Einfach Bauen: Ein Leitfaden 9783035624687, 9783035624632

Innovation by Reduction How can architecture create a pleasant indoor climate using construction techniques and as li

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Einfach Bauen: Ein Leitfaden
 9783035624687, 9783035624632

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Einfach Bauen

Einfach Bauen Ein Leitfaden

Florian Nagler (Hg.)

Birkhäuser Basel

Konzept: Prof. Dipl.-Ing. Florian Nagler, TUM – Lehrstuhl für Entwerfen und Konstruieren Mitwirkende: Dipl.-Ing. (FH) Architekt Tilmann Jarmer, M.A. (TUM); Dipl.-Ing. Architektin Anne Niemann; Laura Franke, M.Sc.; Laura Traub, B.A. (TUM); Johannes Sack, M.Sc.; Zsofia Varga, M.Sc.; Dipl.-Ing. Stephan Ott, M.A.; Fabian Diewald, M.Sc.; Dipl.-Ing. (Univ.) Alexander Knirsch; Prof. Dipl.-Ing. Thomas Auer; Prof. Dr.-Ing. Christoph Gehlen; Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter Fotografien: Sebastian Schels; Tilmann Jarmer (S. 52, 86, 88); Max Kratzer (S. 5); Laura Franke (S. 2) Lektorat: Ruth-Lisa Knapp Projektkoordination: Alexander Felix, Regina Herr Herstellung: Heike Strempel Layout und Covergestaltung: Floyd Schulz Satz: Laura Traub, Heike Strempel Papier: 120 g/m² Tauro Offset Druck: Optimal media GmbH, Röbel/Müritz Lithografie: pixelstorm, Wien

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts.

ISBN 978-3-0356-2463-2 e-ISBN (PDF) 978-3-0356-2468-7 Englisch Print-ISBN 978-3-0356-2464-9

© 2022 Birkhäuser Verlag GmbH, Basel Postfach 44, 4009 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

9 8 7 6 5 4 3 2 1

www.birkhauser.com

Inhalt

8 Vorwort 10

A

Einfach Bauen

20 B 22 26 32 38 44 50 58

Leitfaden B1 Kompaktheit B2 Fenster B3 Thermische Trägheit B4 Robuste Technik B5 Systemtrennung B6 Materialgerechte Konstruktion B7 Fazit

60 C 64 82 102

Pläne Forschungshäuser C1 Haus in Leichtbeton C2 Haus in Massivholz C3 Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

122 D Literatur

Vorwort Man steht nicht einfach morgens auf und beschließt, in Zukunft einfacher bauen zu wollen. Nein, aber nach über 20-jähriger Baupraxis und dem steten Bemühen um die Entwicklung von Projekten, die energetisch sinnvoll sind und bei denen wir verantwortungsvoll mit unseren Ressourcen umgehen, war ich ernsthaft besorgt hinsichtlich der zunehmenden Komplexität im Bauwesen, sowohl im Hinblick auf die verwendeten Baukonstruktionen als auch den immer intensiveren Einsatz von Technik. Das sehr ambitionierte Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf bei Augsburg, das wir gemeinsam mit Hermann Kaufmann Architekten entworfen und gebaut haben, hat mir diese zunehmende Komplexität und die damit auch verbundenen Probleme noch einmal eindrücklich vor Augen geführt. Einerseits ist die mehrfach ausgezeichnete Schule als Holzbau, Plusenergieschule und Gymnasium mit innovativem pädagogischen Konzept ein vorbildliches Projekt, das wir gemeinsam mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt im Rahmen eines Forschungsprojekts für den Landkreis Augsburg entwickelt und gebaut haben. Andererseits hat mir die Tatsache, dass drei Jahre Monitoring erforderlich waren, um die Haustechnik einzuregeln bzw. – salopp ausgedrückt – „zum Laufen zu bringen“, wirklich Sorge bereitet. Ganz zu schweigen von dem planerischen Aufwand zur Entwicklung der hoch komplexen, nach unterschiedlichen funktionalen Anforderungen optimierten, im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtigen Baukonstruktion. Insgesamt hatte ich nach Abschluss dieses Projekts und einer selbstkritischen Rück- betrachtung den Eindruck, mich in einer Sackgasse zu befinden. Ich wollte so nicht weitermachen und keine Häuser mehr bauen, die uns in der Planung, die Firmen in der Umsetzung und die Bauherrschaften im Gebrauch überfordern. Angeregt durch Beispiele von Kolleginnen und Kollegen, die ähnlich leidvolle Erfahrungen gemacht hatten und nach Alternativen suchten, wie sie bei dem Gebäude 2226 von Baumschlager Eberle in Lustenau realisiert wurden, fanden wir es daher an der Zeit, an der Technischen Universität München ein Forschungsprojekt zu initiieren, das sich mit der Fragestellung beschäftigt, ob es nicht möglich ist, doch wieder einfacher zu bauen, als wir dies gemeinhin zuletzt getan haben – „einfach bauen“. Dabei hat uns vor allem die Fragestellung interessiert, ob auf die Anforderungen unserer Zeit nur mit immer mehr und immer komplexerer Technik reagiert werden kann. Ziel des Forschungsprojekts sollte sein, eine Grundlage zu schaffen, auf der einfache, robuste Gebäude entwickelt werden können, und die Komplexität dadurch zu reduzieren, dass beispielsweise nur einschalige bzw. monolithische oder einstoffliche Konstruktionen verwendet werden. Um eine möglichst große Relevanz unserer Untersuchungen zu erreichen, haben wir die drei gängigsten Materialien des aktuellen Baugeschehens ausgewählt und zum Gegenstand unserer Untersuchungen gemacht: Holz, Beton und Ziegel. Auf Grundlage des von „Zukunft Bau“ geförderten mehrstufigen Forschungsprojekts, an dem wir seit 2016 gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen an der TU München arbeiten, hat es uns dann die B&O Gruppe als Bauherrin ermöglicht, in Bad Aibling drei „richtige“ Forschungshäuser zu bauen, die mittlerweile bewohnt sind und in den nächsten zwei Jahren einem intensiven Monitoring unterzogen werden. Der hier nun vorliegende Leitfaden fasst die vielen Überlegungen und bisherigen Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt und den darauf aufbauenden Bauprojekten knapp und übersichtlich zusammen und soll nicht nur interessierte Kolleginnen und Kollegen, sondern auch Bauherrschaften, Handwerkerinnen und Handwerker und alle anderen Personen, die mit dem Bauen zu tun haben, anregen, darüber nachzudenken,



Vorwort

8

ob wir nicht auch mit etwas reduzierten Ansprüchen und einfacheren, aber robusteren Mitteln zu schönen, gut bewohnbaren Häusern gelangen können und dabei dennoch, aufgrund eines angemessenen Energie- und Ressourcenverbrauchs, unserer Verantwortung für die gebaute Umwelt gerecht werden. Dabei dürfen wir es allerdings nicht bewenden lassen. Ich habe den Eindruck, dass wir mit den Erkenntnissen aus den Forschungsprojekten die Tür zu einer weiteren sinnvollen Entwicklung gerade erst aufgestoßen haben und sich ein weites Feld eröffnet, das es zu bearbeiten gilt. Zu berücksichtigen sind auch die Reduktion des Flächenverbrauchs bei allen Baumaßnahmen in der Stadt und auf dem Land, die Nutzung des Gebäudebestands als Raum- und Materialressource und die Verwendung von Materialien, die so wenig graue Energie wie möglich verbrauchen, einfach zu recyceln sind oder wieder in den Kreislauf der Natur zurückgeführt werden können. Das wird nur gelingen, wenn all diese Aspekte vom Beginn des Entwurfsprozesses an mitgedacht werden – und als Architektenschaft interessiert uns neben den konstruktiven und technischen Aspekten unserer Häuser natürlich auch deren architektonisches Potenzial. Die Herleitung beispielsweise der Form eines Fensters aus den konstruktiven Bedingungen des Materials ist etwas, was nicht nur sinnvoll ist, sondern auch Freude bereitet – denn ganz nebenbei lässt sich daraus auch eine eigene Ästhetik ableiten. Bestandteil der architektonischen Beschäftigung mit der Reduktion der eingesetzten konstruktiven und technischen Mittel ist auch eine Rückbesinnung auf die Mittel der Architektur und deren konstruktive und konstituierende Elemente wie Wände, Decken, Türen und Fenster, tiefe Leibungen, Vordächer etc., die sich über Jahrhunderte bewährt haben und es ermöglichen, mit Bezug zum regionalen Klima, aber auch der regionalen Bautradition zu arbeiten. Inzwischen versuchen wir, die Erfahrungen aus den Forschungsprojekten in nahezu jedes Projekt einfließen zu lassen. Auch dabei haben wir bereits einiges gelernt – beispielsweise, dass „einfach bauen“ für jeden etwas anderes bedeutet. Manche Handwerksbetriebe empfinden es durchaus als einfacher, sich exakt an die Fachregeln zu halten, statt zu hinterfragen, ob es nicht einfacher ginge. Auch für die Mitarbeitenden im Architekturbüro ist der Griff zum Katalog, der bauaufsichtlich zugelassene Details für jeden Anwendungsfall enthält, deutlich einfacher als die Entwicklung eines eigenen, „einfachen“ Details. Die wesentlichste Erkenntnis ist jedoch vielleicht, dass man einfach entwerfen muss, um einfach bauen zu können. Aber auch das empfinde ich nicht als Einschränkung, sondern als Potenzial für eine künftige Entwicklung. Ich bin der Überzeugung, dass die Beschäftigung mit all diesen Fragestellungen nicht nur einen Beitrag zum verantwortungsvollen Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen leisten wird, sondern dass hierdurch auch ein zeitgemäßer architektonischer Ausdruck gefunden werden kann. Florian Nagler, München im Mai 2021

9

A

Einfach Bauen

Die Anforderungen an den Wärme-, Brand- und Schallschutz von Gebäuden steigen seit Jahrzehnten stetig. Neben der Optimierung von Baumaterialien wird vor allem durch den vermehrten Einsatz von technischen Anlagen versucht, die hohen Ziele zu erreichen: Energie (in Form von Heizenergie) zu sparen und für die Nutzerinnen und Nutzer einen ganzjährigen Komfort zu gewährleisten. In der Folge ist der Anteil für technische Anlagen an den Baukosten in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Die Baukostensenkungskommission der Bundesregierung kam zu dem Ergebnis, dass vor allem die Kostengruppe 400 (technische Gebäudeausrüstung) für die Kostensteigerung am Bau verantwortlich ist (Abb. 1). Weiterhin führt dies zu einer Vielzahl von Vorschriften und technischen Regelungen, die Planende und Bauherrschaften oftmals überfordern. Fehler in Planung, Ausführung und Bedienung sind die Folge. „Die Dinge, die wir entwerfen, und die wir umsetzen, sind in der Regel zu kompliziert“, findet Florian Nagler, unter dessen Federführung der Forschungsschwerpunkt „Einfach Bauen“ an der TU München stattfindet. „Da ist der Reflex verständlich, zu fragen: Wie geht das einfacher?“ [2]

160,0 150,0 +45,9 %

Index

140,0

+27,7 % +26,2 % +25,3 %

130,0 120,0 110,0 100,0

4 201

3 201

2 201

1 201

0 201

9 200

200 8

200 7

6 200

5 200

200 4

3 200

2 200

200 1

0 200

199

9

90,0

Jahr

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Einfach Bauen

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VPI (2000–100 %)

Preise für Bauleistungen am Bauwerk

KG 300: Bauwerk – Baukonstruktionen

KG 400: Bauwerk – Technische Anlagen

1 Darstellung der Indexreihen

„KG300 – Bauwerk – Baukonstruktionen“ und „KG400 – Bauwerk – Technische Anlagen“ im Vergleich zum Verbraucherpreisindex (VPI) [1]

