Einführung in die byzantinische Geschichte
 9783170232501

Table of contents :
Deckblatt
Titelseite
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Der geographische Raum
Vorbemerkung: Ausdehnung und Kommunikation
Die Provinzen
Ägypten
Syrien und Palästina
Kleinasien
Balkan
Die Inseln
Italien
Nordafrika und Spanien
Konstantinopel und Umgebung
Byzanz: 1000 Jahre Regression?
2 Strukturen der politischen Geschichte
Vorbemerkung: Epochen und Kontinuität
Die »römische« Zeit (4.–6. Jahrhundert)
Die mittelbyzantinische Zeit (7.–11. Jahrhundert)
Byzanz und die Kreuzzüge (12. Jahrhundert)
Die Endphase (1204–1453)
3 Kirche
Vorbemerkung: Zum Verhältnis von Kirche und Staat in Byzanz
Chronologische Entwicklung
Formative Phase (4.–8. Jahrhundert)
Expansion und Konsolidierung (9.–12. Jahrhundert)
Abwehr (13.–15. Jahrhundert)
Organisation und Finanzen
Die Klöster
Kirche und Gesellschaft: Wahrnehmungsprobleme
4 Die ökonomischen Verhältnisse
Vorbemerkung: Die wirtschaftlichen Bedingungen im Mittelalter
Der Agrarbereich
Bodenschätze
Fischerei
Industrie und Handwerk
Handel
Land- und Nahhandel
See- und Fernhandel
5 Gesellschaft
Vorbemerkung: Orientierungsschwierigkeiten
Die frühbyzantinische Zeit
Die mittelbyzantinische Epoche
7. und 8. Jahrhundert
Die Militarisierung der Gesellschaft
Familienbande
Die Provinzen
9. bis 12. Jahrhundert
Die Einwohner Konstantinopels
Die spätbyzantinische Periode
Eine uniforme Gesellschaft? Randgruppen und Außenseiter
6 Die Kaiser
Vorbemerkung: Kaiser und Herrschaft
Formale Voraussetzung: Die Krönung
Inhaltliche Voraussetzung: Die Legitimation des Kaisers
Die kaiserliche Familie
Die private Gefolgschaft des Kaisers
Der Kaiser und die Außenwelt
Das »Zweikaiserproblem«
Die kaiserliche Vorrangstellung im »orthodoxen« Raum
Die »Familie der Könige«
7 Verwaltung
Vorbemerkung: Die Rolle der Bürokratie
Die frühbyzantinische Zeit
Die mittelbyzantinische Zeit
Ziviladministration
Militäradministration
Das 11. bis 15. Jahrhundert
Die Verwaltung und der Kaiser
8 Finanzen
Vorbemerkung: Budgetprobleme
Die Einnahmen
Direkte Steuern
Indirekte Steuern, Abgaben und Zölle
Sonstige Einnahmen
Die Ausgaben
Personalkosten
Tribute und andere Militärausgaben
Sonstige Ausgaben
Die Höhe des Staatshaushalts
9 Kriegswesen und Armee
Vorbemerkung: Ökonomische Voraussetzungen
Die Armee
Die frühbyzantinische Epoche
Die mittelbyzantinische Zeit
Die »Themenorganisation«
Die Soldatengüter
Pronoia und Charistikariat
Struktur und Organisation
Die Flotte
Kampfkraft und Truppenstärken
Die Spätzeit
10 Stadt und Land
Vorbemerkung: Die Rolle der Stadt
Die Städte
Konstantinopel
Die ländlichen Gebiete
11 Bildung und Kultur
Vorbemerkung: Wieviele Kulturen?
Die antiken Grundlagen
Schulbildung und Schulen
Alltagskultur?
Die Bedeutung der Antike in der byzantinischen Gesellschaft
12 Die Quellen
Vorbemerkung: Realität und Fiktion
Literarische Quellen
Historiographie
Hagiographie
Fachschriften
Siegel und Münzen
Siegel
Münzen
Nachwort
Zeittafel
Kaiserliste
Patriarchenliste
Anmerkungen
Literatur- und Abkürzungsverzeichnis
Glossar
Register

Citation preview

Band 617

Ralph-Johannes Lilie

Einführung in die byzantinische Geschichte

Verlag W. Kohlhammer

Umschlag: Mosaik aus der Hagia Sophia: Konstantin I. und Justinian I. bringen der Gottesmutter die Stadt Konstantinopel und die Kirche Hagia Sophia dar.

Alle Rechte vorbehalten © 2007 W. Kohlhammer GmbH Umschlag: Data Images GmbH, Stuttgart Karten: Peter Palm, Berlin Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany ISBN: 978-3-17-023250-1

Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

1 Der geographische Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Ausdehnung und Kommunikation . . . . Die Provinzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Syrien und Palästina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleinasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Balkan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nordafrika und Spanien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstantinopel und Umgebung . . . . . . . . . . . . . . . . Byzanz: 1000 Jahre Regression?. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14 14 16 16 18 21 25 27 31 32 33 35

2 Strukturen der politischen Geschichte. . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Epochen und Kontinuität . . . . . . . . . . . Die »römische« Zeit (4.–6. Jahrhundert). . . . . . . . . . . . . Die mittelbyzantinische Zeit (7.–11. Jahrhundert). . . . . . Byzanz und die Kreuzzüge (12. Jahrhundert) . . . . . . . . . Die Endphase (1204–1453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 37 38 46 56 64

3 Kirche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Zum Verhältnis von Kirche und Staat in Byzanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronologische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formative Phase (4.–8. Jahrhundert) . . . . . . . . . . . . . Expansion und Konsolidierung (9.–12. Jahrhundert) . Abwehr (13.–15. Jahrhundert) . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisation und Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Klöster. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirche und Gesellschaft: Wahrnehmungsprobleme . . . . .

71 71 74 74 77 80 83 85 88

5

4 Die ökonomischen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Die wirtschaftlichen Bedingungen im Mittelalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Agrarbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenschätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fischerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Industrie und Handwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Land- und Nahhandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . See- und Fernhandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91 91 94 98 99 99 101 101 102

5 Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Orientierungsschwierigkeiten . . . . . . . . Die frühbyzantinische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die mittelbyzantinische Epoche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. und 8. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Militarisierung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . Familienbande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Provinzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. bis 12. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Einwohner Konstantinopels . . . . . . . . . . . . . . . Die spätbyzantinische Periode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine uniforme Gesellschaft? Randgruppen und Außenseiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111 111 115 117 117 119 119 120 122 124 127

6 Die Kaiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Kaiser und Herrschaft . . . . . . . . . . . . . Formale Voraussetzung: Die Krönung. . . . . . . . . . . . . . Inhaltliche Voraussetzung: Die Legitimation des Kaisers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die kaiserliche Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die private Gefolgschaft des Kaisers . . . . . . . . . . . . . . . Der Kaiser und die Außenwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das »Zweikaiserproblem« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die kaiserliche Vorrangstellung im »orthodoxen« Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die »Familie der Könige« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

132 132 135

144 144

7 Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Die Rolle der Bürokratie . . . . . . . . . . . Die frühbyzantinische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die mittelbyzantinische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147 147 151 154

6

128

135 138 140 142 143

Ziviladministration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Militäradministration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das 11. bis 15. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verwaltung und der Kaiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 156 159 160

8 Finanzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Budgetprobleme. . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direkte Steuern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indirekte Steuern, Abgaben und Zölle . . . . . . . . . . . Sonstige Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personalkosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tribute und andere Militärausgaben . . . . . . . . . . . . . Sonstige Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Höhe des Staatshaushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163 163 165 165 168 170 172 173 176 178 179

9 Kriegswesen und Armee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Ökonomische Voraussetzungen . . . . . . Die Armee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die frühbyzantinische Epoche . . . . . . . . . . . . . . . . . Die mittelbyzantinische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die »Themenorganisation«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Soldatengüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pronoia und Charistikariat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Flotte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kampfkraft und Truppenstärken . . . . . . . . . . . . . . . . Die Spätzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

183 183 188 188 189 190 191 196 197 198 199 201

10 Stadt und Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Die Rolle der Stadt . . . . . . . . . . . . . . . Die Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstantinopel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die ländlichen Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203 203 206 210 219

11 Bildung und Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Wieviele Kulturen? . . . . . . . . . . . . . . . Die antiken Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schulbildung und Schulen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alltagskultur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bedeutung der Antike in der byzantinischen Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

224 224 227 228 230 235 7

12 Die Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Realität und Fiktion . . . . . . . . . . . . . . Literarische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historiographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hagiographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fachschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegel und Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239 239 244 244 249 251 254 254 257

Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

Kaiserliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

275

Patriarchenliste. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278

Anmerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

282

Literatur- und Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . .

309

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

338

Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

344

Karten und Abbildungen Geländestruktur Kleinasiens und des Balkans . . . . . . . . . . . . Byzanz zur Zeit Justinians I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Byzanz im 8. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Byzanz um 1025 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Byzanz und die Kreuzzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Byzanz im 14. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klerus und Laien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgabefreie Handelsorte im Privileg für Venedig 1081 . . . . Quellenerwähnungen ausgewählter Personengruppen . . . . . Die »Familie der Könige« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marschweg und »Versorgungskorridor« der Mantzikertarmee 1071 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Themenorganisation im 8. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . Konstantinopel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Kaiserpalast in Konstantinopel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

23 39 51 55 59 67 89 105 112 145 185 195 211 213

Einleitung

Wir leben in einer Zeit der Gegensätze: Einerseits war es noch nie so leicht, sich über die Vergangenheit zu informieren, andererseits ist die Kenntnis historischer Gegebenheiten, wie man z. B. bei vielen Studienanfängern sehen kann, schlechter als je zuvor. Die Masse an veröffentlichtem Material, sei es in Magazinen, Fernsehsendungen oder auch im Internet, ist nachgerade unüberschaubar – allein unter dem Stichwort »Byzanz« findet man in der Internetsuchmaschine Google ca. 1 150 000 Einträge, unter »Byzantium« gar 2 370 000 (Stand Frühjahr 2007) –, aber dies entspricht nicht den konkreten Kenntnissen des Einzelnen, der ohnehin überfordert wäre, wenn er sich in dem ganzen Wust korrekt und aktuell informieren wollte. Über die Gründe soll hier nicht weiter spekuliert werden, da sie ins Philosophische hineinreichen und man ohnehin Gefahr laufen würde, als Traditionalist und Feind des Fortschritts gebrandmarkt zu werden – wobei offen bleibt, ob das als Lob oder als Tadel zu verstehen wäre. Dieses Dilemma ist einer der Gründe, aus denen heraus dieses Buch entstanden ist. Es hat nicht den Anspruch, alles Wissenswerte über Byzanz zu enthalten – das wäre im Rahmen eines relativ kurzen Taschenbuchs ohnehin illusorisch –, sondern es soll eher als Führer dienen, mit dem der Leser erste Schritte in das Territorium dieses Reiches unternehmen kann, das selbst seinen Zeitgenossen im Lateinischen Europa oft rätselhaft und unverständlich war. Daneben bietet es für den Interessierten die Möglichkeit, sich durch die angegebene Literatur weiter zu informieren. Was für Byzanz gilt, gilt auch für das restliche Mittelalter: Hinter einer oberflächlichen Kenntnis angeblich mittelalterlicher Vorgänge und Erscheinungen, die meist mehr mit moderner Fantasyliteratur und Hollywoodfilmen zu tun haben als mit den Verhältnissen, die tatsächlich im Mittelalter herrschten, besteht allgemein ein weitgehendes Unwissen selbst über die Grundbedingungen mittelalterlichen Lebens. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: In der mittelalterlichen Gesellschaft spielten Regeln eine viel größere Rolle, als es heutzutage der Fall ist. Wir sind Mitglieder einer Gesellschaft, die wenige feste Regeln und kaum noch normative Überzeugungen 9

kennt. Die individuelle Freiheit steht an erster Stelle. Im Mittelalter war dies nahezu umgekehrt. Der mittelalterliche Mensch war fest in seinem Glauben verankert, der moderne Skeptizismus war ihm fremd, Atheismus gab es nicht, und wenn jemand ihn offen propagiert hätte, hätte er das nicht lange überlebt. Das aber hatte entscheidende Folgen für das Selbstverständnis dieser Gesellschaft, die für uns heutige nur mit großer Mühe nachvollziehbar sind. Grob zusammengefasst: Im Mittelalter war der einzelne viel mehr in der Gesellschaft verankert als heutzutage. Wenn es bewusste Außenseiter gab, dann eigentlich nur im religiösen Bereich: als Mönch, Asket oder als Einsiedler. Das gab dem einzelnen eine viel größere Gewissheit und einen festen Rahmen, in dem er sich bewegte. In diesem Sinn war der Mensch im Mittelalter sowohl sozial als auch psychisch stabiler als heutzutage. Das war auch nötig, da die Gefahren für Leib und Leben gleichfalls viel größer waren. Krankheit und Tod waren tägliche Begleiter, mit denen jeder, egal welchen Standes, rechnen musste. Dies muss ein Lebensgefühl erzeugt haben, das dem heutigen – zumindest in den industriellen Gesellschaften – diametral entgegengesetzt war. Aber auch in den Dingen des täglichen Lebens gab es massive Unterschiede. Nehmen wir nur die Kommunikation: Zeitungen im heutigen Sinne gab es nicht, von den sonstigen Medien ganz abgesehen. Wer nicht in der Hauptstadt wohnte, hatte große Schwierigkeiten, sich überhaupt zu informieren. Briefe konnten Wochen und Monate brauchen, bis sie ihren Empfänger erreichten – immer vorausgesetzt, dass sie überhaupt ankamen, denn ein geregeltes Postwesen für die Allgemeinheit gab es gleichfalls nicht. Wer reiste, verließ sein soziales Umfeld und verzichtete damit auf die ihm daheim zustehenden Rechte. Damit sind nicht nur die ständig drohenden Überfälle von Räubern und Piraten gemeint, sondern ebenso das Risiko, von Krankheit, Naturkatastrophen oder auch misstrauischen und korrupten Staatsorganen heimgesucht zu werden. Dem normalen Einwohner eines Staatsgebietes war Reisen ohne besondere Erlaubnis seinerVorgesetzten oder der zuständigen Behörden ohnehin untersagt. Der überwiegende Großteil der Bevölkerung kam niemals aus seinem Dorf oder aus seiner Stadt hinaus, es sei denn vielleicht als Pilger zu einem nahe gelegenen Heiligtum, und selbst das war nicht ohne Risiko. Das Fremde war unbekannt, das Ausland kannte man, wenn überhaupt, nur vom Hörensagen. Damit gab es auch kaum eine reelle Chance zumVergleich: Fremde wurden misstrauisch beäugt, weil man über ihren Hintergrund so gut wie nichts wusste.1 10

Deshalb war vieles, was für uns selbstverständlich ist, dem mittelalterlichen Menschen unbekannt und verdächtig. Wir müssen die daraus resultierenden Unterschiede akzeptieren, um uns der Fragwürdigkeit des eigenen Urteils bewusst zu werden. Dies gilt für Byzanz genauso wie für das »restliche« Mittelalter. Daher wird in diesem Buch versucht, wenn es sich anbietet, in den einzelnen Kapiteln solche Unterschiede zu thematisieren. Die verschiedenen Kapitel sind so angelegt, dass jedes für sich allein verständlich ist, auch wenn es dadurch manchmal zu Querverbindungen, Überschneidungen oder auch zu Wiederholungen kommen mag. Eine Ausnahme bilden die beiden ersten Kapitel, die die geographischen und politischen Grundbedingungen behandeln. Sie geben – zusammen mit der Zeittafel am Schluss – sozusagen den Rahmen ab, in dem die in den anderen Kapiteln dargestellten Entwicklungen zu verstehen sind. In engem Zusammenhang zueinander stehen auch die beiden Kapitel über Verwaltung und Finanzen. DerText sollte im Allgemeinen ohne zusätzliches Nachschlagen verständlich sein. Die Anmerkungen und Literaturhinweise im Anhang sind zum Verständnis nicht zwingend erforderlich, sondern sollen den Interessierten die Möglichkeit bieten, sich weiter in die Materie einzuarbeiten. Dass diese Hinweise nicht vollständig sein können, sondern nur eine höchst subjektive Auswahl darstellen, dürfte angesichts des Umfangs dieses Buches ohnehin klar sein. Insofern wird auch mancher der lieben Kollegen mit der Enttäuschung leben müssen, wenn er sein eigenes Spezialgebiet nicht ausreichend berücksichtigt sehen wird. Die Probleme bei einer Einführung in die Byzantinische Geschichte fangen schon mit dem Namen an. Die Byzantiner selbst bezeichneten sich als Römer (griech. Rhomaioi) und ihren Staat als »Reich der Römer« (basileia ton Rhomaion). In Westeuropa wurde diese Bezeichnung allerdings schon seit dem 8. Jahrhundert nicht mehr benutzt. Vielmehr wurde seit der Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahre 800 der westliche Kaiser als Nachfolger der Römer angesehen, während der byzantinische Kaiser als Kaiser oder sogar nur als »König von Konstantinopel« (imperator bzw. rex Constantinopolitanus) und sein Reich als »Königreich der Griechen« (regnum Graecorum) bezeichnet wurden. Im Orient blieb die Bezeichnung Römer allerdings bestehen und wurde selbst auf die Völker übertragen, die die ehemals byzantinischen Gebiete erobert hatten. Das Byzantinische Reich blieb dort das Reich der »Rum«. Der Name Byzanz wurde nur auf die Hauptstadt selbst bezogen, und Byzantiner waren auch nur die Einwohner des antiken Byzan11

tion, wie Konstantinopel manchmal in antikisierender Weise bezeichnet wurde. Natürlich wussten die Byzantiner, dass sie Griechen waren, aber die Bezeichnung »Hellene« war verpönt, da man unter einem Hellenen einen Heiden verstand. Erst in den letzten Jahrzehnten des Reiches, vielleicht beeinflusst durch die beginnende Renaissance in Italien, gewann dieser Begriff in intellektuellen Kreisen wieder an Anziehungskraft. Die Termini Byzanz und Byzantinisches Reich bzw. Byzantiner sind hingegen erst in der Neuzeit entstanden, um eineVerwechslung mit dem alten Römischen Imperium und vielleicht auch mit dem »Heiligen Römischen Reich deutscher Nation«, für das sich diese Bezeichnung ja auch erst im 15./16. Jahrhundert eingebürgert hat, zu vermeiden. Daneben gibt es auch, abgeleitet aus der geographischen Lage, die Bezeichnung Ostrom. Die Übergangsperiode zwischen dem 4. und dem 7. Jahrhundert gilt manchen als »Spätrömisches Reich«, während im Englischen der Name »Later Roman Empire« und im Französischen die Bezeichnung »Bas Empire« verbreitet sind. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der mittelbyzantinischen Zeit, d. h. auf der Epoche zwischen dem 7. Jahrhundert und der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204. Diese Einschränkung hat im wesentlichen praktische Gründe. An und für sich müsste es drei solche Einführungen geben, denn die byzantinische Geschichte teilt sich, bei aller Problematik der Epocheneinteilung, in drei Teile, die relativ scharf voneinander abgegrenzt werden können: 1. Während der Spätantike war Byzanz direkter Teil des Römischen Reiches und als dessen Fortsetzung auch die allgemein anerkannte Vormacht des christlichen Europa (4. Jh.–7. Jh.). 2. Zwischen dem 7. und dem 12. Jahrhundert spielte Byzanz eine bedeutende Rolle als regionale Vormacht im östlichen Mittelmeerraum (7. Jh.–1204). 3. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer 1204 und der Errichtung Lateinischer Staaten auf dem Gebiet des Byzantinischen Reiches wurde Byzanz zu einem Kleinstaat, der politisch im wesentlichen von außen bestimmt wurde (1204–1453). Alle drei Perioden haben ihre Bedeutung. So wurden in der ersten die Grundlagen gelegt bzw. weitergeführt, die Byzanz geformt und zu dem gemacht haben, was es war und vor allem: was es sein wollte. Die Endzeit wiederum war, politisch gesehen, eineVerfallszeit, hat aber, vielleicht gerade deshalb, wesentlich zum byzantinischen Selbstverständnis als einer eigenständigen Zivilisation beige12

tragen und so den Boden für das Weiterleben des orthodoxen Kulturraumes auch nach dem Ende des Reiches vorbereitet. Daher dürfen Anfang und Ende nicht ausgespart bleiben, können aber, schon aus Platzgründen, nicht mit derselben Intensität behandelt werden. Eine Einführung wie die hier vorliegende ist notwendigerweise lückenhaft, zum Teil, weil ein einzelner Autor heutzutage kaum noch alle Aspekte der byzantinischen Geschichte gleichermaßen überblicken kann, und zum Teil, weil schon der vorgegebene Umfang zur Auswahl zwingt. Diese Auswahl ist naturgemäß subjektiv, und andere Fachleute würden vielleicht andere Schwerpunkte setzen. Aber das Buch ist nicht für den Experten bestimmt, der sich über viele Jahre mehr oder weniger erfolgreich mit dem Phänomen Byzanz auseinandergesetzt hat, sondern für Studenten und für allgemein historisch interessierten Leser, die eine erste Information über Byzanz suchen. Die Schreibweise der Namen und Begriffe richtet sich im allgemeinen nach Georg Ostrogorsky, Geschichte des byzantinischen Staates (München 31963). Jedoch ist mehr Wert aufVerständlichkeit als auf absolute Folgerichtigkeit gelegt worden. Es ist eine angenehme Pflicht, all denen zu danken, die am Zustandekommen dieses Buches beteiligt gewesen sind. Zu nennen sind hier Klaus Belke, Wolfram Brandes, Stephan Heidemann, Georgios Makris, Günter Prinzing und FriedhelmWinkelmann, die verschiedene Teile des Manuskripts gelesen oder mir publiziertes und unpubliziertes Material zu bestimmten Fragestellungen zurVerfügung gestellt haben. Meine KollegInnen von der »Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit« haben immer wieder bereitwillig Probleme mit mir diskutiert und mir so geholfen, manche Dinge klarer zu sehen. Thomas Pratsch hat darüber hinaus das Manuskipt gegengelesen und korrigiert. Ebenso hat Valeria Lilie wesentliche Teile gelesen und mich vor missverständlichen Formulierungen und einigen zu persönlichen Aussagen bewahrt. Die Fehler, die in einem Buch dieser Art unvermeidlich sind, gehen allein zu meinen Lasten. Das dauerhafteste »Opfer« der Arbeit an diesem Buch ist allerdings meine Frau, die nicht nur gleichfalls Korrektur lesen musste, sondern die auch die immer wiederkehrenden Diskussionen geduldig, wenn auch manchmal nur mit Mühe, durchstanden hat und der – wem sonst? – das Buch gewidmet sei.

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Der geographische Raum

Vorbemerkung: Ausdehnung und Kommunikation Größe allein sagt nicht unbedingt etwas über die Substanz eines Staates aus. Wäre dem so, hätte das Römische Reich niemals untergehen dürfen, und der Erfolg der italienischen Stadtstaaten Venedig und Genua im Hoch- und Spätmittelalter wäre nicht zu erklären. Entscheidender als der geographische Raum sind im politischen Bereich Kontrollmöglichkeiten, im ökonomischen die Erreichbarkeit fruchtbarer Gebiete und eine wirtschaftlich nutzbare Infrastruktur. Auf mittelalterliche Verhältnisse bezogen, heißt das: Die wirtschaftlich relevanten Regionen eines Staates mussten kontinuierlich vor feindlichen Angriffen geschützt werden und außerdem so zugänglich sein, dass die jeweilige Zentrale sie mit möglichst geringem Aufwand ausbeuten und kontrollieren konnte, denn ebenso folgenschwer wie Angriffe von außen wären erfolgreiche Unabhängigkeitsbestrebungen im Inneren gewesen. Im wirtschaftlichen Bereich waren guteVerkehrswege zwingend. Eine noch so fruchtbare Provinz nützte gar nichts, wenn man den Ernteüberschuss nicht dahin bringen konnte, wo Bedarf für ihn bestand. Das heißt konkret: Die fruchtbaren Gebiete mussten zu Schiff erreichbar sein! Gleiches galt für Bodenschätze und Industrie.Transport über Land war unrentabel. Die einzigen Ausnahmen waren Waren, die außerordentlich hohen Wert mit leichter Transportierbarkeit vereinten. Im Mittelalter galt das beispielsweise für Seide, Gewürze, Salz und Edelmetalle. Massengutware hingegen war auf den Transport zu Wasser angewiesen. Die Rechnung ist simpel: Der Transport zu Lande erforderte entweder Straßen, die mit Wagen befahrbar waren, oder Lasttiere. Gute Straßen gab es nach der Römerzeit nur wenige, und diese wenigen stimmten nicht immer mit den veränderten Handelsströmen überein, zumal sie oft nicht nach merkantilen, sondern nach militärischen Erwägungen angelegt worden waren. In Kleinasien waren die großen Fernhandelsstraßen in byzantinischer Zeit noch weniger als diejenigen auf dem Balkan fürWagen geeignet, so dass beispielsweise die Kreuzfahrer, selbst wenn sie aus dem Westen bis Konstantinopel noch Wagen mitführen konnten, spätestens hier gezwungen waren, auf Packtiere umzuwechseln. Aber Packtiere waren teuer, vor allem im Verbrauch. Da man, be14

sonders auf viel benutzten Karawanenrouten, nicht damit rechnen konnte, dass die Tiere sich ausschließlich aus dem Lande ernährten, musste man Futter entweder zukaufen oder extra mitführen. Zudem war der Aufwand für die Treiber der Tiere hoch. Das bedeutete: Die maximal lohnende Entfernung hing von der Differenz zwischen den täglichen Aufwendungen und dem Wert der mitgeführten Last ab. Es ist klar, dass sich der Transport über größere Entfernungen unter diesen Umständen nur für extrem wertvolle Waren lohnte, während der Transport von Massengut unrentabel, wenn nicht gar unmöglich war. Für dieses rechnete sich nur der Wasserweg.1 In Antike und Mittelalter war dies der Grund dafür, dass größere Städte ausschließlich an schiffbaren Flüssen oder am Meer lagen. Andere Städte konnten immer nur so groß sein, dass ihreVersorgung aus dem Umland möglich war, und das schloss die Entstehung von wirklich großen Städten aus. Von der Politik her gesehen war die unabdingbareVoraussetzung für die staatliche Existenz der Schutz vor feindlichen Einfällen. Erfolgreiche Landwirtschaft war nur möglich, wenn die Bauern mit gesicherten Verhältnissen rechnen konnten, was z. B. bei immer wiederkehrenden Einfällen oder Unruhen nicht der Fall war. Bedenkt man, dass Vorratshaltung im Vergleich zu heute wesentlich schwieriger war, schon aufgrund der schlechteren Relation von Saatgut und Ernteertrag, so wird klar, dass fortgesetzte Störungen der Landwirtschaft, sei es durch menschliche Einwirkungen oder auch aufgrund von Missernten, schnell zu Hungersnöten und in letzter Konsequenz auch zu Bevölkerungsrückgang führen konnte. Das musste nicht unbedingt gleich den Tod bedeuten, konnte aber die Abwanderung aus den betroffenen Gebieten zur Folge haben. Dies wiederum hatte Konsequenzen für den gesamten Staat, dem so nicht nur Steuern, sondern auch Menschen verloren gingen. Hier haben wir einen der Gründe, warum eine Koexistenz zwischen Staaten mit vorwiegend sesshafter Bevölkerung und Nomadenreichen kaum möglich war, es sei denn, die Nomaden wurden die neuen Herren und beuteten die Unterworfenen mehr oder weniger friedlich aus. Wenn wir diese allgemeinen Überlegungen auf Byzanz anwenden, ergibt sich ein relativ klares Bild der Probleme, mit denen Byzanz sich in den verschiedenen Phasen seiner Existenz konfrontiert sah.

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Die Provinzen Das byzantinische Reichsgebiet hat im Lauf seiner über tausendjährigen Geschichte naturgemäß großeVeränderungen erfahren. Während es in der Spätantike praktisch den gesamten östlichen Mittelmeerraum umfasste und zeitweilig sogar bis nach Spanien ausgriff, konzentrierte es sich in der mittelbyzantinischen Zeit (7.–12. Jahrhundert) mehr oder weniger auf den Balkanraum südlich der Donau und auf Kleinasien. In den letzten Jahrhunderten gebot der Kaiser außer über seine Hauptstadt Konstantinopel nur noch über einige verstreute Provinzen, die im Gebiet des heutigen Griechenland lagen. Im Folgenden werden die wichtigsten Provinzen des Reiches kurz in ihren jeweiligen Besonderheiten und in ihrer Bedeutung für das Reich analysiert.

Ägypten Ägypten gehörte zu Ostrom vom 4. Jahrhundert bis 642, als es von den Arabern erobert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war es die mit Abstand reichste und ökonomisch bedeutendste Provinz des oströmischen Reiches. Diese Bedeutung resultierte vor allem aus drei Faktoren: 1. Infolge der jährlichen Überschwemmungen des Nil war Ägypten überaus fruchtbar. Während dasVerhältnis zwischen Ernteertrag und Saatgut in den anderen Provinzen des Reiches zwischen drei bis fünf zu eins schwankte, lag es in Ägypten nicht nur wesentlich höher, sondern es waren darüber hinaus auch mehr Ernten pro Jahr möglich als in den Regionen mit normalen Bedingungen. 2. Die fruchtbaren Gebiete in Ägypten lagen alle relativ eng am Nil, oder sie waren problemlos über das Nildelta zu erreichen. Das heißt, der aufwändige Landtransport entfiel fast ganz. Es war bequem möglich, die Erzeugnisse auf dem Wasserweg an die Küste zu transportieren, von wo aus sie zu praktisch jedem Bestimmungsort innerhalb des Römischen Reiches gebracht werden konnten, der an einem Meer oder Fluss lag. In der Spätantike waren Rom und Konstantinopel, die beiden Hauptstädte des Römischen Reiches, mehr oder weniger von den ägyptischen Getreidelieferungen abhängig. Fielen diese aus, gab es Unruhen, wenn nicht sogar Hungersnöte in der Bevölkerung. 3. In seiner Lage zwischen dem Roten Meer und dem Mittelmeer war Ägypten ein hervorragender Schnittpunkt für die Han16

delswege ins südliche Arabien und darüber hinaus. Auf diesem Weg kamen z. B. Gewürze aus Südostasien in den Mittelmeerraum. Im Mittelalter hatte Ägypten auf den Gewürzhandel mit dem Abendland praktisch ein Monopol, das ihm ungeheuren Reichtum einbrachte. Außerdem bot es, wie schon zu den Zeiten der Pharaonen, Zugang zu den Vorkommen an Bodenschätzen, Tieren und sonstigen Produkten, nicht zuletzt Sklaven, aus dem südöstlichen Afrika. Davon abgesehen entwickelte Ägypten auch selbst eine bedeutende Industrie: die ägyptischen Glas- und Tonwaren waren begehrt, der Papyrus als Beschreibstoff fast unersetzlich.2 Auch in kultureller Hinsicht war die Provinz herausragend. Die Hauptstadt Alexandreia mit angeblich über einer halben Million Einwohnern stand an Bedeutung nur hinter Rom und Konstantinopel zurück. Ihre Schulen waren schon in römischer Zeit berühmt. Die Bedeutung der Stadt sank auch nicht, nachdem das Christentum hier Fuß gefasst hatte, im Gegenteil. Der Patriarch von Alexandreia zählte zusammen mit denen von Rom und Antiocheia zu den drei wichtigsten Kirchenfürsten des frühen Christentums, ehe er, ebenso wie der antiochenische, von Konstantinopel überflügelt wurde. Dieser Reichtum und das daraus resultierende Selbstbewusstsein führten allerdings auch immer wieder zu Problemen mit der Zentralregierung in Konstantinopel. Nicht umsonst waren in Ägypten schon im 5. Jahrhundert die zivile und die militärische Provinzverwaltung in einer Hand vereinigt, was im restlichen Reich erst erheblich später der Fall sein sollte. Besonders im religiösen Bereich gelang es nicht, eine Einigung zwischen den Orthodoxen, die sich auf dem Konzil von Chalkedon 451 als allein »rechtgläubig« durchgesetzt hatten, und den Monophysiten durchzusetzen. Die letzteren waren, gerade in Ägypten und Syrien/Palästina, zahlenmäßig zu stark, um mit Gewalt unterdrückt werden zu können. Die aus diesem Konflikt resultierenden Auseinandersetzungen dauerten bis zur arabischen Eroberung der Provinz im 7. Jahrhundert an. Danach verloren die Melkiten, wie die Anhänger der Orthodoxie genannt wurden, weiter an Einfluss, während sich aus der monophysitischen Kirche die nationale »koptische« Kirche entwickelte. In Alexandreia residierten fortan zwei Patriarchen nebeneinander.3 Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass der Besitz des reichen Ägyptens in der Spätantike einer der Faktoren für das Überleben des Oströmischen Reiches gewesen ist. Hier besaß Ostrom ein Hinterland, das von feindlichen Angriffen unberührt blieb und trotz aller Probleme, die dort auftraten, den byzantinischen Kaisern die Ressourcen bot, mit denen sie die zahlreichen Angriffe von außen 17

abwehren und die Verfallserscheinungen im Inneren abmildern konnten. Der Verlust Ägyptens im 7. Jahrhundert stürzte das Reich fast in den Ruin und ist einer der Gründe gewesen, die den tiefgreifenden Staatsumbau in dieser Zeit erzwungen haben.

Syrien und Palästina Ebenso wie Ägypten gehörte diese Region zu den ökonomisch stärkeren des Ostreiches, allerdings mit wesentlich größeren inneren Unterschieden. Hinter einem relativ schmalen und sehr fruchtbaren Küstenstreifen am Mittelmeer gab es ein Gebiet, das zwar auch noch fruchtbar, aber in Teilen trockener und von hohen Gebirgszügen aufgeteilt war. Dahinter lag Steppe, die in Wüste überging. Aber auch hier gab es immer wieder Landstriche, die dank guter Wasserversorgung äußerst fruchtbar und dementsprechend wohlhabend waren. Man denke etwa an die Landschaft nordöstlich des Toten Meeres, die in der Spätantike dicht besiedelt war und, wie die rege Bautätigkeit vermittelt, durchaus wohlhabend gewesen zu sein scheint. Ähnliches galt für das Orontestal und einige andere westlich des Euphrat gelegenen Teile Nordsyriens. Dennoch hatten diese Gebiete das grundsätzliche Problem, dass ihre Exportmöglichkeiten schon aus aufgrund der geographischen Lage eingeschränkt waren, da der Weg zur Küste zu weit war. Im besten Fall gab es Landhandel über mittlere Entfernungen, und die meisten Ansiedlungen im Inneren waren auf Selbstversorgung angewiesen.4 Dagegen war das ökonomische Leben in der Küstenregion erheblich stärker, nicht zuletzt dank des Exports, der sowohl Nahrungsmittel als auch und vor allem industrielle Produkte umfasste. Wein und Öl waren begehrte Ausfuhrartikel, die syrischen Tuchwaren waren ebenso berühmt wie die Purpurfärbereien sowie die Glas- und die Seidenindustrie, die im 6. Jahrhundert allerdings durch dirigistische Maßnahmen aus Konstantinopel Schaden nahmen. Auch der Schiffbau war bedeutend und bildete nach der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert den Grundstock für den arabischen Flottenbau.5 Einen Teil ihres Wohlstands bezogen Syrien und Palästina allerdings auch vom Transithandel. Bedeutende Karawanenrouten endeten hier: Der Norden profitierte vom Handel mit und über Mesopotamien, während im Süden die sogenannte Weihrauchstraße endete, über die Gewürze eingeführt wurden. Mit Westarabien (Mekka und Medina) bestanden enge Handelsverbindungen. Einer der Schnittpunkte für den Handel mit Persien war die Grenzstadt Dara, die im Friedensvertrag mit Persien 562 zur Kontrollstation für 18

den gegenseitigen Handel bestimmt wurde, diese Funktion wegen des bald darauf neu ausbrechenden Krieges aber nicht mehr wahrnehmen konnte. Schwieriger gestaltete sich die Bevölkerungsverteilung: Das griechische Element war vor allem in den Küstenregionen stark vertreten und nahm ab, je weiter entfernt vom Meer die jeweilige Gegend lag. Dort erhöhte sich der syrische Bevölkerungsanteil. Die Araber hatten in den Stämmen der Lachmiden und der Ghassaniden, die vor allem aufgrund des immerwährenden Kriegs gegen Persien eine bedeutende Rolle als von beiden Seiten umworbene Bündnispartner spielten, eine starke Stütze. Allerdings waren die Araber nur im Innern wirklich zahlreich, in der Küstenregion blieben sie selbst nach der islamischen Eroberung eine Minderheit.6 Ob die vermischte Bevölkerung, die sich auch in unterschiedlichen Sprachen verständigte, wirklich ein Problem für die Region gebildet hat, sei dahingestellt. Verglichen mit der religiösen Problematik dürften die »nationalen« Unterschiede eher zweitrangig gewesen sein. Ebenso wie in Ägypten war der Monophysitismus in Syrien weit verbreitet und konnte trotz häufiger Repressalien nicht unterdrückt werden. Neben der offiziellen Reichskirche, die in Antiocheia von einem Patriarchen vertreten wurde, bildete sich im 6. Jahrhundert eine eigene monophysitische Hierarchie, aus der schließlich die noch heute existierende jakobitische Kirche hervorging. Wir müssen allerdings zwischen Syrien und Palästina, wo die Monophysiten weniger stark vertreten waren, unterscheiden. Die Probleme bestanden hier eher in dem Verhältnis zwischen Christen und Juden bzw. Samaritanern, die wohl bis zur arabischen Eroberung die Mehrheit der Bevölkerung gebildet haben, allerdings aus Jerusalem und Judäa per Gesetz ausgeschlossen waren. Dass sowohl Juden als auch Samaritaner mit der byzantinischen Herrschaft nicht zufrieden waren, zeigen immer wiederkehrende Unruhen und Aufstände. Die muslimischen Quellen sprechen sogar davon, dass die Bevölkerung – in diesem Fall eben die Nichtchristen – die muslimische Eroberung begrüßt hätten. Jerusalem allerdings wurde zu einem Zentrum der christlichen Religion, mit zahlreichen Kirchen, Klöstern und Pilgerhospizen. Allein das Xenodocheion bei der Marienkirche in Jerusalem hatte mehr als 200 Betten, und es war bei weitem nicht das einzige Pilgerhospiz. Zwar zog auch die Region um Antiocheia mit den Heiligtümern des älteren und des jüngeren Symeon Stylites eine große Zahl von Pilgern an, aber man darf bezweifeln, dass ihre Anziehungskraft – vor allem nach dem Tod der beiden Heiligen – derjenigen von Jerusalem gleichkam.7 19

Auch wirtschaftlich nahmen die Verhältnisse in Palästina einen anderen Verlauf als in Nordsyrien, da der Süden weniger unter dem Krieg mit den Persern litt, die 540 sogar Antiocheia erobern und plündern konnten. Möglicherweise profitierte Palästina sogar von den Schwierigkeiten in Syrien, sei es, dass die Handelsströme sich aus dem unsicheren Norden hierher verlagerten, oder aus anderen Gründen. Jedenfalls scheint sich der Handel mit dem westlichen Arabien intensiviert zu haben, und Palästina, das von kriegerischen Ereignissen weitgehend verschont blieb, machte in dieser Zeit einen wohlhabenden Eindruck. Das Hauptproblem Syriens war seine geographische Gliederung, die die Provinz Angriffen von außerhalb aussetzte. Syrien wird im Norden von Kleinasien durch die Bergketten von Tauros und Antitauros getrennt, während der Ostteil sich ohne natürliche Grenzen bis Mesopotamien erstreckt. Der Euphrat bildete für Einfälle kein ernsthaftes Hindernis. Insofern wurde die Region immer wieder zum Schauplatz der militärischen Auseinandersetzungen zwischen Römern bzw. später Byzantinern und Persern. Auch wenn die Grenze in der frühbyzantinischen Epoche relativ weit im Osten verlief – umkämpfte Grenzstädte waren im 6. Jahrhundert Dara und Nisibis –, konnten die Perser mehrfach weit in das byzantinische Hinterland vorstoßen und schwere Schäden anrichten. Nicht von ungefähr waren die meisten syrischen Städte stark befestigt. Aber auch das verhinderte nicht die persische Besetzung Nordsyriens 609/10. In dem folgenden Jahrzehnt konnten die Perser erfolgreich nach Süden vordringen, Palästina einnehmen und sogar Ägypten besetzen. Auch dies wurde durch die Geographie erleichtert: Die Höhenzüge des Amanos und des Libanongebirges, die in ungefährer Nordsüdrichtung verlaufen, trennen zwar die Mittelmeerküste vom Landesinneren ab, bieten aber wenig Schutz gegen einen Angreifer, der vom Norden her kommt und zugleich das östliche Hinterland kontrolliert. Nicht umsonst hat diese Region nie eine eigene Großmacht hervorgebracht, sondern wurde, fast bis zum heutigen Tage, überwiegend von außen dominiert. Ob Nordsyrien tatsächlich, wie früher allgemein angenommen, in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts einen wirtschaftlichen Niedergang erlebt hat, ist unterdessen umstritten, da Ausgrabungen in einzelnen Orten eine kontinuierliche Besiedlung ohne größere Schäden bis in das 9. Jahrhundert hinein zeigen. Jedoch kann dies nicht unbedingt auf die ganze Region übertragen werden. Es gelang Byzanz im 10. Jahrhundert, Teile Syriens mit Antiocheia zurückzugewinnen. Jedoch blieben diese Rückeroberungen 20

bis zu ihrem erneuten Verlust gegen Ende des 11. Jahrhunderts immer eine umkämpfte Grenzregion, die in ökonomischer Hinsicht keinenVergleich mit der Zeit vor der arabischen Eroberung aushielt. In Palästina sollten die Byzantiner nach dem 7. Jahrhundert nie wieder Fuß fassen. Der Verlust Syriens und Palästinas, ebenso wie der Ägyptens, markiert einen tiefgehenden finanziellen und kulturellen Einschnitt in der Geschichte des Byzantinischen Reiches. Mit Antiocheia und Alexandreia gingen bedeutende wirtschaftliche, kulturelle und religiöse Zentren verloren. Zusammen mit Jerusalem standen jetzt drei der fünf wichtigsten Patriarchate unter muslimischer Herrschaft, nur Rom und Konstantinopel blieben christlich. Auf der anderen Seite konnte Konstantinopel erst jetzt die überragende Stellung gewinnen, die es bis zum Ende des Byzantinischen Reiches im 15. Jahrhundert einnehmen sollte.

Kleinasien Kleinasien gehörte vom 4. bis zum 11. Jahrhundert fast uneingeschränkt zu Byzanz, ehe es sukzessive an die Türken verlorenging. Vom 7. bis zum 11. Jahrhundert war es das unbestrittene Kernland des Reiches. Geographisch gesehen zerfällt es in drei verschiedene Bereiche: Im Inneren breitet sich ein relativ trockenes Hochland aus, das zwischen 800 und 1300 Metern hoch ist und im wesentlichen nur als Weideland nutzbar war. Diese Hochebene wird im Süden vom Taurosgebirge und im Norden vom Pontischen Gebirge begrenzt. Im Osten steigt das Gelände an und wird bergiger. Der Tauros erstreckt sich nach Nordosten, bis er zusammen mit dem Pontischen Gebirge ein großes bergiges Areal bildet, das sich schließlich zum Kaukasus hin auffächert. Diese Region wurde vorzugsweise von Armeniern bewohnt, die in der Geschichte von Byzanz seit jeher eine besondere Rolle gespielt haben. Im Westen schließlich fällt das Hochland zum Mittelmeer hin ab, wobei es durch zahlreiche Flüsse und dazwischen liegende Gebirgszüge zergliedert wird. Das im Südosten gelegene Kilikien ist zwar politisch zu Kleinasien zu rechnen, war von diesem aber durch das Taurosgebirge getrennt, das nur an wenigen Stellen ohne Schwierigkeiten passiert werden konnte, im Winter oft gar nicht. Zwischen dem 7. und dem 11. Jahrhundert war es eine fast ständig umkämpfte Grenzprovinz.8 Diese geographische Gliederung bedingte auch die höchst unterschiedliche Besiedlung und Nutzung: Die Westküste zur Ägäis hin 21

war, vor allem in den Flusstälern und Küstenebenen, sehr fruchtbar und dicht besiedelt. Die zahlreichen Buchten boten gute Ankerplätze und Hafenmöglichkeiten, so dass es hier seit Alters her viele Städte gab, in denen lebhaft Handel getrieben wurde. Auch die Schwarzmeerküste war fruchtbar, besaß aber weniger Häfen. Hier waren Sinope, das auch für den Verkehr mit der byzantinischen Chersones (Krim) zuständig war, und Trapezunt die wichtigsten Orte. Kilikien bot ebenfalls gute Bedingungen für Argrarwirtschaft, war aber wohl zu kleinräumig, um mehr als lokale Bedeutung zu erlangen. Demgegenüber war das Landesinnere Kleinasiens nur relativ dünn besiedelt und besaß kaum bedeutende Städte. Getreideanbau war nur in den wenigen Gegenden möglich, wo es genug Wasser gab. Verbreitet war dagegen die Weidewirtschaft. In byzantinischer Zeit befanden sich hier einige große kaiserliche Gestüte, von denen die bedeutendsten allerdings bei Malagina in Westkleinasien lagen, also nicht auf der anatolischen Hochebene. Nach der türkischen Eroberung Kleinasiens setzten sich turkmenische Nomaden fest, die von den Byzantinern weder vertrieben noch unterworfen werden konnten und damit das Ende der byzantinischen Herrschaft in Kleinasien einleiteten. Das im Osten gelegene Armenien war für Byzanz aus mehreren Gründen interessant. Einmal lagen hier reiche Bodenschätze, besonders Metalle, zum anderen war das Gebiet auch aus geopolitischen Gründen wichtig. Die Bergketten, durch die Armenien in viele kleinräumige Einheiten gegliedert wurde, erschwerten ein Eindringen von Süden, boten aber kein natürliches Hindernis gegen einen Gegner, der aus dem Osten kam. Die räumliche Zergliederung verhinderte in Armenien die kontinuierliche Existenz einer starken Zentralmacht und förderte die Entstehung kleinerer lokaler Mächte, die zu schwach waren, um aus eigener Kraft eine unabhängige Existenz zu sichern. So war die ganze Region immer wieder Streitobjekt der umliegenden Großmächte, nicht zuletzt von Byzanz, das zumindest das westliche Armenien lange Zeit mehr oder weniger effektiv kontrollieren konnte. Für die Kaiser wichtig war auch das militärische Potential der Armenier, die als Söldner und auch als Immigranten in der byzantinischen Armee eine bedeutende Rolle spielten. Von vielen wurde das Militär auch als Sprungbrett für eine zivile Karriere benutzt, und nicht wenige Kaiser sind armenischer Abstammung gewesen. Dennoch waren die Armenier in Byzanz nicht beliebt, sondern galten als unzuverlässig, was auch an den Verhältnissen in ihrer Heimat gelegen haben mag, die ihnen immer wieder die eifrig genutzte Möglichkeit gaben, die großen benachbarten 22

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Byzanz: Geländestruktur und wichtigste Straßen

Mächte gegeneinander auszuspielen, um auf diese Weise für sich selbst einen gewissen Freiraum zu behalten. Ökonomisch gesehen spielte Armenien hingegen für Byzanz – von der Ausbeutung mancher Bodenschätze abgesehen – keine große Rolle. Es war zwar fruchtbar, aber die schwierigen geographischen Verhältnisse ließen einen überregionalen Handel kaum zu.9 Insgesamt gesehen, erfreuten die kleinasiatischen Provinzen sich in der Spätantike eines relativ guten Zustands, zum Teil kann man sie geradezu als blühend bezeichnen. Dazu trug sicher bei, dass Kleinasien kaum von kriegerischen Ereignissen heimgesucht worden war. Der Krieg gegen Persien spielte sich vorzugsweise in Syrien, Mesopotamien und in Armenien ab, weder Germanen noch Hunnen oder später Slawen und Avaren fielen nach Kleinasien ein, so dass die Bevölkerung ein relativ sicheres Leben führen konnte. Diejenigen Gegenden, die am Meer und an schiffbaren Flüssen lagen, nahmen am überregionalen Handel teil, auch wenn sie in ihrer Bedeutung sicher von Ägypten und Syrien übertroffen wurden. In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts verschlechterte sich aber offenbar die ökonomische Situation, nicht zuletzt wohl aufgrund der großen Pestepidemie nach 541. Dennoch befand Kleinasien sich in einem vergleichsweise gesunden und belastbaren Zustand. Für Byzanz war dies ab dem 7. Jahrhundert auch dringend nötig, denn nach dem Verlust Syriens, Palästinas und Ägyptens wurde Kleinasien für über 400 Jahre zum unverzichtbaren Kernland des Reiches. Auch dies war eine Folge der geographischen Gegebenheiten: Die Bergketten desTauros, die während desWinters für größere Heere kaum zu passieren waren, blockierten zwar nicht die Einfälle selbst, ermöglichten es aber den Byzantinern, ein Verteidigungssystem zu entwickeln, das ein dauerhaftes Festsetzen der Invasoren verhinderte. In den Küstengebieten Kleinasiens, zum Teil auch des Balkans, fand das reduzierte Byzanz einen gewissen Ersatz für Ägypten und Syrien.Von dieser Basis aus konnte es im 7. und 8. Jahrhundert auch den weitgehenden Ausfall der inneren Balkanprovinzen ausgleichen und im 10. Jahrhundert seinerseits wieder nach Armenien, Syrien und Mesopotamien expandieren. Allerdings halfen die Bergketten nicht mehr gegen die türkischen Seldschuken, die im 11. Jahrhundert von Osten her kamen und fast ganz Kleinasien in schneller Folge überrannten. Zwar konnten die Byzantiner die Küstengebiete der Halbinsel bald wieder zurückgewinnen, auf dem inneren Hochplateau aber fassten sie nicht wieder Fuß. Hier blieben die Seldschuken und vor allem die turkmenischen Nomaden die 24

Herren. Für die Küstengebiete war dies verhängnisvoll, da die langen Grenzen nicht zu verteidigen waren und das verbliebene Gebiet nicht tief genug war, um für die Bevölkerung dauerhafte Sicherheit zu gewährleisten. Daher macht das byzantinische Kleinasien im 12. Jahrhundert einen vergleichsweise armen und desolaten Eindruck. Im 13. Jahrhundert unterstand nur noch der Nordwesten den in Nikaia und ab 1261 wieder in Konstantinopel residierenden Kaisern, und auch dieser fiel in den ersten drei Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts an die türkischen Osmanen. Allein in Trapezunt sollte sich bis 1461 noch ein kleines, regionales Kaisertum halten, das aber zu klein und unbedeutend war, um in der »großen Politik« eine Rolle zu spielen.10

Balkan Bei der Aufteilung des Römischen Reiches in zweiVerwaltungshälften fiel der Balkanraum großteils an Ostrom, das fortan die Provinzen südlich von Donau und Save beherrschte. Zu Westrom gehörte nur Dalmatien. Die Grenze zwischen beiden Teilen zog sich mehr oder weniger von Sirmium (in der Nähe des heutigen Sremska Mitrovica) die Drina entlang nach Süden. Das Hauptproblem des römischen und später des byzantinischen Balkan war der Umstand, dass die Donau keine feste natürliche Grenze nach Norden bildete. So kam es zwischen dem 4. und dem 13. Jahrhundert immer wieder zu Einfällen und in deren Folge auch zur Ansiedlung von ganzen Völkern: Im 4. und 5. Jahrhundert die Germanen (vor allem Goten, Vandalen, Langobarden, Gepiden und Heruler) und Hunnen, im 6. und 7. Jahrhundert Avaren und Slawen, im 7. Jahrhundert Serben, Kroaten und Bulgaren, im 9. und 10. Jahrhundert die Ungarn sowie im 11. und 12. Petschenegen und Kumanen, um nur die bedeutenderen Invasoren zu nennen. Von den Einwanderungen der Albaner und der Vlachen wurde Byzanz weniger betroffen, da das Reichsgebiet in dieser Zeit ohnehin schon so weit reduziert war, dass es von den Niederlassungen dieser neuen Einwanderer nur noch am Rande berührt wurde. Ähnliches galt für die Mongolen im 13. und 14. Jahrhundert. Die geographische Struktur tat ein Übriges, um die Kontrolle für die Byzantiner zu erschweren. Der Westen wird durch einen in ungefährer Nordsüdrichtung verlaufenden, mehrfach aufgespaltenen Gebirgszug bestimmt, der sich bis in die Peloponnes hinein fortsetzt. Im östlichen Teil verlaufen die Gebirgszüge etwa in Ostwestrichtung. Diese Ketten waren relativ hoch und im Winter oft unwirtlich, so dass sie von größeren Armeen nicht leicht passiert 25

werden konnten. Die geographische Gliederung führte zu einer relativ kleinräumigen Strukturierung, die im 6. und 7. Jahrhundert die Festsetzung slawischer Stämme erleichterte. Für Armeen, die aus den von Byzanz kontrollierten Küstenregionen kamen, war es nicht leicht, gegen einen entschlossenen Feind das Landesinnere zu gewinnen, was die Byzantiner in den Kriegen gegen die Bulgaren oft schmerzlich erfahren mussten. Zwischen dem 5. und dem 10. Jahrhundert war Byzanz der innere Balkan weitgehend verschlossen. Durch die ständigen Einfälle verminderte sich die Bevölkerung, und der ökonomische Zustand der Region war schlecht. Im 6. Jahrhundert gewann das Reich die Kontrolle über den südlichen Balkan zwar zurück, verlor ihn jedoch schon wenig später an die Avaren und Slawen. Am Ende des 7. Jahrhunderts setzten sich im Osten die Bulgaren fest. Erst im 9. Jahrhundert konnte sich Byzanz im Raum des heutigen Griechenland einigermaßen durchsetzen, und erst zu Beginn des 11. Jahrhunderts wurden auch die Bulgaren unterworfen, so dass das Reichsgebiet sich im 11. und 12. Jahrhundert, allerdings mehrfach von Aufständen in Bulgarien und von Einfällen der Petschenegen und Kumanen erschüttert, wieder bis zur Donau erstreckte. Nach dem Vierten Kreuzzug beherrschte Byzanz eigentlich nur noch die Küstenregionen, und diese zerstreuten Gebiete gingen nach und nach an Serben, Bulgaren und ab der Mitte des 14. Jahrhunderts an die osmanischen Türken verloren. Insgesamt gesehen kann man sagen, dass Byzanz über die meiste Zeit seiner Existenz eher die Küstengebiete kontrollierte, aber nicht das Landesinnere. Von einer gewissen wirtschaftlichen Bedeutung waren allerdings auch nur die Provinzen an der Küste, die vor allem Nahrungsmittel produzierten und ab dem 12. Jahrhundert auch exportierten. Zu nennen sind hier vor allem Getreide und Olivenöl. Um Theben und Korinth wurde mit Erfolg Seide angebaut und weiterverarbeitet. Auch gab es in einigen Regionen Erzvorkommen. Aber die geographischen Verhältnisse machten den Transport schwierig. Zwar existierten mehrere recht gut erhaltene Fernstraßen, wie etwa die Via Egnatia, die von Dyrrhachion (heute Durrës) nach Konstantinopel führte, aber für den Fernhandel hatte sie insgesamt gesehen keine große Bedeutung, auch wenn einzelne Abschnitte stärker genutzt wurden. Die Donau war schiffbar, aber auch hiert wissen wir nichts von einem nennenswerten Handel über größere Distanzen. Aus verschiedenen Reiseberichten des 11. und 12. Jahrhunderts erfährt man, dass die Küstengebiete als blühend und wohlhabend galten. In einigen Städten, wie z. B. Dyrrhachion, Theben, Korinth, Halmy26

ros, Thessalonike und Rhaidestos, gab es sogar italienische Handelsquartiere, was für einen intensiven Fernhandel spricht. Aber alle diese Plätze lagen entweder direkt an der Küste oder doch nahe am Meer. ImVergleich mit Kleinasien wies der Balkan zweifellos das geringere ökonomische Potential auf, was vor allem daran lag, dass es den Byzantinern nicht gelang, die gesamte Region dauerhaft zu kontrollieren. Nicht umsonst erlebten die Balkanprovinzen des Reiches erst während des 12. Jahrhunderts ihre Blütezeit, als die kleinasiatische Konkurrenz wegfiel und Byzanz den gesamten Balkanraum bis zur Donau sein Eigen nannte. Als diese Kontrolle gegen Ende des Jahrhunderts schwächer wurde, verschlechterten sich auch wieder die Bedingungen in den Küstenregionen.11

Die Inseln Die Bedeutung der verschiedenen Inseln für Byzanz ist so unterschiedlich wie ihre geographische Lage und Ausdehnung. Keine der großen Inseln gehörte durch die ganze byzantinische Zeit hindurch zum Reich. Korsika, Sardinien und Sizilien waren zunächst Teile Westroms. Nach der Etablierung der Vandalen und der Ostgoten wurden sie zeitweilig von diesen beherrscht, im 6. Jahrhundert konnte Byzanz sie zurückgewinnen. Unter Kaiser Maurikios wurden Korsika, Sardinien und die Balearen anscheinend dem neugeschaffenen Exarchat Karthago zugeschlagen. Auf diesen Inseln hat die byzantinische Herrschaft wenig Spuren hinterlassen. Während Korsika und die Balearen wohl schon im 7. Jahrhundert Byzanz wieder entglitten, blieb Sardinien noch bis ins 10. Jahrhundert hinein byzantinisch. Allerdings dürfte die byzantinische Herrschaft eher formaler Natur gewesen sein, auch wenn die Kaiser die lokalen Herren auf der Insel noch im 10. Jahrhundert mit Rangtiteln – und wahrscheinlich auch mit der dazugehörigen Bezahlung – auszeichneten.12 Sizilien wurde unter Justinian byzantinisch und blieb es bis zum 10. Jahrhundert. Im 7. und 8. Jahrhundert spielte es eine wichtige Rolle, da es einerseits für die byzantinischen Besitzungen in Italien als sicheres Hinterland fungierte und Byzanz andererseits von der Insel aus dank ihrer geographischen Position den Übergang zwischen dem östlichen und dem westlichen Mittelmeer kontrollierte. Aber seit den zwanziger Jahren des 9. Jahrhunderts wurde es zum Ziel arabischer Angriffe aus Nordafrika. 830 fiel Palermo, und fortan hatte die Insel keine Ruhepause mehr, obwohl sich Byzanz dort 27

mehrfach mit großen Flottenexpeditionen engagierte. Nach dem Verlust von Syrakus 878 war der endgültige Verlust nur noch eine Frage der Zeit. 902 ging mit Taormina die letzte größere Küstenstadt verloren, und auch wenn die Byzantiner im Landesinneren noch bis in die sechziger Jahre des 10. Jahrhunderts einige Plätze halten und kurzzeitig sogar Taormina zurückgewinnen konnten, waren sie zu einer Rückeroberung der Insel nicht stark genug. Ökonomisch gesehen war Sizilien für Italien wichtiger als für Ostrom. Die Insel produzierte kleinere Mengen von Papyrus; zudem gab es eine lokale Seidenindustrie, und zeitweilig wurde Getreide nach Rom exportiert. Insgesamt gesehen war das Potential der Insel aber zu klein, um ihr eine überregionale Rolle zu ermöglichen.13 Kreta war von Anfang an ein Teil Ostroms, auch wenn die Kirche Kretas noch längere Zeit zum Jurisdiktionsbereich des Papstes gehörte. Wie Sizilien wurde auch Kreta in den zwanziger Jahren des 9. Jahrhunderts von den Arabern angegriffen; jedoch fiel die Insel wesentlich schneller als Sizilien an die Invasoren. Schon nach wenigen Jahren konnten die Muslime, die auf Kreta ein eigenes Emirat gegründet hatten, von dieser Basis aus die ganze Ägäis mit ihren Plünderungen und Piratenüberfällen heimsuchen. Dementsprechend intensiver waren die byzantinischen Bemühungen um eine Rückgewinnung, die trotzdem erst nach mehr als einem Jahrhundert im Jahre 961 gelang. Von da an blieb Kreta bis zum Vierten Kreuzzug byzantinisch. Nach 1204 fiel es an die Venezianer, die es bis weit in das 17. Jahrhundert hinein besetzt hielten, ehe es von den osmanischen Türken erobert wurde. Die Bedeutung Kretas beruhte auf seiner geographischen Lage. Die Schifffahrtslinien von Italien nach Byzanz und weiter nach Syrien, Palästina und Ägypten führten an der Insel vorbei. Nach Süden hin schloss sie die Inselwelt der Ägäis ab, so dass ihrem Besitz eine beträchtliche geostrategische Bedeutung zukam. Als Produzent von Nahrungsmitteln oder von Handwerksprodukten trat Kreta in seiner byzantinischen Zeit hingegen nicht hervor. Nur der hier produzierte Käse war im späten Mittelalter nicht ganz unbekannt.14 Auch Zypern gehörte von Anfang an zum Ostreich. Aufgrund seiner Lage an den Seerouten zwischen Kleinasien und Syrien/ Ägypten, ihrer Fruchtbarkeit und ihren Bodenschätzen, von denen Kupfer seit alters am bedeutendsten war, war die Insel in der Spätantike wohlhabend und dicht besiedelt. Dies ermöglichte auch eine gewisse kulturelle Entfaltung. Es gab zwölf Bischofssitze, und der Erzbischof Zyperns war autokephal, unterstand also keinem der großen Patriarchate. Dieser blühende Zustand endete abrupt um die 28

Mitte des 7. Jahrhunderts, als Zypern im Zuge der islamischen Expansion von den Arabern mehrfach geplündert und kurzzeitig auch besetzt wurde. Unter Kaiser Justinian II. wurde 688 eine Teilung der Einkünfte der Insel zwischen Byzanz und dem Kalifat vereinbart. Zypern scheint danach, wie schon von dem angelsächsischen Pilger Willibald, dem späteren Bischof von Eichstädt, der die Insel 721 besuchte, hervorgehoben wird, ein mehr oder weniger unabhängiges Gebiet zwischen beiden Reichen gewesen zu sein, das weitgehend demilitarisiert war und dessen Bewohner an beide Seiten Abgaben zahlten.15 Trotzdem litten die Zyprioten nicht selten unter arabischen Attacken, die zum Teil dadurch verursacht wurden, dass die Byzantiner ihrerseits Zypern als Ausgangspunkt für Flottenangriffe auf Syrien und Ägypten nutzten. 965 eroberte Kaiser Nikephoros II. die Insel zurück, die sich danach für über 200 Jahre als byzantinische Provinz einer friedlichen Zeit erfreuen konnte. Während der Kreuzzugszeit spielte Zypern eine wichtige Rolle als Hinterland der Kreuzfahrerstaaten in Syrien und Palästina und als byzantinischer Stützpunkt gegenüber den Kreuzfahrern. 1184 errichtete Isaak Komnenos auf der Insel ein kurzlebiges Kaisertum, das während des Dritten Kreuzzugs von König Richard I. Löwenherz von England beseitigt wurde, der die Insel 1191 eroberte. Danach wurde sie unter den Lusignans ein selbständiges fränkisches Königreich, bis sie 1481 an dieVenezianer fiel und schließlich 1571 von den Osmanen erobert wurde. Ökonomische Bedeutung erlangte Zypern vor allem aufgrund seiner geographischen Lage, weniger dank eigener Produkte, auch wenn im späten Mittelalter der Export von Rohrzucker beachtlich war. Selbst während der byzantinisch-arabischen Konfrontation im 7. und 8. Jahrhundert hörte der Handel nicht auf, und Zypern war in diesem Bereich ein wesentlicher Schnittpunkt, an dem christliche und muslimische Kaufleute ihre Waren austauschten. Die agrarische Produktion der Insel wurde erst während der fränkischen Epoche wichtig, als von Zypern aus die Kreuzfahrerstaaten auf dem Festland versorgt wurden.16 Mehr noch als bei den beiden großen Inseln Kreta und Zypern lag die Bedeutung der Inseln der Ägäis fast ausschließlich darin, dass sie sowohl auf den Seefahrtsrouten zwischen Italien und dem Orient als auch auf den Schifffahrtswegen von und nach Konstantinopel als Häfen und Haltepunkte dienten. Zwar mochten einige von ihnen mit besonderen Spezialitäten aufwarten, wie etwa Chios mit seinem Anbau von Mastix, aber insgesamt gesehen boten sie nicht viel. In der mittelbyzantinischen Zeit dienten sie den Kaisern gerne alsVer29

bannungsplätze für tatsächliche und vermeintliche Gegner oder auch für in Ungnade gefallene Würdenträger. Militärisch waren sie nahezu bedeutungslos. Die stärkeren Flotteneinheiten lagen eher in den Häfen Kleinasiens, Griechenlands und vor allem Konstantinopels als auf den Inseln. Zwischen dem 7. und dem 10. Jahrhundert litten sie unter arabischen Plünderungszügen, zur Zeit der Kreuzzüge dienten sie häufig italienischen Piraten als Beute und Unterschlupf. Nach dem Vierten Kreuzzug fielen die meisten von ihnen an die Venezianer und andere Lateiner. Wenn man überhaupt von einer überregionalen Bedeutung der Ägäisinseln sprechen kann, dann lag sie vor allem darin, dass sie eine Brücke zwischen den beiden Reichsteilen auf dem Balkan und in Kleinasien darstellten und insofern für die internen Verbindungslinien des Reiches ebenso wie als Zwischenhalte für den Fernhandel nützlich waren.17 Im geographischen Sinn können die byzantinischen Besitzungen am Südrand der Halbinsel Krim, mit dem Hauptort Cherson, natürlich nicht als Insel bezeichnet werden, auch wenn sie in ihrer exponierten Lage praktisch wie eine solche wirkten. Cherson, das im 9. Jahrhundert auch zu einer eigenständigen Provinz wurde, war fast ein Jahrtausend lang byzantinisch, aber die Autorität der Kaiser galt dort nur eingeschränkt, da die regionalen Mächte im allgemeinen stark genug waren, um ihrerseits Einfluss auszuüben. Die ökonomische Bedeutung Chersons war gering, es diente oft alsVerbannungsort für politische Gefangene; aber sein Besitz erleichterte immerhin die Beobachtung der politischen Entwicklung des südrussischen Raumes, von dem aus immer wieder Angriffe auf Byzanz ausgingen.18 Insgesamt gesehen kann man sicher nicht von einer überragenden Bedeutung der Inseln für Byzanz insgesamt sprechen. Dafür waren sowohl die verschiedenen Inseln selbst als auch die Bedingungen, unter denen sie zum Reich gehörten, zu unterschiedlich. Ihre ökonomische und politische Wichtigkeit für Byzanz lag jedenfalls weniger in der lokalen Produktion, als in ihrer jeweiligen geographischen Position, die manchen von ihnen zeitweilig geostrategische Funktionen zuwies. Aber sie alle litten darunter, dass Byzanz, auch wenn es zeitweilig starke Flottenverbände unterhielt, keine wirkliche Seemacht war und sich daher auch meist außerstande sah, seine maritimen Besitzungen ausreichend vor feindlichen Angriffen zu schützen.

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Italien Da Italien zum weströmischen Teilreich gehörte, hatten die Kaiser in Konstantinopel bis zum Ende Westroms mit der Halbinsel nichts zu tun. Erst nach 476 erhob Kaiser Zenon auch auf Italien Anspruch und schickte den ostgotischen König Theoderich gegen den Usurpator Odoacer aus, der den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus gestürzt und eine eigene Herrschaft errichtet hatte. Nach mehrjährigen Kämpfen konnte Theoderich Odoacer töten und an dessen Stelle treten, wobei die Rechte des byzantinischen Kaisers formal gewahrt blieben. Unter Theoderich wuchs das Ostgotenreich zu einer der beherrschenden Mächte im Westteil des ehemaligen Imperium Romanum und blockierte damit wirkungsvoll jeden Versuch Konstantinopels, seinen Einfluss in Westeuropa zu vergrößern. Nur die nach dem Tod Theoderichs 527 ausbrechenden Nachfolgekämpfe ermöglichten es Justinian, zunächst in Nordafrika und danach auch in Italien wieder Fuß zu fassen. In einem langwierigen Krieg, der sich bis 555 hinzog, unterwarfen die kaiserlichen Generäle Belisar und Narses die Ostgoten und gliederten Italien wieder dem Reich ein. Allerdings sollte dieser Zustand nur kurz andauern, denn bereits 568 fielen, vom Balkan her kommend, die Langobarden in die Halbinsel ein und errichteten in Norditalien ein eigenes Königreich. Byzanz konnte mit Mühe die Apenninenkette halten, aber nicht verhindern, dass einzelne langobardische Abteilungen bis nach Mittelitalien durchstießen und in Spoleto und Benevent eigene Fürstentümer errichteten, die bis in das 11. Jahrhundert hinein Bestand haben sollten. Nach der Festsetzung der Langobarden kontrollierte Byzanz in Mittelitalien ein Gebiet, das sich in etwa von Rom im Westen bis nach Ravenna im Nordosten hinzog, aber immer wieder von den Langobarden angegriffen wurde. Es war seit dem ausgehenden 6. Jahrhundert als Exarchat organisiert, also als eine relativ selbständige administrative Einheit, deren Oberhaupt, der Exarchos, in seiner Hand zivile und militärische Befugnisse vereinigte. Das Exarchat bestand bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts, als die Hauptstadt Ravenna an die Langobarden fiel. Danach begann auch Rom, sich von der byzantinischen Vorherrschaft zu lösen. Gegen Ende des 8. Jahrhunderts konnte der byzantinische Chronist Theophanes mit Recht sagen, dass Rom jetzt den Franken gehöre.19 Damit besaß Byzanz in Italien nur noch den südlichen Teil: Apulien und Kalabrien, die in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts als Katepanat zusammengefasst wurden, also wiederum als eine relativ eigenstän31

dige Einheit, die unter einem Katepano stand und sich, stetig kleiner werdend, bis 1071 halten sollte, als die Hauptstadt Bari von den Normannen eingenommen wurde. Die Normannen etablierten in Unteritalien und auf Sizilien eigene Herrschaften und wurden im 12. und 13. Jahrhundert zu einem wichtigen Faktor der Mittelmeerpolitik. Neben seinen direkt beherrschten Regionen in Unteritalien übte Byzanz noch mehr oder weniger formale Hoheitsrechte in Neapel und Venedig aus, ohne hier allerdings wirklich längerfristig seinen Einfluss geltend machen zu können. In ökonomischer Hinsicht war Italien für Byzanz immer ein Zuschussgeschäft. Die byzantinischen Provinzen in Unteritalien ließen sich nur durch fortgesetzten Einsatz von Kräften aus dem Osten, zumeist aus Griechenland und der Peloponnes, halten und spielten weder in ökonomischer, noch in militärischer Hinsicht eine eigenständige Rolle. Zwar wurde der byzantinische Fernhandel zum Teil über Unteritalien abgewickelt – Neapel, Bari und vor allem Amalfi waren die Hauptträger dieses Handels –, aber sie wurden schon bald von Venedig übertroffen, das zwar bis in das 11./12. Jahrhundert hinein den byzantinischen Kaiser als Oberherrn anerkannte und für diese Anerkennung aus Konstantinopel Gelder und Ehrentitel erhielt, tatsächlich aber seine eigene Politik verfolgte. Der – zumindest teilweise – Besitz Italiens war für Byzanz in erster Linie eine Sache des Prestiges, da man als »Römer« (Rhomaioi) weiterhin den Anspruch auf Rom nicht aufzugeben bereit war. Im 9. und 10. Jahrhundert versuchten die Kaiser, von ihrer Basis in Unteritalien aus den Papst unter Druck zu setzen und damit auch weiterhin einen gewissen Einfluss im Lateinischen Europa aufrechzuerhalten. Aber finanziell und ökonomisch wandte Byzanz hier weit mehr auf, als es einnahm.20

Nordafrika und Spanien Was für Italien galt, galt in noch verstärktem Maße für Nordafrika und Spanien, die beide gleichfalls zu Westrom gehört hatten, freilich im 6. Jahrhundert schon seit langem unter der Herrschaft der Vandalen bzw. der Westgoten standen. Nordafrika nahm Belisar, der Feldherr Justinians, 533 ein, unmittelbar vor dem byzantinischen Angriff auf das ostgotische Italien. Die Provinz gehörte bis zum Ende des 7. Jahrhunderts zu Byzanz und wurde 698 von den Arabern erobert. Wie Italien wurde auch Nordafrika gegen Ende des 6. Jahrhunderts von Kaiser Maurikios als »Exarchat« organisiert, das 32

neben dem eigentlichen ehemals vandalischen Nordafrika auch die Balearen, Sardinien und Korsika umfasste. Eine gewisse ökonomische Bedeutung hatte allerdings wohl nur das eigentliche Kerngebiet, das Nahrungsmittel, auch Olivenöl, exportierte.21 Es gelang Justinian, im Zuge seiner westlichen Eroberungen auch im westgotischen Spanien wieder Fuß zu fassen: 554 wurde der südwestliche Teil der Halbinsel wieder byzantinisch. Aber schon 584 gewannen die Westgoten den Hauptort Cordoba endgültig zurück, und einige Jahrzehnte später ging auch die restliche Provinz verloren, ohne dass wir von größeren Kämpfen hören. Mehr noch als Italien oder Nordafrika waren die byzantinischen Besitzungen in Spanien für Byzanz ökonomisch bedeutungslos und ihre Rückeroberung eher eine Belastung, die Justinian allein wegen seiner imperialen Ansprüche auf sich genommen hatte.22

Konstantinopel und Umgebung Abgesehen von der Frühzeit lag das ökonomische Zentrum des Reiches zweifellos in Konstantinopel und in den Provinzen in der Nachbarschaft der Hauptstadt. Der Grund hierfür ergab sich einfach aus der Tatsache, dass Konstantinopel nicht nur die mit Abstand größte Stadt des Reiches war, sondern auch der Sitz des Kaisers und des Ökumenischen Patriarchen. Damit konzentrierte sich die gesamte weltliche und geistliche Administration in der Stadt, was natürlich auch die Ansiedlung von entsprechenden Handwerkszweigen und Dienstleistungen nach sich zog. Zum Teil wurde diese Entwicklung von den Kaisern direkt gefördert, wie etwa die Umsiedlung eines Teils der Senatoren aus Rom nach Konstantinopel im 4. Jahrhundert zeigt, zum Teil ergab sie sich aus der Situation. Schon zu Beginn des 5. Jahrhunderts, knapp 70 Jahre nach der Neugründung der Stadt an der Stelle des antiken Byzantion, nahm die Zuwanderung ein solches Ausmaß an, dass sie die alten Stadtgrenzen sprengte und Kaiser Theodosios II. sich gezwungen sah, eine neue Stadtbefestigung zu bauen, die noch heute zu sehen ist und ein so großes Areal umschloss, dass es in byzantinischer Zeit niemals vollständig bebaut worden ist. Die Schätzungen über die Einwohnerzahl Konstantinopels gehen weit auseinander. Manche Forscher nehmen über eine Million an, realistisch dürfte eine Zahl zwischen 250 000 und einer halben Million sein. Selbst das gilt aber allenfalls für die Zeit vor der 541 ausgebrochenen Pest, die die Bevölkerung massiv dezimierte. Eine solche Einwohnerzahl konnte nicht mehr aus der Umgebung allein ernährt werden. Wie Rom wurde auch Konstan33

tinopel von Ägypten aus mit Getreide versorgt. Als die Provinz im 7. Jahrhundert verloren ging und die Getreidelieferungen ausblieben, kam es in Konstantinopel zu Hungersnöten und in der Folge zu einem drastischen Bevölkerungsrückgang. In späterer Zeit stieg die Einwohnerzahl wieder an, hielt sich aber in einer solchen Größenordnung, dass die Versorgung aus den angrenzenden Provinzen Thrakien und Bithynien möglich blieb.23 Andererseits profitierte Konstantinopel auch von dem Wegfall Ägyptens und Syriens, da es nach demVerlust der großen Metropolen Antiocheia und Alexandreia das unangefochtene Zentrum des Reiches wurde. Dazu trug bei, dass die Stadt dank ihrer Befestigungen bis 1204 von keiner auswärtigen Macht erobert werden konnte und so im Lauf der Zeit in ihren Mauern Schätze ohnegleichen ansammelte. Allein an der Menge von Reliquien dürfte sie jede andere Stadt übertroffen haben, auch Rom oder Jerusalem, und die Zahl ihrer Reichtümer und prunkvoll ausgestellten Kostbarkeiten hat bei den meisten auswärtigen Reisenden bewundernde Kommentare hervorgerufen. Nach dem Vierten Kreuzzug floss ein großer Teil dieses Reichtums in das westliche Europa.24 Das Einzugsgebiet der Hauptstadt umfasste in Europa imWesentlichen das getreidereiche Thrakien und in Kleinasien das nicht minder fruchtbare Bithynien. Die gesamte Gegend rund um das Marmarameer war fruchtbar, in Kleinasien auch relativ weit von den Grenzen entfernt und dicht bevölkert. An den Ufern des Marmarameeres lagen viele Städte, die Handel trieben, und der Bithynische Olymp im Süden des Marmarameeres war ein spirituelles Zentrum mit vielen Klöstern.25 Die ganze Region profitierte auch davon, dass sich hier mehrere große Handelslinien kreuzten. Zwar war der Landhandel nicht so bedeutend, aber Konstantinopel kontrollierte aufgrund seiner Lage am Bosporos die Einfahrt zum Schwarzen Meer und damit den Fernhandel nach Osten und Norden. Erst nach demVierten Kreuzzug konnten auch die italienischen Fernhändler in das Schwarze Meer hinein vorstoßen. Dies führte dazu, dass die Einnahmen der Kaiser aus diesem Transithandel stark zurückgingen. Insgesamt gesehen war das ganze Reich zwischen dem 7. und dem 12. Jahrhundert fast völlig auf sein Zentrum Konstantinopel hin ausgerichtet. Dies gab den dort residierenden Kaisern auf der einen Seite eine starke Machtbasis, führte auf der anderen aber auch zu einer gefährlichen Abhängigkeit des ganzen Reiches von seiner Hauptstadt: Fiel Konstantinopel, fiel das Reich! Solange jedoch die Befestigungen der Hauptstadt den Angriffen von außen standhiel34

ten, bestand auch für das restliche Reichsgebiet immer noch Hoffnung.

Byzanz: 1000 Jahre Regression? Schon Edward Gibbon hat vor über 200 Jahren in seinem berühmten Werk »Decline and Fall of the Roman Empire« die Geschichte des Oströmischen Reiches als einen rund tausendjährigen Schrumpfungsprozess dargestellt, und besonders im 19. Jahrhundert haben die meisten Historiker diese Sichtweise geteilt. Auf einen ersten, oberflächlichen Blick hin könnte man ihm auch heute noch Recht geben: Von dem riesigen Reich der Spätantike, das mehr als den ganzen östlichen Mittelmeerraum umfasste, waren im 15. Jahrhundert nur noch Konstantinopel selbst und Teile der Peloponnes übrig geblieben. Tatsächlich aber kann man nicht von einer linearen Entwicklung sprechen. Die großenVerluste traten immer nur an Bruchstellen auf, die gleichzeitig das Ende einer Epoche und den Beginn der nächsten markierten: Im 7. Jahrhundert bedeutete der Verlust Ägyptens, Syriens und der größten Teile des Balkan zugleich das Ende des spätantiken Reiches. Danach blieb Byzanz bis in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts hinein geographisch relativ stabil und gewann sogar auf dem Balkan und Kleinasien Territorium zurück. DerVerlust des inneren Kleinasien nach der Schlacht bei Mantzikert 1071 führte zu einer Verlagerung des byzantinischen Schwerpunkts auf die Balkanprovinzen. Aber erst mit der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer 1204 brach das Reich wirklich zusammen und verlor sein geschlossenes Reichsgebiet. Zwar konnten die Kaiser auch nach 1204 noch durchaus Erfolge feiern, aber die ihnen verbliebenen Reichsteile besaßen nicht mehr die Substanz, die es Byzanz ermöglicht hätte, sich gegen seine zahlreichen alten und neuen Feinde durchzusetzen. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gingen die letzten byzantinischen Provinzen in Kleinasien verloren, und danach war der Verfall unaufhaltsam.26 Anders als die Reiche des Lateinischen Europa hatte Byzanz das Schicksal, dass es sich eigentlich ununterbrochen Angriffen von außen gegenübersah, denen es nur mit Erfolg begegnen konnte, solange es in sich geschlossen und handlungsfähig war. Seine geographische Lage machte es auf dem Balkan zum Nachbarn immer neuer Nomadenvölker, die kaum mit Diplomatie, sondern nur mit militä35

rischen Mitteln in Schach zu halten waren, und in Kleinasien hatte es zunächst mit den Persern, dann mit den Arabern und schließlich mit den Türken zu tun, deren militärisches Potential dem der Byzantiner gleichwertig oder gar überlegen war. Relativ problemlos waren über lange Zeit hinweg eigentlich nur die Beziehungen zum westlichen Europa, von wo aus man vor den Kreuzzügen keine ernsthafte Bedrohung zu fürchten hatte. Jeder einzelnen dieser Herausforderungen zeigte Byzanz sich gewachsen, erst die Gleichzeitigkeit der Bedrohungen von Norden, Osten und Westen her überstieg seine Kräfte endgültig. Danach war der Untergang dieses letzten Rests des alten Römischen Imperiums nur noch eine Frage der Zeit.

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Strukturen der politischen Geschichte

Vorbemerkung: Epochen und Kontinuität Über die Problematik der politischen Geschichte ist wahrlich genug geschrieben worden, so dass hier auf eine ausführliche Behandlung verzichtet werden kann. Nur soviel: Im 19. Jahrhundert galt in der Geschichtswissenschaft der »Primat der Außenpolitik«. Man glaubte, dass in erster Linie die Außenpolitik das Schicksal eines Staates bestimme. Auch wenn diese Einstellung unterdessen zugunsten differenzierterer Sichtweisen an Einfluss verloren hat, so kann man doch nicht bestreiten, dass die äußeren Einflüsse auf die Geschichte eines Staates mitunter die innere Entwicklung stärker beeinflusst haben als umgekehrt.Vereinfacht ausgedrückt, könnte man sagen, dass die außenpolitischen Ereignisse – nicht immer, aber oft genug – den Rahmen abgegeben haben, innerhalb dessen auch die innere Entwicklung eines Staates ablief. Auf Byzanz bezogen heißt das, dass die Prägung seiner Gesellschaft auch – wenngleich sicher nicht ausschließlich – als Folge äußerer Ereignisse begriffen werden kann, wie es beispielsweise die Expansion der Araber im 7. Jahrhundert war, die den ganzen byzantinischen Staat und seine Gesellschaft tiefgreifend verändert hat. In diesem Fall kann man wirklich von einer Epochengrenze sprechen, in der die Spätantike von der mittelbyzantinischen Zeit abgelöst wurde. 1071 ist ein ähnliches Datum, auch wenn es bei weitem nicht so schwerwiegende Konsequenzen nach sich zog.Von mancher Seite wird dagegen eingewendet, dass die inneren Probleme des Reiches diese Katastrophen erst ermöglicht hätten. Dass sie sie erleichtert haben werden, sollte man nicht bestreiten, aber alles, was darüber hinausgeht, ist Spekulation. Wenn Kolumbus nicht Amerika entdeckt hätte, gäbe es wahrscheinlich noch eine »gesunde« indianische Zivilisation. So hatten die Indianer keine Chance gegen die Weißen, und wohl niemand wird behaupten, sie seien untergegangen, weil ihre Gesellschaft innerlich krank gewesen sei. Wenn die Außenwelt zu stark ist, hilft dagegen auch eine intakte Gesellschaft wenig. 1 Aber hat die arabische Invasion des 7. Jahrhunderts Byzanz wirklich so sehr verändert, dass man von einer neuen Epoche sprechen kann? Im Prinzip ist es problematisch, die Geschichte in Epochen zu unterteilen, die sich per definitionem voneinander unterschei37

den. Das ist fast nie der Fall gewesen. Meist sind es nur wenige Parameter, die sich verändert haben, und in der Regel sind es Parameter der politischen Geschichte. Inwieweit diese Veränderungen auf die anderen Bereiche der Gesellschaft gewirkt haben, bleibt immer im Einzelnen zu untersuchen. Insofern sind Epochengrenzen künstlich, denn sie suggerieren Einschnitte in den geschichtlichen Ablauf, die es in dieser Schärfe zumeist gar nicht gegeben hat, jedenfalls nicht in jedem Bereich. Dennoch ist der Epochenbegriff aus einem ganz banalen Grund unverzichtbar: Ohne eine Unterteilung des Geschichtsablaufs, ohne den Versuch, Geschichte in ihrer zeitlichen Dimension zu strukturieren, wie künstlich dies auch manchmal anmuten mag, wird jeder Versuch, Geschichte zu verstehen, scheitern müssen. Dennoch sollte man sich immer bewusst bleiben, dass der Epochenbegriff als solcher ein künstliches Hilfskonstrukt ist, das daher immer wieder in Frage gestellt werden kann und muss. Dies gilt auch für die byzantinische Geschichte – und natürlich ebenso für die im Folgenden vorgeschlagene Einteilung.2

Die »römische« Zeit (4.–6. Jahrhundert) Verglichen mit den germanischen Reichen des Frühen Mittelalters hat Byzanz keinen Anfang, und wenn doch, dann liegt dieser Anfang im Jahre 753 v. Chr., dem mythischen Zeitpunkt der Gründung Roms durch Romulus und Remus. Byzanz ist auch nicht, wie man es manchmal liest, ein Nachfolgestaat Roms, sondern es war Rom selbst. Die Einweihung Konstantinopels durch Kaiser Konstantin I. im Jahre 330 n. Chr. war keine Aufhebung des Römischen Reiches, sondern nur eine Verlagerung der Hauptstadt in eine Region, die näher zu den Brennpunkten der Reichspolitik lag, den Grenzen auf dem Balkan und zu Persien. Schon Diokletian hatte Rom als Residenzstadt aufgegeben, und auch die weströmischen Kaiser des 5. Jahrhunderts residierten nicht mehr in der früheren Hauptstadt, sondern in Norditalien, zumeist in Ravenna.3 Auch die Reichs»teilung« des Jahres 395 war keine wirkliche Teilung in zwei voneinander unabhängige Reiche, sondern eine Aufteilung des Gesamtreiches in zwei Verwaltungseinheiten, die jeweils unter einem eigenen Kaiser standen. In der Theorie waren diese beiden Kaiser nicht nur gleichberechtigt, sondern sie arbeiteten auch als Einheit zusammen. Die in einem Teil erlassenen Gesetze galten 38

Caesarea

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VANDALEN

Byzanz zur Zeit Justinians I.

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BYZANTINISCHES REICH

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S

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S c h w a r z e s M e e r Sinope Trapezunt Konstantinopel Nikomedeia Nikaia s

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Sizilien

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OSTGOTEN

Karthago

Sardinien

Korsika

Lan

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»Reichsteilung« 395 Ausdehnung des Byzantinischen Reiches 527 Eroberungen Justinians I.

B e rber

Cordoba

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WESTGOTEN

SUEBEN

Bretagne

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ebenso im jeweils anderen. Tatsächlich entwickelten sich unter dem Druck unterschiedlicherVerhältnisse und Interessen beide Teile auseinander, aber man behielt gleichwohl das Bewusstsein, dass beide Teile zusammen ein Reich bildeten. Insofern war es auch nur logisch, dass die Kaiser in Konstantinopel etwa ab der Mitte des 5. Jahrhunderts, als ihre westlichen Kollegen zu schwach wurden, zunehmend auch in die Bereiche Westroms ausgriffen, und vor allem, dass sie nach dem Ende Westroms 476 quasi automatisch die Verantwortung für den ehemaligen, nun verlorenen Westteil übernahmen. Dies zeigt sich beispielsweise an den Versuchen, gegen die Vandalen in Nordafrika vorzugehen, und in der Entsendung der Ostgoten unter Theoderich nach Italien. Theoderich sollte Italien wieder der kaiserlichen Autorität unterstellen und es als König (rex) im Namen des byzantinischen Kaisers regieren. Dieser Plan ging nur deshalb nicht auf, weil Theoderich sich als großer Herrscher erwies, der unter formaler Wahrung der Vorrechte des Kaisers ein starkes und selbständiges ostgotisches Reich aufbaute. Aber als es nach seinem Tod 526 zu Nachfolgestreitigkeiten kam, nutzte Kaiser Justinian die Gelegenheit und eroberte in mehrjährigen Kämpfen die Reiche der Vandalen in Nordafrika und der Ostgoten in Italien zurück. Selbst gegen die Westgoten im fernen Spanien konnte die Reichsautorität zumindest im Süden Spaniens wiederhergestellt werden. Dieses Ausgreifen war erst durch das Ende der weströmischen Kaiser möglich, aber eben auch notwendig geworden, um das Römische Reich in seiner alten Größe wiederherzustellen. In byzantinischen Augen war dies daher auch keine Expansion, sondern eine Reconquista.4 Eine weitere Besonderheit der frühbyzantinischen Zeit ist die Stellung des Kaisers. In der römischen Kaiserzeit war der Kaiser zu einem Gott geworden, der in gewisser Weise sogar eine der Klammern bildete, die das Reich zusammenhielten. Im Pantheon der antiken Götter symbolisierte er sozusagen das Reich, und daher war das Opfer an ihn das Zeichen, dass man dieses Reich und ihn als dessen Kaiser akzeptierte. Unter dem Christentum war solches naturgemäß nicht mehr möglich. Die besondere Stellung des Kaisers musste daher auf andere Weise sichergestellt werden. Besonders im 4. Jahrhundert hatten die Kaiser Probleme, hier die Balance zu halten. Konstantin I. selbst hatte zwar das Christentum toleriert und sogar als bevorzugte Religion etabliert, aber er selbst sah sich durchaus nicht als normalen Anhänger der neuen Religion, sondern er fühlte sich nach wie vor als Herr über den Glauben seiner Untertanen: Das Erste Ökumenische Konzil von Nikaia 325 wurde von 40

ihm einberufen und bestimmt, auch wenn die dort erfolgte Verurteilung der Arianer nicht unbedingt den Wünschen des Kaisers entsprach.Wie Konstantin sich selbst sah, zeigt auch seine – von ihm selbst geplante – Grablege. Sein Grab sollte im Mittelpunkt der Gräber der Apostel liegen, so dass er zumindest als »apostelgleich« (isapostolos), wenn nicht sogar als »christusgleich« (isochristos) erschien. Hierfür ließ Konstantin neben der Apostelkirche ein Mausoleum errichten, in das auch die Reliquien der Apostel überführt werden sollten, was allerdings nicht verwirklicht werden konnte. Ansonsten vermied es Konstantin, ganz mit den Heiden zu brechen, die während des 4. Jahrhunderts immer noch die große Mehrheit der Bevölkerung bildeten. Wie sehr sich die Kaiser als Herren der Kirche sahen, zeigt auch der Ausspruch seines Sohnes Konstantios, demzufolge der kaiserliche Wille auch in kirchlichen Dingen als Richtschnur (Kanon) dienen sollte. Dieser Anspruch ließ sich freilich nicht durchhalten, denn obwohl die Stellung der byzantinischen Kaiser immer stärker blieb als diejenige der Herrscher in Westeuropa, so nahm ihre Durchsetzungsfähigkeit zumindest in Angelegenheit des Dogmas doch im Lauf der Zeit ab.5 Im Gegensatz zu späteren Jahrhunderten war das Reich vor dem 7. Jahrhundert außerordentlich heterogen. Im 5. Jahrhundert umfasste Ostrom mit Syrien, Palästina und Ägypten auch Territorien, die erheblich weniger »hellenisiert« waren als die späteren Kernländer auf dem Balkan und in Kleinasien. Dies zeigt sich nicht nur in Sprache und Kultur, sondern auch in der Religion. Syrien mit Antiocheia und Ägypten mit Alexandreia verfügten über Kirchenorganisationen, die älter waren als das Patriarchat von Konstantinopel, und traten deshalb selbstbewusst auf. Daneben äußerte sich die Eigenständigkeit dieser Regionen auch in unterschiedlichen Auffassungen über die Natur Christi, die in Westeuropa und überwiegend auch in Konstantinopel als häretisch empfunden wurden. So waren die Monophysiten gerade in Ägypten und Syrien sehr zahlreich und so einflussreich, dass alleVersuche Konstantinopels, sie zu bekehren, erfolglos blieben. In Palästina gab es außerdem bis zum Ende der byzantinischen Herrschaft starke Gemeinden von Juden und Samaritanern, und in der Zeit Justinians führten die Eroberungen im Westen weite Provinzen, die dem Papst in Rom unterstanden und die Liturgie in lateinischer Sprache feierten, unter die byzantinische Herrschaft. Teile dieser Bevölkerung waren sogar noch arianisch, auch wenn wir hiervon in den Quellen kaum etwas hören. Man kann sicher nicht sagen, dass die religiösen Unterschiede direkt etwas zu dem Verlust der Orientprovinzen an die Perser und vor 41

allem an die Araber beitrugen, aber dass durch sie das Zugehörigkeitsgefühl zum Reich nicht gerade verbessert worden sein dürfte, liegt auf der Hand. Die Unterschiede offenbarten sich nicht nur in der Religion, sondern auch in der Sprache. In Syrien konkurrierten die syrische und in Ägypten die koptische Sprache mit dem Griechischen. Hinzu kam im Westen das Lateinische, das aber auch in den Ostprovinzen in Armee und Verwaltung dem Griechischen zumindest ebenbürtig war.6 Im ökonomischen Bereich ergab sich sogar die paradoxe Situation, dass die Wirtschaftskraft Syriens und Ägyptens stärker war als die der Hauptstadt und ihres Umlands. Für Konstantinopel sprach in dieser Zeit eigentlich nur die Tatsache, dass dort die Kaiser residierten. Im 4. Jahrhundert war nicht einmal das sicher gewesen. Kaiser Julian machte beispielsweise Antiocheia zu seiner Hauptstadt; dies blieb jedoch aufgrund seines frühen Todes eine kurzlebige Episode. Sonst hätte sich hier durchaus eine Konkurrenz zu Konstantinopel entwickeln können. In ökonomischer Hinsicht hätte das kaum Probleme aufgeworfen, und im kirchlichen Bereich hätte es die Dinge vielleicht sogar vereinfacht, da Konstantinopel erst damit begann, sich an die älteren Patriarchate heranzutasten. An eine Neuorganisation der Kirche dürfte Julian allerdings wohl zuletzt einen Gedanken verschwendet haben, denn er sah sich als Gegner des Christentums und versuchte während seiner kurzen Regierung, die alte heidnische Religion wiederzubeleben. Auch das hatte keinen Bestand über seinen Tod hinaus, trug dem Kaiser aber immerhin den Beinamen des »Abtrünnigen« (Apostata) ein.7 In militärischer Hinsicht freilich war die Wahl Konstantinopels ein Glücksgriff gewesen, denn die größten Probleme für das Reich stellten sich auf dem Balkan, wo die Invasoren sich mehr oder weniger die Türklinke in die Hand gaben. Begnügen wir uns mit den gefährlichsten: Im 4. Jahrhundert durchbrachen die Westgoten die Donaugrenze. Nachdem ein Versuch, sie als foederati anzusiedeln, gescheitert war, wobei beide Seiten natürlich die Schuld bei dem jeweils anderen suchten, kam es zum Krieg, in dem die Westgoten im Jahre 378 bei Adrianupolis (heute Edirne) das oströmische Heer entscheidend schlugen. Kaiser Valens fiel in der Schlacht. In den nachfolgenden Jahren zogen die Westgoten plündernd durch den Balkan, wandten sich aber schließlich nach Westen und fielen in Italien ein, wo sie 410 unter ihrem König Alarich sogar Rom eroberten und plünderten. Alarich starb wenig später in Unteritalien, und die Westgoten marschierten wieder nach Norden und ließen sich in Westfrankreich nieder. Von dort aus ver42

lagerte ihr Reich sich langsam nach Spanien hinein, was zur Folge hatte, dass die Vandalen, die schon vor ihnen Spanien erreicht hatten, ihrerseits nach Afrika übersetzten und dort ein vandalisches Königreich mit dem Zentrum Karthago gründeten.8 Im Rücken der Westgoten standen um diese Zeit bereits die Hunnen, die während der ganzen ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts die beherrschende Macht auf dem Balkan waren und von dort aus sowohl die byzantinischen Provinzen als auch Westrom immer wieder mit Raubzügen behelligten. Erst nach der Niederlage auf den Katalaunischen Feldern 451 begann die von ihnen ausgehende Bedrohung nachzulassen. Das bedeutete allerdings auch keine dauerhafte Besserung, denn ihnen folgten die Ostgoten, die zunächst unter hunnischerVorherrschaft gestanden hatten, nun aber ihrerseits versuchten, das Machtvakuum zu füllen, das durch das Auseinanderfallen des hunnischen Reiches entstanden war. Erst nach langen Kämpfen gelang es Kaiser Zenon 488, den ostgotischen König Theoderich, der in seiner Kindheit als Geisel in Konstantinopel gelebt hatte und dort erzogen worden war, nach Italien abzulenken, wo die Ostgoten, wie schon erwähnt, ein Reich errichteten, das sich bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts halten sollte.9 Dem Balkan gewährte dieser Abzug allerdings nur eine kurze Atempause, denn neue Völker sollten bald den Platz der Ostgoten einnehmen. Zu nennen wären die Gepiden und Heruler, vor allem aber die Langobarden und wenig später die Avaren. Die Gepiden und Heruler waren nicht zahlreich genug, um eine wirkliche Bedrohung darzustellen. Die Langobarden stritten eine Zeitlang mit den Avaren um die Vorherrschaft, wichen aber schließlich vor jenen zurück und fielen 568 in Italien ein, das sie schon von der byzantinischen Rückeroberung her kannten, weil sie Söldner für das Heer des Kaisers gestellt hatten. Kaum 15 Jahre nach dem Ende der Ostgoten errichteten sie in Norditalien ein Königreich und in Mittelitalien mehrere Fürstentümer, die die Byzantiner in Italien völlig in die Verteidigung drängten.10 Damit hatten die Avaren auf dem Balkan freien Raum. Das kleine gepidische Reich war von Kaiser Justin II., dem Nachfolger Justinians, mit wenig Mühe geschluckt worden, aber gegen die schnellen avarischen Reiter fanden die byzantinischen Soldtruppen kein Mittel. In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts durchbrachen die Avaren immer wieder die Donaugrenze und stießen plündernd bis tief in das Hinterland vor. Sogar Thessalonike wurde 584 und 586 angegriffen, konnte sich aber halten. Während die Byzantiner mit den Avaren beschäftigt waren, begannen slawische Stämme, die 43

Grenze zu überqueren und sich in dem gering besiedelten Raum niederzulassen, ohne dass wir viel von Kämpfen hören. Byzanz hielt zwar nach wie vor die Donaugrenze, aber diese war durchlässig geworden, und die Reichsautorität zerbröckelte, bis sie in weiten Teilen gar nicht mehr existierte. Die slawischen Stämme stießen im 6. und dann vor allem im 7. Jahrhundert immer weiter vor und ließen sich in den ehemaligen Reichsprovinzen dauerhaft nieder. Selbst die Peloponnes entglitt zumindest teilweise der byzantinischen Kontrolle. Für die langsam und umständlich agierenden byzantinischen Truppen war der Krieg eine mühsame Last, die man nur schwer und widerwillig ertrug, zumal das durch jahrzehntelange Kriege erschöpfte Land kaum noch etwas zum Plündern hergab. Als Kaiser Maurikios nach dem Frieden mit Persien 591 schließlich mehr Truppen auf den Balkan überführte und den Krieg offensiv in die avarischen Kerngebiete tragen wollte, meuterten die Soldaten. Maurikios reagierte ungeschickt und provozierte damit den Marsch der Balkanarmee auf Konstantinopel. 602 wurde er gestürzt, und die Soldaten riefen den Unteroffizier Phokas als Kaiser aus. An eine Konsolidierung der byzantinischen Position auf dem Balkan war damit für lange Zeit nicht mehr zu denken.11 Rom und später Ostrom hätten in dieser Region vielleicht erfolgreicher agiert, wenn sie nicht von einer anderen Seite fortwährend unter Druck gesetzt worden wären: Seit der Etablierung Roms imVorderen Orient war es immer wieder zu verlustreichen Kriegen mit Persien gekommen, die sich nach der Errichtung des Sassanidenreiches noch verstärkten. Besonders im 3. und 4. Jahrhundert mussten die Römer schwere Niederlagen hinnehmen. Im 5. Jahrhundert herrschte vergleichsweise Ruhe, aber dafür war der größte Teil des 6. Jahrhunderts von Krieg geprägt. Dabei nutzten die Perser Justinians Ambitionen im Westen aus und fielen wiederholt weit in das Innere Ostroms ein. 540 wurde sogar Antiocheia erobert und geplündert, seine Einwohner nach Persien deportiert. Zusammen mit der wenig später ausbrechenden Pest war diese Katastrophe eine der Ursachen für die desaströse ökonomische Lage des Reiches in den folgenden Jahrzehnten. Den Krieg gegen Persien konnte Justinian schließlich nur durch die Zahlung von Tributen beenden. Als sein Nachfolger Justin II. diese Tribute kündigte, flammten die Auseinandersetzungen wieder auf und zogen sich ergebnislos über Jahrzehnte hin, ohne dass eine der beiden Seiten die Oberhand gewinnen konnte. Erst als es in Persien zu Unruhen kam, konnte Maurikios, der den rechtmäßigen Thronfolger Chosrau II. Parvez unterstützte, nach dessen Thronbesteigung 591 einen Friedens44

schluss erreichen, der beiden Kontrahenten mehr oder weniger den Status quo beließ. Maurikios nutzte die Ruhe an seiner Ostfront und konzentrierte die Truppen auf dem Balkan, um dort gegen die Avaren eine Entscheidung zu erzwingen. Das blieb ohne Erfolg und führte letztlich zu seinem Sturz. Nach seinem Tod trat Chosrau II. als sein Rächer auf und eröffnete erneut den Krieg unter dem Vorwand, dem – inWirklichkeit schon toten – ältesten Sohn des Kaisers auf den ererbten Thron verhelfen zu wollen. Unter Phokas, dem Nachfolger des Maurikios, befand sich Byzanz an allen Fronten in der Defensive.12 Wenn man alle diese Angriffe sieht, stellt sich die Frage: Warum überlebte Ostrom, während Westrom zugrunde ging? Immerhin hatte derWesten es »nur« mit den Germanen zu tun, und die inneren Probleme waren in beiden Teilen eigentlich identisch: eine überbordende Verwaltung, dauernder Druck von außen, Finanznot des Staates, Seuchen und Misswirtschaft. Daraus resultierend ergab sich eine fortschreitende Verarmung weiter Teile der Bevölkerung, besonders auf dem flachen Land, was wiederum große Unzufriedenheit und immer wieder Unruhen auslöste. Die Antwort auf diese Frage kann – bei aller Gefahr, die in einer solchen Reduzierung der Fragestellung liegt – eigentlich nur lauten: Ägypten. Selbst als im 6. Jahrhundert auch Ägypten in gewisser Weise von dem allgemeinen Niedergang eingeholt wurde, war es immer noch – ja, relativ gesehen, vielleicht noch mehr als zuvor – die mit Abstand reichste Provinz des gesamten Reiches, dazu von den Kriegen an Ost- und Nordgrenze nicht berührt. Solange Ägypten die notwendigen Gelder und Nahrungsmittel lieferte, konnten die Kaiser in Konstantinopel weiterhin ihre Truppen bezahlen und die Hauptstadt Konstantinopel als ihren Machtmittelpunkt weitgehend intakt halten. Insofern hat die Teilung von 395 doch eine entscheidende Folge gehabt: Während die Einkünfte Ägyptens bis dahin dem ganzen Reich zugute gekommen waren, flossen sie jetzt allein nach Ostrom, und der Westteil war damit seiner wichtigsten Einnahmequelle beraubt. Zudem verfügten die Kaiser Ostroms neben Ägypten, wenngleich weniger wichtig, auch in Kleinasien, Syrien und Palästina immer noch über Provinzen, die mehr oder weniger intakt waren. Dennoch war Ägypten weitaus am wichtigsten. Als die Provinz im 7. Jahrhundert von den Persern erobert wurde, führte dies in Konstantinopel fast zu einem Staatsbankrott, so dass sich Kaiser Herakleios sogar gezwungen sah, Hand an die Kirchenschätze zu legen, ein bis dahin unvorstellbarer Vorgang.13

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Die mittelbyzantinische Zeit (7.–11. Jahrhundert) Während der Regierungszeit des Kaisers Herakleios (610–641) erlitt Byzanz die größten Verluste seiner Geschichte: Schon kurz nach dem Herrschaftsantritt des Herakleios, der immerhin mit dem Anspruch angetreten war, den ermordeten Maurikios zu rächen und den unfähigen Usurpator Phokas abzulösen, erlitt der neue Kaiser eine Niederlage gegen die Perser, die daraufhin nach Syrien eindrangen und über Palästina bis nach Ägypten vorstießen. 618/19 ging auch diese Provinz verloren, und Byzanz stand vor dem Ruin. Zugleich fielen auf dem Balkan die letzten Festungen im Landesinneren. Nur an der Küste hielten sich noch einige feste Plätze, zum Teil mit ihrer Umgebung. Zwar gelang es Herakleios, in einem mehrjährigen Krieg, in dem er sich auch als Feldherr auszeichnete, die Perser zu besiegen und die verlorenen Provinzen zurück zu gewinnen, aber der Balkan blieb verloren, und im Orient hatte die Perserzeit zu schweren Schäden geführt. Es hätte eine längere Friedenszeit gebraucht, um das Reich wieder auf das Niveau zu bringen, das es beim Tod des Maurikios 602 gehabt hatte. Jedoch gab es keine Atempause, denn ab 630 begannen die ersten arabischen Angriffe, zunächst in Südpalästina, dann in Syrien. 636 erlitt die byzantinische Armee am Yarmuk eine schwere Niederlage, 638 gingen Jerusalem und Antiocheia verloren, 642 folgte Ägypten. Damit war das Reich auf Konstantinopel, Kleinasien, die Inseln und einige versprengte Besitzungen im Westen reduziert. Wollte man diese Situation auf heutige Verhältnisse übertragen, so würde das einem Deutschland entsprechen, das nach einem knapp zehn Jahre dauernden Krieg nur noch Berlin mit Brandenburg und Mecklenburg–Vorpommern umfassen würde.14 Die Folgen waren katastrophal, sowohl im ökonomischen, als auch im kulturellen und religiösen Bereich: Mit Alexandreia, Antiocheia und Jerusalem standen nun drei Patriarchate und kulturelle Zentren unter muslimischer Herrschaft, und der Reichtum Ägyptens floss ab sofort in die neue arabische Hauptstadt Damaskus und später nach Bagdad, nicht mehr nach Konstantinopel. Schon während der zeitweiligen Besetzung Ägyptens durch die Perser hatte es in der Hauptstadt Hungersnöte gegeben, als Folge scheint die Bevölkerung weiter zurückgegangen zu sein, so dass manche Forscher nicht mehr als 40 000 Einwohner annehmen. Für eine Stadt von der Größe, die Konstantinopel innerhalb der von Theodosios II. erbauten Mauern einnahm, ist das eine fast unvorstellbar niedrige Zahl.15 46

Wir sind über die getroffenen Maßnahmen im Einzelnen nur unzureichend informiert. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die überdimensionierteVerwaltung schnell verkleinert werden musste. Auch der Geldumlauf scheint sich stark vermindert zu haben, was auf ein Nachlassen des Handels hindeutet: kein Wunder angesichts des Verlust der wirtschaftlich aktivsten Provinzen. Kleinasien, nunmehr die einzige größere Region, die dem Reich verblieben war, wurde in den folgenden knapp 200 Jahren immer wieder von arabischen Einfällen erschüttert. Besonders in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts wurde fast die gesamte Halbinsel heimgesucht, ohne dass die Byzantiner dies verhindern konnten. Eine Folge dieser Einfälle war eine Militarisierung des Landesinneren. Die Städte verkleinerten sich und wurden zum Teil auch in leichter zu verteidigende Plätze verlagert. Da die Araber in der offenen Feldschlacht fast immer siegreich waren und Byzanz nicht mehr über genügend Mittel verfügte, um im selben Maße wie früher Söldner anzuwerben, vermied man größere Schlachten und setzte auf eine Guerillastrategie: Man versuchte, die Bevölkerung der von einem Einfall betroffenen Regionen rechtzeitig zu warnen, so dass sie sich in die Festungen oder in unzugängliche Regionen zurückziehen konnte. Hier kam den Byzantinern die Kampfesweise der arabischen Heere zugute. In der Regel handelte es sich um Reiterarmeen, die zwar schnell und beweglich waren, aber inVersorgungsschwierigkeiten gerieten, wenn sie über längere Zeit an einem Ort verweilen mussten. Die Byzantiner konzentrierten sich darauf, ihre Städte zu verteidigen und die Invasoren daran zu hindern, sich über eine größere Fläche auszubreiten. Auch wenn diese Strategie nicht ohne Risiken war, erwies sie sich doch als erfolgreich, denn es gelang den Arabern nicht, sich auf Dauer in Kleinasien festzusetzen. Begünstigt wurden die Verteidiger auch dadurch, dass das Taurosgebirge, das Kleinasien von Syrien trennt, nur auf wenigen Pässen von einer größeren Armee überschritten werden konnte und im Winter oft gar nicht.16 Obwohl Byzanz die arabischen Angriffe letztlich überlebte, entging es nur um Haaresbreite dem Untergang. Der Schock dieser Katastrophe war allenthalben zu spüren. Eine erste Folge: Das Reich militarisierte sich. Formal blieb auch im 7. Jahrhundert die Trennung von Zivil- und Militärverwaltung in den Provinzen bestehen, aber de facto gewann die Armee, die jetzt nicht mehr wie früher an den Grenzen stationiert war, sondern sich in das Reichsinnere zurückgezogen hatte, einen immer stärkeren Einfluss. Ab dem 8. Jahrhundert wurde dieses Übergewicht immer deutlicher spürbar. 47

