Eine vergleichende Darstellung des Religionsunterrichts in Österreich und in den USA vor dem Hintergrund der Trennung von Kirche und Staat [1 ed.] 9783428586837, 9783428186839

Die vorliegende Arbeit zeigt die unterschiedliche Trennung von Kirche und Staat in Österreich und in den USA anhand des

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Eine vergleichende Darstellung des Religionsunterrichts in Österreich und in den USA vor dem Hintergrund der Trennung von Kirche und Staat [1 ed.]
 9783428586837, 9783428186839

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Kanonistische Studien und Texte Band 78

Eine vergleichende Darstellung des Religionsunterrichts in Österreich und in den USA vor dem Hintergrund der Trennung von Kirche und Staat Von

Alexander Milionis

Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER MILIONIS

Eine vergleichende Darstellung des Religionsunterrichts in Österreich und in den USA vor dem Hintergrund der Trennung von Kirche und Staat

Kanonistische Studien und Texte begründet von Dr. A l b e r t M . K o e n i g e r † o.ö. Professor des Kirchenrechts und der Kirchenrechtsgeschichte an der Universität Bonn fortgeführt von Dr. Dr. H e i n r i c h F l a t t e n † o.ö. Professor des Kirchenrechts und der Kirchenrechtsgeschichte an der Universität Bonn sowie von Dr. G e o r g M a y Professor für Kirchenrecht, Kirchenrechtsgeschichte und Staatskirchenrecht an der Universität Mainz und Dr. A n n a E g l e r Akademische Direktorin i. R. am FB 01 Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Mainz herausgegeben von Dr. W i l h e l m R e e s Professor für Kirchenrecht an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und Dr. C h r i s t o p h O h l y Professor für Kirchenrecht an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT)

Band 78 ALEXANDER MILIONIS

Eine vergleichende Darstellung des Religionsunterrichts in Österreich und in den USA vor dem Hintergrund der Trennung von Kirche und Staat

Eine vergleichende Darstellung des Religionsunterrichts in Österreich und in den USA vor dem Hintergrund der Trennung von Kirche und Staat

Von

Alexander Milionis

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p Gmbh, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: Druckteam Berlin Printed in Germany ISSN 0929-0680 ISBN 978-3-428-18683-9 (Print) ISBN 978-3-428-58683-7(E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Danksagung Die vorliegende Dissertation wurde im Dezember 2020 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck angenommen. Ohne die Unterstützung bestimmter Personen hätte sie in dieser Form nicht realisiert werden können. Für die vielfältig erfahrene Hilfe möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken: Der besondere Dank gilt meinem Dissertationsbetreuer Prof. Dr. Wilhelm Rees, der mich stets mit viel Interesse, Sachkunde und Verständnis unterstützt hat. Für weitere, konstruktive Anregungen danke ich zudem Prof. Dr. Karl Weber als Nebenbetreuer. Des Weiteren danke ich auch Prof. Dr. Monika Niedermayr für Ihre Tätigkeit als zusätzliche Gutachterin und Mitglied der Prüfungskommission für das Rigorosum. Prof. Dr. Peter Bußjäger danke ich für seinen Vorsitz bei der Abnahme des Rigorosums. Zu bedanken habe ich mich auch bei meinen Eltern, Dipl. Ing. Konstantin und Hedwig Milionis, die mich schon immer unterstützt haben. Schließlich bedanke ich mich auch bei meiner lieben Stephanie, Dr. med. Stephanie Käser, meiner Freundin und Verlobten, die mich immer wieder ermuntert und mir auch von Erfahrungen mit ihrer eigenen Dissertation berichten konnte. Die Universität Innsbruck und besonders die Helmuth M. Merlin Stiftung haben dankenswerterweise, durch ihre grosszügige finanzielle Unterstützung, den Druck sowie die Veröffentlichung dieser Dissertation ermöglicht.

Inhaltsverzeichnis Vorstellung des Dissertationsthemas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Teil 1 Einführende Erklärungen

22

A. Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I.

Philosophische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Funktionale Definition der Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3. Substantielle Definition der Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4. Problematisierung der funktionalen und substantiellen Definitionen der Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

II.

Anthropologische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

III.

Religionspädagogische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

IV.

Vergleich zwischen der Definition von Religion in Österreich und in den USA 30 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Staatskirchenrechtliche Definition von Religion in Österreich . . . . . . . . . 31 3. Staatskirchenrechtliche Definition von Religion in den USA . . . . . . . . . . 36 4. Zusammenfassung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Österreich und den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

B. Säkularismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Soziologische Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 II.

Modernitätstheoretisches Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

III.

Problematisierung des modernitätstheoretischen Verständnisses von Säkularismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Säkularismus in der Gesellschaft in Österreich und in den USA . . . . . . . . . . 44

IV.

1. Religiöse Pluralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 V.

Vergleich des Säkularismus in der Gesellschaft in Österreich und in den USA 48

C. Schulunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 D. Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 I. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

8

Inhaltsverzeichnis II.

Kompetenzorientierter Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

III.

Relevanz des Themas Religionsunterricht in Österreich und in den USA . . . 55

Teil 2 Rechtslage: Religionsunterricht in Österreich und in den USA im Vergleich

57

A. Allgemeines zum Religionsunterricht an Schulen in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 B. Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 I.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

II.

1. Wissen einerseits/sittliche, religiöse und soziale Werte andererseits . . . . 61 Konfessioneller Religionsunterricht als eigener Unterrichtsgegenstand an öffentlichen Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2. Inhaltliche Gestaltungsfreiheit der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3. Umfang des Religionsunterrichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4. Religionslehrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5. Kirchliche Zuständigkeiten für den Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Exklusives Recht der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Keine Berücksichtigung der Weltanschauungsgemeinschaften . . . . . . 75 6. Religionsunterricht als Recht oder Pflicht der Kirchen und Religionsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 7. Der bekenntnisorientierte Religionsunterricht unter Wahrung bzw. Berücksichtigung der staatlichen Pflicht zur religiösen Neutralität . . . . . . . 79 8. Der Religionsunterricht unter Berücksichtigung des Elternrechts . . . . . . 81 9. Der Religionsunterricht unter Berücksichtigung der Religionsfreiheit . . 82

III.

10. Konfessioneller Religionsunterricht an öffentlichen Schulen außerhalb des Unterrichtsgegenstandes Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Konfessionsloser humanistischer Religionsunterricht als eigener Unterrichtsgegenstand an öffentlichen Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Verfassungsimmanente Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3. Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 4. Ethikunterricht als Schulversuch und Regelbetrieb ab dem Schuljahr 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

IV.

Wissenschaftlicher Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

Inhaltsverzeichnis V.

9

Exkurs: Gebete in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. Glöckl-Erlass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Recht auf Religionsfreiheit der Schüler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4. Neutralitätspflicht des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

VI.

5. Schulgebete außerhalb des Schulunterrichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Exkurs: Religiöse Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Schulkreuze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 4. Neutralitätspflicht des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 5. Das Recht der Kirchen auf Autonomie in ihren inneren Angelegenheiten 107 6. Recht auf negative Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 7. Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

VII.

Exkurs: Religiöse Feiertage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Pluralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Schulfrei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Recht auf negative Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

C. Religionsunterricht an privaten Schulen in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II.

Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

III. IV.

Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Staatliche Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

D. Allgemeines zum Religionsunterricht an Schulen in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 E. Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

II.

Konfessioneller Religionsunterricht als Unterrichtsgegenstand . . . . . . . . . . . 124 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. McCollum v. Board of Education . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Zorach v. Clauson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4. Die wichtigsten Supreme Court Tests konkret in Bezug auf den konfessionellen Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

III.

Konfessionsloser humanistischer Religionsunterricht als Unterrichtsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Verfassungsimmanente Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

10

Inhaltsverzeichnis IV.

Wissenschaftlicher Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Teaching about Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

V.

Exkurs: Gebete in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Engel v. Vitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Abington v. Schempp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Moments of Silence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 5. Schulgebete außerhalb des Schulunterrichts bzw. durch Dritte (Außerschulische Veranstaltungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 6. Fahneneid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

VI.

Exkurs: Religiöse Symbole in Schulgebäuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Court House-Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Analogie von staatlichen Gerichtsgebäuden zu öffentlichen Schulen . . . 142

VII.

4. Stone v. Graham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Exkurs: Religiöse Feiertage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Im Schulunterricht und im Schulgebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Schulfreie Tage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

F. Religionsunterricht an privaten Schulen in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Private Schools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Privatautonomie und Charakteristik der Private Schools . . . . . . . . . . . . . 146 3. Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4. Finanzierung religiöser Privatschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II.

Charter Schools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

G. Vergleich der Rechtslage zum Religionsunterricht in Österreich und in den USA . . 151 I. II.

Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

III.

Vergleich und Ausblick: Österreich und USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

H. Die Katholische Kirche und das Kirchenrecht im Zusammenhang mit dem Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I.

Allgemeines zur Katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Inhaltsverzeichnis II.

11

Der Religionsunterricht im Sinne des Kirchenrechts der katholischen Kirche 159 1. Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Ausgewählte kirchenrechtliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3. Weitere Ausführungen zum einschlägigen Kirchenrecht der katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4. Das Verhältnis zum staatlichen Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 5. Die Bedeutung und Stellung des Religionslehrers aus der Sicht der katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6. Missio canonica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 7. Ökumenische Offenheit des katholischen Religionsunterrichts . . . . . . . . 175 8. Besonderheiten des katholischen Religionsunterrichts als Unterrichtsgegenstand in den Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Recht der katholischen Schüler auf konfessionellen Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Elternrecht und Religionsunterricht im kanonischen Recht . . . . . . . . . 178

III.

Das Kirchenrecht der katholischen Kirche und die besondere rechtliche Stellung der katholischen Kirche in Österreich beim Religionsunterricht . . . 179 1. Die Besonderheit in Österreich im Vergleich zu den USA . . . . . . . . . . . . 179 2. Vorrangstellung der katholischen Kirche im Schulwesen . . . . . . . . . . . . . 181 3. Konkordat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4. Schulvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 5. Rahmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 6. Die Bewertung des Religionsunterrichts in Österreich aus der Sicht der katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Teil 3 Rechtshistorische Ursachen für die unterschiedliche Rechtslage in Österreich und in den USA zum Relegionsunterricht an (öffentlichen) Schulen 192 A. Die Entwicklung in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. II.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Das frühmittelalterliche Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

III.

Das hochmittelalterliche Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

IV. V.

Das spätmittelalterliche Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Das Schulwesen und die Reformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

VI.

Entklerikalisierung des Schulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

VII. VIII.

Reklerikalisierung des Schulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Das erste Konkordat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

IX.

Das Staatsgrundgesetz und Liberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

12

Inhaltsverzeichnis X.

Die Erste Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

XI.

Der Bundesstaat Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

XII. XIII.

Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Zweite Republik und Religion im heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

B. Die Entwicklung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II.

Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

III. IV.

16. und 17. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Der puritanische Gottesstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

V.

Die Entwicklung zur Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

VI. VII.

Die Trennung von Kirche und Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Die amerikanische Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

VIII.

Religiöse Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

IX. X.

Einwanderung im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Schulen im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

XI.

Common Schools – Public Schools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

XII. XIII.

Die Religion im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Antikatholizismus und Auswirkungen auf das Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . 214

XIV.

Kampf gegen die Säkularisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

XV. Reformpädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 XVI. Amerikanismus als Ersatzreligion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 XVII. Säkulare Bildungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 XVIII. Religion im Heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 C. Vergleich des derzeitigen sozialen Kontexts des Religionsunterrichts in Österreich und in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Teil 4 Rechtsdogmatische Ursachen für die unterschiedliche Rechtslage in Österreich und in den USA zum Religionsunterricht

219

A. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 B. Die Grundlagen der Rechtsordnung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 I.

Die Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

II.

Common-Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

III. IV.

Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Methodik und Praxis der Rechtsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

V.

Auslegungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Privileged Factor- Theories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Balancing – Theories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

Inhaltsverzeichnis

13

3. Supreme Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 VI.

Auslegungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 1. Einheit der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Judicial Self-restraint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Grundsatz der verfassungsgemäßen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

C. Religionsfreiheit in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 I.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

II. III.

StGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Art. 63 StV St. Germain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

IV.

Art. 9 EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

D. Religionsfreiheit in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 I.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

II. III.

Test Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Der 1. Verfassungszusatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

IV.

Der 14. Verfassungszusatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

V. VI.

Free Exercise Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Abwehrrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

VII.

Individuelle und kollektive Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

VIII. IX.

Keine ausdrückliche Gewissensfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Grundrechtsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

X.

Compelling Interest Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

XI.

