Einkauf und Supply Management: Highlights und Hot Spots. Band 1 [1 ed.] 9783896443465, 9783896733467

Tauchen Sie ein in die »Highlighs und Hot Spots in Einkauf und Supply Management«! Das Team des Supply Management Instit

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Einkauf und Supply Management: Highlights und Hot Spots. Band 1 [1 ed.]
 9783896443465, 9783896733467

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Einkauf und Supply Management Highlights und Hot Spots

Band 1

Christopher Jahns • Inga-Lena Darkow Evi Hartmann ■ Holger Schober ■ Stefan Walter

SMI SUPPIG

MAX AG! MIXT

IX SIH UTE

Supply Management Institute SMI™ ebs European Business School

Rheingau-Palais • 65201 Wiesbaden • Tel: +49 (0) 611 36018 800 Fax: +49 (0) 611 36018 802 • [email protected] www. supplyinstitute. org sponsored by

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Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

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SMG™ Publishing AG ISBN 3-907874-46-3

Verlag Wissenschaft & Praxis ISBN 3-89673-346-X

Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis

Vorwort...........................................................................5 Die Bedeutung nimmt zu............................................7 Vor dem Quantensprung in der Beschaffung................................ 7 Der Fortschritt im Supply Management....................................... 13 Strategische Management-Optionen im Einkauf......................... 17 Der Beitrag des Einkaufs zum Unternehmenserfolg wird unterschätzt.................................................................................... 29 Paradigmenwechsel im Einkauf.................................................... 35 22 Thesen zum Paradigmenwechsel im Einkauf.......................... 43

Wie strategisch sind Sie?........................................ 53 Mut zur Vision................................................................................ 53 Formulierung der Supply Strategie............................................... 61 Supply Value Management............................................................ 71 Strategischer Einkauf bei der EADS.............................................87 Woher kommt eigentlich der Begriff Supply Management?........ 91 KO im Einkauf................................................................................95

SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Was müssen Sie tun?............................................. 101 Wie effizient arbeiten Einkauf und Supply Management?........ 101 Strategische Lieferanten.............................................................. 109 Bewertung von Lieferanten.......................................................... 115 Schneller, besser, effizienter: Prozessmanagement.................... 119 Heißes Eisen Marketing............................................................... 127 Supply Qualitätsmanagement......................................................135

Bloß schnell weg?................................................... 141 Low Cost Country Sourcing......................................................... 141 Chancen und Risiken in China................................................... 145 Sourcing in Indien........................................................................ 151 Der Irrtum kurzfristiger Kostenvorteile...................................... 157 Offshoring: Fallen und Vorteile................................................... 163

Das liebe Geld.......................................................... 169 Es geht ums Geld......................................................................... 169 Fit im Cockpit...............................................................................173 Supply Risk Management............................................................ 179 Supply Performance Measurement in der Praxis....................... 185 RFX: Fallen und Tricks................................................................ 189 Neue Wege in der Beschaffung.................................................... 195 40% weniger Kosten..................................................................... 199

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Know-how für Ihr Team......................................... 205 Karriereleiter zum Procurement Executive.................................205 Supply Chain Management - was ist das?.................................211 Action-Based Research................................................................ 215 Die klassische Frage: zentral oder dezentral?............................ 221 Trainieren für die Praxis.............................................................. 229

Und wer sind wir?................................................... 235 Die Herausgeber und Autoren stellen sich vor........................... 235 Supply Management Institute SMI™.......................................... 241 ebs European Business School................................................... 243

SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

Vorwort

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Supply Management ist „hot“ - so eine aktuelle Studie von Gartner Research. Umfassende Umwälzungen im Einkauf und die Entwick­ lung zum Supply Management haben die Meldungen und Berichte der Wirtschaftspresse in den vergangenen Monaten geprägt. Aber: Einkauf ist leider immer noch zu sehr unternehmerisches Mil­ lionengrab. Warum? Weil der Aufgabenbereich in vielen Unterneh­ men zu operativ geführt wird. Im Einkauf geht es in der Praxis hauptsächlich ums Feilschen. Leider werden mit dieser oft hemds­ ärmeligen Herangehensweise die größten Einspar- und Leistungs­ steigerungs-Potenziale kaum realisiert. Hier brauchen wir professi­ onelles Management statt operativer Tageshektik. Dabei wollen wir unterstützen.

Greifen Sie für sich das Beste aus den „Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management“ heraus. Nehmen Sie die Bei­ träge als Anlass, über Ihre Situation im Wettbewerb um die besten Ressourcen nachzudenken! Dabei richten wir uns an Einkäufer und Supply Manager aller Hierarchieebenen und an General Manager, weniger an den Wissenschaftler an sich. Und auch Studierende wol­ len wir ansprechen, die wissen wollen, warum Einkauf die letzte „unentdeckte“ Disziplin im Unternehmen ist.

SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Lesen Sie Beiträge zu den Forschungsarbeiten und Projekten des Supply Management Institute SMI an der ebs European Business School. Sie wurden im Laufe des letzten Jahres in diversen Newslet­ tern bereits publiziert. Ihnen liegen diese Erkenntnisse nun in ei­ nem Sammelband vor. Schauen Sie über den Tellerrand - und posi­ tionieren Sie sich (richtig)!

Wir wünschen Ihnen eine Nutzen stiftende Lektüre!

Ihr SMI-Team Prof. Dr. Christopher Jahns Prof. Dr. Inga-Lena Darkow

Dr. Evi Hartmann

Dr. Holger Schober Prof. Dr. Stefan Walter

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Die Bedeutung nimmt zu Die größten Wettbewerbspotenziale in der globalen Wirtschaft liegen vermehrt in Einkauf und Supply Management. Bei einer durch­ schnittlichen Wertschöpfungs tiefe von 40% kommt es nicht länger darauf an, was man mit diesen 40% macht, sondern was man mit den extern hinzu gekauften 60% oder mehr anstellt! Die haben den größeren Hebel, um Kosten einzusparen, Leistungen zu steigern, Wettbewerbsvorteile zu schaffen oder sich am Markt erfolgreich zu behaupten. In Zukunft wird die eigene Wertschöpfungstiefe Bran­ chen übergreifend noch weiter sinken. Wohin sich Einkauf, Be­ schaffung und Supply Management noch entwickeln, lesen Sie in den folgenden Beiträgen.

Vor dem Quantensprung in der Beschaffung „Wir haben alle Kostensenkungspotenziale ausgeschöpft!“

Christopher Jahns

Wenn Sie einen Manager fragen, wie er in seinem Unternehmen heute noch die Kosten um einen zweistelligen Prozentbetrag senken könne, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit an Ihrem Verstand zweifeln: „Wir haben alle Kostensenkungspotenziale ausgeschöpft!“ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Wer das hört oder liest, kann sicher sein, dass hier ein Manager einen Quantensprung verschläft. Einen Quantensprung, mit dem einige gute geführte Unternehmen Kostensenkungen realisieren, von denen man bislang nur träumen konnte - und das alles ohne eine einzige Entlassung.

Die Rede ist vom Paradigmenwechsel im guten alten Einkauf. Der traditionelle Einkauf ist so tot wie der Bonner Zentralfriedhof um Mitternacht. Dass der klassische Einkauf am Ende der Fahnen­ stange angelangt ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Stell­ vertretend für viele Manager meinte das Vorstandsmitglied eines deutschen Konzerns: „Nach Jahren des Lieferanten-Squeezings (Preisquetschen) merken wir selber, das bringt nur noch die sprich­ wörtlichen Peanuts.“ Bringt Supply Management, was klassischer Einkauf nicht schafft?

Warum bringt Supply Management, was der klassische Einkauf nicht schafft? Weil Supply Management den Einkauf managt, an­ statt bloß einzukaufen. Dazu ein Beispiel, wie es täglich in zehntau­ senden Firmen vorkommt:

Ein Entwickler oder Ingenieur gibt dem Einkäufer den Auftrag zur Beschaffung eines Spezialkolbens. Die Geschäftsleitung gibt dafür einen Preisnachlass von 10% als Verhandlungsziel vor. Angenom­ men, der Einkäufer ist der Profi-Squeezer, erreicht er damit unter größter Mühe bestenfalls eine Einsparung von 10%. Wäre der Einkäufer jedoch ein moderner Supply Manager, hätte er sich schon in den Wertschöpfungsprozess eingeklinkt, als der Kol­ ben für das neue Gerät entwickelt wurde. Er hätte frühzeitig einen Standardkolben empfohlen, der exakt dieselbe Qualität hat, jedoch 50% billiger ist und für den das Unternehmen per Bestellbündelung SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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mit anderen Bereichen noch einen Mengenrabatt herausholen kann. Der klassische Einkäufer erzielt maximal eine Kostensenkung von 10% - der moderne Supply Manager eine um 50%. Weil er nicht bloß einkauft, sondern den Einkauf managt: Was er macht, nennt man Prozess- und Standardisierungsmanagement. Die Kosteneinsparungen mit Supply Management sind erheblich, wie Führungskräfte immer wieder rückmelden - was Forscher- und Beraterkollegen manchmal etwas peinlich ist. Denn Supply Mana­ gement ist keine Geheimwissenschaft. Es sind dafür lediglich drei Dinge nötig:

1 .) Machen Sie Ihre Einkäufer zu Supply Managern - natürlich nicht per Beförderung, sondern per Qualifizierungsoffensive. Oder wie ein Einkaufsleiter meinte: „Ich kenne Kollegen, die kleben über das Türschild Einkauf“ einfach ,Supply Management“ - die ganze Branche lacht darüber!“ Auch logisch, dass man diese Qualifizie­ rung nicht per Wochenend-Crashkurs erreichen kann.

2 .) Trennen Sie den operativen Einkauf vom strategischen Supply Management, nicht nur auf dem Papier, sondern in der Struktur. Wer einkauft, kann und soll nicht managen - und umgekehrt. Das ist rein zeitlich nicht vereinbar. 3 .) Machen Sie Supply Management zur Topmanagement-Aufgabe: Einkauf ist Chefsache - aber der Chef muss nicht selbst einkaufen! Wenn der Chef sich nicht dahinter klemmt, läuft der Paradigmenwechsel nicht an, weil der Einkauf schlicht kein Gehör bei der Ge­ schäftsführung findet - wie in den letzten 30 Jahren. Dass Supply Management eben Management und nicht bloß Ein­ kauf ist, erkennt man allein schon am Instrumentarium, das klas­ sische Einkäufer nur oberflächlich kennen: Strategische Partner­ schaften mit Lieferanten, echtes Global Sourcing, das über den Ein­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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kauf nach dem internationalen Telefonbuch hinausgeht, oder auch Strategisches Kostenmanagement, bei dem zum Beispiel die Kos­ tenstrukturen der Lieferanten so aufgebrochen und rekombiniert werden, dass es viel, viel billiger wird - bei gleicher Qualität, ver­ steht sich.

Performance Service Obwohl der Paradigmenwechsel noch taufrisch ist, überschlagen sich bereits die Folgeentwicklungen. Eine der atemberaubendsten ist der so genannten Performance Service, der ein erhebliches Kos­ tenloch in den Unternehmen stopft. Während die Einkäufer in den Firmen nämlich für ihre A-Artikel absolute Experten sind, werden die B- und C-Artikel quasi nach Listenpreis eingekauft. So ver­ schleudern deutsche Unternehmen zum Beispiel für Geschäftsrei­ sen, IT-Hardware, Telekommunikation, Arbeitskleidung oder Reini­ gung jährlich Millionen. Wenn beispielsweise ein neutraler externer Travel-Experte die Reisekosten eines normalen Unternehmens prüft, wundert er sich sehr: „Das ist unglaublich, die zahlen ja je­ den Preis!“ Der Experte für B- und C-Artikel sieht eben mehr als der total über­ lastete Einkäufer, der sich auf seine strategischen Güter konzent­ rieren muss. Deshalb auditieren so genannte Performance-Berater einmal jährlich alle B- und C-Einkäufe mit den dafür nötigen Rei­ se-, IT- oder Telekommunikations-Experten. Anstatt den eigenen Einkauf mit Experten für B- und C-Güter aufzurüsten, was sich keine Firma leisten kann, holt man sich externe Experten ein- oder zweimal im Jahr für kurze Zeit ins Haus. Die Kostenpotenziale gerade bei den B- und C-Einkäufen sind enorm - eben weil sich bislang keiner darum kümmerte. Ein Finanz­ vorstand gestand staunend: „Unvorstellbar, dass wir diese Einkäufe SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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jahrzehntelang ungeprüft quasi direkt aus der Buchhaltung heraus bezahlt haben!“ Weil er seine B- und C-Artikelgruppen auditieren ließ, konnten die gesetzten Kosteneinsparungsziele erreicht und eine geplante Entlassung von 35 Mitarbeitern verhindert werden. Das ist in unseren Zeiten außergewöhnlich. Das ist sozialverträgli­ ches Management. Das ist Supply Management.

Nachgefragt: Herr Prof. Jahns, woher kommen die Einsparungspotenziale im Ein­ kauf?

Vom Spinat-Effekt. Jahrzehntelang glaubte man, dass Spinat be­ sonders viel Eisen enthalte - bis sich das vor wenigen Jahren als grandioser Irrtum herausstellte. Auch im Einkauf glaubte man jah­ relang, dass gutes Einkäufen ausreiche. Oder wie Peter Drucker es schon vor 40 Jahren sagte: „Doing the things right.“ Ist es nicht gut, die Dinge richtig zu tun? Doch, natürlich. Aber es reicht nicht! Es ist wichtig, die Dinge rich­ tig zu tun. Aber es ist viel wichtiger, die richtigen Dinge zu tun! Eben nicht bis zur Halskrause im operativen Einkauf zu versinken, worüber sich Manager allenthalben beschweren, sondern strate­ gisch zu managen. Im Einkauf heißt das eben Supply Management.

Supply Management heißt also, im Einkauf die richtigen Dinge zu tun?

Das ist eine wirklich eingängige Definition - sachlich absolut kor­ rekt.

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Was heißt das konkret? Dass man im Einkauf nicht länger operativ vor sich hinwurschtelt und Bestellzettel schreibt, sondern strategisch denkt und effiziente Strukturen, Strategien und Services schafft.

Ein Beispiel dafür? Nehmen Sie das Modernste, was es zur Zeit im Management gibt: Performance Services. Inzwischen weiß jeder Vorstand, jeder Ge­ schäftsführer, dass er ein Bermuda-Dreieck bei den nachrangigen, also bei den B- und C-Gütern hat. Bislang hat man sich da so durchgewurschtelt: Manchmal prüfte ein A-Einkäufer diese Artikel, manchmal nicht.

Warum? Weil die superkompetenten A-Einkäufer ihre Millionen bei den AGütern einsparen sollen. Wer Gasdruckturbinen baut, braucht AEinkäufer, die die billigsten und besten Turbinenkomponenten ein­ kaufen können! Die sollen sich nicht von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten lassen, indem sie prüfen, ob der Außendienst bei Vodafone oder der Telekom nicht viel zu viel für seine Gesprächsminuten be­ zahlt. Das können sie auch gar nicht, denn sie sind Experten für Turbinen, nicht für Telefontarife. Also besteht die Entscheidung darin, dafür externe Experten anzuheuem?

Richtig, eben einen Performance-Berater. Wenn Unternehmen diese einfache strategische Entscheidung fällen und realisieren, sparen sie oft binnen Wochenfrist erhebliche Kostensummen ein. Das geht sogar schneller, als Mitarbeiter entlassen. Wer Supply Management beherrscht, hat diese einfallslose Form der Kostensenkung nicht nötig. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Der Fortschritt im Supply Management Dezentrale Einkaufseinheiten in Netzwerken bündeln

Christopher Jahns

Die Unternehmensfunktionen Einkauf und Beschaffung durchlau­ fen zur Zeit einen Wandel wie kaum ein anderer betrieblicher Be­ reich. Der Einkauf wurde in vielen europäischen Unternehmen bis­ her eher vernachlässigt und dabei die Auffassung vertreten, dass der Einkauf bislang wenig zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt und die Tätigkeit als solche nicht allzu komplex in der Aus­ führung ist. Wer dieses Vorurteil nährt, verkennt jedoch völlig die Bedeutung eines modernen und vorausschauenden Einkaufs für den Unternehmenserfolg. Denn auch wenn es sich um keinen wert­ schöpfenden Bereich im eigentlichen Sinne handelt, gilt doch um­ gekehrt, dass jeder eingesparte Euro nicht extra erwirtschaftet wer­ den muss und der Einkauf damit gleichwohl zu einer Renditesteige­ rung und zu einem höheren Unternehmenswert beiträgt.

Dabei kann sich moderner Einkauf nicht allein auf die Erzielung der günstigsten Konditionen beschränken. Es geht darüber hinaus um konsequente interne Kundenorientierung, Konzentration auf die Einsparpotenziale in den Geschäftsprozessen oder die Entwicklung einer effektiven Organisationsstruktur. Der Einkaufsverantwortliche wird zum Supply Manager, zum Prozessverantwortlichen, der damit eine durchaus komplexe Aufgabe zu bewältigen hat.

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Ganzheitliche Sichtweise notwendig Kontinuierlicher Erfolg im modernen Supply Management hängt entscheidend davon ab, ob und wieweit es den Unternehmen ge­ lingt, einzelne Maßnahmen, Instrumente und Konzepte in ein zu­ kunftsweisendes Gesamtkonzept zu integrieren. Ein amerikanischer Vorreiter des Supply Management geht sogar davon aus, dass nur mit verbesserten Einkaufstechniken kaum noch zusätzliche Ein­ sparpotentiale zu heben sind, sondern insbesondere durch die Ent­ wicklung und Implementierung neuer Managementmethoden der nächste Quantensprung zu erwarten ist.

Mit der Jahrtausendwende hat sich die Beschaffung in zukunftsori­ entierten Unternehmen deutlich gewandelt. Die Optimierung der Beschaffungsaufgaben und -Werkzeuge wurde zum Thema. Die Lie­ feranten wurden als Ressource erkannt, mit deren Hilfe die eigene Wettbewerbsposition erheblich zu verbessern ist. In einigen Unter­ nehmen ist die Beschaffung zum Bestandteil der Unternehmens­ strategie geworden. Strategisches Kostenmanagement, Total Cost of Ownership, Wertanalysen und Make-or-Buy-Entscheidungen sind Beispiele dafür. Es ist inzwischen die Notwendigkeit erkannt, so viele Aufgaben wie möglich zu dezentralisieren und in die operativen Unternehmensbereiche marknah zu integrieren. Strategische Be­ schaffungsaufgaben wie die Entwicklung von Supply Strategien oder das Management strategischer Allianzen sind Gegenstand un­ ternehmerischer Überlegungen. So gesehen ist Supply Management als Managementansatz zu ver­ stehen. Supply Management erfordert eine ganzheitliche Sichtweise der Beschaffung. Dazu ist es hilfreich, die gesamten zugekauften Produkte und Dienstleistungen einer Portfolioanalyse zu unterzie­ hen, um Supply Strategien entwickeln und nachhaltig umsetzen zu können. Dabei legt das strategische Supply Management die Ziele SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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und Handlungsräume fest, die zur Ausschöpfung von Supply Ma­ nagement bezogenen Erfolgspotentialen notwendig sind. Die kurz­ fristigen Maßnahmen zur Realisierung der Erfolgspotentiale unter Berücksichtigung der Faktoren Qualität, Technologie, Preis und Verfügbarkeit sind Gegenstand des operativen Supply Management. Nachhaltige Koordination in Netzwerken Die Trennung in strategische und operative Supply Management Aufgaben kann durch die Bildung von Supply Management Netz­ werken organisiert werden. Das strategische Supply Management kann in einer Organisationseinheit gebündelt werden, die in der Zentrale des Unternehmens angesiedelt ist. Sämtliche operativen Supply Management Aufgaben können in die Unternehmensberei­ che oder in andere zugehörige Organisationseinheiten verlagert wer­ den.

Mit Hilfe von prozessorientierten Supply Management Netzwerken wird einem Verlust der Einkaufsmacht und einem unkoordinierten Vorgehen vorgebeugt. Der gesamte Einkaufsbedarf eines Konzerns kann in Supply Management Netzwerken gebündelt und gemeinsam realisiert werden. Solche Netzwerke können zur Realisierung von Einkaufs Synergien und Bündelungs- bzw. Skaleneffekten einen ent­ scheidenden Beitrag leisten. Die Organisationseinheit des strategischen Supply Management, die über alle operativen und international verteilten Beschaffungsein­ heiten einen Überblick haben sollte, kann darüber hinaus dafür sorgen, dass konzernweit erzielte Best Practices allen Supply Mana­ gern zur Verfügung gestellt werden. Zentral entwickelte Supply Strategien können in funktionierenden Netzwerken unternehmens­ weit zügiger umgesetzt werden.

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Abb.: Triftige Gründe für die Etablierung netzwerkartiger Supply Management Organisationsstrukturen

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Strategische Management-Optionen im Einkauf Den Fortschritt im Supply Management zeigt eine empirische Studie

Christopher Jahns

Zur Untermauerung des Konzepts des Supply Management wurde unter Federführung von Dr. Christopher Jahns eine empirische Un­ tersuchung für den Zeitraum 2002 bis 2007 durchgeführt, um die praktische Leistungsfähigkeit des Supply Managements zu hinter­ fragen und die Wirksamkeit von auf der Basis empirischer Untersu­ chungen abgeleiteten Handlungsempfehlungen zu erhöhen. Die ForschungsStudie soll einen Einblick in den aktuellen Zustand des Einkaufs in wichtigen Unternehmen im deutschsprachigen Mit­ teleuropa geben. Es wurden sowohl die aktuelle als auch die zu­ künftige Bedeutung und Anwendung der Aufgaben des Supply Ma­ nagement untersucht. Dazu wurden in Deutschland 560 und in der Schweiz 145 Unternehmen gezielt mit einem 28-teiligen Fragebogen angeschrieben. Die Auswahl erfolgte nach Umsatzgröße und Identi­ fizierbarkeit des jeweils ranghöchsten Einkaufsverantwortlichen aus dem Datenpool „Top-Firmen“ von AZ Bertelsmann.

In Deutschland wurden dazu 66 Unternehmen größer 2 Mrd. Euro Umsatz sowie 494 Firmen größer 200 Mio. Euro Umsatz herangezo­ gen. Für die Schweiz waren dies 7 Unternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern, 29 Firmen mit 1.000 bis 1.999 Mitarbeitern sowie 109 Unternehmen mit 500 bis 999 Mitarbeitern. In Österreich erfolgte die Ansprache der Unternehmen über das Internet-Portal SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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www.bmoe.at. Zeitgleich wurde die Untersuchung auf dem deut­ schen Internet-Portal www.BAeXpert.de veröffentlicht. Die Rück­ laufquote zeigte zufriedenstellende 25,5%.

Ergebniszusammenfassung - Von fast der Hälfte aller antwortenden Unternehmen wird das Supply Management im Jahr 2007 als Top-Managementaufgabe eingestuft. Fast drei Viertel gestehen dem Supply Management eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung und Umsetzung der Unter­ nehmensstrategie zu. - Der Trend zur Reduzierung der Wertschöpfungstiefen wird ein­ drucksvoll bestätigt: 71% von 180 antwortenden Unternehmen ha­ ben ihre Wertschöpfungstiefe inzwischen auf unter 60% reduziert, 43% auf unter 40% und 16% auf unter 20%. Bis 2007 sollen die Wertschöpfungstiefen allgemein auf durchschnittlich 15 - 25% wei­ ter sinken und damit eine erhebliche Bedeutungssteigerung des Supply Management einhergehen. - Die klassischen Einkaufsaufgaben bestimmen noch mehrheitlich das Tagesgeschehen. Zukunftsweisendere Themen wie Supply Hu­ man Resource Management, Supply Key Account Management, Supply Controlling oder die Entwicklung der Supply Vision erfahren dagegen noch eine geringere Anwendung in der Betriebspraxis. - Immerhin haben 16,4% der antwortenden 180 Unternehmen die Potentiale des Supply Management bereits erkannt und forcieren deren Realisierung - sie sind als Vorreiter der Entwicklung oder als „Supply Management Champions“ einzustufen. Die meisten Unter­ nehmen sind jedoch noch als „Supply Management Basies“ (48%) oder als „Supply Management Beginners“ (35%) einzustufen. Diese schöpfen das mögliche Potential des Supply Management bei wei­ tem noch nicht aus. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Rangfolge von Top Management Themen 2002 und im Jahr 2007 (Bewertung: hohe Bedeutung und sehr hohe Bedeutung) Beurteilung von

Hochqualifizierte Beteiligung An der Untersuchung zahlenmäßig am stärksten beteiligt waren die Branchen Handel/Dienstleistung mit 27%, Maschinen- und Anla­ genbau mit 16%, Konsumgüter mit 15%, Pharma/Chemie mit 13%, Elektroindustrie mit 11%, Automobilherstellung mit 8%, Bauin­ dustrie mit 4% sowie Telekommunikation mit 3%. Der jeweiligen Wertschöpfungsstufe nach waren 49% Endprodukthersteller, 28% Systemlieferanten, 26% Handelsunternehmen, 24% Dienstleister sowie 14% Teile- und 6% Rohstofflieferanten (Mehrfachnennungen waren möglich). SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Durchschnittliche eigene Wertschöpfungsanteile der 180 untersuchten Unternehmen

Antwortende Unternehmen in 9b

Der Umsatzgröße nach kamen die meisten Antworten aus dem Grö­ ßenbereich 100 - 500 Mio. Euro mit 46%. 17% der Unternehmen hatten 500 - 1.000 Mio. Euro, 17% schon 1-25 Mrd. Euro und 10% über 25 Mrd. Euro Jahresumsatz. Dem Einkaufsvolumen nach hatten 42% der antwortenden Unternehmen Einkaufsgrößen von 50 - 250 Mio. Euro, 20% Einkaufsbudgets von 250 - 500 Mio. Euro, 5% der Betriebe 500 bis 1.250 Mio. Euro sowie 13% über 1,25 Mrd. Euro Einkaufsvolumen. 47% der Unternehmen beschäftigen im Einkauf bis zu 10 Mitarbei­ ter, 23% von 11 - 25, 14% schon 26 - 50, ferner 6% von 51 - 100 Mitarbeiter sowie 11% deutlich über 100 Mitarbeiter (5% sogar über 300). Ein Unternehmen hat angegeben, 3.500 Mitarbeiter im Ein­ kauf zu beschäftigen. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Themenperspektiven

Das Thema Kostenmanagement wird von 87% der antwortenden Unternehmen sowohl gegenwärtig als auch für das Jahr 2007 mit hoher oder sehr hoher Bedeutung eingestuft. Der Einkauf wird heu­ te wie auch in 2007 als zweitwichtigstes Top-Management-Thema gesehen (71 bzw. 78%). Das Thema Prozessmanagement steht mit 65 bzw. 73% an dritter Stelle. Zielsetzungen und Aufgaben des Pro­ zessmanagement sind explizit Bestandteil des Supply Management. Die Rationalisierungseffekte und Beschleunigungspotentiale durch transparente und optimierte Unternehmensprozesse sind als sehr hoch einzuschätzen und somit für den Unternehmenserfolg von be­ sonderer Bedeutung. Die heute und in 2007 drei bedeutendsten Themenbereiche stehen in direktem Zusammenhang mit den Ziel­ setzungen und Aufgaben des Supply Management.

Das Thema Value Added Management mit Lieferanten wird bis 2007 eine sehr hohe Bedeutungszunahme mit einer Steigerungsrate von 21% erfahren. Dieser Bedeutungszuwachs wird als weiterer Hinweis für die hohe Einschätzung der Hebelwirkung des Supply Manage­ ment bewertet. Auch dem E-Business sowie der Weiterentwicklung der IT-Systeme wird ein ähnlicher Bedeutungszuwachs zugestan­ den. Gleichwohl ist festzuhalten, dass trotz niedriger eigener Wertschöp­ fungstiefen und entsprechend hoher Fremdbezugsanteile heute erst 29% der antwortenden Unternehmen dem Supply Management ei­ nen sehr starken Einfluss auf die Steigerung des Unternehmens­ wertes zuschreiben. Der Bedeutungszuwachs des Supply Manage­ ment wird dennoch deutlich, da fast die Hälfte der Unternehmen (48%) diesen Einfluss bis 2007 prognostizieren.

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Bedeutung von Einkaufsaufgaben im Jahr 2002 und im Jahr 2007 erwartet Antwortende Unternehmen in 9b

MehrfachnennLngen waren möglich

Die strategische Bedeutung des Supply Management wird sehr viel höher eingeschätzt: 54% der Unternehmen sehen bereits heute ei­ nen bedeutenden Einfluss des Supply Management bei der Ent­ wicklung und Umsetzung der Unternehmensstrategie; für 2007 glauben das schon 72%. 21% gehen dann sogar von einer sehr ho­ hen Bedeutung aus. Nicht umsonst stufen fast die Hälfte aller ant­ wortenden Unternehmen (48%) das Supply Management bis 2007 als Top-Managementaufgabe ein.

Tagesbewertung noch zurückhaltend 40% der Unternehmen sehen heute noch den Aufgabenschwer­ punkt des Supply Management in der Organisationseinheit Ein­ kauf. Kenntnisse über Grundzüge und Wirkung des Supply Mana­ gement werden erst für die Zukunft prognostiziert. Knapp drei VierSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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tel der antwortenden Unternehmen erwartet für 2007 die Beherr­ schung des Supply Management als untemehmensübergreifende, generelle Managementaufgabe. Die Zuordnung einzelner Aufgaben zum Supply Management zeigt noch ein uneinheitliches Bild. Typische Aufgaben wie Lieferanten­ management, entwicklungsbezogene Zusammenarbeit mit Lieferan­ ten, Einkaufsprozessoptimierung, Beschaffungsmarketing oder Ein­ kaufsstrategieentwicklung werden von über zwei Drittel der Unter­ nehmen bestätigt.

Andere wichtige Aufgaben, die eindeutig in den ganzheitlichen Supply Management Ansatz gehören, wie Organisation des Ein­ kaufs, Vergabe von Lead-Buyer-Funktionen, Steuerung aller mit Einkaufsfunktionen betrauten Mitarbeiter, das Einkaufscontrolling, die Optimierung interner Kundenbeziehungen, das Human Resour­ ce Management, werden mehrheitlich dem Supply Management noch nicht zugeordnet. Diese wichtigen Aufgaben sind von weniger als 45% der Unternehmen als Aufgabenbestandteile des Supply Management eingestuft worden. Mit den Aufgaben steigt die Verantwortung

45% der Unternehmen haben die Wirkung des Supply Management für die Weiterentwicklung des Unternehmens allerdings schon er­ kannt und bejahen, dass die Steuerung erfolgreicher Lieferantenbe­ ziehungen für das eigene Unternehmen immer wichtiger wird. 36% der Unternehmen sind von der Innovationskraft des Supply Mana­ gement noch nicht überzeugt. Die Notwendigkeit zur offensiven Verbreitung der ganzheitlichen Überlegungen zum Supply Manage­ ment wird damit deutlich.

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Einkauft organise ticn non Lead-Buye r Funktionen

Human Resource Mangam ent im EinkauF

Steuerung non mit EinkauFsFunktionen betrauten Mitarbeitern

Einkaufccontrdling Optimierung der internen Kundenbeziehungen

Ve rgabe

Ab weid ung non EinkauFsvcrgängen

Erarbeitung Einkauf sni sicn

Implementierung non EnkauFs-IT-Systemen

Steuerung non Einkaufsnetzwerken

Analyse und Durchführung non Outsourcing

Ent weid ung non Enkaufc-U-Systemen

Benehm arking

Ve rtragsma nagem ent

Einführung non e -procurement Lösungen

Verhandlung und ^bschluEs non Verträgen

Einkauf skonditioneneptim ierung

EinkauFsst rate ge entwald eng

BeschaFftngsmarketing

Entwicklung bezogene Zusammenarbeit mit Lieferanten Einkaufsproe esscptim ierung

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Heutige Zuordnung von Aufgaben zum Supply Management: Es dominieren noch die klassischen Einkaufsthemen

Die noch mangelnde Vertrautheit mit dem Supply Management bei etwas über der Hälfte der antwortenden Unternehmen ist als An­ sporn zu werten, Entwicklung und Anwendung des ganzheitlichen Supply Management Ansatzes voranzutreiben.

Es existiert ein zunehmender Trend zur Schaffung kleinerer, dezen­ traler und flexibler Untemehmenseinheiten, die durch intelligente Netzwerke miteinander verbunden sind. Eine Verlagerung von Ein­ kaufsfunktionen weg von der Unternehmenszentrale hin in die de­ zentralen Einheiten geht damit einher. Dabei kann festgehalten werden, dass eine sehr hohe Verantwortung auf die mit Ein­ kaufsaufgaben befassten Mitarbeiter übertragen wird. Dies erfordert eine hohe Professionalisierung. Die Untersuchung bestätigt auch den Trend zur weiteren Delegation von Einkaufsaufgaben in die operativen Unternehmensbereiche, wonach in 88% der Unternehmen jeweils bis zu 100 Mitarbeiter mit Einkaufsaufgaben auch außer­ halb des eigentlichen Einkaufs betraut werden.

Trotz abnehmender eigener Wertschöpfungstiefe der Unternehmen und dem damit einhergehenden Bedeutungszuwachs derer, die den Fremdbezugsanteil realisieren, gehören nur 18% der für den Ein­ kauf insgesamt verantwortlichen Manager der ersten Führungsebe­ ne (Vorstand/Geschäftsleitung) an. Weitere 17% gehören dem Be­ reichsvorstand oder der erweiterten Geschäftsführung an. Direkto­ ren mit 23% und Haupt-/Abteilungsleiter mit 37% sind die verbrei­ tetsten Dienstgrade in der Beschaffung.

Ganzheitliches Supply Management bis 2007?

Schließlich ist festzustellen, dass die Gesamtheit der Management­ module des Supply Management Ansatzes derzeit in der Unterneh­ menspraxis noch nicht durchgängig Anwendung finden. Es stellt sich zudem die Frage, nach welchen Zielsetzungen die teilweise SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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wahrgenommenen Supply Management Aufgaben, wie Strategieent­ wicklung, Supply Informationssysteme, Liefererantenmanagement oder Supply Organisation ausgerichtet sind, wenn in 43% der ant­ wortenden Unternehmen noch keine umfassend formulierte Supply Vision erarbeitet wurde.

Ein einkaufsspezifisches Human Resource Management wird trotz der hohen Bedeutung des Einkaufs von nur 38% der Unternehmen umfassend durchgeführt. Vor dem Hintergrund der akuten Notwen­ digkeit zur permanenten Weiterbildung sowie der immer kürzer werdenden Halbwertzeit des Managementwissens ist das schwer nachzuvollziehen. Nur 52% der antwortenden Unternehmen haben ein einkaufsspezi­ fisches Key-Account-Management etabliert, mit dessen Hilfe es dem Einkauf gelingen kann, frühzeitig in die Prozesse der internen Kun­ den involviert zu werden. Analyse und Design von Supply Prozessen stehen nur in 59% der Unternehmen im Mittelpunkt des Interesses. Dies lässt vermuten, dass in der Praxis immer noch viele Großun­ ternehmen auf den Einkauf im engeren Sinne fokussiert sind, an­ statt die ganzheitlichen Supply Prozesse in die Überlegungen einzu­ beziehen. Defizite gibt es auch im Einkaufscontrolling, welches von knapp einem Drittel der Unternehmen noch kaum angewendet wird. Gleichwohl deutet die Perspektive bis 2007 darauf hin, dass weit mehr als vier Fünftel der antwortenden Unternehmen jedem einzi­ gen Supply Management Modul eine bedeutende Funktion einräu­ men. Den noch vernachlässigten Modulen

Human Resource Management, Supply Key Account Management, Supply Vision, Supply Prozesse und Supply Controlling wird ein Bedeutungszuwachs von über 30% prognostiziert. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Die vorliegenden Empfehlungen zum Supply Management werden für die Unternehmenspraxis von Nutzen sein, um sich auf den von den antwortenden Unternehmen erwarteten Entwicklungsstand rechtzeitig vorzubereiten. Der zu präzisierende Supply Management Ansatz soll genau die Ausführungen und Empfehlungen enthalten, die von den 180 der größten Unternehmen aus dem deutschspra­ chigen Mitteleuropa für das Jahr 2007 als zweckmäßig und verfol­ genswert eingestuft wurden.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich die Einkaufsdisziplin zum Supply Management weiterentwickelt. Dieser Paradigmenwechsel soll durch die systemtheoretische Fundierung des Supply Manage­ ment, durch das ganzheitliche Bezugssystem des Supply Manage­ ment Navigators und durch die praktischen Empfehlungen zur Aus­ gestaltung der Managementaufgaben im Supply Management un­ termauert werden. Die Identifikation der Supply Management Champions soll zudem verdeutlichen, dass bereits heute Unternehmen existieren, die in Ansätzen den neuen Anforderungen des Supply Management ge­ recht werden und die Weiterentwicklung des Einkaufs in dieser Richtung aktiv vorantreiben.

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Der Beitrag des Einkaufs zum Untemehmenserfolg wird unterschätzt Der Wertbeitrag des Einkaufs

Evi Hartmann

Wertorientierte Unternehmensführung ist der letzte Schrei. Alles redet davon. Die wenigsten wissen jedoch, was es damit auf sich hat. Und noch weniger ist bekannt, dass der Einkauf dabei schlech­ ter abschneidet als nötig.

Wenn Topmanager von „wertorientierter Unternehmensführung“ reden, hört sich das erst einmal modern und dynamisch an. Dass sich ein Unternehmen an Werten orientiert, finden alle gut - und da beginnt schon das Missverständnis.

Der Beitrag auf einen Blick: •

Was heißt wertorientiertes Management? Was ist EVA?



Der Wertbeitrag des Einkaufs zum Unternehmenserfolg wird unterschätzt.



Die Hebel, mit denen Einkauf und Supply Management ihren EVA-Beitrag steigern können.

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Wert ist nicht gleich Wert

Selbst Wirtschaftsjournalisten fallen hin und wieder auf das Miss­ verständnis herein. Sie glauben, wenn ein Unternehmen von Wert­ orientierung spricht, meint es die Verfolgung von so hehren Werten wie Ehrlichkeit, sozialer Verantwortung oder moralischem Handeln. Das trifft die Sache leider nicht. Spricht ein Manager von Wertorien­ tierung, meint er damit schlicht, dass sich das Unternehmen nach definierten Zahlenwerten richtet.

EVA und die Wirtschaft Einer der prominentesten Zahlenwerte ist dabei der EVA, was für Economic Value Added steht. Der EVA ist rein mathematisch be­ trachtet eine Kennzahl wie der ROI (Return on Investment) oder die Ausschussquote auch. Was den EVA jedoch so einzigartig macht, ist seine herausragende Stellung: Wird von wertorientierter Unter­ nehmensführung gesprochen, dann ist damit meist gemeint, dass der EVA die oberste Kennzahl ist, nach der ein Unternehmen ge­ führt wird. Natürlich ist die Berechnung des EVA einigermaßen kompliziert und wird am besten Controllern oder Stäben überlas­ sen. Doch die Konstruktion ist simpel und sehr aussagekräftig: Der Gewinn wird zum eingesetzten Kapital in Relation gesetzt. Je größer der Gewinn und je kleiner das dafür eingesetzte Kapital ist, desto größer ist der EVA, desto erfolgreicher wirtschaftet also ein Unter­ nehmen. So gesehen ist der EVA eigentlich nur eine Variante der populären Form des Wirtschaftlichkeitsprinzips: Möglichst großer Ertrag mit möglichst geringem Aufwand.

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EVA und der Einkauf Egal, was der Einkauf auch tut, er beeinflusst damit den EVA, in­ dem er den Umsatz und damit den Gewinn beeinflusst, und indem er über das Anlage- und Umlaufvermögen das eingesetzte Kapital beeinflusst. Der Einkauf kann den EVA-Wert verbessern, •

indem er die Kosten im Einkauf senkt



indem er den Umsatz ankurbelt



indem er das Anlage- und Nettoumlaufvermögen reduziert.

Man könnte also sagen, dass der Einkauf durch konstruktive Be­ mühungen einen positiven Wertbeitrag zur Entwicklung des Unter­ nehmens beiträgt. Die Sache hat nur einen Haken.

Der Haken daran Wenn der Umsatz steigt - wieviel Anteil hatten dann Sales und Marketing und wieviel der Einkauf daran? Wenn die Herstellungs­ kosten fallen - ist das dann eher das Verdienst der Produktion (z.B. durch Prozessoptimierung) oder des Einkaufs (durch Materialkos­ tensenkung)? Da der Einkauf nie als einzige Abteilung Einfluss auf die EVA-Größen nimmt, ist es oft schwierig, seinen originären Wert­ beitrag zum Unternehmenserfolg zu ermitteln. Deshalb vermuten viele Geschäftsleitungen, dass der Einkauf einen viel geringeren Beitrag zum Erfolg leistet als andere Abteilungen und als er tat­ sächlich beisteuert. Mit dieser chronischen Unterschätzung lebt der Einkauf nun schon seit geraumer Zeit. Diese Geringschätzung ist rein menschlich betrachtet schon schwer genug zu tragen. Was je­ doch kaum mehr tragbar ist, sind die weiteren Konsequenzen der Unterschätzung: Die Potenziale, die der Einkauf für eine Wertsteige­ rung bietet, werden nicht angegangen und ausgeschöpft, eben weil der Einkauf unterschätzt wird. Das hat gravierende Folgen. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Potenziale, die brachliegen Eben weil der Wertbeitrag des Einkaufs unterschätzt wird, wenden sich Unternehmensleitungen erst einmal an Marketing und Sales, wenn es darum geht, den Umsatz und die Profitabilität des Unter­ nehmens zu steigern. Beide Abteilungen sollen Umsatz und Preis ankurbeln - was in den heutigen Märkten schwierig, teuer und zeitaufwändig ist. Dass im Einkauf viel leichter zugängliche und schneller wirksame Erfolgspotenziale schlummern, wird dabei über­ sehen, weil dem Einkauf eben kein großer Erfolgsbeitrag zugetraut wird. Doch Bündelung, Standardisierung, Veränderung der Zah­ lungskonditionen oder eine Reduktion der Vorräte beeinflussen den EVA-Wert sehr viel leichter und schneller als eine Umsatzsteigerung im Vertrieb.

