Logistik und Supply Chain Management: Highlights und Hot Spots [1 ed.] 9783896443472, 9783896733474

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Logistik und Supply Chain Management: Highlights und Hot Spots [1 ed.]
 9783896443472, 9783896733474

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Logistik und Supply Chain Management Highlights und Hot Spots

Band 1

Christopher Jahns ■ Inga-Lena Darkow Evi Hartmann ■ Holger Schober ■ Stefan Walter

SMI SUPPLY MANAGEMENT INSTITUTE

Supply Management Institute SMI™ ebs European Business School

Rheingau-Palais • 65201 Wiesbaden • Tel: +49 (0) 611 36018 800 Fax: +49 (0) 611 36018 802 • [email protected] www. supplyinstitute. org sponsored by S“PP(y jMDnagenwnt Group fSIVIG

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SMG

SMG™ Publishing AG ISBN 3-907874-47-1

Verlag Wissenschaft & Praxis ISBN 3-89673-347-8

Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis Vorwort...........................................................................5 Wie strategisch sind Sie?.......................................... 7 Strategische Dimensionen............................................................... 8 Logistik-Champions....................................................................... 13 Hot Spots des Supply Chain Management................................... 27 Wenn Ideen Firmen retten............................................................. 33 Die Magie des Erfolges....................................................................39 Die Management-Module der Logistik.......................................... 47

Was müssen Sie tun?............................................... 55 Wie kommen Sie an die Spitze?.................................................... 55 Steigern Sie Ihre Logistik-Fitness.................................................. 61 Outsourcing der Logistik............................................................... 69 Seien Sie mutig, seien Sie innovativ!.............................................73 Auf dem Weg zum papierarmen Büro?......................................... 79

Wo spielt die Musik?................................................ 83 Integrativer Managementansatz.................................................... 83 Innovationskooperationen in der Supply Chain........................... 89 Zukunftsszenarien in der Logistik................................................. 97 RFID auf der heimlichen Überholspur.........................................105 SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Welche Lösungen hat der Wettbewerb?............. 109 Von der Logistik gerettet.............................................................. 109 Jede Woche eine neue Welt.......................................................... 117 Benchmarks der Logistik in der Pharmaindustrie..................... 131 Optimierungspotenziale in der Dokumentenlogistik..................139 Outsourcing bei Banken.............................................................. 151 Dokumentenlogistik in der Versicherungswirtschaft................ 163

Der SMI-Roundtable - Manager im Gespräch ...173 Die Wüste blüht - Scheich Ahmed über Dubai Logistics City... 173 Das ABC der Logistik - Was wir von Gildemeister lernen......... 177 Vertriebskonzept auf drei Säulen und die Tchibo-Logistik.......181

Bis ans Ende der Welt?.......................................... 185 Das achte Weltwunder............................................................. 185 Der Mega-Hub............................................................................... 189 Die Welt blickt auf Wiesbaden.....................................................197 Wie kommen Sie rein? Osteuropas Chancen und Risiken........201 Das Rätsel der Pyramiden........................................................... 209 Russland lockt............................................................................. 215

Die Bedeutung(en) der Logistik............................ 221 Was ist eigentlich Logistik?.......................................................... 221 Wie ganzheitlich ist die Logistik?................................................ 229 Supply Chain Management - was ist das?..................................235 Woher kommt eigentlich der Begriff Bullwhip Effect?............... 239 Was ist Supply Chain Event Management?............................... 241 Was verstehen Sie unter Intermodalität?................................... 243 SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Know-how für Ihr Team......................................... 245 Das Geheimnis des Erfolgs.......................................................... 245 Die besten Mitarbeiter................................................................. 249 Bessere Manager für die Logistik................................................ 255 Kompetenz mit Zertifikat............................................................. 261

Das Beste vom Besten................................................................. 267 Trainieren für die Praxis.............................................................. 273

Und wer sind wir?................................................... 279 Die Herausgeber und Autoren stellen sich vor........................... 279

Supply Management Institute SMI™.......................................... 287 ebs European Business School................................................... 289

SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

Vorwort

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

wir heißen Sie herzlich willkommen und laden Sie ein, sich die besten Stücke aus den „Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management“ herauszugreifen. Unser Anliegen: Jahrzehntelang hat die Logistik ein Mauerblüm­ chendasein als selbstverständlichste Nebensächlichkeit industrieller Betriebsamkeit geführt. Nun ist sie bei vielen Unternehmen in den Fokus des Top-Managements gerückt. Hat sich die Logistik also verändert? Die Antwort kann nur lauten: Jein. Verändert haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, und zwar drama­ tisch!

Wie man das Beste daraus macht, wollen wir Ihnen mit unseren Beiträgen gerne näher bringen, Beispiele nennen, zum Nachdenken über die eine oder andere Herausforderung anregen. Dabei richten wir uns an Logistiker und Supply Chain Manager aller Hierarchie­ ebenen und an General Manager, die einfach mal einen anderen Blickwinkel auf ihr Tagesgeschäft riskieren wollen. Und auch Studierende wollen wir ansprechen, die wissen wollen „wie es wirklich in der Praxis läuft“. Der Wissenschaftler an sich steht weniger im Fokus.

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Die Beiträge sind aus den Forschungsarbeiten und Projekten des Supply Management Institute SMI an der ebs European Business School im Laufe des letzten Jahres entstanden und wurden in diversen Newslettern bereits publiziert. Ihnen liegen diese Erkennt­ nisse nun in einem Sammelband vor - übersichtlich, handlich und hoffentlich kurzweilig.

Wir wünschen Ihnen eine Nutzen stiftende Lektüre!

Ihr SMI-Team Prof. Dr. Christopher Jahns

Prof. Dr. Inga-Lena Darkow Dr. Evi Hartmann Dr. Holger Schober

Prof. Dr. Stefan Walter

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Wie strategisch sind Sie? „Logistik als strategische Waffe“ ...so stuft die Mehrheit der Unternehmen hierzulande die Logistik im Wettbewerb ein. Doch zugleich ist man der Auffassung, dass zwischen diesem Anspruch und der betrieblichen Realität noch eine erhebliche Lücke besteht. Diese kann durch eine bessere Wahr­ nehmung von Managementaufgaben bei gleich bleibender Konzent­ ration auf die operativen Verbesserungspotentiale behoben werden.

Logistik war schon immer wichtig. Doch inzwischen hat eine wahre Trendwelle ihre Bedeutung noch verstärkt: sinkende Wertschöp­ fungstiefen, stark differenzierte Wertschöpfungsketten, Produkti­ ons-Netzwerke. Leider haben noch nicht alle Unternehmensführun­ gen die Zeichen der Zeit erkannt. Die Forderung des Tages lautet: Logistik darf nicht länger als Kostenfaktor, sie muss endlich als strategischer Erfolgsfaktor behandelt werden.

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Strategische Dimensionen Logistik: Von wichtig nach strategisch

Fridtjof Langenhan

Dass die Logistik für jedes Unternehmen eminent wichtig ist, mag wohl keiner bestreiten. Dass sie mittlerweile für Unternehmenser­ folg und -erhalt strategische Bedeutung bekommen hat, haben viele Unternehmensleitungen noch nicht ganz realisiert. Die letzten Jahre haben uns Trends gebracht, die die Bedeutung der Logistik auf einen erheblich höheren Level stellten:



abnehmende interne Wertschöpfungstiefen



verkürzte Auftragszyklen



Trend zur Losgröße 1



Built to Order

Diese Trends haben wir alle mehr oder weniger zur Kenntnis genommen und uns operativ darauf eingestellt. Ihre strategischen Implikationen werden bislang jedoch nur von den wenigsten Unternehmensführungen gesehen.

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Zwei strategische Marschrichtungen

Denkt man an Strategie, tut sich vor manchem ein Labyrinth an strategischen Optionen auf. Warum so kompliziert? In der Logistik können wir uns strategisch auf zwei Marschrichtungen konzentrie­ ren: A) Entweder streben wir mit unserer Logistik einen strategischen Kostenvorteil am Markt an.

B) Oder wir möchten uns einen strategischen Marktvorteil durch die Logistik selbst verschaffen, die so schnell und effizient ist, dass unsere Mitbewerber alt aussehen.

Betrachten wir beide Strategien. Die Strategie der Kostenoptimierung Die zentrale Frage einer kostenorientierten Logistik-Strategie ist: Wie weit kann ich meine kostenintensiven Bestände senken und gleichzeitig trotzdem eine marktkonforme Lieferbereitschaft sicher­ stellen? Die Antwort ist herzlich simpel: Je schneller und effizienter meine Logistik ist, desto kleinere Lager kann ich mir leisten. Ist dieser Optimierungsprozess schon für ein Unternehmen allein keine leichte Aufgabe, erfährt er in Zeiten, in denen die oben erwähnten Trends wirken, eine Potenzierung der Komplexität: Es geht längst nicht mehr um die Optimierung nur meiner eigenen Bestände, sondern um die Bestände aller Unternehmen in meinem SupplyNetzwerk. Das heißt um meine Bestände, die Bestände meiner Lieferanten und der Lieferanten meiner Lieferanten. Mit dieser Ausweitung der Betrachtung erleben wir quasi den Übergang von der Logistik zum Supply Chain Management.

Die Strategie der Marktdifferenzierung Betrachten wir die zweite Strategie: In manchen, vor allem in saturierten Märkten können sich Unternehmen vom Mitbewerb SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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durch eine überragende Logistik absetzen. Der schnellere Fisch frisst den langsamen: Wer schneller und zuverlässiger liefern kann, holt mehr Aufträge. Bei dieser so genannten MarktdifferenzierungsStrategie treten die Kosten der Logistik logischerweise in der Bedeutung an die zweite Stelle. Denn am einfachsten erreicht man überlegene Lieferbereitschaft durch größere (sprich kapitalbinden­ de) Bestände oder durch extrem leistungsfähige (sprich kostenin­ tensive) Logistik-Systeme. Strategische Lücken

So einfach die Beschäftigung mit strategischen Fragen in der Logistik manchmal anmutet, in der Praxis herrschen stellenweise große Lücken. Mit welchen Bereichen in der Logistik beschäftigen Sie sich schwerpunktmäßig? Viele Führungskräfte konzentrieren sich bei der logistischen Tagesarbeit fast ausschließlich auf die Distributionslogistik. Wenig verwunderlich, dass laut einiger Studien die meisten Unter­ nehmensführungen denn auch bei der Beschaffungslogistik das größte Optimierungspotenzial sehen. Mein Tipp: Betrachten Sie die komplette Logistik-Kette in Ihrem Unternehmen - und über Ihr Unternehmen hinaus. Das kann in einer ruhigen Minute solo passieren oder am besten in einem kleinen Workshop gemeinsam mit Ihrem Führungsteam. Strategische Harmonie

Wer über Logistikstrategie redet und nachdenkt, sollte die überge­ ordnete Strategie im Auge behalten: die Strategie des kompletten Unternehmens, Bereichs oder Geschäftsfeldes. Beide Strategien sollten idealerweise zusammenpassen. Wenn das Unternehmen beispielsweise Kostenführerschaft in seinen Märkten anstrebt und sein Logistikleiter gleichzeitig die beste High-End-Logistik der Welt aufbauen möchte, passt das nicht zusammen. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Die Logistik kann nicht stillschweigend die Strategie der Marktdiffe­ renzierung wählen, während das Unternehmen sich für die Strate­ gie der Kostenoptimierung entschieden hat. Klingt trivial? Ist es auch - leider nicht immer in der Praxis. Eben weil Manager tagein, tagaus unter dem Druck der operativen Hektik stehen, werden solche grundlegenden Strategiefragen viel zu selten wahrgenommen, diskutiert, aktualisiert, mit den erforderlichen strategieweisenden Entscheidungen unterfüttert, in der Umsetzung gesteuert und der Grad ihrer Umsetzung regelmäßig kontrolliert. So gerät man Woche für Woche ein paar Grad mehr vom strategischen Kurs ab - bis man sich strategisch verfranzt hat. Das ist vermeidbar, finden Sie nicht auch?

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Logistik-Champions Empirische Untersuchung von Erfolgspotenzialen und Benchmarks des Logistikmanagements

Christopher Jahns

Unter Federführung von Univ.-Prof. Dr. Christopher Jahns wurde am SVI-Stiftungslehrstuhl für Einkauf, Logistik und Supply Chain Management der European Business School in Oestrich-Winkel in Zusammenarbeit mit der Deutschen Post AG, Bonn, eine Untersu­ chung abgeschlossen, die praktisch verwertbare Erkenntnisse über den derzeitigen Stand und die Zukunft der Waren-, Güter- und Dokumentenlogistik identifizieren sollte. Dazu wurden mit einem 37-teiligen Fragebogen insgesamt 12.500 deutsche Unternehmen aller Größenordnungen angeschrieben. Mit einer Rücklaufquote von 5,8% und 728 antwortenden Unternehmen und Institutionen ist diese Umfrage damit die bisher größte Logis­ tikstudie. Die daraus entstandene Datenbank umfasst Unterneh­ men nahezu aller Branchen, so z.B. 102 Konsumgüterhersteller, 95 Groß- und Einzelhändler, 87 Versandhändler, 58 Maschinen- und Anlagenbauer, 51 Pharmaunternehmen, 45 Hightech-Unternehmen, 44 Automobilhersteller/-Zulieferer, 36 Elektronik- und Halbleiter­ hersteller, 36 Banken/Kreditinstitute, 21 Versicherungen, 22 Energieversorger, 15 Telekommunikationsdienstleister sowie 175 Institutionen des öffentlichen oder gemeinnützigen Sektors.

Im Segment des öffentlichen oder gemeinnützigen Sektors beteilig­ ten sich SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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38 Institutionen der Justiz, 33 Landes- und Stadtverwaltungen, 27 Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, 23 Institutionen der Finanzverwaltung, 22 Handels- und Handwerkskammern, 18 Universitäten und Fachhochschulen sowie 5 Institutionen der Arbeitsverwaltung. Die große Resonanz dieses für logistische Fragestellungen bislang eher vernachlässigten Branchensegments lässt auf einen Bedeu­ tungszuwachs der Logistik schließen, der besonders im Bereich der Dokumentenlogistik liegen dürfte.

Ist-Zustand 12% der befragten Unternehmen verzeichneten im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von mehr als 500 Mio. Euro; das größte davon beschäftigt mehr als 400.000 Mitarbeiter. Fast zwei Drittel der beteiligten Unternehmen haben die eigene Wertschöp­ fungstiefe auf weniger als 60% reduziert, immerhin 34% sogar auf unter 40% sowie 20% auf weniger als 20% eigene Wertschöpfung. Die Wertschöpfungstiefen sind jedoch branchenabhängig sehr unterschiedlich; sie betragen

- im produzierenden Gewerbe, Handel und Industrie durchschnitt­ lich 50%,

- bei Banken und Kreditinstituten durchschnittlich 83%, - in Versicherungsunternehmen durchschnittlich 70%, - sowie im öffentlichen Sektor durchschnittlich 68%.

Diese Verteilung macht deutlich, warum speziell im Banken- und Versicherungsgewerbe ein großer Handlungsdruck zur Reduzierung der eigenen Wertschöpfung und zum Outsourcen der Dokumenten­ logistik besteht.

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ie in den letzten Jahren gewachsene Bedeutung der Logistik und der Aufbau globaler Logistik-Player beruhen auf der Erwartung, dass die Höhe der Logistikkosten stetig steigen wird und deren Anteil an den Gesamtkosten der Unternehmen weiter zunimmt. Dies konnte belegt werden, obwohl die Logistikkosten branchenab­ hängig unterschiedlich ausfallen. Der Anteil beträgt - im produzierenden Gewerbe, Handel und Industrie durchschnitt­ lich 18%,

- bei Banken und Kreditinstituten durchschnittlich 16%, - in Versicherungsunternehmen durchschnittlich 9%,

- sowie im öffentlichen Sektor durchschnittlich 13%.

Immerhin melden 38% der befragten Unternehmen und Institutio­ nen einen Logistik-Kostenanteil von weniger als 6%. Der permanente Druck zur Kostensenkung hat vor der Logistik nicht Halt gemacht. Branchenabhängig sind die Kostensenkungs­ ziele

- im produzierenden Gewerbe, Handel und Industrie durchschnitt­ lich 6,7%, - bei Banken und Kreditinstituten durchschnittlich 6,6%, - in Versicherungsunternehmen durchschnittlich 5,6%,

- sowie im öffentlichen Sektor durchschnittlich 6,1%. Diese Kostensenkungsziele lassen den Ruf nach neuen, strategi­ schen Managementansätzen und nach intensiven Qualifizierungs­ programmen laut werden, da insbesondere in den operativen Kernaufgaben der Güterlogistik etliche Kostensenkungspotentiale zum Teil bereits ausgeschöpft wurden.

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Ergebniszusammenfassung Als Ergebnisse der Untersuchung liegen jetzt

- die neu entwickelte Management-Landkarte „Logistik Management Navigator“ als integrativer ganzheitlicher Managementansatz für die Logistik, - Aussagen über Erfolgspotenziale der operativen Güter- und Warenlogistik als auch über die Dokumentenlogistik sowie - Entscheidungshilfen für die Ableitung unternehmensspezifischer Entwicklungs- und Verbesserungsmaßnahmen in der Logistik vor. Die Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen stuft die Logistik als strategische Waffe im Wettbewerb ein, ist jedoch zugleich der Auffassung, dass zwischen diesem Anspruch und der betrieblichen Realität noch eine erhebliche Lücke besteht, zu deren Behebung eine deutlich verbesserte Wahrnehmung von Managementaufgaben der Logistik im Sinne von Management Excellence bei gleichblei­ bender Konzentration auf die operativen Verbesserungspotentiale in der Güter-, Waren- und Dokumentenlogistik im Sinne einer Opera­ tional Excellence unter Zuhilfenahme deutlich zu verbessernder Supportfunktionen, wie Benchmarking, Best Practices, LogistikTools oder Techniken des Kostenmanagements gehören.

Diese umfangreiche Statuserhebung und Zukunftsprognose hat folgende Erkenntnisse hervorgebracht: - Die strategische Bedeutung des Logistikmanagements wird durch die befragten Unternehmen hervorgehoben. In den meisten Unter­ nehmen besteht allerdings ein deutlicher Nachholbedarf bei der Implementierung logistischer Managementaufgaben. - 75% der antwortenden Unternehmen halten die Verbesserungspo­ tentiale in der operativen Güter- und Warenlogistik weiterhin für groß. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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- 68% der Unternehmen sind der Auffassung, die Dokumentenlogis­ tik könne noch wesentlich professionalisiert werden. - Die erfassten Unternehmen können nach dem Stand ihrer Logistikaktivitäten in die Gruppen „Champions“, „Advanced“ und „Basies“ unterschieden werden. - Es besteht die Notwendigkeit für einen integrativen Logistikan­ satz, der die Managementperspektive, operative Excellenz und den gezielten Einsatz von Logistik-Supportfunktionen vereint.

Weitere Befunde: - Der Anteil der Logistikkosten an den Gesamtkosten steigt weiter und beträgt in 44% der Unternehmen mehr als 10%.

- In 110 der 728 Unternehmen (15%) liegt der Anteil der Logistik­ kosten sogar über 30%. - In 69% der Unternehmen ist die Logistik eine strategische Waffe im Wettbewerb. - In 68% der Unternehmen Managementaufgabe .

gilt

Logistik

als

eine

Top-

- 57% der Unternehmen sehen ihren Unternehmenswert maßgeb­ lich durch die Logistik beeinflusst,

- 55% sehen einen wesentlichen Einfluss der Logistik auf Entwick­ lung und Umsetzung der Gesamtstrategie des Unternehmens.

Identifikation der Logistik-Champions Es konnten auf der Basis der Umfrageergebnisse die LogistikChampions unter den untersuchten Unternehmen ermittelt werden. Logistik-Champions sind die Unternehmen, welche im Logistikma­ nagement als Vorreiter der Entwicklung gelten und anderen Unternehmen Orientierung geben können. Dazu zählen derzeit 12,5% der antwortenden Unternehmen. Logistik-Champions SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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zeichnen sich durch hervorragendes Logistikmanagement aus; sie nutzen bereits die Potenziale der Managementmodule des Logistik Management Navigators und befinden sich auf dem Weg zur Logistik Excellenz. „Advanced Unternehmen“ haben die Potenziale des modernen Logistikmanagements bereits erkannt und befinden sich im Auf­ bruch, um durch den Einsatz der Managementmodule künftig Logistik Excellenz zu erreichen. Dazu zählen 34,6% der Unterneh­ men. Basic-Untemehmen starten erst mit der Etablierung eines modernen Logistikmanagements und beginnen, einzelne Aspekte der Managementmodule umzusetzen. Diese Gruppe stellt 52,9% der beteiligten Unternehmen.

Advanced Unternehmen stellen die größte Gruppe im produzieren­ den Gewerbe und Handel. Die Logistik-Überlegenheit spiegelt sich auch im hohen Anteil Logistik-Champions wider mit 18% gegenüber 1- 5% in den übrigen Branchen. Der größte Nachholbedarf besteht im öffentlichen Sektor, wo 85% der antwortenden Institutionen zur Basic-Gruppe zählen. Mehr als ein Viertel der Basic-Unternehmen hält Logistik nicht für eine Top-Management-Aufgabe; während 97% der Logistik-Champions und 92% der Advanced-Unternehmen meinen, Logistik sei sehr wohl eine Top-Management-Aufgabe.

Befunde zu den Managementaufgaben in der Logistik Die wichtigsten Aufgaben in der Logistik sind heute und künftig die Optimierung der Logistikprozesse, das Management interner ITSysteme und die Entwicklung von Logistikstrategien. Nicht umsonst wird Logistik von 69% als strategische Waffe und von 68% als TopManagement-Aufgabe eingestuft. Die Managementaufgaben Ent­ wicklung einer Logistik-Vision, Entwicklung einer Logistik-Strategie, Optimierung der Logistikorganisation, sowie Logistik-Controlling werden noch von weniger als der Hälfte der ausgewerteten Unter­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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nehmen aktuell umgesetzt. Eine Ausnahme ist das LogistikProzessmanagement mit einem Anwendungsgrad von 66%. Das zukünftig immer wichtigere Logistik-Personalmanagement mit der zukunftsorientierten Auswahl, Entlohnung, Aus- und Weiterbildung sowie Entwicklung und Förderung des Personals mit leistungsför­ dernden Anreizsystemen wird dagegen bisher nur von 19% der Unternehmen umgesetzt.

Als zentrale Herausforderung wird in den Unternehmen die Not­ wendigkeit zur Entwicklung eines Logistikmanagementansatzes gesehen, der die Managementaufgaben der Logistik, die operativen Aufgaben der Güter-, Waren- und Dokumentenlogistik und die unterstützenden Funktionen integrativ zu einem ganzheitlichen integrativen Managementansatz vereint.

Befunde zur operativen Güter- und Warenlogistik

Die klassischen Probleme „zu hohe Bestände“, „zu hoher Flächen­ bedarf', „zu geringe Lieferzuverlässigkeit“ gelten bei 40-50% der befragten Unternehmen weiter als ungelöst. Die typischen Einzel­ probleme der operativen Logistik lassen sich in drei Problemberei­ che gliedern: 1. Probleme der Organisation und Qualifikation,

2. Probleme der Prozessqualität, 3. Probleme bei Ressourcen und Kosten. Den höchsten Anwendungsgrad bei der Problemlösung haben mit jeweils über 80% Lager- und Bestandsoptimierung in Eigenregie, Analyse und Optimierung interner Prozesse sowie die Optimierung von Bestellannahme, Kommissionierung, Etikettierung und Ver­ sand.

Beschaffung und Bestandsmanagement sowie Lager- und Distribu­ tionslogistik bieten der Umfrage nach den besten Ansatz zur SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Optimierung; hier sehen die Unternehmen eine hohe Bedeutung und gleichzeitig hohes Optimierungspotential. Ein eher niedriges Optimierungspotential wird bei den als nicht erfolgsrelevant eingeschätzten Prozessen in den Bereichen Entsorgung, After-Sales und Value-Added-Services vermutet. Die Optimierungsansätze in der Produktionslogistik gelten dagegen bereits als stark ausgeschöpft. Die erfolgreichsten Optimierungs­ maßnahmen sind nach den Umfrageergebnissen TransportOutsourcing (73% mit hohem bis sehr hohem Erfolg), Einführung von Kanban (70% mit hohem bis sehr hohem Erfolg), Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle (67%), Professionalisierung des OrderFullfillment (61%) sowie Warehouse-Outsourcing (60%). Outsour­ cing der Güter- und Warenlogistik wird am häufigsten im Bereich der Distributionslogistik durchgeführt. Die Mehrheit der antworten­ den Unternehmen ist hier aktiv; insgesamt überwiegen dabei die positiven Erfahrungen.

Befunde zur operativen Dokumentenlogistik

Erstmals wurden in dieser Studie die Dokumentenflüsse in Unter­ nehmen aus logistischer Perspektive untersucht. Die ausgewählten Branchen umfassen wegen der erweiterten Logistikperspektive über das produzierende Gewerbe hinaus insbesondere auch Banken, Versicherungen und Institutionen des öffentlichen Sektors. Das Management der Dokumentenflüsse von der Sendungserstellung über die Sendungsdistribution bis zur Sendungsauswertung hat in diesen letztgenannten Organisationen ein besonderes Gewicht. In Unternehmen aller Branchen werden heute zum Teil millionenfach Dokumente produziert, physisch oder elektronisch transportiert und schließlich archiviert und gelagert. Banken, Versicherungen und der öffentliche Sektor sind typische Organisationen mit einer Vielzahl komplexer und kostenintensiver SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Dokumentenlogistikprozesse. In Großbanken etwa ist die Dokumen­ tenlogistik z.B. bei der Wertpapierabwicklung, internen und exter­ nen Belegtransporten oder Belegerfassung und Scannen durch Komplexitäts- und Kostentreiber wie unzählige Standorte, Millionen Kunden, diverse Postbearbeitungsstandorte, lokal unterschiedliche Prozesse und Anforderungen gekennzeichnet.