Religious Freedom Restoration Act of 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

E. Vergleich des Rechts auf Religionsfreiheit in Österreich und in den USA . . . . . . . . 247 F. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat sowie das säkulare Selbstverständnis in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 I.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

II. III.

Verbot einer Staatskirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Religiöse Neutralität des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

IV.

Neutralität und verfassungsimmanente Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . 252

V. VI.

Staatskirchenrecht trotz religiöser Neutralität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Pragmatische These . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

VII.

These von der Verstaatlichung bzw. vom Staat im Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

VIII. IX.

These von der Trennung vom Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Herrschende Lehre: Distanzierende und kooperierende Neutralität . . . . . . . . 255

X.

2. Kooperierende Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Säkularität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

1. Distanzierende Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

XI.

Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

XII.

Das Prinzip der Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

14

Inhaltsverzeichnis XIII.

Das Prinzip der Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

XIV.

Das Prinzip der Ausschließlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

VX.

Rechtstellung der Religionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2. Gesetzlich anerkannte Kirchen & Religionsgesellschaften . . . . . . . . . . . 267 3. Staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften . . . . . . . . . . . 269 4. Erlaubte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5. Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 6. Ungleichbehandlung und Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 7. Blasphemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

G. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat sowie das säkulare Selbstverständnis in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 I. Establishment Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 II.

Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

III.

Trennung von Kirche und Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Bedeutung des 1. Verfassungszusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Der 14. Verfassungszusatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 4. Rechtsprechung zum 1. Verfassungszusatz: „wall of separation“ . . . . . . 277 5. Mindermeinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6. Lemon Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 7. Lemon Test Redux . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 8. Coercion Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 9. Endorsement Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

IV. V.

Rechtsstellung der Religionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Wie steht der Staat zur Blasphemie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288

VI.

National Day of Prayer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

H. Vergleich der Trennung von Kirche und Staat in Österreich und in den USA . . . . . . 291 I. II.

Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

III.

USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

IV.

Conclusio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

I. Vergleichende Schlussfolgerungen sowohl zu den rechtshistorischen als auch zu den rechtsdogmatischen Ursachen für die unterschiedliche Rechtslage in Österreich und in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

Inhaltsverzeichnis

15

Teil 5 Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Rechtslage in Österreich und in den USA zum Religionsunterricht 297 A. Gründe für und gegen Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 I.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

II.

Gründe für Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 2. Inklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 3. Pluralitätsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 4. Religiöses Bedürfnis der Schüler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 5. Religiöses Bedürfnis der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 6. Anthropologisches Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 7. Soziales Argument (Sozialer Frieden und Extremismusprävention) . . . . 310 8. Kulturgeschichtliches Argument (Bildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 9. Konfessioneller Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 10. Konfessionsloser humanistischer Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . 315 11. Konfessionell-Kooperativer Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

III.

Gründe gegen Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 2. Religiöse Isolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 3. Religion als Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 4. Keine Förderung der Kreativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 5. Mangelhafte Pluralitätsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 6. Missachtung der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 7. Indoktrinierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

B. Das Verhältnis der Schüler zum Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 I. Verhältnis zur Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 II.

Verhältnis zum Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

III. IV.

Teilweise Ablehnung des Religionsunterrichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Teilweise Befürwortung des Ethikunterrichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

C. Wirkung von Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 II.

Kritische Studie zum Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331

III. IV.

Bedeutung der Art von Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Instruktion und Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

V.

Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334

16

Inhaltsverzeichnis Teil 6 Vergleichende Schlussbemerkungen

336

Teil 7 Quellenverzeichnis

338

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Gesetze der Republik Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Gerichtsentscheidungen der Republik Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Gerichtsurteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Gesetze der Vereinigten Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Gerichtsentscheidungen der Vereinigten Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Internetseiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Vorstellung des Dissertationsthemas In der staatsrechtlichen Theorie1 können Staaten systematisch im Hinblick auf ihr Verhältnis zur Religion kategorisiert werden2 und sind das im Wesentlichen zwei3 Kategorien:4 religiöse Staaten, also solche mit einer Staatsreligion oder mehreren Staatsreligionen – Staatskirchentum5 oder Kirchenstaat bzw. (heute) Gottesstaat;6 säkulare Staaten, also solche, die eine Trennung von Kirche (Religion) und Staat aufweisen – Säkularismus oder Laizismus.7 In der Realität gibt es eine Vielzahl von Mischformen,8 bei denen die Staaten und Kirchen mehr oder weniger getrennt sind bzw. die Staaten darauf achten, eine Neutralität gegenüber den verschiedenen Religionen zu bewahren, aber meist mehr oder weniger kooperieren. Die Idee einer Trennung zwischen Kirche und Staat reicht im westlichen Kulturkreis, dessen Kultur nach der Entdeckung der „Neuen Welt“ auch nach NordAmerika verbreitet wurde, weit zurück9, ist aber dennoch aktuell.10 Die Idee einer 1 Böckle, Kirche – Staat – Gesellschaft. Theologische Bemerkungen zu ihrem Verhältnis. In: Kirche, Staat und Gesellschaft aus religionsphilosophischer, theologischer und staatskirchenrechtlicher Sicht, in: Krautscheidt/Marré (Hg.), Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 2 (1969) 32. 2 Walter, Religionsverfassungsrecht in vergleichender und internationaler Perspektive (2006) 127. 3 Hildebrandt, Religion – Staat – Politik: Zur Rolle der Religion in der nationalen und internationalen Politik (2013) 14. 4 Kocher, Kirche und Staat – Kooperation und Konfrontation (2002) 7 – 18. 5 Papastathes, Staat und Kirche in Griechenland, in: Staat und Kirche in der Europäischen Union, (1995) 79. 6 Vgl. Hottinger, „Gottestaat“: Die Versuchung des Gottesstaates: zum islamischen Fundamentalismus, in: Bibel und Kirche, 43 (1988) 114 – 118. 7 Hennesy, Die Trennung von Kirche und Staat in den Vereinigten Staaten und in Frankreich, in: Concilium, 12 (1976) 226. 8 Gerade eben auch in Österreich, worauf noch genauer zurückgekommen wird, vgl. aber auch: Leisching, Das österreichische Staatskirchenrecht zwischen staatlicher Kirchenhoheit und dem Koordinationssystem. In: 60 Jahre Österreichisches Konkordat, in: Paarhammer/ Pototschnig (Hg.), Veröffentlichungen des internationalen Forschungszentrums für Grundfragen der Wissenschaften Salzburg 56 (1994) 135. 9 Batista, Kirche und Staat: eine alte Diskussion in neuem Kontext, in: Zeitschrift für Mission, 24 (1998) 251. 10 Die Aktualität wird hier in der vorliegenden Arbeit verdeutlicht, vgl. aber auch Schäffer, Kirche und Staat: ein aktuelles Thema?, in: Zeitschrift für Mission, 24 (1998) 259 – 268.

18

Vorstellung des Dissertationsthemas

Trennung der Angelegenheiten von Kirche und Staat, also von verschiedenen Kompetenzen, ist in der westlichen Welt sohin schon lange vorhanden. Schon in der Bibel steht geschrieben, Jesus Christus habe gesagt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“.11 Auch nach der mittelalterlichen Zwei-Schwerter-Theorie12 besitzen die Kirche und der Staat jeweils eigene Zuständigkeiten.13 Strittig blieb aber lange Zeit, wer diese Zuständigkeiten bestimmt und verteilt, wer also die konkreten Kompetenzen zuweist, ob diese sogenannte Kompetenzkompetenz der Kirche oder dem Staat zukommt. Einen Höhepunkt erlebte die Auseinandersetzung im Investiturstreit des Mittelalters. Die Realität war auch noch in der frühen Moderne manches Mal nicht weit davon entfernt, dass man sich, wie bei den drei Musketieren von Alexandre Dumas zwischen dem Kardinal und dem König entscheiden musste.14 Die Katholische Kirche verwehrte sich zum Beispiel dagegen, dass ein weltlicher Herrscher ihre Ämter besetzt (Investitur). Die weltlichen Herrscher meinten, dass sich die Kirche in ihre Politik einmischte. Die Ideen der sogenannten „Aufklärung“15, die rechtspolitisch sowohl in der „Alten-“, als auch in der „Neuen Welt“ großes Gehör fanden, befürworteten eine Wissenschaft, die sich nicht auf Gott, sondern nur auf die Natur bzw. die Welt stützen sollte. Anstatt vom ewigen „Göttlichen Recht“16 wurde nun vom „Naturrecht“17 gesprochen. Nicht mehr Gott an sich stand im Zentrum der Argumentation, sondern der Mensch (Humanismus). Das humanistische Postulat von der unantastbaren Würde des Menschen leitete sich allerdings (noch immer) unmittelbar vom christlichen Glauben ab, nämlich dem Glauben, dass der Mensch von Gott nach dessen Ebenbild geschaffen worden sei. Dennoch: Antworten auf gegenwärtige Fragen wurden sowohl in der Philosophie als auch in der Politik immer mehr unabhängig von der Religion gesucht und gefunden. Die Entwicklung hin zu einer Trennung zwischen Kirche und Staat, be-

11

Mt (Matthäus) 22, 15 – 22 van Krieken, Über die sogenannte organische Staatstheorie (1873) 27. 13 Härle, Kirche und Staat: die „Zwei-Reiche-“ bzw. „Zwei-Regimenten-Lehre“, in: Konfession: evangelisch-lutherisch (2004) 107. 14 Rendtorff, Kirche und Staat: Die gespaltene europäische Christenheit, in: Das Europa der Religionen (1996) 141 – 159. 15 Hattenhauer, Europäische Rechtsgeschichte (1992) 825. 16 Vgl. Ius Divinum: Spangenberger, Gottesrecht und Menschenrecht. Zur Legitimation, Limitation und Normierung positiven kirchlichen Rechts, in: Reinhardt (Hg.), Theologia et Jus Canonicum (1995) 99; de Wall, Grundbegriffe und rechtstheologische Grundlagen, in: Anke/de Wall (Hg.), Handbuch des evangelischen Kirchenrechts (2016) 5 – 45. 17 Seifert, Wie erkennt man Naturrecht? (Philosophie und realistische Phänomenologie 6) (1998) 159. 12

Vorstellung des Dissertationsthemas

19

sonders ab der Moderne, wird gemeinhin als Säkularisierung18 bezeichnet. Diese Entwicklung fand in der Alten und in der Neuen Welt statt. Obwohl Österreich in der Alten Welt und die USA in der Neuen Welt also grundsätzlich durch die Aufklärung einer gemeinsamen gesellschaftspolitischen und daher auch rechtspolitischen Entwicklung unterworfen waren und sich hier wie dort oft sogenannte säkulare Rechtsstaaten bildeten, überdeckt diese Feststellung die dennoch vorhandenen, großen Unterschiede. Österreich und die USA weisen rechtlich, wesentliche Gemeinsamkeiten auf, wie die verfassungsrechtlich gewährleistete Religions- und Weltanschauungsfreiheit und die verfassungsrechtlich gebotene, religiöse sowie weltanschauliche Neutralität des Staates, dennoch aber sieht man gerade am Religionsunterricht19 deutlich, welche großen Unterschiede es gibt und dies obwohl es sich hier um einen Bereich handelt, der wie vielleicht kein anderer, ein sensibler Berührungspunkt zwischen dem Staat und den Religionen bzw. Weltanschauungen der Staatsbürger ist.20 Die USA stellen ein säkulares „Trennungsmodell“ dar. In Österreich gibt es eher eine Art säkulares „Kooperationsmodell“.21 Die USA gelten als ein Paradebeispiel für ein System, in dem die Trennung von Kirche und Staat besonders streng ausgeprägt ist.22 Ein Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, geschweige denn in Kooperation mit einer oder mehreren Kirchen wäre in den USA (mittlerweile) verfassungsrechtlich undenkbar. Österreich stellt dagegen ein sogenanntes Kooperationsmodell dar, kritisch aber auch als „hinkende Trennung“23 bezeichnet, in dem es fallweise eine Zusammenarbeit gibt, wie eben beim Religionsunterricht, der von den jeweiligen Kirchen und Religionsgemeinschaften an öffentlichen Schulen veranstaltet wird. Diese unterschiedlichen Gegebenheiten verwundern umso mehr, als allgemein bekannter Weise die USA eine erheblich religiösere Gesellschaft aufweisen als Österreich. Die USA gelten gar als eines der religiösesten Länder weltweit. Die Religion durchdringt dort in erheblicher Weise das gesamte gesellschaftliche Leben.24 Religiöse Rhetorik findet sich alltäglich auch in der Politik.25