Der Ausweg

Würde das Controlling eine höhere Zahlentransparenz liefern, hät­ ten wir das Problem nicht. Dann würde der Wertbeitrag des Ein­ kaufs nämlich auch transparent werden. Was hindert die Unter­ nehmen daran? Zum Beispiel der Umstand, dass es in vielen Un­ ternehmen überhaupt kein Controlling im Einkauf gibt, weil der Einkauf rein auf Kostenreduktion getrimmt ist. Was wir dringend brauchen, ist ein Supply Controlling. Ist das eine teure Geschichte? Müssen dafür neue Mitarbeiter eingestellt und teure neue Systeme installiert werden? Nein. Ein funktionierendes Supply Controlling ist in den meisten Fällen mit Bordmitteln, das heißt mit bereits vor­ handenen Ressourcen und kleinem Budget realisierbar. Es müssen keine neuen Systeme installiert, sondern lediglich die passenden Kennzahlen definiert und gepflegt werden.

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Management by Hebel Der Einkauf hat jede Menge Hebel zur Verfügung, mit denen er sei­ nen Wertbeitrag steigern kann. Um nur einige zu nennen: •

Der Lopez-Hebel: Wer seine Verhandlungspotenziale aus­ schöpft und den Einstandspreis herunterhandelt, steigert den EVA.



Global Sourcing erreicht einen mittelfristigen Preiseffekt und damit eine EVA-Steigerung.



Kooperationen mit Lieferanten haben langfristige Preis- und Umsatzeffekte auf den EVA. Zum Beispiel der Mega-Seiler iPod von Apple wurde nicht von Apple, sondern von einem Kooperationspartner unter den Lieferanten entwickelt.



Zahlungsziel-Veränderungen: Verlängert sich das Zahlungs­ ziel von beispielsweise 15 auf 30 Tage, steigt die Liquidität und damit die EVA-Maßzahl.

Drei Kategorien von Hebeln

Beim wertorientierten Management unterscheiden wir drei Klassen: 1) Hebel mit Einfluss auf die Top Line, das sind alle Hebel mit Aus­ wirkungen auf den Umsatz.

2) Hebel mit Einfluss auf die Bottom Line, das sind Hebel mit Ein­ fluss auf die Kosten. 3) Hebel mit Einfluss auf den Kapitaleinsatz, das sind Anlage- und N ettoumlaufvermögen.

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Wertorientiertes Management Es macht Sinn, sich einmal sämtliche Hebel des Einkaufs auf eine Liste zu schreiben und nachzuschauen, wie damit der EVA kurzund langfristig optimal beeinflusst werden kann. Das heißt dann wertorientiertes Management im Einkauf. Doch das ist noch Zu­ kunftsmusik. Warum? Weil es dafür in vielen Einkaufsabteilungen und -bereichen noch am Controlling-Verständnis mangelt. Viele Einkaufsleiter konzentrieren sich derzeit etwas zu stark auf die Rea­ lisierung kurzfristiger Effekte wie Preissenkungen oder Konditions­ verbesserungen. Nur wenige denken langfristig und wertorientiert. Es ist nicht schwer zu erraten, wem es in zehn Jahren besser gehen wird ...

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Paradigmenwechsel im Einkauf Ganzheitliche Versorgung mit dem Supply Management Navigator

Christopher Jahns

Unternehmen reduzieren ihre Wertschöpfungstiefe in noch nie ge­ kanntem Ausmaß, um sich auf Funktionen wie Marketing, Vertrieb, Einkauf, Forschung und Entwicklung zu konzentrieren und um ihre finanziellen Mittel auf diese Funktionen zu konzentrieren.

Hewlett Packard hat seine Fertigung fast vollständig ausgelagert. Der PC-Hersteller Dell hat diesen Trend als erster Anbieter im PCMarkt erfolgreich umgesetzt. Man lässt bei streng kontrollierten Herstellern die Fertigung beginnen, erst nachdem die Kunden die Computer im Internet per Mausklick bestellen. Nike-Gründer Phil Knight bringt die Entwicklung auf den Punkt: “Es liegt kein Wert mehr in der Herstellung von Dingen. Der Wert kommt erst durch sorgfältige Forschung, durch Innovation und Marketing hinzu”. Diesem Trend zur Konzentration auf wirklich Wichtiges in der Wert­ schöpfung sind auch die Automobilunternehmen gefolgt. Der neue Ford Fiesta wird von nahezu einem Dutzend Systemlieferanten her­ gestellt und vom Auftraggeber erst nach Fertigstellung quasi auf Abruf bezahlt. Selbst Qualitätsführer wagen den Schritt in Richtung einer deutlichen Reduktion der eigenen Wertschöpfungstiefe, indem beispielsweise der neue BMW Geländewagen X3 fast ausschließlich von Zulieferern gefertigt wird. Seit längerem lässt DaimlerChrysler seinen Sportwagen Crossfire bei Karmann herstellen. Porsche hat SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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die Krise in der Mitte der Neunziger Jahre durch Flexibilisierung seiner Produktionskapazitäten und die damit einhergehende Auf­ tragsfertigung durch Valmet in Finnland hervorragend gemeistert.

Was für Computer und Automobile gilt, trifft auf den Markt für Mo­ biltelefone ebenso zu. Philipps lagert seine Produktion von Mobilte­ lefonen immer weiter aus, Nokia und Ericsson fertigen kaum noch Mobiltelefone selbst. Die Kosten für zugekaufte Materialien, Waren und Dienstleistungen entsprechen inzwischen in vielen Branchen 50% und mehr des Umsatzes und nehmen proportional weiter zu. Die Unternehmen lagern sämtliche nicht wertschöpfenden Aktivitä­ ten aus. Die hohen finanziellen Mittel, die Marketing, Vertrieb sowie Entwicklung und Einführung von Innovationen erfordern, verstär­ ken den Trend, nicht jede Leistung selbst zu erbringen, sondern die Kernleistungen eines Unternehmens als Alleinstellungsmerkmal auszubauen. Eine weitere Abnahme der Wertschöpfungstiefe ist zu erwarten. Der Trend zur globalen Verteilung von Wertschöpfungs­ strukturen wird weiter anhalten und neben den Großunternehmen auch den Mittelstand erfassen.

Professionelles Beschaffungsmanagement Es stellt sich die Frage nach den Anforderungen, die sich für das Management von Wertschöpfungsstrukturen und für das professio­ nelle Management von Beschaffung und Einkauf ergeben. Es liegt im Einkauf aufgrund der geringen eigenen Wertschöpfungstiefe und der hohen Fremdbezugsanteile ein großer Hebel zur Kosteneinspa­ rung. Es stellt sich die zweite Frage, welche Aufmerksamkeit das Mana­ gement der Professionalisierung des Einkaufs widmet. Jede verant­ wortliche Führungskraft muss sich die Frage stellen, wie viel allein in die Weiterbildung des Vertriebspersonals investiert wird und wie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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viele Mittel in die Weiterbildung des Einkaufs fließen. Es sitzen letztlich meist sehr professionell ausgebildete, strategisch aufge­ stellte Vertriebsmannschaften einem eher hemdsärmeligen Einkauf gegenüber.

Es sind in der Managementpraxis erhebliche Defizite festzustellen. Eine umfassende empirische Untersuchung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass nur 35% der befragten Unternehmen aus Deutschland und der Schweiz die Verantwortung für den Einkauf im obersten Organ des Unternehmens verankert haben. Diese orga­ nisatorische Verankerung steht in einem Missverhältnis zu der Be­ wertung der Bedeutung des Einkaufs, der im Jahr 2002 und im Jahr 2007 nach dem Kostenmanagement als zweitwichtigstes TopManagementthema angesehen wird. Es wird insbesondere beklagt, dass in der Managementpraxis kein ganzheitlicher Ansatz existiert, der die verschiedenen strategischen, operativen, prozessualen und informatorischen Beschaffungsfragen aus einer Managementperspektive heraus thematisiert. Der zu ent­ wickelnde Managementansatz muss über die inhaltliche Reichweite des Materialgruppenmanagements hinausgehen und die strategi­ schen Aufgaben der Unternehmensführung einbeziehen. Die vor­ handenen Ansätze zum Supply Chain Management, zu Einkauf und Beschaffung, zum Supplier Relationship Management sowie zum Materialgruppenmanagement sollten in einem neuen Management­ ansatz integriert werden. Charakterisierung des Supply Management

Die Entwicklung einer genauen Definition des Begriffs Supply Ma­ nagement und eines Ordnungsrasters ist aufgrund der bestehenden Begriffsvielfalt zur Orientierung der Managementpraxis notwendig.

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Die Abgrenzung der in der Praxis teilweise synonym und teilweise unterschiedlich verwendeten Begriffe Einkauf, Beschaffung, Supplier Relationship Management, Supply Chain Management und Supply Management sollten anhand der Dimensionen Marktbezie­ hungen, Wertschöpfungskette und Managementperspektive beur­ teilt werden.

Purchasing z.B. wird als Begriff verwendet, wenn überwiegend ope­ rative Fragen und Aktivitäten des Einkaufens besprochen werden. Die Optimierung der Einkaufskonditionen und Fragen der Abwick­ lung von Einkaufsvorgängen stehen hierfür stellvertretend. Purcha­ sing wird gewöhnlich nicht als übergreifendes Managementkonzept interpretiert, fokussiert eher auf die untemehmenseigene Schnitt­ stelle in der Wertschöpfungskette. Procurement ist als umfassender, unternehmensweiter Prozess zu verstehen, der neben den unternehmensinternen wirtschaftlichen Aktivitäten auch die Aktivitäten zur Bedarfssicherung einschließt.

Beim Supply Chain Management geht es um die unternehmens­ übergreifende Optimierung der Supply Chain. Supply Chain Mana­ gement ermöglicht signifikante Einsparpotentiale insbesondere durch ein optimiertes Schnittstellenmanagement zwischen den Un­ ternehmen entlang einer ganzheitlichen Wertschöpfungskette und durch eine Optimierung der Wertschöpfungsbeiträge der einzelnen Akteure, die am gesamten Wertschöpfungsprozess beteiligt sind.

Supply Chain Management-Konzepte sind bisher mit wenigen, be­ achtenswerteren Praxiserfolgen kaum umgesetzt worden. Nicht sel­ ten wird dem Supply Chain Management attestiert, den dritten vor dem ersten Schritt anzustreben, da zunächst die Prozesse im eige­ nen Unternehmen und dann diejenigen des direkten Lieferanten optimiert werden sollten, bevor die gesamte Wertschöpfungskette SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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zum Gegenstand der Optimierung wird. Das Supply Chain Mana­ gement wird jedoch meist nur mit dem Fokus logistischer Optimie­ rungsansätze versehen. Das Supplier Relationship Management thematisiert das Bezie­ hungsmanagement mit Lieferanten. Es geht um eine adäquate Be­ reitstellung der Informationen, die zur Optimierung sämtlicher denkbarer Marktbeziehungen notwendig erscheinen. Supplier Rela­ tionship Managements wird ähnlich dem Customer Relationship Management stark auf die Informationsbeziehungen zwischen Un­ ternehmen und Markt eingeengt und in Teilen sogar nur als techno­ logisch orientiertes Konzept interpretiert. Die umfassende Definition des Supply Managements wird auch in den USA zunehmend favorisiert. Über 48.000 Entscheidungsträger aus dem Einkauf in den USA haben im Jahr 2001 entschieden, dass der Begriff „Purchasing“ ihre Aufgaben und ihren Verantwor­ tungsbereich nicht mehr hinreichend umschreibt. Der Begriff des Purchasing Managers ist deshalb in der Fachterminologie durch den Begriff des Supply Managers ersetzt worden.

Supply Management soll hier aus einer ganzheitlichen Manage­ mentperspektive heraus interpretiert werden und sowohl die unter­ nehmensinterne als auch die unternehmensübergreifende Wert­ schöpfungskette thematisieren. Es umfasst sowohl die wirtschaftli­ chen als auch die technischen Aktivitäten und erschließt die Poten­ tiale der ungebundenen Marktbeziehungen genauso wie die Mög­ lichkeiten langfristig orientierter Partnerschaften. Supply Manage­ ment wird als übergeordneter Begriff verstanden, der die Themen­ bereiche des Purchasing und des Procurement einbezieht, aber auch das Supply Chain Management und das Supplier Relationship Management berücksichtigt.

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Supply Management Navigator als ganzheitlicher Bezugsrahmen Der Supply Management Navigator systematisiert die Themenberei­ che, die zum Erfolg im Supply Management notwendig sind. Er soll dem Management und den Mitarbeitern als Landkarte dienen, mit Hilfe derer sie sich einen Überblick verschaffen, um das Terrain des Supply Managements zu strukturieren, um unterschiedliche Pfade aufzuzeigen, um Bestehendes zu überprüfen und um Neues einord­ nen zu können. Es geht bei dem Supply Management Navigator darum, insbesondere den Führungskräften für die Entwicklung und die Umsetzung ihrer strategischen und operativen Initiativen ein flexibles Orientierungsraster anzubieten. Der Supply Management Navigator besteht aus 16 Modulen, die anhand ihrer Bedeutung und Wirksamkeit für das erfolgreiche Supply Management eingeordnet werden. Die acht Managementmo­ dule werden um das Kernmodul Einkäufen und Lieferantenmana­ gement sowie um weitere sechs Supportmodule ergänzt. Der Supply Management Navigator bildet selbst das 16. Modul, da dessen Ver­ ständnis und Anwendung als eigenständiger Wissensbereich ange­ sehen wird.

Die Managementperspektive des Supply Management Navigators wird in drei Ebenen unterteilt. Die Module der Supply Vision, der Supply Strategien und des Supply Value Managements sind Ge­ genstand der Strategieebene. Die Prozessebene wird in die einzelnen Module des Supply Communication Managements, des Supply Pro­ zessmanagements und der Supply Organisation unterteilt. Der Po­ tentialebene werden die Module des Supply Human Resource Ma­ nagements und des Supply Controllings zugeordnet.

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Abb.: Der Supply Management Navigator SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Die Neuartigkeit des Ansatzes gegenüber der klassischen Beschaf­ fung besteht darin, dass bewährte Managementkonzepte auf die Fragestellungen des Supply Managements übertragen werden. Stra­ tegisches Benchmarking, das ganzheitliche Redesign der Supply Prozesse oder die Entwicklung von Supply Balanced Scorecards sind bisher eher Randüberlegungen für den Supply Manager gewe­ sen. Diese Themenfelder werden das Berufsbild in den nächsten Jahren jedoch sehr stark prägen. Die Supply Manager müssen fer­ ner auch die Chancen und die Risiken der modernen Informations­ technologie beispielsweise in Form eines Supply Controllingsystems erkennen, die weit über den Möglichkeiten einer einfachen Bestell­ auswertung liegen. Das Kernmodul Einkäufen und Lieferantenma­ nagement thematisiert den eigentlichen Kernprozess. Die Support­ module des Supply Management Navigators ermöglichen es, auf lange Sicht erfolgreiches Supply Management zu betreiben. Sie fun­ gieren als Enabler des gesamten Supply Management. Die acht Ma­ nagementmodule, das Kernmodul und die sechs Supportmodule sind zusammengefasst Gegenstand des letzten Moduls in Form des Supply Management Navigators. Eine Positionsbestimmung mit Hilfe der Supply Management Navi­ gator Analyse sollte vorgenommen werden, um die jeweilige Position des eigenen Unternehmens auf dem Weg in das Supply Manage­ ments festzulegen. Die Verantwortlichen des Supply Managements erkennen im Ergebnis, wieweit sie die Potentiale des Supply Mana­ gements im Best Practice Vergleich ausgeschöpft haben. So ergeben sich die dringendsten Handlungsbedarfe, die es im Unternehmen anzugehen gilt. Durch diese Supply Management Navigator Analyse können die Schwerpunkte der weiteren Supply Managementent­ wicklung verdeutlicht und dessen Planung im Detail vorangetrieben werden. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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22 Thesen zum Paradigmenwechsel im Einkauf Extreme Anforderungen an das Supply Team

Christopher Jahns

1) Alle Unternehmen stehen unter starkem Kostendruck; leider sparen die meisten an der falschen Stelle. Üblicherweise liegt der Fokus bei Kostensenkungsmaßnahmen auf den Personalkosten, obwohl im branchenweiten Schnitt die Wertschöpfungstiefe nur noch bei 45% liegt, und das mit abnehmender Tendenz!

Das heißt: 55% oder mehr vom eigenen Umsatz kauft ein Unter­ nehmen bei Lieferanten ein; da können Personalkostensenkungen rein rechnerisch überhaupt nicht den erhofften Quantensprung bei den Kosten bringen, weil sie ein viel zu geringes Potenzial bieten. Außerdem ist diese Position nach Jahren des kontinuierlichen Per­ sonalabbaus schon bis zum Limit und darüber hinaus ausge­ quetscht. 2) Alles wird noch extremer!

Da der Trend zur Reduzierung der Wertschöpfungstiefe unvermin­ dert anhält, wird in circa fünf Jahren der Anteil der eigenproduzier­ ten Leistungen zwischen 15 und 25% liegen. Das heißt: 75 bis 85% aller Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens werden von anderen Firmen hinzugekauft. Dies ist das Ergebnis einer Stu­ die, die im deutschsprachigen Mitteleuropa angelegt wurde. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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3) Managern fällt zur Kostensenkung im Einkauf nichts Neues ein. Bislang wird beim Einkauf in den meisten Unternehmen fast nur so genanntes Lieferanten-Squeezing betrieben; auf deutsch: Feilschen bis zum Umfallen. Doch auch hier ist nach Jahren des Lieferanten­ blutens das Ende der Fahnenstange erreicht. Einsparpotenziale können kaum noch erzielt werden.

4) Wer im Einkauf zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Wer zu Beginn eines Beschaffungsprozesses Kostenpotenziale ver­ schläft, kann am Ende mit Squeezing keine ausreichende Kosten­ senkung mehr erzielen. Während ein altgedienter Einkäufer vielleicht noch auf Zuruf des Entwicklers ein bestimmtes Teil mit einer möglichen Kostenvorgabe beschafft, klinkt sich der Supply Manager frühzeitig in den Pro­ duktentwicklungsprozess ein, um durch Werkstoff- und Verarbei­ tungsalternativen wesentlich nachhaltigere Kosteneinsparungen zu realisieren, die im nachhinein kaum mehr machbar sind. 5) Von Transparenz im Einkauf träumen viele.

Wie viele Controller werden in den Unternehmen dafür eingesetzt, um die erwähnten 45% der eigenen Wertschöpfung zu controllen? Und wieviele Controller controllen die mehrheitlichen und stetig wachsenden 55% der fremden, zugekauften Wertschöpfung? Es kommen im gesamten deutschsprachigen Raum auf zehntausende normale Controller nicht einmal 50 Einkaufscontroller. Meist weiß man genau, an welchen Kunden was und warum ver­ kauft wird; hat man aber auch Daten im Gesamtunternehmen, was von wem wann bei wem und in welchem Umfang eingekauft wurde? Was auf der Absatzseite gang und gäbe ist, fehlt meistens auf der SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Beschaffungsseite: Transparenz über die eingekauften Produkte und Dienstleistungen. Absatzseitig werden Key Account Manager etabliert, um die Kunden gebündelt zu betreuen. Doch: Wer weiß im Gesamtunternehmen schon, wie viel in Summe bei einem bestimm­ ten Lieferanten gekauft wird? Eine fatale Schieflage mit teuren Kon­ sequenzen. 6) Der Einkäufer in seiner typischen Form ist zu drastischen Kostensenkungen nicht mehr in der Lage.

Warum? Weil er kein Supply Manager, sondern ein herkömmlicher Einkäufer ist; ein Bestellschreiber, der erst dann tätig werden darf, wenn das Kind kostenmäßig bereits im Brunnen liegt. Die wirt­ schaftliche Entwicklung unserer Tage fordert jedoch, dass er ein Supply Manager ist, der sich frühzeitig in Wertschöpfungsprozesse einklinkt, um die Kosten dann senken zu können, wenn sie verur­ sacht werden. Denn sind sie erst einmal verursacht, bleibt nur noch unergiebiges Lieferanten-Squeezing. 7) Der heutige Einkäufer kann sich nicht frühzeitig und vor allem strategisch in Wertschöpfungsprozesse einklinken.

Der Einkauf ist seit Jahrzehnten das Stiefkind in den Unterneh­ men. Während zum Beispiel ein Mitarbeiter aus den Bereichen Marketing oder Verkauf im Schnitt acht Tage im Jahr geschult wird, bekommen Einkäufer im Durchschnitt nur alle drei Jahre vier Se­ minartage. Den fatalen Effekt können wir seit Jahren in der Praxis beobach-ten: Ein professioneller Verkäufer sitzt in Auftragsverhand­ lungen einem ziemlich hemdsärmeligen Einkäufer gegenüber. Wel­ che Chance hat da der Einkauf?

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8) Unser Bildungssystem ist blind. Woher sollen qualifizierte Supply Manager kommen? Es gibt wenig qualifizierte Ausbildungsmöglichkeiten. In Deutschland gibt es rund 85 Marketing-Professoren, doch gerade mal eine Handvoll Lehrstüh­ le für Einkauf und Supply Management. Auch in der betrieblichen Weiterbildungspraxis mangelt es an qualifizierten Ausbildungsmög­ lichkeiten.

9) Die Kosteneinsparungs-Potenziale im Einkauf sind erheb­ lich!

15 bis 20% Kostensenkung bei den Materialkosten sind keine Sel­ tenheit - wenn der Paradigmenwechsel vom Einkauf zum Supply Management vollzogen wird. Könnte dieses Potenzial in allen Unter­ nehmen ausgeschöpft werden, müssten viele Firmen keinen Kon­ kurs anmelden, brauchten sie keine Mitarbeiter zu entlassen, keine Investitionen zu kürzen, müssten nicht über den Standort klagen oder auf eine bessere Konjunkturlage hoffen. 10) Das Heben der Kosteneinsparungs-Potenziale ist kein He­ xenwerk!

Und auch keine Wissenschaft. Man muss die Aktivierung im Prinzip nur wollen - und sich das nötige Know-how für Supply Manage­ ment beschaffen. 11) Zur Realisierung der Kostenpotenziale sind lediglich drei Dinge nötig. Qualifizierung der Führungskräfte, weg von der operativen Ein­ kaufskompetenz und hin zu strategischer Management-Kompetenz.

Qualifizierung der Mitarbeiter von Einkäufern zu Supply Managern.

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Veränderung der betrieblichen Strukturen vom zersplitterten, ausführenden Einkauf zum koordinierten Einkauf in Netzwerken, wobei der Einkauf zugleich im ganzen Unternehmen als Partner in Innova­ tions- und Kostenfragen akzeptiert wird.

12) Die Unternehmensentwicklung läuft um den Einkauf seit Jahren herum. Durch die Aufspaltung in immer kleinere Unternehmens-Einheiten werden zwar Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit gesteigert (Die Schnellen fressen die Langsamen) und Komplexität abgebaut. Doch die riesigen Kostenvorteile eines gebündelten Einkaufs z.B. durch Lead Buyer, Standardisierung und Design-to-Cost, Global Sourcing, strategische Partnerschaften, Prozess-Management und Outsourcing gehen dabei verloren. 13) Einseitige Profit-Center-Denke kann zu enormen Kosten­ steigerungen im Einkauf führen. Das ist paradox - denn wer ein Profit Center einrichtet, beabsichtigt exakt das Gegenteil von Kostensteigerungen. Diese hehre Absicht wird jedoch von der Hidden Agenda der Profit-Center-Leiter torpe­ diert: Je größer nämlich der Kostendruck auf einen Profit-CenterLeiter wird, desto stärker verlagert er sich aufs LieferantenSqueezing und desto weniger denkt er z.B. über gebündelten Ein­ kauf mit anderen Profit-Center-Leitern nach. Profit-Center-Leiter begründen das typischerweise so: „Mein Einkäufer soll gefälligst meine Kosten senken - und nicht die von anderen Profit Centern!“ Die Anderen sind nämlich innerbetriebliche Konkurrenz. Würde man die anderen als Verbündete im Kampf um Kostensenkungen betrachten, würde man seinen Einkauf in koordinierten EinkaufsNetzwerken bündeln. Fortschrittliche Unternehmen machen das bereits. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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14) Die Einsparpotenziale im Einkauf können nur durch koor­ dinierte Einkaufs-Netzwerke und Lead Buyer ausgeschöpft wer­ den.

Lead Buyer beschaffen für priorisierte Warengruppen abteilungsoder unternehmensübergreifend die benötigten Güter, sie realisie­ ren dabei Kostensenkungen durch Bündelungseffekte, durch Stan­ dardisierung und durch das Suchen und Aufdecken neuer, interna­ tionaler Beschaffungsalternativen (Global Sourcing). 15) Den operativen Einkauf vom strategischen Supply Mana­ gement trennen.

Wer Bestellungen schreibt und mit Lieferanten verhandelt, kann nicht gleichzeitig und frühzeitig in Prozessen und Projekten mitar­ beiten, internationale Beschaffungsalter-nativen aufspüren, strate­ gische Partnerschaften mit Lieferanten aufbauen oder die eigene Wertschöpfungstiefe optimieren. Kurz: Er kann ausgerechnet das nicht tun, was die Kostenpotenziale aktiviert. Das ist rein zeitlich in einem Zehnstundentag nicht machbar. Also müssen operatives Ge­ schäft und strategisch-prozessorientiertes Supply Management im Einkauf organisatorisch und personell getrennt werden. 16) Jedes Unternehmen braucht Beschaffungsmarketing, das ist genauso wichtig wie Absatzmarketing. Jedes Unternehmen investiert in Absatzmarketing. Zielkunden, be­ stehende Kunden, alle notwendigen Informationen werden erhoben, um möglichst viel zu verkaufen. Doch auf der Beschaffungsseite ist dies ebenso wichtig. Verkaufen Sie über das Telefonbuch? Nein, doch Beschaffungsmarketing funktioniert auch heute noch nach diesem Muster. Unwissen über die Potentiale neuer Beschaffungsal­ ternativen, bei wem kann ich auch einkaufen, welche Lieferanten kommen in Frage, wer fragt sich das im Einkauf nicht täglich. Die SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Professionalität des Beschaffungsmarketing steht jedoch heute da, wo Absatzmarketing vor 10 Jahren bereits war. 17) Der Einkäufer muss zum Supply Manager werden.

Denn zum Beispiel frühzeitig in Prozessen und Projekten mitarbei­ ten, internationale Beschaffungsalternativen aufspüren, strategi­ sche Partnerschaften mit Lieferanten aufbauen oder die eigene Wertschöpfungstiefe optimieren, kann ein herkömmlicher Einkäufer nicht. Zu diesen zentralen Aufgaben benötigt er ManagementKompetenz. Hat er sie, nennt man ihn Supply Manager. 18) Beim Supply Management ergeben sich Preissenkungen von alleine. Viele Einkaufsleiter sind von den Instrumenten modernen Supply Managements begeistert, zum Beispiel von der strategischen Part­ nerschaft mit Lieferanten, fragen jedoch irgendwann irritiert: „Wenn ich die Partnerschaft gegründet habe, wo bleibt dann mein Preis­ wettbewerb?“ Überflüssig! Denn bei strategischen Partnerschaften - wie bei allen Instrumenten des Supply Managements - ergeben sich Kostensenkungen quasi von selbst. Einen strategischen Part­ ner muss man eben nicht mit Hilfe eines Preiswettbewerbs squeezen, weil er von vorne herein nicht seine übliche Marge aufschlägt, da er zusammen mit dem Auftraggeber innerhalb der strategischen Partnerschaft gemeinsame Ziele verfolgt. Fürs übliche Preisfeilschen sind jedoch gegensätzliche Ziele unabdingbar. Mit Supply Manage­ ment wird der Lieferant vom Gegner zum Partner. Und unter Part­ nern feilscht man nicht.

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19) Das Topmanagement muss den Paradigmenwechsel voran­ treiben. Das heißt: Die Topmanager müssen Supply Management als eigen­ ständiges Thema der Unternehmensführung begreifen, im Vorstand diskutieren und auf höchster Ebene Verantwortung dafür vergeben. In den USA spiegelt sich diese Vergabe von Verantwortung zum Bei­ spiel darin wieder, dass viele Firmen bereits einen CPO haben - ei­ nen Chief Procurement Officer.

20) Selbst neue Marktsegmente auf der Absatzseite sind künf­ tig ohne modernes Supply Management kaum mehr erschließ­ bar.

Und das ist erstaunlich. Denn der betriebswirtschaftliche Fußgän­ ger ging bisher davon aus, dass Beschaffung und Verkauf eines Un­ ternehmens nichts miteinander zu tun haben. Doch bei einer eige­ nen Wertschöpfungs tiefe von nur noch 25% (wie zum Beispiel heute schon bei Airbus) kann man ohne strategische Allianzen mit den Lieferanten, die 75% der Leistungen liefern, nicht einmal ein neues Produkt entwickeln, geschweige denn einen neuen Markt mit einer neuen Strategie bearbeiten. 21) Steuerung tut Not.

Wer die Kostenpotenziale bei der Beschaffung ausschöpfen möchte, muss hier nicht nur mehr Controlling-Personal einsetzen, sondern auch die dafür nötigen Instrumente bereitstellen, zum Beispiel eine Supply Balanced Scorecard oder Performance-Kennzahlen-Cockpits.

22) Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!

Es reicht nicht, über Supply Management zu reden - man(ager) muss es auch tun. Kostenpotenziale im Einkauf erschließen sich nicht, indem man darüber redet. Nur wer Supply Management tat­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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sächlich in die Praxis umsetzt, kann auch die großen Kosteneinspa­ rungspotenziale ausschöpfen.

Fazit: - Unternehmen verschenken massiv Kostensenkungspotentiale; und das mitten in einer Zeit des starken Kostendrucks.

- Supply Management ist der Hebel für weniger Kosten und mehr Gewinn; durch Managementkompetenz im Einkauf, Management von Eigenund Fremdleistungen und optimales Einkäufen.

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Wie strategisch sind Sie? Nach Strategien für den Einkauf gefragt, wird häufig „Einkaufs­ preisreduktion um x%“ genannt. Aber: Ist das eine Strategie? Die Formulierung einer Strategie im Einkauf gehorcht den gleichen Re­ geln wie anderswo. In den folgenden Beiträgen erhalten Sie einige Hinweise, wie ein sinnvolles Vorgehen zur strategischen Ausrich­ tung des Einkaufs auch in Ihrem Unternehmen gestaltet sein könn­ te. Wir sind sicher: So nehmen Sie es mit der Strategie auf!

Mut zur Vision Langfristige Orientierung für alle Beteiligten

Christopher Jahns

Die theoretische und praktische Auseinandersetzung mit Fragen unternehmerischer Visionen ist bereits älteren Ursprungs. Formu­ lierte Visionen umfassen Aussagen über den Unternehmenszweck hinsichtlich der herzustellenden Güter und der anzubietenden Dienstleistungen. Es werden die zu bearbeitenden Märkte definiert, geographische Schwerpunkte festgelegt und Aussagen über die Un­ ternehmensphilosophie formuliert.

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Zielsetzungen und Inhalte einer Supply Vision Die Supply Vision soll eine langfristige Orientierung für alle Beteilig­ ten des Supply Management bieten. Die Supply Vision hilft inner­ halb des Supply Management ein Wir-Gefühl zu schaffen. Gleichzei­ tig dient sie als Kommunikationsinstrument, um die Leistungen des Supply Management, sprich die beschafften Wettbewerbsvorteile, den übrigen Bereichen des Unternehmens näher zu bringen. Die aus der Supply Vision abgeleiteten und nach außen kommunizier­ ten Grundsätze gegenüber den Lieferanten unterstützen den Aufbau von Vertrauensverhältnissen und fördern eine effektivere Zusam­ menarbeit zwischen dem Supply Management, den internen Kun­ den und den Lieferanten.

Gewisse Vorgaben und Rahmenbedingungen müssen jedoch vor­ handen sein, um das Supply Management strategisch ausrichten zu können. Das Top-Management definiert gewisse Anforderungen an das Supply Management. Die wesentlichen Zielsetzungen der inter­ nen Kunden sind darüber hinaus auf ihre Wirkungen auf das Supply Management zu analysieren und herunterzubrechen. Die Festlegung der grundlegenden Handlungsorientierung des Supply Management in Form einer Supply Vision gilt als unabding­ bare Voraussetzung zur erfolgreichen Anwendung des Supply Ma­ nagement. Die Supply Vision legt den Handlungsraum für die alter­ nativen Möglichkeiten fest. Sie gibt den allgemeinen Rahmen vor, in dem sich das Supply Management entfalten kann. Die Supply Visi­ on bestimmt die Identität und die generellen Absichten des Ein­ kaufs. Es ist festzulegen, in welche Richtung sich das Supply Ma­ nagement gegenwärtig und zukünftig bewegt und welche Entwick­ lungen auszuschließen sind. Die Supply Vision verdeutlicht das unternehmerische Selbstverständnis, indem sie den Zweck des Supply Management und den Auftrag der internen Kunden festlegt. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Den Leistungsträgern des Supply Management fehlen die Voraus­ setzungen für das strategische Handeln, wenn nicht eindeutig ge­ klärt wird, in welche generelle Richtung sich das Supply Manage­ ment entwickeln soll. Konzeptionsloses Handeln wäre die Folge, wenn keine Orientierung vorgegeben wird. Der Supply Management Bereich eines Unternehmens muss seine Identität als Bestandteil der Supply Vision festlegen. Die Identität drückt aus, worin das Supply Management unverwechselbar ist. Es muss festgelegt werden, auf welcher Basis das Supply Management seine Wirkung entfalten soll und welche Stärken zur Fortentwick­ lung des Unternehmens eingesetzt werden. Die Identität wird zum Bestandteil der Supply Vision, wenn sie durch ein eindeutiges Soll-Profil des zukünftigen Supply Manage­ ment, der Organisation, der künftigen internen Kundenbeziehungen und der externen Lieferantenbeziehungen gestützt wird. Die Mit­ glieder des Einkaufs, das Top-Management und die internen Kun­ den müssen gemeinsam dieses Profil für sinnvoll erklären und an dessen Realitätsgehalt glauben. Diese Anforderung ist eine der we­ sentlichen Voraussetzungen dafür, dass die Supply Vision in den Supply Strategien berücksichtigt wird und von allen Beteiligten des Unternehmens und des Management auch im täglichen Geschäft angewendet und gelebt werden kann. Wir-Gefühl und Glaubwürdigkeit

Es ist durch eine seriöse Vermittlung der Supply Vision möglich, ein Gemeinsamkeitsgefühl zu erreichen und den Mitarbeitern die Sinnhaftigkeit des Einkaufshandelns zu vermitteln. Eine hohe Glaub­ würdigkeit des Supply Management im Beziehungsgeflecht des Un­ ternehmens kann darüber hinaus erzielt und Vertrauen im Unter­ nehmen erreicht werden. Durch diese Empfehlungen kann die BeSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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reitschaft aller Beteiligten in Form der Supply Manager, der mit Supply Management Aufgaben beschäftigten Mitarbeiter der Netz­ werke, der Partner im Unternehmen aber auch der internen Kunden und der Lieferanten gestärkt werden, an der Umsetzung der Supply Vision mitzuwirken.

Die Supply Vision muss nicht gesondert schriftlich ausformuliert werden. Der Zweck ist ebenso gut erfüllt, wenn sich die Leistungs­ träger des Unternehmens an implizite Vorgaben halten. In der Pra­ xis hat sich aber erwiesen, dass eine größere Kraft von der Supply Vision ausgeht, wenn sie in wenigen Worten, prägnant, konsistent und die wichtigsten Aussagen enthaltend schriftlich niedergelegt wird. Es ist letztendlich jedoch nur wichtig, dass die Supply Vision tagtäglich vom Top-Management und den Führungskräften im Supply Management vorgelebt wird. Vor einer allzu leichtfertigen Formulierung von Supply Visionen sei gewarnt, da Leitsätze wie „Wir wollen die besten Einkäufer sein“ oder „Wir wollen für unsere internen Kunden eine professionelle Beratungsalternative sein“ eine anspruchsvolle Messlatte für das Supply Management darstellen, an der sich die Verantwortlichen auch messen lassen müssen. Die folgenden Kernaussagen aus den Supply Visionen deutscher Unternehmen zeigen, wie ambitiös die Zielsetzungen der Einkaufs­ bereiche einiger Unternehmen sind. So verfolgt ein Automobilher­ steller die Supply Vision, in enger Kooperation mit WeltklasseLieferanten wirtschaftlich zum besten Produkt zu gelangen. Der Einkauf der Nutzfahrzeugsparte eines Marktführers hat das Ziel, die weltweit effektivsten Lieferantenbeziehungen zu gestalten. Ein Drit­ ter schließlich möchte die „highest quality suppliers with the newest technology valued by the customers at the lowest possible costs“ für den Einkauf gewinnen. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Eine derartigen Anforderungen gerecht werdende Supply Vision kann zu einem herausragenden Erfolgsfaktor für das gesamte Un­ ternehmen werden. Die Formulierung von Visionen erfordert daher eine gründliche Analyse der Ausgangssituation, der Unternehmens­ strategie, der Organisationsstruktur und der verfügbaren Ressour­ cen.

Erfolgreiche Einführung einer Supply Vision Die Art und Weise, wie die Supply Vision mit allen Beteiligten erar­ beitet wird, ist entscheidend für den Erfolg in der Implementierung. Ausgewählte Lieferanten können mit einbezogen werden, um die nach außen kommunizierten Grundsätze auf einer breiteren Basis abzustützen. Die Beteiligten anderer Unternehmensbereiche, die internen Kunden und Vertreter des Top-Managements sollten auf jeden Fall einbezogen werden. Nur diese umfassende Beteiligung aller ermöglicht die Entwicklung einer Supply Vision, die gemein­ sam umgesetzt werden kann.

Es gibt keine einzig richtige Vorgehensweise zur Entwicklung einer Supply Vision, obwohl einige Regeln gelten, die als erfolgsentschei­ dend erachtet werden. Während der Erarbeitung sind sowohl Sze­ narien im Phantasiebereich des Supply Management als auch reali­ tätsbezogene ZukunftsSzenarien erlaubt. Es sollte wo immer mög­ lich versucht werden, die persönlichen Wünsche der Führungskräf­ te und der Mitarbeiter mit Supply Management Aufgaben im Zu­ sammenhang mit den Erfordernissen des Unternehmens zu sehen. Der Prozess zur Visionserarbeitung hat deshalb sowohl unterneh­ merische Intuition, Phantasie und Kreativität in der Wahrnehmung von Supply Management Aufgaben von den Teilnehmer zu fordern, als auch eine analytische Sichtweise der Situation zu enthalten, die eine Verbindung zur Realität herbeiführt. Der oberste Verantwortli­ che des Supply Management sollte darauf achten, dass nicht nur SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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auf rationaler Basis entschieden wird, sondern auch die Emotionen der einzelnen Teilnehmer aufgegriffen werden. Supply Vision anhand eines mehrstufigen Phasenmodells Es sind in einem ersten Schritt möglichst nicht mehr als 7 bis 9 wesentliche Analysefaktoren und Einflussfaktoren zu ermitteln und zu beschreiben, die sich auf das Supply Management auswirken:

- Entwicklungen auf den Beschaffungsmärkten,

- technologische Entwicklungen, - Lieferantenverhalten, - rechtliche Rahmenbedingungen,

- Mitarbeiterkompetenzen, - Kostenfragen, - Standortentscheidungen oder - organisatorische Fragestellungen. Jeder der relevanten Faktoren ist auf seine aktuellen und seine zu­ künftigen Wirkungen und Entwicklungen hin zu untersuchen. Gezielte Interviews mit Entscheidungsträgern sind in einem zweiten Schritt durchzuführen. Die Erwartungshaltung bezüglich der Rolle des Supply Management im Sinne einer Innensicht ist dabei abzu­ fragen. Interviews mit den internen Kunden sind über die Erhebung der Innensicht hinaus durchzuführen, um deren Erwartungshal­ tung und deren Zielsetzungen im Sinne einer Außensicht in die Er­ arbeitung der Supply Vision einfließen zu lassen. Die Rollenerwar­ tungen an das Supply Management sind schließlich auf der Basis dieser beiden Sichtweisen abzuleiten.

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Die detaillierte Beschreibung der Analysefaktoren, die ermittelten internen Kundenbedürfnisprofile und die erarbeitete Innensicht der Entscheidungsträger des Supply Management werden in Form eines Stärken-Schwächen-Profils verdichtet. Die Besonderheit dieses Pro­ fils ist in der Berücksichtung einer outside-in-orientierten Perspek­ tive zu sehen. Die in den ersten drei Schritten erarbeiteten Ergeb­ nisse werden zur Vorbereitung und zur Durchführung eines Visi­ ons-Workshops mit ausgewählten Teilnehmern herangezogen. Eine fundierte, tragfähige und in das Unternehmensgesamtkonzept in­ tegrierte Supply Vision sollte nach Beendigung dieses Workshops vorhanden sein. Die Ausführungen zur Erarbeitung einer Supply Vision sowie zur Anwendung in der Unternehmenspraxis sollen als Aufforderung an das Management und die Unternehmen gelten, sich an den Best Practices des Supply Management zu orientieren, um die Potentiale dieses Moduls vollständig zu erschließen. Die Hinweise zur schritt­ weisen Einführung sollen insbesondere den Unternehmen als Anlei­ tung dienen, die eine erfolgreiche Umsetzung noch vor sich haben.

