erſt herausging: ſo fann

derſelbe eben ſo gut mitgerechnet, als ausgeſchloſſen werden .

Wenn eine Rechnung ſo ungezwungen und volle kommen zutrifft, und alle Schwierigkeiten hebt : ro hat man nicht den geringſten Grund, etwas wider ſie einzuwenden. Jedod ich habe noch einen ganzlich

entſcheidenden Beweis übrig, daß in den 57 Tagen, die Noah von dem folgenden Jahre in der Arche zubrach. te, der Mondzeiger oder die in Sage des beſtåndigen

Ueberſchuſſes eines gemeinen Gonnenjahres über ein gemeines Montjahr liegen, und daher nothwendig die Tage nach dem Mondjahre gerechnet fenn müſſen. Wir haben oben gefunden, daß ſo wohl, wenn man die von Moſes geſammleten Tage der Sündfiuch nach dem Sonnenjahre von 365 Tagen, als wenn man fie nach dem unvollkommnen Jahre von 360 Tagen zu . ſammenrechnet, in benden Fällen ein ganzes Jahr ente

weder von 365 oder 360 Tagen , und ein Ueberſchuß von 1 Tagen herauskommt. Dieß könnte unmöglich ſeyn : wenn in den 57 Tagen nicht die Zahl desMond zeigers , als ein Ueberſchuß des Sonnenjahres über das

o) Man fehe unter andern Bengel. ord, temp. C. 2, ſect, IV . p. 46, 11, s.

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

571

das Mondjahr, welder allemal, wenn bende nur gemi meine Jahre ſind, 11 Tage betrågt , enthalten wåre. Nun kann das Sonnenjahr nicht eher geendigt reyn, und ein neues wieder angefangen werden , als wenn

die eilf Tage des Mondzeigers verfloffen find : weil das gemeine Sonnenjahr eben um ſo viel Tage låna ger iſt , als das gemeine Mondjahr. Moſes aber fängt von dem erſten der 57 Tage, und alſo auch von dem erſten des Mondzeigers das folgende Jahr, wo von noch ein Theil zu dem Jahre der Sündfluth gea Hört, an. Folglich hat er die Tage nothwendig nach Mondjahren gerechnet: und mit dem lekten Monde jahre, Das von dem erſten der 57 Tage angeht , trifft nach Verlaufe von eilf Tagen das rechs hundert und

erſte Jahr. des Lebens Noah , als ein Sonnenjahr, zuſammen .

Hieraus muß man nun eine gedoppelte Folge ziehn. Die erſte iſt, daß Mofes die Zeit nach Son : netjahren abmeſſe, aber durch Montjahre berechne. Muß man dieß nicht als eine wichtige Belehrung an.

fehen, bende Jahre zu deſto untrüglicherer Gewißheit der Zeitrechnung mit einander zu verbinden, one fie in einander zu verwickeln ? Dieſe Verknüpfung fans

nad, Verſchiedenheit der Umſtände eine beträchtliche Anzahl von fichern Unterſcheidungszeichen der Zeitrecha nung an die Hand geben : gleichwie daraus für die Zeit der Sundfluch das merkliche Unterſcheidungszei. dhen, daß das Sonnenjahr, in welches die Sindfluth gefallen iſt, ſich zugleich und an einem und eben dema

Felben Tage init dem Mondjahre angefangen hat , geo floſſen iſt. Die zwore Folge iſt nothwendig, daß die moſaiſche Zeitrechnung vor der Sundfluth , dem unvollkommnen Jahre von 360 Tagen keinen Plan

laſſe. Denn Moſes regt den jährlichen Mondzeiger , oder den Ueberſchuß eines gemeinen Sonnenjahres

über ein gemeines Mondjahr , durch ſeine Berechnung der

572

Die zwote Abtheilung,

der Sündfluthstage, auf 1 Tage : dieß kann nicht

anders als ben einem Sonnenjahre von 365 Tagen gelten ; und ber einem Jahre von 360 Tagen iſt der jährliche Mondzeiger nur 6. Alſo fann Wilhelm Whiſtons p) Meinung von den Urſachen der Súnd. fluth eben ſo wenig durch ein Jahr von 360 Tagen, welches bis auf die Sündfluth das natürliche Jahr

geweſen ſein ſoll, gewinnen, weil durch des Mofes Zeit, rechnung ein ſolches Jahr vollkommen widerlegt wird,

als die Einbildung von einem 360tågigen Jahre vor der Sundfluth durch Whiſtons Lehrgebäude gewin. nen kann, weil wider den unleugbaren Beweis von dem Gegentheile fein Lehrgebäude etwas vermag.

Es fehlt demnach ſehr viel, daß Allin 9), deſſen Bes

weiſe Whiſton eben an dem angeführten Orte ges braucht hat, vollig, wie die Verfaſſer der allgemeis nen Welthiſtorie von einer Geſellſchaft der

Gelehrten in England r) behaupten, erwieſen ha ben ſollte, daß ſo wohl das bürgerliche als natürliche Sonnen- und Mondjahr vor der Sundfluch aus 360 Eagen beſtanden håtte. Woher mag dann aber wohl das Jahr von 360 Tagen in der Welt aufgekommen ſeyn? Denn , daß

es viele Fihre nach der Sindfluth ben einigen Vol. kern, wiewohl nur auf eine Zeitlang, aufgekommen iſt, Das kann man nicht leugnen , ohne die Wahrheit der Geſchichte umzuſtoßen. In der moſaiſchen Zeitrech.

nung , wie wir ſie eben vorgeſtellt haben , liegt eine gute

p ) A new theory of the earth, from its original to the conſummation of all things etc. B. II. S. 134 fog. nach

der Ausgabe von 1696 zu Londen. 9) Diſcourſe on the antient year.

r ) In ihrer Vorrede S. 97, nach der Ueberfeßung. Man ſebe auch in dem Werke felbft Hauptftåde 1, 2b :

foon . 6.8.232 . S.217.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

573

gute Antwort auf dieſe Frage. Da die Menſchen nach der Sủndfluth die damals bekannte Långe des Son. nen- und Mondjahres nicht ſo gar bald vergeſſen konna ten : ſo mußte die Wahrheit davon nothwendig forte gepflanzt und ausgebreitet werden.

Es gehörte aber

zu der ålteſten Beſchaffenheit beyder Jahre , daß die eilf erſten Monate aus 30 , und nur der zwölfte im Sonnenjahre aus 35 , im Mondjahre aus 24 Tagen, beſtand. Das lekte, die Långe des zwölften Monda tes , war bey einer Folge von Unordnungen und Zere rútrungen , woben man an die eigentliche Långe des

Sonnenjahres nicht gedachte, ſondern bloß die Jahresa zeiten, wie ſie wechſelsweiſe in ihrer Ordnung wieder kehrten, zur Seitung annahm , am leichteſten zu vergeſ ſen : weil es nur alle Jahr einmal vorgekommen war. 2ber die Långe der übrigen Monate von 30 Tagen,

konnte ſo leicht nicht in Vergeſſenheit gerathen. Was

war daher bey der Unwiſſenheit natürlicher zu ſchlieſ fen, als daß der zwölfte Monat eines Sonnenjahres auch 30 Tage haben müßte, und alſo ein Sonnenjahr aus 360 Tagen beſtünde ?

Nach dieſem allen iſt nun unleugbar, daß das Sonnenjahr vor der Sundfluth 365 Tage gehabt yat. Allein, war es dann etwa ein Rückjahr: und wußte man von dem Ueberſchuſſe von bennahe einem Viera teltage nichts ? Das kann man unmöglich gedenken.

Die erſten Menſchen waren von Gott gelehrt. Da er ihnen ausdrücklich die Sonne und den Mond zur

Berechnung der Jahre 1 B. Xoſ. I. 14 angewieſen hat : ſo wird er ſie auch nicht in der Unwiſſenheit von

der wahren fånge eines jeden Jahres gelaſſen haben. Wer dieß für zweifelhaft hält, der gewinnt dadurch nichts. Gefeßt, die erſten Menſchen hätten dieſen Une terricht nicht von Gott bekommen : ſo mußten ſie von

ſelbſt bey ihrem langen Leben aus der Abweichung der Jahrszeiten merken , daß ſie das Jahr zu kurz anges nommen

574

Die zwote Abtheilung,

nommen hatten, und, ſelbſt durch einfältige Beobads: tungeni, bald finden, um wie viel es verlängert werden

müßte. Aber auch aus der moſaiſchen Berechnung Der Tage des Sundflutusjahres låst ſich ein unwiders (prechlicher Beweis dafür ziehen, daß die wahre lange Des Sonnenjahres ſo wohl als des Mondjahres vor

der Sindfluch bekannt geweſen iſt. Eine ſo genaue Vergleidung des Sonnen- und Mondjahres, daß ein

Jahr, worinn ſich beyderler Jahre zugleich und an ei. nem und eben demſelben Tage anfangen , beſtimmt

wird, feßt eine richtige Erkenntniß der wahren Sänge von beyden voraus. Nun giebt Mores in ſeiner Bes rechnung der Tage des Sündfluthjahres, wie wir im Vorhergehenden gefunden haben, ein ſolches Jahr Man darf nicht ſagen , Mofes gabe dieſe Ver. all . gleichung zwar aus göttlicher Offenbarung gemacht: deswegen aber fönne man nicht ſchließen , daß die

Menſchen vor der Sundfluth eine ſogenaue Erkennte niß von beyderlen Jahren gehabt haben follten. Denn Moſes beſchreibt hier nicht feine Wiſſenſchaft von den Jahren : fondern die Beſchaffenheit des Jahres vor der Sundfluck, damiter aus göttlicher Eingebung die Zeitrechnung vor der Sündfluth wider alle menſchliche Einfälle und Gegenrede in Sicherheit ſtellen : inoge ; da er bey der wichtigſten Begebenheit nach der Schó.

pfung die beſte Gelegenheit dazu fand, und im Vor. hergehenden , ſonderlich in der Schöpfungsgeſchichte, die dazu nöthigen Grundfäße gelehrt hatte. Will man

Hiervon gånzlich überzeugt ſeyn : ſo erwäge man nur, daß zu des Mofes Zeiten bende Jahre zwar ihrer Låns ge nach, eben ſo beſtimmt waren , die Monate aber aus guten Urſachen eine andre Långe, als Moſes iſe nen vor der Sundflurh ſelber zuſchreibt, bekommen Hatten ; wie man in dem Folgenden zu ſeiner Zeit wahr befinden wird.

Wenn nun aber Moſes das

Sonnen- und Mondjahr hier fo angiebt, wie es nach der

.

biftoriſche Zeitrechnung.

575

ber menſchlichen Erkenntniß vor der Sündfluth be ſtimmt war : ſo wußten dieſelben eine ſo genaue Ver .

gleichung beyderlen Jahre zu machen. Folglich muß . te ihnen auch der Ueberſduß des Sonnenjahres über

365 Tage, nebſt der wahren ſånge der Mondenmonate und des Mondjahres, bekannt ſeyn. Was von den kleinern Eintheilungen der Zeit in

Wochen, Tage und Vierteltage vor der Sünofluth bea kannt geweſen iſt, das habe ich ſchon in der erſten 26a theilung s) vor Augen gelegt. Hier will ich nur noch anmerken, daß, wenn gleich zu des Mofes Zeiten die

Fever der heiligen Tage von einem Abende bis zum andern geboten ward, und vielleicht auch vor der Sunda

fluth geboten gewefen fenn mag, daraus doch keines . weges zu ſchließen iſt, daß man die Grånzen eines Tages überhaupt von einem Abende bis zum andern gerechnet habe.

$. 3.

Diejenigen, welche das Jahr von 360 Žagen für das gewöhnliche Jahr vor der Sundfluth ausgeben, ziehn hieraus gemeiniglich die Folge, daß man anfangs auch nach der Sundfluth fo lange , bis die bald einge.

rißne Unordnung der Jahrszeiten eine Verbeſſerung nothwendig machte, ber eben dem unvollkommnen

Jahre geblieben ſey. Uber daſſelbe iſt nun durch die augenſcheinlichſten Gründe gånzlich aus den Zeiten vor

der Sündfluth verbannt. Es iſt bewieſen , daß vor der Sundfluth ein richtiges Sonnenjahr ſo wohl , als Mondjahr, im Gebrauche geweſen ſeyn muß. Die haben daher beffer Recht zu ſdsließen , daß die Mene

fchen nach der Sundfluth ebenfalls benderlen Jahre ſo lange richtig gerechnet haben, bis theils mit der Un.

wiſſenheit in dem wahren Gottesdienſte auch die ung wiſſenheit s ) S. 222-228, 264-269.

576

Die zwote Abtheilung,

wiſſenheit in der waren und von Gott felbft verord. neten Zeitrechnung entſtanden war, theils die Zerſtreu.

ung der Völker und manche darauf folgende Zerrůt tungen eine Unordnung in den Jahren veranlaſſet hat

ten. Es läßt ſich hieran um fo viel wenigerzweifeln, da das Leben der Ergvåter nach der Sundfluth von dem Sem bis an den Peleg fich noch über 400 Jah. te erſtreckte t ), und alfo lang genug war, die richtige

Erkenntniß von der Beſchaffenheit der Jahre unter den Menſchen zu erhalten und fortzupflanzen. Wie nun über dieß mit dem wahren Gottesdienſte der rech. te Begriff von der Zeitrechnung verbunden war : fo hat man auch nid )t den geringſten Grund nur einmal zu vermuthen, daß unter denen , welche den wahren Gottesdienſt unter ſich erhielten , ſich jemals eine Une richtigkeit von großer Folge in die Jahre eingeſchlichen

habe. In dem ganzen Verlaufe der bibliſchen Ges ſchichte findet man davon nidyt die geringſte Spur. g. 4 .

Aber ſoliten wohl die Kinder Iſraels in Megyptent nicht genöthigt geweſen ſeyn , das Jahr der Aegypter anzunehmen, und alſo da das wahre Sonnen '. und Mondjahr vergeſſen haben ? Es wäre freylid eine Frage: wenn zu erweiſen ſtünde, daß die Hegypter das

mals die Beſchaffenheit von berderley Jahren nicht gewußt Kåtten . Allein man kann das Gegentheil klar genug darthun : das wird ſich in dem Folgenden, wo ich von dem alten Jahre der Aegypter reden werde , zeigen . Man wird befinden , daß, wenn die gebråer

nicht ſchon eine richtige Erkenntniß davon mitgebracht hätten : ſie dieſelbe von den Legyptern ziemlich gut

Håtten bekommen können . Jedoch ich habe auch nicht einmal nöthig , mich hierauf zu berufen . Die vers ſchiednen 1) i B.770p. XI. 10-17 .

hiſtoriſche Zeitrechnung.

577

ſchiednen Unterſdeidungszeichen der Zeitredynung, die Moſes, in ſeiner Geſchichte von ihrem Ausjuge aus Aegypten und ihrem Aufenthalte in der Wuften, mit den genaueſten Beſtimmungen angiebt, beweiſen una widerſprechlich, nicht nur, das Moſes die wahre lange von beyderley Jahren gewußt habe , ſondern aud ), da

er davon, als von einer ganz bekannten Sache redet, daß ſie den Kindern Iſraels übergaupt nicht fremd geweſen ſey : ob man gleich einem jeden von ihnen

ins beſondre nicht eine gleiche Erkenntniß benlegen darf. Das erſte Unterſcheidungszeichen 2 B. 2010r. XII. 49 , welches Hiſtoriſd) iſt, verbindet durch die une gabe von 430 Jahren , die von den Kindern Iſraels in Aegypten zugebracht waren , dieſen Theil der Zeit.

rechnung mit demZeitlaufe der Erzvåter, ehe ihre Kin . der nach Aegypten tamen , und führet dadurch einen ununterbrochnen Faden der Zeitrechnung nach Sona nenjahren fort. Folglich müſſen dieſe 430 Jabre eben folche Jahre, wie die vorhergehenden, und alſo richtige Sonnenjahre geweſen fern : denn fein vernünftiger

Menſch, viel weniger Mofes, der von Gott getrieben war, wird in eine und eben diefelbe Kette der Zeitrech. nung ungleiche Glieder durch ungleiche Jahre einſchies ben , und ſo der ganzen Kette ihre Feſtigkeit beneh. men . Noch klårer reden gleichſam dafür die übrigen Unterſcheidungsreichen : vornehmlid, die vortrefliche

Einrichtung des Jubelkreiſes und der beſtandige Ges brauch deſſelben bey der bibliſchen Zeitrechnung, wor: aus wiederum eine Menge von beſondern Unterſdjei dungszeichen fließen. Eben diefer Kreis beweiſt aus genſcheinlid ), daß der göttlichen Verordnung, 1 B.

Mof. I. 14 , lowohl dem Mondjahre als dem Son!» Benjahre zur Unterſcheidung der Zeiten ſeinen Plak zu gönnen, in der bibliſchen Zeitrechnung wirklich Genuge geſchehen iſt, und beſtårkt dadurch) zugleich die Richtige

feit der oben gegebnen Erklärung dieſer Stelle. Aber 1. Theil , 1

po

CE

.

578

Die zwote Abtheilung,

er lehrt zugleich eine andre Art der Anwendung des Mondjahres zur Gewißheit der Zeitrechnung: indem

bey demſelben nicht nur die Tage nach Mondjahren zuſammengerechnet werden, wie Moſes in der Sünd.

Aluthgeſchichte gethan hat ; fondern er ſelber eine ganze Reihe von Mondjahren iſt, die durch den Sonnenlauf in Ordnung gehalten , und, fo oft es nöthig iſt, mit

Sonnenjahren zuſammengerechnet, oder auf eine an dre Weiſe mit denfelben verglichen werden , damit der ganze Faden der Zeitrechnung durch Sonnenjahre uns zerriſſen fortlaufe.

Da weder das Sonnenjahr, noch das Mondjahr zu des Mofes und ſeiner Nachkommen Zeiten ohne eine genaue und gewiſſe Erkenntniß von dieſem Zubela 1

kreiſe, als dem Grunde der ganzen folgenden Zeitrech nung in der Heiligen Schrift außer Streite gefert wer's den kann : ſo bin ich verbunden, die Einrichtung und

Beſchaffenheit deſſelben aus der heiligen Schrift ſelbſt, ohne Einmiſchung irgend einer bloß angenommenen Hierinn hat mir der fel. Meinung , zu beweiſen. Ferdinand Wilhelm Beer in ſeinen Abhands lungen zur Erläuterung der alten Zeitrechy

nung und Geſchichte u) ſo fleißig und ſorgfältig vorgearbeitet, daß ich nichts mehr übrig habe , als theils die zerſtreueten Gründe zu ſammlen , und ihnen eine faßliche Wendung zu geben , theils hin und wie. der, der nöthigen Kürze wegen , eine Auswahl zu trefa

fen. Ich kann mich nicht entbrechen, hier öffentlich zu beklagen, daß dieß Buch, welches unter allen bis.

her bekannten allein ein Lehrgebäude der hiſtoriſchen Zeitrechnung, ohne irgend eine willkürlic) angenomm ne Meinung in der Hauptſache, aufführet, ſo wenige Seſer gefunden hat. So wahr iſt der alte Lehrſpruch,

daß nicht eben das Beſte den meiſten gefällt, und alſo auch m) In III Theilen, Leipzig 1751, 52 und 56 (8).

hiſtoriſche Zeitrechnung.

579

auch das beſte Buch nicht die meiſten Liebhaber findet. Jedoch ich will eine Menge von Gedanken , die mit ben dieſer Gelegenheit über den Unterſchied der wah. ren , und der bloß durch Glücksumſtände und Vorur. theile manchen von den fo genannten hochberühmten

Geleirten zugetheilten Verdienſte benfallen, unterdrút fen, und zu meinem Vorhaben zurückkehren. Mores

beſchreiber die Einrichtung des Jubelfreiſes im XXV . ten Cap. ſeines zten Buches, v. 8, 9, 10, ſo genau,

daß man ſich billig wundern muß, wie bei einer ſola dhen Deutlichkeit falſche Meinungen haben Raum fins Es beſteht nach ſeinen ausdrücklichen Worten dieſer Kreis aus ſieben Feverjahrzeiten und eincin Hallejahr: aber unter einer eben ſo ausdrücklid ,

den fønnen .

gemeldeten Einſchränkung.

Du ſolift zählen ,

ſpridt er, folcher Feyerjahre ſieben , daß ſieben Jabre ſiebenmal gezählt werden, und die Zeit der ſieben Feyerjahre machen neun und vierg zig Jahre. Da ſollſt du die Poſaune laſſen blaſen durch alle euer Land, am zehnten Tas

ge des ſiebenden Monates, eben am Tage der Verföhnung. lind ihr ſollt das funfzigſte Jahr heiligen, und folles ein Erlaßjahr heiſs ſen iin Lande, allen , die darinnen wohnen : denn es iſt euer salljahr, Os ein jeglicher bey eud ) wieder zu ſeiner Sjabe und zu ſeinem Ges

fdylechte kómuit, u . ſ.wv.

Niemand hat hier das

funfzigſte Jahr verfehlen können , nach weld )em wieder ein neuer Jubelkreis angehn ſollte : aber auf die beygefügte Beſtimmung des zehnten Ta . ges im ſiebenden Monate, und auf die von Moſes in

vielen andern Stellen angewiesne Grånze , wodurd ) die Dauer eines jeden Jubelkreiſes genau eingeſchránke iſt, hat man nicht recht Achtung gegeben, und bende nicht aus der Heiligen Schrift ſelbit, ſondern aus an

genommnen Meinungen, ins befondre aus dem wille Do 2

fürlich

580

ng Die zwote Abtheilu ,

kürlich yineingetragenen Jahre der neuern Juden, zu erklären geſucht. Es fragt ſich, in welches Jahr der

jehnte Tag des ſiebenden Monates gehöre : in das 49te, oder in das gote ? Der Zuſammenhang zeigt, er gehöre in das 49te Jahr : und die ganze Einrichtung des Kreiſes wird es bald außer Zweifel rozen. Die Grånze deſſelben aber wird in verſchiednen Stellen beſtimmt. Alsbald nach dem Ausjuge aus Aegypten

fagt Moſes , Cap. XIII. 3, 4, feines 2ten Buches: Gedenker an dieſen Tag , an dein ihr aus des gypten gegangen ſeyd Seute ſeyd ihr

ausgegangen im Ijonat Abib.

Nicht lange

vor ſeinem Ubfchiede aus der Welt, ſchärfte er iqnen 5 B.Moſ. XVI. s; nochmals ein : Sale den Mond

(Monat) Abib , daß du paffah halteſt dem Serrn deinem Gott : denn im Mond (Mona te) 2bib hat dict) der herr dein Gort aus Aes

gypten geführer, bey der Nacht. Folglich muß. te nicht nur der Jubelkreis , weil er eine Gedenkzeit war, ficy allemal mit dem Abib anfangen : fondern dieſer Abib war auch die Zeitwurzel aller júdiſden Oftern. Allein wie ? Sollie etwa ein jedes Paſſah, und daher alle 49 Oſtern eines jeden Kreiſes, in den

Abib fallen : oder that es der gørtiichen Vorſchrift durch Moſes Genüge, wenn nur die erſten Oſtern ei. nes jeden Kreiſes in den Ubib trafen ? Mofes muß felber entſcheiden. Er gedenft des Ubibs niemals, als nur, wann er die Zeit feſtlegen will, aus weldjer keiner von den Kreiſen, weil ſie Gedenfzeiten waren ,

weichen ſollte.

In allen andern Fåken, wo er nur

die Oſterfeyer, die Dauer und die täglichen Opfer die

fes Feſtes, nebſt den übrigen daben gebotenen Ver. bindlichkeiten, vorſchreibt; thut er des Abils nicht Ers wähnung; fontern meldet bloß den erſten Monat,

wovon Gott bey dem Auszuge aus Aegypsen, 2 B.

Nios, XII. 2, verordnet hatte , daß es der Quejuge monat

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

581

monat ſeyn ſollte : oder er drückt ſich ſo aus, daß man natürlicher Weiſe ſchließen muß, es komme der Ubib dabey in keine Betrachtung weiter, als daß er zum

Anfange eines jeden Jubelkreiſes dienen folle. Dieß find die Feſte des Serrn , - heißt es 3 B. 1910F. XIII. 4 , 5 : am vierzehnten Tage des erſten Monden ( Monates ) zwiſden Abend iſt des

Serrn Paſſah.

Wiederum fteht 4 B. Moſ.

XXVIII, 16 , 17 :

Am vierzehnten des erſten

Monden (des erſten Monates ) iſt das Paſſah dem Serrn. Und am funfzehnten Tage deſa ſelben Monden (Deſſelben Monates ) iſt feſt : ſies

ben Tage ſoll man ungefåuert Brodt effen , u.ſ.w. Hier wird keines Ubibs gedacht. Von den andern Stellen, worinn des Ubibs zwar Meldung geo ( dhieht, aber nur in ſo fern, als er zur Gränze eines je.

den Jubelfreiſes gefekt iſt, muß id) bekennen, daß fie wohl eine gedoppelte Erklärung leiden, wovon die eine

in unſrer lutheriſchen Leberſekung ausgedruckt wird : jedoch kann ich eben ſo wenig bergen, daß die andre, welche den Abib bloß zur Grånze eines jeden Jubele

kreiſes beſtimmt, natürlicher, ungezwungner und in ſo fern der Grundſpradie gemäßer iſt.

I h will ſie das

her nicht nach unſrer gewöhnlichen Ueberſegung: ſon dern nach der Grundſprache anführen. Die erſte fin det ſich 2 B. TIJOf. XXIII. 14 , 15 : die andre 2 B. mor. XXXIV. 18. Drcymal , heißt es in der er

ſten, ſollt ihr mix in jedem Jabre feſt halten . Das Feſt der ungefåuerten Brodre ſollſt du

halten : ſieben Tage fouſt du ungeſäuert Brodt effen, wie ich dir für das geſerste Feſt des Monats Abib geboten habe ; weil du in demſelben aus Aegypten gegangen biſt u . ſ. w.

Das Feſt der ungeſäuerten Brodre , lieſt man in der andern, mit einer ſehr geringen Verånderung,

ſolſt du halten : ſieben Tage ſollſt du unges DO 3 fauere

582

Die zwote Abtheilung ,

fåuert Brodt efſen , welches ich dir für das gefeste Feſt des Monates Abib geboten has be ; weil du in Oem Ironate Abib aus Aegys

pten gegangen biſt. Der ungezwungenſte Ver ſtand von beyden iſt, daß die Ifraeliten alle Jahre auf eben die Weiſe, wie der Herr es ihnen für den Monat

Abib geboten båtte, das Parfag Halten, und die unges fåuerten Brodte eſſen follten. Will man gleichwohl

bie lutheriſche Ueberſeßung, die nicht fo ungezwungen iſt, vorzieln : ſo gewinnt man dadurch dennod) nichts ;

indem am Ende die deutlich beſchriebne Einrichtung des Jubelkreiſes entſcheiden muß. Niemand kann zweifeln, und in der That zweifelt auch niemand, daß

der ganze Jubelfreis eine Gedenkzeit feyn ſollte. Und wovon dann ? Blog von dem Uusgange aus Hegn pten und den merkwürdigen Vorfållen in dem erſten Jahre : oder zugleich von den verſchiednen Folgen des Uusganges in einem jeden Jahre nach einander, bis die Kinder Iſraele zu dem Beſize des gelobten San.

tes gelanger waren ? Allerdings war der Wuegang aus Zegypten nebſt dem Paſſah , als ein Vorbild eis ner weit höhern Befrenung von der Knechtſchaft der Súnde des Todes und der Hölle durch des Lammes

Blut, der Grund von allen übrigen Folgen : und des

wegen ward auch in einem jeden Jahredes Jubelfrei. ſes das Paſſah gehalten . Aber war nicht in allen Jahren,von dem Wuszuge bis zu dem Beſike des ver heißnen Landes, eine Folge von wunderbaren Beges benheiten, von Wohlthaten Gottes an der einen , und von Widerſpånſtigkeitdes Volkes an der andern Seis te : und war es nicht von großer Wichtigkeit, das Un. gedenken von allen Begebenheiten aller dieſer Jahre, und von einer jeden derſelben in ihrer Ordnung be ſtändig zu erneuern ? Nun konnte das nicht beſſer ges

fchehen , als wenn in dem Jubelkreiſe, nachdem das erſte Jahr durch die Paſſahzeit im Abib , das Aus. zugs.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

583

zugsjahr, nebſt dem endlich erfolgten Beſige des ver :

heißnen Sandes, in Erinnerung gebracht hatte , alle folgenden Jahre durch Vorrückung der Oſtern und übrigen Feſte in eben die Zeiten , worinn die wichtige ſten Verånderungen in einem jeden folgenden Jahre nach dem Auszuge bis zum Beſike des gelobten (ans des vorgegangen waren , wieder nebſt ihren höchſt

merkwürdigen Begebenheiten zu Gemůche geführet wurden. Ein Kreis von Mondjahren, der durch das Sonnenjahr ſo gut in Ordnung gehalten ward , daß

er nad, ſeinem Ablaufe ſich allemal wieder zur Zeit des Abibs anfangen mußte, war hiezu vollkommen ges Jeboch aus dieſem allen folgt nur fo viel, ſchickt. daß ein folcher Jubelfreis nach menſchlicher Einſicht

eine gar gute Sache wäre. - Es muß bewieſen wers den,daß er in der heiligen Schrift wirklich verordnet

und gebraucht iſt. Und das will ich igt darzuthun ſuchen . Eine jede andre Vorftellung von dem Jus belfreife, als daß er eine Reihe von Mondjahren, wele

che durd, das Sonnenjaợr beſtändig in Ordnung ge Halten wurden , und wovon das funfzigſte Jahr ſich im ſiebenden Monate des 49ten Jahres anfangen mußte, geweſen iſt, widerſpricht in einem oder dem

andern Stücke den ausdrücklichen Verordnungen des Mofes. Denn will man der einen Verordnung Gea nûge thun, und das Jubeljahr im Riebenden Monate des 49ten Jahres von den Kreiſe, wie Moſes vors ſchreibt, anfangen ; ſo kann der Anfang des folgenden Jubelfreifes unmöglich in die Jahrszeit des Ausgangs aus Aegypten, oder in den Abib , fallen ; ſondern er

fållt nothwendig fechs Monate zu frühe. Das iſt wider die göttliche und ausdrückliche Vorſchrift. Will man aber die Zeit des Abibs in Ucht nehmen , wie Moſes ebenfalls gebietet : ſo muß man das Halljahr nicht im ſiebenden , wie doch Moſes haben will, ſon-. dern erſt nach dem zwölften Monate des 49ten Jah, 204

res,

584

Die zivote Abtheilung,

res, anfangen ; oder man muß das 49te und 5ote

Jahr für eines und eben daſſelbe annehmen , und das her benden einen gemeinſchaftliden Anfang geben. Weder das eine, noch das andre kann mit des Moſes

ausdrücklicher Verordnung beſtehen. Folglich kann ſo moenig eine Reihe von wahren Sonnenjahren, als , eine Reihe von den berglichnen Jahren der neuern

Juden, für den Jubelfreis angenommen werden. Es bleibt demnach nichts als eine Folge von Mondjahren

für denſelben Kreis übrig.

Dieſes Jahr hat ohne

das, wie ich fchon oben bewieſen habe, aus B.Mor. 1. 14, feini Anfehn in der bibliſchen Zeitrechnung: und

da es in dem Jubelfreiſe beſtändig mit dem Sonnente jahre ſo weit verglichen wird , daß der Unfang eines jeden folgenden Kreifes nicht aus dem Somenmonate

Abib, dem Zehreninonate, weichen kann, wird das durch auch die Zeitrechnung der Schrift nach Son henjahren nicht im geringſten zerrůttet ; welches noch

über dieß durch die Zuſammenrechnung der 300 Son. nenjahre Ridit. XI. 26 , und der 480 eben ſolcher Jahre i B. der Rån. VI. 1 , genugſam berhütet wird. Was kann man wider dieſen Beweis einwen • den ? Es iſt dabey nicht das geringſte willkürlich an: genommen : ſondern alles grúndet ſich auf die aus .

drückliche Verordnung wegen des Jubelkreiſes. Außer dem trifft die Anwendung deſſelben auf die bibliſche

1

Zeitrechnung, wie man im Folgenden ſehen wird, ro richtig und genau zu, daß die Schwierigkeiten, ſonder. lich in Anregung beſtimmter Tage , einer Hauptſache zu einer genauen Zeitrechnung , gånzlich wegfallen : Sdwierigkeiten, die man ben feiner andern Berech nung vollkommen zu heben im Stande iſt. Ich zie he nun endlich aus dem gegebnen Beweiſe und der

oben angeführten Schriftſtelle 3 B. Mor. XXV. 8, 9, 10, die Folge , daß der Jubelkreis aus funfzig Niondjahren beſtano: daß aber das 49te des Kreiſes

585

hiſtoriſche Zeitrechnung.

Kreiſes rur ſechs Nionate Vatte, und ro das funfzigſte die erſten Oſtern des folgenden Jubel. freiſes wieder in den Abib brachte, damit der Monat

abib dem göttlichen Befehle gemäß in jedem Kreiſe

gehalten würde. Hierinn liegt die ganze Einrichtung des Jubelkreiſes nach des Moſes eigner Vorſchrift. Es war alſo nicht geboten, daß alle 49 Oſtern eines

Jubelkreiſes in den Abib fallen folten : nur das erſte Paſſah eines jeden Kreiſes mußte in denfelben trefa fen ; den andern roar keine andre Zeit , als ein be.

ſtimmter Tag des erſten Monates, gefekt, und ſie rück, ten mit einem jeben folgenden Jahre, nebſt den daran

gebundnen Feften , vorwärts, bis ſie in dem erſten Jahre des folgenden Kreiſes wieder in den Abib ka.

men, und dann auch alle übrigen Feſte, fo wie es zu Anfange des erſten Jubelkreiſes geweſen war, auf iha ren Tag zurückfehrten.

Zu was für einer Art von

Monaten kann der Abib dann wohl gehören. Kein

andrer, als ein Sonnenmonat, kann zur Vergleichung einer Reihe von Mondjahren mit dem Sonnenjahre dienen. Auch lehrt es fein Name, da er der 2eb ,

remnonat, der Monat, in welchem die Zehren retf wurden , oder der Perndremonat , heißt: denn Fein Mondenmonat, oder fein Monat von einem

Mondjahre kann dieſen Namen tragen ; weil alle

Monate dieſes Jahres nach einander durch alle Jahrs. zeiten weichen.

Eine einzige Schwierigkeit, die ich bey meinem

Vorgånger nicht berührt, noch gehoben finde , ſcheint fich wider die bewieſene Einrid;tung des Jubelfreiſes hervorzuchun. Das Feſt der Zernbte ſo wohl, als der Einſammlung aller Frůdyte, hångt natürlicher Weiſe von dem Sonnenjahre ab : es wird aber 3 B. mor. XXIII. 15 f99. 39 fg9., das erſte mit dem Ferie der Wochen oder Pfingſten, das andre mit dem (au. berhüttenfeſte verbunden ; und für diefe beyben Feſte 205

1

war

586

Die zwote Abtheilung,

war ein beſtåndiger Tag nach Oſtern feſtgefekt. Wenn nun die Oſtern mit allen Jahren des Jubela kreiſes bis zum Anfange des folgenden , und mit Oſtern, Pfingſten und das Sauberhüttenfeſt immer vorwärts růckten : ſo konnten ja die Feſte der Verndte und der

Einſammlung, welche von Natur an die Fahrszeiten gebunden ſind, nicht mit Pfingſten und dem Tauber. hüttenfeſte zuſammentreffen. Allein dieſe Schwierig Feit hat nur einen bloßen Schein : eine genaue Erwå. gung aller Umſtände, welche die Heilige Schrift felbſt von dieſen Feſten angiebt , wird allen Schein vertrei ben. So wenig, den Abib nach des Moſes Vors

ſchrift zu beobachten , nöthig iſt, daß alle und jede Oſtern in denſelben fallen : eben ſo wenig iſt es , die Verbindung des Feſtes der Verndte und des Feſtes der Einſammlung mit Pfingſten und dem (auberhüt tenfeſte zu beobachten, nåthig, daß jene mit dieſen in alen Jahren des Jubelkreiſes zuſammentreffen . Es thut der moſaiſchen Verordnung ſchon Genüge, wenn 1

es nur allemal im erſten Jahre des Jubelkreifes ges ſchieht. Ja dieß wird nicht undeutlich in der heiligen Schrift ſelbſt angewieſen. Umſonſt hat fie gewiß die Grånzen des Feſtes der Lerndte nicht auf vérs

ſchiedne Art beſtimmt: umſonſt nicht von dem (aus berhüttenfeſte zweymal nach einander ; einmal ohne Verbindung des Feſtes der Einſammlung mit dem felben , und hernach alsbald darauf in ſolcher Ver: bindung ; gerebet. Sie feet 5 B. Mol. XVI. 9, zur Grånze, von welcher man die ſieben Wochen bis zum Feſte der Aerndte gåhlen ſollte, die Zeit, da man mit der Sichel in der Saat anfange. Wozu war das nothig : wenn das Feſt der Verndte allemal mit dem

Feſte der Wochen oder mit Pfingſten verknüpft reyn follte? Das Pfingſtfeſt mußte ja allemal ſieben Wo. chen nach Dſtern fallen , 3 B. Xop. XXIII. 15 fgg.

Biederum redet ſie 3 B. Mj0ſ. XXIII. 34 fgg. von dem

hiſtoriſche Zeitrechnung.

587 I

dem Sauberhüttenfefte alleine und reßt feinen Tag nach Ditern feſt, ohne im geringſten des Feſtes der Eine ſammlung , nämlich aller übrigen Früchte außer den

Uckerfrüchten , zu erwähnen : und dann regt ſie erſt $. 39 hinzu , daß das Lauberhüttenfeſt auch in dem Falle, wenn es nach Einſammlung der Früchte gefey.

ert würde, an ven 15ten des fiebenden Monates gebuns den fenn follte. In der That haben auch bende Feſte, wenn ſie von dem Feſte der Herndte und dem Feſte der

Einfammlung getrennt werden , ihre eigne Urſache und Abſicht : und dieſe war die Erinnerung an geiſtliche

Segensgüter; bei dem Pfingſtfeſle, das Angedenken der Fenerlichen Bekanntmachung des Gefeßes; ben dem Sauberhüttenfeſte, nåchſt der Freude über den Bes Fin des guten landes, wo ſie nicht mehr in Hütten, wie in der Wüſte, wohnen durften , die Erinnerung des Gegenbildes von dieſer vorbildlichen Ruhe, der ewigen

Ruhe in dem himmliſchen Canaan. Jenes erfennt auch Maimonides x) ausdrücklich : gleichwie er eben

falls das Jauberhüttenfeſt von dem Feſte der Einſamm . lung unterſcheidet y) , und hinzufeßt, daß der achee Tag des Lauberhüttenfeſtes , als eine beſondre Fener.

lichkeit, nicht unter Zelten , ſondern in weitläufs

tigen Säuſern und Palajten gefeyert werden mußre. Es iſt gar kein Grund, warum man, unge achter der Gegenerinnerung Wolfgang franzes und Salom. Glaſſens 2 ), das Ungedenken der Befanit. machung des Geleges nicht zur Hauptabſicht des Pringſtfeſtes, als eines Vorbildes der unmittelbaren

Belehrung Gottes durch die ſichtbare Ausgießung des heili: x) More neboch. P. I. C. 41. y) Ibid. P. III. C. 43.

z) Franz. de interpret. fcript. orac. 121. Glaſ. exegeſ, in epiſt. penticoſt. A &t. II. 1. P. III, p. 454. Apud Iob .Goto lob Carpzovium in apparat, hift. critic, antiqu .fac. cod. eto, p. 413.

588

Die zwote Abtheilung ,

heiligen Geiſtes im neuen Bunde, und die Erinnerung an die eroige Ruhe nebſt der Freude über die zeitliche Ruhe in dem Beſige des guten Landes und über die

geendigten Beſchwerden des Zuges in der Wüſte, nicht

zur Hauptabſicht des Lauberhüttenfeſtes machen ſollte: vielmehr hat man baju guten Grund; weil der geiſtli. che Segen allemal köſtlicher iſt, als der leibliche Segen durch die Lerndte und die Einſammlung aller übrigen

Früchte; ob gleich dem Urheber alles Segens für ben. de die ſchuldigſte Verehrung , Lob und Preis , gebúh. ren . Daher konnten die Feſte der Verndte und der Einſammlung gar füglich von den Feſten der Pfing.

ften und der Laubhütten fo wohl ihrer Beſchaffenheit und Abſicht nach, als auch den Vorſchriften der Offerte barung gemäß, getrennt werden : wenn ſie nur in dem erſten 3 ihre des Jubelkreiſes allemal verbunden blie. In den übrigen Jahren hatte das Feſt der ben . Hernote ſeine beſondre Grånge nach dem Sonnenjahre durch die Zeit , wann die Sichel zuerſt an die Saat, und zwar an die Gerſte, gelegt ward, als von welcher Zeit man ſieben Wochen bis auf dieß Feſt zählen folle

te: auch das Feſt der Einfammlung ſeine angewieſene

Zeit ; indem es nach 2 B.Mor. XXXIV. 22 ben der Tekuphar oder dem Ablaufe, des Jahres, nämlich des Sonnenjahres, weil nur die Sonne durch einen einzigen Umlauf ein Jahr macht, gefeyert werden mußte. So giebt die wahre Einrichtung des Juvels

Kreiſes, wie fie in Vorhergehenden bewieſen iſt, auch nach den jüdiſchen Feſten aus der heiligen Schrift ſelbſt, wodurch ſie allein beſtimmt iſt, ein näheres Licht, das man ſonſt überſehen håtte : wie allemal, wenn

eine Wahrheit aus der Acht gelaſſen wird, auch meh. rere überſehen werden.

Der Jubelkreis aber iſt nicht allein eine vollo kommne Sedenfzeit aller göttlichen Wohlthaten , die er

dem jüdiſchen Volke ſeit dem Ausgange aus Aegypten bis

hiſtoriſche Zeitrechnung.

589

bis zur wirklichen Beſignehmung von dem verheißnent Sande , in jedem Jahre nach einander, erwieſen , und der Beſchwerden und Uebel, welche ſich das Volk durch

feine Widerſpånſtigkeit von einer Zeit zur andern zuge zogen hatte : fondern er iſt auch das vortreflichſte, und der Güte und Weisheit Gottes anſtåndigſte Mittel,

durch männigfaltige Unterſcheidungszeichen, die aus ſeiner Einrichtung fließen, der bibliſchen Zeitrechnung eine befondre und untrůgliche Gewißheit zu geben, welche feine menſchliche Geſchichte in ihrer Zeitrech .

nung jemals gehabt hat, noch anders haben wird, als wenn man von dieſer beſondern Einrichtung und ihrer Unwendung allgemeine Regeln abziehn, und nach dens felben, allen Umſtånden gemäß, auf ähnliche Art das

Mondjahr mit dem Sonnenjahre bey der Geſchichte verknüpfen möchte. Das wird ſich in der Anwendung deſſelben auf die heilige Zeitrechnung klar genug sein

gen. Hier habe ich davon bloß in der Abſicht geres det, damit ich durch Hülfe deſſelben die Beſchaffenheit

des jüdiſchen Jahres zu des Mofes Zeiten ausmachen

fönnte. Die Jahre, woraus dieſer Kreis beſtand, waren Mondjahre. Es fragt ſich alfo zuerſt, wie die.

felben nach ihren Monaten eingerichtet waren. Vor der Sundflurh ward das Mondjahr bloß einzeln mic dem Sonnenjahre verbunden, die Zeit nach dem Som

nenjahre durch Berechnung der Tage des Mondjahres deſto ſicherer zu beſtimmen. Deswegen war es nicht

nur hinlänglich, ſondern auch der Weisheit ſehr geo måß , den Monaten bis auf den legten oder zwdlften, durch welchen letztern Monat ſich die beyden Jahre von einander unterſchieden , in benden Jahren eine gleiche Anzahl von Tagen beyzulegen , und dazu die mittlere Zahl zwiſchen der größten Långe der Sonnen - und

Mondenmonate zu wählen : wie wir es oben aus des Moſes Beſchreibung gefunden haben. Nun aber, da der Jubelkreis eingeführt ward, ben dee Vermehrung der

590

Die zwote Abtheilung,

der Begebenheiten , die dem menſchlichen Geſdylechte zu wiſſen nöthig waren , und bey ihrer Näherung zu dem Ziele aller Weißagungen, die Zeitrechnung durchy

eine ganz beſondre und vortrefliche Anſtalt, die ſich zu. gleich auf die gottesdienſtlicheVerfaſſung ben dem aus. erwählten Volke bezog , über alle menſchliche Vermir. cung und Widerrede hinauszufeßen : ſo verlief eine

ganze Reihe von Mondjahren , die für ſich gezállt wurden ; jedoch nach der Beſchaffenheit des Sonneri. jahres ſo abgemeſſen feyn mußten, daß der Anfang des folgenden Kreiſes allemal wieder in eben den Sonnen .

monat, Abib , fiele, in welchen der Anfang des vorher. gehenden gefallen war. Hierzu war eine abfonderlin dhe und genauere Beſtimmung der Monaten von ben. berlen Jahren nothwendig. Und dieſe finden wir auch in der That in den Büchern der Offenbarung. Ein bürgerliches und gemeines Mondjahr muß, der Sternfunde gemäß, wechſelsweiſe aus 29 und 30.

tågigen Mondenmonaten beſtehn. Wenn man daher nur die Zahl der Tage des erſten Monates im Jahre gefunden hat , und weiß , ob derſelbe aus 29 oder aus 30 Tagen beſtehen folle : fo find die Tage aller übrie gen Monate zugleich beſtimmt. Nun hatte Gots 2 B. Mor. XII. 2 , ausdrůcklid, verordnet, daß der Monar , in welchem er die Kinder Iſraels aus Hegya

pten führte, in Zukunft der erſte Monat ihres Jahres ſeyn ſollte : und Moſes hat drey volle Wochen ; die eine von dem erſten Monate des erſten Jahres, 2 B. moſ.XII. 371 XIII. 20 , XIV.2, 22, XV. 12 ; die art.

dre von dem zweyten Monate eben deſſelben Jahres, 2 B. Njof. XVI. 1, 22, 27 ; die dritte von dem arje dern Monate des zweyten Jahres ; 4 B. Xoſ. X. 11, 33, XI. 4 fgg. 32 ; angegeben. Hieraus läßt ſich bie Långe des erſten Monates richtig þerleiten. Wenn der 17te Tag des erſten Monates, an welchem die

Iſraeliten, mact) 2 B. 1709. XIV. 2 fgg. und 4 B. mor .

hiſtoriſche Zeitrechnung.

591

mor. XXXIII. 7 im Thale Hahiroth , oder zu Piha hiroth, blieben , ein Sonnabend, und der 15te des

zwenten Monates, 2 B. 1170ſ.XVI. 1, ein Freytag geweſen iſt: po waren zwiſchen beyden , ſie bende mite gerechnet, vier Wochen, die ſich alle von einem Sonn.

abende anfiengen, und alſo 28 Tage verlaufen. Zieht man von dieſen die 15 Tage ab, die dem zweyten Monate

zugehören : ſo bleiben für den erſten Monat 13 Tage übrig ; und dieſe machen mit denen 16, die bis an den 17ten und ſchon gerechneten Tag des erſten Monates

verlaufen waren , 29 Tage aus. Folglich muß unter der gefekten Bedingung der erſte Monat des Jahres

nur 29 Tage gehabt haben. Es kommt demnach ala les darauf an , daß bewieſen werde, der 17te Tag des

erſten Monates fer wirklich ein Sonnabend, und der iste des zweyten wirklich ein Freytag geweſen. Dieß aber wird aus der Beſdireibung des Zuges, der

{agerſlåtten und Ruheplåge der Iſraeliter erhellen . Der Auszug geſchahe bald nach Mitternacht: indem

die Zegypter in ihrem Schrecken, als Pharao zu Mite 1

ternacht aufgeſtanden war, das Volk drungen, daß fie es eilend aus dem Lande trieben , und ihnen nicht ein : mal Zeit ließen , aus ihrem ſchon eingemengten Teige die dủnnen Kuchen , welche man daſelbſt ſtatt des Brodtes ißt, zu backen ; ob dieß gleich, nach dem Bes

richte der Reiſebeſchreibungen höchſtens kaum eine Halbe Stunde Zeit erforderte. Da ſie nun von Ras emſes, welches nicht nur der Name einer Stadt, ſone dern auch nach 1 B. Mor. XLVII. 11 der ganzen

Landſchaft, die Joſeph ſeinen Brüdern auf Pharaons Befehl einräumte, war, gefünftet, oder in fünf be. ſondern Zügen, von den verſchiebnen Gegenden der Landſchaft Raemſes nach Suchoch fortgiengen , und daſelbſt aus dem rohen Teige iþre Kuchen bucken : ſo .

müſſen ſie am 15ten des erſten Monates frühe zu Su.

choth angekommen ſeyn. Dann ſonſt Jåtte ihr Leig durch

592

Die zwote Abtheilung,

durch die Tageshiſe, welche um die Lernötezeit Herum dafelbſt, nach dein Zeugniſſe aller Reifenden, ſehr hef tig iſt, gånzlich verdårtet, und ſo wohl zum Backen als

zu allem Genuſie untůchrig werden müſſen : ſie felbſt aber wurden auf ſolche Weiſe des nörhigen Unterhalts

beraubt geweſen ſeyn. Alſo bucken ſie frühe zu Sus choty, dem Sammelplake aller fünf Zúge: gleichwie es durchgängig im Morgenlande und in degypten bei

den Reiſegeſellſchaften gewöhnlich iſt, in einer måßigen Entfernung von der Stadt ibre Gezelte aufzuſchlagen, um cheils die Zurückgebliebnen zu erwarten, theils die Reiſebedürfniſſe, woran es etwa noch fehlen módyte, völlig berbeyzuſchaffen, und dem Oberhaupte der Ge.

ſellſchaft, zur Errheilung der nöthigen Verhaltungsbes fehle auf alle Fälle der Reiſe, gehörige Zeit zu gönnen. Das Backen aber erforderte, wie id ) ſchon erinnert

habe , ſchr kurze Zeit : man zündete bloß , ohne einen Ofen zu gebrauchen , auf dem Erdboden Feuer an, ráumte bernach die glühenden Kohlen ſo weit weg, daß man den Teig auf die heiße Stelle legen konnte, und bedeckte ihn alsdann mit den Kohlen , worauf er geſchwinde zum Eiſen tauglich war ; denn das iſt in

derfelben Gegend die Weiſe zu backen , welche durch die Reiſebeſchreibungen bekannt geworden iſt. Es war demnach noch Zeit genug übrig, an eben demſele

ben Tage nac, Etham , das vorne an der Wüſte die. fes Namens lag, zu kommen . Hegypten hat niemals zu beyden Seiten des Nils mehr, als wenige deuts Ide Meilen von fruchtbaren und angebaueten Ges genden gehabt. herodor giebt für die geringſte

Breite von Hegypten zwiſchen dem Gebirge auf bey. den Seiten des Nils, von dem arabiſchen bis zum lib ». 2

ſchen Gebirge, nicht mehr als 200 Stadien an a) :

und dieſe betragen, 11oo Stadien auf 15 deutſche Mein len

a ) Euterpe I. Lib. II, C. & P. 93.

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

593

len gerechnet, noch nicht völlig 2 an deutſchen Meilen. Raemſes lag am Nil ; oder an einem Arme deſſelben : das läßt fich aus der Geſchichte der zehn Plagen

fdhließen. Auf dem Zuge aber kamen die Kinder Jfrat els úber keinen Urm oder Graben des Strohmes : ino

dem weder die Beſchreibung deſſelben etwas davon ſagt, noch auch ihr Weg, da ſie bis Echam die Straße nach der Philifter lande hielten , fie durch den Strohm oder deſſen Arme führen konnte. Es war daher der

Zug bis nach Erham , wo das Ende der weitläuftigen Wüſte auf der aegyptiſchen Seite war , und die ange. bauere Gegend mit der wüſten zuſammenſtieß, auch für ein ſchweres Heer , mit Kindern und Viehe , nicht

zu groß zu einer Tagereiſe, wovon (chon des Morgens frühe ein Theil zurückgelegt geweſen war. Hierauf mußten ſie des folgenden 16ten Lages vom erſten Mos nate ihren Weg åndern , und ſich gegen Pihapiroth ſchlagen. Daſelbſt blieben fie den ganzen 17ten Tag bindurch. Denn es wird nicht allein 4 B, 11oſ. XXXIII. 7, ausdrücklich geſagt, daß ſie daſelbſt blies

ben ; welches Wort Moſes nicht anders als von ei. nem Aufenthalte für einen oder mehrere Tage gee braucht und es von dem Jagern unterſcheidet: ſondern Pharao ereilte ſie auch noch bier in ihrem Lager ſo

frühe, daß ſie nach 2 B. Mor. XIV . 9 fgg ., fein Kriegsheer ſehen und unterſcheiden konncen ; ja es

1

mußte die Wolfenfäule, eine finſtre Bolte, wie Mos

}

ſes ſagt, hinter ſie treten, dem Pharao das Fortrůcken zu verwehren ; daher ben ſeiner Ankunft noch ein gue

ter Theil des Hellen Tages übrig geweſen feyn muß, und es nicht der vorhergehende 16te Tag geweſen ſeyn

kann , an welchem ſie den ganzen Zug bis an dieſe la gerſtåtte gethan, und das Sager, worinn er ſie ist gang

ruhig, als in einem ſchon vorher aufgeſchlagenen Jager, antraf, aufgeſchlagen hatten . In der Nacht zwiſchen dem 17ten und 1gren gingen ſie durd).das Meer , uno 1. Theil. Pp fapert

594

Die zivote Abtheilung,

ſahen die wunderbare Errettung des Herrn. Was war billiger, als daß ſie den 18ten Tag , da ſie durch das Meer gekommen waren, der Freude und Dankbar. teit weißeten ? Dieß meldet die Heilige Schrift aus drůcflic ), und führt das Verzeichniß ihrer Reiſe für

dieſen Tag nicht weiter fort: ſondern låßt dem Moſes Zeit und Gelegenheit, das unvergleichliche Loblied, wela

.

ches 2 B.mor. XIV. 1-19 aufgezeichnet iſt , zu vere

2

fertigen. Aberam 19ten , 2oten und miten Tage zogen fie nach 2 B. X730ſ. XV. 22 fg. dren . Tagereiſen in der Wüſten Etham fort, und erreichten hiemit Mara. Nun waren feit dem Auszuge mit ihrer Ankunft an dieſem Orte ſieben völlige Tage verfloſſen. Mußte dahernicht nothwendig einer davon ein Sonnabend öder Sabbath geweſen ſeyn ? Es läßt ſich aber nicht gebenken , daß der Herr, der ſie ſelber durch die Wol.

kenſäule führte, und ihnen dadurch Aufbruch und Rue

he vorſchrieb , ihnen ſelber geboten haben ſollte, die Sabbathsruhe und Feyer zu brechen : eine Ruhe, die er nicht nur ſeit der Schöpfung aufs Heiligſte anbefoh. len Qatte, ſondern auch alsbald zu Mara, wo er ignen, nach 2 B.XT10p. XV. 25, Geſek und Recht, und dare unter gewiß auch den Sabbath, vorſchrieb, von neuen anbefehlen wollte; ja eine Ruhe, die nach 5 B.Wor. 14, 15 auch ein Zeichen der måchtigen und wunder baren Ausführung aus Aegypten feyn mußte. Dem. nach kann der Sabbath auf keinen andern Tag , als auf einen ſolchen, den fie ganz von einem Abende bis zum andern in Ruße zubrachten, geſegt werden . Un. ter allen fieben Tagen ſeit dem Auszuge iſt dieß kein andrer els der 17te, an welchem die Ifraeliten in dem Lager gegen Pihahiroth von dem Abende des 16ten bis zum Ubende des 17ten ruheten, und darauf erſt in der Nacht durchs Meer giengen. Folglich muß der 17te des erſten Monates nothwendig ein Sabbath und ein

Sonnabend geweſen ſenn. Eben ſo unſtreitig zeigt frics

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

595

fich aus der Beſchreibung einer ganzen Woche von dem zwenten Monate, 2 B. Moſ. XVI. 1 fag., daß der 15te des andern Monates ein Freytag geweſen iſt.

Die ganze Erzählung, die damit verbunden wirb, leb. ret , daß die Kinder Iſraels am Isten die Wüſte Sin erreichten. Dieſer Tag fonnte unmöglich eben derſelbe reyn , an welchem das Volk murrete : denn die Herra lichkeit des Herrn, die darauf erſchien, verſprach dem

Volke erſt zwiſchen den beyden Abenden , das iſt um die Zeit, da ſich die Sonne von ihrer Mittagshöhe auf die Hälfte gegen den Ort ihres Unterganges ge* fenkt haben würde, Fleiſch zu eſſen zu geben ; und alle übrige Umſtånde, wie auch die zwenfache Bemühung

des Moſes v. 6 , 8 , die Unruhe zu ſtillen , erfordern nothwendig einen eignen Tag bis auf die Zeit zwiſchen den zweenen Abenden .

Es war alſo der 16te, an wela

chem dieß alles vorgieng. Des folgenden Morgens und daher am 17ten fiel nach v. 8, das Manna. Dies

fes ſammleten ſie darauf ganze 6 Tage nac) v. 22 : folglich den 17ten, 18ten , 19ten , zoten, aiten uiid 22ten .

Der 23te war ein Sabbath: indem an demſelben , als dem 7den ſeit dem das Manna gefallen war, die Uebera treter des göttlichen Gebotes, nach v.27, vergebens ausa gingen , Manna zu ſuchen , welches nur an einem Sabbathe nicht gefunden werden ſollte.. War aber der 2zte ein Sabbach und Sonnabend ; wie er es au.

genſcheinlich war : ſo mußte der vorhergebende 16te

Žag eben des andern Monates auch ein Sonnabend, und deswegen der unmittelbar vorhergehende, oder der 15te, ein Freytag geweſen ſeyn. Nunmehr ſind die

beyden Bedingungen, unter welchen oben durch die genaueſte und ridtigſte Berechnung die Långe des ere ſten Monates in dem jüdiſchen Mondjahre auf 29 Eage zurückgebracht iſt.

Alſo iſt die Wahrheit dieſer

Sånge vollkommen dargerhan. Deswegen will ich, der Kürze wegen, andre Beweiſe nicht anführen: fona Pp 2

Dern

596

Die zivote Abtheilung, .

dern nur nod, bloß anmerken , daß , wenn man wider

ben augenſcheinlichen Beweis gleichwohl dem erſten Monate des Jahres , der von Gott ſelbſt beſtimmt

war, 30 Tage beylegen wollte, man allemal genöthigt reyn würde, einen oder den andern Zug auf den Sabe bath oder Ruhetag, auch ſo gar nach der Zeit, da die Beobachtung deſſelben auf das feyerlichſte von neuen

eingeſchärft war, zu Feßen. Wer kann das gleichgüle tig anſehn und auf ſolche Art Gott den Herrn ſelbſt, auf deſſen Befehl alle Züge geſchahen , feine heiligſte Verordnung zu übertřeten lehren laſſen ? Man kann alle Beweiſe ausführlich in den ſchon erwähnten Abs

handlungen zurErläuterung der alten Zeits rechnung und Geſchichte, von Beeren, leſen b ). Der Jubelkreis mußte beſtåndig nach dem Son nenjahre abgeglichen werden , damit fein Anfang nicht aus dem Sonnenmonate, Abib, fallen möchte. Wie dieß geſchaße, das werde ich in der Zeitrechnung ſelbſt genauer beſtimmen.

Jkt führe ich es nur an , die

ſichere Folge daraus zu ziehen, daß zu des Moſes Zeis ten , da dieſer Jubelkreis verordnet warb , die wahre

Beſchaffenỹeit des Sonnenjahres und die rechte Länge eines jeden Monates in demſelben bekannt geweſen feyn muß. Gewiß ſind die Tage der Monate nicht dem Laufe der Sonne ſo wenig gemäß, wie es in dem julianiſchen Jahre geſchehen iſt, beſtimmt geweſen. Wir werden in den folgenden Zeiten und den folgen. den Büchern der heiligen Schrift Merkmaale finden,

woraus ſich herleiten läßt, wie groß die Långe eines je den Sonnenmonates, dem Jubelkreiſe zur Leitung und nach der Verbindung mit demſelben, angefekt geweſen

rey. Muß man nicht billig ſchließen , daß , ſo lange der Jubelkreis zur Zeitrechnung im Gebrauche geme. ſen iſt, das Sonnenjahr für denſelben auf einerley Art einges

b ) TH. II. S. 51.81.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

597

eingerichtet geweſen renn, und daher zu Moſes Zeiten aud eben diefelbe långe eines jeden Sonnenmonates gegolten haben werde. Herr Rennedy hat ſich in

dem ſchon gemeldeten Buche c) viele Mühe gegeben, aus den Grundſäßen und Angaben der heiligen Schrift felbſt eine Berechnungsart zu lehren , wodurch man,

ohne alle Tafeln der Sternkundigen, ſo wohl die Jah. re, in welchen die tägliche und jährliche Bewegung nach dem ſcheinbaren (aufe der Sonne zuſammentref.

fen, als auch die wahre Größe des Sonnenjahres her ausbringen könne, und dadurch zu beweiſen, daß die in neuern Zeiten gefundne långe deſſelben von 365 Tas gen, 5 Stunden und 49 Minuten, nicht eine bloße

ráherung , ſondern die wahre Långe des Sonnenjah. res und auch des moſaiſchen Jahres rey. Seine Reche. nungsart verdient wohl eine nähere Prüfung : allein ich kann mich nicht darauf einlaſſen , ohne meiner Ub.

ficht zuwiderzu handeln. Den Fehler, der daben ſehr leicht in die Augen fällt, daß er eine Zahl fälſchlich für ein Quadrat des Jahres angegeben hat, hat er im

Anhange felber verbeſſert : und feiner Berechnung gehtdadurch nichts ab ; weil das Verſehn bloß in ei. ner falſchen Benennung liegt, welche in die Sache ſelbſt keinen Einfluß hat. Es iſt gar nicht zu vermuthen , daß ben einer fo genauen Erkenntniß von beyderlen Jahren zu des Mo.

les Zeiten nicht zu rechter Zeit die gehörigen Lins (daltungen eines Tages beobachtet ſeyn ſollten. Das Gegentheil iſt vielmehr aus denen Unterſchei. dungszeichen , die in ſeinen Büchern liegen , offenbar : denn aus denfelben laſſen ſich die Monate, in welche eine jede Art der Einſchaltungen trafen, Herleiten. Aber,

da dieß ſchon eine genauere Bekanntſchaft mit der Pp 3 Zeit c) A new methode of ſtating and explaining the fcri. pture chronology etc. p. 244 , faft bis ans Ende.

398

1

Die zwote Abtheilung ,

Zeitrechnung nach dem Jubelfreiſe erfordert: fo mnuß ich es ſu lange verſparen, bis ich zu dieſer nöthigen Er. kenntniß eine nähere Unweiſung gegeben haben werde. g. 5. Zu den Zeiten des Joſua und der Richter war der

Jubelfreis in völligem Gebrauche. Das beweiſt auch die in der Geſchichte von ihnen verfolgte Zeitrechnung : indem er bey derſelben augenſcheinlich zum Grunde liegt. Da nun der Kreis nicht ohne die Wiſſenſchaft von der wahren Beſchaffenheit des Sonnenjahres ro

wohl, als des Mondjahres, in Ordnung gehalten wer: den konnte : ſo mußten beyderlen Jahre in dieſem Zeit alter nach ihrer wahren Große, folglich auch die rechte Art der Einſchaltungen, bekannt bleiben. Will man

mehr, als einen Schluß, und einen Beweis aus der Geſchichte ſelbſt haben : fo fehlt es daran eben ſo wea nig. Es wird in dem Buche der Richter, in der Ger

fchichte Simſons, durch gewiſſe Beſtimmungen , ob

gleich nur ganze Jahre gebraucht werden , nach der Beſchaffenbeit des Jubelfreiſes zu erkennen gegeben, um wie viele Tage der Abib zu derſelben Zeit vorgerůcke war : das wird man in der Zeitrechnung ſelbſt deutlich

ſehen. Kónhte eine ſo genaue Unterſcheidung der Jahre wohl , auch nur bey einiger Unwiſſenheit von ihrer eie gentlichen Größe, möglich geweſen ſeyn ? 8. 6.

In den Büchern Samuels , der Könige und ber Chronik grúndet ſich die Zeitrechnung noch eben .

falls auf die Einrichtung des Jubelkreiſes. Es muß daher billig der vorige Schluß auch hier wiederum gels ten . Uber auch hier giebt die Geſchichte in den ge dachten Büchern Merkmaale genug an die Hand, ein richtiges Urtheil über die Beſchaffenbeit von benderley Jahren zu fållen. Es kann durch dieſelben nicht nur die

1

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

599

die Einrichtung des Sonnenjahres nach der verſchiede. nen Långe ſeiner Monate : fondern auch ſo gar die eizi

gentliche Långe des Mondlaufes , die man zu Salo. mons Zeiten annahm, beſtimmtwerden . Jedoch beya des hångt mit der Zeitredinung nach dem Jubelkreiſe ro genau zufammen, daß ich hier, wo ich bloß von der Beſchaffenheit der Jahre rede, zum voraus ein bee trächtliches Stück von diefer Zeitrechnung erklären müßte : wenn ich ißt den Beweis davon führen wollte. Da dieß nur eine unnöthige Weitlåuftigkeit verurſa. chen würde ; indem an dem rechten Drte ſich die Grüne de zu dieſem Bereiſe von felbft finden, und er alsdann durch wenige Folgen aus feinen Gründen kürzer hergea leitet werden kann : fo laſſe ich es billig fo lange ause

gefokt bleiben. Plein die Beränderung in dem Jah.

re, das zu dem bürgerlichen Gebrauche diente, muß ich hier, als an dem rechten Orte, weil ſie in diefe Zeiten fällt, anführen und beideiſen : denn es kann ohne eine genaue Bekanntſchaft mit der Zeitrechnung nach dem

Jubelfreife geſchehen. So lange die Kinder Iſraels in ihrer gånzlichen Freyheit lebten, hatten ſie nicht die geringſte Urſache, ſich um ein andres, als das Mond . 1

jahr, welches Mofes mit dem Jubelfreiſe eingeführt. hatte, zu bekümmern. Mit demſelben waren alle ihre Feſte verknüpft: und Abgaben an ein weltliches Obera

haupt , die an gewiſſe Zeiten eines Sonnenjahres ges. bunden geweſen wåren, hatten ſie nicht; ſondern alles, was ſie Gott, ihrem Beherrſcher, darbringen mußten , ward bey der Feyer dieſer Feſte größtentheils abgetrá gen.

Daß aber die Jubelkreiſe nach dem Sonnen ,

jahre in Ordnung gehalten wurden, das war nicht ihr Werk: ſondern die Sorge des Hohenprieſters, welcher eben aus der Urfache den Eintritt der Zubelzeit durdy

den Schall der Poſaunen ankündigen, und ihre Dauer anzeigen ließ. Eben fo wenig hatten ſie eine genaue Kenntniß und den Gebrauch des Sonnenjahres zur Pp 4 Beobach:

боо

Die zwote Abtheilung,

Beobachtung der Feſte, welche von der Verndte und Einfammlung aller Früchte abhingen , oder zu ihrer

Landwirtſchaft, nöthig. Zu der leßtern war bloß eine beyläufige Beobachtung der Jahrszeiten, wobey es nicht einmal auf einige Tage, viel weniger auf Stun den ankommt, finlänglich ; indem der Sandmann feia nem Ermeſſen darinn allemal folgt: Das legte aber,

die Fener des Herndtefeſtes und des Feſtes der Ein ſammlung, wenn jenęs nicht mit Pfingſten und dieſes nicht mit dem Lauberhüttenfeſte zuſammentraf, ward durch die Herndte und die Einfammlung der Früchte, von ſelbſt beſtimmt. Wozu ſollte ihnen alſo ein ges

doppeltes Jahr ? In der Schrift findet man auch nicht die geringſte Spur davon. Aber nachher, da ſie ihren glücklichen Zuſtand unter der einzigen Herrſchaft Gottes nicht erkennen wollten, ſondern einen König, nach der Weiſe andrer Völker, ungeſtům gee

nug verlangten, mußte ſich in ihrer bürgerlichen Ver. faſſung nothwendig vieles åndern : wie es die Rechte des Königes, welche ihnen Gott, 1 Sam. VIII, 11, 1996, wiederhohlen ließ ,erforderten. Inzwiſchen liefet man außer den Anſtalten , die David nach 1 Chron .XXVII,

( XXVIII.) 1 fgg. in ſeiner legten Regierungszeit madı. te, das Kriegsvolk auf einen beſtåndigen Fuß zu feßen, nichts von erheblichen Veränderungen des Staates bis auf Salomons Regierung: wenigſtens niches von

der Art, daß man auf die Einführung des Sonnen jahres zum bürgerlichen Gebrauche ficher ſchließen fónnte. Als aber Salomo den Thron allein befaß,

reste er , 1 B. Rón. IV , 1 • 28 , zwölf Amtleute über Iſrael, von denen ein jeder den König und ſein Haus einen Monat lang in jedem Jahre verpflegen mußte. Die Ordnung , wornach zu dem Ende die Monate unter die Stamme Ifraels vertheilt wurden,

damit ein jeder ſeine Reihe wußte, weicht von dem Range der Ståmme gånzlich ab. Salomo, deſſen Weis .

hiſtoriſche Zeitrechnung.

603

Weisheit eben bey dieſer Gelegenheit ſehr geprieſen wird, muß daher gute Urſachen gehabt haben , warum

er einen jeden Monat vielmehr dieſem , als einem an dern Stamme, anwies. Es war nichts billiger und gerechter, da es hierbey auf die Verſorgung ſeines Hom fes ankam , als daß er die {age und Beſchaffenheit der Erbtheile eines jeden Stammes in Betrachtung gog, und einem jeden ſeinen Monac dazu ſo zutheilte, daß - er darinn ſeine Landesfrüchte entweder ſelbſt ſo, wie fie waren, anbringen , oder ſie mit Nugen verkauft und vertauſcht haben konnte. Wåre nicht ſonſt die

ohne das bisher ungewöhnliche Abgabe noch beſchwer: licher geworden : und würde nicht durch eine Ungleich.

$

Heit der Beſchwerden einem Theile der Stämme eine größre {aſt aufgelegt geweſen ſeyn, als den übrigen ? Wenn nun aber einem jeden feine Reihe , nach den Monaten , aus dieſem Grunde angewieſen war : To konnten dieß nicht Mondenmonate ſeyn, welche durch alle Jahrszeiten rücken, und dadurch dieſe Abſicht vere eiteln, Salomo mußte daher zu feinem Steuerjahre Sonnenmonate wählen. Dieſe ſchickten ſich, ben ih. rer Ungleichheit nach dem wahren Himmelsjahre, auch um fo viel beſſer dazu, weil nicht alle Stämme, wes gen der unterſchiednen Fruchtbarkeit und Größe ihres Erbtheiles, gleich viel leiſten konnten : da dann den

ſchwächern die kürzern Monate des Sonnenjahres zu Statten kamen, wenn ſie nur für dieſelben zu ſorgen hatten, Was kann man aus dieſem allen anders ſchließen, als daß er das Sonnenjahr zu dem bürgere lichen Jahre ſeines Volkes gemacht habe ? Es wart ohne das, ſo wohl vor als nach ſeinen Zeiten , zu der Zeitrechnung gebraucht. War es alſo nicht ſehr naa türlich, es zur billigen Erreichung ſeiner Abſichten auch in das gemeine Leben einzuführen ? Es werden außer dem in den Büchern der Könige einige Begebenhei.

ten, als unter andern das Wunder an dem Zeiger des Pp 5 Uhas,

602

Die zwote Abtheilung,

Ahas, 2 Ron . XX. 8 fgg., erzählt, aus welchen man deutlich ſieht, daß das Sonnenjahr damals eine im

gemeinen Leben bekannte Sache war. Ich will nur noch dieß einzige benfügen, daß man aus der vorher

gehenden Vorſtellung leicht begreifen fånne, wie wez nig ſich aus des Salomons Verordnung, mit dem

Herrn Marſhal d ), auf ein Jahr von 360 Sagen die Folge ziehn laſſe, als ob daſſelbe das in der heili. gen Schrift gewöhnliche Jahr geweſen wäre. $.

7

Nach der babyloniſchen Gefangenſchaft bekam das gemeine Weſen der Juden eine ganz andre Geſtalte Sie mußten den Königen von Perſien Schoß , zou und jährliche Zinſen abtragen : der Dienſt war ſchwer auf dem Volke, und das Einkommen des Landes meh. rete ſich den Königen e ).

Dieſe Abgaben mußten zu

rechter Zeit abgeliefert werden. Daher waren ſie ges nöthigt, ſich in bürgerlichen Sachen nach dem chal. båiſchen und perſiſchen Jahre zu richten. Und dieſes

ward nun iħr bürgerliches Jahr. Seit der Zeit hat ten nicht nur ihre Monate die chaldaiſchen Namen f) : ſondern ſie rechneten auch nach den Regierungsjahren der Könige in Perſien g). Als hernach Allerander der Große das perſiſche Reich eroberte , wurden viele Juden nach Uleranbrien,wo feit dem mehr die gries chiſchen als ágyptiſchen Wiſſenſchaften herrſchten , ges zogen : und nach Aleranders Code mußten ſie in ihrem

eignen (ande die Oberherrſchaft der Seleuciden erkene nen ,

d ) Chronological treatiſe upon Daniel's 70 wecks, C. V. p. 245-247 . e) Efr. IV. 13, Xebem . V. 15, 18, IX . 37.

f) Eſt. VI. 15. Febem . I. 1, II. 1. VI. 15. Efth . II. 16. VIII. 9.