Professionelle Dokumentenlogistik ist jedoch auch in der Industrie ein nicht zu vernachlässigender Erfolgsfaktor. Produktion und Bereitstellung von Produktsdokumentationen von ContentManagement und Variantenkonfiguration über Druck, Konfektionie­ rung, Lagerung und Transport bis zur Just-in-Time-Bereitstellung ist ein unter Kosten-, Zeit- und Qualitätsgesichtspunkten zu optimierender Prozess. Größte Probleme in der Dokumentenlogistik sind nach Angabe von 45% aller antwortenden Unternehmen mangelnde Kostentranspa­ renz sowie für 25% Platzprobleme, zu hohe Personalbindung und Mangel an eindeutigen Verantwortlichkeiten. Die typischen Prob­ lemfelder ähneln denen der Güterlogistik. Nicht umsonst stimmen 68% für eine erhebliche Professionalisierung der Dokumentenlogis­ tik. Diese wird bisher jedoch von weit weniger Unternehmen aktiv optimiert als die Güter- und Warenlogistik. Das Problemfeld Ressourcen und Kosten steht für Versicherungen und den öffentlichen Sektor im Vordergrund. Prozessqualität hat bei Versicherungen ein leicht überdurchschnittliches Gewicht. Das Problemfeld Organisation und Qualifikation hat überdurchschnittli­ che Bedeutung bei Banken und Versicherungen.

Wenn die Unternehmen die Dokumentenlogistik optimieren, wird der Erfolg allerdings als sehr hoch beurteilt. Die erfolgreichsten Optimierungsmaßnahmen sind demnach das Einscannen der Eingangspost und die elektronische Weiterleitung, elektronische SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Archivierung, Outsourcing von Falzen und Kuvertieren, Outsour­ cing des Frankierens und der standortübergreifenden Postverteilung sowie das Outsourcen des Dokumentendruckes. In diesen Berei­ chen melden 60-70% der Anwender hohe bis sehr hohe Erfolge. Die Optimierung der Sendungserstellung durch Übernahme von Leistungen für andere Unternehmen (z.B. um ungenutzte Kapazitä­ ten auszulasten) wird zwar noch wenig eingesetzt, gehört jedoch zu den erfolgreichsten Maßnahmen. Logistikoptimiening durch Netzwerkbildung Kooperationen und Logistiknetzwerke zur unternehmensübergrei­ fenden Zusammenarbeit stellen in vielen Branchen ein Instrument der Logistikstrukturoptimierung dar. Synergie- und Kosteneffekte, Transfer von Logistik-Know-how, Zugang zu neuen Kunden und Märkten über zusätzliche Distributionsnetze, Aufteilung der Logistikrisiken entlang der Wertschöpfungskette und Konzentration auf Kernkompetenzen sind verbreitete Vorteile der Kooperation in Logistiknetzwerken.

Nahezu in allen untersuchten Branchen geben mehr als die Hälfte der Unternehmen an, dass Quantensprünge eher durch unterneh­ mensübergreifende Zusammenarbeit statt durch Optimierung der Logistik im Alleingang erreicht werden. In der Automobilbranche sind sogar 88% der Unternehmen dieser Ansicht. Dagegen über­ rascht, dass Kooperationen im Handel und in der Konsumgüterin­ dustrie nicht denselben hohen Stellenwert haben. Logistik-Outsourcing ist ein verbreitetes Instrument zur Bildung vertikaler Kooperationen und Netzwerke mit Logistikdienstleistern. Die Formen des Logistik-Outsourcing reichen von der Fremdvergabe einzelner Aufgaben wie Lagerbewirtschaftung oder Transport bis zur Übertragung der Entwicklung und des Managements gesamter Logistiknetzwerke an so genannte 4PL-Logistikdienstleister. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Logistik-Outsourcing wird in allen Branchen zur Realisierung von Verbesserungen künftig einen Bedeutungszuwachs erfahren, am meisten bei Banken, von denen bereits heute gut ein Drittel die Bedeutung des Logistik-Outsourcing hoch oder sehr hoch bewertet. Für 2009 geben dies sogar 50% der Banken an. Ähnlich hohen Zuwachs weisen die Antworten des Maschinen- und Anlagenbaues sowie der Automobilindustrie aus.

Traditionell in der Automobilindustrie verbreitete Steuerungskon­ zepte wie Kanban und verbrauchsynchrone Just-in-TimeVersorgung (JiT) können inzwischen als Klassiker des modernen Logistikmanagements gelten. Diese finden in fast allen Branchen Anwendung, wenn auch teilweise mit geringem Verbreitungsgrad von 11-18%. Die Mehrheit davon setzen Kanban und JiT mit großem bis sehr großem Erfolg ein. Die Erfolgsquote erreicht in der Automobilindustrie 70-80%, im Maschinen- und Anlagenbau sogar 80-90%. Auch bei Banken und öffentlichen Einrichtungen haben 50-60% hohen bis sehr hohen Erfolg mit JiT-Lösungen. Ein großer Anteil der Unternehmen fast aller Branchen (42-67%) hat E-Business-Technologien mit hohem oder sehr hohem Erfolg für die Verbesserung der Logistik eingesetzt. Supply Chain Manage­ ment-Systeme sind zum unternehmensübergreifenden Management der Güter-, Waren- und Informationsflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette ausgelegt. Die Verbreitung reicht von einem Anteil von 50% der Automobil- bis zu 17% der Handelsunterneh­ men. Collaborative Planning, Forcasting & Replenishment-Systeme dienen der gemeinsamen Planung, Prognose und Wiederbeschaf­ fung unter den Akteuren der gesamten Wertschöpfungskette. Die Verbreitung reicht auch hier von fast 50% bei Automobil- und nur 14% bei Handelsunternehmen.

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Der Logistik Management Navigator als neuer integrativer Managementansatz Die Umfrageergebnisse zeigen, dass ein integrativer und zugleich praxisorientierter Managementansatz für die Managementpraxis notwendig ist, um die operativen Problemstellungen der Logistik und die Managementaufgaben sinnvoll in einem Konzept zu integ­ rieren. Der Logistik Management Navigator bietet einen neuen und ganzheitlichen Orientierungsrahmen für das strategische und operative Management der Logistik. Er verbindet die Management­ perspektive mit den operativen Kernmodulen der Güter- und Dokumentenlogistik sowie mit den Logistik-Supportmodulen.

Damit wird die Grundlage geschaffen für die Entwicklung und erfolgreiche Implementierung eines integrierten Logistikmanage­ ments in Unternehmen sowie für erhebliche Leistungssteigerungen und Kosteneinsparungen in Logistik und Supply Chain Manage­ ment. Die Managementmodule zielen auf die Verbindung der Logistikstrategie mit der Gesamtunternehmensstrategie und auf die zielgerichtete Steuerung der Logistikaktivitäten ab. Das Kernmodul umfasst die vollständigen Prozesse zur ergebnisorientierten Leis­ tungserbringung, nicht nur in der klassischen Güter- und Warenlo­ gistik, sondern erstmals auch in der für einige Branchen besonders bedeutenden Dokumentenlogistik. Die Supportmodule bilden die Grundlage für die operative Güter- und Dokumentenlogistik und umfassen Bereiche wie IT-Systeme, Logistiktechnologie, Benchmar­ king, Best Practices etc.

Auf Basis des Logistik Management Navigators sowie des umfas­ senden empirischen Datenbestandes dieser umfassenden Studie, gefüllt mit über 6 Millionen Datensets und Datenkombinationen, wurde ein Logistik-Benchmarking-Tool entwickelt, mit dem Unter­ nehmen den Entwicklungsstand ihrer Logistikaktivitäten im Vergleich mit über 700 Unternehmen evaluieren und die größten SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Differenzen zu den Best Practices und ihrem jeweiligen Branchen­ durchschnitt erkennen können.

Der Logistik Management Navigator wurde zudem als Wissensda­ tenbank weiterentwickelt, damit Unternehmer und Führungskräfte auf der Basis eines vorab durchgeführten „Logistik-GesundheitsCheck“ geeignete Wege zur weiteren Verbesserung identifizieren und konkret umsetzen können.

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Hot Spots des Supply Chain Management Wie viel Supply Chain Management gibt es?

Christopher Jahns

Alle Welt redet über Supply Chain Management. Die Frage ist nur: Gibt es das überhaupt schon?

Supply Chain Management als Theorie und Konzept beschreibt nicht mehr und nicht weniger als die unternehmensübergreifende Optimierung einer mehr als zwei Unternehmen umfassenden Wertschöpfungskette. Eine gute Idee - in der Theorie

In der Theorie hört sich das gut an. Denn jedem dürfte klar sein: Wenn ich es schaffe, meine Material-, Leistungs- und Info-Flüsse entlang meiner Wertschöpfungskette über alle beteiligten Unter­ nehmen, Kunden, Lieferanten und Lieferanten der Lieferanten zu optimieren, dann erziele ich



sehr viel niedrigere Bestände



weitaus schnellere Reaktionszeiten auf Kundenwünsche



immense Flexibilitätsvorteile



wertvolle Kostenvorteile



große Wettbewerbsvorteile

Und das für alle an der Supply Chain beteiligten Unternehmen.

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Die Praxis sieht anders aus Wie gesagt, eine gute Idee. Rein theoretisch. Denn so gut die Idee in der Theorie ist, in der betrieblichen Praxis macht die Umsetzung an bestimmten Hot Spots einige Probleme. Wer diese kennen lernt, lernt ein geläutertes Verständnis von Supply Chain Management kennen.

Hot Spot #1: Mangelnde Transparenz

Wer eine Wertschöpfungskette über viele Unternehmen hinweg optimieren möchte, benötigt Transparenz über alle relevanten unternehmensübergreifenden Daten. Die meisten Manager haben diese Transparenz jedoch noch nicht einmal für das eigene Unter­ nehmen: Was wird wo bei wem eingekauft und von wem hergestellt, transportiert und verkauft? Diese Fragen bleiben selbst innerhalb der eigenen Untemehmensgrenzen meist unbeantwortet. Transpa­ renz ist nämlich keine Trivialität. Sie auch nur für ein einziges Unternehmen herzustellen, ist eine herkuleische Aufgabe. Ganz zu schweigen davon, dass für Supply Chain Management diese Transparenz über sämtliche Unternehmensgrenzen hinweg herge­ stellt werden muss. Wenn die meisten Unternehmen das nicht innerhalb ihrer Grenzen schaffen, wie sollen sie es dann über ihre Grenzen hinaus schaffen?

Hot Spot #2: Es braucht mehr als zwei Von Supply Chain Management können wir im Grunde nur dann sprechen, wenn mehr als zwei Unternehmen eine gemeinsame Koordination ihrer Wertschöpfung anstreben. Dieses simple, quantitative Kriterium wird gerne übersehen. Deshalb sprechen manche schon dann von Supply Chain Management, wenn sie ihren Lieferanten führen. Das ist es jedoch nicht. Das ist lediglich das, was Einkauf, Supply Management und Logistik schon immer machen. Manche reden von Supply Chain Management, wenn sie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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innerhalb ihres Unternehmens verschiedene betriebliche Funktio­ nen koordinieren; zum Beispiel Marketing und Vertrieb mit Produk­ tion und Einkauf. Auch das ist nicht Supply Chain Management, sondern ureigene Aufgabe der ganz normalen Unternehmensfüh­ rung. Hot Spot #3: Was ist der Unterschied zur Unternehmens­ führung?

Denken wir den Ansatz von Supply Chain Management zu Ende, kommt etwas Erstaunliches dabei heraus. Supply Chain Manage­ ment soll die Einzelaktivitäten von Lieferanten und Unternehmen entlang einer Wertkette koordinieren. Zu Ende gedacht, wäre Supply Chain Management dann eigentlich die strategische Füh­ rung eines Netzwerkes aus mehreren Unternehmen. Ist das Ver­ ständnis von Supply Chain Management so weit gediehen, drängt sich die Frage auf: Was ist dann eigentlich der Unterschied zwi­ schen Supply Chain Management und strategischer Untemehmensführung? Es war schon immer die Aufgabe der strategischen Unternehmensführung, in horizontalen und vertikalen Netzwerken zu planen, zu organisieren, zu realisieren und zu kontrollieren. Ein wesentlicher Unterschied zwischen strategischer Unternehmensfüh­ rung und Supply Chain Management ist also kaum mehr wahr­ nehmbar. Das drängt die Schlussfolgerung auf: Für eine echte Existenzberechtigung muss Supply Chain Management funktionell noch weiter ausdifferenziert werden.

Hot Spot #4: Denkschulen-Babylon Als wäre die Problematik um den Begriff Supply Chain Management nicht schon komplex genug, tritt noch eine Art babylonische Sprachverwirrung auf: Es haben sich inzwischen unterschiedliche Denkschulen herausgebildet. Einkäufer und Supply Manager verstehen etwas anderes unter Supply Chain Management als die SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Logistiker, die Supply Chain Management als den nächsten Ent­ wicklungsschritt der Logistik betrachten. Die Produktionswirtschaft betrachtet Supply Chain Management als Optimierung der Produk­ tionsabläufe, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Koordination von Lieferanten mittels Just in Time oder Just in Sequence. Die IT wiederum sieht Supply Chain Management unter dem Aspekt der Informations-Integration. Selbst Marketingleute sprechen im Zusammenhang mit Efficiency Consumer Response (ECR) von Supply Chain Management. Dann gibt es da noch die ManagementAuffassung von Supply Chain Management.

Supply Chain Management als Management-Ansatz Am Supply Management Institute der European Business School verstehen wir Supply Chain Management als ManagementFunktion, als ganzheitliches Management-Konzept. Supply Chain Management muss mehr sein als die Summe seiner Teile - sonst hat es keine echte Existenzberechtigung und ist auch nicht wirklich neu. Das Management plant, organisiert und kontrolliert heute noch nicht ausreichend in unternehmensübergreifender Weise, obwohl die mehrstufigen Wertketten und Netzwerke de facto vorhanden sind. Es wird heute noch viel zu sehr in isolierten Funktionen und Hierarchien gemanagt, die wie Leuchttürme entlang einer einsamen Küste unverbunden nebeneinander stehen. Die Potenziale der unternehmensübergreifenden Koordination der Wertschöpfung sind immens, erfordern jedoch zunächst ein unter­ nehmensübergreifendes, ganzheitliches, wertschöpfungs­ orientiertes Verständnis von Abläufen, Partnerschaften und Netz­ werken innerhalb der Supply Chain. Zwei Komponenten

Auf dem Hintergrund der skizzierten Hot Spots verstehen wir Supply Chain Management als unternehmensübergreifendes SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Konzept, Unternehmensphilosophie oder Zielsystem, das aus zwei wesentlichen Komplexen besteht: A) Einkauf und Supply Management

B) Waren-, Dokumentenlogistik und Logistik-Management

Drei Ebenen Betrachten wir den bislang noch eher normativen Charakter von Supply Chain Management, lassen sich drei Verständnisebenen identifizieren:



normativ: Supply Chain Management



strategisch: Supply Management und Logistik-Management



operativ: Einkauf und Waren- und Dokumentenlogistik

Die strategische Sichtweise Diese drei Ebenen klären ein beliebtes Missverständnis auf: Wenn jemand einkauft, dann macht er deshalb noch kein Supply Mana­ gement. Wer Touren plant, macht kein Logistik-Management - auch wenn das mancher Praktiker gerne behaupten mag. Die Gründe dafür liegen weniger in der exakten Funktionsbeschreibung als im Impression Management. Wer auf der operativen Ebene tätig ist, sollte sich nicht mit strategischen Federn schmücken. Nach unserem Verständnis hat Logistik- und Supply Management nichts mit Transport- und Einkaufsvorgängen zu tun, sondern mit den Management-Aufgaben in Einkauf und Logistik. Typische Manage­ ment-Aufgaben wie Strategiebildung, Organisation, Controlling oder auch Personalmanagement. Wer Logistik- oder Supply Management betreibt, plant keine Touren oder schreibt Bestellzettel, sondern beantwortet strategische Fragen wie beispielsweise:



Wie möchte ich grundsätzlich mit welchen Lieferanten zu­ sammenarbeiten?

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Aus welchen Ländern wähle ich meine Lieferanten?



Was ist das Idealprofil eines Einkäufers/Logistikers in mei­ nem Unternehmen?



Welche Balanced Scorecard verwende ich?

Blickwinkel General Management

Diese strategisch entscheidenden Fragen haben nicht wirklich etwas mit dem physischen Vorgang des Einkaufens oder Transpor­ tierens zu tun. Es sind General-Management-Themen. Dieser Aspekt des General Managements prägt unser Verständnis von Logistikmanagement und Supply Management.

Ein weiter Weg Im Moment verstehen wir Supply Chain Management noch als Zielsystem. Dieses System ist noch nicht so weit herausgearbeitet, mit Instrumenten und Techniken operationalisiert und handhabbar gemacht, dass es in der Praxis tatsächlich funktionieren könnte. Das System genau dahin zu bringen, ist wohl unser aller Zielset­ zung.

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Wenn Ideen Firmen retten Innovationsmanagement: Der Überlebensfaktor in der Logistik

Inga-Lena Darkow

Die Märkte werden immer enger, der Preisdruck immer größer und die Kunden immer anspruchsvoller. Und das ist gut so. Denn je anspruchsvoller Ihre Kunden werden, desto eher wird Innovations­ management Ihren Unternehmenserfolg und die Existenz des Unternehmens sichern. Der Beitrag auf einen Blick:



Innovationsmanagement, nicht Preiskampf rettet Unterneh­ men.



Value Added Services als Schlüssel für eine sichere Zukunft.



Checkliste: Wie innovativ ist Ihre Logistik (oder Ihr LogistikDienstleister)?

Professionelles Innovationsmanagement in drei Schritten.

Jahrelang taten Logistik-Dienstleister mehr oder weniger das, was ihnen der Kunde auftrug. Neuerdings beginnen Kunden jedoch immer öfter zu fragen: „Was können Sie mir Neues bieten?“ Ohne Innovationsmanagement lässt sich diese Frage nicht zur Zufrieden­ heit der Kunden beantworten. Je enger die Märkte, je größer der Preisdruck durch osteuropäische Dienstleister, desto wichtiger werden Value Added Services in der Logistik. Sie werden mittlerwei­ le als die einzige Überlebenschance westeuropäischer Dienstleister

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betrachtet. Doch woher sollen ohne professionelles Innovationsma­ nagement die Ideen für diese Services kommen? Innovation als Zufallsprodukt?

Bislang hapert es gewaltig mit dem Innovationsmanagement in der Logistik. Zwar reden viele davon, doch kaum einer tut es tatsäch­ lich. Es gibt keine etablierten Prozesse, kein System dafür. Innoviert wird nach dem Prinzip Hoffnung oder im Vertrauen auf den blanken Zufall. In vielen Unternehmen realisieren die Verantwortlichen noch nicht, wie schlimm die Lage wirklich ist. Wenn wir in Unternehmen beratend zu Gast sind, setzen wir gerne die folgende Checkliste ein. Sie löst regelmäßig Betroffenheit aus. Checkliste: Wie innovativ ist Ihre Logistik (oder Ihr LogistikDienstleister)?



Was ist Ihr Jahresbudget für Innovationen? Jedes Industrie­ unternehmen hat seinen F&E-Etat. Mancher LogistikManager hat schon mit dem Kürzel seine Probleme (es steht für „Forschung und Entwicklung“).



Gibt es ein festes Team, das den Innovationsprozess opti­ miert? Wenn sich keiner drum kümmert, passiert erfah­ rungsgemäß zu wenig.



Wie viele neue Services bringen Sie jährlich auf den Markt? Reicht das, um sich im Wettbewerb eine führende Stellung zu erkämpfen?



Wie groß ist die durchschnittliche Entwicklungsdauer (Time to Market) der neuen Services? Ist das schnell genug? Ohne professionelles Innovationsmanagement lautet die Antwort meist Nein.



Was ist das Durchschnittsalter Ihrer Produkte und Services?



Wie groß ist der Anteil neuer Produkte und Dienste an Ihrem Portfolio? Das heißt: Ist Ihr Portfolio überaltert?

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Heilsamer Schock

Viele Manager reagieren schockiert auf diese Checkliste. Die meisten äußern spontan: „Ich wusste gar nicht, dass es so schlecht um unsere Innovationskraft steht!“ Je schwächer die Innovations­ kraft eines Unternehmens, desto geringer seine Überlebenschancen. Was ist zu tun? 3 Phasen

Innovationsmanagement wird in der Industrie, also bei den Kunden der Logistik-Dienstleister, schon seit Jahrzehnten äußerst erfolg­ reich betrieben. Wir brauchen die Erfolgsrezepte nur abzugucken. Der Prozess des Innovationsmanagements ist dabei denkbar einfach. Er teilt sich in drei Phasen: 1) Ideengenerierung

2) Ideenentwicklung 3) Markteinführung Phase 1: Ideengenerierung In vielen Unternehmen ist Innovation Chefsache. Gut so? Im Gegenteil. Beim Innovationsmanagement gilt der Grundsatz: Der Chef allein ist zu wenig! Nutzen Sie möglichst viele Quellen! Seien Sie nach allen erdenklichen Seiten offen. Nutzen Sie jeden, mit dem Sie in Kontakt stehen, als Ideengeber: Kollegen, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner, Banken, Forschungsinsti­ tute (wie das SMI), Verbände, Medien, Internet, ... Nutzen Sie diese Quellen nicht nur sporadisch und zufällig, sondern regelmäßig und systematisch. Organisieren Sie mit ihnen Workshops, InnovationsZirkel, Focus Groups, Vorschlags-Wettbewerbe, ... Lassen Sie ihre Veröffentlichungen von Ihrem internen Innovations-Zirkel regelmä­ ßig auswerten.

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Das Prinzip der permanenten Innovation

Viele Unternehmen begehen den Fehler, händeringend nach neuen Ideen zu suchen, wenn der Umsatz durchhängt oder die Kunden unzufrieden sind. Dann ist es zu spät. Bis gute Ideen gefunden, entwickelt und eingeführt sind, ist das Unternehmen meist schon von der Entwicklung überrollt worden. Es ist wie mit dem Notgro­ schen: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Innovation funktioniert nicht spontan, sporadisch oder ad hoc. Sie funktioniert nur permanent. Deshalb unser Tipp: Richten Sie Marktplätze für eine permanente Ideensammlung ein. Intranet- oder E-Mail-Foren, Innovationszirkel, Innovationstage (zusammen mit Kunden), ... Es ist dabei nicht so wichtig, dass gute Ideen entwickelt werden. Gute Ideen hat jeder Mensch - irgendwann; meist dann, wenn es zu spät ist. Viel wichtiger ist, dass Sie permanent an guten Ideen brüten, feilen und basteln. Regelmäßigkeit ist die Mutter der Innovation. Phase 2: Ideenentwicklung Es ist nicht so, dass Logistik-Unternehmen keine Ideen hätten. Sie haben sogar erstaunlich viele. Leider werden die meisten (unab­ sichtlich) kaputt gemacht. Bringt ein cleverer Mitarbeiter oder Manager eine Idee ein, findet sich meist mindestens ein Topmana­ ger, der die Idee ermutigend kommentiert: „Was soll der Unfug?“, „Dafür habe ich jetzt keine Zeit!“ oder „Haben Sie nichts Besseres zu tun?“ Viele Ideen werden auch nach „Nasen-Faktor“ bewertet: Wessen Nase mir nicht passt, dessen Idee schieße ich ab. Andere Ideen wiederum werden sofort zum Vorstandsprojekt erhoben, obwohl jeder sehen kann, dass sie nicht viel taugen. Was fehlt, ist ein objektiver Bewertungsprozess.

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Ideen objektiv bewerten

Schaffen Sie ein mit allen Fachbereichen und Hierarchieebenen bestücktes „Preisrichter“-Team, das anhand von konsensfähigen, transparenten, nachvollziehbaren, einfachen, verständlichen und kommunizierbaren Kriterien eingereichte Ideen objektiv bewertet; unter anderem nach: •

Feasibility-Kriterium: Ist die Idee für uns technisch mach­ bar?



Rendite-Kriterium: Was sind die Kosten? Ist die Idee renta­ bel?



Kompatibilitäts-Kriterium: Wie passt die Idee zu unseren U nternehmenszielen?



Portfolio-Kriterium: Wie passt sie zu unserem aktuellen Port­ folio?



Markt-Kriterium: Erhöht sie unsere Marktchancen?

Phase 3: Markteinführung Vielerorts hält sich der Mythos, dass gute Ideen sich schon irgend­ wie durchsetzen werden. Kennen Sie etwa eine? Ideen setzen sich nie durch, sie müssen immer durchgesetzt werden. Lassen Sie in Phase 3 den ganzen Apparat anlaufen, der Ideen zum Laufen bringt: Pilotkunden-Projekte, Auditing, Marketing, Vertrieb, Controlling, ...

Innovationsstärke hilft überleben

Wir haben kaum Bodenschätze und natürliche Ressourcen. Wir haben nicht gerade die billigsten Produkte und Mitarbeiter. Im Grunde haben wir nur unsere Innovationskraft, um langfristig und SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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erfolgreich am Markt bestehen zu können. Wer heute Probleme mit seiner Innovationskraft hat, wird morgen Probleme mit der Existenzsicherung haben. Lassen wir es nicht so weit kommen. Die Zukunft gehört den Innovativen.