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Abb.: Modell zur Erarbeitung einer Supply Vision

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4 WA/

organisatorische Fragestellungen).

Kostenfragen, Standort­ entscheidungen oder

Lieferantenverhalten, rechtliche Bedingungen, Mitarbeiterkompetenzen,

.

| A

\

♦ Berücksichtigung einer

Erwartungshaltung und der Zielsetzungen im Sinne ejner Außensicht.

Supply Management.

outside-in-orientierten Perspektive.

im Unternehmen.

Management Konzepts

Profil des Supply

F

S


Unternehmensfunktionen im allgemeinen und für die Organisationseinheit

mit Supply Management Aufgaben betrauten

.

2. Entwicklung eines StärkenSchwächen-Profils für die

Unternehmen.

Risiken für das eigene

ergebenen Chancen und

,

Supply Umfelds auf sich

1. Analyse des jeweiligen

notwendiger Elemente einer robusten Supply Management Strategie

10, Erarbeitung a ler

Management Strategie wurfels und den jeweiligen spezifischen Bedingungen im Unternehmen.

legenden strategischen Stossrichtungen mit den Normstrategien des Supply

Achtungen. 9. Kombination der grund-

g

X Z ^oß -

Portfolios und der

auf Basis der entwickelten

Management Einheiten

8. Erarbeitung und Ableitung von strategischen Handlungsempfehlungen für dje strategischen supply

jH H S iita *r

Management Aufgaben,

strategischen und 5üPP'y

die Trennung von

besondere bezogen auf

Konsequenzen ms-

Ableitung prozessualer und organisatorischer

Management, y

Human Resource

Anforderungen an das Supply Management

12. Ableitung von

n,

jH M iiiii^

Die Erarbeitung und Bestimmung der Gesamtheit aller notwendigen Elemente einer robusten Supply Strategie einschließlich der quanti­ tativen und der qualitativen Konsequenzen vervollständigen die strategische Arbeit im Supply Management. Die prozessualen und die organisatorischen Konsequenzen insbesondere bezogen auf die Trennung des strategischen Supply Management und des operati­ ven Supply Management sind im Detail festzulegen und zu kommu­ nizieren. Dies betrifft auch die Ableitung von Anforderungen an das Human Resource Management.

Diese Vorgehensweise zur erfolgreichen Erarbeitung und Umset­ zung von Supply Strategien ist auf der Basis der in der Manage­ menttheorie vorhandenen strategischen Logik entworfen worden und hat sich in der Praxis vielfach bewährt.

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Supply Value Management Optimale Wertschöpfungstiefe strategischer Lieferanten

Christopher Jahns

Noch immer setzen viele Unternehmen auf Preisfeilscherei, wenn es darum geht, schnell und effizient Kosten einzusparen und die Leis­ tung zu steigern. Dabei könnten sie mit einer strategischen Neu­ strukturierung des Einkaufsmanagements ein Vielfaches jener Ef­ fekte erzielen, welche die bisherigen Rosskuren erbringen.

Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, werden Unternehmen zu einem ganz neuen Konzept der Zusammenarbeit mit ihren Zulieferern und ihren internen Kunden finden müssen. Doch bisher herrscht im Einkauf vieler Unternehmen noch immer ein Bestellschreibverhalten vor. Kaum ein Unternehmen bezieht diesen Bereich in die strategischen Planungen des Managements ein. Es fehlt an der Erkenntnis, welche signifikanten Einsparpoten­ ziale ein ganzheitliches Supply Management ermöglicht. Strategisches Lieferantenmanagement durch Supply Value Ma­ nagement Die Supply Vision und die Supply Strategien definieren den konzep­ tionellen Rahmen für die Ausgestaltung des Supply Value Manage­ ment. Die Frage nach der optimalen Wertschöpfungstiefe des eige­ nen Unternehmens sowie die Frage nach den jeweils optimalen Wertschöpfungstiefen der wesentlichen strategischen Lieferanten stehen im Mittelpunkt der Überlegungen des Supply Value Mana­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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gement. Diese strategischen Fragestellungen sollen mit Hilfe der Strategiedatenbank PIMS Profit Impact of Market Strategies disku­ tiert und gelöst werden. Eine Systematisierung der Lieferanten ist jedoch notwendig, um herauszufinden, mit welchen davon gemein­ sam Strategieanalysen angestellt werden sollten. Das Supply Value Management thematisiert die interaktionsorientierten Beziehungen mit Lieferanten, bei denen eine Optimierung der Arbeitsteilung ent­ lang der Wertschöpfungskette und während des gesamten Produkt­ lebenszyklus im Vordergrund steht. Die Problematik von Make-or-Buy Entscheidungen Die Konzentration auf Kernkompetenzen hat im Management ein verstärktes Nachdenken über die eigene Wertschöpfung hervorgeru­ fen. Die Bestimmung der Objekte der Make-or-Buy-Entscheidung sollte mit Hilfe eines Make-or-Buy Portfolios im Kreise des verant­ wortlichen Managements thematisiert werden.

Die Entscheidung für die Eigenerstellung oder die Fremdvergabe betrieblicher Leistungen ist theoretisch zwar eindeutig erklärbar, in der Managementpraxis jedoch keinesfalls einfach herzuleiten und zu treffen. Es existiert eine Vielzahl an Faktoren von den rein kos­ tenorientierten Kalkülen bis hin zu unternehmenskulturellen Ab­ wägungen, die in den Entscheidungsprozess einfließen. Es verbleibt im Ergebnis nicht selten ein Indifferenzbereich auf dem Kontinuum zwischen der Make- und der Buy-Entscheidung, in dem das Mana­ gement nicht anhand von zahlenorientierten Analysen, sondern eher aufgrund der individuellen Erfahrung die Wahl für eine Alterna­ tive trifft. Die Fremdvergabe von in Teilen sogar kritischen Wertschöpfungsan­ teilen und das damit verbundene Eingehen von Wertschöpfungs­ partnerschaften zwischen Lieferanten und Herstellern nimmt in ih­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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rer Bedeutung immer weiter zu. Dies führt zu einer gänzlich neuen Verteilung der einzelnen Wertschöpfungsbeiträge auf die verschie­ denen Stufen der gesamten Wertschöpfungskette und erfordert das Eingehen von Wertschöpfungspartnerschaften, um das komplexe Zusammenspiel der beteiligten Unternehmen erfolgreich gestalten zu können. Die Aufgabe des Supply Value Management ist, die je­ weiligen Entscheidungen über die Eigenerstellung oder den Fremd­ bezug vorzubereiten und herbeizuführen.

Outsourcingentscheidungen datenbank

auf Basis

der PIMS-Strategie-

Kostenrechnungsorientierte Methoden zur Make-or-Buy Entschei­ dung sind bislang in der Managementtheorie und in der -praxis be­ vorzugt worden. Verhaltensempfehlungen werden über diese kalku­ latorischen Methoden hinaus angeboten, die über eine Auflistung möglicher Vor- oder Nachteile einer vertikalen Integration kaum hinausgehen. Den herkömmlichen Make-or-Buy-Analysen haftet nicht selten der Mangel an, dass sie einzelfallorientiert angestellt werden, auf absoluten und nicht auf relativen Betrachtungen basie­ ren und keine externen Benchmarks aus der Industrie oder aus anderen Branchen zur Entscheidungsfindung heranziehen. Diese Mängel können durch die Berücksichtigung der PIMS-Datenbank behoben werden. Outsourcingentscheidungen fallen unter Berücksichtigung der Benchmarks aus der PIMS-Datenbank nicht mehr ausschließlich auf der Basis inside-out-orientierter Analysen, sondern werden mit Hilfe externer Vergleiche und mit Hilfe der Analyse anderer struktu­ rell vergleichbarer Geschäftsfelder outside-in-orientiert getroffen. Diese marktorientierte Entscheidungsbasis kann die üblichen in­ tern getroffenen Analyseentscheidungen ergänzen. Das Strategie Planning Institute (SPI) in Cambridge, Massachussets, ist Betreiber SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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der internationalen PIMS-Datenbank und wurde 1975 an der Har­ vard University gegründet. Das Institut ist eine Non-profitOrganisation. Weit über 450 Unternehmen haben sich inzwischen über die unterschiedlichsten Zeitperioden hinweg an Projekten des PIMS-Programms beteiligt. PIMS ermittelt mit Kennzahlen von über 4.000 gespeicherten stra­ tegischen Geschäftsfeldern die strategischen Erfolgsfaktoren. Die breite empirische Untersuchungsbasis, die mit Hilfe komplexer Da­ tenbankanalysen und mathematischer Methoden ausgewertet wird, ist eine exzellente Basis zur Fundierung unternehmerischer Ent­ scheidungen. Den Kern der Forschungsaktivitäten bildet die Frage­ stellung, welche strategischen Optionen für ein Geschäftsfeld in seiner spezifischen Konkurrenzsituation am erfolgversprechendsten sind. Die erfassten und die erklärbaren Wechselwirkungen zwi­ schen einzelnen Strategieparametern und der mittel- bis langfristi­ gen Rentabilität eines Geschäftsfelds sind besonders hervorzuhe­ ben. Die Grundidee des PIMS-Forschungsprogramms ist unkompliziert und zielführend. Es wird der Frage nachgegangen, ob es möglich ist, aus den Daten etlicher Geschäftsbereiche der vielfältigsten Un­ ternehmen genau diejenigen Erfolgsfaktoren herauszufinden, die entscheidend für den nachhaltigen Erfolg eines Geschäftsfelds sind. Das Programm geht davon aus, dass mit Methoden der Vergleichs­ analyse dem Management geeignetere Entscheidungshilfen zur Ver­ fügung gestellt werden können, als sie durch die Aufarbeitung fir­ meninterner Zahlen, Analysen und Erfahrungen vorhanden sein können. Das Forschungsprogramm erlaubt die Erzielung von Er­ gebnissen, die heute vom Management eingesetzt werden können, um die strategisch weitreichenden Entscheidungen der Wertschöp­ fungstiefe wesentlich besser treffen zu können. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Zusammenhang von Wertschöpfungstiefe und Investitionsin­ tensität Die Einsatzmöglichkeiten aus Sicht des Supply Value Management werden besonders interessant, wenn verschiedene relevante Fakto­ ren zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dabei geht es um den Zusammenhang zwischen vertikaler Integration einerseits und In­ vestmentintensität sowie daraus resultierenden Werten für den Re­ turn on Investment andererseits.

Die Analyse dieser Erfolgsfaktoren auf der Basis der Untersuchung der weltweit verteilten 4.000 Geschäftsfelder ergibt beispielhaft, dass bei einer vertikalen Integration von über 65% und einer gleich­ zeitigen niedrigen Investmentintensität von unter 40% die höchsten Return-on-Investments vor Zinsen und Steuern erzielt wurden. Ge­ schäfte mit niedriger vertikaler Integration und durchschnittlich gebundenem Kapital erzielen immer noch Return-on-Investments von ca. 20%.

Der maximal erzielbare Return-on-Investment Für die Verantwortlichen des Supply Management ist besonders die Tatsache interessant, dass auf Basis der Erfahrungswerte der PIMS-Datenbank eine quantitative Bestimmung von Erfolgspoten­ tialen ermöglicht wird. Die Anwendung des Programms erlaubt die Ermittlung des sogenannten Soll-ROI, während das Rechnungswe­ sen nur die Auskunft über den Ist-ROI pro Geschäftsfeld geben kann. Der Soll-Wert kann angesichts der im konkreten Einzelfall vorliegenden Unternehmenswerte aus der Datenbank unter Aus­ nutzung sämtlicher Rentabilitätspotentiale im jeweiligen Geschäfts­ feld tatsächlich ermittelt und als externer strategischer Benchmark vorgegeben werden.

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Die Bestimmung dieses maximal erzielbaren Soll-ROI erlaubt eine höhere Sicherheit bei der Beurteilung von Supply Strategien, bei der Bestimmung des optimalen Grads der vertikalen Integration und bei der Festlegung der Zielsetzungen in den jeweiligen strategischen Supply Managementbereichen. Die Beurteilung der verantwortli­ chen Führungskräfte im Supply Management kann darüber hinaus auch auf eine neue Basis gestellt werden, wenn eine geringe eigene Wertschöpfungstiefe im jeweiligen Geschäftsfeld existiert und somit der Einkauf der Fremdbezugsanteile einen sehr großen Einfluss auf die Rentabilität des Geschäftsfelds ausübt.

Der vom Einkauf und Supply Management mitzubestimmende Grad der vertikalen Integration ist vor dem Hintergrund dieser strategi­ schen Grundsätze und Zusammenhänge im Besonderen zu unter­ suchen. PIMS erlaubt, den Grad der vertikalen Integration des eige­ nen Unternehmens oder des zu analysierenden strategischen Part­ ners mit strukturell ähnlichen Geschäftsfeldern von Unternehmen aus der weltweiten Datenbank zu vergleichen. Das Problem, dass die Datenbank Wertschöpfungstiefen der jeweiligen Untersu­ chungsobjekte von 20% bis zu 90% aufweist, wird dadurch beho­ ben, dass die analysierten 4.000 strategischen Geschäftsfelder auf­ gefordert werden, den Grad der jeweiligen vertikalen Integration im Verhältnis zu den drei wichtigsten Wettbewerber zu bestimmen. Der Vergleich des eigenen Unternehmens oder des Partners mit struktu­ rell ähnlichen Geschäftsfeldern der Datenbank kann demzufolge jeweils auf der Basis von relativen Werten stattfinden. Die Analyse und die abgeleiteten strategischen Empfehlungen be­ ziehen sich nicht ausschließlich auf die vom Supply Management zu betreibende Durchleuchtung des eigenen Unternehmens, son­ dern auch auf die Anwendung dieses Supply Management-Knowhows auf die Analyse der strategischen Lieferanten. Die Strategie­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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empfehlungen aus der PIMS-Datenbank ermöglichen das Aufdecken der vielschichtigen Wechselwirkungen zwischen der eigenen Wertschöpfungsstruktur und der Struktur der beschafften Leistungen einerseits und zwischen der Profitabilität und der Qualität anderer­ seits. Die drei zu lösenden strategischen Fragestellungen sind im Einzelnen kurz zu erläutern. Vertikale Integration und Profitabilität eines Geschäftsfeldes

Die Optimierung der Wertschöpfungstiefe soll solche Entscheidun­ gen unterstützen, die zu einer Aufteilung der Wertschöpfung zwi­ schen einem Hersteller und einem oder mehreren Lieferanten füh­ ren. Die vertikale Integration des eigenen Unternehmens ist zumin­ dest planerisch soweit auszudehnen oder zu vermindern, dass die Profitabilität des Unternehmens die jeweils höchsten Werte errei­ chen kann. Die Konsequenzen und die Frage nach der praktischen Machbarkeit schließen sich an das erzielte Ergebnis an. Die Analyse aller weltweit verfügbaren Geschäftsfelder der PIMS-Datenbank führt zu der Erkenntnis, dass entweder ein sehr niedriger oder ein sehr hoher Integrationsgrad zu einer überdurchschnittlichen Um­ satzrendite führen kann. Vertikale Integration, Größe und Rentabilität eines Geschäfts­ feldes Es kann im Grundsatz aufgrund betriebswirtschaftlicher Ansätze des strategischen Kostenmanagements davon ausgegangen werden, dass absolut größere Geschäftseinheiten eher in der Lage sein soll­ ten, vertikale Integrationsstrategien zu verfolgen, da größere Unter­ nehmenseinheiten besser Erfahrungskurveneffekte realisieren kön­ nen. Große Unternehmen sind eher in der Lage, auf jeder einzelnen Wertschöpfungsstufe in einer noch effizienten Größe zu agieren. Diesen Effekt bestätigt auch die Datenbank. Geschäftseinheiten mit SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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einem hohen Grad der vertikalen Integration und mit einem gerin­ gen relativen Marktanteil, der weniger als 25% der kumulierten Marktanteile der wichtigsten drei Wettbewerber entspricht, weisen niedrige Rentabilitäten aus. Es empfiehlt sich ein niedriger Grad der vertikalen Integration, wenn ein Unternehmen als Zwerg in seinem relevanten Markt aktiv ist und mit geringen eigenen Marktanteilen gegen Unternehmen mit höheren Marktanteilen und anderer Unternehmensgröße kämpft. Für Unternehmen mit hohen relativen Marktanteilen ist im Gegen­ zug eher eine Strategie der vertikalen Integration anzustreben. Die Datenbank zeigt genau diesen Effekt auf, da Geschäftseinheiten mit großem relativen Marktanteil eher vertikale Integrationsstrategien verfolgen als Geschäftsfelder mit kleinen Marktanteilen. Die Analy­ seergebnisse sind unabhängig davon, ob das Unternehmen und dessen Geschäftsfelder auf globalen Märkten oder in Nischen agie­ ren, oder ob es sich um Großunternehmen oder Mittelständler han­ delt, da immer der relevante Markt betrachtet und die Position des Geschäftsfeldes in Relation mit den jeweils drei wichtigsten Wettbe­ werbern verglichen wird.

Bewertung von vertikalen Integrationsstrategien Die Ergebnisse der PIMS-Datenbank ist auch kritisch zu sehen. Es wird in der Unternehmenspraxis genug Unternehmensbeispiele ge­ ben, die die strategischen Empfehlungen im Einzelfall widerlegen. Die Erkenntnisse und die Gesetzmäßigkeiten aus der Analyse von über 4.000 Geschäftsfeldern sind dennoch beachtenswert. Es sinkt die Wahrscheinlichkeit, die vorhandenen Rentabilitätspotentiale des eigenen Verantwortungsbereichs und der strategischen Wertschöp­ fungspartner vollständig auszuschöpfen, wenn die Führungskräfte diese vorliegenden Erkenntnisse nicht kennen und die empirisch gestützten strategischen Empfehlungen nicht berücksichtigen. Das SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Potential einer möglichen Einzelfallbetrachtung des eigenen Unter­ nehmens, seiner Geschäftsfelder und der strategischen Wertschöp­ fungspartner ist neben dieser grundlegenden Gültigkeit als Argu­ ment gegen die PIMS-Kritik anzufügen. Das Management jedes Un­ ternehmens kann frei entscheiden, einen externen Strukturver­ gleich mit strukturell ähnlichen Geschäftsfeldern der Datenbank anzustellen, um somit direkte, auf das eigene Unternehmen oder auf die gebenchmarkten Wertschöpfungspartner abgestimmte Emp­ fehlungen zu erhalten. Die Frage nach der grundsätzlichen Befürwortung oder Ablehnung vertikaler Integrationsstrategien ist nicht eindeutig und generell zu beantworten. Es sind solche Integrationsstrategien zu vermeiden, die einen steigenden Investitionsbedarf zur Folge haben. Die höchs­ te Rentabilität erzielen diejenigen Unternehmen, die den Anteil der eigenen Wertschöpfung steigern konnten ohne die eigene Invest­ mentintensität gleichzeitig zu erhöhen. Es ist diesen Geschäftsfel­ dern gemeinsam, dass sie den höheren eigenen Wertschöpfungsan­ teil insbesondere durch den Einsatz diverser fakturierbarer Service­ angebote und nicht über eine investitionsintensive Erhöhung des eigenen Wertschöpfungsanteils durch vermehrte Eigenproduktion erzielt haben.

Einkauf fremder Wertschöpfung Der Einkauf von fremder Wertschöpfung bei strategischen Partnern gilt stets als Alternative zur eigenen Wertschöpfung. Eine Szenario­ analyse über die Übernahme von Wertschöpfungsanteilen durch strategische Partner kann mit Hilfe des PIMS-Programms erfolgen. PIMS erlaubt die Prognose und das Aufzeigen von Verbesserungspo­ tentialen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

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Ein strategischer Wertschöpfungspartner kann mit Hilfe einer PIMS-Analyse genauso wie das Unternehmen selbst auf weitere Rentabilitätspotentiale untersucht werden, die im Fall einer Identi­ fikation und einer anschließenden Realisierung zwischen Hersteller und Lieferanten aufgeteilt werden können. Es ist durchaus möglich, dass sich der Grad der vertikalen Integration des analysierten stra­ tegischen Lieferanten in der Mitte der U-Kurve befindet und durch eine deutliche Reduzierung oder durch eine deutliche Steigerung des eigenen Wertschöpfungsanteils dieses Lieferanten die Rentabili­ tät deutlich gesteigert werden kann.

Die PIMS-basierten Empfehlungen zum Supply Value Management zeigen auf, dass sich halbherzige vertikale Integrationsstrategien, egal in welche Richtung, deutlich negativ auf die Rentabilität des jeweiligen Geschäftsfelds auswirken. Die zu verfolgenden Wertschöpfungsstrategien sollten klar ausgerichtet werden und tenden­ ziell entweder geringe oder sehr hohe eigenen Wertschöpfungsantei­ le entlang der gesamten Wertschöpfungskette vorsehen. Für Groß­ unternehmen wie für Mittelständler gilt gleichermaßen, dass im Fall von niedrigen Marktanteilen in einer geschwächten Position gegen­ über den Wettbewerbern hoch integrierte Geschäftsmodelle nicht erfolgreich sein können. Vertikal hoch integrierte Geschäftsmodelle werden im Fall von hohen relativen Marktanteilen dagegen von Er­ folg geprägt sein. Erfolgreiche Einführung von Supply Value Management Es ist neben diesen grundlegenden Zusammenhängen und Er­ kenntnissen des Supply Value Management die Vorgehensweise aufzuzeigen, anhand derer die Unternehmen in der Praxis strategi­ sche Überlegungen über den eigenen Wertschöpfungsanteil und über die vertikale Integration der strategischen Wertschöpfungs­ partner anstellen sollten. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Die Gestaltungsformen des Supply Value Management sind zu­ nächst auf der Basis der erarbeiteten Supply Strategien zu evaluie­ ren und den Anforderungen entsprechend neu auszurichten. Mittels moderner, weiterentwickelter Supply Portfoliotools und mittels Zu­ friedenheitsanalysen werden die Lieferanten des Unternehmens klassifiziert und portfoliert. Dabei spielen sowohl die gegenwärtigen als auch die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten eine Rolle, die mittels strukturierter Interviews mit allen relevanten Bereichen des Unternehmens ermittelt werden. Eine komplementäre Lieferanten­ analyse durch interessensneutrale Interviews der strategisch rele­ vanten Zulieferer zeigt die Stärken und die Schwächen des Supply Management aus Sicht der Lieferanten auf, erörtert die Optimie­ rungsmöglichkeiten und beschreibt die gänzlich neuen strategi­ schen Schritte, Projekte und Konzepte. Die Entwicklung einer individuellen Lieferantenstrategie erfolgt in einem nächsten Schritt basierend auf den entwickelten Supply Strategien und auf den visualisierten Lieferantenportfolios für die strategischen Zulieferer. Durch die breite Analysebasis kann diese Lieferantenstrategie alle Aspekte vom Ausbau eines TeileLieferanten zum Systemintegratoren bis zur Beendigung der Ge­ schäftsbeziehungen enthalten. Standard-Referenz-Lieferanten­ strategien sind im Anschluss für die nicht strategisch relevanten Zulieferklassen festzulegen und zu kommunizieren.

Es folgt eine gemeinsame Erarbeitung von Aktionsplänen mit den strategischen Zulieferern zur Erreichung der Ziele der individuali­ sierten Lieferantenstrategien mittels ausgearbeiteter Lieferanten­ entwicklungsprogramme. Vor, während und nach der Realisierung der Lieferantenentwicklungs- und der Zusammenarbeitsprogramme sollten regelmäßige Abgleichungen der Zielwerte mit den Ist-Werten der Zuliefererentwicklung mit anschließender gemeinsamer ErarbeiSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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tung von Korrekturmaßnahmen erfolgen. Eine Analyse dieser Wert­ schöpfungspartner mittels des PIMS-Programms sollte erst erfolgen, wenn die strategischen Lieferanten mit Hilfe der beschriebenen In­ strumente identifiziert und langfristige Formen der Partnerschaft geschlossen sind. Typischer Ablauf einer PIMS-Analyse: - Schritt 1 grenzt das zu analysierende strategische Geschäftsfeld des Unternehmens sowie die dazugehörenden strategischen Supply Management Einheiten ab.

- Das Leistungsspektrum wird aus Kundensicht im Schritt 2 evalu­ iert, in Detailschritten auf seine Qualität beurteilt und mit der Kon­ kurrenz verglichen. Die Ergebnisse werden bewertet, in einem PreisQualitäts-Diagramm eingetragen und mit Erläuterungen und Schlussfolgerungen versehen.

- Die für die Gesamtperformance bedeutenden Erfolgsfaktoren werden im Schritt 3 gemeinsam mit den Verantwortlichen des zu analysierenden Geschäftsfeldes und der dazugehörenden strategi­ schen Supply Management Einheit ermittelt. Die einzelnen Kriterien werden ihrer Bedeutung entsprechend bewertet und für jeden Fak­ tor in einem Profilierungs-Diagramm dargestellt. Es wird deutlich, welche der Erfolgsfaktoren denen der Konkurrenz überlegen oder unterlegen sind. - Die variablen Bestimmungsfaktoren für Wettbewerbsposition, Kapitalstruktur, Produktionsstruktur und Marktcharakteristika werden mittels spezieller Erhebungsbogen zusammen mit den Füh­ rungskräften des strategischen Geschäftsfelds und den Verantwort­ lichen der strategischen Supply Management Einheiten im Schritt 4 ermittelt. Die im PIMS-Programm generell festgelegten, strategi­ schen Erfolgsfaktoren müssen einbezogen werden. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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- Die prognostizierte Rentabilität im Sinne des erörterten Soll-ROI im Fall eines Best Practice Ressourceneinsatzes und einer bestmög­ lichen Nutzung der Marktchancen wird im Schritt 5 auf der Basis der im Controlling existierenden und im Markt identifizierten Struk­ turdaten für jeden PIMS-Erfolgsfaktor des strategischen Geschäfts­ felds oder des zu analysierenden Wertschöpfungspartners als Benchmark ermittelt.

Diese Bestimmung des Rentabilitätspotentials wird durch den Ver­ gleich der vorhanden Ist-Strukturdaten des analysierten Geschäfts­ felds mit den Zielwerten aus der PIMS-Datenbank erzeugt. Für je­ den einzelnen Erfolgsfaktor ist eine Analyse vorzunehmen. Die Ab­ weichungen der Ist-Strukturwerte des analysierten Geschäftsfelds vom ermittelten Durchschnitt der PIMS-Datenbank werden auf ihre Wirkung auf den zu erwartenden Soll-ROI hin untersucht. Es wer­ den aus der Datenbank strategisch ähnlich ausgerichtete Ge­ schäftsfelder zu Vergleichszwecken ausgesucht, so dass eine Analy­ se von Ähnlichkeiten ermöglicht wird.

Zwei Kategorien von Ähnlichkeiten können ermittelt werden. Es in­ teressieren zunächst die Geschäftsfelder und die strategischen Supply Management Einheiten, deren Strategien erfolgreich und als Gewinner im Sinne von Best Practice mit hohem Return-onInvestment und hohen relativen Marktanteilen positioniert sind. Strategischer Handlungsbedarf entsteht darüber hinaus auch in denjenigen Geschäftsfeldern und den dazugehörenden strategischen Supply Management Einheiten, deren Strategien Misserfolge sind und die als Verlierer bewertet werden können. Die eigenen Überlegungen insbesondere für die Stoßrichtung der strategischen Supply Management Einheiten müssen anhand dieser Strategieanalyse und des Vergleichs der Geschäftsfelder des eigenen Unternehmens oder des Wertschöpfungspartners mit Gewinnern SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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und Verlierern der Datenbank bewertet werden. Die Strategieoptio­ nen des eigenen Geschäftsfeldes und der dazugehörenden strategi­ schen Supply Management Einheiten sollten dem Profil der Gewin­ ner und nicht dem der Verlierer ähnlich sein. Strategische und operative Empfehlungen für die Verantwortlichen der Geschäftsfelder und der strategischen Supply Management Einheiten sind in einem letzten Schritt 6 aus den Ergebnissen der ersten fünf Schritte zu erarbeiten. Es muss dem Unternehmen im Ergebnis gelingen, durch die Umsetzung dieser empirisch breit ab­ gesicherten Strategieempfehlungen die identifizierten Soll-ROI zu erreichen und den Grad der vertikalen Integration des eigenen Un­ ternehmens oder des Wertschöpfungspartners dem der Gewinner anzupassen. Es fällt in den Bereich der Spekulation, wenn über die Gründe des mangelhaften Einsatzes der PIMS-Datenbank zu Zwecken des Supply Management debattiert würde. Es muss vor dem Hinter­ grund der Nichtbeachtung vorhandener, empirisch abgesicherter strategischer Zusammenhänge jedoch auf die im Management mo­ mentan populären Strategien der Konzentration auf Kernkompeten­ zen verwiesen werden. Es sollte durch die Verbreitung der Ergebnisse aus der PIMSDatenbank vermieden werden, dass etliche Unternehmen nach ei­ ner Reduzierung der eigenen Wertschöpfungstiefe genau in der Mit­ te der zu vermeidenden U-Kurve positioniert sind und sich mit den negativen Auswirkungen der veränderten vertikalen Integrationstie­ fe konfrontiert sehen. Für eine intensivere Verbreitung und Anwen­ dung des Moduls des Supply Value Management muss geworben werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der in Praxis­ projekten erprobten Stichhaltigkeit der Ergebnisse. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Abb.: Analyse des strategischen Supply Managements eines Ge­ schäftsfeldes mit PIMS

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Strategischer Einkauf bei der EADS Wie die Airbus-Bauer im Einkauf clever Millionen sparen

Christopher Jahns

Mit Lieferanten-Squeezing ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Mit Strategischem Supply Management sind dagegen wahre Quan­ tensprünge bei der Kostensenkung möglich. Betrachten wir als Best Practice den Einkauf von EADS.

Der Beitrag auf einen Blick: •

Der springende Punkt: Bündeln Sie nicht auf Produktebene, sondern auf Lieferantenebene.



Je kleiner die Zahl der Lieferanten, desto größer die Kosten­ senkung.



Verlassen Sie sich bei dieser Bündelung nicht auf Freiwillig­ keit und Commitment: Das funktioniert nicht.



Implementieren Sie vielmehr ein zentrales Anreizsystem für Ihre Leadbuyer.

Das Unternehmen

EADS steht für European Aeronautic, Defense and Space Company - volkstümlich besser bekannt als "die Airbus-Bauer". Doch der Air­ bus ist nicht das einzige, was die EADS baut. Unter dem Konzern­ dach befinden sich auch Eurocopter, Militärflugzeuge und das eu­ ropäische Raumfahrtprogramm. Der Konzernumsatz liegt bei mehr SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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als 30 Milliarden Euro im Jahr, rechnet man alle Konzernunter­ nehmen zusammen. Das ist auch schon das Problem: So viele Un­ ternehmen unter einem Konzerndach, so viele Einkaufsleiter! Die Good Practice Wie läuft das in anderen Konzernen ab? Im Normalfall optimieren die Bereichseinkäufer eines Konzerns nicht das Konzernergebnis, sondern das Ergebnis ihres eigenen Profit Centers. Wäre das auch bei der EADS der Fall, würde zum Beispiel der Airbus-Einkäufer zum Eurocopter-Einkäufer sagen: "Wieso soll ich meine Bestellun­ gen mit dir zusammen bündeln? Der Airbus ist ein Jet und du hast Hubschrauber - welche Teile haben wir schon gemeinsam?" Lo­ gisch, dass auf diese Weise das Unternehmensergebnis auf der Strecke bleiben würde - mit der Betonung auf ,würde'. Bei der EADS läuft es nämlich anders.

Die Best Practice EADS hat tatsächlich die gemeinsame Optimierung des Unterneh­ mensergebnisses über alle Bereichseinkäufer hinweg geschafft. Die einzelnen Konzernteile, Unternehmen und Bereiche kaufen nicht mehr getrennt ein und optimieren ihren eigenen Beitrag, sondern bündeln über alle Bereichsgrenzen hinweg. Ein Quantensprung für den Einkauf, ermöglicht durch Strategisches Supply Management. Bereits in der ersten Runde der neuen Kooperation zwischen den Bereichseinkäufern wurde so ein dreistelliger Millionenbetrag an Kosten eingespart. Strategie spart Geld

Die meisten Unternehmen scheitern bislang noch beim Vorhaben, Strategisches Supply Management einzuführen. Warum? Weil sie versuchen, auf Produktebene zu bündeln. Es ist ja nicht so, dass Manager nicht erkennen würde, dass man über die Bereichsgrenzen SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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hinweg Bestellungen bündeln muss, um in großem Stil Kosten zu sparen. Es ist nur leider so, dass zum Beispiel Hubschrauber und Flugzeuge als Produkte tatsächlich nicht viel miteinander gemein­ sam haben. Im Extremfall hätte man zum Beispiel acht verschiede­ ne Antriebssysteme für acht verschiedene Flugzeugtypen, die man dann noch bei acht verschiedenen Lieferanten einkaufen muss: Das geht extrem ins Geld. Bündelung auf Lieferantenebene Eben deshalb bündelt EADS nicht auf Produkt-, sondern auf Liefe­ rantenebene. Um unser überspitzt vereinfachtes Beispiel weiterzu­ führen: Man fragt einen der acht Lieferanten, ob er nicht statt ei­ nem auch zwei oder drei Triebwerke bauen könnte. Das konnten tatsächlich etliche Lieferanten der EADS, wodurch sich die Zahl der Lieferanten drastisch verringerte, das Bündelungspotenzial erhöhte und damit die Kosten ebenso deutlich sanken. Denn dadurch be­ kam jeder der Lieferanten ein viel größeres Volumen beim Konzern. Einleuchtendes Konzept? Stimmt. Und als solches ist es auch je­ dem Einkaufsleiter bekannt. Die Sache hat nur einen Haken: In der Good Practice kriegen die meisten Manager das Konzept nicht zum Laufen, weil sie den Fehler begehen, es auf Freiwilligkeit aufzubau­ en.

Commitment funktioniert nicht

Angenommen, einer der Leadbuyer von Airbus soll zum Zwecke der Bündelung auch einige Materialgruppen für Eurocopter miteinkau­ fen. Er soll das freiwillig tun. Auf Basis von Commitment, wie das neuerdings heißt. Dann tut der Leadbuyer das auch die ersten Tage und Wochen. Doch irgendwann wird ihm sein Vorgesetzter sagen: "Hören Sie mal. Sie werden immer noch von Airbus bezahlt - also schränken Sie unbezahlte Arbeiten für die Kollegen von Eurocopter SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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gefälligst auf ein Maß ein, das unser Ergebnis nicht gefährdet!" Auf Basis von Commitment funktioniert die Bündelung über Bereichs­ grenzen hinweg nicht.

Warum es bei EADS funktioniert Die Bündelung über Bereichsgrenzen hinweg funktioniert nur dann, wenn drei Voraussetzungen gelten. Alle drei hat die EADS geschaf­ fen: Der oberste Konzerneinkäufer braucht hundertprozentige Rücken­ deckung von CEO und Vorstand des Konzerns. Außerdem braucht er ein eigenes Anreizsystem für seine Leadbuyer, über das er diese mit zusätzlichen finanziellen Incentives belohnt, wenn sie besonders gut gebündelt haben. Dieser Punkt ist außer­ gewöhnlich: Denn normalerweise haben oberste Konzerneinkäufer zwar ein fachliches, aber kein disziplinarisches Weisungsrecht über Leadbuyer. Wird diese typisch europäische Unsitte aufgegeben, dann hat der oberste Konzerneinkäufer ein mächtiges Anreizsystem, um die Leadbuyer finanziell davon zu überzeugen, Bereichsgrenzen beim Bündeln zu ignorieren - weil sie selber davon in harter Münze profitieren!

Schließlich muss der oberste Konzerneinkäufer kräftig am Perso­ nalkarussell drehen. Er muss Mitarbeiter und Führungskräfte aus anderen Funktionen für ein, zwei Jahre abziehen und in den Ein­ kauf stecken, um sie danach in andere, neue Funktionen weiterzie­ hen zu lassen. Der Einkauf wirkt quasi als KarriereDurchlauferhitzer. Der so "erhitzte" Mitarbeiter ist danach ein Ein­ kaufs-Promoter in seinem Unternehmensbereich, der die Akzeptanz gegenüber der zentralen Einkaufsfunktion erhöht und die typischen stillen Widerstände ausräumt.

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Woher kommt eigentlich der Begriff Supply Management ? Einkauf und Beschaffung auf dem Weg zur strategischen Management­ funktion

Christopher Jahns

Die zunehmende Dynamik der Märkte und die Globalisierung des Wettbewerbs veranlassen die Unternehmen verstärkt, die eigene Wertschöpfungstiefe zu reduzieren, um sich auf Kernkompetenzen wie Marketing, Vertrieb, Einkauf, Forschung, Entwicklung zu kon­ zentrieren.

Mit der Zunahme betrieblicher Outsourcingaktivitäten steht der Einkauf vor einer Neuorientierung. Durch steigende Fremdbezugs­ anteile wird der Hebel zur Realisierung von Kosteneinsparungen und zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen immer größer. So haben Unternehmen wichtiger Branchen ihre Wertschöpfungstiefe durchschnittlich bereits auf 50 - 40% bei sinkender Tendenz redu­ ziert.

Wurde bisher oft die Auffassung vertreten, dass der Einkauf wenig zur Wertschöpfung beiträgt, so erkennen inzwischen immer mehr Unternehmen den Wert eines professionellen Managements der Einkaufsfunktion. Denn auch wenn der Einkauf keinen wertschöp­ fenden Bereich im eigentlichen Sinne darstellt, so gilt dennoch, dass jeder eingesparte Euro nicht extra erwirtschaftet werden muss SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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und der Einkauf damit zu einer Renditesteigerung und zu einem höheren Unternehmenswert beiträgt. Wandel des Begriffsverständnisses im Einkauf

Das Verständnis vom Wandel des Einkaufs zu einem Übergreifen­ denden Managementansatz wird in den USA wie auch in Europa zunehmend favorisiert. So haben bereits im Jahr 2001 über 48.000 Einkaufsentscheider aus den USA entschieden, dass ihre Aufgabe und ihr Verantwortungsbereich unter den Begriffen Purchasing (für Einkauf) und Procurement (für Beschaffung) nicht mehr hinrei­ chend beschrieben wird. Die große Mehrheit befand, dass die Funk­ tionen Einkauf und Beschaffung aus ihrem Schattendasein ent­ sprungen seien und es vor allem Managementthemen wären, die zukünftig über den Erfolg des Einkaufs entscheiden und darum der Begriff „Supply Management“ die treffendere Terminologie für ihre Tätigkeit darstelle. Der Begriff Purchasing Manager ist aus diesem Grund in der Fachterminologie durch die Begriff Supply Manager oder Purchasing & Supply Manager ersetzt worden. Folgende Interpretation kann zur Differenzierung der verschiedenen Begrifflichkeiten herangezogen werden:

Einkauf wird als Begriff verwendet, wenn überwiegend operative Fragen und Aktivitäten des Einkaufens an sich gemeint sind. Die Optimierung der Einkaufskonditionen und Fragen der Abwicklung von Einkaufsvorgängen stehen stellvertretend für unter diesen Beg­ riff fallende Aufgabenstellungen. Beschaffung ist als umfassender Prozess zu verstehen, der neben den unternehmensinternen wirtschaftlichen auch die technischen Aktivitäten zur Bedarfssicherung einschließt. Supply Management hat sich als Bezeichnung herausgebildet, wenn strategische Fragestellungen einbezogen werden. Beim Supply MaSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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nagement handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem der Einkauf als Managementfunktion aufgefasst wird. Supply Ma­ nagement wird damit als übergeordneter Begriff verstanden, der die Themenbereiche des Purchasing und Procurement einbezieht. Supply Management umfasst dabei das Management der unter­ nehmensinternen Wertkette, aber auch das Management der Schnittstellen zum Markt und Zuliefernetzwerk.

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KO im Einkauf Der interne Kunde des Einkaufs ist überall

Christopher Jahns und Sandro Reinhardt

Wenn wir mit Praktikern aus dem Einkauf über interne Kundenori­ entierung (KO) reden, fällt manchem spontan dazu ein: „Das heißt doch, dass wir am Telefon freundlich zu unseren Kunden sein soll­ ten.“ Gute Idee. Doch das reicht leider nicht. Der Beitrag auf einen Blick:



Interne Kundenorientierung (KO) verschafft Ihnen die Akzep­ tanz und das Renommee im Unternehmen, das Ihnen zu­ steht.



Interne KO ist weitaus mehr, als bloß nett am Telefon zu sein.



Der Paradigmenwechsel vom Einkauf zum Supply Manage­ ment ist nur mit interner Kundenorientierung möglich.



Interne KO: Ihre beste Waffe gegen den Bypass des Einkaufs durch die Fachabteilungen.

Kundenorientierung ist mehr

Hinter interner Kundenorientierung steckt mehr als bloße Freund­ lichkeit am Telefon. Warum? Weil a) der interne Kunde weitaus mehr erwartet.