Schließlich ging die zivileVerwaltung in der Provinz mehr oder weniger in der militärischen auf. Die Militarisierung zeigte sich auch in der Gesellschaft. Man kann dies an dem Kaisertum selbst sehen: Der Kaiser wurde wieder zum Feldherrn, was seit dem 4. Jahrhundert nicht mehr der Fall gewesen war. Seit Herakleios war der Kaiser nicht mehr nur theoretisch Oberbefehlshaber, sondern auch de facto der erste Feldherr des Reiches. Bis zum Beginn des 11. Jahrhunderts zogen die meisten Kaiser wieder selbst ins Feld. Zum Teil war dies sicher auf Angst vor Putschversuchen von Seiten der Generalität zurückzuführen, zum Teil stand aber auch ein neues Selbstverständnis dahinter.17 Es war immer so gewesen, dass die meisten Kaiser aus dem Militär gekommen waren, wenn es sich nicht um die normale Sukzession von Vater und Sohn gehandelt hatte. Dieser Trend verstärkte sich nun noch mehr. Aber auch die Gesellschaft selbst macht einen stärkeren militärischen Eindruck. Mehr noch als früher war die militärische Karriere Sprungbrett für den sozialen Aufstieg. Es hat den Anschein, dass die alten Eliten, die das Reich noch im 6. Jahrhundert geprägt hatten, während der Katastrophen des 7. Jahrhunderts verschwanden, sei es dass sie ausstarben oder sich ihrerseits den neuen Bedingungen anpassten. Die Gesellschaft erscheint in dieser Zeit relativ undifferenziert. Erst ab dem 8. Jahrhundert begann sie erneut, sich zu formieren und Unterschiede zu entwickeln. Zu erkennen ist dieser Prozess beispielsweise an der zunehmenden Erwähnung von Familiennamen in den Quellen zwischen dem 8. und dem 10. Jahrhundert. Ab dem 9. Jahrhundert werden erste »große« Familien fassbar, die im Lauf der Zeit auch für die Kaiser selbst zu einer Konkurrenz wurden. Zum Teil waren sie Träger der Expansion nach außen, zum Teil richteten sie ihre Energien aber auch nach innen und versuchten, ihre Machtbasen in den Provinzen auf Kosten der Zentralregierung und der »freien« Bauern und der Soldatenbauern zu vergrößern. Das brachte sie in Konflikt mit der Zentralregierung, die dies – erfolglos – zu verhindern trachtete. Im 10. Jahrhundert kam es wiederholt zum offenen Kampf zwischen dem Kaiser und Teilen der Aristokratie. Genannt seien hier nur die Familien der Doukai, der Kourkouai, der Skleroi und vor allem der Phokaden, um nur die bekanntesten zu nennen. Zwar gelang es Kaiser Basileios II., sich gegen die beiden letztgenannten zu behaupten, aber das bedeutete keineswegs, dass der Adel insgesamt geschwächt worden wäre. Andere Familien traten an die Stelle der gestürzten, und im 11. Jahrhundert hatte der Adel sich weitgehend durchgesetzt, so dass ihm die Kaiser in den Provinzen fast freie Hand ließen. Im Gegenzug 48

versuchten die Kaiser, durch die verstärkte Anwerbung ausländischer Söldner ihr Gewicht in diesem Machtkampf wieder zu verstärken, ohne damit allerdings mehr als nur kurzfristigen Erfolg zu haben.18 Im kulturellen Bereich führte das 7. Jahrhundert zu einer stärkeren Vereinheitlichung. Die früher konkurrierenden Zentren in Syrien und Ägypten fielen weg, Rom verarmte so sehr, dass es gleichfalls als direkter Konkurrent ausfiel, auch wenn es im Rahmen der Kirche weiterhin mit Erfolg seine Ansprüche verteidigen konnte. Die Abwertung des Westens zeigt sich u. Ba. in einem starken Rückgang des Gebrauchs der lateinischen Sprache. Noch im 6. Jahrhundert war Latein die Sprache des Militärs und der Verwaltung gewesen, und bis zu Justinian waren viele Verordnungen in lateinischer Sprache erlassen worden. Seit Herakleios wurde selbst der Kaisertitel griechisch, der Basileus verdrängte den Imperator. Ebenso wie im Westen die Kenntnis des Griechischen zurückging, schwand in Byzanz das Lateinische. Tatsächlich führte die arabische Expansion dazu, dass Byzanz sich aus dem lateinischen Europa immer weiter zurückzog. Es hinterließ hier praktisch ein Vakuum, das mittelbar zur Kaiserkrönung Karls des Großen in Rom im Jahre 800 führte.19 Diese Lockerung wurde auch durch die kirchliche Entwicklung gefördert, die sich in der wachsenden Konkurrenz zwischen dem Papsttum und den Patriarchen von Konstantinopel zeigte und die schließlich im Schisma von 1054 gipfelte: der endgültigen Trennung zwischen Ost- und Westkirche. Das Hauptproblem des Reiches während des 7. und 8. Jahrhunderts war die Verteidigung gegen die Araber, der praktisch alles andere untergeordnet werden musste. Im 5. und 6. Jahrhundert hatte die Grenze gegen Arabien relativ wenig Probleme bereitet, so dass man glaubte, vor allem nach dem Erfolg über Persien, ihre Sicherung vernachlässigen zu können. Nach der Einigung durch Mohammed entwickelten die arabischen Armeen jedoch eine völlig unvorhersehbare Schlagkraft. Binnen zehn Jahren gingen Palästina, Syrien und Ägypten verloren. In Kleinasien wurde in den folgenden anderthalb Jahrhunderten fast jede Stadt berannt, die meisten auch einmal oder gar mehrfach eingenommen und geplündert. Nachdem die Araber 655 die byzantinische Flotte besiegen konnten, wurden sie auch zur See angriffslustiger. 674–678 wurde Konstantinopel blockiert, konnte sich aber halten, nicht zuletzt dank des Einsatzes des »Griechischen Feuers«, das hier wahrscheinlich zum ersten Mal eingesetzt wurde. Nach einer kurzen Pause, die nicht byzantinischer Stärke, sondern innerarabischen Bürgerkriegen geschuldet war, ging 49

es gegen Ende des 7. Jahrhunderts weiter: 698 fiel das byzantinische Nordafrika. In den folgenden Jahren konzentrierten sich die Araber darauf, die Grenzregion unter Kontrolle zu bringen und marschierten ein weiteres Mal gegen Konstantinopel, das 717/18 belagert wurde, aber auch diesmal ohne Erfolg. Erst nach dem Wechsel von den Omaijaden zu den Abbasiden um die Mitte des 8. Jahrhunderts wurde der Druck etwas schwächer, ohne jedoch ganz nachzulassen. Immerhin gelang es den Byzantinern, zumindest das nordwestliche Kleinasien – in dieser Zeit das Herzstück des Reiches – besser zu schützen. Dafür drangen die Araber jetzt nach Sizilien ein und eroberten Kreta. Noch 838 konnte eine arabische Armee weit nach Anatolien hinein vorstoßen, die byzantinische Armee bei Dazimon vernichtend schlagen und das wichtige Amorion erobern. Erst mit dem Zerfall des Kalifats ab der Mitte des 9. Jahrhunderts ließ der arabische Druck nach und die Byzantiner konnten zunächst ein Gleichgewicht und im 10. Jahrhundert schließlich ein Übergewicht erringen. Dabei mussten sie allerdings immer wieder Rückschläge hinnehmen. So wurde 904 Thessalonike von einer arabischen Flotte eingenommen und geplündert, und Sizilien wurde bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts vollständig arabisch. Im östlichen Mittelmeerraum hingegen konnten die Byzantiner große Erfolge feiern: 961 wurde Kreta zurückgewonnen, 965 Zypern und 969 schließlich Antiocheia. In den folgenden Jahren schoben die Kaiser die Reichsgrenze weiter nach Osten und Süden hin vor, bis diese Reconquista zu Beginn des 11. Jahrhunderts ihr Ende fand: Byzanz schloss mit den Fatimiden einen Friedensvertrag und die Grenze in Nordsyrien veränderte sich in der Folgezeit kaum mehr.20 Auf dem Balkan war die Situation lange Zeit hindurch noch verzweifelter, aber sie hatte weniger Auswirkungen auf das Gesamtreich, da der Balkan bis in das 11. Jahrhundert hinein bei weitem nicht den Stellenwert besaß, den Kleinasien für das Überleben des Reiches einnahm. In den ersten Jahren des Herakleios gingen fast alle Besitzungen auf dem Balkan verloren. Byzanz konnte sich nur noch an einigen Plätzen und in geschützten Gegenden an der Küste behaupten. Im Jahre 626 versuchten die Avaren und Slawen sogar, im Bündnis mit einer persischen Armee Konstantinopel zu stürmen. Dies misslang, weil die Befestigungen standhielten und weil die Byzantiner das Übersetzen der Perser auf die europäische Seite des Bosporos verhindern konnten. Die kleinen slawischen Schiffe hatten der byzantinischen Kriegsflotte nichts entgegenzusetzen. Nach 626 zerfiel die Macht der Avaren, und sie traten gegen Byzanz nicht mehr in Erscheinung, auch wenn ihr Reich erst gegen Ende des 50

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Sardinien

Karthago

Sizilien

Neapel

Rom

S l awen

Thessalonike

M i t t e l m e e r

Kalabrien

are n

S l awen

Aw

Byzanz im 8. Jahrhundert

BARKA Sitz des Kalifen Ausdehnung des Byzantinischen Reiches Grenzgebiete und Gebiete mit verminderter Souveränität das Kalifenreich zur Zeit der Omaijaden (bis 750)

MAGHREB

Balearen

Aquileia

REICH DER LANGOBARDEN

Ravenna

Korsika

AFRIKA

Narbonne

Barcelona

Bordeaux

LIBYEN

Kreta

Smyrna

ÄGYPTEN

Alexandreia

Ephesos

Pergamon Athen

Nikaia

Konstantinopel

Zypern

S

N

ARABIEN

Jerusalem

Damaskus

SYRIEN

Antiocheia

Euphrat

MESOPOTAMIEN

ARMENIEN

Trapezunt

S c h w a r z e s M e e r

BYZANTINISCHES REICH

Bulga r en

u na

Do

Nil

8. Jahrhunderts von den Franken endgültig vernichtet wurde. Dennoch gelang es den Byzantinern nicht, sich auf dem Balkan wieder zu etablieren, da ihre Kräfte durch die einsetzende arabische Expansion vollständig gebunden wurden. Dies ist die Zeit, in der sich die Serben und Kroaten im westlichen Balkan niederließen, ohne dass dies in den byzantinischen Quellen des 7. und 8. Jahrhunderts irgendeinen Niederschlag gefunden hätte. Diese Region war fast völlig aus dem Blickfeld Konstantinopels verschwunden. Erst unter Konstans II. gab es zaghafte Versuche, zumindest die Landverbindung zwischen Konstantinopel und Thessalonike wieder zu öffnen. Aber die seit ca. 660 verstärkt einsetzenden arabischen Offensiven machten alle diese Ansätze schnell zunichte. Gegen Ende der siebziger Jahre überquerten die Bulgaren die Donau und setzten sich auf dem von Byzanz zwar beanspruchten, aber nicht wirklich beherrschten Reichsboden fest. Die dadurch entstandene Machtkonstellation sollte die nächsten drei Jahrhunderte prägen. Hier zeigt sich ein Grundproblem der byzantinischen Geschichte. Die meiste Zeit seiner Existenz war Byzanz mehr oder weniger in einen Zweifrontenkrieg verwickelt: Im Osten gegen die Perser, Araber und später Türken, im Norden gegen die Germanen, Hunnen, Avaren, Slawen, Bulgaren, später Ungarn und Serben. Das überforderte die byzantinischen Kräfte regelmäßig. Vor allem die Verteidigung gegen die Araber führte dazu, dass der Krieg gegen die Bulgaren eigentlich immer nur dann mit einem gewissen Nachdruck geführt werden konnte, wenn an der Grenze zum Kalifat einmal Ruhe herrschte. Das war unter Konstantin V. in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts der Fall, als der Übergang von den Omaijaden zu den Abbasiden den Griechen eine kurze Atempause gewährte. Aber schon zu Anfang des 9. Jahrhunderts war dieses zeitweilige Übergewicht wieder dahin. 811 fiel sogar Kaiser Nikephoros I. in der Schlacht. Sein Kopf wurde von den siegreichen Bulgaren angeblich zu einer Trinkschale verarbeitet. 813 gab es eine zweite Niederlage, die Kaiser Michael I. den Thron kostete. Byzanz schien kurz vor dem Fall zu stehen, hatte aber seinerseits Glück, dass das Kalifat nach dem Tod Harun al-Raschids von inneren Auseinandersetzungen erschüttert wurde. Erst die Christianisierung der Bulgaren führte zu einer scheinbaren Beruhigung. Aber schon gegen Ende des 9. Jahrhunderts brach der Krieg wieder aus und wütete rund dreißig Jahre, in denen Byzanz mehrere schwere Niederlagen erlitt. Nach dem Tod des bulgarischen Zaren Symeon 927 versöhnten sich die erschöpften Kontrahenten. Der Preis war die Verheiratung einer byzantinischen Prinzessin mit dem neuen bulgarischen Zaren: ein 52

bis dahin unerhörter Vorgang. In den siebziger Jahren schließlich gelang es Johannes I.Tzimiskes, mit Hilfe derVaräger (Rus oder Ros in den byzantinischen Quellen) Bulgarien zu unterwerfen. Jedoch schon wenige Jahre später kam es zu einem Aufstand, der die byzantinische Herrschaft hinwegfegte, als hätte es sie nie gegeben. Es brauchte noch einmal einen mehr als zwanzig Jahre dauernden Krieg, bis Basileios II. Bulgarien endgültig unterwarf und die Reichsgrenzen wieder bis an die Donau vorschob. Bedenkt man, dass Bulgarien letztendlich doch nur ein Staat allenfalls dritter Größe war, ist dies ein Zeichen dafür, dass es mit der militärischen Stärke von Byzanz in dieser Zeit nicht so weit her gewesen kann, wie die Quellen – und ihnen folgend auch viele moderne Historiker – es uns glauben machen wollen.21 Die anderen Stämme auf dem Balkan waren weniger gefährlich. Kroaten und Serben waren weit weg, und Byzanz nutzte sie sogar zeitweilig als Bündnispartner gegen die Bulgaren. Ähnliches galt für die Ungarn, die zudem ihre Aktivitäten mehr nach Westen verlagerten und Italien und das Deutsche Reich beunruhigten, bis sie von Otto dem Großen in der Schlacht auf dem Lechfeld 955 bezwungen wurden. Ein größeres, wenn auch nur relativ kurzlebiges Problem stellten dieVaräger dar, die von Kiev aus mehrfach mit ihren Schiffen über das Schwarze Meer kamen und überraschend, weil völlig unerwartet, Konstantinopel angriffen. In den siebziger Jahren suchte der Großfürst Svjatoslav, der anfangs von Byzanz zu Hilfe gegen die Bulgaren gerufen worden war, sich sogar in Bulgarien festzusetzen und konnte erst nach schweren Kämpfen wieder vertrieben werden. Unter Basileios II. kam es dann zu einem Bündnis, das mit der Heirat der Schwester des Kaisers befestigt wurde und zur Christianisierung des Kiever Staates führte. Die KieverVaräger wurden fortan zu einer festen Größe im östlichen Europa, und Prinzessinnen aus Kiev wurden im 11. Jahrhundert selbst nach Frankreich und anderen westlichen Mächten verheiratet. Auch wenn die Intensität dieser Beziehungen später nachließ, so fanden sie erst mit der Auslöschung des Großfürstentums im 13. Jahrhundert durch die Mongolen ihr Ende.22 Mit dem Westen – mit den Karolingern und nach ihnen mit den Ottonen – hatte Byzanz eigentlich nur in Italien zu tun, wo es darum ging, die byzantinischen Besitzungen in Unteritalien zu halten und so weit möglich Rom und damit die Päpste zu kontrollieren. Damit war es spätestens mit der Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahre 800 in Rom vorbei. Die Provinzen in Unteritalien blieben bis in das 11. Jahrhundert hinein byzantinisch und wurden dann von den Nor53

mannen, die sich im Süden der Halbinsel etablierten, in kurzer Zeit erobert. 1071 fiel mit Bari die Hauptstadt des byzantinischen Unteritalien. Diese Kämpfe sind in den Quellen relativ gut dokumentiert, hatten aber eigentlich wenig Auswirkungen auf das Kernreich im Osten. Es ging hier eher um ideologische Ansprüche, da man in Byzanz dieVersuche der Karolinger und später der Ottonen, sich als Erben des Römischen Kaisertums zu präsentieren, erbittert ablehnte. Für die Byzantiner konnte es nur einen einzigen Römischen Kaiser geben, und das war der byzantinische Basileus. Aber da es weder den Lateinern noch den Griechen möglich war, ihre Ansprüche mit Waffengewalt durchzusetzen, blieb es in der Regel bei einem diplomatischen Kleinkrieg, der die realen politischen Interessen – etwa die gemeinsame Feindschaft gegenüber den muslimischen Angriffen – nur wenig beeinflusste.23 In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts war Byzanz die unangefochtene christlicheVormacht imVorderen Orient. Das Kalifat in Bagdad war machtlos geworden, mit den ägyptischen Fatimiden unterhielt man gute Beziehungen, und auf dem Balkan schien es ebenfalls keine neuen Bedrohungen zu geben, so dass die militärische Rüstung eher vernachlässigt wurde. Zudem waren die Kaiser nicht daran interessiert, die Durchsetzungskraft der Zentralregierung durch Zugeständnisse an den Adel in den Provinzen noch mehr zu schwächen. In diesen Jahren verminderte sich die Zahl der Kriegsdienst leistenden Soldatenbauern, die in der mittelbyzantinischen Zeit einen beträchtlichen Teil der Armee gebildet hatten. An ihrer Stelle wurden jetzt ausländische Söldner angeworben. Ebenso wurde die Flotte vernachlässigt, da Byzanz im östlichen Mittelmeer zu dieser Zeit keine Feinde hatte. Dies sollte sich jedoch ab der Mitte des Jahrhunderts ändern. Aus dem Osten erschien mit den Seldschuken eine neue Macht, die sich den Byzantinern bald als überlegen erwies. Auf dem Balkan begannen Petschenegen und Kumanen gegen die Grenzen zu drücken, und in Unteritalien eroberten die Normannen einen byzantinischen Stützpunkt nach dem andern. Zugleich kam es im Inneren zu heftigen Auseinandersetzungen um den Kaiserthron, nachdem die regierende makedonische Dynastie im Jahre 1056 nach fast zwei Jahrhunderten Herrschaft ausgestorben war. Diese innere Uneinigkeit begünstigte dasVordringen der Seldschuken, die der byzantinischen Armee im Jahre 1071 bei Mantzikert in Ostanatolien eine schwere Niederlage beibringen konnten, die zu dem schnellen und totalen Zusammenbruch der byzantinischen Herrschaft in Kleinasien führte. In demselben Jahr ging mit Bari der letzte Stützpunkt in Italien verloren, und auf dem Balkan 54

Kephallenia

Korfu

Donau

Kreta

Naxos Kos

Athen Ephesos

M i t t e l m e e r

Korinth

Abydos

Thessalonike

Das Byzantinische Reich um 1025

Pliska Develtos

Kyzikos

Attaleia Rhodos

Milet

Smyrna

Pergamon

Amastris

Laodikeia

Edessa

Raphanea Emesa Damaskus

Harran

Nisibis

Eu ph

Martyropolis Amida seit 1032

Aleppo

Beirut Sidon Akkon Tiberias Kaisareia Nazareth Jerusalem

Zypern

Adana Tarsos Antiocheia Seleukeia

Raban

Melitene

ra

t

Mossul

Trapezunt Ani Kars Dvin seit 1045 Koloneia Dazimon Theodosiupolis Sebasteia Mantzikert

Sinope

Tyana

Kaisareia

Ankyra

Ikonion

Amorion

Dorylaion

Nikaia

(Kaffa)

Theodosia

S c h w a r z e s M e e r

Cherson

Konstantinopel

Adrianupolis

Trnovo

Philippupolis

Serdika

Theben

Nikopolis

Prespa Aulona

Ochrid

Nisˇ

Vidin

Belgrad

Das Byzantinische Reich um 1025 Erwerbungen nach 1025

Tarent

Dyrrhachion

Ragusa

Sirmium

ys

Zara

al

Java

H

Drav a

Tig ris

55

S

N

durchbrachen die Petschenegen die Donaugrenze und drangen plündernd bis tief in das Landesinnere vor. Von der byzantinischen Vormachtstellung zu Anfang des Jahrhunderts war nichts mehr übriggeblieben.24

Byzanz und die Kreuzzüge (12. Jahrhundert) Die Epochengrenze von 1071 ist erheblich schwächer als diejenige des 7. Jahrhunderts, so dass man mit einem gewissen Recht auch von einem zweiten Teil der mittelbyzantinischen Zeit sprechen könnte. Trotzdem gibt es in drei wichtigen Punkten so tief greifende Unterschiede, dass das 12. Jahrhundert als eigene Epoche für sich angesehen werden kann. Dies sind im innenpolitischen Bereich ein neues Regierungs»system« und die Verlagerung des Reichsschwerpunkts von Kleinasien auf den Balkan sowie im außenpolitischen das Auftreten zweier neuer Feinde: der Seldschuken im Orient und der Kreuzfahrer im Okzident. Einer der Gründe für den Machtzerfall des Reiches im 11. Jahrhundert war der Antagonismus zwischen dem Kaiser als Träger der Zentralgewalt und dem Adel in den Provinzen gewesen. In Byzanz war die Akkumulation von Grundbesitz fast die einzige Möglichkeit, Einkommen gewinnbringend mit einiger Sicherheit anzulegen. Dies galt vor allem, wenn man sich von den Unwägbarkeiten einer Existenz, die allein vom Wohlwollen der Kaiser abhing, emanzipieren wollte. Insofern war es nur logisch, dass viele Familien der Oberschicht sich eigene Machtbasen in den Provinzen zu schaffen suchten. Dort kollidierten sie mit den Interessen der Zentralregierung, die um ihren eigenen Zugriff auf die Provinzen und deren Ressourcen fürchtete. Kaiser und Adel agierten hier sozusagen als Konkurrenten. Aber im 11. Jahrhundert hatte die Aristokratie sich so weit durchgesetzt, dass der Autor Kekaumenos in seinem »Strategikon«, einer Art Fürstenspiegel, sogar davor warnte, als Beamter in die Provinz zu gehen, da man in dem Konflikt zwischen den Ansprüchen des Amtes und dem Widerstand der lokalen »Mächtigen« aufgerieben werde. Durch diesen Antagonismus wurde das Kaisertum in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts nicht wenig geschwächt.25 Nach dem Schock der Katastrophe von Mantzikert schlug Alexios I. Komnenos einen neuen Weg ein: Er sah die anderen Adelsfamilien nicht mehr als Konkurrenten um die Macht, sondern 56

suchte sie ganz bewusst einzubinden. Das geschah durch eine Kombination von Zugeständnissen, Ehrungen, Geschenken und verwandtschaftlichen Verbindungen, die vorzugsweise durch Heiraten zustande kamen, für die dem Kaiser zum Glück Kinder, besonders Töchter, in ausreichender Zahl zur Verfügung standen. Das Reich nahm auf diese Weise gewissermaßen den Charakter eines Feudalstaates an, ohne dass dies freilich je formal geregelt worden wäre, wie es im lateinischen Westeuropa der Fall war. Die Macht des Kaisers beruhte damit nicht mehr allein auf seiner Stellung als Kaiser, sondern ebenso sehr auf seiner Position als Oberhaupt der ersten Familie des Reiches, konkret: der Komnenen als der kaiserlichen Dynastie. Eines der Zugeständnisse, die die Kaiser machen mussten, war freilich ein weiteres Zurückweichen in den Provinzen. Konstantinopel war jetzt noch stärker als zuvor die Herrschaftsgrundlage der Kaiser. Auf der anderen Seite hatte auch der Adel nach dem Verlust Kleinasiens einen großen Teil seiner ehemaligen Machtbasen verloren. Das komnenische »System« funktionierte unter den ersten drei Komnenen zufrieden stellend und ermöglichte es den Kaisern, die byzantinische Position als regionale Großmacht ein weiteres Jahrhundert zu wahren. Aber es hatte eine Schwachstelle: Mehr noch als früher war jetzt eine fähige Person als Kaiser erforderlich, die die verschiedenen Fäden in der Hand halten konnte. Unter Alexios I., Johannes II. und Manuel I. Komnenos war das der Fall gewesen, aber nach dem Tod Manuels 1180 war Alexios II., ein Kind von rund zehn Jahren, aufgrund seines Alters nicht in der Lage, die Doppelfunktion als Kaiser und als Familienoberhaupt der Komnenen auszufüllen. Die Folge war ein schwerer Machtkampf innerhalb der kaiserlichen Familie, aus dem schließlich mit Andronikos I. Komnenos ein Außenseiter innerhalb der Dynastie als Sieger hervorging. Jedoch wurde Andronikos nach drei Jahren Herrschaft von den Angeloi gestürzt. Diese waren allerdings nur dieVertreter einer Nebenlinie der Dynastie, und es gelang ihnen nicht, die führenden Familien des Reiches und besonders die Komnenen hinter sich zu bringen. Es kam zu einer fast ununterbrochenen Reihe von Aufständen, Verschwörungen und Versuchen, in den Provinzen eigene Herrschaften zu etablieren, die die kaiserliche Machtbasis in rasender Geschwindigkeit unterminierten und, unterstützt durch Angriffe von außen, innerhalb von knapp zwanzig Jahren zu einem Chaos führten, das von den Kaisern nicht mehr beherrscht werden konnte. Zusammen mit den Auswirkungen der beiden anderen, für die Komnenenzeit typischen Faktoren führte dies zum Zusammenbruch des Reiches, der dann in der Eroberung Konstantinopels 57

durch die Kreuzfahrer während des Vierten Kreuzzugs kulminierte.26 Die von den Komnenen eingeführte Form der Herrschaft wäre ohne die Einwirkungen von außen kaum möglich gewesen. Hier sind in erster Linie die Seldschuken zu nennen, die ab der Mitte des 11. Jahrhunderts die byzantinischen Grenzen erreichten und mit ersten Einfällen in das byzantinische Kleinasien begannen. 1071 schlugen sie die byzantinische Armee bei Mantzikert und nahmen Kaiser Romanos IV. Diogenes gefangen. Daraufhin kam es in Konstantinopel zu einem Umsturz mit anschließendem Bürgerkrieg, in dem der wieder freigelassene Romanos IV. unterlag und geblendet wurde. In dem folgenden Jahrzehnt ging fast ganz Kleinasien an die Seldschuken verloren, einige Küstenregionen wurden praktisch unabhängig und betrieben eine Schaukelpolitik zwischen Byzantinern und Seldschuken, bis sie an eine der beiden Mächte fielen. Kleinasien hatte über mehr als 400 Jahre das Schwergewicht des Reiches gebildet, dort hatten die wichtigsten aristokratischen Familien ihre Besitzungen. Mit dem Verlust der Halbinsel wurden auch diese Familien schwer angeschlagen und verloren ihre Basen. Das Schwergewicht des Reiches verlagerte sich nun auf den Balkan, wo andere Familien das Sagen hatten. Bis das alles wieder austariert und ein neues Gleichgewicht innerhalb der führenden Familien hergestellt war, muss es ein ziemliches Durcheinander gegeben haben, das auch immer wieder inVerschwörungen und Aufständen seinen Ausdruck fand. Die von Alexios I. Komnenos durchgeführte Anbindung der wichtigsten Familien an die kaiserliche Dynastie führte zu einem gewissen Ausgleich, wurde aber durch diese chaotische Situation nach 1071 eben auch erleichtert. Der Ersatz Kleinasiens durch die Balkanprovinzen war auch außenpolitisch nicht ohne Probleme, weil er die bisherigen Schwerpunkte der byzantinischen Politik völlig veränderte. Selbst nach seiner teilweisen Rückeroberung gewann Kleinasien niemals seine frühere Bedeutung zurück, da es den Byzantinern nicht gelang, die turkmenischen Nomaden aus dem Landesinneren zu vertreiben. Das hätte einer langfristigen Anstrengung bedurft, zu der Byzanz nicht fähig war – und zu der übrigens auch kaum ein anderer mittelalterlicher Staat befähigt gewesen wäre. Eine Vertreibung der Nomaden wäre praktisch nur möglich gewesen, wenn man dauerhaft zahlreiche Truppen in den Grenzgebieten stationiert hätte, die aus dem Hinterland hätten versorgt werden müssen, was schon aus logistischen Gründen ausgeschlossen war.27

58

59

Zara (Zadar)

Brindisi

Apulien

Bosnien

Sizilien

Epiros

Ochrid Dyrrhachion

Cattaro

Athen

Thessalonike

Sofia

Byzanz und die Kreuzzüge

1. Kreuzzug von 1096–1099 2. Kreuzzug von 1147–1149 3. Kreuzzug von 1189–1192 4. Kreuzzug von 1202–1204 Ausdehnung des Byzantinischen Reiches 1180

Syrakus

Reggio

Kalabrien

Serbien

Nisˇ

KGR. UNGARN

Belgrad

Ragusa

KGR. SIZILIEN

Neapel

ITALIEN

Rom

Ravenna

Venedig

Aquileia

Kreta

Attaleia

Laodikeia

Philomelion

Sinope

Akkon

S

N

Antiochia

Edessa

(bis ca. 1150)

Gft. Edessa

Trapezunt

Jerusalem

Damaskus

Tripolis

Gft. Tripolis

Fsm. Antiochia

KGR. JERUSALEM

Limassol

Zypern

Seleukeia

Herakleia

Ikonion

Kaisareia

SELDSCHUKEN

Dorylaion

Nikaia

Konstantinopel

S c h w a r z e s M e e r

M i t t e l m e e r

Kandia

Smyrna Ephesos

Adrianupolis

Philippupolis

Bulgarien

u

na

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Cherson

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Ti

Auf der anderen Seite waren die Unterschiede innerhalb der Balkanprovinzen des Reiches erheblich größer, als es diejenigen in Kleinasien gewesen waren. Eine bedeutende wirtschaftliche Rolle spielten eigentlich nur die Küstenregionen, die sich im 12. Jahrhundert positiv entwickelten, nicht zuletzt aufgrund des gestiegenen Fernhandels mit Italien, das die byzantinischen Exporte an Lebensmitteln, darunter besonders Öl, aber auch Getreide, Wein und ähnliches, bereitwillig aufnahm. Allerdings war auch hier die Situation labiler als früher, da Byzanz in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts seine frühere Vorherrschaft auf dem Meer weitgehend eingebüßt hatte. Dies wurde in der Folgezeit von den Flotten der italienischen Seestädte Venedig, Pisa, Genua und von den Normannen weidlich ausgenutzt. Immer wieder wurden die Inseln und die Küstengebiete der Ägäis geplündert. Die Normannen konnten sogar große Städte wie Theben, Korinth und Thessalonike einnehmen, und lateinische Piraten waren, besonders im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts, eine ständige Plage.28 Noch problematischer war freilich etwas anderes: Mit der Verlagerung des Reiches auf den Balkan änderte sich auch die strategische Grundposition. Bis dahin hatte Westeuropa für Byzanz nur eine ideologische Bedeutung gehabt, war aber niemals eine reale Bedrohung gewesen, denn Kleinasien als byzantinisches Kernland war für jeden Angriff aus dem Westen schlicht unerreichbar gewesen. Die Lateiner besaßen keine Flotte, die mit der byzantinischen konkurrieren konnte, und Landtruppen wären nicht in der Lage gewesen, nach Kleinasien überzusetzen. Konstantinopel selbst lag zwar auf der europäischen Seite des Bosporos, aber seine Befestigungen waren für mittelalterliches Belagerungsgerät zu stark. So erklärt sich, dass die islamischen Reiche des Orients für Byzanz bedeutsamer waren als die westlichen Nachbarn, denn von ihnen ging die viel größere Bedrohung aus. Dies änderte sich nach Mantzikert. Die Reichsprovinzen auf dem Balkan waren Angriffen vonWesten her zugänglich und die Schiffe der italienischen Seemächte zeigten sich der byzantinische Flotte weit überlegen. Gegen die normannischen Attacken, die in den achtziger Jahre des 11. Jahrhunderts von Unteritalien aus die Balkanprovinzen des Reiches zum Ziel hatten, war Byzanz auf die Hilfe Venedigs angewiesen, die teuer erkauft werden musste. Damit aber rückte das lateinische Europa Byzanz buchstäblich näher, und Italien gewann einen ganz anderen Stellenwert als jemals zuvor. Es wurde jetzt zu einem Vorland des Reiches, von dem aus jederzeit Angriffe gegen das neue byzantinische Kernland vorgetragen werden konnten – was mehrfach geschah. Die komnenischen Kaiser 60

haben diese Gefahr erkannt und ihr durch vielfältige Anstrengungen, diplomatische wie militärische und finanzielle, zu begegnen gesucht, zunächst eher defensiv, wie Alexios I. und Johannes II. Komnenos, dann offensiver, wie Manuel I. Komnenos. Während die ersten beiden relativ erfolgreich waren, überschätzte Manuel seine Kräfte und führte Byzanz in eine gefährliche Isolierung, die schließlich unter seinen Nachfolgern zum Ruin von Byzanz führen sollte. Ob freilich eine andere Politik erfolgreicher gewesen wäre, steht dahin, denn hier kam die dritte Besonderheit der Komnenenzeit zum Tragen: die Kreuzzüge! Die Kreuzzüge können an dieser Stelle nicht erschöpfend behandelt werden. Daher seien nur kurz die wichtigsten Punkte genannt. Anlass für die Bewegung war eine byzantinische Bitte an Papst Urban II. um dieVermittlung von Truppenhilfe gegen die Seldschuken. Der Aufruf Urbans in Clermont 1095 hatte überaus großen Erfolg, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Die Hilfe für Byzanz wurde überdeckt von dem Wunsch der großen Mehrheit der Kreuzfahrer, das Heilige Land von der Herrschaft der Ungläubigen (der Muslime) zu befreien, was in der Konsequenz bedeutete, dass die Kreuzfahrer dort eigene Reiche errichten wollten, wenn ihre zukünftigen Eroberungen nicht an die Muslime zurückfallen sollten. Jedoch erhob Byzanz selbst Anspruch auf diesesTerritorium, das es zu seiner eigenen Interessensphäre zählte. Damit trat es in Gegensatz zu den Kreuzfahrern, die die Kreuzzüge als eine Angelegenheit sahen, die für alle Christen verbindlich war. Die Unterstützung der Kreuzritter wurde als eine moralische Verpflichtung angesehen, der sich kein christliches Reich entziehen durfte. Die Einstellung der Kreuzfahrer war völlig einseitig: Wer nicht uneingeschränkt für sie war, wurde als Feind des Christentums angesehen. Eine differenzierte Sehweise gegenüber den Muslimen, wie Byzanz sie in langen Jahrhunderten entwickelt hatte, war den Kreuzfahrern fremd und unverständlich. Folglich sahen sie in den Griechen Verräter an der gemeinsamen christlichen Sache, und die Einstellung gegenüber Byzanz verschlechterte sich während des 12. Jahrhunderts fortgesetzt, bis die Eroberung des byzantinischen Reiches geradezu zu einer Option wurde, die dann im Vierten Kreuzzug 1203/04 in die Tat umgesetzt wurde.29 Mit den Kreuzzügen kam die Problematik des Religionskrieges jetzt auch von christlicher Seite her zum Tragen, und dieser Problematik waren die Byzantiner im Endeffekt nicht gewachsen, zumal sie die naive Begeisterung der Kreuzfahrer nicht teilten und in ihr eher einenVorwand sahen, unter dem die Lateiner eigentlich beab61

sichtigten, Byzanz anzugreifen und zu erobern. Damit lagen sie nicht völlig falsch, sahen aber nicht, dass ein großer Teil der Kreuzfahrer tatsächlich aus religiösen Gründen ins Heilige Land zog und seinerseits die Vorsichtsmaßnahmen der Byzantiner nicht verstand; und gerade, weil man sie nicht verstand, wurden sie auf ’s Schärfste missbilligt. Die daraus resultierenden Spannungen verschlechterten die byzantinische Position nicht nur gegenüber den Kreuzfahrern selbst, sondern auch gegenüber deren Herkunftsländern im Abendland. Im Verbund mit der stärkeren Verwundbarkeit des Reiches gegenüber demWesten wuchsen die Kreuzzüge sich daher zu einem immer größer werdenden Problem für Byzanz aus, an dem es schließlich buchstäblich auseinander brechen sollte. Zunächst freilich waren die Kreuzzüge auch hilfreich: Nach 1071 hatten die Seldschuken fast ganz Kleinasien erobert und selbst an der Küste der Ägäis eigene Reiche errichtet. Die Hauptstadt des Sultanats lag in Nikaia, also in unmittelbarer Nähe zu Konstantinopel. Mit der Hilfe der Truppen des Ersten Kreuzzugs gelang es Alexios I., 1097 Nikaia zur Übergabe zu zwingen und im Schutz des gegen Syrien marschierenden Kreuzritterheeres das westliche Kleinasien zurück zu gewinnen. Zugleich trennte die Errichtung der Kreuzfahrerstaaten von Antiocheia und Edessa das Seldschukensultanat in Kleinasien, das seine neue Hauptstadt in Ikonion fand, von den anderen muslimischen Reichen im Vorderen Orient, so dass Byzanz sich wenigstens in den Küstengebieten der Halbinsel wieder festsetzen konnte. Im byzantinischen Heer waren die lateinischen Soldritter eine feste Größe, die viele Schlachten zugunsten der Griechen entschieden, auch wenn sie als unzuverlässig galten. So gelang es Byzanz zwar, die Seldschuken zurückzudrängen und das Sultanat sogar zeitweilig auf den Status eines Vasallenreiches zu reduzieren, aber das zentrale Hochland Anatoliens konnte es nicht zurückgewinnen. Zum Teil hing dies damit zusammen, dass die komnenischen Kaiser einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit auf den Westen und auf den Balkan richten mussten, um ihre Kernlande abzusichern. Schließlich versuchte Manuel I. Komnenos, beide Probleme mit Gewalt zu lösen. Der Plan war, Ikonion zu erobern und damit den byzantinischen Druck auf die Kreuzfahrerstaaten in Syrien und Palästina so zu erhöhen, dass diese die byzantinischen Ansprüche nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis anerkannten. Jedoch erlitt die byzantinische Armee 1176 auf dem Vormarsch gegen Ikonion bei Myriokephalon eine schwere Niederlage. Auch wenn die unmittelbaren Folgen gering blieben, bedeutete die Niederlage das Ende aller byzantinischenTräume, Kleinasien wieder 62

zurück zu gewinnen. Wenn das Seldschukensultanat von Ikonion in den folgenden Jahren aufgrund innerer Unruhen nicht gleichfalls einen starken Machtrückgang hätte hinnehmen müssen, wäre Byzanz möglicherweise schon in dieser Zeit ganz aus der Halbinsel hinausgedrängt worden.30 Auch auf dem Balkan liefen die Dinge nicht so positiv, wie es wünschenswert gewesen wäre: ImVergleich zu Kleinasien waren die Balkanprovinzen des Reiches immer die schwächeren gewesen. Auch nach den Rückeroberungen des 10. und 11. Jahrhunderts hatten sie noch lange nicht das Niveau Kleinasiens erreicht. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Steuern noch längere Zeit in Form von Naturalabgaben geleistet werden durften. Zudem kam es wiederholt zu Unruhen und Aufständen. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts brachen die nomadischen Petschenegen immer wieder über die Donaugrenze in den byzantinischen Balkanraum ein und richteten schwere Verwüstungen an. Erst 1091 gelang es Alexios I. Komnenos, in einer großen Schlacht am Levunionvorgebirge die Petschenegen zu besiegen, und es sollte noch einmal dreißig Jahre dauern, bis Johannes II. Komnenos 1122 durch einen weiteren großen Sieg dieVorherrschaft des Reiches auf dem Balkan für längere Zeit sicherte. In den folgenden Jahrzehnten hatte Byzanz es vorwiegend mit den Ungarn zu tun, über die erst Manuel I. Komnenos 1167 einen entscheidenden Erfolg errang. Nach seinem Tod 1180 verhinderten die inneren Unruhen auch auf dem Balkan eine konzise Politik, so dass die byzantinische Stellung sowohl von außen als auch durch Aufstände eigentlich unterworfener Völker erschüttert wurde. In den achtziger Jahren errangen sowohl die Serben als auch die Bulgaren ihre volle Unabhängigkeit zurück, während die Ungarn nur durch die Heirat Isaaks II. Angelos mit einer ungarischen Prinzessin einigermaßen ruhig gehalten werden konnten. Zur Zeit desVierten Kreuzzugs bestand die byzantinische Herrschaft eigentlich nur noch im Raum des heutigen Griechenland und im östlichen Thrakien, aber auch hier wurde sie durch die Entstehung einer Reihe von halbunabhängigen Herrschaften in starkem Maße gemindert.31 Hinzu kamen die Angriffe von außen: Die Normannen hatten schon in den achtziger Jahren des 11. Jahrhunderts die byzantinischen Balkanprovinzen angegriffen und u. Ba. Dyrrhachion erobert. 1147/48 plünderten sie Mittelgriechenland mit Theben und Korinth, 1185 Thessalonike, kleinere Angriffe nicht gerechnet. Erschütterungen brachten auch die Kreuzzüge, bei denen es fast jedesmal zu Kämpfen mit den durchziehenden Kreuzfahrern kam: Der 63

Erste Kreuzzug 1096/97 mit einigen »Nachzüglern« 1100/1101; der ebenfalls als Kreuzzug propagierte Angriff des Normannen Bohemund, der 1108 vor Alexios I. kapitulieren musste; der Zweite Kreuzzug 1147–1149 und der Dritte Kreuzzug 1189 (Durchzug Barbarossas) und 1191 (Eroberung Zyperns durch Richard Löwenherz). Ebenso kam es mehrfach zu Angriffen der Flotten der italienischen Seestädte und der Normannen, unter denen die Inseln und Küstengebiete der Ägäis litten. Als die byzantinische Seegeltung nach 1180 völlig zusammenbrach, kamen Übergriffe durch italienische Piraten hinzu, gegen die das Reich kein Mittel mehr fand. Tatsächlich erweckte Byzanz gegen Ende des 12. Jahrhunderts den Eindruck, als ob es auseinander fallen würde. Trapezunt hatte sich schon vor der Eroberung Konstantinopels durch den Vierten Kreuzzug verselbständigt, in Griechenland und Kleinasien bildeten sich kleinere Herrschaften, die zwar zu schwach waren, um aus eigener Kraft existieren zu können, aber stark genug, um den Willen der Kaiser in Konstantinopel zu ignorieren. Es mag sein, dass Byzanz auch ohne den Vierten Kreuzzug zerfallen wäre, und es gibt sogar Stimmen, die meinen, dass derVerlust der Hauptstadt 1204 und die Gründung lateinischer Staaten auf dem alten byzantinischen Territorium die Konzentration der griechischen Kräfte in Nikaia und Epiros und somit die Weiterexistenz der Byzantiner in einem eigenen staatlichen Rahmen erleichtert, wenn nicht sogar erst ermöglicht hätten. Allerdings bleibt das Hypothese, während die Eroberung Konstantinopels durch den Vierten Kreuzzug mit all’ ihren Folgen eine unbestreitbare Tatsache ist und bleibt.32

Die Endphase (1204–1453) Mit dem Vierten Kreuzzug trat eine völlig neue Situation ein, die ohne Vorbild war: Bis dahin war Konstantinopel das Herz des Reiches gewesen, ohne das Byzanz nicht denkbar gewesen wäre. Nun war nicht nur die Hauptstadt verloren, sondern auch die bisherigen Kernlande. Die Kreuzfahrer teilten das Reich unter sich auf, was zwar einen gewissen Widerstand der Besiegten hervorrief, aber die Kreuzritter nicht weiter kümmerte, da sie – zu Recht – die militärische Stärke der Griechen gering einschätzten. Jedoch machten sie sich in ihrer Überheblichkeit nicht nur die Byzantiner zu Feinden, sondern auch die anderen Mächte in der Region, vor allem die Bul64

garen, die unter ihrem Zaren Kalojan einen großen Aufschwung genommen hatten. Schon im Frühjahr 1205 wurde das Kreuzritterheer von den Bulgaren bei Adrianupolis vernichtend geschlagen, Kaiser Balduin geriet in Gefangenschaft, aus der er nie wieder frei kommen sollte. Dieser bulgarische Sieg eröffnete auch den Byzantinern die Möglichkeit, sich wieder zu sammeln und eigene Nachfolgereiche zu gründen, die mit denen der Lateiner konkurrierten. So haben wir einige Jahre nach demVierten Kreuzzug in Kleinasien das (byzantinische) Reich von Nikaia, das die Tradition Konstantinopels fortsetzte. Auf dem Balkan gab es das lateinische Kaiserreich, das gleichfalls lateinische Königreich von Thessalonike, in Griechenland und auf der Peloponnes eine Reihe kleinerer lateinischer Herrschaften, während Venedig Kreta und ausgewählte Inseln und Küstenstädte in Besitz nahm. Daneben entwickelte sich in Epiros ein zweites byzantinisches Nachfolgereich, der sog. Despotat von Epiros, der mit Nikaia konkurrierte. Und schließlich existierte fern im Osten Kleinasiens das Kaiserreich von Trapezunt, das allerdings in die Ereignisse im Westen nicht mehr eingriff. Die letzten 250 Jahre der byzantinischen Geschichte zerfallen in drei Perioden, von denen nur die erste relativ feste zeitliche Grenzen hat. Es sind dies die Zeit zwischen demVerlust Konstantinopels 1204 und seiner Rückeroberung 1261, dann etwa 100 Jahre, in denen Byzanz noch einen gewissen Einfluss auf sein eigenes Geschick nehmen konnte, und schließlich die letzten rund 100 Jahre, in denen Byzanz fast total von außen bestimmt wurde. Der Kampf um die Nachfolge des alten Kaisertums von Konstantinopel wurde zwischen Nikaia in Nordwestkleinasien und Epiros ausgetragen. Das lateinische Kaisertum war nur in den ersten zehn Jahren ein ernstzunehmender Gegner, das Königreich von Thessalonike wurde in den Auseinandersetzungen mit Bulgarien so geschwächt, dass es schließlich an Epiros fiel, während die kleineren lateinischen Reiche nur eine untergeordnete Rolle spielten. Zeitweilig schien es, als ob Epiros sich würde durchsetzen können, aber auch dieses Reich scheiterte schließlich an den Bulgaren und musste den Anspruch Nikaias anerkennen. Nikaia hatte zwar einen schweren Start gehabt, profitierte dann aber sowohl von den Siegen der Bulgaren als auch von dem gleichzeitigen Zerfall des Sultanats von Ikonion. Zum Teil half wohl auch die Nähe zu Konstantinopel, da es damit in gewisserWeise die alten ökonomischen Strukturen besser nutzen konnte als das weit entfernte und eher an der Peripherie gelegene Epiros. Ein wenig erinnert das Reich von Nikaia an die Situation im 7./8. Jahrhundert. Auch jetzt gab es den Wegfall der 65

ökonomisch reichsten Provinzen; die alten Familien hatten schwere Einbußen erlitten, und neue Familien stiegen empor. Dennoch konnte der Verlust Konstantinopels nicht kompensiert werden. Zwar sammelten sich in Nikaia viele Byzantiner, die nicht unter lateinischer Herrschaft leben wollten, und dieser Zuzug stärkte die ökonomische Position auch gegenüber Seldschuken und Turkmenen, aber letztendlich blieb Nikaia doch eine Regionalmacht von begrenztem Einfluss. Dass es trotzdem Konstantinopel zurückgewinnen konnte, lag zum einen an außenpolitischen Faktoren – etwa der unerwarteten Ausbreitung der Mongolen, die sowohl Bulgaren wie Seldschuken unter Druck setzten –, dann an der Schwäche des lateinischen Kaisertums, das es nie vermocht hatte, alle lateinischen Staaten auf dem Gebiet des ehemaligen Byzanz hinter sich zu bringen, und zweifellos auch an der Politik der Kaiser von Nikaia, insbesondere Theodoros’ Laskaris und Johannes’ III. Dukas Vatatzes, die die Spannungen unter den Lateinern geschickt ausnutzten, so dass Konstantinopel schließlich 1261 fast ohne Schwertstreich zurückgewonnen werden konnte. Das Grundproblem für die byzantinischen Nachfolgereiche nach 1204 war die Reduzierung der ökonomischen Substanz und als Folge davon eineVerarmung, die eine Großmachtpolitik, wie sie vor 1204 betrieben worden war, schon aus finanziellen Gründen unmöglich werden ließ. Hervorgerufen wurde diese Verarmung nicht allein durch den Verlust Konstantinopels, sondern auch dadurch, dass es den Lateinern gelungen war, gerade diejenigen Provinzen in Besitz zu nehmen, die dank ihrer Exporte während des 12. Jahrhunderts zu den ökonomisch reichsten des Reiches gehört hatten: Thrakien, Thessalien, Griechenland und die Peloponnes. Außerdem war das Schwarze Meer, dessen Zugang bis zum Ende des 12. Jahrhunderts von Konstantinopel kontrolliert worden war und dem Reich aus dem Transithandel gute Einkünfte gebracht hatte, jetzt frei für den Handel der Italiener. Dagegen waren die Exportkapazitäten sowohl von Epeiros als auch von Nikaia gering und mit ihnen die staatlichen Einnahmen. Dies galt auch nach der Rückeroberung Konstantinopels 1261, zumal die Byzantiner ihre Macht zwar wieder bis nach Thessalien ausdehnen konnten, aber nicht in der Lage waren, die lateinischen Staaten im südlichen Griechenland zu unterwerfen, von den Inseln der Ägäis ganz zu schweigen. Auch der Schwarzmeerhandel lief am byzantinischen Konstantinopel vorbei und konzentrierte sich in der genuesischen Vorstadt Galata, in der die Kaiser nichts zu sagen hatten. Solange die politischen und militärischen Probleme regionaler Natur blieben, war das zu verkraften, 66

N

KGR. UNGARN

S

Kroatien

Belgrad Severin Bosnien

KA Dubrovnik Kotor

Nikopolis

Serbien

IS

ER

R

Mesembria

Schwarzes Meer

Sozopolis

EI

Pec´

Trnovo

BULGARIEN C

H SE

Velbusˇ

Ochrid

Adrianupolis Galata

IEN

Dyrrhachion

Philippupolis

RB

Skopje

Serres

Brindisi

KGR. NEAPEL

Chrysopolis

Thasos

Thessalonike

Epeiros

Konstantinopel

Drama

Imbros Lemnos

OSMANISCHES REICH

Butrinto Korfu

Thessalien

Lesbos

Skiathos

Arta

Euboia

Leukas Kephallenia

Korinth Argos

Zakynthos

Peloponnes

Modon

Chios

Smyrna Philadelphia

Hzm. Athen

Fsm. Achaia

Andravida

Phokaia

Skyros

Theben Athen

Nauplia

Mistras

Koron

Samos

Hzm Naxos

Monembasia Rhodos

Cerigo

Karpathos

M i t t e l m e e r

Kreta

osmanische Eroberungen bis 1403 Byzantinisches Reich 1403 Verluste des Byzantinischen Reiches bis 1350 Verluste des Byzantinischen Reiches bis 1394

venezianischer Besitz genuesischer Besitz Johanniter-Besitz (von 1308 – 1522)

Verfall des Byzantinischen Reiches im 14. Jahrhundert

67

aber für eine breit angelegte Großmachtpolitik reichte das verbliebene Kräftepotential auch nach 1261 nicht aus.33 Aber eine solche Großmachtpolitik war gerade nach 1261 gefordert, denn der Verlust Konstantinopels weckte eine neue Welle von Byzanzfeindlichkeit im Abendland, vor allem nachdem der französische Prinz Karl von Anjou sich in Unteritalien mit Hilfe des Papstes gegen die letzten Staufer durchgesetzt und das Königreich Unteritalien/Sizilien in Besitz genommen hatte. Karl von Anjou hatte weit reichende Pläne, die auch eine Rückgewinnung der byzantinischen Hauptstadt einschlossen. Zwar gelang es dem byzantinischen Kaiser Michael VIII. Palaiologos (1259–1282) durch geschickte Politik, die von militärischen Erfolgen und dem Einsatz reichlicher finanzieller Mittel getragen wurde, die Angriffe des Anjou hinauszuzögern, aber die Mittel des Reiches wurden durch diese – notwendige – Politik weit überfordert. Selbst an der »SizilianischenVesper« 1282, in der Karl Sizilien an König Peter III. von Aragon verlor und dadurch auch nicht mehr in der Lage war, den für dieses Jahr geplanten Kriegszug gegen Byzanz durchzuführen, war Michael VIII. mit Geld und Agenten beteiligt gewesen, aber diese Siege waren teuer erkauft. Finanziell war Byzanz 1282 völlig erschöpft, und auch im religiösen Bereich war es zu schweren Erschütterungen gekommen, da MichaelVIII. versucht hatte, durch das Angebot der Kirchenunion den Papst von einer Unterstützung Karls von Anjou abzuhalten. Aber nach dem Schock des Vierten Kreuzzugs waren Volk und Kirche in Byzanz weniger denn je geneigt, den Vorrang des Papstes gegenüber dem Patriarchat von Konstantinopel anzuerkennen.34 Nach dem Tod MichaelsVIII. sah sich sein Sohn und Nachfolger Andronikos II. Palaiologos gezwungen, einen strengen Konsolidierungskurs einzuschlagen. Da vomWesten her kein Angriff zu erwarten war, reduzierte er die Armeeausgaben, löste die Flotte praktisch auf und verringerte auch den Goldgehalt des Nomisma. Um die Bevölkerung durch Zugeständnisse im religiösen Bereich über den machtmäßigenVerfall zu trösten, widerrief er die verhasste Kirchenunion mit Rom, was zwar seine Beliebtheit erhöhte, aber den Außenbeziehungen des Reiches auch nicht weiter aufhalf. Innerhalb kürzester Zeit sank Byzanz zu einer reinen Regionalmacht herab, die den Angriffen selbst ihrer engeren Nachbarn kaum noch gewachsen war. Bezeichnend ist hier die Affäre um die geplante Eheverbindung mit dem serbischen Zaren Milutin, den die Schwester des Kaisers heiraten sollte, die sich aber weigerte. Da Milutin auf der Hochzeit mit einer byzantinischen Prinzessin bestand und mit Krieg 68

drohte, sah Andronikos II. schließlich keinen anderen Ausweg mehr, als ihm seine erst fünfjährige Tochter Simonis anzubieten. 1299 wurde die Hochzeit zwischen den ungleichen Partnern gefeiert, die Byzanz wenigstens eine zeitweilige Pause an der Nordgrenze brachte. In Kleinasien gab es keinen heiratswilligen Partner, und Byzanz verlor mehr und mehr an Boden. Dies hatte zum Teil damit zu tun, dass das Engagement im Westen – zunächst für die Rückgewinnung und dann für die Verteidigung Konstantinopels – keine Kräfte für den mühsamen Abwehrkampf im Osten ließ. Zum Teil hatte sich aber auch der türkische Druck erhöht, da viele Seldschuken vor den Mongolen nach Westen ausgewichen waren und ihrerseits gegen die schlecht verteidigten byzantinischen Grenzen vorstießen. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts war Byzanz auf den Küstengürtel im Nordwesten beschränkt worden. Da das Reich selbst nicht über ausreichende Kräfte verfügte, warb Andronikos II. westliche Söldner an, unter anderem aus Katalonien, die auch zunächst erfolgreich waren. Als sie aber die byzantinische Ohnmacht erkannten, machten sie sich selbständig, setzten aus Kleinasien auf den Balkan über und errichteten in Attika eine eigene Herrschaft, die sich einige Jahrzehnte halten sollte. Der Erfolg dieser »Katalanischen Kompanie« zeigt schlagartig die ganze Schwäche des byzantinischen Kaisers. Die restlichen Reichsprovinzen in Kleinasien fielen fast widerstandslos an die Türken, die an der Ägäisküste mehrere Emirate gründeten. Am erfolgreichsten erwiesen sich allerdings im Landesinneren die Osmanen, die bis Ende der dreißiger Jahre die letzten byzantinischen Stützpunkte einnahmen und 1354 auch auf den Balkan übersetzten, den sie in den folgenden Jahrzehnten fast vollständig eroberten.35 Byzanz hatte dem wenig entgegenzusetzen, zumal es sich selbst in Bürgerkriege verstrickte, die seine bescheidenen Kräfte zusätzlich aufzehrten. Nur auf der Peloponnes gab es noch örtliche Erfolge zu verzeichnen, aber schon gegen die Serben, die unter ihrem Zaren Stephan Dušan zur zeitweiligenVormacht wurden, war man machtlos und wurde nur durch den Tod Dušans vor dem Ärgsten gerettet. Ab den sechziger Jahren gerieten dann auch Serben und Bulgaren in das Blickfeld der Osmanen und wurden von ihnen unterworfen. In den neunziger Jahren waren Konstantinopel, Thessalonike, die Peloponnes und einige Küstenprovinzen nur noch Inseln in dem osmanischen Reich, das in Adrianupolis (heute Edirne) seine neue Hauptstadt fand. In den neunziger Jahren schien auch Konstantinopel unmittelbar vor dem Ende zu stehen und wurde mehrere Jahre hindurch bela69

gert. Gerettet wurde es eher zufällig, denn die Osmanen wurden ihrerseits von Osten her angegriffen durch das turkomongolische Reich des Timur Lenk (Tamerlan), der den osmanischen Sultan Bayezid I. 1402 in der Schlacht bei Ankara besiegte und gefangen nahm. Byzanz erhielt hierdurch eine Atempause von rund 50 Jahren, war aber schon zu schwach geworden, um sie noch nutzen zu können. Trotz mehrfacher Unionsversuche kam keine substantielle Hilfe aus dem Westen, so dass es nicht verwunderlich ist, dass Konstantinopel am 29. Mai 1453 von Sultan Mehmed II. erobert und zur Hauptstadt des Osmanischen Reiches gemacht wurde, das damit in gewisser Weise die alte byzantinische Tradition weiterführte. 1460 fiel die byzantinische Peloponnes und 1461 als letztes griechisches Territorium das kleine Trapezunt, das bis dahin über 250 Jahre eine isolierte Existenz geführt hatte, ohne nach außen hin groß in Erscheinung zu treten.36 Als Hauptgründe für den byzantinischen Niedergang werden oft eine gewisse Erstarrung der byzantinischen Gesellschaft, innere Auseinandersetzungen und die ökonomische Verarmung genannt. Vor allem letzteres ist nicht zu bestreiten. Der Fernhandel war völlig an die italienischen Seestädte übergegangen. Die Landwirtschaft litt unter den unaufhörlichen Kriegen, die in dem aufgesplitterten Reich, das fast nur noch auf der Peloponnes und in Thrakien über größere geschlossene Gebiete verfügte, immer wieder Verwüstungen anrichteten. Hinzu kam in den vierziger Jahren des 14. Jahrhunderts die große Pestepidemie, die sich in der Folge auch nach Westeuropa ausbreitete. Auch verwertbare Exportartikel wurden von der technologisch rückständigen Wirtschaft des Reiches nicht mehr erzeugt, so dass Byzanz immer ärmer wurde und damit auch nicht mehr die Mittel besaß, um ein für seine Bedürfnisse ausreichendes Militärwesen zu unterhalten. Die Bevölkerung mochte sich zwar noch an die angebliche Überlegenheit der byzantinischen Kirche und Zivilisation klammern, in der Realität aber war die Basis von Byzanz im 14. Jahrhundert zu klein geworden, um weiter mit den aggressiven Nachbarn des Reiches mitzuhalten oder gar eine – von manchen erträumte – Wiederherstellung der alten Größe Ostroms möglich zu machen.

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Kirche

Vorbemerkung: Zum Verhältnis von Kirche und Staat in Byzanz In der heutigen Zeit hat die Kirche, zumindest in der westlichen Zivilisation, fast überall ihre enge institutionelle Verbindung mit dem Staat verloren und auch ihre frühere Kontrolle der gesellschaftlichen Moralvorstellungen weitgehend eingebüßt. Hier unterscheiden wir uns von der mittelalterlichen Gesellschaft in einem Ausmaß, das für den Einzelnen heutzutage kaum noch nachvollziehbar ist.1 Die Durchdringung der Gesellschaft mit religiös geprägten Inhalten und Moralvorstellungen war im Mittelalter allgegenwärtig. Ein Herrscher, der sich bewusst gegen die Kirche als solche stellte, wäre überhaupt nicht vorstellbar gewesen.2 Dennoch gab es natürlich Unterschiede in dem Ausmaß, in dem die Kirche – oder zumindest ihre Mitglieder – in die staatliche Herrschaft integriert war. Die Vermischung beider Institutionen – kirchlicher wie weltlicher – konnte sehr unterschiedlich sein: von einer reinen Theokratie, wie es etwa der Papst als Herr von Rom oder die Ritterorden in ihren Territorien waren,3 bis hin zur Überordnung des weltlichen Herrschers über die Kirche. Besonders Byzanz ist häufig als Hort des »Caesaropapismus«, wie dieser Zustand bezeichnet wird, angeklagt worden.4 Tatsächlich ist eine solche Sichtweise nicht völlig abwegig. Schon die räumliche Nähe zwischen Kaiser und Patriarch setzte letzteren einem viel größeren Druck aus, als ihn etwa der Papst in Rom erfuhr, der weit entfernt von den Machtzentren der westlichen Kaiser lebte. Hinzu kam die kaiserliche Tradition, die sich aus der Kaiseridee des römischen Imperiums herleitete, als der Kaiser göttlichen Status hatte. Konstantin I. verhalf zwar dem Christentum zum Durchbruch, was seine eigene Göttlichkeit unmöglich machte, aber dafür sah er sich als Herr der Kirche, der über dem Papst und den Bischöfen stand, Konzilien einberief, ihnen vorstand und ohne dessen Unterschrift ihre Beschlüsse keine Gesetzeskraft besaßen.5 Bis heute wird darüber diskutiert, ob er sich als apostelgleich oder sogar als christusgleich sah. Sein Sohn Konstantios konnte erklären, dass sein Wille auch in der Kirche Gesetz sei.6 Zwar verlor dieses kaiserliche Selbstbewusstsein im Lauf der Zeit an Stärke, aber das kaiser71

liche Übergewicht lässt sich auch noch in Mittelbyzanz nachweisen, wenn man zum Beispiel überlegt, wem der Patriarch letztendlich sein Amt verdankte. Das Zeremonienbuch Kaiser Konstantins VII. aus dem 10. Jahrhundert, das sich, wie der Name sagt, vorwiegend mit dem Zeremoniell am Kaiserhof befasst, lässt hieran keinerlei Zweifel: Wenn der Patriarch stirbt, fordert der Kaiser die Metropoliten auf, ihm drei Kandidaten zu benennen, die sie für würdig halten. Die Metropoliten versammeln sich daraufhin in der Hagia Sophia und übermitteln dem Kaiser schließlich eine entsprechende Liste. Gefällt einer der drei Kandidaten dem Kaiser, ist es gut. Wenn aber nicht, so erklärt er: »Ich möchte, dass der oder der es wird.« Die Metropoliten fügen sich zu Recht dieser Anordnung. Daraufhin versammeln sich alle, Metropoliten, Senatoren, Bischöfe und Palastkleriker im kaiserlichen Palast. Der Kaiser erklärt: »Die göttliche Gnade und meine auf ihr beruhende Herrschaft schlägt diesen Allerfrömmsten zum Patriarchen vor.« Dem stimmen alle zu. Der Kandidat wird feierlich in den Patriarchenpalast gebracht und am folgenden Tag von den (drei) ranghöchsten Metropoliten zum Patriarchen geweiht.7 Auch wenn dieser Text möglicherweise von der konkreten Weihe eines bestimmten Patriarchen ausgeht und diese dann verallgemeinert, wie es im Zeremonienbuch nicht selten vorkommt, so ist die entscheidende Rolle des Kaisers doch offenkundig. Gegen seinen Willen war die Erhebung eines Patriarchen unmöglich. Und der Patriarch tat gut daran, sich möglichst nicht gegen den Kaiser zu stellen, denn im Konfliktfall blieb er fast immer der Schwächere. Das konnte selbst die mächtigsten Patriarchen treffen, wie beispielsweise Photios im 9. oder Michael Kerullarios im 11. Jahrhundert, die beide zum Rücktritt gezwungen wurden. Das heißt nicht, dass jeder Patriarch nun ohnmächtig den Willen des Kaisers exekutierte. Aber offene Opposition war immer mit der Gefahr der Absetzung oder des erzwungenen Rücktritts verbunden, so dass man mitunter zu eher subtilen – uns vielleicht »byzantinisch« erscheinenden – Mitteln griff, um seinen Unmut kundzutun. War zum Beispiel der Patriarch nicht damit einverstanden, wenn der Kaiser eine neue Ehe einging und damit mehr oder weniger offen das Kirchenrecht brach, so weigerte er sich zwar, selbst die Ehe einzusegnen, ließ es aber zu, dass dies durch einen anderen Priester geschah, der danach aber auf einer Synode seines Amtes enthoben wurde. Mehr geschah nicht, und offenbar konnten beide Seiten damit leben.8 Das heißt allerdings nicht, dass die byzantinische Kirche ihren Kaisern willenlos ausgeliefert war. Gerade in Fragen des Dogmas ist 72

es immer wieder zu scharfen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen die Kaiser durchaus nicht immer siegreich blieben. Selbst wenn es ihnen gelang, den Patriarchen zum Einlenken zu zwingen oder durch einen willfährigeren Kandidaten zu ersetzen, gab es immer wieder andere, die sich nicht fügten und mehr als einmal eine durchschlagende Opposition organisierten. Die Absetzung eines Patriarchen war nur das letzte Mittel, denn sie war zwar nicht schwer zu bewerkstelligen, konnte aber zu gefährlichen Unruhen und unter Umständen sogar zu einem Schisma führen. Ein kluger Kaiser setzte seine Wünsche nicht offen gegen die Kirchenvertreter durch, sondern versuchte, durch geschickte Beeinflussung der maßgeblichen Kreise und Personen im Rahmen der in der kirchlichen Hierarchie gebotenen Möglichkeiten zu seinen Zielen zu kommen. Auch das gelang nicht immer. So war es in den letzten beiden Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte eine der Konstanten der kaiserlichen Politik, durch das Angebot der Kirchenunion an den Papst in Rom westliche Hilfe für das notleidende Reich zu bekommen. Aber immer wieder scheiterten die Kaiser an dem Veto der orthodoxen Kirche, die nicht bereit war, zugunsten des Reiches auf ihre Standpunkte zu verzichten und sich Rom unterzuordnen. So sehr identifizierte die Kirche in Byzanz sich nicht mit dem Staat, dass sie dafür ihre eigene Identität aufzugeben bereit war, mochte das Reich auch untergehen. Tatsächlich stand die Kirche in Byzanz, verglichen mit der Kirche im Lateinischen Europa, eher neben dem Staat, als dass sie sich als Teil von ihm begriff. Dass Bischöfe zugleich als Reichsfürsten eigene Territorien beherrschten, wäre in Byzanz undenkbar gewesen. Im Deutschen Reich fungierten Bischöfe als Reichskanzler, waren in die Kaiserwahl involviert, und ihre Kenntnisse waren für dieVerwaltung des Reiches nahezu unabdingbar. In Byzanz hätten solche Tätigkeiten unweigerlich zu schwersten Zerwürfnissen, ja zur Spaltung innerhalb der Kirche geführt, und sie wären niemandem in den Sinn gekommen, weder den Kaisern noch den Patriarchen selbst.9 Die byzantinische Kirche bot eher eine Alternative zum weltlichen Leben, und nicht wenige Kaiser haben kurz vor ihrem Tod das Mönchsgewand angezogen, um auf diese Weise den Makel auszulöschen, der mit ihrer weltlichen Herrschaft eben untrennbar verbunden war. So bietet die byzantinische Kirche einerseits das Bild einer engen Symbiose zwischen Staat und Kirche, in der die weltlichen Machthaber, besonders im personellen Bereich, immer wieder in die kirchlichen Belange eingriffen, andererseits aber zeigt sie eine grö73

ßere Ferne zu dem staatlichen Apparat als solchem.Wenn man wirklich von Caesaropapismus in Byzanz reden will, dann ist er, wenn überhaupt, im 4. Jahrhundert anzutreffen, und der reale Einfluss der Kaiser wurde im Lauf der Jahrhunderte von der Kirche immer weiter zurückgedrängt, auch wenn dies für den Außenstehenden, der nur das Zeremoniell am Kaiserhof sah, nicht so ohne weiteres zu erkennen war.

Chronologische Entwicklung Man kann die Entwicklung der byzantinischen Kirche, je nach Blickwinkel, in unterschiedliche Phasen einteilen, die alle ihre Berechtigung haben, zum Teil untereinander zusammenhängen und insofern alle mehr oder weniger künstlich sind. Da man trotzdem eine Einteilung braucht, dient hier die Geschichte des Patriarchats von Konstantinopel als Ausgangspunkt.

Formative Phase (4.–8. Jahrhundert) Das Patriarchat von Konstantinopel zählte nicht zu den ursprünglichen Patriarchaten. In der Urkirche hatte es keine besonders privilegierten Bischofssitze gegeben. Jedoch genossen die Bischöfe von Rom, Alexandreia und Antiocheia schon in dieser Zeit besondere Autorität, die sie auch jenseits ihrer engeren Provinzgrenzen einsetzten. Ihr formaler Status wurde allerdings erst auf dem Konzil von Nikaia 325 definiert. Konstantinopel als neue Reichshauptstadt begann aber bald, auch im kirchlichen Bereich mehr Einfluss zu fordern, was auf dem ersten Konzil von Konstantinopel 381 dazu führte, dass der Bischof der Stadt als Patriarch anerkannt wurde und hinter dem römischen Papst den zweiten Ehrenvorrang erhielt, während der Patriarch von Alexandreia jetzt den dritten Rang einnahm. Erst mit dem Konzil von Chalkedon 451 wurde die Entwicklung endgültig festgeschrieben, als auch der Bischof von Jerusalem in den Patriarchenrang aufstieg. Damit waren die ursprünglichen Patriarchate definiert und standen in einer festen Rangordnung zueinander, in der Rom den ersten, Konstantinopel den zweiten, Alexandreia den dritten, Antiocheia den vierten und Jerusalem schließlich den fünften Rang einnahm. Die kirchliche

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Geographie folgte damit mehr oder weniger der weltlichen Provinzordnung. Konstantinopel verdankte seine kirchliche Vorrangstellung der Tatsache, dass es zur Hauptstadt des oströmischen Teilreiches geworden war. Sein Aufstieg wurde naturgemäß von den bis dahin führenden Patriarchaten Alexandreia und Rom bekämpft. Während Alexandreia wegen der politischen Entwicklung als Rivale spätestens im 7. Jahrhundert ausfallen sollte, blieb der Antagonismus zwischen Rom und Konstantinopel eine Konstante der byzantinischen Geschichte und ist eigentlich auch heute noch existent. Kurz zusammengefasst lief er darauf hinaus, dass der Papst in Rom die Führungsrolle in der Gesamtkirche verlangte, während die byzantinische Kirche ihm allenfalls einen Ehrenvorrang zuerkannte. Die drei Orientpatriarchate (Alexandreia, Antiocheia und Jerusalem) fielen im 7. Jahrhundert in den muslimischen Machtbereich und verloren in der Praxis damit ihren früheren Einfluss.10 Neben den innerkirchlichen Rangkämpfen ist diese Epoche durch die Durchsetzung des Vorrangs der christlichen Religion gegenüber den Heiden und vor allem durch die dogmatischen Auseinandersetzungen geprägt worden. Die allgemeinen Darstellungen dieser Epoche vermitteln oft den Eindruck, dass die Heiden nach dem 4. Jahrhundert, als sie mit Julian dem Abtrünnigen (griech. Apostata) eine letzte kurze Renaissance erlebt hatten, zu einer vernachlässigbaren Minderheit geworden waren. Aber das ist eher auf den Mangel an entsprechenden Quellennachrichten zurückzuführen, als dass es die Realität widerspiegelt. Tatsächlich gab es immer noch Heiden in großer Zahl, und in vielen Gegenden waren sie wahrscheinlich sogar im 6. Jahrhundert noch zahlreicher als die Christen. Erst 529 schloss Justinian I. die altehrwürdige Akademie in Athen, die als intellektuelles Zentrum der hellenischen (und damit heidnischen) Philosophie galt, und viele von ihm erlassenen Gesetze zeigen, dass dieser Kaiser bemüht war, die heidnischen Götter und Praktiken weiter zurückzudrängen. Noch unter der RegierungszeitTiberios’ II. (578–582) gab es in Baalbek (Syrien) einen großen Prozess gegen die Heiden, die dort nach wie vor ihrer Religion nachgingen. Aber mit wenigen Ausnahmen traten sie in den Quellen weniger in Erscheinung als die christlichen Häretiker, die die kirchliche Hierarchie weit stärker herausforderten als die Heiden, die von dem nunmehr christlich gewordenen Staat keinerlei Hilfe mehr erhoffen konnten.11 Für die Christen in gewisser Weise wichtiger waren die Auseinandersetzungen innerhalb des Christentums selbst, auch wenn 75

die berühmte Sentenz des Kirchenlehrers Gregor von Nyssa aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts doch vielleicht eine subjektive Einschätzung ist, die durch den Status und die Interessen ihres Schöpfers leicht verzerrt gewesen sein mag: »Alle möglichen Leute, Bettler, Taugenichtse und entlaufene Sklaven, philosophieren hochtrabend mit uns über unbegreifliche Dinge. Ihr wisst, was ich meine. Denn die ganze Stadt ist voll davon, auf den Gassen, Plätzen und Straßen; die Tuchverkäufer, Geldwechsler und Lebensmittelhändler. Wenn Du nach dem Preis fragst, philosophiert man über gezeugt und ungezeugt. Wenn Du wissen willst, wie viel ein Brot kostet, heißt es: DerVater ist größer und der Sohn ihm unterworfen. Wenn du fragst, ob das Bad fertig ist, erklärt man, dass der Sohn aus dem Nichts gezeugt worden sei. Ich weiß nicht, wie man dieses Übel nennen muss, Fieber oder Wahnsinn, oder was das ist, das sich wie eine Seuche verbreitet und den Verstand verwirrt.«12 Im Wesentlichen ging es bei den großen Diskussionen vor allem um ein Thema: War Christus Gott oder Mensch, und in welchem Verhältnis standen Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist zueinander? Hinter diese Grundfragen des christlichen Glaubens traten die anderen Probleme zurück, auch wenn sie in ihrer Zeit für beträchtliche Unruhe gesorgt haben.13 Während des 4. Jahrhunderts stritt man vor allem darum, ob Christus Gott wesensgleich sei, was die Arianer ablehnten. Obwohl sie auf verschiedenen Konzilien als Häretiker verdammt worden waren, konnten sich die Arianer im Reich bis zur Regierungszeit Theodosios’ I. halten. Politisch bedeutsam war, dass einige germanische Völker in dieser Zeit das Christentum in seiner arianischen Form empfingen, was den Gegensatz zwischen ihnen und den Römern bzw. Byzantinern verschärfte. Erst nach der Eroberung der Reiche derVandalen und der Ostgoten sowie nach dem Übertritt der Westgoten in Spanien 587 und der Langobarden in Italien im Laufe des 7. Jahrhunderts verschwand der Arianismus endgültig.14 Auf die Arianer folgten, gleichsam als Gegenreaktion, die Monophysiten, die, vereinfacht ausgedrückt, Jesus Christus den »menschlichen« Anteil absprachen. Diese Glaubensrichtung wurde zwar auf dem Konzil von Chalkedon 451 verdammt, blieb aber vor allem in den orientalischen Reichsprovinzen ein starker Faktor, der nicht unterdrückt werden konnte. Kaiser Herakleios und sein Patriarch Sergios I. versuchten 638 mit der sog. Ekthesis einen Kompromiss, der die Dinge aber eher noch weiter verwirrte, als dass er zu einer Lösung geführt hätte. Die aus diesem Bemühen hervorgegangenen Monotheleten wurden auf dem Sechsten Ökumenischen Konzil 680/81 in Konstantinopel als Häretiker verurteilt.15 76

Die letzte große religiöse Auseinandersetzung in dieser Zeit bildete der sog. Ikonoklasmus, in dem es um die Frage ging, inwieweit eine Abbildung Gottes in einem Bild überhaupt möglich war. Hervorgegangen war er allerdings wohl eher aus dem Unbehagen an einer als übertrieben empfunden Verehrung von Bildern Gottes, Marias und der Heiligen. Er beschäftigte die Byzantiner in einer ersten Phase zwischen 730 und 787 (Verurteilung auf dem Zweiten Konzil von Nikaia 787) und noch einmal von 815 bis 843, als die ikonoklastische Position auf einer Synode endgültig als Häresie verdammt wurde. Man kann sagen, dass diese Auseinandersetzungen im Wesentlichen bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts abgeschlossen waren. Da auch der Papst spätestens seit dem Ende des 8. Jahrhunderts aus dem byzantinischen Machtbereich ausgeschieden war und die anderen Patriarchate, seit sie im islamischen Machtbereich lagen, keine überregionale Rolle mehr spielten, war der Patriarch von Konstantinopel spätestens seit dieser Zeit die unangefochtene oberste kirchliche Instanz in Byzanz. Das Reich war, nicht zuletzt durch die geographischen Verluste an den Islam und im Westen an die Franken, in religiöser Hinsicht homogener geworden, zumal auch die Zeit der großen dogmatischen Auseinandersetzungen mit dem Ikonoklasmus ihr Ende gefunden hatte.16

Expansion und Konsolidierung (9.–12. Jahrhundert) Während Byzanz im 9. und 10. Jahrhundert mühsam seinen Weg zu einer neuen, regional limitierten Großmacht suchte, konnte die byzantinische Kirche ihren Einflussbereich erheblich ausdehnen. Zwar hatte es schon zuvorVersuche gegeben, die christliche Lehre zu verbreiten, jedoch gelang es erst ab dem 9. Jahrhundert, die neuen Mächte auf dem Balkan zu christianisieren. Um die Mitte des 9. Jahrhunderts wurden die Bulgaren Christen, und die »Slawenapostel« Kyrillos und Methodios trugen das Christentum byzantinischer Prägung bis nach Mähren, wo sie allerdings auf die Konkurrenz aus Rom stießen, die dort schon seit längerem aktiv war. Die Spannungen mit Rom eskalierten auch aus anderen Gründen. Besonders seit die Kaiser im 8. Jahrhundert das sog. Illyricum (d. h. den westlichen Balkan) ihrem Patriarchen zugeschlagen hatten, ohne dass sich Rom dagegen wehren konnte, war es um diese Frage immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen. Die Rückgabe des Illyricums war in den folgenden Jahrhunderten eine ständige Forderung der Päpste, auf die Kaiser und Patriarch freilich nicht ein77

gingen.17 Als Reaktion versuchten die Päpste, die Bulgaren zur Anerkennung Roms zu bewegen, was wiederum zu Spannungen mit Byzanz führte, die besonders zur Zeit der Patriarchen Ignatios und Photios eskalierten, aber die Byzantiner im Endeffekt siegreich sahen: Die kirchlichen Grenzen zwischen Rom und Konstantinopel folgten schließlich ungefähr den politischen Abgrenzungen: Bulgarien und später auch Serbien wurden orthodox, während man in Mähren sowie auf dem Balkan in Kroatien den Papst als höchste geistliche Autorität anerkannte. Dies galt später auch für die Ungarn, die im ausgehenden 9. Jahrhundert in den Balkanraum einrückten. Ein Jahrhundert später akzeptierten dieVaräger von Kiev das Christentum in seiner byzantinischen Form. Zwar versuchten die Großfürsten von Kiev im 11. Jahrhundert, auch engere Kontakte mit den Reichen im Lateinischen Europa aufzubauen, doch hatte dies nur ephemeren Erfolg, und Kiev blieb, kulturell und religiös gesehen, unter dem Einfluss Konstantinopels. Da auf der anderen Seite die Polen Rom folgten, bildete sich eine konfessionelle Grenze, die im Wesentlichen auch heute noch Bestand hat. Das Patriarchat von Konstantinopel hatte damit seinen Einfluss weit über den des Kaiserreiches hinaus ausgedehnt, und es sollte diesen Einfluss, wenn auch in abgeschwächter Form, selbst über den Fall von Byzanz 1453 hinaus behalten. Abgesehen von den territorialen Fragen ging es im 9. bis 11. Jahrhundert aber auch um die Frage, inwieweit die byzantinische Kirche und ihr Patriarch hinter der römischen zurückstanden. Dies war nicht unbedingt eine Folge steigender byzantinischer Ansprüche, sondern eher darauf zurückzuführen, dass die Päpste seit dem 9. Jahrhundert ein neues Selbstbewusstsein entwickelten und ihren eigenen Anspruch jetzt mit einer viel größerenVehemenz vertraten, als dies zuvor der Fall gewesen war. Besonders Papst Nikolaus I. (858–867) tat sich hier hervor und besaß in gewisser Weise auch die besseren Karten als seine Gegenspieler in Byzanz, die beiden Patriarchen Ignatios und Photios, da diese unter den politischen Machtkämpfen am Kaiserhof litten, die sie nur bedingt beeinflussen konnten. In den fünfziger Jahren waren dies vor allem die Machtkämpfe um den jungen Kaiser Michael III. und in den späten sechziger Jahren der Wechsel von Michael III. zu Basileios I.; in beide waren auch die kirchlichen Würdenträger verwickelt. Es besteht kein Zweifel daran, dass das Schisma des Jahres 1054 zwischen Ost- und Westkirche nicht aus dem Nichts heraus erfolgt ist, sondern sich seit langem vorbereitet hatte, nicht zuletzt in den gegenseitigen Anfeindungen des 9. Jahrhunderts.18 78

Nachdem die Auseinandersetzungen im 10. Jahrhundert wieder etwas abgeflaut waren, wozu die wechselnden politischen Konstellationen in Italien während dieser Zeit beitrugen, nahmen sie im 11. Jahrhundert wieder zu. Es ging jetzt eher um Fragen des Ritus als um grundlegende dogmatische Unterschiede. So spielte das Problem der Verwendung von ungesäuerten Broten (Azymen) in der Liturgie eine mindestens ebenso große Rolle, wie die Frage, ob der Hl. Geist vom Vater und vom Sohne zusammen ausging (filioque) oder nur vom Vater allein. Bezeichnenderweise nahm der Konflikt seinen Ausgang in Unteritalien, wo sowohl lateinischer als auch griechischer Ritus verbreitet waren, die sich immer wieder gegenseitig ins Gehege kamen. Hinzu kamen persönlicheVorurteile, Animositäten und Fehleinschätzungen, die schließlich 1054 darin gipfelten, dass der vom Papst nach Konstantinopel entsandte Legat, Kardinal Humbert von Silva Candida, und Patriarch Michael Kerullarios sich gegenseitig mit dem Bann belegten. In der damaligen Situation wurde dieses Schisma nicht sonderlich ernst genommen, wie dieVerhandlungen zwischen Kaiser und Papst in den folgenden Jahrzehnten zeigen. Aber es konnte nicht wieder geheilt werden, wozu die Kreuzzüge, die mit dem ausgehenden 11. Jahrhundert einsetzten und das Verhältnis zwischen Byzantinern und Lateinern weiter belasteten, einen entscheidendenTeil beitrugen. Erst im Jahre 1965 sind die gegenseitigenVerurteilungen offiziell wieder aufgehoben worden.19 Im Inneren wurde diese Epoche zumindest zeitweilig von einer gewissen Auseinandersetzung zwischen Patriarch und Kaiser um die spirituelleVorrangstellung geprägt. Besonders unter den Patriarchen Photios, zum Teil auch unter Nikolaos Mystikos sowie schließlich unter Michael Kerullarios begegnen wirVersuchen, den Patriarchen in ideeller Hinsicht dem Kaiser gleichzustellen, wenn nicht ihm sogar überzuordnen.Von Erfolg war dies nicht gekrönt, dazu waren die – nichtgeistlichen – Machtmittel der Kaiser letztendlich doch zu stark, was sich schon daran sehen lässt, dass jeder der drei genannten Patriarchen die Absetzung durch einen Kaiser erleiden musste, Photios sogar zweimal. Interessant ist, dass der Führungsanspruch der Kirche gegenüber den Kaisern sich in dieser Epoche nicht an theologisch-dogmatischen Fragen orientierte, sondern fast ausschließlich im Bereich des Pastoralen, konkret der Moral, zum Tragen kam. Eine ganze Reihe von Auseinandersetzungen wurde durch das persönliche Verhalten der Kaiser, das dem offiziellen Moralkodex widersprach, ausgelöst. Man könnte hier die zweite Ehe Konstantins VI. und vor allem na79

türlich die vier Ehen Leons VI. nennen. Beides führte zu schweren Spannungen zwischen Kaiser und Kirche und in der Folge dann auch innerhalb der Kirche selbst. Ebenso widersprach die Heirat zwischen Nikephoros II. Phokas und Theophano, der Witwe Romanos’ II., im Jahre 963 den Kirchengesetzen, da Nikephoros Pate eines der Kinder der Kaiserin war, was nach dem Kirchenrecht ein wirksames Ehehindernis bewirkte. Schon dies nahm der damalige Patriarch Polyeuktos nur nach längeren Verhandlungen hin. Als dann auch noch Johannes I. Tzimiskes, der Nikephoros ermordet hatte, den Thron bestieg und sich wie sein Vorgänger durch die Heirat mitTheophano zu legitimieren suchte, blieb dem Patriarchen gar nichts anderes mehr übrig, als Einspruch zu erheben, zumal es für Theophano die dritte Heirat gewesen wäre, was nach dem byzantinischen Kirchenrecht verboten war. Johannes Tzimiskes gab nach und verzichtete auf die Ehe mit Theophano, aber nur um den Preis, dass der Nachfolger des unterdessen verstorbenen Polyeuktos der Heirat des Kaisers mit Theodora, einer Schwester Kaiser Romanos’ II., zustimmte, obwohl diese dafür das Kloster, in dem sie lebte, verlassen musste. Man kann an diesen Ereignissen gut das Kräfteverhältnis zwischen Kaiser und Patriarch erkennen:War der Kaiser stark genug, musste der Patriarch letzten Endes nachgeben, wenn er nicht riskieren wollte, zur Abdankung gezwungen zu werden. Im 11. Jahrhundert wird die labile Position der Patriarchen gegenüber der weltlichen Macht noch deutlicher sichtbar: Gegen die drei Ehen Zoes, der Tochter Konstantins VIII., in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, gab es keinen ernsthaften kirchlichen Widerstand mehr. Patriarch Michael Kerullarios konnte sich zwar in seiner Auseinandersetzung mit dem Papst gegen das Interesse des Kaisers an einem Ausgleich mit Rom durchsetzen, was in letzter Konsequenz zum Schisma von 1054 führte, aber als er sich in die innerbyzantinischen Thronstreitigkeiten einmischte, führte dies zu seinem Sturz. Im 12. Jahrhundert schließlich folgten die Patriarchen mehr oder weniger widerstandslos der kaiserlichen Kirchenpolitik, auch wenn diese bisweilen arg die Grenzen des orthodoxen Herkommens streifte, wie es beispielsweise unter Manuel I. Komnenos der Fall war.20

Abwehr (13.–15. Jahrhundert) Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Truppen des Vierten Kreuzzugs schien nicht nur das Reich am Ende zu sein, sondern auch seine Kirche. Die Lateiner setzten wider das Kirchenrecht als 80

neuen Patriarchen den Venezianer Thomas Morosini ein, obwohl der alte Patriarch, Johannes X. Kamateros, weder zurückgetreten noch gestorben war. Auf welche Empörung dieses Vorgehen stieß, zeigt die Darstellung des Chronisten Niketas Choniates: »Er war von mittlerer Größe und feister als ein Mastschwein. Sein Gesicht schabte er sich ebenso wie die anderen Männer seines Volkes und zupfte peinlich genau die Haare an seiner Brust aus, genauer als es ein aufgelegtes Pechpflaster hätte tun können... Der Priesterschaft, die neben ihm um den Opfertisch geschäftig war, sah man an, dass sie aus der gleichen Töpferei stammte. Sie glichen in Kleidung und Lebensweise und im Abernten des Bartes ganz ihrem Oberhaupt.«21 Es war nicht nur die widerrechtliche Einsetzung Morosinis, die die Byzantiner empörte, sondern fast mehr noch das äußere Erscheinungsbild der lateinischen Priester, das demjenigen eines orthodoxen Klerikers widersprach und geradezu als Blasphemie empfunden wurde. Tatsächlich konnte Morosini sich als Patriarch auch nur in den von den Lateinern beherrschten Gebieten durchsetzen, und selbst dort hatte er Schwierigkeiten, einmal aufgrund seiner provenezianischen Haltung gegenüber den anderen Kreuzfahrern und zum zweiten wohl auch wegen seines persönlichen Auftretens.22 Dass die byzantinische Kirche sich hiermit nicht abfand, kann nicht überraschen. Nach dem Rücktritt des Johannes Kamateros im Jahre 1206 gelang es dem in Nikaia residierenden Theodoros Laskaris zwei Jahre später, in Nikaia Michael IV. Autoreianos zum neuen Patriarchen wählen zu lassen, womit er auch im kirchlichen Bereich Nikaia als Nachfolger des alten Reiches etablierte. Die kirchliche Reconquista folgte hier der weltlichen. Nach der Rückeroberung Konstantinopels 1261 kehrte auch der orthodoxe Patriarch in die alte Hauptstadt zurück. Zu einer Anerkennung der päpstlichen Oberhoheit war jetzt noch weniger Bereitschaft vorhanden als jemals zuvor. Das Verhältnis zwischen Kirche und Reich ist in den letzten beiden Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte von einem gewissen Auseinanderfallen der jeweiligen Interessen geprägt. So hing das Überleben des Reiches von auswärtiger Hilfe ab, die nach Lage der Dinge nur aus dem Lateinischen Europa kommen konnte. Da diese Hilfe aber nur über die religiöse Ansprache zu erreichen war – Hilfe gegen die muslimischen Türken –, war hier das Papsttum ein Partner, der nicht übergangen werden konnte, und die Päpste forderten als Preis die Kirchenunion, aber nicht als eine Union zwischen gleichberechtigten Partnern, sondern als Unterordnung der byzantinischen Kirche und als Anerkennung des römischen Primats. 81

Die Kaiser waren bereit, diesen Preis zu zahlen. Sowohl auf dem Konzil von Lyon 1274 als auch auf dem von Ferrara/Florenz 1438/39 wurde die Kirchenunion beschlossen. Aber es gelang nicht, sie in der byzantinischen Kirche durchzusetzen, auch dann nicht, als die Kirchenspitze auf kaiserlichen Druck hin nachgab und die Union unterzeichnete. Im Gegenteil verweigerte dem Patriarchen hier nicht nur die eigene Kirche den Gehorsam, sondern die anderen orthodoxen Kirchen setzten sich auch von dem als häretisch empfundenen Byzanz ab. Spätestens mit dem Verlust Konstantinopels 1453 an die Türken hatte eine Union mit Rom in dem Patriarchat von Konstantinopel keine Chance auf Verwirklichung mehr.23 Diese Auseinandersetzung wurde aber nicht nur auf kirchenpolitischem Gebiet geführt, sondern sie drang auch in die theologischen Debatten ein. Im Westen hatte die scholastische Theologie versucht, die aristotelische Philosophie mit den Lehren der spätantiken Theologen in einer »rationalen« Denkweise zu vereinen. Diese Theologie stieß bei einer Minderheit in Byzanz durchaus auf Interesse, wurde aber von der Mehrheit der Kleriker, insbesondere von den immer einflußreicher werdenden Mönchen vehement abgelehnt. In der byzantinischen Kirche hatte es schon immer starke Neigungen zur Zurückgezogenheit, zu individueller Askese und zur Mystik gegeben. Im 14. Jahrhundert fand diese Richtung im Hesychasmus allgemeine Akzeptanz und wurde schließlich, unterstützt von Theologen wie Gregorios Palamas, offizielle Lehre in der orthodoxen Kirche. Palamas unterschied zwischen der transzendenten göttlichen Substanz und den aus ihr wirkenden Energien, die auch in der menschlichen Welt unter Umständen sichtbar und erfahrbar waren, jedenfalls für denjenigen, der sich entsprechend bemühte. In der römischen Kirche wurde diese Lehre abgelehnt, obwohl es auch dort durchaus ähnliche mystische Erfahrungen gab, man denke etwa an Bernhard von Clairvaux, Meister Eckhart oder auch an Katharina von Siena. Mit der Anerkennung des palamitischen Hesychasmus als offizieller Kirchenlehre entstand jedenfalls ein neuer Streitpunkt zwischen Griechen und Lateinern, der eine Versöhnung zwischen beiden Kirchen weiter erschwerte.24 Wie erfolgreich die byzantinische Kirche in ihrer Selbstbehauptung gegenüber Rom gewesen ist, zeigt sich auch darin, dass sich die lateinische Kirche bis heute im orthodoxen Bereich bis heute praktisch nirgendwo stärker etablieren konnte. Eine gewisse Ausnahme bildet allenfalls das Heilige Land, das hier aber aufgrund der politischen Situation nach wie vor eine Sonderstellung einnimmt. 82

Organisation und Finanzen Im Prinzip war die Kirche der Spätantike eine Bischofskirche. Jeder Ort, der auch nur halbwegs als Stadt gelten konnte, hatte einen Bischof (griech. Episkopos), der praktisch die Aufgaben versah, die in modernen Zeiten dem Pfarrer zugeordnet werden, und der für die korrekte Lehre verantwortlich war. Da es eine gewisse Abstimmung zwischen den verschiedenen Gemeinden geben musste, kam es bald zur Herausbildung einer Hierarchie. Mehrere benachbarte Bischofssitze wurden zu einer übergreifenden Einheit verbunden, die unter einem Metropoliten stand. Die Metropoliten waren im Allgemeinen zuständig für die Wahl von Bischöfen, ihre Bestätigung und Weihe. Die Versammlung der Bischöfe einer solchen Einheit bildete die Metropolitansynode, die über die Probleme der jeweiligen Kirchenprovinz beriet. Über den Metropoliten stand der Patriarch. Nach dem Konzil von Chalkedon 451 gab es fünf anerkannte Patriarchate: Rom, Konstantinopel, Alexandreia, Antiocheia und Jerusalem. Jedes dieser Patriarchate war in seinem Bereich autonom, auch wenn man dem Papst in Rom und mit einer gewissen Abschwächung etwas später auch dem Patriarchen von Konstantinopel einenVorrang einräumte. Mit den zunehmenden Spannungen zwischen Konstantinopel und Rom, bei denen die Orientpatriarchate Alexandreia, Antiocheia und Jerusalem im allgemeinen eher Konstantinopel zuneigten, wurde der Primat Roms mehr und mehr in Frage gestellt, und man betonte stattdessen die Idee der Pentarchie, der zufolge die fünf Patriarchate im wesentlichen gleichberechtigt nebeneinanderstanden.25 Angelegenheiten, die ein Patriarchat in seiner Gesamtheit betrafen, wurden von der Versammlung (Synode) der zu diesem Patriarchat gehörenden Bischöfe geregelt, zu denen manchmal auch noch Äbte und bisweilen sogar Mönche der Klöster stießen, die in dem Jurisdiktionsbereich des jeweiligen Patriarchen lagen. Überstiegen die Probleme ein einzelnes Patriarchat, konnte ein Ökumenisches Konzil einberufen werden, zu dem in der Theorie alle Bischöfe aus allen Patriarchaten kommen konnten. De facto war es allerdings schon aus räumlichen Gründen so, dass meist nur die Bischöfe des Patriarchats, in dem das Konzil stattfand, in großer Zahl erschienen, während die anderen Patriarchen nur Legaten entsandten, die sie vertreten sollten. Sowohl von der orthodoxen als auch von der katholischen Kirche werden die ersten sieben Konzilien als ökumenisch anerkannt.26 83

In Byzanz war naturgemäß der Patriarch von Konstantinopel der höchste kirchliche Würdenträger. Da Konstantinopel als Hauptstadt auch auf Kleriker eine hohe Anziehungskraft ausübte, hielten sich dort häufig Bischöfe aus den Provinzen in solcher Zahl auf, dass man versuchte, ihren Aufenthalt zu limitieren, allerdings ohne großen Erfolg. Die Zahl der Kleriker in der Stadt war aber nicht nur durch solche »Zugereiste« außerordentlich hoch, sondern auch wegen der dort beheimateten kirchlichen Institutionen. So spielte der Patriarchalklerus der Hagia Sophia, in der der Patriarch residierte, eine herausragende Rolle. Seine Mitglieder bildeten hinter dem Patriarchen gewissermaßen die Leitungsbehörde für das gesamte Patriarchat und waren entsprechend einflussreich. Daneben gab es die Kleriker des Kaiserpalastes und nicht zuletzt die zahlreichen Klöster, die über die ganze Stadt verteilt waren. Die hohen Kleriker in der Stadt konnten zusammen mit den Bischöfen und dem Patriarchen auch als eine Art permanente Synode (Synodos endemousa) tagen und zur Klärung von Kirchenfragen herangezogen werden.27 Die einfachen Priester tauchen seltener als die Bischöfe in den Quellen auf, obwohl sie, vor allem auf dem flachen Land, für die religiöse Versorgung der Bevölkerung wahrscheinlich eine wichtigere Rolle spielten. Sie standen unter der Aufsicht des Bischofs, von dem sie auch ihren Lebensunterhalt bezogen, wenn sie nicht von privaten Stiftern bezahlt wurden. Normalerweise konnte man erst mit 30 Jahren zum Priester geweiht werden, eine existierende Ehe war nicht unbedingt ein Hindernis. Eine formale Ausbildung war nicht vorgeschrieben, so dass nicht selten über das mangelnde Wissen von Priestern geklagt wurde.28 Eine Finanzierung der Kirche durch den Staat, wie etwa heute in Deutschland, gab es nicht. Ersatz dafür waren die zahllosen Spenden, Stiftungen und frommen Schenkungen, die aus der byzantinischen Kirche im Lauf der Zeit einen der größten Grundbesitzer im Reich, wenn nicht den größten überhaupt, machten. Besonders Klöster erfreuten sich immer wieder reicher Zuwendungen, auch von den Kaisern. Neben direkten Schenkungen gab es Privilegien, die die Mönche von Abgaben und Steuern freistellten. Der daraus resultierende Reichtum blieb durchaus nicht ohne Kritik, aber die Kirche verteidigte erfolgreich alles, was sie einmal bekommen hatte, und die wenigen Versuche einzelner Kaiser, diese Zugeständnisse zumindest teilweise wieder zurückzunehmen, wurden spätestens von ihren Nachfolgern wieder aufgegeben.29 Bezeichnend für die Rigorosität der Kirche bei der Verteidigung ihres Besitzes ist der Versuch Kaiser Alexios’ I. Komnenos 1081, in der Not des Reiches auch kirchliches 84

Eigentum zu beschlagnahmen. Zwar gelang ihm dies zunächst, aber das kaiserliche Vorgehen führte zu einem heftigen Streit, in dem dem Kaiser sogar vorgeworfen wurde, dass er der Häresie der Bilderstürmer folge, da er es gewagt hatte, auch die Edelmetallrahmen von Ikonen einzufordern. Schließlich musste Alexios sich feierlich verpflichten, niemals wieder Hand an die Kirchenschätze zu legen. Seine Handlungsweise blieb denn auch eine seltene Ausnahme.30

Die Klöster Wenn man heute etwas über byzantinische Klöster liest, so ist eigentlich immer nur vom Athos, vielleicht auch noch von den Meteoraklöstern in Thessalien die Rede. Aber die ersten Mönchsansiedlungen dort entstanden nicht vor dem 9. Jahrhundert, und erst gegen Mitte des 10. Jahrhunderts gründete Athanasios die Megale Laura auf dem Athos, sozusagen die Kernzelle der Athosklöster.31 Die Meteoraklöster blühten sogar erst ab dem frühen 14. Jahrhundert, als die muslimische Besetzung Kleinasiens die dortigen monastischen Zentren endgültig zum Erliegen gebracht hatte. Die ersten Einsiedler hatte es in der thebaischen Wüste in Ägypten gegeben, wo im 3./4. Jahrhundert die ersten Klöster gegründet worden waren. Fast gleichzeitig dürften auch Klöster in Syrien und wenig später in Palästina entstanden sein, wo sich große Klosterkomplexe entwickelten, die zum Teil sogar heute noch existieren.32 Danach dehnte sich das Klosterwesen eigentlich in alle Himmelsrichtungen aus, nicht zuletzt nach Kleinasien. Die Hauptstadt Konstantinopel übte auch auf Mönche und Asketen eine große Anziehungskraft aus. Die ersten Mönche waren Einsiedler, die für sich lebten. Aber schon in Ägypten entstanden Mönchsgemeinschaften, von denen wohl diejenige am bekanntesten ist, für die Pachomios die erste Klosterregel schrieb. In der Folgezeit existierten in Byzanz immer beide Formen des Mönchtums nebeneinander: Einsiedler und Mönchsgemeinschaften, wobei es durchaus Mischformen gab. Neben den nach einer Regel »koinobitisch« zusammenlebenden Mönchen gab es auch Klöster, in denen die Mönche in einer lockeren Gemeinschaft – sozusagen jeder für sich nach seinem eigenen Rhythmus – »idiorhythmisch« lebten. Obwohl die Kaiser im Allgemeinen die koinobitischen Klöster bevorzugten, gab es immer auch das idiorhythmische Ideal, das vor allem in der Spätzeit, auch auf 85

dem Athos, an Einfluss gewann. Damit unterschied sich das byzantinische Mönchtum auch von demjenigen im lateinischen Europa, wo die Mönche und Nonnen mit wenigen Ausnahmen nach festen Regeln lebten, zunächst nach der von Benedikt von Nursia im 6. Jahrhundert entworfenen Ordnung, ab dem hohen Mittelalter auch in anderen Orden. Klöster waren über das ganze byzantinische Reich verteilt. Eine genaue Zahl kann nicht genannt werden, da es auch Klöster gegeben hat, die nur kurze Zeit existiert haben. Aber man kann davon ausgehen, dass Byzanz mit Klöstern geradezu übersät war. Laut A. Bryer werden in den Quellen mehr als 1 000 Klöster im Reich aufgezählt, davon rund ein Drittel allein in Konstantinopel.33 Dies gilt allerdings für die gesamte byzantinische Zeit. Nach demVerlust Ägyptens, Syriens und Palästinas im 7. Jahrhundert wurden andere Zentren bedeutsam, vor allem in Konstantinopel selbst, wo wir im 6. Jahrhundert rund 70 Klöster kennen, und in der weiteren Umgebung der Hauptstadt, vor allem am bithynischen Olymp, südlich des Marmarameeres. Ab dem 9./10. Jahrhundert kam der Athos hinzu, der an Bedeutung gewann, nachdem Kleinasien an die Seldschuken verlorengegangen war. Daneben gab es aber immer auch bedeutende Einzelklöster wie etwa die Nea Mone auf Chios, das Johanneskloster auf Patmos oder das Soumelakloster bei Trapezunt, die – mit Ausnahme des letzteren – alle noch heute aktiv sind. Es hat auch in Byzanz Klosterverbünde gegeben, die in gewisser Weise denen des Lateinischen Europa ähnlich waren. Am bekanntesten ist wohl die studitische Kongregation, die am Ausgang des 8. Jahrhunderts von Theodoros, dem Abt des Studiosklosters in Konstantinopel, gegründet wurde, der eine Mönchsregel verfasste, die später auch auf dem Athos übernommen wurde. Das Studioskloster war im im 5. Jahrhundert gegründet worden und spielte in der mittelbyzantinischen Zeit eine herausragende Rolle. Dennoch war eine solche Kongregation eher eine Ausnahme, der man später nicht mehr gefolgt ist. Die meisten Klöster in Byzanz blieben für sich, auch wenn sich die Grundbedingungen des Klosterlebens in den meisten Klöstern natürlich ähnelten.34 Im Gegensatz zu denVerhältnissen im Lateinischen Europa waren die Klöster in Byzanz auch nur eingeschränkt in das staatliche Leben eingebunden. Wer in ein Kloster ging, verließ die »normale« Welt, um in einer anderen für sein Seelenheil zu kämpfen. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Klöster überhaupt keine Rolle in Staat und Gesellschaft gespielt hätten. Die Mönche nahmen durchaus Anteil an den öffentlichen Problemen, besonders natürlich in den 86

Bereichen, wo sich Religion, Politik und Gesellschaft überschnitten. So konnte sich der Hesychasmus des 14. Jahrhunderts besonders auf die Unterstützung der Athosmönche stützen, und der ehemalige Kaiser Johannes VI. Kantakuzenos, der nach seiner Abdankung in ein Kloster eingetreten und Mönch geworden war, nahm auch von dieser Position aus noch rund zwei Jahrzehnte einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die byzantinische Politik. Theodoros Studites engagierte sich im 8./9. Jahrhundert nicht nur gegen den Ikonoklasmus, sondern fast mehr noch gegen die zweite Ehe Kaiser Konstantins VI., die er für unkanonisch hielt. Solche Probleme betrafen nicht nur den religiösen Bereich, sondern wirkten auch weit in das staatliche Leben hinein.35 Ebenso waren die Klöster ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, weniger aufgrund einer eigenen entsprechenden Beschäftigung, wie es etwa bei den Benediktinern im Abendland der Fall war, sondern vor allem durch ihren Reichtum, der immer wieder durch private und öffentliche Schenkungen und Privilegien vermehrt wurde. Da in Byzanz die Errichtung eines Klosters eigentlich jedem möglich war, der über die entsprechenden Ressourcen verfügte, war es nicht selten, dass ein reicher Byzantiner ein solches Kloster gründete, in das er sich dann selbst mit oder ohne seine Familie zurückzog und das er mit entsprechendem Besitz ausstattete. In der Regel unterstanden die Klöster dem lokalen Bischof, aber es gab auch private Gründungen und solche, die direkt dem Kaiser oder dem Patriarchen untergeordnet waren und entsprechende Privilegien, Steuerbefreiungen und andere Zuwendungen erhielten. So entstand der paradox erscheinende Zustand, dass der einzelne Mönch – zumindest in der Theorie – zwar auch weiterhin ohne Besitz blieb, sein Kloster aber häufig einen erheblichen Reichtum anhäufen konnte. Umgekehrt führte dies natürlich auch zu Begehrlichkeiten auf der anderen Seite. So wurde es seit dem 11. Jahrhundert üblich, die Einkünfte eines Klosters an Laien zu vergeben, die zunächst für ein ökonomisches Wirtschaften sorgen sollten, das Kloster aber später durchaus als Besitz ansahen, den sie entsprechend nutzen konnten. Von offizieller Seite wurde der Missbrauch dieses als Charistikariat bezeichneten Systems zwar bekämpft, aber nur mit wechselndem Erfolg36

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Kirche und Gesellschaft: Wahrnehmungsprobleme Wie bereits gesagt wurde, ist die Verbindung zwischen Kirche und Staat bzw. Gesellschaft im Mittelalter viel enger gewesen als heutzutage, und besonders Byzanz scheint geradezu ein Hort der gegenseitigen Durchdringung gewesen zu sein. Bei näherer Betrachtung weist dieses Bild, wie gezeigt worden ist, zwar wesentlich mehr Nuancen auf, als es dem oberflächlichen Betrachter scheinen mag, aber andererseits könnten die Byzantiner in gewisser Weise selbst als Zeugen für eine solche Sichtweise dienen. So behauptete der Patriarch Johannes von Antiocheia, der gegen Ende des 11. Jahrhunderts amtierte, dass vor dem Bilderstreit (8./9. Jh.) die Zahl der Mönche und Nonnen auf der einen und der Laien auf der anderen Seite gleich groß gewesen sei.37 Das war sicher das Wunschdenken eines Klerikers, aber es könnte sogar in der Statistik eine gewisse Stütze finden: Seit einiger Zeit wird die byzantinische Gesellschaft in mehreren großen prosopographischen Personenlisten erfasst, die gewisse statistische Aussagen erlauben. So enthält die PmbZ (Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit), die die Zeit zwischen 641 und 1025 aufarbeitet, zur Zeit etwa 17 200 Personen. Von diesen Personen sind immerhin rund 35 Prozent Kleriker, etwa 60 Prozent sind Laien, bei dem Rest von knapp fünf Prozent sind keine konkreten Aussagen möglich. Auch diese Zahl ist sicher überhöht, aber sie mutet geradezu realistisch an, wenn man sich die Quellen etwas genauer ansieht. Ein großer Teil der Personen in der PmbZ ist nur durch Siegel bekannt, die wiederum in ihrer überwiegenden Mehrheit dem Bereich der staatlichen Verwaltung zuzuordnen sind, also nur wenig Kleriker zeigen. Konzentrieren wir uns dagegen auf die literarischen Quellen, kommen wir auf ein anderesVerhältnis: Dann sind Kleriker und Laien mit jeweils knapp 49 Prozent annähernd gleichstark vertreten, und nur bei knapp drei Prozent ist eine genaue Zuweisung nicht möglich. Der Grund für diese Verschiebung liegt zweifellos darin, dass die Mehrzahl der Autoren, auf die wir uns stützen können, Kleriker gewesen sind. Auch dies lässt sich mit gewissen Einschränkungen statistisch zeigen: In der PmbZ sind insgesamt 325 Autoren erfasst worden, von denen 241 eindeutig dem geistlichen Stand zuzuordnen sind. Eindeutig Laien sind 62 Autoren. Bei dem Rest ist eine sichere Zuordnung nicht möglich. Es zeigt sich aber zweifelsfrei, dass die Kleriker unter den Autoren eine große Mehrheit gebildet haben. Es liegt nahe, dass sie wahrscheinlich mehr an klerikalen Angelegen88

Gesamtbestand (mit Siegeln)

Laien (10381)

Klerus

(6105)

(5319)

Laien Unklar (834)

Gesamtzahl: 17 190

Literarische Quellen (ohne Siegel)

Klerus

(5313)

Unklar (331)

Gesamtzahl: 10 857

Die Unterschiede in der Addition der Einzelsummen zur Gesamtzahl ergeben sich aus Doppelnennungen (Klerus und Laien).