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Die Magie des Erfolges Logistik Champions verfügen über Schlüsselkompetenzen

Christopher Jahns und Holger Schober

In jedem Beruf gibt es Spitzenkönner. Wer sind die Champions der Logistik? Was ist das Geheimnis ihres Erfolgs? In einem Wort: Schlüsselkompetenzen. Kernkompetenzen, die den Erfolg sozusagen magisch anziehen. Welche Kompetenzen sind das?

Wenn wir über Kernkompetenzen in der Logistik reden, ist die Zeit ausschlaggebend, über die wir reden: •

Es gibt Fähigkeiten, ohne die heute kein überragender Erfolg möglich ist.



Und es gibt Kemkompetenzen, ohne die morgen kein Erfolg möglich sein wird.

Aktuelle Kernkompetenzen Was braucht ein Logistiker heute, um Spitzenleistungen zu erzie­ len? Betrachten wir die Besten der Besten, fällt auf: 1) Champions verfügen über Zahlentransparenz.

2) Sie handeln kundenorientiert. 3) Sie denken prozessorientiert. 4) Sie wählen ihre IT-Lösungen weise.

5) Sie führen ihre Mitarbeiter zielorientiert. 6) Ihr Logistik-Basiswissen ist solide. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Das sind hohe Anforderungen? In der Tat:



Nach unserer Einschätzung verfügen nur circa 20 Prozent der Logistiker über diese Schlüsselkompetenzen.



Ungefähr 50 Prozent bemühen sich oft schon seit Jahren, diese Kompetenzen zu erwerben, kommen aber nicht so recht voran.



Fast 30 Prozent nehmen die Kompetenzen nicht einmal wahr, weil sie noch glauben, dass Logistik der Warentransport von A nach B sei.

Was heißt Zahlentransparenz oder Kundenorientierung konkret? Schauen wir uns die sechs Kernkompetenzen genauer an.

Zahlentransparenz

Es fällt auf: Die Champions in der Logistik kennen sich gut mit Kennzahlensystemen aus. Sie haben sich genug Fachwissen angeeignet, um solche Systeme eigenständig zu entwickeln. Sie überwachen das berühmte Zieldreieck aus Zeit, Kosten und Quali­ tät sowohl quantitativ als auch qualitativ, indem sie zum Beispiel regelmäßig die Kundenzufriedenheit messen. Weniger erfolgreiche Logistikerlnnen kontrollieren zwar auch - hin und wieder. Doch sie haben nicht die stringente, durchgehende und umfassende Kontrol­ le über ihre Logistik wie sie die Champions besitzen. In der operati­ ven Hektik des Alltags verlieren sie leicht den Überblick über die finanziellen Größen ihres Geschäfts. In Zeiten extrem schwacher Margen und mörderischen Kostendrucks ist das ein Sargnagel für den unternehmerischen Erfolg und ein Killer für den persönlichen Berufserfolg. Wie schon Peter F. Drucker sagte: What you can’t measure, you can’t manage.

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Kundenorientierung Kundenorientierung ist ein wahrer Segen für die Logistik. Je größer die Kundenorientierung, desto größer die Kundenbindung und die Kundenzufriedenheit. Und je zufriedener ein Kunde ist, desto eher ist er bereit, quasi als Aufpreis für seine Zufriedenheit höhere Margen zu zahlen. Das weiß jeder Logistiker. Die Champions wissen das nicht nur, sie handeln auch danach. Sie bemühen sich nicht nur sporadisch, sondern permanent, Kundenwünsche zu identifizie­ ren und angemessen darauf zu reagieren. Sie haben den Finger ständig am Puls des Kunden. Für die Mittelmäßigen in der Logistik ist der Kunde dagegen oft nur ein lästiges aber nötiges Übel.

Prozessorientierung Die Besten in der Logistik denken prozessorientiert. Das Mittelfeld des Standes denkt dagegen lediglich bis an die eigenen Unterneh­ mensgrenzen. Wie schädlich das für Unternehmen, Arbeitszufrie­ denheit und Karriere ist, zeigen die nackten Zahlen: Wenn einer meiner Logistik-Dienstleister Fehler macht, dann wirkt sich das auch auf meine eigenen Erfolgszahlen aus - und auf meine Kunden. Also sollte ich nicht nur an mein eigenes Unternehmen, sondern an meine komplette Logistikkette denken, wenn ich nachhaltigen Erfolg am Markt haben möchte.

IT-Lösungen weise wählen Weniger erfolgreiche Logistikerlnnen wählen ihre IT-Systeme relativ unkritisch. Salopp formuliert: Sie nehmen, was im Angebot ist. Ihre besonders erfolgreichen Kolleginnen dagegen können eine große Zahl verschiedener Systeme in ihre Auswahl einbeziehen, diese dezidiert bewerten, deren Vor- und Nachteile abwägen und auf­ grund dieser fundierten Analyse dann tatsächlich jenes System auswählen, das optimal zum eigenen Unternehmen und zu den eigenen Logistikprozessen passt. Wenn wir uns daran erinnern, wie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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wichtig die IT in unserem Geschäft geworden ist, dann liegt die Erfolgswirkung dieses Faktors auf der Hand. Mitarbeiter zielorientiert führen Es ist immer wieder schockierend, dass Mitarbeiterbefragungen regelmäßig die Aussage zutage fördern: „Eigentlich wissen wir nie so ganz genau, was der Chef eigentlich von uns erwartet.“ Ein klarer Führungsmangel: Es fehlt an konkreten Zielen in der Führung. Besonders erfolgreiche Logistikerlnnen können relativ wider­ spruchsfreie und nachvollziehbare Zielsysteme entwickeln, diese ihren Mitarbeitern in verständlicher Form kommunizieren und ihre Mitarbeiterführung auch auf diese Ziele abstellen. Wie schon das Sprichwort sagt: Nur wer Ziele hat, kann sie auch erreichen.

Solides Basiswissen Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein. Doch es zeigt sich immer wieder, dass bei Praktikern nicht ausreichend logisti­ sches Basiswissen in den Bereichen Sea, Air, Freight und Road, in Güter- und Dokumentenlogistik vorhanden ist. Warum? Weil Logistik in den meisten Unternehmen bislang ein Schattendasein führte. Logistik war bis dato lediglich Transport und Lagerhaltung. Seit die Globalisierung ausgebrochen ist, reicht das Wissen um Lager und Transport jedoch hinten und vorne nicht mehr. Die Champions haben diesen Mangel erkannt - und abgestellt.

Die siebte Kompetenz Woher haben die Champions diese sechs Spitzenkompetenzen, die sie so herausragend machen? Der gesunde Menschenverstand sagt uns: Sie wurden nicht damit geboren. Sie haben sie sich angeeignet. Eigentlich ist das die Schlüsselkompetenz der Schlüsselkompeten­ zen: Permanente Weiterbildung. Deshalb liegt es nahe, die sechs Schlüsselkompetenzen um eine siebte zu ergänzen: Lebenslanges Lernen. Besonders erfolgreiche Logistikerlnnen erkennen nicht nur, SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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dass in unseren modernen Zeiten die sechs Schlüsselkompetenzen gefragt sind - sie eignen sich diese auch selbstständig an. Sie bilden sich auffallend häufiger weiter als das Mittelmaß der Zunft. Dieses lebenslange Lernen praktizieren sie für die aktuellen Kernkompe­ tenzen und noch viel stärker für die zukünftigen.

Die künftigen Kemkompetenzen Natürlich kennt keiner die Zukunft. Doch die Logistik-Auguren sind sich einig darüber, dass ein Logistiker die Zukunft der Logistik nur dann erfolgreich überleben wird, wenn er schon heute bestimmte Kemkompetenzen mitbringt oder schleunigst erwirbt: 1) Beratungskompetenz

2) Interkulturelle Kompetenz 3) Kompetenz im Personalmanagement 4) Die Kompetenz, Logistikkooperationen und Logistiknetzwerke professionell zu managen.

5) Die Kompetenz, den Wertbeitrag der Logistik zum Unterneh­ menserfolg zu messen und zu steigern. 6) Trendkompetenz

Beratungskompetenz

Der Markt wird immer enger und die Kunden immer anspruchsvol­ ler. Es ist schon jetzt kaum mehr ausreichend, „bloß“ kundenorien­ tiert zu sein. Wie jeder Praktiker im Alltag merkt, reicht es nicht mehr aus, die Kunden zu fragen: Was wünschen Sie sich noch? Es ist vielmehr nötig, ihnen zu sagen: Das und das können wir anbie­ ten - wäre das auch etwas für Sie? Im Klartext: Der Logistikmana­ ger der Zukunft braucht auch ein gutes Maß an Vertriebs- und Verkaufskompetenz, um Kunden so beraten zu können, wie sich das die Kunden wünschen und erwarten - und wie es dem eigenen SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Unternehmen hohe Margen und gute Aufträge bringt. In der Praxis löst diese Forderung regelmäßig einen Kulturschock aus: „Wenn ich hätte Verkäufer werden wollen, wäre ich in den Verkauf gegangen!“, entrüsten sich etliche Praktiker. Gute Weiterbildungsmaßnahmen setzen genau an dieser Stelle ein und helfen Praktikern, diesen Schock reibungsarm zu überwinden.

Interkulturelle Kompetenz

Wir leben im Zeitalter der Globalisierung - aber wir ziehen noch immer nicht die Schlussfolgerungen daraus. Eine lautet: Wenn die Logistik international, ja global geworden ist, können wir unmöglich immer noch ethnozentriert Logistik betreiben! Das heißt, wir können nicht so tun, als ob am deutschen Wesen die Welt genesen müsste und zum Beispiel einem indischen Logistik-Dienstleister „mal deutsche Pünktlichkeit beibringen“, wie das ein hessischer Logistikmanager jüngst in aller Unschuld ausdrückte. Der Inder hat ihm was gehustet! Und wenn ein Partner hustet, dann leidet darunter die ganze Logistikkette! Wer mit der ganzen Welt logisti­ sche Netzwerke unterhält, muss sich auch in der Welt auskennen. Das schafft jedoch keiner, indem er sonntags ein TV-Reisemagazin anschaut. Interkulturelle Kompetenz ist Trainingssache.

Personalmanagement Je enger die Märkte, desto stärker kommt es auf die eigenen Mitarbeiter an. Nur sie können noch einen Differential Advantage, einen Marktvorteil erringen. Also sollte ein Unternehmen dafür sorgen, dass die sogenannten High Potentials der Logistik auch beim Unternehmen bleiben - und nicht zur Konkurrenz abwandern. Das gelingt nur mit den modernen Instrumenten des Personalmar­ keting und der Personalentwicklung. Wer sich diese Tools of the Trade beizeiten aneignet, behält seine guten Leute und zieht neue an. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Kooperationen und Netzwerke Die Frage der Zukunft lautet: Make, buy or cooperate? Logistikko­ operationen werden in globalen Märkten immer wichtiger. Deshalb sollte der Logistikmanager der Zukunft komplexe Kooperationen und Netzwerke auch managen können. Und zwar so, dass die Kooperation oder das Netzwerk nicht gleich beim ersten größeren Streit der Partner auseinanderbricht oder renditevernichtende Friktionen entwickelt. Diese Moderations-, Mediations- und Füh­ rungsqualitäten bringt ein Logistikmanager nicht von Haus aus mit. Er muss sie sich zuerst erwerben. Das ist keine Schande - sofern er es tatsächlich tut.

Wertbeitrag der Logistik Die Logistik ist für die Wirtschaft immens wichtig geworden - nur hat das bislang noch kaum einer bemerkt. Was leistet die Logistik für den eigenen Unternehmenserfolg? Diese Frage zu beantworten und in nachvollziehbarer Form zu kommunizieren ist eine der wichtigsten zukünftigen Aufgaben. Wer sie löst, macht einen großen Schritt in eine erfolgreiche Zukunft.

Trendkompetenz

Wir beklagen ständig, dass die Zeiten immer dynamischer und unberechenbarer werden. Die Champions der Logistik klagen darüber nicht - sie versorgen sich mit Trendkompetenz. Wer bereits die schwachen Signale einer herannahenden Zukunft lesen und sie auf Risiken und Marktchancen analysieren kann, wer umgangs­ sprachlich also das Gras wachsen hört, wird auch in Zukunft die Nase vorn haben.

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Heute muss gehandelt werden

Wer sich heute mit den nötigen Schlüsselkompetenzen ausstattet, wird morgen mit Erfolg belohnt werden. Wer das verschläft, bleibt wohl oder übel in jenen 30 Prozent des Logistikmarktes hängen, in denen es wirklich nur um Lagern und Transportieren geht - und wo die Margen zum Steinerweichen schwach sind.

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Die Management-Module der Logistik Gibt es Ordnung in der Vielfalt der Logistik-Begriffe?

Christopher Jahns

Wie aus der nebenstehenden Grafik ersichtlich, sind die logistikbe­ zogenen Managementaufgaben in drei Ebenen unterteilt. Eine Strategieebene mit enger Anbindung an die Gesamtunternehmens­ strategie, eine Organisationsebene, die die Prozessorientierung der Logistik in den Vordergrund stellt, sowie eine Ebene zum Manage­ ment der eingesetzten Potenziale. Logistik Management Navigator1

Prozess-Mod ule

* Potenzial-Module

Kern-Module: Leistungs­ erstellung

Logistik Organisation

Logistik Human Resource Management

Logistik Controlling

Beschaffungslogistik

Güterloaistik Produktionslogistik Distributionslogistik

LmJ

Dokumentenlogistik Dokumentendistribution

' Zusatz-Module

Logistik Strategie

Logistik Prozessmanagement

Dokumentenerstellung

a

a

Logistik Vision

Strategie-Module

Logistik-Recht

Logistik-Tools

LogistikTechnologien

Entsorgungslogistik

Dokumentenauswertung

® Log.sdk

r0)e management

2 Bench­ marking & Best Practice

Abb.: Der Management Navigator Logistics

Hauptaufgabenstellung im Modul Logistik-Vision (1.) ist die Ablei­ tung von Logistikzielen aus den Unternehmenszielen. Die LogistikVision sollte ein eindeutiges Leitbild für tägliches logistisches Handeln und künftige Entwicklungspfade der Logistik bieten sowie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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einheitliche Wertvorstellungen bei allen Logistikmitarbeitern verankern. Sie dient zudem der Logistik-Strategie-Entwicklung. Im Modul Logistik-Strategie (2.) steht die Ausrichtung der Logistik an der Unternehmensstrategie im Vordergrund. Hier werden die Rahmenvorgaben formuliert, um die operative Logistik so auszu­ richten und zu steuern, dass ihr Erfolgspotenzial zur Erlangung strategischer Wettbewerbsvorteile voll ausgeschöpft wird. Zugleich sollen die Leistungs- und Entscheidungsträger in der Logistik für strategische Fragestellungen sensibilisiert werden. Im Modul Logistik-Prozessmanagement (3.) sind die Aufgaben zur Realisierung einer effizienten Prozessorganisation verzeichnet. Neben Maßnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung oder zur Prozessstandardisierung spielt hier die Wertkettenintegra­ tion mit Zulieferern und Abnehmern im Sinne des Supply Chain Management eine besondere Rolle. Das Modul Logistik-Organisation (4.) hat die Ausrichtung der Aufbauorganisation an Strategie- und Prozesserfordernissen zum Inhalt. Die Schaffung von Flexibilität, Motivation und Koordinati­ onseffizienz durch Transparenz und Einigkeit bezüglich Weisungs­ befugnissen und Entscheidungsprozessen sind weitere Aufgaben. Zu den besonderen Herausforderungen zählt die Einbindung dezentraler Organisationseinheiten der häufig stark fragmentierten Logistikorganisationen in einheitliche FührungsStrukturen.

Im Modul Logistik-Human-Ressource-Management (5.) sind die Aufgaben zur Führung und Entwicklung der Logistik-Mitarbeiter zusammengefasst. Die Entwicklung von Programmen zur Steige­ rung von Qualifikation und Leistungsfähigkeit und die gemeinsame Erarbeitung individueller Entwicklungsmöglichkeiten mit den Logistikmitarbeitern sind typische Aufgabenstellungen. Die Schaf­ fung von Anreizsystemen, die die Flexibilisierung des PersonalemSMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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satzes fördern, zählten ebenso zu den besonders aktuellen Aufga­ ben wie die Steigerung der Attraktivität von LogistikFührungspositionen, um Top-Talente heranzuziehen. Das Modul Logistik-Controlling (6.) dient der Schaffung von Trans­ parenz und Sicherstellung des effizienten Einsatzes der LogistikRessourcen. Gerade in der Bewertung von Logistikleistungen und Logistikinvestitionen existieren nach wie vor erhebliche Defizite. Zu den einzusetzenden Instrumenten zählen neben den Methoden der Kosten- und Leistungsrechnung interne und externe LogistikBenchmarks sowie ggf. eine Logistik-Balanced-Scorecard. Von Aktualität sind ferner die Implementierung neuer PerformanceMeasurement-Ansätze sowie eines Logistik-Risikomanagements und dessen Einbindung auf Gesamtunternehmensebene.

Die Performance-Module der Logistik Die Kernmodule der Logistik auf der Performance-Ebene beeinhalten alle Aspekte der operativen Ausführung. Die Zusammenfassung der logistischen Waren- und Dokumentenflüsse dient der gegensei­ tigen Übertragung von Best Practices sowie der Schaffung einheitli­ cher Prozesse und Strukturen. Neben Abwicklungstätigkeiten sind diesen Modulen alle operativen Aufgaben zum Aufbau der Logistik, zu deren Ausrichtung an interne und an Marktanforderungen und zur Performance-Steigerung zugeordnet. Hierzu zählen Reorganisa­ tions- und Outsourcing-Aktivitäten, Maßnahmen zur Bestandopti­ mierung, Kostensenkung, Durchlaufzeitenreduzierung etc.

In Anlehnung an das häufig verwendete Logistik-Phasenmodell (Vgl. Schulte 1999; Wildemann 1997) ist das Modul Warenlogistik (7.) unterteilt in die Teildisziplinen Beschaffungs-, Produktions-, Distributionslogistik und die erweiterte Phase der Reverse Logistics. Zu den operativen Aufgaben der Beschaffungslogistik zählen insbesondere Bestandsmanagement, Wareneingang, QualitätsprüSMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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fungen. Die Produktionslogistik beinhaltet innerbetriebliche Lager­ haltung und Transporte, ggf. unter Anwendung moderner Logistik­ konzepte wie Just in Time oder Kanban. Typische Aufgaben der Distributionslogistik sind Auftragseingang, Kommissionierung, Etikettierung, Verpackung, Versand und Rechnungsstellung. Weitere distributionsspezifische Teilbereiche sind die Ersatzteildist­ ribution und die Kundendienstlogistik. Die Reverse Logistics beinhalten v.a. Warenrücksendung oder -rückholung sowie die Entsorgungslogistik. Das Modul Dokumentenlogistik (8.) wurde ebenfalls nach Phasen unterteilt (Sendungserstellung, -distribution, -auswertung). Zur Sendungserstellung zählen das Content- und Adressdatenmanage­ ment, der Layout- und Produktionsprozess sowie die Versandvorbe­ reitung. Die Sendungsdistribution setzt sich zusammen aus Posteingang, Inhouse-Distribution, standortvernetzende Distributi­ on und Postausgang. Insbesondere die Organisation der Schnittstel­ len zum digitalen Workflow (z.B. durch Scannen der Eingangspost und automatisierte Übertragung der Daten ins ERP-System) bedürfen hier besonderer Beachtung. Unter die Sendungsauswer­ tung fallen Aufgaben wie Archivierung (physisch und digital), Erfassen und Auswerten von Rücksendungen und Rückläufern (z.B. wegen Unzustellbarkeit, Annahmeverweigerung) und schließlich die Dokumentenentsorgung.

Die Support-Module der Logistik In der Support-Ebene des Management Navigators Logistics sind alle unterstützenden Aufgabenfelder und Instrumente angesiedelt, die zwar mit Führung oder Ausführung in der Logistik eng verbun­ den, jedoch als eigenständige Logistik-Teildisziplinen zu betrachten sind. Jedes einzelne von ihnen ist für Betrieb und Weiterentwick­ lung einer Logistikorganisation unverzichtbar.

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Das Modul Logistik-Recht (9.) beinhaltet alle Aufgaben, für deren Wahrnehmung juristische Fachkenntnisse erforderlich sind. Hierzu zählen z.B. die Minimierung von Haftungsrisiken, die Optimierung von Zahlungsbedingungen und die damit verbundene allgemeine Vertragsoptimierung gegenüber allen Geschäftspartnern, mit denen die Logistik interagiert. Hauptaufgabe im Modul Logistik-Tools (10.) ist die Bereitstellung ausgewählter (zumeist DV-basierter) Instrumente, die der Weiter­ entwicklung der Logistik-Organisation dienen. Zu diesen zählen Tools zur Strategieentwicklung, zur Prozessoptimierung oder zum Personalmanagement (Trainingstools u.ä.).

Das Modul Logistik-Techniken (11.) betrifft die Bereitstellung und Anwendung von Analyse- und Optimierungstechniken. Dies können etwa Risiko-, Komplexitäts- oder Gemeinkostenwertanalysen sein, ferner Bestellzyklus- und Routenoptimierungstechniken etc. Das Modul Logistik-Technologien (12.) ist entsprechend dem hier verfolgten integrierten Ansatz unterteilt in die Technologien der Warenlogistik und die der Dokumentenlogistik, die je nach logisti­ schen Anforderungen zum Einsatz zu bringen sind. Die Technolo­ gien der Warenlogistik sind getrennt in Auftragsabwicklungs-, Lagerhaltungs-, Transport-, Kommissionierungs- / Verpackungssowie Informations- und Kommunikationstechnologien (In Anleh­ nung an Pfohl 1995).

Für die Dokumentenlogistik wurden vergleichbare Kategorien gewählt: Druck- und Vervielfältigungs-, Kuvertierungs- und Ver­ sand-, Transport- und Sortierungstechnologien und IT-Systeme. Teilaufgabe des logistischen Technologiemanagements ist die ständige Überprüfung neuester technologischer Entwicklungen auf ihre Relevanz für die Wirtschaftlichkeit der eigenen Logistik und der gesamten Wertkette. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Im Bereich der Warenlogistik sind dies derzeit neuere Möglichkeiten zur Teilautomatisierung, innovative Kommissionierungstechnolo­ gien (z.B. Pick-to-Light- und Pick-by-Voice) und innovative ITSysteme. Zu letzteren zählen Supply-Chain-Management-Systeme, Advanced Planning & Scheduling und Collaborative Planning, Forecasting & Replenishment. Optimierungspotenzial bieten ferner neue Möglichkeiten der Produktkennzeichnung (Matrix-Barcode, Transpondertechnologien RFID). Im Bereich der Dokumentenlogistik bieten innerhalb der Sendungs­ produktion Print on Demand oder Bündelung der Produktion Kostensenkungspotenzial; letzteres häufig in Verbindung mit Outsourcing. In der Sendungserstellung sind es Scan-Technologien zur Dokumentendigitalisierung, digitale Archivierungstechnologien und deren Integration in Workflow- und ERP-Systeme.

Das Modul Logistik-Projektmanagement (13.) ist in zweierlei Hinsicht bedeutsam. Methoden des Projektmanagements (Meilen­ steinplanung, Netzplantechnik, Ressourcentplanung etc.) werden zum einen benötigt, um die Logistik an sich wandelnde Marktanfor­ derungen anzupassen oder neue Technologien und Organisations­ formen einzuführen. Gleichzeitig ist Logistik-Projektmanagement gerade in der Zulieferindustrie insofern wichtig, als in gemeinsamen Entwicklungsprojekten mit dem OEM die frühzeitige Einbindung logistischer Kompetenz erforderlich ist. Im Modul Logistik-Benchmarking und -Best-Practice (14.) sind Aktivitäten verzeichnet, die mittels Messung und Vergleich Impulse für die Weiterentwicklung der eigenen Logistik geben können. Ein Logistik-Benchmarking kann unternehmensübergreifend oder unternehmensintern ausgerichtet sein. Gerade angesichts der häufigen Fragmentierung der logistischen AufgabenWahrnehmung innerhalb von Unternehmen kann auch die untemehmensinterne Übertragung von logistischen Best Practices zu erheblichen Verbes­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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serungen führen. Gegenstände eines qualitativen LogistikBenchmarkings können sein: Strategien, Prozesse, Strukturen, Technologien, Personal, Tools und Techniken. Im Rahmen eines quantitativen Logistik-Bechmarking sind Kosten, Preise, Kapazitä­ ten, Zeiten und sonstige betriebswirtschafliche Kennzahlen typische Betrachtungsgegenstände.

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Was müssen Sie tun? Immer schneller, höher, weiter - aber wie soll dies erreicht werden? Dieser Frage stellen sich Manager und Mitarbeiter täglich und meist neben dem operativen Alltagsgeschäft. Wir wollen Ihnen mit den folgenden Beiträgen Anreize und Eindrücke geben, um Antworten auf die Frage des „wie“ zu finden. Nehmen Sie auf, was bei Ihnen passt und schneiden Sie sich das Beste heraus, um die Bedürfnisse Ihres Unternehmens zu befriedigen!

Wie kommen Sie an die Spitze? “Logistik-Tacho 2010: Driving Logistics to Excellence“

Christopher Jahns und Stefan Walter

„Logistik-Tacho 2010: Driving Logistics to Excellence“ heißt die neue SMI-Studie, die seit November letzten Jahres lief und in diesen Tagen abgeschlossen wurde. Ziel der Studie: Ein Logistik-FitnessCockpit für neun Branchen zu erstellen, um die Fragen zu beant­ worten: Was macht exzellente Logistik so exzellent? Und wie erreicht ein Unternehmen diese Spitzenleistung?

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Der Beitrag auf einen Blick:



Welche Branchen führend in der Logistik sind.



Und warum Sie trotzdem nicht von ihnen abkupfem sollten.



Warum der Abstand zwischen Top 10 und Durchschnittsun­ ternehmen in der Logistik so groß ist.