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b) der Einkauf weitaus mehr benötigt, um das Image des Erfül­ lungsgehilfen abzuschütteln und den Quantensprung zum Supply Management zu schaffen. Es beginnt mit der Bedarfsanalyse Interne Kundenorientierung beginnt bei der Bedarfsanalyse. Der kundenorientierte Supply Manager fragt sich: Was ist der tatsächli­ che Bedarf meines Kunden? Der Laie würde antworten: „Aber das sagt er mir doch!“ Eben nicht. Denn wie täglich zu beobachten, sind die Bedarfsmeldungen interner Kunden häufig unvollständig oder nicht hinreichend kostenoptimiert. Das ist gerade der springende Punkt: Der traditionelle Einkauf kauft stur ein, wie ihm aufgetragen wird. Modernes Supply Management dagegen ist eine Dienstleistung mit Integrationsfunktion: Der Kunde kennt einfach nicht alle Stan­ dardisierungsmöglichkeiten für seine Bedarfe. Also wird ihn ein kundenorientierter Einkäufer beratend davon überzeugen, dass er nicht mit dem Spezialteil am besten fährt, das er als Bedarf anmel­ det. Sondern mit einem Standardteil, das er nicht kannte, das der Einkäufer ihm aber vorstellt und von dessen Nutzen er ihn über­ zeugen konnte. Weil ein Supply Manager eben kundenorientiert be­ rät - und nicht bestellorientiert. Überflüssig zu sagen, dass der Kunde dankbar dafür ist mir. Denn dank der guten Beratung er­ spart er seiner Kostenstelle mit dem Standardteil jede Menge Kos­ ten. Kundenorientierung bedeutet eben auch, nicht den Bedarf für bare Münze zu nehmen, den der interne Kunde vordergründig kommuniziert, sondern ihm das zu geben, was er tatsächlich braucht. Kundenorientierung tut gut Es liegt auf der Hand, dass Kundenorientierung in Einkauf und Supply Management nicht nur dem internen Kunden nützt. Der SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Nutzen des Kunden schlägt auch direkt auf den Einkauf zurück: Je kundenorientierter meine Supply Manager sind, desto größeren Nutzen haben meine internen Kunden, desto zufriedener sind sie, desto größer meine Akzeptanz im Unternehmen. Und je größer mei­ ne Akzeptanz, desto eher und früher wird der Einkauf in die Ent­ scheidungsprozesse der Fachabteilungen eingebunden und desto eher komme ich an jene wichtigen Informationen heran, die ein Supply Manager für seine Integrationsfunktion benötigt. Ein Er­ folgskreislauf, der sich immer weiter selbst verstärkt. Und nicht nur das: Ohne interne Kundenorientierung läuft Supply Management überhaupt nicht. Wenn das so gut ist, warum machen es dann nicht alle? Antwort gibt ein Blick in die Historie: Bislang war der Einkauf mehr oder weniger ein Verrichtungsgehilfe der Fachabteilungen. Er order­ te auf Zuruf. Der Einkäufer war Bestellschreiber. Heute ist das den meisten Geschäftsleitungen nicht mehr gut genug. An den Einkauf werden neue, hohe Anforderungen gestellt. Er soll eine Integrations­ funktion wahrnehmen. Er soll massiv Kosten senken, indem er bündelt und standardisiert und auch neue technische Lösungen wie zum Beispiel Katalogeinkaufsysteme installiert. Das alles kann der Einkauf aber nur, wenn er seine internen Kunden nicht über­ rollt oder vergrätzt oder aus der Rolle des Handlangers heraus be­ handelt, sondern so kundenorientiert behandelt, dass sie beim Supply Management auch mitmachen. Die Sache hat nur einen Ha­ ken: Woher soll ein Einkäufer das können?

Bestellschreiber sind überfordert

Wer 20 Jahre lang nur Bestellungen geschrieben hat, kann seine Abteilung doch überhaupt nicht nach innen ins Unternehmen ver­ kaufen, weil er weder weiß, was Supply Management ist, noch wie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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er es nach innen verkaufen kann. Der Einkäufer müsste zum Bei­ spiel Verkaufsgespräche mit den Fachabteilungen führen können, in denen er seine Ideen und Prozessverbesserungen verkauft. Ver­ kaufsgespräche kennt er jedoch nur von der anderen Seite: als Ein­ käufer. Wie er sie als Verkäufer in eigener Sache führt, kennt, weiß und kann er nicht. Deshalb muss es ihm beigebracht werden; Stichwort Weiterbildung und Training. Um es kurz zu fassen: Supply Management läuft nur mit Kundenorientierung. Doch um kundenorientiert einkaufen zu können, muss der Einkäufer erst einmal zum Supply Manager weiterqualifiziert werden.

Vom Einkäufer zum Supply Manager Bei dieser Weiterbildung lernt der Einkäufer alle nötigen Instrumen­ te der Kundenorientierung kennen und einsetzen, wie zum Beispiel Tools des Beschwerdemanagements oder wie man Kundenzufrie­ denheitsumfragen valide und repräsentativ durchführt und auswer­ tet. Denn letztendlich geht es bei der Kundenorientierung nicht um Kundenorientierung; sie ist nur Mittel zum Zweck. Der Zweck, dem dieses Mittel dient, ist die Kundenzufriedenheit. Der interne Kunde soll so zufrieden mit der Supply-Abteilung sein, dass er sie nicht mehr wie ein Bestellbüro, sondern wie einen wertvollen, wichtigen und absolut ernst zu nehmenden internen Dienstleistungspartner behandelt. Außerdem stärkt eine hohe Kundenzufriedenheit auch die Kundenbindung. Wozu eigentlich? Müssen die internen Kunden denn nicht sowieso beim eigenen Einkauf einkaufen? Eben nicht.

Maverick Spend Je geringer die Kundenorientierung im Einkauf, desto geringer ist auch die Kundenzufriedenheit in den Fachabteilungen. Und je ge­ ringer die Kundenzufriedenheit, desto eher tendieren die Fachberei­ che dazu, den zentralen Einkauf zu bypassen, zu umgehen. Das SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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wird auch Maverick Spend oder Maverick Buy genannt. Der Aus­ druck kommt aus der amerikanischen Pionierzeit und bezeichnet ein Jungrind, das herrenlos ist oder aus einer fremden Herde mit einem falschen Brandzeichen sich quasi als blinder Passagier in der eigenen Herde aufhält. Solche Maverick Buys kennen wir alle. Wenn die Fachbereiche fremd gehen Eine Fachabteilung ist mit dem zentralen Einkauf so unzufrieden, dass sie auf eigene Kappe einen Lieferanten aussucht, mit ihm ver­ handelt und im Namen des Unternehmens eine rechtliche Verbind­ lichkeit eingeht, die möglicherweise überteuert ist und im krassen Gegensatz zu allen Bündelungs- und Standardisierungsbemühun­ gen steht. Solche Maverick Buys sind in vielen Unternehmen an der Tagesordnung - in Unternehmen mit geringer Kundenorientierung im Einkauf. Diese Auswüchse können jedoch durch eine starke Kundenorientierung minimiert, wenn nicht eliminiert werden. Je zufriedener der interne Kunde mit der Supply-Organisation nämlich ist,



desto weniger geht er fremd.



desto früher bezieht er sie in seine Entscheidungsprozesse ein - und gerade das fordert der Einkauf doch seit Jahren vehement.



desto eher ist er gegenüber den Vorschlägen der SupplyOrganisation offen.



desto eher betrachtet er den Einkäufer als Partner und nicht als Handlanger.

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Fazit

Interne Kundenorientierung im Einkauf ist nicht nice to have. Sie ist im Gegenteil eine conditio sine qua non: Ohne sie läuft nichts. Vor allem kein Supply Management. Nur wer kundenorientiert ein­ kauft, bekommt im Unternehmen die Akzeptanz und die frühe Ein­ bindung in Entscheidungsprozesse, die er braucht, um Supply Ma­ nagement zu betreiben. Ganz nebenbei sorgt interne Kundenorien­ tierung für eine starke Steigerung des Ansehens von Einkäufern und Einkaufsleiter. Wäre das nicht auch nach Ihrem Geschmack?

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Was müssen Sie tun? Der Leistungs- und Erfolgsdruck auf Einkäufer und Supply Mana­ ger nimmt stetig zu: Alles soll noch billiger und noch schneller be­ schafft und ganz nebenbei auch noch Strategisches Supply Mana­ gement betrieben werden. Wie soll das alles zu schaffen sein? Indem Sie bislang brachliegende Leistungspotenziale aktivieren. Vom dra­ matisch kostensenkenden Offshoring bis zum strategischen Liefe­ rantenmanagement gibt Ihnen das Supply Management praxiser­ probte und hoch wirksame Tools an die Hand.

Wie effizient arbeiten Einkauf und Supply Mana­ gement? Von den Besten lernen

Christopher Jahns und Axel T. Schulte

Dass bei der Beschaffung jede Menge Geld gewonnen oder verloren werden kann, ist klar. Doch wie effizient arbeiten Einkauf und Supply Management wirklich?

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Der Beitrag auf einen Blick: •

Wie gut ist Ihr Einkauf? Für mehr Transparenz und Effizienz: Benchmarking



Von den Besten lernen: Benchmarking sagt Ihnen nicht nur, wie Sie im Vergleich zu den Besten liegen.



Es verrät Ihnen darüber hinaus auch die Prozesse, Tools und Strukturen, die die Besten so gut machen.



Blick über den Gartenzaun: Wo Sie Best Practices finden.

Angenommen, Sie spielen seit Jahren Tennis, Golf oder Schach mit einem guten Bekannten. Und er schlägt Sie regelmäßig. Früher oder später werden Sie wissen wollen: Wie macht der das? Wie werde ich auch so gut? Wie kann ich den Spieß umdrehen? Sie werden es wahrscheinlich nicht so nennen. Doch damit haben Sie das Bench­ marking-Prinzip für sich entdeckt.

Eklatantes Effizienzgefälle Ein neutraler Beobachter könnte meinen, dass der einzige Unter­ schied zwischen einer guten und einer weniger guten Einkaufsab­ teilung die Preisvorteile sind, die gute Einkäufer herausschinden. Doch das ist weit gefehlt. Auch in Leistung, Produktivität und Effi­ zienz gibt es eklatante Unterschiede zwischen Einkaufsabteilungen. Das von Einkäufern gemanagte durchschnittliche Einkaufsvolumen kann zwischen zwei Unternehmen um den Faktor 10 oder gar höher schwanken. Natürlich sagt eine einzelne Kennzahl wenig über eine ganze Abteilung. Doch selbst wenn wir viele andere Kennzahlen hinzunehmen, ist das Ergebnis immer dasselbe: Einige Einkaufsab­ teilungen arbeiten sehr effizient, leistungsstark und produktiv. Sie verschaffen ihrem Unternehmen echte Wettbewerbsvorteile. Andere

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wiederum arbeiten so ineffizient, dass sie ihr Unternehmen massiv schädigen. Wie gut ist Ihr Einkauf? Viele Wege fuhren nach Rom

Es gibt viele Möglichkeiten, die Effizienz in Einkauf und Supply Ma­ nagement zu steigern. Eine der elegantesten ist das Benchmarking. Es liefert nicht nur die Kennzahlen, die Ihnen schwarz auf weiß zei­ gen, wie gut Ihr Einkauf im Vergleich zu den Besten ist. Es zeigt Ihnen auch, was die Besten so gut macht und wie Ihr Einkauf bald auch so gut werden kann. Ein fundiertes Benchmarking verschafft Ihnen den Überblick über die wichtigsten Einflussfaktoren für Effi­ zienz im Einkauf. Hierzu gehören zum Beispiel: •

Effiziente Strukturen und Prozesse im Einkauf



Moderne Tools und Systeme



Konstruktive Kommunikation und gezieltes internes Kun­ denmanagement



Know-how und Qualifikation der Manager und Mitarbeiter



Transparenz und Steuerung dank eines funktionierenden Supply Controllings



Definierte strategische Zielsetzungen



Optimierte Position des Einkaufs in der Wertschöpfungskette

Diese Faktoren schaffen die Voraussetzungen für Effizienz im Ein­ kauf. Wer die Ausprägung dieser Faktoren bei den Besten ermittelt, erhält damit ein Rezeptbuch für Erfolg im Einkauf.

Wer liefert die Daten?

Für ein professionelles Benchmarking werden Sie externe Unter­ stützung benötigen. Nicht nur, um an die Daten der besten Ein­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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kaufsabteilungen aller Branchen zu gelangen. Sondern auch für die Benchmarking-Methodik, damit das eigentliche Benchmarking strukturiert und systematisch und vor allem schnell abläuft. Also eher binnen Wochen als binnen Monaten. Die Dauer hängt natür­ lich entscheidend von der Anzahl der untersuchten Standorte und Organisationseinheiten ab. Hat ein Unternehmen beispielsweise ein Dutzend Standorte auf fünf Kontinenten, dauert ein Benchmarking naturgemäß länger. Ein gutes Benchmarking-Team wird immer ver­ suchen, ein Benchmarking so schnell wie nur irgend möglich durchzuziehen - weil es nämlich an einem Vergleich zu einem defi­ nierten Zeitpunkt interessiert ist. Je länger bei einem Benchmar­ king „herumgetrödelt“ wird, desto größer wird das Risiko, dass sich während des Vergleichs schon verändert, was eigentlich verglichen werden sollte.

Knackpunkt Vergleichbarkeit Die Attraktivität von Benchmarking ist offensichtlich: Wer sein Un­ ternehmen voranbringen will, braucht lediglich von den Besten zu lernen. Die Sache hat nur einen kleinen Haken: Wenn wir mit Füh­ rungskräften beispielsweise über eine konkrete BenchmarkingKennzahl oder eine überlegene Benchmarking-Struktur reden, fällt manchmal der Einwand: „Aber die Best Practice kommt ja aus einer ganz anderen Branche! Das ist doch nicht vergleichbar!“ Überflüssig zu sagen, dass dieser Einwand umso häufiger fällt, je weiter das eigene Unternehmen hinter der Benchmark zurück fällt ...

Vergleichen, nicht verdrängen Ob ein Benchmarking tatsächlich vergleichbar ist oder nicht, hängt pikanterweise weniger von der Vergleichbarkeit als vom Wissens­ tand der Manager ab. Viele glauben, dass für einen Vergleich nur Unternehmen der eigenen Branche herangezogen werden dürfen. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Dieser verbreitete Irrtum hindert etliche Manager daran, Bench­ marking sinnvoll zu nutzen. Tatsächlich ist die Sache so: •

Für einen quantitativen Vergleich (Preise, Kennzahlen) spie­ len tatsächlich strukturelle Ähnlichkeiten eine Rolle - der Vergleich erfolgt deshalb branchenintern oder branchenver­ wandt.



Bei einem qualitativen Vergleich (Prozesse, Tools, Strukturen, ... ) wird jedoch nach Best Practices gesucht - und dafür ist es ziemlich egal, woher die Best Practices kommen. Gerade hier lohnt sich ein Blick über den eigenen Gartenzaun enorm: Best Practices finden sich nicht nur im eigenen Vor­ garten.

Praktisches Beispiel

Wenn wir zum Beispiel im Auftrag eines Energieunternehmens benchmarken, werden wir natürlich andere Energieunternehmen zum Vergleich heranziehen. Wir werden jedoch daneben Unterneh­ men aus dem Anlagenbau, der Chemie, aber auch aus Verwaltung oder Konsumgüterherstellung vergleichen. Warum mehrere? Weil der Vergleich mit nur einem Unternehmen viel zu schmal ist, um daraus tragfähige Erkenntnisse ableiten zu können. Selbstverständ­ lich müssen die Unternehmen anderer Branchen für einen quanti­ tativen Vergleich so ausgewählt werden, dass sie zum betrachteten Unternehmen passen. Einerseits erfordert das einen BenchmarkingExperten, der zusammen bringt, was zusammen gehört. Anderer­ seits setzt das voraus, dass die Benchmarking-Datenbank des Ex­ perten groß genug ist, um für jedes Unternehmen ausreichend an­ dere, passende Unternehmen zu finden. In unserer Datenbank fin­ den Sie zum Beispiel über 360 Unternehmen. Das ist reichlich Auswahl. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Was Benchmarking bringt Wie effizient arbeitet Ihr Einkauf im Vergleich zu den Besten? Diese Frage kann nur Benchmarking beantworten. Darüber hinaus ver­ schafft Ihnen Benchmarking noch andere Vorteile:



Es entlarvt schonungslos die Schwächen im Einkauf, aber auch dessen Stärken.



Es deckt interne Best Practices auf.



Benchmarking zeigt interne Synergiepotenziale auf, um An­ sätze zur stärkeren Bündelung von Einkaufsaktivitäten oder Produkten.



Es fördert die interne Kommunikation und den Wandel: Weil bei einem Benchmarking-Projekt sich viele interne Experten austauschen, kommen viele Dinge zwangsläufig in Bewe­ gung.



So ein Benchmarking ist die beste Gelegenheit, um einen strukturierten Maßnahmenkatalog zu erstellen, eine so ge­ nannte Road Map.

Warum Benchmarking? Benchmarking verschafft alle diese Vorteile. Aus Sicht des Topma­ nagements hat es jedoch noch einen Vorteil, der es besonders att­ raktiv macht: Angesichts stetig fallender Wertschöpfungstiefen wird der Einkauf immer wichtiger für ein Unternehmen. Doch viele Top­ manager fragen sich: Was läuft überhaupt in unserem Einkauf? Wie performt er im Vergleich? Sind unsere Strukturen im Einkauf viel­ leicht schon völlig veraltet? Diese Fragen kann das Controlling oft nicht beantworten. Deshalb greifen Topmanager zunehmend zum Benchmarking.

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Fallbeispiel Für ein international agierendes Chemieunternehmen haben wir einmal sein Supply Management mit dem von über hundert ande­ ren Unternehmen verglichen. Ein Überblick über die Ergebnisse zeigt, was Sie von einem Benchmarking ungefähr erwarten können: •

Die Kosteneffizienz des Einkaufs war vergleichsweise hoch.



Dafür war das Einkaufsvolumen pro Mitarbeiter im Vergleich zu anderen Unternehmen relativ niedrig.



Beim Indirect Spend (alle Beschaffungen außer Material und Maschinen, also zum Beispiel Computer, Travel, Papier, ... ) gab das Unternehmen mehr aus als andere. Große Kostenpo­ tenziale waren ungenutzt. Das Benchmarking zeigte, warum: Der Indirect Spend wurde nicht zentral gesteuert, Prozesse waren nicht klar definiert, Bündelungspotenziale lagen des­ halb brach.



Das Unternehmen war im Vergleich zu anderen im SpendBlindflug unterwegs: Dem Topmanagement war nicht be­ kannt, wer was bei wem zu welchen Konditionen einkauft. Die aggregierten Daten waren nicht auf Knopfdruck verfüg­ bar. Fazit: Viel Supply, wenig Management.



Die Performance und der Wertbeitrag des Einkaufs wurden nicht regelmäßig und systematisch gemessen, das heißt es gab kein integriertes Einkaufs-Informationssystem.

Warum es sich lohnt Wenn Einkauf und Supply Management effizienter werden sollen, ist Benchmarking fast schon ein unabdingbares Erfolgsinstrument. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Darüber hinaus ist es angesichts sinkender Wertschöpfungstiefen auch ein wichtiges Instrument der Unternehmensführung: Ein gu­ tes Benchmarking bringt viel frischen Wind in jedes Unternehmen, weil es jede Menge neuer Impulse gibt.

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Strategische Lieferanten Kuscheln Sie nicht mit Lieferanten, auch nicht mit strategischen Lieferanten!

Christopher Jahns und Roger Moser

Es gibt Lieferanten, die von heute auf morgen ersetzbar sind. Und es gibt Lieferanten, deren plötzlicher Ausfall böse Folgen fürs Un­ ternehmen hat: strategische Lieferanten.

Der Beitrag auf einen Blick: •

Wer strategische Lieferanten hat, sie aber nicht wie strategi­ sche Lieferanten behandelt, schädigt seine eigene Marktposi­ tion.



Umgekehrt sollten Sie nicht jeden strategischen Lieferanten wie einen strategischen Partner behandeln: Das ist rausge­ worfenes Geld!



Ob Sie einem strategischen Lieferanten die Preisdaumen­ schraube anlegen oder wie einen Partner behandeln, hängt allein von dem Marktvorteil ab, den er Ihnen verschaffen soll.



Kuscheln Sie nicht mit Lieferanten, auch nicht mit strategi­ schen Lieferanten!

Natürlich sind strategische Lieferanten wichtig. Doch nicht jeder wichtige Lieferant ist auch ein strategischer Lieferant: Als strategi­ sche Lieferanten werde ausschließlich solche Lieferanten bezeich­ net, mit denen ein Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielen kann. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Wenn ein Maschinenbauer, nur um ein Beispiel zu nennen, seine Büroklammern ein Zehntel Cent billiger einkauft, kann er damit kaum einen Wettbewerbsvorteil erreichen. Wenn einer seiner Liefe­ ranten dagegen eine Innovation mit ihm zusammen entwickelt, dann verschafft ihm das einen klaren Vorteil in seinem Maschinen­ markt - und macht den innovativen Lieferanten zum strategischen Lieferanten. Verzichten Sie auf Machtspielchen

Viele Unternehmen reden von strategischer Partnerschaft mit Liefe­ ranten, verhalten sich ihnen gegenüber jedoch noch nach dem alten Muster: Sie legen die Preisdaumenschraube an, spielen Machtspiel­ chen oder vergeben Aufträge immer noch an andere Lieferanten. Wer sich solche Schnitzer erlaubt, kann lange über strategische Partnerschaft reden. Funktionieren wird das nicht. Der vorgeblich strategische Partner reagiert sauer und spielt nun seinerseits Spiel­ chen. Das Unterlassen dieser beliebten Machtspiele fällt selbst im Zeitalter von Supply Management vielen Managern im Einkauf schwer. Dabei ist der Zusammenhang simpel: Solange Machtgehabe nicht durch eine Vertrauenskultur ersetzt wird, laufen strategische Partnerschaften nicht. Vertrauen ist eine conditio sine qua non. Wobei Vertrauen keine Voraussetzung ist, sondern das Resultat konkreten Verhaltens.

Vertrauen bilden Manager reden gerne darüber, wie wichtig gegenseitiges Vertrauen im Business ist. Leider wächst davon das Vertrauen nicht. Vertrau­ en bildet sich nur durch Verhalten, nicht durch Worte. Wenn Ein­ käufer wegen jedem Zehntelcent Preisvorteil zur Konkurrenz wech­ seln, verliert der Lieferant schnell sein Vertrauen. Einmal ganz da­ von abgesehen, dass so ein Wechsel ein echter Fehler ist: Die Kos­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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tenvorteile einer strategischen Partnerschaft können weitaus höher sein als die üblichen Preisvorteile durch Lieferanten-Squeezing. Ein strategischer Lieferant kann jener Lieferant sein, der zu den nied­ rigsten Kosten liefert - aber er muss das nicht, um das Attribut „strategisch“ zu verdienen. Jeder andere Wettbewerbsvorteil, den er liefert, macht ihn ebenso zum strategischen Lieferanten.

Kaufen Sie noch ein oder betreiben Sie schon Supply Manage­ ment?

Wer wegen eines kurzfristigen Kostenvorteils einen strategischen Partner verprellt, verspielt damit weitaus höhere Wettbewerbsvortei­ le aus der strategischen Partnerschaft. Das ist extrem kurzsichtig, in der jedoch Praxis immer wieder zu beobachten. Warum? Weil noch zu viele Einkaufsabteilungen einkaufen, anstatt Supply Mana­ gement zu betreiben. Ein Supply Manager würde sich einen strate­ gischen Vorteil nie durch die Lappen gehen lassen, weil er nicht nur an seine Abteilung, sondern ans ganze Unternehmen (und damit an seinen Arbeitsplatz) denkt. Ein Einkäufer alter Prägung dagegen schaut allein auf seinen kleinen Preisvorteil - auch wenn er damit dem eigenen Unternehmen das Grab schaufelt. Eben weil das auf Dauer nicht gut geht, hat der Paradigmenwechsel vom Einkauf zum Supply Management stattgefunden.

Negativbeispiel USA In der jüngsten Vergangenheit hatten viele US-Hersteller ihre lieben Probleme mit strategischen Lieferanten. Sie verhandelten mit ihnen wegen strategischer Partnerschaften, verhielten sich dann aber doch wie früher und betrieben das gute alte Lieferanten-Squeezing. Überflüssig zu sagen, dass daran die Partnerschaften scheiterten. In Deutschland haben wir gerade das entgegengesetzte Problem: Viele Unternehmen verhalten sich gegenüber bestimmten LieferanSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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ten ausgesprochen partnerschaftlich - auch wenn diese überhaupt keine strategischen Partner sind! Diese Kuschelei mit Lieferanten liegt an der Mentalität, die vielerorts noch im Einkauf herrscht: Wer Qualität produziert, darf nicht auf die Kosten achten! Diese über­ kommene Einstellung gibt es immer noch. Obwohl wir inzwischen in Zeiten der großen Kostensenkung leben. Woher stammt dieser Atavismus?

Zu enger Horizont Obwohl inzwischen jeder von Globalisierung und Low Cost Country Sourcing spricht, tun’s die wenigsten in ausreichendem Maße. Wa­ rum nicht? Weil der Horizont vieler Einkäufer zu eng ist. Sie wollen immer noch nicht wahrhaben, dass sie dieselbe Qualität auch an­ derswo bekommen können - nur wesentlich billiger. Wer seine Sourcing-Fühler nach China oder Indien ausstreckt, erlebt dort ei­ nen Aha-Effekt: Die Qualität ist höher als erwartet. Zugegeben, die Preise auch. Doch selbst unter strenger Vollkostenbetrachtung reicht das noch für sehr wohltuende Kostenvorteile.

Die übliche Begriffsverwechslung Warum tun sich viele Unternehmen derart schwer mit strategischen Lieferanten? Weil es bereits am Begriffsverständnis hapert. Viele Manager verwechseln strategische Lieferanten mit strategischen Partnern. Nicht nur vom Begriff her, sondern auch in ihrem Verhal­ ten. Resultat: Entweder sie kaufen zu teuer ein oder sie bekommen nicht das, was eigentlich möglich wäre. Schlagendes Beispiel: Selbst Lieferanten, die eigentlich Kostenvorteile liefern müssten, werden wie Partner behandelt. Der Einkäufer kuschelt mit dem Lieferanten, anstatt ihn durch straffe Führung zu den Kostenvorteilen zu moti­ vieren, die ihn zum strategischen Lieferanten machen. Damit

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schmeißt er - ohne es zu wollen oder zu merken - das Geld seines Unternehmens zum Fenster hinaus.

Der kleine Unterschied

Vielleicht liegt es daran, dass viele Einkäufer und Manager das har­ te Unterscheidungskriterium zwischen strategischen Lieferanten und strategischen Partnern nicht kennen. Dabei ist dieses relativ simpel: Eine strategische Partnerschaft müssen Sie mit einem Liefe­ ranten erst dann aufbauen, wenn Sie gemeinsam investieren wol­ len, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Tun Sie das nicht, ist der Lieferant vielleicht ein strategischer Lieferant - aber auf keinen Fall ein strategischer Partner. Deshalb ist es Unfug und obendrein recht teuer, ihn als solchen zu behandeln. Im Klartext: Selbst einen stra­ tegischen Lieferanten dürfen Sie nach Herzenslust squeezen - wenn der Kostenvorteil genau jener strategische Vorteil ist, der den Liefe­ ranten zum strategischen Lieferanten macht. Mit diesem Lieferan­ ten müssen Sie gar nicht kuscheln! Leider tun sich viele Einkaufs­ manager mit dieser Einsicht schwer. Wenn sie von strategischen Lieferanten sprechen, denken sie leider zu oft spontan und unre­ flektiert an strategische Partner. Eine kostspielige Verwechslung. Auch in der Wissenschaft läuft vieles schief Die Wissenschaft weiß es in diesem Fall größtenteils leider auch nicht besser. Viele, zu viele Studien kaprizieren sich derzeit auf die Untersuchung allein von strategischen Partnerschaften. Die strate­ gischen Lieferanten fallen hingegen völlig hinten runter oder werden nur berücksichtigt - Sie erraten es schon - wenn sie strategische Partnerschaften mit Unternehmen eingehen. Besonders praxisorien­ tiert oder tauglich ist das nicht.

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Fazit

Wie Sie sich einem Lieferanten gegenüber verhalten sollten, hängt einzig und allein vom Wettbewerbsvorteil ab, den er Ihnen verschaf­ fen kann. Ist es ein Zeit-, Kosten- oder Qualitätsvorteil, dann ver­ handeln Sie darüber knallhart mit ihm. Kann er diesen Vorteil lie­ fern, wird er zum strategischen Lieferanten. Müssen Sie zur Erlan­ gung des Vorteils gemeinsam investieren, dann - und nur dann sollten Sie ihn auch wie einen strategischen Partner behandeln.

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Bewertung von Lieferanten Die klassischen Bewertungssysteme müssen dringend ergänzt werden

Christopher Jahns und Roger Moser

Jeder Lieferant wird bewertet. Leider haben die meisten Bewer­ tungssysteme ein Loch, das Unternehmen teuer zu stehen kommt.

Die Lieferantenbewertung ist eine der Kernfunktionen des Einkaufs. Bewertet wird mit einem Bewertungssystem. Die meisten dieser Systeme greifen jedoch zu kurz. Sie bewerten vornehmlich Kosten, Zeit und Qualität. Ja was denn sonst? Darauf kommt es doch wohl an! Sicher. Doch das reicht längst nicht mehr.

Es geht um Vorteile Kosten, Zeit und Qualität sind auf den heutigen Märkten notwendi­ ge, aber längst keine ausreichenden Voraussetzungen mehr für Markterfolg. Die zentrale Frage lautet heute: Welche Wettbewerbs­ vorteile kann mir der Lieferant liefern - außer Kosten, Zeit und Qualität? Zum Beispiel



Innovationsvorsprünge



Senkung der Finanzierungskosten (beispielsweise Leasing statt Kauf)



Vorteile durch Risikomanagement, wenn der Lieferant durch systematisches Risk Management Risiken vermeidet oder im finanziellen wie operativen Bereich selbst trägt



Unterstützung bei der Erschließung neuer Märkte

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Das sind in der heutigen Zeit die Vorteile, die im Wettbewerb den entscheidenden Vorsprung bringen. Und ausgerechnet diese ent­ scheidenden Vorteile fehlen in herkömmlichen Bewertungssyste­ men? Das ist so unverständlich wie gefährlich. Ein Vorstandsmit­ glied drückte es mal drastischer aus: „Das ist aktive Firmensabota­ ge!“

Die Zeit drängt Die klassischen Bewertungssysteme müssen dringend ergänzt wer­ den. Leider hat sich das in der Praxis noch nicht wirklich herumge­ sprochen. Es gibt einige Unternehmen, die an einer Aktualisierung ihres Systems basteln, vor allem in Bezug auf Innovationen, die ein Lieferant bieten kann. Doch alles in allem bewegt sich in der Unter­ nehmenslandschaft noch nicht allzu viel in dieser Richtung. Dabei drängt die Zeit. Denn der Markt wartet nicht.

Was kann ein Lieferant wirklich?

Zwar hat inzwischen jeder Einkäufer schon von der sinkenden eige­ nen Wertschöpfungstiefe gehört. Lieferanten tragen heutzutage be­ reits über 50 Prozent der Wertschöpfung eines Unternehmens. Doch die Implikationen daraus sind noch den wenigsten klar: Die Pro­ dukte eines Lieferanten sind auch noch wichtig. Doch viel wichtiger werden mit steigendem Wertschöpfungsanteil seine Fähigkeiten:



Wie innovativ ist er?



Wie risiko-kompetent?



Wie kann er mich bei Markteintritt, -erweiterung und -pflege unterstützen?



Wie gut hat er seine Supply Chain im Griff? Das heißt wie gut managt er die Lieferanten meines Lieferanten?

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Das alles sind strategische Fragen. Das Problem ist nur: Sie werden nicht gestellt und vor allem nicht ins Bewertungssystem eingestellt. Das ist eine strategische Lücke, vergleichbar mit dem Fahren ohne funktionierende Bremse: Das geht einige Kilometer gut. Spätestens jedoch bei der nächsten scharfen Kurve gibt es garantiert ein Un­ glück. Viele Unternehmen provozieren derzeit geradezu dieses Un­ glück. Keine Benchmarks

Dass es keine Benchmarks gibt, macht die Situation nicht einfa­ cher. Strategisch abgestimmte Bewertungssysteme sind ein echtes Neuland-Thema. Ein Thema für Pioniere. Denn strategisches Mana­ gement wurde bislang nie wirklich auf Lieferanten angewendet. Weil das Problem inzwischen erkannt wurde, arbeiten derzeit einige füh­ rende Unternehmen mit externen Supply-Management-Beratern und renommierten Lehrstühlen zusammen, um ihre Systeme ent­ sprechend zu modernisieren. Lohnt sich der Aufwand?

Für den Blumenhändler um die Ecke, der regelmäßig für die Ge­ burtstage in der Firma die Blumen liefert, lohnt sich der Aufwand sicher nicht. Er lohnt sich jedoch für Lieferanten, die strategische Wettbewerbsvorteile liefern und/oder ein entsprechendes Liefervo­ lumen haben. Weil das meist nur auf ungefähr 10 Prozent der Liefe­ ranten zutrifft, ist der Aufwand dafür überschaubar, vertretbar und auch von jeder Einkaufsabteilung und jedem Fachbereich zu leis­ ten.

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„Dann haben wir ja zwei Systeme!“

Diese Befürchtung erheben viele Praktiker. Keine Bange: Genau das haben Sie danach nicht. Das alte System ist doch gut. Wozu es wegwerfen? Es funktioniert doch prima für Kosten, Zeit und Quali­ tät. Es reicht völlig, die neuen Kriterien per Huckepack-Verfahren oben drauf zu satteln. Das Problem ist nur leider: Einkäufer alter Prägung sind damit meist stark überfordert. Ein Einkäufer kann das nicht, weil er dafür nicht ausgebildet wurde. Ein Einkäufer, der jedoch von einem guten Ausbilder zum Supply Manager weitergebil­ det wurde, kann das dagegen locker. Denn es gehört zu seinem Ge­ schäft.

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Schneller, besser, effizienter: Prozessmanagement Wie sich Billigländer verteuern können, wenn die Prozesse nicht stimmen

Holger Schober

Die Pointe beim Low Cost Country Sourcing ist, dass man in einem so genannten Billigland in großem Stil billig einkauft. Leider platzt diese Pointe häufig, wenn die Prozesskosten für einen billig einge­ kauften Artikel dessen Einkaufspreis überschreiten: Der Prozess kommt teurer als der beschaffte Artikel selbst.

In Zeiten, in denen viele Mitbewerber in Billigländern einkaufen und dieser Wettbewerbsvorteil also nicht mehr exklusiv ist, darf es nicht sein, dass die Prozesskosten die mühsam errungenen Kostenvorteile auffressen. In anderen Worten: Prozessmanagement tut Not beim Low Cost Country Sourcing. Die offenen und versteckten Potenziale beim Prozessmanagement sind zwar nicht unendlich, aber auch nicht unerheblich. Gerade in unseren modernen Zeiten, in denen die Wertschöpfungsketten sich immer stärker aufgliedern, werden die Prozesse in Einkauf und Logistik immer komplexer - und mit ihnen die Potenziale für Kosteneinsparungen und Prozessoptimie­ rung.

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In die falsche Richtung geblickt Die ständig zunehmende Atomisierung der Wertschöpfungsketten ist jedoch nur eine Erklärung dafür, warum viele Prozesse in Ein­ kauf und Logistik noch nicht optimal laufen. Ein anderer Grund dafür ist, dass unsere Unternehmen in den letzten Jahren ihr Hauptaugenmerk auf die Veränderung ihrer Organisationsstruktu­ ren legten - ihre Prozesse haben sie dabei weniger beachtet. Gerade deshalb liegen auch beim Low Cost Country Sourcing noch un­ glaublich viele Potenziale brach.

Brachliegende Potenziale Die häufigsten Kosten- und Komplexitätstreiber der Prozesse beim Low Cost Country Sourcing sind:



keine klar geregelten und kommunizierten Verantwortlichkei­ ten in den Prozessen



zu viele Beteiligte in den Prozessen



zu wenig vorab geregelte Abläufe: Man bestellt zwar billig im Billigland - doch wie die billige Ware zum Einkäufer kommt, weiß keiner wirklich detailliert genug.



übersehene Kosten des Feintunings: Spediteuren im Billig­ land zu erklären, wie sie welche Artikel verpacken müssen oder dass man LCD-Bildschirme nicht auf den LKW werfen darf, kostet Zeit, Geld und erfordert geregelte Zuständigkei­ ten - was häufig übersehen wird.



zu hohe Variantenvielfalt der Prozesse: Die Standardisierung der Prozesse insgesamt ist zu niedrig.

Wenn Manager mit dieser auszugsweisen Mängelliste in der Hand ihre Prozesse durchforsten, treten sie damit in der Regel eine LawiSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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ne an bislang versteckten Gelegenheiten der Prozessoptimierung, Komplexitäts- und Kostenreduktion los. Wem die Vorgehensweise per Checkliste zu hemdsärmelig ist, der kann auch systematisch vorgehen. Prozessmanagement mit System In der Praxis bewährt hat sich eine systematische Vorgehensweise in vier Schritten: 1) Prozessanalyse: Herstellung von Transparenz

2) Prozess-Redesign: Optimierung oder Radikalkur 3) Einführung der neuen Prozesse 4) Sicherstellung der Nachhaltigkeit

Betrachten wir die einzelnen Schritte genauer.

Erster Schritt: Prozessanalyse Man kann nur verändern, was man kennt. Die Potenziale bei den Prozessen werden jedoch meist von einem Schleier der Intranspa­ renz verdeckt. Die Prozessanalyse schafft quantitative Klarheit über



die beteiligten Organisationseinheiten in- und außerhalb des eigenen Unternehmens



die Kosten je Prozessschritt



die Zeiten je beteiligter Organisationseinheit: Liege-, Bearbeitungs- und Transportzeiten



die Qualität: Wie definiert sich meine Prozessqualität?

Wenn das so einfach ist ...

Wenn die Prozessanalyse so einfach ist, warum sind dann viele Pro­ zesse gerade beim Low Cost Country Sourcing noch so ineffizient? SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Weil die Prozessanalyse nur auf den ersten Blick einfach ist. Tat­ sächlich ist es echte Knochenarbeit, sämtliche beteiligten Organisa­ tionseinheiten für jeden Prozess zu identifizieren und jedem Pro­ zessschritt Kosten und Zeiten zuzuordnen. Natürlich zahlt sich die­ se Knochenarbeit überproportional aus. Trotzdem bleibt es harte Arbeit...

Zweiter Schritt: Prozess-Redesign Wenn ein Prozess eigentlich ganz gut, das heißt effizient und kos­ teneffektiv läuft, hat er lediglich eine Optimierung nötig. Zeigt die Prozessanalyse jedoch eklatante Ineffizienz auf, wird eine radikale Neukonzeption nötig. Man fragt sich: Wie sollte der Prozess idealer­ weise laufen? Entweder man konzipiert diesen Idealprozess selbst oder übernimmt ihn per Benchmarking. Wenn das so einfach ist, warum gibt es dann noch so viel ineffiziente Prozesse? Weil beim Prozess-Redesign paradoxerweise nicht die prozeduralen oder tech­ nischen Faktoren das Problem sind. Das Problem ist der Faktor Mensch, sprich seine mentalen Blockaden der Marke: „Warum etwas ändern? Das läuft doch gar nicht so schlecht!“

„Das haben wir schon immer so gemacht!“

„Das geht doch gar nicht!“ „Warum sollen wir jetzt plötzlich alles anders machen?“ „Warum sollte das alles falsch sein, was wir bislang gemacht ha­ ben?“

Es ist immer wieder erstaunlich, auf welch triviale Weise dringend nötige Prozessverbesserungen ausgebremst werden.

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Dritter Schritt: Die erfolgreiche Einführung neuer Prozesse Dieser Schritt ist der schwerste beim Prozessmanagement. Denn Prozess-Analyse und Prozess-Redesign finden ausschließlich auf dem Papier statt. Der Transfer vom Papier in die Praxis erfolgt über die Prozesseinführung. Und diese macht erfahrungsgemäß Proble­ me, die sich in einem Wort beschreiben lassen: Reaktanz. Die Ein­ führung neuer Prozesse löst immer Widerstandsverhalten bei den Beteiligten aus, die sich als Betroffene fühlen. Oder wie Reinhard Sprenger sagte: „Der einzige Mensch, der den Wandel liebt, ist ein nasses Baby.“ Wie gehen Sie mit Reaktanz um? Die größte Herausforderung beim Prozessmanagement ist also nicht das eigentliche Management der Prozesse, sondern das Change Ma­ nagement. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Mitarbeiter in Unternehmen, die im Prozessmanagement agieren, Ingenieure oder Techniker sind. Also Menschen, die von ihrer Ausbildung her kaum Erfahrung und Methoden im Umgang mit Veränderungspro­ zessen mitbringen. Als ob das alles noch nicht schwer genug wäre, kommt beim Low Cost Countiy Sourcing noch hinzu, dass eine er­ folgreiche Implementierung neuer Prozesse auch eine gehörige Por­ tion interkultureller Kompetenz erfordert.

Beispiel Indien

Wer in Indien einen Prozess optimieren möchte, stößt zum Beispiel auf das No-Problem!-Problem. Wer in Indien arbeitet oder sourct, hört am Tag gewiss einige Dutzend mal das geflügelte Wort: „No Problem!“ Das ist nicht nur eine Redensart, sondern ein nationales Charakteristikum. Es gilt in Indien als unhöflich und unange­ bracht, über Probleme nachzudenken oder darüber zu reden. Wie wollen Sie jedoch einen Prozess von kostenträchtigen und zeitinten­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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siven Problemen befreien, wenn Ihr indischer Lieferant das Problem überhaupt nicht sieht oder nicht darüber reden will oder kann? Das erfordert extrem viel Einfühlungsvermögen, Kenntnis der indischen Kommunikationsgebräuche, Ausdauer und diplomatisches Ge­ schick.

Vierter Schritt: Die Sicherstellung der Nachhaltigkeit

Wir alle kennen die Tendenz, vor allem nach Kostensenkungs- oder Qualitätssteigerungsprojekten, dass ein halbes bis spätestens ein Jahr nach erfolgreicher Beendigung des Projektes wieder alles beim Alten ist. Es wirkt eine Art Gummiband-Effekt: Kosten und Qualität schnellen wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Um diesen uni­ versellen Effekt beim Prozessmanagement zu vermeiden, wird für jeden erfassten und analysierten Prozess ein Prozessverantwortli­ cher nominiert. Schlagwort: „Einer muss verantwortlich sein!“ Der Praktiker erkennt darin einen Riesenunterschied zur Normal Practi­ ce: Normalerweise haben wir in unseren modernen Unternehmen geradezu sozialistische Zustände: Tausend Prozesse - und keiner fühlt sich zuständig dafür.