Der Anteil von Klerikern und Laien am Personenbestand der »Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit« (641–1025

heiten und Personen interessiert gewesen sind als an staatlichen, was das Übergewicht der Kleriker gegenüber den Laien in gewissem Maße erklären mag.38 In jedem Fall sollten wir uns hüten, den Einfluss der Kirche auf die byzantinische – und wahrscheinlich ganz allgemein auf die mittelalterliche – Gesellschaft zu unterschätzen. Er war außerordentlich groß und wurde im Lauf der Zeit immer größer. Es sei in diesem Zusammenhang noch einmal an die Vielzahl an Klöstern allein in Konstantinopel und an die wahrscheinlich weit über 1 000 Klöster im gesamten Reich erinnert. Dazu kommt noch die Unzahl normaler Kirchen. Selbst eine räumlich durch ihre Insellage sehr begrenzte Stadt wie Mesembria (heute Nešebar in Bulgarien) sah an die 30 Kirchen in ihren Mauern. Die Gesamtzahl im Reich ist nicht einmal annähernd zu schätzen. Diese Kirchen waren zugleich Grundbesitzer, und auch ihr Grundbesitz nahm durch Legate und Erbschaften immer weiter zu. Die Hagia Sophia besaß mehrere hundert Landgüter, die über das ganze Reich verteilt lagen. Dem Sinaikloster gehörten gleichfalls große Besitzungen im Reich, obwohl es seit der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert weit außerhalb der Reichsgrenzen lag. Diese Besitzungen gingen nicht in jedem Fall mit dem Ende der byzantinischen Herrschaft in der entsprechenden Region verloren, sondern sie wurden, zumindest inTeilen, auch von den neuen Herren respektiert. So heißt es noch heute vom Kykkoskloster auf Zypern, dass es der mit Abstand größte Grundbesitzer auf der ganzen Insel ist. Die byzantinische Kirche beschränkte sich durchaus nicht allein auf die Sorge für das geistliche 89

Wohlergehen der Gläubigen, sondern sie war zugleich auch eine ökonomische Potenz ersten Ranges, in den letzten Jahrhunderten vielleicht sogar die größte überhaupt. Wir haben hier also das doppelte Problem, dass wir die ökonomische und spirituelle Bedeutung der Kirche während des Mittelalters in jedem Fall sehr hoch einschätzen müssen, dass wir aber darüber hinaus sehr genau prüfen müssen, ob diese Bedeutung durch die einseitige Darstellung in den Quellen nicht noch weiter überhöht wird.Vor allem müssen wir bedenken, dass die mittelalterliche Gesellschaft kein Auseinanderklaffen von allgemeiner Religion und individueller Einstellung kannte. Ein Atheist im Mittelalter ist kaum vorstellbar, und wenn doch, dann wäre er klug beraten gewesen, über seine Einstellung kein Wort verlauten zu lassen, wenn er denn am Leben bleiben wollte. Abspaltungen von der herrschenden Lehre gab es natürlich, man denke nur an die Arianer und die Monophysiten in der frühbyzantinischen Zeit und an die Paulikianer und die Bogomilen in Mittelbyzanz. Aber auch diese Abspaltungen konnten dem Druck der etablierten »orthodoxen« Kirche nur eine gewisse Zeit standhalten, da diese Kirche sich ihrerseits auf die staatlichen Machtmittel stützte, um ihre Monopolstellung zu verteidigen.39

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Die ökonomischen Verhältnisse

Vorbemerkung: Die wirtschaftlichen Bedingungen im Mittelalter Die wirtschaftlichen Bedingungen im Mittelalter unterscheiden sich von denen der heutigen Zeit in so starkem Maße, dass einVergleich mit einem modernen Industriestaat kaum möglich, geschweige denn sinnvoll ist. Schon aus Platzgründen können wir bei dieser Gelegenheit nur einige wenige, besonders wichtige Unterschiede herausgreifen, die kurz diskutiert werden sollen. Am wichtigsten ist zweifellos die wesentlich höhere Bedeutung der Landwirtschaft im Mittelalter. Die Bevölkerung einer Region war in fast allen lebensnotwendigen Bereichen autark, andernfalls hätte sie nicht überleben können. Dementsprechend besaß der Handel, insbesondere der Fernhandel, nur eine relativ geringe Bedeutung. Im Wesentlichen war er auf den Transport von Waren beschränkt, die einen hohen Gebrauchs- oder Prestigewert mit einer leichten Transportierbarkeit verbanden. Typische Produkte für Handel über weitere Entfernungen waren etwa Salz und Metalle, außerdem Luxuswaren, wie Seide, Gewürze und dergleichen. Der Grund für diese Beschränkung war dieTatsache, dass es nicht möglich war, Lebensmittel in größeren Mengen über Land zu transportieren. Der Aufwand für die notwendigen Zugtiere wäre zu groß gewesen, und der Zustand der Straßen war für den Massentransport von Waren nicht ausreichend. Ein solcher Transport war, wenn überhaupt, nur über dieWasserwege möglich, die es aber nicht überall gab. In der Spätantike sind nur Rom und Konstantinopel über einen längeren Zeitraum mit Getreide von auswärts versorgt worden, konkret aus Ägypten, das sowohl von der Fruchtbarkeit her als auch von der durch den Nil gegebenen problemlosen Transportmöglichkeit hierfür die bestenVoraussetzungen bot. In Rom endete diese Versorgung im 5. Jahrhundert, und Konstantinopel verlor die ägyptischen Getreidelieferungen nach dem Verlust der Provinz an die Perser im frühen 7. Jahrhundert, was in der Stadt eine Hungersnot hervorrief, und dann endgültig nach der arabischen Eroberung 642. Danach war es wie Rom auf eine Versorgung aus der Umgebung angewiesen. Im Fall Konstantinopels wurde dies aufgrund der geographischen Gegebenheiten zwar schwieriger, blieb aber weiter91

hin möglich, während Rom auf die Größe einer Kleinstadt hinabsank.1 Im frühen Mittelalter spielte der Fernhandel nur eine untergeordnete Rolle, da er für die Versorgung der Bevölkerung nicht gebraucht wurde. Erst seit dem 11. Jahrhundert nahm die Bevölkerung im Lateinischen Europa, besonders in Norditalien, so sehr zu, dass der Massentransport von Agrarerzeugnissen zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor auch in Byzanz wurde, das u. Ba. Olivenöl und Getreide auf die Apenninenhalbinsel exportierte.2 Dieser Transport wurde von Händlern aus Venedig, Genua und Pisa dominiert, aber selbst in diesen Handelsstädten galt Grundbesitz als die sicherere Geldanlage. Auch wenn die Gewinne aus dem Handelsgeschäft hoch waren, so waren es die Risiken nicht weniger, und wir können in den Quellen eine ganze Reihe von Maßnahmen feststellen, durch die dieses Risiko minimiert werden sollte. In den Fernhandel waren natürlich auch byzantinische Kaufleute involviert, jedoch galt diese Tätigkeit als nicht angemessen für Angehörige der Aristokratie, wie wir aus einer entsprechenden Entscheidung Kaiser Alexios’ I. Komnenos wissen, der Handelstätigkeit für unvereinbar mit den Standesprivilegien von Senatoren erklärte. Da die größten finanziellen Ressourcen in Byzanz zumeist von dieser Schicht kontrolliert wurden, ist es nicht verwunderlich, dass Byzantiner im Fernhandel nur eine untergeordnete Rolle spielten.3 Ein weiterer wichtiger Unterschied zu späteren Epochen ist das Verhältnis zur Geldwirtschaft. Die mittelalterliche Gesellschaft kannte erst ab etwa dem 12. Jahrhundert den unbaren Umgang mit Geld, als vor allem der intensivierte Fernhandel und der stärkere Personenverkehr im Gefolge der Kreuzzüge das Bedürfnis wachsen ließ, durch garantierte Überweisungen und Schuldscheine das Risiko größerer Transporte von Bargeld oder Edelmetall zu minimieren.4 Bis dahin musste der Kaufmann sein Kapital mit sich führen, was nicht nur umständlich war, sondern auch die Gefahr von Raub, Überfällen und Konfiskationen beträchtlich erhöhte. Welche Ausmaße der Transport von ausreichendem Bargeld annehmen konnte, zeigt der Kreuzzug des deutschen Kaisers Friedrich I. Barbarossa 1189, der mehrere Tonnen Silber bei sich gehabt haben muss, um die notwendigen Kosten begleichen zu können. Auch im byzantinischen Bereich haben wir ähnliche Meldungen, etwa wenn von Soldzahlungen für die Provinztruppen in Höhe von mehreren hundert Goldpfund die Rede ist, bezeichnenderweise im allgemeinen dann, wenn diese Summen durch Raub oder Überfall verloren gingen.5 92

Ein anderes Problem war, dass der Staat den Wert des von ihm ausgegebenen Geldes nicht garantierte. Zwar entsprachen die Münzen, die aus den staatlichen Prägewerkstätten kamen, im Allgemeinen dem festgesetzten Gewicht (ein Nomisma wog etwa 4,5 Gramm), aber danach war ihr Wert abhängig von dem tatsächlichen Gewicht und Feingehalt der einzelnen Münze. Als Byzanz im 11. Jahrhundert in finanzielle Schwierigkeiten geriet, verminderte man den Feingehalt des Nomisma, was dazu führte, dass die guten Münzen gehortet wurden und die schlechten in Umlauf blieben. De facto führte diese Verschlechterung allerdings nur bei feststehenden Preisen und Gehältern, die nicht angepasst wurden, zu einemWertverlust. Eine längerfristige Kreditaufnahme durch die Öffentliche Hand, wie sie heute üblich ist, war im Mittelalter nicht möglich. Geriet eine Regierung in Zahlungsschwierigkeiten, so erzwang dies fast unmittelbar entsprechende Reaktionen, um die Zahlungsfähigkeit wieder herzustellen, etwa durch die Vergabe von Privilegien oder die Verpfändung von Besitz. Gelang dies nicht, kam es zum Zusammenbruch der Herrschaft.6 In Byzanz waren im Wesentlichen Gold- und Bronzemünzen in Gebrauch, wobei der Wert einer einzelnen Goldmünze, zumindest vor der fortgesetzten Münzverschlechterung in den letzten Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte, zu hoch war, um im wirtschaftlichen Alltag eine Rolle zu spielen. Die Kaufkraft eines Nomisma mit heute zu vergleichen, ist fast unmöglich. G. Ostrogorsky unterstellte in einem Aufsatz von 1932, dass ein Handwerker in der frühbyzantinischen Zeit etwa ein Nomisma pro Monat verdiente, also mit seiner Familie von zwölf Nomismata pro Jahr leben konnte. Diese Rechnung ist sicher nicht allgemein übertragbar. Trotzdem zeigt sie, dass die Goldmünze als Währung für den Kleinhandel und im täglichen Leben nicht brauchbar war. Hier benutzte man vielmehr Bronze oder – in geringerem Maße – Silbermünzen. Im Lateinischen Europa war hingegen die Silbermünze die Standardwährung.7 Trotz der eben gemachten Einschränkungen war die Wirtschaft in Byzanz auf Geld ausgerichtet, nicht zuletzt weil der Staat, wiederum im Gegensatz zu den Reichen des Lateinischen Europa, seine Steuern vorwiegend in Geld einzog. In ärmeren Gebieten, wie etwa in Bulgarien nach der endgültigen Eroberung durch Basileios II. zu Beginn des 11. Jh.s, gab es zwar Ausnahmen, als der Kaiser den Bulgaren auf 30 Jahre die Möglichkeit einräumte, ihre Abgaben auch in Naturalien zu leisten. Aber das bestätigt eigentlich nur die herrschende Praxis. Wie es sich allerdings mit lokalen Steuern und Ab93

gaben in der Provinz verhalten hat, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei sagen. Auch hier deuten die Quellen zwar darauf hin, dass die Abgaben in Geld geleistet werden mussten, aber im konkreten Einzelfall hat es natürlich auch Naturalleistungen gegeben.

Der Agrarbereich Wie in fast jedem mittelalterlichen Staat bildete auch in Byzanz die Landwirtschaft die ökonomische Basis des Reiches. Anders als in modernen Zeiten kann man – mit Ausnahme allein Konstantinopels – auch die byzantinischen Städte zum Agrarbereich zählen, da sie in der Regel so klein waren, dass ihre Einwohner zumeist auch selbst außerhalb der Stadtmauern ihre Felder bestellen und sich aus der Umgebung versorgen konnten. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Provinzen sind freilich so enorm, dass man kaum von einem einheitlichen Bild sprechen kann. Selbst wenn wir den Sonderfall Ägypten beiseite lassen, hätten die Verhältnisse unterschiedlicher nicht sein können. So produzierte man in den wasserreichen Küstengebieten Kleinasiens und des Balkans Oliven, Getreide, Wein und ähnliche Produkte, in Boiotien, der Peloponnes und auf Sizilien sogar Seide, während die trockenen Hochebenen Zentralanatoliens im wesentlichen nur als Weideflächen genutzt werden konnten. Auch im inneren Balkan war dieViehwirtschaft bedeutsam. Die Bedingungen wechselten hierbei nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich. So produzierte das westliche Kleinasien im 14. Jahrhundert in so reichem Maße Getreide, dass man es nach Italien exportieren konnte, während wir bis in das 12. Jahrhundert hierfür kaum Nachrichten haben. In ähnlicher Weise scheint die landwirtschaftliche Produktion in den Küstengebieten Griechenlands, Thessaliens und Thrakiens im 12. Jahrhundert einen Höhepunkt erreicht zu haben, was gleichfalls dazu führte, dass diese Regionen zum Ziel italienischer Kaufleute wurden, die die dortigen Produkte aufkauften und nach Italien oder auch in die Kreuzfahrerstaaten exportierten.8 Von entscheidender Bedeutung war hierbei, dass die verschiedenen Regionen ihrerseits autark waren, da eine langfristige Versorgung ganzer Provinzen von außerhalb unter den damaligenVerhältnissen nicht möglich war. So erklärt sich auch, dass die Bevölkerung in den Küstenregionen am dichtesten war, während die weiten Flächen Anatoliens eher unter Menschenmangel litten. Etwa ab dem 94

11. Jahrhundert scheint die Bevölkerungszahl in den Balkanprovinzen diejenige Kleinasiens überstiegen zu haben, dessen Einwohner nach 1071 zusätzlich durch die türkische Eroberung getroffen wurden und sich vor den Eindringlingen in die Küstenregionen, auf die Inseln oder in die Balkanprovinzen zurückzogen. Für die stärkere Weidewirtschaft im Landesinneren spielte neben der Qualität des Bodens und der Wasserversorgung natürlich auch eine Rolle, dass Vieh leichter über Land transportiert werden konnte, als dies mit Getreide, Öl, Wein, Obst oder anderen Früchten der Fall gewesen wäre. Aber auch die landwirtschaftlich kultivierten Gebiete unterschieden sich stark voneinander, zumal die Bodenverhältnisse ihrerseits nicht weniger variierten. Die Byzantiner selbst teilten ihre Böden in verschiedene Qualitätsstufen ein, die sich nach dem jeweiligen Ernteertrag richteten. Auch hier lässt sich kein einheitliches Bild zeichnen. Das Verhältnis von Saatgetreide zum Ernteerzeugnis hing neben der Qualität des Bodens ja auch von den Klima- und Wetterverhältnissen und den Wasserbedingungen ab. In ungünstigen Jahren konnte es so schlecht sein, dass man die Hälfte der Ernte und mehr für die nächste Aussaat zurückbehalten musste. Unter idealen Bedingungen konnte man dagegen durchaus ein Verhältnis von eins zu fünf erzielen. Im statistischen Durchschnitt scheint man etwa ein Drittel des Ernteertrags für die nächste Aussaat zurückbehalten zu haben. Damit lag Byzanz im europäischen Durchschnitt, nur dass die Bodenqualität je nach Region erheblich stärker variierte als etwa in Westeuropa.9 Auf den ersten Blick scheint dieses Verhältnis nicht einmal so schlecht gewesen zu sein. Aber bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die Lage der Landbevölkerung doch sehr labil war: Ein Drittel der Ernte musste als Saatgut zurückgelegt werden, mindestens zehn Prozent gingen an den Grundherrn, sofern es sich bei dem Bauern um einen Pächter handelte, und ein weiterer Teil musste als Steuer und/oder Abgabe an den Staat abgeführt werden. Hinzu kam die Vorsorge für schlechte Jahre, für die gleichfalls ein Teil gelagert werden musste, vor allem im Landesinneren, wo eine Notlage nicht durch Einfuhren aus anderen Landesteilen gemildert werden konnte. Wahrscheinlich wird ein Bauer im Normalfall nicht mehr als ein Drittel des Ernteertrags für seine eigenen Bedürfnisse zurVerfügung gehabt haben. In normalen Jahren dürfte das zum Leben gerade ausgereicht haben. In guten konnte man vielleicht etwas zurücklegen, in schlechten hieß es hungern, wobei schlechte Jahre ja durchaus nicht nur durch Naturereignisse hervorgerufen werden konnten, 95

sondern fast mehr noch durch menschliche Einwirkungen: Kriege, Plünderungen, übermäßige Abgaben an die eigene Regierung und Misswirtschaft in der Provinzverwaltung. Inwieweit der verstärkte Export im 12. Jahrhundert zu einer Erhöhung der Produktion in den betroffenen Provinzen geführt hat, lässt sich nicht mehr quantifizieren. Die oben dargelegte Relation zwischen Saatgut und Ernteertrag galt für den Getreideanbau. Auf andere Erzeugnisse wie Weintrauben, Obst, Gemüse oder Oliven lässt sich eine solche Rechnung natürlich nicht anwenden. Aber auch hier war die Mühe groß und der Ertrag oft relativ gering. Nicht umsonst galt es als eine der übelsten Taten, wenn ein Feind bei einem Kriegszug die Weinstöcke oder die Obst- und Olivenbäume niederhauen ließ, da es Jahrzehnte dauerte, bis hierfür Ersatz geschaffen werden konnte. Dies ist einer der Gründe, warum die Besetzung einer Region durch Nomaden oft verhängnisvoll für die ansässige Bevölkerung war, so dass diese ihrerseits die Gegend verlassen musste, da die für die Landwirtschaft notwendige Kontinuität nicht mehr gegeben war. Wir können dies gut an den Verhältnissen in Kleinasien nach der seldschukischen Eroberung sehen, die nicht nur zu einem weitgehenden Abzug der alten Bevölkerung aus Innerkleinasien führte, wo sich turkmenische Nomaden niederließen, sondern auch die Küstenregionen in Mitleidenschaft zog, da diese nicht ausreichend vor nomadischen Einfällen geschützt werden konnten. Erst mit der vollständigen Eroberung der Halbinsel durch die Türken sollte sich dies wieder ändern.10 Gemüse wurde überall dort angebaut, wo die Bodenbedingungen es erlaubten. Bedeutsam waren Zwiebeln, Kohl, Bohnen, Hülsenfrüchte und anderes Gemüse. Zum Teil flossen die Erzeugnisse sogar in die staatlichen Abgaben ein. So bat der Patriarch Nikolaos I. Mystikos in einem Brief an einen Steuereinnehmer, den Einwohnern eines bestimmten Dorfes die Steuern zu erlassen, da dieses Dorf seit alters die Hagia Sophia mit Kohl versorge und deshalb nicht in der Lage sei, die (anderen) staatlichen Abgaben aufzubringen. Wahrscheinlich wird man dies, auch wenn die Quellen fehlen, ebenfalls für andere Dörfer in der Umgebung der byzantinischen Hauptstadt annehmen dürfen. In Konstantinopel selbst gab es innerhalb des Mauerrings zahlreiche Gärten, in denen die Einwohner Gemüse anbauten und auf diese Weise ihreVersorgung auch in Krisenzeiten sicherstellen konnten.11 Landarbeit war weitgehend Handarbeit. Benutzt wurden Pflug und Hacke. Als Zugtiere dienten Ochsen, die auch für das Pflügen verwendet wurden, da Pferde für diese Arbeit zu empfindlich und 96

zu teuer waren. Weiterentwickelte Maschinen gab es kaum, sieht man einmal von Wassermühlen und Olivenpressen ab. Gemäht wurde mit der Sichel, Körner und Stroh wurden mit einer Art Dreschschlitten getrennt. Auch die Pflüge waren vergleichsweise primitive Modelle mit relativ geringer Wirkung. Da die Landarbeit aufgrund der fehlenden Mechanisierung außerordentlich personenintensiv war, war die Sicherstellung der notwendigen Zahl von Arbeitern ein ständiges Problem, das man zum Teil durch entsprechende Gesetze zu lösen suchte, die den Bauern/ Landarbeiter auf der Scholle festhalten sollten. In der Spätantike war Großgrundbesitz vorherrschend, der von Sklaven und Pächtern bewirtschaftet wurde, während der Besitzer im Allgemeinen in der Stadt wohnte. Im Laufe des 7. Jahrhunderts scheint dieses System mehr oder weniger zusammengebrochen zu sein; das mag neben den feindlichen Einfällen auch auf den evidenten Bevölkerungsmangel zurückzuführen sein, der schon im 6. Jahrhundert einsetzte, besonders nach der seit 542 einsetzenden Epidemienwelle. Im 7. Jahrhundert wurde er durch die persischen und vor allem arabischen Einfälle noch fühlbarer. Soweit es sich aus den Quellen ersehen lässt, verschwand im 7. Jahrhundert der Typus des Großgrundbesitzers und wurde durch kleinere, freie Bauern ersetzt, die in ihren Dorfgemeinschaften zusammenlebten. Ab dem 9. Jahrhundert gerieten diese Bauern zunehmend unter den Druck der sich neu entwickelnden Adelsfamilien, die ihren zunehmenden Reichtum in Landbesitz anzulegen suchten und die kleineren Bauern allmählich verdrängten oder ihrem Einfluss unterwarfen. Seit dem 10. Jahrhundert gewann dieser Prozess eine solche Dynamik, dass die Kaiser dagegen einschritten. Jedoch spricht gerade die Häufigkeit der kaiserlichen Entscheidungen dafür, dass diese weitgehend wirkungslos blieben. Nach dem 11. Jahrhundert dürfte es kaum noch freie Bauern gegeben haben. Später tat die zunehmende Feudalisierung ein Übriges, bis der Zusammenbruch des byzantinischen Staates im 14./15. Jh. auch in den verbliebenen Provinzen die Eigentumsverhältnisse immer unkontrollierbarer werden ließ.12 Bei weitem nicht alle Regionen waren für den Anbau von Getreide, Wein oder Öl geeignet. Im Inneren Kleinasiens war, wie schon erwähnt, Weidewirtschaft vorherrschend. Wir haben allerdings kaum Nachrichten darüber, ob und wenn ja, wie die Tiere in die Küstenregionen gebracht worden sind. Ob es in Byzanz ähnliche Viehtransporte gegeben hat, wie etwa die bekannten »Ochsentrecks« im Lateinischen Europa während des Spätmittelalters, die von Ungarn bis nach Bayern oder von Dänemark bis in den Hamburger 97

Raum gingen, lässt sich mangels Quellen nicht mehr sagen. Neben den privaten Viehzüchtern gab es auch staatliche Betriebe, besonders für die Pferdezucht. Diese Tiere waren allerdings nicht für den freien Markt bestimmt, sondern dienten den staatlichen Bedürfnissen, etwa bei Feldzügen oder für die kaiserliche Eskorte. Hierbei wurden die jeweiligen Anforderungen genau festgesetzt, wie wir aus einem entsprechenden Bericht aus dem 10. Jahrhundert wissen, in dem genau beschrieben wird, wie viele Pferde und Packtiere von den einzelnen Gestüten zu liefern waren. Außerdem wurden die Pferde extra gekennzeichnet, um Diebstahl oder einen missbräuchlichen Verkauf zu verhindern.13

Bodenschätze In Byzanz selbst gab es relativ wenig Bodenschätze. Ab dem 13. Jahrhundert wurde in Westkleinasien bei Phokaia Alaun abgebaut. Allerdings hatte Byzanz hiervon keinen Nutzen, da die Genuesen die Abbauplätze in Besitz genommen hatten und den Alaun selbst nach Europa exportierten Es gab kleinere Vorkommen an Eisen, während die schon aus der Antike bekannten Minen für Gold, Silber oder Kupfer in byzantinischer Zeit weitgehend erschöpft waren und mit den damaligen Abbaumethoden nicht mehr genug Profit abwarfen. Reich an Bodenschätzen war hingegen der Kaukasus, was mit ein Grund für die fortgesetzten politischen Aktivitäten des Reiches in dieser Region war. In frühbyzantinischer Zeit war Ägypten ein wichtiges Durchgangsland auch für Edelmetalle aus Afrika, vor allem Gold. Jedoch hörte dies mit dem 7. Jahrhundert auf, als die Provinz erst an die Perser und dann an die Araber verloren ging. Auch aus dem Balkan importierte man neben anderen Erzeugnissen diverse Bodenschätze. Jedoch sollte man das Ausmaß dieser Einfuhren nicht überschätzen. DerVerbrauch war wesentlich geringer als in modernen Zeiten, und man wird mit einer intensivenWiederverwertung des Materials rechnen dürfen. Insofern spielten andere Handelswaren eine wichtigere Rolle.14

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Fischerei Wie in jedem Küstenland war die Fischerei auch in Byzanz von großerWichtigkeit für die Küstenbewohner. Ins Inland dürfte Fisch, wenn überhaupt, nur in gesalzenem oder geräuchertem Zustand transportiert worden sein.Von besonderer Bedeutung für die Ernährung war die Fischerei für die Einwohner Konstantinopels, wo Fische bei der Größe der Bevölkerung ein wichtiges Nahrungsmittel bildeten und wo daher auch ein ausreichender Absatz garantiert war. Aus einer lateinischen Quelle zum Vierten Kreuzzug erfahren wir, dass es rund 1 600 Fischerboote in Konstantinopel gegeben haben soll, die auch für den Staat finanziell einträglich waren, da jeder Fischer pro Woche ein halbes Nomisma zahlte. Der Fischreichtum in den Gewässern um die Stadt muss also, selbst wenn man eine gewisse Übertreibung des Chronisten in Rechnung stellt, so groß gewesen sein, dass er auch in ökonomischer Hinsicht wichtig war. Noch im 14. Jahrhundert sollen die auf der Fischerei liegenden Steuern rund 10 000 Nomismata pro Jahr betragen haben. Freilich war der Wert des Nomisma in dieser Epoche schon erheblich geringer als in der mittelbyzantinischen Zeit.15

Industrie und Handwerk Industrie im heutigen Sinn war im Mittelalter weitgehend unbekannt, da es kaum Maschinen gab, sieht man einmal von Mühlen u. ä. ab. Während in der Spätantike noch der mit Sklaven arbeitende Großbetrieb vorherrschend war, gab es ab dem 7. Jahrhundert vorwiegend kleine Handwerksbetriebe, die vor allem für den lokalen Bedarf produzierten und sich gerne zu Korporationen zusammenfanden. Ein Schwerpunkt war naturgemäß Konstantinopel mit seinem Umfeld, das genügend Bedarf für Artikel aller Art hatte und demzufolge auch einer großen Zahl von Handwerksbetrieben Auskommen bot. Diese Betriebe waren in mehr als 20 Korporationen zusammengeschlossen, die vom Staat kontrolliert wurden. Insbesondere die Konkurrenz untereinander, die Herstellung der Produkte und der Handel mit den notwendigen Rohstoffen unterstanden staatlicher Kontrolle. Das im 10. Jahrhundert entstandene »Eparchenbuch« gibt über die Bedingungen Auskunft, unter denen diese 99

Betriebe in der Hauptstadt arbeiteten. So wertvoll es allerdings ohne jeden Zweifel ist, muss man doch berücksichtigen, dass es die Verhältnisse des 10. Jahrhunderts wiedergibt und dass seine Bestimmungen nur mit großer Vorsicht auf die frühere und spätere Zeit übertragen werden können, ganz abgesehen von denVerhältnissen in den Provinzen, für die vergleichbare Quellen fehlen.16 Ab dem 12. Jahrhundert begannen die italienischen Kaufleute, auf den byzantinischen Markt zu drängen und die Produkte des westlichen und nördlichen Europa zu verkaufen:Vor allem Tuchwaren aus Flandern, aber auch Waffen und andere Gerätschaften waren begehrte Artikel, die nicht nur in Byzanz, sondern auch im islamischen Bereich mit gutem Gewinn abgesetzt werden konnten. So ging beispielsweise im 14. Jahrhundert dieVerarbeitung von Baumwolle in Ägypten wegen der europäischen Tuchwarenkonkurrenz spürbar zurück. Auch Byzanz verlor seinen früheren technologischen Vorsprung und wandelte sich zu einem Exporteur von agrarischen Produkten, die zur Versorgung der gewachsenen Bevölkerung des Abendlands, besonders Norditaliens, dringend gebraucht wurden. Neben dem »privaten« Handwerk bestand eine große Zahl staatlicher Betriebe, die für die Bedürfnisse vor allem des Militärs, aber auch für den Kaiserhof und für andere Bereiche des öffentlichen Lebens produzierten. Die Herstellung von Waffen war eine staatliche Domäne, aber auch die Prägestätten für Münzen, die Erzeugung und Verarbeitung von Seide und anderen Stoffen waren dem Staat vorbehalten. Die meisten dieser Betriebe befanden sich in und um Konstantinopel, aber auch in den Provinzen sind viele nachweisbar. Im 10. Jahrhundert lieferten beispielsweise staatliche Betriebe in verschiedenen Provinzen Waffen und Verbrauchsmaterial für die Ausrüstung eines byzantinischen Flottenzugs gegen Kreta im Jahre 949, wobei die Abgabemengen und deren Wert genau aufgelistet wurden, so dass man annehmen kann, dass die entsprechenden Werkstätten nicht umsonst arbeiteten, sondern dass auch innerhalb der staatlichen Verwaltung eine genaue Abrechnung und Bezahlung vorgeschrieben waren.17

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Handel Land- und Nahhandel Zu unterscheiden sind hier einerseits Land- und Nahhandel und andererseits See- und Fernhandel. Natürlich hat es auch über Land einen gewissen Fernhandel gegeben. Er blieb jedoch auf wenige Waren beschränkt, die in der Regel geringesVolumen und Gewicht mit hohem Wert verbanden, während Massengutwaren nicht über längere Distanzen zu Lande transportiert werden konnten. Wir können die Relationen zwischen See- und Landhandel problemlos an den unterschiedlichen Preisen im Höchstpreisedikt des Kaisers Diokletian sehen. Der Transport einer Wagenladung Getreide von 1200 Pfund Gewicht kostete pro Meile 12 Denare. Eine Kamellast von rund 600 Pfund kostete pro Meile 20 Denare.18 Demgegenüber kostete der Transport eines modius castrensis Getreide von Alexandreia nach Rom 16 Denare, nach Byzantion (Konstantinopel) zwölf. Der modius castrensis umfasst 17,5 Liter, was als Hohlmaß nicht unbedingt vergleichbar mit der Gewichtseinheit Pfund ist. Trotzdem ist der Preisunterschied evident. Selbst wenn man die 1200 Pfund mit der entsprechenden Zahl an Litern gleichsetzte, würde die Beförderung dieser Menge, wenn man sie zu Schiff von Alexandreia nach Rom brächte, bei grob gerechneten 70 Modioi etwa 1120 Denare kosten. Das entspräche einer Entfernung zu Lande von nicht einmal 100 Meilen. Bei einem Transport auf Lasttieren wären die Unterschiede noch größer. Bedenkt man, dass die großen Getreidetransporter der Spätantike bis zu 400 Tonnen laden konnten, zeigt sich, dass der Landhandel bei Massengut gegen den Seetransport nicht konkurrenzfähig war. Hinzu kam der Zeitaufwand: Man rechnete damit, dass ein Schiff bei günstigem Wind an einem Tag die gleiche Strecke segeln konnte, für die man zu Land eine Woche brauchte. Freilich war auch das Gegenteil möglich, wenn der Wind schlecht war.19 Es ist verständlich, dass sich der Fernhandel zu Lande unter diesen Umständen nur dann lohnte, wenn die Waren extrem wertvoll waren. Dies galt etwa für Seide – in Diokletians Preisedikt wird der Höchstpreis für ein Pfund Weiße Seide mit 12 000 Denaren angegeben, für Purpurseide sogar mit 150 000 Denaren –, im Mittelalter dann auch und vor allem für Gewürze, nicht zuletzt Pfeffer. Unverzichtbar war der Landtransport natürlich für solche Waren, die keine Feuchtigkeit vertrugen, wie zum Beispiel manche Gewürze und Duftstoffe. Für Salz war fraglos überall Bedarf vorhanden, jedoch 101

war der Salzhandel staatlich reglementiert. Aber insgesamt gesehen war der Transport von Massengut nicht profitabel, besonders in Kleinasien, wo die Straßenverhältnisse noch schlechter waren als in den europäischen Reichsteilen.20

See- und Fernhandel Lokaler Handel wurde natürlich auch zu Wasser abgewickelt. Viele Schiffe, die von Hafen zu Hafen fuhren, nahmen auch über kurze Entfernungen Passagiere und Waren an Bord, die sie an einem der nächsten Häfen wieder absetzten. Neben großen hochseetüchtigen Schiffen gab es Küstensegler, die nur vier oder fünf Mann Besatzung brauchten und eindeutig für den lokalen Handel bestimmt waren. In den schriftlichen Quellen tauchen diese Schiffe so gut wie nie auf, doch sind einige Wracks gefunden worden, die diese Art von Handel bezeugen.21 Von größerer Bedeutung waren die Seewege für den Fernhandel, nicht nur innerhalb des byzantinischen Reiches, sondern auch darüber hinaus bis hin nach Syrien, Ägypten und Italien. Für das westliche Mittelmeer sind kaum byzantinische Händler oder Reisende bekannt, auch wenn es zumindest einige gegeben haben muss, solange die dortigen Inseln noch unter byzantinischer Autorität standen, also bis in das 9. Jahrhundert hinein. Jedoch war die wirtschaftliche Bedeutung dieser Inseln selbst zu ihren besten Zeiten eher gering. Ein reger Schiffsverkehr herrschte dagegen zwischen dem byzantinischen Süditalien und Sizilien auf der einen und dem östlichen Kernland des Reiches auf der anderen Seite. Der Handel mit dem fernen Orient scheint allerdings eher über diverse Zwischenstationen gelaufen zu sein, als dass einzelne byzantinische Kaufleute in Person bis nach Indien und China oder über die Seidenstraße gezogen wären.22 Anders verhielt es sich mit den neuen Reichen des westlichen Europas. Im 4. und 5. Jahrhundert hatte es im gesamten Mittelmeerraum noch einen lebhaften Handelsverkehr gegeben, der beileibe nicht auf die ägyptischen Getreidetransporte nach Rom und Konstantinopel beschränkt war. Man kann dies recht gut am Beispiel von Töpferwaren aus der Region von Karthago (heute Tunesien) sehen, die im 5. Jahrhundert noch über den gesamte Mittelmeerraum verteilt waren und selbst bis in den Westen der iberischen Halbinsel gehandelt wurden, wie der archäologische Befund ausweist. Bereits im Laufe des 6. Jahrhunderts verminderte sich diese Verbreitung, und zu Beginn des 7. war praktisch nur noch der östliche Mittel102

meerraum, also die Gebiete, die nach wie vor byzantinisch waren, Abnehmer dieser Tonwaren. Da nicht anzunehmen ist, dass man im Westen an ihnen nicht mehr interessiert war, kann man nur vermuten, dass sich der Absatz dieser Produkte in den neuen germanischen Reichen, die auf dem Boden Westroms entstanden waren, nicht mehr lohnte.23 Ein funktionierender Fernhandel setzt voraus, dass Angebot und Nachfrage sich auf beiden Seiten entsprechen. Dieses Gleichgewicht war zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert, den »Dunklen Jahrhunderten«, nicht gegeben. In Byzanz wurden zwar immer noch Produkte hergestellt, die man in den germanischen Reichen des Westens gerne importiert hätte, aber was konnte als Gegenleistung dienen? Fertigwaren gab es ebenso wenig wie nennenswerte Bodenschätze, und Rohprodukte, wie etwa Pelze, Honig, Lebensmittel u. ä. erzeugte man in Byzanz selbst genug oder konnte sie aus den nahe gelegenen Nachbarregionen des Reiches problemlos einführen. Mit anderen Worten: Das Lateinische Europa hatte nichts, was es als Gegenleistung hätte exportieren können, und dies ist einer der Gründe dafür, dass der Fernhandel zwischen Byzanz und dem westlichen Mittelmeerraum im 7. und 8. Jahrhundert fast völlig zum Erliegen kam. Vor kurzem hat Michael McCormick die Theorie aufgestellt, dass man in Westeuropa die Waren aus dem Osten vor allem mit Sklaven bezahlt hätte. Für den islamischen Raum mag dies nicht auszuschließen sein, auch wenn es nicht viele Anzeichen dafür gibt. Über Andalusien wird es einen gewissen Sklavenhandel gegeben haben; Verdun war als Umschlagplatz für Sklaven im fränkischen Raum nicht unbekannt, und wir wissen auch von griechischen Sklavenhändlern an der Küste Italiens im 8. Jahrhundert. In Byzanz selbst gibt es aber aus diesem Zeitraum keinerlei Hinweise auf Sklaven aus Westeuropa. Zugegebenermaßen finden Sklaven kaum Beachtung in den Quellen, wie wir auch im folgenden Kapitel sehen werden. Aber es existiert für die Zeit zwischen dem 7. und dem 10. Jahrhundert kein einziger Beleg für westeuropäische Sklaven in Byzanz, so dass die Theorie McCormicks in ihrem Kern eine reine Spekulation bleibt, die man glauben mag oder auch nicht.24 Insgesamt gesehen kann man von einem prosperierenden Fernhandel im 7. und 8. Jahrhundert nicht sprechen. Das schließt die Existenz einzelner Händler nicht aus. Ein gewisser Fernverkehr wird vor allem in Pilgerberichten und hagiographischen Notizen bezeugt. Aber irgendwelche Quantifizierungen sind auf dieser minimalen Quellenbasis nicht möglich. Immerhin ist es bezeichnend, dass auch die späteren Strukturen, die man in Byzanz für den 103

Umgang mit auswärtigen Kaufleuten entwickelte, erst ab dem ausgehenden 9. Jahrhundert in ihren Anfängen sichtbar werden, und auch hier weniger im Verkehr mit dem Lateinischen Europa, als in den Verträgen mit den Varägern von Kiev und in dem Versuch, den Handelsverkehr mit Bulgarien von Konstantinopel nach Thessalonike umzulenken.25 Mit den islamischen Reichen hingegen blieb der Handelsverkehr auch während des 7. und 8. Jahrhunderts bestehen, allerdings auf einem geringeren Niveau, als es vor der islamischen Expedition der Fall gewesen war. Zypern war mehr als zuvor eine Drehscheibe für den beiderseitigen Handel, und selbst zu Lande scheint es weiter einen gewissen Austausch gegeben zu haben. Hier waren sowohl byzantinische als auch muslimische und nicht zuletzt jüdische Kaufleute involviert. Freilich ist es auch hier nicht möglich, Umfang und Intensität dieses Handels im Einzelnen konkret zu bestimmen.26 Erst ab dem 10. Jahrhundert kann man von einer allmählichen Belebung des Fernhandels mit dem Westen sprechen. Nutznießer und Protagonisten waren hier vor allem Venedig und einige Städte des byzantinischen Unteritalien, wie etwa Amalfi und Gaeta. Die jetzt einsetzende Privilegienvergabe für Venedig war allerdings, soweit es Byzanz betraf, nicht von ökonomischen Erwägungen geleitet, sondern ausschließlich das Ergebnis politisch/militärischer Erfordernisse: Die venezianische Flotte war ein notwendiger Verbündeter im Kampf gegen die arabischen Angriffe und Plünderungen im Bereich der unteren Adria. Besonders deutlich zeigt sich dies im Privileg von 992 für die Lagunenstadt, bei dem vor allem interessant ist, dass die venezianischen Kaufleute sich günstigerer Steuern und Abgaben erfreuten als die byzantinischen Untertanen in Süditalien: ein erster Hinweis auf die spätere Dominanz der Italiener im Fernhandel zwischen Byzanz und den Lateinischen Europa.27 Im 11. Jahrhundert verstärkten sich langsam die Handelskontakte mit dem Westen, ohne dass sie für beide Seiten schon von vitalem Interesse gewesen wären. Das Gefälle zwischen dem Vorderen Orient und Westeuropa bestand fort. Interessant für die Italiener waren vor allem die Routen nach Palästina und Ägypten sowie nach Konstantinopel, dem ökonomischen und politischen Schwerpunkt des byzantinischen Reiches. Die byzantinischen Provinzen und Hafenstädte hatten für sie nur einen geringen Stellenwert und wurden eigentlich nur als Durchgangsstationen angenommen. Dominiert wurde der Fernhandel in dieser Epoche von Amalfitanern und Venezianern, die beide von Byzanz als Untertanen angesehen wurden. Griechische Kaufleute tauchen dagegen in den Quellen kaum auf 104

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Demetrias

Kreta

Attaleia

M i t t e l m e e r

Strobelos

Ephesos

Abgabenfreie Handelsorte in dem Chrysobull für Venedig (1082)

»feste Reichsgrenze« Byzantinisches Reich um 1082 umkämpfte Gebiete in Kleinasien

Korone

Samos

Phokaia

Abydos Lesbos

Chios

Lemnos

Negroponte (Euboia)

Theben Korinth Athen Nauplion

Methone

Bonditza

Korfu

Aulona

Dyrrhachion

Adrianupolis Selymbria Peritheorion Apros Chrysopolis Konstantinopel Rhaidestos Herakleia Thessalonike

D on au

Zypern

Laodikeia

Adana Tarsos

Antiocheia

bis 1084/85

Mopsuestia

S c h w a r z e s M e e r

wichtige Handelsstraßen (Wasser)

wichtige Handelsstraßen (Land)

S

N

und spielten offenbar keine Rolle mehr. Genua und Pisa waren im östlichen Mittelmeerraum noch nicht präsent. Der entscheidende Entwicklungsschritt, der gegen Ende des 11. Jahrhunderts stattfand, hatte weniger ökonomische Ursachen als vielmehr solche politisch-religiöser Natur: Mit dem Ersten Kreuzzug expandierte das Lateinische Europa in den Nahen Osten hinein, und die Gründung der Kreuzfahrerstaaten in Syrien und Palästina zog einen ständigen Strom von Kreuzfahrern, Pilgern und in ihrem Gefolge verstärkt auch Kaufleuten nach sich, was auch die politischökonomischen Grundbedingungen entscheidend veränderte. Man kann dies gut an der Privilegienentwicklung für Venedig sehen: 1082 hatte die Lagunenstadt als Gegenleistung für ihre Flottenhilfe gegen die Normannen Unteritaliens ein weitreichendes Privileg bekommen, das den Venezianern neben anderen Geschenken eigene Quartiere in Konstantinopel und Dyrrhachion sowie eine völlige Abgabenbefreiung in einer Reihe anderer Städte zusicherte, die die venezianischen Kaufleute sogar besser stellte als ihre byzantinischen Konkurrenten. DieVerteilung dieser Städte spiegelt die venezianischen Handelsinteressen in Byzanz wider: Die meisten lagen in den Balkanprovinzen des Reiches, im allgemeinen unmittelbar an der Küste. In Kleinasien gab es nur wenige Handelspunkte, die zudem nicht immer einen bequemen Zugang zum Landesinneren boten. Der Schwerpunkt der venezianischen Handelsaktivitäten lag in Konstantinopel und seinem Umfeld. Die in dem Privileg aufgeführten Plätze säumten den Weg dorthin. Soweit sie in Kleinasien lagen, waren sie eher bestimmt, die Handelsroute nach Syrien/Ägypten zu sichern, die allerdings noch nicht so wichtig war wie später. Das Privileg entsprach damit ziemlich genau der politischen Situation, die in den achtziger Jahren des 11. Jahrhunderts herrschte: Das byzantinische Kleinasien war nach der Niederlage bei Mantzikert 1071 bis auf einige Küstenregionen an die Seldschuken verloren, die besseren Handelsaussichten bestanden auf dem Balkan. Am wichtigsten aber war nach wie vor der Großraum Konstantinopel. Man kann annehmen, dass das Privileg von 1082, das 1084 noch in einigen Punkten ergänzt wurde, zeigt, wie die Venezianer zu diesem Zeitpunkt die Situation einschätzten. Die Kaiser scheinen nur in einem Punkt kein Zugeständnis gemacht zu haben: Das Schwarze Meer blieb den Kaufleuten der Lagunenstadt verschlossen. Das hatte zweifellos den Sinn, die zentrale Position Konstantinopels zu stärken, das den Eingang zum Schwarzen Meer kontrollierte und somit als Umschlagplatz vom Handel mit diesem Raum profitierte. 106

Es gelang Byzanz bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, das Schwarze Meer für den Handel der Italiener geschlossen zu halten. Erst 1198 fielen die Einschränkungen, und erst nach der Eroberung Konstantinopels 1204 begannen die Venezianer und später die Genuesen, auch das Schwarze Meer ihrem Handel zu erschließen.28 Mit der Entstehung der Kreuzfahrerstaaten wurde der Seeweg nach Syrien und Palästina wichtiger, und folgerichtig suchte Venedig diesen Seeweg besser abzusichern, indem es, wahrscheinlich in den dreißiger Jahren des 12. Jahrhunderts, seine Privilegien auch auf Kreta und Zypern ausdehnen ließ.29 1111 folgten die Pisaner dem venezianischen Beispiel und konnten ihren Handel in Byzanz durch ein Privileg absichern, das zwar nicht so weit ging wie diejenigen fürVenedig, dafür aber – mit Ausnahme des Schwarzen Meeres natürlich – nicht geographisch limitiert war: Die pisanischen Kaufleute erhielten im gesamten Reich eine Reduzierung des Einfuhrzolls auf vier Prozent, während sie bei der Ausfuhr den byzantinischen Kaufleuten gleichgestellt wurden, also wohl zehn Prozent zu zahlen hatten. Normalerweise betrug das Kommerkion, wie dieser Zoll genannt wurde, je zehn Prozent bei Ein- und Ausfuhr. Auch bei diesem Privileg standen für die Kaiser nicht ökonomische, sondern politische Erwägungen im Vordergrund. Genua hingegen erreichte erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts eine ähnliche Privilegierung: Die Genuesen zahlten für Export wie Import je vier Prozent, allerdings nur in Konstantinopel, während sie im restlichen Reich keinerlei Reduzierung genossen. Folgerichtig konzentrierte der genuesische Handel sich vor demVierten Kreuzzug im Wesentlichen auf Konstantinopel, wo er allerdings durch die politischenWechselfälle immer wieder beeinträchtigt wurde.30 In der älteren Forschung sind diese Privilegienerteilungen allgemein negativ beurteilt worden. Der Handel und die Wirtschaft des Reiches seien damit den Italienern ausgeliefert worden, und das habe den ökonomischen Zusammenbruch von Byzanz bewirkt. Jedoch hat sich in den letzten Jahrzehnten die gegenteilige Ansicht durchgesetzt. Man sieht in dem verstärkten italienischen Handel in Byzanz jetzt eher einen Stimulus, der die byzantinische Wirtschaft angeregt und in den exportierenden Provinzen eine wirtschaftliche Blüte verstärkt oder sogar herbeigeführt habe.31 Für diese Intensivierung des Handels lassen sich neben den schon genannten vor allem zwei Faktoren anführen: Einmal die gestiegene Nachfrage in Italien nach Grundnahrungsmitteln, die durch die wachsende Bevölkerung besonders Norditaliens erzeugt wurde, und 107

auf der anderen Seite ein Byzanz, das seine politisch/militärischen Probleme nach dem Verlust Kleinasiens nur dadurch bewältigen konnte, dass es sich neue Einnahmen erschloss.32 Diese neuen Einnahmequellen werden deutlicher sichtbar, wenn man die hauptsächlichen Aktivitäten der italienischen Händler verfolgt. Aus Byzanz führten sie vor allem Massengutwaren aus – Getreide, Olivenöl und Oliven, Wein, Käse, aber auch Honig, Wachs, Felle usw. –, der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten lag dabei in den Küstenprovinzen des Balkans: in Thrakien, Thessalien, Boiotien, Griechenland und der Peloponnes, außerdem natürlich weiterhin in der Region um Konstantinopel, während Kleinasien kaum in den Handelskontrakten auftaucht. Die genannten Waren wurden vor allem nach Italien verschifft, aber auch in die Kreuzfahrerstaaten in Syrien und Palästina, die selbst nicht genug Nahrungsmittel erzeugen konnten, um ihre Bevölkerung und die Pilger und Kreuzfahrer im Lande ausreichend zu versorgen. Dies galt verstärkt nach dem Zusammenbruch des Königreichs Jerusalem 1187, als viele fruchtbare Gebiete den Kreuzfahrern verloren gingen. Aus Ägypten wurden vorwiegend Gewürze und Baumwolle importiert. Die Kreuzfahrerstaaten selbst exportierten außer einigen wenigen Luxusartikeln kaum etwas. Aber sie besaßen eine gewisse Bedeutung für den Transithandel ins Landesinnere. Ansonsten waren sie als Zwischenhalt auf dem Weg von und nach Ägypten interessant und natürlich als Pilgerziel.33 Den Einfuhren aus dem Nahen Osten standen bis in das 12. Jahrhundert kaum gleichwertige Exportwaren gegenüber. Im Spätmittelalter wurden Tuche und andere industriell gefertigte Güter exportiert, jedoch gewann dies erst seit dem 13. Jahrhundert an Bedeutung, vorher war die Handelsbilanz eher negativ. Bezahlt wurden die Einfuhren hauptsächlich mit Geld, also Gold, das wiederum auf verschiedene Weise in den Westen Europas floss, ohne dass wir die Einzelheiten genau rekonstruieren können. Ägypten beispielsweise hatte einen großen Bedarf an Schiffbauholz, dessen Export in die islamischen Länder durch päpstliche Erlasse verboten war, aber natürlich nicht verhindert werden konnte. Etwa ab der Mitte des 12. Jahrhunderts wurde Silber in den Vorderen Orient exportiert. Dieses Silber kam aus Bergwerken in Sachsen und in der Steiermark, nahm seinen Weg vorzugsweise über Venedig und wurde für eine verstärkte Prägung von Silbermünzen in den von den Ayyubiden beherrschten Reichen gebraucht. Diese Silberausfuhr hat zweifellos das wirtschaftliche Gefälle zwischen dem Vorderen Orient und Europa verringert.34 108

Soweit Byzanz betroffen war, können wir annehmen, dass die enorme Anzahl von Lateinern im Reich zu einem starken Geldabfluss nach Westeuropa führte. Hier sind besonders die lateinischen Söldner zu nennen, die für kürzere oder längere Zeit im Dienst des Kaisers standen und glänzend bezahlt wurden. Auch die politisch bedingten Zahlungen an Staaten, Herrscher und auch Einzelpersonen dürften hierzu nicht wenig beigetragen haben. Die Komnenenkaiser konnten während des 12. Jahrhunderts diese Summen aufbringen, obwohl der Großteil Kleinasiens in dieser Zeit nicht mehr byzantinisch war. Es besteht daher Grund zu der Annahme, dass der verstärkte Export von Nahrungsmitteln nach Italien und auch in die Kreuzfahrerstaaten seinerseits in den betroffenen Provinzen eine wirtschaftliche Blüte begünstigte, die den Staatsfinanzen zugute kam. Auch wenn der Handel selbst aufgrund der Abgabenbefreiungen und -reduzierungen nicht so viel abgeworfen haben mag, so wirkte er sich doch positiv auf die betroffenen Provinzen aus und trug damit zumindest indirekt zu besseren staatlichen Einnahmen bei. Ein weiterer Nebeneffekt war die ökonomische Besserstellung der betroffenen Provinzen, die diesen in der Folge auch eine größere politische Bewegungsfreiheit ermöglichte und sich damit in gewisser Weise nachteilig auf den Zusammenhalt des Reiches insgesamt auswirkte. Trotz des unzweifelhaften Anstiegs des Fernhandels im 12. Jahrhundert sind wir über die konkreten Einzelheiten nicht ausreichend unterrichtet. Die venezianischen und genuesischen Privaturkunden vermitteln das Bild kleiner Händler, die entweder mit eigenem Geld oder mit Krediten relativ kleine Warenmengen bewegten, für die sie entsprechenden Schiffsraum mieteten. Es mag aber sein, dass dieser Händlertyp in den erhaltenen Urkunden überrepräsentiert ist, da der Großhändler, der auf einem eigenen Schiff mit eigenem Geld einen größeren Umsatz erwirtschaftete, in diesen Urkunden gar nicht vertreten ist. Auch kann man über die Aussagekraft der ausgestellten Privilegien nachdenken. So war z. B. das thessalische Halmyros im 12. Jahrhundert ein großer Handelsplatz, woVenezianer und Pisaner eigene Niederlassungen und sogar Kirchen besaßen, obwohl Pisa hier nicht besonders privilegiert war und der Ort in der Städteliste des venezianischen Privilegs von 1082 überhaupt nicht erwähnt wird. Rechtlich gesehen hätte Venedig hier überhaupt keinen privilegierten Handel treiben dürfen, was angesichts der Quellenevidenz äußerst unwahrscheinlich ist. Sicher scheint nur zu sein, dass byzantinische Fernhändler im 12. Jahrhundert, soweit wir es beurteilen können, außerhalb des Schwarzen Meeres selten aktiv geworden sind. Ägäis und Mittelmeer blieben den Italienern überlassen.35 109

Die positiven Effekte des Fernhandels dauerten bis in die letzten beiden Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts, als sich aufgrund der verschlechterten politischen Rahmenbedingungen auch der Fernhandel verminderte und wir jetzt in den Quellen zum Teil sogarVerbote finden, in denen die italienischen Seehandelsstädte ihren Kaufleuten den Handel in Byzanz untersagten. Auch nach 1204 bestand im Abendland weiter ein Bedarf an Nahrungsmittelimporten aus dem byzantinischen Bereich. Er kam jetzt jedoch nur noch bedingt den Byzantinern selbst zugute, da die Etablierung lateinischer Mächte in der Romania den Byzantinern ihre früheren Einnahmequellen entzog oder unrentabel werden ließ. Auf dem Balkan entstanden lateinische Fürstentümer, im Schwarzen Meer büßten die Byzantiner ihr früheres Handelsmonopol ein, und Konstantinopel verlor durch die Etablierung der Venezianer und später der Genuesen die Einnahmen aus dem Transithandel mit den Ländern des Schwarzen Meeres. In Kleinasien konnte das Kaiserreich von Nikaia zwar auch wirtschaftlich prosperieren und seine Erzeugnisse exportieren, aber ab dem Beginn des 14. Jahrhunderts begannen die Türken, auch die Regionen im westlichen und nordwestlichen Kleinasien zu unterwerfen. Die seldschukischen Emirate von Aydin und Menteshe setzten sich an der Ägäisküste fest und exportierten ihrerseits Getreide nach Italien. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts taten die Bürgerkriege im verbliebenen Restreich ein Übriges, um eine geordnete ökonomische Entwicklung unmöglich zu machen, und der starke Bevölkerungsrückgang nach der Pestwelle um die Mitte des Jahrhunderts dürfte auch den Bedarf in Italien zumindest für eine gewisse Zeit merkbar vermindert haben. Das byzantinische Reich macht in den letzten eineinhalb Jahrhunderten seiner Existenz jedenfalls einen völlig verarmten Eindruck, der die Kaiser weitgehend handlungsunfähig werden ließ. Allerdings galt dies in erster Linie für den staatlichen Bereich und schloss weder privaten Besitz noch temporäre regionale Erholungen aus, etwa auf der Peloponnes oder auch im entfernten Trapezunt im Nordosten Kleinasiens. Jedoch waren diese Gebiete zu klein, um als Basis für eine allgemeine ökonomischeVerbesserung der Lebensumstände zu dienen, und die politisch/militärische Übermacht der osmanischen Türken war zu groß, als dass sich die verbliebenen Bestandteile des byzantinischen Reiches gegen sie hätten mit Erfolg behaupten können.

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Gesellschaft

Vorbemerkung: Orientierungsschwierigkeiten Auf wenigen Seiten einen Überblick über die byzantinische Gesellschaft geben zu wollen, ist schlichtweg anmaßend.Vor allem aber ist fraglich, ob es überhaupt nur eine einzige byzantinische Gesellschaft gegeben hat. Doch dazu später! Unser größtes Problem ist, diese Gesellschaft überhaupt »dingfest« zu machen, denn was wissen wir eigentlich über sie und ihre Mitglieder? Um uns die Lückenhaftigkeit unserer Kenntnisse klarzumachen, reicht es aus, wenn wir uns einige Zahlen vor Augen führen: Die Einwohnerzahl des byzantinischen Reiches, die durch die Jahrhunderte natürlich auch stark variierte, ist kaum genau zu schätzen. Für die Zeit Justinians I., sicher vor der großen Pest von 542, nahm Peter Charanis eine Zahl zwischen 19 und 30 Millionen an. Johannes Koder errechnete für das späte Byzanz etwa fünf Millionen auf einer allerdings kleineren Fläche und rechnete die Zahlen für die mittelbyzantinische Zeit auf etwa 18 Millionen Einwohner hoch.1 Aber über wie viele Personen können wir tatsächlich etwas aussagen? Für die Zeit zwischen dem 7. und dem 9. Jahrhundert liegt mit der »Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit« (PmbZ) jetzt eine Personendatenbank aller in den Quellen überhaupt erwähnten Personen vor, in der für die Jahre zwischen 641 und 867 insgesamt rund 11 500 Personen und Personengruppen erfasst sind, wobei die Informationen von höchst unterschiedlicher Dichte sind. Das scheint auf den ersten Blick viel zu sein, aber wenn man es mit der Gesamtzahl der Bevölkerung in diesen gut zwei Jahrhunderten in Beziehung setzt, sieht es anders aus: Rechnen wir pro Generation 25 Jahre, dann haben in den 226 Jahren zwischen 642 und 867 etwa 160 Millionen Menschen im byzantinischen Reich gelebt. Das bedeutet, dass uns de facto nur etwa eine Person von 15 000 bekannt ist. Auch von einer repräsentativen Auswahl kann man dabei nicht sprechen, da die Kriterien schon von vornherein durch die Quellen sehr eingeschränkt werden.2 Kurz zusammengefasst, kann man sagen, dass die byzantinischen Quellen vorrangig auf Konstantinopel und, wie allgemein üblich, auf die Spitzen der Gesellschaft fixiert sind. Über die Kaiser wissen wir vergleichsweise viel, über die Kaiserinnen schon weniger. An111

gehörige des hohen Adels, der Generalität und des hohen Klerus sind eindeutig überrepräsentiert, während die übrige Bevölkerung eher nur am Rande auftaucht. Dies gilt nicht nur für die Geschichtsschreiber, sondern auch für andere Quellengruppen, etwa die Hagiographie. Man kann es geradezu als Regelfall nehmen, dass die Helden oder Heldinnen einer Heiligenvita aus reichen und vornehmen Familien stammen, während das restliche »Personal« in derVita eigentlich nur als Staffage vorkommt, das die Heiligkeit des jeweiligen Helden bezeugt oder gegebenenfalls durch eigene Handlungen den Heiligen provoziert, seine Heiligkeit durch ein Wunder zu zeigen.3 Anhand der in der PmbZ gesammelten Daten lässt sich dieseTendenz – mit den oben genannten Einschränkungen – auch statistisch nachweisen, wie dem folgenden Diagramm zu entnehmen ist, das auf insgesamt etwas über 17 000 Personen aus der Epoche zwischen 641 und 1025 beruht: Quellenerwähnungen für ausgewählte Personengruppen in der Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit auf der Basis von insgesamt 17 190 erfaßten Personen 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 Episkopoi Mönche Strategoi Soldaten Bauern (3231) (1650) (941) (91) (80)

Kaiser (59)

Sklaven Frauen (51) (880)

Quellenerwähnungen für ausgewählte Personengruppen

Die Zahl der Angehörigen des hohen Klerus (Patriarchen, Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte), die hier unter dem Stichwort »Episkopoi« subsumiert werden, ist knapp doppelt so hoch wie diejenige der einfachen Mönche und Kleriker, dasVerhältnis zwischen Generälen (Strategoi) und einfachen Soldaten beträgt sogar zehn zu eins. Dass Bauern weniger als ein Prozent der Gesamtzahl ausmachen, ist 112

ebenso bezeichnend, wie der Umstand, dass die Zahl der Kaiser und Mitkaiser, die natürlich alle namentlich erfasst sind, diejenigen der Sklaven übersteigt.Wenig überraschend, aber durchaus bezeichnend ist auch die geringe Zahl der Erwähnungen von Frauen, die gerade fünf Prozent des Gesamtbestandes ausmachen. Das Diagramm gibt natürlich nicht einmal annähernd die realen Proportionen wieder, aber es ist das Bild, das die mittelalterlichen Quellen zeigen, deren Autoren eben noch nichts von »modernen« Fragestellungen wussten, etwa von Alltagsgeschichte, von Gender Studies oder von Mentalitätsgeschichte. Die Fixiertheit auf den oberen Teil der gesellschaftlichen Pyramide hat zur Folge, dass wir über weite Teile der byzantinischen Gesellschaft so gut wie nichts wissen. Der einfache Handwerker in seiner Beschäftigung, der kleine Bauer auf seinem Hof oder der Matrose auf einem Handelsschiff waren, schließt man von ihrer Präsenz in den Quellen, so gut wie inexistent, und noch schlechter steht es um ihre Familienmitglieder. Dass Frauen und Sklaven kaum für erwähnenswert gehalten worden sind, ist schon gesagt worden. Man könnte ohne Übertreibung feststellen, dass beispielsweise eine Bauersfrau, die in einem Ort auf dem Land lebte, nicht die Spur einer Chance hatte, in irgendeiner zeitgenössischen Quelle Erwähnung zu finden – es sei denn, sie hatte das zweifelhafte Glück, auf einen Heiligen zu stoßen, der sie entweder verfluchte oder von einem Dämon heilte: beides Vorgänge, die in der heutigen Geschichtswissenschaft im allgemeinen eher skeptisch beäugt werden und wohl auch nicht der Realität des Lebens im Mittelalter entsprochen haben. Das heißt, dass wir die byzantinische Gesellschaft nur durch einen dichten Schleier sehen, der allenfalls partiell dann und wann einen kurzen Blick auf die realen Verhältnisse erlaubt, und selbst dieser Blick wird noch zusätzlich durch die Eigenheiten der byzantinischen Chronisten getrübt, über die noch in einem späteren Kapitel zu reden sein wird. Unter diesen Umständen liegt die Frage nahe, ob es überhaupt möglich ist, anhand der gegebenen Informationen eine Analyse der byzantinischen Gesellschaft zu versuchen. In gewisser Weise kann man dies bejahen, wenn man sich der Problematik bewusst ist, dass eine solche Analyse eben hochgradig hypothetisch sein muss. Andererseits gibt es natürlich auch Quellen, etwa Gesetzestexte, Urteile, Briefsammlungen u. ä., die einige Rückschlüsse zulassen. Auch wenn man nicht immer vom Einzelfall auf die Allgemeinheit schließen kann, so lassen sich doch gewisse Standards feststellen, an denen sich die Byzantiner ausgerichtet haben. 113

Womit wir wieder bei dem eingangs gemachten Vorbehalt wären: Hat es überhaupt nur eine einzige byzantinische Gesellschaft gegeben? Setzt man die Gesellschaft einfach mit der Bevölkerung des Byzantinischen Reiches gleich, ist die Frage natürlich zu bejahen. Auf der anderen Seite gab es aber doch so große Brüche in der chronologischen Entwicklung und so gewaltige regionale Unterschiede, dass man diese Bevölkerung keinesfalls als eine einzige uniforme Gesellschaft begreifen kann. Zu der chronologischen Entwicklung werden wir im Folgenden kommen. Hier zunächst einige Überlegungen zu den regionalen Unterschieden: Während es in der Spätantike noch mehrere Großstädte gegeben hatte, die eigene kulturelle und ökonomische Zentren bildeten, blieb seit dem 7. Jahrhundert Konstantinopel als einziges großes und alle anderen überragendes Zentrum übrig. Konstantinopel als Hauptstadt, wo sich die Spitzen der kirchlichen und der weltlichen Verwaltung drängten, war daher nicht nur die größte byzantinische Stadt überhaupt, mit einer Einwohnerzahl, die in den besten Zeiten vielleicht über einer halben Million lag, sondern ebenso die größte ökonomische Agglomeration innerhalb des Reiches. Unvermeidlicherweise prägt die Konstantinopolitaner Gesellschaft daher auch das Bild der byzantinischen Gesellschaft, an dem sich die restlichen Einwohner des Reiches ausrichteten. Dennoch wird man die Verhältnisse in Konstantinopel nicht auf das flache Land übertragen dürfen, besonders nicht auf die Randbereiche des Reiches, wo die Autorität der Zentralregierung nur schwach war und von lokalen Mächten überlagert wurde. Man denke etwa an die slawisch besiedelten Gebiete des Balkan, an die Provinzen in Italien, die zwischen lateinischem und griechischem Einfluss hin und her pendelten, oder an die Grenzregionen zum Kalifat, in denen in der mittelbyzantinischen Zeit mehr oder weniger unabhängige Gruppen lebten, wie etwa die Akriten oder auch die Paulikianer. Eine stärkere Emanzipierung der Provinzen von Konstantinopel erfolgte erst wieder ab dem 12. Jahrhundert und vor allem nach demVierten Kreuzzug, als sich lateinische Niederlassungen und Reiche auf dem ehemaligen byzantinischen Staatsgebiet zu bilden begannen, in denen eher die gesellschaftlichen Ideale des Lateinischen Europa galten als diejenigen des alten Byzanz. Alles in allem wird man daher wohl die gesellschaftlichen Standards, die in Konstantinopel galten, als stilbildend für die gesamte Bevölkerung des Byzantinischen Reiches ansehen können, ohne dabei allerdings die Abweichungen vernachlässigen zu dürfen. Hierbei ist nicht nur der Unterschied zwischen Hauptstadt und Provinz 114

oder der zwischen Zentrum und Peripherie gemeint, sondern man muss auch die bewussten Gegenentwürfe im Auge behalten wie z. B. die Klöster. Selbst bei diesen gibt es innere Unterschiede wie etwa diejenigen zwischen den mehr koinobitisch orientierten und den idiorhythmischen Mönchsgemeinschaften. Daneben gab es auch noch quasi »private« Familiengründungen, die manchmal eher für die Versorgung von Familienmitgliedern bestimmt gewesen zu sein scheinen als für ein strenges monastisches Leben. Einen weiteren Komplex bilden die Mikrostrukturen des sozialen Lebens in Byzanz, will sagen: die Familie, über die wir allerdings, von den rechtlichen Grundlagen einmal abgesehen, auch nicht all zuviel sagen können.4

Die frühbyzantinische Zeit Die byzantinische Gesellschaft des 4. Jahrhunderts unterschied sich in keiner Weise von der römischen. Konstantin I. hatte mit Konstantinopel zwar eine neue Hauptstadt geschaffen, dabei aber dieTraditionen der alten übernommen. Das ging so weit, dass auch eine Reihe prominenter römischer Familien nach Konstantinopel übersiedelten, das so in gewisser Weise, jedenfalls soweit es die geographischen Bedingungen erlaubten, zu einer Kopie Roms wurde. Der größte Unterschied war vielleicht die christliche Orientierung Konstantinopels, obwohl die Stadt keineswegs von vorneherein rein christlich war. Die Gesellschaft der neuen Hauptstadt unterschied sich kaum von derjenigen Roms, ebenso wie die Bevölkerung Ostroms ja nicht in sich neu war oder neue Elemente aufnahm, sondern zunächst die alte Gesellschaft der östlichen Provinzen des Römischen Reiches bruchlos fortsetzte. Auch wenn diese Gesellschaft sich in der Umsturzzeit des 7. Jahrhunderts dramatisch verändern sollte, so blieben die Verhältnisse aus der spätantiken Epoche des 4. bis 6. Jahrhunderts doch prägend für die spätere Zeit.5 Man kann die Gesellschaft dieser Zeit sehr grob in eine Ober-, Mittel- und Unterschicht einteilen, jedoch sind die Grenzen außerordentlich fließend. Zur Oberschicht gehörten zunächst der erbliche senatorische Adel in Rom und in Konstantinopel, dann aber auch die hohen Zivilbeamten und die Spitzen des Militärs, schließlich der höhere Klerus. Diese Gruppen waren sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch in ihren Interessen höchst heterogen. Die 115

Senatoren präsentierten mehr oder weniger die traditionelle Elite, während Verwaltung und vor allem Militär auch Aufstiegschancen für Leute außerhalb der etablierten Hierarchie boten. Man denke etwa an »Barbaren« wie Stilicho, Gainas oder Aspar, die in ihrer Laufbahn so erfolgreich waren, dass sie schließlich sogar den Kaiser und damit das Reich kontrollierten. Umgekehrt geschah es immer wieder, dass alteingesessene Familien ihren Rang verloren, vor allem wenn sie in innere Auseinandersetzungen involviert waren, was z. B. bei den religiösen Spannungen leicht vorkommen konnte, oder wenn sie in Gegensatz zu den Kaisern gerieten. Daran änderte auch nichts, dass die Oberschicht in sich selbst durch eine differenzierte Rangordnung gegliedert war, die jedem einzelnen seinen Rang innerhalb seiner Gruppe zuwies. Die soziale Mobilität blieb trotzdem außerordentlich hoch. Dies galt auch für die Mittelschicht, die zwar die große Mehrheit in der Bevölkerung ausgemacht zu haben scheint, aber für uns dennoch weniger fassbar als die Oberschicht ist. Sie war sowohl nach oben als auch nach unten hin offen. In den Städten umfasste sie Handwerker und Kaufleute, die unteren Beamten undTeile der Honoratioren (Curiales) sowie des Klerus. Viele Berufe waren in Korporationen organisiert, deren Rechte und Pflichten genau definiert waren. Eine völlig freie Berufswahl gab es nicht. Frauen waren in der Spätantike den Männern in einigen Bereichen gleichgestellt. Sie konnten zwar keine staatlichen Ämter bekleiden und hatten kein Sitz- und Stimmrecht in den Curien, waren aber erbberechtigt und konnten auch ihre eigenen Geschäfte ausüben. Ihre gesellschaftliche Zugehörigkeit richtete sich bis zur Heirat nach dem Vater, dann nach dem Ehemann. Solange sie unverheiratet waren, aber über eigenes Vermögen verfügten, konnten sie auch zu öffentlichen Dienstleistungen herangezogen werden. Vom öffentlichen Leben waren sie jedenfalls nicht so ausgeschlossen, wie es im späteren Byzanz der Fall gewesen zu sein scheint. Demgegenüber hatten Mitglieder der Unterschicht, zu der u. Ba. Sklaven und Kolonen (Pächter) gehörten, nur wenige Rechte.Während Sklaven als Sachen angesehen wurden, waren Kolonen zunächst rechtlich frei, aber im Wesentlichen an den Grundbesitz gebunden, auf dem sie arbeiteten. Auf dem flachen Land hatten die Großgrundbesitzer das Sagen, die ihre Stellung im Lauf der Zeit immer weiter verstärkten. Im 6. Jahrhundert hatte sich der Abstand zwischen einem Sklaven und einem Kolonen soweit verringert, dass kaum ein Unterschied zu erkennen ist. Auch die freien Bauern konnten sich gegen die Konkurrenz der Großgrundbesitzer und 116

ihrer Kolonen kaum noch halten, so dass eine starke Landflucht einsetzte, die die Kaiser durch Gesetze zu verhindern suchten, allerdings nur mit geringem Erfolg. Insgesamt gesehen macht die Gesellschaft in der Spätantike einen durchaus städtischen Eindruck. Die Zahl der Landstädte in Kleinasien, Syrien und Palästina war groß, die Städte lagen in leicht zugänglichen Gegenden und besaßen zahlreiche öffentliche Einrichtungen. Außerdem konnten sie sich einer aktiven Bürgerschaft erfreuen, die sich – zum Teil allerdings durch entsprechendeVerordnungen dazu gezwungen – für ihre Stadt einsetzte. Im 6. Jahrhundert verminderte sich zwar das wirtschaftliche Niveau in den Provinzen, und eine gewisseVerarmung ist ebenso erkennbar wie der Bevölkerungsrückgang, der nach der Pest der vierziger Jahre stärker fühlbar wurde, aber dennoch wäre die Behauptung nicht richtig, dass die spätantike Gesellschaft am Ausgang des 6. Jahrhunderts am Ende gewesen ist. Ihr Zusammenbruch wurde durch äußere Ereignisse verursacht, nicht durch ihren inneren Zustand.

Die mittelbyzantinische Epoche 7. und 8. Jahrhundert Mit dem 7. Jahrhundert setzte, soweit wir sehen können, ein wesentlicher Umbruch in der Gesellschaftsstruktur ein. Den Grund dafür liefern unzweifelhaft die politischen Ereignisse. Zwar blieb Konstantinopel selbst relativ verschont von den Angriffen von außen, aber durch den Verlust Syriens, Palästinas und Ägyptens sowie fast der gesamten Balkanhalbinsel und dann durch die persischen und später arabischen Angriffe auf das byzantinische Kleinasien brach für viele Familien der Oberschicht die frühere Basis ihres Wohlstands und ihrer Stellung zusammen. Daneben änderte sich auch die ökonomische Struktur in den Provinzen. In der Spätantike hatte es sowohl in den Küstenregionen als auch im Landesinneren eine Vielzahl von Städten gegeben, die mit ihren öffentlichen Bauwerken – Theater, Bäder, Plätze etc. – das Leben geprägt hatten. Diese Städte verschwanden jetzt entweder oder verkleinerten sich, wurden mit Befestigungsanlagen umgeben oder verlagerten sich sogar an leichter zu verteidigende Plätze. Die Öffentlichkeit der Spätantike ging verloren. Die früheren Zentren wurden zu kleinen 117

Landstädten, die aus der Umgebung lebten und vorwiegend SchutzundVerwaltungsaufgaben übernahmen. Mit den spätantiken Städten hatten sie nur noch wenig gemein. Dies drückt sich auch in der Bezeichnung aus: Die alte Polis wird zum Kastron, übernimmt also einen Begriff aus der (lateinischen) Militärsprache (castrum), der ursprünglich ein befestigtes Lager bezeichnete, jetzt aber auf die kleineren befestigten Landstädte ausgeweitet wurde. Eine unbefestigte Ansiedlung, die man heute wohl als Dorf definieren würde, hieß Chorion. »Polis« war jetzt nur noch eine einzige Stadt im Reich: Konstantinopel, das seit dem 7. Jahrhundert keinerlei Konkurrenz mehr zu fürchten hatte. In gesellschaftlicher Hinsicht führte dies dazu, dass die Oberschicht sich gleichfalls ganz auf Konstantinopel hin orientierte. Eine unabhängige Existenz in der Provinz auf eigenem Großgrundbesitz scheint im 7. und 8. Jahrhundert nur mit Einschränkungen möglich gewesen zu sein, zumindest fehlt es an Quellenbelegen. Eine Konsequenz hieraus war eine erheblich größere Labilität gesellschaftlicher Positionen als zuvor.Verstärkt wurde diese Tendenz durch eine andere Eigentümlichkeit der byzantinischen Gesellschaft: ihre Offenheit! In Byzanz hatte der Adel wesentlich weniger Privilegien, als es etwa in den germanischen Reichen und später im Lateinischen Europa der Fall war. Zwar gab es natürlich eine Oberschicht, deren Mitglieder sicher auch einen leichteren Zugang zu lukrativen Positionen in Staat und Kirche hatten. Aber diese Positionen, bis hin zum Kaiserthron selbst, standen grundsätzlich jedem offen, sie waren nicht für Angehörige einer bestimmten Schicht reserviert. So war es in Byzanz durchaus möglich, aus dem sozialen Nichts bis zu den höchsten Positionen aufzusteigen, aber es war ebenso leicht möglich, die soziale Leiter wieder hinunterzufallen. In der Spätantike und auch in späterer Zeit konnten diese Gefahren in gewisser Weise dadurch aufgefangen werden, dass vermögende Familien sich in den Provinzen etablierten. Aber in der Umbruchzeit des 7. und 8. Jahrhunderts war dies kaum möglich, da allein Konstantinopel die notwendige Sicherheit für Leben und Besitz garantierte. Das aber hatte zur Folge, dass man in einem viel stärkeren Maße als zuvor oder später auf die Gunst der staatlichen Institutionen, letztlich des Kaisers, angewiesen war. Einer Familie, die in Ungnade fiel, war der soziale Abstieg ziemlich sicher. Man wird davon ausgehen können, dass in Konstantinopel entsprechende Kämpfe um Macht und Einfluss am kaiserlichen Hof ausgetragen wurden.

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Die Militarisierung der Gesellschaft Zugleich führte die prekäre Gesamtsituation zu einer Verlagerung der gesellschaftlichen Werte. Kurz gesagt: Die byzantinische Gesellschaft militarisierte sich. Zu erkennen ist dies schon an den Kaisern, die seit der Zeit des Herakleios (610–641) wieder selbst ins Feld zogen, was seit dem ausgehenden 4. Jahrhundert nicht mehr der Fall gewesen war. Ebenso nahm jetzt die Zahl der Kaiser zu, die aus einer militärischen Laufbahn heraus auf den Thron gelangten, zumeist durch gewaltsame Usurpation, und die natürlich ihrerseits ein entsprechendes Umfeld erzeugten. Im 7. und 8. Jahrhundert kennen wir sechs Kaiser, die als Militärs die Kaiserkrone erreichten, im 5. und 6. Jahrhundert keinen einzigen. Noch schärfer fällt der Unterschied bei Usurpationen ins Auge. Im 5. und 6. Jahrhundert war kein einziger Usurpator längerfristig erfolgreich, im 7. und 8. Jahrhundert waren es dagegen neun, wobei die gewaltsamen Auseinandersetzungen innerhalb der herrschenden Dynastien noch nicht einmal eingerechnet sind. Die ab dem 7. Jahrhundert einsetzende militärische Orientierung wird sowohl aus der offiziellen kaiserlichen Selbstdarstellung evident als auch aus einer gewissen kulturellen Verarmung der Gesellschaft, die erst im 9./10. Jahrhundert wieder nachließ und durch eine neue Blüte, die so genannte »Makedonische Renaissance«, beendet wurde.

Familienbande Entsprechend traten in dieser Epoche jetzt andere Familien in den Vordergrund, die sehr häufig einen stärkeren militärischen Hintergrund hatten, als dies in der frühbyzantinischen Zeit der Fall gewesen war. In den Quellen freilich findet diese Entwicklung kaum einen Niederschlag.Wir können sie allenfalls indirekt daran erkennen, dass im 7. und 8. Jahrhundert kaum Familiennamen in den Quellen auftauchen. Die Personen wurden eher durch ihre jeweilige Position, manchmal auch durch einen Beinamen gekennzeichnet, als durch die Zugehörigkeit zu bestimmten Familien. Erst ab dem 9. und dann verstärkt im 10. Jahrhundert wurden Familiennamen wieder häufiger und zeigen die zunehmende Differenzierung innerhalb der byzantinischen Gesellschaft an, die die frühere Offenheit zwar nicht völlig beseitigte, aber doch in erheblichem Maße einschränkte. Allerdings sollte man hier auch nicht übertreiben: Die Tatsache, dass wir nicht mehr in der Lage sind, einzelne Familien in größerer Zahl über mehrere Generationen hinweg zu verfolgen, heißt nicht 119

automatisch, dass sie überhaupt keine Rolle gespielt haben. Es gibt einige Familien, die wir – eher zufällig – im Laufe des 8. Jahrhunderts identifizieren können, allerdings – mit Ausnahme natürlich der Kaiserdynastien – nicht unbedingt solche aus der »ersten Reihe« der byzantinischen Gesellschaft. Dass es auch in dieser Zeit durchaus ein Standesbewusstsein gegeben hat, können wir manchmal schlaglichtartig feststellen. So kam es z. B. bei der Ernennung des Patriarchen von Konstantinopel im Jahre 815 zum Streit. Ein Teil der Senatoren hielt den Kandidaten Johannes Grammatikos für zu jung und seine Abstammung nicht für angemessen. Später wird seine Familie allerdings durchaus als vornehm bezeichnet. Die Hintergründe brauchen hier nicht zu interessieren. Aber allein die Tatsache, dass der Status einer Familie bei einem solchen Amt diskutiert werden konnte, zeigt, dass er eine Rolle gespielt haben muss. Die Familie des Johannes war nicht alteingesessen, sondern erst zwei oder drei Generationen zuvor aus Armenien nach Konstantinopel eingewandert. Damit ist sie zugleich ein Beispiel für die Aufstiegsmöglichkeiten, die die byzantinische Hauptstadt in dieser Zeit denen bot, die entschlossen und intelligent genug waren und auch das nötige Glück hatten. Auf der anderen Seite muss diese Offenheit der Gesellschaft, die ja nicht freiwillig, sondern durch die Umstände erzwungen war, große innere Spannungen erzeugt haben, die vielleicht ihrerseits eine Erklärung für die Labilität bieten, mit der die Politik dieser Jahre uns immer wieder überrascht.6

Die Provinzen Auf dem Land dürfte es nicht viel anders gewesen sein. Aber auch hier haben wir aufgrund des Mangels an relevanten Quellen größte Schwierigkeiten, die Verhältnisse klar zu erkennen. Man hat allgemein – und wahrscheinlich zu Recht – angenommen, dass auf dem Land in dieser Zeit kleine und freie Bauern, die in mehr oder weniger selbständigen Dorfgemeinschaften lebten, die Regel waren. Allerdings kann der in diesem Zusammenhang gerne zitierte »Nomos Georgikos« jetzt nicht mehr dafür in Anspruch genommen werden, da es sich hierbei um kein offizielles Gesetz, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach um eine private Rechtskompilation handelt, die im 9. Jahrhundert entstanden ist.7 Dass der Großgrundbesitz im 7. und 8. Jahrhundert gänzlich verschwunden sei, wird man nicht behaupten können. Zwar ist nicht daran zu zweifeln, dass die alten Latifundien aus der Spätantike in den Quellen keine Erwähnung mehr finden, aber das heißt nicht, 120

dass diese Art von Besitz nun völlig verschwunden war. Eher kann man annehmen, dass der Betrieb solcher Ländereien im 7. und 8. Jahrhundert nicht mehr ertragreich genug war, zum Teil sicherlich aufgrund des herrschenden Bevölkerungsmangels und der Unsicherheit, die durch die ständigen arabischen Einfälle verursacht wurde. Trotzdem gab es immer noch Familien, die reich genug waren, um auf ihrem Grundbesitz eigene Klöster einrichten und dort leben zu können. Man denke etwa an die Familie des Theodoros Studites, die in Bithynien auf ihren Gütern ein solches Kloster errichtete. Ein weiteres Beispiel ist die Familie des Hl. Philaretos, des Großvaters der Maria, der ersten Frau Kaiser Konstantins VI., die in Paphlagonien beheimatet war.8 Ein weiteres Problem sind die »Soldatenbauern«. Hierbei handelt es sich um Soldaten, die zugleich ihren eigenen Grundbesitz bewirtschafteten, bzw. um Bauern, die auch Sold empfingen und dafür in den Krieg zogen. Es wurde früher oft angenommen, dass diese »Soldatengüter« bewusst von staatlicher Seite eingeführt worden seien, um auf diese Weise die Kosten für die Besoldung der Soldaten zu senken. Noch heute meinen manche Forscher, dass die Kaiser den staatlichen Grundbesitz unter die Soldaten aufgeteilt hätten. Jedoch können sie hierfür keinen einzigen Nachweis in den Quellen beibringen, der ihre These stützen würde. Eher ist anzunehmen, dass die Verteilung der Truppen über das ganze Reich und ihre längerfristige Stationierung an festen Orten zu einer engeren Verbindung zwischen den Soldaten und der ansässigen Bevölkerung geführt hat: Soldaten heirateten in lokale Familien ein, Einheimische wurden Soldaten. Offiziell scheint dies von der Regierung nicht unterstützt worden zu sein, aber sie unternahm auch nichts dagegen. In der Ekloge, einer Gesetzessammlung aus den vierziger Jahren des 8. Jahrhunderts, finden sich Beispiele für die Probleme, die hierbei entstehen konnten, so etwa bei einer Erbaufteilung von Besitz, an der Soldaten und Zivilisten beteiligt waren. Wahrscheinlich resultieren diese Paragraphen aus konkreten Streitfällen mit entsprechenden Gerichtsurteilen. In jedem Fall zeigen sie an, dass Soldaten und Zivilisten nicht voneinander getrennt lebten, sondern dass es Ortschaften gegeben haben muss, in denen beide Seiten zusammenlebten. Insofern sind auch sie ein Zeichen für die gewachsene Militarisierung der byzantinischen Gesellschaft.9 Trotz der schlechten Quellenlage wird man vermuten dürfen, dass das 7. und 8. Jahrhundert eine Umbruchzeit gewesen ist, in der auf dem flachen Land keine einheitlichen Bedingungen geherrscht haben. Es gab kleine Bauern, die in mehr oder weniger freien Dorf121

gemeinschaften lebten, daneben aber auch immer noch oder schon wieder Großgrundbesitzer, die allerdings noch nicht den Einfluss späterer Zeiten besaßen. In den Regionen, wo Truppen stationiert waren, kam es zu einer gewissen Vermischung zwischen Soldaten und Zivilbevölkerung. Allgemeines Kennzeichen dieser Zeit aber war der Menschenmangel, der die Kaiser wahrscheinlich auch zu Zugeständnissen zwang, die sie unter günstigeren Umständen vielleicht nicht gemacht hätten.

9. bis 12. Jahrhundert Ab der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts nahm die Bevölkerung wieder zu, und auch die feindlichen Angriffe ließen langsam nach, so dass zumindest im Westen und Norden Kleinasiens wieder ruhigere Zeiten einkehrten. Diese Konsolidierung führte auf der anderen Seite dazu, dass jetzt auch die »Mächtigen« (griech. dynatoi), wie sie in den Quellen genannt werden, sich zunehmend um Grunderwerb in den Provinzen bemühten. Die byzantinische Gesellschaft begann, sich von der Umbruchszeit des 7. und 8. Jahrhunderts zu erholen, was die innere Differenzierung verstärkte. Die neuen und jetzt ihrerseits etablierten Familien versuchten, ihr Barvermögen anzulegen, was in Byzanz praktisch nur durch Erwerb von Grundbesitz möglich war. Zusätzlich brachte Grundbesitz in den Provinzen eine größere Unabhängigkeit von dem Kaiser und den Verhältnissen in Konstantinopel. Damit wuchs auf dem Lande aber der Druck auf die Bauern und die kleineren Grundbesitzer. In Ansätzen lässt sich dies bereits im 9. Jahrhundert feststellen, im 10. Jahrhundert nahm die Ausbreitung der »Mächtigen« bereits ein solches Ausmaß an, dass die Kaiser sich zu gesetzlichen Schutzmaßnahmen gezwungen sahen. Der Landverkauf der »Armen« (griech. penetes) an die Reichen wurde eingeschränkt, ebenso die gemeinsame steuerliche Haftung der Dorfgemeinschaft, die zwar gut gemeint war, aber im Endeffekt dazu geführt hatte, dass die »Mächtigen« sich den höherwertigen Landbesitz aneigneten, während die Steuerlast für die minderwertigen Ländereien weiterhin der Dorfgemeinde, also den Armen, aufgebürdet wurde. Jedoch konnten die kaiserlichen Maßnahmen die Entwicklung nur verlangsamen; verhindern oder in ihr Gegenteil verkehren ließ sie sich nicht mehr. Ohnehin verstärkte sich der Widerstand der Kaiser erst, als der Provinzadel nicht nur die normalen Bauern, sondern auch die »Soldatengüter« bedrohte, denn das musste sowohl die Finanzen als auch die Wehrkraft des Reiches in Mitleidenschaft ziehen. 122

Allerdings hatte sich auch hier längst ein Wechsel vollzogen. Der »Soldatenbauer« der Umbruchszeit hatte sich zu einem kleineren Grundbesitzer gewandelt, der wohl nur noch in Ausnahmefällen selbst das Land bebaute, für das er Kriegsdienst leistete, sondern hierfür selbst eigene Landarbeiter beschäftigte. Die Notwendigkeit hierzu ergab sich auch aus den militärischen Notwendigkeiten: Die byzantinische Armee befand sich jetzt nicht mehr hauptsächlich in derVerteidigung, sondern führte auch selbst Offensivunternehmungen aus, die die Soldaten wesentlich stärker beanspruchte, als dies zuvor der Fall gewesen war. Auch die Ausrüstung wurde besser und damit teurer. Die schweren Reiter der byzantinischen Kavallerie entsprachen durchaus den Rittern des Lateinischen Europa, und entsprechend hoch waren die Kosten ihrer Bewaffnung. Kaiser Nikephoros II. Phokas trug dem Rechnung, indem er den unverkäuflichen Wert eines Soldatengutes von vier auf zwanzig Goldpfund anhob. Ob dieser Erlass für alle Soldatengüter galt oder nur für neu eingerichtete oder ob er gar zur Zusammenlegung kleinerer Güter führte, wissen wir nicht; ebenso wenig, ob er überhaupt durchgesetzt werden konnte. Aber die Tendenz ging zweifellos dahin, eine neue Schicht von kleinen und mittleren Grundbesitzern zu schaffen. In der Konsequenz führte das zu einem Kleinadel, der dem des Lateinischen Europa nicht unähnlich war, freilich ohne dessen formale und ideologische Rahmenbedingungen zu teilen. Diese kleinen und mittleren Landbesitzer mit »Dienstverpflichtung« konnte sich denn auch nicht halten, sondern wichen bald dem wachsenden Druck des Adels. Entweder gaben sie ihre persönliche Freiheit auf und unterstellten sich dem Schutz eines solchen »Mächtigen«, oder sie verließen einfach ihr Land und suchten anderswo ihr Glück. Im 12. Jahrhundert gibt es jedenfalls kaum noch unabhängige Bauern, sondern die Kaiser, der Adel und die Kirche dominieren die Besitzverhältnisse in den Provinzen, während die Zentralregierung wieder vermehrt auf Söldner setzt, um ihre Interessen zu wahren.10 Hier lag für die Kaiser ein unlösbares Problem, da sie einerseits natürlich die Interessen des Staates vertraten, aber andererseits eben selbst Mitglieder der Schicht waren, die sich in den Provinzen auf Kosten des Staates ausbreitete. Während des 11. Jahrhunderts war dieser Antagonismus eine der Ursachen für den internen Machtverfall, der freilich ebenso durch äußere Faktoren verstärkt wurde. Erst als der Adel von den Komnenenkaisern direkt in die Machtausübung hineingezogen und an ihr beteiligt wurde, gewann die Zentralregierung wieder die Bewegungsfreiheit zurück, die es ihr erlaubte, adäquat auf die äußeren Bedrohungen zu reagieren. Der Preis hierfür 123

war der weitgehende Rückzug des Kaisers aus den Provinzen, wo jetzt der Adel uneingeschränkt das Sagen hatte, freilich immer noch nicht formell abgesichert. Die Masse der Landbevölkerung jedenfalls war in dieser Zeit nicht mehr frei, sondern abhängig von ihren lokalen Grundherren, seien es nun Adlige, Kirche und Klöster oder auch der Kaiser selbst und die Angehörigen der Kaiserfamilie, die ja gleichfalls in den Provinzen Reichtum ansammelten. Diese Änderung des »Herrschaftssystems« wurde ihrerseits wohl erst durch die Angriffe von außen ermöglicht, die u. Ba. dazu geführt hatten, dass diejenigen Adelsfamilien, deren Ländereien in Kleinasien lagen, infolge der seldschukischen Eroberung praktisch vor dem Ruin standen und daher von Alexios I. Komnenos leichter eingebunden werden konnten.11

Die Einwohner Konstantinopels Konstantinopel war nicht nur über ein Jahrtausend die weltliche und die geistliche Hauptstadt, es war auch die mit Abstand größte Stadt des Reiches. Schon aufgrund ihrer Zahl bildeten die Einwohner Konstantinopels den einflussreichsten und wichtigsten Teil der Reichsbevölkerung. Nicht selten hing die Existenz des ganzen Reiches am Schicksal dieser Stadt, so etwa bei den Belagerungen durch Avaren, Slawen und Perser 626 und durch die Araber zwischen 674 und 678 sowie 717/18. Der Bevölkerung war dies schon deshalb bewusst, weil ein großer Teil von ihr direkt und indirekt mit der kaiserlichen Regierung zusammenhing, sei es dass sie das Personal der verschiedenen staatlichen Behörden stellten oder in weiterem Sinne mit den ökonomischen Verhältnissen zu tun hatten, von denen Staat und Kirche abhängig waren. Es war unvermeidlich, dass die Konstantinopolitaner Gesellschaft ihrerseits durch die Anwesenheit von Kaiser und Patriarch mit den dazugehörenden Personen und Residenzen in der Stadt geprägt wurde. Die kirchlichen Bauten prägten die Stadt vielleicht noch mehr als die weltlichen Paläste. Allein über 70 Klöster soll es im 6. Jahrhundert in Konstantinopel gegeben haben, nicht gerechnet die zahlreichen Kirchen, Hospize und karitativen Einrichtungen. Schon der Bedarf, der durch die Anwesenheit von Kaiser und Patriarch in der Stadt erzeugt wurde, sorgte für die Beschäftigung eines Großteils der Einwohnerschaft. Zudem bot Konstantinopel nicht nur gute Verdienstmöglichkeiten, sondern auch Sicherheit – und nicht zuletzt Vergnügungen, wie etwa den Besuch der Spiele im Hippodrom. Dies führte zu einem solchen Zustrom, dass in der Spätantike das Recht zur Niederlassung 124

in der Hauptstadt zeitweilig sogar gesetzlich eingeschränkt wurde. Später war dies nicht mehr der Fall, aber noch in der mittelbyzantinischen Zeit begegnen wir dem Verbot für Bischöfe, ihre Sprengel zu verlassen und dauerhaft in Konstantinopel zu leben: ein Beispiel für die ungebrochene Attraktivität der byzantinischen Hauptstadt, mit der verglichen selbst eine altberühmte Stadt wie Athen ihrem Metropoliten Michael Choniates im 12. Jahrhundert als öder Verbannungsplatz in der Provinz erschien.12 Auf der anderen Seite stellten die Einwohner Konstantinopels für die Herrschenden auch ein besonderes Gefahrenpotential dar. Die Kaiser versuchten natürlich, die Stadt unter Kontrolle zu halten. Das Leben war reglementiert. So war die freie Berufswahl durchaus eingeschränkt. Die Handwerker waren in Korporationen organisiert, die gegen auswärtige Konkurrenz abgeschottet waren. Fremde durften die Stadt ohne Kontrolle nicht betreten. Die auswärtigen Händler wurden in eigenen Quartieren zusammengeschlossen, so dass sie leichter überwachbar waren, zum Teil wohl auch zu ihrem eigenen Schutz. Straßen und Plätze wurden von der Polizei kontrolliert. Hinzu kamen die Gardetruppen und Einheiten der kaiserlichen Flotte, deren Besatzungen auch in der Stadt eingesetzt werden konnten. Trotzdem kam es immer wieder zu Unruhen, die auch mit militärischem Einsatz kaum eingedämmt werden konnten. So verlor Justinian I. im Nika-Aufstand (von griechisch: nika = siege; der Kampfruf der Aufständischen) fast Thron und Leben und wurde nur durch den rücksichtslosen Einsatz seines Generals Belisar gerettet. Der Sturz des Maurikios durch Phokas 602 war nicht zuletzt deshalb erfolgreich, weil Maurikios die Unterstützung der Bevölkerung Konstantinopels verloren hatten. Und 1042 wurde Michael V. von einem Volksaufstand hinweggefegt, als er versuchte, die beliebte alte Kaiserin Zoe auszuschalten, und sie ins Kloster bringen ließ. Die Bevölkerung war sich ihres Machtpotentials sehr wohl bewusst, auch wenn es niemals geordnet oder gesetzmäßig definiert worden war. Es war einfach die große Zahl an Einwohnern, die die Stadt in Grenzsituationen oft unkontrollierbar werden ließ. Beispiele sind schon genannt worden. Besonders im 6. und 7. Jahrhundert suchten die Kaiser die Einwohner in gewisser Weise einzubinden, indem sie beispielsweise den Demen Ordnungsfuntkionen übertrugen. Bei den Demen (griech. Demoi) handelte es sich ursprünglich um eine Art von »Fanclubs« bei den Wagenrennen im Hippodrom. Zu Anfang hatte es eine ganze Reihe von ihnen gegeben, aber in der mittelbyzantinischen Zeit gab es nur noch zwei, die 125

Grünen und die Blauen. Diese Demen spielten auch im Protokoll eine Rolle, etwa wenn ihre Sprecher dem Kaiser Ergebenheitsadressen darbrachten und bei kaiserlichen Empfängen und Prozessionen ihre festen Standplätze hatten. Aber ihr eigentliches Aktionsfeld war das Hippodrom, wo sie sich durchaus auch gegen den Kaiser wendeten, sei es dass sie ihn direkt mit Forderungen angingen oder sich über ihn lustig machten. Ein typisches Beispiel findet sich nach dem Herrschaftsantritt des Phokas 602. Als Phokas, ein Unteroffizier der Donauarmee, nach seiner erfolgreichen Usurpation auch seine Frau Leontia zur Kaiserin krönte und sich dabei tölpelhaft anstellte, verspotteten ihn die Blauen mit dem Ausspruch: »Pass’ auf; lern erst mal das Zeremoniell; Maurikios ist noch nicht tot.« Dem Chronisten zufolge fiel Phokas erst jetzt ein, dass der von ihm gestürzte Kaiser noch am Leben war, und er ließ ihn töten. Den Schwierigkeiten des Aufsteigers Phokas mit dem Zeremoniell half allerdings auch das nicht ab, wie spätere Spottszenen aus dem Hippodrom belegen.13 Ihre stärkste Phase hatten die Demen zwischen dem 5. und dem 8. Jahrhundert. Zur Zeit des Maurikios zählten die Grünen über 1500 Mitglieder, die Blauen rund 900, und beide spielten sogar militärisch eine Rolle, da sie im Notfall in die Stadtverteidigung mit einbezogen wurden. Danach sank ihre Bedeutung, bis sie eigentlich nur noch im Rahmen des Zeremoniells in Erscheinung traten.14 Die Stadtbevölkerung aber blieb weiterhin ein nur schwer kontrollierbarer Machtfaktor. Dazu mag beigetragen haben, dass es im Straßengewirr dieser mittelalterlichen Großstadt für die Ordnungskräfte kaum möglich war, ihre Autorität immer und überall durchzusetzen. Als letztes Beispiel hierfür sei der Sturz Andronikos’ I. Komnenos im Jahre 1185 genannt: Andronikos, der überall Verschwörungen witterte, wollte den eigentlich harmlosen Isaak Angelos gefangen nehmen. Dieser suchte Asyl in der Hagia Sophia. Als Andronikos ihn von dort gewaltsam wegführen lassen wollte, rottete das Volk sich zusammen, erschlug den Beauftragten des Kaisers, stürmte dann zum Palast und setzte der Herrschaft des Andronikos ein Ende. Andronikos wurde auf der Flucht gefangen genommen, und Isaak Angelos bestieg den Thron: ungeplant, als Folge eines nicht vorhersehbaren Volksaufstands.

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Die spätbyzantinische Periode Die Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner 1204 schuf für die byzantinische Gesellschaft eine völlig neue Situation, da sie mit Konstantinopel ihr Zentrum verlor, das über 8 Jahrhunderte hinweg das Leitbild für das restliche Reich abgegeben hatte. Zugleich musste sie sich mit neuen Gruppen auseinandersetzen, die die Gesellschaft veränderten. Hier sind vor allem die Lateiner zu nennen, die in einem noch stärkeren Maße in die Gebiete des ehemaligen Byzantinischen Reiches hineindrängten, als dies vor 1204 der Fall gewesen war. In den von ihnen eroberten Herrschaften richtete auch die griechische Bevölkerung sich nolens volens nach den von den neuen Herren vorgegebenen Maßstäben, in den byzantinisch gebliebenen oder von den Byzantinern zurück gewonnen Gebieten dagegen nahm die Ablehnung der Lateiner, ihres Glaubens und ihrer Gewohnheiten eher zu.Trotzdem waren stärkere Berührungen nicht zu vermeiden. Hiervon waren allerdings weniger die Mittelschicht in den Städten und die Landbevölkerung betroffen, als vor allem die Aristokraten und die »Intellektuellen«, die es in der Spätzeit nicht weniger als zuvor gab, die sich aber nun mit der Katastrophe von 1204 und dem rapiden Niedergang der byzantinischen Macht abfinden mussten. Zum Teil führte dies zu einer Hinwendung zu den siegreichen Lateinern, die überwiegende Zahl aber schlug einen scharfen antilateinischen Kurs ein. Wenn die Regierung den Ausgleich mit den Staaten des Lateinischen Europa suchte, von denen sie sich Hilfe gegen die Osmanen erhoffte, und dafür auch zu Zugeständnissen auf religionspolitischem Gebiet bereit war, so entsprach sie damit keineswegs der Stimmung in der Bevölkerung, die diese Politik durch ihr eigenesVerhalten bis zum endgültigen Ende 1453 immer wieder ablehnte.15 Aber auch von dieser inneren Befindlichkeit einmal abgesehen, hatten sich die Grundbedingungen der Gesellschaft von Byzanz in den letzten zwei Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte in starkem Maße verändert. Hier ist einmal die immer stärkere Verarmung zu nennen, die durch die ständigen, meist erfolglosen Kriege und vor allem durch die desaströsen Bürgerkriege des 14. Jahrhunderts noch befördert wurde. Ein weiterer Punkt ist die Zersplitterung des byzantinischen Staatsgebietes, die naturgemäß auch die Einheit der Gesellschaft in Mitleidenschaft ziehen musste. Zwar blieb Konstantinopel natürlich bis zum Ende tonangebend, aber in Mistras, zeitweilig auch in Thessalonike, entstanden Alternativen, die es so in früherer Zeit nicht gegeben hatte. 127

Zugleich führte die zunehmende Verarmung auch zu neuen Entwicklungen: So war der Adel des 14./15. Jahrhunderts gezwungen, sich nach neuen Erwerbsquellen umzusehen, da der Landbesitz, auf den er sich früher gestützt hatte, nun entweder ganz verloren gegangen war oder infolge der Kriege und auch des Bevölkerungsrückgangs nach der großen Pest in der Mitte des 14. Jahrhunderts einen immer geringeren Gewinn abwarf. So begannen einige Adlige, sich jetzt auch Geschäftszweigen zuzuwenden, die ihnen früher unzumutbar erschienen wären. Man engagierte sich im Handel und auch in Geldgeschäften, hierzu vielleicht auch durch das Vorbild der erfolgreichen italienischen Konkurrenz motiviert, die man freilich nicht erreichen konnte. In anderer Weise führte die Bekanntschaft mit denVerhältnissen des Lateinischen Europa auch zu einer gewissen Feudalisierung. Dabei müssen wir aber immer bedenken, dass die Position der byzantinischen Aristokratie immer labiler wurde, je schwächer und zersplitterter das Reich war. Die frühere Konzentration auf den Kaiserhof, die z. B. für das 7. und 8. Jahrhundert bezeichnend war, spielte zwar immer noch eine gewisse Rolle, nahm aber in dem Maße ab, in dem die Kaiser die Kontrolle über ihre Herrschaftsgebiete verloren. Auch die – in den Quellen nur schwer fassbare – »Mittelschicht« verlor in dieser Epoche an Zusammenhalt und Einfluss. Diese Schicht, die ja eher im städtischen Milieu existierte, musste ebenso darunter leiden, dass es kaum noch Städte im verbliebenen Reichsgebiet gab – neben Konstantinopel eigentlich nur nochThessalonike und Mistras –, wie darunter, dass auch Konstantinopel immer weiter verarmte und dass seine Bevölkerung sich verringerte.