Und wie Sie ihn verkleinern.

Die Studie 1001 Unternehmen haben bei der Studie mitgemacht. Damit ist der Logistik-Tacho die größte jemals in Deutschland durchgeführte Logistik-Studie. Untersucht wurden folgende Branchen: Elektronik und Elektro-Technik (High Tech), Fahrzeugbau, Maschinen- und Anlagenbau, Chemie und Pharma, Textil und Bekleidung (Konsum­ güter), Print & Publishing, Groß- und Einzelhandel, Versandhandel und Finanzdienstleistungen

Die Fragen Aufgabe der Studie war unter anderem, den aktuellen LogistikStatus der einzelnen Branchen zu erfassen und Handlungsanlei­ tungen für Unternehmen abzuleiten. Also Road Maps, mit Hilfe derer sie zur Logistik-Exzellenz gelangen können. Für die teilneh­ menden Unternehmen sollten die Fragen geklärt werden: Wo steht mein Unternehmen im Vergleich zum Durchschnitt in meiner Branche? Im Vergleich zu anderen Branchen? Wie fit ist meine Branche logistisch und von welchen exzellenten Unternehmen kann ich was abschauen, um ebenfalls exzellent zu werden? Für die Beantwortung dieser Fragen wurden so genannte Cockpits erstellt, um die Logistik-Fitness der Branche zu ermitteln.

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Die Ergebnisse im Überblick Nach Auswertung der Ergebnisse der Studie steht fest: Elektronik, Fahrzeugbau und Chemie stehen im Durchschnitt der Branchen logistisch am fittesten da - was fast zu erwarten war. Erstaunlich ist dagegen der Klassenunterschied innerhalb der Branchen zwischen ToplO-Unternehmen und dem Rest des Feldes. Im Schnitt aller Branchen erreichen die durchschnittlichen Unternehmen nur 62 bis 74 Prozent der Logistik-Fitness der Top 10. Der Abstand zwischen der Best Practice und den Schlechtesten ist also erschre­ ckend hoch.

Was jedoch, so paradox es klingt, auch eine gute Nachricht ist: Wenn der Abstand so groß ist, verfügt jedes Durchschnittsunter­ nehmen damit auch über eine ausreichend große Menge von bislang ungenutzten Logistik-Potenzialen, die es lediglich anzapfen muss, um zur Spitze aufzuschließen. Und noch eine gute Nachricht: Solange die Abstände innerhalb einer Branche so groß sind, muss kein Unternehmen in Richtung der angeblichen Vorzeigebranchen (Elektronik, Kfz, Chemie) schielen, um zu benchmarken. Ein Benchmarking innerhalb der eigenen Branche ist - im Bereich der Logistik - ausreichend ergie­ big. Es ist vor allem in seiner Übertragbarkeit nicht durch störende Branchenunterschiede behindert. Wie schon das Sprichwort sagt: Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Einige interessante Einzelergebnisse Im Bereich Performance (Leistungsfähigkeit eigener und fremder Logistikleistungen) ist der Abstand zwischen Top 10 und dem Rest vom Feld besonders hoch. Während zum Beispiel im Fahrzeugbau die Spitzenuntemehmen mit einer Fitness von 86 Prozent glänzen, kommen Durchschnittsuntemehmen lediglich auf rund 57 Prozent. Auch im Bereich Make or Buy ist die Disparität ähnlich hoch: SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Durchschnittsuntemehmen im Bereich Elektronik zum Beispiel sehen Outsourcing nur zu 26 Prozent als wichtiges Thema an, während es bei Spitzenunternehmen im Schnitt 86 Prozent sind. Das heißt konkret: Das Outsourcing-Potenzial wird in dieser und allen anderen Branchen noch nicht einmal annähernd in seiner strategischen Bedeutung erkannt, geschweige denn genutzt. Deutlicher formuliert: Outsourcing ist ein Mittel, um logistisch an die Spitze zu gelangen.

Wer Logistik nicht ernst nimmt, den bestraft das Leben Interessant ist auch ein Branchenvergleich des Anteils der Logistik­ kosten an den Gesamtkosten eines Unternehmens. Im Branchen­ durchschnitt liegt dieser bei satten 16 Prozent. Allein diese Zahl spricht der teilweise geringen Wertschätzung der Logistik innerhalb bestimmter Teile des Managements und der Öffentlichkeit Hohn: 16 Prozent der Gesamtkosten sollte keiner auf die leichte Schulter nehmen, dem Erfolg und Existenz seines Unternehmens etwas bedeuten. Der Kostenanteil variiert stark über die Branchen. Naturgemäß am wenigsten für Logistik geben die Finanz­ dienstleister mit vier Prozent aus, am meisten der Versandhandel mit 22 Prozent. Ohne Berücksichtigung des Ausreißers Finanz­ dienstleistungen stellt der Fahrzeugbau mit neun Prozent den Kostenführer. Heißt das, dass der Fahrzeugbau Vorbild und idealer Benchmarking-Partner für die Unternehmen aller anderen Bran­ chen ist? Über den Tellerrand blicken?

Genau das eher nicht. Wie die Tacho-Studie zeigt, sind die einzel­ nen Branchen so unterschiedlich oder befinden sich zumindest in so unterschiedlichen logistischen Entwicklungsphasen, dass es angeraten erscheint, sich lieber erst einmal branchenintern zu vergleichen, bevor ein Unternehmen nach vorgeblichen Vorreiter­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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branchen schielt und die identifizierten Best Practices dann müh­ sam bis erfolglos in die eigene Branchenpraxis übersetzen muss. Hier muss die Logistik beim Benchmarking gegebenenfalls einen Sonderweg einschlagen. Was tun? Natürlich hat die Studie bereits während ihrer Laufzeit zu einigem Wirbel in den Unternehmen geführt. Die am häufigsten gestellte Frage war und ist: Wie erreichen auch wir Spitzenleistungen mit unserer Logistik? Was ist die Road Map zur Logistik-Fitness? Ein erster Schritt liegt auf der Hand: Besorgen Sie sich die Studie beim Supply Management Institute. Anhand der über 70 Erhebungsfra­ gen können dann auch Sie ermitteln, wie gut Ihr Logistik-Status im Vergleich mit den Unternehmen Ihrer Branche ist.

Sehen Sie rot?

Wer bei diesem Fitness-Test im roten Bereich landet, performt logistisch unterdurchschnittlich. Das heißt: Sein Unternehmen hat konkrete Wettbewerbsnachteile im Vergleich zum Branchendurch­ schnitt. Die Road Map empfiehlt dann, die logistischen Teilbereiche genauer zu betrachten, die dem Unternehmen die Rote Karte eingebrockt haben und flankiert mit einem Benchmarking der ToplO-Unternehmen die konkreten Optimierungspotenziale zu entdecken und zu realisieren. Gelb und grün

Wer beim Fitness-Test im gelben Bereich liegt, befindet sich zwi­ schen dem Durchschnitt und den Top 10 in seiner Branche. Auch hier zeigt der Handlungsbedarf in Richtung Aufdeckung und Realisierung der Optimierungspotenziale. Unternehmen im grünen Bereich des Logistik-Tachos zählen dagegen zu den Top 10 in ihrer Branche. Für sie empfiehlt es sich SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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wirklich, über den eigenen Tellerrand zu schauen, mit anderen Branchen zu benchmarken und deren Innovationen aufs eigene Logistik-Business zu übertragen, um den eigenen Vorsprung weiter auszubauen.

Rot, gelb oder grün - wie fit ist Ihre Logistik?

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Steigern Sie Ihre Logistik-Fitness Fit mit Logistik-Tacho

Stefan Walter

Unser Logistik-Tacho macht viel Wirbel. Die größte jemals in Deutschland durchgeführte Logistikstudie hat eine starke Resonanz ausgelöst - und viele interessierte Fragen. Der Beitrag auf einen Blick:



Logistik ist kein Kostenfaktor, sondern verschafft konkrete Kosten- und Wettbewerbsvorteile.



Wenn Durchschnittsunternehmen ihre Logistik-Fitness stei­ gern, steigen auch ihre Logistikkosten - bei Top 10Unternehmen fallen sie!



Ein Aufstieg in die logistischen Top 10 wird mit konkreten Wettbewerbsvorteilen belohnt.



Wie Sie Ihre Logistik-Fitness steigern: Sieben strategische Empfehlungen

Viele Leser der Studie rätselten über einen scheinbaren Wider­ spruch: Versand-, Groß- und Einzelhandel leben praktisch von der Logistik. Und trotzdem liegt der Handel bei der Logistik-Fitness im Vergleich aller neun untersuchten Branchen am unteren Ende des Feldes. Wie kann das sein?

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Verkaufen allein macht nicht glücklich Preiskampf und Margendruck im Handel sind zwar hoch. Doch bislang versuchte die Branche zum Teil krampfhaft, diesem Druck mit den Instrumenten des Einkaufs (Stichwort LieferantenSqueezing), des Marketings (sprich Werbung) und des Verkaufs (Rabattschlachten) zu entkommen. Dass die Logistik in dieser schwierigen Lage erhebliche Kosten- und Wettbewerbsvorteile verschaffen könnte, wurde geflissentlich übersehen. Sogar handels­ typische Instrumente wie Efficient Consumer Response (ECR), die eigentlich prädestiniert wären für eine Optimierung der Logistik, wurden schwerpunktmäßig unter Marketing-Aspekten betrachtet und praktiziert. Konzepte wie Supply Chain Management und insbesondere die unternehmensübergreifende Integration aller logistischen Prozesse wurden und werden noch immer äußerst stiefmütterlich behandelt. Kein Wunder, dass der Handel seit Jahren einen mörderischen Kostendruck beklagt - wenn er solche Kostensenkungspotenziale brachliegen lässt! Eine Ausnahme bilden die ToplO-Handelsunternehmen. Sie haben ihre logistischen Hausaufgaben weitgehend gemacht. Und das schon seit Jahren. Was nur logisch ist: Die Großen haben längst ihre Marketing-, Einkaufs- und Verkaufspotenziale ausgeschöpft - doch bei der Logistik geht noch einiges.

Warum sind die Autobauer so gut? Die größte logistische Leistungsfähigkeit weisen die drei Branchen Elektronik, Fahrzeugbau und Chemie auf. Die Kfz-Bauer nehmen den zweiten Rang der Branchenwertung und den ersten Platz bei den ToplO-Unternehmen ein. Warum? Weil nicht nur die Fließ­ bandfertigung im Autobau (Ford) erfunden wurde, sondern auch logistische Konzepte wie Just in Time (JIT). Das heißt: Der Automo­ bilbau hat traditionsgemäß eine starke Logistik-Affinität. Alles, was technisch machbar ist, hat er bereits implementiert (oder zumindest SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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getestet), zum Beispiel das gemeinsame Forecasting zusammen mit den Lieferanten: Die Kfz-Nachfrage am Markt fließt über ein ITNetzwerk direkt in die Stücklisten der Produktion bei den Lieferan­ ten ein. Deshalb weist der Automobilbau im Branchenvergleich auch so niedrige Logistikkosten aus. Überraschend ist jedoch der extrem hohe Anteil an KEP-Kosten, an Kosten für Kurier-, Expressund Paketdienstleistungen: Er liegt bei mehr als 30 Prozent. Warum?

Mit dem Hubschrauber in den Urwald Erinnern wir uns an Ignazio Lopez, dann fallen uns auch Anekdo­ ten ein, bei denen der legendäre Opel- und VW-Chefeinkäufer mit dem Hubschrauber Ersatzteile in den Dschungel fliegen ließ. Ganz billig ist dieser Expressdienst nicht. KEP-Dienstleister werden im Automobilbau offensichtlich als Logistik-Troubleshooter eingesetzt, die quasi ein Notfall-Netzwerk für die Logistik anbieten. Belastbare Beweise für diesen Sachverhalt gab es vor dem Logistik-Tacho noch nicht. Und wenn wir gerade bei neuen Erkenntnissen sind: Der Logistik-Tacho hat en passant auch statistisch zuverlässig die aktuellen durchschnittlichen Wertschöpfungstiefen in den Bran­ chen ermittelt. Sie liegt zum Beispiel •

in der Elektronik bei 41%



im Automobilbau bei 38%



im Textilbereich bei 49%



beim Versandhandel bei 45%



in Print&Publikation bei 57%



bei den Finanzdienstleistern bei 73%

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Fallende Wertschöpfungstiefe Die Zahlen an sich sind schon erstaunlich genug: Im Schnitt stammt weniger als die Hälfte eines Produktes vom Hersteller selbst. Wir leben im Outsourcing-Zeitalter - dem Zeitalter der Logistik! Wobei eine geringe Wertschöpfungstiefe meist auf eine hohe Logistikleistungsfähigkeit hinweist. Ins Auge stechen dabei natürlich die Finanzdienstleister mit einer atavistisch hohen eigenen Wertschöpfungstiefe: Sie machen oft noch fast alles selber. Dabei ist der Unterschied zwischen den professionell geführten Banken und den Nachzüglern eklatant: Durchschnittsbanken erreichen nur rund 66% des Logistik-Status der Top-Banken. Die besten Banken sind sehr viel fitter als der Rest der Bankenwelt. Auch weil sie wichtige Leistungsbereiche wie zum Beispiel die Dokumentenlogistik outsourcen, die nicht zur Kernkompetenz zählen.

Böse Falle Eben weil der Unterschied zwischen logistischen Top10Unternehmen und dem Rest vom Feld in vielen Branchen so unglaublich hoch ist, kommen viele Manager zurzeit auf die Idee, den Abstand zur Spitze zu verkürzen. Eine gute Idee, die bei vielen jedoch in eine böse Falle führt. Die statistischen Auswertungen der Tacho-Studie ergaben,



dass bei Durchschnittsunternehmen, die ihren LogistikStatus erhöhen, die Logistikosten steigen.



dass bei Top 10-Unternehmen jedoch das Gegenteil passiert: Sie investieren in die Logistik, um ihren Status zu erhöhen und die Kosten sinken! Wie das?

Weil die cleveren Top 10-Unternehmen auch clever in ihre Logistik investieren: Sie nutzen die Steigerung ihres Logistik-Status, um gleichzeitig die Komplexität und damit die Komplexitätskosten zu SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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senken: Sie outsourcen große Teile der Logistik. Das senkt nicht nur die Kosten, sondern erhöht bei kluger Auswahl des Partners auch die Performance in der Logistik. Denn ein externer LogistikDienstleister kann’s oft besser. Wenn das Unternehmen den richtigen auswählt. Doch genau das ist die Kunst beim Outsour­ cing. Die Besten können ihr logistisches Netzwerk nämlich auch besser steuern. Gerade hierin liegt die Stärke der ToplOUnternehmen: Sie verfügen sozusagen über ein erwachsenes Logistikkonzept. Wo investieren?

Der Logistik-Tacho untersuchte sechs Faktoren der logistischen Leistungsfähigkeit, von der Qualität der Basies (Organisation, Lagerhaltung) bis hin zum After-Sales-Bereich. Und da der Abstand mittelmäßiger Unternehmen auf die Spitze in allen Branchen hoch war, stellt sich die Frage für alle Manager, die besser werden wollen: Worin investieren? Da bietet sich der Faktor Performance an, weil hier die größten Potenziale liegen: Nur 56% der PerformancePotenziale werden durchschnittlich genutzt. Selbst die ToplOUnternehmen bringen es erstaunlicherweise nur auf 85%. Was hebt die Performance? Zum Beispiel das schon mehrfach erwähnte Outsourcing. Hiermit ist eine Verbesserung der Performance nicht nur möglich und sinnvoll, sondern tatsächlich auch wettbewerbsre­ levant. Das sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Logistik verschafft einem Unternehmen Wettbewerbsvorteile! Lektion gelernt?

Dass ausgerechnet die Logistik einem Unternehmen Vorteile am Markt einbringt, ist eine Lektion, die mittelmäßige Unternehmen im Vergleich zu den ToplO-Unternehmen noch nicht ganz gelernt haben. Sie betrachten Logistik nicht als potenziellen Wettbewerbs­ vorteil, sondern als Kostenfaktor. Sie glauben (immer noch), dass SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Marketing und Preis viel wichtiger für den Markterfolg seien. Sie sehen das Potenzial der Logistik nicht - was einigermaßen paradox ist, betrachtet man den Anteil der Logistikkosten, der im Schnitt bei 16 Prozent liegt. Auch deshalb hat Tchibo den Deutschen LogistikPreis 2004 von der BVL bekommen: Der Konzern hat als einer der ersten erkannt, dass die Logistik die Marktstellung eines Unter­ nehmens dramatisch verbessern kann. Sieben strategische Empfehlungen

Die Tacho-Studie wird emsig am Lehrstuhl und am SMI nachge­ fragt. Besonders interessieren sich Praktiker aus dem Logistikma­ nagement für konkrete Handlungsempfehlungen, von denen wir hier sieben abschließend nochmals herausstellen möchten: 1) Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle! Auch und gerade logistische ToplO-Unternehmen sollten einen formellen kontinuierlichen Verbesserungsprozess ins Leben rufen. Dafür ist auch ein starkes Commitment des Topmanage­ ments nötig, um weitere Outsourcing-Potenziale zu identifizieren, Innovationen anzuregen und ständig weiter an der Logistikreife zu arbeiten. Sonst ist der Spitzenplatz schnell perdu ...

2) Ein Aufstieg in die logistischen Top 10 wird mit konkreten Wettbewerbsvorteilen belohnt. Ein Unternehmen, das seine Logistik verbessert, steigert damit also nicht nur seine Effizienz und senkt seine Kosten, sondern stärkt damit auch seine Position am Markt.

3) Diese Wettbewerbsvorteile sind jedoch nicht mit der Art Logis­ tikmanagement zu erreichen, die mittelmäßige Unternehmen betreiben: sporadisch und punktuell. Das wäre auch gar zu einfach ... Nur ganzheitliches Logistikmanagement wird mit Wettbewerbs­ vorteilen belohnt. 4) Die operative Logistik kann ein externer Dienstleister komplett übernehmen. Wird der richtige Logistikpartner gefunden, sinken SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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dadurch nicht nur die Kosten deutlich, auch die Qualität verbessert sich. Wichtige Voraussetzung: Sie dürfen beim Outsourcing nicht nur auf die Kosten fixiert sein, sondern sollten damit gleichzeitig eine Qualitätsverbesserung anstreben - und Ihren Logistikpartner dementsprechend aus wählen. 5) Das Outsourcingpotenzial wird in vielen Branchen - außer in den Top 10-Unternehmen - kaum erkannt. Warum? Viele Auguren munkeln dunkel etwas davon, dass das Outsourcing in der Logistik bereits an seine Grenzen stoße. Das gehört ins Reich der Fabeln ...

6) Wird die komplette operative Logistik ausgelagert, muss der ausgewählte Outsourcing-Partner selbstverständlich auch die Forschung & Entwicklung für die Logistik übernehmen und vor allem gewährleisten (können!). Sonst werden wichtige Innovationen verschlafen! 7) Damit der Outsourcing-Partner diese und andere strategischen Funktionen auch zuverlässig übernimmt, braucht es auf beiden Seiten des Outsourcing exzellent ausgebildete Supply Chain Manager. Und dafür wiederum ist zuerst eine Investition in die Weiterbildung der Mitarbeiter und Manager unabdingbar.

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Outsourcing der Logistik Von der Klassik bis zur Kontrakt-Logistik

Fridtjof Langenhan

Den Klassiker des Logistik-Outsourcings kennt jeder von der Autobahn: Die bunten Bierlaster, denen wir dort begegnen, gehören längst nicht mehr der Brauerei, deren Bier sie durch die Republik transportieren. Doch das war gestern. Heute ist Kontrakt-Logistik. Die meisten Unternehmen haben längst ihren Transport outge­ sourct. Transport gehört nicht zur Kernkompetenz, das können andere günstiger. Durch das Outsourcing des Transports wird man flexibler, trägt weniger Fixkosten und profitiert möglicherweise sogar vom Know-how-Vorsprung des Logistik-Dienstleisters. Eben weil so viele Unternehmen beim Transport zum Outsourcing greifen und der Markt dafür mächtig brummt, bieten alle Anbieter ungefähr zum gleichen Qualitätsniveau an: Es geht beim Outsourcing in diesem Bereich fast nur noch um den Preis. Jeder kennt den Preiskampf der Anbieter beim Transport. Kontrakt-Logistik Die Entwicklung beim Logistik-Outsourcing hat inzwischen die Bierlaster-Phase hinter sich gelassen. Heute umfasst das Outsour­ cing weit mehr als nur einen Logistik-Teilbereich wie den Transport. Heute kommt zum Beispiel noch Warehousing dazu. Bindet sich das Unternehmen dazu noch länger an den Logistik-Dienstleister, der seinen Transport und sein Warehousing übernimmt, spricht man von Kontrakt-Logistik. Kontrakt-Logistik ist chic, sie ist in SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Mode. Die Überlegung dahinter ist simpel und attraktiv: Wenn ich zum Beispiel zur Auffassung gelange, dass die Bewirtschaftung meines Lagers nicht zu meiner Kernkompetenz gehört, vergebe ich das Warehousing doch einfach fremd. Was theoretisch recht einleuchtend klingt, macht praktisch regelmäßig Probleme. Wie schon der Dichter sagte: Drum prüfe, wer sich bindet...

Die Prüfung

Lassen Sie sich nicht von der vordergründigen Attraktivität der Kontrakt-Logistik oder davon blenden, dass „alle das gerade machen“. Prüfen Sie für Ihren konkreten Fall stets: 1) Welche Teile Ihrer Logistik liegen überhaupt außerhalb der Kernkompetenz Ihres Unternehmens? Findet diese Ausgliederung innerhalb des Managements Konsens? 2) Was sind die Risiken des „Fremdgehens“? Kennen Sie sie? Haben Sie sie mal quantitativ abgeschätzt? Können und möchten Sie diese Risiken tatsächlich tragen?

3) Rechnet es sich überhaupt im konkreten Einzelfall, die Logistik­ leistungen einzukaufen? Die Vertragsgestaltung Outsourcing ist nicht gleich Outsourcing. Wer seinen Transport an einen Logistik-Dienstleister vergibt, kann das sozusagen mit einem Kontrakt der Light-Version tun: Es wird ein so genanntes ServiceLevel-Agreement getroffen und vereinbart, was passieren soll, wenn die vereinbarten Levels verfehlt oder übertroffen werden. Wer dagegen wie zum Beispiel viele Internethändler seine komplette Distributionslogistik per Outsourcing nach draußen gibt, braucht im Grunde keinen Outsourcing-Vertrag, sondern eine strategische Partnerschaft mit dem Outsourcing-Partner. Warum? Weil die Risiken bei diesem Umfang des Outsourcings ungleich größer sind SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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als das bloße Transportrisiko beim Transport-Outsourcing. Dann wird der Outsourcing-Vertrag auch andere Elemente verbindlich vereinbaren wie einen geregelten Informationsaustausch zwischen den strategischen Partnern oder die Entwicklung gemeinsamer Zukunftsstrategien. Das Risiko managen Outsourcing erscheint vielen Managern momentan als das attrak­ tivste Mittel zur Kostensenkung schlechthin. Leider ist jedoch auch Outsourcing nicht die lange gesuchte Magic Bullet. Outsourcing spart nur dann wirklich Kosten, ohne die Qualität zu beschädigen, wenn seine Risiken gemanagt werden. Wenn zum Beispiel trotz Service-Level-Agreement es immer wieder zu Verspätungen und Fehllieferungen beim Transport kommt, kann man immer noch die Pferde wechseln. Wenn es sein muss, von einer Woche auf die andere. Es gibt genug Transporteure, die zu guten Preisen gute Qualität anbieten. Haben Sie dagegen Ihr Warehousing per Out­ sourcing vergeben, ist so ein Wechsel selbst bei untragbarer und wiederholter Minderleistung kaum mehr möglich. Deshalb lautet die erste Frage vor jedem Outsourcing: Sind Sie wirklich bereit, dieses Risiko zu tragen?

Checkliste: Drum prüfe, wer sich bindet Je gründlicher Sie einen potenziellen Outsourcing-Partner vorher prüfen, desto geringer sind die Risiken, die Sie danach tragen müssen:



Welche Qualität der Dienstleistung wollen Sie vertraglich vereinbaren? Mit welchen messbaren Qualitätskriterien wol­ len Sie das messen?



Mit welchen Kontrollen, Stichproben, Tests, Reportings wol­ len Sie die Einhaltung der Outsourcing-Vereinbarung über­ prüfen?

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Verlassen Sie sich niemals auf die beschwichtigenden Aussa­ gen des Outsourcing-Partners.



Verlangen Sie, dass er seine Zusagen anhand konkreter Fak­ ten untermauert, zum Beispiel mit dem nachweisbaren Qua­ lifizierungsniveau seiner Mitarbeiter, die nachher logistisch für Sie tätig sein werden.



Gibt es Referenzeinrichtungen, die Sie besuchen können, um sich vor Ort vom Wahrheitsgehalt der Versprechungen des Outsourcing-Partners zu überzeugen?

Value Added Services Eben weil beim Transport die Gewinnmargen inzwischen recht dünn geworden sind, versuchen viele Logistik-Dienstleister mit Value Added Services ein Zusatzgeschäft aufzumachen. Sie bieten an, die Vormontage oder die Qualitätssicherung in Beschaffungsla­ gern zu übernehmen, die Wareneingangsprüfung oder die Unter­ stützung von Verkaufsförderungsaktionen im Distributionslager oder die Bestellannahme per Call Center. Auch hier gilt: Was sich zunächst sehr attraktiv anhört, sollten Sie vorher gründlich prüfen. Outsourcing ist eine gute und kostensparende Idee - sofern Sie einen Outsourcing-Partner wählen, der nachweislich hält, was er Ihnen verspricht.