18

Lehmann, Säkularisierung: der europäische Sonderweg in Sachen Religion (2004) 36. An staatlichen Schulen und Schulen mit Öffentlichkeitsrecht. 20 Potz, Religionsunterricht und säkularer Staat im europäischen Vergleich, in: Hafez/ Shakir (Hg.), Religionsunterricht und säkularer Staat (2012) 13 (13). 21 Hildebrandt, Religion – Staat – Politik: Zur Rolle der Religion in der nationalen und internationalen Politik (2013) 14. 22 Hildebrandt 62. 23 Stutz, Die päpstliche Diplomatie unter Leo XIII. nach den Denkwürdigkeiten des Kardinals Domenico Ferrata (1926) 5. 24 Bellah, Civil Religion in America, in: Daedalus (Hg.), Journal of the American Academy of Arts and Sciences, Vol. 96.1, 1 (3). 19

20

Vorstellung des Dissertationsthemas

Die Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede anhand des Religionsunterrichts zu behandeln und herauszustreichen, ist also zweckmäßig und effektiv, da sich diese beiden Modelle in fast keinem anderen Bereich, trotz gemeinsamer Grundprinzipien (Religiöse und weltanschauliche Neutralität, Religionsfreiheit etc.), in der Theorie und der konkreten Umsetzung (Religionsunterrichtspraxis) deutlicher voneinander unterscheiden. – Die vorliegende Arbeit soll die unterschiedliche Trennung von Kirche und Staat in Österreich und in den USA anhand des Religionsunterrichts fundiert aufzeigen, weshalb, nach einleitenden Erklärungen, zunächst die wesentliche Rechtslage zum Religionsunterricht, einerseits in Österreich und andererseits in den USA dargestellt wird. – Die Ursachen für die unterschiedliche Rechtslage werden dann zunächst rechtshistorisch (und rechtssoziologisch) und dann auch rechtsdogmatisch eruiert. Jeweils sollen gerade die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ergründet werden. – Nach der Ursachenforschung soll die unterschiedliche Rechtslage auch einer vergleichenden Bewertung unterzogen werden, wobei die jeweiligen Vor- und Nachteile (General- und Individualinteressen) abgewogen werden. – Die vorliegende Arbeit wird mit vergleichenden Schlussbemerkungen abgeschlossen. – Als rechtssetzende Autoritäten werden in der vorliegenden Arbeit ausschließlich jene anerkannt, die in den jeweiligen Rechtsordnungen verfassungsrechtlich vorgesehen sind, sohin finden naturrechtliche Ansätze keine Berücksichtigung. Einem Stufenbau der Rechtsordnung folgend, hat das geltende Verfassungsrecht Vorrang vor einfachen Gesetzen, Gesetze vor Verordnungen. Erlässe und Rundschreiben übergeordneter Organe prävalieren jene von Organen niederer Ordnung. – Die vorliegende Arbeit ist im Wesentlichen staatskirchenrechtlich, aber wird auch das Kirchenrecht und die Position der Kirche(n) dort erörtert, wo eine konkrete Beziehung zum staatlichen Recht besteht. Für die Zitierung der verwendeten Quellen (Literatur, Legislatur, Judikatur …) hat sich der Verfasser am Leitfaden für das Verfassen von Diplomarbeiten und Dissertationen im Öffentlichen Recht (Innsbruck) orientiert,26. Selbstverständlich wurden auch davon abgesehen die allgemeinen Zitierregeln beachtet.27

25 Ostendorf, A Nation with the Soul of a Church? The Strange Career of Religion in America: A View from Europe, in: Rivisti di Studi Nord Americani 15 – 16/2004 – 2005, 169 (174). 26 Tiefenthaler/Sonntag, Leitfaden für das Verfassen von Diplomarbeiten und Dissertationen im Öffentlichen Recht (2009); welche Universitätsassistenten am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck waren. 27 Dax/Hopf, Abkürzungs- und Zitierregeln AZR samt Abkürzungsverzeichnis (2019).

Vorstellung des Dissertationsthemas

21

Die Heilige Bibel: „Pilatus antwortete [Pontius Pilatus, Anm.]: … Was hast du getan? Jesus antwortete [Jesus Christus, Anm.]: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von dannen.“28 „Zeiget mir den Groschen! Wes Bild und Überschrift hat er? Sie antworteten und sprachen: Des Kaisers. Er aber [Jesus Christus, Anm.] sprach: So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Und sie konnten sein Wort nicht tadeln vor dem Volk und verwunderten sich seiner Antwort und schwiegen still.“29 Der Edle Koran: „Und richte zwischen ihnen nur nach dem, was ALLAH hinabgesandt hat, und folge nicht ihren Neigungen und nimm dich vor ihnen in Acht, damit sie dich nicht von etwas abbringen, was Gott dir hinabgesandt hat.“30

28 29 30

Joh (Johannes) 18, 36 – 36. Lk (Lukas) 20, 24 – 26. Mohammed 5:49.

Teil 1

Einführende Erklärungen A. Religion Bei einer Arbeit, die sich im Wesentlichen mit der Trennung von Kirche und Staat in dem Sinne auseinandersetzt, welchen Platz und welche Bedeutung die Religion hat (wobei der Religionsunterricht als Kristallisationspunkt1 und deshalb Anschauungsobjekt dient) ist es gerade unter Berücksichtigung, dass ein Rechtsvergleich zwischen Österreich und den USA gezogen wird, essentiell, zunächst zu klären, was überhaupt unter Religion verstanden wird. Diese sokratische2 Herangehensweise, schon den Grundbestand des Wissens zu hinterfragen, wird zeigen, dass die Beantwortung der Frage durchaus nicht leicht ist. Tatsächlich gibt es in der Wissenschaft unterschiedliche Definitionen und Erklärungen,3 die hier nachstehend kurz dargelegt werden. Diese einführenden Erklärungen (Teil 1) zur Religion, aber auch zum Säkularismus und zum (Schul-)Unterricht sind deshalb schon als Einleitung von Interesse, wieso es im Endeffekt dann auch in Österreich und in den USA rechtlich tatsächlich ein unterschiedliches Verständnis von Religion gibt, was im Teil 2 (Rechtslage), Teil 3 (Rechtshistorische Gründe für die unterschiedliche Rechtslage) und auch im Teil 4 (Rechtsdogmatische Gründe) dieser Arbeit deutlich wird. Ein erster Ansatzpunkt für die Bedeutung des Begriffs „Religion“ ist die Wortherkunft4 und ursprüngliche Wortbedeutung (Etymologie), wobei allerdings schon hier deutlich wird, dass die Sache nicht ganz einfach ist. Schon in der Antike 1 Shakir, Die Bedeutung des konfessionellen Religionsunterrichtes in der öffentlichen Schule – eine islamische Perspektive, in: Hafez/Shakir (Hg.), Religionsunterricht und säkularer Staat (2012) 111 – 125. 2 Benson, Socratic Method. In: Donald R. Morrison (Hg.): The Cambridge Companion to Socrates (2011) 179 – 200. 3 Vgl. Reuter, Was ist Religion? Das Recht als Forum definitionspolitischer Arbeit am Begriff Religion, in: Heinig/Walter (Hg.), Religionsverfassungsrechtliche Spannungsfelder (2015) 57 – 76. 4 Bergmann, Die „Grundbedeutung“ des lateinischen Wortes Religion (1998) 13 – 23; Cicero: De natura deorum 2, 72; Feil, Religion statt Glaube – Glaube statt Religion? Historischsystematischer Exkurs zu Bonhoeffers Plädoyer für ein „religionsloses Christentum“, in: Huber/Gremmels (Hg.), Religion im Erbe: Dietrich Bonhoeffer und die Zukunftsfähigkeit des Christentums (2002) 42.

A. Religion

23

überlegte man, woher der Begriff der „Religion“ denn überhaupt herkomme und was er ursprünglich bedeutete. Schon damals gab es dazu unterschiedliche Meinungen: Cicero etwa (106 – 43 v. Chr.) führt das lateinische Wort „religio“ auf „re-legere“ zurück, die „gewissenhafte Beobachtung von Kultvorschriften“.5 Caetius Firmianus Lactantius dagegen (250 – 325 n. Chr.) leitet den Begriff „religio“ von „religari“ ab, was soviel wie ein „Zurückbinden an Gott“ bedeutet.6 Thomas von Aquin (1224 – 1274) bezieht das Wort „Religion“ auf den Wortstamm „reeligere“. Reeligere bedeutet „wiedererwählen, aufnehmen, … (von Gott)“.7 Schon bei der Wortherkunft ist man sich also schon seit langer Zeit uneinig, aber unabhängig von den im Detail unterschiedlichen Herleitungen haben alle diese gemein, dass es darum geht, dass der Mensch sich mit einer höheren, übernatürlichen Macht auseinandersetzt (Rückbindung, Wiedererwählen, etc.), wenn es teilweise auch nur in ritueller Form sein mag. In der christlichen Religion wurde das eigene Verständnis von Religion als Rückbindung (religio) an Gott von den Kirchenvätern durch den Terminus „religio vera“ hervorgehoben, wodurch eine Klarstellung und Abgrenzung zu anderen Bedeutungen beabsichtigt wird.8 Eine allgemein, oder zumindest weithin anerkannte Definition, was unter „Religion“ zu verstehen ist, und was nicht, hat sich bisher trotz vielfacher Versuche, Religion abschließend einem Personenkreis, einem Sachverhalt oder Diskurs-Ziel zuzuordnen, nicht durchsetzen können. Dennoch müssen zur grundlegenden Orientierung über die Thematik der vorliegenden Arbeit auch hier zumindest einige Anhaltspunkte zum Verständnis davon gegeben werden, was unter „Religion“ verstanden werden kann und teilweise verstanden wird:

5 Cicero, De natura deorum 2, 72; Pickel, Religionssoziologie: Eine Einführung in zentrale Themenbereiche (2011) 16; Knobloch, Mehr Religion als gedacht! Wie die Rede von Säkularisierung in die Irre führt (2006) 24. 6 Schlieter, Was ist Religion? Texte von Cicero bis Luhmann (2010) 48; http://www.guent er-schulte.de/materialien/philoreligion/philoreligion_00.html (17. 4. 2020). 7 Prokopf, Religiosität Jugendlicher: eine qualitativ-empirische Untersuchung auf den Spuren korrelativer Konzeptionen (2008) 24; Hilger/Laimburger/Ziebertz, Religionsdidaktik Ein Leitfaden für Studium, Ausbildung und Beruf (2001) 125. 8 Hilger/Laimburger/Ziebertz, Religionsdidaktik Ein Leitfaden für Studium, Ausbildung und Beruf (2001) 125.

24

Teil 1: Einführende Erklärungen

I. Philosophische Perspektive 1. Allgemein 9

- Nach Durkheim ist Religion ein System von Prinzipien, Anschauungen und Übungen (Riten), das sich auf etwas Heiliges bezieht und eine moralische Gemeinschaft (Kirche) konstituieren möchte. 10 - Nach Weber11 ist Religion das moralisch fundierte System mit hauptamtlichen Funktionären (Priester), die eine geregelte Lehre vertreten. 12 - Nach Geertz13 ist Religion ein kulturell geschaffenes Symbolsystem, das Motivationen im Menschen schaffen will, in dem es eine allgemeine Seins-Ordnung formuliert. - Moderne Religionstheoretiker14 betrachten die Religion im Wesentlichen als Teilaspekt und Folge15 der Kultur.16 Im Wesentlichen wird die Religion einerseits funktional und andererseits substantiell definiert. Die funktionale Definition der Religion,17 welche dieselbe als ein System versteht, das dem Menschen bei seiner Suche nach dem Ursprung und dem Sinn des Lebens hilft, ist phänomenologisch angelegt. Die substantielle Definition der Religion,18 welche dieselbe als die Begegnung mit dem Übernatürlichen und Heiligen versteht, konzentriert sich auf inhaltliche Aspekte der Religion in Abgrenzung zu anderen nicht-religiösen Phänomenen bzw. Inhalten. 2. Funktionale Definition der Religion In funktionaler Hinsicht ist Religion ein phänomenologisches System eben mit Funktionen für den Einzelnen und die Gesellschaft.19 9

Idinopulos/Wilson, What Is Religion?: Origins, Definitions, and Explanations (1998) 151. Haring, Der Begriff der Religion in der Religionssoziologie. Eine Annäherung, zitiert nach Hildebrandt/Brocker, Der Begriff der Religion, Interdisziplinäre Perspektiven (2008) 113 (115 ff.). 11 Ferrante, Sociology: A Global Perspective (2007) 402. 12 Geertz, The Interpretations of Cultures. Selected Essays, zitiert nach Hildebrandt/Brocker, Der Begriff der Religion (1973) 9 (17); Geertz, in: Hildebrandt/Brocker 17. 13 Geertz zitiert nach Hildebrandt/Brocker, 87 ff. 14 Harrison, Religion and Modern Thought (2007) 15. 15 Körbel, Hermeneutik der Esoterik: eine Phänomenologie (2001) 36. 16 Geertz zitiert nach Hildebrandt/Brocker, 20. 17 Knoblauch, Religionssoziologie (2012) 109. 18 Hepp/Krönert, Religion (2009) 21. 19 Pickel, Religionssoziologie, 20. 10