Eine uniforme Gesellschaft? Randgruppen und Außenseiter Wir haben auf den letzten Seiten gezeigt, dass die byzantinische Gesellschaft sich, bedingt durch die politischen Ereignisse, im Lauf der Zeit immer wieder verändert hat, wobei sowohl die großenVerluste des 7. Jahrhunderts als auch die »Feudalisierung« im 12. Jahrhundert die entscheidenden Umbruchssituationen gewesen sind. Letztere wäre allerdings ohne das Erstarken des Adels im 10. und 11. Jahrhundert kaum denkbar gewesen. Der Adel als herrschende oder zumindest einflussreichste Schicht war sicher am meisten von diesen Veränderungen betroffen. Die Bauern und die normale Stadtbevöl128

kerung mussten zwar auch die Folgen tragen, trieben die Entwicklung aber nicht selbst voran. Jedoch trügt das hier gezeichnete Bild der byzantinischen Gesellschaft, da es sie uniformer zeigt, als sie es in der Realität war. Es gab zahlreiche Randgruppen und auch viele individuelle »Außenseiter«, um sie einmal so zu nennen. Zum einen handelte es sich um soziale Randgruppen innerhalb der Gesellschaft, zum Teil auch um Randgruppen im Wortsinn, die in den Grenzgebieten des Reiches lebten und sich daher in gewisserWeise der Kontrolle der Zentralgewalt entziehen konnten. Zu den sozialen Randgruppen zählten beispielsweise die Gaukler, Akrobaten und das ganze Milieu, das mit Theater, Possenreißen und den Wagenrennen und Veranstaltungen im Hippodrom verbunden war. Gerade letzteres hat durch die Tatsache, dass Kaiserin Theodora, die Ehefrau Justinians I., diesem Milieu entstammte, bis heute einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Wenn man dem Geschichtsschreiber Prokop trauen darf, war Theodora vor der Verbindung mit Justinian eine Kurtisane gewesen. Theater im klassischen Sinne hat es in Byzanz nicht gegeben. Gaukler und Possenreißer erfreuten sich hingegen großer Beliebtheit, waren aber sicherlich eine Randgruppe, die von offizieller Seite abgelehnt wurde. Ähnliches galt für Bettler und Behinderte, die allenfalls als Monstrositäten eine gewissen Beachtung erfuhren, was im Umkehrschluss wiederum dazu führte, dass manche Heilige ihre Heiligkeit dadurch bewiesen, dass sie ganz bewusst den Narren spielten. Ohnehin waren Mönche, besonders als Asketen, spezielle Außenseiter, die jedoch im Gegensatz zu den anderen Randgruppen eine hohe Akzeptanz genossen, die sich bis zur hysterischen Verehrung auswachsen konnte.16 Eine weitere Randgruppe, die im Gegensatz zu der eben angeführten allerdings einen relativ herausgehobenen Status genoss, bildeten Eunuchen. Eunuchen waren eine »orientalische Erbschaft« in Byzanz. Im Abendland kannte man sie nicht, und die Existenz von Eunuchen wird in einer ganzen Reihe lateinischer Quellen mit großer Ablehnung registriert. Auch in Byzanz selbst waren sie nicht unumstritten. Da sie keine Kinder bekommen konnten, galten sie als besonders vertrauenswürdig. In den byzantinischen Ranglisten bilden sie eine eigene Kategorie mit eigenen Laufbahnen. Darüber hinaus konnten sie, mit Ausnahme des Kaiserthrones, praktisch jedes Amt in Byzanz besetzen, auch das des Patriarchen, so dass es durchaus Eltern gab, die ihre Söhne kastrieren ließen, um ihnen auf diese Weise bessere Karrierechancen zu verschaffen.17 Neben diesen »inneren« Außenseitern gab es Randgruppen, die buchstäblich »am Rand« lebten, in den verdünnten Zonen staatlicher 129

Souveränität, wie sie vor allem in den Grenzregionen zu finden waren. Hier gab es auch Rückzugsmöglichkeiten für religiöse Abweichler, wie etwa die Paulikianer des 8./9. Jahrhunderts, die in der Region um Tephrike im byzantinisch-arabischen Grenzgebiet lebten und von dort aus häufig Überfälle auf byzantinisches Gebiet unternahmen, bis Tephrike in den siebziger Jahren des 9. Jahrhunderts von den Byzantinern eingenommen wurde. Reste dieser Paulikianer konnten sich nach Syrien und auf den Balkan flüchten. Möglicherweise lebten sie in den dortigen Bogomilen fort, bis sie von Kaiser Alexios I. Komnenos verboten und verfolgt wurden. In einem ähnlichen Milieu zwischen Kalifat und Byzanz lebten die Akriten, eine Art von halbunabhängigen »warlords«, die vor allem im 9. und 10. Jahrhundert einerseits Grenzdienste gegen die Muslime versahen, andererseits aber auch die Byzantiner nicht verschonten, wenn dies lohnend zu sein schien. Nachrichten aus historischen Quellen gibt es nur wenige, aber in dem Epos des »Digenis Akritas« und den dazu gehörenden Liederzyklen hat man ihnen eigene literarische Denkmäler gesetzt. Eine zeitweilige Verbindung zu den Paulikianern kann nicht ausgeschlossen werden. Zumindest werden im Rahmen des »Digenis Akritas« auch bekannte paulikianische Anführer unter den Akriten genannt. Unter den Bedingungen der byzantinischen Reconquista des 10. Jahrhunderts konnten auch die Akriten sich nicht lange halten. Ab dem 11. Jahrhundert spielten sie eigentlich nur noch als literarische Reminiszenz eine Rolle.18 Wie die Paulikianer waren Häretiker grundsätzlich Außenseiter, die verfolgt wurden, wenn die staatlichen Kräfte dafür hinreichten. Waren solche Außenseiter allerdings nützlich, konnten sie auf eine gewisse Toleranz rechnen. So besaß die Varägergarde eine eigene Kirche, die dem Hl. Olaf, dem Schutzpatron Skandinaviens, geweiht war. Wenn sie aus Skandinavien kamen, wie es für einige sicher ist, dürften sie nicht orthodox gewesen sein, sondern den Papst als oberste Glaubensinstanz anerkannt haben. Kamen sie aus Kiev, war ihr Glaube ohnehin kein Problem. Aber als geschlossene Gruppe, die eine wichtige Aufgabe erfüllte, wären sie in jedem Fall toleriert worden. In ähnlicher Weise hatten auch die Muslime in Konstantinopel mindestens eine Moschee, in der sie beten konnten, ohne dass wir etwas von Protesten oder gar von Repressalien wüßten.19 Randgruppen waren natürlich auch alle Fremden, die nach Byzanz kamen und sich dort für kürzere oder längere Zeit aufhielten. Dies galt sowohl für Söldner als auch für die italienischen und russischen Kaufleute, die eigene Quartiere in Konstantinopel und zum Teil auch in anderen Städten des Reiches bewohnten. Auch sie 130

wurden in der Regel geduldet, zumindest solange ihre Regierungen in guten Beziehungen zu Byzanz standen. Eine dauerhafte Eingliederung in die byzantinische Bevölkerung war für einzelne zwar möglich, die größere Zahl blieb aber für sich und unterhielt, wie etwa die italienischen Kaufleute, gleichfalls eigene Kirchen, die nicht dem Patriarchat von Konstantinopel unterstanden.20 Daneben gab es ethnische Minoritäten wie etwa die Juden, die zwar manchmal drangsaliert, aber im Allgemeinen doch toleriert wurden. Ab dem 11./12. Jahrhundert scheinen auch Zigeuner eingewandert zu sein, die in der Forschung teilweise mit den Athinganoi, einer Sekte des 7./8. Jahrhunderts, gleichgesetzt werden.21 Zu den Außenseitern können grundsätzlich alle eingewanderten Gruppen oder Personen gezählt werden, solange sie noch nicht assimiliert worden sind. In dem Maße, wie sie sich an die gegebenen Normen der byzantinischen Gesellschaft, an die byzantinische »Leitkultur« sozusagen, anpassten, verloren sie ihren Außenseiterstatus, bis sie schließlich unter die normalen Byzantiner gerechnet wurden. Dies dürfte für die Mehrheit der Zuwanderer gegolten haben.22

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Die Kaiser

Vorbemerkung: Kaiser und Herrschaft Das Mittelalter ist heutzutage nicht zuletzt deshalb so beliebt, weil es einen Gegenpol zu der modernen Zeit zu bieten scheint, die in ihrer Komplexität dem einzelnen oft verwirrend vorkommt und in der er manchmal daran zweifelt, überhaupt irgendeinen Einfluss nehmen zu können. Daher glaubt mancher gerne, dass es im Mittelalter Herrscher gegeben hat, denen man zu gehorchen hatte und von denen das Wohl und Wehe ihrer Reiche abhing. Diese Sehnsucht nach einem »starken Mann« ist ja auch heute noch häufig erkennbar. Gerade Byzanz galt und gilt als Paradebeispiel für die absolute Herrschaft eines Einzelnen.1 Jedoch hat diese Sichtweise wenig mit der Wirklichkeit von Herrschaft in mittelalterlichen Staaten allgemein und in Byzanz im Besonderen zu tun. Zwar hatte der Kaiser sicher einen großen Einfluss auf die Geschicke des Reiches, aber er war, wie man gerade in der byzantinischen Geschichte immer wieder sehen kann, in ganz wesentlichem Maße auf andere angewiesen, um seine Herrschaft überhaupt ausüben zu können. Der Grund ist einfach: Auch der beste Herrscher kann nicht erfolgreich re(a)gieren, wenn er nicht erfährt, was im Reich und außerhalb vor sich geht. Nicht wenige byzantinische Kaiser sind gestürzt worden, weil sie gar nicht oder zu spät über neue Entwicklungen informiert worden waren. Aber auch wenn der Kaiser rechtzeitig auf dem Stand der Dinge gewesen sein sollte, heißt das nicht unbedingt, dass er überhaupt reagieren konnte und dass seine Reaktionen auch übermittelt wurden. Ein Kaiser musste, um eine effektive Regierung durchsetzen zu können, die staatlichen Institutionen kontrollieren. Insbesondere für Usurpatoren war das nicht selten mit großen Schwierigkeiten verbunden. Wir können dies ohne Schwierigkeit feststellen, wenn wir uns ein wenig mit der Herrschaftsstatistik befassen.2 Es hat in Byzanz zwischen 306 (Konstantin I.) und 1453 (Konstantins XI.) 89 regierende Kaiser und Kaiserinnen gegeben, von denen fünf mehr als einmal regiert haben, in einer korrekten Statistik also doppelt gezählt werden müssten, womit wir auf die Zahl von 94 Herrschaftsperioden kommen. Von diesen Kaisern wurden 36 gestürzt, fünf verloren die Krone durch äußere Feinde, 54 star132

ben am Ende ihrer Herrschaft auf natürliche Weise.3 Die durchschnittliche Herrschaftsdauer betrug zwölf Jahre, wobei die einzelnen Epochen sich leicht unterscheiden: In der Spätantike (306– 602) sind es fünfzehn, in Mittelbyzanz zehn und nach 1204 siebzehn Jahre. Diese Zahlen sind aus sich allein heraus noch nicht sonderlich aussagekräftig; sie gewinnen jedoch an Bedeutung, wenn wir sie mit einigen anderen vergleichen: 37 Kaiser errangen die Krone durch Usurpation, 31 kamen als Söhne oder Enkel auf »reguläre« Weise an die Herrschaft, zumeist dadurch, dass sie vorher zu Mitkaisern ernannt worden waren. 26 Kaiser schließlich besetzten den Thron auf andere Weise, aber im Wesentlichen in einer legalen Prozedur, sei es durch Adoption, Wahl oder Ernennung durch den Amtsinhaber. Das heißt, dass über ein Drittel aller Kaiser in Byzanz Usurpatoren gewesen sind, die die »normale« Sukzession unterbrachen. Interessant ist hier nun die Verteilung innerhalb der Gruppen: Acht Usurpatoren gelang es, eine Dynastie zu gründen, die zumindest zwei Nachfolger aus ihrer Familie umfasste. Diese acht regierten im Schnitt 23 Jahre, während die anderen 24 Usurpatoren, denen dies nicht glückte, eine durchschnittliche Amtsdauer von nur fünf Jahren aufweisen. Berücksichtigt man, dass es insgesamt nur 36 Regierungsperioden gegeben hat, die fünf Jahre oder weniger gedauert haben, gibt dies einen Hinweis auf die Problematik. Offenbar war es von entscheidender Bedeutung, möglichst schnell die staatlichen Institutionen hinter sich zu bringen. Nur wem dies gelang, der durfte auf eine lange Herrschaft hoffen. Das bedeutete aber nicht in jedem Fall, dass der Kaiser unbedingt selbst die Herrschaft ausüben musste, wie wir bei der regulären Nachfolge innerhalb einer Dynastie sehen können. Hier betrug das durchschnittliche Antrittsalter etwa achtzehn Jahre, wobei allein zehn dieser Söhne mit weniger als fünfzehn Jahren den Thron bestiegen, also einer Regentschaft bedurften. Trotzdem betrug die durchschnittliche Amtsdauer in der dynastischen Abfolge achtzehn Jahre, also nicht viel weniger als diejenige der erfolgreichen Dynastiegründer, die in der Regel erst mit über 30 Jahren an die Herrschaft kamen. Bedenkt man, dass die meisten dieser Söhne oder Enkel ohne jede praktische Erfahrung an die Macht gelangten – der Mitkaiser in Byzanz war so gut wie nie an der Regierung beteiligt und nahm weder Funktionen in der Zivilerwaltung wahr noch leitete er militärische Unternehmungen, sondern blieb allein auf zeremonielle Tätigkeiten beschränkt –, so kann die Erklärung wohl nur darin liegen, dass die Kaiserfamilie sich auf genügend erfahrene und einflussreiche Parteigänger stützen konnte, 133

um auch solche Perioden, in denen der Kaiser selbst nicht aktiv in Erscheinung trat, überbrücken zu können. Diese Unterstützung kam nicht nur aus den staatlichen Institutionen, in denen der legitime Kaiser sozusagen einen natürlichenVerbündeten besaß, sondern auch aus der privaten Umgebung des neuen Kaisers. Bei einem Usurpator braucht dies nicht weiter begründet zu werden. Es ergibt sich aus seiner Situation. Aber es galt ebenso für den leiblichen Erben, der ja, wie gerade gesagt, nicht in die Regierung involviert, sondern praktisch auf sein privates Gefolge beschränkt war. Bedenkt man, dass diese Erben in der Regel relativ jung waren, so ist erklärlich, dass sie sich in der für sie zunächst noch fremden Welt der staatlichen Institutionen auf Leute aus ihrer engeren Umgebung stützten, denen sie glaubten vertrauen zu können. So finden wir immer wieder, dass der neue Kaiser die Spitzen derVerwaltung und zum Teil auch des Militärs auswechselte und mit seinen eigenen Leuten besetzte, was natürlich auch den Widerstand der Etablierten hervorrief. Möglicherweise erklärt sich auf diese Weise auch der große Einfluss von Eunuchen am Hof, die ja gleichfalls aus dem persönlichen Umfeld des neuen Kaisers kamen. Für den Kaiser bot seine private Gefolgschaft sowohl die Möglichkeit, die Zeit zu überbrücken, bis er die staatlichen Organe unter Kontrolle hatte, als auch die Mittel, dies erfolgreich zu tun. Ihren Niederschlag fanden diese Herrschaftswechsel bisweilen in der Chronistik, denn die Chronisten klagten nicht selten über die neuen Machthaber, vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil sie selbst oder ihre Gewährsmänner, auf die sie ihre Darstellung stützten, unter den neuen Verhältnissen zu leiden hatten. Für den Erfolg eines Kaisers war mithin entscheidend, dass er möglichst schnell die staatlichen Organe hinter sich bringen und sie in der Folge auch effektiv kontrollieren musste, vor allem, wenn er nicht der bis dahin regierenden Familie angehörte. Dies erklärt auch die Perioden, in denen mehrere kurzlebige Kaiser aufeinander folgten, denen dies offenkundig nicht gelang. Je mehr solcher Kaiser hintereinander folgten, desto selbständiger wurde die Verwaltung, und desto schwerer musste es für jeden neuen Kaiser werden, seine Autorität dauerhaft durchzusetzen. Wenn wir die Wende vom 7. zum 8. Jahrhundert als Beispiel nehmen, dann haben wir innerhalb von 25 Jahren immerhin sieben Kaiserwechsel, und es ist bezeichnend, dass sich mit Leon III. dann ein General durchsetzte, der einen der vier größten Militärbezirke des Reiches leitete und sich zusätzlich mit dem General eines weiteren verbündet hatte. Erst dadurch war seine persönliche Machtbasis stark genug, um auch die anderen 134

Gruppen und Institutionen in der Hauptstadt und im Reich hinter sich zu bringen und effektiv zu kontrollieren. Die von Leon begründete Dynastie sollte fast achtzig Jahre lang die Herrschaft behaupten, bis sie ihrerseits gestürzt wurde.

Formale Voraussetzung: Die Krönung Wie wir gesehen haben, gab es in Byzanz verschiedene Möglichkeiten, Kaiser zu werden. Aber der Vorgang selbst war durch die Tradition reglementiert und wandelte sich im Lauf der Zeit nur langsam. Kaiser wurde man, indem man die entsprechenden Akklamationen der sog. Konstituenten erhielt, d. h. der Vertreter von Senat, Armee und der Bevölkerung von Konstantinopel, die dem neuen Kaiser in Sprechchören eine lange und glückliche Herrschaft wünschten und ihn in immer neuen Variationen hoch priesen. Danach wurde dem Kaiser vom Patriarchen die Krone aufs Haupt gesetzt. In ähnlicher Weise ging auch die Krönung eines Mitkaisers vonstatten, nur dass es nun der Kaiser selbst war, der seinen Mitkaiser krönte. Man kann nicht sagen, dass das Krönungszeremoniell in allen Einzelheiten festgelegt war. Im Lauf der Zeit gab es gewisse Änderungen, die aber am Kern nichts änderten. Erst nach der Absolvierung dieses Zeremoniells war man in Byzanz offiziell Kaiser, was freilich nicht heißen musste, dass man dies auch lange blieb.4

Inhaltliche Voraussetzung: Die Legitimation des Kaisers Die Krönung war die notwendige formale Legitimation eines Kaisers. Dahinter gab es inhaltliche Faktoren, die die kaiserliche Herrschaft präjudizierten. Das Kaisertum in Byzanz konnte auf mehrere Wurzeln zurückblicken, die allerdings schon in der römischen Kaiserzeit miteinander verwoben waren. Das war einmal die Herkunft aus der römischen Republik, die sich in den Akklamationen ausdrückt. Es war eben nicht die dynastische Herkunft allein, die den Kaiser ausmachte, sondern letztendlich die formalisierte »Wahl« durch die Konstituenten, wie vorbestimmt sie auch immer gewesen sein mag. Die Konsequenz hieraus war, dass Staat und Kaiser nicht 135

in der Weise identisch waren, wie wir es etwa aus dem Absolutismus kennen – man denke an das berühmte Bonmot Ludwigs XIV: l’état c’est moi –, sondern dass der Kaiser, wenn er seiner Aufgabe nicht gerecht wurde, eben auch wieder abgesetzt werden konnte – 36 Kaiserstürze sprechen hier eine deutliche Sprache.5´ In Konkurrenz zu dieser aus der römischen Republik stammenden Kaiseridee trat allerdings der Gedanke des Gottkönigtums, der aus dem hellenistisch-orientalischen Raum kam und den Kaiser weit über alle anderen hinaushob. Auch hier sind die Konsequenzen klar zu sehen: Während der Kaiser »römischer« Prägung (der Prinzipatszeit) dem Staatswesen in gewisser Weise verantwortlich blieb, war der Gottkaiser nur sich selbst verpflichtet, niemandem sonst Rechenschaft schuldig oder überhaupt von einem anderen beurteilbar. Auch dieses Herrscherbild findet im byzantinischen Hofzeremoniell seinen Ausdruck. Man denke etwa an die Proskynese, die dem Kaiser erwiesen wurde, an die ganze sakrale Sphäre, die ihn umgab und die vor allem dazu diente, den Unterschied zwischen ihm und allen anderen hervorzuheben. Dieses Element war auch in seiner christlichen Modifizierung immer noch von großer Bedeutung. So erklärte im 10. Jahrhundert der Patriarch Polyeuktos, als man ihn kritisierte, mit Johannes Tzimiskes, der seinen Vorgänger Nikephoros II. Phokas eigenhändig erschlagen hatte, einen Mörder zum Kaiser gekrönt zu haben: »Wie das Salböl bei der heiligen Taufe alle davor begangenen Sünden auslöscht, so löschte das Salböl der Kaiserkrönung den von Tzimiskes (vor der Krönung) begangenen Mord.«6 Auch wenn der Kaiser im Christentum nicht mehr Gott sein konnte, wie in der späteren römischen Kaiserzeit, so galt er jetzt als von Gott besonders auserwählt und damit ebenso über »normale« Menschen hinausgehoben, wie er es früher als Gott war. Ja vielleicht sogar noch mehr, denn während er früher ein Gott unter vielen war, war er allein jetzt auserwählt, denn per definitionem konnte es nur einen Kaiser geben. Am klarsten hat dies vielleicht Tertullian ausgedrückt, der – noch zur Zeit der Christenverfolgungen – schrieb: »Wir ehren also den Kaiser, so wie es uns erlaubt ist und wie es ihm dienlich ist, als Menschen, der nach Gott der zweite ist und alles, was er ist, von Gott erhalten hat, und allein an Gott gemessen geringer. Das wird er auch selbst wollen. So nämlich ist er größer als alle, dieweil er nur geringer ist als der wahre Gott allein. So ist er sogar größer als die Götter selbst, dieweil auch sie selbst in seiner Gewalt sind.«7 In gewisser Weise war diese Ideologie natürlich ein Mittel der Herrschaftssicherung. Ein Angriff auf den Kaiser war ein Angriff auf 136

die von Gott gewollte Ordnung, also mehr oder weniger eine Gotteslästerung und wurde entsprechend bestraft. Ein klares Beispiel für diese Sichtweise gibt Kaiser Justinian II., dem es 705 gelang, nach zehnjährigem Exil die Krone zurück zu gewinnen. Er ließ Leontios, der ihn gestürzt hatte, aber seinerseits von Tiberios III. Apsimar entthront worden war, zusammen mit diesem in einer feierlichen Zeremonie im Hippodrom vor sich führen und setzte den Fuß auf ihren Nacken, wozu dasVolk schrie: »›Deinen Fuß hast Du auf die Natter und auf den Drachen gesetzt, und du hast den Löwen und die Schlange niedergetrampelt.« Dann wurden beide enthauptet. Die Zeremonie trägt eindeutig religiöse Züge: Natter und Schlange, Löwe und Drache waren Symbole des Teufels, und Justinian als der wahre Kaiser vernichtete den Teufel, oder besser: die beiden Bösen, die sich – als Werkzeuge des Teufels sozusagen – seinen Thron angemaßt hatten. Allerdings hatte dies auch eine Kehrseite, denn wenn die Usurpation erfolgreich war, dann lag in dem Erfolg selbst auch ihre Rechtfertigung. Sonst hätte Gott sie nicht zugelassen. Auch dieses sehen wir bei Justinian II.: Als er 695 zum ersten Mal gestürzt wurde, galt auch dies alsWalten Gottes: Der Patriarch intonierte den Psalm: »Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat«, und das Volk schrie nach alttestamentarischem Vorbild: »Mögen Justinians Knochen zerstreut werden.« Man schnitt ihm die Nase ab, um ihn auf diese Weise herrschaftsunfähig zu machen und verbannte ihn, allerdings, wie wir gesehen haben, ohne den gewünschten Erfolg. Wenn wir heute diese Überhöhung des Kaisers auf rationale Ursachen zurückführen, so bedeutet das nicht, dass die Byzantiner nicht von der gottgegebenen Stellung ihres Kaisers überzeugt waren. Dass die Kaiser selbst sich so begriffen, unterliegt keinem Zweifel. Es mag ausreichen, als Beispiel den Nika-Aufstand 532 heranzuziehen, in dem Justinian I. kurz vor dem Sturz stand und schon überlegte, aus der Stadt zu fliehen, als die Kaiserin Theodora unter Hinweis auf die Stellung des Kaisers ein solchesVerhalten strikt ablehnte: »Ich glaube, dass es jetzt, wenn überhaupt je, unangemessen ist zu fliehen, auch wenn es uns Sicherheit bringt. Für einen Menschen, der das Licht gesehen hat, ist es unmöglich nicht zu sterben, aber für den, der als Kaiser geherrscht hat, ist es unerträglich, ein Flüchtling zu sein. Ich möchte nie ohne diesen Purpur sein, und ich möchte nie denTag erleben, an dem die, die mit mir zusammentreffen, mich nicht als Herrscherin grüßen. Wenn du dich retten willst, oh Kaiser, so ist das nicht schwierig. Denn wir haben viele Geldmittel, und da ist das Meer, hier sind die Schiffe. Aber bedenke, ob du nicht, wenn du einmal gerettet bist, den Tod gegen deine Sicherheit eintauschen 137

willst. Mir dagegen gefällt das alte Sprichwort: Die Herrschaft ist ein schönes Leichentuch.« Auch wenn die Bemerkung in dieser Form wahrscheinlich nie gefallen ist, sondern als literarische Reminiszenz von dem Geschichtsschreiber Prokop eingefügt wurde, so gibt sie doch klar die Auffassung von der besonderen Bedeutung des Kaisertums wieder, die eben auch ein entsprechendesVerhalten erforderte. Zugegebenermaßen war dies das Ideal, nach dem sich nicht jeder Kaiser gerichtet hat. Aber das ändert nichts an seiner Existenz.8 Übrigens sahen die Byzantiner selbst dies später nicht ohne Ironie. Eine Chronik aus dem 11. Jahrhundert behauptet, sozusagen als Schlusszusammenfassung der Regierungszeit Kaiser Justinians II.: »Als er das zweite Mal Kaiser war, betete er für ein drittes und viertes Mal; denn, wie er sagte, nach Regen kommt Sonne.«9

Die kaiserliche Familie In der Forschung wird Byzanz gerne als eine Art mittelalterlicher Wahlmonarchie gesehen, in der die Rolle der Dynastie/Familie eher vernachlässigbar sei. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Insgesamt gesehen, hat es unter den 89 Kaisern in Byzanz nur 15 gegeben, die keinerlei familiäre Beziehungen zu einer früheren Dynastie aufbauen oder eine eigene gründen konnten, und diese 15 regierten mit einer Ausnahme signifikant kürzer als andere Kaiser mit einem familiären Hintergrund. Die Familie hatte nicht nur legitimatorische Funktion, sondern sie war auch ganz konkret ein Machtmittel, das der Kaiser einsetzen konnte, um seine Position zu stützen. Sehr viele Kaiser haben so schnell wie möglich ihre Verwandten in hohe und höchste Stellungen gebracht, um auf diese Weise die staatlichen Institutionen zu kontrollieren. Gerade für Usurpatoren musste dies verlockend sein, da ihr Griff um den staatlichen Apparat naturgemäß noch nicht fest war und der Aufbau einer eigenen Hausmacht Zeit kostete.10 Diesem Ziel diente auch die Heiratspolitik. Für viele Kaiser war der Anschluss an die frühere Kaiserfamilie wünschenswert, einmal wegen der von ihr kontrollierten Macht, aber wohl auch wegen des Nimbus, von dem ihre Mitglieder auch später noch umgeben waren. Die Heirat des neuen Kaisers mit der Witwe seines Vorgängers war ein beliebtes Legitimationsinstrument. Am weitesten ging hier Romanos I. Lakapenos, der den von ihm gestürzten KonstantinVII. mit 138

seiner Tochter Helene verheiratete und ihm den Rang eines Mitkaisers beließ, um auf diese Weise beide Familien miteinander zu verschmelzen. Andererseits verschmähten auch die Kaiser es nicht, durch die Verheiratung von Söhnen und Töchtern mit anderen wichtigen Familien oder Persönlichkeiten ihre eigene Machtbasis zu verbreitern. Man kann sagen, dass das Reich ab dem 12. Jahrhundert geradezu von einem Familienclan regiert wurde, an dessen Spitze die Kaiserfamilie der Komnenen stand, die aber durch eine systematische Heiratspolitik mit fast allen wichtigen Familien verwandt oder verschwägert war.11 Unter den Palaiologen war es dann schon so weit gekommen, dass der Kaiser die früheren Dynastien in seine offizielle Titulatur aufnahm, wie z. B. Andronikos II., der neben seinem Familiennamen Palaiologos auch noch die Namen Doukas, Komnenos und Angelos führte, also gleich vier kaiserliche Dynastien in seiner Person vereinigte. Dagegen war die Stellung der Mitglieder der Kaiserfamilie nicht offiziell festgelegt, sondern sie schwankte, je nach der Bedeutung, die der Kaiser ihnen beimaß. Die Kaiserin spielte nur selten eine besondere Rolle. In der Regel war es ihre Aufgabe, die zur Erhaltung der Dynastie notwendigen Kinder zu gebären. Als eigenständige Persönlichkeit trat sie nur dann hervor, wenn sie nach dem Tod ihres Gatten entweder mit ihrer Hand auch das Kaisertum weitergab oder – in seltenen Fällen – als Regentin für einen unmündigen Sohn amtierte. Jedoch haben nur wenige Kaiserinnen hiermit Erfolg gehabt, wie etwa Eirene im 8., Theodora im 9. oder – kurzfristig – Eudokia im 11. Jahrhundert.12 Eine besondere Rolle nahmen naturgemäß der oder die Mitkaiser ein, die ja in dieser Funktion die präsumtiven Nachfolger waren. Gab es mehrere Mitkaiser, dann richtete die Rangfolge sich im Allgemeinen nach dem Datum der Ernennung, so dass die Nachfolge de facto wie eine Primogenitur gehandhabt wurde. Darüber hinaus fand der Mitkaiser zwar im Zeremoniell seinen Platz, war aber sonst in keiner Weise aktiv in die Regierung involviert. Nur in der Frühzeit und ebenso in den letzten zwei Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte wurden die Mitkaiser häufiger in die Herrschaft miteinbezogen und erhielten dann und wann auch eigenständige Aufgaben, aber in der mittelbyzantinischen Zeit hat kein einziger Mitkaiser selbständige Funktionen im Rahmen der Herrschaft ausgeübt. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren: Fürchteten die Kaiser einen Putsch ihrer präsumtiven Nachfolger, oder schienen die protokollarischen Schwierigkeiten zu groß? Zum Teil mag es auch mit dem Alter zusammenhängen, denn viele Mitkaiser wurden 139

schon in sehr jungen Jahren gekrönt, zum Teil sogar als Kleinkinder. Aber auch Ältere blieben von der Ausübung der Macht ausgeschlossen. In jedem Fall kann man konstatieren, dass der Mitkaiser in Byzanz zwischen dem 6. und dem 13. Jahrhundert im Allgemeinen keine Regierungserfahrung mitbrachte, wenn er den Thron bestieg.

Die private Gefolgschaft des Kaisers In den Reichen des Lateinischen Europa gründete sich die Herrschaftsstruktur im Wesentlichen auf ein persönliches, wechselseitiges Treueverhältnis zwischen Herrscher und Vasallen, das im Lehnswesen auch seinen formellen Ausdruck fand. Die »Lehnspyramide« begann an der Spitze mit dem Herrscher und endete an der Basis mit den einfachen Rittern. Ein solches System hat es in Byzanz nicht gegeben, auch wenn etwa ab dem 12. Jahrhundert westliche Vasallitätsverhältnisse in Byzanz nicht mehr ganz unbekannt waren. Dennoch kannten auch die Byzantiner persönlicheTreueverhältnisse, die jedoch im Gegensatz zum Westen nicht formell abgesichert waren. Das Gefolgschaftswesen in Byzanz führte sich auf das römische Klientelwesen zurück und spielte vor allem in der frühbyzantinischen Zeit noch eine bedeutende Rolle. Die persönlich bezahlten Truppen etwa eines Belisar im 6. Jahrhundert geben hierfür ein gutes Beispiel ab. In der Umbruchszeit des 7. Jahrhunderts verschwanden diese großen »Gefolgschaften«. Zwar gab es auch später natürlich die private Entourage eines Mächtigen, die sich zumeist aus seinenVerwandten, Freunden, Anhängern und Bediensteten zusammensetzte, aber politisch spielten diese Gruppen im Allgemeinen keine große Rolle. In gewisser Weise wurden sie, zumindest in Militärkreisen, durch die jeweiligen Truppen eines Generals ersetzt, aber das hing eher von der persönlichen Durchsetzungskraft ab und war nicht konstitutionell gegeben. Solche Gruppen spielten verständlicherweise immer dann eine besondere Rolle, wenn die Zentralgewalt schwach oder zumindest zeitweise handlungsunfähig war. Auf sie konnte sich ein Usurpator stützen, aber sie waren, schon aufgrund ihrer im Allgemeinen geringen Größe und Stärke, nur sehr bedingt dauerhafte Machtfaktoren. Zu unterscheiden ist hiervon die private Gefolgschaft eines Kaisers, auf die dieser sich gegebenenfalls stützen konnte, um sich gegen andere Gruppen, aber unter Umständen auch gegen die staatlichen 140

Organe durchzusetzen. Auch die Mitglieder einer solchen Gefolgschaft waren im Allgemeinen nicht formell an den Kaiser gebunden, etwa durch besondere Eide oder gar Blutsbrüderschaft, wie sie – eher selten – in den Quellen beschrieben wird.13 Um dieser privaten Gefolgschaft näher zu kommen, ist es zunächst notwendig, den Blick noch einmal auf die Stellung des Kaisers zu Beginn seiner Herrschaft zu werfen. Von wesentlicher Bedeutung war es, die staatlichen Organe, insbesondere natürlich das Militär, hinter sich zu bringen. Ein Usurpator konnte sich hierbei auf seine Anhänger stützen, die er dann mehr oder weniger erfolgreich in die notwendigen Positionen brachte. Hauptproblem war es, hierbei die Balance zwischen den Forderungen seiner Anhänger, deren Unterstützung er ja in gewisser Weise den Thron verdankte, und dem Widerstand der Etablierten zu finden, ohne die er letztendlich auch nicht erfolgreich regieren konnte. Diese Anhänger könnte man als seine private Gefolgschaft bezeichnen, die allerdings in dem Maße diesen Charakter verlor, in dem sie in die staatlichen Stellen einrückte und sich ihrerseits etablierte. Etwas anderes war es bei einer »normalen« Nachfolge im Rahmen einer Dynastie, wenn der Kaiser seine Nachfolge durch die rechtzeitige Krönung eines Mitkaisers gesichert hatte. Wie wir schon gesehen haben, hatte der Mitkaiser, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, keinen Anteil an den Regierungsgeschäften, er trat allenfalls im Rahmen des Zeremoniells in Erscheinung. Mit den staatlichen Stellen hatte er wenig zu tun. Dennoch hatte er natürlich ein persönliches Gefolge. das häufig schon während seiner Kindheit und Jugend um ihn war: Erzieher, persönliche Bedienstete, unter denen Eunuchen, die ja auch institutionell zum persönlichen Umfeld des Kaisers gehörten, oft eine wichtige Rolle spielten, schließlich Freunde und jüngere Verwandte, vielleicht auch Verwandte und Gefolge der Ehefrau, wenn er von seinemVater verheiratet worden war. Aus diesem Kreis setzte sich die »private« Gefolgschaft des künftigen Kaisers zusammen, die oft auch während seiner Herrschaft eine besondere Rolle spielte. Wenn man genau hinschaut, ist es erstaunlich, wie viele Kaiser die Spitzenpositionen in ihrer Umgebung mit Angehörigen aus dieser Gefolgschaft besetzten, besonders wenn sie schon in jungen Jahren auf den Thron gekommen waren. Daneben spielten die Gefolgsleute natürlich auch ihre Rolle bei den diversen kaiserlichen Vergnügungen. Unter Kaiser Michael III., der schon als Kleinkind zum Kaiser aufgestiegen war und die reale Herrschaftsausübung lange Zeit anderen überlassen musste, waren die Gefolgsleute Saufkumpane, die den Kaiser bei 141

seinen Ausflügen durch Konstantinopel begleiteten und den angestellten Unfug bejubelten. Dem Beispiel des Kaisers folgten andere Zeitgenossen, so der adelige Theophilitzes, der seinerseits eine Gefolgschaft aufbaute, die mit derjenigen des Kaisers in Wettstreit treten sollte und in der der spätere Kaiser Basileios seinen Aufstieg begann. Basileios wechselte später in die Gefolgschaft Michaels III. über und stieg als dessen Günstling bis zur Stufe eines Mitkaisers auf. Schließlich ermordete er seinen Gönner und wurde selbst Kaiser. Hier bot die Gefolgschaft gewissermaßen eine Aufstiegsmöglichkeit neben den etablierten Karrierestationen im Staatsdienst und hat daher, auch in der Forschung, eine entsprechende Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Aber der Fall Michaels III. ist die Ausnahme, nicht die Regel, und im allgemeinen trat die persönliche Gefolgschaft eines Mitkaisers nicht so spektakulär in Erscheinung, sondern bildete eher das Reservoir, aus dem ein Kaiser, vor allem wenn er jung und noch unsicher war, seine Ratgeber undVertraute auswählte, mit denen er, sobald dies möglich war, die Schaltstellen der Regierung besetzte. Je länger und erfolgreicher er regierte, desto weniger brauchte er diese Gefolgsleute, so dass er sie, wenn er genügend Souveränität gewonnen hatte, allmählich auch durch andere ersetzen konnte, bis sich unter seinem Nachfolger das ganze Spiel wiederholte.

Der Kaiser und die Außenwelt Während der Kaiser im Reich selbst natürlich unangefochten war, wurde sein einzigartiger Anspruch außerhalb seiner Machtsphäre nur bedingt anerkannt. Vor allem sank diese Anerkennung im Lauf der Zeit immer weiter ab, so dass der spätbyzantinische Kaiser kaum noch als der legitime Nachfolger des Römischen Kaisertums wahrgenommen wurde. In der Spätantike waren Anspruch des Kaisers und Realität seiner Herrschaft praktisch noch deckungsgleich. Nach der Tolerierung des Christentums durch Konstantin I. akzeptierte auch die Kirche den Kaiser als oberste weltliche Instanz und bot ihm damit auch Einflussmöglichkeiten außerhalb seines direkten Herrschaftsbereichs, jedenfalls in den anderen christlichen Reichen. Für die germanischen Königreiche der Völkerwanderungszeit stand der Kaiser über den anderen Herrschern, auch wenn dies auf die Realpolitik natürlich keine Auswirkungen hatte. Ebenso akzeptierten 142

sich der römisch/byzantinische Kaiser und der persische Großkönig als gleichrangige Partner, die enge diplomatische Kontakte pflegten und sich sogar gegenseitig ihre Thronwechsel anzeigten. Aber spätestens seit dem Einbruch des Islam im 7. Jahrhundert und dem dadurch verursachten byzantinischen Rückzug aus dem Lateinischen Europa klafften Anspruch und Realität immer weiter auseinander. Verstärkt wurde die Entwicklung noch durch die religionspolitischen Unterschiede. Solange der Kaiser die »orthodoxe« Mehrheitsmeinung in der Kirche repräsentierte, blieb seine Position unangetastet. Aber als einerseits das römische Papsttum dem politischen Einfluss von Byzanz allmählich entglitt und andererseits die religiösen Differenzen zwischen Byzanz und dem Westen zunahmen, wurde auch der ideelle Anspruch des Kaisers stärker in Frage gestellt. In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts fand diese Entwicklung ihren Ausdruck in der Hinwendung des Papsttums zu den fränkischen Königen und schließlich in der Krönung Karls des Großen zum Kaiser am Weihnachtsfest des Jahres 800 durch den Papst.14

Das »Zweikaiserproblem« Mit der Krönung Karls des Großen gab es plötzlich zwei Kaiser, die beide Anspruch auf das Römische Kaisertum erhoben. Da es per definitionem nur einen »Kaiser der Römer« geben konnte, musste die Karlskrönung zur Auseinandersetzung zwischen Franken und Byzantinern führen. Aber keiner von beiden war militärisch in der Lage, den anderen zum Nachgeben zu zwingen. So kam es zu Verhandlungen, in denen der byzantinische Kaiser Karl schließlich im Jahre 813 widerwillig anerkannte, was aber später gegenüber dessen Nachfolgern zeitweilig wieder zurückgenommen wurde. Damit war das »Zweikaiserproblem«, wie es in der Forschung genannt wird, entstanden, das über Jahrhunderte die Beziehungen zwischen Byzanz und dem Fränkischen und später dem Deutschen Reich beeinflusste. Man hat ihm früher einen erheblichen Einfluss auf die politischen Beziehungen zwischen beiden Mächten zugeschrieben, und der Begriff taucht daher immer wieder in der Literatur auf. Aber in der tatsächlichen Politik zwischen beiden Reichen spielte diese Rangfrage eigentlich keine besondere Rolle. Die widerstreitenden Interessen in Italien und manchmal auch die gemeinsame Frontstellung gegen andere Feinde waren im Allgemeinen wichtiger. So können wir feststellen, dass die Betonung des eigenen Ranges immer dann stärker wurde, wenn es zwischen beiden Mächten ohnehin Spannungen gab, während man die ganze Frage diploma143

tisch herunterspielte, wenn dies aufgrund anderer Probleme opportun zu sein schien.15

Die kaiserliche Vorrangstellung im »orthodoxen« Raum Während Byzanz damit im Lateinischen Europa sein einstiges Monopol auf den Kaisertitel verlor, konnte es in seinem engeren Umfeld seine ideologische Vorrangstellung ausbauen. Im 9. Jahrhundert gelang es, die Bulgaren zum christlichen Glauben in der von Byzanz vermittelten Form zu bekehren, was zugleich die Anerkennung des byzantinischen Kaisers als des obersten ideellen Herrschers nach sich zog. Allerdings blieb auch das nicht ohne negative Folgen, da es nun umgekehrt Versuche der bulgarischen Herrscher provozierte, selbst den Kaiserthron zu besetzen. Besonders gegen den Zaren Symeon (893–927) hatte Byzanz hart zu kämpfen, ehe es nach dem Tod Symeons gelang, auf dem Balkan ein byzantinisches Übergewicht zu etablieren, das es den Byzantinern schließlich sogar erlaubte, die alte und seit langem verloren gegangene Donaugrenze wiederzugewinnen. Die Missionierung der Bulgaren zog auch die Bekehrung anderer Balkanvölker nach sich, so etwa die der Serben. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts empfing auch die Kiever Rus von Byzanz das Christentum und übernahm die byzantinische Kaiseridee so weit, dass der russische Zar nach dem Fall Konstantinopels 1453 die Nachfolge des byzantinischen Kaisertums beanspruchen konnte und Moskau das »Dritte Rom« wurde.16

Die »Familie der Könige« Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Nachbarn des Reiches wurden in Byzanz sorgsam beachtet, richteten sich natürlich aber auch nach den jeweiligen Interessen. Das im 10. Jahrhundert entstandene »Zeremonienbuch«, das sich vor allem mit protokollarischen Fragen beschäftigt, enthält eine Art »Adressenliste«, die die Rangfolge der anderen Mächte in byzantinischen Augen klarmacht: In der Forschung hat man diese Abfolge gerne als »Familie der Könige« beschrieben, was durch die in dem Dokument benutzten Termini »Vater, Kinder und Brüder« auch nahe liegt, aber dennoch ein schiefes Bild vermittelt, denn es gibt natürlich nur und ausschließlich die byzantinische Sicht wieder.17 Immerhin zeigt es eine recht genaue und nachvollziehbare Rangordnung: Neben dem Kaiser, in gewisser Weise sogar über ihm, steht der Papst in Rom, der den Titel eines »geistlichenVaters« führt. Es folgen drei Nachbarrei144

Basileus – Papst (»Geistlicher« Vater) »Geistliche« Kinder Großarmenien

Alanien

Bulgarien

»Geistliche« Brüder Sachsen

Bayern

Italien

Deutschland

Frankreich

Freunde Fürst von Indien

Emir von Ägypten

ohne nähere Auszeichnung erste Gruppe Armenien Iberien Abasgien

Rom Venedig Sardinien Capua Salerno Neapel Amalfi Gaeta

zweite Gruppe Mähren Serben Kroaten

Ungarn Russia

Khazaren Petschenegen Emir von Kairouan arabischer Kalif Arabia felix

Die Familie der Könige

che, die mit Byzanz eng verbunden waren, zum Teil sogar durch Heiratsbeziehungen, wie etwa Bulgarien, dessen »Zar« seit 927 eine Ehefrau aus Byzanz hatte. Ihre Herrscher werden als »geistliche Kinder« bezeichnet. Danach kommen fünf auswärtige Mächte, die dem Reich freundschaftlich verbunden waren, aber selbst in byzantinischen Augen als unabhängig angesehen werden mussten, so dass man sie auch als quasi gleichrangig ansah, eben als »geistliche Brüder«. Damit ist die eigentliche »Familie« erfasst. Die beiden muslimischen Fürsten (Indien und Ägypten) können natürlich keine »Verwandten« sein, sind aber immerhin »Freunde«. Zum Schluss kommen noch zwei Gruppen, die zwar nicht bedeutend genug sind, um sie als »Verwandte« des byzantinischen Kaisers einzustufen, die aber trotzdem Wertschätzung genießen. In der ersten Gruppe sind vorwiegend kleinere Mächte versammelt, die in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zum Reich stehen. Unter ihnen finden sich auch die ita145

lienischen »Klientelstaaten« des Reiches. Die zweite Gruppe besteht ebenfalls aus Nachbarn von Byzanz, die allerdings im Gegensatz zu ersten Gruppe unabhängig und außerdem alle nicht christlich sind. Zu diesen Mächten unterhielten die Byzantiner diplomatische Beziehungen, auch wenn sie nicht durchweg freundschaftlicher Natur waren. Die Rangliste ist in sich nicht unbedingt konsequent, verrät aber dennoch einiges über das byzantinische Weltbild: Zur »Familie« gehörten nur christliche Herrscher, die zudem über einen gewissen Status verfügen mussten.18 Nichtchristen konnten allenfalls »Freunde« werden. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass der byzantinische Kaiser sich selbst als über allen anderen weltlichen Herrschern stehend ansah, auch wenn er aus einer gewissen diplomatischen Höflichkeit heraus die herausragenden Potentaten aus dem Bereich des ehemaligen Westrom als »Brüder« ansprach. Diese Rangliste war keine rein theoretische Konstruktion, wie man annehmen könnte, sondern sie wurde im diplomatischen Verkehr durchaus angewandt. So klagte Liudprand von Cremona, der sich 968 als Gesandter Kaiser Ottos I. in Konstantinopel aufhielt, bitter darüber, dass bei einem Bankett die bulgarischen Gesandten besser platziert wurden als er, der doch Gesandter des Kaisers Otto sei. Man erwiderte ihm, dass der Vertreter des bulgarischen Zaren seit dessen Hochzeit mit einer byzantinischen Prinzessin naturgemäß den Vorrang vor einem fränkischen Bischof, der Liutprand war, haben müsse.19 Um die Akzeptanz dieses Anspruchs bei den verschiedenen Mächten zu verbessern, wandte man auch andere Mittel an. Beliebt war dieVergabe von Ehrentiteln, die mit Geschenken und zuweilen sogar mit jährlichen Pensionen verbunden waren. Gerade »kleinere« Regenten und halbunabhängige Herrscher wurden auf diese Weise in die byzantinische Hierarchie integriert, so dass das Reich zeitweilig geradezu von einem Kranz von »Klientelstaaten« umgeben war, die das byzantinische Einflussgebiet absicherten und als deren Herr sich der Kaiser in Konstantinopel fühlen durfte, auch wenn seine realen Einflussmöglichkeiten weit geringer waren, als es dem auf diese Weise erzeugten Anschein entsprach.20

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Verwaltung

Vorbemerkung: Die Rolle der Bürokratie Die Verwaltung eines Staates erscheint vielen als ein Moloch, der seine Existenzberechtigung aus sich selbst heraus bezieht und von dem einzelnen kaum oder gar nicht beeinflußbar ist, zumindest nicht von dem gerne in diesem Zusammenhang genannten »kleinen Mann«. Diese Bürokratie ist allerdings kein Produkt der Neuzeit, sondern sie existierte schon in der Römischen Kaiserzeit, in manchen Reichen des alten Orient sogar weit früher. In den Staaten, die auf dem Boden des ehemaligen Westrom entstanden waren, verkümmerte die ausgebildete römische Verwaltung, ausser vielleicht im kirchlichen Bereich, und wurde durch ein weitgehend dezentralisiertes System persönlicher Beziehungen ersetzt. Erst ab dem 11./12. Jahrhundert wurden die Elemente einer zentralen Verwaltung stärker, die auf der Institution basierte und nicht auf der Person, der eine bestimmte Funktion übertragen wurde. Dagegen hatte man in Byzanz die Administration des spätantiken Römischen Reiches bruchlos weitergeführt, auch wenn sie im Lauf der Zeit natürlich modifiziert wurde. Es ist kein Zufall, dass in Süditalien, das bis zum 11. Jahrhundert zu großen Teilen byzantinisch gewesen war, die Normannen und nach ihnen die Staufer diese Tradition übernahmen. Besonders Friedrich II. wird auch heute noch gerne nachgesagt, dass er der erste gewesen sei, der einen Staat mit »moderner Verwaltung« geschaffen habe. Tatsächlich hat er nur das, was er vorgefunden hat, weiter genutzt und in gewisser Weise fortentwickelt. An die byzantinische Bürokratie in ihren Glanzzeiten dürfte seine Verwaltung kaum herangereicht haben.1 Man sollte sich allerdings hüten, diese byzantinische Bürokratie trotz ihrer definierten Institutionen und Zuständigkeiten mit der Verwaltung eines modernen Staates gleichzusetzen. Die Unterschiede sind nach wie vor enorm: Die Qualifikation eines byzantinischen »Beamten« war ebensowenig eindeutig definiert wie das Auswahlverfahren, und auch für die Amtsführung gab es keine verbindlichen Vorschriften. Nach dem Ende der spätantiken Epoche, also nach dem 6. Jahrhundert, war eine fachliche Qualifikation für einen Beamten in Byzanz offenbar nicht mehr unbedingt notwendig. Sicher war für 147

die ordnungsgemäße Bewältigung der Aufgaben eine rhetorische Ausbildung, wie sie für den gebildeten Byzantiner üblich war, hilfreich. Juristische Kenntnisse dürften bei einem Richter sicher erwünscht gewesen sein, aber eine formelle Prüfung scheint keine zwingendeVoraussetzung gewesen zu sein. Zumindest spricht hierfür eine Bestimmung Basileios’ I., nach der für das Richteramt u.a. eine Prüfung verlangt werden sollte, was im Umkehrschluss heißt, dass sie bis dahin eben nicht obligatorisch war. Über ihren Erfolg können wir nichts sagen, zumal der Text selbst nicht erhalten ist, sondern nur als Nachricht in einer Chronik, die der ausgesprochenen Verherrlichung des Kaisers dient. Zu den Unterrichtsfächern, die ein gebildeter Byzantiner zu absolvieren hatte – Rhetorik, Grammatik, Geometrie, Astronomie, Logik – gehörte die Rechtsausbildung nicht, sondern sie war privaten Lehrern vorbehalten. Die Qualität war dabei höchst unterschiedlich, wie wir aus einer Novelle des Kaisers Konstantin IX. Monomachos, wohl vom Jahre 1045, erfahren, der versuchte, eine gewisse staatliche Kontrolle für diesen Unterricht durchzusetzen: »Wir wissen, dass fast keiner der Beamten, die im Staat jetzt die Staatsverwaltung durchführen, aus einem vertrauenswürdigen Unterricht, gleichsam aus einem gut eingerichteten Ankerplatz oder Hafen, in die Verwaltung kommt; soweit vielmehr ein Teil der jungen Leute sich diesem Studium zuwendet, suchen sie zwar mit großer Sorgfalt einen Lehrer, sie sehen aber niemand, der dafür eingesetzt ist und durch kaiserliche Entscheidung beglaubigt ist... Jeder vertraut sich einem anderen (Lehrer) an; wenn dieser Lehrer auch zu den Unfähigsten unter den Juristen gehört, nimmt der Schüler dessen Lehre an, ohne daran Kritik zu üben. Oft verläßt er den Unterricht, um ein Wissen bereichert, das nicht den Gesetzen, sondern der Meinung des Lehrers entspricht.« Konstantin IX. nahm mit seiner Verordnung entsprechende frühere Versuche Leons VI. wieder auf, die offenbar keine Wirkung gezeigt hatten. Ob ihm mehr Erfolg beschieden war, wissen wir nicht. Es dürfte eher unwahrscheinlich sein.2 Auch wenn ein »privater« Notarios sich gewisse Kenntnisse erworben haben musste, so ist damit nicht zwingend gesagt, dass dies auch als unverzichtbare Qualifikation für eine entsprechende Staatsstelle angesehen wurde. Man ging wahrscheinlich davon aus, dass der entsprechende Beamte sich solche Kenntnisse in der Tätigkeit selbst aneignete – heute würde man das als learning by doing bezeichnen –, mehr noch aber wohl davon, dass er auf Untergebene mit solchen Kenntnissen zurückgreifen konnte, wobei es sich dabei nicht notwendig um staatliche Bedienstete handeln musste. Sie konnten auch 148

zur persönlichen Entourage des entsprechenden Funktionärs gehören. Im 12. Jahrhundert führte der Historiker Niketas Choniates erbitterte Klage darüber, dass selbst ungebildete Ausländer zu solchen Stellen zugelassen wurden: »Ihnen (d. h.: den ungebildeten Ausländern) verlieh (Kaiser Manuel) die höchsten Ämter, ja, er übertrug ihnen sogar Richterstellen, zu denen selbst ein Mann mit reicher Erfahrung auf dem Gebiet des Rechtswesens erst spät gelangt. Wenn, was häufig vorkam, eine Provinz für die Steuervorschreibung neu aufzunehmen war, wurde diese Bande gebildeten, angesehenen Männern vorgezogen. Wurde ihnen aber ein vornehmer Rhomäer beigegeben, ein Mann voll Geist und Klugheit, dann zu dem Zweck, dass er die Aufzeichnungen mache und die Unterlagen bearbeite, auf Grund derer die Abgaben eingehoben werden sollten. Der Ausländer aber führte den Vorsitz... und er versiegelte die Geldsäcke, die an den Kaiser geschickt werden sollten.« Selbst wenn die Ausführungen des Niketas übertrieben gewesen sein mögen, so zeigen sie doch, dass eine inhaltliche oder auch nur formale Qualifikation von Seiten der Kaiser nicht für notwendig gehalten wurde. Zumindest galt dies für die Spitzen der Verwaltung, die man heute vielleicht als politische Beamte bezeichnen würde, in deren Fall man die Frage nach ihrer fachlichen Qualifikation ja auch stellen könnte. Bei den unteren oder mittleren Chargen sind unsere Kenntnisse zu gering, um etwas über den jeweiligen Auswahlmodus sagen zu können. Immerhin gibt es einige Anzeichen, dass auch hier Beziehungen eine große Rolle gespielt haben. So kennen wir z. B. im 8. Jahrhundert eine Familie, die über mehrere Generationen in der zentralen Finanzverwaltung tätig war und dabei ein nicht geringes Vermögen aufgehäuft – oder zumindest bewahrt – zu haben scheint. Wir kennen sie eher zufällig, weil ihr mit Theodoros Studites ein bedeutender Theologe und Klosterreformator angehörte. Aber sie zeigt, dass es offenbar möglich war, als Angehöriger einer Familie, die in einem bestimmten Bereich des Öffentlichen Dienstes verankert war, dort gleichfalls Karriere zu machen.3 Ein anderer Karriereweg scheint der Kauf gewesen zu sein. Im 10. Jahrhundert gab es für bestimmte Ämter und Würden feste Kaufpreise, und zwar nicht nur für reine Titel, sondern auch für Ämter, mit denen eine feste, besoldete Tätigkeit verbunden war. Überraschend ist hier die Relation zwischen Kaufpreis und Besoldung. Der Kaufpreis entsprach – zumindest häufig – einer Besoldungsdauer von 24 Jahren! Man hat dies in der Forschung zum Teil als eine Form der staatlichen Kreditaufnahme bezeichnet, zum Teil auch als Kautionsleistung des künftigen Beamten, aber es ist schwer 149

zu sehen, wie eine so geringe Verzinsung für den Käufer hätte attraktiv sein können. Es gibt auch keine Hinweise, dass eine solchermaßen erworbene Stelle an einen Nachfolger vererbt werden konnte, so dass eigentlich nur die Annahme bleibt, dass die Nebeneinkünfte, die mit einem Amt verbunden waren, so hoch gewesen sein müssen, dass sie den offiziellen Sold um ein mehrfaches überstiegen. Hier wären einmal die Geschenke zu nennen, die der Kaiser bei Gelegenheit verteilte, dann die Sporteln und daneben wahrscheinlich eben auch die Möglichkeit, das Gehalt durch mehr oder weniger illegale Einnahmen aufzubessern. In späterer Zeit verstärkte dieser Trend sich noch, als der Staat auch die Steuereinkünfte seiner Provinzen verpachtete, was zwar die staatlichen Einkünfte sicherstellen mochte, aber den Steuerdruck in den Provinzen nicht unbeträchtlich erhöht haben dürfte.4 Die Provinz ist ein weiteres Problem: Spätestens seit dem 10. Jahrhundert wurde hier der Einfluss des Adels immer größer, so dass ein aus Konstantinopel entsandter Richter oder Steuereinnehmer gut daran tat, sich mit den lokalen Potentaten gut zu stellen. Je stärker die Stellung des Adels wurde, desto schwächer wurde der Griff der Zentralregierung. Als ab dem 12. Jahrhundert die Vergabe von Einkünften aus Landbesitz und später auch des Landes selbst zunahm, ging der Einfluss des Staates noch weiter zurück, und Byzanz näherte sich – zumindest in den Provinzen – der Herrschaftsstruktur der Staaten des Lateinischen Europas an. Manchmal versuchte ein Kaiser, mit Gewaltmaßnahmen in den Provinzen seinen Willen durchzusetzen, doch blieb das punktuell und fast immer auch ohne Erfolg. Berühmt ist das Vorgehen Andronikos’ I. gegen den Strandraub, als der Kaiser befahl, die Schuldigen an den Plätzen ihrer Untaten zu pfählen. Angeblich verschwand die Unsitte sofort. Aber Andronikos regierte auch nur drei Jahre, dann wurde er gestürzt, und selbst wenn die Nachricht vertrauenswürdig sein sollte, so kann man annehmen, dass sofort nach seinem Tod die alten Verhältnisse zurückkehrten.5 Man hat der byzantinischen Verwaltung attestiert, dass sie das Reich so sehr stabilisiert hätte, dass es auch weniger fähige Kaiser überlebte. Das ist sicher richtig, aber man muss umgekehrt ebenso konstatieren, dass diese Verwaltung andererseits ein Hindernis für jede grundlegende Reform bildete, die ein Kaiser anstreben mochte. Zum Teil lag dies sicher daran, dass die Aristokratie naturgemäß die leitenden Positionen für sich beanspruchte und auch erhielt. Viele Kaiser wechselten zwar die höchsten Beamten aus, aber das bedeutete nur einen Wechsel der Personen, keine grundsätzliche Ände150

rung. Die Bestechlichkeit gerade der leitenden Beamten war legendär, und praktisch kein Kaiser hat es geschafft, sie zu beseitigen. Trotzdem konnte die Zentraladministration unter einem durchsetzungsstarken Kaiser zumindest zeitweilig ein gewisses Gegengewicht zum Adel und zu den Militärs in den Provinzen bilden, ebenso wie sie auch manchem als Leiter zum sozialen Aufstieg diente. Hatte eine Familie diesen jedoch einmal geschafft und sich innerhalb des Adels eine Stellung erarbeitet, passte sie sich fast sofort dessen Interessen an, wechselte also sozusagen die Seite und verlor damit ihren vorherigen Wert für den Kaiser. Ab dem 12. Jahrhundert begannen die Kaiser damit, die leitenden Stellen in der Verwaltung auch mit Verwandten zu besetzen, was vorher nicht üblich gewesen war. Damit fiel der Gegensatz zur Aristokratie zwar nicht völlig weg, verlor aber, von Ausnahmen abgesehen, an Schärfe. Grundsätzlich war es für jeden Kaiser im Wortsinn lebensnotwendig, dieVerwaltung möglichst schnell hinter sich zu bringen, um vor allem seine Hauptstadt und von hier aus auch das restliche Reich kontrollieren zu können. Gelang ihm dies nicht, wurde er oft schneller gestürzt, als er auf den Thron gekommen war. Regierte er jedoch lange genug und konnte seine Familie als Dynastie durchsetzen, so besetzte er die Verwaltung im Lauf der Zeit mit seinen Anhängern und schuf sich damit eine Basis, von der auch seine Nachfolger noch profitieren konnten, um Phasen internen Streits oder persönlicher Schwäche zu überstehen. Die Makedonische Dynastie, die knapp zwei Jahrhunderte das Reich regierte (867–1056), ist geradezu ein Paradebeispiel für diese Entwicklung.

Die frühbyzantinische Zeit Die Verwaltung der frühbyzantinischen Zeit ist geprägt von der strikten Trennung von Zivil- und Militäradministration. Der Grund hierfür lag nicht in irgendwelchen organisatorischen Überlegungen, sondern in dem tiefsitzenden Mißtrauen gegenüber zu starken Machtkonzentrationen in den Provinzen, die während des 3. Jahrhunderts – der Zeit der Soldatenkaiser – zu fast permanenten Bürgerkriegen geführt hatten und die man auf diese Weise zu verhindern hoffte. Aus demselben Grund wurden die großen früheren Provinzen zu kleineren Einheiten zerschlagen. Im 4. Jahrhundert gab es im Gesamtreich 96, später 120 Provinzen, die ihrerseits in 151

zwölf »Diözesen« zusammengefaßt wurden. Diese Diözesen wiederum unterstanden noch größeren Einheiten, den sogenannten Prätorianerpräfekturen, von denen es vier gab: Im Ostteil die Präfekturen Oriens, die praktisch ganz Kleinasien, Syrien, Palästina und Ägypten und den östlichen Balkan umfaßte, sowie das Illyricum, das den westlichen Balkan kontrollierte. In Westrom gab es die Praefekturen Gallia und Italia. Die beiden Hauptstädte Rom und Konstantinopel blieben selbständig. Der großen Machtkonzentration, die die Prätorianerpräfekten auf sich verteilten, suchten die Kaiser dadurch zu begegnen, dass sie die Ernennung der Gouverneure der einzelnen Diözesen sich selbst vorbehielten. Die Aufgaben des Prätorianerpräfekten umfassten mehr oder weniger das ganze zivile Spektrum seines Bezirkes. Ursprünglich war er nur für die Einziehung der annona zuständig gewesen, der zentralen Grundsteuer dieser Epoche. Im Lauf der Zeit erlangte er die Aufsicht über die Verwaltung und das Rechtswesen und befehligte auch die Polizei. Die immer weitergehende Ausweitung der Befugnisse des Prätorianerpräfekten ist eines der Kennzeichen der frühbyzantinischen Epoche, bis der Trend sich in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts allmählich umkehrt. Im 7. Jahrhundert verschwinden die beiden Prätorianerpräfekten des Ostreiches praktisch spurlos, ohne dass wir dies an einem konkreten Zeitpunkt festmachen können, während die kleineren Zivilprovinzen wahrscheinlich noch ein gutes Jahrhundert länger existieren sollten. Doch dazu später mehr. Neben dieser Provinzverwaltung stand die zentrale Administration, die wiederum in verschiedene Aufgabenbereiche zerfiel: In der frühbyzantinischen Zeit am wichtigsten war wohl der magister officiorum, der nicht nur die kaiserliche Leibwache befehligte, sondern auch die agentes in rebus, die man heutzutage als Geheimagenten bezeichnen würde. Außerdem unterstanden ihm die kaiserlichen scrinia (Kanzleien), die Waffenfabriken und nicht zuletzt der cursus publicus, also Post und Beförderung von Personen und Gütern. Da der magister officiorum zugleich Chef der Dolmetscher war, gewann er rasch auch in der Außenpolitik an Einfluss, so dass man ihn als den wohl höchsten Beamten in der Zentralverwaltung dieser Epoche bezeichnen kann. Ein weiterer hoher Würdenträger war der quaestor sacri palatii, der Vorsitzender des Staatsrates und zugleich Leiter des Rechtswesens war, zuständig für Gesetze und die Bearbeitung eingehender Petitionen. An der Spitze des Finanzapparates standen der comes sacrarum largitionum und der comes rerum privatarum. Der erstere war in gewissem Sinne der Finanzminister und kontrollierte die Ein152

künfte, die aus Steuern, Abgaben, Tributen etc. flossen. Außerdem unterstand ihm die kaiserliche Münze, während der comes rerum privatarum die Privatschatulle des Kaisers verwaltete, zu der neben anderem auch die großen staatlichen Domänen gehörten. Neben diesen beiden Behörden spielte allerdings auch der Prätorianerpräfekt (praefectus praetorio) weiter eine Hauptrolle, da er mit der annona immerhin die wichtigste Steuer überhaupt verwaltete. Zu diesen Verwaltungsinstitutionen trat noch der persönliche Apparat des Kaisers, an dessen Spitze der praepositus sacri cubiculi stand, der »Vorsteher des heiligen Schlafgemachs« des Kaisers. Auch er war Herr über eine umfangreiche Schar an Bediensteten, die sich ganz überwiegend aus Eunuchen zusammensetzte. Dieses System, das eine enorme Personenzahl beschäftigte – man nimmt für den Ostteil des Reiches bis zu 10 000 an –, funktionierte mit geringen Modifizierungen bis zur ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts, ehe es aufgrund äußerer Einflüsse zusammenbrach. Neben der Zivilverwaltung stand das Militär, das eine eigene, von der zivilen Laufbahn völlig getrennte Struktur besaß. Zu Beginn des 4. Jahrhunderts setzte die Armee sich einerseits aus Grenztruppen zusammen, den limitanei, deren Kampfwert gering geschätzt wurde, andererseits aus der beweglichen Feldarmee, den comitatenses, die die eigentlichen Feldzüge bestritten. An der Spitze standen zunächst zwei magistri militum, einer für die Kavallerie und ein zweiter für die Infanterie. Im Lauf des 4. Jahrhunderts lockerte sich diese Struktur. Im 5. und 6. Jahrhundert gab es nun mehrere, regional verteilte magistri militum, die in ihren jeweiligen Bezirken die volle Befehlsgewalt hatten. Zur Zeit Justinians I. amtierten magistri militum im Illyricum (westlicher Balkan), in Thrakien (östlicher Balkan) und in Oriens (Mesopotamien, Syrien, Palästina). Auch in Armenien wurde jetzt ein solches Kommando eingerichtet. Außerdem gab es magistri praesentales am Hof des Kaisers, die man in gewisser Weise als Oberbefehlshaber bezeichnen könnte. Eine weitere, allerdings in dieser Zeit nicht besonders kampfkräftige Einheit waren die Palastgarden in Konstantinopel. Die Feldarmee setzte sich überwiegend aus Söldnern zusammen, die sowohl im Reich als auch bei den Nachbarvölkern angeworben wurden. Nicht alle dieser Söldner wurden vom Staat besoldet. Einige standen auch im persönlichen Dienst ihres jeweiligen Generals, der sich auf diese Weise eine ihm ergeben Elitetruppe schuf: die bucellarii, die für verlässlicher gehalten wurden als die »normalen« Verbände. Bei den Eroberungskriegen Justinians zeigte diese Armee ihre Kampfkraft, die sie jedoch unter den Nachfolgern dieses Kaisers 153

wieder einbüßte, zum Teil aufgrund finanzieller Schwierigkeiten, zum Teil wegen des Problems, ausreichend Söldner anzuwerben, und schließlich auch wegen der geänderten Anforderungen, die der dauernde Krieg gegen die Perser und die mühsamen und wenig erfolgreichen Abwehrkämpfe auf dem Balkan an die Soldaten stellte. Die Meuterei der Donauarmee gegen Kaiser Maurikios im Jahre 602 deckte alle diese Schwächen schonungslos auf, die das Reich in die größte Krise seit seinem Bestehen führten.

Die mittelbyzantinische Zeit Der grundsätzliche Unterschied zwischen der Verwaltung der frühbyzantinischen und der mittelbyzantinischen Epoche ist die Aufhebung der Trennung von Zivil- und Militäradministration in den Provinzen und das immer stärker werdende Übergewicht der letzteren. Geschuldet war dies ohne jeden Zweifel den militärischen Katastrophen des 7. Jahrhunderts, die eine grundlegende Neustrukturierung der Verwaltung erforderlich machten, auch wenn von einer bewußten Verwaltungsreform, wie sie früher angenommen worden ist, nicht die Rede sein kann.

Ziviladministration Unser größtes Problem bei der Erfassung der Zivilverwaltung der mittelbyzantinischen Zeit ist der fast vollständige Mangel an schriftlichen Quellen für die Umbruchphase des 7. und 8. Jahrhunderts. Zwar haben wir in den reichlich vorhandenen Siegeln ein gewisses Korrektiv, aber sie bieten in der Auswertung andere Schwierigkeiten, denen wir uns in einem späteren Kapitel (Kap. 12) näher widmen werden, weshalb hier darauf verzichtet sei. Ab dem 9. Jahrhundert fließen die Quellen dann wieder reichlicher, und dies führt natürlich dazu, dass kreative Wissenschaftler immer wieder versuchen, die Verhältnisse, die vorher und nachher herrschten, in diese Zeit hineinzuprojizieren. Das ist vor allem deshalb nicht ohne Risiko, weil besagte Verhältnisse sich doch sehr stark voneinander unterschieden und die Quellen einigermaßen widersprüchlich sind. Eine zusätzliche Schwierigkeit bietet das Nebeneinander von Rang- und Funktionstiteln in Byzanz. EineVielzahl von Titeln war nicht unmittelbar mit einer Funktion verbunden, sondern es han154

delte sich um reine Titel ohne damit verbundene Befugnisse. Das allein wäre noch nicht problematisch. Aber im Lauf der Zeit kam es immer wieder vor, dass ursprüngliche Funktionstitel den Bezug zu der Funktion verloren und zu Hoftiteln wurden, ohne dass man immer genau sagen könnte, wann dieser Wechsel eintrat und ob dies tatsächlich immer konsequent gehandhabt wurde. Gewisse Titel scheinen auch Phasen, etwa im 7./8. Jahrhundert, gehabt zu haben, wo sie nicht in Gebrauch waren, aber trotzdem später wieder auftauchen. Es ist daher bisweilen nur unter Schwierigkeiten möglich, wenn überhaupt, die tatsächlichen Befugnisse eines Würdenträgers mit dem von ihm versehenen Amt in Einklang zu bringen, zumal der Kaiser ihn jederzeit auch außerhalb seiner eigentlichen Zuständigkeit einsetzen konnte. Die letzte Erwähnung der Prätorianerpräfektur des Ostens (Oriens) ist 629 erfolgt, freilich ohne dass wir wissen, welchen Umfang die Präfektur zu dieser Zeit noch gehabt hat. 629 gewann Byzanz gerade erst Syrien, Palästina und Ägypten von den Persern zurück, die diese Provinzen besetzt hatten. Doch schon 13 Jahre später waren alle drei Regionen wieder verloren gegangen, diesmal an die Araber, und Byzanz wurde auf Kleinasien reduziert, ein Kleinasien zudem, das dauernd von feindlichen Einfällen erschüttert wurde. So hatte die Präfektur Oriens mehr oder weniger ihre Kerngebiete verloren, und zugleich hatte ihr Pendant auf dem Balkan, das Illyricum, mit Ausnahme Thessalonikes praktisch seinen gesamten Umfang eingebüßt, so dass beide, wie man sagen könnte, jetzt mangels Masse eines natürlichen Todes starben. Schon im 6. Jahrhundert hatten einzelne Ressorts (Logothesien) der Präfektur begonnen, sich zu verselbständigen. Im 7. Jahrhundert werden die beiden Logotheten des Genikon und des Stratiotikon zu den wichtigsten Finanzfunktionären. Der Logothetes des Genikon war für die Einziehung der Grundsteuer zuständig, aus der in dieser Zeit offenbar auch die Soldaten versorgt wurden, zum Teil wohl auch in Form von Naturalleistungen. Hierfür wiederum scheinen die in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts erstmals belegten Kommerkiarioi verantwortlich gewesen zu sein. Diese Funktionäre saßen in Konstantinopel und waren für dieWarenlager (apothekai) in den verschiedenen Provinzen zuständig. Im 8./9. Jahrhundert war der Logothetes des Genikon praktisch eine Art Finanzminister. In einer gewissen Konkurrenz zu ihm stand allerdings der Logothetes des Stratiotikon, der gleichfalls für die Bezahlung und Versorgung der Armee gesorgt zu haben scheint, auch wenn seine Funktionen nicht völlig klar sind und wohl begrenzter waren als diejenigen des genikos Logothetes. 155

An der Spitze der Hauptstadt stand der Eparchos, der neben seinen sonstigen Funktionen auch juristische Befugnisse besaß, u.a., weil er auch die Gefängnisse der Stadt kontrollierte.Außerdem unterstanden ihm die Polizei, die Aufsicht über die Handwerkszünfte und allgemein über den Handel. Der Quaestor hingegen war im wesentlichen für die juristischen Fragen zuständig und auch mit Gesetzesentwürfen befaßt, wie wir an einigen Beispielen sehen können. Als Leiter des Rechnungswesens in dieser Zeit fungierte der Sakellarios, während der Chartularios des Sakellion, früher ein Untergebener des Sakellarios, jetzt den Staatsschatz beaufsichtigte. Die ganzen verschiedenen Behörden und Unterbehörden an dieser Stelle aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Es mag der Hinweis genügen, dass es sich um ein höchst komplexes und gegenseitig austariertes System handelte, das dem heutiger Behörden nicht viel nachstehen dürfte. Dass es immer reibungslos funktionierte, kann man bezweifeln. Aber immerhin hat es das Überleben des Staates ermöglicht, und zusätzlich müssen wir immer wieder bedenken, dass unsere Nachrichten höchst lückenhaft und nicht selten widersprüchlich sind. Aus ihnen eine bruchlose Verwaltungsgeschichte über rund zwei Jahrhunderte zu rekonstruieren, ist beim besten Willen nicht möglich.6 Weitere wichtige Beamte waren der Logothetes des Dromos, der in gewisser Weise den früheren magister officiorum beerbte und zu einer Art Außenminister wurde. Der Orphanotrophos war für die sozialen Einrichtungen der Hauptstadt zuständig, soweit sie vom Staat und nicht von der Kirche finanziert wurden. Eine besondere Rolle spielte der Synkellos, eigentlich ein enger Mitarbeiter des Patriarchen, den man aber auch als Verbindungsmann zwischen Patriarch und Kaiser bezeichnen könnte. Auch in diesen Behörden gab es immer wieder Änderungen, aber im wesentlichen bestimmten sie die Verwaltung der mittelbyzantinischen Periode.7

Militäradministration Im 7. Jahrhundert brach die militärische Struktur der frühbyzantinischen Zeit infolge der Angriffe durch die Araber schnell und vollständig zusammen. Da die Byzantiner den Arabern in der offenen Feldschlacht zunächst in keiner Weise gewachsen waren, reagierten sie, indem sie die Truppen in das Hinterland zurückzogen und auf die dortigen Städte und Festungen verteilten, die schnell ausgebaut und verstärkt wurden. Damit aber kam es notwendigerweise zu einer Überschneidung von ziviler und militärischer Verwaltung in den Provinzen, und es ist angesichts der Situation nicht überraschend, 156

dass die Militärverwaltung ziemlich rasch ein Übergewicht über die zivile Administration erlangte und diese unter ihre Kontrolle zu bringen suchte. Es entwickelten sich auf diese Weise neue Militärprovinzen, die jeweils mehrere alte Zivilprovinzen umfaßten und diese schon auf diese Weise in den Hintergrund drückten. Allerdings waren die Themata (im Deutschen auch: Themen), wie sie genannt wurden, zunächst nur nach militärischen Gesichtspunkten ausgerichtet. Dass die alten Provinzen trotzdem weiter Erwähnung finden, wenn auch vor allem in den Siegeln und nicht in den literarischen Quellen, zeigt, dass sie in einer zumindest reduzierten Weise weitergearbeitet haben müssen und dass es in dieser Zeit noch keine direkte Verbindung von ziviler und militärischer Verwaltung gegeben hat, auch wenn die militärischen Notwendigkeiten dem Strategos notwendig eine gewisse Befehlsbefugnis gegenüber den zivilen Behörden geben musste. Einige Forscher haben diese Fortdauer der Zivilprovinzen in letzter Zeit in Zweifel gezogen, aber insgesamt gesehen spricht immer noch mehr für ihre Weiterexistenz als dagegen, wobei klar ist, dass sie jetzt sicher nur noch verminderte Befugnisse besaßen. Dass die Zivilprovinzen in den literarischen Quellen nur selten erwähnt werden, wenn überhaupt, erklärt sich aus den Tendenzen der Autoren, die an diesen unspektakulären Verwaltungseinheiten weniger interessiert waren als an militärischen Katastrophen und an Skandalen im Kaiserhaus. Die Militärprovinzen waren zwar sinnvoll für den Abwehrkampf gegen die Araber strukturiert, aber eben deshalb nicht unbedingt geeignet für eine effektive Verwaltung, und außerdem bedeuteten sie aufgrund ihrer Größe eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den Kaiser. Daher begannen die Kaiser im 8. Jahrhundert damit, die großen Themen zu zerschlagen und eine größere Zahl kleinerer Einheiten zu schaffen. Außerdem entstand jetzt in denTagmata eine zentrale Elitetruppe, die in der weiteren Umgebung der Hauptstadt stationiert wurde und damit dem Kaiser eine stärkere Position gegenüber den Befehlshabern der Themenstreitkräfte gab. Andererseits führte die Verkleinerung dazu, dass die Strategoi der Themen nun einen intensiveren Zugriff auf ihre Provinz bekamen. Wahrscheinlich ist dies der Grund dafür, dass die Zivilprovinzen jetzt relativ schnell ganz verschwanden und in der Militärverwaltung des jeweiligen Themas aufgingen. Gegen Ende des 8. Jahrhunderts ist die Metamorphose von Zivil- zu Militärprovinzen mehr oder weniger vollzogen, der Strategos war jetzt zugleich auch der oberste Leiter der zivilenVerwaltungsbeamten, die zu seinem Thema gehörten. Diese Entwicklung setzte sich fort: Aus den wahrscheinlich vier 157

Themen der Anfangszeit waren zu Beginn des 9. Jahrhunderts etwa zehn Themen geworden, und bis zum 11. Jahrhundert sollte diese Zahl sich noch einmal nahezu vervierfachen, zumTeil durch weitere Aufspaltungen, zum Teil auch durch die Gründungen neuer Themen in den (zurück)eroberten Reichsterritorien in Kleinasien und auf dem Balkan. Die früheren Zivilprovinzen einer Provinz wurden in das Thema inkorporiert, ihre Behörden zu einer Abteilung im Apparat des Strategos, an deren Spitze nun ein Protonotarios stand. Wir können allerdings nicht sagen, wann diese Entwicklung konkret eintrat und ob sie es im ganzen Reich gleichzeitig tat, was für die byzantinischen Verhältnisse eher unüblich wäre. Man wird mit diversen Ausnahmeregelungen und Übergangslösungen rechnen können. Zu dem Protonotarios kam der Chartularios des Themas, der für die Besoldung der Soldaten zuständig war, aber ebenso wie derThemenrichter und andere Zivilbeamte nicht dem Strategos allein verantwortlich war, sondern zugleich auch den ensprechenden Ressorts in der Zentralverwaltung in Konstantinopel.Vieleicht ist dies der Hintergrund für den Ratschlag des Generals Kekaumenos im 11. Jahrhundert, der zugleich zeigt, dass der alte Antagonismus zwischen Militär und Zivil auch nach jahrundertelanger Koexistenz immer noch Bestand hatte: »Laß dich auf keinen fiskalischen Auftrag zur Eintreibung von Steuern ein. Du kannst nicht Gott und dem Mammon zugleich dienen. Du kannst nicht Strategos sein und zugleich als Steuereinnehmer mit Feder und Papier fechten«.8 Trotz dieses Ratschlags wird man annehmen müssen, dass die meisten Strategoi eine solche Gelegenheit zur Bereicherung, wie sie die Eintreibung von Steuern darstellte, nicht verschmäht haben werden. Größere Feldzüge, an denen mehrere Themen teilnahmen, standen im 8. und 9. Jahrhundert entweder unter dem gemeinsamen Befehl der beteiligten Strategen, oder ein Strategos wurde zum Monostrategos erhoben und führte als solcher die vereinten Truppen. Im 10. Jahrhundert wurden diese Oberkommandierenden sozusagen zu einer permanenten Einrichtung: Oberster Feldherr war jetzt der Domestikos der Scholen, es sei denn, der Kaiser zog selbst ins Feld. Später teilte man auch dieses Amt auf, und es gab je einen Domestikos des Ostens und des Westens, die für die Feldzüge in den entsprechenden Reichsteilen verantwortlich waren. Ab dem 11. Jahrhundert führte der oberste Feldherr dann den Titel eines Großdomestikos (megas domestikos), während der Flottenkommandant, der früher einfach als Drungarios bezeichnet wurde, zum megas doux aufstieg, ohne dass die Funktionen beider sich geändert hätten. 158

Das 11. bis 15. Jahrhundert Die Veränderungen zwischen dem 10. Jahrhundert und der folgenden Epoche sind nicht so spektakulär wie diejenigen des 7. und 8. Jahrhunderts. Die Institutionen blieben im Wesentlichen bestehen, auch wenn die Titel sich wandelten und die Funktionen kleinere Veränderungen erfuhren. Im Titelwesen können wir eine gewisse Inflation feststellen: Die alten Titel verloren an Wert und wurden durch neue Titelkombinationen und -steigerungen den Wünschen angepaßt, ohne dass sie damit ihren Charakter oder auch ihre relativen Bezugspunkte verloren hätten. Folgenschwerer war hingegen die allmähliche Entmachtung der Zentralbürokratie zugunsten einer gewissen Feudalisierung der Verwaltung. Auch wenn dieser Terminus die Gegebenheiten nicht korrekt beschreibt, so zeigt er doch die Richtung auf, in die die Entwicklung ging: Bezeichnend ist die Privatisierung der Finanzverwaltung. DieVerpachtung von Steuern griff immer weiter um sich, und selbst in der zentralen Finanzverwaltung war Ämterkauf keine Seltenheit mehr. Ab dem 12. Jahrhundert bürgerte sich auch die Gewohnheit ein, als Bezahlung für zivile oder militärische Leistungen Landbesitz zuzuweisen, zunächst nur die Einkünfte, später auch das Land selbst. Die Pronoia, wie diese Form der Bezahlung genannt wurde, ähnelte in gewisser Weise dem westlichen Lehnswesen, das gleichfalls Einzug in Byzanz hielt, sich aber nur in Einzelfällen durchsetzen konnte. Aber wenngleich der ideologische Hintergrund des Lehnswesens den Byzantinern nach wie vor fremd blieb, so führte die Pronoia doch zu einer Schwächung der staatlichen Bürokratie. Mit der zunehmenden Vergabe von Besitz »in Pronoia« wurde auch das ohnehin schon unterhöhlte System der Soldatengüter weiter unter Druck gesetzt, so dass es im 12. Jahrhundert endgültig zusammenbrach. Die Namen der Themen blieben zwar bestehen, aber eine Funktion war mit ihnen nicht mehr verbunden. In den letzten beiden Jahrhunderten von Byzanz war die frühere Provinzverwaltung nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Provinzen waren weitgehend selbständig und eher durch persönliche und nicht zuletzt verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Kaiser und Hochadel untereinander und mit der Hauptstadt verbunden, während die früheren institutionellen Abhängigkeiten sich weitestgehend aufgelöst hatten. Dies hatte auch finanzielle Folgen, denn der Kaiser konnte aus vielen Provinzen kaum noch auf nennenswerte Steuereinnahmen zählen. Seine effektive Herrschaft wurde im Lauf der Zeit immer weiter eingeschränkt, 159

bis sie im 15. Jahrhundert eigentlich nur noch Konstantinopel selbst umfaßte. In den restlichen Provinzen, etwa auf der Peloponnes, in Thessalonike und auf einigen Inseln erkannte man ihn zwar als Kaiser an, ließ sich von ihm und seinen Beamten aber in die eigenen Belange kaum noch hineinreden, von etwaigen Steuerzahlungen ganz zu schweigen. Der leitende Funktionär der Zentralverwaltung wurde im 12. Jahrhundert als Logothetes der Sekreta (Abteilungen) bezeichnet, der praktisch die Staatsverwaltung lenkte. Später wurde das Amt öfter mit dem des Mesazon verbunden, der bis zum Ende des Reiches der maßgebliche Funktionär in der Regierung war und mit gewissem Recht als eine Art von byzantinischem Ministerpräsident bezeichnet worden ist. Aber nimmt man seinen realen Tätigkeitsradius und vergleicht ihn etwa mit dem des Stadteparchen der mittelbyzantinischen Zeit, dann zeigt sich rasch, dass der Titel zwar nach wie vor großartig klingen mochte, dass aber die tatsächliche hinter ihm stehende Macht immer kleiner wurde. Ähnliches galt für die meisten verbliebenen Funktionäre des Reiches in seiner Endphase. Ebenso erklärt sich aus dieser Entwicklung das Wegfallen diverser Titel und Funktionen, die in früheren Epochen noch bezeugt sind: Die Schrumpfung des Reichsterritoriums hatte auch eineVerminderung der Beamtenstellen zur Folge, da es eben immer weniger zu verwalten gab.9

Die Verwaltung und der Kaiser Die Kontrolle über die Verwaltung war, wie schon gesagt, für den Erfolg eines Kaisers lebenswichtig. Zum überwiegenden Teil suchten die Herrscher dieses Ziel dadurch zu erreichen, dass sie die leitenden Stellen mit ihren Leuten besetzten, zum Teil aber auch durch die Berufung von Sonderbeamten, die eine bestimmte Aufgabe übernahmen, ohne dass sie die entsprechende Funktionsstelle bessen hätten. Diese Würdenträger handelten im Namen des Kaisers, weshalb sie oft als ek prosopou bezeichnet wurden, und überspielten dabei die lokale und eigentlich zuständige Verwaltung. Als Beispiel sei ein Vorgang aus dem 10. Jahrhundert zitiert, als Kaiser KonstantinosVII. versuchte, die Übergriffe der »Mächtigen« in den Provinzen zu lindern: »Weil der Kaiser die ungerechtenTaten und die Schäden frisch in Erinnerung hatte, die die erbarmungswürdigen und unglück160

lichen kleinen Bauern von den Strategen, den Protonotarioi, den Soldaten und Reitern unter seinem Schwiegervater Romanos erlitten hatten, sandte er fromme und tugendhafte Männer aus, um die schwere Last der damaligen unangemessenen Forderungen an die von Mühsal beladenen Armen zu erleichtern. Und er schickte in das Anatolikon den Magistros Romanos Saronites, in das Opsikion den Magistros Romanos Musele, in das Thrakesion den Patrikios Photios, in das Armeniakon Leon Agelastos und in die anderen Themen entsprechend. Diese Männer schenkten auf Geheiß des Kaisers den kleinen Bauern eine gewissen Erholung.« Es handelt sich offenbar um Beauftragte, die Missstände korrigieren sollten, die die normale Verwaltung geduldet oder sogar angerichtet hatte. Später folgte noch ein entsprechendes Gesetz.10 Der Kaiser, der ja dem Gesetz nicht unterworfen war, sondern es in seiner Person verkörperte, war ohnehin nicht an die Ressortgrenzen gebunden und immer in der Lage, die eigentlich zuständigen Behörden zu übergehen. Er konnte jederzeit Beauftragte ernennen, die bestimmte Aufgaben zu erfüllen hatten, gleichgültig, ob sie dafür durch ihre bis dahin ausgeübten Tätigkeiten qualifiziert waren oder nicht. Die ganze byzantinische Zeit hindurch hat man hiervon gerne Gebrauch gemacht. Das wohl berühmteste Beispiel ist der Eunuch Narses, der unter Kaiser Justinian I. praepositus sacri cubiculi war, aber dennoch als Feldherr in Italien die Ostgoten unter ihrem letzten König Teja vernichtete. Nicht alle Kaiser waren willens oder in der Lage, die Regierungsgeschäfte selbst zu führen. Beliebt war in einem solchen Fall die Berufung eines »starken Mannes«, der die Politik im Sinne des Kaisers koordinieren sollte. Ein bestimmtes Amt war für eine solche Persönlichkeit nicht nötig. Entscheidend war die persönliche Nähe zum Kaiser. So war unter Kaiserin Eirene Staurakios, der Logothetes des Dromos, der Mann hinter der Kaiserin; 50 Jahre später führte Theoktistos, der Vertraute der Kaiserin und Regentin Theodora, den Titel eines epi tou kanikleiou (Kanzleichef), dann den eines paradynasteuon. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde für Stylianos Zautzes, den Schwiegervater des Kaisers Leon VI., der Titel basileopator geschaffen. Aber entscheidend war nicht der Titel als solcher, sondern immer die Verbindung zum Kaiser, die einem Würdenträger besonderen Einfluss verschaffte. So ist nicht umsonst der Parakoimomenos während seiner ganzen Existenz hindurch einer der wichtigsten Beamten des Reiches, nicht weil mit dem Amt irgendwelche besonderen Vorrechte verbunden gewesen wären, sondern weil er zum Kaiser in besonders enger Beziehung stand, da er, wie der 161

Name sagt, »bei dem Kaiser schlief«, also dessen Schlafzimmer bewachte. In ähnlicher Weise waren der Protobestiarios (zuständig für die kaiserliche Garderobe) und der Papias (eigentlichTürhüter, dann Leiter der Palastverwaltung) wegen ihrer Nähe zum Kaiser einflussreich. Häufig handelte es sich um Eunuchen, die in Byzanz zwar allgemein einen schlechten Ruf genossen, aber doch als besonders vertrauenswürdig galten, weil sie keine eigenen Nachkommen haben konnten – was allerdings einige von ihnen nicht davon abhielt, sich zugunsten anderer Verwandter zu engagieren. Erst relativ spät wurde die Funktion eines Regierungschefs sozusagen institutionalisiert, der Inhaber führte, wie schon oben erwähnt, den Titel eines Mesazon. In den letzten beiden Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte wurde dieses Amt dann zu einer regelmäßigen Einrichtung. Ganz allgemein lässt sich konstatieren, dass auch in Byzanz im Normalfall ein Beamter in dem ihm zugeteilten Funktionsbereich tätig war, dass aber die überragende Stellung des Kaisers, dessen Wille Gesetzeskraft besaß, jenem jederzeit die Möglichkeit gab, in den normalen Verwaltungsgang einzugreifen und seine Wünsche durchzusetzen. Ein kluger Kaiser nutzte dieses Mittel allerdings nur selten und bei wichtigen Anlässen.

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Finanzen

Vorbemerkung: Budgetprobleme Nach der wichtigsten Aufgabe des Staates gefragt, sehen viele – und nicht nur Zyniker – Sinn und Zweck der staatlichen Tätigkeit vor allem darin, von den Untertanen möglichst viel Geld einzutreiben, um es dann für die – nicht immer nachvollziehbaren – Zwecke der öffentlichen Hand auszugeben. Das war im Mittelalter nicht viel anders als heutzutage, allerdings gab es ein paar grundsätzliche Unterschiede: Prinzipiell war im Mittelalter keine Staatsverschuldung im heutigen Sinne möglich, da es, jedenfalls bis zum 12. Jahrhundert, keinen bargeldlosen Zahlungsverkehr gab, also auch keine Möglichkeit, in großem Maße über längere Zeiträume Kredit aufzunehmen. Schuldverschreibungen u. ä. hat es natürlich gegeben, aber nicht in dem Ausmaß, wie sie in modernen Staaten üblich sind. Wenn überhaupt, war die zögerliche Bezahlung der staatlichen Funktionäre eine Möglichkeit, Geld zu sparen, aber auch das war nicht ohne Risiko, wenn man den Staatsapparat am Laufen halten wollte. Im Prinzip konnte ein Staat nur so viel ausgeben, wie er einnahm oder als Staatsschatz vorhanden war. Gab er mehr aus, musste er dies durch zusätzliche Maßnahmen finanzieren, etwa durch Erhöhung der Steuern und Abgaben, durch Geldverschlechterung oder auch durch die Vergabe staatlicher Einkünfte oder öffentlichen Besitzes. Dies alles haben die byzantinischen Kaiser im Lauf der Zeit natürlich versucht, aber meist nur mit geringem Erfolg. Höhere Steuern und Abgaben waren naturgemäß unbeliebt und konnten die Sicherheit des Kaisers beeinträchtigen. Die Verminderung des Goldgehaltes in einer Münze hingegen wirkte nur solange, wie man sie nicht bemerkte. Danach verschwanden, wie etwa im 11. Jahrhundert geschehen, die guten Münzen vom Markt. Da der Wert einer Münze nicht von dem auf ihr angegebenen Nominalwert abhängig war, sondern von ihrem Metallwert, brachte eine Münzverschlechterung ihrem Urheber allenfalls kurzfristigen Gewinn. Es blieb die Vergabe von Einkünften und vor allem von Teilen des öffentlichen Grundbesitzes. Auch dies ist in Byzanz geschehen, in großem Stil besonders ab dem 11./12. Jahrhundert. Kurzfristig mochte es helfen, auf lange Sicht waren solche Maßnahmen ver163

hängnisvoll, da sie die Regierung dauerhaft ihrer Einkünfte beraubten. Allerdings konnten auf diese Weise verschenkte Güter im Lauf der Zeit auch wieder an den Staat zurückfallen, aber dies war doch eher die Ausnahme als die Regel. Trotzdem haben die Kaiser zu allen Zeiten solche Geschenke gemacht, vor allem an die Kirche. Manche Klöster entwickelten sich dank kaiserlicher – und natürlich auch privater – Gaben zu ausgesprochenen Großgrundbesitzern, und die byzantinische Kirche in ihrer Gesamtheit war sicher der bei weitem größte Grundbesitzer im Reich. Den wesentlichen Teil der Ausgaben dürften, ebenso wie heutzutage, die Personalkosten ausgemacht haben. Hier liegt einer der Hauptunterschiede zum Lateinischen Europa, da das dort vorherrschende feudale System, jedenfalls vor dem 12./13. Jahrhundert, im allgemeinen keine direkte Bezahlung vorsah. Das heißt nicht, dass die Gesamtkosten unbedingt niedriger gewesen sein müssen. Aber die Systeme waren nicht vergleichbar: In den Staaten des Lateinischen Europas kannte man nur eine rudimentäre Zentralverwaltung, die »Verwaltung« eines Reiches erfolgte dezentralisiert im Rahmen der feudalen Strukturen. Jeder Kronvasall verwaltete in relativer Selbständigkeit seinen Herrschaftsbereich bzw. ließ ihn durch seine eigenen Lehnsleute und Amtsträger verwalten, die wiederum in ihren Bereichen zwar zur Rechenschaft verpflichtet waren, aber doch selbständig handelten. Im Prinzip dürften auch diese Vasallen ihre eigene Verwaltung mit eigenen Funktionären gehabt haben. Aber sie waren natürlich weniger augenfällig, als dies bei einer Zentralverwaltung der Fall wäre. Welches System im Endeffekt mehr Aufwand erforderte, lässt sich nicht mehr entscheiden; jedoch konnte das Lehnswesen aufgrund seiner dezentralisierten Verwaltung zu einer größeren Selbständigkeit der einzelnenTerritorien gegenüber der Zentrale führen, auch wenn das nicht immer der Fall sein musste, wie man etwa an den unterschiedlichen Entwicklungen im Deutschen Reich, in Frankreich und in England sehen kann. In Byzanz existierte jedenfalls eine Zentralverwaltung, die regelmäßig und nach festen Richtlinien bezahlt wurde und demWillen des Kaisers auch in den Provinzen Geltung verschaffte – jedenfalls bis in das 10. Jahrhundert hinein, als auch in Byzanz ein gewisser Feudalisierungsprozess einsetzte, der im 11. und 12. Jahrhundert zu einer Schwächung der Kaiser gegenüber dem in den Provinzen dominierenden Adel führte. Die direkte Bezahlung der staatlichen Funktionäre scheint im Vergleich mit dem im Lateinischen Europa herrschenden System auf den ersten Blick hin aufwändiger gewesen zu sein. Man muss aber 164

bedenken, dass die byzantinischen Funktionäre im allgemeinen nur für eine bestimmte Zeit im Öffentlichen Dienst standen und nur für diese Zeit bezahlt wurden. Sich dauerhaft mit eigenem Landbesitz zu etablieren, wie es im Rahmen der feudalen Systeme im Lateinischen Europa üblich war, war ihnen nicht möglich. Insofern blieb der Zugriff des Staates auf die Einkünfte der Provinzen erhalten. Dies galt zumindest in der Theorie, denn de facto muss es auch hier, je nach Einfluss des regionalen Adels und der Durchsetzungsfähigkeit der aus Konstantinopel entsandten Funktionäre, eine gewisse Schwundquote gegeben haben, auch wenn sie im Einzelnen mangels ausreichender Daten nicht mehr berechnet werden kann. Bedenkt man, dass in Byzanz Beamtenstellen durchaus verkauft oder auch einmal als Belohnung verteilt wurden, so dürfte es mit der Unbestechlichkeit der Beamten weniger weit her gewesen sein, als man dies in der Zentrale gewünscht haben wird.

Die Einnahmen Die byzantinischen Kaiser konnten aus einer Vielzahl verschiedener Einnahmequellen schöpfen, die freilich je nach Zeit und Region äußerst unterschiedlich ausfielen: Es gab direkte und indirekte Steuern, Abgaben, Zölle und Verkäufe von Waren, die in staatlichen Werkstätten hergestellt worden waren oder deren Produktion unter staatlicher Kontrolle stand. Außerdem wurden Stellen und Dienstleistungen verkauft, und schließlich gab es Einnahmen aus Kriegsbeute und Konfiskationen. Ein kurzer Blick auf die einzelnen Posten muss in diesem Zusammenhang genügen: Grundsätzlich ist hierbei zu beachten, dass wir über viele Steuern und ebenso über die Art, wie sie erhoben worden sind, nichts Genaues wissen. Zwar können wir außer auf die erzählenden Quellen auch auf eine Reihe von Fachschriften zurückgreifen, jedoch sind die diese Hinweise nicht immer so klar, wie man wünschen möchte. Daneben erschwert die Angewohnheit der Byzantiner, mit althergebrachten Fachtermini auch neue Steuern zu bezeichnen, eine konkrete Scheidung.

Direkte Steuern Den wohl größten Anteil an den staatlichen Einkünften hatten die direkten Steuern, die seit der Steuerreform Diokletians in einerVer165

bindung von Kopf- und Grundsteuer (capitatio und iugatio) vor allem auf der Landbevölkerung lasteten. Da die Bevölkerung im 3. Jahrhundert abnahm, suchte der Staat die Bauern auch aus diesem Grund auf ihrem steuerpflichtigen Land festzuhalten, so dass die frühere Freizügigkeit weiter zurückging. Der Menschenmangel führte auch dazu, dass der Staat die privaten Anrainer zwang, brachliegendes Staatsland zu bearbeiten, und dafür Steuern einzog (epibole). Wurde die Steuerlast zu schwer, konnte es im Einzelfall allerdings auch Ermäßigungen geben. Die auf der Landbevölkerung lastende Steuer wurde in der frühbyzantinischen Zeit nicht nur in Geld erhoben, sondern auch in Naturalien. Die annona, wie sie genannt wurde, zählte zu den ergiebigsten Steuern, auch wenn für ihre Einziehung ein riesiger bürokratischer Apparat benötigt wurde, der als Prätorianerpräfektur, von denen es vier gab, die gesamte Reichsverwaltung dominierte. Der steuerliche Veranlagungszeitraum (indictio) für die Bevölkerung galt für jeweils fünfzehn Jahre, und diese Periode gewann eine solche Bedeutung, dass sie in der späteren Zeit, besonders im frühen Mittelalter, als Datierungselement weiter benutzt wurde, auch nachdem die Veranlagung selbst ihre Geltung längst verloren hatte. Während die annona im Westteil dauerhaft in Naturalien erhoben wurde, verlor sie im Osten diesen Charakter im Lauf der Zeit wieder und wurde jetzt auch in Geld beglichen, freilich mit Ausnahme Ägyptens. Dort wurde sie weiter als Naturalabgabe geleistet, was in erster Linie wohl die Getreideversorgung Roms und Konstantinopels sicherstellen sollte. Unter Konstantin I. erfasste die Steuerpflicht auch städtischen Besitz, wobei die in der Stadt erhobene Steuer immer in Geld eingezogen wurde.1 Während der Umsturzzeit des 7./8. Jahrhunderts verschwand diese Form der Besteuerung. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich ein System, das sowohl von der Familie als Steuereinheit ausging (kapnikon), als auch eine Grundsteuer (demosion u.ä.) beinhaltete. Insofern unterschied es sich nicht grundsätzlich von der früheren Besteuerung, auch wenn die Bestimmungen im einzelnen differieren mochten. Zugleich suchte der Staat seine Einnahmen zu sichern, indem er die Nachbarn bzw. die Dorfgemeinschaft heranzog, wenn der einzelne Steuerzahler in Schwierigkeiten geriet. Die Gemeinschaft haftete in diesem Fall solidarisch, konnte aber dafür auch verlassene Agrarflächen nutzen, wenn ein Einwohner seinen Besitz aufgegeben hatte oder nicht länger halten konnte. Diese Steuer (allelengyon) betrug ein Vierundzwanzigstel des jeweiligen Bodenwertes und blieb in der Regel gleich, auch wenn es Missern166

ten oder feindliche Einfälle gab, die die Ernte minderten. Während der »Dunklen Jahrhunderte« – als die byzantinische Gesellschaft noch nicht so differenziert war, wie es ab dem 10. Jahrhundert der Fall sein sollte – scheint dieses Steuersystem relativ gut funktioniert zu haben. Allerdings lässt der starke Rückgang an Münzemissionen für diesen Zeitraum vermuten, dass die Steuern während des 7. und 8. Jahrhunderts nicht ausschließlich in Geld bezahlt worden sind.2 Ab dem 10. Jahrhundert stieg der Druck auf die kleineren Bauern, da die führenden Schichten jetzt begannen, Besitz in den Provinzen anzuhäufen. Zum Teil geschah dies im Rahmen der erfolgreichen Ausweitung des Reichsgebietes nach außen, zum Teil aber auch auf Kosten der kleinen Grundbesitzer, die gezwungen wurden, ihre Selbständigkeit aufzugeben und sich einem dieser »Mächtigen« zu unterstellen oder Teile ihres Landes zu verkaufen. Zumeist dürften dies die fruchtbareren Ländereien gewesen sein, während die wenig ertragreichen den alten Eigentümern verblieben oder zu Brachland wurden, wenn ein Bauer seinen Besitz aufgab. Da der Großgrundbesitzer sich leichter den staatlichen Steuerforderungen entziehen konnte, der Staat aber auf die von ihm beanspruchten Gelder nicht verzichten wollte, gerieten die restlichen freien Bauern in eine immer bedrohlichere Lage, zumal die gemeinsame Steuerveranlagung jetzt dazu führte, dass die verbliebenen Bauern die Steuerlast der anderen mit übernehmen mussten. Als der kaiserliche Widerstand gegen die »Mächtigen«, der ohnehin vor allem den Besitz der Soldatenbauern sichern sollte und selbst dort nicht sonderlich erfolgreich gewesen war, im 11. Jahrhundert ganz erlosch, hatten die Großgrundbesitzer leichtes Spiel, und die freien Bauern der früheren Jahrhunderte verschwanden schnell und vollständig.3 Die Verhältnisse auf dem Land wurden fortan von dem adligen Großgrundbesitzer geprägt, und darauf stellten sich auch die staatlichen Steuerforderungen ein: Die Steuer wurde von nun an zu einer reinen Grundsteuer: Für eine Fläche von 50 Modioi war ein Hyperpyron zu zahlen. Inwieweit die Pächter (griech. Paroikoi), die das Land eines »Mächtigen« bearbeiteten, in dieses System einbezogen wurden, ist nicht völlig klar. Ausnahmen von der Steuerpflicht wurden jetzt häufiger, was schon durch die zunehmende Feudalisierung des Reiches ab dem 11./12. Jahrhundert bedingt war: Aus Landbesitz resultierende Einkünfte wurde häufiger in pronoia vergeben, also als Bezahlung für erbrachte oder zu erbringende Leistungen, die früher in Geld abgegolten worden waren. Im Lauf der Zeit wurde dann schließlich auch das Land selbst vergeben. Es ist nachvollziehbar, dass die Eintreibung von Steuern umso schwieriger 167

werden musste, je einflussreicher ein Landbesitzer war, und gegen Ende des 12. Jahrhunderts gehörte der überwiegende Teil des Reiches Angehörigen des Adels, darunter nicht zuletzt des Kaiserhauses, und der Kirche, so dass die Einkünfte des Fiskus zurückgingen. Die Kaiser suchten ihren Anteil an dem Steueraufkommen dadurch auf einem berechenbaren Stand zu halten, dass sie die Steuern verpachteten. Das sicherte zwar in gewisser Weise die Einkünfte der öffentlichen Hand, erhöhte aber den Steuerdruck in den Provinzen noch weiter. Dieser Trend verstärkte sich nach 1204 und wurde durch die Zerstückelung des Reichsgebiets und durch die zunehmende Abwehrschwäche der Byzantiner gegenüber ihren äußeren Feinden nicht geringer. Die Steuerforderungen trafen natürlich nicht nur die Landbevölkerung. Auch die Städter hatten Kopf-, Grundsteuern und auch andere Lasten zu tragen. Berühmt ist bis heute das sog. Aërikon, eine »Luftsteuer«, die den baulichen Abstand zwischen Häusern geregelt haben soll. Nach neuen Forschungen scheint es sich allerdings gar nicht um eine reale Steuer gehalten zu haben, sondern eher um eine polemische Bezeichnung der kaiserlichen Steuerforderungen, die man als überhöht empfand. Allerdings fiel der Anteil der städtischen Steuern und Abgaben angesichts der Zahlenverhältnisse zwischen Stadt und Land für den Staat nicht sehr ins Gewicht. Insofern erwies sich die ab dem 10. Jahrhundert immer stärker zunehmende Feudalisierung in den Provinzen, je länger desto mehr, als verhängnisvoll für die Staatsfinanzen.4

Indirekte Steuern, Abgaben und Zölle Neben den direkten Steuern hatte der Staat eine Vielzahl anderer Einnahmequellen geschaffen, die im einzelnen aufzuzählen den Raum dieses Kapitels sprengen würde. Allgemein lässt sich sagen, dass eigentlich alles und jedes mit Abgaben belastet wurde: Für die Benutzung von Weiden zahlte man ebenso wie für den Ankauf von Pferden. Wollte man seinen Besitz schützen lassen, zahlte man eine Wachsteuer. Auf Schatzfunde war eine eigene Fundsteuer fällig. Die Fischer in Konstantinopel zahlten, wie der Kreuzzugschronist Gunther von Pairis berichtet, um 1204 pro Boot ein Goldstück für je zwei Wochen. Laut Gunther gab es 1 600 Fischerboote in Konstantinopel, so dass die Gesamteinnahmen aus dieser Abgabe sich auf knapp 580 Goldpfund (41 600 Nomismata) belaufen hätten.5 Die Ausstellung einer Urkunde kostete Geld, bei Erbschaften war eine Erbschaftssteuer fällig, und eigentlich war immer, wenn ein Beamter 168

tätig wurde, auch ein bestimmter Geldbetrag zu zahlen, so dass im 11. Jahrhundert darüber geklagt wurde, dass Abgaben und Gebühren höher seien als die eigentlichen Steuern. Vor Gericht fielen besonders die Sporteln (Gerichtsgebühren) ins Gewicht, die bis zu 16 Prozent des Streitwerts ansteigen konnten. Von besonderem Gewicht waren naturgemäß die Warenzölle, die sowohl für den Warenverkehr innerhalb des Reiches als auch für Exporte und Importe zu zahlen waren. In der Spätantike gab es einen Hafenzoll, der bis in das 5. Jahrhundert hinein erhoben wurde und etwa zwei bis zweieinhalb Prozent desWarenwerts umfaßte. Die Region von Konstantinopel war so begehrt, dass die Kaiser in Abydos (an den Dardanellen) und in Hieron (am Bosporos) besondere Zollstationen einrichteten, die denWarenverkehr von und nach der Hauptstadt abschöpften. Noch in der Epoche der Komnenen müssen die Einnahmen aus diesen Zöllen trotz der Privilegien für die italienischen Fernhändler sehr hoch gewesen sein, denn der spanische Jude Benjamin von Tudela, der in den sechziger Jahren des 12. Jahrhunderts den Mittelmeerraum durchreiste, beziffert die Höhe allein der Abgaben und Zölle, die in Konstantinopel erhoben wurden, auf 20 000 Nomismata pro Tag. Das liefe allerdings auf eine unrealistisch hoch erscheinende Gesamtsumme von über 100 000 Goldpfund pro Jahr hinaus und ist extrem unwahrscheinlich, vor allem wenn wir bedenken, dass die italienischen Händler, die ja den größten Teil des Fernhandels kontrollierten, gar keinen oder nur einen verminderten Warenzoll (Kommerkion) zahlten. Auch die Zahl selbst erweckt als »runde Summe« Verdacht. Wahrscheinlich gab Benjamin entweder ein entsprechend überhöhtes Gerücht wieder oder er wollte nur anzeigen, dass die Einkünfte, die die Kaiser aus ihrer Hauptstadt zogen, außerordentlich hoch waren.6 Aber grundsätzlich wurden Zollabgaben im gesamten Reich erhoben. Das Kommerkion begegnet in den Quellen ab dem 8./9. Jahrhundert und blieb im Prinzip bis zum Ende des Reiches bestehen. Es betrug im allgemeinen je zehn Prozent des Warenwertes bei Import und Export, Ausländer scheinen mehr bezahlt zu haben. Allerdings wurde das Kommerkion im Lauf der Zeit durch zahlreiche Ausnahmeregelungen und Privilegien immer weiter ausgehöhlt. So mussten beispielweise die Venezianer seit 1082 in einer Reihe von Städten überhaupt kein Kommerkion bezahlen, die Pisaner zahlten seit 1111 bei der Einfuhr vier Prozent, bei der Ausfuhr waren sie den byzantinischen Kaufleuten gleichgestellt, während die Genuesen seit 1169/70 für den Handel in Konstantinopel gleichfalls vier Prozent bezahlten und im Restreich den anderen ausländischen 169

Kaufleuten – aber nicht Venezianern und Pisanern – gleichgestellt waren. Man hat früher in diesen Privilegien eine beträchtliche Schwächung der staatlichen Einnahmen gesehen, doch ist zu bedenken, dass der dadurch begünstigte Handelsverkehr auch die Wirtschaft in den betroffenen Provinzen belebte, so dass der Staat hier verstärkt aus anderen Steuereinnahmen schöpfen konnte. Nichtsdestoweniger versuchten die byzantinischen Behörden, die den Italienern erlassenen Abgaben nun ihren byzantinischen Handelspartnern aufzuerlegen, was Venedig zu einem scharfen Protest veranlasste, dem erst 1126 durch ein weiteres Privileg abgeholfen wurde.7

Sonstige Einnahmen Als weitere Einnahmen kann man auch die Sachleistungen interpretieren, die die Bevölkerung erbringen musste. Zum Straßenbau wurden die Anrainer ebenso herangezogen wie zum Bau und Erhalt von Brücken und gegebenenfalls zur Versorgung der Armee, wenn sie auf einem Kriegszug durch die betroffene Region marschierte. Es ist jedoch fast unmöglich, diese Einnahmen zu quantifizieren. Auch mit der Eitelkeit seiner Bürger machte der Staat Gewinne, wie die Geschichte des reichen Klerikers Ktenas zeigt, der zur Zeit des Kaisers Leon VI. lebte. Ktenas war ein gefeierter Sänger und außerdem wohlhabend. Er hatte den Wunsch, den Titel und die Abzeichen eines Protospatharios zu tragen und dementsprechend in Prozessionen aufzutreten. Für den Erhalt dieser Würde bot er die Summe von 40 Goldpfund und steigerte sie, als der Kaiser ablehnte, auf 60 Goldpfund, woraufhin er zum Protospatharios mit einem Jahresgehalt in Höhe eines Goldpfundes ernannt wurde. Da Ktenas nach zwei Jahren starb, konnte der Kaiser, wenn man so will, hier einen Reingewinn von 58 Goldpfund einstreichen.8 Tatsächlich scheinen bestimmte Titel und Ämter regelmäßig verkauft worden zu sein, wobei die Relation zwischen dem Kaufpreis und dem mit dem Posten verbundenen Jahresgehalt so groß war, dass es schwer fällt, in dem Kaufpreis, wie in der Forschung angenommen, eine Art Privatkredit, Kautionsleistung oder Leibrente zu erkennen. Der Preis für eine Stelle konnte mehr als 20 Jahresgehälter betragen. Bei der damaligen niedrigeren Lebenserwartung konnte der Käufer nicht davon ausgehen, dass er lange genug lebte, um die verausgabte Summe wieder hereinzuholen. Ob das Amt dann an die Erben fiel oder die Restsumme zurückgezahlt wurde, wissen wir nicht. Man kann allerdings vermuten, dass die mit einer solchen Stelle verbundenen Nebeneinkünfte, seien sie nun legal oder illegal, 170

relativ hoch waren, so daß der Kaufpreis sich doch rascher amortisierte, als dies allein aufgrund des Gehalts möglich gewesen wäre. Wir können auch nicht sagen, ob diese Einrichtung, über die wir aus einer Quelle des 10. Jahrhunderts unterrichtet sind, auch in anderen Epochen in ähnlicherWeise Geltung gehabt hat. Aber dass der Staat von ihr profitierte, dürfte außer Zweifel stehen.9 Eine weitere Einnahmequelle waren die staatlichen Werkstätten. Sie produzierten zwar in erster Linie für die öffentlichen Belange, schufen aber damit eben auch Einnahmen, da die öffentliche Hand diese Artikel nicht eigens einkaufen musste. Die Herstellung von qualitativ hochwertiger Seide war ein staatliches Monopol, ebenso wurdenWaffen in öffentlicher Regie produziert. In Kleinasien lagen große Gestüte, in denen Pferde und andere Nutztiere gezüchtet wurden. Zwischen den verschiedenen staatlichen Einrichtungen bestanden übrigens durchaus normale Geschäftsbeziehungen, wie wir aus den Abrechnungen über verschiedene Kriegszüge aus dem 10. Jahrhundert wissen. Die Leistungen wurden ordnungsgemäß abgerechnet und bezahlt. Es ist allerdings kaum möglich, die daraus resultierenden Einnahmen auch nur annähernd zu berechnen, da wir weder die Quantität der hergestellten Produkte kennen noch wissen, wieviele Waren überhaupt in den freien Verkauf kamen. Im wesentlichen dienten die von diesen Einrichtungen produzierten Waren der Befriedigung der staatlichen Bedürfnisse, allenfalls der Überschuss dürfte auf dem freien Markt verkauft worden sein.10 Neben diese gewissermaßen ständigen Einnahmen traten unregelmäßige Einkünfte, die zwar zum Teil sehr hoch sein konnten, aber mit denen im Normalfall nicht zu rechnen war. Dazu zählte vor allem Kriegsbeute, die nach einem erfolgreichen Feldzug anfallen konnte. So wurden unter Justinian I. die Staatsschätze der Vandalen und der Goten nach Konstantinopel überführt. Johannes I. Tzimiskes und Basileios II. brachten aus Bulgarien reiche Beute in die Staatskasse, ebenso wie Nikephoros Phokas aus Kreta. Aber in der Regel dürften diese Schätze kaum die Ausgaben gedeckt haben, die mit den Feldzügen verbunden waren. Ein Teil floss ohnehin an die Soldaten, ein anderer wurde von den Siegesfeiern verbraucht, die die Bevölkerung von einem siegreichen Kaiser erwartete. Nikephoros II. Phokas, der sowohl als Feldherr wie auch danach als Kaiser ein äußerst erfolgreicher Heerführer war, war nichtsdestoweniger in Konstantinopel ausgesprochen unbeliebt, da seine Kriegsausgaben ihn zwangen, die Steuern hoch zu halten. In eine ähnliche Richtung zielten Konfiskationen, die von den Kaisern gelegentlich vorgenommen wurden. Nach der Niederschla171

gung einer Revolte oder nach dem Ende eines Bürgerkrieges wurden die Vermögen der Unterlegenen häufig eingezogen, manchmal auch unter die Gefolgsleute der siegreichen Partei verteilt. Aber auch hier ist es nicht möglich, die daraus resultierenden Einnahmen annähernd einzuschätzen. Allzu hoch dürften sie kaum gewesen sein, da selbst ein siegreicher Kaiser sich hüten musste, seine Gegner völlig zu vernichten. Das hätte seine eigene Stellung gefährden können, weil ein zu rücksichtsloser Kaiser auch von seinen eigenen Anhängern als Bedrohung empfunden worden wäre. Dazu kam ab der mittelbyzantinischen Zeit auch ein gewisses Solidaritätsgefühl innerhalb der herrschenden Klasse, das den Kaisern ebenfalls Zügel anlegte. Umgekehrt griffen manche Kaiser zum Mittel der Steuersenkung, um sich bei der Bevölkerung beliebt zu machen. Einmalig dürfte derVersuch des Kaisers Nikephoros I. zu Beginn des 9. Jahrhunderts gewesen sein, der die Schiffsreeder zu Zwangsanleihen in Höhe von zwölf Goldpfund verpflichtete, die mit über 16 Prozent pro Jahr zu verzinsen waren. Manche Kaiser, wie etwa Herakleios im 7. oder Alexios I. Komnenos im 11. Jahrhundert, legten auch Hand an die Kirchenschätze. Aber das waren extreme Maßnahmen, die aus höchster Not geboren waren. Eine längerfristige Hilfe für den Staatsschatz waren sie nicht, und für das regelmäßige Budget spielten alle diese gelegentlichen Einnahmen kaum eine Rolle.11

Die Ausgaben Den wahrscheinlich höchsten Anteil an den staatlichen Ausgaben dürften in Byzanz, wie schon erwähnt, die Personalkosten gehabt haben, die sich auf die Zivil- und Militärverwaltung verteilten. Dazu kamen die Ausgaben für Kriege und Tributzahlungen, Rüstungsmaßnahmen, Bauten, Schenkungen an die Kirche, die Kosten für die Hofhaltung und für die Schauspiele, durch die die Bevölkerung Konstantinopels unterhalten werden wollte. Schließlich sind die persönlichen Ausgaben der Kaiser zu nennen, die aber vermutlich weniger ins Gewicht fielen, als sich von ihrem Anteil an der Berichterstattung der Chronisten schließen läßt, die damals wie heute weniger an trockenen Zahlen interessiert waren als an Klatsch und Tratsch aus den führenden Kreisen, an deren erster Stelle in Byzanz natürlich das Kaiserhaus stand. 172

Personalkosten Es ist müßig, an dieser Stelle alle Beamten aufzuzählen, die zu verschiedenen Zeiten im öffentlichen Dienst gestanden haben. Da Byzanz ein zentralistisch ausgerichteter Staat war, war der bürokratische Apparat naturgemäß in Konstantinopel am umfangreichsten, ganz abgesehen davon, dass Konstantinopel als Großstadt selbst über eine umfangreiche Verwaltung verfügte. W. T. Treadgold nimmt für das Jahr 842 insgesamt 605 Personen an, die in der zentralen Administration gearbeitet haben sollen. Jedoch beruhen seine Berechnungen auf einer nachgerade extremen Schematisierung verschiedener Zahlenangaben und Ranglisten, die noch dazu aus rund zwei Jahrhunderten zusammengesucht, miteinander verglichen und in ein zusammenhängendes System gebracht werden mussten, ohne Rücksicht darauf, dass einzelne Ressorts ja im Lauf der Zeit auch interne Veränderungen durchgemacht haben werden. Außerdem lässt sich keineswegs nachweisen, dass jede vorhandene Planstelle immer besetzt gewesen ist. Die von Treadgold angenommenen Zahlen sind daher hypothetisch und nicht überprüfbar. Es lässt sich allenfalls sagen, dass es in Konstantinopel eine nicht geringe Menge von Funktionären in der zentralen Leitung der Staatsgeschäfte gegeben haben muss.Verglichen mit heutigenVerhältnissen, dürfte diese zentrale Administration freilich eher rudimentär gewesen sein. Immerhin wurden zumindest die leitenden Beamten nicht schlecht bezahlt. Summen von zehn Goldpfund und mehr pro Jahr waren keine Seltenheit, nicht zu rechnen die Gebühren, Geschenke bei bestimmten Gelegenheiten und die Sachleistungen wie etwa die seidenen Gewänder, auf die zumindest die höheren Amtsinhaber Anspruch hatten.12 Neben der Zentralverwaltung standen die zivilen Beamten in den Provinzen: Steuereinnehmer, Richter,Verwaltungskräfte usw., die je nach Größe und Bedeutung unterschiedlich zahlreich gewesen sein dürften. Wie hoch die Ausgaben hier im einzelnen gewesen sind, lässt sich kaum sagen, da wir bei verschiedenen Beamten nicht sicher wissen, ob sie ein regelmäßiges Salär erhielten oder ihre Einkünfte selbst erwirtschafteten, wie das in späterer Zeit, etwa ab dem 11./ 12. Jahrhundert, bei den Steuerpächtern der Fall war. Im Einzelfall wird man auch Naturalzahlungen nicht immer ausschließen können, etwa in Bulgarien, dessen Einwohnern Basileios II. nach der Eroberung des Landes für einen Zeitraum von 30 Jahren die Zahlung der Abgaben in Naturalien zugestand, womit der Kaiser auf die in dieser Region herrschenden Bedingungen Rücksicht nahm. Im Fall des 173

Themas Mesopotamia wissen wir, dass der dortige Strategos im 9./10. Jahrhundert sein Geld nicht aus Konstantinopel erhielt, sondern aus den Zolleinkünften dieser Provinz, womit anscheinend eine Praxis aus dem 5./6. Jahrhundert wiederbelebt wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass auch in anderen Provinzen zumindest zeitweilig ähnliche Regelungen herrschten, vor allem in der Krisenzeit vom 7. bis zum 9. Jahrhundert.13 Einen wesentlich höheren Anteil an den Ausgaben hatte die Militärverwaltung, da nicht nur dieVerwaltungsbeamten, sondern auch die Soldaten selbst regelmäßig besoldet werden mussten. Dies galt besonders für die frühbyzantinische Zeit, als das Heer sich großteils aus Söldnern zusammensetzte, die für ihre Dienste eine hohe Bezahlung forderten. Als ab dem 11. Jahrhundert wiederum Söldner die Kerntruppen stellten, wurden diese finanziellen Anforderungen erneut spürbar. In der Spätzeit war Byzanz nicht mehr reich genug, um genügend Söldner anwerben und auf Dauer besolden zu können. Da die eigene Bevölkerung den Rückgang an Söldnern nicht ausgleichen konnte, führte dies zu einem geradezu erschreckenden Rückgang der militärischen Schlagkraft des Reiches. Diese Schwäche wurde unter Andronikos II. sichtbar und reduzierte Byzanz fortan praktisch auf den Status eines Kleinstaates, der sich seiner äußeren Feinde kaum mehr erwehren konnte. Die mittelbyzantinische Zeit ist nach Auffassung vieler Forscher in dieser Hinsicht eine Ausnahme gewesen. Man nahm an, dass die auswärtigen Söldner im Rahmen der sogenannten Themenorganisation durch Reichsangehörige ersetzt wurden, die im Gegenzug für Kriegsdienst Land erhielten. Jedoch hat es weder eine bewusste Reform gegeben, durch die ein solches System eingeführt worden ist, noch ist vor dem 9. Jahrhundert eineVerbindung der »Soldatenbauern« mit der Heeresorganisation in den Provinzen nachweisbar. Die Problematik muss an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden, da sie im nächsten Kapitel ausführlich behandelt werden wird. Man kann aber die dortigen Ergebnisse im Vorgriff dahingehend zusammenfassen, dass es auch in der mittelbyzantinischen Zeit weiterhin Söldner gegeben hat und dass zudem die »Soldatenbauern« besoldet wurden. Das Zahlenverhältnis zwischen beiden lässt sich nicht mehr im einzelnen bestimmen, aber man kann wohl annehmen, dass sich sowohl die Kerntruppen eines jeden Themas als auch die Zentraltruppen (Tagmata), die den schlagkräftigen Kern der byzantinischen Feldarmee bildeten, im wesentlichen aus Söldnern bzw. regulär bezahlten Vollzeitsoldaten zusammengesetzt haben. Söldner dürften auch in der mittelbyzantinischen Zeit wenigstens ein Drittel 174

aller Truppen gestellt haben. Nimmt man z. B. die Armee, mit der Nikephoros II. Phokas 960/61 Kreta zurückeroberte, so entstammten die ausländischen Söldner nahezu allen Ländern in der näheren oder weiteren Nachbarschaft des Byzantinischen Reiches: Neben Reichsangehörigen fochten Slawen, Varäger (aus Skandinavien und Russland), Armenier und Angehörige diverser anderer Nationen, die in den Quellen nur summarisch angeführt werden. In den Kriegen auf dem Balkan setzte man gerne Söldner aus muslimischen Ländern ein, im Orient war es umgekehrt.14 Es dürfte auch im 9. und 10. Jahrhundert keinen einzigen größeren Feldzug gegeben haben, an dem nicht auch Söldner beteiligt waren. Aber nicht nur diese Söldner wurden ausnehmend gut bezahlt; auch die Themensoldaten selbst wurden kontinuierlich besoldet, und für die Teilnahme an Feldzügen scheint es zusätzliche Zahlungen gegeben zu haben. Doch ist auch hierVorsicht geboten!Von dem unglücklichen Feldzug des Konstantinos Gongylios im Jahre 949 gegen Kreta besitzen wir eine genaue Aufstellung der Kosten, aus der hervorgeht, dass die einzelnen Truppenteile durchaus unterschiedlich bezahlt wurden. Das Thema Thrakesion beispielsweise war – warum, wissen wir nicht – zur unentgeltlichen Teilnahme an diesem Feldzug verpflichtet. 800 Soldaten des Themas, die nicht mitzogen, hatten je eine Summe von vier Nomismata an den Fiskus zu zahlen (3 200 Nomismata = etwas über 44 Goldpfund), aus der neben anderen die Soldaten desThemas Charpezikion bezahlt wurden. Bei diesen handelte es sich allem Anschein nach um einen armenischen Fürsten mitsamt seinem Gefolge, denen diese Provinz wenige Jahre zuvor – wir wissen nicht, ob als Besitz oder als Stationierungsregion – zugewiesen worden war. Die einfachen Soldaten erhielten zwei Nomismata, die Unteroffiziere und Befehlshaber entsprechend mehr. Insgesamt nahmen 705 Mann aus diesem Thema teil, die dafür einen Extrasold in Höhe 1.784 Nomismata (= knapp 25 Goldpfund) erhielten. Die Kosten bei Feldzügen konnten also durchaus variieren und richteten sich auch danach, welche Truppenteile teilnahmen und wie deren Bezahlung geregelt war. Ein festes System ist nicht nicht erkennbar. Immerhin besitzen wir für die beiden Flottenexpeditionen gegen Kreta von 911 und 949 genaue Abrechnungen, die einige Schlüsse zulassen: An der Flottenexpedition des Jahres 911, die unter dem Kommando des Himerios stand, nahmen knapp 47 000 Soldaten, Ruderer und Matrosen teil, an derjenigen von 949 unter Konstantinos Gongylios rund 20 000 Personen. Der finanzielle Aufwand für beide Expeditionen betrug, bei aller Skepsis gegenüber den angegebenen Zahlen, jeweils zwischen 240 000 und 250 000 175

Nomismata (3 300 bis 3 500 Goldpfund). Allerdings waren Expeditionen zur See wegen des damit verbundenen Aufwands wahrscheinlich teurer als Feldzüge zu Lande, bei denen die eingesetzten Kräfte selten stärker als 10 000 bis 15 000 Mann waren. Leider sind diese beiden Flottenexpeditionen die einzigen, zu denen konkrete Zahlen vorliegen, und Rückschlüsse für Feldzüge zu Land sind problematisch.15 Die Bezahlung scheint sich nach Dienstalter und Dienstgrad gerichtet zu haben: je älter ein Soldat war, desto höher war sein Sold. Aus dem 9. Jahrhundert besitzen wir eine Aufstellung des arabischen Chronisten Ibn Khordabeh, derzufolge ein einfacher Soldat zu Beginn seiner Dienstzeit ein Nomisma pro Jahr erhielt. Im Lauf der Zeit stieg dieses Salär bis zu 18 Nomismata an. Unteroffiziere und Offiziere erhielten wesentlich mehr, von einem Goldpfund (= 72 Nomismata) bis zu zwölf Goldpfund, während der Strategos je nach der Größe seinesThemas ein Gehalt zwischen 24 und 40 Goldpfund erhielt.16 Aber auch hier sollte man sich davor hüten, von diesen Zahlen und den wenigen Beispielen und konkreten Angaben, die wir sonst noch kennen, auf das gesamte Reich zu schließen. Die Verhältnisse in den verschiedenen Regionen dürften zu verschiedenen Zeiten durchaus unterschiedlich gewesen sein, was sowohl von den ökonomischen Bedingungen in den einzelnen Provinzen als auch von den Zugriffsmöglichkeiten der Zentralregierung abhing. Ein einheitliches Bild ist eher den nachträglichen Systematisierungsversuchen geschuldet, als dass es den tatsächlichen Verhältnissen der mittelbyzantinischen Zeit entspräche. Das einzige, was wir mit einiger Sicherheit sagen können, ist, dass die Bauernsoldaten insgesamt erheblich weniger Sold empfangen haben dürften als die Söldner in den Epochen davor und danach. Trotzdem war die finanzielle Belastung für das geschrumpfte Reich in seinem Abwehrkampf gegen die Araber und in seinen dauernden Anstrengungen, auf dem Balkan und in Italien seine Position zu halten und zu verbessern, sicher nur unter Schwierigkeiten zu tragen.