Einige Studienergebnisse Wie Studien zeigen, scheitern fast 70 Prozent aller Unternehmen an der nachhaltigen Einführung von optimierten Prozessen. Warum?

Die Hauptgründe sind: •

Methodisch unzureichender Umgang mit den auftauchenden Widerständen beim Wandel.



Fehlende Hartnäckigkeit: Die Projekte laufen oft mit großem Erfolg an. Doch weil sich danach keiner mehr für das Projekt und die Prozesse verantwortlich fühlt, schläft der Eifer bald wieder ein - der Gummiband-Effekt tritt auf.

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Insbesondere beim Low Cost Country Sourcing kommt als Misserfolgs-Ursache noch eine mangelnde Abstimmung der IT-Systeme zwischen Lieferanten und Einkäuferunternehmen hinzu.

Überraschenderweise zeigen Studien auch, dass jene zwei Funkti­ onsbereiche der untersuchten Unternehmen, in denen am häufigs­ ten Prozessmanagement betrieben wird, Marketing und Supply Ma­ nagement sind.

Blick in die Zukunft

Unternehmen wie Porsche haben bereits eigene Tochterfirmen ge­ gründet, um die Prozesse einheimischer Lieferanten zu analysieren und zu optimieren. Studien zeigen, dass beim Low Cost Country Sourcing dieser nötige Schritt bislang noch so gut wie nicht unter­ nommen wird. Da der Kostendruck jedoch auch durch Low Cost Country Sourcing nicht von den Unternehmen genommen wurde, liegt es auf der Hand, dass in diesem Schritt die Zukunft des Pro­ zessmanagements und des Low Cost Country Sourcings liegt.

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Heißes Eisen Marketing Marketing kauft ein - und der Einkauf weiß von nichts!

Christopher Jahns und Anja Wagner

Der Einkauf von Marketingleistungen ist ein heißes Thema. Wäh­ rend alle anderen Abteilungen zum Steinerweichen sparen, liegen im Marketing noch beeindruckend viele Kosten- und Effizienzpoten­ ziale brach. Haben Sie Ihre Potenziale schon angezapft? Der Beitrag auf einen Blick:



Brandheiß: Die Ergebnisse des Marketing Spend Survey 2005



Zapfen Sie brachliegende Potenziale in drei Schritten an.



Zwei Idealprozesse zum Downloaden und sofort Realisieren.



Wie wär’s mit einem Category Manager Marketing?

Seit es Marketing gibt, werden Marketingleistungen eingekauft. Die erste Werbeagentur wurde bereits im 19. Jahrhundert gegründet. Und schon wenig später tauchte ein Problem auf, das Unternehmen bis zum heutigen Tag teuer zu stehen kommt: Beim Marketing Spend läuft vieles schief. Was schiefläuft



In vielen Unternehmen bypasst das Marketing den Einkauf bei der Auftragsvergabe, ohne dessen Know-how zur Kosten­ senkung und Effizienzsteigerung zu nutzen.

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Während alle anderen Abteilungen bündeln und standardi­ sieren wie die Weltmeister, sind diese beiden Strategien der Effizienzsteigerung im Marketing kaum bekannt, geschweige denn praktiziert.



Die Folge: Es wird für etliche Marketingleistungen erheblich mehr Geld ausgegeben als nötig und als es sich das Unter­ nehmen leisten kann.



Es wird nicht die beste Leistung beim günstigsten Lieferan­ ten eingekauft, sondern nach dem Hoflieferanten-Kriterium oder aus dem Bauch heraus geordert.



Es gibt zu wenig Transparenz: Wer kauft was bei wem zu welchen Konditionen?



Je geringer die Transparenz, desto größer die Kosteneinsparungs- und Effizienzsteigerungspotenziale - die nicht ange­ zapft werden können, weil die Transparenz fehlt!

Ford täuschte sich

Diese Probleme sind nicht neu. Schon Henry Ford sagte: „Die Hälfte unseres Werbebudgets wird zum Fenster rausgeworfen. Wir wissen bloß nicht, welche Hälfte.“ Ford täuschte sich: Es ist sogar mehr als die Hälfte, wie Studien zeigen. Bis zu 60 Prozent des Marketingbud­ gets können durch professionelles Supply Management eingespart werden. Wie groß ist Ihr Marketingbudget (im Branchenschnitt sind es ungefähr 4% der Gesamtkosten)? Und wie viel würde die Einspa­ rung in Euro bei Ihnen ausmachen? Ein beeindruckender Betrag, nicht wahr? Und nun die gute Nachricht: Stellen Sie sich vor, Sie kürzen diese Summe nicht weg, sondern kaufen so clever ein, dass Sie diese 60 Prozent quasi übrig haben und für eine phantastische, zusätzliche, offensive, viel intensivere und wirkungsvollere Markt­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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bearbeitung einsetzen könnten. Wie das Umsatz und Ertrag in die Höhe treiben würde! Wie kommen Sie dahin?

1. Schritt: Partnerschaftliche Zusammenarbeit Das SMI hat mit Unterstützung von Ariba genau diese Frage im Marketing Spend Survey 2005 untersucht. Die Studie wurde in die­ sen Tagen beendet. Die Ergebnisse liegen frisch aus der Drucker­ presse vor - Sie sind unter den ersten, die sie zu Gesicht bekom­ men. Was die Studie zeigt: Viele Unternehmen versuchen bereits, den Marketing Spend in den Griff zu bekommen. Das Manko bei diesen Versuchen: Das Supply Management hat sich zwar schon sporadisch in den Beschaffungsprozess eingeklinkt - doch die wich­ tigen Entscheidungen trifft meist immer noch das Marketing, wes­ halb immer noch große Effizienzpotenziale ungenutzt brachliegen. Ein erster Schritt zu deren Nutzung ist deshalb die gleichberechtig­ te Zusammenarbeit zwischen Marketing- und Einkaufsleitung. Ganz konkret: Es muss ein so genanntes crossfunktionales Team gebildet werden. Wenn das so einfach ist ...

... warum machen das dann nicht sofort alle Unternehmen? Weil die Strukturen historisch gewachsen sind: Das Marketing setzt sich nicht von heute auf morgen einfach so mit dem Einkauf an einen Tisch. Damit es so weit kommt, muss erst ein ganzheitliches Chan­ ge-Management praktiziert werden. Zusätzlich muss das Commit­ ment des Topmanagements als Change-Pate gewonnen werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, geht der Wandel relativ zügig über die Bühne und beide Abteilungen setzen sich an den gemein­ samen Tisch. In der Best Practice wird das meist ganz pragmatisch gehandhabt. Wie ein Vorstandsmitglied eines Konzerns sagte: „Auch das Marketing kann von der Erfahrung unseres Supply Manage­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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ments profitieren. Also sollten die beiden auch eng Zusammenarbei­ ten.“ 2. Schritt: Strukturierter Prozess

Bisher kauft das Marketing höchstens sporadisch mit Unterstüt­ zung des Supply Managements ein. Oder es vergibt seine Aufträge gleich an Hoflieferanten oder entscheidet aus dem Bauch heraus. Diesen Spend-Wildwuchs kann nur ein strukturierter Beschaf­ fungsprozess beenden. Strukturierter Prozess? Das hört sich erst einmal nach Arbeit an. Um Ihnen diese Arbeit weitgehend zu er­ leichtern, haben wir unsere Studienergebnisse mit zwei Musterpro­ zessen angereichert, die Sie unter www.supplyinstitute.org downlo­ aden können:

1) Eine Anleitung für die tägliche Zusammenarbeit: Wie sollte ein Auftrag für eine Marketingleistung vergeben werden, wenn Marke­ ting und Supply Management optimal kooperieren und damit ma­ ximale Effizienzpotenziale nutzen? Das heißt: Wie sollte ein ganz­ heitlicher Beschaffungsprozess für Marketingdienstleistungen aus­ sehen? 2) Eine Anleitung für den Change-Prozess: Wie schaffen Sie es, dass Supply Management und Marketing überhaupt erst einmal mitein­ ander kooperieren? 3. Schritt: Alternierender Lead Supply Management und Marketing sollen zusammenarbeiten? Beim bloßen Gedanken daran schlagen viele Manager die Hände überm Kopf zusammen: „Die sind doch wie Hund und Katz'!“ ist ein häufiger Stoßseufzer. Keine Bange: In unserem downloadbaren Ide­ alprozess müssen beide nicht bei jedem einzelnen Prozessschritt Auge in Auge zusammenarbeiten. Naturgemäß übernimmt Marke­ ting bei einigen Prozessschritten die Führung, während es bei ande­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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ren ebenso natürlich der Einkauf ist: Je nachdem, wer für den kon­ kreten Schritt die größte Fachkompetenz mitbringt. Bei einigen an­ deren Schritten arbeiten dann tatsächlich beide gleichberechtigt, Hand in Hand. Alles in allem arbeiten sie jedoch in jedem Prozess­ schritt gleichberechtigt zusammen.

Hört sich alles sehr vernünftig an? Stimmt. Warum kooperieren dann nicht jetzt schon viel mehr Mar­ ketingabteilungen mit ihrem Supply Management? Weil es Vorbe­ halte mit geradezu historischen Dimensionen gibt:



„Der Einkauf versteht den kreativen Prozess nicht!“, ist einer der häufigsten Marketingeinwände gegen das Supply Mana­ gement.



Wenn ein Marketingmensch „Effizienzpotenziale“ hört, über­ setzt er das reflexhaft mit „Budgetkürzung“ - und das will er natürlich nicht.



Zwischen traditionellem Einkauf und Marketing herrscht we­ der ein besonders herzliches noch ein besonders intensives Kommunikationsklima.

Die Lösung Vielleicht haben Sie es schon bemerkt: Das dritte Problem birgt die Lösung der beiden ersten. Die Best Practice zeigt: Marketing und Supply Management kooperieren zum Nutzen des ganzen Unter­ nehmens ganz wunderbar miteinander, sofern und sobald die Kommunikation verbessert wird; oder wie der Mann auf der Straße sagen würde: Sobald die Leute vernünftig miteinander reden. Hilf­ reich dabei ist, wenn das Topmanagement moderierend hilft, die Kommunikationsprozesse anzuschieben, bis sie von alleine laufen. Sehr hilfreich ist dabei auch, wenn die organisatorischen VorausSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Setzungen geschaffen werden und das Supply Management im Topmanagement verankert wird. Weitere Voraussetzungen für eine gelingende Kooperation sind:



Es müssen oft erst einmal die Kompetenzen für eine Zusam­ menarbeit aufgebaut werden; sowohl fachlicher wie auch so­ zialer Art, und zwar auf beiden Seiten.



Der erwähnte ideale Beschaffungsprozess sollte tatsächlich eingeführt und dann auch ausgeführt werden (und nicht bloß auf dem Papier existieren).



Die Zusammenarbeit beider Abteilungen sollte periodisch evaluiert und gegebenenfalls verbessert oder modifiziert wer­ den.



Die Zusammenarbeit sollte mit Incentives attraktiv gemacht werden. Denn wie die Erfahrung zeigt, kommt ein Unterneh­ men nicht weit, wenn es sich allein auf das freiwillige Com­ mitment beider Abteilungen verlässt.

Category Manager Marketing In vielen Gesprächen mit Managern aus Einkauf, Supply Manage­ ment und Marketing ergaben sich am Rande unserer Studie inte­ ressante Best-Practice-Tipps. So sind einige Unternehmen bereits sehr weit mit der Realisierung der Effizienzpotenziale beim Einkauf von Marketingleistungen gekommen, indem sie einen Category Ma­ nager (Warengruppen-Manager) für den Einkauf von MarketingDienstleistungen eingesetzt haben. Diese Einrichtung bringt große Effizienzgewinne, wenn der Category Manager



die Leitung des crossfunktionalen Teams übernimmt.



sich gut im Marketing auskennt (dann wird er von den Mar­ ketingleuten akzeptiert).

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nicht aus dem Marketing kommt (weil sonst die BypassTendenzen quasi von innen heraus fortgesetzt würden).

Es lohnt sich

Um die Ergebnisse unserer neuen Studie auf den Punkt zu bringen: Je intensiver Supply Management und Marketing zusammen arbei­ ten, desto positiver werden direkte Erfolgsfaktoren des Unterneh­ mens wie Kosteneinsparungen und Umsatzwachstum und indirekte Erfolgsfaktoren wie Kundenbindung und Zusammenarbeit mit Ser­ vice-Anbietern beeinflusst. Es zahlt sich also aus, den Marketing Spend in den Griff zu kriegen.

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Supply Qualitätsmanagement Nahezu drei Viertel aller Qualitätsprobleme resultieren aus mangelhafter Zulieferqualität

Christopher Jahns und Marco Linz

Qualitätsmanagement ist in der Produktion ein „alter Hut“. Dort sorgt es dafür, dass Ausschuss und Fehlerteilquote möglichst ge­ ring ausfallen. Warum gewinnt Qualitätsmanagement nun gerade in Einkauf und Supply Management dramatisch an Bedeutung? Die Antwort fällt nicht schwer: Weil 50 bis 75 Prozent der Quali­ tätsprobleme in einem Unternehmen inzwischen auf mangelhafte Zulieferqualität zurückzuführen sind. Das macht Supply Quali­ tätsmanagement zu einem eminent wichtigen Thema.

Wenn das Qualitätsmanagement schläft

Wenn heutzutage ein Unternehmen publikumswirksam eine Rück­ rufaktion starten muss, lautet die Pressemeldung fast immer gleich: „Aufgrund von Zulieferproblemen ... “ Schuld der bösen Zulieferer? Eher Schuld eines mangelhaften Supply Qualitätsmanagements. Die Folgen davon sind gravierend: •

teure Produktionsstopps



Imageverlust beim Kunden



Umsatzeinbußen



hohe Kosten, um den Qualitätsmangel wieder auszugleichen

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Die Qualität macht’s Betrachten wir die teuren Konsequenzen von mangelhafter Zuliefer­ qualität, liegt auf der Hand: Der Einkauf sollte sich nicht nur vor­ rangig der Verfolgung von Kosten- und Terminzielen widmen, son­ dern die Qualität besser im Auge behalten. Wird das gemacht? In der Regel nicht.

Die herrschende Praxis Bei der Auswahl werden die Zulieferer noch streng geprüft. Ist ein Lieferant jedoch erst einmal drin im Zuliefer-Pool, gerät die Quali­ tätssicherung leider oft in Vergessenheit - bis sich die ersten Prob­ leme abzeichnen. Jeder weiß, dass diese Nachlässigkeit nicht be­ sonders sinnvoll oder qualitätsorientiert ist. Doch oft wird leider das Kostenkriterium dem Qualitätskriterium übergeordnet. Die Marge wird wichtiger als die Qualität genommen - was etwas kurzsichtig kalkuliert ist: Stimmt die Qualität nicht, ist auch die Marge futsch. Vorreiter-Branchen, die die Qualität über die kurzfristige Margenop­ timierung stellen, sind zum Beispiel Kfz-Industrie, Elektronik oder Flugzeugbau.

Krisenmanagement ist nicht Qualitätsmanagement

Wegen der leidvollen Erfahrung der jüngsten Vergangenheit sind viele Unternehmen inzwischen sehr kompetent im Ausbügeln von Zulieferproblemen. Mit großem Aufwand gelingt es ihnen oft in kür­ zester Zeit, die Schäden wieder wettzumachen. Schäden, die mit einem Bruchteil des Aufwands und einem funktionieren Supply Qualitätsmanagement hätten von vorne herein vermieden werden können. Wie? Es gibt einige Knackpunkte bei der Umsetzung eines professionellen Qualitätsmanagements im Einkauf. Betrachten wir im Folgenden eine kleine Auswahl.

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Knackpunkt Spezifikationen

Damit klar wird, was Supply Qualitätsmanagement eigentlich be­ wirken soll, wird oft von präventivem Qualitätsmanagement gespro­ chen: Die Qualität muss gesichert werden, bevor das Kind im Brun­ nen liegt. Fehlerprävention geht vor Fehlerentdeckung. Aus diesem Grund wird ein Zulieferer schon ganz früh in den Wertschöpfungs­ prozess einbezogen: noch in der Spezifikationsphase. Von vorne herein wird die Qualität gesichert, indem zusammen mit dem Liefe­ ranten die Fragen beantwortet werden: Wo liegen bei diesem Bauteil die möglichen Fehlerquellen und Qualitätsrisiken? Wie können wir sie von vorne herein ausräumen? Wie’s nicht gemacht werden sollte

In der Bad Practice läuft das anders. Da wird ein Teil entwickelt, seine Fertigung ausgeschrieben und in Auftrag gegeben. Qualitäts­ risiken, die der Lieferant hätte ansprechen können, wäre er schon in der Spezifikationsphase einbezogen worden, bleiben unberück­ sichtigt. So werden Rückrufaktionen produziert. Die Best Practice

In der Best Practice läuft das anders. Da wird der Lieferant bereits in die Produktentwicklung einbezogen, genauer: schon in die Defini­ tion der Spezifikationen sowie in die Identifikation von Qualitätsri­ siken. Gemeinsam mit dem Zulieferer wird zum Beispiel eine Feh­ lermodus- und Effektanalyse (FMEA) bestimmter Bauteile durchge­ führt. Entscheidend ist, dass die Ergebnisse der Spezifikationspha­ se anhand objektiv nachprüfbarer Zielvorgaben festgeklopft werden. Harte Fakten wie beispielsweise Toleranzwerte, anhand derer nach­ her die Qualität gemessen werden kann. Nur was Sie messen kön­ nen, können Sie auch qualitätssichern.

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Lieferantenauswahl unter Qualitätsaspekten Wer bekommt den Zuschlag? Wer termingerecht am preisgünstigs­ ten liefern kann - sofern die Qualität stimmt. Ob diese stimmt oder nicht, ist eine Frage der Prüfung. Diese Prüfung fällt in der Praxis recht unterschiedlich aus. Die meisten Einkäufer lassen sich Erst­ muster von Standard- oder Spezialteilen zur Prüfung vorlegen. Viele fordern auch eine Selbstauskunft des Lieferanten bezüglich seiner etablierten Maßnahmen zur Qualitätssicherung an. Beide Prüftech­ niken haben potenzielle Fehlerquellen: Erstmuster haben häufig eine bessere Qualität als die danach gelieferten Exemplare dessel­ ben Artikels, weil sie eben gesondert gefertigt werden. Und in Selbstauskunfts-Fragebögen kann eigentlich jeder reinschreiben, was er für besonders vorteilhaft hält. Mit der Wahrheit muss das nicht immer etwas zu tun haben ... Audit und QM-Vereinbarung

Aus diesem Grund führen Branchen wie die Kfz-Industrie, die ex­ trem von Zulieferern abhängig sind, so genannte Lieferanten-Audits durch: Sie besuchen ihre (wichtigen) Lieferanten und prüfen sie vor Ort selbst. Ein aufwändiges, aber sehr zuverlässiges Verfahren des Supply Qualitätsmanagements. Leider wird dieses Verfahren au­ ßerhalb des Automobilbaus noch relativ selten angewandt. Das trifft auch auf ein weiteres sinnvolles und empfehlenswertes Instrument zu: auf die Qualitätsmanagement-Vereinbarung. In dieser steht drin, wie ein Lieferant seine Geschäfte in Bezug auf Qualitätsmana­ gement zu führen hat. Eigentlich ein erstaunliches Instrument: Mit ihm nimmt ein Unternehmen direkten Einfluss und Weisungsgewalt über ein anderes, eigenständiges Unternehmen. In solchen Verein­ barungen wird festgeschrieben, welche Qualitätszertifikate ein Zu­ lieferer vorweisen muss, mit welcher Häufigkeit er seine Qualität überprüfen muss, ob und welche Abweichungstabellen er jeder Lie­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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ferung beilegen muss, was mit Abweichungen passiert und wer da­ für haftet. Das Erstellen einer solchen QM-Vereinbarung macht et­ was Arbeit. Doch danach ist die Qualität dann bestmöglich gesi­ chert. Continuous Improvement und Nullfehler-Programme In der Bad Practice wird ein Zulieferer heftigst geprüft - bis er den Zuschlag bekommt. Danach produziert er sein Teil und der Einkauf ignoriert ihn quasi, weil er bereits mit der Auswahl anderer Zuliefe­ rer für andere Teile beschäftigt ist. Je mehr Wochen danach durchs Land ziehen, desto größer wird jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein unvorhersehbares Qualitätsproblem auftaucht. Wer be­ merkt es als erster? In der Bad Practice der Kunde und die Presse. Das ist peinlich, imageschädigend und teuer. Die Best Practice schützt sich davor durch Continuous Improvement und NullfehlerProgramme: Auftraggeber und Zulieferer behalten auch nach Auf­ tragserteilung alle Teile im Auge, um kontinuierlich Verbesserungs­ potenziale in Richtung besserer Technik oder größerer Kundennut­ zen aufzuspüren. Auf diese Weise entdecken sie auch bisher unvor­ hergesehene Fehlerquellen, noch bevor die fehlerbehafteten Teile in die Hände eines Kunden gelangen können.

Die strategischen Aspekte Supply Qualitätsmanagement wird von manchen als lästiges Übel betrachtet. Es ist nichts weniger. Aus strategischer Sicht verschafft Supply Qualitätsmanagement einem Unternehmen entscheidende Wettbewerbsvorteile, um sich von Mitbewerbern abzusetzen. Den­ ken wir nur an Toyota, das mit seinem überlegenen Qualitätsmana­ gement regelmäßig das Feld in allen Statistiken anführt: Das schlägt sich knallhart in verkauften Autos und erhöhter Kunden­ bindung nieder. Darüber hinaus ist ein funktionierendes Quali­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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tätsmanagement weitaus kostengünstiger als die vorherrschende Fixierung auf Einstandspreise: Auf lange Sicht betrachtet kommt der Einkauf beim billigsten Bieter nämlich wesentlich teurer als die Vermeidung von unnötigen Fehlerkosten.

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Bloß schnell weg? Ein deutscher Fertigungsarbeiter kostet ungefähr 30 Dollar die Stunde. Ein chinesischer 0,8 Dollar. Die Kostenvorteile des großvolumigen Einkaufs von Gütern und Dienstleistungen in Billiglän­ dern, neuhochdeutsch Low Cost Country Sourcing, liegen auf der Hand - die Fallen und Risiken dagegen lauern verdeckt. Sie sind schuld daran, dass der billige Einkauf meist nicht so billig wird wie erhofft. Wie Sie es vermeiden, beim Low Cost Country Sourcing teu­ res Lehrgeld zu bezahlen, zeigen unsere folgenden Beiträge.

Low Cost Country Sourcing Einkauf in Billigländem: Vorsicht, Falle!

Christopher Jahns

Wer in Billigländern einkauft, hofft auf beträchtliche kurzfristige Kostenvorteile. Er hofft darauf, dass die Billigländer ihrem Namen gerecht werden. Das tun sie jedoch nicht a priori. Im Grunde wissen wir das: Jeder hat schon von Unternehmen gehört, die beim Low Cost Country Sourcing entweder auf die Nase gefallen sind oder teu-res Lehrgeld bezahlt haben. Wer weiß warum, kann sich ähn­ lich teure Experimente sparen. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Beginnen wir mit dem aktuell angesagtesten Billigland: China. Der Beitrag „Chancen und Risiken in China“



zeigt das bekannte, kostenintensive Qualitätsrisiko im Land des Lächelns auf - und wie Sie es entschärfen können.



warnt vor den Folgen von Guangxi, einem typisch chinesi­ schen Business-Brauch: Verträge zählen wenig, ein Hände­ druck zählt mehr.



rechnet vor, wie Sie selbst Billiglieferanten im Billigland Chi­ na noch billiger, schneller und effizienter machen können.

Dasselbe gilt für Indien (s. Beitrag „Sourcing in Indien“): Wer sich mit den typisch indischen Businesssitten nicht auskennt, kauft keineswegs so billig ein wie er hofft. Oder hätten Sie gewusst, dass Sie im Business mit Indien •

immer noch subtilen Sprachproblemen begegnen (obwohl fast alle Inder im Business tadellos Englisch sprechen) und wie Sie diese Sprachbarriere überwinden?



ausgerechnet deshalb kostenintensive Qualitätsprobleme er­ leben, weil die Inder eine „No Problem!“-Kultur pflegen - und mit welchen Kontrollinstrumenten Sie diesen entnervenden Kulturfaktor in den Griff bekommen?



von Preisaufschlägen bis zu 100 Prozent überrascht werden, falls Sie beim Einholen von Angeboten ein E-Mail benutzen und wie Sie Ihren RFX gestalten müssen, da-mit der indische Lieferant die 100 Prozent wieder vom Preis abzieht?

Wenn Sie diese kostenintensiven Länderspezifika nachdenklich ge­ stimmt haben, sind Sie in der richtigen Stimmung für den Beitrag „Der Irrtum kurzfristiger Kostenvorteile“. In diesem Beitrag erläutert Prof. Dr. Christopher Jahns SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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warum Unternehmen sich zwar kurzfristige Kostenvorteile von Low Cost Country Sourcing versprechen, diese Vorteile jedoch meist länger auf sich warten lassen als angenommen.



dass in Heimat- und Billigland noch Strukturen und Prozes­ se fehlen, um die Quelle der Kostenvorteile in nennenswer­ tem Anteil am Einkaufsvolumen tatsächlich sprudeln zu las­ sen.



welche konkreten Voraussetzungen Sie schaffen sollten, um die Quelle sprudeln zu lassen.



welche erstaunlichen Ergebnisse die kürzlich abgeschlossene größte europäische Studie zum Low Cost Country Sourcing ans Licht brachte.

Warum sind Billigländer nicht so billig wie angenommen? Ein Grund dafür liegt nicht in den Billigländern, sondern ist im Heimat­ land hausgemacht und läuft unter dem kumulativen Kürzel RFX: Anfragen nach Angeboten. Viele Einkaufsabteilungen formulieren ihre RFX noch so, dass der Lieferant im Billigland entweder über­ haupt nicht antwortet oder zu teuer anbietet. Der Beitrag „RFX: Fal­ len und Tricks“ gibt Tipps, wie Sie Ihre RFX so gestalten, dass An­ gebote einlaufen, die tatsächlich billig sind:



Vergessen Sie die DIN - die wenigsten Chinesen kennen sich damit aus.



Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Billiganbieter sind scharf auf 3D-Unterlagen.



Schreiben Sie nicht 100 Lieferanten auf einmal an. Gehen Sie konzentriert vor.

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Rechnen Sie nicht nur mit den Einkaufspreisen, sondern mit den Total Costs.



Vergessen Sie das Vorurteil: billig = schlecht.

Hätten Sie gewusst, dass beim Einkauf in Billigländem die Prozess­ kosten oft größer sind als der Einkaufspreis der beschafften Artikel? Der Begriff „Billigland“ erscheint unter diesen Vorzeichen in einem ganz neuen Licht; nämlich im Lichte von Prozessmanagement (s. Beitrag „Schneller, besser, effizienter: Prozessmanagement“): •

Ineffiziente Prozesse sind gravierende Kosten- und Komplexi­ tätstreiber beim Low Cost Country Sourcing.



An welchen kritischen Stellen in Ihren Beschaffungsprozes­ sen Sie brachliegende Kostenpotenziale finden.



Wie Sie in vier Schritten ein funktionierendes Prozessmana­ gement aufbauen.



Warum fast 70 Prozent der Unternehmen bei der Einführung nachhaltig optimierter Prozesse scheitern.

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Chancen und Risiken in China Low Cost Country Sourcing im Land des Lächelns: Guangxi und andere Gefahren

Martin Lockström

Man kann in China nicht wie beim hiesigen Großhändler einkaufen. China ist zwar ungemein kostengünstig. Doch wer die Fußangeln nicht kennt, zahlt im Land des Lächelns erheblich Lehrgeld. Ein Maschinenbauer auf der Schwäbischen Alb sitzt seit drei Jah­ ren auf etlichen Tonnen chinesischer Stahlteile. Obwohl sie konkur­ renzlos kostengünstig eingekauft wurden, rosten sie vor den Ferti­ gungstoren vor sich hin: Sie kamen in erbärmlichem Zustand aus China an. Bereits erheblich korrodiert, teilweise mit fehlerhaften Maßen und Toleranzen. „Einem deutschen Lieferanten hätten wir die Lieferung postwendend zurückgeschickt“, sagt der Fertigungslei­ ter mit kaum verhohlenem Zorn. Doch eine Retoure um die halbe Welt ist teuer. Und die Chinesen „haben auf stur geschaltet“. Seit drei Jahren schwelt der Streit. Ein Ende ist nicht in Sicht. Der billi­ ge Einkauf hat sich im Endeffekt als wesentlich teurer entpuppt als eine Lieferung aus heimischen Landen. Dabei ist der Schwabe in guter Gesellschaft: Schon viele deutsche Unternehmen sind auf bil­ ligen chinesischen Lieferungen sitzen geblieben.

Qualitätssicherung vor Ort

Es reicht nicht, in einem Low Cost Country billig einzukaufen. Man muss auch dafür sorgen, dass die Lieferungen tatsächlich billig und SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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gut beim Käufer ankommen. Was das Qualitätsrisiko anlangt, ist das nur mit einer Qualitätsprüfung vor Ort mit nachhaltiger Zuver­ lässigkeit und Genauigkeit möglich. Entweder durch einen eigenen Prüfer des Käufers oder durch einen chinesischen Prüfer, der das Vertrauen des Käufers genießt. Diese Position muss zuerst einmal eingerichtet und mit einem qualifizierten Mitarbeiter besetzt wer­ den. Leider wird diese Qualitätssicherungs-Maßnahme beim Low Cost Country Sourcing heute noch oft übersehen.

Die Bedrohung durch Piraten

Die Chinesen sind bekannt dafür, dass sie Produkte, Marken und komplette Fertigungswerke meisterhaft kopieren. Jährlich gehen westlichen Unternehmen Milliarden Dollar durch Produktpiraterie verloren. Die chinesischen Copyright-Gesetze sind biegsam wie Bambus. Wer in China einkauft oder dorthin outsourct, sollte des­ halb auf keinen Fall kernkompetenz-relevantes Know-how preisge­ ben. Einkäufern sollte eingebleut werden, vor jedem Einkauf in China zu fragen:

1) Welches Know-how geben wir dabei nach draußen? 2) Ist es kemkompetenz-relevantes Know-how?

Die Verführung der Kostenvorteile

Eigentlich sollte man meinen, dass ein westliches Unternehmen so schlau ist, sein überlebenswichtiges Know-how zu schützen. Doch viele Unternehmen

a) lassen sich von der Verheißung auf überragende Kostenvorteile so blenden, dass sie den Schutz des geistigen Eigentums schlicht übersehen. Sie hören die Kasse klingeln und ahnen nicht, dass es ihr Totenglöckchen sein könnte.

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b) lassen ihren Einkauf in die Zügel schießen, ohne daran zu den­ ken, dass der Einkauf in seinem Eifer möglicherweise unbeabsich­ tigt vitale Unternehmensinteressen beschädigt.

c) geben ihren Einkäufern so ehrgeizige Einsparungsziele vor, dass sie unter dem Erfolgsdruck nicht mehr ausreichend auf die Exis­ tenzsicherung des eigenen Unternehmens achtet. d) leiden unter einer Art strategischer Kurzsichtigkeit: Sie starren gebannt auf die kurzfristigen Kostenvorteile und verlieren dabei die langfristigen Kosten der Existenzgefährdung aus den Augen.

e) haben kurz gesagt ein mangelhaftes Supply Risk Management: Sie erkennen viele Gefahren des Low Cost Country Sourcings nicht, nicht früh genug oder nicht rechtzeitig und bewerten sie darüber hinaus viel zu optimistisch. Was sagt Ihnen Guangxi? Fast jeder, der schon mit China Geschäfte machte, hatte auch schon mal Gelegenheit zur moralischen Entrüstung: „Die Chinesen halten unsere Verträge nicht ein!“ Hält man dem chinesischen Ge­ schäftspartner den angeblichen Vertragsbruch vor, kann man den Eindruck bekommen, dass dieser nichts dabei findet. Und aus sei­ ner Sicht berechtigt: Immerhin bescheißt er ja nur „eine Langnase“! Ein Kavaliersdelikt in China. Andere Länder, andere Sitten: In Chi­ na wird das Business nicht wie bei uns im Westen von Recht und Gesetz geregelt, sondern von Guangxi (gesprochen: Guanschi). Das heißt: Die Chinesen verlassen sich bei Verträgen weniger auf die Verträge selbst und mehr auf die etablierte persönliche Beziehung und das gegenseitige Vertrauen. Wenn ein chinesischer Lieferant also noch nie seinen deutschen Einkäufer persönlich getroffen und eine persönliche Beziehung zu ihm aufgebaut hat, dann fühlt er sich ihm auch nicht wirklich verpflichtet. Und das zu Recht: Denn SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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auf diese Weise wird in China seit Jahrhunderten Business betrie­ ben. Was fangen westliche Einkäufer damit an? Sie betreten den Holzweg des kapitalistischen Imperialismus. Kapitalistischer Imperialismus

Wenn westliche Einkäufer zum ersten Mal Opfer von Guangxi wer­ den, reagieren sie meist mit moralischer Entrüstung und dem Vor­ satz: „So geht das aber nicht! Wir müssen denen mal Recht und Ordnung beibringen und dafür sorgen, dass sie die Verbindlichkeit von Verträgen kapieren!“ Eine verständliche Reaktion. Fruchtet sie? Wenn Sie auf Nein tippen, tippen Sie richtig. Denn die Chinesen lassen sich nicht missionieren. Sie geben Jahrhunderte an Guangxi nicht einfach auf, bloß weil ein deutscher Einkaufsleiter ihnen den Marsch bläst.

Die Lösung Das Guangxi-Problem wird von erfahrenen Einkaufsleitern in der Praxis auf verschiedene Weise gelöst: 1) Wenn der persönliche Kontakt wichtiger ist als ein Vertrag, dann besucht ein hochrangiger Einkäufer den chinesischen Partner eben jährlich mehrfach, um die Beziehung warm zu halten.

2) Größere Unternehmen unterhalten in China eigene Purchasing Offices, die mit westlichen und chinesischen Einkäufern gleicher­ maßen ausgestattet sind: Die Chinesen kennen sich eben auf ihrem Markt besser aus. 3) Kleinere Unternehmen versichern sich der Dienste eines vertrau­ enswürdigen Chinesen, der quasi den Cultural Scout spielt, oder eines Westlers, der seit Jahren in China lebt und Geschäfte macht und sich deshalb mit Guangxi auskennt.

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Purchasing by walking around Seinen chinesischen Lieferanten persönlich kennenzulernen emp­ fiehlt sich auch aus einem weiteren Grund: Wenn Sie einem Liefe­ ranten einen Request for Proposal schicken, kann es gut sein, dass dieser überhaupt nicht reagiert - obwohl er liefern könnte (s.a. Bei­ trag „RFX: Fallen und Tricks“). Er hat einfach Angst, dass Sie es mit Ihrer Anfrage nicht ernst meinen, bloß einen Preisvergleich anstel­ len wollen oder den eigenen deutschen Lieferanten mit dem chinesi­ schen Preis drücken möchten. Deshalb empfiehlt sich ein persönli­ cher Besuch, um dem Chinesen zu zeigen, dass Sie es ernst meinen - und um vor Ort beim Rundgang durch das Unternehmen des Lie­ feranten auch gleich die Qualitätsstandards mit eigenen Augen zu begutachten. Die unterscheiden sich nämlich regelmäßig von denen im Angebot zugesicherten.

Die Sprachbarriere Wer in Indien einkauft, wird keine Probleme mit der Sprache be­ kommen: Die meisten Inder, die im Business tätig sind, sprechen Englisch. Oft sogar besser als der deutsche Einkäufer. In China sprechen sehr viel weniger Businessleute Englisch. Und wenn, dann ein für westliche Ohren eher seltsames Englisch. Das Problem ist weniger die Sprachbarriere als die Annahme vieler Einkäufer, dass es keinerlei Sprachprobleme mit China gäbe. Wer in China einkauft, sollte sich vorher überlegen, wie er die Sprachbarriere managt bevor aus der Barriere ein kostenintensives Sprachproblem wird, das jeden Tag den operativen Einkauf behindert und verzögert.

Entwickeln Sie Ihren Lieferanten Dass ein chinesischer Fertigungsarbeiter nur ein Dreißigstel seines deutschen Kollegen kostet, bedeutet noch nicht das Ende der Fah­ nenstange der Kostenvorteile. Es lohnt sich immens, wenn Sie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Supplier Development betreiben und Ihrem chinesischen Lieferan­ ten zum Beispiel helfen, seine Lagerkosten zu senken, indem Sie die Prozesse effektiver reorganisieren. Einspar- und Verbesserungspo­ tenziale gibt es auch bei Qualität und Lieferbereitschaft. Studien zeigen, dass bei der Komponentenherstellung eine Reduktion der fehlerhaften Teile von 10 auf 5 pro Million möglich ist - über einen Zeitraum von fünf Jahren. Über denselben Zeitraum ließ sich bei den untersuchten Unternehmen der Studie auch die Lieferzeit von 10 auf 5 Wochen reduzieren.

Wie flexibel sind Sie? Studien zeigen weiter, dass jene westlichen Unternehmen die größ­ ten Kostenvorteile realisieren, die ihre Produkte und Prozesse flexi­ bilisieren. Da Arbeit in China weitaus billiger ist als Kapital, reorga­ nisieren sie ihre Prozesse und redesignen ihre Produkte so, dass der Arbeitseinsatz gegenüber dem Maschineneinsatz steigt.

Fazit: Wer sich auskennt, spart tatsächlich China bietet tatsächlich attraktive Kostenvorteile - jedoch nur dem­ jenigen, der die Risiken und Gebräuche in China kennt und mana­ gen kann. Viele Unternehmen haben bereits teures Lehrgeld be­ zahlt, etliche machen schon den x-ten Versuch, ihr ChinaEngagement endlich rentabel zu machen. Da lohnt es sich, aus den Fehlern der Vorgänger zu lernen und die besonderen Erfolgsfakto­ ren im Reich der Mitte zu kennen.

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Sourcing in Indien Nach Indien, der Dienste wegen

Christopher Jahns

Der Materialeinkauf in Ländern wie Indien oder China ist dreißig Jahre alt. Relativ neu ist, dass jetzt auch die Arbeit von White Col­ lar Jobs in Billigländern eingekauft wird. Das funktioniert kosten­ günstig und gut, solange man einige Besonderheiten beachtet. Wie sehr das Sourcing von Dienstleistungen in Indien zugenommen hat, zeigen eindrucksvoll zwei Zahlen: •

120 000 Software-Entwickler arbeiten im amerikanischen Si­ licon Valley



140 000 Software-Entwickler arbeiten im indischen Bangalo­ re

Die indische Hemdkragen-Offensive

1995 betrugen Indiens IT-Exporte noch 2 Milliarden Euro. 2002 waren es bereits sagenhafte 13,5 Milliarden. 450 000 Kilometer Glasfaserkabel hat Indien in den letzten Jahren verlegt. 1997 betru­ gen die Telekommunikationskosten eines Unternehmens in Indien noch das Neunfache der US-Kosten, 2001 war es noch das Doppel­ te, heute sind die indischen Kosten den amerikanischen gleich. In­ dien dominiert inzwischen weltweit den Markt für ServiceDienstleistungen aus Low-Cost-Countries. Im Jahr 2001 belegte im internationalen Vergleich der service-exportierenden Länder SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Platz 1: Indien mit 7,7 Milliarden Dollar



Platz 2: China mit 1,1 Milliarden Dollar



Platz 3: Osteuropa mit 0,4 Milliarden Dollar

Indien hat auf dem Gebiet der Dienstleistungen mächtig investiert und versteht sich selbst immer mehr als IT- und Dienstleistungs­ land. Aus europäischer Sicht also ein El Dorado für das Offshoring und Low Cost Country Sourcing von Dienstleistungen. Follow the Sun

Betrachten wir als Beispiel eine Züricher Bank. Wie jede Bank hat sie mehrere Transaktionszentren, in denen „der ganze Papierkram“ erledigt wird: Kontoeröffnungen, Überweisungen, Auswertungen ... Eine Mitarbeiterstunde in einem dieser Zentren kostet die Bank in Zürich 120 Franken - in Indien kostet dieselbe Stunde hundertmal weniger, nämlich 1,2 Franken. Zum eklatanten Kostenvorteil kommt noch der Vorteil, dass in Indien Around the Clock und nach dem Prinzip Follow the Sun gearbeitet wird: Der Bankkunde füllt am späten Nachmittag in Zürich auf der Bank sein Formular aus, das nach Sonnenuntergang in Indien bearbeitet wird - und wenn die Sonne aufgeht, ist der ganze Verwaltungskram erledigt und das Konto eröffnet. Schöne heile Sourcing-Welt? Ja - wenn man sich in Indien auskennt und weiß, worauf man beim Einkauf von Dienst­ leistungen zu achten hat. Gehen wir einige der Punkte im Einzelnen durch. Die Sprachbarriere

Zwar sprechen 80 Prozent der indischen Hochschulabsolventen ex­ zellent Englisch. Doch das heißt nicht, dass die Sprachbarriere ge­ fallen wäre. Die englischen Worte sind zwar in Indien dieselben wie in Amerika - doch es gibt idiomatische Probleme. Wenn ein Ameri­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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kaner zum Beispiel beim Call Center eines Unternehmens in Texas eine Bitte äußert, sagt der zuständige Bearbeiter etwas wie: „Sure, Sir, I can do that.“ Wird dieselbe Beratungsleistung in Indien einge­ kauft, kriegt das der Kunde natürlich nicht mit. Er weiß nicht, dass ihn ab sofort ein Inder aus einem indischen Call Center heraus be­ rät. Er wundert sich lediglich, dass sein freundlicher Berater am anderen Ende der Leitung auf seine Bitten hin ständig nur freund­ lich antwortet: „Yes, Sir, I could do that.“ Der Amerikaner ist total verunsichert: Kann sein Berater nun oder könnte er bloß? Obwohl beide Berater dasselbe meinen, sagen sie etwas unterschiedliches. Solche sprachlichen Trivialitäten führen beim Einkauf von Dienst­ leistungen in Indien regelmäßig zu großen Verunsicherungen bei den Kunden. Sie können nur durch ein von sogenannten Native Speakers geleitetes Training und laufende Kontrollen und Testanru­ fe ausgemerzt werden. Merke: Kein Low Cost Country Sourcing von Kunden-Services ohne ausreichend Training und Kontrolle der Sprachunterschiede.