A. Religion

25

In diesem Sinne weist Durkheim, als ein beachtlicher Vertreter der klassischen Religionssoziologie, auf die seiner Ansicht nach entscheidende, „universale soziale Funktion“ der Religion hin20 und definiert Religion als „ein solidarisches System von Überzeugungen und Praktiken, die sich auf heilige, d. h. abgesonderte und verbotene Dinge, Überzeugungen und Praktiken beziehen, die in einer und derselben moralischen Gemeinschaft, die man Kirche nennt, alle vereinen, die ihr angehören“. Pointiert formuliert, ist für Durkheim eine Religion im Grunde genommen (nur) eine moralische Gemeinschaft. Religion führt und dient also der Integration in eine Gemeinschaft. 21 Das Heilige dient (lediglich) zur Abgrenzung zu anderen moralischen Gemeinschaften. Sie hilft dem Einzelnen bei der Integration. Die Integration hilft aber auch der Gemeinschaft (Gesellschaft), dem Einzelnen ihre Werte zu vermitteln und „näher“ zu bringen. Dies führt letztlich zu einer sozialen Ordnung (Beruhigung).22 Der Zusammenhalt einer Gemeinschaft wird sehr stark auch durch gemeinsame religiöse Praktiken gewährleistet.23 Insgesamt zeigt die funktionale Definition von Religion klar auf, welche wechselseitigen Funktionen die Religion für den Einzelnen in Bezug auf eine Gesellschaft und für die Gesellschaft in Bezug auf Einzelne hat. Gemeinsame Werte wie „Respekt und Ehrfurcht“ dienen letztlich sowohl dem Einzelnen als Schutz, als auch der Gesellschaft für die gewollte Ordnung.24 Nach dem ebenfalls berühmten Soziologen Max Weber ist Religion wie bei Durkheim auch vor allem aus seiner Funktion heraus zu definieren. Anders als Durkheim hebt er aber den funktionalen Nutzen der Religion für die Gesellschaft stärker hervor, als die Funktion für den Einzelnen.25 Weber meint, dass Religion vor allem dazu dient, als Gemeinschaft zusammen eine „Sinnsuche“ zu betreiben, die nicht jedem Einzelnen überlassen werden will (gesellschaftliche Ordnung/gemeinsame Werte). Dem Einzelnen soll von der Gesellschaft mithilfe der Religion ein Sinn vermittelt werden. Die Gesellschaft verlangt vom Einzelnen regelmäßig nicht nur ein Tun oder Unterlassen, sondern versucht ihn auch davon zu überzeugen, regelmäßig mit der Religion, dass es auch richtig und „sinnvoll“ ist, was sie verlangt.26 Diese Funktion der sozialen Integration ist besonders in der Phase der Adoleszenz bedeutend.27

20

Luckmann, Die unsichtbare Religion (1993) 78. Durkheim, Die elementaren Formen des religiösen Lebens (2007) 74 f. 22 Hilger/Leimgruber/Ziebertz, Religionsdidaktik 127; Durkheim, Suicide (1897) 641; Höhn, Postsäkular: Gesellschaft im Umbruch (2007) 61. 23 Durkheim, Suicide 650. 24 Schlieter, Was ist Religion? 130. 25 Luckmann, Die unsichtbare Religion 12. 26 Pickel, Religionssoziologie 18; Luckmann, Die unsichtbare Religion 9 ff., 14 f. 21

26

Teil 1: Einführende Erklärungen

Die wesentlichen Funktionen der Religion sind folgende: - Sozialintegration - Identitätsstiftung - Kontingenzbewältigung - Steuerung - Sinnvermittlung

3. Substantielle Definition der Religion In substantieller Hinsicht wird Religion inhaltlich definiert. Das Wesen der Religion besteht dementsprechend in spezifisch-religiösen Glaubensüberzeugungen, spezifisch-religiösen Ritualen und Erfahrungen.28 Es wird dabei keineswegs übersehen, dass der konkrete Inhalt von Religionen derart vielfältig und unterschiedlich ist, dass er als Definition nicht dienlich sein kann, weshalb darauf abgestellt wird, dass, welchen Inhalt eine konkrete Religion auch immer haben mag, sie doch jedenfalls auf „etwas“ Heiliges bzw. Transzendentes ausgerichtet ist.29 Wesentlich soll auch das Gefühl der Abhängigkeit des Menschen von einer übernatürlichen oder übergeordneten Macht sein.30 Die Vertreter, die sich auf diese Ausrichtungsthese stützen, sehen sich zum Beispiel dadurch bestätigt, dass bei der historischen Betrachtung vieler Religion, die inhaltlichen und sozialen Aspekte oft radikal verändert haben, die Ausrichtung auf das Transzendente31 aber stets gleichgeblieben sei. 4. Problematisierung der funktionalen und substantiellen Definitionen der Religion Nachstehend sollen nun die Vor- und Nachteile der funktionalen und substantiellen Definitionen der Religion untersucht werden.32 Gerade für die gegenwärtige Postmoderne33 ist substantiell festzuhalten, dass Religion inhaltlich so stark divergiert wie, selten, oder lange zuvor. Das postmoderne 27 Knobloch, Mehr Religion als gedacht! 37 f.; Luckmann, Die unsichtbare Religion 9 f.; Schlieter, Was ist Religion? 136. 28 Figl, Handbuch Religionswissenschaft (2003) 72. 29 Krause, Säkulare Religiosität (2007) 8. 30 Hilger/Leimgruber/Ziebertz, Religionsdidaktik 130; Pickel, Religionssoziologie 19; Knobloch, Mehr Religion als gedacht! 33, 37 und 40 ff. 31 Hepp/Krönert, Religion (2009) 21. 32 Pickel, Religionssoziologie 20. 33 Knapp/Kobusch, Religion-Metaphysik(kritik)-Theologie im Kontext (2013) 89.

A. Religion

27

Religionsverständnis ist (gerade bei Jugendlichen) sehr individuell34 und entfernt sich immer mehr von Vorgaben35 kirchlicher oder anderweitiger, traditioneller Autoritäten, weshalb dieser Umstand gerade mit Blick auf die Zukunft für die möglichst dauerhaft taugliche Definition von Religion sehr wichtig ist. Teilweise wird von einer in der Postmoderne „unsichtbaren Religion“ gesprochen,36 weil sie nicht mehr regelmäßig so in Erscheinung tritt, wie man es von „früher“ gewohnt ist. Teilweise gibt es ein „Revival“ quasi von Naturreligionen. Es steht also gar nicht mehr der Mensch oder etwas Übernatürliches im Mittelpunkt, ganz im Gegenteil. Die Natur wird „überhöht“ und transzendiert. Teilweise treten „neue“ Religionen im Gewand der Wissenschaft oder „neuen“ Moral auf.37 Eine moderne Definition muss sich auch dieser Herausforderung stellen. Diese Tendenzen machen es immer schwieriger, Religion nur inhaltlich, also substantiell zu definieren. Es erscheint sohin tatsächlich zweckmäßiger, Religion vor allem (funktional) als Sinnsuche und Sinnangebot für das große Ganze und die eigene Rolle darin zu verstehen. Jedenfalls muss dennoch festgehalten werden, dass die Religion gerade wegen ihrer substanziellen Bestandteile für den Einzelnen so wichtig ist, aber allen Religionen eher nur funktionelle Gemeinsamkeiten besitzen.

II. Anthropologische Perspektive Anthropologisch betrachtet, ist Religion mit „Bewusstsein“ und „Gewissen“ vergleichbar. Das Besondere am Menschen ist, dass er dazu neigt, sich bei der Lösung seiner Probleme nicht nur damit zu behelfen was er weiß oder kennt, sondern die Lösungen gerade bei den großen Problemen im Übernatürlichen sucht, bei einer höheren bzw. transzendenten Macht.38 Bei jedem Menschen kann die Religion einen ganz eigenen Ursprung haben bzw. sich aus einem ganz persönlichen Grund ergeben haben,39 aber ist es, anthropologisch gesehen, eine Eigenart (Signum) des Menschen generell, dass er ein „Bewusstsein“ und „Gewissen“,40 also eine Religion in dem Sinne hat.

34

Fischer, Jugend und Religion in der Postmoderne (2002) 4. Hempelmann, Prämodern – Modern – Postmodern: Warum „ticken“ Menschen so unterschiedlich? Basismentalitäten und ihre Bedeutung für Mission, Gemeindearbeit und Kirchenleitung (2014) 89. 36 Pollack, Säkularisierung – ein moderner Mythos? (2012) 154. 37 Wasmaier-Sailer, Das Verhältnis von Moral und Religion (2018) 52. 38 Luckmann, Die unsichtbare Religion 85 f. 39 Engemann, Menschsein und Religion: Anthropologische Probleme (2016) 40. 40 Pfeiffer, Orientierungen aus Religion und Gesellschaft (2012) 86. 35

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Teil 1: Einführende Erklärungen

Anthropologisch gibt es drei Grundbedingungen und Ausformungen der Religion beim Menschen:41 – das Basiselement ist die innere (intrinsische) religiöse Grundüberzeugung; – ein weiteres Element sind äußere (extrinsische), soziale und rituelle Praktiken, die sich aus einem verbindlichen gesellschaftlichen Verhaltenskodex ergeben; – außerdem fungiert die Religion auch noch identitätsstiftend und als Integration in einer Gesellschaft Es müssen bei einem religiösen Menschen natürlich nicht immer sämtliche hier oben genannte Bedingungen und Ausformungen der Religion gegeben sein, also innere und alle äußeren Merkmale, aber umfasst Religion als solche anthropologisch eben nicht nur eine innere Einstellung des Menschen, sondern ist es auch ein öffentliches, gesellschaftliches und institutionelles Phänomen.

III. Religionspädagogische Perspektive Insbesondere weil es sich bei der hier vorliegenden Arbeit um eine solche handelt, die die Trennung von Kirche und Staat (in Österreich und in den USA) vor dem Hintergrund des Religionsunterrichts untersucht, ist es natürlich auch notwendig, die religionspädagogische Perspektive zur Bedeutung von Religion anzuführen: In Sinne gerade auch der Religionspädagogik wird die Religion sehr vom Austausch42 zwischen den Menschen (mit Wechselwirkungen) beeinflusst.43 Für den religiösen Austausch gibt es eine Grundvoraussetzung, nämlich die gegenseitige Anerkennung der verschiedenen subjektiven (religiösen) Erfahrungen. Des Weiteren müssen die jeweils verschiedenen subjektiven Erfahrungen dafür in die Deutung der eigenen Erfahrungen integriert werden. Dies ist oft, aber natürlich nicht immer der Fall. Oft entwickelt sich eine neue, gemeinsame religiöse Deutung von Ereignissen. Oft sind es gesellschaftlich (kirchlich) dazu berufene Personen oder Fachleute, die die Einordnung von subjektiven religiösen Erfahrungen oder Mitteilungen vornehmen, also die „größeren Zusammenhänge und wahren Bedeutungen“ erklären. Im Ergebnis ist die Religion, die dadurch entsteht, nicht mehr rein intrinsisch-trans-

41 Sundermeier, Religion – Was ist das? Religionswissenschaft im theologischen Kontext. Ein Studienbuch (1999) 47. 42 Könemann/Sajak/Lechner, Einflussfaktoren religiöser Bildung (2016) 52. 43 Hilger/Leimgruber/Ziebertz, Religionsdidaktik 130; Knobloch, Mehr Religion als gedacht! 33, 37 und 40 ff.; Luckmann, Die unsichtbare Religion 80; Pickel, Religionssoziologie 19.