Tribute und andere Militärausgaben Neben die Soldausgaben traten andere Zahlungen. So war Byzanz während seiner Geschichte öfter gezwungen, den Frieden von seinen Nachbarn mit hohen Tributzahlungen zu erkaufen, die oft mehrere tausend Goldpfund betrugen. Als ein Beispiel von vielen sei nur der Friedensschluss von 1108 mit dem Normannen Bohemund genannt, der diesem ein jährliches Gehalt von 200 Goldpfund ein176

trug, für die er dem Reich als Oberbefehlshaber im Osten dienen sollte. Der byzantinische Kaiser hielt damit die Fiktion aufrecht, dass dieserVertrag ein kaiserlich Gnadenbeweis sei und keinVertrag zwischen gleichgestellten Partnern, auch wenn es in der Realität eben doch eine Art von Tribut war, durch den Alexios I. Komnenos dem Risiko einer offenen Feldschlacht auswich.17 Die Beispiele ließen sich hier nachgerade beliebig vermehren. Ein solches Verhalten wurde in der Forschung noch bis in das 20. Jahrhundert hinein als unmännlich und feige getadelt, aber wenn man berücksichtigt, wie teuer ein Feldzug sein konnte – die beiden Flottenzüge gegen Kreta 911 und 949 kosteten, wie erwähnt, beide weit über 3 000 Goldpfund –, so kann man hier im Gegenteil eher eine pragmatische Politik sehen: Selbst ein erfolgreicher Feldzug kostete in der Regel mehr, als er einbrachte, und das Risiko einer Niederlage und der darauf unvermeidlich folgenden Plünderungen und Schäden durch die vorrückenden Feinde konnte die Kosten noch weiter in die Höhe treiben. Dagegen war ein Tributfrieden nicht nur weniger riskant, sondern auch billiger, hatte seinerseits allerdings den Nachteil, dass er die Feinde des Reiches zur Nachahmung aufforderte. Neben diesen eher unregelmäßigen Zahlungen gab es noch die normalen Kosten: Die Herstellung vonWaffen und anderem Kriegsmaterial in den staatlichen Werkstätten, das Züchten und Unterhalten von Reit- und Lasttieren und nicht zuletzt die Instandhaltung der Kriegsflotte erforderten einen erheblichen Aufwand. Besonders letztere erwies sich selbst in Friedenszeiten als ein Fass ohne Boden. In ihren besten Zeiten umfassten die Zentralflotte und die verschiedenen Provinzgeschwader weit über 100 Einheiten. Bedenkt man, dass ein mittelalterliches Holzschiff nur eine begrenzte Lebensdauer hatte – besonders in dem relativ warmen Mittelmeer, wo der Holzwurm wesentlich günstigere Bedingungen vorfand als im kalten Atlantik –, so waren die staatlichen Werften und Arsenale eigentlich ununterbrochen mit Neubauten und Reparaturen von Schiffen ausgelastet, ganz zu schweigen von denVerlusten durch Unwetter oder feindliche Einwirkung. So ist es kein Wunder, dass die Kaiser in den Zeiten, wo keine Gefahr vom Meer her zu spüren war, regelmäßig den Flottenbau vernachlässigten oder, besonders ab dem 12. Jahrhundert, auf das Anwerben von Söldnern und Schiffen setzten, die oft mit ihren ganzen Besatzungen für einen begrenzten Zeitraum in Dienst genommen wurden. Im 12. Jahrhundert waren dies vorwiegend Angehörige der italienischen Seestädte Venedig, Pisa und Genua. Aber dies hatte natürlich den Nachteil, dass man solche Schiffe kaum gegen ihre Herkunftsländer einsetzen konnte, so dass 177

Byzanz gerade im Vergleich zu seinen ärgsten Konkurrenten auf dem Meer immer weiter ins Hintertreffen geriet und schließlich im 14. und 15. Jahrhundert als Seemacht keine Rolle mehr spielte.18 Eine ebenfalls kontinuierliche Belastung bedeuteten der Bau und die Reparatur der Verteidigungsanlagen von Konstantinopel und den anderen Städten und Festungen des Reiches. Auch wenn dies zum Teil durch den Einsatz der lokalen Bevölkerung und bisweilen sogar der Armee geschah, bedeutete es trotzdem eine zumindest indirekte finanzielle Belastung.

Sonstige Ausgaben Der byzantinische Kaiser war von seiner Idee und von seinem Selbstverständnis her von Gott zur Herrschaft bestimmt, was heißt, dass der Schutz und die Förderung des christlichen Glaubens eine seiner wichtigsten Aufgaben war. Das schloss den Bau von Kirchen ebenso ein wie das Stiften von Klöstern und die Unterhaltung sozialer Einrichtungen wie Altersheime, Krankenhäuser und Hospize für Fremde. Es hat kaum einen Herrscher gegeben, der nicht in irgendeiner Weise auf diesem Gebiet gewirkt hätte. Die Stiftungen und sonstigen Privilegien für kirchliche Einrichtungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Byzantinischen Reiches, auch wenn nicht jeder Kaiser dermaßen große Kirchenbauten errichtete, wie es Justinian I. mit der Hagia Sophia getan hatte, deren Bau angeblich 3 200 Zentner Gold verschlungen haben soll und in der über 500 Kleriker Dienst taten, die regelmäßige Unterhaltszahlungen empfingen. Außerdem statteten die Kaiser die »Große Kirche«, wie sie auch hieß, mit zahlreichen Landgütern aus, von denen die meisten in der Umgebung der Hauptstadt lagen, aber einige auch weit entfernt, bis hin nach Italien und Syrien. Neben diese Zahlungen traten die Aufwendungen für die Bevölkerung Konstantinopels, die bei Laune zu halten eine unverzichtbare Vorsichtsmaßnahme jedes Kaisers sein musste. »Brot und Spiele« waren zumindest bis zum 7. Jahrhundert eine regelmäßige Einrichtung. Die Getreidelieferungen aus Ägypten fielen mit dem Verlust der Provinz im 7. Jahrhundert fort und wären wegen des Bevölkerungsrückgangs in der späteren Zeit wohl auch nicht mehr nötig gewesen. Die Spiele blieben, allerdings wurde das Ausmaß der Belustigungen heruntergefahren: Während es in der Spätantike bis zu 66 Rennveranstaltungen pro Jahr gegeben haben soll, von denen nicht wenige bis zu 24 Rennen am Tag umfassten, gab es im 10. Jahrhundert nur noch knapp zwölf Veranstaltungen mit nicht 178

mehr als acht Rennen pro Tag. Trotzdem gab es genügend Anlässe für Feste, die immer mit üppigen Geschenken an die Bevölkerung verbunden waren. Auch die Hofhaltung und das mit ihr verbundenen Zeremoniell waren kostenintensiv: Bei fast jedem seiner öffentlichen Auftritte verteilte der Kaiser Geschenke, auch wenn diese Geschenke manchmal in Form von Gegengeschenken gewissermaßen zurückerstattet wurden. Besonders bei Empfängen auswärtiger Gesandtschaften sparte man keine Kosten. Selbst die Ausstattung von Kirchen wurde eingesetzt, um die Gäste zu beeindrucken, und die bei solchen Gelegenheiten verteilten Gelder und anderen Geschenke erreichten Dimensionen, die an die Geschichten aus »1001 Nacht« denken lassen. Ihren Höhepunkt erreichten die Feste und die damit verbundenen Geschenke natürlich bei der Krönung eines neuen Kaisers oder auch bei Herrschaftsjubiläen, bei denen es aufwändige Feiern für die Bevölkerung gab und vor allem Extrazahlungen an die Soldaten und die anderen staatlichen Bediensteten, die die Höhe mehrerer Jahresgehälter erreichen konnten. In den Quellen häufige Erwähnung finden die persönlichen Ausgaben der Kaiser, derenVerschwendungssucht oft getadelt wird. Bei einzelnen Kaisern mag der Tadel zutreffen, aber insgesamt gesehen dürfte man den Anteil dieser Summen am Gesamtbudget eher vernachlässigen. Gefährlicher war es, wenn ein Kaiser dauerhafte Geschenke machte, also Landbesitz, Zolleinkünfte oder ähnliches verschenkte, das dann ihm selbst und seinen Nachfolgern fehlten. Aber dies war ein immanentes Problem der kaiserlichen Herrschaft, das auch durch gelegentliche Rückforderungen oder Konfiskationen kaum in den Griff zu bekommen war, besonders wenn es sich um Zuwendungen an die Kirche handelte, die nur unter Schwierigkeiten rückgängig gemacht werden konnten, wenn überhaupt. Auch dies dürfte eine der Ursachen für die Verarmung des Staates vor allem in den letzten Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte gewesen sein.

Die Höhe des Staatshaushalts Es ist eine beliebte Angewohnheit von Forschern, die Höhe des byzantinischen Staatshaushalts zu schätzen, wobei dieVermutungen in einer Art und Weise differieren, die in sich selbst schon wieder für 179

den Wert aussagekräftig ist, den solche Hypothesen haben. So hat beispielsweise J. B. Bury vor knapp 100 Jahren den Etat des Reiches um die Mitte des 9. Jahrhunderts mit etwa 45 bis 50 Millionen Nomismata veranschlagt. E. Stein nahm 1919 mit sechs Millionen eine erheblich niedrigere Summe an, A. M. Andréadès wiederum hielt Burys Schätzung für zu hoch, Steins für zu niedrig. Er selbst enthielt sich einer direkten Aussage, lag in der Einschätzung aber näher bei Stein. In ähnlicher Weise wie Stein schätzte M. F. Hendy 1985 das Budget zur Zeit Justinians I. auf fünf bis sechs Millionen. Vor 20 Jahren schließlich nahm W. T. Treadgold aufgrund ausgefeilter, aber höchst problematischer Berechnungen eine Höhe zwischen 2,9 und 3,7 Millionen Nomismata für die Mitte des 9. Jahrhunderts an, was heißt, dass er der Gesamtsumme von vornherein einen Unsicherheitsfaktor von rund 25 Prozent zugestand.19 Keine dieser Berechnungen ist vertrauenswürdig! Nicht, weil sie erwiesenermaßen falsch wären, sondern weil die Grundannahmen nicht beweisbar sind und auf letztlich rein subjektiven Einschätzungen beruhen. Das Grundproblem besteht darin, dass wir zwar manchmal Angaben über die Höhe einer bestimmten Steuer oder Abgabe haben, aber so gut wie nie darüber informiert werden, wie hoch nun tatsächlich die aus dieser Steuer resultierenden Einnahmen waren und wieviel davon die Zentrale oder zumindest die zuständigen Stellen erreichte. Dies gilt auch für die spätere Zeit, als der Staat die Steuern verpachtete und auf diese Weise zumindest theoretisch seinen Anteil sicherte. Die Quellen geben keine ausreichenden Informationen darüber, wie die erzielten Summen dorthin transferiert wurden, wo sie gebraucht wurden. Es ist einfach unwahrscheinlich, dass beispielsweise die Steuereinnahmen einer Provinz wie Kappadokien, das an der Grenze zum Kalifat in Südostkleinasien lag, regelmäßig nach Konstantinopel gebracht worden sind. Eine solche Praxis hätte wiederholte Transporte aus nahezu allen Reichsteilen bedeutet, für die es keine Anzeichen in den Quellen gibt, im Gegenteil: Wir wissen, dass der Sold der Thementruppen in regelmäßigen Abständen zu diesen Truppen gebracht wurde – in der Regel im Abstand von vier Jahren – und dass einige dieser Goldtransporte von Feinden überfallen und erbeutet wurden. Wären die in den Provinzen erhobenen Steuern in vergleichbarer Weise in die Hauptstadt gebracht worden, hätte es zweifellos ähnliche Überfälle gegeben, die von den Chronisten kaum verschwiegen worden wären. Es bleibt die Annahme, dass diese Steuern zumindest teilweise in der Provinz verblieben, wo sie eingezogen worden waren, und dort verbraucht oder gehortet wurden, bis sich für sie eine Verwendung ergab, etwa wenn der 180

Kaiser selbst in der Region weilte, Truppen auf dem Marsch Geldmittel brauchten oder andere Ausgaben geleistet werden mussten. Wie hoch diese Provinzsteuern waren, lässt sich nicht einmal schätzen. Dazu kamen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, Naturalabgaben und Dienstleistungen, deren Umrechnung in konkrete Geldsummen nicht einmal ansatzweise möglich ist. Aus dem 12. Jahrhundert haben wir einige Zahlen, die bezeichnenderweise aus ausländischen Berichten stammen: So soll Konstantinopel pro Jahr etwa 100 000 Goldpfund allein an Zöllen und Abgaben aufgebracht haben, während die Steuern Zyperns und Korfus sich auf 700 und 1 500 Goldpfund beliefen. Allerdings dürfte, wie schon oben gezeigt worden ist, zumindest die Angabe zu den Einkünften Konstantinopels weit übertrieben sein. Eine Hochrechnung verbietet sich in jedem Fall, da wir weder die Zahlen selbst überprüfen können – auf welche Quellen stützen sich unsere Autoren? – noch in der Lage sind, von ihnen auf die anderen Reichsprovinzen zu schließen.20 Ähnliches gilt für die Ausgaben. Treadgold nimmt beispielsweise an, dass die in manchen Ranglisten und Chroniken genannten Zahlen völlig korrekt seien, und rechnet sie dann auf den von ihm unterstellten gesamten Personalstand hoch. Aber die von ihm benutzten Zahlen bieten im besten Fall Momentaufnahmen, und wir wissen nicht einmal, ob sie von den Autoren nicht gerundet oder in ein zueinander passendes System gebracht worden sind, ganz abgesehen von den Ungenauigkeiten der handschriftlichen Überlieferung gerade bei Zahlzeichen. Kann man tatsächlich den Sollbestand einer Einheit mit dem Istbestand gleichsetzen? Das wäre ein ziemlich einmaliger Fall im Militärwesen überhaupt, vor allem, wenn man zusätzlich annimmt, dass dieser Pesonenbestand über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte gleichgeblieben ist. Eine solche Annahme geht nicht nur an der Realität vorbei, sie widerspricht auch dem, was wir aus den Quellen wissen, wenn sie denn einmal konkrete Zahlen liefern, wie es etwa bei den Abrechnungen über die beiden Flottenzüge gegen Kreta in den Jahren 911/12 und 949 der Fall ist. Hier gewinnt man den Eindruck, dass die byzantinische Armeeorganisation eher ein Flickwerk von einander ergänzenden ad-hoc-Maßnahmen war als eine durchorganisierte und genau aufeinander abgestimmte Einheit. Auch die Bezahlung der Truppen bietet hier ein völlig anderes Bild, als das von Treadgold angenommene. Eine Hochrechnung, die auf einer solch labilen Basis beruht, hat keinerlei Beweiskraft.

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Ebensowenig helfen die in diesem Zusammenhang gerne genannten Nachrichten über die Schätze weiter, die manche Kaiser hinterlassen haben sollen. So hat Kaiser Anastasios I. bei seinem Tod 518 angeblich einen Staatschatz in Höhe von 320 000 Goldpfund (= 23,8 Millionen Nomismata) hinterlassen. Kaiserin Theodora werden bei ihrem Sturz 855 durch ihren Sohn Michael III. mehr als 190 000 Goldpfund (= rund 13,7 Millionen Nomismata) gutgeschrieben, und Basileios II. soll ganze Gewölbe mit Gold gefüllt haben, das sich insgesamt auf rund 200 000 Goldpfund (= 14,4 Millionen Nomismata) belief. Auch in diesen Fällen ist die Genauigkeit der Quellen zu bezweifeln, zumal bei solchen Zahlen oft auch tendenziös sind: So haben Michael III. als Nachfolger Theodoras und Konstantin VIII., der auf seinen Bruder Basileios folgte, beide eine außerordentlich schlechte Presse, die praktisch jeden Bereich ihres Lebens und ihrer Herrschaft betrifft. Dazu passt dann auch die Anklage, sie hätten den von ihren sparsamenVorgängern angehäuften Reichtum sinnlos verprasst. Gleiches gilt für die Darstellung Justinians I. in Prokops »Geheimgeschichte«, in der dem Kaiser ebenfalls sinnlose Verschwendung vorgeworfen wird. Man wird gut daran tun, solche Nachrichten mit einer gehörigen Portion Misstrauen aufzunehmen. Wo man sie überprüfen kann, erweisen sie sich meist als falsch oder zumindest als hemmungslos übertrieben. Das gilt umgekehrt auch für die positiven Nachrichten über die jeweiligenVorgänger der auf diese Weise angeprangerten Herrscher und verstärkt das Misstrauern gegenüber den von den Chronisten angegeben Zahlen.21 Abschließend ließe sich sagen, dass es relativ leicht ist, die in den Quellen genannten Zahlenangaben zu extrapolieren, bis man das gewünschte Ergebnis ermittelt hat. Es wäre aber genauso leicht, andere Zahlen zu finden, auf deren Basis sich eine völlig andere Rechnung aufstellen und diese ebenso stringent beweisen ließe, besonders wenn man sich auf die literarischen Quellen stützen muss, wie es in Byzanz nun einmal unvermeidlich ist. So bleibt letztendlich nur das Eingeständnis, dass derlei Berechnungen nicht hilfreich sind. Wir müssen schlicht konstatieren, dass uns für eine Bestimmung des byzantinischen Staatshaushalts die notwendigen Daten fehlen.

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Kriegswesen und Armee

Vorbemerkung: Ökonomische Voraussetzungen Glaubt man einem der heute beliebten Ritterfilme, dann war Krieg im Mittelalter ein einfaches Geschäft: Auf die Nachricht eines feindlichen Angriffs rief der Herrscher die Seinen zu den Waffen, man sattelte die Pferde, und schon donnerte die Kavalkade das Tal hinab, der Schlacht und dem Ruhm entgegen. Von irgendwelchen Vorbereitungen ist nichts zu sehen. In Wirklichkeit war die Planung eines größeren Kriegszugs im Mittelalter außerordentlich aufwändig und beanspruchte die Ressourcen der betroffenen Regionen oft über das erträgliche Maß hinaus, auch wenn die Quellen das häufig verschweigen. Die Problematik lässt sich schon an einer einfachen Berechnung zeigen: Eine Armee muss versorgt und die notwendigen Versorgungsgüter müssen mitgeführt werden, wenn die Operationen nicht durch aufwändige Beschaffung im Lande selbst zu sehr behindert und verlangsamt werden sollen. Am Beispiel einer Kavallerieeinheit von 1 000 Mann kann man ohne weiteres die damit zusammenhängenden Probleme erkennen.1 Die Tagesration eines Mannes betrug ca. 1,3 Kilo (zuzüglich Wasser). Ein Pferd benötigte damals wie heute außer Grünfutter und Wasser ca. 2,2 Kilo Körnerfutter pro Tag.2 Da man an Ersatzpferden noch mindestens einViertel, also ca. 250 Stück, rechnen musste, verbrauchte die gesamte Einheit pro Tag insgesamt 4.050 Kilo an Proviant und Futter.3 Bei einer Versorgung über einen Zeitraum von 24 Tagen waren das rund 97 000 Kilo. Von dieser Last konnte ein Reiter, der ja auch noch seine sonstige Ausrüstung transportieren musste, nicht viel mehr als vier Kilo tragen. Es blieben also 93 000 Kilo, für die wiederum Transportmöglichkeiten bereitgestellt werden mussten. In Kleinasien waren dies vorwiegend Packtiere, da die Straßenverhältnisse für Wagen oft ungünstig waren. Als Tragelast für ein Maultier wurden ca. 96 Kilo gerechnet, von denen das Maultier seinerseits zwei Kilo Körnerfutter pro Tag verbrauchte, was heißt, dass man knapp 1 000 Maultiere benötigte. Die Zahl konnte natürlich variieren, da auch noch Ersatzpferde mitgeführt wurden, die ihrerseits Gepäck tragen konnten. Andererseits gab es außer der Verpflegung ja auch noch andere Versorgungsgüter (Zelte, persönliche Ausrüstung, Waffen etc.), so dass wir auf mehr als 2 500 Pferde und Lasttiere kommen. 183

Damit jedoch nicht genug: Außer Körnerfutter benötigten die Tiere auch noch Grünfutter, ein Maultier etwa 12 und ein Pferd etwa 14 Kilo auf der Weide, dazu 20 bzw. 30 Liter Wasser. Pro Tag war das einVerbrauch von über 32 000 Kilo Grünfutter und über 60 000 Liter Wasser. Es ist praktisch unmöglich, die konkrete Ergiebigkeit von Weideland in Byzanz im einzelnen festzustellen, da die Güte des Bodens zu unterschiedlich ist. Dennoch kann man annehmen, dass 50 Pferde etwa einen Hektar Weideland mittlerer Güte pro Tag verbrauchen, wofür sie etwa vier bis fünf Stunden benötigen. Bei 2 500 Tieren sind das ungefähr 50 Hektar, die zudem nicht allzu weit vom Marschweg entfernt liegen dürfen, da dies sonst die Marschgeschwindigkeit zu sehr herabsetzen und im Fall des Falles feindliche Angriffe zu sehr begünstigen würde. Hinzu kommt weiter, dass dieses Weideland in der Regel ja schon von der ansässigen Bevölkerung genutzt wurde und daher durch Überweidung auch nicht völlig ruiniert werden durfte. Man könnte jetzt noch vielerlei variieren: So könnte z. B. die Zahl der Packtiere durch die rechtzeitige Bereitstellung von Vorräten an dem Marschweg verringert werden. Man könnte eine zeitweilige Überlast der Reit- und Tragtiere annehmen. Bei der Infanterie könnte man davon ausgehen, dass die Soldaten einen Großteil ihrer Verpflegung selbst trugen usw., aber die Problematik dürfte auch so klar genug sein, vor allem wenn man bedenkt, dass es sich bei dem hier dargestellten Fall nur um eine relativ kleine Abteilung handelt. Wenn die gesamte Armee ausrückte, müssen die logistischen Probleme geradezu ins Gigantische gewachsen sein. Relativ bekannt und gut untersucht ist der Feldzug, der am 19. August 1071 bei Mantzikert in Ostanatolien im Desaster endete. Die Stärke der byzantinischen Armee betrug, wenn man der Schätzung Jean–Claude Cheynets folgt, rund 60 000 Mann, davon wahrscheinlich mindestens 15 000 Mann Kavallerie.4 Nach der oben angestellten Berechnung verbrauchte diese Armee pro Tag 78 000 Kilo, Wasser nicht eingerechnet. Angeblich führte man Verpflegung für zwei Monate mit, was einer Gesamtlast von über 4 500 Tonnen nur für die Soldaten bedeutet hätte. Für diese Menge allein wären über 30 000 Packtiere notwendig gewesen, zusammen mit den Pferden und Ersatzpferden der Kavallerie also mindestens 45 000 Tiere. Eine solche Menge hätte pro Tag rund 900 Hektar Weideland benötigt, außerdem 135 000 Liter Wasser. Ob die ökonomischenVerhältnisse Kleinasiens eine solche Belastung überhaupt hätten tragen können, ist zweifelhaft. Wenn die byzantinische 184

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Marschweg und »Versorgungskorridor« der Mantzikertarmee 1071

Armee tatsächlich mit einem solchen Tross 1071 nach Mantzikert marschiert wäre, dann hätte sie auf ihrem Weg – je nach den regionalen Verhältnissen – praktisch einen mindestens achtzig Kilometer breiten Korridor von sämtlichenVorräten, die dort erzeugt und gelagert wurden, leergeräumt.5 Wir müssen die hiermit zusammenhängenden Fragen nicht weiter diskutieren, denn aus dem Gesagten kann wohl auch so ohne Zweifel geschlossen werden, dass für den Marsch größerer Armeen umfangreiche Vorbereitungen erforderlich waren und dass die ökonomischen Möglichkeiten der byzantinischen Provinzen selbst dann bis auf ’s äußerste belastet wurden. Hier haben wir übrigens auch eine Erklärung für die großen Probleme, die die Heere der ersten drei Kreuzzüge bei der Durchquerung des byzantinischen Reiches hatten und die eben nicht, zumindest nicht in erster Linie, auf etwaige Böswilligkeit der Byzantiner zurückzuführen waren, sondern auf die logistischen Schwierigkeiten, die der Durchzug großer Heere, die zum Teil noch in kurzem Abstand aufeinander folgten, für die durchzogenen Gebiete mit sich brachte. Um eine möglichst schnelle Bewegung der byzantinischen Armee bei gleichzeitiger Entlastung für die durchzogenen Provinzen zu ermöglichen, hatte man Vorkehrungen getroffen. So brach nicht die ganze Armee von einem gemeinsamen Treffpunkt auf, sondern die verschiedenen Abteilungen stießen an bestimmten, vorher festgelegten, Punkten zu der Armee. Für den Marsch an die Ostgrenze waren dies Malagina und Dorylaion im Nordwesten Kleinasiens, Kaborkin und Koloneia in der Mitte, schließlich Kaisareia in Kappadokien und Dazimon im Norden der Halbinsel. Je nach dem konkreten Ziel konnten diese Sammelpunkte (aplekta) variieren.6 Durch solche und weitere Maßnahmen dieser Art konnte die Belastung für die Provinzen zumindest verringert werden, dennoch war der Aufwand enorm, besonders wenn der Kaiser selbst aufbrach, um den Kriegszug zu leiten. Auch hierfür besitzen wir eine Darstellung mit genauen Angaben, die hier der Kürze halber nur sehr summarisch zusammengefasst seien: Im Normalfall wurde die Unternehmung so rechtzeitig angekündigt, dass jeder Soldat seine Ausrüstung vorbereiten konnte. Besondere Vorkehrungen galten dem kaiserlichen Haushalt: Für seinen Transport ergingen konkrete Anforderungen an verschiedene Funktionäre. So hatte der Logothetes der kaiserlichen Herden (logothetes ton agelon) 200 Maultiere und Packtiere nach Malagina zu bringen, wo sich große Gestüte befanden. Diese Tiere, die im übrigen bezahlt wurden, wurden genau ausgesucht und mit dem kaiserlichen Brandzeichen markiert. 186

Weitere Würdenträger hatten ebenfalls Tiere zu stellen, denn allein für den Haushalt des Kaisers und das Gepäck und die Bagage der hohen Funktionäre wurden über 1 100 Packtiere benötigt. Die sehr genauen Anweisungen lassen ahnen, was für eine Anstrengung die Bereitstellung dieser Menge bedeutete. Die hohe Zahl erklärt sich dadurch, dass ja auch die übliche Regierungstätigkeit nicht für die Dauer des Feldzugs unterbrochen werden konnte, sondern – zumindest in eingeschränktem Maße – fortgesetzt werden musste. Auch der Marsch selbst war außerordentlich aufwändig: So wurden zwei kaiserliche Zelte mitgeführt, von denen eines bereits am frühen Morgen vorausgeschickt wurde, während das zweite erst nach dem Aufbruch des Kaisers niedergelegt und zum neuen Rastplatz gebracht wurde, so dass der Kaiser, wenn er sein Tagesziel erreichte, bereits den gewohnten Komfort vorfand. Dies galt nur, solange man sich im Reichsinneren aufhielt. Auf feindlichem Gebiet begnügte selbst der Kaiser sich mit einem einzigen Zelt! Die verschiedenen Vorkehrungen für Ausrüstung und Durchführung des Feldzugs füllen Seiten und zeigen, welchen logistischen Aufwand ein solcher Feldzug bedeutete.7 Bei maritimen Unternehmungen fiel das Transportproblem weniger ins Gewicht. Aber auch hier waren die Aufwendungen enorm: Im Jahre 911 unternahmen der Feldherr Himerios und im Jahre 949 Konstantinos Gongylios je einen Feldzug gegen das islamische Kreta. Folgt man den detaillierten Aufstellungen der Quellen, dann beteiligten sich praktisch alle Küstenprovinzen des Reiches mit Schiffen und Mannschaften oder stellten Einheiten ab, die in der Zwischenzeit den Küstenschutz wahrnehmen sollten und andere Aufgaben zu erledigen hatten, die normalerweise von den detachierten Verbänden übernommen wurden. Die Werkstätten in den Provinzen und in der Hauptstadt produzierten Waffen verschiedenster Art, die den normalen Bedarf weit überstiegen. Nicht zuletzt wurden auch verschiedene Einheiten der Landstreitkräfte bestimmt, die die Operationen auf Kreta nach der Landung übernehmen sollten. Mit ganz wenigen Ausnahmen erhielten alle beteiligten Soldaten Sonderzahlungen, die man in gewisser Weise als Aktivitätszulagen bezeichnen könnte. Trotzdem verliefen beide Expedition erfolglos. Das Landheer wurde geschlagen, und nur wenige Soldaten konnten sich auf die Schiffe retten. Die Unternehmen waren so teuer gewesen, dass man im Jahre 960, als Nikephoros Phokas, der damalige Oberbefehlshaber und spätere Kaiser, mit einer noch größeren Streitmacht von neuem gegen Kreta aufbrechen wollte, argumentierte, dass solche Anstrengungen zu teuer seien: Das Reich könne sich einen 187

solchen Aufwand nicht leisten. Nikephoros Phokas setzte sich darüber hinweg und eroberte nach mehrmonatigen Kämpfen die Insel. Wahrscheinlich retteten nur die Eroberung und die damit verbundene Beute aus den Schatzkammern der kretischen Emire das Reich vor einer schweren finanziellen Krise.8

Die Armee Die frühbyzantinische Epoche Die byzantinische Armee ist nicht zu irgendeinem Zeitpunkt neu geschaffen worden, sondern hat sich kontinuierlich aus der römischen weiterentwickelt. Im 4. Jahrhundert bestand sie, nach den Reformen Diokletians und Konstantins I., zum Teil aus lokalen Grenztruppen, deren Kampfwert nicht besonders hoch eingeschätzt wurde, und aus größeren, beweglichen und kampfkräftigen Einheiten, die an strategischen Punkten im Reichsinneren stationiert waren, von denen aus sie im Bedarfsfall schnell an die benötigten Stellen verlegt werden konnten, um feindliche Einfälle abzufangen. Die Schwerpunkte der Verteidigung im Ostteil des Reiches lagen einmal auf dem Balkan, wo im Westen (Illyricum) und im Osten (Thrakien) jeweils größere Truppen stationiert waren, die vor allem die Germanen und Hunnen in Schach halten sollten, dann im Osten (Oriens) an der Euphratgrenze gegen die Perser. Außerdem standen noch Abteilungen in der weiteren Umgebung der Hauptstadt Konstantinopel. Ein Großteil der Soldaten bestand aus Söldnern (foederati), die praktisch aus allen an das Reich angrenzenden Völkern angeworben wurden. Im 4./5. Jahrhundert zwangen die feindlichen Angriffe von beweglichen Nomadenvölkern dazu, die früher dominierende Infanterie durch berittene Verbände zu ergänzen und abzulösen. Im 6. Jahrhundert stellte die Kavallerie die Kerntruppen des Heeres. Damit einher ging eine starkeVerkleinerung der Heeresstärken. Die Armeen, mit denen Belisar und Narses die Reiche derVandalen und der Ostgoten eroberten, waren, mit den früheren Zahlen verglichen, geradezu erstaunlich klein. In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts verringerte die Zahl sich noch mehr, zum Teil wohl aufgrund des allgemeinen Bevölkerungsrückgangs aufgrund der großen Pest der vierziger Jahre, zum Teil aufgrund der knapper werdenden finanziellen Mittel und schließlich vielleicht auch, weil die Völker, aus 188

denen man früher in reichem Maße Söldner rekrutiert hatte, nicht mehr in demselben Maße wie früher zur Verfügung standen. Verwaltungstechnisch gesehen war die frühbyzantinische Zeit von einer Trennung zwischen Militäradministration und der zivilen Provinzverwaltung gekennzeichnet, wodurch die Kaiser militärische Usurpationsversuche erschweren wollten. Im 6. Jahrhundert wurde diese strikte Trennung gelockert, ohne dass man sie jedoch ganz aufgegeben hätte. Demselben Zweck diente dasVerbot für Soldaten, in ihren Stationierungsgebieten Grundbesitz zu erwerben. Wie effektiv dieses Verbot gewesen ist, lässt sich freilich nicht mehr sagen. Schwierig ist eine Beurteilung der Kampfbereitschaft der Armee in dieser Zeit. Wie bei Söldnern nicht anders zu erwarten, hing sie in großem Maße von der Zahlungsmoral der Regierung ab, zum Teil auch von der Hoffnung auf Beute und der Angst vor schlechter Versorgung und starken Feinden. Die Neigung zu undiszipliniertem Verhalten und zu Meutereien wird immer wieder in den Quellen thematisiert, im 6. Jahrhundert vor allem in den endlosen Kriegen gegen Persien und auf der Balkanhalbinsel. Die Chronisten geben oft den unfähigen Anführern die Schuld, was manchmal zutreffen mag, aber die strukturellen Schwächen einer Söldnerarmee überdeckt. Insofern ist auch der Sturz des Kaisers Maurikios 602 durch die meuternde Donauarmee nicht aus dem Nichts gekommen, sondern hatte sich in den Jahrzehnten zuvor schon mehrfach angekündigt. Ein weiteres Kennzeichen dieser Epoche war der Umstand, dass die meisten Kriege an den Grenzen ausgefochten wurden. Eine Ausnahme bildete hier eigentlich nur der Balkanraum, in dem es nicht möglich war, die Donaugrenze zu einer undurchdringlichen Barriere gegen die einfallenden Germanen und später Avaren und Slawen zu machen. Aber die Provinzen Kleinasiens, Syriens und Ägyptens wurden von äußeren Angriffen vergleichsweise wenig beunruhigt.

Die mittelbyzantinische Zeit Der wohl wesenlichste Unterschied zur frühbyzantinischen Epoche ist die fortschreitende Militarisierung des Reiches, die dadurch erzwungen wurde, dass die Feinde – in erster Linie die Araber im Osten und Slawen, Avaren und später Bulgaren auf dem Balkan – die früheren Grenzbarrieren durchstießen und den Krieg bis in die innersten Winkel des Reiches trugen. Dies hatte Folgen für die Organisation der Verteidigung und, damit verbunden, für die Vertei189

lung der Soldaten. In den ersten zehn Jahren der Regierungszeit des Herakleios ging die Donaugrenze endgültig verloren, und Byzanz wurde für mehr als ein Jahrhundert auf einige Küstenregionen zurückgedrängt. Nach demVerlust Syriens, Palästinas und Ägyptens an die Araber blieb Kleinasien das einzige verbliebene Kernland, dessen Verteidigung für rund 200 Jahre zur Hauptaufgabe der byzantinischen Armee wurde. In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts und auch den größten Teil des 8. Jahrhunderts hindurch war Kleinasien Ziel fast jährlich stattfindender Einfälle, die praktisch jeden Punkt der Halbinsel erreichten. Da die Araber die Grenzverteidigung beinahe nach Belieben durchstießen, wurde es notwendig, auch die Städte im Reichsinneren zu befestigen und dort Soldaten zu stationieren. Ein weiteres Problem ergab sich daraus, dass die arabischen Armeen in der offenen Feldschlacht fast unüberwindlich waren. Andererseits gerieten die schnellen, vorwiegend berittenen Truppenverbände der Araber fast immer in ernsthafteVersorgungsschwierigkeiten, wenn sie sich länger an einem Ort aufhalten mussten. Die byzantinische Strategie passte sich an diese Bedingungen an: Vor allem während der Jahre zwischen 660 und 720, als die militärische Überlegenheit der Araber eklatant war, entwickelte man ein System, das offene Feldschlachten nach Möglichkeit vermied und darauf setzte, die festen Plätze zu halten und die arabischen Invasoren in einer Art Guerillakrieg zu beunruhigen, so dass sich die durch sie verursachten Zerstörungen in Grenzen hielten. So konnten die Araber zwar praktisch die gesamte Halbinsel mit Einfällen überziehen, aber die Eroberung byzantinischer Städte und Festungen gelang doch relativ selten, und wenn ja, reagierten die Griechen und versuchten die Rückeroberung, zumeist mit Erfolg. Hierzu trugen entscheidend auch die geographischenVerhältnisse bei. Die schwersten Einfälle kamen von Syrien her, und hier boten die Gebirgszüge von Tauros und Antitauros eine Barriere, die vor allem im Winter für ein größeres Heer oft unüberwindbar war, so dass die arabischen Armeen zwar von Frühling bis Herbst nach Byzanz einfallen konnten, sich im Winter aber regelmäßig wieder zurückzogen, was den Byzantinern Zeit gab, die Verteidigung wieder zu organisieren und die erlittenen Schäden auszugleichen.9

Die »Themenorganisation« Die beschriebeneVerteidigungsstrategie hatte Auswirkungen auf das gesamte Kriegswesen der Byzantiner. Die neue Kriegsführung erforderte nicht mehr große Heere, sondern setzte auf Territorialver190

teidigung mit kleinen, oft ortsgebundenenVerbänden sowie auf eine effektive Provinzverwaltung, die dafür sorgte, dass die Bevölkerung sich rechtzeitig in feste Plätze oder unzugängliche Gebiete zurückziehen konnte, und die verhinderte, dass die eingefallenen Truppen sich über große Gebiete ausdehnen konnten, um ihre Nachschubprobleme zu lösen. Hierfür war die alte Provinzverwaltung mit ihrer Trennung von Zivil- und Militäradministration zu schwerfällig, und so sehen wir, wie ja auch schon in den vorangehenden Kapiteln erwähnt, in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts neue Verwaltungsbezirke entstehen, die zunächst den Rückzuggebieten der byzantinischen Truppen in Kleinasien entsprechen: Diese Provinzen wurden als »Themata« (im Deutschen auch: Themen) bezeichnet, nach den in diesen Gebieten stationierten Truppen: Das Thema Anatolikon konzentrierte sich auf die Abwehr der von Syrien einfallenden Araber. Das Thema Armeniakon sicherte die Provinzen gegen Armenien hin, während das Thema Thrakesion das westliche Kleinasien schützte. Im Nordwesten lag das Thema Opsikion, das während des späten 7. und des frühen 8. Jahrhunderts zugleich die Rolle einer Reserveeinheit für die anderen Themen spielte und den Weg nach Konstantinopel verteidigte. In gewisser Weise stellte es in dieser Zeit auch die Elitetruppen der Armee. Etwa ab der Mitte des 8. Jahrhunderts verlor das Opsikion als zentrale Einheit an Bedeutung und wurde durch die Tagmata ersetzt: Eliteeinheiten, die ursprünglich zur kaiserlichen Garde gehörten, nun aber erheblich erweitert wurden und in den folgenden zwei Jahrhunderten den Kern der Armee besonders bei großen Offensivoperationen bildeten. Zugleich sollten sie ein Gegengewicht gegen die großen Militärkommandos in den Provinzen bilden und auf diese Weise die Herrschaft der Kaiser in Konstantinopel stabilisieren.10

Die Soldatengüter Kennzeichnend für die mittelbyzantinische Zeit ist die Existenz von Soldatengütern (stratiotika ktemata). Bei diesen Besitzungen handelt es sich um Ländereien, die entweder von Soldaten bewirtschaftet wurden oder umgekehrt von Bauern, die neben ihren agrarischen Tätigkeiten auch in einem bestimmten Umfang Kriegsdienst leisteten. Man hat diese »Soldatenbauern« früher in Verbindung mit der »Themenorganisation« gebracht, d. h. der Einrichtung von Militärprovinzen, in der militärische und zivile Leitung in einer Hand vereinigt war. Jedoch wird diese Theorie unterdessen nur noch von wenigen vertreten, während allgemein eine 191

allmähliche Entwicklung angenommen wird, nicht eine zentral gesteuerte, punktuelle Reform. Aber selbst wenn man eine solche Reform annähme, so gibt es trotzdem keinerlei Quellennachrichten für eine Verbindung zwischen der administrativen »Themenreform« und der Institution der Soldatenbauern. W. T. Treadgold glaubt, dass die Soldaten, die bis dahin regulär bezahlte Vollzeitsoldaten gewesen seien, im 7. Jahrhundert auf verlassenem Staatsland angesiedelt worden seien. Dieses Staatsland habe sich nach dem 6. Jahrhundert erheblich vermindert und müsse daher an die Soldaten gegeben worden sein. Als Zeit nimmt Treadgold die Jahre 659– 662 an. Seine Hypothese leidet allerdings daran, dass keine einzige Quelle diese, immerhin massive, Reform erwähnt. Treadgold erklärt dies damit, dass es sowieso für diese Epoche nur wenige Quellennachrichten gebe, so dass das Schweigen nichts aussage. Bei einer solchen Argumentation ist eigentlich keine ernsthafte Diskussion mehr möglich, denn dann ist letztendlich alles eine Sache der eigenen Überzeugung.11 Tatsächlich ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die Kaiser in den fünfziger oder sechziger Jahren des 7. Jahrhunderts, ganz zu schweigen von den drei Jahren zwischen 659 und 662, eine solche Reform durchgeführt haben. Abgesehen davon, dass dies allein schon aus technisch-administrativen Gründen heraus unmöglich gewesen sein dürfte, ist zu fragen, ob es in dieser Zeit höchster militärischer Anspannung überhaupt denkbar gewesen wäre, die Kampfkraft der Vollzeitsoldaten durch eine gleichzeitige Ansiedlung und Beschäftigung als Bauern zu schwächen. Ebenso fraglich ist, ob die Soldaten ihrerseits überhaupt Sinn darin gesehen hätten, unter Beibehaltung ihrer militärischen Dienstpflicht jetzt auch noch Boden zu bewirtschaften und eine Familie zu gründen, die sie unmittelbar danach schon wieder für militärische Unternehmungen hätten verlassen müssen. Zusammen mit dem völligen Schweigen der Quellen über eine solche »Reform« scheinen mir diese Überlegungen ausreichend zu sein, um Treadgolds Thesen abzulehnen. Das ändert nichts daran, dass wir uns über viele Einzelaspekte der Entwicklung in dieser Zeit nach wie vor nicht im klaren sind. So besteht kein Zweifel daran, dass der staatliche Anteil am Grundbesitz in der frühbyzantinischen Zeit wesentlich höher gewesen zu sein scheint, als es in der mittelbyzantinischen Zeit der Fall gewesen ist. Ob der Menschenmangel während des 7./8. Jahrhunderts dazu geführt hat, dass diese Domänen schlichtweg verlassen und aufgegeben wurden, können wir nicht mehr mit ausreichender Sicherheit sagen, weil der Quellenmangel allenfalls Spekulationen erlaubt. 192

Die wenigen Nachrichten, die wir aus den oft widersprüchlichen Quellen gewinnen, erwecken den Eindruck, dass es sich bei der Entwicklung der Soldatengüter wahrscheinlich um einen längeren Prozess gehandelt hat, der sich aus der Situation ergab und der von den Kaisern notgedrungen geduldet, aber nicht eigens gefördert wurde. Die im Vergleich zu früher lange Stationierungsdauer führte dazu, dass auf der einen Seite Soldaten ihren Sold in Land anlegten und wohl auch in lokale Bauernfamilien einheirateten und dass andererseits manche Angehörige von Bauernfamilien in die Armee eintraten und dort Karriere machten. Beides dürfte in einer Zeit großen Menschenmangels durchaus erwünscht gewesen sein, wenngleich solche Soldaten natürlich nicht die Kampfkraft von reinen Vollzeitsoldaten besaßen. Da die Vollzeitsoldaten sich auf lange Zeit verpflichten mussten und diese Dienstpflicht gegebenenfalls auch an ihre wehrfähigen Nachkommen weitergeben konnten, wenn sie selbst nicht mehr Kriegsdienst zu leisten imstande waren, war es nur folgerichtig, dass diese Dienstpflicht sich zum Teil nicht nur an den Soldaten, sondern im Lauf der Zeit auch an das von ihm und seinen Angehörigen bewirtschaftete Land knüpfte, vor allem dann, wenn die Dienstpflicht, wie dies bisweilen geschah, durch Geld abgelöst werden konnte. Als dann die Kaiser aus Sorge um die Sicherstellung der Steuern und auch der Wehrkraft der Bauernsoldaten damit begannen, das Land der Soldatenbauern unter Schutz zu stellen, war es unvermeidlich, dass die Dienstpflicht jetzt auch offiziell mit dem Land des Soldaten verbunden wurde. Bezeichnenderweise finden wir zweifelsfreie Hinweise auf dieseVerbindung erst im 10. Jahrhundert, während sie zuvor, als der Druck der »Mächtigen« noch nicht so groß war, dass er staatliche Gegenmaßnahmen erfordert hätte, in den Quellen nicht auftauchen. Geholfen hat es allerdings nicht viel. Spätestens ab dem 11. Jahrhundert sind die meisten Soldatenbauern verschwunden, nachdem sie, ebenso wie ihre zivilen Nachbarn, dem Druck der adligen Großgrundbesitzer hatten nachgeben müssen. Die meisten hatten ihr Land verkauft oder sich mitsamt ihrem Eigentum in den Schutz eines Großgrundbesitzers begeben, was zwar eine Einschränkung der persönlichen Freiheit mit sich brachte, aber eben zugleich eine sichere Existenz ermöglichte. Man hat in der Forschung früher versucht, in den Änderungen des 7./8. Jahrhunderts eine systematische Reform zu sehen, und von der sogenannten »Themenorganisation« gesprochen. Einige Forscher tun dies heute noch.12 Aber abgesehen davon, dass eine bewußte »Reform« dieses Umfangs mehr Spuren in den Quellen hinterlassen haben müsste, wäre zu fragen, ob ein mittelalterliches 193

Regierungssystem überhaupt zu einer derartigen Anstrengung in der Lage gewesen wäre. Tatsächlich kann man selbst in der Blütezeit der »Themenorganisation« kaum von einem System im heutigen Sinne sprechen. Weder war sie einheitlich im ganzen Reich verbreitet, noch so durchorganisiert, wie wir uns das gerne zurechtkonstruieren. Wahrscheinlicher ist, dass dieses »System« sich aus einer Reihe von Einzelfallentscheidungen heraus unter dem Druck der Umstände mehr oder weniger von selbst entwickelt hat, in gewisser Weise wohl auf der Basis vonVersuch und Irrtum, bis es – mit zahlreichen Unterschieden – im größten Teil des Reiches galt. Eine grundsätzliche und theoretisch durchdachte Systematisierung hat es mit Sicherheit nicht gegeben, wie man an einem schon eingangs angeführten Beispiel gut zeigen kann: Im Jahre 949 unternahm Konstantinos Gongylios einen groß angelegten Flottenzug gegen Kreta, der allerdings in einem Desaster endete. Die Ausgaben für diesen Feldzug sind im einzelnen festgehalten. Aus ihnen kann man klar erkennen, dass es keine einheitliche Regelung gab. So war z. B. das Thema Thrakesion verpflichtet, an der Expedition teilzunehmen. Es waren aber nur 150 Mann beteiligt, während die anderen daheim blieben und als Ersatz pro Mann eine Summe von vier Nomismata abführen mussten, aus der die teilnehmenden Soldaten des Themas Charpezikion bezahlt wurden. Eine Wahlmöglichkeit scheinen die Soldaten des Thrakesion nicht gehabt zu haben. Grundsätzlich hatten die Soldaten Anspruch auf einen Extrasold für die Teilnahme an der Expedition. Warum dies für die Soldaten von Thrakesion nicht galt, wissen wir nicht. Umgekehrt waren die Soldaten des Themas Charpezikion offenbar nicht zur kostenlosen Teilnahme verpflichtet. Wahrscheinlich handelt es sich sogar um gar keine normalen Themensoldaten, sondern um armenische Söldner, die unter ihrem Feudalherrn nach Byzanz gekommen waren und in dem Gebiet von Charpezikion Ländereien erhalten hatten. Für die auf der Expedition engagierten Soldaten übernahmen wieder andere ihre eigentlichen Aufgaben, so dass man eher den Eindruck hat, dass hier nach den konkreten Umständen und nicht auf der Grundlage eines ausgearbeiteten Systems entschieden wurde. Wir können auch nicht durchgängig von »Bauernsoldaten« sprechen, die normalerweise ihre Felder bestellten und gelegentlich in den Krieg zogen. Spätestens im 10. Jahrhundert handelte es sich bei ihnen um kleine oder mittlere Grundbesitzer, nicht unähnlich den Rittern im Lateinischen Europa, denen sie auch in der Bewaffung und Ausrüstung ähnlich waren. Unter Nikephoros II. Phokas wurde der Minimalwert eines Soldatengutes von vier auf zwanzig Gold194

195

Kreta

Athen

Samos

M i t t e l m e e r

Kibyrrhaioton

Thrakesion

Attaleia

Zypern

Tarsos

M e e r

Damaskus

Laodikeia

Antiocheia

Adana

Armeniakon

S c h w a r z e s

Anatolikon

Opsikion

Konstantinopel

Thrakien

Abydos

Ephesos

Chios

Lesbos

Lemnos

Euboia

Hellas

Korinth

Theben

Thessalonike

Adrianupolis

Die Themenorganisation im 8. Jahrhundert

S

N

pfund angehoben. Aus diesem »Kerngut« durfte nichts mehr abgegeben werden. Ein Gut dieser Größe war kein kleiner Bauernhof mehr, sondern ein mittleres Landgut. Ob diese Bestimmung allerdings im ganzen Reich durchgesetzt wurde, wissen wir nicht. Auch hier werden die Unterschiede beträchtlich gewesen sein. Aber die Ausrüstung eines schwer bewaffneten Reiters war teuer, und das Training eines solchen Kavalleristen dürfte auch zeitlich aufwändig gewesen sein, so dass man annehmen kann, dass es genügend Knechte und andere Bedienstete gab, die das Gut während der Abwesenheit des Besitzers bewirtschaften konnten. Trotz dieser Maßnahmen kann man nicht, wie es früher manchmal der Fall war, davon sprechen, dass die byzantinische Armee im 10. Jahrhundert nur aus »einheimischen« Soldaten bestanden hätte. Ein wesentlicher Bestandteil des Heeres wurde nach wie vor von ausländischen Söldnern gebildet. Unter Basileios II. waren die »axttragenden« Varäger, die dem Kaiser von dem Großfürsten von Kiev zur Verfügung gestellt worden waren, die ausgesprochene Elitetruppe, der Basileios den Sieg über seine inneren und äußeren Feinde verdankte.13 Ab dem beginnenden 11. Jahrhundert verringerte sich die Zahl der »Themensoldaten«, und die Kaiser griffen wieder mehr auf ausländische Söldner zurück, die schließlich die kampfkräftigsten Einheiten der kaiserlichen Armee stellten. Erklärungen hierfür gibt es einige: Einmal war es der Druck des grundbesitzenden Adels in den Provinzen, der sich dort auf Kosten der kleineren Grundbesitzer ausdehnen wollte. Die Versuche der Kaiser, dies zu verhindern, hatten nur teilweise Erfolg. Daneben bot die Anwerbung von auswärtigen Söldnern den Kaisern aber auch ein Instrument gegen den wachsenden Einfluss des Adels. Schließlich scheinen die gewachsenen Ansprüche an die Armee, besonders an die gepanzerte Kavallerie, auch die Rekrutierungsmöglichkeiten innerhalb des Reiches erschöpft zu haben.

Pronoia und Charistikariat In der Komnenenzeit bildeten lateinische Soldritter den Kern der byzantinischen Armee. Damit hielten auch in Byzanz westlicheVertragsformen Einzug. Im allgemeinen scheinen die Ritter mit Geld bezahlt worden zu sein. Es gab aber, zumindest vereinzelt, auchVergaben von Land oder Einkünften aus Landbesitz. Dies hatte es modifiziert auch schon im 10./11. Jahrhundert gegeben, als z. B. die Verwaltung von Klöstern – und damit, auch wenn das ursprünglich nicht beabsichtigt gewesen war, der Genuss ihrer Einkünfte – durch 196

Laien angeordnet werden konnte. Dieser, Charistikariat genannten, Institution folgte im Laufe des 12. Jahrhunderts die Pronoia, bei der zunächst die Einkünfte von Landgütern, später auch die Güter selbst, vom Kaiser vergeben wurden. Zunächst geschah dies für einen begrenzten Zeitraum, später auf Lebenszeit des »Pronoiars« und schließlich konnten auch die Erben den Besitz übernehmen. Die Ähnlichkeit mit dem westlichen Lehnssystem ist unverkennbar, auch wenn die ideellen und formalen Komponenten (Ritterschlag, Eidesleistung etc.) fehlen, so dass sich in Byzanz keine dem Ritterstand vergleichbare Schicht entwickelt hat.14 Auch hier kann man nicht von einer bewussten Einführung der Pronoia sprechen, sondern sie dürfte sich, von Einzelfällen ausgehend, langsam ausgebreitet haben. Erste Hinweise haben wir schon im ausgehenden 11. Jahrhundert, auch wenn sie noch nicht sicher sind. Im Laufe des 12. Jahrhunderts vermehren sie sich, vor allem wenn Lateiner betroffen waren. Besonders Manuel I. Komnenos scheint die reguläre Besoldung in großem Maße durch die Vergabe von Land ersetzt zu haben, worüber der Chronist Niketas Choniates lebhafte Klage führt. Selbst Lehen im westlichen Sinne sind von ihm ausgegeben worden, wie wir entsprechenden Berichten in den lateinischen Quellen entnehmen können. 15 Nach 1204 wurden diese Maßnahmen dann geradezu zur Regel, besonders als der Staat in immer größere Finanznot geriet. Hier schien die Vergabe eines Landguts »in pronoia« eine Möglichkeit zu bieten, die Militärkraft zu erhöhen, auch wenn die finanziellen Mittel knapp waren. In gewisserWeise war das natürlich eine Milchmädchenrechnung, da für die Zukunft eben auch die Einnahmen aus diesem Land ausfielen. Aber in der langfristigen Planung unterschieden sich die byzantinischen Politiker nicht sehr von den heutigen und verschoben Probleme gerne auf später.

Struktur und Organisation Der Oberbefehl über die Armee war nicht einheitlich geregelt. Wenn der Kaiser nicht selbst ins Feld zog, konnte er nach Belieben einen oder mehrere Befehlshaber ernennen, die nicht einmal unbedingt Militärs zu sein brauchten. Die Nähe zum Kaiser war wichtiger. Im 9. und vor allem 10. Jahrhundert avancierte der Domestikos der Scholen zum höchsten Militär des Reiches, der in der Regel die Armee führte, wenn der Kaiser nicht selbst beteiligt war. Später wurde dieses Kommando geteilt, so dass es jeweils einen Domestikos (der Scholen) des Ostens und des Westens gab. Bei den Scholen 197

(Scholai) handelte es sich ursprünglich um die Garderegimenter des Kaisers, so dass man auch hier sieht, wie entscheidend die jeweilige Nähe zum Kaiser für die Bedeutung eines Amtes war. In der mittelbyzantinischen Zeit wurden diese ursprünglichen Garderegimenter erweitert und entwickelten sich zum Kern der byzantinischen Feldarmee. Die einzelnen Provinzen (Themata) waren ihrerseits in Einheiten unterteilt, die jeweils einem Turmarches unterstanden, während an der Spitze des ganzen Themas der Strategos stand. Dieser Strategos vereinigte die militärische und zivile Gewalt in seiner Hand. Die Zahl der ihm unterstellten Offiziere richtete sich nach der Größe des Themas. Nimmt man einen arabischen Chronisten aus dem 9. Jahrhundert, dessen Aufstellung allerdings etwas schematisch wirkt, dann gliederte ein Thema in Stärke von 10 000 Mann sich im allgemeinen in zwei (je nach Größe manchmal auch drei) Turmai, die unter je einem Turmarches standen und je 5 000 Mann umfaßten. Darunter kamen zehn Drungarioi (auch Chiliarchen genannt), die jeweils 1 000 Mann kommandierten, dann 50 Komites (auch: Pentarchen) mit jeweils 200 Mann. Unter diesen standen 250 Pentekontarchen, die vierzig Mann befehligten, und 1 000 Dekarchen mit jeweils zehn Mann. Insgesamt kamen also etwas über 1 300 Offiziere und Unteroffiziere auf ca. 10 000 einfache Soldaten. Dazu traten zahlreiche Funktionäre mit Sonderbefugnissen in bestimmten Bereichen, wie z. B. dem Küstenschutz, der Leibwache des Strategos und anderen mehr. In der Grenzregion gab es kleinere Militärbezirke, die bestimmte Grenzabschnitte kontrollierten, die sogenannten Kleisouren. Ab dem 10./11. Jahrhundert wurden mehrere Themen unter einem Oberbefehl zusammengefasst. Oberkommandierender einer solchen Einheit war dann ein Katepano, etwa in Unteritalien, oder ein Doux, wie z. B. in Nordsyrien. Dies galt besonders in unruhigen Grenzregionen, wo die lokalen Kräfte zusammengefaßt werden mussten. Befehligte ein Strategos verschiedene Themata, wurde er gerne als Monostrategos bezeichnet, doch geschah dies zumeist auf einzelnen Feldzügen, selten über einen längeren Zeitraum hinweg.16

Die Flotte Wie die Armee zerfiel auch die Flotte in eine kaiserliche Zentralflotte, die in und um die Hauptstadt stationiert war, und in die Geschwader der verschiedenen Küstenprovinzen. DieVerwendung des »Griechischen Feuers« scheint zunächst der Zentralflotte vorbehal198

ten gewesen zu sein. Ab dem 10. Jahrhundert finden sich jedoch Hinweise darauf, dass auch die Provinzflotten dieseWaffe benutzten. Ihre beste Zeit hatte die byzantinische Flotte im 10. Jahrhundert, als sie zeitweise das östliche Mittelmeer beherrschte. Im 11. Jahrhundert zerfiel sie, und im 12. Jahrhundert stützten die Kaiser sich weitgehend auf die Flotten der italienischen Seestädte und auf dort angeworbene Soldschiffe, um die maritimen Interessen des Reiches zu wahren. Als die politische Entwicklung in den siebziger und achtziger Jahren des 12. Jahrhunderts zur Konfrontation zwischen den italienischen Seestädten und Byzanz führte, standen die Kaiser plötzlich vor dem Problem, dass ihre Flotte ohne die italienischen Seestädte zu schwach war, um sich gegen diese und gegen die übrigen Feinde behaupten zu können, und für einen konsequenten Neuaufbau fehlten Geld und Personal. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts war das Reich auf dem Meer praktisch nicht mehr präsent. Dieser Zustand sollte sich auch in den letzten beiden Jahrhunderten der byzantinischen Geschichte nicht mehr bessern. Der Grund für diese Vernachlässigung, die in der Rückschau geradezu katastrophal wirkt, muss zweifellos in den enormen Kosten gesucht werden, die Bau und Unterhalt von Kriegsschiffen verschlangen. So kann man immer wieder sehen, dass die Byzantiner dann eine starke Kriegsflotte unterhielten, wenn sie in ihren eigenen Gewässern herausgefordert wurden, dass sie in ihren Anstrengungen aber regelmäßig nachließen, wenn diese Bedrohung wieder vorüber zu sein schien.17

Kampfkraft und Truppenstärken Von den Lateinern vor allem der Kreuzzugszeit wurde die Kampfkraft der byzantinischen Truppen äußerst gering eingeschätzt. Umgekehrt gestanden die byzantinischen Autoren den westlichen Rittern zwar eine unaufhaltsame Wucht in der Attacke zu, kritisierten aber ihre mangelnde Disziplin. In gewisser Weise wird die Überlegenheit der »lateinischen« Kavallerie gegenüber der byzantinischen dadurch bestätigt, dass die Anwerbung lateinischer Ritter ab dem 11. Jahrhundert stark zunahm. Daneben genossenVaräger aus Skandinavien/Russland, die später zum Teil auch durch Angelsachsen ergänzt wurden, einen guten Ruf.18 In den Auseinandersetzungen mit ihren Nachbarn wechselten Erfolge der Byzantiner mit schweren Niederlagen. Im 7. und 8. Jahrhundert waren die Araber im Feld weit überlegen, ab dem 9. Jahrhundert begannen die Byzantiner aufzuholen, um in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts dann eine dominierende Stellung einzu199

nehmen, die sich auch in den Erfolgen ihrer Armeen widerspiegelt. Freilich hatte das Kalifat zu dieser Zeit seinen Zenit schon weit überschritten, und die byzantinischen Truppen hatten es nur noch mit vergleichsweise schwächeren Gegnern zu tun. Als mit den Seldschuken im 11. Jahrhundert ein neuer Gegner erschien, ging es mit der militärischen Dominanz von Byzanz schnell bergab. Auf dem Balkan waren vor allem die Bulgaren ein Gegner, dem es trotz seiner prinzipiellen Unterlegenheit an Ressourcen sowie an der Zahl der Soldaten und wohl auch trotz einer schlechteren strategischen und taktischen Ausbildung immer wieder gelang, den Byzantinern schwere Niederlagen zuzufügen. Dass Byzanz sich in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts schließlich doch durchsetzte, lag wohl vor allem daran, dass die Ostgrenze nicht mehr so bedroht war, so dass die Kaiser ihre ganze Macht gegen die Bulgaren einsetzen konnten. Wie bei mittelalterlichen Armeen allgemein, hing die Disziplin stark von den Befehlshabern ab. Fiel der Befehlshaber, floh er vom Schlachtfeld oder glaubte man dies auch nur, dann brach die Disziplin schnell zusammen. Besonders gegen die Bulgaren ist solches immer wieder zu beobachten. Dies galt allerdings auch bei Armeen, die sich großteils aus Söldnern zusammensetzten. Hier kam auch noch das Problem der ausreichenden Bezahlung hinzu, von der die Motivation entscheidend abhing. Insgesamt gesehen gab es in Byzanz keine eigene Klasse, die sich – wie etwa im Lateinischen Europa die Ritter – über die Bereitschaft zur kämpferischen Auseinandersetzung definierte. Für die Byzantiner war der Krieg immer nur eine Notlösung, die man auf sich nahm, wenn es keine andere Möglichkeit gab. Allenfalls in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts scheint es Ansätze zu einem solchen kriegerischen Bewusstsein gegeben zu haben, die aber bald wieder verschwanden. Insgesamt gesehen war die Einstellung zum Krieg eher von Ablehnung geprägt, den Begriff des »heiligen Krieges« gar, wie er im lateinischen Europa im Zusammenhang mit den Kreuzzügen entstand, lehnten die Byzantiner ab. Dass dies die Kriegsfreudigkeit der byzantinischen Gesellschaft nicht gerade beflügelt hat, liegt auf der Hand. Auch dies dürfte ein Grund dafür sein, dass sich eine auf die kriegerische Auseinandersetzung fixierte Schicht, wie es etwa die Ritter im Lateinischen Europa waren, in Byzanz nicht entwickelt hat.19 Die Gesamtzahl der byzantinischen Truppen zu bestimmen ist nicht sehr sinnvoll, da sie einerseits je nach Zeit und Umständen schwankte und es zum anderen kaum möglich ist, den Unterschied zwischen der Sollstärke und dem tatsächlichen Bestand festzustellen. Die durchschnittliche Stärke eines Themas verringerte sich im Lauf 200

der Zeit, als die Themen verkleinert und zum Teil auch aufgeteilt wurden. Die vier großen Themen der Anfangszeit dürften jeweils über 10 000 Mann gezählt haben. Später wurden es weniger, freilich mit großen Unterschieden zwischen den einzelnen Themen, ohne dass die Gesamtstärke des Heeres davon in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Ohnehin zogen aber, wie gezeigt worden ist, nicht immer alle Themensoldaten zusammen ins Feld. An dem Feldzug von 1071, der zur Niederlage von Mantzikert führte, waren etwa 40 000 bis 60 000 Mann beteiligt, von denen jedoch nur eine Minderheit die Schlacht selbst bestritt. Dies dürfte eine der größten byzantinischen Armeen überhaupt gewesen sein. Selbst wenn man mit Treadgold die Gesamtstärke der byzantinischen Armee um 840 auf 120 000 Mann schätzt, so sagt das nichts darüber hinaus, wieviele Truppen tatsächlich auf einen Feldzug gingen, wieviele in den Garnisonen blieben oder in dem betreffenden Jahr überhaupt nicht zum Dienst herangezogen wurden, sondern weiter – als Soldatenbauern – auf ihrem Besitz tätig waren. Auch wenn die Addition der Sollstärken aller Truppenteile eine Gesamtzahl von über 100 000 ergibt, so dürften die logistischen Schwierigkeiten, die die Versorgung so vieler Soldaten erfordert hätte, in der Regel Armeen dieser Größenordnung verhindert haben. Die »normalen« Feldzüge dürften wohl kaum von mehr als 10 000 bis 20 000 Mann bestritten worden sein, wenn solche Zahlen überhaupt erreicht wurden.20

Die Spätzeit Nach der Katastrophe von 1204 kann man nur noch mit Einschränkungen von einer kampfstarken byzantinischen Armee sprechen. Die Truppen der in Nikaia residierenden Kaiser setzten sich, wie ihre Vorgänger im 12. Jahrhundert, im wesentlichen aus Söldnern zusammen.Versuche, diese Söldner durch einheimische Soldaten zu ersetzen, waren nur bedingt erfolgreich. Nach der Wiedergewinnung Konstantinopels 1261 unterhielt Michael VIII. noch einmal ein starkes Heer, mit dem er die Rückeroberungsversuche der Lateiner abwehren konnte. Jedoch überforderte dies die finanzielle Leistungskraft des Reiches, und schon sein Nachfolger Andronikos II. musste die Zahlen so stark reduzieren, dass Byzanz schnell auf den Status einer Lokalmacht sank, die kaum in der Lage war, ihr Territorium gegen die Begehrlichkeiten der Nachbarreiche zu verteidigen. DerVersuch, die Reste des byzantinischen Kleinasien gegen die Seldschuken durch das Anwerben von Söldnern aus Westeuropa zu behaupten, endeten im Desaster. Die hierfür angeworbene »Katala201

nische Kompanie« machte sich nach anfänglichen Erfolgen selbständig. Anstatt gegen die Seldschuken zu kämpfen, setzte sie auf den Balkan über und errichtete in Athen ein eigenes Fürstentum, das sich mehrere Jahrzehnte lang halten sollte.21 Um die Finanznot zu umgehen, vergaben die Kaiser zunehmend Ländereien »in pronoia«, versuchten also, die militärischen Lasten auf die lokalen Grundbesitzer zu verlagern. Dies führte im Gegenzug jedoch zu einer weiteren Schwächung der ohnehin schon schwer erschütterten Durchsetzungsfähigkeit der Zentralregierung und war doch zu wenig, um sich gegen die Feinde zu behaupten. Auf dem Balkan waren im 14. Jahrhundert zunächst Serben und Bulgaren die Gegner, ab der zweiten Jahrhunderthälfte dann zunehmend die türkischen Osmanen, die binnen kurzer Zeit praktisch den gesamten südlichen Balkanraum überrannten und die Kaiser zeitweilig sogar auf den Status von Vasallen hinunterdrücken konnten. Militärische Erfolge gegen sie waren nicht zu erreichen, und in den letzten Jahrzehnten des Reiches hielten eigentlich nur noch die Mauern Konstantinopels das endgültige Ende der Hauptstadt auf. Eine byzantinische Feldarmee, die diesen Namen verdient hätte, existierte nicht mehr, und selbst die Verteidigung Konstantinopels 1453 wurde nicht von den Byzantinern allein, sondern vor allem von ausländischen Söldnern besorgt, die die türkische Eroberung aber auch nicht mehr verhindern konnten.22

202

10 Stadt und Land Vorbemerkung: Die Rolle der Stadt Spricht man in Byzanz von »der« Stadt als solcher, dann ist der Singular hier nicht verallgemeinernd, sondern wörtlich gemeint: Es gab, jedenfalls ab dem 7. Jahrhundert, nur eine Stadt im Byzantinischen Reich, die diese Bezeichnung verdiente: Konstantinopel, die Hauptstadt des Reiches und ihr ökonomischer, ideologischer und kulturell-zivilisatorischer Mittelpunkt. Neben ihr versanken alle anderen Städte buchstäblich im Nichts: »Was in den anderen Städten an Ruhm war, hat sich fast ganz verdunkelt. Denn das alte Rom und das Babylon der Semiramis und Karthago, die eine Europas, die zweite Asiens und die dritte Afrikas Metropole, teilten unter sich einst den Ruhm wie auch die ganze bewohnte Welt. Troja wurde besungen von Homer, Athen hatte Demosthenes und Platon, und der Ruhm seiner Weisheit reichte bis zu den Sternen. Aber nun haben sie alle nur noch den Namen und die Erinnerung, da ihnen ihr ganzer Ruhm und ihre ganze Macht von Konstantin weggenommen worden sind... Daher ist Konstantinopel die mächtigste von allen und die Königin aller Städte.« Diese Worte wurden von Nikephoros Gregoras niedergeschrieben, einem Intellektuellen und Politiker des 14. Jahrhunderts, der sie in eine von ihm bearbeiteteVita der Kaiserin Theophano einfügte, die ihrerseits im 10. Jahrhundert entstanden war. Im 14. Jahrhundert war Konstantinopel nur noch ein Schatten des früheren Reichtums, dennoch brauchte es, wenigstens in den Augen der Byzantiner, weder im Reich noch außerhalb einen Rivalen zu fürchten. Dass diese Sicht, zumindest in Byzanz selbst, durchaus berechtigt war, mag eine andere Quelle, diesmal aus dem 12. Jahrhundert, zeigen: Der Kleriker Michael Choniates wurde 1175 zum Erzbischof von Athen ernannt. In seinen Briefen beklagt er ebenso die Unwissenheit und Unkultiviertheit der Athener wie die Armut und Ödnis dieser Stadt, von der nichts übriggeblieben sei als ihr berühmter Name. Diese Klage erfolgte immerhin zu einer Zeit, als Attika, wie auch die anderen Regionen Griechenlands, eine wirtschaftliche Blüte erlebte, auch wenn diese damals schon wieder zu welken begann.1 Beide Beispiele beleuchten klar die Situation der Provinzstädte in Byzanz, und man könnte sie auch auf die meisten Städte im Latei203

nischen Europa während des Frühen Mittelalters anwenden. Allerdings konnten viele der dortigen Städte sich im Laufe des Hoch- und Spätmittelalters von den feudalen Fesseln lösen und sich zu eigenständigen Machtzentren entwickeln. Aber diese Entwicklung fand keine Entsprechung in Byzanz, wobei neben innen- auch außenpolitische Faktoren hierfür verantwortlich waren: Die kleinasiatischen Städte fielen mit zwei Ausnahmen in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an die Türken. Nur Philadelpheia am Maiander sollte sich noch als isoliertes Gebiet bis 1390 halten, und Trapezunt war Mittelpunkt eines eigenen kleinen Reiches, das vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis 1461 existierte, ehe es ebenfalls von den Türken eingenommen wurde. Auf dem Balkan wechselten nahezu alle byzantinischen Städte nach dem Vierten Kreuzzug mehrfach ihre Besitzer. Eigenes städtisches Leben konnte sich außer in Konstantinopel nur noch in Thessalonike und in gewisser Weise in Mistras entwickeln. Der wesentliche Grund für die untergeordnete Rolle der meisten Städte in Byzanz lag darin, dass sie einfach nicht groß genug waren, um als eigenständige Machtfaktoren auf ihr Umfeld einzuwirken. Dies lag an dem schon an früherer Stelle angesprochenen Versorgungsproblem. Lag eine Stadt nicht am Meer oder an einem schiffbaren Fluss oder See, war ihreVersorgung nur solange möglich, wie sie eine gewisse Größe nicht überschritt. Sehr klar zeigt sich das am Beispiel Nikaias (heute Iznik) in Bithynien, einer Stadt, die immerhin zwei Konzilien in ihren Mauern sah und nach 1204 für über ein Jahrhundert den byzantinischen Kaisern als provisorische Hauptstadt diente. Der Mauerring Nikaias steht heute noch, und trotz seines beeindruckenden Umfangs kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Stadt so klein war, dass ihre Einwohner keine Schwierigkeiten hatten, täglich auf den Feldern der Umgebung zu arbeiten. Wie die meisten anderen Städte war Nikaia damit ein lokales Produktionsund Verteilungszentrum, das alles Notwendige aus seiner engeren Umgebung beziehen konnte.2 Das bedeutet, dass die kulturelle oder zivilisatorische Kapazität solcher Städte relativ begrenzt war. Nur wenn günstige Verkehrsbedingungen gegeben waren, konnte eine gewisse Größe überschritten werden. Aber nach dem 7. Jahrhundert führte die durch feindliche Angriffe verursachte Unsicherheit dazu, dass die Städte sich in leicht verteidigbare Mauerringe oder in natürliche Befestigungsanlagen zurückzogen, die zwar eine relativ sichere Existenz ermöglichten, aber ihrerseits die Größe der Ansiedlungen begrenzten. Im wesentlichen war das Byzantinische Reich, wie auch die Staaten des Lateinischen Europa, ein Agrarstaat, in dem 204

die meisten Einwohner auf dem flachen – oft auch gebirgigen – Lande lebten, und die Städte waren in der Regel nicht viel mehr als größere, wenn auch befestigte Dörfer. Konstantinopel war die große Ausnahme, die auch aus diesem Grund das Reich dominierte. Diese Dominanz ist geeignet, unseren Blick auf die Verhältnisse in Byzanz zu verzerren. Da Konstantinopel nun einmal das große ökonomische, administrative und damit auch kulturelle Zentrum war, haben wir mehr Informationen über die dort herrschenden Zustände als für das »Restreich« insgesamt, und dies führt dazu, dass Byzanz uns oft »städtischer« erscheint, als es tatsächlich war. Davon abgesehen, lebten Hauptstadt und Reich in einem ständigen Spannungsverhältnis. Einerseits setzte Konstantinopel für das gesamte Reich die Standards, denen die Provinzen nacheiferten, andererseits wurde die Hauptstadt ihrerseits militärisch und damit oft genug auch politisch von den Provinzen dominiert. Insbesondere die militärische Potenz des Reiches lag, jedenfalls ab dem 7. Jahrhundert, in den Provinzen, die ihrerseits dadurch Einfluss auf die Hauptstadt ausübten. Dies zeigen klar die Usurpatoren der mittelbyzantinischen Zeit, die in ihrer überwiegenden Zahl aus den Provinzen kamen. Auch wenn wir bei einigen von ihnen die konkrete Herkunft nicht kennen, so ist doch sehr sicher, dass sie selbst oder ihre Familie nicht aus Konstantinopel stammten. Einige Beispiele: Phokas (602, unbekannt); Herakleios (610, Karthago, die Familie kam aus Armenien); Leontios (695, unbekannt); Tiberios Apsimar (698, Kibyrrhaioton; der Name deutet auf eine Herkunft aus dem Kaukasusraum); Philippikos Bardanes (711, unbekannt; die Familie kam aus Armenien); Anastasios III. (713, unbekannt, möglicherweise aus Konstantinopel); Theodosios III. (715, Adramyttion); Leon III. (717, Nordsyrien); Artabasdos (741, Opsikion, die Familie kam aus Armenien); Nikephoros I. (802, vielleicht Konstantinopel); LeonV. (813, unbekannt); Michael II. (820, Amorion); Basileios I. (867, Makedonien; die Familie stammte aus Armenien); Romanos I. (920, Ostkleinasien); Nikephoros II. (963, Ostkleinasien); Johannes I. (969, Ostkleinasien). Nur von wenigen kann man aufgrund ihrer Tätigkeit annehmen, dass sie sich vor ihrer Usurpation länger in Konstantinopel aufhielten. Dies gilt etwa für Nikephoros I., vielleicht für Leontios und Anastasios II., ebenso wohl für Artabasdos, Michael II. und Romanos I. Bei einer ganzen Reihe dieser Kaiser, besonders wenn sie aus dem Militär kamen, ist eine armenische Abkunft sicher oder zumindest wahrscheinlich. Natürlich kannten viele, vor allem wenn sie aus dem hohen Adel stammten, die Hauptstadt; trotzdem könnte man sie wohl kaum als 205

gebürtige Großstädter bezeichnen. Als sich während des 10. Jahrhunderts die großen Adelsfamilien der Phokaden, Skleroi, Maleinoi und anderer in Byzanz etablierten, lagen ihre Machtzentren in den Provinzen, nicht in Konstantinopel, und wir wissen, dass sie sich oft, wenn nicht überwiegend, auf ihren Besitzungen aufhielten. Erst ab dem 11. Jahrhundert tauchen unter den Usurpatoren in größerer Zahl solche auf, die ihren Lebensmittelpunkt in Konstantinopel hatten. Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass Konstantinopel zwar die Standards setzte, denen man auch in den Provinzen nacheiferte, dass es aber seinerseits immer wieder Einflüsse aus den Provinzen aufnehmen und integrieren musste. Hiervon freilich teilen die Quellen kaum etwas mit.

Die Städte Nach allgemeiner Auffassung ist das Oströmische Reich in der Spätantike eine städtisch und in gewisser Weise polyzentrisch geprägte Kultur gewesen, mit einer Vielzahl kleiner und größerer Städte in den Provinzen und mit den großen Zentren Konstantinopel, Antiocheia und Alexandreia. Eine konkrete Definition, wann in dieser Epoche eine Stadt eine Stadt war und nicht ein größeres Dorf, kann nur im jeweiligen Einzelfall getroffen werden. Um die eigentliche Stadt herum existierte ein mehr oder weniger großes städtischesTerritorium, das von den Bürgern genutzt wurde und – neben den kommunalen Abgaben – der Stadt auch die notwendigen Einnahmen brachte, die sie brauchte, um ihre öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen. Die Städte dieser Zeit waren geprägt von den öffentlichen Bauten: Bädern, Zisternen, Aquädukten, Theatern, breiten, von Kolonnaden gesäumten Plätzen und Straßen, Märkten und anderen öffentlichen Gebäuden. Ab dem 4./5. Jahrhundert kamen zahlreiche Kirchenbauten hinzu. Die Leitung oblag den Angehörigen der städtischen Oberschicht, den Curiales, die dank der öffentlichen Einkünfte und auch privater Aufwendungen die notwendigen Aufgaben wahrnahmen. Jedoch wurde diese Organisation bereits in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts durch staatliche Maßnahmen geschwächt, als Konstantin I. und Konstantios die kommunalen Steuern und Territorien zugunsten der Abgaben für den Staat einschränkten bzw. an diesen überführten. Die Folge war ein Rückgang der kommunalen Einkünfte, dem die Kaiser durch die zwangs206

weise Heranziehung der Curiales zur Übernahme der kommunalen Aufgaben entgegenzuwirken suchten. Verständlicherweise sank mit der zunehmenden Belastung auch die Bereitschaft der Curiales, mit ihrem eigenen Vermögen für die Belange der Stadt einzustehen. Auch neue Hilfsmaßnahmen der Kaiser, die Stellung der Städte gegenüber den Provinzverwaltungen und ebenso der Zentralregierung durch zusätzliche Funktionäre – die sogenannten defensores civitatis (= Verteidiger der Stadt) – zu stärken, brachten keine entscheidende Abhilfe.3 In gewisser Weise übernahm die Kirche Teile der früheren öffentlichen Aufgaben. Nach der Tolerierung des Christentums durch Konstantin I. machte die Christianisierung des Reiches rasche Fortschritte, auch wenn es weiterhin eine große Zahl an Heiden gab, die während des 4. Jahrhunderts sicher noch die Mehrheit der Bevölkerung stellten, aber öffentlich immer weniger in Erscheinung traten. Die kirchliche Geographie folgte hierbei der politischen, so dass praktisch jede Stadt des Reiches einen Bischof hatte. Man kann die Verteilung der Bischöfe geradezu als Maßstab für die städtische Dichte innerhalb des Reiches in dieser Epoche ansehen. Der Bischof übernahm im Lauf der Zeit einen Teil der früheren kommunalen Aufgaben, besonders auf dem Gebiet der Wohlfahrt. In Ausnahmefällen fungierte er manchmal auch als Schutzherr seiner Stadt, auch wenn er in Byzanz nicht zum Stadtherrn wurde, wie dies im lateinischen Europa manchmal der Fall war.4 Diese »städtische« Periode des byzantinischen Reiches endete im 6./7. Jahrhundert. Der durch die Pest von 541/42 verursachte Bevölkerungsrückgang zog auch die Städte in Mitleidenschaft. Bereits in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts sind in machen Städten einzelne Stadtviertel verlassen, andere heruntergekommen. Weiteres taten die staatlichen Steuern, deren Last kaum noch getragen werden konnte. Entscheidend aber waren die Verluste des 7. Jahrhunderts. Die persische und dann vor allem die arabische Besetzung Syriens, Palästinas und Ägyptens entzog dem Reich mit diesen Provinzen auch die dortigen Städte. Byzanz wurde auf Kleinasien, die Inseln und einige Küstenstriche auf dem Balkan und in Italien beschränkt. Konstantinopel blieb das letzte und einzige große überregionale Zentrum, das im Reich nun keinerlei Konkurrenz mehr besaß. Die kleinasiatischen Städte aber zogen sich in ihre Befestigungen zurück, verlagerten sich zum Teil auch an leichter zu verteidigende Plätze und verloren mit ihrer früheren Ausdehnung auch weitgehend ihren städtischen Charakter. Bezeichnenderweise wird jetzt der Terminus Kastron, unter dem man früher ein befestigtes Militärlager, dann 207

auch eine Festung verstand, allgemein zum Synonym für eine Stadt. Die meisten Provinzstädte verloren ihren früheren Charakter als Produktions- und Verteilungszentren und wandelten sich, wenn sie sich nicht alsVerwaltungsmittelpunkte etablieren konnten, zu befestigten Zufluchtsorten gegen die muslimischen Invasoren, die Kleinasien in den anderthalb Jahrhunderten nach 640 nahezu jedes Jahr heimsuchten. Fast jede kleinasiatische Stadt ist in dieser Zeit angegriffen und nicht selten auch erobert worden. Mit den offenen und großzügig ausgestatteten und konzipierten Städten der frühbyzantinischen Epoche hatten diese Festungsstädte oft nicht mehr als den Namen gemein. Auf dem Balkan war die Lage noch schlimmer. Hier blieb praktisch nur Thessalonike ohne Unterbrechung in byzantinischer Hand, bis auch diese Stadt 904 von einer arabischen Flotte eingenommen und geplündert wurde. Ansonsten konnten sich nur einige Küstenstädte halten, während das Landesinnere den Byzantinern völlig verloren ging. Nur das Vorland Konstantinopels bildete ungefähr ab der Mitte des 8. Jahrhunderts ein größeres geschlossenes Gebiet, in dem das Wort des Kaisers galt. Griechenland und die Peloponnes kehrten erst im Laufe des 9. Jahrhunderts mehr oder weniger vollständig unter die alte Autorität zurück, die inneren Balkangebiete erst gegen Ende des 10. bzw. zu Beginn des 11. Jahrhunderts. Von einer städtischen Kultur konnte in dieser Region nicht mehr gesprochen werden.5 Erst die Sicherung des Reichsgebiets vor feindlichen Einfällen, die etwa ab dem ausgehenden 8. Jahrhundert in Kleinasien zu stabileren Verhältnissen führte, brachte auch eine gewisse Renaissance des Städtewesens mit sich, auch wenn das in der Spätantike herrschende Niveau nicht wieder erreicht werden konnte.6 Die Städte dienten allenfalls als Administrations- und regionale Versorgungszentren, die zudem in Konkurrenz zu den großen Landgütern des Adels standen, wenn sie nicht sogar selbst unter dessen Einfluß fielen, wie es etwa in Kappadokien der Fall war, wo im 10. Jahrhundert die Phokaden die erste Stellung innehatten. Auf dem Balkan erfolgte die Entwicklung etwas später, dann aber mit großer Geschwindigkeit. Schon im Laufe des 11. Jahrhunderts scheinen die Balkanprovinzen diejenigen Kleinasiens an Bevölkerungszahl und Wohlstand übertroffen zu haben. Der erneute Bruch erfolgt in Kleinasien nach der Niederlage von Mantzikert 1071 und dem damit einhergehenden Verlust Innerkleinasiens an die Seldschuken. Soweit die Städte in Kleinasien überhaupt byzantinisch blieben, sanken sie entweder auf den Status von Kleinstädten hinab oder wurden zu Garnisonsstädten, die die ver208

bliebenen Provinzen vor nomadischen Einfällen schützen sollten, zumeinst ohne größeren Erfolg. Einen gewissen Aufschwung nahmen allenfalls die Küstenstädte, die vom zunehmenden Fernhandel profitierten. Aber auch hier blieb Kleinasien hinter den europäischen Reichsprovinzen zurück. Die Berichte der Kreuzzugszeit zeigen sich durchweg erstaunt über den ärmlichen Zustand des byzantinischen Kleinasien, und auch die italienischen Handelsurkunden belegen in diesem Raum eine weit geringere Handelsintensität als in dem europäischen Reichsteil. Auch auf dem Balkan waren es vor allem die Küstenstädte, die im 12. Jahrhundert dank des zunehmenden Fernhandels aufblühten, während das Landesinnere hiervon weniger betroffen war. Freilich gab es auch hier immer wieder Brüche, wie etwa die Plünderung Thebens und Korinths durch die Normannen 1147, die der dortigen Seidenindustrie schweren Schaden zufügte, auch wenn man ihn wohl durch die Ansiedlung jüdischer Seidenweber, die von dem jüdischen Reisenden Benjamin von Tudela erwähnt werden, wenigstens teilweise kompensieren konnte. Die Einnahme Thessalonikes durch die Normannen 1185 bedeutete für die zweitgrößte Stadt des Reiches einen schweren Rückschlag. Insgesamt aber können wir, zumindest teilweise durch den Fernhandel bedingt, eine ökonomische und, daraus folgend, auch eine politische Emanzipation vieler Provinzen und Städte feststellen, die auf der Gegenseite allerdings den ohnehin vorhandenen Zerfallstendenzen Vorschub leistete. Im 12. Jahrhundert war die byzantinische Hauptstadt nicht mehr das große, alles beherrschende Zentrum, ohne das das Reich überhaupt nicht vorstellbar war. Diese Tendenz manifestierte sich nach der Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner 1204: Die an der Peripherie neu gegründeten byzantinischen Nachfolgestaaten – in Kleinasien im wesentlichen Nikaia und Trapezunt, auf dem Balkan Epiros, das später auch bis Thessalonike ausgriff – profitierten von ihrer gestiegenen politischen Bedeutung und von dem Zuzug der aus Konstantinopel vertriebenen Führungsschicht. Unter dem Reich von Nikaia erlebte das westliche Kleinasien eine Blütezeit, bedingt auch durch den gleichzeitigen Zerfall des Seldschukensultanats von Ikonion. Aber als die Byzantiner nach der Rückgewinnung Konstantinopels ihre Kräfte auf die Verteidigung der Angriffe aus dem Lateinischen Europa konzentrieren mussten und die Landesverteidigung in Kleinasien vernachlässigten, hatte es mit dieser kurzen Blüte ein schnelles Ende. Schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts fiel nahezu das gesamte byzantinische Kleinasien an türkische Eroberer, 209

unter denen einzelne Städte – etwa Ephesos (heute Efes) als Hauptort des türkischen Menteshe oder Smyrna (heute Izmir) als Sitz des Emirs von Aydin –, eine positive Entwicklung nahmen, die meisten anderen aber verfielen oder zur Bedeutungslosigkeit reduziert wurden. Auf dem Balkan verlief die Entwicklung anders, ohne dass Byzanz viel davon profitiert hätte. Aber die fränkischen Staaten in Griechenland und die neuen Vormächte Serbien und Bulgarien brachten auch eine gewisse Belebung des Städtewesens mit sich, die freilich ab der Mitte des 14. Jahrhunderts durch die einsetzende türkische Expansion wieder beendet wurde. In Byzanz existierten als einigermaßen ernstzunehmende Städte in dieser Epoche neben Konstantinopel nur noch Thessalonike und Mistras als Hauptort der byzantinischen Peloponnes, der sogar den Fall Konstantinopels 1453 um sieben Jahre überleben sollte. Freilich war Mistras nicht viel mehr als eine Kleinstadt. In Ostkleinasien entwickelte das im Umfeld der Eroberung Konstantinopels 1203/04 entstandene kleine Kaiserreich Trapezunt eine lokale Blüte, die aber nicht auf das eigentliche Byzanz zurückwirkte. 1461 fiel es gleichfalls an die Osmanen.7

Konstantinopel Die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches war während des Mittelalters zweifellos die hervorragendste und bedeutendste Stadt des christlichen Europas, der keine andere Stadt gleichkam, auch nicht Rom. Was für die Byzantiner eine Selbstverständlichkeit darstellte, die zu diskutieren nicht nötig war, wurde auch im Lateinischen Europa anerkannt. Noch im 12. Jahrhundert bezeichnete der Kreuzfahrerchronist Odo von Deuil die Stadt als »der Griechen Ruhm, reich an Ansehen, noch reicher an materiellen Gütern«.8 Diese Sicht war völlig berechtigt, denn um die Mitte des 12. Jahrhunderts konnte Konstantinopel auf eine über 800 Jahre alte Geschichte zurückblicken, während der es niemals von äußeren Feinden eingenommen worden war, so dass sich im Lauf dieser Jahre ein außerordentlicher Reichtum an Reliquien und anderen Schätzen angesammelt hatte, dessen sich keine andere Stadt rühmen konnte. Daneben besaß es eine für mittelalterliche Verhältnisse ungeheure Größe – das Stadtgebiet erstreckte sich über rund 1200 Hektar –, dazu eine entsprechende Einwohnerzahl, und schließlich erfreute es 210

Goldenes Tor

(413 n. Chr.)

Konstantinopel

S

N

Blachernenpalast

Theodosiusmauer

Tore Mauern (unsicherer Mauerverlauf)

❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚ ❚







Konstantinsmauer

Studioskloster

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Mokioszisterne

(330 n. Chr.)





Chorakloster

Hafen

Kapitol M es e

G A LA TA (PERA )

Kaiserpaläste

Kette

( M a r m a r a m e e r )

Hafen

Konstantinsforum Hippodrom

TheodosiosForum Hagia Sophia

Pantokratorkloster

P r o p o n t i s

ArkadiosForum

BousForum

Valensaquädukt

Apostelkirche

Asparzisterne

Go ld en

Blachernenkirche

Aetioszisterne



(11. Jh.)