Die No-Problem-Kultur

Neben den sprachlichen gibt es kulturelle Probleme - was einiger­ maßen paradox ist. Denn in der indischen Kultur gibt es keine Probleme; und genau das ist ein Problem. Fragt man einen Inder, wie ein Projekt oder ein Prozess läuft, sagt er stets freundlich lä­ chelnd: „No Problem! Alles in Ordnung. Alles im grünen Bereich“. Selbst dann, wenn die Bude lichterloh brennt. Warum? Weil der Inder ein notorischer Lügner ist? Nein, weil es in Indien ein Zeichen grober Unhöflichkeit und mangelnden Respekts ist, Vorgesetzte mit Problemen zu belasten. Wer diese kulturelle Stereotype nicht kennt, hat schneller als ihm lieb ist ein massives Qualitätsproblem am Hals. Der einzige Weg, das zu verhindern, ist die Vor-Ort-Kontrolle: Wer in Indien günstig einkauft, muss die Qualitätssicherung SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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entweder selbst beaufsichtigen, kontrollieren und managen



oder dafür einen Inder mit westlicher Berufserfahrung ein­ stellen



oder einen vorhandenen indischen Manager ein, zwei Jahre unter persönlicher Anleitung so entwickeln, dass er die Qua­ lität wie ein Westler managen kann.

Der Eseltreiber-Irrtum

Westliche Einkäufer begehen immer noch den Irrtum, den Subkon­ tinent nach den allgegenwärtigen Kühen, dem Schmutz und den Bettlern auf der Straße zu beurteilen: „Indien ist doch noch ein Entwicklungsland!“ Wer mit dieser Einstellung in Einkaufsverhand­ lungen geht, verliert Hemd, Haus und Hof. Indien hat sich in den letzten Jahren explosionsartig entwickelt. Es gibt inzwischen MultiMilliarden-Dollar-Konzerne, die klammheimlich damit begonnen haben, von Indien aus weltweit Unternehmen aufzukaufen. Auch in Deutschland. Wenn Sie also mit Indern verhandeln, dann gehen Sie a priori lieber davon aus, dass Sie mit exzellent und vor allem west­ lich ausgebildeten Managern sprechen, die eine ungeheure Ver­ handlungserfahrung und Geschäftstüchtigkeit mitbringen. Im Zwei­ felsfall irren Sie damit auf der sicheren Seite. Der RFX-Irrtum

Requests for Proposal (RFP), for Information (RFI) oder for Quotation (RFQ), zusammengefasst kurz mit RFX bezeichnet, führen in Indien oft zu paradoxen Ergebnissen (s.a. Beitrag „RFX: Fallen und Tricks“). Sucht man sich aus dem Internet 50 Anbieter aus und mailt sie wegen eines Angebots an, kann es einem passieren, dass man zur Schlussfolgerung gelangt: „Die Inder sind ja gar nicht so billig, wie man immer sagt!“ Warum nicht? Weil sie auf ihre Offerte SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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schon mal 100 Prozent auf den Preis draufschlagen. Warum? Weil die Inder nicht wirklich so billig sind wie immer gesagt wird? Nein, weil die Inder RFX per E-Mail meist nicht ernst nehmen. In Indien gilt wie in den meisten Low Cost Countries der Grundsatz: Papier sagt nichts - Gesichter sagen alles. Also: Persönlich hinfliegen, sich kennenlernen, den Lieferanten und sein Werk vor Ort kennenlernen und konkret mit ihm verhandeln - und plötzlich liegt der Preis bei einem Bruchteil dessen, was er per E-Mail angeboten hätte.

Die Entwicklung geht weiter

In Indien werden längst nicht mehr nur einfache Services einge­ kauft, sondern immer mehr auch hochspezialisierte Dienstleistun­ gen wie Software-Entwicklung, Informations-Recherche oder sogar Investment-Analyse. Die Kosten dafür sind oft unglaublich niedrig und die Qualität vergleichbar, wenn nicht sogar besser als in Euro­ pa - sofern es dem Einkauf gelingt, die typischen indischen Eigen­ tümlichkeiten wahrzunehmen und entsprechend zu managen.

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Der Irrtum kurzfristiger Kostenvorteile Low Cost Country Sourcing funktioniert nicht so kurzfristig, wie oft geglaubt

Christopher Jahns

Low Cost Country Sourcing ist derzeit ein heißes Thema in Einkauf und Supply Management. Über alle Branchen und Untemehmensgrößen hinweg sind fast alle Unternehmen dran an diesem Thema. Die einen konzipieren noch, während die anderen schon in medias res sind. Doch viele unterschätzen den Faktor Zeit. Das Thema Low Cost Country Sourcing wird heftig diskutiert. Was bei der aktuellen Diskussion jedoch häufig übersehen wird: Low Cost Country Sourcing führt keineswegs einfach und automatisch zu den erhofften schnellen Kostenvorteilen, die sich viele Unter­ nehmen davon versprechen.

Nicht jeder, der es sagt, tut es auch Die Verwirrung beginnt bereits beim Begriff. Viele Unternehmen, die stolz davon berichten, Low Cost Country Sourcing zu betreiben, tun es nicht: Wer mal schnell hunderttausend Stück eines Artikels in China einkauft, betreibt noch kein Low Cost Country Sourcing. Von Low Cost Country Sourcing spricht man genau genommen erst, wenn große Teile des Einkaufsvolumens in Billigländem eingekauft werden. Allein über diese Größenordnung bekommt das Thema eine ganz andere Dimension, wie wir gleich sehen werden.

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Kurzfristige Einspareffekte: betrogene Hoffnungen Warum zieht es inzwischen fast jedes deutsche Unternehmen in Billigländer? Weil man sich davon kurzfristig erhebliche Kostenvor­ teile erhofft. Leider stehen Hoffnung und Erfahrung bei diesem Abenteuer in Widerspruch zueinander. Oder wie schon Aesop vor mehr als 2500 Jahren sagte: Vestigia terrent - die Spuren der ge­ scheiterten Vorgänger erschrecken. Es ist durchaus möglich und passiert auch immer wieder, dass ein Unternehmen in China, Asien oder Zentral- und Osteuropa beim Einkauf eines oder weniger Arti­ kel konkurrenzlos günstig zu guter Qualität einkauft. Doch das sind eben „Schnäppchen“ und kein Low Cost Country Sourcing, weil die Occasion nur einen geringen Teil des Einkaufsvolumens ausmacht. Der weitaus häufigere Fall ist, dass sich Unternehmen sehr schwer damit tun, kurzfristige Kostenvorteile für einen großen Teil ihres Einkaufsvolumens zu realisieren. Viele sind bereits mehrfach ge­ scheitert. Aus ihrer Erfahrung können wir lernen.

Eher die langfristige Perspektive Wer es mit Low Cost Countiy Sourcing ernst meint, stößt in Billig­ ländern immer wieder auf das gleiche Problem: Er findet dort zwar billige Produkte - doch nicht die Strukturen und Prozesse, um da­ mit einen großen Teil seines Einkaufsvolumens abzudecken. Es feh­ len zum Beispiel schlicht die Einkäufer dafür. Der Wunsch vieler Vorstände, kurzfristig durch Low Cost Country Sourcing große Kos­ tenvorteile zu realisieren, entpuppt sich meist als solcher: als bloßer Wunsch. Daran ändern auch vollmundige Zielvorgaben nichts, die man immer wieder in vielen Unternehmen hört: „10 Prozent unseres Einkaufsvolumens müssen kurzfristig aus Low Cost Countries kommen!“ Das funktioniert eben nicht kurzfristig, wenn im Billig­ land die Infrastruktur fehlt. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Für geeignete Mitarbeiter sorgen Die Langfristigkeit von Low Cost Country Sourcing hat ein deut­ sches Industrie-Unternehmen sehr eindrücklich begriffen und um­ gesetzt. Das Unternehmen stiftete unlängst in China einen Lehr­ stuhl für Supply Management, um die universitäre Ausbildung sei­ ner künftigen chinesischen Einkäufer zu ermöglichen. Denn es gibt in China zwar jede Menge guter Ingenieure und Techniker - doch nicht annähernd ausreichend qualifizierte Einkäufer. Die vom deut­ schen Unternehmen gesponserten chinesischen Studenten werden erst in fünf bis sechs Jahren dem Unternehmen als Einkäufer zur Verfügung stellen. Diese Zeitspanne illustriert plastisch, in welchem Zeitrahmen wesentliche Kostenvorteile durch Low Cost Country Sourcing möglich und realistischerweise zu erwarten sind. Und vor allem: welche Investitionen vorab nötig sind, um die Quelle der Kos­ tenvorteile überhaupt erst zum Sprudeln zu bringen.

China ist nicht Aldi Bei vielen europäischen Einkäufern hat sich eine Art Aldi-Mentalität breitgemacht. Man glaubt, eben mal schnell in ein Billigland gehen zu können und dort X Prozent vom Einkaufsvolumen einzukaufen. Es wäre schön, wenn dem so wäre. Doch leider spricht die prakti­ sche Erfahrung dagegen. Low Cost Country Sourcing benötigt viel­ mehr



eine längerfristigere Perspektive als sie viele Unternehmen derzeit sehen



keinen euphorischen Aktionismus, sondern eine ausgeklügel­ te Strategie



die Schaffung der nötigen Kapazitäten im Unternehmen und im Billigland

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die langfristige Entwicklung von Einrichtungen und Prozes­ sen



das Training entsprechender Kompetenzen bei den Mitarbei­ tern sowohl im Heimat- wie im Billigland.

Die größte europäische Studie In diesen Tagen wurde die größte europäische Studie zum Low Cost Country Sourcing abgeschlossen. Sie umfasst fünf europäische Länder: Großbritannien, Spanien, Italien, Frankreich und Deutsch­ land. Die Studie wurde vom Supply Management Institute (SMI) in Kooperation mit Ariba durchgeführt. 200 Chief Procurement Of­ ficers wurden intensiv befragt. Die Ergebnisse haben selbst unser erfahrenes SMI-Team überrascht. Eines der Ergebnisse: In den nächsten fünf Jahren wird der Anteil von Low Cost Country Sour­ cing am gesamten Einkaufsvolumen in den Unternehmen um er­ staunliche 60 Prozent steigen. Diese Steigerung ist zwar beeindru­ ckend, doch uns hat sie auch etwas erschreckt.

Erschreckende Zahlen Die 60 Prozent Steigerungsrate erschreckt deshalb, weil die meisten CPO’s auch sagten: Wir werden unser Low Cost Country Sourcing dramatisch steigern, doch eigentlich haben wir dafür



keine geeignete Beschaffungsstrategie



nicht die richtigen Strukturen



zu wenig effiziente Prozesse



nicht genügend kompetente Mitarbeiter

um in den entsprechenden Billigländern ein so hohes Volumen überhaupt effizient und kostensparend einkaufen und abwickeln zu können. Gleichzeitig haben die CPO’s genau dieses Manko als vor­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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dringliche Baustelle erkannt: Da kommt viel Arbeit auf die Unter­ nehmen zu. Und auch das muss sich erst noch großflächig herum­ sprechen: Bevor Low Cost Country Sourcing Kostenvorteile bringt, muss nicht unerheblich Arbeit investiert werden.

Der Ausverkauf Deutschlands

Ein weiteres erschreckendes Ergebnis unserer Studie: Deutschland wird als Sourcing-Land vom aktuellen Platz 1 verdrängt und von China überholt. Das heißt: Die Unternehmen kaufen künftig nicht mehr am meisten in Deutschland, sondern in China ein. Fast noch mehr erschreckt dabei, dass der jahrelange Qualitätsvorsprung Deutschlands sich bis dato fast vollständig verflüchtigt hat: Billig­ länder sind inzwischen nicht mehr nur billig, sondern auch gut. Das sollte über Einkauf und Supply Management hinaus unseren Unternehmenslenkern und der Volkswirtschaft als solcher schwer zu denken geben ...

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Offshoring: Fallen und Vorteile Qualitätsmanagement und interkulturelles Management bestimmen den Erfolg

Christopher Jahns

Wunderwaffe? Oder alter Wein in neuen Schläuchen? Offshoring ist gerade schwer in Mode - oder ist es Outsourcing? Ohne Witz: Selbst hochbezahlte Unternehmensberater verwechseln häufig die Begriffe. Schaffen wir Klarheit. Neulich war ich bei einer Beraterkonferenz zu Gast. Die Runde re­ dete angeregt über Offshoring. Ich hörte aufmerksam zu, wurde aber mit fortschreitender Zeit immer unruhiger, bis es mir dämmer­ te: Die reden zwar alle über Offshoring, meinen aber im Grunde Outsourcing! Die Konferenzteilnehmer taten, was jeder gute Follo­ wer of Fashion tut: Sie missverstanden Offshoring als Mode und sagten statt Outsourcing jetzt einfach Offshoring. Natürlich könnten Sie ab sofort zu Ihrem Auto auch Tisch sagen. Das wäre im Prinzip dasselbe. Aber was würde Ihnen das bringen?

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Was ist das überhaupt?

Offshoring ist ein Kunstwort. Es setzt sich vorne aus dem engli­ schen Adjektiv off-shore (jenseits der eigenen Küste) und hinten aus der Endsilbe von Outsourcing zusammen. Was darunter verstanden wird, ist im Grunde herzlich einfach und lässt sich in zwei Punkten zusammenfassen:



Nehmen Sie die Ortsbezeichnung off-shore ruhig wörtlich: Erst wenn eine Küste zwischen Ihnen und Ihrem Zulieferer liegt, heißt es Offshoring. Nur wer auf einem anderen Konti­ nent einkauft, betreibt Offshoring. Viele deutsche Manager, die zum Beispiel in Rumänien einkaufen, nennen das bereits Offshoring. Solange jedoch nicht die Kontinentaldrift ein Meer zwischen Deutschland und Rumänien schiebt, ist das Nearshoring. Der Begriff wurde extra eingeführt, um die Beg­ riffe sauber und die Sachverhalte klar getrennt zu halten.



Offshoring bezeichnet nicht den Einkauf von Gütern, son­ dern allein von Dienstleistungen.

Wenn damit der Gütereinkauf gemeint wäre, dann bräuchten wir den neuen Begriff gar nicht. Denn zum Beispiel die Textilindustrie hat schon vor 50 Jahren Waren in Low Cost Countrys eingekauft. Deshalb heißt das auch Low Cost Country Sourcing - und nicht Offshoring. Natürlich werden die Begriffe in der Praxis ständig ver­ wechselt. Nichtsdestoweniger hat Offshoring nichts mit Low Cost Country Sourcing zu tun. Low Cost Country Sourcing heißt: Ein schon bestehendes Einkaufsvolumen wird vom Inland in ein Nied­ rigkostenland zum Beispiel in Osteuropa verlagert. Offshoring dage­ gen bezeichnet das Outsourcing von bisher intern erbrachten Leis­ tungen (zum Beispiel die eigene Buchhaltung) in ein Land auf einem anderen Kontinent. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Der Gott-sei-bei-uns?

Low Cost Countiy Sourcing ist ein gutes Stichwort, denn es erklärt, warum einige Politiker, Journalisten und andere Bedenkenträger beim Begriff Offshoring laut aufjaulen: Wenn die Textilindustrie bil­ lige T-Shirts in China einkauft ( = Low Cost Countiy Sourcing), dann kostet das zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb „nur“ Blue Collar Jobs in der Produktion. Dem Offshoring jedoch fallen nun plötzlich die sicher geglaubten „besseren“ Arbeitsplätze zum Opfer, die White Collar Jobs, die Office Jobs von Krawattenträgern in der Verwaltung - zumindest argumentieren so die Globalisierungs- und Offshoring-Gegner. Dass sie mit ihrem reduzierten Verständnis ökonomischer Zusammenhänge etwas daneben liegen, werden wir noch sehen.

Worum geht’s?

Wer Offshoring betreibt, kauft auf einem anderen Kontinent hoch­ wertige Dienstleistungen ein wie Call-Center-Leistungen, Accoun­ ting (Buchhaltung), Software-Programmierung, -Wartung und Formatierung, Layoutarbeiten, Research, ja selbst Finanzdienstleis­ tungen und Investment-Banking. Vorsicht, Milchmädchenrechnung! Warum Offshoring? Natürlich um die Faktorkostenunterschiede des fremden Kontinents zu nutzen. Eine Bank im deutschsprachigen Raum zahlt zum Beispiel für eine Mitarbeiterstunde im Back Office circa 35 Euro. Wird das Back Office in Indien eingekauft, kostet dieselbe Mitarbeiterstunde vier bis sechs Euro. Ist das nicht gerade­ zu phänomenal? Auf den ersten Blick schon - deshalb ist Offsho­ ring ja so in Mode! In der Praxis fallen viele Firmen, die sich von den phantastischen Faktorkostenvorteilen blenden lassen, jedoch

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kräftig auf die Nase. Wie viele das schon sind, weiß keiner so recht. Die Dunkelziffer ist jedoch hoch. Warum?

Vorsicht, Fallen! Wer die kurzfristigen Einsparungspotenziale von Offshoring erken­ nen möchte, muss kein Professor für Supply Management sein. Der Unterschied zwischen 35 und vier bis sechs Euro spricht für sich. Doch er spricht mit gespaltener Zunge. Wer auf kurzfristige Kosten­ vorteile aus ist, verrechnet sich in der Regel. Denn auf fremden Kontinenten macht die Qualität meist große Probleme und damit große Kosten. Diese Kosten fressen die Faktorkostenvorteile an bis auf. Viele westliche Firmen haben in der Vergangenheit ihre Offsho­ ring-Partner wie ganz normale Lieferanten behandelt. Das heißt, sie haben ihnen auch die Qualitätskontrolle ihrer gelieferten Dienstleis­ tungen überlassen. Ein böser Fehler. Denn die vereinbarte Qualität wurde in vielen Fällen nicht geliefert. Wie die Erfahrung leider zeigt, funktioniert Offshoring nur dann, wenn der Bezieher der Dienstleis­ tung eine Qualitätssicherung vor Ort betreibt. Mit konkreten Ziel­ vorgaben, westlichen Kontrollen, Anreizsystemen und Training, Training, Training. Nicht hundertprozentig

Unternehmen sind von den vorgeblichen Kostenvorteilen off-shore oft so begeistert, dass sie eine komplette Leistung outsourcen. Das geht leider in der Regel schief. Wer sofort zu hundert Prozent ausla­ gert, geht meist Baden. Die Gründe dafür sind Mängel im Manage­ ment des Offshoring-Partners, Kommunikationsprobleme und böse unterschätzte Kultur- und Sprachprobleme.

Negativbeispiel

Aktenkundig ist zum Beispiel ein amerikanischer HardwareHersteller, der innerhalb von knapp zehn Monaten 5500 Arbeits­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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plätze rund um sein Call Center aus den USA nach Indien verlager­ te und damit Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich ein­ streichen wollte. Er kaprizierte sich dabei ganz auf die satten Ge­ winnzuwächse und übersah das kulturelle Sprachproblem. Ruft zum Beispiel einer seiner texanischen Kunden beim Call Center in Amerika an, um nachzufragen, ob der Call Center Agent wegen ei­ nes Ortswechsels seine Kundenadresse ändern kann, antwortet der US-Agent natürlich: „Yes Sir, I can do that.“ Der Inder antwortet dagegen „Yes Sir, I could do that.“ Weil der Inder jedoch eine perfek­ te Aussprache hat, erkennt der texanische Kunde ihn nicht als sol­ chen, sondern denkt sich, er habe einen Amerikaner in der Leitung, und fragt sich verwirrt: „Ja was denn nun? Kann er meine Adresse ändern oder könnte er es nur? Und wenn zweiteres zutrifft: Was muss ich tun, damit er es tatsächlich tut?“ Solche kulturspezifi­ schen Sprachprobleme führten zu einem eklatanten Qualitätsab­ sturz im Call Center. Und Qualitätsabsturz bedeutet immer auch Umsatzeinbußen und Ertragseinbruch. Moral der Geschichte: Sie sind besser beraten, wenn Sie Ihre Dienstleistung nicht sofort zu hundert Prozent an einen Offshoring-Partner geben, sondern sich zuerst einmal mit ihm zusammen an einem gemeinsamen Unter­ nehmen beteiligen. Aus diesem können Sie sich dann nach und nach zurückziehen, wenn Sie sichergestellt haben, dass der Partner Ihre Qualitätsstandards eingeführt hat und auch langfristig eigen­ ständig halten kann. Gefahr oder Chance?

Wir sollten es uns abgewöhnen, Offshoring nur als Gefahr für unse­ re Arbeitsplätze zu betrachten. Es bietet auch große Chancen für die heimische Volkswirtschaft als Ganze. Wenn ein Unternehmen seine Wertschöpfung global verteilt, kann es sich stärker auf seine Kernkompetenz konzentrieren, damit Wettbewerbsvorteile erzielen, SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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was wiederum hochwertige inländische Arbeitsplätze im Inland schafft und sichert.

Was sagt die Wissenschaft?

Offshoring ist momentan Management-Mode. Die Wissenschaft soll­ te das weder belächeln noch passiv hinnehmen, sondern sich ein­ klinken und Offshoring ökonomisch untersuchen, erklären und in ein vernünftiges konzeptionelles Fundament gießen, damit die Pra­ xis die erwähnten Fehler und Risiken beim Offshoring besser bewäl­ tigen kann. Auf einen Blick

1) Lassen Sie sich beim Offshoring nicht von kurzfristigen Kosten­ vorteilen blenden. Rechnen Sie auch mit den Qualitätskosten und richten Sie sich auf ein längerfristiges Engagement ein. 2) Führen Sie selbst die Qualitätssicherung beim Offshoring-Partner durch, gegebenenfalls über eine Kapitalbeteiligung. 3) Unterschätzen Sie die Kultur- und Sprachprobleme nicht! 4) Sehen Sie beim Offshoring nicht nur die Kostenvorteile, sondern auch die Vorteile für Service und Qualität. Viele Ihrer Prozesse las­ sen sich durch Offshoring-Prinzipien wie Follow the Sun oder Around the Clock schneller abwickeln, was Vorteile auf dem Markt bringt.

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Das liebe Geld Egal, wie viel Mühe wir uns im Beruf geben, am Ende des Tages zählt nur, was unterm Strich dabei herauskommt. Das ist das Prob­ lem. Tatsächlich? Mit etwas Know-how in Financial Supply Mana­ gement ist das Problem kein Problem. Es gibt jede Menge wirksamer und praktikabler Instrumente, um die Bottom Line im grünen Be­ reich zu halten, kostspielige Risiken auszuschalten und auch bis­ lang ungenutzte Kostenpotenziale zu heben. Wer die Instrumente kennt und anwenden kann, ist im Vorteil ...

Es geht ums Geld Financial Supply Management: Was trägt der Einkauf zum Untemehmenserfolg bei?

Christopher Jahns

Wie wir es auch drehen und wenden, es geht letztendlich immer ums Geld. Um die Frage: Was tragen Einkauf und Supply Manage­ ment zum Unternehmenserfolg bei? Oder vornehm formuliert: Es geht um wertorientiertes Management. Was ist der Wertbeitrag des Einkaufs zum Unternehmenserfolg? Seit Unternehmensleitungen dazu übergehen, diese Frage mit dem Economic Value Added (EVA) SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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zu beantworten, kommt der Einkauf schlecht weg. Denn sein Bei­ trag zum Erfolg wird tendenziell unterschätzt - von den Unterneh­ mensleitungen.

Der Einkäufer oder Supply Manager ahnt natürlich, dass er mit sei­ ner Arbeit mehr zum Erfolg seines Unternehmens beiträgt, als ihm zugestanden wird. Doch unter Kaufmännern zählen Ahnungen we­ nig. Jetzt rächt sich, dass bei der Beschaffung jahrelang hauptsäch­ lich an die Kosten und nicht ans Controlling gedacht wurde. Es wird Zeit, dass wir den Unternehmensleitungen schwarz auf weiß beweisen, wie groß der Erfolgsbeitrag des Einkaufs bereits jetzt schon ist. Dieser Beweis erfordert keine herkuleische Anstrengung, sondern lediglich etwas Controlling, genauer: Supply Performance Measurement. Hier wurde in vielen Unternehmen die Entwicklung etwas verschlafen; mit einigen Ausnahmen. Diese Ausnahmen sind interessant. Wenn wir betrachten, wie Einkäufer und Supply Manager in diesen Ausnahmeunternehmen mit ihren Kennzahlen-Cockpits nicht nur schwarz auf weiß den Nachweis erbringen, was der Einkauf tat­ sächlich zum Unternehmenserfolg beiträgt, sondern damit auch die Savings in ungeahnte Höhen treiben, kann einem ganz futuristisch zumute werden. Nur so wenige Kennzahlen machen einen so großen Unterschied! Selbst überraschende Lieferantenpleiten, die die Her­ stellerwelt in immer kürzeren Abständen erschüttern, können nicht mehr wirklich überraschen und verlieren ihren Schrecken. Denn werden Supply Performance Measurement und Supply Risk Mana­ gement miteinander verbunden, erhält der Einkauf quasi seine ei­ gene Kristallkugel, die ihm den Blick in die Zukunft ermöglicht.

Und nicht nur das. Auch die Gegenwart wird angenehmer und vor allem kostengünstiger. Wo finden laut Kriminalstatistik die meisten Wirtschaftsdelikte der Gattung Betrug und Untreue statt? Richtig, SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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in Einkauf und Beschaffung. Die publikumswirksamen Skandale der letzten Monate sind nur die sichtbare Spitze des Eisbergs, des­ sen unter der Oberfläche monströs lauernde Masse eine Frage pro­ voziert: Wie konnte das passieren? Wie schaffen Einkaufsabteilun­ gen es nur, Jahr für Jahr Millionenbeträge in KorruptionsSumpflö­ chern zu verlieren? Indem sie der Kostenhysterie der letzten Jahre folgten und ihr Supply Risk Management aus den Augen verloren. Ironie des Schicksals: In einigen Unternehmen fressen die Korrupti­ onsverluste die Gewinne aus den Kostensenkungsprojekten wieder auf. Dabei erfordert Supply Risk Management kein Zusatzstudium. Lediglich etwas Know-how und guten Willen. Dass sowohl beim Risikomanagement als auch beim Supply Quali­ tätsmanagement in letzter Zeit geschlafen wurde, zeigen schon die vielen Rückrufaktionen und rätselhaften Qualitätsmängel. Beim näheren Betrachten sind diese nicht mehr ganz so rätselhaft: Zwar läuft die Beschaffung schon seit längerem über mehrstufige Supply Chains. Doch das Qualitätsmanagement konzentriert sich immer noch schwerpunktmäßig auf den Herstellerbetrieb. Bei einer inter­ nen Wertschöpfungstiefe unter 50 Prozent ist das kaum mehr nach­ vollziehbar.

Betrachten wir Unternehmen mit funktionierendem Supply Quali­ tätsmanagement, so fällt auf, dass diese sehr viel früher mit dem Qualitätsmanagement beginnen als „normale“ Einkaufsabteilungen. Während in der Normal Practice dem Zulieferer kräftig auf die Füße gestanden wird, wenn mal wieder ein defektes Teil die Produktion lahmlegt, passiert das in der Best Practice so gut wie nicht mehr. Warum nicht? Weil der Zulieferer nicht erst konsultiert wird, wenn das Kind im Brunnen liegt. Sondern bereits, wenn die Spezifikatio­ nen des Teils festgelegt werden. Damit der Zulieferer schon zu die­ sem frühen Stadium auf die möglichen Qualitätsrisiken hinweisen SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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kann, die daraufhin eliminiert werden - bevor sie Monate später die Produktion stilllegen. Und je besser das Supply Qualitätsmanage­ ment funktioniert, desto kleiner die Qualitätskosten und desto grö­ ßer der Wertbeitrag des Einkaufs zum Unternehmenserfolg. So schließt sich der Kreis.

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Fit im Cockpit Performance Measurement in Einkauf und Supply Management

Christopher Jahns und Aiko Entchelmeier

You cannot manage, what you cannot measure“, sagte einst Bill Hewlett, Gründer von Hewlett & Packard (HP). Wörtlich: Du kannst nicht managen, was du nicht messen kannst. Zeitgemäß formuliert: Ohne Performance Measurement gibt es kein effektives Manage­ ment. Wie sieht das Performance Measurement in Einkauf und Supply Management aus? Oder kurz: Wie sieht Supply Performance Measu­ rement aus? In der Praxis ziemlich vernachlässigt. Es gibt zwar teilweise einige Kennzahlen, aber oft sind es nicht die richtigen. Kein triviales Versäumnis: Wird mit den falschen Kennzahlen ge­ führt, kommt es zwangsläufig zu Fehlsteuerungen. Deshalb lautet die Frage nicht: Welche Kennzahlen haben wird? Sondern: Sind es die richtigen?

Die richtigen Kennzahlen

Was sind die richtigen Kennzahlen? Das sind für jedes Unterneh­ men andere, weil die richtigen Kennzahlen sich aus der individuel­ len Supply Strategie ableiten. Wählt zum Beispiel eine Unterneh­ mensleitung die Strategie der Kostenführerschaft, dann wird der Einkauf in dem Bemühen um strategiekonforme Kennzahlen zum Beispiel Messgrößen wählen, die die Einsparungen durch den Ein­ kauf zeigen (Einkaufs- und Supply Savings). Soll der Einkauf dar­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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über hinaus auch durch gezielte Einkäufe Innovationen ins Unter­ nehmen holen, braucht er eine Kennzahl, die eben das misst. Das klingt einleuchtend. Doch in der Vergangenheit wurden bei der Auswahl von Kennzahlen oft Fehler gemacht.

Unausgewogene Kennzahlen Eine große, oft übersehene und chronisch unterschätzte Gefahr für das Performance Measurement im Einkauf sind einseitige Kennzah­ len, die zum Beispiel nur die Vergangenheit darstellen. Diese einsei­ tige Betrachtungsweise ist schuld daran, dass das Supply Perfor­ mance Measurement auf einem Auge blind ist; blind für die Zu­ kunft. Die Folge: Das Unternehmen wird von der Entwicklung über­ rollt. Aus diesem Grunde werden Unternehmen beispielsweise von Lieferanten-Insolvenzen überrascht. Weil keiner den Zusammen­ bruch kommen sah: Das Supply Performance Measurement stellte keine Frühwarn-Indikatoren zur Verfügung; zum Beispiel Kennzah­ len zur Bewertung des Lieferantenrisikos. Wieviel ist genug? Es existieren ungefähr 250 Kennzahlen zum Supply Performance Measurement. Wie viele sollte ein installiertes Performance Measu­ rement pflegen? Nur circa eine Handvoll; in Zahlen: 5 bis 7. Die meisten Unternehmen übersehen diese Faustregel. Sie verfügen im Einkauf entweder über gar keine Messgrößen oder leisten sich ei­ nen unüberschaubaren Zahlenfriedhof. Beides verhindert eine effi­ ziente und effektive Steuerung. Der Einkauf ist damit quasi im Blindflug unterwegs. Warum nur eine Handvoll Kennzahlen? Weil das die größte Menge ist, die ein einzelner Mensch noch auf einen Blick überschauen, verstehen und zur Steuerung einsetzen kann.

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Das Kennzahlen-Cockpit Ziel dieser Reduktion der Steuerungsgrößen ist es, ein sogenanntes Kennzahlen-Cockpit aufzustellen: Das sind die wichtigsten Anzeigen auf einen Blick. Wie am Armaturenbrett eines Autos: Wenn dort noch zehn weitere Anzeigen angebracht wären, würde das die Un­ fallzahlen im Straßenverkehr in die Höhe treiben, weil kein Autofah­ rer mehr wüsste, wo ihm der Kopf steht vor lauter Armaturen. Und so verhält es sich auch im Einkauf.

Ein Cockpit für jede Leistungsebene Ein gutes Performance Measurement stellt jeder Leistungsebene im Einkauf ein eigenes Cockpit zur Verfügung: eine Handvoll Messgrö­ ßen



für den Einkaufsleiter (CPO)



für die Warengruppenverantwortlichen (Category Managers)



für die Einkäufer.

Denn jede der drei Führungsebenen hat andere Informationsbe­ dürfnisse, die mit unterschiedlichen Kennzahlen befriedigt werden müssen. Jeder Ebene ihr eigenes Cockpit. Supply Performance Measurement einführen Die Einführung von Supply Performance Measurement ist kein Großprojekt. Sie lässt sich in sechs übersichtlichen Phasen realisie­ ren: 1) Supply Strategy Deployment: Ableitung der Einkaufsstrategie aus der Unternehmensstrategie. Viele Einkaufsabteilungen kaufen im­ mer noch mehr oder weniger nach Gefühl ein, ohne dass zum Bei­ spiel die Beschaffung für strategisch wichtige Warengruppen expli­ zit mit der Untemehmensstrategie abgestimmt wäre. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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2) Key Performance Indicator Development: Ableitung der entschei­ denden Kennzahlen (Key Performance Indicators) aus der Einkaufs­ strategie. Bei einer Strategie der Kostenführerschaft bieten sich als Kennzahl zum Beispiel die sogenannten Supply Savings an. Das ist eine Kennzahl, die die Differenz misst zwischen den aktuellen, tat­ sächlich erzielten Einkaufspreisen und einer Vorgabe, wie bei­ spielsweise den Vorjahreszahlen. 3) Target Setting: Konkrete Ziele setzen. Die einzelnen Kennzahlen werden mit konkreten Zahlenwerten ausgefüllt, zum Beispiel: „Un­ sere Supply Savings müssen in diesem Jahr 5% betragen.“

4) Supply Reporting: Hier werden die Fragen geklärt: In welcher management-gerechten Form sollen die Kennzahlen des Cockpits dargestellt werden? In welcher visuellen Aufbereitung? In welcher Frequenz? Wöchentlich, monatlich, quartalsweise? 5) Supply Incentive System: Mit welchen Anreizen erreichen wir, dass die Manager und Mitarbeiter im Einkauf ihre Kennzahlen-Ziele auch erreichen? Mit welchen finanziellen und nicht-finanziellen An­ reizen lassen sich die Mitarbeiter motivieren?

6) Supply Benchmarking: Vergleich der Kennzahlenwerte mit ande­ ren Unternehmen oder Vergleich verschiedener Warengruppen un­ tereinander.

Voraussetzungen für die Einführung Nichts im Leben funktioniert voraussetzungslos, auch Performance Measurement nicht. Für ein funktionierendes Supply Performance Measurement sind drei Dinge nötig: 1) Ein Supply Information System: Kennzahlen kommen nicht von ungefähr. Das ist in vielen Unternehmen ein echtes Problem. Die Zahlengrundlage für ein Performance Measurement fehlt schlicht SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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oder ist zu löcherig, um die Frage zuverlässig zu beantworten: Wer gibt wann wieviel wofür aus? Das nennt man übrigens Spend Ma­ nagement. 2) Management Commitment: Performance Measurement läuft nur dann zügig und effektiv an, wenn sich vom Topmanagement bis zum Lower Management jeder Manager dafür engagiert, die Cock­ pit-Zahlen einfordert und nach außen verteidigt. 3) Supply Communication & Learning: Damit Supply Performance Measurement funktioniert, müssen Supply Manager, Einkäufer und ihre Vorgesetzten ihre Cockpit-Zahlen verstehen. Das können sie jedoch nicht aus dem Stand oder weil ein Vorgesetzter es ihnen einmal erklärt hat. Die Erfahrung zeigt, dass Training unabdingbar dafür ist, dass Mitarbeiter die Zahlen verstehen, interpretieren, be­ nutzen und pflegen können. In der Praxis scheitert die Einführung von Supply Performance Measurement oft daran, dass die Mitarbei­ ter die Zahlen schlicht nicht verstehen, weil sie kein oder kein auf Anwendung abgestimmtes Training dafür bekamen. Dem Einkauf die Bedeutung, die ihm zusteht

Es wird immer wieder darüber geklagt, dass der Einkauf nicht die Anerkennung bekommt, die ihm aufgrund seines Beitrags zum Un­ ternehmenserfolg eigentlich zusteht. Supply Performance Measure­ ment kann das nachhaltig und entscheidend verändern. Denn so ein Supply Performance Measurement zeigt in konkreten Zahlen innerhalb des Unternehmens jedem Topmanager die nachweisliche Leistung des Einkaufs und seinen Beitrag zum Untemehmenserfolg. Supply Performance Measurement verbessert nachdrücklich den Stellenwert von Einkauf und Supply Management im Unter­ nehmen.

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Supply Risk Management Die Gefahren im Einkauf nehmen zu. Haben Sie die Risiken im Griff?

Michael Henke

Je stärker die eigene Wertschöpfungstiefe sinkt, je mehr Teile für die Produktion wir einkaufen, desto stärker werden wir abhängig von unseren Lieferanten und desto größer werden unter anderem die Qualitäts- und Lieferrisiken. Die eigene Produktion wird immer stärker abhängig von Lieferanten - von den Lieferanten der Lieferanten und deren Lieferanten. Und an jeder Stelle dieses komplexen Lieferanten-Netzwerks können Ri­ siken auftreten, die wir irgendwie auf dem Radar haben müssen, wenn wir nicht blind fliegen wollen. Leider sind viele Unternehmen derzeit im Blindflug unterwegs. Der Beitrag auf einen Blick:



Die Risiken auf Liererantenseite nehmen täglich zu.



Supply Risk Management verhindert böse Überraschungen und sichert die Existenz des Unternehmens.



Aufbau eines Supply Risk Managements in fünf Schritten.

Im Blindflug unterwegs In der Kfz-Industrie hatten wir noch nie so viele und so große Rück­ rufaktionen wie in den letzten Jahren. In vielen anderen Branchen grassieren Qualitätsprobleme, die vor Jahren noch unbekannt waSMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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ren. An allen Ecken und Enden im Einkauf mehren sich die Zei­ chen, dass die Risiken in der Beschaffung dramatisch zugenommen haben - nicht jedoch die Risikovorsorge.

Symptome der Sorglosigkeit

Dass Supply Risk Management in den meisten Unternehmen noch in den Kinderschuhen steckt, zeigen unter anderem folgende Sym­ ptome: Jeden Tag melden Dutzende von Lieferanten Insolvenz an - und ihre Kunden reagieren meist völlig überrascht: "Was? Der Lieferant ist pleite? Aber der liefert doch wichtige Teile! Wir können nicht mehr produzieren!" Als Beobachter fragen wir uns dabei jedesmal: Muss denn erst ein Lieferant Pleite machen und die eigene Produktion in höchste Not bringen, bevor die Notwendigkeit eines proaktiven Risi­ komanagements erkannt wird, das unter anderem mit einem Insol­ venz-Radar ausgestattet ist?

Immer noch wird Risikomanagement mit Krisenmanagement ver­ wechselt. Das heißt, man wird erst aktiv, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Viele Manager erzählen mir nicht ohne Stolz: "Wir sind inzwischen richtig gut darin, Schadensbegrenzung zu betreiben." Ein proaktives Risikomanagement könnte in den meis­ ten Fällen von vorne herein verhindern, dass das Kind überhaupt erst in den Brunnen fällt. Risikomanagement wird nicht als integraler Teil der Unternehmens­ strategie betrachtet, sondern als Instrument der Notfall-Feuerwehr. Werfen wir einen Blick in die Kriminalstatistik, Abteilung Wirt­ schaftskriminalität. Wo treten Betrug und Untreue besonders häu­ fig auf? Haben Sie richtig getippt? Stimmt, in Einkauf und Beschaf­ fung. Jedes Jahr kostet das die Unternehmen Millionen Euro. Wie groß schätzen Sie den Schaden in Ihrem Unternehmen? Wenn ein SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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gutes Supply Risk Management auch nur die Hälfte davon verhin­ dern könnte, was würde Ihnen das in Euro bringen? Das Argument überzeugt Sie? Dann lassen Sie uns darüber reden, was zu tun ist.

Supply Risk Management (SRM) in fünf Schritten Wenn wir Unternehmen bei der Einführung eines professionellen Supply Risk Managements beraten und begleiten, hat sich ein Vor­ gehen in fünf Schritten bewährt:

Projekt aufsetzen •

Supply-Prozess auf potenzielle Risiken abchecken



Zentrale SRM-Bereiche bearbeiten



Visualisierung und Monitoring



Organisation schaffen



Betrachten wir die Schritte im einzelnen.

Schritt 1: Setzen Sie Ihr SRM-Projekt auf

Viele Unternehmen laborieren seit Jahren am gesetzlich vorge­ schriebenen, untemehmensweiten Risk Management herum, aber schaffen es nicht, in Einkauf und Supply Management ein funktio­ nierendes bereichsspezifisches System zu implementieren. Wie wir festgestellt haben, sind die Gründe dafür relativ simpel:

SRM-Projekte laufen nur dann gut, wenn der Anstoß vom Vorstand kommt und wenn gleichzeitig ein Projekt-Pate im Vorstand sitzt. Wer könnte Ihr Projekt-Pate sein?

Zusätzlich muss der Einkaufsleiter als oberster Projektantreiber auftreten. Nach dem Motto: "Supply Risk Management ist Einkaufs­ chefsache!"