8) Eje. I. 1, VI. 15. Zebem . II. 1, V. 14, XIII, 6.

biſtoriſche Zeitrechnung.

603

nen, bis ſie dieſelbe mit der römiſchen vertauſchten , Unter ſolchen Umſtänden nahmen ſie auch in Anſehung

iþres Jahres manches von den Griechen an : ja fie waren wiederum genöthigt, in bürgerlichen Sachen

das griechiſche Jahr zur Regel anzunehmen ; wiea wohl ſie die Namen der perſiſchen Monate behielten, indem unter andern Joſeph h) berichtet, daß ſie den Monat Xantikus noch zu feiner Zeit 17iſan nann. ten. Man kann demnach nicht anders ſchließen, als

daß das jüdiſche Jahr nach der Babyloniſchen Gefan. genſchaft zuerſt dem perſiſchen und hernach, dem griea

chiſchen gemäß geweſen ſen. In keinem von benden Fållen war es das neuere Jahrder Juden. Da aber ihre Feſte, die ſie nach der babyloniſchen Gefangen [chaft wieder i) zu halten anfingen , an das Mondjahr verbunden waren , und fie das in den 70 Jahren ihrer Gefangenſchaft nicht vergeſſen haben konnten ; gleicha,

wohl der Jubelfreis, wodurch vorher die Mondjahre mit dem Sonnenjahre zu rechter Zeit wieder in Ueber.

einſtimmung gebracht worden waren , ſich zu ihrer Verfaſſung nicht mehr ſchickte , ſondern ſie ſich theils nach dem perfiſchen, theils nach dem griechiſchen Jaha re richten mußten : fo fann man ihnen nach ihrer Gea fangenſchaft kein andres , als ein verglichnes Jahr, oder ein Mondjahr, das durch jährliche Einſchaltung von II oder 12 Tagen , mit dem Sonnenjahre vergli. chen warb, beylegen. Der erſteMonat deſſelben war der Niſan : denn in dem Buche Eſther wird der

Tebeth ausdrücklich der zehnte, der Šivan der drita te, und der Adar, auf welchen der Viſan folgte, der

zwölfte genannt k) ; und Joſeph 1) fagt es auch mie klaren

h) Antiqu. Lib. III. C. 13. i) Eſr. VI. 19, 22. Debem . VIII. 9 , 10 , 14, 15, k) Eſth. II. 16, VIII.9, IX. I. 1) L. C.

604

Die zwote Abtheilung,

klaren Worten . Wie lange endlich dieſe Art desJah. res unter den Juden im Gebrauche geblieben ſey, das muß aus der Zeit, da das neuere Jahr entſtanden iſt, beurtheilt werden : indem nicht der geringſte Schein eines Grundes gefunden wird, warum man eher , als bis es von dem neuern verbrångt würde, eine Verån.

Derung darinn annehmen fodte. S. 8. Unter ſo vielen Begebenheiten, für welche in der Heiligen Schrift die Zeit durch Monate angegeben wird, findet man keine einzige, die in einen drenzehne ten Monat, oder in den Veadar , gefallen ſeyn ſollte.

Alle andre Monate fommen , theils durch ihre Orð. nungszahlen , theils durch ihre chaldaiſchen Namen, bezeichnet, vor: niemals ein dreyzehnter, oder Veas dar. Iſt es wohl glaublich , daß unter der Menge von Begebenheiten, wenn er wirflich vor oder nach

der babyloniſchen Gefangenſchaft, bis auf Chriſti Ges burt, unter den Juden gebräuchlich geweſen wäre, kei. ne einzige in denſelben getroffen ſeyn ſollte: gerade als wenn ſie unter einander Xbrede genommen båtten, ihn nicht zu berühren ? Muß man daraus nicht viel.

mehr urtheilen, daß er, ſo weit die Heilige Schrift des alten Bundes reicht, eine ganz unbekannte Sache ges wefen ? Nun iſt der Peadar , oder der dreyzehnte Monat in einem Schaltjahre, von dem Jahre der

neuern Juden ein unzertrennliches Stück. Daher kann auch dieß Jahr in der Heiligen Schrift niemals gebraucht ſeyn.

Weber Joſeph, noch Philo der Jude, die bey. be nach Chriſti Geburt lebten , gedenken auf irgend eine, auch nur auf die entfernteſte Art, eines Schalt. monates oder eines Veadars. Im Gegentheile re den ſie in ) von dem Paſſahfeſte ſo , daß man noch. wendig m ) Joſeph, I. c. Philo in vita Moſis.

biſtoriſche Zeitrechnung.

695

wendig ſchließen muß, es haben ſich zu ihrer Zeit die Juden bloß nach dem damals ben ihnen gewöhnlichen

Kalender hierinn gerichret, ohne an die künſtlichen Be. rechnungen der neuern Juden ju gedenken . Auch ſtimmt die Nachricht, welche Änatolius bey dem Euſebius n ) aus dem Ariftobulus, dem Lehrmei.

fter des Ptoloinåus Philometors giebt, hiermit überein . Alſo zeigt ſich eben ſo wenig Grund, dem

neuern Jahre der Juden in dem erſten Jahrhunderte nach Chriſti Geburt Raum zu laſſen. In welche Zeit ſoll man es nun feßen ? Herr Arthur Bedford , nach deſſen Meinung die alten Juden keine gewiſſe Erkenntniß von dem Sonnenjah. re gehabt, ſondern ſich bloß nach der Sichtbarkeit des

Mondes und den Jahrszeiten gerichtet haben ſollen, leitet den Anfang des kunſtmäßigen Jahres unter ih. ner von des R. Sillels aſtronomiſchen Jahre her o ). Aber dieß hilleliſche Jahr fam erſt um die Mitte

des vierten Jahrhunderts ,im 358ten Jahre Chriſti zum Vorſcheine p ). Der eigentliche Urſprung des neuern Jahres, der Juden zeigt ſich nirgends offenbar, als in dem babyloniſchen Talmud und den Rabs binen nach der Zeit. Nun ward nach dem Zeuge

niſſe' der Rabbinen ſelbſt 9) dieſer Talmud, worun. ter ich die Gemara, oder dieAuslegung dermiros nah, verſtehe , erſt von R. Joſe , einem Vorſteper der Schule zu Pumbeðitha , um das 500te Jahr

Eşriſti zu Ende gebracht: da der jeruſalemiſde Talmud n) Hift. ecclef. Lib . VII. C. 32.

o ) Scripture chronology demonſtrated by aſtronomi cal calculations, Lond. 1730 ( 4 ). C. II. fect. 5 fqq. P.24f99.

p) Kennedy new meth , of ſtat, and explain. the ſcript. chronol. p . 182.

9 ) R. Gedalja, Schalſcheleth Stakkabbula, fol. 35. I.

606

Die zwote Abtheilung,

Talmud bey den Juden in keinem großen Anfehen ſtand. Man urtheile daher, ob es wahrſcheinlich ſen,

daß das neuere Jahr der Juden viel vor dem ſechſten Fahrhunderte nach Chriſti Geburt aufgekommen ſeyn follte.

Und wie kann man es dann zur Regel ber

Zeitrechnung in der heiligen Schrift annehmen ? Die ganze Beſchaffenheit deſſelben leidet es eben ſo wenig : da ſie auf willkürliche und irrige Såge gebauet iſt. Man kann von derfelben außer dem Talmud , und

dem Maimonides , den Talvis r ), Riccioli s), und vornehmlich Jul. Bartoloccius t) teſen , und ſich auch ſchon aus dem , was ich in der Iten Abth.

S. 511 - 541, vorgetragen habe, einen deutlichen Be griff davon machen.

$. . Ich komme nunmehr auf das alte Jahr ber übria gen Völker, und mache den Anfang von den Morgeni ländern. Dess Vignoles und Jackſon halten es für eine ausgemachte Sache, daß alle Morgenländer ſo wohl, als die Hegypter, anfangs von feinem anden Jahre, als dem unvollkommnen von 360 Tagen ge. wußt haben : der erſte, weil es ſeiner Meinung nach ſehr ſchwer war, die Tage, an welchen die Sonne die verſchiednen Jahrszeiten, ſo ſehr ſie auch in der Bea ſchaffenheit der Luft und den Gewachſen des Erdboa Dens in die Zugen fielen, zu beſtimmen, und man ſich

Deswegen darauf einſchrånkte, den Umlauf der Sonne nach den ſchon feſtgefekten Monaten , wovon ohnger fåhr zwölfe demſelben gleich kamen , und 360 Tage

ausmachten, abzumeffen u) ; der andre, weil er das Jahr r) Iſág. chronol. p. 113 fqq.

s) Chronol. ref,C. 14, p. 17 fqq. 1) Biblioth. Rabbin. T. II. p. 392 fqq. u) Chronologie de l'hiſtoire faints etc. T. II, Liv. VL Cb, 1. p. 612.

hiſtoriſche Zeitrecnung.

607

Jahr von 360 Tagen für das ålteſte und für das auch vor der Sundfluth gewöhnliche Jahr annimmt x ). Allein beyde werden durch die wahre Beſchaffenheit der Sache, wie die ålceſte Geſchichte, die Offenbarung in des Mofes Büchern, ſie uns lehrt, widerlegt. Das muß man ſchon aus dem Vorhergehenden geſehen ba. ben. Von dem Grunde des Herrn Jackſons iſt es offenbar: weil oben bewieſen iſt, daß man vor der

Sundfluth nichts weniger, als ein Jahr von 360 Eat gen gehabt hat : der Beweis des Herrn Des Vigs noles aber beſteht aus einer bloßen Muthmaßung,

die für eine Zeit von wenigen Jahren hingehn möchte, aber für viele Jahre nicht gelten kann , und ſo wohl

durch das lange Leben der Menſchen vor der Sünd . fluty und die ausdrückliche Belehrung, welche ſie von Gott empfingen, als durch die Unmöglichkeit, ben vera

nünftiger Ueberlegung einem Jahre, deſſen Mängel in wenigen Jahren augenſcheinlich werden müſſen, lange anzuhangen, umgeſtoßen wird.

Ausdem Umſtande, daß in Chaldea und um Babylon herum , die erſten Bewohner des Erdbodens nach der Sündfluth lebten y ), iſt vielmehr das Gea gentheil von dem , was die eben erwähnten Schriftſtela ler behaupten wollen , zu ſchließen . Da Noah und ſeine Söhne ihren Nachkommen die Erkenntniß von der wahren Beſchaffenheit überlieferten, und von dem Sem bis auf den Peleg , dieſen ausgeſchloſſen , die

Grånze des Lebens der Menſchen, 1 B. mor. XI.

10-17, noch zwiſchen 400 und 500 Jahren ſtand: po kann man mit feiner Wahrſcheinlichkeit gedenken, daß die Chalder und Babylonier zuerſt kein andres, als das unvollkommne Jahr von 360 Tagen, gehabt

kaben x) Chronologiſche Alterthümer, $b. II. S. 353, 354. nach der Ueberſesung.

y.) Bochart, Phaleg, 1.5, und 1 B.Mos. XI. 2 ,

608

Die zwote Abtheilung,

haben ſollten . Es iſt nicht einmal wahrſdjeinlich, daß ein ſolches Jabr auch nur einmal auf eine kurze Zeit bey ihnen eingeführt geweſen ſer : denn ſie kón. nen nach den Zeugniſſen der Geſchichtſchreiber z ), wel. che ſie für ſich haben, den Wegyptern wohl die ålteſten Beobachtungen in der Sternkunde ſtreitig machen .

Wenn ſich gleich die Regierungen und Beobachtun gen von vielen tauſend, ja einigen hundert tauſend

Jahren, welche in die Geſchichteder Chalvåer hinein.

getragen ſind, durch die Muchmaßung , daß ihr altes Jahr nur 360 Tage gehabt, und fich bierauf ihre Rechnung nach Saren von 3600, nach Veren von

600, und nach Soßen von 60 Tagen, gegründet ka. be, der wahren Geſchichte näher bringen laſſen a) : ſo

iſt doch auf ſolche Muthmaßungen nichts zu bauen. Fabelhafte Geſchichte thun der wahren Zeitrechnung eben ſo wenig Eintrag, als das Hirngeſpinſt von den åltern Menſchen vor Adam.

Außer dem legen Bes

roſus, Allepander Polyhiſtor, Åbyden und Apols

lodor, bey dem Syncellus, den Šaren, heren und Soßen eben ſo viele Jahre ben, als Des Vigs

noles ignen Tage zum Maaße giebt; wie er ſelber b) angeführt hat : und nach des Suidas Erklärung wurden ſie ſo wohl zur Abmeſſung andrer Dinge, als zum Zeitmaaße gebraucht. Ja es kommen auch bey dieſer Rechnung bisweilen noch Brüche vor c ): wel.

ches nicht gar wohl damit beſtehen kann. Jacks fon d) läßt es beſſer bloß daben bewenden , daß er für fein geliebtes Jahr von 360 Tagen das Maaß eines

2) Cicer. de diuinat. Lib. I. C. 1. Diod. Sic. Lib. II. p.09. Seruius ad Virgil. eclog. VI.42. a) Des-Vignoles I. c. C. II . p. 625.643. b) L. c. p. 625.

c) L.c . p. 638, 639,646.

d) ChronologiſcheAlterthümer, S.372.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.' 609 eines Sarus von 3600 Tagen ; denn 36000 iſt ein Druckfehler ; anführt; weil dieſe Zahl gerade 10 Jah. re, jedes von 360 Tagen, giebt: ob gleich übrigens das, was ich eben erinnert habe, auch wider ihn zum

Theile gilt. Den fernern Beweis, den beyde von dem Umfange der Mauren Babylons, weld er nach der Zahl der Tage eines Jahres 360 Stadien betragen haben ſoll, bernehmen, entfrafcen ſie felbit: indem ſie eine gute Anzahl von noch beſſern Geſchichtſchreibern, welche denſelben Mauern einen großern Umfang zua eignen, anführen e ). Eben fo macht es auch Dess

Vignoles mit dem Grunde, den er von der Eintheir lung des Thierfreiſes in 360 Grade herhohlet f). 06 derfelbe gleich noch einigen Schein mehr hat: ſo wird ihm dieſer doch dadurch benommen, daß dieſe Ein: theilung von der alten Rechenkunſt durch 12 herrühret ;

woher auch die Eintheilung in Soßen , Veren und Saren entſtanden iſt. 3d habe diep alles nur zu

dem Ende angeführt , damit man febe, wie ſchlechte Grunde man zur Vertheidigung eines Jahres vort

360 Tagen gebrauchen müſſe: in Zukunft werde ich mich dieſer Mühe überheben , und bloß die ſtårkeſten

Scheingründe beantworten. Das Hochſte, was man den Anhängern dieſes unvollkommnen Jahres zuge ben kann, iſt, daß es auf eine kurze Zeit von einigen Völkern, aus einer durch ihre Wanderungen und andre Wechſel veranlaßten Unwiſſenşeit, angenommen gewes ſen renn mag : jedoch kann man ihnen daben nicht einräumen, daß hieraus eben die Zufastage am Ende

des Jahres ben allen denen , welche ſie gebraucht hae ben, entſtanden ſein ſollten ; denn der wahre Grund

davon liegt in der Beſchaffenheit des åkteſten Son, nenjahres e) Des-Vignoles, I. c. p. 645f99. Jackſon, 1.c. p. 373. f ) L. c. p.643.645 1

1. Theil .

610

Die zivote Abtheilungi

nenjahres, deſſen zwolfter Monat aus 35 Tagen bea

ſtand , wie ich g. 2, hinlänglich bewieſen habe, woſelbſt auch die natürlichſte Veranlaſſung zu dem unvolls kommnen Jahre angezeigt iſt. Wenn nun nichts beygebracht werden kann , was uns bewegen möchte, den alten Chaldsern undBay 1

byloniern das unvollkommne Jahr von 360 Tagen zu laſſen : ro entſcheidet das Ulterthum ihres Urſprun ges, wodurch die Ueberlieferung des wahren Jahres bey ihnen erleichtert ward , und ihre Beſchäftigung mit der Sternkunde g ), welche den Verfal der einmal ihnen überlieferten Erkenntniß verhüten mußte, für ſie dahin, daß fie nicht nur die Långe des Jahres von 365 Tagen , ſondern auch den Ueberſchuß derſelben über

die ganzen Tage, wohl gewußt, ſich zu Nuße gemacht, und ſo durd) gehörige Einſchaltungen iyr Jahr in Drdnung gehalten haben. Man darf deswegen, weil

das ágyptiſchnabonafariſche Jahr von einem babyloniſchen Könige den Namen hat, und ein Rücke jahr geweſen iſt, nicht ſchließen , daß bey den Chal dåern und Babyloniern das Jahr auch von dieſer Bes fchaffenheit geweſen ſer : denn Ptolomeus bezeugt in mehr, als einer Stelle, ſelber, daß er ſeine Zeitrechy nung nach dem ágyptiſchen Jahre eingerichtet, und ale

ſo daben das babyloniſche Jahr verandert fåtte. Von den Aſſyriern gelten eben die Gründe , die ich in Anſehung der Chaldaer bengebracht habe. Sie mögen ihr Jahr aus einerlei, Duelle mit den Chale dåern genommen, oder es von den legtern bekommen

haben : fo iſt kein unvollkommnes Jahr von 360 Ta. gen bey ihnen anzutreffen. Das Ulterthum der Chineſer und ihrer Bemů.

hungen in der Sternkunde ſind ſo berühmt, daß man darinn

g) Simplicius ad Lib. II. Ariſtot. de coelo, com . 46, fol.

123. Perizonius, Babyl.p.17.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

611

darinn der Sache eher zu viel, als zu wenig, gethan zu haben ſcheint. Du alde h) erzählt aus dern P. Gaubil, ſie hätten zwei) tauſend Jahre vorher, ehe den Griechen der Ueberſchuß des Sonnenjahres über 365 Tage bekannt geworden wäre, gefunden , daß

ein Sonnenjahr aus 365 Tagen , 5 Stunden und 50 Minuten beſtånde : und nach dem Berichte der perſiſchen Schriftſteller und des Golius i) , ſollen ſie es zu gleichen Theilen in 24 Monate, jeden von 15

Tagen , 5 Stunden und 1454 Minuten unterſchies denhaben . Es wird überhaupt für gewiß angenom . men , daß die erſten Beherrſcher von China große Beförderer der Sternfunde geweſen ſind. Golius k ) meldet, daß der Kaiſer soang Ti , den Couplet 1)

Soam - Ti nennt,und deſſen Regierung Jackſon m ) von dem 2438ten Jahre vor der chriſtlichen Jahrred ). nung anfängt, einen wiederkehrenden Zeitfreis von 60 Jahren eingeführt habe , und ben den Chineſern ein Wendejahr , oder Gleichjahr, worinn man den An .

fang des Früßlings auf den 15ten Grad des Waſſers mannes, den Anfang des Sommers auf den isten Grad des Stieres und ſo weiter den Anfang der

übrigen Jahrszeiten in gleicher Weite von einander, feste, im Gebrauche geweſen ſey. Es wird auch aus

den chineſiſchen Jahrbüchern ein merkwürdiges Bers ſpiel von der ungemeinen Richtigkeit der ſternfundfa

gen Beobachtungen in China angeführt: indem aus ihrem å teſten und glaubwürdigen Buche & u stiin

die Nachricht gegeben wird n ), der Kaiſer Bau, der 2.92

im

h ) Hift. Chin. vol. III. (8) p. 82. i) Hyde hift. relig. vet. Perfar. C. 18. k) Hyde 1.c. C. 18. p. 221 [99. 1) Monarch. Sin, tabul. chronolog. p. 2,

m) Chronologiſche Alterthümer, Th. II, S. 361, und 642.

D ) Couples loc. . 3:

312

Die zwote Abtheilung,

im ein und vierzigſten Jahre des erſten und eben ge

meldeten Zeitkreiſes von 60 Jahren ſeine Regierung 1

angetreten haben ſoll, habe befohlen, da er das Mond. jahr zu verbeſſern und durch Einſchaltungen mit dem Sonnenjahre zu vergleichen beſchloſſen hätte, daß man

die zwölf Mondenmonate, wovon bieher ein jeder 30 Lage gehabt, in Zukunft wechſelsweiſe zu 30 und 29 Tagen rechnen ſollte ; biernách ſi habe er, mit dem Bey . ftande des si und so, gweener geſchickten Sternkün. diger, das Mondjahr und das Sonnenjahr von 365 Ta. gen, vermittelſt 7 Schaltmonate in 19 Jahren, zur Rich.

tigkeit gebracht. Alles dieß þat Herr Jackſon felo ber', 'wiewohl zerſtreuet , angemerkt o ). Wie kann aber damit, ſonderlich mit dem Altet und der gerühm.

ten Richtigkeit chineſiſcher Beobachtungen das Jahr von 360 Tagen , das er vorher wiederum zu ihrem ál teſten Jahre madhen will P ), beſtehen ? Es iſt bloß aus dem falſchen Grunde, daß dieß überhaupt das ål.

teſte Jahr fer), angenommen . Kann es einen Plak behaupten : ſo muß es ihn nicht in den älteſten , ſon

dern einigen frühern und zerrůtteten Zeiten haben. Jedoch leiden die erzählten Bemühungen der chineſie

ſchen Kaiſer nidit , daß man ihm einen langen Ger brauch einräume. In neuern Zeiten haben die Chis neſer ihr Jahr bey der Zuſammenkunft des Mondes mit der Sonne, oder mit dem nächſten Neumonde

bey dem isten Grade des Waſſermannes angefangen, Mondenmonate von 29 und 30 Tagen , wechſelsweiſe, gebraucht, und alle fünf Jahre eingeſchaltet 9 ): wore inn

o) Am angeführten Orte, S. 361, 397,408. p) Uun angeführten Orte, S. 357. 9) Man ſebe die Deſcription geographique, hiſtoriq.

chronologiq. polit. et phyſ. de l'empire de la Chine et de la Tartarie Chinoiſe par lc P. J. B. ( Jean Baptiſte ) du Halde in IV. vol. à la Haye 1736, vol. III, p. 344-348 .

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

613

inn die von den Påbſten zur Bekehrung der Völker

ausgeſchickte Geiſtlichen eine Verbeſſerung zu machen geſucht haben. Wie aber im ganzen Morgenlande die Wiſſenſchaften, welche anfangs daſelbit blúheten, mit der Zeit in Verfall gerathen find : alſo iſt es auch

in China geſchehen ; und muß man deswegen von

den neuern und mittlern Zeiten nicht auf die alter ſchliefian Weil Medien und Perſien voralters ein Stück des aſſyriſchen Reiches waren, und ſich daher des al.

ten chaldáiſchen oder babyloniſchen Jahres bedienten : ſo hålt Herr Jackſon r) ſich für berechtigt, die Folge

zu ziehn, daß die alten Meder und Perſer zuerſt ein Mondſonnenjahr von 360 Tagen gehabt haben. 21. lein der Schluß iſt richtiger auf das Gegentheil zu machen . Die alten Chaldaer und Babylonier

1

Hatten anfangs kein Jahr von 360 Tagen : alſo die 1

Meder und Perſer auch nicht.

Was die 360 Ablei.

tungsgraben, die Cyrus, als er wider Babylon zog, von dem Fluffe Gyndes führen ließ, ihn zum Durch waden bequem zu machen, mit dem Jahre der Perſer

zu thun haben ſollen, das kann ich nicht einſehn. Ses rodor s), der dieß erzählt , ſagt nichts davon : ſon dern meldet vielmehr, daß Cyrus zu benden Seiten des Fluſſes, an jeder 180 ſolcher Ableitungen , ſonder

Zweifel deswegen, weil es nach der ( ånge des Fluſſes genug war, abmeſien ließ. Uber, was Diodor von Sicilien t), Plutarch) u ), und Turtius x) von den

360 Benſchläferinnen des perſiſchen Königes berich .

ten, das muß wohl etwas mehr gelten : da Diodor 2.9 3

1) Am angeführten Orte S. 373. s) Lib. I. C. 189, 190. p. 78.

t) Bibl. Lib. XVII. p. 550. u) Plutarch , in vita Artaxerx. p. 1025. x) Lib. III.C. 8.

hinzu.

1

614

Die zwoote Abtheilung ,

Hinzuſeßt, daß işrer gerade ſo viele, als Tage im Jah. re, waren, und ſo wohl aus dem Buche Eſther y) als aus dem Serodot 2) bekannt iſt , daß diefelben nach der Reihe des Abends zu dem Könige gingen , und des Morgens ſich wieder wegbegaben. Jd will nicht darauf beſtehn , daß Diodor dieß nach ſeinen Gedanken von dem perſiſchen Jahre , weil es einmal

nur zu ſo vielen Tagen gerechnet ſenn mag, geſagt ha. ben könnte : es wird ſich die bald von ſelbſt auftlås ren ; und alles, was ſich daraus ſchließen låßt, da es

nur ſo beyläufig geſagt wird, iſt nichts mehr, als was ich ſchon zugegeben habe; es mogen wohl Zeiten ge weſen ſeyn, die älteſten aber find es gewiß nicht gewes fen, da das perſiſche Jahr feine vollkommnere Ein.

riditung hatte. Daß es die ålteſten Zeiten nicht gee wefen ſind, das erHelle aus den im Vorhergehenden

bengebrachten Gründen : und da kein einziger Schrifte ſteller das Gegentheil ſagt, ſondern alle entweder von

(påtern Zeiten reden, oder zu jung ſind, und durch ål: tere Zeugniſſe widerlegt werden ; ſo müſſen diefe Gründe in ihrer Kraft bleiben. Es iſt auch fchwer

zu gedenken, daß ein ſolches Jahr jemals lange Bea

ſtand gehabt habe: die Unordnungen , welche daraus gar bald in den Jahrszeiten entſtehen , haben einem jeden Volke in kurzem die Augen öffnen und ſie zu ei. ner Verbeſſerung antreiben müſſen . Deswegen fekt aud, Thom. Syde a) , nachdem er zu zeigen geſucht hatte, das alte Jahr der Perſer fen ein Mondſonnen .

jahr von 360 Tagen geweſen , hinzu , daß ſie , da bes funden worden ſey , es múſie das Sonnenjahr 5 Tage långer ſeyn, ſo viele Tage an den lebten Monat ange.

hängt haben. Kann es wohl lange gewährt haben, ере y) Elh. II. 12-15.

z ) Lib . III, C. 69. p. 190.

a) Hift. relig. vet. Perfär. C. XV, XIX, XX .

hiſtoriſche Zeitrechnung.

615

ehe man dieß befand ? Für das große Alter eines fo

unvollkommnen Jahres aber kann er nicht Gewähr leiſten : ſondern alles, was man får bewieſen anſehen

mag, kommt darauf hinaus, daß das unvollkommne Jahr nicht eben zu den neuern Zeiten vor Chriſti Gea burt gehöre ; und ſo kann es wohl alt , aber nicht das

alteſte bey den Perfern Geißen. Die Nachricht, wela che er b) aus einem perſiſchen Schriftſteller Mahs

mud Chah Cholgi mittheilt, ſchickt ſich hierzu voli. kommen gut. Die perſiſche Fahrrechnung,

heißt es, war anfangs nicht von Brüchen und Pinſchaltungen frey : ſondern man ſchaltete alle 120 Jahre einen Monat ein ; indem man nåmlich einen zweymal zählte; und hängte fünf

verſtohlne Tage zu Ende des eingeſchaltetenz Monates an. Ein folder Schaltmonar aber war nicht gewiß beſtimmt: fondern man fchaltete die Monate nach der Reihe , oder von einem Monate zum andern ein , bis die

Reihe des Linſtaltung an alle zwölf Mo, nate gekommen war , welches in 1440 Jah, ren geſchahe; und dieſer Zeitraum ward dees wegen der Zeitkreis der Einſchaltung ges nannt. Der Anfang dieſer Jahrredinung

fiel in die Zeit des Gieinshid, und ſie blieb bis an Jezdegerds Regierung. Der große Schalt kreis von 1440 Jahren, deſſen hier gedacht wird, iſt

der Sal Chodai der Perfer, das Jahr Gottes, oder das große Sonnenjahr, wobey Scaliger ſo wie ben ihrem Peuruz,durch eine beſtåndige Äendes rung ſeiner Gedanken vicle Verwirrung gemacht þat c). Ich überlaſſe denen, welchen daran gelegen iſt, ihn 29.4

davon

b) L.c. p. 205. >

c) De emend. temp. Lib. III. p. 206 [99. Lib. IV. p. 39 %. fqq. Ifag. Canon. Lib . III. p. 247 (99

616

Die zirote Abtheilung,

davon ſelbſt, und die Verbeſſerungen bey dem Des tav d), zu leſen. Es erhellt aber aus dem eben alle geführten Berichte, daß die Perſer ſchon vor ihreni großen Reiche gewußt haben , das Jahr beſtehe aus

365 Tagen und einem Viertel: indem Giemshid, der Staathalter von Perſien war, von dem erſten mes diſden Könige , Dejoces , getödtet wurde. Nun wird zugleich gemeldet, daß die beſchriebne Jahrrech. nung zu dieſes Staathalters Zeiten ihren Anfang gee nommen, und bis auf Jezdegerds Regierung, nach welcher im 6zaten Jahre Chriſti, wie oben in deç

I. Abth. gezeigt iſt, die jezdegerdiſche Jahrredi. nung auffam , gedauert habe. Es kann alſo zu der

Zeit des perfiſchen Königs Darius , wovon Diodor in der vorher angeführten Stelle redet, kein Jahr von 360 Tagen ben den Perſern geweſen feyu , das beſtåt rigt auch Curtius B. III : indem er erzählt , daß den

perſiſchen Weiſen 365 Rnaben , in gleicher Ans zahl mit den Tagen des Jahres, folgten. Dem. nach muß er entweder aus ſeinein Kopfe bluß deswe, gen, weil einmal auf eine kurze Zeit ein ſo unvolla

kommnes Jaur gegolten haben mag, dem perſiſchen Jahre nur ſo viele Tage bengelegt; oder die s Zuſak. tage, welche ben verſchiednen Völkern durch manchers

len Feverlichkeiten, auch aus Aberglauben , von den

übrigen 360 Tagen unterſchieden wurden e), als ſolche, die nicht geredynet werden dürften , angeſehn haben : das lebtre iſt das wahrſcheinlichſte , und benimmt zu . gleich allen Beweiſen , die von der Zahl 360 bey geo

wiſſen Anordnungen nach der Länge des Jahres herges nominen

d) De doctr, temp, Lib. III. C. 3 ſqq p. 256 ſqq. e) Das iſt bey den Merikanern noch übrig geblieben. Man ſebe des Antonio de Solis Geſchichte von Meriko 31. I. C. 17. und Bircher Oedip. aegypt. Tom. II. P. II. p. 29, 30, wo es aus dem Acofta erzáble wird.

Hiſicriſche Zeitrechnung. Roininen werden , ihre Kraft.

617

Wenn man nun am

Ende alles zuſammenfaſſen will: ſo iſt aus den ange. führten Gründen und Nachrichten klar, daß den ålte.

ſten Perſern ein richtiges Sonnenjahr überliefert ge.

wefen iſt; daß ſie vielleicht, wo es jemals in der That walr geweſen iſt, vor dem erſten Könige der Meder, Dejoces , einmal auf eine kurze Zeit ein Jahr von 360 Tagen gebraucht, darauf aber ſchon vor eben der Zeit des Dejoces nicht nur die Långe deſſelben auf 365 Tagen gefekt, fordern auch den Vierteltag eingeſchaltet haven ; und daß es hierben beſtåndig, bis auf den Ur.

ſprung der jezdegerdiſden Jahrrechnung, die ich in der I Abri). hinlänglich erklärthabe, geblieben iſt, Die übrigen morgenländiſchen Völker , als die

Indianer , Araber , Phönizier u . P. we ſtunden allezeit mit einem oder dem andern von denen , von welchen bisher geredet iſt , in Verbindung 31t es

daher nid )t natürlich, daß, wo dasrechte Jahr ben ih, nen in Vergeſſenheit gerathen war , fie von dieſen auf

beſſere Wege geführt wurden ? Diejenigen unter ih. nen , weldie ihr Alter weit kinaus leiten können, müſſen nothwendig anfangs von ihren Stammvåtern die

wahre Beſchaffenheit des Jahres überliefert befcmmen baben . Man ſieht leicht ein, wie weit die im vorher. gehenden wider das Ulterthum eines abgekürzten Son . nenjahres bengebrachten Beweiſe auf ſie angewandt werden können. Von den Indianern findet man inzwiſchen eine Nachricht bey dem Turtius f) , die dem unvollkommnen Jahre , dem erſten Anſehn nach,

günſtig zu feyn ſcheint. „ Sie theilen die Monate, ſagt er , in funfzehn Tage ein : ſie beobachten den vollen Zeitraum des Jahres. Nach dem Laufe des Mondes unterſcheiden ſie die Zeiten nicht , wie die meiſten,

wann das Geſtirne ſeinen Lauftreis vollendet hat ; fone 2.9 5 f) Lib . VIII . C. 31 .

dern

618 Die zivote Abtheilung, 1 dern wann es gehörnt zu werden anfängt: und daher haben diejenigen kürzere Monate , die den Zeitraum berfelben nach dieſerMondweiſe einrichten . , Nach bieſer Erzählung müſſen ſie damals 24 Monate gehabe haben. Ein neuerer Schriftſteller g) hingegen ſchreibt ihnen ein Sonnenjahr von 12 Monaten und 360 Tas

gen zu. Uus des Curtius Zeugniſſe, daß ſie den vollen Zeitraum des Jahres beobachteten, ſollte man inzwiſchen , bey genauerer Ueberlegung, wohl auf die Gedanken gebracht werden, daß ſie, da zu der Zeit, wovon er redet, nach aller Geſtändniſſe, das Jahr von 365 Tagen eine allenthalben bekannte Sache war, dar

mals nicht eben das abgekürzte Jahr gebraucht hätten. Dieſe Vorſtellung wird durch eine andre beſtårkt. Es

wardie länge eines jeden Monates von 30 Tagen, und bie Långe des Jahres von 12 Monaten , die älteſte 26

theilung. Da nun dieſe zwölf Monate gerade 360

Lage machten ; und die 5 Zuſaktage eine Ergånzung bavon waren ; ſo iſt nichts wahrſcheinlicher ,als daß man gemeiniglich, wenn man von der Långe des Jah. res repete, die Zuſaktage, als einen bloßen und überall

bekannten Anhang von den 12 gleichen Monaten, weg. ließ, und nur die 360 Tage, zum Zeichen eines Sons nenjahres von 365 Tagen , nannte ; ro rie wir das

1

Sonnenjahr nur allemal durch 365 Tage anzugeben pflegen, weil der Ueberſchuß von beynahe einem Vier. teltage ohne das bekannt genug iſt. Dieß halte ich

für die wahre Quelle aller Erzählungen von einem abs gekürzten Sonnenjahre; denn es iſt allzu unbrauchbar, als daß man ihm inter irgend einem nur måßig geſit: teten Volfe einen Plaß einräumen könnte. Wem

dieß nicht gefällt, dem kann doch nichts mehr zugee ſtanden werden, als was ich oben zugegeben habe, um

nicht alle Zeugniſſe zu verwerfen . Bey den ålteſten Phönis 8 ) Alexander ab Alexandro, gen. dier, Lib. III. C. 24.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

619

phöniziern verliert der vermeinte Gebrauch des unvollkominnen Sonnenjahres alle Wahrſcheinlichkeit, durch die von den Alten gepriesnen Beobachtungen

des Uranus , der nicht lange nach der Zerſtreuung des von Noah abgeſtammten Haufens der Völker in Phönizien lebte. Mit ſternkundigen Wahrneha

mungen läßt ſich ein Jahr von 360 Tagen nicht raus

inen : ſie mögen auch fo unvollkommen ſeyn , als ſie wollen,

5. IO.

Keinem Volke kann man mit wenigerem Grunda ein Jahrvon 360 Tagen benlegen, als den Aegyptern.

Dennoch Jat man es ihnen vornehmlich aufgedrungen, und ihnen auch die Fortpflanzung deſſelben mehr , als. einem andern Volfe, aufgebürdet. Es ſind bloß fala fáze Deutungen einiger Nachrichten von alten Schrifto ſtellern , oder ungültige Zeugniſſe aus ſpåtern Zeiten,

die man für dieſe irrige Meinung anzuführen hat. Wenn man gleich nicht einräumt, weil man es nicht. Urſache hat , daß die Legypter ihr Alter über den Ur.

ſprung aller andern Volfer hinaus ſegen dürfen : ſo muß man doch geſtehn, daß ſie eines der älteſten ſind ; indem die bibliſche Geſchichte ihnen dafür das Wort redet. Wie ſollte es denn zugegangen ſeyn , daß die richtige Erkenntniß von der Beſchaffenheit des Jahres, die unter Noahs Nadıkommen gewiß bewahrt ward , an ſie nicht gekommen wåre ? Alles, mas man , als eine Folge des Verfalls von dem wahren Gottesdienſte unter ihnen zugeben kann, ſchránkt ſich darauf ein, daß ber wahre Ueberſchuß des Sonnenjahres über 365 Tas ge ben ihnen auf eine Zeitlang in Vergeſſenheit geras then ſeyn mag : gleidwie dieß auch bey andern Vol. fern geſchehen iſt. Sonſt aber nöthigte ſie die jährli.

che Ueberſchwemmung ihres Landes durch den Nil, wovon die Fruchtbarkeit deſſelben , und mit dieſer ihr ganzer

620 Die zwote Abtheilung, ganzer Wohlſtand abhing, ſich auf ſternfundige Beob . achtungen zu legen, damit ſie die gewöhnliche Zeit dazů wiſſen , und ſich in allen ihren Arbeiten , die vor oder

nach der Ueberſchwemmung nöthig waren , darnach richten könnten . Die Lage und Gegend ihres Landes fam ihnen dabey nicht weniger zu Statten , und bot

ihnen dazu die Bequemlichkeit dar. Jedoch die Haupt. rache iſt der Beweis , daß ſie wirklich ſternfundige Beobachtungen anzuſtellen įm Stande geweſen ſind,

und ſie auch in der That angeſtellt haben. Und dieß läßt ſich aus den alten Nachrichten unleugbar darthun. Wozu rollte der große und goldne Sonnenring des

Oſymandyas, den Diodor von Sicilien h ) bes ſchreibt, anders gedient haben ? Er hatte 365 Ellen im

Umkreiſe, und war eine Elle breit. Es waren darauf die Tage des Jahres nach ihrer Anzahl beſchrieben , und bey einem jeden Tage der Aufgang und Untergang der Sterne , und die darauf gegründeten Wahrneh.

mungen nach der Sternkunde bemerkt. Man darf ſich die außerordentliche Größe und Koſtbarkeit dieſes

Ringes nicht befremden laſſen : die Könige und Bes herrſcher der Lånder wandten damals , wie man in der Geſchichte håufig bemerkt , erſtaunliche Koſten auf die Beförderung der Wiſſenſchaften, zum Wohl ihres Ges' bietes , an ; und noch in ſpåtern Zeiten gebrauchte Illugh Beg zu ſeinen Beobachtungen einen Qua. dranten, deſſen Valber Durchmeſſer oder Radius 180

Fuß betrug; das meldet Joh. Grav i ) , der es auf ſeinen Reiſen erfahren hatte. Uud) kat Diodor von Sicilien einen guten Gewährsmann für ſich : indem

er es aus dem alten Geſchichtſchreiber Sekaraus er . zählt. Ein ſo koſtbarer Stoff, wie das Gold iſt, war nicht b) Bibl. L. I. p. 46 .

i) In der Vorrede zu den geographiſchen Tafeln des XIABir kodin und Ulugh Begs.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

621

nicht ohne gute Urſache gewählt: denn ein ſolches Werkzeug muß in frener {uft ohne merkliche Veränder rung gebraucht werden können ; und das Gold leidet

in derſelben die wenigſte Veränderung Wozu ſollte es aber nach der Zahl der 365 Tage des Jahres abge. theilt gerdeſen ſeyn : wenn es nicht zu dem Ende gee

ſchehen wäre , den Ueberſchuß des Sonnenjahres über die ganzen Tage nach dem Unterſchiede der 360 Grabe

des Thierkreiſes und der 365 Tage, welche die Sonne durch ihren Umlauf im Thierkreiſe macht, deſto geo nauer zu beſtimmen ? Daß es zu ſternkundigen Be.

obachtungen gebraucht worden ſey, das lehrt die ganze Beſchreibung, und ins befondre der Umſtand, daß fole

che Wahrnehmungen darauf angezeichnet waren. Es

iſt demnach für eine gewiſſe Folge daraus anzuneh.

men , daß die Legnpter ſchon damals wußten , nicht nur daß ein Sonnenjahr aus 365 Tagen beſianu , fon. dern auch daß es über die ganzen Tage noch einen Ueberſchuß haben mußte. Dieß führt uns noch weis ter. Ein folches Werkzeug hätte weder angegeben noch genußt werden können, wenn ſie nicht ſchon geübt

geweſen wären , die Sonnenwenden zu beobachten. Deswegen müſſen nothwendig nod) weit åltere Bes obachtungen derſelben vorhergegangen fenn. Davon hat uns auch Plinius k) in der That eine merkwüra dige Nachricht aufbehalten. Sie hatten an der mita tågigen Grånge ihres Reiches eine Stadt, Namens Syene. Hier nahmen ſie wahr , daß um die Mice tagszeit die Dinge keinen Schatten warfen. Sie ( diloſſen billig daraus, daß zu derſelben Zeit die Sonne gerade über ihrer Scheitel wegſtriche und folglich ihre Wende berührte. Um nun dieſen Augenblick genauer zu beſtimmen; gruben ſie einen ſenkrechten Brunnen,

und gaben Acht, wann der Grund deſſelben von dem Sonnens

k ) Hift, nat. Lib, II, C. 75.

622

Die zivote Abtheilung,

Sonnenſtrable erleuchtet würde : eben die Zeit war auch diejenige , da die Sonne zu Syene am Góchſtent im ganzen Jahre ſtand. Zwiſchen zwoen ſolcher Wahr: nehmungen mußte allemal ein ganzes Sonnenjahr verſtrichen reun : und konnte das wohl jeniuls 360 Lage zeigen ? Die natürliche Einfalt dieſer Art zu be. obachten ſo wohl , als der Ort , wo ſie geſchahe, fino

Beweiſe von dem Alterthume der Sternwiſſenſchaft unter den Aegyptern : jene lehrt offenbar, daß ſie alter fer, als alles andre Beobachtungsgeråthe; dieſer, als eine Stadt in Oberägypten , welches nach der heiligen Schrift und den weltlichen Geſchichtſchreibern der Une

fang des ágyptiſchen Reidjes geweſen iſt, leitet uns auf die Gedanken , daß die Bequemlichkeit der Lage

dieſes Ortes zu ſternkundigen Beobachtungen den ålte

ften Uggyptern zur Ermunterung dazu gedient haben werde. Wo bleibt hier das unſchickliche Jahr von 360 Tagen : ein Jahr, das in der ganzen Natur feia nen Grund weiter hat , als daß es die mittlere Zahl

zwiſchen dem Mondjahre von 354 , und dem Sonnen . jahre von 365 Tagen iſt ; das weder mit dem {aufe der Sonne, noch des Mondes, noch irgend eines an: dern Himmelskörpers, übereinkommt; das den Vera änderungen auf der Erdkugel nach den verſchiednen

Jahrszeiten zuwider låuft; und das auch ſonſt nicht die geringſte Bequemlichkeit, warum man es anneh. men möchte, mit ſich führt? Kann es ben einem Voli

ke, das ſich von den älteſten Zeiten her auf ſternfundi. ge Wahrnehmungen gelegt hat, wohi Plas finden ? Es fehlt auch ſo gar nicht an Gründen, woraus zu ſchließen iſt, daß ſie den Ueberſchuß des Sonnenjahres

über 365 Tage bereits in den älteſten Zeiten forgfältig geſucht und ihn eben nicht fehr ſchlecht gefunden hat ben. Was man aus dem Rathfel ben dem Plus

tard 1 ) Herleiten möchte, das iſt entweder nicht viel, ober

1) De Ilid, et Ofir. p . 355.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

623

dber einigem Zweifel unterworfen. Es heißt darinn, ,, die Bonne habe die Rhea verwünſcht, daß ſie weder in einem Monate noch in einem Jahre hätte gebåren fönnen : Merkur Habe hierauf mit dem Monde geſpies let, auch gewonnen , und den fiebzigſten Theil von jea

dem Tage genommen , daraus habe er 5 Tage ger macht und fie dem Jahre von 360 Tagen hinzugefekt, und an dieſen Tagen habe hernach Rhea ihre fünf Kinder gebohren. ,, Diodor von Sicilien in ) nennt

diefelben Oſiris , Iſis , Typhon , Apollo und Venus. Man hat keine Urſache, mit dem Scaliger , in der Stelle des Plutarchs die gewöhnliche Sesart zu verán

dern, und den zwey und ſiebzigſten Theil ſtatt des ſiebzigſten zu regen : denn es dúrfen ja nicht eben gerade 5 Eage herauskommen , da das Sonnenjahr doch långer iſt. Wenn man aber 360 durch 70 theilt

To findet man 5 Tage, 3 Stunden, 25 Minuten, 54 Sekunden u. f. m. Dieß thut dem Rathfel Gea nůge. Jedoch, auf dieſe Weiſe würde daraus nichts mehr folgen , als daß ſchon zu des Oſiris Zeiten das

Sonnenjahr ben den Aegyptern 365 Tage und etwas mehr gehabt habe. Allein es wird in dem Råthfel ausdrücklich geſagt, der Zuſak fen dem Monde abgea wonnen.

Sollte man daraus nicht urtheilen , daß

von ſo vielen Mondzeiten, als einem Sonnenjahre von

365 Tagen nahe kommen, der fiebzigſte Theil für den nöthigen Zuſaş genommen werden müſſe? Wenn nun die Legypter damals ihre Beobachtungen nur nach

Hålften, Dritteln und Bierteln eines Tages beſtimm . ten ; welches gewiß keine fo große Erkenntniß iſt, daß man ſie ihnen nicht zugeſtehn dürfte: ſo mußten ſie einen Mondenmonat auf 29 und Tag reken. Es war keicht einzuſehn, daß dreyzehn ſolcher Monate für einen Umlauf der Sonne zu groß waren : da er hin . gegen m ) Bibl. Lib .I. p. 13.

624

Die zivote Abtheilung,

gegen ziemlich nahe zum Vollmonde des Drenzehnten Monates trifft. Hiedurch fanden ſie 3695 Tag. Theilt man dieſe Zahl mit 70 : ſo bekommt man die

5 Tage, die den 360 Tagen hinzuzuſeken waren , und es bleiben noch 194 librig. Dieſer Ueberreſt macht 362 Stunden aus : und wenn man dieſe wieder durch 70

theilt ; ſo geben ſie 5 Stunden und z . Alſo bea kommt das ganze Sonnenjahr, nachdem die zuerſt gee

fundnen 5 Tage hinzugeſekt ſind, 365 Tage, 5 Stung den und bennahe 10 Minuten.

Dieß ift die Er.

klärung, welche Herr Beer n ) von dieſem Kathfel ge. geben hat. Sie iſt in der That nicht bloß willfúr. lich oder eine bloße Muthmaßung : denn ſie hat den Qusdrücklich gemeldeten Umſtand in dem Råthfel, daß dem Monde der Zuſak abgewonnen war, für ſid). In

zwiſchen ſagt Plutard, auch eben ſo ausdrücklich, daß der gefundne zote Theil nur 5 Tage betragen habe. Daher ſcheint es zweifelhaft zu bleiben , ob dieſe Ers klárung die wahre ſen. Gleidwohl iſt es gart, in der

råthſelhaften Erzählung einen Widerſpruch anzuneh. Sollte fein Mittel ſeyn, ſie davon zu befreyen ? Nach Beers Erklärung findet man wirklich auch nur 5 ganze Tage, wenn man die übrigen für den Lieber, ſchuß an Stunden und kleinern Theilen rechnet und ſie deswegen: wiederum durch zo theilt : und nach der. ſonſt gewehnlichen Erklärung kommt doch auch ein Ueberſchuß von 3 Stunden 2c. , wie oben angezeigt iſt, heraus. Deswegen bat man lirfache zu glauben, es werde in dem Kåthfel bloß sie Unzall der ganzen men .

Tage genannt, und der Ueberſchuß, der ſid, von ſelbſt

ergeben muß, einem jeden zu finden überlaſſen. Nichis iſt der gemeiniglic) bey Råthſeln geſuchten Dunkelheit gemäßer. Jedoch eben dieſe Beſchaffengeit derſelben bewege n) In den Abhandlungen zur Erläut. der alten Ge: fchichte x . die 1752 herausgekommen ſind, S. 61, 62.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

625

bewegt mich , nicht viel darauf zu bauen. Es iſt gee

nug, wenn man dii Erzählung des Plutarchs gelten laſſen will, daß die Ráthfel dem abgekürzten Sonnena jahre nicht im geringſten giinftig iſt , ſondern beweiſt, daß die Zegypter fchon zu des Oſiris Zeiten ein Jahr von 365 Tagen und einem kleinen Ueberſchuſſe, nach der gewöhnlichen Erklärung, gehabt haben : ob man gleich dabey zugeben muß, daß unter ihnen vor derfele

ben Zeit ein Jahr von 360 Tagen gebraucht ſey ; wela des doch nicht ſehr wahrfd ;einlich iſt. Eine nåbere Entſcheidung giebt die Antwort, welche Plato o) von den ågyptiſchen Prieſtern bey ſeinem Aufenthalte in

ihrem Lande bekam . Sie iſt zwar auch våthſelhaft: aber nicht ſo dunkel. Die Prieſter ſagten ihn, wenn

das Sonnenjahr feine gehörige Långe haben ſollte,

mußte man einige Theile vom Lage und von der Nacht nehmen und ſolche zu den 365 Tagen des bůr. gerlichen Jahres hinzufeßen. Zu des plato Zeit war der Ueberſchuß von 6 Stunden ſchon eine bekannte

Sache: denn jedermann wußte , daß das búrgerliche Jahr der Aegypter alle vier Jahre um einen Tag zue 1

růckvich ; woraus man ohne viel Nachdenken ſehen

1

zu kurz war.

1

gehrt habe, als , wie viel man den ſechs Stunden abs

konnte, daß es um ſechs Stunden, oder beynahe ſoviel, Man fann alſo nicht glauben , daß

Plato mit ſeiner Frage etwas anders zu wiſſen bes nehmen oder zuſegen mußte , die wahre lange des Sonnenjahres zu bekommen : und die Antwort muß dieſer Frage gemäß ſein. Die rechs Stunden find dem Tage und der Nacht gemein. Endigen ſie ſich 6

im erſten Jahre mit dem Mittage : fo reiden fie im zweyten bis an den Abend ; im dritten bis an Mitters

nacht; und im vierten bis an den Morgen. Sie find demnady Theile des Tages und der Nacht: auch in geinis o) Plutarch . de Ifide et Osir. p. 354.

1. Theil.

RE

626

Die zwote Abtheilung,

gewiſſem Verſtande Tag und Nacht ſelbſt. D6 nurt

gleich die Stunden des Tages und der Nacht ben den Hegyptern ungleich waren ; indem ſie ſo wohl den Tag als die Nacht in zwölf Stunden theilten : fo wird doch die Kürze der einen durch die Långe der andern , wenn man von beyderlen Art gleich viele nimmt, erfekt; und es iſt alsdann eben ſo gut, als ob man ſo viele Stun.

den von gleicher Größe angenommen håtte. Man muß daher die ſechs Stunden , welche den Ueberſchuß des Sonnenjahres über ganze Tage ohngefähr aus. machten, für gleich groß anfehn , und von einer jeden gleich viel abziehn , damit man nach der ågyptiſdjen Prieſter Meinung der wahren Ueberſchuß des Jahres

an Stunden und kleinern Zeittheilen bekomme. Aber wie viel ſoll man von einer jeden dieſer ſechs Stunden

abziehn ? Das muß in den Worten der Prieſter eben falls beſtimmt feyn. Tag und Nacht haben nach der ágyptiſchen Eintheilung ſo, wie bey uns, 24 Stunden. Wenn man alſo von einer jeden der ſechs Stunden des Ueberſchuſſes den 24ten Theil abzieht : ro ninim man wirklich einige Theile vom Tage und der Nacht weg ; weil dieſelben Stunden , wie vorher gezeigt iſt, fo.wohl zum Tage,als zur Nacht gehören . Der 24te Theil von einer Stunde beträgt 2 Minuten und 30

Secunden : und dieſe, nach der Zahl der überſchüßi. gen 6 Stunden ſechsmal genommen , geben den gan . zen Abzug von 15 Minuten. Nimmt man dieſe 15 Minuten wirklich den 6 Stunden ab : fo zeigt der Ueberreſt von 5 Stunden und 45 Minuten, daß nach der ágyptiſchen Prieſter Meinung das Sonnen.

jahr ſo viel mehr über dic 365 vollen Tage betrug p), Hieraus erhellt, daß die Aegypter zu Platons Zeit die wahre ( ånge des Sonnenjahres, wie ſie durch die neuern Beobachtungen gefunden, und auf 49 Minu, ten

Man ſebe Beefen am angef. Drte. S. 63 fog.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

627

ten über 5 Stunden, zum Leberſchuſſe über die gan jen Tage, gerechnet iſt, nur um 4 Minuten verfehl. ten . Dieß fegt eine lange Reihe von vorhergegange

men Beobachtungen voraus. Nun hatten ſie wenige ſtens ſchon zu des Oſiris Zeit ein Jahr von 365 Tae gen und einen fieinen Ueberſchuß ; wenn man dem

Ráthſel von der Rhea einige Gültigkeit zum Beweiſe einräumen will: ja , wo man der weit wahrſcheinlia chern Erklärung des Herrn Beers den Vorzug gönnt, hielten ſie dieſen Ueberſchuß bereits für 5 Stunden

und 10 Minuten. Aber in feinem von beyden Fål len qat man Recht, deswegen anzunehmen , daß fie nicht ſchon damals gewußt haben ſollten , és betrage der Ueberſchuß ohngefähr einen Vierteltag; dieß muß. te einem Volke , welches ſich von den älteſten Zeiten

ber auf ſternkundige Beobachtungen gelegt hatte, und in einem Dazu beſonders bequemen Sande wohnte,

långſt in die Zugen gefallen ſeyn : die råthſelhaften Erzählungen von der Rhea , und von der Antwort, die Plaro bekam, zeigen nur den Ausſchlag ihrer Bes mühungen zu denſelben Zeiten, durch ſternkundige Bea obachtungen auszumachen, wie viel dieſer lleberſchuß eis gentlich betrůge.

Wo iſt der Beweis ? wird man

fragen. Ich muß ihn geben . Die ausdrücklichen Worte guter Geſchichtſchreiber müſſen gewiß mehr gelten , als råthfelbafre Erzählung. Diodor don

Sicilien q) fagt deutlich, die alten Thebåer, die ſich für das älteſte Volt und die Erfinder der Wiljenſchafa ten ausgaben, Kåtten zu ibren 12 Monaten von 30 Tas gen 5 Tage, und einen Vierteltag hinzugefekt. Wara ym will man ihn , da er von den älteſten Zeiten redet, mit Fleiß verdrehen und ſeine Nachrichten auf ſpåtere

Zeiten deuten ? Eben ſo, klar meldet Strabo r) von Rr 2

q) Lib. I. p.45. I ) Geogr. Lib . XVII. p. 1171,

ihnen ,

Die zwote Abtheilung, 628 ihnen , daß ſie nicht allein die 5 Tage jährlich hinzufes. ten , ſondern auch zur Ergånzung des Jahres durch den überlaufenden Theil eines Tages einen wiederkeh. renden Zeitkreis von ganzen Tagen und Jahren , in welchen die überſchüßigen Theile einen Tag ausmach. ten, zuſammennahmen und folglich dieſe überſchüßigen

Theile des Jahres über 365 Tage einſchalteten. Was hat man für Recht, wider das gültige Anſehn der ge

meinen Lesart, wie Jackſon s) chun will, ein Jahr, an ſtatt einen Tag, zu leſen, und dadurch in ſeine Erzählung einen wiederkehrenden Zeitkreis von ganzen Tagen und Fahren, in weichen die überſchüßigen Theile

ein Jahr ausmachten, hineinzutragen ? Was für Recht, einen Zeitfreis von 1460 Tagen, der unter den Hegyptern erſt in ſpåtern Tagen aufgekommen iſt , in

die alten Zeiten einzuſchieben ? Der Grund ; daß Strabo ſonſt von einem vierjährigen Kreiſe zur Ein. ſchaltung des überſchüßigen Theiles vom Tage geredet haben müßte, und daß dieß nicht fenn fónne, weil die

Hegypter den Vierteltag niemals eingeſchaltet båtten, kann nicht beſtehn.

Es folgt nicht , daß , weil ſie in

den abergläubiſchen Zeiten alle Einſchaltungen verbo. ten , ſie auch in den älteſten nicht eingefdhaltet haben follten.

Man kann nicht beweiſen, daß der abergläu.

biſche Gözendienſt der Aegypter bis in die älteſten Zei. ten reiche: wie ſehr oft von den Gelehrten wider

Spencern erinnert iſt. Geminus t) aber redet augenſcheinlich von den abergläubiſchen Zeiten , wenn er berichtet, daß die Wegypter nichts einſchalteten : denn

er ſagt, es geſchahe deswegen nicht, weil ſie Gaben wollten, s) Am angef. Orte S. 404. t) Element. Aſtronom . C. VI., in Dion, Petanii Vrano

logia f. ſyſtem . varior, auctor. qui de ſphaera ac fideribus eorumque motibus Graece commentati ſunt. Lut, Pariſ,

1630. ( fol.) P. 33.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

629

wollten, daß die Opfer, welche man den Göttern bråch.

te, nicht in einerlen Jahrszeit fielen, ſondern durch alle

Jahrszeiten gingen , und ein Früşlingsfeſt, auch ein Sommer - Herbſt- und Winterfeſt wurde. Von eben

denfelben Zeiten müſſen auch Cenſorin u ) , und an , dre , ben dergleichen Nachrichten geſprochen haben. Ueberdieß verbindet ſo wohl dieſer, als Geminus, &a.

mit den Zeitfreis von 1460 Kůckjahren : und dieſe fino nicht die älteſten Jahre der Aegypter. Ebenſo wenig



fann wider die richtigen Folgen aus den angeführten Stellen des Diodors und Strabons mit einigem Scheine beygebracht werden, daß ſie von dem augus

.

ſtiſchen oder vielmehr actieſchen Jahre zu verſte hen ſeyn follten : denn Diodor hat vor derſelben Zeit,

1

und Strabo, von dem es auch nur Herr Jackſon behaupten will, ſo kurz darnach geſchrieben, daß er eine ſo neue Veränderung unmöglich mit dem alten Jahre Der Thebåer verwechſeln konnte. Endlich findet man auch in der Stelle beym Strabo, der kurz vorher

von den Keliopolitanern eben diefelbe Erkenntniß

des Jahres erzählt hatte, nicht das geringſte, was uns auf die Gedanken bringen fönnte, daß ſchon in den åle

teſten Zeiten dieſe Erkenntniß bloß unter den Prieſtern geblieben , und im bürgerlichen Leben kein Gebrauch davon gemacht rey : ob es gleich unleugbar iſt, daß es nady der Zeit, da aus Aberglauben alle Einſchaltungen unterſagt und die Prieſter ſo gar desfalls durd) einen

Eid gebunden waren , dieſe Bewandniß gehabt hat. Nach dem allen kann ich mich für feine andre Mei. nung erklären , als daß die Aegypter in den älteſten Zeiten dem Jahre 365 Tage und einen Ueberſchuß von ohngefähr einem Vierteltage bengelegt, und diefen ohn. gefähr angenommenen Ueberſchuß mit der Zeit durch Rr 3

Bcob.

u) De die natali C. 18. p. 107. oder nach der aldiniſchen Ausgabe C. 6. p. 28.

630

Die zwote Abtheilung ,

Beobachtungen immer genauer zu beſtimmen geſucht haben. Dem Zweifel, ob die Aegypter auch alle nöthige

Unſtalten gehabt haben , das Sonnenjahr durch ihre Beobachtungen ſo genau abzumeſſen, ift fchon im Vor þergehenden zum Theile vorgebeugt : denn der Ben

obachtungsring des Uſymandyas iſt ein Kinlängli. gute Werkzeuge gehabt haben müſſen. Es bleibt

cher Beweis, daß ſie auch ſchon vor deſſelben Zeiten

nur noch die Frage übrig, ob es ihnen nicht an guten

Uhren, die ebenfalls zu richtigen Beobachtungen nós thig ſind, gefehlt Gabe. Man findet in der That feia ne Nachricht, daß ſie ein Räderwerk oder Schnung.

uhren gehabt hårten : allein ſie halfen ſich ſehr gut, und mit großer Sorgfalt durch Waſſeruøren. Mas krob x ) erzählt, wie ſie es anfingen, die Sonnenbahn in zwölf Häuſer oder Zeichen des Thierfreiſes zu thei. len, ob gleich Septus Empirikus die Ehre der Ers findung den Chaldåern zuſchreibt. Sie ließen von der Zeit an , da ein gewiſſer fehr kenntlicher und heller Stern aufging, aus einem großen und zugeſpigten Ge.

fäße durch ein enges Loch ro lange beſtandig Waſſer in ein andres darunter geſetztes Gefäß laufen , bis eben derſelbe Stern des folgenden Tages wieder am

Geſichtskreiſe erſchien. Da ihnen nun dieß Waſſer

zum Maaße der ganzen Laufbahn diente: ſo theilten fie es genau in zwolf Theile ein, und bereiteten zwey

kleinere Gefäße, wovon ein jedes den zwölften Theil des Waſſers faſſen konnte , und das eine beſtåndig zum Unterſchieben , wenn das andre voll geworden, bey der Hand war. Nach dieſen Anſtalten gaben ſie in einer andern Nacht auf das Geſtirn in der ihnen

ſchon bekannten Laufbahn der Sonne und des Mon. des Acht, welches nachher der Widder genannt iſt, und

x) In ſomn. Scipion, Lib. I. C. XXI. p. 88 ſqq.

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

631

und ließen aus dem großen Gefäße alles vorher geć brauchte Waſſer in eines von den kleinern laufen , bis es voll war , und nahmen den Stern , der zu derſelben Zeit aufging, für den Anfang des andern Hauſes an .

Eben ſo machten fie es durch beſtåndiges Unterſchiee ben eines von den kleinern Gefäßen, wenn das andre voll geworden war , zur Beſtimmung der übrigen

Häuſer. Mit der Zeit mußten ſie dieſe Erfindung natürlicher Weiſe zu mehrerer Vollkommenheit brins gen : und das beweiſen auch einige Nachrichten , die

3

uns Diodor von Sicilien auf behalten hat. Er

erzählt y ), es hatten ſich in dem Tempel der Rilinfel

Philå, die den Namen des heiligen Bezirks führte, weil 3ſis und Oſiris daſelbſt begraben wåren , 360 Gefäße befunden , und dieſe wåren tåglich von den Prieſtern mit Milche angefülit worden : ein ſolches Gefäß hieße bey den Aegyptern Choa, und habe eine becherähnliche Geſtalt. In einem andern Orte z ) bee

richtet er, es fen zu Alkanth, einer Stadt an der Weſt ſeite des Mils, þundert und zwanzig Stadien weit von Memphis, ein Gefäß mit einem Loche, in welches tåg lich 360 Prieſter Waſſer aus dem Nil goſſen. Dec Verſtand dieſer Stelle kann vernünftiger Weiſe kein andrer ſeyn, als daß dieß Gefäß aile Tage 360 mal mit Waſſer gefüllt ward, und daß daben die 360 Pries

ſter einander ablofeten. Wozu roliten aber diefe an: ordnungen ? Etwa, wie Herr Jacffon will a) , die cine, das urſprüngliche Jahr der Zegypter unter des

Oſiris Regierung zu bezeichnen : die andre, ein na. türliches Bild der 360 Tage des Jahres und ihrer beſtåndigen Folge abzugeben ? Das wåren große und ſehr mühfame Anſtalten zu einer elenden Abſicht. Rr 4

y ) Lib . I. p. 19.. 2) Lib. I. p. 87

a) Am angeführten Drie S. 368.

Mon

632

Die zwote Abtheilung,

Man darf die Aegypter nicht für ſo einfältig anſehit. Ueber dieß war ja das 360te Jahr, wo es jemals auf eine kurze Zeit Plak gehabt haben ſollte, ſchon zu des

Oſiris Zeiten ein von ihnen verworfnes Jahr. Wie follten ſie dann zur Fortpflanzung des Angedenkens von einer für irrig erkannten Meinung ſich ſo viele Mühe gegeben haben ? Dieß iſt in der That einer der allerſchlechteſten Beweiſe, wodurch man jemals

dem perwerflichen Jahreaufzuhelfen geſucht hat. Uus der vorher angeführten Nachricht des Djakrobs låſt fich die Abſicht dieſer Anſtalten weit vernünftiger er:

klåren. Sie konnten ihrer Einriditung nach zu nichts beſſer dienen, als den Tag in 360 Theile abzutheilen, und dadurch den ſternkundigen Beobachtungen eine grófre Richtigkeit zu verſchaffen. Dian darf ſich nicht befremden laſſen, daß die Zahl 360 fich mit 24,

als die Zahl der Stunden,nicht genau teilen låßt : denn ben der Sternfunde theilten ſie den Tag nicht, wie im bürgerlichen Leben, in 24 Stunden, ſondern in 60 Theile ein ; ein Maaß, das bey den Indianern noch ißt zu ſternkundigen Beobachtungen gebraucht wird. Allein ſelbſt dieſe Eintheilung des Tages in

360 Thaile, wird man ſagen, iſt zum Gebrauche in der Sternfunde noch nicht genau genug. Das iſt wahr : aber man kann auch nicht beweiſen , daß ſie

nicht noch andre Abtheilungen gemacht Gaben ſollten ; viel mehr giebt der Umſtand in der einen Nadyricht,

daß die Gefäße mit Milch gefüllt waren, vielen Grund, das Gegentheil zu glauben. Ohne Urſache kann inan wohl nicht Milch, ſtatt Waſſers, genonimen haben. Waren aber die Gefäße undurchſichtig ge. weren : fo hätte das Waſſer eben ſo gut die Dienſte

thun können. Es iſt daher billig zu gedenken, daß ſie durchſichtig geweſen ſind, und man keine andre Abſicht

daben gehabt hat, als, daß man , weil die Milch viel heller durchſchimmert, deſto leichter und deutlicher ſehen

hiſtoriſche Zeitrechnung .

633

rehen möchte, wie body fie' in dem Gefäße ſtünde, Demnad) konnte man außen an dem Gefäße noch ſo

viele Abtheilungen anbringen, als man für nöthig hiel te ; und auf dieſe Art ſehr kleine Zeittſeile unterſchei.

· den. Durchſichtige Gefäße aber zu bekommen, madı. te den Aegyptern feine Schwierigkeit: wie ſich aus verſchiednen Stellen im Diodor von Sicilien

ſchließen läßt. Jedoch der nöthigen Kürze wegen überlaſſe ich denen, die davon nåøern Beweis verlan gen, Beerens Ubhandlungen b) ju leſen. Was ich hier vorgetragen habe, das iſt ſchon hinlänglich, einem jeden zu erkennen zu geben, daß es den Wegyptern auch nicht an der Hülfe einer genauerern Eintheilung der

Zeit zu ſternkundigen Beobachtungen gefehlt habe. Wider alle dieſe Beweiſe hat man für das Jahr von 360 Tagen nichts, was einigen Schein Gåtte, auf

ſer einer Stelle bey dem Syncellus, benzubringen. Dieſe hat inzwiſchen auch nur einen falſchen Schein .

In dem Verzeichniſſe der å gyptiſchen Konige , welches Syncellus nebſt andern aus dem Manetho aufo behalten hat, fügter dem zaten Könige aſjeth , der ſonſt auch Aſſis genannt wird, und der legie von den babe Hirtenkönigen war, die Anmerkung bey c ),

derſelbe die fünf Zufaßtage der Jahre hinzugethan, und unter ſeiner Regierung habe , wie man ſage, das ágyptiſche Jahr, welches vorher nur durch 360 Tage abgemeſſen geweſen ſey , 365 Tage bekommen. Es iſt bloß eine Sage, worauf er ſich beruft. Was netho aber rdhrieb aus Urkunden und auf Befehl des

Königs Prolomäus Philadelphus. Wie räumt

ſich dazu ein leeres Man ſagt: Weder in des Afria tanus noch in des Euſebius Abſchriftvon den ágy. Rr 5

ptiſchen hera usgekommen ſind, S. b) Diejenigen , die 1752 69 fog. c) Chronogr. p. 123.

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634 Die zwote Abtheilung, ptiſchen Regierungen aus dem Yanetho ſteht von dem , was Syncellus in der angeführten Stelle ſagt, das geringſte Wort. Die übrige Geſchichte ftreitet, wie wir ſchon gefehn Şaben , auch dawider. ulfo muß Syncellus dieſe Anmerkung bloß aus ſeinem

Kopfe gemacht haben. Nun gilt alles, was er und andre von den ågyptiſchen Regierungen , und hiermit von der ägyptiſchen Zeitrechnung, melden, nur ſo weit für zuverlåßig , als es wirklich aus dem Manetho

genommen iſt. Daher verdient der Zufak des Syns celus feinen Glauben .

Man thut der ágyptiſchen Geſchichte Gewalt an, wenn man die Jahre, welche ſie záhlet, mit dem Herrn DessVignoles d ) zu Eagen macht. Suidas iſt viel zu neu, als daß man auf ſein Wort glauben follo

te, die Aegypter håtten, wie er ſchreibt, Eage für Jag. re gerechnet e ). Es hilft daher nichts , daß man mit Hülfe eines Jahres von 360 Tagen die ägyptiſche

Zeitrechnung verkürze, und mit der übrigen Geſchichte zu vereinigen ſuche: weil man ihnen babey fälſchlich einen Tag für ein Jahr aufburden muß. Uber es

geht auch der Wahrheit aller übrigen Geſchichte und Zeitrechnung nid )ts dadurdy ab , daß man dieſe Vers gleichung nicht treffen kann .

Was haben wir mit

den Jahren ihrer Götterregierungen bey der wahren Geſchichte und Zeitrechnung zu thun ? Es iſt bekannt genug, daß die alten Aegypter ſo wohl, als andre Vol. ker, eben die Meinung, welche noch heutiges Tages ben vielen übrig iſt, gehabt haben, als ob unſre Erdkugel von einem weit höhern Ulter wäre, als das menſchli. che Geſchlecht, und, ehe daſſelbe erſchienen , viele Ver. anderungen gelitten håtte. Um die fabelhaften Ueber. lieferungen davon, und die damit verbundne eben fo fabel. d) Chronologie etc, P. VI. L. 4 , S. 649 fgg. e ) In dem Worte incos,

hiſtoriſche Zeitrechnung.

635

fabelhafte Zeitrecting, darf man ſich in der wahren Geſchichte eben ſo wenig bekümmern, als um die Gem ſchichte und Zeitrechnung der vermeinten Menſchen vor Udam , womit ſich noch niemand bemengt hat. Viel weniger darf man darauf die Beſchaffenheit des ålteſten Jahres der Völker gründen . Wer ſollte ſich wohl einbilden , wenn er bey dent

Serodor f) lieft, es ſey nac). der Sage der Aegypter und ihrer Prieſter in der Zeit zwiſchen ihrem erſten Könige und der Regierung Sethons, eines Prieſters des Vulfans, die Sonne viermal wider die ordentli.

che Weiſe aufgegangen , nåmlich fie rey zweymal da aufgegangen, wo ſie nun untergeht , und da, wo ſie ige aufgeht, zweymal untergegangen ; wer, ſage ich, ſollte

fich dabey wohl einbilden , daß der Geſchichtſchreiber von Erſcheinungen, welche ein Jahr von 360 Tagen verurſachen möge, reden wolle ? Die Erklärung , die

Herr Jackſon g ) in dieſer Meinung davon macht, iſt nicht allein hódít gezwungen : fondern ſie låßt auch deu Geſchichtſdireiber ganz etwas andres ſagen , als er

wirklich ſagt. Sie verkehrt feine Worte ſo,als ob er geſchrieben hätte, daß der Anfang des Jahres zwema mal durd) alle Zeichen des Thierkreiſes gegangen wå. re. Davon ſteht nichts bey ihm.

Und um eine beſo

fere Erklärung ſeiner Worte, als die deutlich darinn

liegt , hat man nicht Urſache ſich zu bemüßen. Er giebt dieſe Sache nicht für eine Wahrheit aus : ſon

1

dern er will ſie ausdrücklich eben ſo wohl, als denvon dem erſten Könige bis auf den Sethon verfloßnen Zeitraum von zein tauſend drey hundert und vierzig 5

Jahren, bloß für eine fabelhafte Sage angeſehn wiſs ſen . Vergeblich ſucht man alſo auch bey ihm einen

Schuß für das unvollkommne Sonnenjahr. Die

f ) Lib. II. C. 142. p. 144 fqq.

8) Chronologiſche Altertbúmer S. 372.