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211

0

500

1000

1500 m

B o s p o r o s

sich einer unvergleichlichen Lage, die es quasi naturgegeben zum Zentrum diverser See- und Landrouten machte, auch dies ein Grund für den Reichtum der Stadt.9 Die Lage am Schnittpunkt der großen Routen dürfte für Konstantin I. den Ausschlag gegeben haben, die Stadt zur neuen, permanenten Reichshauptstadt im Osten des Reiches auszuwählen. Bis dahin war das alte Byzantion eine eher unbedeutende Provinzstadt gewesen. Konstantin erklärte es 324 zur neuen Reichshauptstadt, sechs Jahre später wurde die Stadt unter seinem Namen als Konstantinopel feierlich eingeweiht.10 Die Hauptstadtfunktion führte zu einem schnellen Bevölkerungswachstum, das auch eine Vergrößerung des Areals notwendig machte. Schon Konstantin vergrößerte das Stadtareal durch den Bau einer neuen Stadtmauer von etwa 200 auf 600 Hektar. Auch diese Größe erwies sich als nicht ausreichend, so dass Theodosios II. zwischen 408 und 413 eine weitere Befestigung erbauen ließ. Diese Anlage war sechseinhalb km lang, besaß eine Haupt- und eineVormauer, beide mit zahlreichen Türmen bewehrt und zusätzlich durch einen Graben geschützt. Der von ihr eingeschlossene Raum zählte jetzt ca. 1200 Hektar, verdoppelte also die vorherige Größe. Damit war das Areal so groß geworden, dass es die ganze byzantinische Zeit hindurch niemals völlig zugebaut worden ist. Vor allem im Bereich zwischen der Konstantinsmauer und dieser neuen Befestigung lagen zahlreiche Gärten und Friedhöfe, außerdem drei große Zisternen für die Wasserversorgung der Einwohner. Weiteres Wasser wurde durch einen unter Kaiser Hadrian erbauten und von Valens wieder instandgesetzten Aquädukt in die Stadt geführt. Daneben gab es noch den Lykosbach und einige kleinere offene und gedeckte Zisternen.11 Aber auch wenn Konstantinopel unzweifelhaft die größte Stadt des christlichen Europa war, so ist die genaue Einwohnerzahl nicht bekannt. Die Schätzungen schwanken zwischen 200 000 und 500 000 Einwohnern während des 5. und 6. Jahrhunderts und weniger als 40 000 im 7. Jahrhundert. Manche Forscher nahmen sogar eine Zahl von bis zu einer Million Einwohnern an, jedoch wird dies heute eher abgelehnt. Die logistischen Schwierigkeiten derVersorgung so vieler Menschen dürften die technischen Möglichkeiten der Epoche überstiegen haben. Schon so ließ die Bevölkerung sich nur durch die Einfuhr zusätzlichen Getreides aus Ägypten ausreichend versorgen. Ihre maximale Einwohnerzahl erreichte die Stadt wohl zur Zeit Justinians I., als die Regierung sich bemühte, den Zuzug gesetzlich zu begrenzen. Mit der 541/42 einsetzenden Pestwelle begann der Niedergang. Als die ägyptischen Getreidelieferungen nach der Erobe212

213

Der Kaiserpalast in Konstantinopel (4.–11. Jahrhundert); Rekonstruktion von C. Vogt, in: A. Vogt, Le Livre des Cérémonies, Paris 1934.

rung Ägyptens durch die Perser 618/19 ausblieben, kam es zu einer Hungersnot und in der Folge wahrscheinlich zu einem weiteren Rückgang der Einwohnerzahl. Die Versorgungsproblematik zeigte sich auch noch zu Beginn des 8. Jahrhunderts, als Kaiser Anastasios II., der einen erneuten Angriff der Araber voraussah, anordnete, dass alle Einwohner, die nichtVorräte für drei Jahre anlegen konnten, die Stadt verlassen mussten. Nach einer weiteren Pest 747 hatte die Bevölkerung sich so sehr vermindert, dass KonstantinV. sie durch Umsiedlungen aus dem Reich wieder auffüllen musste. Danach begannen die Zahlen langsam zu steigen, ohne jedoch noch einmal an diejenigen des 5. und 6. Jahrhunderts heranzukommen. Im 12. Jahrhundert scheint die Bevölkerungszahl bei knapp 150 000 Einwohnern gelegen zu haben. Nach 1204 nahm sie wieder ab, und kurz vor dem Ende des Reiches dürften kaum mehr als 50 000 Menschen in einem jetzt viel zu großen Stadtgebiet gelebt haben.12 Neben der Einwohnerzahl war es natürlich vor allem die Pracht der öffentlichen Bauten, die die Besucher in ihren Bann schlug. Schon Konstantin I. hatte seine Gründung reich mit Palästen, öffentlichen Plätzen, Bädern, Getreidespeichern und anderen Einrichtungen ausgestattet, daneben natürlich auch mit Kirchen, ohne freilich die heidnischen Tempel abzuschaffen. Seine Nachfolger setzten die Bautätigkeit fort. Der große Kaiserpalast im Westen der Stadt am Ufer des Marmarameeres wuchs im Lauf der Zeit zu einem fast unüberschaubaren Konglomerat von kleineren Palästen, Empfangshallen, Kirchen, Kasernen und Versorgungseinrichtungen, so dass man ihn in gewisser Weise als Stadt in der Stadt bezeichnen könnte. Der Kaiser verfügte sogar über einen eigenen Hafen in der Nähe des Bukoleonhafens. Von der eigentlichen Stadt war der Palast durch eine Mauer abgetrennt, die zwar keinem ernsthaften militärischen Angriff hätte standhalten können, wohl aber Unruhen oder Aufständen, mit denen in Konstantinopel immer gerechnet werden musste. Haupteingangstor war die Chalke. Daneben besaß der Kaiser einen eigenen Zugang zu seiner Loge (Kathisma) im Hippodrom, die von den anderen Plätzen abgeschirmt war, so dass Kaiser und Volk zwar miteinander kommunizieren konnten, aber ein direkter Angriff auf die kaiserliche Person nicht möglich war. Ihren Höhepunkt erreichte die kaiserliche Baupolitik unter Justinian I., der nicht nur die bei dem Nika-Aufstand niedergebrannte Hagia Sophia in vergrößertem Umfang wieder aufbaute, sondern auch noch eine ganze Reihe anderer Kirchen – der Geschichtsschreiber Prokop erwähnt 33 – neu bauen oder reparieren ließ. In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts ließ die Bautätigkeit allerdings 214

nach. Im 7. und 8. Jahrhundert beschränkten sich die Kaiser fast ausschließlich auf den Bau oder dieWiederinstandsetzung der Stadtbefestigungen. Selbst der bei der Belagerung durch die Avaren 626 abgeschnittene Aquädukt des Kaisers Valens wurde erst 758 repariert. Freilich war er bei der reduzierten Bevölkerungszahl auch nicht mehr unbedingt notwendig gewesen. Die allgemeine Verbesserung der Verhältnisse seit dem 9. Jahrhundert zeigt sich auch in einer erhöhten öffentlichen Bautätigkeit, die sich allerdings mehr auf Kirchen, Paläste und Wohlfahrtseinrichtungen konzentrierte. Die nächsten größeren Änderungen erfolgten im 12. Jahrhundert, vor allem mit der Einrichtung von Quartieren für auswärtige Kaufleute, die jetzt auch in der Stadt selbst geduldet wurden. Am größten waren die Quartiere derVenezianer, Pisaner und Genuesen, die am Goldenen Horn lagen. Aber auch die Anconitaner und sogar deutsche Kaufleute unterhielten Niederlassungen in der Stadt, in der sich für die muslimischen Besucher selbst Moscheen fanden. Für die kaiserliche Bautätigkeit in dieser Periode kennzeichnend war der Bau großer Klosterkomplexe, unter denen das Pantokratorkloster der bedeutendste war, in dem die Kaiser der Komnenendynastie ihre letzte Ruhestätte fanden. Daneben bedeutete der Umzug der Kaiser in die von ihnen erweiterten Palastanlagen im Blachernenviertel an der Nordostecke der Stadt eineVerlagerung des bisherigen Schwerpunkts. Für die Sicherung des Blachernenkomplexes ließ Manuel I. Komnenos sogar die Stadtbefestigungen an dieser Stelle erweitern.13 Nach dem Vierten Kreuzzug verfiel Konstantinopel, das durch die Schäden während der lateinischen Eroberung schwer gelitten hatte. Zwar führten auch die Palaiologenkaiser die frühere Bautätigkeit fort, doch setzte der Rückgang der Staatsfinanzen ihnen enge Grenzen. Auf die Reisenden aus dem Lateinischen Europa machte Konstantinopel in dieser Zeit einen heruntergekommenen und verfallenen Eindruck.14 Bis 1204 jedoch war die byzantinische Hauptstadt die prächtigste Stadt der Christenheit, nicht allein aufgrund ihrer Größe, ihres Reichtums, ihrer Reliquienschätze, öffentlichen Bauten und ihrer Kirchen, sondern auch, weil die Kaiser den Eindruck der Stadt auf auswärtige Besucher ganz bewußt zu steigern versuchten: Wenn bedeutende Besucher zu erwarten waren, schmückte sich die Stadt. Die Gebäude an den Hauptstraßen wurden beflaggt, auf den Straßen wurden angeblich Teppiche ausgerollt und Bevölkerung und Funktionäre in ihren Festtagsgewändern aufgeboten. Der Bericht über den Einzug des norwegischen Königs Sigurd des Jerusalemfahrers 1110 gibt, wenn auch sagenhaft überhöht, den Eindruck wieder, 215

den die Stadt auf die Besucher aus den »barbarischen« Ländern des Lateinischen Europas gemacht haben muss.15 Die Bemühungen der Kaiser beschränkten sich natürlich nicht allein auf die Stadt. Im Kaiserpalast wurde noch mehr Aufwand getrieben, über den wir nicht nur durch Liudprand von Cremona unterrichtet sind. Auch dort mussten die Funktionäre in ihrem Sonntagsstaat erscheinen, traten die Garden in glänzender Rüstung an und wurden die Räume mit allem geschmückt, was man hatte. Sogar aus anderen Palästen und aus den Kirchen wurden Kerzenleuchter und andere Gerätschaften herbeigeschafft, um dem Gast den eigenen Reichtum vor Augen zu führen. Dies war allerdings keine byzantinische Eigenheit, in den islamischen Reichen wurde ein ähnlicher Aufwand getrieben.16 Dennoch wäre dieser ganze Eindruck nicht möglich gewesen, wenn nicht die notwendigen Ressourcen vorhanden gewesen wären. Hierzu trug neben der geographischen Situation bei, dass Konstantinopel aufgrund seiner Lage und seiner Position als Hauptstadt den absoluten Schwerpunkt des Reiches bildete. Hier residierten Kaiser und Patriarch, und mit ihnen die staatliche und die kirchliche Verwaltung, die ja auch als Arbeitgeber viele Menschen in Lohn und Brot brachten und damit einen Bedarf erzeugten, zu dessen Befriedigung sich ganze Handwerkszweige in der Stadt ansiedelten. Wenn man weiß, dass es allein im 6. Jahrhundert rund 70 Klöster in der Stadt gab, von den diversen Kirchen ganz zu schweigen, kann man ermessen, welche wirtschaftliche Potenz sich allein aus der klerikalen Konzentration ergab. In gleicher Weise zog die dauerhafte Anwesenheit des Kaiserhofes die Aristokratie an, die sich, wollte sie ihren Einfluß sichern, ebenfalls dort ansiedeln musste. Dies galt besonders für die mittelbyzantinische Zeit, als die Provinzen ständig von feindlichen Einfällen bedroht waren und Konstantinopel fast der einzige sichere Platz innerhalb des Reiches war. Abgesehen von diesem Sicherheitsaspekt bildete Konstantinopel schon aufgrund seiner Größe ein ökonomisches Zentrum, das durch seinen eigenen Bedarf eine ständige Nachfrage erzeugte und damit für zahlreiche handwerkliche Berufe, aber auch für solche im Bereich der Dienstleistungen ein Auskommen bot. Es gab zahlreiche Korporationen in der Stadt, für die genaue Regeln existierten, die vom Staat überwacht wurden. In dem »Eparchenbuch« aus dem 10. Jahrhundert besitzen wir eine ausführliche Quelle für die Regelung der ökonomischen Angelegenheiten in der Stadt, auch wenn man die dort niedergelegten Bestimmungen nicht ohne weiteres auf andere Epochen übertragen kann.17 216

Die zentrale Stellung Konstantinopels war so beherrschend, dass allein schon aus diesem Grund der Zuzug in die Stadt für jeden ambitionierten Byzantiner immer eine Verlockung darstellen musste, so dass seit der Spätantike auch immer wiederVerordnungen gegen einen ungeregelten Zuzug erlassen wurden. Man kann die Bedeutung Konstantinopels geradezu als ein Moment begreifen, das sich aus sich selbst heraus immer weiter verstärkte, bis die Byzantiner – zumindest natürlich die Konstantinopolitaner selbst – keine Schwierigkeiten hatten, ihre Stadt und das Reich miteinander zu identifizieren. In gewisser Weise gilt dies auch noch für die neuzeitliche Rezeption des Reiches, wie sich ja schon am Namen der Disziplin der Byzantinistik zeigt. Die Byzantiner hingegen sahen sich als Römer und bezeichnete ihr Reich demzufolge als die »basileia Rhomaion« Aber das änderte nichts an dem Stolz auf ihre Hauptstadt.18 Aber wie die Kaiser ihre Hauptstadt als Instrument für ihre Politik nutzten, so waren sie zugleich doch genötigt, immer ein genaues Auge auf sie zu haben. Ein Kaiser, der dies vernachlässigte, fiel oft schneller, als er auf den Thron gekommen war. Die schiere Bevölkerungsmenge Konstantinopels konnte trotz ständiger Vorsichtsmaßnahmen, trotz eines starken Polizei- und Agentenapparates nur unzureichend unter Kontrolle gehalten werden. Da es immer Gruppen gab, die mit der Politik des gerade herrschenden Kaisers unzufrieden waren oder die einen eigenen Kandidaten auf den Thron bringen wollten, um auf dieseWeise ihre Partikularinteressen zu fördern, gab es bei fast allen Kaisern Verschwörungen und Usurpationsversuche. So besetzten 642 Soldaten, die Konstans II., den Sohn Konstantins III., gegen dessen Halbbruder Heraklonas unterstützten, Chalkedon und schnitten die Konstantinopolitaner von ihren dort gelegenen Gärten ab, was in der Stadt selbst zum Umschwung der öffentlichen Stimmung gegen Heraklonas führte, so dass dieser nachgeben musste und schließlich den Thron an Konstans II. verlor.19 Selbst ein nach außen erfolgreicher Kaiser konnte einer Verschwörung zum Opfer fallen, sei es aus dem Umfeld des Hofes, wie etwa Nikephoros II. Phokas 969, oder einem Angriff aus den Provinzen, wie Theodosios III. 717 oder eben einem Aufstand innerhalb der Konstantinopolitaner Bevölkerung, wie es bei Michael V. 1042 der Fall war. Auch die Anwesenheit von zusätzlichen Truppen in der Stadt brachte nicht unbedingt Sicherheit, wie etwa das Beispiel des gotischen Heermeisters Gainas zeigt, dessen angeblich 7 000 Goten bei einem Aufstand in der Stadt niedergemacht wur217

den. 532 hatte Justinian I. größte Schwierigkeiten, den Nika-Aufstand zu überstehen. 602 trug das Verhalten der Bevölkerung entscheidend zum Sturz des Maurikios bei. 695 fiel Justinian II., weil er die Unterstützung der Einwohnerschaft verloren hatte. Die Liste dieser Beispiele ließe sich nahezu endlos verlängern.20 Die oftmals entscheidende Rolle der Konstantinopolitaner Bevölkerung zeigt der Bürgerkrieg im Jahre 963 auf, als zwei Parteien um die Macht im Reiche rangen: der Feldherr Nikephoros II. Phokas, der mit seinen Truppen auf Konstantinopel marschiert war, und eine Gruppe um den Parakoimomenos Ioseph Bringas, der versuchte, mit Hilfe von Soldaten aus den Balkanprovinzen des Reiches die Bevölkerung unter Kontrolle zu halten. Nichtsdestoweniger kam es zu Kämpfen, in deren Verlauf der Befehlshaber der Truppen des Bringas, Marianos Argyros, zu Tode kam, als ihm eine Frau von einem Hausdach aus einen Tontopf auf den Kopf warf. Damit war der Bürgerkrieg zugunsten des Nikephoros Phokas entschieden, der den Thron besteigen und die Kaiserinwitwe Theophano heiraten konnte.21 Der Unmut der Bevölkerung konnte jederzeit aufflammen, sei es wegen zu hoher Steuern, wegen Auseinandersetzungen in der kaiserlichen Familie, aus religiösen Gründen oder auch aus Abneigung gegenüber Fremden, wie etwa im 12. Jahrhundert, als die Quartiere der italienischen Kaufleute verschiedentlich angegriffen und geplündert wurden, wobei allerdings nicht immer auszuschließen ist, dass auch die kaiserliche Regierung auf diese Weise Druck auf die Ausländer auszuüben versuchte.22 Konstantinopel war auf seine Weise einzigartig, sowohl im guten als auch im schlechten Sinne. Ein geschickter Kaiser konnte dieVorteile, die die Stadt ihm bot, ausnutzen, um seine Politik im Reiche durchzusetzen, während ein Kaiser, der die Stimmung der Einwohner außer Acht ließ, schneller fallen konnte, als er es für möglich hielt, wie als letztes Beispiel der Kaiser Michael V. 1042 zeigt, der die beliebte alte Kaiserin Zoe ins Kloster verbannte, was einen plötzlichen Aufstand des Volkes zur Folge hatte, das den Palast stürmte. Michael V. wurde geblendet und Zoe auf dem Thron restituiert. Es war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass die Bevölkerung Konstantinopels auf diese Weise unverhofft die bestehenden Machtverhältnisse auf den Kopf stellte.23

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Die ländlichen Gebiete Wie in allen mittelalterlichen Flächenstaten bildeten auch in Byzanz die Landbewohner den überwiegenden Teil der Bevölkerung. Trotzdem sind wir über sie erheblich schlechter unterrichtet als über die Einwohnerschaft der Städte, ganz zu schweigen von einzelnen Bevölkerungsgruppen, wie etwa dem Adel, dem Klerus oder auch dem Militär. In erster Linie ist dies ein Quellenproblem, denn die mittelalterlichen Autoren interessierten sich nicht für Bauern und deren Familien. Das ist keine Vermutung, sondern läßt sich auch statistisch nachweisen: Unter den rund 17 000 bis zum Sommer 2007 in der »Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit« (PmbZ) für die Epoche zwischen dem 7. und dem 11. Jahrhundert erfassten Personen finden sich zwar über 3 000 Kleriker vom Abt- oder Bischofsrang aufwärts und gleichfalls über 900 Feldherren, aber nur 80 Bauern! Für die Autoren, die in der Regel Kleriker oder Adelige waren und in Klöstern oder Städten lebten, besaß das relativ ereignislose Leben auf dem offenen Land wenig Mitteilungswert. Wenn die Landbevölkerung überhaupt vorkam, dann allenfalls als Staffage in einer Heiligenvita, als mehr oder wengier beliebige Akteure in einer Anekdote oder, wie bei dem überwiegenden Teil der in der PmbZ erwähnten Bauern, als Zeugen in Urkunden, etwa in Schenkungen für Athosklöster. Als Objekt literarischer Darstellung eigneten sie sich nicht, und auch die Mitteilungen in der Hagiographie sagen über die realen Verhältnisse auf dem Lande kaum etwas aus.24 In der frühbyzantinischen Epoche prägte der Großgrundbesitz das Bild. Der Gutsbesitzer wohnte zumeist in der Stadt und ließ seinen Besitz durch Pächter bewirtschaften, die zum Teil an den von ihnen bewirtschafteten Boden gebunden waren. Auch hier wird man allerdings mit großen regionalen Unterschieden rechnen müssen, so dass sich ein einheitliches Bild nicht herstellen lässt. DieVerhältnisse etwa im Inneren Kleinasiens mit seiner Weidewirtschaft lassen sich kaum mit denen Ägyptens vergleichen, wo auf engem Raum intensiver Pflanzenanbau vorherrschte. Sicher ist allerdings in beiden Fällen, dass die Landwirtschaft außerordentlich personalintensiv war, so dass die Gesetzgebung sich mit wechselndem Erfolg darum bemühte, den Bauern, sei er nun Pächter, Höriger oder frei, auf seinem Land zu halten. Der Bevölkerungsrückgang in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts fügte diesem System erste Schäden zu, und im 7. Jahrhundert führten die persischen und vor allem arabischen Invasionen zu seinem Zusammenbruch. Logischerweise ging 219

mit den von den Arabern eroberten Provinzen auch der dortige Großgrundbesitz verloren. Auf dem Balkan bedeuteten die Plünderungen der Avaren und die Einwanderung der Slawen für den alten Großgrundbesitz ebenfalls das Ende.25 Ob der spätantike Großgrundbesitzer allerdings tatsächlich so vollständig ausgestorben ist, wie es in der Forschung gerne angenommen wird, ist fraglich. Möglicherweise ist sein angeblichesVerschwinden nur eine fehlerhafte Wahrnehmung, da wir aufgrund der außerordentlichen Quellenarmut gerade für das 7. und 8. Jahrhundert die Verhältnisse auf dem Land nur sehr schemenhaft erfassen können. Hinzu kommt der Umstand, dass im Byzanz dieser Zeit, aus welchem Grund auch immer, keine Familiennamen in Gebrauch waren, so dass es fast unmöglich ist, Familienstammbäume zu konstruieren, wie wir es ab dem 9. und vor allem 10. Jahrhundert können. Dagegen ließe sich natürlich einwenden, dass das Fehlen solcher Familiennamen in sich selbst ein Indiz für das Fehlen bedeutender Familien ist. Trotzdem hat es ganz zweifellos solche Familien gegeben, wie wir an einigen wenigen Beispielen sehen können, die trotz aller Schwierigkeiten greifbar sind. So läßt sich z. B. die Familie des bedeutenden AbtesTheodoros Studites in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts identifizieren. Diese Familie gehörte wohl nicht in die erste Reihe der byzantinischen Aristokratie, war aber auch nicht gänzlich unbedeutend. Sie hat sich offenbar über mehrere Generationen hinweg in der staatlichen Finanzverwaltung etabliert, und ihr Landbesitz im nordwestlichen Kleinasien war immerhin so bedeutend, dass sie mehrere Klöster errichten konnte. Woher kam dieser Besitz? Es wird nirgendwo gesagt, dass er neu erworben war. Einer ähnlichen Familie gehörte der Hl. Philaretos an, der als Großgrundbesitzer in Paphlagonien lebte. Seine Familie war immerhin so bedeutend, dass eine Enkelin des Heiligen Kaiser Konstantin VI. heiratete.26 Man kann daher nicht ausschließen, dass eine Reihe von alten Familien auch im 7. und 8. Jahrhundert überlebt haben, nur dass sie für uns nicht mehr erkennbar sind. Nicht unwahrscheinlich ist hingegen, dass sie an Einfluß in der jetzt stärker militärisch orientierten Gesellschaft verloren haben. Außerdem dürfte der Großgrundbesitz als solcher in dieser Epoche nicht so viel wert gewesen sein, da Kleinasien durch die ständigen Einfälle der Araber erschüttert wurde und es auf dem Balkan kaum noch byzantinische Besitzungen gab. Sicher ist, dass wir in dieser Zeit auf dem Land einer Schicht von Bauern begegnen, die in Dörfern lebten und ihre Angelegenheiten anscheinend mehr oder weniger selbst regelten. Aber auch hier sind 220

die Unsicherheiten groß. Eine unserer wichtigsten Quellen für die Rechtsverhältnisse in den Dörfern ist der Nomos Georgikos, der von der Forschung bis vor kurzem mehrheitlich in das 7./8. Jahrhundert datiert wird und der in 85 Kapiteln das Dorfleben bei Streitigkeiten regelte. Wenn dieses »Bauerngesetz« tatsächlich aus dem 7./8. Jahrhundert stammen würde und allgemeine Geltung gehabt hätte, machte es in der Tat die oben genannte Organisationsform wahrscheinlich. Aber dagegen sprechen wiederum eine Reihe von Gründen. So werden im Nomos Georgikos überhaupt keine »Soldatenbauern« erwähnt, die es im 8. Jahrhundert mit großer Sicherheit gegeben hat. Von feindlichen Einfällen und den damit zusammenhängenden Schäden ist keine Rede, obwohl dies gerade im 7. und 8. Jahrhundert fast alltägliche Realität gewesen sein muss. Man kann dagegen auch nicht einwenden, dass die Soldatenbauern in eigenen Ansiedlungen, getrennt von den normalen Bauern, gelebt und unter einem eigenen Gesetz gelebt hätten, denn in der Gesetzessammlung der »Ekloge«, die 741 erlassen worden ist, werden solche Rechtsfälle zwischen Soldaten und Zivilisten behandelt, die sich bäuerlichen Grundbesitz teilten. Ob die Frage, wann der Nomos Georgikos erlassen worden ist und inwieweit er allgemeine Geltung hatte, auf der gegebenen Quellengrundlage überhaupt sicher zu beantworten ist, kann man bezweifeln. Aber es spricht doch einiges dafür, dass wir es hier mit einer von einem Privatmann veranstalteten Sammlung von Vorschriften und nicht mit einem allgemein gültigen Gesetz zu tun haben. Nach einer neueren Theorie ist dieses »Bauerngesetz« gegen Ende des 9. Jahrhunderts entstanden und kann daher nicht für die Verhältnisse im Reich insgesamt herangezogen werden. Damit aber fällt eine unserer wichtigsten Quellen für die Verhältnisse auf dem Land in dieser Epoche aus.27 Trotzdem ist es unstrittig, dass auf dem Lande im 7./8. Jahrhundert überwiegend kleinere Bauern in dörflichen Gemeinschaften lebten, die sich, sei es freiwillig oder gezwungen, gegenseitig unterstützten, auch bei der Begleichung der Forderungen des Fiskus. Das Dorf bildete eine Steuergemeinschaft, die solidarisch für den einzelnen haftete. Im 8. und 9. Jahrhundert scheint dies Prinzip, das sogenannte Allelengyon, funktioniert zu haben. Ab dem 10. Jahrhundert wurde es problematisch, als immer mehr Bauern ihre Selbständigkeit aufgaben und sich einem Großgrundbesitzer unterstellten, um auf diese Weise dem doppelten Druck auszuweichen, der auf ihnen durch die Forderungen der »Mächtigen« und des Staates lastete. Damit wuchs die Belastung der übriggebliebenen Dorfbewohner, was in der Konsequenz zu einer schleichenden Aushöhlung der 221

Dorfgemeinschaft führte. In gewisser Weise war diese Entwicklung ein Nebenergebnis der erfolgreichen byzantinischen Politik, die nach dem 7. und 8. Jahrhundert die Entstehung einer neuen Adelsschicht ermöglichte, die ihrerseits den neu erworbenen Einfluss nutzte, um in der Provinz Landbesitz anzuhäufen. Ab dem 10. Jahrhundert versuchten die Kaiser, den bäuerlichen Kleinbesitz zu schützen, jedoch brachten die zahlreichen Gesetze nicht den erhofften Erfolg. Das lag auch daran, dass die Stellung des Adels in den Provinzen bereits zu stark geworden war, zumal die Kaiser ihrerseits wieder auf die Unterstützung dieses Adels angewiesen waren. Selbst wenn die Gesetze entschlossen klingen, so heißt das nicht, dass sie auch rigoros durchgesetzt wurden. Im 11. Jahrhundert verschwanden die kleinen selbständigen Bauern dann fast vollständig.Von nun an und bis zum Ende des Reiches waren in den Provinzen die adligen Großgrundbesitzer die entscheidenden Machtfaktoren, mit denen die Kaiser sich arrangieren mussten, um ihre eigene Position zu sichern.Während des 12. Jahrhunderts gelang es den Komnenenkaisern, auf diese Weise im Reich stabile Verhältnisse zu schaffen, freilich auf Kosten ihres Einflusses in den Provinzen, so dass die Provinzen begannen, sich in gewisser Weise von dem Einfluss der Hauptstadt zu emanzipieren. Das faktische Auseinanderfallen des Reiches in seinen letzten beiden Jahrhunderten war die logische Folge. Ab etwa dem 11./12. Jahrhundert haben sich dieVerhältnisse auf dem flachen Land in Byzanz vermutlich nicht mehr so sehr von denen im Lateinischen Europa unterschieden, auch wenn sie, anders als dort, nicht in einer grundsätzlichen Struktur festgeschrieben waren. Auch in Byzanz dehnte der Adel seinen Einfluss aus, so dass die Besitzverhältnisse in gewisser Weise »feudalisiert« wurden. Zwar gab es auch im 12. Jahrhundert noch kaum direkte Belehnungen mit Land, aber die Institutionen von Pronoia und Charistikariat weisen doch eine gewissen Ähnlichkeit mit der feudaladligen Grundherrschaft auf. Die Bauern sanken im Laufe der Zeit mehr und mehr auf den Status von Hörigen herab, ohne sich groß dagegen wehren zu können.28 Wir müssen uns jedoch auch hier davor hüten, eine kontinuierliche und gleichlaufende Entwicklung im gesamten Reich anzunehmen. Die Verhältnisse waren von Provinz zu Provinz verschieden, und in vielen Fällen sind wir nicht mehr in der Lage, einen genauen Überblick über den jeweiligen Zustand zu gewinnen, da schlichtweg die Quellen fehlen, die uns Auskunft erteilen könnten. Und sind sie doch einmal vorhanden, so beziehen sie sich oft genug auf eine ein222

zige Provinz, ein Dorf oder Tal oder auch auf Klosterbesitz; und es ist keineswegs sicher, dass die so bezeugten Lebensbedingungen unterschiedslos auf dieVerhältnisse in anderen Reichsteilen übertragen werden können.29

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11 Bildung und Kultur Vorbemerkung: Wieviele Kulturen? Spricht man von Kultur in Byzanz, stellt sich wie schon bei der Gesellschaft die Frage: Welche Kultur? Gab es nur eine Kultur in Byzanz, oder kann man vielleicht eine bestimmte Kultur sozusagen als »Leitkultur« bezeichnen, um ein Schlagwort unserer Zeit zu gebrauchen? Bedenkt man, dass Byzanz länger als ein Jahrtausend existierte und dass es in diesem Jahrtausend verschiedene scharfe Brüche gab, wäre danach zu fragen, ob diese Brüche auch zu kulturellen Veränderungen geführt haben. Daneben gab es zweifellos auch beträchtliche regionale Unterschiede: Bis zum 7. Jahrhundert verfügte das Reich mit Ägypten und Syrien/Palästina über Räume, die eigenständige Kulturen hervorgebracht hatten, auch wenn sie während der Spätantike schon lange in die hellenistisch-römische Kultur integriert waren. Nach dem 7. Jahrhundert sah Byzanz sich auf Kleinasien zurückgeworfen, d. h. auf ein Gebiet, das in der Antike nicht unbedingt für sein herausragendes kulturelles Niveau bekannt war, sieht man einmal von den Städten an der Ägäisküste ab. Welche Folgen hatte der Verlust Ägyptens und Syriens für die kulturelle Identität des Reiches? In der Forschung wird gerne betont, dass der Verlust zwar schmerzlich gewesen sei, aber doch wenigstens zu einer größeren Homogenität im verbliebenen Restreich geführt habe. Aber waren die Provinzen im 6. und 7. Jahrhundert überhaupt so unterschiedlich, dass man von landesspezifischen Kulturen sprechen kann? Schließlich wäre noch der Unterschied zwischen Stadt und Land und zwischen Zentrale und Provinz zu beachten: Es stellen sich also viele Fragen, die in dem hier gegebenen Rahmen nur ansatzweise beantwortet werden können. Welche Kultur nehmen wir überhaupt wahr? Das literarische Erbe der Byzantiner besteht in erster Linie aus hochsprachlichem Schrifttum, während volkssprachliche Werke in der Minderzahl sind. Manche sind sogar nur indirekt erhalten, als Inserte oder mehr oder weniger umfangreiche Zitate in der »gelehrten« Literatur. Die Autoren der hochsprachlichen Werke unterschieden sich ihrerseits außerordentlich, sowohl in ihrer Schreibweise, in ihrer Bildung und Herkunft als auch in ihren jeweiligen Interessen. Bezeichnenderweise gehörten gerade die byzantinischen Autoren, die heutzutage 224

am höchsten geschätzt werden, in Byzanz häufig zu einem sehr kleinen Kreis von »Intellektuellen«, die vorzugsweise untereinander kommunizierten und die Leserschaft, die nicht über ihren Bildungshintergrund verfügte, wohl eher verachteten.Vergleicht man die erhaltenen Handschriften etwa der ›Alexias‹ Anna Komnenes oder des Geschichtswerkes des Niketas Choniates mit der Verbreitung, die z. B. der heutzutage meist als inferior geschmähte Georgios Monachos in seiner Zeit gehabt hat, dann ist dieser der geradezu haushohe Sieger. Bezeichnenderweise sind sowohl Niketas Choniates als auch Anna Komnene später in einer volkssprachlichen »Übersetzung« erschienen. Offenbar war die hoch artifizielle Schreibweise beider Autoren in ihrer Reinform dem allgemeinen Publikum nur sehr eingeschränkt vermittelbar. Dagegen haben Autoren, die eine »einfachere« Sprache benutzten, oft eine größereVerbreitung genossen, soweit man dies aus der Zahl der erhaltenen Handschriften schließen kann. Insofern wäre auch hier danach zu fragen, wer denn nun in Byzanz selbst die »Leitkultur« vertreten hat: die zahlenmäßig sicher kleine, aber in der Forschung bis heute hoch angesehene Gruppe, zu der Autoren wie die genannten Anna Komnene und Niketas Choniates, aber auch Michael Psellos, Eustathios oder – in den letzten Jahren des Reiches – Georgios Gemisthos Plethon gehörten, oder doch die in Byzanz selbst populäreren Autoren, wie – bleiben wir bei den Geschichtsschreibern – Theophanes, Georgios Monachos, Johannes Kinnamos oder auch Johannes Zonaras, um nur einige wenige zu nennen? Es ist nicht weiter überraschend und auch keine byzantinische Besonderheit, dass der Hof des Herrschers das Zentrum einer verfeinerten Hochkultur war. Ebenso kann man kaum bestreiten, dass der Kaiserhof wahrscheinlich die Maßstäbe gesetzt hat, denen man auch in der Provinz nachzueifern suchte. Trotzdem wäre zu fragen, ob er ohne jede Konkurrenz war. Nehmen wir als Beispiel das Epos des Digenis Akritas, das in seinen erhaltenen Handschriften zwar erst im 12. Jahrhundert entstanden ist, aber sicher auf ältereVorbilder aus der Zeit des 9. und 10. Jahrhunderts zurückgreift. Der »Grenzkämpfer« Digenis, Abkömmling einer byzantinischen Adligen und eines arabischen Emirs, war vorwiegend im Grenzgebiet zwischen Byzantinern und Arabern aktiv, wo er diverse Abenteuer bestand und sogar gegenüber seinem eigenen Kaiser durchaus ebenbürtig auftrat. Das Epos gehört in seinem überwiegenden Teil zur Volkssprache, auch wenn manche Versionen sprachlich »geglättet« und an die »Hochsprache« angepasst worden sind.Vielleicht spiegelt es eher als die am Hof gepflegte Rhetorik die Vorlieben wider, die bei den großen 225

byzantinischen Adelsfamilien der mittelbyzantinischen Zeit en vogue waren, die fast alle auf einen armenischen Hintergrund zurückblicken konnten und deren Machtzentren sich oft genug in den kleinasiatischen Provinzen befanden. Dass es dann später auch am Kaiserhof Aufnahme fand, ist kein Gegensatz, sondern erklärt sich aus der dominierenden Stellung, die der hohe Adel eben auch in Konstantinopel einnahm. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieser Adel seine eigenen kulturellen Vorlieben auch nach Konstantinopel mitbrachte, wo sie sich dann freilich im Lauf der Zeit abschliffen und in die höfische Kultur integriert wurden.1 DieVolksliteratur erschöpfte sich natürlich nicht in dem Epos des »Digenis Akritas« und dem dazu gehörenden Liederzyklus sowie einigen Übertragungen aus der antikisierenden »Hochsprache«. Sie hatte ihren Anteil an fast allen Sparten der byzantinischen Literatur, die rhetorischen Werke vielleicht ausgenommen. Dass weniger von ihr erhalten ist, mag an einem geringeren Grad an Schriftlichkeit liegen, vielleicht aber auch an der schlechteren Überlieferung, da sie für die gelehrten Schreiber uninteressanter war als die rhetorisch ausgefeilte »gelehrte« Literatur. Allgemein ist der Anteil nur mündlich überlieferter Werke im Mittelalter und damit auch in Byzanz viel höher gewesen als in der Neuzeit. In der mündlichen Überlieferung spielten umgangssprachliche Werke unzweifelhaft eine bedeutende Rolle, die für uns allerdings nur noch sehr begrenzt nachvollziehbar ist. Man kann jedenfalls kaum bezweifeln, dass es neben der höfischen Kultur Konstantinopels auch in der Provinz eigenständige Kulturformen gegeben hat, nur dass sie von uns oft nur noch unter Schwierigkeiten erfasst werden können.2 Zum Schluss noch eine Einschränkung: Schon aus Platzgründen ist es nicht möglich, in dem hier vorgegebenen Rahmen alle Aspekte byzantinischer Kultur zu behandeln. Achitektur, Bildende Kunst und andere Gebiete der Sachkultur müssen unberücksichtigt bleiben. Für sie sei auf die bekannten Überblickswerke zur byzantinischen Kunst verwiesen. Im folgenden geht es vor allem um die spezifischen Voraussetzungen der byzantinischen Kultur, d. h. um die Kultur- und Bildungsträger und ihre Prägung sowie um die Begrenzungen, die unseren Zugang zu ihr bestimmen und einschränken.3

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Die antiken Grundlagen Die Bildung eines entsprechend geschulten Byzantiners speiste sich aus zwei Quellen, die auf den ersten Blick unvereinbar zu sein scheinen: der »klassischen« antiken Bildung, die ja auch einen religiösen Ansatz beinhaltete, auf der einen und der christlichen Religion auf der anderen Seite. Für die Christen war das römische Imperium mit seinem ganzen Pantheon unterschiedlicher Götter und vor allem mit dem vergöttlichten Kaiser zunächst zweifellos ein Feindbild, dem das himmlische Reich Jesu Christi entgegengestellt wurde. Das frühe christliche Ideal war daher auch nicht der gebildete »Intellektuelle« klassischer Prägung, sondern der einfache Gläubige, der sich dem Willen Christi – und damit natürlich auch der Interpretation dieses Willens durch Bischöfe und Kirchenlehrer – unterwarf, ohne ihn mit Hilfe derTechniken »von außen«, wie die klassische (heidnische) Bildung von den Christen bezeichnet wurde, zu hinterfragen. Jedoch begriffen die Christen im Lauf der Zeit, dass sie sich, wollten sie an Einfluss gewinnen, auch mit den herrschenden Philosophien und Argumentationsweisen auseinandersetzen mussten. Dies taten sie mit steigendem Erfolg vor allem ab dem 4. Jahrhundert. Die Debatten wurden auf beiden Seiten mit dem ganzen philosophischrhetorischen Instrumentarium geführt, das seit langem anerkannt und bewährt war. Dass christliche und heidnische Bildung durchaus auch als Gegensatz begriffen wurde, zeigt das berühmte Edikt Kaiser Julians, des »Abtrünnigen« (Apostata), der christlichen Lehrern untersagte, die Inhalte der klassischen Bildung zu unterrichten. Er gab dabei als Begründung an, dass jemand nicht mit Erfolg Dinge unterrichten könne, an die er selbst nicht glaube.4 Die Christen erkannten natürlich, dass sie damit von der »klassischen« Ausbildung ausgeschlossen werden sollten, die ja zugleich auch die beste Voraussetzung für eine berufliche Karriere war. Ihre Polemik gegen die kaiserliche Entscheidung setzte sofort ein, erwies sich im Endeffekt allerdings als überflüssig, da mit dem Tod des Kaisers nach nur zweijähriger Regierung auch dessen antichristliche Politik aufgegeben wurde. Dennoch führte die Kontroverse dazu, dass die Kirchenlehrer, allen voran Gregor von Nazianz, vehementer als zuvor die Vereinbarkeit von christlicher und heidnischer Ausbildung betonten, die dadurch zu einem Kennzeichen der Bildung in Byzanz wurde. Man darf allerdings nicht vergessen, dass ein Teil der Christen, darunter vor allem viele Mönche, auch noch in späterer Zeit diese »weltliche« Bildung ablehnten und weiterhin das Ideal des 227

ungebildeten Weisen propagierten, der in der Form des frommen Narren sogar zum Helden einer eigenen Sparte der byzantinischen Hagiographie werden sollte. Auch auf heidnischer Seite gab es natürlich weiterhin Gegner einer christlichen Inanspruchnahme der »heidnischen« Philosophie, aber sie verloren im Zuge der Christianisierung immer mehr an Einfluss. Spätestens mit der Schließung der Akademie in Athen durch Justinian I. im Jahre 529 war klar, dass es für eine vom Christentum unabhängige Philosophie keine Existenzgrundlage mehr gab. Allerdings waren Christentum und Philosophie, etwa in der gnostischen Anschauung, zu diesem Zeitpunkt schon so eng miteinander verflochten, dass der Verlust den meisten Byzantinern überhaupt nicht bewußt geworden sein dürfte.5

Schulbildung und Schulen Die schulische Ausbildung in Byzanz war im wesentlichen Privatsache, auch wenn es ab und an Versuche gab, den Unterricht staatlicher Kontrolle zu unterwerfen. Am Anfang stand für die Jungen, manchmal auch Mädchen, im Alter von sechs bis neun oder zehn Jahren das Lernen von Lesen und Schreiben sowie der Grundlagen der Arithmetik. Für die Zehn- bis Fünfzehnjährigen folgte ein vertiefter Unterricht in Grammatik und Formenlehre, der auch die Lektüre, in der Regel nach Diktat des Lehrers, einiger klassischer Autoren einschloss, wobei es keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen heidnischen und christlichen Autoren gab. Eigene Schultexte kamen erst seit dem 11. Jahrhundert in Gebrauch. Während der Anfangsunterricht nur auf Honorarbasis erteilt wurde, förderte der Staat doch zumindest gelegentlich die folgenden Ergänzungsstudien.6 Auf diesen beiden Eingangsstufen baute der eigentliche Rhetorikunterricht auf, der zunächst anhand von eigenen Übungstexten (Progymnasmata) in die einzelnen literarischen Gattungen einführte, dann die verschiedenen literarischen Stilformen zum Inhalt hatte und schließlich durch Lektüre rhetorischer Texte und durch dasVerfassen eigener Texte und Reden zur aktiven Beherrschung der Methoden der Rhetorik führen sollte. Zwar wurde auch dieser Unterricht zumeist von privaten Rhetoriklehrern gegen Honorar erteilt, aber es gab doch verschiedentlich Versuche, auch staatliche Schulen aufzubauen, so z. B. durch Kaiser Theodosios II. im 5., den kaisar 228

Bardas im 9. und Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos im 10. Jahrhundert. Über den Standard dieser Schulen wissen wir ebensowenig wie über ihre Lebensdauer. Es scheint sich eher um persönliche Initiativen gehandelt zu haben, die ihre Gründer wohl kaum lange überlebt haben. Immerhin läßt sich hier ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Spätantike und der mittelbyzantinischen Zeit feststellen: In der von Theodosios II. begründeten Einrichtung gab es eine grundsätzliche Aufteilung zwischen dem Unterricht in lateinischer und in griechischer Sprache: Drei Rhetoren und zehn Grammatiklehrer waren für Latein angestellt, während fünf Sophisten und zehn Grammatiklehrer in Griechisch unterrichteten; außerdem gab es zwei Lehrer für Recht und für Philosophie. Das entsprach der Bedeutung beider Sprachen zu einer Zeit, als Latein auch in Ostrom noch die Sprache der Verwaltung sowie der Armee war und auch am Hof noch von vielen beherrscht wurde. In der mittelbyzantinischen Zeit geriet die lateinische Sprache in Byzanz inVergessenheit, so dass die Kaiser für ihren diplomatischen Briefwechsel mit den Reichen des Lateinischen Europa zum Teil sogar auf ausländische Übersetzer zurückgreifen mussten. Im 9. Jahrhundert berief der kaisar Bardas nur noch vier Professoren an die von ihm begründete Schule: je einen für Philosophie, Grammatik, Geometrie und Astronomie. Von Latein war keine Rede mehr. Ansonsten war spezifischer »Fachunterricht« eher selten. So wissen wir, dass Kaiser Konstantin IX. im 11. Jahrhundert in Konstantinopel eine Rechtsschule einrichtete, um dem von ihm beklagten niedrigen Niveau der Notare abzuhelfen. Ob sie längerfristig Bestand hatte, ist wiederum unklar.7 Aus dem Gesagten geht hervor, dass es keinen allgemein verbindlichen Unterricht gegeben hat. Ohnehin konnte sich nur derjenige eine Ausbildung leisten, der über genügend Geldmittel verfügte, um seine Lehrer bezahlen zu können. Dies traf nur auf Kinder der höheren Stände zu. Möglicherweise hat es im kirchlichen Bereich einige Ausnahmen gegeben. Besonders die eigentliche Schulung in Rhetorik dürfte nur wenigen zuteil geworden sein, die sich dann als den gleichsam »intellektuellen Kern« der byzantinischen Bevölkerung sahen. Mit den allgemeinen Lebensverhältnissen hatte diese Ausbildung kaum etwas zu tun, abgesehen davon, dass sie den Zugang zu den begehrten Stellen in der staatlichen Bürokratie erleichterte. Der fehlende Alltagsbezug zeigt sich schon an der vermittelten Sprache. Unterrichtet wurde nicht die in der Bevölkerung allgemein 229

benutzte Sprache, sondern eine gelehrte Kunstsprache, die auf der sogenannten koine basierte. Diese koine war in der hellenistischen Zeit entstanden und hatte sich in der Spätantike zur allgemeinen Verkehrssprache entwickelt. Sie war auch die Sprache des Neuen Testaments. In byzantinischer Zeit wurde sie mit zahlreichen Begriffen und Wendungen sowohl aus den klassischen griechischen Autoren als auch aus den spätantiken christlichen Schriftstellern angereichert. Allmählich fanden, je nach dem Bildungsniveau des jeweiligen Autors, auch volkssprachliche Begriffe Einlass. Es entwickelte sich so eine nur von wenigen Intellektuellen völlig beherrschte Kunstsprache, die sich ganz bewusst von der allgemein gesprochenen Sprache unterschied. Zwar gewann auch die Volkssprache im Lauf der Zeit literarisch an Boden, aber solange Byzanz existierte, konnte sie sich gegen den offiziellen Sprachgebrauch nicht durchsetzen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde diese antikisierende Sprache in gewisser Weise wieder aufgenommen und als »Reinsprache« (Katharevousa) zur offiziellen Staats- und Bildungssprache des griechischen Staates. Im Gegensatz zu ihr stand die »Volkssprache« (Dimotiki), die erst in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts auch zur offiziellen Schriftsprache geworden ist.8 Während es in der Spätantike noch verschiedene Bildungszentren in Ostrom gab, blieb später Konstantinopel als einziges übrig, wo sich im Kaiserpalast und im Patriarchat auch große Bibliotheken befanden, die allerdings nicht öffentlich zugänglich waren. Außerhalb Konstantinopels kann allenfalls noch Thessalonike als kulturelles Zentrum angesprochen werden, im 14. und 15. Jahrhundert dann auch Mistras auf der Peloponnes. Außerdem gab es natürlich in vielen Klöstern Bibliotheken und Archive, aber der überwiegende Teil der byzantinischen Buchkultur ging mit dem Fall des Reiches zugrunde.9

Alltagskultur? Auch wenn der Kaiserhof das alles überragende kulturelle Zentrum war, dem man nacheiferte, so muss es daneben doch auch eine Volkskultur eigener Ausprägung gegeben haben, die mit dem überfeinerten Leben am Hofe wahrscheinlich wenig zu tun gehabt hat. Dass der Kaiserhof bisweilen solche Bräuche aufnahm und an seine eigene Bedürfnisse anpasste, mag der folgende Bericht aus dem Ze230

remonienbuch Kaiser Konstantins VII. zeigen, der ein Weinlesefest behandelt: »Außerhalb des Palastes von Hiereia wird auf dem freien Platze, dem sogenannten Livadion, eine schöne Laubhütte errichtet, vor der sich alle hohen Beamten und hinter ihnen die beiden Parteien mit ihren Führern aufstellen. Der Kaiser in festlicher Kleidung kommt mit dem Patriarchen herab, der ebenfalls vollen Ornat trägt; wenn beide in den vor der Weinpflanzung befindlichen Laubengang eintreten..., gehen die Beamten und die Parteiführer ihnen entgegen; der Verwalter bringt den Bottich mit den Trauben herbei, und der Patriarch spricht den Segen nach dem kirchlichen Ritus. Darauf nimmt er eine Traube und überreicht sie dem Kaiser; ebenso der Kaiser eine dem Patriarchen, und nun treten der Reihe nach die verschiedenen Rangklassen der Beamten, die Parteiführer und der Zeremonienmeister heran, und der Kaiser gibt jedem von ihnen eine Traube. Sobald der Kaiser dem Kanzler eine Traube gibt, stimmen die beiden Parteien gemeinsam folgende Hymne an: ›Wir, des Herrschers Weisheit gewärtig, pflückten Blumen auf der Aue, sie um unser Haupt zu winden..., indes wir dir, heilige Schar würdiger Patrizier, der Lieder Fülle darbringen, um dafür Seine ergötzende Huld zu empfangen. Doch du, unsterblicher Herrscher des Alls, gönne der Welt noch lange dies Fest der kaiserlichen Herrlichkeit, des von Gott gekrönten und gesalbten Kaisers.‹... (Es folgen zwei weitere, hier ausgelassene Hymnen)... Nachdem nun die Majestäten die Verteilung der Trauben an die Würdenträger vollzogen haben, empfangen die beiden Parteien je sechs Münzen zur Belohnung in Beutelchen, flehen den Segen auf die Herrscher herab und entfernen sich. Dann begeben sich die Majestäten mit dem Patriarchen wieder hinauf in den Palast und tun sich samt dem Senate am Festmahl gütlich.«10 Hier haben wir es eindeutig mit einem ländlichen Brauchtum zu tun, einem Weinlesefest, das in gewisser Weise an das heutige Erntedankfest erinnert. Auch wenn es vom Hof übernommen und entsprechend auf den Kaiser zugeschnitten worden ist, ist der Ursprung noch erkennbar. Aber zugleich wird wieder das Kernproblem deutlich:Wäre dieses Fest nicht vom Hof zelebriert worden, wüssten wir nichts von seiner Existenz. Das Alltagsleben in Byzanz ist für uns nur bedingt nachvollziehbar, da die byzantinischen Autoren sich dafür wenig oder gar nicht interessierten. Erwähnungen sind daher relativ selten und zumeist unsystematisch. Dass es neben der »offiziellen« Kultur auch eine »Alltagskultur« gegeben haben muss, bedarf keiner eigenen Beweisführung. In den Quellen finden sich genügend Nachrichten, die Hinweise auf ihre 231

Existenz geben, auch wenn über den konkreten Inhalt einzelner Veranstaltungen wenig gesagt werden kann. Ein Beispiel ist der Mimos, eine Art von Theateraufführung, verbunden mit derbem Mummenschanz und mehr oder weniger obszönen Darstellungen. Ursprünglich war er wohl als Parodie auf die »ernsthaften« Theatervorstellungen enstanden. Während es diese in Byzanz nicht mehr gegeben hat, überlebte der Mimos. Die wenigen erhalten Beispiele deuten darauf hin, dass man die Form des Mimos dazu benutzte, das staatliche und kirchliche Zeremoniell ins Lächerliche zu ziehen. So berichtet etwa die Chronik des Theophanes continuatus im 9. Jahrhundert von einer Spottprozession, bei der ein Teilnehmer als Patriarch posierte und entsprechend verhöhnt wurde. Allerdings handelte es sich bei den Teilnehmern nicht um normale Einwohner Konstantinopels, sondern um Kaiser Michael III. mitsamt seinen Genossen, die sich auf diese Weise über Patriarch Ignatios lustig machten. Auch hier lernen wir solche Gebräuche also wieder nur dadurch kennen, dass sie von der – in diesem Fall nicht gerade – »feinen Gesellschaft« übernommen wurden. Dennoch kann an der Existenz solcher und ähnlicher Gewohnheiten kein Zweifel bestehen.11 Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Diskrepanz zwischen den Verhältnissen in Konstantinopel und denen in den Provinzen. Konstantinopel war natürlich das Zentrum, an dem sich das restliche Reich orientierte. Trotzdem gab es daneben Unterzentren, die zwar in der Regel räumlich oder zeitlich begrenzt waren, aber nichtsdestoweniger vorhanden. So gab es beispielweise im 12. Jahrhundert einen jährlichen Markt in Thessalonike, der überregionale Bedeutung hatte und sogar von nichtbyzantinischen Kaufleuten besucht wurde. In Ephesos existierte im 8. Jahrhundert ebenfalls ein Markt, der immerhin so groß war, dass Kaiser Konstantin V. mehr als 100 Goldpfund an Steuern und Abgaben aus ihm ziehen konnte. Solche Märkte waren in Byzanz nicht anders als heutzutage zugleichVolksfeste mit Belustigungen aller Art, auch wenn wir nicht darüber informiert sind, was sich im einzelnen abgespielt haben mag. In diesem Zusammenhang müssen natürlich auch die zahlreichen kirchlichen Feste erwähnt werden, die sicher gleichfalls ihre lokalen Besonderheiten besessen haben werden.12 Ebenso wird es regionales Brauchtum gegeben haben. Auch wenn Byzanz seit dem 7. Jahrhundert infolge der territorialen Verluste wesentlich homogener war als zuvor, so unterschieden die verbliebenen Regionen sich doch immer noch stark untereinander. Das verstärkte sich im Zug der Rückeroberungen zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert: Auf dem Balkan gehörten – zeitgleich oder nach232

einander – Slawen, Bulgaren, Serben, Kroaten, in der Spätzeit auch Vlachen und Albaner zum Reich. In Kleinasien waren vor allem die Armenier bedeutend, die nicht nur einen wesentlichen Faktor in den nordöstlichen Provinzen und ab dem 11. Jahrhundert auch in Kilikien bildeten, sondern auch immer wieder in großer Zahl in byzantinische Dienste traten und selbst am Kaiserhof eine wichtige Rolle spielten. Wir können davon ausgehen, dass alle diese Völkerschaften ihre Bräuche und Traditionen zumindest rudimentär beibehielten, vor allem natürlich in ihren eigenen Siedlungsgebieten. Gleiches galt für diejenigen, die in die Dienste des Kaisers traten, seien es nun Einzelpersonen oder geschlossene Verbände. Wir wissen, dass die Kaiser auf die Eigenheiten dieser Fremden – zumeist Söldner, die in der Armee und oft sogar in der Palastgarde dienten – Rücksicht nahmen. So hatten die varägischen Söldner eine eigene Kirche, die ihrem Nationalheiligen, dem Hl. Olaf, geweiht war. Für Muslime gab es Moscheen in der Hauptstadt. Wenn der byzantinische Pragmatismus sich sogar auf das ungleich wichtigere Gebiet der Religion erstreckte, so dürfte die Beibehaltung von relativ harmlosen Volksbräuchen kein Problem gewesen sein. Auch hier gibt es Beispiele, dass einige dieser Bräuche zumindest zeitweilig selbst vom Kaiserhof aufgenommen worden sind. So berichtet das schon einmal im diesem Zusammenhang erwähnte Zeremonienbuch von einem Brauch, der offenbar im 5. oder 6. Jahrhundert unter gotischen Söldnern üblich war und dann als »gotisches Weihnachtsspiel« Eingang ins Hofzeremoniell gefunden hat. Im folgenden seien einige kurze Ausschnitte zitiert: »Am neunten Tag der zwölf Nächte, wenn sich die Majestäten an der Abendtafel niederlassen, ... nehmen an den beiden Eingängen des großen Speisesaales die Darsteller des sogenannten gotischen Spiels Aufstellung. An der linken Seite... steht der Führer der ›Blauen‹ mit einigen Parteigenossen und den Sackpfeifern mit ihren Instrumenten und hinter ihm die beiden Goten, welche Pelzmäntel mit nach außen gekehrter Fütterung und verschieden gestaltete Masken tragen, und in der linken Hand Schilde, in der rechten Lanzen halten. An der rechten Seite steht ... der Anführer der ›Grünen‹, ebenfalls mit einigen Parteigenossen und den Sackpfeifern, und hinter ihm wiederum die beiden Goten in gleicher Kleidung und Bewaffnung. (Auf Befehl des Kaisers werden nun die Spieler in den Saal geholt). Diese kommen nun im Laufschritt herein, schlagen mit den Lanzen, die sie tragen, an die Schilde, dass es klirrt und rufen dabei: ›Tull, tull.‹ Den Ruf fortwährend wiederholend, kommen sie bis in die Nähe des kaiserlichen Tisches. Dort vereinigen sich beide Reihen, nehmen eine kreisförmige Aufstel233

lung, und zwar bilden die einen einen inneren, die anderen einen äußeren Kreis. Dies wiederholen sie dreimal, lösen sich dann auf und treten wieder an ihren Platz, die Reihe der ›Blauen‹ links, die der ›Grünen‹ rechts. Nun singen beide gotische Lieder, wozu die Panduren ihreWeise begleiten: ›Heil dir, liebe Nachbarschaft, heil euch, liebe Genossen, – heilig! Die ihr kämpfet am guten Tage, Posaunen blaset zu guter Stunde, ringsum erblicket gütige Liebe! Sehet, erlöst hat uns Gott am festlichen Tage von der Dämonen Macht! Laßt uns frohlocken im Jubelgesang – nana – im Jubelgesang. Hiskias rüstete sich zum Kriege mit den Assyriern – anana – die einzige Hoffnung auf Gott, den menschliebenden gerichtet – nana – alleVölker hat er unterjocht und die Tyrannei der Gottlosen – heilig – der Heiland, gütiger Herrscher – nana – wird jeden Eurer Feinde zu euren Füßen niederzwingen.‹ ... (Es folgen nun mehrere Akklamationen an die Kaiser.) ... Nun rufen die Führer den Goten zu: ›Ampaato!‹, auf einen Wink ihrer Führer bilden die Goten einen Kreis, und mit ihren Lanzen an die Schilde schlagend und »tull, tull« rufend, umkreisen sie die Führer beider Parteien, lösen sich dann wieder auf und treten zurück an ihren Platz.« Es folgen ein Wechselspiel weiterer Strophen und Akklamationen, bis die Goten wieder mit ihren Lanzen an die Schilde schlagen, mehrmals hintereinander »tull, tull« rufen und sich im Laufschritt entfernen, die Reihen der ›Blauen‹ nach links, die der ›Grünen‹ nach rechts.«13 Es handelt sich bei dieser Aufführung sicher nicht um reines Brauchtum, sondern man hat es an das Hofzeremoniell angepasst, wie wir es ja auch schon bei dem oben erwähnten Beispiel gesehen haben. Hierfür spricht die Teilnahme der beiden Sprecher der Demen der »Blauen« und der »Grünen«, und zudem orientierte das ganze Geschehen sich natürlich an der zentralen Rolle des Kaisers. Aber einige Teile klingen doch so, als ob hier altes Brauchtum adaptiert wurde, wofür vielleicht auch die gotischen (?) Ausrufe als Merkmal gelten können. Wenn die politischen Interessen es erforderten, wurden »fremde« Bräuche auch vom Kaiser demonstrativ unterstützt, wie man etwa an dem Abhalten eines Turniers durch Kaiser Manuel I. Komnenos sehen kann, an dem der Kaiser in Person teilnahm, obwohl Turniere zwar im Abendland beliebt waren, in Byzanz aber bis zu dieser Zeit kaum eine Rolle spielten und den Byzantinern eher fremd waren. In späterer Zeit fanden solche Formen der Unterhaltung breiteren Zuspruch, auch wenn man sie wohl kaum als echten Volksbrauch bezeichnen kann.14

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Die Bedeutung der Antike in der byzantinischen Gesellschaft Man wirft dem byzantinischen Staat und der ihn tragenden Gesellschaft gerne eine gewisse Erstarrung vor. Die Byzantiner hätten sich an dieVergangenheit geklammert und wären schließlich nicht mehr in der Lage gewesen, sich den wechselnden Gegebenheiten anzupassen, was schließlich zum Zusammenbruch ihres Staates führen musste.Tatsächlich ist kaum zu bestreiten, dass die byzantinische Gesellschaft – besser gesagt: ihre intellektuelle Schicht, die nur begrenzt mit der politischen Elite identisch war – konservativer gewesen ist, als dies in den Gesellschaften des Lateinischen Europa der Fall gewesen ist. Dennoch kann man nicht sagen, dass die Byzantiner zwischen dem 7. und dem 15. Jahrhundert nun geradezu sklavisch die Verhältnisse der Spätantike bewahrt haben, auch wenn diese Periode bei ihnen zweifellos einen besonderen Stellenwert genoss, wie wir gleich sehen werden. Zunächst jedoch sei nachdrücklich unterstrichen, dass Byzanz sich natürlich im Lauf seiner Geschichte verändert hat: Ein Byzantiner des 4. Jahrhunderts hätte sich, von den wichtigsten Kirchen vielleicht einmal abgesehen, schon räumlich kaum in dem Konstantinopel der Spätzeit zurechtgefunden, und ebenso wird man bezweifeln können, dass er mit der Mentalität und dem Alltagsleben der Byzantiner des 14. Jahrhunderts zurechtgekommen wäre. Die Armeen des 10. Jahrhunderts unterschieden sich beträchtlich von denen der Spätantike und diejenigen des 12. Jahrhunderts wiederum von denen zwei Jahrhunderte zuvor. Selbst am Kaiserhof, in dem man an und für sich ja einen Hort der Tradition vermuten könnte, veränderten Zeremoniell und Aussehen sich kontinuierlich, was sich schon an der Kleidung der Kaiser und an ihren Insignien erkennen läßt. Daneben gab es natürlich auch Bereiche, in denen die Veränderungen weniger auffällig gewesen sind, wie etwa in den familiären Strukturen. Aber das hatte wahrscheinlich weniger mit Tradition zu tun, als mit den ökonomischenVerhältnissen, in denen die »kleinen Leute« lebten.15 Auch von einer kulturellen Erstarrung kann man kaum sprechen. Zwar wurden bestimmte Literaturgattungen bis zum Ende des Reiches im 15. Jahrhundert gepflegt, aber das galt nicht weniger für das lateinische Mittelalter, und auch in diesem Bereich gab es sowohl Neues als auch Weiterentwicklungen älterer Genres. Man denke etwa an die sogenannte Rangstreitliteratur, an den Roman oder an die Epigrammdichtung. Die Historiographie folgte zwar in ihren 235

formalen Anforderungen weiter den antiken Vorgaben, aber auch hier gab es neue Ansätze, so dass – bei allem Bemühen um die Nachahmung der klassischen Vorbilder – durchaus eine auch qualitative Weiterentwicklung erkennbar ist. Den Vergleich mit der Geschichtsschreibung des lateinischen mittelalterlichen Europa brauchen die byzantinischen Geschichtsschreiber jedenfalls nicht zu scheuen, und das gilt in ähnlicher Weise für andere Sparten der byzantinischen Kunst und Kultur, auch wenn sie dem Außenstehenden oft nur schwer zugänglich sein mögen. Natürlich verlief die Entwicklung in Byzanz langsamer als etwa im neuzeitlichen Europa, aber das ist keine byzantinische Besonderheit, sondern gilt ebenso für das mittelalterliche Lateinische Europa. Wenn Byzanz vielleicht noch etwas unbeweglicher wirken mag, so liegt dies daran, dass es – anders als die germanischen Reiche – auf einer gewachsenen staatlichen Struktur ruhte und daher nicht wie jene gezwungen war, erst eigene Strukturen undTraditionen zu entwickeln. Trotzdem ist natürlich nicht zu übersehen, dass die Antike in Byzanz eine besondere Rolle gespielt hat. Der Grund dafür lag in eben dieser ungebrochenen Kontinuität staatlicher Existenz zwischen dem 4. und dem 15. Jahrhundert. Diese Kontinuität führte dazu, dass die Byzantiner sich allen anderen überlegen fühlten, da sie allein die Erben des Imperium Romanum waren und ihre Kaiser als die einzigen legitimen Nachfolger eines Augustus, Trajan und Konstantin einen besonderen Nimbus genossen, der sie über alle anderen Herrscher und Reiche hinaushob. Dass sie diese Tradition in ihrem Verkehr mit der Außenwelt ausgenutzt haben, steht außer Zweifel. So wird in einem Kapitel des Werkes »De administrando Imperio« aus dem 10. Jahrhundert, das sich als Lehrschrift für den Sohn Kaiser Konstantins VII. ausgibt, ausdrücklich auf die antiken Grundlagen des Reiches Bezug genommen: »Wenn einmal, wie es oft geschieht, Chazaren, Türken (= Ungarn), Russen oder ein anderes der nördlichen und skythischenVölker verlangen und fordern, dass ihnen als Belohnung für irgendeinen Dienst... etwas von den kaiserlichen Kleidern, Kronen und Gewändern gesendet werde, musst du dich (für deine Weigerung) so rechtfertigen: ›Diese Gewänder und Kronen... sind nicht von Menschen hergestellt..., sondern, wie wir aus einer alten Geschichte in geheimen Schriften geschrieben finden, hat Gott, als er den einstigen Konstantin den Großen, den ersten christlichen Kaiser, zum Kaiser machte, ihm durch einen Engel diese Gewänder und Kronen... geschickt und ihm aufgetragen, sie in die große Kirche Gottes, die nach der im Wesen Gottes liegenden Weis236

heit Hagia Sophia genannt wird, zu legen und sie nicht täglich zu tragen, sondern nur wenn gerade... ein großes Herrenfest gefeiert wird. Deshalb wurden diese im Auftrag Gottes (dort) aufbewahrt... Wenn ein Fest unseres Herrn und Gottes Jesus Christus zu feiern ist, nimmt der Patriarch von diesen Gewändern und Kronen... und schickt sie zum Kaiser. Dieser legt sie... an und trägt sie bei der Prozession. Nach dem Gebrauch gibt er sie der Kirche zurück, und in dieser liegen sie aufbewahrt.‹«16 Hier wird die Tradition politisch eingesetzt, um die Anerkennung einer solchen Forderung, die zu einer Aufwertung dieser Völker geführt hätte, abzuwehren. Aber so geschickt, oft auch arrogant, die Byzantiner ihre Tradition als »Römer« in der Außenpolitik auch einzusetzen wussten, so hatte dieses Erbe doch auch eine negative Kehrseite, denn der Außenwirkung entsprach natürlich die Binnenwirkung: Auch die Byzantiner konnten sich der Wirkung ihrer Vergangenheit nicht entziehen, wie man gerade an dem eben geschilderten Beispiel sehen kann. Liudprand von Cremona, der 968 als Gesandter Ottos I. in Konstantinopel war, sah eine solche Prozession und erkannte seinerseits die in ihr liegende Tradition, auch wenn er sie aggressiv ins Gegenteil zu verkehren sucht: »Aber auch die Hofleute... trugen weite und vor Alter löcherige Gewänder. Es wäre anständiger gewesen, wenn sie in ihrer Alltagskleidung erschienen wären. Es war keiner unter ihnen, dessen Urahn sich diesen Rock neu angeschafft hätte. Mit Gold und Edelsteinen war niemand geschmückt als allein Nikephoros, den die für seine Vorgänger angefertigten kaiserlichen Gewänder noch hässlicher machten.«17 Es ist evident, dass das hier benutzte Zeremoniell nicht nur nach außen, sondern auch nach innen wirken musste. Zwar hob die eigene glorreicheVergangenheit die Byzantiner über ihre Nachbarn hinaus, aber genau dadurch wurde diese Vergangenheit auch für sie selbst zu einer Belastung, denn imVergleich mit dem alten Imperium Romanum zogen auch die Byzantiner den kürzeren. Und da im Mittelalter Erfolg und Misserfolg immer zugleich als Maßstäbe für das richtige moralische und religiöse Verhalten angesehen wurden, förderte dies eine äußerst traditionsbewusste Einstellung: Man versuchte, die Bedingungen, die in der Spätantike geherrscht hatten, nachzuahmen, denn ihr Erfolg hatte ja gezeigt, dass Gott selbst sie gutgeheißen hatte. DerVergleich mit der glorreichenVergangenheit förderte den Glauben, dass das Abweichen von dem alten Weg zu den Misserfolgen der Gegenwart geführt hatte. Es ist gerade in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass man sich in Byzanz immer dann besonders stark auf die »gute alte Zeit« zurückbesann, 237

wenn es in der Gegenwart oder in der jüngsten Vergangenheit schwere Rückschläge gegeben hatte. So erklären sich auch die wiederkehrenden »Renaissancen«, – eigentlich ein falscher Begriff, da die Antike in Byzanz nie vergessen worden ist. Man sollte eher von »Wiederbelebung« sprechen – etwa im 9./10. (Makedonische Renaissance), im 12. (Komnenische Renaissance) und im 13.–15. Jahrhundert (Palaiologische Renaissance). Gerade in Perioden schwerer politischer Erschütterungen führte die damit einhergehendeVerunsicherung dazu, sich verstärkt an die Epoche zu klammern, in der das Reich noch die anerkannte Vormacht in Europa gewesen war. Die Identifizierung mit der Spätantike fiel in Byzanz aufgrund der staatlichen Kontinuität zweifellos leichter als in den anderen mittelalterlichen Reichen, und sie war aus diesem Grund auch stärker, zumindest in den Kreisen, die über die dafür nötige Bildung verfügten. Das Heil lag in einer größtmöglichen Nachahmung dieser Zeit, und so kam es eben unter anderem dazu, dass die Mehrzahl der byzantinischen Schriftsteller bis zum Ende des Reiches an einer Kunstsprache festhielten, die sie mit der Sprache jener Zeit identifizierten, während der Großteil der Bevölkerung – und sicher auch die Intellektuellen selbst in ihrem Alltagsleben – eine wesentlich einfachere Sprache benutzten. Den einfachen Byzantinern dürfte eine solche Einstellung ohnehin eher unverständlich gewesen sein. Sie flüchteten sich lieber in die Arme der Kirche, die auf ihre Weise ebenfalls Trost für den unbegreiflichen Niedergang der Lebensverhältnisse bot.18

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12 Die Quellen Vorbemerkung: Realität und Fiktion Für die Kenntnis der byzantinischen Geschichte spielen literarische Quellen eine größere Rolle als für diejenige des Lateinischen Europa. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass mit dem Ende von Byzanz auch alle staatlichen Archive untergegangen sind. Wenn überhaupt Urkunden oder Akten erhalten sind, dann entweder im Ausland – als Privilegien oder als internationale Verträge – oder in kirchlichen Archiven, besonders solchen in Klosterbesitz. Diese Archive bieten zwar wertvolles Material, aber sie betreffen in der Regel doch nur das jeweilige Kloster und dessen Umkreis. Mit weltlichen Dingen haben sie nur insoweit zu tun, als sie Privilegien für das Kloster, Dokumente über Rechtsstreitigkeiten um seinen Besitz und um die ihm geschuldeten Abgaben enthalten. Daneben kennen wir größere und kleinere Gesetzessammlungen und dergleichen. Aber der Gang der Ereignisse wäre ohne die Mitteilungen in den literarischen Quellen nicht zu rekonstruieren. Jedoch stehen wir damit vor dem Problem, dass wir es hier mitTexten zu tun haben, die einerseits bewusst gestaltet sind und andererseits die Vorurteile, Kenntnisse oder Unkenntnisse und schließlich auch die literarische Tradition, in der ihre Autoren stehen, widerspiegeln. Was wollten diese Autoren, woher bekamen sie ihre Informationen, was war ihre grundsätzliche Einstellung? Lassen sich unsere eigenen Fragen mit den vorhandenen Quellen überhaupt beantworten? Wenn wir die heute gern gestellten »modernen« Fragen auf Byzanz anwenden, werden wir oft finden, dass die byzantinischen literarischen Quellen hierfür allenfalls punktuelle Nachrichten liefern, wenn überhaupt. Viele unserer Fragestellungen setzen eine Perspektive voraus, die im Mittelalter allgemein und in Byzanz im besonderen nicht gegeben war. Dazu gibt es einen weiteren grundlegenden Unterschied: Heute leiden wir eher unter dem Problem, zu viele Nachrichten verarbeiten und zwischen ihnen auswählen zu müssen. Für das Mittelalter gilt das Gegenteil. Doch dazu mehr im Nachwort! Aus den geschilderten Gründen ergibt sich, dass die Werke der byzantinischen Geschichtsschreibung für uns unverzichtbar sind. Aber die von ihnen übermittelten Nachrichten gehen im Endeffekt immer auf Augenzeugen oder von den Ereignissen selbst Betroffene 239

zurück, deren jeweilige Tendenz hinterfragt werden muss. Daneben gibt es »technische« Probleme: Woher bekam der Autor seine Informationen? Wie prüfte er sie, wenn er sie überhaupt prüfte, oder übernahm er sie kritiklos. Können wir überhaupt seine eigene Meinung erkennen, wenn er denn eine hatte, und formte er sie anhand der ihm bekannten Ereignisse, oder formte er die Ereignisse, um sie seiner eigenen Überzeugung anzupassen? Hierzu ein Beispiel: Michael Psellos, einer der bedeutendsten Politiker und Literaten im Byzanz des 11. Jahrhunderts, hat auch eine Chronik der Kaiser von Basileios II. bis zu MichaelVII. geschrieben. Über Kaiser Konstantin VIII. findet sich folgende Darstellung des Herrschers: »Beherrscht von seinem Magen und seinen sexuellen Vorlieben, litt er an Arthritis, und, schlimmer noch, seine Füße waren in einem solchen Zustand, dass er nicht in der Lage war zu gehen. Nach seiner Thronbesteigung sah niemand mehr, dass er sich traute, seine Füße zu gebrauchen; stattdessen ritt er, wobei er sicher im Sattel saß.« Es klingt etwas sonderbar, dass man mit Arthritis zwar reiten kann, aber jeden Fußweg meiden muss, doch ist es wohl nicht unmöglich. Aber verfolgen wir die Darstellung weiter: Im unmittelbaren Anschluss gibt Psellos eine weitere Information über Konstantin. »Die gymnopaidiai (eine Art gymnastischer Wettkampf), die lange in Vergessenheit geraten waren, erneuerte er und führte sie wieder in das Theater ein, wobei er nicht wie ein Kaiser nur zuschaute, sondern selbst als Mitstreiter gegen seine Rivalen antrat. Er wollte aber nicht, dass seine Gegner sich von ihm schlagen ließen, weil er der Kaiser war, sondern er wollte, dass sie mit aller Energie gegen ihn kämpfen sollten, damit sein Sieg umso leuchtender sei.« Auch diese Mitteilung ist nicht sehr glaubhaft, da Konstantin VIII. zum Zeitpunkt seines Herrschaftsantritts immerhin ca. 65 Jahre alt war, aber nicht ausgeschlossen. Beide Nachrichten zusammen können jedoch unmöglich zutreffen: Dass ein Kaiser, der nicht mehr laufen kann und deshalb jeden Weg zu Pferd absolvieren muss, aber gleichzeitig bei gymnastischen Wettkämpfen antritt und seine geübten Mitstreiter sogar noch auffordert, bloß keine Rücksicht auf ihn zu nehmen, damit sein Sieg um so größer sei, ist schlicht und einfach nicht vorstellbar! Nun wissen wir, dass Michael Psellos KonstantinVIII. ablehnend gegenüberstand. Er vergleicht ihn gezielt mit seinem Bruder und Vorgänger Basileios II. und läßt praktisch kein gutes Haar an ihm. Dass die beiden zitierten Stellen sich dabei widersprechen, ist für Psellos gleichgültig. Im Gegenteil steigert er durch die Anhäufung solcher Gegensätze noch seine negative Charakterisierung. Durch 240

die Übertreibung ist der innere Widerspruch relativ klar zu erkennen.1 Schwieriger wird es, wenn ein Autor geschickter verfährt oder wir über keine Nachrichten verfügen, anhand derer wir eine Darstellung überprüfen können. Dennoch bietet die Interpretation der Chronographie, zumindest an dieser Stelle, keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Psellos ist eben ein Historiker, der eine bestimmte Tendenz verfolgt und seine Nachrichten dieserTendenz anpasst, wie das viele vor ihm und nach ihm getan haben. Insofern fällt er nicht aus dem Rahmen. Aber können wir die mittelalterlichen Geschichtsschreiber überhaupt nach heutigen Maßstäben beurteilen? Die moderne Geschichtsschreibung beansprucht den Status einer Wissenschaft, deren wichtigstes Ziel es ist oder zumindest sein sollte, den Ablauf bestimmter Ereignisse korrekt zu erklären und die Hintergründe und Folgen herauszuarbeiten. Im Mittelalter war das nicht unbedingt der Fall, wie sich an den beiden folgenden Beispielen zeigen lässt: Der Historiker Niketas Choniates beschreibt die Ereignisse von 1118 (Tod des Kaisers Alexios. I.) bis kurz nach demVierten Kreuzzug. Im Rahmen dieser Darstellung gibt er immer wieder Charakterisierungen verschiedener Personen, so auch des Logotheten des Dromos Johannes Kamateros, den Niketas für seine unersättliche Gier tadelt. Nicht nur, dass Johannes Kamateros in einem Zug eine Schale mit sechs Litern austrinkt: »Auch grünen Bohnen konnte er nicht widerstehen. Ganze Felder aß er leer und ließ so wenig etwas übrig wie der Schakal von seiner Beute. Während des kilikischen Feldzugs war sein Zelt einmal neben einem Fluß aufgeschlagen. Da sah er auf dem gegenüberliegenden Ufer ein Bohnenfeld. Er warf sofort alle Kleider ab und schwamm hinüber, riss die meisten Bohnen ab und aß sie auf. Aber er gab sich noch nicht zufrieden, sondern band, was übrig war, zu einem Bündel zusammen, hob es auf den Rücken und schwamm zurück. Im Zelt setzte er sich sogleich auf den Boden und zupfte eine Schote nach der anderen ab, und zwar mit solchem Wohlbehagen, als wenn er schon lange nichts zu essen bekommen hätte... Soviel über den Logotheten. Diese kleine Abschweifung war wohl, meine ich, nicht ohne Nutzen für die Leser, sie ist nicht unhübsch und nicht ohne Reiz.« Ohne Reiz ist die Darstellung in der Tat nicht, aber doch eine so hemmungslose Übertreibung, dass sie mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Immerhin zeigt Niketas’ Bemerkung, dass er seinen eigenen Bericht nicht völlig ernst nimmt und dies dem Leser auch mitteilt. Anekdoten dieser und ähnlicher Art kommen in der byzantinischen Ge241

schichtsschreibung häufig vor, ja man kann sie geradezu als typisch für sie ansehen.2 Problematischer ist das nächste Beispiel: So berichtet Niketas Choniates ausführlich über die Belagerung der byzantinischen Stadt Didymoteichon in Thrakien durch die Bulgaren im Jahre 1206. Wir können ausschließen, dass Niketas nicht über Berichte von Augenzeugen verfügt hat oder zumindest, wenn er gewollt hätte, hätte verfügen können. Aber er hat neben ihnen auch anderes Material benutzt, das mit der konkreten Belagerung von Didymoteichon überhaupt nichts zu tun hatte. Wie vor einiger Zeit Alexander Kazhdan feststellte, hat Niketas das Belagerungsgeschehen zu einem guten Teil einem Bericht des Flavius Iosephus über die Belagerung der jüdischen Stadt Iotapata durch die Römer im Jahre 67 nach Christus nachempfunden. Wortgleichheiten, Satzbau und ähnliches entsprechen sich. Das kann nicht damit erklärt werden, dass Niketas das Fehlen genauerer Informationen über die Belagerung von Didymoteichon kaschieren musste, sonden es ist offensichtlich ein literarisches Spiel, das er treibt. Was ist der Sinn? Flavius Iosephus wird nicht einmal erwähnt. Es handelt sich um ein anonymes Zitat. Die einzige, halbwegs überzeugende Erklärung liegt darin, dass es sich um ein Spiel unter gleichermaßen Gebildeten handelte. Aber dieses Spiel konnte nur dann Erfolg haben, wenn die Anspielung erkannt wurde, wenn der Autor also darauf rechnen konnte, dass seine Leser dieses vesteckte Zitat erkannten und schätzten. Für einen Leser, der nicht über diesen Bildungshintergrund verfügte, wäre ein solches literarisches Spiel sinnlos gewesen. Das aber heißt konsequenterweise: Der Erfolg des Niketas bei dem von ihm angesprochenen Leserkreis hing auch davon ab, dass er sich gerade nicht als ein um Genauigkeit und Objektivität bemühter Historiker präsentierte, sondern als Literat, der sein Material nach seinen eigenen Maßstäben formte. Mit unserem heutigen Anspruch an einen Historiker wäre ein solches Verhalten nicht vereinbar.3 Der begrenzte Platz verbietet es, weitere Beispiele anzuführen. Trotzdem ist die Konsequenz eindeutig: Der Stellenwert der »Wahrheit« tritt bei den byzantinischen Chronisten hinter den literarischen Anspruch und hinter den angestrebten »Unterhaltungswert« zurück. Byzantinische – und wahrscheinlich überhaupt mittelalterliche – Historiographie ist kein fehlerhafter Prototyp heutiger Geschichtswissenschaft gewesen, sondern sie folgte anderen Regeln. Wahrscheinlich könnte man den »Realitätsbezug« byzantinischer Geschichtsdarstellungen am ehesten mit demjenigen moderner historischer Romane vergleichen: In einem gegebenen historischen 242

Rahmen agieren die Personen so, wie der Autor glaubt, dass sie agiert haben sollten oder zumindest könnten. Innerhalb dieses Rahmens kann der Autor dann problemlos Gewichte verschieben und Fakten ändern oder anders anordnen, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Bei einigen Autoren, wie z. B. Michael Psellos in dem oben geschilderten Beispiel, ist dieses Vorgehen leicht erkennbar; bei anderen braucht es genaue Prüfung und Wissen um die Umstände, die für uns mangels Parallelquellen häufig nicht mehr zu erkennen sind. So zieht z. B. Anna Komnene in ihrer Darstellung des Ersten Kreuzzugs die Ankunft der Kreuzfahrerheere in Konstantinopel, die tatsächlich rund ein halbes Jahr gedauert hatte, in einen Zeitraum von wenigen Wochen zusammen und ändert auch die Reihenfolge, in der die Kreuzfahrer eintreffen. Ihr Ziel war dabei, eine höhere dramatische Wirkung zu erreichen und die beiden wichtigsten Protagonisten, Kaiser Alexios I. Komnenos auf der byzantinischen und den Normannen Bohemund auf der Kreuzfahrerseite, erst zum Schluss, gleichsam als End- und Höhepunkt der Konfrontation, aufeinander treffen zu lassen. Das war nach der damals herrschenden Auffassung keine Verfälschung oder musste es zumindest nicht sein, sondern ein kompositorisches Arrangement, das vom Publikum erwartet und akzeptiert wurde. Der heutige Leser kann diese Einstellung oft gar nicht mehr oder nur unter großen Schwierigkeiten nachvollziehen. Auch neue Editionen und Übersetzungen machen das nicht leichter.4 Die im folgenden behandelten Quellengruppen und Einzelquellen stellen nur eine sehr kleine und noch dazu höchst subjektive Auswahl dar, die sich unter anderem daran orientierte, welche Quellen in den vorangehenden Kapiteln behandelt oder zitiert worden sind. Weitaus mehr Quellen und Quellengruppen konnten nicht erwähnt werden. So fehlen, um nur einige Beispiele zu nennen, die Briefe und Briefsammlungen, Inschriften, Kanzleidokumente, die meisten Gesetze und Gesetzessammlungen, belletristische Werke in Prosa und Lyrik, dazu die gesamte rhetorische Literatur und natürlich die philologischen Werke, die alle für den Historiker von Interesse sein können, auch wenn ihre Informationen nicht so unmittelbar und reichhaltig sind wie in den historiographischen Werken. Ebenso blieben nichtbyzantinischen Quellen unberücksichtigt. Der zurVerfügung stehende Platz verbietet leider eine ausführlichere Behandlung, für die stattdessen auf die in den Anmerkungen genannte Sekundärliteratur verwiesen sei. Darüber hinaus müsste man eigentlich über die Bedeutung der historischen »Hilfswissenschaften« sprechen, etwa über die Paläo243

graphie, die Diplomatik und die Chronologie, die sich ja nicht unerheblich von der heutigen unterscheidet.5 Sie alle aufzunehmen, war in dem vorgegebenen Rahmen gleichfalls nicht möglich. Auch dafür wird der Leser auf die in diesem Kapitel zitierten Werke zurückgreifen müssen6. Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten finden sich auch in den verschiedenen Einführungen in die Mittelalterliche und in die Alte Geschichte. Als Einführung in die historischen Hilfswissenschaften ist ohnehin das »Werkzeug des Historikers« von A. von Brand immer noch eine feststehende Größe. Aber auch dies ist nur eine subjektive Auswahl aus dem reichhaltigen Angebot, das ohnehin laufend durch weitere Veröffentlichungen ergänzt wird.7

Literarische Quellen Historiographie Wie die meisten anderen literatischen Genres in Byzanz, baut auch die Historiographie bruchlos auf den klassischen Vorläufern auf, allerdings ergänzt um die christlichen Varianten. So begegnen wir neben kurzen und schmucklosen Annalen schier endlosen Darstellungen, die von Adam und Eva bis zur Lebenszeit des Verfassers verlaufen. Daneben gibt es Beschreibungen einzelner Epochen und Ereignisse, manchmal angereichert mit den eigenen Schicksalen des Verfassers, manchmal auch so voll von Stereotypen und Rhetorik, dass man kaum entscheiden kann, ob die geschilderten Ereignisse nun real sind oder Erfindungen des Autors oder seiner Vorlagen. In der Forschung hat es lange eine relativ scharfe Trennung zwischen Historiographie und Chronistik gegeben: Als Chroniken wurden Gesamtdarstellungen der Geschichte, zumeist unter christlichem Aspekt, angesehen, die im allgemeinen eine einfachere Sprache benutzten und in mehr oder weniger annalistischer Reihenfolge abgefasst worden waren. Ihnen wurde die eigentliche Geschichtsschreibung gegenübergestellt, die in Nachahmung der klassischen antiken oder auch spätantiker bzw. byzantinischer Autoren, wie etwa Prokop, eine örtlich oder zeitlich begrenzte Darstellung boten, die in der Regel stark mit Rhetorik durchsetzt und in einem gehobenen Stil geschrieben war. Als typische Vertreter der »Chronistik« könnte man beispielweise Georgios Monachos oder Johannes Zonaras nennen, als solche der »Geschichtsschreibung« den schon genannten 244

Prokop, Anna Komnene oder Niketas Choniates. Aber auch wenn die Byzantiner selbst zwischen beiden Richtungen unterschieden, so ist diese Trennung in der Realität vieler Texte doch einigermaßen künstlich, denn es gab viele Mischformen. Chroniken enthielten genauso rhetorische Elemente wie der »Historiographie« zugeordnete Werke, und in letzteren findet man immer wieder Anekdoten, die auch in einer Chronik nicht überraschen würden. Außerdem finden sich selbst in ausgesprochen hochsprachlichen Werken immer wieder Einsprengsel aus der gesprochenen Sprache. Ohnehin hängt die Verlässlichkeit eines Autors nicht von seiner Einordnung in dieses oder jenes Genre ab, sondern kann immer nur individuell beurteilt werden.8 Im 4. und 5. Jahrhundert gab es noch den Widerstreit zwischen heidnischen und christlichen Geschichtsschreibern, die der jeweils anderen Seite die Schuld am Niedergang des Reiches zuschoben. Die wichtigsten Protagonisten waren auf christlicher Seite Eusebios von Kaisareia, auf heidnischer Eunapios und Zosimos. Diese Diskussion hielt bis zum 6. Jahrhundert an, danach hatte das Christentum sich so vollkommen durchgesetzt, dass eigene kirchengeschichtliche Werke nicht mehr nötig zu sein schienen.9 Im 6. Jahrhundert beschrieb Prokop, einer der bekanntesten und prägendsten byzantinischen Historiker, die Regierungszeit Justinians I., wobei sein Hauptaugenmerk auf den Kriegen gegen Perser, Vandalen und Ostgoten lag. In den »Bauten« pries er einerseits Justinian über alle Maßen, während er ihn und die Kaiserin Theodora in den »Anekdota« geradezu als Personifikationen des Teufels darstellte. Dieser Gegensatz hat die Interpreten bis heute nicht wenig verunsichert und Prokop sogar manchmal den Vorwurf charakterlicher Verdorbenheit eingetragen, auch wenn beide Werke eigentlich nur verschiedenen Aspekten der antiken Rhetorik entsprechen, die »Bauten« dem der Lobrede (Enkomion) und die »Anekdota« dem der Schmährede (Psogos). Prokop genoss die ganze byzantinische Zeit hindurch hohe Wertschätzung, die sich auch in häufigen Zitaten bei späteren Autoren zeigt. Die letzten Jahre Justinians I. behandelte Agathias, während Menandros und Theophylaktos Simokattes die Zeit bis zum Beginn des 7. Jahrhunderts abdeckten. Nach ihnen gab es eine Lücke. Während des 7. und 8. Jahrhunderts wurden natürlich auch Geschichtswerke geschrieben, doch sind sie nicht direkt erhalten. Eine Ausnahme bildet die »Osterchronik« (Chronicon Paschale), die in annalistischer Form von der Erschaffung derWelt – die in das Jahr 5509 vor Christus datiert wurde – bis in die Zeit des Kaisers Herakleios führte. Erst 245

gegen Ende des 8. Jahrhunderts schrieb der Patriarch Nikephoros eine Geschichte der Jahre zwischen 602 und 769, leider mit einer Lücke für die Regierungszeit des Kaisers Konstans II. Einige Jahre später folgte ihm der Abt Theophanes, der eine Weltgeschichte vervollständigte, die von seinem Freund Georgios Synkellos begonnen, aber nur bis zum Jahre 284 fertiggestellt worden war. Die Chronik des Theophanes reicht bis zum Jahre 813 und ist besonders für das 7. und 8. Jahrhundert von ausschlaggebender Bedeutung, vor allem im Vergleich mit der Darstellung des Nikephoros. In der Übersetzung des Anastasius Bibliothecarius wurde sie auch in der lateinischen Welt bekannt. Im 9. und 10. Jahrhundert waren vor allem zwei Gruppen von Chroniken wichtig, die zum Teil gegensätzliche Tendenzen vertraten. Der sogenannte Theophanes continuatus, der sich als Fortsetzung der Chronik des Theophanes gab, und die mit ihm verbundenen bzw. von ihm abhängigen Werke verherrlichten nahezu kritiklos die Makedonische Dynastie. Dagegen berichtete die sogenannte Logothetenchronik in ihren verschiedenen Fassungen eher dynastiekritisch. Während die Werke dieser beiden Gruppen den größten Teil des 9. und 10. Jahrhunderts abdeckten, gab Leon Diakonos eine kurze und konzise, aber gleichfalls mit rhetorischen Elementen angereicherte Darstellung der Jahre zwischen 858 und 976 bzw. 986. Daneben existiert eine Beschreibung der Eroberung Thessalonikes durch die Araber im Jahre 904, die von dem Zeitgenossen Johannes Kameniates geschrieben wurde und so wenig überprüfbare eigene Informationen enthält, dass sogar die Behauptung aufgestellt wurde, sie sei erst im 15. Jahrhundert verfasst worden und mehr oder weniger ein Kunstprodukt. Auch wenn diese Theorie sich nicht durchgesetzt hat, so zeigt sie doch, dass der Informationsgehalt vieler byzantinischer Autoren so gering ist bzw. so sehr durch rhetorischen Elemente beeinträchtigt wird, dass die Auswertung auf große und manchmal nicht zu überwindende Schwierigkeiten stößt.10 Für das 11. Jahrhundert ist besonders auf die Chronographia des Michael Psellos zu verweisen: ein hochgradig rhetorisch stilisiertes Werk, das außerdem, wie oben an einem Beispiel gezeigt worden ist, sehr einseitig die Sicht seinesVerfassers transportiert, wobei Psellos auch nicht vor einer bewußten Manipulierung seiner Nachrichten zurückschreckte. Neben Psellos sind für das 11. Jahrhundert auch die Chroniken des Johannes Skylitzes (bis 1057), des Michael Attaleiates (bis 1080) und des Johannes Zonaras (bis 1118) wichtig. Während Zonaras eine Weltchronik von Anbeginn bis in seine 246

eigene Zeit schrieb – und dabei auch Skylitzes als Vorlage nutzte –, setzte Skylitzes 813 ein. Beide schrieben frühere Quellen aus und sind eigentlich nur für die letzten Jahre unabhängige Zeugen. Dagegen beschränkte Attaleiates sich auf die Zeit nach 1034. Das Werk wurde ca. 1079/80 verfasst, was sich auch in einer sehr unkritischen Haltung gegenüber dem zu dieser Zeit regierenden Kaiser Nikephoros III. Botaneiates zeigt. In gewisser Weise ein Korrektiv hierzu ist die Geschichte des Nikephoros Bryennios, des Gatten der Anna Komnene. Bryennios wollte eine Geschichte seines Schwiegervaters, des Kaisers Alexios I. Komnenos, schreiben, kam aber nur bis zum Jahre 1079. Das 12. Jahrhundert ist vor allem durch die beiden schon oben genannten Geschichtswerke der Anna Komnene und des Niketas Choniates geprägt. Letzteres wird ergänzt durch Johannes Kinnamos, der die Zeit zwischen 1118 und 1176 beschrieb. Anna Komnene verfasste in Fortsetzung der abgebrochenen Geschichte ihres Gatten einen Bericht über die Regierungszeit ihres Vaters, in dem Alexios I. als ein fast schon übermenschlicher Heros erscheint, der sich auch in schwierigsten Lagen zu behaupten weiß. Um dieses Ziel zu erreichen, änderte Anna Komnene nicht selten die chonologische Reihenfolge ab und dramatisierte sie zusätzlich. Zusammen mit Michael Psellos und Niketas Choniates zählt sie – übrigens neben der Dichterin Kassia aus dem 8. Jahrhundert die einzige Frau in Byzanz, die durch ihr schriftstellerisches Werk hervorgetreten ist – wohl zu den »gelehrtesten« Autoren innerhalb der byzantinischen Geschichtsschreibung. Wie bei den beiden letztgenannten ist auch ihr Werk durch eine gelehrte Sprache, dieVerwendung zahlloser Zitate und eine Fülle von rhetorischen Elementen gekennzeichnet. Niketas Choniates wiederum beschrieb die Jahre von 1118 bis 1206. Bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts scheint er u. Ba. eine Vorlage ausgeschrieben zu haben, die auch von Kinnamos benutzt worden ist. Jedoch ist sie von beiden Autoren gemäß ihrer jeweiligen Intentionen modifiziert worden. Das von Niketas vermittelte Bild von Byzanz, besonders im ausgehenden 12. Jahrhundert, prägt bis heute unsere Einstellung zu dieser Epoche. Um so notwendiger wäre ein genauer, kritischer Kommentar.11 Für das 13. Jahrhundert sind Georgios Akropolites, Theodoros Skutariotes und Georgios Pachymeres zu nennen. Der erste verfasste in Fortsetzung des Niketas Choniates eine Beschreibung der Jahre 1203 bis 1261, der zweite eine Weltgeschichte, die gleichfalls bis zur Rückeroberung Konstantinopels 1261 reichte, während der letzte die Periode von 1261 bis 1308 behandelte. 247

Im 14. Jahrhundert schrieb Nikephoros Gregoras eine Geschichte der Jahre zwischen 1204 und 1359, die vor allem für die Zeit nach 1308 wertvolle Informationen liefert. Daneben trat Kaiser Johannes VI. Kantakuzenos, der außer einigen theologischen Schriften auch eine Geschichte schrieb, die von 1320 bis 1356 reichte und im letzten Abschnitt eineVerteidigung seiner Politik als Kaiser darstellt. Die Ereignisse des 15. Jahrhunderts, insbesondere natürlich die Eroberung Konstantinopels 1453, werden von vier Historikern geschildert: Laonikos Chalkokondyles, Doukas, Georgios Sphrantzes und schließlich Michael Kritoboulos. Doukas beschrieb nach einer einleitenden annalistischen Auflistung, die von Adam bis ins 14. Jahrhundert reichte, ausführlich die Regierungen der drei letzten byzantinischen Kaiser, die Eroberung Konstantinopels und die ersten Jahre der türkischen Herrschaft bis 1462. Georgios Sphrantzes hinterließ gleich zwei Werke. Das erste (Minus), in volkstümlicher Sprache geschrieben und allgemein als eine Art persönliches Tagebuch angesehen, schildert in Kürze die Ereignisse zwischen 1413 und 1477, das zweite (Maius) umfasst die Zeit zwischen 1258 bis 1477, wobei es ab 1413 die Mitteilungen des Minus nutzte, sie allerdings in die gelehrte Hochsprache umformte. Von diesen beiden Chronisten unterscheiden sich Laonikos Chalkokondyles und Kritoboulos, die beide nicht mehr Byzanz, sondern die Osmanen in den Mittelpunkt ihrer Werke stellten. Chalkokondyles beschrieb die Jahre von 1298 bis 1463, während Kritoboulos, der selbst in türkischen Diensten stand, erst 1451 begann und die Ereignisse bis 1467 schilderte. Bei ihm ist Sultan Mehmed II. der eigentliche Held des Geschehens, nicht mehr der byzantinische Kaiser. Die hier vorgelegte Liste ist keineswegs vollständig, sondern bildet nur einen ungefähren chronologischen Abriss. Die Werke der meisten Autoren liegen unterdessen in modernen kritischen Editionen vor. Allerdings sind wir für einige immer noch auf Publikationen aus dem 19. Jahrhundert angewiesen. Ausführliche Kommentare, die nicht nur den philologischen, sondern auch den historischen Bereich abdecken, sind gleichfalls noch lange nicht für alle erarbeitet worden. Wenn es sie gibt, sind sie zumeist mit Übersetzungen verbunden. Angesichts der Schwierigkeiten, die häufig mit der Interpretation verbunden sind, wären weitere Bemühungen in diese Richtung sehr zu wünschen.12

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Hagiographie Während die historiographischen Werke der Byzantiner in ihrem Informationsgehalt weitgehend anerkannt sind, stößt die byzantinische Hagiographie eher auf ein geteiltes Echo. Einerseits bietet sie eine Unmenge an Material, das gerade für die Erfassung der in der byzantinischen Literatur häufig vermissten »Realia« nützlich sein könnte, andererseits ist derWert dieser Mitteilungen höchst umstritten. Handelt es sich tatsächlich um historisch verwertbare Aussagen, oder spiegeln sie nicht doch eher den weitgehend fiktiven, »märchenhaften« Charakter dieses Genres wider?Tatsächlich lässt sich zumindest ein grundlegender Unterschied zwischen Geschichtsschreibung und Hagiographie nicht leugnen: Der Geschichtsschreiber will, wie genau auch immer, die Ereignisse einer bestimmten Epoche oder eines gestimmten Raumes erzählen. Dem Hagiographen hingegen geht es in erster Linie darum, die Heiligkeit der von ihm beschriebenen Person herauszustellen. Um dies zu erreichen, ist ihm eigentlich jedes Mittel recht. Ein gutes Beispiel für diese Technik bietet die Vita des Patriarchen Euthymios, der von 907 bis 912 amtierte. Euthymios war von Kaiser LeonVI. zum Patriarchen ernannt worden, weil seinVorgänger Nikolaos I. Mystikos die Einsegnung der kirchenrechtlich verbotenen vierten Ehe des Kaisers abgelehnt hatte und demzufolge zum Rücktritt gezwungen worden war. Hieraus entstand ein Schisma, das mehrere Jahrzehnte andauerte. Nach dem Tod Leons VI. wurde Euthymios abgesetzt und mit dem Kirchenbann (Anathema) belegt, der erst ein halbes Jahrhundert später wieder aufgehoben wurde. Nikolaos I. Mystikos kehrte auf den Patriarchenthron zurück. Trotzdem gab es auch weiterhin Anhänger des Euthymios, von denen einer auch eine Vita des gestürzten Patriarchen verfasst hat. Da ein Gebannter schlecht ein Heiliger sein konnte, unternahm der Autor der Vita alles, um seinen Helden von diesen Vorwürfen reinzuwaschen. Euthymios wird in derVita folglich als ein heiligmäßiger Asket dargestellt, der nur deshalb Patriarch wird, um die Kirche vor einem Schisma zu bewahren. Der Vita zufolge akzeptierte auch er die vierte Ehe nicht – die er in Wahrheit zumindest hinnahm – und war darüber hinaus praktisch der gute Geist Leons VI., der allerdings zu schwach war, um die Ratschläge des Heiligen zu befolgen. Nikolaos Mystikos erscheint hingegen als eigensüchtiger Schurke, der Hochverrat gegenüber dem Kaiser begeht und nur deshalb – und nicht etwa wegen seines Widerstands gegen die vierte Ehe – zur Abdankung gezwungen wird. 249

Der Autor bleibt in seiner Darstellung relativ eng an der historischen Wahrheit, verändert sie aber in seinem Sinne, um die Heiligkeit des Euthymios zu beweisen. Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, andere Personen negativ zu darzustellen. Dass dies den – ihm durchaus bekannten – Tatsachen widersprach, scheint ihn nicht gekümmert zu haben. Die Heiligkeit seines Helden hatte für ihn den höheren Stellenwert.13 Am bedeutsamsten für die historische Auswertung sind natürlich die Viten derjenigen Heiligen, die zu Lebzeiten der jeweiligen Verfasser bzw. kurz zuvor lebten. Aber daneben gibt es auch noch eine ganze Reihe anderer hagiographischer Berichte, deren Stellenwert höchst unterschiedlich ist. Hier wäre etwa die Vita des Hl. Philaretos zu nennen, die schon in früheren Kapiteln angeführt worden ist. Die Vita verherrlicht ihren Helden durch eine Fülle relativ unvermittelt aneinandergereihter Episoden, die besonders die Barmherzigkeit des Philaretos unter Beweis stellen können. Er wird als ein zweiter Hiob charakterisiert, der von Gott auf die Probe gestellt wird und schließlich als Belohnung die Heirat seiner Enkelin Maria mit Kaiser Konstantin VI. erleben darf. Den Realitätsgehalt dieser Episoden können wir kaum beurteilen. Sie können die Verhältnisse während des 8. Jahrhunderts widerspiegeln, aber auch völlig fiktiv sein.14 Für viele Autoren im Bereich der Hagiographie war der Realitätsbezug ihrer Geschichten unwichtig. Sie bedienten sich im Gegenteil ohne weiteres bei früheren Viten, die oft in der Spätantike entstanden waren und eine gewisse Vorbildfunktion besaßen. Die Benutzung von Topoi war weitverbreitet, ja geradezu eine Vorbedingung für eine gelungene Heiligenvita. Oft ist es schwierig zu beurteilen, ob eine bestimmte Episode auf einen Topos zurückgeht, eine Entlehnung aus einem früheren Stück ist oder doch der Realität entspricht. Manche Geschichten wandern geradezu durch Zeit und Raum, wie etwa die »Geschichte des unzüchtigen Philentolos«. In ihr geht es um die Frage, ob ein Mensch, der unzüchtig ist, aber zugleich durch gute Werke hervortritt, nach seinem Tod in den Himmel oder in die Hölle kommt. Schließlich verkündete ein heiligmäßiger Asket, er habe in einerVision Hölle und Paradies gesehen und den betreffenden Menschen genau in der Mitte zwischen beiden. Daraufhin wurden alle, die dies hörten, von großer Furcht ergriffen und ermahnten sich gegenseitig zu besserem Lebenswandel. Die erste Fassung der Geschichte stammte anscheinend aus dem 7. Jahrhundert und war auf Zypern angesiedelt. Später wurde sie von dem Geschichtsschreiber Georgios Monachos übernommen, 250

jetzt aber nach Konstantinopel und in die Zeit des Patriarchen Germanos I. (715–730) verlegt, der die Stelle des Asketen der ersten Fassung übernahm. An der Legendenhaftigkeit ist nicht zu zweifeln. Trotzdem zeigt die Übernahme durch Georgios Monachos, dass die Byzantiner selbst hagiographische Werke durchaus als verlässlich einschätzten und deshalb nicht selten einzelne Abschnitte oder Nachrichten übernahmen und in ihre Chroniken einbauten. Georgios Monachos fiel dies schon deshalb leicht, weil er sein Werk ohnehin immer wieder durch Anekdoten auflockerte und dabei nicht davor zurückschreckte, solche Episoden fast beliebig umzuordnen und an eine andere Stelle zu verpflanzen. Aber auch die meisten anderen Geschichtsschreiber bedienten sich ungeniert aus dem hagiographischen Fundus.15 Eine allgemeingültige Einschätzung des Realitätsgehalts in hagiographischen Werken ist nicht möglich. Auch wenn der hagiographische Bezug die Realität immer wieder in den Hintergrund drängte, so schloss das auf der anderen Seite nicht vereinzelte zutreffende Nachrichten aus. Dies gilt besonders für Werke, die in einem festen geographischen Raum spielten und auf die dort herrschenden Bedingungen Rücksicht nahmen. Man könnte hier beispielsweise die Vita des Petros von Argos nennen, der etwa zwischen 850 und 920 lebte. Wir verdanken der Vita wertvolle Beobachtungen über die Raubzüge der kretischen Araber in der Ägäis, die wir anderswo nicht finden. Jedoch lässt sich auch dies nicht verallgemeinern, so dass bei der Auswertung hagiographischer Quellen äußersteVorsicht geboten ist.16

Fachschriften Die unter dieser Rubrik aufgeführten Titel bilden kein eigenes Genre der byzantinischen Literatur. Es handelt sich vielmehr um Werke, die im weitesten Sinne sachliche Informationen enthalten, die auch für den modernen Historiker interessant sind. Einigen von ihnen, wie etwa dem Zeremonienbuch, sind wir bereits im Laufe der Darstellung begegnet. Aus derselben Zeit, dem 10. Jahrhundert, stammen je ein Werk über die Beziehungen zu den Nachbarvölkern von Byzanz, über die Reichsprovinzen und über die Ordnung der Handwerkskorporationen in Konstantinopel. Außerdem kennen wir verschiedene »Ranglisten«, die über die verschiedenen Ämter und Titel Auskunft geben, dazu Handbücher über Strategie und Taktik und vieles andere mehr, das an dieser Stelle nicht behandelt werden kann. Die Auswahl ist natürlich subjektiv und konzentriert 251

sich vor allem auf solche Werke, die in den vorangegangenen Kapiteln erwähnt worden sind.17 Das Zeremonienbuch (De Cerimoniis) ist eine Zusammenstellung von Zeremonien, die am Kaiserhof stattfanden. Es folgt zwar einer gewissen Systematik, gibt aber keineswegs eine chronologische oder nach Bereichen geordnete Darstellung. Auch wenn es im 10. Jahrhundert auf Anordnung Kaiser Konstantins VII. entstanden ist, gibt es keineswegs nur das Zeremoniell dieser Zeit wieder, sondern wir begegnen ebenso Zeremonien aus dem 5. Jahrhundert wie solchen aus der Lebenszeit Konstantins und sogar aus den Jahren kurz nach dem Tod des Kaisers. Die Sammlung beschränkt sich im übrigen nicht nur auf das reine Zeremoniell, sondern enthält auch anderes, so etwa die Rechnungslegung für die beiden Flottenzüge gegen Kreta von 910 und 949. In einigen Fällen werden konkrete Zeremonien beschrieben, aber durch das Auslassen der Namen der Beteiligten wird der Eindruck von Allgemeingültigkeit erzeugt. Der großeWert dieser Sammlung liegt gerade in dieserVielfalt, denn von vielen Dingen, besonders natürlich von den Gepflogenheiten am Kaiserhof, wüssten wir ohne das Zeremonienbuch wenig oder nichts. Auch hier wäre ein Sachkommentar außerordentlich wünschenswert, dürfte aber angesichts der Komplexität des Textes und der Vielfalt der Inhalte von einem Einzelnen kaum zu leisten sein. Konstantin VII. zeichnet auch für ein Lehrbuch verantwortlich, das sich, antiker Tradition folgend, an seinen Sohn richtete und die Beziehungen des Reiches zu den Nachbarvölkern beschrieb (De Administrando Imperio). Wie beim Zeremonienbuch handelt es sich um eine Sammlung, die aus allen möglichen Quellen zusammengestellt wurde. Als Lehrbuch für ein Kind war das Werk sicher wenig geeignet, aber es vermittelt, vor allem für das 9. und 10. Jahrhundert, viele wertvolle Informationen aus Quellen, die selbst nicht mehr erhalten sind. Dies gilt insbesondere für die benachbarten Mächte auf dem Balkan. Das Werk ist sowohl durch eine ältere englische als auch eine jüngere deutsche Übersetzung mit Kommentar erschlossen. In seinem Werk über die Provinzen des Reiches (De Thematibus) gab der Kaiser sich wieder seinen antiquarischen Neigungen hin. Neben einer Aufzählung der verschiedenen Provinzen und kurzen Angaben über die wichtigsten Städte konzentrierte er sich vor allem auf die Herkunft der einzelnen Provinznamen. Typisch für seine Einstellung ist der Umstand, dass er diese Namen nicht etwa nur aus der konkreten jeweiligen Entstehung erklärte, sondern immer wieder auf antike, zum Teil mythische Überlieferungen zurückgriff. 252

So wurde, um nur ein Beispiel anzuführen, der Name des Themas Thrakesion im Westen Kleinasiens, das wahrscheinlich aufgrund der Stationierung von ursprünglich thrakischen Truppen im 7. Jahrhundert so benannt worden war, gerade nicht damit begründet, sondern Konstantin führte ihn auf eine mythische Erzählung aus der archaischen Zeit Griechenlands zurück. Schon diese Geschichte war nicht allein auf Westkleinasien bezogen, sondern ein häufiger begegnendes Wandermotiv. Es ist wenig wahrscheinlich, dass man die tatsächlichen Umstände der Bennung des Themas am Kaiserhof nicht besser Bescheid gewusst hat – zumindest hätte man sie wahrscheinlich in Erfahrung bringen können –, aber der Rückgriff auf die Antike war für den Gelehrten Konstantin VII. offenbar verlockender, als die Erklärung mit einer simplen Truppenstationierung. Dass sich neben solchen »antikisierenden« Notizen auch Nachrichten aus der jüngeren byzantinischen Vergangenheit finden, könnte man fast als Zufall bezeichnen. Das Werk zeigt geradezu typisch, dass es den Byzantinern häufig nicht auf eine realistische Beschreibung des aktuellen Zustands ankam, sondern dass die gelehrte Überlieferung eine mindestens genauso wichtige Rolle spielte.18 Das Eparchenbuch (Eparchikon Biblion) ist eine Sammlung von insgesamt 22 Bestimmungen, die sich mit den Korporationen der Handwerker in Konstantinopel befassen. Geregelt wurden die internen Beziehungen innerhalb der einzelnen Berufsgruppen, die Beziehungen der Berufsgruppen untereinander, zu anderen Einwohnern Konstantinopels, zu Auswärtigen und nicht zuletzt zu den staatlichen Organen. Verfasst wurde das Eparchenbuch wohl zur Zeit Kaiser Leons VI., möglicherweise in dessen letztem Regierungsjahr. Es vermittelt einen äußerst wertvollen Eindruck von den ökonomischen Verhältnissen in Konstantinopel zur Zeit Leons VI., wobei einige Bestimmungen auch später hinzugefügt worden zu sein scheinen. Im Unterschied zu den oben genannten Sammlungen ist hier der Praxisbezug evident, was allerdings auch darauf zurückzuführen sein dürfte, dass viele Bestimmungen strafbewehrt waren. Allerdings wurden beileibe nicht alle in Konstantinopel ansässigen handwerklichen Korporationen erfasst, und man kann die in dem Eparchenbuch beschriebenen Verhältnisse keinesfalls schematisch auf andere Epochen übertragen. Andererseits geben viele Bestimmungen eher allgemeine Tatbestände wieder, die man weder auf einen bestimmten Ort noch in eine bestimmte Zeit festlegen kann.19 Eine besondere Quellengattung bildeten die Ranglisten (Taktika), die gleichfalls fast alle im 9./10. Jahrhundert zusammengestellt worden sind. Sie bieten Listen der verschiedenen Titel und Ämter 253

in Byzanz und liefern damit ein Bild der byzantinischen Bürokratie in dieser Zeit. Dennoch sind auch sie nicht ohneVorsicht zu benutzen, denn ihr eigentlicher Zweck war ein anderer: Sie sollten dem für die Tischordnung bei den kaiserlichen Banketten zuständigen Beamten als Hilfsmittel für die korrekte Platzierung der verschiedenen Würdenträger dienen. Damit spiegeln sie die Bedeutung der jeweiligen Ränge wider. Da die kaiserlicheTafel aber natürlich nicht sämtliche Beamte und Würdenträger fassen konnte, wird man davon ausgehen können, dass die Listen umso genauer sind, je höher der verzeichnete Rang ist. Ob die niedrigeren Chargen tatsächlich alle erfasst oder ob die Zahlen möglicherweise begradigt oder in ein gewisses System gebracht worden sind, ist eine andere Frage, die nicht mehr endgültig geklärt werden kann. Außerdem sagen die Listen natürlich nichts aus über die tatsächlichen Befugnisse und Aktivitäten der erwähnten Würdenträger. Sie informieren uns nur über ihre Stellung innerhalb der Hierarchie, wie sie bei offiziellen Anlässen im Protokoll zum Ausdruck gebracht wurde. Zudem gelten ihre Angaben natürlich nur für den Zeitraum, in dem die jeweilige Liste zusammengestellt worden ist.20

Siegel und Münzen Siegel Für die Erforschung der byzantinischen Administration bilden die Siegel ein unverzichtbares Hilfsmittel. Im Unterschied zu den Angaben in vielen literarischen Quellen bezeugen Siegel fast ohne Einschränkungen die Existenz der auf ihnen genannten Titel und Ämter. Wenn ein Titel auf einem Siegel erscheint, kann man in der Regel davon ausgehen, dass er zu der Zeit, als das Siegel geprägt wurde, auch benutzt worden ist und also existiert hat. Damit aber zeigt sich zugleich auch das größte Problem der Auswertung von Siegeln: Der konkrete Zeitpunkt, zu dem es angefertigt worden ist, ist in den seltensten Fällen angegeben, so dass es oft schwierig ist, das jeweilige Stück zweifelsfrei zu datieren. Auf einem Siegel sind in der Regel der Name des Inhabers und oft auch sein Titel oder das von ihm bekleidete Amt vermerkt. Dazu kann es auf der Vorderseite die Anrufung der Gottesmutter oder auch eines Heiligen geben, manchmal auch eine Abbildung. Da der Platz auf einem normalen Siegel begrenzt war, wurden die Texte so weit wie mög254

lich abgekürzt, was die Lesung gleichfalls erschweren kann. Siegel wurden im allgemeinen benutzt, um ein Dokument zu beglaubigen oder um die Unverletztheit einer Sendung von Geld, Waren oder dergleichen zu beweisen. Das Material bestand meistens aus Blei. Die Kaiser benutzten auch Goldsiegel (Chrysobulla), hohe Beamte oder Angehörige des Kaiserhauses siegelten auch in Silber. Wachs wurde gleichfalls benutzt, war aber wohl eher im privaten Bereich üblich. Die Bedeutung der Siegel liegt in ihrer hohen Zahl. Eine konkrete Angabe über den erhaltenen Bestand ist nicht möglich. Man schätzt die Gesamtzahl derzeit auf etwa 40 000 Siegel. Davon sind bis jetzt wahrscheinlich rund 20 000 Stück publiziert worden. Allein in der elektronischen Siegeldatenbank der »Prosopography of the Byzantine World« (PBW) sind für das 11. bis 13. Jahrhundert rund 7 500 Siegel erfasst, wobei diese Datenbank ausschließlich bereits publizierte Siegel berücksichtigt. Die Siegelsammlung von Dumbarton Oaks (Washington) enthält rund 17 000 Stück, die meisten davon publiziert. In der Hermitage in St. Petersburg sollen etwa 12 000 bis 13 000 Stück liegen, von denen viele noch nicht einmal katalogisiert sind. Daneben existieren zahlreiche private Sammlungen. Dass ihre Publikation das Bild der byzantinischen Verwaltung entscheidend verändern wird, ist nicht zu erwarten, wohl aber könnte es in den Einzelheiten genauer erfasst werden. Möglichkeiten und Grenzen der Auswertung von Siegeln zeigen beispielhaft drei Siegel, die in Haithabu bei Schleswig bzw. auf dem Gebiet des heutigen Dänemark gefunden worden sind und alle drei von demselben Beamten stammen, der wahrscheinlich um die Mitte des 9. Jahrhunderts amtiert hat. Dieser Beamte, der Patrikios und kaiserliche (griech.: basilikos) Protospatharios Theodosios, war Logothetes des Bestiarion, also für das Münzwesen zuständig. Wie die Siegel in die Orte, wo man sie gefunden hat, gekommen sind, ist unbekannt. Für direkte Handelsbeziehungen gibt es keine Belege, und sie wären angesichts der geographischen Entfernung auch unwahrscheinlich. Andererseits wissen wir aus lateinischen Berichten, dass skandinavische Söldner, die in Byzanz gedient hatte, manchmal über das Franken- bzw. später das Deutsche Reich in ihre Heimat zurückkehrten. In Byzanz händigte man den Funktionäre ihren Lohn in Nomismata aus, die sich in kleinen Säckchen befanden, die der zuständige Beamte mit einem Siegel verschlossen hatte. Es könnte also sein, dass diese Säckchen in Haithabu oder kurz danach von Ihren Besitzern geöffnet worden waren. Die jetzt unnötigen Siegel wurden weggeworfen. Hier hätten wir also einen indirekten 255