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zendent, sondern auch eine extrinsische Konstruktion, deren Akzeptanz gesellschaftlich erwartet wird.44 Selbstverständlich können die eigenen religiösen Erfahrungen und Deutungen in einen Widerspruch zu äußeren Deutungen durch Berufene bzw. Fachleute geraten. Es gibt also regelmäßig Differenzen zwischen einer inhaltlich sehr detailliert ausgeprägten, substanziell verstandenen Religion der Experten und subjektiven religiösen Ansichten von Laien, die sich aus einer praktischen Perspektive ergeben und sich individuell-funktional ausprägen. Aus der religionspädagogischen Perspektive weisen Religionen bei jedem Menschen typischerweise, naturgemäß zwei Aspekte auf, die neben einander stehen. Der erste ist die inhaltlich-substanzielle Natur und der zweite die praktisch-funktionale Natur.45 Religion ergibt sich religionspädagogisch betrachtet also sowohl individuell (durch eigene religiöse Deutungen), als auch sozial (durch die Erklärungen von Experten) und ist einerseits funktional und andererseits substanziell ausgerichtet. Alle diese Aspekte beeinflussen sich natürlich auch gegenseitig. Die Religion des Menschen ist dementsprechend einem fortlaufenden Prozess46 unterworfen, der gerade auch im Austausch mit anderen besteht. Die religionspädagogische Wissenschaft47 berücksichtigt die unterschiedlichen Aspekte der Religion unterschiedlich, je nachdem wer sie (die Religionspädagogik) unter welchen Umständen und bei wem anwendet, so dass hier eine Art Definitionsplural des Religionsbegriffs gegeben ist, was in der religionspädagogischen Praxis aber auch nicht unbedingt als Problem anzusehen ist. Weniger intersubjektiv, mehr aber in der wissenschaftlichen Praxis stellt dies natürlich ein fortwährendes Problem dar.48 Arbeitshypothese: „Religion ist die Suche des Menschen nach dem Ursprung und dem Sinn des Lebens bzw. der Aufgabe des Menschen überhaupt insbesondere aufgrund seiner Sehnsucht nach Transzendenz, die sich in Ethik und Ritus Gestalt gibt“.

44

Luckmann, Die unsichtbare Religion 80; Sundermeier, Religion – Was ist das? Religionswissenschaft im theologischen Kontext. Ein Studienbuch (1999) 47. 45 Sundermeier, Religion – Was ist das? Religionswissenschaft im theologischen Kontext. Ein Studienbuch2 (1999) 47; Luckmann, Die unsichtbare Religion 80. 46 Krech, Georg Simmels Religionstheorie (1998) 238. 47 Vgl. Becker/Noormann/Trocholepczy, Ökumenisches Arbeitsbuch Religionspädagogik (2007) 20. 48 Knobloch, Mehr Religion als gedacht! 33, 37 und 40 ff.; Hilger/Leimgruber/Ziebertz, Religionsdidaktik 130; Pickel, Religionssoziologie 19; Luckmann, Die unsichtbare Religion 80.

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Teil 1: Einführende Erklärungen

IV. Vergleich zwischen der Definition von Religion in Österreich und in den USA 1. Problemstellung Unabhängig davon, dass die wissenschaftliche Diskussion über die Bedeutung und Definition von Religion weder in Österreich, noch in den USA abgeschlossen ist,49 gibt es sowohl in Österreich als auch in den USA selbstverständlich (wiewohl in unterschiedlicher Ausprägung, was den Inhalt und Detailgrad anbelangt) eine Rechtsordnung, die zum Beispiel auch das Verhältnis zwischen dem Staat und der Religion bzw. zu den Kirchen regelt (Staatskirchenrecht).50 Es ist eine Unausweichlichkeit in einer freiheitlichen und demokratischen Demokratie, dass die Bürger die Religionsfreiheit genießen.51 Im modernen Rechtsstaat ist dieses Recht auf Religionsfreiheit ausdrücklich gesetzlich niedergeschrieben (Verfassung). Dies ist nicht zuletzt aufgrund des Rechtsgewährungsanspruchs der Bürger so, der auch nach Rechtssicherheit verlangt. Es ist eine Hauptaufgabe des Staatskirchenrechts,52 die Beziehung des Staates zur Religion und dementsprechenden Religionsgemeinschaften (Kirchen und anderen Religionsgesellschaften) zu regeln. Diese Gesetzgebung bringt es mit sich, dass der Staat „die Religion“ zu regeln hat, obwohl, wie hier bereits ausgeführt wurde, in der Wissenschaft noch keine Einigkeit darüber besteht, was darunter genau zu verstehen ist bzw. was die Bedeutungsgrenzen der Religion sind. Nachstehend werden die unterschiedlichen Definitionen bzw. Definitionsversuche umrissen, um schon von Anfang an einen Überblick über die Problematik zu bekommen. Tatsächlich sind die Gesetzgebung und vor allem die Judikatur, welche zur Auslegung nicht legaldefinierter Begriffe berufen ist, in Österreich und in den USA zu verschiedenen Ergebnissen bei der Definition und Abgrenzung der Religion gelangt, worauf später hier noch konkret eingegangen wird. Die unterschiedlichen Definitionen haben bedeutsame Folgen bis hin dazu, was Säkularismus ist, was von der Religionsfreiheit umfasst ist, von wem und welcher Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Österreich veranstaltet werden darf.

49

Langthaler/Tück, „Es strebe von euch jeder um die Wette“ (2016) 286. Walter, Religionsverfassungsrecht in vergleichender und internationaler Perspektive (2006) Kap. 8. 51 Kress, Religionsfreiheit als Leitbild: Staatskirchenrecht (2004) 157. 52 Höfinger, Die Genese des österreichischen Konkordats von 1933/34 (2015) 14. 50

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2. Staatskirchenrechtliche Definition von Religion in Österreich Die österreichische Rechtsordnung weist keine (gesetzliche) Legaldefinition für die Bedeutung und den Wesensgehalt von Religion auf.53 Obwohl das Wort Religion in zahlreichen österreichischen Gesetzen ausdrücklich vorkommt,54 ist die Bedeutung in keinem Gesetz festgelegt. Einer Legaldefinition55 am Nächsten kommt eine Definition in Gesetzesmaterialien.56 Auch solche sind aber gerade im Staatskirchenrecht zum Begriff der Religion nicht ergiebig. Auch bei den Gesetzesmaterialien muss die Suche nach einer Definition von Religion also ausgeweitet werden: Der Verfasser der hier vorliegenden Arbeit wurde in den Materialien zu einer europäischen Richtlinie57 fündig. Dazu wird nachstehend ausgeführt wie folgt: Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (Richtlinie zum Gleichbehandlungsgesetz)58 besagt, ihr Zweck sei die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung59 wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtungen, Beschäftigung und Beruf im Hinblick 53

Hafez/Shakir, Religionsunterricht und säkularer Staat (2012) 166. Sogar im Verfassungsrecht, vgl. Art. 14, S. 2 StGG: Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen. 55 Legaldefinition nennt man eine gesetzliche Begriffsbestimmung, also Definitionen, die der Gesetzgeber selbst bestimmt hat, http://www.rechtslexikon.net/d/legaldefinition/legaldefini tion.htm (20. 4. 2020). 56 Erläuterungen zu Regierungsvorlagen, Ausschussberichte, Stenografische Protokolle zu Nationalratssitzungen etc. 57 Die Richtlinie ist Teil des Sekundärrechts der EU. Sobald sie auf europäischer Ebene angenommen wurde, wird sie von den EU-Ländern in innerstaatliches Recht umgesetzt. Artikel 288 des Vertrags über die Funktionsweise der EU besagt, dass Richtlinien für jedes EULand, an das sie gerichtet sind, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sind, den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlassen bleibt. https://eurlex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=legissum:l14527 (20. 4. 2020). 58 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, L 303/16. 59 Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich. Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor. Eine Diskriminierung liegt auch vor, wenn eine Person auf Grund ihres Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren Geschlechts diskriminiert wird, § 5 Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG), StF: BGBl. I Nr. 66/2004. 54

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Teil 1: Einführende Erklärungen

auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten. In den Gesetzesmaterialien zur Umsetzung60 der (europäischen) Richtlinie 2000/ 78/EG im Bundesgleichbehandlungsgesetz61 ist zu lesen: „die Begriffe Religion und Weltanschauung sind [auch] auf [europarechtlicher Ebene] nicht definiert. Wegen des Zieles der Rahmen-Gleichbehandlungsrichtlinie sind sie weit auszulegen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass für eine Religion zumindest ein Bekenntnis, Vorgaben für die Lebensweise und ein Kult vorhanden sein müssen. … Der Oberbegriff Weltanschauung ist eng mit dem Begriff Religion verbunden. Er dient als Sammelbezeichnung für alle religiösen, ideologischen, politischen und ähnlichen Leitauffassungen vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen sowie zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standortes für das individuelle Lebensverständnis. Weltanschauungen sind keine wissenschaftlichen Systeme, sondern Deutungsauffassungen in der Form persönlicher Überzeugungen von der Grundstruktur, Modalitäten und Funktion des Weltganzen. Sofern Weltanschauungen Vollständigkeit anstreben, gehören dazu Menschen- und Weltbilder, Wert-, Lebens- und Moralanschauungen…“.62

Den Materialien zu dieser Richtlinie sind also zumindest bestimmte Mindestvoraussetzungen für eine Religion zu entnehmen, aber enthält auch sie keine abschließende Definition von Religion. In Bezug auf den Begriff Weltanschauung gibt es eine Definition (Mindestvoraussetzungen) und auch eine Abgrenzung. In Bezug auf den Begriff Religion gibt es keine Abgrenzung. Das Gleichbehandlungsgesetz63 und das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit64 verfolgen, genau genommen, sachlich unterschiedliche Ziele, allerdings fällt im direkten Vergleich, bei den Materialien zum GlBG, doch auf, dass dort die Weltanschauungen als Oberbegriff auch für die Religionen gesehen werden. Dies entspricht aber nicht der Judikatur des Obersten Gerichtshofes in Österreich: Religion und Weltanschauung stehen auch 60 Damit eine Richtlinie Gültigkeit auf nationaler Ebene erhält, müssen die EU-Länder ein Gesetz für die Umsetzung der Richtlinie erlassen. Sie müssen innerstaatliche Maßnahmen verabschieden, um die von der Richtlinie vorgeschriebenen Ziele zu verwirklichen. Die EULänder sind gehalten, der Europäischen Kommission diese Maßnahmen mitzuteilen. Die Richtlinie muss innerhalb der festgesetzten Frist (in der Regel innerhalb von zwei Jahren) umgesetzt werden. Nach Ablauf dieser Frist kann die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten und beim Gerichtshof der Europäischen Union die Verurteilung der Staaten beantragen (die Nichtvollstreckung des betreffenden Urteils kann eine erneute Verurteilung, eventuell mit Geldbußen, zur Folge haben), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/? uri=LEGISSUM:l14527 (20. 4. 2020). 61 Bundesgesetz über die Gleichbehandlung im Bereich des Bundes (Bundes-Gleichbehandlungsgesetz – B-GlBG), StF: BGBl. Nr. 100/1993. 62 ErlRV 285 BlgNR 22. GP 11. 63 Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) StF: BGBl. I Nr. 66/2004. 64 Art. 14 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG), RGBl 142/1867 et al.

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nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes (OGH) nebeneinander und müssen sich aneinander messen, sind aber verschiedene Dinge. Beide dürfen nicht nur Vorstellungen und Überzeugungen „minderen Ranges“ bzw. Umfanges sein. Die Voraussetzungen erfüllen also in beiden Fällen nur „große“, ganzheitliche Ideologien, Leidauffassungen vom Leben und der Welt als einem Sinnganzen, die zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis dienen, 65 es gibt aber sicherlich, auch nach Ansicht des Verfassers der hier vorliegenden Arbeit, keine Rangordnung von Religion und Weltanschauung. Der OGH hat ganz (bewusst) darauf verzichtet, zu definieren, was genau Religion nicht ist. Trotzdem hat der österreichische Oberste Gerichtshof festgestellt: Die Weltanschauung ist das säkulare Analogon zur Religion.66 Es ist also etwas Ähnliches, aber nicht das gleiche. Die Abgrenzungsfrage67 und Schwierigkeit bleibt also. Der VfGH hat zudem hinsichtlich der Definition von Religionsausübung festgestellt, dass die Religionsausübung zwar zumindest mit „irgendeinem“, wenn auch einem „primitiven“ „Kultus“ zu tun haben muss, – verlangt wird eine gleichartige religiöse Betätigung (wobei fraglich bleibt, ob damit ein Massenkriterium aufgestellt werden soll, was dem Verfasser fraglich erscheint) aber ist es eben auch nach Ansicht des VfGH nicht notwendig, dass sich die Anhänger bei der Religionsausübung nach einem religiösen Führer richten. Relevant erscheint zumindest für den VfGH der Zusammenhang zu einem „Kultus“, der er für eine Religionsausübung verlangt.68 Wenn das Kriterium des „Kultus“ so verstanden werden soll, dass etwaige Individualreligionen nicht vom Schutzbereich umfasst sein sollen,69 kann sich der Verfasser dieser Auslegung nicht anschließen, geht es bei der Religionsfreiheit gem. § 14 StGG, aber auch gem. Art. 63 StV St. Germain und Art. 9 EMRK vor allem um ein individuelles Menschenrecht, nicht um ein korporatives. Das Kultus-Kriterium kann allenfalls so angelegt werden, dass – eben zur Abgrenzung von der Weltanschauungsausübung, ein Mindestmaß an „Transzendenz“ verlangt werden muss. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)70 steht in der österreichischen Rechtsordnung im Verfassungsrang71 und darüber hinaus ist Österreich zur Einhaltung völkerrechtlich gebunden. Als Besonderheit wurde die EMRK in Österreich nicht nur ratifiziert, womit sich Republik vertraglich, völkerrechtlich, also international dazu verpflichtet hat, nicht gegen diese zu verstoßen. Zusätzlich und 65