636

Die zwote Abtheilung,

DieNachrichten , welche man tyeils ben dem plis nius h) , theils bey dem Cenſorin i ) und andern

lieſt, daß die alten Legnpter ein Jahr von einem , von zweenen, von Oreyen und von vier Monaten

gehabt ħaben , fönnen aus feiner andern Quelle, als aus einer Mißdeutung , gefloſſen feyn . Man muß

verniinftiger Weiſe gedenken, daß , wie wir noch heuti, ges Tages eine Zeit , die über ein Jahr, aber nicht volle zwen oder dren Jahre , betrågt, nach Monaten oder Vierteljahren zu beſtimmen gewohnt ſind, ſie auch

in ähnlichen Fälleneine Zeit über ein Jahr, nach Mos naten , oder einer Zeit von zweenen oder dreyen Mo.

naten ausgedrückt haben. Zu der Eintheilung des Jahres nach vier Monaten oder in Drittel hat ten ſie eine beſondre Urſache, welche ihnen die gewohn liche Ueberſchwemmung ihres Landes durch den Nil

an die Hand gab. Dieſe währte gemeiniglich vier Nonate, von dem Anfange des Juns ohngefähr, bis an das Ende des Septembers. Dadurch theilte

fich ihr Jahr von ſelbſt in dren Theile, in die Zeit der Ueberſchwemmung, in die vorhergehende und darauf folgende Zeit. Herr Beer Gat keinen gar ſchlechten Beweis gegeben k), daß ſie wirklich in verſchiednen

Fällen nach dieſen Dritteln von dem Jahre gerechnet, und diefelben horen genannt haben. Wenn man nun deutliche Spuren von ſolchen Berechnungen ei nes oder des andern Zeitraums gefunden , und aus

der Zuſammenhaltung mit andern , welche eben den Zeitraum durch Ihre beſtimmt Hatten, zuſammenges

Halten hat : fo iſt das Verſehen ſehr leicht geweſen, bey h) Hift. nat. Lib. VII. C. 44.

i ) De die nat. C. 19, oder nach der alo. Ausgabe, C. VII. P. 31 .

k ) In den 1752 herausgekommnen Abhandlungen zur Erläuterung der alten Zeitrechnung, S. 165-168.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

637

ben den erſten Berechnungen einzelne Monate, oder zwen, dren und vier Monate, für ein ägyptiſches Jahr zu halten ; vornehmlich nachdem in ſpåtern Zeiten das Wort Jahr vieldeurig geworden war. Dieß iſt ale les, was man mit einigem Grunde aus den gemeldes

ten Berichten ſchließen kann. Sonſt þat es nicht die geringſte Wahrſcheinlichkeit, daß jemals ein Jahr, welches durch den Umlauf der Sonne , oder der Erde um die Sonne, ſo augenſcheinlich unterſchieden wird, mit einer kleinen Zahl von Monaten verwechſelt ſeyn follte. Was aber Cenſorin an dem gemeldeten Dr.

te weiter vorgiebt, daß die Hegypter zulekt ein Jahr von 13 Monaten und 5 Tagen gehabt hätten, das wird durch die einſtimmigen Zeugniſſe aller andern Ges fchichtfchreiber widerlegt : indem alle darinn überein.

kommen, daß dieſelben beſtåndig ein Sonnenjar ge. Habt haben; woben keine 13 Monate Plak finden . Die Erzählung des ágyptiſchen Mönche. Panodos rus 1) aus einer jüdiſchen Ueberlieferung in dem vers

meinten Buche Benoche, von der Beſchaffenheit des Jahres von einem Monate, welches die Zegypter in

der Berechnung ihrer Götterregierungen gebraucht ha. ben follen, darf man bloß leſen, ſie für eine Fabel zu erkennen. Etwas beſſers kann man auch aus dem Buche.Senochs nicht wohl vermuthen. Nachdem der abergläubiſche Gözendienſt unter

den Aegyptern die Oberhand bekommen hatte, und man die Einſchaltungen unterließ: ſo kam der

Sundsſternkreis von 1460 Jahren bey ihnen auf. Die eigentliche Zeit, da er eingeführt ward, kann nicht mit Gewißheit ausgemacht werden : und über den Ane fang feines erſten Jahres wird auch geſtritten. Mas krob in) und Alerander ab Alexandro n ) reden offene 1) Apud Synce . Chronogr. p.53,34, 41. m) Saturn. Lib. I. C. 15. p. 224. d) Genial, dier, Lib. III. C. 24.

638

Die zivote Abtheilung,

offenbar von dem neuern actieſchen Jahre : Wenn der erſte meldet, daß die Zegypter nach Verlaufe ihrer

12 Monate, oder 360 Tage, zwiſchen dem Auguſt und September die übrigen fünf Tage ilxem Jahre bey fügen, und allemal, nachdem das 4te Jahr vollendet

iſt, aud) noch den Schalttag, der aus den Vierteltagen entſteật, hinzuſeßen ; und wenn der legtre berichtet,

daß ſie das Jahr vom Herbſte anfingen, und der See ptember, den ſie sermes, das iſt Thot, nenneten, bey ihnen der erſte Monat war.

Denn der Hunds.

ſternkreis beſtand aus Rückjahren, die alle 4 Jahre um einen Tag zurückweichen : daher der Anfang gar bald aus dem September rücken mußte.

Die Stelle aus

dem Cenſorin o) woraus Herr Des - Vignoles ein weitläuftiges Lehrgebåube gegründet hat , entſcheidet nichts mehr : indem der Anfang, den er für den ágypti. /

ſchen Jahrkreis angiebt, durch ſternkundige Berechnung falſch befinden wird. Porphyr p) und Theon von Alexandrien 9) belehren uns deutlich, daß der Aufs

gang des Kundesſterns, der mit der Sommers wende und der Ergießung des 57ils zuſams

men trifft, den Anfang des ágyptiſchen Jahres be ſtimme. Alle dieſe dren Umſtånde müſſen zuſammen .

kommen , wenn ein Jahr das erſte im Hundesſterna freiſe ſeyn ſoll. Das findet man nicht für die Zeit,, welche Enforin anfekt, und auch nicht für diejenige,

die Des-Vignoles durch ſeine Verbeſſerung daraus macht: eben ſo wenig für das von dem leztern angea

gebne 1325te Jașr vor Chriſti Geburt r ). Gotts fried o) De die nat, C. 21. p. 128. oder nach der alo. Ausgabe; C. VIII. p. 37, 38

p ) De antro nymphar. p.77. ed. Ald. 1521, 9) Schol. ad Arat. p. 22. ed. Oxon.

r ) Beets Abhandlung, die 1752 herausgekommen find, S. 27-40 .

TI

hiſtoriſche Zeitrechnung.

639

fried Wendelin hat befunden, daß im 1263 Jahre vor Chriſti Geburt der erſte Thot, der kosmiſche Aufgang des Hundesſterns, das iſt, ſein Aufgang mit dem Zufgange der Sonne, die Sommerwende

und der Veumond zuſammen auf den 5ten Jul. gen fallen ſind s ): weswegen Petad dieß Jahr für den Anfang des großen Jahrkreiſes annimmt. Aber Des - Vignoles beſteht darauf, daß man auf dem hes liatiſchen Lufgang des Sternes, oder die Zeit, da er

aus den Sonnenſtrahlen hervorrückt, reben müſſe. Jes doch, da er keinen Grund dafür beybringt ; da die an

geführten Zeugniſſe den heliakiſithen Aufgang nicht nennen ; und der kosmiſche wohl ſo wichtig iſt, als

jener : ro bat das Jahr , welches Wendelin durch reine Berechnung gefunden hat, das meiſte für ſich .

Herr Jackſon t) meint zwar, Theon habe den hes liakiſchen Auſgang des Hundesſternes beſtimmt; denn er nimmtdas von demſelben gebrauchte Wort, ŠAITON, für dieſen Aufgang an : allein es bedeutet in

der That nicht mehr als den Aufgang úberhaupt. Auch reden weder Weininus u) noch Sipparch x ), auf die er ſich unter andern beruft, von dem beliakis

fchen Aufgange. Jener nennt wenige Zeilen vorher ausdrücklich den Aufgang, der mit dem Aufgange der

Sonne zugleich geſchieht, und alſo den kosmiſchen : dieſer gebraucht das Wort, vetoan, welches einen

jeden Hufgang bedeutet. Uebrigens iſt die Beſchafe fenheit dieſes ágyptiſchen Rückjahres, und des daraus

gemachten Jahrkreiſes, aus den ágyptiſchnabos naßariſchenJahren, wovon ich obeny) das Nöthige erklärt

s) Petau. Vranolog. diff. 11. C. 4. p. 77. t) Chronolog. Alterth. S. 357 fg. u) Element. Aftron. C.14. in Petauii Vranolog. p. 60.

* ) Enarration, ad Arat. et Eudox. phoenom . Lib. II: C. 3. in Petau. Vranol. p . 212 .

y) Abth. I. S. 318. 397 fg.und 421 fg8.

640

Die zwote Abtheilung ,

erklärt habe , hinfånglich zu beurtheilen. Die falſche Vorſtellung , welche Geminus z) und Tenſorin a) davon machen , als ob der Hundsſternkreis nad Ver.

lauſe von 1460 Jahren oder in dem 146iten Jahre den Anfang des Jahres wieder auf eben die Zeit, wor. auf er bey dem Anfange dieſes Kreiſes gefallen war,

zurückbråchte, rúhrt daher, daß bende die fortrůcferide Bewegung der Zeichen des Thierfreiſes nicht gewußt, oder nicht Ucht darauf gegeben haben. Nach der Schlecht ben Actium trat das davon

benannte Jahr in die Stelle des wandernden Jahres. Ich habe in der Iten Abth. eine hinreichende Erklås

rung davon gegeben b) , und wil hier nur noch erine nern, daß Petav c ) wider die gewöhnliche Meinung für beſſer hålt , die Einführung des actiefden Jahres fo, wie es nach dem julianiſchen eingerichtet ward, bev den Aegyptern , in das fünfte Jahr nach der eben gee dachten Schlacht, und alſo in das 25te Jahr vor

Chriſti Geburt, oder das 4689te Jahr des julianis fchen limlaufskreiſes, zu ſehen. 5. 11. Die älteſten Stammvåter der Griechen nach der

Súndfluch müſſen die wahre Beſchaffenheit des Jah. res fo gut, wie die Stammvåter der übrigen Volfer, überliefert bekommen haben : weil das in dem Ges ſdhledyte des Noahs aufbehaltne Jahr nicht ſo bald in

Vergeſſenheit gerathen feyn kann. Mit der Zeit aber iſt in dieſem Stücke eine Unwiſſenheit eingeriſſen. Ino zwiſchen zeigt ſich doch kein gewiſſer Grund, daß ein

Jahr von 360 Tagen für ein richtiges Sonnenjahr erfanns

z) Elem . Aftron . C.6. in Petau , Vranol.p.34, a) De die nat. C. 18. p. 107. oder nach der ald. Zusg. C.6. P. 28.

b) S. 321 u. 399.

c ) De doctr, temp. Lib. X. C.71, p.285.

1

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

641 erkannt geweſen ſeyn ſollte. Alles , was ſich ausden verſchiednien Madriditen ſchließen läßt , reidit nicht weiter , als daß man daraus urtheilen muß , es ſeyy das Maaß von 360 Tagen für eine mittlere Größe

des Jahrıs , die durch Eiufdhaltungen dem wahren

Sonnierjahr nåker gebrad)t werden müßte, angenom , men worden .

Die älteſte Madridit findet fich ben dem seros dor d) , welcher berichtet, das Solon in dem Ges

ſpråche mit dem Croeſus fiebzig Fibre , ohne die Einſchaltungen , zu 25200 Tagen gerechnet habe. Theilt man dieſe Zahl durch 70 , als die Zahl der Jahre, welche dafür gelegt wird : ſo bekommt man für die Länge des Jahres 360 Tage. Aber es wird

alsbald hinzugelegt, daß in dieſer Zeit von 70 Jah, ren 35 Scaltmonate, welche 1050 Tage , und alſo

für einen jeden Schaltmonat 30 Tage, bitragen håte ten , den Jahren hinzugethan wåren. Will man una parteniſo urtheilen : ſo kann man nid)t anders gedena

fen , als daß die Griechen zu derſelben Zeit die {åns ge des Jahres von 360 Tagen nicht als ein vollfom.

menes, ſondern nur , als ein mittleres Maaß , zum Grunde gelegt, und durd, die Einſchaltungen, ein Jahr um das andre , es der wahren Größe des Sons nenjahres näher zu bringen geſucht haben. Sie muß.

ten alſo nothwendig wiſſen , daß das Sonneujahr mehr als 360 Tage Håtte : aber ſie irrten ſich darinn, daß ſie durch die Einſdaltungen eines ganzen Mona. tes , ein Jahr um das andre, das Jahr zu groß machten , und daher genöthigt waren, es immer mehr

und mehr abzukürzen ; gleichwie hingegen die Hegy pter , welche is nach ihren Beobachtungen anfangs zu

klein angelegt hatten, es beſtandig verlängern mußten. Man kann daher , nach dieſer ålteſten Nadzricht, mit feia

d) Hift. Lib. 1. C. 32. p . 13.

1. Theil.

Ss

4

642

Die zwote Abtheilung ,

keinem Sd eine der Wahrheit behaupten , daß ein

Jahr von 360 Tagen das ordentliche Jahr der Gries chen geweſen ſeyn sollte. Aus dieſem Berichte des herodots muß man vernünfriger Weiſe den Grund zur Beurtheilung der

übrigen Erzählungen , die ſich auf ein Jabir vor 360 Eagen beziehen , bernehmen. Die erſie Verfaſſung der Stadt Urben, welche man aus dem Julius Pols lup e) und aus dem , was varpotration f ) und Suidas g) aus ihm und aus des Philodors Geo ſayichte von Athen genommen haben , beybringt, kann

demnach auf ein Jahr von 360 Tagen feine weitere Beziehung haben , als in fo fern ein ſolches Jahr

für eine mittlere Große zum Grunde gelegt war. Es war dieſen Zeugniſten zu Folge , Uthen in vier Zünfte , die Zünfte wieder in zwölf Wachen , und

jede Wache endlich in dreyßig Hausgenoſſenſchaften eingetheilt. Darüber giebt Suidas die Erklärung, daß die vier Zinfre die vier Jahrszeiten , die zwolf

Wachen die zwölf Monate , und die zo Fausgenoſ. ſenſchaften die 30 Tage eines jeden Monates vorſtell. ten , und daß alſo das Jahr 360 Eage enthielte. Wenn man nid ;c ſchon vorher für das Jahr von 360

Tagen eingenommen i?: ro füört ýerodots Nach , richt, als die ålteſte , einen jeden gleichſam bey der

Hjand darauf, daß , wo ja eine' Abbildung des gries chiſchen Jahres dabey zum Grunde liegen roll , das

Abfehn auf nichts weiter , als auf die gemeine Zahl der 360 Tage ves Jahres , die beſtandig durch Ein. ſchaltungen ergänzt ward , gegangen iſt. For der

That aber muß vzrnuinfriger Weiſe ben der Verfaf ſung eines Staates vielmehr auf die Zahl, den Stand , und das Vermogen der Einwohner , als auf die Tage des

e ) Onomaſt. Lib. VIII. ſegin . 109.

f) Lexic. yoc, yeyintaý. g) Voc, yerinsaj.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

643

des Jahres , welche gar nicht tahin gehoren , gefehn werden : und man hat keine Urſache , den Stifiern des gemeinen Wefens von Athen , die dod; wohl

Menſdienverſtand gehabt haben , ro wenig Vernunft

gujutrauen , daß ſie eine Sache, die nicht den geringe ſten Einfluß in die Einrichtung des Staates hatte, zur Regel bey derſelben angenommen haben ſollten. Ein antres wåre es , wenn einer jeden von den 360 Hausgenoſſenſchaften für einen jeden ihr angewieſenen Monat eine befondre Verbindlichkeit aufgelegt gewe ſen wäre : aber davon findet man ſo gar nicht einmal den Schein eines Beweiſes. Alſo muß man noth .

wendig die länge des Jahres für eine ganz fremde Sache bey der athenienfiſchen Staatsverfaſſung er . Und wie wäre es , wenn Cecrops , der

Fennen.

athenienfiſche König, dem man dieſe Einrichtung des Staates zuſdyreibt , und der nach den Marmortafeln

von Pavos im 1581ten Jahre vor Chriſti Geburt réa gierte , kein Jahr von 360, ſondern ein Jahr von 365 Tagen in ſeinem Staate erkannt håtte ? Wenigſtens konnte er wohl dieß lektre , aber nicht das erſtere, aus Hlegnpren mitbringen h).

Nach dem Serodot , der auch noch in einer an . bern Stelle i) des griechiſchen Schaltmonates gedenkt, haben wir keine áltere Nachricht von dem griechiſchen

Jahre , als die uns Geminus aufbehalten hat. Dieſer ſcheint felbft von des Ludorus Zeiten bis auf das Jahr , da er- ſchrieb , 120 Jahre k) zu rech . nen . Da nun Ludorus nach dem Scaliger und Uſher ſeine Bücher über die Sternkunde im 366 Jah. re vor Chriſti Geburt, wo nicht noch einige Jahre

früher, geſtyrieben haben ſoll: Toſcyließt Hr.Jackſonl) SS 2

dar .

h) Jadron, chronol. Alterth. Ib. II. S. 383. i) Lib. II. C. IV. p. 91 . k) Elem . Aftrom . C. VI. p. 33, 34 in Petau. Vranol. 1) Chronol. Alterth. S.370 Anmerk.

644

Dic zwote Abtheilung,

daraus , Geminus habe wenigſtens im 246ten Jah. re vor Chriſti Geburt feine Anfangsgründe der Steriis kunde aufgefett. Er hålt dieß um ſo viel mehr für

wahrſcheinlich : weil Geminuß weder tes bipparchs, noch der von dieſem ſchon erkannten Fortrůckung der Zeichen des Thierfreifes erwähne. Allein dich alles wird dadurd) widerlegt , daß Geminus in der That

des Hipparchs, noch dazu zweymal in einem Haupts ſtůcke in ), gedenkt. Auch ſagt er an dem vorher geo melderen Orte nidit , dari vom Fudofi: s bis auf fei: ne Zeit 120 Jahre nerfleſjen waren : fondern nur, daß

Eudoriis aus Verſehen das Jlisfeſt an die Winter, wenden gebunden hatte , welches toch das wandernde Jahr der Regnpter nid e zuliefie ; daß aber vor 120 Jahren dieß Feft wirtlid ) auf die Winterwende geu fallen mare.

Warum er endlich von der fortruckenden

Bewegung der Zeiden des Thierfreiſes nichts fage, davon hat Petuv n) eine gute Hifache angegeben : er ließ ſich nicht darauf ein, weil Hipparch ſelber noch ſehr zweifelhaft davon geredet hatte. Es iſt daher des Petavs Muithmaßung, an dem eben angeführy

ten Orre , wahtſcheinlidyer , daß er etwa 93 Jahre vor Chriſti Geburt und ohngefähr 60 Jahre nach sippardien gelebt habe. Sein Zeuguis bleibt Deswegen doc) alt genug , und iſt in der gegenwärti. gen Sache von deito größerem Anfehn , weil er ein Sternkundiger war. Wir wollen fehlt, wie weit es und leite. >> Es war die Abſicht der Alten , fahreibt

er o) , die Monate nach dem Monde, die Jahre aber nach der Sonne, einzurichten. Denn was ihnen durch die Gefes und Górterſprüche befollen war,

nad; dreyen , nämlich våterlichen Weiſen , zu opfern, das beobadyteten alle Griechen abfonderlich dadurch, daß m ) Ibid. C. II. p. 12 , 13.

- n ) De doctr, temp. Lib. II. C. 6 p. 104. fq. o) L. c. C. VL p. 32 .

-

1

hiſtoriſche Zcitrechnung.

645

das ſie die Jahre der Sonne , die Tage und. Mos nate dem Monde gemäß einrichteten. Die Jahre nach der Sonne beobachten , Heibe , daß den Göt. tern einerley Opfer um einerley Fahrszeiten , das

Frühlingsopfer allemal im Früßlinge, das Soma meropfer im Sommer, gebracht werden, und an

gleiche Weiſe in die übrigen Jahrszeiten eben tiefele ben Opfer fallen : denn dies , meinten ſie, wäre der

Göttern gefällig und angenehm . Dieſes aber fónn te nicht geſchehn , wenn vie Gonnenmenten und Gleia den nicht auf eben dieſelben . Derter (des Thierkreis

fes ) tráfen. Die Tage hingegen nach dem Monde beobacoen , beſteht darinn , daf die Benennungen

der Tage nach den Erleuchtungen des Mondes geſche. hen , it. . 20. Dia Alten , fåhus er im Fol. genden p) fort, - hatten aifo Monate von 30 Tagen : 12

die Schaltmonate aber gebrauchten ſie wegen des Jah.

Allein da die wahre Beſchaffenheit bald durd, die Erfdfeinungen bewieſen ward ; indem die Tage

res.

und Monate nicht mit dem Monde übereinfamen, die

Jahre aber nicht mit der Sonne zutrafen : ſo fuchten lie deswegen einen Jahrfreis , der nach den Fihren mit der Sonne , nach den 9Nonaten und Tage! mis dem Monde übereinſtimmen mód te., Hierauf bem

ſchreibt er dann den Kreis von acht , von fechsaclyn, von neunzehn und von fechs und ficozia Jahren : teme

lektern , welcher der calippiſche Jahrkreis ift, legt er den Vorzug ben , daß er am beſten mit i en Erſdieinungen übereinkomme. In dieſema allen fills, det man nicht einmal einen Schatten von einem abs

gekürzten Sonnenjahre; indem ſie zivar durd) ikre Monate von 30 Tagen nur 360 Tage befamen, aboka

dieſe nicht für das Maaß des Sonnenjaþres anſahen, fondern die wahre lange deſſelben durd) Einſdaltuns gen zu erreidhen fuchten :. und dennoch bemerkt Ger 663

p ) Ibid. p. 34 fog.

minus

646

Die zwote Abtheilung,

minus ausdrücklich, daß er von den alten Griechen rede. Es leucitet vielmehr in die Augen , daß dies felben durch ihre Erklärung des Götterſpruches ver.

anlaßt wurden eine ſo genaue Uebereinſtimmung ihres Jahres mit der Sonne, als ihnen möglich war , zu ſuchen. Daher fam eß , daß ſie einen Jahrfreis nach dem andern erfanden , den Lauf desMondes mit

dem Laufe der Sonne zu vergleid)en. Die Regel

zur Beurtheilung dieſer Kreiſe , wie weit ſie zutreffen oder abweichen , habe ich in der vorhergebenden 26. theilung g) angewieſen. Es kommt hier nichts dar. auf an , ob die Griedjen ihren Götterſpruch recht, oder

ůbel, verſtanden haben. In der That ijt ihre Erflao rung gefünftelt und gezwungen ; der ungezwungenſte Verſtand iſt kein andrer , als daß ſie bey ihren

Opfern Jahre , Monate und Tage beobachten ſollten ; ob ich gleich dem Hrn. Kennedy r) darinn , daß er

meint , es rey dabey die Abfidit geweſen , die blinden Verehrer derſelben auf die drey moſaiſchen Zeits

maaße , Tage , Wochen und Jubre zu führen, nicht anders benpflichten kann , als in fo fern dieß eben die Eincheilung der Zeit war , die - Moſes ges lehrt hatte ; welches er vermuthlich auch nur gat fas

gen wollen. Allein da hier bloß die Frage iſt, was für ein Jahr die alten Griechen gehabt haben : ſo geht

uns das nid)ts an ; wir müſſen es nehmen , wie wir es eingericitet finden , was für Gründen ſie audy im . mer gefolgt fenn mögen. Nun berichtet Geminus in der angeführten Stelle mit klaren Worten , daß

fie des Jahres wegen die Schalimonate gebrarich. ten. Dieß ß nocywendig von dem Sonnen jahre verſtanden werden : denn furz vorher hatte er geſagt,

daß ſie diz Jafre nad) der Sonne einrichteten .

Folge lich

9 ) S. 347.

r) A new meth, of flating and explain, the Script. Chronol. p. 311 .

7

i

hiſtoriſche Zeitrechnung.

647

lich erkannten ſie die 360 Tage , welche durch ihre Monate von 30 Tagen beſtimmt wurden , nicht für das Sonnenjahr. Aber auch dieſes Maaß der Mo. nare , welches eine Grundlage zu einem Jahre von 360 Tagen ſcheinen könnte , verließen ſie gar bald und nahmen für zweene Monate 59 Tage an ; fo dai

fie ihnen wedyfelsweiſe 29 und 30 Tage zutheilten s). Di auf folche Weiſe ihre Monate ihnen von der Zeit an ein Mondjahr von 354 Tagen geben mußten , und fie daſſelbe durch Einſchaltungen mit dem Sonnene

jahre zu vergleichen ſuchten: ſo fällt das Jahr von 360 Tagen aus dieſem Zcitalter ebenfalls meg , und zeigt ſich dagegen , daß vielmehr ein Montjahr ben

ihnen zum Grunde gelegt geweſen iſt. Dieß warikr bürgerliches Jahr, welches ſie durdy Einſchaltungen mit dem Sonnenjalıre in Uebereinſtimmung zu brin . gen und zu erhalten bemüher waren .

Darum muß.

ten nie , wie Tlicodor von Gaza t) berichtet, ihre. Betrachtungen norhwendig auf das Sonnenjahr ro wohl, als auf das Monsjahr richten. Solon und Thales waren beyde in Hegypten geweſen und von den Prieſtern unterrichtet wore den v ). Dafelbſt aber war zu eben der Zeit nicht allein die Långe des Jahres vom 365 Ens gen , ſondern auch der Leberfdeß von beynahe einem Vierteltaze, ſchon eine bekannte Sache. Warum follten ſie dann nicht dieſen ſo gut als die

365 Tage nach Griechenland gebracht haben ? In Anſehung der 365 Tagewird es von allen zugegeben : aber die Wiviendaſt von dem lleberſchuſſe , meint man , ley erſt durd, den Plato. und Ludorus aus

Hegypten nach Griedeníand gebracht worden . Zum SS 4

Beweis

$ ) Gemin . I. c C. VI. p. 31, 34. in Petau. Vranol. &) Lib. de menfib . C. IX . p. 292 in Petau. Vranol. v) Plutardo. de Ilid. & Ofir. p. 354.

648

Die zwote Abtheilung,

Beweiſe beruft man ſich auf den Strabo x) und Theodor von Gaja y).

1

Allein keiner von beyden

nennt einen Vierteltag. Strabo ſagt nur , die aegyptiſchen Pricfter hatten ihnen die über ſdvießenden Theile des Tages und der Nacht über die 365 Tage zur Ergånzung der jährigen Zeit befannt gemadt : vorher wäre das Juhr bey den Griedien unbefannt geweſen. Noch allgemeiner und unbeſtimmtor redet Theodor von Gaza : er meltet von den beyden

Griechen eigentlich nichts mehr, als daß ſie durch ei. nen langen Aufenthalt etwas von der Sternfunde

den aegyptiſchen Prieſtern , die ihre Erfenntniß unter geheime Bilder verlieckten und ſchwer zur Mittheis lung derſelben zu bringen waren , abgeſchmeichelt fåte ten ; wiewohl er furz vorher berichtet, die Hegypter Håtten den überſchiebenden Theil des Tages zur Er.

gånzung des ganzen Jahres aus dem Umlaufe vieler Jahre geſaminlet und einen Tag daraus gemadit, und aud) dieſe Erkenntniß hätten die Griechen ſo,

wie viele andre Lehrſake von den Himmelsförpern , theils durch die Uberfekung einiger Abhandlungen ins Oriedriſdic, theils durch den Umgang mit den Pries ſtern des Sandes , weld;e fid) in der Sternfunde vors treflich hervorgethan , von ihnen angenommen . Nun iſt aus der oben erflårten Untwort, weldie Plato von den Zegyptern bekam , als er nach der eigentlichen

Långe des Jubres fragte , zu fdyließen , daß es daben nicht mehr auf den Vierteltag, als einen nur ohnges fåhr angefesten lieberſchuß , der lange bekannt geme. fen feyn mutite, ſondern auf die genauere Bered ;nung

dieſes Ueberſdjuſies nach ſternfundigen Beobadytun. gen, anfum . Daher iſt es ſowohiden angeführten, als

den übrigen Zeugniſſen , weit gemäßer, die Erfennt. niß, x) Geograph, Lib. XVII. p . 1159 ſq. y ) De menſibus C. IX. p. 293. in Petau. Vranol.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

649

niß , welche Pluto und Eldofus aus Regrpten nach Griechenland hinüberbrachten , von der genau. ern Berechnung des vorher auf einen Vierteltag bloß ohngefähr gefekten Ueberſduſſes zu verſtehn. Dieſe eigentlide Beſchaffenheit des Jahres war es , wovon

Strabo ragt, daß ſie bey den Griechen vorher un. bekannt geweſen wäre. Demnach hindert in der gana zen Geſchichte nichts , ihnen wenigiens zu des Son lons und Thales Zeiten ſchon eine Erkenntniß von dem ohngefälr angenommenen lieberſchule eines

Vierteltages zuzuſchreiben. Geminus z ) legt fie auch ausdrücklich den alten Griechen ben. Und die beſtandigen Veränderungen in ihren Schaltmo.

naten , weil ſie das Sonnenjahr nid)t zu klein , ſone dern nod) immer zu groß angenommen hatten , und darum beſtåndig etwas ablaffen mußten , räumt ſich hierzu febr gut. Ich werde davon alsbald deutlicher

reden. Hier iſt noch von dem Solon ins befondre etwas anzumerken. Er madyte in den Mionaten der

Griechen eine Verånderung: wie Plutarch a) und Diogenes Laertius b ) die älteſten Zeugen von dem Jahre der Griechen nach dem Geminus, ergåhlen. Inſonderheit beredete er die Arbenien fer , ibre Tage

und Monate, dem Götterſpruche gemäß , nach dem Saufe des Mondes zu rechnen. Zwölf Monate, alle von 30 Tagen , ſtreiten wider dieſen Sauf: die Ein.

theilung der Monate hingegen in neun und zwanzig und drenßig Tage, eines um das andere, kommt mit demſelben für ein bürgerliches Jahr überein . Dar .

um wird Solon , wo er dieſe Eintheilung nur ges wußt hat , eine derſelben gemäße Veränderung ges macht haben . Er hat ſie aber genußt: es ſey nun S$ 5

daß

2) Elem . A ſtron. C. VI. p. 34 , 35, in Petau. Vranol. a) In vita Solon ,

b ) In vita Solon , Lib. I.

650

Dic zivote Abtheilung ,

daß er ſie von den Aegyptern zugleich mit der Sånge des Sonnenjahres gelernt, oder ſonſt durch eigneoder

fremde Beobachtungen gefunden habe. Denn, „ da die llngleichheit des Monats wahrnatm , fchreibt Plutard) an dem 'eben gemeldeten Dra'a

er

te , und ſahe , daß die Bewegung des Mondes weder mit der untergehenden noch mit der aufs

gebenden Sonne übereinſtimmte , ſondern oft an

eben dem Tage (dem zören des Monates) fo wohl die Sonne erreichte als bey derſelben

vorbengienge: To befahl er , daß dieſer Tag der alte und neue Mond genennt werden ſollte ; in. dem er dafür hielte , der Theil deſſelben vor der

Zuſammenkunſt fáare dem abgelaufnen , der übrige Den Theil aber dem angehenden Monate zu. nådflfolgenden Eag nonnte er Neumond : von dem

zwanzigften an aber rechnete er einen jeden Tag bis. jum dreyßigſten nicht ſo , daß er ( eine Zahl) hin, juſekte , ſondern ſo , daß er abzog , und (die Zabl). auſhub , wie die Erleuchtungen des Mondes nach dem , was er ſahe, abnahmen und ſich aufhuben .,2. zum Verfiande dieſer Stelle muß man ſich erinnern, daß ein jeder Monat ' bey den Griechen in drey zehn tågige Theile unterſchieden war. Von dem lekten zehnitágigen Theile redet Plutarch), und berichtet in

den angezognen Worten , Solon gabe die Tage deſ felben ro gerechnet , daß er den eiten den zehnten dos ablaufenden Monats , den 22ten den gten des ablaufenden Monats genannt habe , und fo ferner durd, beſtändige Verminderung der Zahl um eines bis auf den zoten und legten Tag fortgegangen fery.

Nun muß man zwar dem Hrn. DessVignoles c ) zugeben , daß hier nicht ausdrüclich eines Monates von 29 Tagen gedacht werde ; ja es kann fo gar mit

c) Chronolog. T. II, L, VI. C. 5. 9. 3. p. 831.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

651 mit der Eintheilung eines Monates in drey zchntás gige Theile fein andrer , als ein Monat von 30 Tau gen , beſtehnı : allein die vorhergehende Nachricht, daß Solon dafür gehalten habe , der zote Tag geho. re zum Theile zu dem ablaufenden und zum Theile zu

dem angehenden Monate , iſt entweder ganz vergea bens eingeflochten , indem dieß mit der růckivårts geo führten Zahlung der Tage , die bloß wegen der 25. nahme des Mondlichtes geſchahe, nichts zu thun hat ; oder man muß daraus ſchließen, Solon babe erfannt, daß dem Mondlaufe zu Folge Monate von 29 und 30 Tagen mit einander abwechſeln muzten , und alſo die Eintheilung in drey zehntägige Theile eigentlich

nur für diejenigen Monate, welche drengig Tage befa. men , für die andern aber uncigentlich , blog zur Bea

obachtung einer Gleichheit in der Art zu gåhlen , gela ten könnte. Nimmt man hierzu das Zeugniß des Diogenes Laertius , welches entweder ſchlecitere dings verworfen werden oder eine Nachricht von einer wirklich durch den Solon cingeführten Veränderung

der Monate renn muß ; und bedenkt man zugleid), daß Geminus d) die Einführung der Monate von 29 und 30 Tagen nach einem furzen Gebrauche von bloß Dreybigtågigen Monaten den alten Griechen ſchon zueignet: lo fann man , ohne der Glaubivůre digkeit aller berührten Schriftſteller zu nahe zu tres ten , nichts anders annehmen , als daß wenigſtens

zu Solons Zeiten das Mondjahr bei den Gieden zum Grunde des bürgerlichen Jahres geleztund durch beſtåndige Einſchaltungen mit dem Sonnenjahre in Webereinſtimmung gehalten fer;.

Ehe den Griechen die Långe des Sonnenjahres etwas näher bekannt geworden war , machten ihre

Einſchaltungen das Jahr um jvangig Tage zu {

Į lang. d ) Elem , Aftron . C. 6. p. 34 in Petau . Vranolog .

Die zwote Abtheilung ,

652

lang. Dies iſt aus den oben angeführten Steltert aus dem Herodot klar. Jah kann mid ) nicht übers winden , ſie für nichts bedeutend anzufeon : man würde dem Glauben , worauf alle Geſchichte beruht,

zu viel entziehn , wenn man ohue lirfadze Zeugniſſe verwerfen wollte. jerodot durfte weder ein Stern.

kundiger noch ein Zeitfor(der femn , wie man es ihm dann abſtreiten will, um wiſſen und der Wahrheit gemäß melden zu können , daß die alten Griechen ein Jahr von 360 Tagen zum Grunde gelegt und dafelbe Durch Einſchaltung eines Monates von dreyßig Tao gen , ein Jahr um das andre , oder allemal im drite

ten Jahre , mit dem Sonncnlaufe zu vergleichen ge ſucht hatten. Warum ſoll man es ihm dann nicht glauben : fonderlid), da er fein font ſo gewöhnliches Hjan fagt, wenn er für die Wahrheit nicht ſtehen will, bierben nicht gebraucht hat? Nachdem ſie aver die Långe des Sonnenjahres von 365 Tagen und eis

nem Viertel erfahren hatten : ſo richteten ſie ihre Eins fdjaltungen genauer ein . Die Abweichungen , welche dabey übrig blieben , rührten daher , daß fie nad) ilya rer falſden Erklärung des Götterſpruches nicht allein das Jahr mit dem Laufe der Sonne, ſondern auch die Monate und Tage mit dein laufe des Mondes in bes ſtändiger llebereinſtimmung erhalten wollten : der Unrichtigkeit des für voll angenommen Vierteltage5 nicht zu gedenken. Jhre gedoppelte Abſiche zu erreia chen, verſuchten ſie es init verfd)ieden Jahrfreifen .

Geminus e) und makrob 1) reden von feinem kleinern als dem achtjährigen .' Wenn alſo Cenſos rins g) Nachricht, daß noch vor dem adstjährigen Kreiſe erſt ein Kreis von zweyen und darauf einer von

e) I. c. p. 35 199. f) Saturn. Lib. 1. C. 13. p. 218, 219 .

g) De die natal. C. 18 , oder nach der ald. Ausg. C. 6. P. 26.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

653

bon gier Jahrer gebraucht fer, etwas gelten foll: ſo muß man ſie von der Zeit , che den Griechen die lån

ge des Sonnenjahres nåber bekannt geworden war, verſtehen.

Alsdann iſt der erſte den oft gedachten

Nachrichten des Gerodots, und der andre einer vers muthlich verſuchten Verbeſſerung, die noch von der Veränderung ihrer Monate vorhergegangen ilt, ge. måg. Ben diefen verden war ſchledyte Richtigfeit :

aber den adyrjährigen Kreis fucocen ſie durch Bra red)nung zu beſtimmen . Da ſie den Ueberſchuß dels Sonnenjahres über das Mondjabr auf 115 Tage ſize ten , und erfannten , daß , wenn ſie die Monate nach dem Monde beobachteten , fie in einem Jahre

um eben ſo viele Tage von dein Sonnenjahre abweiz den würden : fo ſuchten ſie, wie vielmal diefer Ueber .

{ dhuß genommen werden mußte , ganze Tage und ganze Nonate zu geben , und fanden , daß , wenn er achtmal genommen würde, gerade 90 Tage , folge lich drey volle Monate, jeder vou 30 Tagen, heraus, !

kámen . Disidegen waGlten fie die Octaeteris , oder den wiederfelrenden Seitfreis von adyt Jahren,

binnen derſelben Zeit dren ganze Monate einzuſchalten , und glaubten , auf dieſe Weiſe ibre Jahre beſtàndig mit der Sonne, und ihre Monate und Tage mit dem Monde, in liebereinſtimmung zu erhalten .

Dabei

überlegten fie wohl , daß in den adyt Jahren die Einta fchaltung der drei Monate auf eine gleichmäßige Art geſchehen müßte , damit weder in Anſehung der Monderſcheinungen eine merkliche Abweichung verur: facht , noch auch nach dem Sonnenlaufe ein ganzer

Monat vorausgenommen würde : und darum verord : neten ſie , daß die Einſchaltung eines ganzen Monda tes allemal im dritten , fünften und achten Jahre des

gewählten Zeitfreiſes geſchehen ſollte. Iliakrobſtimmt an dem kurz vorher gemeldeten Orte hierinn mit dem

Geminus überein ; ob jener gleich nicht ſo geriau und

1

654

Die zivote Abtheilung,

und deutlich , als dieſer davon redet.

Nadher aber

nahmen ſie wahr , wie Geminus weiter berichtet, daß ſie in acht Jahren zwar mit dem Sonnenlaufe in liebereinſtimmung blieben , jedoch gegen den Mondiauf uu iš Tag zu kurz kamien. Alſo hatten

fie in 16 Jahren gegen den Mondlauf 3 Tage zu wenig . Uus diefir lirfache nahmen ſie den ſechs zehnjährigen Kreis zu Hülſe , und legten in Bes tradhtung des Mondlaufes in fechielin Jahren noch

3 Tage hinzu. Jedoch aus dieſer Verbetierung folg . te wieder an der andern Seite ein neuer Fehler.

Denn durch den Burak von ſo vielen Tagen befamen fie in 160 Jahren ganze 30 Tage metr als der Son .

henlauf leidet. Oo nun gleich dieſer Irrung dadurch abgeholfen ward , daß man aus dem ad ,tjährigen Kreiſe in 160 Jalyren einen ganzen Monat wegließ : fo befand man coch , daß aud) ſo keine Uebereinſtime

mung mit den Erfdheinungen zu erhalten war , weil man die Monatszeit nicht genau genommen hatte,

und daher in dem achtjáhrigen freiſe immer zu viel eingerdsaltet war .

Man gab alſo denfelben Jahre

Freis gånzlich) auf, und feßte den neunzehnjährigen Kreis an deffen Stelle : da man nunmehr das

Mondjahr zu 354 Tagen und fait

Tage rechnete.

Dieß iſt der fo berúmte metonifie Kreis , wo. vun ich ſchon in der iten Abrh. h) geredet habe. Uußer dem dort angeführten Stelian direibt Dios dor von Sicilien i) die Erfindung deſſelben dem Peton mit großen (obſprüchen zu , und berichtet,

daß ihn die meiſten Griechen angenommen hatten und noch zu ſeiner Zeit gebraudten.

Wenn alſo Ges

minus hier dem Pucteinon , Philipp und Calipp die Ehre beylegt : ſo geſchieht es deswegen , weil ber h) S. 345 fg.

i) Biblioth . bift Lib. XII, p. 94. ed. Rhod,

hiſtoriſche Zeitrechnung.

655

der erſte dem Meton dabey mit ſeinen Anmerkungen an die Hand gegangen war, und die andern den Ges

brauch dieſes Kreiſes theils zu unterſtüßen , thrils zu verbeſſern ſuchten . '. In der Zeit von neunzehn Jahren

ſchaltete man ſieben Monate nach der Ordnung, die man den Erſcheinungen gemäß achtcte , ein , und

nahm dabey 125 volle und nur 110 hoble Monate in 19 Jahren an. Aber es war ben der Einrichtung des Kreiſes das Sonnenjahr um 5 größer , als 355

Tage und & Tay, angenommen . Deshalben muzie

man in 63 Jahren wieder einen Tag Herauswerfen. Dieſe Unbequemlichkeit zu vermeiden ward endlich vust der ſternfundigen Parter des Calipps aus vier neun .

zehnjährigen Kreiſen ein Kreis von 76 Jahren zuſam mengeſetzt, und ben dem Verlaufe derelben wurden 28 Sdsaltmonale wiederum nach der Ordnung , die man den Erſcheinungen gemäß acitete, eingerůcft.

Alles dieß , weldies die vollfonmenfte Nachricht iſt , die wir von den Einſchaltungen der alten Gries

chen übrig haben , habe ich hier aus dem Deminus zu dem Ende kurz zuſammengefaßt vorgetragen , bao mit man daraus in Verbindung mit dem , wvas vor.

Her geſagt iſt, urtheilen moje , daß ſich keine Z.it entdecken läßt , wo unter den Griecien ein unvoll.

kommnes Jahr von 360 Tagen gegolten haben ſollte, als in fo fern fie es in den älteſten Zeiten zum Grun . de gelegt und durc) Einſchaltungen mit dem wahren

Sonnenjahre zu vergleichen geſucht haben mögen. Fragt man inzwiſchen nach der Urſache , warum eine ſo unvollkommne Grundlage angenommen fen : fo

kann man keine beßre Antivort geven , als die aus der Beſchaffenheit des Jahres ſelbit fließt. Theos dor von Gaza k) ſchreibt, ſie hätten das Sonnerie jahr deswegen auf 360 Tage gefekt, weil der Thier: freis

k) Libr, de menfib. C. IX , p. 292. In Petau. Vranolog.

656

Die zwote Abtheilung,

Freis in eben ſo viele Grade eingetheilet ware. Man gedenfe hierbei nid )t , daß er auf dieſe Weiſe ein

Beregniß für den Gebraud, eines fo abgekürzten Jah. res ablege : nein ; er fekt alsbald hinzu, daß ſie daffels be durch Einſdaltungen mit dem Laufe des Mondes und der Sonne zu vergleichen beinůht geweſen wären.

Alicin ob gleich dem Hrn. Jackſon 1) nichteinzuräu men iſt, daß vielmehr umgekehrt der Thierfreis desa woegen in 360 Grabe eingetheilt ſen , weil das ålteſte

Jahr aus ſo vielen Tagen beſtanden habe ; da dieß Jahr nirgends zu finden iſt, und die Eintheilung des Thierfreiſes von der gewöhnlichen Rechnungsart der Alten Herriart : ſo kann man doch noch einen beſo fern Grund angeben. Die Zahl von 30 Tagen iſt die mittlere Größe zwiſchen der eigentlichen Långe eis nies Mondenmonates und Sonnenmonates : und wir

Haben oben , Ø.,2 , gefunden , daß die eilf erſten Moe nare Des Montjahres ſo wohl als des Sonnenjah.

res vor der Sünftith ſchon zu 30 Tagen gerechnet wurden . Nun waren benden Jahren von den åltes ften Zeiten her zwölf Monate zuzetfeilt. Da dieſe

gerade 360 Tage ausmachen : fo war auch das Jahr don 360 Tagen die mittlere { ànge zwiſchen benden

Jahren. Was war alſo natürlicher , da man auf eine Zeitlang die wahre lange des Sonnenjahres ver. seſſen hatte , als daß man dieſe mittlere Zahl bey Perius dem Sonnenjahre zum Grunde legte. Muthmaßung m ), die er dem Beridite des Theos

dors von Gaza , eines in der That fehr nquen Schriftſtellers aus dem 15ten Jahrhunderte , vorzieht, ideicht nicht viel Giervon ab. Eben dieß entſcheidet dann auch , woher es fomme, daß die Griechen,

nachdem ihnen die Långe des Sonnenjahrs von 365 Tagen, 1 ) Chronol. Alterth. 5.382,

in) Do & r, temp. Lib. I. C.7. p. 14, 15.

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

657

Sagen , allen Zeugniſſen zu Folge, gewiß bekannt war , noch immer von einem 36orågigen Jahre redeo ten : und zur Entſcheidung dieſer Frage führt Petav ſeine ißt gedachte Muthmaßung an. Sie thaten es : weil dieß Jahr bey ignen anfangs zum Grunde ge.

legt war , und , wie ich ſchon oben angemerkt babe, fich der nöthige Zuſak, als eine bekannte Sache, von felbſt verſtand. Ich kann mich daber mit Rechte

der Mühe überheben , alle die Stellen der Alten, worinn ein Jahr von 360 Tagen gemeldet , oder bare auf gezielt wird n ), beſonders zu erklären. Dasje.

nige , was bisher geſagt iſt , hebt allen Zweifel, den mon daben haben könnte. Nur muß ich noch hinzu.

Feken , daß des Hrn. Des -Vignoles o) vermeinte Erflarung von einem beträchtlichen Stücke der gries chiſchen Zeitrechnung durch ein ſo unvollkommnes Jahr ſich auf eine irrige Meinung von dem Hunds. fternkreiſe der Aegypter gründet , und daher mit dies ſer zugleid wegfällt: da ben dem aegyptiſchen Jahre bereits gezeigt iſt, daß bende , fein Führer Cenſos

rin , und er in der Verbesſerung deſſelben , ſich geo irrt haben. Der Anfang des griechiſchen Jahres in den älte.

ften Zeiten iſt manchen Zweifeln unterworfen. Je

doch hat Petav ſehr gut bewieſen , daß das attiſche ahr in den älteſten Tagen ſich um die Zeit der Som. merwende angefangen habe. Dieß wird nicht allein durd, die Nachricht Diodors von Sicilien p ), daß Meron ſeinen neunzehnjährigen Kreis von dieſer Zeit, welche Feſtus Avienus 9) den urſprünglichen An. fang n ) Man febe Des-Vignoles chronol. T. II. Lib. VI. C.5. 5.3. p. 827fqq. und Petav l. c. Lib. I. c . 8. p. 16-20. o ) L. c. C.5. 5.1, 2. p. 804-827.

p) Lib . XII. P: 94. 9) Jadſon , 1. c. p.382.

I. Theil.

1

I

658

Die zwote Abtheilung,

fang des Jahres nennt , angefangen gåtte , ſondern auch durd) ies Theodors von Gaza Bericht r) aus dem Simplicius, beſtårkt. Es ſcheint zwar ein Einwurf camider zu ſeyn , daß der Schaltmonar, weldyer gemeiniglich am Ende des Jahres hinzugea feßt warð, čer zweyte Poſideon zieß , und der Pou fideon um die Winterwende fiel s) : allein da der Un, fang des atriſden Jahres um die Sonnenwende die

ſtårfeſten Beweiſe für ſich hat , und die Einſchaltung eines Monates ſich nach den eingefüörten und oft ver . ånderten Mondzeitfreiſen richtete; ſo kann man dara aus nicht mehr ſchließen , als daß ſich die attiſchen

Mondjeitfreiſe vor dem metoniſchen um die Winter. wende angefangen yaben , wie Feſtus Avienus ) von Sarpals achtjährigein Kreiſe beriditet.

Nady

Galens v) und Theodors von Gaza x ) Zeug. niſſen fingen die Macedonier und die iprem Reiche unterworfnen Landſchaften in Aſien ir Jahr mit dem Monate Dius im Herbſte um die Tages und Nadie Gleiche an. Eben dieſen Anfang hatte auch das fys riſchmacedonijde Jahr, worinn der lekte macedo. ni dhe Monat Syperberetaus zum erſten gemacht und alle Monate dadurc, um einen ſpäter gefekt was

ren : ' wie man teils aus dem Joſeph v) , welcher berichtet, daß der Dius mit dem zweyten jüdiſchen Monate Wardycovan zu gleicher Zeit eingefailer ſen , theils aus des Epiphanius z) und Evagris

us a) Vergleichung einiger von ihren Monaten mit den

r) Lib, de menfibus, C. V. p. 284 in Petau, Vranolog. 8) Dodwell de veter, cyclis p. 6, 7 , 8. t) Jadron l. c . p. 382. Comment. I. in Lib . I. Hippocr. Epidem, p . 374. x) De menfib , c, V. p. 284 in Petau, Vranolog. y) Antiquit. Lib. I. C. 3. 2) Haeref. 31.

a) Hift. cceleſ, Lib. IV , C. 4, 5.

$

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

659

den julianiſchen , urtheilen muß. Die Ordnung und Namen der verſchiednen griechiſchen Monate habe ich ſchon oben b) angezeigt. Nody in ſpátern Zeiten muß das Mondjahrunter den Griechen im Gebrauche geblieben ſeyn. Denn Galen c) meldet, daß zu ſeiner Zeit in den meiſten

griechiſchen Städten die Monate nach dem Monde gerechnet wurden ; und der Kaiſer Juliand) (direibt, Daß ben allen andern , außer den Kömern und Megye ptern , eben dieß in feinen Tagen geſchahe: ja Theos dor von Gaza e) berichtet es noch von den Athe.

nienfern , als eine damals bey ihnen gewöhnlide San che.

Sonſt aber iſt bekannt genug , daß die Gries

den in Alexandrien das actiefde Jahr und diejea

nigen , die in dem römiſchen Reiche woßnten , das eingeſchaltete römiſche Jahr annahmen. S. 12.

Ben keinem lange bekannten Volke hat die alte Geſchichte überhaupt , und die alte Zeitrechnung ins

befondre ſo viele Dunkelheit, als den den Abendlån .

dern und Nordländern . Je weiter fie ſich von den Wohnungen ihrer Stammvåter wegzogen , deſto mehr fcheinen ſie auc, von den Sitten und Wiſſens

chaften derſelben abgewichen zu feyn. Die ålteſten

Nachrichten , die man von ihnen bat, ſind nichtnur viel zu neu , als daß man fich darauf verlaſſen fonna te, fondern noch dazu fehr ſparſam , fehr mangelhaft, und von Ansländern , zum Theile in einer ſo großen Entſernung von ihnen geſchrieben , daß dieſe Schriftu ſteller wenig zuverläßiges von ihnen zu melden im It 2 b) S. 318-318. c) L, c . d) Orat. IV. P. 155.

e ) Lib. de menfib . c. X. p. 296,

Stano

660

Die zwote Abtheilung,

Stande geweſen ſind. Was kann man alſo wohl von ihrem ålteſten Jahre wiſſen ? Man muß bloß ausder Natur der Sache etwas davon urtheilen .

So lange

ſie dem Orte und der Zeit nach nicht zu weit von ih . ren Stammåltern entfernt gewefen ſind: ſo lange mögen ſie, wie vernünftiger Weiſe zu gedenken iſt, das zur Zeit der Sủntfluch gewöhnliche Fabr , wel. ches ihnen von ihren Vorfahren überliefert feyn muße te, behalten haben. Wie aber ihr Jahr beſchaffen

geweſen fenn möge, nachdem durch die Långe der Zeit und viele Wedſel manches von den alten Anordnun.

gen ihrer Vorfahren ben iğnen in Vergeſſenheit geras then ſeyn mußte, kann man nicht eigentlich ſagen. Die älteſten Verbeſſerungen menſchlicher Wiſſenſchafı ten geſchaken in Gegenden , von denen ihre Wohnun. gen weit entlegen waren : ſie konnten nicht leicht etwas davon erfahren ; aud, machten ben einigen die Lebensart

und die öftern Wanderungen, daß ſie ſich nicht fehr dara um befümmerten. Man muß ſich daher bloß mit der Muthmaßung behelfen, daß , da die Natur, durch den Wechſel der Jahrszeiten und viele Verán derungen des Erdbodens , die davon abhangen , eine ſo getreue und ſichere Handleitung giebt , das Jahr zu unterſcheiden , wenigfiens diejenigen , die einen

feſten Sie gehabt haben , nicht gar zu weit von dem voralters ihnen bekannt gemachten Jahre abgewichen ſeyn werden .

Die Geſchichte felbft beſtåttigt dieſe Gedanken wenigſtens durch einige Wahrſcheinlichkeit: indem ſie

zeigt , daß nicht allein die erſten , ſondern auch die fratern Bevölkerungen der abendlichen und nordiſchen

Sånder aus dem Morgenlande. gekommen ſind. Den den erſten iſt es ohne das aus dem Zeugniſſe der hei: ligen Schrift, 1 B. Njof. X. 2-5, gewiß. Jedoch findet man davon , ob gleich mehr von den legtern ,

ebenfalls einige Spuren in denen Nachrichten , die Seros

t

2

biſtoriſche Zeitrechnung.

661

herodot f) , von den Scythen , Diodor der Sis cilier g) von eben denſelben ſo wohl als von den Sar. matern und Hyperboreern , und der halikarnaßiſche

Dionyſius h) von den älteſten Völfern in Jralien, geben. Dieſer legtre meldet i) , daß die Tyrrbwenec von einigen für eingebohrne des landes , das beißt, 8

mit ißren Stammvåtern für die älteſten Bewohner Italiens, gehalten würden : er beweiſt, daß ſie von den Pelasgern unterſchieden wåren k) , und berichtet, daß die Griechen vormals unter dem Namen der

Tyrrbener die Lateiner , Ilmbrier , Auſoner und einige andre begriffen hårten. Hierauf giebt er der Meinung, daß die Eyrrhener die urſprüngliden Einwohner von Italien geweſen ſeyn , aus einem gu.

ten Grunde den Vorzug : weil ſie ſehr alt waren und roeder in den Sitten noch in der Sprache mit irgend

einem andern Volke übereinkámen 1). Iſt es nun nicht viel wahrſcheinlicher , daß dieſer Name von dem

jiingſten Sohne Japhers , dem Tiras oder Tyras , í B. Mof. X. 2 , ſeinen Urſprung habe , als daß er, wie Herodoc m ) bloß aus einer Sage der Indier er. zählt, von einem Könige Tyrrhenus, der einen Theil der Lydier nach Italien geführt habe, hera ſtammen ſollte ? Es iſt es allerdings : da Dionys fius felber anmerkt n) , Xantus der Lydier , wel cher fo gut , wie irgend jemand , der alten Geſchichte

fundig geweſen fers, die Geſchichte ſeines Vaterlana des aber ſo gut , als der beſte, auf einen feſten Grund Et 3

f) Hift. Lib. IV. C. 5-80. po 226-256 g) Bibl. Lib. II. p. 126 - 130.

h) Antiq. Roin . Lib. I. p. 7-50 . i) L. C. p. 21. k) L. C. p. 22, 23. 1) L. C. p . 23 , 24.

m ) Lib . I. C. 94. p. 40 , 4k.

n) L. c. p. 22 .

gebauet

662 Die zwote Abtheilung, gebauet habe , habe niemals einen Tyrrhenus ge nannt , noch von einer Folchen Verpflanzung feines

Volfes etwas gewußt , vielmeør dem Arys zweene ganz andre Söhne den Lydus und Torybus benges

lezt. Die Pelasger, welche nachher dahin famen o ), ſind unleugbar Phoenizier von Abkunft ; denn ses rodor p) berichtet für gewiß , andrer Beweiſe nidyt zu gecenfen , daß die Samothraciek die cabiriſten Geheimniſſe von den Pelasgern , die voralters Sca

mothracien bewohnten, bekommen Garten ; daher fie Nachkommen der phoeniziſchen Cabiren feyn müſſen . Id übergehe die Anfunft der Trojaner und andret

Vilfer vor ihnen , in Italien , um der Kürze willen , Wenn nun aber die abendlichen und nordiſchen ånder fo

wohl anfangs ihre alten Einwohner , als nachher ihre weitere Bevölkerung, aus dem Morgenlande bekom . men haben : iſt es dann nice höchft wahrſcheiniid ), das

auch das ältefie Jahr ber Morgenlander anfangs uns ter ihnen eingefütrt und hernad) durch neue Anfomm .

linge aus eben denſelben Gegenden eine lange Zeit er's halten Fens ? Ausdrückliche Nachrichten von der Beſchaffenheit

des Jahres bey den alten Abendländern und nordiſchen Volfern , wenn man in Abſicht auf jene die Einwoh. ner Jtaliens ausnimmt, wovon ich das Vorneam.

ſte ſchon oden ben Erklärung des römiſchen Jahres, S.287 -- 315 , angeführt habe, findet man gar nicht : es fommt alles auf einige entfernte Winfe hinaus, die wenig licht geben fönnen . Diodor von Sicilien q ) berid) tet aus dein Hefatius und andern , man ers

zähle, daß Apoll alle 19 Jahre auf die Inſel der Hy. perboreer fame : daß in derſelben Zeit die Sterne ſich in

o) Dionyf. Halicarn. L. c. p. 14. p) Lib. II. C. 51. p. 11o . 9) Bibl. Lib II. p. 130.

hiftoriſche Zeitrechnung. 1

1

1

6

663

in ihrem Laufe wieder an ihren vorigen Ort herſtellten , weswegen die Zeit von 19 Jahren das große Jahr von den Grischen genannt wurde; und daß eben der Gott ben

ſeiner Erſcheinung, von der Frühlingsgleiche bis zum aufgangedes Siebengeſtirns, auf der Zither ſpielte u.ſ.w. Dieß iſt offenbar eine fabelhafte Erzählung.

Jedoch iſt gemeiniglich mit den Fabeln etwas Wabres vermiſcht. Kur gålt es oft ſchwer , das Wahre here auszufinden . Bo es hier irgendwoo liegt: po niuß es in den Nebenumfinden ſtecken , die ſich, ohne der Sabel in der Hauptfade etioas abjuncömen , verån. dern laſſen . Solche Nebenumſtände find in dem ge. genwärtigen Falle die Zeiten von 19 Jahren und von der Frühlingsgleiche bis zum Auſgange des Siebeli.

geſtirnes. Haben sekiraus oder die andern , aus welchen Diodor dicje Erzählung genonimen hat , die Fabel nicht ſelbſt nach der griechildien art , das Jaka zu rechnen , eingekleidet: ſo muß man den Hyperbo.

reern , um dieſes Zeugnilies wilien , nicht nur eine Erkenntnis von dem Mondjahre , ais worauf fich der

neunzehnjährige Kreis bezicht , fundern auch eine Wiſſenſchafe von dem Sonnenjahre, wovon die Frühs

fingsgleiche abbangt , einräumen. Nun kann man mit feinem guten Grunde behaupten , daß diefent Volfern die Beſchaffenheit bender Jahre gånzlich un.

bekannt gereſen ſeyn ſollte : da ſie mit den übrigent einen anfangs gemeinſchaftitchen Urſprung gehabt,

und nacher nicht ohne alle Verbindung mit iğnen gelebt haben. Ran hat alſo auch keine lirfache, dem

Bekacáus oder den andern Geſchichtſdireibern beya jumeſſen , daß ſie die angeführten Zeituniſtånde blos

aus ihrem Kopfe hinzugelegt hatten. Ueberdieß führt Diodor kurz vorher aus ihnen an, daß die Inperhoreer von alten Zeiten her mit einer beſonden Zuneigung den Griechen zugethan geweſen wäreil. Dennach

iſt nichts glaublicher, als daß dec ululzebnjährige 3.0 4.

Preis

664 Die zwote Abtheilung , Kreis der Griechen ihnen bekannt geworden fer. In. zwiſchen muß man hierbey zugeben , daß dieſe Nach richt nur von den ſpätern Zeiten , etwa vier oder drey Hundert Jahre vor Chriſti Geburt , gelten fónne. Wohl noch neuere Zeiten ſind es , wovon die wes nigen Stellen aus dem Caeſar, Plinius und Tacis

tus zu verſtehen fenn mögen . Caeſar, ſchreibt r ), die Gallier gåben vor, daß ſie alle vom Pluto her. ſtammten , und ſagten , daß dieß von den Druiden aufuehalten wäre : deswegen rechneten ſie alle Zeit nicht nach der Zahl der Lage , ſondern der Nachs te , und beobachteten die Geburtståge , und den

Anfang der Monate ſo wohl als der Jahre , ſo, daß nach der Nacht erſt der Tag folgte., Plinius s) hat angemerkt , daß die Gallier von dem reche ften Tage des neuen Mondlichtes ibre Monate und

Jahre , und nach dreyßig Jahren das groſ fe Jahr (Saeculum) anfingen , Endlich bericho tet Tacitus t ), die Germanier , ober alten Deuts (den , verſammleten ſich, wofern nicht von chngea åhr und plößlich etwas vorfiele, nicht anders als an gewiſſen Tagen, zur Zeit des Neumondes oder Volle

mondos ; denn dieß hielten ſie für die glüdlichſte Zeit Unternehmungen anzufangen : auch rechneten ſie nicht, wie die Römer, die Zahl der Tage, ſondern der Nächte ; fo feßten ſie die Zeit zu Geſchäften , fodie Zeit zu Verſammlungen an ; die Nacht ſchiene den Tag anzuführen . Nimmt man hierzu noch, was er an einem andern Dite meldet v) , daß , weil ſie

Ackerland genug hätten , und deswegen igre Arbeit darauf einſchränkten , ohne Baumgärten anzulegen, Wies r ) De bello Gall. Lib. VI.C.18. s) Hiſt, rat. Lib. XVI. C. 45.

t) De moribus German , C. XI. v ) Ibid, C. XXVI.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

665

Wieſen abzuſondern und Gärten zu wåffern , ſie das Jahr nidit in eben ſo viele Zeiten ats andre eintheil. ten ; indem nur der Winter , Frühling und Som .

mer ben ihnen erkannt und mit iören Namen belegt würden , der Name des Herbſtes aber fo mohl , als deſſen fchåßbare Früchte , ihnen unbekannt waren :

ſo bat man alles, was man, außer etwa einem oder dem andern noch entferntern Winte, in alten Schrifte

ſtellern von der Befdjaffenheit des Jahres bey den

Celten , Germaniern und Kalliern findet. Ein richtiges Urtheil hierüber zu fållen , muß man fich der weitläuftigen Bedeutung diefer Namen erinnern . Unter den Celten begreifen die Alten oft die Gallier und Germanier : denn scrodot x) bemerkt, daß der

Jſter oder die Donau aus dem Lande der Celten, welche nach den Eyneten die äußerſten Einwohner von Europa gegen Abend wåren , entſprünge ; nun weiß man aber , daß die Donau aus Schwaben kommt.

Im Scrabo y ) findet man einen guten Grund dies ſer gemeinſchaftlichen Benennung : indem er ſagt, daß unmittelbar jenſeit des Rheins gegen Morgen nad den Celten die Germanier wohnten , welche von

den Celten wenig , bloß durch eine rauhere Gemüths. art, mehrere Größe und gelbere Farbe , unterſchie. den wåren, übrigens mit iQnen in der Geſtalt, in den Sitten und in der Lebensart übereinfámen. Von den

Galliern weiß man ſo wohl aus dem Jul. Caes far z ), als aus dem Strabo a ), daß ſie ſich über die beutigen Gränzen von Frankreich bis an den Rhein erſtreckten und alſo ein Theil von den Niederlanden,

nämlich von Frankreich bis anden Rhein, zu ihren Woha nungen gered,net ward. Wie weitläuftig endlich Tas I 15 ») Lib. IV. C. 49. p. 240. y) Geogr. Lib. VII, z ) De bell , Gall. Lib. I. C. 1.

a ) Geogr. Lib . II. p . 128, IV. p. 176, 177.

citus

666

Die zwote Abtheilung

citus den Namen der Germanier gebrauche, hat er pel ber angezeigt b). Nadh feinem Begriffe wohnten fie zwiſchen dem Rhein, der Donau, den Sarmatern und Daciern, bis an das nordliche Weltıncer. Er muß alſo

Dannemark , Schweden und noriregen auch zu ihnen gerechnet haben. Es iſt zwar an dem, daß es nad, ſeinem Ausdrucke zweydeutig ſcheint; forderlich da er bald darauf das deutſche Meer oder die Nord. Fee, in welche der Klein fällt, qusdrücklich das norbliche Weltmeer nennt : aber was er in dem Verfolge fagtc ),

das giebt den Ausſchlag über ſeine Meinung. Er

þålt die Germanier für urſprüngliche Bewohner ihres Jandes ; und nur den Namen für neu : weil er nicht

glaubt , daß außer der Gefahr von dem ungeheuren, gráulichen und unbekannten Reere, welches ſie ein.

ſchlolie, wegen der rauhen Beſchaffenheit des Landes und der Luft jemand Aſien , Afrika , oder Italien verlaſſen und nach Germanien ziehen möchte. So håtte er nicht gedenken können , wenn er nicht dis nordlichſten Gegenden darunter begriffen håtte: denn was Håtte ſonſt gebindert , daß Germanien nicht aus den nordlichern Ländern , die er für noch rauher hak ten mußte, feine Einwohner befommen daben könnte ? Gleichwie man nun an der einen Seite aus der bra

zeugten Zehnlichkeit der Gallier und Germanier in den Sitten und der Lebensart billig fließen niag,

daß ſie auch in der Beobachtung des Jahres übereina gekommen feyn werden : alſo muß man an der ana

dern Selte , wegen der weitläuftigen Gränzen bender Volfer , wiederuin zugeben , daß ben aller Achnlich

keit ſich noch mande Verſchiedenheit unter einzelnen Volferſchaften von benden gefunden habe; und darf

daher des Caeſaus Zeugniß von dieſem Unter: fichies b) De mor, Germ . C. 1 . c) Ib. C. 2.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

667

ſchiede d) eben ſo wenig widerlegen , als alles , was er von den Germaniern berichtet, allgemein für wahr erfennen .

Mit dieſen Betrachtungen fönnen wir uns dann das wenige { idyt, welches die angeführten Schrifte ſteller von der Beſchaffenheit des Jahres ben den Galliern und Germaniern geben , zu Nuße machen . Sie ſtimmen alte darinn überein , daß dieſe Bölfer ſich nach dem Monde gerichtet haben : Denn auch die

Berechnung der Zeit , nicht nach den Tagen , ſona dern nach den Nädyten , auf welche die Tage von felbſt folgen , iſt davon ein Beweis ; indem fein beß. rer Grund davon angegeben werden kann , als daß

ſie die Monderſcheinungen , welche eigentlich in der Nacht zu beobachten find, zur Leitung annahınen, die Zeiten zu unterſcheiden. Eine alte Ucberlieferung, die ſich entweder von den , einiger Meinung nadi, ålteſten Grånzen des Tages, mit der Macht zufam . mengenommen , oder von der Verordnung unter den ålteſten Juden , ihre Feſte und Fevertage von einem Abende bis zum andern zu rechnen , unter ihnen er.

1

1

halten baben ſollte , kann keine giaubliche lirfache da. von ſein. Es iſt ja nicht zu beweiſen , ſondern bloß aus einer Mißdeutung der Schriftſtellen i B.Noſ. I. 5, 8, 13 ac. angenommen , daß in der afteråtte. ſten Zeiten der bürgerliche Tag , oder der Tag mit der Nacht zuſammengenommen , von einem Abende bis zum andern gerechnet fen : die eben gedachten Sdriftſtellen ſtreiten cffenbar für das Gegentheit; da in cenfelben nach dem Abende der Morgen zur

äußerſten Gränze eines Tages gelegt wird , und dese wegen , wie ich ſchon oben , S. 224-226 , gezeigt habe , anfangs der Tag durch die Zeit von einem Morgen bis zum andern beſtimmt geweſen ſeyn muß. Wie d ) De bell, Gall, Lib VI. C. 21,

668

Die zwote Abtheilung,

Wie aber von der beſondern Einrichtung ben den Juden ein fo befondres Stück auf die alten Gallier und Germanier gekommen ſeyn follte, iſt gar nicht abzuſehen. Es kann demnad), feinem Zweifel unterworfen fenn, daß beyde in der Berechnung ihrer Zeiten dem Monde gefolgt ſind und deswegen eben

ihren Tag von der Nacht angefangen , auch nach den Nächten gerechnet haben. Von der legten Geo wohnheit find noch einige Spuren in der engliſchen Sprache übrig ; da die Englånder im gemeinen les ben eine Woche durch eine Zeit von ſieben nachs ten , und zwo Wochen oder vierzehn Tage durch eis

ne Zeit von vierzehn 17ådyren , ausdrücken : gleichwie man in den alten Liedern der Dånen e) ſie ebenfalls findet. Allein wenn ſie ſich ſchon nach

dem Monde gerichtet haben : fo darf doch hieraus nicht die Folge gezogen werden , daß fie ein bloßes Mondjahr gehabt haben ſollten . Die verſchiednien

Jahrszeiten und die damit verknüpften Veränderun. gen auf dem Erdboden, welche von dem Sonnenjah. re abbangen . , nöthigen beynahe alle Völker , die Augen aufzuthun, und die ro ordentlich wiederkehren.

de Zeiten des Sonnenlaufs zu unterſcheiden: fo daß mau dem Cenſorin f) wohl zutrauen darf, er habe es aus guten Nachrichten geſchrieben

daß alle

Vélker ,bey der großen Verſchiedenheit ihrer Jah. re , dieſelben nach dem einzigen wahren und natürlis

dhen Jahre , welches das Sonnenjahr fenn muß , zu ändern und zu verbeſſern geſucht haben .

Es iſt

nicht nöthig , mit Scaligern g ), und denen die iśm gefolgt e) Guil. Lang. Lib. I. p. 26. conf. Acgid. Strauchii dia,

chronol. de computo vet. Germ. J. 6. f) De die nat. C. 20, oder C. 7. p.32, edit. Ald.

g) De emend. temp. Lib. II, p. 109 fq.

hiftoriſche Zeitrechnung.

669

gefolgt find h) , die Ebbe und Fluch des Meeres zu

Hülfe zu rufen : da man feine ausdrückliche Zeugo niſſe findet , daß dieſe alten Bölfer diefelben zur Eina richtung iþres Jahres beobachtet håtten ; und die Springfuchen auch nicht allenthalben merklich ſind. Iſt es nicht genug , daß die Sonne durd den ora i dentlichen Wedſel der Jahrszeiten eine augenſcheins fiche Richtſanur giebt ? Wie kann man ſich vorſtel.

len , daß gange Völfer gegen ein fo Belles licht blind geweſen feyn ſollten : wenn man nid)t durch ausdrücke

liche Zeugniſſe verſichert iſt, daß Überglaube oder ane dere Urſachen fie abgehalten baben , es ſich nicht zu

Nuße zu machen ? Aus des Plinius Nachricht, die id) kurz vorher mitgetheilt habe, daß die Gallier alle. mal nach dreyßig Jahren das große Fabr oder Saes culum angefangen , iſt weder für ein Mondjahr, noch für ein Sonnenjahr etwas mit Gewißheit zu fdhließen. Es können febr viele Urſachen Platz fina den , warum ſie einen ſolchen Jahrkreis angenom . men haben ; wie Petad i) ſehr wohl erinnert bat : uns iſt unbekannt geblieben , was für eine es eigent.

lich geweſen ſeyn möge. Alles , was wir als gewiß bezeugt finden , iſt, daß ſie ſo mohl, als die Germa.

nier , Monate und Jahre gehabt, und in Anſehung dieſer benden Zeiteinspeilungen ſich viel nach dem Monde gerichtet haben : indem ſie , wie Plinius ſagt , nicht die Monate allein , fondern auch die Jahre von dem fediſten Tage des neuen Mondlid )» tes anfingen. Eine wahrſcheinliche Muthmaßung, und nicyts mehr , iſt es , daß ſie ihre Jahre durch Beobachtung der Fahrszeiten mit dem Sonnenjaþre in Uebereinſtimmung zu halten geſucht haben . Nach h) 3. B. Strauch in der angef. diff. de computo veter, German. §. 12. i) Dc doctr. temp. Lib. II. C. 70. p. 232.