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Seien Sie mutig, seien Sie innovativ! Innovationsmanagement als Überlebensfaktor in der Logistik

Inga-Lena Darkow

Je enger der Markt, je größer der Preisdruck und je anspruchsvoller die Kunden, desto überlebenswichtiger wird Innovationsmanage­ ment in der Logistik. Jahrelang taten Logistik-Dienstleister, was ihnen der Kunde auftrug. Doch neuerdings beginnen Kunden zu fragen: „Was können Sie mir Neues anbieten?“ Ohne Innovationsmanagement lässt sich diese Frage nicht zur Zufriedenheit der Kunden beantwor­ ten. Je enger die Märkte, je größer der Preisdruck durch osteuropä­ ische Dienstleister, desto wichtiger werden Value Added Services in der Logistik. Sie werden mittlerweile als die einzige Überlebens­ chance westeuropäischer Dienstleister betrachtet. Doch woher sollen ohne professionelles Innovationsmanagement die Ideen für diese Services kommen? Innovation als Zufallsprodukt? Bislang hapert es gewaltig mit dem Innovationsmanagement in der Logistik. Zwar reden viele davon, doch kaum einer tut es tatsäch­ lich. Es gibt keine etablierten Prozesse, kein System dafür. Innoviert wird nach dem Prinzip Hoffnung oder im Vertrauen auf den blanken Zufall. In vielen Unternehmen realisieren die Verantwortlichen noch nicht, wie schlimm die Lage wirklich ist. Wenn wir in einem solchen Unternehmen beratend zu Gast sind, setzen wir gerne die folgende Checkliste ein. Sie löst regelmäßig tiefe Betroffenheit aus. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Checkliste: Wie innovativ ist Ihr Unternehmen?



Was ist Ihr Jahresbudget für Innovationen? Jedes Industrie­ unternehmen hat seinen F&E-Etat. Einige Logistik-Manager wissen noch nicht einmal, dass dieses Kürzel für Forschung und Entwicklung steht.



Gibt es ein festes Team, das den Innovationsprozess opti­ miert? Wenn nicht, wer soll sich denn dann um Innovati­ onsmanagement kümmern?



Wie viele neue Produkte und Dienstleistungen bringen Sie jährlich auf den Markt?



Wie groß ist deren Entwicklungsdauer (Time to Market)?



Was ist das Durchschnittsalter Ihrer Produkte und Services?



Wie groß ist der Anteil neuer Produkte und Dienste an Ihrem Portfolio?

Kompetente Manager reagieren meist schockiert auf diese KurzCheckliste. Die meisten äußern sich spontan: „Ich wusste gar nicht, dass es so schlecht um unsere Innovationskraft bestellt ist!“ Was ist zu tun? 3 Phasen

Es ist ja nicht so, dass wir Neuland betreten müssten. Innovati­ onsmanagement wird in der Industrie, also bei den Kunden der Logistik-Dienstleister, schon seit Jahrzehnten äußerst erfolgreich betrieben. Wir brauchen die Erfolgsrezepte nur abzugucken. Der Prozess des Innovationsmanagements ist dabei denkbar einfach.

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Er teilt sich in drei Phasen: 1) Ideengenerierung

2) Ideenentwicklung 3) Markteinführung

Phase 1: Ideengenerierung In vielen Unternehmen ist Innovation Chefsache. Gut so? Im Gegenteil. Beim Innovationsmanagement gilt der Grundsatz: Schmoren Sie nicht im eigenen Saft! Nutzen Sie möglichst viele Quellen! Seien Sie nach allen erdenklichen Seiten offen. Nutzen Sie jeden, mit dem Sie in Kontakt stehen, als Ideengeber: Kollegen, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner, Banken, Forschungsinstitute (wie das SMI), Verbände, Medien, Internet, ...

Das Prinzip der permanenten Innovation Viele Unternehmen begehen den Fehler, händeringend nach neuen Ideen zu suchen, wenn der Umsatz durchhängt oder die Kunden unzufrieden sind. Dann ist es zu spät. Bis man gute Ideen gefun­ den, entwickelt und eingeführt hat, ist man meist schon von der Entwicklung überrollt worden. Es ist wie mit dem Notgroschen: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Innovation funktioniert nicht spontan, sporadisch oder ad hoc. Sie funktioniert nur perma­ nent: Richten Sie Marktplätze für eine permanente Ideensammlung ein: Intranet- oder E-Mail-Foren, Innovationszirkel, Innovationstage (zusammen mit Kunden), ... Es ist nicht so wichtig, dass man gute Ideen hat. Gute Ideen hat jeder Mensch - irgendwann mal; meist dann, wenn es zu spät ist. Viel wichtiger ist, dass man permanent an guten Ideen brütet, feilt und bastelt. Regelmäßigkeit ist die Mutter der Innovation.

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Phase 2: Ideenentwicklung Es ist nicht so, dass Logistik-Unternehmen keine Ideen hätten. Sie haben sogar erstaunlich viele. Leider werden die meisten (unab­ sichtlich) kaputt gemacht. Bringt ein cleverer Mitarbeiter oder Manager eine Idee ein, findet sich immer ein Topmanager, der die Idee ermutigend kommentiert: „Was soll der Unfug?“, „Dafür habe ich jetzt keine Zeit!“ oder „Haben Sie nichts Besseres zu tun?“ Viele Ideen werden auch nach „Nasen-Faktor“ bewertet: Wessen Nase mir nicht passt, dessen Idee schieße ich ab. Andere Ideen wiederum werden sofort zum Vorstandsprojekt erhoben, obwohl jeder Azubi sehen kann, dass sie nicht viel taugen. Was fehlt, ist ein objektiver Bewertungsprozess.

Ideen objektiv bewerten

Schaffen Sie ein heterogen besetztes „Preisrichter“-Team, das anhand von konsensfähigen, transparenten, nachvollziehbaren, einfachen, verständlichen und kommunizierbaren Kriterien einge­ reichte Ideen objektiv bewertet; unter anderem nach: •

Feasibility-Kriterium: Ist die Idee für uns technisch mach­ bar?



Rendite-Kriterium: Was sind die Kosten? Ist die Idee renta­ bel?



Kompatibilitäts-Kriterium: Wie passt die Idee zu unseren Unternehmenszielen?



Portfolio-Kriterium: Wie passt sie zu unserem aktuellen Port­ folio?



Markt-Kriterium: Erhöht sie unsere Marktchancen?

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Phase 3: Markteinführung

Vielerorts hält sich der Mythos, dass gute Ideen sich schon irgend­ wie durchsetzen werden. Kennen Sie etwa eine? Ideen setzen sich nie durch, sie müssen immer durchgesetzt werden. Lassen Sie in Phase 3 den ganzen Apparat anlaufen, der Ideen zum Laufen bringt: Pilotkunden-Projekte, Marketing, Vertrieb, Controlling, ... Innovation beginnt im Kopf

Angesichts des eingängigen 3-Phasen-Schemas drängt sich die Erkenntnis auf: So kompliziert ist Innovationsmanagement nicht. Warum tut sich die Praxis damit noch so schwer? Weil Mythen die Professionalisierung behindern. Da wäre zunächst der von Füh­ rungskräften gepflegte Mythos: „Ist doch logisch, dass meine Mitarbeiter Ideen haben.“ Zählt man die Mitarbeiter-Vorschläge eines Jahres jedoch mal mit dem spitzen Bleistift durch, stellt sich meist heraus: Die Mitarbeiter haben kaum Ideen - sie haben anderes zu tun. Das operative Tagesgeschäft fesselt ihre Kreativität. Innovationsmanagement löst diese Fesseln. Dazu muss es jedoch erst einmal eingeführt werden. Der Mythos vom kleinen Rädchen

Auf Mitarbeiterseite behindert ein anderer Mythos die Innovation: „Was kann ich als einfacher Mitarbeiter schon groß ändern?“ Nahrung bekommt dieser Mythos durch die verbreitete Intranspa­ renz: Der Zettel mit der Idee des Mitarbeiters landet zwar im Vorschlagskasten - doch danach hört der Mitarbeiter nichts mehr von seinem Vorschlag. Innovation ist ein Geschäft auf Gegenseitig­ keit: Ohne Feedback keine Vorschläge. Überflüssig zu sagen, dass insbesondere abgelehnte Vorschläge mit einem Höchstmaß an Anerkennung, Takt, Diplomatie, nachvollziehbaren Gründen und Wertschätzung kommuniziert werden müssen. Sonst macht der

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abgelehnte Mitarbeiter nie wieder einen Vorschlag und steckt mit seiner Verweigerung womöglich noch andere an. Der Mythos von der Geldgier

Viele Führungskräfte sagen auch: „Wenn wir ein Vorschlagswesen einführen, dann wollen die Mitarbeiter für jede Idee Geld sehen!“ Das ist Befürchtung, kein Fakt. Tatsache ist, dass Geld eine akzeptierte Gegenleistung für Ideen ist. Tatsache ist aber auch, dass viele Mitarbeiter eine formelle Anerkennung von „ganz oben“, einen Titel wie „Innovativster Mitarbeiter des Monats“ oder einen Handschlag vom Vorstand in coram publico höher bewerten als eine kleine finanzielle Anerkennung - die man immer noch auszahlen kann, wenn der Betrieb finanziell vom Vorschlag des Mitarbeiters profitiert.

Innovationsschwäche - Innovationsstärke

Wir sind kein rohstoffreiches Land. Wir haben kaum Bodenschätze und natürliche Ressourcen. Wir haben nicht gerade die billigsten Produkte und Mitarbeiter. Im Grunde haben wir nur unsere Innovationskraft, um langfristig und erfolgreich am Markt bestehen zu können. Wer heute Probleme mit seiner Innovationskraft hat, wird morgen Probleme mit der Existenzsicherung haben. Lassen wir es nicht so weit kommen. Die Zukunft gehört den Innovativen.

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Auf dem Weg zum papierarmen Büro? Dokumentenmanagement und die Logistik für Informationen

Christopher Jahns

Als die Computertechnik in den 70er Jahren mit mächtigen Zentral­ rechnern und unzähligen Dialog-Terminals in den Büros Einzug hielt, erstickte die gleichzeitig anschwellende Produktion giganti­ scher Papierstapel aus grün-weiß-gestreiftem ComputerEndlospapier zunächst noch die voreilige Hoffnung auf die Substi­ tution des Bürowerkstoffs Papier.

Das stürmische Aufkommen des Personalcomputers, der in den 80er Jahren Büros, Schulen und Privathaushalte gleichermaßen überschwemmte, nährte da schon weitergehende Hoffnungen. Papierlos sollten die bis dahin vom Papierstaub trockenen Büros einen neuen Pfiff erhalten. Dazu machte sich die Architektur- und Büromöbelbranche auf, mit ebenso visionären wie teuren Raum­ und Ausstattungsentwürfen die Zukunft des Schreibtischalltags zu konkretisieren. Die Wirklichkeit ließ sich so aber nicht einfangen, denn es wurde nicht weniger, sondern deutlich mehr bedrucktes und beschriebe­ nes Papier erzeugt. Bei den Herstellern von Arbeitsplatzdruckern füllen sich seither die Auftragsbücher wie von selbst, gleichzeitig steigt das Büropapieraufkommen jedes Jahr zur Freude der Holzund Papierindustrie. Dazu tragen Regierungen und Fiskalbehörden mit immer neuen und ausufemden Vorschriften über die Behänd-

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lung geschäfts- und steuer-relevanter Dokumente bei. Dabei ist nichts so geblieben, wie es vorher einmal war.

Transparenz ist das Gebot der Zeit... Die Informations- und Dokumentenverarbeitung wandelt sich seit Jahren in atemberaubendem Tempo. Dokumente wie Rechnungen, Verträge oder Briefe werden längst nicht mehr mikroverfilmt, sondern eingescannt - oftmals schon vor dem Lesen. Kein schusse­ liger Professor oder gar Sachbearbeiter soll noch die Informations­ transparenz in modernen Büros trüben. Also werden unterneh­ menskritische Dokumente nicht mehr in Papierform, sondern möglichst automatisch in elektronischer Form in digitale Archivsys­ teme abgelegt. Unter dem Stichwort Dokumentenmanagement tragen Softwaresysteme dazu bei, digitale Dokumente einfach und effizient zu verwalten und über intelligente Suchfunktionen schnell und zuverlässig aus der Versenkung herauf zu holen. Die Informations- und Papierflut ist dennoch nicht weniger gewor­ den und die Hoffnung auf das papierlose Büro bei all dem Fort­ schrittstrubel inzwischen zumeist abhanden gekommen. Die abgespeckte Hoffnung auf das zumindest papierarme Büro salbt nun die Gemüter. Dabei zielen Rationalisierungsbemühungen landauf landab längst nicht mehr auf die Reduzierung von Papier­ bergen, sondern vielmehr auf die Verschlankung von Prozessen und Beschleunigung von Verfahrensweisen ab. Und hier ist der Fort­ schritt in barer Münze zählbar, vorausgesetzt, man hat sich nicht gerade auf den Hinterbänken der ewig Gestrigen eingekuschelt.

Heute lässt sich der unternehmensweite Post- und Rechnungsein­ gang mit Hilfe automatisierter Workflow-Lösungen optimieren. Banken, Sparkassen, Versicherungen und Krankenkassen machen das tagtäglich vor. Denn das rasche Wiederfinden von Dokumenten auf Knopfdruck und ohne lästige Bürowege steigert erstens die SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Auskunftsbereitschaft im Front-Office und mehr noch die Zufrie­ denheit der Kunden. Darüber hinaus kann man mit modernen Records Management Systemen staatlich verordnete Aufbewah­ rungsfristen für Dokumente verlässlich kontrollieren.

...und Zeit ist Geld

Und wer sich teure Dokumenten-Scanner nicht leisten will, der kann die Digitalisierung von Dokumenten sogar als Dienstleistung bei den großen Post- und Paketzustellern abfragen. Die Befürch­ tung, dass die papierbasierte Kommunikation, sprich Postzustel­ lung, Briefverkehr oder der Austausch von Dokumenten „schwarz auf weiß“ dabei unter die Räder kommt, bleibt auf absehbare Zeit unbegründet. Kritisch sind im Informationsaustausch allein die Faktoren Zeit und Kosten. Dabei stehen prominente Branchen mehr und mehr vor der Frage „Selber machen oder anderswo machen lassen?“ Banken, Versiche­ rungen und andere Finanzdienstleister befinden sich dabei in vorderster Front, sind sie doch unter Wettbewerbs- und Kosten­ druck gezwungen, sich von allen unrentablen Aktivitäten zu entlasten und ihre Wertschöpfungstiefe deutlich zu reduzieren. Dienstleistungsangebote sind am Markt ausreichend verfügbar, die komplette Dokumentenlogistik komplett auszugliedern oder Out­ sourcingpartnern zu übertragen. Allein die kundenspezifische Expertise auf Seiten der Anbieter bleibt unabdingbar.

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Wo spielt die Musik? Welche Trends sind wirklich wichtig? An welcher Stelle bewegt sich etwas? Wo muss „man“ einfach dabei sein? Aufschluss über diese Fragen wollen wir Ihnen mit den folgenden Beiträgen geben. Gestalten Sie Ihre Zukunft auf Basis entscheidender Konzepte. Wählen Sie aus, was (für Sie) Relevanz hat!

Integrativer Managementansatz Performance Check Logistics als innovatives Benchmarking-Instrument

Christopher Jahns, Fridtjof Langenhan und Christian Gäde

Bis Anfang der Neunziger Jahre war der Logistikbegriff stark auf eine produktionsorientierte Steuerung der Materialflüsse be­ schränkt, obwohl ursprüngliche Definitionen bereits die dazugehö­ rigen Informationsflüsse in die Betrachtung einbezogen hatten. Erst durch zunehmende Prozessorientierung und die Übernahme logistischer Methoden wie Just-in-Time oder Kanban erfuhr der Logistikbegriff eine Erweiterung. Mit zunehmender Kundenorientierung wuchs schließlich die Erkenntnis, dass alle unternehmerischen Aktivitäten der Leistungs­ erstellung und -Verwertung in ein ganzheitliches Logistikkonzept eingebunden werden sollten, um am Markt erfolgreich zu sein. Der SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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aktuelle Trend zur Vernetzung (Supply Chain Management/ Collaboration) rückt eine unternehmensübergreifende Perspektive in den Vordergrund. Zugleich gewinnt die Logistik an strategischer Bedeutung und das Logistik-Management wächst zu einer TopManagement-Aufgabe heran.

Tatsächlich aber konzentrieren sich logistische Aktivitäten in der Praxis häufig noch auf die operative Planung und Steuerung von Material- und Informationsflüssen. Eine umfassende Übertragung von Managementansätzen auf die Führung der Logistik findet kaum statt. Zudem mangelt es an einer ganzheitlichen Betrachtung und Füh-rung aller logistischen Aufgaben. Zu diesen zählt neben der Güter- und Warenlogistik mit ihren phasen- oder verrichtungsorien­ tierten Modellen auch die Dokumentenlogistik, für die entsprechen­ de Modelle und Ansätze bislang weitgehend fehlten.

Landkarte für das Logistik Management Der Management Navigator Logistics hat die Aufgabe, die bislang vernachlässigte ganzheitliche Perspektive für die Logistik zu schaffen. Die Neuartigkeit des Ansatzes besteht darin, dass bewähr­ te Managementkonzepte auf die Fragestellungen des Logistikmana­ gements übertragen werden. Der ganzheitliche LogistikManagement-Ansatz stellt die strategische Managementperspektive mit dem operativen Performance Management sowie den LogistikSupport-Elementen Recht, Tools, Techniken, Technologie und Projektmanagement in unmittelbaren Zusammenhang. Zudem wird ein ganzheitliches Konzept verfolgt, welches das Management der Güter- und Warenflüsse (Warenlogistik) und das Management der physischen Dokumentenflüsse (Dokumentenlogis­ tik) in einem Managementansatz zusammenführt. Die wirklich neuen Aspekte moderner Managementansätze der Logistik, z.B. Supply Chain Management, werden ebenfalls einbezogen. Der SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Management Navigator Logistics ist somit die Managementlandkar­ te, auf der alle für Führung und Ausführung in der Logistik relevan­ ten Themenfelder und Aufgaben funktionsorientiert und branchen­ übergreifend verzeichnet sind. Ausführliche Beschreibungen zu den einzelnen Modulen finden Sie auf der nächsten Ebene unter „Management-Module der Logistik“.

Performance Check Logistics als innovatives BenchmarkingInstrument

Auf Basis des integrierten Logistik-Management-Ansatzes hat der Lehrstuhl für Einkauf, Logistik und Supply Chain Management an der European Business School ein Analyse- und Bewertungstool entwickelt. Mit Hilfe des Performance Check Logistics können Unternehmen ein qualitatives Benchmarking durchführen.

Der Check enthält detaillierte Fragen zu allen dargestellten Modulen der Logistik; es wird somit das gesamte Spektrum des Logistikma­ nagements überprüft. Der Performance Check Logistics erlaubt es Unternehmen, die Leistungsfähigkeit der eigenen Logistikorganisa­ tion absolut und im Vergleich zu Branchen- und Funktionsbench­ marks zu beurteilen. Zum Vergleich werden Referenzdaten herange­ zogen, die mit Hilfe einer umfangreichen Fragebogenerhebung generiert wurden. Aufgrund des Umfangs der Primäranalyse sind sehr gezielte Vergleiche innerhalb einzelner Branchen möglich. Unternehmen können sich vor dem Hintergrund des Branchen­ durchschnitts ebenso beurteilen wie im Vergleich zu ihrem stärks­ ten Wettbewerber. Neben dem Benchmarking in aggregierter Form werden zugleich Schwachstellen innerhalb der jeweiligen Logistikor­ ganisation im Detail aufgedeckt.

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PERFORMANCE CHECK LOGISTICS XYZMi

_____________________ Delta to Cross Industry Average: -1,4%

Abb.: Qualitatives Logistics

Benchmarking durch Performance Check

Logistics Management Knowledge Base Ausgehend vom Management Navigator Logistics wurde ferner eine Wissensdatenbank aufgebaut. Die Logistics Management Knowledge Base bietet einen Überblick über das aktuell und zukünftig relevan­ te Logistikwissen für das Management von Warenflüssen und Dokumentenflüssen.

Analog zum Management Navigator beinhaltet die Knowledge Base konzeptionelle Bausteine und Anwendungsbeispiele zu strategi­ schen Managementaufgaben in der Logistik, zum operativen Performancemanagement und zu den Support-Modulen. Methoden, Technologien und Tools, die notwendig sind, um professionell Dokumentenflüsse sowie Güter- und Warenflüsse zu managen, SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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werden umfassend und zugleich anwendungsorientiert dargestellt. Mit Hilfe der Knowledge Base können Unternehmen für ihre aufgedeckten Schwachstellen Lösungsansätze und Best Practices anderer Unternehmen diskutieren.

Die Inhalte der Logistics Management Knowledge Base stammen aus umfangreichen Sekundäranalysen sowie aus einer groß ange­ legten empirischen Untersuchung. Zudem konnte die Deutsche Post World Net als globales Pilotunternehmen gewonnen werden. Durch intensive projektbezogene Zusammenarbeit wurde praxisorientiertes Know how bei Gestaltung des Managementansatzes gezielt berück­ sichtigt.

Logistikmanagement vor neuen Herausforderungen

Fortschreitende Arbeitsteilung und unternehmensübergreifende Wertkettenvernetzung einerseits sowie Hyperwettbewerb und dynamischer Wandel der Marktgegebenheiten andererseits verursa­ chen einen laufenden Anpassungsdruck auf die Logistik. Galt es in der Vergangenheit vor allem, die internen Waren- und Dokumenten­ flüsse und deren Schnittstellen zur Unternehmensumwelt zu optimieren, so müssen nun wertkettenweite Lösungen geschaffen und zudem immer wieder neue Logistikpartner integriert werden mit allen organisatorischen und technischen Konsequenzen. Gleichzeitig gewinnt die Logistik mehr und mehr an wettbewerbs­ strategischer Relevanz. Mit dem Management Navigator Logistics wurde ein Gesamtkonzept entwickelt, das dem gewachsenen Aufgabenspektrum eines moder­ nen Logistikmanagements gerecht wird. Er stellt ein Raster dar, das Führungskräften bei Entwicklung und Umsetzung ihrer strategi­ schen und operativen Initiativen Orientierung bietet. Es macht zugleich deutlich, welche Komplexität durch die logistischen Führungskräfte zu bewältigen ist. Eine Ansiedlung der LogistikleiSMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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tung auf Top-Management-Ebene dürfte deshalb bei den meisten Unternehmen schon bald unumgänglich sein. Neue wesentliche Potenziale zur Leistungssteigerung werden zukünftig nicht mehr durch eine nochmals operativ verbesserte Logistik ausgeschöpft, sondern vor allem durch ein intelligentes strategisches Management identifiziert und realisiert.

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Innovationskooperationen in der Supply Chain Kooperationen sind mehr als „nice to have“

Christopher Jahns und Andreas Potzner

Eine der mächtigsten Waffen im Kampf um Erfolg und Überleben von Unternehmen sind Innovationskooperationen in der Supply Chain. Doch eine Kooperation ist kein Selbstläufer. Warum bringt die eine Kooperation beiden Unternehmen den erwünschten Erfolg, während er bei der anderen ausbleibt?

Viele Mittelständler glauben noch, dass sie durch LieferantenSqueezing nennenswerte Kostenvorteile erzielen könnten. Die Kosten-Champions dagegen haben ihr Sparinstrumentarium schon erheblich weiter entwickelt. Mit Kooperationen zum Beispiel lässt sich richtig Geld sparen - und das ist nur einer der vielen Vorteile von Innovationskooperationen in der Supply Chain. Beispiel Lufthansa/Airbus

Bis zu zehn Prozent vom Anschaffungspreis eines Linienflugzeugs kostet die nachträgliche Anpassung an die speziellen Wünsche der jeweiligen Airline. Kooperiert eine Airline wie die Lufthansa mit einem Hersteller wie Airbus, lassen sich diese Kosten deutlich reduzieren. Weitere ein bis zwei Prozent vom Anschaffungspreis lassen sich einsparen, wenn die Airline bereits in der Designphase beim Entstehen eines neuen Modells mit einbezogen wird. So waren beim Airbus A 300 noch täglich technische Kontrollen nötig. Beim Nachfolgemodell A 310 konnte das Kontrollintervall auch dank des Inputs von Kooperationspartner Lufthansa auf einmal die Woche SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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verlängert werden. Die Innovationskooperation lohnt sich für beide Partner: Der Hersteller kann dank des Inputs der Airline Flugzeuge bauen, die noch näher an den Kundenwünschen liegen und damit mehr Erfolg am Markt haben. Und die Airline streicht bis zu 20 Prozent Preisnachlass für Kooperationspartner ein: Innovationsko­ operationen in der Supply Chain lohnen sich immens.

Bekannt und beliebt

Innovationskooperationen sind in vielen Branchen unter anderem wegen ihrer finanziellen Attraktivität verbreitet. Es gibt



horizontale Kooperationen: Unternehmen, die eigentlich Kon­ kurrenten sind, kooperieren miteinander. Die Star Alliance ist zum Beispiel eine Kooperation von Fluggesellschaften, die im selben Markt tätig sind.



vertikale Kooperationen: Abnehmer und Zulieferer, wie zum Beispiel Lufthansa und Airbus kooperieren. Eine Variante dieser Kooperationsart ist die Zusammenarbeit zwischen Un­ ternehmen und Universitäten; wenn zum Beispiel ein Lehr­ stuhl für ein Unternehmen forscht.



diagonale Kooperationen: Es arbeiten zwei Unternehmen zusammen, die auf verschiedenen Märkten tätig sind, aber auf einem jeweils angrenzenden Markt kooperieren.



konglomerate Kooperationen: Die Zusammenarbeit findet auf einem Markt statt, der in keinerlei Beziehung zu den ange­ stammten Märkten steht.