Beleg für die Richtigkeit der lateinischen Berichte über skandinavische Rückkehrer aus Byzanz. Aber die Unsicherheit, die mit der Interpretation verbunden sind, bleibt doch so hoch, dass eine wirklich sichere Aussage nicht möglich ist.21 Das größte Problem bei der Analyse von Siegeln ist die Zuordnung. Siegel sind zumeist nicht datiert. Relativ selten wird die Indiktion genannt, was bei diesen Stücken die Datierungsmöglichkeiten immerhin eingrenzt. Aber im allgemeinen richten sich Datierung und Zuordnung der verschiedenen Siegel nach stilistischen Kriterien. Das hat früher zu Datierungen geführt, die für einzelne Siegel manchmal um Jahrhunderte differierten. Unterdessen sind die Methoden verfeinert worden. Dennoch bleiben oft Unsicherheiten. Bedenkt man, dass viele Siegel, besonders in der mittelbyzantinischen Zeit, nur Namen und Titel, aber keine Familiennamen enthalten, wird deutlich, wie problematisch Identifizierungen sein können. Man behilft sich mit paläographischen Untersuchungen, um die stilistischen Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Buchstabenformen herauszuarbeiten. Da dies naturgemäß auf subjektiven Einschätzungen beruht, ist die Bandbreite der Interpretation natürlich groß. Trotz solcher Einschränkungen ist der Nutzen der Siegel kaum zu überschätzen. Beispielsweise gaben Autoren literarischer Werke häufig nicht die konkreten Titel von Personen an, sondern ließen Teile aus oder ersetzten sie durch veraltete, aber literarisch »höherwertige« Bezeichnungen und dergleichen mehr. Siegel sind hier erheblich genauer und ermöglichen es dadurch manchmal, die Karriere einer bestimmten Person wesentlich präziser nachzuzeichnen, als dies anhand der literarischen Quellen möglich wäre. In seltenen Fällen können sie letztere auch korrigieren. So variieren im Fall des Magistros Manuel, eines hochrangigen Politikers aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts, die literarischen Quellen über den Zeitpunkt seines Todes: Nach einer Version soll er 838 in der Schlacht bei Dazimon gefallen sein, nach der anderen lebte er noch in den vierziger Jahren, war ein Mitglied des Regentschaftsrates für den unmündigen Kaiser Michael III. und maßgeblich an der Wiedereinführung der Bildderverehrung 843 beteiligt. Zu diesem Manuel existiert ein Siegel, aus dem hervorgeht, dass Manuel tatsächlich ein Vormund Michaels III. gewesen ist und daher die Schlacht bei Dazimon überlebt haben muss. Letzte Zweifel sind allerdings selbst in diesem Fall, der an und für sich eindeutig zu sein scheint, nicht ausgeräumt. Sie sind typisch für die Probleme, denen man bei der Interpretation von Siegeln ausgesetzt ist.22 256

Münzen Im Gegensatz zu den literarischen Quellen stand bei Siegeln und Münzen nicht die Information der Leser, seien sie nun gegenwärtig oder zukünftig, im Zentrum, sondern sie dienten konkreten wirtschaftlichen Zwecken, etwa dem Verschluss von Waren oder Geld bei Siegeln, oder der Nutzung als Zahlungsmittel, wie es bei Münzen der Fall ist. Darüber hinausgehende Ziele waren zwar sekundär. spielten aber dennoch eine Rolle: Münzen dienten beispielweise als Repräsentanten der kaiserlichen Ideologie. So verschwanden auf den Münzen des 4. Jahrhundert die heidnischen Symbole und wurden durch christliche ersetzt. Auf der Vorderseite (Avers) der Münze war im allgemeinen der Herrscher abgebildet. Während des 5. und 6. Jahrhunderts trat er häufig als gepanzerter Krieger auf, manchmal auch in der Tracht eines Konsuls. Im 7./8. Jahrhundert wurden dann Chlamys und Krone gebräuchlich. Seit Herakleios erschien der Kaiser zusammen mit den Mitkaisern auf den Münzbildern. Als im 8. Jahrhundert auf der Rückseite (Revers) dazu auch noch dieVorfahren der amtierenden Herrscher abgebildet wurden, diente dies zweifellos der Propagierung der dynastischen Erbfolge und zeigt damit deutlich den Charakter der Münze als Mittel der kaiserlichen Propaganda. Die Darstellung des Kaisers betonte allerdings nicht die individuellen Züge, sondern zeigte ihn als Typus, der durch die Insignien (Chlamys oder Loros, Krone, Szepter usw.) als Herrscher ausgewiesen war. Die Mitkaiser unterschieden sich im allgemeinen durch die geringere Größe im Vergleich zum Hauptkaiser. Auf der Rückseite der Münze wurden zumeist religiöse Symbole dargestellt: Seit dem 5. Jahrhundert wurde das Kreuz abgebildet, nach dem Ende des Bilderstreits wurden Portraits Christi, der Jungfrau Maria oder auch von Heiligen üblich. Zudem nahm die Rückseite auch das Zeichen der Münzstätte auf, in der die betreffende Münze geprägt worden war. Münzen wurden nicht zentral in einem Ort geprägt, sondern an einer ganzen Reihe von Orten, zumeist an solchen von wirtschaftlicher oder politischer Bedeutung. Hierbei war es durchaus nicht so, dass eine Münzprägestätte zwingend immer mit einem bestimmten Ort verbunden war. Ausfälle oder zeitweilige Unterbrechungen der Münzprägetätigkeit kamen vor. Für die Erforschung der Wirtschaftsräume und der Handesverbindungen ist die Dauer der Prägetätigkeit an den einzelnen Münzstätten ebenso wichtig wie die Verbreitung der dort geprägten Münzen. 257

Über die Höhe einer Münzemission wissen wir so gut wie nichts. Wenn viele Münzen einer einzelnen Auflage gefunden werden, spricht dies natürlich dafür, dass bei dieser Gelegenheit Münzen in größerer Zahl geprägt worden sind. Aber die konkrete Höhe lässt sich nicht mehr ermitteln. Für das Prägen neuer Münzen waren nicht nur wirtschaftliche Gründe, sondern zuweilen auch politische Erwägungen ausschlaggebend. Wenn ein neuer Kaiser an die Macht kam, zeigte er dies natürlich auch durch seine Münzprägung. Aber auch bei die Ernennung eines Mitkaisers konnte durch eine Münzemission gefeiert werden. In vielen Fällen lässt sich nicht mehr sagen, welche Erwägungen zu einer neuen Münzemission geführt haben. Schließlich und endlich kann auch das Fehlen von Münzen ein wichtiger Hinweis sein. So sind Funde aus dem 7./8. Jahrhundert erheblich seltener als solche aus der davorliegenden Epoche, was die Vermutung stützt, dass der Geldumlauf nach dem Einbruch der Perser und Araber stark zurückgegangen ist. Noch eindeutiger wird es, wenn bei systematischen Ausgrabungen an einem Ort die dort gefundenen Münzen auf die politischen Ereignisse bezogen werden können. So hat man dank entsprechender Grabungsfunde feststellen können, dass der innere Balkan nicht, wie man anhand der literarischen Quellen annehmen könnte, unter Kaiser Phokas verloren ging, sondern erst rund zehn Jahre später unter seinem Nachfolger Herakleios. Auch hier spielen die Münzfunde – oder besser: das Ende der Münzprägungen – für die Datierung eine wichtige Rolle. In ähnlicher Weise haben Ausgrabungen in Athen und Korinth die Nachrichten der literarischen Quellen präzisieren können. Begreiflicherweise ist eine solche Auswertung aber nur bei systematischen Ausgrabungen möglich, deren Funde genau dokumentiert worden sind.23

258

Nachwort

Warum nur eine Einführung in die byzantinische Geschichte und nicht auch in Kunst, Literatur und »Kultur« von Byzanz allgemein? Die Antwort ist einfach: Eine solche Einführung würde den Rahmen eines Taschenbuches sprengen, und eine umfassende Darstellung, die sämtliche Aspekte von Byzanz behandelt, könnte auch von einem Einzelnen heutzutage kaum mehr geschrieben werden. Das Fach hat sich zu sehr differenziert und ist, zumindest in seinen Verzweigungen, zu unübersichtlich geworden, als dass ein Einzelner alles überblicken kann, geschweige denn beurteilen und adäquat darstellen. Eine Einführung in die byzantinische Literatur wäre sicher ebenso wünschenswert wie eine in die byzantinische Kunst. Ansonsten ist schon in der Einleitung darauf verwiesen worden, dass auf dem begrenzten Platz Vollständigkeit nicht möglich ist, und die Meinungen darüber, was in eine solche Einführung gehört und auf was verzichtet werden kann, sind höchst subjektiv und variieren daher von Wissenschaftler zu Wissenschaftler. Ein anderer Punkt scheint mir wichtiger zu sein, auch wenn oder gerade weil er ein weitgehend tabuisiertes Grundproblem der modernen Geschichtswissenschaft berührt: Was ist das, was wir Geschichte nennen? Oder besser: Hat sich das, was wir beschreiben, tatsächlich so abgespielt, wie wir es beschreiben? Liest man eine der üblichen Geschichtsdarstellungen, so scheint der Ablauf der Geschehnisse eigentlich immer folgerichtig zu sein und den Gesetzen der Logik zu entsprechen. Das ist eine nachgerade unvermeidliche Folge unserer Art der Forschung und Beschreibung: Der moderne Forscher weiß ja – oder glaubt zumindest zu wissen – was geschehen ist. Und da er es weiß, sucht er nach den Gründen dafür, warum es eben so und nicht anders abgelaufen ist. Und wer sucht, der findet bekanntlich. Die Geschichte erscheint so als ein logisch ablaufender Prozess, bei dem das eine sich folgerichtig aus dem anderen ergibt. Aber ist das wirklich der Fall gewesen? Tatsächlich wird jeder einzelne aus seiner eigenen Erfahrung heraus bestätigen können, dass Entscheidungen häufig nicht aus rationalen Gründen heraus getroffen werden, und wer einen Blick in die Zeitung wirft, wird sehr schnell sehen, dass der Versuch, Ent259

scheidungsgründe bei anderen zu finden, oft mehr oder weniger in Raterei ausartet. Noch größer wird der Unsicherheitsfaktor, wenn man versucht, Handlungsweisen mit den Charaktereigenschaften der handelnden Personen zu begründen. Auch hier reicht eigentlich ein Blick in die Zeitung, beispielsweise bei psychologischen Gutachten in Gerichtsprozessen, um die Unsicherheitsfaktoren solcher Analysen deutlich zu machen. Wenn dies schon bei lebenden Personen so ist, die dem Gutachter unmittelbar zur Verfügung stehen, um wieviel problematischer wird es, wenn der Historiker, quasi als Gutachter, in das Mittelalter zurücksteigt und dort psychologische Profile erstellt oder bestimmte Handlungen mit geistig-seelischen Defiziten der Handelnden motiviert? Versuchen wir, die Problematik an einem Beispiel zu verdeutlichen: Zu Beginn der neunziger Jahre des 8. Jahrhunderts kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Kaiser Konstantin VI. und dessen Mutter Eirene, die ungern die Regentschaft für ihren volljährigen Sohn aufgeben wollte. Eirene wurde zum Rücktritt gezwungen und vom Hof verbannt. Ein Jahr später gestattete Konstantin VI. seiner Mutter die Rückkehr, ohne ihr jedoch mehr als zeremonielle Rechte zuzugestehen. Was hinter diesen Fakten, die nur von dem Chronisten Theophanes übermittelt werden, wirklich vorgegangen ist, wissen wir nicht. Wir können auch nicht sagen, ob der Rückruf dem eigenen Wunsch des Kaisers entsprochen hat oder eine Reaktion auf Forderungen aus seiner Umgebung war. Trotzdem ist die Hypothese aufgestellt worden, Konstantins Entscheidung sei auf einen nicht verarbeiteten Mutterkomplex zurückzuführen. Ausgeschlossen ist das natürlich nicht, aber anhand der Quellen auch nicht zu beweisen.1 Noch schwieriger wird es, wenn gleich ein ganzesVolk vor dem Psychiater Platz nehmen muss. So wird der byzantinischen Gesellschaft zur Zeit Justinians I. neuerdings eine tiefgehende »Kontingenzerfahrung« attestiert, die durch die Pest der Jahre 541/42, durch zahlreiche Naturkatastrophen, Kriege und andere Unglücke verursacht worden sei. Dies habe im Reich ein entsprechendes psychologisches Klima erzeugt, das wiederum zu einer Endzeitstimmung geführt habe.2 Dem mag so gewesen sein, aber beweisen lässt es sich nicht! Dass die große Pest ein einschneidendes Ereignis während der Herrschaft Justinians war, weiß man schon lange. Aber die anderen Katastrophen waren im 6. Jahrhundert nicht seltener oder zahlreicher als in anderen Jahrhunderten. Nur verfügen wir für dieses Jahrhundert über mehr Quellen. Das sagt aber nichts darüber aus, ob es sich wirklich elementar von den Jahrhunderten davor und danach unterschieden hat. Endzeitstimmung ist im Mittelalter häufig aufge260

treten und durchaus kein Sonderfall des 6. Jahrhunderts.3 Schließlich wäre zu fragen, inwieweit diese angebliche Stimmung auf den Kaiser zurückgewirkt hat. Hier sind die Quellen dürftig. Der Geschichtsschreiber Prokop, unser wichtigster Zeitzeuge, ist Justinian I. und dessen Frau Theodora äußerst feindselig gesonnen und daher kaum verlässlich. Man kann natürlich dieVorreden (Prooimia) in den verschiedenen Erlassen und Gesetzen heranziehen. Aber entsprechen sie wirklich ganz den Intentionen des Kaisers oder verdanken wir ihre Formulierungen Schreibern, die im Rahmen der für solche Vorreden geltenden Topik entsprechende Texte verfassten? Solange wir diese und ähnliche Fragen nicht zweifelsfrei beantworten können, sind Hypothesen wie die genannte zwar reizvoll, aber leider unbeweisbar. Deutungsversuche dieser Art zeigen, wie schwer es modernen Historikern offenbar fällt, sich mit den Beschränkungen abzufinden, die ihnen durch die Eigenart mittelalterlicher Quellen aufgezwungen werden. In der Forschung sind die Probleme natürlich auch erkannt worden, die sich aus dem Versuch ergeben, die Handlungen von Individuen, über deren persönliche Lebensumstände nur wenig bekannt ist, auf Motive und Folgen hin zu analysieren. Man hat sich deshalb gerne in strukturalistische Forschungen geflüchtet, die über das einzelne Individuum hinausgehen. Aber so richtig und wichtig dieser Ansatz auch ist, dem Problem geht man damit nur aus dem Weg, denn auch Strukturen werden letztendlich von Individuen gestaltet, und sie können ihrerseits die Handlungsmöglichkeiten so sehr verengen, dass alles wieder auf die Entscheidungen eines einzelnen Individuums hinausläuft. Dies gilt auch und gerade für einen Staat wie Byzanz, der auf einen »Alleinherrscher« hin ausgerichtet war, auch wenn man auf der anderen Seite natürlich nicht die Strukturen und Abhängigkeiten vergessen darf, in die selbst ein Monarch wie der byzantinische eingebunden war. Die folgende Episode lässt das Problem deutlich hervortreten: In der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts schien Byzanz dem Untergang geweiht, jedoch gelang es Kaiser Herakleios, in einer Reihe denkwürdiger Feldzüge die Perser zu besiegen und das Reich wieder aufzurichten. Hier haben wir eine Situation, in der die Strukturen sich so »verengt« haben, dass sie von wenigen oder gar einem einzelnen entscheidend beeinflusst werden konnten. Der Chronist Theophanes berichtet in diesem Zusammenhang von einer Schlacht, die angeblich von Herakleios selbst in einem Einzelkampf gegen einen riesenhaften Gegner auf einer Brücke entschieden worden ist. Wir brauchen hier nicht zu hinterfragen, ob die Erzählung stimmt oder 261

ob ein möglicherweise realer Kern episch aufgebauscht worden ist. Es ist auch nicht notwendig darauf hinzuweisen, dass die katastrophale Situation des Reiches nicht zuletzt durch Herakleios selbst verschuldet worden war. Entscheidend ist die Situation als solche: Wäre der Kaiser in diesem Zweikampf erschlagen worden, wäre das Reich wahrscheinlich untergegangen. In diesem Fall würden die modernen Historiker natürlich nach den Ursachen für diesen Untergang fragen und mit Sicherheit – vorausgesetzt, dass es uns angesichts der dann veränderten Vergangenheit überhaupt gäbe – auch eine ganze Reihe von Gründen für das Ende von Byzanz in dieser Zeit finden. Dass sie allerdings den Tod des Kaisers in dieser einen Schlacht für entscheidend halten würden, wird man bezweifeln dürfen. So suchen wir nach den Gründen dafür, dass Byzanz diese Krise überstanden hat, und auch hier werden wir natürlich fündig. Aber kann man die Entwicklung in einer solchen strukturellen »Verengung« tatsächlich als logische Abfolge begreifen? Genausogut könnte man sie als »Zufall der Geschichte« sehen. So jedenfalls kam das byzantinische Überleben im 7. Jahrhundert vor rund 150 Jahren dem deutschen Historiker Felix Dahn vor.4 Den Rekonstruktiosversuchen vieler moderner Geschichtswissenschaftler liegt die implizite Annahme zugrunde, dass Geschichte (fast) immer folgerichtig abläuft und dass geschichtliche Strukturen sich zwangsläufig entwickeln. Zufall – oder eben, je nach der Überzeugung des einzelnen: Schicksal, Kismet, Gottes Wille, das Walten des Weltgeistes oder was auch immer – ist in dieser Rekonstruktion nicht vorgesehen. Man hat z. B. versucht, die arabische Expansion im 7. Jahrhundert als Folge einer Trockenperiode auf der arabischen Halbinsel zu erklären, die die Einwohner praktisch gezwungen habe, ihren bisherigen Lebensraum zu verlassen. Dazu kann an dieser Stelle nichts ausgesagt werden. Aber hätte es ohne Mohammed eine (zwangsweise) Einigung der arabischen Stämme gegeben, oder hätten die vorhandene Energien sich weiterhin in endlosen Stammeskriegen erschöpft? Eine vergleichbare Situation gab es knapp 600 Jahre später, als Dschingis Khan die Mongolen einigte und damit dieVoraussetzung für eine bis dahin beispiellose Expansion schuf. In beiden Fällen war die Einigung der verschiedenen Stämme von der Durchsetzungskraft und vielleicht dem Charisma einer einzelnen Person abhängig. Beide Male sehen wir uns also mit einer Situation konfrontiert, in der existierende ökonomische und soziale Gegebenheiten sich so bündelten, dass die weitere Entwicklung von einer einzelnen Person abhing. Das war natürlich nicht immer so, und es war wahrscheinlich nicht einmal die Regel. Aber es kam vor, und 262

mit den vorhandenen Methoden der Geschichtswissenschaft sind solche Entwicklungen nicht schlüssig zu erklären. Es geht bei diesen Überlegungen nicht darum, Fragen nach Strukturen und nach Ursachen und Konsequenzen konkreter Ereignisse und Entwicklungen grundsätzlich abzulehnen. Aber man sollte sich der Voraussetzungen bewusst sein, die bei solchen Beweisführungen immer mitspielen, seien sie nun bewusst oder unbewusst. Bis zu welchen Absurditäten die Suche nach Erklärungen für historische Entwicklungen gehen kann, zeigt beispielhaft Alexander Demandt, der für den Fall Roms über 400 verschiedenen Erklärungen zusammengestellt hat, die im Laufe der Zeit versucht worden sind: Sie reichen von metaphysischen Erklärungen, wie dem zerstörerischen Einfluss des Christentums, bis hin zum Hinweis auf dieVerseuchung des römischen Trinkwassers durch die damals benutzten Bleirohre und die dadurch verursachte physische und psychische Degeneration der Römer. Über die Relevanz aller dieser Erklärungen wird man trefflich streiten können; aber ob man jemals zu überprüfbaren Ergebnissen kommen wird, ist eine andere Frage.5 Daneben stellt sich ein anderes Problem, das ebenfalls gerne unterschlagen wird, obwohl es fast unabsehbare Auswirkungen auf die Erforschung von Geschichte hat: Das ist der heutige Wissenschaftsbetrieb und der ihm innewohnende Publikationszwang, der zugleich zu einem bestimmten und damit eingeschränkten Blick auf die Geschichte führt! So ist die politische Geschichte heutzutage in der Forschung mehr oder weniger aus der Mode gekommen. Wer sie in den Mittelpunkt der Darstellung stellt, wird gerne als rückständig angesehen, fixiert auf Ereignisgeschichte und unfähig, die eigentlich wesentlichen Vorgänge zu erkennen, die die Geschichte (was immer das sein mag) vorantreiben.Von der Sache her gesehen, ist diese Meinung schlicht unsinnig, denn die politische Geschichte ist zwar zugegebenermaßen abhängig von den Staaten und ihren jeweiligen Gesellschaften, aber zugleich gibt sie auch den Rahmen ab, in dem diese Gesellschaften sich entwickeln. Sie allein als Objekt dieser inneren Entwicklungen zu sehen, greift erheblich zu kurz, denn politische Geschichte beinhaltet immer auch das Aufeinandertreffen von einander fremden Mächten, und der militärische Sieg einer Seite ist nicht zwingend ein Indikator für den jeweiligen inneren Zustand eines der beiden Kontrahenten. Im 13. Jahrhundert waren z. B. Georgien und das Fürstentum Kiev, beide Nachbarn des byzantinischen Reiches, durchaus starke und, wenn man so will, gesunde Mächte. Dennoch wurde Kiev von den Mongolen vernichtet, und Georgien wurde von ihnen für längere Zeit unterworfen. Hier 263

war die militärische Macht der Mongolen so stark, dass der innere Zustand der von ihnen unterworfenen Staaten mehr oder weniger bedeutungslos war. Diese Beispiele ließen sich nahezu beliebig vermehren, nicht nur im Mittelalter und im Umfeld von Byzanz. Die politische Geschichte bietet also den Rahmen, in dem eine Gesellschaft sich entwickelt, und sie ist gleichzeitig ein Produkt dieser Entwicklung, sollte also eigentlich auch für den Forscher ein äußerst reizvolles Forschungsgebiet sein. Aber sie bietet einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil: Sie ist weitgehend bekannt! Die Grundzüge und die relevanten Eckdaten der Geschichte von Byzanz sind seit Jahrhunderten Objekte der Forschung und der Darstellung gewesen. Wesentliche neue Erkenntnisse sind nicht mehr zu erwarten, allenfalls Korrekturen im einzelnen und auf eher unspektakulären Nebenfeldern. Also meiden viele Forscher diesen Bereich und schlagen andere Wege ein.6 Das ist im Prinzip kein Nachteil, zumal es wichtige Felder gibt, auf denen grundlegende Forschungsarbeit nach wie vor möglich und auch notwendig ist. Man denke, um nur zwei Beispiele zu nennen, an die Wirtschaftsgeschichte oder an die genaue Analyse und Kommentierung vieler byzantinischer Texte. Auf beiden Gebieten sind in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte erzielt worden, und trotzdem ist immer noch viel zu tun. Daneben haben sich allerdings auch neue Forschungszweige gebildet, die m. E. weniger aus der Byzantinistik selbst stammen, sondern aus anderen Bereichen der Geschichtsforschung übernommen worden sind, denn auch die Byzantinistik kann und will sich den vorherrschenden »Moden« im Bereich der Geschichtswissenschaften natürlich nicht entziehen. Auch diese Versuche haben selbstverständlich ihren Sinn. Da die Gesellschaft nicht statisch ist, sondern sich weiterentwickelt, ändern sich naturgemäß auch ihre Fragen an die Geschichte und verlangen neue Ansätze und Methoden. Erinnert sei nur an seit einigen Jahren grassierende Diskussion um die Postmoderne, die unterdessen auch schon wieder in Frage gestellt wird. Andere Bereiche sind beispielsweise die Geschlechtergeschichte und die Geschichte sexueller und anderer Minderheiten. Auch die oben erwähnte Psychohistorie hat hier ihren Platz. Natürlich soll die Notwendigkeit solcher Fragestellungen nicht bestritten werden. Aber andererseits stellt sich doch die Frage, ob die uns zur Verfügung stehenden Quellen überhaupt als Fundament für die Beantwortung solcher Fragestellungen dienen können. Die mittelalterlichen Autoren hatten nicht nur einen anderen Bildungshintergrund als der moderneWissenschaftler, sie besaßen auch 264

ein anderes Weltbild, lebten in einer andersgearteten Gesellschaft und hatten andere Vorstellungen von dem, was sie für wichtig und unwichtig hielten. Wenn wir uns an die oben in Kapitel 5 (Gesellschaft) zitierte Statistik über die Erwähnungen von Frauen in den Quellen der mittelbyzantinischen Zeit erinnern, derzufolge der Frauenanteil in den Quellen bei etwa fünf Prozent liegt, dann ist zwar auch das in sich selbst signifikant, zeigt aber zugleich, dass es schwierig bis unmöglich sein dürfte, über die Lebenswirklichkeit von Frauen in der byzantinischen Gesellschaft etwas Substantielles auszusagen. Bei Homosexuellen dürfte das Problem sich noch weitaus gravierender darstellen, da Homosexualität als Sünde angesehen und, wenn man sie entdeckte, entsprechend bestraft wurde. Das heißt nicht, dass es sie nicht gegeben hat, wohl aber, dass Aussagen über sie extrem selten sind. Wenn es sie überhaupt gibt, dann sind sie oft tendenziös verzerrt, oder die gemeinten Tatbestände werden nur vorsichtig angedeutet. Eine Ausnahme bieten die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen, wobei aber wiederum zu klären wäre, ob sie wirklich der realen Lebenserfahrung ensprachen oder nur die entsprechenden Phobien der geistlichen und weltlichen Behörden widerspiegeln. Anders ausgedrückt: Viele Fragen, die wir heute stellen, lassen sich mit den zur Verfügung stehenden Quellen entweder überhaupt nicht oder aber nicht mit ausreichender Sicherheit beantworten.7 Die zunehmende Komplexität der historischen Forschung, die sich nicht zuletzt in der Zunahme der Fragestellungen äußert, fördert auch eine völlig andere Tendenz: Da es immer schwieriger wird, einen größeres Bereich zu überblicken und dann auch befriedigend darzustellen, retten viele Forscher sich in immer kleinteiligere Analysen: Es wird nicht mehr eine Epoche oder meinetwegen die gesamte Herrschaftszeit eines Kaisers beschrieben, sondern man konzentriert sich auf einen Teil, der nun extrem genau analysiert und wiedergegeben wird, bis der Leser allein schon durch die Menge an scheinbar miteinander zusammenhängenden Einzelheiten von der Wichtigkeit dieser Detailforschung überzeugt ist. Zusammen mit der wachsenden Zahl an Forschern in den letzten Jahrzehnten hat diese Methode zu einer ungeheuren Zunahme an Publikationen geführt, die das Fach immer unübersichtlicher werden lassen und es dem Einzelnen fast unmöglich machen, sich über ein größeres Thema zu informieren und die verschiedenen Spezialuntersuchungen überhaupt zu erfassen und zu bewerten. Umgekehrt fördert diese Schwierigkeit das ohnehin vorhandene Sicherheitsdenken, so dass viele einfach bei den Themen bleiben, die 265

sie kennen und dann eben noch intensiver bearbeiten, bis für Außenstehende der kritische Zugang fast unmöglich wird. Dies ist übrigens kein neues Problem. Schon Steven Runciman tadelte 1951 in dem Vorwort zu seiner »History of the Crusades« dieses Festungsdenken: »Faced by the mountainous heap of the minutiae of knowledge and awed by the watchful severity of his colleagues, the modern historian too often takes refuge in learned articles or narrowly specialized dissertations, small fortresses that are easy to defend from attack. His work can be of the highest value; but it is not an end in itself.« Nun hatte Runciman das Glück, dass seine wirtschaftliche Situation ihm erlaubte, auf eine akademische Karriere nicht angewiesen zu sein. Aber das ändert nichts an der Richtigkeit seiner Aussage.8 Dies scheint übrigens eher ein deutsches Problem zu sein: Sowohl in der französischen als auch in der englischsprachigen Forschung sind »große« Darstellungen, wie es auch diejenigen Steven Runcimans waren, bis heute durchaus an der Tagesordnung. Das führt zu dem paradox scheinenden Zustand, dass viele deutsche Verlage, die hier aktiv werden wollen, dies nicht selten eher durch die Publikation von Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen oder auch Italienischen zu erreichen suchen, als durch Originalveröffentlichungen deutscher Autoren.Vor einigen Jahrzehnten war noch das Gegenteil der Fall. Leider würde es zu weit führen, an dieser Stelle über die Gründe zu spekulieren, zumal die Byzantinistik nicht als einzige Disziplin von diesem Problem betroffen ist. Diese Zunahme an wissenschaftlichen Arbeiten, die sich auch an der stetig wachsenden Zahl von Festschriften, Tagungsakten und sonstigen Zusammenstellungen des gelehrten Fleißes der modernen Forschung ablesen lässt, kann auch statistisch untermauert werden: Seit über 100 Jahren listet die Byzantinische Zeitschrift die jährlich erschienenen Artikel und Bücher aus dem Bereich der Byzantinistik auf. Wenn man die Zahlen der angezeigten Arbeiten verfolgt, ist die Zunahme unverkennbar: Der 1901 erschienene Band 10 der Byzantinischen Zeitschrift informiert über insgesamt ca. 600 Arbeiten. Band 60 aus dem Jahre 1967 listet bereits ca. 2 200 Titel auf, Band 90 (1997) kommt auf knapp 3 000 Titel. Der bisher letzte Band 98 (2005) erfasst knapp 4 100 Artikel, Aufsätze und Bücher. Die Zunahme ist evident.Tatsächlich ist sie noch höher, da unterdessen, der Not gehorchend, in der Byzantinischen Zeitschrift schon nicht mehr alles aufgenommen wird, was publiziert worden ist. Als Konsequenz verschwindet der Blick auf das Ganze hinter der Überzahl an Einzelthemen und Einzelheiten, als würde man zu nahe vor 266

einem Mosaik stehen und nur noch die einzelnen Steine sehen, aber das Gesamtbild nicht mehr wahrnehmen.9 Mit diesen Überlegungen soll nicht die Beschäftigung mit der byzantinischen Geschichte in Frage gestellt werden. Aber für den Anfänger ist es oft schwierig, wenn nicht unmöglich, sich in der stetig wachsenden Menge an wissenschaftlichen Arbeiten zu orientieren, die unterschiedlichen, einander nicht selten gegenseitig ausschließenden Hypothesen einzuschätzen und einen verlässlichen Überblick zu gewinnen. Wie dieses Dilemma gelöst werden kann, lässt sich auch an dieser Stelle nicht widerspruchsfrei sagen. Aber vielleicht könnte es ein Maßstab sein, danach zu fragen, wie die Gesellschaft in Byzanz funktioniert hat, wie sie sich selbst gesehen hat, wie ihre Lebensbedingungen waren und nach welchen Überzeugungen und Idealen die Byzantiner ihr Leben ausgerichtet haben. Dies wenigstens ansatzweise zu zeigen, ist in diesem Buch versucht worden. Ansonsten mag sich der Leser mit einem Zitat aus dem »Philogelos« trösten, einer wohl im 4./5. Jahrhundert entstandenen Sammlung von Witzen und Sprichwörtern, die in Byzanz, wie die Vielzahl der Handschriften ausweist, offenbar sehr beliebt war: »Ein schlagfertiger Student geriet in Geldschwierigkeiten und verkaufte seine Bücher. SeinemVater schrieb er: Freu dich mit mir, Vater. Denn meine Bücher ernähren mich schon.«10

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Zeittafel

306–337 311 312 313 325 324/26 330 361–363 378 379–395 381 391 400 nach 408–413 408 410 431 439 451 455 476 488 525 529 532 532–537 533–534 535–540 540 541/542 544–549 548 552–553

Konstantin I. (ab 324 Alleinherrscher) Toleranzedikt des Galerius Sieg Konstantins an der Milvischen Brücke Gemeinsames Toleranzedikt Konstantins und Licinius’ 1. Ökumenisches Konzil (Nikaia) Grundsteinlegung Konstantinopels Einweihung Konstantinopels Kaiser Julian »Apostata« (der »Abtrünnige«); ergebnisloser Versuch einer Wiederbelebung des Heidentums Tod des KaisersValens in der Schlacht bei Adrianupolis gegen die Westgoten Theodosios I. (letzter Kaiser sowohl Ost- als auch Westroms) 2. Ökumenisches Konzil (Konstantinopel) Erlass gegen die Heiden Sturz und Tod des magister militum Gainas Erweiterung Konstantinopels durch den Bau der »theodosianischen« Mauer Invasion Italiens durch die Westgoten unter Alarich Plünderung Roms durch Alarich 3. Ökumenisches Konzil (Ephesos) Eroberung Karthagos durch die Vandalen unter Geiserich 4. Ökumenisches Konzil (Chalkedon) Plünderung Roms durch Geiserich Absetzung des weströmischen Kaisers Romulus Augustulus durch den Heermeister Odoacer; Ende Westroms Abzug der Ostgoten unter Theoderich nach Italien im Auftrag Kaiser Zenons Zerstörung Antiocheias durch ein Erdbeben Schließung der Akademie in Athen durch Kaiser Justinian I. »Nikaaufstand« in Konstantinopel Neubau der Hagia Sophia Eroberung des Vandalenreiches durch Belisar Sieg Belisars über die Ostgoten und Unterwerfung fast ganz Italiens Eroberung Antiocheias durch die Perser Große Pestwelle im Reich, als Folge starker Bevölkerungsrückgang Erfolglose Kämpfe Belisars in Italien gegen die Ostgoten Tod der Kaiserin Theodora Niederlage des letzten Ostgotenkönigs Teja gegen Narses und byzantinische Rückeroberung Italiens

269

553–554 554 562 568 572–591 577 584/586 591 602 603 608 611 614 616 622–629 622 626 629 632 634 636 638 639 642 ab 644 655 674–678 679–680 680–681 685–692 691–692 693 697–698 717–718 726 726/730–787 740 747/48

270

5. Ökumenisches Konzil (Konstantinopel) Rückeroberung Südspaniens Friedensschluß mit Persien Einfall der Langobarden nach Italien Krieg gegen Persien Eroberung Sirmiums durch die Avaren Avarische und slawische Angriffe auf Thessalonike Friedensschluß mit Persien Meuterei der Donauarmee und Sturz des Maurikios Persische Kriegserklärung unter demVorwand, den Sturz des Maurikios durch Phokas zu rächen Revolte des Exarchen Herakleios in Karthago Sturz des Phokas durch Herakleios, den Sohn des Exarchen Eroberung Jerusalems durch die Perser Einfall der Perser nach Ägypten Feldzüge des Herakleios in Ostkleinasien gegen Persien Flucht (Hedschra) des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina Belagerung Konstantinopels durch Avaren, Slawen und Perser Friede mit Persien, Rückgewinnung der an die Perser verlorenen Gebiete und Wiederaufrichtung des Kreuzes in Jerusalem Tod Mohammeds Beginn der arabischen Einfälle nach Palästina Niederlage am Yarmuk gegen die Araber Eroberung Jerusalems und Antiocheias durch die Araber Erlass der der »Ekthesis« (Kompromissformel zwischen Orthodoxen und Monophysiten) Eroberung Ägyptens durch die Araber Arabische Einfälle nach Kleinasien Arabischer Seesieg am Kap Phönix (Karien) Blockade Konstantinopels durch die Araber. Einsatz des »Griechischen Feuers« gegen die arabische Flotte und Rückzug der Araber Festsetzung der Bulgaren auf Reichsgebiet 6. Ökumenisches Konzil (Konstantinopel) Bürgerkrieg im Kalifat. Friede zwischen Byzanz und Arabern Synode (Quinisextum bzw. Trullanum) in Konstantinopel als Ergänzung zum 6. Ökumenischen Konzil von 680–681 Neuer Krieg gegen die Araber und byzantinische Niederlage bei Sebastoupolis (Ostkleinasien) Eroberung des byzantinischen Nordafrika durch die Araber Belagerung Konstantinopels durch die Araber Seebeben bei Thera (Santorin): angeblich der Anlaß für die Hinwendung Leons III. zum Ikonoklasmus Erste Phase des Ikonoklasmus Sieg über die Araber bei Akroinon Schwere Pestwelle in Byzanz

750 751 754 787 792 800 811/13 815–843 821–823 20er Jahre 831 838 843 860 864 878 904 893–927 911 927 Mitte 10. Jh. 960–961 962 964 965 969 972 989 1018 1054 1071 1081–1085 1082/1084 1091 1095

Bürgerkrieg im Kalifat. Ablösung der Omaijadendynastie durch die Abbasiden. Verlagerung der Hauptstadt von Damaskus nach Bagdad Eroberung Ravennas, des byzantinischen Hauptortes in Italien, durch die Langobarden »Ikonoklastensynode« in Hiereia 7. Ökumenisches Konzil (Nikaia): Wiederherstellung der Bilderverehrung Byzantinische Niederlage gegen die Bulgaren bei Markellai Kaiserkrönung Karls d. Großen in Rom Byzantinische Niederlagen gegen die Bulgaren Erneutes Verbot der Bilderverehrung Aufstand Thomas’ des »Slawen« Eroberung Kretas und Beginn der arabischen Eroberung Siziliens Eroberung Palermos durch die Araber Niederlage bei Dazimon und arabische Eroberung von Amorion Endgültige Wiederherstellung der Bilderverehrung Angriff der Varäger auf Konstantinopel Taufe des bulgarischen Herrschers Boris auf den Namen Michael – Christianisierung der Bulgaren Eroberung von Syrakus durch die Araber Eroberung von Thessalonike durch die Araber Schwere Kämpfe mit den Bulgaren unter dem Zaren Symeon um die Vorherrschaft auf dem Balkan Vertrag zwischen Byzanz und den Varägern von Kiev Heirat einer byzantinischen Prinzessin mit dem Bulgarenherrscher Petr Verlust der letzten byzantinischen Stützpunkte auf Sizilien Rückeroberung Kretas Kaiserkrönung Ottos d. Großen Privileg Kaiser Nikephoros’ II. für das Kloster Megiste Laura auf dem Athos Rückeroberung Zyperns durch Byzanz Rückeroberung des syrischen Antiocheia durch Byzanz Heirat Ottos II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophano Taufe des Großfürsten von Kiev Vladimir. Christianisierung der Rus Endgültige Unterwerfung der Bulgaren Schisma zwischen Rom und Konstantinopel Niederlage bei Mantzikert gegen die Seldschuken. Verlust Baris an die Normannen Normannischer Angriff auf die byzantinischen Balkanprovinzen Privilegien für Venedig Sieg über die Petschenegen bei Levunion. Synoden von Piacenza (März) und Clermont (November)

271

1096–1101 1107/08 1111 1122 1135–1137 1137–1142 1146 1147–49 1148 1153 1155/56 1157 1158 1158–1159 1161 1164 1164 1167 1167 – 1169 1169/70 1170–72 1171 1176 1177 1180–82 nach 1180 1182 1184

272

Erster Kreuzzug Normannische Invasion Griechenlands; 1108 Vertrag von Deabolis (Devol) Privileg für Pisa Sieg über die Petschenegen Deutsch–Byzantinisches Bündnis gegen die Normannen in Unteritalien Byzantinische Angriffe auf das Kreuzfahrerfürstentum Antiocheia Heirat Manuels mit der deutschen Gräfin Bertha von Sulzbach (Schwägerin König Konrads III.) Zweiter Kreuzzug durch den deutschen König Konrad III. und LudwigVII. von Frankreich. Normannischer Angriff auf Griechenland Vertrag von Thessalonike zwischen Manuel und Konrad Konstanzer Vertrag zwischen Friedrich I. Barbarossa und Papst Eugen III. Erfolgloser byzantinischer Feldzug in Italien gegen die Normannen Hochzeit Balduins III. von Jerusalem mit Theodora Komnene Friedensschluss zwischen Byzantinern und Normannen Byzantinischer Feldzug gegen das Fürstentum Antiocheia Heirat Manuels I. Komnenos mit Maria von Antiocheia Gründung des Veroneser Bundes, der sich gegen Barbarossa richtet und von Byzanz unterstützt wird Niederlage der Franken bei Harim gegen Nur ad-Din Byzantinischer Sieg über die Ungarn Heirat Amalrichs I. von Jerusalem mit Maria Komnene Gründung des lombardischen Bundes, der von Byzanz unterstützt wird; Untergang des deutschen Heeres vor Rom Erfolgloser fränkisch-byzantinischer Kriegszug gegen Damiette in Ägypten Byzantinische Privilegien für Genua und Pisa Byzantinische Verhandlungen mit Deutschen und Normannen Bruch zwischen Byzanz und Venedig. Lehnseid Amalrichs I. in Konstantinopel Byzantinische Niederlage bei Myriokephalon gegen die Seldschuken. Deutsche Niederlage bei Legnano Friede von Venedig. Weitgehende Isolierung von Byzanz in Westeuropa Alexios II. Komnenos unter der Regentschaft seiner Mutter Maria »Xene« von Antiocheia Unabhängigkeit Serbiens Im Zuge innerbyzantinischer Auseinandersetzungen Massaker an den Lateinern in Konstantinopel; Bruch zwischen Byzanz und Genua/Pisa Aufstand des Isaak Komnenos auf Zypern

1185 1186

Einnahme Thessalonikes durch die Normannen Verlobung zwischen Heinrich (VI.) und Konstanze von Sizilien ab 1186 Aufstand in Bulgarien und Entstehung des zweiten bulgarischen Reiches 1187 Niederlage der Kreuzritter gegen Saladin bei Hattin, Verlust Jerusalems 1189–92 Dritter Kreuzzug 1187/1189/1198 Neue Verträge mit Venedig. 1189 Tod Wilhelms II. von Sizilien; Krieg zwischen Heinrich VI. und dem normannischen Gegenkönig Tankred von Lecce, der von Byzanz unterstützt wird 1189–92 Dritter Kreuzzug. Eroberung Zyperns durch Richard Löwenherz 1192 Byzantinische Privilegien für Genua und Pisa 1194 Tod Tankreds von Lecce; Thronbesteigung Heinrichs VI. im normannischen Königreich 1196 Vorbereitung eines Angriffs auf Byzanz durch Heinrich VI.; Erhebung einer Sondersteuer (»Alamannikon«), um die deutsche Gefahr abzuwehren; Tod Heinrichs VI. 1198 Privilegienerneuerung und -erweiterung für Venedig 1202–1204 Vierter Kreuzzug, Eroberung Konstantinopels durchVenezianer und Kreuzfahrer. Entstehung byzantinischer »Exilreiche« in Epiros, Nikaia und Trapezunt und »lateinischer« Herrschaften, vor allem auf den Inseln und im ehemaligen europäischen Reichsteil 1219 Unabhängigkeit der serbischen Kirche 1235 Beginn des bulgarischen Patriarchats (in Trnovo) 1240 Vernichtung des Großfürstentums Kiev durch die Mongolen 1259 Byzantinischer Sieg über die mit Epiros verbündeten Franken bei Pelagonia 1261 Vertrag von Nymphaion mit Genua; Rückgewinnung Konstantinopels und Ende des »lateinischen« Kaiserreiches. Byzanz fasst auf der Peloponnes wieder Fuß 1274 Zweites Konzil von Lyon: Kirchenunion zwischen Rom und Konstantinopel, die aber in Byzanz nicht durchgesetzt werden kann 1282 »Sizilianische Vesper«; Vereitelung des geplanten Angriffs Karls I. von Anjou auf Byzanz 1303 Anwerbung der »Katalanischen Kompanie« unter Roger de Flor 1306 Festsetzung der Johanniter auf Rhodos 1311 Eroberung Athens durch die Katalanen und Errichtung einer katalanischen Herrschaft nach 1300 Verlust der meisten Gebiete Kleinasiens an die Seldschuken/ Osmanen (1327: Bursa; 1331: Nikaia; 1337: Nikomedeia) 40er Jahre Auf dem Balkan serbische Vorherrschaft unter dem Zaren Stephan Dušan. Bürgerkrieg in Byzanz

273

1347–52 ab 1354 1369 1371 1388 1389 1396 1399–1403 1402 1422 1423 1430 1438/39 1444 29.5.1453 1460 1461

274

Schwere Pestwelle in Byzanz, die von dort auch auf das westliche Europa übergreift Beginn der türkischen Eroberung des Balkans Osmanische Eroberung von Adrianupolis. Reise Kaiser Johannes’ V. nach Italien, wo der Kaiser zum römisch-katholischen Glauben übertritt Osmanischer Sieg über die Serben an der Marica Unterwerfung Bulgariens durch die Osmanen Osmanischer Sieg über die Serben auf dem Amselfeld Osmanischer Sieg über ein abendländisches Kreuzfahrerheer bei Nikopolis an der Donau. Belagerung Konstantinopels durch die Osmanen (bis 1402) Reise Kaiser Manuels II. nach Westeuropa, wo Manuel (ergebnislos) um Hilfe gegen die Osmanen bittet Osmanische Niederlage bei Ankara gegen den mongolischen Eroberer Timur Lenk und Gefangennahme des Sultans Bayezid durch Timur Osmanische Belagerung Konstantinopels Byzanz tritt Thessalonike an die Venezianer ab Osmanische Eroberung Thessalonikes Konzil von Ferrara–Florenz. Anerkennung des päpstlichen Primats durch Kaiser Johannes’ VIII. Palaiologos, was in Byzanz aber nicht durchgesetzt werden kann Osmanischer Sieg über ein Kreuzfahrerheer bei Varna Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen Osmanische Eroberung von Mistras Osmanische Eroberung von Trapezunt

Kaiserliste

Auf der Grundlage von Ostrogorsky, Geschichte 479 (mit Modifizierungen). Siglen: Gewaltsamer Herrschaftsantritt: °. – Gewaltsames Herrschaftsende: *. – Kursiv: Ohne Verbindung zur herrschenden Dynastie. »Gewaltsamer Herrschaftsantritt« schließt hier auch die Rückgewinnung der Herrschaft nach einem früheren Sturz ein. »Gewaltsames Herrschaftsende« schließt auch den Tod im Kampf gegen äußere Feinde ein. »Ohne Verbindung zur herrschenden Dynastie« betrifft alle Kaiser, denen es weder gelang, eineVerbindung zu einer vor ihnen herrschenden Familie herzustellen noch selbst eine eigene Dynastie zu gründen. Zu den Dynastiemitgliedern werden nicht nur direkte Familienangehörige gezählt, sondern auch angeheiratete oder adoptierte Personen. 284–305 Diokletian° Dynastie Konstantins I. 306–337 Konstantin I. (ab 324 allein)° 337–361 Konstantios 361–363 Julian »Apostata«°* 363–364 Jovian°* 364–378 Valens°* Dynastie Theodosios’ I. 379–395 Theodosios I. 395–408 Arkadios 408–450 Theodosios II. 450–457 Markian Dynastie Leons I. 457–474 Leon I. 474 Leon II. 474–475 Zenon (1. Amtszeit)* 475–476 Basiliskos°* 476–491 Zenon (2. Amtszeit)° 491–518 Anastasios I. Dynastie Justins I. 518–527 Justin I. 527–565 Justinian I. 565–578 Justin II. 578–582 Tiberios I. 582–602 Maurikios* 602–610 Phokas°* Herakleianische Dynastie 610–641 Herakleios°

275

641 Konstantin III. und Heraklonas 641 Heraklonas* 641–668 Konstans II.°* 668–685 Konstantin IV. 685–695 Justinian II. (1. Amtszeit)* 695–698 Leontios°* 698–705 Tiberios II. Apsimar°* 705–711 Justinian II. (2. Amtszeit) °* 711–713 Philippikos°* 713–715 Anastasios II.°* 715–717 Theodosios III.°* Syrische Dynastie 717–741 Leon III.° 741 Konstantin V. (1. Amtszeit)* 741–743 Artabasdos°* 743–775 Konstantin V. (2. Amtszeit)° 775–780 Leon IV. 780–797 Konstantin VI.* 797–802 Eirene°* Dynastie Nikephoros’ I. 802–811 Nikephoros I. °* 811 Staurakios* 811–813 Michael I. Rhangabe°* 813–820 Leon V.°* Amorische Dynastie 820–829 Michael II.° 829–842 Theophilos 842–867 Michael III.* Makedonische Dynastie 867–886 Basileios I.° 886–912 Leon VI. 912–913 Alexander 913–920 Konstantin VII. (1. Amtszeit)* 920–944 Romanos I. Lekapenos°* 944–959 Konstantin VII. (2. Amtszeit) 959–963 Romanos II. 963–969 Nikephoros II. Phokas°* 969–976 Johannes I. Tzimiskes° 976–1025 Basileios II. 1025–1028 Konstantin VIII. 1028–1034 Romanos III. Argyros 1034–1041 Michael IV. 1041–1042 Michael V.* 1042 Zoe° und Theodora° 1042–1055 Konstantin IX. Monomachos 1055–1056 Theodora (2. Amtszeit) 1056–1057 Michael VI.* 1057–1059 Isaak I. Komnenos°*

276

Dukai 1059–1067 1067–1071 1071–1078 1078–1081 Komnenen 1081–1118 1118–1143 1143–1180 1180–1182 1182–1185 Angeloi 1185–1195 1195–1203 1203–1204 1204 Laskariden 1204–1221 1221–1254 1254–1258 1258–1261 Palaiologen 1259–1282 1282–1328 1328–1341 1341–1347 1347–1354 1354–1391 1376–1379 1390 1391–1425 1425–1448 1449–1453

Konstantin X. Dukas Romanos IV. Diogenes* Michael VII. Dukas°* Nikephoros III. Botaneiates°* Alexios I. Komnenos° Johannes II. Komnenos Manuel I. Komnenos Alexios II. Komnenos* Andronikos I. Komnenos°* Isaak II. Angelos°* Alexios III. Angelos°* Alexios IV. Angelos°* und °Isaak II. Angelos (2. Amtszeit)°* Alexios V. Murtzuphlos°* Theodoros I. Laskaris Johannes III. Dukas Vatatzes Theodoros II. Laskaris Johannes IV. Laskaris* Michael VIII. Palaiologos° Andronikos II. Palaiologos* Andronikos III. Palaiologos° Johannes V. Palaiologos (1. Amtszeit)* Johannes VI. Kantakuzenos°* Johannes V. Palaiologos (2. Amtszeit) ° Andronikos IV. Palaiologos°* Johannes VII. Palaiologos°* Manuel II. Palaiologos° Johannes VIII. Palaiologos Konstantin XI. Palaiologos*

277

Patriarchenliste

Auf der Grundlage von Beck, Kirche (Handbuch) 803f. – (Nikaia) bezeichnet die Patriarchen, die zur Zeit des Lateinischen Kaiserreiches »im Exil« in Nikaia residierten. – (nochmals) bezeichnet eine weitere Amtsperiode. 315–327 327–340 340–341 341–342 342–344 342–348 348–350 350–360 360–369 369–370 369–370 379–381 381 381–397 398–404 404–405 406–425 426–427 428–431 431–434 434–446 446–449 449–458 458–471 472–488 488–489 489–495 495–511 511–518 518–520 520–535 535–536 536–552 552–565 565–577 577–582 582–595

278

Metrophanes I. Alexandros Paulos I. Eusebios Paulos I. (nochmals) Makedonios I. Paulos I. (3. Mal) Makedonios (nochmals) Eudoxios Demophilos Euagrius Gregorios I. von Nazianz Maximos I. Nektarios Johannes I. Chrysostomos Arsakios Attikos Sisinnos I. Nestorios Maximianos Proklos Flavianos Anatolios Gennadios I. Akakios Fravitas Euphemios Makedonios II. Thimotheos I. Johannes II. Kappadokes Epiphanios Anthimos I. Menas Eutychios Johannes III. Scholastikos Eutychios (nochmals) Johannes IV. Nesteutes

596–606 607–610 610–638 638–641 641–653 654–666 667–669 667–675 675–677 677–679 679–686 686–687 688–693 693–705 705–711 712–715 715–730 730–754 754–766 766–780 780–784 784–806 806–815 815–821 821–837 837–843 843–847 847–858 858–867 867–877 877–886 886–893 893–901 901–907 907–912 912–925 925–928 928–931 933–956 956–970 970–974 974–979 979–991 996–998 1001–1019 1019–1025 1025–1043 1053–1058 1059–1063

Kyriakos Thomas I. Sergios I. Pyrrhos I. Paulos II. Petros Thomas II. Johannes V. Konstantinos I. Theodoros I. Georgios I. Theodoros I. (nochmals) Paulos III. Kallinikos I. Kyros Johannes VI. Germanos I. Anastasios Konstantin II. Niketas Paulos IV. Tarasios Nikephoros I. Theodotos I. Melissenos Antonios I. Kassymatas Johannes VII. Grammatikos Methodios I. Ignatios I. Photios Ignatios (nochmals) Photios (nochmals) Stephanos I. Antonios II. Kauleas Nikolaos I. Mystikos Euthymios Nikolaos I. (nochmals) Stephanos II. Tryphon Theophylaktos Polyeuktos Basilios I. Skamandrenos Antonios III. Studites Nikolaos II. Chrysoberges Sisinnios II. Sergios II. Eustathios Alexios I. Studites Michael I. Kerularios Konstantin III. Leichudes

279

1064–1075 1075–1081 1081–1084 1084–1111 1111–1134 1134–1143 1143–1146 1146–1147 1147–1151 1151/2–1153/4 1153/4–1154 1154–1157 1157–1169/70 1170–1178 1178–1179 1179–1183 1183–1186 1186–1189 1189 1189 1189–1191 1191–1198 1198–1206 1208–1214 1214–1216 1216 1217–1222 1222–1240 1240 1244–1255 1255–1259 1260–1261 1261–1265 1265–1267 1267–1275 1275–1282 1282–1283 1283–1289 1289–1293 1294–1303 1303–1310 1310–1314 1315–1319 1320–1321 1323–1334 1334–1347 1347–1350 1350–1353 1353–1354

280

Johannes VIII. Xiphilinos Kosmas I.Hierosolymites Eustathios Garidas Nikolaos III. Grammatikos Johannes IX. Agapetos Leon Stypes Michael II. Kurkuas Oxeites Kosmas II. Attikos Nikolaos IV. Muzalon Theodotos II. Neophytos I. Konstantinos IV. Chliarenos Lukas Chrysoberges Michael III. Chariton Theodosios I. Boradiotes Basileios II. Kamateros Niketas II. Muntanes Dositheios von Jerusalem Leontios Theotokites Dositheos von Jerusalem (nochmals) Georgios II. Xiphilinos Johannes X. Kamateros Michael IV. Autoreianos (Nikaia) Theodoros II. Eirenikos (Nikaia) Maximos II. (Nikaia) Manuel I. Sarantenos (Nikaia) Germanos II. (Nikaia) Methodios II. (Nikaia) Manuel II. (Nikaia) Arsenios Autoreianos (Nikaia) Nikephoros II. (Nikaia) Arsenios II. Autoreianos (nochmals) Germanos III. Joseph I. Johannes XI. Bekkos Joseph I. (nochmals) Gregorios II. Kyprios Athanasios I. Johannes XII. Kosmas Athanasios I. (nochmals) Nephon I. Johannes XIII. Glykys Gerasimos I. Esaias Johannes XIV. Kalekas Isidoros I. Kallistos I. Philotheos Kokkinos

1355–1363 1364–1376 1376–1379 1379–1388 1389–1390 1390–1391 1391–1397 1397 1397–1410 1410–1416 1416–1439 1440–1443 1443–1451 1450 1453–1456

Kallistos I. (nochmals) Philotheos Kokkinos (nochmals) Makarios Neilos Antonios IV. Makarios (nochmals) Antonios IV. (nochmals) Kallistos II. Xanthopoulos Matthaios Euthymios II. Joseph II. Metrophanes II. Gregorios III. Melissenos Strategopulos Athanasios II. Gennadios II. Scholarios

281

Anmerkungen Einleitung Allgemeine Literatur: Deutschsprachige Einführungen in die Byzantinistik sind derzeit Mangelware. Die 1976 erschienene »Einführung in die Byzantinologie«, ohnehin Übersetzung eines 1966 publizierten ungarischen Werkes von G. Moravcsik, ist in vielen Teilen veraltet, das »Handbuch der Byzantinistik« von O. Mazal (1988) zwar umfassend im Anspruch, aber in den einzelnen Teilen von unterschiedlicher Intensität und für Anfänger oft nur schwer verständlich. Da beide Werke die gesamte Byzantinistik behandeln, also auch Philologie und Literatur, Mazal dazu auch noch die Kunst, kommen wichtige Teilbereiche der byzantinischen Geschichte oft zu kurz. Eine nützliche Einführung bietet dagegen J. Haldon, Reich, dessen bisweilen verschachtelte Argumentationsweise allerdings gerade den Anfänger leicht zu überfordern droht. Generell setzen alle drei Einführungen einen Leser voraus, der bereits über Anfangskenntnisse in der Byzantinistik verfügt. Die kürzliche erschienen Einführung von J. Harris (ed.), byzantine history, berücksichtigt fast ausschließlich englischsprachige Literatur und ist auch methodisch fragwürdig. Für 2008 ist ein umfangreiches Handbook of Byzantine Studies angekündigt (Oxford University Press), das zwar auf Englisch erscheinen wird, aber zahlreiche internationale Autoren vereint, deren Namen für ein ambitioniertes Unternehmen sprechen.

Lexikalische Hilfsmittel: Allgemein sind vor allem ODB und LdMA zu nennen, für den kirchlichen Bereich das LThK und jetzt das BBKL, das auch zahlreiche byzantinische Personen berücksichtigt und erfreulicherweise auch über das Internet benutzt werden kann: http://www.bautz.de/bbkl/. Da in Byzanz die Antike immer präsent war, sind natürlich auch hier die entsprechenden Nachschlagewerke nützlich, insbesonders die Real-Encyclopädie von Pauly–Wissowa, auch wenn die Artikel teilweise veraltet sind. Eine Kurzfassung (Der Neue Pauly), die auch Byzanz berücksichtigt, ist seit 2007 im Handel. Das Lexikon der Byzantinistik hingegen ist nie über den Buchstaben A hinausgekommen. Zur byzantinischen Kunst cf. auch das RBK, das allerdings noch nicht abgeschlossen ist.

Anmerkungen: 1. Zu Reisen und Kommunikation in der byzantinischen Welt cf. die Materialübersicht von Dimitroukas, Reisen und Verkehr; nützlich ist auch Macrides (Hrsg.), Travel in the Byzantine World.

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Kapitel 1 Der geographische Raum Allgemeine Literatur: Koder, Lebensraum; grundlegend für die verschiedenen Provinzen sind die Tabula Imperii Byzantini (TIB), die unterdessen den größten Teil des byzantinischen Reiches abdecken und weiter fortgeführt werden. Zu den einzelnen Titeln cf. das Abkürzungsverzeichnis; der alte Überblick von Philippson, Reich ist unterdessen veraltet und durch Koder mehr als ersetzt worden; nützlich ist auch Haldon, Atlas, der Karten mit ausführlichen Kommentaren vereint.

Anmerkungen: 1. Cf. hierzu ausführlich unten Kap. 4. (Die ökonomischen Verhältnisse). 2. Zu Ägypten cf. ODB I 679–681; zu den inneren Verhältnissen cf. Gascou, Égypte byzantine; nützlich ist immer noch Johnson–West, Byzantine Egypt; cf. auch die entsprechenden Abschnitte bei Laiou, Economic History. 3. Zur Kirche in Ägypten cf. Müller, Koptische Kirche;Winkelmann, Ägypten; ders., Östliche Kirchen; zur koptischen Kirche nach der arabischen Eroberung cf. Timm, Ägypten; Micheau, Eastern Christianities; speziell zu den Häresien und ihrem (wohl nicht vorhandenen) nationalen Bezug cf. immer noch Jones, Heresies. 4. Zu Syrien vor und während der römischen Kaiserzeit cf. Funke, Staatenwelt; zu den Verhältnissen vor der arabischen Eroberung cf. Kennedy, Byzantine Syria; allgemein cf. auch Canivet – Rey-Coquais, Syrie; zu Palästina cf. Dauphin, Palestine; zu den Verhältnissen nach der arabischen Eroberung cf. Schick, Palestine; zu den Juden in Palästina cf. Avi-Yonah, Jews. 5. Zum Flottenbau cf. Fahmy, Muslim Sea–Power (trotz seines Alters noch immer mit Einschränkungen wichtig); als Einführung nützlich die betreffenden Abschnitte bei Eickhoff, Seekrieg. 6. Grundsätzlich jetzt dazu Shahid, Byzantium and the Arabs. 7. Zur Pilgerfahrt nach Jerusalem cf. Wilkinson, Jerusalem Pilgrims (nicht zufriedenstellend); zuletzt Donner, Pilgerfahrt; zu den Styliten cf. Pena–Castellana–Fernandez, Les stylites syriens; zur Klösterzahl cf. Dimitroukas, Reisen und Verkehr. 8. Eine neuere Gesamtuntersuchung zu Kleinasien in byzantinischer Zeit fehlt. Ersatz bieten die entsprechenden Bände derTIB; ein kurzer Überblick findet sich bei Koder, Lebensraum; zur landschaftlichen Struktur cf. Hütteroth, Türkei. 9. Zu Armenien allgemein sowie zu Armenien und Byzanz cf. Toumanoff, Armenia and Georgia; ders., Toumanoff, Caucasia and Byzantium; Garsoïan– Matthews–Thomson, East of Byzantium; zu den Armeniern in Byzanz cf. die Auflistung bei Charanis, Armeniens; speziell zur mittelbyzantinischen Zeit cf. auch Kazhdan, Armeniens; zu denVerhältnissen zur Zeit der Kreuzzüge cf. auch Dédeyan, Arméniens; zuletzt Cowe, Armeniens. 10. Zu Kleinasien nach dem 11. Jahrhundert cf. Cahen, Turquie (der undokumentierten englischen Übersetzung vorzuziehen); Vryonis, Decline; speziell zum Pontosgebiet cf. Bryer–Winfield, Monuments; zu Trapezunt Karpov, Trebisonda.

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11. Zu den einzelnen Reichsprovinzen auf dem Balkan cf. die entsprechenden Bände der TIB und die dort verzeichnete Literatur; zur Niederlassung der Slawen cf. Waldmüller, Slawen; Weithmann, Slavische Bevölkerung; über die mittelbyzantinische Zeit informieren Obolensky, Commonwealth (partiell veraltet) und zuletzt Stephenson, Balkan frontier; zu diversen Einzelaspekten cf. auch Ferluga, Byzantium on the Balkans (Sammelband), ansonsten cf. auch die Angaben im 2. Kapitel (Strukturen der politischen Geschichte). 12. Zu Sardinien cf. Spanu, Sardegna; Bondí u. Ba., Storia dei Sardi, Bd. I; zu den Balearen cf. jetzt Durán Tapia (Hrsg.), Mallorca y Bizancio; zuletzt Signes, Balearen. 13 Zu Sizilien cf. Kislinger, Sizilien; Cracco Ruggini, Sicilia. 14. Zu Kreta cf. Tsougarakis, Byzantine Crete; Christides, Conquest; zum arabischen Kreta cf. Kremp, Arabisches Kreta; speziell zum kretischen Käse: Jacoby, Cretan cheese; zur venezianischen Zeit Kretas cf. jetzt McKee, Uncommon Dominion; zur türkischen Eroberung: Eickhoff, Venedig; Kohlhaas, Candia. 15. Vita Willibaldi 95,15–17; cf. zuletzt dazu Lilie, in: Deckers-Mitsou, Zypern 69f. 16. Zu Zypern cf. Bryer–Georghallides (Hrsg.), The Sweet Land of Cyprus; sowie zuletzt Deckers–Mitsou, Zypern; speziell zur arabischen Eroberung cf. zuletzt ausführlich Beihammer, Zypern; zu Zypern unter den Lusignan cf. Edbury, Cyprus. 17. Zu den Ägäisinseln cf. TIB X (Koder: Aigaion Pelagos); Koder, Negroponte; ders., Thalassokratie; allgemein cf. auch die anderen Beiträge des Sammelbandes »Griechenland und das Meer«; Malamut, Îles; Avramea, Land and Sea Communications, in: Laiou (ed.), Economic History 57–90; zur Zeit nach 1204 cf. Lock, The Franks in the Aegean. 18. Zu Cherson cf. ODB I 418f., 547f.; zuletzt Romançuk, Cherson. 19. Theophanes 472,29f. (zum Jahre a. m. 6289 = 798 a.d.). 20. Zum byzantinischen Italien cf. Guillou–Burgarella, L’Italia Bizantina; Falkenhausen, Dominazione bizantina; zu den Ostgoten: Wolfram, Goten; zu den Langobarden cf. Jarnut, Langobarden; Pohl, Langobarden; Christou, Byzanz und die Langobarden; zu den Verhältnissen im 10. Jahrhundert: Hiestand, Regnum Italicum; zuletzt: Kreutz, Before the Normans; zu Venedig cf. Nicol, Venice; zu Amalfi cf. jetzt Schwarz, Amalfi. 21. Zu Nordafrika cf. Pringle, Byzantine Africa. 22. Zum byzantinischen Spanien: Goubert, Byzance et l’Espagne Wisigothique; Vallejo Girvés, Byzantine Spain; zu den Beziehungen zwischen Byzanz und der spanischen Halbinsel auch noch nach dem Verlust der byzantinischen Provinz cf. Pérez Martín – Bádenas d la Peña, Bizancio y la península ibérica. 23. Zu Konstantinopel cf. ausführlich unten Kap. 10: Stadt und Land (mit der relevanten Literatur). 24. Cf. u. Ba.Van derVin, Travellers; Ciggaar, Western Travellers; Majeska, Russian Travellers. 25. Zu Thrakien und Bithynien cf. die entsprechenden Bände der TIB; speziell zu den Klöstern cf. Mango–Ševenko, Churches. 26. Zur Epocheneinteilung und ihrer Problematik cf. im folgenden Kapitel.

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Kapitel 2 Geschichte Allgemeine Literatur: Kurze Einführungen: Schreiner, Byzanz; Lilie, Byzanz (Beck); das Handbuch von Ostrogorsky, Geschichte ist in Konzeption und Einzelheiten veraltet und müsste ersetzt werden; ähnliches gilt für Maier, Byzanz; Treadgold, History ist wegen der sehr persönlichen Auffassungen des Autors, wie byzantinische Geschichte auszusehen habe, allgemein mit Skepsis aufgenommen worden; populäre Anekdoten ohne wissenschaftlichen Anspruch liefert Norwich, Byzanz; nützliche neuere Gesamtdarstellungen sind Ducellier (Hrsg.), Byzanz; Lilie, Byzanz. Das zweite Rom.

Anmerkungen: 1. Zur Grundproblematik unseres Zugriffs auf die mittelalterliche Geschichte cf. mehr im Nachwort. 2. Zur Epochengrenze zwischen Altertum und Mittelalter cf. die zwar schon ältere, aber immer noch nützliche Aufsatzsammlung von Hübinger (Hrsg.), Periodengrenze; ders., Bedeutung; speziell zu Süditalien cf. Prinz, Kontinuität; einen guten Überblick über die Problematik der Epocheneinteilung gibt jetzt Walther, Epochen. 3. Die grundlegende Literatur zur Spätantike findet sich bei Demandt, Spätantike (2. Aufl. 2007), der für praktisch alle Fragen bis zum 6. Jahrhundert zu konsultieren ist; einen Überblick bietet auch Krause, Spätantike; zur Gründung Konstantinopels cf. Dagron, Naissance; zu den Konsequenzen der Neugründung für das Reich cf. Koder, Folgen. 4. Zu Person und Regierung Justinians existiert eine reichhaltige Literatur; einen neuen, quasi »mentalitätsgeschichtlichen« Zugriff versucht jetzt Meier, Justinian; Meier sieht in Justinian einen von seiner göttlichen Mission überzeugten Kaiser, der zunächst durch den Erfolg seiner Politik bestätigt zu werden schien, dann aber infolge der hereinbrechenden Katastrophen, besonders der Pest, in eine Endzeitstimmung geriet, die sein späteres Handeln motivierte; cf. hierzu auch im Nachwort. Dieser rein wissenschaftlichen Darstellung hat Meier im C. H. Beck-Verlag jetzt auch ein kurzes Taschenbuch zur Regierungszeit Justinians folgen lassen. 5. Zu Konstantin cf. Leeb, Konstantin und Christus; Bleicken, Constantin; zuletzt Brandt, Konstantin; cf. ansonsten unten Kap. 3 (Kirche) und 6 (Kaiser). 6. Zur Rolle der Monophysiten und ihrer Stellung zur Reichskirche cf. Frend, Monophysites; Bacht, Monophysitismus; eine Parteinahme der Monophysiten zugunsten der Araber wird allgemein verneint, cf. Moorhead, Response; Jones, Heresies; über dasVerhältnis von lateinischer und griechischer Sprache informiert am ausführlichsten Berschin, Griechisch-Lateinisches Mittelalter; trotz seines Alters immer noch nützlich ist Zilliacus, Weltsprachen. 7. Zur ökonomischen Entwicklung cf. unten Kap. 4 (Die ökonomischen Verhältnisse); zu Julian cf. zuletzt Bringmann, Julian; Rosen, Julian 8. Zu den Vandalen cf. immer noch Diesner, Vandalenreich; zu den Westgoten in Spanien cf. Goubert, Byzance et l’Espagne Wisigothique, zuletzt Vallejo Girvés, Byzantine Spain.

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9. Zu Ostgoten und Theoderich cf. Wolfram, Goten; zu der byzantinischen Eroberung der Reiche der Vandalen und der Ostgoten cf. jetzt auch Meier, Justinian. 10. Zu den Langobarden cf. Jarnut, Langobarden; Pohl, Langobarden; Delogu– Guillou–Ortalli, Longobardi; zu Benevent Belting, Studien; zuletzt, Kreutz, Before the Normans. 11. Zu den Avaren cf. Pohl, Awaren; zur Ansiedlung der Slawen immer noch nützlich sind die Materialsammlungen von Waldmüller, Slawen sowie Weithmann, Slavische Bevölkerung; zur Regierungszeit des Maurikios ist Goubert, Byzance avant l’Islam trotz seines Alters immer noch besser als Shlosser, Maurikios. 12. Zu dem Perserkrieg cf. jetzt die Zusammenfassung von Howard-Johnston, Powers; zu Phokas cf. Olster, Politics. 13. Es gibt natürlich mehr Erklärungen – ökonomische, militärische und psychologische – für den Untergang Westroms, die aufzuzählen hier nicht nötig ist; cf. Demandt, Fall Roms, wo über 400 Erklärungen aufgelistet werden. 14. Zur Regierungszeit des Herakleios cf. Speck, Dossier (sehr spekulativ); zuletzt Reinink–Stolte (Hrsg.), Heraclius; Kaegi, Heraclius stellt mehr den Feldherrn in den Vordergrund; wenig brauchbar ist Regan, First Crusader; zu den arabischen Eroberungen cf. Kaegi, Conquests; zuletzt Donner, Conquests; insgesamt zu der Entwicklung im 7. Jahrhundert cf. Haldon, Seventh Century. 15. Mango, Constantinople 54. 16. Zu den arabischen Angriffen cf. immer noch die Aufzählung bei Lilie, Reaktion; zum byzantinischen Kriegswesen allgemein Haldon, Warfare. 17. Eine gewisse Ausnahme gibt es nur im 10. Jahrhundert, als LeonVI., Romanos I. (immerhin ein kriegserfahrener Flottenchef), KonstantinVII. und dessen Sohn Romanos II. nicht ins Feld zogen (zwischen 886 und 963). Im 11. Jahrhundert ließ die militärische Tätigkeit der Kaiser ebenfalls wieder nach, ohne aber ganz aufzuhören. Ab 1081 sind die Kaiser dann wieder selbst regelmäßig als Feldherren aktiv. 18. Cf. hierzu unten Kap. 5 (Gesellschaft); speziell zu den Auseinandersetzungen zur Zeit Kaiser Basileios’ II. cf. Cheynet, Pouvoir; zur Politik dieses Kaisers cf. jetzt Holmes, Basil II; allgemein cf. auch Kamer, Emperors and Aristocrats. 19. Zum Sprachproblem cf. Berschin, Griechisch–Lateinisches Mittelalter; zu dem Verhältnis zwischen Byzanz und Westeuropa cf. zuletzt den Überblick bei Lilie, Bisanzio. 20. Zu Byzanz und den Arabern vor allem vor der arabischen Expansion cf. Shahid, Byzantium and the Arabs, zu den Auseinandersetzungen: Lilie, Reaktion (7.–8. Jahrhundert); Vasiliev, Byzance et les Arabes (9.–10. Jahrhundert); Felix, Byzanz (10.–11. Jahrhundert); cf. auch unten Kap. 9 (Militärwesen); insbesondere zum Seekrieg: Eickhoff, Seekrieg; zum Griechischen Feuer cf. jetzt zusammenfassend Haldon, Greek Fire. 21. Zu Bulgarien cf. Browning, Byzantium and Bulgaria; Beševliev, Protobulgarische Periode; allgemein zur byzantinischen Balkanpolitik zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert cf. jetzt Stephenson, Balkan-frontier; zu den Auseinandersetzungen zur Zeit Basileios’ II. und ihrem Niederschlag in den byzantinischen Quellen cf. dens., Basil; speziell zu den militärischen Ereignissen

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cf. Strässle, Krieg; allgemein zur Regierungszeit dieses Kaisers cf. Holmes, Basil II. 22. Franklin–Shepard, Rus; zur Christianisierung cf. Podskalsky, Kiever Rus. 23. Zur Kaiserkrönung Karls cf. ausführlich Classen, Karl der Große; zuletzt Fried, Leo III.; ähnlich schon vorher Speck, KonstantinVI.; Lilie, Eirene; zur Rolle des Papsttums cf. jetzt Hartmann, Hadrian I.; Scholz, Päpste; zu dem mit der Kaiserkrönung Karls verbundenen sogenannten »Zweikaiserproblem« cf. immer noch Ohnsorge, der seine Bedeutung aber überbetont; cf. dazu und zur byzantinischen Westpolitik zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert den Überblick bei Lilie, Byzanz. Das zweite Rom, Exkurs: Die byzantinische Westpolitik 272–301; speziell zum 10. Jahrhundert und Italien cf. auch Hiestand, Regnum Italicum. 24. Zur Niederlage von Mantzikert cf. Cheynet, Mantzikert; zum 11. Jahrhundert insgesamt cf. Angold, Empire; zu verschiedenen Einzelaspekten Lemerle, Cinq Études. 25. Cecaumeni Strategicon Kap. 96ff., p. 40ff.; zur Rolle der Aristokratie, bes. in der Provinz, cf. Angold, Aristocracy. 26. Zu dem komnenischen Herrschaftssystem und seinen Problemen cf. Lemerle, Cinq Études (negative Einschätzung, bes. gegenüber Alexios I. Komnenos); Lilie, Macht und Ohnmacht (positiv); Cheynet, Pouvoir (zu den Aufständen bzw. Usurpationsversuchen gegen die Kaiser im 11. und 12. Jahrhundert); für die ersten beiden Komnenen fehlt es an neueren Gesamtdarstellungen; daher ist immer noch auf Chalandon, Les Comnène, obwohl in vielen Einzelheiten veraltet, zurückzugreifen; verschiedene Aspekte werden in dem Sammelband Mullet (ed.), Alexius behandelt; zu Manuel cf. grundlegend Magdalino, Manuel I Komnenos; zum Zusammenbruch unter den Kaisern der Dynastie der Angeloi cf. immer noch Brand, Byzantium confronts the West; ansonsten Angold, Empire und Lilie, Macht und Ohnmacht. 27. Zum Verlust Kleinasiens cf. Vryonis, Decline; bes. zu dem Problem der Nomaden cf. dens., Nomadization; eine allgemeine Deutung des Geschehens versucht Lewis, Nomads, der allerdings viel zu sehr vereinfacht. 28. Zu den Beziehungen zwischen den Italienern und Byzanz im 12. Jahrhundert cf. Lilie, Handel und Politik (dort auch die ältere Literatur). 29. Zu den Beziehungen zwischen Byzanz und den Kreuzrittern cf. Lilie, Crusader States; ders., Kreuzzüge; mit einer etwas unterschiedlichen Gewichtung: Harris, Crusades; zu den Kreuzzügen selbst cf. die Einführung von Jaspert, Kreuzzüge, sowie Mayer, Kreuzzüge (bes. die überarbeitete 10. Auflage 2005). 30. Zu dem Sultanat von Ikonion cf. immer noch Cahen, Turquie; Savvides, Turks. 31. Zu Ungarn cf. Makk, Árpáds; zu denVerhältnissen auf dem Balkan allgemein cf. Fine, Late Medieval Balkans; ansonsten cf. Brand, Byzantium; Lilie, Macht und Ohnmacht. 32. Eine Analyse der Situation vor dem Vierten Kreuzzug bietet jetzt Prinzing, Kaisertum, der dem Verlust Konstantinopels auch eine positive Seite abgewinnt; allgemein cf. auch Angold, 1204 sowie die oben zitierten Arbeiten von Lilie und Harris; zu dem Kreuzzug selbst cf. Queller, Fourth Crusade, der zwar die genauesten Einzelheiten bietet, aber mit seiner Tendenz, die Venezianer von der Wendung des Kreuzzugs gegen Byzanz freizusprechen,

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m. E. zu weit geht; aus Anlass des 800. Jahrestags haben natürlich auch mehrere Tagungen stattgefunden, die das Geschehen aufzuarbeiten suchen; cf. Laiou, Urbs capta; Ortalli–Ravegnani–Schreiner (Hrsg.), Quarta Crociata. 33. Für die Zeit der Besetzung Konstantinopels durch die Lateiner (1204–1261) existiert keine umfassende allgemeine Darstellung. Dafür sind die verschiedenen Teilbereiche ausführlich analysiert worden; zu Nikaia cf. cf. Angold, Exile; zu Epiros: Nicol, Despotate of Epiros; zu Trapezunt: Karpov, Trebisonda; zu Serbien und Bulgarien: Prinzing, Bulgarien und Serbien; zu dem Sultanat von Ikonion: Savvides, Turcs; zum Lateinischen Kaiserreich: Carile, L’Impero Latino; zu den Herrschaften der Kreuzfahrer auf den Inseln der Ägäis cf. Lock, Franks; zuVenedig cf. Nicol, Venice; zu Genua: Balard, Romanie Génoise. 34. Zu Michael VIII. cf. Geanakoplos, Michael Palaeologus.; zur sizilianischen Vesper, cf. Franchi,Vespri Siciliani; immer noch lesenswert, wenngleich veraltet, ist Runciman, Vesper; zu den Misserfolgen der kaiserlichen Unionspolitik, die am Widerstand des byzantinischen Klerus, wenn auch nicht unbedingt der Patriarchen, scheiterte, cf. Beck, Orthodoxe Kirche, bes. 193ff.; zu dem Unionskonzil von 1274 und der innerkirchlichen Reaktion in Byzanz cf. Nicol, Reaction. 35. Zu Andronikos II. cf. Laiou, Andronicus II; zur katalanischen Kompanie cf. immer noch Setton, Catalan Domination; Zachariadou, Catalans; zuletzt Marcos Hierro, Almogàvers. 36. Zur byzantinischen Geschichte im 14. und 15. Jahrhundert insgesamt cf. Nicol, Last Centuries; zur Situation zu Beginn des 15. Jahrhunderts cf. Matschke, Ankara; zum Fall Konstantinopels cf. Nicol, End; immer noch lesenswert, wenn auch partiell veraltet, ist Runciman, Fall; cf. auch Pertusi, Caduta.

Kapitel 3. Kirche Allgemeine Literatur: Wesentlich ist vor allem Beck, Orthodoxe Kirche; nützlich sind auch einzelne Bände der Reihe »Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen«, insbesondere die Bände von F.Winkelmann und H.–D. Döpmann. Über Liturgie und Konfessionskunde der orthodoxen Kirche(n) informiert Onasch, Einführung; ders., Lexikon; zur theologischen Literatur cf. Beck, Kirche (Handbuch); zu den Aspekten des religiösen »Alltagslebens« der Byzantiner findet man einiges in dem von D. Krueger herausgegebenen Sammelband »Byzantine Christianity«; mit Schwerpunkt auf der Auseinanderentwicklung der Kirche in Ost und West informiert Chadwick, East and West.

Anmerkungen: 1. Auch wenn solcheVergleiche anachronistisch sind, könnte man die »normalen« mittelalterlichen Verhältnisse wohl noch am ehesten mit dem Zustand vergleichen, in dem sich beispielsweise Afghanistan in den letzten Jahren unter den Taliban befunden hat bzw. befindet.

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2. Das schloss allerdings nicht Differenzen mit Teilen der Kirchenorganisation, etwa dem Papsttum oder – in Byzanz – dem Patriarchen von Konstantinopel aus. 3. Z. B. der Deutsche Orden in Preussen oder die Johanniter auf Rhodos und später Malta. 4. cf. etwa die Definition im Duden, Fremdwörterbuch, 2. verb. und vermehrte Aufl., Bd V, Mannheim 1971, 116; dieser Definition zufolge ist Cäsaropapismus »eine Staatsform, bei der der weltliche Herrscher zugleich auch geistliches Oberhaupt ist.« 5. Cf. zuletzt Girardet, Konzil von Nikaia (mit der relevanten Literatur). 6. Zu Konstantin cf. Leeb, Konstantin und Christus; zuletzt auch Girardet, Wende. Die Frage, ob Konstantin sich als christusgleich ansah oder nicht, verliert allerdings etwas an Relevanz, wenn man bedenkt, dass er wahrscheinlich den Arianern zuneigte, die Christus ja nicht als gottgleich, sondern nur als gottähnlich ansahen; der Ausspruch des Konstantios ist überliefert bei Athanasius, Historia Arianorum 732; cf. dazu Ensslin, Staat und Kirche 199f.; zu dem Grundproblem cf. Beck, Nomos und Kanon. 7. Konst. Porph., De cerim. II 14, p. 565–567. 8. Solches geschah z. B. unter den Kaisern Konstantin VI., Nikephoros II. und Romanos III., wobei man annehmen darf, dass die Kaiser dafür sorgten, dass der betroffene Priester für seine kirchlicheVerurteilung anderweitig entschädigt wurde. 9. Dies schloss natürlich nicht aus, dass es auch immer wieder machtbewusste Patriarchen gegeben hat, die auf ihre Weise Einfls auf die kaiserliche Politik zu nehmen versuchten, aber eben nicht durch eine institutionelle Einbindung. Ein Patriarch wie etwa Nikolaos I. Mystikos im 10. Jahrhundert, der zeitweilig in die Regentschaft für den unmündigen Kaiser Konstantin VII. involviert war, war in Byzanz die absolute Ausnahme und bezeichnenderweise auch nicht erfolgreich. 10. Allgemein hierzu cf. Winkelmann, Östliche Kirchen. 11. Cf. hierzu den kurzen Abriss bei Irmscher, Politica religiosa. 12. Gregorius Nyssenus, in: PG 46, 557A-C. 13. Man denke etwa an die Donatisten in Nordafrika, die sich dort bis zum Einbruch des Islam halten konnten; zu den Donatisten cf. Girardet, Kaisergericht. 14. Hanson, Arian controversy. 15. Zu den Monophysiten cf. Frend, Monophysites; Bacht, Monophysitismus; Moorhead, Response (speziell zu demVerhalten der Monophysiten während der arabischen Eroberung); zu den Monotheleten cf. Winkelmann, Streit, ders., Östliche Kirchen. 16. Zum Ikonoklasmus cf. Schreiner, Bilderstreit; Thümmel, Bilderstreit; verschiedene Aspekte auch bei Bryer–Herrin (eds.), Iconoclasm; zum theoretischen Ansatz cf. Beck, Ikone; zu den Quellen cf. Brubaker–Haldon, Iconoclast era; zumVerlauf jetzt Haldon–Brubaker, History. Grundsätzlich wichtig sind auch die verschiedenen Arbeiten von P. Speck zu Quellen und Geschichte des 7. bis 9. Jahrhunderts, die alle aufzuzählen den hier zur Verfügung stehenden Platz sprengen würde. Jedoch sei zumindest Speck, Konstantin VI. genannt, wo das Fundament für die späteren Bücher und Aufsätze Specks zu dieser Thematik gelegt worden ist.

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17. Nach allgemeiner Auffassung soll Kaiser Leon III. den »Transfer« des Illyricums und vor allem von dessen Einkünften vorgenommen haben, cf. Anastos, Transfer. In jüngster Zeit neigt man allerdings dazu, diese Vorgänge in die fünfziger Jahre des 8. Jahrhunderts zu datieren und Kaiser Konstantin V. dafür verantwortlich zu machen; cf. hierzu demnächst ausführlich Brandes, Papsttum. 18. Allgemein zur Entwicklung der byzantinischen Kirche zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert cf. Döpmann, Ostkirchen; zu den Beziehungen zwischen Nikolaus I. und Byzanz cf. Herbers, Nicolaus und Photios; die neuere Literatur findet sich in den entsprechenden Lemmata der PmbZ: Nicolaus I. (# 5248), Ignatios (# 2666), Photios (# 6253). 19. Zu dem Schisma von 1054 cf. zuletzt Bayer, Spaltung (dort auch die ältere Literatur); zu den Auswirkungen des Schismas cf. die – zum Teil allerdings problematischen – Beiträge in Nikolaou (Hrsg.), Schisma. 20. Zu KonstantinVI. cf. Lilie, Eirene; zu dem Schisma, das durch die vier Ehen Leons VI. ausgelöst wurde, cf. Karlin-Hayter, tétragamie; zu Leon VI. cf. zuletzt Tougher, Leon VI.; zu Johannes Tzimiskes und Patriarch Polyeuktos cf. Lilie, Cäsaropapismus; zu Michael Kerullarios cf. Bayer, Spaltung; zu Manuel cf. Magdalino, Manuel; in Einzelheiten veraltet, aber für einen Überblick immer noch nützlich ist Michel, Kaisermacht. 21. Niketas Choniates 647 (van Dieten; dt. Übers. in Grabler, Kreuzfahrer 231). 22. Zu den kirchlichen Verhältnissen zur Zeit der Kreuzzüge cf. Winkelmann, Kirchen; zu Thomas Morosini cf. ODB III 2077. 23. Allgemein cf. Gill, Byzantium and the Papacy; grundsätzlich cf. auch Setton, Papacy. 24. Zum Hesychasmus cf. u. Ba. Amman, Hesychasmus; Meyendorff, Grégoire Palamas; allgemein cf. dens., Byzantine Theology, New York 1974. 25. Zum Pentarchiegedanken cf. Gahbauer, Pentarchie. 26. Nikaia 325, Konstantinopel 381, Ephesos 431, Chalkedon 451, Konstantinopel 553 und 680/81, Nikaia 787; in eingeschränkter Weise als ökumenisch anerkannt gelten Konstantinopel 869/70 und 879/80 sowie schließlich Ferrara–Florenz 1438/39. 27. Zur Synodos endemousa cf. Hajjar, synode permanente; zu den kirchlichen Ämtern cf. Darrouzès, Recherches. 28. Zum einfachen Klerus cf. Herman, Einkünfte; besonders zu Spätbyzanz cf. Ferjani, Parish Clergy. 29. Bekannt ist der Versuch des Nikephoros II. Phokas, die Schenkungen an Klöster einzuschränken. Jedoch wurde dies schon von seinem Nachfolger zurückgenommen; cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 699. 30. Zu dem Vorgehen des Alexios cf. Regesten (Dölger–Wirth) Nr. 1085. 31. Zum Klosterwesen in Byzanz cf. den Überblick in ODB II 1391–1394. 1395f.; Morris, Monks; allgemein cf. auch Laboa, Mönchtum; speziell zum Athos cf. Bryer–Cunningham (eds.), Mt. Athos and Byzantine monasticism; zuletzt cf. die Einführung von Müller, Athos. 32. Man denke etwa an das Katharinenkloster auf dem Sinai oder an Mar Saba bei Jerusalem. 33. Bryer, Monastery 219f.

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34. Zu den Klöstern in der Umgebung der Hauptstadt cf. Mango-Ševenko, Churches; zum studitischen Klosterverbund cf. Leroy, Studitisches Mönchtum. 35. Zu Kantakuzenos cf. erschöpfend Weiss, Kantakuzenos; zu Theodoros Studites cf. Pratsch, Theodoros. 36. Zum Charistikariat, wie es genannt wurde, cf. ODB I 412f. 37. Iohannis Antiocheni Oratio 1128A-B. 38. Die Daten für die hier vorgelegte Statistik sind noch unvollständig, da bisher nur die erste Abteilung der PmbZ, die die Zeit zwischen 641 und 867 umfasst, mit insgesamt etwa 11 500 Personen und Personengruppen abgeschlossen ist und gedruckt vorliegt. Die zweite Abteilung, die die Jahre zwischen 867 und 1025 behandelt, befindet sich noch in Bearbeitung, so dass die Zahlen sich noch verändern werden. Zum jetzigen Zeitpunkt (Anfang 2007) sind ca. 6 000 Personen erfasst; die Gesamtzahl wird voraussichtlich 7 500–8 000 Personen und Personengruppen umfassen. Diese Abteilung wird voraussichtlich ab 2009/10 erscheinen und soll 2012 vollständig vorliegen. Jedoch sind die Trends schon jetzt so eindeutig, dass im Verhältnis kaum noch größere Änderungen zu erwarten sind. 39. Zur Rolle der Kirche im staatlichen Leben von Byzanz cf. den kurzen Überblick von Beck, Kirche und Klerus; zum Problem der Häresien cf. den Essay dess., Ketzer.

Kapitel 4 Die ökonomischen Verhältnisse Allgemeine Literatur: Grundsätzlich zu den ökonomischen Verhältnissen cf. jetzt Laiou (ed.), Economic History, wo durch eine Vielfalt von Autoren die meisten Bereiche der Wirtschaftsgeschichte abgedeckt werden, auf allerdings unterschiedlichem Niveau; eine kürzere Zusammenfassung von A. Harvey wird demnächst im Oxford Handbook erscheinen; für die wirtschaftliche Entwicklung in der mittelbyzantinischen Zeit ist Harvey, Economic expansion zu berücksichtigen; besonders wichtig für den Handel im Frühen Mittelalter, auch wenn man ihm nicht in allem folgen kann, ist McCormick, Origins.

Anmerkungen: 1. Zu Konstantinopel cf. unten Kap. 10 (Stadt und Land). 2. Zur Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter allgemein cf. die zwar partiell veraltete, in ihrem Überblick aber immer noch wertvolle Untersuchung von Russell, Population. 3. Zum Handel zwischen Byzanz und den italienischen Seestädten existiert eine ganze Reihe von Arbeiten, cf. etwa Lilie, Handel und Politik (v. a. für das 12. Jahrhundert); allgemein Hendy, Monetary Economy; speziell zu den Kapitalverhältnissen inVenedig cf. Fees, Ziani; das in englischsprachigen Arbeiten gern zitierte Buch von G. Day, Genoa ist leider wenig befriedigend; allgemein zu dem Fernhandel im Mittelmeer vor dem 11. Jahrhundert neben Claude, Handel cf. jetzt die umfangreiche Studie von McCormick, Origins,

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der eine Belebung des Fernhandels bereits in der karolingischen Epoche sieht, allerdings im Endeffekt das imVergleich zur Spätantike und zum Hochmittelalter sehr geringeVolumen dieses Handels doch nicht leugnen kann. – Zu dem Urteil des Alexios über die Unvereinbarkeit von Senatorenstand und Handelstätigkeit cf. Regesten (Dölger–Wirth) Nr. 1162a. 4. Ein gutes Beispiel für eine solche unbare Transaktion bietet die Pilgerreise des Grafen von Pfullendorf 1180, der über 100 Goldmark ins Heilige Land mitnahm, von denen er rund 70 in Venedig deponierte und von dem Rest seine Aufwendungen in Palästina bestritt; cf. Favreau, Rudolf von Pfullendorf. 5. Zu Barbarossa cf. Hiestand, Barbarossa; im Jahre 811 verlor der Strategos des Themas Armeniakon den Sold des Themas in Höhe von 1 300 Goldpfund bei einem arabischen Überfall, cf. Theophanes 489. Anscheinend war das der Sold für insgesamt vier Jahre. Die Chronisten liefern eine Reihe von Beispielen für ähnliche Vorfälle. 6. Cf. dazu unten Kap. 8 (Finanzen). 7. Ostrogorsky, Löhne und Preise 296f.; zum Münzwesen cf. Hendy, Monetary Economy; Morrisson, Monnaie et prix; dies., Monnaie et finances; Cheynet–Malamut–Morrisson, Prix et salaires; ein Überblick von E. Georgantelis wird demnächst im Oxford Handbook erscheinen. 8. Zu diesem Export (während des 12. Jahrhunderts) cf. Lilie, Handel und Politik; Zachariadou, Trade (zu Westkleinasien); allgemein s auch Laiou, in: Laiou (ed.), Economic History 35f., p. 681–770. 9. Schilbach, Metrologie 57f.; zum Verhältnis von Saat und Ernte cf. auch Oikonomidès, Terres. 10. Dies ist einer der Gründe, warum Westkleinasien im 14. Jahrhundert auf einmal Getreide exportieren konnte, während vor der seldschukischen Eroberung hiervon keine Rede war. 11. Nikolaos Mystikos, Briefe Nr. 152; zurVersorgung Konstantinopels mit Gemüse cf. Koder, Gemüse. 12. Allgemein cf. Lemerle, Agrarian History; ders., Recherches; cf. auch unten Kap. 10 (Stadt und Land). 13. Cf. Konst. Porph., Tractatus (Haldon): Text C, p. 98–108, Kommentar 190ff.; allgemein zur Landwirtschaft in Byzanz cf. jetzt A. Bryer, in: Laiou (ed.), Economic History 101–114, sowie J. Lefort und A. I. Laiou, ibidem 231–376. 14. Vryonis, Mines; Matschke, in: Laiou (ed.), Economic History 115–120. 15. Gunther von Pairis Kap. 8, p. 129,65–70 (Übersetzung Assmann cf. 55); zur Bedeutung der Fischerei cf. Tinnefeld, Speisefische; zu den Verhältnissen in Konstantinopel anhand der Bestimmungen des Eparchenbuches cf. Maniatis, Fish market; zur Spätzeit cf. Matschke, Fischer. 16. Koder, Eparchenbuch. 17. Konst. Porph., De Cerim. II 45, p. 673,20 – 676,2 (Reiske); II 45, p. 229,166 – 231,202 (Haldon); zu der Aufzählung cf. Haldon, in: TM 13 (2000) 258– 265; zu den städtischen Betrieben cf. auch G. Dagron und K.-P. Matschke, in: Laiou (ed.), Economic History 393–497. 18. Die Litra wog weniger als das heutige Pfund. Ihr Gewicht, das nach Zeit und Raum unterschiedlich war, lag etwa zwischen 300 und 350 Gramm, so dass

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man ein Gesamtgewicht von ungefähr 800 bzw. 400 heutigen Pfund annehmen kann. Eine Meile entspricht 1,479 km. 19. Edictum Diocletiani, 17,1-8 (Landtransport); 35,1-55 (Seetransport); zu der Getreideversorgung Konstantinopels cf. auch Teall, Grain Supply, sowie Koder, Food Supply. 20. Edictum Diocletiani 23, (weiße Seide); 24,1a (Purpurseide); zur Versorgung mit Salz cf. Matschke, Salzmonopol; Hocquet, Salz greift über die byzantinischen Verhältnisse hinaus und konzentriert sich vor allem auf Venedig im Spätmittelalter; zum Handel in den Provinzen cf. auch Oikonomidès, Marchand. 21. Eine Übersicht über die wichtigstenWrackfunde bietet jetzt van Doorninck, Byzantine Shipwrecks, in: Laiou (ed.), Economic History 899–905; die neuesten Funde in Istanbul sind allerdings noch nicht erfasst; zu den Schiffstypen cf. Makris, ibidem 91-100. 22. Zum Seidenhandel cf. immer noch Wada, Serinda; zur Seidenproduktion in Byzanz cf. zuletzt ausführlich Jacoby, Silk; Maniatis, Silk industry; allgemein cf. zum Thema auch die verschiedenen Arbeiten von Muthesius; zuletzt cf. Jacoby, Silk Economics; zum Handel mit dem Fernen Osten immer noch nützlich ist Pigulewskaja, Byzanz auf den Wegen nach Indien. 23. cf. C. Morrisson und J.–P. Sodini, in: Laiou (ed.), Economic History 210– 212 (Abb. 10a-c); in ähnlicher Weise untersucht O. Karageorgou, LR2 die spätantiken Wirtschaftsströme, vor allem auf dem Balkan und in der Ägäis, am Beispiel der Verbreitung bestimmter Amphorentypen. 24. Zu demVerhältnis von Produktion und Nachfrage in Byzanz vom 7. bis zum 9. Jahrhundert cf. Haldon, Production; zum (angeblichen) Sklavenhandel cf. jetzt McCormick, Economy 244ff., 733ff.; zum Handel im westlichen Mittelmeer während des Frühmittelalters allgemein cf. auch Claude, Handel; zu den für 776 belegten griechischen Sklavenhändlern cf. MGH Epp. III, Cod. Car. Nr. 59, p. 585,9-23 (ep. Hadriani). – Zu Sklaven in Byzanz cf. ausführlichVerlinden, Esclavage; in der ersten Abteilung der PmbZ, die für die Zeit zwischen 641 und 867 rund 11500 Personen und Personengruppen umfasst, finden sich gerade 14 Sklavinnen und Sklaven, und selbst in dieser geringen Zahl sind noch einige Zweifelsfälle; cf. hierzu auch das Diagramm in Kap. 5 (Gesellschaft), p. xxx. 25. Die Verlagerung erfolgte 894 und hatte einen Krieg mit den Bulgaren zur Folge, der wahrscheinlich zu einer Rücknahme dieser Entscheidung führte. Der erste Handelsvertrag mit den Varägern wurde 911 abgeschlossen, bezeichnenderweise nicht aufgrund ökonomischer Erwägungen, sondern als Reaktion auf einen varägischen Angriff gegen Konstantinopel; cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 556). 26. Allgemein cf. McCormick, Commerce; zu den jüdischen Kaufleuten im Mittelmeerraum cf. besonders die verschiedenen Aufsätze von E. Ashtor, jetzt zusammengefaßt in Ashtor, Jews. 27. Zu dem Privileg von 992 cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 781. 28. Zu den Privilegien von 1082/84 und 1198 cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr.1081, 1109 und 1647; zu der geographischenVerteilung der in dem Privileg genannten Plätze cf. Lilie, Handel und Politik Kap. II, p. 50–68. 29. Zu der Erweiterung cf. Regesten (Dölger–Wirth) Nr. 1305; zur mutmaßlichen Datierung cf. Lilie, Handel und Politik 374f.

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30. Zu dem Privileg von 1111 cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 1255; zum politischen Umfeld cf. Lilie, Handel und Politik 356–362; ders., Crusader States 87–91; zu den Genuesen cf. Lilie, Handel und Politik 84–102; Day, Genoa ist nur für die innere Situation Genuas im 12. Jahrhundert lohnend. 31. Cf. Hendy, Reappraisal; Lilie, Handel und Politik 285–324. 32. Zu der Verlagerung der ökonomischen Schwerpunkte von Kleinasien in die Balkanprovinzen cf. Lilie, Handel und Politik 216–221. 33. Zu diesem Handel cf. Lilie, Handel und Politik 243–284; speziell zu dem italienischen Handel mit den Kreuzfahrerstaaten cf. Favreau-Lilie, Italiener. 34. Heidemann, Economic growth. 35. Zu Halmyros cf. Lilie, Handel und Politik 187–190; allgemein zu Thessalien in dieser Zeit cf. Abramea,Thessalia; zur Präsenz der griechischen Fernhändler cf. Lilie, Handel und Politik 285–290, mit (einschränkenden) Ergänzungen von Prinzing, Fern-Handelsschiffahrt; allgemein cf. auch Oikonomidès, hommes.

Kapitel 5

Gesellschaft

Allgemeine Literatur: Eine Gesamtdarstellung der byzantinischen Gesellschaft durch die gesamte Zeit hindurch ist immer noch ein Desiderat, was sich aus der Komplexität des Themas erklärt. Einen Überblick über verschiedene Einzelaspekte bietet demnächst das Oxford Handbook, Kap. 5. (Society). Ansonsten sei auf die im folgenden angeführte Literatur verwiesen.

Anmerkungen: 1. Charanis, Composition; Koder, Bevölkerungsdichte 304 Anm. 29. 2. Zur PmbZ cf. oben Kap. 3 (Kirche) Anm. 38. Die zweite Abteilung, die die Zeit von 867–1025 umfasst, wird etwa 7 500–8 000 Personen und Personengruppen berücksichtigen, beide Abteilungen zusammen also ca. 19 000. Für die beiden letzten Jahrhunderte der byzantinischen Geschichte, die in dem »Prosopographischen Lexikon der Palaiologenzeit« (PLP) erfaßt worden sind, ist die Relation etwas günstiger, doch ist die Auswertung schwieriger. 3. Zur Problematik in hagiographischen Darstellungen cf. jetzt grundsätzlich Pratsch, Topos. 4. Cf. hierzuWeiss, Gesellschaftsstruktur, der allerdings die chronologische Entwicklung vernachlässigt und so ein extrem statisches Bild der byzantinischen Gesellschaft heraufbeschwört; cf. auch Kazhdan–Constable, People and Power 117–139; allgemein cf. auch Jenkins, Social Life; sowie unten Kap. 11 (Kultur). 5. Dazu prinzipiell Demandt, Spätantike; detaillierter, aber partiell veraltet ist Tinnefeld, Gesellschaft. 6. Einige solcher Familien, die zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert existiert haben, sind gesammelt und untersucht von Herlong, Kinship; zu Johannes VII. Grammatikos cf. PmbZ (# 3199). 7. Zum Nomos Georgikos cf. unten Kap. 10 (Stadt und Land).

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8. Zu dem Besitz des Philaretos, dessen Leben in erster Linie durch eine nicht vertrauenswürdige hagiographischeVita bekannt ist, cf. Kaplan, Hommes et la terre; zur Vita cf. Ludwig, Sonderformen; Rydèn, Philaretos; zur Familie des Theodoros Studites cf. Pratsch, Theodoros Studites. 9. Cf. hierzu ausführlicher unten Kap. 9, Krieg und Armee. 10. Zur Maßnahme des Nikephoros II. Phokas cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 721. 11. Wie üblich, wissen wir Genaueres nur über die Eliten und, mit Einschränkungen, über die Soldatenbauern, da die entsprechenden kaiserlichen Erlasse bekannt sind. Dem entsprechen auch die Schwerpunkte in der Sekundärliteratur: zum Adel cf. Stavrakas, Provincial Elite; Angold, Aristocracy; Neville, Authority; wichtig auch Kazhdan–Ronchey, L’aristocrazia bizantina; zur Armee cf. Haldon, State, Army and Society; ders., Seventh Century; zu den Verhältnissen auf dem Lande cf. Kaplan, Hommes et la terre; zu den »unteren Schichten« in der mittelbyzantinischen Zeit cf. Patlagean, Pauvreté; cf. auch unten Kap. 10 (Stadt und Land). 12. Zu Konstantinopel cf. ausführlicher unten Kap. 10 (Stadt und Land). 13. Theophylaktos VIII. 10, cf. 304; Theophanes 289. 14. Zu den Demen cf. v. a. die beiden Werke von Cameron, Porphyrius the Charioteer; ders., Circus Factions. 15. Zur spätbyzantinischen Gesellschaft cf. jetzt die Untersuchung von Matschke–Tinnefeld, Spätbyzantinische Gesellschaft; speziell zu denVerhältnissen auf dem Lande cf. auch Laiou-Thomadakis, Peasant society. 16. Prokop, Anekdota 9, 1–34; zu Theodora und Prokop cf. Beck, Theodora; zu Milieu und Umfeld Theodoras lesenswert ist Cesaretti, Theodora, der allerdings in starkem Maße Realität und Fiktion mischt; zu den »Mimen«, die eine Art von Schwänken mit derben sexuellen und anderen Anspielungen aufführten, cf. Tinnefeld, Mimos; die beiden berühmtesten »heiligen Narren« sind Symeon Salos und Andreas Salos, die im 6. bzw. 10. Jahrhundert gelebt haben sollen. Zu ihnen cf. Ludwig, Sonderformen (mit weiterführender Literatur). 17. Die byzantinische Haltung gegenüber Eunuchen untersucht Simon, Lobpreis des Eunuchen; allgemein cf. jetzt Ringrose, Eunuchs. 18. Zu den Paulikianern cf. Lemerle, Pauliciens; Garsoïan, Paulician Heresy; zu den Bogomilen cf. Gress-Wright, Bogomilism; allgemein cf. auch die Übersicht bei Lambert, Medieval Heresy; umstritten ist die Frage, ob es sich wirklich um eine dualistische Häresie gehandelt hat, vergleichbar den späteren Katharern in Frankreich; cf. dazu ODB III 1606; allgemein zu dem Umgang mit Ketzern cf. auch Beck, Ketzer. – Zu den Akriten cf. zuletzt Jeffreys, Akritis and outsiders, in: Smythe (ed.), Strangers 189–202. 19. Zu den Varägern cf. Davidson, Viking Road; Blöndal, Varangians; zu der Moschee in Konstantinopel cf. Khouri Odetallah, mosque. 20. Zum Problem der »Fremden« in Byzanz cf. Lilie, Fremde; Prinzing, Fremde; zum Standpunkt der Fremden cf. Ciggaar, Western Travellers; Majeska, Russian Travellers. 21. Zu den Juden cf. Noethlichs, Juden (bis etwa zum 8. Jahrhundert); für die Spätzeit cf. Bowman, Jews; nützlich ist auch der Sammelband von Sharf, Jews; speziell zu den jüdischen Wohnvierteln in Konstantinopel cf. Jacoby,

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quartiers juifs. – Zu den Athinganoi cf. Soulis, Gypsies; Rochow, Athinganer; problematisch ist Speck, Athinganoi. 22. Über diese und weitere Formen von Außenseitern in Byzanz informiert Smythe (ed.), Strangers.

Kapitel 6

Die Kaiser

Allgemeine Literatur: Wichtig zum Verständnis der spirituellen Stellung des Kaiser ist vor allem Dagron, Empereur et prêtre; zum Kaiserzeremoniell cf. Treitinger, Zeremoniell; allgemeiner Überblick bei Lilie, Kaiser und Reich; im Oxford Handbook angekündigt ist ein Beitrag von J. Featherstone, Emperor and Court.

Anmerkungen: 1. Übrigens nicht nur heutzutage! Nicht von ungefähr gab es zur Zeit Ludwigs XIV. von Frankreich, des »Sonnenkönigs«, eine erste Blüte der byzantinistischen Studien, denn Ludwig sah in Byzanz eines der Vorbilder für seine absolutistische Herrschaftsauffassung; cf. dazu den Essay von E. Kantorowicz, Oriens Augusti. 2. Die folgende Statistik ist natürlich problematisch, weil es eine Reihe von Sonderfällen gibt, die sich nicht ohne weiteres nach den vorgegebenen Kriterien einordnen lassen. Dennoch dürfte sie die Tendenz korrekt widerspiegeln. Da es hier nicht um den einzelnen Monat geht, sind die folgenden Jahre und Altersangaben jeweils auf das volle Jahr auf- bzw. abgerundet worden; zu der Problematik cf. jetzt Lilie, Statistik. 3. Hinzu kommen die fünf Kaiser, die zweimal den Thron besetzten. Hierbei handelt es sich um Zenon, Justinian II., KonstantinV., KonstantinVII. sowie um Johannes V.; zu den Daten cf. unten die Kaiserliste, zu den Einzelheiten cf. Lilie, Statistik. 4. Die Krönung durch den Patriarchen kam erst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts in Gebrauch; wesentlich ist aber, dass nicht einzelne Teile des Zeremoniells allein den Ausschlag gaben, sondern dass das Zeremoniell als Einheit gesehen werden muss; zu dem Krönungszeremoniell cf. die Zusammenfassung bei Lilie, Kaiser und Reich 10–30 (Kap. 2). 5. Zum byzantinischen Staatsverständnis cf. Beck, Res publica Romana. 6. Rhalles–Potles III 44; cf. Lilie, Cäsaropapismus. 7. Tertullian, ad Scapulam 2 (zitiert nach: Ensslin, Gottkaiser 59). 8. Theophanes 375,6-13 (A. M. 6198); 369,20-24 (A. M. 6187); Prokop, Bella I 24,33-38; zu dem Nikaaufstand cf. Greatrex, Nika-Riot. 9. Michaelis Pselli Historia Syntomos 72,89f. 10. Cf. hierzu die Überlegungen bei Lilie, Statistik. 11. Cf. Lilie, Macht und Ohnmacht 41–54. 12. Cf. Herrin, Women in purple; allgemein cf. auch Garland, Byzantine empresses; zu Eudokia cf. Oikonomidès, Serment. 13. Cf. dazu demnächst den Überblick bei Prinzing, Patronage; zur Blutsbrüderschaft cf. Rapp, Brotherhood; zur privaten Gefolgschaft, besonders in der

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mittelbyzantinischen Zeit, cf. Beck, Gefolgschaftswesen; Überblick bei Lilie, Kaiser und Reich 93–105. Zur Kaiserkrönung Karls cf. immer noch am vollständigsten Classen, Karl der Große; zuletzt auch Fried, Leo III.; Überblick bei Lilie, Byzanz. Das zweite Rom 175–186; speziell zur Rolle des Papsttums cf. jetzt auch Hartmann, Hadrian I. (mit lückenhafter Berücksichtung der byzantinistischen Fachliteratur); in einem weiteren Rahmen Scholz, Päpste. Eine umfangreiche Materialsammlung zum Problem bietet Ohnsorge, Zweikaiserproblem; Überblick bei Lilie, Byzanz. Das zweite Rom 187–192; ders. Zweikaiserproblem. Cf. hierzu die entsprechenden Kapitel bei Ducellier (Hrsg.), Byzanz. Cf. dazu Dölger, Familie der Könige; ders., in: BZ 31 (1931) 439–442; Überblick bei Lilie, Kaiser und Reich 131–134. Bayern und Sachsen überraschen in diesem Zusammenhang, wurden aber im 10. Jahrhundert in Byzanz anscheinend zumindest zeitweise als eigene Königreiche (regna) angesehen. Ebenso ist die Platzierung des Fürsten von Indien nicht einsichtig. Dass der westliche Kaiser nicht genannt wird, erklärt sich aus der Entstehungszeit der Adressenliste, in der es keinen Westkaiser gab; zu der Liste cf. Dölger, Familie der Könige. Liudprandi legatio cap. 19. Mit dem Schwerpunkt auf dem Lateinischen Europa und auf dem Papsttum wird diese »Geschenkpolitik« behandelt von Schreiner, Geschenke, und von Bauer, Herrschergaben.