670

Die zwote Abtheilung,

Nach der eben gedachten Stelle aus dem Plinis us war der fechſte Tag des neuen Mondlichtes der

Anfang ihrer Monate ſo wohl , als ikrer Jahre. Aber warum , fragt man , war es eben der ſechſte Tag ? Soll man mit Wilhelm langen k) die Ura ſadze darinn fichen , daß zu derſelben Zeit das Monde

>

licht allen offenbar erſchien ? Das mußte es ja ſchon vorher, tvenigſtens am zwetten Tage, eben ſo gut thun. Wenn man dieſem Schriftſteller auch zuglebe , daß die älteſten Volfer , und unter denſelben namentlich

die Germanier und Gallier , ihre Monate nach den Lichtserfcheinungen des Mondes eingeridtet haben : fo iſt doch daraus nicht begreiflich, warum ſie ihre Moa nate und Jahre nicht vielmehr mit dem neuen Lichte Felbſt, als mit dem ſed)ſlen Eage darnach angefangen

haben ſollten. Der von işm beygefügte Grund, daß et deswegen geſchehen fern möchte, weil der ſechſte Lag die mittlere Zeit der Zuſammenkunft des Mon. des mit der Sonne fen, iſt nicht fehr verfåndlich,

und trifft, fo weit er noch einen Verſtand haben kann

nicht zli. Soll er etwas bedeuten : ſo muß er ſo fo viel zeißen , daß der fecifte Tag des neuen lichtes bie mittlere Zeit zwiſchen der Zuſammenfunft und der

darauf folgenden Entgezenſiķung beider großen licha ter fey .

Allein das iſt nicht richtig : Denn der Voll.

mond , wann der Mond der Sonne entgegengeſeßt ift, fålle nid)t auf den zwölften ſondern auf der viers zehnten Tag nach dem Neumonde , oder der Zuſamte menfunft. Will man alſo lieber mit Philipp Ilus vern l), dem Stragd, in ) Verfall giebt , die Ur. Peche dieſer Gewohnheit von der Schöpfung des Mens fdren am ſechſten Tage berleiten ? Dieß hat einige Wahre k) De annis Chrifti Lib. I. C. 12. p. 146. 1) Germ , antiqu. Lib . I. C. 32 , p. 224.

m) In der angef. dift. de comp. vet. Germ.f. IL

Hiſtoriſche Zeitrechnurrg.

671 Wahrſcheinlichkeit. Aus dem Ovid n) ſieht man , 1

daß ſich etwas von der Schöpfungsgeſchid)te unter den Heiden erhalten hatte. Nadıdem die andern lebendigen Geſchöpfe im Himmel , im Waſſer, auf der Erde und in der Luft da geweſen wären , fdyreibt kk , båtce noch ein lebendiges Geſchöpfe gefehlt, das verehrungswürdiger und eines Hoben Verſtandes få . higer wäre, als die übrigen Thiere , und über dies ſelben Herrſchen könnte: deswegen fey der Menſch ent ſtanden zc. Man kann es daher nicht ſchlechterdings für unglaublich erklären , daß unter den alten Gallia

ern eine Leberlieferung von der Schöpfung des Mens

chen am ſechſten Tage geweſen ſei . Vielleicht hat dieſe noch den Zuſak geħabt, daß eben der Tag der

ſechſte des neuen lichtes geweſen wäre : wiemündliche Ueberlieferungen gemeiniglich an der einen Seite et. was zu viel , an der andern etwas zu wenig,

fortzupflanzen pflegen. Wem dieß, als eine wahr. ſcheinliche Muthmaßung , nicht gefällt , der muß entweder bekennen , daß wir die Ursache nicht wiſſen können , weil ſie uns nicht gemeldet iſt: ober

des Plinius Zeugniß verwerfen . Scaligers Era klärung iſt in der That ſo gut , als wenn er das lekte gethan fåtte: da er meint, Plinius habe ſich dadurch,

daß die Gallier ihre Geſchäfte mit dem fediften Tage des neuen lidtes anzufangen gewohnt geweſen wären, irre machen laſſen , und auf den Anfang ihrer Monda te und Jahre gezogen , was nur von dem Anfange ilyn

rer Unternehmungen zu verſtehen ſey o). Wer vac das geſagt ? Und wie darf man Zeugniſſe ſo wille

führlich åndern ? Die vermeinte Unwahrſcheinlichkeit der pliniſchen Nadzricht giebt dazu nicht Grund ge. nug

3

n) Metamorph. Lib. I. v. 72-78 . b ) De emendat. temp. Lib. II. p. 172.

1

672 Die zwote Abtheilung, nug : denr es iſt vieles, was man får unwahrſcheine lich halten möchte, durch die Geſchic ;te unleugbar be .

zeugt. Inzwiſdyen iſt man auch nicht befugt, diefo Nachricht für allzu allgemein anzunehmen. Sie bee trifft ausdrůdlich nur die Gallier: und ſelbſt in Ane fehung diefer kann man nicht dafür ſtehn , ob fich nicht unter ihnen eine Verſdhiedenheit hierinn gefun . den Habe. Iſt gleich den Germantern vieles in it. ren Anordnungen und Gebrauchen mit den Galliern gemein geweſen : ſo darf man doch dieſe Gemeinſchaft weder auf alle einzelne Bolfer , noch auf alle Stücke

der Einrichtungen, ziehen . Es mögen etwa einige von den nächſten Nadbarn der Gallier ſich hierinn

nach ihnen gerichtet haben : aber von dem größten Theile der Germanier iſt es wahrſcheinlicher, daß ſie

ihre Nonate und Jahre von dem Neumonde ange. fangen haben ; indem nicht zu vermuthen iſt, daß, da fie, nach der oben angeführten Stelle aus dem Lacitus, +

die Neu , und Vollmonde für die glücklichſte Zeit hielten , Geſchäfte anzufangen , fie nicht auch eine von dieſen glücklichſten Zeiten zum Anfange des Jah. res gewählt Haben follten.

Nichts mehr, als einige Wahrſcheinlichkeiten,

Hat man wiederum zum Leitfaden, wenn man unter. ſucht, in welche Fahrszeit der Anfang des Jahres bey den Galliern und Germaniern gefekt genveſen ſey.

Scaliger p) Hat die Herbſtgleiche für den Anfang des vermeinten Zeitfreifes der Germanier von neun .

zehn Jahren angenommen : weil Plinius bezeugt 9 ), daß die Fluthen um dieſelbe Zeit am ftårfſten ſinb; und er felber geglaubt hat , daß ſie ſich bey iþrem

Jahre vornehmlich nach den Springfluthen um die

Tages und Nacht Gleiche ſo wohl im Früßlinge, als im

P) L. c.p. 170

q) Lib. II. C. 97.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

673

im Herbſte, gerichtet hätten. Allein den neunzehn. jährigen Zeitfreis der Germanier bauet er bloß auf die oben mitgetheilte Nachricht Diodors des Sis

ciliers von den Hoperboreern : und die Meinung von der Einrichtung des Jahres nach den Springflu

then hat keine Zeugniſſe für rid ); auch können die Springfluchen , weil ſie nicht allenthalben merklich ſind , zu keiner allgemeinen Vorſchrift bey dem Jah. re gedient haben , ob gleich denken iſt, daß diejenigen merklid, geweſen ſind , ſich benſelben eben ſo wohl , als

natürlicher Weiſe zu ge. Völker , denen ſie ſehr in einigen Stücken nach nach andern natürlichen

- und faſt ordentlich wiederkehrenden Veränderungen, geriditet haben werden . Er giebt außer dem zu, daß ſie ihr bürgerliches Jahr um die Zeit der Winter. wende anfingen. In der That findet man die meh.

reſte Wahrſcheinlichkeit, dieſe Zeit für den Anfang ihres Jahres überhaupt anzuſehn . Sie nannten die Nacht der Winterwende toedraned) : oder die Mutter aller Nächte r). Nun rechneten ſie und die

Gallier, wie wir aus dem Caeſar und Tacitus ge. fehn haben , ihre Zeiten nach den Nachren , und nicht nach den Tagen. Muß man daher nicht von ſelbſt auf die Gedanken gerathen , daß ben. de auch dieſe erſte und vornelmſte Nacht zu dem Anfange ihres Jahres gemacht haben were den ? Die Germanier nannten ferner die benden Monate , wovon der eine vor der Winterwende

vorherging , der andre auf dieſelbe folgte, Giuli, von der Sonnenwende zur Verlängerung der Tage, wie Beda s) will , oder von der Wendung oder dem

Wechſel des Jahres , wie es Straud, t) erklärt. Nach r ) Beda de rat. temp. C. 13. $ ) L c.

t) Diff, cit. Q. 20.

1. Tbeil.

Uu

674

Die zivote Abthcilung,

Nach der erſten Erklärung iſt nichts mehr zu unſrent Behufe daraus zu nehmen , als die nicht gar ftarfe Vermuthung, doß, weil ſie unter allen Monaten, wie die Namen derfelben am gewöhnlid ten umd wahr.

fcheinlidiften ausgedeutet werden, dieſe beyden atieine von dem Laufe der Sonne genannt haben , und von dieſem das Jahr eigentlich abhångty fie ihr Jahr wohl um dicjelbe Zeit angefangen haben mügen : die

antre giebt etwas mehr Wakrfdeinlichkeit. Feroch kann man ſich weiter darauf berufen , daß ſie , wo nicht alle, wenigſtens die nordlichen , um die Zeit dec

Wintertrende ihre Fenerlichſten Jafropfer zu bringen und von den Górcern cin glückliches Jahr zu erbitton

pflegten v). Endlid, nimmt man noch zu Külfe, daß Tacitus in der ziroten Stelle , die ich oben benger brad)t habe , unter den Jahrszeiten , welche die Ger. manier erkannten , den Winter zuerſt nennt, und das durd) anzuteuten ſcheint, daß fie von demſelben ihe Jahr anfingen : wie auch , daß die nordiſchen Vol.

ker , vermuthlich deswegen , weil der Winter bey ilys nen der erſte Theil des Jahres war , die Jahre nach den Wintern zu záblen , und, . V. anſtatt ſieben

Jahre , ficven Winter zu ſagen gemont waren ; mos von nian in ihren alten Liedern Epuren findet x.).

Es iſt wahr , dieſe legten Vermutlungen ſind zien. lich ſchwac ): alicin , da die andern Umſtånde eine

gute Wahrſcheinlichkeit geben ; ſo zeigen die lektern wenigſtens , wie gut ſich alle Umſtände zu diefer Meis Aung fchicken .

ihrer Eintheilung des Jahres Haben wir gu

te Nacıricht. Sie unterſchieden, nad) der Anleitung, wel.

v) Ioh. Vaſtorius in praefat. ad vitem Aquiloniam oder vitas Sanctorum regni Sueo - Gothici , ct Dithmarus

in Chronic. Martisb. apud Strauch. diff. cit. 8. 13 , conf. g. 20 .

x) Langius de ann, Chr. p. 27; Strauch, diff. cit. J. 20.,

hiſtoriſche Zeitrechnung.

675

welche die Natur dazu giebt , die fenntlichſten Jah : reszeiten. Tacitus bezeugt es in der zworen von den oben angefülrten Stellen mit klaren Worten von den Germaniern : und von dieſen darf inan hierinn , mit Einräumung einiges Unterſchiedes, woul auf die Gals fier ſchließen. Er meldet aber , daß ſie nichts von

Dem Herbite wußten , ſondern nur Winter , Frisling und Sommer erkanntert. Eine ſehr glaubliche N.chs richt! Denn der größte Theil der Germonier wohne te fo weit gegen Norden , daß die in mitraglidiern Ger

genden gelinde Herbſtlufc ben ihnen fd on rauhe und wintermäßig fenn mußil. Daher iſt ſie billig von dem größten Theile anzunehmen. Die Gallicr yin gegen und vermuchlich auch diejenigen Germanier, welche ihre Wohnungen weiter gegen Mittag hatten, unterſchieden auch den zerbft. Von der Galliern iſt es mit Redste daraus zu ſchließen , daß Tacitus die Germanier in dieſem Siücfe den anderu Volkern ausdrücklich, entgegengeſikt; indem er fagt, fie theilten Das Jahr nicht in ſo viele Zeiten ein , als andre : und von den mitraglid)en Germaniern kam man rs , wegen

ihrer Nachbarſchaft mit den Galliern und des nature licher Weiſe bene inen merfiidxu Unterſchiedes zwi.

fchen dem Herbſte und Winter, vermuthen. Es kann hiermit wohl beſtehen , daß fie, nad, des Heda Beridite y) , das Jahr vorneậmlich in zwo Zeiten , in den Winter und Sommer, abtheilten. Der Wine ter ſchließt den Herbſt ben denen , welchen er nicht ganz unbekannt geweſen iſt , und der Sommer den }

+

Frühling, bende als ihre Vorläufer, ein. Weswe. gen ſchon 1 B. 101. VIII. 22, nach der gewöhna

lichſten Erklärung , nur der Sommer und Winter,

als die beyden Hauptjahrszeiten , für alle gelegt $

werden . นน 2 y ) L. cit.

Eine

676

Dic zivote Abthcilung,

Eine weitere Einteilung ihrer Jahre waren uns ſtreitig die Monate.

Hierinn ſtimmen alle oft ero

wähnten Zeugniſſe überein. Allein die wahre lange ihrer Monate kann man eben ſo wenig beſtimmen, als man im Stande iſt , mit Gewißheit zu encſchei den , ob ſie Schaltınonate gehabt haben , oder nidit. Aus dem großen Jahre , den Zeitbegriffe von dien,

Big Jahren bey den Galliern , wovon Plinius res det , und dem vermeinten neunzehnjährigen Kreiſe ben den Germaniern , iſt nichts abzuvchmen : wie ich

fchon im Vorhergehenden angemerkt habe. Die al. ten Napien der Monate ber einigen von den Ger. maniern , ſonderlich den Sachſen und den benachbar.

ten Völkern , hat uns Beda z) mitgetheilt; ob gleich weder die Zeit , in welche ihr Alterthum reiche, nod) ihre Bedeutung in allen Stücken , ſich genau und ungezweifelt augmadien läßt. So weit die Wahrſcheinlidkeit reicht, daß fie ihr Jahr um die Winterwende angefangen Qaben

eben lo weit mus

es gelten , daß der Giuli, das iſt , dei Bendemo. nat , und zwar derjenige, der mit dem lcien Theile unſres Decembers und dem größten Theile unſers Tenners übereinfam , ihr erſter Monar geweſen iſt. Aus der Vergleichung dieſes enjten aber mit den unfri. gen kann man von ſelbſt urtheilen , mit was fürMo. naten von den unter uns gewöhnlichen die übrigen

žujammentrafen. Es iſt alſo nicht nöthig , mehr, 1

als ihre Namen nach ihrer Ordnung, hier auzufüha ren .

Der zireyte "vieß Solmon.t, weil die Son. ne lidh iſnen in demſelben merklicher zu nähern anfing ; der dritte , Gremonat oder Reihmonar, am wahrſcheinid);ten von den Zubereitungen , weld:eman um dieſe Zeit zu den Schiffarthen madite ; der viers

te , ſturmoit oder Eoſturmonat, von der Gót.

2) Ibid. conf. Strauch , dill, cit. 9. 13-17.

Bifforiſche Zeitrechnung.

677

Góttinn. Boſtre, welcher in demſelben iħr Feſt be. gangen wurde ; der fünfte Trimulci oder Dri ,

milchi, von der Wildt) , die man dann drenmal des Tages von den Heerden bekam ; der ſectiſie und

ſiebende bryde Lida von der gelinden und heitern luft oder der guten Schiffbarkeit der Meere ; der achte, Vcodononat oder Wendenmonat von dem bäufigen Unfraute , oder Weideninonat von dem Wildprerfange; der neunte, Galegmonas, das iſt, der heilige Monat ; der zehnte, Wing

terfyllet, von dem Winter und dem Vollmonde; der eilfre , Blormonat, das iſt, der Opfermonat, weil ſie in demſilven das Vich , welches. ſie [dilacheena wollten , ihren Göttern weibeten ; und der zwölfte,

Giuli, das iſt der Wendemonat, wie der erſte, weil er bis an die Winterwoende und das Ende des Jah . res reicire, gleichwie der erſte Monat davon feinen

Anfang nahm. Will man auf des Beda a) Zeug niß , welches gleichwohl nicht von allen , noch auch

von den älteſten Zeiten gültig fenn kann, den Germa niern. Schaltmonote beylegen : ſo war es nach deſſel.

ben Berichte ein dritter Lida , der nach dem ſieben , den Monate dem Sommer zugefekt wurde; und ein 1

1

folches Schaltjahr hieß . deswegen Trilidi.

Eine

genaue Einchaltung nach den Regeln der Sternfun . te kann man den áltern gewiß nicht zutrauen ; da . Tacitus b) von ihnen berichtet , daß ſie von den

Geheimniſſen der Wiſſenſdiaften nichts wußten ; vb . man ibnen gleich deswegen nid)t alle Erkenntniß ab. fprechen , ſondern gar. wohi glauben Darf , daß ſie

auch ihr Jahr, wie ihre übrigen Einrichtungen, auf 11

gewiſſe Are , wenigſtens nach den Jahreseiten , in. Ordnung gehalten haben. 34 Carlo des Großen llu 3

a) de rat, tempor. C. 13.

b) de norib. Germ . C. 19.

Zela

698

Die zwote Abtheilung,

1

Zeiten warð unter den von ihm überwoundnen Deut. ſdhen in vielen Stücken , und unter andern audy in

den Namen der Monate, eine Aenderung gemacht. De fibe, ſchreibt Eginhard c) , gab den Monaten Namen nach der Landesſprache: da ſie vor der Zeit bey den Franfen theils lateiniſche, theils barbariſche

Benenningen hatten.

In diefer Nachricht findet

man , cs benläufig zu erinnern, zugleich eine Beſtats tigung von dem , was oben geſagt ift, daß nicht ben allen Völkern von den Germaniern einerley Ramen 1

Der Monate gebräud;lich geweſen find. Die neuen aber , welche ſie auf des gedachten Kaiſers Verorda

nung bekamen , waren nach ihrer bey und gewöhnlie chen Folge vom Jenner an : Winterinonet, ben

andern Windermanoth ; fornung ; Lenzmoner,

ben andern Lenzinmanoth ; Ojiermoner, bey andern Oſtarinanoth ; Wunnemonet , von Wonne oder Freude; Bradmoner; ýeumonet , bory andern Heuinmanoth ; Arnmonet, bey antern Urana manoin ; Berbſimonet , ben andern Witumaneth

vom Sårn ; Weininonet, beij andern Windruma: noch ; Windmonet ; und Geiliginonct. 06 die kleinere Eincheilung des Jahres in Wor chen bey den Galliern und Germaniern vor Chriſti

Geburt üblich geweſen ſer , iſt zweifelhaft. Wena man dem Dio paßius d) glauben will : fo find die Namen der Wochentage nach den Frrſternen

nicht lange vor ſeiner Zeit in den abendländiſchen Ges genden befant geworden , damals aber, als er ſchrieb, von allen andern fo wohl, als von den Römern , folge lich auch von den Galliern und Germaniern , und

mit dieſen Namen nothwendiger Weiſe die Unterſcheis dung

c) In vita Caroli M. C. 29. p. 132 ſqq., ex edit. Joh . Herm. Schminck .

d) Hift. Rom. Lib . XXXVII. p . 37.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

679

bung der Wochen , angenommen geweſen . Da er aber bloß von der Gewohnheit der Benennung reder : fo ſcheint es ungewiß , ob man ſchließen ſolle, daß er

dabei die Einiheilung in Woden ais cine vorher bea kannte Sache vorausſcke , oder ob man vielmehr Gea

denken iniſie , daß mit dem Namen der Wochentage auch die Eintheilung ſelbſt in dieſen (åndern ſolange unbekannt geweſen ſeiz. Jacuch , weil diefe Benen

nungen bey can Morgenlandern ziemlich ale find, und nicht anders zu vermuthen iſt, als daß die Abendián. der, wenn ſie von jenen die Eintheilung in Wodien gelernt und unter ſich benbeşalren hacten, auch die Nas men der Tage nicht leidyt vergoffen habenwürden : to kömmt es mir wahrfcheinlicher vor , daß der Oes ſayid;tſchreiber zugleid) von der Geivohnheit, die Jah le in Woden zu theilen, als einer nid )t lange bekanne ten Sade , zu verſtehen fer . Zivar kann man ant

der andern Geite ſagen, die abendländiſden und nors diſchen Völket håtten dieſe Einheilung nid)t von den Morgenlandern erft , nachdem die Tamen Der Wo djentage eingefiørt: gewefen ., Fondern von ihren er:

ften. Stammvåtern durch eine befiändige Fortpfian. zung bekommen : allein dieß it fd)wer ju behaupten , da man in den Beſchichtſdyreibern nicht die geringſte Spur davon antrifft. Es mag alſo in dielem Stů.

cfe bey der geäußerten Muthmaßung ſo langebleiben , bis man etwas beßres finde. Wir wollen zu dein Gewiſſern geha .

Dio. Cafius lehrt uns in der

angezognen Stelle ficher genug, da die Eintheilung der Wochen bey den Galliern und Germaniern ſchan

vor iprer Bekehrung befannt geweſen ift ; wodurá) darjenige , was ich oben S. 266 , 267, von der Wic .

dereinführung der Wochen erſt nach der Ausbreitung

der chriilichen Lehre aus dem Scaliger angemerke habe, eine rahere Beſtimmung erhålla Belmolo e) uu.4

gebenfé e) Hift. Slavor. C. 83. ol er 84 , in Leibnitii şi ristmas Brunsvic . T II. p. 606.

680

Die zwote Abtheilung,

gedenft auch eines fenerlichen Gerichtes unter den heidniſchen Slaven, das allemal am zweyten Tage in der Woche gehalten ward , und beſtåtrigt dadurch eben

daſſelbe: ob er gleich von weit neuern Zeiren redet, als wir dem Dio Caßius zu Folge anzunehmen Urſache haben. Auf die Namen der Wochentage bey den alten Deutſdien und nerdiſden Volfern , die

von iþren vermeinten Gorcheiten hergenommen ſind, kann man ſich auch wohl berufen. Denn dieſe ſind ben Tagen zirar nicht vornehmlich deswegen benges legt , weil ſie folde Gottheiten verehrten ; ſondern weil ſie ihnen von den andern Völkern fo überliefert wurden : aber da ſie nicht die fremten Namen be.

halten , ſondern ſie rach ihrer Landesſprache vera

åndert haben ; ſu iſt viel wahrſcheinlicher zu geden. fen, daß dieß darum geſdiehen ſen, weil ſie unter fol.

chen Benennungen den Wars, Merkur, Jupis ter, die Venus und den Saturn, außer der Sons ne und dem Monde, noch verehrten, als daß es bloß daher gekommen ſeyn ſollte, wie etwa jemanden eins fallen fónnte , weil die eben gedachten Gottheiten bery ihren beidniſchen Voráltern in ihrer Sprate ſo geo nannt geweſen waren. niſchen Namen

Ein andres iſt es , die heid.

nachdemn ſie einmal allgemein

eingeführt ſind . , als eine bloß bürgerliche und mit

dem Gottesdienſte nicht verbundne Sache, bey der

Annehmung des Chriſtenthums zur Vermeidung der Unordnung behalten ; mie in den folgenden Zeiten geſchehen iſt : ein andres , diefelben zu der Zeit , da fie erſt eingeführt werden ſollen , nach der heidniſchen Weiſe, bloß mit einer Verfdierenheit der Sprache,

ausgedrückt annehmeri. Es hießen aber die ſieben Tage derfelben nach dem erſten dem Suntag , der von der Sonne , und dem zwenten , der von den

Monde benannt war , Tuisdigt , oder syfdag oder Thuifdag , von ihrem Gößen Tulio orer

Sies, unſer Dienſtag; Vodenstag oder Wodanss tag,

hiſtoriſche Zeitrech!!ung.

681

tag , von ihrem Abgotte , Wodan , oder Gwos dan , oder Øivoran , unfre Mittwode; Thorfa

dag , von ihrem Gotte Thoron oder Thor , unfer Donnerſtag; Frigedag, von ihrer Górtinn Friga oder Freyga , wofür einige Fricco legen , unter Freytag ; und Saterdag , von ihrem Oogen Sures

ter, unſer Sonnabend f ). In Engliſdien, Sdwes diſchen und Däniſchen haben ſich dieſe Nimen noch mit weniger Verånderung erſalten . Nun hatten ſie die Benennung der Wochentage von andern Vila

kern bekommen , welche den Dienſtag Marstag,

die Mittwoche Perfurstag , den Donnerſta ? Jus piterstag, den Frentag Venustag , den Sonn. abend Satiriistag nannten . Es iſt au t)aus dem Tacitus g) zuverlaßig genug , daz die Germanier

den Werfur, Herkules , tars , und die Iſis verehrten : und die Mühe und Sorgfalt, welche dies fer Sdirifſteller angewandt hat , gute Nachrichten von ihnen zu bekommen , geben einen guten Grund,

ihm hierinn mehr , als dem Julius Caeſar , zu trauen , ter ſid) entweder geirrt , oder von einem 1

fleinen ihm damals allein bekannten Theile gee redet haben muß , wenn er ſchreibt li) , daß fie bloß

die Sonne , den Vulkin und den nyond für Götter hielten , von den übrigen aber nicht einmal et.

was gehört þåtten. Ueber dieß beſtåttigen des Taci: tus Nadhricht die ſpårern Geſchiditſchreiber Paul 1

Wanefried oder Winfried , ſonſt Paulus Dias konus genannt i) , Gottfried von Viterbo k), llu 5

und

f) Richard. Verſtegan , Antiquit. Angl. apud Olaum Wormium monum . Danic. Lib. I. C. 4. Conf. Strauch, diſ . cit. Q. 8. g) De morib. Germ . C. 9. h ) De bello Gall. Lib. VI. C. 21.

i) Hift. Longobard. C. 8. fol. 2.

k) Chronic, ſ. Panth . P. XVII, in Piſtorii Script, hift, Germ , T. II. p. 446.

682

Die zivote Abtheilung ,

und Siffrid oder Sigfrid I) , welche für eine aus . gemachte Sache berichten , daß unter den Namen

Wodan , Wotarz, Givooan , Gwotan und Gorban ben ihnen der Verkur verehrt worden it.

Muß man es alſo nicht fire hodili glaublich erfenineir,

daß fie unter dein Tuiſco den Hars , unter dem Wodan den Merkur , unter dem Thor den J12% piter, unter der Friga die Venus, und unter dem Sacter den Saturn, noch damals angebetet haben, als ſie den Wochentagen dieſe Namen gaben ? Wao. um hätten ſie ſonſt vie von andern Volfern empfan.

genen: Nanien in die vorher angeführten verwandeln follen ? Jit es aber nicht mehr als wahrſcheinlich, daß, wie ſie den erſten und zwer;ten Tage der Wocher ihren Namen von der Sonne und dem Monde gelap fen , ſie auch der übrigen , mit bloßer Veränderung nach igrer Sprache , die ihnen einmal zugetheilten Namen gelaffen haben werden ? Und ift dich darin nicht , nach der kurz vorher gemachten Anmerkung

ein Beweis, daß ſie ſchon vor igrer Bekekrung zum Cliriſtenthume die Einteilung ia Wochen unter fich eingefüört hatten ? Dieß iſt nun alles , was ich von den alten Fale ren der abendlandiſchen und nordiſchen Volfer zu Fus

gen gehabt gabe : denn von dem römiſchen Jabre ha be ich fchon in der erſten Abobycilung gehandelt; und von dem Jahre der åltern Einwohner Italiens weiß man nichts mehr , als was fid) aus den oben angeſtellten Betradytungen verimutzen läßt. Sh will daher nur noch dieß einzige berühren , daß lidh bey denfelben noch weniger, als ben, den andern Vo!, fern , eine Spur von dem vermeinten älteſten Jahve von 360 Tagen gezeigt hat. S. 13.

1) Epitom . Lib . I. ad ann. 568 de Longobardis, in Pi. ftorii Scriptorib. hist. Germ . T. I. p. 683.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

693

§. 13.

Nachdem ich bisher die Beſchaffenheit des juh .

res bey den verſchiednen Völfern mit ſo vieler Sorg falt, als möglich gewefen iſt, unterſuche, ins befon . dre aber mit hinlänglicher Zuverlåßigkeit die Befbafo . fenheit des Jafres , welches bey der elteſten Zeitrech . nung , Oer bibliſchen , zum Grunde gelegt iſt, feſte geregt habe ;, und aus allen angeſtellten Betrachtun .

gen erhellt , daß bey keinem einzigen Volfe , wovon wir etwas wiſſen , in den ältern Zeiten das Sonnen .

jahr aus der Acht gelaſſen , ſondern vielmehr beſtån . dig eine Uebereinſtimmung des bürgerlichen Jahres mit dem Sonnenjalzre geſucht worden iſt : ſo kann ich

nunmehr die Zeitrechnung ſelbſt deſto ſicherer verfol.

gen. Es iſt unlåugbar , daß die ålreite Zeitrechnung nur allein in den Heiligen Büchern unfrer Offenbarung zuverläßig fey : aber die Abweichung der ſamaritanis

ſchen fünf Bücher Moſis ſo wohl, als der griechis ſchen Ueberſetzung durch die ſiebzig Dolmetſcher, von der hebräiſchen Urſdrift , yat dem einge . ſchránften Verſande der Menſchen Anlaß gegeben, es ſtreitig zu machen , ob man in der bibliſchen Zeit:

rechnung nicht vielmehr der famuritaniſden , oder

dergriechiſden , als der hebräiſition , folgen müſſe. lind der jüdiſche Geſchichtſchreiber, Joſephus, hat dadurch), daß er in vielen Stücken die griechiſche Zeit. rechnung gewählt hat , die Jerungen noch vermehrt. Die verſchiednen Vorſtellungen , nach welchen man dieſe Abweichung beurtheilt hat , haben verurſachet, daß alle dieſe verſchiednien Zeitrechnungen unter dem Namen der bibliſchen ihre Vertheidiger gefunden Haben . Unter foldeen Vorſtellungen iſt ben senen , die von der Gebräiſchen abgegangen ſind, die erſte and

vornehmſte , meiner Einficht nach , dieſe geweſen, daß man ſich eingebildet hat , der Zeitraum von der

Sundfluth bis auf Abraþams Geburt und Berufung wers

684

Die zivote Abtheilung,

werde nach der Hebräiſchen zu kurz angelegt , als 826 er die ganze Reihe von Begebenheiten in den Zero

ſtreuungen der Volfer , und der Aufrichtung ſo wohl, als der Aufnahme der verſchiebnen Reiche, füglich begreifen , und mit der weltlitten Geſchichte, wie

man gleichwohl für nothwendig gehalten hat , vergli. chen werden könnte : denn die zeigen die vornehmſten

Beweiſe, welche man wider die Gebräiſche Zeitreda nung gebraud)t bat. Jedoch, da es einem jeden ein. leudsten muß , daß es , diefer vermeinten Schwierig,

frit ungead tet, aliemal bart fenn würde, die ſamas

ritaniſche oder griechiſcheZeitrechnung vorzuziehn, wenn die hebräiſite allein ein vorzügliches Anſchn für ſich hätte : ſo iſt man genochigt geweſen , dieſe

Vorſtellung dadurch zu unterſtüßen , daß man ſich eingebildet Hat, die bebräiſdie Urſdrift, die ſamas ritaniſchen Bücher Moſis und die Ueberlegung der ſo genannten Siebziger waren drer Hauptarren von Abſchriften eines gleichen Anfehns , und man hát: te daher die Freyheit, in einem jeden Falle diejenige den andern vorzuziehen , welche dabey von andern Gründen die beſten für ſich zu baben ſchiene. Das

fchon Afrikan , aus dieſem Eufebius, und aus beyden Synccllus in ), vorgebracht haben, in dem Zeitraunie von der Sdópfung bis zur Sundfluth die Zeitrechnung der 70 Dollmetider , und in dem Zeit. laufe von der Sundfluth bis auf Abraham zugleich mit eben der griechyiſd en die famaritaniſche Zeitrech

nung zu behaupten , iſt von beiden falſchen Vorſtel. lungen Beweiſes genug : jedocy findet man denfelben

auch neuer in denen Gedanken , die Ludwig Caps pell n ) geäußert hat , als ob man unter allen dren , 2162

m ) Chronogr. p. 88 , 89.

) In filmer Critica Sacr. wider welche der jüngere 105. Bartorf eine Anticriticaın geſchrieben bat, Lib . IV . C. 16. conf. Lib. III . C. 20, et Lib. IV. C. 1-17,

1

3

13

hiſtoriſche Zeitrechnung.

685

2bſchriften , deren Abweichungen er zu dem Ende in den unten angeführten Stellen geſammlet hat, die:

jenige allemal vorziehen mußte , die den beſten Ver. ſtand gebe. Nachdem ſo die Bahn zur Beſtreitung der hebräiſchen Urkunden aebrochen war , hat man

mit der Zeit immer mehr Echeingrůnde wider diefila be hervorgeſucht Iſak Voßius 0) Robert Cary p) und Parul Pezron q) haben im vorigen

Jahrhunderte allen Eifer angewandt, den Vorzug Der griechiſchen Zeitrechnung zu begaupten. Die Pig

maritaniſche yaben ſich unter andern Joh . Wios rin r) , und die Verfaſſer der allgemeinen Welts hiſtorie in England gefallen laſſen s ): worinn ih. nen

o) in der diff. de 70 interpretibus, eorumque trans latione et chronologia ; wie auch in dem Anbange dazu. Man ribe dabey sein Buch de vera mundi aetate.

p ) In der Palaeologia facra , a chronical account of ancient time, in three parts , London , 1677 worinn er auit P. 2 , C. 2 , ſect. 3 und C. 14 f9g. ziveen der vors

nehinten Vertbeidiger der bebräiſchen Zeitrechnung, Di onyſ Petav und Jae. uſber beſtreitet q) In der Antiquité des tems retablie et defendae con . tre les Juifs et les nouveaux Chronologiites, und der De.

fenſe de l'antiquité des tems recablie , die er dem P. martianay wider deifen Defenſe du texte hebreu & c.ent:

gegenießte : wierool die Bemühuingen des p. Mich. Le Quien in ſeiner Defenſe du texte hebren &c. und der A !n

tiquité des tems detruite, ſich vor der Arbeit des P. Mars tlanay den Vorzug erworben haben. r) Exercitat, ecclef, in vtrumque Samaritanor. Pentatein chum , wider weltbe ſo wohl als wider Cappellnrnob

von Boot vindicias pro hebraea veritate ans Licht ſieſite. s) In der Vorredezu ihrem Werke S. 104, und in dieſem felbit bin und wieder, als 149 fag. 156 , 247 fag, nach der deutſch. Ueberfegung , worinn der fel. Hr. Dr. Bauma

garten ihnen durch ſeine Anmerkungen gute Gründe ents gegengeſege bar.

686

Die ziote Abtheilung,

men Dr. Wills t) und Wilh. Whiſton v) gewif. fermaßen vorgegangen waren ; indem diefe Joſephs Zeitrechnung , ſonderlich Whiſton, nach der ſamar ritaniſchen zu verbeffern und dadurch nicht allein der eftern , wie fie ihrer Meinung nach verbeſſert werden ſollte, fondern auch der tektern , den Vorzug

zu verſchaffen gefucrt hatten.

Ob es nun gteich der

bebräiſchen an Vertheidigern , audi außer denen, die id ) als Segner von einigen der eben gedachten Schriftfteller ben Anführung ihrer Werte hier ger

nannt habe , nicht gefehlt hat ; und in der That bis, ber noch der größte Theil für fie ſtreftet : fo iſt es doch nöthig, die ſterkeſten Gründe für diefelbe hier anju .

zeigen und den vornehmſten Einwürfen ihren Schein zu beneşmen ; da in unſern Zeiten Joh. Jakſon x) die Verfälſchung der hebräiſchen 2bjdriften vollfom. men bewieſen zu qaben gemeint hat , und man in den verſo iednen Lrsarten derſelben , wovon Benjainin

Rennicott y ) vor einigen Jahren eine Sammlung zu machen angefangen und in feiner zwolen Ulýande lung t) in der Vorrede 311 Joſephs Husgabe von L'e firsnge oder dem Diſcourſe of the Chronology of Joſe phis und dem Anbange dazu. v) So wohl in dem Esſay towards reſtoring the true text of the old Teſtament, als in der Chronology of the old and the new Teſtament. Man febe rider ihn des Dr. Job . Gottlob Carpzovs vindicias criticas codi. cis facri hebraei aduerfus criminationes Wilh . Wbiſto .

ni, wovon eine weitere Ausführung in eben deſſelben Critica fac. vet. teft. P. III. fonderlich C 6 , et 8 , zu fints den iſt.

x) In den chronol. Alterthům . in dem größten beis

de feiner Vorrede und in dem Verke filoſt , S. 27-145. y) State of the printed hebrew text of the old Teſta ment conſidered , Orford 1753. (8) ; und State of the prin

ted hebrew text &c. differtation the ſecond , Oxford 2759 ( 8 ),

1

Hiſtoriſche Zcitrechnung.

687

Yeng daraus eine vorſegliche Verfälſchung des Gebräis ſchen Vortrags in manchen Stücken zu behaupten geſucht hat , einer neuen Grund wider fie zu findent glaubt.

Man kann , ohne den Vollkommenheiten Gottes,

ins beſondre feiner Weisheit und Site , zu nahe zur treten , nicht geocnfen , daß er in einer fo wid tigen Sache, wie die bibliſche Zeitrechnung iſt, eine alljes

meine Verfälſchung aller Abſchriften der hebräiſchen Hrfunden zugelaſſen Gaben ſollte. Vergebens kann er, der unendlich Weiſe , in ſeiner Offenbarung nicht eine ganze Folge der Zeitrechnung fo genau beſtimmt ha.

ben : eine Folge , womit eine Reihe der wichtigſtent Begebenheiten bis an iýr Ziel , die Zukunft des Meſa fias und die Haushaltung des neuen Bundes , in alta zertrennlicher Verbindung ſteht. Müpte es abec nicht vergedens geſchehen ſeyn: wenn ſie ſo verfälſcht wäre , daß man Wahrheit und Falſchheit nicht ſichec unterſcheiden fónnte ? Und wie wäre man dieß zu thun

4

im Stande , wenn auch nur in einigen Theilen eine allgemeine Verfåifcung vorgegangen ſeyn follte ?

Man Gåtte ja' , wenn einmal die Unrichtigkeit einiger Stücke zugeſtanden werden müſzte , keinen fidyern Grund für die Wahrheit der übrigen , und würde

fich eines Verdachtes wider diefe, bey den gering ften Anſcheine einer nöthigen Aenderung , nidit ent. halten können. Man würde alfo durd) die bibliſche

Zeitrechnung in einen Frrgarten , woraus man feie nen Ausweg fünde , geführt werden : da ſie doch nicht dazu gegeben fenn fann, Verwirrung anzuridten ; ſondern offenbar die Abſicht hat , zur Gemißbrit und Beſtårkung in der Wahrheitzu dienen . Wie ſchlecht würde mit der Zulaiting einer fu allgemeinen Vera

leitung zur Unwahrheit der ervabne Begriff, den uns Gott ſelber in ſeinem Worte von ſeiner Gů.

te giebt, beſtehen können ? An Mitteln , feine ůre

高A

1

688

Die zwete Abtheilung,

Cute in der Erşaltung und Befeſtigung der Wahrheit zu bezeigen , fann is ihm , dem eben ſo unendlich mådıigen , als wcifen Beherrſcher der ganzen Welt , nicht fehlen. Er mußte daler hier : inn nidit To núcig hcben fenn wollen , als er ſich uns in ſeiner Offenbarung dargeſtellt hat, ab. fcheuliche Getarfen ! So bundig inzwiſchen dieſer Bereis iſt : ſo muß man ſiddech an der andern

Eeite hüten , ihn nicht zu übertreiben , und deswe. gen alle verſchiedne Lesarten zu leugnen ; als ob Gort beſtändig Wunder zu thun , und allen Abſchreibern eine unmittelbare Leitung zu gönnen genöthigt gewes ſen wäre. Die weiſen Unſialten feiner beſondern

Vorſehung ſind mehr als hinreichend , dem Uebel vorzubeugen : und die Beſchaffenheit der verſchiednen Lesarten ſelbſt giebt einen klaren Beweis von dies

fer grådigen Vorſehung und ihren fråſtigen Wir. kungen .

In der That haben wir die ſtárfeſten Gründe, uns vollfommen zu siberzrugen , daß Gott in der gee treuen Bewahrung der biblijden Zeitrednung vor einer allgemeinen Verfålſchung, aut nur in dem gee ringſten Stücke, ſeine Güte und Weisheit wirklich, und kenntlich genug , bewieſen hat. Er hat ſich ein pignes Voit abgeſondert , und demſelben fein Wort,

Róm . III . 2, womit die Zeitrechnuug beſtåndig vers bunden iſt, anvertrauct. Er hat dieß Volf nicht nur durch ihre Ubrouterung , ſondern auc, durch die aufgelegten und feyerlic)ſien Verbindlid ;feiten, es hein

lig zu bewahren , und durd, die beſtändig unterhal. tene , ja immer von neuen gefårfie Svoffnung auf die Zukunft des Meßias zu der ihnen verkündigten .

Zeit , in den Stand geſckt und auf das fråftigſte angetrieben , die heiligen Bücher unverfälſcht zu'er: halten. Niemals haben auch weder der Heiland in den Tagen feines Wandels unter den Menſchen , noch ſeine

hiftoriſche Zeitrechnung.

689

ſeine Apoſtel, die Juden irgend einer Untreue in dies

fem Stücke beſchuldigt. Sie, welche denſelben das Gefek ſo wohl, als das Evangelium predigten, wür. den das gewiß nicht unterlaſſen haben : wenn ſie ure

fache dazu gefunden håtcen . Und wie Håtte Chriſtus bey einer vorausgefeßten Verfälſchung der Urſchrift fo oft, wie unter andern, Luk. XVI.29, Joh. V , 39, ſchlechterdings auf die Schrift verweiſen können ? Wie hätte Paulus in der eben angeführten Stelle es den Juden als einenwahren Vorzug anrechnen fóna nen , daß ibnen die Offenbarungen Gottes anvertrau . et wåren : wenn ſie dieſelben verderbt, und dadurch den Vorzug in ein ſtrafbares Verbrechen zu ihrem des fto größern Unheile verkehrt gehabt håtten ? Was efa nige von ihnen ben der griechiſchen Leberfeßung aus unnůker Klügeley gethan Haben möchten , das konne te dem ganzen Bolfe nicht beygemeſſen werden : nicht die Ueberſebung , fondern die Urſchrift iſt die Richte fchnur. Es iſt demnach gewiß , daß die Urkunden

der heiligen Bücher bis auf die Zeiten des Heilandes und feiner Apoſtel uyderfälſcht geblieben waren : ſo

groß auch die Zerrüttung des jüdiſchen Staates unter Antiocyus dein Edlen und feinen Nachfolgern

gewefen fenn mag, und fo viele Hebräiſche Abſchriftext auch damals verbrannt ſeyn mögen ; worauf man ſich

ohne Urſache wider die Richtigkeit der Uifdhrift bee ruft z). Sr. Rennicort a) meint zwar , es ſey in dieſem Beweiſe fein richtiger Schluß : es wåre die

Verfälſchung bloß aus Verfehn der Abſchreiber gea fchehn und daher allein der menſchlichen Schwach . heit beyjumeſſen geweſen , welche Chriſtus nicht zu

beſtrafen Urſache gehabt habe; auch wären die bebrais Topen z ) Cappell. Crit, facr. Lib.IV.C.16. p. 302. a ) In der zten Ubbandi. Cap. IV . S. 349 . I Theil.

车 ;

690

Die zwote Abtheilung,

ſchen Abſchriften dantis noch weniger verberbt gewe. fen , und da nicht einmal zu unſern Zeiten die fehler

þafteſten Handſchriften irgend ein widytiges Stück der 1

Sekre oder der Pflichten entfråfteten, Vårten jene, die in den wichtigern Stücken des Gefeßes vollkommen richtig geblieben waren, fein Gegenſtand einer gött.

lichen Beſtrafung fenn mögen ; ja endlich würde Chriſtus den Juden , wenn er ſie ſo beſtraft hätte, nur Gelegenheit gegeben haben, zu fagen , daß er ihre

Bibel tadelte, weil ſie feinen Abſichten nicht gemäß wäre , und daß er ſich wohl auf Mofes und die Pro. pheten beriefe, aber feinen Anſpruch nicht behaupten könnte, ohne ihre Styriften zu verändern. Allein, es iſt ein großer Unterſchied zwiſchen Schreibfehlern

aus menſchlicher Schwadiheitund zwiſchen einer Vers fälſchung. Dieß Wort iſt in der That zu Hart , die Abweichungen verſchiedner Lesarten , die entweder gar geringe Kleinigkeiten betreffen, oder bei einer forafal.

tigen Beurtheilung die Wabrleit nidit verfinfiern können, damit zu bezeichnen. Hier iſt von einer vor. feblichen Verfälſchung die Rede : und Hr. Renni, cort ſucht ja ſelber den Juden eine folche, in dem gan .

zen iren Gauptſäcke von den famcriraniſchen fünf Bůdyern Mofis , in ſeiner zuvoren 26 handlung, benzumeſſen . Dieſe, als das abſcheu. lichſte Verbrechen , Offenb. Joh. XXII. 18, 19, konnte der Heiland unmöglich unbeſtraftlaſſen : wenn dadurch gleich in den wichtigern Stücken des Gefes rekes nichts verderbet war. Lind den auf folchen

Fall vermutheten Vorwürfen der Juden mußte es ihm , der gewaltig , und nicht wie die Phariſäer und Schriftgelehrten, lehrte, ſehr leicht feyn zu begegnen ; da cr weit ſtärkere Einwendungen zernichtete : am wenigſten aber fonnte eine Furcht vor eiteln Vorwür.

fen ihn abhalten, das göttliche Wort, wenn es verfälſcht

geweſen wäre, unverfälſcht wieder herzuſtellen. Esbleibt alſo

hiſtoriſche Zeitrechnung.

691

alſo noch feſt und unbeweglich, daß zu den Zeiten des Heilandes und ſeiner Apoſtel, von welchen eben dieſelben Grunde gelten , noch keine Verfå ſdyung der Gjebraio ſchen Urſchrift vorgegangen war. Nun waren aber von Den Zeiten der Apoſtel an zwo Partenen der Juden,

Der aus ihnen bekehrten Chriſten und der Unbekehrten, die es einander unmöglich machten , eine allgemeine

Verfälſchung in irgend einem Stücke einzuführen. Die unverfälſchten Handſchriften , welche das Zeug.

niß des Heilandes und ſeiner Apoſtel für ſich hatten, mußten alsbald anfangs unter die Chriſten kommen,

und um ſo viel ſorgfältiger bewahret werden , weil die Haushaltung des neuen Bundes ſich genau auf die Haushaltung des alten , welche in den heiligen Büchern der Juden enthalten war , bezog, und ſo woul Chriſtus felber , als feine Apoſtel, beſtåndig darauf verwieſen hatten . Man übertreibt offenbar die Seltenheit der hebråiſchen Abſchriften , und die Armuth der befehrten Juden : wenn man ſich einbil det , es babe fein Jude leidie eine Abfchriſt befoma men , oder , wenn er eine gehabt hätte , ſie behalten fónnen , ohne ſie entweder an eine jüdiſche Sdule

abzugeben , oder aus Dürftigkeit zu verkaufen b.) Vor der Zerſtörung Jeruſalems nimmt man eine fo

große Seltenheit der Urſchrift ohne allen Grund an : und ſchon vor derſelben mußten natürlicher Weiſe hea

Gráiſche Handſchriften unter den Chriſten feyn. Die übertriebne Armuth der bekehrten Juden aber wird

Durch die Apoſtelgeſchichte ausdrücklich widerlegt: vice le derſelben hatten (åndereyen, Häuſer und andre Gús ter , Apg. IV. 34. V. 1. Nachher fonnten weder

die Zerſtörung Jeruſalems, noch die folgenden Zer. růttungen unter den Juden , auch nidit die Vermů. Er 2

ftungen b ) Hr. von Windheim in feiner Vorrede zu Jado fons chronol. Alterthümern.

692

Die zwote Åbtheilung,

ſtungen unter Sadrianen , den Chriſten diefe 26. ſchriften entreißen ; weil fie nach der gnädigen Vorfer Hung Gottes nicht in dieſe Drangſale verroickelt waa

1

ren : wani gleid) den Juden dadurch der größte Theil ihrer Handſchriften geraubet ſeyn mag. Wie fonns ten ſich dann die Juden wohl unteritehnl, inre 46. fdriften zu verfälſchen ? Sie waren auch nicht einu mal darzu geneigt: denn ſie Hatten eine ſolche Hocha achtung gegen die Bücher des Moſes und alle heiligent Schriften, daß ſie vorfeßlich nicht ein Wort darinn åndern konnten. Nicht allein Philo der Jude c)

giebt iynen das Zeugniß , daß fie es deswegen bis auf ſeine Zeit nicht gethan hatten : fondern auch Jos ſeph d) verſichert, daß fie noch in ſeinen Tagen, und alio nach der Zerfiðrung Jeruſalems, gegen das En.

de des erſten Jahrhunderts nach Chriſti Gebürt, wes der das geringſte hinzugetgan, noch davon genommen,

ja auch nid )t einmal das geringſte verſekt gehabt has ben.

Kann man ſich daber wohl vorſtellen , daß

dieſe Hochachtung , welche ſie nicht ſo går lange dars nach bis zum Göchſten Aberglauben trieben , ſie eben zu Anfange des zweyten Jahrhunderts auf eine Zeit.

lang verlaſſen , und einer Geringſchäßigkeit bis zur Verfälſdjung, aus Haſſe wider die Chriſten, Plak ges 1

macht haben rolite ? Nidis räumt ſich weniger zu .

ſammen . This befondré wäre die Verjålſchung der älteſten Zeitrechnung ein ſehr albernes Mittel gewe.

fen , den Beweiſen der Chriſten wider fie aus den heiligen Büchern zu entgehn: da ſie die Weißagun gen der Propheten und die darinn feſtgelegten genau. crn Merkmaale der Zeit zur Zukunft des Meßias unvers

c) Apud Euſeb, præp. Evang. Lib . VIII.C.6.p. 357. d) Contra App . Lib . I, fect. 8 Tom . II. p. 441 fq. edit. Haverkump.

1

3

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

693

unverändert gelaſſen haben ; und dieſe eigentlich wia Der ſie am starfſken gebraucht werden konnten . Für fo einfaltig ,darf man ſie nicht halten. Es fällt alſo

der vornehmſte und einzige Bewegungsgrund , den ſie zur Verfálichung der Gebräiſchen Zeitrechnung gea have gaven konnten , biermit meg. Aber , wie gez Inys, ſie konnten es auch nicht thun : die Handſchrife ten unter den Chriſten wiirden ihren Betrug alsbald. verrathen , und ſie befchámt haben. Waren gleid ) nidze alle Chuijten , weil ſie fein Hebräiſch verſtun. den , im Stande, denſelben zu entdecken : ſo geht

mun dod ) zu weit , wenn man vorgiebt, es ſey nie mand unter innen diefer Sprache fundig geweſen e). Hütten ſich dann die Juden etwan einfallen laſſen

wollen , wenn die Verfälſchung der Hebräiſchen Ure kunden von ihnen geſchehen wäre , diejenigen Chrię ſten , weldie ſich auf die unter ihnen aufbepalinen und unverfälſchten Handſdzriften berufen haben módhe

ten , damit abzuweiſen , daß die Ubidiriſten der Chriſten verjálſdt waren, und ſie, die Juden , dery ferven weit megrere in ihren Schulen hårten , welche ganz anders lauteren f ): To würde doch das nichts ge holfen haben ; indem die Chriſten ſich eines Beſſern bewußt geblieben ſeyn und ihre ádyten Handſchriftea

nur deſto ſorgfältiger bewahrt þaben würden. Mau kann auch nicht glauben , das die Juden dieß nicht gar wohl eingeſehn haben ſollten . Weil deinnad) die

Verjálſchung der bebraiſchen Urfchrift zu Anfange des zweyten Jahrhunderts nach Chriſti Gem burt , in welche Zeit lie, zwiſchen das roote und

120te Jahr Chriſti, nach dem hierinn ganz richtigen

Urtheile des Hrn. Jackf01is.g), allein geſege wer Xr 3 .

e ) 3a & fon am angef. Orte , S. 68 f) Hr. von Windheim am ang f. Drte. ) Am angef. Orte S. 61. und Anumert. 137

ben

Die zwote Abtheilung,

694

den mußte , nicht geſchehen ſeyn fann : ſo bleibt ſie auch ein leeres Hirngeſpinnſt; da die bald dar. auf nach dem Hebräiſchen gemachten Ueberſekun . gen tes Iquila im 128ten , des Theodorions

im 185ten und des Symmachs im 200ten oder

201ten Jahre Chriſti dawider ſtreiten; und um die zulegt ei'wähnte Zeit die Kirchenvåter fich fd on um die Gebräiſdie Sprache , und die bibli.

fchen Abſchriften in der ſelben , mehr zu befümmern anfingen.

Es hångt ferner die hebräiſche Zeitrechnung mit ſich ſelbſt ſo gut und genau zuſammen , daß màn gar keine Verfälſchung in derſelben vermuthen kann : ja

in den meiſten Fällen würde man durch eine Verán. derung ihrer Zahlen ſie mit ſich ſelbſt, oder mit der natürlichen und ausdrücklich angezeigten Beſchaffen . heit der Sache, in Widerſpruch ſegen. Auf die ver. ſchiednen Lesarten darf man ſich hierwider nicht beru. fen.

So wenig man die Búdyer des neuen Bundes

deswegen für verfälſcht ausgiebt, oder ausgeben darf, weil ſich eine Menge verſchiedner Lesarten in ihren Abſchriften findet : eben ſo wenig fónnen dergleichen

Abweichungen die achte Richtigkeit der Gebräiſchen Urſdrift wanfend machen. Eine unparteniſche Prů. fung derſelben lehrt , daß ſie alle entweder von weni.

ger Erheblichkeit ſind , und daher vielmehr dienen,

zur Bewunderung der gútigen Vorſehung Gortes, womit er über ſein Wort gewaltet hat , als zu irgend

einer Verwirrung oder Ungewißheit , zu führen ; oder daß man Gründe und Hůlfsmittel genug hat, die wahre und åchte Lesart von der falſchen zu untera ſcheiden : wenn ſie nicht bloß aus willkürlichen Muthmaßungen erdacht find. Man hat daher nicht Urſache, disjenigen Gelehrten , welche Zeit und Gee

legenheit haben , verſchiedne Lesarten der Gebräiſchen 26 .

695

hiſtoriſche Zeitrechnung.

Abſchriften zu ſammlen , von ihren Bemügungen ab . zuſchrecken : wenn ſie nur feine aus eigner Muthma. fung, nach den üblen Benſpielen Ludw . Cappells, Job. Norins, Iſaak Voßius, Mark. injeis boms und andrer , auch Rennicorts h ), erſinnen ; nid)t aus Erzählung einer und eben derſelben Sache in den heiligen Büchern an verſdiednen Stellen mit etwas veränderten Morten verſchiedne Lesarten ma .

chen , wie Hr Rennicott i) ebenfalls gethan hat;

nicht nach der Weiſe derer , welche für die famaris

taniſte oder griechiſche Zeitrechnung eingenom . men ſind , unridirige Urtheile über die bemerkte Vers (dietenheit fällen ; und die nöthige Prüfung verſdied. ner: Abſchriften , nach ihrer gi Bern , oder geringer'n

Gültigkeit , nidht aus. Der Ucht laſſen . Ben diefoni Bedingungen habe ich inzwiſchen nicht die Abſidit, irgend einem Gelehrten fein frenes Urtheil wider.

recorlich zu benehmen ; da ſelbſt die Verſchiedenheit der Urtheile unparteniſchen Liebhabern der Wahrheit den Weg zur richtigen Entſcheidung babnet : ſondern bloß eine fluge Vorſicht zu empfehlen. Das Anſehn der hebräiſchen Urſchrift wird alsdann gewiß nichts daben verlieren , ſondern allemal mehr gewinnen.

Deswegen haben auch des Hrn. Fowler Comings k) Erinnerungen wider den Hrn. Kennicott in den

meiſten Stúden nidt Beyfall gefunden . Um wes nigſten hat die hebräiſche Zeitrechnung ſich vor den 1

verſchiednen Lesarten zu fürchten : wofern man ſie ihr nur nicht ohne Beweis aus den ſamaritaniſchen Bů. £r 4

1

chern

h) In der angef. 2ten differt. S. 373 fgg . i) In der iten diſſert, und dem ganzen iten Theil der ſelben, von der Bergleichung 1 Chron. XI mit 2 Sam. XXIII ,

1

k) An anſwer to Mr. Kennicott's diſſertation etce

696

Die zwote Abtheilung,

chern des Mofes oder aus dergriechifchen Uteberſegung aufdringt, und auf ſolche Weiſe die Gültigkeit dieſer Abſchriften , die man erſt beweiſen muß, wider die

Regeln der Vernunftlehre ſchon vorausſekt. · Zus Hebräiſchen Handſchriften hat man , fo viel ich weiß, noch feine Abweichung in den Zahlen der hierher ge

Hörigen Zeitrechnung vorlegen können : nur eine eins zige ausgenommen , die man aus den mørgenlàndia fchen Abfchriften der Hebråiſchen Itrkunde hervorges fucht hat, und roovon ich bald genauer reden werde. Nicht weniger ftimmt die hebräiſche Zeitrechnung mit der weltlichen Geſchichte, ſo weit dieſe zuverläßig

iſt, gar wohl überein : ja ſie giebt derſelben in der alteſten Zeitrechnung alles Licht, was ſie nur haben kann. Jedoch den vollkommnen Beweis hiervon muß man in dem Folgenden theils bey der Beantwortung

der Einwürfe wider die hebräiſche Berechnung, theils und vornehmlich in der Vergleichung der bibliſchen und der weltlichen Geſchichte fuchen .

Endlich ſind die Abſchriften , worinn die famaris

taniſche und griechiſche Zeitrechnung aufbehalten iſt, in ſehr wichtigen Stücken fo offenbar umb mertråge lich verfälſcht, daß man ſich von der Zeitrechnung in denſelben nichts gutes verſprechen, unddieſe der bebråb fchen mit feinem giltigen Grunde entgegenfeßen kann. Ich will bloß einige Proben davon anführen . Ja der Famaritaniſchen Abfchrift iſt nicht allein 5 B. mor. XXVII. 4 , anſtatt Lbals der Berg Griss

fim

aus Sandgreiflicher Bosheit gefegt : fondern

zur Erlangung der dabey gehegten Abfidit ſind auch fo gar ber ate, zte , 4te , ste, Ote' und 7de Vers

eben deffelben Capitels mit dieſer und einiger andrer Veråndrung , ja mit einem Zuſaße von der Lage des Berges Grißim , in das XXté Cap. des 2 B.

Mof , unmittelbar nach dem zehnten Gebote, ein. geſcho .

hiſtoriſche Zeitrechnung.

697

geſchoben. Aber ich finde hier einen ſtarken Gegner an dem Hrn. Kennicott , der durd, zehn finnreiche

Gründe den Juden dieſe vorfeßliche Verfälſchung im

Hebråiſchen , daß fie Grißiin in Ebal verandert hácten , auf den Hals zu ſchieben bemüht iſt 1). Dieſe Gründe baben in der That vielen Schein : je. doch fehlt es , meiner Einſicht nach , fehr weit , daß fie zu einer wahren Ueberzeugung hinreichend ferya follten. Es iſt keine Folge , daß , weil der Berg

Grißiin der Berg war , wovon der Segen ausge. fprochen werden mußte , der Altar zu den Friedens.

opfern vielmehr auf demſelben , als auf dem Berge tes Fluches , dem Ebal , aufgerichtet gewefen feya můſſe: vor den Friedensopfern mußten ja auch Brands opfer 5 B. 0130ſ. XXVII. 6 , welche unleugbar

Verſöhnungeopfer waren , gebracht werden ; und da durch dieſe im Glauben die Schuld gerilget und der

Fludy, dem Iſrael nach ſeinen Verdienſten allerdings unterworfen geweſen ſeyn würde , aufgehoben , durch jene aber für die Abwendung des Fluches, welche den Segen einfd)ließt, Lob und Dank dargebracht wur. de , ſchickte es ſich wohl fo gut , 'wo nicht noch beſſer, bende Opfer auf dem Berge Ebal , von welchem der Fluch verkündigt war , zu verridhten.

Schon der

einzige Umſtand , daß Gott von dem Berge Grise fim den Segen auszuſprechen vormals verordnet ges

habt hatte , fann für die Samaritaner eine Kinlänge liche Bewegurſache geweſen ferin , ihren Tempel in den folgenden Zeiten auf demſelven , und nicht auf dem Ebal , zu erbauen : es darf deswegen gar nicio

angenommen werden , daß der Altar vorzeiten auch auf dem Grißim geſtanden gabe. Die verſchiedne Befdjaffeuheis beyder Berge , da Grifim fruchebar

und mit einem angenehmen Grunen bekleidet, EbI fr 5

1) Diſſertation , the ſecond , p. 32-76 .

hin-.

698

Die zivote Abtheilung,

hingegen unfruchtbar und von der Hiße verbrannt iſt, kounte wohl die Samaritaner in ihrer Wahl beſtárs ken : aber eine nothwendige Urſache fonnte ſie nicht

feyn , den Alltar des Herrn auf Grißim anfangs zu errichten ; vielmehr kam es mit der Natur der Sache

beſſer überein , daß die Verſöknopfer, um von dem Fluche befrenet zu werden , und die Danfopfer für die dadurch im Glauben erlangte Abwendung deſſel. ben auf dem unfruchtbaren Ebal , der ein Bild des

verdienten Fludies in die Gedanfen bringen konnte, dargebracht wurden. Jotham darf Richt. IX. 7 fog. feine Anrede an die Männer von Sichem , die er von dem Berge Grifim that , nicht eben von dem Berge , worauf der Altar vormals erbauet gereſen war , gehalten haben ; es war , um nicht auf noch antre Limſtände zu gedenken , dem Jotham genug, fich badurd) , daß er von dem Berge , aufwelchem

vorzeiten der Segen erſchollen war , redete , ben den Zuhörern eine geneigte Aufmerkſamkeit zu erwerben. Die Gemüthsart und Geſinnung der Samaritaner kann ben allem von ihnen gerühmten Eifer für das

moſaiidie Gefrø nicht für ſo laurer erklärt werden, daß Fein Verdadyt auf fie fallen fónnte : ſie , die nicht

Gottſelişfeit genug hatten , ben dem Gefeße 5 B. Njof. XII. 5, 11, 13, 14, reft zu blsiben, das Gott dem Herrn an einem andern , als von ihm ſelbſt erwählten

Orte, zu opfern verbot, mußten nothwendig, dieſer er. ſten Abweidung zu Folge, Grifim für den von Gott vormals zu den Opfern auserſehenen Berg ausgeben ; und was hatten ſie für ein Mittel anders dazu , als Grifim , anfiatt Ebals , in des Moſes Worten zu feßen ? Der Heiland hatte in ſeiner Unterredung

mit dem ſamariciichen Weibe , Job. IV , gar nidic nothig , ihrem Volke dieſe Verfalſchung ausdrücklich zu verweiſen ; da er fich niemals auf die ſamaritani.

ſdjon , fondern allez ir auf die Gebräiſchen Gefeßbů. der

1

1 1

3

3

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

699

cher berief , und deswegen wohl die Juden wegen einer Verfälſchung , wenn ſie geſchehen geweſen wie re , nicht aber die Samariter, zu beſtrafen genöthige geweſen ſeyn würde : genug , daß er dem Weibe o . 22 den Vorzug des jeruſalemiſdien Tempels nicht uile deutlich zu erkennen gab und durch ſeine Erſcheinung

in demſelben dieſen Vorzug im Werke zeigte. Wenn gleich die Juden von einigen Kirchenvåtern und von einigen der neuen Rabbinen einer vorſeblichen Ver. fälſchung der hebräiſchen Urkunden beſtuldigt wer. den : ſo gründen ſich doch dieſe Beſchuldigungen bloß

auf Muthmaßungen , und werden durch eine großre Anzahl andrer Zeugniſſe zu ihrem Vortheile wider. legt ; den oben für ſie geführten Beweis hier nicht zu

wiederhohlen. Aus dem Harfe der Juden wider die Samaritaner läßt ſich allein eben ſo wenig etwas fchließen , als aus dem wohl ziemlich gleichen Halle der leßtern wider die erſtern ; und die Leutſeligkeit der Samaritaner ben der Rückkehr des jüdiſchen Volkes

aus der babyloniſchen Gefangenſchaft, da ſie ſich den Tempel zu Jeruſalem gemeinſchaftlich mit den Jus den wieder zu bauen erboten , kann ihnen feinen Vor.

zug verſchaffen : die Juden hatten die wichtigſten Ur.

fachen, ihr Erbieten auszuſchlagen , damit ſie ihren Gottesdienſt unverfälſcht erhielten . Joſephs ver. fehrte Nachricht m ), daß der oft gedachte Uſtar zwi. ſchen den Bergen Grißim und Pbal, nicht weit von der Stadt der Sidemiten , und alſo näher ben dem Berge Grißim , aufgerichtet geweſen, beweiſet nichts ; wenn auch die andre Stelle n ) wo er ſchreibt, daß derfelbe auf dem Ebal geſtanden hätte , verfälſcht fenn ſollte: es giebt mehrere Abweichungen von der

Wahrheit in ſeinen Büchern ; und hier kann er un. dul. m) Antiquit. Lib. IV. C. 8. ſect. 44. 11) L. c. Lib. V, C. 1, ſect. 19.

!

700

Die zwote Abtheilung,

fchuldiger Weiſe durch eine unrichtige Erklärung des Wortes, daſelbſt , 5 B. Wor. XXVII. 5 , verleis tet worden ſeyn. Endlich iſt es feine hinlängliche Rechtfertigung des ſamaritaniſchen Zuſages zu 2 B. mor. XX. nach dem zehnten Gebote , daß auf fola che Weiſe genauer beſtimmt feyn würde , was für Worte des Gefeßes , die man auf die errichteten

Steine ſchreiben ſollte, 5 B. Mol. XXVII. 8 , go meint wåren ; dieß läßt ſich ohne das aus der Vera

gleichung mit Joſ. VIII. 32 deutlich genug erkennen, und es fcheint in der That unnöthig , einem Geſchlech,

te , welches nicht in das verheißne (and fommen folla te, eine Verordnung von dem , was bey dem Ein .

gange in daſſelbe beſondres geſchehen ſollte , vorzulea gen : gleichwie der angewiesne Plan der Stämme les

vi und Ephraim auf dem Berge Grißim wiederum nicht beweiſet, daß deswegen , weil die Prieſter , wele che allein opfern durften , zu dem Stamme Levi, und

Joſua zu dem Stamme Ephraims , gehörten , dez Ultar auch auf Grißim errichtet geweſen ſenn müſſe; benn dieſer Stand wird nur den Stämmen überhaupt angewieſen , und weder die opferndeu Prieſter noch

Joſua waren genöthigt , ben denſelben zu bleiben ; auch ſprachen ja die Prteſter 5 B. Mol. XXVII. 14 den Fluch aus. Es ſind alſo keine gültige Gründe wider die Juden : fondern alle vielmehr wider die Samaritaner , daß die Verfälſchung von ibnen here rührt. Sie baben auch forft aus Scheingründen mit Willen einige Veränderungen in den moſaiſces

Büchern gemacht. Unter fold )en unnüken Klüge leisen eines falſchen Dinkels will ich nur die Stelle 2 B. Moſ. XII. 40 berühren, wo anſtatt der Woh,

nung Iſraels in Aegypten die Wohnung in Taman und Aegypten , zur Hebung einer vere meinten Cdwierigkeit , vorfeßlich angenommen iſt.

Eben folche Fehler gat die Ueberſegung der 70 Dolla met

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

Tom merſcher. Die 2bweichungen von der Urſchrift nicic allein in einzelnen Worten und Sager , ſondern auch in ganzen Redefreiſen , die bald hinzugethan, bald ausgelaſſen , bald verfekt find, zeigen fich in allen Büchern ſeir Häufig: ja es ſind ſo gar oft gan . ge Capitel verſetzt o ). Niemand kann leugnen , daß bey vielen dieſer Abweichungen eine vorſebliche Kluge

ten zum Grunde liege. Ich will davon nur eine ofá Fenbare Probe bemerken : weil man daraus die Per.

fålſchung der Zeitrechnung aus gleicher Klügeley leidt vermutfen kann. Da es Richt. I. 18 , heißt , Jua da habe Gaza , Askelon und Efron eingenom. men : ſo fagen die Siebziger daſůr , um einen vers

meinten Widerſprud) mit Ridyt. III. 3 , zu heben,

Juda habe Gaza , Askelon , Ekron und Asdod nicht eingenommen; welches den ganzen Zuſammen. hang der Geſchichte zerreißt. Sie weichen hierinn auá ſo wohl vom Joſeph, als dieſer mit ihnen von Den hebräiſchen Urkunden , ab : denn der jüdiſcheGes

Thichtſchreiber erzählt aufeine andre Art , aber nicht minder verkehrt p ), Juda habe zwar Asdod und 28a '

felon , aber niche Gaza und Efron , erobert; ein Beweis , daß Joſeph ebenfalls , whé noch aus vica len andern Stellen fiar genug iſt , vorfeßlich , wenn

gleich nicht ſo wohl aus Bosheit als aus einem rich

klug důnkenden Unverſtande, von der Walrheit, wels che die hebräiſche Urſchrift in Erzählung der Begea benheiten beobachtet, abgewichen iſt. Bedenkt man nun zugleich , daß die Ueberſekung der Siebziger in unſäglich vielen Stellen falſch gerathen , ja in manu

chen ohne Verſtand iſt, wovon ſich ein jeder Sprache kündiger mit geringer Mühe åberführen kann, wenn er nur ein und das andre Buch, fonderlich z. B. die Sprůs o ) Man ſebe Lud. Cappelli Crit, facr, Lib. IV. C. 14. p) Antiquit, Lib, V , C. 2.

702

Die zwote Abtheilung,

Sprüche Salomons , im Hebräiſden mit dieſer griechiſchen Dollmetſchung vergleicht; Joſeph aber bloß ein menſchlicher, nicht göttlicher, Geſchichtſchreis ber iſt, der noch daju in Erzählung mancher Bege. benheiten, theils aus der übel geleiteten Neigung, den Heiden die Offenbarung durch Hebung einiger Edieinwiderſprúdie , wenn es auch durch eine Art ei. nes ſo genannten gortſeligen Betruges geſchehen muß.

te , anneymlich zu machen , theils aus unzeitiger Klů . gelcy , vorfeßlich von der geoffenbarten Wahrheit ab. gegangen iſt: To wird man mit gutem Gewiſſen die griechiſdie Zeitrechnung ſo wenig, als, wegen åhn. lider und ſchon bengebrachter Gründe, die ſamari.

raniſdie , der hebråiſchen vorziehn fönnen. Es iſt eine fdyledite Zusflucht, wenn man vorgeben will,

die ſamaritaniſchen 26ſchreiber , die 70 Dollmetſcher

und Joſeph hårren andre Hebräiſche Abfchriften , als auf uns gefommen ſind, vor ſich gehabt, und ſich nach

denſelben gerichtet, ſo daß man aus ihnen die wall. ren Sesarten wiederherſtellen mußte. Es iſt ſchon bee wisſen , daß die hebräiſche Zeitrechnung nicht den ge.

ringſten Verdacht einer Verfälſchung wider ſich hat. Hingegen verrathen die Abweichungen der ſamarita. niſchen und der griechiſchen Abſdriften in andern Stele

Ten von der offenbaren Wahrheit der hebräiſchen Ur. ſchrift eine vorſeßliche Verfälſchung der Wahrheit, woraus man einen um fo viel mehr gegründeten Arge wohn wider ihre ſtreitige Zeitrechnung ſchöpfen muß, da ſich einige rekr wahrſcheinliche Bewegur ſachen angeben ließen , wodurch die Abſchreiber oder

lleberſeker verleitet ſeyn mögen , ihre Berechnung auszufünſteln. Und wie fönnte man gedenfen , daß, wenn die alten hebräiſchen Handſchriften , welchen ſie gefolgt ſeyn ſollen , ſo weit von den neuern abgegan . gen wåren , ſich feine einzige Spur mehr davon in

diefen finden laſſen ſollte ? Eine ſo allgemeine Ver abre.

biftoriſche Zeitrechnung.

703

abredung unter Leuten , die zu derſelben Zeit , um welche die Verfälſchung der hebräiſdien Handſchrif. ten , wenn ſie den geringſten Grund hätte , geſchehen feyn müßte , in vielen und weit von einander abgeleg.

nen ländern lebten, iſt hodiſt unwahrſcheinlid), ja bedin. gungsweiſe unmöglich: eine ſo allgemeine Verabredung unter denſelben, will ich ſagen, als nöthig geweſen wäre, alle die alten Handſchriften von den hebräiſchen Wirkun . den aus aller Hånden, aud) ſelbſt aus den Händen der

Chriſten, wegzuſchaffen, und an ihrer Stelle andremit einer gånzlichumgeſdmoljenen Zeitrechnung in die Welt einzuführen ; ſo geringe man auch die Anzahl der damals übrigen Handſchriften annehmen mag.. Es bleiben bemnach die Gründe für die hebräiſche Zeitrechnung unvergleidlich viel ſtårker, als alles , was man zue Vertheidigung der ſamaritaniſchen oder der griechi. fchen durch Mühe und Kunſt ausbecken kann.

Die

Schwäche der Einwürfe wider die erſtre giebt derſelo ben eine vollkonimne Beſtåttigung. Dieſe werde ich iſt kurz faſſen und eben ſo kurz beantworten.