Zwei Projekte gaben den Anstoß Als die Münchner Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG ein neues Projekt mit sechs baugleichen Wohnhäusern nutzte, um verschiedene Methoden zur Energieeinsparung zu vergleichen, zeigte die Auswertung der Messungen erstaunliche Ergebnisse: Die tatsächliche Energieeinsparung deckte sich nicht mit der rechnerisch angenommenen. [3] Ein Gebäude war zum Beispiel besonders gut gedämmt worden. Statt der errechneten Einsparung von 7 % gegenüber dem Referenzgebäude konnte jedoch nur 1 % gemessen werden. Noch größer war die Abweichung bei dem Gebäude mit einer Lüftungsanlage. Statt der berechneten 30 % konnten nur 7 % Energieeinsparung bei der Heizung gemessen werden. Wenn man den elektrischen Strom für die Lüftung in die Betrachtung mit einbezieht, war der Primärenergiebedarf sogar höher als bei einem Gebäude ohne Lüftungsanlage. Eine Maßnahme hat dann doch noch deutliche Wirkung gezeigt: Bei einem Gebäude wurden die Fenster mit den Regelventilen der Heizkörper verbunden. Bei geöffnetem Fenster wurde dadurch die Heizung abgeschaltet. Wurde das Fenster wieder geschlossen, arbeitete auch die Heizung wieder normal. 23 % der Heizenergie konnten dadurch eingespart werden. Leider empfanden nicht alle befragten Bewohnerinnen und Bewohner diese Regelung als vorteilhaft. Besteht die Lösung also darin, die Nutzerschaft in Richtung eines energiesparenden Verhaltens zu beeinflussen? „Störfaktor Mensch“ betitelte ein deutsches Nachrichtenmagazin dazu einen Artikel, der sich mit der Studie der GEWOFAG auseinandersetzt. [4] Dort wird der „Faktor Leben“ als Grund genannt, warum die getesteten Systeme nicht die vorher berechneten Einsparungen im Betrieb erreichen konnten. Trotzdem steigt die Zahl der Normen im Bausektor weiter. Der Artikel rechnet vor, dass von 1990 bis 2016 die Anzahl der Normen von 5.000 auf 20.000 gestiegen ist, was einem Plus von 300 % entspricht. Zahlreiche Veröffentlichungen zeigen, dass dadurch zwar die Komplexität steigt, die angestrebte Energieeffizienz im Betrieb aber – wenn überhaupt – erst nach einer Phase der Einregulierung erzielt wird. Da ein solches Monitoring für die meisten Häuser nicht durchgeführt wird, liegt der Schluss nahe, dass ein großer Anteil der neu errichteten Gebäude deutlich mehr Energie verbraucht als erforderlich. Einen Ausweg zeigt das von Baumschlager Eberle Architekten geplante Bürogebäude 2226 in Lustenau in Österreich auf. Das Gebäude besitzt weder Heizung noch Lüftungsanlage oder Sonnenschutz. Trotzdem bleibt die Temperatur in den Räumen ganzjährig angenehm zwischen 22 und 26 °C, was dem Haus seinen Namen gab. Zur Beheizung dienen ausschließlich in den Räumen vorhandene Energiequellen wie Menschen, Geräte und Beleuchtung. Ganz ohne Technik kommt das Projekt 2226 jedoch nicht aus: Über Innenraumsensoren wird die Frischluftzufuhr geregelt. Je nach Raumtemperatur oder CO2-Gehalt der Raumluft werden die Fenster automatisch geöffnet. Die Nutzerinnen und Nutzer können dies bei Bedarf umgehen und die Lüftungsflügel individuell von Hand bedienen. Das Projekt 2226 beweist, dass durch die Nutzung von Mitteln der Architektur Ergebnisse erzielt werden können, die heute vielfach nur noch durch den Einsatz von „viel Technik“ für möglich gehalten werden. [5] Wie sollten also Wände, Decken und Fenster beschaffen und angeordnet sein, um besonders vorteilhaft gegen das Auskühlen des Raumes im Winter oder das Aufheizen im Sommer zu wirken? Und welche Rolle spielen die Menschen oder das Klima dabei?

11



Forschungsprojekt „Einfach Bauen“

Vor diesem Hintergrund hat sich an der TU München das Thema „Einfach Bauen“ als Forschungsschwerpunkt etabliert. Das Team unter der Leitung von Prof. Florian Nagler, bestehend aus Architektinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen und Ingenieuren im Bau- und Umweltbereich, stellte sich die Frage, wie die Architektur mit baulichen Mitteln so optimiert werden kann, dass es möglichst weniger Technik bedarf, um ein angenehmes Raumklima zu erzeugen. Und wie verhalten sich derart „einfach gebaute“ Häuser im Vergleich zu Standardwohngebäuden oder Wohngebäuden in Niedrigenergiebauweise bezüglich Umweltwirkung (siehe Infobox) und Lebenszykluskosten über einen Betrachtungszeitraum von 100 Jahren? In dem von der Forschungsinitiative Zukunft Bau [6] geförderten Forschungsprojekt „Einfach Bauen – Integrale Strategien für energieeffizientes, einfaches Bauen mit Holz, Leichtbeton und hochwärmedämmendem Mauerwerk – Untersuchung der Wechselwirkungen von Raum, Konstruktion und Gebäudetechnik“ wurden über einen Zeitraum von zwei Jahren grundlegende Prinzipien des einfachen Bauens untersucht.

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Einfach Bauen

12

2 Das Gebäude 2226 von Baumschlager Eberle Architekten diente als Referenz für das Forschungsprojekt Einfach Bauen.

Parameterstudie Raumebene

Untersuchung Robustheit

Untersuchung auf Gebäudeebene

Das Team simulierte über 2.000 verschiedene Raumvarianten mit unterschiedlichen Proportionen, Fenstergrößen und Materialien und wertete diese aus. An den erfolgreichen Raumkonfigurationen wurde als Nächstes deren Robustheit gegenüber sich verändernden Randbedingungen, beispielsweise dem Klima oder dem Nutzerverhalten, untersucht. Im dritten Schritt wurden auf Basis der Raumvarianten drei typische Bauformen im Geschosswohnungsbau als Basis für eine Mengenermittlung und Abschätzung der Verbrauchswerte schematisch erstellt. An drei Fassadenmodellen in Massivholz, Mauerwerk und Dämmbeton im Maßstab 1:1 testeten die Forschenden monolithische Konstruktionen mit einfachen Detaillösungen. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse die anfangs aufgestellte These, dass einfache Wohngebäude mit hochwertiger, suffizienter Architektur, robuster Baukonstruktion und reduzierter Gebäudetechnik hinsichtlich Umweltwirkung und Lebenszykluskosten sowohl Standardwohngebäuden als auch Niedrigenergiehäusern überlegen sind. Einfach Bauen bedeutet, ein Gebäude bereits in den ersten Planungsschritten durch eine Vielzahl von Entscheidungen robust und langlebig zu gestalten. Die Ergebnisse finden sich im Forschungsbericht [6] und unter www.einfach-bauen.net.

13

3 Aufeinander aufbauende Arbeitsschritte im Forschungsprojekt „Einfach Bauen“

Forschungshäuser Parallel dazu hat die B&O Gruppe in Zusammenarbeit mit dem Forschungsteam die Strategie „Einfach Bauen” an drei Forschungshäusern in Massivholz, wärmedämmendem Mauerwerk und Leichtbeton umgesetzt. In Bad Aibling entstanden nicht unterkellerte Wohngebäude mit jeweils drei Geschossen und insgesamt 23 Wohnungen. Die materialund klimagerecht konstruierten Gebäude benötigen von sich aus wenig Heizenergie und überhitzen im Sommer nicht. Der Einsatz von einschichtigen Bauteilen aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen schont die Umwelt über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes hinweg. Entstanden sind Wohngebäude, die einfach zu bauen und einfach zu betreiben sind. Mittels Langzeitmessungen kann nun geprüft werden, ob die Erkenntnisse aus der Theorie auch in der Praxis Gültigkeit behalten. Der Leitfaden im Teil B erklärt die Prinzipien des einfachen Bauens exemplarisch anhand der Forschungshäuser. Teil C dokumentiert die Häuser mit Plänen, Fotos und Kennwerten.

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14

4 1:1-Fassadenmodelle zur Überprüfung der Konstruktion

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5 Die drei Forschungshäuser im Bau

Infokasten Einfach Bauen bedeutet ...



die Komplexität im Hochbau zu reduzieren. Schon im Entwurf werden die Mittel der Architektur genutzt, um ein Gebäude zu schaffen, das von sich aus wenig Heizenergie benötigt und im Sommer nicht überhitzt. Dadurch kann die notwendige Gebäudetechnik auf wenige robuste Systeme reduziert werden.



nach Möglichkeit einschichtige Bauteile aus nachwachsenden oder mineralischen Rohstoffen zu verwenden und unter Berücksichtigung der Materialeigenschaft robuste und langlebige Konstruktionen zu entwerfen.



die technischen Systeme sowie die Arbeitsschritte der verschiedenen Sparten des Bauhandwerks möglichst sauber voneinander zu trennen. Das vereinfacht den Bauprozess enorm und auch zukünftige Änderungen lassen sich mit einem Minimum an Zerstörung realisieren.



die Umwelt über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes hinweg zu schonen. Das Ergebnis sollen Gebäude sein, die einfach zu bauen und einfach zu nutzen sind.

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E ducationalVersion

Umweltwirkung des Bauens – Ökobilanz Umweltfreundlich zu bauen bedeutet, das Klima und die Umwelt zu schützen. Dies umfasst einen geringen Materialverbrauch, den schonenden Umgang mit Ressourcen und die Nutzung von umweltfreundlichen Rohstoffen und Sekundärmaterialien. Da Bauwerke besonders lange genutzt werden, sollte ihre Lebensdauer dem entsprechen und die Errichtung dauerhaft sein. Außerdem muss das Gebäude so errichtet sein, dass seine Baustoffe nach dem Abbruch recycelt und wieder in den Stoffkreislauf eingeführt werden können. [7]

Umweltwirkung des Bauens

In Abbildung 6 ist dazu der Vergleich einer Transatlantikflugreise mit den drei Außenwandvarianten aus dem Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ zu sehen. Dabei wurden die Werte der Außenwände auf die Nutzfläche eines Einpersonenhaushalts mit einer durchschnittlichen Fläche von 30 m2 bezogen. Mittels des GWP-Wertes kann beispielsweise eine Aussage über den CO2-Ausstoß pro Quadratmeter der Außenwandfläche eines Einpersonenhaushalts während der gesamten Lebensdauer von 100 Jahren der verschiedenen Gebäudearten getroffen werden. Diese sind im Vergleich zu einem Hinund Rückflug über den Atlantik um das 1,8- bis 2,7Fache größer. Bereits drei Hin- und Rückflüge würden das Kohlenstoffdioxid-Äquivalent der Außenwände übersteigen. [10] Als Transatlantikflugreise einer Person wurde der Hin- und Rückflug von Frankfurt a. M. nach New York (12.374 km) angenommen (Abb. 6). [11]

GWP [kgCO2 äqv.]

Treibhausgase tragen zur Erwärmung der Erdatmosphäre bei. Somit ist das Treibhauspotenzial (engl. global warming potential = GWP) ein Indikator für den Klimawandel. [8] Seine Emissionen werden über das Kohlenstoffdioxid-Äquivalent (CO2-Äqv.) angegeben. [9] Welchen Einfluss die Herstellung von Bauprodukten auf den Klimawandel hat, wird durch den Vergleich ihrer Ökobilanz festgestellt.

Dadurch kann man das Bauprodukt oder das Gebäude bezüglich seiner Umweltwirkung optimieren bzw. die Umweltwirkungen minimieren.

0

17

2.000

4.000

6.000

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10.000

12.000

Transatlantikflugreise p. P.

Leichtbeton Außenwand bez. Einpersonenhaushalt

Massivholz Außenwand bez. Einpersonenhaushalt

Mauerwerk Außenwand bez. Einpersonenhaushalt

6 Vergleich GWP der Außenwände der Forschungshäuser, bezogen auf die Nutzfläche eines Einpersonenhaushalts, und einer Transatlantikflugreise einer Person [12]

Ökobilanzierung Bauen Mithilfe der Ökobilanz können umweltfreundliche Herstellungsverfahren gefunden werden. Dadurch wird ein weiterer Schritt in Richtung Klima- und Umweltschutz getan. Bei der Ökobilanzierung werden Umweltwirkungen betrachtet, die der Lebenszyklus des Produkts erzeugt. Diese Umweltwirkungen sind Emissionen, die beim Einbau, bei der Nutzung durch Energieverbrauch, Reparaturmaßnahmen, Rückbau und Entsorgung der Rohstoffe entstehen. Der Lebenszyklus verläuft „von der Wiege bis zur Bahre“. Er beginnt mit der Rohstoffgewinnung und erstreckt sich über die Anwendung des Produkts, sein Recycling bis hin zu seiner endgültigen Beseitigung. [14] Die Lebenszyklusphasen von Gebäuden gliedern sich in die Herstellungs-, Errichtungs-, Nutzungs- und Entsorgungsphase. In jeder Phase entstehen Energie- und Stoffströme. Diese sind auf die Ressourcenentnahme aus der Umwelt, die Bereitstellung der benötigten Energie,

Ressourcen Vorstufen

die Produktion der Baustoffe, die Transporte, die Errichtung der Gebäude, die Nutzung, die Entsorgung und den Rückbau zurückzuführen (Abb. 7, Abb. 8). [15] [17] Mit den Rohstoffen und Ressourcen, die zur Herstellung der Produkte benötigt werden, sollte schonend umgegangen werden. Umweltwirkungen können nicht für alle Lebenszyklusphasen abgebildet werden, weil nicht für alle Phasen Daten vorhanden sind. Da die Ökobilanzierung auch von Lastfall und Brandschutz abhängig ist, sollte sie projektspezifisch, jeweils bezogen auf 1 m2 Bauteilfläche, ermittelt werden. Umweltproduktdeklarationen Typ III, auch EPDs (Environmental Product Declaration) genannt, bieten Planern und Bauherren eine Möglichkeit, sich über die Umweltaspekte der Bauprodukte zu informieren. So können Produkte untereinander verglichen werden, damit bereits in der Entwurfsphase des Gebäudes durch die Bauproduktwahl Einfluss auf den Ressourcenverbrauch genommen werden kann. [16]