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Warum kooperieren Unternehmen? Welche Frage! Natürlich, weil eine Innovationskooperation lukrative Vorteile bietet, die sich gemeinhin in zwei Klassen einteilen lassen:

A) Diffusionsförderung

B) Ausgleich von Ressourcendefiziten Vorteile bei der Diffusionsförderung

Wer während des Innovationsprozesses kooperiert, verschafft sich mittelbare und unmittelbare Ertragsvorteile durch



eine mögliche Marktausweitung: Kooperationen erschließen oft Märkte und Kunden, die für jeden Partner allein uner­ reichbar gewesen wären.



eine verstärkte Partnerbindung: Kooperationspartner sind im Innenverhältnis für den jeweils anderen eben nicht bloß „der Zulieferer“ oder „der Abnehmer“. Sie behandeln sich wie Partner, und das ist in der heutigen Zeit viel wert.



eine Prognoseunterstützung und verbesserte Bedarfserfas­ sung: Airbus zum Beispiel kann viel besser vorhersagen, was Kunden wirklich wollen, seit das Unternehmen mit Kunden wie zum Beispiel der Lufthansa kooperiert.



einen tiefen Einblick in den Anwendermarkt (für den Zulie­ ferpartner), der in normalen Geschäftsbeziehungen eben nicht möglich ist.

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Vorteile durch den Ausgleich von Ressourcendefiziten Wer bei der Innovation mit einem Partner kooperiert,



verschafft sich Zugang zum Know-how des Partners, das ihm normalerweise verwehrt bleibt. Synergien können erschlos­ sen und Ressourcen gemeinsam genutzt werden. Das geht hin bis zum gemeinsamen Einsatz von Mitarbeitern.



reduziert oft dramatisch seine Fehlerquote. Wenn mehrere Leute mit unterschiedlicher Kernkompetenz und Markterfah­ rung zusammenarbeiten, verringert sich die Überperfektion und verbessert sich die Produktqualität.



reduziert sein wirtschaftliches Risiko: Wer kooperiert, ist näher am Kunden. Und wer näher am Kunden ist, trägt ein geringeres Risiko, auf seinen Produkten und Dienstleistun­ gen sitzen zu bleiben oder am Markt vorbei zu produzieren.



spart Zeit: Eine funktionierende Kooperation verkürzt die Time to Market.



verbessert die Voraussetzungen für Simultaneous Enginee­ ring, das heißt die parallele Bearbeitung mehrere Entwick­ lungsprojekte.



reduziert seine Nettokosten: Wenn zwei ein Vorhaben ange­ hen, kommt das Ganze häufig billiger, als wenn beide es ge­ trennt anpacken würden.

Haut das auch wirklich hin? Soweit der Katalog der denkbaren Vorteile durch Innovationskoope­ rationen in der Supply Chain. Das heißt jener Vorteile, die Ihnen auch ein Verkäufer anpreisen würde, wenn er Ihnen Innovationsko­ operationen verkaufen wollte. Die entscheidende Frage ist jedoch: Werden diese theoretisch denkbaren Vorteile auch tatsächlich SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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realisiert, wenn Sie eine Kooperation eingehen? Oder stehen diese nur auf dem Papier? Was die Forschung sagt Glücklicherweise liegen zu dieser entscheidenden Frage verlässliche Studien vor. Kirchmann zum Beispiel beobachtete 18 Kooperatio­ nen, von denen 16 tatsächlich nachweisbaren positiven Einfluss auf den späteren Neuprodukterfolg nahmen. Gruner hat noch eine weitaus interessantere Studie veröffentlicht: Bei jenen Kooperatio­ nen, die er beobachtete, waren nämlich nur acht von 15 erfolgreich. Das ist hochinteressant, weil es eine erhellende Erkenntnis und zwei brennende Fragen aufwirft: A) Eine Innovationskooperation führt nicht per se zum Erfolg!

B) Was macht die erfolgreichen erfolgreich? Was machen die weniger erfolgreichen Kooperanden falsch? Was Erfolgreiche erfolgreich macht

Was macht Kooperationen erfolgreich? Studien zeigen, dass das schon die falsche Frage ist. Denn die Erfolgsfaktoren sind sehr unterschiedlich - je nachdem, ob Sie mit einem Partner aus der Supply Chain oder einem Mitbewerber kooperieren. Konzentrieren wir uns auf Innovationskooperationen mit Marktpartnern in der Supply Chain, dann fallen folgende Erfolgsfaktoren ins Auge: •

Die Technologie-Kompetenz beider Partner muss kompatibel sein. Wenn zum Beispiel die Kleiderhandelskette C&A wegen akuter Kassenüberschüsse eine eigene Airline gründen wür­ de, könnte diese kaum mit Airbus kooperieren - und auf Er­ folg hoffen. Denn die grünschnäbelige TechnologieKompetenz eines Newcomers passt kaum zur gereiften Kom­ petenz eines erfahrenen Toplieferanten der Aviation Industry.

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Die absorptiven Fähigkeiten beider Partner müssen hoch sein. Auf deutsch: Beide Partner müssen tatsächlich vom Know-how und der Erfahrung des anderen lernen, dessen Wissen aufnehmen und auch wirklich umsetzen können. Das klingt trivial, wird in der Praxis jedoch oft durch das Notinvented-here-Syndrom verhindert: Jedes Know-how, das „von draußen“ kommt, wird erst einmal mit Skepsis, nicht mit Absorption begrüßt.



Der Kooperationspartner muss über eine gewisse Markt­ macht verfügen. Wer sich zum Beispiel mit einem Marginal­ anbieter einlässt, läuft Gefahr, dass er technische Standards übernimmt, die sich nicht als Marktstandard durchsetzen können. Ein Videorekorder-Hersteller, der mit den Erfindern von Betamax kooperierte, hat sicher in die Röhre geschaut, als sich am Markt VHS als Standard durchsetzte.



Es müssen gemeinsame Ziele und kompatible Normen, Wer­ te, Führungsstile und Unternehmenskulturen vorliegen. Das wird auch als Cultural Fit bezeichnet. Wenn zum Beispiel ein Zulieferer mit stark introvertierter, detailversessener, techno­ kratischer und ordnungsliebender Unternehmenskultur mit einem Abnehmer mit extravertierter, visionärer, emotionaler und in der Entscheidungsfindung eher spontan gestaltenden Unternehmenskultur kooperieren will, scheitert das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - oder erfordert ei­ ne kolossale und in der Praxis kaum anzutreffende Teamfüh­ rungskompetenz. Das Problem ist nur: Einige Topmanager nehmen einen so weichen Faktor wie den Cultural Fit bei strategischen Entscheidungen wie einer Innovationskoopera­ tion kaum als maßgeblich wahr. Ein Fehler, den Sie vermei­ den können.

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Eine Innovationskooperation funktioniert umso besser, je klarer, unmissverständlicher, vorwurfsfreier und bezie­ hungsorientierter die Kommunikation zwischen den Partnern abläuft. Auch das ist keine Trivialität: Wenn die Kommunika­ tion schon innerhalb von Unternehmen oft pathologisch ist, obwohl dort Partner in derselben Kultur miteinander reden, dann reden die Kooperationspartner umso öfter aneinander vorbei.



Eine Kooperation ist nur dann erfolgreich, wenn sich die Partner vertrauen. Warum? Weil kein Kooperationsvertrag der Welt so spezifisch sein kann, um alle winzigen und oft sprunghaft wechselnden Aspekte einer Kooperation zu re­ geln.

Was bringt’s?

Vielleicht ist Ihnen die Idee auch schon gekommen: Die obige Aufzählung von Erfolgsfaktoren hilft Ihnen nicht nur, eine neue Innovationskooperation auf Erfolgskurs zu setzen. Sie können damit auch Effizienz und Erfolg aller laufenden Kooperationen deutlich verbessern. Denn Absorptionsfähigkeit, Cultural Fit, Kommunikation und eine Kultur des gegenseitigen Vertrauens sind typische Entwicklungsgrößen, die sich mit den Instrumenten der Personal- und Organisationsentwicklung teilweise schon kurzfristig dramatisch verbessern lassen. Eine Innovationskooperation inner­ halb der Supply Chain ist wie das wirkliche Leben auch: Wer die Erfolgsfaktoren kennt und in sie investiert, hat die Nase vorn. Was soll’s? Viele Führungskräfte behandeln Kooperationen noch als nice to have. Ein Topmanager eines Mittelständlers verriet uns: „Ja, Innovationskooperationen sind gut und schön. Aber wir schaffen das auch alleine.“ Das Selbstbewusstsein des Mannes in allen SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Ehren - doch seine isolationistische Strategie wird mit jedem Jahr gefährlicher. Denn wie die Innovationsforschung zeigt, werden radikal neue Innovationen, die oft erst den richtig großen Umsatz und Ertrag bringen, heutzutage zunehmend in strategischen Allianzen von Unternehmen erreicht. Solche radikalen Neuerungen im Alleingang zu stemmen, würde für die meisten Unternehmen nämlich einen unvertretbar hohen Aufwand erfordern. Um es mit Pathos zu formulieren: Innovationskooperationen in der Supply Chain sind einer der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft.

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Zukunftsszenarien in der Logistik Blick in die eigene Kristallkugel

Heiko von der Gracht

Haben Sie sich vor Ihrem letzten Urlaub überlegt, was alles in den Koffer rein muss? Dann haben Sie die Szenariotechnik benutzt. Warum tun Sie’s nicht auch bei der Logistik? Die Überlegungen vor einem Urlaub laufen ungefähr wie folgt ab: Falls das Wetter schön ist - 5 T-Shirts; falls es doch mal regnen sollte - die Regenjoppe und den Pullover. Dieses überlegte Herange­ hen ans Kofferpacken hat sich bewährt. Niemand würde es zwar so nennen, doch was Sie dabei benutzen, ist im Prinzip nichts anderes als die Szenariotechnik: Die geistige Vorwegnahme zukünftiger Situationen und deren Entwicklung unter der Einwirkung unter­ schiedlicher Einflussfaktoren (Sonnenschein, Regenwetter).

Szenarien sparen Geld

Wir würden in der Logistik eine Menge Geld sparen, würden wir regelmäßig mit Szenarien arbeiten. Wir würden uns weniger verrechnen, weil wir die Trends und Entwicklungen der Zukunft eher, schneller und besser erkennen würden und vor allem gut vorbereitet wären, wenn sie eintreffen. In der Praxis werden wir jedoch eher von den Ereignissen überrollt oder von der Konkurrenz rechts überholt, weil wir „die Entwicklung verschlafen haben“, wie es dann unschön heißt.

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Die Vorteile Wer mit Szenarien arbeitet, kann von der Zukunft nicht mehr überrascht werden. Er hat quasi seine eigene kleine Kristallkugel. Denn mit der Szenariotechnik können Sie



komplexe Situationen (und das ist die Zukunft in der Regel) übersichtlich und vereinfacht darstellen.



qualitative wie quantitative Faktoren berücksichtigen. Der Nachteil anderer Techniken, wie zum Beispiel der Simulation, ist nämlich, dass sie nur quantitative Faktoren (harte Zahlen) verarbeiten können. Doch wer hat die schon für die Zukunft? Die Szenariotechnik kann nicht nur zum Beispiel harte Um­ satzzahlen verarbeiten, sondern auch qualitative Zukunfts­ einflüsse wie die zukünftigen Auswirkungen des Trends zum One-Stop-Shopping auf die Logistik Ihres Unternehmens.



der Zukunft gut vorbereitet ins Auge blicken: Sie können sich gut positionieren, können Altemativpläne generieren, um buchstäblich für alle Fälle gerüstet zu sein.



komplexe Themenfelder abdecken und nicht wie zum Beispiel bei der Simulation lediglich einzelne Variablen betrachten.



Vor allem kann man beobachten: Je öfter ein Manager mit Szenarien arbeitet, desto flexibler und stärker wird sein Den­ ken in Alternativen und seine Kompetenz im Systemischen Denken.

Die Trends Zu den wichtigsten Einflussfaktoren, die das Bild der Zukunft formen werden, gehören Trends. Wir alle kennen sie - doch wissen wir auch, welchen Einfluss sie auf unser Unternehmen und unsere Logistik haben werden? Genau diese Fragen klärt die Szenariotech­ nik. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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1) Der Trend zur fortschreitenden Globalisierung, beispielsweise Global Sourcing: Wie weit ist Ihre Global-Sourcing-Strategie schon gediehen? Haben Sie Ihre Geschäft überhaupt schon über die Grenzen des Kontinents hinaus ausgeweitet? Wie wird sich Ihre strategische und operative Logistik in den nächsten Jahren verän­ dern müssen, wenn der Trend weiter anhält, zunimmt, sich auf­ heizt? Die Szenariotechnik gibt Antwort.

2) Der Trend zur Europäisierung, Stichwort EU-Osterweiterung: Billiganbieter aus dem Osten drängen in den Logistikmarkt. Wie reagieren Sie darauf? Welche Strategie fahren Sie - die Billig- oder die Qualitätsstrategie? 3) Der Trend zu steigenden Kundenanforderungen, zum Beispiel zur Atomisierung der Sendungen: Wohin wird das noch führen? Wie reagieren Sie darauf? 4) Der Trend zum Outsourcing: Wir stehen erst am Anfang der Outsourcing-Welle. Welche Auswirkungen hat das auf Ihre Logistik? 5) Der Trend zu RFID (Radio Frequency Identification). Fragen für ein Szenario wären zum Beispiel: Nur eine Nischenlösung oder bahnbrechend für viele Branchen und Anwendungen? Was passiert, wenn die Kosten für die RFID-Tags dramatisch fallen? Das alles sind drängende und strategisch wichtige Fragen. Auch für Ihr Business? Dann haben Sie vielleicht Lust bekommen, die passenden Antworten zu finden. Was brauchen Sie für ein Szenario, das Ihnen diese Antworten liefert?

Die Voraussetzungen Szenariotechnik hört sich für den gestandenen Logistik-Praktiker erst einmal so an wie „Hirnchirurgie“ oder „Atomphysik“: ungeheuer komplex, akademisch und zwingend an ein Zusatzstudium gebun­

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den. Die Wahrheit ist wie oft viel einfacher. Es benötigt gar nicht so viel, um Szenarien zum Laufen zu bringen, lediglich: 1) Etwas Know-how. Vergessen Sie das Zusatzstudium, wozu haben Sie Google? Oder kaufen Sie sich ein handliches Buch zum Thema; klicken Sie bei Amazon rein. Sie sollen keine Doktorarbeit abliefem, sondern lediglich die Grundzüge der Technik kennen. 2) Software: Kleine Szenarien können Sie von Hand durchspielen. Im Alltag machen Sie das ja auch laufend, nicht nur für Ihre Urlaubs-Logistik des Kofferpackens. Logistik im Business ist meist etwas komplexer. Deshalb brauchen Sie eine Software. Auch die kostet nicht die Welt. Es gibt einige Produkte zur Auswahl. Tempo­ räre Lizenzen sind bereits für einige Hundert Euro erhältlich.

3) Experten: Der Blick in die Zukunft ist so gut wie das Wissen, das Sie dafür bündeln. Also lädt man für einen Szenario-Workshop Experten für Wirtschaft, technische Entwicklung, Verbraucherver­ halten, Handel, Verkehrs- und Umweltpolitik ein, die ihr Experten­ wissen beisteuern.

Das alles hört sich doch nach etwas Aufwand an? Keine Bange, Hilfe ist unterwegs. Der Einkauf

Sie können einen Szenario-Workshop natürlich auch eigenhändig konzipieren, planen, dazu einladen, moderieren, auswerten und daraus Handlungsempfehlungen für die Zukunft ableiten - wenn Sie Zeit, Nerven und Lust dazu haben. Wenn nicht, denken Sie einfach wie ein Logistiker und kaufen Sie das Ganze auf dem Markt ein. Viele Unternehmensberatungen bieten die Szenariotechnik als Dienstleistung an. Einige haben sich darauf spezialisiert, Zukunfts­ szenarien für Unternehmen zu entwickeln und daraus strategische Handlungsempfehlungen abzuleiten. Auch dieser Service kostet nicht die Welt. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Die Reichweite

Wie weit kann man überhaupt in die Zukunft schauen? Wie weit reicht Ihre Kristallkugel? Trendbüros zum Beispiel treffen Trendvor­ aussagen üblicherweise im Rahmen von fünf bis sieben Jahren. ZukunftsSzenarien gehen da um einiges weiter, sie blicken zehn bis 20 Jahre in die Zukunft. Es gibt aber auch besonders langfristige Szenarien, die schauen bis zu hundert Jahre in die Zukunft. Das hängt auch von der Kultur ab: Von den Japaner ist beispielsweise bekannt, dass sie nicht in Jahren, sondern eher in Jahrzehnten, Generationen und Dynastien denken und planen. Was ist mit Trendbrüchen?

„Ach was, man kann doch sowieso nicht in die Zukunft schauen!“ An solchen tiefgründigen Aussprüchen erkennt man den Manage­ ment-Amateur, der die Prognostizierbarkeit der Welt generell in Abrede stellt, abends jedoch den Wetterbericht der Tagesschau delektiert. Wäre die Welt nicht prognostizierbar, müsste er vor der Wetterkarte ausschalten. Worauf Szenario-Skeptiker öfter unbe­ wusst als bewusst anspielen, ist das Problem der Trendbrüche. Katastrophen, Krisen oder unvorhergesehene technische Durchbrü­ che treten tatsächlich meist unerwartet und unvorhergesehen auf. Angesichts von Katastrophen und anderen Trendbrüchen jedoch auf Szenarien zu verzichten, hieße das Kind mit dem Bade auszu­ schütten. Das wäre fast so, als wenn Sie das Kofferpacken ganz bleiben ließen, weil ja keiner vorhersehen kann, ob Ihr Urlaubshotel nicht vielleicht von einem Erdbeben verschlungen wird, bevor Sie am Urlaubsort eintreffen. Das Unvorhersehbare kann niemand vorhersehen - deshalb heißt es so. Die einzig logische Schlussfolge­ rung daraus heißt jedoch: Dann sehen wir eben alles Vorhersehbare vorher! Das kann man und das muss man, beherzigt man das Prinzip der kaufmännischen Vorsicht. Und genau dafür gibt es die Szenariotechnik. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Die Historic Die Szenariotechnik stammt ursprünglich aus der militärischen Anwendung. Daher lautet die volkstümliche Metapher dafür auch „Sandkastenspiele“: Die großen Feldherren der Geschichte spielten Schlachten gerne buchstäblich in einem Sandkasten durch, bevor sie ins Feld gingen. Denn zu Zeiten der großen militärischen Kampagnen war es recht peinlich, wenn man komplette Legionen wie Varus im Teutoburger Walde oder ganze Kompanien wie Custer am Little Big Horn allein deshalb verlor, weil man zu bequem oder zu naiv war, um eine Schlacht vorher im Sandkasten zu simulieren. Auch Clausewitz und Moltke setzten die Szenariotechnik regelmäßig ein.

Heute die Logistik von morgen

Am Supply Management Institute läuft im Moment eine Doktorar­ beit zum Thema Zukunftsszenarien in der Logistik. Derzeit werden in verschiedenen Experten-Workshops die gesellschaftsübergreifen­ den und logistikspezifischen Einflussfaktoren auf die nahe Zukunft ermittelt. So wie es aussieht, könnten es über 100 werden. In den Workshops werden zugleich die Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Einflussfaktoren festgemacht. Aus den verschiedenen Szenarien, die danach gefahren werden, leitet der Lehrstuhl dann Handlungs­ empfehlungen für Logistik-Dienstleister ab. Damit diese heute bereits wissen, wie sie sich strategisch positionieren müssen, um auch in Zukunft gute Geschäfte zu machen. Die Empfehlung Probieren geht über Studieren. Die meisten Manager, die sich irgendwann mal aufgerappelt und einen Probelauf gestartet haben, sind hinterher hellauf begeistert und melden Ergebnisse zurück wie: „Wer auf dem Feldherrnhügel steht, hat eben den vollen Überblick.“ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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„Mir ist nicht mehr bange vor der Zukunft. Wir wissen, was auf uns zukommt.“ „Man schläft danach ruhiger. Die Entscheidungssicherheit nimmt drastisch zu.“

In der Logistik wird die Szenariotechnik noch selten verwendet. Das heißt: Wenn Sie ein Szenario durchspielen, ziehen Sie nicht nur den unmittelbaren Nutzen des gesteigerten Weitblicks daraus, sondern zählen auch noch zur Avantgarde in der Logistik.

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RFID auf der heimlichen Überholspur Eine neue Qualität in der Lieferkette

Christopher Jahns

Der lange Anlauf der Radio Frequenz Identifikation als künftiger Beschleuniger von Geschäfts- und Logistikprozessen währt nun­ mehr schon gut sieben Jahre. Mit den Smart Cards war das Terrain vorher bereits über Jahre hinweg planiert worden: Die Nützlichkeit von Bank-, Telefon- und Zugangskarten hatte sich längst erwiesen, insbesondere in den Ballungszentren des Fernen Ostens. Im Millionengewühl von Untergrund- und Schnellbahnsystemen konnte man an so genannten „slot gates“ durch Einstecken einer Smart Card Eintritts- oder Fahrpreise direkt begleichen. Das sparte im allmorgendlichen und allabendlichen Berufsverkehr entschei­ dende Minuten in den Menschenschlangen vor Auskunftsmonito­ ren, Ticketautomaten und Zugangskontrollen.

Den ersten raketenhaften Aufstieg hatten die RFID-Chipkarten in Hongkong im Herbst 1997. Unter dem beziehungsreichen Namen „Octopus“ führte die Hongkong Traffic Authority damals ein RFIDgestütztes Ticketing-System ein, mit dem an so genannten PassageGates der Fahrpreis von den neu herausgegebenen Chipkarten der vorbei eilenden Fahrgäste durch elektronischen und berührungslo­ sen Zugriff in die Brieftaschen abgebucht werden kann. Dies ersparte den Fahrgästen den im Millionengewühl nicht immer ungefährlichen Griff zur Geldbörse. So verwundet es nicht, dass das

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neue System nach sechs Monaten bereits mehr als eine Million dankbarer Nutzer gewinnen konnte.

Mehrere Millionen Honkong-Pendler reisen damit sicherer und lassen seither auf die segensreichen RFID-Chipkarten absolut nichts mehr kommen. Dieses Lebensglück teilen sie inzwischen mit Millionen von Chinesen in Taipeh, Koreanern in Seoul und Japa­ nern im Großraum Tokyo. Die Saat für die winzigen RFID-Chips ist damit voll aufgegangen.

Kriegen auch wir noch die Kurve?

So hatte es eine gewisse Logik, dass zur Jahreswende 1999/2000 auch bei uns drei große Pilotversuche in den Großräumen Köln/Bonn, Frankfurt/Wiesbaden und Berlin angesetzt wurden, um eine mögliche Kundenakzeptanz herauszufinden. Eine System­ einführung auf breiter Front lässt bisher aber noch auf sich warten. Hierzulande beäugt man weiterhin skeptisch jede technologische Neuerung und Veränderung, bevor man die damit im Arbeitsalltag einhergehenden Erleichterungen überhaupt zur Kenntnis nimmt. Die Morgendämmerung des Neuen genießt man in unserem Lande offensichtlich lieber als Morgengrauen, mit Betonung auf „Grauen“. Der Siegeszug der RFID-Chips wird dadurch allenfalls verlangsamt, aber letztlich nicht aufgehalten.

Der Weg von Verbesserungen in Wirtschaft und Gesellschaft ist zwar steinig; im Falle RFID geht er in Form von Transponderetiket­ ten zunächst noch über den Wareneingang, über Ladungsträger, Paletten und Transportkartons. Arbeitsprozesse sollen damit fast berührungslos erleichtert und beschleunigt werden. Das spart Zeit und Kosten. Eine neue Qualität in der Lieferkette sowie in der Zusammenarbeit zwischen Produktion, Handel und Endabnehmern kann die Folge sein. Bis dahin wird die neue Technologie allerdings noch etliche technische und rechtliche Hürden zu meistern haben. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Dennoch, der Anfang ist gemacht. Wer aber noch immer darauf setzt, dass sich dies alles nur als vorübergehender Spuk entpuppt, der wird sich schon bald bei den Zurückgebliebenen wieder finden.

Während RFID mittlerweile den Banken-, Verkehrs- und FreizeitSektor fast unbemerkt weiter erobert, sind einerseits noch erhebli­ che gesellschaftliche Widerstände einzukalkulieren, und anderer­ seits sucht die Gesetzes- und Normengebung schleppend Anschluss an die Entwicklung. Hersteller, Händler und Dienstleister buhlen derweil um die richtige und vermeintlich angemessene Lastenvertei­ lung, bevor die Entwicklung überhaupt richtig Schwung aufge­ nommen hat. Wissenschaftler und Unternehmensberater schließ­ lich posaunen mit messianischem Eifer, welche Hausaufgaben jedes Unternehmen zur gewinnbringenden Nutzung von RFID noch leisten muss, alles nach dem Motto „Es gibt viel zu tun, fangt schon mal an!“

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Welche Lösungen hat der Wettbewerb? Was machen die anderen? Wo sind sie besser? Ist die Konkurrenz überhaupt besser? Damit beschäftigen wir uns tagtäglich. Aber sind die Fragen erst gestellt, fallen die Antworten umso schwerer. Benchmarkings, Branchen- und Fachstudien und Best Practice werden zu Rate gezogen. Versuchen Sie doch einfach einmal, sich in die „Geschichten“ und „Erfolgsstories“ der anderen reinzudenken. Eine Auswahl stellen wir Ihnen hier vor. Oft fällt dann ein Transfer von Ideen und Ansätzen für Ihr Unternehmen ganz leicht!