Kapitel 7 Verwaltung Allgemeine Literatur: Eine Gesamtdarstellung der byzantinischen Verwaltung über den gesamten Zeitraum hinweg fehlt; im Oxford-Handbook angekündigt sind zwei Beiträge von J.–Cl. Cheynet, Bureaucracy and aristocracies; sowie J. Haldon, Structures and Administration. – Zur frühbyzantinischen Zeit cf. Karayannopulos, Finanzwesen; allgemein für diesen Zeitraum cf. auch die entsprechenden Kapitel bei Demandt, Spätantike; zur Übergangszeit des 7. bis 9. Jahrhunderts cf. Brandes, Finanzverwaltung; zu Mittelbyzanz: Dölger, Beiträge; zum 12. Jahrhundert: Hohlweg, Beiträge; zur Spätzeit cf. Guilland, Dignitaires; allgemein cf. auch Dölger, Zentralverwaltung; ein mehr grundsätzlicher Überblick über die Prinzipien, die der byzantinischen Bürokratie zugrundelagen, findet sich bei Beck, Theorie und Praxis.

Anmerkungen: 1. Zu Friedrich II. cf. besonders die Arbeiten von Stürner, Friedrich, sowie Abulafia, Frederick. 2. Allgemein zum Beamtentum in Frühbyzanz cf. Noethlichs, Beamtentum; zur Novelle Konstantins IX. cf. Regesten (Dölger–Wirth) Nr. 863; hier zitiert nach der Übersetzung von Weiß, Beamte 30f.; zu LeonVI. cf. Theoph. cont. V 31, p. 259,12-18; Regesten (Dölger–Müller) Nr. 556a; zu der Be-

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stimmung Basileios’ I. cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 472; cf. auch Koder Eparchenbuch 55. 3. Niketas Choniates 205 (van Dieten); Übersetzung nach Grabler, Krone 254f.; zur Ausbildung von Richtern und anderen Beamten cf. die Bemerkungen bei Weiß, Beamte; zur Familie des Theodoros Studites cf. Pratsch, Theodoros Studites 45–67. 4. Allgemein hierzu cf. Kolias, Ämterkauf; cf. auch im folgenden Kapitel. 5. Niketas Choniates 328 (van Dieten). 6. Cf. dazu grundlegend, wenn auch aufgrund des komplizierten Sachverhaltes und der unbefriedigenden Quellensituation nicht immer leicht nachzuvollziehen, Brandes, Finanzverwaltung. 7. Zu den Ämtern cf. die entsprechenden Artikel im ODB; eine gewisse Systematik findet sich in den Ranglisten der mittelbyzantinischen Zeit, cf. Oikonomides, Listes. 8. Cecaumeni Strategicon Kap. 52. 9. Zum Mesazon cf. Beck, Ministerpräsident. 10. Theoph. cont.VI 10, p. 443,13 – 444,16; zu dem Gesetz cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 656.

Kapitel 8

Finanzen

Allgemeine Literatur: Eine umfassende Gesamtdarstellung gibt es nicht. Ein kurzer Überblick findet sich bei Schreiner, Steuerhölle; im Oxford Handbook ist ein Beitrag von W. Brandes, Revenues and expenditure angekündigt. Zur frühbyzantinischen Zeit cf. Karayannopulos, Finanzwesen; zur mittelbyzantinischen Epoche cf. Dölger, Finanzverwaltung, der jetzt aber überholt ist durch Brandes, Finanzverwaltung; in weiterem Rahmen cf. auch Hendy, Monetary Economy.

Anmerkungen: 1. Zur Annona cf. Cerati, Caractère annonaire; Pavis d’Escurac, La préfecture de l’annone. 2. Allgemein hierzu cf. Brandes, Finanzverwaltung; zu den Münzen cf. zuletzt ausführlich Hendy, Monetary Economy. 3. Zu den »Soldatenbauern« cf. unten Kap. 9 (Kriegswesen und Armee). 4. Zum Aerikon cf. zuletzt Schminck, Einzelgesetzgebung 317f. 5. Gunther von Pairis Kap. 8, p. 129,65–70 (Übersetzung Assmann cf. 55). 6. Benjamin von Tudela (Adler) 13; als Alternative wird von einigen Forschern eine Summe von 20 000 Nomismata pro Jahr angenommen, cf. Hendy, Monetary Economy 173f.; cf. auch im Folgenden. 7. Zu diesen Privilegien cf. Regesten (Dölger–Wirth) Nr. 1081 und 1304 (Venedig), 1255 (Pisa), 1488. 1497 (Genua); allgemein zu dem italienischen Handel in Byzanz vor dem Vierten Kreuzzug cf. Lilie, Handel und Politik; cf. auch oben Kap. 4 (Die ökonomischen Verhältnisse); zum Etat cf. im folgenden. 8. Konst. Porph., DAI 50,225-256.

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9. Konst. Porph., De Cerim. II 52, p. 708–712; zu der Institution cf. Kolias, Ämterkauf; cf. auch oben Kap. 7 (Verwaltung). 10. Zum Seidenhandel und zu den Gestüten cf. oben Kap. 4 (Die ökonomischen Verhältnisse); zu den Feldzugsabrechnungen cf. Haldon, Theory. 11. Zur Maßnahme Nikephoros’ I. cf. Theophanes 487,17-19 (a.m. 6302). 12. Zu den Zahlen cf. Treadgold, State Finances 111–114; die Schematisierung um jeden Preis ist das Hauptproblem dieser Untersuchung, deren Ergebnisse in der Forschung daher auch allgemein keine Zustimmung gefunden haben; cf. dazu auch Lilie, Staatsfinanzen; Treadgold hält an seinen Zahlen weiterhin fest und wiederholt sie auch in seiner Gesamtdarstellung: Treadgold, History 412. 439ff. u. ö.; zu dieser cf. die kritischen Bemerkungen von W. Brandes, in: BZ 95 (2002) 716–725; zu den Ranglisten und den mit ihrer Auswertung verbundenen Problemen cf. Oikonomides, Listes. 13. Allgemein zu diesen und weiteren Bestimmungen cf. Brandes, Finanzverwaltung 489–498. 14. Theoph. cont. 474–481. 15. Zu den Feldzugskosten allgemein cf. Haldon, Theory 258–265 u. ö.; Treadgold, State Finances 35 nimmt als durchschnittliche Kosten eines Feldzugs 250 000 Nomismata an, vertraut m. E. aber zu sehr den »runden Zahlen« der arabischen Chronisten; zu dem Verhältnis von Söldnern und »normalen« Themensoldaten cf. auch Lilie, Reaktion 315–321. 16. Cf. Lilie, Reaktion 317f.; zu den Problemen, die mit der Auswertung der arabischen Quellen verbunden sind, cf. auch Winkelmann, Probleme. 17. Regesten (Dölger–Wirth) Nr. 1243. 18. Zu den maritimen Verhältnissen im Mittelalter allgemein cf. Unger, Ship; zum Schiff im späten Byzanz cf. Makris, Schiffahrt; zur byzantinischen Kriegsmarine cf. zuletzt Pryor, Dromon; nützlich ist immer noch Eickhoff, Seekrieg; insbesondere zu den administrativen Entwicklungen in der byzantinischen Marine cf. Ahrweiler, Mer. 19. Bury, History 219; Stein, Studien 142; Andréadès, Staatsfinanzen 118f; Hendy, Monetary Economy 171; Treadgold, State Finances 61ff. 20. Zu Konstantinopel cf. Benjamin von Tudela 13; zu Zypern: Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 144; zu Korfu: Roger von Hoveden 165; cf. dazu Lilie, Handel und Politik 310f. 21. Zu Anastasios I. cf. Prokop, Anekdota 19,7; zu Basileios II. cf. Michele Psello, Imperatori I 31; zuTheodora cf.Theoph. cont. 172; cf. auch Brandes, Finanzverwaltung 72.

Kapitel 9 Kriegswesen und Armee Allgemeine Literatur: Hier sind besonders die verschiedenen Arbeiten von J. Haldon zu nennen, insbesondere Haldon, Warfare; ders., Praetorians; ders., State, Army and Society; im Oxford Handbook angekündigt ist als Überblick angekündigt: Haldon, Army; cf. auch Treadgold, Army, der allerdings zu sehr den von den Quellen gegebenen Zahlen vertraut. Eine Aufzählung verschiedener größerer Feldzüge und Schlachten findet sich bei Haldon, Wars.

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Anmerkungen: 1. Die folgenden Zahlen fußen auf den – wesentlich genaueren – Berechnungen von Haldon, Warfare 281–292; ders., Introduction 4-8 (dort auch die weitere Literatur). Hier sind die Zahlen um der Klarheit des Beispiels willen, soweit vertretbar, etwas vereinfacht worden; ebenso beruht die Karte auf p. 185 auf den Karten Nr. 4–6 bei Haldon, Introduction 19, 23f. 2. Es sei denn, es ist den ganzen Tag auf der Weide, was auf einem Kriegszug natürlich nicht möglich ist und außerdem andere Probleme aufwirft; cf. hierzu auch Haldon, Roads 145 u. ö. 3. Bei westlichen Ritterheeren führte jeder Ritter im allgemeinen mindestens ein bis zwei Ersatzpferde mit sich. Die hier angenommene Zahl ist also wahrscheinlich niedriger, als sie es in der Realität war. 4. Cheynet, Mantzikert 426. 5. Alle hier angestellten Berechnungen fußen auf den zitierten Arbeiten von Haldon, sind jedoch aus Platzgründen etwas verkürzt und vereinfacht. 6. Constantini Porphyrogeniti tres tractatus de expeditionibus, Text A, p. 80f. (Haldon). 7. Constantini Porphyrogeniti tres tractatus de expeditionibus, Text C, cf. 94– 151 (Haldon). 8. Die Aufwendungen für die Expedition des Himerios finden sich bei Konst. Porph., De Cerim. II 44, p. 651,14 – 660,12 (Reiske); für die Expedition des Konstantinos Gongylios cf. Haldon, Theory, bes. p. 215ff.; zu den Gesamtausgaben cf. auch oben Kap. 8. (Finanzen). Die wiederholte Erwähnung gerade dieser beiden Expeditione wird durch den Mangel an relevanten Quellen verursacht. Die beiden Flottenexpeditionen sind die einzigen, für die wir über einigermaßen genaue Abrechnungen verfügen. 9. Cf. Lilie, Reaktion, bes. Kap. 3. 10. Allgemein cf. hierzu Lilie, Araber und Themen; Haldon, Military Service; zur Rolle des Opsikion und der Tagmata cf. auch dens.; Praetorians. 11. ZurThemenreform cf. Lilie, Zweihundertjährige Reform; ders., Araber und Themen; Haldon, Military Service; einen Überblick über die alte Literatur zu dem Thema findet sich bei Karayannopulos, Themenordnung; die punktuelle Einführung wird vertreten von Treadgold, History 316–318, dem ich jedoch nach wie vor nicht folgen kann; cf. auchW. Brandes, in: BZ 95 (2002) 716–725. (Rezension zu Treadgold, History). Eine frühe Einführung zur Zeit des Herakleios wird angenommen von Shahîd, Heraclius I und II; jedoch ist auch das nicht überzeugend, cf. Haldon, Continuities; Lilie, Araber und Themen; zu den Soldatenbauern cf. auch Haldon, Recruitment. 12. Die Ansicht von einer punktuellen Einführung der Themen wird derzeit, soweit ich sehe, nur von Treadgold und Shahîd vertreten; cf. die vorangehende Anm. Eine Diskussion mit Treadgold ist leider kaum möglich, da dieser Gegenargumente als persönliche Beleidigungen auffasst und weitgehend ignoriert oder in unsachlicher Form auf sie antwortet. 13. Zur Bestimmung des Nikephoros cf. Regesten (Dölger–Müller) Nr. 721; zu den Varägern cf. Davidson, Viking Road; Blöndal, Varangians; zur byzantinischen Armee des 10. Jahrhunderts cf. auch Kühn, Armee. 14. Das Standardwerk zur »Feudalisierung« in Byzanz ist, auch wenn es in Einzelheiten überholt ist, immer noch Ostrogorsky, Féodalité; zur Pronoia cf.

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den Überblick von Kazhdan, Pronoia; zu Aufbau und Struktur der Armee unter den Komnenen cf. Birkenmeier, Komnenian Army. Niketas Choniates 208f. (van Dieten); zu der Vergabe von Lehen durch Manuel Komnenos cf. Lilie, Macht und Ohnmacht 67f. mit den entsprechenden Quellennachrichten. Die Zahlen hier nach Ibn Khordabeh 97f.; cf. Lilie, Reaktion 316–320; cf. auch im folgenden. Zum 7. und 8. Jahrhundert cf. Antoniadis-Bibicou, Caravisiens; zum 8. bis 10. Jahrhundert cf. Eickhoff, Seekrieg; zum 12. Jahrhundert cf. Lilie, Handel und Politik 613–643; zur Anwerbung italienischer Schiffe mitsamt Besatzung ibidem 635–639; zu Struktur und Organisation cf. Ahrweiler, Byzanz et la Mer. Zu den Varägern cf. neben den schon mehrfach genannten Arbeiten von Davidson und Blöndal auch Ciggaar, Byzance et Angleterre. Zu den verschiedenen Schlachten cf. Haldon, wars. – Zum Problem des »Heiligen Krieges« cf. Kolia-Dermitzaki, hieros polemos; Dennis, Defenders; Kolbaba, Fighting for Christianity; cf. auch Miller–Nesbitt, Peace and War in Byzantium. Zu den Truppenstärken cf. grundsätzlich Haldon, Warfare 99–106; Treadgold, Army 43–86, der die von den Quellen angegebenen Zahlen aber m. E. zu unkritisch übernimmt und zu wenig die Unterschiede zwischen Soll- und Iststärke berücksichtigt; zur Stärke der Mantzikertarmee cf. Cheynet, Mantzikert 426; Haldon, Introduction 13. Zur katalanischen Kompanie cf. immer noch Setton, Catalan Domination; Zachariadou, Catalans; zuletzt Marcos Hierro, Almogàvers Die Quellen zur Eroberung sind gesammelt bei Pertusi, Caduta; eine anschauliche Darstellung bietet Runciman, Fall.

Kapitel 10

Stadt und Land

Allgemeine Literatur: Einen guten Überblick geben jetzt die entsprechenden Kapitel in Laiou (ed.), Economic history, bes. die Kapitel 14 und 15 (Agrarbedingungen) sowie 17–19 (Städte) und 20 (Konstantinopel). In den Kapiteln 26–34 werden verschiedene Städte als Fallstudien behandelt; im Oxford Handbook sind zwei Kapitel von H. Saradi (Towns and Cities) und A. Harvey (Villages) angekündigt; ansonsten cf. im folgenden die Literaturangaben zu den jeweiligen Unterabschnitten.

Anmerkungen: 1. Kurtz, Zwei Texte über die hl. Theophano, Kap. 4, p. 27f.; Michael Choniates I 124; II 26ff.; die Beispiele ließen sich problemlos vermehren. 2. Zu Nikaia cf. Foss, Nicaea. 3. Zur Entwicklung der Städte in der Spätantike allgemein cf. Liebschuetz, City; Hohlfelder, City; zuletzt Krause–Witschel (Hrsg.), Stadt; zu den Bedingungen im 6. Jahrhundert cf. Claude, Stadt.

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4. Zur Stellung des Bischofs in der Spätantike cf. jetzt Rapp, Holy Bishops. 5. Allgemein cf. Brandes, Städte; ein Überblick bei Brandes–Haldon, Towns; cf. auch die verschiedenen Aufsätze von C. Foss, die in den beiden Sammelbänden Foss, History und Foss, Cities zusammengefasst sind; wichtig ist immer noch Každan, Derevnija; allgemein cf. auch Kirsten, Stadt. 6. Cf. zuletzt Ivison, Urban renewal. 7. Zu Mistras cf. Löhneysen, Mistra; Runciman, Mistra; zu Trapezunt cf. Karpov, Impero; eine neuere Monographie zu dem spätbyzantinischen Thessalonike ist ein Desiderat; einige Aspekte bietet Nicol, Thessalonica. 8. Odo von Deuil V, cf. 54: Constantinopolis, Grecorum gloria, fama dives, rebus dicior. 9. Literatur zu Konstantinopel: Beck, Studien; ders., Sozialgeschichte; ders., Senat und Volk; Dagron, Constantinople imaginaire, Mango–Dagron (eds.); Constantinople and its Hinterland; Mango, Constantinople; Magdalino, Constantinople; zuletzt Necipo&lu, Byzantine Constantinople (Sammelband); einen kurzen Überblick bietet jetzt Schreiner, Konstantinopel; cf. auch oben Kap. 5 (Gesellschaft). 10. Zu den Motiven für die Gründung einer neuen Hauptstadt, die nicht nur aus rein realpolitischen Erwägungen gewählt wurde, cf. zuletzt Olbrich, Constantiniana Daphne. 11. Zur Wasserversorgung Konstantinopels cf. Mango, Water supply. 12. Zur Bevölkerungszahl cf. Jacoby, population; Mango, Constantinople 54; Koder, Bevölkerungsdichte; zur Getreideversorgung cf. Teall, Grain supply; cf. auch oben Kap. 4 (Die ökonomischen Verhältnisse). 13. Zu den Quartieren und dem Handel der Italiener in Konstantinopel cf. Lilie, Handel und Politik 222–242; speziell zu den Quartieren cf. Schreiner, Niederlassungen; Jacoby, Venetian Quarter; eine größere Untersuchung zu dem Thema ist von Schreiner seit längerem angekündigt; zu den Befestigungsanlagen cf. Landmauer (Meyer-Plath–Schneider); Schneider, Mauern; zuletzt Asutay-Effenberger, Landmauer. 14. Cigaar, Western Travellers; Majeska, Russian Travellers; Van der Vin, Travellers; eine Art Stadtführer stellen die Patria Konstantinupoleos dar, die anhand verschiedener Routen über bedeutende Sehenswürdigkeiten informieren und ihre Darstellung auch häufig legendenhaft ausschmücken; zu ihnen cf. Berger, Patria; Dagron, Constantinople imaginaire. 15. Zu Sigurd cf. Davidson, Viking Road 259–263; allgemein Lilie, Kreuzzüge 68f. 16. Zu den Staatsempfängen cf. Kresten, Staatsempfänge; dort auch weitere Literaturhinweise; ein besonders ausführlicher, wenngleich äußerst parteiischer Bericht findet sich bei Liudprand, Legatio, passim; zu dem Empfang einer byzantinischen Gesandtschaft in Bagdad während des 10. Jahrhunderts cf. Stern, Embassy. 17. cf. Koder, Eparchenbuch; ein Kommentar zu der Edition ist von Koder seit längerem angekündigt; zu einigen Passagen cf. jetzt auch Kaplan, Artisans. 18. Zur ideellen Bedeutung Konstantinopels cf. u. Ba. Dagron, Constantinople imaginaire; Fenster, Laudes. 19. Cf. dazu PmbZ I: Ualentinos 642 (# 8545). 20. Zu Gainas cf. Wolfram, Goten 156f.; zum Nikaaufstand cf. zuletzt Meier, Justinian und der Nika-Aufstand. Meier vertritt die, m. E. außerordentlich

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unwahrscheinliche Auffassung, dass Justinian den Aufstand selbst provoziert habe, um auf diese Weise seine Herrschaft zu stabilisieren und potentielle Konkurrenten auszuschalten. Wenn ja, dann war das allerdings eine geradezu selbstmörderische Handlungsweise, bei der das Mittel fast zum Untergang des Kaisers geführt hätte; zu den Aufständen des 7./8. Jahrhunderts cf. Kaegi, Unrest. 21. Zu diesem Bürgerkrieg cf. Leon Diakonos III 7, p. 46,7-18; cf. Vannier, Argyroi Nr. 7, p. 30–32; Markopoulos, Joseph Bringas. 22. Lilie, Handel und Politik 541f. 574. 585–591. 23. Lilie, Byzanz. Das zweite Rom 260. 24. Zur PmbZ cf. oben Kap. 5 (Gesellschaft), Diagramm p. 112; allgemein zu den Verhältnissen auf dem Land cf. immer noch Ostrogorsky, Commune rurale; Lemerle, Agrarian History; ders., Recherches; am ausführlichsten sind Kaplan, Hommes et la terre, und Lefort, Société rurale; besonders zum 10./ 11. Jahrhundert cf. Každan, Derevnija i gorod; für die Spätzeit cf. LaiouTomadakis, Peasant Society. 25. Zur denVerhältnissen in der Spätantike cf. den Überblick bei Demand, Spätantike; mit allgemeinem Anspruch, aber doch sehr konzentriert auf Ägypten, behandelt Banaji, Agrarian Change die Verhältnisse in den Provinzen; zur Übergangszeit des 7. Jahrhunderts cf. Haldon, Seventh Century. 26. Zu den Studiten und zu Philaretos cf. oben Kap. 5 (Gesellschaft) 295 Anm. 8; zu den Implikationen der Heirat mit KonstantinVI. cf. Lilie, Eirene 237– 240. 263–267. 27. Der Nomos Georgikos ist jetzt in der Edition von I. P. Medvedev zu benutzen; die frühere Edition von Ashburner (mit englischer Übersetzung) ist veraltet; zu dieser Edition und dem Kommentar von E. E. Lipšic cf. die Rezension von L. Burgmann, in: Rechtshistorisches Journal 3 (1984) 19–23; zur Datierung cf. Schminck, Probleme. 28. Zur Pronoia und zum Charistikariat cf. oben Kap. 9 (Kriegswesen und Armee) sowie Kap. 5 (Gesellschaft); zur Feudalisierung cf. Lilie, Macht und Ohnmacht, Cheynet, Pouvoir; Angold, Aristocracy sowie zuletzt Neville, Authority. 29. Dies gilt z. B. für die ansonsten verdienstvolle Arbeit von Lefort,Villages, der eine relativ kleinräumige Region in Makedonien während der spätbyzantinischen Zeit untersucht.

Kapitel 11

Bildung und Kultur

Allgemeine Literatur: Zur byzantinischen Kulturgeschichte sind wenig jüngere Allgemeindarstellungen erschienen. Die vorhandenen sind natürlich partiell veraltet, geben aber immer noch einen guten Zugang zu dem Gebiet: Winkelmann– Fuchs-Gomolka, Frühbyzantinische Kultur; Haussig, Kulturgeschichte; Hunger, Reich der neuen Mitte; Wessel, Kultur; Kazhdan, Kultur; Kazhdan–Constable, People and Power; einen mehr geistesgeschichtlichen Zugang bietet Beck, Jahrtausend.

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Anmerkungen: 1. Zur »hochsprachlichen Literatur« und zur »Volksliteratur« cf. Hunger, Literatur sowie Beck, Volksliteratur; den besten Überblick zum Digenis Akritas bietet immer noch Beck, Volksliteratur 63–97; einen Überblick über die neuere Forschung bietet der von R. Beaton und D. Ricks herausgegebene Sammelband Digenes Akrites. 2. Cf. dazu Schreiner, Stadt–Dorf; ders., Drei Kulturen. 3. Die wohl letzte große Gesamtdarstellung zur byzantinischen Kunst ist Cutler–Spieser, Byzanz; ansonsten existieren vor allem ältere Arbeiten: cf. z. B. Talbot Rice, Kunst; Volbach–Lafontaine-Dosogne, Byzanz; wichtig, aber noch nicht vollständig: Reallexikon zur byzantinischen Kunst (RbK); vor allem wegen der hervorragenden Abbildungen und der dazugehörenden Kommentare nützlich ist der Ausstellungskatalog Glory of Byzantium; eine Einführung in das Thema jetzt bei Deckers, Kunst. 4. Zur Stellung der Christen gegenüber dem Imperium cf. zuletzt Haehling (Hrsg.), Rom und das himmlische Jerusalem; allgemein cf. auch Schneider, Geistesgeschichte; zu Julian Apostata cf. Brinkmann, Julian; zuletzt Rosen, Julian; kurzer informativer Überblick bei Winkelmann, Christentum. 5. Zur Schließung der Athener Akademie cf. Blumenthal, 529. 6. Zur Schulbildung in der Spätantike cf. Schlange–Schöningen, Bildungswesen; eine Gesamtdarstellung des Bildungswesens in Byzanz fehlt; einen Kurzüberblick über das Schulwesen gibt R. Browning in zwei Lexikonartikeln im ODB III 1853 und im LMA VII (1995) 1586–1588. 7. Zu den antiken Grundlagen des Unterrichts cf. Marrou, Education; zu den byzantinischen Schulgründungen cf. Lemerle, Premier humanism; Speck, Universität; in späterer Zeit: Constantinides, Higher education; zur Rechtsschule Konstantins IX. cf. Weiss, Beamte 65–76; Wolska-Connus, L’école de droit. 8. Zur Entwicklung der griechischen Sprache cf. Browning, Greek; cf. auch Eideneier, Aspekte; ders., Diglossie; Niehoff–Panagiotides, Koine; zur literarischen Verbreitung volkssprachlicher Werke in Byzanz cf. auch Beck, Leserkreis. 9. Zum Literaturwesen in Byzanz cf. immer noch Hunger, Buchwesen; Überblick auch in verschiedenen Beiträgen des Sammelbands »Byzantine books and bookmen (cf. z. B. Mango, Availability; Wilson, Books); cf. auch Wilson, Libraries. 10. Konst. Porph., De cerim. (Reiske) I 78, 373–375 (Übers. Dieterich, Hofleben 79f.). 11. cf. z. B. Theoph. cont. IV 38, p. 201,11-17; dazu cf. PmbZ (# 8222: Theophilos Gryllos); zum Mimos cf. Tinnefeld, Mimos; allgemein zu der Volkskultur cf. auch Schreiner, Stadt–Dorf, mit Beispielen, vor allem aus der Widerspiegelung solcher Bräuche in der historiographischen Literatur. 12. Zu Thessalonike cf. die Satire »Timarion«; zu Ephesos cf. Theophanes 469,30 – 470,1; allgemein zur Alltagskultur und den damit zusammenhängenden Problemen cf. Patlagean, Pauvreté; speziell zur Komnenenzeit: Walter, Vie quotidienne, sowie die oben in Kap. 5 (Gesellschaft) angeführten Arbeiten; Untersuchungen über ›regionale‹ Kultur in Byzanz gibt es kaum, was zweifellos an dem Mangel an verwertbaren Quellen liegt. Einen leider

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nicht geglückten Versuch unternahm Scholz, Graecia Sacra, für Griechenland. 13. Konst. Porph., De cerim. (Reiske) I 83, 381–384 (Übers. Dieterich, Hofleben 63–65). 14. Niketas Choniates 108f. (van Dieten); allgemein zu diversen Beispielen aus dem Bereich der »Alltagsgeschichte« cf. auch die monumentale Sammlung von Kukules, Bios. 15. Allgemein zum Fortwirken der Antike in Byzanz cf. den Sammelband »Byzantium and the Classical Tradition«; auf die Gleichheit der Mikrostrukturen verweist zu Recht Weiss, Gesellschaftsstruktur, der allerdings in den Schlussfolgerungen zu weit geht, wenn er praktisch jede Änderung in der byzantinischen Gesellschaft in Abrede stellt; cf. die Kritik von Speck, Altgriechen; einer anderen Meinung sind auch Kazhdan–Cutler, Continuity; cf. auch Kazhdan–Constable, People and Power 117–139. 16. De administrando Imperio, Kap. 13, p. 66. 68 (Übers. von Belke–Soustal 90f.) 17. Liudprandi legatio, cap. 10, p. 180f. (Übers. von Bauer–Rau). 18. Zu den »Renaissancen« in Byzanz cf. den Sammelband von Treadgold, Renaissances; einen kurzen Überblick mit grundsätzlichen Überlegungen zur Thematik sowie weiteren Literaturangaben bietet auch Schreiner, Ewige Antike.

Kapitel 12

Die Quellen

Allgemeine Literatur: Zu nennen ist hier vor allem Hunger, Literatur. Ansonsten cf. im folgenden die Angaben zu den verschiedenen Gattungen. Aus Platzgründen ist eine vollständige Behandlung nicht möglich. Es können nur die allgemeinen Tendenzen und die wichtigsten Autoren, Werke und Sammlungen behandelt werden. Nichtbyzantinische Quellen mussten ganz entfallen, obwohl auch sie in Einzelfällen durchaus wichtige Informationen liefern können; eine ausführliche Auflistung der diversen byzantinischen und nichtbyzantinischen Quellen zur Geschichte von Byzanz findet sich bei Karayannopoulos–Weiß, Quellenkunde.

Anmerkungen: 1. Michele Psello, Imperatori II. 7–8; zu der Charakterisierung Konstantins VIII. bei Psellos cf. Lilie, Fiktive Realität. 2. Niketas Choniates (van Dieten) 114,14 – 115,46; zitiert nach der Übersetzung von Grabler, Krone 150f. 3. Niketas Choniates 632,22 – 633,51; cf. Kazhdan, Looking Back; ein ähnliches Beispiel bietet die Schilderung der Pest von 541 bei Prokop, Bella II 22–23, die sich an der Darstellung des Thukydides (II 48) über die Pest in Athen zur Zeit des peloponnesischen Krieges orientiert; grundsätzlich zu dieser Technik cf. auch R. Dostálová, in: Winkelmann–Brandes, Quellen 173.

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4. Zu dieser Charakterisierung der byzantinischen Geschichtsschreiber cf. auch Hoffmann, Geschichtsschreibung oder Rhetorik? Hoffmann konzentriert sich zwar auf Leon Diakonos, bietet aber auch einen Überblick über die ältere Literatur zum Thema. Eine eigene Untersuchung des Verfassers hierzu ist in Vorbereitung und wird voraussichtlich 2009 in der Zeitschrift Millenium erscheinen. 5. Hierzu sei wenigstens als grundlegendes Hilfsmittel Grumel, Chronologie erwähnt, der mit ausführlichen Tabellen das Nachschlagen und Vergleichen der diversen in den byzantinischen Quellen verwendeten Zeitangaben erleichtert; für das Lateinische Europa wäre auch Grotefend, Zeitrechnung zu nennen. 6. Insbesondere Winkelmann–Brandes, Quellen; ansonsten wird man auch in den »alten« Einführungen von Moravcsik und Mazal einiges finden. Gerade in diesem Bereich hat sich nicht soviel Grundlegendes verändert, dass alles noch einmal neu zusammengefasst werden müsste. 6. Als Einführungen in die Mittelalterliche Geschichte wären beispielsweise zu nennen: Quirin, Einführung; Boockmann, Einführung; Hartmann, Mittelalterliche Geschichte; in die Hilfswissenschaften: Brandt, Werkzeug; in die Alte Geschichte: Clauss, Einführung; Günther, Alte Geschichte. 8. Im folgenden werden aus Platzgründen nur die wichtigsten Autoren für die einzelnen Zeitabschnitte genannt. Selbst dabei muss auf eine ausführliche Dokumentation verzichtet werden. Den vollständigsten Überblick gibt Hunger Literatur I 243–504, der die verschiedenen Autoren in chronologischer Reihenfolge abhandelt; speziell zur Zeit bis zum 9. Jahrhundert cf. die Beiträge von R. Dostálová, B. Zástrová, I. Rochow und F. Winkelmann, in: Winkelmann–Brandes, Quellen; den neuesten, nach Epochen gegliederten Überblick gibt Rosenqvist, Literatur; eine eher grundsätzliche Diskussion über die Art und Weise der Geschichtsschreibung in Byzanz findet sich bei Ljubarskij, New Trends; ders., Quellenforschung; für die Kurzinformation zu den im folgenden aufgeführten Autoren cf. neben den genannten Werken (insbesondere Hunger) auch das Tusculum–Lexikon. 9. Cf. den Überblick über die Kirchengeschichtsschreibung von Winkelmann, in: Winkelmann–Brandes, Quellen 202–212. 10. Kazhdan, Some questions; cf. dazu zuletzt Frendo, miracles; zur Geschichtsschreibung des 10. Jahrhunderts cf. auch Ljubarskij, Quellenforschung. 11. Allgemein wird angenommen, dass Niketas Kinnamos direkt ausgeschrieben hat. Jedoch sprechen die unterschiedlichen Tendenzen und Schwerpunkte in beiden Werken eher für die Benutzung einer gemeinsamen Vorlage. 12. Autoren, die nur in Editionen aus dem 19. Jahrhundert ediert worden sind, sind z. B. Theophanes continuatus, Leon Diakonos, Johannes Zonaras, Johannes Kinnamos und Nikephoros Gregoras. ZumTeil mit Übersetzungen verbundene Kommentare gibt es u. Ba. für Nikephoros, Theophanes, Theophanes continuatus (für die ersten vier Bücher), Leon Diakonos und Johannes Kantakuzenos. 13. Vita Euthymii; cf. dazu den Kommentar der Herausgeberin P. Karlin-Hayter, die allerdings die Korrektheit der Nachrichten der Vita viel zu hoch einschätzt. 14. Zu Philaretos cf. PmbZ I, Nr. 6136 (Philaretos); zur Vita cf. Ludwig, Sonderformen.

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15. Zu der Geschichte des Philentolos cf. PmbZ I, Nr. 6147 (Philentolos); zur Rolle der Topik in der Hagiographie cf. jetzt Pratsch, Topos. 16. Zu Petros cf. ODB III 1638f.; zum Realitätsbezug hagiographischer Quellen cf. auch Gamillscheg, Gegebenheiten; zu einzelnen Viten cf. auch die entsprechenden Abschnitte bei Rosenqvist, Literatur; eine grundsätzliche, wenn auch kurze Analyse der byzantinischen Hagiographie versuchte J. Dummer, in Winkelmann–Brandes, Quellen 284–296. 17. Allgemein cf. auch hier die entsprechenden Abschnitte bei Hunger, Literatur; Rosenqvist, Literatur führt zwar einige Titel an, bleibt aber mehr an der Oberfläche. 18. Zu den genannten Arbeiten cf. die unter Konst. Porph. im Abkürzungsverzeichnis genannten Arbeiten; zu DeThematibus liegt eine kommentierte Edition von A. Pertusi vor; zu der geschilderten Episode cf. die Analyse von Pratsch, Untersuchungen 99–105. 19. Zum Eparchenbuch cf. vor allem die Edition (mit Übersetzung) von Koder, Eparchenbuch. Koder hat auch einen Kommentar angekündigt und einzelne Bestimmungen in verschiedenen Aufsätzen behandelt. 20. Die Ranglisten sind ediert und kommentiert von Oikonomidès, Listes; zu ihnen cf. auch Winkelmann, Rang- und Ämterstruktur. 21. Zu Theodosios cf. PmbZ Nr. 7880; cf. auch Nr. 7874 und Nr. 11788; außer in Haithabu wurde ein Siegel in Ribe gefunden. Ein drittes, ebenfalls aus dieser Region, ist noch nicht publiziert. Für den Hinweis auf letzteres danke ich Herrn Daniel Föller M.A. (Frankfurt). 22. Zu dem Siegelwesen in Byzanz cf. ODB III 1894f.; eine gute Analyse der Bedeutung der Siegel und der Probleme, die bei ihrer Interpretation auftreten, gibt V. cf. Šandrovskaja, in: Winkelmann–Brandes, Quellen 65–80; die PBW ist im Internet unter der URL http://www.pbw.kcl.ac.uk/ zu finden. Sie enthält u. Ba. auch eine Liste der wichtigsten Siegelpublikationen. Zu dem Magistros Manuel cf. PmbZ Nr. 4707 (Manuel). 23. Zur Rolle der Numismatik cf. die Analyse von I. V. Sokolova, in: Winkelmann–Brandes, Quellen 53–64; grundsätzlich cf. zu dem ganzen Bereich cf. Hendy, Monetary Economy, der auch die frühere Literatur großteils aufgearbeitet hat; ein Kurzüberblick findet sich auch im ODB I 477–480.

Nachwort In diesem Nachwort soll keine neue Theorie der Geschichte bzw. zur Geschichtsschreibung aufgestellt werden. Es handelt sich in erster Linie um Folgerungen aus den Erfahrungen, die ich im Laufe der Zeit bei der Arbeit mit Quellen und Sekundärliteratur gemacht habe und die in mir zu einer gewissen Skepsis gegenüber der Richtung, die die Geschichtswissenschaft seit einigen Jahrzehnten einschlägt, geführt haben. Wer an Geschichtstheorie interessiert ist, dem sei Hölscher, Neue Annalistik, empfohlen, der eine verständliche Einführung in die jüngeren Geschichtstheorien und die mit ihnen verbundenen Probleme gibt. Fragwürdig ist allerdings m. E. sein eigener Theorieansatz, der vom einzelnen »Ereignis« und dessen Wahrnehmung und Deutung durch Zeitgenossen und

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Nachwelt ausgeht. Beides zusammen mache »die Geschichte« aus. In der Konsequenz führt dies, wie ich finde, zum genauen Gegenteil: Das – nach Hölscher – sozusagen objektiv existierende »Ereignis« ist für uns nur und ausschließlich durch die Deutung fassbar. Gibt es keine solche oder wird die Bedeutung des »Ereignisses« durch sie nicht kenntlich, so gibt es im Endeffekt auch kein Ereignis. Damit aber macht man sich abhängig von den früheren Deutungsversuchen, deren Motive und Tendenzen für uns, gerade im Mittelalter, oft überhaupt nicht mehr adäquat analysiert werden können. In der Mediävistik und noch mehr in der Byzantinistik scheint mir – im Gegensatz vielleicht zu der Neueren Geschichte – die Quellenbasis für einen solchen Erklärungsversuch einfach zu schmal zu sein.

Anmerkungen: 1. Speck, Konstantin VI. 214f; cf. dazu die Diskussion bei Lilie, Eirene 257. 306–308. 2. Meier, Justinian passim. 3. Zu dem wiederholten Auftreten von Spekulationen über das bevorstehende Weltende während des Mittelalters cf. z. B. die Anmerkungen von Hölscher, Zukunft, 29f.; zu diesem Thema cf. demnächst den Sammelband von Brandes–Schmieder (Hrsg.), Endzeiten. 4. Theophanes 314,1-10 (a.m. 6116); zu Herakleios cf. Lilie, Byzanz. Das zweite Rom 81–87; Dahn, Prokopius von Cäsarea 112; zu Dahns Byzanzbild cf. Lilie, Graecus perfidus, bes. 201f. 5. Demandt, Fall Roms passim. 6. Dies ist natürlich eine banale Erklärung, die die diversen Theorien zur Geschichte, deren Bedeutung hier beileibe nicht bestritten werden soll, nicht einmal ansatzweise berücksichtigt. Natürlich sollte man »die Geschichte« nicht auf politische Geschichte allein beschränken, aber deren weitgehender Ausschluss scheint mir genauso falsch zu sein. Und manche neuen Theorien und die daraus resultierenden Forschungsfelder, so reizvoll sie auch sein mögen, können ihre Attraktivität zumindest teilweise durchaus banalen Faktoren verdanken. Dazu dürfte nicht zuletzt auch der auf diese Weise gewonnene leichtere Zugang zu »neuen« Erkenntnissen zählen, deren Publikation die eigene Karriere fördert. 7. Das soll natürlich keineswegs heißen, dass die Forschung sich mit solchen Themen nicht beschäftigen sollte. Aber man sollte sich von vornherein über die begrenzten Interpretationsmöglichkeiten der Quellen im klaren sein. Dass man auch auf einer schmalen Quellengrundlage zu weiterführenden Ergebnissen gelangen kann, zeigt beispielhaft Beck, Erotikon. 8. Runciman, Crusades I, p. XIII. 9. Bei diesen Zahlen sind die Rezensionen nicht eingerechnet, da die Relation zwischen Einzel- und Mehrfachnennungen von Rezensionen eher zufällig ist. 10. Philogelos Nr. 55; zum Philogelos cf. ODB III 1655f.

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Literatur- und Abkürzungsverzeichnis

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Glossar

Akklamationen: Öffentlich dargebrachte Glückwünsche für den Kaiser, oft in das Zeremoniell eingebaut. Wesentlicher Bestandteil des Krönungszeremoniells. Akriten: In 9./10. Jahrhundert irreguläre »Grenzkämpfer«, vor allem im Grenzgebiet zu den muslimischen Staaten. Bekannt durch das Epos des Digenis Akritas. Allelengyon: In mittelbyzantinischer Zeit die Übertragung der Steuerschuld eines einzelnen auf die Nachbarn bzw. auf die Dorfgemeinschaft, die dafür die verlassenen Agrarflächen nutzen konnte. Basileios II. übertrug die Zahlungspflicht auf die dynatoi, konnte damit aber deren wachsenden Einfluss nur aufhalten, nicht verhindern. Annona: In frühbyzantinischer Zeit eine Naturalabgabe, die für den Unterhalt der Armee und der staatlichen Bediensteten verwendet wurde. Arianer: Christliche Sekte (4.–6. Jahrhundert), die Christus nur als gottähnlich (homoiousios), nicht als gottgleich (homoousios) ansah. Obwohl 325 als Häresie verurteilt, konnten die Arianer erfolgreich einige germanische Völker (Vandalen, Ost- und Westgoten, Langobarden) missionieren, die bis in das 6. Jahrhundert hinein arianisch blieben. Arme: s. Penetes. Azymen: Ungesäuerte Brote, derenVerwendung in der Liturgie von der orthodoxen Kirche abgelehnt wird, während die Lateinische Kirche sie akzeptiert. Dies war einer der Streitpunkte, die zum Schisma von 1054 führten. Basileopator: Von Kaiser LeonVI. für seinen Schwiegervater Stylianos Zautzes geschaffener hoher Hoftitel. Bestiarion: Staatsschatz und staatlicheVorräte, aus denen u.a. Flotte und Armee bezahlt und versorgt wurden. Die Einrichtung überschnitt sich zum Teil mit dem Sakellion. Ab dem 12. Jahrhundert war nur noch das B. für den Staatsschatz zuständig. Capitatio – Iugatio: Von Diokletian eingeführtes Steuersystem, das von einem festgesetzten Stück Land (iugum) ausging, das von einem hierfür steuerpflichtigen Besitzer (caput) bewirtschaftet wurde. Charistikariat: Etwa seit dem 10. Jahrhundert Übertragung von brachliegendem Kirchenbesitz bzw. der Leitung eines Klosters an Laien. Im Lauf der Zeit gingen viele solcher Güter in das Eigentum der neuen Inhaber über. Chartularios: In mittelbyzantinischer Zeit hoher ziviler Beamter in verschiedenen Ressorts der Zentralverwaltung oder in der Verwaltung eines Themas; »Kanzleichef«. Chlamys: Umhang. Ab dem 6. Jahrhundert wurde die C. zu einem Teil des Ornats bei festlichen Aufzügen im Rahmen des Zeremoniells. Die verschiedenen Rangklassen unterschieden sich in der Farbe der von ihnen getragenen Chlamydes; die C. des Kaisers war purpurfarben.

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Corpus Iuris: Seit dem 16. Jahrhundert eingebürgerte Bezeichnung für das unter Justinian I. entstandene Gesetzeswerk, das sich aus den Institutionen, den Digesten (Pandekten), dem Codex Iustinianus und den Novellen zusammensetzte. Curiales: In der frühbyzantinischen Zeit die Honoratioren in den Städten, die in der städtischen Versammlung (curia) Sitz und Stimme hatten. Demen: Ursprünglich »Fangruppen« bei den Wagenrennen im Hippodrom; zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert hatten sie auch politische Bedeutung, danach traten sie nur noch im Zeremoniell in Erscheinung. In byzantinischer Zeit waren im wesentlichen die »Blauen« und die »Grünen« wichtig. Domestikos der Scholen: Im 10. Jahrhundert höchster militärischer Befehlshaber. Das Amt wurde dann in den Domestikat des Ostens und den des Westens aufgeteilt, wobei der Domestikos des Ostens den höheren Rang innehatte. Die Inhaber residierten in Konstantinopel. Donatismus: Christliche Häresie im 4. Jahrhundert, die die Gültigkeit der von (zeitweilig) abgefallenen Priestern gespendeten Sakramente ablehnte. Obwohl 325 als Häresie verurteilt, hielten die Donatisten sich vor allem in Nordafrika bis zum Einbruch des Islam. Drungarios: In der mittelbyzantinischen Zeit Unterbefehlshaber in einem Thema; als Drungarios ton ploimon Oberbefehlshaber der Flotte. Dynatoi: »Mächtige«. Im 10./11. Jahrhundert Bezeichnung für den grundbesitzenden Adel in der Provinz. Ekloge: Sehr wahrscheinlich im Jahre 741 von den Kaisern Leon III. und Konstantin V. erlassene Gesetzessammlung. Eparchos: Übersetzung des lateinischen praefectus. Der Eparchos tes poleos war der »Bürgermeister« von Konstantinopel. Epi tou kanikleiou: Kaiserlicher »Schriftführer«. Hoher Kanzleibeamter in der Zentralverwaltung. Epibole: Zwangsweise Übertragung von Brachland an private Grundbesitzer, die es bewirtschaften und dafür Steuern zahlen mussten. Ihm entsprach in der mittelbyzantinischen Zeit in etwa das Allelengyon. Exarchat: Eine Provinz, die unter einem Exarchos stand, der praktisch wie ein Vizekönig amtierte. Am bekanntesten sind die Exarchate von Karthago, das Nordafrika umfasste, und von Ravenna, das die byzantinischen Besitzungen in Nord- und Mittelitalien kontrollierte. Beide entstanden im ausgehenden 6. Jahrhundert und gingen 697/98 (Karthago) an die Araber bzw. 751 (Ravenna) an die Langobarden verloren. Filioque: Strittige Formel im christlichen Glaubensbekenntnis. Sie betrifft die Frage, ob der Hl. Geist allein vom Vater (orthodoxe Auffassung) oder vom Vater »und vom Sohne« zusammen (römische Auffassung) ausgeht. Der Streitpunkt ist bis heute zwischen Katholiken und Orthodoxen virulent. Foederati: In der frühbyzantinischen Zeit Heeresverbände, die oft geschlossen aus fremden oder in das Reich eingedrungenenVölkern angeworben und auf Reichsgebiet angesiedelt und in Sold genommen wurden, wofür sie Kriegsdienst zu leisten hatten. Genikon: s. Logothetes des Genikon. Griechisches Feuer: Eine Waffe, die von den Byzantinern gegen die Araber bei der ersten Belagerung Konstantinopels (674–678) eingesetzt wurde. Das »Griechische Feuer« setzte sich aus leichtem Erdöl und anderen Substanzen

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zusammen und konnte mit Wasser nicht gelöscht werden. Es wurde mit einer Art Flammenwerfer auf die gegnerischen Schiffe abgefeuert und erzeugte eine so hohe Temperatur, dass jeder Widerstand unmöglich wurde. Die Zusammensetzung wurde von den Byzantinern lange Zeit erfolgreich geheimgehalten. Hesychasmus: Im 14. Jahrhundert einflussreiche mystische Bewegung, die hauptsächlich unter Mönchen verbreitet war. Durch asketische und meditative Übungen versetzten die Hesychasten sich in einen Zustand, in dem sie das göttliche Licht zu sehen meinten. Der H. wurde auf dem Konzil von 1351 als orthodox anerkannt. Hyperpyron: Seit Alexios I. Komnenos Bezeichnung für das Nomisma. Das H. wurde zunächst in 21 Karat Gold geprägt; später verringerte sich der Goldgehalt. Idiorythmie, idiorythmisch: Klösterliche Organisationsform, bei der jeder Mönch »in seinem eigenen Rythmus« lebte und bei der es praktisch keine gemeinsame Mönchsgemeinschaft gab. (s. auch Koinobion) Ikonoklasmus: Häretische christliche Richtung (zwischen 730 und 843), die die Verehrung von Ikonen in der Kirche als Götzendienst ablehnte. Illyricum: Die Prätorianerpräfektur des I. umfasste in der frühbyzantinischen Zeit den westlichen Balkanraum. Sie fand ihr Ende im 7. Jahrhundert. Das Gebiet des I. gehörte kirchenrechtlich zu Rom, wurde jedoch im 8. Jahrhundert dem Patriarchat von Konstantinopel einverleibt, was zu heftigen und langanhaltenden Spannungen mit den Päpsten führte. Indiktion: SteuerlicherVeranlagungszeitraum von 15 Jahren. Die Indiktionszahl bezeichnete das Jahr innerhalb dieses Zeitraums und diente auch als Datierungselement. Kaisar: In der mittelbyzantinischen Zeit höchste Würde nach dem Kaiser (basileus). Kapnikon: »Herdsteuer«. In der mittelbyzantinischen Zeit eine von den einzelnen Familien erhobene Steuer. Katepano: Im 10./11. Jahrhundert Gouverneur einer oder mehrerer Provinzen. Die unteritalienischen Themata waren unter einem Katepano zusammengefasst. Kleisoura: In der mittelbyzantinischen Zeit eine kleine und meistens im Gebirge gelegene militärische Grenzprovinz. Im Rang unter einem Thema liegend, wurde sie von einem Kleisourarches geleitet. Koine: Seit dem Hellenismus die griechische Gemeinsprache, die u. Ba. die Grundlage für die byzantinische gehobene Literatursprache bildete. Besondere Verbreitung fand sie auch dadurch, dass das Neue Testament in ihr verfasst worden war. Koinobion, koinobitisch: Klösterliche Organisationsform, bei der die Mönche eine Gemeinschaft bildeten, die unter einem Abt stand und nach einer festen, für alle geltenden Regel lebte. Die Klöster im lateinischen Europa waren in der Regel koinobitisch orientiert. (s. auch Idiorythmie) Kommerkiarios: Byzantinischer Verwaltungsbeamter, zuständig wahrscheinlich für den Warenverkehr, im 7./8. Jahrhundert wohl auch für die Versorgung der Armee. Kommerkion: Warensteuer bzw. Zollabgabe in Höhe von bis zu 20 Prozent und mehr des Warenwertes.

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Lateinisches Europa: Hier als Begriff gebraucht für die Reiche auf dem Gebiet des ehemaligenWestrom bzw. für die Gebiete, in denen der Bischof von Rom (der Papst) als alleiniges kirchliches Oberhaupt anerkannt wurde. Logothetes (allgemein): In der mittelbyzantinischen Zeit hoher Beamter in der zentralen Staatsverwaltung. Seine Stellung entsprach praktisch der eines heutigen Ministers oder Staatssekretärs. Logothetes des Dromos: In der mittelbyzantinischen Zeit einer der höchsten Beamten der Zentralverwaltung. Zunächst Leiter des Postwesens, dann praktisch »Außenminister«, dem auch der Geheimdienst unterstand. Logothetes des Genikon: In der mittelbyzantinischen Zeit leitender Beamter eines Teils des Finanzressorts, das in unterschiedliche Abteilungen gegliedert war. (s. auch Sakellion und Stratiotikon). Logothetes des Stratiotikon: In der mittelbyzantinischen Zeit leitender Beamter eines Teils des Finanzressorts, das in unterschiedliche Abteilungen gegliedert war. (s. auch Genikon und Sakellion). Loros: Teil der kaiserlichen Garderobe. Der L. war eine lange, mit kostbaren Steinen besetzte Stola, die von Kaiser und Kaiserin bei festlichen Anlässen getragen wurde. Auch auf Münzen wurde der Kaiser manchmal mit dem L. abgebildet, so etwa Justinian II. Mächtige: s. Dynatoi. Magister militum: »Heermeister«; General in der frühbyzantinischen Zeit. Magistros: In der mittelbyzantinischen Zeit hoher Titel, der mit keiner bestimmten Funktion verbunden war. Megas domestikos: Seit dem 11. Jahrhundert Bezeichnung für den Domestikos der Scholen, der den »Domestikos des Ostens« als Oberbefehlshaber ablöste. Megas doux: Seit der Komnenenzeit Oberbefehlshaber der Flotte in Byzanz; Nachfolger des Drungarios ton ploimon. Mesazon: In der spätbyzantinischen Zeit ranghöchster Beamter in der Zentralverwaltung. Er entsprach mehr oder weniger einem heutigen Ministerpräsidenten. Metropolit: Bischof, dem mehrere andere Bischöfe (Suffragane) unterstanden. Höchste kirchliche Würde unter dem Patriarchen. Modios: Raum- und Flächenmaß in Byzanz. Die Größe konnte variieren. Monophysitismus: Byzantinische Häresie. Die Monophysiten nahmen in dem menschgewordenen Christus nur eine Natur an, und zwar die göttliche. Als Häresie auf dem Konzil von Chalkedon 451 verboten, blieb der M. besonders in den östlichen Reichsteilen bis ins 7. Jahrhundert einflussreich. Monotheletismus: Kompromissformel zwischen Monophysiten und Orthodoxen, nach der in Christus nur ein einziger Wille wirkte. Die Frage nach den Naturen blieb dabei als unerheblich ausgeklammert. Auf dem Konzil von 680/81 als Häresie verurteilt. Nomisma: Byzantinische Goldmünze von ca. 4,5 Gramm. Der Goldgehalt blieb bis ins 10. Jahrhundert hinein konstant. Danach verschlechterte er sich und das N. verlor seine Funktion als »Leitwährung« an die von den italienischen Stadtrepubliken seit dem 13. Jahrhundert geprägten Goldmünzen. Nomos Georgikos: Dieses »Bauerngesetz« regelte die Verhältnisse innerhalb der Dorfgemeinschaft. Umstritten sind Datierung und Gültigkeit. Nach letzten Erkenntnissen handelt es sich wohl um eine eher private Zusammenstellung aus dem Ende des 9. Jahrhunderts.

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Orphanotrophos: In der mittelbyzantinischen Zeit Leiter der Waisenhäuser in Konstantinopel. Orthodoxie: Hier gebraucht als Bezeichnung für die in den Konzilien als »rechtgläubig« anerkannten Glaubensinhalte. Als Orthodoxe werden auch die Christen aus dem byzantinischen und von Byzanz aus missionierten Raum im Gegensatz zu den (römischen) Katholiken bezeichnet. Palamismus: Von Gregorios Palamas im 14. Jahrhundert entwickelte theologische Argumentation, die den Hesychasmus (s. oben) unterstützte. Sie wurde 1351 als orthodox anerkannt. Papias: In der mittelbyzantinischen Zeit Leiter der Palastverwaltung. Paradynasteuon: Einer der höchsten Würdenträger der mittelbyzantinischen Zeit; oft eigentlicher Leiter der Regierungsgeschäfte Parakoimomenos: »Der neben dem Kaiser schläft«; in der mittelbyzantinischen Zeit wegen der Nähe zum Kaiser sehr einflussreiches Hofamt, das in der Regel Eunuchen vorbehalten war. Paroikos: In frühbyzantinischer Zeit Pächter eines Grundherrn, die später auf den Status von Hörigen absanken. Patrikios: In früh- und mittelbyzantinischer Zeit eine hohe Würde, die auch an Nichtbyzantiner verliehen werden konnte. Ein bestimmtes Amt war mit ihr nicht verbunden. Paulikianer: Dualistische Sekte, die ihrer eigenen Überlieferung zufolge vor byzantinischen Verfolgungen in das Grenzgebiet zwischen Byzanz und dem Kalifat floh und von ihren dortigen Stützpunkten aus wiederholt Raubzüge in das byzantinische Kleinasien unternahm. Die Paulikianer wurden von Basileios I. unterworfen und zum Teil auf dem Balkan angesiedelt. Penetes: »Arme«; im 10./11. Jahrhundert Bezeichnung für die kleinen Bauern in der Provinz, die unter dem Druck der »Mächtigen« standen, die versuchten, sie unter ihren Einfluss zu bringen. Praefectus praetorio: In der frühbyzantinischen Zeit als Vorsteher einer »Prätorianerpräfektur« einer der ranghöchsten Zivilbeamten. Zusammen mit den Präfekturen verschwand auch dieses Amt im 7. Jahrhundert. Praepositus sacri cubiculi: In der frühbyzantinischen Zeit war er verantwortlich für das Zeremoniell und als »Vorsteher des kaiserlichen Schlafgemachs« durch seine Nähe zum Kaiser sehr einflussreich. In der mittelbyzantinischen Zeit durch den »Parakoimomenos« abgelöst. Prätorianerpräfektur: In der Spätantike die höchste zivileVerwaltungseinheit. Von zeitweiligen Ausnahmen abgesehen, gab es vier Präfekturen: Gallien (unter Einschluss von Spanien und England), Italien/Afrika, Illyricum (westlicher Balkan) und Oriens (Kleinasien, Syrien etc.). Die P. verschwand im 7. Jahrhundert. Pronoia: Seit dem 12. Jahrhundert Vergabe der Einkünfte aus Landbesitz für einen gewissen Zeitraum gegen bestimmte Dienstleistungen, die zunächst ziviler Natur waren, aber dann mehr und mehr militärischen Charakter annahmen. Später wurde auch das Land vergeben, und schließlich wurde der so verliehene Besitz erblich. Proskynese: Fußfällige Verehrung des Kaisers durch seine Untertanen; Teil des Kaiserzeremoniells. Prosopographie: Eine kommentierte Personenliste, die im Unterschied zu einem Lexikon in ihrem Bereich Vollständigkeit anstrebt. So wird die »Pros-

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opographie der mittelbyzantinischen Zeit« nach ihrer Fertigstellung für die Jahre zwischen 641 und 1025 knapp 20 000 Personen erfassen. Protobestiarios: In der mittelbyzantinischen Zeit für die kaiserliche Garderobe zuständiger Hofbeamter. Durch die Nähe zum Kaiser verlieh das Amt, das Eunuchen vorbehalten war, dem Inhaber großen Einfluss. Protonotarios: »Erster Notar«; in der mittelbyzantinischen Zeit Leiter der Zivilverwaltung eines Themas und als solcher dem Strategos unterstellt. Protospatharios: »Erster Schwertträger«; in der mittelbyzantinischen Zeit mittelhoher Hofrang, der mit keiner bestimmten Funktion verbunden war. Er konnte auch an Ausländer verliehen werden. Niedriger als der Patrikiostitel. Quaestor: Für das Rechtswesen zuständiger Beamter. Ranglisten: Für das Zeremoniell bestimmte Auflistung der verschiedenen Titel und Ämter, die so gemäß ihrer Bedeutung bei kaiserlichen Banketten korrekt platziert werden konnten. Sie geben die Abstufung der verschiedenen Funktionäre korrekt wieder, sagen aber nichts über die tatsächlichen Befugnisse aus. Sakellarios: Hoher Finanzbeamter; in der mittelbyzantinischen Zeit oberster Kontrolleur sämtlicher Finanzbehörden. Sakellion: Bis zum 7./8. Jahrhundert die kaiserliche Privatschatulle; später mehr oder weniger der Staatsschatz. Strategos: Zunächst allgemein General; in der mittelbyzantinischen Zeit auch Gouverneur einer Militärprovinz, der sowohl zivile als auch militärische Befugnisse besaß. Stratiotikon: s. Logothetes des Stratiotikon. Synkellos: Hohes Amt in der byzantinischen Kirche; der S. war ein enger Vertrauter des Patriarchen und oft auch Verbindungsmann zwischen Patriarch und weltlichen Behörden. Tagmata: Etwa ab der Mitte des 8. Jahrhunderts die Elitetruppen der byzantinischen Armee, die zunächst um Konstantinopel herum stationiert waren. Sie bestanden ausVollzeitsoldaten und bildeten bei Feldzügen den Kern des Heeres. Thema: In der mittelbyzantinischen Zeit eine Provinz, in der die zivile und die militärische Verwaltung in der Hand des Strategos vereinigt waren. Turmarches: Einer der höchsten Offiziere in einem Thema. Jedes Thema besaß zwei bis drei Turmarchen, die jeweils eine Turma befehligten.

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Register

Allgemeine und ständig wiederkehrende Begriffe wie Byzanz, Byzantinisches Reich, Ostrom, Konstantinopel, Kreuzfahrerstaaten, Europa, Abendland etc. sind nur aufgenommen, wenn sie in einem konkreten Zusammenhang stehen. Bei gleichen Namen ist die Anordnung hierarchisch, wobei die Kaiser den Anfang bilden. – Abkürzungen: Bf. = Bischof; bulg. = bulgarisch; byz. = byzantinisch; d. = den/der/des; dt. = deutsch; Fam. = Familie; Fkr. = Funktionär/e; fränk. = fränkisch; frz./Frankr. = französisch/Frankreich; Fs. = Fachschrift; germ. = germanisch; griech. = griechisch; Hl. = heilig/Heiliger; Jer. = Jerusalem; Jh. = Jahrhundert; jüd. = jüdisch; Kg. = König/Königin; Kgr. = Königreich; Kpl. = Konstantinopel; Ks. = Kaiser/Kaiserin; lat. = lateinisch; Ldt. = Landschaft; musl. = muslimisch; norm. = normannisch; osm. = osmanisch; pers. = persisch/Persien; Ptr. = Patriarch; röm. = römisch; seldsch. = seldschukisch; theol. = theologisch/Theologe; türk. = türkisch; u. = und; v. = von; ven. = venezianisch. Abbasiden (musl. Dynastie) 50, 52, 271 Abydos (Stadt an d. Dardanellen) 169 Adramyttion (Stadt inWestkleinasien) 205 Adria 104 Adrianupolis (auch Adrianopel, heute Edirne) 65, 69, 274 – Schlacht (378) 42, 269 Aërikon (Steuer) 298 Afrika 17, 32f., 43, 203, 342 – Nordafrika 27, 31–33, 40, 50, 270, 284, 339 – s. auch Karthago Ägäis 21, 28–30, 60, 62, 64, 66, 69, 109f., 224, 251, 284, 288, 293 Agathias (byz. Autor) 245 agentes in rebus (byz. Fkr.) 152 Ägypten 16–18, 20f., 28f., 34f., 41f., 45f., 49, 91, 98, 100, 102, 104, 106, 108, 145, 155, 207, 214, 224, 270, 272, 283 Akriten (irreguläre »Grenzkämpfer«) 114, 130, 295, 338 Akroinon (Ort in Kleinasien) 270 Alamannikon (Sondersteuer) 273

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Alarich (Kg. d. Westgoten) 42, 269 Alaun (Mineral) 98 Albaner 25, 233 Alexandreia (Stadt in Ägypten) 17, 21, 46, 101, 206 – Patriarch 17, 21, 41, 74f., 83 Alexios I. Komnenos (byz. Ks.) 56– 58, 61–64, 84, 92, 124, 130, 172, 177, 243, 247, 287, 290, 292 Alexios II. Komnenos (byz. Ks.) 57, 272 Allelengyon (Steuer) 221, 338f. Alltagskultur 230–234 Amalfi (Stadt in Italien) 32, 104, 284 Amalrich I. (Kg. v. Jer.) 272 Amanos (Gebirge) 20 Amorion (Stadt in Kleinasien) 50, 271 Amselfeld (Schlacht 1389) 274 Anastasios I. (byz. Ks.) 182, 299 Anastasios II. (byz. Ks.) 205, 214 Anastasius Bibliothecarius (lat. Autor u. Übersetzer) 246 Anatolikon (Thema) 161, 191 Andalusien 103 Andreas Salos (byz. Hl.) 295

Andronikos I. Komnenos (byz. Ks.) 57, 126, 150 Andronikos II. Palaiologos (byz. Ks.) 68f., 139, 174, 201, 288 Angeloi (byz. Fam.) 57, 139 Angelsachsen 199 Ankara (Stadt in Kleinasien) 274 – (Schlacht 1402) 70 Anna Komnene (byz. Autorin) 225, 243, 245, 247 Annona (Steuer) 298, 338 Antike 305 – Bedeutung 235–238 Antiocheia (Stadt in Nordsyrien) 17, 19–21, 42, 44, 46, 50, 62, 206, 269–272 – Patriarch 17, 19, 21, 41, 74f., 83 Antitauros (Gebirge) 20 Apenninen (Gebirge) 31 aplekta (Armeesammelpunkte) 186 apothekai (Warenlager) 155 Apulien 31 Araber/Arabien 16f., 19f., 28f., 32, 36, 46f., 49f., 52, 97, 124, 156f., 190f., 199, 214, 220, 262, 270f., 286, 339 Arianer/Arianismus (Häresie) 41, 76, 90, 289, 338 Arme (Penetes) 122, 338, 342 Armee 183–202 Armeniakon (Thema) 161, 191, 292 Armenien/Armenier 21f., 24, 120, 153, 175, 191, 205, 233, 283 Artabasdos (byz. Ks.) 205 Asketen 85 Aspar (byz. Fkr.) 116 Athanasios (Mönch) 85 Athen 125, 202f., 258, 273 – Akademie 75, 228, 269, 304 Athinganoi (Bevölkerungsgruppe) 131, 296 Athos 85–87, 219, 271 Attika 69, 203 Augustus (röm. Ks.) 236 Außenseiter 128–131, 296 Avaren (Nomadenvolk) 25, 43–45, 50, 52, 124, 189, 220, 270, 286 Aydin (seldsch. Emirat) 110, 210 Ayyubiden (musl. Dynastie) 108

Azymen (theol. Begriff) 79, 338 Baalbek (Stadt in Syrien) 75 Babylon 203 Bagdad (Stadt in Syrien) 46, 54, 271 Balduin III. (Kg. v. Jer.) 272 Balearen (Inselgruppe) 27, 33, 284 Balkan 25, 27, 30, 35, 38, 41–46, 50, 52, 54, 60, 63, 65, 78, 94f., 106, 108, 114, 189, 207f., 210, 258, 273f., 284, 293f., 342 Bardas (byz. Fkr.) 229 Bari (Stadt in Italien) 32, 54, 271 Basileios I. (byz. Ks.) 78, 142, 205, 342 Basileios II. (byz. Ks.) 48, 53, 93, 171, 173, 182, 196, 240, 286, 299, 338 Basileopator (byz. Titel) 161, 338 Basileus (byz. Titel) 49 Bauern 48, 97, 112f., 128, 161, 167, 220–222, 342 Bauernsoldaten s. Soldatenbauern Baumwolle 100, 108 Bayern 97, 297 Bayezid I. (osm. Sultan) 70, 274 Beamte 297 (s. auch Verwaltung) Belisar (byz. General) 31f., 125, 140, 188, 269 bellum iustum 200, 301 Benedikt v. Nursia (lat. Ordensgründer) 86 Benevent (Stadt in Italien) 31, 286 Benjamin v. Tudela (jüd.–spanischer Autor) 169, 209 Bernhard v. Clairvaux (Zisterzienser, lat. Theol.) 82 Bertha v. Sulzbach (= Eirene, byz. Ks., 12. Jh.) 272 Bestiarion (byz. Behörde) 338 Bevölkerungszahl (byz.) 95, 97, 111, 114 Bithynien (Ldt. in Kleinasien) 34, 121, 204, 284 – Olymp 34, 86 Blaue (Partei, s. Demen) 126, 233f., 339 Blutsbrüderschaft 141 Bodenqualität 95 Bodenschätze 22, 26, 28, 98, 103

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Bogomilen (Sekte) 90, 130, 295 Bohemund v.Antiochia (norm. Fürst) 64, 176 Boiotien (Ldt. in Griechenland) 94, 108 Boris (bulg. Herrscher) 271 Bosporos (Meerenge bei Kpl.) 34, 50, 60, 169 Bronze 93 bucellarii (Soldaten) 153 Bulgaren/Bulgarien 25f., 52f., 63– 66, 69, 77f., 93, 104, 144f., 173, 200, 202, 210, 233, 242, 270f., 273f., 286, 288, 293 Bursa (Stadt in Kleinasien) 273 Byzantinische Zeitschrift 266 Byzantion s. Konstantinopel Caesaropapismus 71, 74 Capitatio (Steuer) 338 caput (Steuerbegriff) 338 Cäsaropapismus 289 Chalkedon (Vorstadt v. Kpl.) 217 – Konzil (451) 17 Charistikariat 87, 196f., 222, 291, 338 Charpezikion (Thema) 175, 194 Chartularios (byz. Amt) 338 Chartularios (eines Themas) 158 Chartularios d. Sakellion (byz. Amt) 156 Chazaren (Nomadenvolk) 236 Cherson/Chersones (Krim) 22, 30, 284 Chiliarches (byz. Offizier) 198 China 102 Chios 29, 86 Chlamys (Kleidungsstück) 257, 338 Chorion (= Dorf) 118 Chosrau II. Parvez (pers. Großkg.) 44f. Chronicon Paschale (Chronik) 245 Clermont (Synode 1095) 61, 271 comes rerum privatarum (byz. Amt) 152f. comes sacrarum largitionum (byz. Amt) 152 comitatenses (Soldaten) 153 Cordoba (Stadt in Spanien) 33

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Corpus Iuris (Gesetzessammlung) 338 curia (Stadtversammlung) 339 Curiales (städtische Klasse) 116, 206f., 339 Cursus publicus (Post und Beförderung) 152 Dahn, Felix (dt. Historiker) 262 Dalmatien 25 Damaskus (Stadt in Syrien) 46, 271 Damiette (Stadt in Ägypten) 272 Dänemark 97 Dara (Grenzort mit Pers.) 18, 20 Dardanellen (Meerenge) 169 Dazimon (Ort in Kleinasien, Schlacht 838) 50, 186, 256, 271 Deabolis (Devol, Stadt in Epiros) 272 De Administrando Imperio (Fs.) 236, 252 De Cerimoniis (Fs.) 72, 144, 230, 233, 251f. defensor civitatis (byz. Amt) 207 Dekarches (byz. Unteroffizier) 198 Demen (Parteien) 125f., 295, 339 Demosthenes (griech. Rhetor) 203 Despotat s. Epiros De Thematibus (Fs.) 252, 307 Deutsches Reich 53, 143, 255 Didymoteichon (Stadt in Thrakien) 242 Dienstpflicht 193 Digenis Akritas (byz. Epos) 130, 225f., 304, 338 Dimotiki (»Volkssprache«) 230 Diokletian (röm Ks.) 38, 101, 188, 338 Diözese (Verwaltungseinheit) 152 Domestikos d. Ostens (byz. Amt) 158, 197, 339, 341 Domestikos d. Scholen (byz. Amt) 158, 197, 339, 341 Domestikos d. Westens (byz. Amt) 158, 197, 339 Donatismus/Donatisten (Sekte) 289, 339 Donau (Fluss) 25–27, 42–44, 52f., 56, 63, 189 Dorylaion (Stadt in Kleinasien) 186

Doukas (byz. Autor) 248 Doukas (byz. Fam.) 48, 139 Doux (byz. Amt) 198 Drina (Fluss) 25 Drungarios (byz. Amt) 158, 198, 339 Drungarios ton ploimon (byz. Admiral) 339, 341 Dschingis Khan 262 Duftstoffe 101 Dunkle Jahrhunderte 103 dynatoi s. »Mächtige« Dyrrhachion (Durrës/Durazzo, Stadt in Albanien) 26, 63, 106 Edessa (Stadt in Kleinasien) 62 Eirene (byz. Ks., 8. Jh.) 139, 161, 260 Eisen 98 Ekloge (Gesetzessammlung) 121, 221, 339 Ek prosopou (byz. Amt) 160 Ekthesis (theol. Erlass, 638) 76, 270 England 29, 342 Eparchenbuch (= Eparchikon Biblion, Fs.) 99, 216, 253, 307 Eparchos (byz. Amt) 156, 339 – Eparchos tes poleos 339 Ephesos (Stadt an d. Ägäis) 210, 232 Epibole (Steuer) 339 Epiros 65f., 209, 273, 288 Episkopoi (Bischöfe) 83f., 112 – Erzbischöfe 112 Epi tou kanikleiou (byz. Amt) 161, 339 Epochen 37f., 285 Erbschaftssteuer 168 Eudokia (byz. Ks., 11. Jh.) 139 Eugen III. (Papst) 272 Eunapios (byz. Autor) 245 Eunuchen 129, 134, 162, 295, 342 Euphrat (Fluss) 18, 20, 188 Eusebios von Kaisareia (Bf. u. Autor) 245 Eustathios (byz. Erzbf. u. Autor) 225 Euthymios (Ptr. v. Kpl.) 249f. Exarchat (Provinz) 27, 31f., 339 – Exarchos (byz. Amt) 31 Fachschriften 251–254 Familie 115, 119f.

Familie d. Könige 144–146 Fatimiden (musl. Dynastie) 50, 54 Felle 108 Feudalisierung/Feudalismus 97, 128, 165, 167, 222, 300 filioque (theol. Begriff) 79, 339 Finanzen 163–182, 298 Fisch/Fischerei 99 Flandern 100 Flavius Iosephus (jüd.-röm. Autor) 242 Flotte 50, 54, 60, 125, 177f., 198f., 283, 299, 339, 341 foederati 42, 188, 339 Franken 31 Frankreich 42, 53 Frauen 113, 116, 265 Friedrich I. Barbarossa (röm.-dt. Ks.) 64, 92, 272, 292 Friedrich II. (röm.-dt. Ks.) 297 Gaeta (Stadt in Italien) 104 Gainas (byz. General) 116, 217, 269, 302 Galata (Vorstadt v. Kpl.) 66 Galerius (röm. Ks.) 269 Gallia/Gallien 152, 342 Geiserich (Kg. d. Vandalen) 269 Geldwirtschaft 92 Gemüse (Bohnen, Kohl, Zwiebeln) 96 Genua/Genuesen 60, 66, 92, 98, 106f., 110, 169, 199, 215, 272f., 291, 294, 298 Georgien 263 Georgios Akropolites (byz. Autor) 247 Georgios Gemisthos Plethon (byz. Autor) 225 Georgios Monachos (byz. Autor) 225, 244, 250f. Georgios Pachymeres (byz. Autor) 247 Georgios Sphrantzes (byz. Autor) 248 Georgios Synkellos (byz. Autor) 246 Gepiden (germ. Volk) 25, 43 Germanen 25, 45, 52, 188 Germanos I. (Ptr. v. Kpl.) 251

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Geschichtstheorien 259, 261–267, 307f. Gesellschaft 111–131 Getreide 16, 26, 28, 60, 92, 94f., 97, 101, 108, 110 Gewürze 17, 91, 101, 108 Ghassaniden (pers. Dynastie) 19 Glaswaren 18 Gold 92f., 98, 108 Goten (germ. Volk) 25, 233f. Gregorios Palamas (byz. Theol.) 82, 290, 342 Gregor v. Nazianz (byz. Theol.) 227 Gregor v. Nyssa (byz. Theol.) 75 Griechenland 26, 32, 63–66, 94, 108, 203, 208, 272 Griechisches Feuer 49, 198, 270, 286, 339 Großgrundbesitz 97, 116, 120, 122, 167, 192, 219–222 – s. auch »Mächtige« Grüne (Partei, s. Demen) 126, 233f., 339

Hellene 12 Herakleios (byz. Ks.) 45f., 48–50, 76, 119, 172, 190, 205, 257f., 261f., 270, 286 Herakleios (Exarchos) 270 Heraklonas (byz. Ks.) 217 Heruler (germ. Volk) 25, 43 Hesychasmus (theol. Begriff) 82, 87, 290, 340, 342 Hiereia (Vorstadt v. Kpl.) 231, 271 Hieron (Bosporos) 169 Himerios (byz. Admiral) 175, 187, 300 Historiographie 235, 239–248, 305f. Homer (griech. Autor) 203 Homosexualität 265 Honig 103, 108 Hülsenfrüchte 96 Humbert v. Silva Candida (Kardinal) 79 Hunnen (Nomadenvolk) 25, 43, 52, 188 Hyperpyron s. Nomisma

Hacke (Werkzeug) 96 Hadrian (röm. Ks.) 212 Hagiographie 112, 248–251, 307 Haithabu (Ort bei Schleswig) 255, 307 Halmyros (Stadt in Thessalien) 26, 109, 294 Handel 101–110 – Fernhandel 32, 60, 66, 91f., 101–110, 291 – Händler 109 – Landtransport 14, 101 – Nahhandel 101f. – Seehandel 102–110 Handwerk/Handwerker 99, 113, 125 Häretiker 130 Harim (Schlacht 1164) 272 Harun al-Raschid (Kalif) 52 Hattin (Schlacht 1187) 273 Hedschra 270 Heiden 75 Heiliger Krieg s. bellum iustum Heiliges Land s. Palästina Heinrich VI. (röm.-dt. Ks.) 273 Helene (byz. Ks., 10. Jh.) 139

Ibn Khordabeh (musl. Autor) 176 Iberische Halbinsel s. Spanien Idiorythmie (theol. Begriff) 85, 340 Ignatios (Ptr. v. Kpl.) 78, 232 Ikonion (Stadt in Kleinasien) 62f., 65, 209 – seldsch. Sultanat 287f. Ikonoklasmus (= Bilderstreit) 76f., 87, 257, 270f., 289, 340 Illyricum (Prätorianerpräfektur) 77, 152f., 155, 188, 290, 340, 342 Imperator (röm. Titel) 49 Imperium Romanum 31, 147, 236, 237, 263 indictio/Indiktion (Zeitangabe) 166, 340 Indien 102, 145, 297 Industrie 99 Inseln 27–30, 60, 64, 65, 95, 102, 160, 207, 273, 284, 288 Isaak II. Angelos (byz. Ks.) 63, 126 Isaak Komnenos (byz. Machthaber auf Zypern) 29, 272 Italia/Italien/Italiener 28, 29, 31f., 40, 42f., 53f., 60, 66, 76, 92, 94,

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102f., 107, 10f., 114, 130, 152, 161, 198, 207, 269–272, 284, 342, 339f. – Norditalien 31, 92, 100, 107, 339 – Süditalien 147 Iugatio (Steuer) 338 Jakobiten (orientalische Kirche) 19 Jerusalem 19, 21, 46, 270, 273, 283 – lat. Kgr. 108 – Marienkirche 19 – Patriarch 21, 74f., 83 Johannes I. Tzimiskes (byz. Ks.) 53, 80, 136, 171, 205, 290 Johannes II. Komnenos (byz. Ks.) 57, 61, 63, 287 Johannes III. DukasVatatzes (byz. Ks.) 66 Johannes V. Palaiologos (byz. Ks.) 274, 296 JohannesVI. Kantakuzenos (byz. Ks.) 87, 248, 291, 306 Johannes VIII. Palaiologos (byz. Ks.) 274 Johannes VII. Grammatikos (Ptr. v. Kpl.) 120 Johannes X. Kamateros (Ptr. v. Kpl.) 80f. Johannes Oxeites (Ptr. v. Antiocheia) 88 Johannes Kamateros (Logothetes) 241 Johannes Kameniates (byz. Autor) 246 Johannes Kinnamos (byz. Autor) 225, 247, 306 Johannes Skylitzes (byz. Autor) 246 Johannes Zonaras (byz. Autor) 225, 244, 246, 306 Johanniter (Ritterorden) 273, 289 Joseph Bringas (byz. Fkr.) 218 Judäa/Juden 19, 41, 131, 209, 293, 295 Julian (byz. Ks.) 42, 75, 227, 269, 285, 304 Justinian I. (byz. Ks.) 27, 31–33, 39– 41, 44, 49, 75, 125, 129, 137, 153, 161, 171, 178, 182, 212, 214, 218, 228, 245, 260f., 269, 285, 303, 339

Justinian II. (byz. Ks.) 29, 137f., 218, 296 Justin II. (byz. Ks.) 43f. Kaborkin (Ort in Kleinasien) 186 Kaisar (byz. Titel) 228, 340 Kaisareia (Stadt in Kleinasien) 186 Kaiser 113, 132–144 – Akklamationen 135 – Amtsdauer 133f. – Dynastie 138f. – Familie 138f. – Gefolgschaft 134, 140–142 – Ideologie 40, 135–138 – Krönung 135 – Vergöttlichung 136 Kaiserin 139 Kalabrien (Ldt. in Italien) 31 Kalifat 29, 52, 54, 114, 200, 270f. Kalojan (bulg. Zar) 65 Kapnikon (Steuer) 340 Kappadokien (Ldt. in Kleinasien) 180, 186, 208 Karl d. Große (fränk. Ks.) 11, 49, 53, 143, 271, 287, 297 Karl I. v. Anjou (frz. Kg. v. Unteritalien) 68, 273 Karolinger (fränk. Dynastie) 53f. Karthago (heute Tunesien) 27, 43, 102, 203, 205, 269, 339 Käse 28, 108 Kassia (byz. Autorin) 247 Kastron 118, 207 Katalanische Kompanie (Söldner) 69, 201, 273, 288, 301 Katalaunische Felder (Schlacht 451) 43 Katalonien (Region in Spanien) 69 Katepanat (Italien) 31 Katepano (byz. Amt) 32, 198, 340 Katharer (Sekte) 295 Katharevousa (»Reinsprache«) 230 Katharina v. Siena (Hl., Mystikerin) 82 Kaukasus (Gebirge) 21, 98, 205 Kavallerie 123 Kekaumenos (byz. Autor) 56, 158 Kibyrrhaioton (Thema) 205

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Kiev 53, 78, 104, 144, 196, 263, 271, 273 Kilikien (Ldt.) 21f., 233 Kirchenunion 73, 81f. Kleinasien 21–25, 28, 30, 35f., 41, 45–47, 49, 54, 58, 60, 62, 64f., 94– 96, 106, 108–110, 117, 155, 186, 190f., 201, 208f., 224, 270, 273, 283, 287, 294, 342 – Ostkleinasien 205 Kleisoura (byz. Grenzprovinz) 340 Kleisourarches 340 Klöster 85–87, 115 – Ägypten 85 – Athos 85–87, 219, 271 – Bithynischer Olymp 86 – Johanneskloster (Patmos) 86 – Katharinenkloster (Sinai) 89, 290 – Kpl. 85f., 89, 124, 215f., 291 – Kykkos (Zypern) 89 – Mar Saba (Palästina) 290 – Megiste Laura (Athos) 271 – Meteora (Thessalien) 85 – Nea Mone (Chios) 86 – Palästina 85, 290 – Pantokrator (Kpl.) 215 – Soumela (Pontos) 86 – Studios (Kpl.) 86 – Syrien 85 Koine (»Gemeinsprache«) 230, 304, 340 Koinobion (theol. Begriff) 85, 340 Koloneia (Stadt in Kleinasien) 186 Kolonen s. Pächter 116 Komes (byz. Offizier) 198 Kommerkiarios (byz. Amt) 155, 340 Kommerkion s. Zölle Komnenen (byz. Fam.) 57f., 139 Konrad III. (dt. Kg.) 272 Konstans II. (byz. Ks.) 52, 217, 246 Konstantin I. (byz. Ks.) 38, 40, 41, 71, 115, 142, 166, 188, 206f., 212, 214, 236, 269, 285, 289 Konstantin III. (byz. Ks.) 217 KonstantinV. (byz. Ks.) 52, 214, 232, 290, 296, 339 KonstantinVI. (byz. Ks.) 79, 87, 121, 220, 250, 260, 289f., 303

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Konstantin VII. Porphyrogennetos (byz. Ks.) 72, 138, 160, 229, 252f., 286, 289, 296 KonstantinVIII. (byz. Ks.) 182, 240, 305 Konstantin IX. Monomachos (byz. Ks.) 148, 229, 297 Konstantinos Gongylios (byz. Fkr.) 175, 187, 194, 300 Konstantinopel 16f., 33–35, 42, 46, 50, 64, 84, 114, 118, 124–126, 152, 169, 203–207, 210–218, 226, 274, 293, 302 – Apostelkirche (Kpl.) 41 – Aquädukt 212, 215 – Belagerung (626) 270 – Belagerung (674–678) 270 – Belagerung (717/18) 270 – Belagerung (1396–1402) 274 – Belagerung (1422) 274 – Blachernenpalast 215 – Bukoleonhafen 214 – Byzantion 11, 33, 212 – Chalke 214 – Einweihung 269 – Einwohnerzahl 33, 46, 212, 214, 302 – Galata (Vorstadt) 66 – Gesellschaft 124–126 – Goldenes Horn 215 – Gründung 38, 269 – Hagia Sophia (Kirche) 72, 84, 89, 96, 126, 178, 214, 237, 269 – Handel 106, 108 – Hiereia (Vorstadt) 231, 271 – Hippodrom 124–126, 129, 137, 214 – ital. Quartiere 106, 125, 215, 218, 302 – Kaiserpalast 213f., 216 – Klöster 215f. – Livadion 231 – Mauern 212, 215, 269 – Moschee 130, 215, 233 – Hl. Olaf (Kirche) 130, 233 – Patriarch 17, 33, 49, 68, 72, 74, 78, 83f., 124 – Polizei 125 – Versorgung 33, 91, 166, 212

Konstantios (byz. Ks.) 41, 71, 206, 289 Konstanze (norm. Kg. v. Sizilien) 273 Konstanzer Vertrag 272 Konzilien/Synoden 83 – Chalkedon (451) 17, 74, 76, 83, 269, 290, 341 – Clermont (1095) 61, 271 – Ephesos (431) 269, 290 – Ferrara-Florenz (1438/39) 81, 274, 290 – Hiereia (754) 271 – Kpl. (381) 74, 269, 290 – Kpl. (553/54) 270, 290 – Kpl. (680/81) 76, 270, 290, 341 – Kpl. (869/70) 290 – Kpl. (879/80) 290 – Kpl. (1351) 340 – Lyon (1274) 81, 273 – Nikaia (325) 40, 74, 269, 290 – Nikaia (787) 77, 271, 290 – Piacenza (1095) 271 – Quinisextum (691/92) 270 – Synodos endemousa 84, 290 Kopten 17, 42, 283 Korinth (Stadt in Griechenland) 26, 60, 63, 209, 258 Korporationen 99, 116, 125, 253 Korsika 27, 33 Kourkouai (byz. Fam.) 48 Kreta 28, 50, 107, 171, 175, 181, 187, 194, 251, 271, 284, 300 – musl. Emirat 28 Kreuzfahrerstaaten 29, 62, 94, 106– 109 Kreuzzüge/Kreuzfahrer 12, 14, 56, 58f., 61–65, 79, 81, 106, 108, 272f., 287f. Krim 22, 30 Kroaten/Kroatien 25, 52f., 78, 233 Ktenas (byz. Kleriker) 170 Kultur 224–238 Kumanen (Nomadenvolk) 25f., 54 Kupfer 28, 98 Kyrillos (byz. Missionar) 77 Lachmiden (arab. Dynastie) 19 Landarbeit 96f.

Landtransport s. Handel Landwirtschaft 91, 94, 219 Langobarden (germ.Volk) 25, 31, 43, 76, 270f., 284, 286, 338f. Laonikos Chalkokondyles (byz. Autor) 248 Latein 229 – Kenntnisse in Byzanz 49 Lateiner 114, 127, 199, 201 Lateinisches Europa 32, 35, 60, 92f., 103f., 123, 164f., 200, 204, 209, 236, 340 Lebensmittel 33, 60, 91, 103 Legnano (Schlacht 1177) 272 Lehnswesen 159 Leon III. (byz. Ks.) 134, 205, 270, 290, 339 Leon V. (byz. Ks.) 205 LeonVI. (byz. Ks.) 79, 148, 161, 170, 249, 253, 286, 290, 338 Leon Agelastos (byz. Fkr.) 161 Leon Diakonos (byz. Autor) 246, 306 Leontio (byz. Ks., 7. Jh.) 126 Leontios (byz. Ks.) 137, 205 Levunion (Schlacht 1091) 63, 271 Libanongebirge 20 Licinius (röm Ks.) 269 limitanei (Soldaten) 153 Liudprand, Bf. v. Cremona (Gesandter Ottos I.) 146, 216, 237 Logothesie (byz. Behörde) 155 Logothetenchronik 246 Logothetes (byz. Amt) 341 – L. d. Genikon 155, 339, 341 – L. d. Sekreta 160 – L. d. Stratiotikon 155, 341 – L. d. Dromos 156, 161, 341 – L. d. agelai 186 Lombardischer Bund 272 Loros (Kleidungsstück) 257, 341 Ludwig VII. (frz. Kg.) 272 Ludwig XIV. (frz. Kg.) 136, 296 Lusignan (fränk. Dynastie auf Zypern) 29 Mächtige (dynatoi) 122, 160, 167, 193, 221, 338f., 341, 342 Magister militum (byz. Amt) 153, 341

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Magister officiorum (byz. Amt) 152, 156 Magister praesentalis (byz. Amt) 153 Magistros (byz. Titel) 161, 256, 341 Mähren 77f. Makedonien (Ldt. auf d. Balkan) 205, 303 Malagina (Ort in Kleinasien) 22, 186 Maleinoi (byz. Fam.) 206 Mantzikert (Schlacht 1071) 35, 54, 56, 58, 60, 106, 184f., 201, 208, 271, 287 Manuel (Magistros) 256 Manuel I. Komnenos (byz. Ks.) 57, 61–63, 80, 197, 215, 234, 272, 287, 290, 301 Manuel II. Palaiologos (byz. Ks.) 274 Maria (byz. Ks., 8. Jh.) 121, 250 Maria v. Antiocheia (byz. Ks., 12. Jh.) 272 Maria Komnene (Tochter Manuels I. Komnenos) 272 Marianos Argyros (byz. Fkr.) 218 Marica (Fluss, Schlacht 1371) 274 Markellai (Schlacht 792) 271 Marmarameer 34, 86 Massengutwaren 15, 101f., 108 Mastix (Baumharz) 29 Maultier 183 Maurikios (byz. Ks.) 27, 32, 44–46, 125f., 154, 189, 218, 270 Medina (Stadt in Arabien) 18, 270 Megale Laura (Kloster auf d. Athos) 85 Megas domestikos (byz. Amt) 158, 341 Megas doux (byz. Amt) 158, 341 Mehmed II. (osman. Sultan) 70, 248 Meister Eckhart (lat. Mystiker) 82 Mekka (Stadt in Arabien) 18, 270 Melkiten (orthodoxe Christen im Orient) 17 Menandros (byz. Autor) 245 Menteshe (seldsch. Emirat) 110, 210 Mesazon (byz. Amt) 160, 162, 298, 341 Mesembria (Nešebar, Stadt in Bulg.) 89 Mesopotamien 18, 20, 24, 153, 174

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Methodios (byz. Missionar) 77 Metropolites (Bischofsrang) 72, 83, 341 – Metropolitansynode 83 Michael I. (byz. Ks.) 52 Michael II. (byz. Ks.) 205 Michael III. (byz. Ks.) 78, 141f., 182, 232, 256 Michael V. (byz. Ks.) 125, 217f. Michael VII. (byz. Ks.) 240 Michael VIII. Palaiologos (byz. Ks.) 68, 201, 288 Michael I. Kerullarios (Ptr. v. Kpl.) 72, 79f., 290 Michael IV. Autoreianos (Ptr. v. Kpl.) 81 Michael Attaleiates (byz. Autor) 246 Michael Choniates (byz. Autor) 125, 203 Michael Kritoboulos (byz. Autor) 248 Michael Psellos (byz. Autor) 225, 240f., 243, 246f., 305 Militär 47, 116, 119, 121, 123, 153f., 156f., 183–202, 299, 301 – Besoldung 174, 176 – Verwaltung 156–158 Milutin (serb. Zar) 68 Milvische Brücke (Schlacht 312) 269 Mimos (Schauspielgenre) 232, 304 Mistras (Stadt auf d. Peloponnes) 127f., 204, 210, 230, 274, 302 Mitkaiser 139–142 Modios (byz. Hohlmaß) 167, 341 – modius castrensis 101 Mohammed (Prophet) 49, 262, 270 Mongolen 25, 53, 66, 69f., 262f., 273 Monophysiten/Monophysitismus (Häresie) 17, 19, 41, 76, 90, 270, 285, 289, 341 Monostrategos (byz. Amt) 158, 198 Monotheleten/Monotheletismus (Häresie) 76, 341 Moskau 144 Mühlen 99 Münzen 100, 167, 257f., 307 Myriokephalon (Schlacht 1176) 62, 272 Mystik 82

Nahrungsmittel 108f. Narses (byz. General) 31, 161, 188, 269 Neapel (Stadt in Italien) 32 Nika-Aufstand 125, 137, 214, 218, 269, 302 Nikaia (Iznik, Stadt in Kleinasien) 25, 62, 64–66, 110, 201, 204, 209, 273, 288 – Konzil (325) 40, 74, 269, 290 – Konzil (787) 77, 271, 290 Nikephoros I. (byz. Ks.) 52, 172, 205, 299f. Nikephoros II. Phokas (byz. Ks.) 29, 80, 123, 136, 171, 175, 187, 194, 205, 217f., 237, 271, 289f., 295 Nikephoros III. Botaneiates (byz. Ks.) 247 Nikephoros I. (Ptr. v. Kpl.) 246, 306 Nikephoros Bryennios (byz. Autor) 247 Nikephoros Gregoras (byz. Autor) 203, 248, 306 Niketas Choniates (byz. Autor) 81, 149, 197, 225, 241f., 245, 247, 306 Nikolaos I. Mystikos (Ptr. v. Kpl.) 79, 96, 249, 289 Nikolaus I. (Papst) 78, 290 Nikomedeia (Stadt in Kleinasien) 273 Nikopolis (Stadt in Epiros) 274 Nil 16 Nisibis (Grenzort mit Pers.) 20 Nomaden 96 Nomisma (byz. Münze) 93, 99, 163, 167, 340f. Nomos Georgikos (Gesetzessammlung) 120, 221, 303, 341 Normannen 32, 53f., 60, 63f., 106, 147, 209, 271–273 Notarios (byz. Amt) 148 Nur ad-Din (musl. Herrscher) 272 Nymphaion (Stadt in Kleinasien) 273 Obst/Obstbaum 95f. Ochsen 96f. Odoacer (Usurpator in Westrom) 31, 269 Odo v. Deuil (lat. Autor) 210

Oliven/Olivenöl 18, 26, 33, 60, 92, 94–97, 108 – Olivenpressen 97 Omaijaden (musl. Dynastie) 50, 52, 271 Opsikion (Thema) 161, 191, 205, 300 Oriens (Prätorianerpräfektur) 152f., 155, 188, 342 Orontes (Fluss in Syrien) 18 Orphanotrophos (byz. Amt) 156, 342 Orthodoxe/Orthodoxie 17, 270, 342 Osmanen (türk. Dynastie) 25f., 29, 69, 110, 202, 210, 273, 274 Ostgoten (germ. Volk) 27, 31f., 40, 43, 76, 161, 188, 269, 284, 286, 338 Otto I. (röm.-dt. Ks.) 53, 146, 237, 271 Otto II. (röm.-dt. Ks.) 271 Ottonen (sächs.-dt. Dynastie) 53f. Pachomios (Klostergründer) 85 Pächter (Kolonen, Paroikoi) 97, 116, 167, 342 Packtiere 14, 98 Palaiologen (byz. Fam.) 139 Palamismus (theol. Richtung) 342 Palästina 17–21, 28f., 41, 45f., 49, 62, 82, 104, 107f., 153, 155, 207, 224, 270, 283 Palermo (Stadt auf Sizilien) 27, 271 Paphlagonien (Ldt. in Kleinasien) 121, 220 Papias (byz. Amt) 162, 342 Papst 17, 41, 49, 68, 71, 74f., 78, 81, 83, 130, 144, 341 Papyrus 17, 28 Paradynasteuon (byz. Amt) 342 Parakoimomenos (byz. Amt) 161, 218, 342 Paroikoi (Pächter, Kolonen) 167, 342 Patmos (Insel in d. Ägäis) 86 Patriarch/Patriarchat 83, 112 – Alexandreia 17, 21, 41, 74f., 83 – Antiocheia 17, 19, 21, 41, 74f., 83 – Jerusalem 21, 74f., 83

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– Kpl. 17, 33, 49, 68, 72, 74, 78, 83f., 124 Patrikios (byz. Titel) 161, 255, 342 Paulikianer (Sekte) 90, 114, 130, 295, 342 Pelagonia (Schlacht 1259) 273 Peloponnes 25, 32, 35, 65f., 69f., 94, 108, 160, 208, 210, 230, 273 Pelze 103 Penetes s. »Arme« Pentarches (byz. Amt) 198 Pentarchie (theol. Begriff) 83 Pentekontarches (byz. Amt) 198 Perser/Persien 18–20, 24, 36, 38, 44, 46, 49f., 52, 97, 124, 143, 155, 188, 189, 214, 261, 269f., 286 Pest 33, 44, 70, 97, 110f., 117, 128, 188, 207, 212, 214, 260, 269f., 274, 285, 305 Pet ă r (bulg. Zar) 271 Peter III. (Kg. v. Aragon) 68 Petros v. Argos (byz. Hl.) 251, 307 Petschenegen (Nomadenvolk) 25f., 54, 56, 63, 271f. Pferde 98, 183f., 300 Pflug 96 Philadelpheia (Stadt in Kleinasien) 204 Philaretos (byz. Hl.) 121, 220, 250, 295, 303, 306 Philentolos (hagiograph. Erzählung) 250, 307 Philippikos III. Bardanes (byz. Ks.) 205 Philogelos (byz. Spruchsammlung) 267, 308 Phokaden (byz. Fam.) 48, 206, 208 Phokaia (Stadt in Kleinasien) 98 Phokas (byz. Ks.) 44–46, 125f., 205, 258, 270 Phönix (Seeschlacht 655) 49, 270 Photios (Ptr. v. Kpl.) 72, 78f., 290 Photios (Patrikios) 161 Piacenza (Synode 1095) 271 Pilger 103, 106, 108 Piraten 28, 30, 60, 64 Pisa/Pisaner 60, 92, 106f., 109, 169, 199, 215, 272f., 294, 298 Platon (griech. Philosoph) 203

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Polen 78 Polyeuktos (Ptr. v. Kpl.) 80, 136, 290 Pontosgebirge (Kleinasien) 21 praefectus (Amt) 339 – praefectus praetorio s. Prätorianerpräfekt Praepositus sacri cubiculi (Amt) 153, 161, 342 Prätorianerpräfekt/-präfektur (Amt) 152, 155, 166, 340, 342 Preisedikt (Diokletians) 101 Prokop (byz. Autor) 129, 138, 182, 214, 245, 261, 305 Pronoia 159, 167, 196f., 202, 222, 342 Proskynese (Teil d. Zeremoniells) 342 Prosopographie 342 – PmbZ 88, 111, 219, 291, 294 Protobestiarios (byz. Amt) 162, 343 Protonotarios (byz. Amt) 158, 161, 343 Protospatharios (byz.Titel) 170, 255, 343 Purpurstoffe 18 Quaestor (byz. Amt) 156, 343 Quaestor sacri palatii (byz. Amt) 152 Quellen 239–258 Ranglisten 253f., 343 Ravenna (Stadt in Italien) 31, 38, 271, 339 regnum Graecorum 11 rex Constantinopolitanus 11 Rhaidestos (Stadt am Marmarameer) 27 Rhetorik 228f., 245 Rhodos (Insel) 273 Ribe (Stadt in Dänemark) 307 Richard I. Löwenherz (Kg. v. England) 29, 64, 273 Ritter 123, 194, 197, 200, 300 Rohrzucker 29 Rom 16f., 31–33, 38, 41f., 49, 53, 77, 115, 152, 203, 269, 286 – Getreideversorgung 91, 166 Romanos I. Lakapenos (byz. Ks.) 138, 161, 205, 286 Romanos II. (byz. Ks.) 286

Romanos III. Argyros (byz. Ks.) 289 Romanos IV. Diogenes (byz. Ks.) 58 Romanos Musele (byz. Fkr.) 161 Romanos Saronites (byz. Fkr.) 161 RomulusAugustulus (Ks. v.Westrom) 31, 269 Ros s. Rus (Varäger) Rotes Meer 16 Rudolf, Graf v. Pfullendorf (Schwaben) 292 Rum (türk. Name v. Byzanz) 11 Runciman, Steven (engl. Historiker) 266 Rus (s. auch Varäger) 53, 130, 144, 236, 271 Russland 30, 175 Saatgetreide 95f. Sachsen 108, 297 Sakellarios (byz. Amt) 156, 343 Sakellion (Behörde, Schatzamt) 338, 343 Saladin (Sultan v. Syrien/Ägypten) 273 Salz 91, 101, 293 Samaritaner 19, 41 Sardinien (Insel) 27, 33, 284 Sassaniden (pers. Dynastie) 44 Save (Fluss) 25 Schiffe 102 – Schiffbau 18 – Bauholz 108 – Routen 28f. Schisma (1054) 49, 78–80, 271, 290, 338 Scholai (Gardetruppen) 198 Scholastik 82 Schulbildung 228f., 304 Schwarzes Meer 22, 34, 53, 66, 106f., 109f. scrinia (Behörden) 152 Sebastoupolis (Schlacht 693) 270 Seide 18, 26, 28, 91, 94, 100f., 209, 293, 299 Seidenstraße 102 Sekreta (Behörden) 160 Seldschuken 24, 54, 56, 58, 61–63, 65f., 69, 96, 201, 209, 271–273 Semiramis (Kg. von Babylon) 203

Senat 72, 115 – Senatoren 92 Serben/Serbien 25f., 52f., 63, 69, 78, 144, 202, 210, 233, 272–274, 288 Sergios I. (Ptr. v. Kpl.) 76 Sichel (Werkzeug) 97 Siegel 254–256, 307 Sigurd (Kg. v. Norwegen) 215, 302 Silber 92f., 98, 108 Simonis (byz. Prinzessin, Gem. Milutins) 69 Sinope (Stadt in Kleinasien) 22 Sirmium (Sremska Mitrovica, Stadt an d. Donau) 25, 270 Sizilianische Vesper (1282) 68, 273 Sizilien 27f., 32, 50, 68, 94, 102, 271, 284 Skandinavien 175 Sklaven 17, 97, 99, 103, 113, 116, 293 Skleroi (byz. Fam.) 48, 206 Slawen 25f., 43, 50, 52, 114, 124, 175, 189, 220, 233, 270, 284, 286 Smyrna (Stadt in Kleinasien) 210 Soldatenbauern 48, 54, 121, 123, 174, 176, 191–194, 201, 221 Soldatengüter 121f., 191–196 Söldner 49, 54, 62, 69, 109, 130, 153f., 174–176, 189, 196, 199, 201f., 233, 255, 301, 339 – Sold 92, 121 Spanien 32f., 40, 43, 76, 270, 284f., 342 Spoleto (langobard. Herzogtum) 31 Sporteln (Gerichtsgebühren) 169 Staatshaushalt 109, 163, 179–181, 299 Städte 117, 206–210 Staufer (dt. Dynastie) 68, 147 Staurakios (byz. Fkr.) 161 Steiermark 108 Stephan Dušan (serbischer Zar) 69, 273 Steuern 63, 93, 95, 99, 158f., 165– 168 – aërikon 168 – alamannikon 273 – allelengyon 166 – annona 152, 166

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– capitatio 166 – demosion 166 – epibole 339 – Erbschaftssteuer 168 – Fischereisteuer 168 – Fundsteuer 168 – iugatio 166 – kapnikon 166 – Steuerpacht 168 – Wachsteuer 168 Stilicho (Fkr. in Westrom) 116 Straßen 14 – Seidenstraße 102 – via Egnatia 26 – Weihrauchstraße 18 Strategos (Gouverneur eines Themas, General) 112, 157f., 161, 174, 176, 198, 343 Stratiotikon (Behörde) 343 Stroh 97 Stylianos Zautzes (byz. Fkr.) 161, 338 Svjatoslav (Großfürst v. Kiev) 53 Symeon (bulg. Zar) 52, 144, 271 Symeon Salos (byz. Hl.) 295 Symeon Stylites (byz. Hl.) 19 Synkellos (byz. Amt) 156, 343 Synodos endemousa 84, 290 Syrakus (Stadt auf Sizilien) 28, 271 Syrien 17–21, 24, 28f., 35, 41f., 45– 47, 49f., 62, 102, 106–108, 153, 155, 207, 224, 283, 342 – Nordsyrien 198, 205 Tagmata 157, 174, 191, 300, 343 Taktika s. Ranglisten 253 Tamerlan s. Timur Lenk 70 Tankred v. Lecce (norm. Kg. v. Sizilien) 273 Taormina (Stadt auf Sizilien) 28 Tauros (Gebirge in Kleinasien) 20f., 24, 47 Teja (Kg. d. Ostgoten) 161, 269 Tephrike (Stadt in Kleinasien) 130 Tertullian (frühchristl. Theol.) 136 Theater 129 Thebais (Wüste in Ägypten) 85 Theben (Stadt in Griechenland) 26, 60, 63, 209

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Themen/Themata(Militärprovinzen) 157–159, 161, 174f., 180, 190– 196, 198, 201, 300, 343 – Themenorganisation 190–196 – Themenreform 300 – Themenrichter 158 Theoderich (Kg. d. Ostgoten) 31, 40, 43, 269, 286 Theodora (byz. Ks., 6. Jh.) 129, 137, 245, 261, 269, 295, 299 Theodora (byz. Ks., 9. Jh.) 139, 161, 182 Theodora (byz. Ks., 10. Jh.) 80 Theodora Komnene (Kg. v. Jer.) 272 Theodoros I. Laskaris (byz. Ks.) 66, 81 Theodoros Skutariotes (byz. Autor) 247 Theodoros Studites (byz. Abt u. Autor) 86f., 121, 149, 220, 295 Theodosios I. (byz. Ks.) 76, 269 Theodosios II. (byz. Ks.) 33, 212, 228, 229 Theodosios III. (byz. Ks.) 205, 217 Theodosios (byz. Fkr.) 255 Theoktistos (byz. Fkr.) 161 Theophanes (byz. Autor) 31, 225, 246, 260f., 306 Theophanes continuatus (byz. Autor) 232, 246, 306 Theophano (byz. Ks., 9. Jh.) 203 Theophano (byz. Ks., 10. Jh.) 80, 218 Theophano (röm.-dt. Ks.) 271 Theophilitzes (byz. Adliger) 142 Theophylaktos Simokattes (byz. Autor) 245 Thera (Santorin, Insel) 270 Thessalien 66, 85, 94, 108, 294 Thessalonike (Saloniki) 27, 43, 50, 52, 60, 63, 65, 69, 104, 127f., 155, 160, 204, 208–210, 230, 232, 246, 270–274, 302, 304 Thomas d. »Slawe« (byz. Usurpator) 271 Thomas Morosini (ven. Ptr. v. Kpl.) 80f. Thrakesion (Thema) 161, 175, 191, 194, 253

Thrakien 34, 63, 66, 70, 94, 108, 153, 188, 284 Thukydides (griech. Autor) 305 Tiberios II. (byz. Ks.) 75 Tiberios III. Apsimar (byz. Ks.) 137, 205 Timur Lenk (turkomongolischer Herrscher) 70, 274 Titelwesen 154, 161 – s. auch Verwaltung Töpferwaren 102 Totes Meer 18 Trajan (röm. Ks.) 236 Trapezunt (Stadt in Kleinasien) 22, 25, 64f., 70, 86, 204, 209f., 273f., 288, 302 Troja (Stadt in Kleinasien) 203 Tuchwaren 18, 100, 108 Türken 21, 26, 28, 36, 52, 110, 204 Turkmenen (türk. Nomaden) 22, 24, 58, 66, 96 Turmarches (byz. Offizier) 198, 343 Turnier 234 Turnovo (Stadt in Bulg.) 273 Ungarn 25, 52f., 63, 78, 97, 236, 272, 287 Urban II. (Papst) 61 Usurpatoren 133f., 138, 141 Valens (byz. Ks.) 42, 269 Vandalen (germ.Volk) 25, 27, 32, 40, 43, 76, 188, 269, 285f., 338 Varäger (skandinavisch-russische Wikinger) 53, 78, 104, 175, 196, 199, 233, 271, 293, 295, 300 – s. auch Rus Varna (Schlacht 1444) 274 Venedig/Venezianer 28–30, 32, 60, 80, 92, 104–110, 169, 199, 215, 271, 273f., 284, 287, 291, 293, 298 – Friede (1177) 272 Verdun (Ort in Frankr.) 103 Veroneser Bund 272 Verwaltung 47, 116, 147–162, 164, 297 – Ämterkauf 149f., 159, 170f., 298f.

– Beamte 147f., 151, 156, 160, 162, 164, 173 – Militärverwaltung 156–158 – Richter 148f. – Zivilverwaltung 47, 154–156 Via Egnatia 26 Viehwirtschaft 94, 97 Vlachen 25, 233 Vladimir (Großfürst v. Kiev) 271 Wachs 108 Waffen 100 Wagenrennen 178 Wassermühlen 97 Weidewirtschaft 95 Weihrauchstraße 18 Wein/Weintrauben 18, 60, 94–97, 108 – Weinstöcke 96 Westarabien 18 Westeuropa 31, 36, 70, 201 Westgoten (germ. Volk) 32f., 40, 42f., 76, 269, 285, 338 Westrom 25, 31, 38, 40, 43, 45, 152, 269 Wilhelm II. (norm. Kg. v. Sizilien) 273 Willibald (Bf. v. Eichstädt) 29 Xenodocheion (Fremdenheim) 19 Yarmuk (Fluss in Palästina) 46, 270 Zenon (byz. Ks.) 31, 43, 269, 296 Zeremoniell 72, 126, 139, 141, 179, 215f., 296 – Akklamationen 338 – Gotisches Weihnachtsspiel 233f. – Krönung 135 – Proskynese 136 – Weinlesefest 231 Zeremonienbuch s. De Cerimoniis Zigeuner 131 Zoe (byz. Ks., 11. Jh.) 80, 125, 218 Zölle 107, 165, 169 – Hafenzoll 169 – Kommerkion 107, 169, 340 Zosimos (byz. Autor) 245 Zweikaiserproblem 143f., 287

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Zwiebeln 96 Zypern 28f., 50, 64, 104, 107, 271– 273, 284

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