Bilanzobjekt / funktionale Einheit

Material/ Prozess

Emissionen Effekte Versauerung

Baustoffe

Überdüngung Treibhauseffekt Energie erneuerbar

Ozonschichtabbau

Energie nicht erneuerbar

photochemische Oxidation Ökotoxologie Humanotoxologie

Wasser

Bereiche Boden Wasser Luft Fauna Flora

Strahlung Land

A

Einfach Bauen

Lärm

18

7 Stoff und Energieströme während des Lebenszyklus eines Gebäudes [13]

Landschaft

Nutzung B1

Austausch B4

Transport A4

Instandhaltung B2

Modernisierung B2

Errichtung/ Einbau A5

Instandsetzung B3

Energieverbrauch im Betrieb B6 Wasserverbrauch im Betrieb B7

Rohstoffbeschaffung A1

Errichtungsphase A4–5

ANGABEN ZUM LEBENSZYKLUS DES GEBÄUDES

außerhalb System 1

System 1

Transport A2 Produktion A2

Nutzungsphase B1–7

Herstellungsphase A1–3

Entsorgungsphase C1–4

Potenzial für Wiederverwendung, Rückgewinnung und Recycling D Vorteile und Belastungen außerhalb der Systemgrenzen D

sion

19

8 Lebenszyklusstadien des Gebäudes [17], ergänzt

Rückbau/ Abriss C1

Abfallbehandlung C3

Transport C2

Beseitigung C4

Wiederverwendung Weiterverwertung

B Leitfaden

B

Leitfaden

20

9

„Man sollte alles so einfach wie möglich sehen – aber auch nicht einfacher.“ Albert Einstein

Einfach Bauen verfolgt das Ziel, die Umwelt über den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden hinweg zu schonen. Das Ergebnis sind Häuser, die einfach zu bauen und einfach zu nutzen sind. Dieser Leitfaden erklärt, auf welche Gebäudeparameter dabei besonderes Augenmerk gelegt werden sollte und warum. Der Leitfaden „Einfach Bauen“ ist ein Versuch, die Frage nach der „Zukunft des Bauens“ mit dem Ansatz des Einfachen im Sinne von Reduktion und Robustheit zu beantworten. Den Autoren ist bewusst, dass sie kein allgemeingültiges Gebäudekonzept liefern können. Vielmehr wollen sie einen Anstoß zu einem iterativen Prozess geben, der jedes Mal einfacher, nachhaltiger und optimierter – kurz gesagt ganzheitlicher – wird.

Inhalt und Anwendung Der Leitfaden „Einfach Bauen“ fasst die im Forschungsprojekt ermittelten Grundlagen zusammen. Er ermöglicht Interessierten einen tieferen Einblick in die Strategie „Einfach Bauen“. Die Kapitel gehen aus von der Gebäudeform und befassen sich dann mit der konstruktiven Gestaltung, der Blick geht vom großen Ganzen bis ins Detail. Es wird jeweils erklärt, auf welche Projektparameter dabei besonderes Augenmerk gelegt werden sollte und warum. Zum Verständnis notwendiges Grundlagenwissen wird in abgeschlossenen Infokästen zusammengefasst und durch Quellenangaben zum tieferen Einstieg ergänzt. Am Ende eines jeden Abschnitts wird auf die konkrete Umsetzung bei den Forschungshäusern eingegangen.

21

B1 Kompaktheit „Hüllfläche reduzieren. Bauliche Dichte erhöhen.“

B1

GS E ducationalVersion

Kompaktheit

Wohnung im Obergeschoss

Tiny House

Wohnfläche 72 m2

Wohnfläche 18 m2

Hüllfläche gegen Außenluft

Hüllfläche gegen Außenluft

42 m2

89 m2

22

10 Gegenüberstellung einer Stadtwohnung mit einem Tiny House hinsichtlich Wohn- und Hüllfläche

Die Gegenüberstellung einer Stadtwohnung mit einem Tiny House zeigt es deutlich: Auch wenn man die Wohnfläche auf 18 m2 reduziert, ist die Hüllfläche – also Dach, Außenwand und Fenster – doppelt so groß wie bei einer 72 m2 großen Wohnung im Obergeschoss eines mehrstöckigen Hauses. Außenwände und Dächer sind die teuersten Flächenbauteile an einem Gebäude. Im Vergleich zu Innenwänden und Decken entstehen bei der Herstellung Mehrkosten von 50–300 €/m2. [18] Die Hülle zu reduzieren spart also Geld. Bauteile der Hülle sind deshalb teurer, weil sie gedämmt sein müssen. Dämmung behindert den Fluss von Wärmeenergie „von warm nach kalt“. Ein gedämmtes Haus verliert im Winter deshalb über die Außenhülle weniger Wärme an die Umwelt. Außenwände und Dächer gut zu dämmen ist also sinnvoll. Noch besser ist es aber, die Fläche der Hülle selbst zu reduzieren. Dabei gibt es zwei Strategien:  

Reduktion der Wohnfläche Geht man effizient mit der Wohnfläche um, dann reduziert sich die notwendige Hülle automatisch mit. Kompakte Bauweise Die Flächen der Außenwand und des Daches werden gegenüber der Wohnfläche reduziert. Eine städtische Blockrandbebauung zum Beispiel verfolgt diese Strategie besonders konsequent (s. Abb. 10).

Werden beide Strategien, also die Reduktion der Wohnfläche und eine kompakte Bauweise, miteinander kombiniert, werden dadurch der Materialeinsatz und der Energieverbrauch im Betrieb direkt gesenkt. Gleichzeitig werden häufig auch Umwelteinflüsse wie Flächenverbrauch, Erschließungsaufwand und Verkehrsaufkommen positiv beeinflusst. Es ist wichtig, anzuerkennen, dass bauliche Dichte nicht nur auf der persönlichen, sondern auch auf der kommunalen, politischen und gesellschaftlichen Ebene verhandelt und entschieden wird. Ob es möglich ist, diese beiden Strategien einzeln oder kombiniert anzuwenden, hängt also von den eigenen Wünschen, dem Bauplatz und dem Umfeld ab.

23

Umsetzung in den Forschungshäusern Die Forschungshäuser in Bad Aibling bieten jeweils eine Wohnfläche von 400 m2 bei einer Hüllfläche von 870 m2. Das Verhältnis von ca. 1:2 ist günstig im Vergleich zum Tiny House (ca. 1:5) und ungünstiger als die Wohnung im Obergeschoss einer Blockrandbebauung (ca. 2:1). Eine Änderung des Bebauungsplans war notwendig, um die Forschungsgebäude in dieser Form auf dem Grundstück bauen zu können.

Forschungshaus Wohnfläche 400 m2

Hüllfläche gegen Außenluft 870 m2

B1

Kompaktheit

24

11 Wohn- und Hüllfläche eines Forschungshauses in Bad Aibling

B2

Fenster „Glasfläche der Fenster = 10–15 % der zu belichtenden Raumfläche. Auf Sonnenschutzverglasung verzichten.“

zwei Glasscheiben

2-ScheibenIsolierglas

2-ScheibenSonnenschutzglas

3-ScheibenIsolierglas

3-ScheibenSonnenschutzglas

Tvis = 82 %

Tvis = 81 %

Tvis = 37 %

Tvis = 71 %

Tvis = 36 %

nötige Glasfläche 2,01 m2

nötige Glasfläche 2,04 m2

nötige Glasfläche 4,46 m2

nötige Glasfläche 2,32 m2

nötige Glasfläche 4,58 m2

GS E ducationalVersion

Am Übergang von Innen- zu Außenraum spielt das Fenster eine entscheidende Rolle. Der Blick nach draußen oder die Möglichkeit zu lüften sind bei jedem Fenster gegeben. Die Tageslichtversorgung ist dagegen vor allem von drei Faktoren abhängig: von der Größe des Fensters, der Glasart und der Einbausituation. Vor allem die Größe und die Glasart stehen in direktem Zusammenhang. Im Bild oben sind die typischen Glasarten gegenübergestellt. Das erste Beispiel zeigt eine Verglasung aus zwei separaten, hintereinander angeordneten Scheiben, wie man sie in Altbauten heute noch häufig antreffen kann. Daneben folgen die vier heute gebräuchlichsten Isolierverglasungen. Diese Scheiben sind entlang der Ränder fest miteinander verbunden und die Zwischenräume mit speziellen Gasen gefüllt, um die Dämmwirkung der Scheiben zu erhöhen. Die Sonnenschutzgläser sind zusätzlich mit einer Beschichtung versehen, welche Anteile der Sonnenstrahlung reflektiert.

B2

Fenster

26

12 Wie groß muss das Fenster sein, um bei unterschiedlichen Glasarten den Raum mit derselben Lichtmenge zu versorgen?

Wie viel Licht im Raum ankommt, hängt also von der Beschaffenheit des Fensterglases ab. 3-Scheiben-Isolierglas lässt 71 % des sichtbaren Lichtes durch. Bei 3-ScheibenSonnenschutzglas sind es lediglich 36 %; der übrige Teil wird von der aufgebrachten Beschichtung reflektiert. Je nach Glasart muss also die Fläche entsprechend gewählt werden, um zu erreichen, dass der Raum ausreichend Tageslicht erhält. Bei Sonnenschutzglas muss das Fenster deshalb etwa doppelt so groß sein, um den Raum mit der gleichen Tageslichtmenge versorgen zu können.

Sonneneinstrahlung pro Tag im Dezember 720 Wh/m2 Außentemperatur 0,7 °C Innenraumtemperatur 22 °C

QT

Himmelsrichtung Süden QS

Raummaße B × T × H 3×6×3m Glasparameter Lichttransmissionsgrad: Tvis Gesamtenergiedurchlassgrad: g Wärmedurchgang: Ug

Tvis (Licht)

nötige Fläche Licht

g (Energie)

Qs solare Gewinne

Ug W/m2*K (Wärme)

QT Verluste Wärme

Bilanz Glas 24 h -1.919 Wh

zwei Glasscheiben

82 %

2,01 m2

77 %

1.115 Wh

2,95

-3.034 Wh

2-Scheiben-Isolierglas

81 %

2,04 m2

74 %

1.085 Wh

1,18

-1.229 Wh

-144 Wh

2-Scheiben-Sonnenschutzglas

37 %

4,46 m2

23 %

738 Wh

1,12

-2.553 Wh

-1.815 Wh

3-Scheiben-Isolierglas

71 %

2,32 m2

49 %

820 Wh

0,63

-748 Wh

72 Wh

3-Scheiben-Sonnenschutzglas

36 %

4,58 m2

20 %

660 Wh

0,62

-1.452 Wh

-792 Wh

GS E ducationalVersion

27

13 Energiebilanz Süd-Verglasung: Welche Auswirkungen haben unterschiedliche Glasarten auf den Energiehaushalt des Raumes?

Gleichzeitig hat die Wahl des Glases aber auch Auswirkungen auf dessen energetische Bilanz. Der Energieaustausch findet bei Fenstern auf zwei Wegen statt. Erstens werden das Tageslicht und die Wärmestrahlung der Sonne als Wärmeenergie in den Raum eingetragen. Man spricht hierbei von solaren Gewinnen (Qs). Zweitens findet ein Wärmeaustausch über das Fenster statt, wenn innen und außen unterschiedliche Temperaturen herrschen. Dies bezeichnet man als Transmissionswärmeverluste (Qt). Dieser Effekt ist im Winter besonders groß. Beide Effekte, also solare Gewinne und Wärmeverluste über das Glas, finden dabei gleichzeitig statt. Der obige Vergleich stellt die Gesamtbilanz für einen Tag-Nacht-Zyklus dar. Dabei werden sämtliche Energiegewinne und -verluste über diese Zeit betrachtet. Es wurde davon ausgegangen, dass das Fenster nach Süden zeigt, im Raum eine Temperatur von 22 °C und eine Außentemperatur von 0,7 °C herrscht. Der Wert für die Sonneneinstrahlung ist ein empirisch ermittelter typischer Wert für den Monat Dezember. [19] Die Verglasung, die aus zwei separaten, hintereinander angeordneten Scheiben besteht, hat eine negative Energiebilanz. Die Wärmeverluste (3.034 Wh) sind also größer als die solaren Gewinne (1.115 Wh). Dem Raum müssen deshalb täglich 1.919 Wh zugeführt werden. Anderenfalls würde die Innenraumtemperatur absinken. Das entspricht ungefähr der Energie, die eine Mikrowelle mit einer Leistung von 2.000 W in einem einstündigen Dauerbetrieb verbraucht. Die Isoliergläser haben eine bessere Energiebilanz. Die Verglasung mit zwei Scheiben benötigt 144 Wh, die Verglasung mit drei Scheiben erreicht sogar ein Plus von 72 Wh, gewinnt also insgesamt Energie. Erstaunlich schlecht ist das Ergebnis bei den Sonnenschutzgläsern. Das 3-Scheiben-Glas produziert einen Verlust von 792 Wh. Das 2-Scheiben-Sonnenschutzglas ist mit einem Verlust von 1.815 Wh sogar fast so schlecht wie die Altbau-Verglasung. Das liegt zum einen daran, dass die Sonnenschutzgläser jeweils mehr als doppelt so groß sind, um die Tageslichtversorgung erreichen zu können, und dadurch eben auch mehr Wärmeverluste haben. Den größten Anteil an der schlechten Performance hat aber die Sonnenschutzbeschichtung, die die solaren Gewinne reduziert. Man sollte deshalb 2-Scheiben- oder 3-Scheiben-Isoliergläser verwenden und auf eine Sonnenschutzbeschichtung verzichten. Die Größe der Fenster sollte so gewählt werden, dass eine ausreichende Tageslichtversorgung gegeben ist. Als Daumenregel kann man sich merken, dass die Größe der Glasflächen ca. 10 bis 15 % der zu belichtenden Raumfläche entsprechen sollte, damit der Raum ausreichend belichtet ist und weder Sonnenschutzverglasung noch Sonnenschutz benötigt werden. Die Himmelsrichtung spielt bei der Tageslichtversorgung keine entscheidende Rolle. An trüben Tagen, wenn die Tageslichtversorgung besonders kritisch ist, beträgt der diffuse Anteil des Sonnenlichts nahezu 100 %. Die Himmelsrichtung hat in diesem Fall also keinen Einfluss. [20]