9 ObA 122/07 t; RS0126903; Bsw 43835/11. 9 ObA 122/07 t. 67 Vgl. Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes (2006) 411. 68 VfSlg. 2020/1950; VfSlg. 2494/1953. 69 Auch nach der Rechtsprechung des EGMR sind auch kleine oder ganz neue Religionen geschützt: Grabenwarter, in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Art. 9 EMRK Rz. 13. 70 https://www.echr.coe.int/Documents/Convention_DEU.pdf (20. 4. 2020). 71 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, StF: BGBl. Nr. 210/ 1958. 66

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Teil 1: Einführende Erklärungen

stellt dies eben eine Besonderheit dar, hat Österreich die EMRK auch innerstaatlich als unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht in den eigenen, nationalen Rechtsbestand übernommen. In Österreich hat also insbesondere auch der VfGH die EMRK unmittelbar als österreichisches Verfassungsrecht anzuwenden und auch bei seinen eigenen Entscheidungen zu berücksichtigen, etwa wenn sich Beschwerdeführer in ihren Grund- und Menschenrechten verletzt erachten. Diese hat zur Folge, dass es in Österreich inzident, also bei persönlicher Betroffenheit, sogar zulässig sein kann, sich bei einer behaupteten Verletzung der in der EMRK beschriebenen Grund- und Menschenrechten (zuvor) auch an den VfGH zu wenden, bevor dann, nur noch als letzte Möglichkeit, eine Beschwerde an den EGMR denkbar ist, dessen Regime sich die Vertragsstaaten völkerrechtlich unterworfen haben. Gemäß Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hat jedermann Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und stellt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)72 in ähnlicher Weise, so wie in den hier oben erwähnten Materialien) sowohl hinsichtlich der Religion als auch der Weltanschauung fest, dass es bei der Religion jeweils quasi um das „große Ganze“ geht: Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR)73 sind als weltanschauliche Überzeugungen alle solchen Überzeugungen zu verstehen, die ein gewisses Mindestmaß an Verbindlichkeit, Ernsthaftigkeit, Schlüssigkeit und Bedeutung beanspruchen,74 die in einer demokratischen Gesellschaft Anspruch auf Respekt haben. Richtigerweise hat nicht jede Überzeugung als Weltanschauung zu gelten. Unter einer Weltanschauung ist eine zusammenhängende Beantwortung grundsätzlicher Lebensfragen, eine Sicht auf die Welt als Ganzes zu verstehen. 75 Im Sinne der Rechtsprechung des EGMR handelt es sich bei der Religion – im Gegensatz zur Gedanken (Weltanschauung) und Gewissen – um ein „Bekenntnis“ mit Vorgaben zur Lebensführung, welches mit einem „Kult“76 verbunden ist.77 Vermeintlich ist Religion „aufgrund des äußeren Kriteriums“ (Kult) „leichter als solche zu erkennen“. Aber dennoch ist auch hinsichtlich der EMRK festzuhalten: „Eine Definition von Religion ist auch dadurch (unter Berücksichtigung der EGMR-

72 Der EGMR entscheidet als internationaler Gerichtshof in letzter Instanz über Verstöße gegen die EMRK, Art. 19 ff. EMRK. 73 EGMR Campbell und Cosans/GB, A/48, EuGRZ 1982. 74 EGMR 6. 11. 2008, Bsw 58911/00, EGMR 7. 7. 2011, Bsw 23459/03, EGMR 15. 1. 2013, Bsw 48420/10, Rn. 81; „certain level of cogency, seriousness, cohesion and importance“. 75 Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, Ein Studienbuch (2003) Rz. 72 u. 92. 76 Nach Ansicht des Verfassers als mystisches aber besser noch transzendentes Element zu verstehen. 77 Grabenwarter, in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Art. 9 EMRK Rz. 13.

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Rechtsprechung) nicht einfacher und weder im nationalen Recht noch in der EMRK zu finden“.78 Auch der EGMR hat, soweit ersichtlich, noch keine abschließende Definition von Religion vorgenommen. Es ist eher so, dass es offenkundig auch der EGMR (zu Recht) vermeidet (wie OGH und VfGH), sich in einem obiter dictum also auch für die Zukunft abstrakt festzulegen, was unter Definition verstanden werden kann und dies auch nicht als seine Aufgabe ansieht. Tatsächlich ist es ja so, dass religiöse Überzeugungen etwas sehr Persönliches, Individuelles und Spezielles sind. Eine abschließende und deshalb auch abgrenzende Definition könnte dazu führen, dass gewisse Varianten religiöser Überzeugungen zuerst nicht berücksichtigt bzw. sogar ausgegrenzt werden und die Definition dann doch nicht passt, bzw. die erste Definition doch angepasst werden muss, wenn sich in der Zukunft ein Beschwerdeführer in seinem Recht auf Religionsfreiheit als verletzt erachtet.79 Im Ergebnis erachten es die Höchstgerichte sohin (zurecht) nicht für ihre Aufgabe, hier eine generelle Norm aufzustellen, weil dies erstens eben nicht die Aufgabe der rechtsprechenden aber nicht rechtsetzenden Judikative ist und zweitens auch keine zwingende Notwendigkeit besteht, vielmehr ist wohl letztlich auch die Ansicht der Höchstgerichte, der sich der Verfasser anschließt, dass Religion auch objektiv als Phänomen nicht statisch ist und es deshalb gar keine (ewig) abschließende Definition von Religion geben kann. Auf diesen Umstand wird zurecht auch in der Lehre – warnend – hingewiesen.80 Jedenfalls kann negativ festgehalten werden, dass bei der Feststellung, ob es in einem Fall um eine religiöse Überzeugung geht, nicht darauf ankommt, ob diese etwaige Religio einen bestimmten Organisationsgrad erreicht, oder eine Mindestgröße der Anhänger umfasst. Unter Vorbehalt kann positiv festgehalten werden, dass Religion als der Glaube an eine Gottheit oder sonst zumindest ein gewisses Maß an Transzendenz beinhaltet, aber auch

78

Grabenwarter, in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Art. 9 EMRK Rz. 13 mit weiteren Nachweisen zu Fn. 84. 79 Heinig, Religiöse Pluralität und religionsrechtliche Diversität als Topoi in der Rechtsprechung des EGMR, öarr 2012, 135 (141); Blum, Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (1990) 53; Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention Ein Studienbuch (2016), § 22 Rz. 112; EGMR, Bsw 76836/01, Rn. 79: „It is clearly not the Court’s task to decide in abstracto whether or not a body of beliefs and related practices may be considered a ,religion‘ within the meaning of Article 9 of the Convention.“ 80 Potz/Schinkele, Die „Scientology-Kirche Österreich“ – die Voraussetzungen für den Erwerb der Rechtspersönlichkeit als eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft (1999) 206 (220) „Glaube, Gewissen und Bekenntnis“ sind nicht inhaltlich normierende Inhalts- und ,Wert‘begriffe, sondern strukturell zu umschreibende und damit für die Rechtsanwendung praktikabel zu machende Anknüpfungstermini“ (Zitat von Friedrich Müller in dessen Werk „Freiheit der Kunst als Problem der Grundrechtsdogmatik“ aus dem Jahre 1969).

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Teil 1: Einführende Erklärungen dieses Abgrenzungskriterium seht in der Kritik.81 Schon im Buddhismus ist ein Gottglaube nicht essentiell.

Das traditionelle Unterscheidungsmerkmal von Religion und Weltanschauung, nämlich der Transzendenzbezug, verlor letzthin sehr an Akzeptanz wegen sogenannter „new religious movements“ die nicht in dieses bisherige Schema passen.82 Im Ergebnis kann, wenn auch nur unter Vorbehalt, festgehalten werden, dass Religion eine (zumindest individuell) wichtige Grundüberzeugung hinsichtlich der Lebensverhältnisse und Lebensführungen ist, wobei aber im Unterschied zu (bloßen) Weltanschauungen, drei spezielle Elemente enthalten sind: Kult bzw. Mythos, Ethos und Ritus.83 Dennoch wird es zu Recht (wie bisher) zum Nachteil der wissenschaftlichen Klarheit aber zum praktischen und vor allem grundrechtspolitischen Nutzen, letztlich bei einer Einzelfallbeurteilung bleiben müssen, da es sich bei Religion um ein Phänomen mit unterschiedlichster Ausprägung handelt, welches zwar schon sehr alt aber dennoch, immer noch dynamisch ist und sich deshalb weiterentwickelt.

Als Weltanschauung werden etwa der Pazifismus angesehen, nicht aber auch schon Ansichten zur Asylpolitik.84 3. Staatskirchenrechtliche Definition von Religion in den USA Die Rechtsordnung der USA enthält auch keine (gesetzliche) Legaldefinition von Religion.85 Weder Art. VI der Stammverfassung noch der 1. Verfassungszusatz oder irgendeine andere Rechtsnorm enthält eine (verbindliche) Definition von Religion im Rechtssinn. In der Lehre86 befürworten dort manche diesen „Mangel“ ausdrücklich, weil sei es im Sinne der Religionsfreiheit als Grundrecht der Bürger, das Recht der Bürger und nicht des Staates, zu bestimmen, was ihre Religion ist. Die Religionsfreiheit solle nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Staat die Religion des einzelnen als Religion bestätigt. Es gibt aber auch die differenziertere Ansicht dahingehend, so81

100.

Classen, Religionsrecht (2006) Rz. 84; Sahlfeld, Aspekte der Religionsfreiheit (2004)

82 Eichinger, Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung: auch eine politische Angelegenheit? RdW 2009, 768 (769) „neuartige religiöse bzw. religionsähnliche und weltanschauliche Phänomene wurzeln in der Komplexität einer Welt, in der Religion zunehmend den Marktmechanismen der Konsum-, Erlebnis- und Freizeitangebote unterworfen wird.“ 83 Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 22 Rz 112; Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 3; Potz/ Schinkele, Religionsrecht 10. 84 Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, Ein Studienbuch (2003) Rz. 72 u. 92. 85 Edge, Religion and Law: An Introduction (2006) 29. 86 Tribe, American Constitutional Law (1978) 827 f.; Tillich, the Shaking of the Foundations (1948) 57.

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weit es um die Religionsfreiheit der Bürger gegenüber dem Staat gehe, sei Religion so weit wie möglich auszulegen, aber soweit es das Neutralitätsgebot des Staates betrifft, sei Religion so eng wie möglich auszulegen: 87 „Anything arguably religious should be defined as religious for free exercise purposes and anything unarguably religious should be defined as non-religious for establishment purposes.“88

Der Oberste Gerichtshof in den USA (Supreme Court) hat Religion zunächst nur sehr restriktiv als einen Glauben an ein göttliches Wesen als Schöpfer interpretiert. So urteilte dieser beispielsweise, die Religion bedeute verfassungsgemäß die Beziehung eines Gläubigen zu seinem Schöpfer und beinhalte Pflichten, die sich aus dessen Göttlichkeit und aus der Notwendigkeit seinen Willen zu gehorchen ergeben.89 Später dann wurde diese restriktive Definition von Religion vom Supreme Court selbst verworfen. In der vorherigen Judikatur wurde zurecht eine Diskriminierung also unsachliche Ungleichbehandlung verschiedener Religionen erkannt.90 Der Gerichtshof entschied, auf die bisherige Voraussetzung des Glaubens an eine göttliche Schöpfung fortan zu verzichten. Es ist der Supreme Court zu folgender Definition gelangt: „an individual’s belief in a relation to a Supreme Being involving duties superior to those arising from any human relation, but excluding essentially political, sociological or philosophical views or a merely personal moral code“.91

Im Wesentlichen wurde damit festgestellt, Religion sei (nun) jeder Glaube an ein übergeordnetes (göttliches) Wesen, womit besondere Handlungspflichten verbunden sind. Diese Definition ist in der Folge noch dahingehend ausgeweitet worden, dass der Glaube an ein „Supreme Being“ nicht unbedingt der Glaube an ein (klassisches) göttliches Wesen sein müsse, Religion muss nach Ansicht des Supreme Court also nicht mehr unbedingt mit dem Glauben an eine (allmächtige) Person verbunden sein.92 Wesentlich ist nach der Überzeugung des Supreme Court mittlerweile (nur noch) eine Überzeugung, die in ihrer Ernsthaftigkeit und Bedeutung im Leben einer Person vergleichbar mit der eines gewöhnlichen orthodoxen Gläubigen an seinen Gott ist. Außerdem: Es sei nicht die Aufgabe des Staates und seiner Organe darüber zu entscheiden, was die Religion der Menschen ist, wer oder was den Belangen der

87 88 89 90 91 92

Davis v. Beason (1890); Tillich 57; Tribe 827 f. Tribe 827 f. Davis v. Beason (1890). Torcaso v. Watkins (1961). United States v. Seeger (1965); Tribe 827 f.; Tillich 57. Tillich, the Shaking of the Foundations (1948) 57.