Von der Logistik gerettet Die strategische Bedeutung der Logistik unter Beweis

Christopher Jahns

„Gildemeister - turned by logistics“ lautet der Titel der Bewer­ bungsmappe, die Gildemeister für die Vergabe des Deutschen Logistikpreises einreichte - und mit dem äußerst erfolgreichen Logistikprojekt auch prompt gewann.

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Bemerkenswert daran sind zwei Dinge: Zum einen erkennt ein Vorstand, dass die Logistik nicht bloß eine Hilfsfunktion ist, sondern entscheidender Erfolgsfaktor

für die Existenzsicherung eines Unternehmens. Zum anderen ist das Gildemeister-Projekt in seiner Erfolgsträchtigkeit wirklich nachahmenswert. »Turned by Logistics« könnte man auch überset­ zen mit: Ohne die Logistik hätte Gildemeister nicht überlebt. Die Logistik als Unternehmensretter? Es wird häufig von der strategi­ schen Bedeutung der Logistik für den Unternehmenserfolg gespro­ chen. Am Beispiel Gildemeister sieht man, dass das keine Übertrei­ bung ist. Die klügere Strategie Als Gildemeister die Restrukturierung seiner Logistik startete, steckte die Branche der Werkzeug-Maschinenbauer in einer tiefen Krise. Ausgerechnet in dieser prekären Lage ein Logistik-Projekt zu starten, ist eher unüblich. Normalerweise kaprizieren sich Unter­ nehmenslenker in Krisenzeiten auf verbreitete Strategien wie Personalabbau, Verkauf von Immobilien, Zukäufe, Fusionen oder Konzentration auf das Kerngeschäft. Dass diese Strategien selten nachhaltig noch langfristig erfolgreich sind, tat ihrer Beliebtheit bislang keinen Abbruch. Gildemeister orientierte sich dagegen nicht an Beliebtheit, sondern an der Erfolgswahrscheinlichkeit und ging einen anderen Weg.

Dass sich eine Unternehmensleitung in Krisenzeiten zur Rettung des Unternehmens ausgerechnet auf die Chancen und Potenziale von Einkauf und Logistik besinnt, ist beachtenswert. Der Erfolg gibt Gildemeister Recht: Durch die Restrukturierung des kompletten Konzerns unter logistischen Gesichtspunkten schaffte das Unter­ nehmen tatsächlich den Turnaround und befreite sich aus der Krise. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Gegen den Trend: Komplexitätsreduktion Auch in Bezug auf die Komplexität bewegte sich Gildemeister gegen den Trend. In Krisenzeiten geben Manager gerne der Versuchung nach, die Rettung ihres Unternehmens auf Kosten einer Komplexi­ tätssteigerung erkaufen zu wollen: Sie fusionieren, kaufen Unter­ nehmen zu oder werfen Nischenprodukte auf den Markt. Dadurch erhöhen sich jedoch oft sprunghaft Variantenvielfalt, Lagerbestän­ de, Verwaltungsprozesse und andere Komplexitätskosten - ver­ schleiert durch von der Börse positiv bewertete »Restrukturierungs­ kosten « oder »M&A-Einmalaufwendungen«. Leider wird die vorgebli­ che Lösung des Problems häufig schnell selbst zum Problem und die Krise nur noch tiefer. Gildemeister tat deshalb genau das Gegenteil und reduzierte Variantenvielfalt bei Produkten, Lagerbe­ stände und Verwaltungsaufwand und damit die Komplexität. Der Erfolg erwies sich als durchschlagend.

Logistik ermöglicht Globalisierung Wird die Logistik strategisch betrachtet und behandelt, hat sie unmittelbare Wirkung auf die strategische Entwicklung eines Unternehmens: Die Einsparungsgewinne, die Gildemeister mit seinem Logistik-Projekt erzielte, wurden dafür verwendet, die Globalisierungsstrategie des Konzerns zu finanzieren, eigene Produktionsstätten in verschiedenen Ländern zu eröffnen sowie Forschung und Entwicklung zu stärken. Eine sinnvolle und vorbild­ liche Verbindung von Kosteneinsparung auf der einen und Expan­ sion auf der anderen Seite: Die Logistik stärkt die Wettbewerbsposi­ tion des Unternehmens.

Wie wichtig Gildemeister die Logistik nimmt, erkennt man schon daran, dass als einer der Kernpunkte der Restrukturierung ein neues Vorstandsressort geschaffen und ein neuer Vorstand berufen wurde: der Vorstand für Produktion und Logistik in der Person von SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Dr. Raimund Klinkner. Neben einer Flut von Auszeichnungen für sein Unternehmen hatte sein erfolgreiches Logistik-Projekt auch persönliche Folgen für ihn: Der Projekterfolg brachte ihm u. a. den Posten des stellvertretenden CEOs und wissenschaftliche Anerken­ nung in Form einer Honorarprofessur für Produktionslogistik an der Technischen Universität Berlin ein.

Die Methodik An der Schaffung des neuen Vorstandsressorts ist auch die metho­ dische Handschrift des Erfolgsprojektes erkennbar: Die Koppelung der Ressorts Produktion und Logistik begann im großen Stil in der Automobilindustrie. Inzwischen wird Gildemeister branchenweit unumwunden zugestanden, den erfolgreichen Transfer der Reengineering-Methodik von der Kfz-Industrie auf den Maschinen- und Anlagenbau geschafft zu haben. Es zeichnet den GildemeisterAnsatz aus, dass nicht wie in vielen Unternehmen üblich eine partielle Verbesserung einzelner Logistik-Bereiche oder eine auf Einkauf und Logistik beschränkte Restrukturierung vorgenommen wurde. Vielmehr wurde die Logistik quasi zur übergeordneten Unternehmens- Vision, die alle Bereiche des Unternehmens logis­ tisch grundlegend veränderte, angefangen bei der Produktionslogis­ tik.

Gildemeister stellte seine Produktionslogistik von Push auf Pull um. Um Kostenvorteile bei der Beschaffung zu realisieren, kaufte man vormals in großen Bestellmengen ein. Die Maschinen der Angebots­ palette wurden vorproduziert und dann sozusagen in den Markt hineingedrückt. In einem Verkäufermarkt, in dem die Nachfrage größer war als das Angebot, funktionierte das auch lange Jahre. Seit sich der Markt jedoch zum Käufermarkt gewandelt hatte, nahmen die Lagerbestände an Fertigprodukten so große Ausmaße an, dass die aus allen Nähten platzenden Lager schließlich sogar die Produktion beengten und behinderten. Deshalb beschloss man die SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Umstellung der Produktionslogistik von Push auf Pull: Die neue Fließfertigung sollte nur noch on Demand, gleichzeitig aber mit kurzer Lieferzeit produzieren. Die Kostenvorteile liegen auf der Hand: Wenn nicht »auf Halde« produziert wird, braucht man auch keine kapitalintensiven Lager. Just in Time und Just in Sequenz Um die Kosten noch stärker zu drücken, wurden die Warenein­ gangslager aufgelöst und zu den Lieferanten verlagert. Die produk­ tionssynchrone Versorgung der Montage wurde eingeführt: Die Lieferanten wurden auf Anlieferung just in time (tagesgenaue Lieferung) oder just in sequence (stunden- oder taktgenau) ver­ pflichtet. Die Beschaffung wurde auf elektronische Bestellung umgestellt, um zu verhindern, dass die Disponenten bei Bestellung in Papierform doch wieder lager- und kapitalintensive Puffer einbauen. Auf diese Weise stieg das Beschaffungsvolumen elektro­ nisch angebundener Lieferanten in relativ kurzer Zeit von 0 auf 224 Millionen Euro. Der Bestandsumschlag erhöhte sich um über 40 Prozent.

Neu: Innovationsmanagement

Wie umfassend die Veränderungen im Konzern waren, zeigt die Bandbreite der Maßnahmen. So wurde auch ein Innovationsmana­ gement eingeführt - eine bislang in der Logistik der meisten Unter­ nehmen sträflich vernachlässigte, aber dringend benötigte und äußerst rentable Einrichtung. Wie rentabel, zeigt der Erfolg bei Gildemeister: Die Anzahl der Verbesserungsvorschläge stieg um 679%; von 0,61 auf 4,14 pro Mitarbeiter und Jahr. Der Nettonutzen der Verbesserungsvorschläge stieg um 479%; von 491.000 auf 2,3 Millionen Euro im Jahr. Die enorm gestiegene Mitarbeiterkreativität illustriert eindrucksvoll die Ganzheitlichkeit des Gildemeister-Konzepts: Wird Logistik SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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ganzheitlich und umfassend verstanden, gehören zur Logistik auch Qualifikation und Kreativität der Mitarbeiter. Die übergreifende Logistik- Vision formt und führt praktisch das ganze Unternehmen. Dass diese Philosophie funktioniert, ist schon länger bekannt. Dass sich der Vorstand eines führenden Unternehmens dazu bekennt, hat leider noch Seltenheitswert. Die Vielzahl der Veränderungs­ maßnahmen wurde nicht auf einmal projektiert und realisiert, sondern auf verschiedene Prozessphasen verteilt.

Einführung eines Logistik-Controllings: Eine Maßnahme, die den meisten Unternehmen noch bevorsteht. Bei Gildemeister erkannte man, dass ein Change-Projekt der gegebenen Größenordnung ohne Zahlentransparenz im Manage­ ment vollkommen unmöglich ist. Eine Erkenntnis, die man nicht oft genug wiederholen kann: Change oder gar Turnaround sind ohne Transparenz unmöglich. Intensivierung der Marktforschung: Die vormalige Push-Strategie der Produktionslogistik hatte zur Folge, dass man sozusagen nicht für den Kunden, sondern für den eigenen Forecast produzierte und auf Halde legte. Die Umstellung auf Pull schuf die Notwendigkeit, sich nun auch konkret um die Bedürfnisse der Kunden zu kümmern, das heißt, diese zuerst einmal kennen zu lernen. Von da aus war es nur ein logischer Schritt zur Einführung eines weltweit regionalisierten Vertriebs: Vorher mussten die Kunden in aller Welt oft direkt in Bielefeld ordern. Durch die Regionalisierung hatten sie nun Ansprechpartner in ihrer Heimatregion. Eine deutliche Verbesserung von Service, Kundennähe und Wettbewerbsstärke.

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Permanente Erfolgskontrolle

Während die unterschiedlichsten Maßnahmen des LogistikProjektes liefen, nahm das Controlling eine erfolgsrelevante Aufgabe wahr. Es prüfte fortlaufend die Fortschritte und Ergebnisse der einzelnen Maßnahmen anhand der Erfolgskriterien •

Qualität



Kosten



Mitarbeiterkreativität



Krankenstand



Zeit

Für dieses Projektcontrolling wurde eigens eine Balanced Scorecard eingeführt, die anhand der einzelnen Erfolgskriterien noch weiter aufgefächert wurde. Gildemeister wird in Branchenkreisen in Anbetracht der vielen Titel, die das Unternehmen bereits gewann, manchmal schmunzelnd als »die Titelsammler von Bielefeld« bezeichnet. Man kann dazu stehen, wie man will - eines ist sicher: Die Titel kommen nicht von ungefähr. Die bahnbrechenden Konzep­ te und herausragenden Erfolge in der Logistik sind nicht von der Hand zu weisen.

Defense wins Championships

Man kann die Titelflut auch anders interpretieren. Der Vorstand dieses Unternehmens hat ganz offensichtlich etwas verstanden, was er vielen seiner Vorstandskollegen in allen Branchen voraus hat: dass nämlich Gewinn, Erfolg, internationale Wettbewerbsfähigkeit, kostenmäßige Konkurrenzfähigkeit und Existenzsicherung eines Unternehmens längst nicht mehr im Vertrieb, sondern in der SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Effizienz von Logistik und Supply Management liegen. Oder wie ein Erfolgsrezept aus der amerikanischen Basketballliga sagt: Offense wins games - defense wins championships. Ein guter Angriff gewinnt Spiele - eine gute Verteidigung gewinnt die Meisterschaft.

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Jede Woche eine neue Welt Marketing & Logistik nie im Stillstand: Best Practice Logistik bei Tchibo

Christopher Jahns

Wem es gelingt, auch in Zeiten schwachen Konsums und volatiler Märkte nachhaltig zu wachsen, dem wird hohe Flexibilität und Beweglichkeit geläufig sein. Mit der konsequenten Umsetzung innovativer Konzepte hat es die Logistikdisziplin geschafft, ihre Bedeutung für den unternehmerischen Erfolg stärker in das Bewusstsein der Entscheider zu rücken. Bei der Tchibo GmbH mit Hauptsitz in Hamburg und Logistikzent­ rale in Bremen trifft das alles zu. Hier wird die Logistik seit jeher durch eine bewusste Verzahnung mit dem Marketing als integraler Bestandteil der Konzernstrategie begriffen. Damit ist das Unter­ nehmen in einem schwierigen Marktumfeld in den zurückliegenden Jahrzehnten bei sinkenden Stückkosten nachhaltig und organisch gewachsen.

Tchibo verbindet Röstkaffeekompetenz mit attraktiven Angeboten wechselnder Geschenk- und Gebrauchsartikel sowie Reise- und Versicherungsdienstleistungen. Dazu gehören Mode-, Schmuckund Sportartikel, Wohnaccessoires und Küchenprodukte bis hin zu Unterhaltungselektronik und Büroartikeln. Kernstrategie ist, die Bedürfnisse vom Millionen von Kunden zu erkennen und in wö­ chentlich neu erlebbare Einkaufswelten umzusetzen. Mit mehr als 3,3 Mrd. Euro Jahresumsatz und ca. 10.680 Mitarbeitern gehört

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man zu den Großen im Einzelhandel; zudem ist Tchibo der fünft­ größte Kaffeeproduzent weltweit.

Logistik-Überblick In einem durch extremen Kostendruck geprägten Wettbewerb kommt der Logistik eine überragende strategische Bedeutung zu, besonders wenn man auf der Einzelhandelsstufe in über 54.000 Outlets europaweit im Wochenrhythmus immer neue Warenangebo­ te zu einem überzeugenden Preis-Leistungs-Verhältnis an den Verbraucher bringen will. Dieses Geschäftsmodell, das Marketing und Logistik eng verzahnt, nutzt auch die Potenziale innovativer Logistikkonzepte konsequent. Durch die von allen Mitarbeitern und Geschäftspartnern mitgetra­ gene kontinuierliche Verbesserung der entwickelten Logistikbau­ steine sichert sich das Unternehmen die anhaltende geschäftliche Expansion in einem zunehmend dynamisierten und unsicheren Marktumfeld. Die aktive Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette von den weltweiten Zulieferern bis hin zur europaweit ver­ streuten Kundschaft ermöglicht PlanungsSicherheit und führt zu logistikgerechten Produkten und Prozessen. Eine hohe Qualität der Leistung wird durch gezielte Auswahl und langfristige Integration kompetenter Partner unterstützt.

Dezentrale, modularisierte und langfristig skalierbare Logistik- und IT-Netzwerke tragen einem turbulenten Marktumfeld Rechnung. Die Trennung von Push-Erstversorgung über Cross-Docking und PullNachversorgung aus dem Zentrallager sichert den höchstmöglichen Servicegrad. Die permanente Abstimmung zwischen Marketing- und Logistikplanung sowie ein integriertes Retourenmanagement schaffen regelmäßige Sortimentsbereinigung am Point of Sale und im gesamten Distributionsnetzwerk. Jederzeitige EchtzeitBestandsführung auch über Transitbestände in allen Stufen der SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Wertschöpfungskette erlauben hochpräzise Logistik-Dispositionen. Gezielter und standardisierter Einsatz modernster Logistiktechnolo­ gien und Behälterkonzepte ermöglichen hohe Kommissionierleis­ tung und -genauigkeit.

Multi-Channel-Vertrieb Jederzeitige Verfügbarkeit ist das Ziel; der Weg dahin ist ein MultiChannel-System aus über 54.000 Verkaufsstellen europaweit, flankiert von der Direktversandsparte sowie einem OnlineBestellsystem. Ca. 1.000 konzemeigene Filialen sind überwiegend in städtischen Kernlagen angesiedelt. Mehrere hundert Millionen Kunden sind hier 2003 ein- und ausgegangen. Nationale und internationale Depots im Fach- und Lebensmitteleinzelhandel übernehmen die Bedienung im Umland. Eine wachsende Säule bildet mit einem Jahresumsatz von rund 359 Mio. Euro das Versand- und Internetgeschäft mit mehr als 3,5 Millionen Katalogund Intemetkunden. Online-Einkaufen findet rund um die Uhr sowie auch an Sonn- und Feiertagen statt. Unterstützt wird der Vertrieb durch ein Verbraucher-Magazin, TV-Spots, Websites sowie monatlich 13 Millionen Newsletters.

Wöchentlich wechselnde Sortimente stellen für die Logistik eine Vielzahl unterschiedlicher Herausforderungen in rascher Folge dar, die in einem ganzheitlichen Konzept ökonomisch optimal gelöst werden müssen. Hier verfolgt Tchibo einen eigenen Ansatz: Die logistisch optimierte Absatzmenge, bei der die gesamte Wertschöp­ fungskette wirtschaftlich optimal ausgelastet werden kann, wird durch die langfristige Planung der Non Food Angebote sicherge­ stellt. Spielraum für wettbewerbsfähige Preise wird wiederum durch stabile und effiziente Logistikprozesse gewonnen. Die langfristige und sorgfältige Vorbereitung jeder Verkaufsphase durch eine interfunktionale Planungsgruppe resultiert in einem SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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klaren gemeinsamen Planungskorridor für alle Beteiligten der Wertschöpfungskette. Dieser Planungsprozess ist geprägt durch eine hohe Integration der Planung von Marketingaktion und logistischer Abwicklung. Voraussetzung für die hohe Geschwindig­ keit und Stabilität des wöchentlichen Sortimentswechsels und seiner logistischen Abwicklung ist insbesondere der Einsatz eines „Lotsenteams“, das vorausschauend die Marktbedingungen für das gesamte Unternehmen und den Rahmen seiner Prozesse absteckt. Damit kann das Risiko kurzfristiger Auslastungsschwankungen verringert werden. Höchste Anforderungen an die Logistik Langfristig bewegt sich die Leistung der eingesetzten Logistiksyste­ me in einem geplanten, schmalen Schwankungsrahmen. Die hohe logistische Planungssicherheit bietet neben einer geglätteten Auslastung die Möglichkeit einer nahezu perfekten Standardisie­ rung der Technologien und Prozesse. Damit erreicht das Unterneh­ men eine weit über dem Branchenschnitt liegende Flächen- und Prozesseffizienz. Die weitgehend eigene Regie und Kontrolle des Wertschöpfungsprozesses von der Lieferquelle bis hin zum Endab­ nehmer stellt die 100%ige Verfügbarkeit der neuen Warensortimen­ te in jeder Woche sicher. Die Logistikstruktur muss in mehrfacher Hinsicht höchsten Anforderungen genügen. Der rasche Wechsel von Sortimenten mit teilweise stark variierenden logistischen Eigenschaften stellt hohe Anforderungen an die Systeme. Darüber hinaus müssen höchste Ansprüche an Qualität und Frische und ein wettbewerbsbedingt erforderlicher geringer Logistik-Kostenanteil besonders bei den Kaffeeprodukten realisiert werden. Zudem haben sich durch die erfolgreiche Umsetzung des Geschäftsmodells in den letzten fünf Jahren die von der Logistik zu bewältigenden Mengen nahezu verdoppelt. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Von der Logistik verlangt dieses rasante Wachstum die Schaffung einer flexiblen, skalierbaren und zukunftsweisenden Struktur, die eine permanente Verbesserung der Logistikleistung bei sinkenden Logistik-Prozesskosten ermöglicht. Die Vereinheitlichung der Logistikstandorte und -einrichtungen ermöglicht zentral gesteuerte, standardisierte Prozesse und Warenflüsse. In den vergangenen fünf Jahren konnte durch die Vereinheitlichung von Standorten und Abläufen die Komplexität im eigenen Logistiksystem gezielt redu­ ziert werden.

Auf der Beschaffungsseite wurde durch intelligente Selektion und Reduzierung der Zahl eingebundener Reeder und Empfangshäfen nicht nur eine höhere Transparenz im eingehenden Warenfluss geschaffen, sondern darüber hinaus durch bessere Bündelung die Verhandlungsposition gegenüber den beauftragten Partnern deutlich gestärkt. Die Entwicklung neuer, flexibel nutzbarer, regionaler Verteilzentren ermöglicht die vertriebswegeübergreifende Integration der Kaffee- und Non Food-Warenflüsse. Erhebliche Synergiepotenziale können so genutzt werden. Standardisierte, regionale Kommissionier- und Verteilzentren für die FeinVerteilung tragen künftigen Internationalisierungsstrategien ebenso Rechnung wie der zu erwartenden deutlichen Verteuerung von Straßentransporten. Die bedarfsgerechte Late-fitKommissionierung im Cross-Docking erlaubt lange Streckenanteile mit hoher Verdichtung und entlastet damit die Verkehrsinfrastruk­ tur.

Die Integration von Marketing und Logistik sowie die EchtzeitBestandsführung wird auch durch die enge Verzahnung und standardisierte Interaktion der spezialisierten IT-Systeme deutlich. Alle Lieferaufträge werden im SAP-Retail-System erzeugt. In Inter­ aktion mit dem Warenwirtschaftssystem werden die logistik­ spezifischen Daten im zentralen Logistik-System Multiloc xLS SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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verarbeitet, welches von Inconso eigens für Tchibo entwickelt wurde. Über die im Warenwirtschaftssystem abgebildete Distributi­ onsstruktur erfolgt im xLS die Zusammenstellung aller Touren und damit auch bereits die Festlegung der Kommissionierreihenfolge in den Verteilzentren. Die so spezifizierten Aufträge werden an die Lagerverwaltungssys­ teme der regionalen Verteilzentren übertragen. Über die Anbindung an SAP-Retail werden die Outlets über ihre Mengenzuteilung informiert und stoßen umgekehrt über die Meldung ihrer Abverkäu­ fe den zentralen Replenishment-Prozess an. Im Logistiksystem xLS sind sämtliche Lager-, Kommissionier- und Transitbestände jederzeit zeitnah über eine konsolidierte Bestandssicht einsehbar. Dies erlaubt eine systematische Überwachung von Prozessen, Produktivitätskennzahlen sowie ein Benchmarking einzelner Standorte.

Langfristige Partnerschaften Ein solches Geschäftsmodell basiert auf der verlässlichen Zusam­ menarbeit mit zahlreichen Partnern. Tchibo hat es sich zur Aufgabe gemacht, die besten Unternehmen in allen Stufen der Wertschöp­ fung zu identifizieren und langfristig als Partner an das eigene Unternehmen zu binden. Auf der Zulieferseite wird durch Aus­ schöpfung der Möglichkeiten eines globalen Marktes von den weltweit besten Spezialisten nach genauen Vorgaben exklusiv das Non Food-Sortiment gefertigt. Intensive Beziehungen werden mit den in ausführlichen Bewertungen ermittelten “Preferred Suppliers“ und mit Technologieführern gepflegt. Dies erlaubt ein frühes Erkennen und Integrieren innovativer Produktideen in die Produkt­ entstehung.

Neben dem stationären Vertrieb erzielt Tchibo einen erheblichen Teil seines Umsatzes (ca. 359 Mio. Euro p.a.) über den Direktver­ SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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sand. Auch für dieses Geschäftsfeld konnte man einen kompetenten Partner einbinden. Die Deutsche Post AG wickelt aus ihrem Logis­ tikstandort in Bremen das gesamte Versandgeschäft von Tchibo ab; das waren 2003 rund 8 Millionen Bestellungen. Tchibos Outsour­ cinganteil an den Logistikprozessen ist mit 68% der LogistikWertschöpfung im Branchenvergleich sehr hoch. Das Management verfolgt mit den Investitionen in die Logistikpartner nicht nur das Ziel der Kostenminimierung, es betrachtet dies vor allem als Gelegenheit zum Potenzial- und Wertaufbau.

Vertrauen in eine kontinuierliche Zusammenarbeit, gemeinsame Zielvereinbarungen sowie partnerschaftlich erarbeitete Cost-BenefitSharing-Modelle sichern eine verursachungsgerechte Verteilung der Aufwände und der realisierten Einsparungen. Für die Steuerung der Beschaffungslogistik an rund 30 Verschiffungshäfen weltweit wurde ebenfalls eine Dienstleister-Lösung gefunden. Die MyPilotPlattform von OOCL Logistics erlaubt dem Auftraggeber die Einrich­ tung eines eigenen Leitstandes, um für kritische Entscheidungen ein auf die individuellen Anforderungen zugeschnittenes Szenario zu betreiben. Mit der Zusammenlegung von früher mehr als 60 Vorratslägern im 2003 neu errichteten zentralen Hochregallager in Bremen ist man eine weitere bedeutende strategische Partnerschaft im Logistikbe­ reich eingegangen. Das von der BLG Logistics Group betriebene größte Hochregallager Europas dient als zentrale Drehscheibe für alle Warenströme im konzernweiten Logistiksystem. Insgesamt ist das Logistik-Netzwerk auf künftige Wachstumsperspektiven sowie veränderliche Rahmenbedingungen ausgelegt. Dabei werden die Standorte überwiegend in strategischen Kooperationen mit Dienstleistern betrieben.

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Produktinnovation als Taktgeber Die modulare Erweiterbarkeit der Logistik wird auch von den ITSystemen getragen. Voraussetzung war auch hier ein hoher Stan­ dardisierungsgrad mit einheitlichen Schnittstellen für alle Subsys­ teme. Heute sind über 50 Logistikstandorte an das Logistikmodul des IT-Systems integriert. Neue Standorte können binnen weniger Tage angebunden werden. Somit trägt die IT-Infrastruktur nicht nur die Absicherung langfristiger Wachstumsszenarien, sondern erlaubt auch saisonal bedingte kurzfristige Kapazitätserweiterungen.