Die Einwendungen wider die Hebräiſche Zcitrech. nung berupen theils auf den eingebildeten Mangeln

derſelben , theils auf den vermeinten Vorzugen der ſamaritaniſchen und griechiſchen .

Wir wollen beide

Urten nach einander etwas nåber beleuchten. 216. denn werden zugleich die oben gedachten erſten und

vornelmſten Veranlaſſungsgründe , der hebräiſden Zeitrecinung den Krieg anzufündigen , hinfallen. Die hebräiſche Zeitrechnung , ſpricht man feber nachdrücklich 9), kann mit den ålteſten und am beſten

bezeugten Nachrichten der Chaldaer , Affyrier, Aegypter , Chineſer und andrer auf keine Weiſe beſtehen : da doch in dieſen die Zeitrechnung einſtima

mig iſt. Allein , was ſind es für ſichere Nachricha ten ,

9) Jackſon, am angef. Orte in der Vorrede, die keine Seitenzahlen hat.

Die zwote Abtheilung, 704 fen , die man jo hoch erhebt? Keine andre als von den Chaldaern und Abyriern nur einige Ueberbleibfel des Beroſus ; von den Wegrytern abgebro hne Ver.

zeichniſſe Wanethons und Eratoſthenes ; pont den Phoeniziern die ſehr ſtreitigen Brocken Sanchos niachons ; von den Chineſern die von neuern Cdrifte

ſtellern , ſonderlich Martin Martini , Philipp Couplet , Gottlieb Siegfi. Bayern , und Joh. Bapt. Du halde uns bekannt gemadyten Zeitbücher der Chineſer , welche der auf des Kaiſers

Xixóoam Ti Befehi um das 213te Jahr vor Chria

ſti Geburt gefdjehenen Verbrennung aller Geſchichte bicher entgange und auf des Kaiſers VurTi Vire ordnung im 135ten Jahre vor Chriſti Geburt gee fammlet ſeyn ſollen : Geſchichtbücher, die zum Theile

fehr ſtreitig , zum Theile offenbar verfälſcht , auch zum Theile mit gandgreifidon Fabeln , wie man felbft erfennt, angefüllt ſind, und über dieß alles rich

in Anſchung der ålteſten Zeiten nicht anders , als durch Muthmaßungen über Muthmaßungen zu einer nur ertråglichen Uebereinſtimmung bringen laſſen . Man

wird fie in der Gefdichte felbft nåher kennen lernen, und finden, daß das, was von izren Nadırichten wahr iſt,

der hebråiſchen Zeitrechnung keinen Eintrag shut : hier will ich nur noch anmerken , daß man bey einigen Derſelben bisweilen fålſchlid die vielen Regierungen , welche ſie angeben , für eine auf einander folgende

Reihe angenommen bat ; da fie doch offenbar zum Sheite neben einander zugleich laufende Regierungen Find.

Man unterſtüßt zwar den Einwurf durch den

vermeinten Widerſpruch der Gebräiſdzen Zeitrechnung mit fich felbſt und mit der Natur der Sache, daß in hundert Jahren nach der Sündfuth das menſch. liche Geſchlecht zahlreicher geweſen ſein mußte , als es die Natur leidet , wenn es ſich ſo frühe, als es

dieſe Zeitrechnung anfekt, zerſtreuet, viele Landſchafı ten

1

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

705

fen bevoffert und große Königreiche errichtet ħaben follte r ): aber auch dieß hat nur einen bloßen Schein. Nirgends Gat die Offenbarung geſigt , daß die Hua breitung bey der Zerſtreuung auf einmal geſdieren fep : noch viel weniger, daß die landſchaften und

Königreiche eine Bevölkerung , Größe und Macht, die der Anzahl des menſchlichen Geſchlechtes nicht ges måß feyn könnten , gehabt hätten. Vielmehr erhelle

aus der Geſchichte Abrahams B. 1110f. XIV.1-16, augenſcheinlich, daß nod, zu derſelben Zeit dhe Kos nigreiche Flein und gar nicht volfreich geweſen ſind : indem er vier Könige , denen fiinf andre nicht zu wis derſtehn im Stande geweſen waren , mit 318 Kneche

ten ſeines Haufes auf das Haupt ſchlug. Even ſo wenig ſchüßt man fich in der That mit der eingebils deten Ungerálmtheit , daß die älteſten Vacer nach

der Sundfluch am ſpåteſten geſtorben fenn müſſen, wenn man der Hebräiſchen Zeitrechnung Plak giebt s ). Jſt es nicht fehr natürlich, daß die Lebenslange der Ergvåter Stufenweiſe abgenommen hat: wie die gana ze Geſchichte in ihrem Verlaufe lehrt ? Und war es

nicht der göttlichen Güre und Weisheit gemäß , den ålteſten das Leben zu verlängern , damit manche Wahrheiten deſto ficherer und allgemeiner fortgen

pflanzt würden ? In bender Betrachtung mußten dann nothwendig einige der erſten Erzvåter nach der

Sundfluth ſpåter ſterben , als verſchiedne von ihren jüngern Nachkommen.

r) Jadſon , S. 64, 65. D. Wills appendix tho his diſcourſe of the chronology of Jofephus , in der algem . Weltgeſcb. Sb. I. S. 247, 248.

5) Dr. Wills am angef. Drte in der allgem . Welts gefcb . Sb. I. S. 249.

1. Theil.

706

Die zwote Abtheilung ,

Es iſt ſehr hart, wenn man ſagt t) , es ſei eben fo abgeſchmacft, als dem ordentliden und allezeit ein

ſtimmigen Laufe der Natur zuwider , daß , wie es nach der Hebräiſchen Urkunde angegeben wird , einige

der Erjvåter vor der Sündfluth, als Sech, Enos , Kenan , jabalclcel und Benod) Kinder zu gcu. gen angefangen , ehe ſie den neunten oder zehnten

Theil ihres Alters zurückgelegt hatten , nicht anders, als wenn iſt die Menſchen im 7den oder gten Jahre

Kinder zeugten : ja , daß dieſelben ſo gar noch früher

als die Erzvåter nach der Sundfluth , da dieſe doch nicht Halb ſo lange lebren , Kinder bekommen þaven .

Man leki bierben die falſche Meinung voraus , daß die Körper derer, welche langer leben , gerade in einem

ähnlichen Vertåltniſſe mit ihrer Lebenslange, zur Reife und Mannbarkeit fommen müſſen : daß die Narur hierinn beſtändig einerley Gelek nad, einem

genauen Ebenmaaße beobachte; und daß ein Alter von 65 , 70 , 90 , ja 105 Jahren bey denen Erzvå. tern , welche 895 , 910 , 905 , 912 Jahre att geroor. den ſind , einen eben ſo unreifen Körper mit fid) brin ge , als nad, der iſt gewöhnlichen Lebenslange ben Kindern von 7 oder 8 Jahren gefunden wird . Al lein man bedenft nicht, daß die Siatur bey ihren eins

fachen und ähnliden Geſezen doch auch einer unends lichen Mannigfaltigkeit Raum giebt, und daß die Beweiſe, welche von der Lehnlidkeit ibrer Art zu wirken hergenommen werden , nicht weiter gelten , als

die Schranken deiſer Aehnlid ;keit genau beſtimmt find. In dem gegenwärtigen Falle reicht ſie nid )t weiter , als , daß die Natur allezeit die menſdlichen /

Körper mit den Jahren zur Reife bringt : bey der Beobachtung dieſes einfachen Gefeßes aber folgt ſie einer unendlichen Mannigfaltigkeit, nicht nur nach dent

t) Jackſon S. 37 , 62 , 63 .. Gelinder drückt ſich Dr. Woils , c , daruber aus.

1

biſtoriſche Zeitrechnung.

707

MC

den verſdiednen Himmelsgegenden , ſondern auch

-

nach der- verſchiednen Anlage einzelner Körper und der verſchiednen lebensart, unter welcher ſie wachſen . Das lehrt uns die Erfahrung unſrer Zeiten : und das mit ftimmt das verſchiednie Alter der Ergvåter , in

6

welchem fie Kinder gezeugt haben , ſo , wie es in der hebräiſchen Zeitrechnung angelegt iſt, ſehr gut über . ein . Die ſamaritaniſche und griedriſdie Rechnung , welche für die Zeit nach der Sundflutly großentheils cinſtimmig ſind , darf man hierbey nicht zur Richte ſchnur des Urtheils annehmen : denn ſonſt müßteman wider die Regeln der Vernunftlehre ihre Richtigkeit, die eben durd, den vorgebrachten Grund wider die hea bråiſche erſt bewieſen werden ſoll, ſchon vorausſeßen . Nicht ſo (yart, als der ißt gehobne Einwurf, aber eben ſo unerheblich iſt die Einwendung v ), daß

der Gebräiſchen Zeitrechnung zu Folge 17oah , oder wenigſtens Sem , Arphachſad, Salah :c. noch mit Übraham zugleich gelebt haben müſſen : da fie doch , wie in ſolchein Falle nothwendig geweſen ſeyn würde, weder der damals eingeriſſenen Abgötteren Einhalt gethan , noch an dem mit Abraham gemacha ten Bunde Gottes und der Beſchneitung Antheil ge.

habt haben . Die Geſchlechter der Menſchen waren ja zu derſelben Zeit zerſtreuet : und ſo wenig die from .

men Erzvåter - vor der Sundfluth die Gottloſigkeit der alten Welt zu hemmen vermögend geweſen was

ren ; eben ſo wenig konnten aud Noah und ſeine gotte

ſeligen Nachkommen den Einbruch der Abgórteren ůberall verhindern. Der Bund Gottes mit Abra . ham aber war eine beſondre Erwählung deſſelben und des von Gott außerſehenen Zweiges in ſeiner Nach kommenſchaft: nur allein von dieſem beſondern Bunde y) y 2 war v) Ya & ron S. 65, 66 und Dr. Wills I, c, in der all: geis. Weltgeſch. 6. 249.Anyert. *,

708

Die ziete Abtheilung

war die Beſchneidung das Siegel. Es dürften dai

Her die ältern Ergvåter nicht daran Theil haben nnd blieben deswegen doch Gott den Herrn durch den Glauben nicht weniger zu ihrer Seligkeit eben ſo ans genehm , als ihre frommer Våter vor iynen geweſen waren : da alle Gemeinſchaft mit Gott und die Seo

ligkeit nicht auf dieſen befondern Bund und deſſen Siegel eingeſchränkt werden kann , ohne den Lehren

der heise Schrift zu widerſprechen. Allein das fd )eint mehr auf ſich zu haben , daß die Hebräiſchen Abfdyriften der tiberiſchen und babylon niſchen Schulen ſelbſt nicht mit einander übereinkoms

men. Ins beſondre bezeugt Ismael Schiabins ſaiah x) in Anſehung der Zeitrechnung, daß die morgenländiſchen oder babyloniſdien die Sündfluth in das 1556te Jahr der Welt , und alſo uin hundert Jaßr früher als die abendländiſchen oder tiberiſchen, feßen. Jedoch auch dieß iſt nicht fehr zu befürd ) ten. leberlyaupt haben dieſe Abweichungen nichts mehr zu bedeuten , als ſonſt verſchiedne desarten , und betreffen auch größtentheils nur Kleinigkeiten , bey denen die Entſcheidung für die eine oder die andre Lesart nidyt fchwer ift. Inſonderheit aber , des jums gern Ullters bender Schulen , nachdem die achten hes

bräiſchen U6fdhriften ſchon unter den Chriſten waren, nicht zu gebenfeit, würde vielleicht des Elias Levis tå y) Zeugniß , daß alle Verſchiedenheit der abenda ländiſchen und morgenlåndiſchen Abſchriften bloß das

Kcri uno Cerib betreffe, nebſt dem Umftande, daß in der Sammlung der verſchiebnen Lesarten von beyden

Abſchriften, welche der zu Venedig von Bombergen ge. druckten großen Bibel angegångt ift , fich keine eins zige

x ) Ap. Abrah. Ecchellenfem , Maronit. in hiſt. Arab. ad fin. Chron. orient, p. 172 fq.edit. Parif. 1685. S. Jad : ſon S. 37 fg. und Anmerk . 93, 94.

y) Praefat. ad Mafor. 3. ap. Cappel. Crit, facr. Lib. III. C, 17. p. 182

5

Hiſtoriſche Zeitrecnung.

709

zige aus den Büchern desMofes findet z ) , wohl ſo viel gelten , als Ismaels Husſage.

Jedoch man hat

nicht einmal nöthig, ſich hierauf zu berufen. Die Abſchriften , welche Ismael gefehn haben mag , ſino vermuthlich hierinn von ihren Abſdyreibern , wer weiß aus was für einer Klügeler. oder andern Urſachen , nach den ſamaritaniſchen eingerichtet geweſen , in wele dhen dem Jared anſtatt des Afters von 62 Jahren 1 B. Mof. V. 18 , nur 62 Jahre , als er den Her noch zeugte, beygelegt werden , und dadurch der Zeit. raum von der Schöpfung bis zur Sundfluth gerade um 100 Jahre verfürzt wird ; weil ſie etwa mehrere famaritaniſche als hebräiſche Handſchriften haben, und deswegen dieſe einzige Veränderung für redir Qala ten mochten , ob ſie gteich denſelben ber einer gréſe fern abweichung in den Zeiten nach der Såndfluth

ju folgen für unerlaubt anſahen: wie dann Jackſon Felber #kennt, daß dieſe Ubweichung in dem angelegten

Ulter Jareds liegt. Es kann alſo dieſe Verſchiedenheit eben ſo wenig der hebräiſchen Zeitrechnung entgegenz gelegt werden , als irgend eine ſanjaritaniſche Abſchrift. Frågt man aber Bedenken , dieſe nichtunwahrſchein liche Muthmaßung , wodurch guch fein Verdacht eie ner vorfeblichen Verfälſchung auf alle Juden übers kaupt geladen wird , aizunehmen : fo iſt dieSchmie. rigkeit dennoch hintånglich gehoben , wenn man nur bedenkt, daß einige entweder verfälſchte oder Fehlers

þafte und Fonder Zweifet neuere Abſchriften , denen mehrere und beſſere, bine folche Verfälſchungen' oder Fehler, entgegengeſegt werden können, dem Unſehen der hebräiſchen Zeitrechnung feinen Abbruch thur.

Die nach übrigen Einwendungen betreffen die y rmeinten Vorzüge der ſamarkaniſchen finf Gerryja

bücher, und der Leberfeßung burd, die 70 Dolmet. 39.3. ſchere z ). Vid. Cappella b cap. 188

事A

710

Die zivote Abtheilung, y

ſcher , vor den hebräiſchen Urkunden. Die vornehm 1

ſten Scheingründe , welche man dafür angiebt, lau . fen darauf hinaus , daß bey ihrer Zeitrechnung, ſons derlich bey der griechiſchen , welche aud, in dem Zeite

raume von der Schöpfung bis zur Sundfluth für ben quemer gehalten wird , und deswegen allemal die meiſten Liebhaber unter den Beſtreitern der hebräi.

fchen Zeitrechnung gefunden hat , alle die Schwierige

keiten , die der hebräiſchen im Wege ſtehn ſollen, wege fallen. Da ich nun aber rdion gezeigt habe , daß dieſe Schwierigkeiten ohne Grund geſucht werden : ſo

fällt hierinn der eingebildete Vorzug von felbſt weg. Hiernachſt erhebt man die ſamaritaniſchen und griechiſchen Abſchriften , bende ins befondre, durch andre einer jeden allein eigne Vortheile. Die fama, ritaniſchen' Budiſtaben follen die urſprünglichen und

ålteſten Buchſtaben des jüdiſchen Volfes geweſen ſeyn. Das , ſagt man a) , bezeugen der jeruſalemiſde und babyloniſche Talmud , wodurch man hier bloß die Gemara verſieyn muß , die Miſchua , einige Kira

chenvåter und verſchiedne gelehrte Rabbinen , ſonder. lich Wijoſes jaimonides. Es wäre zu weitläufe

tig, und iſt auch unnük, alles , was zwiſchen Joh. Burtorfen , dem Jüngern, und Ludwig Caps

pelln ſchonvon beyden Seiten hierüber geſagt iſt,zu wiederhohlen oder genau zu prüfen.

Die meiſten

Gründe bender Theile ſind ſo beſchaffen, daß ſie kei. neſichereEntſcheidung geben . Jedod, hat Cappellb) febr wohl erinnert, daß die Zeugniſſe hierbey weni. ger gelten fonnen, als die Grunde, welde aus der Ben

ſchaffenheit der Sache, ſo wie man ſie in der That findet , Hernenommen werden : denn die Zeugniſſe Halten ſich nicht nur von benden Seiten faſt die Wage, und

a ) Jackſon , S. So'fag.

by Diatrib. de veris et antiqu .Ebraeor. litter. p .8. fq.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

711

und ſo gar unter den Talmudiſten ſind eben ſo viele, ja wohl noch mehrere, für das größere Alterthum der

hebräiſchen Bud)ſtaben ; fondern ſie ſind auch über dieß , zum Theile ziemlicy dunkel , von Kirchenvåfern auf das Wort eines oder des andern einzelnen Jus dens aufgezeichnet, und größtentheils allzu neu . Unter den andern Gründen aber iſt der ſtårkeste, daß

die Seckel, welche man in Phoenizien, Judaa und Jes ruſalem , gefunden hat, alle mit famaritaniſchen Bucha ſtaben bezeichnet ſind, und verſchiedne davon auf der

einen Seite, der Seckel Ifraels, auf der andern,

Jeruſalem die Seilige, für Aufſchrift haben. Da die Samaritaner Jeruſalem nicht für die Heilige Stadt erkannten : fo muß man allerdings zugeben ,

daß folcbe Srcef von dem jüdiſchen Volke herkom . men. Aber gleichwie durch dieſelben das Zeugniß des cieronymus c) , worauf ſich die Vertheidiger

des höhern. Alters der famaritaniſchen Buchſtaben fonſt am meiſten geſteift haben , über den Haufen gee worfen wird ; indem entweder falſch ſeyn muß , daß

Esra, nach des 'sieronymus Berichte, die Buch. ſtaben der Juden verändert und den Samaritanern Die alten überlaſſen habe, oder die Budyſtaben dieſer @ecket, folglich die auf uns gekommnen ſamaritania,

ſchen Buchſtaben , da die Seckel von weit neuern Zei. ten und doch nicht von den Samaritanern ſind , die neuern ſeyn müſſen : alſo liegt darinn auch in der hat nur ein ſchlechter Beweis für das Aliter der ſamaritas niſchen Buchſtaben. Es iſt nicht nöthig zur Ret: tung der hebräiſchen eine gedoppelte, eine gemeine und eine heilige Sprache, zu erdidten . Cappell

þat bereits dieSchwierigkeiten, welche mit dieſerMeia ! nung verbunden find, ftar genug vor Augen gelegt d ) ~ 1.4 c ) Praef. in Libr. Reg. Opp. T. I. p. 318. d ) Diatrib..cit. p. 51 199.

Man ,



1

712

Die zwote Abtheilung ,

Man darf nur erinnern , was fich fein Menſch zu leugnen unterſtehen wird , daß die ſamaritaniſchen

1

Buchſtaben unter den Künſtlern der Juden zu der Zeit, da die Seckel geſchlagen wurden , wenigſtens eben fo bekannt waren , als unter unſern Künſtlern heutiges Lages die großen römiſchen Buchſtaben find . Ber wird ſich aber wohl einfallen laſſen zu fchließen , daß, weil wir ſehr viele Mängen mit deutſchen Umſchrif. ten und Aufſchriften, jedoch mit alten römiſchen Bucha ftaben unter uns haben , wir zu folchen Zeiten , da dieſelben geprågt ſind , unfre deutfche Bibel auch mit

ſolchen römiſchen Buchſtaben geſchrieben und dieſele ben im gemeinen Leben gebraucht haben můjten ? So

wenig dieſer Schluß gelten würde: fo wenig gilt auch der Schluß von den Sedeln . Die famaritaniſchen

Bud)ſtaben find viel gekünſtelter, als die hebräiſchen ; und die Künſtler ſuchen ihren Arbeiten durch die Wahl folcher Zierrachen ein befferes Anfehn zu geben : der Haß wider die Samaritaner aber erſtreckte ſich das

mals gewiß noch nicht bis auf einen ſo eingeſchránf. ten Gebraud ihrer Buchſtaben in einer weltlichen

Sache; vielmehr iſt gar glaublich , daß die Juden,

in der Ausübung einer ihnen von heidniſchen Köni. gen verliehenen Gewalt , die Buchſtaben , womit ihr

Gefen geſchrieben war , aus abergläubiſcher Furcht,

fic zu entheiligen , nicht gebrauchen wollen , und desa wegen lieber die Famaritaniſchen gewählt haben ; und Po wäre dieß ein zwenter Grund , woraus fich der Ges brauc famaritaniſcher Buchſtaben auf ihren Seckeln gar wohl erklären ließe.

Ich halte beyde um ſo viel.

mehr für eine hinlängliche Auffofung der von den See celn hergeſuchten Schwierigkeit; da der Bereis für das Alterthum der hebräiſchen Buchſtaben ſtart ge. nug iſt : ob man gleid, fein Vedenken tragen darf,

zuzu geben , daß ſo wohl die Hebräiſchen als die ſamas

ritaniſchen Buchſtaben ſich , wie es ben allen Spra. chen

hiftoriſche Zeitrechnung.

713

chen nach der Erfahrung zu gehen pflege , mit der Zeit in den Nebenzůgen viel verändert haben , ehe ſie zu uns gekommen ſind. Man kann nicht leug. nen , daß viele von denen Gründen , welche man für

das höhere Alter der hebräiſchen vorgetragen hat , una

gemein ſchwady find : wodurch der guten Sache alles mal geſchadet, und diefelbe, ſo klar fie auch ſeyn mochte, olne Noth in Weitläuftigkeiten verwickelt iſt. Selbſt derjenige , den ich für den ſtårkeſten und aflein ſchon für zureichend halte , hat durch Mifdeu .

tung feine Kraft verlohren : aber man darf ihn nue obne folche Verkehrung vorſtellen ; ſo wird er åbers

zeugend werden . Er reicht ſo weit, daß die Folge, welche man aus dem vermeinten höhern Alter der fa. maritaniſchen Buchſtaben gezogen hat, als ob die famaritaniſche Abſchrift deswegen mehr gelten mußte, dadurch zugleich umgeſtoßen wird. Wenn der Hei. land felber flar bezeugt hat , daß das Geſek und alſo

die Bücher Des Mofes urſprünglich mit hebräiſchen Buchſtaben geſchrieben geweſen ſind : fo follte man

es doch wohl glauben. Nun hat er es , arth . V. 18 , wirklich gethan. Denn er hat daſelbſt ge ſagt, es ſollte nicht ein Jota , noch ein Titel vom

Geſeke vergehn. Gewiß Gat er damit nicht von den kleineſten Buchſtaben und ihrer körperlichen Geſtalt,

noch viel weniger von iþren kleinern Zierrathen lehren wollen , daß davon nicht das geringſte verlohren ges hen ſollte: fondern feine Meinung iſt offenbar, es Tolle von dem Sinne und Verſtande des Geſekes nicht das geringſte unerfüllt bleiben . Da es ihm aber geo

fallen hat , dieſen Verſtand durch die Vorftellung von den Buchſtaben auszudrücken : ſo mußte er auch noth. wendig nicht allein diejenigen , worinn das Gereg geo ſchrieben war , fondern unter denſelben ebenfalls einen foldhen Buchſtaben wählen , der dieſem Verſtande ges

måß und alſo der kleineſte war ; weil er in ſeinem ºg 5

Xus.

714

4

Die' zivote Abtheilung,

Uusdrucke von dem genannten Budiftaben unmittel. bar auf einen kleinen Theil eines Buchſtabens forts

geht. Er hat dazu das Jota oder I gewählt. Alle ſo muß in derjenigen Sprache, worin das Geſek ure ſprünglich geſchrieben geweſen iſt , das J der kleine. fte Budiſtab geweſen ſeyn .

In der Famaritaniſchen

Spradie iſt dieß nicht: das Jud iſt zwar unter ih. ren Buchſtaben nicht der größte , aber doch ſchon eis ner von den größern. Hingegen iſt im Hebräiſchen das Jod der kleineſte. llnd andre, als die hebråie folien und ſamaritaniſchen Buchſtaben , kommen ben der ſtreitigen Frage nicht in Betrachtung.

Es muß

daher , nach des Heilandes eigner Erklärung, das Gefeß nicht mit famaritaniſchen , ſondern mit Hebrais 1

ſchen Buchſtaben geſchrieben geweſen feyn. Die Kúnſtelenen , weldie die Maſorethen in den Spißen , Strichlein und andern Zierrathen der Buchſtaben

erſonnen haben , gehn uns hier nichts an , und fann deswegen die fpåtere Erfindung derſelben dieſem Bee weiſe nicht entgegengeſegt werden. Das durch Titel

überfekte Wort , nepaio , bedeutet keine ſolche Kleine Zierrathen : fondern eigentlich alles , was das kleine.

ſte und legte oder åußerſte iſt e). Man muß alſo billig ſchließen , daß die hebräiſche Abſchrift der mos faiſchen Bücher , als die Urſchrift, mehr anſehn für fich hat , als die ſamaritaniſche, und daß dieſe legtre, ob ſie gleich von der ſamaritaniſchen Ueberſekung un. terſchieden werden muß , im Grunde nicht meậr gel. ten fann , als ſonſt eine Ueberſekung.

Die Sobeserhebungen f ) der griechiſchen Veberſes

kung , welche ibr theils Philo g) , Joſeph h ) und andre

e) Manſ. Fabric. ad Sext. Empir. Lib. X. p. 343, wo

er dieſe Bedeutung aus dem Scholiaften über Tikanders Uleripharmaka beweiſt. f ) 3.scron , S. 61 , 68.

g) De vita Muf . Lib. II. p. 658-660. edit. Parif. 1640. h ) Antiqu. Lib. XU. C.2, ſect. 12. p. 595.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

715

andre Juden , ſelbſt in ihren Talmuden i) , ertheilt, theils die Apoſtel des Herrn und die Kirdenvåter durch den Gebrauch dieſer Ueberſegung , wie man

ſich einbildet , beſtårft haben , fónnen ihr ſo wenign als der Beyfall des jüdiſdien Hohenprieſters und große ſen Rathes , wodurch ſie der Urſchrift gleich geſeßt ſeyn ſoll, den Vorzug vor den hebräiſchen Urkunden zu Wege bringen . Was es mit den lobeserhebungen der Menſchen zu bedcuten habe , das weiß ein jeder, der über ihre Handlungen nachzudenken gewohnt iſt, aus der Erfahrung. Es hindert ſie gemeiniglich, viei les , das redyte Maaß zu halten. Man lobt und ta . dele mehrentheils zu ſtarf : weil man an der einen Seite die Sadie nicht allemal vollkommen überſieht, an der andern durch Vorurtheile und nach denfelben erregte Leidenſchaften , auch ins befondre durch die

fo gewöhnliche Begierde, etwas Wunderbares vors

zuſtellen , hingeriſſen wird . Ich ſage nichts mehr davon : denn die oben angezeigten Mängel der gries

chiſchen Ueberſckung fu wohl , als der ſamaritaniſchen 2bſchrift, regen die uibertriebnen Lovſprüche von ſelbſt in engere Schranken zurück. Der Gebrauch, den die Apoſtel von jener gemacht haben , beweifet nichts : und von dem Heilande felbſt iſt nid)t die Rede ; da

es nicht die geringſte Wahrſcheinlichkeit gat , daß er im jüdiſchen Lande eine andre Sprache, als die da. mals daſelbſt gewöhnliche, die ſyriſchchaldaiſche, ge. braucht habe k). Die Apoſtel aber bedienten fich

der griechiſchen Ueberſetung nur , wo der Wahrheit fein Abbruch dadurd) geſchabe, und in vielen Stele

len , wie Cappell rdon erinnert hat , úberſekten fie die angezognen Worte aus den Búdern des alten Bun

i) Vid. Morin. de hebraei graecique textus finecritate Lib. I , exercit. 8. C. 1 .

k) Matth. V, 22, XXVII. 46. 21rirk. V. 41. 26.

716

Die zwore Abtheilung,

Bundes ſelbſt. Ihr Werf war nicht, den Bereh oder LInwerth der Ueberſekung zu beſtimmen : fondern

Wahrheit zu verkündigen. Es verſteht ſich allemat pon felbſt, daſſ eine Ueberfekung der Urſchrift weichen muß. Die Kirchenvåter folgten den Siebzigern, ehe fie- die Nothwendigkeit, Hebräiſch zu lernen , wahr rahmen , und darauf ihren Fleiß zu wenden anfin . gen : weil fie der Grundſprache nicht machtig waren.

Daher kam es aud), daß fie zum Theile die Zeita rechnung der 70 Dollmetſcher behielten : um fo viet

eher , weil manche, wie id)bereits oben 9. 1. bemerke habe, in den Gedanken ſtunden , die Zeitrechnung fey eine Nebenfache , womit man die Zeit nicht ver.

( chwenden müſſe. Iſt endlich die Ueberſekung der Siebziger von dem Hohenprieſter und dem großen Katle ihrer Zeit genehm gehalten und får ridytig ers

fannt worden ; wie man aufdes Philo und Joſephs Unſegn 1) glaubt : fo reicht auch dieß nicht hin , die hebråiſchen Urkunden und ihre Zeitrechnung berun. terguſonen. Das Urtheil über die Richtigkeit einer Leberfikung von vieten Büchern erfordert , wenn es gelten foll, mehrere und genauere Unterſuchungen , als

man dem Hohenprieſter oder dem großen Rathe mit Grunde zutrauen kann. Wer wird bereiſen , daß fie alle Bücher ſorgfåltig mit der Ifrſchrift gufam .

mengehalten haben ? Ja, wenn ſie auch das gethan þåtten , wie duch gar nicht wahrſcheinlich iſt: fo iſt dennoch nicht darzuthun , daß fie Geſchicklichkeit ge.

nug dazu hatten . Die Fehler, welche die Uleberries Ber felbft, die gleichwohl unter den geſchickteſten Jae den ausgeſudit geweſen feyn follen , vielfältig begans

gen haben , find ein redender Beweis, daß hieran noch viel gemangelt hat. Einigen , die des Hebrai fchen vollkommen kundig waren , kann man feine hin. langle 1) Ll, ce. !

hiftorifche Zeitrechnung,

717

Nångliche Bekanntſchaft mit dem Griechiſchen ; an. dern , die im Griechiſchen ſtark genug ſeyn mochten, keine vollkommne lebung im Hebräiſchen hevlegen : wenigſtens war das erſte wohl bey den meiſten der

Fall. Mehrere Betrachtungen übergehe ich aus lier be zur nöthigen Kårze, und bemerke nur noch , daß die Fabel des Uriſteas von der Ueberſegung der 72

Dollmetſcher aus den Melteften der Juden auf des Ptolomäus Philadelphus Befehl, längſt verworfen iſt, und der Dr. Body in ) unter andern gründlich ge

mug bewieſen Qat , daß zu des erwähnten Königs Zeia ten bloß die mofaiſchen fünf Bücher von den Juden in Alexandrien zu ihrem eigenen Gebrauche , über Hundert Jahre darnad) erft der Jeſaias und die fola genden Propheten , und die übrigen Bücher darauf, zu verſchiednen Zeiten und von verfchiednen Perſonen, ins Griechiſche überſekt worden ſind.

Die von vielen , und auch vom Hrn. Jackſon hin und wieder , angepriesne Uebereinſtimmung der

griechiſchen Zeitrechnung mit Joſephs Geſchichrbüchern, und, was den Zeitraum nach der Sundfluth betrifft, auch mit den ſamaritaniſ( jen fünf Büchern des Moz

fes , wird durch die offenbare Abweichungen bender von den Siebzigern , welche man nidyt anders , als

Durch bloße Muthmaßungen , aus dem Wege råva men fann , ſtark beſtritten.

Der mancherler, Vera

fälſchungen des jüdiſchen Geſchichtſchreibers, wodurch R$ geſchehen iſt , daß bisweilen die einzelnen Zahlen und die daraus gezognen Summen ben ihm ſich eins ander widerſprechen , nicht zu gedenken , iſt er in der

Zeitlaufe bis zur Gündfluth augenſcheinlich mehr dert hebräiſchen Urkunden , als den Siebzigern gefolgt: und in dem Zcitraume nach der SündAluth unterſcheis bet

m) De Biblior, textibus orig, et verfionib. p. I - 110, 175, 190 , 293.

718

Die zwote Abtheilung,

bet ſich auch ſeine Rechnung noch viel zu ſehr von den Siebzigern , als daß man eine Uebereinſtimmung zwiſchen beiden anneçmen könnte. Mit den ſamarie taniſchen Abſchriften ilt es eben ſo bewandt: indem

ſie nicht nur den Rainan , welcher auf eine over die andre Weiſe falſchlich in die griechiſche Ueberfeßung

eingeſchoben iſt, alle auslaſſen , ſondern aud), wenn man die rómijdsen und complutenſiſchen Abſchriften

von eben der Ueberſekung gelten läßt , in dem alter

des Pelegs , 17ahors und Thara, ben der Ge. burt ihrer Söhne , von derſelben abgehn. Es iſt demnad) die liebereinſtimmung der Siebziger mit Jofephen und mit den ſamaritaniſchen Abſchriften eben ſo wenig , als die Lebereinſtimmung der leßtern mit dem jüdiſchen Geſdichtſdireiber , ein gültiger Bes weisgrund wider die hebräiſdie Zeitrechnung: denn fie muß der Wahrheit zuwider erzwungen werden ; ind ſo weit, als ſie wirklich reicht, hat ſie igren Ur. ſprung aus einerten und unlautern Quellen.

Aber , ſpriche man endlich n ) , woher fommt dann die Verſchiedenheit in der grięchiſchen Zeitrech .

nung ? Die Leberſikung der Siebziger hat unmigo lich von den Juden verfälſcht werden können : denn

ſie war in aller Chriſten Händen , welche den Betrug ale bald offenbart haben würden . Gleichwohl muß nothwendig in einer oder der andern von beyderley

Handjdriſten , entweder in der griechiſcjen , oder in der Gebräiſchen , eine Verfálſdung vorgegangen ſeyn. Die Gleichmäßigkeit, womit die Zahlen nach einec einzigen Regel verfülſcht ſind , leidet es nid)t anders, als daß man eine vorſegliche Verfålſchung zugebe.

Das Hebräiſche verſtunden tie Chriſten nid)t. Des. wegen war es den Juden leicht, den Betrug mit den

Gebraio n) Jadſon , S.38 fg.

}

hiſtoriſche Zeitrechniung.

719

Hebräiſchen Urkunden vorzunehmen , und iſt alfo Godhiſt wahrſcheinlich , daß fie dieſelben mit Fleiß verändert Haben , um die Beweiſe, welche die Chriſten aus der

griechiſchen Ueberſegung wider ſie führten, durch den Vorwurf einer Abweichung von der Urſchrift unfraf.

tig zu machen. Allein ich babe den Schlußfak ſchon hinlänglich widerlegt , und gezeigt , daß die Juden keiner Verfälſchung der bebräiſchen Abſchriften des fchuldigt werden können , und dieſe iğnen in der That zu keiner Zeit möglich gewefen iſt.

Es wird außer

dem den Juden dabey eine Abſicht zugeſdrieben, wela dje ſie durch eine Verfälſchung der älteſten Zeitred). nung , da in allen übrigen und in den wichtigſten Stücken die Lebereinſtimmung zwiſchen der hebräi. ſchen Urſchrift und der griechijdren Ueberſegung un . verleßt blieb , nicht erhalten fonnten. Die Gründe, worauf der Schluß gebauet ift, find auch zum Theile ſchon im Vorhergehenden widerlegt , und zum Theile füfren ſie felbft gleichſam bey der Hand zu dem wala

ren Uriprunge der Verfälſchung in der griechiſchen Zeitrechnung. Es iſt ſchon für falſch erkannt , daß es den Juden ein leichtes geweſen ſeyn ſollte , in die

bebráiſitzen Urkunden eine allgemeine Verfälſchung einzuführen : es war ihnen vielmehr unmöglich , da fie diejenigen Abſchriften , weldie in den Händen der Chriſten waren , zu der Zeit, in die man den Bei

trug fegt, nidit in ihrer Gewalt þatten ; und eine Verfälſchung derer allein , die unter ihnen waren, A

konnte ihnen nichts helfen. Daß inzwiſchen die Ver . fälſchung der Zahlen eine vorſegliche That gewefen iſt, das lert der Augenſchein felber: indem ſie nach einer allgemeinen Regel eingerichtet iſt; und zufällige fra rungen nicht wohl in ſo vielen Stücken auf eine Re.

gel zuſammentreffen können. Aber eben dieß idyließt uns das Geheimniß der Verfälſdung auf. Sie iſt fo vorgenommen , daß die vermeinten Einwendungen wider 1

>

720

Die zwoote Abtheilung

wider die gebräiſche Zeitrechnung , welche man enti weder von der allzufrüßen Zeugung der Erzvåter vor

der Sundfluth , oder von dem allzufurzen Zeitraume für die Geſchichte von der Sundfluth bis auf Abra . ham , berzunehmen pflegt, padurch gehoben werden .

Man bat zu dem Ende dem Alter der Erjoåter, ehe

fie Kinder zu zeugen anfingen , nur ein hundert Jah. re mehr beygelegt, und dieſe hundert Jahre von ihm rem { eber nach der Zeugung ihrer Kinder wieder ab .

gezogen . Nun waren zu der Zeit, da die Ueberſee kung der ſo genannten Siebziger verfertigt ward, die Juden zu Alexandrien , weil man dafelbſt überhaupt

alle verſchiedne Lehrgebåude unter einander zu ſchmele zen und zu vereinigen ſuchte, fehr geneigt, die biblia ſche Geſchichte aus gleicher Gefinnung mit der weltlis eben in eine vermeinte Uebereinſtimmung zu bringen. Nach dieſer Neigung mögen ſie leicht die älteſte Zeita rechnung für feine fo wichtige Sache gepalten haben, daß ſie nicht durch eine Art von gottfeligem Betruge, der nachmals ſelbſt unter den Chriſten Vertheidiger

und Anhänger gefunden hat, die eingebildeten Sciwie. rigkeiten aus dem Wege råumen und zu der Abſicht

in einer Ueberfeßung die urſprünglichen Zahlen verån . dern dürften , wenn ſie nur die Hebräiſchen Urkunden

unverfàlicht ließen . Db der Hoheprieſter und der große Rath zu Jeruſalem darum gewußt haben, oder nicht, iſt keine erhebliche Frage. Saben ſie nidyt darum gewußt ; wie es die Wahrheit feyn muß, wenn man der Fabel des Arifteas keinen Glauben beymißt:

ſo konnte es den Ueberfißern deſto leichter þingehn , und ihre Arbeit dennod), weil man wohl nicht alles, und vermuthlich die ålteſte Zeitrechnung am wenige ften , mit der Urſchrift genau zuſammengehalten , vont

beyben genehm gehalten und gebilligt werden, ſo weit es geſchehen fern mag. Wenn es ihnen aber bekannt

geweſen fepon follce; wie gleichwohl nicht zu beweiſen ift:

.

Hiſtoriſche Zeitrechnung."

721

ift : fo macht der damals ſchon eingeriſine Verfall der

wahren Erkenntniß und Gottſeligkeit unter den Juo den leicht glaublich , daß fie den Kunſtgriff um einer vermeintlid, ro guten Abſicht willen nicht geradelt hac

ben werden. Es ſteht uns alſo nid )ts im Wege , die Verfälſchung der bibliſden Zeitrechnung , da ſie ein . mal in der That geſchehen iſt, den jüdiſchen Ueber. ſeßern , als eine Klügelen , auf die Rechnung zu ſchreiben. Vielmehr treffen alle Umſtände vollkom .

men Damit überein.

Die Berechnungen des Des

metrius und Lupolemnus , welche der griechiſchen Ueberſekung gemäß ſind , leiden nicht, daß man die

Verfälſchung in die Zeit nach Chriſti Geburt feße. Um ſo viel glaublicher, wo nicht gewiß , iſt es , daß ſie von den ſo genannten Siebzigern felbſt herrühre.

Joſeph hat aus gleicher Klügeley offenbar in vielen Stücken die hebräiſchen Urkunden verlaſſen , und ſich

in dem Zeitraume von der Sundfluth bis auf Abra ham nach den griechiſchen Dollmetſchern gerichtet. Und was iſt es Wunder , wenn die Samaritaner in

ihren Abſchriften , in denen ſie ohne das , ihrem lehre begriffe aufzuhelfen , augenſcheinliche Verfälldhungent

vorgenommen , ſchon vor ſeiner Zeit eben das gechan haben ? Die bisher angeſtellten Unterſuchungen werden, meiner Einſicht nadı , hinreichend fenn , den Vorzug

der hebråiſchen Zeitrechnung unwantelbar feſtzuſeßen. Ehe ich zur Erklärung derſelben dyreite, muß ich nur noch etwas weniges von dem Gebrauche der weltlichen ;

Zeitrechnung ſagen. Was wir von der älteſten Zeitrechnung in der weltlichen Geſchichte übrig haben , das iſt ſo neu , un.

ter ſo viele Dunkelheit verhüllt und mit ſo vielen hand. greiflichen Fabeln vermengt , daß man ſich in einen Jrrgarten vertiefen und vergebens einen Ausweg ſus

chen würde, wenn man ohne den Leitfaden der biblia I. Theil.

3i

fchen

1

722 .

Die zwöte Abtheilung,

fchen Zeitrecherung fic Binein wagen wollte. Det Beweis Hiervon wird man in der Geſchichte ſetopt roll fommen finden.

Und in der Ebat, wie kommen wir,

nacidem Vatro und andre, welche noch weit mehr altelltfunden zu gebrauchen hatten , die uridurchdring. liche Finſterniß der weltlichen Gefdsidste für die alten ſten Zeiten erfannt und geſtanden haben : wie können

wir, die idir bald zwen tauſend Jahre nach ihnen lès ben , uns aus wenigen Trúmmern oon einigen alten Geſchichtbüchern ein größres Licht , als jene ber vielen finden konnten , vernünfeiger Weiſe verſpreden ? Es iſt daher mit den wenigen Ueberbleibfelu- von weltiin chen Nadridten in Anfehung der älteſten Zeiten, und

den unfenntlichen Spuren einer Zeitredinung nichts enders anzufangen , als daß man röeils den Vorgug

der biblifdyen Zeitredinung daraus erkenne, theils aus dem , was mit derſeiben übereinſtimmt und duro

1

fle allein in Ordnung gebradit werden kann , eine Beſtåttigung ilares görtliden Unſegns wider den Lin . glauben nehme.

In Xbficht derjenigen Zeiten , wo die Fahrrech: nungen der olnnipiſchen Spiele und der Erbauung Roms , die Marmortafeln und des Prolomäus Zeite foige der babyloniſden Könige, der weltlidyen Geo

ſchichte zu Hülfe fornmen , haben toir in ihrer Zeit rechnung ein Ermunterungsmittet , die Wahrheit und den feften Zuſammenhang der bibliſchen Zeitredinung in iar felbft defto forgfältiger und unparteviſdier aufs guſuchen , je mehr die llebereinſtimmung der weltli chen mit ihr , ſo weit jene für unlcugbar erfannt wets den muß , uns belebret , baß diefe ihr eignes licht in 1

ſich hat, und jener ſefbit licht giebt: wenn gleid in einigen Nebenſtücken , wovon die Offenbarung uns zu bolehren nidyt nöthig gehabt hat, unſre Wifbe

gierde durd) die weltliche Zeitredznung allein befriedigt meto

hiſtoriſche Zeitrechnung.

723 porrden fann. Außer einer ſolchen Ermunterung unfres. Fleißes , der bibliſchen Zeitrechnung lehre begierig nachzuforſchen , iſt die Uebereinſtimmung der weltlichen Zeitrechnung mit der bibliſchen in den Hånden Wohlgefinnter eine der ſtårkeften Waffen ,der Unglauben zu Boden zu ſchlagen , und eines der fråf tigſten Nittel, die Zweifler zu überweiſen. Der gee nauere Unterricht endlich, den die weltliche Zeitrecha

nung in manchen Nebenſtücken geben kann , dient nicht allein zur Befriedigung eines løbliden Eifers,

in aller Erfenntniß juin tobeder göttlichen Vorſehung, die ſich darinu durchgehends offenbaret, zu wacyfen : fondern die heilige Schrift verweifer uns aud) ante

orúchlich darauf , theils zur Beſtärkung dor Richtige keit iører ununterbrochnen Zeitrechnungsfolge, wiel in den Büchern von Efra und Nehemias ; theils felbfe zur Beſtimmung der Zeit einiger beſondern Umſtände

in der ganzen Zeitreihe, wie Luk. II. 1, 2, III. 1, 2 . Es iſt demnad , billig und recht , die weldide Zeite rechnung in den angeführten Ubfichten nicht aus der

Acht zu laſſen , fondern gegen das licht, welches fie entweder in geringern Stücken und beſondern Fällent

für ſich anbietet , oder durch die Vergleichung mit der feſtgeſogten bibliſchen Zeitrechnung geben kann, als gegen ein Geſchenk des Himmels zu einem guten

Gebrauche, die Augen willig zu öffnen . §. 14.

Nun müſſen wir den Vorzug derHebräifchen Zeita . rechnung , welche ich unter dem Namen der bibliſcher

allezeit verſtehen werde , in ihren beſondern Theilen und ihrem ganzen Zuſammenhange näher fentien zu lernen ſuchen. Es iſt dabey vor allen Dinger notha

wendig ,bloß diejenige Eintheilung der Zeit , und dies

jenige Beſtimmungsart eines jeden Zeitraumes in 3: 2

ſeiner

1

724

DiezwoteAbtheilung,

feiner Verbindung mit den übrigen, welche die Heia

lige Schriſt ſelbſt feltfest, allein zum Grunde zu leo gen. Im Vorhergehenden , ó 2 fgg., iſt hinlånzlich dargethan , daß die Offenbarung die ganze Kette ih. rer Zeitrechnung nach dem wahren Sonnenjahre vers

folgt, aber zu deſto genauerer Anweiſung der Zeit für beſondre Begebenheiten mit dem Sonnenjahre

das wahre Mondjabr , wie es mit dem Sonnenjahre zugleich fortläuft, verbindet , und uns dieſe Verbin. dung alsbald unter den erſten Stücken ihres Unter.

richtes gelegrt hat. Bende Jahre ſind demnad, j100 Hauptarten der größern Zeiceintheilungen , welche wiederum in kleinere Theile , nad Monaten , Wo.

den und Tagen zu unterſcheiden ſie uns ebenfalls hin. långliche Unweiſung giebt : 0). Alle Eintheilungen der Zit ſind für ſich überhaupt ein unbeſtimmtes

Maaß derſelben. Wenn alſo ein Zeitraum dadurch abgemeſſen werden ſoll: ſo muß außer der Anzahl von ſolchen Zeitmaaßen, die denſelben vollenden, noth, wendig die gedoppelte Grånze, welche ihn einſchließt, der Anfang und das Ende, befannt fryn : ſonſt iſt die ganze Berechnung des Zeitraumes ſchwankend, und die Abſicht, in nach Tagen , Wodien , und Monaten abzumelien , wird nicht erreicht.

Sonnte

man nun woht glauben , daß die heilige Schrift feine Anfangsgrånze ihrer ſonſt ſo ſorgfältig beſtimmten Zeitrechnung nach dem gedoppelten Jahre angezeigt, habe ? Man kann ſich dieß um ſo viel weniger vor .

ſtellen : da ſie ausdrücklich die Anfangsgránze ihrer

Eage , 1 B.Noſ. 1.5 , ihrer Wudien , 15.rior. II. 2 , 3 , beſtimmt hat. Sollte es daher nicht er . laubt ſenn , nachzuforſchen , was für einen Stand der Sonne und des Mondes gegen einander und beyder gegen A

0) Man ſebe die I. Abth. der Zeitr. S. 224 , 225, 265, 274 , 281.

11

}

hiſtoriſche Zeitrechnung. 735 gegen unſre Erde , fie zur Anfangsgränze des gedopa pelten Jahres gemacht habe ?

Es iſt wahr, die heilige Sdirift iſt uns eigente lich, nur zu unſecer Seligkeit gegeben : allein die Heils. ordnung , worinn ſie uns den Weg dazu anweiſt , iſt mit einer Folge von Begebenheiten zu ihren gewiſſen Zeiten unzertrennlich verknúpit und erfordert deewe.

gen unumgänglich eine genaue Zeitrechnung. Dieſe muß ſich auf natürliche Verånderungen , als das Maaß der Zeiten , gründen.

Es kann daher nicht

unerlaubt feyn , in der Offenbarung auch gewiſſe Gründe natürlicher Erkenntniß und weltlicher Ges fchichte, mit welcher die heilige zuſammenhängt, zu, fuchen : fondern, es iſt vielmehr nothwendig. In dieſer Betrachtung giebt es zwecne Ubwege, wovor.

man , ſich gleich. ſorgfältig zu húton hat : an der

einen Seite ;, daß man es nicht für etwas geringes. und ihumukes anſehe, alles {idit , welches die heilige Schriſt in natürlichen Dingen und der Weltgeſchich . te anzündet, in derſelben treulich aufzuflichen und zu. 1

bemerken ;, an der andern , daß man fich aller unnue Ben Fragen , die nur eine ausſchweiſende Neubegier.. de eingeben kann , beſdyeiden enthalte , und von na. türlichen Dingen , welche mit der Hauptabſicht unſrer

Offenbarung, in keiner Verbindung ſiehn und deewe. gen dem fleißigen Gebrauche unfrer ngtürlichen Vers

ſtandeskräfte zur Erforſchung überlaſſen ſind ,

feinen

Unterricht aus der Sdrift veriange. Den erſten Abweg in dem Stücke, movon mir reden , zu vermei.

den, muß mar biltig die Anfangsgrången der Jaha re , welche in der bibliſchen Zeitredinung gebraudit werden , aus ihr ſelbſt zit erforſchen fidien: dem an.. dern zu entgehn , darf man nichts ntehr begehren, als den Stand der Sonne und des Mondes gegen eine ander, und bender gegen unſre Erde, an dem erſten

Sage , wovon die Rechnung angehoben iſt , bemerkt 333 1

726

Die zwote Abtheilung,

zu finden ; denn die Sonne , der Mond und die Ero de find , in Unſehung unſer , als Erdburger, allein

diejenigen Weltförper , die eine ſo nahe Beziehung auf einander haben , daß es uns fur Gewißheit der Zeitrechnung, um die Anfangsgrånger der Jahre feſtgefekt zu ſehen , nöthig iſt, ibren Stand gegen ein . ander zu wiffen.

Bas uns nun hierben'unentbehrlich iſt, dasent. deckt uns die Offenbarung in der That.

Es kommt

aber auf die Enikleidung dieſer wenigen Stücke an : von welchem Eage der Schöpfung die Jahrrechnung ihren Unfang nehme; was für einen Stand die

Sonne in den nachher beſtimmten Zeichen des Thier: freiſes an demſelben Eage gehabt Gabe, oder in was

für eine Jahrszeit der Anfang des erſten Jahres der Welt falle ; wie eben damals der Mond gegen die Sonne geſtanden fen ; und roas für ein Eag des je růcfgeführten julianiſchen Jahres auf eben die Zeit treffe. Die erſte von dieſen linterfuchungen hat die more

nigſte Schwierigkeit.

Früber, als bis die Erde

nebſt dein Monde ihren Sauf um die Sonne, wodurch das Jahr abgereffen wird , angefangen hat, kann man unmöglich den Anfang des erften Jahres der Schöpfung anjeßen. Nun muß zwar die fåglide Bewegung der Erde um ihre Angel, wovon Tag und Nache abhangen , mit dem erſten Tage der Sches pfung angegangen feyn ; 'weit diefe Abwechfelung von

Sag und Nachs fdyour bey dem etſten Schöpfungstas ge , 1 B. Moj. 1.5 , angezeigt wird : aber die Bee wegung der Erde um die Sonne, wodurch das Jahr

beſtimmt wird , hat nach 1 B. 1110f. 1. 14 , nicht eher, als am vierten Sdíópfungstage ihren Anfang genommen ; deit nicht eher wird der Sonne und dem

Minde ihr Dienft, Zeitmerkmaale, feſtgefrete Ver.

fammlungstage oder Feſte , und Jahre zu geben , an. gemier

1

Hiſtoriſche Zeitrechnung..

727

gewieſen. Es muß alſo. der vierte. Schöpfungstag Die Anfangsgrånze von benden Jahren , dena Monda jabre ſo wohl, als dem .Sonnenjahre feyn. Es heißt mit Floren Worten 2 B.X170 f. XXIII. 16 , das feri der Einfammlung folle im Ausa, gange oder am Endë des Jahres gehalten werden : und wiederum 2 B. 1930ſ. XXXIV. 22, man folle

es feyeen , wenn das Jahr um fey , oder bey dem Umlaufe des Jahres. Dieſe benden Stellen reken

effenbar das Ende des Jahres um die Zeit der Herbſka gleide, und folglich den Anfang um eben diefelbe Zeit :, denn alle Reiſebeſchreibungen ftimisen darinn . überein, daß in dem gelobton ( ande aledaan die lega Len Frichte, wovon hier die Rede iſt, zur Ginſamma

lung reif find p). Nunwar zwar bey den Juden zu , Des Mofis Zeiten, das Montjahr iøres Jubelfreifen eingefüjrt: jedoch diefer. ganze Kreis ward dirch das Sonnenjahr in Ordnung gehalten , sind in einein jea den erſten Jahre deſſelben. Kreiſes, traf der zu demt: Einſammlungefeſte 3 5. 170 $. XXII. 34, verorda, nete Eag des Monojahres voirtlichmit der erwähnten

Zeit des Sonnenjahres zuſammen ; fonſt aber iſt die B.

Feſt natürlicher Weiſe an das Gonnenjahr , weldes allein die Sirifangszeit dre .Früchte ordentlich wieder

herführt, gebunden , wie ſich auch ger diusdrud 2B . Njoſ XXXIV , 22 , fir frin andres , als das Sona menjahr, dict, weldies allein, unter den beyden

hier in Betrachtung gezogenen Jahren , die Zeit ei. nes einzigen limlaufes. it. Forglid, roar der Anfang

des Sounenjahres in des Mofes Tagen um die Herbſte gleiche. Es führt aber dieſer heilige Geſchichtſchrcia ber ſeine Zeitrechnung vom Urfange der Welt befidiva 3 ; 4. dig p) Man fetye eine Sammlung von ſolchen Ze:ignifferie , in Beers Avhandlungen zur Erläut. ter a !t. Zeits, unde Seich . I , II, S. 23, foe.

728

Die zwote Abtheilung ,

3

dig durch das Sonnenjahr fort , ſo oft er Jahrezu . fainmenrechnet. Er muß alſo vum erſten Anfange an

ei erley Anfangsgrånze des Sonnenjahres beybehalten habin : weil widrigen Falles die Kette der Berechnung

unterbrochen fenn mußte, und er, um ſie an dem gehöri. gen Orte wieder zuſammen zu ſchließen, wenn eine Zen .

derung in der Anfangsgrånze vorgefallen wåre , eben ſo wenig unterlaſſen haben würde , dieſe Aenderung, und die Folge davon in der Zeitrechnung deutlich zu

melden , als er es , in Anſehung des auf göttlichen

Befehl geånderten Anfangs der Jubelfreisjahre, un . terlaſſen hat. Es muß demnach die Anfangsgrånze des erſten Jahres der Welt in die Zeit , da die Sons

ne in die Wage trat , oder in den Anfang des Herbs ftes gelegt werden.

Die genaue Beſchreibung des Sundfluthjahres I B. Mor . VII, VIII, zeigt augenſdeinlid), daß der erſte Tag deſſelben Sonnenjahres auch der erſte Tag des fugleich damic laufenden Mondjahres

Dieß trifft ben der gehörigen Berechnung in der That fu , und man befindet dabei ferner , daß der erſte Eag des Mondjahres damals der Tag nach

war.

dem Neumonde um die Herbſtgleiche geweſen iſt.

Folglich fing ſido das Jahr von dem Neumonde an. Dieſe Umſtände nun fonnten nicht wahr fenn ; wie ſie

es doch ſiiid : wenn das erſte Jahr der Welt ſich nid)t von dem Vollmonde angefangen hårte. Alſo ſtand der Mond gegen die Sonne am vierten Schöpfungsta ge, als dem Anfangstage des erſten Jahres der Welt in

der Entgegenſehung. Jedoch war feine Monofinſterniß : ſondern der Mond ſtand nur ſo nahe bey den Knoten, als

es fenn konnte , ohne eine Finſterniß zu verurſachen. Durch den iſt feſtgeregten Stand der Sonne, und des Mondes gezen die Sonne, iſt ſchon bender

Stand genen die Erde zugleich beſtimmt. Da nun

aber jene theils durch die Zeugniſſe der heiligen Schrift, theils

hiſtoriſche Zeitrechnung.

729

theils durch Berechnung gefunden find : To bedarf es

feiner andern bloß wahrſcheinlichen Grinde, Rie zu beſtårfen. Es iſt genug , daß in der Natur der Sa. che und den Nachrichten der heiligen Schrift niches liegt , was dawider ſtreite: ſondern alles vielmehr

auf das beste damit zuſammenſtimmt. Ich überlafo Pe daher einem jeden die Beweiſe, welche andre theils -für die Frühlingsgleiche in Anregung des Standes der Sonne 9) ; theils für den Neumond in Ubſicht auf den Stand des Mondes gegen die Sonne r ), ju fibren

geſucht haben , bey ihnen nachzuleſen und ſelbſt zu prüfen. Mir geben dieſelben feine lieberzeugung : und ich will dabey nur noch das einzige , mit dem

Hrn. Bengeln s) , erinnern , daß man aus der Beo ſchaffenheit gewiſſer Jahrszeiten , wie fie gegenwår. tig nach dem Falle ſind , nicht auf ihre Bequemlich

keit oder Unbequemlichkeit zum Anfange des Sdhos pfungsjahres ſchließen fónne. Nunmehr iſt es nicht ſchwer , den Tag des juts

lianiſchen Jahres, auf welchen der erſte Tag des erſten Jahres ver Welt, oder der vierte Stopfungstag fålle, auszumachen : ſobald man nur weiß ,durch wie viele jus lianiſche Jahre die Berechnung bis auf den Anfangs. tag des erſten Jahres der Welt zurückzuführen ſey. Dieß aber muß durch die ganze Kette der Zeitrech . nung bis auf das gegenwärtige Jahr beſtimmt wer . den : und dieſe werde ich in dem Verfolge durch die ſtårkeſten Beweiſe, die inir zu finden möglich gewefen ſind , auf 5752 Jahre hinausleiten ; ſo daß wir nach meiner Berechnung im gegenwärtigen 1763ten Jahre

der gemeinen Zeitrechnung das 5753te Jahr der Welt 1

åb . 315 9) Man fehe unter andern Judfons chronol. Alterth. 3b. I. S. 16-21 .

r) Bengel. ord. temp. C. II. fect, 2. V. VIL. n. 8 , 9. P. 27, 28 .

8) L. 6. §. II. p. 19.

730

Die zivote Abtheilungs

zählen. Hieraus folgt dann, daß die Welt im 7236 Jahre des julianiſchen Umtaufs freiſos geſtaffen iſt. In dem fetben fiel die Herbſtgleiche auf den 25ten des Weinmonates oder Octobers. Der Sonntags. buchſtab war damals G : der 2ste crober aber hat

in einem gemeinen Jahre dea Buchſtaben d. Folge Hich war der 25te October , worauf der vierte Schos pfungsiag traf , ein Donnerſtag: und der 70e Tag,

den Gott Heiligre, war alſo in demſelben Jahre ein Sonntag. Es ſind noch verſchiedne andre Fragen , die niece her gezogen werden könnten , aufgeworfen worden t) : allein ſie gehören näher zur Geſchichte felbſt, als zu Zeitrechnung. Ich verſpare fie demnach bis auf jene und feke gegenwårtig den Zeitraum von der Schia pfung bis zur Sündpluth feſt. Nachdem ich im Vorhergehenden die Gültigkeit ber hebräiſchen Zeitrechnung von allen übrigen hias långtid, bewieſen habe : po iſt mir hier bloß noch zun. Ziele gelaſſen , die Jahre, welche die bibliſche Ges

fchichte im Sebraiſchen für dieſen Zeitraum zu berecha nen anweifet, zuſammenzuzählen . Denn es find hier Feine ſoldie Sdwierigkeisen , wie fixty in den folgere den Zeitbegriffin finden werben , vorher aus dem W3 ge ju räumen : Fondern .Mofes führt die ganze Zeitfolge

bis auf die Cundfluth. von Adam an beſtändig durch das Alter der Erjoåter bei der Geburt ihrer Söhne

bis auf das Jahr der Sindfluth fort, und beſtimmt deffelbe durd) Noahs Alter zu derſelben Zeit. Max

frhe nur 1 B. 11301. V. 3 , 6, 9 , 12 , 15, 18 , 21, 25, 28, 20 UND VU . 11.

Jabre 6 ) Bengel l. e . p. 20-23 , 29

hiftoriſche Zeitrechnunga

731

Jabre Jabte Jabre Jabve des

des

der

Zeus Welt , jul. Um: gungss

pot

der

Dios laufs : nyo

alters der

te. Jabea

Erzves

redan

ter

Adam warg

im

1

723 3990

Adam zeugte Seth

130 130

853 3860

Seth En06

105 235 .

958 3755

Renan

Enos Henan Malalas

90 325, 1048 3668 70 395 1118 3595

leel

mahas

Jared

65 460 1183. 3530

laleel

Jarco Benoch Nechu , falab Lamech

162 622 1345 3368

Senoch Piechua ſalah Lamech

187 874 1597 3116

Toah

182 1965 1779 2934

65 687 1410 3303

Die Sundfluth fam, als Nonh im 6ooten Jahre des Atters war , im

1656 2379, 2334

Es fiel alfo die Såndfrith in das 1656te Jale der Welt und zwar nach der ausdrücklichen Unzeige

1 B. 0709. VII. 11, auf den 17ten Tag des zwensen Monates in demſelben Jahre. . Die famaritaniſiher

2bſchyriften nehmen allen Erpetern nach dein Setly, die ben der Geburt ihrer Söhne über hundert Jahre alt waren , hundert Jahre von ihrem Alter zu det.

ſelben Zeit ab , und legen über dieß dem Methuſalah nur 65 Jahre und dein lamech nur 53, ben der Ver

burt ihrer Söhne, ben. Dadurch verfiirzen ſie den Zeitraum von der Schöpfung bis zur Sundfluch um 349 Jahre und frøen die Fluch in das 1307te Jahr der

V

732

Die zwote Abtheilung,

der Welt. Die LXX Dollmetſcher Regen allen Erge 1

vårern vor der Sủndfluth , außer dem Jared , Me. thufalah und Samed) 100 Jahre , ben der Geburt ih . rer Söhne, hingu , und machen außer dem den las mech 188, anſtatt 182 , Jahre alt : wenn man der

Ausgabe ver Graben und den Conſtantinopo , litanern folge. Auf folche Weiſe verlangern ſie den

Zeitraum um 606 Jahre und geben das 226ate Jahr der Welt zum Sundfluthejahre an . Jedoch die ge. meinen Abſchriften vermindern dieſe Zaht um 20 Jalya re , und feßen das 2242te Jahr : weil ſie dem Mee

thufalah bey der Geburt ſeines Sohnes nur 167 , an.

ſtatt 187 , Jahre beylegen. Ja nach dem Pezron iſt noch eine Verſchiedenheit mehr : Denn er verthei.

dige die ſesart in den Abſchriften der Siebziger , wele che dem Lamech ber der Geburt Noahs nur 182 Jahr zuſchreibt; und ſo fällt die Sündfluth in das

2256te Jahr der Welt. Dieß iſt nach des Fjrn. Juicks fons v ) Meinung eben daſſelbe Jahr, welches Jos

ſephs x) Rechnung für die Zeit der Sundfluth her. ausbringt : ob gleich der jüdiſche Geſchichtſchreiber nach den fonſt angenommenen ( esarten nåher bey der

hebräiſchen Zeitrechnung bleibt , und bloß , weil er dem Jared nur 62 Jahre bey der Geburt Genochs

zutheilt, 100 Jahre weniger recinet , ſo daß , ſeiner Beredynung zu Folge die Sủndſuth in das 1556te

Jahr der Welt treffen würde. Diefe Verſchieden, heiten in den Rechnungen der Siebziger ſo wohl als

des Joſephs zeigen , wie wenig man ſich auf bende zu verlaſſen habe , und beſtår ken den Vorzug, den

wir der hebräiſchen Zeitrechnung billig zuerkannt haben . § 15.

Von dem Sủndfluchsjahre, dem 1656ten Jahre der

v) Ju den chron. Alterthüm. Sh. I. S. 26 fgg. 1) Aniquit. Lib. I. C. 3.

1

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

733 1

Der Welt, fegt die heilige Schrift, 1 B. Mof. XI. 10 , 12 , 14 , 16 , 18 , 20 , 22 , 24 , 26 , und XII. 4 , ihre Zeitrechnung bis auf Abrahams Berufung wie. derum durch das Ulter der Erzvåter bey der Geburt

ilver Söhne fort. Aber ben dieſer Zeit folge hat man einen gedoppelten Zweifel gefunden. Der eine ber , trifft Arphacfads: der andre Abrabams Geo burtsjahr.

Es wird i B. Mol. XI, 10 , geſagt, Sem Habe ſeinen Sohn Arphadſad im 1ooten Jahre feia nes Alters , 2 Jahre nach der Sundfluch gezeugt: da gleidywohl 1 B. 110f. V. 32. gemeldet iſt, 1700h

habe im gooten Jahre ſeines Niters den Sem, ham und Japhet gezeugt. Es iſt alſo die Frage entſtan. den , ob man die in der zuerſt angeführten Stelle

gedachten 2 Jipyre nach der Sündfluth mit in die Bes recinung neymen , und alfo fchließen müſſe , daß Sein im gozten Jahre des völligen Alters ſeines Va. ters enft gebohren fer : uder ob 7oahs Alter von 500 Jahren bey der Geburt Sems für die wahre Zeit zu halten und daher der Verlauf von den 2 Jahren nach der Sinifluth fuir ſchon eingeſchloſſen anzuſehen

fen. Nicht ohne allen Schein glauben einige , worá unter auch Rennedy y) iſt , es werde 1 B. Mor.

V. 32 , bloß das Alter , in welchen Noah feine Söh. ne zu zeugen angefangen habe , gemeldet : Sem aber, weldier nicht der älteſte war , ſem erſt zwey Jahre

ſpåter gebohren . Allein der Grundfaß, den man in der heiligen Schrift beobachtet findet , daß die Zeit. rechnung nach dem Alter der Perſonen beſtåndig durch den auserwählten Zweig des Geſchlechtes fortgeführt

wird , muß billig zur Entſcheidung dienen : wenn man núr zeigen kann , wie die Nachricht, IB.XIIof. XI. 10

1

v ) New method of ſtating and explain, the ſcript,

Chronology , p. 219 fq.

734

Die zwore Abtheilung,

ro , daß Arphadifad given Jabre nach der Sündfluth gebohren fer , damit beſtehen möge. Hierbem fémmt

es auf den Ausdruck , nach der Sündfluth , an . Wie man denfelben in der heiligen Sdrift felbft ofa fenbar gebreud t findet , und die eigentliche Bedeute

Tung des Wortes , Sủndfluth , im Hebräiſchen es erfordert: fo muz man ihn billig nehmen . Nun Heißt er unſtreitig 1 B. 930 %. IX . 28 , fo viel, als

rach dem Anfange der Sünofuch : vocil fonf die Lebenejahre Noals unrichtig berechnet feyn wür . den .

Und dieß ift dem hebràidhen Worte, wodurch

die Sündfluch bezeichnet ift, volffommen gemäß : findem Gaffelbe die wirklich fortdauernde Wafferflute bedeutet .' Es war demnad) das Jahr , worinn fich

die Sündflurh envigre, oder das 1657te Jahr det Welt, mit welchem Sems After vor hundert Jahrir

zuſammentrifft, das zwente Jahr nach demUnfange der Sundflury. Folglich cúi fen die erwähnten zwon Jabyte nach der Sindfluth, da man ſie in demkundertjáhriget Puter Sems bey der Geburt feines Sohnes Urphath .

Fads fchon eingeſchieſſen findet, nicht befonders in die Beredynung gebracht werden . Man hat daben nur noch zu bemerken , daß zwar die geſammleten Jahre su der ganzen Kette der Zeitrechnung allemal , aber

die einzelnen Jahre gewiſſer Begebenheit nicht alles mal, fár voll und verlaufen anzulegen find: wie aus der Beſtimmung des Anfangs und Endes der Sund's

Pluch durch Noahs Alter, unter andern, offenbar era Hello. Uebrigens iſt dieß eben die Ecklärung , wele

che Sr. Bengel 2 ) für gültig erkannt hat. Die andre Schwierigkeit, wegen Abrahams Seburt und Berufunz, ift von ähnlicher Art und

läßt ſich auf äønliche Weiſe bebeit. Es wird B. Wol. e) Ord. temp. p. 49 , fq.

biſtorifdie Zeitrechnung.

733 WOF. XI, 26 , gemeldet, Tharah fev 70 Jahre alt geweſen , als er ſeine Söhne Abraham , Nahor und Haran gezeugt habe: aber bald darauf, v. 32, heißt es, Charak fay in dem Alter von 205 Jahren

zu Haran geſtorben , und dann wird Cap . XII. 1, 2 , 3 , 4, Abrahams Beruf und Abzug aus Har in dem Zlter von 75 Jahren berichtet. ran Weil nun Abraham nicht der altefte von Char rahs Söhnen war : fo iſt aus dein Berfolge dieſer Erzählung wiederum von einigen , auch vom Kents nedy a), welter nach Angel Flården b ) der neue efte Vertheidiger dieſer Meinung iſt, geſchloffen wore den , Abrahamn fer erſt unmittelbar nach ſeines Vaters

Tode aus Haran weggezogen, and alſo , da er zu dere felben 3 :1175 Jahre alt war, im 130ten Jahre Tharah gebobren worden. Uber aus einer folchen Ordnung

in dem Verfolge der Erzählung iſt nichts mit Gewiß

heit ju fdliegen : es iſt nid)t allein gewöhnlich , forn dern auch felyr natürlich , die Zeitrechnung bis aufein

gewiſies Ziel ununterbrochen fortzuführen, und dann prat geriffe Begebenbeiten , wodurch die Ketre det

Zeitredinung weiter zuſammengeſångt werden foll, mit ihrer eigentlichen Zeit zu beſchreiben. Der fichere Grundſak , daß die Zeitrechnung nach dem Alter der Perfonen in der Heiligen Schrift allemal durch den

anserwählten Zweig des Geſchlechtes fortgeführt wird, muß auch hier den Ausſchlag geben . Gleichwie dann IB . N30r. XI. 26 , ausdrücklich geſagt wird, Abra.

ham foy in dem 70ten Jahre feines Vaters gebohren worden , und die Gebürtsgeit deč andern Sohne, weta de nicht zur Folge in die Zeitrechnung gezogen wer

ben ſollte, hier ſo wohl, als bey NoahsSöhnen,an. ange.

a ) L. c. p. 220 ſq.

b ) Chronologia vniuerfalilima, C. 109.art, 4. $. 5: P. 225 .

2

736

Die zwote Abtheilung,

angezeigt gelaſſen iſt : alſo wird auch durch die Orde nung , in welcher die Söhne beyder Erzvåter genannt werden , deutlid ) genug die Beobachtung des eben ge. meldeten Grundſaßes zu erkennen gegeben. . Hierzu fómmt in dem gegenwärtigen Falle noch , daß dem

Abraham 1 B. :rof. XII. 1 , befohlen wird , aus ſeines Vaters Hauſe megzugehen , und folglich , bem ſeinem Abzuge von Haran , Tharah nod) gelebt has ben muß. Auf einen andern Umſtand , daß Abra.

ham es nicht leicht für etwas fremdes angeſehn ha ben könnte , in feinem 100ten Jahre einen Sohn zu bekommen , wenn er ſelber im 130ten Jahre ſeines Vaters gezeugt worden ware c) , will ich mich nicht berufen : weil Abraham es wohl nur in Anſehung der Sara für etwas ſonderbares gehalten hat ; da er noch

viele Jahre darnach ſeine Hofnung Kinder zu zeugen nicht aufgegeben hatte , und ſie auch erfüllet ſahe.

Die übrigen Grunde beweiſen ſchon zur Gnúge , dat

Abrahms Geburtsjahr in das 701e Jahr feines Va ters que feken ſey. Und dadurch wird dann das Jahr der Welt, in welchem er berufen worden iſt, von felbſt

beſtimmt: nachdem mit klaren Worten angegeben iſt, daß er auf dieſen Beruf im 75ten Jahre ſeines Alters Karan verlaſſen hat. Es beziehn ſich zwar die Freuns

de der andern Rechnung auf Stephans Worte, Apg. VII. 4 , Gott habe den Abraham nad dem Tode ſeines Vaters in das gelobte (and verſest:

allein dieſer Ausdruck ſelbſt zeige , daß Stephan die völlige Verrekung und Feſticking Abrahams , welche

nach und nad), und ſonderlid, durch die Anfaufung eines Eigenthums in dem verheißnen Lande , 1 B. Moſ. XXIII. 9 , 20 , nach Tharahs Tode , geſchaa

he, eigentlich zum Augenmerfe gehabt habe. Daher iſt kein Streit zwiſchen feinen Worten und des Moſes Erzäh. * ) Algem . Welthiſtorie, Ib. I. S. 246. Anmert, 183,

1

biſtoriſche Zeitrechnung.