B2

B2

Fenster

Wichtig ist die Einbausituation. Bei bedecktem Himmel ist das Licht vom Zenit etwa drei Mal stärker als jenes vom Horizont. Hohe Räume mit hoch angesetzten Fenstern bringen viel Tageslicht aus einem zenitnahen Bereich in den Raum. Eine Belichtung von mehreren Seiten schafft gleiche Helligkeit bei ausgeglichenen Kontrasten. [21]

28

12 %

16 %

15 %

13 %

9%

16 %

11 %

15 %

13 %

12 %

29

12 %

14 1. Obergeschoss eines Forschungshauses: Anteil der Glasfläche der Fenster im Verhältnis zu der zu belichtenden Raumfläche



Umsetzung in den Forschungshäusern

Für die Forschungsgebäude wurden durchgängig 3-Scheiben-Isoliergläser eingesetzt. Die Dreifachverglasung lässt 70 % des sichtbaren Anteils der solaren Strahlung passieren. Entsprechend beträgt der Anteil der Glasfläche in Bezug zur jeweiligen Raumgröße zwischen 12 und 16 % in den Räumen der Wohnungen und 9 % im Treppenraum. Dadurch ist der solare Wärmeeintrag im Sommer nicht sehr hoch, weil die Fenster nur so groß sind, wie für eine angemessene Versorgung mit Tageslicht notwendig ist. Die Fenster sind auf die Innenseite der Wand gesetzt. Die Laibung wirft einen Schatten auf die Fenster und reduziert so den Wärmeeintrag zusätzlich.

B2

B2

Fenster

30

15 Von allen drei Bauweisen wurden 1:1-Modelle gebaut, um Detailfragen zu Einbau und Fensterfunktion zu überprüfen.

B3

Thermische Trägheit „Eine schwere Bauweise speichert die Temperatur. Über Nachtlüftung kühlt die thermische Masse ab.“

Raumluft um 1 Grad erwärmen: 18 Wh

Bauteile des Raumes um 1 °C erwärmen: 2.500–5.500 Wh

GS E ducationalVersion

Gebäude mit einer hohen Masse verhalten sich thermisch träge. Jeder kennt Orte wie Kirchen oder Kellerräume, die auch im Sommer kühl bleiben. Luft hingegen ist das genaue Gegenteil eines trägen Bauteils. Wenig Energie, und zwar 18 Wh, reicht, um die Luft in einem Raum mit einem Volumen von 55 m3 um 1 °C zu erwärmen. Das entspricht der Wärme, die zwei Personen in 5 Minuten abgeben oder die die Mittagssonne durch ein normales Südfenster innerhalb von 5 Minuten einträgt. [22]

B3

32

Thermische Trägheit

16 Energie, die benötigt wird, um die Raumluft oder die den Raum umschließenden Bauteile zu erwärmen

Gäbe es die thermische Trägheit des Gebäudes nicht, würde es im Innenraum schnell sehr warm werden. Man kann sich das Gebäude wie eine thermische Batterie vorstellen, die die Temperatur der Raumluft immer wieder ausgleichen kann. Die Kapazität dieser „Batterie“ ist abhängig von der Bauweise des Gebäudes. Leichte Bauweisen haben pro Raum eine Kapazität von 2.500 Wh/K, schwere Bauweisen sogar von 5.500 Wh/K. Das bedeutet, dass man 2,5 bis 5,5 kWh braucht, um alle den Raum umschließenden Bauteile um 1 °C zu erwärmen. Beobachten wir die Wirkung dieser „Batterie“ an einem Sommertag: Immer wenn die Temperatur im Raum um 1 °C steigt, kühlen Decke und Wände die Raumluft wieder ab. Je nach Bauweise wird dieser Zyklus 140- bis 300-mal durchlaufen, bevor die Temperatur der Decken und Wände um 1 °C gestiegen ist. Die „Batterie“ funktioniert weiter, das gesamte System ist allerdings ab jetzt um 1 °C erwärmt. In der darauffolgenden Nacht kehrt sich der Energiefluss um. Wenn kühlere Nachtluft in den Raum gelangt, kühlen Decken und Wände sich wieder ab. Die „Batterie“ ist für den nächsten Sommertag geladen. Der Vergleich mit einer Batterie hilft auch bei der Überlegung, wie groß die thermische Trägheit eines Gebäudes sinnvollerweise sein soll. Eine „kleine“ Batterie reicht, wenn diese nicht zu sehr beansprucht und regelmäßig aufgeladen wird. Ist der Raum also vor der Sonne geschützt oder die Nachtentwärmung wird immer konsequent betrieben, reicht eine leichte Bauweise. Ist mit viel Sonne zu rechnen oder möchte man, dass die thermische Trägheit auch ohne Nachtentwärmung mehrere Tage hintereinander wirksam bleibt, ist es sinnvoll, eine „große“ Batterie zu besitzen, also viel thermisch träge Masse im Haus zu haben. Durch Einrichtung und Möbel werden die Effekte der thermischen Trägheit in ihrer Wirkung verlangsamt, weil das Mobiliar die Flächen abdeckt und dadurch den Austausch zwischen Wänden und Boden mit der Raumluft reduziert. Im bewohnten Zustand hat deshalb die Decke den größten Einfluss. Wenn sich die Raumluft besonders schnell erwärmt, wirkt auch noch ein weiterer Effekt. Die von uns wahrgenommene Temperatur ist nämlich nicht nur abhängig von der uns umgebenden Luft, sondern auch von der Temperatur der uns umgebenden Oberflächen. Das bedeutet, solange die Temperatur der uns umgebenden Oberflächen wie Wände und Decken konstant bleibt, empfinden wir die Erwärmung der Raumluft als weniger unangenehm. Der Fachbegriff dafür ist operative Temperatur. Diese wird aus dem Mittelwert aus Lufttemperatur und Strahlungstemperatur der umgebenden Oberflächen ermittelt. Auch das 5-minütige Stoßlüften im Winter funktioniert in Räumen mit viel thermischer Trägheit gut. Kurze Zeit nachdem wir das Fenster wieder geschlossen haben, empfinden wir den Raum als angenehm warm, obwohl fast die gesamte verbrauchte Raumluft durch kühlere Außenluft ersetzt wurde. Die operative Temperatur ist nur geringfügig gefallen, die Bauteile werden die Raumluft bald wieder erwärmt haben.

Umsetzung in den Forschungshäusern Alle drei Forschungshäuser haben eine Decke aus Stahlbeton. Die tragenden Innenwände sind je nach Bauweise aus Beton, massivem Holz oder Vollziegeln. Dadurch ergibt sich eine hohe thermische Trägheit, das System wird robust. Das Betonhaus hat die größte Speichermasse mit 5.600 Wh/K je Raum, das entspricht dem 300-Fachen der umschlossenen Luft. Aber auch das Holzhaus mit 3.300 Wh/K je Raum fällt noch in die Kategorie „schwere Bauweise“. Das Mauerwerkshaus liegt mit 4.400 Wh/K je Raum fast genau dazwischen.

33

B3

34

Thermische Trägheit

17 Die Ausbildung als Schwingfenster erleichtert die effektive Fensterlüftung.

Ein weiterer Baustein zur Nutzung der thermischen Trägheit der Bauteile ist die Möglichkeit einer effektiven Lüftung während kühler Sommernächte. Dadurch, dass in fast allen Wohnungen mehrere Fenster zu verschiedenen Gebäudeseiten vorhanden sind, kann quergelüftet werden. Das funktioniert deshalb besonders gut, weil schon leichte Winde dafür sorgen, dass eine gute Lüftung in der Wohnung stattfindet. Eine weitere Maßnahme, um die Nachtlüftung effektiv zu ermöglichen, ist der Einsatz von Schwingfenstern (s. Abb. 16). Dabei hat das Fenster seinen Drehpunkt mittig. Schon in der minimalen Kippstellung findet ein guter Luftaustausch statt, da sich jeweils oben und unten eine Öffnung ergibt. Die warme Luft kann oben entweichen und die kühle Nachtluft unten nachströmen. Für eine typische Augustwoche haben wir das Innenraumklima in einer nach Osten orientierten Ein-Zimmer-Wohnung simuliert. Die Ergebnisse sind in Abbildung 18 dargestellt. Die drei Linien stellen die Außentemperatur, die Raumlufttemperatur und die Strahlungstemperatur dar. Die Außentemperaturen lagen zwischen fast 30 °C am Mittwochnachmittag und ca. 6 °C in der Nacht zum Freitag. Es ist zu erkennen, dass sich die Raumlufttemperatur immer morgens, wenn die Sonne direkt auf der Ostseite steht, erhöht. Die Strahlungstemperatur, also die gemittelte Temperatur aller Oberflächen des Raumes, bleibt hingegen nahezu konstant. Die Messungen belegen gut, wie die thermische Trägheit der Bauteile ausgleichend auf das Raumklima wirkt.

TeTemperatur m Tepm erpaetu rart[u°C] r [[°C] °C]

Um uns auf die Langzeitmessungen in den Forschungshäusern vorzubereiten, haben wir für alle drei Häuser Computersimulationen des Raumklimas erstellt. Über das gesamte simulierte Jahr bleiben die Raumtemperaturen in allen drei Bauweisen im komfortablen Bereich. Man kann gespannt sein, ob sich die Ergebnisse in der Realität auch so einstellen werden.

35 35 35 30 30 30 25 25 25 20 20 20 15 15 15 10 10 10 55 5 00 0 0 0

Innen- und Außenlufttemperatur | Simulation August-Woche Innen- und Außenlufttemperatur | Simulation August-Woche Leichtbeton | 1-Zi-Wohnung Ost Innen- und Außenlufttemperatur | Simulation Leichtbeton | 1-Zi-Wohnung | Ost August-Woche Leichtbeton | 1-Zi-Wohnung | Ost

8 8

16 16

0 0

8 8

16 16

0 0

Außenlufttemperatur Außenlufttemperatur Außenlufttemperatur

35

8 8

8 16 0 8 16 0 8 16 16 0 8 16 0 16Stunden 0 8pro16 0 8 16 0 8 16 0 8 Tag [h/d] Stunden pro Tag [h/d] Stunden pro Tag [h/d] Raumlufttemperatur Strahlungstemperatur (MRT) Raumlufttemperatur Strahlungstemperatur (MRT) Raumlufttemperatur Strahlungstemperatur (MRT)

18 Die Simulationsergebnisse für eine Woche im August zeigen: Die Temperaturen bleiben angenehm konstant.

16 16 16

Thermischer Komfort nach DIN EN 15251, A.2

Operative Raumlufttemperatur [°C]

Leichtbeton | Apartment Süd | Wohnzimmer | Wetter: Mietraching extrem 33 31

Übertemperaturgradstunden (Kategorie II)

0

Untertemperaturgradstunden (Kategorie II)

1

29 27 III II I

25 23

I II III

31 19

8

10

12

14

16

18

20

22

24

26

28

30

32

30

32

30

32

Gleitender Mittelwert der Außenlufttemperatur [°C]

Thermischer Komfort nach DIN EN 15251, A.2

Operative Raumlufttemperatur [°C]

Massivholz | Apartment Süd | Wohnzimmer | Wetter: Mietraching extrem 33 31

Übertemperaturgradstunden (Kategorie II)

0

Untertemperaturgradstunden (Kategorie II)

5

29 27 III II I

25 23

I II III

31 19

8

10

12

14

16

18

20

22

24

26

28

Gleitender Mittelwert der Außenlufttemperatur [°C]

Thermischer Komfort nach DIN EN 15251, A.2

Operative Raumlufttemperatur [°C]

Mauerwerk | Apartment Süd | Wohnzimmer | Wetter: Mietraching extrem 33 31

Übertemperaturgradstunden (Kategorie II)