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Teil 1: Einführende Erklärungen

Menschen übergeordnet sei und was nicht (Supreme Being). Gerade auch diese Freiheit der Bürger werde vom Recht auf Religionsfreiheit geschützt. 93 Diese Definition von Religion im Sinne von absoluter Moral bzw. letzten Ansichten und größter Sorge (ultimate concern) erhält viel Zuspruch. Religion entspricht demnach einer zwingenden Weltanschauung einer Person, die sich dessen eigener Verfügungsgewalt entzieht und keine Zugeständnisse erlaubt (without any reservation).94 Nach ständiger Rechtsprechung des Supreme Court sind grundsätzlich nur solche Weltanschauungen pauschal keine Religion, die rein philosophischer, wissenschaftlicher oder politischer Natur sind.95 Sowohl zugunsten des Neutralitätsgebotes als auch zugunsten der Religionsfreiheit wird Religion in ständiger Rechtsprechung sehr extensiv, aber schlichte Weltanschauung dagegen sehr restriktiv festgestellt. 96 4. Zusammenfassung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Österreich und den USA Die Begriffe Religion und Weltanschauung zusammengenommen, werden sowohl in Österreich als auch in den USA ähnlich eingeordnet. Sowohl in Österreich als auch in den USA stellt man darauf ab, dass dies nur solche Vorstellungen des Menschen sind, die das Große und Ganze betreffen, für den einzelnen in ihrer Wichtigkeit alles andere weit überragen und nicht nur politischer, oder wissenschaftlicher Natur sind. Interessanterweise hat die Rechtswicklung in den USA, insbesondere durch die Judikatur des Supreme Court dazu geführt, dass der Begriff Religion so weit ausgreift, dass er einen Oberbegriff sowohl für klassische Religionen als auch für nicht mindere Weltanschauungen darstellt. Dieser Umstand, dass Religion und Weltanschauungen nicht als verschiedene Dinge angesehen werden, stellt wohl den wichtigsten Unterschied zur Rechtslage in Österreich dar. Dies hat interessante rechtliche Konsequenzen, gerade in Österreich, die in dieser vorliegenden Arbeit auch erörtert werden.

93 94 95 96

Tillich, the Shaking of the Foundations (1948) 57. Davis v. Beason (1890); Tillich 57; Tribe 827 f. Torcaso v. Watkins (1961); Tillich 57. Torcaso v. Watkins (1961); Tillich 57; Tribe 827 f.

B. Säkularismus

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B. Säkularismus Religion und Säkularismus werden in Europa97 (auch Österreich) gemeinhin oft als korrespondierende Gefäße angesehen (Religiöse Gesellschaft: Wenig Säkularismus/Wenig religiöse Gesellschaft: Viel Säkularismus). Diese Ansicht ist in den USA98 alles andere als verbreitet. Ganz im Gegenteil wird die Ansicht vertreten, die freie Ausübung der Religion99 sei nur in eher nur in einem säkularen Staat möglich. Jedenfalls besteht aber eine interessante Wechselwirkung und starke Beziehung. Die große Bedeutung der Religion ergibt sich natürlich daraus, dass sie gleichzeitig ein Massenphänomen ist, dennoch von jedem einzelnen, ganz individuell wahrgenommen wird und gerade für die Einzelnen von größter Wichtigkeit ist. Das Recht auf Religionsfreiheit bedeutet für viele auch das Recht auf einen Religionsunterricht an (öffentlichen) Schulen. Die Bedeutung des Säkularismus ergibt sich unter anderem daraus, dass manche, und gerade viele in den USA, behaupten, in einem säkularen Staat dürfe es keinen Religionsunterricht zumindest an öffentlichen Schulen geben.100 Nachdem im vorherigen Abschnitt versucht wurde, zu erklären, was Religion überhaupt ist, was darunter verstanden wird (in Österreich und in den USA), geht es in diesem hier folgenden Abschnitt darum, zu erklären, was die Bedeutung von Säkularismus ist. Und: In Österreich und in den USA werden unter Säkularismus verfassungsrechtlich durchaus unterschiedliche Dinge verstanden. Auch dies wird noch eingehend erörtert werden.

I. Soziologische Definition Soziologisch gibt es keine allgemein anerkannte Definition für Säkularisierung. Manches Mal wird darunter der individuelle, massenhafte oder systematische Rückgang der Religiosität in der Bevölkerung verstanden.101 Oft wird darunter eine allgemeine gesellschaftliche und individuelle Abwendung von der Religion verstanden, die dann erst in der Folge dazu führt, dass im Sinne einer „sachlichen“ und 97

Höffe/Kablitz, Religion im säkularen Europa (2018) 7, 33 ff. Berger/Davie/Fokas, Religious America, Secular Europe? (208) 97 ff. 99 Miller, The Rhetoric of Religious Freedom in the United States (2017) 12. 100 Byrne, Religion in Secular Education: What, in Heaven’s Name, are we Teaching our Children? (2014) 103. 101 Scribner, Religion und Kultur in Deutschland 1400 – 1800 (2002) 378; Datler/Kerchbaum/Schulz, Religion und Kirche in Österreich. Bekenntnis ohne Folgen?, in: SWS-Rundschau (45. Jg.) Heft 4/2005:449 – 471; Stolleis, Konfessionalisierung oder Säkularisierung bei der Entstehung des frühmodernen Staates, in: Ius Commune XX (1993) 1 ff.; Hinkle, Developments in American Sociological Theory, 1915 – 1950 (1994) 193 ff. 98

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Teil 1: Einführende Erklärungen

neutralen Politik, vermeintliche „Privilegien“ der Kirchen oder von einzelnen Gläubigen hinterfragt oder sogar entzogen werden. Ignoranz von Religion (Religious Blindness)102 oder sogar der Kampf dagegen103, zum Beispiel von Seiten des Staates (wie im Laizismus), stellen aber wiederum eine Sonderbehandlung der Religion dar und sind daher auch in diesem Sinne gerade nicht mehr Säkularismus im idealen Sinne.

II. Modernitätstheoretisches Verständnis „Säkularisierung“ ist im modernitätstheoretischen (progressiven) Sinne nicht nur ein neutraler Prozess der Moderne, sondern enthält zugleich auch ein Urteil. Darum trennt der Säkularisierungsbegriff, etwas zugespitzt formuliert, seine Adressaten nach dem performativen Schema von Freund und Feind. Säkularisierung ist insofern ein „Kampfbegriff“.104 Der Bedeutungsverlust kirchlicher und religiöser Vorstellungen und auch die „Emanzipierung“105 von religiöser bzw. traditioneller Moral werden als Erfolge einer berechtigten Religionskritik gesehen, die im Wesentlichen im 19. Jahrhundert ihren Ausgangspunkt genommen hat und für die Erreichung einer endgültigen, vermeintlichen Rationalisierung der Gesellschaft fortgesetzt werden muss. In diesem Sinne ist die progressive Moderne funktional mit einem antireligiösen Säkularismus verbunden. Es wird von sehr vielen die Ansicht vertreten, Religion und Kirche stünden der Weiterentwicklung nur im Wege.106 Die zurzeit wichtigste Großerzählung107 der westlichen Moderne (also in ganz Europa, Österreich inbegriffen und in den USA) ist die Geschichte ihrer Säkularisierung, also die These ihrer erfolgreichen Emanzipation von der Kirche, ihrer Aufklärung, also Rationalisierung, und deshalb Abwendung von der (überkommenen) Religion. Diese Großerzählung führt aus, wie das moderne Europa in einem mühsamen, viele Jahrhunderte beanspruchenden Prozess „nachreligiöser“ Identitätsbildung hervorgegangen sei und mit säkularen Staaten der Neuzeit eine Art Vollendung erreicht habe, die nur noch auf eine politisch-gesamteuropäische Ebene gebracht werden muss. Dieser Prozess habe bereits im Investiturstreit des (Hoch-)Mittelalters 102

Feldman, Law and Religion: A Critical Anthology (2000) 415. Cobabus, Laizismus und Menschenrechte: Ein missverstandener und umstrittener Gesellschaftsaspekt (2013) 110. 104 Horn, Säkularität und Moderne (2017) 49 ff.; Berghoff, Der Tod des politischen Kollektivs: Politische Religion und das Sterben und Töten für Volk, Nation und Rasse (2015) 91. 105 Bohrmann, Religion im säkularen Verfassungsstaat (2012) 125. 106 Dienberg, Woran glaubt Europa? (2010) 19; Meiners, Religiöse Individualisierung (2010) 30 f. 107 Braun, Säkularisierung: Bilanz und Perspektiven einer umstrittenen These (2007) 38. 103

B. Säkularismus

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mit der Differenzierung von Regnum und Sacerdotium begonnen. Die frühneuzeitlichen Religionskriege und ihre Lehren hätten die dringende Notwendigkeit eines neutralen und toleranten, aber jedenfalls übergeordneten Staates ganz klar gemacht. Dennoch sei erst mit der französischen Revolution108 dann endlich der politische Durchbruch zur Trennung von Kirche und Staat, Religion und Politik gelungen. Diese Geschichte des Säkularismus ist auch eine Geschichte des Liberalismus. Der Säkularismus wird auch als Fundament des freiheitlich, demokratischen, modernen Verfassungsstaates gesehen. Die „Tugend- und Wahrheitsordnung“ der Vormoderne sei von einer menschenrechtlichen „Friedens- und Freiheitsordnung“ (Ernst-Wolfgang Böckenförde) der Moderne abgelöst worden.109 Die in Europa (neu) hinzugekommenen bzw. eingewanderten110 Religionen bzw. deren Anhänger werden auch auf diese Großerzählung111 der vermeintlich erfolgreichen und zivilisatorischen Überlegenheit des Säkularismus verwiesen. Im interreligiösen und staatskirchenrechtlichen Dialog kommt es teils sogar zu einer „pädagogischen Zwangsaufklärung“.112 In diesem Zusammenhang wird immer wieder auch auf einen Text des berühmten Staatskirchenrechtlers Böckenförde verwiesen: „Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation.“113

108

Mackowitz, Die Säkularisierung des Exodus: Zur Narration von politischer Emanzipation bei Sigmund Freud, Thomas Mann, Michael Walzer und Paolo Virno (2019) 61. 109 Gabriel/Gärtner/Pollack, Umstrittene Säkularisierung. Soziologische und historische Analysen zur Differenzierung von Religion und Politik (2012) 625. 110 Lehmann, Migration und Religion im Zeitalter der Globalisierung (2005) 7. 111 Schmidt/Pitschmann, Religion und Säkularisierung (2014) 137. 112 Kohlhammer, Säkularisation und Utopie. Ebracher Studien (1967) 75 ff.; In einem Interview mit dem Zürcher Tagesanzeiger vom März 2011 spricht der Lausanner Religionssoziologe Jörg Stolz in diesem Zusammenhang allerdings von einer verzerrten Wahrnehmung: „Beschäftigt man sich ständig mit Religion, dann liegt es auf der Hand, dass man die Religion überall wahrnimmt.“ „Auf der Ebene der faktisch gelebten Religiosität in den westlichen Industrieländern gibt es keine Rückkehr der Religion. Die alternative Spiritualität ist marginal. Wir sehen eine rasante Säkularisierung, einen rasanten Niedergang der Wichtigkeit von Religion im Leben der Menschen.“ (www.tagesanzeiger.ch; 21. 12. 2012); Gabriel/Gärtner/Pollack, Umstrittene Säkularisierung. Soziologische und historische Analysen zur Differenzierung von Religion und Politik (2012) 2; Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, in: Staat, Gesellschaft, Freiheit. Studien zur Staatstheorie und zum Verfassungsrecht (1976) 42 ff.; Böckenförde, Biographisches Interview mit Dieter Gosewinkel; in: Wissenschaft, Politik, Verfassungsgericht. Aufsätze von Ernst-Wolfgang Böckenförde (2010) 307 ff. 113 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt (2004) 52.