737

23

Erzählung 1 B. ! 710ſ. XII, 1, welche, als die Nachricht eines Geſchichtſchreibers, um ſo viel gültiger fenn muß. Nachdem nun die beyden Schwierigkeiten , die

ben dem Zeitraume von der Sundfluch bis auf Abrahams Geburt und Berufung allein in der hes

bråiſchen Zeitrechnung vorkommen , gehoben ſind : ſo darf man hier wiederum , die angefangne Kette der Zeitrechnung zu verlängern , nur das angegebne Alter der Ergvåter bey der Geburt ihrer Söhne, 1 B. Mioſ. XI. 12, 14 , 16 , 18, 20 , 22, 24 ,

26 , zuſammenzählen , mit dem vorhergehenden Zeitraume verbinden , und das Ulter Ubrahams ben ſeinem Abzuge aus Haran 1 B. Miof. XII. 4 , zum Beſchluſſe des hier geſuchten Zeitraumes hin. zuſeken. Jedoch wird man ſich vorher erinnern, daß die Sündfluch ſich nach Ablaufe eines ganzen Jahres endigte und vermöge deſſen , was ißt furz zuvor be.

wieſen iſt, Arphachſads erſtes Jahr mit dem Jahre, in welchem ſich , und zwar im zweyten Monate , bas Sundfluthsjahr beſchloß, zuſammenfiel. Jahre Jabre Jabre Jabre der

des

Jeu: Welt gungss alters

des jul .

der

Um :

Dion .

por

laufs : Jahrs kr.

Jahr der Sündfluch

rechn .

1656 2379 2334

Arpbach : 190

Salah

zeugte Salah Bber

35 30

feber

Peleg

34

Peleg

Negu

Regu Serug Tabor Tharah

Yahor

30 32 30

Tharab

Serug

1691 1721 1755 1785

2414 2444 2478 2508

2299 2269 2235 2205

1817 1847

2540 2570

2173 2143

29

1876 2599 2114

Abraham 70 2brabam war 75 Jahre

1946 2669 2044

alt, als er berufen ward I. Theil.

2021

Haa

2744 1969 Die

738

Die zwote Abtheilung Die faiaritaniſchen Abſchriften vergrößern .

dieſen Beitraum um 650 Jahre ; ſo daß nach ihrer

Rechnung Abrahams Geburt in das 2596te und ſeir Beruf in das 2671te Jahr der Welt fallen mußte : indem ſie ailen Erzvåtern , den 17aljor iindTharah ausgenommen , 100 Jahre mehr bei der Geburt (brez Söhne anrechnen , und dem Stahor zu derſelben Zeit ein Alter von 79 anſtatt 20 Jahren zuſchreiben. Die LXX Dollmetſder machen es nicht allein eben

ſo : ſondern ſchieben auch noch zwiſchen Nepbachfað und Salal) einen Stainan mit 130 Jahren ein.

Auf

folche Weiſe vermegren ſie die şebräiſche Rechnung um 780 Falire, und bringen alſo die Geburt Abrao namis in das 272ốte und ſeine Berufung in das 2801 te Jahr der Welt. Jedoch erweitert die römilde

Abfdrift den Zeitraum noch am too , und die com. plutenfiſde um 104 Jahre : denn beide niach den Piahor ver Tharalys Geburt 179 Jahre alt , und

bie Irktere legt dem Peleg noch 4 Jahre nicţr 14 ais die übrigen. Jofeph fommt nad einigen ube fchriften mit der famaritaniden Berechnung in alien Stücken überein : außer daß er dem 17abor ben Tharahs Geburt 129 , ſtatt der famaritaniſchen 79;

und alſo 50 Jayre mehr, als die ſamaritaniſche, zulo theilt. Hiedurch wiro Abrahams Geburt in das 2646te und feine Berufung in das 2721te Fahr ter Welt geſetzt. Allein nach den gemeinen Abſchriften

bleibt er in Anſchung Arphacſads und Tahors bey der Hebräiſchen Angabe: wodurch die eben bereits ten Zahlen um 200 Jahre vermindert werden.

Das Urtheil über dieſe abweidienden Beredynuin gen iſt ſchon g. 13 gefälit. Ich führe fie hier , wis bev dem erfien Zeitraume, bloß als ein Stück der Ger ſdsidyre von der Zeitrechnung, an, damit man die Ber: fdviedenheit der lektern , wenn man ſich darum befúm. mern tvill, mit einem Blicke überſehen fónne. , 16 .

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

739

$. 16,

Ben dem dritten Zeitraume , von Abrahams Geburt oder Berufung bis auf den Ausgang der Kinder Iſraels aus Aegypten, hat man die Zwei. fel noch mehr gepåuft, als ben dem zweyten. Die Heilige Schrift führt zwar ißre Zeitrechnung durch das Alter der Erzváter ben der Geburt ihrer Söhne bis auf Jakobs Geburt noch fort ; und verknüpft ſiedann

durch die zuſammengerechneten 430 Jahre : aber da fie den Unfang dieſes lektern Zeitbegriffes nicht ſo deurlich , als das Ende deſſelben meldet, und man die Geburtsjahre einiger Erzvåter , die ſich nur aus gewiſſen Anzeigen ſchließen laſſen , ohne ausdrücklich gemeldet zu feyn , zum Beſtimmungegrunde mit in

Betrachtung ziehen muß ; fo iſt hier ſonderlich eine gedoppelte Uncerſuchung nothwendig geworden . Die eine betrifft Joſephs Geburtsjahr: die andre den ese gentlichen Anfang der gemeldeten 430 Jahre. Gemeiniglich ſucht man Jofephs Geburtszeit aus ſeinem Alter., da er vor Pharaofam 1 B.87701. XLI. 46 , und dem Alter Jakobs , als er vor eben dem Könige 'don Aegypten ſtand, 1B.Moſ. XLVII, 9. , ju beſtimmen . Die angezognen Stellen erklaa

ren , daß Joſeph nach 30 Jahren ſeines Lebens , und Jakob nach 130 Jahren ſeines Ulters, dem Könige vor. geſtellt wurden . Nun nimmt man an , daß die 7

fruchtbarenJahre unmittelbar auf Joſepęs Erhöhung, und auf die frucytbaren die dürren Jahre wieberum unmittelbar gefolgt find. Weil nun Jakob im drita sen von den dürren Jahren , 1 B. XIof. XLV. 6, und alſo , nach der angenommenen Meinung, im

Joten Jahre nach Joſephus Erhebung, oder im foten Jahre von Joſephs Alter vor dem Pharao ſtand: fo

muß Joſep gebohren fenn, als Jakob 91 Fahre alt geweſen iſt: indem dieſe Zahl herausfónamt, wenn Aaa 2

man

Die zivote Abtheilung,

740 .

man von den vollen 130 Jahren Jakobs ben feiner Ankunft in Aegnpten die vollen 39 Johre Joſephs ab. zirht. Allein dieſe Beredinimg fann mit einer ans dern , welche die beilige Schrift ſehr deutlich anwei. fet, nidyt beſtehen : und man muß daber nothwendig

thließen , daß die dabey angenommene Meinung von der unmittelbaren Folge der ſieben frudytbaren Jahre

auf Joſephs Erhöhung, und der unfruchtbaren auf die fruchtbaren , nicht richtig ſey. Ob gleid, Joſephs Geburtsjahr in der hoil. Srift nicht ausdrücklich ger meldet ift: ſo hat dieſelbe doch von dem ausdrücklich angezeigten Geburtsjahre Jakobs die Lebensjahre eben

dieſes . Erzvaters bis auf Foſephs Geburt , in ver: fchiednen Stellen klar genug verfolgt und angewieſen. Denn 1 B.Moſ. XXVI. 34 , wird berichtet, Eſau ſer 40 Jahre alt geweſen , als er geheirathet kabe, und dann wird im folgenden Haupiſtücke, nach

Erzählung einiger zu der Sache gchörigen Umſtände, Jakobs Abreiſe nad) Haran zum Laban gemeldet. Jakob und . Efau waren Zwillinge 1 B. 108. XXV. 24 , fg.

Alſo war Jakob zu derſelben Zeit ebenfalls

40 Jahre alt. Nun führt die Schriſt niemals igre Zeitrechnung durch das Alter des verworfenen , ſono dern durch die Jahre des auserwählten Zweiges al:

lein, fort: es iſt auch Eraus Heirath ein Umſtand, der in dem Verfolge nicht den geringſten Einfluß in die Zeitrechnung hat.

Man muß daber nothwendig

ſchließen , das Uiter Eſaus von 40 Jagren ſen bloß deswegen angezeigt, damit man Jakobs Alter bey ſeiner Abreiſe nach) Haran gewiß wiſſen und zur Bes

ſtimmung der Geburt ſeines Sohnes Joſephs, als einer Hauptperſon bey der aegyptiſchen Dienſtbarkeit, anwenden fónnte.

Dief iſt noch um ſo viel gewiſ:

Ter : weil ſonſt dieſe Zahl ganz vergebens angebracht reyn würde.

Iſt nun ausgemacht, daß Jakob in

dem Alter von 40 Jahren ſeiner Reiſe , und daher auch

hiſtoriſche Zeitrechnung.

741

auch in eben dem Alter ſeine Dienſte bey dem {aban 1 B. Mor. XXIX , 14 fgg, antrat : ſo iſt aus den

Dienſtjahren Jakobs , wie ſie theils an dem eben ges meldeten Dite, theils 1 B. 1170ſ. XXX. 23 , 25 und XXXI . 38 , angegeben werden , das Alter Jakobs bey

Joſephs Geburt flar und gewiß zu erkennen . Denn Jakob konnte gewiß nicht eher vom Laban wegzuziehn verlangen , als bis die vierzekin Jahre ſeiner angelob. ten Dienſte um ſeine benden Weiber verfloſſen wa . ren . Er begehrte aber noch Joſephs Geburt weg .

zuziehen , 1B.Mof.XXX. 25. Demnach mußten ſeine'vierzehn Dienſijahre damals voll ſeyn. Nun iſt nicht ju glauben , daß Jakob mit einem Kinde feiner geliebten Rahel von einigen Wochen oder Mo.

naten ohne Noch eine Reiſe anzutreten geneigt ge worſen ſeyn ſollte. Es iſt daher ein ratirlicher Sdiluß,

daß Joſeph. wenigſtens bald nach dem Ablaufe von 13 dicfer Dienſtjahre gebohren fenn muß. Sigt man dieſe 13 Jahre zu den 40 Jahren Jakobs , da er

feine Dienſte übernahm : ſo findet inan 53 Jahre für Jakobs Alter bey der Geburt feines Sohnes Jo fephs. Dieß Alter iſt auch , fonteriich in Erwägung der Anzahl von Kindern , die dem Jafob vor Joſe.

phen gebohren waren , hod) genug , daß Joſeph IB. Xoſ. XXXVII. 3 wohl ein Sohn ſeiner alten

Tage, oder ein Sohn , der ihm in ſeinem Alter ge

bohren war , heißen konnte. Wenn aber Jakob, wic işi bůndig genug benvieſen iſt, ſeine Dienſtjahre an. getrreen hat , als er vierzig Jahre alt war ; und ſein

Sohn Joſeph ihm in dem aliter von 53 Ihren gebcha ren iſt ; fo muß Jafob ben Joſephs Verkaufung , ta

dieſer geliebte Sohn das Alter von 17 Jahren , 1 B. moſ. XXXVII. 2 , erreidt hatte , 70 Jahre alt, und Jofeph ſchon 60 Jahre, vor der Ankunft feines Baters, in dogopten geweſen forn. Die Rechnung iſt leicht und klar. Man Pete Das ausdrücklich cute 2 aa 3 gegebene

742

Die zwote Abtheilunsa

gegebne Alter Joſephs von 17 Jahren ber feiner Vera kaufung zu den 53 Jahren Jakobs bey derſelben Ges burt : ſo hat man die 70 Jahre für Jakobs Alter zu eben der Zeit.

Zieht man dann dieſe 70.Jahre dore

Feinen 130 Jahren des Alters, in welchem er vor Prat

rao erſchien , ab : .fo zeigt der lieberrſt von 60 Jaha ren , daß Jofepo ſo lange fchon vor feinem Vater inz Hegypten geweſen war . Die Folge von dem allen iſt , daß man dieſer Fichern Berechnung wegen , w0a

ben nicht das geringſte willkührlic angenommen iſt, Fondern allein die Zahlen , welche die heik Schrift felbſt gewiß nicht bergebens anweifet , zum Grunde gelegt ſind , unmöglid) eine unnittelbare Folge der

fruchtbaren Jahre Äegyptens auf Joſephs Erhdhung annehnten kann : ob es gleich unter andern auch Hr. Bengcl d ) thut. Hierzu kommo noch, daß es auch die Natur der Sache nid )t leidet. Joſeph , der bei feiner Erhebung aus dem Gefängniſſe kam 1 B. XIIofa XLI. 14 , und vorher , als Potiphars Hausbeamter, 1 B. mor. XXXIX. 4 , auch feine Gelegenheit ges

Habt baben konnte , die Beſchaffenheit des aegyptia iden tandes Fennen zu lernen , mußte nothwendig

Zeit gaben , ſich eine ſo genaue Kenntniß des tandes zu erwerben , als zu denen Anſtalten , welche zur Aufe

Fdhüttung eines außerordentlichen Ueberfluſſes von lies ben fruchtbaren Jahren erfordert wurden , nöthig war. Dieſe Anſtalten felbſt konnten wiederum , fo wohl iga rer Weitläufrigkeit wegen , als wegen der gewo nli.

chen Ueberſchwemmung Aegyptens durch die jährliche Ergießung des Nils , und der übrigen Beſchaffenheit des Landes , nicht in fo ga turzer Zeit geſchegen.

Un der einen Seite mußte Joſepy, dem es übertaſ. ſen war , alle dieſe Anſtalter zu maden , zur Erwah.

lung der bequemſten Plåge zu den Vorrathshäuſern , wo. hin die Einwohner ihren lieberfluß am leichteſten brin.

gen , und woher zu ſeiner Zeit die Städte und Dór. d) Ord . temp . p. 69.

fes

ma

Hiſtoriſche Zeitrecönung.

743

Per mit der wenigenUnbequemlichkeit verſorgt wete ben konnten , die Beſchaffenheit des ganzen Landes genau fennen ; westegen er i B. mor. XLI. 46 ,

das ganze (ano , sewiß wegen der Größe deſſelbeis. nicht in gar furzer Zeit, durchreiſete : und ebeils zur

möglichſten Beſchleunigung der Arbeit, theils zur genauern Beſtimmung des fünften Theils , den ein, jeder Unterthan von feiner Perndte abzugeben Batte ,, mußte er auch die innere Beſchaffenheit des Landes , oen Betrag der königlichen Einkünfte, die Menge der Einwohner in einem jeden Bezirke , und andre Dergleidjen Dinge mehr wohl inne haben . An der. andern Seite erlaubten die Ueberſchwemmungen des

Miſs nicht , die Kornhäuſer, welche doc) zur bequem men Verführung des Getraides an dem Sluſſe, opee nicht allzu weit davon, liegen mußten, anders als nur

eine vorher angelegte Erhöhung,zu bauen , weil ſonſt

Die Seuchtigkeit leicht das Getraide verderbt babera, fórnte : hiernachſt mußten wegen des Mangels an ,

Qolge die Geboude von gevauenen oder gebrannten teinen , weldie bey der gegenwärtigen Gelegenheit,

größtentheilă erſt gebrochen oder gebrannt werden. mußten , aufgeführt werden , wie es bann auch hier

bie.Nothwendigkeit erforderte, keinen andern , als fins ften Bauſtoff, zu wählen , damit die Vorrathshaya. Per den lieber ſchwemmungen des Nils widerſtehen und die ungemeine { aſt des aufgeſchütteten Getraides, traa,

sen könnten ; und endlich ließ ſich der Baunidiemehu beſchleunigen , als es die foniglichen Einfünfte zur Beſtreitung der Koſten und die Anzahl der bey dem ,

Feldbaue entbehrlichen Hände fitten . Nimmt man nun alle dieſe Umſtände mit , noch einer andern Sina ,

derniß von den Ueberſehwemmungen des Nils, welche, den Bau , alle Jahre auf feine geringe Zeit unterbro

chen , zuſammen : To iſt augen deinlid ), daß meh.., als einige Jaljreverſtreichen mußten , clje alie nötóige 21084

744 .

Die zwote Abtheilung,

Einrichtungen zur Aufſchüttung des Getraides gemacht fenn konnten.

Es wird demnach wider die Natur

der Sache angenommen , daß die ſieben fruchtbaren

Jahre unmittelbar auf Joſephs Erhöhung gefolgt fern ſollen.

Die Anzeige in dem Traume des Kó.

nigs , daß Gott die Sache eilend thun würde , 1 B. 1930ſ. XLI. 32 , fann nichts mehr bedeuten, als

daß man alle Anſtalten , ſich vor dem Mangel der ſieben unfruchtbaren Jahre Flüglich zu verwahren, nach Möglichkeit beſchleunigen mußte. Denn Gott

týut alles zur rechten , und folglich auch zu ſo gelege ner Zeit , daß die Abſichten , welche er dabey durch menſdyliche Bemühungen erfüllt wiſſen will , der Natur und Beſchaffenheit der Sachen gemåß erreicht werden können .

Was war aber wohl die nächſte

Abſicht Gottes benz der Entdeckung der ſieben frucht, baren und magern Jahre anders , als die Erhaltung

einer unſäglichen Anzahl von Menſchen , die ſonſt in der Theurung Hungers geſtorben ſeyn würden , und unter denſelben auch vornehmlid) Jakobs und ſeiner

Nachkommen ? Das lehrt der durch ſeine Vorſehung augenſcheinlich geleitete Erfolg unleugbar. Es iſt daher gewiß und ſicher , daß Gott dieſe Offenbarung ſo lange vor ihrer Erfüllung mitgetheilt hatte , als nos thig war , die erforderlidhen Anſtalten zu ihrer Ers reichung ben den Menſchen vorzukehren : nur, damit man ſie nicht aus der Ucht laſſen oder ſaumſelig ſeyn möchte , Gatte er dem Könige im Traume ſo wohl die

Giwißbeit , als die Beſchleunigung der Sadhe, kund gethan. Nunmehr iſt die Folge leicht zu machen , daß die Berechnung derer, welche dem Erzvater Jakob ben der Geburt Joſephs ein Alter von 91 Jahren belys legen , falſit ſevy. Sie grindet ſich auf eine Meis nung, welche ſo wenig mit der Natur der Sadie, als

mit einer andern und in der heiligen Sorift flar ge. nug angewiesnen Rechnungsart. beſtehen fann : nicht

hiſtoriſche Zeitrechnung.

745

zu gedenken , daß fich die ſchweren Dienſtjahre Ja. fobs bey dem Laban für die Zeit von ſeinem 68ten bis zum & gten vollen Jahre nicyt gar wohl ſchicken und ſeine Heirathen im 76ten Jahre ſeines Alters der ge. wöhnlichen Verehelichungszeit ſeiner Vorfahren nicht gemäß ſind ; wie doch bey der ißt beſtrittenen Red), nung bertes angenommen werden muß. Es iſt alſo nichts anders übrig , als daß man die Geburt Joſephs in das 53te volle Jahr Jakobs , das iſt , in die Zeit, da er 53 Jahre alt war , rese: indem der Grund zu

dieſer Berechnung, und zu feiner andern, in der heie

ligen Schrift liegt. Man hat aber vierbey noch zu erwägen , daß eben diefelbe Rechnungsart, wodurch Joſephs Aufenthalt in Aegypten vor der Unfunft ſei, nes Vaters auf 60 Jahre hinausgebracht wird , eben ſo wenig, als verſchiedne andre Umſtände, eine un. mittelbare Folge der ſieben theuern Jahre auf die fie.

ben reichen zuläßt. Denn da Jofeph in dem Alter von 17 Jahren nach Aegypten fam : jo mußte er 60 Fahre darnac), als ſein Vater dem Könige vorge. ſtellt warb , 77 Jahre alt feyn.

Nun ward er in

dem Alter von 30 Jahren erhöhet: und waren alſo bis an das dritte Jahr der Tucurung, in welchem Jakob zu ihm nad Aegypten zog , 47 Jahre verfloſ. ſen . Wollte man davon bloß 7 Jibre des Ueber. fluſſes, und 2 Jahre des Mangels, abziehn : ro würde die Erfüllung der Träume fich erſt 38 Jahre nach der Zeit , da ſie dem Könige gegónnt waren , an .

gefangen haben. Dieß iſt zu viel für die zur Aufe fchüttung des Getraides nöthigen Anſtalten.

Es

können daher die ſieben unfruchtbaren Jahre eben ro wenig auf die fruchtbaren , als die fruchtbaren auf

Foſephs Erhebung , unmittelbar gefolgt fenn. Die heilige Schrift ſagt dieß auch nicht allein feineeme.

ges : ſondern giebt ſelbſt das Gegentheil nidt un. deutlid) zu erkennen, Nadidem ſie 1 B.Moſ.XLI. Aaa 5

45-49

745

Dic zivote Abtheilung

45-49 die Anſtalten zur aufſchüttung des Getraibes und den unerneßlichen Vorraty , der dadurch zuſama, mengebracht wurde, beſchrieben hat : erzählt, fie dare auf erft, Y. 50-52 , daß Jofephen , ebe dle theute Zeit fam , zweene Söhne gebohren waren ; und dann , Werichtet ſie, 8. 53 , 54 , daß nach dem Ablaufe der

fteven reichen Jahre die ſieben thcuren (zu komment anfingen ; nicht, das ſie kainen.

So wohl die

Unterbrechung der Nachrichten von den benderten ſiea

ben Jahren , als der ſorgfältig gewählte Ausdruck, wodurch ſie den mit der Zeit erfoigten Einbruch der theuren Jahre anzeigt, ſind einer unmittelbaren Fol. ge der lettern auf die erſtern merklich zuwider.

Eben

ſo ſehr ſtreitet damn wider dieſelbe auch die Natur der Sache. Wie kann man ſich vorſtellen , daß , da.

chon der fünfte Theil des Betraides in den reiden

Fabren wie Sand am Meere war, fidi der übrige Vorrarh von vier Fünftein nid )t auf viele Jahre dara nach hingereidhe jaben ſollte , alle Theurung zu vera treiben ? Oder wvie fann man gedenken , das die Alça gypter , nachdem ihnen eine Cheurung son fieben Jahren vorher verfündigt war , nicht vor der Ver:

ſchleuderung ihres Ueberflufis gehütet Qaben ſollten ? Es ſtimmt demnach alles damit überein , das nadı.

den Angaben der heiligen Schrift Joſeph niđịt nur zu der gefeaten Zeit, da fein Vater 53 Jahre alt war , gebohren worden , ſondern auch 60 Jahre vor ſeinem Vater nach Hegypten gekommen iſt.

Dieſe fhriftmäßige Verlångerung der Zeit, welche zoreph vor der Ankunft feines Vaters in dem

lande der Dienſtbarkeit zugebracht hat, iſt eines von den Hülfsmitteln , den Anfang des Zeitbegriffes von den 430 Jahren der Dienſtbarkeit zuverlaßizer zu bea ſtimmen , und die dabei erregten Z veifel aus dem Wege zu raumen . Man muß aber zu dem Ende die shauptſtellen aus den moſaiſchen Geſchichtbüchern beftans

!

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

747

beſtändig vor Augen behalten . Es iſt eeſtlich noht: zu ermågen , daß 1 B. Moſ.XV. 13-16, nicht vont Abraham , pondera von feinem Saamen , geſagtwera. de , er folle in einem Sande , das nicht fein wäre,

fremd fern , und vier hundert Jahre dienen und ges plagt werden : hiernächſte dag in eben der Stelte die Zeit von vier Wanns Leben , nach welcher der dienende Saanie Ubrahams wieder in das verheißne

Sand kommen ſollte , feinesweges von dem Leben dies fes Erzvaters, fondern vielmehr mit klaren Worten: von der Dienſtbarkeit feines Saamens an gerechnet Fer ; denn nach dem Hebräiſchen wird nichts von vier

Manns Leben gedadır , fondern es heißt eigentlich ,

im vierten Geſchlechten oder in der vierten Abs Stamirung , follten diejenigen , welche dienen und ge. piagt rern würden, wieder in das Land , wo Abraham

Damals war , zurückkommen ; von Abraham aber bis auf den Zusgang der Kinder Jfcaels find offenbar mehr, hingegen von der Zeit der Dienſtbarkeit bis auf den Ausgang nicht mehr, als vier , Abſtammungen .

Es iſt aifo den Beſtimmungsgründen , weiche die heilige Schrift ſelbſt an die Hand giebt, fichiechter. dings zuwider , den Anfang der 400 Jahre vom 21.

braham Herzuführen. Mit der Erinnerung des Hrn, Bengels e) , daß die Hebräiſchen Unterſcheidungs zeichen die vier hundert Jahre nicht auf die Dienſta barkeit allein , fondern überhaupt auf die ganze Zeit, da Abrahams Saame in dem Lande fremd war , fu ziehen lehren , hat es zwar feine Richtigkeit : allein dieß entſcheider nichts , da die Dienſtbartcit und Beu

drůckung mit der Fremdiingſchaft, als Folgen der legtern , verbunden werden , und es alſo noch auf die Unterſuchung anfónime , was die Fremdlingſchaft eigentlich bedeute, und ob mit derfelben nicht die Dienſt. e ) Ord. temp. p. 62 kq

748

Die zwote Abtheilung,

Dienſtbarkeit als eine unmittelbare Folge , gleichwie die Bedrückung eine mittelbare Folge davon nach den

geänderten Umſtånden des Landes der Dienſtbarkeit, war , in einerley Zeit zu regen fer. Moſes verbindet augenſcheinlich die Dienſtbarkeit und Bedrückung ſo mit der Fremdlingſchaft, daß man ſchließen mufi,

Abrahams Saamen ſollte in eben dem Lande , was nicht ſein wåre, und wo er fremd ſeyn würde , die Dienſtbarkeit und Bedrückung aus zuſtehen haben .

Die Worte lauten eigentlich alſo : Du ſollſt ſicher

wiſſen , daß dein Same in einem Lande, wels cher ihnen nicht gehört , freind ſeyn wird ; und ſie, die Perſonen deines Saamens, werden denſelben , ' nem anders , als den Einwohnern des

vorher gedachten Landes ? dienen ; und ſie , die Einwohner eben des Sandes , werden ſie , délne Madskommen , plagen : vierhundert Jahre. Hatte nun Abrahams Saameſeine Dienſtbarkeit und Bedrüfung in eben dem Lande , worinn er fremd war , zu erdulden ; und war er mit ſeinem Saamen

gleichwohl in dem gelobten (ande weder dienſtbar noch, geplagt: ſo kann die Fremdlingſchaft nicht von dem Aufenthalte der Erzvåter in dem gelobten Lande ver. ſtanden , und nid)t in eine andre Zeit, als in welche die Dienſtbarkeit fiel , gelegt werden.

Die eben an.

gezogne Stelle leidet auch , wegen der beygefügten Beſchreibung des Landes der Fremdlingſchaft, feine andre Erklärung.

Es ſollte dieß ein {and fenn, wels

dies ihnen nicht gehörte. Will man ſierunter nichts mehr verſtehn, als wenn geſagt wäre , daß ſie davon noch nichtden voltigen Beſik hátten : ſo trägt man

etwas in die Schrift hinein , was nicht da ſteht; und verläßt die eigentliche und klare Bedeutung ohne Notą. Das balte id) für unverantwortlich : um fo vielmekr, da die ganze Verbindung der vor Augen gelegten Wor,

te die Fremdlingſd)aft und die Dienſtbarkeit in einem und

1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

749

und eben demſelben (ande zu ſuchen lehrt. Jd, blei.

be alſo billig bey dem einfältigſten und flareſten Sin . ne. Geförte dann aber das Land der Verheißung nidit in der That den Erzvåtern ? Hatte Gott es nidit dem Abraham ſo wohl , als ſeinem Saamen IB . Moſ. XIII , 15 , 17, und hernach dem Iraat nicht weniger als deſſen Saamen, 1 B. Inf. XXVI. 3 , gegeben ? Und mußte nicht das , was ihnen von Gott gegeben war , ihnen gehören ? Es ſollte dema

nach das gelobre land nid)t das {and der Fremdling: ſchaft von Abrahams Saamen reyn. So ſorgfáltig

hat die Heilige Schrift der Mifdeutung, weldegleid ). wohl den größten Theil verführet hat , vorzubeuge ! geſucht. Sie nennet auch die Erzvåter , Abrahain I B. Mos. XVII. 8 , Jaak 1 B. Mol. XXVI . 3,

XXXV. 27, XXXVII. I und Jakob i B. 1930ſ. XXVIII. 4 , Fremdlinge: und dieß hat die meiſten veranlaſſet , die vierhundert Jahre der Fremdling. ſchaft, wovon hier die Rede iſt, vom Abraham oder

Iſaak an zu rechnen. Allein die moſaiſche Erjåh. lung unterſcheidet die benden Arten der Fremdling. ſchaft fehr genau und deutlich.

Von dem Saamen

Abrahams ſagt ſie, er folle in einem Lande, das ihs nen niityt gehörte , fremd ſeyn : von dem Aufent.

Halte der Erzvåter in dem verheißenen (ande ſagt ſie hingegen , ſie ſollten in dem Lande , das ihnen Gott zum Beſige geben wollte, Fremdlinge feyn ; ja

i B. Mor. XXVIII. 4 heißt es ſo gar , daß Jakob Das Land , worinn er ein Fremdling wåre , bes ſiben ſollte. Was kann klarer ſeyn , als dieſe Unterſcheidung ? Gleichwohl hat es die heilige Sdirift auch dabey noch nicht bewenden laſſen :

ſondern in dem Briefe an die hebråer , Cap. XI. 9- 16 die Art der Fremdlingſchaft Abrahams,

Slaafs und Jakobs ausdrücklich dahin erklärt , daß fie , nicht in Anſehung des Vaterlandes , des lan . des,

750

Die zwote Abtheilung:

des, reoraus fie gezogen waren , folglich auch niche in Anfchung des gelobten Landes, worinn ſie wohnts ten ; nein , vielmehr darum , weil ſie des himmlis

fchen Vaterlandes begebrten , Gåſte und Greindlinge auf der Erde geweſen ſind. Dieß, und nichts anders, außer dem , was ich bald hinzufeßen werde , fommt mit der bibiiſden Geſchichte überein, Ein Geſchlecht, das in einem lande ſeine eigneWoka

nung , ein Erbbegräbniß , liegende Güter , und das Unſehn der Fürſten hat, muß nothwendig unter die Einwohner deffelben gerechnet werden , und kann in Anſehung eben des {andes nicht als Wanderer oder

Fremdlinge anzuſehenſein. Nun þatten Abraham , Iſaak und Jakob ihren feſten Siß daſelbſt, i B. of. XIII. 18 , XXIV. 67 , XXXIII, 19 , XXXV ,

27. Abraham faufte ſich ein Erbbegräbniß.1 B. Yop. XXIII. 4 f99, welches feine Nachkommen ben hielten . Jakob hatte ein Stück (andes 1 B. mor. XXXIII. ig von den Kindern Hemors gefauft, und außer dem ein Stúf Sandes mit ſeinem Schwerdte

und Bogen aus der Amoriter Hand., 1 B. Njof. XLVIII. 22 , genommen .

Ueber dieß waren fie in

Kanaan als Fairften angeſehn. Abraham bewaffnete nicht allein eine Anzahl feiner Knechte zu (ots Bea

freyung aus der Gefangenſchaft 1 B. Moſ. XIV. 14 f99: ſondern er wird auch eben dafelbft v. 13 , ein Bundsgenoſſe der Einwohner, und IB.91704. XXIII,

6, von den Kindern Hechs ein Fürft Gortes unter ihnen genannt. Mit dein Iſaaf ſchloß der König pon Gerar 1 B. Mol. XXVI. 28 fgg. einen Bund

als mit ſeines Gleichen. Und Zakobs Anfehn erhelle aus der Begebenheit mit den Sidhemitern i B. mor. XXXIV , 8 f99. zur Genüge. Der gorije Unterſdhied zwiſchen den Erzvåtern und den eingebohrnen Fürſten des Landes beſtand darin , daß die Ergvåter nur

über iþr Haus, die Landesfürſten aber über verſchiedne Fåug

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

754

Häuſer, die ihnen nicht ſo , wie den Ergvåtern i[ re Knedite, imterthan waren, die Herrſchaft füprten. Es müſſen demnach die Ergvårer nothwendig unter

die Einwohner des Landes ihrer Pilgerſchaft gezáble 'werden : und wenn die Heilige Schrift fie Pilger oder Fremdlinge nennt, fann eß in feinem andern Ber. ſtande, als den der Brief an die Hebråer oder die Geſhichte ihrer Abkunft, beſtimmt, gedrehen. Disa wegen nennt ſich audy Abraham 1 B. 1130 . XXIII. 4 ſo wohl einen Einwohner , ais einen Fremden : eitt

offenbarer Beweis , daß er als ein Fremder ſich dert

Einwohnecu niche entgegenſeke. Wie war er aber ein Fremder im Lande ? Das entſdieidet die ganze Gea Tchichte reince Goſd ledites. Er war ' aus einem and dern Stamme als die Kananiter , in deren Sande et

als in ſeinem eigenen , weil es ihm von Gott gegeben war, wohnete. Dieſe ſtammeren von Cham her, und hatten ihre angeerbten Güter in dein Sande, 1 B. X70ſ. X. 18 , 19 , 20 ; die Erfvater hingegert

ivaren Sems Abkommlinge, und Garten der Geburt

nach fein Recht an dem Lande , aun darinn feine an. gearbte, ſondern nur erkaufte oder eroberte Güters

Und in ſo fern waren die Erzvårer , ihrem Geſchichte rad) , Fremde in dem gelobten Lande: ſie werden Durch dieſen Naitien nicht den Einwohnern , ſonderit

dem Geſchlechte derfelben allein, entgegengefert. Wie fónnen daher ſicher die Folge ziehn , daß die Erzvåa ter in der heiligen Schrift niemals anders , als in

dieſer gedoppelten Betrachtung, Freindlinge Geißen 6 entweder weil ſie ihr Vaterland nur im Himmel fudba

fen , und das iſt das gewöhnlichſte, fo oft ſie vort Gott ſelbſt und unter fich ſo genannt werden ; oder

weil ſie fein Geburtsrecht in folchem Maaße, wie die Kananiter, auf das {and hatten , und in dieſer Bedeutung wird ihnen der Name nur alsdann, warin

Fie den alten Einwohnern des landes nad igrein Gez (dledte

752

Die zwote Abtheilung,

ſchlechte entgegengeſekt werden, bengelegt. Uber in feiner von dieſen Bedeutungen kann in der Stelle, wo dem Saamen Abrahams eine Fremdlingidaft von vier

hundert Jahren vorherverfündigt wird , das Wert

genommen werden : denn daſelbſt wird ausdrúflich von einer Fremdlingſdiaft in einem Sande , das ihs

nen nicht zugehörte , und in eben dem Sande, worinn ſie dienen und nachher geplagt wers den ſollten , geredet.

In demſelben ( ande waren

Abrahams Nachkommen Fremdlinge von ganz andrer Art : und auch deewegen kann ihre Fremdlingſchaft, als ganz verſchieden , nicht mit der Fremdlingſchaft der Erzvåter im gelobten Sande für einerley in die

Rechnung gebracht werden. So bald Joſeph nach Hegypten fam , verlohr er , als ein erkaufter Sklave,

alle Ununterwürfigkeit , und alles Anfehn , das feine Stammvåter in dem Lande der Verleifung gehabt hatten . Er war anfangs Pocipharn dienſtbar, und fam auf eine ziemlich lange Zeitins Gefängniß,

1 B. 1701. XXXIX. fig. Nachher ward er zwar von dem Könige in Hegypten zu großen Ehren erbos

ben , 1 B. M107. XLI. 40 f39: aber er war deswe. gen nicht, wie ſeine Våter im gelobten {ande , von der Unterthänigkeit frey. Sein Leben ſtand in des Königs Gewalt : denn er bekleidete eine fönigliche

Bedienung. Er hatte auch das Recht der Könige über ihre Beamten , und den unumſchränkten Ge. braud, deſſelben , an dem Benſpiele ſeiner benden Mitge. fangenen vom Hofe gut genug kennen gelernt: und in der That zog er ſeinen Zuſtand bey aller feiner Pracht und Herrlichkeit in dem Geſpräche mit ſeinen Brús dern , da er ſich ihnen entdeckte , dem freyen Stande ſeiner Våter ſo wenig vor , daß er i B. N30ſ. XLV. 5 fgg. fich bloß für ein Werfzeug der Vorſehung um

igres Lebens willen erkannte. Sein Vater und ſeine

Brüder ſo wohl, als igre Nachkommen , wurden von ihrer

7

7

hiſtoriſche Zeitrechnung.

753

ihrer Unkunft an dem aegyptiſchen Könige unterwůr. fiz: weil ſie von ihm ihre Güter , über die er alles mal Gewalt behielte , 1 B. Moſ. XLV. 18 , befaßen . Ja einige derſelben , welche i B. Mor. XLVII. 6 ůber Pharao Vieh gelegt wurden , geriechen durch

ſolche Bedienung noch mehr in Unterthänigkeit. Wir finden alſo Abrahams Saamen , von Joſephs Ver. kaufung an , fremd in einem Lande, das ihnen

nicht gehörte , und zugleich dienſtvar. Dieſe

Fremdlingſchaft und die damit vom Anfangean ver bundne Dienſtbarfeit mochte dem Abraham wohl als

ein trauriges Sdickſaf feines Saamens , wovon ſie jedoch in dem vierten Gefdylechte 1 B. Moſ. XV .

16 , wieder befrenet werden ſollten , verfündigt wer: den : die Fremdlingſchaft der Erzvåter im gelobten Lande hatte nichts Trauriges. Sie waren ſo gut Ein

mohner, und vorzüglich angeſehne Einwohner derſele ben , als die Kananiter. Waren ſie von einein an. dern Geſchlechte, als dieſe, denen ihre Wohnungen und Güter von vielen Geſchlechtern her angeerbt was

ren , und mußten ſie ſich in dieſer Abſicht Fremde nennen : ſo war es vielmehr ein Glück und eine Ehre, als ein hartes Schickſal, für ſie, daß ihnen ein land,

welches vorher nach dem Geburtsrechte andern gehört hatte , gegeben war , und ſie einen Theil deſſelben , wie Fürſten , bewohnen konnten , bis ihre Nachkom . men ſich hinlänglich gemehrt hätten, es gang in Bee fiß zu nehmen. Für größtes und von ihnen ſelbſt er. fanntes Glück , ihre Freude und Beruhigung war

endlich die Pilgerſchaft, in welcher ſie zu dem himm . liſchen Vaterlande wanderten und Gäſte und Fremd. linge auf der Erde waren . Gleichwohl zeigt ſich of. fenbar aus dem ganzen Zuſammenhange der moſai. ſdhen Erzählung von der vierhundertjáhrigen Fremd, lingſchaft, die dem Saamen Abrahams verfündigt ward , daß ſie ein betrübtes Geſchick feyn ſollte: von I. Theil.

366

wels

1

Die zwote Abtheilung, 754 welchem auch B. Mof. XV. 15 , Abrahař mlt fiaren Worten ausgenonimen wird . Es madjen das

Kcr alle Umſtändenidyt weniger, als des Mofes eig, ne Worte , es nothwendig , die vierhundert Jahre von einer Fremdlingſchaft , mit welcher die Dienſte barkeit als eine unmittelvare Forze zugleich verbunden 1

war , gi! verſtehen. Und fo kann der Anfang ihret Beredinung weder von dem Ifaat, noch von dem Abraham , noch) von berber Fremdlingſdafi im gelobs ten Sande , Hergeführt werden. Vergebens würde man ſich auf Apg . VII. 5 , berüfen, die Fremdlinga

fájaft diefer Erzvátcr in einem ftrengern Verſtande zu behaupten : weil Eirphan daſelbſt fagt , Gott Habe dem Abraham fein Erbtheil, auch nicht eines Fußes breit, in de lande Ifraels gegeben. In földjem Verſtande wiirden Stephans Worte den klären Zeuge niſſen ter moſaifdjen Geſchichte , daß dion Abraham

auficr feiner feſten Wohnung ein Erbbegräbniß das Felbſt Batte, witerſprechen. Man muß daler Die natürlide Vergleichung derfelben mit ten mioſaiſchen

Slachrid ten zu treffen ſuchen. Es fönnen aber we.

gen der Ichtern die Worte Stephans nidste mehr bes deuten , als entweder, daß Gott felber dem Abraham

anfangs kein Erbrusil gegeben , oder, daß er ihift kein To beſtändiges Erbtheil, als nachher den Kilis Dern Ifraels , gegeben habe. Bendes läßt fich auch wohl zufanimnon nehmen. Hiedurch iſt dann nicht nur aller Zweifel gehoben : ſondern auch die Fremo.

Tinafchafi Abrahams im ſtrengern Verftande ausges fúyloſſen.

Die andre Hauptſtelle von den Jahren der Fremos lingſchaft und Dienſtbarkeit des abrahamiſchen Saa: mens iſt 2 H. 1970ſ. XII . 40 , 41.

Die Zeit

aber des 2lifentalts , heißt es dafelbft, det Kinder Ifraels , da ſie in Aegypten gewohnt

haben , tfi vier hyundert und dreyßig Jahre. Und

1 1

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

755

iind nach Verlaufe von vier hundert und dreyss fig Jahren , geſchahe es, und zwar geſchahe es an eben demiſelben Tage, daß das ganze Keer des Igerrn aus Aegyptenlande auszog. In diefer Nachricht wird erpilic , ausdrücklich von

den Kindern Jſraels geredet. Ift es nicht zu hart, Ubrahain oder Ifaak oder auch Jakob , dafür zu ſee Ben ? Bie fönnen dieſe Ifraels Kinder heißen ?

Zweytenis wird fehr nachdrücklich gemeldet , daß die Zeit des Aufenthalts der Kinder Ifraels, da fie in Aegypten gewohnt haben , vier hundert

und dreyßig Juhre geweſen itt. Kann man für fo viele Jahre wohl mit irgend einem Scheine der Bahrheit die Hälfte, und noch weniger , oder auch etwas mehr , annehmen ? Von einer ſo übertriebenen

Erweiterung fo beſtimmter Nachrichten , wie wir vor · uns haben , findet man kein einziges Beyfpiel Weber in der heiligen noch weltlichen Geſchichte und Zeitrecha

nung. . Weniyſtens muß ben weiten die größte Zeit von den angegebnen Jahren wirklich in Kenypten, und

zivar von Iſraels Rindern , zugebracht fenn. Das it eine um ſo viel gepifjere Folge: da die heilige Schrift nirgends fidere Beſtimmungsgründe von dem Gegentheile angewieſen hat; fondern jenes vielmeņr durch alle Ausdrücke der dahin gehörigen Erzählungen

und durch alle Umſtände der ganzen Geſchichte bea fråftigt, ſo daß man gefünftelte und gezwungene Ere flårungen ihrer Worte annehmen muß , den flar , und genau bemerkten Zeitbegriff um die Hälfte, eta was mehr oder weniger , über die Ankunft der Kina der Jfraels in Aegypten zurückzuferken. Drittens iſt unwantelbar, daß ſo wohl die hier beſtimmten 430 ,

als die 400 Jahre, von denen wir furg zuvor gehana

delt Haben , mit dem Musiuge der Kinder Jhaels völlig verfolien fenn müſſen . Denn hier heißt es

mit einer merkwürdigen Wiederhohlung der Zagre, B6b2

daß

756

Die zwote Abtheilung,

daß nach Verlaufe, welches die gewöhnlichſte und eigentlichſte Bedeutung des Ausdruckes iſt, von 430 Jahren das ganze Heer Gottes aus Aegyptenlande aus og : und 1 B. mor. XV. 13 , wird mit klaren Worten die ganze Zeit der Fremdlingſchaft, Dientis

barkeit und Bedruckung des abrahamiſchen Saamens auf vier Hundert Jahre eingeſchränkt. Ein großer Tiyeil von dieſen Bétracytungen hat

ſchon den Gerhard, Johanns Sohn , Voßius f), und zulegtvoretwas mehr als zehn Jahren den fers dinand Wilhelm Beer g) auf die Gedanken ges brad)t, daß man die 430 Jahre bis zum Ausgange der Kinder Iſraels von Joſephs und Jakobs, oder 1

nach des legtern Meinung, von Jolepbs Ankunft in Aegypten allein , an redinen mußte. Und es iſt wahr; keine Berechnung wurde natürlicher ſeyn: wenn es , ohne der Heiligen Geldjichte Gewalt zu . se thun , 'möglid ) wäre , die Zeit Ph6 Verkaus

fung bis auf den Husgang der Kinder Iſraels auf

430 Jahre hinauszubringen. Allein die forgfälrig angezeigten Geſchlechtsfolgen von Iſracis übeomm . lingen , in dem Stammelevi , für dieſen Zeitbegriff, und die ausdrücklid) beimerfren Lebensjahre der Perſo nen von einer jeden Ubftammung in Tevis Geldlechte,

leiden es ſchlechterdings nicht , ſo viele Japre 'von Jo. fephs Ankunft in Aegypten zu záplen : werin man auch bas höchſte Alter Kahaths und Umrams bey der Ger

burt ilwer Söhne, wie es ihre Lebensjahre nach 2B. Yor. VI. 18 , 20 , nur immer zulaſſen , annehmen wollte. Deswegen hat Beer ſich gendtligt gefehn, den Zeitbegriff von Joſephs Verkaufung bis auf Mo. fes ?

f) Iſagog. Chronolog, facr. f. diſſertt. VII. de vltimis mudi antiquitatib . ac in primis de temporib . rer, hebrac ar : dill. VII.

$) Athandlungen zur Erläut. der alten Zeitrecbn.und Geſchichte , 1752 , S 106-134, ſonderl. 119 fg.

1

biftoriſche Zeitrechnungā

757

feb Edo . Hinauszuleiten . Er giebt zwar , zur Ver. gleichung der Stelle 2 B. Xroſ. XII. 40 mit feiner Meinung, eine Erklärung von den moſaiſchen Wors

ten , die sich zu ſeiner Rechnung mohl: ſchickt : aber ſie iſt der Grundſprache gar nicht gemäß und wird durch den unmittelbar, folgenden diten Vers gånzlicy umgeſtoßen. Niches iſt augenſcheinlicher , als was id bereits zur Erwägung empfohlen habe , daß die þeilige Sdyriſt das Ende der 430 Jahre feſt und unzertrennlich an den Ausgang der Kinder Iſraels verkniipſt.

Wie ſoll man-nun zur Entſcheidung fommen ? . Wenn von einem genau , beſiilimten Zeitraume der Anfang , oder das Ende , allein befanne iſt : fo muß man nothwendig im erſten Falle das Ende, und im

andern den Anfang, in diejenige Zeit feßen , in welche das eine oder das andre , nach der bekannten lange des. Zeitraums, nach allen andern Nachrichten- und allen übrigen Umſtänden der Geſchichte , von ſelbſt trifft. Das Bekannte und Gewilfe und nur beydes allein , muß ja allemat zur Erkenntniß des Unerkanna ten und Ungewiſſen führen : fein ; ſichrerer Weg iſt möglich . Nun trift der Anfang der : 430 Jahre, welche der Ausgang der Ifraeliten nothwendig bea ſchließen muß , nach meiner und unter allen eben gee

>

dachten Einſchränkungen woll überlegten Berechnung , mit dem. Geburtsjahre Jakobs, zuſammen . Das werde ich alsbald klar vor . Zugen tegert , und noch.. vorher zeigen , daß die heilige Schrift ſelbſt uns nicht

undeutlid, auf dieſer Anfang des oft genannten Zeit, begriffes verweiſe. Ich habe daher , meiner Einſide, nach , Grund genug, ihn in eben, die Zeit zu reken. Bis auf Jakobs Geburt, und nicht weiter, fihrt

die heilige Sitirift ihre Zeitrechnung durch das Ulter der Erzoátex bens. der Geburt ihrer Sonne fort. Nach

dieſem giebt ſie, außer dem Uiter gatebs und you B66 3

lephs

758

Die zwote Abtheilung,

ſephs ben gewiſſen Begebenheiten , woraus man you fephs Geburtsjahr ſicher fließen kann , und den les

bensjahren dieſer und einigerfolgenden Erzvåter, nichts mehr an , die Kette der Zeitfolge weiter zuſammen, zuhången , als die 430 Jahre , ned, deren Ablaufe die Kinder Ifraels aus Aegypten zogen.

Muß uns

bas nicht billig aufmerkfam machen ? Wie kommtes , daß ſie ihre vorige Berechnungsart eben mit Fafobs

Geburt abbricht: da doch mit ibm und feinen Söh. nen die wunderbareſten Verhängnifie der Vorſehung, wodurch die widrige Fremdlingſchaft, die Dienſtbar: keit , die Bedråckung und endlichy die wunderbare Ers

rettung des abrahamniſchen Saamens eigentlich und

zunächſt veranlaſſet ward , fich ereigneten ? Hat man nicht Urfadhe , dieß als eine merkliche Erinnerung ane

fufehn , daß fie mit dem Geburtsjakkre Jakobs die 430 Jahre verknüpft wiſſen wolle, und die übrigen

Zeitbeſtimmungen für gewiſſe Begebenheiten und die Lebensjahre der Erzvåter , feit Jakobs Geburt, nur beswegen benbringe, damit man des rechten Anfangs

und Fortlaufes ben jenem Zeitbegriffe deſto weniger verfehle , und die Richtigkeit dieſer Berechnung durch

einige beſondre und feſtgefekte Zwiſchenräume um fo viel gewiſſer erkannt werde ? Denn ohne ein # bfeßen auf die Vergleichung der einzelnen und größtentheils

abgebrochinen Zahlen mit dem ganzen Zeitbegriffe, wozu fie gehören , würden diefelben für die Zeitrect). nung , wenn gleich nicht für die Begreiflichkeit der

ergåhlten Begebenheiten , vergebens angezeichnet femri.

Es müſſen demnach die 430 Jahre , weil ſie es ei gentlich alleine find , welche die Kette der Zeitrechnning

weiter zufammenſchließen , nothwendig da einfallen , wo die vorige Berechnungsart aufhört. Daß aber

dieſe Jihre eigentlich zur Xbſicht haben, die Feste 1

fortzuführen , davon kann man feinen unleugbarern Beweis verlangen , als es iſt, daß mit denfelben wiea

$

**

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

759 pieberum .1B. der Rôn... VI. 1 , der Zeitbegriff vox 480. Jahren verknüpft wird. Es zeige aiſo- die heili; ge Schrift deutlich genug an , daß der Anfang der 430 Jogre, ben dem Uusztige der Ifraclisen aus dies

gypten von dem Geburte jahre Jakobs hergeleitet were den fol .

Eve ich nun den Beweis führe , daß dieſer Alie fang nach der bekannten Långe des Zeitbegriffes , und nach allen andern Nachrichten und Zeitbeſtimmune gen der heiligen Schrift ro wohl ais nach allen übri, gen 1Umſtänden

ber bibliſchen Geſchichte, von ſelbſé : in die augegebne Zeit falle, will ich erſt einigen Zwei feln , die man machen mód )te , und die id) bey derit.

Berveife ſelbſt nidt fo füglich zu heben Gelegenheit finde, begegnen . Es wird die Zeit der 430 Jahre ausdrücklich auf die Wohnung der Kinder Ifraels in Hegypten einges

forånkt. Zuden Kindern Iraeis aber gehörte ihr Vater Fafob: ebenſo wenig, als Iſaaf und Abraham . Die was für Grunde kann dann der Anfang dieſes Zeitbes

griffes von Jakobs Geburt hergevohlt werden ? Jd ha. be verſchiednes hierauf zu antworten . Wenu die wahre

Beſchaffenheit der Sache durch andre und zwar Sentric dazu angeviegue Mittel hinlänglich erkannt werden fann : fo iſt eseben fo natürlid), einen Zeitraum nad) Bez gebenheiten , welche den größten Theil deſſelben erfüla

jen , zu bezeidinen , als fonſ etwas nach dem größten

Theile zu benennen.

Diejenigen , die ſo , wie. Hr .

Bengel h ), bey der Zeitrechnung in deni Bucie der Kidyter unter der größern Zahl die ficineru , fie 1

mag nun die Dienſtbarkeit, oder die Ruhe unter der Richtern, anzeigen , allemal begreifen , ohne die kleia . nere beſonders. jl! záhien , fönnen dieß am wenigſten

für fremd anfean.

Nun ging die Wohnung der Kina B66 43

h ) Ord. temp. p. 79 fgo.

der

1

760

Die zwote Abtheilung,

der Iſraels in Hegypten mit dem Jofeph wirklich an, als Jakob 70 Jahr alt war.

Es find alſo in dem

Zeitbegriffe nur 70 Jahre , eine kleine Zeit gegen das Ganze von 430 Jahren , mehr , als die Wohnung der Kinder Iſraels wirklich betrågt , mit eingeſdyloſo ſen : und dieſe eigentliche Zeit ihres Aufenthalts da: felbſt iſt durch Jakobs und Joſephs Alter , ben der Verkaufung des leßtern , ſchon vorher in der Heio Tigen Schrift klar genug angewieſen. Demnach iſt

es gar nichts Unſchickliches , den ganzen Zeitbegriff durch die Zeit der Wohnung der Kinder Ifraels in Aegypten zu bezeichnen : wie es hingegen iſt und bleibt, wenn man ihn vom 7oten Jahre Abrahams oder von ſaaks Geburt anfängt ; weil man dann allzu viele Jahre unter einem fremden Namen einſchließen muß. Man hat hierbey noch zu ermågen , daß auf ſolche

Weiſe eine gedoppelte Abſicht der heiligen Geſchichte bey der Beſtimmung dieſes Zeitbegriffes zugleich an. gedeutet und erreicht wird .

Das vornehmſte Ziel,

ihre Zeitrechnung mit dem Jahre , womit ſie vorher abgebrochen war , wieder zu verknüpfen , fällt von felbſt in die Augen : da ſie mit den 430 Jahren , wie ich ſchon bemerkt habe , im Verfolge, offenbar zu gleicher Abſicht, den Zeitbegriff von 480 Jahren wies derum verbindet. Indem ſie uns aber zu dem Ende theils durch die beſtimmte länge des Zeitlaufes von 430 Jahren , theils durch ihre ſo unleugbare Haupt.

abſicht daben , und das desfalls genau berechnete En. de des Zeitbegriffes , auf das Geburtsjahr Jakobs, womit ſie ihre Redinung abgebrochen hatte , zurück verweiſet: ſo giebt ſie eine anire, unter die erſte ges

ordnete Abſicht, zur fråftigſten Verſicherung der

Menſchen von der Feſtigkeit iſrer Zeitrechnug, auch die kleinern Zeitbegriffe , woraus der grėbre geſamm . let iſt , nicht unbeſtimmt zu laſien , dadurch zu er :

kennen , daß fie den großern von der Zeit des Aufent halts

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

761

halts der Kinder Iſraels in Aegypten benennt, und die kleinere aus den an ihre cigne Zeit ausdrücklich ges bundnen Begebenheiten ſtillfchweigend empfielt. Der größere theilt ſich , dieſen Betrad )tungen gemäß , von felbſt in zween kleinere : von Jakobs Geburt bis auf den Anfang des Aufenthalts der Kinder Ifraels in

Hegypten, welcher Jofephs Ankunft daſelbſt war ; und dann von dieſer Ankunft bis aufden Ausgang aus dem Sande der Dienſtbarkeit. Joſephs Verkaufung, welche ihn nac, Aegypten führte, fiel in Jakobs Alter von 70 Jahren , wie ich ſchon bewieſen habe. Man darf alſo zu dem bekannten Jahre der Welt , in welchem

Jakob gebohren wurde , nur 70 Jahre hinzuſeken : ſo hat man das Jahr der Welt , das den Anfang der

Wohnung in Hegypten zeigt. Zieht man denn fers ner die gemeldeten 70 Jahre von dem ganzen Zeitbe. griffe der 430 Jahre nur ab : fo giebt der Ueberreſt genau die Zeit , welche die Kinder Jfraels in Aegy. pten zubrachten ; ſie betrågt folglich 360 Jahre. Ein andrer Zweifel kann aus den vierhundert

Jahren , die dem Abraham , als die Zeit der Fremd. lingſchaft, Dienſtbarkeit und Bedrückung ſeines Saa. mens, angedeutet werden, entſte{n.

Ich habe ſchon

bewieſen , daß nach dem Zuſammenhange der Ers jåhlung , worinn dieſe Zeit gemeldet wird, die Fremd.

lingſchaft an das Land der Dienſtbarkeit gebunden iſt, und daher ihren Anfang nicht eher , als mit der An,

kunft Joſephs in Aegypten nehmen kann. Nicht wer niger habe ich bereits erinnert , daß das Ende der

vierhundert Jahre eben ſo feſt an den Aus1119 der Kinder Iſraels aus degypten verknüpft iſt. Da nun ihre Wohnung daſelbſt nur 360 Jahre voll macht : fo

fragt es ſich , wie dieß mit der angegebnen Zeit von

vierhundert Jahren zu vergleichen fen. Aber die Gei. lige Geſchichte giebt uns ſelbſt in der Stelle , wo ſie

derſelben gedenkt , fchon die Antwort an die Kano: Bob 5

mie

762

Die zwote Abtheilung

wie ſie beſtandig aus fich falba erklärt werden mus, Sie meldet alebalo darnach , die Nachfommen Murgs

Hams, die dienſtbaren Fremdlinge, roliten im viera

ten Geſchlechte von iknen wieder zurückchren , und zeige durch dieſe weitere Erklärung an , daß die vora her angegebien vir hundert Jahre, mit denen ſich die dienſtbare Fremdlingfdhaft nebji Der Bedrůckung er digen ſollte, eben ſo wenig genau und ganz in die Zeit der Fremdlingſchaft gefert werden durften , als man für drey 20ſtammungen bis in die vierte , genau vies,

Hundert Jahre zu rechneu Urfade gåtte. Inzwiſchen können, doch dieſe Jahre nicht vergebens für vel an. gegeben . feyn . Es muß alſo tarinn eine ebenfalls merkiürdige Zeit, worauf ſie zurücklaufen , wenn ſie

bey dem Ausgange der Ifraelieen aus Aegypten voll fern follen , wie ſie es fevn mifen , begriffen und zu

Ziele gefekt worden. Dieſe Zeit , dieß Ziel, wovon ſie ſich anfangen , kann man auf eben die Weiſe fine Den , wie den Anfang der vierhundert und dreyßig Jahre. Dus Ende iſt hier wiederum unleugbar feito

gelegt. Von demſelben , führe man den ganzen Zeits begriff der ricrhundert Jahre zurück : fo fålle der 2.), fang in Jakobs Alter von drcybig Jahren. Diely Inuß das Redite, fern; wenn man ju derfcben Zșit

nur in dein Leben Jakobs fo merkwurdige Umfiände findet, daß nicht wenig daran gdsgen war, dem Ubra. him uebſt der Zșit der dienftsaren Fremdlingſdaft

Kines Saamens, welche ohne das durch die andre Nid . nung von içrem Anfange bis in das vierte Gcrdicht alsbald náher eingeſchränkt ward., cine Erinnerung desfalls zu geben. Jakob ward nid)t eber für den ousermåhiten Zv.ig der Nachkommen Abrahams im Werke benieten , als da fein Bruder Eſau fich durch die rullore Verkaufung ſeiner Erſtgeburt in der That verive flich gemaciye hatte. Hierauf werden wir sebr.

XII . 16, 17 , wo ſeine Verwerfung, daß er den Segen niitt

F43

.

Hifforiſche Zeitrechnung:

763

nicht ererben konnte , ausdrücklich , als eine Folge, an

folche Verkaufung gebunden wird , augenſcheinlich gea führt.

Von dieſer Zeit an ward alſo Jakob, wie es

vor feiner Geburt verfündigt war , wirklich als der

auserwählte Ziveig des abrabamiſchen Seamene , der dienſtbar werden und Erlöſung finden follte , einges führt. Er war aber auch eben derjenige, der feine unmittelbaren Abkommlinge; feine Kinder, nicht allein dienſtbar Fehen , fondern aud, nod) ſelber , die besten

37 Jahre feines Lebens hindurd) , in einem Lande ,

das ihnen nicht gehörte , fremd und dienſibar feon follte. Alle dieſe Dinge ſind wichtig genug, daß der Zeitbegriff, welcher dem Abraham entdect warb, ſie einſchließen mochte, um dadurch auf die Zeit zu weiſen , da derjenige von feinem Saamer , an wela

chem felbft ſo wohl, als an ſeinen Kindern , die Weiß fagung in Erfüllung zu gehn anfangen ſollte, für den cuserwählten Zweig erkannt wurde. Ubragam be. kam auch hiedurch eine fo nohe Offenbarung von der

eigentlichen Zeit , als er nur wünſchen konnte. Es verdient allerdings Aufmerkſamkeit, daß in der mos

faiſdien Erzählung , ehe die vierhundertJahre genauer erklärt werden , dem Abraham ein Ende in Frieden und ein Begräbniß in gutem Aber verheißen wird. Mußte ihn das nid )t auf die Gedanfer bringen , daß

die Erfüllung der ihm geoffenbarten Schickſale erft nach ſeinem Tode , und zwar , weil ſie nicht auf eine entfernte Zeit gefekt war, nicht ſehr lange darnach), an:

gehn ſollte ? Er lebte noch 15 Jahre nach JakobsGes burt : und fo lange er lebte, mußte er nothwendig befinden , das fein Saame ſo wenig, als er ſelber, in einem Lande, das ihnen nicht gehörte , fremd war. Erwartete er dann aber bald nach ſeinem Tode die

Erfüllung alles deffen , was in den Zeitbegriff von vieríundert Jahren eingeſchloſſen war : fu war feine Erwartung vollkommen gegründet ; indem der Zeiis begriff,

764.

Die zwote Abtheilung,

begriff, auf die von mir angezeigte Weiſe, wirklich nur 15 Jahre nach ſeinem Tode zu laufen anfing. Endlich wird nach meiner Erktárung alles erreidit, was die 2ageige der vier hundert Jahre zum Ziele ha. ben fonnte . Sie werden bei der bibliſchen Zeitrech. nung zu feiner Folge gezogen ; indem für dieſelbe her.

nach der Zeitbegriff von 430 Jahren angegeben wird : ſondern ſie dienten nur , dem Abraham die Zeit der Erfüllung ſo nahe, als nöthig mar , zu entdecken.

Kuch ſind ſie alpg. VII. 6 , nid t anders angeführt : denn da wird auf feine Zeitrechnung geſehn ; cs wer.

den bloß die moſaiſchen Worte, in welchen ſie vor, kommen, ſelbſt angezogen ; und ſo fónnen ſie da nichts anders, als in der moſaiſchen Gefdyichte, bedeuten .

Ber dem Beweife , den ich nun zu führen habe, fómmt es darauf an , daß ich geige, wie die Bered ). nung der 430 Jahre, worinn diezulckt unterſuchten vier. hundert Jahre mit begriffen liegen ,von dem Geburtsjah. re Jakobs an bis zum Ausgange ſeiner Abkommlinge aus degrpten , allen Umſtänden nac , der bibliſchen Geſchidse gemäß ſeiy. Ich habe aber ſition im Vor:

Hergchenden 0493 ganzen Theil diefis Zeitbegriffes , der von Fakobs Gebure, bis zur Unfunft Joſephs in des gypten , forgeht, vollkommen zur Richtigkeit gebradit: da er gånglich auf den ausdrücklich in der heil. Schrift

gemeldeten Zahlen beruhet. Eben dadurch iſt auch bereits feftgefcht, daß die Zeit des Aufenthalts der

Kinder Ifraels in Hegypten , die ſich mit Joſephs Verkaufung anfängt, und ihre dienſtbare Fremdling. ſchaft nebſt der ſpäter erfolgten Bedruckung ganz ein . ſchließt, ſich auf 360 Jahre belaufe. Die genauere Berechnung dieſes andern Theils von dem Zeitbegrifti, aus den Angaben der moſaiſdhen Geſchichte und aus

diefer gemäßen Gründen , iſt es einzig und allein,

was mir nocí) obliegt. Daß Joſeph 60 Jahre , vor der

hiſtoriſche Zeitrechnung.

765

Der Ankunft ſeines Vaters mit dem ganzen Geſchlech.

te , ſchon in Hegypten geweſen iſt, das leidet eben ſo wenig Zweifel: nachdem ich die flårfeſten Beweis.

thümer davon vorgeſtellt habe. Es find alſo nur noch 300 Jahre bis auf die Zeit des Ausganges in der heiligen Schift aufzuſuchen. Da dieſelbe ihre Zeita rechnung durch die ausdrücklich angezeigten 430 Jahre, wovon der Anfang ſo wohl als das Ende, jener meit .

1

lich genug , dieſes ſu gar ausdrücklich, von ihr feibſt angewieſen iſt, feſt verknüpft und fortgeführt: ſo hat ſie es nicht für gut befunden , noch cine andre ver

rechnung daneben zu führen. Inzwiſchen hat ſie doch durch die ausdrückliche Anzeige der Lebensjahre Levis,

Kahaths , und Anams 2 B. 9110 . VI. 16 , 18, 20 , und des Uiters von Moſes bey dem Uuszuge

2 B. N70ſ. VII. 7 , Licht genug angezündet, die lles bereinſtimmung ihrer Redinung mit der Geſchichte

von jenem Zeislaufe mit Uugen zu ſehen. Gleichwie nun die Hauptperſonen , wodurch die Ausführungdes iſraelitiſchen Volkes aus Hegypten ins Werf gerichtet werden ſollte , aus dem Stamme levi waren : alſo

hat ſie cuch von feinem andern Stamme die Geſchlechts. folgen nach den Lebensjahren ihrer Häupter beſtimmt. Hat ſie dann hiemit nicht deutlich zu erkennen gegen ben , daß eines Theils die Berechnung der einzelnen Zeitfolgen durch dieſe vier Abſtammungen geldiehen fell, und andern Theils mit den vier Geſchlechtsfol. gen 1 B. Noſ. XV. 16 , wovon die vierte wirklich in das verheißne land zurückkehren ſollte, keine andre ,

als dieſe viere in dem Stamme levi gemeinet ſind ? Das legtere iſt um ſo viel unleugvarer : da in einigen andern Stammen mehrere derſelben waren .

Weil

aber Moſes in dem vierten Geſtilechte zur Zeit des Ausganges nur 80 Jahre alt war , und fein Helterv.j. ter Levi in dem ersten Gerdilechte, als ein älterer

Bruder , bey der Ankunft Joſephs in Aegypten ſchon einen

1

766

Die zivote, Abtheilung,

einen Theil feines Lebens zurück gelegt hatte: ro era Heller daraus zugleid, die Richtigkeit meiiter Berech. nung von den vierhundert Zalyren , daß fie nidt gang in die Zeit der Dienſtbarkeit fallen. Jedoch mit den

erſtern , mit der Unwriſung, die einzelnen Zeitfolgen in dem Verinufe die dienstbaren und hernach bedrů. 1

dungsvolien Jahre durch die vier Gefdslechtsfolgen in dein Stamme Levi zu berechnen , habe ich hier ein

gentlich zu thun . Wäre das Alter Levis , Kahaths uid Amrams ben der Geburt ihrer Cohne ausdruck

lid) geneldet : fu mußte man dabey nothwendig bleix

ben , und nichts nach bloger Wahrſcheinlid)feit an . nehmen. Allein fo find von allen nur ihre Lebensjah . re überhaupt aufgezeidziet. Daher kat man fein ane

dres Mittet, als daß man die Geburtsjahreſo, wie es am wahrſcheinlichſten , und den tibrigen Machridha fen der Heiligen Schrift am gemäßeſten iſt , anſeke. Dieß iſt auch in der That genug zu unſerer Befriediz gung : da 'die untrigliche Gerißheit der bibliſchen

Zeitrechnung nicht von dieſer Redinungsart, ſondern von der hinlänglich beſtiinniten Berknupfung des Zeite begriffes von 430 Jahren mit dem Geburtsjahre 3a. tous abyångt ; -und dabei nichts weirer erfordertwird, als daß man grige, wie ſich dieſe Verknüpfung zu der fänge des Zeitbegriffes , zu allen übrigen Umſtänden

und alien einzelnen Zeitfolgen wohl fchicke. Die Wahrſcheinlicifcit aber , nach weldier die Geburts Jahre ſeibſt aufgeſucht werden müſſen , zu erfemmen, ift dieUnmerkung nörlig , daß ſich in dem Zeugungsa alter der jüdiſchen Stanunvåter afterlev Fåle finden . Des Abrahams nicht zu gedenfen , der in feinen ale térn Jahren , 1 B.9370ſ. XXV. 1, 2, mit XXIV . 67 , verglichen , noch fears Söhne feugte und aufzog, Pahe Joſepk, der doch nur no Jahre iebte, fchon iin 18ten Jahre nach der Unfunfe feiner åldern Brüder, * B, Wof. L. 22 , 23 Urenkel: da im Gegentleile feines

.

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

767 :

Teines Bruders Levi Urenfil es orfi war , der das Bolf aus Aegypfen führete. Hieraus wird es faſt bis zur Gewißkeit walrſcheinlids, das die Zeugungen in dem Stamme levi für dieſen Beitraum ziemlich

Tpåt auſchehen ſeijn miſin , und man alſo dem Kalath bely der Geburt Umrams fo 'wohl, afs den lektori ben der Geburt des Mofes , ' ein betrachrlidhes After Feiya

"legen dürfe. Nun ward Kávach 133 , und Hmram

157 Jahre alt. Daber iſt es in Betrachtung der eben gedachten Ilmſtånde nicht wider die sakrfdycin, lihkeit, das Ultér Kahaths von 100 Jahren für das

Geburtsjahr feines Sohnes Ainrans; das Ulter2018

rams von in Jahren für das Geburtėjahr feines Soh . mis Aarons ; 'und, 'moeil Moſes , 2 5. . VII. 7 , drei Jahre jünger war , at6 Varon , das Ultri

Umramo von 114 Jahren für das Geburtsjahr des Nofes anzunehinen : po daß Kahath nach der Geburt #mirains noch 24 , Umram nad) der Geburt Harons

troch 26 nnd nach der Geburt des Mofes noch 23 Jahn re lebte; umd atio bende in dem Ulter , das ich zur Geburt ihrer Söhne angeregt vabe, liaturlicher Wein

ſe noch Munterkeit und Språfre genug haben konnten . Nadidem dieß ausgemacht iſt, fegit es dann nur rod) an dem GeburtsjahreKabatos , den ganzen Zeita begriff zu berechnen.

Von Ocmidlben aber hat die

yrilige Schrift felbſt etwas angezeigt. Sie mifcet, 1 B. 1970. XLVI. 17 , unter den Kindern des Levi,

die mit Jakob nach egypten Hinaufzogen , fo wohl den jängern Merart, als den ältern Kahath. Es iſt demnach unleugbar, daß Kahath fchon vor Jakobs Ankunft in Aegypten , und wenigſtens einige Jahre vorher , das licht der Welt erblicfi hatte. Was kann uns wohl im Wege ftehn , daß wir feine Geburt

nicht 3 Jahre vor Jakobs Ankunft in das {and det Dienſtbarkeit anſegen dürften : Da die heiligeGeſchich .

te nichts davon beſtimmt hat und in derfelben kein Um. ſtano



768

Die zwote Abtheilung,

ſtand damider ſtreitet ? Das Jahr , inwelchem Jakob nad Megypten zog , iſt bekannt. Folglid) iſt daraus auch Kahaths Geburtszeit , weldie 3 Jahre früher fällt , zu erkennen.

Wider diefe Berechnung kann man nichts, außer einigen kleinen Limſtånden , worauf Hr. Bengel i) unter andern ſehr dringt, einwenden .

Es heißt

4 H. Mor. XXVI. 59 , Jochebed , des Moſes Mutter, fev eine Tochter Levi geweſen , die ihm

in Aegypten gebohren worden. Wie, ſagt man, follte die Heilige Schrift anführen , daß ſie dem Levi in Aegypten gebohren fer , wenn er nicht unmittelbar

ihr Vater geweſen wäre ? Von ſeinen Kindes Kin . dern und fernern Ubkommlingen verſtand es ſich ja von ſelbſt, daß ſie in Hegypten gebohren fenn muß. ten : da nach 1 B. Moſ. XLVI. 11, nur ſeine Kinder, und keine Kindes Kinder , mit ihm nach dieſem Sande

zogen. Allein ſelbſt in dieſer Stelle giebt der unbea ſtimmte Ausdruck , eine Tochter , wie es dem Her bråiſchen genåp wohl überfekt iſt, indem das Be.

ſtimmungszeichen , das he, fehlt , deutlich zu erken: nen , daß der Name einer Tochter nicht in der ſtreng ften Bedeutung zu nehmen fen. Eben darauf führt uns auch die Stelle 2 B.Moſ. II. 1 : lind es ging ein tijann vom Sauſe Levi hin und nahm eis ne Todter Levi. So wenig Umram , der hier ein Mann vom Hauſe Levi heißt , deswegen un. mittelbar Levis Soun war : eben ſo wenig darf die Tochter Levi dieſer Benennung wegen unmittelbar

ſeine Tochter geweſen feyn ; da ſich vielmehr die beye den Ausdrücke aus dem Hauſe Levi , und eine Tochter Revi , die hier wiederum ohne das Beſtim .

mungszeichen ſo genannt wird , auf einander beziehn ; und es in der heiligen Schrift fehr gewöhnlich iſt, die ents

in Ord, temp. p . 67 , 68.