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Wenn SRM nur "oben draufgesattelt" wird, läuft es nicht. Das heißt: Der Einkaufsleiter muss jedem involvierten Mitarbeiter, Manager und Risk Owner ausreichend Kapazität (Klartext: Zeit) verschaffen, um sich um seine Risiken kümmern zu können. Nur so entsteht auch das Risikobewusstsein, das entscheidend ist für erfolgreiches Risikomanagement.

Schritt 2: Supply-Prozess auf potenzielle Risiken abchecken Fragen Sie sich und Ihr Team: Wo lauern generell die potenziellen Risiken in unserem Supply-Prozess, angefangen vom Lieferanten bis hin zu unserem Absatz? Was hat der Absatz mit der Beschaffung zu tun? Tatsächlich beschränkt sich Supply Risk Management nicht auf die Beschaffung allein. Wenn zum Beispiel die Autokäufer keine blauen Scheinwerfer mehr mögen und lieber wieder welche mit wei­ ßem Licht hätten, dann sitzt der Einkauf auf einem dicken Lagerri­ siko aus Tausenden von vorgehaltenen Scheinwerfern, die keiner mehr braucht. Je früher die Beschaffung also auch die Leute vom Absatz ins Risikomanagement integriert, desto weniger unnütze blaue Scheinwerfer werden auf Lager genommen. Beim Abchecken des Supply-Prozesses auf potenzielle Risiken hat sich übrigens der Supply Management Navigator als sehr nützlich erwiesen. Er dient quasi als Checkliste, mit Hilfe derer Sie sich Modul für Modul durch die einzelnen Risikobereiche durcharbeiten können. Schritt 3: Bearbeiten Sie die zentralen SRM-Bereiche Supply Risk Strategie: Wie wollen Sie grundsätzlich mit Risiken umgehen? Was ist Ihre Risiko-Politik?

Supply Risk Maßnahmen: Welche Möglichkeiten haben Sie generell, um mit Risiken umzugehen? Möglichkeiten können unter anderem das Vermeiden, Verhindern, Überwälzen oder Kompensieren von Risiken sein. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Supply Risk Identifikation: Welche Risiken betreffen Sie derzeit ganz konkret? Supply Risk Analyse: Was sind die Ursachen dieser Risiken? Supply Risk Bewertung: Welche Eintrittswahrscheinlichkeiten und welche Auswirkungen haben diese Risiken? Supply Risk Steuerung: Welche spezifischen Maßnahmen passen auf die identifizierten aktuellen Risiken?

Schritt 4: Visualisierung und Monitoring Risiko-Situationen sind meist deshalb so stressig, weil sie relativ unübersichtlich sind. Schnelle Abhilfe: Visualisieren Sie Ihre aktu­ elle Risikosituation mit Hilfe einer Risk Map oder anderer visueller Darstellungsmöglichkeiten. Und weil das Risiko niemals schläft: Überwachen Sie die identifizierten Supply-Risiken und das Supply Risk Management selbst; das nennt man Monitoring. Schritt 5: Organisation schaffen Eben weil das Risiko nie schläft, empfiehlt es sich, die Schritte 2 bis 4 quasi als permanenten Regelkreis regelmäßig zu durchlaufen. Schaffen Sie die organisatorischen Voraussetzungen, die gewähr­ leisten, dass dieser Regelkreis auch tatsächlich regelmäßig durch­ laufen wird.

Erfolgsmeldungen Manager, die bereits erfolgreich Supply Risk Management einge­ führt haben, sind sehr zufrieden mit ihren Erfolgen. Hier einige Meinungen von Einkaufsleitern und Vorständen: "Der Aufwand hat sich gelohnt. Wir haben unsere Top-20-Risiken in Einkauf und Supply Management jetzt besser im Griff." "Der systematische An­ satz hat uns sensibilisiert. Wir haben damit endlich das richtige SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Risikobewusstsein im Unternehmen geschaffen." "Supply Risk Ma­ nagement ist für uns eine conditio sine qua non für Unternehmens­ erfolg geworden." "Dank unseres Risikomanagements haben wir wertvolle Wettbewerbsvorteile realisiert. Wir können jetzt auch exis­ tenzbedrohende Risiken managen, bevor sie virulent werden - viele unserer Mitbewerber können das nicht."

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Supply Performance Measurement in der Praxis Cases aus dem Leben

Christopher Jahns und Aiko Entchelmeier

Supply Performance Measurement stellt dem Einkauf jede Menge Kennzahlen zur Messung der Leistung bereit. Unter dem gegenwär­ tigen Kostendruck der Unternehmen sind jedoch insbesondere die so genannten Einkaufs- und Supply Savings interessant. Die meisten Unternehmen stehen mächtig unter Kostendruck. Da erstaunt es doch etwas, dass nur wenige die Kostenpotenziale im Einkauf ernsthaft angehen, das heißt mit Performance Measure­ ment erfassen. So messen nur die wenigsten Unternehmen ihre Einkaufs- und Supply Savings.

Einkaufs- und Supply Savings Savings messen die Differenz zwischen einem Vergleichs wert (zum Beispiel dem Vorjahreswert) und dem aktuell realisierten Preis beim Einkauf. Diese Differenz ist eine Maßzahl für den Einkaufserfolg. Sie zeigt, was der Einkauf im Sinne eines wertorientierten Manage­ ments zum Unternehmenserfolg beiträgt. Wenn Einkaufsleiter zur periodischen Klage über die geringe Wertschätzung ihrer Abteilung im Unternehmen anheben, dann sollten sie sich vielleicht an diese Kennzahl erinnern: Wer seine Savings präsentieren kann, braucht sich um die Anerkennung für sich und seine Abteilung keine Sor­ gen zu machen. Ihre Savings messen zum Beispiel T-Mobile, RWE, Deutsche Post, Novartis und MAN. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Die Möglichkeiten

In den genannten Unternehmen werden Savings auf verschiedene Weise gemessen:

1) Mit einem Periodenvergleich der Preise: Der erzielte Preis der Vorperiode wird mit dem aktuell erzielten Preis verglichen. 2) Mit der Differenz zwischen dem besten technisch und kommer­ ziell akzeptierten Angebot und dem letzten Angebot nach Verhand­ lungen. 3) Durch einen Vergleich der Targetkosten mit den tatsächlich er­ zielten Preisen. 4) Durch den Vergleich der tatsächlich erzielten Preise mit einem Marktpreisindex. Viele Unternehmen nutzen auch eine Kombination der verschiede­ nen Möglichkeiten. Einige haben ein sogenanntes Savings Frame­ work ausgearbeitet: Für unterschiedliche Warengruppen werden unterschiedliche Savings-Kennziffern definiert. Total Cost of Ownership (TCO)

Seit Low Cost Country Sourcing in Mode gekommen ist, fällt es be­ sonders auf, wenn Einkaufsabteilungen in die Kalkulationsfalle tappen: Manche glauben, gigantische Savings zu erzielen - dabei verkalkulieren sie sich bloß. Wer zum Beispiel in China für eine Rolle Garn zur Textilherstellung nicht wie in Deutschland 2,50 Eu­ ro, sondern bloß 40 Cent berappt, erzielt eben keine Savings in Hö­ he von 2,10 Euro pro Stück. Der Preis ist in diesem Fall keine sinn­ volle Basis zur Savings-Berechnung. Zutreffender ist der Preis plus Beschaffungsnebenkosten wie Transport, Qualitätskosten oder War­ tung. Insbesondere beim Low Cost Country Sourcing schlagen die Logistikkosten so beträchtlich zu Buche, dass die preisbasierten SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Savings von 2,10 Euro nach Einrechnung der Total Costs eben be­ deutend geringer ausfallen. Wer seine Savings nicht auf TCO-Basis berechnet, provoziert damit zwangsläufig eine Fehlsteuerung seines Supply Managements. T-Mobile und die Post berechnen ihre Sa­ vings bereits nach Total Cost of Ownership.

Savings Tracking und Budgetierung Ein System mit dieser Bezeichnung setzen T-Mobile und die Post ein. Das System verhindert ein verbreitetes Phänomen: Wenn eine Abteilung zum Beispiel 5 Cent einspart, dann fließen diese eben häufig nicht in die Bilanz und erhöhen den Unternehmenserfolg. Sondern sie werden oft genug für etwas anderes ausgegeben. Ent­ weder für erhöhte Ausgaben oder um Budgetüberschreitungen in anderen Bereichen zu kaschieren. Das führt zu der paradoxen Situ­ ation, dass Savings nicht den Unternehmenserfolg erhöhen - wofür sie eigentlich da sein sollten - sondern zum Übertünchen von Schwachstellen zweckentfremdet werden. Um das zu unterbinden, ziehen die genannten Unternehmen die erzielten Savings vom Bud­ get ab, sobald sie realisiert werden. Damit können sie nicht mehr anderweitig umgeleitet werden, sondern kommen direkt und sofort dem Unternehmenserfolg zugute - was der eigentliche Sinn der Sa­ che ist. Der Motivations-Aspekt Es gibt einen hübschen Nebeneffekt, wenn das Supply Performance Measurement Transparenz in die Savings bringt: Das Management kann Einkäufer incentivieren und belohnen, wenn sie die Savings steigern. An dieser Stelle vergeben viele Unternehmen selbst in die­ sen Zeiten hohen Kostendrucks enorme Kostensenkungspotenziale: Sie vergeben potenzielle Savings, weil das Performance Measure­ ment sie überhaupt nicht erhebt. Ohne diese Transparenz können SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Einkäufer auch nicht ausreichend motiviert und incentiviert wer­ den, um möglichst große Einsparungen zu erzielen. Nur was eine Messgröße hat, kann als Ziel vorgegeben, incentiviert und damit auch erreicht werden.

Nicht-finanzielle Kennzahlen

Gut geführte Einkaufsabteilungen gehen noch einen Schritt weiter: Sie führen auch nicht-finanzielle Kennzahlen ein, zum Beispiel Qualitätskennzahlen als Vorlauf-Indikatoren für spätere Savings. Steigt zum Beispiel eine Kennzahl, die die Anzahl defekter Teile ei­ ner Lieferung misst, zeigt dies schon in einem frühen Stadium eine spätere Verschlechterung der Savings über eine Erhöhung der Qua­ litätskosten (Rücksendungen, Reklamationsaufwand) an. Eine ähn­ liche Vorwarnfunktion haben auch Indikatoren aus dem Supply Risk Management.

Nur für die Großen? Die eingangs aufgezählten Unternehmen, die eine Vorbildfunktion beim Supply Performance Measurement ausüben, sind alles Kon­ zerne. Heißt das, dass Supply Performance Measurement nur etwas für die Großen ist? Nein, bei diesen ist die Materie lediglich beson­ ders gut erforscht. Es gibt auch eine ganze Menge mittlerer und kleiner Unternehmen, die die Leistung im Einkauf vorbildlich mes­ sen und steuern. Supply Performance Measurement hat nichts mit Größe, sondern nur mit Klasse zu tun.

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RFX: Fallen und Tricks Praxistipp des Monats: Mehr Erfolg mit professionellen Requests for Proposal

Roger Moser

Der Einkauf in Billigländern bietet attraktive Kostenvorteile. Die Sache hat nur einen Haken: Wer in Deutschland einen kostengüns­ tigeren Lieferanten sucht, holt einfach einige Angebote ein. Genau das funktioniert beim Low Cost Country Sourcing nicht so einfach. Oft funktioniert es überhaupt nicht... In der globalen Wirtschaft holt man kein Angebot ein. Man macht einen RFI, Request for Information, oder einen RFP, Request for Proposal, oder einen RFQ, Request for Quotation. Wobei die Begriffe in Wissenschaft und Praxis durchaus unterschiedlich belegt und verwendet werden. Einig ist man sich nur darin, dass alle drei An­ fragen unter dem Kürzel RFX zusammengefasst werden. Und nicht nur die Begriffe unterscheiden sich von westeuropäischen Gepflo­ genheiten. Wünschen Sie von einem deutschen Lieferanten ein An­ gebot, mailen Sie ihm eine Anfrage und er mailt Ihnen sein Angebot zurück. Wer das schon mal mit einem Inder oder einem anderen Lieferanten in einem Low Cost Country versuchte, hat möglicher­ weise sein blaues Wunder erlebt. Oder wie ein konsternierter Ein­ käufer eines schwäbischen Mitteltständlers meinte: „Wie soll man denn billig in Indien einkaufen, wenn die Kerle nicht auf Anfragen reagieren?“ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Not „Hungry for Business“

Viele westeuropäische Einkäufer sitzen noch dem Vorurteil auf, die Lieferanten in den Billigländern seien „Hungry for Business“, wie das Schlagwort heißt. Doch das Schlagwort ist out. Die qualitativ hochwertigen Lieferanten in Low Cost Countries (LCC) erleben jähr­ lich Wachstumsraten von bis zu 30 Prozent. Oder wie es der ChefEinkäufer eines norddeutschen Unternehmens ausdrückt: „Die sit­ zen nicht däumchendrehend vor der Mailbox und warten auf das nächste Mail aus Deutschland!“ Deshalb passiert es vielen westeu­ ropäischen Einkäufern, dass auf ihre RFX hin eben nichts passiert - die angemailten LCC-Lieferanten antworten nicht. Die Lieferanten sind misstrauisch geworden An der Situation sind wir nicht ganz unschuldig. In den letzten Jah­ ren haben westeuropäische Unternehmen die LCC-Lieferanten zu oft missbraucht. Sie haben zu oft Angebote eingeholt, die nicht ernst gemeint waren, die nur als Druckmittel gegen die eigene Pro­ duktion oder gegen inländische Lieferanten eingesetzt wurden. Nach dem Motto: „Mein Inder würde mir den Artikel 20 Prozent billiger liefern. Wenn Sie nicht mindestens 10 Prozent billiger produzie­ ren/liefern, dann outsource ich eben oder wechsle den Lieferanten.“ Verständlich, dass die LCC-Lieferanten irgendwann den Braten ro­ chen und die Nase voll hatten, sich die Finger an Angeboten für Ge­ schäfte wund zu schreiben, aus denen nie etwas wurde, weil sie nicht ernst gemeint waren. Deshalb kann es passieren, dass quali­ tativ hochwertige und erfahrene Lieferanten in Billigländern nicht auf Ihre RFX reagieren. Die sind inzwischen extrem misstrauisch geworden, wenn ein RFX aus Westeuropa hereinflattert. Und sie können es sich leisten! Ihr Laden brummt. Es erhebt sich die Frage: Wie schaffen Sie es, dass Ihre RFX beantwortet werden? Sie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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und/oder Ihre Einkäufer haben mehrere Möglichkeiten, die wir nachfolgend kurz betrachten. Professionelle Unterlagen

In Ihrem Unternehmen eine Selbstverständlichkeit? Dann repräsen­ tieren Sie die rühmliche Ausnahme. Die RFX-Unterlagen vieler Un­ ternehmen sind auch heute noch alles andere als nach internatio­ nalen Standards professionell. In Indien und anderswo flattern zum Beispiel immer noch technische Zeichnungen auf den Lieferanten­ tisch, die in deutsch beschriftet sind. Man denke! Auch mit DINNormen können die meisten Chinesen herzlich wenig anfangen das Kürzel steht ja auch für „deutsche“ Industrienorm. Nicht jeder Chinese weiß zum Beispiel, was eine DIN-Schraube ist oder wie groß ein DIN A4-Blatt ist. Wenn RFX Ihr Unternehmen verlassen, achten Sie deshalb darauf, dass sämtliche Unterlagen in Beschrif­ tung und Spezifikation einer internationalen Norm entsprechen. Bilder helfen

Denken Sie bei der Aufbereitung Ihrer RFX-Unterlagen daran, dass potenzielle Sourcing-Partner meist ein Problem mit der Verständ­ lichkeit haben. Sie beschäftigen sich vielleicht nicht wie Ihre eige­ nen Ingenieure seit Jahren mit den Artikeln, die Sie sourcen möch­ ten. Und bevor er erst stundenlang herumrätselt, was „dieser Deut­ sche“ nun eigentlich will, ignoriert der Lieferant in spe den unver­ ständlichen RFX einfach. Die Erfahrung lehrt: Bilder und 3DZeichnungen helfen potenziellen Sourcing-Partnern enorm, Ihren RFX zu verstehen - und zügig zu beantworten.

Präsentieren Sie sich vor Ort Eben weil viele Billiglieferanten in den letzten Jahren von den West­ europäern mit nicht ernst gemeinten RFX „sauer gefahren“ wurden und weil in Asien der persönliche Eindruck für ein Geschäft viel SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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wichtiger ist als die Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage, führt meist kein Weg daran vorbei, sich beim Lieferanten persönlich vorzustellen. Mit drei Managern nach China zu fliegen, um mit ei­ nem Lieferanten zu verhandeln, der möglicherweise dann nicht ein­ steigt, kommt jedoch in der Regel sehr teuer. Deshalb sollten Sie für Ihre Präsentation vor Ort eine von zwei Möglichkeiten nutzen. Zum einen gibt es viele internationale Messen, die Sie nutzen können. Sie werden feststellen: Wenn der Sourcing-Partner ein Gesicht sieht und eine Hand schütteln kann, läuft jedes Geschäft viel schneller und einfacher an. Zum anderen können Sie einen der gebräuchli­ chen Supplier Days veranstalten. Wichtig dafür ist unter anderem,



dass Sie die Lieferanten, die Sie am Lieferantentag begutach­ ten möchten, auch explizit dazu einladen - von alleine kommt keiner.



dass Sie der Einladung möglichst viele Informationen mitge­ ben: Welche Teile wollen Sie sourcen? Welche Menge? Was ist die Zukunftsperspektive? Das heißt: Werden Sie das Ge­ schäft künftig ausbauen? Je mehr Info Sie mitschicken, des­ to eher entsendet Ihr potenzieller Sourcing-Partner einen Se­ nior Manager und keinen „einfachen“ Abteilungsleiter. Das hilft enorm bei Verhandlungen.

Was ist Ihre Strategie?

Wer beim Low Cost Country Sourcing noch keine große Erfahrung sammeln konnte, steht zunächst vor der Frage: Muss ich gleich mal 300 RFX in alle Welt rausschicken, damit ich wenigstens ein paar brauchbare Angebote bekomme? Oder konzentriere ich mich lieber auf wenige Produkte, Lieferanten und Regionen? Wenn Sie auf zweiteres tippen, liegen Sie richtig. Es hat sich gezeigt, dass die Mas­ senaussendung von RFX wenig Ergebnis bringt - dafür viel Komple­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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xität, Kosten, Zeitverlust und Verwirrung. Konzentrieren Sie sich lieber auf ein halbes Dutzend Produkte oder Produktgruppen, auf ein bis zwei Regionen und auf wenige Lieferanten. Sie können schließlich nicht für Hunderte Artikel die RFX-Unterlagen auf einen Schlag so professionell aufbereiten lassen, dass Sie auch Antworten der Lieferanten erwarten können. Sammeln Sie mit wenigen Pro­ dukten und Lieferanten erst einmal Erfahrungen. Sonst begräbt Sie die Komplexität des Verfahrens schnell.

Nehmen Sie Abschied vom Kostenvorurteil Viele Einkäufer hängen noch einem Vorurteil nach, das vielleicht vor 20 Jahren Gültigkeit hatte: In Billigländem ist alles billiger. Das stimmt nicht mehr. Die Kosten sind meist höher als das Vorurteil es suggeriert - insbesondere die Total Costs. Diese werden bei der Sourcing-Entscheidung leider immer noch oft übersehen oder un­ vollständig kalkuliert. Rechnen Sie daher nicht nur mit dem Ein­ kaufspreis, sondern auch mit Faktoren wie den Transportkosten (Billigländer liegen meist weit weg) und den Transportrisiken (in Russland verschwinden manchmal halbe Lagerhäuser), mit den po­ litischen Risiken und deren Kosten oder auch den Kosten des Auf­ baus einer Sourcing-Partnerbeziehung.

Billig wird schnell teuer

Ein Kostenfaktor, der in der Vergangenheit leider oft genug überse­ hen wurde, sind die Qualifikations- und Personalkosten. Wer Teile seines Einkaufsvolumens in Billigländer auslagert, muss dort auch qualifizierte Einkäufer haben - die gibt es jedoch meist nicht. Bis die Kandidaten dafür ausgebildet sind, vergeht Zeit. Zeit, mit der Sie kalkulieren sollten. Zeit, in der die Löhne mit der Qualifikation der Leute steigen werden; ähnlich wie in der indischen IT-Industrie. Je gefragter die indischen Programmierer wurden, desto teurer SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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wurden sie. Der LCC-Kostenvorteil wurde als teilweise aufgezehrt. Verlassen Sie sich daher nie allein auf den Preis des zu sourcenden Artikels. Denn es gilt beim Low Cost Country Sourcing das Prinzip: Es kommt immer was dazu! Überlegen Sie vor allem, wie stark Sie sich von Ihrem Outsourcing-Partner in einem fremden Land mit einem fremden Rechtssystem abhängig machen, wenn Sie tatsäch­ lich sourcen. Und dann stellen Sie sich die Frage: Wenn Sie alle diese Faktoren einrechnen - wie groß sind die Kostenvorteile dann noch? Nehmen Sie Abschied vom Qualitätsvorurteil

So wie es bei den Kosten alte Vorurteile gibt, gibt es auch bei der Qualität noch Vorurteile: Billig heißt schlechte Qualität. Das galt dreißig Jahre lang. Heute gilt das für die guten, erfahrenen Sour­ cing-Partner längst nicht mehr. Diese liefern Qualität auf internati­ onalem Standard. Um es auf den Punkt zu bringen: Beim Low Cost Country Sourcing sind sowohl die Kosten als auch die Qualität meist höher als erwartet. Rechnen Sie mit beidem.

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Neue Wege in der Beschaffung Herr Lumbe, Ihre Einkaufsorganisation geht neue Wege, und dies mit außerordentlichem Erfolg. Woraufführen Sie dies zurück?

_Lumbe: Im Wesentlichen darauf, dass es gelungen ist, die Ergeb­ nisrelevanz des strategischen Einkaufs im Unternehmen deutlich zu machen und damit die Voraussetzung für ein konsequentes Supplier Relationship Management zu schaffen. Dieser Erfolg fand auch außerhalb von Siemens große Beachtung.

_Lumbe: Wir haben tatsächlich einen Preis dafür bekommen, näm­ lich den BME-Innovationspreis 2003. Auch intern fanden wir Aner­ kennung. So wurde uns der top+ Award 2003 in der Kategorie »Cost Reduction« zuteil. Dies ist eine Auszeichnung, die Siemens-intern im weltweiten Wettbewerb verliehen wird.

Was war der herausragende Faktor für diesen Erfolg? _Lumbe: Bei einem so komplexen Vorhaben gibt es nicht das eine Rezept, den einen Erfolgsfaktor, der für sich allein genommen den Unterschied ausmacht.

Es gibt mehrere? _Lumbe: Ja. Wir mussten gleichzeitig vier Determinanten unter ei­ nen Hut bringen: Menschen, Strukturen, Prozesse und Systeme. Und alle vier waren und sind voneinander abhängig. Das heißt?

_Lumbe: Um bei der Determinanten »Mensch« etwas zu erreichen, müssen erst geeignete Strukturen im Einkauf geschaffen werden, SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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die Aufgaben definieren, die für hoch qualifizierte Mitarbeiter att­ raktiv sind.

Was wurde strukturell verändert?

_Lumbe: Wir haben den strategischen Einkauf konsequent zentrali­ siert, aber dabei die Funktionen, die vor Ort benötigt werden, in den Standorten beziehungsweise Regionen gelassen. Das heißt: Wir ha­ ben die Verantwortung zentralisiert.

Zum Beispiel? _Lumbe: Früher hatte jedes unserer Werke seinen eigenen Spezia­ listen für die verschiedenen Materialgruppen. Jedes Werk hatte zum Beispiel seinen Spezialeinkäufer für Speicherbausteine. Seit unserer Neuausrichtung ist für die komplette Materialgruppe »Speicherbau­ steine« weltweit nur noch ein einziger Materialgruppenmanager, kurz MGM, zuständig. Bei 106 Materialgruppen, die wir heute bei Siemens Communications (Corn) haben, sind dies mehr als 100 MGMs.

Die unmittelbaren Konsequenzen? _Lumbe: Mit so einer Zentralisierung und der damit einhergehen­ den Bündelung der Beschaffungsaufträge erreichen wir einen ganz anderen Hebel auf den Beschaffungsmärkten. Außerdem hat ein MGM durch seine weltweite Verantwortung, bezogen auf Märkte und Produktionsstätten, eine viel interessantere Aufgabe als ein »traditioneller« Einkäufer - damit haben wir eine Rückkopplung auf die Determinante Mensch.

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Wie stehen Sie innerhalb Siemens mit diesem Konzept da?

_Lumbe: Das Ausmaß der Zentralisierung des strategischen Ein­ kaufs bei Siemens Communications ist im ganzen Konzern einma­ ligWie groß ist der Unterschied vom normalen Einkäufer zum Material­ gruppenmanager?

_Lumbe: Beide Berufe können Sie schwer miteinander vergleichen. Die Anforderungen an einen MGM enthalten die für einen strategi­ schen Einkäufer, aber darüber hinaus weitere, die sich aus seiner Internationalität und seiner ultimativen Verantwortung für die Lie­ ferantenauswahl und Auftragsvergabe ergeben. Wenn der Qualifikationsunterschied so groß ist, woher bekamen Sie dann die benötigten MGMs? _Lumbe: Nicht nur von außerhalb. Das dafür notwendige Potenzial war bei vielen unserer strategischen Einkäufer, die wir im Bereich vorfanden, bereits vorhanden. Es musste lediglich gefördert werden. Woher kamen die neuen Leute von außerhalb?

_Lumbe: Aus anderen Siemens-Konzernbereichen sowie aus unse­ ren Landesgesellschaften. Wie haben Sie die denn geködert?

_Lumbe: Das war nicht so schwer. Durch das SiemensEinkaufsnetzwerk haben wir eine ausgezeichnete Transparenz zwi­ schen den Bereichen. Es gibt quasi einen internen Wettbewerb um Talente. Wenn ein Bereich wie wir ein interessantes Projekt startet, dann übt das einen Sog auf die High Potentials in anderen Berei­ chen aus.

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Was sind die aktuellen Herausforderungen für die Beschaffung? _Lumbe: Zum Beispiel die einkaufstechnische Begleitung von Pro­ jekten. Meines Erachtens wird dieses Problem von der Fachpresse und von vielen Unternehmen noch nicht in seiner vollen Tragweite erkannt.

Herr Lumbe, vielen Dank für das Gespräch.

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40% weniger Kosten Case des Monats: IT-Outsourcing bei der Credit Suisse

Gerhard Trautmann

Die Credit Suisse ist als Schweizer Bank aller Welt ein Begriff. Mit ihrem IT-Outsourcing ist ihr ein nachahmenswertes Meisterstück gelungen. Denn die erzielten Kosteneinsparungen liegen weit über dem Üblichen. Die Credit Suisse Group beschäftigt weltweit ungefähr 60 000 Mit­ arbeiter und setzt jährlich über 50 Milliarden Franken um. Mit dem Outsourcing großer Teile ihrer IT-Dienstleistungen erzielte die Cre­ dit Suisse nun eine Kosteneinsparung von 40 Prozent. Das ist au­ ßergewöhnlich. Normalerweise erreichen Outsourcing-Projekte die­ ser Art höchstens eine Einsparung zwischen 20 und 30 Prozent. Was machten die Eidgenossen anders?

Erfolgsfaktor 1: Fixpreise Bei der Credit Suisse werden alle ausgelagerten IT-Leistungen nach Fixpreisen honoriert. Das ist unüblich. Normalerweise werden bei vergleichbaren Auslagerungen die Dienste nach Zeit- und Material­ aufwand verrechnet - was im Endeffekt bedeutend teurer kommt. Je länger der jeweils aktivierte IT-Spezialist für eine bestimmte Dienstleistung benötigt, desto teurer wird diese - und desto unvor­ hersagbarer werden die Kosten. Das heißt: Fixpreise erhöhen auch die Cost Predictability, die Vorhersagbarkeit der Kosten. Daneben sind Fixpreise auch produktivitätsfördernd: Bekommt der Lieferant SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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einen Fixpreis, möchte er diesen natürlich so schnell wie möglich einstreichen. Bei der variablen Vergütung geht der Anreiz genau in die entgegengesetzte Richtung: Je länger er „rumschraubt“, je mehr Zeit er für eine bestimmte Leistung benötigt, desto besser - für ihn!

Warum machen das nicht alle? Warum honorieren nicht alle auslagernden Unternehmen fix? Weil man sich bei vielen Outsourcing-Projekten kaum Gedanken über die Verhandlung der Honorierung macht. Man konzentriert sich vielmehr so sehr darauf, die ausgelagerten Prozesse innerhalb des angestrebten Zeitrahmens zum Laufen zu bringen, dass man die Honorierung nur nachrangig verhandelt. Außerdem kann ein Un­ ternehmen nur jene Leistungen fix honorieren, die als Leistung überhaupt erst exakt erhoben, beschrieben, definiert und abgegrenzt wurden, um sagen zu können: „Für dieses Leistungspaket bezahle ich höchstens 140 Euro!“ Erfolgsfaktor 2: Angepasste Prozesse

Viele outsourcenden Unternehmen verschenken Einsparungsge­ winne, weil sie die Geschäftsprozesse ihres Outsourcing-Partners nicht kennen. Je besser ich seine Prozesse jedoch kenne, desto stärker kann ich meine Prozesse an seine anpassen, desto kosten­ günstiger kann er seine Prozesse gestalten - und desto mehr Kos­ tenvorteile kann er an mich weitergeben. Das heißt: Überdurch­ schnittlich kostensparendes Outsourcing erfordert eine teilweise Restrukturierung meiner eigenen Prozesse. Die Credit Suisse hat dafür eine interne Problemanalyse durchgeführt.

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Die interne Problemanalyse Die Analyse erfolgte in zwei Phasen:

1) Die Was-Phase: Was sind unsere Bedürfnisse? Das heißt: Welche definierten Leistungen benötigen wir überhaupt? Und wie sollen diese erbracht werden? 2) Die Wie-Phase: Wie sieht der optimale Anbieter für diese Leistun­ gen aus?

Dass so viele Outsourcing-Projekte weit hinter den möglichen Kos­ teneinsparungen zurück bleiben, liegt hauptsächlich daran, dass die Was-Phase vernachlässigt wird. Viele Geschäftsleitungen sagen: „Wir wollen unsere Kosten um 20 Prozent senken! Sucht schnellst­ möglich einen Provider, der so günstig anbietet!“ Dann schreibt man aus und wählt den billigsten Anbieter. Mit dieser Vorgehensweise erzielt man vielleicht tatsächlich 20 Prozent Kostenersparnis. Die Credit Suisse erzielte das Doppelte, indem sie in der Was-Phase der Problemanalyse die benötigten Leistungen so genau definierte und danach so an den optimalen Provider anpasste, dass die maximale Kostenersparnis möglich wurde. Erfolgsfaktor 3: Abhängigkeits-Reduktion Die heimliche Angst jedes auslagernden Unternehmens ist es, in Abhängigkeit vom Outsourcing-Partner zu geraten: Nach einiger Zeit kann man wohl oder übel den Lieferanten nicht mehr wechseln, weil dieser so viel implizites, nirgendwo dokumentiertes Wissen über das Unternehmen und seine Prozesse gesammelt hat. Fällt der Lieferant aus, kommt das einer Katastrophe gleich. Einmal ganz davon abgesehen, dass der Lieferant dumm wäre, wenn er die Ab­ hängigkeit nicht zu seinen Gunsten ausnutzen und an der Preis­ schraube drehen würde ... SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Die Lösung

Die Credit Suisse vermied die Gefahr der Abhängigkeit durch klare Schnittstellen-Definitionen, wonach der Lieferant zu bestimmten sensiblen Bereichen nur begrenzt Zugang hat. Außerdem setzte man auf die Standardisierung von Schnittstellen und die Verwen­ dung von Standard-IT-Systemen. Also keine exotische Software, kein Customizing. Es wurden nur jene IT-Elemente verwendet, die jeder andere Provider auch sofort bedienen könnte. Erfolgsfaktor 4: Vermeidung asymmetrischer Information

Dass viele Outsourcing-Projekte Kosten verschenken, erkennt man spätestens im Ernstfall: Es taucht ein Problem auf, das den Einsatz des Outsourcing-Partners nötig macht. Dieser schickt dann einen IT-Spezialisten zum outsourcenden Unternehmen, der das Problem lösen soll. Bei IT-Projekten stellt dieser oft fest, dass das Problem allein darin besteht, dass sich hinten am Computer ein Stecker ge­ lockert hat oder dass der User einmal zu oft die F5-Taste gedrückt hat. Das schreibt der IT-Spezialist jedoch nicht auf seinen Auftrags­ zettel. Er plaudert vielmehr noch eine halbe Stunde mit den Mitar­ beitern beim outsourcenden Unternehmen, lässt dann eine kreative Auftragsmeldung mit vielen IT-Fachbegriffen vom zuständigen Ma­ nager unterschreiben und kassiert 250 Euro - dafür, dass er hinten am Computer einen Stecker reingesteckt hat. Dasselbe passiert je­ dem Autofahrer, der sein Vehikel in eine kreativ abrechnende Werk­ stätte bringt: Der Mechaniker kann die phantasievollsten Leistun­ gen abrechnen - der durchschnittliche Autofahrer hat ja von der Materie viel weniger Ahnung als er. Das ist das Problem asymmetri­ scher Informationen.

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Die Lösung: Interner Help-Desk Die Credit Suisse hat das Problem asymmetrischer Informationen gelöst, indem sie einen internen Help-Desk eingeführt hat: Bevor irgend jemand einen Auftrag an den Outsourcing-Partner gibt, schaltet sich der interne Help-Desk telefonisch und per Remote Ac­ cess (er schaut quasi auf den Bildschirm des Problemträgers) ein und analysiert zuerst das Problem. Auf diese Weise kann er A) viele Probleme, vor allem Bagatellprobleme (Stecker rein, F5 ein­ mal weniger drücken) auch ohne Auftragsvergabe lösen, was im­ mens kostensparend wirkt. B) das Problem so exakt definieren, dass dem Outsourcing-Partner kein Spielraum für kreative Abrechnung bleibt. Der Auftraggeber bestellt zum Beispiel „Package XT457“ für 187 Euro - dann wird auch nur die Leistung XT457 erbracht (und keine zusätzliche) und es werden auch nur exakt 187 Euro abgerechnet. Das ganze Ver­ fahren nennt sich übrigens Help-Desk-Triage.

Eile mit Weile Die meisten Outsourcing-Projekte finden unter immensem Zeit­ druck statt. Die Devise lautet: „Kosten senken - je schneller desto besser!“ Der Case Credit Suisse zeigt: Wer sich beim Outsourcing Zeit zum Nachdenken lässt, ist vielleicht etwas langsamer - erzielt aber bis zu doppelt so hohe Kostengewinne; Stichwort: Outsourcing mit System. Insbesondere die Fokussierung auf die Was-Phase der Outsourcing-Vorbereitung ist der Grundstein für nachhaltigen und außerordentlich kostensparenden Outsourcing-Erfolg.

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Know-how für Ihr Team Leistungsdruck und Arbeitsstress steigen ständig? Macht nichts. Solange Ihre Leistungsfähigkeit schneller wächst als derjenige der Konkurrenz, fällt Ihnen die Arbeit sogar dann leichter, wenn sie ob­ jektiv immer schwerer wird! Ganz nebenbei steigern Sie dabei noch Ihre Karrierechancen und Ihren beruflichen Erfolg. Verrückt? Nein, logisches Ergebnis konsequenter Qualifizierung. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig und attraktiv. Picken Sie das Beste für sich raus!

Karriereleiter zum Procurement Executive Messung zunehmend an strategischer Management-Kompetenz

Holger Schober

In jüngster Zeit hat die Bedeutung von Einkauf und Supply Mana­ gement für den Untemehmenserfolg erheblich zugenommen. Unter­ nehmerische Wettbewerbsvorteile beruhen immer häufiger auf der Beschaffung von innovativen Produkten und Dienstleistungen, wo­ bei der Einkauf in führenden Unternehmen mehr und mehr als der Innovationstreiber wirkt.

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Denn die Supply Manager von heute beschränken sich nicht mehr auf die Erledigung der innerbetrieblichen Versorgung oder auf die Pflege von Lieferantenbeziehungen. Vielmehr gestaltet man die komplette Supply Chain mit allen Risiken (Liefer-, Zeit-, Qualitätsund finanzielle Risiken). Deshalb werden Entscheidungsträger in Einkauf und Supply Management auch zunehmend an ihrer strate­ gischen Management-Kompetenz gemessen.

Genau darauf hebt die European Business School mit einem an­ spruchsvollen, drei-stufigen Studienprogramm ab: - Für Top-Führungskräfte aus Einkauf und Supply Management startet ab dem 07. August 2006 ein 15-monatiges berufsbegleiten­ des Studium zum Executive MBA in Purchasing & Supply Manage­ ment. Das Präsenzstudium vor Ort wurde auf acht kompakte Blockwochen verdichtet, die sich über einen Zeitraum von 12 Mona­ ten verteilen. Die Veranstaltungen finden statt in Deutschland (fünf Wochen), in den USA (zwei Wochen in Phoenix/Arizona) und in Sin­ gapur (eine Woche). An das Studium vor Ort schließt eine dreimo­ natige Masterarbeit an, deren Ergebnisse in einem Abschlusswork­ shop präsentiert werden. Das Programm wird in Englisch durchge­ führt. - Für Führungskräfte aus den mittleren Hierarchieebenen beginnt am 25. Mai 2005 ein 12-monatiges Intensivstudium zum zertifizier­ ten Einkaufsleiter. In 20 Tagen werden die zentralen Themen und Herausforderungen für Einkaufsverantwortliche intensiv und pra­ xisnah behandelt. Die zwanzig Tage verteilen sich auf sechs Stu­ dienblöcke, die sich über einen Zeitraum von einem Jahr erstrecken (das Intensivstudium endet am 22. April 2206).

Nach dem Abschluss zum zertifizierten Einkaufsleiter kann in ei­ nem Zusatzmodul (englisch-deutsch) Ende Mai 2006 der internatio­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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nal anerkannte Abschluss zum Certified Purchasing Manager (C.P.M.) absolviert werden. - Für Fachkräfte, Nachwuchskräfte sowie Neu- und Quereinsteiger wird im Sommer und im Winter ein einwöchiges Kompaktstudium angeboten, das das nötige Rüstzeug für Einkauf und Supply Mana­ gement vermittelt. Das Kompaktstudium wird in deutscher Sprache durchgeführt, startet am 22. August 2005 und schließt mit dem Titel des Zertifizierten Einkaufsmanager ab. Weitere Termine folgen am 06. 02. 2006 sowie am 21. 08. 2006. - Einkaufsverantwortliche mit Interesse an einem internationalen Abschluss erhalten die Möglichkeit, sich im Zuge eines Aufbaustu­ diums zum Certified Purchasing Manager (C.P.M.) weiterzubilden. Das Aufbaustudium wurde auf drei Module ä jeweils drei Tage komprimiert (inkl. Examen) und startet erstmals am 30. Juni 2005. In den insgesamt neun Tagen werden die Teilnehmer mit zweispra­ chigen Unterlagen sowie in deutscher und englischer Sprache opti­ mal auf das Examen vorbereitet. Weitere Termine folgen am 16. 02. 2006 sowie am 31. 08. 2006.

Executive MBA

Der Executive MBA in Purchasing & Supply Management ist ein global ausgerichtetes Programm. Den MBA-Studierenden wird die Möglichkeit geboten, mit internationalen Top-Referenten aus den USA, Singapur, Schweden, Großbritannien und Deutschland die neuesten Trends und die besten Konzepte in Einkauf und Supply Management zu diskutieren, sowie sich mit anderen angehenden Top-Managern und Chief Procurement Officers auszutauschen. Die Internationalität spiegelt sich auch in der Wahl der Studienorte wieder: das Stu-dium findet statt an der European Business School in Deutschland, an der Arizona State University in Phoenix/USA SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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sowie an der Nanyang University in Singapur. Bei den Studieninhal­ ten sind klare Prioritäten gesetzt: 80% Spezialwissen Einkauf & Supply Management sowie 20% General Management-Themen. Das Executive-MBA-Programm richtet sich an Manager, die einen engen Terminplan haben und sich keine berufliche Auszeit erlauben kön­ nen oder wollen. Zertifizierter Einkaufsleiter Die Erwartungen an gestandene Einkaufsleiter haben rapide zuge­ nommen. Je enger die Absatzmärkte, je höher der Kostendruck und je magerer die Ergebnisse eines Unternehmens, desto intensiver die Suche nach Einspar-, Qualitäts- und Innovationspotenzialen. Ein­ kaufsleiter sollten dann mit qualifizierten und vor allem wirksamen Ideen, Konzepten und Lösungen aufwarten können. Auch hier sind strategische Management-Kompetenzen vorrangig gefragt.

Der erforderliche Vollzeitaufwand für den Zertifizierten Einkaufslei­ ter umfasst 9 Urlaubstage in 2005 und 6 Urlaubstage in 2006. Der Studiengang ist durchgängig lösungsorientiert: In Tutorien, Grup­ penarbeiten und -diskussionen sowie Kaminabenden mit TopReferenten aus Wirtschaft und Wissenschaft werden wirksame Lö­ sungsansätze für die Praxis, bewährte Konzepte, Best Practices und innovative Methoden vermittelt.

Kompaktstudium Einkäufer von heute sind immer häufiger in Projekte eingebunden, müssen mit aktuellen Kennzahlen arbeiten können, ihre Einkaufs­ prozesse in- und auswendig beherrschen sowie kritische Schnitt­ stellen zwischen Fachabteilungen und Lieferanten bewältigen, bevor Schäden entstehen oder Kosten explodieren. Im Kompaktstudium wird den Teilnehmern in nur fünf Tagen profundes und solides Know-how sowie praxiswirksame Erfolgsmethoden vermittelt. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Das Kompaktstudium wurde für Praktiker konzipiert: mit vielen Checklisten, Tipps, konkreten Vorgehensweisen, Handlungsanlei­ tungen und Best Practices, die direkt auf die Praxis übertragbar sind. Top-Referenten aus Wissenschaft in Praxis geben dazu Ein­ blick in neueste Trends und Entwicklungen.