0

Untertemperaturgradstunden (Kategorie II)

1

29 27 III II I

25 23

I II III

31 19

8

10

12

14

16

18

20

22

24

26

Gleitender Mittelwert der Außenlufttemperatur [°C]

B3

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Thermische Trägheit

19 Für alle drei Bauweisen zeigen die Simulationen: Der sommerliche Komfort ist gegeben.

28

B4

Robuste Technik „Robuste und reduzierte Techniksysteme einsetzen. Das Verhalten der Nutzenden berücksichtigen.“

1,0

0,9

Treibhauspotenzial in kg CO2 äq/m2a

0,8

Unterhalt und Wartung

0,7

Mehrverbrauch Elektrizität

0,6 Mehrverbrauch Stahlbeton 0,5

0,4

0,3

0,2

Mehrverbrauch Heizwärme

Komponenten

0,1 Komponenten 0,0 Fensterlüftung und Abluft GS E ducationalVersion

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Robuste Technik

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Zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

20 Umweltauswirkung verschiedener Lüftungssysteme der Wohnsiedlung Klee in Zürich-Affoltern, bezogen auf 1 m2 beheizte Nutzfläche und ein Jahr; eigene Darstellung nach [23]

Etwa 20 % der gesamten Lebenszykluskosten eines Gebäudes fallen während der Planungs- und Bauphase an. Die restlichen 80 % der Kosten gehören zur Nutzungsphase. Ein großer Teil dieser Kosten entfällt auf den Energieverbrauch. Seit einigen Jahren wird versucht, diesen Verbrauch zu senken, indem zum Beispiel mehr Dämmung verbaut bzw. nachgerüstet wird. Auch technische Systeme, zum Beispiel die Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung, stehen im Ruf, den Energieverbrauch des Gebäudes und die damit einhergehenden Kosten und negativen Umweltauswirkungen zu reduzieren. Dass diese Maßnahmen aber häufig nicht die gewünschten Einsparungen erreichen, zeigt das Beispiel in Abbildung 19: In der Wohnsiedlung Klee in Zürich-Affoltern wurden in einer Langzeitmessung die Daten der Lüftungssysteme aufgezeichnet. [23] Die materialintensive zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wurde über den gesamten Lebenszyklus verglichen mit dem einfachen Konzept der Fensterlüftung mit Badabluft. Es stellte sich heraus: Der Mehraufwand bei Technik, Betriebsenergie, Unterhalt und Wartung übersteigt die erzielte Einsparung der Heizenergie bei Weitem. Abbildung 19 zeigt sogar, dass die zentrale Lüftungsanlage gegenüber der Fensterlüftung mit Badabluft einen dreifach erhöhten negativen Einfluss auf die Erderwärmung (Treibhausgaspotenzial) produziert. Immer, wenn theoretisch berechnete Ergebnisse von der Praxis abweichen, spricht man von einem „Performance Gap“, also einer Lücke zwischen Theorie und Praxis. [24] Der Performance Gap zwischen Planung und Betrieb entsteht hauptsächlich auf den Ebenen der Gebäudetechnik und des Nutzerverhaltens. [24] [25] Das Konzept „Einfach Bauen“ versucht, diese Lücke durch reduzierte und robuste Technikkonzepte möglichst klein zu halten.

Zuerst möchten wir die drei wichtigsten Effekte kurz beschreiben, die diese Lücke erzeugen und die bereits mehrfach untersucht wurden. [24] [25] [26]

1. Das Verhalten der Nutzerschaft wird falsch eingeschätzt. Nutzerinnen und Nutzer verhalten sich anders als prognostiziert: In energetisch optimierten Gebäuden lassen sich während der Heizperiode durchschnittlich höhere Innenraumtemperaturen oder häufigeres Fensteröffnen beobachten. Das heißt, Nutzerinnen und Nutzer verschwenden bei Gebäuden mit erhöhtem Wohnkomfort durch ihr Verhalten mehr Energie als erwartet. Dieser Effekt wird Rebound-Effekt genannt. [27] Im Gegensatz dazu verhält sich die Nutzerschaft in Altbauten im Durchschnitt energiesparender als prognostiziert. Zum Beispiel werden hier im Winter nur Teile der Wohnung bzw. des Hauses beheizt oder es wird nur reduziert gelüftet. Dies wird als PreboundEffekt bezeichnet. [27] Ein anderer Grund sind die statischen Komfortmodelle und vereinfachte Berechnungsmethoden nach Norm, die die Nutzerinnen und Nutzer nicht realistisch und flexibel genug abbilden. [28] [29] [30] Seit den 1950er-Jahren gab es mehrere Studien, die zur Erhebung von Verhaltensdaten durchgeführt wurden. [31] Bisher stützt sich die Theorie auf statistische Modelle, die auf solchen empirischen Datensätzen basieren. [32] Hinter diesen Daten steht jedoch eine eingeschränkte Anzahl an Nutzerinnen und Nutzern, deren Komfortempfinden nur in einer Laborumgebung getestet wurde.

39

2. Die technischen Systeme funktionieren nicht richtig. Wer technische Systeme betreibt bzw. Energie plant, erlebt beispielsweise, dass die Stellmotoren der Fußbodenheizung nach dem Einbau nicht von „manuell“ auf „automatisch“ umgestellt werden oder dass die Photovoltaikanlage mangels verständlicher Anlagenbeschreibung keinen PV-Strom in das öffentliche Netz ausspeist. [33] Ohne eine regelmäßige und konsequente Kontrolle – also ohne Monitoring – fallen diese Fehler nicht auf, obwohl sie leicht zu beheben sind und einen großen Einfluss auf den Energieverbrauch haben. Vor allem im Geschosswohnungsbau lässt sich beobachten: Nutzerinnen und Nutzer in Gebäuden mit maschineller Lüftung und Wärmerückgewinnung öffnen trotzdem die Fenster, sodass der gemessene Energiebedarf den prognostizierten um ein Vielfaches übersteigt. Hingegen wird bei natürlich gelüfteten Häusern der prognostizierte Energiebedarf eingehalten oder sogar leicht unterschritten. Eine maschinelle Lüftung ist demnach im Geschosswohnungsbau keine robuste Lösung. [35]

3. Der Verbrauch für den Betrieb der technischen Systeme wird unterschätzt. Generell sind heutzutage die Komponenten für ein technisches Anlagensystem in guter Qualität mit geringem Energiebedarf auf dem Markt verfügbar. Es ist aber eine Kunst, diese wie bei einem Puzzle so zusammenzusetzen, dass das System funktioniert und die Bestandteile optimal abgestimmt sind. Am Beispiel von energieeffizienten Pumpen kann dies verdeutlicht werden: Trotz energiesparender Technologie sind die hydraulischen Systeme meist mit viel zu hohen Druckverlusten behaftet, sodass der Energiebedarf des Pumpstroms oft unnötig hoch ist. Mangelhaft eingestellte Betriebspunkte und eine falsche Auslegung führen zu diesen hohen Energiewerten.

Um die oben genannten Effekte zu reduzieren und den Performance Gap zu schließen, sollten bei der Konzeption der technischen Systeme folgende Ziele verfolgt werden:

1. Nutzerinnen und Nutzer regeln selbst. Anstelle komplexer Regelungstechnik, welche den Innenkomfort statisch regelt, sollen die Nutzerinnen und Nutzer den Komfort selbst nach ihrem individuellen Empfinden adaptiv regeln können (Nutzerinteraktion). Zusätzlich ist es sinnvoll, sie zu sensibilisieren, damit sie nicht unwissentlich unnötig Energie verschwenden (Nutzerbewusstsein). Die Erfahrung zeigt dabei, dass sie sich thermisch komfortabler fühlen, wenn sie selbst eingreifen können. [25] [34]

2. So einfach wie möglich! Nur das Nötigste einbauen! Eine einfache Gebäudetechnik ist gegenüber komplexen Systemen weniger anfällig bezüglich Systemfehlern, Fehlbedienungen und Ausfällen technischer Komponenten. Eine einfache Technik kann auch noch in vielen Jahren einfach gewartet und verändert werden. Nur wenn man das Techniksystem in seiner Gesamtheit erfassen kann, ist es möglich, in der Konzeption, aber auch bei zukünftigen

B4

Robuste Technik

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Veränderungen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Eine einfache Gebäudetechnik, im Sinne von robusten, passiven und gleichzeitig nutzergeregelten Systemen, führt nicht nur zu einem reduzierten Energiebedarf und geringeren Installationskosten, sondern erhöht gleichzeitig die Nutzerzufriedenheit (siehe Punkt 1. Nutzerinnen und Nutzer regeln selbst) und reduziert den Performance Gap.

3. Technik richtig bewerten Je weniger Technik in einem Gebäude betrieben werden muss, desto weniger Energie wird für dessen Betrieb benötigt. Zusätzliche Techniksysteme sollten nur dann Anwendung finden, wenn diese auch bei abweichendem Verhalten der Nutzerschaft noch erfolgreich funktionieren. In die Bewertung sollten nicht nur die Kosten für die zusätzliche Technik selbst, sondern auch der Platzbedarf, der Wartungsaufwand und der Energieverbrauch im Betrieb mit einbezogen werden – und künftig auch die Umweltauswirkung in Form des Treibhausgaspotenzials.

Umsetzung in den Forschungshäusern Bei den Forschungshäusern sorgen die Nutzerinnen und Nutzer selbst für Frischluftzufuhr über die Fenster. Die Wärmeversorgung erfolgt vor Ort über ein vorhandenes BiogasBlockheizkraftwerk. Die Heizung wird über die Thermostatventile der Heizkörper gesteuert, die Beleuchtung über Lichtschalter. Das ganz normale Wohnen produziert zusätzliche Feuchtigkeit im Raum, sei es durch Atmen, Kochen, Duschen, Wäschetrocknen oder Grünpflanzen. Wenn diese Feuchte über längere Zeit nicht durch Lüften wieder aus dem Haus gebracht wird, kann es sein, dass es zu Schäden am Gebäude kommt. Zum Beispiel, weil die Feuchte in der Luft an der Innenseite der Außenwände kondensiert. In den durchfeuchteten Bauteilen kann dann Fäule oder Schimmel entstehen. Um das zu vermeiden, wird in manchen Mietverträgen eine bestimmte Mindestlüftung durch die Bewohnerinnen und Bewohner festlegt. Das Ziel dieser Festlegungen ist es, die Feuchte in der Luft zu kontrollieren. Problematisch ist dabei, dass die Verantwortung für Feuchteschäden dadurch auf die Mieterinnen und Mieter übergeht. Die Forschungshäuser wurden dagegen so konzipiert, dass die darin Wohnenden sich so verhalten können, wie sie möchten. Es gibt keinen Lüftungszwang. Bei geschlossenem Fenster wird der Mindestluftwechsel zum Feuchteschutz über Lüftungsschlitze im Fensterfalz – sogenannte Fensterfalzlüfter – erreicht. Der Luftaustausch wird über die Abluftventilatoren in den innen liegenden Bädern angeregt. Diese sind mit einem Feuchtesensor ausgestattet, der so lange mit ca. 3 W Leistung Luft absaugt, bis der eingestellte Grenzwert von 60 % relativer Luftfeuchte unterschritten ist. Wird das Bad benutzt, schaltet der Abluftventilator auf Normalbetrieb hoch (ca. 6 W). Der betätigte Lichtschalter gibt das Signal zum Normalbetrieb.

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Während der Langzeitmessung werden über einen Zeitraum von zwei Jahren sowohl der Energieverbrauch, das Raumklima und das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer erfasst. Aus den gewonnenen Daten lässt sich dann ableiten, wie die angewandte Strategie in den Forschungshäusern in der Praxis funktioniert. Die erhobenen Daten sollen auch dabei helfen, das Verhalten der Nutzerschaft besser zu verstehen. So ist es zukünftig möglich, Optimierungen besser auf Praxistauglichkeit einzustellen. Mit den Messdaten können auch die bisher verwendeten Simulationstools überprüft und für die Zukunft kalibriert werden.

Heizelement

Entlüftung über Nasszelle

Einseitige natürliche Fensterlüftung + Nachströmöffnung im Fensterrahmen

B4

Robuste Technik

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21 Forschungshäuser in Bad Aibling – Schema des einfachen Lüftungskonzepts Fensterlüftung mit Badablüfter; eigene Darstellung TUM

B5 Systemtrennung „An zukünftige Nutzungen denken. Varianten einplanen. Die technischen Systeme von der Konstruktion trennen.“

Lebensdauer L ebens dauer Einrichtung: ±5 Jahre E inric htung: ±5 J ahre Raumnutzung: ±10 Jahre R a umnutzung: ±10 J ahre

Technische Systeme: ±20 Jahre T ec hnis c he S ys teme: ±20 J ahre

Hülle: ±50 Jahre Hülle: ±50 J ahre

Konstruktion: ±100J ahre Jahre K ons truk tion: ±100 B auplatz:∞∞±2 ±2 Milliarden Millia rden J ahre Bauplatz: Jahre

ducationalVersion

Häuser werden von uns als statisch wahrgenommen. Daher bezeichnen wir diese auch als „Immobilie“ im Gegensatz zum beweglichen „Mobiliar“. Betrachtet man ein Gebäude aber über eine Zeitspanne von 100 Jahren oder länger, wird schnell deutlich: Viele Teile des Gebäudes durchlaufen mehrere Zyklen der Veränderung. Wovon die Lebensdauer der Teile eines Hauses abhängig ist und wie man diese verlängern kann, erklärt der Infokasten „Lebensdauer von Bauteilen“.