.

hiſtoriſche Zeitrechtung.

769

entfernetern Abkommlinge von einen Stammhaupte deſſelben Söhne und Tochter zu nennen . Dem ges

må trågt des Moſes Mutter , 2 B. Hop. VI. 20 den Namen von Amrains jubine.

Das bebråt.

ſche Wort , welches ſu diberlegt iſt, bedeutet garnid)t nothwendig eine Vaters Schweſter.

Und iſt es nicht

in der That unſchidlich , ben der zu Amrams Zeiten ſchon merklichen Vermehrung des Stammes levi,

ism eben ſeines Vaters Schweſter zur Frauen beyzu. legen ? Wie nun die Rebensart , worauf man ſich be.

ruft, daß Jodycbed dem Levi in 2legypten ges bohren ward ; gleichfalls unbeſtimmt iſt ; und es nicht heißt , daß er ſie in Aegypren zeugte : ſo iſt 88 in Erwägung aller ſchon beruhrten Umſtände ein guter Grund für dicſen Zuſak , daß durch denſelben,

weil er nicht dem Levi die Zeugung Jodhebeds, welches mit wenigen Worten hätte geſagt werden fön

nen , zuſæreibt, ſondern ganz unbeſtimmt iſt, der Mifdeutung , als ob ſie unmittelbar feine Tochter ge.

weſen wäre, vorgebauet , und die wahre Beſchaffene heit der Sache, daß ſie nur eine von ſeinen Hbfómı .

lingen in degipten überhaupt geweſen ſey , in die Gee danten gevradyt werden ſollte.

Nod weniger Schwierigkeit macht die Redens. art , Hebr. XI . 23 , daß nijoſes von ſeinen Vås

tern , wie es nach dem Griechiſchen heißt , verbors gen ward.

Man hat hieraus gar nicht Urſache zu

ſchließen , daß , weil hier der Våter in der mehrern Zahl bey des Moſes Geburt Meldung geſd ieht, Ka. Hath noch zu derſelben Zeit gelebt haben müſſe. Die rechte Meinung eines zur Geſchidste gehörigen Umo . ſtandes hat man nirgends andere als in der Geſchich .

te ſelbſt,woſie die Begebenheit, welche der Umſtand be. gleitet, klar erzählt, aufzuſuchen. Mofes aber gedenkt in

feinem 2ten Buche, Cap. II.2 fgg., wo erdie Begeben.

Heit erzählt, nicht einmal ſeines Vaters , viel weniger I. Tbeil.

Ecc

feia

770

Die ziote Abtheilung,

feines Großvaters ; meil ſeine Verbergung und die Niederlegung des Kaffleins bloß das Werk ſeiner Mutter war , und die lebtre Handlung , um die Wel. tern nicht zu verrathen , nicht von melyrern Perſonen geſchehen konnte : 06 gleich bitig einzurðumen ift, taß Der Vater und deren nádyte Anverwandten darum

gewußt haben .

Wenn alſo, in dem Briefe an die

Syebråer , die Verbergung feinen Vätern zugeſchrie. ben wird : ro werden durch das Wort entweter nur

Feine Weltern , nach) Luthers lleberſegung , weil Der Vater Evenigſtens darumn wiffen mußte; oder, wenn man dieſe etwas ungewöhnliche Bedeutung des

Wortes nidyt gelten laffen will, ſeine Vorfahren überhaupt , als ſein Vater und deſſen Brüder , die damals nod) am Leben waren , verſtanden. In der lettern Bedeutung fo:mmt das Wort in den beſten Schriftſtellern der Griechen, nicht ſelten vor . Man

wähle von bcyden Bedeutungen , welche man will: ſo that fie den Worten des Apoſtels vollfomnien Ges

nůge, ohne es nothwendig zu macheir, daß Kabata noch ben des Moſes Geburt gelebt habe ; welches die

Zeitrechnung feinesweges leidet. So wenig fleht meiner Berechnung der 430 Jahre, von Jakobs Geburt bis zu dem Zusgange der Kinder Ifraels alis Hegypten , irgend etwas Ergebliches ent

gegen ! Vielmehr fallen dadurch eine Menge vor

Schwierigfesten , die ſonſt unauflöslich ſind, gang hinweg. Das lehren (djon die vorhergehenden Un. terſuchungen . Ich will aber hier noch einer , wovon ich bieler nicht zu reden Gelegenheit gefunden habe, und die ſich nad)meiner Rechnungsart von fellit hebt, mit wenigen gebenken. . Benjamin brachte , i B. 70ſ. XLVI. 21, jehu Sehne mit fich nach degy. pren. Dennoch wird er von ſeinen Brüdern als ein junger Menſd ), unter andern i B. 1770. XLIV. 22 g. , vorgeſtellt. Beyves fann mit einander nicht

wohl

1

Hiſtoriſche Zeitrechnung. ;

771

wohl beſtehen , wenn man annimmt, wie gemeinige lich geſchieht, daß die fruchtbaren Jahre Hegyptens unmittelbar auf Joſephs Erhöhung , und die unfrucht. baren unmittelbar auf die fruchtbaren gefolgt ſind.

Als Joſeph , 1 B. X730ſ. XXXVII. 5 fgg., die merk. würdigen Träume hatte , lebte feine Mutter noch : 06

gleid ihr Tod , um ſeine Lebensgeſchichte nicht zu zer. reißen, vorlier erzählt wird. Denn ſein Vater ſtrafte ihn , »>. 10 mit dieſen Worten : Soll id), deine Mutter und Brüder kommen , und dich anbeten ? Alsbald darauf aber warb Jofeph verkauft. Nun

Karb Rabel, 1 B. Xoſ. XXXV. 18 , über Benja . mins Geburt . Folglich muß dieſer erſt, da Joſeph Idhon in Plegypten war , gebohren fenn. Wenn dann die reichen und theuern. Jaire Hegyptens unmittelbar

auf einander , und jene unmittelbar auf Joſephs Er. höhung folgten : fo war Benjamin bey ſeiner Unkunft

in 2legypten gwar jung genug : aber auch allzu jung, zehn Söhne zu haben ; denn er konnte nicht mehr als 20 , oder 21 Jahre alt feyn. Verwirft man hinge. gen die ohne Grund angenoirmene Meinung von ei.

ner folchen unmitteibaren Folge ber fruchtbaren und unfruchtbaren Jahre nach einander auf Joſephs Erhó. þung : ſo konnte Benjamin , als er nad) Aegypten kam , wohl 57 , oder wenigftens 50 Jahre alt feyn ;.

alſo gar gut ro Söhne Gaben , und doch in Vergleia chung mit ſeinen Brüdern, ſelbſt mit Jofephen , ein junger Menſch heißen.

Es ſtimmt demnach meine

Berechnung auch in dieſem Grücke beſſer mit allen Umſtånden , welche die Heilige Schrift meldet, überein . Endlich iſt noch gu erinnern , daß man bey dem

Zeitbegriffe von 430 Jahren die Dauer der Dienſta barkeit von dem Zeitlaufe der Bedrůdung zu untere ſcheiden hat : wie die Heilige Schrift fie ſelbſt allent, halben unterſcheidet. Jedoch da die eigentliche Zeit, mit welcher die Bedrüfung angegangen iſt, feinen Ecc 2

En .

772

Die zwote Abtheilung,

Einfluß in die Zeitrechnung hat ; ſondern dieſe durch den ganzen Betrag der 430 Jahre ſo wohl zuerſt für die Fremdlingſchaft und Dienſtbarkeit, als nachher

für die Bedrückung , feſt genug zuſammengehängt ift : ſo iſt das Jahr , womit ſich das Plagen arge.

fangen hat, mit ausdrücklid) angegeben. Es wird davon bloß . 2 B. 11101. 1. 6 - 12., erzáşlt , daß nach čem Tode Joſephs, ſeiner Brüder , und aller derer, die zu derſelben Zeit gelebt hatten , ein neuer König,

der von Jofepben nichts wußte , auffam , und die Rathſdlage fagte , das Volt Jſraels zu drücken, oh. ne daß er dadurch ſeine Abſicht, ihre Vermehrung

und Husbreitung zu hindern , erreichte.

Wollteman

inzwiſchen dieſe Nachricht zu einiger Folge ziehn : 10 könnte man daraus vermuthen , daß , weil Kahath noch zu der erwilnten Zeit gelebt hatte , nach derſen Tode, und alſo olingefábr 130 Jahre nad Jafobs

Ankunft in Aegypten , der unbarmherzige Zwang zu Frohndienſten feinen Anfang genommen , und die Hårte dann mit der Zeit ſich vergrößere habe. Die Geſdyichte i Chron . VII . 20 , 21 , fcheint einer fol. chen Vermuthung günſtig zu ſeyn k ).. So viel iſt gewiß , daß die Gärteſte Tyrannen furz vor des Mos fes Geburt angegangen iſt: indem Aaron nur dren

Jahre älter war , und doch nicht verberget werden durfte.

Aus der nunmehr feſtgelegten Berechnungsart låft ſich die angefangne Zeitrechnungstafel ohne Schwierigkeit bis auf den Auszug der Kinder Iſraels aus Hegypten verlängern. Von der Jahrszeit , und dem Tage , da der Ausgang geſchehen iſt, werde ich alsbald im Folgenden genauer reden. Hier ſehe ich b !cf auf die Jahre. Weil nun die heil. Schrift ihre

piederung in dem Zeitraume, womit wir ißt zu thun Haben , .

k) Dian leſe Beer am angef. Orte , S. 123. fgg.

hiſtoriſche Zeitredinung.

773

Haben , noch für einen Theil durch die Zeugungsjah). re der Erzvåter verfolgt: fo wollen wir auch daben

bleiben , und, wo uns dieſ Micrel auf eine Zeitlang verläßt , die Lebensjahre derſelben , an welche die heis lige Schrift gewiſſe Begebenheiten verknüpft hat , zu

Fulfe nehmen. Ich verknüpfe alſo dieſen Zeitraum mit dem vorigen durch das ſchon in der Heiligen Ger

fdichte felbſt feſtgelegte Geburtsjahr Abrahams. Atter Jabre Jahre Jahre der

der

SErz ' Welt varer

des

vor

jul . Um:

der

Dion.

laufs: Jabra kr.

redn .

Tharah zeugte Abras

ham im .70. 1946.2669 2044 Abras bain

Ifaat

I0O

2046 2769 1944

60

2106 2829 1884

Jakob zeugte Joſeph

53 ,

2159 2882 1831

Joſeph waro vers kauft

17

2176 2899 1814 .

Jlaak

Jakob Anfang der 430 Jahre. .

Anfang der Dienſto barkeit.

Lad ) 13 Jahren im Alter von 30 erhSher . Levi zeugte Rabath

2189 2912 1801

3 Jahre vor Jakobs Abreiſe nact ; Plegye

2233

2233 2956 , 1757

pteri

Jakob zieht nach Ales

gypten , og er 130 Jah , re alt iſt

Rabatlı zeugte Zimran 109 Pinram

Aaron

III

2236 2959 1754 2342 3065 1648 , 2453 : 3176. 1537

CCC 3 .

2nr.

774

Die zrote Abtheilung, Alter Jahre Jahre Jahre der

der

Erz: Welt våter

des

vor

jul.

der

Um : Dion .

Laufss Zabr tr.

Amram zeugte moſes 3 Jahre Oarnach . Moſes führt das . Volf 80 Jahre darnach aus

rechn .

2456 3179 1534

2536 3259 1454 S. 17.

Den vierten Zeitraum , von dem Ausgange der Kinder Iſraels aus Hegypten bis zur Theilung des Reiches von Juda und Jfract , hat die Heitige Ges

fchichte durch die geſammleten 480 Jahre von dem Auszuge bis zur Grindung des falomoniſchen Tem . pels 1 B. der Rón . VI. I, woben lie ſo gar den

Monat und Tag.angiebt , und dann ferner durch die ausdrücklich gemeldeten Regierungsjahre Salomons, I B. der Rồn . XI , 42 ſo feſt umſbyrånft , daß er

weber eine Verlängerung noch Berkürzung feides. Allein die Sdwierigkeit iſt, die einzelnen Zeitbegrifo fe, woraus er geſammlet werden muß , nach den für einen jeden in der Heiligen Schrift angelegten Zahlen,

der ausgemachten Långe des ganzen Zeitraumes gemaß ,

zu berechnen. Wie lange nach Moſes Code und bem - Eingange . der Kinder Iſraels in das gelobte Sand ward die Vergeilung des Landes angefangen ; und wie viele Jahre wurden damit zugebracht ? Wie lan. ge lebte Joſua nach der Theilung ? lim welche Zeit wars der erſte Richter erroccft ? Und wie muß man

die Zablen in den Büchern Joſuas , der Richter und Samuels bis auf den erſten König , und von diefem

bis auf die Gründung des Timpels, in redning nehmen , onmi bird, die Gaminlung der einzelnen Zeit.

hiftoriſche Zeitrechnung.

775

Zeitbegriffe, der ganze Zeitraum weder erweitert noch abgekürzt werde ? Alie diefe Fragen verdienen eine ge.

naue Unterſuchung , damit man zur ſichern Entſcheis burg komme.

Das untrüglichſte Mittel, den unfeølbareſten Seitfaden dazu , giebt uns die heilige Sdrift in dem auf alle Weiſe beſtimmten Gebrauche des Jubetfreis fes , den Mofes auf Gottes Verordnung bey dem Uusjuge der Kinder Ifraelá aus Legypten einrichtete. Das Allgemeineſte , worauf derſelbe beruhet , habe ich ſchon obou ) hinlänglich erfiårt : ' weil icy dort das , und nichts mehr , zu meiner Abſicht gebrauc ;te. 3. Habe daher hier nur noch eine weitere Erflärung deſſelben in beſondern Stücfen binzujufügen. Seine ganze Einric,rung fómmt , wie ſchon ebenfalls bevies fen iſt, auf eine einzige Regel an .

Sie iſt dieſe.

Der Jubelfreis beſtelyt-aliemal aus funfzig Mondjah ren : aber das 49te Jahr ber nur ſechs Monate, uno das funfzigſte bringt die erſten Ditern des folgendent

Die fonnte nun

Kreifes wieder in den Ubib zurüci.

das geſchehen ? Ein Jubelfreis, deffen gotes Jake die gewöhnlichen zwölf Monate beýält , beträgt 17548 Tage : hingegen acht imð vierzis júlianiſche Jahre, gegen welche er zu vergleichen iſt , machen nur 17532 . }

1 1

1

Tage aus. Dieſer interſchied würde verurſachen , daß die erſten Oſtern gar baid aus dem Abib fielen, and alſo die Abſicht der göttliden Verordnung niciye erreidyt wurde. Deswegen iſt fchlechterdings noth . wendig, dieſen Unterſchied , durch eine beſtandige Re. gel går Einrichtung der Jubelkreiſe in ihrer Folge, aufa juheben. Wenn man aber in einem jeben dritten Ju. belfreife dem funfzigſten Jahre einen Monat abnimmt: fu belaufen ſich dren Jubelkreiſe auf 52594 , und dren.

mal 48, oder 144 , julianiſche Jahre auf 52596 Sage. alifu wirt der Linterſchied hieturd; ſo vermindert, daß ECC

1) 6. 3. S. 578 139

:

776

Die zivote Abtheilung,

die Zeit des Abibs , eines Sonnenmonates , behalten

bleibt. Einen Inbegriff von drenen Jubelfreiſen kann man zur Verkürzung des Ausdrucks füglich eine Dreya

ung nennen . Folglich hat man der gedachten Urfa. che wegen die ganze Folge der Jubelkreiſe beſtåndig durch Dreyungen abzutheilen , und in denſelben iſt der dritte Jubelkreis allemal der fürzeſte. Eine jede Drenung begreift zween große Kreife von 594 und ei. nen kleinen von 593 Mondenmonaten .

Das Mo 10jahr , welches bey den Jubelfreifen zum Grunde liegt und ein bürgerliches Jahr von gan. Ben Tagen iſt, erfordert nicht nur alle 33 Monate die Einſchaltung eines ganzen Tages , ſondern auch noch über dieß alle 288 eben eine ſolche Einſchaltung m ):

folglich eine kleine und eine große Sibaltzeit. So oft nun in einen oder den andern Kreis einer Dren.

ung eine Schaltzeit mehr fällt ; wie es ſich natürlicher Weiſe bisweilen zutragen muß : ſo oft befommt der:

felbe Jubeltreis in der Dreyung einen Tag megr, als ſonſt. Das iſt die Urſache , warum die Jubel. freiſe von gleicher Ordnung in einer Dienung bismoei len um einen Tag långer find. Jedoch iſt hieben

nichts willkürliches. Vielmehr zeigt ſich aus der Sammlung von Tagen für geriſſe Zeitbegriffe in des Moſes Geſchichte unleugbar , wann er zuerſt die groſ.

re ſo wohl, als die kleine Schaltzeit beobachtet habe. · Das werde ich am Ende der Betrachtungen über den gegenwärtigen vierten Zeitraum darthun : weil man alsdann mit der Redinung nach den Jubelfreiſen be. kannter fennt , und es deſto leichter verſtehen wird. Es laſſen ſich daher ſo wohl für die große als für die kleine Startzeit Tafeln entwerfen , um den Tag, auf den ſie in einem jeden Jubelkreiſe fallen , genau zu beſiimmen. Ben m) Man file olen Xbth. I. S. 284 fg.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

777 Bey dem Xusjuge her Iſraeliten aus Heanpten

ward-der Anfang des Jubelkreiſes , 2 B. M300.XII.

2 , XIII. 3 , 4 , ausdrücklich an eine gewiſſe Zeit geo bunden.

Demnach fteht es in feines Menſchen Freya

heit, die Veraleichung der Mondjahre des Jubelfrei. fes mit dem Sonnenjahre, wodurch ſie in Ordnung gehalten werden , nach Belieben anzuſtellen : fondern dieſe Vergleichung muß nach dem eigentlichen Tage des Sonnenjahres , der mit dem erſten Tage des er.

ften Mondjahres im erſten Jubelfreiſe wirklich zuſam. mentraf, eingerichtet werden . Dieſer Tag läßt ſich aus den von Moſes gegebnen Anzeigen finden : wie wir ihn bald finden werden. Es kann alſo nach dem.

felben eine Tafel für das den Jubelkreiſen gis maße Sonnenjahr berechnetwerden , woraus man ſehe, auf welden Tag eines Sonnenmonates die An. fangstage der den Jubelfreifen angemeſſenen Sonnen:

monate fallen. Weil aber die Schalttage in dem wahren Sonnenjahre , das die heilige Schrift des braucht, nidit eben alle vier Jahre, wie bey dem ju. lianiſchen , ſondern bisweilen erſt im fünftent nothig ſind: fo fann das Rücken des Abibs daben nicht mit einem julianiſchen Schaltjahre angefangen und forts

geführt, noch auch mit den Monatstagen des julia. niſchen Jahres angegeben werden ; fondern es muß bis auf den Auguſt mit Tagen , die von dem iten Ja,

nuár an gerechnet ſind , geſchehen. Denn , wann ei.

ne Begebenheit, wovon man die Zeit genau ausilio dig machen will, in ein julianiſches Schaltjahr fällt: ſo muß man, um den Anfang des Ubibs nicht zli ver,

růcken , dem Krebsmonate , der vor dem Auguſt fålle, einen Tag anhängen .

Es iſt in der Zeitredinung gewöhnlich, das julia

aniſdie Jahr zu gebrauchen. Deswegen muß man, um die Beredinung nach den Jubeltreifen in aller

Fällen deſto leid)ter vornehmen zu fónnen , eine Tas Ccc 5

fel

1

778

Dic zivote Abtheilung,

fel für die geſammleten julianiſchen Jahre eis nes Kreiſes mit ihren gefaimleren Tagen zut Hand haven . lind da die Jahre der Jubelkreiſe Mondjahre ſind , welche durd). das Sonnenjahr int Orðnung gehalten werden ; die Einſchaltungen bery

ben Mondjahren aber für sich durch eine beſondre Ea: fel an ihre gehörige Zeit gewiefen ſind : fo iſt dabei

nur nod) eine Tafel von den geſainmleten t170nda jahren eines Kreiſes nach ihren ebenfalls gen

fainmleten Tagen ohne Einſchaltung nöthig. Uus allen Dieſen Betrachtungen ergiebt fich, daß man jur Bequemlichkeit der Berechnung nach den

Jubelfreiſen nicht meör als ſedis Tafeln nöthig has be. Die erſte muß den 2nfang und die Länge

eines jeden Jubelfreiſes zeigen . Der Anfang wird theils durch das Jahr des julianiſchen Umlaufss

kreiſes , in weldes er fällt, und den Sonntagsbucha ftaben nebli der Zaol des Sonnenzeitfreiſes, dura den Tar lin julianiſchen Jahre , vom Unfange des

Jenners gerechnet und durch den Namen deſſelben Ta. ges in der Woche , ficher genug angefekt. Zur nos thigen Verfuchung werden Daten durch die gewohnli. den Zeichen O ) OP

?

die Wochenta,

ge, Sonntag, Montag, Dienſtag, Mittwo, che, Donnerfiug , Freytag und Sonnabend angedeutet. Die Långe aber ist durch die Anzahl der Tage , weidie ein jeder Jubelkreis nad ſeiner Ordnung in einer Drepung begreift, klar ausgedrücft. Man muß hierber nur noch wiſſen , daß der erſte Ju.

belkreis nicht der etſte , fondern der dritte in einer Dreyung iſt, und alſo der zweite , dritte und vierte die erſte Drenung ausmachen : weil die Angaben , welche man ju diefer Zeitrechnung in den mofaiſchen Büchern findetyes nothwendig erfordern ; indem rooft der Anfang der Jubelfreife, ihrer Abſicht zue wider, bald aus dem Abib fallen würde. Die zivote jeigt

+

+

hiſtoriſche Zeitrechnung.

779

zeigt in was für einen Jubelkreis, in was für einen Mo. nat deſſelben , in was für ein Jahr und was für einen

Monar dieſes Jahres, auf was für einen Tag des julia. niſchen Jahres, und in was für ein Jahr des julianiſchen Umlaufskreiſes nebſt ſeinem Sonntagsbuchſtaben , die

großen Einſchattungen nach ihrer Ordnung treffen. Der Kürze wegen iſt der julianiſche Umlaufspreis nur durch

die Buchſtaben j.P. angedeutet. Die dritte weifet den 18 kleinen Sdalttagen eines jeden Jubelkreiſes

das Jahr des Kreiſes und den Monat deſſelben Jah. Das Sternlein * , welches ben einigen Zah. len der Jubelkreiſe ſteht, zeigt an , daß in dieſelben Kreiſe auch noch eine große Schaltzeit falie : und die res an .

bengefügten Buchſtaben g. g . bedeuten , daß in denen Kreiſen , woben ſie ſtehen, die geraden Monate, als der ate , 4te , 6te zc. auch gerade und alſo dreyßig Ta. ge Gaben ; gleicimie die Buchſtaben , u . g . anzeigen, daß in denen Kreiſen , denen ſie beygefügt find , die

ungeraden Monate , als der ite, 3te 5te ac. gerade oder 30 Tage bekommen. Dieſe Abwechſelung folgt nothwendig aus der Verkiirzung eines jeden dritten

Jubelkreiſes in ſeinem goten Jahre um einen Monat, wovon ich kurz vorher den Grund angegeben Qabe. Die vierte dient , die Anfangsrage der Mionate des

den Jubelfreiſen angemeffenen Somenjahres nach

dem julianiſchen Jahre zu erfennen. Die fünfteund ſediſte zeigen ; jene die#nzahlder geſammleten Tage für einie jede Anzahl der geſammleten julianiſchen Inbre in einem Jubelfreiſe: dieſe hingegen die Anzahl der ge ſammleten Tage für eine jede Anzahl der geſammleten Mondjahre in einem Jubelfreiße , ohne Einſchaltung. Das in der füriften Tafel allemal um dos vierte Jayr

beygefügte b iſt ein Zeichen , daß das Jahr , wobey es ſteht, ein Edalsjahr iſt. Alle dieſe Tafeln ſind

ſchon von dem Körn. Heer n) entworfen . Ich habe ‫חטט‬

n ) In den oft gedachten Abhandluiigen, TH. II.S.135-239

Die živote Abtheilung ,

780

von einigen einen Theil nachgerechnet. Da ich fie fo weit richtig gefunden habe : po ſchreibe ich den übrigen Theil um fo viel zuverſichtlicher bloß ab , weil mir

die Sorgfalt des feligen Mannes , den ich perſönlich gefannt habe , für die Richtigkeit hinlänglich Gewähr leiſtet. Die fernere Erklärung derſelben wird ſich ben dem Gebrauche in der Zeitred nung von ſelbſt finden. Hier folgen ſie. 1. Tafel den Anfang und die Länge eines jeden Jubels kreiſes von I bis XXX zu finden . Långe eines

Ordnung der JubelKreiſe.

Anfangs :

Anfangs :

tage.

jabre nad

jeden Brei:

der 3. p.

ſes nach IS

I hateinen großen

138 4 .

3259 AIL

118 o

3307

gen . 1751 2

Schaltt. JI .

17541

D3 JI .

127 )

3355

17541

G 23 IV.

136 0

3403

17512

C 15 V.

116

3451

17541

F7

VI.gr.Sd . 125 4

3499

17542

b 27 VII.

135 4

3547

17511

E 19

VIII.

114 )

3595 All

17541

IX .

123 O

3543

17541

D3 X

132

h

3691 G23

17512

Ordnung

hiſtoriſche Zeitrechnung.

781

Ordnung

Anfangs-

Anfangs- , gángeeines

der Jubels

tage.

jahre nach . jeden Krei. der 3. p. jes nach TA

freiſe.

gen .

XI.

112 2

3739

XII.

121 $

3787 F7 3835 B 27

17541

C 15

XIII.gr.Sch . 1300

17541 17512

XIV.

IIO O

3883 E 19

17541

XV.

119

3931

17541

Ai

XVI.

128 7

3979

17512

D3 XVII.

108 ४

4027

17541

G23 XVIII.

1170

40.75

17541

C 15

XIX.gr.Sch . 126 )

.

4123

17512

F7 XX.

106

4171

17541

B27 XXI.

115

4219

17541

E 19 XXII .

24 24

4267

17512

A II

XXII.

104 o

4315

17541

D3 :

XXIV.

II3 )

4363

17541

XXV.gr.Sd . 1220

G 23 4411

17512

C 15 XXVI.

102

4459

17541

F2 Ordnung

1

Die zwote Abtheilung,

782

Anfangss Ordnung tage. Per JubelEreiſe.

}

Anfangs.

Langeeines

jabre nach

jeden Preis

der 3. p.:

res nach Tas gen.

XXVII.

III 4

4507 B 27

17541

XXVIII.

120 X

4555 .

17512

E 19

XXIX .

100

4603

)

17541

A II

XXX.gr. Sch . 109 0

4654

17542

D3

II. Tafel

čie große Einſdaltungszeit anzuweiſen . Ord :

Ju :

nung

bel- des Jus Freis belir.

Der Ein Ichül tung ” 1. 1.

Nionat

17

Jahrand Monat

Tage Fabre des jul. der I. Jahres p.

3. 2. M.5. 27507 3260 G.

II.

VI.

505

JII.

XIII.

237

IV.

XIX . 131

V.

XXV.

VI.

XXX . 513

7.43.M.I. 62

3540 G.

J. 20,M.9 . 1880 3845 F.

3. n .M.n . 3424 4133 AG .

25

9. 3. M. 1. 730 0 4416 D.

J. 43.SN.9. 282

4696 D..

Der Buchſtab 7 bedeutet das Jahr des Jubel freiſes in welches die große Schaltzeit trifft, und

M den Monat eben deſſelben Jahres . III.Tas

.7 . 8

. 2

Oro irung

rer

tage ih nach

Kleine : Schalt

I*

.g

",XIII g.g.

.g. u

. IV

I. II II

u.g.

. XVI

. VII

J4.M. 2. M. 32. II.

. .9 g

VIR V.

T.HI afel

.g. u

g.g.

*XIX

X.

:I. 13 5. M. 13. 3. .. .43,2.13. MN J. M

VIII X,..X V IV VII X II XI

.:6 M 13 .

10. .9M.

01. &

I . XXI

g.g.

.,.X X XXIII X XI .IXIV X VIII .XXV

Zube Jube lkreis is Jubelkre lkre is

.21. M.10 9. M. 21 8. 7. 3. 6. 5. 21. 75.4,M M. 9. .. 6. 3. 24 3. 3. 24. 2. M. I.

16. 43. J. M. 3. 16. .21.56. IN 12. 15. .II. M11... 13. .ON M. 18. 19. 11. I2.. M. 3. 10. M 3.18 .'9. 9. 8. 18. M. I.

M. 3728 M.. .5JM. . 6 2. 9. .3II 4 5. 34. ..J. M. .J.. 5M. I.5.12. M. I. 25. 3. 8. 18. 12 M. 7. .9.. 0 F. 11. M. 7. .33. M.1 J. .3.10 M 3.10 ..10 96. .M 10 9. 8. M. 10. 7. 10.MM. 3. . 5.M. . M. 13 J. 6. 7 .

klei die fir ibScha vom Jube XXV .zun is nelkre ltzciſe ie

hiſtoriſche Zeitrechnung.

George

inno risa

Kleine

13 .

. 12

. II

10 .

ibrer Vro nung

nach

tage

: Schalt

Kleine

1

18 .

. 17

14 . 15 . . 16

43.

.37

35.

I*

IN 40.

g ..g

2. 45.

g.g.

* II XI

. XIL XI

,III .II

u . g

. IV

M 4.7 3.

. XVI u.g.

.. g

.*V. VI . VII

32.. 38. .1M.11 IN 37. 1.J. M. 38.

* X XI . g

X. .g u

XVIL V ,.XVIII X.XIV

IX .VIII

,in Jahres .ben fallen Sdaltzeiten kleinen die welche

6.. 5.M J. 4. 3.3. 35. 3. 2. .M. 35

129. .3M.8 M.9 229. § 10. 9. 729. 9.11 .M .:29 .

XXII . H. g.

.. ON 943. J. 43

.I46. M.5 I. 4. M. 3. M. 46. 3. 2. .N. M.6 7J.. 11.8. J48. M.1 3. 12. 49. . 4.M. I. 3. 3. 2. M.

.}M10 .43.

..JM40. 12 M. ..11 MM. 3:40 9. 3. 8. ON 9.40 10. . 1.41.

.735. M. J. 2. M. 3.38 48.

.. 8 27 5.6. I. 3.I7. V 9. M. 32. 192.

,30.:1 M.

M7.. 3.26 11. M. 26. :2F. .J 9.1 4.12. 3.9. M. 27. 3. 2.

S. 9.

Monat deſjela eben bedeutet I Buchſtab Der den M. und Jubelkreiſes bes Jahr das wiederum hier

X .XXIII . XIV XXI XX .XXV

Jubelpreis Jubelkreis Jubelkreis Jubeltreis

Die zivote Abtheilung,

IV. Tas

1. Theil.

. 14

. 15

von

. 10

. 9

. 4151

. 11

. 4020

.b 89. 38

. 758 3

3627.b..13

. 65 33 . 96 34

3234

3.P der

. 40

.43

von

ferm .bod

.. .39 бg .100 .38 68 .

. 70

.7 2 :42

.5 7 .4 16 74 44.

von

.102 1 .7 41 . 101

des der des

von

134. 165. 16 1976 .103

167. 136. .1056 18 199.

161. 193

.194

.12

13

132. 163. 195 . . 14

31 . 120 31 ..3 3 29

. te gezábl Jan. iten vom Monat der 21nfan getage .Buchſtab an Schaltjahr zein beigt Der

1 30 .99

.162 131.

ron von von

iv T. afel

13

. 18

von von

13 . 12 .12

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II

.12 12

.3 I13

164 . 1:196 545.. 115 133 .14

.5 15 1

166. 35 1 17 .1 .198. 17 76 6 104 73

.18 17 17

106. 168 .137. 19 .8 .1200 9

Aug. Sept. Ocr oo DW .TTag ag .TT ag .ec. Tag .Tag AS

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des

Mon. on. ion ion 1Mnion 970n Ion .WMJahre ,Mion rion

Anfangstage M . o. julian in

von

natstagen .

. 14 14.

.16 16

fer ſes linge ders res wen von

des des der der

.für iſt angem Jubel eſſen wden ie kreiſ ,es Sonne das en njahr

Hiſtoriſche Zeitrechnung. 785

V. Tas

Die zwote Abtheilung ,

786

1

V. Tafel die Anzahl der geſammleten Tage der ges

fammleten julianiſchen Jahre eines Jubelkreiſes anzuzeigen . Jabl der

Zahl der

Jahre

Tage

1

.

2

3 b. 4 5 6 1

z b. 8

Zahl der Zahl der

Jahre

Tage

25 26

9131

1096 1461

27 b .

9862

1826

29

2191 2557 2992

30

10227 10592 10957

31 b.

11323

32 33 34

11688 I 2053

365 730

28

9496

1

10

3287 3652

11 b.

4018

12

14

4383 4748 5113

15 b.

5479

39 b .

14245

16

5844

40

I? 18

6209

41 42

14610 14975

9

13

19 b.

6574 6940

37

13514

38

13879

8401

46 47 b .

8766

48

17532

20

7305

7670

22

8035

24

12418 12748 13149

15340 15706 16071 16436 16801 17167

21

23 b.

35 b. 36

43 b . 44 45

VI. Tas +

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

78

VI. Tafel

Anzahl der geſammleten Tage für die ges ſammleten mondjahre eines Jubels kreiſes , ohne Einſchaltung. Zahl der

Jahre I 2

3

4 5 6

Zahl der Tage 354 708 1062

1416 1770 2 1 24

9

2478 2832 3186

10

3540

7 8

Zahl der

Jahre 26 27 28

29 30

Zahl der Tage 9204 9558 9912 10266 10620

31

10974

32 33 34 35 36

11328 11682

12036 12390 12744

II

3894

12

4248

37

13098

13

4602

38

13452

14 15 16

4956

39

5310

40

13806 14160

5664

14514

17

6018

41 42

18

6372

15222

15576

16284

19

6726

20

7080

43 44 45

21

+734

46

22

7788

23 24

8142

47 48 49 50

: 25

8496 8850

14868

15930

16638

16992 17169 die Zahl

der Tage eines

Jubels kreiſes. D08 2

Das 1

788

Die zwote Abtheilung, Das 49te Jahr iſt in dieſer Tafel mur auf ſechs

Monate , der Einrichtung des Jubelfreifes gemik, angerechnet : weil das 5ote Jahr ſich allemal mitdem

ſiebenden Nonate des 49ten anfängt. Für die 50

Jahre des Jubelfreifes aber iſt es nid)t nöthig gewe. fen , Ricc eine Bahi anzufrgen : indem ſich dieſelbe nach der Ordnung des Jubelfreiſes in einer Drenung verändert, und die Långe eines jeden Kreiſes aus der erſten Tafel erfannt werden muß.

In den Zeiträume, den wir ißt zu berechnen be miißt ſind, werden manche Begebenheiten nicht nur an einen gewiſſen Monat , ſondern auch an einen gee wiſſen Tag von den Veiligen Geſchichtſdireibern ge bunden. Es geht aber das Jahr, womit er ſich an fångt, von dem Unfange des Auszugemonates an.

Eben 'derſelbe warb zur Anfangsgrånze des Jahres der Jfraeliten von Gott verordnet . Daher hångt die Beſtimmung aller Monate und Tage in dieſem Zeit: raume, die billig auf das genaueſte geſucht werden muß , von dem Anfange des Auszugsmonates ab. Aus der Urſache muß das erſte , was wir zu thun has

ben , nothwendig dieſes ſeyn , daß wir den Tag, wors auf der erſte deſſelben Monates fiel, in dem juliani. fchen Jagre , wozu er gehörte , aufſuchen. Hierzu dürfen wir keine andre Hülfsmittel gez

brauchen, als die uns von der heiligen Geſchichte ſelbſt angewieſen werden , oder mit den von ihr vorgelegten Merkmaalen vollfommen übereinſtimmen .

Nun het

ſie den Auszugsmonat mit zweyen Unterſcheidungszeis chen verknüpft. Das eine iſt der Sonnenmonat, 215 bib , oder der Aerndremonat: das andre, ter Bo.

chentag , auf welchen der Anfang des Mondenmonas tes , worinn der Pusgang geſchaſe, und alſo der Neue mend deſſelben , traf. Alle ålrere und neuere Zuge niſſe ſtimmen darinn überein , daß in Nieveraegypten ,

wo ſidh die Kinder Iſraels befanden, der Zerndte. monat

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

789

monat fein andree , als der Stiermonat , iſt, oder

wanndie Sonne ihren laufpreis in dem Zeichen des Stieres hat. Der Wochentag, womit fich der Auszugsmonat anfing , iſt ſchon oben o ) dadurch, daß ich bericſen Gabe, der 17te deſſelben ſer ein Sonny abend geweſen , ausgemacht. Denn war der 17te ein Sonnabend : fo muß der zweite vorhergehende, ber 15te , als der Auszugstay , nothwendig ein Dons

nerſtag , und folglich der ite auch ein Donnerſtag, geweſen ſeyn. Es iſt demnach unleugbar , daß man, ohne den klaren Angaben der heiligen Schrift zu wis

derſprechen , feine andre Zeit zum Auszuge annehmen fann , als wann eines Theils die Sonne in dem Zei.

chen des Stieres iſt, und andern Theils zugleid, der Neumond fo fållt, das der erſte Tag des Monates ein Donnerſtag wird. Benuas trifft unter denen

Einſchränkungen , welche die Einrid)tung des Jubels

kreiſes nothwendig macht, ſo felten zuſammen , daß man fdon aus dieſen Angaben faft allein das rechte Auszugsjabe zu finden im Stande iſt. Die groach . ten Einſdyrånkungen aber find , erſtlid ) , daß dev ganze Uuszug der Kinder Iſraeis aus Hegypten , bis fie durch das Schilfmeer gegangen waren , noch int den Abib fale ; dieß erfordert die Geilige Schrift ausa

drücklich : hiernachſt, daß der Anfang des Mons denmonates dem Anfange des 261bs nicht zu nahe

fen ; weil ſonſt die Abſicht bey dem Jubelfreife, re

lange aís er wålren ſollte, die Oſtern mit jedem Kreia fe wieder in den 2616 zuriicffufiihren , nicht erreicho werden konnte ; und Gott doch, diefelbe gewiß erreicht wiſſen wollte. Ich ſollte nicht glauben , daß jemand die letztere Einſchränkung für eine willkürliche Rein .

Stelen an den Jubelfreiſen Galten möchte: der dafür angegebne Grund laßt dieß ‫פ‬ wenigſtens nicht zula Es ‫ סס‬:

0) 8. + S: 390. f98:

ijt

790

Die zwote Abtheilung,

iſt ja der Jubelkreis ſo deutlich in der Offenbarung geboten , feine Einrichtung ſo klar beſchrieben , und der Ubib mit dem Anfange deſſelben zu wiederhohlten malen ſo ausdrücklid , und feſt verknüpft , daß man unter andern auch die erwähnte Abſicht des Himmels

daben nicht leugnen fann : das habe ich bereits an dem furz zuvor gemeldeten Orte bewieſen.

Iſt es

dann nicht cine unumgångliche Vervindlichkeit, ihn nur ſo , wie er zur Erfüllung dieſer Abſicht eingerich. tet ſeyn muß , anzuneşmen ? Gott hat unſtreitig vor. her gewußt , wie lange der Jubelkreis ſeine Dienſte nicht nur als eine Gedenfzeit, ſondern auch als ein

Hülfsmittel, der bibliſchen Zeitrechnung alle mögliche Feſtigkeit, zu geben , leiſten ſollte. Wie kann man ſich daher gedenken , daß er , der alles zu rechter Zeit thut , eine Zeit, die-ſeiner Abſicht zuwider läuft, jum Anfange des Jubelkreiſes gewählt habe ? Allen dieſen Bedingungen aber thut außer dem 3259ten Jahrebes julianiſchen Umlaufskreiſes , welches in das 2535te

Jahr der Welt trifft, fein Jahr Genüge, ohne daß es zu weit entweder rückwärts , oder vorwärts Falle.

Rückwärts it feines früher , als das 3202te Jahr des jul. Kr. bequem p). Jedoch dieſe benden Jahre find um 57 Jahre , und daher ſo weit von einander entfernt, daß man , ohne die Zeitrechnung der heili. gen Scyriſt vorſeklich zu verlaſſen , keinen ſo großen

Irrthum befürchten darf. Um ein Jahr , das vor. wärts weiter binaus gehe und allen Bedingungen ge. måß ren, hat man ſich nicht einmal zu bekümmern : denn das 3259te Jahr des jul. Kreif. iſt das ſpäteſte, das man nach der Kecte der bibliſchen Zeitrechnung zum Zusjuge reken fann . Vor dem ſel. Beeren ,

der jedoc) dic 430 Jahre auf eine von mir billig vers worfne Hrt berechnet, hat noch niemand dieſe Bege. ben. .

p) Beers Nth.udlung. TH. II . S. 547 fog.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

791

benheit ſo ſpåt: fondern alle haben ſie früher einge. führt. Es iſt demnach das 3259te Jahr des jul. Kr.

einzig und allein das rechte Auszugsjaþr. In dem. felben fiel wirklid) der wahre Neumond , der mitdem Stiermonate zuſammentraf , nach den hiriſchen 9

y!

Tafeln im parififthen Mittagskreiſe , auf den 17ten May um 11 lliyr , 7 Minut. 18 Sekunden , Vor, mittage. Tanis aber , welches man füglich für den

Aufenthalt der Iſraeliten zu derſelben Zeit annehmen kann , liegt, nach des Hrn . Prof.Þaſens Charteq), 1 Stunde 59 Minur. 40 Sekund. öſtlicher , als Paris. Alſo war daſelbſt der 17te Man Macmit . tags um 1 Ithr , 8 Minut, und ii Setund, die wahre Zeit des geſuchten Neumondes. Eben da.

mals war die Sonne im Liten Grade , 28 immur. 31 Sekund, des Stieres.

Allem Anfehen nad, but

die fenerliche Verordnung des Paſſafeſtes, daß das Lamm zwiſchen den beyden Abenden , oder zwiſchen 3

und 6 Uhr Nachmittags, geſchlachtet und dann in der Nacht gegeſien werden ſollte 2 2.1110ſ. XII, 6 , 8, den Kindern Iſraels die erſte Anweiſung gegeben, ihre

Sabbachtage und Feſte, dein zu Folge aber auch ihre Tage überhaupt, von einem Abende zum andern zu

rechnen . Denn für die älteſten Grången eines búr. gerlichen Tages kannn ic) ſie aus der oben r) ange. führten Urſache nicht halten : und früher finden ſich ſonſt keine Spuren davon . Man fer nun hierinn mie mir einia , oder nicht : ſo iſt doch gewiß , daß

ſeit dem Aufange des Jubelfreiſes , und folglich von dem erſten Tage des Uusjugemonates an , die Tages

grángen unter den Ifraeliten ro feſt geſitzt ſind ; in. dem in den Jubelfreiſen alle Sabbachtage und Feſte ſo geredznet werden . Es fing ſich daher beyden Iſrae. DOO 4

liten

9 ) In dein Buche de regno Davidis et Salomonis. r ) 5th . I. der Zeitrecha . 5. 3. S. 2247 223.

792

Die zwote Abtheilung,

liten mit dem Abende des 17ten Mayes der erſte Tag des Mus ;ugsmonates an und verlief mit dem Abende des

18ten Manes. Das 3259te Jahr des jul. Kr. abec

.

har zur Zahl des Sonnenzeitkreiſes in , alſo zum Sonntagsbuchſtben A ; zur goldnen Jahl 10 ; und zur Römerzinszahl 4 : und in einem gemeinen jul. Jahre gehört der Buchſtab e für den 18ten May . Das e iſt der ste Buchſtab von A, Alſo war der 18te May der gte Eag vom Sonntage , das iſt ein Dong

nerſtag.

Das erwähnte 3259te Jahr bringe dem .

nach nicht allein den Auszugsmonat in den Stiermos nat ; ſondern weiſet auch für den erſten Tag deſſelben Monates einen Donnerſtag an : wie bendes noch. wendig ſeyn muß.

Und daß es allen übrigen Bedine

gungen ebenfalls Genüge thue, das beweiſet dieganze Berechnung. Diefe zeigt, daß ſo lange die Fubete freiſe währten ', ſie wirklich die Oſtern altémat in den

Abib zurückführten. Folglich wird durch eine ſo voll. kommne Uebereinſtimmung aller Umſtände, meine vorhergehende Berechnung der ganzen Zeitreihe von Erſchaffung der Welt bis auf den Ausgang der Jfraes liten aus den in der Heiligen Schrift feſtgelegten Zeit. begriffen , wodurch ich auf eben das 3259te Jagr ger kommen bin , in ihrer Richtigkeit und Gewißheit bes

ſtåttigt. Weil dann der 18te Man der erſte des Aus. zugsmonates ; und der 15te dieſes legtern Monates der

Auszugstag war : fo war der ite Jun. des gemeldes ten Jahres der Donnerſtag , an welchem das Heer des Herrn aus Hegypten ging. In dem Verhältnisſe, wie das Sonnen und Monds jahr zur Zeit des Ausjugs und folglich zu Anfange des erſten Jubelfreiſes , wirklich gegen einander ge.

funden ſind, miſſen ſie nothwendiger Weiſe bey der ganzen Rechnung nad Jubelfreiſen unverändert zum

Grunde gelegt werden : menſchlicher Willküre iſt Şier

nichts überlafien. Der Stjermonat des Szimmels. jabres

Hiſtoriſche Zeitrechnmg.

793

jahres dient daher mit ſeinem Anfange den Jubelfreie fen zu einer Grånze, die fich nicht verrücken läßt.

Ee

iſt die Richtſchnur , nach welcher alle den Jubelfreie ſen gemäße Sonnenjahre zu beurtheilen ſind: und er Hått nicht allein den Anfang der Gedenkzeiten in Qid .

nnng ; ſondern zeigt auch , wie lange dieſe ihr Ant ohne Abweichung thun können.

Da er aber wegen

Verrüfung der Himmelszeichen etwa alle 131 Jabre um einen Tag zurück weicht: ro müſſen die Jahre des Jubelkreiſes ihm folgen ; weil ihr Anfang an einen gewiſſen unter feinen Tagen gebunden ift. Nunwar die Sonne am 17ten May des oft genannten Jahres zur Zeit des Neumondes in der Gegend von Tanis ſchon ſo weit in den 12ten Grad des Stiere gerückt, daß fie denfelben ohngefähr noch an eben dem Tage

durchlief. Der 18te May , als der erſte Tag des Uusjugsmonates, war folglich , wenn man für jeden Tag einen Grad rechnet, der 13te Tag des Stiermoa

nates nach dem Himmelsjahre. lind da ſolcherge . ſtalt der eigentliche Anfang der Jubelkreisjahre auf den Anfang des izten Tages im Stiermonate traf : fo kann man , nachdem der erſte Abib gefunden iſt, allemal durch einen Zuſaz von zwolf Tagen den An. fang des den Jubelfreiſen angemefenen Sonnenjahres finden .

Iſt die Anfangsgrånze der 480 Jahre von dem Ausgange der Kinder Ifraels bis zur Gründung des falomoniſchen Tempels ſo gerif ; und iſt außer dem die Grundlegung zu dieſem Tempel in der ſchon angezognen Stelle des erſten Buches der Könige nach dem Monate

und Tage angezeigt: ſo kann feine andre Berechnung gültig fenn, als die alle einzelne Zeitbegriffe in dem gan .

zen Zeitraume llauf eben den Monat und Tag hinaus. bringt. Der erſte von ſolchen kleinern Zeitbegriffen geht von dem Auszuge der Ifraeliten aus Hegypten bis an den Uebergang über den Sared. D80

Denn mit diesem Hebera

1

794

Die zwote Abtheilung,

Uebergange wird in dem Buche der Richter, Cap. XI. 26 wiederum ein beſondrer Zeitbegriff von 300 Jah. ren , der in dem großern von 480 Jahren liegt , vers bunden .

Moſes beut uns in ſeinen Geſchichtbüchern Merk. maale genug dar , alle Begebenheiten der benden er,

ſten Jahre nach dem Ausgange aus Aegypren ſo wohl, als des leßten Jahres der ihm aufgelegten Anführung,

1

auf ihre wahre Zeit zurückzuleiten . Allein bey meinem

gegenwärtigen Vorhaben würde es zu weitläuftig fenn, die beſondern Umſtände insgeſammt durchzugehn: das gehört eigentlich in die Geſchichte.

Hier wird meine

Abſiche ben der Zeitrechnung ſchon dadurch erreicht, daß ich nur den Anfang des vierzigſten Jahres , in weldem der Hebergang über den Sared ged)alje, und den Monat und Tag , auf die er fiel , in ihre wahre

Zeit nadi den julianiſchen Jahren feße. Dieß iſt mit Hülfe der vorgelegten Tafeln leicht zu thun, In der erſten von denſelben finden wir den Anfang dieſes

Zeitbegriffes durch den Anfangstag des erſten Jubel. freiſes, woju eben der Zeitbegriff gehört , genau be ſtimmt.

Es war der 138 Tag und ein Donnerſtag

in dem 3259 Jahre des jul. Ilmlaufskreiſes oder dem 2536ten Jahre der Welt. Seßt man nun zu den verfloſſenen 138 Tagen , womit ſich der Jubelkreis anfängt, die Tage von 39 Montjahren , welde bis auf den Anfang des vierzigſten verfloſſen ſind , aus der VIten Tafel hinzu : ſo befónmt man den ganzen #

Zeitbegriff; jedoch ohne die nöthigen Einſchaltungen. Aus der liten und Iliten Tafel alter ſieht man ferner, daß ein großer und 14 kleine , folglich zuſammen 15

Echalttage, in dieſen Zeitbegriff fallen. Dieſe hat man daher ebenfalls noch hinzuzuſeken. Alsdann ſind alle Tage von 39 Mondjahren mit den zu Anfange der legtern fchon verfloſſenen Tagen des 3259ten jul.

Jahres gefammlet. Wenn man diese Summe mit ten

hiſtoriſche Zeitrechnung.

795

den geſammleten Tagen der julianiſchen Jahre in ei.

nem Jubelkreiſe nach der Vten Tafel vergleicht, und

!

die nächſte , aber kleinere , 'Summe aus der gedachten Safel ron der Summe abzieht : ro zeigt der Lieberreſt,

auf welchen Tag in dem rechten Jahre des jul. Kreis ſes der Anfang des 4oten Mondjahres treffe. Man darf aber , das redite julianiſche Jahr zu finden, bloß zu dein jul. Anfangsjahre der verlaufenen 39 Montjahre die Zahl der julianiſchen Jahre , für

weldie man die abgezogenen Tage in der Veen Tas fel angeſetzt ſieht, hinzuthun : die Summeiſt das ver, langte Jahr. Demnach geſchieht in dem gegenwärtis gen Falle die Rechnung auf folgende Weiſe.

Tage

Jul. Jahre

138.4

3259

Anfang des Jubelkreiſes, 1. Taf.

39 gemeine Mondjahre, VI. Taf.

13806

14 kleine , III. Taf und ein großer

Schalttag , II. Taf. zuſammen

15

13959

Man ziehe38 jul. Jahre 13879

38

ab.

Anfang des 4oten Jahres 80 3297 Nun war das gefundne 3297te Jahr ein Schaltjahr und batre C B zu Sonntagsbuditaben. Der gore Tag deſſelben , auf welchen der Unfang des vierzig.

ften Mondjahres craf , war demnach der 20te Marg und ein Sonntag. Von dieſem 4oten Jahre nennt die heilige Shrift 4 B. Mof. XXXIII . 38 den ers y병

ſten Tag des fünften Monats ausdrücklich als a . rons Sterbetag. Es war alſo der 16te Jul. und ein

Sonnabend. Ferner beweinte das ganze Haus Ifra. els ihren Hohenprieſter nach 4 B. Njoſ . XX. 29, dreyſs

é

796

Die zwote Abtheilung,

dreyßig Tage , und lag deswegen fo lange ſtille. Der fünfte Monat qatte nur 29.Tage : weil in dem erſten Jubelfreiſe, wie oben s) bewiefen iſt, Der erſte

Monat nicht mehrere Tage hatte und daher alle un , gerade Monate , als der ute , ste , 7de zc. ebenfalls

nur ſo viele baben konnten. Daher war der lezze Lag des Trauerng der erſte des ſechſten Monates, der 14te Aug. und ein Sonntag. Des foigenden Tas ges brach das Volf auf, und kam nach Hubegoda 5 B. WIof. X, 6, 7. Von Danilen fog es , wie aus der eben angeführten Stelle und 4 B. MIof. XXI. 4 , 5, XXXIII. 41, mit 5 B. 1970ſ. II. 8 verglichen,

erhellt, in vier Tagen durch Jathbaty, durch die Bi. fere der Moabiter an Edoms Grånzen , und durch Zalmona nach Pyunon. Alſo war es am ig Hug. einem Donnerſtage und dein 6ten des ſechſten Monas

tes da elbſt angelanget. Hier murreten die Ifraeitten wider den Heren und sourden durd) die feurigen Sclan gen fo beſtraft, daß allem Anfehen nad ) damais der

erwa noch übrije Tbeil von den alten Sündern , wel: die das gute and nicht ſehen follten , vertilge ward.

Man vergleichze' 4 B. 1970ſ. XXI. 10 , mit 4 B. 11704. XXXII. 43.

Nadidem bieſe Strafe wieder

weggenommen war : ſo fingen ſie am gten deſſelben Monates , am 21ten Zug, einem Sonntage , ihre. Reiſe wieder an , famen nach Ob01h und lagerten ſich des folgenden Tages , da ſie im errciiit hatten , am

Gebirge Abarim , in der Wüſte gegen Moab , 4 B. Wol. XX. ir, XXXIII. 44.

Xus dieſer Wuſte

wurden 5 B. 11707. II. 26 , die Boten an Sibon gefandt, den Durchzug zu begehren. Das geſchave am roten Tage des fedyſten Monates , am 23ten

2ug. einem Dienſtage: indem man nicht die gerings

ſte lIrfache Gaf , die Abſendung weiter , als auf den nach . s) S. 590 799.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

797

nachften Tag nach derAnkunft in die Wüſte, hinause fuſegen. Aber die Boren konnten unmöglich eger, als des Dritten Tages , mit der abſchlägigen antwoort des Königs von Hesvon zurůdkornmen . Denn das Vole hatte von der gegenwärtigen Lagerſtåtte zno Iagerei.

fen ; eine bis an den Sared ; und die andre bis an den Arnon : Hesbon aber lag noch etwas weiter . Sie fehrten demnad) erſt am 12ten des ſechſten Mo, nates , am 25ten Ang. einem Donnerſtage, wieder

zurick. Unmittelbar darauf, des nåcliſtfolgenden Tas ges , ging Ser Zug bis an den Sared fort , 43.777. XXI. 12. Da der 14te deſſelben Monates, der 27te

Aug. , ein Sonnabend und alſo ein Sabbath war : fo lag das Voit ſtille, und ging erſt am Sonntage, dem 28ten Aug. , und 15ten Tage des ſediſter Mo. nates

in dem 3297ten Jahre des jul. Kreiſes und dem 2574ten Jahre der Welt , durch den Bach Sa.

red , 4 B. M101. II. 13. Es iſt demnachder Durch. gang durch den Bach, womit in dem Buche der Nichu

ter die 300 Jahre verbunden werden , und folglich der Anfang von dieſen 300 Jahren auf das genaueſte feſtgeſeßt. Mic eber dem Eage aber waren die 38

Jahre , in welchem afle Kriegeleute ſterben follten, und die ſich mit dem Aufbruche von Sadesbarnea ana

fingen , nadi s H. M0f. 11. 14 , derfloſſen. In den beſondern Zeitbegriff, welcher nunmeye folgt, von dem Hebergange über den Sared bis

funt

Ablaufe der 300 Jahre, Richt. XI. 26 , die ſich mit eben dem Uebergange anfangen, trifft der größte Theil

von den oben gemeldeten Schwierigkeiten. Der heiu lige Geſchichtſchreiber, Mofes , hat zur Beredynang derſelben keine Zeit mehr , als den erſten des eilften Monates von dem 4oten Jahre angegeben.

Da der

35te Tag des fectiften Monates , wie wir gefunden haben , auf den 28ten Aug., einen Sonntag, fiel:

ſo war der erſte Tag des eilffen Der rote Jan , ces fola .

1

798

Die zivote Abtheilung,

folgenden 3298ten Jahres im jul. Kreiſe oder des 2575ten Jahres der Welt , und , weil cas genannte jut. Jahr A zum Sonntagsbuchſtaben hat , ein Dien. ſtag.

An demſelben Tage redere Mofes mit den Kin .

dern Iſraels alles , was izm der Herr an ſie geboten Harte , 5 B. Uliof. I. 3. Nadidem er ſein Werk vollendet rahe, ſtarb er noch in dem 4oten Jahre :

wie aus 5 B. 1110f. 1. 3 , in Vergleichung mit 5 B. mor. XXXIV.7 , klar iſt. Von dem erſten Tage des eilften Monates aber bis auf den leßten Tag des

zwölften , bende mit eingeſchloſſen , waren 59 Tage verlaufen. Es war alſo der gte März, ein Donners. tag , des 3298ten Jihres im jul . Kreiſe, der lekte

Tag des 4oten Jahres nach dem Auszuge aus Alegn. pren. Folglich machte der 10 Máry, ein Frentag, eben des genannten jul. Jahres den Anfang des 4iten

Jahres. Hier tritt nun die Geſchichte des Buches von Jos ſua an die Stelle der mojaiſchen Bücher. Das Volf Ifraels batte ißt das verheißne {and nahe vor fich, und feine Urſacie , ſid, långer aufzuhalten. Deswoes

gen fångt ſich die Fortſegung der moſaiſchen Geſchich. te auch Joſ. I. 2 , mit der Meldung des göttlichen Befchles , über den Jordan zu gehen , an. Vorher aber wurden Kundſchafter Joſ. 1., 1 fgg., nach Jeris dio geſchickt.

Dieß muß alſo zu Anfange des erſten

Monates im 4iten Jahre geſchehen ſeyn . Allein der erſte Tag dieſes Monates war , wie wir eben gefun . den haben , ein Freitag , an deſien Abende der Sab. bath anging.

Aus der Urſache fann man eben ſo we.

nig annehmen , daß die Rundſchafter an dem erſten Tage naa, Jericio gegangen find , als daß es am zweyten geſchehen fenn folite.

Der dritte des Moa

nates , und der izte Marz, ein Sonntag, iſt daher füglich für die Ankunft der Kundſchafter in Jericho

anzuſegen. Sie ſdlichen ſich des Abends binein. Der

7

3

hiſtoriſche Zeitrechnung.

799

Der Weg , von Sictim , wo das Volf ſich gelagert hatte , bis an den Jordan , war , nach Joſephs Berichte t) nur 60 Stadien , oder eine kleine Teutſche Meile : und von dem erwähnten Fluſſe lag Fricho,"

den Reiſebeſchreibungen zu Folge, nur noch eineMein le , wenn man die gerade linie nimmt. Es war alſo

die Tagereiſe nicht groß. Jedoch die Kundſchafter konnten nicht geneigt fenn , bey gellem Tage in die Stadt zu fommen. Sie würden ſich ſonſt der Ge. falr , verrathen zu werden , noch mehr ausgefekt ha. ben. Die Kürze des Weges kam ibnen hierbeywohl zu ſtatten : indem ſie iynen Zeit gab , einen bequemen Umweg , zu beſſerer Sicherheit vor der Entdeckung, zu nehmen. Es fömmt mir nicht wahrſcheinlich vor , was der oft gelobte Hr.Beer gemeint hat, daß ſie erſt des andern Tages verrathen und darauf in der Nacht über die Mauer gelaſſen ſeyn ſollten : ob es

gleich der Austrud Jof. II. 2 , wohl leidet , und ihm eben dazu Anlaß gegeben haben mag. Sie wurden noch in der Nactit von dem Tage ihrer Ankunft wie . der weggeſchaft und blieben , wie es ibnen gerathen war , in den Gebirgen , Jof. II. 22. Alſo tamen

fie des dritten Tages, vermuchlich gegen Abend, folge lich am fünften des erſten Monates, dem isten mårz , einem Dienstage , wieder. Hierauf befahl Joſua dem Volfe , Jof. I. 10 , 11 , Vorrath anju . fchaffen, und ſich in dreyen Tagen zum Aufbrudse bereit zu halten. Der Aufbrud) erfolgte dann wirk. lich am achien des Monates , am 17ten Mårs, ei.

nem Frentage. Sie gingen aber Jof. III. 1 , deſſele ben Tages nicht über den Jordan : denn mit dem 2.

bende fing fich der Sabbath an , und ſie heiligten ſich, Jor. III. 2 , 5 , an dieſem Ruhetage. Der Durch. gang geſchaşe demnach erſt am joten des erſten Mo. nates

t) Antiqu. Lib. V. C. I, fect. 1. p 261 ,

800

Die zivote Abtheilung,

Rates von dem 4iten Jahre nach dem Wusjuge , am

19ten YITårz, einem Sonntage. Bald darauf, des vierten Tages fiel der eigentliche Paſſatag, der 1400 des erſten Monates , der 23te März , ein Don. nerſtag. Das Para ward auch Jof. V. 10 , wirk. kich in dieſem 4lten Jalre gehalten . Allein das gans

Volk fomnte es unmöglich im erſten Monate hal. ten . Die kurze Zeit , welche zwiſchen dem Durch. ge

gange ourd) con Jordan und dem Paſſatage in dies

Fern Monate war , reichte nicht wohl,zu , eine ſo große Menge zu beſchneiden. Würde ſie aber auch

für hinreiciend angefehn: fo fonnten wenigſtens die Beſdinittenen noch nicht ſo vollkommen geheilet ſeyn,

daß ſie das Paſſa zu halten im Stande geweſen wären.

Es wird gleichwohl Jof. V. 8 , 9, 10, ausdrücklich gemeldet , daß fie ſo lange ſtille lagen , bis ſie geheilet waren, und dann das Paiſa begingen. Unbeſchnittne eber durften ſich nid)t anterſtehn , das Paſja ju hal. #in . Man dorf daher nicht auf die Ausflucht verfal. kn , daß dieß Feft etwa vor der Beſdneidung über.

haupt gefeyert fenn miódyte: wie dann der Zuſammen hang in der zulekt angezognen . Stelle dieſe Vermus khung cbenfalls widerlegt. Es iſt ein begres Mittel

tibrig, allen Sdwierigkeiten zu entgehn . Gott hatte 4 B. X770ſ. IX. & fgg. zur Beruhigung derer , wela che um die eigentlidie Paſſazeit unrein oder unumgänge kich, gehindert waren , erlaubt , daß folche Perſonen das Paſta noch im andern Monate am vierzeönten Eage Delfelben effen mochten. Inzwiſchen blieben doch alle Reiner und alle , denen es ihre Umſtände

kiche unmöglich machten , verbunden , es in dem ere Ren Monare zu halten. Nun war , nach der deutlie chen Beſchreibung Jof. V. 5, 6 , 7 , nicht alles Volf ben dem Eingange in das verheißne (and unbeſchnit: ten : ſondern bloß diejenigen , welde in der Wüſte Dhne

währender Wanderung gebohren waren ,

Zweis

3 3

hiſtoriſche Zeitrechnung.

801

Zweifel waren auch die Prieſter, und die Leviten , welche die Lade des Herrn , den Brandopfersaltar und das heilige Geråthe tragen mußten , beſchnitten : indem

fie ſonſt zu dieſem Amte nicht geſchickt geweſen ſein, ſondern den Tod dahen gefunden haben würden. Als ſo mußten Joſua und Caleb nebſt den Prieſtern und Leviten und alien denen , die noch als unſchuldige Kinder aus Zegypten gefominen und daſelbſt beſchnitten ma. ren , wirtlid) am 14ten des erſten Monates in dem 4iten Jahre nnd dem Uus juge, das Paſſa fevern .

Die Unbefdhnittenen Hingegen hielten es erſt in folgen. den zweiten Monate.

Dieß ſcheint felbft der Äus.

druck Jof. V. 10 , daß fie es am vierzchniten des beftinnten Lijonates tgaten , anzuweiſen : da er ſo wohl den andern als den eiſten Monat einſchließt; und es fonti ſehr leicht geweſen ſeyn wäre, den erſten

Monat ausdrücklich zu nennen , wenn nicht bende ver. ſtanden werden ſollten. Auf dieſe Weife fdxicken fich dann alle Umſtände natürlich und wohl zuſammen . Von dem Durchgange , der am roten des erſten Monates geſchahe , bis zum 14ten des andern Mos nates war eine binlänglide Zeit, ein fo grohes Vole zu beſchneiden und es heil werden zu laſſen . Der 14te ves andern Monates war der 21te April und ein

Freytag. Das Vott konnte alſo des folgenden Ta. ges figlich von dem Getraite des Landes zum erſten mal effen : weil es um dieſe Zeit in derſelben Gegend veif iſt. Am 24ten März, als dem 14ten Tage des erſten Monates, konnte das nicht feyn.

Weiter , ift es nédit nöthig , die Bered nung der Tage fortzuführen. Die Zeitmerkmaale , womit die heilige Geſchidste ſelbſt die übrigen Begebenheiten vers bindet, find ohne das Hinlänglich , allen Schwierige keiten abzuhelfen . Unter denſelben iſt die erſte , wie kange nach des Moſes Tode die Theilung des Landes

angegangen und wann ſie vollendet ſey . Nachdem I. Theil.

Eee

Joſua

1

802

Die zwote Abtheilung ,

Joſua fo viel von dem gelobten Lande,als für die gegen. wårrige Anzahl des Volkes genug war , 'erobert hatte, war es Zeit zur Theilung. Dieſe ward dann theils zu Gilgal, Joſ. XIV.6 : theils zu Silo, Joſ. XVIII. 10,

vollzogen. Aber wann ? Die Zeit der Austheilung zu Gilgal lehren uns die limſtånde, welche bevy folcher Gele.

genheit, Joſ. XIV: 7 , 10, von Calebs Witer gemeldet werden. Er war vierzig Jahre alt, als ihn Moſes von Kadesbarnea ausſandte, dasland. zuverfundſáraf. ten: und ſeit dem waren zur Zeit der erſten Theilung zu

Gilgal fünf und vierzig Jahre verfloſſen , ſo daß er nun fünf und acrzig Jahre erreicht hatte. Da uns aus den vorgehenden Unterſuchungen die Zeit

des Durchganges durch den Bach Sared befannt iſt; und damals ſeit der Abſendung Calebs und der übrie gen Kundſchafter aus Kadesbarnea 4 B. XVI05. XIII.1

fag, 38 Jahre verflosſen waren 5 B. t1701. II.14:10 låse ſich, die Rechnung leicht zurück’ühren , und die ris gentliche Zeit der Abſendung dadurch finden. Es kann aber auch durch die Zeitbestimmung, weldze

4 B. 11705. X. 11 , 33 , durch die Anzeige des 2ten Tages im andern Monate des andern Jahres, an die Hand gegeben wird , und durch die Folge der darauf weiter erzählten Begebenheiten geſchehen. Auf

beyde Art findet man , daß der Tag , an welchem die Kundſd)after ausgingen , der 24te Tag des dritten Monates im zweyten Jahre nach dem Auszuge aus

Hegypten , folglich der 29te Jul. des 326oten Jahres im jul. Kreiſe, welches den Sonntagsbudsſtaben G hatte, und alſo ein Sonntag war. Dieſe Jahres

zeit ſtimmt vollfommen mit dem Zeitmerkmaale 4 B. mor. XIII. 21 , daß es um die Zeit der erſten Wein. trauben war, überein. Seßt man nun die 45 Mond.

jahre , die nach Calebs Worten von derſelben Zeit an bis zu der erſten Theilung verfloſſen waren , hinzu : fo bekommt man, nady der fchon einmal angewieſenen

Rech 1

hiſtoriſche Zeitrechnung.

803

Rechnungsart durch die oben mitgetheilte: Tafe'n ,

1

den 24ten Tag des Dritten Monates im 47ten Jahre nach dem Auszuge aus Hegypten , oder den 27ten 1

Márt einen Montag , in dem 3304ten Jahre ces jul. Kreiſes , deſſen Sonntagsbuci)ſtab A war, für die

geſud ;te Zeit. Moris ftarb noch im 4oten Javre nach dem Ausgange aus Aegypten.

Es geſchahe

demnach die erſte Theilung des Landes im ſiebenden Jahre nach ſeinem Tode , im 2581 Jahre der Welt, 3

als welches , meiner bis auf die Zeit des Ausganges fchon fortgeführten Berechnung zu Folge , mit dem 3304ten Jahre im jul Zireiſe zuſammentrifft . Die zwote Vertheilung des Landes zu Silo iſt zwar in der heiligen Schrift nid)t ſo ausdrücklich be.

ſtimmt: aber doc, dient uns die Erzählung der damit verbundenen Umſtånde, Joſ. XVIII , zu einem leite faden , ſie mit großer Wahrſcheinlichkeit feſtzuſeken . Das kann uns genug fenn. Denn es hat weiter feia

nen Einfluß in die Zeitrechnung: da ſich nicht allein die eigentliche Zeit , in welcher Joſua ſtarb , ſondern auch das erſte Jahr des erſten Ridters nad, feinein Tode ohne das ausmachen laßt , und durch dieſe beyden Umſtånde die Kette der Zeitrechnung weiter

und feſt genug zuſammengehängt wird.

Die Theia

lung, wovon wir ißt reden , geſdrake, nach Jop. XVIII. 1 , als ſich die Kinder Jiraels zu Silo verſammlet

und daſelbſt die Stiftshütte aufgeſchlagen hatren. Nun hat man nicht den geringſten Grund , eine gar tange Zeit zwiſchen der erſten und zwoten Mustheilung zu regen. Die erſte aber geſchahe am 24ten Tage des dritten Monaces im 47ten Jahre nach dem Ausgan . ge aus Aegypten. In den ſiebenden Monat fielen verſchiedne Feſttage: der Heilige Sabbath ; der Vero

föhnungstag und das Laubhüttenfeſt. Jedod da die Ifraeliten nod; feine Häuſer bewohnten : ſo iſt ver.

mutylich das lebte Feſt damals noch nicht gefeiert Eee 2

wora

804

Die zivote Abtheilung,

Der Verſöhnungstag mußte inzwiſchen nothwendig begangen werden . Es iſt daher nicht wahrſcheinlich , daß ſie eher , als nach der Fever dies worden .

fes Enges im ſiebenden Monate des 47ten Jahres, aus ihrem Lager ju Gilgal aufgebrochen und nach Si:

lo gezogen find: ſonderlich da Jofua iknen , unmit. telbar nach ihrer Verſammlung daſelbit , ihre Säßig.

feit in der Beſignehmung des Landes, Jof. XVIII, 3 vorhielte; und dieſer Umſtand wenigſtens eine Zeit von ohngefähr vier Monaten der Zögerung , aber auch eben nid)t mehr , erfordert. Der ſiebende Monat fing ſich mit dem 18iten Tage des 3304ten juliani ſchen Jahres und folgtich mit dem 30ten Jun . , ei.

nem Freytage , an. Aifo fiel der Berfólnungstag auf den gten Jul, einen Sonntag , eben defTetben Jahres. Bald nach dieſer Zeit in eben den Monate geſchahe daher wahrſcheinlicher Weiſe der Aufbruch aus Giigal , welcher nicht in die Feſtzeit fallen durf. te , und die Verſammlung zu Silo : worauf under. züglich die Abſendung der 36 Månner , das zur Theta lung nocy übrige land zu beſchreiben , und nach ihrer Rückfunft die lekte Theilung geſdrahe.

Viel wichtiger für die ganze Zeitrechnung iſt die Zeit von Jofuas Eode. Die heilige Gdrift giebt uns zur Beſtimmung derſelben nichts mehr , als die lebensjahre diefes auserwählten Mannes , an die

Hand. Er war 110 Jahre alt, J01. XXIV. 29, als er ſtarb. - Uber wo fol man dieſe Jahre zu zähler anfangen ? Das wird nirgends gemeldet.

Und ſo iſt

nichts, womit man ſie vergleichen könnte, als der Jubelkreis , bekannt. Die Lebensjahre ġiebt die Schrift beſtåndig mit Sonnenjahren an. Wir has

ben daher 110 jul. Jahre mit Jahren der Jubelfrei. ſe zu vergleichen. Aus was für einem Grunde? wird man fragen. Die Antwort iſt bereit. Nachdem der Jubelkreis eingeführt war , blieb er beſtåndig bey der

hiſtoriſche Zeitrechnung.