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Teil 1: Einführende Erklärungen

III. Problematisierung des modernitätstheoretischen Verständnisses von Säkularismus Es ist regelmäßig ein Verständnis von Säkularismus zu erkennen, welches denselben untrennbar und unbedingt mit dem gesellschaftlichen, technologischen und sozialen Fortschritt verknüpft. Dieses Verständnis führt zum befürwortungswürdigen Axiom des Säkularismus, welches keiner weiteren Überprüfung bedarf. Diese Selbstgewissheit einiger nicht weniger Befürworter des Säkularismus führt schon fast zwangsläufig zu wissenschaftlichen Trugschlüssen: Zum Beispiel prophezeite der Religionssoziologe Berger vor gar nicht allzu langer Zeit, infolge seines ideologischen Fortschrittglaubens ohne weitere Überprüfung einen massiven Fortschritt (Ausbreitung) der Säkularisierung, so dass es „im Jahr 2000 praktisch keine religiösen Institutionen mehr geben“ werde.114 Das Gegenteil ist der Fall, wie wir (freilich im Nachhinein) sehen. Der hier nur beispielsweise angeführte Trugschluss Bergers gemahnt zur Vorsicht. Dem Master Narrativ der erfolgreichen Aufklärung, Rationalisierung, Entkirchlichung und Emanzipation von der Religion zum Trotz erfreut sich das Phänomen der Religion in Europa gerade in den letzten Jahrzehnten einer massiv-gestiegenen Aufmerksamkeit in Politik und Wissenschaft , die viele Politikwissenschaftler dazu veranlasst hat, die Renaissance der Religion zu verkünden aber auch davor zu warnen, der Prozess der Säkularisierung sei in Gefahr.115 Selbstverständlich ist diese Perspektive zumindest eurozentrisch. Es wird wohl niemand behaupten wollen, dass die USA kein säkularer Staat oder keine aufgeklärte Gesellschaft sind. Dennoch ist es allgemein bekannt, welche große Rolle und Bedeutung die Religion und diverse Kirchen dort nicht nur bei den Gläubigen, sondern auch sozial und in der Politik haben.116 Aber nicht nur im Hinblick auf die USA (fortschrittlicher, moderner Staat mit einer dennoch sehr religiösen Gesellschaft und sozialen sowie politischen Bedeutung der Religion) gibt es berechtigte Einwände gegen die historische Großerzählung vom Säkularismus: Zum Beispiel ist im vermeintlich von der Kirche und der Religion völlig dominierten Mittelalter das Feudalwesen, die Vasallität und die Schwurgemeinschaft (coniuratio) zu beachten. Diese wichtigsten Sozialformen sind in ihrer Struktur völlig profan.117 Natürlich hatten auch die Kirche und die Religion ihren Platz, aber der Ursprung und das Wesen dieser Phänomene waren keineswegs kirchlich oder religiös.

114 Joas, Glaube als Option (2011) 12; Berger, Zu Dialektik von Religion und Gesellschaft (1988) 68. 115 Kirche und Religion in der deutschen Tagespresse von 1993 bis 2009 (2014) 154. 116 Klemm, A Nation Under God (2007) 14. 117 Kuchenbuch, Feudalismus: Materialien zur Theorie u. Geschichte (1977) 92.

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Des Weiteren wäre es wichtig zu verstehen, dass im Mittelalter Kirche und Staat weder zusammen noch getrennt; waren.118 Es ist also unpräzise, wenn man im Sinne der Säkularisierungsthese davon ausgeht, Kirche und Staat seien im Mittelalter (leider) noch nicht getrennt gewesen. Viel eher waren Kirche und Staat im Mittelalter komplexe kommunikative Handlungsfelder sozialer Akteure, die sich meist weder ausschließlich der Kirche oder dem Staat zuordnen lassen.119 Die Dualität und Trennungslogik (von Regnum – Staat und Sacerdotum – Kirche) scheint hier den unterschiedlichen Realitäten nicht gerecht zu werden. Abgesehen vom Mittelalter ist die Funktionalität der Trennungslogik aber auch für das „konfessionelle Zeitalter“,120 also die Zeit der Reformation und anschließenden Aufklärung fraglich. Einerseits erlangte der Begriff einer von religiösen Glaubenssätzen unabhängigen „Staatsräson“ im Rahmen des Augsburger Religionsfriedens einige Prominenz, andererseits gab es gerade in dieser Zeit einen Bedeutungszuwachs und Trend zur persönlichen Frömmigkeit der Herrscher.121 Unter Berücksichtigung sowohl der unbestrittenen bzw. weniger umstrittenen Aspekte der Säkularisierungsthese, als auch der der Einwände dagegen, erscheint es angemessener zu sein, den Säkularismus (um diesen Begriff überhaupt zu gebrauchen) gerade historisch betrachtet, nicht als kontinuierliche und zielorientierte Erfolgsgeschichte darzustellen, sondern als Beschreibung einer immer wieder neuen Verhandlung der Rolle von Religion, die in unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich ausgehen, aber an sich nicht unbedingt etwas mit Fortschritt zu tun hat. Insbesondere die Vorstellung, dass es mit der Förderung von Bildung (Philosophie, Recht und Naturwissenschaft) zwangsläufig auch zu einem Verlust an Religiosität und einer Zunahme an Rationalität kommen muss, ist wenig plausibel.122 Einerseits: Auch die meisten hoch gebildeten Gelehrten des Mittelalters waren im christlichen Europa aufgrund ihrer Natur oder Sozialisierung an sich trotzdem zumindest in persönlicher-individueller Form sehr religiös.123 Radikaler Unglauben war im Mittelalter typischerweise nur in den ungebildeten Bevölkerungsschichten zu finden.124 Andererseits: In der Gegenwart wird tiefe Religiosität in Europa eher den 118

Bluntschli, Über den Unterschied der mittelalterlichen und der modernen Staatsidee: ein wissenschaftlicher Vortrag gehalten zu München am 5. Februar 1855 (1855) 10. 119 Schmidt, Kirche, Staat, Nation: Raumgliederung der Kirche im mittelalterlichen Europa (2017) 23. 120 Brendle, Das konfessionelle Zeitalter (2010) 11 ff. 121 Gabriel/Spieß/Winkler, Modelle des religiösen Pluralismus. Historische, religionssoziologische und religionspolitische Perspektiven, Paderborn: Schöningh, 269 – 289. 122 Schreiner, Religion im Kontext einer Europäisierung von Bildung (2012) 276. 123 Sautermeister/Zwick, Religion und Bildung: Antipoden oder Weggefährten? (2018) 103, 117 ff. 124 Richter, Verfolgter Unglaube: Atheismus und gesellschaftliche Exklusion in historischer Perspektive (2018) 63 ff.; Wobei Ungläubige teilweise brutal verfolgt wurden; Schieffer, Kirche

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Teil 1: Einführende Erklärungen

ungebildeten Bevölkerungsschichten zugeschrieben (intellektueller Atheimus).125 In den USA ist die traditionelle Religion trotz allen Fortschritts auch in gehobenen Gesellschaftsschichten sehr bedeutsam geblieben. Und auch in Europa, aber nicht nur hier, gibt es gerade unter vielen höher Gebildeten die Tendenz zu einer Verklärung der Natur (Naturreligion).

IV. Säkularismus in der Gesellschaft in Österreich und in den USA Österreich und die USA sind freiheitlich-demokratische Rechtsstaaten. Sowohl Österreich als auch die USA sind allgemein als moderne, säkulare, also religiös- und weltanschaulich neutrale Staaten anerkannt. Es wird in den Folgeabschnitten noch näher darauf eingegangen werden, welche bedeutenden Unterschiede es in den jeweiligen Staaten dennoch im staatskirchenrechtlichen Verhältnis zwischen Kirche und Staat gibt. Hier nachstehend soll aber schon an dieser Stelle ausgeführt werden, dass nicht nur das Staatskirchenrecht in Österreich und in den USA zumindest in Teilaspekten sehr unterschiedlich ist, sondern dass sich diese Staaten auch darin unterscheiden, wie säkular (religiös oder nicht religiös) die Bevölkerung (Gesellschaft) ist. Beide Staaten sind (mittlerweile) von religiöser Pluralität geprägt. Dennoch ist gerade in den USA die Bevölkerung sehr viel religiöser, als in Österreich, was bemerkenswert ist, weil der Säkularismus in den USA sehr viel ausgeprägter ist als in Österreich. Ein säkularer Staat und eine säkulare Gesellschaft gehen als keineswegs Hand in Hand oder bedingen sich gegenseitig. Dazu wird nachstehend weiter ausgeführt wie folgt: 1. Religiöse Pluralität Die religiöse Pluralität ist ein Signum aller westlichen Gesellschaften,126 in manchen mehr und anderen weniger,127 aber ist Pluralität sowohl in Österreich als auch in den USA gegeben. Die USA gehören zu den „mehr“ und Österreich zu den „weniger“. In beiden Ländern ist gleichwohl erhebliche religiöse Pluralität gegeben. Dies soll nachstehend ausführlicher dargestellt werden.

und Bildung vom Mittelalter bis zur Gegenwart: Generalversammlung der Görres-Gesellschaft in Eichstätt, 23. – 27. 9. 2000. 125 Egli, Euripides im Kontext zeitgenössischer intellektueller Strömungen: Analyse der Funktion philosophischer Themen in den Tragödien und Fragmenten (2011) 149. 126 Laubmeier, Moderne Gesellschaften zwischen Homogenität und Pluralität (2016) 7. 127 Heimbrock, Religion und Religionsunterricht in einer pluralen Gesellschaft, ÖRF 22 (2014) 35 (35).

B. Säkularismus

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2. Österreich Die österreichische Gesellschaft war traditionell und ist noch immer römischkatholisch geprägt.128 Die Dominanz hat aus vielen Gründen abgenommen, aber die große Mehrheit der Bevölkerung gehört religiös immer noch zur Römisch-Katholischen Kirche. Dennoch hat sich einiges getan.129 Bis vor einigen Jahrzehnten waren die Verhältnisse in Österreich grundsätzlich noch immer die Folgen der Reformation und Gegenreformation der Christen im 17. Jahrhundert und der (Wieder-)Ausgrenzung der Juden am Anfang des 20. Jahrhunderts, bzw. Pogrome bis hin zu systematischer Verfolgung und Vernichtung zur Zeit des Nationalsozialismus. Auch die Migration zuerst aus Südeuropa, dann auch aus Osteuropa brachte religiöse Pluralität, fiel aber lange Zeit nicht ins Gewicht. Spätestens in den 70er-Jahren hatte Österreich seine traditionelle religiöse Homogenität dennoch verloren. Liberalismus bzw. Atheismus führten dazu, dass die zuvor kulturell dominante Römisch-Katholische Kirche sehr viel von ihrem Einfluss verloren hat.130 Auch die seit dieser Zeit verstärkte Immigration vom Balkan und von außerhalb Europas hat zu dieser Veränderung geführt. Diese „neue“ Immigration fand nun nicht mehr nur aus christlichen Ländern beispielsweise Osteuropas, sondern auch aus mehrheitlich muslimischen Länder Südosteuropas und sogar auch der Türkei, dem Nahen Osten, Mittleren Osten und Afrika statt.131 In der jüngsten Vergangenheit resultierte aus neuerlichen heftigen Konflikten im Nahen Osten sogar massive Immigration aus dieser Weltregion. Diese Menschen sind mehrheitlich muslimisch und brachten ihre Religion mit nach Österreich.132

128

Aziz, Öffentliche Religionen in Österreich: Politikverständnis und zivilgesellschaftliches Engagement (2016) 26. 129 Polak/Reiss, Religion im Wandel: Transformation religiöser Gemeinschaften in Europa durch Migration – Interdisziplinäre Perspektiven (2014) 207. 130 Schödl, Vom Aufbruch in die Krise: die Kirche in Österreich ab 1945 (2011) 15 ff., 110 ff. 131 Simsek, 50 Jahre Migration aus der Türkei nach Österreich (2017) 67. 132 Fassmann, Demographie und Raumordnung, in: Feichtinger/Gisser/Kytir (Hg.), Demographie im Interdisziplinären Kontext: Festschrift 25 Jahre Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Schriften des Institut für Demographie, Band 16: Institut für Demographie (OEAW), (2002) 21 – 26. Statistik Austria, Ergebnisse der Bevölkerungsprognose (2016).

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Teil 1: Einführende Erklärungen Tabelle 1 Verhältnis der Mitglieder in Kirchen und Religionsgesellschaften zur Gesamtbevölkerung133

Religionsgesellschaft

% der Mitglieder

Katholische Kirchen

64

Evangelische Kirche

5

Islamische Glaubensgemeinschaft

8

Juden

(