Für alle Programme wird eine individuelle Beratung angeboten.

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Supply Chain Management - was ist das? Jeder versteht etwas anderes darunter

Christopher Jahns und Julia Wolf

Jeder redet darüber. Jeder versteht etwas anderes darunter. Wer macht wirklich Supply Chain Management und wer tut nur so?

Der Beitrag auf einen Blick: •

Jede betriebliche Funktion versteht etwas anderes unter Supply Chain Management. Was ist Supply Chain Manage­ ment wirklich?



In einfachen Worten: Die unternehmensübergreifende Koor­ dination der einzelnen Unternehmensfunktionen innerhalb einer Versorgungskette.



Wichtig ist nicht so sehr, was Sie darunter verstehen, son­ dern dass Sie es praktizieren.

Über die Notwendigkeit von Supply Chain Management sind sich alle einig: Die Globalisierung der Märkte und der anhaltende Kos­ tendruck zwingen Unternehmen, ihre Wertschöpfung nicht länger im Alleingang, sondern stärker als bisher zusammen mit Lieferan­ ten, Sub-Lieferanten, Outsourcing-Partnern, Kunden und womög­ lich Wettbewerbern zu betreiben. Die Wertschöpfung eines Unter­ nehmens passiert also nicht mehr hauptsächlich im Unternehmen, sondern über eine weit verzweigte Versorgungskette, eben eine Supply Chain hinweg. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Supply Chain Management als Wunderwaffe In diesem Zusammenhang wird Supply Chain Management gern als Wunderwaffe oder Magic Bullet im Kampf um Kosten- und Wettbe­ werbsvorteile betrachtet. Der Begriff als solcher ist hip, modern und in - dabei beginnt schon mit dem Begriff das erste Problem: Ist Supply Chain Management überhaupt ein Management-Konzept? Unter Management versteht man institutionell das Treffen von Ent­ scheidungen oder prozessual die bekannten fünf ManagementFunktionen. Doch gegenüber den Mitgliedern einer Supply Chain ist der Manager eines Unternehmens im eigentlichen Sinne nicht ent­ scheidungsbefugt, weil er nicht weisungsbefugt ist. Er kann bislang schlecht dem Sub-Lieferanten eines Lieferanten eine bindende Wei­ sung geben.

Eher Vision als Management In diesem Sinne ist Supply Chain Management weniger als Mana­ gement-Konzept und stärker als Vision zu verstehen: Ein Manager kann die Mitglieder seiner Supply Chain zwar nicht managen, an­ weisen oder kontrollieren. Doch er kann zusammen mit ihnen eine gemeinsame Vision entwickeln: „In diese Richtung wollen wir!“ Steht diese Vision, können alle Mitglieder gemeinsam für deren Umsetzung sorgen. Das wäre dann Supply Chain Management im visionären Sinne.

Jede Funktion hat ihr eigenes Verständnis

Alle sprechen zwar über Supply Chain Management, doch jeder ver­ steht etwas anderes darunter. Einkäufer und Supply Manager defi­ nieren Supply Chain Management als das Managen der Beziehun­ gen zu Lieferanten. Logistiker betrachten Supply Chain Manage­ ment eher aus einer Fluss-Perspektive, indem sie die Waren-, Dienstleistungs- und Informationsflüsse entlang der Prozesse in SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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und zwischen Unternehmen betrachten. Die Produktionswirtschaft wiederum versteht unter Supply Chain Management die Optimie­ rung der Produktionsabläufe unter Einbeziehung der Lieferanten zum Beispiel in Form von Just in Time. Für die IT-Leute reduziert sich Supply Chain Management auf die Optimierung der Schnitt­ stellen zwischen Unternehmen, Lieferanten und Kunden; sie wollen schlicht erreichen, dass die einzelnen Systeme miteinander „reden“. In eine völlig andere Richtung gehen die Marketing-Leute. Die Marketing-Sicht der Dinge Auch das Marketing spricht von Supply Chain Management, was viele Logistiker zunächst irritiert: Supply Chain Management dreht sich vermeintlich um die Beziehung zu Lieferanten. Marketing je­ doch kümmert sich wohl eher um Kunden, oder etwa nicht? Diesen scheinbaren Widerspruch hat das Marketing dadurch gelöst, dass es den Begriff Supply Chain wörtlich als „Versorgungskette“ über­ setzt. In dieser Übersetzung ist Supply Chain Management nach beiden Seiten offen. Denn auch der Kunde wird ja offensichtlich versorgt.

Was sagt das Management dazu? Wem angesichts der skizzierten Interpretationsvielfalt von Supply Chain Management der Kopf zu schmerzen beginnt, dem sei das Erklimmen einer höheren Ebene empfohlen. Von oben betrachtet sieht vieles klarer aus. Das Management-Verständnis von Supply Chain Management lautet schlicht: Die unternehmens­ übergreifende Koordination der einzelnen Unternehmensfunktionen innerhalb einer Versorgungskette. So einfach löst sich der gordische Knoten des BegriffsWirrwarrs, wenn man möchte. Supply Chain Management besteht aus den beiden großen Sub-Disziplinen:

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A) Einkauf (operative Ebene) und Supply Management (Manage­ ment-Ebene)

B) Waren- und Dokumentenlogistik (operative Ebene) und Logistik Management Supply Chain Management bildet über beiden Säulen die überge­ ordnete, integrierende Funktion. Als solche wird sie eher als Philo­ sophie, Leitbild und Zielsystem verstanden.

Am Ende der Diskussion

Was machen Sie nun wirklich? Ist es tatsächlich Supply Chain Ma­ nagement? Selbst gestandene Akademiker, die den lieben langen Tag nichts anderes tun als sich in Begriffsdeklinationen zu ergehen, sind angesichts der Deutungsvielfalt des Begriffs regelmäßig verun­ sichert. Unter diesem Aspekt ist die Diskussion im wahrsten Sinne des Wortes akademisch. Wer sich nämlich auf die unterschiedliche Belegung des Begriffs kapriziert, übersieht leicht, was viel wichtiger ist als die Unterschiede: die Gemeinsamkeiten.

Was alle gemeinsam haben Allen Begriffsdeutungen von Supply Chain Management gemein ist •

die ganzheitliche Betrachtungsweise von Wertschöpfung über den Tellerrand des eigenen Unternehmens hinaus mit Blick auf viele an einer Wertschöpfungskette beteiligten Unter­ nehmen und Partner.



die innovative, integrative, kostensenkende und effizienzstei­ gernde Einsicht: Wir sind nicht allein - gemeinsam geht es besser.

In diesem Sinne ist es nicht entscheidend, was Sie unter Supply Chain Management verstehen. Hauptsache, Sie tun’s. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Action-Based Research Was macht die Besten so gut? Und was können wir daraus lernen?

Christopher Jahns und Gerhard Trautmann

Wofür interessiert sich der Praktiker? Nur fürs Praktische. Der Praktiker hat ein Problem, eine Aufgabe, eine Herausforderung. Und dafür sucht er eine, wenn nicht die beste Lösung. Wie gut, dass es Action-Based Research gibt.

Denkt der Praktiker an Forschung und Wissenschaft, fallen ihm spontan Begriffe wie „Theoriebarock“ oder „abgehobene Abstrakta“ ein. Dass die Wissenschaft das krasse Gegenteil dazu sein kann, wissen die wenigsten.

Die Methode: Action-Based Research Beim Action-Based Research betrachtet die Wissenschaft keine ab­ gehobenen Theorien, sondern ganz konkrete Fallbeispiele aus BestPractice-Unternehmen. Sie analysiert diese Fallstudien unter der Fragestellung:



Was macht die Besten so gut?



Was können weniger gute Manager und Unternehmen von ihnen lernen?

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Taten sprechen lauter als Worte Am SMI haben wir in den letzten Monaten etliche Fallstudien aus Einkauf und Supply Management untersucht. Zentrale Themen und Fragen waren unter anderem: •

Outsourcing: Warum erzielen manche Unternehmen 40% Kostensenkung, andere jedoch nur 20%?



Supply Risk Management: Wie schaffen es einige Unterneh­ men, sich wirksam vor Lieferantenrisiken zu schützen, wäh­ rend andere wegen ihrer Lieferanten ständig in Schwierigkei­ ten geraten?



Warum können einige Unternehmen ihre Qualitätsprobleme innerhalb ihrer Wertschöpfungskette minimieren, während andere immer wieder von Qualitätskrisen geschüttelt wer­ den?

Lauter tiefschürfende Fragen, die jeden guten Einkäufer und Supply Manager beschäftigen. Action-Based Research ist eine phan­ tastische Methode, um solche Fragen zu beantworten. Denn die Me­ thode verfolgt das Credo: So viel Best Practice möglich - und am besten alles sofort und direkt in die eigene Praxis übertragbar. Un­ ternehmen wir einen kleinen Streifzug durch einige der interessan­ testen Erkenntnisse, die wir aus unseren jüngsten Fallstudien ge­ wonnen haben. Wenn Sie einen Outsourcing-Partner suchen, beginnen Sie nicht mit der Partnersuche! Klingt zugegebenermaßen paradox. Was nicht ungewöhnlich ist für Action-Based Reserach: Die Best Practice erscheint oft paradox. Das ist auch ein Grund, warum sie nur so wenige verfolgen. In der Nor­ malpraxis sieht die Sache nämlich gerade anders aus: Wer einen SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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Outsourcingbedarf feststellt, beginnt meist sofort mit der Partner­ suche und vernachlässigt die Identifizierung und exakte Beschrei­ bung der outzusourcenden Leistungen. Resultat: Die theoretisch erzielbaren Kostenpotenziale werden nicht voll ausgenutzt. Das er­ klärt zum Beispiel, warum einige Unternehmen mit einem ITOutsourcing nur 20% Kostensenkung erreichen, die Best Practice jedoch 40%: Die Best Practice beginnt nicht mit der Partnersuche, sondern legt zuerst für jede einzelne Outsourcing-Leistung die quantifizierten Anforderungen fest, die der Outsourcing-Partner er­ füllen muss. Danach kann die Best Practice gar nicht mehr an den falschen Partner geraten. Denn der einzig richtige Partner ist der, der möglichst viele der katalogisierten Anforderungen am besten erfüllt - und deshalb eben 40% statt nur die Hälfte einsparen kann und wird. Klingt fast schon zu einfach? Stimmt. Was die Best Prac­ tice ausmacht, ist meist sehr einfach: genial einfach. Deshalb funk­ tioniert es einfach genial.

Wenn ein Lieferant nicht die gewünschte Qualität liefert, ver­ hindern Sie die Lieferung! Im Normalfall öffnet ein Abnehmer an der Rampe den Karton, nimmt eine Stichprobe, stellt Mängellieferung fest, retourniert (teil­ weise) die Lieferung - und handelt sich damit Zeitverlust, Streiterei­ en, Friktionskosten und Verwaltungsaufwand ein. Dieses leidige Procedere sind die meisten Einkäufer schon so gewohnt, dass sie es gar nicht mehr in Frage stellen, sondern sich nur noch über „diese schlafmützigen Lieferanten“ aufregen, die es doch immer wieder schaffen, „bei jeder dritten Lieferung ein paar Fehler reinzupacken!“ Uns interessierte, was der Best Practice zu diesem uralten Problem einfällt. Wir stießen dabei auf ein Unternehmen, das eine wiederum genial einfache Lösung implementiert hatte. Dieses Unternehmen wartet nicht, bis die (Mängel) Lieferung an der eigenen Rampe auf­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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läuft, sondern hat ein scannergestütztes IT-System beim Lieferan­ ten installiert, das jedes Lieferteil eingehend auf Qualität prüft, noch bevor es beim Lieferanten in den Versand gelangt. Ist der Lie­ ferant nicht sauer, dass Big Brother ihn derart bespitzelt? Nein. Auch das ist genial an dieser Best Practice: Sie induziert eine WinWin-Situation. Auch der Lieferant ist froh, dass er davor bewahrt wird, seinem Kunden eine Mängellieferung ins Haus zu schicken. Wenn Sie in China einkaufen, kaufen nicht Sie in China ein! Es spricht derzeit zwar alles von Low Cost Country Sourcing. Doch wer es tatsächlich zum Beispiel in China versucht, holt sich häufig eine blutige Nase. Entweder sind die Chinesen doch nicht so billig wie gedacht. Oder sie liefern überhaupt nicht! Denn wegen der überhitzten Konjunktur ist China derzeit ein Verkäufermarkt. Die Nachfrage überwiegt das Angebot. Die Kosten dort sind zwar atem­ beraubend niedrig - doch was nützt einem das, wenn die Chinesen nicht liefern? Uns interessierte, wie Best-Practice-Unternehmen das Problem lösen. Die Lösung ist wie immer so einfach wie genial: Sie entsenden keine Einkäufer aus der Zentrale nach China, sondern stellen chinesische Einkäufer (gegebenenfalls nach intensiver Qualitätsschulung) ein, die gegebenenfalls von Führungskräften aus der Zentrale vor Ort geführt werden. Die Einheimischen kennen nämlich den Markt und bringen genug Vitamin B, Insider-Marktwissen und NetzwerkKompetenz mit, um trotz Engpasssituation auf den Beschaffungs­ märkten noch kostengünstig, termingerecht und in ausreichender Menge einkaufen zu können.

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So genial wie einfach

Wir halten jede Wette, dass keine der drei zitierten Best Practices Sie intellektuell überfordert hat. Die Best Practice ist meist trivial einfach. Genau das ist der überragende Charme von Action-Based Research: Die Erkenntnisse sind unglaublich einfach, effektiv, kos­ tensparend und wunderbarerweise schon im Praxistest bewährt und im Handumdrehen in die eigene Praxis übertragbar. Probieren Sie’s aus!

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Die klassische Frage: zentral oder dezentral? Dezentral oder zentral einkaufen? Siemens Communications hat die Beschaffung für den kompletten Geschäftsbereich zentralisiert und erhielt dafür den BME-Innovationspreis 2003.

Siemens Communications bechäftigt weltweit knapp 60.000 Mitar­ beiter in 150 Ländern. Der jährliche Umsatz beträgt rund 17 Milli­ arden (2003). Der Konzernbereich hält führende Positionen in den Märkten für schnurlose Digitaltelefone, Drahtlosmodule, Festnetze, Mobilnetze sowie die Unternehmenskommunikation. Wenn die Ren­ dite nicht von außen kommt, muss sie von innen kommen. Als die Märkte nach der Jahrtausendwende schwächer wurden, konzent­ rierte sich das Management bei Siemens Communications auf •

die interne Produktivitätssteigerung: Prozessverbesserungen, Asset Management, Kapazitätsanpassungen,



die Kostenreduzierung bei der externen Wertschöpfung.

Es wurde ein hochgesetztes Kostenziel vereinbart: 3,5 Milliarden Euro sollten eingespart werden - eine stattliche Summe. Weil we­ sentliche Beiträge zu diesem Ziel noch im selben Geschäftsjahr er­ reicht werden sollten, wurde eilends im Januar 2002 die Funktion des Chief Procurement Officers eingerichtet. Erster CPO bei Siemens Communications wurde Dipl.-Kfm. Dietmar Dresp. Dem neuen Chief Procurement Officer wurde die Verantwor­ tung für die komplette externe Wertschöpfung im Geschäftsbereich übertragen. Der CPO ist Mitglied des Leitungskreises und berichtet SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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direkt an den Bereichsvorstand. Rückblickend meint Dietmar Dresp heute: »Uns wurde schnell klar, dass wir die gesetzten Ziele nicht mit der vorhandenen dezentralen Einkaufsorganisation erreichen konnten. Ein neues Einkaufskonzept war nötig.« Das war der Start­ schuss zur Zentralisierung der Beschaffung. Die Ergebnisse

Bereits im ersten Jahr führte die Zentralisierung des Einkaufs zu ergebniswirksamen Einsparungen im zweistelligen Prozentbereich des Einkaufsvolumens. Im zweiten Jahr wurde nach drei Quartalen ein vergleichbar gutes Ergebnis erzielt. Insgesamt leistete der Ein­ kauf in Kooperation mit den strategischen Lieferanten einen Beitrag von rund 30 Prozent zum angestrebten Kostenziel von 3,5 Milliar­ den Euro. Was Dietmar Dresp dabei besonders wichtig ist: »Ein zentrales Anliegen war uns stets, gegenüber den Lieferanten absolut fair aufzutreten.« Bevor man sich für ein neues Konzept entschied, machten sich Be­ reichsleitung und CPO intensiv Gedanken über die Alternativen. Die Ziele der Restrukturierung im Einkauf waren drei: 1. Zentrale Zielkomponente war und ist ein optimaler Ergebnis­ beitrag.

2. Wegen restriktiver Budgetauflagen muss die Effizienz maxi­ mal sein. 3. Gleichzeitig sollte die neue Organisation über die Faktoren Schnelligkeit und Nachhaltigkeit auch Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Ein neues Einkaufskonzept sollte alle drei Anforderungen erfüllen. Dietmar Dresp: »Aus diesem Grund kamen selbstständige Ein­ kaufsabteilungen in den Business Units nicht in Betracht.« Denn SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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diese orientieren sich in den meisten Unternehmen eher an der Op­ timierung ihres eigenen Ergebnisses, weniger an dem des Gesamt­ unternehmens: Jacke ist näher als Hose. Dietmar Dresp weiter: »Auch Konzepte, die den Einkauf als reinen Dienstleister sehen und seine strategische Relevanz nicht unterstützen, wollten wir von vornherein ausschließen. « Weiter schieden Konzepte mit hohem Personalbedarf aus - das enge Budget hätte das nicht hergegeben. Interessant ist, dass Siemens Communications auch Konzepte aus­ schloss, die attraktive Jobprofile erschwert hätten. Dresp: »Attrakti­ ve Jobprofile sind nötig, um hoch qualifizierte Einkaufsexperten zu rekrutieren und zu halten.«

Die neue Struktur

Betrachtet man diese vielfältigen Anforderungen an die optimale Einkaufsstruktur, war die Einführung der Zentralisierung für das Management von Siemens Communications das Mittel der Wahl. Es zentralisierte die Verantwortung - nicht den Ort - für den Einkauf. Ein zentrales Element dabei ist die neu geschaffene Funktion des Materialgruppenmanagers (MGM). Früher hatte innerhalb des Ge­ schäftsbereichs jedes der Siemens-Werke seine eigenen Spezialisten für die verschiedenen Materialgruppen. Jedes Werk hatte zum Bei­ spiel seinen Spezialeinkäufer für Speicherbausteine. Seit die Ver­ antwortung für den Einkauf zentralisiert wurde, ist für die komplet­ te Materialgruppe Speicherbausteine weltweit nur noch ein einziger MGM zuständig. Dadurch wird eine immense Bündelung der Auf­ träge erzielt, die sich wiederum in besseren Einkaufskonditionen niederschlägt - daher auch die große Kosteneinsparung durch die Zentralisierung. Obwohl über eine Milliarde Euro Kosteneinsparung für sich spricht, möchte CPO Dietmar Dresp daraus keine allgemeine Überlegenheit SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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einer Zentralisierungsstrategie ableiten: »Die zentralisierte Organi­ sationsform, für die wir uns entschieden haben, ist möglicherweise nicht die einzige Lösung, um einen optimierten Ergebnisbeitrag zu erreichen.« Er möchte nicht ausschließen, dass auch eine dezentra­ le Organisationsform ähnlich gute Ergebnisse erreichen könnte. »Aber nur mit einem erheblich höheren Koordinationsaufwand, hö­ herem Ressourceneinsatz und mit einem deutlich größeren Zeitauf­ wand bis zur Erreichung der Einsparungsziele.« Pro und Contra der Zentralisierung

Obwohl alle Rahmenfaktoren in Richtung Zentralisierung wiesen, wurden bei Siemens Communications auch die bekannten Nachteile einer Zentralisierungsstrategie lebhaft diskutiert: Der zentrale Ein­ kauf ist, vom Blickpunkt der einzelnen Geschäftsprozesse wie Ent­ wicklung oder Fertigung her betrachtet, recht weit ab vom Schuss. Diesen Vorbehalt lässt Dietmar Dresp nicht gelten: »Den Nachteil der zu großen Entfernung zur geschäftsführenden Einheit haben wir durch die räumliche Zuordnung der verschiedenen Einkäufer zu den Partnerfunktionen vermieden.« Matrix-Organisation

Die neue Organisation des Einkaufs bei Siemens Communications setzt sich aus neun Organisationseinheiten zusammen. Deren Lei­ ter berichten direkt an den CPO. Bei den neuen Einheiten unter­ scheidet Siemens zwischen Towern und Regionen. Die Tower stehen für Funktionen und Materialfelder, die Regionen decken bestimmte Wirtschaftsräume ab. Tower und Regionen bilden zusammen eine Matrix, in der die Towerleiter die weltweite fachliche Verantwortung für ihre Materialfelder und Funktionen ausüben und die Regional­ leiter für das Funktionieren des Einkaufs vor Ort verantwortlich sind. Betrachten wir eines der zentralen Elemente der neuen Orga­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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nisation genauer: den Materialgruppenmanager. An seinen Aufga­ ben wird der Unterschied zum »normalen« Einkäufer deutlich. Der MGM



entwickelt zusammen mit den Experten aus den Business Units Material- und Lieferantenstrategien und ist für deren Umsetzung verantwortlich,



bündelt weltweit den Bedarf seiner Materialgruppe,



vertritt die Interessen seiner Materialgruppe in den SiemensBündelungsgremien (Purchasing Councils),



verantwortet die Reduzierung der Total Cost of Ownership, die Stärkung der globalen Beschaffungsaktivitäten und die Optimierung der Lieferantenbasis,



unterstützt den Procurement Engineer (s. u.) bei Design-toCost-, Target-Costing-und Value-Analysis-Projekten,



führt Lieferanten-Workshops durch,



sorgt für gezielten und reibungslosen Informationsfluss zwi­ schen den Lieferanten und dem Einkaufsmanagement in den Landesgesellschaften.

Obwohl der MGM Teil der Strategischen Einkaufsorganisation ist, also irgendwo »zentral« sitzen müsste, ist sein Büro stets dort ange­ siedelt, wo der Hauptbedarf seiner Materialgruppe ist. Es liegt auf der Hand, dass die beschriebenen Aufgaben eines MGM jene eines normalen Einkäufers bei weitem übersteigen. Ein interessantes Qualifikationsproblem, das Siemens Communications vorbildlich gelöst hat.

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Der Procurement Engineer Während der MGM vor allem nach außen zum Beschaffungsmarkt hin wirkt, agiert der Procurement Engineer hauptsächlich nach in­ nen. Der Procurement Engineer •

sorgt dafür, dass im Seriengeschäft die Produktentwicklung möglichst frühzeitig an kostenoptimale Beschaffungslösun­ gen denkt,



klärt die Entwicklerteams über die geltenden Material- und Lieferantenstrategien auf und stellt sicher, dass die Teams die Strategien auch einhalten,



koordiniert die Lieferanteneinbindung während des Entwick­ lungsprozesses,



unterstützt den Design-to-Cost-Prozess,



identifiziert Möglichkeiten der Kostenreduktion bei vorhan­ denen Produkten (per Wertanalyse),



unterstützt im Projektgeschäft den Project Procurement Ma­ nager bei der Auswahl von Komponenten mit dem Ziel, einen größtmöglichen Einsatz von Standardkomponenten zu errei­ chen.

Seine strategische Bedeutung erhält der Procurement Engineer vor allem dadurch, dass er sich um die Früheinbindung des Einkaufs kümmert. Zwar ist jedem Manager mehr oder weniger bekannt, dass die Lebenszykluskosten eines Produktes/Projektes entschei­ dend bereits in der Ideenfindungsphase beeinflusst werden.

Doch bislang wurde aus dieser Erkenntnis herzlich wenig gemacht. Der Procurement Engineer behebt diesen Mangel, indem er zum frühestmöglichen Zeitpunkt Aspekte der Ergebnisoptimierung in SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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den Ideenfindungsprozess einbringt und kostenoptimale Material­ strategien mit Lieferanten erarbeitet.

Der Local Procurement Manager Der Local Procurement Manager (LPM) ist das Bindeglied zwischen der zentralen Einkaufsorganisation und den lokalen Bedarfsträgern. Er ist das entscheidende Argument gegen den Vorwurf, zentrale Einkaufsorganisationen seien zu weit weg vom Operativen. Der LPM



unterstützt die Umsetzung der Einkaufsstrategien der Mate­ rialgruppenmanager in den dezentralen Fertigungsstandor­ ten,



versorgt die Materialgruppenmanager mit sämtlichen benö­ tigten Daten des Standorts,



verhandelt mit Lieferanten über standortspezifische Bedarfe, für die



es kein MGM-Mandat gibt,



kümmert sich um den täglichen »Kleinkram« im Einkauf: An­ gebotspflege, Rechnungsklärung, Pflege der ERP-Systeme.

Es wird klar, dass die neue Einkaufsorganisation bei Siemens Communications stark erhöhte Anforderungen an die Mitarbeiter im Einkauf stellt. Das gilt auch für die zu besetzenden Führungsfunk­ tionen im Einkaufs-Leitungskreis.

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Um das zentrale Einkaufskonzept auch erfolgreich in die Realität umzusetzen, mussten Kandidaten für eine Führungsposition unter anderem folgende Qualifikationen mitbringen:



nachweislich erfolgreiche Umsetzung innovativer Konzepte,



hohe Motivation zur Durchsetzung von Veränderungsprozes­ sen,



internationale Führungserfahrung,



die Fähigkeit, Mitarbeiter zu begeistern,



Kenntnisse des Siemens-Einkaufsnetzwerks,



fundierte Kenntnisse über den strategischen Einkauf,



Team- und Konfliktfähigkeit.

Am Ende des Auswahlverfahrens setzte sich der neu formierte Lei­ tungskreis aus zehn Mitgliedern zusammen, von denen drei bereits dem ehemaligen Einkaufsmanagement angehörten.

Fazit

Die erwähnten Ergebnisverbesserungen in Milliardenhöhe sprechen für sich: Die Zentralisierung des Einkaufs bei Siemens Communica­ tions kann eindeutig als Erfolg bezeichnet werden. Darüber hinaus gelang es der Bereichsführung, ein hoch motiviertes und vor allem in Sachen strategischer Einkauf hoch qualifiziertes Team zu for­ men, das die besten Voraussetzungen für weitere Erfolge im Ein­ kauf bietet. Denn seit das ursprüngliche Kostensenkungsprojekt »PACT+Procurement«, das die Zentralisierung initiierte, offiziell im letzten Jahr beendet wurde, sind die Neuerungen im Einkauf fort­ laufend weiterentwickelt und verbessert worden.

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Trainieren für die Praxis Berufsbegleitend und zertifiziert weitergebildet

Christopher Jahns

An dem neu geschaffenen SVI-Stiftungslehrstuhl für Einkauf, Logis­ tik und Supply Chain Management der European Business School läuft der Lehrbetrieb seit März 2004 mit Vorlesungen zu Einkauf und Supply Management, Logistik, Supply Chain Management und Global Sourcing. Dazu kommen Seminare zu Themen wie Performance-Messung im Einkauf oder Offshoring (Outsourcing von Ser­ vice-Leistungen in Low-Cost-Länder).

Die European Business School zeichnet sich aus durch Praxisnähe, Ergebnisorientierung, kurze Studienzeiten, Internationalität sowie gezielte Förderung studentischer Initiativen. Hier werden Manager ausgebildet, die mit fachlicher Qualifikation, internationaler Orien­ tierung und ausgeprägtem sozialen Bewusstsein als Führungskräfte in Wirtschaft und Gesellschaft den globalen Herausforderungen ge­ wachsen sind.

Nicht umsonst befindet sich die Hochschule im UniversitätsRanking seit Jahren in der Spitzengruppe. Hierzu trägt auch das weltweite Netzwerk mit Universitäten und Unternehmen bei, auf das die „ebs“ verweisen kann. Die über 1.100 Studierenden haben bei ihren obligatorischen Auslandsaufenthalten die Wahl zwischen mehr als 70 Top-Partneruniversitäten. Gleichzeitig erscheinen re­

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gelmäßig Unternehmensführer und Vorstände auf dem Campus, halten Gastvorträge und suchen den Kontakt mit den Studierenden. Mit dem Lehrstuhl und dem neu gegründeten Supply Management Institute (SMI) bietet sich Studierenden die Möglichkeit, sich auf Bachelor-, Master- und Promotionsstufe in die Managementbereiche Einkauf, Supply Management, Logistik und Supply Chain Manage­ ment zu vertiefen. Auch für Berufstätige und Unternehmen steht ein umfangreiches Weiterbildungs- und Trainingsprogramm zur Verfügung. Zusammen mit renommierten Partnern aus Wissen­ schaft und Praxis werden Inhouse-Trainings wie auch überbetrieb­ liche Post-Graduierten-Studiengänge durchgeführt, die berufsbe­ gleitend die Möglichkeit zu zertifizierten Abschlüssen bieten.

Das Supply Management Institute SMI mit Prof. Dr. Christopher Jahns als Executive Director an der Spitze hat sich zum Ziel ge­ setzt, den Aufbau und das Training von Management-Expertise in den Disziplinen Einkauf, Supply Management und Logistik sowie die Entwicklung von spezialisierten Benchmarking- und Best Prac­ tice Programmen praxis- und ergebnisorientiert, mit und für Unter­ nehmen, national und international voranzubringen. Das Supply Management Institute SMI

Das Supply Management Institute SMI gliedert sich in vier Bereiche: 1. Research & Benchmarking,

2. Education & Exchange, 3. Training & Diploma, 4. Community & Congresses.

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Research & Benchmarking In der Einheit Research & Benchmarking findet praxisorientierte Forschung zu aktuellen und künftigen Herausforderungen statt. Dies erfolgt zum einen in insgesamt 10 Kompetenzzentren, inner­ halb derer gemeinsam mit Unternehmen in so genannten FokusGruppen konkreten Fragestellungen nachgegangen und Lösungs­ ansätze entwickelt werden. Folgende Themen werden durch die Kompetenzzentren abgedeckt:



Strategie und Organisation in Einkauf und Supply Manage­ ment,



Category Spend Management,



Financial Supply Management, Supply Controlling und Per­ formance Measurement,



Innovationsmanagement und Logistik,



Dokumentenlogistik,



Strategien und Methoden für Logistik-Dienstleister,



Global Supply Chain Management und Low Cost Country Sourcing,



Human Resource Management in Einkauf, Logistik und Sup­ ply Chain Management,



Supply Chain Management und Information Systems.

Ende Februar 2005 starten die ersten Fokus Gruppen zu den The­ men Supply Risk Management, Spend Management und Logistics Benchmarking. Die enge Kooperation mit renommierten Partnern wie dem CAPS Research Institute in Arizona/USA bildet die Grundlage für konti­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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nuierlichen Wissensvorsprung und umfassende Datenbanken auf internationalem Niveau. Neben den Kompetenzzentren befinden sich zwei internationale Benchmarking Center im Aufbau, eines für Einkauf & Supply Ma­ nagement sowie eines für Logistik & Supply Chain Management, die kontinuierlich aktualisiert, ausgebaut und mit internationalen Partnern abgeglichen werden. Education & Exchange

Im Mittelpunkt steht hier die universitäre (Erst-)Ausbildung von Top-Nachwuchskräften auf Bachelor-, Master- und Promotionsstufe für die Bereiche Einkauf, Supply Management, Logistik und Supply Chain Management (die Umstellung auf Bachelor und Master wird Anfang 2005 vollzogen). In der Bachelorstufe erwerben die Studie­ renden binnen sechs Semester ein fundiertes Grundlagenwissen im General Management sowie in den genannten Bereichen (ein Se­ mester muss im Ausland erbracht werden). Die Vorlesungen werden von namhaften Unternehmen unterstützt, etwa in der Form, dass wie im Sommer 2004 Vertreter von EADS, Miele, Zeiss, Deutsche Post, DHL, Freemarkets oder McKinsey etc. als Gastredner integriert werden und den Praxisbezug verstärken. Auf der Promotionsstufe haben Top-Kandidaten die Gelegenheit, intern oder extern eine Dissertation zu einschlägigen Forschungs­ themen zu erstellen. Wie beim Studium stehen dabei Praxisbezug und Internationalität ganz oben, was u.a. auch Gelegenheit zu wei­ teren Auslands- und Forschungsaufenthalten bei den internationa­ len Partnern bietet.

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Training & Diploma

Auch für Berufstätige und Unternehmen steht ein umfangreiches Weiterbildungs- und Trainingsprogramm in Einkauf & Supply Ma­ nagement sowie in Logistik & Supply Chain Management zur Verfü­ gung. In den SMI Inhouse-Trainings wie auch in den berufsbeglei­ tenden Post-Graduierten-Studiengängen werden die Teilnehmer optimal auf ihre Herausforderungen in den Bereichen Einkauf, Supply Management, Logistik und Supply Chain Management vor­ bereitet. Der Executive Master in Purchasing & Supply Management für TopFührungskräfte ist global ausgerichtet und wird mit renommierten Partnern in den USA und Asien durchgeführt (Sprache: englisch). Das Intensivstudium „Zertifizierter Einkaufsleiter (ebs)“ richtet sich an Führungskräfte und Verantwortliche, die sich das relevante Wis­ sen für leitende Positionen in Einkauf & Supply Management in einer relativ kompakten Zeitspanne aneignen oder vertiefen wollen. Das Kompaktstudium „Einkauf & Supply Management“ bietet Nachwuchskräften und Neu- bzw. Quereinsteigern Gelegenheit, ein Grundlagenwissen und einen Überblick über Einkauf und Supply Management zu erwerben. Das Kompaktstudium schließt ebenfalls mit einer Prüfung ab, in deren Anschluss die Teilnehmer das ebsZertifikat „Einkaufsmanager“ erhalten.

Zusätzlich kann in einem Aufbaustudium das international aner­ kannte Zertifikat zum Certified Purchasing Manager (C.P.M.) erwor­ ben werden.

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Community & Congresses

Die Einheit Community & Congresses fördert gezielt den Wissens­ austausch sowohl zwischen als auch innerhalb von Theorie und Praxis. Umgesetzt wird dies mittels Kongressen zu einschlägigen Themen, virtuellen Communities of Practice, einem NewsletterService und weiteren Diskussionsforen. Hierzu zählen natürlich auch Executive Roundtables, die den Top-Verantwortlichen aus Deutschland und der Welt die ideale Plattform für einen Wissensund Erfahrungsaustausch bieten.

Mit dieser ergebnisorientierten Aufstellung schließt das Supply Ma­ nagement Institute SMI diverse Lücken in der Forschungs- und Trainingslandschaft und trägt maßgeblich zu der Professionalisie­ rung der Disziplin und der Positionierung der Themen als Manage­ mentaufgabe in Gegenwart und Zukunft bei.

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Und wer sind wir? Die Herausgeber und Autoren stellen sich vor

Prof. Dr. Inga-Lena Darkow Juniorprofessorin und Research Director Innovation & Logistics Supply Management Institute SMI™ „Die Innovationen von heute sind die Markterfolge von morgen. Inga-Lena Darkow weiß, was Innova­ tionskraft in der Logistik ausmacht.“

Aiko Entchelmeier Research Assistant Supply Management Institute SMI™

„Aiko Entchelmeier misst das, was für Ihre Karrie­ re am Wichtigsten ist: den Erfolg des Einkaufs.”

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Dr. Evi Hartmann Research Director Purchasing and Supply Management Supply Management Institute SMI™

„Evi Hartmann kümmert sich um ein ganz wesent­ liches Thema: den Wertbeitrag des Einkaufs zum U nternehmenserfolg. “

Dr. Michael Henke Habilitand an der TU München Research Fellow am Supply Management Institute SMI™ „Michael Henke schützt Sie vor den Gefahren Ihres Berufs: Unser Spezialist für Supply Risk Ma­ nagement.“

Prof. Dr. Christopher Jahns Inhaber des SVI-Stiftungslehrstuhls für Einkauf, Logistik und Supply Chain Management Executive Director des Supply Management Institute SMI™

„Sein Elan und seine vielen guten Ideen sorgen dafür, dass das SMI immer eine Nasenlänge voraus ist.“

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Marco Linz Research Assistant Supply Management Institute SMI™

„Marco Linz entwickelt Zukunfts Strategien für die Luftfracht.”

Martin Lockström Research Assistant Supply Management Institute SMI™

„Wenn Sie mal günstig Einkäufen gehen wollen: Martin Lockström zeigt Ihnen die besten SourcingQuellen auf der ganzen Welt.”

Roger Moser Research Assistant Supply Management Institute SMI™

„Damit sie auch morgen ihre Lieferanten im Griff haben: Roger Moser entwickelt die besten Lieferan­ tenmanagementsysteme . ”

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Sandro Reinhardt Doctoral Student Supply Management Institute SMI™ DaimlerChrysler

„Unser mobiles Frühwarnsystem für Einkaufs­ risiken aller Art.”

Dr. Holger Schober Director Executive Education Supply Management Institute SMI™ „Holger Schober macht Fach- und Führungskräfte aus Einkauf und Logistik fit für die großen Heraus­ forderungen der Zukunft.“

Dr. Axel T. Schulte Partner der Supply Management Group SMG „Sie haben glänzende Ideen zu Einkauf und Logis­ tik? Axel Schulte unterstützt Sie dabei, dass aus Konzepten ganz schnell und reibungsarm Realitä­ ten werden.“

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Gerhard Trautmann Research Assistant Supply Management Institute SMI™

„Damit wir alle gesund bleiben: Gerhard Traut­ mann optimiert die Beschaffung in der Pharmaindustrie. ”

Prof. Dr. Stefan Walter Juniorprofessor und Research Director Document Logistics Supply Management Institute SMI™ „Stefan Walter treibt die Dokumentenlogistik voran.“

Julia Wolf Research Assistant Supply Management Institute SMI™

„Nichts ist praktischer als eine gute Theorie. Julia Wolf stattet die Praxis mit soliden, pragmatischen Theorien zum Supply Chain Management aus.”

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Außerdem unterstützte uns ein erfolgreicher Top-Manager aus der Praxis:

Hans-Joachim Lumbe Senior Vice President und Member of the Procurement Board, Siemens AG Communications

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Supply Management Institute SMI™ Das Supply Management Institute SMI™ an der ebs European Bu­ siness School mit Sitz in Wiesbaden ist eines der führenden inter­ nationalen Forschungs- und Trainingszentren für Einkauf, Logistik und Supply Chain Management. Am Supply Management Institute SMI™ wird innovative Forschung mit praxisbezogener Ausbildung für Top-Manager aber auch für die Studierenden der ebs verbunden. Damit verschafft das Studienan­ gebot des SMI™ seinen Teilnehmern einen entscheidenden Wis­ sensvorsprung, da hier aus erster Hand umsetzungsorientierte Lö­ sungsvorschläge und die neuesten Erkenntnisse der internationalen Forschung präsentiert werden. Das SMI™ kooperiert mit einer Vielzahl an Partner-Universitäten in der ganzen Welt. Dies ermöglicht es, die Aus- und Weiterbildungsprogramme optimal auf die Bedürfnisse der Teilnehmer auszurich­ ten und Unternehmenspartnern innovative Instrumente in die Hand zu geben, welche auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmt sind. Durch die Kooperation mit dem in Einkauf und Supply Mana­ gement weltweit führenden Forschungszentrum "Center for Advan­ ced Purchasing Studies“ (CAPS) als zusätzlichem Partner in den USA und den Aufbau eigener Forschungsplattformen in China, Russland und dem Nahen Osten, bildet das SMI™ an der ebs Euro­ pean Business School einen europäischen Knotenpunkt in der Community von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management.

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Abb.: Partner des SMI™ in Forschung, Ausbildung und Training SMI™ Highlights und Hot Spots aus Einkauf und Supply Management - Band 1

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ebs European Business School Schloss Reichartshausen - International University

Die ebs European Business School ist die älteste private wissen­ schaftliche Hochschule Deutschlands. Als Stiftungshochschule strebt sie danach, die internationale Anerkennung in Forschung und Lehre weiter auszubauen die Qualität ihrer Absolventen stets den sich rasch wandelnden Markterfordernissen anzupassen. Das klare Ziel der ebs lautet, ihre Vorrangstellung unter den deutschen privaten Hochschulen zu behaupten und die europäische Manage­ ment-Ausbildung in führender Rolle mitzugestalten. Hohe Ansprü­ che an die Innovations- und Leistungsbereitschaft der Studierenden kennzeichnen das theoretisch fundierte, international zugeschnitte­ ne und konsequent an den Erfordernissen der Praxis ausgerichtete Studium an der ebs. Als Stiftungshochschule nutzt die ebs den Vor­ teil, engagierte und unternehmerisch versierte Persönlichkeiten in die Weichenstellung für die künftige Hochschulentwicklung einbin­ den zu können. Den Erfolg dieser Philosophie belegen verschiedene Hochschulrankings, bei denen die ebs wiederholt sehr gute Bewer­ tungen erhielt. So stuften diverse Rankings der vergangenen Jahre die ebs European Business School bundesweit auf Platz 2 bis 4 in der Rubrik „Betriebswirtschaft“ ein.

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Als wesentliche Determinanten des Erfolgs der ebs European Busi­ ness School sind zu nennen:



Kurze Studienzeiten,



Praxisnähe,



Förderung studentischer Initiativen,



Executive MBA-Kurse, Nachdiplom-Studiengänge,



International anerkannte Bachelor- und Masterabschlüsse,



Persönlichkeitsentwicklung,



Breites Fächerangebot,



Spezialisierte Masterprogramme,



Internationalität und



Staatliche Anerkennung seit 1971, Promotions- und Habilita­ tionsrecht

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