805

ber Berechnung einzelner Zeitbegriffe, an welche be.

fondre Begebenheiten. gebunden ſind, zum Grunde gelegt. Das zeigt ſich unleugbar aus dem ganzen Verfolge der bibliſchen Zeitrechnung , welcher auf feja ne Weiſe anders in allen nothwendigen Stucen Geo nůge geſchehen kann : man mag es verſuchen wie man

will. Und die vielen vergeblichen Berſudje , die vor Augen liegen , find ein unleugbarer Bereis davon. Deswegen iſt es ein guter Schluß , daß , wenn gee

**

famnlete Sonnenjahre zu einer Zeitbeſtimmung, ohne die Anfangsgrånze, wovon man ſie zahlen full , au. gegeben werden , man fie, allen limſtånderi der Bes

gebenheiten gemäß , mit dem Jubelfreiſe zu verglei. chen und dadurch die Gränzen felizuſehen hat. Jos fua aber war schon bey dem Uusjuge aus Aegypten ein Mann von reifen Ulter : indem er des zweiten Jahres darnach mit dem Caleb und andern von for at

Kadesbarnea zur Kundſchaft ausgeſchickt wurde. Caleb war damals 40 Jahr alt Jor. XIV. 7 , unb lebte nach Jofuas Tode noch eine gute Zeit. Jým wird . Jofua in der Geiligen Schrift ;, als 4.B. M10f. XIV. 6 , und 38 , gemeiniglich vorgelebt, und Joſua

bekam auch eine vorzüglidye Würde unter dem Voto ke Gottes. Ulle dieſe Umſtände fiihren und natür. lider Weiſe zu den Gebanfen , daß Jofua wohl et. was älter feyn mochte als Caleb . Wie viel dann ?

Das muß die Befehaffenheit der Jubelfreiſe entſcheia den . Eine volle Zahl von ganzen Jubelkreiſen liegt in den no Jahren , die für Joſuas lebeirszeit anges feßt ſind , nicht. Denn ein Jubelkreis beſtelyt nur aus . 48 juli. Jahren : und ſo betragen ikrer zwveen nicht mehr als 96 focher Jahres. Zieht man 96 von 110 ab: fo behält man noch 14 jul. Jahre übrig. So viele Jahre muß demnach nach Jofuas Todesa

jahr in einen folgenden Jubelkreis hinausgerückt wer . den . Allein der erſte Jubelfreis fing ſich mit dem Eee 3 erſten

806

Die zwote Abtheilung,

erſten Tage des Auszugsmonates an. Da Jofua ſchon damals cin gewiſſes und reifes Alter haben mußte : lo fann für die 96 Jahre nicht mehr , als

ein Jubelkreis von 48 jul. Fahren ſeit dem Zusjugs. monate , gerechnet werden . Joſua muß daher zur Zeit des Ausquges aus Aegypten 48 Jahre alt ge weſen feyn. Deß ſchickt ſich vollkommen gut zu allen ſeinen Lebensumſtånden , wie ſie uns theils in den moſaiſchen Büchern , theils in der Geſchichte von

Joſua felbít, aufgezeichnet ſind. Zu Ende des erſten Jubelfreiſis war er daher ſchon 96 Jahre alt, und die übrigen 14 Jahre ſeines Lebens gehören in den zweyten Juvelfreis. Dieſer fing rich , wie man aus der Iten Eafel ſehen kann , mit dem 18 Tage des 3307ten Jahres im jul. Kreiſe, und mit einem

Dienſtage an . Folglich reichen die 14 übrigen Jahre bis in den ſiebenden Monat des 15ten Jahres im 1

zweyten Jubelkreiſe. Derſelbe Monat beginnt mit dem 23ten Mar des 3321ten Jahres im jul. Kr. , einem Montage : wie durch die, bereits angewieſene

Rechnungsart mit Hülfe der vorgelegten Tafeln leicht herausgebradit wird. Dieß iſt alſo Joſuas Todes. jahr und trifft nach meiner Rechnung das 2598te Jahr der Welt. Moſes aher ſtarb , wie ſchon oben erinnert iſt, noch in dem vierzigſten Jahre nach dem

Uuszuge aus Aegypten. Der eigentliche Tag ſeines Todes wird zwar nicht ausdrücklich gemeldet : jedoch låßt er ſich aus den erzählten Umſtänden ſchließen . Am erſten Tage des cilften Monates in eben dem

vierzigſten Jahre am roten Jan, und einem Dien. ſtage des 3298ten Jahres in jul. Kr. fing er , 5 B. 1970ſ. 1. 3 , ſeine lekten Roden zu dem Volfe an . Nach ſeinem Tode beweinete ihn das Volf drensa fig Tage , 5 B. 1701. XXXIV. 8. Diefe Trauera · klage mußte fchon zu Anfange des 4iten Jahres geen.

diget feyn : weil am dritten Tage des erſten Mona. tes

3

46

hiſtoriſche Zeitrechnung.

807

tes in demſelben die von Joſua ausgeſchieften Kund. ſchafter bereits nach Jericho famen.

Zuch berichtet

Joſeph v), Moſes feu in dem zwölften Monate, und zwar zur Zeit ſeines Neumondes , geſtorben. Nun hatte der zwölfte Monat 30 Tage. Seßt man dieſe für die Trauertage der Jfraeliten an : ſo fällt ſein Tod , allen Umſtänden, und Nachrichten gemäß, auf den leßten Tag des eilften Monates im 4oten Jahre, welcher ein Dienſtag und der 7de febr. des 3298ten

Jahres im jul. Pir, war. Alſo hatte Joſua ſeit des Moſes Tode 23 Jahre und vier Monate weniger 13 Tage, oder bis in den vierten Monat des 24ten Jah. res , die uflidtüber das Volt geführeta Nunmehr nimmtdie Zeitrechnung in dem Buche der Richter ihren Anfang.. Der Jubelfreis liegt da.

ben , wie vorher , zum Grunde. Aber die Berechs nung nach demſelben : hat ihre eigne Jahrzahlgrånze . Es iſt einem jeden Geſchichtſchreiber erlaubt, die

Zeit der Begebenheiten , weldie er beſchreibt, nad einer gewiſſen . Grånze , wovon er anfangen will, feſtzuſeßen : wenn, er, nur dieſe Anfangsgrånze ſeiner Beredinung mit einem bekannten Zeitbegriffe ver's bindet. Der Verfaſſer des Buches der Ridhter hat

es biecan nicht fehlen laſſen. Die Jablzahlgrånze , welche er verfolgt , iſt der Uebergang des Volfcs der Ifraeliten über den Sared . Es mußallerdings audy :

hier der Jubelkreis zum Grunde gelegt bleiben : aber

die Berechnung: muß nach der Jahrzahlgránze , die der heilige Geſchichtſchreiber gewählt bat , eingerich tet werden. Dieſe Grånje iſt Ridt. XI., 26 , ges. nau feſtgelegt. Es. Beißt daſelbit , Iſrael Jabe zu . derſelben Zsit 300 Jahre in Hesbon und ihren Tóth. tern

in Aroer und ihren Töchycern , und in allen.

Ståbten , die am Arnon lågen , gewohnet. Nun Eee 4

v) Antiqu . Lib. IV. C. 8. ſect. 49. p . 257..

geſcha .

808

Die zwote Abtheilung,

geſchahe, nach « B. Moſ. II. 24 , die Eroberung 1

Hesbons und der übrigen Gegenden , aisbald nach dem Durchgange durch den Bad Sared , und alſo unmittelbar nach dem Ablaufe der 38 Jahre, in wels chen das alte und widerſpånftige Geſchlecht aufgerie. ben war. Das Ende dieſer Jahre aber Kaben wir

bereits im Vorhergehenden gefunden. Es fiel niebit dem gedachten liebergange in den fediſten Monat des 40ten Jahres nach demn dusjuge aus Aegypten,

und eigentlich auf den 28ten Plug. einen Sonriag, des 3297ten Jahres im jul. Rr. Der folge::de Tag

iſt daher dieJahrahlgrånze, wovon die 300 Jahre in dem Buche der Richter gezählet werden .

Und auf

ſolche Weiſe verknišpfe dieß Buch nicht allein ſeine Redinung an einen vorhergebenden und vollfommen feſtgeſekten Zeitbegriff : fondern bringt auch eine

Gleidung für die mittlerweile derfloßnen Mondzeis ten ben .

Hieraus folgt dann aber , daß die Mond .

jahre, welche in dem Buche der Richter gebraucht werden , nicht zugleich mit den Mondjahren der Jus belfreiſe, ſondern mit dem ſechſten Monate derſelben ihren Anfang nehinen. Wilt man demnach allemal

die eigentliche Zeit nach dem Sinne des heit. Ora ſchichtſdyreibers treffen : fo muß man allezeit dem Une

fangstage dos laufenden Jahres von einem Jubelkret. ſe fünf Monate zuſeßen . Zur Befräftigung diefer

Wahrheit iſt es nöthig , zu zeigen , daß am Ende der oft gemeldeten drey undert Jahre , welche fich mit ei. nem ſechſten Monate , am 28ten Aug. anfingen , in der That wiederum ein fechſter Monat eines Jahres von dem Jubelfrciſe angehe. Es waren diefelben

Jahre verlaufen, als Jephtbah in Ifrael aufſtand. Ihr Anfang fiel , wie fdyon oben bewieſen iſt, in das Hote

Jahr des erſten Jubclfreiſes. Da nun ein jeder Jus belfreis aus 48 jul. Jahren beſteht : ſo füoren uns die 300 Jahre in den VIllten Jubelfreis , und zwar an

* !

hiſtoriſche Zeitrechnung.

809 an bas Ende des fünften Monates vom dritten Jah. re in demſelben Jubelkreiſe. Man hat alſo , da der Anfangstag des VIIIten Jubelkreiſes nebſt ſeinem zu: gehörigen Jahre aus der Iten Tafel x) zu erkennen iſt, dem Anfange des Jubelfreifes nur noch die Ta. ge von zwenen Mondjahren aus der VI. Tafel , und ůberdas von 5 Mondenmonaten , nebſt einem kleinen Schalttage aus der Illten Tafel, hinzuzufeßen , hier. auf alle Tage zu fammlen , und von der Summe Die

Tage zwener jul. Jahre nach der Vten Tafel, abzuziehu, dieſe zwey jul. Jahre ſelbſt aber zu dem Unfangsjahre des VIIlten Jubelfreifes hinzuzuthun. So hat man einen Ueberreſt von Eagen , und eine Summe'von

gangen Jahren gefunden . Dieſe zeigt die Zahl der Jahre : jener den Monatstag des lekten Jahres in

der Summe. Die Berechnung ſelbſt iſt auf folgens de Weiſe anzufeßen.

Tage AnfangO.VIIIJubelkr. 114 Zwen Mondjahre

708

Fünf Mondenmon .

148

Ein kleiner Sdaftt.

Jahre 3595 ALI

I

Summe 971

Man ziehe 2 jul. Jahre 730

2 hinzugethan

ab 241

2597 FE .

Dieſer 241te Tag des 3597 Schalijahres im jul. Rr. iſt in der That der Anfang des ſechfien Monates your

dem zten Jahre des VIIlten Jubelkreiſes, der 2800 Aug. , und ein Donnerſtag. Es iſt alſo die Olei.

chung , welche die 300 Jahre ben ihrem Ablaufe mit dem Neumonde der Zeit , da Jephtha fein Richter: amt anfing, machen , vollkommen berichtiget. Ele 5 Weil *) Man ſehe die Tafeln oben S. 780. fog.

1

· 810

Die zwote Abtheilung,

Weit die ißt beſchriebene Zeitrechnung in 'bem Budhe der Richter beſtåndig nur durch ganze Jahre fortgeführt wird , ſo iſt bey derſelben fein andres

Mittel , die Begebenheiten , ſo genau als möglich,

in ihre rechte Zeit zu ſehen , als daß theils das Ende einer vorhergehenden und der Anfang einer unmit. telbar folgenden Begebenheit durch ein unfo eben

daſſelbe Jahr verbunden , theils die beſtåndigen Merkmaale von den Jahreszeiten zu Hülfe genom . men werden.

Beydes iſt in dieſem Geſchichrbuche

wirklich geſchehen . Das erſte wird man bey der Berechnung ſelbſt allemal finden und von der Gewiß. 'heit und Richtigkeit dieſer Berechnungsart dadurch überzeugt werden , daß man bemerfen wird , es fon. ne feine andre allen übrigen Zeitmerkmaalen Genůze

thun. Von dem lektern kannman in den Zeiten Ehuds, Gideons und Abimeledys Kiche. III, 20 , VI . 1ų, IX. 27 , unter andern zum voraus Beyſpiele bemer:

fen . Dieſe Unterſcheidungszeichen von den Jahres. zeiten müſſen , wo ſie vorfonimer , nothwendig beoba achtet werden , und feine andre Berechnung , als welde die Zeit denfelben gemäß berausbringt , fann

gültig ſeyn. Denn nicht umſonit, ſondern zur Ei. djerheit der Zriiredinung , ſind ſie angewiefen. 2ußerdem trifft es ſich in der bibliſchen Zeitred , nung , wie fonderlich bey den neben einander laufen ,

den Regierungen der Könige von Juba und Jfrael, auch in dem Buche der Richter zwermal, daß gewijie

Begebenheiten in einer gedoppelien Reige neben ein . ander fortgehn. In folchem Falle gebraucht dic heil. Sdırift , ju deſto deutliderer Unterſcheidung und gewiſſerer Verbindung , für eine jede Reihe an .

pre Jalre. Allein man hat hierbey feine Verwir. rung zu beſorgen : indem der Zuſammenhang der Mon jahre allemal ausdrücklich gemeldet wird . Wenn man daher nur auf die blare Anzeige des Ges fchichte

1

$

-9

fe

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

811

ſchichtſchreibers Achtung giebt : ſo iſt es nicht möge lich , etwas in eine unrechte Reihe einzuſchieben. Denn von der Nebenreihe wird zwar angemerkt, wo fie an die Hauptreihe mit iþrer Anfangsgrånze ſchlies . res und wie lange ſie gedauert Gabe : ihre andre Grånze aber ſchließt an nichts, und wird mit feinem andern Zeitlaufe verbunden ; fondern ſie erliſcht ganz. Hingegen läuft die Hauptreiße ununterbrochen fort : und alle einzelnen oder beſondern Zeitbegriffe , mór.

aus fie beſteht, werden ausdrücklich mit einander ver . knüpft. Hält man daher nur dieſen Seitfaden feſt : ſo iſt man vor aller Gefahr, in die Fire geführt ju werden , fictier. Zur Beurtheilung der Zeitrechnung in dieſem

Buche find endlich noch einige Anmerkungen über den Zuſtand Iſraels unter den Richtern dienlich .

Die Richter w.iren weber unumſchränkte noch immer allgemeine Häupter des ganzen Volkes . Der gan. je und wahre Begriff, den man ſich von ihnen ma. chen muß , liegt in der ausdrücklichen Befchreibung von ihnen Richt. II. 16 , 18 , daß ſie Ifrael aus der Räuber oder Feinde Hand erretteten , und der Herr mit ihnen war , ſo lange ſie lebten.

Deswegen fin .

det man erſtlich bisweilen mehrere Richter zu gleis cher Zeit.

Man bemerkt ziveytens , baß nid )t alle

Perſonen , welche unter die Richter gezählt werden, Kriege führten : weil es zur Errettung des Volfeis bisweilen ſchon genug war, daß ſie daſſelbe zur Buße und wieder zu dem wahren Gottesdienſte führeten . Nach dieſer Anleitung fönnen wir nunmehr die Zeitrechnung bis an das Ende des gegenwärtigen vier : ten Zeitraumes ungehindert fortführen. Sie beweiſet aber auch zugleich, wie wenig andre Berechnungsar. ten beſtehen fónnen. Zållt man bloß alle Jahre der Bedriicfung und Ruhe, wie ſie in dem Budhe der

Ridhter angegeben ſind, mit einigen, worunter auch der

812

Die ziote Abtheilung ,

der Ritter Johann Wareham y) und der fichon oft genannte Hr. Jackſon z )ſind, als Sonnenjahre oder berglichne Jahre zaſammen : ſo iſt es unmöglich, den flar beſtimmten Zeitbegriff, von 480 Fahren ſeit dem Ausgange aus Hegypten bis zur Gründung des Terme pels, herauszubsingen. Willman mit dem Erzbiſchofe ulbern a) an ſtatt der Hauptzahlen , die eine Reiße von Jahren begreifen , Ordnungszahlen reken , und

3. B. wenn es Richt. III. u , heißt, das land ſay vierzig Jahre ſtille geworden , anneymen , es fen in dem vierzigſten Jahre , natidem Joſua die Ifraeliten in der Ruhe und den fries den befefiige gehabt hätte , wieder rubig

geweſen : ſo muß man allemal nicht nur eine bloße Muthmaßung in die Heilige Schrift hineintragen ; fondern aud) ro gar von ihren klaren Worten abwcis chen. Und will man endlich des Hrn. Bengels Mittet b), weldes ißt den meiſten zu gefallen ſcheint,

wählen , und allemal die kleinere von den gemeldeten Zahlen für eingeſchlosſen in der größern anſehn : fo iſt auch dieß fehe bart, und dem Zuſammenhange,

den die Heilige Geſchichte fotbja unter dieſen Zahlen anweiſet, nicht gemäß ; zu geſchweigen , daß well das verglichine jidiſche Jahr daben angenommen

wird , die Zeitmerkmaale von den Jahrszeiten niot beobachtet werden können , wie dod nothwendia geo fchehen muß. Wir betreten alſo den ficherſten Beg :

wenn wir uns an den Jubelkreis und deſſen vorher angewieſenen Gebrauch halten . Die y) Canon. chron , faec, II, p. 292. edit Lond .

2) In den chronolog. Ulterth. Th. I a) Annal. ad ann. 2599 ſqq. b) Ord, temp. p.79f99

hiſtoriſche Zeitrechnung.

813

Die erſte Unterſuchung , welche wir mit Hülfe deſſelben , vorzunehmen haben , iſt die Zeit , wie lange nach Joſuas Tode die Ruhe im gelovten Tande währete , zu erforſchen. Indem wir diefer nacliſpúa ren , werden wir auch die Zeit des erſten Richters

1,1

is

entdeckt finden. Die heilige Geſchichte belehrt uns gwar nicht ausdrücklich davon ; weder von der einen, nod, von der andern : aber ſie hält uns doch Richt. 11. 6 , 7,8,10 , III. 5,9 foiche Umſtände vor , daß wir nicht menig daraus ſchließen können ; vornehmlich da fie mit einigen derſelben die Zahl von Joſuas les bensjahren verknüpft. Sie fint in den angezognen Stellen den Anfang des neuen Gaſdylechtes , das den Herrn nidit fannte, nach dem Tode Jofuas und aller derer , die zu der Zeit gelebt hatten , und wiederhohle

2

at

daben , was ſtron Jof. XXIV . zy gemeldet war, daß Joſua Rarb , als er hundert und geſin Jahre gee tebe haste. Un ſich betrachtet hat das Ulter Joſuas hier nicht den geringſten Einfluß : dennoch kann es nicht vergebens ben dieſer Gelegenleit wiederhote ſeyn.

Es muß demnach hier eine Zeijnlichkeit zwiſchen ſeis ner Lebensdauer und der Zeit des froinmen Geldiled ).

tes zu verfiehn gegeber worden. Aber Jofuas Lebens. 1

jahre ſind eine freve Zahl : weder ihr Anfang noch ihr Ende iſt ausdrücklich mit einer gewiſſen Zeitgrånze verknüpft; fondern die Beſtimmung derſelben iſt,

wie wir bereits gezeigt haben , dem rechcen Ger brauche der unleugbar zum Grunde gelegten Jubel. freiſe, überlaſſen. Die Aehnlichfeit kann alſo nur hierinn liegen , daß ein Jubelkreis von 50 Montjah .

ren oder 48 jul. Jahren zum Maaße derjenigen Srir, welche von der Jahrzahlgrånze der Geſchichte in dem Buche der Riciter, von dem Uebergange über ton Sared, bis auf den Anfang der Dienſtbarkeit unter dem

Könige von Meſopotamien , Cufan Riſathaim, vero

floſſen iſt, dienen foll: gleichwieJofuasLebenszeit durch zween

A等

*

814

Die zwote Abtheilung,

zween Jubelfreiſe, und einen Ueberſduß , der bis in das iste Jahr des folgenden Kreiſes reichte , abzumeſ.

ſen war. Dieß iſt kein leeres Spiel der Einbildungs kraft, fcine eirle Muttmaßung : ſondern ſo gemiß , daß es nicht anders fenn fann . Denn die Jubelfrei. fe müſſen ſeit irer erſten Emrichtung beſtändig , ſo lange ſie währten , bey der biblifdien Zeitrechnung

zum Grunde gelegt werden : ſonſt kann man derſelben nimmermehr Genüge thun. Sie fónnen aber nicht anders zum Grunde dienen , als wie dadurch theils 1

ihrer wabren Beſchaffenheit , theiis allen Zeitmerf, maalen , wodurch die Heilige Særift gewlife Bege: benheiten ausdrücklich beſtimmt, Genige geſchießt. Nun iſt dieß in dem gegenwärtigen Falle nicht ans ders inóglich, als menn der Anfang von Cufans Herr.

fchaft über das Volt Gottes in die Zeit eines Jubel. kreiſes , oder 50 Mondjahre, nach dem Uebergange über den Bach Sared, gelegt wird : insem fonſt die

Zeit , da Gideon zum Erlöſer auserſehen ward , pidit in die Verndte trifft ; wie es doch , nach Ristt. VI. II , norswendig feyn muß.

Weil aber ter

Uebergang iiber den Sared im ſechſten Monate des

40ten Jahres von dem erſten Jubelfreife geſchahe, und alſo noch 10 Jahre , außer den Monaten , von dieſem erſten Kreiſe übrig waren : ſo muß dann Cui fans Herrſchaft úber Jfrael ſich mit dem ſechſten Mo. nate des 40ten Jahres von dem ziveyten Kreiſe , wos durch ein ganzer Jubelfreis feit dem gedachten Ule. bergange voll wird , ihren Anfang genommen haben.

Folglid) trifft ihre Anfangszeit in das 3345te Jahr

des jul. Kreiſes , welches ein Staltjahr war und F E zu Sonntagsbuciſtaben hatte : wie aus den mits

getheilten Tafeln auf die fdon beſchriebene Art gee funden wird. Das eben genannte Jahr im jul.

Rreiſe war , nad) meiner Rechnung, das 2622te

Jahr der Welt. Joſua aber war nach dem oben gefübr.

hiſtoriſche Zeitrechnung.

815 geführten Beweiſe im 2598ten Jahre der Welt,

oder im , 3321ten Jahre des jul. Kreiſes , um den 23ten Mar , geſtorben : und der rechſte Monat des 4oten Jahres im zweyten Fibelkreiſe fing fich mit

dem 25ten Jul. des 3345ten Jahres im ji:l . Rreiſe, einem Freytage wegen des Schaltjahres, an.

Alſo

ward das Volf im getobten Sande zuerſt 24 Jahre und einige Monate nach Jofuas Tode durch die dem Ungehorſame. geðrohete Dienſtbarkeit heimgeſudyr. Hieraus iſt nun die Zeit , da der erſte Richter in

Iſrael erweckt ward, leicht zu erkennen . Denn die Dauer dieſer Dientibarfeit , welche mit der Erme.

ckung des Fidters , Athniels , aufhörte , iſt Riitt. III. 8 , ausdıücklich) auf 8 Jahre , nåmlich)

ſo viele Jahre des Zubelkreiſes, eingeſchránft. Dein zu Folge war der Anfang des fedijten Monates im

47ten Jahre des Ilton Jubelkr. , oder der Ilte May des 3352ten Jahres im jul. Kr. , welches jul. Jahr mit dem 2629ten Jahre der Welt zuſammentrifft, die eigentlidie Zeit , da Athniel als Kidster aufſtand.

Nach dem ißt gebahnten Wege fönnen wir nun . mehr die Zeitredinung in dem Buche der Richter bis an das Ende verfolgen. Jedoch finden wir ſie durch eine Nebenreibe unterbrochen , und dann erſt wieder

mit der Hauptreihe verfnüpft. Hiedurch theilt ſie ſich von ſelbſt in zween Abſchnitte. Der erſte geht vom Anfange der Dienſibarfeit unter Cujan bis an

Jairs Tod , Ridit. X. 3 , 5. und iſt alſo eben ſchon bis auf die Erwecfung des erſten Nid ;ters fortgefüh.

ret. Da dieſer Urhniel, im 47ten Jahre des lien Jubelkr. oder am niten May des 3352ten Jahres im jul. Kr. aufitand; in eben dem Jatyre die Ruhean.

fing, und 40 Jahre währte , Richr. III. 8 , 11: lo hat man nur zu den 47 Jahren des Jubelfr. noch 39 {

Mondjahre hinzuzuregen ; wodurch man 86 ſoldie Jai). re bekommt. Weil aber ein Jubeitreis nur deren 50 hat :

816

Die zwote Abtheilung,

hat : ſo muß man von 86 Jahren 50 abziehn , um in dem Ueberreſte, 36 , das Jahr des Illten Jubelfrei. fes, in moclchem die Ruhe aufhörete, zu finden . Der erſte Tag des ſechſten Monates , worauf, wegen

der beſtimmten Jahrzahlgrånze im Buche der Richa ter , allemal die Rechnung binauszuleiten iſt, fiel in dem 36ten Jafre des Illten Kreiſes auf den 16ten Sept. , einen Montag, des 3389ten Jahres im jul. Kr. , weldies ein Schaltjahr war und G F zu Sonn.

tegsbuchſtaben hatte.

Denn c) Jahre des

Tage

der Anfang des IIIten Jus belke. war nach der I Taf. Daju leke man aus der VI. Tafel die Tagev.35 Mond.

jul.Kr. 127

3355

G23

jahren ohne Einfdaltung, 12390 und ferner aus der III. Tas

fel die kleinen Schalttage.

13

Summe 12530

Von dieſerSuiñeziehe man die Tage ſovieler jul. Jan. rr, als ſich nach der V. Tas

Fel abziehu laffen , hier 34 folcher Jahre ab : ſo iſt der 12418

Reſt

I I2

34 julian .

Jahre

das Ende des 35ten Jahres im Jubelfr. Man ſege, um auf den fecha

ſten Monat des 36ten Jazz reb zu kommen , die Tage von 5 Mondenmon . Hinzu. Summe

147 259

3389 GF. Die

c) Man ſebe dieZafeln oben S.780 Fog.

2

2

hiſtoriſche Zeitrechnung.

817

Die Summe der Tage zeigt den Tag , womit ſich der

fünfte Monat des 36ten Jahres im IIIten Jubelkreiſe, nach dem julianiſdien Jahre beſchloß und die daneben ſtehende Summe der jul. Jahre dasjenige jul. Jahr,

wozu dieſer Tag gehörte. Man ſieht daher , daß ſo woll der Tag als das Jahr, da die Ruhe unter dem erſten Richter Athniel, aufhörte , und die Dienſt. barkeit unter den Moabitern anfing, Richt. III. 11-14, recht angegeben ſind. Zuf dieſe Weiſe kann man nun immer fortrechnen : wenn man nur bemerkt , daß man eines Theiles von den geſammleten Mondjahren

der Jubeitreiſe, ſo oft ſie über 50 hinauslaufen , 50 abziehu muß , das eigentliche Jahr eines folgenden Jubelfreiſes zu treffen , und andern Theils allemal die Tage von 5 Mondenmonaten am Ende der Riedya

mung hinzuzuſcken hat, damit man die Jahrzahl. granze in dem Buche der Richter, den Anfang des fediſten Monates in einem Jahre eines Jubelkreiſes, nicht verfelle. Es iſt alſo nicht nöthig , dieſe Rect) nung allemal wieder herzuſeken.

Die Bedrüfung Ifraels durch die Moabiter wehrte, nach der eben angeführten Stelle aus dem Bu. che der Ridster, 18 Jahre. Mit dem Ende derſelben erfolgte die Ruhe unter dem zweyten Richter, Chud, Richt. III . 14 fag. Es führen uns aber die 18 Jah.

re der Bedrückung in das zte Jahr des IVten Jubel. freiſes, in welchem der erſte Tag des ſectiſten Monates,

der 3ote Aug , ein Donnerſtag des 34c5ten Schait. jahres, A G , im jul. Kr. , den Anfang von Ehuds Richteramte beſtimmt. Dieſe Zeit ſchit fid) voll. fommen zu der Jahrszeit , welche die heil. Schrift Richt. III. 20 , angiebt. Denn damals mußte die Sonnenhiße allerdings groß genug ſeyn , in einer Sommerlaube Kühlung zu ſuchen : und die beſten

Früdte des Landes , wovon dem Könige der Moabi. ter Geſchenke gebracht wurden , konnten zur Reife I. Tbeil.

sff

gefom.

Die zwote Abtheilung,

818

gekommen fern. Die Sonne trat am 7ben Aug. in das Zeichen des lewen .

Die Ruhe unter Ehud dauerte 80 Jahre, 'und reichte alfo bis an den fechſten Monat des 32ten Jaha

res im Vren Jubelfreiſe, den 17ten Oct. einen Sonne tag des 3487ten Schaltjahres , D C , im jul. Rr. zu gleicher Zeit ging die Unterwerfung unter die Sand der Kananiter Rict. IV. ifgg , an. Sie wird ausdrücklich unmittelbar nach Ebuds Tode ges

legt, und die Errettung durch den Samgar, wele dhe einen andern Theil des Landes betraf, und in Ehuds Zeiten fiel , wird nicht in die Rechnung ges nommen .

Der Rananiter gemaltfame Herrſchaft über Ifrael erhielte ſich 20 Jahre.

Dieſe waren mit der

Anfange des fediſten Monates von dem erſten Jahre des Vleen Jubelkreiſes , dem 29ten Sept. einem Donnerſtage des 3499ten Jahres ,, B , im jul. Kr. verlaufen. Mit eben dem Tage rahm die Ruhe, wozu Barats Sieg über den Siffera den Grund leg. te , wieder ihren Anfang.

Das Volf genoß hierauf des Vortheils der Risto

He 40 Jahre, Richt. V. 31. Mit dem Ablauß derſelben ward die Hand der Midianiter fe ftark über

Iſrael, Ricbt. VI. 2 , 6 , daß es vor ihnen fehr ges ringe wurde. So wohl das Ende des ruhigen Zus ſtandes, als der Anfang des midianitiſchen Unfugs, fallen demnach auf den erſten Tag des fechſten Monates von dem 4oten Jahre des Vicen Jubelfrei. ſes , den ziten Jul. einen Sonnabend des 3537ten Schaltjahres, DC, im jul. Rr.

Seße man die ſieben Jahre der Bedrängung von den Midianitern, Richt. VI. 11 Hlnzu : fo fommt man auf die Zeit, da Gideon von Gott berufen

warb, Ifrael zu erlöſen ; und zwar aufdas46te Jahr

eben desViten Jubelfreiſes, in welchem der Anfang des

hiſtoriſche Zeitrechnung.

819

des ſechſten Monates ber 29te May , ein Sonna. bent , des 3543ten Jahres im jul. Br. war , weil

das Jahr den Sonntagsbuchſtaben C batte. Das mals war in der That die Weizenårnbte: wie es nach

Richt. VI. 11, fenn muß. Die Sonne trat den iten

Jun. in das Zeichen der Zwillinge. Zur Berecha nung muß man bey dieſem Zeitbegriffe für die 5 Mos &

nate , welche hinzuzufeßen find, 148 Tage nehmen : weil in diefe Monate Gler noch ein Schalttag trifft. Und ſo muß man es allemal thun: fo oft fich eben

der Fall ereignet; welches aus den Tafein der Eins

fchaltungszeiten zu erkennen ift. Bon der Zeit an hatte das Land vierzig Jahre Ruhe , fo lange Gideon lebte, Richt. VIII. 28. Das Ende Gideons und der Ruhe fållt alſo auf der

Anfang des ſecoften Monates von dem 35ten Jahre

11

1

des Vilden Jubelfreiſes , den sten Oct., einen Sonn. abend, des 3580ten Jahres mit dem Sonntagsbucha ftaben F, im jul. Rr. Mit eben dieſem Jahre, Monate und Tage fångt ſich aus Abinelechs aus gemaßte Regierung an .

Dieſer Sohn Gibeons Herrſchte drey Zahre über Ifrael, Richt. IX. 22. Er fand daher ſein Ende im 37ten Jahre eben des VIIben Jubelkr. zu Un .

fange des ſechſten Monates , am 12ten Sept., eia nem Sonntage, des 3582ten Jahres mit dem Sonna

tagsbuchſtaben C , im jul. Kr. Das war die Zeit der Weinleſe, welche der Erzählung Richt. IX .27, gemäß iſt.

Thola , der um diefelbe Zeit aufſtand, richtete Darnach Iſrael drep und zwanzig Jahre , Richt. X. 2. So ift dann die Rechnung bis aufden An.

fang des rectiften Monates vom gten Japre des VIUten Jubelfreiſes, den 24ten Jun ., einen Dien. ftag, des 3603ten Jahres mit dem Sonntagsbuchſta. Sffa

ben

Die zwote Abtheilung ,

820

1

ben E , im jul. Kr. , fortgeführt: da'ſich Jairs Richteramt anfing .

Der lettere verwaltete ſein 2mizwey und zwans zig Jahre , Ricit. X. 3. Das führt uns weiter bis an den fechſten Monat des 30ten Jahres vom Villten

Jubelkreiſe , den gren 1700., eine Mirewodye , des 362zten Jahres mit dem Sonntagsbuchſtaben A , im jul. Kr. iind bier unterbricht die heilige Geſchich..

te ihre Zeitrechnung: indem ſie eine Nebenreive ein . füljit, und dann die Hauptreihe mit dem Folgenden wieder zu befmipfen lebret ; weiches beydes eine géo nauere Vatraditung erfordert,

Der Zufainmenhang zwiſchen Richt. VIII und X, muß uns hierber) zum Zeitfaden dienen. Es heißt Ricor. X. 6 , nicht, daß die Kinder Jfraels 'erji

nach Jairs Tode ferner übel vor dem Herrn gerhati Håtten und deswegen unter die Hand der Philiſter und der Kinder ammonis , V. ? , verfauft iporden

waren ; wie im Vorhergehenden die Zeit allemal To genau beſtimmt iſt : ſondern, nachdem bloj die Rich .

terjahre von Thola und Jair, cone etwas von ibren Thaten zu meiten , angegeben find , wird die Miſles that des Volkes, welche die böſen Folgen nach ſich 309, bloß ohne Anzeige der eigentlichen Zeit gemeldet, Nun war vorher, v. 1, berichtet, daß Tycia fich nach

Abimeledys Tode anfinachte, Iſrael zu helfen :

ein Pusdruck, der nothwendig eine Bedrángung des Volfes vorausſekt. Gleichwohl iſt nach Gideuns Zeiten keine andre Bedrückung, als die ýier 0. 7, 8, erzábit wird, angeführt.

Auch wird die Zeit dieſer

letztern durd) die Worte, von dem Jahre aditzebn Jahre , v . 8. ſo unbeſtimmt angegeben , daß man natürlicher Weiſe ſchließen muß , fie rey bloß durch den Zuſammenhang mit dem Vorhergehenden zu be. ftimmen.

Es ist aber ſchon Rictr. VIII. 34, gemel.

det , daß die Kinder Iſraels , da Gideon geſtorben war ,



ak

hiſtoriſche Zeitrechnung.

821

Har, fich umkehrten, den Baalim nachhurcten, und fich Baal Beritt zum Gotre madten. Sollte der

Herr,, welcher auf eine ſolche Abweidung zur Zeit der Richter ſonſt allemal gar bald die Strafe folgen ließ, tbt das Verbrechen 45 Jahre lang ungeſtraft angefehn haben ? Das kann nicht fern : weil Thola ihnen ſchon

helfer: mußte , und ſie alſo damals wirklich gedrångt wurden .

Man muß demnach den Anfang der adits

zehnjährigen Bedrückung Ridit. X, 8 , alsbald nad Gitions Tode anleßrn, und folglich den Jeph . thah und ſeine Thaten, Richt. Xi, in eine Nebena reihe ordnen : wie ein ſolcher Fall zur Zeit Simfons augenſcheinlich noch einmal vorkommt.

Weit nur

mit demAblaufe der 18 Jahre Jephthah erweckt wur. de fo iſt eben deswegen natürlicher Weiſe die Er.

jåhlung ſeiner Thaten hier eingefdaltet, jedod, vorher . die Hauptreihe durch den Thola und Jair weiter fortgefübre, um , dadurch die Vereniipfung der nach Jephthahs Tode erfolgten Begebenheiten mit dicfir Hauptreihe flar anzuweiſen. Es entſtanden nämlich

nach Gideons Tote zmo.Unruhen an unterſchiedenen Orten im, gelobten , lande, welche, Richt. X. 7, Jlle ſammengefaßt werden, ſich aber von ſelbst durd, die derfchiedne fage des Landes berber Polfer unterſcheia den .

Die Ummoniter drångten fonderliú die Stám .

ine jenſeit des Jordans : und von dieſen allein errettete ,

fie Jepbthah , indem in der Beſchreibung ſeiner Thaten auch nicht mit einerr.. Warte der Philiſter gee dacht wird. Diffeit des Jordans aber wurden die benachbarten Stimme von den Pailiſtern ,beunruhigt :

' wider die half, ihnen Thokt. So haben wir, danti effenbar eine gedoppelte Reihe von Begebenheiten nach Gideons Gode. In ſolchen Fällen gebraucht tie heilige Schrift für jede Hirihe andre Jahre ; fit,

die eiretas Monjahr, für die andre das Sonnen : jahr : weil der Jubelfreis ſich nach beyderley Jahrer a & Ff 3

richte.

822

Die zwote Abtheilung,

richtet. Die Wahl des einen oder des andern son beyden für eine oder die andre Reihe trifft ſie allemal

nach der Beſchaffenheit der Begebenheiten in Anies

hung des Ortes, oderanererausdrüdlich daben gemet. deten Umſtånde.

Eben fo hat ſie es auch hier ges

macht. Was diſfeit des Jordans vorfiel, das geſcha . he in dem eigentlichen Erbtheile der Kinder Ifraeis. Deswegen fåhrt ſie damit die Hauptreihe ihrer Zeit rechnung fort, und gebraucht, wie vorher, und bed nach wieder, die Mondjahre des Jubelfreifes nach

der in dem Buche der Richter eingeführten Jahrzahle grånze. Die Nebenreihe hingegen , welche die Bes gebenheiten jenſeit des Jordans unter Jephthas An . führung begreifft, beſtimmt fie durch Sonnenjahre.

Sie bemerét ilyen Anfang durch den Anfang der 18 jährigen Bedrüfung nachGideons Tode , und ihre Dauer durch eben die 18 Jahre und die ſechs Jahre vonJephthabs Richteramte. Hierinn iſt nichts ut gewiſſes. Die dreyhundert Jahre von dem Durdigange durch den Bach Sareb bis auf Jeph

thaus Zeit find ſchon im Vorhergehenden genau be rechnet worben . Ihr Ablauf fiel in das 35976

Schaltjahr des jul. Kr., auf den 28fen Aug. Recto net man 18 Jahre für die Bedrůdung zurück :

kommt man auf das 3580te Fahr , als das achtzehits te , in welches ſo wohl Gideons Ende als der Anfang

des ammonitiſchen Plagens fällt. Der Tag aber, worauf Gideons Ende traf , war, nach der verherges henden Berechnung, der 5teOct. in dem 3580ten Fah re und der Anfang des ſechſten Monates von dern 35ten Jahre des Vilden Jubelfreifes. Eben diefer Tag fiel noch in den Sonnenmonat, da die Sonne in dem Zeichen der Jungfer war : und der Anfang des eben genannten Sonnenmonates , wie er den Jus belfreifen angemeſſen iſt, war der igte Sept. Da

nun , in der Nebenreihe von Jephthah, Sonnens jabre

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

823 3

jahre gebraucht werden : rofekt man billigdiefen 19ten Sept. deb,3580ten Jahres im jul. Kr. fürden Un.

!

fang der ammonitiſchen Bedrůdung.

In der.Glei.

chung durch die 300 Sonnenjahre und die daneben

3

verlaufenen Mondzeiten war der 28te Aug. der Neua mond des ſechſten Monates in dem zugleich laufenden ; Mondjahre: Dcs Jubelkreiſes. Es nimmt demnadt das 18e Jahr der eben gemeldeten Bedrückung 23 Page nach demjenigen Neumonde, welchen die Glei. chung durch die 300 Jahre trifft, ſeinen Anfanga Dieß ſtiinmt mit den Umſtänden des ganzen Verlau fes fehr wohl überein. In eben dieſelbe Zeit iſt nun auch der Anfang von Jephthahs Richteramte zu fer ken. Das währte ſechs Jahre. Dieſe Zeit aber hångt mit nichts weiter zuſaminen : weil fie zu einer. Nebenreihe gehört , die nady dein. Ablaufe ſo vieler Fabre ſich von ſelbſt aufhebt. Deswegen fann man ſie füglich für voll nehmen. Und ſo reichtſię bis an den lekten oder 29ten Tag des achten Monates im

neunten Jahre des VIIIten Jubelkreiſes, welcher ein Freytag und, der 19te Sept. des 3603ten Jahres mit dem Sonntagsbuchſtaben E , im jul. Kr. war, Vergleicht man dieß mit der Zeit, da. Jair fid) auf: machte: Po findet man , daß Jephthahs Ende in den dritten Monat von Jairs Richteramte fallt. Dem : nach wird nun durch den Ablauf dieſes,Rid teraintes,

spie er oben ſchon berechnet iſt , die Zeitrechnung mic dem folgenden. Richter. Lozan', Der zu eben der Zeit aufſtand, weiter und vollkommen ſicher fortgeführet,

Pbzan fing fein Richteramt mit dem ſechſteiz Monate des zoten Jahres im vnigen Jubelfreiſe

dem sten Zovember , einer Mittwoche, Des 3623temu

Em

Fahres, mit dem Sonntagsbuchſtaben A , ir jul. Rư, an: weil Jairs Ende nach der ſchon geführteir Redmog auf dieſe Zeit fällt. Sr richtete Iſrael

ſieben Jahre, Richt. XII. 9. Sein Eupe füşref : A N

Zff 4 . 1

uns :

11

824

Die zwote Abtheilung,

uns auf den rechſten Monat des 36ten Jahres im Villton Jubelkreiſe, den 3ten Sept. des 3629ten Schaltjahres mit dem Sonntagsbuchſtaben A G, im jul. Rr. Llons Aufſicht fing ſich zu gleicher Zeitan , und 1

währte zehn Jahre, Richt. XII. 11. Dieſe reichen bis in das 45te Jahr eben des achten Kreiſes, und an den

ſechſten Monat des Jahres, den 28ten May , einen Freytag, des 3638ten Jahres mit dem Sonntagse buchſtaben C , im jul. Rr.

Mit ſeinem Abgange trat Abdon das Richters amt an , und führte cs adit Jahre , Richt. XII. 14 .

Demnach endigte es ſich im zweyten Jahre des IXten Jubelfr, mit dem Anfange des ſectiſten Monates, dem 18ten Sept. , einem Sonnabende, des 3644ten Juh. res im jul.Kreiſe, deſſen Sonntagsbuchſtab C.war. Nach Abtons Tode thaten die Kinder Iſraels fers her übel vor dem Herrn, und der Herr gab ſie vierzig

Jahrs in die Hände der Philiſter, Ridir. XIII. r. Da der Heilige Geſchichtſchreiber dieß unmittelbar mit

des erwähnten Ridhters Ende verbindet : ſo gehöret der Anfang der vierzig Jahre mit demſelben in einer.

len Zeit. Daher fällt dann ihr Ablauf in das 4ite Jahr eben des IXten Kreiſes und auf den Beſchluß des rechſten Monates, den 19ten Jul. einen Sonn. tag des 3682ten Jahres , mit dem Sonntagsbuchſias ben, D , im jul. Kr. Hiermit endigt ſich die Zeits rechnung des Buches der Richter. Da nun der igre

Jul. den Anfang des den Jubelfreifen angemeſſenen Sonnenmonates,da die Sonne im Krebſe war, traf; und der Anfang von Cuſanis Herrſchaft, mit dem ſechſten Monate des vierzigſten Jahres im Ilten

Jubelkreiſe, am 25ten Jul., einein Freytage des 3345ten Jahres im jul. Kr . in eben denſelben Monat fiel:

To find mit der ganzen Zeitrechnung des Buches der Rids

Hiſtoriſche Zeitrechnung.

825

Richter 337 jul. Jahre , oder VII Jubelkreiſe und 1

CL

ein Jahr , verfloſſen . In die letzten vierzig Jahre davon muß Sim . fons Lebenszeit geſeßt werden . Denn die heilige Ge. fdichte ſebt ſie nicht nur Richt. XIII - XVI. durch

den ganzen Verlauf der Erzählung , in dieſe Jihre : fondern legt ihm auch Richt. XV. 20 , ein Richters

amt von zwanzig Jahren , zu der Philiſter Zeit, ben , und bindet wiederum Richt. XVI. 30, 31 an eben die Zeit der Philiſter fein Ende, womit er den

Anfang zu IfraelsBefrenung machte. Aber der eigenta tiche Anfang ſeines Richteramtes hängt mit der Syaupt. reihe der Begebenheiten, welche den Faden der Zeit. redinung fortführt, nicht zuſammen, und mit feinen Jahren wird auch kein folgender Zeitbegriff verknüpft. Seine Geſchichte macht demnad, mit der Hauptreihe

eine Nebenreihe aus.

Das iſt um ſo viel augen.

ſcheinlicher : da die Heilige Schrift ſelbſt die Herrſchaft

der Philiſter allein mit dem Ende Abdons verbindet, und dadurch dieſe Herrſchaft zu der Hauptreihe fekt, Simſons Thaten aber als eine abgeſonderte Reihe

von Begebenheiten dargegen ſtelt. Es fällt daher ben dieſer die Urſache weg , warum in dem Budie der Richter allemal das erſte Jabr der Frenheit mit dem legten der Dienſtbarkeit zugleich anfing : indem dieß das beſte Mittel war , ben einer Rechnung, die wes der Monate noch Tage angiebt, die Zeit der Bege.

benheiten ſo genau als möglid), anzuweiſen ; ob gleich) die Zeiten der Dienſtbarkeit nicht genau ſo viele Jal.

re , ſondern einige Monate oder Tage weniger betru. gen , und auch die Richter nicht eben mit dem fekten

Tage des Jahres , ſondern nur in demſelben Jahre, wann ihr Lebensziel da war , ſturben. Dieſe Urſace fållt bei Simſons Jahren weg : weil mit denfelben

kein folgender Zeitlauf verfüpft wird .

Deswegen

muß ſein Alter , als er zu richten anfing, da fein fff 5

Ende

/

826

Die zwote Abtheilung,

Ende an das vierzigſte Jahr der: Phillſter Zeit gebunden iſt, und er damals zwanzig Jahre gerichtet hatte , auf zwanzig Jahre, und zwar,

da ſein Leben in eine Nebenceihe gehört, auf fo viele Sonnenjahre gefeßt, und der Anfang, ſeines lebens, dem gemäß , růckwärts geſucht werden. Esmeldet aber der Şeilige Geſchichtſchreiber Simfons zwanzig Richterjahre , wider feine Gewohnheit, wenmai, Richt. XV. 20 , und XVI, 31. Sollte dieß chne Abſicht geſchehen ſeyn , und ſollte er daben nicht viel, mehr auf die gedoppelte Jahrzahlgránze, die bey der

Zeitrechnung in dem Buche der Richter zum Grunde liegt, fein Augenmerk gehabt haben ? Wenigſtens ſchickt ſich das legtre ſehr gut. Es fomnien wirklich

in dem gedachten Buche zwo Jahrzahlgrången des Die eine iſt die Jahrzahlgrånze der ganzen Geſchid)te. reiße, welche in das erſte Jahr von Euſans Herr. fchaft fållt, unddie Begebenheiten mitderGeſchichte von Moſes und Joſua nach den Jubelfreifen vers

knüpft: die andre iſt die Jahrzahlgrånze der Glei. chungen , wodurch die Mondzeiten der Jubelfreiße gegen die Sounenjahre abgemeſſen werden , und dieſe

iſt die Zeit des Uebergangsa úber den Bach Sared, womit ſich die 300 Sonnenjahre Richt. XI. 26 , an fangen. Yuf bende bezieht ſich Simſons Leben : auf die erſtere fein Ende; und auf dielektere der Unfangfeie nés Richteramtes. Sein Ende fällt aufdie ſchon gemee

dete Zeit des vierzigſten Jahres von der Philiſter Herrs fdraft, auf den igten Jul. des 3682ten Jahres im jul . Rr.und auf eben den Tag des Mondjagres traf Cuſans

Anfangim 3345ten Jahre desjulianiſchen Kreiſes. Alſo macht Simſons Ende mit der Jahrzahlgrånze der Ge. fchidite ganze Jahre voll. Gleichermeiſe erſúdt die Zeit

des Anfangs von ſeinem Richteramte mit der Jaậrzahl. grånze von den Gleichungen wiederum ganze Jahre : deun ſcine vierzig Lebensjahre führen uns, nach derfeſtge: legten

Hiftorifofse Zeitrechnung:

827

fekten Zeit feines Endes, auf den Sommerdes 3662tes

Jahresim juil. Kl. zurück. Dieſer Sommer hat wirklich einen Mondenmonat, deſſen erſter Tag auf den 241ter

3

Lag des Sonnenjaþres trifft: gleichnose der Uebers gang über den Sareb auf eben denfelben Tag des 3297ten Schaltjahres im jul. Rr. gefallen war. Das iſt aus der Berechnung nach den vorgelegten To

feln d) klar: wenn man zu dem Anfange des IXten Jubelfreiſes , in deffen zotes Jahr das geregte Uno fangsjabr von Simſons Richteramte , 3662, fällt, 39 Mondjahre und i1 Mondenmonate nebſt den gen &

hörigen Schalttagen für fo viele Jahre hinzufekt, und die gefammteten Zahlen mit den julian . Jahren dera

gleicht. Man fehe hier die Berechnung felbſt.

Tage Kahredes jul.Kr.

Anfang des IX . Jubelfr.

nach der I. Taf.

123

3643

Man reke 19 gemeine Mondjahre hingu , 6726 und noch 11 Mondenmonate, 325

nebſtden Schalttagen.

7

Summe 7181

Hievon ziehe man die Eage bon r9 jul.

Jahren ab

6940

Anfang des izten Mon.

242

m Hinzugeth . 3662 A,

Der Anfang von Simſons Richteramte iſt alfo der 241te Tag, oder der 29te Aug. ein Dienſtag des 3662ten Jahres im jul. Nr.: das Ende deſſelben hingegen der 20ote Tag , oder der 19te Jul, ein

Sonntag,

Fener Tag ist auch die Jahrjahlgrånze

der Gefdyichte in dem Buche der Richter. Warum

weiſt uns dann aber der Verfaffer dieſes Buches auf den

d ) Dben , S. 780 fog

828

Die zwote Abtheilung,

ben zuten Auguft: da noch die zwanzig Jahre von Simſons Richteramte eigentlich nur bis in den Jul reichen ? Muß er nicht natürlicher Weiſe der Aufmerk. ſamkeit des Sefers hiedurch einen beſontern Umſtand zu empfehlen geſucht haben ? Ein ſoldier Umſtand.

läßt ſich in der That dabey bemerken , wenn man die

zu benden Zeiten verfloßnen Jahre von benden Jahr. zahigránzen gegen einander hålt. Von der Jahr. zahlgrånze der Gleichungen , dem Uebergange über den Sared am 24iten Tage des 3297ten Schaltjahres im şul. Rr. p, ſind bis auf eben denſelben Tag des 1

36620en Jahres , dd Simſons. Ridhteramt anging, 365 fotce Somnenjahre, wie der Geſchichtſchreiber bis an das Ende gebraucht, oder den julianiſchen gleic che Jahre verfleri : hingegen von der Jahrzahlgrán.

je der Richtergeſchichte , dem 20iten Tage, dem 19ter Jul des 3345ten Schaltjahrs im jul. Kr., dem an. fangstage Des Sonnenmonates , in welchem Cufar

am 25ten Jul ſid åber Ifiack erhob , ſind bis an eben, denſelben Tag des 36gaten Jahres im jul. Kr. , als das Ende von Simſons. Richtrramte , nur 337 jul.

Jahre verlaufen. Der Unterſchied iſt alſo 28. Und dieſe Zahl inus zu einer gewiſlen Beſtimmung dienen, welche der Verfaſſer des Buches für nöchig gehalten

hat. Er giebe aber , wie fich aus dem ganzen Ver.

fotge feiner Zeitrechnung ſchon gezeige hat, die Son. nenzeiten beſtandig ſo an , wie ſie bei dem Musgange aus Ucgypten , bey dem Uebergange über den Sared und bey dem X : fange reiner Geſchichte gewefen wa . ren : indem er nach dem Ablaufe der 300 Jahre feit dem llebergange über den eben genannten Bach noch

immer die Gleichungen für die Sonnen und Monde jahre mit dem 28ten Auguſt madt , und auch noch den Anfang von Simſons Richteramte auf eben diss

fen Tag fibt. Es iſt daher klar , daß er das Vors

rücken der Himmelszeichen , weldem doch die von ihm ju

hiſtoriſche Zeitrechnung.

829

zu der Gleichungen angenommenen und den Jubels .

freiſen angemeſſenen Sonnenmonate , wann die Sona

ne in dem Krebſe und in den löwen war , unterwoce

fen ſind , nicht in die Redinng zu bringen für gut gee funden hat. Dieſ war auch in der That gut. Es erleidsterre den Verſtand ſeiner Meinung und den Ges braud) der Zeitmerkmaale: da man ihm , der weder

eines Monates noch Tages , vici weniger ihrer Zahl jemals gedenkt, mit einem gemeinen Jahre , wie das julianiſde iit , weit bequemer folgen fann. Allein

am Ende ſeiner Gefdridyte war es nöthig , den lin . terſchied zwiſdich dem gemeinen Sonnenjahre und der Himmelsjahre , fo ' welt er in dem Zeitlaufe, den er

beſchreibt, aufgewachſen war, in die Gedanken zu brin . gen . Dieß geſäicht durch den vorher erroáhnten line terſchied der Jahre , die an der einen Seite von der

15

8

.

( 11

Jahrzahigrånze Weiner Gleichung, an der andern von der Jahrzahlrrange -ſeiner Geſchichte bis auf die von ihm geregte Zeit verfiopien ſind , und alſo , wie wir bereits gefunden haben, durch die Zahl 28. Die von

ihm zu den Gleidungen angewieſenen Sonnenmona. te des Krebſes und des Zólvend hatten bende 31 Tage, nad, der oben vorgelegten IVien Tard , die ich am 臺

Ende dieſes Zeitraumes zugleich mit den Tafeln der Einſchaltungen aus ihren Gründen redtfertigen werde. Zieht man nun von ibren 31 Tagen 28 ab : fo zeigt der Ueberreſt 3 , daß ber, dem Beſchluſſe des Buches

der Richter , in Anſehung der Zeitrechnung , wih. render Geſchid te deffelben , der Eintritt der Sonne in

den Krebs und Löwen um 3 Tage vorgerůcft mar. Der Anfang des Frebemonates , in welchen die Fahrahlgrånze der Geſchichte fiel, war daher am Ende des Zeitlaufes nicht mehr der 19te , ſondern der 16te Jul: und der Anfang des Jówenmonates, in welchen die Jahrzahlgrånze der Gleichungen traf, nicht mehr

der 19te , ſondern der 16te Auguſt. Und ſo war Dann

1

830 Die zwote Abtheilung, dann ber Stiermonat , oder Abib , um diefe Zeit ebenfalls auf 3 Tage vorgerůckt. Sit dieſe genauere Beſtimmung des gebrauchten Sonnerjahres night wichtig genug , zum Augenmerke des heiligen Bes fchichofchreiber's su dienen ? Das fann niemand bez

Haupten . Sie liegtaber wirklich in den von ihm an . gervieferen Zeitmerkmaalen. Folglich muß er, der aus göttlider Eingebung ſchrieb , ſie auch zum 2u genmerfe gehabt Şaben ; da fie vollfemmen richtig ift: ob gleich unter den Griechen erſt Bipparch von einer ſolchen Borrůcung der Himmelszeichen etwas

1

angemerkt hat. Wider die ißt berechnete Zeit der Richter fcheint die Stelle, Apg. XIII. 20 , zu ſtreiten , daß Gott dem Volke Iſraels ben vierhundert und funfs zig Jahre Ridter gab . Xlein man darf fie nie recht überſeken : ſo fält aller Widerſpruch von felbfi weg. Bollte man fie von der Zeit des erſten Kids ters bis auf den Samuel verfteben : fo wurde es

chledyterdings unmöglich ſeyn , was für eine Bereche nungsart man wählen möchte, die 480 Jahre vor dem Ausgange der Ifraeliten aus Aegypten bis auf die Gründung des ſalomoniſden Tempels , weldje

doch nach · Kön. VI. 1., feft ſtehen müſſen , Herause zubringen. Diefe Berechnung muß alſo falſch femu und man muß aus den eignen Worten in der Xpo.

ftelgeſchichte andere Grången für den dafelbſt gemel deten Zeitbegriff aufſuchen. Die Worte fauten im Griechiſchen gar nicht ſo, wie fie åberfekt find. Der wahre Verſtand , der einem Sprachfændigen zuerſt

baben einfallen muß, ift dieſer : Und nach dieſem , etwa in vierhundert und funfzig Jahren, gab er ihnen Rider bis auf den Propheten Sås muel. Es wird alſo die Endesgrånze an die Zeit

des erſten Richters gebunden: die Anfangsgrånge 1

aber wird unbeſtimmt durch der Ausdruc, nad dies ſem ,

hiſtoriſche Zeitrechnung.

834

1

fem , angezeigt. Nun war im Vorhergehenden 0 .

T!

17 die Erzählung von der Erwählung der Båter ana gefangen , und mit dieſer unmitteibar die Erhöhung in Aegypten derbunden. Uußer der beyläufig eingea Hochtenen Zahl von dem vierzigjährigen Zuge 'in der Wüſte, iſt für die bis auf die Zeit der Richter zu {ammengefaßten Begebenheiten keine Zeit bemerkt. Es iſt daher niđits natürlicher , als den Zeitbegriff bon 450 Jahren mit der Hauptbegebenheit, womit bie Erzählung eingefüßrt wird, anzufangen . Dieſe aber wat die Erhöhung des Vorfes in Aegypten und folglich war es aus, die Veranlaſſung dazu , die Ana kunft Joſephs in degypten. Von derſelben ſind nach

1

4

17

-

. ;

der bisher von mir geführten Rechnung bis an das

Jahr des erſten Richters in der Chat vierhundert und zwey und funfzig Jahre derPoljen. In Bů. chern, welche nicht eigentlich die Geſchichte zum 40 genmerke haben , iſt nichts gewöhnlicher , als, cine runde Zahl, ſtatt einer um ein oder zwey Jahre große ſern und überſdießenden Zahl, zu ſehen . - Esthut al. fo dieſe Berechnung den Wortenin der Apoſtelgeſchicha te vollkommen Genüge Uluch iſt fie uns durch das fefte gefégre Ende des Zeitbegriffes tlar genug angewieſen. Denn man hat kein andres Nitttel, einen Zeitben griff, deſſen Långe und Ende gegeben ſind , anders zu beftimmen , als daß man fo viel zurücfredme, als er Jahre begreift. Thut man das hier : To kommt man beynaße auf die Zeit der Verkaufung Joſephs. Da Paulus in feiner Rebe nicht eigentlich zur Abſicht hatte , die Zeitrechnung genau zu beſtimmen : ſo ift dieß genug .

Nach dem Buche der Richtertreten die Geſchicht: bücher Samúels ein , die bibliſche Zeitrechnung weiter fortzuführen. Wie in allen bibliſchen Ger ſchichtbüchern der Jubelkreis , ſeit feiner Einführung

bis zu ſeiner. Aufhebung durch die babyjíoniſche Geo 集1

fangen

832 Die zwote Abtheilung, fangenſchaft, zum Grunde liegt : ſo iſt er auch hier behalten . Aber die Art und Weiſe, wie er gebraucht wird und die Zeitmerkmaale nad) demſelben angebracht werden , iſt nidit in allen einerley. In dem Buche

der Rid ;ter haben wir eine Verſchiedenheit darinn ge. funden : Hier ſehen wir eine andre. Es wird zwar Samuels Geschichte durch das Ende des Eli mitdem

Biche der Richter verbunden ; wie das Buch der der Richter ſeine Erzählung mit des Moſes Zeiten, und Moſes ſelber ſeine neue Jahrzahlgrånze der Jus belkreiſe durch die 430 Jahre mit den åltern Beges benheiten verbindet : übrigens aber yat der Verfaſſer von Samuels Bichern eine eigne und beſondre Rech : nungsart gemahlt; indem ſeine vornehmſten Zeitmerf.

maale die Wochen und Feſte ſind. Verfolgt man dieſe: ſo iſt man auch hier vor der Gefahr, auf Abs wege verführt zu werden , geſichert.

Jedoch , iſt es auch gewiß , daß die Geſchichte in den Büchern Samueis mit derjenigen , welche das

Buch der Richter begreift, surd, die Zeitrechnung genau verbunden wird.

Das muß uns die Verbin .

dung der Begebenheiten ichren. Der lette Vorfall, den das Buch der Richter mit ter im zugehörigen

Zeit bemerkt , iſt der Anfang , den Simſon durch ſeinen Tod zur Errettung des Volkes von den Phili: ſiern machte. Hiedurch ſchwächte er die Philiſter ungemein: und Ifrael bekam Muth , ſich ihrem F2. .

che zu entziehn.

Die erſte Unternehmung ſchlug mehr

zum Vortheile des Feindes , als der Jfracliten , aus. Dieſe aber fekten ein faiſdes Vertrauen auf die Bun . deslade und meinten, Gott ware verpflichtet ihnen zu Helfen , wenn ſie nur die Bundeslade bey rich im Ide

ger hätten. Inzwiſchen betrogen ſie rich Hierinn . Sie wurden wiederum geſchlagen, und die lade des Herrn ſelbſt gerieth in der Pyiliſter Hånde. His der

Hoheprieſter Eli davon Nachricht bekam , ſtürzte er vor Ensa

5

hiſtoriſche Zeitrechnung.

833

Entſegen von dem Stuhle und war todt. Man leſe hiervon 1 Sam . IV. Da nun nach dem Buche der Richter mit Simſons Tode der Anfang zur Befren . ung Ffraels von den Philiſtern gemacht; und der

Muth, ſich den Feinden entgegenzuſtellen , eben die Folge von der ſo angefangenen Erlöſung war : ſo můſo

ſen dieſe Begebenheiten nebſt des Eli Tode bald nach Simſons Ableben vorgefallen feyn.

Die eigentliche

Zeit, in welche ſie gehören, låßt ſich aus den 1 Sam, VI. 1 , 13 , angegebnen Merkmaalen , daß die Lade ſieben Monate in der Philifter lande war , und jur Zeit der Weißenårnbte zurückgebracht wurde, herlein ten.

Es iſt alſo dadurch die Geſchichte der Bücher

Samuels genau mit der Zeitrechnung des Buches

der Richter verknüpft. Zugleich aber folgt auch hier raus , daß fůč des Eli Zeiten Sonnenjahre zu neh. men ſind : indem das , was ihn angeht , mit den

Begebenheiten derPhiliſter eine Nebenreihe ausmachts und bey der bibliſchen Zeitrechnung für die Nebenrei.

Ken folche Jahre gewöhnlicher Weiſe gebraucht wera ben .' Das giebt außer dem der heilige Geſchichtſchreis ber ſelber zu erkennen : denn die nächſten Jahre, wel. che er hierauf 1 Sam. VII. 2 , angiebt, die zwanzig

Jahre , da die Bundeslade zu Kiriarh Jearim gee weſen war , find augenſcheinlich Sonnenjahre; und es zeigt ſich aus der Berechnung nach den ausdrück.

lich angegebenen Merkmaalen , daß die ſieben Moe nate , mit denen er bey ihrem Anfange des Eli Tob, und bey ihrem Verlaufe die Wieberkunft der Sabe aus dem Sande der Philiſter , verbindet , 30 Wochen oder 210 Tage ausmachen , welches bey einem Mondjahre niemals, und bey einem den Jubeltreiſen angemeſſee nen Sonnenjahre nicht anders, als in den Monaten der Wage von 30 , des Skorpions von 30 , des

Schügen von 29, des Steinbockes von 39, des Waſſermannes von 30 , der Fiſche von 31, I. Tbeil .

699

und

1

Die zwote Abtheilung,

834

und des Widders von 31 Tagen , Statt Haben tann .

Ich habe ſchon angemerkt, daß die erſten Bege. benheiten , wodurch die Geſchichte in den Bůdyern Samuels mit dem Buche der Richter verknüpft

werden , die unglücklichen Schlachten wider die Phi. liſter und des Eli Tod , durch die ſieben Monate, nach weldien die Bundeslade zurückgebracht wurde, in ihre eigentliche Zeit zu regen ſind. Es kam aber die Sade 1 Sam . VI. 13 , zurück , als die Leute wirf.

lich in der Weißenårndte begriffen waren. In dem Lodesjahre Simfons war dieſe Zerndte idon vor . bey , als er ſtarb : denn ſein Ende fiel, wie wir oben gefunden Qaben, in den Jul, des 3682ten Jahres im jul. Tic., da die Sonne in den Krebs trat ; und im iſraelitiſchen Lande iſt die Zerndtezeit, wann die Son. ne in die Zwillinge tritt. Folglich muß das Ende

der ſieben Monate um die Weißenårndte des folgens den 368zten Jahres geſucht werden.

In demſelben

geſchaße der Eintritt der Sonne in die Zvillinge am aten Jun . Da nun bey der Zurückunft der Buns deslade die Leute wirklich noch mit der Weißenårndte

beſtåfrigt waren : ſo muß ſie vor dem Sabbathe, an welchem man die Erſtlinge bringen ſollte, dem sten Jun , ſchon wiedergekommen ſeyn. Das damals laufende Jahr fing ſich mit dem uten febr. an . Es iſt daher der 150te Tag ein Sonntag und der zote Man des 368zten Jahres im jul. Rr. , oder der gore Tag des 4ten Mondenmonates und der 17te des den Jubelfreifen angemeſſenen Abibs oder Stiermos nates im 4zten Jahre des IXten Jubelkreiſes für die Zeit der Wiederkunſt der lade feſtzuſeßen. Redinet man von demſelben ſieben Monate , oder 30 Wochen

zurück: fo fömmt man auf den 30sten Tag, einen 1

Sonntag und iten 17ovemb. des 3682ten Jahres,

als die eigentliche Zeit , da die Bundeslade verlohren ging

T!

0

*

m.

.

biftoriſche Zeitredinung.

835

ging und Eli fein Ende fand. Dieſer Tag þar die Gleichung für die Sonnenjahre ſo wohl als für die Mondzeiten. Er war der izte des den Jubelkreiſen angemeſſenen Sonnenmonates der Wage , welcher damals mit deny 16ten Octob. anfing, und auch der 17te des neunten Mondenmonates von dem laufenden

41ten Jahre des IXten Jubelfreiſes. . Denn der Ane

fang dieſes Mondjahres war der szte Tag , ein Sonna tag , der zate Febr. des 368aten Jahres, mit dem

Sonntagsbuchſtaben D, im jul. Rr. Seßt man zu den 53 Tagen acht Monateohne Einſchaltung oder 236 Tage hinzu : To findet man den'289ten Tag , eia nen Freytag und den 16ten Oct. des eben genannten jul. Jahres , als den Anfang des neunten Mondena monates im 4iten Jahre des IXten Jubelkreiſes; und an eben dem Tage fing ſich damals der den Jubeltreia fen angemeſſene Sonnenmonat der Wage an. Man

ſieht alſo, daß die Geſchichte in den Büchern Sa. muels ihre Begebenheiten wirklich mit dem Todesjaga re Simſons, welches in dem Buche der Richter die

Zeitrechnung beſchließt, zu erzählen anfångt. Des Eli Geſchichtehat weiter feinen Einfluß in die Zeitrechnung. Da inzwiſchen ſein Ende, als er 98

Jahre alt war , und Iſrael vierzig Jahre gerichtet hatte, 1 Sam. IV. 15, 18, mit dem Verluſte ber Buna Deslade in eine Zeit fällt: fo darf man von dieſer, wie ſie nun feſtgelegt iſt, nur vierzig Sonnenjahre bis auf den Anfang ſeines Richteramtes zurückrechnen. Von

dem 305ten Tage des 3682ten Jahres im julianiſchen Kreiſe, an welchem Eli ſtarb, ſind, zurückgerechnet, bis

auf den 306ten Tag des 3642ten Jahres, gerade vier. zig Jahre. Dieſerlekte Tag des zulegt genannten Jahres war alſo der Anfang von ſeinem Ridhteramte. Er war aber der 25te des ſechſten Mondenmonates im soten Jahre des VIII Jubelkreiſes, der 18te des den

Jubelkreiſen angemeſſenen Wagemonates, und der ate Ogg

1700 ,

836

Die zwote Abtheilung ,

170v. bes 3642ten Jahres im jul. Kr. mit dem Sonne

tagsbuchſtaben E : folglich ein Sonntag . Es iſt eben erſt in dem Vorhergehenden vewieſen worden , daß die erſte Zeitbeſtimmung, welche in San muels Büchern ausdrücklich angegeben wird , die Zeit von ſieben Monaten, ſo lange die Bundeslade in dem { ande der Philifter behalten wurde , 1 Sam. VI. 1,

uns bis auf den poten Tag des 4ten Monates im 42.

tén Jahre des IXten Jubelkreiſes, und alſo auf den 3oten May des 3683ten Jahres im jul. Rr. mit dem

Sonntagsbuchſtaben C, folglich auf einen Sonntag, führet. Damals ward fie i Sam . VI. 12 , 14 , nad Betöſemes : und von dieſem Orte bald darauf, 1 Sam . VI. 19 fgg. VII. 1, nach Kiriathjearim gebracht. Es iſt daher nun zunächſt feſtzufeßen , wie lange ſie zu Bethſemes geblieben feyn möge. Die davon erzähl: ten Umſtånde zeigen klar, daß es einige, aber doch feis në gar lange Zeit, geweſen feyn muffe. Denn ſie fam

zur Verndtezeie des kurz vorher angeſekten Jahres, am 2oten des 4ten Mondmonates aus dem Lande der Phi.

liſter zurück : und die Niederlage von funfzig tauſend

und fiebzig Mann, 1 Sam . VI. 19 , welde die Hand des Herrn ſchlug, beweiſet, daß während ihrer Aufbe. þaltung zu Bethfemes eine große Anzahl aus verſchiede

nen Landſchaften des gelobten Landes dahin zu kom . men Zeit und Muße gefunden haben müſſen ; weil Bethſemes,als eine Prieſterſtadt, Jof. XXI. 16 , und der nächſte Bezirk um ſie her, feine ſo große Menge von Einwohnern haben tonnte, daß diefe Erſchlagé nen nur einen Theil davon, nach 1 Sam . VI.19, aus.

machten. Es iſt demnach billig zu ſchließen , daß die Niederlage , wodurch die Wegführung der Lade nach

Kiriathjearim verantaßt wurde, erſt nach der Aerndte vorgefallen fey : nachdem das Volk von diefer norh.

wendigen Beſchäftigung frer geworden war, und nun

ſeine Freude über die Rückkunft der Lade durch Ge. fchenfe

1

1

biſtoriſcheZeitrechnung.

837

ſchenke und Opfer zu bezeigen Gelegenheit und Zeit hatte. Es waren aber von dem 2oten des vierten Mo. nates im 4aten Jahre des IXcen Jubelkreiſes, als dem Lage ihrer Zurückunft von den Philiftern, nur noch zehn Tage deſſelben vierten Monates übrig. Daßer

kann ihre Fortſchaffung nach Kiriathjearim nicht wohl eger, als am Ende des fünften Monates, geſchepen ſenn. Jedoch darfman ſie auch nicht viel ſpåter an. Teken : indem ſie zu der Zeit des Wochenfeſtes, wel. ches damals auf den 16ten Tag des rechſten Monates

von eben dem 42ten Jahre des IXten Jubelfreiſes fiel, ſchon da war, i Sam. VII. 1, 3. Alle dieſe Umſtån de ſind folglich ein Beweis, daß fie am erſten Tage des rechſten Monates im ebengedachten Jaßre des

IXten Jubelkreiſes , welcher der gte Jul des 3683ten Jahres im jul. Rr., mit dem Sonntagsbuchſtaben C, und ein Freytag war, ſich zu Kiriathjearim befun. den habe, und daß man dieſen Tag gar wohl für den

erſten Tag iğrer Aufbehaltung an dieſem Orte rechnen dürfe: weil ſich auf ſolche Weiſe das Vorhergehende und Nachfolgende in der Zeitrechnung vollkommen zu . fammenſchickt. Mit der ißt feſtgelegten Zeit werden i Sam .

VII. 2, die zwanzig Jahre, welche die Bundestade

zu Kiriar jearim blieb,als mit ihrer Unfangsgrånze, verbunden. Aber es fragt ſich, ob ſo viele Mondjaſ. re, oder ſo viele Sonnenjahre gemeint ſind. Sollten es Mondjahre reyn : ſo mußte ſie, gleichwie fie am

Neumonde des rechſten Monates nach Kiriathjearim gebracht war, auch nach 20 Jahren am Neumonde des rechſten Monates nach Jeruſalem abgehoblet ſeyn . Allein die Geſchichte, 2 Sam. V. 3, 4, 5, lehret , daß es erſt im ſiebenden Monate des damals laufenden Jahres vom Jubelfreiſe, und alſo einen Monat ſpå

ter geſchehen fey. Denn nach dieſer Erzählung eros

berte David Jerufalem nicht eher als zu Ende des fechſten

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