B5

Systemtrennung

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22 Lebensdauer von Bauteilschichten nach [35]

Infokasten Lebensdauer von Bauteilen Die genaue Bewertung der voraussichtlichen Lebensdauer eines Gebäudes und seiner Teile ist für einen ökonomisch sowie ökologisch nachhaltigen Entwurf unabdingbar und beugt zufälligen, nur vordergründig wirtschaftlichen Entscheidungen in der Planungs- und Bauphase vor. [36] Die voraussichtliche Lebensdauer von Bauteilen und Materialien wird durch verschiedene Einflussfaktoren bestimmt. Zu Beginn steht die Qualität der Komponenten, hierzu zählen etwa die Herstellung und Lagerung sowie der Transport und die Materialgüte. Planende sind besonders für die Konstruktionsqualität, beispielsweise den konstruktiven Schutz der Bauteile (z. B. durch Vordächer, „konstruktiven Holzschutz“, Opferbretter), verantwortlich. Die Ausführungsqualität auf der Baustelle wird

durch die Ausführenden, aber auch durch die klimatischen Bedingungen beeinflusst. Den Entscheidungen der Planenden sollten dabei stets die zu erwartenden konkreten Gebrauchsbedingungen, in Bezug auf Nutzungsintensität und Instandhaltungsqualität, zugrunde liegen. [36] Die theoretische Betrachtung des Abnutzungsvorrats eines Bauteils (s. Abb. 23) zeigt, dass dieser durch Instandsetzungsmaßnahmen sowie technische Verbesserungen sogar über das Eingangsniveau gehoben werden kann (bspw. Dielenboden schleifen und ölen, Beschläge und Dichtbänder beim Fenster tauschen). Unter Berücksichtigung der genannten Einflussgrößen ist eine dauerhafte Funktionsfähigkeit wahrscheinlich, sie führt zu einer hohen technischen Lebensdauer.

Sollzustand (Abnutzungsvorrat nach Errichtung)

Neuer Sollzustand (durch Instandsetzungsmaßnahmen hergestellt)

100 %

Abnutzungsvorrat

Mögl. neuer Sollzustand (durch Wartungsmaßnahmen hergestellt)

Schadenseintritt Ausfall 0 % t0

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tA1

23 Theoretischer Ablauf der Abnutzung eines Bauteils [36]

B5

Neben den erwähnten materialbezogenen Einflussfaktoren sind im Besonderen die nutzerspezifischen Ansprüche eine wichtige Größe bei der Bemessung der voraussichtlichen Lebensdauer. Dynamische und individuelle Lebensläufe, Nutzerwechsel und sich ändernde ästhetische Ansprüche führen oft zu Umgestaltungen, obwohl das Ende der technischen Lebensdauer der Bauteile noch nicht erreicht ist. Idealerweise sind Gebäude und Bauteile so gestaltet, dass die Nutzungsdauer die gesamte technische Lebensdauer ausschöpft. Somit sollte man eine differenzierte Betrachtung der Bauteile vornehmen: 

Die Struktur des Gebäudes sollte möglichst nutzungsneutral entworfen werden, sodass sie verschiedenste räumliche Anpassungen und Änderungen ermöglicht.



Verschiedene Nutzungsszenarien sollten schon im Entwurf mitgedacht werden.



Die Anpassung kann über raumbildende Bauteile aus ökologisch tragfähigen und preiswerten Materialien gewährleistet werden.

B5

Systemtrennung

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Die Zyklen dabei möglichst auszudehnen und dadurch den Umbau zu verzögern, ist eine gute Idee. Irgendwann ist trotzdem die Zeit gekommen, dass bestimmte Teile erneuert oder zumindest verändert werden müssen. Eine konsequente und bereits in der frühen Planung angedachte Systemtrennung erleichtert das enorm. Damit ist eine Trennung technischer und baulicher Systeme gemeint. Ein Heizkörper ist zum Beispiel leichter auszutauschen als eine Fußbodenheizung.

Umsetzung in den Forschungshäusern Die Konstruktion und Fügung der Bauteile ist so gestaltet, dass Flächenverbindungen möglichst vermieden und alle Bauteilschichten zugänglich und lösbar oder mit Einzelverbindungen ausgebildet wurden. Dadurch erhöht sich die Reparatur- und Austauschfähigkeit und somit die Lebensdauer der einzelnen Bauteile. Beim Entwurf wurde darauf geachtet, dass die Gewerke nacheinander und nicht, wie oft üblich, gleichzeitig am Bau arbeiten. Überschneidungen wurden so weit wie möglich vermieden. Das sorgt einerseits für einen problemärmeren Bauablauf, hat aber auch den wertvollen Nebeneffekt, dass bei späteren Änderungen quasi in umgekehrter Reihenfolge wieder zurückgebaut werden kann, ohne unnötige Zerstörungen zu produzieren.

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24 Ausbaustufen: Rohbau – Hülle – Ausbau – Einbauten

Der ausführenden Firma des Rohbaus war zum Beispiel nicht bekannt, dass eine Loggia – in Abbildung 24 jeweils rechts unten im Plan – geplant ist. Erst durch die Ausbaugewerke wurden an der gewünschten Stelle Geländer statt der Fenster eingebaut und die Fassade als Holzrahmenwand zurückversetzt. Eine Auswirkung dieser Vereinfachung der Konstruktion ist, dass man die Loggia über eine Stufe nach oben betreten muss, da hier eine Dämmung für die darunterliegende Wohnung aufgelegt ist. Das Beispiel veranschaulicht gut die Grundhaltung der Planung, die das vorangegangene Gewerk wie einen Bestandsbau behandelt. Dadurch ist man gezwungen, Konstruktionen so zu wählen, dass sie in vielen Jahren, wenn es sich dann im Umbau tatsächlich um ein Bestandsgebäude handelt, einfach verändert werden können. Um beim Beispiel der Loggia zu bleiben: Diese könnte zu jeder Zeit im Gebäude „umziehen“. Auch bei der Gebäudetechnik wurde die Trennung der Gewerke angestrebt. Leitungen sind in wenigen Steigschächten zentral gebündelt und führen direkt an Badfertigzellen vorbei durch die Wohneinheiten. Alle Bedienelemente wie Unterverteilung und Absperreinrichtungen sind möglichst dicht an diesem Schacht positioniert. Die weitere Verteilung erfolgt revisionierbar in Sockelleisten oder einfach als Aufputz-Installation.

B5

Systemtrennung

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25 Zentraler Steigschacht von zwei Seiten gesehen

49

26 Loggia, unabhängig vom Rohbau

B6

Materialgerechte Konstruktion „Wenige, sortenreine Bauteilschichten verwenden. Zu robusten und langlebigen Konstruktionen fügen.“

Beton B eton==Rundbogen R undbogen

Mauerwerk = Mauerwerk = Segmentbogen S egmentbogen

Holz Holz==Sturz S turz

Lärm, Regen, Wind, Kälte oder Hitze – die Außenwand schützt uns vor unangenehmen Umwelteinflüssen. Gleichzeitig ist die Außenwand meist Teil des Tragwerks und bestimmt als Fassade die Gestalt des Hauses im Stadtbild. Vor allem bei den Dämmeigenschaften sind die Ansprüche in den letzten Jahren weiter gestiegen. Deshalb werden Außenwände häufig aus mehreren Schichten konstruiert, die Unterschiedliches leisten. Üblicherweise bildet eine Schicht aus Mauerwerk, Stahlbeton oder Holz das Tragwerk und sorgt mit ihrer Masse für Schallschutz und thermische Trägheit. Die in der Regel außen angebrachte Schicht aus Dämmstoffen garantiert die Wärmeisolation der Außenwand. Den Abschluss bildet die Fassade als Gestaltungselement und wetterabweisende Schicht. Wir sprechen hier von einer Strategie der Materialschichtung.

B6

50

Materialgerechte Konstruktion

27 Materialgerechtes Konstruieren der Öffnungen

Eine andere Strategie sind Materialmischungen. Der Baustoffhandel bietet viele Mauersteine mit einer Füllung aus Dämmstoffen an. Ergänzt werden sie durch Sonderbauteile wie gedämmte Fensterstürze oder Sondersteine, die zum Beispiel entlang des Auflagers der Decken zum Einsatz kommen. Häufig werden heute beide Strategien in Kombination verfolgt. Macht man sich nun Gedanken über die weitere Zukunft der Gebäude, stellen sich Fragen: Welcher Instandhaltungsaufwand entsteht, wenn verschiedene Schichten das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben? Sind Ersatzteile für das Gebäude auch zukünftig verfügbar? Kann ich die Teile des Gebäudes wiederverwenden oder Materialmischungen wieder voreinander trennen? Ganz allgemein: Wie steht es um die Nachhaltigkeit?

Unter der Devise „Einfach Bauen“ werden deshalb folgende Ziele verfolgt: 

Wenige Bauteilschichten



Sortenreine Verwendung mineralischer oder nachwachsender Rohstoffe



Bauteile den Eigenschaften des Materials folgend zu robusten und langlebigen Konstruktionen fügen

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Infokasten Material Infraleichtbeton

Monolithisches Bauen Das monolithische Bauen umfasst allgemein einstoffliche Bauweisen aus Materialien wie Beton, Ziegel oder Holz. Der Begriff, übersetzt „aus einem Stein“, stammt aus dem Griechischen und bezeichnet die Vereinigung verschiedener Funktionen, beispielsweise der Statik oder des Wärmeschutzes, in einem einzigen Bauteil. Dass die elementaren Funktionen des Bauwerks mit nur einem Bauteil erfüllt werden, grenzt das monolithische Bauen von mehrschichtigen Konstruktionsweisen ab.

B6

52

Materialgerechte Konstruktion

Der Begriff Infraleichtbeton bezeichnet Betone mit einer Dichte unterhalb klassischer Leichtbetone und wird daher auch leichter Leichtbeton, Dämmbeton, Isolationsbeton, Hochleistungsleichtbeton oder Ultraleichtbeton genannt. Mit einer Dichte unterhalb von 800 kg/m³ ist Infraleichtbeton lediglich knapp halb so schwer wie herkömmlicher Leichtbeton und etwa ein Viertel so schwer wie die meisten Normalbetone. Er hat damit sogar eine geringere Dichte als Wasser. Die betontechnologischen Entwicklungen der letzten Jahre, vor allem die Optimierung der Zuschläge und Zusatzmittel, ermöglichen den robusten und wirtschaftlichen Einsatz des Materials auch im modernen und nachhaltigen Wohnungsbau. [37] [38]

28 Die drei verwendeten Außenwandmaterialien: Massivholz und Ziegel – jeweils mit Luftkammern – sowie Infraleichtbeton

Aufgrund der geringen Dichte, die vor allem durch besonders voluminöse und zugleich leichte Zuschläge wie Blähton, Blähglas oder Schaumglas sowie den Einsatz von Zusatzmitteln wie Schaumbildnern hervorgerufen wird, besitzt der Infraleichtbeton eine geringe Wärmeleitfähigkeit und somit einen deutlich höheren Wärmeschutz als konventionelle Normalbetone. In der Baupraxis konnten bereits Wärmeleitfähigkeiten von 0,185 W/m²K realisiert werden. Die EnEV 2016 kann somit mittels monolithischer Konstruktionen auch ohne zusätzliche Dämmelemente eingehalten werden. Dazu haben sich Wandstärken von 50 bis 60 cm bewährt, die aufgrund der vergleichsweise niedrigen Druckfestigkeiten auch in Bezug auf die Statik benötigt werden. Mit dem Einsatz von Infraleichtbeton wurden bis heute zwei- bis dreigeschossige Bauwerke realisiert, für die eine Zustimmung im Einzelfall notwendig ist, da es dafür aktuell noch keine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung gibt. Neben dem angenehmen Raumklima und der besonderen Ästhetik der meisten monolithischen Bauwerke bietet der Infraleichtbeton bei bauphysikalischen Betrachtungen einige weitere Vorteile. Wesentliche Risiken wie der Korrosionsangriff oder Pilzbefall können bei fachgerechter Ausführung vernachlässigt werden, da die Bewehrung entweder ganz eingespart oder in geringer Menge als nichtrostend ausgeführt werden kann und die Zuschläge in der Regel resistent gegen Pilzbefall sind. In der Praxis hat sich eine Hydrophobierung in Kombination mit Dachüberstand als ausreichend gegen das Eindringen von Feuchte in die Konstruktion und somit zur Sicherstellung einer geringen Wärmeleitfähigkeit bewährt. Auch in Bezug auf den Schallschutz weist Infraleichtbeton durch die absorbierend wirkende poröse Struktur einen Luftschall brechenden Effekt auf. Da Infraleichtbeton nicht brennbar ist, gehört er zur höchsten Brandschutzklasse A1. Im Falle eines Brandes sind weder Verschwelungen noch das Auftreten schädlicher Emissionen zu befürchten.