Jede Woche eine neue Welt für die Endkunden, das bestimmt auch nach innen den Pulsschlag des gesamten Unternehmens. Das wöchentlich wechselnde Sortiment gibt die Taktung aller vorgelager­ ten Prozesse vor. Dazu gehört nicht nur die Warendistribution, sondern auch die Bereinigung der Outlets von nicht verkauften Produkten, um den nötigen Platz für die nächste Verkaufsphase zu schaffen. Dies erfordert Managementstrukturen, die schnelle Entscheidungsprozesse ermöglichen sowie flexible und dynamische Mitarbeiter. Tchibo ist nie im Stillstand, starre unbewegliche Strukturen können praktisch nicht entstehen.

Ein wöchentlich neues Verkaufsangebot kann nur durch enge Partnerschaft mit Lieferanten und mit einen auf Innovation und Geschwindigkeit ausgelegten Produktentstehungsprozess erbracht werden. Dabei sind logistische Anforderungen fester Bestandteil der Produktentstehung. Jedes neue Sortiment besteht aus 25 bis 30 miteinander in Einklang stehenden Artikeln. Neben dem langjähri­ gen Wissensmanagement wurde dazu auch das Lieferantenmana­ gement stetig weiterentwickelt und professionalisiert. Detaillierte Briefings mit Lieferanten und ihren Produktionsstätten werden begleitet von einer konsequenten Prozessüberwachung, bei der kontinuierlich die Produktqualität nach einem standardisierten Verfahren geprüft wird. Um das Niveau des Lieferantennetzwerkes SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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konstant hoch zu halten, auditiert man regelmäßig die Prozesse bei den Lieferanten und in den Fertigungsbetrieben. Die frühe Festlegung logistischer Anforderungen in der Produktent­ stehung minimiert Kosten über die gesamte Logistikkette. Wichtige Informationen dazu liefert die regelmäßige Zusammenarbeit mit Trend-Scouts und Marktforschungsinstituten. Bereits in einer frühen Phase entwickeln Mitarbeiter die Verpackungen nach Marketing- und Logistik-Gesichtspunkten. Neben Corporate Design und Regal Fit sind logistik-relevante Kriterien, wie Transportschutz, Palettierbarkeit, Nestfähigkeit, Stapelbarkeit sowie die Identifikation und Verfolgbarkeit durch gängige Identsysteme zu berücksichtigen.

Mengen, Gewichte und Volumina, die die Konzern-Logistik zu bewältigen hat, sind lange im voraus exakt definiert und frühzeitig geplant. Zur Glättung der Auslastung des Logistiksystems werden nach großvolumigen Phasen (z.B. Gartenmöbel) geringvolumige Phasen (z.B. Schmuck und Textilien) geplant. Schließlich werden die einzelnen Produkte auf die bestehenden Vertriebswege nach Kriterien wie Eignung zur Distribution, Margen und Opportunitäts­ kosten zugeteilt. Mit der Festlegung der Einkaufsmenge beginnt im Rahmen des Lieferantennetzwerks die Ausschreibung auf der Basis der Total Cost of Ownership. Neben dem Einsandspreis geht es dabei u.a. um Zölle und Transportkosten. Im Rahmen der permanenten Prozessef­ fizienz-Steigerung werden neben traditionellen Vergabeverfahren verstärkt auch elektronische Marktplätze genutzt. Produktentstehung: - Sammeln von Produktideen für neue Sortimente; - Ideenumsetzung und Verpackungsentwicklung; - Potenzialeinschätzung; SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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- Zusammenstellung eines Sortiments; - Entscheidung der Vertriebswege;

- Ausschreibung zur Fertigung und Lieferung; - Auftragsvergabe und Abrufeinteilung; - Produktions- und Qualitätskontrolle, Audits;

- Fertigungsabschluss der 1. Charge eines Sortiments.

Beschaffungslogistik Die strategische Bedeutung einer stabilen und effizienten Beschaf­ fungslogistik wurde bei der Entwicklung des Beschaffungskonzep­ tes berücksichtigt. Stand früher das Routing der Zuläufe zu den zahlreichen Vorratslager-Standorten im Mittelpunkt, ist heute die Zusammenführung aller Importströme zum Zentrallager Bremen die neue Herausforderung. Kern der Lösung ist die Integration der Transportprozesse in das zentrale Steuerungssystem. Dabei werden Abweichungen von den vereinbarten Ablieferterminen möglichst schon an der Ursache vermieden sowie durch ein gezieltes Doku­ mentenmanagement Verzögerungen z.B. bei der Zollfreistellung von Containern vorgebeugt. Die operative Abwicklung der Standardprozesse in der Beschaf­ fungslogistik wird nach Vorgaben von dem Partner OOCL Logistics wahrgenommen. Der Dienstleister ist damit Bindeglied zwischen dem Auftraggeber, den Lieferanten und den Transporteuren vor Ort. Er übernimmt die Warenverfügbarkeitsprüfung, ist in die Lieferan­ tenbewertung integriert und stützt die Supply Chain Steuerung durch die Koordination von Kapazitäten entlang der Beschaffungs­ kette. Dazu gehört auch das Management von Zeitabläufen und ihren Abhängigkeiten, die Buchung von Frachtraum, das Dokumen­ tenmanagement sowie das Tracking und Tracing der erwarteten

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Güter. Dazu hat Tchibo eine durchgehende Containerkette von den Lieferanten bis zum Hochregallager in Bremen eingerichtet.

Für den Nachlauf hat man sich für einen umweltfreundlichen und kostengünstigen Modal Split entschieden. Von Bremerhaven und Hamburg aus werden die eingehenden Container per Binnenschiff bzw. Bahn nach Bremen transportiert. LKW kommen nur noch in zeitkritischen Ausnahmen zum Einsatz. Tchibo trachtet kontinuier­ lich nach neuen Möglichkeiten, Transportkosten in der Beschaffung zu minimieren. Dazu gehören die weltweite Bündelung von Güter­ strömen und ein optimierter Verkehrsträgereinsatz. Bereits heute hat die Bahn einen hohen Anteil von mehr als 90% der zurückgeleg­ ten Rohkaffee-Tonnenkilometer zwischen den Eingangshäfen und den Röstereien in Mittel- und Osteuropa. 100%ige Verfügbarkeit aller Waren zum jeweiligen Verkaufsstart bedeutet die rechtzeitige Zusammenführung von Warenströmen verschiedenster Lieferanten aus allen Teilen der Welt, mit unter­ schiedlichen Ankunftszeiten und unterschiedlichen Losgrößen. Woche für Woche wird so im Zentrallager in Bremen ein Sortiment verteilfertig zusammengestellt. Dazu werden durch eine intelligente, eigens entwickelte Zulauf- und Hofsteuerung die am betreffenden Tag zu entladenden Container aus dem Pufferlager im Neustädter Hafen in Bremen abgerufen. Durchschnittlich 80 TEU gelangen täglich direkt und unter Umgehung öffentlicher Straßen in das Logistik-Zentrum. Hier werden den eingehenden Containern feste Tore zugewiesen und die korrekte Torbelegung mit Hilfe von Transpondern über­ prüft. Stückgut wird automatisch identifiziert und unter Einsatz modernster Technik auf bis zu 3.000 Paletten täglich verteilt. Insgesamt können täglich bis zu 6.000 Paletten vereinnahmt werden. Bei der Warenannahme werden automatisch Stichproben aller Artikel entnommen und in der zentralen Qualitätssicherung SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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strengen Prüfprozessen unterzogen. Übersteigt die Fehlerquote den allen Lieferanten vorgegebenen Acceptabel Quality Level AQL, wird eine 100%-Prüfung angestoßen. Hochregallager Bremen: Eröffnung: 2003

Eigentümer: BLG Logistics Group

Investition: 60 Mio. Euro Kapazität: 150.000 Palettenplätze

Leistung: max. 6.000 Paletten pro Tag WE / WA

Distributionsprozesse Bei wöchentlicher Sortimentsfrequenz muss das Distributionsnetz­ werk hinsichtlich Netzwerkdichte und Versorgungsgeschwindigkeit höchsten Ansprüchen genügen. Neben der punktgenauen Erstver­ sorgung der Outlets gehören dazu die Bereinigung alter Sortiments­ reste sowie das nachfrageorientierte Replenishment. Tchibo erreicht hier mit einer Liefertermintreue von 98,9% im festgelegten Zeitfens­ ter und einer Liefergenauigkeit von 99,98% Leistungen, die deutlich über dem Branchenschnitt liegen. Dabei wird eine nahezu be­ standslose Lieferkette mit einer Bestandsreichweite von weniger als 16 Stunden realisiert.

In jedem Verteilzentrum werden anhand der zentral gesteuerten Aufträge täglich mehrere 100.000 Verkaufseinheiten in vertriebs­ wegspezifisch optimierte Behältersysteme kommissioniert. Für den Fachhandel verwendet man klapp- und stapelbare, diebstahlgesi­ cherte Mehrwegtransportverpackungen aus Kunststoff. Für die Filialversorgung kommen nestfähige, verschließ- und versiegelbare Rollwagen zum Einsatz. Die Versorgung der Kommissionierbereiche mit Mehrwegbehältern erfolgt automatisch. Die Kommissionierauf­ träge gelangen per Funk direkt auf die Bildschirme der Pickmobile, SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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die für Multiorder-Picking ausgelegt sind. Moderne Wiegetechnik auf den Pickmobilen erlaubt eine In-Prozess-Kontrolle und damit höchstmögliche Kommissioniergenauigkeit. Je nach Artikelgröße kann eine Kommissionierleistung von 200-800 Picks pro Stunde erreicht werden. Nach Abschluss der täglichen Tourenplanung wird den Verteilzent­ ren über die im IT-System abgebildete Distributionsstruktur die Kommissionierreihenfolge entsprechend der Tour vorgegeben. Bis zu 3.000 MTV-Behälter pro Stunde werden sequenzgenau sortiert und vollautomatisch palettiert. Die palettierten Mehrwegbehälter und die Rollwagen werden in Umschlagpunkten auf Nahverkehrs fahrzeuge umgeladen und in täglich mehreren hundert Touren deutschlandweit ausgeliefert. Verteilzentrum Gernsheim: Eröffnung: 2004

Eigentümer: ProLogis

Investition: 25 Mio. Euro Kapazität: 4.600 Palettenstellplätze Leistung: max. 1.000 Paletten pro Tage WE / WA,

300.000 Picks/Tag Logistikzentrum Gallin: Eröffnung: 1996

Eigentümer: Tchibo Logistik GmbH

Investition: 90 Mio. Euro

Kapazität: 65.000 Palettenplätze Leistung: max. 4.500 Paletten pro Tag WE / WA

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Erfolgsrezept Tchibos erfolgreiches Wachstum beruht auf einer offenen Unter­ nehmenskultur, hoher Innovationshäufigkeit, sowie auf qualifizier­ ten und hoch motivierten Mitarbeitern. Regelmäßige Umfragen bestätigen die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsum­ feld und ihre Identifikation mit dem gemeinsam erzielten Unter­ nehmenserfolg. Das Ergebnis spiegelt sich auch in einer hohen Kundenzufriedenheit wieder - Mittelpunkt aller Geschäftstätigkeit. Mit einem überdurchschnittlichen Stammkundenanteil hat das Unternehmen im deutschen Einzelhandel die Nase vom. Mehr als die Hälfte der Kunden besuchen mindestens einmal wöchentlich eine Tchibo-Filiale.

Es ist gelungen, das Wachstum ohne Einbußen beim Servicegrad zu realisieren. Das intelligente Distributionskonzept der reihenfolgege­ nauen Kommissionierung ermöglicht Zustellqualitäten um 99%. Wichtige Zielgröße bei der Gewährleistung von Effizienz ist die Vermeidung von Fehlern am Ort ihres Entstehens. Auch die Zufriedenheit und das Commitment der Vertriebspartner und Filialmitarbeiter sind durch die Vermeidung von unnötigem Auf­ wand für Fehlerbearbeitung durch das Zero-Defect-Picking bedeu­ tend erhöht worden. Eine Pick-Fehlerquote von 0,018% bei nahezu verdoppeltem Mengendurchsatz ist einer der Erfolge eines kontinu­ ierlichen Verbesserungsprozesses. Die Tchibo-Logistik hat das Wachstum des Unternehmens nicht nur realisiert, sie hat mit fortwährend sinkenden Logistik-Stückkosten neue Spielräume für die Marketingaktivitäten im eigenen Haus eröffnet. Dabei sind das Marketing der Motor und die Logistik das Getriebe des wirtschaftlichen Erfolges und des kontinuierlichen Wachstums.

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Benchmarks der Logistik in der Pharmaindustrie Branchen-Report

Christopher Jahns

Am SVI-Stiftungslehrstuhl für Einkauf, Logistik und Supply Chain Management der European Business School wurde in Zusammen­ arbeit mit der Deutschen Post AG kürzlich eine Untersuchung abgeschlossen, die zu folgenden Erkenntnissen über Stand und Zukunft der Waren-, Güter- und Dokumentenlogistik führte. Die daraus entstandene Datenbank umfasst Unternehmen nahezu aller Branchen, so z.B.: 102 Konsumgüterhersteller, 182 Handelshäuser, 147 Produktionsgüterhersteller, 51 Pharmaunternehmen sowie 175 Institutionen des öffentlichen oder gemeinnützigen Sektors. Die beteiligten Pharmaunternehmen repräsentieren Jahresumsatz­ größen von durchschnittlich 2,02 Mrd. Euro. Fast zwei Drittel der insgesamt befragten Unternehmen haben die eigene Wertschöp­ fungstiefe auf weniger als 60% reduziert, 34% gar auf unter 40% sowie 20% auf bis zu 20% eigene Wertschöpfung.

Die Wertschöpfungstiefen sind branchenabhängig sehr unterschied­ lich; sie betragen

- im produzierenden Gewerbe, Handel und Industrie durchschnitt­ lich 50%, - bei Banken und Kreditinstituten durchschnittlich 83%,

- im öffentlichen Sektor durchschnittlich 68% - sowie im Pharma-Sektor ca. 40%. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Die gewachsene Bedeutung der Logistik beruht u.a. auf der Erwar­ tung, dass die Höhe der Logistikkosten stetig steigen wird und deren Anteil an den Gesamtkosten der Unternehmen weiter zu­ nimmt. Der Anteil beträgt

- im produzierenden Gewerbe, Handel und Industrie durchschnitt­ lich 18%, - sowie im öffentlichen Sektor durchschnittlich 13%.

Immerhin melden 38% der befragten Unternehmen und Institutio­ nen einen Logistik-Kostenanteil von weniger als 6%. Branchenabhängig sind die Kostensenkungsziele - im produzierenden Gewerbe, Handel und Industrie durchschnitt­ lich 6,7%, - bei Banken und Kreditinstituten durchschnittlich 6,6%, - im öffentlichen Sektor durchschnittlich 6,1% - sowie im Pharma-Sektor durchschnittlich 5,9%.

Diese Kostensenkungsziele lassen den Ruf nach neuen, strategi­ schen Managementansätzen und nach intensiven Qualifizierungs­ programmen laut werden. Ergebnisse

Die Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen stuft die Logistik als strategische Waffe im Wettbewerb ein. Man ist zugleich der Auffas­ sung, dass zwischen diesem Anspruch und der betrieblichen Realität noch eine erhebliche Lücke besteht, zu deren Behebung eine deutlich verbesserte Wahrnehmung von Managementaufgaben der Logistik bei gleichbleibender Konzentration auf die operativen Verbesserungspotentiale in der Güter-, Waren- und Dokumentenlo­ gistik gehören.

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- Die strategische Bedeutung des Logistikmanagements wird durch die befragten Unternehmen hervorgehoben, es besteht allerdings ein deutlicher Nachholbedarf bei der Implementierung logistischer Managementaufgaben. - 75% der antwortenden Unternehmen halten die Verbesserungspo­ tentiale in der operativen Güter- und Warenlogistik weiterhin für groß. - 68% der Unternehmen sind der Auffassung, die Dokumentenlogis­ tik könne noch wesentlich professionalisiert werden. - Die erfassten Unternehmen können nach dem Stand ihrer Logistikaktivitäten in die Gruppen „Best Practice-Champions“ zu 12,5%, „Advanced“ zu 34,6% und „Basies“ zu 52,9% unterschieden werden. - Es besteht die Notwendigkeit für einen integrativen Logistikan­ satz, der die Managementperspektive, operative Excellenz und den gezielten Einsatz von Logistik-Supportfunktionen vereint. - Der Anteil der Logistikkosten an den Gesamtkosten steigt weiter und beträgt in 44% der Unternehmen mehr als 10%; in 110 der 728 Unternehmen (15%) liegt der Anteil bei über 30%. - In 69% der Unternehmen ist die Logistik eine strategische Waffe im Wettbewerb.

- In 68% der Unternehmen Managementaufgabe .

gilt Logistik

als

eine

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Güter- und Warenlogistik Die klassischen Probleme „zu hohe Bestände“, „zu hoher Flächen­ bedarf“, „zu geringe Lieferzuverlässigkeit“ gelten bei 40-50% der insgesamt befragten Unternehmen weiter als ungelöst. Beschaffung und Bestandsmanagement bieten der Umfrage nach den besten Ansatz zur Optimierung; hier sehen die Unternehmen eine hohe SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Bedeutung und gleichzeitig hohes Optimierungspotential. Die erfolgreichsten Optimierungsmaßnahmen sind nach den Umfrage­ ergebnissen Transport-Outsourcing, Einführung von Kanban, Einfühlung flexibler Arbeitszeitmodelle, Professionalisierung des Order-Fullfillment sowie Warehouse-Outsourcing.

In der Pharmaindustrie haben die Beschaffungslogistik bei 81%, die Distributionslogistik bei 79%, der Warenausgang bei 71% sowie die Lagerlogistik bei 69% der Unternehmen eine hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Demzufolge sehen 52% der Unternehmen in der Beschaffungslogistik, 42% in der Distributionslogistik und 37% im Warenausgang noch hohes Optimierungspotenzial. Erfolg­ reiches Outsourcing wurde von 12,5% der Pharmaunternehmen in der Beschaffungslogistik, 42% in der Distributionslogistik sowie je 10% in der Produktions- und Entsorgungslogistik berichtet. Dokumentenlogistik

Erstmals wurden in dieser Studie die Dokumentenflüsse in Unter­ nehmen aus logistischer Perspektive untersucht. Größte Probleme in der Dokumentenlogistik sind nach Angabe von 45% aller antwor­ tenden Unternehmen mangelnde Kostentransparenz, Platzprobleme, zu hohe Personalbindung und Mangel an eindeutigen Verantwort­ lichkeiten. Nicht umsonst stimmen 68% für eine erhebliche Profes­ sionalisierung der Dokumentenlogistik. Wenn die Unternehmen die Dokumentenlogistik optimieren, wird der Erfolg als sehr hoch beurteilt. Die erfolgreichsten Optimie­ rungsmaßnahmen sind demnach das Einscannen der Eingangspost und die elektronische Weiterleitung, elektronische Archivierung, Outsourcing von Falzen und Kuvertieren, Outsourcing des Frankie­ rens und der standortübergreifenden Postverteilung sowie das Outsourcen des Dokumentendruckes.

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Im Pharmabereich gelten in der Dokumentenlogistik der Sendungs­ vorlauf bei 29% der Unternehmen, der Dokumentenausgang bei 27% sowie Sendungsdistribution und Dokumentenauswertung bei 25% der Unternehmen als erfolgsbedeutend. Optimierungspotenzia­ le werden hier in allen Teilbereichen erwartet.

Managementaufgaben

Die wichtigsten Aufgaben in der Logistik sind heute und künftig die Optimierung der Logistikprozesse, das Management interner ITSysteme und die Entwicklung von Logistikstrategien. Die Manage­ mentaufgaben Entwicklung einer Logistik-Vision, Entwicklung einer Logistik-Strategie, Optimierung der Logistikorganisation, sowie Logistik-Controlling werden noch von weniger als der Hälfte der ausgewerteten Unternehmen aktuell umgesetzt. Eine Ausnahme ist das Logistik-Prozessmanagement mit einem Anwendungsgrad von 66%. Das zukünftig immer wichtigere Logistik-Personalmanagement wird dagegen bisher nur von 19% der Unternehmen umgesetzt. Im Pharmabereich ist der oberste Logistikverantwortliche immerhin bei 23% der Unternehmen in der ersten Führungsebene, bei 52% in der zweiten und bei 19% in der dritten Führungsebene angesiedelt. Weiterhin ist in 31% der Unternehmen ein Hauptverantwortlicher für die Dokumentenlogistik nominiert.

Der zukunftsweisenden Ausübung von Managementaufgaben zur Realisierung von Verbesserungen wird von 60% der Unternehmen in der Güterlogistik und von 19% in der Dokumentenlogistik eine hohe Bedeutung beigemessen. - 81% favorisieren dabei die Optimierung der Logistikprozesse,

- 75% die Strategieentwicklung, - 73% das Logistik-Controlling.

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Im Jahr 2009 wird den Managementaufgaben zu 66% in der Güterlogistik und zu 29% in der Dokumentenlogistik eine hohe bis sehr hohe Bedeutung beigemessen. Favorisiert wird auch dann noch von

- 77% die Prozessoptimierung, - 60% die IT-Integration und Strategieentwicklung sowie von - 50% das Projektmanagement, die laufende Modernisierung sowie die Entwicklung einer Logistik-Vision. Managementmodule Als Kernaspekte der Logistik-Vision gelten die Systematisierung, Leitbildfunktion, Einbindung anderer Unternehmensbereiche, die Unternehmenskultur sowie die interne und externe Kommunikati­ on. Von 60% der beteiligten Pharmaunternehmen wird die Festle­ gung einer Logistikstrategie gemeldet. Hauptmotivation dazu sind die Unterstützung der Unternehmensstrategie, die langfristige Planung und Kontrolle, Unterstützung der Logistik-Vision, Errei­ chung der Kostenführerschaft sowie Verbesserung der Marktchan­ cen. Ein installiertes Logistik-Controlling wird von fast 73% der beteiligten Pharmaunternehmen berichtet. Als wichtigste Motive gelten hier die Verbesserung der Entscheidungsbasis, Überwachung und Steuerung, Erhöhung der Lieferfähigkeit, Optimierung der Material- und Warenbestände, erhöhte interne Transparenz sowie eine mögliche Logistik-Prozesskostenrechnung. Logistik-Tools werden

- bei 56% der beteiligten Pharmaunternehmen in der Organisati­ onsentwicklung, - bei 54% im Personalmanagement, - 48% in der ERP-Steuerung sowie SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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- 44% in der Prozessoptimierung bevorzugt eingesetzt. Benchmarking zur Identifikation und Verfolgung von Best Practices wird von 37,5% der beteiligten Pharmaunternehmen gelegentlich und von 20,8% häufig angewendet. Dabei richtet sich das Hauptau­ genmerk

- zu 62,5% auf die Kostenentwicklung, - zu 58% auf die Logistikprozesse,

- zu 54% auf Kapazitäten und Lieferzeiten, - zu 52% auf verlässliche Kennzahlen. Bevorzugte Quellen für Benchmarking-Vergleiche sind zu 58% direkte Unternehmens vergleiche, 46% Datenbanken, 42% Fachver­ bände und gut 37% regionale Arbeitskreise. Integrativer Managementansatz

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass ein integrativer und zugleich praxisorientierter Managementansatz notwendig ist, um die operati­ ven Problemstellungen der Logistik und die Managementaufgaben sinnvoll in einem Konzept zu integrieren. Der Logistik Management Navigator bietet einen ganzheitlichen Orientierungsrahmen für das strategische und operative Management der Logistik. Er verbindet die Managementperspektive mit den operativen Kernmodulen der Güter- und Dokumentenlogistik sowie mit den LogistikSupportmodulen .

Auf Basis des Logistik Management Navigators sowie des empiri­ schen Datenbestandes dieser umfassenden Studie, gefüllt mit über 6 Millionen Datensätzen, wurde ein Logistik-Benchmarking-Tool entwickelt, mit dem Unternehmen den Entwicklungsstand ihrer Logistikaktivitäten im Vergleich mit über 700 Unternehmen evaluie­ ren und die größten Differenzen zu den Best Practices und ihrem jeweiligen Branchendurchschnitt erkennen können. SMI™ Highlights und Hot Spots aus Logistik und Supply Chain Management - Band 1

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Optimierungspotenziale in der Dokumenten­ logistik Mangelnde Kostentransparenz als Problemfall Nr. 1

Christopher Jahns und Stefan Walter

Die Mehrzahl der Unternehmen hierzulande stimmt nach einer Logistikstudie zu, dass die Dokumentenlogistik erheblich professio­ nalisiert werden kann. Dennoch sehen die Unternehmen im Durchschnitt für alle Hauptprozesse der Dokumentenlogistik nur ein mittleres Optimierungspotenzial.

Wenn die Unternehmen die Dokumentenlogistik optimieren, wird der Erfolg allerdings als sehr hoch beurteilt. Die erfolgreichsten Optimierungsmaßnahmen der untersuchten Unternehmen sind Einscannen der Eingangspost und elektronische Weiterleitung, Einführung der elektronischen Archivierung, Outsourcing von Falzen und Kuvertieren, Outsourcing des Frankierens und der standortübergreifenden Postverteilung sowie das Outsourcing des Dokumentendrucks. In diesen Bereichen geben 60% bis 70% der Anwender hohen bis sehr hohen Erfolg der durchgeführten Maß­ nahmen an. 63% der Unternehmen geben an, die Dokumentenlogis­ tik könne erheblich professionalisiert werden.

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Optirnierungspotenziale in der Dokumentenlogistik ® 510

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