53

Material Massivholz Massivholz und speziell das Brettsperrholz aus kreuzweise verklebten Brettern ist ein junges, aber eingeführtes Bauprodukt. Zusätzlich zu seinem ökologischen Mehrwert erfüllt es auch für urbane Gebäude die gleichen Leistungsanforderungen als „Monomaterial“ wie die anderen beiden vorgestellten Baustoffe. Aufgrund der noch jungen Markterfahrung im Vergleich mit anderen Bauprodukten ist mit einem beträchtlichen Entwicklungspotenzial bezüglich der Materialeinsparung, der hygrothermischen Eigenschaften oder der Festigkeiten zu rechnen. Aufgrund der niedrigen Wärmeleitfähigkeit dauert die Einspeicherung von Raumwärme an der Oberfläche sehr lange und führt bei tageszyklischer Beaufschlagung im Sommer tendenziell zur Überwärmung von Räumen mit überwiegenden Holzoberflächen. Die Gesundheits- und Hygieneanforderungen erfüllt Brettsperrholz, da es in der Fläche luftdicht und diffusionshemmend ist und keine zusätzlichen Kunststofffolien benötigt. Gleichzeitig bietet die kapillaraktive und feuchtespeichernde raumseitige Oberfläche eine Ausgleichsmöglichkeit für hohe Raumluftfeuchten. Die Besonderheit an Brettsperrholz ist, dass es quasi ausschließlich aus Massivholz besteht. Der Klebstoffanteil beträgt im fertigen Produkt weniger als 1 %. Brettsperrholz wird überwiegend für tragende und nichttragende Dach-, Decken- und Wandbauteile eingesetzt. Es kann als Wand-, Dach-, Deckenscheibe oder als stehender oder liegender Biegeträger verwendet werden. Massivholz ist ein normal entflammbarer Baustoff, der im Feuer eine isolierende Kohleschicht bildet und durch sein langsames Abbrandverhalten von 0,7 mm pro Minute den Querschnitt kontrolliert verringert und somit für den Brandfall gezielt „überdimensioniert“ werden kann. Gute Luftschalldämmwerte werden als zweilagige Außenwandkonstruktion zusammen mit der Wetterschutzbekleidung erreicht. Durch die Kombination von Estrich und Trittschalldämmung mit geringer dynamischer Steifigkeit und schweren, biegeweichen Deckenbekleidungen und integrierter Beschwerung wird für Brettsperrholzelemente ein sehr guter Trittschallschutz erreicht.

Massivholz ist ein nachwachsender Rohstoff mit von Natur aus ausgezeichneten mechanischen Materialeigenschaften, der durch nachhaltige Waldwirtschaft ausreichend und regional zur Verfügung steht und bereits während seiner Wachstumsphase zusätzliche Ökosystemleistungen zum Erhalt der Artenvielfalt, der Erholung, der Aufnahme des Treibhausgases CO2 und der Speicherung von Wasser bietet. Für das Bauprodukt Brettsperrholz gibt es Umweltproduktdeklarationen der Hersteller, die die Ressourcennutzung und die vorteilhaften Umweltwirkungen mit der langfristigen Speicherung von CO2 in Form von biogenem Kohlenstoff in Massivholz darstellen.

Material Mauerwerk Hochwärmedämmendes Mauerwerk ist ein etabliertes Bauprodukt mit langjähriger Nutzung; zu seiner Verwendung als Monomaterial besteht ein großer Wissensschatz. Zur Erfüllung der gestiegenen thermischen Anforderungen an den Baustoff gibt es ständige Weiterentwicklungen, um den Wärmeschutz mit den anderen Anforderungen der Bauproduktenverordnung in Einklang zu bringen. Das Innovationspotenzial scheint stark ausgeschöpft zu sein, da die Verbesserungen der letzten Jahre auf Materialmischungen abzielen und sich vom Monomaterial abwenden, hin zu Mischmaterialbauteilen. Für Außenwände aus hochwärmedämmenden Mauersteinen werden Mauerziegel aus porosiertem Ton gebrannt oder als sogenannte Porenbetonsteine aus Kalk-SandGemisch aufgeschäumt und im Wasserdampf gehärtet. Bei Mauersteinen aus Leichtbeton bestehen die Zuschläge für die zementgebundenen Steine aus stark porösem Material, beispielsweise Blähglasgranulat oder Blähton. Mauersteine aus Ziegel, Leicht- oder Porenbeton sind nicht brennbar und erfüllen die Baustoffklasse A1. Sie verhindern die Brandausbreitung, und es entsteht kein giftiger Brandrauch. Der Gesundheitsschutz und die Hygiene (Wohngesundheit) sind garantiert durch die baubiologisch unbedenklichen mineralischen Grundbestandteile, die frei von Allergenen und Schadstoffemissionen sind. Kapillaraktivität und Feuchtespeichervermögen in Kombination mit Diffusionsoffenheit ermöglichen

B6

54

Materialgerechte Konstruktion

die Einlagerung von Kondensat in den kalten Wintermonaten und die Rücktrocknung der monolithischen Außenwand in den warmen Sommermonaten. Die Feuchtespeicher- und Diffusionsfähigkeit in Verbindung mit der niedrigen Wärmeleitfähigkeit minimieren die Gefahr der Schimmelbildung an Innenoberflächen zum langfristigen Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner. Mauersteine bieten aufgrund ihrer Rohdichte und der porösen Struktur ausreichenden Luftschallschutz in den Außenwänden, deren Dicke im Wesentlichen durch die Wärmeschutzanforderungen bestimmt wird. Für die hohen Schallschutzanforderungen von Innenwänden gibt es besondere Mauersteine mit höherer Rohdichte. Auch für die Decken wird durch Trittschalldämmung in Kombination mit einer schweren Deckenkonstruktion der notwendige Schallschutz erfüllt. Für die verschiedenen Mauersteine sind jeweils Umweltproduktdeklarationen vorhanden, die deren Potenzial bezüglich des Ressourceneinsatzes und der Umweltwirkungen kommunizieren.

Umsetzung in den Forschungshäusern Die drei Forschungshäuser in Bad Aibling sind in monolithischer Bauweise in Holz, Mauerwerk und Leichtbeton ausgeführt.

55

29 Vergleich Standard-Wandaufbau mit monolithischer Bauweise der Forschungshäuser

In Abbildung 29 sind die Fügungen der Bauteile Außenwand, Fenstersturz und Decke dargestellt. Links sind heute übliche Konstruktionen platziert. Rechts daneben sind die einfachen Konstruktionen gegenübergestellt, welche für die Forschungshäuser in Bad Aibling entwickelt und angewendet wurden. Besondere Materialien und eine Konstruktion, die den Eigenschaften des Materials folgt, machen diese Vereinfachung möglich. Die verschiedenen Fensterformen ergeben sich aus den jeweiligen spezifischen Möglichkeiten des Materials, die Fensteröffnung zu überspannen. Bei der Fassade aus Massivholz ist es ohne Weiteres möglich, eine rechteckige Fensteröffnung herzustellen, da die Holzfasern als Träger wirken. Die Wand aus Infraleichtbeton ist ohne Stahl gebaut. Auf diesen konnte aufgrund der materialgerechten Statik des Gebäudes verzichtet werden. Das ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll, da der Stahl zwar nur ca. 5–15 % der Masse ausmacht, aber für einen großen Teil der Kosten und der Umweltwirkung verantwortlich ist. Beton ist sehr gut auf Druck belastbar, aber ohne Stahl nicht sehr zugfest. Ein gerader Sturz bekäme ohne Stahlbewehrung also schnell Risse. Die Öffnung wird deshalb mit einem Rundbogen überspannt. Auch bei dem Mauerwerk wurde auf stahlverstärkte Sonderbauteile verzichtet. Durch einen gemauerten Segmentbogen kann auch hier die Fensteröffnung überbrückt werden.

B6

56

Materialgerechte Konstruktion

30 Unterschiedliche Ausbildung der Fensteröffnung in der Wand aus Mauerwerk, Holz und Beton

B7 Fazit Es ist möglich, Gebäude einfach zu bauen und einfach zu nutzen und gleichzeitig die Umwelt über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes hinweg zu schonen. Dazu muss man folgende Regeln beachten: 

Hüllfläche reduzieren. Bauliche Dichte erhöhen.



Glasfläche der Fenster in einer Größe von 10–15 % der zu belichtenden Raumfläche wählen.



Die thermische Trägheit der Bauteile für das Raumklima nutzen. Nachtlüftung ermöglichen.



Robuste Techniksysteme einsetzen, die das Verhalten der Nutzenden berücksichtigen.



Zukünftige Veränderungen vorbereiten. Die technischen Systeme von der Konstruktion trennen.



Wenige, sortenreine Bauteilschichten zu robusten und langlebigen Konstruktionen fügen.

Diese Strategien sind nicht neu, im Gegenteil, sie sind altbekannt. Jedoch nur die konsequente Kombination führt zu einem nachhaltigen Ergebnis. Deshalb sollten sowohl Politik – zum Beispiel bei der baulichen Dichte – als auch Produzierende, Planende und Ausführende ihr Tun immer wieder an diesen Leitlinien ausrichten. Der Bau der Forschungshäuser war eine gute Gelegenheit, wertvolle Erfahrungen in der Praxis zu sammeln. Zum Beispiel mussten die Voraussetzungen für die gewünschte bauliche Dichte der drei Gebäude erst durch ein Bebauungsplanverfahren geschaffen werden. Auch der Austausch zwischen den Projektbeteiligten war intensiver und aufwendiger, weil zum Beispiel für die vom Standard abweichenden Konstruktionsmethoden erst geworben werden musste. Wichtig scheint auch die frühzeitige Kommunikation der Strategie an alle am Planungs- und Bauprozess Beteiligten zu sein, um Missverständnisse und Unsicherheiten zu vermeiden und Bedenken ausräumen zu können. Im Gegenzug konnten aus der Zusammenarbeit wertvolle Verbesserungen, zum Beispiel von konstruktiven Vereinfachungen im Holzbau, gewonnen werden. Insgesamt scheint das Konzept auf großes Interesse zu stoßen, sowohl bei Planenden als auch bei Bauherrschaften und Handwerksbetrieben. Die Ergebnisse haben wir in Form von Kennwerten, Zeichnungen und Fotos der Forschungshäuser im nachfolgenden Teil C dieses Leitfadens zusammengefasst.

B7

Fazit

58

59

31

C

C

Pläne Forschungshäuser

60

Pläne Forschungshäuser

32

Bauherr:

B&O Gruppe

Architekt:

Florian Nagler Architekten

Begleitung: Forschungszentrum Einfach Bauen, Technische Universität München Tragwerksplanung:

merz kley partner

Energiekonzept:

Transsolar KlimaEngineering

Bauphysik:

Horstmann + Berger

Brandschutz:

PHIplan

61

33 Lageplan Maßstab 1:1000



Kennwerte Gebäude Leichtbeton

BGF: 648 m2 Baukosten Gebäude + Technik ohne Mehrwertsteuer:

1.321.000 €

Kostenkennwert Gebäude + Technik ohne Mehrwertsteuert/Bruttofläche (BGF):

2.039 €

Globales Erwärmungspotenzial Gebäude (GWP)1:

4,00 kgCO2-Äq./m2a

Nicht erneuerbare Primärenergie Gebäude (PENRE)1:

10,61 kWh/m2a

Primärenergiebedarf von Heizung und Warmwasserbereitung, berechnet (QP)2: 31,27 kWh/m2a CO2-Emission durch Heizung und Warmwasserbereitung, berechnet2: 18,14 kg/m2a



Kennwerte Gebäude Holz massiv

BGF: 648 m2 Baukosten Gebäude + Technik ohne Mehrwertsteuer:

1.121.000 €

Kostenkennwert Gebäude + Technik ohne Mehrwertsteuert/Bruttofläche (BGF):

1.730 €

Globales Erwärmungspotenzial Gebäude (GWP)1:

3,39 kgCO2-Äq./m2a

Nicht erneuerbare Primärenergie Gebäude (PENRE)1:

10,01 kWh/m2a

Primärenergiebedarf von Heizung und Warmwasserbereitung, berechnet (QP)2: 30,48 kWh/m2a CO2-Emission durch Heizung und Warmwasserbereitung, berechnet2: 17,67 kg/m2a

C

62

Pläne Forschungshäuser



Kennwerte Gebäude Mauerwerk

BGF: 648 m2 Baukosten Gebäude + Technik ohne Mehrwertsteuer:

968.000 €

Kostenkennwert Gebäude + Technik ohne Mehrwertsteuert/Bruttofläche (BGF):

1.493 €



Globales Erwärmungspotenzial Gebäude (GWP)1:

3,93 kgCO2-Äq./m2a

Nicht erneuerbare Primärenergie Gebäude (PENRE)1:

11,12 kWh/m2a

Primärenergiebedarf von Heizung und Warmwasserbereitung, berechnet (QP)2: 31,37 kWh/m2a CO2-Emission durch Heizung und Warmwasserbereitung, berechnet2: 18,20 kg/m2a

Betrachtete Bauteile: Bodenplatte, Außenwände, Fenster, Decken, Innenwände und Dach; betrachteter Lebenszyklus 100 Jahre, Herstellung (A1–A3), Austausch (B4) und Entsorgung (C1–C4); Betrachtungszeitraum 100 Jahre; Bezugsfläche ist Nutzfläche; Bilanzierungsweise ÖKOBAUDAT 2019-III (29.05.2019); Methode: DIN EN ISO 14040 und DIN EN ISO 14044, DIN EN 15 978, DIN EN 15804; Quelle: Forschungsbericht „Einfach Bauen 2 – Planen, Bauen, Messen; Anwendung integraler Strategien für energieeffizientes, einfaches Bauen mit Holz, Leichtbeton und hochwärmedämmendem Mauerwerk in Pilotprojekten anhand der Ergebnisse aus SWD-10.08.18.7-16.29“

1

Berechnete Werte; Quelle: Nachweis nach Energieeinsparverordnung 2016 für ein Wohngebäude

2

63

C1

Haus in Leichtbeton

5

5

3

3

2 4

4

8

1 . Obergeschoss

8

1 Zugang

5

2 Treppe

3

5

5

3

3 Wohnen 4 Küche 5 Schlafen 6 Abstellraum 7 Freibereich

2

8 Speis 9 Loggia

1

8

7

Erdgeschoss

6

4

C1

64

Haus in Leichtbeton

34

35 Grundriss Erdgeschoss Maßstab 1:200

9

3

5

5

5

5

3

9 3

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4

4

8

4

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2 4

2. Obergeschoss 2. Obergeschoss

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3

5

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3

3

3

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4

4

8

4

8

2 4

1 . Obergeschoss 1 . Obergeschoss

8

65

36 Grundriss 2. Obergeschoss Maßstab 1:200

37 Grundriss 1. Obergeschoss Maßstab 1:200

C1

66

Haus in Leichtbeton

38

Ansicht S üd

Ansicht Ost

67 Ansicht Nord

39 Ansicht Süd Maßstab 1:200

40 Ansicht Ost Maßstab 1:200

Ansicht Ost

C1

68

Haus in Leichtbeton

41

69

42 Querschnitt Maßstab 1:200

43 Längsschnitt Maßstab 1:200

C1

70

Haus in Leichtbeton

44

2

1

2

3

3

4

3

1

Bitumenbahn beschiefert Holzschalung 23 mm, im Randbereich Dreischichtplatte 40 mm Sparren 80/220 mm Holzweichfaserdämmung 240 mm Stahlfaserbeton 200 mm U-Wert Dach 0,16 W/m2K

2

Infraleichtbeton 500 mm, unbewehrt U-Wert Wand 0,357 W/m2K

3

Holzfenster, geölt, mit 3-fach-Verglasung U-Wert Fenster 0,9 W/m2K

4

Bodenbelag, Trittschallverbesserungsmaß ΔLW ≥ 18 dB Stahlfaserbeton 300 mm

5

Bodenbelag, Zementestrich 75 mm Trennfolie Mineralwolle 20 mm Holzfaserdämmung 180 mm Bitumenbahn Stahlbeton 300 mm Sauberkeitsschicht 50 mm, Unterbau aus frostfreiem und verdichtetem Material U-Wert Bodenplatte 0,197 W/m2K

4

5 6

4

6

71

Aufkantung aus Stahlbeton, als Schutz der Abdichtung, 100 mm Bitumenbahn

1

2

3

4

5

45 Fassadenschnitt Maßstab 1:20 6

C1

72

Haus in Leichtbeton

46

73

47

C1

74

Haus in Leichtbeton

48

75

49

C1

76

Haus in Leichtbeton

50

77

51

C1

78

Haus in Leichtbeton

52

79

53

C1

80

Haus in Leichtbeton

54

C2

Haus in Massivholz

5

5

3

3

2 4

4

8

1 . Obergeschoss

8

1 Zugang

5

2 Treppe

3

5

5

3

3 Wohnen 4 Küche 5 Schlafen 6 Abstellraum 7 Freibereich

2

8 Speis 9 Loggia

1

8

7

Erdgeschoss

6

4

82

M 1:200

C2

Haus in Massivholz

55

56 Grundriss Erdgeschoss Maßstab 1:200

9

5 3

5

5

5

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3

2 8

4

4

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2 4

4

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2. Obergeschoss 2. Obergeschoss

8

5 3

5

5

5

3

3

3

2 8

4

4

8

2 4

4

8

1 . Obergeschoss 1 . Obergeschoss

8

83

57 Grundriss 2. Obergeschoss Maßstab 1:200

58 Grundriss 1. Obergeschoss Maßstab 1:200

C2

84

Haus in Massivholz

59

Ansicht S üd

Ansicht Ost

85 Ansicht Nord

60 Ansicht Süd Maßstab 1:200

61 Ansicht Ost Maßstab 1:200

Ansicht Ost

C2

86

Haus in Massivholz

62

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63 Querschnitt Maßstab 1:200

64 Längsschnitt Maßstab 1:200

C2

88

Haus in Massivholz

65

2

1

2

3

3

1

Bitumenbahn beschiefert Holzschalung 23 mm, im Randbereich Dreischichtplatte 40 mm Sparren 80/220 mm Holzweichfaserdämmung 240 mm Stahlfaserbeton 200 mm, Halbfertigteil mit Aufbeton U-Wert Dach 0,16 W/m2K

2

Holzschalung Kiefer, sägerau Traglattung Konterlattung Vollholzwand 300 mm, mit Luftkammern U-Wert Wand 0,224 W/m2K

3

Holzfenster, geölt, mit 3-fach-Verglasung U-Wert Fenster 0,9 W/m2K

4

Bodenbelag, Trittschallverbesserungsmaß ΔLW ≥ 18 dB Stahlfaserbeton 300 mm, Halbfertigteil mit Aufbeton

5

Bodenbelag, Zementestrich 75 mm Trennfolie Mineralwolle 20 mm Holzfaserdämmung 180 mm Bitumenbahn Stahlbeton 300 mm Sauberkeitsschicht 50 mm, Unterbau aus frostfreiem und verdichtetem Material U-Wert Bodenplatte 0,197 W/m2K

4

3 4

5 6

4

6

Aufkantung aus Stahlbeton, als Schutz der Abdichtung, 100 mm Bitumenbahn

1

2

3

4

89

66 Fassadenschnitt Maßstab 1:20

5

6

C2

90

Haus in Massivholz

67

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C2

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Haus in Massivholz

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C2

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Haus in Massivholz

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C2

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Haus in Massivholz

72

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C2

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Haus in Massivholz

73

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74

C2

100

Haus in Massivholz

75

C3

Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

5

5

3

3

2 4

4

8

1 . Obergeschoss

8

1 Zugang

10

2 Treppe

10

5

5

3

3 Wohnen 4 Küche 5 Schlafen 6 Abstellraum 7 Freibereich

2

8 Speis 9 Loggia

1

4

8

10 Technik

7

Erdgeschoss

6

102

76

M 1:200

C3

Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

77 Grundriss Erdgeschoss Maßstab 1:200

9

5 3

5

5

5

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4

4

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2. Obergeschoss 2. Obergeschoss

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5

5

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3

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4

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2 4

4

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1 . Obergeschoss 1 . Obergeschoss

8

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78 Grundriss 2. Obergeschoss Maßstab 1:200

79 Grundriss 1. Obergeschoss Maßstab 1:200

C3

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80

Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

Ansicht S üd

Ansicht Ost

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81 Ansicht Süd Maßstab 1:200

82 Ansicht Ost Maßstab 1:200

Ansicht Ost

C3

106

83

Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

107

84 Querschnitt Maßstab 1:200

85 Längsschnitt Maßstab 1:200

C3

108

86

Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

2

1

2

3

3

1

Bitumenbahn beschiefert Holzschalung 23 mm, im Randbereich Dreischichtplatte 40 mm Sparren 80/220 mm Holzweichfaserdämmung 240 mm Stahlfaserbeton 200 mm, Halbfertigteil mit Aufbeton U-Wert Dach 0,16 W/m2K

2

Kalkzementleichtputz 20 mm, einlagig ohne Gewebeeinlage Luftkammerziegel 420 mm Kalkschlämme 5 mm U-Wert Wand 0,248 W/m2K

3

Holzfenster, geölt, mit 3-fach-Verglasung U-Wert Fenster 0,9 W/m2K

4

Bodenbelag, Trittschallverbesserungsmaß ΔLW ≥ 18 dB Stahlfaserbeton 300 mm, Halbfertigteil mit Aufbeton

5

Bodenbelag, Zementestrich 75 mm Trennfolie Mineralwolle 20 mm Holzfaserdämmung 180 mm Bitumenbahn Stahlbeton 300 mm Sauberkeitsschicht 50 mm, Unterbau aus frostfreiem und verdichtetem Material U-Wert Bodenplatte 0,197 W/m2K

4

3 4

5 6

4

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Aufkantung aus Stahlbeton, als Schutz der Abdichtung, 100 mm Bitumenbahn

1

2

3

4

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87 Fassadenschnitt Maßstab 1:20

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6

C3

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Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

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Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

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C3

120

97

Haus in wärmedämmendem Mauerwerk

D Literatur Teil A

D

Literatur

[1]

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BUNBR) (Hrsg.). Bericht der Baukostensenkungskommission des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen. Berlin, 2015.

[2]

Auer, Thomas. „Einfach Bauen“. XIA – Intelligente Architektur (2014): 10–12.

[3]

GEWOFAG (2016). Forschungsprojekt Riem. Auf: https://www. gewofag.de/web.nsf/id/8-seiter-forschungshauser-riemgewofag/$file/8-Seiter_Forschungshaeuser_Riem.pdf (06.04.2020).

[4]

Höhne/Neubacher/Traufetter. „Störfaktor Mensch“. Der Spiegel (2017/7) Auf: https://magazin.spiegel.de/SP/2017/7/149533943/ index.html (14.02.2017).

[5]

Eberle et al., (Hrsg.). „Die Temperatur der Architektur: Be 2226; Portrait eines energieoptimierten Hauses. Basel, 2016.

[6]

Nagler, Florian/Jarmer, Tilmann/Niemann, Anne/Cruel, Antonia/ Auer, Thomas/Franke, Laura/Kaufmann, Hermann/Winter, Stefan/Ott, Stephan/ Krechel, Marco/Gehlen, Christoph/ Thiel, Charlotte (2019). Einfach Bauen. Ganzheitliche Strategien für energieeffizientes, einfaches Bauen – Untersuchung der Wechselwirkung von Raum, Technik, Material und Konstruktion. Fraunhofer IRB Verlag, 2019.

[7]

Das europäische Parlament und der Rat der europäischen Union (09.03.2011). Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des europäischen Parlaments und des Rates, Anhang I. Auf: https://www. ce-richtlinien.eu/alles/richtlinien/Bauprodukte/Richtlinie/ Bauprodukteverordnung_EU_305_2011.pdf (28.05.2020).

[8]

Norm DIN EN 15804, 03.2020: Nachhaltigkeit von Bauwerken.

[9]

König, Holger/Kohler, Nikolaus/Kreißig, Johannes/Lützkendorf, Thomas (Hrsg.). Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. Grundlagen, Berechnung, Planungswerkzeuge. München, 2009.

[10]

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (2019). ÖKOBAUDAT 2019-III. Hgg. vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Referat Presse, OnlineKommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Berlin, 2019. Auf: https://www.oekobaudat.de/datenbank/archiv/oekobaudat2019-iii.html (03.05.2019, zuletzt aktualisiert am 29.05.2019).

122

[11] & [12] Umweltbundesamt: Flugreisen. Treibhausgasemissionen beispielhafter Flüge. Hgg. von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), dieses vertreten durch den Präsidenten des Umweltbundesamtes. Dessau-Roßlau. Auf: https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/ mobilitaet/flugreisen#unsere-tipps (zuletzt aktualisiert am 09.04.2019, zuletzt geprüft am 28.04.2020). [13]

König, Holger/Kohler, Nikolaus/Kreißig, Johannes/Lützkendorf, Thomas (Hrsg.). Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. Grundlagen, Berechnung, Planungswerkzeuge. München, 2009.

[14]

Norm DIN ISO 14044, 11.2009: Umweltmanagement.

[15]

siehe [9].

[16]

Norm DIN EN ISO 14025:2011, 10.2011: Umweltkennzeichnungen und -deklarationen.

[17]

Norm DIN EN 15978:2012-10, 10.2012: Nachhaltigkeit von Bauwerken.

Teil B [18]

BKI Baukosten Gebäude Neubau (2020). Statistische Kostenkennwerte für Gebäude– Neubau (Teil 1).

[19]

DIN V 4108-6:2003-6. Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden, Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergiebedarfs.

[20]

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